PUUCHASED Füll THE
L/\/\'ERS/Ty Of TORO?<TO J 1P,I\ARY
FP.OM IHE
CÄNÄDA COUNCIL SPECIAL CRANT
FOR
ART
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaft.
Begründet
]>• M/wdtvig Cht'ialitm Xitntnertnann.
In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten
fortÄCSetzt
^^^Ä^ft^ää
JRari Xinttnertnann ,
D. der Theologie, Grossherzoglich Hessiscliem Hofprediger.
Sechster Jahrgang
1 s 3 a
Darmstadt,
Druck und Verlag von C. \V. L e s k e.
pH
7
Vorbericlit.
Bei dem Beginne des sechsten Jahrganges dieser Zeitschrift kann ich nicht umhin, einige wenige
Worte an die Herrn Mitarbeiter und Leser vorauszuschicken. Es ist vor Allem ein Wort des Dankes,
welches ich aussprechen zu müssen glaube. Nicht ohne mannichfache Besorgnisse unterzog ich mich
der Fortsetzung dieser gelehrten Blätter, nicht ohne mannichfache Besorgnisse bat ich nach dem Tode
meines Bruders in einem Rundschreiben vom 23. August die verehrten Herren Mitarbeiter um die fort-
währende gütige Unterstützung eines Unternehmens, welchem der Selige seine ganze Kraft und Thätigkeit
mit sehner Uneigennülzigkeit und, nach dem Urtheile Sachverständiger, mit dem glücklichsten Erfolge
für die Wissenschaft gewidmet hatte. Allein ein grosser Theil dieser Besorgnisse schwand , als von allen
Seiten die aufmunterndslen Schreiben einliefen, die ebansowohl von der Achtung und Liebe gegen den
Verstorbenen Zeugniss ablegten, als sie gegen mich ein Vertrauen aussprachen, dessen mich immer
würdiger zu machen mein eifrigstes Streben sein wird. Zugleich gaben mir die an mich gelangten Briefe
die angenehme Gevvissheit, dass die Herrn Mitarbeiter auch fernerhin diese der Alterthumswissenschaft
ausschliesslich gewidmele Zeilschrift durch die thätigste Theilnahme zu unterstützen bereit sein wollen. Und so
drängt es mich denn, für das Alles und für die mancherlei freundlichen Winke, die mir geworden sind, den
herzlichsten Dank auszusprechen und damit die vertrauensvolle Bitte um die gütige Erhaltung dieser
freundlichen Gesinnungen gegen diese Blätter und ihren jetzigen Herausgeber auch bei der eingetretenen
Veränderung zu verbinden.
Diese Veränderung ist aber das Zweite, was ich in der Kürze erwähnen zu müssen glaube. Die
Hellsehe Buchhandlung, in deren Verlag bisher unsere Zeitschrift erschien, ist durch den Tod ihres
Vorstehers in andere Hände übergegangen. Daher hat die C. W. Leske'sche Buchhandlung dahier den
Verlag von dem zweiten Seraester 1838 an übernommen. Dieselbe wird es sich zur angelegentlichsten
Pflicht machen, auch unsere Biälter, wie die andern Zeitschriften, welche in ihrem Verlage erscheinen,
immer auf den bestimmten Tag erscheinen zu lassen und so schnell als nur immer möglich die rückstän-
digen Helle nachzuliefern. Das Publicum kann sicher hoffen, dass im Laufe der bevorstehenden Oster-
messe alle noch nachzuliefernde Hefte in seinen Händen sein werden. Die jetzige Verlagsbuchhandlung
hat übrigens wie den Verlag, so auch die Verbindlichkeiten gegen die Herrn Mitarbeiter und Abnehmer
erst mit dem Julihefte des Jahrgangs 1838 übernommen. Alles Frühere hat auf sie keinen Bezug, und
mögen sich desshalb die Herrn Mitarbeiter an die Heil'sche Buchhandlung oder an mich wenden, der ich
das Nöthige zu besorgen gern bereit bin.
Um ferner vielen früher an meinen Bruder und nun auch wiederholt an mich gerichteten Wünschen
zu entsprechen, wird die Entrichtung des Honorars an die Herrn Mitarbeiter vom Jahre 1839 an halb-
jährlich stattfinden.
Alle Briefe, Sendungen etc. bitte ich von nun an durch den Commissionär der C. W. Leske'schen
Buchhandlung, Herrn Mittler in Leipzig, oder, wem es gelegener ist, durch Herrn Streng in Frankfurt,
unter meiner Adresse an mich gelangen zu lassen.
Und so inö"-e denn der Zeitschrift mit dem neuen Jahre unter den neuen Verhältnissen eine neue
bessere Zeit anbrechen! Rodacteur und Verleger werden das Ihrige dazu beitragen. Möchten nun auch
die Herrn Jlitarbeiter ferner das Ihrige thun und midi so schnell als möglich mit gediegenen Arbeiten
erfreuen! Möchten sie namentlicii auch durch 3Iittheilung geeigneter Miscellen mich in den Stand setzen,
diese Rubrik in der Folge reichhaltiger ausstatten zu können, als bisher.
Dürfte ich schliesslich noch eine ergebenste Bitte beifügen, so wäre es die, dass es den Herrn Mit-
arbeitern n-efallen mön-c, ihr Slanuscript so leserlich als nur möglich einzurichten, damit dadurch dem
Corrector sein mühsames Amt erleichtert und die Gefahr möglichst vermieden werde, Druckfehler stehen
zu lassen.
Darmstadt, 2. Januar 18S9.
Dr. Karl Zimmermann.
Indem ich das von Herrn Dr. Zimmermann vorstehend in Bezug auf die Uebernahme des Verlags
der Zeitschrift für Altert humswissenschaft Gesagte bestätige, wiederhole ich nur noch die Ver-
sicherung, dass ich alles Mögliche aufbieten werde, um nicht nur die von 1838 noch rückständigen Hefte
baldio-st vollenden, sondern auch den laufenden Jährgang immer pünktlich auf den Tag liefern zu können,
wodurch sowohl den resp. Herren Mitarbeitern die Ermunterung, Ihre Beiträge schleunigst abgedruckt
zu sehen, "-egeben, als auch den Lesern dieser Zeitschrift nichts Veraltetes geboten werden soll.
Wenn in dem Innern Wesen dieses Blattes aiich keine Veränderungen getroffen werden , so wird es
hoffentlich doch allseitige Zufriedenheit finden, wenn ich demselben ein schöneres äusseres Gewand gebe,
indem ich es von 1839 an gleich meinen übrigen Verlags- Journalen auf besserem Patent-Papiere er-
scheinen lasse, ohne jedoch den bisherigen Preis ton 6 Thirn. oder 10 fl.48kr. für den ganzen Jahrgang
zu erhöhen. Zudem soll noch am Schlüsse eines j^den Jahrgangs ein General - Register gegeben werden,
um das Nachschlagen und den spätem Gebrauch der Zeitschrift zu erleichtern.
Darmstadt, den 2. Januar 1839.
C. TF. I^eske.
Zeitschrift
für die
Altertliumswisseiischaft.
Mittwoch, 2. Januar
18 39.
Nr. 1.
Euripides Helena.
Betträge zur Kritik und Krkllirtini' dieser Tragödie.
Von C. G. Firnhaber.
1. Veber die Compositi'on der Tragödie Helena.
Seitdem Aug. Willi. Schlegel seine Verdamniungsur-
theilc über verschiedene Sii'ic-ke des Earipides ausge-
sprochen hat, ist es zu den Pflichten eines jeden Her-
ausgebers gerechnet, das ihm anvertraute Product der
Euripideischen Muse nach Kräften von den Vorwiirfen
zu reinigen. AVir dürfen uns desshalb nicht wundern,
wenn wir die Vorreden der beiden letzten Herausg, «Ter
Helena *) auch diesem Streben gewidmet sehen, zumal
da Schlegel speciell auf diese Tragödie RücKsicht genom-
men hatte. Wir wollen zuerst die Urtheile der eben
genannten Herren zusammenstellen und' dann versuchen,
aus ihnen einen richtigen Haltpunkt zu gewinnen.
Schlegel hatte im Allgemeinen ausgesprochen, die
Helena sei eher eine Komödie, als Tragödie zu nennen;
Pflngk weist den Aamen einer Komödie ohne Weiteres
zurück, vertheidigt aber keineswegs manche der Lächer-
lichkeit beschuldigte Scenen, kommt jedoch zu dem Re-
sultate, es sei die Helena eins jener vom Euripides neu
eingeführten, zwischen Tragödie und Komödie gleichsam
die Mitte haltenden Stücke. Hermann enthalt sich einer
allgemeinen Bezeichnung, lüsst aber die Helena dasselbe
Schicksal mit andern von ihm herausgegebenen Stücken
des Euripides theilen, indem er sie für nicht gerade die beste
Tragödie erklärt, (jiiod nee gravis metus in ea, nee magna
miseratio invenitur. Es wird nöthig sein, hier eine ge-
drängte, jedoch genauere Inhaltsangabe des Stückes fol-
gen zu lassen, als wir sie bei den Herausgebern gefunden
Ilaben.
Ein von der Helena gesprochener Prolog setzt den
Zuhörer so- ziemlich an fait. Man hört, dass Helena in
Folge des bekannten Wettstreites der GiUtinnen un;l nach
der Absicht des Zeus, welcher Griechenland durch einen
Krieg habe von der reberfüUe der Menschen befreien
wollen, dem Paris ob i'hrer Schönheit zugesprochen, dass
dieseruach Sparta gekommen, dass sie aber auf Juno 's Ver-
anlassung vom Hermes geraubt worden, Ja;is dann dem Paris
an ihrer Statt ein ihr ganz gleichendes ei'öojXcv gegeben sei.
Hermes habe sie in eine AVolke gehüllt und nach Aegjpten
) ed. Pflugk. GoLhae 1801. Godofr. Hermann. Lipsiae 1837.
zu dem keuschesten aller Menschen, zu dem Proteus ge-
führt, aber die Verheissung zugleich gehoben, sie werde
noch einst mit dem Menelaos gemeinschaftlich Sparta wie-
der bewohnen, und ihre Unschuld dann gerechtfertigt sein.
Sie habe nun treu dem Gatten fortgelebt, allen Versu-
chungen Trotz geboten, die namentlich seit Proteus Tode
ilir von dessen Sohne Theoklymenns gemacht würden. In
dieser Absicht wende sie sich auch jetzt zum Grabe des
Proteus, um Schutz zu finden gegen die stets neuen
Heirathsantrage des Herrschers. Teucer erscheint ; er
kommt vom Trojanischen Kriege, von seinem Vater ver-
slossen; sein Erstaunen, als er plötzlich die Urheberin
aller seiner Leiden vor sich sieht, veranlasste ihn za
Verwünschungen gegen die Helena, «gcffe" die von ganz
Griechenland Gchasste", und erst nachdem er seinen
Irrthum eingesehen, beginnt der Dialog bis l(i4, welcher
dar Helena die Kunde bringt von Menelaos A^erschivun-
densein, von ihrer Piutter Tode, von all dem übrigen
ilirem Hause seither widerfahrenen Unglücke , das er als
eine Folge der Flu.ht aus Sparta darstellt. Die Folge
dieser MittheilungeE ist der uneüdliche .Jammer der Helena,
dfin sie ihren treuen Gefährten , dem durch ihre Klagen
herbeigelockten Chore ausspricht, sich der ganzen Uner-
niesslichkeit ihres Unglücks erinnernd, wie sie Alles nun
erlebt: die Mntter todt, die Brüder nicht glücklich, die
Tochter einsam verwaist, der Gatte von den Wellen ver-
schlungen, sie selbst von dem Vaterlande fern, bei aller
Welt im schmählichsten Rufe, ohne Hoffnung, je wieder
die Heimath zu sehen, von den verhassten Nachstellun-
gen des Theoklymenos verfolgt. Tritt doch ihre Unschuld
nach klarer vor das Auge des Zuschauers, nun er er-
fährt, dass sie selbst noch in Sparta, gerade als sie der
Athena opfern wollte, vom Hermes hinweggenommen,
sie also durchaus nur das unschuldige Werkzeug der
Göttin sei. AVas sie im Ivrischen AVechselgcsange aus-
gesprochen, das wiederholt sie bis 305 in einfacher Rede,
in welcher sie wiederum das Resultat gewinnt, wie sie
das unglückseligste AVeib sei: das Leid ist zu gross,
immer neu schildert sie es, das AVeib kann es nicht in
der Brust verschlicssen, sie sucht Trost, aber auch der
Chor weiss ihr keinen zu geben: er sucht nur die Nach-
richt des Teucer zu lerddchtigen, bittot sie, wenigstens
nicht eher sich den Klagen zu überlassen, als sie von
der allwissenden Theonoe, der Schwester des Theokly-
menos, die gewisse Nachricht gehört habe. Der AVech-
selgesang be-;iiint von Neuem, doch dient der Klage jetzt
der UmsUnil znin Thema, dass Hellas so Vieles leide um
ihre ScliOiiheit, dass sie gerade in dem, was andere Frauen
so l)0),'lü<-ke, ihr ( n^Miirk. finden niiisso , dass KallisJo's
und Anderer Leiden da^je^en nur gering seien. Sie ver-
lassen gemeinscisaftlirli die Biiliue , nui die Scherin um
Aulsrliluss zu liilten.
So (ritt mit V. 3^() IMenelaos auf, voll des bei Enri-
pides ihm stets gegebenen Stolzes und ungeniessner Kitel-
keit. Er erzählt, «ic er nach langen Irrfahrten nun
seine Flotte zerschellt gesehen , «ie er kaum die Helena
"■erettet, »vie er von der Koth , von Hunger und dem
fühlbarsten Mangel ge(|nalt «erde, kaum seine Blossen
bedecken könne und sich gezivungen sehe, Hülfe zh
suchen für sich ninl seine Grf/ilirtcn , die er mit seiner
Ton Troja heimgeführten Helena in einer Hohle verboN
gen habe. Er wendet sich in dieser Absicht nach d«(r
Thnre des Palastos , klopft, es erscheint eine Alte und
es beginnt ein Dialog, der den Hlenelaos in einem pitd-
jablen Zustande erscheinen lässt, indem er von der Alt*
nicht wenig verspottet nnd ihm angedeutet wird, wie ir
Hülfe nicht, wohl aber viel Unaiigeneliines erwarten künnk,
•wenn er nicht schnell sich wieder entferne. Er erfährt
iniwischen, dass im Hanse die Spartanische Helena sei,
die Tochter des Zeus: Stoff genug zu einem SelbsfgJ-
sprache, das er, nachdem die Alte sich wieder entfenit,
484 beginnt, freilich nur noch eine grössere Ratlilosir-
keit daraus ziehend. Indess der Entschluss zu bleibe«,
den Theoklvm. abzuwarten, steht mit seiner eitlen Idep,
dass Jedermann au seinem Uiif;lücke den innigsten Al»
theil nehmen werde, in zu engem Zusammenhang, (äs
dass er Um nicht haite ausführe-i sollen. Indem kelrt
der Chor zurück nnd mit ihm di» Helena, welche din
Trost erhalten, dass IMenelaog noch lebe und bald kori-
men werde. Nach Weiterem hatte sie nicht gefragt; als
Furcht, dass die Antwort ihr mit enem „Nein!" al[e
Hoffnung zernichte, hatte sie die Fiige , ob iMenelaks
dann mit ihr vereint glücklich sein werkle, nicht gewaj;t
nnd eilt wieder zu ihrem alten Sitze. Mcnelaos erblickt
sie, sie flieht ihn, weil sie ihn für ein Werkzeug dU
Theoklvm. hält, er ihr nach, und es beginn^; eine Erkei-
nungssceiie , die dadurch einen eigenen Anstrich erhall,
dass Helena, statt den Gatten in ihre Arme eilen tIu
sehen, es erleben muss, dass er fern von ihr bleibj,
durch keine Worte überredet werden kann, seine recht
massige Gattin anzuerkennen, ja, schon zu seinem fit
forteilen und die Helena in dem Schmerze lassen
nun gar von dem eignen Gatten verschmäht zu werded,
als zur rechten Zeit noch ein Bote erscheint mit der
Nachricht von der wunderbaren Himmelfahrt des riötDl ni),
■wie es beim ^'ersclnviiiden noch gerufen, dass die annt
Helena so unschuldig alle Sclimalinngen erdulde. Abei
mitten in der Rede verstummt auch 'er ob des Anblickt
der Helena und eilt schnell von daiinen, Strafe für seine
Reden fürchtend, sich selbst der Dummheit besi'hiil<lirriMH|.
Indess sind alle Zueifel nun dem Menelaos genoin-
men: er preist den Tag glücklich, der ihm sein Weib
n-iedergibt, sie nmsclilingt ihre Lust in sel'ger Freiiile,
nach so langer Trennung: Tliränen «einen sie <ler Freude,
nicht der Trauer iiielir. Die Anfklarnng beginnt „nicht
zu Paris Ehebette flog der Kahn, nicht flog die Liebe
e rechU
:'l'd(l))_<B>
;n will,
hin zn nnrechtmässiger Ehe — nein! an des Nils Ge-
stade brachte mich iler Sohn des Zeus. Ein Opfer war
ich iler Kvpris , doch Juno war die Retterin." O Un-
glückselige ruft der Gatte: es ist die Anknüpfung, dass
von Neuem sie ihr Unglück darstellt, dem iVIenelaos das
noch Unbekannte mittbeilt: bald aber im Interesse das
Zuhörers von dem Chore durch die Hinweisung auf das
Glück der Gegenwart unterbrochen wird.
Jetzt kommt der Bote wieder zum Vorschein: ihn
treibt die Neugier herbei : denn sichcrliih waren »lie
Liebkosungen zwischen Helena und Menelaos ihm seit
Troja's Falle etwas sehr Neues. Als er von seinem
Herrn Alles gehört, bricht seine Frende Unumwunden
hervor, ilie Freude, dass die Gattin seines Herrn nun
unschuldig sei, er keiner Frevlerin gedient habe. Mit
Innigkeit ruft er sich in's Gedächtniss zurück, wie er
bei der Hochzeitfeier mit dem Viergespanne rennend die
Fackel getragen, wie sie damals als glückliche Gattin
dem Gatten gefolgt sei, und in Erinnerung der vielen
Mühseligkeiten, die er nnu vergeblich erduldet, einen
Grund, wie überhauj)t die Unternehmung gegen Troja
hat begonnen werden können , nur in den dazu rathen-
den Weissagern findend, begiunt er das Institut der
IxavTiti^ zu verspotten, naiv die Ansicht aussprechend,
yvuj/tij Ö' doioTi] /uavT/g i'j t' svßuvXia, und verlasst
dann die Buhne mit dem Auftrage, den in der Höhle
zurückgelassenen Freunden das ^'orgefallene zu melden
und sie aufzufordern, am Gestade sich bereit zu halten,
des Kampfes gewärtig zu sein und Mittel zur gemeiu-
samen Flucht ausfindig zn machen.
So beginnt 7b0 von Neuem das Gespräch zwischen
den beiden Gatten: zuerst mit wenig Worten um Mene-
laos Schicksale sich drehend (die Erzählung lehnt Menel.
ab — auch liier iin Interesse der Zuhörer}, dann aber
auf das sich wendend, was jetzt zunächst ihre Sorge sein
inusste. In der £r»ägung, dass an Hülfe und Rettung
kaum zu denken sei, bricht die Helena in den Ausruf
aus „/''A.J^£> £■; OCfaya^]-^ flieh vor dem Theokljmenos,
dessen Absichten du im Wege stehst: sie wiederholt es,
(peiiyEl selbst da noch, als sie ihn versichert, dass Treue
sie ihm stets bewahrt, stets in dem Gedanken, es sei
unmöglich, dass sie gerettet werden könnten. Menelaos
selbst zeigt sich rathlos dabei, zwar meint er, nur mit
den Waffen in der Hand werde er sterben, doch hat er
nicht <lcii rechten Mnth: nur der Hoffnung leben sie noch,
CS «erde ihnen ilie Theonoe Helferin sein und der ge-
genseitige Schwur, mit einander zu sterben, sich durch
keine Macht trennen zu lassen , beschliesst recht schön
eine Scene , welche von Enripides mit vorzüglichem In-
teresse unverkennbar gearbeitet ist.
Die Theonot; erscheint, ihre Sehergabe hat ihr die
Ankunft des Menelaos verkündet: sie will ihn sehen,
bedauert ihn zwar, aber will sein Erscheinen dem Bru-
der melden: in meiner Hand liegt es, dich, wie JCjpiis
will, zu verderben oder dich zu reiten nach Junos
Wunsche. Die Helena iinisrhlingt ihre Kiiiec und fleht
in langer Rede um Hülfe! Es fordert deine Rechtliehkcit,
dein gestorbener ^'ater ivürde das dem Fremden (gehörige
Jieransgegeben haben, willst du die gerechten Absichten
deines Vaters den ungerechten deines Bruders nachsetzen?
Ich soll iliii wieder verlieren, «leii ich eben erst wieder
crhalteu? ich soll in dem Unjjlüeke bleiben, soll meinon
Namen nie wieder von den Verläunidungen gereinigt sehen?
O! folge deinem Vater: es ist der Kinder höchster
Rnhni. — ."Menelaos redet anders, er kann ein Weib
nicht anflehen, drum wendet er sich zu dem Grabe und
flehet zu dem Schatten des Proteus. Dann aber macht
er den Kntscliluss kund , dass fllann gegen IMann er mit
dem Theoklymcnos fediten, sein Weib sich noch erkämpfen,
dass Beide sie vereint sterben wollen. Theonoi- folgt der
inneren lieberzeugung: sie will die Ankunft dem Bruder
verheimlichen, so gebietet es ihr die eigne Rechtlichkeit,
so will es das Recht: Sucht eure Rettung euch nun selbst
und flehet zu den Göttern, zur Kjpris, dass sie euch
beschirme.
Jetzt beginnt die neue Berathung: die List ist erson-
nen: die Helena hat sie erdacht: IMenelaos soll selbst
in der IMaske eines gewöhnlichen Arhäers den Tod des
Menelaos lerkünden: dann will Helena zur Todtenfeier
vom Theoklymenos erbitten, was zur Flucht nothig sein
kann; so wollen sie fliehen — sie und alle Genossen
des IVlenelaos. Helena verlasst nach einem Gebete die
Bühne, um Trauerkleider zu nehmen, IMenelaos bleibt.
Es kommt ein Chorgesang, welcher zur Aufgabe hat,
theils die Unschuld der Helena darzusfellen , tlieils das
äaaCfSt; der Menschen, woraus nur allein das Unglück
des Trojanischen Kriegs entstanden sei.
Als Theoklvmenos 1165 auftritt, bemerkt er den Me-
nelaos niclit, hat aber schon gehört, dass Griechen an-
gekommen seien, und scliliesst aus dem von der Helena
verlassnen Grabe , dass sie bereits cutflohen »ei. .Schon
ruft er seine Knechte herbei, den Flüchtigen nachzu-
jagen, da erscheint in verabredeter Trauer die Helena:
sie verkündet den Tod ihres Gatten, Menelaos bestätigt
Alles, es ist eine Sprache, voll von Hinterlist und Zwei-
deutigkeiten: die List wird erreicht, zum Pfände hat
Helena ihre Hand eingesetzt, bereitwillig gibt für solchen
Preis Theoklvmenos Alles, was sie zur Toiltenfeier ver-
langen, verheisst dem Menelaos, als dem Verkündiger
einer ihm nicht unangenehmen Nachricht Belohnung und
macht ihn zum Anführer des zum Behufe der Todten-
feier auszurüstenden Schiffes; sie gehen in's Haus, um
Alles in Bereitschaft zu setzen. Es beginnt ein Cliorge-
sang, dessen njiheren Zusammeiihaiig mit dem Stücke die
letzte leider! corrumpirte Strophe nicht ergründen lasst.
Es nähert sich Alles der Entscheidung: Thconoe hat
ihr Versprechen gehalten: Menelaos hat die bessten Waf-
fen sich genommen und sich gerüstet: froh verkündet es
die Helena, da will Theoklymenos sie noch einmal ab-
bringen von ihrem Vorhaben; bleib du bei mir, bittet
er, ich fürchte, du könnest dich aus Sehnsucht und
Trauer um deinen frühem Gatten in die Wellen stürzen!
Sie bleibt aber ihrem ^\)rhaben getreu, macht ihn gauz
sorglos, verspricht eine gute Gattin ihm nachher zu sein,
er geht zurück in's Haus, die Anstalten zur Hochzeit zu
trcflen: Menelaos und Helena verl.Tssen die Bühne: ilem
grossen Unternehmen gehen sie entgegen ; der Chor fleht
ihnen in einem schönen Gesänge den Segen und den
Schutz der Götter herab I
Da erscheint ein neuer Bote, ruft den Theoklymenos
nnd erzahlt in einer schönen Rede die Flucht der Helena:
wie sie das .Schill' bestiegen, die übrigen Griechen her-
beigekommen seien, wieder Stier dann wohl geschlachtet,
aber dem Pontios und dm Nereiden, wie dann der Kampf
im Schifl'e begonnen, IMenelaos überall mit kräftiger,
umsichtiger Hand gekämpft, Helena durch begeisterte
Worte den Muth angefeuert habe: zuletzt die Segel ge-
lichtet seien zur Fahrt nach Griechenland. Mit aller
Wuth braust der Tyrann auf: schon will er sie gegen
seine Schwester richten, weil sie ja ihm die Flucht ver-
schwiegen, schon kann er von dem thätigen Chore nicht
mehr zurückgehallen werden, da erscheinen die Dios-
ruren , verkünden die Flucht ihrer Schwester als mit
Zustimmung der Götter geschehen , beruhigen die Wuth
und der Chor beschliesst das Stück mit seinem alten
Refrain: Sonderbares ist doch viel im Leben, die Götter
regieren doch die Schicksale der Menschen ganz gegen
Erwarten!
Diese üebersicht der einzelnen Scenen setzt wenig-
stens das ausser allen Zweifel, dass das Stück im Stande
sein konnte, die Gemüther zu spannen: sie zeigt nns
zugleich die dramatische Kunst des Euripides, wie er so
schön die eine Scene in der vorhergehenden jedesmal
vorzubereiten, die eine ganz ungezwungen aus der andern
alizuleiten weiss, wie das Interesse an den handelnden
Personen nie sich verliert, und die Zei<hnung der Cha-
raktere eine so umsichtige, durchaus coiisecjuent durch-
geführte, Interesse erregende ist, endlich wie unmöglich
der so behandelte Stoff zu einer Komöilie , nach gewöhn-
lichem Sinne genommen, gestempelt werden kann. Wen-
den wir uns nun zu den Vorvvürfen, welche man der
Composition des Stückes gemacht hat, um daraus einen
Stan<lpunkt für diese Dichtung zu gewinnen.
Da stimmt man zuiürderst darin überein, es für tho-
ricbt zu halten , wenn man au« dem laetus traguediae
eüitus einen Schluss ziehen wollte. Genug Irrthümer
hat in dieser Beziehung das Ende der zweiten Hypothe-
sii vor dem Orestes verbreitet, welches mit den Worten
Ti'ioa TQayo)dia oüfiqujvov tvct v.al xö jtioQ,' fx
}J'ili]q. yuo a^ySTai y.a.i sie, Xi'Tti/v TsXevTo. über alle
Tragödien den Stab bricht, welche ein heiteres, das
Gemüth des Zuhörers recht zufrieden stellendes Ende haben.
AVie würde nach solchen Kriterien die Eiiripideische
Tragödie bestehen können! Es ist das eine jedenfalls
unüberlegte Idee gewesen, die für keine grosse Bekannt-
schaft des Verfassers mit unserm Dichter spritfit. Doch
lassen wir das und wenden uns zu den haud paucis , quae
iufra fragoediae graiitatem jaceant, bei Herrn Pflugk
pracf. y.
Er meint, der 7li0. Vers mache einen recht fühl-
liarcn Abschnitt: da fange die Action an, ihre Lebhaf-
tigkeit zu verlieren, langweilig zu werden und sich um
die einzige Absicht zu drehen die Theonoe zu gewinnen
und den Theoklymenos zu betrügen. Auüserdem nehme
der Chor von hier an weit weniger Antheil an dem Ver-
laufe des Ganzen, vielmehr schweige er nur oiler sauge
ganz heterogene Gedanken dazwischen. Wir müssen das
bestreiten, wollen es vielmehr jedem Leser anheimgeben,
ob er den Abschnitt entdeckt habe. Was im Allgemei-
8
nen die Tortsei/.nti'; des Ideenjau'^s be<riin, so liegt ia
uasercr obigen Kiiarratio noLI ticiiou der Reneis, dass
derselbe ein ganz uatiiiliclicr ist. Die Fülje des Wie-
Herfiudeus niusste nach der ersten Freude die .Sorge
sein, wie mau siiU retten kiinne: die Einsicht der He-
lena gab an, dass ohne Iliilfe der Tliconoi- eine Ret-
tang unmöglich sei: die Folge daion «ar der Versncli,
dieselbe /.a getiinuen: danach munstc der Plan kommen,
den Thcdklvmenos zu betrügen: s» folgt in dem natür-
lichsten (iange das Eine aus dem Andern. Der Vonvurf
des Hrn. Ptlugk. kann also hiichstens einzelne Sceneo,
nnmiiglich einen ganzen Tlieil treHen; einzelne Scenen
■ind etivas zu lang ausgedehnt, höchstens dürfte so der
Vorwurf lauten, den Mir dennoch nur auf die eine be-
schränken niiichten , wo sie die verabredete List mm
■»■irklich auf den Künig anwenden. Hier ist der Dialog
allerdings etwas matt geworden, aber er hebt sich bald
■wieder, wie das in jedem Stücke , nicht Lei Enripides
allein, voi kommen kann. Wie man den andern Sceuen
Lauheit der Action vorwerfen kann, namentlich bei der
schönen edeln Haltrmg der Helena, ist uns nicht klar
geworden. Vielmehr stimmen wir dem Lobe bei , wel-
ches Hermann der Relation des Boten, wie auch d$n
Reden gibt, welche die Theonoc erweichen sollen, uad
übertragen dasselbe auch auf die andern Scenen.
(Beschluss folgt.)
Persoual-Clirouik und Miscellen.
Na ob t; rab II ngcn auf den Ruinen von Karthago. Der
bciltiscbe Obribt Greni/iVfe Tcmp/e, bekannt ilincb seine aicli^o-
logischen und geo^rapliischen Forschungen in der Berbei-fli (s. Jm-
scn Excwsions in tlie Mediterrancan , 2 Bde. London 18»,
rec. A. L. Z. 1836, Nr. 100), schürte sich im ISovember 1837,
nach seiner UücKIvehr von Constanline, nach Tunis ein, im
in dorlijcr Umgegend auf den Ruinen Karlhago's Nacbgrabijn-
gen in einem grossen Maasstabe zu veranjtallen. Sein ßo^ltier
■war Hr. Falbe, ehemaliger dänischer Consul in Tunis, der mit
ihm in wissenschaftlichem Interesse den Zug nacli Conslanlipe
mitgemacht und sich schon in frülierer Zeit durch die Iler^iis-
gabe eines Planes der Ruinen von Karthago (s. A. L. Z. 18»,
Kr. 137) um die Alterthumskunde Verdienste erworben hatie.
Nach den neuesten Nachrichten ist Sir G. Templc in Malta ak-
gckommen und scheint seine Nachgrabungeil bei Tunis bc
digt zu haben. Leber das Resultat seiner Arbeilen enthalt
Zeiton!» von Malta folgende Details: ,.Die Nachforschungen ucs
Sic GretiK'ille 'J'em/ile wurden durcli interessante Entdcckuiigtn
belohnt, unter deren Zahl wir folgende erwähnen: In den liii-
nen des Tempels \on Ganatli») oder Juno Cülcstis, der g
Schulzgöttin von Karlliago. fand er ungefähr 700 Miin
■wie verschiedene Gegenslunde, ans Glas und Thon
Aber die merkwiirdigste und vielleicht unerwarteste
, der grossin
ilünzen, si-
lon gcforni.
seiner Eni-
*) Soll wohl lieisscn 7anaj/i, denn Ji^jJ* (lies: J^JJ?. Tanitb)
ist die einheimische Benennung und Sclireibung der weiht
liclien Gottheit in Karlliago, welche die Römer .Tun^
Cocioslis nennen (S. Gesc«. Monumm. Thoenic. S. llSir),
und auf welche sich mehrere in den Ruinen jenes Tcroi
pels gefundene Inschriften beziehen (s. ebcnd. S. 10211%
Die aufgcrmidenen Münzen mögen zu dem Schatze dei
Tempels gehurt haben.
dcckungcn war die eines am Meerufer gelegenen Landhauses,
welches 15 Fnss lief iriiler der K'Je begraben war Acht Zim-
mer davon wurden gänzlich gereinigt, und ihre Form, ebenso
wie ihre Ausschmückung beweisen, dass dieses läudliche Lust-
scliiass Eigenthum einer reichen und mächtigen Person gewesen
sein muss. Die Mauern sind bemalt und der Vorhof mit präch-
tiger Mosaik gepflaslert. *) Lclzlere ist in demselben Sfjle,
wie die Mosaik von Pompeji und Ilerkulanuni. Sie stellt eine
grosse Verscliiedenheit von Gegenständen dar. wie Meergotthei-
ten beiderlei Geschlechts, Fische, Seepflanzen, ein Schiff, des-
sen Vei'dcck mit tan/.enden Frauen bedeckt ist; Kriegergruppen
stehen, die Tänzerinnen bewundernd, um dic::ell)en her. An-
tlere Mosaikslücke stellen Löwen, Pferde, Leoparden, Gazellen,
Eulen. Reiher und andere Vögel .nller Art vor. Jn den ver-
schiedenen Gemachern sind menschliche Gerippe aufgefunden
worden. Man k.inn annehmen, dass dieses die Reste von Krie-
gi rn sind, weleiic bei der F.rstijrmung des Schlosses getödtet
wurden. Sir Gieiwillc Temple hat auch in einem anderen
Hause verschiedene höchst interessante Mosaiken entdeckt. Sie
stellen Gladiatoren dar, welche in der Arena wilde Thiere be-
kämpfen. Heber jeder Figur ist ein Name geschrieben. Auf
einem andern Theile der Mosaik sieht man Pferderennen und
M.mner, welche junge Rosse bändigen. Der Raum unseres
Rljlles erlaubt uns nicht, weitere Details zu geben; aber wir
hoffen , dass Sir Grciwillc Temple selbst seine wichtigen Ent-
deckungen baldigst publiciren wird." {Augsb. Allg. Zeit)
Nach'trag. In Nr. 61, S. 503 dieser Bialter v. J. 1637
wurde Miindi's neueste Schrift über ,,die deutsche Prosa" mit
Bezug auf seine Urtheile über Alterlbnmsstudien , besonders
über Cicero, Tacilus und deutsche Classiker für die höhere
Jugendbildung, gesprochen und Manches daran getadelt. Hier-
mit kann das neueste Urlheil von A". Giickow verglichen wer-
den , in den Jahrbüchern der Literatur. Erster Jahrg. (Hamb.
1839) S. 93 f. ,, Dieses Buch bietet einen wissenschaftlichen
Gewinn nicht dar. Keine schwinkende Frage der Gelehrsam-
keit, keine neue Wahrheit, ist durch diese nnfruchtbare Arbeit
festgestellt. Der historische Theil ist den Handbüchern ent-
nommen, der theoretische bietet nicht die geringste Ausbeute
dar. Der Styl einiger deutscher Schriftsteller wird mit jenem
leidlichen kritischen Talente, das wir dem Verf. nicht nehmen
wollen, skizzirt, an seinen Maximen und Erfahrungen über die
innere Natur des Styls findet sich nicht einmal der Versuch,
auf solche hinauszukommen. Statt dessen schildert M. die
grosse Bedculnng, die in der neuern Prosa liegen solle; den
Varnhaviischen entnervten Styl setzt er über den durch und
durcli JHiui/ii'cn eines Heine, den «r in diesem Buche fast nicht
7.U kennen scheint. Den Dichtern in verbundener Rede ver-
kümmerter, auf Kosten seiner weltbcfrcienden Prosa, den Ruhm,
den sie sieh in Deutschland neuerdings durch die genialste Be-
handlung der Spraehc zu erwecken wussten. Er trat mit der
Ansicht, dass die Mission iler Literatur lediglich in der Poesie
liece, immer deutliclier hervor und verrieth , was jetzt schon
kein Geheininiss mehr i.-l , dass sich alles Uebergewicht in der
Literatur nach der Seite hinwerfen müsse, wo er und farnÄage«
ihren klassischen Styl schrieben!"
Wlb^. Fr.
Glogau. Das Hcrbstprogramm enthält eine Abhand-
lung des Herrn Oberlehrer D. F. Mehlhorn ,,De appositione
in iingua graeca " Dann folgt: Fortsetzung der Nachrichten
von dem hiesigen evangelischen Gymnasium in dem Schuljahre
von Michaelis 1837 bis 1838 verfasst \ on dem Dircclor Herrn
D. F. D.Jilnpsch. Der erste Abschnitt enthält die Lchrvei-
fassung des Gymnasiums in dem abgelaufenen Schuljahre. Die
Schnlerzahl beträgt gegenwärtig 232.
*) Prospcr Jlqitilanicus Cde promitsinnihus diiinis, Opp. II,
p. 186 ed. Paris.) redet von einem kostbaren Pavimeut
im Hofe des Tempels der Dea coclestis.
Zeitschrift
für die
AI t er tliu ms wissen Schaft.
Freitag f 4. Januar
18 39.
Nr. 2.
Euripides Helena.
Beiflüge zur Kiitik iiml F.iVlaning dieser Tragüdie.
Von C. G. Firnhader.
(BescliI nss.)
Was nun al)er ilon C/ior betrifft, so ist der Vorwurf,
<len man den Eurij)i<|pisrlion Cliiiren macht, fast stereo-
typ geuorden. 31aii liat auch liierbei zu oft geurfheilt,
ohne gehilri»- zu nnfersnclieu. In der Helena stinunen
alle Herausfeber übcrein, der Chor sei nachlässig vom
Dichter behandelt, er verwende seine Gesänge auf die
Ansführniig von Themen, «eiche mit dem Snjet des Stü-
ckes nicht entfernt zusammenhingen. Verweilen wir da-
bei euen Augenblick. Der Chor erschien im Anfange
von dem L'ngliicksinfe der Helena herbeigernfen: er klagt
mit ihr, voll überströmender Theiluahmc sucht er Trost
und gibt den Rath , zur Seherin zu gehen. Darauf fast
allein beschriiiikt sich seine Thätigkeit vor v. .'!()(); nach
dieser Zeit singt er noch drei antistrophisclie Gesänge
und nimmt in der letzten Scene lebhaften Antheil genug,
als er den Theoklvmenos abhalten will von seinem Vor-
haben, fast lebhafteren, als er im Anfange des Stückes ge-
zeigt hatte. Hier würde der Vorwurf also nur die Ciior-
gesänge treffen. Da kann der mittelste allerdinj;s den-
selben zu verdienen scheinen, jedoch lässt die Verstüm-
melung der leizten Verse dieses Gedichts nicht zu, ein
Urtheil darüber zu fällen. Er behandelt das Unglück der
Demeter, als sie der Tochter Ranb erlitten: wie es vom
Zeus gemildert sei, an die Stelle der Traner wieder die
heitere Nacht getreten sei: die Anwenilung auf die Lage
«ler Helena, die über ihrem Haupte nun auch den Stern
der Hoffnung aufgehen sieht, liegt nicht fern, Kvpris ist
an beiden Orten die Urheberin: sie ist an beiilen Orten
aber auch die iielfenile und schützende Gottheit. Was
wir bei diesem Chorgesange äusserer Gründe wegen nicht
mit Gewissheit sagen wollen, das kann bei den andern
beiden geschehen: sie stehen im bessten Zusammenhange
mit dem Ganzen. Es konnte nur bei dem ersten lt07 sq.
ein Zweifel aufkommen: betrachten wir ihn. Er steht
in genauester Verbindung mit der letzten, ihm voran-
gehenden Scene. Die Helena hatte eben auf ihr grosses
bereits crtran;enes Unglück die Bitte um endliche Hülfe
an die Gölter gegründet: — der Chor singt zuerst von
dem Unglück, was Helena schon erduldet, und lässt sich
dabei weiter über den vom Trojanischen Kriege herbei-
geführten Jammer ans. Mcnelaos vieljähriges Leid war
eben als Grund dargestellt, dass die Götter endlich gnä-
dig seien: — der Chor redet von den i>lülien der Heim-
fuhrt, die er hat erdulden müssen; daran knüpft sich bei
ihm eine Betrachtung über ilie Gottheit, noch näher be-
wirkt durch Helena's letzte Worte des Gebets an die
liypris £1 8' ija9n fiero/a etc., die er aber darauf hin-
ausfuhrt, die Götter in Schutz zu nehmen, die Schuld
des geschehenen Krieges nicht der Gottheit, vielmehr
der Unweisheit der Menschen zuzurechnen, aber auch
die Helena zn rechtfertigen. Wollte man diess für un-
gehörig erklären, so würde man denselben Vorwurf jeder
Scene machen müssen, wo die Dichtung von dem spe-
ciellen Falle zu der allgemeinen Betrachtung übergeht,
wie oben die Rede des Dieners über die fidvieii, und
die dabei stattfindende Einstimmung des Chors. Endlich
aber lie-^t in dem Gesänge noch die wiederholte Aulmun-
terung, Acn Worten der Gottheit, die noch nie gelogen,
zu vertrauen, also Hermes Verheissnng , dass sie noch
glücklich sein würden, der Helena wieder in's Gedächt-
niss zu rufen. AVir können desshalb nichts Ungehöriges
entdecken, vindiciren vielmehr dem Chore die Statthaf-
tigkeit, wie wir's an andern Orten in der Medea und
Alcestis, in der Androm. und den Heraclid. gethaa
hiben. — Hermann praef. XV meint: Chorus — in fine
fabillae praeter exspectationem fortis in defendenda Theo-
noa. Sonderbar! Während der Eine den Mangel an Theil-
nahine rügt, findet der Andere die Theilnahme selbst
unverhofft. Der Chor blieb — nach unserer Darstellung
stets tliätig. Soll Hermann's Vorwurf etwa auf die
Vertheidigung der Tkeonne anspielen? Aber wen kann
es wundern, dass der Chor, der Freund der Helena,
diejenige in Schutz nimmt, welche zur Rettung das Meiste
beigetragen.
Ehe wir zur quaestio de moribus pcrsonarnm gehen,
müssen wir Hermann's Vorwurf berücksichtigen, den er
in der praef. XIV mit den Worten ausspricht: nee gravis
metos in ea, nee magna miseratio inveiiitur. Nam Helenae
querimoniae — partim tumidiores et doctiores partim
languidiores et frigidiores sunt — in Menelao autem prae-
ter detritam vestem et squalorem — nil est, quod specta-
torem ejus misereat. 31etus autem nusquam magnus:
quippe nee praesens ullum periculum neque in futuris
nisi ex casu. Soll der Umstand, dass einige lyrische
Wendunfjen tumidiores etc. genannt werden, die Wir-
kung haben, dem ganzen Stücke die miseratio abzuspre-
chen 1 Wohl schwerlich! Aber wir befinden uns auf einem
11
12
Fehle, «o ilie subjecfive Ansicht nur zu si-lir ihre Thä-
tigkeif zeigt. Jedenfalls ilarf nicht von einzelniMi AN oii-
tlnngen, «lenen iloch hiichstens die ohi^i' bezeicliming
gegeben «erden kann, der Scliliiss gemacht »»erden, das
Stück gebe zur niiseratio keinen Anlass. Die Stielte Idoibt
stets dieselle: das Leid der Helena ist grnss, es veri;rüs-
sert sich Aiifaiigs mit jeder neuen Sccne ; so haben »vir
es in der obigen Enarratio geschildert. .Alideid mit ihr
empfindet der Chor; es dreht sich um ilire Leiden die
ganze Handlung, alles Uelirige ist nur .Nebensache. —
Aber dennoi h kann man auch nicht hiugnen , dass mit
dem -Vultreten der Theonoe aucli die Haltung des IMene-
laos eine solclie »»ird, ilass sie die regste Theilnaliiue
einQösst. .Sehen »»ir nach, »i ie Euripides die Il.iii[if[)i'r-
son des Sliicks gezeichnet hat. Ihr erstes .auftreten zeigt
eine ruhige, durch die L«nge des Ijngliicks be»irktc
Ergebung: erst nach der Lugliuksbotschaft des Teucer,
nach ilem neu gehorten Leide zeigt sie eine Leidcnscliaft,
die sich bis zur A erz»»eiflung steigert, ohne des io-
nern Grui'deg zu ermangeln. Das »veibliclie Herz ist
treu geschildert: es kiiiin nidit aufliören zu klagen, es
muss alle Tröstungen von sich »»eisen: klagt sie ja ge-
nug auch sich selbst, ihre Schüiilieit an: der Entsclilups
2a sterben kommt nicht uiiverhollt, es ist die letzte .Stufe
ihrer leideoscliartlicheii .Stimmung. Mun kommen aller-
dings '.i Yerse, auf »»eiche Hermann's Bezeichnung "frigi-
tlinres zu passen scheint: in dem Augenblicke, ivu sie
den A'orsatz fasst , sich zu tonten, spricht sie — v. 298
Tiüii ttci.vuii.1 UV oip y.aiMii; ;
daxi'-^otiSi /uiv ayjfJi/ai utTuooioi
xdv Toioi dui'kui; övo'loSTiti vü/jiCsra/ ,
0(fayai d' kyuvoiv siytvts ti y.ai y.uJMv.
Aber »vir bedürfen hier nicht einmal des iMittels, »v»s
Härtung in geiner Vorrede zur Iphig. in Anlide p. ^
anräth — des Uuiversalmittels, die A'erse frisch <larayf
los zu streichen — »venu »vir auf Alles gehürig achten
und den nachfolgenden A'ers oiiiy.tjuv d ü y.ut(jti~; aM
6.71 uKt üto.i jjiijv nicht unberücksichtigt lassen. Dass die
schone, auf ihre .Schf)nheit »lohl nur in AVorteii ge|n
verzichtende Helena den Wunsch hat, auch y.f'./.o'jc, iu
sterben, wäre verzeihlich ; sie thcilte das mit allen ähn-
lichen Charakteren <les Eiiripides; aber hier ist die AVa^l
einer Todes»«cise überhaupt ihr Ziel, wie man so oft b(i
£uripide8 ilie — freilich ebenso oft frilschlich als \>'uiis<^
gefasstc Frage liest. .Sterben «ill ich, sagt sie, es i(t
das besgte! Aber »»ic fang i<h's an! Sich zu erhfiiigifi
gilt für so Duschön — ein Dolchstich tif4re edel — iloc|i
die Zeit drängt. " Wer linilet darin ettvas frigiduin!
Aber freilich darf man die A'erse nicht für eine .Alliand-
lung über die Icii litesle Art von der Welt zu komiiieu
halten, sondern nur für das, »vas sie sind — eine kurze
£r»iagung, zu Helcher Todesart sie durch die Umstände
getrieben werde. Härtung meint freilich, schon in dem
bald folgenden Gesänge ,J5J 1
(foviuv aiujQTjua ,
ditx l)i:iii-i; oijiiouai
den Grund dafür gefunden zu haben, dass Helena oben
dasAufliängen für so unschön unmöglich habe halten können:
aber darauf lässt sich leicht er»»iedcru, dass sie eben zur
Wahl dieser Tudesweise sich gezKQogeu üieht.
Aach dieser Digression fahren »vir fort, die Haltung
des Charakters der Helena zu betrachten. Bei ihrem
zweiten Auftreten »vird ihr ein neuer Kummer zu Theil,
ungleich herber, als aller frühere, sie findet den Gatten,
er kennt sie nicht, verschmäht sie, hält sie für ein Trug-
bild : so »vird sie auch loii den (flkrcrtj/^ verlassen.
Endlich Freude des Wiedersehens, sie gibt sich ganz
den Emprindungen einer Gattin hin: erst im Gefühle des
(ilücks tritt die Furcht »vieder heran: »»as hilft das
AViedersehen , sie muss ihn ja »vieder verlieren, er »vird
ein Opfer der Grausamk<-it des Tyrannen, sie eine Beute
desselben sein: in <lem grossten Sfchmerze ofFenbart sie
die edelsten Gesinnungen : nur für den Gatten ist sie be'^
sorgt, »vill seine Flucht; selbst das Misstrauen, »vas IVle-
nelaos in ihre Treue setzt, schivächt ihre Liebe nicht,
sondern bringt nur den »viederliolten heiligen Sch»»ur
herior, nur ihm, e»vig ihm anzngehüren. Hat diess Leid
keinen Anspruch auf das IVIitleid des Zuhörers ? Hat diese
edle Gattenliebe nicht einen tragischen Charakter? Uns
scheint es, als müsse die Helena bereits das grösste In-
teresse bei Allen er»veckt haben; der Zuhörer ist für sie
eingenommen, uii»» illkürlich treibt sie sein Mitleid zum
Uass gegen denjenigen, der allein dem Glüike der »vie-
dervereinigten Gatten entgegensteht Ist auch die Ilofl-
uung gegeben, sie »verde gerettet »Verden, erscheint
die Helena nicht immer noch von Furcht gepeinigt?
hat der Dichter nicht so manche Mittel angeivaiidt,
den Zuhörer noch in furchtsamer Spannung zu halten ?
Wir ver»» eisen nur auf die letzte Scene, ws> Theo-
kluiienos noch Alles aufbietet, die Helena von der Theil-
nahme an der Todtenfeier abzuhalten. Selbst noch beim
Beginne der Erzählung des Boten bleibt es noch unge-
»viss, ob Helena »virkliih (.'erettet ist: und »vie vortreff-
lich itir<l sie noch hier durch ilen Muml des Bolen ge-
schildert! AVir »»iederholen es, mit dem grossten Interesse
musste der Zuhörer dem Ausgange des .Stücks entgegen-
gehen! Wir »vollen e» auch Jedem zu beuitheilen über-
lassen, ob nicht durch die ganze Action hindurch sich
stets die Befürchtung ziehe, es »verde Herines A'^erheis-
suiig nicht eiiitreHeii, (d> nicht »vie in der Helena so in
jedem Zuschauer Furcht und lloHnuiig stets ab»vechseln
musste, und die Ungetvissheit, »»ie die Sache ablaufen
sollte. Hatte doch die Helena auch nicht den Mnlh ge-
habt, nacli dem endlichen A'erlaufc aller Mühen des Gat-
ten die Theonoe zu fragen vgl. ,')3'').
.Allerdings ist Ilermann's Ansicht über die .Zeichnung
des Menelaos richtiger; auch »vir erkennen in ihm erst
dann eine tragische Haltung, wenn er zum gemeinsamen
Tode den Sclnvur der Helena gibt. In quo tarnen nihil
admiratione digniim iion praesente periculo, sagt Hermann;
jedoch bleibt doch inlm<^r die Girfahr, dass sie trotz aller
List dennoch nur im frei»»illigen Tode Heil finden wür-
den. Aber allerdings hat das erste Auftreten des Mene-
laos einen lächerlichen Anstrich; »vir setzen hinzu auch
die Erscheinung des ersten Boten, und in getvisser Be-
ziehung auch ilie .Scene mit der Thürsleherin. , Die Per-
son des Teucer versucht Pflugk auch »»olil nur vergeblich
von dem A'or»viirfe zu reinigen, iinnöthig und überflüssig
zu sein. IVüthig »var nur eine Person, »velche der He-
lena dasjenige verkünde, »voraus ihr hauptsächliches Leid
13
14
ernächst. Das häiie ihr joder Andere, seihst die Theo-
noa, sagen koiiiicii — denn diese gibt j.» auch nachher
die Antwort und hatte damit weit mehr für ihren Bruder
als •'egcn denselben in liezug auf seine Absichten ge-
wirkt — ; der Gang des Stücks erforderte nur, dass
Helena die ganze Grösse ihres Leids erfahre, und zwar
von einem Griechen, der gleichsam die Ansicht Grie-
chenlands über die Helena repräsentire , denn auch der
Teucer gilt ihr nur für vaviai A/iUMV TlQ. Die Hin-
einflechtung der Schicksale des Teucer bleibt etwas Ucber-
ilussiges. Wie viel einfacher wäre es gewesen, »venu
Euri|)ides durch den Chor h,'it»e die Unglücksbotschaft
verkündigen lassen, welche derselbe konnte als ^ijoa^ta
finotjäoOL' TlXärai von einer neu geiaubten ünglücks-
gefahrtin gehiirt haben. Poterat somno moncri, meint
Hermann; aber dazu waren der betrübenden !^achrichtcu
wohl zu viele. Der Traum, der ihr verkündet, dass die
niutter todt, die Brüder fort, der Gatte von den AVcUen
verschlungen, die Tochter jungfräulich alternd, sie selbst
Gegenstand des allgemein!.tcn Hasses sei, wäre wenigstens
ein recht Janger gewesen! In der Iphig. Tanr. ist er
kürzer.
Nach diesem Allen dürfen wir zu der Frage überge-
hen, ob das vorliegende Eurijjidoische Stück eine wahr-
hafte Tragödie sei, oder ob es sich der Komödie nähere.
Da scheint es uns gewiss, dass wenn je eine Euripidei-
sche Tragödie den Vorwurf verdiene, es iliese sei, dass
man sich aber auch hier sehr in Acht zu nehmen, von
einzelnen Scenen auf das Ganze zu schliessen, vielmehr
die Vorsciirift K. Fr. Heruiann's in seiner unten anzu-
fülirenden Disputatio pag. ii ut in existimanda illorum
pui'tarum arte non singulorum modo lororum ornatns atque
convenientia, verum etiam totius actionis institutio, tenor
adf|ue certum (juendani fiuem pocticum relatio spectari
debeat zu beherzigen habe, und nicht vergessen dürfe,
wie weit im Allgemeinen die Tragödie des Euripides von
der des Aeschvlus verschieden sei. So viel bleibt sicher,
die Person der Helena zeigt überall einen echt tragischen
Charakter, wie ihn <lie IMedea, die Andromache, die
Hecuba in den gleichnamigen Tragödien zeigen: um die
Hauptperson aber dreht sich bei Euripides Alles: Ver-
nachlässigungen des tragischen Elements bei den Neben-
personen lässt er sich leicht zn Schulden kommen, Bei-
spiele davon liefern der Hercules in der Alcestis , und
hier der Ayytt.Oi^, der treue Gefährte des Menelaos.
Er erscheint völlig in komischer Gestalt, so dass er an
die treuen durch ihre Einfalt das Publikum viel ergötzen-
den Bedienten in Rainiund sehen Schauspielen der neueren
Zeit erinnert. Es musste ein lächerlicher Moment sein,
wenn er athemlos herbeirenut, das Verschwinden des
ildfvXoi meldet, in die alten Klagen über vergeblich
gehabte Mühen ausbricht — und mitten in der Erzäh-
lung plötzlich wie versteinert erscheint beim Anblicke
der Helena, ganz kleinlaut abbricht und sich schnell
zurückzieht. Es ist das in kurzer Frist das dritte Stau-
nen, welches die Helena zu Wege bringt; Anfangs geht
es beim Teurer noch gut ab, die Verwunderung des
Menelaos beim Erblicken der Helena war schon scherz-
hafterer Art, hier aber wird der Schreck, den ihr An-
blick dem armen Boten einüösst, wirklich Sf asshaft. Und
kommt er nun von seinem Schrecken zurück, aus seinem
Schlupfwinkel hervor, spielt er nicht ganz und gar den
einfältigen , aber gutuu'ithigen Oestreichischen Philipp,
der sich nun vor Freude über die Unschuld der Helena
nicht zu helfen weiss und in seinem freudigen Eifer
selbst ein Wörtclien über das Institut <ler uüvriK; wagt ?
Durch den 3Iund der Einfalt redet auch hier die reinste
Wahrheit.
Zu einer Nebenperson rechnen wir auch den Meiir^-
laos ; 7iach der Erkennungssccne , wo also sein Schicksal
zn eng mit dem der Helena zusammenhäiigt , als dass man
seine Rolle eine jNebenperson nennen könnte, gewinnt
freilich seine Erscheinung, wie schon gesagt, eine ganz
andere Haltung. Sein Auftreten , sein ganzer Anzug
musste lächerlich sein: sagt er iloch sell'st, dass er si( h
uur mit den ixßökai^ des Schiffes umhüllt habe, hält
ihn doch seine eigene Gattin nach seinem Anzüge für
einen Räuber, fürchtet er sich doch selbst, sich vor den
HJeuschen blicken zu lassL-n. Seine Worte sollen du-
Kleidung bei dem Zuschauer vergessen macheu, darum
prahlt er ganz übermässig, redet gern von seinen Hel-
(lenthaten, will gar zu gern sehen lassen, dass er ein
liplj/oc. sei, und zeigt es zu deutlich, wie unangenehm
ihm seine Kleidung ist. In der Scene mit der Thürste-
licrin spielt er nun vollends eine klägliche Rolle: der
grosse Menelaos, er, der noch eben so gewaltig renom-
niirt, wie Penthens in den Bacchis, inuss sich mit einem-
Bial von einem alten Weibe nicht bloss aufziehen, neini
sogar anfassen lassen und himmelhoch um Gnade bitten,
manches Wahre liegt darin: der vom Unglück getroffene
Hohe wird sich schwerer in die Lage des Elends zu fin-
den wissen, als der Arme: gewiss ist aber, seine Erschei-
nung musste manches Lächerliche darbieten, wenn wir
auch ganz seine Charakterlosigkeit bei Seite lassen, in
welcher er sich dem eignen Geständnisse nach befindet
(vgl. 418). Die Scene, wo er seine Gattin anzuerken-
nen zögert, haben wir oben schon, vom Standpunkte der
Helena aus, beurtheilt; der Zuhörer ist zu sehr mit dem
Leid der armen Gattin beschäfftigt, als dass er über die
Weigerung des Menelaos lachen kann. Ueber die ganz
ähnliche Scene in der Alcestis, wo Admet die vom Her-
cules aus der Unterwelt herbeigeführte Gattin nicht an-
zurühren wagt, redeten wir in dieser Zeitschrift 18H7
>'ro. öl pag. 421; ausserdem ist noch in der Electra die
Scene zu vergleichen, wo sie durchaus sich sträubt und
mit Hand und Fuss sich wehrt, <leu Bruder selbst da zu
iiDiarmen, als sie ihn bereits erkannt hat (5fiU sq.), und
im Ion die Weigerung desselben, den Xulhus für seinen
Vater anzuerkennen (510 sq.); die letztere Scene hat
allerdings einen komischen Anstrich, namentlich als der
Ion seinen neu erhaltenen Vater selbst dazu zwingt, alte
Jugendsünden zu bekennen (.■)45 sq.).
Nach diesen Bemerkungen kommen wir zu dem Schlüsse,
dass die Euripideische Helena — wenn das Aristotelische
Wort über metus und miseratio gilt — allerdings An-
sprüche auf den Namen einer Tragödie habe, dass wir
aber dennoch nicht in Abrede stellen können, wie auch
dieses Werk die Spuren der üebcrgangsperiode in eine
andere Zeit an sich trägt, indem es Scenen aufweist,
welche wegen der darin herrschenden Komik unmöglich
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die al<e Trajüilic sirli url.iiibt liabrn würde. Die von
Hermann in iler pracfatio ziisainmpii^es<pllteu Fragiiiciite
So()liokleisrlier Sli'icko liessellipii Sujel's bringt derselbe
in die Kalejjoric der Safvrspiele : will man darans den
Schlusj ziehen, wie in älinliolien Füllen wolil sonst ge-
scheiten ist, dass nnser Sliirk ein (ileiches jeivesen sei,
■o haben wir der Ansicht schon oben «idersproclien;
weit annelimlirlier würde wohl die Idee scheinen, dass
diese Trasfödie den vierten Platz in einer Tctralog^ie ge-
funden liabe, wie das in Bezn» anf die AIcestis durch
das von W. Diiidorf in seiner Oxforder Anso;al>e ans dem
Valiranns niit^ellieilte Frai;nient der Ilvpotliesis nnzivci-
felhaft wird. Wir enthalten uns, unsere Ansichten liber
die .Sophokleischen Fragmente auszusprechen, soviel die-
selben auch von den Hermaiinschen abgleichen. Hat doch
erst neulich ein Ueispiel g'ezeigt, wie über die Znsani-
menstellunji^ Euripideischer den Ocdipus Coloneus betref-
fender Fragmente drei der bcdeutentlsten fllanner so gam
verschiedener Ansicht sind, wir meinen Wcicker in die-
ser ZcitschriTt is:}4 p. 371» sq., G. Hermann ibid. 1837
p. 79 J sq. und K. Fr. Hermann in seiner disput. de
discriminc artis ac temporis, quoSophocles afque Euripides
Ocdipi fabulam tractassc videntur. Auch würde einScIiluss
von Snphocles auf Euripides stets problematisch bleiben,
für unsere Abhaudlun:; also keinen Gewinn abuerfeii.
Henr. Feassner (ordeMtl. Lehrer am Gymnasium zu Har
nau): De antiquorum nietrorum et melorum discrimine.
Hanov. I.S'JIJ.
Fast scheint es, als solle das früher von den meisten
Philologen vernachlässige Studium der i>Ietrik jetzt mehr
und mehr bearbeitet werden, und wohl könnte man sich
xa der HoUnunj berechti<jt glauben, dass diese Wissen-
schaft auf diese Weise zu einem ebenso festen Bau null
«u eben solcher ^'ollendiing grebracht werden wurde, wie
es der Grammatik der alten Sprachen durch die (gemeinsa-
men Bestrebun;(en so vieler ausgezeichneter (ielelirteil
schon seit längerer Zeit geglückt ist: wenn nicht gorad«
der Ausbildung der ."Metrik so bedeutende und fast nirhi
za uberHältigcnde Hindernisse im Wege standen. Zu
denselben gehört vor Allem der Mangel an einer alten
Schrift, welche uns die kunsttheoric «Icr Alten auf eine
Weise darstellte, dass über die Principien derselben keio
Zweifel und Streit mehr obwalten könnte; aber gesetzt
auch, wir halten eine solche, so bleibt noch immer die
Frage, ob sie zu dem philologischen Zweck, nämlich zu
der Behandlung der alten Dichter, stets genügen wurde,
oder ob sie nicht vielmehr nur einen Beitrag zu der Wis-
seaschaflslchre der Alten darbieten könnte, ohne indesg
snr metrischen Herstellung der Chorgesange immer genü-
gende Allleitung zu geben. Bei der Beschaffenheit der
üeberlirferungen von antiker Metrik, welche wir durch
die Grammatiker (z. B. Hephaestinn) erhalten haben,
müssen wir aber die Hoffnung aufgeben, etwas Entschei-
dendes in iler Herstellung der antiken Metrik leisten zu
können , wenn nicht noch wichtige Fragmente gefunden
werden sollten; vielmehr sind wir hierbei fast ansschiicss-
lich auf das Lesen der Dichtwerke selbst angewiesen
und müssen aus diesen durch Verglelchang der verschie-
denen Anwendungen, welche sie von den Versarteu in
ihren Gesangen gemacht, der Licenzen, die sie sich er-
laubt, der grössern oder geringern Strenge, mit wel-
cher sie die Responsion in der Strophe und Antistrophe
beobachtet haben , das Wesen der Versarten sowie der
ganzen metrischen Betrachtungsweise zu erkennen suchen.
Nachstilem schadet aber der Fortbildung <ler Metrik be-
sonders auch die grosse Spaltung unter den Gelehrten
über die Behandlung derMetia, wo an eine Vereinigung
zu gemeinsamer Förderung nicht zu denken ist. Denn
während die Einen (nach Hennanns Vorgange) die Ver-
gleichung der Versarten in den Dichtern selbst zu ihrem
HauptgeschälTt machen , Andere nach Böckh's Weise ge-
wisse allgemeine Regeln niid Gesetze aufstellen, nach
denen sie die Verse kritisiren und behandeln; hangt
eine' dritte Klasse mit fast andächtiger Gewissenhaftigkeit
an den Worten der Ueberlieferuug , die ihr als Orakel
gelten, und beschäffligt sich einzig mit Darstellung der
Ansichten der alten Grammatiker in einem systemati-
schen Ganzen, ohne diess sonderlieh oder mit grossem
Nutzen und Erfolg auf die Verse der Dichter anzuwen-
den. Da sie nnu hierbei hauptsächlich auf die Musiker
(Aristides Quinctilianiis, Aristoxenus) angewiesen sind,
so ist es natürlich, dass die musikalische Betrachtung
bei ihnen auch Grundlage des Ganzen und Hauptsache
wird, und in dieser Hinsicht kommen sie mit Apel über-
ein, der .aber das Verfahren der Grammatiker ganzlich
verwirft (Metrik B. I, p. .{7 —40). Hierzu gehört Herr
Dr. Geppert, dessen Abhandlungen über den Glycon.
Vers und über da£ Verhalten der Hermannischen Theorie
der Metrik zur üeberliefernng Ref. in den früheren Jahr-
gängen dir Zeitschr. f. A. W. lS3ß, Marzh. Nr. .V> und
1817, Marzh. Nr. 33 — 33 angezeigt hat). Einigerinassen
ist hierher auch der Verf. der vorliegenden Dissertation
zu zählen, dessen Bestreben iniless, da es von vornehmer
Geringschätzung gegen die früheren, sowie von dein
lächerlichen Eigendünkel, Alles besser wissen zu irollen,
als Andere, frei erscheint, nicht anders als rühmend an-
erkannt werden kann, wenn anch Manches von dem, was
er aufstellt, noch nicht als ausgemacht und abgemacht
zu betrachten ist. Seine Arbeit rerdient es indess mehr
bekannt zu werden, als diess bei Doctordissertationen in
der Regel der Fall ist, und darum sei es vergönnt die
Hauptpunkte derselben anzuführen und zu besprechen.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
P .1 r I s. Ein vom Minister des ölTenllicheii üntenichts
(Saivandy) iinl<:rzcicli(ietei- Berdil l'o rdeil .säniinl.liclic Biblio-
tbekcii und Kiinslsaiurnlungon Fiinkrcicbs zur Einsemliin;;
ibier Citalogc und Doubiciten an die Abtiieilnoa ilcr scienlif.
lind litcrai'. An;;clc3enhcltcn des gi-nannlcn MiniUciii auf. Die
Calaloge sollen dort mit den jalirlieh , im Monate Januar,
niichjnliefernden Veizciclinissen noiier Erwerbungen niedergelegt,
die Double. tcn aiidenv(Mlig vcrfbeill und iLiUie Iheils durch Siib-
scriplioncn ciokuinmi'iidc Werke, tliclls PiiMicationen des Mini-
sterii u. s, w. in Tausch gegeben werden. Die Anstalten, welche
dieser Anfiorderncig nacli/ukommcn versäumen, bleiben von den
Begiinsligongen des Ministerii ausgeschlossen.
Zeitschrift
für die
AI t er tliu ms wissen Schaft.
SoTintaSj 6. Januar
18 39.
Nr. 3.
Fcussner: De inetrorum et inelonim' discriiniiie.
(F o r t s e t z u n !^.)
Als Hauptzweck seiner Abhaiulhing gibt Ilr. Fenssiier
in der Vorrede selbst an, zu beweisen, dass nach den
übereinstimmenden Zeuejnissen der (iran\mafiker und Mu-
siker sowohl, als früherer Schriftstellrr zwei Arten der
Verse zu unterscheiden seien, deren erstere , jitifju T£-
t.tlU oder TluihftlXTCi nur die einzeilige Kürze und die
zweizeilige Lsnge gebrauchen und strengere Gesetze be-
folgen, die anderen aber fy.ujka, (jvif/ioi, jusf^nj auf
freiere Weise dein musikalischen Takte zufolge kürzere
oder längere Svlben (also au< li die von Apel angenom-
mene, von Hermann und Biirkh verworfene dr<>izeitige
Länge) gebrauchen. Zugleich nimmt er dal)ei Veranlas-
sung, die Ansicht Apels von der T'^erliingerung der langen
Sylbe zur dreizeitigen, die Ansicht IVIeibom's von der
wahren Beschalfenlieit des trocliaeus urthius unil seman-
tus , sowie die Behauptung Apels, dass die alte IMusik
den Takt gehabt habe, aus den Stellen dei Alten zu
beweisen und gegen Hermann und Böckh zu vertheidigeu.
Es liegt ausser den Gräuzen, »eiche dieser Anzeige ge-
steckt sind, jeden dieser Punkte ausführlich abzuhandeln,
und wo Ref. entgegengesetzter [Meinung ist, grünillich zu
widerlegen; Ref. wird sich dalier begnügen, die Ansichten
des Verf. darzulegen un<l die wichtigsten Beweisstellen
anzuführen, damit unbefangene Beurtheiler sich davon
unterrichten und sie prüfen können, er selbst aber wird
nur einige wenige Einwendungen machen und einige Be-
merkungen hinzufügen.
S. ö und t) beginnt Hr. F. damit, Stellen ans den
Grauimatikern und Scholiasten anzuführen, welche über-
haupt beweisen sollen, dass die Alten auch andere Län-
gen als zweizeitige gekannt haben ; doch gehören einige
der hier angeführten Stellen nicht hierher, weil sie mehr
rhetorisch die zum Aussprechen der Silben erforderliche
Zeit bctrefl'en, z. B. Diouvs. Hai. de composit. verb.
cap. 15, welcher den Aufangssvlben der Wörter oiioC,
Poöo^, XqÖiIOZ-, OToöffO^ ungleiche Kürzen zuschreibt,
wovon er den Grund nur in iler Häufung iler Consonan-
ten suchen kann, da die Beschaifenheit des Vocals die-
selbe ist und auch durch Position nicht verlängert wird,
was auch die Stelle aus dem Scliol. zu Hephaestion p. läO
Gaisf. (16 t ult. der Leipziger Ausgabe) beweist, welcher der
Syibe vj^ eine Länge von 2'/5 Moren zuerkennt, von
denen 2 auf das w und '/^ auf das O koninicn ; 71 dv
yäo , fährt er p. IG'J ed. Lips fort, avLlCfuivov tt'/e-
lai iyfiv ijUtOl'V y^oaior. Hiernüt stimmt auch Pris-
cian übereiu p. b~'2- Tempus syllabae accidit unum vel
dno, vel etiam, ut quibusilam placet, unum semis et duo
semis et tria — unum semis in commnnibus syllabis —
ut lacrimne; dno et semis, qiiaudo post vocalem natura lon-
gam una sennitur ronsonans ut sol ; tria, quando post
vocalem natura longam diiae coiisoiiantes sequuntur, vel
una duplex ut mons, rex. Tanieu in metro necesse est
unamqnainque svllabam vel uniiis vel duorum accipi
temporum. Von diesen Stellen gilt daher auch, >vas Hr.
Fenssner gleich darauf selbst eingesteht: noniinlli a mera
argutia profecti esse videntur. Die Stellen aus Dionys.
Halic. de conipositione verborum c. 17 und c. '.?(), welche
von der Arsis des epischen Dact\lii-s und des cyclischen .4na-
pästen handeln (welche die Rhythmiker /io(rj(L'i:eoav njs
rekli'ai iic.y.uä^ nennen) enthalten nichts Neues, da ja
auch Hermann (El. p. i21, JtiO) und andere Metriker
die Irrationalität der Aisis anerkennen und aus derselben
ihre Hiiauflöslichkeit herleiten; und überhaupt beweisen
sie Nichts für die dreizeitige Länge. In Bezug auf diese
kommen ilaher nur noch drei Stellen in Betracht: Arisli-
des Quinctil. p. ,J2 sqq. der von dem youvu^ ef^O-XIOTog
spricht und so fortfährt :
at'vStTOi ÖE ioTi yoövo; 6 Siaioeio^ai di'V(qici'o;.
Tovxuiv dh ü itiv biii\a.niu)v iorl roT' tt^ojtov übe
Tp/Trkaoi'ujv^ 6 öi- TEToanKnnivjv j^ujoi yufj tetqu-
doi TlQuij/Ahv ü öi'^/ir/.oi; y^nvoo, und Marc. Capella
p. 19 1, der dasselbe sagt; aber eine grosse Frage bleibt
es hierbei, ob diese Stelle so unbedingt für die drei-
und vierzeitigo Sylbe spricht, als der Verf. zu glauben
scheint; denn Aristides redet nur vom yoovoq üilhil/.dC,
der die Arsis oder Thesis eines 71 ov; oudiir/.u^ aus-
macht, dieser ist nun aber nicht immer einsylbig, son-
dern zweisilbig, wie die Thesis des Dactylus, die Arsis
des Creticus und des Jonicus a minori (im Sinne der
alfen Jletriker — v \ — und L'V \ ); denn so versteht
ja Hr. F. auch S. 7 und 8 den Ausdruck, wo ' er sogar
den Anapäst den yoüvo^ oidiir/.oi (den Takttheil) der
anapästischen Dipodie nennt. .Somit wäre auch diese
Stelle beseitigt, bei welcher Hr. F. noch die Auslassung
der für ihn so »vichtigen Worte ö ÖE jotTlkaoiuiV in
der Anführung bei Böckh de m. Find. p. 22 rügt; und
nur Marius 1'^ictor. p. 2481 wäre noch übrig, den auch
Apel als beweisend für seine Ansicht von der dreizeitigen
19
20
LAiige aiifulirt (Bil. I, '\'orre<lc p. 12 1: A<1 haer miisiri,
(]ui toiiipurum arbitrin svllabas rnmiiiittiiiit , in rhvtliinicis
uiudiilatiuiiibiis aut Ivriris raiitioiiibiis per cirriiitiiin loii-
gius cxtriitar pruiiiiiiliafionis lani Imig'is longiorcs , (^iiain
nirsus per icirrcptiiiiioin broi ioros brciibus priiforiiiif.
liidoss ist ilio.»s iiii'br librrliaiipt eiii Ufiveis dafür,
ilasÄ die .Musiker liri der Cuiiipositioii hrisrbcr (i<"s.'iii;jp
dcii Längen und kiirzcii nicht genau ihre nieOische Ein-
und ZHeizeiligkeit beivahrf haben; als ein ununistiiss-
liilier BeHeiss für die dreizeiti>(e Lange kann sie immer
noch uiclit gelten, ila hierzu auch die Nach» eisung ge-
hört, da-s eine solche Länge in drei kurze SUlien auf-
gelöst »orden, oder ilass sie iui paeon primiis den drei
kurzen .S\lben gleichgeltend vorgekommen sei, und man
somit denselben zuui yci'o^ i'ooi/ habe rechneu können.
S. r erii.'ihnt hierauf Ilr. F. den oft nicht beachteten Un-
terschied zuischon youro:^ oiliiiiy.ds "nd yooiu^ usior/.oi
oi\eT y itn u^ it'ji Ol'/? c.fjc'^v , deren letzterer <lie L;lngo ,
einer Mvibe, ersterer aber die Lauge eines Takttheils be-
zeichne, der die Arsis «der Thesis eines rhythmischen Fusses
sein, also auch mehrere Selben umfassen ktinne; euii^
sehr ri( lilige Bemerkung, die lief, schon oben gi'gen die
Be« cisfiiliigkeit der angezogenen Stelle aus Aristides an-
wandte. Hr. F. knü])ft selbst hieran seine Argumentation
für die Ansicht .Meiboms (ad Aristid. p. 'Jli ) von dem
Schema des Orthius und Trochacus semantus, «eichen
derselbe vier lange .Svlben zur Arsis und zwei lauge zur
Tliesi« gibt, nährend Hermann und Bockh (d. m. P. p. J >)
statt ilessen nur zwei lange Svlben ron 4 und 8 IMoreu
in ihnen linden »ollen. Seine Gründe gegen diese Ansicht
sind folgende:
I) sei der yguvoi ov^iity.O^ von der STlbenlange zu
unterscheiden und könne recht wohl aus mehreren Svl-
ben bestellen; aus der Angabe der Grammatiker, der
fr. semantus bestehe aus einer achtzeitigeu Arsis und
lierzeiligen Thesis, folge daher nicht nothvvcndig, dass '
er nur aus zivei S\lben von dieser ungeheueren L<inge l
bestehe; ' |
V) aus der Benennung der beiden fraglichen Versfüsse ;
als 11. doivdfiDl folge nicht, dass sie nur einfache zivei- )
s\lbige Trochäen und Jamben sein müssten ; da Aristides
selbst sage (p. o.j s<|'l-j; doi'vi^tcui (ölthioi) oi i:vi
ykiii lui^ty.jj yo:j)iiivui , v)^ ui TSiuäoi'iio/ (Daci\li-ii,
Aiiapaesten)- nvi't^lrui dl ui hv. öuu ysvujv ij iy. nl.iiü-
vvtv oivtotuizti, (j'j; oi dv)öty.o.ai]jiut (z. B. der Bac-
cliius a iambu, Bacchius a trochacu u. a. Arist. p 3 7)
niy.iui dt ui noit fjtv tl^ '/^ouvuvq, :iuie dt (ii
eil i'i/o/ ," cvc/t Oliflüt , fji ui ii;ur,):ni)i (Choriambus,
Antispastus u. a.j. .Au< h führt Aristides unter den ii.ot i-
>ltciifi «ler daktylischen Gattung nicht bloss den einfachen
Proceleusniaticus (I*vrrlu(hiu>) , soudcrn auch den dop-
pelten vv tv an;
3) sage Aristides ausdrücklicli von dem semantus (p. ',-),
er verdoppele die lUanz (il. h. die Arsen nach iieuerrm
Sprachgebrauch), könne also nicht eine einsvibige Arsis
haben; und p. !IS erkläre er auch: oi i)t (/tj'Jtut /.('.i
oriid.VToi dm. tu ui tuvu.Ci iv iitr/notcirui^ ijyoiz iloud.
yutai £/'; d.ti(/)ua., «odurch ebenfalls ein mehr als zwei-
svlbiger Fius angedeutet »erde. Auf die Stelle bei Alar-
cianns Capella p. l!).j, welche von octo primis positioni-
bus und elatio quatuor brevium bei dem troc,h. semantus
spricht, legt der ^'f. mit Recht kein grosses Gewicht, da
dieser .Schriftsteller öfters ungenau ist; indess zieht er
aus den eru ahnten .Stellen und Gründen den Schluss, d.iss
jenen beiden Wrsfüssen eine .\rsis von vier langen und
eine Thesis von zwei langen .S\lbeu, dem OTuvd£i(j\
dnfoi'i aber (dem Hermann Elem. p. 1.S eine vierzeitige
Lange zur Arsis und eine gleiche zur Thesis giebt) eine
.Arsis von zwei langen Sjlben und eine gleiche Thesis
zukomme analog dem duKuPi und dinhuiig TTQUXf-
kei'OiinT/xöi; l'V u. «'(I vr. fim-h führt er p. U zu Ende
einen Vers aus Pindar (Ol. IL str. v. 4 Bkh.) an, in
welchem nach seiner Ansicht ein orthius von sechs langen
Svlben einer jambischen Reihe vorhergehen soll.
.S. t .' spricht Hr. F. von dem Eiiifluss, welchen die
Geiiiütlisstimmung des S|)rechendeii , sowie die Beschafi'en-
hclt iler Svlben in ihrer Aufeinanderfolge auf die Yer-
läiigeriing der eigentlich nur zweizeitigen Länge haben,
wobei er sich auf Diouys. de compos. verb. cap. 20 '""-
ruft, und knüpft hieran die Behauptung (p. 13):
vetercs distinxisse iluo versuum genera, temperatnni
aleruin, altorum fervidum; temperatum. geiius , in (juo
svllabae vulgari siio siniplici et iliiplici teii;pore nietrum
suum comploaiit, versusque a praefinito modo iiunquam
recedant, neque varicnt, unde dictum esse fitiijov TtKEtuv
i. e. metriim perfectum sivc simpliciter fj.£r(JOV et Uoitjj-ia,
his vocabulis strictiore sensu usurpatis. Fervidum genus,
in quo svllabae consueta mensiira taxatae, legitima rhiithnu
intervalla plemmque non cxpleant , sed ad ca explenda a
rhythmopoeia et ductus rhvthmici opc in diversas alias
niensuras sint iiiodulandae, appellatum esse modo (ji'9iioi,
modo LitXuq, modo y.uika.
Die i^tcllen, auf welche Hr. F. seine Ansiclit begrün-
det, sind nun fol^enile :
Boissonade Anecd. Gr. III, 4.'hS (nach Aufzählung der
Lyriker) Mtki] dt tu iv ainuiq (sc. icoo^ijyoQEvdti)
rjxoi diu TU aTZu züiv Tcktiotv ä(fiatotioi)a.i fAtxQotv
(y.ai yuo i}fi£ig tu dio tujv 'TtKsiujv dcfuioovjAEi'a
[iSiouiv iitf.n y.uKui'utv) — — di'vaTui dt y.ai diu
ro y.ooLiia i/'/di) y.ai fitkni; öuiüvvfuoi kijtoBar y.ai
y.ujtii dt üiioiioQ. irtiiöi) //;) TtLsiüv toxi fitroov.
Aristid. (juinctil. p. 32 (nicht 31, wie S. 14 bei Hrn.
F. angegeben ist): iit/.o; (i. e. utlxodin) [^itv vuEizai
- fittu (jp'Jftou ftuvuv , Wv" i7ii Tujv y.fjuuuuTujv y.ai
u')kv)v — ^idfiuq de ftETu /itloig iv y.ujhoii;' (.itru
e i.i^tvx; iiüviji tTii tujv iiotijiiÜKov fjtra Titukaoiit-
rji iii oy.gio<.ii)is utuv raii ^utra.duv y.c.i tividv toi-
Tfijv (ut'li.. VTloy.g. erklärt Hr. F. artificiosam decla-
mationem).
Dion. Ilalic. de compos. verhör, c. l.j dialj u.iTtt y.ai
ßiia%tia ovif atiij ßgaytiaq yai ^ay.iiu. fiay.gdi, y.ai
oÜtc Tijv airijv iytr dvvaiiiv ovt iv kuyo/<; ip/kuig,
ot't' iv nuit'^iiaOLv ij fiikioiv diu üiü^/ivjv tj fitTgujv
xaTtoytrao/iivoiQ ndoa fiixi.ytia y.ti.i naaa. no.y.na
(hier findet Hr. F. in d. Wortstellung einen Chiasmus,
indem sich ijrihi. auf iit/.. und iitTO. auf noilju. be-
ziehe).
y.u)A
•21
Dion. Hai. 1. 1. cap. 25 TTw; ygäipsTat Xe^i? äfie-
TQog utioia y.ahi) nonjuaTi i} iitksi, xai TCuji nonjf^a
ye i) f^ükoi niC,ij Xetsi y.akTJ TCa^aJihjo/ov.
Id. de aduiir. vi Dem. cap. 50, p. 1110 Rpiske xai
övö/^ara y.eiTai ttj xoiavTij ki^it fdronv y.ai /akoi;
(zum Verstäiidniss füge ich die vorhergehenden Worte
hiuzn: i) fxsv Ufioia nafiakaußävovoa lUToa y.ai
6i>9iioi<g rerayfiEvuvi li'rs xatd oti/ov ehe vmxu.
Ttfoioöov , T]V xakui'Ot ol /^tovoiyoi arQOffijv ynTrsira
Ttäkiv Toig avzoiq Qv9fioti y.ai fxsTootc, eni tojv ai'-
Tuiv aTi'xiov v neQiodujv , «c ävitorQocfovq, 6vof.ia-
Qovat, Xowuevi] y.ai tuj o^ij^aTi tooku rijg y.ara-
ayei'tji; dno riji ägxiji f'ix9' ^oiT TskouQ iTQoßui-
voi'Oa, euuSTgöi t eori y.ai eöäv^iiog y.ai 6v. y.. t. k.).
Longin. proleg. in Heph. p. \.i\) Gaisf. (p. 148 der
Leipziger Ausgabe): £T/ toiviv 8ia(pE0£i ^vdj^iov ro
itSToov, i] t6 ftsv läroov TieiTi^yÜTaz i-/£i ror; Yoö-
vovg, /laxpöv ts y.ai ßoaxvv y.ai zov [tETu rovruiv
Tuv y.otvov xukovfisvov , oq y.ai avTog tiuvtioq f^a-
x'joz eort y.ai ßoaxi'i' ö öt ÖL'f^fl6g tu; ßovkezai
eky.ei roi's '/oovovg, TTokkaxic; yovv y.ai rov ßpa^fv
Xpövov lio/it f^iaypov. Hieranf führt Longin noch die
Stelle aus Aristophan. Nubes an :
TTUTSpOV TieQl fXSTQUlV ij Tlfpi ijTWV, IJ TCFoi Öt'^UWV,
um siu zeigen, dass auch die alten Dichter diesen Unter-
scliied gekannt hatten; und Hr. F. bemerkt ilazu p. Ki,
es könne hier unter pv^iiuiv , schon weil es im PInrali
stehe, nicht der ductus rhythmicns oder das Tempo ver-
standen «erden.
Mar. Victor, p. L'4S(i. Inter pedcm (nietricuni intell.)
et rliTthmuni hoc interest, quod pcs sine rhytlinio esse
non potest, rhvthmus autem sine pede decnrrit: non enini
gradiuntur niele pedum mensionibus, sed rhythniis iinnt.
Id. p. 2492. Ex quibus (pentasvllabis et hexasvllabis
pedibus) magis mele et rhjthmi lyricorura modulorum,
quam metra formari poterunt.
Id. 2494. Carmen autem lyricum quum metro snh-
sistat, potest tarnen videri extra legem metri esse, quia
libcro scribentis arbitrio per rhvthmos exigitur.
31all. Theo'l. p. 5- Si qua autem apud poetas lyricos
aut tragicos quispiani repererit, in quibus certa pedum
collocationc neglecta sola teniporum ratio considerata sit;
uieininerit, ea — non metra sed rhvthmos apptllari
oportere.
Diomed. p. 464. Sed neque rhythniis neque metris
oratorem uti decet, ne uon ilicere sed carnien canere
videatur.
Quinctil. IX, 4, 45 — .00. Sunt et illa discrimina,
quod rhythniis libera spatia metris finita sunt; et his cer-
tae clausulac illi qnomoilo coeperunf, cnrrunt usque ad
Hexußokljv id est transitum in aliud genus rhythnii ina-
nia quoquc tcmpora rhythmi faciliiis accipient , quamquam
h.iec et in metris accidunt.
Aus diesen Stellen können Uubefaiigene selbst sehen,
dass auch hier «ieder Älanches herbeiirebracht ist, was
nicht eigentlich zur Sache gehört und keinen schlagen-
den Beweis giebt; denn der Unterschied, den Dionys. in
den beiden ersten Stellen zwischen noiipiu und fxikoq
macht, ist wohl nur der, dass erstcres ein zur Recitation
22
bestimmtes Dichtwerk (nnd diess lag ja dem Rhctor am
niichstcn zum l'ergleich mit der Schönrednerkuiist), letz-
teres dagegen einen mit IMusik zu begleitenden (besang
bezeichnet. Sehr wenig Geuicht ist wohl auch auf die
Stelle ans Longinns zu legen, zumal da derselbe gleich
vorher den allgemeineren Unterschied zwischen ui'toov
lind Qvi>fi<'tq so festsetzt, dass ersteres nur die Syibe zum
Gegenstand und Stofle (/'Ar) habe, letzterer aber auch
ohne Worte h' ypOTt/i bestehen könne; also olPenbar
unter p/.'Ai/o's das Zeitierhaltniss zwischen Arsis nnd The-
sis, Aufschlag nnd Niederschlag, nnd unter 3Ietrnm die
bestimmte Aufeinanderfolge langer unil kurzer Svlben nach
einem bestimmten rhythmischen Verhältnisse versteht; und
wenn Longinns die Stelle aus Aristoph. IVnb. ()3,s Dind.
TTOTepn Tifui uergojv /} iif.pi tiiuiv v oc^fiojv
anfuhrt tind Herr F. desshalb auch diess auf seine Mei-
nung angewendet wissen will, weil von ii/:TOiijv und
urDf^lulv (nicht vom Singularis) ilie Rede sei , so irrt er
ebenfalls, da Socrates dort nur die Wissenschaften der
Bletrik , Rhythmik und Grammatik meint, wie das Fol-
gende zeigt. Auch die Stelle aus Dionys. de admir. vi
Deinosthenis beweist wohl deutlich, dass itero/i und
piiifiui zusammen zur Versbildung angewendet werden.
Darum ist die Frage über die Verschiedenheit der //t-
Toa und '.■«''/; noch nicht ausser allen Zweifel gesetzt,
um so mehr, da Hr. F. nur wenig zur Erläuterung hin-
zugesetzt hat, und besonders über die Gattungen der zu
den j.itii>ntg Tikdu/' zu zahlenden Versarten viel zu
fr:igeu übrig lässt ; denn er bemerkt nur: ad id genus
onines rite facti iambici, trochaici, dactylici, anapaestici
pertinent; wobei es zweifelhaft bleibt, ob auch die in
den Chorj;esängen enthaltenen Jamben und Trochäen
hierhergehören sollen; wahrscheinlich aber rechnet er
hierher nur die ganze Scenen bildenden Trimeter und
Tetrameter y.aia. arijuv hierher, nährend er die Chor-
gcsAnge zu den iitKtoiv und Xiokoig rechnet. Indess
«äre hiermit nur der alte Unterschied zwischen den zur
Declamation und den für Gesang und Instrumentalbeglei-
tung bestimmten ^'erseu bezeichnet, und dass durch das
hinzugetretene musicalische Element eine Verkürzung oder
1 crlängernng über die metrischen Granzen hinaus oft
niithig gemacht »vurde, wird Jeder gern zugestehen, der
nicht, wie Hr. Dr. Geppert, in den Choriamben nnd Jo-
nicis nur '/, Takt, in den jambischen und trochäischen
Uipodieen nur '/, Takt erkennt und so die Uebereinstim-
niung der metrischen und rhythmisch- musicalischen Fusse
überall statuirt, welche selbst die Alten nicht immer an-
erkennen (». dessen Verh. der Hermannischen Theorie
der Metrik zur Ueberlieferung p. 2.j. 3S). Indess kön-
nen die Worte: i'j öl pvi^iiog t^xsi jovq ;fpoi'o('," y.ai
:i Dkktxy.iQ Tt)v ßgo.%tv iioiei fiuy.ouv auch bloss auf
die Verlängerung einer kurzen Sylbe , wenn dieselbe in
der Arsis steht, bezogen werden. Was indess die Bedeu-
tung des ^Vortes zc}/« anlangt, so ist dem \(. eiitgan-
j;i'i!, dass scliim jMeibom die verschiedenen Bedeutungen
liesselben gekannt hat; denn er sagt zu einer für Hrn. F.
Ansicht nicht unwichtigen Stelle des Aristides p. 2R,
'/'■ 11: y.ai unujg ro/," iitv y.aruj (sc. oijittioig Noten-
zeichen) ro: yinKa. y.ai tu iv raig ujduig f.i£Oav/uy.a
1^ ^u.a. y.'joL'uaTu , TOii de ätxu zag ojdug x*^Qay.itj-
23
n
oi^ouev, auf der 1'). Seile ilcr Vorreilc zum rrs<eii Baud
gciuer MusiLer Fulgcmles:
Quid hie cula siiit, iion pu(o nlli in nipiiteiii veiiissp.
Graecis quideoi poetis <aiii roiiiitis ac «ragiris ijiiani Ivri-
ci» pro parle versus colon accipiüir, de quo vidc iiotas
ad Aristid. p. j;;!. »runi Arisfides p. '^2 v. S et 12,
hoc vocaliuluni usurpat pro raiitileiiae quadam parte, quae
aola caiitu ar rh^tlinio miislat. Scieiidum itaquc, inusi-
cos qui modos cuiiiiiediarum faciebant, non taiitum ver-
»ibus eos acroiiiniodasse, sed etlani posuisse inpriiiiis line
actuuiii et sceiiaruni ut taui spectatores quam aifores re-
ireareiit atque liis etiam ad alia separaiidi fempus <on-
eedereut (so erklart er nämlich fj.£OavKluv nach Eusta-
thius ad II. A. ö48: v.ooTnu tl /Liern^r tiJs ai'kiji uv-
Kovucvuf , "o er r/;; W'S/J,- zu lesen (orsdil^gt).
Unter ■/ai}Ia)V verstehen die (Jraniniatiker (Aristid.
p. 56, .Mar. Victor, p. ',>4y7, Atil. Fortunat. p. L'GSÖ,
Putsch Hephaestiou p. 1 1() ed. Gaisf. (eineu Thcil des
aus drei oder lier !Melris bestehenden Oii'/^o^, der aber
aus ganzen ^'ersfiissen bestehen müsse;' Atilius Fortuna-
tiauus führt au:
defpcisso videt sua ;
während sie unter /.üiiuu einen Verstheil verstehen, der
auf einen unvollendeten Fuss ausgehe; daher ist wohl
auch bei Aristides . Quinctilianns a. a. O. p. 56 Z. 18
statt y.ui fiiioojv vielmehr y.uitua oder y.oitfjiUTiuv zu
lesen: roitojv d'e tu ulv £/. dvoif /itTQOjy ty iciure-
Kii vMtMV xa de iy. fäiQov y.al To/tiji ij fxtTQov y.ai
couviv , rj iy. :jaadjv tuiuJjv j; üvanuhiv i/. zuuijq
y.ai (ikxoov y.u'i utTijajv «eil bei der gewöhnlichen
Lesart der Satz unvollendet erscheint. Indess ist unter
y.iHl.OV wohl auch ein durch die C'isnr gebildetes ^'ers-
glied zu verstehen, welches nicht auf einen vollständigen
Fuss endigt, denn 3Iarius ^'ictorinus (a. a. O.} sagt
selbst: Alinsive auteui etiam comma dicitur colou ; uad
fuhrt als Beispiel eines coli an:
Arnia virumque cano.
Da nun die Grammatiker die kürzere Xßra Gvdxr.na,
xusamnienbaiigendcn 'V'erse der Lyriker und Sceniker
(in den Cliiirgesangen) als abgerissene Thcile der or/;)fOi
betrachten, so nannten sie diese nun überhaupt (a poti-
or! parte) y.ijjiu, gleichbeiieutend mit fut.lj ('ergl. die
oben angeführte Stelle ans Boissonade Anecd. Graec),
.So ist viohl der Aanie des Paroemiacus daraus entstan-
den, dass man ihn für ilen letzten Theil des epischen
Hexameters, wie derselbe durch die cacsura penlemi-
ineres abgeschnitten wird, ansah, in dem ja h/iulig all.
gemeine Gedanken [uaooiitiu) ausgedrückt werden, /, B.
ttw yco y.ouxu' i'iori iiiyiOTDv.
xDV yuo yiiü.To:. lox' ivi umo (Od. 1, .3t9). —
S. 18 spricht Hr. F. zunächst nun von den Melri»
im engeren Sinne und gibt als charakteristisch an , mit
Bezug auf die erwähnten Stellen bei Longinus und I)io-
medes, dass sie nur die zweizeitige Lange, die einzeitige
Kürze und die dnppclzritige Sylbc angewemlet hatten,
denen eine bestimmte unteranderte/eitdancr angewiesen ge-
wesen sei; hierzu bemerkt er, dass auch sie wegen dieser
beständig sicli gleichbleibenden Länge und kürze gleichen
Takt (im Sinne der Neuem) gehabt haben; wogegen
wenigstens kein innerer Grund spricht, da das Mass bei
ihnen ganz gleich ist; liesse sich indess gegen das gleiche
Taktsysteni bei den lyrischen Gedichten und Chorgesän-
gen etwas (begründetes einwenden, so würde natürlich
auch jene Behauptung zurückgewiesen werden müssen.
Von ilen letzteren indess, den iiS/.eo/ und yjöko/^ , wie
er sie nennt, behauptet er nun S. Ui: etiam versus huiug
generis quod carmina ad cantum musicamque modulatio-
iiem facta, id est, carmina lyrica coniplectitur , illam
l)cdum rhythmicorum aequalitatem eoruinque intcrnam
arscus theseosque constantem rationem habuissc , quem
tactnm nunc vocamns atque in ea re antiquam musicam
non differre ab hodierna. Er widerlegt also die Ansicht
Biickh's und Ilcrmann's, der auch Iloirmann in seiner
AVissenschaft der Metrik, Leipzig liS3ö, beigepflichtet
habe, und lindet es unwahrscheinlich, was der Letztere
aufstellt, dass nur die einzelnen rhythmischen Perioden
sich in Strophe und Antistrophe entsprochen und gleichen
Takt gehabt hatten, weil der beständige Wechsel eine»
solchen Taktes es unmöglich oder schwierig gemacht
habe, ut ductus rhythmicus tarn accurate et servaretur et
perciperetur, ut si vel minimo spiritu, ut Cicero ait, titn-
batum sit, tota thcatra reclamaverint , musicumque vel
histrionem exturbaverint. Die A^ernunftgründe , welche
Hrn. F. für seine Ansicht zu sprechen scheinen, ver-
spricht er an einer anderen Stelle und zu anderer Zeit
zu geben; hier begnügt er sich damit, die Namen anzu-
geben, welche die Alten für den Takt als einzelnes In-
tervall gehabt haben sollen, nämlich (jv9^tOi;, TTOl'g ()V&-
/jiy.üi; (Gegens. 7rot~s ftExQiv.oc,) 710VQ, dt ai]fj.aivErai
Qvdiiöi, ax'Jiia öi'^iir/.öi' , o/. TXoSixüv, rhythmu»,
numerus, pes rhvthmicus, percussio , percussionum modi,
jntervalla aeqnalia) und einige Stellen anzuführen, in
welchen die Alten ofl'enbar vom Takte oder von etwas
diesem sehr Achnlichen reden. Hierher rechnet er:
Aristol. probl. XIX, 22 p. 919 ed. Bekk. z/m Ti
Ol TCoKLol f-iulXav äfiovxe^ xuv Qv9nov au)CovOi
(Takt halten), ;} oi üXiyoi; tj oxt uutXov iq Iva ijye-
fxuvu ßtdnuvoi y.ai ßauvxiQov üo%uvrai, v'iqxs (taov
xov ((Vxoi' Tvy^uvot'Oi; aber nicht mit Unrecht bemerkt
Hr. F. selbst von dieser Stelle, es sei nngewiss, ob hier
von einzelnen Versfüssen oder Kolis oder Perioden die
Rede sei; denn wenn Mehrere zusammen singen, so ver-
steht es sich von selbst, dass sie die einzelnen Versglie-
der zu gleicher Zeit anfangen müssen und dazu bedürfen
sie des Taktschlägers, auf welchen sie sehen.
(Beschluss folgt.)
ror.soiial-Clirouik und Miscellen.
Bonn, a.Jan. Die Gcsammtzalil der Stmlirendcii bclanll »icb
auf 7til , nanilicli: in dc'r evangelisch - llieoloijisclicn KaciiUat
Inländer 52, Ansllin,lei 33 , zusammen 85; in der katliolisch-
tlieolocisclicii Kaciilliit liilaiulcr 110, Ausländer 5, zu.,animen
115; in der jnristiscbcn Faciiltat Inländer .2:0, Ausländer 38,
zusammen 258; in ilir niedicinischen Faeiillat Inlinder 128.
Ausländer 15, zusammen (43; in der pliilosopliisclicn Kacnllal
IniandcrO«. AnslänJcr 3'.', zusammen i.W. linmalrikiiliilc Stn-
.liieiidc 731.
e 1 t s c
i f t
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Mittwoch, 9- Januar
18 39.
Nr, 4.
Feassner: De metrorum et tnelorum discrimine.
(Beschluss.)
DioD. Hai. de adniir. vi Dem. 5- 48 (oichf cap. 47»
wie Herr F. angibt) p. 1102 Rsk. (fEQS yaQ , et Tiq
ajdaii rj v.qoi<^aoiv doyävvjv t6 y.akLiarov ivTeivaq
fiekog, övi^i^Qi' ^iijösva TCoiiJTai Xoyov Ea9' ottojq äv
Tig ävdöy^oiTO Ttjg xoiaviiji; /.tovor/.iji;; Hr. F. erklärt
diess so: wenn Jemand die schönste Melodie anstimmte,
aber keinen Takt beobachtete ; doch ist hier wohl die
Bedeutung von evTEivu] falsch aufgefasst, indem es mehr
componiren ('acconiuiodare übersetzt es Reiske) heisst, wie
mau Qv^j^mii xai f^iezQuii Evxtiveiv sagt, vergl. Heind.
ad Plat. Phaed. p. ()0 D. Noch wichtiger ist aber der
Zusatz, den Hr. F. Rieht hätte weglassen sollen; denn
Demosthenes fährt so fort: ri de, ei XOVTUJV UEV äiiCfO-
TEQojv TiQOvo)]i}eii] fx£TQi'uji, fiBvot 8' eni Tijg aviijq
ueKipöia^ , y.ai t uj v avTojv öv9ftiJjv ovdiv uv
£ ^ ai^kccT T oj V Öl'Se TT o i y.iXkcov, ag ov^' of.ov
8ia(f&EiQ0t TU dyadov, Wan kann dem Verf. nur
dankbar sein, dass er jene Stelle angeführt hat, da gleich
das, was die darauf folgenden Worte enthalten, die besste
Widerlegung der (Apel'schen) Takttheorie gibt, indem
sie ganz deutlich beweisen , dass bei der Verbindung ver-
schiedener Versarten (z. B. der Daktylen und Trochäen,
der Anapästen und Jamben) eine Einzwängung beider in
die gleiche Taktzeit nicht für nothwendig gehalten wurde,
sondern dass vielmehr eine Abwechselung in der Länge
und dem Verhältnisse der Arsis und Thesis im Rhyth-
mus dem beweglichen Geiste der Griechen angenehm
und selbst nothwendig erschien, während ein fortlaufen-
des Einerlei (wie in unserer Eiutheilung) schon in der
Länge eines einzigen Gedichts ihnen ermüdend und un-
schön erschien. Die Verkämpfer der Takttheorie behan-
deln diejenigen, welche der gewöhnlichen Ansicht fol-
gen, als wenn dieselbe überhaupt alles Gleichmässigo
in den Rhythmen wegläugnen wollte, aber das wider-
stritte ja schon dem Wesen des Rhythmus, der ja eben
in der Beobachtung eines wiederholten gleichmässigen
Verhältnisses zwischen Arsis und Thesis besteht, und die
von Apel sogenannte taktlose Theorie unterscheidet sich
eben nur darin von der seinigen, dass sie den AVechsel
( (.'.eraßakt] ) des Verhältnisses schon am Ende eines
Versgliedes oder y.ajkov gestattet; während die Apel'sche
eine bestimmte Taktlänge annimmt, in welche sie belie-
big die verschiedenartigen Versfüsse eines Sjstems eiu-
zwäDgt oder diesem Streben zu Liebe dieselben willkür-
lich anders abtheilt. Darum ist auch auf die weiter
unten von Hrn. F. angeführten Stellen (Dionys. de admir.
vi Dem. cap. 7 nicht 47, p. 971, Z. 5. Reiske, Kor.
Carm. IV, fi, 35. Quinctil. Inst. IX, 4, bl- 4, ll4.
139. XI, 3, 108. Mar. Victor, p. 2521, 2541) we-
niger VVerth zu legen, weil sie nicht von einer durch'
gehenden Gleichmässigkeit der Takte reden and wohi
auch mehr von Hrn. F. angeführt worden sind, um den
Gebrauch der Ausdrücke percussiones , flgurae pedales,
nodixä oxi'jficcoa zu zeigen. Auch Augustin. de Mus.
IV, 10, pag. 395 D. ed. Xyland. spricht eher von einem
abwechselnden Numerus: articnlatim varios efilcere na-
meros. Mit Unrecht führt Hr. F. die Stelle aus Aristid.
Quinctil. p. 41 an, wo derselbe von dem Verfahren der-
jenigen spricht, welche die Rhythmik von der Metrik
trennen und ein gewisses Ganze yon Zeitmoren fz. B. 10)
in eins oder zwei der drei rhythmischen Verhältnisse
bringen. Schwieriger ist aber die Stelle bei Aristoxen.
Eleni. harni. p. 34 zu behandeln, welche Hr. F. ganz
iu seinem Siime erklärt, wie seine in den Parenthesen
fegebenen Erklärungen beweisen.
Aristox. p. 33 ov Sei de dyi/oeiv , ort i] Tijg iiov-
aiy.ijg aüveon; d/ia ixevovtÖi; rivoq y.ai yivovf^uvov
kaiiv — p. 34 nakiv ev roii Ttegi Qi'9i.ioLii; nokka
Totav&' ooüjuEv yivöfteva. Kai yd^ uevovxoi xov ko-
yov , y.a^' uv diojoiarat xd yev}] (die TaktgescLIech-
tcr, y.'iaov, ()mkda!ov rjiiiökiov) xd u£yEi}i] vdvEixat
tcSv noöuiv öiu xi]v t;J; ayojyij^ di'i'Uf^iiv a) (die Dauer
der Takte ändert sich vermöge eines langsameren oder
schnelleren Tempo's F.) y.a.i xuHv n£ye^o)v uEvovxuiv
d.vouoiot yivovTUl Ol nuSl^ b) (bei unveränderter Dauer
weichen die Takte durch verschiedene Zertheilung, Tact-
gliederung, Koloratur, von einander ab), y.ai iivTO xo
icsyE&o^ TlüSa övvaxai y.ai oi'Lryiav c) (veluti
d d ** w J J J *'* eadem magnitudo, sed illud pe-
dem, hoc syzygiam valet), dijkov öe, öxi y.ai ai xojv
öiuioeOTCDD y.ii't ayjjnäxwv (dvofxoi(')X)]XEi oder y.i-
vtjOEtq glaubt Hr. F. ergänzen zu müssen) TVe^i fuefov
XI uEyE&oi; yivovxar yadukou de eiJiEtv, rj ^lev qv^-
finiToiia Ttokkdi y.ai TvairodaTiag y.tvijoetg y.ivtixai,
6i 8e TCüöeq, oJc, arjfxaivöued^a xovi; ^v^fxooi, änkai
xe y.ai xd^ avxd.^ dei (sc. xivfjriEti y.ivovvxai , der
Komponist gestattet sich innerhalb der Takte mannichfal-
tige Bewegungen, das Grundmass der Takte hat einfache
und stets unveränderliche Bewegung). Wenn auch Mei-
27
28
bom diese Stelle nicht recht erklart, inticui er als Bei-
spiel für die erste Behauptung a) ilic Vernandluiig' des
Dactvlns in den Spomlcus, oder Prorelcusmaticus an-
[iihrt (da doch hierdurch ffar nicht die Grösse oder
iMorenzalil jjc'indcrt «ird), für die z«eite alicr h) den
Dactvlus und Anapäst znsauinicns(ellf , und für die dritte
c) als nur.; den Jonirus a niinori mit der ^^•rbindnng
des Pvrrhichius und Spondeus vergleicht ; so ist dodi auch
noch gar sehr die Frage, ob die Erklärungen des Hrn.
F. durchgangig zulassig sind; denn aus den AusdrückeD
y.lll'osii konnte man ebenso gut schliesson, dass Aristoxe-
nus von Abiiechslung in der L.inge der Takte spreche.
Ausserdem fülirt Hr. F. noch zur ^'ergleichung eine
Stelle aus der Itluthniik des Aristoxenus an, ferner die
srbou oben erwähnte aus Dion Hai. de ailniir. vi Dem.
cap. öü, die aber wenig zur Erklärung und noch weni-
ger zum Beweise für seine Behauptung beitragt; endlich
noch Cic. do orat. III, 4S und Uuinctil. inst. orat. IX,
4, äö, welche von aequalibus intervallis reden, und geht
hierauf p. 2() unt. zum Beweise seiner zweiten Beliaiip-
lung über, dass die Alten in den melischen (jediclitea
die Svlben beliebig langer oder kürzer gemacht hatten,
je nachdem es der Gang des Rhythmus verhingt hatte,
was er meist wieder durch die zu Anfange seiner Dis-
sertation angeführten Stellen aus Longinus (proleg. ad
Heph. p. l.VI) 3Iar. Victorinus (p. 24,Sl, 2483, ;.'4S4),
Srhol. ad Heph. (p. löü) beweist. Als Beispiel führt
er den Vers aus Pindar. Ol. HI, ep. V. 2 au und thcilte
ihn so in fünf gleiche Takte ein:
drpey.iji 'JEk \ Xavod/y.a; yhecfa \ quiv Ai | rujf.og
dvi-o I iipöffiv,
deren jedem er die Länge von ^/, Takten zuschreibt, so
dass also in dem Spondeus (seinem 3- Takte) jede Lange
einem '/, Takte gleich ist.
Znm Sdilusse führt Hr. F. noch eine Stelle aus
Euclid. Introd. Harmon. p. 1.'2 an, in welcher das Wort
TOll für das lange Auslialten der Stimme auf einem und
demselben Tone, also für diese ^'erlangerung der S\lbe
gebraucht wird ; und fügt noch hieran die Bemerkung,
dass, nach Aufhebung der Modulation (des taktniassigen
Vortrags), die meisten lyrischen Gedichte der Prosa ahn-
lich würden, was anch Cicero (orator. c. 05. §. 1S3)
lind iMarius Victorinus (p. 2jl) sagen.
Ref. ist weit entfernt, neue Ansichten aus allzugros-
ser Anhangliciikcit an das ül>liche System ohne weitere
Prüfung verwerfen zu wollen; noch weniger ist er aber
geneigt, diesell)en ohne weiteres anzuneiimen, wenn sie
nicht durch gewichtige Gründe gestützt werden; er kann
daher nur bedauern , dass Hr. F. die Vcrnunftgrüiide,
■welche ilini für die Taktlheorie zu sprechen sclieinen,
nicht einmal summarisch angiebt, sondern .ilio tempore
et loro verspricht (S. ^;(l); holi'entlich wini dalier Hr. F.
bald eine grössere Arbeit erscheinen lassen, in <ler er
seine Ansichten weiter darlegt und fester begründet.
Es sei nur noch erlaubt, einige allgemeine Benier-
kangen hinzuzufügen, weldic vielleicht am geeignetsten
<iud , die gewöhnliihe aus der Herniannischen .Schule
geflossene Ansicht von der .Metrik mit den Forderungen
der Taktthcoric in Einklang zu briugcu.
1) Der Rhythmus ist zunächst nur ein arithmetisches
Verhaltniss der Arsis und Tliesis, welches durch mehr-
malige AViederholung einen angenehmen , aber zugleich
auch bedeutungsvollen Eindruck auf das Ohr machen soll ;
hierzu legt er nun einen Ton von beliebiger Länge {'/^,
'/, oder '/.j Takt) als Einheit (yrjovoi iKc.^lOToc,) oder
Mass für die Theilc zu Grunde und kann nun in dem
yi;V0S lOov Zweiachtel-, Zweiviertel- oder Zweizweitel-
takt, in dem StnXooiov aber Dreiarhtel-, Dreiviertel-,
Sechsachtel- oder Sechsvierteltakt werden, je nachdem
der Dlusiker wegen iles Charakters seines Gesanges einen
jener Takte zur Ulasseinheit macht. Wird nun eine lanj^e
Sylbe in der Arsis aufgelöst (und zwar in zwei kurze
Sylben), so hat jede der beiden aufgelösten Sylben die
Hälfte der Länge, welche der nnaufgelösten Sylbe zu-
kommt, also kann der Trochäus mit aufgelöster Arsis
folgende Gestalten annehmen:
n l Ct c r? r p> P
Hätte man die lange Arsis stait in zwei, in drei oder
vier kurze Sylben aufgelöst, so würde diess die den ein-
zelnen .Svlben zukommende Zeit unverhältnissmässig ver-
kürzt und (im Vergleich mit den Kürzen der Thesis)
den Rhythmus gestört haben.
2) Aber nicht immer mag das Versinass anch genau
selbst die Gattung des Taktes bestimmt haben; so konnte
es ja recht wohl vorkommen, dass Jamben oder Trochäen
(besonders die epitritischen) gleiche musikalische Länge
in Arsis und Thesis erhielten, wie wir diess ja noch bis-
weilen bei Chorälen sehen.
3) Endlich konnten aber auch in der musikalischen
Composition einzelne lange Svlben und Wörter, welche
besoncicre Bedeutung und Wichtigkeit in der Rede hat-
ten , durch die Tuvn einen längeren Ton erhalten, als
ihnen dem gewöhnlichen ductus rhjthmicus zufolge zukam.
4) Alles diess aber gilt nur für die lUKoTtoü'a und
durchaus nicht für die metrische Bedeutung der Sylben;
metrisch genommen hat jede Svlbe entweder die geringste
Lange, welche im gewöhnlichen Sprechen den Vocalcu
£ und o gegeben zu wer<len pflegt (d. h. sie ist kurz),
oder sie hat die doppelte Länge (sie ist lang) und kann
in letzterem Falle auch in zwei kurze aufgelöst oder statt
zweier kurzen auf einander folgenden gesetzt werden (z. B.
in der Thesis des Dactylus). Die Metrik stellt nun die
Schemata der versehiedenen Versarten (die Anordnung
der langen und kurzen SWben in denselben) auf und
gielit zugleich an, an welclien Stellen (den rhvthmisch-
indifl'erenten) eine lange Sylbe statt der kurzen (odei-
umgekehrt) stehen kann. DieProsodik, als ihre Dienerin,
giebt die Gesetze an, naih welchen den SWben der ein-
zelnen AVörter Kürze oder Länge zukomme. In Jedem
metrischen Schema uher kiinuen stiill der langen Syllie
nur zwei kurze Sijllien Hubstiluirt iccrden (wenn nicht
die Länge eine irrationale ist, wie bei den cyklischeii
Anapästen und den Dactylen des epischeu Versmasscs
Uionys. de compo». verb. ca|). 17 , oder wenn der ernste
and "ruhige Charakter der Versait nicht die Auflösung
der den ^'eisfuss beginnenden Arsis verbietet, vgl. Aristid.
Uuinctil. do musicu üb. II, p. 97: iviv di Qv'Juuiv
29
30
vöuxanSQOi n'i üno i^loeuiv TiQoy.aTCtOTiXkovTSi; rrjv
Oldvoiav. Dieser Erfabrungssatz «ird durrh alle Verso
«1er Alten liestiUif^ und ist somit «ohl als strenges Ge-
setz beobachtet worden.
In diesem Sinne kann also von einer dreizeitigeu
Lange nicht die Rede sein, wenn dieselbe dreimal so lang
sein soll, als die neben ihr stehende Ki'irze. Ueberhaupt
müclite CS doch auch noch sehr in Frage zu stellen sein,
ob die einzelnen Aeusscrungen so später Musiker durch-
aus auf die metrische Praktik der Tragiker anzuwen-
den sind.
Breslau. Hermann W eissenborn.
Das Geschlecht des Phoikys und der Ivelo nach
Hesiod.
Eine loytbologlsche Dciiliiiig von Dr. F. Ph. Funcke.
Eine der interessantesten, zugleieich aber auch räth-
selhaftcsten Gottergenealogieen bildet die des Phorkys und
der Keto. Uebcr den Sinn der Fabeln ist viel vermuthet;
aber es ist bis jetzt noch nicht gelungen, eine genügende
Erklärung zu finden. Je einfacher und ungekünstelter
dieselbe ist, je mehr die einzelnen Details sich auf eine
Gesamuifiction zurückführen lassen, desto wahrscheinlicher
und haltbarer ist sie. Unsere ganze genealogische Ver-
kettung lässt sich mit wenig Schwierigkeit von dem gross-
artigsteu und imposantesten Naturphänomen, das zu ver-
schiedenartigen, beim ersten Anblicke unerklärlichen Fic-
tionen Anlass geben musste , deuten. Bei Darlegung
meiner Erklärung kann ich nur dem Dichter selbst fol-
gen, indem er die ganze Schöpfungsgeschichte naturge-
mäss vorgetragen hat.
Die AijTUj gebiert (Thcog. v. 270) dem 0üQXVi; die
Gräcn, die von Geburt grau sind, die IlKfoijSoj ei'TTS-
Tlko^ und die 'Ewü) y.goy.öncTiXoQ, Znior ein Wort
über die Verwandtschaft der Aeltern. Sie sind Kinder
des Pontos und der Gäa (Theog. 237 sqq.) und ver-
schwistert mit Thaumas und Enrjbie. Daher man sie zu
flieergottern machte: Thaumas die personificirten 3Ieer-
wunder , 0uoy.L'\ die Yorgebirgo und Kuppen oder dun-
keln Meeresabgrünile, Kijcu) die Blasse der im Grande
des Meeres hausenden Ungeheuer. Und Enrybic ? diess ist
sehr dunkel. — Meiner Vermuthung nach haben diese
Götter ursprünglich eine andere Bedeutung gehabt. Thau-
mas halte ich für den personificirten Gott der Tages-
helle, *) Eurybie für die Gottin der nächtlichen Finster-
niss. Beide als selbsständige Gottheifen zu betrachten,
scheint um so weniger bedenklich , da ja Hemere selbst
als etwas Positives, ohne den Helios Bewirktes in un-
serer Theogonie erscheint. Zur Eurjbie, als Göttin der
nächtlicheu Finsterniss , passt v. 239.
*) Mit der EU-ktra zeugt er v. 265 sq. die Iris, die Har-
pyifn, dii- Acllo und die Okjpeto, Wolken, die ilon
Winden folncn. Achnlicli gebiert die Eos v. 376 dem
Aslräus die Winde.
EvQvßlrjV t' ddafjavTog ivl (pQeal d^vfxov ex»i -
oav. *)
v. 375 sqq. gebiert sie dem Krios den Stcrnenhinmici
Kqio) ö' Ei'ovßiij Tiy.TEv (fiküxijxi fiiyetoa,
'AoTQaiov T£ fieyav, Uukkuvva re , 6ia dedvjp,
TIsQGijv {^' y.. T. X.
Zwischen Tageshelle und nächtlicher Finsterniss lie-
gen als Extreme am Abend um! Morgen das Grau und
Dunkel, deren personificirte Gottheiten sind: (Däoy.v;.
(weiss, grau, wie noch der Name sehr deutlich zeigt)
und Kl]TO). Was der Name eigentlich bedeute , ist noch
ein Räthsel. Er scheint allerdings mit yiJTOg zusammen-
zuhängen, dem in der Meerestiefe hausenden Ungeheuer,
woher die Bedeutung das Dunkele gar wohl fliessen kann.
— Aus beider Verbindung nun gehen die beiden Gräen
(mehr fingirte erst die entstellte spätere Sage), d. i. Mor-
gen- und Abe7iddiimmerung , hervor. IliCf(j>jd(u, wobei
(fcoeiv zu Grunde liegt — ijÖv) ist Suffix. Ewai Inundona,
die in's Meer taucht. Phorkys und Keto erzeugen dann
die Gorgonen, die ich mit AVelcker und Scliwcnck (vergl.
auch Creuzer Symb. und Mjth. T. JI, p. 434 1 für ilen
Mond halte, iFiewohl bedeutende Forscher dieser Er-
klärung nicht beitreten. Der sterblichen 3Iedusa aber
TTa^sXe^aro KvavoyaiTiTi;,
ev fxakayiii ke/itujvt, y.ul uvSeoiv eiaoivoiai,
wie es seheint auf Sicilieu, wo der Mond in's Meci
taucht.
rrjc, 8' oTs Si) IlsQaevgxecfaXijv (in£8stQOTÜi.a]0Ev,
k^E^oQE X^voüvjQ T£ nayuq. y.ai Hrjyaooi lUTioq. **)
Perseus ist nun höchst wahrscheinlich der Sonnenheld,
wofür ihn schon Viele gehalten haben, der den Mond
gctödtet und als Goldschwert (Sonne) hervorstrahlt. Der
Iljjyuaog i'miog nun, so räthselhaft er auch erst erschei-
nen mag, lässt sich doch mit geringer Mühe vom Mos-
genihau verstehen , der als Nebel sich sammelt und in
die Hohe steigt zum Regner Zeus, und ihm Blitz und
Donner bringt, wie diese im Gewitter verbunden sind.
So passen vollkommen die folgenden AVorte vom Pegasus :
X w fiev dTtoTiTcl^Evog, irgoXiTTojv xi^öva ^ujtsqu
fir^kvjv ,
ixer' eg d&avätovq, Zi]vd<; 8' ev 8tt)/jaai vaisi,
ßQOVTjjv TE OTEQOm^V TS CfEQVJV zJfi' fMITTlOEVTl.
Die Sonne aber zeugt mit der Kallirhoe , des Okeanos
Tochter, den ri/Qi'ovevg d. i. den Tag, den Tiinenden
von ytmvüi im Gegensatz zur Nacht, die schweigend ist,
silens , Ovid. 3Iet. IV, 84. Die Dreitheilung von Tag
und Nacht ist alt. Vgl. II. XXI, Itl. X, 251. Sein
Hund aber ist 0()9QUi, d. i. worauf der Name schon
deutlich hinweist, der Morgenhiind. Er steht dem Abend-
*) V, 456 wird dem Hades ein rtjXifi; tjioq zugcsclirieben.
V. 764 dem öäraTo; eine oiSr,Q(ri r.Qaä(t\ und ein yüXr.ior
Tjioo t'TjAf^? h' ar-rjO-faoii',
*"'f) Die beiden folgenden Verse hat man wubl keinen
Grund einzuschlicssen , da der Diciilcr, des Sinnes der
ursprünglichen Fabel unkundig, sie sehr wold seihst hin-
zufügen konnte.
31
32
liuad , dem Kerberos des Hades euigegea *). Herkules
Utdtei ihn dTa^u'ü iv i-eoüevri , weil es aui Abend
geirbab. lieber <leu ßovy.ül.oi Ei<ovciu>v , der zu viel-
deutig ist, enthalte ich mich für jetzt einer bestimmten
Erklärung.
AVir gehen nun unmittelliar zu den folg'enden Gebur-
ten der Kcto über , denn die ist unstreitig v. 295 zu
aappliren , nirlit 3Iedusa. Sie liaugen mit den vorherge-
henden aufs genaueste zusammen. Wie der Dichter n;ini-
lich den Ursprung des Tages nivtliologisch beschrieben
hat, so fährt er nun fort die Entstehung der Nacht zu
schildern. Andere Erklärungen, selbst von berühmten
Gelehrten, lasse ich theils der Kürze »vegen ausser Acht,
theils aucli , «eil sie nicht natürlich genug erscheinen,
und dem %'orhergelienden nicht entsprechen.
Die Kcto also gebiert nun ein
dy.Ko rcit.uioov , a.iii-j(uvov , ovdnv eoixoi
&vrTOii clvSouiTioii;, ovS' d^aväzoiai ^eoiai
arcij'i evl ytMWvoio., 9-eiijv y.gaTeQÖcpQov 'ExiSvaV
mttav fiii> VL'uf'jV ei.r/.ujTtiSa, xakkiTiagT^ov,
Tjuiau S" avTE TteKutgov öffiv, ösivov ve tdyav rs
TtoixiXov , uiurrsrijv, oa^tiji Czu XBi&eai yai'iji
h'^a de Ol ai:eoi eoii y.äroj y.otkTj vTtu TTizoTj,
rrjkov dx' d^uvÜTiuv rs ^stüv bvijrüiv r' dv-
&QU}TCU}V.
61/9' dpa Ol ddaaavTo 9£oi yXvra dojuara vaiELV
T] ö' tpvv' eiv 'Agi^oioiv vTtd x^öva LiyQij
'Eyidva ,
ä9dvaxoi vü^iCfTj xai dyi'jgaioi ijuara 'tüvra.
A. i. die personificirte Dunkelheit gebiert unten in dea
Höhlen der Erde eine Echidna, schwarze Dünste**),
die sich schlangenartig emporwinden. Die Echidna steigt
von den Tiefen der Erde aufwärts bis zum Himmelsge-
wölke, daher sie gedoppelt erscheint. Oberhalb der Erde
ist sie eine schwarzäugige Nvniphe, unterhalb aber ein
Ttikuigoi ocf'l^. Sic ruht zusammengewunden in dea
Hohlen aud erhebt sich nicht mit eigener Kraft. Sie
verbindet sich mit dem Winde, Tvphaon , der sie empor-
treibt. Mit ihm gebiert sie den Morgen- und Abenclhund,
was ganz zu unserer Erklärung passt , ferner die Hydra,
A. i. das aus den Poren der Erde zur Nachtzeit hervor-
quellende >'ass , das die Jfor^ , die Erde, nährt. Wir
hatten somit die (hauende Krde. Diese gebiert die Xi-
uoioa die Nacht, wie Gcryon dreiköpfig Tlvtovaav
duaiiiay.erov ttTo, öeivuv — :Ti'g6i, juvoq ai^oiiB-
voto , was auf die Sterne geht***). Die bethaute Erde
bildet einen Strom yei/Aagoi. Daraus scheint yiuaioat
*) Hund kann als Diener gefasst werden , und so passt er
zum ßovxo).ot; wohl. Der erjfc Anlas» zur Fiktion dej
Hiiiiclrs nia? «ticr wolil die Iilee gegeben lialipn, das»
Tag und Nacht aus ilirrn Häusern abwechselnd aus- und
ein;;elien (vergl. v. 750 ff), so dass der Hund als Thor-
hütcr 7.U denken wäre.
**) Die 2Vi/{ entstand v. 125 aus sq. Xüoi; und ''£Qtf}of.
'") Die Sterne als nächtliches Feuer nocturni ignes sind bc-
die Ziege, gemacht zu sein als Symbol der Nacht, ^'orii
ist sie ein Löwe, aber ein jfapoTOs , was nicht ohne
Bedeutung ist, worauf Creuzer in ähnlicher Beziehung
Svnib. II, 425 aufmerksam macht. Es ist zwar dunkeln
Ursprungs, scheint aber mit yuguJV zusammen zu hängen.
Der Liiwe wird bei Pausan. II , !()• 2 »'om Ilypnos ein-
geschläfert. Unten v. 327 wird er von der Chimäre und
dem Orthros geboren , vom Herkules aber getodtet. Da«
ist ziemlich bezeichnend und Liiwe «lürfte Symbol der
Sonne sein. Der doaxinv in der Chimaera kann ver-
schieden gedeutet werden. Arn besten wohl lässt er
sich als Wächter, der auf den Tag lauert {ÖEgysoi^ai),
fassen.
So nun hängt Alles wohl zusammen. Der Morgenthau
(jt)]yanoi) und die Morgensonne {BeKkegutfövTtj^, wie
ich erklären zu können glaube) vertilgen v. 325 die Chi-
märe. Auch Bellerophons Kampf mit dem Pegasus in
spätem Mythen, d. i. die Sonne mit dem aufsteigenden
Nebel ist somit deutlich genug erklärt.
Unmittelbar vor Sonnenaufgang tritt plötzlich eine an-
gewöhnliche Kälte ein. Diess scheint der Mythus durch
die Sphinx zu bezeichnen, auch eine Tochter der Chi-
maera und des Orthros. aCfiyyu} zusammenschnüren,
zusammenpressen, was bei der Kälte der Fall ist.
Als jüngster Sohn der Keto und des Phorkys wird
V. 334 der öeivu^ ÖcpiQ genannt:
öi egeuvtji xeu^sai yairji —
Tieigaoiv ev fi£ydkoii TTay^güasa fifjka (pvkdaös/,
A. i. der Drache, der die goldenen Aepfel der Hesperi-
den (des Sternenhimmels) bewacht.
Köln, 10. Juli 1837.
Personal-Chronik und Miscellen.
Am 10. Novembei- wurde im Gymnasium zu Zeitz "ein
Redeact zum An<l'enken Luthers vor einer ansehnlichen
Versamnilun,; gehalten, 7ai welcher der Rector, Prof. M. Kiess-
ling eingeladLMi und der Subrector, D. Hoclie eine Abhandlung
„Beitrag zur Choragrapiiic von Thessalien" gesehrieben halte.
Einsender, von jeher ein warmer Theilnehuier an Scbulfcierlich-
keiten , die das Andenken verdienstvoller Manner der Vorzeit
und der Gegenwart zu erneuern oder in unauslöschlichen Zügen
mitzutheilen zur Absicht haben, und der Jiigendbildung zu-
gleich einen schönen und reichen Stoff zur N.iliruiig darbieten,
bemerkte mit Wohlgefallen, wie die jungen Redner aus sechs
Rlusseir .sich theils in dem noch kleinen Kreise ihrer Gedanken
und Gefiihle in wohlgrwählten Gedichten, aber mit Leichtigkeit
und Sicherheit zu bewegen wussten , wahreml Andere sich in
eine höhere Sphäre erhoben und in seihstgcarbeiteten Reden
und Gedichten ,, Luthers Einfluss auf Nationalliteratur und wie
man das Andenken grosser M.anner würdig ehre" schilderten.
Das Fest selbst sihreibt sich vom Reformationsjubelfeste 1817
her und ist si'itdem ununterbrochen jährlich gefeiert. Ein
hocliwitrdiges Doincapitel in Zeitz aber hat sich durch ein Ca-
pital von 1(X) Tlilrn. um die Anstalt Verdienst erworben, von
dessen Zinsen Biiclier an würdige Schulcr vertheilt werden.
Möchte der Geist dieser Gesinnung sich imiiier weiter verbreiten
und das Nützliche mit dem Schönen verbunden werden!
Zeitschrift
für die
Alt er tliums Wissenschaft.
Freitas-j 11. Januar
18 39.
Nr. 5.
De annali T. Pomponii Attici.
De hisforiae conscribenilae arte veicrum his tempori-
biis C. L. Bluinius et llermannus Ulrici, duumviri doc-
tissinii, quaesiveriiiit, quorum ille id potissimum egit, ut,
quod Roniaiiorum in vita publica patres inter atque ple-
bem fuisset discrimeii , id iiitcr liistoricos quoque inter-
cessisse demoiistrarct, hie magna diligentia, magno acu-
uine scriptores Graecos pariter est atque Latilios per-
secutns.
1,^5 lam Blumius, rereor, ne praeconcepta ductus opinione
judicia fecerit numero nou pauca, quae apertum est im-
probanda esse. Ita, nt unnm certe afferam exemplum,
quüd Sullam dixit in Couimentariis suis talem sese prae-
»titisse, qualls fuisset, ') id non videmus quoraodo conci-
liari cum iis possit, quae sunt ab antiquis scriptoribus de
libris illis prolata. Ex his enini intclligitur, Sullam po-
tissimum id spectasse , ut adversus criminationes adver-
«ariorum se purgaret, rerunique suarum gloriam laude
omniuni aequalium superiorcm seque ipsum omnium esse
hominum fortunatissimuin ostenderet. ") Bluraio igitur
multo consideratius Schlosserus V. D. pretium Commeu-
tariorum ita constituit , ut ex ratione, qua edendos illos
Sulla LucuUo tradidisset, colligcret, fidem eorum histo-
ricam cöercendam esse. ') Neque teniere fecisse Baehrius,
vir diligeutissimus, putandus est, qui, quid de sententiis
a Blumio velut de Q. Fabio Pictore, de L. Calpurnio
Pisone Frugi , de M. Tercntio Varroue propositis judi-
caret, simpliciler significaverit intcrrogaiidi signo posito.
Conf. Baehrius libro, qui inscribitur: Geschichte der
rßmischeu Literatur. ZHcite Aufl. p. 346. 349. 3.J3.
Videtur autem Blumius propterea nonnuuiquam a recta
via aberrasse, quod partim fragmenta historicorum exa-
minare, partim testimonia, quae de iis in veterum libris
t) Conf. lib. ciii litiiliis est: Einllung in Rom's alte Geschiclile
pag. 182: £in Mann \'on so ausicrordeiitticliein Cliarak-
ler, der im Leben über Alles sich weggesetzt hntte, um
sein Ziel -u erreichen, wird sich in seinem IFerke ge-
wiss ohne Scheu gegeben haben, wie er war,
•i) Conf. Plut. Sul. cc. 4, 5, 23, .=45.
3) Conf UniversaUiist. Uebersicht iler Grscliicte der alten
Well vol. II pait I p:ij;. 54t : Gelegentlich wollen wir
bemerken, dass nach dem, was Plutarch iiber die, /Irt
sagt, wie Lucullus zur Bedaction sollte gebraucht wer-
den , der historische iVerth jener l)enh<.yürdigkeiten et-
was niedriger angeschlagen werden nniss, als man fast
zu thun geneigt sein würde. Coui. Plut, Lucu), cap. 4.
scriptorum exstanf , accnrate inter se conferre neglexerit.
Apertum est igitur iis, quae modo dixiuuis, non acta esse
oum acturum , qui de scriptoribus rcrum Ronianarum
quaerere post Bluinium denuo velit.
Sed de multis , qui res Romanas scriptis illnstrarnnt,
potissime ad Atticum, equitem eruditissimum, attendere
iiobis placuit, cujus de doctrina neque Cornclium Nepo-
tem , neque recentiorum homines temporum, qua par erat'
diligentia, exposuisse videremus! Ejus autem de erudi-
tione honorificentissime judicare ut alia nos cogunt ita
singularis illa auctoritas, quam Cicero ei tribuit. Quo
puiin viro ut suorum librorum Aristarcho ille usus est,
is necesse est band vulgari fuerit doctrina ornatus. Nam
niisit Cicero scripta sua , antequaui ederet , ad Atticum,
qui suum de iis Judicium pronunciaret, quod ipse est
jiostea secutus. Conf. Cic. ad Att. I, ep. 19, §. 10, XIII,
cp. 22, §. o, quo postremo loco , Scripta nostra, inquit,
7iusquam mala esse, quam apud te: sed ea tum foras
dari, qumn utrique noulrum videbitur. Conf. ad Att. IV,
0(). 5, «5. 1, XIII, ep. 16, g. 2- I^a absolutes Attici
liortatu libros uum mittendos ad Varronem esse ceuseat ,
ex amico quaerit XIII, ep. 18- Cujus diligentia et res,
An qaibus Cicero disseruerat, et verba, quibus fuerat
usus, spectavit. Intelligitur hoc ex Cic. ad Att. VII, ep.
■ii §• 10, nbi is errorem ab Attico notatum , quo in
Piraea pro simplici Piraeum scripserat, emendari jubet
Atticnmque, quasi grammaticum, rogat, ut C,i]Tl]l-ia
solvat , sintne ötj/iol oppida dicendi. Similitcr Atticus
Oiceroni suasit, ut in locum verbi sustinere, quo grae-
cum £Kk%siv reddidisset, inhibere substitueret. Neque
probavit Atticus, quod amicus Graecum /( a 9 ij y. O v Of-
ficium dixcrat. Conf. ad Attic. XVI, ep. 14, §• 3. Sed
quamqnam eum, qui Dicaearchum, ') Peripateticuni lu-
culentissimum, diligeret, qui Phaedri, =■) Epicurei nobi-
lissimi, disciplina gavisus esset, qui Antiochi, ") Acade-
mici clarissimi, diligens auditor fuisset, in philosophia
rudern fuisse non est credibile;') tamen historicas ille
disciplinas siugulari est amore amplexus. Hoc ut ex epis-
4) Cic. ad Attic, II ep. I, §.4, ep. 16, §. 3. XIII ep. .-^O, §.3.
5) Cic. de Finn. I c. 5, V 16. V c. 1 , J. 3, de Legg. I,
cap. 20, §. 53, ad Famm. XIII ep. 1, §.5.
6) Cic. de Legg. I c. 21, §• 54, de Finn. V c. I, §. 1.
7) Corn. Nep. cap. 17: Principum philosophorum ita per-
cepla habuit praecepta , ut iis ad vila '" ■
ad osieniationeni, uteretur.
idan
iö
36
lolis a Cicerone ail Attiruiii ilatis, Ha ex vila Attici a
Coriiclio »pole scripta rognos«-i<ur. Cirero eiiim aiiii-
iniii tum poti^silmuIl «onsuluit, ijiuiin <lc relms historiris
ainl.igeret ■) velut XII, ep. 2i, SJ- 'J- Nep"s autnn
cap. 18 liaei' «le Attic« tradit: Muris etiain majoium
summus imitator fuit antiquilatisque amator : ijuam iideo
Jiligenter habuil cogiiilnnt, ut eam lotam in eo rulumint
tj-posueril. quo maf;istralus ordinacit. Sulln enim lex,
nei/ue pa.v . neque Lellum , neque re* illuslris est pnpttli
Romaiii, qutie non in eo suo tempore sit jtntatu: et,
quoJ Jifficillimuinfuil, sie familiarum ori.^i/iem subtexuit,
ut ex eo clarorum virorum propasj^ines possimiis cogrios-
cere. Ftcit hoc idem sepatatiut in aliin libris : ut M- liruti
rogalu Juiiiiim familiam a stirpe ad hunc aetntem or-
dine enumeravit , nolans, qui, a quo oitus , quos hoiio-
les , guiliunque tempoiibus cepisset. Pari inodo Mnrcelli
Claudii, MareeVoium; Hcipionis Cornelii et Fabii Maximi,
Fubiorum et .Lmiliorum quoque : quibus librin iiiliil polest
esse duicius iis, qui nliquam cupiditatem hubent notiliae
clarorum virorum- Altigit quoque poeticen : credimus,
ne ejus espers esset suavitatis. Namque versibus , qut
fionore reruiiique geslarum ampliludine ceteros Romani
populi praexlilerunt , exposuit ita, ut sub sinquloru7n
imasiiiibus Jacta niagistratusque eurum nnit niiiplius qutf
ttrnis quiriisie versibus descripserit: quod vix credendum
sit, taiitas res tarn breviier potuisse declurari. Est
etinm unus liber, Gruece con/ectus, de cottsulatu Ci'
ceronis.
De bis libris ileiiicpps iliii.screuius. Priiniiui igidir ile
oo libro , Uli priiiiuin lociiui in scriptoriiui Attici rc( en»
sione Nepos assignaiit, cxpoiipiiiiis. Fuit illc Aiiiialig
iiisrriptus °) et Ciceroiii (le«li(';Uus. Hoc coiistat ex Cic
Brut. c. 3t §■ lo, ubi Cicero, iiitprroj(atus a üruto«
ijnis sibi Atlici über quasi jacciiti saliitriii attiilcrit, li.iec
(licit: All mihi potuit esse aul gratior ulla salutatio, aut
ad hoc tempus aji.ior, quam illius libri , quo me hie
( Atficns) nff'atus . quasi jacentem excilavit. Ouibus icr»
big statiro adjicitur Bruti scuteiitia liaec profereiitis: Nempe
eum dicis, quo isie omnem reriim memoriam breriler, et,
ut mihi ifuidem visum est, {lerdiligenter complexus est.
H) Iden) fccisje Cacsarcm i|t;oi|iic, IVopos lostatm cap 'JO,
§. v; Cic ad All. XVI ep. lA c. Iiaic >Crilii( : Jideo
itudio hiiluriae , — incredibili'.tr enim nie enmiiinset lua
cohortaliii — tjnae quidetn iicc insiiiui nee efßci imti'st'
sine tua ope. — Ceteruiii cur Ncpit; locn vila Allic.
c. 16. y l Ifctionrm omavit imilaiidain in ordiiim'it c( n-
icain , e\ hac i|i5a pcispici comiufiilalionc poirst. Ceiic
ratio, ijiia nrnavit liirii Bretüius voluit , iiiliil [iroliat.
Quod cuiin iisitatum Jr bac ic vcrbuuj esse oinare dixit,
id alii) ci erat exrniplo dpiiiiuistrandurii , ipiain quo usus
est Corii. Nep. vita Tbem. c 2, §. 3
9) Cic. ad Atlic. XII ep. ?S. j. 2: Quilnn ConsiiUbiis Car-
neades et ca le^atio Jlomam veneiitj scriptum est in ttto
annali. Ccmf. Ncp. vit. Hnniiib. cap. LS ■ l A-Ciiniu> \'c-
dianus in Cic. oral, in l'ison c 1 , §.5 (Cic. »pp. ed.
Orcl vol. V p.irl. II. pag. 13/. Nunreni sin^'iihii cur sit
.Mlicos iu inscriplioiie usus, riocet Cic. Orat. c. 34. §.120
uno Ut/ro Atttcuui diccni annnrnm septint^entottirn me-
moriam colliiiasse Erraut igiliir Vo.tsius de Iliflt. !„nll.
el Baobrius I, I. pag. H5l Atticiiui scribcntc» Annalis
icripsiue.
Ilic liber quando scripfus .sit, quaniloquo editus, rol-
ligi ex Cic. Brulo licet. Hoc eiiiui dialogo quod Atticus
pofissimum Cicerouis de republica libris iinpulsum se
alque iuceiisnni esse ad veterum annaliuni memoriam com-
prebeiulendam fatetur, iiidc efluitur, libruni non posse
coeptum e.sse ante annum 708 u. c. , quo verisimilo est
CiieroncDi illos lihros fora« dedisse (Coiif. Uaebrius 1. I.
p. (i15)' Keqne anno, quo Cicero suos de lcj;ibus librosi
qui seculi sunt quaestiouem de republica institutam, At-
lici .\iinalis stalui polest ^el scribi copptus vel editus esse.
£orum enim lib. I, cap. 2 quuni Attirus abesse hi.storiam
a literis Latinis pronuuciet, eanique a Cicerone maxiuio
flagitari, quo caiu tr^^taute eilici po«fie., ut ia hoc etiaiii
genere Graeciae nihil cedant Romani ; nonne verisiiiiile
est, Ciceronem ea opportunitale grata Altico referendi
usurum fuisse, si scriptus ab amico Annalis eo tempore
fuisset? Sed nihil hujusmodi remnneralionis iu Ciccroni.i
illis libris reperilur. Quum vero Annalis non sit a Ci-
cerone menlio facta, nisi in iis literis, qnae demuin post
annum 700 scriptae sunt, velut ad Alt. XII ep. 23, l^- 2,
Orat. cap. 34, g. 120, de Tinn. II, cap. 21, §• <i7,
circa medium annum 709 u. c. divulgalus ille esse vide-
tur , praesertim quum a Cicerone inter lileras, quibus se
quasi jacentem (propter Tulliae filiae mortem) excitafuui
esse gralo animo fatetur, Atlici quoque liber, lamquani
omniutn gravissimus refer.ilur Brut. c. '.\. Necesse est
autem, pauMo ante Ciceronis Brntum Annalis vulgatiis
fuerit. Cicero enim Brut. c. 4, JJ. l.j, recentissinia hujus
libri memoria commotus, remuneratiim ab ipso iri Alti-
cum pollicclur, si non pari, at gralo tarnen nnmere (Conf.
de hoc loco Zimmerm. Ephemni. an. 1838, p. I7li.).
Jam anno 704 Annalem suum Atticuni in manibus habuisse,
fortasse licet suspicari ex Cic. ad Alt. ^'I, ep. t, Jj- 8.
Verlia haec sunt: Irascatur , qui volet : patiar. lo
ynp ei iiit' if^ior, praesertim quum sctl libris tamquam
praedibus me ipsum obstrinxerim , quos tibi tarn valdn
probari gaudeo; e quibus unuvi iaiuoizov requiris de
Cn. Flavio , Anci F. Ille vero ante decemviros non fuit:
quippe qui aedilis curulis fuerit, qui magistralus tnultis
annis post decemviros i/islitutus est. ^lepotis cerle locus,
aun.-ili AfticMui dicentis ni.Tgislralus ordiga.sse , Asconiique
Pe<liani testimonium, exstaus iliud in Orell. Cic. opp.
ed. vol. V, pari. 2, pag. 7(i , probabilem reddunt eoii-
jecturani, etiam Cn. Flacci, qui fastos pubiic.asset et actio-
ne« priuius edidisset, Atticum ralionem habuisse.
(Quibus causis commotus ad hi.<itoriam adumbrandam
animum appulerit, incerlum est, Probabile tameu videlur,
praeter jucunditatem , quam ipsa afTerrel literarnui trada-
tio, non levissimi momenti fui.sse, quod bistoriae inajornm
vel eos, quos minime pulaveris, ignaros videret. Hujus
ignorationis luculenlum exstat testimonium apud Cic. ail
Attic. VI, ep. 1 , $5- ' ''"ec referentem : Scipio hie Me-
tellus proavum suum iiescit censorem non fuisse. Sed
nescire proavum suum censorem 7ion fuisse, turpe est:
praesertim quum post eum consulem nemo Cornelius, illii
vivo , censur fuerit.
De alia nos causa cogitarc locus Brut. e. \b, §. ()2
sinit, ubi ('irero, laudationibus rerum llomanarum hislo-
riam factaui esse meudosiorcm dcclaraturus, haec. dicit:
Mulla enim scripta sunt in eis, qaae facta non sunli
37
38
fahi triump/ii, plures vonsulnhn , genera etiam falsa,
et a plel/e transitiones , quum liomines humUinres in iilie-
num ejusdem norninis infunderenlur genus. Haec mcii-
dacia qiii <ollpre de historia roiiatus est, quiim magisfra-
tiis ad siiiini quemqiie aniiiim referret, et vere gestos ha«d
dnbie a macistratilms , qims niajonini posteri inontiti essent,
«lisreriieret; is proforto rette diri a Kepote poterat iiia-
pstratiis ordinasse.
Libri quae indoles fiierit, perspicitur ex Cic. Brut,
r. 3, iibi Cirero , postquain Bniti se et Attici literis
rerreatnm di>it, iiiterr<i«;atiis a Briito, de qno libro At-
tiri rojjitaret , eiini laiidat, quo hie oiniieni rerum me-
inoriain breviler et perdiligeiiter ooniplexus esset. IVliranti
»pro Attiro, libnini illum habere, qiiod Cireroiii aiit
iKiviiiii aut taiito iisiii posset esse, respoiidcf: Il/e vero
et nnva mihi quidem tiiulta {attulit) , et eiitn utilitalem,
quam requirebam , ut , exjilicatis ordiniius temporum,
11710 in conspectu ovtnirt viderem: quae qumn sludiose
tractare coepissem, ipsa iiiilii tractutio lileiaruni saluta-
ris fuit. ürat. c. 34, Jj. I'JO autem diritiir Atfitus,
cnnstrvatis notatisque temporihus , nihil quum illustre
praetermilterel , annnrum septi/igentoiutn niemoriam ■uno
lifiro colligasse. Ilis locis rflicitur, suiiimain libri lan-
dein ronspicuam in diligentia fuisse , qua qiiaesiiisset,
singnlae res memorabiles quibiis essent annis et a qnibns
gestae. Ad hanc diligrntiani admirabilis acressit veri
ainor , quo factum est, nt ab ea historiae tractandae ra-
tione prioribus rerum Romanarum scriptoribus fere Omni-
bus <'<>uiuuini abhorreret, qui jure rhetoribus solum atque
poetis fonresso usi essent, in bistoriis ementiendi, utali-
quid dicerent argutius. Ilujus rei testis est gravissimus
Cicero Brut. c. 1U, §. 42 usqne ad |^. 44, ubi , post-
qnam Tlieniisfoclem pariter atque Coriolanum, quum cives
e'^re-jii fuissent, populi ingrati pulsos injuria , se ad hostes
contulissc, conatumque irarundiae suae morte sedasse pro-
nuticiavit, his utitur verbis: S'am etsi aliter est apud te,
/illice, de Coiiolatw, concede tnmen , ut huic generi mor-
tis potius assentiar. At ille ridens , tun vero , inquit,
arbitratu: quoniam quidem concessum est rhetoribus emen-
tiri in hialoriis , ut aliquid dicere possint argutius. Ut
enim tu nunc de Coriolano , sie Clitarchus, sie Strato-
cles de Thtmistocle ßnxit. Nam, quem Thacydides , qui
et Atheniensis erat, et summo loco natus, sum?nusque
pir et paullo aetate posterior , tnntum mortuum svripsit
et in Attica clain huinntutn, nddidit , fuisse suspicionem,
venenn sibi conscivisse mortem: hunc isti äjunt , quum
taurum iinmolavisset , excepisse sanguinem patera, et eo
poto , mortuum concidisse. Hanc enim mortem rhetorice
et tragice ornare poluerunt : Uta mors vulgaris nullam
prnebebat materiem ad ornatum. Conf. efiani de Legg. 1,
^- ^■i %• 8 quo ex loco Atticiim perspirimus parnni fidei
haliuisse iis, quae essent de Romulo et Remo circumla-
tae, narrationibus.
Utruni res sit Romanorum solum an aliorum qnoque
populorum libro suo persecutus, possit dubium videri.
lllud enim probare loci videntur, quales snnt Brut. c. 4
et 5, Nepot. c. 18, hoc efluere verba a Cic. Orat. c. 34,
§. 1'20 et a Com. iVcpote vit. Hannib. cap. 13 prolata.
Oratoris enim loco Cicero de iis disputans literis, in qui-
bus sit futurus orafor instituendus , Cognoscat , inquit,
rerum gestarum et memoriae veteris ordinem, maxime
scilicet nostrae civitatis: sed et imperiosorum populorum
et regum iltustrium: quem Inborem nnhis Attici nostri
tevavit labor : qui conservatis notatisque teinporibus nihil
quum illustre praetemiitteret, annoitim septingentnrum
memorium uno libro coUigavit. INam rrrba: quem lubo-
rem nobis Attici nos-Iri levavit labor, propter locum, quem
tenent, uon viilentur ad solam historiam Romanorum re-
ferri posse , sod spectare ad integram sententiam praece-
ilentem. Neque Vossius de Histt. Latf. dubitavit dicere,
Atticum non solum de rebus Riimanonim , scd etiam de
externis egisse , eandcmqne sententiam Bhiniins quoque
seqnitur. '") Sed nt reliquorum etiam populorum ratio-
nem habuerit Atticns, tamen perexigua ea fuerit, qunni
velinde, quod septingentorum dicitur annornm memoriam
libro suo comprehendisse, itaque haud dubie ab nrhis
origine initium operis cepit, intclligatur , Romanos potis-
simuni fuisse, qaorum ille historiam illustrare vellet. ")
Quodsi recte concessimus, Atticum in pnmis quideui
res Romanorum notasse , neque tamen prorsus silenti«
praetermisissc historiam aliorum populorum, eorum scili-
cet, quibuscum Romani rationem aliqnam habuissent, it.i
tamen, nt secuudarinm solnminodo locum iis concederet:
farile intelligitur, qui fieri ijotuerit, «t Atticns, qui, qni-
bus Consulibus Carneades et ea legatio Romam venisset,
hl Annali scripsisset, idem causam legattonis sileret. '"J.
Neque minus causa est aperta, cur Atticns, qni diversam
esset ab aliorum narratione scriptorum sententiam, eam-
(|ne veriorem de Coriolani niorte in Annali secutus, refel-
lere eos neglexerit, qui de Themisfoclis niorte falsa retn-
lissent. Conf. Brut. 1. 1. Aeqne perspicunm est , cur,
Corneüo teste vit. Hannib. c. 13, Hannihalis mortem in
libro suo respexerit.
Neque vero solum res ingignes, quae ad rempuLlicaui
proxime pertinercnt, sed etiam, quae ad literas spectarent,
10) Diess Werk enthielt eine kurze Darstellung aller Weltbe-
gebcnbeiten der sieben letzten Jabrluiiulertc. Besonders
veibieitele es sich über alle Gegenstände der lömiscbcu
Geschichte.
11) Quod ii;iti!r Atticns de Lcgg. I, c. 3 a tua Ciceroneiu
aclate scribcndae bistoriae exurdium capcre dcbere di.\it,
lioc non ita est intclligcndum , quasi Atticus sibi ip^i
haue esse sententiam sequendani piitaverit, sed ita ut Ci-
cero statnatur iis verbis indicare voluisse, conäilitim suunif
quci de siio consiilatu scrihere ipse vellet, aliis quoqiie
huiiiinibus probari. Ceterum Ciccronem bomines cum
ipso in dialogis dispiitantes nonnunH|iiain eas piofcrre
sentenlias jussisse, qiias nunquam protulissent , pcrspici-
tui- vel e\ ratioue, qua eoriim esse sententiae occurren-
diim arbitiatiis est, qui neg.issent, in iis, i|ui in libris
Ciceronis disputarent , enrum rerum scientiam liiisse^ de
quibiis dissei-eretur. Hos cniin honiines nihil aliud dicit
nisi sibi vidtri non solum vii'is, sed etiam niorcuis irwi-
dtre Conf. de Finn. II c. 2, 5- '• — Sed Alticum vere
suasisse Ciceroni , ut bi^toiiain scribeict, docemur ad Aft.
XVI Cji. 1,1 C. §. 2.
12) Cic. ad Alt. XII, ep. 2,^, §• 2: El ut scias me ita do-
lerc , ut non jaceum: quibiis Consulibus Ciirneades n
en legatio Jioinam i'Cneril , stripluin est in luo annali.
Hae.c nunc cjuaero , quae causa fuerit. Similes quaes-
tiones aiuico proponit Cicero ad ,\tt. Xlil, epp. 4, §. 1.
5, Ö, §.4, 30,^.3, 32, §.3, 33,2-3. XVI, cp. l3 c.
39
40
«ao eam libro pcrsccutum €jsc, ") discitiir ex Cir. Brut,
<■• IS) ^- 72, qiii Atficum rcfcrt de anno, <juo Liiins
primus fabulnm doniit, ab Ac.cio disseusisäc. Res suis
temporibus gestas uotaveritne Afticiu uec ne ignorainus.
Quod enim Cicero scptiiigentorum cum aiiiiorum incmo-
riam libro suo couiprchendissc dicit, hunc nunieruni nemo
nou videt rotuudum, qui dic-itur, esse. Jam vero si suo-
rum quixjuo res tcinpurum cxpojucrit, rem ita instituisse
arbitrandus erif, ut res gestaa simplicissime nutaverit,
ucque suum ipsius de iis Judicium reiationi iu<crposuerit.
Alia enim rationc nou pofuit noii indij^nationem vel Cae-
«ariaiiorum vol Pnuipejanorum in se couvrrtere. At cau-
tioreni eum fuisso , quam qui potcntlssimorum houiiuum
atram bilcm moreret, ut Cornelius Xepos auefor est lucu-
leotus , ita ex iis coustat, quae Cicero de Attico in cpi-
■tolis judiravit.
Scd longe verisimilius est, a suis cum temporibus
cousi^naudis abstlnuisse, si qnidem is fuit, qui tempori
serriendum pntarct , '*) et de republica silere quam queri
niallet. "). Acque repue^uat huic conjecturae ipsius Aftici
iadoles, qui in rebus dubiis et obscuris illustraudis magis
sibi placuerit quam in iis narraodis; quae certae essent.
oninibusque uotae. ^eque dubitamus, quin scribeudi ffe-
QUs, quo eum usum esse mox ridebiiiius, ma^is arromo-i
datam fuerit ad res , quae ante suam aetatem accidis.scnt^
quam ad eas, quae suis temporibus gestae essent , expoi
nendas. Accedit Nepotis testimouium antiqiiitalem ab
Attico Bcribcntis uotatam fuisse.
Quod atfinet ad srribendi genus , quo usus est, bre<
ritati eum singulari studuisse, Cicero testatur Brut. c. 3>
Neque dubium videtur , quin Cicero, quoil Brut. c. 75,
J5' 2(32 7ji7ji7 esie in historia pura et illtistri brevitate
dulciut dixit, Attico ut se assentiri signiCcaret, dixerit,
.Sectatus autcm in omnibus, quns scripsit, libris Iiistorici
argnmeuti cximiam est simplicitatem diccndi remotamqup
ab omni ornitu oratorio. Coustat hoc ex Cic. ad Att. II,
ep. 1, qua ille, quid de libro, quem Atticus de Ciccro-
n\a cnnsulata scripserat, sentiret, bis indicat verbis: Si
13) Videtur igilur paullo latius extcndissc Atticus Annalis
fines, quam vulgo eos patiiisse, Ulrici , V. D. 1 I. p. 253,
vetcres aucloics secutus, statuit, annalibus dicens solum
rerum ilUiiliiiim narrationem coiiiprcbcnsam , actis diuruis
alias res consiiinatas fiiisse. Illustres aiitem praccipue
fuisse res gt-str-s populi Romani et claiorutn ejus viroiiim.
At stitom atqur prugressus tum artium, tum llterariitn ,
morum descripliones populonim et viroiiim. qui res ;:es-
(issent. nisi m priniis l'uissciil illi inemorahiles, iitpotc
res Ipvioris motnenti ab historiac fiiiibus e\clusas fuisse.
— ^firum profecto esset, si Atticus. literarurn quiim La-
tinarum tum Graecarum perqnain t;nariis atque studiosiis,
hujiis floctririac niillum in suo liliro docura'cntiim cdidis-
«et. Conf. Cic. Brut. c. 26, ?. 99 et Cnrn. Ncp. _ 1„.
stitissc antcm Aiinaliuin yctcruni vestigiis co est putniidus,
quod clarorutn virorum populi Roroani singularem liahnit
rati'pni'in. Quod qunm aliundc cognoscitur , tum e\ Cic.
de Kinn. II, c. 21, §. 67 verbis bis: Nunc qunniam liaec
nos tractare coepimus — supi>editabit nohts Attitus nns-
ter Je thaauris suis, (\uos et t/uantos viros! Conf.
praSlcr Ncpoteni I. I. eliam Asconius Pcdianus ^vol. V,
pari. 2, pag. 13 cd Orrll.).
14) Cic. ad Altic. XI, ep. 24, §. 5.
15) Cic. Brut. c. 3, j. 10 et cap, 42, §• 157.
laum (librnm) ante Icgissem , furiitum me a/js te esse
diceres. Quanitjuiim tua illa — les^i enim Hbenter —
horriduLa mihi atque incompta Visa sunt: sed tarnen erant
ornata hoc ipso, quod ornamenta neglexerant : et, ut
mulieres, ideo l/ene olere, quia nihil olebant, videbantur.
Quae simplicitas uescio an ab ipsa illa seutcutia, quam
de uotione et fine historiae, signißcatam illam a Cic. Brut.
c. 11, auimo conceptam h.abebat, prufecta sit.
Oninia igitur, quae de Anuali prubabiliter dici posso
videntur, uno in cunspectu ponentes librum illum statui-
mus non diserie scriptum fuisse, sed, neglectis omnibus
ornamentis oratoriis, res iudicasse potius quam fuse ex-
posuissc , omniaque complexum ea esse , quae in rem-
publicam Rouiauurum visa essent alicujus momenti fuisse,
accurate delinitis temporibus, quibus siugnla accidissent,
familiarumque origine apto subtexta. Haud temere igitur
dixisse Cicero putandus est, qui de temporibus, quibus
singuli cxstitissent oratores, quaereus diligentius, id po-
tissimum Attici se exemplo facere , deularaverit Brut,
c. 1(), g. 74.
Liber utrum morerif legentium approbationem necne,
ignoramus. Videri tarnen possit hoc alterum probabilius
esse, si quidem praeter Ciceroncm, Cornelium Nepotem,
Ascouium Pedianum vix reperitur , qui eum comniemora-
vent. Sed praestat fortasse statuere, libro illi idem acci-
disse, quod niultis accidero nostrorum temporum videmus,
ut a muitis ille usurpatus sit, a ncmiue laudatus. Quod
profecto non est mirandum , si quidem nullaui liabuerit
a sermone commendationem, magisque aptus iis fuerit,
numcru paucioribus, qui accurata rerum uti investigatioue
mallent, quam orationis blandimentis captari. "')
Scribcbam Tremesnae meuse Septembri exeunte a.
MDCCCXXXVIII. Fridericus Schneider, Dr.
lö) Conf. Bliimius I. 1. Das IFeik scheint zu sehr labellen-
inassii^ a^earheitet gewesen zu sein, als dass es einer
verlireitcun Aufnahme sich erfreut hätte , als dass es
<,>ielleicht auch nicht bald von genaueren, oderweilläu-
ßs,eren verdrängt worden wart:. PVenis,stens c-eschiehl
seiner späterhin kaum Erwähnung. Conf. etiain Schlos-
»eius lihii laudati vol. 11, pait. J. pag. 559 >'t 560, qiiam-
quain V. D. iniqiiiiis jiidicare de Attico videliir .scribens
liacc : SeiKC histnrischen Arbeiten sind übrigens , wie es
'' scheint, bloss .Irbeiten eines vornelimen Ulannes, der mit
' der fVissenschaft spielt Es sind genealogische und
historische Notizen von den vornehmsten Römischen Fa-
milien, und andere .Arbeiten einer auf Curiositatcn ge-
richteten Forschung.
Personal-Chronik und Miscellen.
HerzoRthum Nassau. Am 25. Sept. starb der Prorect.
SncU am Ucrzogl Pada:jOgio zu Wiesb.idcu, Sobn des ehe-
maligen Obcischulrathcs Sucll, seit lingeier Zeit schon krän-
kelnd, aber treu und willig in seinen Amtspflichten, und darum
her/.licli bedauert von Allen, die ihn kannten. — Der gcpriifte
Candidat der Philologie. Dr. Hossel, Verfasser einer zu Güt-
tingen gedruckten Abhandlung de Sacratis doctrina, ist an dem
Padagog /.u Wiesbaden als Collaljorator angestellt worden, —
Der Collaboralor Kirscbbaum ist in gleicher Eigenschaft von
dem Padagog zu lladaniar an das Oymnasinm zu Weilburg ver-
setzt worden, und an seine Stelle zu Hadamar trat der geprüfte
Candidat der Philologie Metzlet.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wisse 11 Schaft.
SoTintagj 13- Januar
1839.
Nr. 6.
Qiiinii Iloratii Flacci opora oiniiia ad opfimonim lihro-
rum fidem cdita. Lipsiae, sumptus fccit Geurgius
Wigatid. 16. S. 343. (6 Gr.)
Es ist wohl kein .Schriftsfeiler des Alferfhums, der
sich einer so allgenU'inen l^erbreiliiii;; und einer so gros-
sen Veri'ielfältitfnng' durch den Druck erfreute, als der
gute Horaz. >iicht leicht tritt eine Hlesse ein, die niclit
neue Ausfjaben dieses Autors, nach äusserer Form und
innerer Einrichtung fiir die versehiedenartitfsten Zwecke
bearbeitet, zu IMarkte briichte. Wenn nun gleich diese
mannichfalti^eu Ausgaben nicht immer den Zweck hallen,
noch auch dazu geeignet sind, neues Licht über die Kri-
tik und Erklärung des Dichters zu verbreiten, so müssen
sie doch für die Freunde der Alferlhumswissenschaften
in sofern eine freudige Erscheinung sein, als sie ihnen
die fortdauernde Anerkennung verbürgen, welche dieser
vortrefl'liche Schriftsteller bei allen Standen und bei Per-
sonen von jeder Altersstufe findet. Als besonders nützlich
aber muss es erkannt werden, wenn die Buchhändler
durch diese indrustrielle Betriebsamkeit für das Bednrf-
niss der studirenden Jugenil sorgen und ihr Abdrücke in
die Hände geben, die sich durch Kritik, Correctheit,
Wohlfeilheit und gefällige .4usstattung empfehlen und zur
Leetüre einladen. Auch Hr. IVigand scheint bei der
gegenwärtigen Ausgabe dieses Bedürfniss im Auge gehabt
zu haben, und Ref. muss gestehen, dass er in mehr-
facher Hinsicht ilen oben aufgestellten Bedingungen ent-
sprochen hat. Denn das AVerkchen en-.pfiehlt sich durch
ein gefälliges Aeussere , besonders durch eine scharfe,
gcliwarze Schrift auf sehr feinem, weissem Papier, so dass
sie selbst ein schon getrübtes Auge ohne Beschwerde wird
lesen können. Auf der andern Seite aber schi'int er sein
Büchelchen mit einem fast stiefvaterlichen Sinne in die
Welt geschickt zu haben. ^'irht einmal ein Tanfzeug-
niss hat er ihm mitgegeben ; denn auf dem Titelblatte
fehlt sogar die Jahreszahl. Doch möchte diese Vernach-
lässigung noch eher zu entschuldigen sein, als der Man-
gel eines V'orworts, aus dem man den Herausgeber
des AVerks, den Zweck, welchen er im Auge gehabt,
den Plan , den er befolgt, und die Recerision, die er zum
Grunde gelegt hat, ersehen könnte. Hätte daher Ref.
nicht anderuärts aus sicherer Quelle erfahren, dass iler
Herausgeber dieses kleinen Horaz der Sohn des Hrn.
Prof. Obbariils in Rudolstadt wäre, der gegenwärtig in
Leipzig Philologie studirt und also seine philologische
literarische Laiifbahn aus wahrhaft ki;iilliclier Sympathie
gerade mit Heransgabe des Schriftstellers begonnen hätte,
durch dessen Bearbeitung si(h <ler Vater einen so weit
verbreiteten Namen erwiirben hat , so würde er bei die-
ser Anzeige das gelehrte Publicum über manche PuiM:te
im Dunkeln lassen müssen, über welche er ihm nun die
nöthige Aufklärung geben kann. Hr. Theodor Obbarius
hatte allerdings eine kurze Vorrede geschrieben, in wel-
cher er sich über den Zu eck seiner Arbeit erklärte und
seine Grundsätze in Absicht der kritischen Behandlung
des Textes, so wie der vorgenomnieneii Veränderungen
und Verbesserungen in Rücksicht der Iiiterpunction zu
rechtfertigen snchfe. Dieses Vorwort sollte , nach dem
Wunsche des Hrn. Obb , nebst der Vita Hoidlii von Sue-
ton dem Texte vorgedruckt werden; aber Hr. U'igand
liess Beides weg, »eil er besorgte, das VVerkchen möchte
<ladurch zu sehr vertheuert werden. Diese Besorgniss
halle ihm der Taiichnitzische .Stereotypenabdruck beneh-
men können, der nur S Gr. kostet, ob er gleich wenig-
stens die er\i ahnte Lebeiisbesclireibiing eiitlialt. Daher
haben wir allerdings Ursache, dem Hrn. Uigand wegen
dieser grossen Sparsamkeit einen Voruurf zu machen,
und hegen die Hollnniig, dass er sich bemühen werde,
künftig, bei einer neuen Auflage seines Horaz, die wir
wünschen müssen, da sein VVerkchen sonst für den Schul-
gebrauch sehr ziveckmässig ist, allen diesen Mangeln
scuhlisermassen abzuhelfen. Dann möge er auch nicht
vergessen, den einzelnen Seiten des Buchs die noch feh-
lenden und so höchst nöfhigen üeberschriften z^i geben;
denn diess ist ein Mangel, iler den (iebrauch desselben
gar sehr erschwert. Auch möge er die Anzeige hinzu-
fügen, dass das Büclielchen mit Stereotypen gedruckt sei ;
und wenn er dieselben zuvor von allen Fehlern und Män-
geln gereinigt hat, dann wiril er durch diese Notiz die
Käufer um so mehr anlocken, als sie in dieser .Art des
Drucks eine Verbürgung für die Correctheit des Textes
linden.
Wenn wir nun gegründete Ursache haben, dem Ver-
leger von diesen Seiten einigen Vorwurf zu machen, so
freuen wir uns, dem Hrn. Herausgeber das Lob erthei-
len zu können, dass er in jeder Hinsicht seine Schuldig-
keit gethan hat. Soweit wir nach der äussern Gestal-
tung und innern Einrichtung des Buchs, sowie nach den
aus den oben angedeuteten Quellen gesi höpften Nach-
richten schliessen können, hatte Hr. Obb. die Absicht,
eine Schulausgabc zu liefern, welche den Horaz wo
43
44
niiiglich iu seiner nrspriiiijjliohen , von allem Freinilar(i»en
gereiuigien Gestalt darstellen Hiid niitliiii, mit Eiitfeninug
aller bis auf unsere Zeit (Teniaeliten Conjeiluren , bloss
die Lesarten eiitJialten sollte, »elelie <iie Handschriften
und ältesten üüclier darboten. Diesen Plan verfolgte er
mit so strenger Consequenz, dass er sieh nur da gegen
eine ninthniassiiilie Verbesserung nat Iigiebig zeigte , wo
die alte Lesart enfiieder sinnentstellend «ar, oder den
Gesetzen der Latiuit.'it «iilerspraili. Jedoch geschah
diess nur selten und immer mit iler ge» issenhaftesten ^ or-
»irht, z. B. Epod. 4, S. »o die lieiitl. \'erbcsscrnng 6is
trium ulnarum statt des unlateinischen iis ter uhtarum
aufgenoninien «urde. Er sclieint sich daher hierbei be-
sonders die Jahnsihe liearbeitniig zum .MustiT genoiiiiiien
zu haben, die bekanntlich dasselbe Priucip befolgt. Am
meisten «eicht er von der Horiug'schen Jlecension ab,
durch welche sich leider viele fremdartige Lesarten be-
sonders in die Schulausgaben eingeschlichen haben, durch
welche die ürgestalt des Iloraz verwischt wird. ^\ enn
es nun sowohl für ilie jungen Studirenden, als fiir den
allereu Freund und Verehrer des ^'eiiusiners ebenso an-
genehm , als «ichtig sein mnss, hei seinen Studien eine
Ausgabe zu benutzen, die durch kritische Berichtigung
dem Originale so nah, als miiglich gebraclit ist, so müs-
sen «ir ilas Bestreben des Ilru. Herausgebers um so mehr
loben, als er, nach der durch sorgfältige Prüfung er-
mittelten BeschaUenheit des Buches selbst zu urtheilen,
nicht mit jugendlicher Leichtfertigkeit, sondern ausge-
rüstet mit den nülhigen Sprach- und Sachkenntnissen an
diese Arbeit ging und bei der Ausführung selbst die
crfonlerlichc Ruhe und Besonnerilieit , iNüchteriiheit und
Schärfe des ürtheils und eine Sicherheit des Tactcs
zeigte, die man bei jungen Gelehrten nicht immer zu
finden gewohnt ist. Denn überall gibt er ein rühmliclies
Streben nach Selbststän<ligkeit und halt sein Ziel so fest
im Auge, dass er sich durch keine Autorität ans seiner
Bahn bringen lassi. Um so mehr müssen wir ihm die
Freude gönnen, recht bald eine neue Auflap;e seines
Horaz zu erleben ; denn bei seinem Eifer für die ^nie
Sache, und bei seinen schonen Kenntnissen wird er ge-
wiss Alles tliun , um bis daliiu seinem Büchclchen durch
Ausscheidung alles Fehlerhaften die möglichste Vollkom-
meüheit zu geben und so ein Schulbuch zu liefern, das
allgemeine Empfehlung verdient. Zu diesen, dem Werk-
clicn noch anklebenden Fehlern rechnen wir die weiii-
geu Druckfehler, welche sich hin und wieder finden,
z.B. Od. III, 2o, l'l. molliiil st. motlivil; Epod. l T, .')().
Parlumrjus st. Pactninejus. Auch in der Intcrpuiiction
haben sich einige Fehler eingeschlichen, die der Auf-
merksamkeit des Hrn. Oii. sicher nicht entgehen wer-
den; z. B. Od. 1,8, 10. steht hinter vilat ein Frage-
zeichen statt eines Koninia's, wogegen dasselbe Od. I,
12, ö. hinter deum fehlt. Ebcuho steht es Od. I, 'JS, (j.
fälschlich. .\uch mnss Od. II, lo, Itl. das rjiie hinter
timet gestrichen werden, wogegen Od. III, 2, 5- das et
Linter rfipo.ilas Döring oline hinreichenden Grund gestri« heu
Latte, mit Recht wieiler aufgenommen worden ist; denn
die zwei Begriffe, die ohne et in einen zusamnicnfliessen,
lassen, getrennt gedacht, <las Bild des tapferu Jünglings
viel starker hervortreten.
Uebrigens hat der Ilr. Herausgeber der Intcrpunctiou
grossen Fleiss gewidmet und dadurch so mancher Stelle
den wahren Sinn wiedergegeben, der durch die verfehlte
Abtheilungsart anderer Herausgeber verschoben war. So
hat er Od. II, lli, l'l patriae wieder mit exsul verbun-
den und dadurch die Kraft der Stelle, die einzig und
allein auf dem schiiuen Gegensatze beruht: Wer, der
das Vuterla.nd flieht. Hiebt auch sich? — erhalten.
Ebenso ist Od. III, lli, :V2. sorte beatior richtige wie-
der mit dem Vorhergehenden verbunden worden. Nor
dadurch , dass man den Gracismus dieser Stelle verkannte,
konnte man auf die unglückliche Idee kommen, diese
Worte mit dem Nachfolgenden verbinden zu wollen.
Und so hat er überall mit vieler Umsicht die Interpunc-
tiou berichtigt, wo es der Sinn erforderte; z. B. Sat. I,
3, S). hat das Fragezeichen hinter dicatur , welches
Döring gesetzt hatte, einem Punctum Platz machen müs-
sen ; flasselbe ist auch in derselben Satire v. 12S ge-
schehen, wo das sinnentstellende Fragezeichen Döring«
einem Semikolon hat weichen müssen.
Ausserdem hat der Herausgeber den Dialog, den
Iftjraz so oft ganz unerwartet eintreten lässt , nicht nur
durch die nöthigen Anführungszeichen bemerkbar gemacht,
sondern auch ileu Wechsel der Personen im Gespräche
durch besondere Zeichen, fast wie in der Baxter-Gesner'-
schcn Ausgabe angedeutet. Dadurch hat er mancher
Stelle ihr gehöriges Licht gegeben und besonders den
iungeii Lesern das Verstehen des Dichters erleichtert.
So hat er z. ß. den Dialog der angeführten Stelle (Sat.
I, 3, l-M) — 133-) «lurch diese Zeichen ganz richtig
geordnet und gegen die falsche Auffassung, zu welcher
die Döring'sche Interpunction Veranlassung gib^, ge-
sichert. Ref. »vünschte, der Ilr. Heraasgeber möchte
auch bei Sat. I, 9, 43 — 48 denselben richtigen Tact be-
wiesen haben. Hier hat er nämlich die ganze Rede dem
garrulux in den 3Iund gelegt, da sie doch wohl mit ileii
Worten: paucorum — Sfiiiae durch das Eintreten des
Horaz unterbrochen werden musste. Er hätte hier, nach
der Meinung des Ref., unbedingt der .Ansicht seines ver-
ehrten Vaters folgen können, der den Dialog dieser Stelle
in der Zeifschr. für die Alterthunisw. IU. Heft 1835
so trelTend geordnet hat, dass man ihm seine Zustim-
mung nicht versagen kann. Uebrigens hat Hr. Obb. liier-
durcii deutlich bewiesen, wie er selbst gegen <lie Autori-
tät des Vaters seine Selbstständigkeit zu behaupten suchte.
Angeiiehiu war es auch dem Ref., als er Od. II, 20, 7-
<las so viel bestrittene dilecle durch dieselben Anfüh-
rungszcichcu dem Äläcenas als Ausdruck freundschaft-
licher Gesinnung gegen den Horaz zugetheilt fand.
Diese Erkläruugsart ist übrigens niclit neu; schou Utz —
(Uebersetziing der Werke des Iloraz. Anspach l/'S,").) —
übersetzte: „ich, den du, Mäceii , Freunrf nennest." Spä-
ter erwarb iler Dr. Kieser , damals Student in Jena, jetzt
der »ackere Cidlege des Referenten, dieser Ansicht die
Zustimmung Eichsliidts , der sie auch iu einem Programme
lobend erwähnte. Ebenso folgten hierin auch Jahn und
Braunhard; und in der That möchte es auch wohl der
einzige Ausweg sein, um sich den Schwierigkeiten,
welche das quem vocas verursacht , zu entwinden.
Ucbriguns leidet auch der Spracligcbiauch und die Natur
45
46
des fraglichen Wortes auf diese Ansicht. Denn da di-
lectus eigentlich ein Auserkorner heisst, das Hecht aber,
sich Jemanden aiisziiivähleii, dem man Liebe niid Freund-
schaft schenken will, eher dem Hohem, als dem Nie-
derem zusteht, so «ürdc Horaz eine ebenso grosse ün-
Bchicklichkeit begangen haben, wenn er den IMarenas
dilecte genannt hätte, als wenn wir uns erlauben wollten,
einen hochgestellten Herrn im Laufe dos Gespr.'iclis : „mein
Lieber, mein Bester" anzurcilen. Eher würde care
Maecenas passen, das auch Od. I, 2(1, ö- stellt, wie-
wohl es auch hier Bentlcy ohne Noth in clnre verwan-
delt hat; denn Caritas ist mehr gemiithlicher Ausdruck
einer ehrfurchts\ ollen Gesinnung, wesshalb auch Cicero
die wahre Gesinnung gegen Götter, Vaterl.ind und Ael-
, tern damit bezeichnet. Diess Alles entwickelt Diiderleiii
trefflich in seiner lat. Synonymik Thl. IV, p. ^17 11'. Er
stützt sich besonders auf eine Stelle des Plinius (epist.
9, .").), wo dem Worte diligere durch einen scharfen
Unterschied seine wahre Bedeutung angeniescu wird.
Flinius schreibt dort an seinen Freund Tiro: ^,humani-
tatis praecipua pars est , honeslissimum quemque com-
plecti , atfjue ita a minoribus aiiiari , ut simul a pi-inci-
pibus diligare.^^ Gierig setzt hinzu : „ illud ex impetu
animi, hoc ex judicio proßscitur.^'' Diligere setzt also
eine vorhergegangene Reflexion übei die Würdigkeit einer
Person voraus, ehe man ihr seine Freundschaft schenkt.
Eine solche Reflexion aber uird sich lier Geringere gegen
den Vornehmern nicht erlauben. Mithin konnte wohl
Maren den Horaz dnrch ,,rfi7ec?e" anreden, aber nicht
wohl umgekehrt.
Noch muss Ref. in einigen Beispielen zeigen, wieder
Hr. Herausgeber auch in der Wahl einzelner Lesarten
seinen Plan, den Text des Dichters soviel als möglich
auf die Handschriftrn und ältesten Bücher zurückzufüh-
ren, mit strenger Consequenz verfolgt. So musste Od. I,
2. 39 das neue Marsi dem alten Mauri weichen. Die
Mauren werden von Horaz nirgends als Feiglinge darge-
stellt; sie waren ja furchtbar durch ihre Wurfspiesse
(Od. I, ■>■!, •>)■ Ebenso liest man Od. I, (), !8 wie-
der das alte und einzig echte sectis, statt des unrichti-
gen strictis, bei dem die Interpreten nicht beachteten,
«lass Horaz denselben humoristischen Gedanken auch Od.
I, 9," 24 und II, 12, 26 durch digiln male pertinaci
nnd facili saeeitia ausdrückt. Den Mädchen ist es ja
bekanntlich mit ihren Kämpfen gegen die Jünglinge kein
grosser Ernst; daher kämpfen sie mit aigesc/inittenen
Nägeln. Od. I, 23, Ö hat sich der Hr. Herausgeber
durch die ebenso sinnreiche, als angemessen scheinende
Conjectur Bentiey's nicht blenden lassen, von der Vnl-
gata abzugehen. Er lässt ferner den beginnenden Früh-
ling von beweglichen BliHtern erschauern j «lud wer,
der Dichtergefühl hat, sollte diesen Ausdruck nicht höchst
gewählt und eines Lyrikers würdig finden'? — Was mau
aus der Naturgeschichte entnommen hat, um den alten
Text zu verdächtigen, lässt sich tiieils noch bestreiten,
theils möchten wohl solche Bemerkungen ebenso wenig
geeignet sein, dem Lyriker bei der Wahl seiner Bilder
■ und Gleichnisse die Hände zu biiulen, als sie den Fabel-
dichter abhalten können, ein hungeriges Füchschen, sei-
ner Natur zuwider, in einen Mehl- oder Frachtkasten
kriechen und sich daselbst sättigen zu lassen. Ans die-
sem Grunde mag auch wohl Hr. Obb. Epist. I, 7, 29
dem vulpecula seine alten Rechte wieiler eingeräniiit ha-
ben. Od. I, 27, 19 wurde die alte Lesart labiirabaa
mit Recht wieder hergestellt. Sie ist stärker, als labo-
ras , weil sie einen ans der Vergangenheit in der Ge-
genwart fortdauernden Zustand bezeichnet.
Od. III, 14, ll hat eine doppelte Berichtigung erfah-
ren. Einmal ist die sinnwidrige Conjectur virüin exper-
tes verworfen worden, sodann hat, um den wiilrigen Hia-
tus in male ominalis zu tilgen, die Lesart der ältesten
Bücher male nominatis wieder Aufnahme gefunden. ReL
billigt Beides. verba male nnminuta entsprechen dem
griech. öurntiviiiu und bezeiclineh recht gut Worte von
übler Vorbedeutung. Denn sehr ri< htig bemerkt Döring
zu Sat. I, 3, 25 „male etiam de eo, quod grave et malt
ominis est, ut male tussire Sat. II, öj 11)7." Hier be-
zeichnet male offenbar einen Husten, der auf eine nahe
.4iiflösung hindeutet. Möge es nun auch gewöhnlicher
seil}, verba male ominata, als nominata zu sagen, so
wird doch, nach Bentiey's Versicherung', diese Lesart
durch einen grossen Theil der Händschriften, sowie
dnrch die ältesten Ausgaben geschützt; und da sie einen
ebenso regelwidrigen, als lästigen Hiatus entfernt, so
verdient sie gewiss den Vorzug. Denn ausser<lem findet
man iin Huraz nur noch einen Fall, wo die Elision beim
kurzen Vocale vernachlässigt würde, Epod. 12, -iö ,, O
ego infelix,''^ wo aber die eintretende Cäsur den Hiatus
verzeihlicher macht; wiewohl ßentley auch hier dem
Missstande durch non felix abzuhelfen suchte. Diese
Abänderung findet sich auch in unserem Bnchelchen ,
was Ref. nicht billigt. Beide Redeweisen sind nicht
gleichbedeutend. Infelix drückt den höheren Grad des
Unglücks aus , in welchem alle Kräfte zur Abhülfe ge-
lähmt sind ; non felix bezeichnet bloss eine theiliveise,
relative Beschränkung derselben. Es kann Jemand non
felix sein, ohne deshalb infelix zu sein. Unsere Stelle
erfordert diesen höheren Grad. Orelli liest in der obi-
gen Stelle male ominalis, weil beide ^Vorte, wie bene
und male dicere , auch getrennt geschrieben, nur einen
Be5;riff bildeten, wodurch der Hiatus gehoben würde.
Ref. vermisst in diesen Fällen die Analogie und kann
dcsslialb nicht beistimmen.
Auch Od. IV, 8, 17 hat sich der Hr. Herausgeber ^
weder durch Bentiey's gewaltige Entrüstung über den
unglücklichen Verfertiger dieses Verses, noch durch Dö-
riug's verführerische Conjectur zu einer Abweichung -von
seinen Grundsätzen verleiten lassen. Er hat weder sti-
pendia geschrieben, noch auch <leu Vers durch irgend
ein Zeichen verdächtigt. Ist sonst die Ansicht, welche
Ref. von dieser Stelle gefasst hat, richtig, dann ist die-
ser Vers unentbehrlich nothwendig nnd von Horaz in wei-
,s('r .Absicht beigefügt worden, um die antithetische Form
dos Satzes auf's kräftigste heriorzuheben. Man macht
<!iiU Verse einen doppelten Vorwurf, deu der vernach-
lässigten Cäsur und den eines unverzeihlichen Anachro-
nismus. Das Erste muss zugestanden werden, weil offen-
bar die Hauptcäsur, gegen die Regel, die erste Sylbe
von dem Worte Carlhaginis abschneidet. Indess sollte
mau desshalb nicht gleich den Vers , oder wohl gar die
47
48
ganze Stollr für niitorjjpsrlicilipii orlJarm. Audi tlpin
Horaz koiiiito ilie ."Mriisclilirlikcit licgp^nrii , von eiiK-iu
LIeiiioii .Srliliiiiiincr lieralleii zu nerdrii. Kunntp iiih» ihm
diess Oll. I, I,s, Ki «erzcilioii, »o er in «lein \V<)r(e
perliiridior ollViiliar (IimiscIIkmi Fclilor hojfi'hf, inilfni er
hier ■■liiMilalls ilie (".'isiir hinter die Svlhe per fallen Iflssf,
»aruni «ill man ihm nitht hier anch Marhsiih* srhenken?
Ja, er halte hier nieht einmal iijithi«;, diese >'a(li»ifht so
sehr in .Aiisiirueli zu nehmen. Denn zu dem Cäsnr- Ver-
sehen veranlas>te ihn in diesem ^'erse der A.Tme C«rr-
ihngi/iis; und der unheu^samen Form der iNanien inus.s
hekanntliili oft die ffrosste (äeschiekliehkeit der Wrskiinst-
ler «eilhen. Ueherdiess hearlitet aueli Allans, das Vor-
bild tiii'l .Cluster lies Horaz in diesem Kh>thmus, die Cä-
siir nur iieni>;. Daher nimmt es auch unser Diihter in
dem .Aleriisehen ^'ersmasse selh.st nieht so 5;inin damit,
z. 15. Od. I, :i7, 14. !>', «4, 17. Aber auch das Ztveite,
der ^'orHurf des Zeiti erstosses u ird sieh dureh eine rich-
tige Auffassung der ganzen Stelle leicht erledigen. Um
den allgenieineu (»edanken -. „erst ilanu erlangt ein ver-
dienstvoller .'Mann durch grosse Thateii einen ueitverbrei-
teten Ruhm, «enn sie von einem Dichter besungen wer-
den,"' — recht anschaulich darzustellen, individiialisirt
ihn Horaz, indem er sich ilurch die Phantasie einen Hel-
den schallt, den er nach Afrika versetzt und mit Tliaten
ausschmückt, nelche^ auf den höchsten Rnhm Ans|irucll
geben. Dazu ȟhlte er die Thaten <ler beiden .Scipionen,
«eil sie vor allen gross und merkiviirdig Haren. Ref.
glaubt aUo, dass sidi v. 1,S, l't die AVorte ejus, i]ui —
rediit auf keinen der beiden Scipionen beziehen, sondern dass
sie ein vom Horaz fmgirtes und in iler Idee aufgefasstes Sub-
jert bezeichnen, und findet in dieser Ansicht den Schlüs-
sel zur Lo«ung aller der .Schnierigkeiten , «eiche sich
die Interpreten dadurch selbst schallen, ilass sie, beson-
ders dun h die ErHaliiuiiig der ("alabrischen Ges.'iiige ver-
leitet, jene \Vorte durchaus auf den ,'iltern Scijiio bezie-
hen zu nii'issen glauben und nun in ^ erlegeiiheit kommen,
wie sie ihm auch die incendiii Carlliugi/iis beilegen sol-
len. Es ist diess Folge einer T/iiischuiig, die um so leich-
ter und verzeihlicher ist, als man sich die angegebenen
Data nicht leicht denken kann, ohne sich zugleich ihrer
so allgeiiieiii bekannten Urheber zu erinnern. Alleia
diess lag nicht in der Absicht des Horaz, er wollte viel-
mehr, der Leser sollte bei diesen historischen .^lumeutcn
von aller persoiill< hen lieziehung auf ihre Urheber alistra-
hiren. IVIainhem niiichte es vielleicht als etiias AViiler-
spreehendes erscheinen, einem erdichteten Subjecte wahre
Thatsaihen als Pradiinte beilegen zu «ollen. Aber warum
»ollte man nicht wirkliilie liegebenheiten idealisih fassen
und sagen können: «enii auch ein durch Afrika's Besie-
gung ausgezeii hneter Held den Haniiibal libervruiMlen und
C'arthago verbrannt hatte, .so iiiirde er dadurch doi h nicht
mi berühmt werden, als ilnrrh ein behibendes (iedicht? —
Uiiil so fasste Horaz diese Data wirklich auf; denu er
führte sie ohne alle Nameiibe/eiclinung auf und in einer
»o unbestimmten .Allgr'meinheit, als »venu er sie der Ein-
bililiiiigskraft , und iiii bt der (lesc hiclite eiitiiomiiien hatte.
Er wählte aber unter allen ISeispicIen der («es« hiclite
gerade ilie Besiegnug Hannibals nnd die EinäscLerang
("arthago's, und zwar beide zugleich, theils weil sie sich,
so verbniiilen, durch ihre Ciriisse und Wichtigkeit eigne-
ten, den (iegensafz, die Gedichte, in ihrem libervviegeu-
den Werihe nnd Einllusse auf den Ruhm ihres Gegen-
standes desto kraftiger hervorzuheben, theils weil sie ihm
einen schicklichen Stoff gaben, dem er die nüthigen Far-
ben entnehmen konnte, um ebenso die einzelnen Theilc
seines Satzes gehörig ausschmücken, als dem Ganzen ein
gleichmassiges Colorit geben zu können. Daher machte
er seinen Helden zu einem liesieger von Afrika, und ilie
Gedichte überhaupt bezeichnete er nun al» die Calabri-
schen Gesänge des Eniiius. Dass aber Horoz jene histo-
rischen iMonieiite bloss allgemein und ohne alle persön-
liche Heziehuiig wollte gefasst wissen , geht schon daraus
hervor, dass er auch die v. 15 erwähnten Ehrendenkmale
in gleicher, bezugloser .Art aufführte. Sehr richtig be-
merkt daher rtlitscherlirh zu diesem Verse: senitiitiii
generaliter proponi n pnelil putnnda, quum publice
Scipiu7ii positi monumeiiti null(f extet memoria.
Fasst man nun die ganze Stelle nach dieser Erklä-
rung auf, so wird sie folgenden ganz natürlichen Sinn
geben: „nicht Ehremlenkmale , nicht Thaten, wie die
liesiegung des furchtbaren Haniiibal und die Zerstörung
Carfhago's, verherrlichen den Ruhm dessen, der sieh durch
Uesiegniig Afrika's einen Namen erworben hat, glänzen-
der, als Gesänge, wie die des Ennius." So treten allo
Theile des ganzen Satzes in ihre richtigen Verhaltnisse,
ohne dass sie von irgcnil einer Seite Veranlassung zu
einem Vorwurfe des Anachronismus gegen iinsern Dichter
geben könnten. Sollte Horaz wirklich selbst Veranlas-
sung zu iliesem I\Iissverstandnisse gegeben haben, so könnte
es nicht anders, als durch die gedrungene Kürze der
Darstellung geschehen sein. Allein der Dichter wollte
die kernige Kraft des schönen Satzes nicht durch breite
AVortfülIe schwachen; auch mochte er wohl nicht ahnen,
dass man ihm je aus iMissverstandiiiss einen so groben
Verstoss gegen ilic Geschichte zutrauen könnte.
(Bcscliluss folgt.)
Personal-Chronik uud Miscellen.
Schwerin. Das zu Michaelis 183S erschienene Pro!;ramm
des Gyninasii Kridcrici.ini enthalt folgende vom Oberlehrer
Fr. Reilz vcrfassle Abhandliiu^ „Bestand und Bci'nlkerungs-
verhaUnisse des GrosslierzogthiiDis Meeklenhurc; - Schwerin,'^
Ein Beilrag zur Statistik des l'alerlandes, 2A S. 4. — Im
Laufe des Soninieiscmcstcrs 18.37 hatte das Gymnasium 140
Schüler, von denen am Schlosse des Semesters 22 und bis
Ostern 1838 13 abgingen; Aiiri^cnommcn wurden in diesem
Schuljahre 49, so dass das Gyiiiiiasium in diesem letzten Se-
mester 154 Schiller zählle, uänilich Kl. I. 16, Kl. II. 27, M. HI.
A. 31, Kl. III. B. 39, Kl. IV. 41. Zur Univcrsitht wurden die-
sen Micbiielis 4 Schiller cnll.issen. — 'Zur Feier des Gcburts-
laRcs S. K. H. lies Gros.>herzogs Paul Friederich und zu der
bIcIi anschlieiscnden öllentliclicn r.ntlassiing der Abiturienten
schlich iler Dircclnr Dr. \Ve\: De piiiiicae linguac rdiquiis in
l'laiiti Pocniilo epistolu ad G. Gcscniuni 24 S. 4,
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft,
Mittwoch, 16. Januar
18 39.
Nr. 7.
Quinfi lloratii Flacci opcra oiniiia ad op<iinornm libro-
mm fidrni edita. Lipsiae, siiniptus fecit Georgiui
Wigand-
(Ocschluss.)
Die Annahme, dass Horaz ein fing-irtes Subject anf-
gefülirt und jjcivissermassen n>it der Wirklichkeit in Ver-
bindung gesetzt habe, darf wohl kein Bedenken veran-
lassen, da eine solche Fiction an sich in dem Begrifl'e
der Dichtkunst liegt und unserm Dichter auch sonst nicht
fremd ist. So denkt er sich Od. Hl, II. , 2')— ,J2.
ebenfalls einen Geliicter über das fruchtbare Afrika und
stellt dem eingebildeten Glücke desselben das wirkliche
Glück des Landlebens in vollem Uebergeivichte entgegen.
Ueberhaupt hat diese letztere Stelle mit der unserigen
die grosste Aehnlichkeit und kann durch ihre analogen
Verhältnisse der gegebenen Auslegung zur Rechtfertigung
dienen. Was man sonst noch hier und da an diesen Ver-
sen zu bekritteln hat , scheint unerheblich zu sein.
Das unpoetische ejus findet sich Od. III, II, S.
und niuss dort trotz aller kritischen Vorschläge geduldet
tverdeo.
Referent findet in dieser Erklärnng den einzigen Aus-
weg, um unserer Stelle, auch ohne eine Abändernng,
einen klaren, natürlichen und nngezwungenen Sinn zu
geben und besonders den guten Horaz gegen den Vor-
wurf zu sichern, etwas Unsinniges gesagt zu haben. Da-
tier trägst er auch kein Bedenken,' seine Ansicht hier
mitzutheilen und den Gelehrten zur Beurtheiiung porzu-
legen.
Sat. I, t, 4 fimlet sich das gewöhnliche annis. Ref.
half die Lesart annis für richtiger. Handschriften kön-
nen Wühl bei iler Wahl zwischen so kleinen Wörterchen,
die sich in ihren .Schriftzügen so ähnlich sind, weniger
entscheiden. Hier kommt es mehr auf den loglsclien
Zusammenhang der ganzen .Stelle an; und der scheint
für armis zu sprechen. Horaz stellt hier Hlenschen auf,
deren Lage zwar an sich recht vortlieilhaft ist und auch
gute Aussicht auf Gewinn gewährt; »nr dass sie mit ge-
wi.ssen Unbequemlichkeiten verbunden ist , deren sie gern
entledigt sein mochten. Diesen Z_weck wünschen sie
durch eine Vertauschung ihrer Lebensverhältnisse zu er-
reichen; thoricht zeigen sie sich aber bei diesem Wun-
sche ck-sshalb, »veil sie nicht bedenken, dass sie mit dem
beabsichtigten Tausche wieder andere Unannehmlichkeiten
iTÜrden übernehmen müssen. Indess sie wünschen den
Tausch, und die Unannelinillchkelten ihrer Verhältnisse
sind auch alle von <ler Art, dass sie mit dem Tausche
aufhören würden. Der Kaufmann hat Nichts mehr vom
Meere zu fürchten, wenn er ein Soldat wird; der Ad-
vocat kann ungestört schlafen, wenn er ein Bauer wird,
und der Bauer ist als Stadtbewohner der mühsamen
Wege zu seinem Anwälte überhoben. Nun sollte
man , nach einer gesunden Logik , erwarten , auch
den Soldaten müsse irgend ein Üebel drücken, das ei
ablegen könnte, wenn er zum Kaufmaiiiisstande über-
ginge. Aber kann man wohl zu dieser Kategorie die
Last der Lebensjahre rechneu? Könnte Ulm diese Irgend
ein Tausch abuehmen , oder würden sie nicht vielmehr
mit ihm in jedes andere Lebensverhältniss übergehen?
Diese Ungleichheit in den einzelnen i>Iomenten wäre ofl'en-
bar ein logischer Missgriff, dessen sich Horaz nicht
schuldig machen konnte. Nimmt man aber an , dass er
nicht atinis , sondern armis schrieb, so Ist jedes Miss-
verhältiilss beseitigt. Die Last der Wallen drückt den
Soldaten nicht mehr, wenn er ein Kaufmann wird;
aber ilie Last der Jahre kann er bei keinem Tausche
ablegen. Sie sind die jedem Stande und jedem Lebens-
verhältnisse eigene und bleibende Bürde.
Referent könnte zwar diese Gelegenheit benutzen,
nm sich noch über manchen den Hnraz betreffenden
Punct auszusprechen; aber er bricht hier ab, um die
Gränzen einer Recension nicht zu überschreiten. Er
glaubt genug gezeigt zu haben , was an diesem kleinen
Horaz zu loben, oder zu ta<leln sei. Das Büclielchen
ist jetzt schon gut und für seinen Zweck brauchbar;
wird es aber noch mehr werden, wenn ihm der Herr
Herausgeber seine verbessernde Hand noch ferner weihen
wird. Und nicht nur diess möge er thnii, sondern auch
fortfahren, die Bahn mit Elfer zu verfolgen, die er be-
treten hat. Er hat an dem Beispiele seines verehrten
Vaters ein herrliches Ziel, dass ihn aufniiiiitern iiinss zu
dem Bestreben, sich bei der gelehrten Welt einer glei-
chen Anerkennung würdig zu macheu.
Sondershanscn.
Fr. Gerber.
51
52
(iiicchisfhe und lüiuisclic Inscluifteii.
i.l.
An iler >%)rilrrspitr der Pr()[)\l«pii eines Tempels bei
Dabot, einem Aosvptii-rlien Flecken; aus Salt's Papieren,
uiitgetbeilt lun Prokescli Eriniierunjjen aus Aegvpten und
Kleinasirii. Daneben in Hieroglyphen die Mamcn des
Ptiileni.'ios und der Klmpatra.
iiii:p j} i^LiEo^ nroAEM . . .
Ai^::i:n:£ kaEüu atpa^
KU 1 JAriKO:^ 0/::!.K\ 0JAO . .
PO\ III. II K./J }■}'
Nach Prokeseh's ans unzähligen Inschriften .'ihulicher Art
zu rechtfertigenden Ergänzung:
VrifQ riaoi'fjm; lltu/euaiov y.ut i^aat-
)jaar; KkaoTaioa^ roi fiaaikeioi a.dtk(frji
y.ai yi'var/.oi deuiv Cf/Xuinjrcj-
QV}V loiöi v.a.t Ol'VVCOti i^ioi;.
3Iit Sicherheit kann angenoninien werden, dass auf dem
Steine JJ.I:£JA/-J(JI steht. O wurde feilsch statt ß
gelesen, « ie auch Z. 4 in — (Jüjv. Uebrigens wird hier
Pfoloni.'ios ^ I Philometor gemeint. Vgl. eine ganz ähn-
liche Inschrift bei Lctronne Recherclics snr l'histoire de
TEgypte S. 30.
62.
Lnter einer Büste im Kiinigl. 3Inseum zu Berlin, nach
Gerhard Berlin's antike Bildn. T. I, S. IJl, jVo. 307.
Aur. Itlonninae z^z filiae :::; dulcissim. :^ parent.
fecerant. ::= Alexander. Aug. Lib. z^ et = Vm-
bricia. Ammia
Vix. au. XVIII.
Dieses Monument gewährt, um mich der Worte des
Herausgebers zn bedienen, „einen sprechenden Beleg für
die Lnmiiglichkeit , viele auf uns gekommene Ularnior-
bililnissc richtig zu benennen; darum, weil sie Bildnisse
unberühmter Verslorbenrr und nur zu (leren ^'erherr-
lichung in ihren Grabmalern aufgestellt waren." Inhali-
•thwere Worte für alle Diejenigen, denen es so leicht
wird, erhaltene Portraitköpfe aus blossen vermeiutlicheu
Aehnlichkeiten zu taufen. Der Name Monnina scheiut
überhaupt ein bisher ganz unbekannter zu sein.
(i3. *)
Mai. Coli. no». Vat. T. V, S. 9, Ko. 3: „lanuae m
cathedrali tenipl» crux argcntea."
'/ Die Absieht, bei dieser nun schon seit niclircrcn Jaliicn
diesen Blutlern einverleibten epii^iaphiaclien Uebeisiclit
wcnigslenä in Bezug auf die Kntdeckung bisher uiibc-
kannler l.itrinisclier Inscliriflen einige Voll»t;iudi»koil zu
errciclien , lässt es riitlillcb rrschcinen, .lucii vnn sulciicn
Monumenten, die clirislliclier ISe/.ii'liung sind {ind uicli-
renlhcils dem Mitlclaller aiigeliiiren, das Uedccitcndcrc
juf/.unelimfn. Manche bi-hcr unbekannt ^iblichcne Icliei-
rcsle ilie>er Gatlring licfcit un» die von Anj; Mai im luiif-
len Bande seiner Colleclio nova Vaticaii.i, im J. i^3l
erschienen, mit^'cllinlle Samniliing ..Clirisllicliei- Inscliul-
ten", der er>l(; Veiiuch, diese eine Classc der Kpigraiiliik
fiir sich bildrnJen Monumente zu einem vüllstandi^eu
ijanzen /,n vtreini'^cn. Nicht vom hekannteu Herausgeber
• Iba riibit d c>r Sammbinq; her, sondern von «iact.inn
Marini, dem vielleicht uidehrtestcn und umfassend^leu
Kenner «cnigslcns Jcr iatcinischco Epi^raphik des vcr-
ToTno 10 9biov oti'Lov BdoSai /Lteu irsxry-
vc.ro,
E(ftaov de dfjX^i'Tiji (»• c.) loaoy. TCükaiüidsiOav
avexnhiiasv.
'O dyioQ 'Joj. 6 deuköyoi.
'O dy/og Mtxf'-ij^-
'O dyiui rutjQiifk.
Mai: „. . . Mariiiius; qui etiam cogitat de Barda cae-
sare Mcephori Phocae pareute , quem hanc dignitatem
obtinuisse dicit circa an. CMLX^'I. Sed cnim haud video
quin pari iure rogitarc possimus de Barda caesare actate
Photii ; imnio vero de Barda quovis non caesare sed pri-
vato incertae aetatis liomine et artifice."
(i4.
Ebendas. S. 2fi , ^o. 1 : „ Lesinae iu Zophoro absi-
dis veteris templi."
Qnos. sotiat. fidei. meritum. quos. gloria. caeli.
eorporib. pausant. sacro. sub. tegmine. templi.
Priniianus. item. Firmianusq. vereiidns.
fortis. Alexander, simul. et. Tellurius. almus.
martyrin. clari. Lesinae. tutamina. gcntis.
Orcnt. pro. populo. Dominum, et mala, ciinta (s. c.)
repellant.
Ebendas. S. 31, No. 3= „Romae in arcu, de ima-
gine Petri."
lanitur hie caeli est, fidei petra, culmen honoris,
sedis apostolicae rector et omne decus.
66.
Ebendas. S. 32, No. 1: ,, Romae iu basilica g. Se-
bastiani."
Hie habitare prius sanetos eognoscere debcs,
iinmiiia quisquc Petri Pauli pariterque requiris;
discipulos oricns misit quod spunte fatemur.
Sanguinis ob meritum Christum per aslra secuti
aetherios petiere siuus regiiaque piorum.
Roma suos potius meruit «lefendere civeg.
llaec Damasus vestras refera't , nova sidera , laude».
wiciirnoii Jaluhiindeits , dessen Werk, bisher in der
lid)ii<itliek des Vatikan aulbewalirt, jetzt von Ang. Mai
redigirt und mit Anmerknugin versehen, an's Licht tritt,
nie Mittlieilung dieser mit dem sorglalligslen Fleissc aua-
geiiilirtcn Arbeit mujs jct/.t um so wichtiger erselicinen ,
als sie /.u einer Zeit, «o nticli sehr viele jetzt verschwun-
dene Monumente vorhanden waren und benutzt werden
koiintpu, und zwar von einem Manne initcrnommen wor-
den, dessen ausgebreitete Kmutniss aller der olt seihst
nur iiocli iiandscliiifllieh vor baiideuen Quell ii ilic relativ
grüsste Vollständigkeit erwarten lasst. Und so ist es ge-
kommen, dass mancher Ueberrest hier zum Vorscheiu
kommt, der langst zerstört zu sein schien, nun aber durch
gewissenhafte Aiirmcrksamkcit dein Unteigatig für ininuT
entrissen worden ist So wenig unmittilliare Bezicliuni:
nun iliese Denkmäler auf das classische Allerthum ^luch
haben, so wird man doch eine Auswahl der beileu-
lendercn von denen, die jetzt zum erstenmal gedruckt
rrsclieinen , hier an ihrer Stelle linden. Der Literatur,
der Historiker, oder wer sonst bemiiht ist , das Altcrthiin)
in der Totalital siiner Erscheinung aufzufassen ^ wird auch
diese Spathluiinn einer scliüiiern vergangenen Zeit nicht
unbeachtet lassen-
53
54
67.
Ebcndas. S. :^2 , No. 3: „Roinau in ecclesia s. Lau-
reiifii extra inuros."
Haec est aeterno florens et grata iuypiitiis,
sanguinc <jiiae fuso piilchra tropliaea tiilit.
Ibant ut sererent qiiae .semina pulchra ferebant,
et lachryinis fleiitcs iniinaducre genae.
Nunc de messe suis portaiites farra luaniplis
laetitia rccieiint se comitante nova.
68.
Ebendas. S. 34, No. 2:
Cultores doniini Felix pariterque Pliilippns
hie virtute pares conteuipto principe niumli,
eternamqiie petiere domum regnaqiie pioriim,
sanguine qiiod proprio XPI meriiere Coronas.
Hi» Dauiasus supplex voluit sua reddere rota.
Der Verfasser dieses, sowie des aus S. 32, No. 1
ansgchobenen Epigramms ist der bekannte Biscliof Dama-
sus. In beiden, dcssgleichen auch in einem andern S. 35«
No. 3 findet sich die metrisch unregelmässige Phrase
regnaque Jjiortttn , wofiir ich nicht mit Mai an diesen
drei Stellen regnumque piorum bessern müchte. Den
Plural regiia halfen die christlichen Dichter für geeigne-
ter als ilen Singular zum Ausdruck des Begriffs der Un-
endlichkeit für das himmlische Reich Gottes. Daher
öfters regna coelestia , wie z. B. bei luvencus Hist.
Etang. I, ö52- Das angehängte (jite kann aber in der
Prosodie dieser Zeit als Fulcrum zur Verlängerung einer
kurzen Sylbe wohl gebraucht werden. Zunächst gehört
hierher die Bemerkung, dass gerade dem Damasus Ver-
nachlässigung der alten Lat. Quantität, an deren Stelle
Berücksichtigung des Lautes und des Accentes ist, vorge-
worfen wird. Vgl. Bahr Christliche Dichter und Ge-
schichtschreiber Roms S. 29.
69.
Ebendas. S. 35, No. 1, ans einer Handschr. des Klo-
sters IVeuburg aus dem eilften Jahrhundert.
Tempore «|U0 gladius secuit pia viscera matris,
egregius niartyr contenpto principe mundi
etheris alta petit Christo comitante beatus.
Hie tibi sanctus lionor semper laudestjue nianebunt.
Care Deo, -ut foveas Damasum, precor alme Tiburti.
70.
Ebendas. S. 30, ^o. \, ans derselben handschriftli-
chen Quelle, und gleich wie das vorhergehende Epigramm
vielleicht vom S. Daraasus verfcitigt.
Olim sacrilegam quam misit Graccia turbani
martyrii meritis nunc decorata nitet.
Q. medio pelagi votum miserabile fec.
reddere funerea dona nefanda lovi.
Vpoliti sed prima lides celestibus armis
respuit ins^nam pcstifera lucem.
Quem monachi ritu tenuit spelunca latentem
Cliristicolis gregibus dulce cubile parans.
Post hunc Adrias sacro mundatus in auine,
et Paulina sua consociata viro.
Die beiden .Siglen v. 3 sind rjtiae und fecit zu er-
klären. Die ^'^erlängernng einer kurzen S^ Ibe vor dem
Einschnitt iu funeiea v. 4 kehrt im letzten wieder ^lud
wird bei Dichtern des 3Iittelalters fast ohne Anstand fiir
eine völlig erlaubte Sache angesehen. Vergl. zu Vitali»
Blesensis eclog. S. XV. V. (i ist wahrscheinlich zu er-
gänzen pertifeiamque. v. 7 hat die Handschr. spelunca.
71.
Ebendas. S. 82, No. 1, .,in throno" , wie Mai sich
kurz ausdrückt, im Lateran zu Rom.
Aula Dei haec slmilis Synai sacra iura fercnti,
ut lex demonstrat hie ijuae ("uit edita (juondani.
Lex hinc cxivit mentcs (juae ducit ab imis ,
et vulgata dedit lunien per climata secli.
riavius Constantius Felix V. C.
magister utrinsque militiae pa-
tricins et con. ord.
et Padusia eins inl. foemina
voti compotcs de proprio fecerunt.
Es ist Mai entgangen , dass die ganze Snbscriptiou
unter den metrischen Epigrammen sich schon bei Grnter
S. 1076, 2 findet, mit einigen Abweichungen, Es fehlt
nämlich daselbst Constantius , was jedoch ebendaselbst
als in einer Abschrift bei Panvin. de Basil. Rom. befind-
lich nachgetragen wird. Ferner bei Gruter CONS. und
FE>1INA. Das Consulat dieses Fl. Constantius Felix
wird auf das Jahr tl8l bezogen, wo er im Orient zum
Cüllegen den Flavius Taurus hatte.
72.
Ebendas. S. 91, No. 2: „Romae olim in basilica
Liberiana supra niainrem portam opere vermiculato.'-
Virgo Blaria tibi Xystus nova tecta dicavit
digna salutifero munera ventre tno.
Tu genetrix ignara viri, te denique feta
visceribus salvis edita nosfra salus.
Ecce tui testes uteri sibi praemia porfant,
sub pedibusque iacet passio cuique sua,
Ferrnm tlamma ferae fluvius saevumque venenum:
tot tamen has niortes una Corona manet.
Zu testes bemerkt Mai: „Martyres scilicet, qui cum
suis insignibus circumstabant in pichera."
73.
Ebendas. S. 93, No. 3: „Romae in ecclesia Arme-
uioruni s. Mariae Aegyptiacae. "
A irginis in variis radiat domus alta fignris,
quae Dominum castis visceribus tenuit.
Cuius aniore pitis Steplianns cnm coniuge fretns
cum geminisque pium quod nitet dixit opus ,
Nobilis ingenuHs doctissimus integer almus
aethereum est et crit culmen is Ansoniae.
Praesulis octavi nunc tempore iure loannis
templa dicanda Dei plena favore pio.
Lt simul angolicum tencat super actiiera thronnii«
sicque sui pulcrum seminis imie genus.
Nat, Domini H. 31. F.
74.
Ebendas. S. 94 , No. 1 , an demselben Orte.
Hoc dudnm fuerat faiium per tempora prisca
constructum Pliocbo mortiferoque lovi.
Quod Stephanus vcteri purgavit stercore iudex
atque decora
Von Interesse für Romische Topographie.
55
56
Elipiiilas. S. 9<t , >o. 2 : ,. Pcrusiac in portirii t.
Petri."
Mrmniiiis Salliisfiiis ^
iialiiiiiis Diniiins VS
basilirani saiirtorii
an^clorum frrit in
qua sppelliri non licet.
7(i.
tlbriiilas. S. III, >o. 3: Zu Rom in der Basilica
lies li. Paulus «or der Stadt, iiarh einer Palatiiiischen
Handsilirift.
Tbeodosius copit, perfcrit Onorins aiilaiii
dortiiris niuiidi sacrntani c<)r|)ore Pauli.
Plaridiae |)ia uirns operis deiiis ouiiie patoriii
■jaiidef pontificis studio spleiidcre Leoui-'s.
Perseqnitur dum rasa Dci , fit Paulus honoris
vas, sed elertnm jjentibus esse prohat.
Vore Dei fis Pelri l)ei petra, minien honoris
aule relestis splend:ir et omne derus.
Die nezeirhnnii^ pia mens ist vielleicht nicht ohne
Absicht lon Placidia, iler Tochter Theoilosius des Gros-
sen, genfililt norden, da rou ihr an die kaiserlichen
Frauen wieder den Ehrentitel piue /elices annehmen,
«ie nach einer Bemerknng von Eckhel Docfr. Mnm.
T. VIII, S. 17().
77.
Ebendas. S. III, fio. l: „Neapoli in castro .S. Salva-
toris, nunc castello dcll' Ovo." Aus einer Handschrift
de- päpstlichen Archivs. ^
3!
ABB.
riERl
IVS
SIT
Maio Abbd» ßeri iussit. Darunter zur Erklärnni;:
Uuisquis in hoc templo steteris, quod liuiplia refundit,
aspi<'e <juale decns hie Ma^o contulit abbas
Petro spu Paul» lai'obo vel Bartholouieo,
>ir .Steplianu priniü levitac seu lanuarin,
Martino .Stephaiiocjiie papae Blasio Dariai-ijiic .
Baptistae, En<rep!o(|Ue , Crisanto riielitus alnm.
(laudia cui Christus et donet. Dicito hat.
Zur ErkUrun^r iler Worte ijuod limplia refundit (gehört
die Bemerkung, das» der Ort von den Hleereswellcn nm-
spühlt wird. Die Mittelsvlbe in Jacobus wird hier kurz
gebraucht . wie in einem andern Epijjramin i'licndas.
S. 1(14.
78.
Ebeiidas. S. lü.*), No. 'J : „Romae in arru ecdesiae
8. Laurenfii extra moeiiiu operc mnsivo."
Dcmovit Dominus tenebras, ut luce creata
his (|U(indaui tenebris sie modo fiilgor inest.
Au5;ustos aditus vencrabile corpus liabcbat
huc ubi nunc populum loui^ior aiila capit.
Erula planities patuit sub montc rccisu,
estque remota jjravi niole ruina minax.
Praesule Pelagio martvr Laurentius oliui
tenipla sibi statnii tarn pretiosa ilari.
Mira lides gladios hostiles inter et iras
pontificem meritis haec celebrasse sais.
Tu modo sanctoruni cui cresccre constat honores ,
fac sub pace coli tcmpla dicata tibi.
79.
Ehendas. S. 170, No. 1: „Romae in SS. Martini et
Silvcstri. Aus handschriftlichen Quellen; das Fehlcndi-
zum Theil von fllai ergänzt.
Baliien quae fragilis suspcndunt corporis aestom *)
et reparant vires, quas labor afficerit;
quae constricta gelu, validis aut solibus usta,
adiiiixtü latici membra lifjuore levant.
I'examur causa propri« iiostroque quod angit
vulnere; balinea hinc dicta fuissc reor.
Tu tarnen ista magis cautus servare memento
grex sacrate Deo corpore mente ßde.
Cui bellum cum carne subest, quae et vicfa resurgit,
quam cohibere iubat , si refobere paras.
Lubrica ne sensus rapiat turpetque boluptas,
eflera ne menttm luxuries stimulet.
Ebria neu vino, dapibus neu viscera cruda
dissolbat, lluxo corde labanle , gula.
Sobria sed casto fovcant tibi membra liquore;
et quaes . . . quod mcdeare iterura.
. . . inibc ue parta rcuicdia caru . . .
... vi torvos aljfct . . .
Non nostris nocet ofl'iciis, nee culpa labacri.
Quod sibimet ^enerat lubrica vita nialum est.
In dem Einschnitt jedes Pentameters finilet sich als A[i-
theilungszcichen das bekannte Blatt.
80.
Ebend.as. S. 180, No. 4: „Romao in s. Clementis."
Aus handschriftlicher 31ittheilung.
AovTooiq devoLoiOL adv . . .
evia oQaveui yevijrai
Ttai; aQulujiAi ivoi; x
So verstümmelt und zugleich sinnlos copirt , dasa man jetzt
nicht einmal mehr mit Zuverlässigkeit vermuthen kann,
ob wir Verse vor uns haben.
(Beschluss foli;]t.)
') Ilirr7,ii bcniPikt M.ii; „Locurioiii in un/ivnjere aestum
iisuip.ivcr.ll M .^iircliiis Caesar, eaiii(|iic rcprehenclcbat
ut vitiosam Krönte ,iJ M. Cacs. üb. IV, cp. 3- ed Rom
p. 99. Nunc eccc eins loculionis aliud (.•xempluir, in sakli
i'leganto pocta Chrisliunu "
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaft.
Freitas 3 18- Januar
18 39.
Nr. 8.
Griechische und römische Inschriften.
(Beschluss, )
81.
Ebendas. S. 181, No. 3= „Roinae in ambone basilicae
vaticanac."
Aon honiinum censura Deum , noii temporis ulla
aeias aiit cleri sinodus presrriplio niilla,
seil Deus elecfis pafribus ilum praofuit orbis
uinbra sacrata Petri lalet aogros salvere niorbis.
Haec capitis ratione sui orbisqiie niagistra
clerus et ccclesiae pendet status oninis ab ista.
82.
Ebendas. S. 195, Nr. 3, zu Rom.
Felix VI continuis bene-
ex consule ord. ficiis vestris
senus vest. pro optulit
83.
Ebendas. Nr. 4: Handschriftlich.
Te duce Venerius rapidas comiiiiscuit ira»,
atque vesana nimis iniinici viria vicit.
Castiile tii di^nus jirestas cultoribiis ista.
Tibi Servatiis ofTert niunera supplex.
Ebendas. S. 224, IVo. 1: „ Romae in S. Mariae
transtiberinae."
Digna licet nequeam offerre praemia donis
famulis sed propria vota quaeso domina libeiis
suscipe ut fundi Puliaui oninem portionem
mihi ^eneraliter perfinentem cum vinei-
» et terris erga seriem documeutoriim
eins Veliterno siti territ-
orio, niiliario XXV. Domus haec sancte sem-
per virginis et Dci ^cnitricis Ma-
riae quae Caiisfi vocatur. Haec ie
hereditate possideat qnam quis-
qnis ex eins conditione pri . . .
liquo modo ipsam inien . . .
nis tempore ultricem sit . . .
variam -j- fenesto
Mexuisnaie Tpemma.
Von den drei letzten Worten sagt Mai: „Ego heic
lego graece jevl.odu), fiat (am Ende der vorhergehen-
den Inschrift steht ßat, fiat). Infra antem latine me
e.xuis nave? deniquc graece dQtufio.V'-
85.
Ebendas. No. 2: „Romae in S. Clementis."
•j- Hisracliticus Deo offerebat populus ruri
aliiis quidem aurum, aling namque argentam
quidam quoque aes , quidam vero pilos caprarum
Infclix antem ego Gregorius primns pbr almae
sedis apostolice huiusqnc titnli gerens
curam , ac beati snppremus cliens Clementis
offero de tuis haec tibi XPE thesauris
temponbas sciss Zacchariae presnlis summi
per martjrem et scm parva munuscula tnum
dementem, cnius meritis merear delictis carere
atque ad beatam aetcrnam ingredi vitam
Aisti, qnantnm liabes, regnum ralet caelorum
Suscipe hos Dne velut minuta viduae queso
teteris novique testanicntoriim denique libros
octateucbum, regum , psalterium , ac profetarum
Salomoneni , Esdram , storiarnm ilico plenos
Require svllabarum lector seqnentiam hanim
Am Ende jeder Zeile befindet sich das bekannte Zei-
chen des Blatts. Dergleichen Donationen an Schriften
des alten und neuen Testaments finden sich auch noch
in manchen andern Inschriften erwähnt, z. B. S. 218,
No. 2 der Sammlung von IMai.
86.
Ebendas. S. 242, No. 1: „Romae in mns. vatic. pes-
simis litteris repertus lapis in Castro Arci in Sabinis."
Dieselbe Inschrift auf S. 259, 3.
Imp. Caesari
Caio riavio
Constantio pto
felici augusto . .
do Curium sahino
mm
D. N. JVI. Q. E.
Hinter augusto fiel or (ordo) aus.
87.
Ebendas. No. 2: „Cordubae ad puteum S. Zoili."
Imp. Caes . . .
Fl. V. Constant . .
P. F. invicto aug. . .
Octavius Rufus . .
P. prov. Baet.
D. \. M. Q. ejus.
69
60
Dil- J»ililus.«formcI , wie in ilrr vorlior^'cli<-ii(leii lii-
I tirifj , Icileutet devotui numini maiestatique eins.
Elieiidas.
niariiiiirea.''
•S. 'J45, >o. 1: ,,Ruiiiac in Capitolio liasi»
3Iagiin et invirto
imp Caos. C. Val. Aurel.
Cuiistaiitiiiu pio Tri.
invirto an^. pontif. inax.
trib. pottst. COS. III. P. P. proc.
D. K. corpus corarionim
iua<;iiariorum solaiariorum
devoti iiuiiiini maiestatiq.
eins
auf der linken Seite
deilicatae
kal. ian.
DD. KN. Deucletiano III et
Alaximianu coss
cnraate Tliessio Serundo P. C.
corariorum
Die Insclirift ist, was dem Heransgeber entging, schon
mehrmals edirt worden, s. Grut. S. 283, 1, aber mit
Abweichungen, wesshalb sie jetzt nach genauer Alischrift
des Steins hier wieilerholt zu werden verdient. IVament-
lich ist jetzt solaiariorum (soleariorum) als richtige Les-
art anzuerkennen. In andern Exemplaren heisst es sonst
.S'ALÄIARIORV.M, auch SOL1ARIORV3I , und noch
ander«. Der Diplithoiig ai statt e aus Verwandtschaft
der .Ausspräche beider zu erklaren. In den andern Ab-
schriften steht CORIARIORVM, was wohl nur eine
Verbesserung statt des freilich fehlerhaften, aber gewiss
auf dem Originale befindlichen CORARIORViM sein mag,
sowie auch JiOLEARlüRV.M , was eine Abschrift dar-
bietet.
89.
Ebendas. S. 2-50, No. 2: Parmae ad fores basilicae
S. Mariae della Steccata , in columnac fragmento , litte-
rii »oA'ut barbaricis."
D. IV. Imp. Cae». Fla
Constantino P. F.
victori aug. pont
ifici maximo trib.
potcstaa X.\.III. imp. XXH
cons. VII. P. P. procos.
rerum umanarum opti
mu principi diri
Constanti filio
U. R. P. nato
Die Siglen in der letzten Zeile: iono rei puiticae .
wie häufig auf Kaiserinschrifteii dieser Zeit.
90.
Ebenda«. .S. 260, Xo. (j: „Augiistau Taurinurum.-^
Valentiui-
ano et Fl. Valeuti felicii-
«imis aagg.
91.
Ebendas. S. 2l)t, Xo. 1: „Romac in Capitolio . . .
basis inarniurea, nunc dissecta."
auf der linken Seite
DN Constantiu
auirusto
Alemmius Vitrasias
Orfitus V. C praef. urb.
iiid. sac. cogii. iter.
D. N. M. (1. eins
curante Publiliö
Caeionio luliano C. V.
auf der ersten Seite
Dedicata IUI idus inart
imp. doniiiio N. Gnrdiano aug.
et M. Acilio Aviola cos.
per
Q. V'etrurio Felicissimo elec
QQ
C. lulio Evrangelo et
Marcio Crysostora.
T. Aurelio Eutychcie
curatoribus
P. Aclio Eutychetc lun. L. Traian. Arab.
C. Annio Basiliden. C. lulio Tertnllo.
Den leeren Raum in der zweiten Hälfte der Inschrift
füllt das Bild einer zweihenkligen Vase aus.
92.
Ebendas. S. 263, No. 1: „Marsalac."
Imp. Caeiari
D. >. Valentini-
ano pio felici
semper augustu
31. Valerius
Quinctianus
V. C. cons. P. S.
clementiae
pietatique eius
semper dicatis-
gimus
dcvotus
93.
Ebenda*. S. 366, No. 5: „Apud Sentinate» in columna
posita pro foribus Caesauriorum."
DDD. N. N. Valenli
et Valentiniano et
Crassano bunis
felicissimis triun-
fatoribus sem-
per auggg. bono
reip. natis
CXLI.
aui der Rückseite ist nur noch zu lese«
FLXCIÜF
SEiMP. AVG.
B. R. N.
CXLI
61
«)'>
Crassano , aiiffeii»rh«>inlich statt Gtatiano , und ücxieht
sich auf die Zeit, aln dieser mit Valens und ^'alciitiiiiauus
das Reich tbeilte,
94.
Bbeiidas. S. '2~0 , No. 5: „ Arelate in colnmna, in
aedibus domiaae Vallensis."
Salvis DD. NN.
Theodosio et
Valentiniano
P. F. V. ac trinm . .
seinper auf. XV
cuns. vir. inl . . .
Auxiliaris prae . . .
praeto . Gallia . . .
de Arelate nia . . .
miliaria poni s . . .
M. P. I.
9.^3 .
Ebendas. S, 283, IVo. 2. Zu Rom: „ Basi» prae-
grandis."
FI. Stilicboni inlustrissimo riro,
magistro equitum pcditumt^ue,
comiti dnuiesticoruni, tribun» praetorialiu,
et ab ineunte aetate per grailus claris-
siniae militiae ad columen ginriae
sempiternae et rejjiae adlinitatis evecto ,
progenero divi Theodosi , rouiiti divi
Theodosi augusti in nmnibus bellis
ailque victoriis, et ab eo in adfinitatem
regiam cooptato , iteniqne socero D. N.
Honori augnsti, Africa consiliis eius
et provisidne liberata , ex S. C.
96.
Ebendas. S. 290, No. 3: „Marsaiae."
Cureti vivas.
Pro raeritis cximiae lenitatis
et benignae administrationi.«
strenuo et praedicabili iudiri
domino Zenofilo
V. C. corr. prov. Sicil.
Die letzte Zeile: viro clarissimo correctori provinciae
Siciliensis.
97.
Ebendas. S. 291, No. 1. Auf einer Maroiorbasi«
zn Rom.
Saturninio Secundo V. C.
praesidi prorinciae aquitanicae,
magistro memoriae, comiti ordi-
nis primi, proconsuli Afrirae, item
comiti ordinis primi intra con-
sistoriuni , et quaestori , jjraef.
praetorio iterum, ob egregia
eius in rem publiram merita
DD. NN. Valentiniauus et
Valens rictores ac triumpfa-
tores seraper augusti
statuam sub auro consti
tut locarique iusserunt.
9s.
Ebendas. S. J!)I, No. 3: „ Roniac in S.
Ostionsi.
inilnstria cnniprobato
achio \'V. intra palatiii comitatus
di hir inter ceteras administrafio-
Cnnstantiiio aiig. in urb. Roma
paiiiae set et Sfciliae per annos XX
ministrabit etiam post hacc ab endem
ussionem et cnmpulsioiipm ranonirc
e de Canipania urbi Romae ministratur
«de probinriaruni rem sibi iniunctam
»itate fideliter egit
Auf der andern Seite
Naeriae Cerelliae
Sabinae prudcntis-
sinie puplle
Sjmmachi \. P.
filiae
familia urbana
aere conlato
merit.
Pauli
99.
Ebendas. S. 292, No. 1. Zu Rom auf dem Forum
[|es Trajan ausgegraben.
honoreui
is hono-
um guber-
bis a tyrann-
oni dedit consul-
\ . . aetatis anno ailep-
odosio et Valeotiniano augg.
rnis nullo ambitu
/. . . . s factus quantum re-
ebatur auxit gloriam
egis laborantibus ad d-
• . . ' a senatu mandafa legatio-
tunissimam testatur efTect-
digna maioribus suis et prorsus
s oratio tum adfatus sarer af-
. ostulati sub quae ordo sublim i
omanus alteram ei statuam dec-
" certantibus po{)osccruMt ta-
dentissimis clementibusque princi-
celeritate delatam ut petitio illu
ficio praeventa credator
F. O.
Fr. Panzerbieter , scriptio de Fragment orum Anaxagorae
ordine, >]einingae 1836. 22 S. 4-
Diese kleine Abhandlung des bereits durch scioeii
Dillgenes Apolloniates, Lips. 1830, um die Geschichte der
Philosophie verdienten Verfassers ist mitgetheilt als Ein-
ladungsschrift zum cxamen solenne in gymnasio Bernbar-
dino !>leiningensi , Septbr. IS3G, instituendum. Nach
der Ijebcrschrift ist die Hanptabsicht darauf gerichtet.
63
64
die Onluungf 3uszunii«rlii , in «-elcher die von Siinplicius
crhalliMieii Bru(listiii-l..p des Anax.iforas ursjirünglich auf
einander geM'^t sein niiicliten. Allein auch die andern,
natiirlii'li siili anreihenden Fragen , über Text und Lehre,
sind nicht unberiicksichtift geblieben. Vorauf 'flehen die
Fragmente selbst, p. 5 — '■, mit ziemlich vollständiger
Variantensammlnng und Bemerkung der jedesmaligen
Kumer in der Sehaubaeh'sehen- und Siliorn'schen Bear-
beitung derselben Fragmente. i>Iit Beeilt sind hier viele
Stellen weggelassen, namentlich Nr. \), 10, l'J, !,■?, 15,
Iti, 74, 2Ö , unil zum Tlieil Ar. 5 «ler Sehaubaeh'sehen
Bezeichnung, «eil sie n.'imlieli weniger Fragmente des
Anaxogoras, als testimonia über seine Lehre sind, oder
uur Modificationen der von Simplicius aufbeHahrten »irk-
lirhen Fragmente; darunter auch einige Stellen, die
Schaubacli dem Conimcntare des Simplicins in Aristot. de
coelo nach der liebersetzung von Moerbeke entnommen,
deren «ahrer Text nun in der von Brandis besorgten
Scholiensanimlung zum Aristoteles zu finden ist, un<l bis
auf unbedeutende Ab« eichiingcn , die «ir hernach be-
merken (i ollen, derselbe ist, »ie in den entsprechenden
Stellen des Cominentars zur Physik. — AVir bespredien
zunächst die Behandlung, «eiche der Text erfahren hat,
«m hernach auch des zweiten Theiles der Abhandlung,
über die Wiederherstellung der ursprünglichen Reihen-
folge , mit einigen Worten zu gedenken.
^'on Schorn «eicht Hr. Panzerbieter besonders hin-
siclitlich des Dialektes in diesen F^ragnienfen ab, nie
«eit er herzustellen oder nicht. Schorn und lor ihm
auch Schaubach hatten den ionischen Dialekt soviel
uiüglich hergestellt. Der Verf. halt dieses für unziveck-
niässig. ,,Ali ionica dialecto in fragmentis restituenda
prorsus abstinui , non ijuod putarem , Anaxagoram plane
ita scripsisse ut a Siniplicio traditum est, iiam Sinipli-
cium in ca rc uegligentissime egisse ipsc demonstravi,
ad Dil g. Apoll, c. 2.^, sed (juod incertum esse videba-
tur , num hi sciptores in omnibus plane iisdem verborum
forniis usi fuissent, cjuibus llerodotus aut Hijijiocrafes,
quorum exeniplum in corrigendo imitandum esset. Nam
ut unum hoc afferam, (juod Simpl. fr. 4 (Schaub.) prae-
Let 1-et.lov , id a vulgari certe lonieorum oratione alie-
num est; sed (]ui$ est, qui hac sola de causa faUum esse
coDtendat ? 3Ialui ergo Anaxagorac orationem umnino ta-
lem proponere, qiialis a Siniplicio exhibetur, ita tarnen,
ut, ubi in eodein fragmento bis aut ter repctito scmel
Jonicam formain praeberef, eam praeferrem." — Da ist
nun wohl das über die Form t'jSKu)^ (iesagte etivas
eilig geschrieben, denn, abgesehen vom Homer, lindet
sie sich ja aucli bei llerodot IV, 4() : 4'> cod. Sancropt.,
an beiden .Stellen von .S( liHeigli.'liiscr, fiaisford unil Bahr
anfgeiionimen. Aiirh im üebrigeii dürfle jenes , Priiicip
nicht gebilligt «erden. Wenn beim Siinplicius in den
niitgetheilten Fragmenten selbst deutliche Indicationen
niiid , ilass der Dialekt in seinen Hauptformen der ioni-
sdie war, nur dass dessen .Spuren sehr häufig durch Fjin-
«irkung der y.oii/i^ verniisi hl sind, warum sie nicht überall
herstellen? .Sicher ge« innen diese Fragmente nicht we-
nig dadurch an altcrthümljcher Farbe niid jener ionisrh-
iiaivcn L'rsprünglichkcif , die sie auch in der Coustructiou
so h<iafig beivahrt haben. Jedenfalls ist es verkehrt, die-
ses (ieschafft der Wiederherstellung immer nur auf ein
und dasselbe Fragment, wie der Vf. « ill , zu beschrän-
ken, als wenn, was an der einen Stelle der Schrift rich-
tig ist, an der andern unrichtig sein könnte. Ja, selbst
wenn man sich bloss auf den einen Anaxagoras mit die-
sen Beobachtungen und Wiederherstellungen bcsehränken
wollte, so würde man fehlgreifen; sondern hier kOnnen
die Fragmente des Diogenes von Apollonia , Anaxagoras,
Melissus, mit der nolhigen Caufel wegen der epischen
Sprache und Prosodic auch die des Parnienides und Em-
pedokles aus demselben Gesichtspunkte beurtheilt werden;
der Jonismus , den Simpl. in dem Fragmente des Dioge-
nes be«ahrt hat, kann auch für die Stellen des Anaxa-
goras gelten und iu denselben wieder hergestellt wer-
den n. 8. w. Freilich, was die INorm des Herodot und
Ilippokrates (Heber diesen vgl. Petersen, Hippocratis d.
aere , aquis et locis praef. p. XI sq.) betrifft, so ist mit
grosser V orsiclit zu verfahren. Wichtig ist in dieser Be-
ziehung die Ucbcrliefcrung bei Diogenes L. II, 3 über
Anaxinicnes, was vom Anaxagoras u. s. f. mit gelten muss,
y.i~/o)!Tai ykujoorj lüSt üjiKrj y.ai ÜTi£QiiT(p, was bei
Hühner irrig übersetzt wird, usus est Ionica oratione
simplici et minime fncata (Ritter, Gesch. d. Philos. I,
S. 2 15. „Er schrieb in jonischer 3Iundart, einfach und
ohne Weitschweifigkeit"). Das Richtige gicbt die Be-
merkung des Hermogenes über den Dialekt des Hecatäus,
de gen. dicendi II, 12 Tri diaXe/.Citj de dy.pazi/j ladt
y.ai ov jiiiiiyuiin] ;^o;^ffa«f j;o5 ov8e v.aja cuv IJpo-
ÖUTOV noiy.i'/^Tj. Also ein Gegensatz zwischen der las
des Anaximencs und Hccat/lus, d. h. wohl überhaupt der
Literatur von Milet, als dem damaligen Hauptsitze der
Wissenschaften, und der las des Herodot, der aus den
Provincialisuien seines ^'aferlandes Manches aufgenoninien
haben mochte; obgleich, wie man sich diese |W/s'S im
Einzelnen zu denken hat, oh mehr die Formen oder
mehr die Wörter und ihre Bedeutnilgcn betrellend, schwer
zu sagen sein mochte, üeber die Jonismen des Hecatäus
(meistens aus den Fragmenten der et«a3 verdächtigen
TtioiodoQ yiji) s. Klausen Hecat. Miles. fraginm. p. 37,
wo aus Cramer Anecd. Oxon. V^ol. I hinzuzufügen, tadl
für iadt p. 207, 20, jU^iETQea.Tai p. 257, 31, ^.£w's
von einem Individuum p. 265, 9 sq-
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
.St. Pc tc r s bn lg, 5. Jan Auf Veranlassung des Ministers
der Volksaiifkhriins lial So. Majestät der Kaiser erlaubt: 1) je-
dem der Ober- Gymnasien von Wilna , Grodno , Bjclostok und
Minsk jhbrlicli 1000 Btibrl Silber verabfolgen zu lassen, um
davon uiibcniitleiten , fleissiijcn Zöglingen j.alivliclic Stipendien,
bis zur neeiidigting ihres Cursus . und ?\v,ir nicht weniger als
25 und nicht mehr als 50 Rubel Silber zu verabreichen; 2)auf
den Universitäten Peterslnirg, Moskau, Chtirkolf und Kasan fünf
Kronslellen zu bilden für die besten Schüler des Wcslrcussi-
scbeu Lehrbcziiks. die von der Regierung eine jährliche Unlci-
stützung von 500 Rubel lianknoten erhalten.
Zeitschrift
f ü r (1 i e
AI terthumswissen Schaft.
Sonntag, 20. Januar
18 39.
Nr. 9.
Fr. Panzerbieter , scriptio <lc fragmenf ornm Anaxagorae
ordiiie.
(Bcschluss.)
Wir gehen znm Einzelnen über , wo zunächst einige,
hin und wieder eingeschlichene üngenauigkeiten zu be-
merken sind: I. Schreibe eovra für eovTa. II. Sinipl.
hat ö di^Q xui 6 ait}}jQ. IV. hat TiavTOjv ■/^qij^cx.tiov.
Auch hätten die Aenderungen Schorns genauer angege-
ben werden sollen , z. B. Fr. 1 hat Simpl. nach der
Aldina öfuov XQimaza TCavTa i]v. Das vom Vf. auf-
genommene TCavra jfpiy^ara hat Schorn gegeben. Eben-
ao sind Frg. VI die Worte oiöev 8cux(jtveTai övöi
ciTtoXQi'pSTal erepov, in der Aldina bloss oi'dev drco-
y.QivETai, und Schorn gicbf (aus cod. D) ovötv ärro-
XQivETUi oi'Ö£ diav.oivSTai. Doch dieses ist weniger
richtig , zumal da der Vf. aus dem Texte selbst nur eine
Nebensache macht. — — Für Frg. 1 bemerken wir aus
Simpl. de coelo f. 145 und 149, Scholl. Aristot. ed.
ßrandis p. bi'2- 513 diese Abweichung in den Eingangs-
worten, 'Ofiov yQi'j^iaxa ijv , dneioa nävra y.ai
7tki)9og y.ai filX(j6rijTa. Hernach gab Schorn aus Simpl.
phys fol. 8 a und 3-3 b aus cod. D efSijkov für das ans
ib. fol. 33 b. gewöhnlich aufgenommene ci'dtjXov , wel-
ches auch Hr. Panzerbietcr beibehält. Allein auch de
coelo fol. 145 steht £vö)j}.OP , und wie dieses also äus-
terlich weit besser bezeugt ist, so ist es auch nach der
Bedeutung das passendere. — Es folgt eine Stelle bei
Diog. L. II, 6, die schon Schaubach (Fr. 1") nur mit
Bedenken für ipsa rerba des Anaxagoras hält, Schorn
aber ganz weggelassen hat. dämlich während Simpl.
aus dem Anfange der Schrift (^Ava^. ktycuv du' dQplS-
Bestimmter de coelo : ylvai;. d.QiofiEvoq tov Gvyy^äfJ.-
/uaro<;) die vollständige Auseinandersetzung giebt, wo
weitläufig von dem Zustande der Dinge, ehe der vov^
sie ordnete und schied, die Rede ist, so dass de» voL>g
erst viel später unil in anderen Fragmenten gedacht wird,
scheint Diogenes zu sagen , dass gleich ilie ersten AVorte
das spätere Eintreten des uoS^ indicirt hätten: Hül'Ta
XQ^]fxaxa i]v 6^00- elra vovg ill^cov aind öts/.öo-
fj.rjCi£. Da ist nun ohne Zweifel das Wahrscheinlichere,
dass dieses nicht ipsa verba lies Anaxagoras sind , son-
dern nur die auf eine kurze Formel gebrachte Summa
der Lehre des Anaxagoras , zumal da diese Formel unter
ausserordentlich verschiedenen Abweichungen vorkommt,
• . Schaabacb p. 66 »9. Wenigsten« ist dieses der grade
und entschiedene Weg, wahrend Srhaubach p. 129 und
Panzerbieter auf einem Umwege Einiges an jenen Wor-
ten zu retten suchen , jener , indem er annimmt, die Worte
nävra XQlj/^iara u. s. w. wären mehr als einmal in der
Schrift des Anax. vorgekommen und einmal hätten sich
die Worte eiia vovg u. s. w. angeschlossen , Hr. Pan-
zerbietcr, indem er sagt, sollten die AVorte auch ver-
kürzt und entstellt sein , so wäre doch immer noch so
viel Echtes und Ursprüngliches an ihnen , dass sie für
einen Rest der wirklichen Anaxagoreischen Darstellung
angesehen werden konnten. Wie dem sein mag, eine
neue Variation jener Formel findet sich bei Simpl. d.
coelo f. 145 keyei ydp uti rjv ö^oii ituvra xptj/uaTa,
vovg 6e avxd SiayQivaq öuxöofjtjoe, wodurch die Ver-
mnthung des Verfs. bestätigt wird, dass bei Plutarch pl.
pb. I, 3 für 8i)jo£ zu schreiben ist öliy.ptve. — Fr. 3
Schaub. verbindet Hr. Panzerb. mit Fr. 4, weil sie bei
Simpl. phjs. fol. 8 a und 33 b unmittelbar verbunden
lorkonimen und weil die Rection von x^tj öoxeiv durch
beide Sätze zu gehen scheint. Auch Simpl. d. coelo fol.
l4y stehen die Sätze in unmittelbarer Verbindung, xac
ijöovaq, *) xae ^Qo/di, xai dv9Qoj7iovg ov^Tiayij-
val u. s. f. In derselben Stelle findet sich das bessere
ivsivai statt des von Schorn vorgezogenen Iv dvai auch
bei Simpl. d. coelo I. I. Dass aber die Schlussworte
üibs yuQ — TiJ} iztgip to erefiop nicht von Anaxa-
goras sein sollten, will Ref. nicht einleuchten, wenn
auch in der Parallelstelle , Simpl. phjs. fol. 8 a die
Worte rovTUiV de ourw; s^ovtujv x. t. X. gerne auf-
zuopfern sein mögen. — Fr. 8 ist noch Einiges zu ver-
bessern. So ist wohl für xai dvexcukvsv avTop rd avfi-
lis^tyi^iava zu schreiben xai dv exuiXvev. Hernach hat
Simpl. xai tiqvItov dno tov Ofxixgov rjp^aro ne^t-
^lofjtjaai, inei de nkelov negixaQei, xai neQixiogjj-
oei snmkeov. Der Verf. nimmt vor snei de eine Lücke
*) Ueber dieses Wort s. Panzerb. Diog. Apoll, p. 64; Phi-
lippson vXti uv&^ain, p. 205; Brandis Gescb. d. Philos. I,
p. 252. Bei Anaxog. fr. 3 und Diog. Apoll, fr. 64 mit
jffoiij zusammengestellt bedeutet es olFenbar eine sinnlich
wahrnehmbare Eigeusclialt der Körper. Geschmack ist
die Bedeutung auch Xenopli. Anab. II, 3, 16 ivTttv9K
x«t tÖv iyxitfcikov Tou ffoivixoq nQonov ffctyov ot ar^aitütai,
ji«t ot no).Xoi i&uv/taaav to ti fl3o<; aai Trjv idiOTTjtu
T^; jjSovij^. Es hat dieses Wortes zuerst die Erlegung
eines bestimmten Sinnes , erst später «lie Erreguoj; der
Sinne überhaupt bezeichnet.
67
68
au; Alliiere haben auf Anderes gerathcn. Das Lcirli<es(c
ist, fiir ircei de zu schreiben i'Xfnci' (bei Ilerodof für
£71 eiTu) lind für :i!pi](vjoii zu schreiben n ruif/ujoee ,
„der i'ors fi"S niit der ümschiting;ung bei AVeiiijjeni an;
hernach beiieijte er 31obrcs und wird immer mehr be-
wegen.'- — Forner können «ir dem ^ erf. nicht bei-
l)flichteii, wenu er ;; dt Keof/^ujQljaii ai'T)jh:iuil](3£
a.Ttjy.riini o^cf der andern Lesart <U'{ij vorzieht. Der
Zus.inuiu-nban;^ ist, zuerst bewegt der voi-^ die Dinge,
liernach nbcr bewegen sich die Dingo ron selbst, dio
Umdrehung ron seiist (ij TlSur/^vjijljOt^) bewirkt, das8
sich die Kiemente und Kbrper weiter gclieiden und von
einander absetzen. So bei Uesiod , avtu^ (/in iJ £'/.
y.C(fa'r.i yKcw/.iol.ida Toiroytvcinv sc. £r</.r£, und
Avlinliches s. Hermann d. prunum. at'rt>{, opnsc. I,
p. .■51os>'14- — Passend ist die Aenderung in den .Sc'iluss-
worten des Fragmentes örfl' für dcuj, woraus >Scliaiiiiach
und Sehern otcuj gemacht haben: ureaj ilketocu Ivi,
rauTU evdi-f.oruTU Iv E/.uaröv tan y.ai /;y, ob-
gleich wegen des ravTa noch besser wäre öxsoiv TiXsi-
«la svt.
So viel von dem Texte. Was den Hauptpunkt belrilTt,
die Ilerslellung der Ordnung und Folge der Stellen, so
gesteht Ref., aus allgemeinen Gründen zu sehr gegen
Versuche der Art eingenommen zu sein, als dass ersieh
hatte kiinnen befriedigen lasseu. Wir sind hier ganz
Ton .Simplicins abhängig; so müsstc denn vor Allem erst
ausgemacht «erden, in wieweit Simplicins seine Steileu-
sammlung aus dem Originaliverke , oder ob er sie nicht
vielmehr lediglich aus zweiter Hand, etwa durili Ans-
zügo des Theiiphrast, überkommen liat; eine Ansicht,
■welche bei weitem die wahrscheinlichere ist. Es wäre
zu wünschen gewesen, dass Hr. Panzeub. diese Frage
einer ausführlichen Erörterung unterworfen hätte. Dazu
kommt die Willkür, mit welcher Simplicius ilie Stollen,
welche er ausgeschrieben hat, wie Karten mengt und
bald in der einen, bald in der andern A'crbinduug aus-
spielt. Bestimmterer Indicatiuncn gibt es zu wenige,
eiuuial die Worte, ä^X'^uevoi TOi' oi'yyguf/iinTOi /^*-
yti, 'üfjov itüvia '/^o/j^iura /.. t. k. und Fr. S die
Worte, iv nuvtl yoQ naviui fxoioa iviortv, ajone^
iv cuiOt 7louoltn> i^ioi )Jkiy.TUt , nämlich eben zu Aa-
fang der Schrift, so dass man nur g.inz im Allgemeinen
fiber den Gang der Untersuchung urtheilen kann: Zuerst
war lun der chaotischen Miscining aller Dinge die Rode,
später vom K;r,- und der tlieils durch ihn, theils durch
die Umdrehung von selbst bewirkten allmaiilichen Scheidung
nnd Cüucresrirung der Dinge. Für das Weitere sind
wir ant die zweidenlige Formeln des Simplicius tküiv,
fACr ij/Jyu, tnaytl und dergl. angewiesen. Hesündcrg
erwünscht wäre eine Andeutung darüber, ob zuer.sf von
den allgemeinen Principien als solihen, hernach von
ihrem \ <)rliaiideri..,cin in den einzelnen Dingen , wie diese
von jenen abzuleiten, gehandelt wurde, oder ob liei<les,
da» .4llgemeine und das Particnlärc durch einander be-
sprochen wurde; allein eine solche Andeutung fehlt
gänzlich, liloss mit inncrn .Merlimalen soll man sii h also
zurtchllinden. Allein die iniiern .Merkmale vermögen
sehr wenig, sobald sie eines festen Substrates von ,'iiig-
seren entbehrcu.
Ich erlaube mir diesen Bemerkungen noch einige 2>ei-
leii im üetrelT der Couiectanea non reiectanea von Hr.
Bergk Xo. 64 d. Ztschr. 18 i7 anzuhängen, wo unter Anderem
auf die von mir 'No. 18 dcss. Jahrg. mitgciheilteu Vcrmu-
thiiiigcn über Allgemeines und Einzelnes der Einpedoklei-
schen Fragmente Rücksicht genommen ist. Ich bekenne
grüsstentlieils eines Besseren belehrt zu sein (die Rich-
tigkeit der Einendation i!il:iKf/i7ia/a v. 324 bestätigt sich
dadurch, dass zu gleicher Zeit auch Emperius darauf
gekommen ist, Act. fac. Gr. I, 2, p- 35H sq. ; die Form
fiuiti! für /JC'Ah/oii *) wünschte ich durch Analogieen be-
stätigt) ; glaube indessen, was die Verse 39 fl". betrifft,
auf meinen Bemerkungen wohl bestehen zu können.' 7f
f^iei) iV m.ig besser sein, als das Bekker'sche }'u!V, aber
in dem folgenden Verse ist doch wohl auf jeden Fall
;;'t)i zu lesen. Für den Zusammenhang muss allerdings
die von Hrn. Bergk a. a. O. ausgeschriebene Stelle ent-
scheiilen, Arist. Phvs. A'III, 1. Blachen hier die ein-
leitenden AVorte y.n>iio9ai /liv orav i] (fikia u. s. w.
die Voraussetzung nothw endig, dass Aristoteles noch an-
dere als die von ihm wirklich citirten Verse, und zwar'
dass er geraile diese, welche Ilr. B. mit jenen combiuirt,
im Sinne hatte, so bin ich widerlegt; allein jene A'oraus-
setzung scheint mir keineswegs ~uothwendig. Aristoteles
spricht von dem Gegensätze zwischen üiviiai^ und i]PE-
f.ii(i , wie Enipedokles diesen fasse; y.t'vi:0/s setze er,
wenn die Dinge entweder von der Liebe in Eins verbun-
den, oder wenn sie vom Streite wieder in die Vielheit
zersetzt würden, ijoefJi'a dagegen in den Zwischenmo-
menfen , wo die Dinge von der einen Form der Bewe-
gung in die andere übergehen. Die Verse nun, welche
darauf mit der Formel t.tyuiv ovrujg angeführt werden,
entsprechen jener Einleitung genau. Die Empedoklei-
sclien AVorte ij lusv £v — ii(i:iEdoi uüov entsprechen
den Aristotelischen V.ivitad^ai — i^ tvuQ, die beiden
folgenden Verse ij Öe dlakkuooovTUi (Bekk. xaS' dk-
küonuvru) y.uia y.vy.kov , den AVorten ijpe/jeiv öe —
^ouvuii. Zwar werden 0ikla und JSi:iy.OQ, nicht aus-
drücklich genannt, und in den A'^ersen, welche nach Hrn.
Bergk voraufgegangen wären, ist allerdings von ihnen
die Rede; allein diese inusste Jedem, der nur irgend
von Einpeilokles wusstc, von selbst einfallen, und an wie
vielen Stellen Uiag noch ausser jenen Versen von ihnen
die Rede getvescn sein. Es ist also nicht nothwendig,
ausser den voli Aristoteles citirten A'^ersen noch andere
hinziizudenkeu, und es ist nicht in der Art des Aristo-
teles, wenu CS nothwendig wäre, sie wegzulassen. AVas
das oojujg betrifft, so ist die von Hrn. B. angeführte
Stelle V. H3() zu zweifelhaft, um als Analogie dienen zu
können; überhaupt ist der Satz „sofern Eins aus Vielem
wird und wiederum A'ieles .aus Einem, in sofern haben
die Dinge keine Ruhe, soiern dieser AVeclisel aber einen
gewissen Uebergang aus ilem einen Zustand» in den an-
deren voraussetzt, in sofern sind sie immer abwechselnd
*) Die einjigc OewHtir ist, soviel ich weis*, IHeaycli. v,
ftulhti; fiüa-ijoi^ konnte wold in /i^^jj coriiiiiipirt werden,
da die Endung aj? in den Msc. gcwölmlicli weggelassen
wird. Hast Coinmont. palaeQgr. p. 82J.
09
ro
eine Zeit lang unbeweglich *) ; <lieser Satz, sage ich, ist
nicht soivohl eine Folgerung aus dem, wcklieii IJ. ror-
hergeheii lässt : „Dieser AVechsel dauert immer fort,
liald vereinigt die Liebe Alles in Eins, bald zerstreuet
der Streit das Eins in Vieles," sondern nur eine neue
Bestimnuiiig, eine «eitere Explication und Anwendung
des dur< li das ganze Gedicht gellenden und gewiss sehr
oft ausgesprochenen Grundgedankens. — Auch was Hr. B.
gegen meine Ansicht von der allgemeinen Beschairenheit
der besonders von Simplicius bewahrten .Stellen des Emp.
sagt, hat mich nicht «iberzengt; doch verspricht er dic-
»en Punkt ausfiihrlicher zu besprechen. Dass gewisse
Stellen und Sentenzen in dein Gcilichte des Empcdokles
wiederholt vorkommen, ist zu augenscheinlich, als dass
es mir hatte verborgen bleiben können ; in jenem Auf-
satze, Xo. 18 d. Zeitschr. , wollte ich besonders darauf
aufmerksam machen , dass in den Fragmenten des Emp.,
80 wie sie gegenwärtig vorliegen, wiederholt dasselbe
Stück zweimal, aber in einer ursprünglicheren und in
einer epitomirten Gestalt vorkommen, wie besonders in
den beiden Stellen, wo einmal die Elemente mit den
mythisehen Namen des Empedokles und in der anderen
mit den gewöhnlichen Namen der Prosa und des gemei-
nen philosophischen Vortrages genannt werden. Diese
Veränderungen (Interpolationen habe ich sie nicht genannt
und durfte ich sie nicht nennen) scheinen mir einmal
wegen der beigefügten Beispiele, zweitens wegen der be-
sonderen Art von Ueberlieferung, welcher wir diese Frag-
mente verdanken, noch jetzt sehr wahrscheinlich. Dass
Simplicius namentlich nicht die vollständigen Schriften
der Philosophen, deren Fragmente wir ihm verdanken,
sondern nur Auszüge aus denselben, besonders vom Theo-
phrast, vor sich hatte, ist auch die Ansicht von Braiidis.
Uebrigens freue ich mich, dass die schonen Fragmente
des Empedokles, für welche Sturz noch so viel zu thun
übrig gelassen , die Aufmerksamkeit eines so geübten und
scharfsinnigen Kritikers auf sich gezogen. fllochtc es
Hr. Bergk übernehmen, dieselben vollständig zu bearbei-
ten, da er bisher (^Zeitschr. f. Alterfhumsw. 1815, No. iß;
Act. soc. Gr. I, 1, p. 20i S{j(j.) nur einzelne Stellen
Lerausgegriffen hat.
Kiel. /. Preller.
*) So verstellt wenisjstcns Aristoteles die Steile, man könnte
aber zweifeln, ob mit Recht. Die Coniectur icyJitjToi>
wollte icli nicht unbedingt verwerfen; in dem Znsamnicn-
hange der Eiklaruns des Aristoteles aber schien mir, und
scheint mir nocli jet/.t j[>!;i');ros das Bessere. Da Empedokl.
Ti).iovu äiuXluanoiTtu, i'uaiv sagt, warum sollte er nicht
auch ixlvrjioi. lür «i!^j7;ik sagen? Wahrscheinlich hatte er
ein aiulpies Wort aus dem Voriiergegangencn , was wir
nicht i'iliersehen können , im Sinne. Hr. Bergk verstellt
die Stelh: anders, als Aristoteles, nnd nach seiner Er-
klärung würde allerdings üxipijToy besser passen.
Anmerkungen und Randglossen zu Gritchen und Rii-
tnern von J. H. Voss. Herausgegeben von /Ihrtt-
1mm Voss. Leipzig 183(j. Verlag von Immanuel
Müller. IV und 2U4 S.
Nachdem Hr. A. Voss schon im krcnznacher Herbst-
programni vom J. 1832 die Randglossen des Vaters zu
den zwei ersten Büchern der Virgil'schen Aencis bekannt
gemacht hat (vergl. A. Seh. Z. II. .4blh. Nr. I.Ob'. 1S3o),
so übcrgicbt er jetzt nnter obigem Titel nicht nur die
Warginalien zu den zchcn übrigen Büchern der Aeneis,
sondern auch , was sich noch ausserdem von Anuierkiin-
gen und Randglossen zu griechischen und rönii.srhcn
Klassikern in dem Nachlasse des l'aters vorfand. Vos.s
halte nämlich die Gewohidieit, beim Lesen und Erklären
der Alten da , wo er anstiess und das Richtigere gefun-
den zu haben glaubte, seine Ansichten entweder zwischen
die Linien des Textes oder an den Rand zu schreiben,
oft auch bloss durch ein Frage - oder Ausrufungszeichen
seine Meinung über die Erklärung Anderer anzudeuten.
Bei der Zusammenstellung dieser Bemerkungen hat e.s
sieh der Herausgeber zur Aufgabe gemacht, „au der ur-
sprünglichen Fassung ( mit Ausnahme kleiner Berich-
tigungen nnd Nachweisungen in der Parenthese)' Nichts
zu ändern und selb.st solche Bemerkungen und Ansichten
aiirznnehmen , die cntiieder das Resultat einer augen-
blicklichen , später nicht wieder erwogenen Eingebung
w.iren, oder die bei dem gegenwärtigen Standpunkte der
Wissenschaft als überflüssig erscheinen können."
Um den Leser vorläufig mit dem Inhalte nnd Um-
f.iiige des hier Dargebotenen bekannt zu machen, theileii
wir das Inhaltsverzeichuiss vollständig mit: A. Griechen.
I. Homer. 1) Beitrage zum Commcntar der Ilias (l —
4i); 2) Randglossen zur Ilias ( — p. 48) ; .3) Randglossen
zur Odyssee ( — 71); 4) Notae criticac ad Odysseac lib. 1
( — 78); ö) Randglossen zu Hymnen ( — 7!l) ; IL Hesio-
(lua ( — 8'-'); HL Pindar's erster pythischer Chor (— 9ä)i
IV. Sop/wcles nebst einem Briefe von Heyne ( — 104);
V. Jristo]j)kanes ( — 11 ^ )) ^ I- Apollonius Rhodius ( — 1 19);
VII. Plalon's Vertheidigung des Sokratcs ( — 151);
VIIL Theokrit (— 1')4); IX. Bio» (— 1%); X. Mo-
schus ( — 198). H. Römer. I. Virgil. 1) Aeneis ( — 24.'));
2) Culex (—248), .'5) Morctum (— 050); 4) Copa
(—2,02). IL Horaz (—2.07); III. Properx (—262);
IV. Ovid (—21^)); V. Catull ( — 267,); VI. Livius
(— 2H9); VIL Cicero (-292); VIIL Tacitus (—294).
Wenden wir uns nun zur näheren Würdigung dieser
so reichen Gabe , so müssen wir vorerst dem Hrn. Her-
ausgeber den gebührenden Dank zollen , dass er den
schriftlichen Narhlass des Vaters noch zur rechten Zeit
der Vergessenheit entrissen hat, da es an und für sich
schon von nicht geringem Interesse ist, über schwierige
Stellen der alten Schriftsteller die Ansichten eines Man-
nes kennen zu lernen , „von welchem nach dem Urtheile
Niebuhr's (Vorr. zur röm. Gesch.) eine neue Aera des
Verständnisses des AKerthunis anhebt, und der Homer
nnd Virgil so verstand und auslegte , als wären sie nur
im Raum von uns getrennte Zeitgenossen." Dazu kommt,
dass sich in den hier mitgetheilten Sprach- und Sacher-
Ivlärnngen Vossens gewohnte Schärfe des L'rtheils, sowie
l
72
seine früudllchc imd vip|sei<ig;e Gelehrsamkeit inannich-
farh lie«älirt findet. Was indessen den vom Herausgeber
befoljjfen Grundsatz betrifft , alles Vorgefundene ohne
vorherffehcude Sichtung und genauere Prüfung abdrucken
SU lassen, so können »ir uns um so »eniger damit ganz
einverstanden erkliiren, als die samuitlirhen Randglossen,
gowielauih zum Tlieil die Anmerkungen, ursprünglich
nicht zur oH'entlichen 3Iittheilung bestimmt «aren und
schon der Form nach sich nicht alle dazu eignen dürf-
ten. Prüfen >vir ferner den wissenschaftliclien Gehalt des
Gegebenen, so kiinnen wir nicht verliehlen, dass neben
dem vielen Schätzbaren und auch jetzt noch AVerthiollen
doch Manches sich vorfindet, was, da es anticjuirt ist,
die Wissenschaft wenig oder gir nicht fördert, Einiges
sogar, was Voss selbst bei näherer üeberlegung gewiss
als irrig zurückgenommen haben würde. Dass die grös-
»ere Anzahl der Anmerkungen sowohl, als der Rand-
glossen schon in früher Zeit abgefasst ist, kommt hier-
bei im Allgemeinen weniger in Anschlag, da Voss , was
»ich auch hier an vielen Stellen, die er viel später aus-
führlicher besprach, leicht darthun Hesse, erst nach all-
seitiger Erwägung der Gründe sein Urtheil zu sprechen
und von dem, wofür er sich einmal entschieden hatte,
nicht leicht mehr abzuweichen pflegte.
Zur näheren Begründung unseres ausgesprochenen Ur-
theils glauben wir am zweckmässigsten einen Abschnitt
aus den Bemerkungen zu Homer und l'irgil wählen zu
können, einestheils weil keine Schriftsteller von Voss
fortwährend so sorgfältig gelesen und gepflegt wurden,
als gerade Homer und der schon seiner gelehrten Rich-
tung nach ihm geistesverwandte ^'irgll; anderentheils weil
Hie Beiträge zu diesen beiilen, mit alleiniger Ausnahme
derjenigen zu Tlieokrit , tlie umfangreichsten sind. Ueber
den 'Werth des für die übrigen Schriftsteller Geleisteten
werden wir uns meist auf eine allgemeine Würdigung
beschränken.
Indem wir die Beitrüge zum Commentar der lliat
(lib. I nnd lib. II — v. '^O.J) übergehen, da sie erst vor
wenigen Jahren im |. Bande der kritischen Blülter von
J. H. Voss, lierausgegeben von A. ^ oss abgedruckt nnd
seitdem von den Erklärern Homer's , wie von Spitzner,
KügelsOach u. A. die wohlverdiente Berücksichtigung ge-
funden haben, wenden wir uns zu Nr. 'J , den am Rande
fler Clarke- Ernestischen Ausgabe beigeschriebenen Rand-
glossen zur Ilias, deren Abfassungszeit nicht angegeben
ist, und wählen gleich das ztveite Buch, um den Lesern
eine Probe von Vossens kritischem unil exegetischem Ver-
fahren zu geben, indem wir das ^'erhäliniss seiner An-
sichten zum jetzigen .Siandpunkte der Uomeriscken Kritik
kurz andeuten.
Zu diesem Buche (von v. 203 au) werden im Ganzen
jsn 22 Stellen Bemerkungen mitgetlicilt.
Zu V. Jis, schlagt Yous oi'Voy.iDj^ure vor statt der
altüberlieferten Lesart ovvuyirj/.OTi , welche Wolf und
Spilxntr beibehalten haben. .Man vgl. die trellliche Ab-
handlung Buttmann's in der ausfülirl. (i'ramm. I. Th. ,
p. 3W, welcher mit A'orgleichung von iti-f^ui/.a statt
nininy^a. die alte Lesart durch (JuistcUung der Aspirata
rechtfertigt. Zu t. 256 will V. nach ayoQrvti^ ein
Fragezeichen, wodurch indessen der Stelle nicht aufge-
holfen wird. Der ganze Vers mit den zwei vorhergehen-
den ist unecht und scheint von einer früheren Recensiou
herzurühren, worin sie gleich nach v. 4'.) folgten. Vgl.
Sagelsl/ac/t'a Anmerkungen zur Ilias. Nürnberg 18.34 zu
«1er St. — Zu T. 267 gibt V. i^ vTiaveaiij statt i^v-
:Tai'6ör)'y, wie Wolf und .Spitzner haben ; zu v. 283 „oöyfl',"
was ebenfalls schon bei Wolf steht. — v. 287 liest V.
aus Conjectur ii>d(iÖ' miOTti'xovTei; statt der Vulgata
ezt OTtiy., welche W. und Sp. mit Recht beibehalten
haben. Das er/ drückt, wie Niigelsdach zu der St. rich-
tig bemerkt, die Dauer ans: „als sie noch auf der Reise
hierher begriffen waren." Cf. Od. IV, 351. 73b. —
v. 293 liest V. ovTtep. Schon bei Wolf. — v. 342 ha*
V. ydg tTlitaa'; Wolf und Spitzner yap p' {TT. —
V. 373 steht bei Tf/J die Erklärung ovTioQ „aus dem
Etym. 31." Zu v. 401: „9uvaiuv z£"; schon bei W.
und Sp. — Zu V. 426 wird statt der vulg. iiin sipavTSQ
das richtigere duTteio. vorgeschlagen. — v. 45 1 verweist
V. wegen des Dat. sy.uOTtp statt des Gen. passend auf
II. XI, 11. — V. .534 will V. statt TW 6' ('./.la: ztjjp
ö uttct; ebenso v. .345, was indessen dem Homerischen
Gebrauche von a^« widerstreitet. — v. 582 liest V. rich-
tig (l)ü(jiv TC statt 0aQr/V, cf. Sp. zu d. St.
Zu v. ti28 schlägt Y. statt der Lesart aller Hand-
schriften üv xiy.xE vor: ov izr/.re. Den Grund dieser
Aenilerung erfahren wir in den Anmerkungen zum Hymnu»
un die Demeter zu v. 8, wo er ebenfalls 0t'Xfiöl]g, (IP
ici/.TE currigirt und zwar aus dem metrischen Grund-
satze , dass bei vorhergehendem Choriamb oder AIolosi
der dritte Päon im epischen Hexameter rhythmischer sei.
31an vgl. dagegen die Einwendung Spitzner's zur II. l. c,
welcher bemerkt, dass nach diesem Gesetz ötäy.E 7nial
aus der Ilias herauscorrigirt werden uitisste. Gerade wi»
hier steht r/xff H. XI, 224.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Gotb.T. Dem Regierrmgsblatlc vom II. Jin. 1839 zulol;;«
bab«n Sc. Ilcrzof;!. Durchlaucht ^'i.aliijst geruht, ilcn Dircctor
des Gyninasii Casiiuiriani zu Coburg, Cnnsistorialratb D.Gott-
fried Secbode znm Director nnd Lehrer am Gymnasium zu
Gotha (an die Stelle des verstorbenen Fr. W. Döring) mit
dem Pradicate als Consistorialrath zu ernennen. — Joachim
Dietrich Gottfried Seebode, ein durch .^cinc ,, kritische
Bibliotliek für das önterriclitswoscn," sowie durch seine , .phi-
lologischen Jahrbücher" sehr gcsch.itzter Philolog , ist 1792 z»
Salzwedel geboren und wurde ah Privalducrnl zu Göttingen im
J. I8l3 zum Rector des Andreaneums in Hildosheim berufen.
Seit cinim'n Jahren stand er dem Gymnasium zu Coburg vor
und wird nun den alten Glanz des Gothaischcn ilurch die Br-
vühnithcit seines Namens , durch die Kraft und Umsicht scinrr
Obirleilnng und durcb'sein anerkanntet Lehrtalent wieder auf-
frischen! S<//.
Meiningen. .\ni 20. Nov. 18,^S ist D. Caspar Ihling r,r-
storbcn, pensionivler Reelor und Pmfes.sor am hiesigen Gynina-
lium an wdcheju er 30 Jahre lanc alj Lehrer thilij {;c«cscii ist.
Zeitschrift
für die
Alt er thums wissen Schaft
Mittwoch, 23. Januar
18 39.
Nr. 10.
Anmerkungen und Randglossen zu Griechen und Rö-
mern von /. H. Voss. Herausgegeben von Abra-
ham Voss.
(Fortsetzung.)
Zu V. 661 schlägt V. vor: XQUCfe y'ev mit Verwei-
sung auf XXI, 279» »vas uns besser scheint, als die von
Wolf aufgenommene Conjectur des Barnes: TQaCfrj SV
U£y. Man sehe über diese active Form mit intransitiver
Bedeutung Bultmann's ausführliche gr. Sprach!. IL Bd.,
p. 241 f. und Matth. gr. Gr. §. 252.
V. 672 tilgt V. mit Recht hinter 'AykdiTji; das unnütze
9'. Zu V. 681 liest V. richtig (auch W. und Sp.) ISüv
av xovg^ — Das zu v. 687 beigeschriebene „ J^ TV
Ocptv"' soll wohl heissen o; ri OCfiv, wie der Venediger
hat. Das allein richtige ojr/; ocfiv haben VV. u. Sp.
Zu v. 697 will V. statt AfTQuii'' 1 tjöS, was AV. und
Heyne haben, 'AvTQiiiva, lös. — Die Gründe dieser
Aendernng, welche durch den Venediger Codex bestätigt
wird, gibt er zum Hijnmus an die Demeter v. 190, S. 6U.
V. 709 gibt V. statt der Vulg. nödeov 8e f.liv —
710&SOV ye lutv, welches er auch im Hymnus an d. Dem.
V. 432 empfohlen hat. Spitzner folgt ihm mit Recht. —
V. 795 der Vorschlag TtQOqtCfirj statt HErscfi] ist unnöthig.
Endlich ist TToksog zu v. 811 zu verwerfen. Der Cod.
Ven. hat immer TtöXiog und ausserdem kommt die Syni-
zese TTÖkiog auch II. XXI, 567 und Od. VIII, 561
vor. Vergl. Spitzner zu d. St. und Thiersch gr. Gr.
§. 149, 3.
Die unter Nr. 3 folgenden Randglossen zur Odyssee,
sowie die Notae criticae ad Odi/ss. lib. I (Nr. 4) sind
noch in Otterndorf vor 1782 geschrieben und ungleich
ausführlicher und bedeutender, als die Randglossen zur
Ilias. Bei der Beurtheilung derselben fassen wir die
Marginalien zum ersten Buche und die notae critt. , die
einzige lateinisch, und zwar in recht bündigem und cor-
rectem Latein geschriebene Abhandlung, welche wir von
Voss besitzen , zusammen , da mit w enigen Ausoahnien
das in Nr. 3 Bemerkte in Nr. 4 nur weiter ausgeführt
wird.
Zu V, 1 wird mit Vergleichnng des ganzen Geschlechts
der von rpeiToj abgeleiteten Wörter bei Homer noXi'-
TpoTTos erklärt durch: vielgewandl, viel hin und herge-
worfen und mit Od. XVII, 5U iroXvTlkay/.Tog vergli-
chen. Passend wird für diese Bedeutung noch der Grund
gehend gemacht, dass die folgende Wiederholung des
Itaik'kd nicht gut wäre , wenn sie nicht das vorhergehende
irokvTQOTtoq erklären sollte. Vergl. II. V, 63; XI, 475;
XII, 482. — Zu V. 10 wird zu den Worten eint: y.ai
ilUlV das Schol. angeführt; v. 51 ,,8ujfj.aTa statt Scu-
iiaai." — Zu V. 65 wird BTTena nach TTujq als blosso
Verstärkung durch tandem, deinde erklärt. Vergl. Com-
ment. zur II. I, 122 — 24 und Virg. Ge. III, 70. Voss
gesteht selbst zu, Aasß in der ganz ähnlichen Stelle II.
X, 243 die Bedeutung demnach, dann zulässig sei; aber
auch an unserer Stelle behält enEixa seine ursprüngliche
Bedeutung und bezieht sich auf das , was Minerva kurz
vorher erwähnt hat. Gewöhnlich geht ein Bedingungs-
satz mit ei voraus, wie II. IX, 437 und in der angef.
St. ans II. X, welcher im Nachsatze durch llTeixa dem
Sinne nach zusammengefasst wird. Man vergl. Nitzsck
zu dieser St. nnd Hermann ad Vig. p. 783, Nr. 239-
V. 93 schlägt V. statt d' £(; SttÜoxtjv als sanfter
nnd poetischer vor: 8e ^TC. mit ausgelassener Präposi-
tion. So auch Nilzsch. Vergl. dagegen Od. li, 214,
was V. selbst anführt.
V. 95, xksoi eodköv wird richtig auf Telemachos
bezogen.
V. 115 wird doaöfABVoq gegen Ernesti gut erklärt:
„toto animo cogitans." Zu v. 147 — 149 wird der im
Texte des Eustathius und einer Wiener Handschrift nach
149 folgende Vers ]Su'i^}]oav 8' üqa Ttaatv STiaQ
^dfiBvoi 8£'!r<xeooiv mit Recht aus dem Grunde ver-
worfen, weil EnuQX^oi^at überall (z. B. II. I, 471;
IX, 176; Od. III, 338; XXI, 272) den Begriff der
Wiederholung habe und die Freier ihren Schmaus erst
anfingen. — Der von Herodot in der vita Homeri erhal-
tene 154 Vers vom Sänger Phemios wird mit Barnes als
nothwendig in den Text aufgenommen; nur will V. statt
TTapa UExd lesen und vergleicht XXII, 331» — Zu
V. 168 will V. für die Vulg. (ft]Oiv: (fTjÖlv oder (f^
füv EkEVOEodai. Dagegen vergleiche man Od. IX, 35;
VII, 321; II. IV, 160, VII, 117 und VIII, 15a, in
welchen Stellen Ei'TlEp oder £17C€Q nai , wie hier, mit
dem Indicatir gesetzt ist. ^ ^
V. 203 macht V. für ovxE £Xl den Vorschlag oixoc
EXl wegen des im vorhergehenden Verse schon gebrauch-
ten oiixE XI. Dasselbe thut Wolf in der letzten Ausg.
— Zu V. 204 wird die Ansicht Ernesti's , als habe He-
sychius s. v. bkoiiaxa diese Stelle berücksichtigt, ver-
worfen und die Glosse des Hesychius entweder auf IL
XXII, 4G8, oder Hymn. in Apol. 129 mit Recht be-
75
76
•iogeu. — V. 234 liest V. itatt iler Vulg. : ßdi.oviu .,
die AVolf beibehalten hat: i^ÖKovto , welche Form
Hesych. durch kßovkovTO, iliovKcvauvTo erklärt. Da
,'lutj.ea9at in der von Eustath. angegebenen metapho-
rischen liodcutiing vom Wiirlelspiele schon wegen der
Medialform unslatchaft , und ebenso die von Hcur. Ste-
phanuj gegebene Erklarnng £v i^fU'3 /j^^^Af ö^«^ nicht
za erweisen ist, so stimmen wir dem Vorschlage Vossens,
welcher auch durch einzelne Ilaudschriften bestätigt wird,
lei. Vergl. Buttmunn's Lcxilog. I, p. 28 — 31 und
Thiersch grierh. Gr. §. 168, 12.
>. 249 sclilagt \. für dovcirni vor: (iov£to9cii , als
abhängig von Sivarat, „weil das eistere eine heimliche
Neigung zu dem Jawort vermuthen liesse;" ein Grund,
■der mehr scharfsinnig, als wahr sein möchte. — v. 255
erklärt V. ci yup durch utinam, AVie uns däucht, nimmt
man die AVorte besser als Bedingung für denn wenn, -.vie
Od. XVm, 366; II. XX, 26; XXIII, 344, da nach
den eingeschobenen Zwischensätzen der Bedingungssatz'
V. 26Ö wieder aufgenommen wird, worauf endlich v. 266
der Nachsatz mit TtuvTSi y.' (üY.vnoQOi ysvoiazo /..t.K,
folgt. — Zu V. 274 — 76 setzt V. nach avuiyßi ein
Coiuma und lässt den Accus. iiVTEoC. davon abhangen.
Wir linden hier ein wahres Anakoluth, veranlasst durch
den eingeschobenen Satz ni Ol d-vjxui — £(poo/Aa.Tac,
und halten uns an [der Erklärung Enstath's , ilass der
Dichter ü:cu:i£tübov oder etwas Aehuliches im Sinne
gehabt habe. Man tergl. Aitzsch zu d. St., welcher II.
11, 681 citirt; 3latth. gr. Gr. §. 298, Nr. 3 (2. Ausg.)
lind Thiersch gr. Gr. p. 3'Ji) (2. Ausg.). — Zu v. 320
erklärt V. mit V'ergleichung der liierhcr gehörigen Stel-
len der alten Lexicographcn das so vielfach gedeutete
nvoTata durch dv' ö:vuta, d. h. durch die Oeffnung
der Decke, durch welche der Rauch ging, und bemerkt
3!iir Begründung dieser Bedeutung richtig, dass der Be-
griff von öliVrari) die .Inführnng des Gegciisiandes ,
durch welchen Athene flog, nuthwendig erheische. Für
dieselbe Erklärung hat sich auch Nilzsch entschieden. —
Zu V. 337 steht die richtige Bemerkung, dass ydo wie
anser ja in Causalsätzeii für i:tf/c)ir; gebraucht werde. —
V. 370 wird y.a/.ov richtig erklärt durch angenehm, wie
IX, 3. — Zu V. 373 wird statt tu' viiiv: iv' vnmv
als wohlklingender vorgeschlagen. Wolf hat die Vulg.
behalten.
V. 383 »ird für lovbl ahc' vorgeschlagen tov b' avx\
«j5 schon Wolf hat, mit Verweisung auf IV, 641;
X^IH, 283. — ■ Auch die zu v. 38'.) angegebene Lesart
findet sich schon bei Wolf. — Zu v. 3<)2 bemerkt V.,
da»s yo.q die Bedeutung von ov verstärke, wie unser
denn, doch, ja, mit Bezugnahme auf Od. VIII, löi);
X, 202; XIX, 591. Narh unserer Meinung ist diese
Bedeutung von 'fuo durchaus nur nach Fragwörtern an-
zunehmen , und an unserer St. behält yo.o seine ursprüng-
liche Geltung, da es den Grund des im vorhergehenden
\exs frageweise ausgednirkten Gedankens angibt. Daher
fallt .luch V<is:iens Tadel gegen Fischer ad Plat. Apol.
.Sotr. p. '.S b weg, wo Vosi nach vvv dt — ov yu.o
fOxiv d«-ii Gedankenstrich tilgen will. Bei vvv dh ist,
wie Fischer richtig erkannte, eine Aposiopesc anziinch-
jucn. Mau vergl. MnKh. gr. Gr. §. 607 «ml §• 015
cxtr. — Zu v. 402 vcrtheidigt V. OtClV, wie auch Wolf
liest, gegen das eingeschwärzte aocotv. — Bei v. 404
will V. diiOQÖaioEi' , 'Idd/.i^^ y' eti lesen; W^ hat dai
Fut. ohne ye. Endlich wird v. 423 die Conjectur Er-
nesti's: tTtci od. ot£ tarVEoos >jk&£ f. inl — mit Ver-
weisung auf Od. XII, 270;' XV, 228; XVII, 296, 301;
XIX, 35 niit Recht zurückgewiesen.
Mit üebergehung der Randglossen zu Hesiodus (Nr. II),
der ziemlich zahlreichen Bemerkungen zu Aristophane*
(Nr. V), welche sich grossentheils auf die Abtheilung der
Chöre beziehen , und der zu Apollo7jius Rhodius (Nr. VI)
mitgetheilten Lesarten , heben wir noch besonders hervor
die Anmerkungen zu Tlieokritus, von welchen die zur
6. nnd I I. Iilvlle schon früher in der Ausgabe der Vossi-
schen Gedichte von 1795 gedruckt sind. Sie bilden ,
namentlich diejenigen zu den drei ersten Idyllen einen
sehr schatzbaren Beitrag zur Erklärung dieses Dichters,
da sie sich besonders in den Sacherklärungen über My-
thologie, häusliche Alterthnmer, Botanik u. A. mit der-
selbeu Gründlichkeit und Gelehrsamkeit verbreiten, wo-
durch der Conimcntar zu l'^irgil's Belogen so sehr aus-
gezeichnet ist. — Von Moschus (Nr. X) ist nur die
zweite Idylle ctivas weitläufiger conimentirt; zu den
übrigen, sowie auch zu Bion (IVr. IX), -sind nur Vor-
schläge zu Texfesänderungen gegeben. — AVas den Werth
der unter Nr. III und IV aus dem deutschen Museum
1777, St. l und 1778 St. 3 wieder abgedruckten Ab-
handlung über Sophocles Oed. Col. v. 1556 — 78 »luil
der Ueiersetxung von Pindw's erstem Pythischen Chor
betriirt, so beurkundet die erstere zwar viel Scharfsinn;
allein im Verhältniss zur jetzigen Kritik des Dichters
behauptet sie nur relativen Werth, da seitdem G. Her-
mann nach besseren Handschriften den ganzen Chor in
kritischer und metrischer Rücksicht festgestellt hat. Von
grösserer Bedeutung ist auch jetzt noch die Lebersetzung
von Piiidar's Pyth. I, welche Heyne, an welchen die-
selbe nebst einer vollständigen Erklärung brieflich ge-
richtet war, in seiner hier abgedruckten Antwort mii
Recht s( htvungreich und meisterhaft nennt , obgleich die
metrische Anordnung des Ganzen nach den ueucrn Lei-
stungen von Boeckh und Dissen sich nicht mehr behaup-
ten kann.
Schliesslich hätten wir noch Einiges zu sagen über
die ans dem deutschen Museum 1776, St. 10 wieder
abgedruckte Uebersetzung von Sokrates Selbstvertheidi-
sung, wriche zwar nur uncigentlich zum Titel des Buches
pasht, aber dennoch eine sehr dankenswerthc Zugabe ge-
nannt werden kann. Wenn dieselbe auch die Schleier-
machcr'sche Uobertragung in Beziehung auf wörtliche
Treue und strenges Anschliessen an ilen Urtext nicht
erreicht , so i'ibertrill't sie dieselbe in Hinsicht auf künst-
lerische Nachbildung in Ausdruck und AVciulungcn und
wird dcsshalb den mehr gebildeten, als eigentlich gelehr-
ten Leser »oUkommen befriedigen. Die zu Si Stellen
hinzugefügten Anmerkungen sind grösstentheils gegen
Fischer gerichtet und beurkunden überall Vossens Schärfe
des lirthcils in der Wahl der Lesarten und richtige
Auffassung des Platonischen Dialogs, wenn sie auch nach
dem jctzi5;en Standpunkte des griechischen SpracJistu-
diams iiiclit alle goniigeu können. Zum Belege diese»
77
78
Urthfils wollen wir ciiiisfe Beispiele anführen. Gleich
in der ersten Kote zu p. 17 cxtr. Stcph. verwirft Voss
mit Recht das xrt/ Tor ETtl tlov TQcmsQdjv , was auch
Stallbaum tliut. Pag. IS C zieht er richtig" mit Forster
üreXvoj^ nicht zu iiei(>d.xca, sondern zu ifiij/njl'. —
Die von Y. zu p. 20 C vorgeschlagene Interpunction ,
nach .toayuazcuousvov ein Punctum zu setzen, ist nicht
lu billigen: Voss hat hierbei den nicht seltenen Gebrauch
von STIEITCC nacli vorhergehendem Partiripium gänzlich
rerkaunt. Man vergl. nur Buttmann s gr. Gr. §. 144,
Aum. 6 und Matth gr. Gr. §. obO. — Der zu p. 22 ge-
machte Vorschlag, dvckiyy.io.; zu trenne« in av tk.,
ist genial zn nennen; indessen lässt sich die Vnlgata gut
Tcrtheidigen, da in ihr eine stärkere Ironie liegen uiiichte.
Vergl. Stallbaum zu d. St. — Pag. 25 D. liest V. mit
Recht statt des unpassenden cjOtS £v ftCD syvojy.ai:
ujOtS OV lilv fy., weil av mit dem folgenden tycu i^i — •
contrastirt. Ebenso schützt mit Recht Voss die Vulg.
p. 36 D. fiä/.Xov ouTOji; ws" gegen Förster, indem er
eine Vermischung zweier Constructionen annimmt. —
Wegen der unrichtigen Auffassung von yug y.a p. 38 B.
verweisen wir auf das oben zu Ilom. Od. I , v. 392
Bemerkte.
Wir kommen jetzt zur zweiten Aitheilung des Wer-
kes, deu Anmerkungen und Randglossen zu Römern,
wobei wir uns dem oben bezeichneten Plane unserer Rc-
cension gemäss auf die Bcurtheilung der Randglossen zu
P'irgil'S Aeneis beschränken, welche Voss der Heyne'schcn
Ausg. V. 1788 — S'.l beigeschrieben hat. Da die Bemer-
kungen zu den zwei ersten Büchern in d. A. Seh. Z.
II. A. , Nr. I^o, 1833 schon angezeigt sind, so theilen
wir die Marginalien zum dritten Buche mit, indem wir
unser Urtheil, tvo's nötliig scheint, in Kürze hinzu-
fügen. >
V. 4 Desertas terms , welches Heyne , und mit ihm
Jahn, als Gegensatz von Jlium superbum für „Länder
nimmt, wo die Trojaner neue Wohnsitze gründen ninss-
ten," erklärt Voss durch: ,, vom Dardanus verlassen" und
bemerkt, dass die AVorte ans dem dunkeln Orakelspruche
entlehnt seien. Diese Erklärung findet sich bei Servins,
und auch Wagner glaubt sich bei derselben beruhigen
zu können. — v. 12 „gnato für nato. So schrieb En-
nius." AVagner behält die vulg. Vgl. dessen Qnaest.
Virg. XXXVIII, 1 extr. Tom. IV. — v. GL Zu Dare
classiius ausfrox bemerkt V., dass der Dichter sich da»
Begelfertigc Schiff mit Leben und Empfindung denke, wel-
ches den Wind forttert. Cf. IV, 417: vocat iam carba-
gus auras. — v. (Vj Stant arae — Ilevne's Erklärung,
arae stehe für ara, wird verworfen und mehrere Altäre
angenommen mit '^'erweisung auf Ecl. V, (iH. — Zu
V. 75 „Prius Arrjuitenens statt piiis Arcitenens," Nach
Vorgang von Burniannus soc. ad Antli. lat. I, p. 4(10;
die vulgata wird durch die Handschriften geschützt und
mit Recht von Jahn und Wagner befolgt. — v. 8t will
V. lauru statt lauro gegen die Auctorität der Handschrif-
ten. Nur Charisius I, 109 hat — u. — v. 10() „Uries
statt urbis" wird durch Gell. XKI, 19 gesichert. — Zu
»• 111 wirrt Heyne's Tadel gegen Catrous mit einem
„yvoj&l asavcov" zurückgegeben. — Aohnlich wird
V. 123 der Vorschlag H's., nach vacare ein Komma zu
setzen, was allerdings zn missbilligcn ist, mit albern!
abgefertigt. — v. 127 verwirft V. H's. Erklärung der
AVorte: crehris — frela concita terris als Sporaden, und
versteht darunter ,, unruhige Strömungen zvvischen den
nahe liegenden Inseln." — Zu v. löä wird H's. Anstoss
bei ad tua limina , dass er durch ad cubiculnm erklärt,
durch die Bemerkung beseitigt, dass Aeneas die Bild-
nisse im Hause gehabt, die Götter selbst aber ihm von
Apollo gesendet würden, bei welchem sie eben jetzt ge-
weilt hätten. — Zu v. 108 bemerkt V. gegen H. , welcher
a quo mit Dardanus verbinden will, „es beziehe sicli
anf beide, aber der nächste, Tithonus , werde nur ge-
nannt." Dasselbe meint auch wohl Hevne, aber freilich
hat er sich nicht präcis genug ausgedrückt. — H's. Er-
klärung von V. 180 sq. wird dein Cerda vindicirt. — Zn
v. 241 verdammt V. H's. Erklärung zu volucres pelagi:
■„ex alto advolant" d. h. von der Hölie des offenen Meeres,
und versteht „von oben" mit Vergleichung von 225.
Ebendaselbst rügt V. mit Recht H's. Tadel des Virgil'-
sclien focdare, welches auch Wagner durch Vergleichung
von Ov. Met. VIT, 84") schützt und durch crnentare er-
klärt. Man vgl. noch Ov. Met, III, 522, wo sangnine
dabei steht. — v. 263 „En statt et" wird durch die
besten codd. bestätigt und ist von Jahn und Wagner be-
reits aufgenommen. — v. 267 schreibt V. Diripere statt
^/cripere gegen die Auctorität der besseren Handschriften
mii Verweisung anf I, 211, wo indessen Wagner wegen
dfs dabeistehenden Abi. costis auch rferipcre schreibt.
Hiiigekehrt will V. zn II, 109 (/ecedero lesen, wo di»-
ceilerc sowohl durch die Codices, wie durch die Bedeu-
tung gesichert ist. Man vgl. über dis- und de- Wagner'.t
:Vnte zu A. I, 211. — v. 268 ist mit Recht fugimus
(die Lesart des cod. Med. n. a.) der vulg. „ferimur,^''
die esne Glosse von erslerem zu sein scheint, vorgezogen.
So anch Wagner, v. 301 wird mit Recht statt des mat-
leii tum aus dem cod. Med. quum empfohlen , was auch
Jahn und Wagner aufgenommen haben.
V. 327 möchte die aus Noiiins genommene Erklärung
von servitio enixae: „uns zum Sclavendicnst anstrengend"
nicht zu billigen sein ; enitor vom Gebähren wird öfter
absolut gebraucht. — Zu r. .341 wird Ecqua tarnen gut
gegen H s. Bedenken vertheidigf, indem sich das tarnen
auf pner beziehe: hat er, obgleich noch ein Kind,
doch . . ., «ie Bei. I, 2^: sera tarnen. — v. 347 wie-
derholt Voss des Heinsius Vorschlag: multum lacrimae
statt lacrimas. Dagegen vgl. Jahn ad h. 1. , welcher pas-
send auf Prop. H, 20 (Bnrm. 10), 7 verweist. Multum
steht hier, wie öfter sogar in der Prosa, advcrbialiter
u. lacrimas fuudit ist .als Ein Begriff zu fassen für lacri-
jiiat. — v. 354 streicht V. in- gegen die Codices. —
V. .35.^ beseitigt Voss H's. Einwand, dass die Becher schon
genannt seien ilnrch die Antwort, ilass pocula auch Trank
heisse, — v. 3ftO liest Voss: „ Qui tripoilas Clarii et
lanrttg." Auch AVagner hat das vom Cod. Med. gebotene
Lturus aufgenommen, aber das, wie's scheint, eingescho-
bene et zurückgewiesen. — Zu v. 369 vvirft V^. Heyne»
lUissversfändniss des Servins vor. Ebenso rügt er H"s,
freilich unpassende Bemerkung zu r. .38.i „Vj'a tni'««,"
wozu Voss ui'ytiio SvaiArjci/O und yüfiog dya/^Os '*•"-
79
80
gleicht. — V. 404 erklart V. velaie richtig als Inip. 3Ie-
dii. — T. 435 uiatht V. den guten >'orschlag pro statt
des prosaischen prae, «elches auch Jahn und Wagner
rerschmahen. — v. 4S4 „honore statt honori." 'Wagner
zu A. St. hat honori hiiil.'inglich lertheidigt, inilcm er
za honori: »estiuiii ante dictaruni" ergänzt. — Der Vor-
schlag at statt et V. 5311 ist iinnüthig; dagegen v. 595
„et statt ut" auch von Wagner, der es durch et quidem
erklärt , aufgcnummen.
«■• (309 „quae deinde, poet. fQr q. tandem." Diese,
auch zu V, 741 u. a. St. gemachte Bemerkung über den
Gebrauch von deinde, »elcheu Jahn und Wunderlich
noch verkannten , indem sie deinde zu fateri ziehen wol-
len, finden wir vollkommen richtig. Zwar behält das
deinde meistens seine ursprüngliche Geltung: dann, dem-
nach noch bei, wie XIJ , 8St>: Quae nunc deinde qiora
est? etc. wo man es durch: quuni res ita sc habeant
tuqae ensera recnperaicris erklaren kann, unil II, h91 :
Da deinde amilium, wo es sich auf die vorhergehenden
Kedingungeu v. H9il: si pietate nieremur bezieht, und es
entspricht so vollkommen dem griech. tlieiTa, wovon wir
oben zu Od. I, v. (iö gehandelt haben; allein bei ^ irgil
findet sich die eigentliche Bedeutung bisweilen so abge-
schwächt, dass es offenbar für das angehängte nam oder
tandem gesetzt ist. Zur Bestätigung dienen Stellen, wie
A. ^,74l: Quo (/eiVi(/f ruis? etc. und IX, 781 : Quo deinde
fagam, quo tenditis? inquit, wo es Niemanden einfallen wird,
deinde mit inquit zu verbinden. Wagner zu A. I, 195 erklärt
deinde in den angeführten Beispielen weniger richtig durch
iam ; Hand im Tursell. T. II, p. 247, n. 4 hat diesen
Gebrauch von deinde gar nicht berührt.
Zu y. 618 wird der Abi. Domus — cruentit verthei-
digt durch Vergl. von r. 688- Man vergl. auch Wagner
zu A. IV, 517: mola manibusque piis, wo er umständli-
cher über diesen Gebrauch de» .\blativ's handelt. — v. 621
Mttzt V. richtig nach ulti ein Komma , statt dessen AVag-
ner noch ein Punkt hat. — v. (jfH) H's. Anstoss an den
Worten: ea sola voluplaa etc. wird gut gehoben; i'ibri-
gens hat schon If'eicherl de vv. injuria susp. p. 77 das
Richtige. — V. (i84 sqq., welche neuerdings AVagner für
unecht und aus Randglossen zusammengeflickt hält, er-
klärt Voss befriedigend durch folgende Umschreibung:
„Hingegen warnt des Hei. Geheiss , zwischen Scylla und
Charvbdis sei beiderlei Weg (an dieser oder jener vorbei)
auf der Scheide des Todes, wenn man nicht gerade hin-
durch lenke; darum wird beschlossen, wieder zurück in
die Bucht zu segeln, um nicht dorthin getiicben zu wer-
den. Aber zu gutem Glück webt uns der Wind von jener
gefahrvollen Stelle her."
'• 70'i Immania ßuvii nimmt V. mit Dorville zusam-
men, dessen Erklärung er auch billigt. — v. 708 will
Voss mit lleinsins actis statt actus. .Mit Recht vcrfliei-
digt Wagner actus; cf. dessen Quaest. A'irg. IX. Actis
ist offenbar von den Abschreibern licm tempestatibus ac-
conimodirt worden. Kndlich wird v. 7|7 H's. Aiistos»
an dem zwischengesetzten divom , welches auch AVagner
gut vertheidigt , durch eine allzu beissende Bemerkung
abgefertigt.
Obgleich wir jetzt die unserer Recension gesteckte
Aufgabe gelöst hätten, so wollen wir noch die unter
Mr. II folgenden Randglossen zu Iloraz, und zwar die
gegen Ileindor/ gerichteten, einer kurzen Prüfung unter-
werfen.
Gleich in der ersten Bemerkung zu p. 52 der Hein-
dortischeii Ausg. v. 1 14 führt Voss gegen die dort auf-
gestellte Lehre über num , dass es bloss da stehe, wo
eine verneinende Antwort erwartet werden könne , zwei
Stellen aus lloraz : Sat. I, 6, 36 und II, 6, 53 an;
allein beide beweisen Nichts dagegen, da in der crstercn
num nach quacrere, also bei einer indirecten Frage ge-
braucht ist, in der anderen aber nicht num, sondern
num quid steht, tvelchen Fall Heindorf ausdrücklich aus-
genommen hat. — ICbenso wenig können wir A'^ossen bei-
stimmen, wenn er zu p. 169, v. lg gegen Heindorf's
Behauptung A''irgil Bienenkampf citirt (gemeint ist doch
wohl Ge. lA'^, 67 sqq.), da in dieser Stelle der v. 67
abgebrochene Fallen der Rede v. 77 durch ergo, da»
unserem also entspricht, wieder aufgenommen wird.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Weimar 1838. Zur diessjährigen Gedäcbtnissfeier seines
fürstlichen Stifters, des Herzogs Willielm Ernst, lud das
Gymnasium durch ein Programm des Prof. Putsche ein, wel-
ches den Titel tiihrt: de incuiiimodis quibusdani atque vitiis in
Zninptii sjramraatica latlna animadversis, imprimis §5. 538—545.
Viniariac, lypis Albrccbli, typogr. aul. MDCCCXXXVlll (24 S.
in 4 ), worin der Verf. zuvörderst einige Unvullkommenbcilen
und Mängel der Zunipt'schen Grammatik im Allgemeinen rügt,
dann besonders die Zumpt'sche Lclire von der Conjunction quin
bekämpft und in den dieser Lehre von Zumpt gewidmeten Para-
graphen nicht allein Unklarheit und Verwirrung, sondern aueh
Wirlerspruch und ofl'enbaren Irrthum nachzuweisen sucht, zu-,
letzt aber, und zwar in deutscher Sprache, eine neue Fassung
der liicrber gehörigen Regeln beifügt.
Riidolstadt. Herr Professor Obbarius hat im Namen
der Professoren des Gymnasiums dem Hrn. Gcneralsuperinten-
denten D. Zeh zu seinem am 17. Sonntage nach Trinitalis
slatlgcfundcncn 20jährigen Amtsjubilaum in lateinischer Sprache
Glück gewünscht und zugleich kurze Bemerkungen übcrTibull.
Eleg. I , 7 , 17. 18. beigelügt.
Frei bürg, 30. Dec. Nach dem so eben ausgegebenen .
amtlichen Verzeichnisse der Studirendcn an der hiesigen Uni-
versität beträgt die Gesanimtzahl derselben in dem Winterse-
mester 346, und zwar Tlieologcn ; 84 Inlander und 16 Auslän-
der; Mediciner, Pharmac. und Chirurgen: 77 Inländer und '26
Ausländer; Juristen: 85 Inländer und 10 Ausländer; Philosophen
und Philologen: 36 Inlander und 12 Ausländer; Ausländer im
Ganzen 61- (M. J.)
Sc ha ff hause n. Der hiesige Gymnasialdirector D. Bach
hat den liuf als Superintendent und Consistorialrath in seiner
A'atcrstadt Ohrdruff an des verstorbenen Gutbier Stelle erhalten
und angrnonuiicn. wird aber erst nach Ostern 1839 an den Ort
seines künftigen Wirkungskreises abgehen.
Zeitschi'ift
für die
Alt er thu ms Wissenschaft.
Freitag y 25. Januar
18 39.
Nr. 11.
Anmerkungen untl Randglossen su Griechen und Rö-
mern Ton /. H. Voss. Herausgegeben von Abra-
ham Voss.
(Beschluss.)
Zu S. 182 y. 3!) scheint V. mit Heind. nur ziceiVcrso-
uen anziinelimen ; hesser möchte ivulil mit Braunhard und
Kirchner nach .Julius ein Komma zu setzen sein, sodass
von Horaz drei Personen genannt waren. — Zu S. 203
scheint V. die bekannten 8 Verse vor dem Anfange der
8. Satire fiir echt zn halten; allein die von ihm gegebene
Auskunft möchte «ohl nicht ganz befriedigend sein. Das
fatale ut redeam dringt uns immer mehr die Ueberzeu-
gung auf, dass diese Verse eher vorgesetzt, als dass sie
von Anfang da gewesen und erst später abgetrennt wor-
<len wären. Dazu kommt, dass, wie Heind. richtig
bemerkt, mit Neinpe ein ganz anderer Ton beginnt.
Vossens Bescheid auf Heindorf 's Frage: „»vorauf ut
rtdeam illuc zu beziehen seien"? „Auf sein vorin^es
frtheil von Lucilius, das man übel nahm, Sat. IV^"
ist nicht ausreichend. — S. 2Ö0, Z. 2: die von Voss
zum Schutze von latraverit statt lucertiverit , h ie Beutlei
und Heindorf wollen, beigebrachte Stelle aus Cic. de
orat. II, 50, 220 ist gut. So auch die Horaz. Stellen
bei Braunhard. — Zu Sat. II, S, 4 zieht V. das gewähl-
tere da statt die vor, welches leicht aus einer Glosse
entstehen konnte. — Wir brechen hier ab und mit Uc-
bcrgehung der, soweit wir aus einer kurzen Verglei-
cliung eutnehmeh konnten, beaclitungswerthen Randglos-
■en zu Properz (Nr. III), welche im Jahre 1811 ge-
schrieben sind, sowie der Vorschlage zu Ovid's Meta-
morphosen (Nr. IV^), die laut der Vorrede schon Bolhe
in seinen Vindiciis Ovidianis, Göttingen 1818, bekannt
gemacht hat, und zu Catull (Nr. V), heben wir noch
besonders die Etnendatinnen zu Livius hervor, welche
«ich auf B. XXI bis XXXIX beziehen. Mehrere Vor-
schlage zu Livius sind schon von It'alch in seinen Emendat.
Livian. Berol. I8lö benutzt, um! mit Recht hat noch neu-
lich Kreyssig , wolil einer der ausgezeichnetsten Kenner
dieses Schriftstellers, im Meissener Progr. 1837: Mele-
temat. critt. Spec. II, worin des J. Lipsius Noten zu
Liv. 1. XXI aus der Wolfenb. Bibliothek mitgetheilt
werden, auf einen Theil dieser Tcxtesänderungen , wel-
cher schon friihcr in Wiedeburg's humanist. Magazin
Vol. IV, Part IV, p. 289 — 9Ö erschienen ist, die Freunde
des Livius aufmerksam gemacht. — Die kurzen Rand-
glossen zu Cicero (Nr. VII) , welche sich meistens auf
Stellen in den Orati. seil, beziehen, und zu Tacilus
(Nr. VIII) enthalten manche Vorschläge, welche auch
jetzt noch Berücksichtigung verdienen.
Nach diesen Andeutungen glauben wir unser zu Au-
fang dieses Berichts abgegebenes Urtheil hinlänglich ge-
rechtfertigt und zugleich durch die Mittheilung von Pro-
ben den Leser in den Stand gesetzt zu haben, den VVerth
des Buches selber zu würdigen. Wenn wir hierbei nicht
umhin konnten, an nicht wenigen Stellen, bes. in dea
Randglossen , Vossens Ansichten unsere Beistimmung zu
versagen, so hatten wir, weit entfernt von ungeziemender
Tadelsucht, einzig und allein das Interesse und die jetzt
geltenden Forderungen der Wissenschaft im Auge, und
wir müssen daher beim Schlüsse dieses Berichtes wieiler-
holt erklären, dass durch eine zweckmässige Auswahl
bei den Randglossen sowohl, als bei den Anmerkungen,
und durch gänzliche Ausscheidung der Stellen, worin sich
Voss in herbem, ja|, oft schneidendem Tone, namentlich
gegen Heyne, auslässt, sowohl die Brauchbarkeit des
Buches erhöht, als auch die Anschaffung erleichtert wor-
dcu wäre. Indessen können wir ungeachtet dieser Aus-
stellungen das Buch um so eher den Freunden des Al-
terthumes empfehlen, als das minder Probehaltige durch
das viele Treffliche und Gediegene hinlänglich aufgewo-
gen wird und selbst die Irrthümer eines Mannes, wie
J. H. Voss, besonders für jüngere Philologen belehrend
sein können.
Druck und Papier sind sehr gut; nur ist zu bedauern,
dass sich eine so grosse Anzahl von Druckfehlern einge-
schlichen hat. Ausser den vom Herausgeber angezeigten
fielen uns noch auf p. 43 (fäoiv ze st. 0 ci (j 1 1> re;
ib. öq TV st. os Ti; p. 172 si'd' ays st. e /' d' dye
u. ebend. s'i'Ö' st. st d' ; p. 208 (med.) Nesio st. Nescio;
p. 211, Z. 11: Ö3S st. 633; p. 229, Z. 18 Nisius st.
Sisut,
J. Freudenberg.
Die Sprachphilosophie der Alten, dargestellt an dem Streite
über Analogie und Anomalie von D. L. Lersch^
Privatdocenten zu Bonn. Bonn bei H. B. König 1838*
(204 S. 8.)-
Mehr als je wendet sich die Forschung in der neue-
sten Zeit den alten Grammatikern zu, eine Richtung,
derjenigen zu vergleichen, welche jetzt die spätere ma-
kedonische Zeit Griechenlands ebenso fleissig, als um^
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«ichtig aiifzaliellen sucht. liii ilio liclfarhon gramniali-
«cbcu aiierdota der iicupsten Zeit zu liljorgolioii , vorsiiclilen
sich Classen uiul Geppert an «Iit .'lltcsfpii grlcihisclien
Grammatik, Parlhey iiiiil Klippel bes< hoiiktoii uns mit
Schriften nlier ilas alrxanilrinischc 3Iii^<"nMi , und iliiipn
srhlip.iät sidi Ritsclil, (liT ^M^ schon früher ilnrch seine
Abhanillnii-; <ie Ori> ei Orione »eriillichlet , in seinem
Briefe „liher die alexandrinischen UibliotheLen" an, nicht
2U gedenken der L'nlersnchiingen ührr .4risliircli . Krates
und andere beriilinite Grammatiker. Uer \'erf. der
hier zn beurtheilemlen Schrift greift in dieses Geliiet
riibmlirlist ein, und »ir verdanken ihm die Ilervorhelmng
eiur« <icr HicIitigsteH l'uiikte der Grammatik der Alten,
auf den bisher nur ausnahmstveisp Rücksicht genommen
«Orden, der aber hier als -ein von Anfang bis zu Ende
die (irammatiker durchziehender Faden auf gescliickte
Weise nachge«ieseu und verfolgt «ird. AVir ge« innen
aus der Schrift also eine neue sehr «ichtige Thatriache,
die in die Literaturgeschichte herüliergeuommen werden
uiufs ; hierbei fehlt es auch nicht au interessanten, tvich-
tigeu Einzelnheiten, »ie »ir sehen »erden. Die Schrift
ist au» einem sorgfältigen vStudium hervorgegangen, und
man sieht es ihr an, dass sie niiht auf uühlfeilc Weise
aus Kegistern zusammengeholt ist. Dabei müssen wir
fleui Verf. danken, dass er uns uiclit die unangenehme
Mühe marht, durch alle AV'indungen der Untersuchung
uns niitzusrhieppen , was freilich Einige als die wahre
wissentchaftliche Gründlichkeit preisen, dass er nicht
alles Kinzelne auf das feinste ansspinnt und es bis zur
Spitze treibt, ilass er nidit Alles, Wichtiges und un-
wichtiges, auf gleiche Weise behaiulelt, sondern, mehr
auf das grosse Ganze beilaclit, nur jeden Punkt sn weit
ausfühlt, als es für dieses nothig ist. Eine vollständige
Zusanimenstelinng dessen, uas von den Alten für die
Tlieorie der Grammatik gelhau »orden, hat man also
hier nicht zu erwarti'u; dafür ist aber die Hauptseite
derselben, insofern sie im Streite über Analogie und
Anomalie liegt, fast ganz erschöpft, wenn auch einzelne
nahe verwandte tntersuchungen zur Seite geschoben wer-
den mnssten. Zuerst versuclit der Verf. die verschiede-
nen alluic'ihlich siih aus einander entwickelnden Ausdrücke
für Analogie und Anomalie bei den Griechen nachzu-
weisen. AVir beuierkeu hierbei , dass der Verf. ilen Be-
griff iler uo'Jo'Ci^i nur im engern Sinne, wo er freilich
iUt Analogie entspricht, genommen hat (S. ,'')), ohne auf
den weitern, der auch zu» eilen in Betracht kommt, auf-
merksam zu machen. Oo!>OTlji ist in diesem .Sinne die
Sj>rachrirhtigkeit, gleichviel, ob sie durch Analogie oder
Anomalie bestimmt »ird. Dieses ergibt sich /.. U, aus
Plat. Crat. p. .■if34 D: uij dvvauui nttoifijvui w; dXXn
Tl.; uo^i/ii; tivoiuixo; ij ti'vlh.y.ij y.c.) niiol nyiu,
A. i. es gibt keine andere Sprachrichtigkeit (gewiss nicht
Artalugie), als l ebereinknnft und .Satzung (die Ueberein-
kunft ist gerade das der Analogie Entgegengesetzte, die
i^rOi:). Ebenso ist, wenn Krattjln» ebendort p. ;3S.l A.
behauptet, lii/oiiuTOi üolhin^ta tivai f.y.üortj) toIv
untijjv (fioit 7li(fv/.ii(>.ti, offenbar, <lass er die .Sprarh-
richtigkeit als eine von Natur gegebene (^ffvoil — Ana-
logie), nicht bloss durch 1,'rLiereiukunft gesetzte (,v/c/(/ —
Anomalie) behauptet, was ein völlig ideniischer Satz
».'Ire, wenn ug^OT)j^ die analngische Bildnng hezeirlinen
sollte. Der Kiatylos ist überschrieben nt(j'i (ivouarojv
oottuzijTO^, nicht, weil in ihm über die Analogie die
Rede ist, sondern weil er die Frage verhandelt, ob die
Sprachrichtigkeit eine Sache der Uebereinknnft, der (te-
wohuheit, oder der Katiir, der Analogie sei. Für die-
sen »eitern Begriff von uoifor) ; .spricht auch die vom
Verf. S. 4G beigebrachte Stelle des Diogenes, in der ge-
sagt wird, in Bezug auf die ooiiuci'i lasse sich nicht
annehmen, dass Satzung {ol vonui) den Dingen die ?Ja-
men gegeben. Oq3o; k(i','(»g ist die rickfige Rede, von
der Einige behaupten, sie sei (fiOll, Andere, sie sei
ifioei bestimmt. Vergl. Diog. Laert. Zen. (iÜ. Im en-
gern Sinne aber wird opdug koyu; und öoflorr^ von
der durch Analogie bestimmten Sprachrichtigkeit ge-
hraucht. Nicht anders, als wie mit der opttoTrc;, scheint
CS sich auch mit der öüdoi^n fia , beim A'^erf. S. 19, zu
verhalten, ilie Quinctilian recta lociitio nennt. Prota-
goras glaubte sicher, wie hier nachgewiesen ist, die
6p\^0£7ltia sei durch Analogie zu bestimmen. S. 7 ver-
niirthct der Verf. bei Charisius statt: Analogia est iv
avf^inKoy.rj u. s. w. ' AvaKoyla eoxiv oi'/mk. sehr
wahrscheinlich. Nach der Entwickeliing der technischen
Ausdrücke geht der AVrf. zu den Philosophen über, wo
wir aber der am Eingänge geäusserten A'ermnthung, der
Keim des .Streites über Anologie und Anomalie habe in
den Gegensätzen der Lehren vom Fliessenden, AVcrden-
den und Stehenden, Seienden gelegen, nicht bestimmen
können. Die philosophische Betrachtung nnterschicd über-
haupt schon frühe, inwiefern die A'orstelinngen des ftlen-
scheii etwas von .Aussen in ihn Hineingekommenes oder
etvtas aus ihm selbstthätig sich Entwickelndes seien (vgl.
die Lehre des C/iri/sij)j)ns S. 41)), und dieselbe Frage
konnte auch bei dem Ausdrucke der Gedanken den Wor-
ten nicht ausbleiben , ja, die Sprache scheint selbst A'^er-
anlassung gegeben zu haben, diese Frage auf die Vor-
stellungen überzutragen, wie ja die ganze Logik der
Griechen au die Sprache sich angeschlossen hat. Vergl.
Stern ,,(«rniidlegUiig z. Sprachphilos." .S. '2\) ff. Genü-
gend behandelt werden ilarauf Heraklit, Demokrit , Pro-
dikos, T/ieramenes , Prolitgoras , Hippias , worauf So-
kr/tles nach Aristoplianes (in den AVolken) folgt. Unter
der (iij^hniK ovuficicviv bei Prodikos können wir nur
mit Jf'elcker die Lehre vom richtigen , bestimmten Ge-
brauche der AViirter verstehen, wobei es zweifelhaft
bleibt, ob Prodikos der Analogie oder der Anomalie
folgte, wenn auch das Erstere wahrscheinlicher sein mag.
Auch Sokraies , meint der Verf., sei in den Streit über
die üuituTIJi verwickelt gewesen, und es scheint dieses
uns ganz unzweifelhaft. Sokrates kann in diesem Punkte
nicht ganz ohne IVlitwirkung gedacht werden, soll anders
der Spott des Komikers treffen. Was den eigentlichen
Zweck der Wolken betrifft, so ist diesg immer noch ein
unaufgeklärter Punkt; mir scheint der Komiker hier die
verderbliche Alles crgreifcudo AVirkung der Sophistik zu
schildern, die auch selbst den, welcher am heftigsten
gegen sie kämpft, den Soknites, halb ergriffen habe. In
Bezug auf die öpitanjc; cuiv trifjjv, die beim Aristoph.
ilem Eurip. beigelegt wird, glauben wir, dass angedeutet
werden soll, die Stücke des Euripides seien zwar fein
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8G
«ml flcrkenlos , iip<< iin<! pla<f , alior kraftlos und vrr-
«rlrlilirliciid. Die fül^oiulcii Alisrliiiiffp liaiidflii iilirr
Pt/lhagoias, Krali/los, Ilermogenes niirl I'lnton , Aristo-
teles^ Ejiihir, ilio Mei;ari/^ei,, die iS'/oi'Äfr, und ziilrfzt
liier Helleriis7nos iinil Anomalie. Besoiider.s aufmerksam
«ird l)eim Jünli/los oif z"ei Reihen von EfTmolojjieen
geinaeht, von denen die eine von Wörtern des Fliessens,
«lic andere von AVörfern des Sei?is abgeleitet werden,
pewiss mit tiefer Ironie darauf liindentend, dass man in
die Etvniologieen Alles liiiieinirge , geHühnlirh seine
ei;;enen Ansichten. AVas iiher das pvthagoriiisrhe Kle-
mmt im Kralylos gesagt «ird, scheint uns nicht hegriin-
di't ; «Ir sehen in dein li tu uvofiaTa Tiuiuiv u. ä.
(im|iositor hei Varro) Aiisdriicken nichts Anderes, als,
«as sonst heisst ai nvjcnii i'V^gtmioi oi Th1^|lflOt
II' (ivo/ietTf ; fi'ir den |iAthagor.'iiscJien Äamengeher lie-
gen keine weitere Anzeirheü vor. In dem korrupten
() Ilai oaiog dorc lulioc, möchten wir nicht mit dem
1 erf S. 44 den Beinamen ö zIv^aolTOi sehen (liber
die Form könnte kein Zweifel sein. S. Loheck Parali-
piiniena gramniat. graer. p. 430), sondern lesen um so
sicherer ü Ijarpa/oi (?) ö TIldayuQdO^ , als die ihm
zngesrhriebene Lehre wirklich pAthagorSisch ist. Beim
Hellenismos niuss , wie hei der ufjdvrijC ., ein «eiterer
liegriff, d. i. das, was der hellenische Sprachgebrauch
hilligt, und ein engerer, d.i. das, was analogiseh richtig
ersiheint, betrachtet werden.
Die zweite Abtheilung wendet sich zu den CJramma-
tikern. Wenn der Verf. , der sehr richtig iy.doonc. und
(ito^xfvjOiii; trennt, in der Andeutung, dass Zenodot
der erste S/opi^oirtjc: gewesen sei , einen Einfluss des
Streites i'iber Analogie und Anomalie bei diesem sieht,
so lüsst er sich durch die W ortiihnlichkeit zu weit fort-
rcissen. Kur m engerer Beziehung entspricht die ü^^ö-
Tl'^ der Analogie , wodurch wir aber gar nicht befugt
sind, tu blOQiluiaiQ wieder an die Analogie zu denken.
Der 6{j9os "Of^l^^iog ist der richtige Text des Homer,
und Jeder, der diesen auf eine durchgreifende Weise
herzustellen sucht, wie zuerst Zenorfo« that , heisst ^«op-
i^iuii^i^ er liefert eine ß/ooitvjoig. *) Zenodot mag
viel aus eigener Macht nach dem späteren Sprachge-
hranrbe geschlimmbessert haben, aber gewiss nicht nach
der strengen Analogie. Ueberliaupt nimmt der Verf.,
wie es uns scheint, ohne gehörige Begründung an, nach
der Analogie habe man ganz neue Formationen in die
Sprache hineingebessert ; behauptete man auch, eine Form
müsse nach der streirgen Analogie anders lauten, so ist
doch kein sicheres Beispiel vorhanden, dass man eine
solche Neuerung einzuführen wagte; nur, wo mehrere
Formen vorhanden waren, eine altere und eine neuere,
wählte mau nach der Analogie aus. Bei Aristophanes
•S. öiS ff. wird darauf aufmerksam gemaebt, dass er nicht
bloss dem Sprachgebrauche nachging, sondern auch oft
der sprachlichen Analogie den Vorzug gab. Bei Aristarch
widerspricht der Verf. dem Berichte des Geilius , dass er
summa ope dvat.oyiuv defensitavit, und sicher ist es nach
Varro p. 12() und den Untersuchungen von Lehrs, dass
er zuweilen dem Sprachgcbrauchc Recht gab, aber, dass
J ^Vergl. Aristo!.^ jif^ji ooqimtiyMi/ i>.f-/x<"* '* ■ oloy xiti i6y
Üfir,qov dioü&oovrui.
diess vorzüglich bei Eigennamen ges< heben sei, wie hier
S. ( () f. au.« J'tirro gefolgert wird, kiinnen wir nicht zu-
geben. Sieht man die Stellen des l arro unbefangen an,
so folgt daraus Nichts, als dass Krates ihm einige No-
mina entgegengehalten auf ijQ, die theils nach der drit-
ten, theils nach der ersten Declinatieii giirgen, und zwar
wählte er hierzu Eigennamen. Arislarc/i aber war weit
entfernt, diese zu verwerfen, vieil sie Eigennamen seien,
sondern er sagte, nur die Nomina seien gleich und ann-
lijg , die im Nom. niui Ync. libereinstinimfen. lind das
■sdieint gerade der Hauptpunkt der aristarchix hen Lehre
gewesen zusein, dass er bestimmte, welche AVörter wirk-
liih gleich niiil daher nach derselben Weise abzubiegen
seien. Starr die Analogie durchzuhalten , konnte übrigens
kanui Jemandem einfallen, und die Eigennamen mögen in
dieser Beziehung schon frühe eine besondere Ausnahme
giliildrt haben. Auf jene genaue Bestimmung der wirk-
li< h gleichen Wörter geht auch Aristarch's Scheidung der
einfachen und zusammengesetzten bei Charis. I, p. 93.
Die folgenden Erörterungen über Krates, noch einige
A/iiilogetiker, Techniker und Empiriker*) sind gründlich
und fleissig und bieten uns zn abiteii henden Benierkungen
keine '^'eranlassung. fllaii freut sich, den zerstreuten Stoff
so fasslich und leicht bearbeitet vorliegen zu sehen, und
stinimt den zusammenfassenden Bemerkungen über die Ent-
wickclung des S'rcites in Griechenland gern bei. Vieles
konnte der ^'etf. hier nur berühren, doch niöihteu »ir
zweifeln, dass ihm ein Ilauplinonient entgairgen sei. Wir
finden uns nur zu einem kleinen Beitrage in Stand gesetzt.
Von Trypho wird eine Schrift ntoi Tiji tv iiovoavy/.d.'
ßoii diuKoyiai erwähnt. Hiermit verbindet Lobeck a. a. O.
S.I21 dieNotizdesSchol.zull. V, \{i'iXaiuiiSe (fijotv ovy.
iiiaiiv Totqötoi'KLcLßoti{\.iiovuai'Kkc'i.^uii;)dvukoyiav.
Bei den Römern werden, wie bei den Griechen, die
Ausdriicke für Analogie und Anomalie vorausgestellt. Wir
wundern uns, dass der Verf. hier und bei den Griechen
nicht auf den gleichen Gebranch der Wörter (fvaii nnd
9io/g, natura und positio, bei der Quantität der AVörter
aufmerksam gemacht hat. Vgl. Ritter elem. gramm. lat.
124. Die in dem folgenden Abschnitte „Begründung des
Streites in dem Zustande der ältesten poetischen Litera-
tur" aufgestellte ^'ermuthung, dass nämlich die älteren
römischen Dichter Formen nach der Analogie umgebildet,
können wir nach dem oben Bemerkten nicht billigen. Die
Stelle des J arro, wo er als einen Theil der alten Gram-
matik die Darlegung bezeichRet, tjuemadmoduiu qnodqne
poeta verbum confinxerit, quod declinarit, wo wohl quod
mit Spengel und Müller zu streichen oder vielleicht quod-
quo zu lesen ist, hen eist Nichts ; der Ausdruck, dass die
Dichter die Wörter gebildet (abgeleitet) und abgebogen,
ist nicht von einer dem einzelnen Dichter eigentbümlichen
Behandlung, sondern vom älteren dichterischen Gebrauche
überhaupt zu verstehen, nicht anders, als p. 3 qnae sunt
iu consuetudine apud poetas. Der Sprachgebrauch , dass
man das von dem Gewöhnlichen Abweirbeude denen als
eigenthümlieh zuschreibt, bei denen man es findet, ist
*) S. 78 wird Hie unter dein Namen Dionjsios T/irax gehende
Grammatik iirig als dessen Werk betrachtet, da sie ja
viel später ist. Vergl. Göttling ad TheoJos. p. V sqrj.
und Scböiuann im Grcifswalder LeclioDsyerz. Sonimcr 1833-
87
88
nicht auffallend. Wir kiinncii dilicr auch kein Geivicht
auf Prise, p. 6',)2 legen: seil PLiiitus hoc ijiionue sccan-
ituni analü^iam declinarit, da ja dieser selli^t p. S'IO bei
einem alxveichenden Gebrauche vom mos aiitiiiuiis spricht.
Wir geben zu, da^is die Dichter neue iiihlungen machten,
weil sie neuer Wörter bedurften, glauben aber nicht,
<IaM lio eine gangbare Form verworfen und dafür eine
analogere gebildet. Hierauf <leulen die S. !(){ angeführ-
ten Stellen: Bei l'arro p. 13') ist declinatio im »eiteren
Sinne (p. t Iti) und besonders von der Ableitung zu ver-
«tehen. Die veterum liccntia bei Charis I, p. U4- i^^t die
freiere Formbilduiig der alteren Zeit überhaupt , «o der
Sprachgcbrancli sich noch nicht so streng lixirf hat. Die
S. 104 ff- folgende Xachtveisung solcher selbstgeschaffe-
nen , nacli der Analogie verbesserten Formen beiveisen
iS'irhts. Die Formen praecipitis n. s. w. scheint erst die
•pätere Zeit versucht zu haben, als man in praeieps ebenso
wie in biceps, triceps caput sah *) ; sie sind als Abirrun-
gen zu betrachten. Praecipitare selbst kann für praeci-
pitis ganz und gar Nichts betveiscn, als dass dieses vor
ihm existirte. Auch ilas über den Acc. herem Gesagte
halt nicht Stich. Ob die Casus obliqui von heres alle
dem \om. gleichsvlbig gebildet «orden seien, kann man
bezweifeln; es mlichte sich herem zu heredem verhilten,
wie suiv zu egiöa (d. i. eoiS-v, hcred-m). ^'ergleicht
man aber das V'erhi'iltniss von merx zu merces, so ist auch
eine Form heres heiis nicht zu verwerfen. Bei iter iti-
neris, worauf der Verf. besonders Gewicht legt, ist doch
wohl kein Zweifel, dass auch ein Stamm itiner neben
iter roriianden war, und wie können wir, wenn nun wirk-
lich ein Nomin. itiner vorkommt, diesen als irrige Bil-
«lung behandeln? Es verh.'llt sich hiermit, wie mit iecnr,
iecinoris und iocinor, iocinus. Noch weniger beweist
das aus Ennius Bei^eiruchle (hebern, wie herem, solui,
das ja auch Calo gebrauchte, und die vielen Adverbia
auf iter). Wer überhaupt das freie Schwanken zwischen
der zweiten und vierten Declination geliörig bedenkt (vgL
besonilers penns, penum, penu und Schneider S. 471 f.),
der wird bei scnati und exerciti gar nicht anstossen. Bei
den Formen reddibo, exsugebo u. a. deutet der Verf.
auf das Richtige hin; nur ist hier nicht an ein Ummo-
ileln, sondern an freie Auswahl unter vorhandenen For-
men zu denken. Dass endlich sciscicli bei Afraniu»
irirklich bestehende altere Form war, scheint über allett
Zweifel erhaben. Nun vergleiche man noch Varro p. 79:
„qaodsi poctice in carmiuibns servaoit multa, quae prisca
essent."
Der folgende .ibschnitt „Charakter der bcginnendca
Grammatik" macht auf die frühen Anfange der Gram-
matik, die mit Recht als bedeutend dargestellt werden,
und besonders auf die übersehenen Glossograplicn auf-
merksam; er schliesst mit den Ansichten des Lukrctius.
Naher liegt die Behandlung des l'arro S. 117 ff. Dem,
wa» über das siebente Buch geffagt ist, stimmen wir im
Allgemeinen bei, nur glauben wir, dass am Schlüsse noch
kurz die Verba, .Adverbia und Conjunctionen behandelt
würden-, dafür, dass er diese habe fallen lassen, spricht
•) Die aus f^arro vom Verf. angeführten Formen tcrlici-psos,
quarticepsos sind durch Müller mit Recht wcg^eschilTt.
S. diese Zeitschr, 1834, S. 220 f.
Nichts. Die aus p. I2S beigebrachte Stelle bezieht sich
darauf nicht. Vgl. p. 123: <]Uod ad vocabulurum huiu»
generis exempla pertinet , mulfa sunt reliqua , sed eadem,
quac dicta ad iudicandum s.atis sunt. In B. VIII hai
der Verf. richtig erkannt, dass p. 1.J7 und 138 vollkom-
men entsprechen den drei ersten in B. VII erörterten Punk-
ten (vgl. .S. 120 f.); wir wundern uns aber, dass ihm
entgehen konnte , dass die Worte p. 138 >'on ijuod aiunt
bis p. 140 negant den vierten dort behainiciten Punkt
betreffen, indem die dort berührten Einwürfe verkennen,
die Analogie wolle nur ex duobus similiter declinatis simi-
lia. 1'^gl. p. 1(3. Dann folgt die Behandlung der ge-
nera p. 140i der numeri p. 142 und der casus p. 144,
wobei gelegentlich auch substantivische Zahlwörter (beim
Verf. S. 12(), Z. 11 steht sinnstürcnd Zeitwiirter) und
die Casus, welche von verschiedenen Wortern ganz gleich
oder von gleichen verschieden lauten , berücksichtigt wer-
den, lieber B. IX finden wir weiter Nichts zu bemer-
ken, ebenso wenig über den Abschnitt „^iigidius und Gni-
plio.''' Bei Ciixar wurden die Fragmente der Schrift de
analogia vollständiger, als gewohnlich, gegeben. Wir
bemerken nur, dass fr. III statt XI litteras sicher zu
lesen ist XVI litteras (vgl. Schneider S. 3 f-) S. 134,
Z. 14 V. u. ist nnm und Z. 7 Fragezeichen zu setzen —
was sicher nur Druckfehler ist. Ebenso ist S. 135, Z. 14
validissimam zu schreiben. Was über Cicero , Didi/mos,
die augustinische Zeit und Quinctilian gesagt wird, über-
gehen wir. Die zweite Abtheilung, welche die spateren
Grammatiker behandelt, könnte, da mcistenthcils die schon
dagewesenen Ansichten sich finden, meiir zu einem Gan-
zen verarbeitet sein. Wir bemerken nur, dass über den
S. 1Ö7 genannten Papirius auf die S. 180 angeführte
Stelle des Prise. I, p. 55(1 verwiesen werden konnte.
Eine wcrthvolle Zugabe bildet die Sammlung der Frag-
mente von des Plinius Itbri dubii scrmonis^), die eine
eigene Bearbeitnng erfordern dürften. S. 181, Z. 8 steht
gewöhnlich in V pcnultima syllaba , wo wohl ultima er-
fordert wird , wollen wir anders nicht annehmen, Plinia»
habe lateral-is getheilt. Fr. 4') glauben wir die Lesart
non etiam per e richtig, da gesagt wird, venali brauche
man et de hnmine et de negotio. Plinius scheidet ge-
wöhnlich, indem er, wo Formen auf i und e sich linden,
die letzteren den Menschen, im Gegensatz zu den Sachen
zuschreibt. Und so lesen wir auch sicher fr 55 statt in
nomine iure nominis (der Verf. vermuthet in omni iure
dominetur) in nomine hominis, indem wir iure auswer-
fen, das nur durch Dittograpliio iles Schlusses von nomine
entstanden scheint. Die Schrift beschliesst ein Register.
Druck und Papier sind schon, wie wir es an der Ver-
lagsbuchhandlung gewohnt sind. ^.
') Der vom Verf. nbi;r!;.inscne Zweifel Freitnd's (Lcxicon
S. XLV) scheint nicht so bedeutend. D.iss Plinius im
Scbroiben seine Regeln stets streng befolgt, ist nicht nü-
thlg, und in der dritten Sti'llc, die der Verf. viel licbtigcr
gibt (fr. 16), tadelt PI. wolil nnr die, welche clipens
Schild von clno .ibleiten , wobei denn auch ein Wider-
spruch mit dem Fr.igm. sich ritulet. Warum soll aber
PI. nicht seine Ansicht geändert liiben? Wir I^cmerken
hier noch , das« die Schrift des Dichters Pomponiiix Se-
citndus an den Patus Tliraseas Cliar. I, p. 100. vorgl.
p. lOl, Qiünt. VIII, 3) auch wohl analogisch war.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Sonntag, 27. Januar
18 3 9.
Nr. 12.
Viro perillustri Godofredo Hermanno praesidi gno diem
natalem a. d. IV. Cal. Decembr. a. MDCCCXXXVIH
congrafiilaiiüir Societas Graeca et Rcäfium Sciniua-
rium Pliilologinim interprete Eduardo Jenicke. —
Iiisunt observationes in Isaeuni. — Lipsiae ijpis
C. P. Mdzcri.
Die Zahl derer, welche zu Hermann'« Schulern im
rngern Sinne sich bekennen , «elclie sclion dnrch seinen
Namen eine reiche Fiille der liebsten Erinnerungen in
«ich geweckt und das Herz lebhaft erwärmt fühlen, ist
nicht gering; grösser noch ist sicherlich die Anzahl derer,
■welche den Werth wahrer Pietät, den unschätzbaren
W'erth eines innigem Verhältnisses zwischen Lehrenden
und Lernenden erkennen und die Acusserungen dank-
barer Liebe von Seiten der Letztern vollkommen zu wVir-
digen wissen. Darum kann es wohl nicht felilen, dass
Viele schon um lies Titels willen diess Schriftchen freund-
lich willkommen heissen ; es kann nicht fehlen, dass die
Mehrzahl der Leser gern dem Wunsche des Verfassers
Folge leisten und Veranlassung und Zweck wie bei der
Leetüre im Auge zu behalten, so bei der Bcurtheilung
in die Wagschale zu legen geneigt sein werden. Um so
erfreulicher für dieselben , um so ehrenvoller für Hrn.
J. muss es darum auch sein, wenn die Observationes In
Isaeum der Kritik gegenüber eines solchun Schutzes nicht
bedürfen. Und sie beilürfcn desselben nicht. IL J. bie-
tet uns hier auf verliältuissmässig geringem Räume der
interessanten Vermuthnngen und der sciiarfsinnigen Er-
klärungen so viele, und in einem so anspicchenden,
klaren nnd reinen Gewände , dass dieser erste 1 ersuch
alle Anerkennung verdient und zu der üeberzcugung be-
rechtigt, es werde diese Gabe dem allverehrten Lehrer
iii doppelter Hinsicht eine vollkommene Geburtstagsfreude
bereitet haben.
Unterzeichneter, der für die Kritik nnd Erklärung
der Griechischen Redner immer eine besondere Vorliebe
hegte und bisweilen eine Mussestnnde diesen herrlichen
Denkmalen des hellenischen Alterthums widmet, verdankt
diesem Schriftchen eine ebenso angenehme, als lehrreiche
Ferienbeschäflftigung, und will es versuchen, dem Hrn.
Verf. sich dadurch erkenntlich zu beweisen, dass er ihm
einige seiner Ansichten über die behandelten Stellen in
der Kürze mittheilt. Den Vfei^ der Oeffentlichkeit hat
er dazu gewählt in der Voraussetzung, dass es wohl dem
and jenem nicht unlieb sein dürfte, gelegentlich von einem
Werkchen etwas genauere Kenntniss zu erlangen, das
seinem Charakter nach schwerlich auf dem Wege de«
Buchhandels zu beziehen sein wird ; und dieser letzte
Umstand wieder veranlasste ihn, auch dasjenige, worin
er dem Hrn. Verf. beipflichtet, wenigstens kurz zu er-
M'ähnen,
Aus der Rede über die Erbschaft des Kleonymus be-
handelt Hr. J. folgende Stellen; §.10 vermuthet er, für
lauid^lj möge Isaeus iiQUjzrih] geschrieben haben. Diese
Emendation empfiehlt sich nicht iienig dnrch Leichtig-
keit nnd passenden Sinn , nnd dürfte vielleicht bei Eini-
gen dadurch noch mehr Gewicht erhalten, dass sie auch
schon von einem Anderen aufgestellt worden ist, wie sich
Hr. J. ans meiner Beurtheilung der Schömann'schen Aus-
gabe (Allgem. Schulz, n. Abth. Nr. 54, p. 4J6 sqq.)
überzeugen kann; doch durch den Schreibfehler eöwfjpi/?/
im Cod. Par. kann sie schon desshalb nicht unterstützt
uerden, weil demselben gar kein Ansehen gebührt. Ref.
glaubt noch immer, dass £a(rj^ii durch seine Bemerkun-
gen a. a. O. genügend gerechtfertigt sei. — ^. 12- Nach-
dom Hr. .T. anerkannt, dass oi'de 7r£QtSids durch Klotz
üuaest. critt. p. 8>> gut vertheidigt sei, nimmt er uoch
Aiistoss an oi'äcvog und vermuthet oi'dev wj. So ge-
ring die Aendernng ist, so wird doch diese Conjectur
nur dann Beifall finden können, wenn vorher bewiesen
ist, dass OL'dcVOQ nicht mit TtSOiCiSe verbunden werden
kann , sondern auf £DÖe£tg bezogen werden müsste. Da
wir nun nicht sehen, warum das Erstere nicht möglich
wäre, 80 halten wir auch diese Emendation nicht für
nöthig. — §. 14. Die Lesart der Handschriften : oü^
oi'TU}^ trjj da9£vd>v 8l(ty.£/u£vog, wird aus dem Cod.
Paris, (u'jg cioi^£vwg) verbessert in oüx oürojg da^svvjQ
i)iay£iu£vog. Wenn nicht vielmehr Bekker das Rechte
gesehen, indem er t/j? ci.a\}£vojv für ein Glossem hält,
wird Hrn. J.'s Vermuthung wenigstens der Schömann'ü
vorzuziehen sein. — g. 21. Das schon von Hrn. Schö-
mann wieder hergestellte uei wird gut vertheidigt. —
§• 28- fAOVOC; soll in inuvovg verwandelt werden, weil
Kleonymus nicht der einzige genannt werden könne, da
ja auch die Gegner sie der Erbschaft berauben wollten.
Hr. J. hat seinen Beweis mit möglichster Sorgfalt und
Genauigkeit geführt; doch hat Unterzeichneter dagegen
zu bemerken, dass der Redner auf die Gegner, voo
denen sich das von selbst verstand , natürlich keine Rück-
sicht zu nehmen braucht, und nnr den Kleonymus dem
Kephisander und den übrigen Freunden der Gegner,
welche Diäteton waren, entgegensetzt; er hebt also her-
91
92
vor, »ie Kleonviniis unter ileiien , uelrhen ein entschei-
(lendrü l'rllipil zustAnil, cli-r einziffc sein würde, der seine
Klienten ausscliliesseu «ollte, wenn daa ron den (ie^nern
vorgelirarlite Teslanieut als gnllis anerkannt Hürde, und
das» dipss um so sonderbarer ersriieinen müsse, da Kleo-
uymuj {jeraile immer sieh wohlwollend ge^cn sie gezeigt
h'alie; ilarnm würde Ref., selbst wenn die llandselirifteD
zwisriien nüiui und iiüuuUi «alilen liessen, ^tjoKK vor-
ziehen; wie viel mehr, da sie es einstimmig schützen. —
§. 33. oi'raj,- :iuiiiv, ujore f^i-dt köyov vuokeiÜ'Ctv
soll vertheidigt werden durch üemosth. Phil. III, §. t)7
pro ."Megalop. §. 4, wo 0)OJE ebenfalls mit einem Inf.
Tut. verbunden ist. Ob aber der Gedanke: Glaubt ihr
nun, dass er, der mit uns im freundlirhsten >'ernehmeii
ktaiid, so handelte, „dnss er Un$ alle Hoffnung ab-
»chnitt'-''l ob dieser Gcilanke tuorf mit dem Inf. Fut.
zulSsst, das scheint doch nicht ohne Gruod bezweifelt zu
werden. Besser scheint die Emendatiun lies sonderbaren
ui&i }.ö'/'Oi' geglückt zu sein, wofür iiljd' okijov vor-
geschlagen und durch Berufung auf die Varianten zu IV,
§. 2(t und auf Schaef. zu Demosth. Tom. V, p. 408
wahrscheinlich gemacht wird. Da uriuii — v7roK6ilp€C
aus dem nicht selten corrigirten Cod. Q. kaum von Isaeng
Lerrühren ilürfle, so ist vielleicht zu schreiben inokei- ■
naiv. — §. 4ti. Hinsichtlich der Richtigkeit des Textes
stimmt Hr. J. ganz mit dem Unterz. überein, aber über
die Erklärung ron ißovh'j^ljuev ist er verschiedener
Ansicht. Ref. stellte a. a. O. p. 434 die Ansicht auf,
weil ißovkljdl-f^ieii von der in dno^Vl'joy.uvTSC, liegen-
den nicht erfüllten Bedingung abhängig sei , hätte es ei-
gentlich die Partikel uv bei sich haben sollen und könne
dieser nur darum entbehren, weil der Satz dem vorher-
gehenden, in welchem uv schon enthalten ist, coordinirt
ist. Ilr. J. dagegen behauptet, man könne hier nicht
den Gegensatz bilden at voluinius , und darum dürfe nach
Herrn, de part. üv libr. I, c. V> , p. (j'2 diese Partikel
nicht stehen. Die Bildung de» Gegensatzes ist im Grunde
wohl Kichts, als eine Art Ilandirerksvortheil , und die
eigentliche Entscheidung muss jedenfalls der Umstand
geben, ob das Verbum von einer Bedingung abhängt, und
wie dieselbe beschaiFcn ist. Nun liesse sich allerdings der
Gedanke so fassen: wir wollten doch wohl nicht, dass
nns Andere beerben sollten, im Falle dass wir stürben;
dann bezöge «ich die Bedingung nicht üuf den Willen,
sondern das Beerben, und da müsste ißuv}.lj9}^'luCV nach
Ilerm. de part. uv libr. I, c, 12, p. t)9 natürlich ohne
äi' stehen. AVcnn aber, »rie es die Construction zu ver»
langen scheint, duo'JvtjO'/.ovxti mit izßov).1]9l^Lif:V ver-
bunden werden muss, und der Gedanke sein soll: wir
würden doch wohl als Sterbende nicht etwas Anderes ge-
wünscht Laben, so hängt das Wollen von einer Bedin-
gung ab, die nicht eingetreten ist, und da sollte i(jOV-
Kl^\}rutv üv »tehen, und das Fehlen der Part, mussauf
die obige Art erklärt werden. In diesem letztern Falle
kann man auch den gewünschten Gegensatz bilden, näm-
lich: waren wir lor KIconvmus gestorben, so würden
wir doch wohl sterbend nicht Andere aU ihn, uuseru
Dach<<fen Verwandten, zu Erben gewünscht haben; jetzt
aber, da er vor ung gestorben ist, wünschen wir n..tür-
lich Andere. Diecer Gegensatz geht freilicli die Ue-
weisführnng Nichts an ; das ist aber auch nicht
nöthig.
Aus der Rede über des Menekles Erbschaft behan-
delt Hr. J. g. 9 und schlägt für ijitSidioaiv ai'Trßyor:
unoöitituOtV ai'T(0, eine Emendatiou, die dem Unter-
zeichneten vor Thvrwitt's frciöiduioiv ctvx^ den Vorzug
zu rerdiencu scheint. — JJ. 14. oj? £v cpoovüvvtl wird
ähnlich vertheidigt, wie von Unterz. in den Act. S. Gr.
Vol. II, p. 105 stj. — §. 20. TU ovof^ia hatte Schöm.
erklart: tu Ttjq naQacpoooi'vtjg övofia. Hr. J. zeigt,
dass es, nur auf yt'V)j bezogen, einen recht trelTendeu
und schönen Sinn gibt. — §. 22. Während die Einen
dv^QuiTlov^, die Andern i>ud<; herauswerfen wollen,
hilft der Verf. durch Emendatiou und ändert viid.^ in
uuoi'cug; jedenfalls eine beachtonswerthe Verbesserung. —
§. 24- I^s wird gezeigt, dass man an dem epexegetischen
TUL' TCOlljaaai}ai ohne Grund Anstoss nahm. — §.30. Zu
Ws TS Öiiüfie^a macht Hr. J. die vorzügliche, beinahe
über allen Zweifel erhabene Conjectur : ty^ yP. dl] (üo-
f.'-£9a. Den Ruhm dieser Entdeckung aber muss Hr. J.
theilen^ denn dieselbe Emendation wurde auch schon
früher einmal von einem Alitgliede der Griech. Geiell-
schaft gemacht, wenn Ref. nicht irrt, von H. Sauppe. —
§. A'). Hier nahm Schöm. eine sehr verwickelte, oder
richtiger ganz abgerissene Construction an , indem er die
Worte des §. 37 ^uivTOi; ^tv etc. als die eigentliche
Fortsetzung des §. 35 abgebrochenen Gedankens betrach-
tete. Der Verf. macht nun darauf aufmerksam, dass
schon oiiTOi de in §. 35 die nach 7loAA.(ij TlXeiova
durch eine Parenthese unterbrochene Construction wieder
aufnimmt, sobald man nur, wie sich von selbst verstellt,
den bessern Handschriften folgt und iyto yuQ ichreibt,
statt aus dem mehrfach iuterpolirten Cod. Q. cyo) fxtv
yup eic. aufzunehmen.
In der Rede über die Erbschaft des Pyrrhus wollten
Bekk. und Schoem. §. (i yi'VUiy.öi entweder in den Nom.
verwandelt oder entfernt wissen. Hr. J. vertheidigt es,
wie auch Ref. in den Act. S. Gr. V. II, p. 115. —
g. 17 soll iiTf' dvoiui ctg aürdg durch die Erklärung
dvoia eis Tiva Z^ amens amoris impetus in aliquem ge-
rettet werden. Auch Ref. dachte einmal so; da es ihm
aber nicht glücken wollte, irgend eine Bestätigung dieser
Erklärung ausfindig zu machen , wurde er misstrauisch
gegen sie; hielt es für bedenklich, ein dtia^ keyöfXSVOV
anzunehmen, wo eine leichte Verbesserung einen nicht
weniger passenden, ja vielleicht noch besseren Gedanken
bietet. Denn durch Ctg iaVTOVg kommt eine keinesweg»
raüssige Beziehung in den Satz, und die avota leidcn-
gchaftlicher Jünglinge wird nun besonders scharf der Be-
sonnenheit gegenüber stehen, die sich von dem schon
bejahrten P^rrhus erwarten liess. Ucbrigens fällt bei
j'yT dvoiag et'i avxüg nach der obigen Erklärung auch
auf, dass damit nur eine Wiederholung dessen gegeben
sein würde, was schon in imdvfAl'jaavTtg toiovtiov
yvvaixvjv und «xparw; ixavTsg aüicüv liegt. Sollte
ia die Lesart der Handschriften vertheidigt werden, so
iTürde vielleicht besser iiTl' dvoiag äf^taftTCtveiv ei'g Tiva
ronstruirt und erklärt: aus Unverstand in Beziehung auf
Jemanden, in seinem Verhältnisse zu Jemand einen Feh-
ler begehen i also t/j ganz allgemein nur die Richtung,
93
94
Beziehung andeutend. — §. 28 findet sirh nach nolhjj
liit/.Xoi' in den besten Hanilscliriften ?;, und dessgleic hen
^. ','9 nach 711>}JM Tlkf/uii >]v. Die Herausgeber ent-
lernten beides als ȟllif unpassend. Aber wie entstand
die Corruntel ? Folgen «ir der ^'ermnthung des Hrn. Verf.,
der an beiden Stelleu dv dafür einsetzt, so haben »ir
etwas dem Sinne ganz Angemessenes und zugleich die Spur
des Ursprungs der Verderbniss gefunden. — §. 33 noXkio
:i}Jov Ti/Q. h'js^ioc. Tov y.h](iuv oiyycnui at'ioiq er-
kl.'lrt Hr. J. : Sonne apparet, tjuae iani dudnni farta esse
testati sunt, tnulto potius proptei- liereditati.1 petilionevi
esse coiinnenlos, und entfernt dadurch jeden Yerdaiht einer
Verderbniss in der hands« hriftlichen Lesart. — J5§. 55 —
57. Der Ideengang des Redners hat hier den Erklärern
maueherlei Schwierigkeilen gemacht. Schon Reiskc stiess
an und glaubte, nur dann könne ein passender Sinn ge-
«tunnen werden, wenn man §. 57 ovj vor ü(Jio}Myovoi
tilge. Bekk. folgte ihm und schloss die Negat. in Klam-
mern ein. Hr. Schom. vertheidigte dagegen Of'jf. Uiese
^'ertheiiligung erschien dem Unterz. wohl gelungen und
überzeugend , hat aber Hrn. J. doch nicht überzeugt.
Allerdings nun kann nicht geläugnet werden, dass die
Schuld davon zum Theil an Hrn. Schöm. selbst liegt,
welcher die AVorte: yat u'x; dhjdij Xiyoj de. übersetzt:
„Sed quo cognoscatis , testivwniis adoptionem probatam
esse, ipsa vobis testinionia proponam;" denn diess kann,
wie Hr. J. mit Recht bemerkt, weder in den Worten
füglich liegen, noch passt es in die Argumentation. Aber
was der Verf. bietet, w ird schwerlich Jemandem genügen,
da es ihm selbst nicht genügte. Er gibt den Inhalt der
bezeichneten ^^. also an: „Apparet enim , nisi sie (näm-
lich ut ex concubina procreatam) habuisset uxoiem, cum
Endio disceptaturum fuisse, praesertim quum sibi propo-
guisset, negare adoptionem; atque ut homo, qui caussis
nescio quibus hoc negaret, falsi testimouii aecusavit, qui
tum testati sunt [et hoc eum fecisse leget scriba ex teati-
moniis allatis^. Atqui ctiam illud apparet, concedere
eum iustam esse adoptionem , alioquin hereditatem vivo
eripere studuisset, qnod quum non ausi sint, timentes,
ne laberentur caussa , illo ipso ostenderunt, adoptionem
non esse uegandam. " Zuerst nun begreift man nicht
recht, warum Hr. J. einen Theil durch besonderen Druck
ausgeschieden und in Klammern eingeschlossen, und was
er damit beabsichtigt hat. Ferner lässt sich nicht erken-
nen, wie er die von Atqui etiam an aufgestellten Sätze
im §. 57 gefunden bat. Und drittens ist mehr als zwei-
felhaft, ob diese Sätze in einer passenden 1'erbindung
mit <\en\ hier zu führenden Beweise stehen. Dass Isaeus
gesagt haben müsse, lüg oi'X ö^tokoyouot lijv jov
'Eiöiov TCo/tjoiii i'Tld TOV Ili'göoi' yivtadai, beweist
der folgende Satz: ov yug av i'TlsgßuvTeg juv
T eke VTUiov tov o'iy.ov ytysvrjfxevov y.ktjQ opäf^ov
vntQ TTji yvvaiv.dg tov II v q ^ o v y.Li'iQov kaxeiv
T1]V k}T^iv TJ^/ujOav OVTOl. „Aber das ist offenbar,
dass sie die Adoption des Endius nicht anerkennen ; denn
sonst würden sie nicht mit Uebergehung des letzten Be-
sitzers die Erbschaft des Pyrrhus verlangen." Hätte
Xenokles jene Adoption anerkannt, »o musste er auf die
Erbschaft des Endius seine Ansprüche stellen, nicht auf
die des Pi/rr/ius. Der Ideengang des Redners ist in der
ganzen Stelle folgender: Zuerst stellt er den Satz auf:
,, Es ist «flenbar, dass Xenokles, wenn ihm nicht sein
Weib als ein uneheliches Kind des Pjirrhus verlobt wor-
den wäre, noch bei des Endius Lebzeiten von demselben
das väterliche Vermögen seiner Frau, als einer in ge-
setzniässiger Ehe ton Pyrrhus erzeug(en Tocliler, iu An-
spruch geiiouimen haben würde, da er ja Kinder von
dieser Frau ha((e." (Die Ansprüche der Kinder einer
Erbtochter auf das grossväterlichc Vermögen erloschen
nicht, selbst wenn ihr Vater durch besondere Rücksich-
ten sich abgehalten sah, dieselben zu verfolgen; vergl.
die zehnte Rede und aus der dritten j^JJ. 50. ( •'). , Er
würde diess aber nni so mehr gethan haben, da er die
Adoption des Endius gar nicht anzuerkennen bereit war."
Ann gibt er die Beweise für diesen letzteren Ausspruch.
Der erste ist enthalten iu vjg dij oi'l üfiokoydjv TIV)^
iTiioy.&nitxo *) lotq fit^tuQzVQijyuaiv ini ttj fitad^y.)j
TOV IliQ(jov na()aylvliodut , und da er sich auf ein
ehemaliges factum gründet, wird diess durch ein Zeug-
iiiss ausser Zweifel gesetzt (y.ai v'xi äJr^äi^ — M-IP-
T i'PIA). Der zweite wird gegeben ^. 5/ und stützt
sich auf das gegenwärtige 1 erfahren des Xenokles. §. 58
enillich kehrt Isaeus zur Hauptsache zurück mit den
Worten : ot'xovv dvo/'v TU itS(ja UQOofjy.t tij yvvaiyi etc.
Nur eine Schwierigkeit bleibt nun noch, die von Hrn.
Srhüm. richtig bemerkt wurde. Känilich statt: akki'-
111 V y.dy.Eivö ys ölXop, erwartete man eher SljkoL
Doch dürfte desshalb keine Aenderung iiöthlg sein, wenn
man berücksichtigt, dass durch das Vorlesen des Zeug-
nisses die Rede unterbrochen worden ist. So haben wir
no(hdürftig passenden Sinn und Zusammenhang; frei-
lich nur nothdürftig; wesshalb der Verdacht einer
Verderbniss von Unterz. keineswegs als beseitigt betrach-
tet wird. Aber so viel scheint ihm gewiss, dass ovy_ §. 57
nicht anzugreifen sei. Vielmehr dürften die Worte w?
ö!] oi'X öf.tokoyiov nujg insoxijTiTe für neue Ver-
niuthungen einen bcachtenswerthen Fingerzeig geben. —
Hr. J. geht zu der schwierigen Stelle im 61- §• weiter.
Unterz. hat über dieselbe ausführlicher in den Act. S.
G. II, p. 123 sqq. sich verbreitet, leider aber bis jetzt
die Ueberzeugung behalten , dass er daselbst ungleich
glücklicher im Kiederreissen , als im Aufbauen gewesen.
Er befand sich eigentlich in einer für Hrn. J. gewiss
recht günstigen Stimmung, indem ihm eine neue bessere
Erklärung nur erwünscht sein konnte. Aber er vermochte
den Ansichten desselben do<li nicht beizutreten. Hi. J.
übersetzt: „Se igitur ab illo, <^vi adoptione heres est
{'.laQu TOV epTV^öfzog sc. Tiß oiy.(p) petitiunis facultas
deveniat ad illos , qui litetn de possessione intendere vo-
lunt i. e. propinquos {TOti; y.aru yipovg), neve alii etiam
non propinqui acquirere studeant hereditatevi , cuius heres
non Sit relictus, propterea iniöty.dCovxai i. e. i«» pe-
tendae hereditatis coram archonte demonstrant et iur»
suo pelunt.'-'' Die Bedenken , welche bei dieser Interpre-
*) Die Hanilschrilten gi-bm inia/.rim.t. Pass im l,cx. be-
merkt zwar, auch das Activ werde, nur seltner, wie das
Med. gebraucht; da aber bei den Rednern ausserdem
gegenwuitigen sich kein Beispiel zu Gndcn scheint, trage
ich kein Bedenken, Reiske's Verbesserung anzunehmen,
zumal eme dutcU das feilende toTj so sehr edeichteite.
95
tation sich anfdrinifpii , sind in tii-r Kürze ful-fcnde : 1) Man
verniisst den Beivois, dass o f i. rj'/Wi' absoint jjosajjl »er-
den könne filr o; iisrrx^ ^iji oi'/.p Tl'Diri^et'i. 'J) -Nach
der gegebenen Erklärung' erwartet man Tor yj.l'oor rj
f.ij^li statt TiC>i> y.UjOuiv cd U-i;ci^. ,i) Ohne allen Ginnd
werden unter oi diKfiaßvTEiv IjOvXÖuevoi bloss Ver-
wandte, unter Tlve^ bloss Fremde verstanden. 4) Auch
der Ausdruck yiyvscai li xivi rraoä tivu- di'iifie in
der angcnoniniencn Be<lcuinny einer Besfafigunjf bedürfen.
.5) Wie soll Jemanden durcli die Kpidikasie des Erben
die Äjjt'; cntzopfen »erdenl )'.i;^/i ist ja Airlits weiter,
als die eingereichte schriftliche Petition, die jeder machea
konnte und machen nuisste, »renn aucli schon tou dem
präsumtiven Erben die E|)idikasie veranstaltet «ar, so-
bald er seine vermeintlichen Anspriiche geltend machen
Hüllte, (i) Da oi uu(fiaßijT{iv ßovLt'iiUvoi und Ttvkq
nnmfiglich so geschieden «erden können, wie sie der
Terf. scheidet, so würden die beiden Satze ///' — yiyvujv-
TOLL und lo-j — TokiiujOl bei der angenommenen Erklä-
rung von yiyvca9ui rivi naoä iivo^ nothwendig zusam-
menfallen.
In der Rede über des Nikostratas Erbschaft wird
§.^7 das schwierige iiäy.i^ iVk^Etov emendirt i^Ey.li-
pVjr9i;T0V , was allerdings noch ansprechender ist, al«
Schömann's Cir/.c/oDoi'. — §. 13 tov öh CviiticuvoiTÖg
ioTt, wird erkl.'irt: „es ist Sache des Zufalls," d. h. es
hängt vom Zutall ab und kaun nicht vorgesehen werden. —
§. 24 tciool wird gegen Hrn. Scliömanu; der avTOi
vorschlug, gut verthcidigt.
(Bcsc hlus» fo Igt.)
Zur Kcnnlniss der Quellen des Pliniiis.
Herr Dr. Cäsar, welcher im Juniheft der Zeitschr.
f. .4. W. von 1S3S, das mir so eben zukommt, mit Fleiss
und Gelehrsamkeit die Quellen nachweiset, aus denen
Plinius an mehreren Stellen , in denen er sich auf Hesio-
dos beruft, geschöpft habe, sagt in Bezug auf die Stelle
üb. X, c. H>J. (Viros avidiores Veueris hieme, foeminas
aestate Ilesiodus prodidit) in >'r. 65 (S. 5i2) dieser Blät-
ter: „(diese Stelle) kann aber, wiewohl ich die unmit-
telbare Quelle nicht angeben kaun, doch schwerlich die
Bekanntschaft Hesiod's (soll heissen : des I'linins) mit
diesem Gedicht (Hes. Opp. et D. ,')Bli) beweisen, da die
Stelle nicht einmal genau der Hesiodischen entspricht."
Sehr richtig! Hcsiodos sagt nur die letzte Hälfte w>n dem,
was Pliuius ihn sagen lässt, und dieser hat also wohl,
wie CS solchen Sammlern öfter begegnet, einen andern
Gewährsmann, der sich auf Hesiodos berief, ausgeschrie-
ben, und Alles, was der erstcre sagt, dem letztern zu-
geschrieben. Aber welches ist dieser Gewährsmann? Es
i«t Niemand anders als Aristoteles. Derselbe berichtet
die von Plinius erwähnte phvsische Wahrnehmung einmal
in der Historia Animaliuni l'ib. V, c, 8, aber ohne des
Hesiodos zu gedenken, ganz in der Weise, wie Plinius
davon redet: Jpy« Öe 7i^ug xrjv ö^ä.iav xiäv uvi}o(jj-
96
TTo)V TU jitv aooüv Iv T(!i xfitnovi ftutJMv , ru^bl
dljKv £l> T(p 98Qei. Pjiu andercsmal aber, wo er zwar
von der nämlichen Erscheinung handelt, jedoch wosentli<li
nur das entgegengesetzte Verhalten der beiden Geschlech-
ter zur .Sommerszeit im Augo hat, Problem. IV, 2(i
(25. Bekk.), fügt er hinzu: y.a^diieo xai 6 tioujti)^
Xeysi int nS Oxakrino, und setzt dann den von llrn.
Cäsar angeführten Vers bei. Allein hier haben sowohl
Casaubonus als Bekker bemerkt, dass statt Ltysi sich
auch die Variante JlaioSui finde, und so las wahr-
Bcheinlich Plinius in seinem Exemplar des Aristoteles
und legte nun, da er die \otiz aus dem Gedächtnisse
niederschrieb, «lern Hesiodos bei, was Aristoteles an der
ersten Stelle gesagt hatte. Diess konnte ihm um so leich-
ter begegnen, da Ar. wieder in Problem. IV, 2!) ['S- Bekk.)
den Gegenstand in iler nämlichen Fassung bespricht, wie
in der Hist. Animaliuni. Wollte man annehmen, Plinius
habe in seinem Aristoteles auch nur ö uutljTi^g ohne
Jlai'ociog gelesen, so hätte ihm der Vers als ein Ilesio-
discher bereits bekannt sein müssen, und dann konnte er
die aufgezeigte ^'erwechselung unmöglich begehen.
Kreuznach im Januar 1839. Dr. Knehel.
Personal-Chronik und Miscellen.
St. Petersburg, 12. Jan. Unsere Akademie der Wissen-
schaften beging vorgestern ihr 1!2. Stirtiiiigsfcst und mit dem-
selben den solennen Akt, den sie seil dum Jahre 182G an ilie-
sini Tage zu bagelien pdegt Eine zahlreiche Versammlung aus
allen Stunden wohnte demselben bei. Der beständige Secrelär
der AkiJemic , der wiikliclie Staatsialh Fuss, verlas den Jah-
rcslieiicbt, in welchem er eine umständliche Darstellung vom
Gesammtzuslandc der Akademie, wie von der wissenschaftlichen
Tli:itigkeil ilircr Glieder im Verlauf des Icl/.ten Jalircs gab.
Unter den bei dieser Sitzung neuaufgenommeiicn Elireniiiitglic-
dern der Akademie bemerkten wir von Iiilamlern : den wirk-
lichen Staatsratli Adelung , Director des unter dem auswärtigen
Ministerium siehenden Orientalischen Insliluts, sowie unter der
Z'ilil der Corrc-ipondcnlen *ioA\ an der Universität zu Dorpat
angestelltsn , jedoch schon im zweiten Jahr hier anwesenden
und mit clcktro - inagnctisclien Arbeiten besch;itl"ligten Professor
Jakobi.
Dovpat, Am 2\. December beging die Universität zu Dorpat
das Fest ihrer vor 35 Jahren gcscliclienen Stiftung. Cci dieser
(jelcgrnheit trug Professor Bunge, Dekan der Jonslen-Kacultät,
einen Bericht über den Zustand und die Wirksamkeit dir Uni-
versität im let«tverlaufeiien akademischen Jahre vnr; er knüpfte
daian eine biosrapliische Skizze und Charakteristik des im Fe-
bruar vergangenen Jahres z'i (liessen veistorbenen , um die
Universität Dorpat sehr verdienten Professor ("lussiiis und ver-
offentliclilc sodann die Preise, welche raelireren Studirendca
zuerkannt wurden. Nach Beendigung des festlichen Actes ver-
sammelten sich die Professoren und Studircnden der Rechts-
Faciiltiil im juristischen Hörsaale, wo die fcierliehc Aufstellung
eines Brnstuildes des Tcrstorbenen Professor Clossiiis stattfand,
das seine dankbaren Schüler vom Maler Hau hatten ausführen
lassen.
Sachsen, 7. Januar. Der geistliche Inspcctor Schmic-
,dcr an der Landcsschulc Pforta hat in den ersten Tagen des
Januar »eine Stelle niedergelegt und ist nach Wittenberg als
zweiter Director des dortigen Prcdigcrseminariunis abgegangen.
Z e i t s c li r i f t
für die
Alterthu ms Wissenschaft
Mittwoch y 30. Januar
18 39.
Nr. 13.
Viro pprilliistri Goilofredo Ilprmaniio prarsidl siio ilicm
iiafalcm a. .1. IV. Cal. Dc( cinl.r. a. HIDCCCXXX^III
coii;;ratnlniilur Societas Graeca et Rcpiiiiii Soniiiia-
riaiii Pliiloloffiruiii iiiterprcte Edaardo Jenicke. —
Iiisniit obseriationcs in Isacni».
(BcscLIuss.)
ücber lies Philoktcmon Erbsrhaff g. 13 hatfe Bckk.
filr Z(ia.yfia TlQUTTOVXii gpsrliriebeii TiQuyiia nXav ■
roVTli. Scliom. fdlgte ihm, bcn\crkte aber sehr richtig,
(iass die Worte y.ai oi'öe ysiouivuv ei;;en(lich dazu gar
nicht passen, und meinte.- Isaeus habe sirli hier eine
grosse Uebereiliinjf zu Schulden kommen lassen. Ilr. J.
auclit nun zu zeigen, dass man eine so auffallende Un-
achtsamkeit dem Redner nicht Schuld zu geben brauche,
«enn man den Handschriften folge. Dann sage Isaeus:
„Rem agunt, sivera esset, impuilentissimam , nemo enim
patris errores tarn publice profcrret, ac ue factam qui-
dem, id quod statim docebo." Da sieht man nun frei-
lich nicht, wie sich nemo enim etc. und ac ne factam
(juidcm zu rem agunt Terhalten ; oder mit andern Wor-
ten: es scheint, es habe Hr. J. 7lQa.yua in anderem
Sinne bei der Apposition ävaiSeia i'TlSQßatXov , und
in anderem bei ovSs ySvuuEvov genommen, was doch
unmöglich geschehen kann. TTQU.ytia nuiss in beiden
Fällen das angebliche Verhältniss znischen Euktcmon
und der Tochter des Pistoxenus sein; also mit Beibehal-
tung von TlQUTTOVTEg hiesse die Stelle: indem sie eine
That (Handlungsweise) des Euktemo zu Stande bringen
(durch das, was sie sagen), welche an Unverschämtheit
Alles übertreffen würde , aber auch gar nicht stattgefun-
den hat. — §. 22. £1 [u>} Ovyiinooirj tovtov eiaax^i]-
vai stutzt sich bloss auf Z., die übrigen Handschriften
scheinen die Vulgata zu haben : tovtov eÜv f.ioayßrivai.
Wenn dem so ist, so dürfte es allerdings zweckmässiger
sein, kdv zu emendiren, als auf so unsichere Anctoritüt
Lin herauszuwerfen, und dann wird Hrn. J. 's Vermuthung
TOVTOV vibv alaax^ijvai Beifall finden. — g. 51). Hr.
J. vermuthet v.ai tovtoj f^itv ov do/.£i dia/.iaoTVQ £ iv.
Kühn sicherlich; richtig kaum. Schon darum muss diese
Eimcndation missfallen, weil in der Piegel nicht der Pe-
tent selbst die StUfiaoTVg/a einlegte, und namentlich der
schüchterne Chärrstratus das gar nicht gethan haben würde,
dana aber auch: weil ov So/.et den Gedanken matt und
schleppend macht, gegen das gehalten, was die Hand-
schriften bieten. Wer des Ref. Ansicht Act. S. Gr. II,
p. 113 nicht billigt, wird wenigstens otöfi^ Sia^ciQTV-
occ unangetastet lassen müssen, aber bei der Eniendatiou
eine sehr schwierige Aufgabe zu lösen finden. — §. G2.
Das corrupte y.ai yug ö öov:; xcd 6 Ö/ci^iiisvog, v.a'i
[KiOTVQOvotv Ol 7varjay£vujt£voc cmendirt Hr. J. y.ai
yuQ OVTO^ 6 Sovg etc. und übersetzt: „Etenim hio
dator et testator, et hoc dixere qui adfuerant." Es bleibt
noch übrig nachzuweisen, wie das in den Zusammenhang
passt, was man wohl mit Recht dem Verf. selbst über-
lässt.
In den viel angefoclitenen Worten der Rede über die
Erbschaft des Apollodor §. 5 findet Hr. J. keine auffal-
lende Anakoluthie, da ö finv jilvijOajv — vvv Tioiijoä-
jifvov eine Parenthese bilden, und JEvTtokig ovv den
abgebrochenen Satz wieder aufnimmt. Ref. ist derselben
Ansicht. — ^. 7. Auch hier stimmen wir ganz bei,
wenn die handschriftliche Lesart gegen angebliche Ver-
besserungen geschützt wird, und fügen noch hinzu, dass
Schümann's Behauptung, es sollte eigentlich heissen W5
iavTOV oVTa, schon dadurch widergelegt ist, dass das
folgende ävÖQi t£ yevoutvip uns zwingt TTCciSa OVTU
zu verbinden, nicht aber €TOS(pe w^ hcWTOV OVTCC. Aber
y.ouiC£a9ai ist gut und überzeugend gesprochen. —
§. 8. oTi '^4Tio\k68u)goq iriTrov&sv , 6 dvT£VTtoi£iv
i'ji;iov TOi'5 iavTOV £V£()y£Ti]navTaq ist gut vertheidigt.
— §. 44. Wen Hermann zu Eur. Med. ed. Elmsl.
p. 330 sqq. ed. Lips. überzeugt hat, wird nicht Anstand
nehmen, hier mit Hru. .). den Handschriften zu folgen
und oi'Öl: TOVTO) äv etc. aufzunehmen.
Dass der Druck corrcct ist, versteht sich bei dem
Zweck der Arbeit von selbst; Ref. hat nur p. 8 i/'i'^''"
und p. 16 £^t]piniUjaov bemerkt; dessgleichen, dass die
Latinität sorgfaltig beachtet wurde. Wenn sich dennocb
einige Ausdrücke wie nunc teniporis p. 1 und einige
weniger präcis gedachte Wendungen wie p. 4 et ipsß
sciam — ficri potuisse, eingeschlichen haben, so will
das Unterz. weiter nicht urgircu. Je mehr die Sache
selbst die Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, um so
leichter schleicht sich in die Form ein kleiner Makel
ein, ohne dass daraus mehr geschlossen werden dürfte,
als dass man eben auch sich einmal versehen. Im All-
gemeinen gebührt der Sprache des Hrn. Verf. das Lob,
dass sie leicht dahin fliesst, die Idee klar und deutlich
dem Leser vor dio Seele führt, und, ohne ängstlich jedem
Steinchen auszuweichen, doch den klassischen Mustern
ziemlich nahe kommt.
99
100
Wir »ersitlKTii ileii llrii. Verf. unserer frcumlsrliatt-
lirbstcii Il(irlin( litiiiijr iiiiil « fiusi Iii'ii iliiii zri sciiii-ii fer-
luTeii krilisi lii-ii und r\cj;etisclicii Ucmiiliuiigc-n »on Her-
21-0 recht gliicLliche Erfulgc.
G. Meut:ner.
Bcitr/ige zur röniisclicn Literaturgeschichte.
(For (s e< zu nij.)
IV'. Saiitra.
Es gibt eine eigene Klasse rüniisehcr Graminaliker,
deren ^Virks.miLrit uiui I5e<lcn<iin^ hislier nocii niclit in
«las ^'i'Löri;;e l/l<lit gesetzt sind, «eil sie einer Zeil an-
geliürcu, der r.iaii uoeli gar iiirlit {;ranin)a<isrlic Studien
zuzusrlireiben sich geneigt finden kann, £s sind diera
die glüsseniatoruni serijitores, uie sie Festus nennt, ron
Varro 1. 1. VI, p. 02 Lezeirlinet als die, qui glossas
«rripsernnt, p. S?S <l"i glosseuiata *) interpretati. Aus
der ErHähnung bei Varro gelit hervor, das« sie enfiveder
gleichzeitig mit ihm, oder gar vor ihm, inilliin in einer
Periode reger literarischer Tli.'itigkeit gelebt und geschrie-
ben. Zu ihnen uir die alteu Historiker Cinciiis und Cato,
Ton denen es 31anrhe gar nicht begreifen können, dass
sie grammatische Studien getrieben, zu ihnen den Aiire-
liiis Opilins, der mehrmals bei Varro und Festus eitirt
wird, zu ihnen den Aelius Stilo, roii dem sich manche
£tynioIugiceu nachiiciscu lassen , zu denselben auch
Sajitra.
Es ist unbegreiflich, dass der Name dieses Schrift-
•tcllers weder in (umischen Literaturgeschichten, noch
•elbst in der neuen Ausgabe des Forcelliui'schen Lexikons
aufgeführt ist. Und doch sind die Fragmente aus der
Schrift de verborum antiquitatc dieses Grammatikers m
reichhaltig, dass man nur einen Index des Festus aufzu-
»chlagen braucht, um gleich eine nicht unbedeutende
Auzahi derselben zu erhalten. Von seinem Leben hat,
ao viel ich «veiss, kein alter Schriftsteller etivas überlie-
fert, allein einige Indicieii sind vorhandcu, wodurch wir
•einem Zeitalter wenigstens auf die Spur kommen kiin-
Deii. Das älteste Zeugniss über ihn ist bei Quintilian,
XII, c. 10, §. 16, das wir nachher in der Fragment-
aanimluDg selbst näher besprechen werden. Ein zweite»
Zcagiiiss stellt ihn mit den ältesten romisrhcn Glossogra-
pheii, einem Cincius (dem Historiker), einem Aelins (Leh-
rer des Varro) zusammen: Gell. N. A. VI, lö: „Nostcr
autem (amicus), <jua est oinnium reruin vereciinda nic-
diocritate, ne si Aelii quidcm , Cincii et Santrac dicco-
<lum ita censuissent, obseruturum sese fuissc ait contra
perpetuaai Latiiide linguac consuetudinein: nequc se tarn
iosignite loriituniin, absona inauditaquc ut diccret." Rückt
ccbon diese Zusamineustellung ihn wenigstens wahrschein«
lieh bis vor Cicero hiuauf, so macht endlich ein l'rag-
meat ans seiner eigenen Schrift dicss beinahe bis zur
Etideoz wahrscheinlich. Bei >'onius hcisst es nämlich
»• '•: „Seplemfariam ut nultifariam. Sanlra de verbo-
*, Ctljsspüiala cikbirt Quinlülan. 1, g. als voce» minu«
usilila;.
rum antiqnitate: In (?), quod rolnmen unum nos Iccfi-
tavimus et postea invenimus septeinfariam divisum." Nun
aber wissen wir durch .Sueton de illustr. gram. r. 2) das»
das Pniiiciim bellum des Mävius auf diese AVeise behan-
delt worden ist: „Caius Octavius Lanipadio Naevii Puni-
cnm bellum (commentando notuiii fecitj: cjuod iinicu vo-
lumine et continenfi scriptura cxpositum divisit in septcm
libros." *) Aus jener Stelle des Jjueton erhellt aber
auch, dass Octavius Lampadiu im 7. Jahrhundert nach
Roin's Erbauung, etwa zwischen (i30 — ()(iO gelebt habe.
■Wenn also Santra sagt, er habe früher ein Gedicht als
ein Ganzes gelesen, das er nachher in sieben Bücher
getheilt gefunden, so erhellt \vohl, dass des N.'ivius Ge-
dicht damit gemeint ist , dass er daher mit Octavius Lani-
padio gleiilizeitig gelebt haben niuss.
G'esrhrieben hat aber Saiitra de verborum antiquitate,
und wenn an einer Stelle auii(2uitatum libri von ihm erw.'ihut
werden, so ist das wohl nur ein anderer abgekürzter
Titel. Jenes Werk de verborum antiquitate war n.'imlich
in Bücher abgelheilt — das dritte wird davon eitirt —
und durch diese Eintheilung in Bücher konnte es nicht
den trockenen abgerissenen Glossarien der spätem ?eit
ähneln, sondern niusstc mehr jene Form einer fort-
laufenden Abhandlung an sich tragen, die' wir au dem
varronischen Werke de lingua latina wiederlinden. Aber
ein Glossarium war es doch dem innersten Kerne nach,
wie schon der Titel de verborum antiquitate, d. h. de
verbis priscis, und die erhaltenen Fragmente zeigen.
Letztere aber bieten besonders zwei hervorstechende Ei-
genthümlichkeiteii dar, einmal die eingewebten literar-
liistorischcn Nachrichten, dann aber die auffallend häu-
fige Vergleichung mit griechischen AVortern. II;ilt mau
zu dem letzleren Momente noch den fremdartig klingen-
den Namen, so dürfte man sogar einen Schluss auf seine
Ileimath ziehen. Allein um unsere Darstellung frei von
scliHankenden Hypothesen zu halten, begnügen wir uns
hier mit der Zusammenstellung der bisher von uns aiif-
gefundenen interessanten Bruchstücke, wobei wir zuerst
die ohne bestimuitc Nachwcisuug aufführen.
A. Literarhistorische.
I. Nonius s. v. : „Septemfarlam , ut multifariam.
Santra de verborum antiquitate: In, qtiod volu-
vie/i unum 7ios Icclitaoimus el poHtca invenimui
aeplemfariam divisum. "
Statt des IN Imüchte wohl NAEVI zu lesen «ein;
denn ofl'enhar eitirt Nonius hier ganz abgerissen.
IL Terentii vita : ..Santra Terentium exislimat, ?i
uiod» in scribendo ailintiiribus indiguerit, nnii
tarn -Scipione et Laelio nli potuisse , qiii tiinc
adolescenluü fuere, quam Sulpicio <ia!lo, Itiimiuo
dncto, et qui consularibus ludis initjuin fer.erit
fabularum danilarum : vel Rl. Fabio Labennc et
Q. Fopilio consulari utroqiic ac pocla. Idco
ipsnm non juvencs dcsigiiasse , qui se adiuvisse
dicerentur, sed viros, quorinn opcrain et in
•) Ver;;!. Diintzcr et Lcrsch de veis-j, quem vücsut, S«-
turuio. Boauae 1638, p. 10.
101
102
lidlo et in otio et in negotii! pojmlus sit cx-
perdis. "
Aiirli «lipse Sfcllc niiiclifc in '^'crliindnng' mit «lpr
nl>i;(i-ii ilas ZiM(alt(T zioniliili fcststelU-n ; denn ilic dania-
liifen rüMiisi lifn \'eiliültiiissc scheint er iingonipin ffpuaii
gekannt zu halirn; znt;|pi<-li spriilit sie andi nieder für
ilie freiere Form des AVerkes.
B. Glossen,
III, Panlns ex Fesfo s.v.: „D«/iVi«nj siipinnm ait ossc
Anrelins, Aelins stiiltnu;. Oscorum quoiine lingiia
»ijjnflieat insannni. Sinilra vero Jici putut ijisut/i,
quem (iraeci d C tkut ov , id est, propter cuius
faluilulcm quh misereri dcfieat. "
Die Reihenfolge, in der Santra hier erselieint, ist
ebenso hemcrkensiverth, i^ie die Etymologie aus dem
Griechiselien. Beiiles tritt auch licrpor in folgendem
Fragmente bei
IV^. Festus s. V. : „Nuptias dictas esse ait Santra ab
eo, qnod iiymphneu i\i.vefUiit Grneci andi/ui yo.-
(JOV , i/ide 7iovam nuptam vt uv v v fi(f ij v.
Coroilicins, cjuod nova petaulur cnniugia. Cnria-
<ins, (juod nova ratio (zu lesen paitio) hat. Aeiius
et Cincius, (]uia ilammeo caput uuLcntis obvol-
vatur" u. s. \v.
Panlns in der eufsprechenden Stelle hat die Etymo-
logie dos Santra angenommen: „Nnptam a (iraeco dic-
tam. Uli cnim nuptam appellabant VcUV Pl'itCfljV.^''
V. Festus s. v. : „Oscilluin Santra dici ait, quod os
cille/it , id est inclineiit, praecipitesque aff'e-
rantur.^''
Das Wort oscillcnt habe ich in nvei Theile aufge-
lost nach dem Vorgange von Scrvius zu Virg. Georg. II,
.')85: „Uude et oscilla dicta sunt, quod in liis cillerenfur
i. e. moverciitnr ora. ]Vam cillere est movere: unde et
f'urciUae ilictae sunt, qiiibns frnmeuta cillentnr."
VI. Festus s. V.: Quiiinalis portfi erwähnt den San-
sra, aber die Stelle ist so verstümmelt, dass nur
die Burhstaben in Santra pro stehen geblieben
»ind. Paulus sagt: „Quirinalis porta dicta, sivo
quod ea in coUem Quirinalem itur, sive quod
proxime eam est Quirini sacellum." Letzteres
scheint die Ansicht unserer» Grammatikers zu
cuthalten,
VII. Festus s. V.: Querquera — — Santra eam ex
G. . . . Das sind die wenigen Reste, aus denen
man mit Hülfe von Paulus herausbringen kann, das.»
Santra eine Ableitung aus dem Griechischen vcr-
lucht habe. Paulus: „ Qwez'i/Mc/'öm frigidam cum
treniore a Gracco v.aQY.a(ja certum est dici, undc
et carcer. "
VUI. Scaurus de orthogr. p. 2250: „Pulchrum quam-
vis in consuetudinc aspiretur, nihilominus tamen
ratio exilitcr c enunciandum et scribendum esse
persuadet, ne una omnino dictio adversus latini
ccrmonis naturam in medio adspiretur. Quamvis
Santra a Graecis putet esse traaslatum, quaii
IX. Charifl. I, p. 112: „Orbi pro orbe , apud Cicc-
roiiem de Rep. lib. V — — — et frcqucntrr
Santra ita Inquntus, ut Pliniua eodem libro sexto
notat: quia cousuetudu meliur, iuquit'* u. s. «•.
Aus dieser Stelle, verglichen mit der des (ielliusVI, ir»
ergibt sich , dass Santra als bcilentcndc Autorität zur Ent-
scheidung grammatischer Punkte galt.
Lib. II.
X. Festua s. v. : „J'ola nuncupata dicnntur, qnae
Consiiles, Praetores , cum in pruvinciani prolicis-
cuntiir, faciunt, ea in tabula« praesentibus niultis
referuntur. At Santra lib. II de verborum anti-
quitate, satis multis nuncupata conligit non de
rerto nominata significarc, sed promissa et quasi
tcstilicata , circuuscripta , receptaque ctiam in voii»
nuncupandis esse comenientius."
XI, Festus s. V.: ,. Reciniuvi onine vcstimenfum qua-
dratu:u. hi, qui XII interpretati sunt, esse dixe-
runt vir toga mulieres utebantur, praetextum claro
purpureo ; unde reciniati niimi plauipiilcs, qn.ini
rem ililigcnter exsequitur Santra lib. II. de anli-
quitato verborum."
Lib. IIL
XII. Interpret. Mail ad Virg. Acn. V, 95= •,, Incertux
Geniamne loci — — Sandra de antiqnitate ver-
boruiu libro III ait; . . . dracones genu . . .
accipi pro lacorum gcniis, idcoquc loc . . . go
bene accipere pii ...•'•
XIII, Nonius s. V. : ,, Gcnialis , hospitalis. Santra de
antiquitate verborum lib. III: Scis enim genia-
les homines ab antiquis appellatos , qui ad invi-
iandum et lui-gius apparandum cibum promtio-
res essent.^^
.'Vntiquitatum libri.
XIV. Interpret. 3Iaii ad Virg. Aen. II, 171: ,,Trilo-
tiia . . . alii in Libya esse coniimiant. Qnidam
ctiam paludem interpraetantur, nt Santra antiqui-
tatuni libris . . . &Qaiv sit (fOjjEiodo.L , et Mi-
nerva liominibus in procliis metnm iniiciat.^'
Ich habe schon oben bemerkt, dass ich diese libri
aiitiquitatum für dasselbe Werk, «ie de verborum anti-
quitate halte. Uebrigens bin ich zweifelhaft , ob in iler
dien angeführten Stelle statt paludem zu lesen sei Pal-
ladcm oder Pallorcm.
Bonn im Januar 1838- ür. Lersvh.
Lateinische Eljmologiecn von Konrail Scinvcjick.
Signum.
Wie geneigt mau sich fühlen möge, Signum :nit dem
griechischen dci'/.o zusammenzustellen , so ist diess doch
zu gewagt, weil ein anlautendes d nicht mit s im i.ifei-
nischen vertauscht wird, wesshalb wir signitm , da s iu
latoiiiischeu Wortern anlautet, welche griechischen mit
103
104
ipD) Voral anlaiiifiiilcn piiispredioii , dem grierlil^rhcn
{iy.viv als Tcnvauilt ver-jlcii lieri «lürfen, iiiul als deu zu
(jniiiilc lirgeiulcn lipjjrill' «Im <Irr Gloiclilioit , Arliiilicli-
koit aiinrliiiipii, so «lass siir«!/;« zuerst liilil, Alihilil, ilami
Zeichen hiess. Ziiar lint nigillum kurzes i, aber diese
Verkürzung berulit auf dem iiämlicJicn VerLalliiiss, »lel-
chcs iu dicare , dicere, dli'xciv stattfindet, sigtii/icare
lieisst <lemna('li zuerst durrh ein Hild darstellen, (liirrli
rill Ulld aiisdri'irken , dann im Allj^enieinen : ausdrtirken,
kund ^elien. Ander« steht es mit inlaiitrnileni sund d, denn
tiiese können sich entsprechen, aber, dass sie ineinander
iiber;;ehen, kann man nicht mit der Sicherheit beweisen,
welche für die Annahme eines solclien Falles erforder-
lich ist. Solange dies» nicht geschieht, mi'issen solche
"Wörter als rerschiedene Ableitungen ans gleicher AVur-
zfl gelten, und so entspricht zwar mrdius dem gricchi-
irfapn uiooQ, aber nur in der "Wurzel mc — iii —
nicht iu der Formation. Dass jedoch 7itesus auch im
Jjateinischpu exjstirie, zeigt das neben dem beglaubigten
viedidies so in den Gebrauch gekomuiene aus mesidie»
entstandene meridies , dass es jenes ganz und gar ver-
ilrängtc. So findet sich «eben ad auch ar aus as ent-
standen in arliter u. a. m., man könnte meinen ans ads
la as geuorden, vielleicht aber bestanden a-d und a-s
lieben einander und a ist die eigentliche Partikel, zuerst
«Icr Partikel apud in der IJcdentung gleich, denn s und
il sind Aniu'iugeLnclistaben «ie ,abs , praes in praesens,
il. i. praes-ens, da ein scns nicht existirfe, und sum , sim
li'ir esum, esim stehen, »iellcicht auch praes-ul , cons-itl,
e.e-ul entweder von co (Stamm i) «ie ami-ulo , oder
«onst eine Formation, was nidit sicher ist, da auch
jnae-sul u. g. w. möglich ist, indem salcre , woher ga-
liir kommt, auch die Bedeutung des Gehens gehabt ba-
Leu könnte, d aber finden wir angeli.'ingt an Partikeln,
xfd, ergod, anted, an Pronomina im Koniinativ, Accusativ,
Ablativ id, aliud, quod, quid, med, sed, ipsod, an Snb-
ütantiia im Ablativ, Siceliad fornd u. a. m., au Zeitwör-
tern im Jmperatir, entod, ducitod u. a. m. , ohne dass
wir es erklären können. Einigemal erscheint d als cu-
]ilioniscLes Einschiebsel, wie iu prodirc , aber diess Ein-
>chiebsel geschah so selten in den uns crlialtenen Formen,
und muis bei der Neigung der lateinischen Sprache zur
Zusanimenziehniig um so mehr befremden , da ja z. B.
iitcht proditium 'on prodire gebildet ward , sondern j/roe-
liiim pro-ilium , also von pro-ire. Wahrscheinlich ist
auch in diesen Fallen kein euphonisches Vcrhältniss, son-
dern Uebcrrest jenes angehängten d, nach welchem statt
pro. prod bestand. Vielleicht dürfen wir die Entstehung
des angehängten s und d als völlig gleich betrachten, so
Hass sie nur als Dialekte neben einander stehen, denn
in der lateinischen Sprache, uio sie in ihrer ausgebilde-
leu Gestalt erscheint, ist kein einziger Dialekt durchge-
führt, sondern es gibt jiich eine jllischung vou Dialekten
kund, welche friedlich neben und unter einander beste-
hen. Den Grund jener angch.'Ingien Buchstaben können
wir nicht bestimmen, und w.as J. Grimm im dritten Thcil
Jer Grammatik über das d eagt, ist eine Conjectur, von
weldier er selber aussagt, dass ilir Manrlies im Wege
stehe. Vielleicht erzeugte die Art Aussprache der End-
vocalc diese Buchstaben, vielleicht aber auch nicht. Wer
kann sagen, warum man casno , poesiia , pesna , cesna und
selbst scesna , lusiia, dusmus, casmcii u. g. w. sprach
und warum sich diess s wieder meist ganz verlor?
Rathen l.'lsst es auf ein Vcrhältniss der Aussprache der
nächsten Buchstaben, aber auch nur rathen.
l'allis.
Das Wort vallis, Thal, muss, wenn es nicht zusam-
mengezogen ist, von einem Stamm vallere kommen , wel-
cher nicht existirt, wie denn auch für eine passende
Zusaniinenziehung kein Wort, woraus vallis hätte werden
können, aufzufinden ist. Dass auch ein Stamm v alere
genügen könne, lüsst sich annehmen, denn so finden «ir
gollus oder solus neben s oiox und solidiis, d. h. 1 ver-
L'ingeit auch den vorhergehenden l'ocal , sei es durch
wirkliche l'erdoppelung der liijnida oder an und für sich,
was auch im Griechischen gefunden wird, »vie sattsam
bekannt ist. Ebenso wird p elo , pello, palatium, palla-
tium, c clox , cello (in Zusammensetzungen^ u. s. w. Ein
valerc aber muss neben volere, volvere existirt haben,
denn valva setzt ein valvcre voraus, wie denn von man-
chen Wörtern Stämme mit a existirt haben müssen,
welche jetzt mit einem andern V'ocal erscheinen, denn
Ableitungen führen bestimmt darauf. Da volvere, grie-
chisch cXt/v , deutsch wellan (wälzen), das Drehen,
Wälzen, Wölben bezeichnet, so könnte vallis das Ge-
wölbte bedeuten, und so finden wir von dem völlig iden-
tischen Stamm wellan im Altnordischen völlr , r.ampws,
und AVall bezeichuct einen Damm, uamlich, Feld und
Thal sind aufwärts gewölbt als IViederung zu aufgehen-
den Höhen, und ein Wall ist eine aufgeworfene Erdwol-
buug. Für vallus und vallum aber , da sie den Begriff
der Pallisaile und Vcrpallisadirung haben , darf man an
den Stamm von vallis nicht denken, eher für valgus,
einwärts gebogen, krumm. Wenn vallescit, perierit nicht
verschrieben ist, muss es von einem von vanus gebildeten
Diminutiv vallus kommen, so rallus von racns (dio Mög-
lichkeit des Adjectivdiminutiv beweisend) und vallus von
vaniius , bellus von benus u. s. w. Dann würde vallescit
völlig gleich dem AVorle vanescit sein, denn was Festua
zur Erklärung sagt, kann durchaus nicht gelten.
Personal-Chronik und Miscellen.
R 11 Jolstadt. Hr. Prof. D.So mm er hat auf den 26- Sept.
einen Actus disputatorius angekiindigl und die Thesen beigefügt,
über welche disputirl werden soll. Diese sind: 1) Latinos ver-
sus pnn^endi cxcrcil.ilio in scliolis nostris non oiuitlenda est. —
2) Siniultas inier IMütoncm et Xcnophontcni nulla fuif. — 3) Pa-
tria est, iibicunqiic bcnc est. — 4) tlonos alit aitcs. — 5) In-
ter artcm poclicam et pingendi aricni magna est necessituJo.—
6) Oiaculorum anliqiiis tcmporibus apud Graccos magna fuit
vis et auclorilas.
Zeitschrift
für die
AI terthums Wissenschaft.
Freitas, 1. Februar
18 39.
Nr. 14.
Viro Clarissirno Friederico Krmiero , Philos. Dr.
Gymiias. Annabcig. Pracceptori S. P. D.
Carolus Sinleiiis.
Quas de locis nonnullls Plutarchi et Dioilori ad ine
dedisti literas in Acturum Sorietatis Graecae voluniiiie
seciindo p. 51 — 66, "on una de caussa gralissimae mihi
fiierunt. Etenim scriptae sunt animo in uie tani benerolo,
ut facile agnorerim singularem quandam humanitateni
tuam, dortrina autcm et ing'enii acnniine tanto, ut optima
quaeque ex hoc specimine studioruni abs te in Plutarcho
collocatorum de editione ritac Phocionis, quam paräs ,
augurari liccat. Quam editionem ut quam prinium in
lucem edere tibi concessum sit, ego et mea et Plutarchi
caussa vehementer opto ; ego enim quam vifas Plutarchi
omnes edendi in mc snsceperim provinriam , plurimum et
mea et scriptoris interesse vidco, ut de locis non paucis,
qnorum aut sententia incerta , aut corrupfa scriptura est,
aliorum iudicia cognoscam. Ac tu quidem tarn praeclare
de aliquot locis commentatus es, ut verani ratlonem pri-
mus ac solus videaris perspexisse : quo magis veliem
dixisses de pluribus tetigisscsque etiam nonnulla ex iis
vitis , in quibus emendandis ego nunc occupatus sum.
Quoniam autem tua interesse putasti, ut meam sententiam
de locis, qui a te tractati sunt, cognoscercs, statim ad
scribendum me dedi, etsi plurimis muneris et studiorum
negotiis districtus, auctis illis efiam eo , quod totus ex
operarum arbitrio pendebam, qiilbus lolumen prinium vi-
tarum typis tradideram exscribondum , ut noiinisi tumul-
tuariam operam in perlustrandis obscnationibus tuis collo-
care possem. Placuit autem eo online de sirigulis dicere,
quem tu ipse es sequutus. Ac prinio quidem loco dixisti
de »erbis in rita Phocionis c. II his : -/.aiTOi doY.ovOtv
Ol äijfioi iiäkAov eeg rov; dyaüoii; ii;i'ßo/'i^£/p, örav
doy.tSoiv et'ri<x£iv, i'Tzo Tigayfidruiv utyuKujv knai-
oo^spoi- oi'fifiaivaL äs Tovvavxiov: ita Stephanus cum
editione Aldina, nee est ea scriptura plane inepta. Seil
in luntina quum scriptum exstet üxav evzv/^aiaiv omisso
doinüotv, Reiskius, quem sequuti sunt caeteri , edidit
SVTU-)[(jjOLv. Tibi mira scripturae diversitas ita videbatur
orta esse , ut seniel oblitterafis ipsis scriptoris verbis alio
atque alio modo quod vitiosnm esset emendaretur , veram-
que opinabaris Plutarchi manura restitiierc scribendo övav
xvxutaiv imo noajiudTLuv /u-ycikajv iirai^öiuvoi.
Bona, quis neget ? sententia, sed ut tarnen dubitem in
hoc iudicium concedere. Warn illa quidem scriptura, ex
qna tuuni elicuisti , nulla nisi editionis Aldinae codicisqne
Palatini no. 168, nititur memoria, ut admodum credibile
sit, hie quoque factum esse, quud alibi saepissime, ut
errorem pepererit vox eadem modo praegrcssa et per os-
citantiam librariorum rcpetita. Alteram autem nt ab Reis-
kio correcta est Codices tuentur Parisini tres, quornm
annotatas habco scripturas, cum libro Monacensi estque
ad sententiam meo quidem sensu tua ratione aliquante
praestantior. Nam evTVj[iuQ. notionem plane hie requiro
utpote oppositam verbis Tvy^ui — Tt'j^/; quae praecedunt
ac propter iil ipsum necessariam. Accedit qnod verba
VTto ngayfidruiv [AeyuXoiv inat^ü^evot plane ex con-
snetudiue scriptoris sie adiecta sunt, ut id signilicent, quo
efficiatur illa plebis insolentia.
Pergo ad locum cap. XXVIII: ov f.ilXQov de T(ß
TCadsi TiQoqedijy.ev 6 y.aiQog' siy.ddt yao t] cppovpa
Boi]dQouta)voi eigiix^t] fjvOTtjoiojv Övtujp , i] tov
'Iay.%ov i^ äoTtoi; EkEvaivade Ttt/inrovoiv, ajore riys
reksTtj'; avyxi'^siaijg dvukuyiC,eoi}ai rovq nukkoi'i
VMJ T« TtQEoßl'TEOa TUJV dSlMV yMt TU TCQÜiCpazC'-'
TcakaL fxav yuQ £v Toi'g d^tiaroig tvTv/ijiiao/ r«S
nvorr/.dq, u^ien; y.ai (piuvdg 7taoay£v£(j9af avv e^—
nkv/^ti xui daußei tuiv rruksfii'ujp • v^v de roi'g av-
Toig leQot'i TU duoxeQeoTuza nddij tijc: EkküSoi
ilTloy.OTieiv tovg 3tovg: de quo quae scripsisti maximam
partem vcrissime scripta sunt et pridem a me quoque ob-
servaia. Aam Anonymi scripturain fteyiOTOig aTV^tJUCCOt
qui probant, falluiitur non uno modo. Primum eo , qnod
codicis scripturam putant, quae coniectura est hominis
non indocti quidem , sed llbrorum pracsidiis non instructi.
Tum quod nee oppositionis rationem rccte perceperunt,
id quod etiani Schaefero accidit, nee de veritate rei ac-
curatius cogitarunt, quod item cum aliis quibusdam com-
niisit Schaeferus. Nam qui vel aliquem habet usnm
rerum ab Athcnieusibus gestarum , cum fugere non potegt
couimemorari hie Bacchi operam Athcnieusibus in pugna
Salaminia praestitain, de qua scriptorum locos collegi
annot. ad ThcmistocI. p. 103 sei». lam in ea re tantum
abest ut sit quod ueytOTOV dTi'X>]ua dici possit, ut ne
levissimum quidem dtl'Xrj^O-TOg vcstigium queat reperiri.
Recte autem tu auiotoig tueris, quod ego olim postba-
bebam elrganiisslmae coniecturae Gudofredi Hermann!
aiiaioig, sed nonnihil displicent verba tua haec: „ho-
rum igitur, quae populi ore ferebantur, memores illo
tempore dicit Athenienses conquestos esse, quod, quum
olim iis purtentis timore perculsi essent hogtes, nunc in
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108
ipsi« Elrusinus ita non movprenüir Alai-edones ut nihil
ea curaiiJes, diis non proliilicnfibus, tristissima urbeni
afficrrcnt calaniifate" : in quibus «juid non rccfe cojjita-
tuiu Sit ijise viilrliis, ulii <iili};eiitius ronsideraieris. 31ihi
iotius loci ratio hacc vidolur, ul aurta esse dicatiir «om-
munis onininin nioestitia eu, quod quo tempore olini prae-
rlarissinias res praeseiiti deoruiu opc gessissent, eodem
nunc summa alTligcrentur «alamitato, ,,ut diis non nolcu-
iibus secureque drspertantibus tanta Gracciae pernicies
ingruisse videretur," quae postrema Schaefrri lerba sunt.
Ceteram vide ue oppositiunis ratio suadeat corrigere VL'V
d' iv loii ai'Toe.;.
Pluribns oliuj coniecturis tentatus est locus c. V :
öfjoicoi de TTioi ror 0uy/.iu)voi y.at o kuyoi ijv £7ii
y^oi-OToi-; eiTV/i;uaoi '/.ut ö/avoijuaoi a<oTi;Qioi nooq-
Tav.Tf/.i-v riva y.oi niarrouv y.ai änji^voTov tyntv
ßucf/^l I O'.iav , ex quibus una commemoralione digna est
quae Friderico Creuzero ac Schaefero in mentem renit
£.T/ ■^orOToTi t V a T u/^1] fi ao I. Uubitanter ego olim
defendi vulgatam scripturani comparato Stobaei loco Plivs.
I, 7, 18: "iSvioi^o-i yao i'xiTivoiäv iivo. :ju(>a tov
Saiuoviov rviv dvdtjo'jJiujv ivioi^ £7ii tu ßet.iiov i]
£7ri To y^Eioov , y.ui ilvai (pavsooj^ y.ai' aiWo tovto
TOi's iitf H'il'X^'^' TOi'i 6 UTVXli<;, quod tu probans
locum addis Demosthcnis er. Olynth. III , '21: otd ov-
Tcu^ äcfoüjv ord' uri'X'Ji i/iii , üj^ts ßoi'keoitai
a.mX'^aveo^al. fiec dubium videtur, quin ei'ri'x'JI'cl
dici possit dictum hominis, qui acu rem tetigit, ut non
tarn ipsa euiv/ljua vox, quam coniuncta ea cum yorOTog
displiceat, quod, nisi nieus nie sensus fallit , dictum est
pleonastice. Arcedit quod fizf/lif- latioris signifiiatio-
nis locabulum non satis apte rcspondet alteri , quod est
öiuvüi^ua. De utraque re tu lellcm cogitasses: mihi,
ut hoc addaui, fuit cum Pliitarchus scripsissc vederetur
£ L' 9 t ö olj u ao l, id ut dictum esset eo modo, quo lerbo
£v9vo6ljuuv£iv scriptor usus est in Demetr. XIV.
Recte tu c. IX. enidoi'ijv librorum scripturani reti-
nendam esse doces iiec permutandam cum f::ui^/duiijl/,
couiectura Scliaeferi, piterasquc ile simili Schaefpri de-
creto utiliter conferre G. Hermaniii aniint. ad Sopliocl.
Oed. Tyr. p. J'.i'>- Sequilar disputatio de loco eiusilem
vitae c. XU: evouiv öe noudmoiv u'iuvKi luora
xai voooi'fTu y.ui dtooujfjvyueva Öujgudo/.ia tii y.iv-
bvvuv itiyuv y.uxtnxiy y.ui xivn Aucpou y_aoä&o^
fiudiia jmv iiKJi Taufvag tTitTitöojv d7ioy.ot:ixt'iii£-
vuv y.aiutafivtv otvfi/fp iv xovxin y.ui nvi i/.ddxH
TO iiayinii)TUTov xijg örvuiituiq , quo tibi non minus
quam plerisquc interpretibus corruptum visura est vuiga-
tum t'.uoy.oi 'Jl tuntvov , quod exigua saue et leni niuta-
tionc corrigendum putas in dzi ouv cxdiilvoi. .Sed ne
illud urgeam, quod olim quum eadem coniectura ab
J. C. I'luogelio esset proposita obiicirbam, iion viilcri
praesenti tempori in hac re locum esse, ipsum etiiini ler-
bnm displicet meo sensu minimc aptum de collc alveo
torrentis seu vallc a planitic separata non fossa ho-
Jiiinum upera ducta. Ego quod olim conicei a7rw;fj'(>w-
fjitvüv probatum quibusdam non tucbor ainplius , sed
propc absum ab ea sentontia, umnia sanissima esse hoc
loco verequc dixisse Schacferum , coliem intelligciidum
esse a campis propinquis ita separatoin per alveum pro>
iundum torrentis a monte decurreiitis , ut a planitie con-
spici non posset. Nam quod tu dicis, fiuxisse Schaeferum,
quae nee Tamynis nee ullo loco esse possent, vide ne
aliter iadicandum sit re diligeutins considerata. Id velim
facias, mihi enim nunc non vacat. !Nam eget totos hie
locus fortasse accuratioro tractatione , si quidem permi-
rum est , quod ne verbo quidem commemoratur Phocio-
nem se cum Plutarcho copiisque eins coniunxisse , quod
fecisse eum apparet ex sequentilius ; item de c.astris mu-
nitis, quorum infra mentio fit, nihil hic additum esse
mirabile est.
Ilis subiicis duos Diodori locos, in quo scriptore emen»
dando quum egn quoque olim aliquant operam collocaverim,
farere non potui quin eos quoque examinarcm. Prior
legitur libr. XVII, 30: Xuoiöijuoi 8' 'A9rjVttio<i,
dvijp 9ut'/.iai^onevoi tir' dvdQEtu y.ui öeivoxtjx/ ox^a-
Tijyiug, 0VV60XOUXOJ0UXO iiev (])cXi7T7ro) x<ij ßaaiksi
y.ui nui'xujv xujv iTrixijöei'/tdTOjv dfjx'jyo^ y.ui ovfi-
ßov}M; yeyovüjQ ijv, ovvnpovkevs (ita, non uf abs te
scriptum est Ovviftovkevos , legitur apud Diodorum , quod
ipsum quoque alicuins monicnti est in hac caussa) ön Tfji
/Juoeiii) X. X. k. In his magnopere te ofTendit, quod
Charidcmus dicitur 0/kiil7lij) ovaxgaxsvnan^at: pror-
sus eiiini hoc abhorrere ab eo , qualem noverimus Chari-
demo , vel niaxime a Macedonum partibiis alieno. Eadem
olim dubitatio fuit P. AVcsselingio , sed ut nihil mutaret.
Tibi vocabulnm (llrkijlTloj importunum aliunde huc pedcm
intulissc videbatur scripsisseque Diodnrus OvviOXQO,'
xei'oaxo xiij ßuoikni i. e. Dario. Non probem hoc.
Nain et lariatio illa ßuoil.Ei — ^Jnociiu displicet cum
maxiine, et niniium dicit tua illa scriptura. Quid enimi
Charidemum vix tum in Asiam profectiim omnium eTll-
iKÖfl'itazinv participeni fuisse rrgi Persarum ? Omnino
nego quicquam esse, cur locus de vitio suspectus videri
drbeat. Nam quod Alexander iiiter alios etiam Charide-
mum sibi iledi postulavit, ostendit id quidem inimicum
eum tum habuisse : eodem tamen olim Philippuin amico
usuni esse nihil omniiin est quod impodiat quo minus
statnamus. Accedit aliud, quod librorum scripturani, ut
ego sentio , ostendit verissimam esse. INiiniruni sequuntiir
apud Diodorum haec: xo filv ouv 1l(>uixov ö ßaaiksvQ
ovy/.uxsxdtcxo xui^ keyuftivoii;, jiexd öi xuvxu xujv
cpikojv ■y£iivo.i6xt(iov dvxemüvxiüv xue xov Xuqi-
ötiiiov eii; vii uip luv dyovxutv o ri r;}s axQU-
Tijyiui; üotyexui ti'XEiv, onoji; rolg ßluxf.-
düoi iiituöiß rijv rikQaiiiv i) y f f.io v iav, u ftEv
Xuyiöiinoi; nuooQyiodu'g xui 7iQOXt/()6x£()oi> (ivFidi-
ottc, ri]v fleooujv d.vuvöoi'uv inoirjaev eni nke/ov
nooQy.öiput xov ßuaikiu ro/; köyutq: quae nego ac
peniego ferri possc nisi facta in praegressis Philippi men-
tioiie. Quid enim? nonne prorsus inepfi fuissent Persae
isfi regi suo persuasuri, Charidemum prodere vclle im-
peniiiii Alexandro, IMacedonum regi, quem coustaret
Alexniidri caussa patrinm relinquere debuisse? ea ita
demum recte sc habent ac stare possunt , si quae ratio
olim intcrcessisset Charidemo, cum Macedonibus signilica-
tum fuit. Id igitur lit relento Philippi nomine, quo
tandi minus possumus carere , quod ea verba ut vulgo
scripta sunt caussaui contiiieut, cur illa saaserit Charide-
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mus, ntpote ex illa cum Philippo coiisnetiidine benc g'iia-
rus rerutn IVIaceilonicarum.
nielius tibi cessit aKcrins loci emciulatio. Eteuim
libr. XI, 33 librorum «criptura Laec est: roiovTOv Öe
TTSoai TTjg ^tü'/'Ji kaßoi'OiTi ui jisvjEkhjveg toi«;
TtEaövrai ett-atpav, ovtuc, TrXti'ovg züJv f^ivuiviv öte-
"kouEvoi ÖS Ttt KäffVQU y.ara tov tujv OTouTtunujv
äoi^l'.ov rijv Ttepi tiov äotOTiiiDV y.oioiv £7ioi)]aavio
xal XaQtridov y.eke i'a avT u q fy.oivav d(>iOTir-
Oui noKiv f^el' SttÜ^tijv , ccvSqu 8t Ilavaaviav tov
ytay.sSamovlov : Charitideni cjuuni nemo esset qui iios-
aet , «juod iure ilicis niiruni esse in viro tanta illa aucto-
ritate , ut <le praemio victoriae liecrevisse dictus esset,
verbum hoc corruptum esse intellexcrnnt editores, quo-
rum quod Rhodomannus coniecerat y^aQtii 8of}.et<aai>'Tsq
recepit Liudoficus Dindorfius, quod reete dicis iusto citins
fecisse virum doctissimum : neque enini Graecoriim exer-
cituni eum fuisse, qui post pugnam illanj gratiae Sparta-
norum serviret. Praeclare tu inlellexisti in corrupta
librorum scriptura nomen latere Aristidis eique rei fideni
facis coniparato Plutarchi loco in eins vita c. XX : iy.
invTOV Tüjv A^rjVo.iv>v tu d()iOTCiai' uv TToaöiöuv-
Tujv Toii ^nugitÜTUiq uvSe Toüitaiov iaTuvai ovy-
^uiQoi'VTojv sy.ci'voig, na(i ovbtv av ijk^fv änokio-
i^ai TCc TtQuyfAUTa Tuiv 'EkKi]V(j)v iv toii; ÖTrhoig
dtaOTavrcov , li fuj nöXKa nuoijyoovjv y.cü öiödoxtuv
Toug OTQaTijyoL'i 6 AQtOTtidtjq , fiükiOTa Öh Asv)-
xoärt] y.ai Mi'QüiviSijv , eoxs yai owEurioe ti)v y.oi-
Oiv ecfsiiai Toi^z, 'Ekkijai. Certa igitur, ut ego arbi-
tror , emendatiune scribi iubes y.nc .iptaTeiSou y. E -
Xe l' 0 av T o c, minus enini probo alferam rationem, qua
secundum editioneni Ilanoviensem , quae y.ai non ante
XaoiTt'öoi', sed ante ty.Q/i/av positum habet, scribi posse
e^istimas: 7teoe tmv doiaiEiuiv y.Qtaiv eti'oü'jOuvto
'yiQiOTElöoii y.eXEiaavTO.;, y.ai iy.oivav d.^tarEvoai:
nam iudicium de praemio victoriae de more instituebatur,
ut in ea quidem re Aristidis ojjera necessaria non esset.
Diodoro quum recte nomen proprium videaris resti-
tnisse, vereor ne non recte e\ Plutarchi quodam loco
dvE^ETUi aov ÖEinvoivroi fj'tv w; Kodooov , ui/.u-
dofiOL'VTog Se u'j; Aoi'xui'kkou , 8iji.n]yoporvToq d'ij-
(Aiv WS Kd.TOjvoq; Eadem res narratur Luculi. XL:
vEov Tivuq Ev Tj ßovkrj Xöyov — ina.'/iiij — i'tjeq
evTEkE/'aq y.ai au}(fQoaiv)]i; ötEkSovzo.;, inavaCTaq
o Kdrcov, ULI TiavOTj, ECfi], au itkoirviv wc. Kodo-
OOs, C,v)V ö' w; Aovy.ov'kkoi; , Xsyvjv öe vjq Kdrojv;
additnr autem: evtoi ÖE tovto ör^^vac /iev ovtojq,
VUU KaTVivoq 8e ov Ksyovoiv. „lam", ais, ,,quun>
per sese oifendere possit, quod alio loco alins dicterii
illius auctor perhibetur, quamquam id apud Plutarchuni
quidem non ita mirum videbitur , hoc tarnen jure, credo,
inale nos habet, quod hie sie simpliciter, ut in re ccrta
et indnbitata, ignoto et vix latini nominis homini haec
tribuuntur." Xon videnlur haec eam vini habere, nt
locus de vitio suspectus esse debcat. INaui Amnaei illius
ctüi nobis ubscura memoria est, non ncgabis tarnen fieri
pniuisse, ut tum esset homo satis notus, quamquam nc
est quidem, cur homincm hie requiramus illustrem; Tic
autem prononien , quod quis exspe<(et in hominis aliunde
non cogniti commemiiratione , sris in eiusmodi causia haud
raro omitti. Itaque vulgatae scriptnrae suspectandae ido-
neam caussam equidem video nullam : in tiia quidem ra-
tione nee ycvva.ioq tox ambiguae significatinnis placet et
diplicet Tii prouonien hie quidem primo loco positum.
Quoniam autem locum vitae Catoiiis tetigeras, vellem non
praetermisisses alius rei Observationen!, non alienae ab
eo argumento , qnod tractabas. Mirum euim mihi accidit,
quod Crassi in coiiviviis luxuries hie notatiir fÖEtnvovv-
To; fjEV lÜQ Kpaaaoi'J, cuius alibi laudatur frugalitas.
Sic euim de eo in vita eius c. III: ev 8h roig 8EiT[voig
t) iiEV xkijoii i]v u')q TU Tiokkd. 8ijfiuTty.ij y.ai \a(u8)]q'
1] 8 evTEkEia Tijv y.adaoiörrjTo. y.ai zijv cftkocfpoai'vijv
i)8iova TOV TiokvTEl.ouq EiXE, rl. Luculi. XXXVIII:
vi 8e TCEgi TOV Kpuooov xai IlofiTiijiov ix^süaC^ov
tÜv Aovy.ot'Wov Etq ijSnvi^v acfEr/oTa y.ai TroXvTt-
y.Eta.v avTOV. Sed de hoc similibusque locis dicam
alibi.
Recte disputasti de natura dativi in locis quibusdam
minus recte cum ab aliis tum a'Schaefero aut explicitif
auf sine caussa correctis. Porro de verbis vitae Phocio-
nis XXIII tanto minus tibi accedere dubito quod secun-
diim eamdem rationem cum locum in exemplo meo pridem
emendaveram. Nam quod habent libri : öte y.ai (fa.OL
Tijv /J.EV nökiv skTTidoq fiEyäkrjq yEvo/uEvijv £OQTdL,Eiv
Ev('.yyE\ia avvE-/iui; y.ai 9v£iv zoig Qeoii;, tov 8e
0(i)y.i'ujva Tipuq Tovq ikty^Etv avTov ßovXof(Evovg
y.ni Tivv^avoitEvovq, ei to.vt' oi'y. av ij^eKev atrcji
niTzpdjf^at, Tidvv f^iEv ovv, %'^i ßEßov'kEvrjdai
8'e/.eivu- y.ai ird.ktv (ikIadv ett' dkXoiq Eva.yytXiiov
ypaffOfXEVUiv y.ai (fSpoLiEvujv d.TU tov aTparoUEduv,
nuTE dpa, (favui, navnofxEda viy.vjvTEi;; hoc igitur
ferri non posse apertissinium est. Schaeferus autem quod
E(fr mutavit in Cfaial, dicant alii quam sobrie ac pru-
denter fecerit. Veram rationem recte dicis demonstrare
codicem Palatinum , in quo ECfp supra vcrsum est addi-
tum : adiectum enim ab eis est, qui dcesse opinabanfur
diccndi verbum. Sed recte abs te observatum est, quod
sequitur (fuvai etiam ad superiora spectare. Poterara
ego eis, quae olini in epistola ad Godofredum Herman-
niini p. XllI sq. <le eo verbo a librariis male addito
disputavi, plura adiicere, sed nee vacat nee opus est.
Diificilior est locus, quem deinceps tractasti ex vita JVIarii
c. XXVIII: WC 8t PovTikioc: iöTooEt, tu jiev ukXa
(ftkuhj&i^i; dviip y.ai yotjordi, I8ia 8e riß Mapiui
npogy.Eypovyi'ic,, cpr/aiv , wc yai Tijg EXTijg etvxiv
i'TruTEiai, dayt'otov tlq tu; (fikug y.aTaßakuiv nokv:
de quo tu ita: verba (fl]oiv (/Je, quoniam u')i iOTOpEt
praecedit , uncis inclusa sunt a Reiskio ctCorae, delecta
a Leopoldo. Schaeferus v'jq CfTjoi scribi voluit, quod
utique probari non potest , siquidem haec verba tum ad
proxime praeceilentia iSia 8t T(p ßfapiio TTpoiy.E/.por-
y.cijg refercnda essent, ut ipse suas cum Mario simultatc»
narrasse videretur Rutilius, qnod apparet quam non aptum
sif. Hermannus quam olim in Graeca Societate prutulit
sententiam eam in novissima Vigeri editione p. g^^'S pro-
posuit. Recte enim , quas Schaeferus somniantem se po-
111
112
suisse uncinas dicit [r;;; fxr;;^* exvxiv v'Xaitiai\, po-
tas esse putarit ; deleoila euim reiisuit liaec vcrba iiiia
cum iiuportuiio (fioiv , et w^ — ty.y.oococa — Laßetv
ex Dotiüsinio graecac liiiguae iilioinate explicanda , (juo
cum \. w," öoy.ii , lö^ iu/y.e, toi (fi/'oi et siuiilibiis gc-
qaentia ierl>a ita iiiiij^uiitur , ut inliiiitivus poiiatur, quam
verbum fiiiitum ilebiierit. De qua rr qiium alii cxplica-
ruDt, tum ipse llerinaiiiius ad ^ ig. 1. 1. et p. 744, coli,
p. 7ÖU et ad Sophorl. Traibiii. r. l'JL'S. Quam quidem
ratiouem ita ego pnibo, ut lerba y.ai r;v txrr^ tTV^iV
tTlureia^ dclciula uou reiiseam. Queiiiadinotliini enim
eo qaem ipsc Iloniiaiiiius affcrt p. 744. Pseudti-Deinosth.
loro p. I35H), 4 diiitur: o dl- '/lyt-sra/ (favsouv , ort
Sieoaj^fTO pro ö da yiyvfzai (favsouv ■, iaujQuo —
ita hie quoquc diiitur: w," Povjit.KK ioTO(j£i — tö?
xai Tiji lyrri iiiXiv i'nuii i'u,;.^^ Fieri potest, ut non
rectc iiitellexerim mentem tuam , sed locus Plutarchens
at abs te est conformatus : w^ dt PuL'riLlo<i ioTOQti,
ra fiiv ä'/j.a (fil.uKi-xh^i dvi^o y.a'i XQtjOToq, lÖia de
TM Maoiv) nooiy.ty.Quiy.u)^, u)^ yal rTji ty.xr^i ctv^bv
VJlareiac: "on video quid coniiiiunc habeat cum loco
Demostheiiis, qui fertur : yai ra ftiv d).k' cot/ TOi'rtav,
tu; ty.aaioi i'/n yfvjfii-v , oltcus r:zokaußdiitii' 6
8t arraaiv üuoiui^ xui.; ovoiv dvdQu'inoii yeyti'ijTai
(faveoov (lOLio ioci), on /; uuao. ziji.E/.Xö.doi ap«
f/.£i'd£gia iv Tui\ xuivde xojv ui^dftojv (/'(/«/; dieouj-
Cixo: cuius gencris loci minime rari sunt. Nee possum
ego eam structuram, quam tu esse vis, concoqucrc, non
quod orationem ex duabus cnnflatam constructionibus in-
tolerabilem putcm, qi-aüs est locus abs tc in annutatione
allatus ex vita Deniosdi. XIX: Xl'xi" Sh xls w's EOIXE
öaitiuvio^ — ItJuixlui'O^ui , sed quia, si quid video,
illi loquendi generi oratio abs te conformata uji; Povxi-
Ktoi loxouei, vj; y.cü xi]i ly.uji ixi^tv rnaxii'ag
prorsus dissimilis est, ita demuni cum ea comparabilis,
si, quod placuit G. Ilermaniio, scribatur w^ dt Povxi-
Kioi lOxuQli — [wc] ly.y.ijuvnut (nam alterum cfj? illa
ratione admissa minime tolerabile iudico), ut infinitiTus
non iudicatirus lequatur post particulam. Ac fateor etiam
hac ratione apud Plutarchuni quiilem me noiiiiihil uflendi,
nam praeter locum ex vita Demo^tlienis nullum memini
in vitis qui sie sit comparatus ; aliquanto saejiius srriptor
ita lucutüs est in moralibus, ex quilius niiiiiiulla exempla
attulit C. Fr. Ucrmannas in speciui. observ. in Pjiit. de
»uperstit. p. 7 : alios scriptoreg , de qiiibus dixeruni
Fritzschius Q. Luc. p. 1()4. Winclielmaiinus ad Platon.
Euthyd. p. 38. Klotzius quaest. crit. 1, p. 10 aliique,
nunc non curo. Quao quum ita sint, vide ne alia ra-
tione luco succurcndum sit. Mihi quidem olim in mentem
venit, deleto bi, quod est ante 'Poi< xi/iix; haec verlia re-
ferre ad praecedentia in liunrmodum: — y.ai y.aiiaxa-
ö'ßts'f Tov MtxtKl.oy, ujq Pui'xi/joi ioxOQri, j« ^Iv
alj.a (fi/.u'/.tj&i-g ävi-Q y.ai ;(fp/;ör()s , /'dia öl rüi
Mapüti jiQOiy.ixooiy.vjg (fijoiv w? y.ai rij^ ly.xTji;
exvx^v LTluxlio-i — . Alio tempore (fijaii/ oj,- corri-
gebam in uj^ (fcai, nunc deniqoc mihi orta est suspicio
ntrumqac et ioxoQei et (fitjoiv uiq ex interpolationo
profectam esse librariorum. Quod si terum eit , Pln-
tarchns nihil scripsit nisi haec: lüg 8e PovxiklO^, xa
fiev düa (ftXahj9iji ävijg y.ai xQ'Joxo^^ e'Sia. 8e tw
Mafjiti) :igo;y.cxpoL!XU)i , y.ai xijg ly.xrjq Ixi'xep vTia-
xiicis', iu quibus quouiam librarii defectum verbi aegre
ferrent , facile illum, opioor , ferendum, v. epist. ad
G. Ilermannum I. 1., quum alius ioxoptt, ajg (faoi snp-
plendae oratiouis caussa ascripsisset , alius, perrersa deni-
quc diligentia utrumque coniunxit alius. Ex hig igitur,
tibi , vir doctissime , aut aliquid aut nihil eligendi libo-
ram inlo }>otestatcm relictam.
In iis, quae ileinceps in commentatione tua disputasti,
recte mihi rideris lapsum memoriae notare Plutarchi,
qui quae in Phocionc c. XVII tradidit de Fhociono, in
Demosthcne c. XXIII rettulit ad Demadem, recteque
observas, Plutarchum haud semel rettulisse ad cum virum,
cuius ritam cummaximo scriberet, quae aut facta ab aliis,
aut facta omnino non esseot. Cuius rei aliquot exempla
poteras , petere ex iis, quae ad Themistoclem et ad Pc-
riclem commentatus sum. Hinc ad locum Caton. min.
c. XVII progressus in i-erbis : övTOjv dt TlokkuJv, o/g
Si'kka^ ixsi'voi aTToxxtivuoiv üpöpaq ly. TTQoyQaffijg
ixtQaq iöujy.ev ävd /j.i'Qiag diaxiXiai; ÖQaXfJ-uq,
ajiavxtg fxtv avxoix; tue evaytig y.ai ///öpoi'? i^ioovv,
dfivvaodut 8' oi'dtii ixokua certa emendatione suum
scriptori restituis scribendo iy. TCQoyQUCfiji ytQa(i tSuj-
y.tD , comparato loco ex tita Sullae c. XXXI., ubi de
cadem re verba sunt haec: TiQotypa.l^ie xip futv — diu
oiöoavxi xov TipoyEyQo.fAfxtvov Ci]fiiav Tij<; (fikav-
9pu)7ilag öpiLjUiv davarov — rr/J de dnoy.xeivavxi
ytpag dvo xukavxa xtjg ävdpoffovia'i., auv öovXog
dtanuxrv y.av naxtpo. liug ävi/.Tj. Ex quo loco etsi
res tarn .iperta est, nt nemo iam de Teritate emeudatio-
nis dubitare possit, tamen ingenue tibi fateor, me quum
in emcndandu illo loco laborarem benequc nossem alterum
istum locum, ut sumus omnes interdum acie obtusiore,
non vidisse quod non vidisse nunc abs te edoctum pudet
poenitetque. .Sed laus alterius loci vitae eiusdem c. II
rectc a te eniendati mihi tecum communis est. Etenim
decimus hie annus est, ex quo in Societatc Graeca coram
Hermanno de locis Plutarcheis cum IMauritio Ilauptio
meo disputang verba scriptoris haec: oiov tlXi'XUH^ ^'J^
'Iia}dai ü nuis, ouxug toxiv tl 8' dvijp ijv , fxiav
oi'y. dv otj^ta ipi^cfov 'Iftif £i> xip 8ijfj.ii) ycveo9ai,
omni profecto acumine destituta corrigenda demonstrarem
in hanc speciem : Otov evxi'XlJ^lCC Xlj^ JxaXiai OTl
7r«/s ovxus eaxiv ei 8' ävijp ijv — : idque, nt est
apertissimum, assensu tuo, qui idem vidisti , nunc com-
probatum esse gaudeo. Restat ut incredulorum in gra-
tiam locum afferam Valerii fliaximi, qui et te fugit ncc
mihi olim erat cognitus, communis coniecturac nostrao
testimonium gravissimuni. Sic enim A'alerius III, 1. 2-
gratuleranr nobis Latini et socii hutic esse tarn partum.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscelleu.
Stuttgart, 1. Jnn. Se. k. Majestät babx'n di-m Direclor
ilrs OljeistiiJicnritlis, Prälaten t. Fl a 1 1 , das Konimenthurkren/
des Kronen- Ordens zu verleiben licrulil.
e i t s c li r i f t
für die
AI terthums Wissenschaft.
Sonntag ^ 3- Februar
1839.
Nr. 15.
Viro ClarissimO Fiiederico Kranero , Piiilos. Dr.
Gyinnas. Aniiaherg'. I'raecjptori .S. P. D.
t'arolus »Sinlcuis.
(BeschJiiss.)
Plurimnin iiejotii mihi faccssiiit locus in vifa JficiaD
t. XVIII sie scriptus in libris: 6 Öe JVlxiai £L'i}vQ
y.at naiya (pvaiv imo riji Iv riß naoovxi ^o)jajq v.u.i
<'.vXij^ dvaTs9aQ6iy/.uji, (.lakiOTU Sh roiq ex Evoa-
y.oraujv Siakeyoiiivoii v.rtvtfa y.al TttfiTtovoi tCqui;
f'.rTou oGov ovnui xi/V Ttokiv Lvdiooa^ai v.axa avfi-
fjäocti vo^uQuiv ovöbva rov PiiXinTiov l.6yov loxE
TTQOQTiJJovvaq ovöl: (fv\ay.i]v irconjOccTO y.c.^a.Qav:
poslrcmam vocem corruptam esse fllosi Solano faciie con-
ccsseriiiit oniiies, seil (juoil pro y.u.^o.oav scribi vuliiii
ioy^VQUV probari non posse faciie apparuit. Probaliilior
ijuibiisilam risa est P. AVrsspliiig;ii correctio y.aox£(Juv
ad Hcrodot. libr. IV, 135 proposita, et sentcniiaiu prae-
Rtans camdem et leiiiore confecta uiufatione. Quam qiii-
ileru tu qiiod falsam dicis propfcroa, quod Niiias nnllas
»mniiio disposiierit excubias propter nejligentiain ob res
feliciter gesfas , ut nou possit <lici non satis firmas ac
»alidas disposuisse, vide ce non satis rectc dixcris. ?Jam
«•nmpara mihi locum Tlnirydidis, ex qsio hie qiioqnc sua
Plutarchnm hansisse non obscurnm est, libr. VI, 104;
u Se JSr/.iaq ttu^Ö/aevos cwxüv nkeovxa vTcegeide
■tu xX^dog xcjv vsüjv, ÖTtSQ y.al oi QovQioi ena&ov
y.al o ü^a^iiav (fvXav./jv nOETroiEixo: conccdes,
spero, in nio particnla significationem latere alios tem-
poris, quo aliquam Gylippi ratiouom habuerit, idqiie con-
iirmant vorba eiusdcm scriptoris libr. VII, 1: xa.l EÖo^EV
ttvToii (xoiq tteqI rvlircTrov) errl xijg 'Ifisoag uXeiv,
dXXuig xe y.al xuiy 'Avxiy.üjv xeoad^uiv veujv ovtcuj
TtaQOvGüiv Ev xüi 'Pijyi(i), ug 6 Ifixiaq oftujg, Ttvv-
davö^Evog ai'vovq ev AoxQofq slvat, CLTtEaxEikEv.
Itaque alio nomine tibi reiicienda erat AVesselingii cor-
rectio, quod non ita difficile fucrit. Porro displicet tibi
«juod Coraes interpretationem sequutus Amioti restitnit
y.axctiqovTOQ,, quam coniectnram quod sola propemodum
audacia dicis excellero, ego rursus disscntio sie , ut cam-
dem excellere pntcm bonita<e scntentiae, modo ilton'jOaxo
VI plusquamperfecti accipiatur sie : nondum excubias dis-
posuerat, quo tempore Gjlippus appülit. Kec puto te fu-
Serc, quam praeclare accommodatcqne ad usum Plutarclii
oninis conforniata sit oratio Corais illa emendatione.
I', ii7idom tarnen fatendum est nimis reccdere a librorum
srriptnra, quam quae a sobrio ac moderato critico in or-
dluem vcrbornui rccipi dobuorit; multo facilius tuuin illud
y.a9 ojpav est commrndaturquc loco Thucvdideo, quem
fortasse sequutus es: sed ccrtum non puto, qunniam mihi
noscio quid in ea ratione desidcrari viiletur. Itaque sie
scntio, ex iis, quae adhuc prolatae sunt de boc loco
conicctnrac , luam probabilitate superare ccteras , sed nt
non abiicieiida spcs sit, fore, ut probabilius quid cxcogi-
tetnr. Mihi quum nihil nnnc snccnrrat, nc plane «(7i'/U-
/joAo? alioam, dicam de verbis quae praeccdunt in co ca-
pi<e his : y.ai yao ivükE/g f^iEOioxaPxo y.al nkoia
iicaxa aixüv noXKa-xödev E/q tu cxqo.xuueSuv: qui-
bus quum verbum dcesse manifestum esset, Solanus post
GxQaxoTtEÖov addendnm censebat );Zf, Reiskius CKfixETU.
Probabilius ego locum mihi videor restituere scribendo
nakXaxöd^Ev ijk9-Ev Eig tu axQaxÜTCEdov. Verbum
ut omitteretur, terminatio effeeit vocabuli praecedcntis.
A Plutarcho itcrum ad Diodorum transgressus de ver-
bis disputasti libr. XI, fiO: TTkcvaag ovv ^itTU TTavTog
Tou Gxukuü TtQog xijv Ka.Qi'av , xu)V naQa.9a.Xa.Txiviv
nöXewv öhai j^ihv ijoav ix xijg 'EkkäSog dTtfpxiout-
vui , xavxac, na.QaXQijfta awcniiOEv d7CuGxi]vat twu
Iligavjv, öaai ö' ünijoxov ky%v')q(0L y.al (foovgac.
lyovoai IlEQaixaq, ßia UQugäyujv ETrok/üoxEr. haec
scriptura ita comparata est, nt ucmini possit offeusioni esse.
A qua tarnen quum libri ita reccdant, ut alius scriptum exhi-
hcsit diirXujTXOe, alius 5/'7rA.ajroi, alius denique 8vC,TCko}TOt,
quasscripturas incredibile est ex mcro errore ortas esse, nie-
rito locus de vitio suspectus est visus Wesselingio probavitque
eins correctionem, quae est StykoTTOf, LudoricusDindorfius.
Tibi alitcr visum est ncgastique locos , quos Wesseliugiug
suae coniecturac firmandae adhibuit, ad fidem faciendam
idoneos esse. Ac sane concedo tibi esse cos Iiaud omni
ex parte siniiles, sed ,nt niininie dubitem, quin vcl in
niaiori corum dissimilitudine ita dici potucrit; certc quod
tibi placuit uoa/ 8' vTciJQXOv Ey^^ioioi xul dvoakujxo/
(fOOVQug EXOvaai HefJOlXug, vereor ne vcl propter op-
positionis rationcm neniini sis probaturus prae \Tcsselin-
gii ratione docta et exquisita et propter eam caussam
non intcUccta a librariis Diodori, hominibus iniperitissi-
mis. Nee probem, si verum fatendum est, tuum de ver-
bis quae praecedunt iudicium : in quibns de Cimone scripta
haec sunt: uExä ÖE rauxa f-iei^övcuv nQä^£v)v ä^ta-
G^ai diavoovuEvoq xaTEirksvOEv Etq xuv IlEi(iaiEa,
y.al TTQogXaßüfiEvoi itlEiovq x^nJQEig xal tijv akh]V
XOQi]yiav ä^iuXoyov icaQa.axEvaaä^Evog, tote fiEV
115
IIG
iSiTXtfOsv fX"^" Todjoeti öiay.oalai' vörtoav Se
fiSTai'euipc'ue^o^ rraou tvji' Iini:v)v y.at töjv cJ./.uiv
ÜTCctviov Tai ihtäaai ltX£ Tnuc/.ooidi: »ir liliri trcs,»
quos soquutns est Diuilorfiiis, cetcri utKUi d:iiiOa^,
uiiilc tibi si<: srripsisse vidoliatiir Diodoriis: larEQUV öe
juf rrt:jf.w!/'ttU£toi naou riüv liövojv y.ai tv>v uKAatv
ärtüvrwv uA/.ct(;, ra^ «rraoo; tixe Tptaxooiaq: nairt
quoll umi^iisii »crL.i k^jv ItoiViV y.tt'i, rasii fardini arbitror,
uon cousilio. Et nttMi quitlem iiitorprefari» : ,. praeter
cas ciuceiitas, qiias liabiiit," addiiquc simul, hur. clliii )iac
ratione, ut ftETarreuÜ'catSvoq noii carcat oUipcto. Seil
id ipsuni tanl freqiieiis est, ut uiirer te, »irum doctissl-
muoi, ri-1 tniitilliim ra rc potuissc ufl'eiidi, iniiiiis miror
in lilrariis JJiddnri, quos dubio varat eani solani ob raus-
«am iiiulrstuni istuil il/j.cii pcrrersa scdulitale supplci isse,
»rl jiropti'fca iiitcilcrabilr, quod nemo non id sie esset iu-
terprctaturns, dureutas illas Cimonis naves non ex solis
Athcuiensibus, scd aliunde ciiam fuisse coactas , quod
rcpugnat rci verilati. In his igitur Diodori locis quuni
neu possini comprobarc Judicium tuum, vcrissinio inilii
correxisse lidcris loruin quem postrcin» tractasti Plu(arclii
couviv. »oplem sap. p. 157. l). multis illum roniecturis
teutatam. Verla sie kabeut: «p' ovV , tffjlt yO-l TOD
izaiQov }^juiöv, ^"o7.wvo; Sh ^Ivov , 'ETCiiicviSt]v ,
unio^ Tt- aTf;i^föi'^«i rfJf d/j.ojv anitov -j'-CKfiu, rrji
ä' ci/jfjor dvvdfiiüji, iji> i.öovijv avxu,; oi 1 1 iihjoi,
f4iy.(juv e/'i TO arü^ia Kafijjävovca t)tijfi£oci<0!v c.vä-
QlOTOV y.ai dditrivov; frustra adliuc laborarnnt in vorLo
jjdoi'I^D corri^enilü riri doctissimi, quo omittendo etsi
possis bonos aliquot iibros sequi, videtur tarnen non
temere inferri potuissr, sed ob id ipsum omissuni esse,
quod idouea seutentia carcrct. Optima tu restituisti Ijv
idujÖKv, quod confirmant rerba Ilerodori apud Pruclum
Demetriique apud Diogcneui Laertiuni.
Habcs, vir clarissimc, nieam, quam rogasti, senten-
tiam de locis, quos tractasti, umnibus, raptim sanc ar
turbulente persrriptam , scd cuurtaiulo in lali re niliil
proCci et aliorum et mro ipsius cxemplo cdoctus nialui
rel cum crrandi discrimii:e cito rcscribcre quam dillpreudo
et procrastinando committcrc, ut tui rerumque fuarnm
parum vidorer Studiosus esse. Ego quidcm, si quid pro-
babiliter disputasso tibi visus fucro, gaudebo asseiiüu tun;
si quae secus, tantum abcst ut aegre sim lafurns dissen-
sum, ut nitro cum cxpostulem. Ita valc , vir clarissime,
et quo adliuc fuisti iu nie animo esse perge.
Dabani Serccstae Anlialtioorum ipsis calendis Octobri-
bus a. aiDCCCXXXVUI.
/?. J. F. Henrichgen , om den Nygraeskc eller saakaldte
Rpachliiisko Udtale af det Ilelleniskc Sprog, en
critisk Liidersögelse. KjübenhaTn. IcSili. 124 S. 4'
R. J. F. Ilenrichsen, oni de saakaldtc politiske Vers
hos Graekerne. Kjöbenharn. 1S3S- 81 S. 4.
Beide Abhandlungen sind als Einladungsschriflcn zum
Examen an der Akademie 2U Soriie , an welcher der \cyI,
als Lcc lor angestellt ist, ausgegeben. Wenn Ref. es übcr-
uiniut sie anzuzeigen, so thut er dieses weniger in der
.Vbsifht sie zu Lcarthcilou , als das deutsche Publikum
zur Aufmerksamkeit auf die Leistungen des d'inischen
(iclclir<cn aurzuforilrrn , dessen Manien aus friilierer Zeit
unserer Philologie ja hinl/hnlich bekannt ist. Diese Un-
trrsiirliiingrn sind so griiiiillich, scharfsinnig niid umsicb-
tig, dass sie in der Lilcratiirgescliichte der beiden Fra»
gcii über die Heucliliii'sche Aussprache und über den po-
litischen Vers Epoche luarlien «erden. Eine Uebersetzung
der erstcreii, loiii Hrn. Pastor Friedrichseii (früher Rec-
lor zu IIusiiiii), liegt bereits zum Drucke fertig. Zu
der zHcitcn wird sicli hoirciitlicii ebenso bald Ueber-
setzcr und ^'ei'leger finden.
Als Ref. im Sommer lS3f> '" Kopenhagen «ar, gc-
rietli er be:m IJcsuclie ilcr dortigen Philologen in citio
Streitfrage liiiu'in , u eiche bei uns seit einiger Zeit ziem-
lich eingcsclilafeii ist, «.'ihrend sie für die d.'lnisclieu
Schulen und Schulmänner noch bis Jetzt eine Art P.irlei-
sachc ist. Jene erste Schrift lli'iirichseiis ,,über die Meii-
griechisciie oder sogenannte Renchlin'sche Aiisspracho der
(jiriechischen Sprache" «ar soeben erschienen und man
sprach mit grOsster Lebendigkeit dafür oder d.igcgen.
Sie ist gegen Hrn. Prof. IJIoch, Rector zu PiocsLilcle,
gerichtet, «clcher bekaiintlicli seit langer Zeit als eifri-
ger Verfechter der Reuchliirscheii Aussprache gewirkt
hat. In Deutschland ist nur die ,,Pievision der von den
neuern deiitsrhen Philol. anfgestr-llteii oder veTJheidigten
Aussprache des Alfgriechischeii." Altona uiiil Leipzig
IS2t). S. bekannt, wogegen besonders IVlatthiä geeifert
hat, vergl. Jahns Jahrbb. Vi. V, II. 4, S. 411 f. Ilr.
Bloch antwortete auf Matthia's Gegengründe in Sech. N.
Archiv f. Philol. und Padag. 1829 Nr. oS - 40, S. 149 ff.
und wurde durch diese Polemik , welche heiliger als
gründlich «ar, iu seiner Ueberzengung nur noch mehr
bestärkt. Er sammelte seine (»runde nun in 3 Schulpro-
granimen : „Laeren om de enkelte L^d og deres Deteg-
nelser i del gamle graeskc Sprog, historisk- kritisk udvi-
klet og begründet, Kphg. 1S29 — 31, welche Programme
Ilr. Ilenrichsen als das Hauptwerk seines Gegners be-
zeichnet, ,,da sie nicht soviolil Polemik gegen Anderer
flleinungen, als eine ausführliche Darstellung des Rcuch-
lin'scheu Systems enthalten." Es wäre zu wünschen,'
dass Hr. Bloch, wenn -.loch das deutsche Publikum nun
bald die Ilenrichsen'sche Schrift lesen wird , auch für
eine deutsche Bearbeitung jenes Hauptwerkes, gegen wel-
ches Ilenrichsen seine Untersuchungen besonders gerich-
tet hat, sorgen niiichtc. Später antwortete Hr. Bloch
nochmals in einer besondern kleinen Schrift: „Zweite
Beleuchtung der Blatthiü'schen Kritik, die Au-ispr. <le»
Ahgriech, betreffend," Altona 1.^32 IMatthia's ausführli-
<her Recension der Revision in Jahns Jahrbb. XIII,
4. Heft. Endlich hat er durch «eine iBS.*} herausgege-
bene Kortfattedc fuldstaendige Skolegramniatik i det
Graeske Sprog die Resultate seiner Untersuchungen auch
in die Schulpraxis eingeführt. Ein so rüstigem Streben
nun, Tprbufiden mit der praktischen Einwirkung inner-
halb seines Rectorates, konnte nicht verfehlen Erfolge zu
finden ; wozu kam , ilass Viele durch den grossen Auf-
wand von Gelehrsamkeit, womit Hr. Bloch seine .Sache
betrieb, geblendet wurden. Es erfolgte, was bei solchen
Streitfragen die schlimme Seite ist, eine grosso Störung
und Confusion der gemeinen Schulpraxis, indem einige
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Sciiiilcii (las Grircliisdie rrasiniscli , aiidorc neiijjriecliiscli
(praclioii und iiocli sprorlicii ; ein ^Scliisiiia, wi-lclies aiicli
auf (Ion Luiversitafsuiitorf-iilit im (jirieiliisi-Lcu vielfaltig
itörniil ciiiuirkfu soll.
In sofiTu halte Ilr. Hrnrirliscn Lei spineu Untersu-
rliuii|;i"n zun.'iclist «las |)raktis(lic Interesse, diese Augo-
lejfeulielt diirili j;'riindli(lie Rerision der Revision wo
niü^lirli auf» Heine zu brinjjen ; uietvolil er auf eine
definitive Erledijjung des Streites »veder zunächst ausge-
;,'angcu ist, noch auch ülierhaupt dieses für den eigent-
lichen Zielpunkt seiner Untersuchungen gehalten wissen
will. Die Veranlassung zu denselhen gehen zunächst einige
Aeusseruiigen IJIorh's über das Alter des arceutuirenden
Verses in der Griechischen Poesie, die ihn zu genauerer
Nachforschung über diesen ^ ers bestimmten ; »vio denn
die Abh. über den politisclicu Vers, obgleich spater her-
ausgegeben, doch eigentlich die altere ist. Die Vorre<le
zu derselben sagt das Weitere. „Als ich nun an die
(Quellen selbst ging, fand ich bei mehreren Griech.
Schriftstellern nicht »venig Data, welche es klar machten,
dass dieser Xers einen späteren Ursprung hat; noch ein-
leuchtender aber wurde mir dieses Ergebuiss durch die
Betrachtung der Geschichte des griechischen ^'olks und
seiner Spraclie, wozu dieselben Studien Anleitung gaben.
AVas als isolirte Erscheinnng untergeordnetes Interesse
liaben musste, bekam nun erst Licht und Bedeutung in
Keinem Zusammenhange mit der Geschichte des \'olkes,
der Sprache und der Literatur, als Glied eines grossen
(iauzen, und ich begann meine Alaterialien zu ordnen
und zu verarbeiten. AVahrend solcher Arbeit aber wur<lc
ich ilurch natürlichen Zusammenhang allmählich zu einer
anderen Frage hinübergezogen, welche in der letzteren
Zeit Gegenstand lebhaften Streites gewesen ist, ohne dass
»ie ihrem Aufschlüsse näher gekommen wäre. Ich meine
die Frage über die Griechische Aussprache, welche an
und für sich, gleich der über <len politischen Aers, zu
ilen weniger wichtigen Punkten der Alterthuniswisseu-
•chaft gehört, aber, wie jene, durch ihreu Zusammen-
hang mit andern allgemeinen Erscheinungen einige Be-
deutung bekommen kann, und dercu eigentliche Basis
und Ausgangspunkt gleichfalls, wie es mir wenigstens
»orkommt, des Volkes und der Sprache Geschichte ist.
Da diese Frage für den Augenblick ein übervviegendes
Interesse hatte und übcrdiess die Frage vom Ursprung
des politischeu Verses zum Theil durch jene bedingt war,
beschloss ich bis auf AVeiteres die andere Arbeit bei
Seite zu legen und zunächst die 3Ialerialien zu verarbei-
ten, welche ich beim Lesen der späteren Griechischen
Schriftsteller zur Frage über die Aussprache gesammelt
hatte — und damit die allgemeineren historischen Unter-
■uchangen über Volk und Sprache zu verbinden, welche
nach dem ursprünglichen Plan als Einleitung zu den Ab-
handlungen über den politischen V'ers sollten gegeben
werden." — Wenn daraas nicht allein Veranlassung,
sondern auch die allgemeine Fassung der beiden Abhand-
lungen entnommen werden kann, spricht sich dieselbe
Vorrede über die nächste Bestimmung der zuerst heraus-
gegebenen Schrift folgendermasseu aus: ,, Angehend einige
Bemerkungen über diese Schrift, welche mir iuzwischca
SU Ohren gekommen sind , benutze ich diese Gelegenheit
zu bemerken, dass ich, wie auch in der Abhandlung
selbst wiederholt erklärt ist und mir die ganze Weise
der Untersuchniig zeigt, durchaus nicht habe lieweisen
wollen, dass die Erasinische Aussprache die richtige und
alte sei, sondern ich wollte bloss zeigen, dass ilie IVeuch-
linsclie Aussprache nicht <las von der Erasinischen voraus
bat, dass sie historisch auf die alte Zeit zurückgeführt
werden kann, da die Grün<le, auf welche man sich ge-
stützt hat, um ihr Alter darzuthun, keinen Stich halten.
Üass die Erasmische Aussprache grösstenthcils durch Hv-
piilhese begründet ist, ist wohl wahr; aber nicht weniger
wahr ist wohl dieses, dass die Reuchlin'srhe kein siche-
reres Fundament hat. — Ich habe in jener Schrift deo
negativen AVeg eingeschlagen, gerade weil ich es für
nothwenilig hielt, dass zuerst allgemein anerkannt würde,
dass man nicht weiss, was man glaubt zu wissen. Erst
wenn der falsche Schein historischen Wissens, womit die
Reuchlinianer sich zu umgebe^i gewnsst haben, ver-
scliwunden ist, kann die Frage über die alte Aussprache
auf's Keue als etwas Unabgemachtes aufgenommen wer-
den, und Meinungen und Hypothesen können dann her-
vortreten und sich mit Gründen geltend machen , aber
nur als Hypothesen, niiht als unumstössliche Wahrheit."
In der That verhalt Hr. Ilenrichsen sich ganz indif-
ferent gegen das Materielle der Frage und beleuchtet
dieselbe eigentlich nur formell, wie sie bisher besprociieii
sei, wo dann das Resultat sehr einleuchtend wird, dass
man von beiden Seiten, aber namentlich Ilr. Bloch auf
Seiten der Reuchlinianer, mit bede»tcn<|pr Akrisie und
\Villkür zu AVerke gegangen ist. Und allerdings ist es
bei wissenschaftlichen Verwirrungen der Art, wie diese
ist, allemal das Beste, zunächst bloss negativ und skep-
tisch zu verfahren, einmal tüchtig aufzuräumen, damit
der Schlendrian der traditionell von Hinz zu Kunz über-
gehenden Citate und Betrachtungen endlich einmal sistirt,
und der künftige Bearbeiter gezwungen werde, vorsich-
tiger zu sein. Allein ich weiss nicht, ob Hr. Ilenrichsen
in seiner Skepsis nicht ein bischen gar zu weit gegangen
ist, zumal da er au verschiedenen Stellen deutlich durch-
blicken lässt , dass ein temperirter Erasmianisnius doch
wohl das Wahre sein möge. So hejsst es in der Schrift
über die Reurhlin'sche Aussprache selbst S. 6. „Zwar
trete ich hier als Gegner der Reuchlinianer auf, allein
weder denke ich irgend eine neue Meinung darüber anl-
zustellen , wie die Griechen in der besten Zeit ihre
Buchstaben ausgesprochen liaben, noch möchte ich da»
Erasmische System vertheidigen. Auf beiden Seiten ent-
behre ich sichere historische Data, welche das Einzigste
sind, was in einer historischen Untersuchniig etwas gilt.
Freilich ist es nicht wahr, worauf «lie Reuchlinianer sich
unaufhörlich berufen, dass die Erasmianer nichts Anderes
für sich haben, als Hypothesen und die Analogie mit
der Aussprache der neueren Sprachen. Vielmehr glaube
ich, dass die historischen Zeugnisse, welche die literari-
schen Denkmäler der alteren Zeit darbieten, und welche
zum Schlüsse dieser Abh. angeführt werden sollen (vergl.
S. 112 — 1-4, eine Reihe wahrlich guter Zeugnisse),
viel mehr für den Etacismus, als Jür den Jotacismiis spre-
chen. Allein dessenungeachtet sind diese Zeugnisse nicht
ausreicfaeud , eine bestimmte Theorie für die Aussprach«
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süiiimdlclier Biulistabpii in oiiier <jeHisspn Gofend niid
KU einer jcwisscn Zeit darauf zu ln'gTiiiulrn , und uorh
»icl «cnigcr ausreichend, eine desliiiititle allgemeiiie Aus-
k|ira(hc zu liewcispu. Es kann ffernc sein, dass an. der
Krasniisclien Aussprache Zieles irrijj is< ; ich irciss nicht,
oll and iimiefern die Erasmische Aussjiraclic die Aus-
spraclie der alten Ciriecheu ist. Auf iler andern Seite
bin ich iTcit entfernt zu beliaujiten, dass die Rem liliii'-
»che Aussprache in allen ihren Theilen falsch sei; es
kann g^ernc sein, dass Einiges, ja. Manches an ihr ist,
•»as mit der alten Aussprache lihercinstimnit ; es kann
.-iiirJj seil), dass in der !^eufriech)schen Aussprache nicht
»iel von dem Alten lihrij ist: ich gestehe auch hier, und
nicht aus l nhckaiintschaft mit der Sache, sondern nach
Untersuchung' der historischen Gründe, «eiche dafür an-
g-eführt werden: Ich ireiss es nicht. IVach meinem Da-
fürhalten ist die Untersuchrjug darülcr, wie eine todte
Sprache ausgesprochen -Horden, solange sie im IMnnde
des > olkcs leljte , immer mit so vielen zum Theil un-
auflöslichen Sclnvierigkeifen verbunden, dass das Ilüchste,
vn/u man es im Allgemeinen bringen kann, ein gcHis-
ser Grad von AVahrscheinlichkcit ist. Selbst wenn die
I.eberlicferung alter Zeit über die Aussprache noch so
deutlich, noch so niannichfaltig, noch so ausführlich,
noch so ansgedclii'.t hinsichtlich des Landes und der Zeit
j»t , überliefert sie doch immer nur den lodleii Lriul;
der lebendige Geist, das Organ, womit die Buchstaben
jjuügesprochen wurden, und die jVüancen , «eiche der
l-aut in verschiedenen Wörtern hatte, sind lind bleiben
verschwunden, wenn ein /A'olk selbst verschwunden ist."
Diess ist Alles recht schiiu und klug; allein es ist nun
einmal die piaktis.hc >olhwendigkeit da, sich für die
eine oder die andere Seite zu enischeiden, nnd jeder
Einzelne entscheiilet sich dahin oder dorthin , je nachdem
er selbst das Griechische spricht. Da ist doch wohl,
wenn nicht die volle, distiiicte Gewissheit zu haben ist,
«Hill mit jenem ,, Grade ron Wahrscheinlichkeit" vorlieb
rii nehmen. Uixl man wird sich mit einem solchen in
demselben Grade leichter begnügen , als man sich deut-
lich macht, dass jene lieslimtnte allgemeine Aussprache
Griechenlands in der besten Zeit , welche auf historischem
Wege aufzufinden namentlich Hr. Prof. Bloch so viele
niühc angewendet hat, schwerlich mehr ist, als etwas
Imaginäres. Denn sollte es bei den Griechen jemals an-
ilers gewesen sein , als es z. B. jetzt in Deutschland ist,
w'i es freilich eine allgeniciii recipirte Aussprache der
Gebildeten gibt, welche sich von den eigentlichen Volks-
•lialckten scharf unterscheidet, deren Allgemeinheit und
Einheit doch aber in der Tliat mehr eine imagin.'lre, als
reelle ist, so dass man aus der IMenge der Gebildeten immer
mich den AVürtemberger , Sachsen, l'reussen , mecklen-
burger u. s. f. heraushürcn kann. Ebenso mag es auch
in Gfiechenlanil, selbst in den besten Zeiten der Litera-
tur, wo die Bildung und der Geschmack alle seine Ge-
setze und Impulse aus Attika bekam, zwar in thesi eine
.iligenicine Aussprache der Gebildeten gegeben haben,
al- deren Aormaltvpus etwa der attische Redner zur Zeit
des Ücmosthenes nnzusehen wäre; nebenbei aber war dem
Chrjsipp gewiss noch immer seine Abkunft aus Cilicien
anruhören, dem Aristoteles seine Abkunft aus 3Iace(lo-
nien u. s. f. So mag «leun auch der E Laut, der sei-
ner Katur nach, je nachdem er mehr oder weniger spitz
g<-spri)chen wird, dem 7 Laut näher oder entfernter tönt,
in einer und derselben Gesellschaft zu Athen von Eini-
gen mehr, von Andern weniger dem J Laute zu gespro-
chen worden sein. Aber eben desswegen, iicil ein wirklicher
Korniallant für ein gegebenes Zeichen im wirklichen
Leben gar nicht zu fassen ist, sollte man auch gar nicht
zu scharf nach historischer Gewissheit in dicseu Dingen
sireben , sondern sich au einer einigermassen haltbaren
Wahrscheinlichkeit gerne genügen lassen. Dabei werden
wir dann freiliih in mancher Hinsicht die alte Leben-
digkeit der Aussprache ziemlich verfehlen; z. B. wenn
wir sagen, das 7/ verhalte sich zti E wie Si zu O, Ci
sei derselbe Laut, aber zu 3 J'r'O^'0/ gerechnet , so wer-
den wir mit unserm deutschen E, wie es meisiens ge-
sprochen wird, den griechischen E Laut vielleicht nur
mangelhaft ausdrücken, dessenungeachtet aber darin Recht
haben, dass wir einen E Laut wollen. In der That es
ist mehr das Abstractum , der E Laut, welchen wir
durch unsere Aussprache auszudrücken streben sollten ,
als das concreto, <lieses bestimmte E und ;; , wie es die
Attikcr oder Griechen aus der und der Zeit sprachen.
Bei dem wirkliehen Ausdrucke der altgriechischen Aus-
sprache mit der nnserigcn ■ jetzigen wird es aber wie-
derum durch keine Theorie zu erreichen sein, dass nicht
die l'roi iiicialismen unserer Aussprache rielfültig ein-
wirken; ^lie z. B. dat Latein, wie es der Sachse .lus-
spricht, uiisern norddeutschen Ohren hiiufig völlig un-
verständlich klingt, vollends das Latein des Engländers,
des Franzosen eili wahrer Galimathias ist.
Sollte durch diese Betrachtungen angedeutet werden,
dass ein solcher Standpunkt, wie ihn der \i. angenommen
hat, der Standpunkt der historisch-kritischen Skepsis für
den praktischen Bedarf ein unzul/inglicher sein mochte,
wie ja aber einem solchen Bedarf der Verf. auch selbst
nicht hat genügen wollen ; so ist auf der andern Seite
als ausserordentlicher Vorzug beider lintersnchungen, so-
wohl der über die Reuchliu'sche Aussprache, als der über
den politischen Vers, noch die reiche Ausbeute in lite-
rarhistorischer Hinsicht hervorzuheben, welche des Verfs.
Studien in diesem entlegenen Gebiete der Griechischen
Literatur bisher schon gewonnen haben und hodentlicli
fortfahren werden an den Tag zu fördern. Es müclite
Wenige geben, die es mit Hrn. Ilenrichsen an Kenntnis«
dieses Literaturgebietes aufnehmen könnten. „Ulich ver-
driesst," sagt er in der Vorrede zur zweiten Abb., „die
Zeit nicht, welche ich auf diese Untersuchungen ange-
wendet habe. .Ich bin dadurch mit der späteren Griechi-
schen niiil namentlich mit der Byzantinischen Literatur
des i\Iittelalters bekannt geworden, welche, wie mager sie
auch in V^ergleich mit der älteren »ein mag, doch nicht
die Geringschätzung nnd Vernachlässigung verdient, welche
man ihr «llgemein beweist. Verschiedene Punkte in der
späteren Griechischen Literaturgeschichte sind noch völlig
dunkel, manche bedürfen bedeutender Berichtigung. Eini-
gen Beitrag dazu habe ich in diesen meinen Abhandlungen
gegeben und gedenke , sobald es die Umstände erlauben,
diese literarhistorischen Beiträge fortzusetzen."
(Fortsetzung folgt.)
Zeitschrift
für die
AI terthu ms wissen Schaft.
Mittwoch:, 6. Februar
18 39.
Nr. 16.
Fortsetzung der Recension von Henrichsen's Schriften
über die Aussprache des Griechisclien und den po-
litischen Vers.
Wir gehen über zu der genaueren Relation ül>er die
Schrift om den Nygraeske eller saakaMte Reuchlinske
L'dtale. Sie zerfällt in eine Einleitung S. 1 — lö und
3 Abschnitte, S, 17 — 52, 52— 'J5, 95—124. Die
Einleitung spricht über die Geschichte der Frage, Bloch's
Forschungen und deren 31angelhaftes im Allgemeinen.
Dieses ist tlieils die zu rasch angenommene Voraussetzung,
dass die Aeugriechen , so wie sie jetzt sind, in allen
Stücken die echten und treuen Nachkommen der alten
Griechen sind. Conscijnenz dieser Voraussetzung ist die
Rehauptung, dass die Neugriechische Aussprache die ein-
zig richtige und die echte alte sei. Diesen Theil seiner
Behauptungen widerlegt Hr. Henrichseu speciell im ersten
Abschnitt, S. 17 — 52. Ein Ztveites, worin Hr. Bloch
es vielfältig versehen, ist ein etwas sehr unvorsichtiger
Gebrauch von Zeugnissen alter Scliriftsteller. Dabei
kommen dann die drei Ilauptstücke der Akrisie in viel-
fachen Exempeln vor : bald wird aus Stellen geschlossen,
was gar nicht darin liegt, bald werden Autoritäten und
Schriften zur Sache gezogen, denen keine Autorität zu-
zuschreiben war , bald werden Stellen und Citate tradi-
tionell von den früheren Bearbeitern der Streitfrage zu
wenig vorsichtig angenommen. Hr. Henrichseu zeigt sich
seinem Gegner nicht bloss an philologischer Bildung,
sondern auch an Gründlichkeit und Genauigkeit über-
legen.
S. 10 — IR einige Notizen über eine Reihe von Schrif-
ten, durch deren Pseudonjmität oder vermeintes Alter
»ich Hr. Bloch hat täuschen lassen, ihnen einen Respect
zu beweisen, den sie durchaus nicht verdienen. So be-
sonders die von Boissonade edirten Epimerismen des He-
rodian, die erotemata des 31. 31oschopuIus, welche Hr.
Bloch dem Basilius Magnus beilegt, tias Lexicon des
Hesychius, die Scholien zur Grammatik des Dionysius
Thrax, die Grammatik des Theodosius, eine angebliche
Abhandlung des Goorgius Chöroboscus. Der Verf. macht
nach früheren und eignen Forschungen auf das gänzlich
Unsichere aufmerksam, welches an diesen Namen und
Schriften haftet, und verspricht zugleich eine eigene
kleine Abhandlung besonders über den Choroboscus.
Der erste ylLschnitt, mit dem I\lotto „Tis Greece,
but living Greece no more" beleuchtet theils nach Zink-
eisen, theils nach eigenen Studien die Geschichte der
Griechen von der IVlacedonischen Zeit bis jetzt, v^oran
sich eine Geschichte der griechischen Sprache und Aus-
sprache anschliesst, welche dem Verf. eigenthiimlich ist;
nur dass ihm theilweise vorgearbeitet worden durch Heil-
maier, über die Entstehung der roniaischen Sprache un-
ter dem Einflüsse fremder Zungen. Es wird auf die ver-
schiedenen, weitgreifenden Modiücationen aufmerksam
gemacht, welche die griechische Nationalität nach ein-
ander durch IMacedonier, Römer, Gothen, Slaven, Fran-
ken zu bestehen hatte. Im .Jahre 578 zogen 100,000
Slaven über die Donau und drangen in Griechenland ein
(»elches schon zu Plutarch's Zeit so schwach bevölkert
war, dass das ganze Griechenland, wie Plutarch sagt,
nicht so viel Hopliten hätte stellen können, als zur Zeit
des persischen Krieges Megara gestellt hatte), ohne dass
von ihrem Rückzuge erzählt wird. Im Jahre 589 sol-
len die Avaren in den Peloponnes eingedrungen sein
und flenselben 208 Jahre lang in ihrer Macht ge-
habt haben. Daher heisst es beim Constantinus Por-
pliyrog. ■*): Ttdoa i) '/,ujQa yayovs f^ccoßugog, na-
mentlich mit Beziehung auf 3Iorea. Der Verf. lei-
tet aus jener Zeit her die allmähliche Verschmelzung der
äKeren Bevölkerung mit diesen neuen Ankömmlingen,
wodurch sich „ein neues kraftigeres Volk" gebildet habe.
Religion, Sprache und Sitten beider Elemente hätten
sich schon seit dem 6. Jahrb. in Eins gebildet, und zwar
so, dass die reifere Civilisation und Cultiir ihre IJeber-
legcnheit über die rohe Kraft bewies, dagegen durch
das frische Volk ein ganz neues Lebee in die alten For-
men kam. „Ein ganz neues Lebet begann seit jener
Zeit in Griechenland. Schon gegea Ende des 9. Jahrh.
finden wir in einzelnen Theilen Griechenlands Spuren
von Wohlstand und Industrie ; :U Anfang des 10. Jahrh.
liefert Griechenland einen beaeutenden Beitrag zur kai-
serlichen Armee, ein Phänomen, welches in der späteren
Geschichte Griechenlands <!twas_ganz Neues ist." Doch
kamen fortgesetzt neue 1 ölker und Herrscher nach Grie-
chenland , besonders zuletzt die durch die Kreuzzüge
veranlassten Fränkischen Grafen und Barone, welche sich
mit Venedig in den Besitz Griechenlands theilten, wie-
wohl diese schon die neue Zeit vorgefunden haben
möchten.
*) Äehnliclie Stellen anderer Autoreu werden citirt S. 24.
123
124
Zur Geschichte der griechischen Sprache «inl darauf
bemerkt , wie zuerst das 3Iaccdonischc und Hellenische
den früheren Zustand der Literatur, wo Attika die Regel
der Literalursprarlie gab , niodificirte ; w io darauf die
römische Herrschaft eiligen irkt; wie cudlicli besonders
seit der '\'erlegung der Herrschaft uach Bvzanz das an-
tik Griecliische immer mehr erstickt worden. jjKh]V
heisst jetzt nur noch der Heide; das l'olk nannte sich
Pionaiut , daher der Ausdruck romaisclic Sprache u.s. w.
^'och liieltcn sich die Formen der alten liihluiig und
wissenschaftlichen Tradition zu Athen, obgleidi die
Athenieuscr selbst 1,'lngst gegen die Wissenschaft indif-
ferent waren; bis Justinian nun auch jenen letzten Rest
der alten Zeit vertilgte und Athen ein Verbannungsort
für in Ungnade gefallene Grosse wurde. Als allgemei-
nes Resultat seiner Beobachtungen stellt der Verf. S. 31
dieses auf: „dass die hellenische oder altgriechische
Sprache schon frühzeitig (gewiss nicht viel spater, als
das Lateinische) auszusterben, d. h. Volkssprache zu sein
aufhörte und eine Reihe von Jahrhunderten hindurch,
ebenso wie das Lateinische im 31ittclalter, nnr eine Art
von .Scheinleben behauptete, dadurch, dass sie als kirch-
liche Sprache gebraucht wurde, im Schriftgebrauch von
ilen Gelehrten und zum Theil von den Regierungen au-
gewendet, nicht bloss ehe die Volkssprache sich so weit
ausgebildet hatte , dass sie in der Literatur hervortreten
konnte, und ehe sie die Hindernisse überwunden hatte,
ivelche ein eingewurzeltes Vorurtheil ihrem schriftlichen
Gebrauche in den AVeg legte, sondern auch lermittelst
ihrer einmal erworbenen Autorität nach dieser Zeit neben
der Volkssprache. Ich weiss, dass dieses gegen die all-
gemein angenommene Hleinung streitet, welche das Aus-
sterben der hellenischen .Sprache und wenn nicht den Ur-
sprung der rumaischen (neugriechischen) Sprache , doch
ihre Anwendung in der Schrift und der Couversation der
Gebildeten erst nach der Einnahme von Constantinopel
?.etzt; aber sowie ich das Hervortreten der romaischen
Sprache in der Literatur mehrere Jahrhunderte vor der
Einnahme von Constantinopel aufweisen kann, ebenso,
denke ich, sprechen auch anuehniliche Gründe dafür,
«lass diese .Sprache in der gemeinen Rede lange vor ihrer
Anwendung in der Schrift existirt habe, obgleich man
den Zeitpunkt nicht angeben kann, wo die Sprache der
gemeinen Rede zuerst einen von der Schriftsprache so
verschiedenen Charakter bekam, dass sie als eine ganz
andere .Sprache betrachtet werden musste. Dass eine
«lolche Umbildung nicht plötzlich ror sich gegangen, liegt
in der >atur der Sach« und wird bestätigt durch die
Analogie, welche von de^n Ursprung und der Entwicke-
jung des Italienischen und der andern romanischen Spra-
chen in den Ländern hergenommen werden kann , in
welchen die alten Einwohner hiit fremden Volksstauimen,
welche sich unter ihnen angesiedelt hatten, zusammen-
schmolzen." — Auch blieb eine Rcaction dieser neu sich
bildenden lingna volgarc in Griechenland auf das in der
Literatur vorläufig ausschliesslich festgehaltene Altgrie-
chische nicht aus. ,,Dio Sprache, in welcher die By-
zantiner des b. und fj. Jahrb. schreiben, ist sehr ver-
schieden von der alten y.oaij , die wir kurz vor und nach
Chr. Geb. finden. Bcsomlcrs ist dieses der Fall bei den
Historikern -, bei den Grammatikern hielt sich die Sprache
wenigstens zu Anfang etwas reiner , aus dem einfachen
Grunde, )veil sie bestandig mit den Denkmälern der al-
ten Zeit zu thun hatten und mit Gegenständen, wo es
leichter war, dem alten Typus treu zu bleiben. Man
braucht aber bloss die Niebuhr'schen indices zu den zwei
ersten B.'indon der Bonner Ausgabe der Byzantiner durch-
zugehen und man wird Beweise genug finden, dass die
Schriftsprache von der alten xotvij ausgeartet war, und
das bei Schriftstellern, welche bei ihren Zeitgenossen
sowohl, als später viel jNamen wegen ihrer Gelehrsam-
keit und schönen Diction haben. Von den Schriftstel-
lern, welche in diesen zwei Bänden enthalten sind, leb-
ten Priscus und Malchus in dem 5. Jahrh. , Petrus Fa-
tricius, Agathias und sein Fortsctzer Menander im fi.
Jahrh. Bei all diesen Verfassern findet man Wörter in
neuen Bedeutungen, dem INeugriechischen ahnlich ge-
braucht, Composita für Simplicia, grosse Willkürlich-
keiteu im Gebrauch dei Pronomina, Pr.'ipositionen, Ad-
verbien und überhaupt Partikeln, Auslassung des Artikcli
und Augments, Confnsion der Tempora und Modi, unge-
wöhnliche Nominal- und Verbalformen, Praesens und
Aorist Participii mit dem Hülfsverbum elpai anstatt der
Praeterita, künstliche Zusammensetzungen, denen ähnlich,
welche sich im Romaischen finden, epische und ionische
Wörter und Formen u. s. w. ; ausserdem eine Menge
unhellenischer Wörter, meistens von lateinischem Ur-
sprünge; endlich durchaus romaische Formen, wie De-
minutive ohne deminutive Bedeutung, Gen. rov Mci-
■ y.ikklj f. Ma-AiXl.ov , Nomina auf iq und tv f. /o; und
lOV." Dieser Verderb nimmt je länger je mehr zu,
woraus man mit der gegründetsten Sicherheit auf immer
grössere Ausbreitung und Erstreckung der romaischeu
lingua Vulgare schliessen darf, bis diese endlich grades-
wegs in die Litcraturpraxis zugelassen wird. „Die erste,
welche von Volksgesängcn in der Vulgärsprache redet
und Bruchstücke daraus anführt, ist Anna Comnena (du
Cange gloss. praef. p. VI), und ganz kurz nach oder auch
zu derselben Zeit sehen wir die romaischc Sprache in
der Literatur mit einem vom Altgriech. völlig rcrschie-
denen Gepräge hervortreten. Und zwar sind es nicht
Leute aus den untern Klassen , deren Namen die drei
ersten romaischen Schriften, die jetzt noch zu lesen sind,
tragen ; sondern es ist ein Kaiser nnd ein sehr bekann-
ter und gelehrter ^cisliicfier llerr.^^ Jener ist Alcxius
Comncnus , dieser Thcodorus Ptochoprodromus; jene drei
Schriften sicher aus dem 12. Jahrh. Aus dem 13. und
14. Jahrh. hat man dann eine bedeutende Menge romai-
schcr Schriften, besonders Ritterromane nnd Chroniken.
Als Beispiele dieser neuen Sprache gibt Verf. S. 34 11'.
verschiedene Bruchstücke aus romaischen Gedichten des
12. und 13. Jahrh. Für das Hauptingredienz de« Mo-
dernen an dieser Sprache hält er das Slavische. Die
Slaven , massenweise in das verödete Griechenland ein-
dringend, hätten sich in Folge des Uebergewichts der
griechischen Cultur in Verbindung mit dem Christcnthum
ilic griechische Sprache angeeignet, doch nicht ohne
ihrerseits ein Bedeutendes von ihrer Nationalität auch iu
diese einzumischen. Gegen Bloch's Ansicht, dass da»
Neugriechische nichts weiter als ein wenig raodificirtes
125
126
AKsjriechisch sei, wird dann noch bemerkt, dass man
meistens über Neugriechisch nur nach den Schriften de»
Korais und ahnlicher Autoren urtlicile , Mclche sich
nach dem Studium des Altgricchisclien geb'ihlet; «ieman
nanventlich jetzt systematisch darauf ausgehe, das Neu-
griechische der Sprache der Classiker wieder näher zu
brino-en. Der wahre Typus des Neugriechischen sei
vielmehr in Volksliedern und cihnlichcn .Schriften zu su-
chen , worauf S. 3*5 verschiedene Excerpfe aus solchen
Quellen zu näherem Vergleich mit dem Romaischen uud
Altgriechischen mitgetheilt werden.
Endlich drittens zur Geschichte der Aussprache S. 41 ff.
Hier fehlt es an ausdrücklichen Zeugnissen, dass zu einer
gewissen Zeit eine gänzliche Veränderung der Aussprache
vorgegangen sei ; man niuss sich also mit allgemeinen Con-
sequeuzen aus der Geschichte des Volkes und der Lite-
ratur Lehelfen. „Römer und Slaven (um bloss die wich-
tigsten Fremden zu nennen) sprachen in dem romaisirten
und slavisirten Griechenland des Landes Idiom, aber sie
sprachen es mit Römischem und Scythischem Organ. Lehrt
nicht die Erfahrung, dass eines Kindes Organ sehr stark
afficirt wird, wenn entweder der A'ater oder die Mutter
Ausländer sind , selbst wenn die Aeltern die Landessprache
reden, und noch mehr, wenn die Umgebungen des Kin-
des nicht Eingeborne oder von verschiedener und gemisch-
ter Abstammung sind? Und möchte Ref. hinzusetzen, lehrt
nicht das Missverhältniss der Orthographie zur Aussprache,
wie es z, B. jetzt im Englischen stattfindet, dass bei
einem gemischten Volke die ursprüngliche Aussprache
der Laute und Lautzeichen auf das seltsamste enstcllt
«erden kann? Um aber recht deutlich zur Anschauung
zu bringen, wie viel Fremdes auf die Griechen eingewirkt,
wird dann nur Athens Geschichte im Mittelalter kurz
durchgegangen. Näher die Sache angehend ist die Be-
merkung, „dass die Schriften oder Schrifttheile, welche
Warnungen gegen die Verwechselung gleichlautender Vo-
cale und Sylben beim schriftlichen Gebrauche enthalten,
alle anerkannt von sehr spätem Alfer eind, keines he-
treisslick alter, als das 9- Jahrh. , dass nach dieser Zeit
dieser Gegenstand unaufhörlich behandelt werde, während
man im früheren Mittelalter oder in der Alexandrinischen
Zeit keine Spur ähnlicher Werke findet. Auch in den
Handschriften fänden sich die Spuren solcher Verwechse-
lungen seit dem 9. Jahrh. (Es würde die Sache gewiss
sehr fördern, wenn dieses, namentlich die Verwechselung
des c und ij in den Handschriften , wie früh und wann
besonders sie vorkommt , spcciell untersucht würde). Wie
im Neugriechischen der Unterschied zwischen at und e,
zwischen /, jj , V , Ol und £i nur ein orthographischer
ist, desshalb nur von den Gebildeten beobachtet wird, so
findet sich auch in den Romaischen Schriften die grüsste
Willkürlichkeit, die auch in die ältesten Drucke vielfäl-
tig übergegangen ist. Merkwürdig ist auch, dass von den
Grammatikern, welche orthographische Regeln aufstellen,
der älteste, Theognostus aus dem 9. Jahrh. (Gramer
Anccd. vol. II) als dvriaxoixci ausser c und ui bloss v
und o/, ferner l, EL und 7y , endlich o und w unter-
scheidet. Dahingegen bei Eustathios Spuren vorkommen,
dass i, t] , it, Ol und v , alle in den einen I-Lant ver-
schmolzen waren. Ebenso acheint es eine Veränderung
in der Aussprache anzudeuten , dass bei den früheren
Grammatikern die kurzen und langen Vokale als dpTi-
ÖTUC^a betrachtet werden, also wie o sich zu oj ver-
hält , so das kurze l und v zu dem langen i und v,
endlich auch £ zu ij (vergl. Velins Lcuigiis p. :>'214
Putsch; Marius Victorinus Ki, p. 2473): dahingegen bei
den späteren Byzantinischen Orthographen heissen dvTi-
(ixoi%a £ und Ul, t und ij und ci , v und oi, neben o und tu.
Im Folgenden S. 4ü f. wird noch die Frage bespro-
chen, ob die Griechen in der Aussprache des gemeinen
Lebens die Quantität beobachtet oder nicht, welche Bloch,
der überall Altgriechen und Neugricchen dieselbe Aus-
sprache haben lässt, consequent verneint; wird ferner
darauf aufmerksam gemacht, dass die Neugricchen den
Spiritus asper ganz verloren haben , wälireiid die alten
Griechen nicht allein den asper, sondern selbst den lenis
hören Hessen; wird in Zweifel gestellt, ob selbst die
Accentuation der einzelnen Wörter bei den Neugriechen
so völlig die der Alten geblieben ist, wie die Renchli-
niaiier anzunehmen pflegen. Schliesslich noch einige
andere Funkte, wo die neugriechische Aussprache be-
stimmt von der alten verschieden ist.
Der ziceite Abschnitt, S. .52 ff. enthält eine Kritik
von Bloch's Lehre in Beziehung auf die Vocale ij und v
und die Diphthongen, vornehmlich soweit diese Lehre
sich auf Zeugnisse der Grammatiker stützt. Im Eingange
protestirt Verf. gegen zwei ganze Klassen von Quellen,
aus welchen Bloch ebenso wie seine Vorgänger Beweise
für seine Sätze herzunehmen pflegt. Es ist diess einmal
die Lateinische Sprache, sofern in dieser Griechische
^ W^örter ausgedrückt werden, und sofern umgekehrt in
der Griechischen Lateinische Wörter; zweitens die Dia-
lekte, wie Hr. Bloch besonders die Elgenfhümlichkeiten
dos äolisch -böotlschen Dialektes für seine Sätze in An-
spruch nimmt, obgleich er sowohl hier als dort gegen
den Missbrauch, den die Erasiulaner mit diesen Quellen
getrieben haben , auf's nachdrücklichste geeifert hat. Nach
genauerer Erörterung dieser beiden Punkte ist S. 61
zncrst von der Aussprache des £ die Rede, welches Hr.
Bloch für einen Mischlaut zwischen £" und 1 hält; zu-
gleich vom Diphthongen £i^ vom ij\ von den übrigen
Diphthongen , welchen Herr Bloch in seiner Conse-
quenz sämmtlich nur einen einzelnen Vocallaut zuge-
stehen will u. s. w. Die Stellen der Grammatiker, älte-
rer und späterer, werden auf das gründlichste beleuchtet
und dabei Hrn. Bloch eine Stütze nach der andern ent-
zogen. Es würde zu weit führen, wenn wir ausführlich
darüber referlren wollten.
Der dritte Abschnitt, S. 95 ff., enthält eine Kritik
der übrigen, besonders der älteren historischen Zeugnisse,
welche für die Reuchliuische Ausspprache angeführt wer-
den, und schliesslich auch eine Zusammenstellung der
wichtigsten Zeugnisse gegen dieselbe , beide in chronolo-
gischer Folge, a) aus der Byzantinischen Zeit, b) aus
der Romischen Zeit, c) aus der Macedouischen Zeit,
d) aus der classischen Zelt. Auch diese Abhandlung
eignet sich nicht zu Auszügen. Die Akrisio der Rench-
linlaner in den meisten Punkten ist ebenso auffallend,
als die umsichtige und scharfsinnige Beleuchtung dieser
Stellen durch den Verf. zur Vereinfachung der Frage
127
128
wesentlirh beHrajen wird. Im Ganzen hat Hr. Hen-
rirliscii «u derselben eine ähnliclie Stellung eiiigenom-
nien, wie Lobeik zu iler von den IMmterien. Möge jene
Arbeit ebenso fruchtbar wirken, als diese!
Ref. gesteht, dass e« ihm auffallend gewesen, wie
Lei diesen Verhandlungen eine Art von Quellen to gut
wie gani vernachlässigt worden, welche, vorsichtig be-
nutzt, manches gute Resultat liefern müssten. Ich meine
die >Vortbildungs- und Flexionslehre, sofern diese von
ilem Gesetze der Euphonie abhängig ist; obgleich auch
überhaupt, je nachdem sich bei den einielncn Forniatio-
iien und Flexionen die l'ocale, Diphthongen, Consonan-
ten fliehen oder anziehen, demgeniass auch über ihre
Aussprache einige Schlüsse müssten zu ziehen sein. Auch
■ehe ich nicht ein , warum man sich bei solcher For-
schung der Rücksicht auf die Dialekte ganz enthalten
Hollte. Und zwar k<1men wir auf diesem AVege in die
eigentlich prodnctive Zeit der Sprache, deren Aussprache
fluch nach der Hauptsache, d. h. iu den Vocalen unil
Diphthongen, dieselbe gewesen seiu wird, als in der, ivo
die Buchstabenschrift, Orthographie und Literatur sich
fixirte. Besonders lehrreich aber ist auch hier die Beob-
achtung des Gesetzes der Euphonie ; wol)ei Lobecks Abb.
«le praeceptis <juibusdam Grammaticorum cuphonicis, in
den Paralipomenis Gr. Gr. P. I, ein reiches Material
au die llanii gibt; besonders §. 5 ff. p. 20, wo von den
einzelnen > oralen die Rede ist. Z. B. wenn Uerodian
zu 11. A. 80 sagt yjori' sei gesprochen für '^ioSll, iTCSl
y.ay.u(fu)vuv tan, so folgt unmittelbar, dass n und Et
verschiedene Laute waren. Ebenso bildete man nicht
OTtcU , was die Analogie forderte , sondern OTtvi', und
ebenso /.ii\;, ■/j.i-'i.;, (JrfiSio^, yoifiCto, was bedeutungi-
los wäre, wenn ;; , 1 und ic dieselben Laute waren. Man
isprach/>op;^ifc, aber Jiooiiüq und so in ähnlichen Fal-
leu, woraus gefolgert werden kann, dass der Diphthong
ei in der» Aussprache leicht mit / confunilirt werden
konnte , ;y und i aber ganz verschiedene Laute waren.
Man vermied Formen wie öeievg, oy.siev^ diu tiv y.a/.O-
(fOJViuu T^; tTCakhfKia^ tou e, welche gar nicht statt-
fände, wenn st ein einfacher I-Laut wäre u. 8. w.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
St. Wendel (Rcgicr(mgsbciirk Trier), den 14. Jan. Jedes
Streben , welches dazu beitragt, das Gebiet der Wissenschaft
und Kunst zu bcreiclicrn, verdient Anerkennung im Publikum,
wenn es auch zunächst nur für einen llrincren Umkreis seine
gan^ besondere Bedeutsamkeit hat. So ist in unserem und dem
Oltweilertr Kreise im Jahr 1830 ein Verein Ton Freunden des
Alterlbums und der Geschichte zusammensetrelcn , der es sich
zum schonen Ziele setzte, die häufig bei uns sich lindenden
Münzen und Altcrlhümer aus römischer nnd deutscher Vor/.eil
aufzusuclien, die zerstreuten zu retten vor dem Untergänge,
s;e zu sammeln und so ein hcim-itiilichcs Museum zu gründen.
Kin kleiner Anfang hierzu war bereits in der Zeil gemacht, als,
unser Land noch Cobiirgiseh war, und die Regierung nntorstiitzte
»ogar diese Absicht durch einen kleinen Fonds, den sie zu die-
»cm Zwecke verwendet wissen wollte; es scheint indessen, als
ob die Liebe für diesen löblichen Zweck sehr bald erkaltet si:i,
ü.» nicht nur Nichts mehr weiter für Ausgrabungen geschah,
sondern das Gesammelle nicht einmal geschätzt wurde. DIess
war nun um so mehr zu bedauern, als durch rohen Vandalis-
nius bei Veränderung des Zweckes desjenigen Gebäudes, worin
Einzelnes bewahrt wurde, diess , mitunter sehr werthvoll, zer-
stört wurde. Bei diesen Anfangen nnd durch jenes beklugens-
werthc IVichtachtcn sowohl, als durch die Gewisshoit, dass noch
viele Schätze bei uns unter dem Rasen der kundigen Hand ent-
gegen harren, die sie an's Licht ziehe, besonders sogenannte tumuli
und Schutthaufen alter Bauwerke zur Forscliung reizen, konnte
es nicht fohlen, dass Freunde der AltcrlhiHuskunde den Antrieb
zu einem Vereine gaben, wie wir ihn jcLzl besitzen Wenn auch
mit noch sehr beschränkten Mitteln, ging der Verein rasch an's
Work. ,,Der Erfolg lohnte diess Bestreben, Vieles wurde zu Tage
gefordert oder dem Verderben entri^ssen, und die in St. Wendel
aufbewahrte Sammlung bereicherte sich durch Ausgrabungen,
Geschenke und Ankaufe aus den Geldbeiträgen der Mitglieder."
Schon in der Jahresversammlung am 7. Nov, 1837 zeigte es sich,
dass die Besitzthümer des Vereins im ersten Jahre seines Beste-
hens auf eine höchst erfreuliche Weise gemehrt und so werth-
voll geworden waren, dass der Verein sich getrieben fühlte, dem
thcilnelinienden Publikum Kunde davon zu geben. So erschien
denn bei Ritter in Zweibrücken ein sehr elegant gedrucktes, 56
Seiten haltendes Schriftchen, das auf drei lithogr. Tafeln die
gewonnenen Antiquitäten dem Auge vorführt. Der Titel ist:
,, Erster Bericht des yereins für Erjorschuns; und Sammlung
von /lllerthiiinern in den Kreisen St. Hendel und Otiweiler.
Zweiir., gedr. bei G. Hitler 183Ö-" In anziehender klarer Dar-
stellung wird darin Nachricht gegeben über die verschiedenen
Ausgrabungen, welche der Verein veranstaltet, und über die Re-
sultate, welche er gewonnen. Lehrreich ist diese Darstellung
schon dadurch, weil sie zeigt, wie und mit welcher genauen Auf-
merksamkeit, mit weleher besonnenen Berechnung man bei den
Ausgrabungen verfuhr. Allein das Interessanteste dabei bleibt die
sichere Kunde über die Art der aufgedeckten Gräber. Man folgl
mit stets wachsender Theilnahme der Darstellung und ist. am
Ziele angelangt, höchst befriedigt. Auch für das grosse Publikum
hat diese Schrift Wichtigkeit ; besonders machen wir Freunde der
Alterlhümer darauf aufmerksam, die, das dürfen wir fest voraus-
setzen , es uns Dank wissen werden. INeun und vierzig Gegen-
stände sind es, welche auf den Tafeln gut abgebildet sind, dar-
unter mehre wichtige celtische Münzen , Bronzen , Torso's aus
Stein, Geräthe des häuslichen Lebens der Alten, Schmucksachen
und Waffen, über deren Fundorte das Schril'tchcn belehrt. Den
Scbliiss des Scliriftchens können wir uns nicht enthalten hierher
zu setzen. ,, Schliesslich noch einige Worte über unsere Münz-
sammlung, welche, ausser einer Zahl gallischer Münzen, meh-
rere hiinilert Stücke römischer enthält, worunter Familicnmün-
7.en aus ilcr Zeit der Republik, Münzen des Triunivir Antonius
mit der Inschrift der 4., 8., 13., 14. u. 17. Legion und der Rei-
henfolge der Kaiser bis auf Valcntinian und Valens. Viele sind
bereits bei ihren Fundorten namhaft gemacht ; unter den übrigen
erwähnen wir noch einer ausgezeichnet schönen Goldmünze von
Titiis, die wir der Güte eines Mitgliedes verdanken. Der Zweck
unseres Vereins bringt es mit sich, dass wir weniger auf Ver-
mehrung der Samininng, gleichviel, wober die Stücke kommen,
bedacht sinil; sondern dass wir zunächst auf den Ort und die
Weise des Fundes blicken , und mit Rücksicht hierauf nur die
in den Grenzen unseres Bezirks entdeckten aufnehmen; so kön-
nen eines Thoils keine nachgemachte und verfälschte Münzen
sich einschleichen, und andern Theils wird dadurch ein wich-
tiges Moment für die historische Kunde unserer Gegend gewon-
nen. Ueberhaupt wird es uns auf dem betretenen Wege hof-
fentlich albnablich gelingen, durch fortgesetzte Nachforschungen
ein immer vollständigeres Bild der Topographie dieses Landes
während der llerrscbaft der Römer, seines Anbaues, seiner Com-
municaliuncn, sowie der Sitten und der inneren Geschichte
seiner Bewohner zu erlangen und Licht übir eine Periode von
mehreren Jahrhunderten zu verbreiten , während welcher die
Gegend auf hoher Culturstufe stand, ohne jedoch hierüber wei-
tere Zeugnisse, als einzelne, aus einer gewaltigen Umwälzung
gerettete, im Boden verborgene Reste uns hinterlassen zu haben."
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Freitag j 8. Februar
18 39.
Nr. 17.
Beschlass der Recension von Henricksen's Schriften
über die Aussprache des Griechischen nud den po-
litischen Vers.
Ich gehe zur Anzeige der ztceiten Schrift, om de
saakaldte politishe Vers über, welche gleichfalls zunächst
in Opposition gegen Bloch aufgenommen , hernach mit
besonderer Berücksichtigung Fon Struve's bekannter Abh.
über denselben Gegenstand durchgeführt ist.
Sie zerfällt gleichfalls in drei Abhandlungen: 1) über
den Ursprung des accentuirendcn Verses bei den Griechen
und über den politischen Vers und sein Verliältniss
zn andern Versarten im Mittelalter. 2) Prosodie und
Metrik. 3) Literatur.
Der Verf. vermisste bei Struve besonders Bestimmun-
gen über das Alter und die Entstehung des Verses, war
überdicss zu diesen Forschungen gekommen durch die
auüallende Behauptung Bloch's , der accentuirende Vers
sei bei den Griechen etwas sehr Altes: so werden also
die zu dieser Frage gehörigen Punkte, besonders gegen
Apel und Bloch, mit grosser Ausführlichkeit besprochen.
Von beiden sind theils ganz ungehörige Stellen für ihre
Behauptung angeführt, theils ist mit allgemeinen Sätzen
und Aualogieen gestritten, die sich nicht halten lassen.
Der Verf. stellt dann S. 13 die These, dass der accen-
tuirende Vers erst ein Product des Mittelalters sei. AVie
die alten Sprachen (juaotitirendc zu sein pflegen, so sind
die neueren accentuirende: eine Bemerkung, die oft ge-
macht ist, wesswegen Verf. sich auf Madvig in der
(dänischen) Monatsschrift f. Litt. 0. Bd. S. 419 f. be-
zieht : „dass ein Verhältniss stattfinde zwischen dem Ac-
centuiren und Quantitiren auf der einen und dem gram-
matischen Bau der Sprache auf der andern Seite , der-
gestalt, dass die Sprachen, welche reich an ausgebildeten
Flexionsformen sind, insgemein quantitirende sind, da-
hingegen die, welche diesen Formenreichthum grossen-
theils vermindert oder aufgegeben haben , accentuirende
sind." „Diese Bemerkung, fährt der Verf. fort, finden
wir bekräftigt auf der einen Seite durch Beobachtung
des Sanskrit, der hellenischen und der ausgebildeten la-
teinischen Sprache, auf der andern Seite der scandina-
visch- germanischen, der romanischen und der neu-
griechischen oder romaischen. Aber wenn ich das Neu-
griechische oder Romanische nenne , so meine ich damit
nicht eine Sprache , welche erst in dem späteren Mittel-
alter oder gar nach der Einnahme Constantinopels ent-
sprungen wäre, sondern eine Sprache, welche die eigent-
lich lebendige Conversationssprache bei Gebildeten sowohl,
als Ungebildeten in dem grössten Theil des Mittelalters
war, dahingegen die hellenische Sprache schon zeitig auf-
hörte Volkssprache zu sein und bloss in der Literatur zu
leben fortfuhr, zuerst allein, später neben dem Romaischen."
Es ist dieses die Summa der in der ersten Abh. der
ersten Schrift gezogenen Resultate, deren andern ThcII,
das ethnologische Verhältniss der jetzigen Griechen zu
den alten betreffend, die Vorrede zu dieser Schrift so re-
capitulirt: „Eine gewisse Vorstellungsweise, welche nur
zu allgemein ist, sucht etwas Grosses darin, die jetzigen
Griechen mit den alten zu identificiren , fasst die Conti-
nuität im Leben des Volks als ein Verbleiben in derselben
Form auf, und indem sie einräumt, dass die klassische
Literatur mit dem Leben , welches ihre Basis war , aus-
starb, konmit sie dazu, gerade während sie die Neugrie-
clicn in der Meinung erhöhen will. Alles bei diesen spä-
teren Griechen zu einem todten Wiederkäuen der alten
l ebqrbleibsel zu machen, ohite ein neues, aus dem spä-
teren Volksleben ausgehendes Element der Bewegung und
des Strebens. Um so nrtheilen zu können, muss man ganz
unkundig der Thatsachen sein, welche Uebcrgang und Be-
wegung bezeichnen. Die Betrachtung dieser Thatsachen
bringt das wahre Verhältniss zur Anschauung. Das ganze
Leben, bis zur Aussprache hinab, enf fernt sich allmählich von
dem Typus, welcher in der alten Literatur ausgeprägt ist.
Diese, weil sie vielleicht stereotypirt war, wurde traditionell
fortgepflanzt; allein dieses ist eine todte und gleichsam ab-
sterbende Weise des Fortpflanzens. Das neue Volksleben,
welches deutlich in der Geschichte hervortritt, äussert sich
in der Literatur zuerst eingeschränkt, schwach, ohne Muth
und Anspruch, aber die Natur und Nothivendigkeit der Sache
führt doch endlich das, was dem Neuen entspriesst, zum
Siege."
Sehr lehrreich ist die Art, wie der Verf., nach der
allgemeineren Betrachtung über das geschichtliche Ver-
hältniss 'des Accentes zur Quantität, nun von S. 16 hi-
storische Uebergangspuukte von dem Quantitätsprincip in
das entgegengesetzte, das accentuirende, festzustellen
sucht. Er kommt so zuerst auf den Senar des Mittel-
alters, worüber zuerst Struve Genaueres gelehrt hat.
Quantität und Accent haben sich hier zu einer Art von
Vergleich entschlossen; der Vers liegt offenbar auf einem
Gränzgebiete , wo das alte Verh. des Accentes zu der
131
132
Unantitat in iler Metrik in «las Eii<?pfenfcsp</te iinizu-
sihlafoii aufiii^: er ist «las Prmluct einer l'cbcrjfaiigszcit.
>ur <la, HO ilio Quantität fiir «las Anffe lionierklar ist,
«tir«l sie beobailitet , «1. Ii. «la, «o ein lanjjer \<nal (i;, w)
[teschrieben steht, oder ein üijilit luinjf , un<l wo «He Po-
«ition einwirkt. Uie Voeale , für «el«he die Schrift
keine Doppelzeiclieii «1er L.'infe und Kürze hat, t'.,l und
/', werden, wenn keine Position stattfin«le( , ganz will-
kürlirh als ancipites gebraucht, selbst wenn sie «leu
Cirrunillex liaben : man hatte damals das Gefühl nnd die
'l'radition der alten Quantit.'itsgesetze schon bis auf jenes
I>]inJmum verloren. — .So «las Wesentliche «ler Resultate
Struvc's, welche Hr. Ilcnrichscn theils bestätigt, theils
j;enauer specilicirt und erweitert. Struve's Resultate sind
fowohl hier, als rncksichtlirh des politischen l'erses nicht
so genau uud zuverlässig, als «lie des ^'erfs. , weil die-
ser eine bei weitem grossere Reobachtungshasis hatte.
Wahren«! Struve nur wenige Schriften studirte, hat Heu-
richscn mit seltener Ausdauer eine ganze Blasse, soviel
er irgend erreichen konnte , «lurchgemacht.
Die besprochene AVillkür im Gebrauch der ancipites
tiudet man schon beim Genrgios Pisi«les, einem im 3]it-
telalter so angesehenen Dichter, «lass man ihn selbst dcpi
Enripides an «lie Seite setzte. Er lebte in der eisten
Hälfte des 7. Jahrh. , ist übrigens, bis auf jene Zeichen
des Verfalls, noch ein ziemlich künstlicher 31etriker.
„.Nach dem 9. Jahrh. wird man nicht leicht irgend ein
jambische« Gedicht finden, wo die proiodischen und me-
trischen Gesetze der Alten streng b(M)bachtet sind." —
S. 20 folgt eine Aufzahliiiig der Dichter und Ge«lichte,
nach welchen ^'erf. diesen Senar des Mittelalters studirt,
un«i einige Proben.
Der Senar ist der gewolinlichste Vers in seiner Art,
aber nicht der einzige," rieluiehr beweisen drei Stiiche
in der lulgürsarnmlung 4^r Anacreontea (vergl. S. 'ii
beim 1 erf,^ , «lass aucli auf die Cumposition in andern
Rhythmen diese Confusion des Alten und des jNeuen ein-
zuwirken anfing. Bei ^ö iMelilhorn. .j9 Bloeb. sind die
\ erse quantitircnde , aber «lie Prosodie ist dieselbe,
welche in den späteren Jamben herrscht; ce, l uu«l v sind
nach Gutbeflmlen lang oder kurz; und immer findet sieb,
ein Hauptgesetz des politischen Verses , welches auch der
Senar mit diesem gemeinschaftlich hat, der coustante
Acccnt auf der vorletzten SUbe. Die beiden übrigen
(/.») nnd A^ Mehlh.) sind weder nach Quantität, noch
nach Accent geschrieben , sondern bloss nach abgezälilteii
{> Sylben , and «las Einzigste, was beobachtet wird, ist,
dass auf der vorletzten S\lbo des Verses jedesmal ein
Accent zu stehen kommt. — Auch der Hexameter de»
Iflittelallem folgt denselben Gesetzen ; vergl. ^'erf. S. 22-
.Sind dieses gleichsam Präludien des ausschliesslich
nach dem Acccntuationsprincipe gebauelen Verses, so wird
dieser selbst, namentlich sein Grund- und einziges Schema,
der politische Vers, nicht viel jünger sein. Der Verf,
verrauthet, dass er in «ler Literatur zuerst eine Stelle
bekam durch die gemeine Kirchenpraxis. Eins von den
ältesten Lloss accentuirenden Gcdichtcu, welche auf uns
gekommen sind, ist wieiler ein .Stück der Anakreunti-
schen .Saminlang, d Melilh. , welches sich auch in der
PalatiniacUcu Ilaudschr. fiu«let. „So viel ist indessen
sicher, dass der Gebrauch dieser Verse in griechischen
Gedichten vor «lern 11. Jahrh. nicht sehr ausgebreitet
gelvesen ist; aber besonders vom Ende des 11. Jahrh.
an sin«l sie liäulig." AVegen des vielfachen Missbrauchs,
den mau mit dem Namcu des politischen Verses getrie-
ben, wir«l bemerkt, dass dieser immer catalectischer
Tetrameier ist, das Versmaas, auf welches sich die bloss
acceutuiremle Poesie des Mittelalters beschränkte. INur
«lieser catalectischc Tetrameter wird von den Byzantinern
selbst der politische ^'ers genannt; keineswegs gibt es
einen politischen Senar, Hexameter u, s, w. ; ja selbst
in neuerer Zeit heisst politischer Vers bei den Griechen
ausschliesslich derselbe Tetrameter. Er war ruu den
Gelehrten im höchsten Grade verachtet, in welcher Bez.
der Verf. S. 24 eine sehr sprechende Stelle des Maxinios
Planudes zu Ende seines grammatischen Dialogs bei Bach-,
mann Anecd. II, p. 98 anführt. „Dennoch sieht man
besonders aus «len Aeussernngen lies Tzetzes, dass dieser
Vers zu seiner Zeit, was auch die Literaturgeschichte
Lestätigt, so in Mode gekommen war, selbst in «ler
Schulpoesie, dass auch die Gelehrten ihn den kunstmäs-
sigen Gattungen vorzogen, und obgleich Tzetzes in der
That einige Vorliebe für diesen Vers zeigt, welcher auch
weniger als der kunstgerechte seiner Geschwätzigkeit
Fesseln anlegte, will er doch gerne, dass man glanben
soll, er habe sich gegen seineu Willen dem Geschmack
und der Mode der Zeit gefügt." — Der Name ist ab-
zuleiten von TTok/TlXOs in «Icm Sinne von „bürgerlich,
allgemein, populär", im Gegensatz zu der gelehrten,
kunstgerechten Versification , worüber unter Andern da
Cangc gloss. med. et inf. Latinitatis v. politicus ausführ-
licher gehandelt hat. Verf. vermuthet mit Wahrschein-
lichkeit, dass dieser Name von den Gelehrten, nicht von
dem ^'olke ausgegangen sei, wahrscheinlich zu der Zeit,
wo jene, diese Art von Vcrsilicatiou zwar noch gering-
schätzend, dennoch anfingen sie gelbst zu gebrauchen.
Die zweite /i/jh., S. !>/— 54, über die Prosoilie uud
flletrik des politischen Verses schliesst sich unmittelbar
au Struvc's Abb. über den politischen Vers der Mittel-
griechen, Hildesh. 1S28' Es wird zuerst ein Auszug
aus derselben gegeben und dann folgen Paralipomena,
worunter manches sehr Bedeutende. Es ist, wie schon
bemerkt, besoinlers «lie bei weitem grössere Beobachtungs-
basis des '\'erfs. , welche seinen Sätzen einen bedeutenden
Vorzug sichert. „Im Ganzen", äussert er sich selbst
über sein Verhältniss zu Struve, „haben diese Unter-
suchungen zu einem Resultate geführt, welches von dem
Struie's nicht abwich; nur in einzelnen Theilen glaube
ich auf Eins oder das Andere aufmerksam gewonicn,
welches .Struve gar nicht besprochen hat." — Die be-
deutendste Abweichung wird S. 35 if. besprochen. Struve
behauptet nämlich, dass nur im ersten und fünften Fasse
des politischen Verses der gewöhnliche Jambus mit Tro-
chäen und zwar bloss mit Trochäen abwechsele. Wo
»ich eine Abweichung fand, da wurde corrigirt. Herr
Henrichscn bemerkt, dass das Gewohnliche dieses sei,
dass jene Regel aber bei weitem zu eng gefasst ist, in-
dem sich eine ölcngo anderer erlaubter Abwechselungen
un«l Freiheiten findet, die Struven entgangen sind. So
linden sich auch im zweiten Fusse Trochäen, Spoudoen
133
134
(iia<i'irlich im Sinne «los arcentuireiiilcn Verses), Pvrr-
liicliieii; gleichfalls im <lii(teii Fuss TrooJiäeii und Spou-
«leeii u. s. w. Diese Beobachtungen fnnlet man auf das
ausführlichste exemplificirt, S. 35 — 42, wo sich .'ihn-
liche Beuliachtungcn in Beziehung auf die romaischo
Poesie anschliessen. Die übrigen Erweiterungen und
Berichtigungen der Struvc'sclicn Regeln betreffen den
Gebraucli der Partikeln als ancipites, das "Vorherrschen
des Jambischen Rlivthmus (Verf. ist der Bleinung, dass
es auch trochiiische ])olit. "V^erse gegeben) , den constan-
ten Accent in der Mitte und zu Ende des Verses und
«cheinbare Ausnahmen, wobei viele Eniendationen (hier
hat Boissonade gut vorgearbeitet ; doch nicht in Bez. auf
den Accent in der Mitte), vorkommende Abweichungen
von der normalen Accentlchre , wie denn in diesen Ver-
sen besonders die lyy.lioii einen merkwürdig wciien
Spielraum hat; ferner die Cäsur, den Gebrauch der Sy-
nizese (S. 44 — ÖO) und andere Freiheiten der Elision,
Ccntraction u. s. iv. Der politische ^'ers hat nicht we-
niger, aber auch' nidit mehr, als 15 Selben in metri-
scher Hinsicht; wo mehr Sjlben vorkommen, da sind
Sjnizesen anzunehmen; welche, wie die Enklise, ein
bei weitem grösseres Gebiet, als in alter Zeit hat, und
noch weiter endlich in den romaischen Gedichten (S. 49)
um sich greift. Schliesslich (S. 53) noch ein Paar Be-
merkungen über den Reim. Wie der Käme, so ist auch
die Sache von der romanischen Poesie in die romaische
übergegangen.
Die dritte Ablt. über die Literatur des politischen
Verses, S. 55 — Sl. Die Abh. wird eriiffnet mit ein-
leitenden Bemerkungen über die Geistesarmuth des grie-
chischen fllitfelaltcrs , wie schon zur alexandrinischen
und römischen Zeit der Gegenstand ohne alles Verhält-
niss zur poetischen Form zu sein pflegte, noch mehr aber
dieses bei den Byzantinern der Fall war. „Im Mittel-
alter wurde es Mode, Alles zu versificiren , selbst das
ganz Triviale und Trockene; in der Versification bestand
die ganze Kunst, sonst wurden die Gegenstände aufgana
prosaische und systematische AVeise abgesprochen. Be-
sonders gilt das von den hellenischen Schriften, welche
in dem politischen Versmass abgefasst sind , von welchen
höchstens einige wenige von religiösem Inhalt, nament-
lich Hymnen und Gebete, den Kamen von Gedichten
verdienen; die andern dichterischen Productionen sind
äusserst matt und dürftig, Lobgesänge auf Kaiser voll von
Schwulst und ekelhafter Schmeichelei, fllit einer glei-
chen Vorliebe vurde der politische A^ers zur Behandhing
wissenschaftlicher Gegenstände angewendet, zu Compen-
dien und dürren Verzeichnissen: die meisten helleni-
schen Schriften in dieser Versart drehen sich um Theo-
logie, Jurisprudenz, Historie und Antiquitätenkram, Rhe-
torik, Grammatik und äbiiii<'hen Inhalt. Von dem poe-
t. sehen Werth solcher Schriften kann gar nicht die Rede
sein; selbst der wissenschaftliche Werth , welchen die
meisten von ihnen haben, ist nur untergeirdnet; einzelne
sind von Wichtigkeit als gelehrte Sammlungen, worin
Ueberbleibsel aus der alten Zeit enthalten sind.
Dieses stimmt wenig mit dem", was die Vorrede sagt,
die Byzantinische Literatur werde über die Gebühr ver-
nachlässigt. Allein auch hier ist es nur das starre Fest-
halten am Alterthum, welches den Tod in seinrm Innern
hatte und tödtend wirkte. Diese gelehrten l'ebcrlicferer
des Alterthums bewegen sich in einem ewigen Einerlei
von traditionellen Kofizcn (denn Ideen kann dergleichen
nicht heissen) , welche sich neben der Jugend der Zeit,
welche das Christcnthnm und <iie frisch auf den Schau-
platz getretenen slavisch - germanischen Kationen des Mit-
telalters bilden, wie die Blätter des vorigen Jahres neben
den frischen des jetzigen ausnehmen. Und auch der By-
zantinischen Literatur fehlt es nicht ganz an solchen Zei-
chen einer neuen Jugend, wiewohl diese mehr durch
äussere Entwickelung der kräftigeren und geistigeren
Stämme des romanischen und germanischen Europa's, als
von Griechenland und Constantinopel selbst genährt wurde.
Es sind dieses die byzantinischen Ritterromawe, aufweiche
der Verf. im Folgenden besonders aufmerksam macht.
„Von nicht geringem Interesse dagegen ist die populäre
romaisrhe Poesie im Mittelalter nicht bloss in sprachlicher
Hinsicht, sondern auch von Seiten des Stoffs und der
Behandlung. Besondere Aufmerksamkeit verdient die
Reihe von Ritierrnmanen , welche diese Literatur gegen
das Ende des Mittelalters und in den zunächst iolgendeii
Jahrhunderten hervorgebracht hat. In diesen Ritterro-
iiianen finden wir das Ritterwesen und die romantische
Liebe des Occidentes wieder, in mehreren sogar die in
den westlichen Ländern so oft besungenen Personen nnd
Abentheuer. Das Auffallende, welches diess Phänomen
beim ersten Hinblick haben konnte, verschwindet, wenn
njaii bedenkt, wie viel Verkehr zwischen dem westlichen
Europa und dem byzantinischen Reiche gleich vom Beginn
der Kreuzzüge stattgefunden. Doch ist es vornehmlich
seit der Zeit, da die Frauken zum Besitze des byzanti-
nischen Reiches gelangt waren, der Fall, dass der Ge-
schmack am Ritterwesen und die Erzählungen von den
Fahrten und der Liebe der Ritter sich bis nach Grie-
chenland fortpflanzten. Selbst von den byzantinischen
Kaisern, welche nach dem Untergange des fränkischen
Kaiserthums regierten, wurden mehrere ritterliche Uebnn-
gcn und Sitten (z. B. das Turnier, der Ritterschlag) auf-
genommen, was gegen das übrige römisch - byzantinische
Ilofwesen sonderbar abstach. Allein die romaische Rit-
tiTrom.inen - Literatur blühete nicht sowohl in Constanti-
nopel selbst, als in den verschiedenen fränkischen Be-
sitzungen, welche rings umher in Griechenland verbreitet
waren, und in diesen fränkischen Besitzungen erhielt
sich der Geschmack für diese Literatur selbst noch ge-
raume Zeit nach dem Untergang des byzantinischen Reiches.
Unter den venetianischen Besitzungen muss besonders
Kreta als die Stelle genannt werden, wo die Ritterpoesie
nach der Eroberung Constantinopels blühete. Obgleich
nun diese Literatur ihre eigentliche Heimath nicht in
Griechenland hat, sondern aus dem westlichen Europa
dahin verpflanzt war, so ist doch kein Zweifel, dass
Vieles in den griechischen Bearbeitungen oecidentalischer
Sujets localen Ursprungs ist; kaum gehören auch wohl
alle in den romaischen Romanen behandelte Sujets dem
Occident, sondern es ist wahrscheinlich, dasö , nachdem
der Geschmack für das Ritterabeniheuer sich einmal in
Griechenland aijsgebreitet hatte , einzelne Dichter auch
135
136
uriginelle Sioffo in dcrselbcu Manier behandelt li.ibcn;
ja, es könnte sein, »lass eins oiler das andere iS'iijft >on
ilenen, welche von franzüsischcn und italienischen Dich-
tern behandelt wurden , ursprünglich nach Gricclienland
gehören. Hier ist nicht die Stelle zu einer weitL'luligiTen
lintersnchung des Verhältnisses awischen den romaischca
und occidcutalischcn Ritterroinanen, wozu ich auch nicikt
die nöthijen Kenntnisse und Data besitze. Die mcistea
der griechischen Ritterromane liegen noch unedirt in den
Bibliotheken; besonders bewahren die Bibliotheken za
Paris und Wien viele Stücke der Art. Es steht zu hof-
fen, dass jetzt, da das Interesse für die >'eugriechen,
ihre Sprache und Literatur lebendiger wird, diese älte-
sten Denkmäler der romaischen Literatur allmählich wer-
den au's Licht gezogen werden. Aber es wird schon
eine verdienstliche Arbeit sein, wenn Einige von denen,
welche genau bekannt sind mit der franzosischen , spa-
nischen und italienischen Ronianliteratur und Zugang za
den grossen Bibliotheken haben, ivorin sich gedruckte
und nngcdrackte romaischc Romane linden , diese letzten
genauer untersuchen wollten, Inhaltsicrzeichnisse und
Proben von ihnen mittheilen und ihr Vcrhältniss zu den
occideutalischen Werken derselben Art untersuchen müch-
len. Bisher ist nur sehr wenig gethan, diesen Zweig
der Literatur zu beleuchten. Selbst Sinner, welcher
doch Zugang zu der reichen Pariser Bibliothek hat, hat
sich in der Vorrede zu seiner Ausgabe von Couriers
Longos (Paris 1829), worin er einige IVotlzen über die
griechischen Romane ans dem Mittelalter und der neue-
ren Zeit gibt, nur auf ein dürres Aufzählen von Titeln
von neun Ritterromanen nach dem Index auctorum zu da
Cange's Glossarium und nach Leake's Researches be-
üchränkt ; auch Struve hat in seiner Abhandlung über
die Romanen- und Novellen - Literatur (bist, und litt.
Abhh. der kiinigl. deutsch. Gesellschaft zu Königsberg,
herausgegeben von Schubart, 3. Sammlung, Königsberg
1834) nur von Einem Roman ausführlicheren Bericht
und Bruchstücke mitgetheilt, da er im Uebrigen auf die-
ielben dürftigen Quellen eingeschränkt war."
Im Folgenden , S. Ö7 ff. , findet sich nun ein reiches
\ erzeichniss von Allem (soweit der l'^erfasscr es selbst
nachsehen konnte), was im politischen Verse gesclirie-
ben vorhanden ist, mit sehr belehrenden Notizen über
die Schriftsteller. Das Verzeichniss ist chronologisch
und beginnt mit den Schriftstellern, welche in helleni-
scher Sprache geschrieben, an welche sich S. 77 als
Anhang ein Verzeichniss politischer Gedichte aus der
Zeit nach der Einnahme Constaniinopels , meistens in
romaischer Sprache anschliesst. Es genügt, auf iliesen
Theil der Schrift im .4llgemeinen aufmerksam zu ma-
chen ; er wird eins der besten Ilülfsmitfel zur Tradilion
der griechischen Literaturgeschichte dieser Zeiten sein.
Wir bemerken besonders die Notizen über Midiael
Psellog, S. 58 — ÖU, wo jetzt noch Einiges aus Bois-
»onade's Psellus, Norimb. 1838, nachzutragen wäre;
über Theodoros Prodromns oder Ptoclioprodromos (denn
Verfaüser erklärt sich für die Identität beider Zunamen),
S. 63 — 65; über Joannes Tzetzes , S. 05 — 68'- da»
Genaueste , was über diese Autoren zu finden ist.
Kiel.
Preller.
Personal-Chro nik uud Miscellen.
Rom. Die solenne Vcrsnmnilinig des aiclidologisclicn In-
stituts zur Feier des Wmkciniannsfestes \viii<Ie bis ziim 8. Jan
d. J. verscliobcu, da der Grossfiirst- Thronfolger von Russland
derselben beiwobacn wollte. Scbon stundenl.m^ vorher ballen
Schaarcn neugieriger Römer die Zugänge vom Capitol bis zum
Porticu; des Institiitssaalcs besetzt , wo piipstlicbes Alililär Hecke
machte. Bald nach 3 L'hr kam der hohe Gast und wurje von
dem (Icrmaligen Institutsvorstande, dem hannover'schen Mini-
ster-Residenten V. Kestncr , und dem Institutssecrctar D. Braiiu
empfangen und zu dem für ihn bereiteten Ehrenplatz im Gnuidc
des Saales geliihrt. Ihm zur Seite sass der berühmte Cardinal
Angelo Mai und die Personen des Gefolges; zunächst stand die
Büste Winkebnanns und jene des Protcctors des Instituts;
gegenüber hatten sich die Functionäre des Instituts gereiht. Ein
sehr gewiihltes Publikum füllte die Räume des Saales. Nach-
dem Herr Minister-Resident v. Kestner Sr. k. Hob. für die Ehre
des Rcsuchs gedankt, wurde ein kurzer Bericht der letztjährigen
lustitutsarbeitcn vorgelesen, worauf D. Braun einen umfassen-
den Vortrag über die bisherigen Leistungen dieser An'italt hielt.
Sofort besichtigte der Grossfürst die sowohl hinsichtlich des
köstlichen Materials, ah der 'merkwürdigen und grossentheils
einzigen VorsLellungcn ausgezeichneten Schätze, die der berühmte
Reisende D. Forlini aus Bologna in einrr von ihm cröiTncten
Pyramide Merors gefunden halte, und die Sammlung etrns-
kischer Pretiosen, die ihr Besitzer, H. Campana, hier ansge-
stellt, und begab sich dann aus der Versammlung. T.igs dar-
auf begann der gewöhnliche Wintercirs des Instituts. Ilr. Ritter
Canina liest über römische Topographie, D. Braun über römi-
sche Miiseographie, und D. Abeken über die Geschichte der
Kunst bei den Römern.
Coburg, IG. Dccbr. Der Ilerzogl. Consistorialralh und
Director des hiesigen Gymuasii Casimiriani, D. Sccbode,
ist nach Gotha berufen an des' berühmten seligen Döring
Stelle und wird mit dem neuen Jahre das Directorium des dor-
tigen Herzoglichen Gymnasiums antreten. Man bezeichnet ganz
bestimmt als dessen Nachfolger den seitherigen ältesten Profes-
sor im hiesigen Gymnasium, Forberg, welcher, wenn auch
nicht literarisch berühmt, ein Mann ist von ungewöhnlichem
Geiste und Muth und nun die gewünschte Gelegenheit findet.
Beides zeigen zu können. Es lasst sich mit allem Rechte hof-
fen , dass die seitherige Frequenz des Gymn^sii Casimiriani
auch künftig nicht geringer bleiben wird , zumal da auch die
übrigen Lehrer der Anstalt, die Professoren Tromphcller,
Eberhard imd Ahrens sehr beifallig ihrem Berufe vorstehen.
Immerhin sind die Lehrer einer Anstalt das entscheidende Mo-
ment, und in dieser Hinsicht muss Jedermann anerkennen, dass
die öffentl. Prüfungen neuerer Zeit höchst erfreuliche Resultate
von df.iv Fortschritten der Zöglinge und dem guten Zustande diesev
Anstalt geliefert haben, und dass bessere Ansichten nuJ Einrich-
tungen bei derOberbehordc. welche den rechten Zweck der Lehr-
anstalt im Auge hat, stets den erwünschten Eingang finden. Dazu
liefern auch die obern Classen der hiesigen Bürgerknabenschule
oder sog. Latein. Rathschule, welche als Progymnasium angesehen
werden können und einen tüchtigen Vorsteher an dem Rector
Dresse I haben, meist vorbereitete Schüler. — Die Gcs.immt-
zabl der Zöglinge in den drei Classen des Ilerzogl. Gymnasiums
beträgt gegenwärtig G6, und zwar inScIectall, in Prima 21, in
Secanda 34, worunter auch mehrere Auslander sich befinden.
S.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms wissen Schaft.
SonntaSj 10. Februar
183 9.
Nr. 18.
Die Zahl der Centurfen seit der Veränderung der
Servianisclien Centuriatverfassung kann nicht 71
oder 80 oder 193, wohl aber kann sie 373
betragen haben.
Die Erklarnnj »on Cic. ile Rep. II, 22, welche ich
vor Kurzem io diesen Blättern dargelegt Labe , hält
«ich nur an die Worte der secunda inanus und an wenige,
bestimmt vorliegende historische Thatsachcn, gibt aber
doch, wie ich zum Schluis derselben angedeutet habe,
nur dann ein ganz genügendes Resultat, wenn man an-
nehmen darf, dass die Zahl der Centnrien in der spä-
tern Zeit mehr als 193 betragen, und dass das Verhält-
niss der Centurienzahl der ersten Klasse, welches früher
80:193 war, seit jener Veränderung sich viel ungünsti-
ger gestaltet habe (etwa eben 70 : 373). Sonach lässt
sich eine Erklärung nicht wohl mit Schulze's oder Nie-
buhr's oder Boner's Ansicht vereinen, wonach die Cen-
turienzahl der spätem Zeit entweder 71 oder gQ (seit
der Erhöhung der Zahl der Tribus von 31 zu 35 noth-
wcndig 88) oder, indem sie der Servianischen Zahl
gleich blieb, 193 betrug. Der Zweck dieser Abhandlung
ist daher, den Beweis zu führen, dass diese letzteren
Zahlen auch abgesehen von der Stelle in der Republik ,
welche ich dabei ganz ausser Augen lasse, unstatthaft sei,
and dagegen die Einwürfe zu heben, welche gegen die
Annahme von 350 und mehr Centnrien erhoben worden
sind. Ich bemerke nur noch im Voraus, dass ich für
die Zahl 373 selbst in dieser Bestimmtheit keine Ge-
wissheit, sondern nur Wahrscheinlichkeit in Anspruch
nehme.
Die Stellen Liv. XXIV, 7. XXVI, 22. XXVII, 6,
wo die centnria praerogativa nur durch den Namen der
tribns und durch den Zusatz iuniorum oder seniorum be-
zeichnet wird , fcheinen es allerdings wahrscheinlich zu
machen, dass jede Tribns nur 2 Centnrien, eine der
Aelteren und eine der Jüngeren , enthalten habe. Na-
mentlich aber spricht dafür Liv. I, 43, wenn man da-
ielbst in den Worten duplicato earnm (tribnnm) numero
centuriis iuniorum seniorumque die nachherige Centurien-
»erfassung beschrieben findet und also annimmt, dass
aus den 35 Tribus die doppelte Anzahl Centnrien gebil-
det worden sei. Sonach hat nun auch Niebuhr die An-
sicht aufgestellt, au der Zeit, wo nach seiner Meinung
diese neue Verfassung eingesetzt wurde, seien aus den
31 Tribus (denn so viele bestanden damal* erst) 62 Cen-
turien gebildet worden, nnd die ganze Zahl der Centu-
rien habe also, wenn man die 12 Rittercenturien nnd die
sex sulFragia hinzurechne, 80 befragen. Hiermit stimmt
nun auch im Ganzen Ch. F. Schulie überein, nur dass die-
ser die letzteren 18 Centnrien nicht besonders rechnet,
sondern sich die Ritter und Patrizier ebenfalls unter die
Tribut vertheilt denkt. So erhalt er also, indem er auf
die Tribuszahl 35 fusste, 70, oder vielmehr, da er noch
eine Centurie der capite censi hinzufügt, 71 Centnrien;
wiewohl wir diese Centurie füglich gleich von vorn her-
ein bei Seite lassen ktinnen, da sie ganz gegen das nun-
mehr vorwaltende Princip der Tribuseintheilang ist, in
welcher die capite censi ebensowohl, als die Locuplete*
einbegriffen waren: daher wir auch der Kürze wegen in
der Folge immer nur 70 Centurien bei Schulze anneh-
men werden.
Sofern nun aber bei dieser Einrichtung die Klassen
ganz unbeachtet bleiben und als nicht mehr vorhanden
betrachtet werden: so stehen ihr
1) alle die Stellen entgegen, wo in der spätem Zeit
die Klassen als noch bestehend erwähnt werden , nämlich
Cic. Phil. II, §. 82» wo die erste und zweite, Liv.
XLIII, 16, wo die erste Klasse, Sali. lug. LXXXVI,
wo die classes, de rep. ord. Ep. II, c. 8, wo die qnin-
(jne classes erwähnt werden ;
2) widerspricht Cic. de Legg. III, §. 44: ferre de
singnlis nisi centuriatis comitiis noiuerunt. Desrriptns
cnim populus censu, ordinibns, aetatibus plus adhibet ad
«ulTragium consilii, quam fuse in tribns convocatus, vgL
§. 7. Denn worauf sollte hier censu (§. 7: pecunia)
gehen , wenn auf die Klasseneintheilung nicht Rücksicht
genommen gewesen wäre. Denn auch das kann man
nicht einwenden , dass Cicero hierbei nur die Zeit der
Decemvirn im Auge habe, da er gerade die Heilsamkeit
dieser Bestimmung für die Gegenwart, wo die Tribunen
einen so verderblichen Einflnss gehabt hätten , preist.
Schulze hat auf diese Einwürfe Rücksicht genommen
nnd desshalb zu der Annahme, dass das ganze Volk io
70 Centurien eingetheilt gewesen sei, noch die hinzuge-
fügt, dass in jeder Centurie die Ritter und Patrizier so-
wohl, als die zu jeder der 5 Klassen Gehörigen irgend-
wie geschieden gewesen seien. Allein hierdurch wird
gar Nichts gewonnen: denn entweder nehmen wir an,
dass in jeder der 70 Centurien sonach von den Rittern
und Patriziern nnd den 5 Klassen abgesondert abgestimmt
nnd da3 Resultat dieser 7 Abstimmungen, je als ein
139
140
Ganzes, besonders gezShU wordcu sei, und dann liabeu
wir statt 70 Centuricn deren 4yO : oder es hat die Stimme
eines Ritters ebenso viel «ie die eines Patriziers, und des-
sen Stimme ebenso viel nie die eines Bürgers <lcr er-
sten, zweiten, dritten, vierten oder fünften Klasse ge-
golten , tind die fllchrbeit der Stimmen inucrlialb der
zwei Theile jeder Tribus hat die 2 Stimmen der 2 Centu-
rien ergeben, dann ist jener Untersrlticd /.»ischeu IViltcrn,
Patriziern und den einzelnen Klassen so nichtig, dass da-
von <lie Rede gar nicht sein kann, und dass man die Rück-
sicht auf den census auch hier als ganz beseitigt ansehen
muss. Es entstellt dann nur bei der Sduilzeschen An-
sicht noch das besondere Bedenken , dass auch die ordi-
nes hierbei als ganz unbedeutend und unnesentlich er-
scheinen.
Ä'un lässt sich aber ferner 3) selbst die Stelle Liv.
I, 43 1 worauf diese Ansicht ganz vorzüglich beruht, nicht
mit ihr vereinigen. Denn abgesehen von den verschie-
ilcnen später zu besprechenden Erklärungen dieser Stelle,
so lässt sich nicht begreifen, wieLlvius, wenn die Klas-
sen jetzt bei der Ccnturicnverfassung gar nicht mehr ia
Betracht kamen, entweder irgend hätte voraussetzen kön-
nen, dass sich Jemand über die veränderte Zahl der Ccn-
turien verwundern würde, oder, wenn er diess voraus-
setzen wollte , nicht viel kürzer und tredender hätte
sagen sollen, dass der Grund in der Aufhebung der
Klasseneintheilung zu suchen sei.
4) Sprechen dagegen auch innere Gründe. Der Un-
terschied zwischen den Ccnfuriat- und Tribufconiitien,
welcher z. B. von Cicero an der oben angeführten Stelle
der Gesetze als ziemlich bedeutend angeschen wird, er-
scheint bei dieser Annahme als äusserst gering. Er re-
ducirt sich nämlich auf den Unterschied zwischen den
Seniores und Juniores, wozu bei Niebuhr noch die 18
Centurien der Ritter und der SufFragia hinzukommen.
Ja, sofern die Cenfuriatcomitien sich durch einen mehr
■iristokratischen und timokratischen Charakter von den
Tributcomitien unterscheiden müssen: so wird jener Un-
terschied ziemlich dadurch wieder aufgehoben, dass die
praerogativa durch das Loos bestimmt und nur aus den
tribus entnommen wurde: wobei man nicht übersehen
darf, dass die Stimme der ])raerogativa in der Regel die
Entschcidupg gab, s. de Divin. 1, Cap. 45. pro fliur.
Cap. 18. pro Plane. Cap. 20, und dass die Centuriae
ianiorum ebenso, wie die der scnioruni zu dieser Auszeich-
nung gelangen konnten, s. Lir. XXIV, 7, XXVI, 22.
So viel über die 80 und 70 Centuricn Niebuhr's und
.Schulzens.
Eine andere Ansicht hat namentlich Boner verthei-
digt, und diese ist es, welcher Orclli (Exe. zu Phil.
U, 33, Cic. Oratt. seil. 18)6) gefolgt ist, und welcher
auch Gerlarh sich anzuschliesscn scheint. Nach dieser
ist die Zahl der Centurien unverändert geblieben, da-
gegen ist die Zusammensetzung derselben eine verschie-
dene : sie bestehen nämlich aus den 18 Centurien der
Ritter und der (i sufFragia, und aus 175 Centurien,
welche aus den Tribus und Klassen so gebihlet sind, dass
jede Tribus 2 Centuricn der ersten, ebenso viele der
zweiten, und eine der dritten Klasse enthält. Oder die
zweite Klasse hat nur 35 Centuricn, und es wird dann
noch die ricrte mit 35 Centuricn hinzugefügt. So we-
nigstens Orelli. Bonerdenkt sich die Zusammensetzung auf
eine andere Art, die aber schwerlich Beifall erhalfen wird.
Diese Ansicht stützt sich besonders auf diejenige Er-
klärung von de Rep. II, 22, wonach an derselben nur
die gegenwärtige Centuriafrerfassung beschrieben sein soll.
Allein selbst wenn wir von dieser Erklärung ausgehen,
so enthält jene Ansicht doch einen bösen Punkt, über
den eine besonnene Forschnng schwer hinwegkommen
wird. Es wird nämlich dort eine Centurie erwähnt,
„quac ad summum usum urbis fabris tignariis est data":
diese Centnric dürfen nun diejenigen, welche jener An-
sicht folgen, nicht mitzählen, und Orelli sagt daher,
sie sei dort nur „dicis causa" mit aufgeführt: obgleich
daselbst ausserdem nach jener Erklärung ausdrücklich
gesagt sein würde, dass die reliqua multitudo ausser den
89 Centurien der ersten Klasse 10+, nicht 105 Centu-
ricn zähle. Sonach dürfte auch diese Annahme unstatt-
haft sein, und ich brauche kaum noch zu erwähnen,
dass auch Liv. I, 43 widerspricht, wo es heisst, das»
die jetzige Centuriatverfassung nicht mehr ad institutam
a Servio Tnllio summani passe, d. h. doch wohl nicht
mehr dieselbe Zahl der Centurien gebe , wie unter Scr-
vins Tnllius. *■) Auch ist das ganze System sehr will-
kürlich, wie man sich schon daraus überzeugen kann,
dass ebenso gut die fünfte Klasse allein, als die vierte
und fünfte als aufgehoben angesehen werden kann. Am
wenigsten hätte Gerlach dieser Ansicht beistimmen dür-
fen, da dieser, allerdings mit gutem Grund, aus der
Stelle Liv. XXIV, 11 die Ansätze für die spätem 5
Klassen herausfindet.
Es bleibt sonach nach meiner Ansicht Nichts übrig ,
als dass wir zu der .Annahme zurückkehren , wonach jede
der 35 Tribus 10 Centurien und zwar ron jeder der 5
Klassen 2, eine der seniores, eine der juniores enthalten habe,
wonach also die 5 Klassen 350 Centurien zählten. Da nun aber
hier die Ritter und die sex sufFragia noch nicht gezählt sind:
so füge ich von diesen noch IS Centurien hinzu und end-
lich schliesso ich noch aus de Rep. II, 22, dass auch
die 5 Centuricn der fabri, cornices etc. später beibehal-
ten worden seien, so dass also die Gesammtzahl der
Centuricn sich auf 373 belaufen habe. Indcss kommt
es bei meiner jetzigen Beweisführung auf diesen zweiten
Theil meiner Annahme nicht an , da ich nur zu beweisen
habe, dass die Zahl der Centurien 350 und darüber habe
betragen kUinieu.
Es stehen aber dieicr Annahme folgende Grunde ent-
gegen.
Erstens scheinen die Stellen zn widersprechen, wo
die praerogativa ccnturia lediglich durch den Namen der
Tribus und durch den Zusatz innlorum oder scniorum
(z. B. Aniensis iuniorum) bezeichnet wird: fofern es
scheint, als müsste, wenn in jeder Tribus nicht 2, »on-
*^ Boner sucht diese Stelle dadurch mit seiner Annahme lu
vereinigen, <l.iss er huncordincm.qui nunc est, nicht auf die
ganze spätere Ccnturiatvetfassuuf;, sondern nur auf die
erste Klasse deutet: eine blosse Nothhiilfc, welche schon
der Ausdruck ordo nicht ziiliisst, zumal derselbe kurz
vorher zum Sclilnss von Cip. 42 von der ganzen Cen-
turialvcrfassung gebraucht ist
141
142
•lern 10 Centnricn waren, ancli die Klassen, wclclier illo
nraerogativa anschürte, licsfiiiiint «erden. Allein diess
Bedenkm »ird dadurch gehoben, dass nach Salhist. a. a. O.
die praerogativa nur aus der ersten Klasse gewählt wer-
den konnte: denn wie h'Me sonst C. Gracchus ein Ge-
set?: vorschlagen können, dass dieser Vorzug in Zukunft
aufgehoben werden sollte? — GöUliiig (Hermes XXVI,
S. 123) nimmt an, dass der Xanie praerogativa die 5 Cen-
turien der iuniores oder scniorcs der durch das Loos be-
stimmten Tribus umfasse. Allein abgesehen von dem
snätcr zu führenden Beweise , dass die Centarien jeder
Klasse iiacli einander stimmten: so wird diese Annahme
schon durch die Stelle Cic. pro Plane. §. 49 widerlegt:
An tandem una ccnturia praerogativa tantum habet aucto-
ritatis etc., wo es ja bestimmt gesagt ist, dass die prae-
rogativa nur eine Centurie gewesen sei.
Ein zweiler Einwurf, welcher von Xicbnhr, R. G.
B. 3, S. 3^)1, erhoben worden ist, scheint bedeutender
zu sein. Wenn man nämlich diesem glauben muss , so
kann ron unserer Ansicht gar nicht die Rede sein, da
ihr die pinsisclie Unmöglichkeit im Wege steht. Seine
AVorte lauten näuilidi so : die ünzulassigkeit dieser Mei-
nung erhellt zunächst aus der physischen Unmöglichkeit
der Sache. Die römischen Wahlversammlungen konnten
nicht, wie englische, auf mehrere Tage hinausgezogen
werden; sie ninssten in einem Tage beendigt sein oder
wieder von vorne beginnen. Sie mussten , wie alle öffent-
liche Handlungen, mit Sonnenuntergang beschlossen sein
und begannen doch wohl nicht vor Tagesanbruch. Dann
blieben, wenn der Fall eintrat, den Cicero so anführt,
dass er gar nicht unerhört sein konnte, dass man bei
einer bestrittenen Wahl alle Centurien stimmen lassen
musste , an einem mittleren Tage gerade 2 Minuten, um
die Stimmgebenden »iber die Stege zu lassen und ihre
Stimme anzunehmen. Diess ist geradehin undenkbar:
wobei ich nicht verkenne, dass seit dem Cassischen Ge-
setz auch S8 Centurien Mühe haben mochten , fertig zu
werden , da auf jede noch nicht völlig 10 Minuten kom-
men: aber schwieri"' ist nicht unmöglich. Es konnte
noch hinzugefügt werden, dass häufig noch ein beson-
derer Aufcuthalt entstand , wie bei den Abstimmungen
Liv. XXIV, 8 — 9. XXVI, 22, wo im Verlauf Reden
gehalten werden und im letztern Falle die praerogativa
nicht nur zweimal abstimmt , sondern auch eine au«ser-
ordentliche Berathung mit den seniores hält.
Auch Gerlach hält diese Annahme um dieces Grun-
des willen für unzulässig (S. 41).
Um diesen Beweis der physischen Unmöglichkeit ge-
nügend zu finden, muss man sich die Abstimmung der
einzelnen Centurien in successiver Ordnung und etwa in
folgender Weise geschehen denken. Das Volk versam-
melte sich auf dem Campus Martins in bunter Ordnung
und vernahm die Anrede des bei den Comitien den Vor-
sitz führenden Consuls: denn mit einer solchen wurde
die AVahl eröffnet. Hierauf wurde die praerogatira durch's
Loos bestimmt und ging über den pons in das saeptum
oder ovile. Beim Hinweggehen bekam ein Jeder durch
die diribitores seine Täfelchen, welche in dem sog. ta-
bnlarium fabricirt wurden — so viele Candidati, so viele
Täfelchen , — und beim Heransgehen gab er sein Täfcl-
chen (oder wenn der Magistrat aus Mehreren bestand,
seitio Tafclchen) und damit seine Stimme ab; diese Ta-
fclchcn wurden nun im Beisein der Custodcs gezählt
(diese Custodes waren von den Candidaten selbst gewählt
und bezeichneten die Stimmen, welche ihr Candidat er-
hielt, durch Punkte), und der Candidat, welcher die
IMelirzahl der Stimmen eriialtcn hatte, wurde ausgerufen
(rcnunciabatur). So suerst mit der Praerogativa, und so
auch mit den sämnitlichen übrigen Centurien, welche
nur in dem Falle nicht alle zur Abstimmung kamen,
wenn sich die Majorität eher ergab: wo es dann möglieb
war, dass nur eine über die Hälfte der Centurien zur
Abstimmung zugelassen wurde.
War der Hergang dieser: so ist allerdings eine phy-
sische Unmöglichkeit vorhanden, aber nicht allein bei
373 5 sondern auch bei 88 Centurien , und ich behaupte
mit Bestimmtheit, dass das, was Niebuhr nur schwierig
nennt, dennoch ganz unmöglich ist. Denn auch hierbei
bleibt doch, was vor Allem hervorzuheben ist, die Zahl
der abstlnmienden Bürger dieselbe, und wenn wir also
durch die Annahme von 88 Centurien allerdings für jede
10 Minuten gewinnen, während bei 373 Centurien diese
10 Minuten sich bis zu 2 Terringern würden: so wird
dieses etwas geringere Mass der physischen Unmöglich-
keit, welches gleichwohl noch immer gross genug ist,
dadurch wieder bedeutend vermehrt, dass nun in joder
Centurie circa fünfmal mehr Stimmen abgegeben und ver-
zeichnet und abgewogen werden müssen. Auch ist es mir
ganz undenkbar, dass das Volk sich t2 oder nur 8 oder
t) Stunden wird auf dem Platze haben halten lassen.
Dazu kommt, dass es Phil. II, §. 82, nachdem beschrie-
ben ist, wie die erste Klasse, die suffragia, und dio
zweite Klasse abstimmen (diess ist nämlich Niebuhr'g
eigene, nach meiner Ansicht ganz richtige Erklärung
dieser Stelle), heisst : „quac omnia sunt citius facta dixi."
Hätten diese Centurien (wenigstens also ziemlich die Hälfte
sammtlicher Centurien : nach !Niebuhr sämmtlichc Cen-
turien) nur 3 — 4 Stunden gebraucht, um ihre Abstim-
mung zu vollenden , und so viel Zeit würde bei der suc-
cessiveu Abstimmung unumgänglich nothwcndig gewesen
sein: so Ȋre es doch wahrhaftig eine mehr als rhetori-
sche Hyperbel , wenn Cicero sich so hätte ausdrücken
wollen.
Diese physische Unmöglichkeit ist also nicht der
Einwand gegen die Annahme von 373 Centurien, sondern
gegen jede Annahme , welche mit der Voraussetxung Ter-
knüpft ist, dass die Abstimmung auf die obige Weise
und in successiver Ordnung geschehen sei : man müsste es
denn für möglich halten , noch ziemlich w eit unter die
Centurienzahl 70 herabzusteigen.
Jedenfalls muss also der Hergang ein anderer gewesen
sein, als der oben beschriebene. Welcher ist es aber
gewesen? Ich stelle mir ihn folgendermassen vor;
Das saeptum, oder, wie es bemerkenswerther Weise
meisteniheils heisst, die gaepia waren so geräumig, dass
sie das ganze Volk fassten. Sie hatten einen besondern
Ein- und Ausgang, vielleicht für jede Centurie, wenig-
stens aber für jede Tribus (im letzteren Falle masste für
die Rittercenturicn und die sex suffragia besonders ge-
sorgt sein). Nachdem also die praerogativa abgestimmt
143
144
und das Resultat dieser Abstimmung bekannt gemacht
worden: 8« schritten sämmtliche Centurien oder in dem
anderen Falle die Ritter und die 35 Tribus, letztere
iiach der Ordnung der 5 Klassen und der seniorcs und
iuniores, zu gleicher Zeit liber die pontes (auch von
diesen sprechen Cic. de Legg. III, C. 17 und Festus
■. V. sexagenarius in der Melirzahl) , erhielten beim Ein-
tritt in ihr saeptum ihre Stimmtafeln und gaben diese
heim Ausgang wieder ab, wobei dann durch die Custo-
des das Resultat der Abstimmung gezogen wurde. Hier-
auf wurden die Centurien und zwar zuerst die Rit-
tercenturien , dann die der ersten Klasse, dann die
auffragia, dann die der 4 übrigen Klassen nach einander
aufgerufen (vielleicht traten sie hervor und in die Nähe
des tribunal , wo der Vorsitzende Consul sass) und einer
der zur Centurie Gehörigen hatte das Ehrenamt, das
Ergebniss der Abstimmung seiner Centurie zu verkündi-
gen (rennnciare). Das Resultat der gcsammten Abstim-
mung (die ^Majorität der Centurienstimnien) wurde endlich
durch den Praeco verkündigt, und hierauf die Versamm-
lung durch den Consul geschlossen.
So, nachdem auch die leges tabellariae, die Ballotage
eingeführt worden. Vorher, solange die mündliche Ab-
stimmung beibehalten wurde, mag der Hergang derselbe
gewesen sein: nur dass die rogatores in den einzelnen
^»aeptis herumgingen und die Stimmen abfragten. (Vgl.
fiber die mündliche Abstimmung Schulze S. 260 tT.),
Für diese ganze Ansicht sprechen folgende Gründe:
1) Wenigstens für die Saepta der Cumitia tributa war
auf dem Campus Slartius ein Raum eingerichtet, »elcher,
gross genug, um das ganze Volk zu fassen, viel zu gross
gewesen wäre , wenn sich darin immer nur einzele Tri-
bus eingefunden hätten. Diess geht aus ad Att. IV, 16,
14 hervor: Nam in Campo Martio saepta tributis comi-
tiis marmorea sumus et tecta facturi eaque cingemus ex-
celsa porticu , ut mille passuum conficiatur. Cicero will
diess nämlich mit Oppius zusammen im Auftrage des
Cäsar ausführen. Sonach hatten die Saepta der Tribut-
comitien den Umfang einer römischen Meile: konnten sie
also wohl einen andern Zweck haben, als das ganze
Volk aufzunehmen? und wenn diess in diesen Comitien
der Fall war, ist es nicht wahrscheinlich, dass es eben-
«o in den Centnriatcomitien der Fall war? Auch hat dies»
schon Manutius , de comitiis (Graerii thes. I, p. 525) so
angenommen.
2) Folgende Stelle pro IVIil. §. 41 : comitiis in campo
qnoties potestas fuit! cum ille (Clodius) in saepta irru-
pisset , gladios destringendos , lapides coniicicndos curas-
»et, dein subito rultu !>Iilonis perterritus fngciet, — wo-
bei es wenigstens zweifelhaft ist, ob die Rede von Tri-
but- oder Ccnturiatcomitien ist (wiewohl mir der Be-
weis, wenn für die einen, mit ziemlicher Sicherheit auch
für die andern geführt scheint), diese Stelle, sage ich,
wird nur dann deutlich, wenn man sich das ganze Volk,
nicht einen kleinen Tlieil desselben in den Saeptis za-
Bammen denkt. Eine gleiche Beweiskraft liegt nach
meiner Meinung in der Stelle pro Muren. §. 67: ei gla.
diatoribus vnlgo locus tributim (datu* esset), — contra
legem Calpurniam factum videri. Das tributim (welches
übrigens ganz ähnlich auch an vielen andern Stellen
steht , die ich nicht aufzuführen brauche) setxt nämlich
voraus, dass das Volk tribusweise aufgestellt ist: was
wohl nicht anders geschehen konnte, als in den saeptis.
(Sofern übrigens an dieser Stelle bestimmt von den Ccn-
turiatcomitien die Rede ist: so dürfte man sie als Be-
weis gebrauchen können, dass nicht die einzelnen Cen-
turien, sondern die Tribus jede ihr Saeptum gehabt hät-
ten. AVahrscheinlich wurden dieselben saepta auf dem
Campus für Tribut- wie für Centuriatcomitien gebraucht.)
Endlich konnte Ovid Fast. I, 53 nicht wohl sagen: po-
pulum includere saeptis, wenn die saepta nicht zur Auf-
nahme des ganzen Volkes nach seiner Eintheilnng in
Tribus oder Centurien (populus tributim et centuriatim
descriptus) bestimmt war.
(Beschluss folgt.)
Perspnal-Chronik und Miscellen.
Darmstadt. Das ioi'ben in unsere Hände gekommene
erste Heft des zweiten Bandes von dem ^, Archiv für Hessische
Geschichte und Alterthumskunde. Herausg. von D. Steiner"
Darmstadt. Leske. 1838. enthält mehrere Abhandlungen und
Miscellen , welche in unserer Zeitschrift Erwähnimg verdienen.
Hierher gehören: 1) ,, Römische Civitätsrechte in der Wetteriu
von Hrn. Hofiath Steiner." Auf eine Inschrift, die 1603 bei
dem Flecken Altenstadt gefunden wurde *), stützt der Verf. die
Annahme, dass in der Gegend von Altenstadt eine Civitas be-
standen liabe. 2) „Der römische Wachtthurra bei Rossdorf."
Von dem Geometer Hrn. Wagner. Dieser Wachtthurm wird
beschrieben und eine in seiner Nähe gefundene Münze erwähnt,
welclie auf der Hatiptseite mit einem weiblichen Kopfe versehen
ist und die Umschrift hat: LVCILLAE AVG ANTONINI A.
Auf der Kehrseite befindet sich eine stehende weibliche Figur
mit ausgestreckter Hechte und einem Stabe in der Hand. Am
Rande stehen getrennt die Buchstaben N . . . V, rechts von
der Figur ein S und links ein C. Der Verf. verweist die Münze
in die Zeit zwischen 161 — 180 nach Chr. Hr. Steiner fügt in
einem Nachworte einige Bemerkungen über die römischen Weh-
ren bei. ;<) ,,Rümcrlager bei Inhciden in der Grafschaft Solms-
Laubach." Von Hrn. Pfarrer Eich.
Gattingen, den 13. Jan. Mit dem 1. Januar d. J. sind
die Göttingen'schen gelehrten Anzeigen in ihr zweites Jahrhun-
dert getreten. Die Redaction derselben hat nach einigem
Wechsel im Anfange Ilaller, 1747 bis 1753; Michaelis, 1753
bis 1770; Heyne, 1770 bis 1812; Eichhorn, 1812 bis 1827 ge-
führt, und jetzt, seit 1827, der Geh. Justizralh Heeren in
Verbindung mit Hofrath und Bibliothekar Benecke.
») Die Inschrift ist folgende;
JN. H. D. D.
GENIO
COLEGl
IVVENTVTIS
CONSAT ET PRE
TEXTATO COS.
Zeitschrift
für die
AI terthumswissen Schaft.
Mittwochs, 13. Februar
18 39.
Nr. 19.
Die Zahl der Centurien seit der Veränderung der
Servianischen Centuriatverfassunj;? kann nicht 71
oder 80 oder 193, wohl .iber kann sie 373
betragen haben.
(B esc hin SS.)
3) AVilre nnr Ein Eingangs und Ein Ausgang- gewesen,
thirch «len alle Centurien hätten himlurclipassircn müssen,
so hätte es nur eines Custos, oder, um mich so auszu-
lin'ickcn , nur eines Comitc von Custodc^ bedurft. Aus
«1er Stelle aber in Pison. g. IJ. : ad eum, cui priniam
comitiis tuis dedcras tabulam pracrogatirae , geht hervor,
dass, während sich die Candidaten überhaupt ihrer Freunde
zu dem Amte der Custodcs bedienten, es als eine beson-
dere Freundschaftsbezeigung von Seiten des Candidaten
galt, als Custos der pracrogativa angestellt zu werden:
CS niussten also auch vor den übrigen Ausgängen solche
Cnstodes für die übrigen Centurien stehen. Dass diese
Stelle so zu nehmen ist , lehrt eine andere aus der Rede
post reditum in senat., JJ. 17, die ich sogleich gebraucht
haben würde, wenn diese Rede nicht, obwohl nach mei-
ner Meinung ohne hinlänglichen Grund, der Unechtheit
verdächfigt worden wäre. Sie lautet : Tu miscricors me
alfinem tunm , quem tuis comitiis praerogativae primum
custodem praefeeeras ; jedenfalls kann man sie, selbst
wenn die Rede unecht ist, als eine Erklärung der obi-
gen Stelle ansehen, die der Declamator, da er die Ver-
Lältnisse noch vor Augen hatte, am besten und sichersten
verstehen mnsste. *)
4) Ein besonderes Gewicht lege ich auf die Stelle
des Fcstus s. F. Praerogativae: Praerogativae centuriae
dicnntur, wi docet Varro rerum humanarum 1. VI, qnae
rns ..... Roniani , (jui ignorarcnt petilores, faciliiis
eos animadvertere possent. Verrius probabilius indicat
esse, nt cum essent designati a pracrogativis, in sermo-
nem res veniret populi de diguis indigoisve et fierent re-
leri diligentiores ad sufiragia de his ferenda. Hieraus
geht hervor, dass die praerogativa besonders desswcgcn
eingerichtet war, um den vom Lande hereinkommenden
Tributen durch deren Stimme einen Fingerzeig zu geben,
■wie sie selbst zu stimmen hätten, und um ihre Aufmerk-
samkeit auf die vorzüglichsten Candidaten hinzulenken.
*) Nach Plin. IL N. XXXII, 2 setzte. Anguslus 900 Custodcs
ein (ad custodiendas cistas suffragiorum in comitiis).
Dicss wäre unnothig gewesen, wenn die Centurien nach
einander abgestimmt hätten und wenn sonach jede nach-
folgende Centurie sich die Abstimmung der vorhergehen-
den, und die letzten Centurien sich die aller vorherge-
henden hatten zum Muster dienen lassen können. Da-
gegen erscheint jener Grund vollkommen triftig und wohl-
berechnet, wenn man annimmt, dass die übrigen Cen-
turien zu gleicher Zeit abstimmten und nur die praero-
gativa allen voranging. Es mag dann auch nach der
Abstimmung der praerogativa eine kleine Pause gestattet
gewesen sein, um dem Volke Zeit zu geben, sich über
die Candidaten zu besprechen. *)
Was den besondern Umstand betrifft, dass einer aus
jeder Centurie das Ehrenamt gehabt habe, das Resultat
der Abstimmung zu verkündigen: so wird dieser durch
de Orat. II, g. 260 bewiesen: quod aiunt Maluginensem
illum M. Scipiouem, cum ex centuria sua renunciaret
Acidinnm consulem. — In Betreff des Vortretens der
einzelnen Centurien zur Abgabe ihrer Stimme möchte
ich fast aus der Stelle Liv. XXVI, 22: datum secreto
in Ovili cum his coUoquendi tempus, den Schlnss ziehen,
dass das Ovile zu diesem Gebrauch bestimmt und dass
diess der Raum in der Nähe des Tribunals gewesen sei,
ivo die Centurien einzutreten pflegten , um ihre Wahl
zu verkündigen. Wenigstens scheint daraus mit Bestimmt-
heit hervorzugehen, dass das Ovile ein besonderer Raum
in den Saeptis gewesen sei. Freilich ist Serv. ad Virg.
Ecl. I, 34 entgegen, wonach saepta und ovilia gleich-
bedeutend waren: wcsshalb auch Manutius angenommen
hat, dass ovile den ganzen Raum, saepta die einzelnen
Abtheilnngen desselben bezeichne.
Ich habe mir nun noch die Aufgabe gestellt, die
wichtigsten über die Centuriatcomitien handelnden Stel-
If n erklärend zu behandeln und dadurch meine Ansicht
von der Zahl und Zusammensetzung der Centurien und
von dem Hergang bei ihrer Abstimmung zu befestigen.
Ich spare mir aber die Lösung dieser Aufgabe für eine
zweite in Kurzem zu liefernde Abhandlung auf, welche,
ob sie sich gleich immer auf das in dieser Abhandlung
Bewiesene zurückbeziehen wird, doch insofern ein Ganzes
für sich bihlet, als sie eine Uebersicht der schwierigsten
*) Ueber die ähnliche Stelle Pseudo-Asc. zu Cic. Act. I.
Vcrr. §. 29 werde ich in dei zweiten Abhandlung zu
sprechen haben.
147
148
Strllcii über diesen Gefjenstauil enthäK und uodnvendifer
"Weise aueser dem bisher zur Sprarlic Gebrachten noch
manche andere hierjier gehorijje Fragen berücksichtigt.
Meiniugen. Peler.
,M. TuUii Ciceronis Epistolae selectae CXC. Für den
Schnlgebrauch bearbeitet, mit historischen Einlei-
tungen und erkL'ircnden Anmerkungen versehen von
Karl Fr, Süpfle, Professor am Lvceum zu Karlsruhe.
Karlsruhe, 1836-
Ob Cicero's Briefe überhaupt auf Schulen gelesen
«erden sollen und, wenn die Lerfüre derselben für zu-
lässig erkannt «ird, welche Aasivahl bei derselben ge«
troflen werden müsse, da die Briefe natürlich schon ihrer
Blenge wegen nicht alle gelesen werden können , das sind
Fragen , welche schon oft und schon in früheren Zeiten
von denkenden Lehrern nicht bloss, sundern auch von
Gelehrten gestellt und erörtert worden sind. Tlieils der
l'nif.ing antiquarischer und geschichtlicher Kenntnisse,
welche das Verstfindniss derselben erheischt, thciU die
moralische Festigkeit, die der Blick in eine vielbewegte
und thatenreiche Zeit erfordert, diente denjenigen zur
Waffe, welche gegen die Benutzung der Briefe für die
Bildung der Gymnasialjugend geeifert haben.
Es ist nicht nöthig, hier eine detaitlirte Mittheilung
über den Gang und die Resultate dieses ziemlich stillen
und schonenden Kampfes zu geben. Jeder Gelehrte,
welcher sich für Cicero intcressirt, jeder Schulmann,
welcher selbstständig seinen Weg geht, kennt Martyni-
Laguna's wohlgemeinte Opposition (Praefatio z. 8. Ausg.
der Briefe), sowie Matthiä's (Pracfat. z. Ausg. der Epistol,
seil.) Gegengründe; erinnert sich, wie schon früher
Gessner in dem zu Göttingen im J. 17,3ö geschriebenen
Universitätsprogramm (s. Opuscul. P. 1, p. 4ö etc.), Böt-
tiger (in dem zu Leipzig im J. 1780 erschienenen An-
tritlsprograuim, wieder abgeiiruckt in den Opusc), und
Wciske (in s. Ausg. der Epist. seil. Braunschweig 1796)
bestrebt gewesen sind, die Nützlichkeit der Briefe aus-
einander zu setzen , hat sich mit dem bekannt gemacht,
was neuere Herausgeber zu Gunsten derselben anfuhren^
und weiss, dass man gegenwärtig so ziemlich übereinge-
kommen ist, eine sorgfaltige, wolilbeniesscnc , zweck-
mässige Auswahl der Briefe sei für Schüler mittlerer
Klassen nicht nur statthaft, sondern auch belehrend und
bildend. Aber das Prinrip dieser Auswahl war lange
streitig, so diss Böttiger sich über das ^'^erlangcn und
Verfahren derer, wclclie nach dem Vorgänge des Casc-
lius behaupteten, sciigendas et excerpenilas esse taiitum
ea», quae familiari filo orationis et epistolis ])roprio scriptae
easfnt, bestimmt erklart und die eigentlich politisclien
nicht aosgcscliiossen wissen will; Andere aber, wie 3Ial-
thia bemerkt^ nur Aufklarangen für Cicero's Lebensgc
schichte, wieder .Vndere nur geschichtliche >otizen in
den au<;;ewähltcn Briefen darbieten wollen. JMatliiiä
selbst huldigte einer allseitigcrcn, aber auch unbestiuini-
tcren Ansicht nnd waiilte , wie er sagt, diejenigen Briefe,
quae prae ceteris dilucide, eleganter, copiosc scriptae
cssent, sive res ea aetate gestas , sive sententias de vita
et publica et privata rcgenda explicarent. Der neueste
vor dem Eingänge dieser Anzeige genannte Herausgeber
einer Auswahl Ciceronischer Briefe bekennt sich zu einem
itrengeren Principe: er begehrt, dass die Briefe nach
der Zeitfolge geordnet, sodann diejenigen ausgewählt
werden sollen, aus welchen die Schüler zunächst von
Cicero selbst, sodann Ton seiner Zeit und endlich von
den Blännern, mit welchen er als 31ensch und Bürger
in Berührung kam, ein treues und lebendiges Bild er-
halfen können , und diess nicht etwa bloss aus den sog.
Epistolis ad Diversos, sondern auch aus den ad Qaintum
fratrem und ad Atticum geschriebenen.
Es sei erlaubt, hier eine kurze Weile stehen zu
bleiben und einen Rückblick auf die verschiedenen Mei-
nungen zu werfen , deren soeben gedacht worden ist.
Wenn man, wie bemerkt, bei abweichenden Ansichten
in einzelnen Punkten darüber einig geworden ist, dass
eine zweckmässige und sorgfältige Auswahl der Ciceroni-
schen Briefe für die mittleren Klassen der Gelehrten-
Echulcu wünschenswerth und einilussreich sei, so liegt
iliescr Vereinigung etwas Gemeinsames zu Grunde, die
Berücksichtigung n^inilich eines bestimmten Bedürfnisses
jener Klassen in Erlernung und Erfassung der lateini-
schen Sprache. Dieses Bedürfniss aber kann wohl kein
anderes sein, als dass die Schüler neben den historischen
Schriften , mit welchen sie in der Regel in diesem Bil-
duiigskreise theils erst Bekanntschaft machen, flicils die-
selbe fortsetzen, auch eine andere Gattung des Styles
kennen lernen, wodurch ihre sprachliche Bildung in so-
weit an Umfang und Sicherheit gewinnen kann, als die
Capacität der Altersstufe, auf welcher sie stehen, über-
haupt verträgt. Am deuilichsien hat sich diese Tendenz
bei Matthiä ausgesprochen und auch frühere Gelehrte
gehen von ihr aus, wenn sie auch damit pädagogische
Anforderungen nnd Behauptungen verbinden , deren Be-
rücksichtigung sich, insofern sie sittlicher Natur sind,
von selbst versteht. Nach dieser Ansicht können und
sollen somit alle Briefe ausgewählt und mitgctheilt wer-
den, die nach Inhalt und Form für das angedeutete Bil-
dungsstadium passend sind. Durch <lirse Bestimmung
aber wird ebensowohl jede weitere Eintheilung und Ah-
theilung der Briefe ülierllüssig gemacht, als alle andere
Rücksichten vor derselben zurücktreten müssen: lediglich
die GestuKung und Bewegung der lateinischen Sprache
in den verschiedenen Beziehungen und Modificationen
des epistolarischen Styls soll der Schüler kennen lernen
und auf seine sprachliche Ausbildung einwirken lassen.
Weiter ist auch Nichts nöthig. Denn was soll es heis-
sen , wenn man die Forderung aufstellt: ein vierzehn-
jähriger Knabe soll durch Vermittelung dieser Briefe
den Charakter, ,,das ganze Sein nnd Wesen" eines welt-
geschichtlichen Mannes, wie Cicero gewesen ist, die In-
iKvidualitätcn berühmter Zeitgenossen, ja, die ganze
Zeit, in der jener und diese lebten, anschauen, betrach-
ten und erkennen lernen? Doch wohl nichts Anderes,
als: ein Knabe dieses Alters soll plötzlich die Beobach-
tungsgabe, den Scharfsinn, das Urthcil und die Combi-
uatiouskraft eines Mannes annehmen.
149
130
Bis zu welcher Hiihe will man ilie Treibliaiispfleffe
unserer Jugend, ilie sich leider! in so vielen Producten
der ij.'idagotrischeu Kunst unserer Zeit kund thut, noch
bringen? Älit einer grossen Quantität Allerlei einheizen,
mag zwar schnell warm machen, aber ob die Gesundheit
dessen dabei gewinnt, der in dieser erhitzten Atmosphäre
athmen soll, ist eine andere Frage. In einer Tertia sttll
nicht bloss, so will man, die Kenntniss der classischen
Spraclien bis zu einer gewissen grammatischen Einsicht
und Festigkeit gedeihen — was man vernünftiger Weise
erlieischen kann, — nein! das Substrat dieser Bildung
soll zugleich auch den Stoff abgeben, nicht etwa für
eine aligemeine, übersichtliche Kenntniss dieser oder je-
ner geschichtlichen Periode, nicht bloss für die anregende
und erhebende Kunde ciiler und grosser Thaten dieses
oder jenes Mannes — sondern dafür , dass alle sittliche
Oscillationcn und Verirrungen einer argen Zeit, jede
Blosse, jede Mischung in dem Charakter eines politisch
hin- und hergeworfenen Individuums, das ganze Thun
und Treiben einer grossen Anzaiil öffentlicher Charaktere
neben einzelnen, im Grunde sehr wenigen, grossartigen
Zügen und Bildern , im A'orbeigehen nicht bloss, sondern
genau und gründlich betrachtet werden; denn wie konnte
sonst ein lebendiges und treues Bild entstehen? Man
«ende nicht ein, dass ja die Schüler auch in dem ge-
schichtlichen Unterrichte, den sie geniessen, dergleichen
zu hören bekommen und zu betrachten angewiesen wer-
den; denn ist der Unterricht für diese Stufe von der Art,
wie er sein soll, so wird er sich der Beschränkung, die
er sich auferlegen muss, wohl betrusst sein und bleiben.
31an sage nicht , scharfer Blick und pädagogischer Tact
könnten mit leichter Mühe diejenigen Briefe wählen,
welche jener Tendenz zusagen und entsprechen , jegliches
Zuviel in ethischer und intellectucller Hinsicht aber aus-
schliessen ; denn, will man die ausgesprochenen Inten-
tionen wirklich ausführen, so ist solche Richtung nicht
nur äusserst schwierig, sondern auch unmöglich ; man
setze nicht den Gemeinspruch entgegen, dass ein Zweig
des Gesammtunterrichts dem anderen in die Hand arbei-
ten müsse; denn dieses „in die Hand arbeiten" kann
doch nur einen vernünftigen Sinn haben , wenn es von
der allgemeinen, formalen Ausbildung verstanden wird,
und dicss vermag der einzelne Unterrichtszw eig eben nur
dann, wenn er gründlich für sich und um seiner selbst
willen gehandhabt wird. Oder soll die Pfennigmethode
auch in unseren Gelehrtenschulen Platz greifen, in jeg-
lichem Unterrichte Jegliches erstrebt und erreicht wer-
den? Davor bewahre uns der Genius der classischen Bil-
dung, die nur dann eine echteist, wenn sie immer mehr
nach Innen, nicht nach Ausseu treibt und wirkt, ihr Heil
nicht in dem Quantum, sondern iu der Qualität des Wis-
sens findet.
Aber wozu diess Alles? Erstlich, damit wir Grund
und Boden gewinnen lür die nachfolgende Beurtheilung
der Schrift, mit der wir es zunächst zu thun haben;
sodann, weil wir glauben, es könne nicht oft genug ver-
sucht werden, der Fieberhitze einer gewissen inodernen
Pädagogik entgegenzuwirken; endlich damit vielleicht auch
von dieser Seite eine erneuerte Bewegung zu allseitiger
Erörterung dieses Gegenstandes im Allgemeinen, wie im
Degonitercn !n Bezug auf die Ciceronischen Briefe gegeben
werde. Leid thut es uns, wenn wir dem Süpfic'schcn
Buche seiner Tendenz nach den dargelegten Vorwurf ma-
chen müssen, da wir überzeugt sind, «ler würdige Verf.
desselben habe die beste Meinung bei dessen Herausgabe
gehabt. Dass er aber selbst deutlich gefülilt habe, ein
Plan, wie der seinige ist, gehe über den Gesichtskreis
und das Yermögen des bezeichneten Alters hinaus, zeigt
schon der Umstand , dass er sein Buch zugleich für die
Schule und den Privatgebrauch gcreiftcrer Schüler be-
stiuimt, worüber wir weiter unten sprechen werden.
Haben wir mit dem Gesagten die Principienfrage
kürzlich erledigt, so können wir nun das fragliche Buch
nach seiner innern Constructinn untersuchen und zu-
nächst danach fragen , wie es sich mit der jenen Grund-
sätzen gemäss getrofienen Auswahl der Briefe verhalte.
Zuvor müssen wir jedoch von der Polemik Notiz nehmen,
welche der Herausgeber gegen die 31afthiä'sche Samm-
lung ausübt, um die seinige als zeitgemäss zu rechtfer-
tigen.
Er tadelt an jener 1) die allzugrosse Zahl der Briefe
au den Atticus ; 'J) die Aufnahme einiger Briefe, welche
für die Jugend nicht ansprechend, nicht bildend seien;
3) die gänzliche Ausschliessung der Briefe an den Tre-
batius; 4) die Beschaffenheit des Textes.
Ueber diese Ausstellungen müssen wir uns einige Be-
merkungen gestatten. Eine sorgfältige Zählung liefert
das Resultat, dass in der Süpfle'schcn Ausgabe nur acht
Briefe an den Atticus sich weniger befinden, und eine
genaue Vergleichung zeigt, dass das Verdienst zweck-
niässigerer Auswahl nicht immer auf Seiten de» jüngeren
Herausgebers war, wiewohl man hinwiederum nicht be-
greift, warum Matth. aus dem XI. und Xlf. Buche auch
nicht Einen Brief aufgenommen hat , während sich bei
Süpfle aus demselben fünf finden.
Der zweite Vorwurf lässt sich allerdings als begrün-
det nachweisen und man wundert sich oft, wie Matth.
veranlasst werden konnte, diesen oder jenen Brief einzu-
reilien; allein derselbe Vorwurf lässt sich auch der
Siipfle'schen Collection machen und wird wohl von kei-
ner ganz ferne bleiben, da es immer eine sehr schwie-
rige Aufgabe bleiben wird, aus einer Anzahl von ohnge-
falir yOU Briefen eine allseitig befriedigende Auswahl zu
treffen, selbst wenn, wie Böttiger wünscht, mou nisi a
viro harum rerum peritissimo susceptus sit hie labor.
IMit der dritten Anklage muss man sich ohne Zaudern
einverstanden erklären, und Briefe, wie z.B. der VIII.,
X. , XL, XVIL, X^'III. an Trebatius hätten füglich
von niatth. anfgenommen werden können. In der Tex-
tcskritik sind wir zwar durch Orclli beträchtlich weiter
gekommen , aber wir wollen noch einige Jahre warten,
und ein folgender Herausgeber wird dann dasselbe Argu-
ment gegen Hrn. Süpfle's Text für sich in Anspruch
nehmen, ilas dieser gegen 31atth. gebraucht hat: wir
stehen hierin eben noch immer auf unfestem Boden.
Vergl. den Streit über das Alter und die Auctorität des
Cod. Medic.
Von diesen Seiten lässt sich also eine neue Ausgabe
ausgewählter Briefe gegen Einreden nicht sichern. Eine
bessere Rechtfertigung gewährt die weitere Einrichtung
151
152
des rorlioffendcn Buches, welclic, so cnf sie wenigstens
der Alllage nach mit iler besprodieuen Toiidcnz zusam-
menhängt, dennoch recht fiiglicli /'«r siV/' lietrachtct wird.
Dieselbe bestellt 1) in einer gescliii h<lichcn Einlfitung
über Cicero's Leben und seine Zeit; 2) in spccielleii
£iuleitungcu zu den einzelnen Briefen. Jene ist in zehn
Abschnitte getheilt, nach welchen die ausge«.'lhltcii Briefe
geordnet sind. Dieselbe geht von Cicero's Geburt aus
und schliesst mit seinem Tode , ■»voran sich eine allge-
meine Charakteristik des beriilimten Mannes reiht, deren
Kern iu der Behau])<uiig entlialten ist, das Gemütli habe
in ihm rorgeherrscht und Vaterland und Jiiilnn seien
die beiden Angeln geivesen, um die sich sein ganzes
Sffcntliches Leben bewegt habe.
Offenbar ist der Gedanke, eine solche und dergestalt
geordnete Einleitung den Briefen vorauszusenden, an und
für sich ein glücklicher zu nennen , sobald die Ausfüh-
rung' sich innerhalb gewisser Schranken hält. Denn ist
das Buch zunächst für Uliitclclasseu bestimmt, so darf
der jugondiiclie Blick in diesen Vorhallen der Leetüre
weder durch allzu« eite Räume , noch durch Anhäufung
univcsentlishcr oder fremdartiger Gegenstände ermüdet
und abgezogen «erden. Vielmehr ist der Zueck einzu-
halten, dass der junge Leser die bedeutendsten und
charakteristischen Begebenheiten und Verhältnisse aus
dem Leben des Mannes , den er auf diese Weise noch
vor den vertraulichen Dokumenten seines innern Lebens
kennen lernen soll, bestimmt und klar auffasse und dem
Gedächtnisse überliefere , damit er im Stande sei , wäh-
rend der Lcctürc selbst sich nicht nur den gesammten
Inhalt des jedesmaligen Abschnittes, bei dem er verweilt,
genau zu vergegenwärtigen, sondern auch au die voran-
gegangenen Perioden mit Leichtigkeit anzuknüpfen. Diess
laiin aber nur erreicht werden, ivenn die Schranken so
eng als möglich gezogen werden , weil nicht nur schon
das nothwendige Material dieser Einleitungen ziemlich
bedeutenden Linfanges ist , sondern der Schüler auch ,
wie bereits angedeutet worden, noch mit einer besonderen
Einleitung in die einzelnen Briefe zu thun bekommt,
wodurch seine Erinnerungskraft für persünliclie Beziehun-
gen noch mehr in Anspruch genommen wird.
Die .Süpfle'scho allgemeine Einleitung umfasst 58
enggedruckte Seiten. Bis der ScJiüler zu dem zweiten
Abschnitte gelangt, von wrUliem an die Briefe aus den
drei rcrschiedenen Sammlungen erst beginnen, hat er 10
Seiten biographischer Aotizen von Cicero's Geburt bis
zu seinem Consulat in das Gedächtnis« aufzunehmen.
Schon in diesem ersten gewissermassen präparatoris( hen
Abschnitte ist aber 3Iaiichcs besprochen, was höchsten»
nur angedeutet werden durfte, z. B. über seine orato-
rische Ausbildung, seine erste canssa publica, die (Juä-
stur in Sicilien, die Verrinische Sache. Ganz uiiniithig
jedoch sind die meisten Anmerkungen , in welchen über
antiquarische Gegenstände oft weitläufige Mitllieiliingen
gemacht werden, so über die feierliche Jlandluiig , durch
welche der junge llünier die toga virilis erhielt: über
die drei Arten der Comiticn f3!) Zeilen) , über «len Ae-
dilig curnlis, über die damals übliclicn Kunstgriffe bei
Bewerbungen um das Consulat: Gegenstände, welche der
Schüler entweder aus dem geschichtlichen Unterrichte
bereits kennen gelernt hat oder noch kennen lernt. Und
wie der erste Abschnitt, so die folgenden. Ueberall
manches Breite, AVcitschweifige, Ueber/lüssige, z. E. über
die lex agraria, über Clodius Einschleichen in Cäsar'g
Haus am Feste der Bona Dea , über Brutus und dessen
Grundsätze, über die Sänften der Homer ti, s. w. (Be-
sonders zu tadeln und höchst unpädagogisch ist folgende
Anmerkung S. 15: „Schade, dass wir wegen eine/' Stelle
diesen ganzen Brief (ad Attic. I , Kj) nicht in unsere
Saninilung aufnehmen können." Das heisst doch, dem
Schüler tlie !Mase auf die Worte stossen , um deren wil-
len der ganze Brief vorenthalten wird. Oder »ergass
der Herausgeber, dass er es mit Schülern zu thun hat?)
Der ganze sechste Abschnitt , in welchem Cicero als
Proconsul in Cicilien dargestellt wird, konnte gedrängter
und übersichtlicher gegeben werden; ebenso der neunte:
Von Cusars Ermordung bis zu dem Triumvirate des
Ant. , üctav. und Lepid. Billigen muss man es, dass
zuletzt ein Abschnitt über Cicero"« Briefe überhaupt an-
gehängt ist und um so mehr, als der Lihalt desselben
sehr zweckmässig ist.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscelleu.
Fulda, vom 4. Februar. Heute feierte das hiesige Gym-
nasium da» Andenken an den Schüpfer des deutschen Schul-
wesens, JIrabanus Maurus und die von ihm vor mehr als
tausend J.ilircn unter Karl dem Grossen gestiftete Schule zu
Fulda. IVacli einem von samratlichen Schülern gesungenen
Chorale eröffnete der Direclor des Gymnasiums, D. Bach, diese
Feier mit einem Gebet für das Gedeihen der seiner Leitung
anvertrauten Schule, dass Gott unser theurcs Vaterland und
unseru geliebten Fürsten , Jen Begründer und Erhalter der gc-
genwiiitigcn Gyninasialordnung, beschützen und bcschirmcu,
dass er die dem Gymnasium geordnete Obrigkeit durch den
Geist der Gerechtigkeit und durch das Licht der Weisheit er-
leuchten müge, zum Heil und Frommen Aller, die da arbeiten
im Wiinber!;c des Herrn , Lehrender wie Lernender. Darauf
spr.ich der Primaner Schwank über das Leben und Wirken c\es
llrabanus Maurus, wozu ihm der Stoff in einem, von dem Di-
rector bei seinem Amtsantritt lierausgegebcnen Programm :
.,llra]ianiis Maurus, der Schöpfer des Deutschen .Schulwesens,"
geboten war. Ausserdem traten noch andere Schüler mit decla-
jnatorischcn Versuchen auf, abwechselnd mit vierstimmigeD Cho-
rälen unter Leitung des Gesanglclirers Henkel.
Rom. Zu den vielen, in Rom bereits befindlichen Museen
von Kuiistschatzeii des Alterthums ist in diesen Tagen noch ein
neues gekommen. Der Fürst Borghcse-Aldobrandini bat n.imlich
die Sauiinbing, die seiner Familie bereits seil bängerer Zeit ge-
hört, durch neue höchst wertlivollc Ausgrabungen bereichert
und jetzt die in acht Zimmern aufgestellten Mosaiken, Statuen,
Büsten, Basreliefs, Urnen und Vasen dem Publikum zur Ansicht
eröffnet. Es befindet sich darunter eine im Jahre 1S35 aufge-
fundene antike Mosaikarbeit , Kampfe von Fechtern untereinan-
der, und von J.igern mit wilden Tbiercn darstellend, ein Werk,
das vielleicht einzig in seiner Art ist ; ferner mehrere ausgezeich-
nete Statuen, die in Sabina ausgegraben wurden, namentlich
eine Juno, \ier Musen, ein Dichter, den man allgemein liir
TyrtinH halt, und eine Faun-
Zeitschrift
für die
AI terth ums wissen Schaft.
Freitag, 15. Februar
18 39.
Nr. 20.
M. TuUii Ciceronis Epistolae selcctae CXC. Für den
Sfhnigebrauoh bearbeitet, mit historischen Einlei-
tungen und erklärenden Anmerkungen versehen von
Karl Fr. Süpfle, Professor am Ljceum zu Karlsrahe.
(Forts et zun g.)
Wenden wir uns nun zu den ausgewählten Briefen
selbst, so finden wir für den ersten Abschnitt nur vier
JJriefe aasgewshlt, sümmtlich an Attious geschrieben,
«US den Jahren tiS5 , <iS(i inid ftS8 Bewerbung um die
Prätur, eifrige Thätigkeit für Pompejus Ruhm durch die
Rede de Pompeji imperio und für eigene rednerische
Bedeutsamkeit, rastloses Streben nach dem Consulat cha-
lakterisiren fortschrittweise diese Jahre. Aber nur die
beiden letzteren Briefe erwähnen im Vorbeigehen Ci-
cero's öffentliche Verhältnisse, namentlicli seine Bewer-
bung um das Consulat, die beiden ersteren berühren ver-
schiedene, wenig interessante Verhältnisse. Höchstens
können sämmtliche Briefe dazu Veranlassung geben, die
Beziehungen Cicero'« zu^Atticns schon jetzt deutlich her-
vortreten zu lassen ; dazu hätte aber sogleich der erste
Brief des ersten Buches um so füglicher dienen können,
als er über die Bewerbungsangelegcnheit ungleich mehr
iMithalt. Hatte übrigens der Verf. der einmal vorhande-
nen Anlage zu lieb nicht für jeden Absclinitt briefliche
Dokumente beibringen wollen, so würde er besser so-
gleich mit den Briefen des zweiten Abschnittes begonnen
und für dieses Beginnen keiner besonderen Rechtfertigung
bedurft haben. Im Gegentheil würde es als ein Beweis
von Umsicht und Tact erschienen sein, mit Briefen zu
liegiuuen, die charakteristisch und für die Periode, zu
der sie gehören, von Bedeutung sind, obgleich nicht alle
in diese Abtheilung aufgenommen sind, die Licht über
dieselbe zu verbreiten vermögen. Dagegen hätte der an
«ich sehr interessante Brief an Marcus Cicero billig wcg-
gelassep werden können und zwar aus folgenden Grün-
den: l) hat er bloss die Form eines Briefes und ist eine
vollständige administrative Abhandlung; 2) ist er als
solche für Schüler mittleren Alters ungeniessbar, weil
er über ihren geistigen Gesichtskreis weit hinausgeht ;
3) sollte schon seine Länge ihm den Eingang verwehrt
haben; denn was neben andern Schwierigkeiten auch
noch den Mangel der TJebersichtlichkeit darbietet, ist
wenigstens in mittleren Klassen nicht branchbar. Kostet
es doch schon Mü.'ie , nicht gerade schlechten Köpfen
einen Brief, wie z. B. den an Luccejus geschriebenen
So
(V, 12) fasslich und überschaulich zu machen,
viel über die ersten Abschnitte.
Je verwickelter aber das politische Leben Cicero's
wird, je complicirter seine Verhältnisse mit Männern der
verschiedensten Farben , desto reichhaltiger wird die
Sammlung, desto erheblicher ist Aufnahme oder Nicht-
aufnahme eines Briefes. Daher nimmt auch in Herrn
Süpfle's Ausgabe die Seitenzahl der einzelnen Briefab-
srbiiitte in dem Grade zu, als wir geschichtlich vorwärts
schreiten, und während die ersten vier Abschnitte im
Durchschnitte 1'2 Seiten einnehmen, verbreiten sich die
folgenden über ,'{0 — 40 Seiten, die beiden letzten über 7U.
Der achte Abschnitt diene zu näherer Betrachtung. Der-
selbe enthält die Briefe, welche während Cäsar's Herr-
schaft bis zu dessen Ermordung geschrieben sind: ein
Zeitraum, »velcher in jeder Hinsicht für Cicero wichtig
und bedeutungsvoll gewesen ist. Auf der einen Seite die
plötzliche frie<lliche Umgestaltung seiner Verhältnisse
durcli Cäsar's unertvartete Milde und Gunst, die AVieder-
aiikiii'ipfung unterbrochener freundschaftlicher und gesel-
liger Beziehungen und Verbindungen, die erneute Hin-
gabe an wissensi haftliche UeschäfTtigungen und Studien;
auf der anderen die ungewisse Lage, in welcher er lange
Zeit schwebte und in welcher er sich offenbar von der
schivächsten Seite zeigte, die Krankungen, die er durch
seinen Bruiler erfuhr, die häuslichen Ucbelsfände seiner
geliebten Tochter und seine eigenen ; die bitteren Ge-
fühle, welche Cäsar's Glück und Grösse in seinem Innern
erregte; die immer wiederkehrende Erinnerung an die
ehemalige Blüthe der Republik, endlich TuIIia's Tod,
das Alles gibt diesem Abschnitte und besonders einzelnen
Theilen desselben ein Interesse, wie kein anderer hat,
und man sieht sich veranlasst, Abeken beizustimmen,
der behauptet, was allgemeines Interesse betreffe, möch-
ten die Briefe des Jahres 708 alle übrigen übertreffen;
denn es finden sich aus demselben IS Briefe vor, „gröss-
tentheils an Personen gerichtet, die, an sich bedeutend,
eine Rolle iu dem grossen Schauspiele spielten, welche»
uns das damalige Rom bietet."
Von diesen 4S Briefen nun ist gerade die Hälfte in
den achten Abschnitt aufgenommen worden , und einer
nähern Prüfung kann es nicht entgehen, dass Hr. Süpfle
die interessantesten und gehaltvollsten ausgewählt hat.
IN'nr wäre zu wünschen, dass noch einige andere, wie
z. B. 9, 7 an Varro, 9, 17 an Paetus , 6, 5 an Cac-
cina, 4, 15 an Plancus und von den fast -10 Empfeh-
155
156
lnngsschrcibeii wenigstens einige <lieils «lunU ilie iManiirr,
an die sie goricIiU-t sinil, tlicils cliirfh Geiiaiiiltlieit und
Feinheit des S)_\lcs ausgezeiclinete , zugelassen worden
wäreu. Dass die "J diesem Alsilinittc zngoluirigin Briefe
an Atliius aligciviesen worden sind, ist n\ir zu billigen;
sie berühren nur unwiclitige (legenstüude.
Leber die erklärenden .Annierknngeu hat sich der
Verf. in der Vorrede ebenfalls ansges|irorlien und be-
merkt, dass er, ausgehend von dem Grundsat/c, eine
Schulausgabe solle lediglich einen gereinigten Text ent-
halten, nur da sich zu Anmerkungen entschlossen habe,
wo „die Textieränderuiigen, die Eigennamen und llin-
weisungen auf gewisse persönliche Verhältnisse, durch
welche «las Lesen der üriele nicht wenig erschwert werde",
dazu nüthigten und auch der Zweck, dass das 13uch dem
Schul- und Privatgebranche zugleich entsprechen möge,
dazu aufforderten. Kritz, Ramshorn und Xluta seien
ihm Führer auf diesem Gebiete gewesen.
Ref. kauü ilic Vorsicht, »telche der Herausgeber bei
der roninientarischen Ausstattung seines Buches angewen-
det hat, vorerst nur loben und ist mit ihm überzeugt,
dass das oidiv u'/ui nirgends gewissenhafter ausgeübt
wenlen sollte, als in der Schule und in Allem, was für
diese bestimmt ist. Ein Conimentar , bestimmt für Schü-
ler von 12 — 14 Jahren, enthalte Kichts , als was diesel-
ben in den Stand setzt, bei der hauslichen Vorbereitung
ohne besondere Hindernisse ihr Pensum sicli im Allge-
meinen klar zu machen; ^Nichts, als was der Lehrer
während des Lhiterrichts als bereits erkannt roraussetzen
nud als Grundlage zu weiteren Erörterungen benutzen
kann. Anders gestallet sich die Sache, wenn bei Bear-
beitung eines Autors der Blick nach irgend einer Seite
hin über die Schule hinausgeht, Privatzwecke berück-
sichtigt, höhere Altersklassen in's Auge gefasst werden.
Die Anforderungen wenlen beilentendcr , die Quelle der
Erklärung muss reichlicher tliessen; Vieles musy zur
Sprache gebracht werden, was bei einem Schulhoche
ruhig der Intervention des Lehrers überlassen werden
kann. 'Während z. B. in einem solchen von Kritik,
streng genommen, durchaus nicht die Rede sein kann,
darf in jenem Falle davon nicht ganz geschwiegen wer-
den, sind wenigstens bedeutendere kritische Erscheinun-
gen zu berühren und zu verdeutlichen. Sollen nun aber
Leide Tendenzen verfolgt , beide zufrieden gestellt wer-
den, dann tritt jene L'nglei< bbeit , jenes Schwanken, jener
Zwiespalt, kurz, jene Zw itlergcstaltung ein, von der
Ref. bereits bei Anzeige des Lippert'schen Conimeotars
über Caesaris bell, gallic. *) gesprochen hat, die überall
eher zu fluiden ist, als in den Stätten der wissenschaft-
lichen Bildung. Kann selbst in den gevrohnliclien Ver-
hältnissen des Lebens Niemand mit gleicher Kraft, noch
weniger mit gleichem Erfolge zwei Intentionen verfolgen,
80 ist diess noch weit weniger möglich auf rein geistigem
Gebiete. Ein Zweck ordnet sich dem andern fast unbe-
merkt unter, ein Element fangt ohne Weiteres über das
*) Bei dieser Gelegenheit erlaubt sich Ref. zu bemerken,
djss sich in die berüliile Anzeige eine Menge Druckfeh-
ler und Auslassungen eingescbliclicn lial, ohne dass die
Becicbligung derselben Jjij jcUt erfolgen Lonnlc.
andere zu herrschen an. Diese Erfahrung hat Hr. Süplle
zum Theil schon in der Einleitung gemacht; er macht
dieselbe in noch höherem Grade bei den Anmerkungen.
Betrachtet man nämlich den Commentar bloss für diu
Schule bestimmt, so verwundert man sich sogleich über
das Missverhältniss, in welchem bei den grauiniatischeu
und sonstigen Schwierigkeiten, welche mancher Brief
darbietet, die Anzahl der Anmerkungen zu den Seiten-
zahlen des Textes steht, besonders wenn man der Aeus-
serung des Herausgebers sich erinnert, es solle in einem
Jahrescurse „ möglichst Viel " gelesen werden. Sodann
sieht man nicht wohl ein, warum denn stets auf Rams-
horn's Grammatik und nicht vielmehr auf die Zumpt'sche
oder Schulze'schc, die offenbar nicht bloss deutlicher und
brauchbarer, soiulern in den Schulen auch üblicher sind,
verwiesen wird. Auch erscheint es doch als eine zu hohe
Forderung, dass der junge Leser den Hinweisungen auf
Kritzen's Ausgabe des Sallnst. , und auf Klotzen's Com-
mentar über ilie Tusculana Folge leisten solle, da er
wohl schwerlich diese Bücher schon besitzen, auch sei-
ner Bildungsstufe nach keine besondere Notiz von den-
selben nehmen kann. Cornelius Nepos und Caesar siud
die nächsten Anctoritäten für dieses Alter, wenn Cicero'»
Briefe selbst nicht zureichen. Endlich dürfte es mit
Recht getadelt werden, dass die citirten Stellen nicht
ausgeschrieben sind. Nicht, weil dadurch dem Schüler
Blühe erspart, sondern weil dessen Aufmerksamkeit mög-
lichst auf einem Punkte festgehalten werden soll, ande-
rer Rücksichten zu geschweigen , muss man diess wün-
schen. Behält man aber bei näherer Betrachtung des
Commentars das in der Vorrede ausgesprochene Bekennt-
niss im Auge, das Buch solle „Schülern von \h — 17
Jahren zum fortgesetzten Studium dienen", so fällt be-
sonders die nicht geringe Anzahl von Anmerkungen auf,
welche allgemein Bekanntes von Neuem besprechen.
Dazu gesellt sich die Beobachtung, dass für manche
Sprachcigenthümlichkeiten Cicero's die Belegstellen nicht
zahlreicher beigebracht sind, auch nicht auf mehrere
Schriften desselben und auf tüchtige Commentarc darüber
verwiesen ist, sowie, dass das antitjuarische Element
der Briefe bei deu Erklärungen nur sehr spärlich be-
dacht wird.
Diese Bedenklichkeiten gegen die exegetische .Aus-
stattung des Buches lassen sich mit leichter iMuhe recht-
fertigen. Der Hr. Herausgeber vergleiche gefälligst noch
einmal z. B. den 53. Brief an den niemmius, von dem
er selbst nach Cicero's eigener Aeusserung prädicirt, er
zeichne sich durch den feinsten Ton, durch grosso stj-
listische Kunst und besonders «lurch einen höchst zarteu
Eingang aus: er vergleiche denselben mit einigen Be-
merkungen seiner Vorrede und frage sich dann, ob er
denselben mit Recht ohne jede Anmerkung lassen konnte.
Die specicUc Einleitung allein kann doch wahrlich nicht
allen exegetischen Apparat ersparen, und Ausdrücke, wie
cum Patrone Epicureo mihi omnia sunt; wie et jani a
Phacdro — tra<titus mihi est; wie abjecisse illam aedi-
iicatiunem ; wie rationem , «juani sequitur in philosophia;
oder Wörter, wie sie in dem Satze Honorem, oflicium —
tuenda esse dicit, zusammengestellt sind, bedurften doch
wahrlich besonderer Berücksichtigung. Das wird un« uui
157
158
«o fühlbarer, wenn wir in einem anderen Briefe eine
Bejnerkuiig über die vigiliao der Römer lesen, in einem
anderen i'iber for<asse cniui „freilich werden sie vii-lleidit
uder doch vielleicht werden sie" (was, beiläufig- gesagt,
eine falsche Erklärung ist), in einem drit<en über adirc
— meniini und den Cnfersrhied über den Inf. Praes.
ton dem Inf. Perf. u. s. w. Der lleissige 3Ianutius hat
über jenen Brief ausser einer Einleitung von fast z«ei
Seiten fünfthalb Seiten ( ron je 2 Coluninen ) Anmer-
kungen , die freilich für unsere Zeit zum Theil überflüs-
sig sind.
Der Brief an den Marius (VII, 1), den Manufius
ausser einer Einleitung mit fast 8 Seiten Anmerkungen
ausgestattet hat, viird mit 11 kurzen Anmerkungen ab-
gespeist, unter denen sich folgende finden: Aesopus, ein
sonst »on Cicero hochgeschätzter (noster) , damals aber
ausgedienter (sie!) tragischer Schauspieler; craterarnm
ist beglaubigter, als die Lesart cetrarum; in aliqua pngna)
in quavis pngna scenica. Orelli. Protogeni) des Ulariiis
Vorleser. Dagegen wird der Scllüler »ederanf die Aus-
drücke: ex quo tibi Stabianum perforasti et patefecisti
niisenum (statt IVlisrnum wird bekanntlich fheils die Les-
art sinum, theils Sejanum, theils in Miscnum scenam
vorgeschlagen ; was hier nach Orelli conseqnenterHeise
zu erwähnen war), hingewiesen, uoch darauf, was sci-
licet vor Sp. Alaecius wolle (Orelli hält das Wort für
verdächtig), noch wird er auf das Wortspiel in dem dop-
pelten honoris raussa und auf die Bedeutung von in sce-
nam redire und de scena decedere aufmerksam gemacht,
lieber adparatus und die bald darauf aufgezählten Be-
standtheile desselben, über nae tu, über oscos ludos,
über den Unterschied von athletae und gladiatores, über
oleum et operam perdere, über die veiiafiones bei den
grossen Spieleu, über die Beziehung von artem desinere
fiudet sich kein erklärendes Wort.
Anf gleiche Weise hat der Herausgeber mit seiner
exegetischen Unterstützung in sehr vielen Briefen auf
eine oft unbegreifliche Weise gekaigt, während er au
andern Orten unnöthig freigebig war , und gerade durch
diese Ulischung von Sparsamkeit und Aufwand gezeigt,
dass er nicht mit sich im Reinen war, wie viel oder wie
wenig er in den Anmerkungen geben sollte, was wie-
derum nur eine nolhwendige J'olge des Unistandes ist,
dass er immer zwei verschieileiie l'crhältnisse und Klas-
sen von Lesern vor dem Auge Latte, Jüngere und Ael-
tere. Allein selbst da müsste er seinem Wunsche, dass
möglichst Viel gelesen werden sollte, eifriger in die Hände
arbeiten. Oder ist er der BIcinung, ein Knabe werde in
der That ohne Weiteres, nur von zwei unbedeutenden
Anmerkungen unterstützt, den Brief an Trebatius VII, 6
auch nur im Allgemeinsten verstehen i Manutius liefert
sechs Seiten Erklärungen dazu; wiederum, das ist kein
Zweifel, mehreres Ueberllüssige , aber geiviss auch mit
^ Recht durch die Ausdrücke zu mancher Nachweisung
veranlasst. Der Brief an Coelius (2, 10) ist zwar ver-
Tcrhaltnissmässig sorgfältiger bedacht; aber wie Vieles
sah auch hier einer Berücksichtigung entgegen. So durfte
«. B. der Ausdruck tanta res tautae gratulationis nicht
ohne Weiteres und auf die blosse Auctorität Ortlli's hin
durch die bekannte Stelle Cicero's Cato major c. 21 j
§. 78 tot arfes iantae stientiac erklärt werden, da A7o/a
in der annotatio critica zu dieser Stelin und Roth in dem
Excurs über den metonymischen Plural in s. Ausg. de«
Agricola sich für den Koni. Plural, entschieden haben
Ersterer auch die von Orelli beigebrachte BeHcisstelle
de üflic. I, c. (), §. 19 mit Recht als unbrauchbar zu-
rückgewieseu hat. Bei der Stelle: ex quo rereor, ne
idcm eveniat in meas litteras, durfte nicht bloss die Va-
riante in meis litteris erwähnt, sondern musste auch der
Unterschied der beiden Aus<lrurksweisen genauer und mit
Herbeiziehung erläuternder Erscheinungen und Stellen er-
klärt werden. Auch über die Ellipsen: Hiccine est ille,
qui urbem? quem senatus? nosti cetera hätte füglich eine
Erklärung gegeben werden sollen.
Selbst in leichteren Briefen, wie z.B. 7, 10 an den
Trebatius ist, finden sich Erscheinungen, welche dem
jüngeren Schüler, der die Ausgabe gebrauchen soll, deut-
lich gemacht werden müsssn, wenn er ohne besonderen
Anstoss sich den Brief übersetzen soll. So »ird er
schMerlich durch sich selbst die ironische Uinweisung
auf die fraternitas Aeduorum verstehen; über den Safa
qui ncque in Oceano natare volueris, neque specfare es-
scdarios, quem antea uo Andabatam quidem defraudare
poteramus, sowohl in sachlicher, als sprachlicher Hiu-
sicht nähere Auskunft suchen und selbst über das fut.
cxact. in der Schlussstelle aus Terenz vorläufige Beleh-
rung wünschen. Doch genug damit. Wir wünschen dem
Hrn. Verf. durch die angeführten Belege unsere Ansicht
nur deutlicher darzulegen und derselben, wie sich's ge-
bührt, die nüthige Begründung zu geben. Zum Schlüsse
wollen wir noch einige Bemerkungen über die gramma-
tischen Erläuferungen machen, damit auch über diesen
Funkt unsere Meinung hervortrete.
Wenn S. 99, 1. bei der Stelle de rapublica quid ego
tibi sübtiliter? gesagt «ird; „das Auslassen von Verben
wie schreiben, sagen und dergl., ist in Cicero's Briefen
in Folge der Kürze, der Eilfertigkeit oder des AfTects
sehr häufig. Ebenso gewöhnlich bleiben in den Briefen
da, wo der Sinn durch die übrigen Worte deutlich ge-
nug ist , die Verben der Bewegung, gehen , kommen, eilen
und viele andere weg; z. B. Farn. VII , 4 : in Pompeja-
num statim cogito (seil, proficisci)" , so dürfte der Schü-
ler leicht auf den Gedanken kommen , als ob diese El-
lipsen eben nur in den Briefen vorkommen , während
doch alle Schriften Cicero's voll davon sind. Die Erklä-
rung dieses Sprachgebrauchs selbst aber hätte bestimmter
sein und allgemeiner begründet «erden sollen, sowie
auch zu der gegebenen Beweisstelle wohl uoch andere
zu fügen waren, damit iler Lernende ein vollständiges
Bild von dieser Erscheinung in sich aufnehmen könne.
Die Briefe an den Atticus strotzen von solchen Ellipsen,
und wie zweckmässig wäre es gewesen, wenn gerade die-
ser Umstand benutzt worden wäre , um die Sache genau
zn erklären. — Unmöglich konnte Seite 122, 1 in der
Stelle commcmoratio posteritatis die Bemerkung genügen :
„erklärt Ramsh. S. 939 durch posteritas commemorans
i. e. quae commemorabit ea , quae tu scripsisti"; denu
einmal ist diese Erklärung, sowie sie gegeben ist, un-
statthaft, vcrgl. die instructive Parallelstelle pro Archia
c. XI, §. 29 5 Südann musste gezeigt werden, nie Cicero
159
loO
ein GedopppHe» als ^'»Taiilnssunj r.n soiner Bi<le hin-
«pllt : 1) <las9 «lie ^Nachwelt spiner mviihne, comnipmo-
ratio piistoritatis, die spiiiem Geiste bereits rorsihivebt ;
5?) liass ihm schon bei seinen Lebzeiten ilie weiter auf-
gezählten Vortheile zu Theil würden.
Die Anmerkung H zu dorn Briefe an den Lurrejns
(ad Farn. V, 12) S. 1J4 artus — actiunes] „artioiies
sind die mannichfaltijen unemarteten Handluni^en oder
Sic«nen im Drama, oder ohne Bild, die Lel>enss('hirksule ;
artiones die HaDillun<(en als Aeusserung'eH der Selbsttli.'i-
tigkeit bedingt durch Kntschli'isse, Plane (eonsilinnim) ,
b-o«ie durch die Zeitumstände (teniporum). Ich «lirdo
die Stelle etwa so übersetzen: denn dasselbe (Drama)
enthfllt maanichfaltigc Sreiien und eine reiche Handlung
in Folge der eigenen Entschliessungen , sowie der Zeit-
Oinstäude." Diese Anmerkung wird «eder dem Scliiilor
deutlich genug sein und genügende Auskunft aber den
Sinn der Stelle geben, noch sich Ton Seiten des Sprach-
g^ebrauches hinlänglich rechtfertigen lassen. Welche IJe-
lieatung artus als terminus tcchnicus habe, zeigen die
bekannten Stellen, in welchen das Wort noch rorkommt.
cf. Freund im Lexicon. Es ist unser ,,Acf", „Aufzug"
lind Cicero deutet damit auf die rerschiedenen, merkBür-
digen Abschnitte, Perioden seines Lebens hin; actiones
et rnnsiliorum et lemporum dagegen — denn mit actiones
»ind diese Genitivi zunächst zu rerbinden — sind die
einzelnen Handlungen, die einzelnen Sceuen in iliesen
Abschnitten (multa^yue actiones), sowie dieselben durch
den Conflict seiner Plane mit den Zeitrerhältnissen her-
vorgerufen worden sinil. Schon Wielaiid hat ilas Nich-
tige gesehen und übersetzt: „denn dazu fehlt es hier
nicht an einer grossen !\lannichfaltigkpit von Acten und
Scenen, die entweder durch die Sellislthatigkeit der lian-
ilelnden Personen oder durch unerwartete Zufälle herbei-
Sefuhrt werden." — Wenn in demselben Briefe zu der
Stelle uiultorum — et clarorum virorum gesagt wird: et
hat hier nicht nur anreihende, .sondern verstärkende,
hervorhebende Kraft: und zwar, so weiss der Unterrich-
tete allerdings, was damit gesagt werden soll, der Schü-
ler aber wird leicht zu der irrthümlichen .\nsiclit vei lei-
tet, als ob die Copula an und für sich diese Bedeutung'
habe. Mus» man sich nun auch beim lJuterri<lite , es
geschähe mündlich oder (lurch Bücher, hüten, durch
subtile Bestimmungen die, Einsicht in die Sache zu er-
schweren, so erfordert doch diese hinwiederum, dass
nichts Halbwahres gesagt werde, und das geschieht in der
Regel bei Bestimmungen, wie die vorliejfende ist. Eine
j-de Partikel hat neben ihrer, wenn der Ausdruck er-
Uubt ist, generellen Bedeutung, die ■/.. IJ. bei et, (|uc ,
ai'|ue, ac darin besteht, dass iliesc Partikeln copulatuae
»ind , auch noch ihre eigeuthümliche Beziehung, die bei
den genannten in der Art und Weise liegt, irie diesel-
ben verknüpfen. Diess mus» dem Schüler ein für allemal
deutlich gemacht werden. Kommt dann der Fall vor,
wo wir uns genöthigt sehen, bei der ücbersetzung einrr
•olchen Partikel durch irgend einen Znsatz der Deutljrli-
keit zu Hülfe zu kommen , so ist der Grund davon go-
nau nachzuweisen, nicht aber die Sache dadurch zu er-
ledigten, da«s man sagt: et oder que hat hier explicative
oder adversative oder restrictive Kraft. Denn der Grund
liegt nicht in der Partikel, sondern ist entwe<ler ein lo-
gischer oder rhetorischer. Niemand wird z B. behaup-
ten, dass et in unserer Stelle etwas Anderes sei, als die
Copula, welche hier, wie sonst, zwei disparate Begrille
mit einander verbindet. Cicero droht sein eigener Bio-
graph zu werden und rechtfertigt diese Absicht durch
Hinweisuiig auf Andere , deren Anzahl gross , deren Ruf
bedeutend war. Es liegt in der Natur der Sache , das»
das zweite Epitheton den Aussehlag gibt, da nicht die
Quantität, »üiiilern die Qualität dieser Männer in Betracht
gezogen werden kann, jene erst Gewicht erhält durch
diese. Dem Römer genügte es nun, die beiden Prädicate
einfach neben einander zu stellen uud höchstens dem
zweiten, wie hier geschieht, einen accentnellen Nacli-
di'uck durch die Stellung, d. h. durch das Einschalten
zweier minder bedeutsamer Wörter tameii cxemplo zu
geben. JVir markircn das innere Verhältniss von mul-
tortim und clarorum gewöhnlich durch ein „und z«»«;'".
Die Copula et spielt also bei der ganzen Sache gar keine
Rolle, und es erscheint als üngenauigkeit, derselben
eine solche zuschieben zu wollen. Ref. erwähnt dieses
Punktes desshalb, weil man nicht nur, auch wenn man
nur das Register eines und des anderen Commentars auf-
schlägt, über den Rcichthuin an Bedeutungen, welche
diese schlichten Partikeln haben sollen, erstaunen, son-
dern sich auch rerwundern muss , dass die Einsicht in
die Sprache dem Lernenden auf diese Weise noch mehr
erschwert wird , als es nur zu oft geschieht. Nicht nur
schwankt der Schüler immer und immer innerhalb eine«
solchen schaukelnden Partikelsystems hin und her, son-
dern verliert auch durch diese Grundlosigkeit Lust und
Eifer und wird, was die Hauptsache ist, niemals zur
nCthigcn Verständigung über die Charakterverschiedenheit
der alten Sprachen uuil der Muttersprache gelangen, wäh-
rend er, von vorn hereiu einfacher, aber deutlicher Weise,
Btid zwar von Beispiel zu Beispiel geleitet, auf Verhält-
nisse, wie das besprochene ist, aufmerksam gemacht, nach
iind nach von selbst zu der Erkenntniss gelangen wird,
welche bedeutende Kraft und Einfachheit des logischen
Bewusstseins der Römer vor uns voraus hatte, da wir
durch besondere additive Bestimmungen das innere Ver-
hältniss deutlich macheu müssen, wo jener an den ein-
fachsten Verknüpfungen genug hatte. Auf uragekehrteni
Wege verfällt der Schüler zuletzt sogar in den Wahn,
eine Sprache, in welcher ein so kleines Wörtchen wie et
mit einer solchen Menge von Bedeutungen belastet ist,
iei doch eine recht dürftige und kraftlose und stellt da-
mit dieser Sprache dasselbe tcstimoniuin paupertati» au»,
wie das in der Regel gegenüber der hebräischen Sprache
selbst von Gelehrten zu geschehen pflegt.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und MLscellon.
Marbufjj. 2.") Deccinbcr. In dem (;e?enwartl?en Wintcr-
Sfime-iter bedndcn sich auf hiesiger Universität 245 Stndirenile ,
darunter 214 Kurhcsseu.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft.
Sonntage 17- Februar
1839.
Nr. 21.
M. Tallii Ciceroiiis Episfolae seleciae CXC. Für den
Schiilgcbraiicli bearbeitet, mit historischen Einlei-
tiinjen und erklärenden Anmerkung;pn rersehen von
Karl Fr. Süpfle, Professor am Lvceum zn Karlsruhe.
( B escliluss. )
Eine ähnliche Halbuahrheit nnd ITalb^cnanigkeit fin-
det sich auch in der folgenden Aumerkuiig: cupiditas —
festinutionis. „Diese Stelle gehört zu den Fällen , ho
das Appositionstvort als specieller Beg^riff dem llauptworte
als Genitiv beigefügt wird. Das Wort cupiiiitas findet
»eine Erklärung oder Begriffsbestimmung erst durch festi-
nationis : jene Begierde^ jiiimlich meint Eile. S. Rauish.
•S. 286 c." Cicero sagt aber: „damit du dich nicht wnn-
«ierst, dass ich jetat so sehr und auf so weitläufige Weise
in dich dringe, so »visse, dass mich jener Drang, dessen
der Anfang meines Briefes eruähnt (ardeo cupiditate in-
rredibili, iiomen ut nostnim scriptis illastrctur tuis), der
Drang nach Vorwärts dazu antreibt; denn ich bin feuri-
gen Charakters." Nicht also: „meine Eile" treibt mich
an, sondern „der Drang, den mein Vorwärtsstrebeu er-
regt." Für die Einsicht und die Bildung des Schülers
ist solche Bestimmtheit in der Erklärung höchst noth-
wendig, die Anmerkung selbst aber im Grunde überflüs-
»ig. — Ebenso überflüssig sind aber auch Bemerkungen,
wie die S. Sl A. 7. zu ep. 1. lib. 1. ad Q. Frat. be-
findliche: „Per mihi, per, inquam, gratum] eine Tmesis
oder Diacopc. Vergl. Fam. 3, .5: per fore accommoda-
lum. Cic. Cluent. 1 : altera pars per mihi brcvis fore
lidetur"; denn der Schüler erhält durch dieselbe keine
Verdeutlichung des Falles. Weiss er noch nicht, was
eine Tmesis ist , so lernt er das aus dieser Aimierkung
auch nicht, sondern muss erst eine Grammatik aufschla-
gen; weiss er es, so ist die Bemerkung für ihn ver-
schwendet. Auch ist hier nicht die Tmesis als solche ,
Eouderu die rhetorische Gestaltung derselben das Wich-
tigere. So ist auch Anmerkung 1 zu den Worten des-
eelben Briefes: Etsi non dubitabam , qoin Iianc cpistolam
mnlti nuntii , fama deniquc esset ipsa sna ccleritate su-
()eratura etc. sehr nnnöthig nnd gewährt durchaus keinen
Nutzen. Denn was ersieht der Schüler aus dem Zusätze:
„Auch ad Quint. Fr. 2, 3, 2 steht denique, wie hier,
schon nach einem Giiede : omnia maledicta, versus deni-
que. — Ebenso Verr. 2, 51, 127."? Doch nichts Ande-
res, als dass denique öfter diese Stellung einnimmt; warum?
aber und in welcher Bedeutung ? wird ihm nicht deutlich.
Nun sagt aber Hand in seinem Tnrsellinns Vol. II, S. 267,
dass denique auch gebraucht werde , wo anf ein Nomen
oder auf tnehrere ein weiteres per gradationem folge ,
und dass sodann das Adverb denselben Begriff habe, wie
afque adeo , und bringt als Belege für seine Behauptung
bei: Plaut. As. 2, 2, 56. Cic. p. Quint. 16, 51. 19, 62
unsere und die citirte Stelle ad Q. Fr. Cicero in Verr.
5, 27,69. 2, 23, 55. Terent. Ad. 3, 4, 51. Hec. 4, 4,
U5 sqq. Das musstc der H. berücksichtigen und dem
Schüler den nöthigen Aufschluss über diese Erscheinung
crtheilen.
In dem Briefe ad Fam. V, 5 kommt die Stelle vor:
Sin autem ingrata esse sentiam, non committam, ut tibi ipsi
iiisanire videar. Hierzu bemerkt der II.: „Man könnte
hier beim ersten Anblick der Stelle ipsi zur Hervorhebung
von tibi erwarten, und die meisten Ausgaben vor Orelli
lesen auch so. Allein ipse ist hier nnd in ähnlichen
Stellen als betonter Suöjectsnorninittiv vollkommen rich-
tig, zumal da auch im vorhergehenden Satze, Quae ego
si, — das Subject besonders hervorgehoben ist. Selbst
in solchen Stellen, wo Gegensätze vorkommen, findet
sich dieser Nominativ: vergl. ep. 111. Anm.; ferner Fam.
4, 13: quum ceteris, tum mihi t^se displiceo. Ibid 1, 1
zu Anfange: ceteris satisfacio omnilms, mihi ipse nun-
quain satisfacio. (xMit Unrecht empfiehlt Orelli in der
Anm. zu dieser Stelle ipsi.) In allen diesen Stellen ist
nicht das Object , sondern das Subject nach dem Sinne
des Schriftstellers hervorgehoben. Vergl. ep. 12, 7." —
In der zuletzt angezogenen Stelle heisst es: Quid est
enim negotii, continere eos , quibns praesis, si te ipse
cuiitineas? und der H. setzt hinzu: „ipse steht hier ohne
alle Variante, obwohl man nach der gewöhnlichen Regel
der Grammatik ipsuni erwarten könnte, wie es auch in
der ganz ähnlichen Stelle pro 1. Man. 13, 3S heisst:
ucque enim potost exercitum is continere imperator, qni
se ipsum non continet. Man denke sich aber den Satz
in folgender Form: facile contineri possunt ii, quibns
praesis, si te ipse rontineas, und man wird ipse auch
grammatisch nicht mehr auffallend finden." — Kurz zu-
vor heisst es in demselben Briefe: Ac si te i
pse
vehe-
nientius ad omnes partes bene audiendi excitaris; non nt
cum aliis, sed nt tccum jam ipse certes etc. ; und in der
dazu gehörigen Anmerkung lesen wir: „und sogleich
nachher tecum — ipse ; vergl. die Anm. zu ep. 8, 3." —
AVeiss nun der Schüler nach allen diesen Citaten, warum
in diesen Stellen ipse steht? Gewiss nicht, trotz des
103
164
«onilerbaren IHiltel», ilie artive Construction , welche hier
eben ein wesentliches 31tinieiit ali!;il)< , ohne AVeitcres in
eine passive zu verwandeln. Dass der Siil)jectslie^riff da
sich geltenil mache, wo der iViiin. steht , wird dem Schü-
ler von selbst fühlbar; aber iroher es küuinie , dass der
Rümer sagt: Tu quoniaui renipublicam nosque conservas,
fac ut tc ipsum diligentissiuie custuilias (Lib. IX. Ep. XIV)
und doch auch: si te ipse contineas, folglich bei einer
und derselben Beziehung den pruuoutiuellen Ausdruck
wechselt, das miiss dem Lernenden deutlich gezeigt wer-
den. ♦) — Der Brief an den fllariiis (VII, 1) enthält
die Stelle: Quodsi tarn facilein populum haberem, quam
Aesopus habuif: libentcr niehercule artem dcsincrem etc.
IFr. Süpfle bemerkt zu den letzten Worten: „die Ver-
biudung eines Accusativs mit dcsinere fallt hier sehr auf
nud gehört sonst nur den Dichtern und spätem Prosaikern
an. Es lasst sich zwar annebnieu, Cicero habe in dieser
kraftigen, lebhaften Stelle sich zu dem dichterischen
Sprachgebrauche hingeneigt; indessen glauben Andere,
es sei ein Infinitir , wie excrcere, zu ergänzen, wie viel-
leicht Acad. 2, 2ö, 5(1: dcsine eummunibus locis (seil.
uti). Eine solche Auslassung eines leicht zu ergilnzeu-
den Infinitivs findet »ich auch in der Stelle Cicero 's Fani.
9, 2'2 : Socraicm ßdiius docuit noliilissimus fidicen, wo
canere supplirt werden niuss. Auilere endlich lesen:
dcsererein, nas jedoch Orelli ausdrücklich verwirlt." Ein
Blick dagegen auf die Parallelstellen bei Suet. Tib. c. 36-
ExpulU et mathematicos , sed deprecantibus ac se artem
desituros promittentibus »eniam dedit; und in Gellii
Noct. Attic. 16, 2 cum jaui grandis natu artem atfilelicam
Jesiiiset zeigt, dass diese ganze Anmerkung in so weit
überflüssig ist, als artem desiucrc offenbar als phrasis
solennis von dem ,, Aufgeben einer Kunst" gäng und gäbe
war. Was die Construction anbelangt, so findet sich,
allerdings, wie das Lexicon zeigt, der Accus, nur noch
bei Dichtern : aber welcher Casus sollte denn der übliche
und gemässe sein? doch nicht <ler Ablativ, für welchen
Freund nur ein Beispiel und zwar bei Cicero aufgefun-
den hat? ATcrden nicht auch alle Verba coraposita mit
de, deren simplex eineu transitiven Begrifi' hat, regel-
mässig mit dem Are. construirt^ — Doch diess sei die
letzte dieser Bemerkungen, aus welchen der Hr. Heraus-
geber mit leichter 31ühe nicht nur ersehen haben wird,
dass sein Buch einer tbeilweiscn Ucberarbcitung wohl be-
dürfe, sondern auch, dass Kef. dasselbe mit Aufmerk-
samkeit betrachtet nnd mit Lnparfeilichkeit zu würdigen
versucht hat.
Die Dialekliker.
eine bisher unbeachtete pliilosopbisclic .Sekte.
Die Dialektiker zählt Dian gewöhnlich in der Ge-
ichichte der Philosophie entweder zu den Megarikern
•) Ref. hatte die Absicht, die von ihm durch sor^jfiltise
Untersuchungen gefundenen Resultate über den iiiannich-
faclicn «ystemotifclien Gebrauch dieses Prononiinis l;ier
mitzutiieiieo. Allein die Reichhaltigkeit des StnlTrs ver-
weist dicic Milthciluog anf eine andere CJcle-ciiluit.
oder Stoikern. Das Erstere hat einigen Halt in dei
Kachricht des Diogeu. Laert. II, 10. §. lüli: ß/fjaoi-
xoi iiQOiijyogEiiovTO, eir iQioTf/.oi, hctcouv di t)iu
XsxTixoi , oöi; ovTtuq ujvöuaoe Trpwro; llioviaio^ u
Kao^ij^^övioi, 8ia zo tiqoi; iguhijo/v y.ui uTiüy.Qi-
aiv Toi's kuyoi'Z öinzidfodai. Allein bemerken wir
hier , das» dieses die Privatmeinung eines einzelnen
Schriftstellers gcwsseu, der sie wegen ihrer dialektischen
Behandlung der Philosophie also nannte. Die zweito
Meinung, welche die Stoiker dafür hält, kann sich
stützen auf die Bedeutsamkeit, welche ilie Dialektik in
der stoischen Philosophie behauptete, wodurch sie in sehr
natürlicher Uebertraguog Lehrer, Betreiber der Dialektik
genannt werden konnten und wirklich oft genannt wer-
den. Alleia der Ausdruck Dialektiker findet sich ausser-
dem noch m einem zweifachen Sinne gebraucht, einmal
in einem ganz allgemeinen, worin er einen mit Schlüssen
und dialektischen Spitzfindigkeiten sich abgebenden Phi-
losophen bezeichnet, ohne Rücksicht der Schule, derer
angehört, — dann in einem ganz besonderen, worin er
ein Mitglied einer eigenen philosophischen Schule bedeu-
tet, die weder mit den Megarikern, noch mit den Stoi-
kern etwas gemein hat. In dem ersten ganz allgemeinen
Sinne braucht Cicero das ^Vort sehr häufig, z. B. orat.
3'J, ll.'i: ,,Dispntandi ratio et loquendi dialecticorum sit,
oratorum aiitem dicendi et ornandi." Acad. II, 30, 97,
w"b von Epikur die Rede ist, iler die Dialektik gan.«
hintansetzt: „Cum hoc igitur dialectici pugnent, id est
Antiorhus et Stoici : totam enim evertit dialecticaui."
Hätte hier Cicero das W^nrt als Bezeichnung einer in sich
geschlossenen Schule gebraucht, so hätte er kein id est
hinzugefügt. In ähnlichem .Sinne Cir. Fin. iV, 19. Top.
12, 63. 14, 56. So erwähnt auch tiellius XVIII, 13, 7
einen „dialecticus e Piatonis diatriba'', so versteht Ter-
tnllian adv. haeret. c. 7: „^'iderint qui Stoicum et Pla-
tonicuni et dialecticum Christianismiim protuleriint." dar-
unter ein mit aristotelischer Philosophie gefärbtes Chi-
stenthum, indem er kurz vorher den Aristoteles als Ei-
finder der Dialektik aiigegebeu hat. Ebenso scheinen
bei Sextus Enipirikus VIII, g. «13, '.)!>, H\X, 112, wo al<
solche Philun und Diodoros Cronos angeführt werden, iji
öcuk£XT/y.oi ein ganz allgemeiner Ausdruck zu sein.
Dasjenigo aber, worauf es hier vorzüglich mir an-
kommt, ist, zu beweisen, dass die Dialektiker eine spe-
ciellc philosophische Sekte bezeichnen, deren bisher in
ansern Handbüchern der Geschichte der griechischen
Philosophie noch keine Erwähnung geschehen ist. Am
klarsten, glaube ich, wird diess hervortreten, wenn wir
genau die zweifelhaften Stellen von den gaur. sickern,
worin .sie vorkommen , scheiden.
Zu den zweifelhaften, aber doch Aufmerksamkeit ver-
dienenden gehört Plutarch. Quacstion. Plafon. X: Tol'TU
(di;iüjiua) Ö' i:~ uvüfiaxoi xal ^ijfiazog^ ai'i>laz}jxei>,
u)v zu filv nzujoiv Ol di-aXey.Tixoi, zu dt xaztjya-
QllfJ-O, xaLovOlV. Geleitet durch die gangbare Ansicht,
welche bloss Stoiker oder Meg-jriker in ihnen sieht,
glaubte Classen de gram, gracc. primordiis p. 50 hier
die .Stoiker als solche annehmen zu müssen, welche das
Hauptwort Ttzujaig, das Zeitwort yazijyuQrjfia genannt
halfen. Darin besfafigfe ihn die Nachricht bei Apollo-
1G5
166
nios «le consirnrt. I, 8, <lass die Sloikcr den Infinitiv
{tijUCI. nannten, «las Vcrbnm finiium aber -KaTri^o^r^^ta
oder oi^ißcti^ia: "Ana^ yuQ e/.sivo tOTi Stakaßeiv
cü; nuv dnaoiiiKfaTov ovojita sari (>»/|M«t(>s, et ye
y.ai Ol änd t;Jc ozoai avro fitv xal.oi>ai ^ij^ia, to
de Treptnarei ij ypücfst y.an;y(j(iiji4a ?} ovjtßafia yai
in T«? änd tovtojv tyy.Xiaen;. Allein ich mochte
doch darauf aufmerksam macheu , dass die Dialektiker
das fanze Yerbum , die Stoiker aber diejenigen Formen
des "t'crburas, «rlchc einen selbstständigen satzförmigen
Charakter («ie 7l£^7iarii) haben, ein yarijyi/pijfia,
einen Ausspruch, oder öf^z/^efia genannt haben. Da nun
aber y.a.Ti^y6Qj^f.ia und Oi^ißafia von den Stoikern als
gleichbedeutend gesetzt worden, so wird es nothig sein,
hier nüher zu erörtern , was sie unter Olf^ßcifia ver-
standen haben. Vielleicht wird dann der angedeutete
Unterschied sich schärfer herausstellen , vielleicht aber
aucli verschwinden. Die vollständigste Erörterung dar-
über ist bei Animonios zu Aristotel. de intcrpr. p. 104 f-
(ed. Brandis): Td yarijyo^oL'fievov ijroi 6vöf.iaT0<;
yaTjjyopeizai ij TtTujoeoig, y.al tovtcdv txarsQov
i'jTOi Ttkeiöv iariv «j; v.ari^yoQOi'yevov vmI fiera
Tov imoy.sti^evov avrapyeg TtQuq, ysveoiv drrofpuv-
öfw;, /} eXkmtg y.ai 7igood?jy.?]g ripog öeöuevov ngcg
TU Ttks/ov Tionjoai y.aTjiyoQov(.i£vov. uv f^ip ovv
övöfiazög Ti y.aTi]yoQTjSlv änucpavatv noirj, xarij-
yöpi^fia xae avfißafia nag' avTotg 6vo^v.QiTai (oij-
f^iaivsi yuQ ä^tcfu) zaviöv), lüg ro nspinazei, olov
Eujygäiijq nsptTiaxEi' uv öe TtTv'jaeaig, TtaQaovf^i-
ßajxa , ajoapsi 7capay.iifj£vov riß ofLißä/jaTi xai uv
oiov TTapay.arijyÜQijiKa, (üg ex^t zo fxezafAtXst, olov
Ev)y.Q(ir£i /.teTafiekei.
1) Nach Ammonios also, oder vielmehr nach Porphy-
rios , den jener benutzt, nannten die Stoiker arfißaaci
denjenigen eiiijachen Satz , der aus Snbject und Verbnm
besteht, so dass das Subject im Nominativ (o);o»c.) steht.
Damit stimmt i'iberein Prisrian X^'III, p. 1118: „Et
scicndnm, quod has quidem conSli'Ucliones , qnae per no-
minativum absolvuntur, Stoici d^iojjiaza vel aij-ißdijaza,
id est, digiiitatcs vel rongrnitates vocabant, ut , ego
Priscianus scribo, Apollonius ambiilat, Cato pbilosopha-
tur." Bei Apolluuios geht nun der satzfürmige Charakter
des Olf.ißafxu etwas zurück; es tritt mehr als blosses
verbnm finitnm auf. Yergl. de construct. I, 8: Siyexai
Ol dnu zrg OToäg niiu ^uv (den Infinitiv) y.aXovOl
pijfia , TU öl ncQinarii tj ypdcfii yaTijyÖQijfia ij
avfißaßia, y.al izi zag ottu zoi'tvjv lyy.Xioeig. Diog.
Laert. VIT, 47, §. 64: '£"07/ öi zu yari^yopt^jna , zo
Y.axo. zivog d.yoQev6;ievov , ij npa.y^io. ot'vzaxzdv
Tifpi Tivog ?y zivwv (u'jg oi Ticue 'Jnokködojgöv (fa-
o'vj 1] ksxzov skX/TTig , avvzay.zov öpd?] nzujoei Tigtig
d^iMiiazog ysveaiv.
2) nnoaavfißajju aber nannten die Stoiker nach
Amnionios denjenigen einfachen Satz, der bloss aus einem
rerbura Impersonale und einem Subject in einem obliquen
Casus besteht. Priscian fasst das 7rapaai'/.ißaiua auch
als Satz auf, hat aber darunter fälschlich einen solchen
verstanden, der ans dem Subject im Nominativ, einem
Verbnm transitivum und dem Object besteht: „lUas vero,
qnibus transitiones ab alia ad aliam fiunt peTBonam, in
qnibus neccsse est cum nominalivo etiam obtiqtiam ali-
quem casum proferri , Ttagaoi'f^ißd/iaza dicebant, hoc
est, mina« quam congrnitates, ut, Cicero patriam gcrvat.**
Priscian h.->t seine Autorität missverstanden. Apolloniof
nämlich, der zwar hier mehr das Satzfürmige anerkennt,
hebt es in mehreren Stellen ganz ausdrücklich herror,
dass die Eigenthünilichkeit des Tfagaavfjßafju darin be-
steht, dass kein Nominativ vorhanden ist, und dass das
Verbum ein Impersonale ist. Vergl. de construct III, 32:
Ol' fttjv Toig ngoyeifdvotg zu zoiovzov ovvBazi- fit-
zufälei yciQ Sioy^dzei yai izi (.ältt , zfjg öpittjq
oi' ovvovat] g, Öio xal Tzapaoifjßdfiaza aizd ixd-
Xcoav oi dnu r/;; ozodg, zwv dkkwv gijfidzenv yazet
zag ovfißaivovaag diadioejg rcag avzoig avfißafid-
r(ov UQogayoQevojjevutv ij xai izi xazrjyogijudziav.
Daher halte ich es für ganz sicher, dass bei Ap'ollonios
de pronom. p. 406 (ed. Wolf): insl /.lezd (trjf^iuzog rj
oi'vza^ig zijg evds/ag oiaa oidmoze ukdyiov dva-
öt%tzai, X'^gig £1 fJij £711 züjv 0£0>;^t£ia>/ilvojv ovf^-
ßufidzwv xai nagaov^ißa^idzwv itagd ToigSzMixoic,
kiyoj- 6£ TOV ^uksi xai fi£za/.(ek£/. die Würfer av/x-
ßaiiaTUJV y.ai gestrichen werden müssen.
3) Allein ein solcher einfacher Ausspruch , der an«
Nominativ und Verbum besteht, kann auch logisch un-
vollständig sein. Ammonios: Kai Ttdkiv, uv ^i£V TO
Toi" övüfAUTog xaTTjyoQov^£vov 8f)jzat Trgogttijy.rj^
TTzüjOfojg övof^aTog zivog Tigog zu Tioifjoat diröcfav-
oiv , ikazzov 1] xazrjyÖQijfia kiyETat, ojg i^fi zo
(f'ik£i y.ai TO £vvüii, olov tlkdzojv (ftk£i' roizu) yct(t
:igoaz£9£v zu ziva, olov /Jiaiva, Tioi£l wgiauevrjv
diücpavatv zijv ükdzojv ^lojva CfikfT. Ist nämlich
in einem solchen Sätzchen das Zeitwort transitiv. So
niiiss zur Vervollständigung des Gedankens ein Object
hinzutreten. Ist das aber nicht der "Fall, bleibt der
oblique Casus ans, so ist der Satz mangelhaft, er
heisst ikazzov ?} ai'^ißa^ia oder ikazzov ?; y.azrjyü-
prtia, minus quam congruitas. Priscian hat diesen Aus-
druck minus quam congruitas also offenbar falsch ge-
braucht; Apollonios aber erwähnt ihn in den betreffenden
Stellen picht; dagegen können wir ihn doch aU8 demsel-
ben ergänzen , indem die -
4) Form eines Satzes bei ihm sich findet, nekhe
ikazzov Tj iragaoi'ußaiio. heisst, aber doch wie<ler et-
was verschieden von Ammonios ist: Av ÖS zu zijg TVzuj-
ocojg xazijyoQoi'fiEvov y, t6 8£6fj£vov izifta ovv
zaxdi]vai Ttkayia Tizmaii Tigug zu noiijaac uniHfav^
aiv, fkazTov 1) TragaGvftßuiia ktyszui , ajg ix£t zo
jtUsi, olov Sujxgazet 'AixißidSuvg jjik£i. Nämlich
I.O)ygaT£L f^iikfi ist ein Ttagaat'fißa.jua, allein keia
vollständiges, denn das Object fehlt, um welches Sokra-
tes sich bekümmert. Ohne dasselbe ist der Satz man-
gelhaft. Anders hat die Sache Ammonios aufgefasst,
und, wie mir scheint, richtiger, de construct. III, 32:
Kai zb fx£v d7iagziL,ov zijv dtdvoiav 7ragaavfAßa/.ta,
kiyu) zo fxikei Sujxgdz£l — diesen Satz hält er also
für vollständig, — TO 8£ £kk£mziy.6v ikavTov rj
7C agaov f^ißafia, k£yu) 81) zu f^ikBi xai fA-ezaiiiket,
Vergl. Diogen. Laert. VII, 47, g. 63.
5) Priscian endlich fügt noch ein davfjßafia hinzu.
Will, p, ttl9i ;}Qnando vero ex duobus obliquis con-
167
1Ü8
ütf actio üi, ccdvuffauai a , id est. inronjrnitatcs, «licc-
liaiit, iit, placp( mihi rcniri> ad tr, awe uoiniiiiliiis ipsis
taiituin, seil rerbis hoc. exigeiitibus." Diesen Ausdruck
M'eiss ich aas griechischen Urammatikern nicht uach/u-
wcisen.
Fassen wir das Gesaj(o zusamnipn, so ist y.dTiyo-
ptjUCt und Ofuliaua bei den .Stoikern identisrli (ob-
gleich Diogenes Laertius ^'11, 47. {J. 64: Tujv dl Y.a-
zr^'/OQruaTojv rä u£v iart ocufidiiaxa, olov ro öia
rCSTOUi TT/.siv, was »icli mit den übrigen klaren Zeug-
nissen ein für allemal nicht reimen lässt) , Ot'ftttMia
aber erscheint meistentheils als Salz in seiner grössten
Einfachheit. Da unn aber die Dialektiker nach jener
Stelle des Plutarrh das ganze V'erbum ein xari '/üoiua
genannt haben , da ferner die Stoiker offenbar y.aTiyo-
1)1 na bald in einem weitern als Satz, bald in einem
eugern Sinne als Zeitwort gebraucht haben — Diogen.
Laert. VII, 47, §. 64: ( K aTryoorjuara) öoSä
f^Ei> ovv soTi Tct ovvzaaaüueva f^ud roJv tt/m'/imv
Trrujacuiv ttoo; y.arrjyoQi] fiaro^ yeveaiv olov
\ly.OVCt, 'Oon, ^lahtyercf.t — da auch Diogenes Letz-
teres als davvi^STOV y.arryooi-ua definirte: so müssen
wir freilich gestehen, in der Benennung des Verbums
den Unterschied zwischen Dialektikern und Stoikern
nicht bis zur Evidenz haben bringen zu können. Ich
möchte aber doch daran erinnern, dass es unmüglicb ist,
ra beweisen, dass die .Stoiker je das Hauptwort TtToHoig
genannt hätten, wie doch Plutarch von den Dialektikern
.lussagt, sondern es steht fest, dass sie TCTviat^ nur iu
der Bedeutung von Casus gebraucht haben. Denn was
riassen p. 51 dafür anführt, beweist nur, dass die Stoi-
ker in den Streitigkeiten über die Casus mit den Peri-
patetikern den .Ausdruck oodi] TVTuioi^ nach ihren
Nprachphilosophischen Principien zu erklären suchten.
Hier also wäre eine bedeutende Differenz; und nun eile
ich, die ganz sichern Beweisgründe für die Existenz
einer selbstständigen philosophischen Sekte unter dem.
Namen der Dialektiker beizubringen.
I. Plinius hatte ein grammatisches Werk unter dem
Titel: Libri dubii serraonis — dessen Fragmente sich
in meiner Spracliphilosophic der Alten. Bonn 1838. vor-
finden — geschrieben. Es mnss dasselbe , wie das var.
ronische Werk, einen philosophischen Charakter gehabt
haben; denn Philosophen geraile polemisirten dagegen
vorzüglich. Vergl. Plin. Nat. IFist. prol. : „Audio et
Stoicoi et Dialeclicos , Epicnreos qaoL|uc (nam de gram-
niaticis semper exspectari ) parturire adrersns libellos,
quos de grammatica edidi. Hier erscheinen sie, wie
auch Ilarduin einsah, und wie joder unbefangene Leser
einsehen muss, offenbar als getrennt von den Stoikern.
II. Ebenso kommen sio vor bei Priscian II, p. ,',74;
„Partes igitur orationis sunt sccundum Dialeclicos duae,
nnmen et rerbum, quia hae solae ctiam per se roniunc-
tae plenam facinnt orationcm , alias autcm ))artca svnca-
tegoremata, hoc est, consignificantia, appcllabant." Hier
sind die Dialektiker wieder handgreiflich von den Stoi-
kern rorschieden, denn gleich nachher wird von Priscian
erwähnt, dass die Stoiker fünf Redetheile ansetzten, ejn
Umstand , der sich auch sonst durch andere Zeugnisse
bestätigen lässt.
III. Diogenes Laertius prooem. c. 13, 5. 19: 'Ay.a-
Sijuai'xijg f^dv oiv rij^ äftxaias TVQoeari] Ilkärujv,
rij? ^söijq 'Aoyeoikaoi, riji, veag Aay.vSi^q- Kvqij'
vai'xijg 'AoiarnTJtoq ö KnQtjvaio^ 'Hkstayijg 0aidioi>
6 'Hkeiug, ßlsyuQiy.ijg Ei>yXci8i]i Meyüoevi,
Ai akey.TCxtJs KXeirö ixa^oi KagxijSöv 10 ;,,
IleoiirarijTr/.fji 'AQ/aroTthj^ Stayetoin/q, ^ruj'iy.ri
Zl]VU)V KlTT/SU^. Hier haben wir also ein classisches
unabweisbares Zeugniss, dass es eine dialektische Sekte
gab, die weder mit der megarischen, noch mit der stoi-
schen zusammenhing, ja, deren Stifter selbst genannt
wird. Letzterer ist daher einer näheren Beachtung
werth.
(Beschluss folgt.)
Person al-Clironik und Miscelien.
Marburg, den 22. Jan. Der um das Stiidiuiu der allen
und neuen Sprachen hochverdiente Veteran unserer Landesuni-
versität. an welcher er seit dem Sommer tSlO lehrt, Hi:rr Karl
Franj Christian Wajncr, geboren zu Hclmstadt am 18. Kov.
1790, feierte am heutigen Tage das Fest der Eriuucrting an
die ihm vor funf/Jg Jahren von der Universil.it Helmstadt ho-
noris causa crtheilte philosophische Doctorwürde. Am Vor-
abende bezeugten ihm die hiesigen Studirenden ihre Theilnahmc
ilurch eine Musik. Am frühen Morgen überbrachte ihm der
Prorector Julius Müller das gnädigste Ernennungsrcscript zum
Geheimen llofralhe. Der akademische Senat hess ihm durch
eine Deputation ein von ilem Professor Karl Friedrich Hermann
geschriebenes Festprogramm (Inest spicilegium annolationimi ad
Juvenalis Satiram IM ) mit seinen Glückwünschen überreichen.
Zwei .\bgeordnete der philosophischen Facultat händigten ein
ihm zur JubeUeier von iler Universität Göttingen , wo er seine
Laufb.ihn als akademischer Lehrer begann, ausgefertigtes Doc-
tordiplom ein. Der Stadtrath liess ihm durcli zwei seiner Mit-
glieder ein Festgedicht überreichen. Am Abend bcwirlhcten
die Amtsgenossen und näheren Hekannlcn des Jubilars densel-
ben bei einem einfachen Mahle und freuten sich der Heiter-
keit des noch so kraftigen und unermüdlich thätigen Greises.
Leiden. Der Magistrat dieser Stadt hat beschlossen,
die hiesigen lateinischen Schulen aufzuheben, und an deren
Stelle ein Gymnasium zu stiften , wonach , neben dem Unter-
richt in ilcm Lateifiischcn und Griechischen, auch der in
den lebenden Sprachen und in den Anfangsgründen der Hclirii-
schen Sprache soll ertlieilt werden. Als Lehrer bei diesem Gym-
nasium sind ernannt zum Rector A. A. J. Bake, jetzt Bector
zu Lceuwarden, zum Prorector W. H. D. Suringer, jetzt
Praeccptor zu Leiden, zum Praeceptor W. G. P Iu y gers. jetzt
Conrector zu Delft, zum Praeceptor in den lebenden Sprachen
VV. G. lirill, jetzt Lector iu der deulsclien S|)rachc hei der
hiesigen Universität. Mit dem Unterricht iu der Mathematik
ist i>rc)visorisch beauftragt A. van Lceuwcn.
Bayern. Der Rector und Professor D. Bomhard andern
Gymnasium zu Ansbach ist seinem Ansuchen gemäss von den
Geschäften des Rectorats enthoben worden und hat Titel und
Rang eines Schulraths erhalten. An seine Stelle ist der Prof.
D. St. Elsperger zum Rector am Gyniuasium zu Ausbach er-
nannt worden.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft.
Mittwoch, 20. Februar
18 39.
Nr. 22.
Die Dialektiker,
eine bisher iinbeachlete philosophische Sekte.
(Beschluss.)
Kleitomachos war aus Kartliago gebürtig {Kagy^tiSu-
vioi bei DiogeB. Laert. IV, 10. Athen. IX, p. 402.
Poenus bei Cicero), lebte et»va um 150 vor Christi Ge-
burt, hiess Anfangs Asdrubas unil trug, seinen Mitbiir-
gcrn wahrscheinlich, Philosophie in puniächer Sprache
Kir. Er war vierzig Jahre alt , als er nach Athen kam
und daselbst den Karneades, das Haupt der neueren Aka-
demie, hörte. Er lernte Griechisch, wurde der vertrau-
teste Hansfreund des Letzteren und ein so fruchtbarer
Schriftsteller, dass er nicht weniger als 400 Bücher ver-
fertigte. Die Menge seiner Werke, seinen ungeheueren
Fleiss würdigt auch Cicero (Academ. II, ti, 16), welcher
ferner (Tuscul. HI, 22, 54) berichtet, dass er nach Zer-
störung seiner Vaterstadt eine Trostschrift an seine ge-
fangenen Mitbürger gerichtet habe. Auch an Lucilius,
den Satireudichter, richtete er ein Buch, aus dem Cicero
Acad. II, 32 Einiges über die Ansichten der Akademie
niittheilt. Ebenso scheinen alle Berichte bei Cicero über
Karneades aus den Werken des Kleitomachos zu sein;
denn ebendas. sagt er : ,,ExpIicavi paullo ante , Clitomacho
auctore, «juomodo ista Carneades diceret. " 11,45, 137:
„Legi apud Clitnniachnm, quum Carneades" u. s. »v. Und
Diogenes Laert. berichtet , dass die Lehren des Karnea-
des erst durch ihn bekannt geworden. Nach «lemselben
Diogenes, der in seiner kurzen Lebensbeschreibung zu
vergessen scheint, dass er ihn in der Vorrede als Stifter
einer eigenen Schule hingestellt hat, war er Partei-
ganger in <len drei Hauptschulen , die damals blühten ,
der Akademie, Stoa und Peripatetiker, allein vorzüglich
gilt er doch als Schüler des Karneades, gehörte mithin
der neuen Akademie an. Als alleiniges Tlanpt derselben
»teilt ihn dar Athen. IX, p. 402 "• Kkeiroiiaxo-; yovv
I) Ka^x'J^fJ^iog, oi'öcvoi; ösi'reooi tüjh dito tTs
rsai Av.a8i]f^iF.iaq v.azu t))v dsojQiav ojv. Cicero hin-
gegen fügt ihm de orat. I, 11, 45 noch den Charniada»
und Aeschines hinzu. Vergl. Scxt. Empir. Pyrrhon.
Hypot. I, 1, §. 3. Adr. Mathem. II, g. 20. IX, 1, g. 1.
Kleitomachos aber legte es nun darauf an , sich von der
Akademie zu trennen und in schulmassig abgeschlossener
Originalität als Haupt neuer Jünger zu erscheinen. Dar-
auf deutet schon der Ausspruch des Karneades bei Cic.
orat. 16) 51) Kleitomachos sage dasselbe, was er, nur
mit andern AVorten, Charinadas dasselbe mit denselben
Worten. *) Durch diese scheinbare Differenz , vielleicht
auch durch eine gesteigerte Vorliebe zu spitzfindigen
Schlüssen, deren einige von Sext. Empir. IX, -g. 182
mitgetheilt »verden, geschah es nun, dass einige Geschicht-
schreiber ihn wirklich zum Gründer einer neuen, von
der Akademie sich ablösenden Innung machten ; und diese
sind es, wie ich gar nicht zweifle, welche Priscian und
Plinius dialectici nennt.
Dass nämlich die bei Priscian keine Stoiker sein kön-
nen, geh;t aus den oben angegebenen Gründen hervor;
dass sie aber auch keine IMegariker sind, zeigt wieder
der Umstand, dass sie zwei Rcdethcile annehmen. Das
konnten die Megariker wenigstens theoretisch unmöglich;
denn sie nahmen an, stsqov icegov fi)] /.ari^yaoeia^ai.
Vergl. Prcller historia philosophiae ex fönt, locis con-
texta. Hamburgi. 1838, p. 182 sq. Ein nanjyöpt^fta
durften sie also nicht in der Sprache behaupten. Ihnen
blieb Nichts, als das nackte einfache Hauptwort übrig.
Nun passt aber jenes Annehmen von zwei Redetheilen
trefflich zu dem Znsammenhang der Dialektiker mit der
Akademie. Plato, das Haupt der Akademie, hatte nur
zwei angenommen; solche Dogmen wechselten nicht;
zwei behielt auch die neuere Akademie und der aus ihr
hervorgegangene Kleitomachos nebst seinen Anhängern
bei. So rundet- sich also hier der Beweis zur vollstän-
digen in sich geschlossenen Harmonie ab; und es käme
nun darauf an , zu untersuchen, welche eigenthümliche
Ansichten der Stifter und sein Nachfolger Philon voji
Larissa entwickelt habe.
Bonn. D. L. Lorsch.
Caroli Friderici Hermanni , profcssoris Marbnrgensis
progymnasmatnm ad Aristophanis Eijuites schcdias-
mata tria. Marburgi , sumtibug Christiani Garthe.
MDCCCXXXV. VI, 32, 4S und 34 S. kl. 4.
Herr Professor Hermann in 3Iarburg hat in diesem
Bändchen drei Abhandlungen vereinigt, von denen die
») Vielleicht wurde durch diese Absicht auch sein Werk
^ejH aiqiasiiiv hervorgerufen, woraus bei Diogen. Laert.
II, 8. §. 92 angeführt wird, dasi die Kyrenaiker Physik
I und Dialektik fur unnütze Dinge gehalten.
171
172
errfe, «He In'pr in sehr er»oifer<pr Gestalt erscheint, zu-
erst vor ilem Index lectiimiim de» Soiiiiiiers l^'i,'); die
zweite, «eiche, nie die drille, iiiiveraiidert {Tclilielieii ist,
zur Geliiirlj^fcier dos Kurfürsten, die dritte znr Gehiirts-
fcier des Kiir|irinzen »itrc-jcnten von Hessen erschienen
war. A'ielfachc Nachfragen, di-ren sich dieselben fort-
wahrend zu erfreuen hatten, haben den Hrn. >'erfasser
zu dieser neuen Auflage beivosjeu , für ilie ilini alle die
nur dankbar sein kliunen, die »vissen, «eiche Uereiche-
rungen der >Vissenschaft gerade in solchen l'nivcrsit.'its-
gelegenlieitsschriften oft iiie<lergelegt , und zugleicli er-
fahren haben, wie schwer dieselben meist zu erlan-
gen sind.
Die einzelnen, auch einzeln jiaginirtcn Abhandlungen
sind überschrieben:
I. Disputatin de iniuriis, qaas a Clconc Aristophaues
passns esse trailifur.
IJ. Dispntatio de ecjuitibus Attici» (in acht Ab-
schnitten ).
III. Disputatio de persona ^'ieiae apud Aristophancin.
Die Ilauptstellen , welche der ersten Abhandlung zu
Grnn<le liegen, sind: Acharner V. ;V77 — SS.', üU'J K.
und ^'espen V. !'J84 — 91, das Resultat derselben aber
ist folgendes: Die in den Achartieru erwähnten Vorf.'illc
haben nicht den .aristophaues personlich, sondern i\en
Kallistratos befrolleii ; die in den Wespen cr«ähntcn sind
später als die .Aufführung der Kitter zu setzen, über-
haupt aber hat Aristophaues in ilen Rittern den Kleon
nicht wegen einer besonderen, personlichen Beleidigung,
sonderu um des allgemeinen Besten «illen angegridcn.
Zu einer Beurtheilung dieser Abli;indlung im Einzel-
nen ist es nOthlg, die gleichnamige des llrn. Professor
Fritzsche in seinen Quaestinnes Aristophaneae I, p. 301
his.^Ilj zu rergleichen. Letzterer sucht ausser manchen
guten Lehren, die er gelegentlich und mit ziemlich
Lüi hmüthiger IManicr „seinem Freunde" Hrn. Professor
Hermann zu hiiren gibt, nachzuweisen, das» dieser seine
Absicht, die Zeugnisse der Alten gegen neuere Hypo-
thesen zu vertheidigen , durchaus verfehlt habe, dass die
Stelle in den Vespen sich gleichfalls auf den, in Folge
der Babvloiiier von kleon erhobenen Process beziehe,
dass Aristophaues die Acharner unter seinem IVanien auf-
geführt habe und die Ritter ihre l'eranlassung in den
persönlichen Anfeindungen des Kleon hätten.
Schon bei einer ersten Leetüre lasst sich nicht ver-
kennen, dass die Abhandlung des Hrn. Professor Her-
mann weit klarer und einfacher ist ui,i<l sich viel genauer
an den Gegenstand der Untersuchung hält, als die seines
Gegners.
Wir wenden uns zuerst zu der .^llc in den Vespen
V. 12S4— 91, welche Hr. Professor Hermann S. lö
fulgendermassen erklärt: „Sunt ijiii me dixerint post
E'juitiim commissionem Cleonis .ve.\ationibns defatigaliim
in gratiaui cum ipso rediisse , (jnia in proxima fabula
illi peperrissem; sed eins facti in ipso j)opulo culpa est;
cur enim, si reilere me Cleoni nullet, pntrocinium meum
3usci|>ere supersedit, adeoijne risit, cum ijisius causa pul-
sarer, id tantuin curans, erquid ridiciili mihi in aiigustiis
cxcideret ? Hoc ego quum vidisscm, satius duxi paulis-
pcr facicin mntare vidcndique materiam aliunde circuni-
spicere; quo facto nie subito a populi favore indignissime
destitutum intellexi." So wir<l im letzten ^'erse nnter
der jfuodi: das Volk, unter der O.HTielMi Aristophanes
selbst verstanden und die ganze'.Stelle auf die Wolken
bezogen, deren .Stofl' er gewählt habe, nicht weil ersieh
mit Kleon versöhnt, sondern weil er bei dem ^'olke keine
Hülfe gegen die von Kleon nach Aufführung der Ritter
erlittene, im Einzelnen jedoch unbekannte InbiU gefun-
den habe , und dann .sei auch noch den Wolken auf eine
unverdiente >Veise der sicher gehofl'te Siegespreis abge-
sprochen , «orübcr der Dichter so oft klagt.
Die Beweisgründe für diese Erklärung sind folgende:
1) Die '\^espen fallen so viel später, al.« die Babvlonier,
und die betredenden Worte in den Vespen sind von deiiea
in den Acharncril so verschieden, dass es keineswegs
nötliig ist, sie auf ilenselben ^'orfall zu beziehen, wie
denn auch schon der .Scholiast zu dieser Stelle zu der-
selben ^Meinung hinneigt.
'2) Kleon, der für die Babvlonier so sehr Rache zn
nehmen strebte, wird die Ritter nicht nngerügt haben
Lingehen lassen.
,J) Vers \_i\)\ kann sich nicht auf des Aristophaues
^"^erhältniss zu Klcou beziehen, denn dieser kann nach
V. 1051 II. nicht Hohl mit dem schwachen, einer Stütze
bedürftigen Weinstooke vergliche« werden, noch wird
Aristophanes eingestehen, den durch treulose Künste ge-
täuscht zu haben, dessen Bekämpfung er anderwärts
(Vespen V. lOiO. Frieden V. T.VJ) eine herkulische Ar-
beit nennt; zninal sich dieser Vers so leicht auf die un-
billige Beurtheilung, welche die M'olken vom Volke erfahren
hatten, beziehen lässt.
4) Lüsst sieh nicht nachweisen, dass Aristophanes
dem Kleon wirklich jemals geschmeichelt habe, <lenn
das Wort !:i/!h^/./oa hat diese Bedeutung bei Aristopha-
nes nirgends; nur das liegt darin, dass der Dichter den
Anfeindungen des Demagogen scheinbare Ruhe entgegen-
gesetzt und, weil er beim Volke keine Hülfe fanil , für
seine Komik sich einstweilen andere Gegenstände zur
Zielscheibe gewählt habe, «as er doch erst nach Auf-
führung der Wolken sagen konnte. Aber eben desshalb
sagten diese der Menge weniger zu, weil der Dichter
au Kleons .Stelle einen Sfoll' von «eniger allgemeinem
Interesse gesetzt hatte, der seiner .Meinung nach für den
Staat nicht minder wichtig war, aber das (ierü(lit einer
Versöhnung mit Kleon bei Böswilligen wohl veranlassen
konnte (Vespen V. l()3(i ff. (i2 f. Wollten \. ,j46 fi'-)-
.'i) Da.ss dergleichen Gerüchte iii der That verbreitet
waren , beiveisen die ersten Worte unserer Stelle. Nach
Hrn. Professor Fritzsche's Ansicht mü.ssten diese Annähe-
rungsversuche an den Kleon zwischen die Bab\ lonier und
Ritter fallen, dem aber « idersprechen die in ilie !Mitte
dieser Zeit fallendrii Acharner bestimmt genug; vielmehr
hat Aristophanes in ilieser Zeit Versuche des Kleon, ihn
filr sich zu gewinnen , zurückgewiesen (Ritter Y. 472 fl-
Vespen V. t03(i)- J^s traten also diese Gerüchte ein,
als Aristophanes, nach den Rittern wiederum von Kleon
angegriffen , in seinem nächsten Stücke von ihm schwieg,
und ilarauf (y.uTU, wie Hr. Professor Hermann durch
Belegstellen nachweist, in der Bedeutung einer unwilligen
173
174
Frage) lialie (las Volk dieses neue Stiifk mit «o unver-
dienter Kälte behandelt!
Referent nitiss si< h mit dieser Beweisfiilirnnjf voll-
kommen einverstanden erklaren und eine «esentliclie För-
derung der betreffenden Fra^^en darin anerkennen. >Vir
missen nnn , dass Kleon narh Anfftilirunj,' der Uahjlonier
einen Process erhob, anf den »vir weiter unten zurück-
kommen «erden; riass Aristoplianes darauf die Ritter
unter seinem Namen schrieb und ihm Kleon darauf per-
sönliche üngelegnnheiten verursachte; dass dann aber der
Dichter, weil er sich hier vom 1 olke zu «cnig- unter-
stützt glaubte, die Wolken, ohne auf den Kleon darin
vorzugsweise Rücksicht zu nehmen, schrieb und hier nnn
von dem Volke, welches noch mehr solche Scenen, wie
die in den Rittern vorkommenden, sehen wollte, zu sei-
nem grOssten ^'erdrusse nicht recht anerkannt wurde.
Von welcher Art aber die Unannehmlichkeiten waren,
die Aristoplianes nach Aufführung der Ritter erlitt, wird
sich wohl weiter nicht ausmitteln lassen, denn schon der
Scholiast weiss nicht, ob er darunter eine gerichtliche
Verfolgung Oller blosse Drohungen und Anfeindungen zu
verstehen hat; und auf die Verninthung, die Hr. Pro-
fessor Hermann auf das Wort (i.7lEÖeiQÖfi)jV ( Vespcn
12S(l iu Verbindung mit Frieilen V. 734 f.) gründet, dass
nämlich Aristophanes oder sein Chorführer auf Kleon's
Betrieb für ein zwischen den Rittern und AVolken ge-
gebenes Stück „mit Ruthen gestrichen" worden sei,
möchte Ref. noch weniger AVerth legen , als es der Hr.
Verfasser schon selbst Ihut. ISur darin scheint uns der
Hr. Verfasser einem unnöthigen Zweifel Raum zu lassen,
dass er ( S. 17) sagt, vielleicht seien die zweiten An-
grilTe des Kleon schon vor Aufführung der Ritter, um
ehen den Dichter von derselben abzuhalten, vorgefallen.
Er Tcrgibt iladnrch seinem ganzen bisherigen Beweise
mehr, als nöthig ist. Wir glauben, dass Kleou in Folge
der Ritter selbst den Komiker anfeindete und zwar wahr-
scheinlich , da er iu <lenselben nicht namentlich vorkommt,
und auch sein Gesicht in der Larve nicht nachgebililet
war, nicht auf gerichtlichem AVege , denn ein o/.oj^t/^iu-
TtOV (V. 1289) konnte Aristophanes ja wohl auch antlern
als gerichtlichen A'^erfulguiigen entgegensetzen. Jedoch
müssen wir hier, ehe wir weiter gehen können, noch
die Einwürfe <les Hrn. Professor Fritzsche berücksich-
tigen. Dieser erklärt unsere Stelle folgcndermassen (S.,30')):
.,Sunt qui dixerint, me cum Cleone iu gratiam rediisse
(nempe actis Babyloniis) , quo tempore ille minaci actione
sua nie percnlit. Sod simulatqne ab amicis nie desertum
vidisscm, blanditiis honunem reconciliarc dcbiii. At vero
»ibi iinpositum esse, meque indutias taiitum inodo depa-
cisci Toluisse , id Cleon non ita niulto post ex Equitibiis
meis hisque ipsis Vespis perspicere plane potuit", ohne
jedoch die Bedeutung „blanditiis reconciliare" in Elllifij-
y.lfja nachzuweisen, ohne zu zeigen, wie Aristophanes
sich des Kleon jfaoa^ nennen könne in einqr Zeit, wo
er dessen Friedensvorschläge zurückwies, noch sonst die
entgegengesetzte IMeinung eigentlich zu «ideTlegeii, denu
er sagt: „quae ne diligenter refellam ainore viri egregii
atque singularis impedior" (S. 304), als ob es schlimmer
sei, gründlich widerlegt, als aus lauter Freundschaft mit
dürren, absprechenden Worten abgefertigt zu werden!
An die Worte des Srholiasten zu Vespen V. 1291!
„ill'i;(ficiaTO yun o K'kimv, firf/.tTi diiv y-ujumöla^
£71 i dtcLTQojv Etiii.yEo'Jai , on di) iivcjv Trau/wTUjv
■JutiTac. irt/jonrov'-'' knüpft Hr. Professor Fritzsche
einen Excurs über jene Psepliisinata über das iiij uvo-
IKcaci y.uJU'pdriv , doch gesteht Ref., nicht recht ein-
zusehen, was derselbe für die vorliegende Frage ent-
scheiden soll. De?' Scholiast, von dem diese Worte her-
rühren, hat die Aristophanischen Averse allerdings auf
den ersten Process bezogen, aber den letzten derselbeu
keineswegs wie Hr. Professor Fritzsche erklärt, sondern
er scheint unter der 'jfaot/.t eben jenes Psephisma zu
verstehen, durch welches Kleon sich gesichert glaubte,
aber die Unzulänglichkeit desselben erkannte, als der
Komiker durch die Ritter, in denen Kleon weder na-
mentlich, noch als Porträt vorkam, dasselbe umging;
welche Erklärung an sich freilich ganz werthlos ist.
Ref. glaul)t diese Stelle und die Argumentationen
des Hrn. Prof. Fritzsche nnn auf sich beruhen lassen zu
kiiiineu und geht zu der noch wichtigeren Stelle iu den
Acharnern über.
• Ganz gegen allen Zweifel gesichert wäre Hrn. Pro-
fessor Hermann's Erklärung der Stelle in den Vespcn,
wenn es unerschütterlich fest stände, dass der erste von
Kleon erhobene Process gar nicht den Aristoplianes per-
sönlich, sondern nur den Kallistratos berührt habe oder,
was dasselbe ist, dass Aristophanes die Babylonier und
Acliarncr unter dem Namen des Kallistratos ohne alle
eigene Theilnaliine liabe aufführen lassen. Natürlich
tritt dieser Bleinung Hr. Professor Hermann bei, das
Gegentheil vertheidigt Hr. Professor Fritzsche.
Es ist diess gewiss eine der kitzlichsten Fragen zur
Geschichte des Aristophanes, und Ref. glaubt kaum, dass
das Verhaltniss zwischen Aristoplianes und Kallistratos
bei dem Mangel ganz bestimmter und ausdrücklicher
Nachrichten jen'.als zu voller Klarheit wird gebracht wer-
den können. Für ein ganz eigenthümliches möchte man
CS nach dem davon Bekannten halten und doch, falls es
so wäre, würden dann die alten Erklärer nicht Ausführ-
licheres davon berichtet haben? Doch soll hier nicht die
Streitfrage selbst entschieden werdvii , sondern wir wen-
den uns sogleich zu Hrn. Professor Hermann's Darstellung
derselben. Er stützt sich zunächst auf die bekannten
Stellen (Ritter V. 513- Wolken V. ,J3f). Vespen V. 1018.
1029), aus denen schon Dindorf und Ranke nachgewiesen
haben, dass zuerst zu den Rittern Aristophanes sich als
■A^erfasser bekannt habe, was ollenbar durch den Scho-
liaslen zu Vespen V. 1US4 unterstützt wiril, wenn er
sagt, dass Kallistratos von Kleon vor die ,jO('Ä;y gefor-
dert sei, woraus nothwendig folgt, dass auch in den
Acharnern (V. 377 ff.) Kallistratos als sprechende Person
zu denken ist. Die Frage schien somit entschieden, al.s
Fr. Ritter, Fritzsche und Hanow sie von Neuem auf-
nahmen und dahin beantworteten, dass nur die Daitalen-
ser, vielleicht auch noch die Babjlonier, keineswegs
aber die Acharner unter fremder Firma gegangen seien,
(.'egen diese Behauptung erhebt sich hier also Hr. Pro-
fessor Hermann und zwar mit sehr guten Waffen. DasB
die Frage über die Bahjlonicr und Acharner nicht ge-
trennt werden kann , steht wohl trotz Hanow's Einspruch
175
176
gioi fest. Hr. Professor llermaDii «iderlegf nun zunächst
den Ein»vanil, ilass Aristoplianos überall nur von einem
frcniiler Sorgfalt iil>er»elienen Drama s|ire<lie; in ileu
Wqlken (Imt er es, «locli liegt in der Stelle keiiiesHrgs,
da.«« es nur einmal geschehen sei ; in den ^'es|ieu sind
mehrere Stucke bestiuiint genug angedeutet durch den
Plural STinoiai 71 olljraii; dass diess hei den IJabvlo-
niern Kallistratos war, uird mehrfach Leaeiigl, dass es
hei. den Daitalensern Philonides «ar, ist «enigsleus sehr
»ahrsrheinlirh , denn llr. Prof. Hermann liat unserer IMci-
nung nach ganz Rerhl, auf die Worte hei dem anonvinus
nto'i y.v)ii(-)(^u>.i (p. XIII, \) l\. Dindf.j nicht soviel Ge-
ifirht als Kanke zu legen, da das unniittelliar auf die-
selben Folgende so «enig AVahrheit hat. Dass aiier die
Arharuer ilen Namen eines Dichters an der Stirne tru-
gen, iler zum ersten- oder zweitenmal auftrat , iveist der
Hr. ^'erf. deutlich genug aus V. (Vi.S (I. nach, ebenso,
dass die • komischen Uehertreibungen V. (i4ö ß- »"r von
einem schon seit lauger als einem Jahre bekannten Dich-
ter gesagt »erden konnten, wenn sie nicht, »vie der rea-
len, so auch der |ii>etischen Wahrheit und alles Witzes
entbehren sfillten; braucht doch der Athenische Gesandte
(y. 80) vier Jahre, um bis zum persischen Könige zu ge-
langen , und der Ruf des Dichters hätte schon in einem
Jahre ilort wirksam sein können? \'^on Aristophanes aber
wissen wir, dass er keinesfalls eher bekannt war;, rom
Kallistratos kann diess wenigstens nicht nachgewiesen wer-
den , vielmehr ist es sehr wahrscheinlich, dass Aristopha-
ues für seine ersten Arbeiten einen mangelhaffeii SlöaO-
■/.a/o^ gesucht haben wird, da er sie eben wegen seines
noch unbekannten jVamens einem andern gab und ^Volken
V. 530 weist entschieden darauf hin , dass derjenige, der
des Aristophanes Erstlinge beim Publikum einführte,
»venu auch nicht selbst Dichter, doch ein Mann war,
dem man eine werthe Arbeit gern anvertrauen mochte
und der schon Erfahrung in den betrefFenden Verhält-
uisscn besass. Hr. Professor Hermann vergleicht diess
Verhaltniss mit denen der Redner, die ja auch oft für
Andere gearbeitet und ihre Arbeiten Männern zum Eigen-
tham übergeben hätten, die selbst nie eine Rede hatten
tbf^ssen kimneii. Diesen ^'ergleich mnss Ref. verwerfen;
von den Rednern war es bekannt, dass sie nm bestimm-
ten Sold Reden für andere Leute ausarbeiteten, und Nlc-
iiiaud hielt desshalb den, der sie sprach, für den Ver-
fasser, noch verbarg sich der wahre \'erfasser hinter dem,
der die Rede vortrug. Ganz Recht hat aber Ilr. Pro-
fessor Hermann, wenn er daran erinnert, dass erst in
der nach -aristophanischen Zeit ein eigentlicher Schau-
ipielerstand sich gebildet habe , dass in der Zeit des
Aristophanes dagegen Dichter, dtdüo/.u/.Ui; und Protago-
nist stets dieselbe Person gewesen sei,, wodurch die ver-
inittelnilc Erklärung abgeschnitten wird, die den Kalli-
stratos zum bidssen Schausjneler, der unter Aristophanes
gedient habe, machen «ill. Als ein deutliches ISeispiel,
vrie der d/öuo/.a'/.u^ und der Dichter stets für dieselbe
Person gehalten wurden, führt Hr. Professor Hermann
den 7rgoay(j)u an, den Viele dem Philonides ganz zu-
»chricben; dafür spricht auch, dass Aristophanes weder
in den Vögeln, noch in den Fröschen, die beide Philo-
nides aufführte, wohl aber in den Vespen, die der Dich-
ter selbst in Scene gesetzt hatte, seine Person erwähnt;
um wieviel mehr Grund musste aber Aristophanes bei
seinem ersten Auftreten Jiaben , ganz unbekannt zu blei-
ben ! IJei den ^^ögeln und Fröschen blieb desshalb seine
Autorschaft gewiss nicht unbekannt und Philonides über-
nahm nur die ^Verantwortlichkeit dafür, wie etwa heut-
zutage der Geraut eines französischen Journals für die
wahren Verfasser der in seinem .Journale enthaltenen
Aufsätze verantwortlich ist. So gibt denn auch Herr
Professor Hermann selbst zu, dass Aristophanes sich za
den Acharncrn bekannt haben möge, als diesen der erste
Siegespreis zuerkannt war, ja, er findet die in <lcn Rit-
tern (V. 512 f.) angedeutete ^'erwunderung des Volks,
dass er nicht eher selbst seine Stücke aufgeführt liabe,
mit Recht erst dann recht erklärlich , wenn man an-
nimmt, Aristophanes habe sich vor Aufführung der Ritter
zu seinen früheren Stücken bekannt, welche Stelle Hr.
Professor Hcrn\anii sehr genügenil erklärt. Ferner wird
auf den Einwurf, dass Aristophanes den Kallistratos un-
möglich den Angriffen des Kleon habe preisgeben kön-
nen und dieser sie auch schwerlich auf sich genommen
haben würde, ganz richtig erwiedert, dass man sich den
Kallistratos nicht als einen Lohndiencr des Aristophanes,
sondern als einen Mann von eigenem, selbstständigem
Werthe und mit Aristophanes durch gleiche politische
Gesinnung verbunden denken müsse, der es desshalb
nicht gescheut habe, die Gefahren eines Stückes zu
übernehmen, dessen Siegespreis ihm im günstigen Falle
ja auch zufiel. Wenn endlich die Gegner des Kalli-
stratos besonders darauf ein Gewicht legen, dass die Er-
wähnung eines Resifzcs in Aigina ( Acharner V. 653)
auf die Persou lies Aristophanes hinweise , so finden
sich wenigstens ebenso gute Zeugnisse, die jenen Besitz
dem Kallistratos, als die ihn dem Aristophanes zu-
sprechen.
(Fortsetiung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellon,
liresh;ii, 5. Januar. Ks lieissl, Professor liilirhlsei nnter
vorlhciMiaftcn Bedliigiingcn n.ich Bonn, an die Sic llo des vcr-
sloibcncn Nake, benilen. fici seiner verUallnissmassig ungiin-
sligeii Slrlliiug ist zu befcircblen , d.iss er dem Rufe folgen wird.
Sein .M)gans würde die Bernriing eines tiicbtigen Pliilologen
an die vor Hitscid von Passow bcl^leidcte Stelle dringend nothis;
nincbcn.
K.irlsriihe, '^1. Jan. Seine königliche Hoheit der Gi'oss-
lierzog haben dem hiesigen Ljccuin einen neuen Beweis aller-
hiiclistcr Iluld angcdeibcn lassen, indem llöclistJiesclben dem
daran augcstelllcn Ralh König die grössere goldene Civilverdiensl-
medaillc zu verleiben und diese Iiublvollc Auszeichnung mit
einem buchst schmeichelhaften Handichrciben zu begleiten ge-
ruhten.
Greifs wald. Der bisherige Privat -Docent, Licentiat der
Theoloi,'ic f'riedrich Hasse dahier, ist zum ausserordent-
lichen Professor in der Ihcolögischen Facultät der hiesigen Uni-
versit.it ernannt worden.
Zeitschrift
für die
AI terthumswissen Schaft.
Freitag j 22. Februar
1839.
Nr. 2:
Caroli Friderici Hermanni , professoris Marburgensis
profymnasmalum ad Aristophanis £(j[aites schedias-
niata tria.
(Foriietzuni^.)
Das ResuKaf Ton Hrn. Professor Hermann'« Unter-
sachung^ ist also: in den Rittern nnd auch sonst hat Ari-
stophanes mehrfach darauf hingedeutet, dass er mit die-
sem Stücke zuerst unter seinem Namen aufgetreten »ei;
die Babylonier und Acharner sind oft'enbar unter gleichem
Namen aufgeführt; nirgends findet sich ein entscheiden-
der Grund, dass diess des Aristopbanes Name gewesen
sein müsse, sondern jede Angabe passt gleich gut auf
den Kallistratos ; die ganze Sachlage und die bedeutend-
sten Zeugnisse sprechen dafür , dass beide Stücke unter
des Kallistratos Namen gegangen sind , wenn auch Ari-
stophanes ans seiner Verborgenheit hervortrat, als die
Acharner gesiegt hatten; Kleon konnte also auch nach
Aufführung der Babylonier nur den Kallistratos vor Ge-
richt fordern und somit war Aristopbanes nicht durch
eine ihn persönlich trelfende Anfeindung zu den neuen
und stärkeren , in den Rittern enthaltenen Angriffen ver-
anlasst.
Auch mit diesem Resultate ist Ref. schon längst voll-
kommen einverstanden ; ob aber Aristopbanes bei seinen
ersten Stücken ein so strenges Incognito behauptet habe,
dass iu dem neuigkeitssüchtigen und schwatzhaften Athen
der wahre A'^crfasser so bedeutender Stücke gar nicht
bekannt geworden sei, das möchten wir doch fast be-
zweifeln; doch dem sei, wie ihm wolle, dass die Baby-
lonier und Acharnei beide öffentlich uuter des Kallistra-
tos Namen gingen, und dass dieser es war, der von der
ßoiik}] fast verurtheilt worden wäre, weil er in Gegen-
wart der Fremden die Stadt verspottet habe , scheint aus-
ser Zweifel. Ob, wenn des Aristopbanes Name schon
vor Aufführung der Acharner unter der Hand bekannt
XU werden anfing, Kleon nicht schon damals auch gegen
ihn intriguirt und ihn vom Fortschreiten auf der einge-
schlagenen Bahn zurückzuschrecken versucht hat , das
kann höchstens ein Gegenstand unserer Vermuthungen
«ein und hat mit seinen poetischen Leistungen Nichts zu
(chaffen ; z. B. die yoa(fij t£via<i , von der der Scholiast
zu den Acliarnern (V. 378) einigermasscn unklar spricht,
kann gegen den Kallistratos nicht gerichtet gewesen sein;
denn diesen belangte Kleon öiL ttviov TtuoövTUJV Ti;v
TTuktv y.ay.tui tXstf ; wenn aber Kleon irgendwie Kunde
von dem wahren Verfasser der Babylonier erhalten hatte,
so könnte er ihn vielleicht durch jene Anklage unschäd-
lich zu machen gesucht haben. Dass unter dem oxoifx-
naziov (Vespen V. l'.^89) dag Citat der bekannten Ho-
merischen Verse zu verstehen sei , ist wenigstens durch-
au( unerwiesen; möglich auch, dass diese Anklage es
war, die Kleon nach Aufführung der Ritter gegen den
wahren Dichter erhob und von dem Scholiasten nur mit
dem früheren Process vermengt worden ist.
Wir müssen aber noch zusehen , wie Hr. Professor
Fritzsche seine Ansicht, dass Aristophanes die Acharner,
also auch die Babylonier unter seinem Namen aufgeführt
habe, vertheidigt: er findet das durch die Didascalie be-
stätigt, doch heisstesda: sötöa/dij dia Kakki o T Q d-
Tov; in dorn folgenden xai TTpiijTog ijv kann Ref. mit
Hrn. Professor Hermann höchstens finden, dass Aristo-
phanes nach zuerkanntem Siegespreise hervortrat. Wenn
Hr. Professor Fritzsche ferner in den Worten: ov {KXeujvo)
y.uTaTSfiüj yw loioiv linxtvoiv nox t'; v.aTzv^axa.
(Acharner V. 301) eine vorläufige Ankündigung der Rit-
ter findet, so ist uns das noch zweifelhaft; Aristophanes
kann damit auch den schon in den Acharnern (V. 6 f.)
erwähnten Streit der Ritter mit Kleon gemeint haben
und die Ritter zu weiteren Angriffen haben ermnthigen
nnd ihnen seinen Beistand im Allgemeinen haben ver-
sprechen wollen; denn dass der Dichter den Plan zu den
Rittern, die sich so vielfach auf die allernächste Ver-
gangenheit beziehen , schon ein Jahr vor ihrer Auffüh-
rung entworfen gehabt habe, ist kaum glaublich. Wenn
Hr. Professor Fritzsche ferner darauf einen Werth legt,
dass die Scholiasten die Stellen der Acharner, wo von
dem Processe die Rede ist, aof die Person des Dichters
beziehen, so bleibt das auch ganz richtig, wenn Kalli-
stratos officiell als Dichter galt. Wenn Hr. Professor
Fritzsche meint, ein solches Frenndschaftsstück , dass
Kallistratos die Anklage des Kleon auf seine Schultern
genommen haben solle, liesso sich nicht denken, so ist
das wenigstens kein philologischer Beweis, und wir haben
schon oben gesagt, dass er, mit Aristophanes durch glei-
che politische Gesinnung verbunden, auch wohl für die
Sache seiner Partei stehen konnte^ auch von Acharner
^ • 628 f- haben wir schon oben gesprochen und begrei-
fen nur nicht, woher Hr. Professor Fritzsche so bestimmt
weiss, dass Kallistratos keine andere Aufführung vorder
der Aristophanischen Stücke geleitet habe and ein blosser,
unbedeutender Schanspicler gewesen sei. Ueberhaopt
179
ISO
erlaubt sich Hr. Professor rrKzschc cinijc liedculeiule
CirkelscLli'issc, venu or z. B. sagt (S. ;il3) : „Iiic quo-
<j»c (Acliariicr V. (iö'j) iiiiice loqiii dcljct Arislopliaucs,
«jucm crudclitcr Cleo iusocfatiis erat", und doili sull diess
erst daraus erwiesen werden, dass nicht Kallistratos, son-
dern Aristophanes die Acliarner aufgeführt Labe; fast
Alles, was Hr. Professor Fritzsche für Aristophanes au-
fiihrt, kann mutato nomine ebenso gut für den Kallistra-
tos spreclien, so z. B. das Milllcüriirhe »riverfcn und
Anerkennen der Zeugnisse über den Besitz auf Aigina,
wo Ilr. Professor Fritzsclic den Scholiasteu als „certissi«
mnm auctorem" anführt, während er an einer andern
Stelle Toii ihm sagt: „Aloxandriui conieclura est opinan-
tis aut sununum argumentantis , non rebus nixa professio
Jiistorici ueijno plus habet lidei , quam prima quacquc
coniectura nostris capta temporibus." lief. Hciiigslens
w üsste nicht, dass der Srlioliast der Acharner so viel
glaubwürdiger, als der der Vespea sei. Die alten Er-
klärer haben, wie ihr mehrfacher AViderspruch zeigt,
von diesen Sachen selbst wenig gcwusst, wir dürfen also
aurh die Entscheidung nicht von ihnen, sondern nur,
und das ist besonders das l'erdicnst des Ilru. Professor
Hermann, von einer verständigen Auslegung des Dichters
selbst erwarten.
Endlich bemüht sich noch Hr. Professor Pritzsche
«lie Stellen wegzaschaffeu , die dafür sprechen, dass die
Ritter das erste von Aristophanes unter seinem Manien
aufgefülirte Stück sind. Ritter V. 512 versichert der-
selbe schon in seiner Abhandlung über die Daitalcnser
ganz richtig dahin erklärt zu haben, dass die AVorte
xa^' iuviov bedeuteten, Aristophanes sei hier znni er-
stenmal selbst als Protagonist aufgetreten, und denselben
»Sinn findet er darin, dass .\ristonymos und Ameipsias den
Dichter darüber verspotteten, dass er für Andere arbeite,
(.Aristoph. Vita. p. XV III, LSDindf.). Was Letzteres be-
trifit , so heisst „Andere für sich spielen lassen" dock
wahrhaftig nicht „für Andere arbeiten-, und was Erstcres,
so musste Hr. Professor Frifrsciie seine Auslegung, welche
«lie natürlichste nicht ist, genügend belegen, wenn man
ihr beitreten soll. Die Stelle in den Vespeu (V. 1020 IT.)
bezieht Hr. Professor Fritzsche auf die Babvlonier, denn
da habe Aristophanes den Kleon zuerst augegriilen. Das
ist ja aber eben, was bewiesen werden soll, dass er
selbst und nicht Kallistralos dort als Angreifer aufge-
treten sei ! Besonderes Gewicht legt Hr. Professor Fritz-
sche anf die Worte:
ToiovTou (dvjv Ttpag ov (fi-aiv öslaa; /.ara-
Scooodo/.ljoai (Vespen V. 1036). AVir glauben aber
oben gezeigt xn haben, dass gerade nach Aufführung der
Ritter das (jerücht entstehen konnte, Aristophanes habe
sich dem Kleon zu nähern gesucht, welchem fjcrüchte
er nun hier widerspricht ; wie aber Hr. Professor Fritz-
sche übersetzen kann: „negat poeta se dona f/ei/isse", be-
greift Ref. nicht, da öuiooöoy.Eiv, sowie y.azaöü)(juöo-
AHiv bei Aristophanes stets heisst „Geschenke atinelimen-'^
Die ganze Schilderung des Kleon aber, besonders die
Worte: (fj)vijv ö' ti/iv yaoäöoaq ükt^oov riToy.i/ag
weisen recht deutlich auf die Ritter, in denen er uns
gerade so vorgeführt ist. Fast wörtlich stimmen mit die-
ser Stelle übercin im Frieden die Verse 762 fl-> die Hr.
Professor Fritzsche als ganz entscheidend für seine fllei-
iiung in Anspruch nimmt ; die wörtliche Uebercinstim-
mung lässt auf gleiche Beziehung schliessen, und wenn
Hr. Professor Fritzsche anführt, nicht in den Rittern,
sondern in den Babyloniern habe Aristophanes für die
Insulaner gestritten, so erscheinen die Inseln iu der
Stelle im Frieden doch nur nebenbei; wir rcrweisen
ihretwegen aber auch auf: Ritter V. 170 If. , 834, 839,
vielleicht ist auch V. 9ö() auf die Erpressungen, die
Kleon gegen dieselben verübt hatte, zu beziehen, l'espen
V. lUlS bezieht Hr. Professor Fritzsche bloss auf den
Philonides , den wichtigen Plural erlooioi. Tlonjrat^
ignorirend. Auch das Scholion zu Vespen V. lÜlti und
der Biograph ( p. XVIII, lg Dindf. ), versichert Herr
Professor Fritzsche, sprächen ganz für ihn, wenn man
Bci<ies nur recht erkläre, diese Erklärung selbst aber zu
geben, hat er nicht für gut befunden. Auch iu den
Wolkeu ( y. 530 f. ) finden wir , wie schon oben be-
merkt, nicht notluveudig, dass nur von einem Stücke die
Rede ist, und ebenso wenig mit Recht führt Hr. Professor
Fritzsche die W orte aus den Excerpten TtEoi y.ajU(»diaQ
(p. XIII, 9 II- Dindf.) für sich an, welche Worte über-
diess wenig Glauben verdienen, da sie gleich mit dem
Irrthum beginnen, Aristophanes habe, sein erstes Stück
(die Daitalenser) durch Kallistratos (statt durch Philoni-
«Ics) aulführen lassen.
Wir haben in dieser Anzeige der ersten Abhandlung
des Herrn Professor Hermann einen unverhältnissmflssig
grossen Raum gewidmet, theils weil hier die Meinungs-
verschiedenheiten eine besondere Berücksichtigung er-
heischten, theils weil die Gediegenheit derselben der vor-
nehmen Oberflächlichkeit seines Gegners gegenüber um
so erfreulicher und deutlicher hervortritt. AVir beschrän-
ken uns bei den beiden andern Abhandlungen vornehm-
lich auf eine gedrängte Angabe ihres Inhalts.
In der zweiten Abhandlung de cquitibus Aiticis be-
spricht der Hr. Verf. die bisher in der That auffallend
wenig beachtete Stellung des Ritferstandes in Athen, um
dadurch das rechte A'erständniss für die Ritter des Ari-
stophanes zu gewinnen; er verfolgt seinen Zweck in ge-
wohnter klarer und einfacher Darsfellungsweise auf ganz
historischem AV'egc; nachdem er die AVerfhlosigkeit der
betreilcnden Abhandlung von Larchcr berührt hat, zeigt
er, dass der Ursprung der Ritter in die vor -solonische
Zeit zu setzen ist, und die solonischen Ritter, wie de-
ren ganze A''erfassung, nur eine zeitgemässe Reform des
Althergebrachten waren. Sehr scharfsinnig, wenu auch
noch nicht vollkommen gesichert, ist die A''ermiithung,
dass die 7ievTuy.oaiOfUdlLtvoi des Solon aus den reich-
sten und bedeutendsten Bürgern aller Stände gebildet
seien, dass die Silreg den früheren 8l^i(lovoyOiq, die
^Cuyirai den ysuifWQOis des Theseus entsprachen, dass
also die ilCTteii die Stellung eingenommen hätten, welche
früher die ci''7iaT()ld(U iune hatten, dass also hier der
Xamc der Ritter einen bürgerlichen Stand , nicht bloss
einen Theil der Truppen bezeichne, und dass diese Bc-
dentnng des AVortes /.TTTC/i ihren Ursprung vielleicht
schon vor Solou habe. Ferner weist der Hr. A''crf. nach,
wie seit Solou streng unterschieden w«rden niuss zwi-
schen dcu Bürgern, welche dcui Ritterstaudo angehörten,
181
182
niiil denen, welche Reiterdicusfe tliaten, denn diess iha-
feu weder alle Mitglieder des Rittorsfaiides, noch diese
anssrhiiesslich. Vielmehr wurde die Rciferci nach den
Phvleu jahrlich neu gewählt, und zwar nicht ohne, aber
auch nicht mit alleiniger Rücksicht auf den Census; so
entstand ganz natürlich auch der sprachliche Unterschied,
nach welchem iKTt£vetv oder iTTTiea dvai „Reiterdienste
ihuu", zi]v irtnaöa reXciv ,, durch den Census zum Rit-
terstandc geliüren" bedeutete, und das AVort ilCTtai; über-
haupt vom Ritterstando ausschliesslich gebraucht wurde.
Im vierten Abschnitte kommt der Hr. Verf. auf die
Aushebung zum Reiterdienste , welche ausschliesslich
von den Hipparchen jedes Jahr von A'eucm aus allen
Bürgern aller Stände, die körperlich tüchtig waren und
Vermögen genug besasscn, um ein Pferd zu halten, be-
wirkt wurde, jedoch der Bestätigung des »Senats unter-
lag. Die Geliülfen der Hipparrlieu waren die Phylar-
chen. Hieraus folgt, dass die llipparchie kein militäri-
scher Posten , sondern ein bürgerliches Amt war und
mit der Strategie durchaus nicht in Verbindung stand;
es war diess um so nothwendiger, da die Hopliten nur
auf den Kriegsfall zusammenberufen wurden, die Reiterei
aber zur Verherrlichung feierlicher Aufzüge stets bei
der Hand sein musste ; die Macht, welche die Hipparchen
hierbei über die Reiterei ausübten , vergleicht der Herr
Verf. mit der Macht der Choragen über die Choreuten ;
beider Beamten waren stets zwei , wahrscheinlich um so
einen AVetteifer zu höchster VerroUkommnung unter ihnen
stets rege zu erhalten.
Von der Art der Aushebung selbst nun sagt Xeno-
phon (Hipparch. I, 9 f.): lovg ^uv iTiTriag drjXov ort
yM.9eaiuvaL öel xara toi/ vof.iov, zovq dvvanoTd-
Tovg y.al %Qi'jLiaoL xai Gujjxaoiv ?} si^äyovra ei<;
Siy.aari]oiov ij TCEÜ^ovra' iyoj ös ol/Liai eig /.ihv t6
Sr/.aaTi'jQiov rovrovg slgay.viov dum, ovi fti] f/^-
äyiav dv rig 8iu y.eQÖoq doy.oii] tovto TCoieiV y.al
yoLQ Toig ijTTOv övpaj.uTotg ei>9vg dv shj d7roaTpo(f)i},
ei jji) TOL'S SvvaxMTÜzovq u'qcutovi; dvayydi^oig,
entweder durch richterlichen Ausspruch oder durch Ueber-
redung seien die Reiter nach dem Gesetz zu gewinnen.
Es fragt sich nun, von welcher Art hier das gerichtliche
Einschreiten war. Es konnte sich etwa ein Bürger wei-
gern bei der Reiterei einzutreten und desshalb des Un-
gehorsams beschuldigt werden ; dagegen führt der Herr
Verf. aber an , dass die Hipparchen wahrscheinlich auch
die Jurisdiction über die Pvitter gehabt hatten , hier also
Anklager und Richter in einer Person gewesen wären ;
doch ist diese Jurisdiction der Hipparchen nur A^ermu-
thung: wichtiger ist daher der Einwurf, den der Hr.
A'erf. aus der AA'ortstellung bei Xenophon entnimmt, nach
welcher das £tg diy.aaTijocov si^dysiv als das Gewöhn-
liche, das Tteldetv als Ausnahme erscheint. Sehr viel
AA'ahrscbeinliches hat daher die A^ermuthung, dass auch
hier eine 8la.8iy.aaia stattgefunden l*abe , dass die Hip-
parchen eine Anzahl Bürger zur Reiterei bezeichneten,
und dass es diesen dann freistand, an ihrer Stelle andere
als durch Vermögen und Körperschaft passende vorzu-
schlagen, worüber dann wahrscheinlich dieselben Richter
zu entscheiden hatten, denen diess bei den durch die
Strategen verthcilteu Xrierarchiecn und andern Liturgieen
oblag. Diese Meinung unterstützen auch die letzten von
Xciiophon's oben angeführten Worten, wo jedoch die
Conjectur des Hrn. A'crfs., OL'8a/u(jji; für iüÖi'g, unniithig
scheint, da, wenn man mit Camerarius nit im A^ordcr-
satze einschiebt, der nothwendige Sinn ganz vollkommen
gut entsteht. AV^as der Hr. A'erf, noch zur weiteren Be-
weisführung, dass der Reiterdienst wirklich als eine Art
Liturgie betrachtet sei, anführt, künnen wir hier im
Einzelnen übergehen , doch wird es wohl für einen Je-
den, der es nacJilicst, ganz überzeugend sein. Diejeni-
gen aber, die durch Ucberredung gewonnen wurden,
scheinen , w ie der Hr. Verf. weiter unten f S. 39) aus-
führt, solche gewesen zu sein, die gesetzlich nicht dazu
gezwungen werden konnten , z. B. solche Söhne aus li-
turgischen Familien, die noch unter der Gewalt ihrer
A'ater standen, also ohne deren Einwilligung die Kosten
des Reiterdienstes nicht bestreiten kounfeii , oder durch
ihr Alter noch von allen Liturgieen frei waren.
Nachdem so der Hr. A^erf, die Functionen der Hipp-
archeu und nanientlicli auch hier den Ritterstand und
die Reiterei als etwas durchaus nicht Znsammenhäu-
gcndes nachgewiesen hat, wendet er sich im sechsten
Abschnitte zu dem , was der Senat in Betrefi" der Reiterei
zu thun hatte. Es hatte dieser durchaus Nichts mit der
Aushebung zu schaffen, sondern erst die vollständig ge-
ordnete und einexercirte Reiterei war seiner Prüfung,
duy.ifiaoia, unterworfen; wer hier nicht bestand, wurde
alsbald ausgestossen , oder es w urde wenigstens sein Pferd
verworfen, oder endlich er wurde zu verdoppeltem Exer-
ciren angehalten; es geschah diess durch eine Art Revno
oder Manoeuvre, bezog sich also nur auf das Milifär-
wesen, keineswegs wie der Römische Census auf den
bürgerlichen Zustand der einzelnen Reiter , über welchen
letzteren nur das gewöhnliche, aus dem A'olke gewählte
Gericht entscheiden konnte. Es zeigen diess besonders
die beiden Reden des Lysias gegen Alkibiades, wo es
unter Andern! (I, S) ausdrücklich heisst: zov vunov y,E-
kEvovros, edv tiq a8oy.iixa.0T0Q, iirTtEvrj, dTifzov
Civai; hierdurch unterscheidet sich diese 8oy.l/.MOia,
die von dem Senat vorgenommen wurde, von jener der
öfl'entlichen Beamten , die auf den bürgerlichen Zustand
derer, die geprüft wurden, sich bezog. Es hatte der
Senat aber die 8oy.liia.Oia, der Reiterei als A'erivalter
des Staatsschatzes, da nach Xenophon (Hipparch. I, 19}
jährlich etwa vierzig Talente zur Ausrüstung <ler Reiterei
zugeschossen wurden, wodurch indessen derselben höch-
stens das Futtergeld geliefert werden mochte, und immer
noch viele bedeutende Ausgaben blieben; auch ein Han;!-
gcld, y.aTa.OraOtq, erhielten die ncuausgehobcnen Rei-
ter zu ihrer Equipirung, doch waren sie verpHichtet, diess
wiederzuerstatten, wenn sie den Dienst vor der Zeit ver-
liessen ; wenigstens scheint uns diess vom Hrn. A'erfasser
gegen Böckh (Staatshaush. II, 206. Corp. Inscr. I, p. 119)
ganz glaubhaft durchgeführt. Die Dauer der Dienstzeit
scheint für die Reiterei keine andere gewesen zu «ein,
als für das Fussvolk , nur mit dem Unterschiede , dass
sie vielleicht ein Jahr um's andere vom activen Dienst
frei waren , und dass AA'ahl uiid 8oy.liiaaia jedes Jahr
von Neuem eintrat, wahrscheinlich im Anfange des Früh-
jahrs, wo (nach Scidlcr de tempore ipo primum acta
^183
184
est Antigona p. LXXVl ed. Herrn.) die mil!<nri«chen
Beamten ihr Amt antrafen, oder aber mitten im Sommer
mit Beginn des Attisrhen Jahres. Zu den Dienstpflich-
ten der Reiterei gehörten niirh die Festzüge am Zeus-
(est, welches auf den eilftea Tag des IMunycliion fiel, an
den Panathenaien und wahrscheinlich auch au andern Festen.
Die Zahl der Ritter belief sich in den ältesten Zei-
ten , wo sie mit den iSaukrariern zusammenhing, auf 96«
nach der Bestimmung des Kleisthenes auf IdO, aber
etwa ieif Anfang des pelopnnnesischen Krieges auf 1000,
oder mit Einschluss der berittenen Bogenschützen auf
1200; denn wenn einige Grammatiker (z. B. Schol. Ari-
stoph. "Equ. V. 6'i4) geradezu von 1200 Rittern sprechen,
so erklärt diess der Ilr. Verf. für eine V^erwechselung
mit den vom Archon Nausinikos Ol. C , 3 zu Feststel-
lung der Vermögenssteuer und der Liturgiecn eingesetz-
ten Svmmorieen, die in der That 1200 Bürger, und
unter ihnen wohl die meisten, wo nicht alle Ritter he-
fassfen. Hier zeigt sich nun, besonders aus dem Falle
des Prnnapos bei Isaios (de Apollod. heredit.), dass durch
die neue Steuergesetzgebung des Nausinikos in den Ver-
hältnissen der Reiterei Nichts geändert wurde, und mit
Recht betrachtet diess der Hr. Verf. als einen besonders
schlagenden Ben eis , dass die Reiterei mit dem von So-
Ion eingesetzten Rifterstande Nichts als den Namen ge-
mein hatte; eher konnten seit Nausinikos die Begriffe
Rifferstand und Reiterei in einander übergehen , da die
rerschiedenen Bürgerklassen durch den Census nicht mehr
streng auseinander gelialten wurden.
Nachdem so der Hr. \er(. eine klare und gesicherte
Darstellung von der Attischen Reiterei gegeben und ge-
zeigt hat, dass sie mit der Solonischen Ritferklaiso durch-
aus nicht gleichzuslelleu ist, wendet er sich zu dem
Aristophanischen Ritterchore. Dass wir uns unter diesem
Chore nicht die Solouischen , sondern, wenn dieser Aus-
druck erlaubt ist, die factischen Ritter zu denken haben,
und dass sie ebenso schon von den Scholiasten angesehen
worden sind, begründet der Hr. Verf. durch die Erwäh-
nung der Tausendzahl (Ritter V. 22.5), der awei Hipp-
archen (V. 242, vergl. d. Schol. , dass übrigens die bei-
den hier genannten Männer wirklich Hipparchen waren,
dürfte nach Wolken V. 351 und Vögel V. 44 ff., vergl.
den Schol., sehr zweifelhaft sein), ilirer äusseren Zier-
lichkeit, wie sie sich von Jünglingen aus den reichsten
Hausern wohl crwarteu lässt (V. 5S0, vergl. Wolken
\ . 14 f., Lvsisfrata V. 5til), ihrer Hcldenthaten (V. 5<)() f.).
Nun fragt es sich, wie diese nicht bürgerliche, sondern
rein militärische Macht irgend von Einfln.ss im Staate
sein, wie sie habe anklagen oder verdammen können,
welche Rolle sie überhaupt bei Verfolgung des kleon
gespielt habe? Dass die Ritter (nach Suidas p. 1805) da»
Recht Strafen zuzuerkennen gehabt hätten, ist offenbar
erst aus der Aristophanischen Stelle (.4chariier V. ft ff,)
unil aus der Analogie der Römischen Ritter gemacht.
Die gewöhnliche Ansicht von der Stelle i.st, dass die
Riffer den Kleon der i)v}tj()bir/.ia angeklagt und zur
^Viedcrerstattung gezwungen hätten , wogegen freilich
Hr. Prof. Hermann mit Grund erinnert, <lass die Ritter
als ein geschlossenes Ganzes son.st nur da erwähnt wer-
den, wo entweder von Festzogen oder von Steuer- und
Finanzsachen die Rede ist (Polyb. XVI, 25, 5. Demosth.
adv. Timocr. p. 732, (>. Xen. de vectig. VI, 1). Er selbst
stellt folgende Erklärung auf: „Als zu Anfang des pelo-
ponnesischen Krieges die Bewohner des flachen Landes
in die Stadt flüchteten, waren es die Ritfer allein, welche
die Stadt vor Angriffen und die Umgegend vor Plünderung
schirmten (Thucvd. II, 22. Xen. Hipparch. VII, 4); da-
mals nun konnten bei der grossen Furcht, die alle Ge-
müther beherrschte, die Ritter leicht Alles erlangen,
was sie einmüthig, wenn auch ohne gesetzliche Befugniss,
verlangten; ferner scheinen sich unter den höhern Stän-
den schon damals besonders gegen die Sykophaiil.-n und
Demagogen die Klubbs gebildet zu haben , die später
den Umsturz der Demokratie herbeiführten , und dass
namentlich die Ritter diesen Verbindungen nicht fremd
blieben, darauf deuten theils des Kleon Beschuldigungen
bei Aristophanes (Ritter V. 235 f., 452, 475 fi. ) hin,
theils lässt es sich daraus schliessen, dass dieselben später
eine Hauptstütze für die Macht der dreissig Tyrannen
wurden ('Xen. Hellen. II, 4, 2 und 24). Demnach sind
die Ritter in jeneui Processe über die fünf Talente nicht
als die Ankläger ties Kleon zu betrachten, wohl aber als
die, die durch ihr Ansehen die Sache der Ankläger ganz
besonders unterstützten und zur Entscheidung brachten;
ob sie dazu durch ihre antidemagogische Gesinnung allein,
oder (nach Schol. Eq. V. 225 f.) dnrch besondere von
Kleon erfahrene Beleidigungen getrieben wurden, ist nicht
mit Gewissheit zu bestimmen, wohl aber, dass Aristo-
phanes seinem Stücke ihren Namen gab, um, wie er es
auch ausdrücklich sagt (V. 510), seine Uebereinstimmung
mit ihren politischen Ansichten und die Hoffnungen, die
er im Gegensatz zu den übrigen Reichen (V. 223) a"^
sie setzte, offen auszusprechen."
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Rintetn. ClironiL des dortigen Gymnasiums vom J. 1838.
Das Lclirer-Collegium des Gymnasiums besieht am Schlüsse des
Jahrs 1838, ausser dem Director, Consistorialrath, Prof. D.Wiss,
aus den ordentlichen Lehrern D. Bodo, D. Schick, D. Fuldner,
D. Schmitz, D. Kohlrausch, D. Kysell," D. Weismann, und den
ansserordentl. , Zeichnenlehrer Stork und Musiklehrer Volkniar.
Die Zahf der Scliülec war im Duichschnilte Hundert, von wel-
chen etwa die Hälfte einheimische, drei Achtel andere Kurhessen,
ein Achtel Auslander waren und sechs mit dem Zeugnisse der Reife
zur Universität entlassen wurden. Namens der Anstalt erschienen
lolsendeüeleKenheits-Schriften : l)von dem Director Quacstionum
Horatianarum libellus Vlll.niit den Schulnachrichtcn47S.8. 2) zur
Feier des landesherrl. Gehurtstaijes , bei welcher der Director eine
Rede hielt super Hassiae principibus de re scholastica bene meritii,
vom D. Midier, welcher nachher an das Gymnasium zu Cassel ver-
setzt worden, über die franz. Sprache als Thcil des Gymnasial Unter-
richts, 22 S. 4. 3)Thcses de annivcrsario sacroruni emendatorum
elGymnasii inaugurati, 4 S.S. 4) Einladung zurP'eier des Jahres-
wechsels, bei welcher Schiller selbst ausgearbeitete Reden vortru-
gen de monumcntis, in magnorum virorum nicmoriani hodie poni
solitis, de magno victoriae l.ipsiensis momenio post (juartam sac-
Culi parlcm rccolendo, über die fdealisirung der Vergangenheit, und
über den Wechsel der menschlichen Schicksale, ebenso Gedichte,
der Weg zum Leben, Arminii monumentum, rcrum fragilitas und
l'elcvation de l'amcaDicu, und verschiedene Tonstücke aufgeführt
wurden. Das Kurfürstenlhum hat jetzt an seinen sechs Landes-
Gymnasicn , ausser den sechs Dircclorcn, zwei und vierzig ordent-
liche, vierzehn ausserordentliche und sieben llülfslebrcr.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms Wissenschaft,
Sonntag, 24 Februar
1839.
Nr. 24.
Caroli Friderici Hermanni , professoris Marburgensis
progyiiinasinatum ad Aristophanis Ei^uites scheilias-
luata tria.
(Beschlass. )
Üiilaiigbar isi diese Erklärang durch inneni Zusam-
ineiihang und Ucbereiiistimmung mit den Zeitverhältuissen
in hohem Grade ansprechend, und Ref. trägt kein Be-
denken, dem, was der Hr. Verf. über die Stimmung der
Ritter gegen Kleon im Allgemeinen und über die dadurch
hervorgerufene Anerkennung von Seiten des Aristophanes
sagt, beizutreten. Weniger gewiss ist ihm aber doch
das auf den einzelnen Fall des Processcs Bezügliche; da
Hr. Professor Hermann selbst sagt, die Ritler hätten da-
mals ^'^ieles auch ohne gesetzliche Befugniss durchsetzen
können, so ist auch denkbar, dass der Scholiast recht
berichtet ist, dass sie in corpore oder in ihrem Namen
die Hipparchen als Ankläger auftraten, wenn zumal das
Verbrechen des Kleon irgendwie den Rittern zum Nach-
theile gereichte, wenn z. B. Kleon die Verminderung
<ies Tributs, die er den Insulanern versprochen und wo-
für er jene fünf Talente empfangen hatte , dadurch hätte
bewirken wollen, dass die vierzig Talente, welche die Ritter
(s. oben) jährlich aus der Staatscasse bezogen , vermin-
dert oder gestrichen würden, oder wenn Kleon den Rit-
tern eine Zurückgabe ihres Handgeldes, der xaraör«-
ö/si zugemnthet hätte, wovon, wie Hr. Professor Her-
mann (S. 31 f.) nachweist, einige Fälle vorkommen.
Gewiss sind diess nur Vermuthiingen , und Ref. gibt sie
nur als solche, erlaubt sich aber auch die Meinung des
Hrn. Professor Hermann über diesen besonilern Fall nur
als eine solche zu betrachten, während er sich nochmals
mit dem vollkommen einverstanden erklärt, was der Hr.
Verf. über die Bedeutung der iTTTieii bei Aristophanes
und ihr Verhältniss zu Klean und das des Aristophanes
zu ihnen sag-t, den Hauptwerth dieser Abhandlung aber,
und wahrlich keinen geringen, in der erschöpfenden Be-
handlung findet , die ein bisher zu wenig beachteter
Theil der Attischen Alterthümer in derselben erfah-
ren hat. —
Nachdem der Hr. Verf. in der oben besprochenen
Abhandlung gezeigt hat, in welchem Sinne Aristophanes
die Ritter als Chor eingeführt hat , beabsichtigt er in der
dritten Abhandlung de persona Niciae apud Aristophanem
auch die andern Personen derselben Komödie einer ge-
naueren Prüfung zu unterwerfen. Hier ist nun zuerst der
AVursthändler nur ein verzerrtes Spiegelbild dem Kleon
gegenübergestellt, welches ihn „noch n\i Frechheit über-
bietet und das wahre Wesen derselben unumwunden aus-
spricht" (Rötscher, Aristophanes und sein Zeitalter,
S. 176 )j keineswegs aber darf in demselben eine be-
stimmte historische Person gesucht werden; eine Ansicht,
die Ref. stets getheilt hat; doch dürfte man desswegen
immer noch einzelne Züge als bestimmten Personen ent-
lehnt annehmen, und Ranke's Ansicht (commcnt. de vita
Ar. p. 401 ff.)j dass durch den Namen Agorakritos
(V. 12.57) an den gleichnamigen Schüler des Pheidias
erinnert werde, nicht so unbedingt verwerfen, obgleich
wir weit entfernt sind, zu behaupten, dass die ganze
Person des Wursthändlers ein Bild dieses Künstlers sei.
Demosthenes ist durchaus nur Nebenperson, aufgeführt
wegen der Vorfälle mit Pjlos, die in dem ganzen Stücke
eine so grosse Rolle spielen, und so wenig scharf cha-
rakterisirt , dass über ihn weiter nicht viel zu sagen ist,
als dass er offenbar einen Gegensatz zu seinem Mitsklaven
machen soll.
So bleibt nur Nikias librig, das Haupt der Optima-
len, die, wie Aristophanes (Ritter V. 223) klagt, aus
Furcht und Trägheit die gemeinsame gute Sache im Stiche
gelassen hatten, Nikias, der zwar, wie ihn Hr. Professor
Hermann mit einem Kunstausdruck der Römischen Ko-
müilie bezeichnet, auch nur eine persona adventitia sei,
d. h. nur in dem Anfange des Drama auftritt, aber doch,
theils wegen seiner historischen Bedeutsamkeit, theils
wegen der besondern Sorgfalt, mit der ihn Aristujjhanes
sichtlich geschildert, eine , ausführlichere Besprechung
verdient. Sehr richtig bemerkt der Hr. Verf. , dass es
zwar die Haupiabsicht des Dichters in den Rittern sei,
den Kleon in seiner ganzen Schändlichkeit darzustellen,
dass er aber bei seinem höheren, politischen Standpunkte
die Schwäche und den Stumpfsinn der Gegner des De-
magogen um so weniger habe ungerügt lassen können,
da eben diese Fehler es dem Kleon möglich gemacht
hätten, einer solchen Stellung im Staate sich zu bemäch-
tigen; er vergleicht damit die Wolken, in welclien anch
die schlechte älterliche Erziehung gerügt wird als der
Grund, auf den tue Irrlehrer ihr Werk haben errichtea
können; die Rolle, die hier Strepsiades, dieselbe spiele
dort der Demos, beide seien der Besserung bedürftig,
aber anch fähig, und zu dieser beizutragen, nicht nnr
auf die eigene Sicherheit zu- denken und das üfFentlirho
Unglück mit eitela Klagen zu verfolgen , sei die Schuldig-
187
188
keit jedes türhiigcu Biirgors. In »licscni Sinne also ninss
denn anrh Kikias herliallcn, der dem Klcon sogar sei-
neu allbeHflhrteu niilifilrisclion Riilim aus furclitsamer
Nachjfiebigkeit aufgeopfert liatte (Tliucjd. IV, '2i^) und
nberli.uij)« eine unzeitige Abneigung gegen den Krieg
und alle Tlieilnahnie an üirentliclieii Gesrh.'iften zeigte.
flr. Prof. Hermann kniipft hieran eine Erläuterung ver-
schiedener Aristophanischer, den Nikias betrell'enden
Stellen (Ritter V. 31', Vi.gel V. Iiö7, 361, Fragni. IMi
Dinilf.), die wir jedoch, da wir mit derselben vollkom-
meu übereinstimmen, liier übergehen. Ebenso Viber-
gehen wir einen hier eingeschalteten Excurs gegen Sü-
verns Abhandlung über des Arislophanes rijQaq, »elchem
Stucke Hr. Professor Hermann alle politische Beziehung,
also auch die Einführung des ISikias abspricht, «orauf
«ir vielleicht bei einer andern Gelegenheit n.'ilier ein-
gehen können, und eni.'ihneii nur noch die gelegentlieh
ausgesprochene AVrniuthung des Hrn. Verfs. , dass unter
Aer Person des Philokleon in den '>"espen der Demagog
Eukrates, der durch Kleon von den Staatsgesch.'iftcu ver-
drangt zur Betreibung eines bürgerlicheu Geschäfts zu-
rückgekehrt »var, zu verstehen sei.
Aristophanes hat den beiden Sklaven in seinem Stücke
die Kamen Kikias und Demosthenes nicht selbst beige-
legt; wie der Hr. \eri. meint, «eil es unpassend ge-
wesen sei, freie Blänner als Sklaven aufznlühreii , wie
Ref. meint, weil er überhaupt in dem ganzen Stück die
wahren Namen der Personen verschwiegen hat und ge-
wiss auch den Kleon nur als llacfXc.yujv namhaft ge-
macht hatte i namentlich sind aber die Masken im Pro-
log streng durchgeführt; desshalb ist auch die Conjectur
des Hrn. Verfs., den Aanu^n UiKoi (V. 55 wie V. lUßH)
in Tli'ilUi umzuivandeln , unbedingt anzunehmen. Die
wahre Bedeutung jener Sklaven aber kann keinen Augen-
blick zweifelhaft sein. Die Aengstlichkeit des jVikias
und zugleich seine Hinneigung zum Lakonismus hat der
Hr. Verf. sehr gut nachgewiesen da, wo Nikias denver-
steckten Rath des üeberlanfens (V. 21 IT-) oder den Tod
des Themistokles zu wählen (V. 83 f.) gibt, und hat
zugleich darauf aufmerksam gemacht, wie in jener gan-
zen Stelle die Euripideischc Art zu sopliistisiren Icicher-
lich gemacht wird. Grösserer Uebereiustimmung wegen
mit dem Folgenden und deu Charakteren der SprecLcn-
deo selbst ordnet nun der Hr. Verf. Vers 10 — l8 fol-
geoderuiassen :
dll. y.ui ISI. fui /J.i> /iv fiv fxv /iv fio fiv /w ur jtii [iv.
AI. Ti y.ivi'iJÖiJiiy äJJ.v)^; 00/. i/'>T]v Cijcctv nva.
ov)iiuHav vijiv , aKLa fiij -/.Kätiv in;
JH. xiq ui'v yevoiz dv; kiye oi>. JSJ. ov fiip ovu
fiot kiye,
iva 1^' ixäyvj(iai. z///. ua tov '^ircüKku)
'yuj f^ev dv,
d}X eme 9aooojv, eha v.dyta doi (fQuata.
ni. dkK oi'y. evt f^oi rb doirre' ttcJ; du oiv Ttoxs
ihütii UV o.i'iu dijTu Y.oiiÜJtvoi:[r/.(~)Q;
Ttojg äv Oll flu i Ati;iU'.g dfil yjji) kiycii';
Gegen diese Auordnang hat sich G. Hermaun (in dieser
Zeitachr. 1837» Heft 5, >r. 0',') erklärt, und wir ver-
wcisrn ü/ritt aller weiteren AiLsführung auf die treuliche
Anordnung, die dort den Versen 10 — 3() zu Theil ge-
worden nnd für Ref. wenigstens ausser allen Zweifel ge-
setzt ist, und der auch gewiss Hr. Professor Hermann
seine Zustimmung nicht versagt, da sie seine ganze Auf-
fassung des Mikias und Demosthenes nur unterstützt, ja,
auf derselben beruht und sie wesentlich fördert. Nur
sehen wir nicht ein, warum G. Hermann das von dem
Scholiasten und dem werthvollen codex Laiireutianus 1 .
bei Dindorf gebotene fj(j[reTTa:; (V. 3-') gar nicht be-
rücksichtigt; der Sinn dieser l'erse aber in Bezug auf
die Religiosität, mag es nuii eine wahre oder vorgebliche
sein, und den Aberglauben des IN'ikias ist von Hrn. Prof.
Hermann auf eine höchst anschauliche ^Veisc klar ge-
macht worden. Wenn derselbe dagegen die Stelle ^'er"i
85 IT. so erklärt, dass nicht sowohl dem Demosthenes
Trunksucht, als dem Nikias eine zu grosse Nüchternheit
damit vorgeworfen werden solle, so kann Ref. dem nicht
beitreten ; es fehlt dem Bilde des Demosthenes im Uebri-
gen so sehr an positiven, charakteristischen Zügen, ilass
man ihm diesen einen nicht auch noch absprechen miiss,
nnd wenn dem Nikias (V. gy f.) seine übergrosse Nüch-
ternheit v<irgc>vorfeu wird, so muss man bedenken, das»
das eben von dem trunksüchtigen Demosthenes und nicht
von einem unparteiischen Zeugen geschieht.
Der Hr. ^'erf. weist nun weiter nach, wie Nikias
fortwährend, auch da, wo es darauf ankommt, den Kleon
anzugreifen, sich gleich bleibt, wie er so froh ist, den
Wein unbemerkt gestohlen zu haben {\ . 10t), mit wel-
cher Furcht er an die Enfwendung der Orakel geht
( V. 111 f.), wie er sich endlich aus der gefährliclieii
Gesellschaft <les Wursthäiidlers entfernt unter dem Vor-
waiide, den Kleon zu beobachten (V. 154). Nun fragt
es sich, ob Nikias nach diesem Abschiede noch wieder
zum V^irschein kommt oder nicht? Er erscheint aber
nach Diiidorfs Text noch V. ,'34 u. 3;y — 3'^l. A priori
lässt sich allerdings von dem Charakter des iMikias und
der Art, wie er sich fortmacht, nicht erwarten, dass er
ohne dringende Nothnendigkeit den Schanplats des Kam-
pfes wieder betreten wird, und so nur konnte tieni Ge-
setze des Kratinos (^7lC(Jt /.uifivid. XV'l, 15 Dindf. l,
dass nur drei Schauspieler zugleich redend auftreten soll-
ten , Genüge geschehen. Dass der Hr. Verf. die Versi:
3l<) — 321 dem Nikias ab- und dem Demosthenes zu-
spricht, kann man nur billigen, ebenso, dass er di«
von Ranke (de vita Ar. p. 3it9 i) dem Nikias noch wei-
ter zugeschriebenen Verse nicht anerkeuut; denn dass iti
nSQt xuv Nl/.iav (Schol. v. 482) die Partei und nicht
die Umgebung des Nikias sind, ist durch deu Spracli-
gebraiicli klar genug. So bleibt nur noch \. 234, den
Hr. Prof. Hermann und mit ihm G. Hermann am ange-
führten Orte dem Wursthändler in Aeu Mund legen,
gegen alle Handschriften, deiicu Ref. hier jedoch Recht
zu geben geneigt ist: Nikias hat gesagt, er wolle sii h
auf die Lauer stellen, uud wenn er diess auch nur tli.it,
nm sich davon zu machen, so ist es doch seine Schul-
digkeit, den Verbündeten das Nahen des Feindes zu mel-
den, Lei dem ihm aber vor allen Dingen die eigene Ge-
fahr einfällt {uiiiOL y.uy.odoJ.fiu)V); der Wursthäudler
will, ohne erst durch unnöfhige Worte des Klcon Auf-
merksamkeit auf sich zu ziehen, die Flucht ergreifen.
1«9
190
Mikias kann bei diesem Ausrufe seinen Ilinicriialt für
einen Angenblick verlassen haben: Halirscheiiilicli aber
rnft er von der Seile, wohin man iliu abgehen sah, her-
vor , ohne auf der Biihno zu erscheinen , nesshalb denn
auch Klcon im Folgenden bloss den üenjoslhenes und
den 'Wursthäridler anredet. So kann diese Zivigrhenrcilc
kaum als ein naQUyoijryiJf^ia angesehen ii erden, und
Aristophancs, der die Rolle des Kleoii «spielte, kann
aut'h so noch die Nebenrolle des Aikias recht gut damit
irrbunden habeii.
Hiermit ist also die Erscheinung des Nikias in den
Rittern abgeschlossen und nesshalb ihn Aristophanes über-
haupt und vvesshalb er ihn gerade so geschildert, vull-
koniuien klar. Nicht die politischen Ansichten, \io\\\
aber die Absichten fielen bei Aristophanes und Nikias
vielfach zusammen; beide sollten den Frieden, aber jener
Afhens, oder richtiger ganz Griechenlands vregen , wie
diess ans dem Frieden deutlich genug hervorgeht , dieser
seinetwegen, denn so geradezu Spartas wegen möchten
«ir mit Hrn. Prof. Hermann nicht sagen, wenn wir gleich
darin ganz mit ihm übereinstimmen, dass INikias einiger-
massen iakonisirt habe. Nikias und Aristophanes, beide
waren Gegner des Kleon, jener, weil er zu denen ge-
hörte, von denen Euripides sagt:
Ol okßioi
ävojfpskeig rs 7ik{/Mvu)i/ t' iQcao dei, dieser,
weil er zu denen gehörte:
TQiüJv St iio/pojv ij v f^iioo) cvjCsi noksi?,
y^üofuov (f'ikäoooi'O ovxiv v.v tÜ^t^ nvKiq,
Kleon aber zu denen:
oi b' ovx ix°^'^^? '^f'" OTto.viCovTec. ßioi'
dctvoi, pr/LioiiSi tw (fdüiui ntiiov iä(JOi;,
yl.vjooan; nvvi^nvjv TiQOOTaivJv (fijluvf^isvoi.
Snppl. 240 ff.
So gehörten also Nikias und Aristophanes im Wesent-
lichen doch zu verschiedenen Parteien, denn auch von
Aristophanes wird mau , ebensowenig als von irgend ei-
nem Griechen sagen können, dass er über allen poli-
tischen Parteien gestanden habe; ob aber Hr. Prof. Her-
mann den Nikias in dieser ganzen Abhandlung selbst
nach dem Sinne des Komikers nicht etwas zu tief ge-
stellt und seine bürgerlirben Tugenden etwas zu wenig
anerkannt hat, darüber .dürfte mau no<h rechten können ;
jedenfalls erscheint doch >ikias als ein ernstlidier und
von Eigennutz freier Gegner des Kleon, der ihn nicht
wie der Wursthiindler dnrdi hi ; uoicidliioilai (V. 12U(i)
stürzen «ill, auch wird der Frieden vom Jahre 4L'I,
.seiu Werk, vom Diihter als ein sehr erfreuliches Ereig-
niss im Frieden begrüsst. Wenn aber Hr. Prof. Hermann
noch schliesslich fragt, «esslialb «olil Aristophanes nir-
gends <leu Reichlhuiii des Nikias erwähne, so scheint
uns die nächstliegende Antwort, dass Wikias bei seiner
Lebens- und Sinnesart für sich zu wenig auiTallcndcu
Gebrauch lon seinem Reichtbum machte, als dass er zu
einer komischen Erwähnung desselben veranlasste und die
grossen Summen, die er nach Plutarch (Nie. 3) auf Cho-
rcgiecu und dergleichen «andte, boten doch selbst nach
PlutarcL's Auslegung seiner Beweggründe dazu nur einen
sehr eiiifernten Anknüpfungspunkt an das dar, was der
Dichter sonst gegen ihn aufstellt.
Diese Anzeige ist uns unter den H.'lnden zu einer
Ausdehnung angewachsen, wie wir sie Anfangs durchaus
nicht beabsichtigten; möge man daraus auf den reichen
Jnhalt der besprochenen Abhandlungen schliessen, deren
Einzelnhciten alle hier zu erschöpfen unmöglich ist.
Sollte es bei dem trefflichen Klange, den der Name des
Hrn. Vcrfs. in der philologischen Welt hat, und bei der
Zeit, die seit dem Erscheinen des Wcrkrhens schon ver-
tlosscu ist, überhaupt noch nöthig sein, auf dasselbe auf-
merksam zu machen, so können wir Allen, die sich für
diese Forschungen interessiren, versichern, dass sie die
vortreffliche Methode, die darin herrscht, ebenso sehr
anziehen, als die Resultate befriedigen werden.
Meiningen. Im September 1S38-
W. A. Passow.
\
Leber den Handel der griechischen Städte zur Zeit
des Kaisers Hadriaa.
So verschiedenartig auch die Frage beantwortet wer-
den mag, ob die Regierung der Kaiser Trajan , Hadriau
und der Antonine für die Menschheit eine glückliche zu
nennen sei, so unbestritten sind doch die grossartigen
Schöpfungen in dem Bau von Tempeln, in der Anlage
von Landstrassen, Wasserleitungen und anderer den
Verkehr der Menschen begünstigenden Bauten, welche
nur mi* den ausserordentlichen einem Kaiser der Römer
zu (iebote stehenden Mitteln vollführt werden konnten.
Merkwürdig ist es aber, dass die Schriftsteller der Kai-
ser darüber schweigen , während sie in der Aufzählung
ihrer Laster so vollständig sind. Dafür aber reden die
Schöpfungen der Kaiser noch nach Jahrhunderten selber
zur Nachwelt. Es vergeht fast kein Jahr, dass man
nicht eine Inschrift aufgräbt, welche einen Kaiser als
den Erbauer eines Tempels oder einer Landstrasse feiert.
Eine besondere Aufmerksamkeit verwandten die Rö-
mer auf die Landstrassen und deren Sicherheit. Schon
Cäsar sorgte für die Sicherheit der röm. Ranflente auf
der Strasse von Oberitalien nach Gallien {Caes. B. G. 3, 1).
Der grausame und wollüstige Nero erbaute die herrliche
Landstrasse von Apamea bis Nikäa in BitJivnien, von
welcher kein Schriftsteller redet (Berghans Aniialen 1838
in Sapiers Reise in Kleinasien S. 33(')- So erbaute der
Kaiser Trajan eine Landstrasse von Aquileja ans nach dem
Innern von Illyrien, wahrscheinlich nach der Donau zu
und eroffuete mittels der Kolonisation Dariens einen zwei-
ten Jasonsweg vom schwarzen zum adriatisrheu Meere.
Dieser IJandelsweg erforderte aber wegen der Menge der
umwohnenden feindlichen Völker bedeutende militärisch«
Streitkräfte, so dass er unter Trajans Nachfolgern bald
aufgegeben zu sein scheint.
Eines besondern Schutzes scheinen sich die Städte
Griechenlands, vorzüglich die Städte Joniens, Bithjniens,
an der Propontis und am schwarzen Meere vom Kaiser
191
192
Uailriaii erfreut zu lialipn. Der |ioiitisclie Hamlol mit
eiiij^psalzenen Fischen (ctfur/oi rruvr/y.oi Atlienaeus 3»
p. ll'l) war ichon zur ßlüthczcit Atiioua beilcutRiid. Die
IJyzaiitier triebca den Fang der Thuiifiüche damals srlion
im Grossen, wie iu neuerer Zeit die Ilolläuder den He-
riiigsfaug-, Atlienaeus III, p. 1214- Zu Trajans Zeiten
var Bvzauz s« blühend, dass der Ilauptmann einer Legion
dort seinen Sitz nahm Plin. ep. 10, 82- Noch mehr
aber scheint der Handel der Städte des östlichen Grie-
chenlands und des westlichen kicinasicns sich gehoben
zu haben, als der Kaiser Iladrian durch die Gründung
Tun Adrianopel dem Handel nach dem Innern IMakedo-
iiiens und Italiens eine festere Richtung gab. Wegen
der Stürme konnte mau nicht zu jeder Zeit das äg.'lische
Hleer befahren; ein Landweg war also sehr er»vünscht,
zumal wenn er die Entfernung bedeutend abkürzte. Nun
führte zwar schon zu Cicero's Zeiten eine 3Iilitiirstrasse
ruu .ApoUonia zum Ilebros, allein diese Landstrassc *)
«ar eben zu Cicero's Zeit so unsicher, dass man sie gern
»ermied (Cic. 1, Phil. 3 : Quum Brundusium iter(|ue illud
tjnod tritum in (rraeciam est non sine causa vitavisscnj
aud de prov. Cons. 2 ut ria illa nostra quae per Mace-
doniam est Dsque ad Hellespontum militaris non solum
excursionibus Barbarorum sit infesta, sed etiam castris
Thraciis distincta ac notata). \un war aber nach Lir.
3S, 40 der Weg vom Hellespont bis zum Hebros gerade
der unsicherste; von der [\lündung des Ilebros führte der
Weg durch griechische Kolonieen und hatte keine Gefahr.
(Hoc omne per Graecorum colonias pacatumiter fuit). Durch
die Gründung von Adrianopel ward nicht allein diese
.Strasse noch sicherer, sondern es konnten auch die Waa-
ren von Apollonia am schwarzen Meere unmittelbar zun)
Hebros gelangen, ohne dass sie den Stapelplatz zn Bv-
zanz berühren durften. Nach einer zu Olbia gefundenen
Inschrift (bei Boeckh Corp. Inscr. II, Fase. 1, Nr. 2UV.)
waren bei dem jonischen Handel folgende Städte bethei-
ligt: Albiopolis, Hcraklea, Fanos, Tom! , Milet, Cher-
»onesos, Nikomedia, Bvzanz, Prusa, Istros , Kjzikos ,
Bosporos, Nikäa, Amasia, Olcssus, Kallatis , Apamea,
Tvra und Sinope. Denn alle diese Städte hatten Bürger
in Olbia zum Betrieb des Handels dort wohnen (oiV £/.£-
8t]uovv Ol ^evoi). Auf Kaiser Hadrian's Antrieb be-
Bchrieb Arrian, als Statthalter zu Kappadokien, den Pe-
riplus des schwarzen Meeres, östlich von Sebastopolis
bis Trapeznnt and westlich ron Sebastopolis bis Bjzanz.
Zur .Sicherheit gegen feindliche Anfalle ward Trapczunt
mit festen Mauern umgeben und der Hafen verbessert.
Arriau: periplu». maris Euxini p. 12't. Durch die Stadto
Trapczunt, Amasia, Sinope, Hcraklea ward der Handel
rillt Odessos vermittelt (Diod. 20, 112), welches der
ilauptort der thrakischcn Pentapolis war und mit Apol-
lonia, Kalatis, Tomi und Mesambria in Verbindung stand.
Daneben stand der Kaiser Hadrian mit den Königen der
Die Gelcgenbeitssclirift der Tübinger Universität bei Ge-
legenheit der Göttinger Jubelfeier: de via Egiiatia war
mir aicbt zur Hand.
Bosporancn im besten Einvernehmen, wie die Inschrift
bei Böckh Nr. 210S f. beweist. Durch diese Fürsorge
des Kaisers Hadrian mochte es geschehen, dass nicht
nur die St.'idte am schwarzen Meere, sondern überhaupt
im östlichen Griechenland von neuem aufblühten und ihn
mit Recht ihren Gründer nannten. Nach Pausanias |,
18, 6 hatte jede Stadt, welche den Kaiser Hadrian als
ihren Gründer betrachtete, ein Standbild des Kaisers für
den Tempel des olympischen Zeus zu Athen geweiht.
So finden sich auf Inschriften die Namen folgender .Städte:
Sebastopolis (Böckh C. J. No. 342), Abydos (No. 331),
Aegina (No. 332), Amphipolis (No. 333), Bphesus (No. Vir,),
Thasos (No. 33ii), Keramus in Karlen (No. 337), Kyzi-
kos (No. 338), Milct (No. 33S a.), Sestos (No. 343).
Alle diese genannten Städte verkünden mit den grössten
Lobsprüchen die Verdienste des Kaisers. Bis zu den
Streifzügen der Gotheii und Scythen im J. 2J8 und 250
scheinen auch diese Städte sich ungestört des Handels
erfreut zu haben. Aminian. Marcellin. 31« ö- Zosimus
1, 32.
Wismar , November 1838'
D. C. C. H. Burmeisler.
Personal-Chronik, und Miscellen.
Uli neben, 26. Jamnr. Seit Ivurzera ist die vom Könige
in Rom angekaufte antike Bionzeitatue (IVr. 30} in der Glypto-
thek uml zwar im Saale der Bron/.en aufgestellt. Es ist eine
weibliche Figur mit kurzem Vcnnelkleidc (Stola) mit einem wei-
ten und grossen Mintel (Palla), der in der Höbe der Brust
umgeschlagen und iiber diese in einen Wulst gewickelt durch
den linken Ann festgehalten wird. Allgemein stimmt mau dar-
in überein, dass ilieses Kinstwerk in die fri'iliere Raiscrperiode
gehöre und eine Her besten GewandTiguren des VIterthums sei.
und nauientlicli der Guss von einer iinübertrelTlicIicn Vollen-
dung der Technik zeuge. Weniger iiboreinstimincnd ist man in
Bctreir der Erklärung derselben ; und wenn Einige eine Miner-
va, Andere eine Penelope darin seilen, so bezeichnen sie wiederum
Andere als Bildnissligur einer Kaiserin; in keiner Annahrae in-
dess ist die Bewegung der Arme und llaude — beide sind halb
erhoben, die rechte verwandt und als ob sie einen Faden oder
sonst etwas Feines durch die Kinger zöge — besonders berück»
sichtigt. Den besten Aufschluss würde der Fundort geben, und
dahin sollten sich die antiquarischen Forschungen wenden. Sic
wurde 1834 in iler zerstörten Sla.lt Viilci ausgegraben und,
nacbdeii) sie eine Zeit lang Im Grc.'orianischen (etruskisclicu)
Museum des Vaticans gestanden, durch V'ermittelung des Gene-
ralsecretars und Bildhauers W.igner für <leii König von Baiern
um 11,000 II., eine verb.dtnlssniissig sehr geringe Summe, an-
gckauli. Der Kopf ist neu und iiacli dem von Tlionvaldsen
verfertigten Mo Icll ge^oisen. Interessant ist, dass sich eine
antike Wiedcrliiduug der>e1bcii Statue, jedoch in Marmor, bei
dem Kunsthändler Depoletli in Boin befindet, an der aber iCopf
und Arme ergänzt sind.
Münster, 20. Januar. Unsere Ahademic bat in diesen
Tagen durch den Tod des D. KaltlioflT, eines ausgezeichneten
Spracbkenners und vorzüglichen Orienlalislen , einen empfind-
lichen Verlust erlitten, der so bald nicht wieder ersetzt werden
dürfte. .
Z e i t s c li r i f t
für die
AI tertliu ms Wissenschaft.
jMittwochj 27- Februar
1839.
Nr. 23.
l'ebcr (las Gcscliiciilswerlv. des Ilerodot.
Ilfit. 2, l?.'i, >vo or (Ion h uiiderbareii Bau «1er Pvra-
iniile «los Clioops schildert, sagt: ,,Ks findet sicli aber in
Agvptisclier Sclirift auf der Pyramide terzeiclinet, wie
ncl auf I{etti<fc, Ziviebeln und Knoblauch für die Ar-
beiter lerivaudt ivurde ; und sofern ich 7nich recht gut
erinnere fo'j' tut €v tmivijOi.>(Uj, «as der ÜDliiietsrher,
der die Sclirift las, mir sagte, IdOO Talente Silber seien
dafür bezahlt »vordeu u. s. iv." lldt. führt hier ofl'enbar
die AVorte u'j^ tut tv utfivrrs^ai zur Uestatigung jener
fast unglaublich scheinenden Geldsumme an ; es fragt
»ich, ivaruni er nicht vielmehr auf seine Collectaneen
verwies, in die er diese flierkuürcligkeit sofort einge-
tragen habe, und welche ja bei dem Leser weit mehr
filauben finden müssen, als sein Gedäclitniss ? Oiine
Zweifel, weil er die&c Angabe nicht in denselben auf-
gezeichnet hatte. Also selbst Zahlen, ja, solche, die
ihm sogar an's Wunderbare zu grSnzen und desshalb nm
«o bemerkenswerther schienen , und durch ilie seine
Glanbenswürdigkeit am leichtesten in Misscredit kommen
konnte, schrieb er nicht gleich auf, sondern verliess sich
auf das trügerische Ged.'lchtniss. Denn mit Recht schlies-
8en wir von dieser Stelle auf mehrere, h.'itte er nur dies-
mal die sofortige Aufzeii hnnng aus Verseilen oder nnter
der Menge der das griechische Auge in Staunen setzen-
den ägyptischen Sehenswürdigkeiten vergessen, so hätte
er gesagt: ,,fch habe es freilich leider vernachlässigt, die
Summe, welche der Dollnietscher nannte, in meinen
Collectaneen anzumerken, aber ich erinnere mich der-
selben noch sehr genau." Oder yvill man etwa sagen,
gerade wegen ihrer Merkwürdigkeit habe er diese Summe
nicht aufgezeichnet, da sie sich ohnehin hinlänglich ein-
geprägt habe ? Gewiss nicht bei einem so bedächtigen
Forscher, wie Herodof. 31it Recht also, deucht mir,
schliesst man weiter, dass er ihm selbst äusserst bemer-
kenswerthe Zahlangaben sich nicht gleich aufschrieb , er
es bei gewohnlichen , bei tienen ein Paar Einer nnd
Zehner mehr oder weniger oft denselben Glauben fin-
den würden, noch weit eher unterlassen habe; was seine
Bestätigung durch mehrere Widersprik he findet, die sich
in Zahlangaben bei ihm zeigen. So erzählt er J , t7.j
von den Pedasiern, wenn ihnen ein Unglück bevorstehe,
wachse der Priesterin der Athene ein Hart, diess sei
schon iTteimal vorgekommen; 8, 104 wiederholt er das-
selbe und sagt nur zweimal; ferner 4) 18 sagt er, die
S'/.vSaL ycop'/ot wohnten nach Norden elf Tagereisen
weit zu Schür den Uorvsfhenes hinauf längs diesem
Flusse, aber 4, 53 nennt er nur zehn Tagereisen. AVio
sollte der genaue, bedächtige Herud<it, wenn er diese
Angaben in seinem Souvenir aufgezeichnet hatte, nicht
nachgeschlagen haben, uin seine Leser vor Irrthümeru
zu bewahren? Diese Widersprüche können also nur als
Gediichlnissfehler angesehen werden. Abgesehen nun
davon, dass llerodot's Glaubwürdigkeit dadurch einem
Jeden bedenklich werden müssfe, fragen wir zunächst
für unseren Zweck: IMuss nicht unser Glaube darau,
dass er Collectaneen überhaupt gehabt, wankend werden,
wenn er nicht einmal Zahlen, ein Punkt, in dem man
sich bekanntlich am wenigsten auf's Gcdächtniss verlassen
kann, darin verzeichnete? AVie , wenn er also aufseineu
Reisen gar kein Tagebuch führte (er erwähnt es nir-
gends), nnd sein ganzes AVerk im A^ertrauen auf sein
Erinnerungsvermögen abfasstc? Beispiele von solcher Ge-
dächtnisskraft sind im Alterthume nicht ungewiihnlich,
besonders in früherer Zeit, da das stete Mitsichführcn
eines so bedeutenden Schreibmaterials, wie es für die
reichen Beobachtungen eines Ilerodot erforderlich war,
auf den weiten Reisen unbequem und umständlich sein
nuisste. Dafür scheinen ferner die inannichfachen AA^ie-
derholungcn, die siijh in seinem AV'erke , auch ohne Ci-
tation der früheren Stelle, also uniewusst , finden (cf.
2. B. oben), zu sprechen. Denn hatte er Collectaneen,
so musste er sich ja bei jedem Punkte, den er bereits
in seiner Gesichtsdarstellung abgehandelt, diess durch
ein Zeichen anmerken, um nicht dasselbe aus A^ersehen
mehrmals vorzutragen. Hieraus scheint sich auch zu er-
geben, was von seinen assyrischen Geschichten 1, 184
zu halten sei: er vergass späterhin sein früheres A''er-
sprechen, sonst hätte sich zur Erfüllung desselben am
Ende des dritten Buches, Uo er die AViedereinnahmc
von Babylon durch Zopyrus berichtet, allerdings, w io
Jäger, (iisputationes Ilerodoteae duae, p. 15 richtig bc-
merkt, eine passende Stelle gefunden; denn dass er noch
nach dem Ende des neunten Buches, wo er schon ganz
und gar in die griechische Geschichte hineingekommen
war, beabsichtigt habe, von Assyrien zu sprechen, ist
nicht denkbar. Und wie soll man sich endlich verschie-
dene Rechenfehler in ganz einfaihen Exempelii bei ihm
erklären , »vShrend an den meisten Stellen seine Rech-
nung durchaus richtig ist, als dadurch, dass man an-
nimmt, er habe aus dem Kopfe gerechnet nnd sich
195
19G
tlabei iiiKuiiter rorsclieii. rf. i. B. die Ausleger zu
3, 9\
SuUtoii diese Fnl^^erniigen , die «ir liier zur allge-
meiiien Priifiinjr vorlegen, ri< litig sein, so «lirde sieh
daraus mit >'ii(li«eiiiligkeit die >'irlitij,'keit der heriirh-
figfeu <>lMii|iisi heil \'oi lisiiiig ergelieu, die an sirli lri><z-
ihrer beredten ^'erllieidiger doch immer sehr |)rek?«r
bleiben nird, mag man vun Lurian's Artion für eine
Ansicht haben, welrlie man uill; in dem übrigens drei
Punkte entsthiedeii falseh sind, I) dass Jlerodot selbst
sihon sein Merk in neun Uiieher getheilt habe; 'i dass
er mit seiner fertigen Geschichte aus Tarine nach (irie-
clicnland geki mmeii , und 'S) alle neun Ijucher zu Olym-
pia vorgelesen habe. Denn eine solche Zersfofziiiig des
^'afrrs <ler (jcsciiidite, nie man sie jener ^'orlesiiiig zu
Gefallen annimmt, bleibt immer ein bedcnklii her Schritt,
eine sehn er zu verantii ortende Impiel.'lf. Die Ejiijoden-
sucbt unseres Schriftstellers bietet dazu einen nicht recht-
mässigen ^'orivand dar; denn sie ist nicht eine zufällige,
sondern eine leirusste , "ie die AVorte 4, 30 loo^^i--
■/.ui yoQ dij uoi 6 t.oyoi ei; ('O'/ri tdiCrro klar zei-
gen ; er «ar des Interesses seiner Leser gewiss, und
Landhabt diese Weise mit solchem Geschii k , dass bei
aller iMannichfaltigkeit doch sein Haujitthenja feststeht.
Ebenso falsch ist die Uebertragung der ganz üiissetlichen
Lloss zum liehuf des bequemeren Citirens (wo ein allge-
meines t/j^ y.at TTQOTfoov iiui tiQizni oder ( T frj ü)-
dl TOV Koyov iiviptr^v eTTOltjnä/iljv nicht a!i>znrei-
cheu schien) von ihm angewandten Eintheiinng des Wer-
kes in koyul auf ilie innere lieschafl'enheit und Eiitste-
hungsvveise desselben. Wie soll man sich ferner ein
nachheriges Einschieben späterer geschichtlicher Data in
dem früher abgefassten AVerke oder Theile des A\'erkes
Torstellcn.^ zumal solcher, wie die meisten sind, die für
die Darstellung des Ganzen durchaus unwesentlich sind?
■wenn er z. B. 7, 233 erzahlt, „Xerxes habe den The-
banischen Feldherrn Leoiitiailes brandmarken lassen",
«nd dann hinzufügt: „den Sohn des Leontiades, Eurv-
machos hätten lange nachher die Plataeer getöiltet als
reldherrn der 400 Thebaner, die im Anfange des pelo-
ponnesischen Krieges Plataeae eingenommen hatten"; so
ist diess ein Zusatz, der auf den Zweck der Erzählung
par keinen Bezug hat und eben daher dem Hdt. sp/iter
gar nicht mehr eingefallen wflre. Dergleichen sind Ein-
gebungen des Allgenblicks ; indem er jenes von Leontia-
des erz.'ililte, fiel ihm ein, dass diess der Vater jenes
Eiirvmachos sei , nnd fügte es so hinzu, Alan »ende
nicht ein, Hdt. sei nun einmal ein solcher Ueberkritzler
von allerlei für die Darstellung ganz iinwesentliclieu
Punkten gewesen und habe dergleichen gellissentlich
genuc/it bei spaterer l'eberarbeitiiiig. Dazu sind ilie gi«.
legentlichcn Erwähnungen spaterer Zeiten zu selten, ab-
gesehen davon , dass eine solche l'eberarbi'ituiig kaum
denkbar ist bei einem Schriftsteller, (Irr das Ganze micli
nicht entworfen, der über der l'ollendung dcsseliicii hin-
Btarb , wie das abrupte Ende des neunten Bucbrs eiit-
ecbieden beneist, wenn man nicht aiinchiiien will, die
Lnst habe gefehlt, das vorgesteckte Ziel zu vollbringen.
Und angenommen , lldt. habe das erste Buch schon vor
461) vor Chr., als in welchem Jahre die olvinpisrhc Yor-
lesiing gehalten sein soll, geschrieben gehabt, und das
übrige erst nach 4'.'f) (ein Kieigniss aus diesem Jahre
schon 3, KiO: ilie .Stellen 9, 73. 3, 15- und 1, 130,
die sieh nach Dahlmann noch auf die Jahre 413 nnd
4(I,S lieziehen sollen, sind von Krüger, Leben lies Thu-
«MÜdes pag. 25 sqij. mit entschiedenem (ilücke, als. vun
jenem falsch gedeutet, abgewiesen) verfasst , so dass also
ein Zeifranm von wenigstens 30 Jahren zwischen dem
erstereii und spateren Theile des >\erkes läge; inüsste
sich nicht in demselben eine verschiedene Farbe des Stvis,
wie in der Deiikw eise zeigen ? Wovon nirgends eine Spur ;
vielmehr überall dieselbe Sprache, dasselbe Gepräge be-
jalirlen Ulannesalters , reifer Erfahrung, gediegenen L'r-
theils, tiefer Gemüthsruhe; kurz, das ganze Werk er-
scheint nie in einem Giiss geschrieben.
J>as AVerk des llerodot steht hier in einem gleichen
A'erhaltiiisse , wie das des Thucydides; und doch ist es
bei der früher allgemeinen, aber entschieden falschen
Ansieht, dieser habe schon wahrend des pelopoiiiiesisclieii
Krieges sofort seine Bücher ausgearbeitet, INieniandem in
den Sinn gekommen, aiiziinelimen , er habe die ziemlich
häufigen Beziehungen auf spätere Ereignisse erst nach
beendigtem Kriege eingeschoben, cf. Krüger pag. 73.
Blan sieht auch beim ersten Blick auf solche Stelleu ,
wie abgeschmackt eine solche Annahme wäre, da sie von
der Art sind, dass man nicht begreift, was den Schrift-
steller hatte bewegen sollen, sie spater einzuschieben.
Thiicvdides schrieb seine acht Bücher Geschichte nach
Kiüger's unwiderleglicher Darstellung in Einem Jahre
nach Beendigung des Krieges (pag. (jg) (dass er, wie
Krüger meint, bereits gegen das Ende der 04. Olympiade
gestorben sei, könnte man noch durch eine. Stelle des
Tliuc. selbst bestätigt finden 8, (iS , wo er sagt, Anti-
phon habe >oii Allen, die zu seiner (lies Tliuc.) Zeit ge-
lebt ( rcJV fie^o/i ifiui), auf den Tod angeklagt, am
besten sich vertliei.digt , woraus man schliesseii konnte,
er habe den Process des Socrates uiclit mehr erlebt);
ebenso silnieb ilerodut sein Werk nach dem Jahre 420,
in ebenfalls, wenn auch nicht so kurzer Zeit, ohne Cül-
lectanecu [inuftviuhiTu) vor sich zu haben, in einem
Alter von etwa (lU Jahren (484 — 424), Gerade das Ge-
präge dieses bejahrten Älannesalters trägt sein Werk
überall, aber keineswegs das des volligen Greiscnalters,
wie es nach Dahlmann's Annahme pag. 4/, erst nach
seinem 77- Jahre habe er geschrieben, sein mi'isstc.
Vielmehr zeigt sich neben jener reifen Erfahrung und
Bedächtigkeit noch eine gewisse Frische und Fröhlichkeit
lies Genlüths und eine bedeutende Kräftigkrit des L'r-
theiis Dass er um diese Zeit geschrieben, scheint auch
eine äussere Bestätigung dann zu rinden, dass verhält-
nissinas-iig die meisten späteren Geschichtsdata um das
Jahr 4,'.') fallen (Dahim p. 41 — 4'..'), iu die Gegenwart
des Schreibenden, wie es natürlich ist. Auch kann er
iiiiht zu lange mehr in den peloponii, Krieg hineinge-
Icbt haben, da verhaltnissinässig desselben n enig JCmah-
nung geschieht. Er erlebte also wohl uorh etwa diu
ersten zehn Jahre desselben, womit Dionjs. Ilalic. de
Thiic, jnd. G ) e, 5 2U stimmen seheint; o d Akt'/.O.it-
i/aooets Jloödozoq, yeuufiei'a.; 6Uyv> 71(jut£()ov züiv
Ufior/Mi', nuofXTeiiai de iiix^} f^y üe'koTiüvPij-
197
fiiaVMV, <I. li. iii<lit: Ms zum pcloiioiiii. Kriojjc extlusive
oder iiirliisivc, süiidorii bis in den peloj). Krieg hinein,
etwa bis zur Mitte tlesselien.
AVas Ilerodots Aorlesmigon zu Olvnipia, Atlieii iiml
Korinth aiibclriilt , so sdlleu «ir uns vor, dass er bei
«einem Aufeiitliahe in Cirieelienland allerdings an den
benannten OrU-n, wie nad'irlieli , A'ielcs von seinen bis
dalli« gemachten Reisen erz.'ililt und in lebemliger Hede
vor einem um ihn »ersanimcKen Publikum voigelragen
Iial>c, iiar.li Art der Sophisten, die wie (iorgias iölaani-
deii;ili maehten Ol'vüvit^ ziu'i vlutc. Plat. Ilii)]). inai.
pag. 282, b., und wie Ilippias ans Elis in Olympia iu
jeder Art des Vortrags sich zeigten Cie. de Or. 3, 32,
12(3. 127. und wie ebenderselbe die d (j XUl o'koyiuv
in den Städten iimherreiseiid , vortn-gen Plat. IIIpp. mai.
pag. 285, «l- Solche öffentliche A'ortrage des Ilerodot
»urdeii spater, da man ja sein geschriebenes "Werk vor
»ich liegten liattn, in Vorlesungen umgedichtet.
Nissen.
Emcmlationen zu Thcokrit.
1(1. XXVIII iiiui XXIX.
Unter den Theokritischen Gedichten gehören Id. XXVIII
und XXIX gewiss zu den vorzüglichsten , jenes durch
idyllische Lieblii hkeit, dieses durch anscliauliche Dar-
stellung des niiglücUIiihen Liebhabers in dem (j'rade der
Trunkenheit, der nuch interessant und poetisch ist. Aus-
serdem sind beide Gedichte noch merkwürdig dadurch,
dass sie nach dem Zeugnisse des Sclioliasten und der
Sprache selbst im Aeolischen, d, h. im Lesbisch - Aeo-
lischen Dialekte geschrieben sinil, ausser den Fragmen-
ten des Alcacus und der Sappho unil wenigen Inschriften
die einzigen Denkm.'iler desselben. Indess, solange
man auch schon den Aeolischen Dialekt dieser Gedichte
anerkannt hat, so fehlt in den Ausgaben doch noch viel
an der reinen Herstellung desselben, und mit Recht hat
Seidler im Rheinischen Museum 1829, p. 1 N() auf eüie
Anz.ili! VOM Stellen aufmerksam gemacht, in denen die
richtige Acolische Form aus ileu Ilaiilscliriften noch nicht
aufgcrnommen ist. Ich könnte die Zahl noch vermehren,
wenn ich nicht vorzöge, das meiste rein Dialektische auf
eine vollständige Behandlung des Aeolischen Dialektes
aufzusparen, die ich im Laufe dieses Jahres zu liefern
gedenke. Jetzt will icli nur einige A'erbesserungen des
bisherigen Textes mittheilen , bei denen meistens der
Sinn bedeutend betheiligt ist.
Id. XX>'III, V. 2 ist (lie alte Lesart yvvd.lil vön^
oi'/.OKfSKtioaiv au:; i'l.nßuKo; ohne Sinn; die neuem Aus-
gaben haben meistens ywuti^tv novo:; geschrieben, n'&cli-
dem Schott novo; in einer Handschrift gefunden haben
wollte. Indess auch iiierau haben Einige mit Hecht
Anstoss genommen und Conjecturen ver^incht. Doch ist
es übcrllüssig, in eine nähere Kritik einzugehen, da die
wahre Lesart wohl mit Evidenz aus den Varianten bei
Gaisford sich ergibt. Es haben nämlich für oiy.(i)(f£-
t.esooiv ao; der Cod. Mediol. oiy.ujcpeKiarTaatoi , Paris.
olxuxpEXia aalaiv , 2 Vatt. ol/.vxfeXiouiaiv und o/zo-
(feXai Oatoiv , wonach mit Sicherheit so zu lesen:
198
rkavy.U';, w (f.i}.(,oty dXuy.uia, StIigov'A9avdai
yi'vaii;tii vöo; ot/.üjcpeXiai aloiv tTii'-tioXo;,
„0 Spindel, Geschenk der Athene für Weiber, deren
Sinn der Häuslichkeit beflissen ist, folge tms gel runt clc.
— Das Adjertivnni oiyviCfeKlj^, wenn es wirklich nur
aus dieser Stelle geschöpft ist, wäre demnach aus den
Lexicis zu streichen.
In V. y ist ilie Form JSiy.iia^ als Adjcctivum von
ISiy.iac, gegen alle Analogie; das wahre Ntyiüag, steckt
in der Lesart von 4 Handschriften viy.ia doct; für J\c-
y.ieaq ei^. Es ist nämlich Nr/.iuia (akoxoi) , wofür
nach bekanntem Aeolisniiis Niy.iaa, ganz richtig von
ISiy.ia; abgeleitet, ganz wie iu einer Tliessalischen In-
schrift C. J. iir. 17()U das Patronvniicum fJt'wro/rfait/o.;
IloXsiiaoxtSaio;, von /7oAfji/«p;^/(5a? und iu dem liuc-
otischen nr. Iä74, 1578 Knl.hijo:;, latiiivifju; , Aui-
OT/ijog durch Boeotische ^Verwandlung von ui in ;? für
KaXhuiu; von KaXXiag etc. liueckh erklärt die Ictzteu
Formen unrichtig C. J. I, p. 723, b.
In T. 13, 14 ist die alte Lesart £/'<; äxigag ut'S h;
üegyuji — öo/iovi; (seit H Stephanns ddfwj;). Die
neuem Ausgaben haben alle, wie es .scheint, ohne lianil-
schriftliche Aiictorität ä.y.iiju»;. Allein, soiiie von Seid-
ler mit Recht aus den Handschriften der Aeolischc Ac-
cusativ dviioig hergestellt wird, müsste es amh f'/j/xii;
und digyo/; heissen. Jedoch ist vielmehr die Lesart
von drei Ilandschnfteu dboyuj aufzunehmen und zu
schreiben :
ov yag et; äyigai ovo' ig digyoj y.sv kßol.h'tjicft
ÖTvdaai es öd/ioti; äfitieTtga^ elaat äno x^ovö;.
Im letzten Verse habe idi nocjji öriadai. {ni[eT ÖTldaoai)
geschrieben, weil die fehlerhafte l'erdoppelung in OTTTvd--
oat gar nicht vom Averse verlangt wird, ausserdem das
Aeolische afii^ETtga; für df.ieiigug aus dem cod. Paris,
restituirf.
In Y. 24 ist die alte Lesart: XEivo yug ri; ioEuu)
n OTidiijv , wofür seit Brunck aus der Aldina geschrieben
wird uuii Tij). Indess ist tu) hier weirig gefällig', zum^l
in der Arsis ; auch ist nicht 71 urit^i'il' , sondern das ge-
wöhnliche 7igo;ihv)V Lesbische Form; endlich deutet
die Variante des -cod. rtlediol. und Vat. TlooEt'öujv auf
weitere Corrnptel. Bcrgk im neuesten Hefte des Rhei-
nischcu Museums VI, |, p. 40 verwuthet, nicht mit ge-
wohntem Glücke, y.ijvo yug ri; iget o\ uj :ioriöaii ,
und bemerkt, dass auch G. Hermann, ich weiss Dicht
«o und wie, eine Emendation versucht habe. In der
liolinung, mit diesem nicht wieder, wie es mir früher
auf eine unangenehm auffallende Weise ergangen ist, zu-
sammenzutreffen , emendire ich :
xijuu yug ttg egei To'jTiog t'öwv o', 'H fiiydi.u
xdgiQ
öojgn) ^iv okiyij) , nuvra de Ttuard tu Trag
Cfikojv.
Die Corrnptel entstand leicht aus Missverständniss der
Dorisch- Aeolischen Krasis von zo SlTo; in zu'jrco; (cf.
vi^ V. 1?) ; TIUUTU ist nach den Handschriften für r/-
liüvra. geschrieben , weil diese Formen bei ilen Aeolcrn
entweder gar nicht contrahirt werden , oder doch wenig-
199
200
»teus nach Dorisrlicr AVoisc «f in r^. Ucbor ilic Ver-
läiifpruiig von tl'f habe ich aniU-rHärts gesprochen.
1.1. XXIX, V. 5, G tu yuQ ijuiOf lä; Coia^ i/w
^r TUV OiU' idfav, lasst sich mir scJiwiorig erklären,
«esshall) auch Brunck. r«.; 0«s töta^ corrijfireii «ollie.
AVuesleiiiann erklärt: liiit ex Ina forma i. c. per <c ;
«Heia mau liei;rpift nicht, «ie der Accusativ ilas bedeu-
ten kann, und bei IJernhardi M. S. p. 108, den er ci-
firt, finde ich nichts Aehuliciies. Allenfalls könnte man
einen Arcusatic der AVirknng herausdeuten: die Hälfte
meines Lebens teil so, dass Dein Anblick ihr Leben ist.
Vlleiii (las »i.'ire diicli ein sehr künstlicher Ausdri/ck, za-
inal fiir die trunkene Oilenherzi^keit. Ausserdem ist i^/J '
keine Aeolisclie Form; es mi'issic vielmehr C«' heissen,
wie "/ll.ui cf. Aeue ad Sapph. p. 30; aber auch dieses
ist nicht «-ahrscheinlich «cgcn Ct»;;^ v, 20. — Die rich-
tige Lesart hat ein cod. Vatic. erhalten:
rö yvLo ijuiov itii CoTa<; ix"^
Zä reu oui> iöiav tu ö£ }.oi7iuv airoA.ETO.
J)ie Präposition ötci lautete nän)lich bei den Aeolern
s«, wie C« oVt'/Ätvi', Cd Vf'/.TUi bei Joann. Gr. im Hort.
A«h f. L>44, a cf. Et. M. 407, 18. So findet sich jetzt
nur noch in Coinpositis La£f eio.iictv .Sapph. '>'2. fi. für
'"»iff.li^unrv, so ivie Sapplio nach Ann. Ox. IV, 323, 27'
äucIi ZüfjC'.TOi für öidcjaroc sagt; endlich Ale. '_', 31.
f.atao: Cäörl.ov für blät^ifKov , «elches man noch
nicht richtig verstanden zu haben scheint. Es hängt mit
f^wör/ ,' oiial zusammen und heisst zerrissen. — Der
^inn unserer Stelle ist demnach ganz einfach : die Half te
meines Lebens habe ich durch deinen Anblick. ^
In V. 2'> ist die alte Lesart: lilKu TCtoli; Ültakui
rnouu.TO^ Oc Tisdcoxouai, ohne 3Ietrum und Sinn. In
den andern Ausgaben ist meistens die Conjectur von Ca-
sanbonus aufgenommen df.K aTtoit. Allein der Sinn,
den Wucsteniann angibt : ego ori tuo firmiter adhaerebo
i. e. tibi addictus ^ro, lilsst sich nolil kaum herausbrin-
gen. Denn ÜJTcÜmv arölia mnss doch «ojil im eigent-
lichen Sinne vom zarten I\Iunde und Kusse des geliebten
Knaben verstanden «erden, und dann ist ein scheinender
■Widerspruch in cirroi^ und neStoyouctl. Die Iland-
kchriften haben Tiioi\ danach lese man:
a/./ä ncg' ü:ic.Koi aiüiiaroq ae TtiÖEpyoi^iat,
A. i. ich gehe dir nach deines zarten Mundes vegen.
Das aeolisch clidirte nco verdoppelt in der Aussprache
so gut sein o, " ie in TlKjijoyoc, bei .Sapph. fr. ()'.l. —
Im folgenden ^'erse, bemerke ich noch beiläufig, ist das
viel angeforlitcne viiluodtjV vollkommen unverderbte
Aeolischc Form für diunvrodivc'.l mi Sinne des Im-
perativ.
Ilfcld. //. L. Ahrens.
der fiescliiditc der ^Nachfolger p. r)49 er«ahnt, auch dort
die Plinianischc Stelle angeführt «orden , nach «elcher
bereits Kassander gegen sie gek/impft hat. 'Wahrschein-
lich ist eine beib'iufige Aotiz über sie ans dem Cheriones
des Komikers Knliij)pns nodi .'ilter. !Nach Atben. IUI,
p. 34(i c. erz.'ililte in dieser Komiidic ein IMacedonischer
Befehlshaber unsinnige Ucbertreibungen von einem gros-
sen Fisch: «eun er eingefangen sei, in seinem lini-
fange grösser, als die Insel Kreta, so kämen die um-
«olinenden l'illker SivSoi's (sc. 2ivTOl<i v. Step. l!yz. V.)
Aiy.iat's^ ^IvySuviovs , Kpavaoig, fiacfloig, iiiiil
fällten Holz tinuTav ßuaiXsli eij-'i] zuv fnyav i'y^üt^ ,
dann «erde ein ungeheueres Feuer angemacht u. t. w.
Der Andere antivortete darauf:
l'l'XQOV XOVTl
naroai qvaiiiv, Mic/.i?iujp c'.qx'J^v
oßlvvv KikTOii uij X(joqy.eL'07jg.
Es scheint nicht glaublich, d^ss diess von dem Pcrscr-
kiinig gesagt sei ; ebenso « cnig mochte ich mit Hleinecke
qnaest. Seen. 111, p. 1 4 an den König Gervunes den-
ken, vielmehr scheint unter diesem Kansen der gewaltige
König selbst, von «rem jener Ma'/.i8u)V dQ%(jjV spricht,
niaskirt zu sein. Und-an «en könnte man, «enn ein Ula-
cedonischer Grossthuer so von seinem Könige prahlt und
dabei die eben genannten A'ölker als dienstbar er«ahnt,
au «en könnte man anders denken, als an Alexander?
Und zwar « ürde jener Kreis von Völkern , der in den
Sintern und IMvgdoniern, Thraeier und Blacedouier; in
den Kranaern iiahrscheinlich die Athener erkennen lässt,
ohngefalir ilie Zi'it des Stückes erratlien lassen; nach
dem Jahre 330 «ürden geiviss Perser, Bieder, Inder u. s. «.
nicht fehlen dürfen; man könnte praeter propter das Jahr
dieser Komödie auf 332 bestimmen. Aber um liiesc Zeit
Sassen die Gelten noch am adriatischen Hleere und schick-
ten von dort aus 33'J 3" Alexander eine Gesandtschaft
an die Donau; damals fragte sie der König, «as sie am
meisten fürchteten? er meinte, sie «ürden ihn nennen;
sie aber sagten : dass der Himmel einfalle, aber Freund-
schaft mit einem Helden, « ie er, zu schliessen, «nnsch-
ten sie sehr (Ptolemäns bei Sirabo VII, p. 82 cd. Tauch.).
Sollte sich nun obige Antwort aus Epliippus auf irgend
eine andere Fassung dieser Anekdote beziehen? — We-
nigstens an eine viel spätere Abfassung des Geryones
darf man auch darum «ohl nicht denken, da Epliippus
schon vor 300 Komödien aufführte. Uebcr die Form
Geryones si^U Geryon (tergemini vis Geryonai Lucret.
V, 28 und ter amplum Geryonen Horat. 2- C. XIV.)
s. Hluseum crit. II, p. 258.
Joh. Gast. Droijsen.
7m\- Gcscliichle der Cciten.
Dass die Cellen schon geraume Zeit vor ihrem gros-
ien Einfalle iia<h Macedonien und (iriedienland den
Lttndero im Süden des Ilämus gefährlich «arcn, ist in
Persoual-Chronik uud Miscclleu.
Ebnung des Bodens um
Kurzem ein römisclicr
F. tili n gen. tO. Februar. B
die Spiiincrci in EKlinpen wurde
Altar mit 4 zicmlicli «oblctbaltcncn Figuren nfebjt einigen Uu
tcrslückcn .iiil(;elundcn.
Zeitschrift
für die
AI t er tli 11 ms wissen Schaft.
Freitag, 1. März
18 39.,
Nr. 26.
Eiiripirics Jlelcnfl.
Beitrüge zur Kritik, "luul F.ikl.iiiuiL; dieser Trngiidie.
l''on C. G-. Firnhaler.
2. Krilih des Textes.
a) Die Angriffe Harinng's in der '\'orro(le zur Ipliig.
in Aal. (Erlangen 1837).
Ohne uns mit einem allgemeinen Urtheile über «lioss
merktriirdige Bncli, dessen Zweck is<, unzaliligo Inter-
polationen im Euripides iiaclizinvcisen , jetzt zu befassen,
wollen wir hier nur diejenigen Stellen in n.'iherc Erw.'i-
gung zielien, welclie Hr. Härtung in jler Helena für in-
terpolirt lialt: es wird freilicli schon hieraus erhellen,
wie" willkürlich der eben bemerkte Gelehrte verfahren
ist. Es scheint uns liohe Zeit zu sein, einen Damm
gegen die WUlkürlichkeiten zu bauen, die man seif einem
Quinquenninm in der Kritilc der Tragiker Nwahrnehmen
kann: niclit allein dass mau unzälilige Conjecturen cin-
KUschiic'irzcn , einzelne Worte zu venh'iclitigen sucht , der
individuellen Bleinung werden ganze .Sätze, Reihen von
l'ersen zum Opfer gebracht. Es ist eine gar verführcri-
Bche Sache, man kann bei einer sohhcn Kritik einen
grossen Aufwand von Scharfsinn und Gelehrsamkeit zei-
gen, man gibt sich damit den Anschein, als habe man
längst die erste Stufe verlassen, auf welcher man noch
Liebe zeigte zu dem Ueberliefertcn und dem alten Worte
anhing, dass die Verthcidigung einer haiidschr. Lesart
bosser sei, als ein Dutzend Conjecturen. Sicht man das
Verfahren einer Partei der jetzigen -pliilologischeu Welt,
go weiss man wahrlich nicht, wohin es führen wird, und
CS kann der Zeitpunkt dann nicht mehr fern sein , wo
wir nicht melir Euripideische , «lurcli Handschriften und
alte Editionen uns - überlieferte Worte, sondern ein («e-
uiisch von wer weiss was für Ausgeburten einer nach den
Regeln alter und neuer Kunst richtender Scliulweisheit
haben. Die Unruhe im politischen Leben geht zu Ende,
fangt man nun an, in der alten Literatur das Bestehende
zu Unterst und Oberst zu kehren i Freilich scheut man
sich nicht, auch hier die Polizei zu vcrdilchtigcn und
sie mit dem wegwerfendsten Hohne zu , behandeln: wagt
CS doch Hr.' Härtung selbst über Goftfr. Hermann p. 15
den Stab zu brechen, weil dieser Gelehrte Stellen zu
vcrtheidigen wagte, die vor dem Ilichterstuhle der un-
gcmesscDstcn Willkür allerdings keinen Stancl halten :
das soll uns aber nicht abschrecken, offen unsere An-
sidifen über derartige Angrillo zu Tage zu legen , mag
dann auch von uns gesagt werden, was Härtung in Be-
zug auf Hermann sagt, vix tarn tenue, tani vitiosnm, tarn
ineptum absnrdumcinc invcniri potest, quod ille non Eu-
ripide dignnm esse conservandumque et roncinnandum
statncrit: ist das Urtheil über uns ebenso willkürlich,
wie über Hermann, so werden wir darüber ganz ruhig
sein !
Der erste Angriff geht auf v. 744 bis 760; scrhszelin
l'ersfi sollen gestrichen werden. Es sind diejenigen,
welche oben in der Enarratio von uns berücksichtigt
worden , mit denen der Diener des Mcnelaos auf die Man-
tik losgeht. Der (Jhor stimmt mit einigen Worten der
Ansicht (\es\4yys}-'ko<; bei, auch diese finden keine Gnade
vor Hrn. Härtung, denn er erklärt Alles, was in den
Scliriften des Euripides gegen die Meinung des Volks
über Götter und götlliclie Dinge vorkommt, für unter-
geschoben, von den Philosophen an den Rand geschrie-
ben und nachher in den Text gedrängt und gezwängt.
Seine Beweisführung lauft darauf hinaus: Enrip. kann
nicht über dieselbe Sadie Zweierlei sagen: er kann nicht
lienfe Unglauben, morgen Glauben zeigen: spricht er also
an andern Stellen über die göttlichen Dinge mit Ehr-
furcht, so kann er nicht anders» o mit Leichtsinn darüber
reden. Hier müssen wir zuerst gegen den ganzen Schluss
protestiren. Wenn ein Tragiker, überhaupt ein Drama-
tiker redet, so redet nirlit er, sondern die Personen bei
ihm: nnzähligemal würden wir einen Gedanlven dem
Euripides verdenken, der uns in dem Munde der von dem
Dichter dargestellfen Person wohl zusagt: wie ver-
schieden sind zum Beispiel die Ansichten über die He-
lena in seinen Stücken, je nachdem von ihr der Menclaos,
oder Orestes, die Andromache oder llermione, die Hc-
cuba oder Tyndarus oder der Chor redet. Wer desshalb
den Dichter der Inconsequenz und Unbestimmtheit an-
klagen wollte, würde sehr Unrecht thun. Andere Bei-
spiele machen das noch deutlicher. Wenn der Dichter
über Staatsverhälfnisse redet, so gibt er seinen Personen
natürlich verschiedenartige Ansichten, denn nur daraus
entwickelt sich der Dialog: Sophocles gibt daher dem
Kreon ganz andere Grundsätze , als dem Haemon und
dem Chore in der Aniigone: Euripides eutivickelt nn
Demophon ganz andere Ideen, als im Koprcus. Ver-
schiedenheit der Ansichten in Bezug auf Ehe kehrt ge-
nug bei ihm wieder: wie ganz anders urtheilt die Me.lea
203
204
«larillier, als iler Jason; die Antlromache anilirs , als die
Ilennione: wie vcrscliiedeii sind die G'edanken in der
Lrnst des Adnietus von denen des Eunielns, nie li«lt
bald Einer Ehe nnd Kinder fiir ein (iliick, l>ald ein
Anderer fiir ein Liij;lii< k. ^Vollte man also den Sililiiss
jnaehen , »eil Enri|>. von einer Saelie liier so geredet,
so kann er dort nirlit anders reden, so hcisst das, ^'e-
radezu es dem Dirliter nnniüj;licli machen, einen Dialog
lu geben. L'nuiü;;lirli kann der Dichter fiir alle seine
"Worte verantivortlirh gemarlit »t erden: das ist gerade die
Vortreiriiclikeit desUi<hters, die Charaktere ganz getreu
zu schildern; sind die Charaktere nur in sich treu ge-
•childcrt, so ist Alles gut. Enrijjides gibt die fllensihen,
wie sie sind: die ^Vallrheit darf er nicht verletzen, l'n-
«ahrscheinlichkeiten flieht er: aber freilich nach Hrn.
llartuiig's conseqnent durchgeführter ."Meinung würde Eil-
ripides vor den Ilichterstuhl gestellt sein: da er nicht
mehr vor einem Zuchtpolizeigerichte erscheinen kann, so
streicht man ihm Alles, was nicht in den Kopf passt:
man wird nnivillkürlicli au die fllenzcrsche Sache der
ueuern Zeit erinnert.
AVenden wir dicss auf die verdäi litigten A'orse der
Helena an, so oitisstc nnsers Erachtcns Ilr Härtung be-
neisen, dass die Worte in dem ■Munde des Boten un-
möglich seien , dass mau sich einen Menschen seiner
Klasse gar nicht so philosophirend denken könne: das
fi'eilich »iirile ihm sehr schwer geworden sein : es nmchto
.Menschen der Art genug geben, «eiche bei so eüatau-
feii ISeispielcu von lliizulüiiglichkeit der ftjantik den allen
Kiihlerglaubeu aufgaben, »»enigstens einen Zweifel aus-
zusprechen sich niclit scheuten. W ird damit schon der
allgemeine Glaube aufgehoben, nenn ein Bote eine solche
Ansicht äussert? Wird die Lojalilt'it der guten Bürger
angegrilTen, wenn Göthe in seinem Egmont den Schnei-
der lose Worte, wie Freiheit und (ileichheit etc., im
Munde führen lüsst ? und hier meint lir. Härtung, noD
tulisset theatrum Atheniensinm tragoediam tarn fastidiose
de divinatioue disserentein ! Es ist wirklich ein abet-
theucrlicher Gedanke. Der ganze yiyytko^ ist so vor-
treülich als ein guter, alter, treuer^ einfältiger Diener
Tom Dichter geschildert, dass kein Athenienser hierin
»ird die Ansicht des Eurip. ge« ittert haben, und keiner sich
dadurch wird von seinem allen Glauben haben abbringen
lassen. Freilich rümpfen auch wohl in nnseru Tbcalern
gewisse Leute ihre Aasen über Göthe'schc AVorte: hat
sich dadurch jemals der Dichter zu andern (iedankeil
verleiten lassen? Zeloten aber werden ehenso gut im
alten Athen, wie im neuen Europa das Theater nu'idcu?
Worauf stützen sich Hrn. Ilartungs Verdanimungs-
gründc weiter? Incpte haec disputantur a iamulis. adstau-
tibos tarentibusciue doniinis: also das Sc litt eigen der He-
lena und des Eurip. macht diese >Vorte zu ineptiis? Wen»
wir die Sache luiii umdrehen und es dem Euripides zum
Verdienste anreclinen, das» er nur den ungebildeten Al-
ten so hat reden lassen, der also höchstens eine niedere
Klasse repräsentiren konnte, dass dagegen Helena, die
gebildete Königin, den besten Glauben zur T lieonoi- zeigt,
was will Hr. Härtung dagegen sagen? Wir denken doch
auch, dass die beiden Leute ganz Anderes jetzt zu tliiin
hatten, als sich in Widerlegungen eiiizuii.-'seu: oder ist
Hr. Härtung einer derjenigen Rigoristen, welche in der
allen Tragödie keine lebhaflc Gestikulation und freie
Action deiiken können, ohne zu beben, hier also der
Ansicht sind, dass Helena nnd 31eneIaos ganz steif da-
stehen und die AVorte des altklugen Dieners vernehmeu}
AVir glauben das nicht, werden aber noch tieiter unten
Gelegenheil haben, hiervon zu reden. Hier nur noch
die Fraije , tias Ii<'itte denn BIcnelaos oder die Helena
den Gedanken des Alten entgegensetzen sollen ! Ist
nicht das Factum ivirklich ein der i^Iantik den Stab bre-
rhendes ? Hören wir aber weiter: absurde haec inscruntiir
ci fabulae , in qua taiitae sanctitatis vales Theonoi' celc-
bratur. >un erhellt aber erstens schon aus dem übigen,
dass der Schliiss falsch sei „weil in der Theonoe ein
gefeierter vates dargestellt tvird , so kann der Bote niclit
über die vates das ^VrdammungsurtheLl sprechen", denn
der .lyyELOi bleibt stets nur eine einzelne, auf die
übrigen handelnden Personen eiiillnsslosc Ansicht ; von
ihm aber sehen wir kein A'ertrauen zu der Thcoiioi- äus-
sern , »velche er ja gar niclit kennt, und thite er's , so
würde uns selbst das nicht auffallen. Es gibt Charaktere
dieses Standes, die iver tvciss wie vorurtheilfrel einmal
denken und reden , aber von A'orurtheilen gleich tviecler
heimgesucht werden, sobald sie im gleichen Falle auch
Landein sollen. Ztveitens aber ist der A^ergleich zivi-
sclicn der Theonoö und denjenigen ^luvisic, , wovon der
Alte redet, ein von Hrn. Härtung ganz willkürlich ge-
zogener. Der Unterschied zivischen beiden Parteien ist
sehr gross ; darauf führt die das ürtlieil des Boten gut-
heissende Anttiort des Chors — cfer hier überhaupt beim
Ucbergaiige von einer Sceiie zur andern nacli scenischen
Grnndsiitzeu gar nicht fehlen kann; — allerdings könnte
der Chor, der oben selbst den Rath ertlieilte, zur Tlieo-
noe zugehen, und in der Erscheinung des iMenelaos jetzt
die Sehergabe dersellien walirncbuieii niusste, sein ür-
tlieil nicht so abgeben, ivenn er nicht ztvischen den ge-
wiihnlichen f^KiKii^ und der Tlieoiioc' unterschiede. Sie
ist ihm V. 317 ;; xa ndvc STiiOtacai , rfji nuiiici^
lSl](jr()o-; S'/.yuvoii v.äotji, und von ihr halte auch der
Zuschauer eine audere Jclee, naehdeui gleich Anfang»
Helena ton ihr r. 13 gesagt: zu dtia yäo T(C T övra
y.ai fäkl.ovTWiTdiiT tj:iroruTo Tigoyovui' i.ußov aa
' I\' i; {I f o) g r/jU«5 ncioa. A'ergl. die Worte der Dios-
ruren 1()47; ij vhdi A'iiojjdoQ iy.yqvoi y.üoi^.
Endlich aber betveisen noch andere (iründe, dass an
Vernichtniig dieser Verse gar nicht zu denken sei. Ein-
mal , «eil kciiiestvegs au dieser einen Stelle nur Euripi-
lies so redet. Auch sonst legt er seinen Personen tadelnde
Acusserungen in den [Mund. AVir wollen liier nur an-
führen Phoeii. 77:^: Toi fxtv ydp )}äiii; £i koyoi'i üifi-
i-exui (sc. Tiresias), eyu> Öh ii%vi]v ^avriy.iiv ifiSfA'
tpdf4i^p ijölj Tlfjog uvTov, 'caozi ftut uafKpu:, ixciv —
und ilippol.. lUö>i: Toii ö' iTlhc» y.doa (fo/TOjUTai
öuvii nül.k iyü> %ainiiv liyuj; an beiden Stellen sind
es die AVorte der leiiienscluifllichen Herrscher, die zu
einem gewissen Grade des menschlichen Uebermuths ge-
kommen sind; man hat sie bisher nie ihnen streichen
wollen, "weil man einsah, dass derartige» sich selbst
stürzt. AVenii nun Hr. Härtung dort die Verse dem
Charakter der Kcdcndeu zu gute hält, warum .nicht eine
205
206
floirlic LllipralKat auch liier? Oiler will er ilort aiidi
Blreirlipii ? Fcriior al>er fällt «lie gfaiizc An.s<liiil(Ii;(iiii)j
r.usainiiicii , da siIkiii Sopliorles iia« h dem Zi-iigiiissi- «los
Stralm \1V, j). ti4.> (s. Ilrnii. |)rarf. X^'ll ) in seiiipiu
Kt tvi:^ (tn ciiiro/; \>rMo\ten .Stcickp eine Anfeindung;
<I.T iVlaiitik gej;elien liaffe: kiyfl d' UVTO ^uCfOvJSji
IV Iwlir; dncuTi'joei w; fifia(>iicvov inj diiodavsiv
orc.i yjiiiTTOVi tc.fiov /läiTli 'itoni'xj;- Wnrfc, die
auf den Stririf ziiisclien Kalihas nnd iMoiisiis-pelieii , der
.»llerdings viel (irlegenlieit darliof, iiber die Unfelilliar-
keit der iiovifl^ ein spottend W'itrt zu sagen. Was
liier dem Sii|)!ioclcs fcstattet werden inuss, das sollten
«ir liei einem gleichen Sdid'e dem Enripides nicht ge-
gfatten? iVach diesem Allen kipiiiien wir in diesem ersten
Beispiele der lernichtenderi Kritik Hrn. Härtung nicht
liei^^liniiiien ; sehen wir die übrigen.
Die Scene zwischen den Gatten nnd der Theonoe
V. 855 — 1U30 hat bei Hrn. Härtung besonderes Unglück
gehabt; er bringt wirklich die Summe von zwanzig Ver-
sen heraus, die unter seinem Messer fallen iniisscn : bis-
her hatte keiner an der Integrität derselben gezweifelt,
aber die Kritik des Hrn. Härtung ist unbarmherzig. Zu-
erst streicht er v. 892 und 893. Ridiculum est, (juod
Theono^, cum iiiitio nihil aliud, quam ut ipsa salva tu-
tacjue sit , prospexerit , postmodum se pietatem, rebus
ceteris posthabitis omnibus, iinice colere et respicere tarn
Diagnifice gloriatnr. Delendi igitur sunt versus intcm-
pestive additi
rinoövx^ otiij; er toi' itür'<(Offfy.XüJg '/'' v
Der Schliiss Iiält keine Probe, denn l.'icherlicli kann das
utimiiglicli sein , wenn eine ücliwester anfänglich dem
Bruder nur gehorchen will, nachher aber" durch ilie
Redekraft zweier .Menschen zu einem andern Entschlüsse
gebracht wird. Es ist ilas allerdings eine Aenderung
iler urspriiiigliclien Absicht, die wir aber beim Enripides
sehr oft antreflen, überall, wo er in seinen Dichtungen
die Hercdfsauikeit — wir meinen so eine gewisse eloqucii-
tia fiirensis — Triumphe feiern lässt. IMaii denke nur an
Tliesens dem .4drast gegenüber in den Supplices. Lächer-
lich wurde man das nennen können, wenn Theonoe ohne
Weiteres von der einen zur andern Ansicht überspränge,
hier aber, wo es zwei rtJenschen darauf anlegen, sie
7Aim IMitleid zu bewegen, und so gewichtige Gründe für
ilirc ISitten beifügen, kann von Lächerlichem nicht die
Rede sein. Theonoö steht der Helena, trotz des langen
Beisammenseins, noch immer fern: sie steht ilem Bruiler
weit näher, als der Frenidcn , hat ihr keine .Mittel bis^t
her gezeigt , dem Unglücke zu entrinnen , keinen Trost
gegeben, nein! sie an den Grabhügel ungehindert (liehen
lassen. Alles dem Schicksale überlassen: sie begünstigt
dalier ursprünglich nur die Absichten des Theoklyinenos.
Bei dem Charakter dieses Le(ztern kann man sicherlich
auch annehmen, dass er dem Befelile, sie solle ihm die
Ankunft des IVlenelaos melden , Drohungen beigefügt
haben werde, die er am Ende tles Stückes wirklich aus-
führen will, und die zum mindesten der Schwester wür-
den das. Leben gekostet haben. Sie hat ihtn auch das
Versprechen gegeben, denn sonst würde er sie nachher
nicht immer eine TCQOÖovau nennen können. Nun kommt
sie ans dem Hause. Wesshalbl um den A'orsatz unauf-
gefordert anzukündigen, dass sie schweigen wolle? Aber
sie hat ja das Andere versprochen! Nein! sie spricht es
selbst ans, sie ist noch iinschlüssig, was sie tbiin will:
dennoch trägt das dem Bruder gegebene Versprechen den
Sieg davon — aber die Worte zeigen es, wie selbst iir
dem Befehle, die Ankunft dem Herrscher zu melden
noih Unscliliisiigkeit herrscht. *) VnA das soll lächer-
lich sein? Könnte ferner vernünftiger AVeise der Dichter
beide Gatten so inständigst flehen lassen, würde nicht
aller Grund zu den U)() Verse langen Reden schwinden,
wenn Euripides die Seherin schon geneigt geschililert
hätle? Erhalten diese Reden iiiclit erst dailurch ihren
iniiern Grund, dass die Theonoe den Anschein hatte,
doch dem Bruder zu folgen? Und nun sehe man, wie
so augenscheinlich iler Dichter den nacliherigen den Gat-
ten günstigen Entschluss der Theonoe als das Resultat
einer durch die geführten Reden bewirkten Uebcrzcugnng
dar.stcllt; es kann kein ürtheilsspruch vor Gericht sosehr
auf die angehörten Gründe basirt sein, wie hier der edle
Entschluss <lcr Seherin. Sie ist sich ihrer innersten Ma-
tiir erst wieder bewusst worden, aber Alles erst in Folge
der^ geführten Rede. 'Eyu) 7l£(piXU T evoeßeiP y.al
t'juvko^cu beginnt sie — Helena hatte 901 gebeten xtw
ei'atßetav f^u) Ttood^og zrjv oi'jV tTotC, nnd Menelaoi
973 von ihr evoeijOp; TTarpci- /.on'aooj (fuiiioav. Si>
ist Vers für Vers vom Euripides als ein aus ilen voran-
gegangenen Gründen gewonnenes RrsiiKat gescliildert.
Mau vergl. v. 999 mit 915 s(j. , v. lOOl) mit 917, 921,
v. 1001 mit 9.58 und 993, v. i()02 mit 923 n. s. f.; vor
.Allein sehe man, wie sie auch erst durch die Heleua
üliirredet wird, lieber dem Vater als dem Bruder zu
geliurclien: da war ja für sie ein Conflict: Beiden war
.sie Gehorsam schuldig, aber Jenem den grösseren: v. 1018
mit 9l8. Darum lassen wir die Worte im Texte,
können sie fngüch gar nicht entbehren.
Es folgen (i A'erse aus der Rede der Helena 903 —
'KIS; prinium, heisst es pracf. 3l, orationi Helenac qua,«!!
ilii de ionis non de vila servanda ageretur, iueptus all-
qiiis sententiarum veuator inseruit:
fuoei yäp 6 Scu^ ti)v ftiav, r« y.tijru dl
y.xäo^ui xekii'et näwa^, oi'x fj do7iaydi.
iuTtoi d' 6 TiXovToi aöt/.üi Tiq vjv.
y.oivui yuQ soriv oöpavo^ naaiv /rlooroig
xai ya! , ivii XQi] ^w'/(«r' dvuTiXij^uvfieuovi
TakküiQia 1.11] ' X^iv fiijö' dcfai^etoUat ßia.
Zuvörderst gehört das Leben auch zu den bunis, es
würde also, was von diesen passend ist, auch auf jenes
passen. Wir wollen aber mit diesem Liini urfe uns nicht
begnügen, da Hr. H. viclleii iit unter boiiis nur Glücks-
güter verstellt. Helena bittet, rette ihn! gib nicht deine
CiOißeia hin an den Bruder, um scliiiüden Gewinnes
willen: ^o.u/ta^ :iovi~oui y.adl/.ov^ üjvovittir. Die
obigen A'erse geben dalier keineswegs nur von dem ötu-
oovl, sondern auch von dem j^uoicai^ etc. den Grund an.
*) Vergl Herin.inn za der .Stelle ,,nu!l.i ablt, r|ooniam vi-
ilcnl Helcnain ainic oranleni, ne se peidot Theonoe. '
L'ehrijjiiis ist ibeViili;. auch st^tlbift, insofern nur dann
djs riisclilüssigc bei dem Vorsatjc ai.fliüil.
>07
208
Bcitlci geht in ciiianJcr über. Sowohl ilcr ^loril dos
IMcuclaos «.'ire döiy.ov, als auch ilrr gc»al(s,ime llaiil» der
Ilolriia, emllich auch der »rrath der Tlieoiior , »veifhcii
«liesellic an ilirem ^'afer Icgehea «i'irde. AUos iliess
K i'irdo aiicli eine i'Ji'a genannt «erden künncn, und wenn
die Theonoi' Getiiuns halber den !\Ienelaos verricihc, so
würde inaH aucli von ihr sagen können ov TU y.Tljra
y.rclzai, sowie dasselbe aniJi auf den Tlicokivni. gehen
l;ann,.ircnh er die Helena raubt. Auf die beiden ersten
"t'erse passt also das ^'erdannnungsiirtheil gar niclit! ^> enn
Hr. Härtung unter bonis nur Glürksgiiter verstand, wie
e.< den Anschein hat, so inusste er diese beiden crätcil
^'erse ganz aus dem Spiele lassen; erst der dritte hat
das AVurt ö :i).OLTOi; aber was zwingt denn, den TlKov-
1O3 gerade von klingender Münze und liegenden Grün-
den zu verstehen i 31an kann noch an ganz andern .Sarlien
reich sein; iler Tlieoklvui. z. B. TtKoviSi , wenn er die
Helena wirklich errungen hat: aber weil dieser nXouTOi
ein «fVxo, w.'ire, so muss er ihn lassen! Was ist da
iiiejiluni ? Sieht man nicht aucli den 3 folgenden A'^crsen
«riion am Schlüsse an, dass es auf das ,!>/« wieder hin-
auskommt, womit es begonnen hat? Passen cndlicii nicht
gerade solch allgemeine Sentenzen hier , »ro die Helena
eine .Seherin überzeugen will? Auch hier können wir
also Hrn. Hartuog's A'crdachtsgründe nicht theilen,
(Bps chl nss folgt.)
Zur /iltcrcii fiosdiidite der \Siaven.
Es sind w ieilerholte 3Icinungftn über das Alter der
81a>cn in Kuropa aufgestellt, ob die Slavcn schon in äl-
tester Zeit iu Europa wohnten, oder cr.-t während der
A i/lkerwanderung einwanderten. Bestimmte jVaclirichtcn
in der Geschichte felilcn, oder finden si<h erst aus spä-
terer Zeit. Da bleibt nur sicher ilas einzige Mitfei, za
untersuchen, ob nicht sonstige Spuren sich erhalten haben.
Li!- bieten sich besonders als gute Denkmale die von den
Griechen und Ilümcrn erwähnten Orts-, Volks- und
Kigcnnanieu dar. Lassen sich diese, wenn sie aus kei-
ner Sprache yu deuten sind, mit Leichtigkeit aus dem
SiaMschcn erklären, so ist schon grosse Wahrscheinlich-
keit, wenn nicht Gcnissheit, für die älteste Heimafh
«1er .Slaven gev.onnen. l'reilicli ist aber eine solche Un-
tersuchung schwer und kann ich mich gegenwärtig erst
auf Vermuthnngen besclK-änkon. .Soviel- es mir möglich
\iar. habe ich mich in ilen Besitz des .Sprachmaterials
allei slavischen Mundarten zu setzen gesucht, aber immer
fehlt noch viel. Für das Altrnssische ist >iestor meine
einzige Quelle; die »om Herrn Legationsprobst Stephan
Sabinin mir empfohlene Sammlung von -Urkunden in alt-
russischer Spra<he, 3Ioskau 1814, sowie die Arten der
arch.'lulogischen Expedition, Petersburg 1837, konnte ich
nicht benutzen, oliglcich gerade in diesen Urkunden für
die alte .Sj)rarlie der Sarmatcn viel enthalten sein mag.
Schon J. Gr^mm in der l'orrede zur serbischen Gram-
matik, S. II, >otc 'J , forderte zu einer solchen Lntcr-
»uchnng auf: „doch rcrdicntcn die uomina propria, welche
auf römisihen in Illvrien und Sarmatien gehauenen In-
srriptioncn sich darbieten, von einem gelehrten Slavisten kri-
tisch zusammengestellt und bearbeitet zu werden. Die .Wög-
lic/iheil, y\, Jf'a/irsclieiiilichkcil , dass jene früjioreii lll\-
rier und Sarmaten schon wirkliche Slaveu gcivessn,
läugnc ich nicht." Der neueste G'eschichtsforscher , der
diese Frage von neuem berührt, Hr. D. Franckc (Dariens
Alterthümer, AVismar 1836, S. '2'.i uiul in dem unverän-
derten Abdrucke iu „zur Geschichte Trnjans , (iustruw
liSJI, S. ISi") hat diese AValirscheinli< iiLcit wieder iu\s
Gebiet der 3]öglichkcit versetzt. „[Möglich ist es aller-
dings, ilass zu den Zeiten der Römer schon Slaven iui
eigentlichen Darien gefunden worden, allein wahrschein-
lich ist es, dass bei dem vorkommenden Ausdrucke „sar-
matisch" Darien in seinem »eitern Sinne gedacht wird,
wo es denn auch einen Theil der am Pruth und östlich
von demselben wohnenden Sarmaten oder Slaven umfasste.
Die Ortsnamen als auch Eigennamen in Darien , welche
von dem letzteren Gelehrten gelegentlich erwähnt wer-
deu , sprechen aber für die Meinung des Hrn. J.Grimm.
Ich will eine kurze Erklärung der sarmatischeii Warnen,
wenn ich sie so nennen darf, aus dem weiten Gebiete
zwischen der Donau, den Alpen und Karpathen ver-
suchen, welche gelegentlich durch eine Erklärung illy-
rischer Kamen vcrnielirt werden soll.
1. Darisch-sarniatischc Namen.
Pomponius Mela 3, 5 sngt von den Scythcn, dass sie
Belcac genannt würden ,,Inde Asiae confinia — Sc^thici
populi incoliint, fcrc omnes etiam in ununi Belcae appel-
lantur." Diess ist das Slavische veliki die Grossen, ^vo-
durch sich die slavischen A ölkerschaften gern auszeichne-
ten: Grossfürst, Grossnow gorod, Schlözer, Nestor p. 85. 109.
Coloiiia t'erneiisis, Francke Alterthümer S. 14 fl'. Tr.njan
S. 1()(), w(i Hr. Francke richtiger Tsiernensis nach der
Inschrift schreibt, vom Slavischen czerny schwarz, wel-
ches sehr häufig in slavischen Ortsnamen vorkommt.
Bcrsüvia, (Sickler alte Geographie S. 97, die ältere
Ausgabe) Warsovia, AVarschau, AVarsow.
Sornum, eine Schanze, bei Francke S. 9 ""d S. 1,03,
vielleicht vom Slavischen tern : Dorn.
Ziridava , Francke S. 8 "nd S. 161, rom Slavischen
sir, Käse.
DtAOgelia, Franckc S. 9 «i'l 153, von dina die Melone.
Clepidava, Sikler S. 30 "nd 100, »om Russischen
chljeb, Brod.
N'tpoea, Francke S. 23 »nd 172, vom Polnischen
napoic, tränken.
Dubrcin, ein Persouepname. Ebcnd. S. 19 und 107,
vom Slavischen dabro , der Gute.
Sandava, Sickler S. 98, entspricht den slavischen
Ortsnamen, Sandau, Schandan, Saudow.
Druielis, cbend. S. 98, »om Russischen drowa, Holz;
oder ist vielleicht Diibetis zu lesen, von diib, die Eiche?
(Vgl. Dubitz, Dubno und andere slavische Orte).
Diese Erklärungen ergeben sich mir leicht, ob sie aber
die richtigen sind, kann erst entschieden werden, wenn
in diese Dunkelheit mehr Licht gebracht sein wiril.
Uurmeiiler.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wisse 11 Schaft.
Sonntag, 3- März
1839.
Nr. 27.
' Euiipides Helena.
Beiträge lur Kritik uiul Ktkluruny dieser Tragüdie.
Von C. G. Firnhader,
( B e s c li I ti ä g, )
Ans der Rede des Menclaos streicht Herr Härtung
paf. 43 zuerst vier Verse 950 — 953 und dann noch zwei
991 — {)'2 ; er kann es nicht leiden, wenn Hlenelaos liier
sich dafür entscheidet, dass auch den edlen Mann die
Thräne nTcht entehre , wenn er überhaupt diese Frage
aufnimmt zur Ueurtheilnng. Grnnd dafiir soll sein, dass
in hac ipsa tragoedia, qua dcdecere virum fortem lacri-
mare decrevit interpolator , £uripidcs paene muliebriter
lacrimare fccit IVIenelaum suum. Hier holfte man doch
wenigstens nun eine Schilderung des IVIenelaos , wie er
in diesem Stücke erscheint, zu lesen; denn klar ist's,
wenn Menel. auch sonst in seinen Worten und Handlungen
inconsequent ist, so fallt die ganze Argumentation der
Hartung'schen Krit.k. Hoffentlich brauchen wir nur auf
unsere obigen Ansichten zu verweisen, um bestätigt zu
sehen , dass Euripides in dem 31enelaos eine Charakter-
losigkeit wenigstens im ersten Theile des Stückes dar-
stellt, dass seine ganze Haltung aber in diesem zweiten
eine andere geworden, er also an diejenigen Empfindun-
gen nicht pedantisch gebunden ist, welche er oben zeigte,
mochte er nun dort standhaft sein, wie v. 451, oder in
Thränen schwimmen, wie v. 4ö5. Nnn aber geht aus
Hrn. Hartung's Argumentation die Ansicht hervor, dass
unmöglich hier JVIeaelaos sich gegen die Thränen aus-
sprechen könne, wo er sich nicht gescheut habe, Thrä-
nen zu Tergiessen. Gerade als wenn in Iphig. Aul. 451
der Agamemnon unmöglich sagen darf iyoj yäo iy.ßa-,
}.Siv fiiv cddovi-iai öäy.gv , weil er wirklich Thränen
nachher vergicsst, wo IVIenelaos sagt a dlt ödOc/jv e/.-
(^ät.ovT iöcov öäxgv 477. Dann mnss Hr. Härtung ja
aber auch v. 948 OiT uv Say.gvoai ßlecfaga verdam-
men! Das ging freilich nicht so leicht, weil da ein hal-
ber Vers fehlte und der andere Theil des Verses zur
Begründung des ersten Gedankens in Mcnelaos Rede
nicht fehlen kann. Man sieht, mit welcher Willkür hier
verfahren ist. Es ist nicht ein einziger triftiger Grund
vorhanden, die Ycrse zu verdächtigen: aber dem armen
interpolator wird Alles aufgcbiirdet. Ganz unverständlich
sind uns aber die Worte omitto, quam tnrpi ostentatione
libi plaudat Alenelaus haeccc diccns (991)
ri xavra; öayQvoig ig tu 9ijXv TQSTTvfxevog
iKsetvoi; ijv (uvj jiuKkov ij ögaaTt^giog.
(So schreibt Hr. Härtung).
AVie kommt's doch nur auf den guten Declamator an .
und kein Menscli wird eine turpis ostentatio verspüren.
Warum denkt sich Hr. Härtung hier einen Bramarbas!
Was zwingt ihn dazu? Werden jene Worte vom Schau-
spieler bescheiden, aber festen Willens gesprochen, so ist
alle Prahlerei fern ; der Zusclianer hört dann nur am
Scliluss denselben Gedanken noch einmal, den er zum
Anfange der Rede auch vernahm: ganz nach dramatischer
^V'cise. Will man aber von dem Tt tuvt noch eine
passendere Erklärung, so denke man sich nnr, dass den
Helden trotz seiner Worte dennoch die Thränen über-
mannen wollen, wie das Eurip. in Iphig. Aul. 451 ancli
darstellt. Wenn man beim Euripides doch mehr anf
derartige Bühnenkunstgriffe achten wollte! Wie ganz an-
ders würde es so oft mit der Kritik stehen, wenn dem
griechischen Texte vom Dichter Bemerkungen für den
Schauspieler beigefügt wären! Man denke nur an die
Aengstlichkeit , mit welcher Shakspeare, Victor Hugo,
Bluliere aus Grundsatz die kleinsten Bemerkungen für
den Schauspieler nicht scheuten, und wie selbst grosse
Schauspieler, wie Talma und die 3Iars es gern saheu,
wenn der Dichter so viel wie möglich vorschreibt.
Die Theonoe soll nach Hrn. Hartung's p. 31 ausge-
sprochener Idee vier Verse (IU13 sq.) ihrer Rede missen,
welche ueque cum prioribus neque cum posterioribus co-
haerent. Wir wissen nichts Anderes darauf zu erwiedern,
als dass Jeder , der die Verse richtig versteht (vergl.
^'alcken. diatrib, p. 57) den besten Zusammenhang linden
wird, wenn er will. Endlich aber gönnt Hr. Härtung
nicht einmal dem Chore noch die zwei Verse, mit wel-
chen derselbe diese Scene beschlicsst: chorus, cui erat
taccndum, frigidissimam sententiam alieuissimo loco iu-
tcrponit v. 1030
ovöstg TtOT £VTi'xi](liv sxSty.oi yeyujg
iv Tii) dr/.aio) d' eLni'dsg aujxijQiaq.
Hier weiss man doch nun wieder nicht, warum der Chor
durchaus schweigen soll: ein solcher Befehl ist ja ganz
modern: wir denken, der Chor hat vollkommenes Recht
hier mit einzusprechen, so gut, wie er's 996 that. Wo
ist weiter die frigiilissima sententia? An und für sich
ist sie es unmöglich, höchstens in Bezug auf diese Stelle,
auf deu locus alienissimus. Da saheu wir schon eben,
211
212
«lass iliT Clior ilrr einzige A'crniittlpr zu sein \i(\egt zivi-
gclieii den eiiizcliieii Sceiieii, also ist der loriis passciul ;
uatiirlicli »inl er das nie mit einer fri^idissima sontenda
sein, au<li liier nl<li(: ilie Gerechtigkeit hat den Sieg
in der Seele der Tlieonoe davon gelragen : d^ r/.o i l^ 1 1 Sv
civ tl itr ä:t oiiujooj hatte sie gesagt: «ie? ist da der
Gedanke im iMnndc des Chors nicht sehr scli(>n: „der Ge-
rechte nnr hat auf Gliick Anspruch, der Ungereclitc hat
es nie erhalten"! Es ist ein schöner, preisender ^fach-
riif an die fortgehende Theonoe , ein AVort des Trostes
ist es zugleich: „helahre Aiclits von deinem Bruder," ev
Ty3 ör/.ai<j> ek7ii<)ei; aujirgiaq. Es kann kaum ein pas-
•senderrs >V'ort gefunden «erden !
Die i'ilirigcn (von 2518 "'ir oben die Rede) von Hrn.
Härtung licrücksichtigten Stellen der Helena sind mit
gleicher AViUkiir verurtheilt worden ; wir können sie um
so eher übergehen, als nicht eiinnal der geringste Schein-
gruncl der Verdammniss dabei ausgesprochen ist, wie das
wenigstens bei den obigen der Fall war. Nur v. 276
TO. ßuoßäovjv yuo öoT'ka ndvca n'Kijv ivo; erhält
noch den Grund „nullo nexu cum reliijuis cohaeret." AVir
'legen den Zusammenhang vor, die Stelle gehört dem
ersten Acte an, die Helena zählt ihre Leiden dem Chore
auf und beurtheiit sie zugleich: Ich bin im biiscn Rufe,
obwohl unschulilig — das ist eben das Harte, unschul-
dig der Acrdaninaiiss anheimzufallen! AVeitcr rissen mich
die Götter aus der Heiniath, brachten mich zu fremdem
Land: hier bin ich Sdavin , ich, die Freigeborne —
denu Alles ist hier Sciave, nur nicht der König ! Eud-
lich ist mir auch der letzte Anker der Hofl'nung gebro-
chen u. s. w. \\\t haben durch die Gedankenstriche
angedeutet, in welchem ycrhilltnissc die Satze stehen.
Helena konnte sicher den Einwurf des Chors erwarten,
'wie? du nennst dich Sciav, du, die du die Gattin wer-
den solkest des Theodymenos , von der es abhängt, in
den yuuui^ mit demselben jiöv y.ay.uiv dTraXKc'.ya?
(294) zu finden : solcli einem Einwurfe entgegnet sie hier
kurz den verdachtigten A'ers,' wie sie es nachher v. 294 sq.
ausii'lbrliclier thnt, weil eine andere Gelegenheit sie wie-'
der auf das Thema führt. AVir kommen also auch hier
zu dem nnsers Era( htens gerechtfertigten Schlüsse, dass
die Angrifle des Hrn. Härtung auf der grössten AVillkür
1)erulien , werden aber sehr bald Gelegenheit haben,
unsere ausgcsprocheucn Ansichten darüber ausführlicher
darzulegen.
Svmbolas ad emendandum et illustrandum Philostrati
librum de Titis Sophistarum in medium attnlit Al-
bertus Jahnius, Bcrnas Hclvetius. Bcrnac , Inipenais
C. A. Jennii, Filii. WDCCCXXXVII.
Aidit lci<lif konnte Jemand durch die Erschelnnng
dieser Schrift angenehmer überrascht worden , als Rpc,
der seit mehreren Jahren mit den V. S. tie:i l'lnlostrat
sich beschäftigt und nun im Begrill' steht, ilie Resultate
«einer Studien dem gelehrten Publikum niit>;uilieilen.
Sie kam in seine Hände, als iler Abdruck des aus 22
."Manusrripten berichtigten Textes bereits bis zu der vitii
des Heruicigcnc» gediehen war, doi h konnte er noch
einige sehr trefTende Conjecturen des Herrn Verfassers
benutzen. Auch wird der Leser die für die Erklärung
unseres Autors wichtigen Bemerkungen in dem Commeu-
tar zu den V. S. wieder linden. AVir beschränken uns
hier auf die Erörterung der Stellen , welche Herr
Dr. Jahn anders aufgefasst hat, als sie nach unserem
Dafürhalten aufzufassen sind.
P. t. ed. Ol. 4^0. 1. 1.5. soll folgendermasseu gelesen
werden: d de iy.iivoL rag e()ojTijoeiq i'nuy.a.'ji'fi£vui,
xarn Ofiiypu njj ^ijTovf^iivoi nuoißißdCovTeq oviiui
cfuoi ytvu'iayeiv , zauta ö nuLaiui aofftarijc; o'jq si-
doji; }.iyet , für y.ai ra af^iixou y.. r. X., was in latein.
Uebersetzung so wiedergegeben wird: quae anteui illi
adiersns inferrogatinncs per insidias agentes ad rem quae-
sitam minutatim respondendo perdiicentes uondiim sc di-
cunt cognoscere etc. Auf jeden Fall müsste es doch y.ui
xard ofi. heissen, da tu i<7ioy.a9?jadaL rag tgui-
Ti]a£i<; und rö zar« ouiy.Qa toI ^ijTovfiEvu) TTQog-
ßlßui^ClV verschiedene Dinge sind. Jenes darf man
aber nicht so verstehen, wie Hr. Jalin meint ndversua
inlerrogationes per insidias agere, oligleich das A'orbnm
mit dieser Construction häufig vorkommt, sondern: in intcr-
rogationibus. Philostrat spricht von den verfäirglichen
Fragen, die z. B. Sokrates und andere Philosophen sei-
ner Schule an ihre Gegner richteten. Die Construction
ist dieselbe, wie Y. A. VIH, p. 32.5 icpeoncov Tlju
tQtDri rjiv , welche AVorte Rec. schon in den lS3t her-
ausgegebenen jNotis criticis ad Philostr. A'it. Soph. ange-
führt hat. Es bedurfte daher nicht des Umweges, «1er
hier eingeschlagen wird: <licuntur autem philosophi insi-
diose agere adversus interrogantes , quando illis non sta-
tim respondendo sentcntiaui suam explicant, sed ilTO/^TJ
tanquam insidiis usi ipsi interrogantes cum interroganti-
bns agnnt , quae quidem Socraticorum ratio fuit. Das
Folgende ist allerdings so, wie es in den alten Ausgaben
steht: xai tu auiy.od T(/} Ci^TUVjdv<o TTooißtßdCov-
Tig, corrupf und passt nicht in den Zusammenhang,
aber in der vorgeschlagenen Aenderung ist die Ellipse
des Objectes (etwa TOVi diukeyo/iivoi'i oder etwas iler
Art) äusserst hart. 3Ian lese, wie 3 vorzügliche Hand-
schriften geben: y.cu tu. o/iixpa tüjv U^roi'jitiimv ttqo-
ßißd^opTl g, so ist Alles klar und richtig.
P. 11.') werden im Anhange die Worte besprochen
p. 4>S4. 1. 2: Aiox'V)]i öh ot'z dv iiot doy.Ei iioeaßf-v-
<su.i nuou. Poö/oit;, d fuij nuj tyiyvotoy.Ev , ei pi] y.ai
'.4i)i'/vi]0iv avTU ioTioi'ddxe/. A^alesius schlug vor eyi-
yvf'io/.ov und statt npeaßevaa/ zu lesen naidnvout.
Das gewahrt nur eine scheinbare Erleichterung. Der
Schlüssel für das A'crständniss dieser durchaus nicht ver-
derbten Stelle liegt in der seltnem Bedeutung von yi-
yviöoxo). Freilich wäre es eine Abgeschmacktheit zu
sagen, dass Aeschincs etwas geachtet haben sollte, was
er gar nicht kannte. Nun ist aber jenes A^prbum hier
von der Ansüliung der .SopliistiL gebraucht, wie unten
p. .5U() von Isokrates bemerkt wird: avTug di; otn." uv-
Aui'i iyiyvuiry/.Bv übte üKko ti Tuiv iv ßuvavaoig.
Dass Aeschine» erst in Rlindus sich mit Sophistik be-
fassfe, sagt »enrgsfens Philostratus ausdrücklich p. 481-
P. tS. Ed. Ol. l. 4 l4 hrisst es 1. 19 von den Wagern:
u'yw ydi) Liiifiu'.^ot ai iiiv ol^ d<favvji öfjvioi t>}v
213
fit: h. (faveoov öüi;ap tov deiov y.nTclvovntv ov
tiovl.öiiCvoL öoy.Etv iiaQ ai'rov SvvnnSai. Hr. Dr.
Jahn iiliorspi/.t : iiiaffi piiim vim diviiiani tribtiiint saoris ,
c]iiil>us priiatim oiKTaiilur , mngficis, publirain vero de <li-
>iiiitat(> oniiMoiHMii <i>lliiiit, rnm vidcri iioliiit ab ra nacti
(«SP notriitiaiii , iiiniiruiii (jiiaiii in sacris »»tentant divinaui.
\\arnin nkht, «io es der (Gegensatz tI]V 8i — V.axa-
ii'uvaiv icrlaiij;te: in sacris, (juibiis privatim oporanüir,
di'os imooant} Dip»e Iniprprplatiou hat freilich der Verf.
im Index p. 92 vprmirfen. Wenn hier der Lesart iivt-
>>ei'ana(; — 'Xatq Moi'oa/g die des cod. Gud. '2ö und
Parisin. t6!'() i'ii. — fäq ß/oraac, entgegen jjpstpllt wird,
so bernlit das auf einem Aberkennen der gewöhnlichen
Constrnction , die anch Philostrat libcrall beibehält. Jene
Handschriften gehiiren übrigens nicht zu den vorzüglich-
sten, selbst die sehr alte Par. 16U(i verdankt in den V. S.
ihren Ilaiiptwerth den Yerbesspriingen zweiter Hand,
üiess beililufig. Dass man in vorliegender Stelle ItTI-
^; laCovOl nach Hpsychius s. v. und der Glosse des rod.
Par. I(i96 erklilrpn müsse: enr/.c.XovvTUl tu xfliuv,
erhellt hiiilfinglich ans der Vergleichnng mit der V. A.
y, 30. 212 euiifeiaaaQ ö' 6 '.Jjiokkvjuioq nß \6yvj
,,/ieii^' £(fij , KaniTujku — cfvlnTta Geavruv fibv
TOVTU), oeavT'p fin tuitiiv. Wie hier rif. Koyip zu-
nächst von iiii abhängt, so oben ütg a.(favüjq Öoajoi
ebenfalls.
P. 2ö. Ed. Ol. 501. I. 2S. Gerraloiq — ttciq oJ;
aysoujXidt, y.c'.i dy.onTog, y.a'i ra tvqavvr/.a kv o'i'vo)
nnoibuZsTd.l. Auf Oleanus fälh eine harte Anklage:
locum rorruptum Ol. per summam socordiam non sointn
non cor^igere , sed etiam interpretari ansus est. Tu vjto-
OTiyai istas tolle, vprbatjue y.ai dygarog , in quibus
niPnduni latet, in xara y.guTog commuta , cjnae emen-
rtatio longe est certissima. Es ist Hrn. Dr. Jahn ent-
gangen, (la«s schon Boissonade die Correctur y.ai y.ou-
TOs' in dem Par. Ki r(i billigte (s. Notices des niss. de la
bil.liotheijue du Roi T. XI, p. II, >i(i). Wir können
uns mit diesen Aendernngen nicht befreunden: äy.oaroc,
kommt gerade wie hier, p. 610 vor: tov yc'.o naTowov
TCtMi'Tuv ßo.di'v ai'TU) Tiaoctdoit tvTa y.aTedanävvocv
Ol'/. £s innoTQOCfiag oöbe ig l.eiiovQyiac^ d(f' vw
Y.ai uvof^id ioziv a(jaai}at , dXK ig dy.QUTOV, y.cu
traioor; etc. Plut. .AIcib. c. IS. uia (ft)et (floctv
ä/.oato- d.yokaoiv)v viuiv aU vßoiv ty. itatöiu; vnv-
qerjufitl'cov. Man vergleiche .Schäfers 'Note zu dieser
Stelle. Pelop. c. l(). tov 'J(jy^iav du ayayo'jv av^ig £/,"
dyoarov TToliv y.nriftakE y.ai Tuii 7iC()i ti/jv yvvcu-
v.iiiv k\niai 8mia.ibuyo)yii tov nörov. Das Adjecti-
vnni substantivum bezeichnet, wie das Lateinische mernm,
Völlerei, y.axa y.ouTOg ist auch wegen der Tautologie
mit dTTOvSaCsTac nicht zu empfehlen ; auch darf man
nicht vergessen, dass y.odro; gewöhnlich ein kräftiges
resthalten ausdrückt un<l in der Regel in bonam par-
tem verstanden wird. AVas dyi-Odjyiu sei, erklärt man
sich am besten durch folgende Stelle in der V. A. II,
2''^) 8''. fiETai;v 8e irivuvTEg im-iodyovio.1 dyeov)-
yiaq ei:/y.ivdi'voi'g ycu ovy. i^oj tov anorSü^dv
Darauf iverden -mehrere gefährliche Kunststücke mit dem
Bogen angeführt Ti üavvt/.u iv otvvi ist wohl auf das
^ ortrinken zu beziehen.
21*
,T' P'^' ^''" **'• ^-'■^* T^'^XvitL fjvij^ojg ovte st'oiv,
ovT ^ UV yivotvTO f.ivi)/iij fiiv yuo d/ö<oai Te-/vng
avTi] de ddiöuy.Tog xai ot'de/icu t^xvtj di onöq. eoci
yd() 7iXeoi>ly.T>jiia cpvOEojg i) r/T,- aöuvdxov iliv^hC,
fioiQa. ov fdu dv iioTE i^vijTa voinodih] tu av
i>(tum£ia, ovt uv öiday.vd d ifid&o/iev et /li) iivi'if.iij
awemuhrevETO dvdooijioig. In diesem Texte habe
ich nur ovöe /i/e/, in ovötmil und das fehlerhafte floipa
in i^wioa verändert. Ilr. Dr. Jahn verlangt, dass uui-
Qug, und 'd&d.vara für dvijzd geschrieben, und d vor
i/xdi>uuiv ausgelassen »erde. Die ausführliche Note zu
der Stelle si-hliesst mit den AVorten : .Sic nobis videmur
emendassc locum mendosissimum. Codil. mss. si adsti-
pulentnr, vehementer laetabimur; sin minus, liaud prae-
clare de iis sentiendum crit. \Vir wollen sehen. Olea-
rins hat schon Einiges in der vulgata der frühern Aus-
gaben berichtigt, wo er fand : oi' yuo d.v noze {K l>. x.
avt^QOjRiva , oi'd' uv dtÖuy.iu £fid9o/i£v , et nv/j/uv
ÖwenoXirSliZO dvSpumoeg. Die Zusammenstellung
der verschiedenen modi vo^lO&iiij und iiiäi^ü/uev in
coordinirtcn Sätzen ist ungrammatisch. Diess hätte dem
Hrn. A'^erf. nicht entgehen können, wäre er nicht in der
Meinung befangen geivcsen, dass Ovi^TU aus d.ddvaxa
verdorben sei. Lesen \vir so (dßdvaxa), dann ist der
Znsatz üvdh Siöa/.TU u e/tiddo/uv allerdings nicht
verständlich. Aber Olearius, dem wieder ein ungerechter
A'^iirwurf gemacht wird, hat jenes Relativuni nicht einge-
schoben , sondern er fand es in seinem codex S. vor.
Das gibt er zwar nicht ausdrücklich an, aber es erhellt
aus der A^ergleirhung mit den übrigen Mss. erster Klasse,
zu welcher S. gehört, wie auch aus seiner Bemerkung:
relativum u omissum erat, quo tamen forte carcrc pos-
simus, die er nicht gemacht hätte, wenn es seine Con-
jectur gewesen wäre. Es ist durchaus unentbehrlich, die
Negation fiij aber ganz gegen den Zusammenhang, anch
fehlt sie in den vier besten Manuscripten, des»glcichen iu
vielen andern, nur A'at. (j4 und Par. Ki'lii haben in) ron
zweiter Hand, nnil nur in dem cod. S. ist diese Correc-
tur in den Text selbst aufgenommen. Der (iedanke nun,
dass die menschlichen Dinge durch das Gedächtniss nu-
vergänglich sind , und ohne dasselbe nichts Lehrbärcs
gelernt werden kann, ist kein so schwieriger Satz, dass
ihn selbst „obfnsi ingenii nionachns" nicht verstehen
und daraus den Jedermann unbegreiflichen hätte machen
sollen : dass ohne Hülfe des Gedächtnisses die mensch-
liche Natur nie für sterblich gehalten worden wäre. Las-
sen wir d.d(i.vct.TU für ifviTC. gelten, so gewinnen wir
doch keine richtige A''erbindung iler Sätze : ,, das Gedächt-
niss kann nicht durch irgend eine Geschicklichkeit und
Kunst erworben werden'', denn: „das Gedächtniss sichert
die Unsterbli.'hkeit menschlicher Thaten, und ohne das-
selbe kann Nichts erlernt werden." Mithin genügt die
vorgeschlagene Emendation auch von logischer Seite be-
trachtet nicht. Der platonisirende Schriftsteller will viel-
mehr sagen: „nur grosse Geister, denen n/ suve/.xijua.
(fVOSv)g beigelegt wird , sind mit dem Gedächtniss be-
gabt, welches die höchsten Ideen in klarer und lebhaf-
ter A''oislellnng zu bewahren vermag, vor deren Seele
Nichts als i)/du-/l) tritt, sonilern als di>it.:nJljrJig. Eine
iivhiw iu diesem Sinne ist ge» iss tcd/tic'.Z f O J , und »äru
215
216
»ie einem jeden rn Theil geworden, ti nviiut] (SvvciTO-
/.ITtl'lTU cipi^pwTOii , ilaiin «»i'irilc nie an «Icr Uns<erb-
lirliLrit des niensililiclicn A\ csoiis grz'tei(i-l( , norli das
/ii ErLcnnriuIe für Irhrbar, il. Ii. fiircliias nur auf dem
Wege des üntcrritL(s Errcicliliares gclialfcn worden sein.
Hinsichtlich des letztem Satzes erinnere ich an Fiat.
Men. 81- c. d. i) >l'i](ij äi^üvaiöi t£ oiaa y.ai Tiok-
käy.ci yeyoi via — oi'y. eariv o, tl vi' ftiftaihjy.ev, aiE
'/ao Ti'ji (fiaeiui üridoiji ovyyei'ut'(; Oi'ö/;^, y.ae fu-
naOiy.viai r;J^ 4'i'X'>Ji ÜTavTC uiölp y.uiKvei tv f^io-
i- Ol dl auvi'Oi^ iv T a, ü ö i) fi. ä 9 ijaiv y.akoioiv
{lu9o(jjxoi Takka :iävTa avcuv dvevoiiv — und e:
Ol' (fijiu S t S a ■/ 1'; f ihai , likk' dv c!./.ii/ij a iv. Die
Hauptstellc ist aber Phaodr. 24'J extr, Tiuoa iilv dv-
i^pairtov ^i'j(.>/ (fvoct Tf^tarac tu uvxa ij oi/. av
iki^iv ei'i tÜSe tu CvJov , dvauinvi']oy.ioi^(i.i
t) i y TiüvSe iy.sivaoiöäSiov dTrdoTj uii^ oaai
(igaxiojq £iöoD TUTe jdy.ii, oi'&' ai devoo ntouvoai
fdi aTi'x'jOav, uiire vtto tivujv öj.tikiv)v ini xo äör/.ov
touTiüfievdi ki'jdrv o'jv tote iiSüv lEQÜiv tyi/v, 6k/-
yai 8t) ketTiovTHi, «/; to TJji i^xvi';/ij;g iy.a-
V oi ^ TT up ,' O T I V. In dem Sinne sagt Apollonius von
Koincm früheren Dasein: lT[ll8>] döotov l'jv fi.oi iy.Eh'O,
oi.iya uiiOL iiiiii>ijfua. V. A. III, 23, 11 S- Zu iler
("on^troction: ov — voii/o^si'n — El nvi]ur övvErrokl-
TCtixu d-fi^gi/jTl'oii dient als paralleles Beispiel V. S.
4sy. Toi- ÖS \4dput.iov (Mss. TovTi ö. A.) Enaiiu^
üi' EÜj (ms. ti'tj üv) ti ßaoit.Evi uiv StEtfipEto d.Tiu tov
iouv (nis. duu TOV i'aov 8.) Trpog 6v E^ijv d.noy.zEvat.
P- 1'26- Kd. Ol. ft'ii. uEkerrj fiukkov ij ^vijiirj ^ov-
f i/J.CfüTE^. So schrieb zuerst Ol. aus der öfters anije-
fülirten Handschrift statt ^l'l>E//jjX'JTEg. Aach Hrn. Dr.
Jalin's Ansicht soll aber i;vPEtktj(fÜTEq aus i;i'VElk}^x^'
ili und diess aus der richtigen Lesart tt'i'f/Ao;^(>rf^ oder
txUlktyÖTE^ entstanden sein. Gerade umgekehrt ist
sl'fEektjCfOTE^ das richtige, die schlechtem Ms. haben
it'Vfif.'f/oTE^, die genohnlicli noch fclilorliafleren Aldinae
und Jiiiitinae tl'Vll1 1 ~/i)TEi. IV/inilich mit dem Gctlatht-
niose itt.l.iyouEii , mit der iiE/.errj, dem Studium niid
eifrigen Nachdenken, ivkkaußüvuuEV. Die Stelle p. 579
Tuvir; Ey.Oidouii;!;; t]8ij t;;c i'TTOÜEaE'jji; uvi'jyr] i;i>vE-
kltUTO kann um so weniger hierher gezogen werden, als
«ie den bessern (^lellcn zuf'dgc heissen niuss : TUiii^q
f.y.8. tjöij T)]i i:iuOtoLuii (ävi'jiiijv ^i:vtl.il:;azu.
P. 4i). Ed. Ol. 53(1. I. 7. 7Tki}ptatv ioiioii ez tijv
iyEivov ((tt.uoo(fiav d((Tj/.Ev. Die Variante y.c.Oi^y.Ev ,
welche nur bei Suid. s- v. lon'ov vorkommt, jnochU- wohl
nicht der Lesart aller Handschriften und Ausgaben d(fij-
y.ti vorzuziehen sein, zumal da an einer andern Stella
des Suiilas s. v. TitSjVCO auch iliess steht. Schon IJois-
jtonade hat in einer Kote zu den Heroicis p. (iOO darauf
aufmerksam gemacht. Jenes y.u9r,y.E verleitete den Ver-
fasser auch p. 5S7 I. 9. y.al y.udiinv ö'e inl tu; i^av-
tiuoivjTi pc^ Twv I i'Ji!)v an eine Aendernng in y.c.OiEi^
zu denken. Das ^'erbiim yathivo-l wird von Sophisten
gebraucht, die sich in einen AVettkanipf einlassen, davon
kann hier, wo Hadrianus nur Kathedervorträge h.'llt,
keine Rede »ein. y.aihujv ist ein blosser Druckfehler
der Ansgahc von Morelli, der sich auch in die von Olea-
rius eingeschlichen hat. Alle Editionen und alle 3Iste.
haben y.aiiuw.
P. ()1. Ed. Ol. 583. 1. 3. ab ima und 584 1- 2. be-
dient sich l'hilostrat zweimal des Verbi kuftßdvovTat.
von kleinlichen Tadlern des Rhetor's Aristitles, die sich
nur an einzelne Ausdri'ickc hielten. In diesem Sinne
ist dasselbe gewiss nicht zu verwerfen, vergl. p. 578-
Ey.Cfvkov ÖE (U'Tov (hj/iaTog, o'jc; iii öpyij din(fvy6v-
TOi kafjofiEvog ö 'Ait(fty.}Sjs eU. V. A. I, 1>I. 27.
kaßufiEvoi EavTov ö EivoPyoi olov , Ecpij , lo Seol
ETludop. Sollte an allen diesen Stellen £71 iKaitßdvouEV
corrigirt werden?
P. 120. Ed. Ol. 609. 1. 1. hat Rcc. schon in den
Kot. crit. die richtige Lesart }';pfxijVEVOE , statt der ver-
kehrten vulgata ep/nji'Ei'Oai gefunden, sie wird vom Vat.
64 und Par. 1696 (ex correctlone) bestätigt. Gewalt-
samer ist die hier gemachte Emendation EpfiriiEvOa^
7toiy./}.vjTUTa Ekkijvojv dpiOTO. y.al lyvvj y.ai £Ta^£.
Vor apiOTa steht im Texte Nichts, die Unterscheidung
Ttoiy.ikojTara und upiora ist nichtssagend, und durch
das Participium EpfiTjVEiaa^ entsteht eine schiefe An-
sicht der Sache, als ginge die IpfzrvEi'u der ypdiO/^
und Tui;iii vorher. Was gegen unsere Aenderung vor-
gebracht wird: ista emendatione verbis Eyvuj y.ai ETat;e
sua adverbia non resiituuntur hat wenig auf sich; Tioi-
y.lkcjTaTC. kann reclit gut auch auf Erfindung nnd An-
ordnung bezogen werden , nnd in einem 31eisterwerk muss
sich ja Alles dnrchdringen , was die Theorie scheidet.
Die geflissentlich nachläi-sige Wortstellung darf hei Phi-
lostrat Niemanden irre machen,
P. 78- Ed. Ol. 6l2. 1. 9. TU dvaytyvujaaöfiEi'a t£
y.äi kEyofiEva TTaka/ozEpa üvtu ij veiij yE iv9i<iitj-
dl'lVUl. fliit reicher Bclesenheit sucht Ilr. Dr. Jahn seine
Conjectur notJViXEoo. zu vertlieidigcn. Man sehe auch
das unten p. 139 Angeführte, worunter selbst eine Stelle
aus der \. A. ^"I , p. 260- tu nakaiu lü/^i/na y.ai
nokiujxrpa rj yiyvumy.Elv avTU. Doch scheint sie
nicht uiibew eislich zu ^in. Der einfache Gedanke ist,
dass , um solche Ideen vorzubringen, es eigentlich einer
längeren Erfahrung bedürfe, als der Jüngling Herniokra-
les haben konnte. Vortrefflich aber ist die Emendation
p. 79- Ell. Ol. 618. 1. 16. ovTE iv ^akdiTtj für oiie
£v OExxakiu.
(Deschluss folgt.)
Personal-Chronik und Mise eilen.
Jcn.i. Den neuen l.ections -ICitnlo;; Iicvorwortet Eitlistiidt
(der bercils 70 Piuümicn ilciii jcdcsiiialiscn Index voranRe-
scliickt li.ll) indem er ilcn StiHliieiulen jenes diciniii: ii) 7io>.v-
xtUaimnv i'n'('t>.<iii<(i, pieliosisiiimini siiiiiptiiiii Iciupiis esse auf's
Neue einscliihlt iinil .iiicli bei den vielen Zerslrcuuii^'cn, welche
die scIkiöc Sormiicizclt um! Jcna's rci/,cndc (icgcnil in so rci-
cliein Maasc darbeut, zu einer weisen und gewissenhaften Zeit-
anwendung criiialint. Das Proicctorats - Piogiamm von Eicbsladt
lianiU'lt „de Jurisconsulloiiini atquc Pliiloiogorum discordi eaepe
concordia."
Z e i t s c li r i f t
für die
Altert Im m s w i s s c ii s c li a f t.
Mittwoch, 6. jMärz
1 8 3 9.
Nr. 28.
S^iiibolas ad pniPiiilandiim et illiisfrandum Philostrati
libnirn de Vitis S(i|)liis<aruni in mellium aUulit Al-
bertus Jahniiis, IJernas Helvotins.
( B e s c I> 1 II s s. )
P. f)23. Ed. Ol. I. 4. lesen wir eine vielbesproehene nnd »on
mehreren Gelehrten anj^efochteiie Stelle: hrCEOTUf^u^-iv
atiov y.u'i nuQit nüvTa xijv köyov öici'uujv ii ar-
TUi' Tov L'duTo^, Y.ai eoujTijaeii iv uvto} oxEva^
noioi'usvoi. Hr. Jakobs corrigirte iavTov, und Hr.
Dr. Jahn fiel auf dieselbe Eniendation , ohne die ?iote
von Hm Jakobs zu kennen, s. p. 89. Indess Rer. ge-
steht, Haniaker einst Unrecht gethau zu haben, wenn
er dessen Erklärung'; per totani urationeni infcrens verba
adversus cum rlepsvdrae missbilligte. Denn ötiiijüj ,
welches rerniöge seiner Composition mit öia den Genitiv
regiert, heisst dissero: rergl. V. A. VIII, 12» 35~'
ii. d' ovTivi i'oTS diei/ti, 8tslaujv diu rfjg UQOfj^ij-
rir:V)Z etc. Die Constriiction £5 Tiva SlSi^Clv wird ge-
rechtfertigt durch V. A. VI, 10, 239. irraSi) öi:]£t ii
rravragkoyoi't; zt JvötSv y.ai i(jya. Dass diei'iJSiv
iuvTOV TOV LÖC.Tog in dieser metaphorischen Bedeutung
gesagt werden könne, mochte so leicht nicht zu enveiseu
sein, wenigstens geht das ans lledeusartcn , wie 6lll(j6iv
öuy.Tvkof 9loai noch nicht hervor. Auch das ist un-
richtig, dass y.ai ror uaoa :iuvia überflüssig sei. Der
Kaiser unterbrach den Sophisten bald (y.ai) durch hä-
mische Bemeriuingen , bald durch dazwischen geivorfene
Fragen.
Eine vorzügliche Verbesserung lesen wir p, 82 zu
Ed. Ol. f)28. ö S' au tov i-avTOv Xöyov zeuj^ i'/.o-
fia.vovvTU ey.ökaaev. Die ganz sinnlose Vulgata, der
alle Handschriften beistimmen , ist V/.OUEVOi'VTa.
Indem wir unsere Flerension hiermit schliessen, er-
lauben wir noch auf die reichhaltige Sammlung von anec-
dotis aufmerksam zu maclien , aus welchen viele Proben
hier mitgetheilt werden, und. die Hr. Jahn unter dem
Titel anecdota Wonacensia herauszugeben gedenkt. Be-
.«(mders wichtig scheinen unter iliesen <lpr Comnientar des
Oljmpiodor zu Plato's Gorgias, und die Schrift des !>Iicli.
Glycas TVEQt ÖqSÖtijtöi; Ol'VTi'.^ivjg zu sein. Auch
dürfen wir von dem Ilrn. Verfasser eine berichtigte Aus-
gabe des Eustath. Antiochenus Tieoi evyaOTQiuvihiiv er-
warten, sowie eine neue Bearbeitung des Platonischen
Symposiums und ein auctarium zu Tim. Lex. Plat,, zu wel-
chen Unternehmungen wir ihm aufrichtig Glück wünschen.
P. S. Unter den vom Rec. benutzten Handschriften
befindet sich auch die jetzt zum erstenmal vollständig
niitgetheilte A'aticana epitome, aus dem coli. Uli. bomb,
saec. 13, von welchem die codd. Pal. ll3. Flor. PI. LIX,
37. Neap. St. Joann. Carb. 4.Ö Abschriften aus dem 15.
Jahrhundert sind. Der Epitomator hat seinem Excerpt
aus den \ itis Sophistarum noch zwei Stücke über De-
mosthenes lind Philippus angehängt; letzteres steht in der
\'orrede zu der neuen Ausgabe p. XV, ersteres, aus den
zwei Lebensbeschreibungen von Reiske Or. Gr. IV, 145
gezogen, möge hier einen Platz finden, da es häufig
bessere Lesarten darbietet, als der von Reiske gegebene
Text.
.JrjuoaSivi;^.
/tevTtoy) XotTTov d7T£ußi]icu Tip naiavtei xai^o^.
y.ai ft)j lioi xo.ktni'jiT]; cJ 9cia xecpah) öeurefioi
miTouevoi, ijöiaji ö.u.TJooi uvtvv ti:iov ii yu.^)
dti Tilh^bhi llyctv , avTug ov oavTip ravTijv Tt]i>
Til^iv' noui'^ivijoa;- ^ujöaiioi' rrj vE.öiijxi tujv Ijiyt-
ihi Twv ^ijfMTwv intöiSdvi atavTov ^a]8t äf.ivi^TOii
öijTOoi/.ciju ovy^aj^djv ijcißijval Tw'g ooig. kiyezai
i)i]j^iuo^ivi]i oicuj TUi iaiooiai ttovy.cöiöoo tyuEfxa-
ilijy.ipai, ujOTE y.aeiaiji ziji iy d^i'jvaii ßißktü9ijy.r]i,
y.ai ovyy.aEioujv TtSv ioTOQiuiv avTOV fxovov aTioiivr--
uovEvaai naoujv xai aÜTiog avrug iiEvayQacfijvai
änoXXodoiovj dh y.ai cfOQfjtvjvi öiy.a^ouEpoii, ijko.
(f/h'7inoL>, y.ai cpvyövTOi neu» uiirjva/oii (f<a<* ^^^9
'J9i]vaiovi) iTiuvov/dEii vji kaßwv jiao avcov XQ\'
iiaxa, X(>(i>£/? £7Ti 7ii:vti'jy.ovTa to.).a.vToii^Eqi'yEv iii
\ayivav . voteoov 8\ ucfEia}]i ainj)^ jiji nüKtv)i
iiavijX^Ev. E^amj^Eii dh Tino lif.e^nvSuov , oh.
TOV Kaoayoonoiiiiov avzov w; o/'z ÜTro^avot, aTti-
yoivavo oti ovcE vTio/.p/vöiuvoi ijotoaq fioiTioTe,
ovTE vuv TtEiSujv. yai i^eldojv tov ie^ov 'f» f^
HidvT} aitu Tii) ^avaTii) niwv (fäofiay.ov La nokkoZ
avTiß noöi TovTO y.aTEayEvaofiivov d-xtt}ai'£v. Et-
y.öva ÖEavrov tOTVOav ddtjvaiot iv Tiß y.£ga}iEiy.ij.
y.ai 'h-.thi^a^av zdöe. ECtsq ioi]v yvuii^ri ^uj^^v Sq-
219
220
ftöa9Bve? £0X^5 ov nor dp h't}.i';iviv ijf^tEv ä^vq
/jay.söojv. BTii ftoax<,'> ös Ötaß/.t-^Eiq fxeioa'/Mp TÜiv
evytvuiv w? eooiv ai'Tov naorjTrouTO avToU zijv
nagi' avruv ä.(fti;iv. 7iaoi-y.okov9ei uütvj tqiu äiiag-
Ttjuara. tujv ts yug oxot^tiiov ovy. kroavononi zo
p, Tuv T£ ujnov diuy.TU}^ dp^toc/e y.ai itoorßoi'jifpoi
c^f'TTrf rrg öZ6«/'ew^. xae nüvTa xuira idaaro .
fiEidiai ncüxiiui iiip t'idQOs aiTor yovöi'/.oii (Wtop
lißgiOEv ioTacfavu>uivov iv tw Oexiioir} y.al ö 8i]-
uoo^ipi;: 6oyia9si<; y.aTCx^'poTÖvijae toT jtcit)iov.
Aaßujp Ö£ naö aiToiJ Öintooi^epi/i TQioyif.iu^ Soa-
XUO-i y.advcfi-y.aTO ri^v nuo airov 8iy.iv . y.a'i öiuo-
Ttl.Tj TOP dvUl'Kip Toat\uaToi iii doiiop (sie) ndyov
ygailiäiiivciq doyiQtop hc.ßujv öteki'aaTo. y.al xoii
i'/^ootg a(foo/iijv TtaoEOXi kiyttv , ort dau nji; y.c-
(paXi;^ f'.Top/tfro. dTCod-avovavQ, avrov Tijg i^i'ya-
Tooi; ijv ii'xE tiuvi-v et<; eßöüuvv ijittQap xov 7ilvi}ovq
TCiDüiuvo^ dvi]oi'jo9ai (fihiTinov i-nu rravnaviov ,
fj,ET}-ii(fiaouTO y.ai to?; i^eoi"^ id-fos, (fnvcoov nonj-
oa^, Ott Tt]v y.oivi-p iüzv'X'^'-^ ETiiTQoodep Tioiceccu
T/J^ töca^ oviicfonu^.
Derselbe HerJlivolle Codex onfhali ausserdem noch:
Fol. 1 — 10. (lUtMOTodiov eziazolai tQujziy.ul tui-
paxi'o) ZIVI y.al yi vaiy.i.
11 — 1^)- nolifivjvo^ aocfiGzov y.uyoi 8vo dvziSty.oc
dvotp Ttazeooiv Kipaiyeiaou ze y.al Kakhudxor.
19 — 2!). IJoi'xlov' 31/hjotoi! 'IXXovorgi'ov tteoI zwv
SP Ttcuöein Sia'Laui^id VT vjp cocfiuv.
29 — 88. ^toyEvovi -dbceoziov ßloi (fikuaüfff dp.
88 — 89- Alujytjtiaza. ziva nsfjl zliovvoiov zou zv-
qÖ.ppov y.al \4K{^dvöoov zov utyukov.
99 — 114. lojdpvov '.^PTCoyivjg ÖQyu.io'i.oyia izkqa
6.gyaio}.oyia, yoovo'Loyia d.Tlu 'loßiuvou tvji ' lov-
Xiavov ßunit.loq.
119 — 229. Aikiapov Ttot/.lh] iozoQta — tieqI ^ujwv
idiozrjzo!;.
Ist es erlaubt, narli dem Auszn^c der V. S. (Fol.
S') — 99) einen Srlilns^ anf das Cc!)rijje zu inarlien , so
durfte dieser Codex für die Kritik des Diogenes L.iortias
»nd des Aelian keine fferinje Anslieufe feben. Dass er
für die der Philostraf Isclion Uriel'e von AVichtigkcit ist,
weiss Referent aus eigener ErfaLriing'.
Dr. Kayser.
Meictemala in Ciccronis de Gloria libros .sciipsit
Fridericiis Schneider, Dr.
De tempore, quo libri de Gloria scfipti sunt.
Priusquam de arguniento librorum disscramiis, neccsse
e«t nt, quo illi tempore coni|>ositi sint et qua nientc ad
eos litteris niandando.'i Cfccro aggrcssus sit, exiioiiannis.
Quae quaestio tantnni abest ut inutilis sit aestinianda, ut
Diaxinie debcat neres-aria judicari. Ccrtum est enim ali-
ler scripturum Ciceronem de Gloria tempore fuisse, quo
mliil putaret fama melius esse, ') alitcr cundcm de ea-
i) Cic. ad Auic. Xlil, 20.
dem re srripsisse, quam famam cognovisset e penersa
vulgi opinioiie dependere Gloriam non in virtute , scd in
rebus extcrnis, velnt diiitiis, inagistratibus, iniperifs po-
Dentis. ") Srripti anteni duo de Gloria libri sunt annu
70^) u. c. missiqno ad Atticum a. d. W . Non. Quiuctil.
ejusdem anni , nt Carolus Ueierus ad Cir. de Oft. II , 9
duruit. Reipublirac status eo tempore fuit miserrimus.
Spcs enim, qua Caesarem eonjurati interfocerant , omuis
ad irrituni cecidit. Aam Anfonlus necessario ille cum
Caesarc necandus, sciliret respublita ut restitueretnr , si
restitui omiiino Ilomanis potuisset, integer mansit impor-
tuna Hruti tlenientia. ^) illi aufeni et consilium Caesarj«
"iieeem uiciscendi, et animum e.i , quae iilem institiiisset ,
senandi fnissc, quamquam ^initio certe ne Cicero quidem
suspicatus est Antonium arbitratus epularuw tnagis riitio-
iiem habere quam viali quidquam cogilare , '') tarnen non
ita niulto post Caesaris iiiterfectionem rognitum est. Iure
igitur Cicero doluit non uua cum libcrtate rempublicam
recuperatam esse, meritoquc scripsit ad Attic XIV, ():
■ Quid . . miserius, quam ea itos iueri, propter quae illum
(Caesarem) oderamus i Etiamiie cunsules et tribunos pl.
in bicnniutn , quos ille voluil? NuHo ?nodo invenio , qtiem-
admodiun possim TT okl zeve 0 da c. Nihil enim tarn
0 ü/.o f/.o v, quam z v Q avv oy.T u v o V <; in ruelo esse,
il/ranni facta defendi. ') Eadcni inente profccta sunt,
quae ad Uiv. XU, 1 extant, Laercc : Vi udhuc quidem
actum est, no?t regno , sed rege liberati videmur: i/iler-
fecto enim rege, regios omnes 7tulus tueviur. Neque
vero id solum, sed etiam, quae ijise ille, si viveret,
}ion faceret , ea nos quasi cogilata ab illo probamus.
Nee ejus quidem rei ßnem Video. Tabulae figuntur : im-
munitales dantur: pecuniae viujrimae describuntur ; ex-
sules reducuntur: senatus consultu falsa refcruntw : ur
tantumiitndo odium illud hominis impuri et servitulis do-
lor dc/iulsus esse videalur , respublica jaceat in iis
perlurbationibus. in quas cam iüit coiijecit. Qui laetati
Caesaris nece esscnt, iis mors violcnta imminebat. ") Quum
lioniines pessipii summos magistratus gerunt, quum t_v-
ranni satellites in iniperiis sunt, ii, qui, Ciceronis certe
judicio , orbis terrae custodiis non modo saepti, verum
etiam niagni esse debebant, tautummodo laudantur atque
amantur, sed parictibus se rontinere coguntur. ') Meliur
quidem rernm conditio esse ridebatur, quum Dolabella
graiissimis poenis iniquum tvranni amorem alTecissct, ')
pntabatqne Cicero tantani esse securitatem ortam , ut
Brufo jam vel roronam aureani per forum ferre liceret; ■')
sed lianc, opinioncm stabil! fundamento destitutam fuisse_\.
jam inde ellicifur, quod idem Cicero cpistola liaud mullo
post illam scripta '") se existimarc signilicat, minore pc-
riculo contra iicfarias Caesaris partes vivo tjranno dici
2) Tose. IV, c. 31.
3) rUt. viU Bculi c. IS.
4) Cic a,l Alt. XIV, 3.
5) .MV. 9 et tO.
ü) .1(1 Altic. rp. 1.^, üb. XIV.
7J a.l Alt. ep. 5, lib. XIV.
8) ad Att. ep. Ij, lib. XIV.
9) l(j, XIV.
10) 17, XIV.
•2'2i
222
piiüiisse qnain co uioriu». Quae qimm ita cssont, nun
tpiiicrn Atticus Epiciiri niciiiioiieiii fccit et 2)'''""""'''>rc
ausiis est fn) 7r oXlT£vea&ai. ") Har toinporum
iniseria noii miriim rst, Ciccronom nimis furo si-iisisso
«encctiitis niolestias, id quod ipse fa<c(iir ail Afticiiiii op.
21, lili. S.IV srriliciis: Lrgendus mihi siiepius est Ciito
majiir ad te missus. /Ivutrinrein enim me seneclus fncit.
Stomachor oiiinia. Sed mihi quidem fj e Ij i ujt ai. J'i-
derint juvenes. Arrodebaiit alia, qiiae Citcroiiis aiiiniiim
ppitlirbarciit, inefus belli livilis,'-) nira , qiias in co
partes sequi optiimiiii forct. '■') Suspicio, rem ad cae-
dem et erun quidem pinpiiiquam sjiectitre, ") in dies
auc<a fiigiciKliqiic ncci-ssitas magis porspecta est. . Legi-
nius ciiim ad Alf. XV, cp. 20 liaoc: Quod ais, extrema
quueditm jam itomines de republica loqtti et eos quidem
virus bonos: ego , quo die aiidivi illum liirnnnum in con-
cioiie Clarissimum lirum appellari , subdifßdere cuepi :
posteii veio quam tecum Lanuvii vidi noslios tantum
spei habere ad viveiidum, quantum accepissent ab An-
tonio, desperavi. Jtaque, mi Altice, fortiter hoc velim
accipias , ut ego scribo. Genus illud interitus , quo cau-
sae cursus est, foedum duces et quasi deniinciutuvi 710-
bis ab Antonio. Kx hac na.va e.rire cunstitui, tton ad
fugam, sed ad spem mortis melioris.
Hoc igitur reniui statu Cicero diio ") de Gloria libros
scripsit , in quibus coinponendis cum occupatum jam op.
21 ad Att. XV vidcinus , ubi , quod scribat, quiim ab-
solverit, so Attico inissurum esse poUicetur. Ejusdein
libri cp. 14 liaec extaiit: His litleris scriptts , me ad
Gvvvai;€l.g dedi: quae quidem, vereor , ne miniata
cerula tua pluribus locis notandae sint: ita sum f^i £z e uj-
Q o g et 7nngnis cogitalionibus impeditus. "') lidcm libri
ep. 27, lib. XV ad Att. conimemoraiitiir et itiissl esse
op. 2, lib. XVI ad eundcm dicuntnr. Legiiiius cniin
Laec: de Gloria misi tibi. Custodies igitur, ut soles:
sed notentur eclogarii , quos Salvius, bonos auditores
nactas , in convivio dumtaxat legat. Mihi valde placent :
11) 20, XIV. ,
12) 22, XIV.
13) 3, XV.
14) IS, 20, 3, XV. - .
15) de officiis II, c. 9, 5. 31.
16J Hiinc locura quo jtirc Wielandus ad Ciceionis de officiis
V libros rctnlcrit iioii video. Oniniiio liaec ipsa verb.i nes-
cio an ^^ ielandiis male ccpeiit ita cxpressa : .\ls ich mit
diesem Sclneiben feilig war, liclirte ich zu meiner An-
torschaft ziirück , wiewohl ich freilich fürchte, du möch-
test (wenn ich dir dieses mein neuestes Wcrkclieii zu-
sende) an manche Stellen deine rolhen Wachssliickchen
anzuheften haben. So schwebend zwischen Himmel und
Erde ist jetzt meine ganze Seele und durch Gedankin
an grosse Diugc für Werke der freien Müsse unbrauch-
bar gemacht. Quibus hanc subjecit annolationem (vol.
VI. p. 348).- Dicss findet die Nachwelt nicht und die
Wachsstiickchen allein werden dem Welke seinen hohen
Werth nicht erst gegeben haben. Palet enim ex ioto
Terborum nexu maxinicquc ex vcrlio lereor Ciceronem
suspicalum esse muUa in his libiis Atlicum rcprehensuium
esse, quae niutala vellet utpole ab homine scripta nia;;-
nis curis distraclo. Cerula enim miniata locos, qui mi-
nus probarentur, notitos esse couslat ex ep. 11, lib. XVI
ad Atticuin.
mallem tibi. Idem opnscuhiin , sed rotrartatiu.s, et qui-
dem doy^i:Tt:i(jv ipsum erebri.s loeis incnicadim ipfcctiim
cninniunicatuni brcvi post cum .Vtfio est, ut ciiustat ex
ep. 3, lib. X^'I , qua Atlirus jubelur librum in marroco-
lum tralatum arcano' convivis suis legere; sed hilaris et
bene acceptis , ne in Cieerunein stomacbuni erunipaiit,
qiiiim siiit .Vttieo irati. Eoiundem librurum meiitiu fit
cp. ü ad .Alf. lib. X'^'I.
De fontibus liorum librorum.
Cicero quamqiiam libros ad philosopliiam pertincnfe«
liaud paucos edidit, fanrcn vix ac ne vix quidem niiiis
est, quem alios scriptores non secutns composnprif. Sunt
autem libri illi ita eomparati , ut, quae maximc exem-
plaria ob oculos sibi versata ossent, aut ipse faferefur,
veluf de Officiis dispufans ad Panaetil sese compusuissc
oxeniplum pronunciavit , de Consolationc Crantorem a se
oxpressum esse declaravit, de Republica Piatonis se in-
stitisse vcsfigiis non iicgaiif; ") aut ut facüc opera in-
telligi possenf, quoruin ex riiulis liorfulos suos irrigasset,
id quod factum in Tusculanis dispufationibus est, in quag
illc mnifos locus Cranforis libelli de Lucfu cditi recepit.
Quod igitur in aliis libris feeit , id in Iiiscc eum neglexisse
non est vcrisimile. Videfur autem Thcophrastus in pri-
niis fuisse , quem in his sequerctur. Ejus enim libro
Tilgt inaivov Ciceronem usuni esse probabiliter eonjccii
Cai-oliis Beierns ad Cic. de Off. II, c. 9, g. 31 (vol. II,
p. 64). Quem virum sagacissinium miraniur silentio prae-
termisisse duo Volumina, quae, feste Diogenc Laerti<i,
lib. V, c. 2 (ed. Taucbn. I, p. 227) , idem Thcophrastus
'.KQi (flXoTlf^ii'ag foras dedit. Hos enim libros Ciceroni
non ignotos fuisse, ex ep. 3, üb. II ad Aft. intclligifuri
Praeterea qui recordatus fuerif, Ciceronem hanc fere
liam iniisse , ut divcrsas philusnphorum scntentias intcr
sc conferret, atque ex iis , quas ad rerifatem proxime
accedere ceuseref , probaref; is non dubitnliit, quin Cicercr,
ut Theophrasti Peripatetici libros adhibuit, ita Academi-
corum quoque et Sfoicorum et Epicureorum plaeita re-
spexerit. Sfoicorum cerfe, Chrjsippi dico et Diogenis,
senfenfias quasdam de Gloria propositas de ITiuiLus lib.
III, c. 17, g. 57 attulit.
De argumenta.
LiLros de Gloria scripfos dialogi formant retulisse
quamqaam rerfum, quod sciam, argumentum non exfat,
tarnen aduiodum verisimile ei vidcbifur, qui Ciceronem
meminerit in libris ad philosophiam spectantibus secutnni
esse Socralicum morem contra alterius senfentiam disse-
rendi. (Tusc. I, c. 4. Arad. II, g. 7—9). IS'eque de-
sunt hujus rei vcsfigia in ipsis Lorum librorum reliquiii»
obvia. Festus enim de verb. sigiiif. (vol. II, part. 1,
p. 195- Corp. Granimaf. Laf. ed. Lindem.) haec iradit:
Oppidorum originem optime refert Cato Cicero libro 1
de Gloria eanique appellatiojiem usurpationem appillatam
esse existimat , quod opem darent, adjiciens, ut imitetur
inertias Stoicorum. Ilaec verba duplici possuiil ralioue
expediri , aut ut Cafo in Originum quodani libro han«
Tocis illius dcrivandae viam iniisse a Cicerone dictus sif,
IT) Couf. Plinii II. K. Prael'al. (vol. I, p. 27 ed. Taucbn ).
O'J.J
2 '2 4
ant II* Catoiipm Ciroro In suis libris «lispnl.nifcni Ji-iI.<Se
ütatiinliir. Qu.ie altera ratio nia{;is placct, (jiiam (jnae
[iriiiKi loro a iioliis est proposita , quam iioii essei, riir
Fi'stiiä Catoiiis lianc opiuidiiciu ox Circronis potius quam
ox ipsiiK Catoiiis scripiis atl'errct; nisi forte jfraiiimaticiim
»u<pi<-pris liaiir ctMiiolojfiaiii iiii-ptain jiiilicas,«p -siiiiiiKiue
ipsiiis jii((inoiii, scilicrf iif iiiajoreiii ei aucloritatcMn i-oii-
ciliarct, Cicerouis tprbis proimnciasse. Arcedit aKorum
ar^'uiiiootum ex A. Gollio illiiil rppetitiim. Ilic eiiiiii
lil). X.^', c. (i X. A. nianifpstiim crroreni <lici< a Cicerone
coimniss"m in liiscp liliris pssp , qiii Hoiiiprici llertoris
rprlia qnapilani Ajari <rilniissct. EJusniuili autcm me-
iiioriap lapsiis non duliiuni pst, quin in <iial(ij;ls pofiiis
quam in alio srriptoruin genere Iniiim liabrat; sai'piiis-
(|i|p Cifpro in aHVrpiiiIis Honipri niaKime locis iipgligpiitpr
rrrsatus est: velut Tose. I, c. 'J(i , §• tiö- M , >■• '-•%
Jf. 4'l, <le Divin. II, c. .'30, §. ()3. (Juiirt antcm nioilo
si;;iiiliraviinus Cafoiipin ilisputasse in liis Ciceroiiis libris
ridpri , iil qno jure dictum a nobis sit iiifra vide!)iinus.
Qiiaerentps de indole herum librorum par est priniiiin
de proipmiorum ratioiie dissercre. Jam qui opfra ali-
quot Cirpronis pliilosoplia peripgerit, is facilc conccdet,
prnopmiorum partem, louje inaxiinam i(a romparatam
PSSP, uf cum ipso libroruin argunipiito non arcte cohae-
rpaiit. Naiii in iis fere omiiibus Cicero id egit, philoso-
pliiae Studium ut ant cnnimcndarct populnribng suis, aut
di-fpiidpret ab iniquis eoruin rriniiiiatinuibus , qui riro
graii indijnum esse contenderent pliilosopliiap oppram
dare. Talern rarioneni proopniii iiis libris propositi fiiisse
»prisiniile est, quum alias fieri rix potuerit, ut, quod in
Aradeniiro tertio fuissct, eodeni prooemio libros de Gloria
»criptos Cicero ornaret. Lc^'imus enim ad Atticum X^'I,
ep. (i haec rerba: de Gloria librum ad te misi: at in eo
prooemiiim est, qund in Arademico tertio. Jd evenit ob
eam rem , guod hnbeo volunitn prooemiorum. Ex eo eli'
gere soleo , (juum aliijuod a/< y/p a fiuu inslilui, Ilague
jam in Tusculano, qui non inetninissem me abusum isto
prooemio, conjeci id in eum lihrum, quem tibi tnisi.
Quum autem in navi legerem Academicos, agjiovi erralum
meum. Ilaijue statim novum prooemium exaravi ; tibi
misi. Tu illud desecabis , hoc agglutinabis.
Quo ordine singiilac sesp partes librorum exceperint
in taiita fraginentorum paucitate ronstitucre vix licet,
^'erisiniile est tarnen eum locum , quo de oppidorum ori-
j;ine expositum esse a Festo diritur, non lalde rpuiotun»
ab inilio fuisse. AIctoniug enim, cui dp exsiho S( ribpiiti
non dubitamus quin dun liapc de Gloria volunniia ob
(jrnlos »ersata fuerint, de honoribus <oiitpmiiemlis pxpli-
raturus p. 90 (cd. iMenckeiiii) prapcipit naturam rerum
lulisse aliquando , ut homines vngnntes per agros nutla
cerlti sede fruerenlur, tantumque liabercnt, quanlum au-
darin, et corporis viribus per cuedem ac vulneru aut
rapere, aut tueri possenl. Sed qui primi consilin atque
judicio excelluisaent. eos comperta humani ingoiii vi,
i/uae docililulis et virlulie capax esset, et laudis cnpidi-
täte infammarelur , dissipatos in societatem vitne con-
tfocaste, easque ex tetrii illa immanilate et horrida in
cultaque rila nd humanilutem , mansueiudinem et j'usli-
liam rrii(hixii:e. Dein dornest ica Ulis ipsis commoda
peperisse ; eosque in coelum quendam congregasse , quem
Cicitatem appellasxe. l'osiremo illiberale arbitrantes ,
ut, quae (inimalia omnium rcruni r.rcellentia reliquis
prnestari/il , illa ijisa digna dinnicilia non habercnt suo
imperio suaque ri/lute , eosdcm ijisos homines proxiniia
domicilüs juiixisse , hisque plane Urbium nomina impo-
suisse , et deinceps conjugiis, litlerarum vocuwque com-
muniiine conciliasse. His sciiientiis quod Alcvoiiius sta-
tim addit, non sine dirino aliquo numine naturam ho-
minum generi quiindam honoris cupiditatem ingenerasse ,
non tcnipro iiubis vidcmur suam scdcm Festi illi Inro
vindicassp.
(BpscJiIuss folgt.)
Person al-Clironik und JMisCellen.
Ivirl. Am 9. Febr. (laf Iiipr .ms Atlipn die Kacliriclit von
dem Tüiln des Doctars Aitliiir Koclinn aus Wüster ein. Oic-rr
aussezcicIulPte joiigc Pliilulo;; hell sieb seit andcrlballi J.iliien
in Griechenland auf, vorzugsweise mit arcliäolojjiscluii Foisbiin-
gen bescbiiffligt , die eine reiche Ausbeute versprachen. Ein
iNcrven(u her bat nach l.ingMicrigeni Kr.inkpnlager seinem Lehen
im noch nicht vollendeten -23. Jahre am 1. Janii.ir ein Knde
gemacht. — Sein literarischer Nacblass wird iiolFcntlich fi'ir die
Wissenschaft nicht verloren gehen.
Berlin. Des Königs Majestät haben den bisherigen ans-
serordentlicbcn .Professor Dr. Ludwig Arndts in Bonn 2um
ordcntliclun Professor in der juristischen Facultät der Univer-
sität zu Breslau zu ernennen gejruht.
Dresden. Der Professor C lia lyb aus dahier hat einen Ruf
als ordentlicher Professor der Philosophie nach Kiel erhalten
lind sich, dem Vernehmen nach, bereit erklart, demselben zu
füllen.
Kassel, 22. Januar. Sc. Hoheit der Kurprinz und Mit-
regenl haben dem ordentlichen Professor der griechischen und
rooiischen Literatur, Dr. Carl Franz Christian Wagner
zu .Marburg, das Prädical ,, Geheime Ilofrath " zu verleiben
geruht.
Kiew, 10. Febr. Wie man liöit, soll auf allerhöchsten
Befehl die hiesige l'iiiversität aus gewissen Gründen für ein
Jahr suspenJirt werden.
Druckfehler - Anzeige.
In die Beccnsion des If'igand'schen Iloraz, Nr. 6 und 7
18^19 dieser Zeilschrift, haben sicli einige Druckfehler einge-
schlichen, die ich hiermit berichtigen will.
Nr. 6. p. 42. Sp. 2. Z, 27. st. sculdigermassen 1, Schuldiger-
massen,
,, „ p. 43. Sp. 1. Z. 35. nach SelbstständigUil fehlen die
Worte: ru erkennen.
,, ,, p. 44. Sp, 2. Z. 1. (v, u.) St. leidfit I. /eilet.
„ ,. p. 4K S|i. 2. Z. 13. St. JJoro- I. Jlcraz.
,, 7. p. 49. Sp. 1. Z. 15. fehlt hinler dea Worten: fndfi
sich das Wort: auch.
Sondershausen. fr- Gerler.
Zeitschrift
f ü r die
A 1 1 e r 1 1 1 II m s w i s s e n s c li a f t.
Freitair j 8. März
18 39.
Nr. 29.
Melotcmaia in Ciccrniiis de Gloria libros sciipsit
Frideiicus Schneider, Dr.
(Bcsc h 1 iiss.)
Quam autrm ratioiicin seqnondam esse in dispuiatio-
nibus putaret , Cicero <le Repiilil. I, c. 24, §. 3S deila-
ravit, iibi, ingreiliar-, iiHjiiit, in disputatioiiem eu lege,
qua credo omnibus in rebus disserendis ulendum esse, si
errorem velis totlere, ut ejus rei , de qua quaeritur, si
nome?i quod slt convcnint , explicelur , quid declarelur
eo nomine: quod si convenerit , tum denium decebit in-
gredi in sennonem: nunquam eniin, quäle sit illud, de
quo disputabitur , intelligi polerit , ?nsi , quid sil , fuerit
intellectum prius. ") Haue, viaiu his (juo(jue librjs Cice-
roncm iniisse, ut per se probabile est, i(a certiim reildi-
liir Ilieronjnii testiiiKiuio Couimeiit. ad ep. ad Galat. IIb.
VIII, r, (), Tom. YII, p. ölS (ed. Vallarsii) haec re-
fcreiitis : Quitntas habeat dcfiniliones et signißcfitiones
gloria, et philosnphorum innumerabiles libri , et Cicero-
nis duo Volumina, quae de Gloria scripsit, indicio sunt.
Coiisciitaiieiim est autciii, Ciceroiiciii diversoriiiu philoso-
phonim iliiersas de liat re seiiteiitias iuter se coniparasse
carunujiie qiiac sibi maxiiiic platcret , probassc. Qiiae
qualis fuerit licet in frajjtneiitis iioii sit certis verbis ex-
pressnm, tarnen colligi ex iis potest , qiiae eadem de rc
aliis scriptis siguilitavit, velut Tusc. III, c. '2, ubi de
crrorum causis exponens his cerbis usus est: Cum . . ■
parenlibus redditi , dein mngistris traditi sumus ; tum
ita variis imbuimur erroribus , ut vanitali xeritas, et
opinioni confirmatue ?tatura ipsa cedat. Accedunt cliam
poetae: qui cum viagnnm speciem doctrinac sapientiue-
que prae se tulerunt , audiußlur , legunfur, ediscuntur ,
et inhaerescunt penilus in menlibus. Cutn vero eodem,
quasi viaxumus quidam viugisler, populus atque omnis
undique ad vitia consentiens multitudo; tum j'lune infi-
cimur opinionum pravilate, a naturnque desciscimus: ut
nobis optumam wagistram invidisse videanlur , qui niliil
melius homini, jtihil magis e.vpetendum , nihil praestan-
tius honoribus , imperiis , populari gloria judicaverunt ,
ad quam fertur optumus quisque ; veramque illam ho-
nestatem expeiens, quam una natura viaxume inquirit,
Id) Siinilia Icguiitiir de Oratorc I, §. 209, U. §. 108, de Fin.
Jl, 5 3 de Üf I, §. 7. Oiitnis , quae ratione siisciiniur,
de aliqua re instilutio, dcbet a defmidonc projiciici ,
Ut iiiuUisatur j ijuid sie iJ , de quo diijiuutur.
in summa inanitate versatur , consectaturque nullam
eminentem effigietn (virlulis), sed adumbratam imaginem
gloriae. Est enim gloria solida quaedam res et
expressa, non adumbrata: ea est consentien»
laus bonorum, incorrupta vox bene Judican-
tium de ex cellente virtute: ea virtuti resonat tam-
quam imago. Quae quia recte factorum pkrumque co-
mes est, non est bonis viris repudianda. lila autenit
quae se ejus imit atricem esse vult, temer aria
atque inconsiderata , et plerumque peccatorum
vitiorumque laudatrix , fama populär is , simu-
latione honestatis formam ejus pu Ich ritudi -
nemque corrumpit- Qua caecitate homines, quum
quaedam etium praeclara cuperent, eaque nescirent; nee
ubi, 7iec qualia essent, funditus alii everterunt suaa
civitates, alii ipsi occiderunt. Conf. Tusc. V, c. 15 et
c. 16.
Sed licet probabile sit, Ciceroncm, qui tofam de
Gloria qnaestioneni sno operc absolntaui esse vellet, de
aniore Gloriae omnibus iiominibus innato disputasse, '*)
iufer vcraui Gloriam et falsani distiuxisse, de ratione
Gloriae coniparandae ' cxposuisse , de utilitatibus , qua«
afferref, dixissc; tarnen quum non omnium, quos tractä-
tos esse in his libris pronunciavimus , locorum indicia in
fragmentis extent, eos soluni persequi nobis visum est,
quos Ciceroncm spectasse frajmenta elficcrent.
Ut igitur de aliis rebus Cicero disseruit, ita silen-
tio non praetermisit , h'.)n)ines Gloriae ita studere, ut vel
pust mortem se nobilitari Tcllent. ^'^) Quam seutentiam
paucis eam verbis jam Tusc. I, r. 15 constrictam ut uou
ncgicctam in his libris esse suspicemur, comnio?et no»
A. Gcllius jam supra laudatus , qui lib. XV, c. 6 testa-
tur in sccuiido de Gloria libro scriptum fuisse: Apud
eundem poetum (Homerum) Ajax cum Hectore congre-
diens depui;nnndi causa agit , ut sepeliutur , si sit forte
victus: decluratque, se teile, ut suum tumulum multit
etiam post seculis praetereuntes sie Inquantur:
' Hie Situs est vilae Jam pridem lumina linquens,
Qui quondam Hccloreo perculsus concidit ense. .
Fabilur hoc aliquis; mea semper gloria vivet.
Jam qui non oblitus sit, Ciceroncm versus orafioni
adraiscentcm studiose sui populi poelis usum esse et,
19) Alcyonius certc de hac re quaeii.im proluüt.
20) Mutavimus pauUuIum ordincm , cnicin Cicero tenuissc vi-
detur, omnia ut faciliorc iu coxispcctu puucreums.
227
228
qnnm hi ilefircrcii< , muUa vprtlsse dp Graecis : -') is non
iiiiprubaliit ronjecturaiu , Eiiiiii tjtioijue icrsus noiissinios
in lios liliros rerpp<os fulssc:
Adsjiicite, 0 cires , senis F.inii imnghii' fonnam
Hie vo'trum piiii.iil ritii.riima facta palrum
et hos: .\>/ho nie Inriumis decorel ', iiet: funera ßeltl
Faxit. Cur^ vutilo riru' per ora virum.
Coiif. Tusr I, r. 15, SJ. 34.
»nue liiiigp reiiiotus al) lils illc lorns fiiissc viilefiir,
qiio ilpos , qiii publice colerpiitur, hoiniiirs ftiisse Cirrro
roiitpiiilit. Cujus roi teste utiiiiur gravissiiiio Lactantio
lili. I, c. 15, 5J. 2 3; ijuem loiuni iiojjloctuni a CicerDuis
opernm pcliforilius «iiinlLus nos prinii rpsppxliniis. Huic
auteni uniteiitiae ut liauc potis.siMiiini sedeui viiidiiemus ,
farit Tiisc. lorus moilo allatus. Hi>c rniiii Cicero onini
jain aiiticjuitati de auiiiiüriini iiniiiortalilate persuasum
fuisse iuile rollegif, qund iiisi iiisituin priscis hominibus
fiiissef, esse in niorte seiisum , necjiic cxcessu vitae fiin-
ditus iii<erire hoiiiiiipin, iii)m maxiiiiis ingeniis praediti
iier. ian(a cura coluisseut sepulcroruin raeriinoiiias , nee
vidlaias <am pxpiabili relijioiie sanxissent ; et iiide, quod
(icri vix poluissef, nt liri aniinis altissiinis in prriculis
et laboribiis livpre, quam »ilaui utiosam «legere niallent,
nisi nieiitibiis eoruni quasi seculiiruni quuddani au^urium
fufurorum inhaesisset, quo se vcl inortuos putareut lan-
dein attiujjerp. Versafus igitur Ciipro in libris de Glo-
ria similiter fuerif, ati|ue est in priniii Tusc. versatus,
^luriaeqac Studium ab imuiortalitatis persuasione repe-
tierit. ")
Scd ad reliqnos locos transeamus. Priniiini auieni ille
est ronsideraiidus , qui est de discriniine verao gloriae et
falsae , de quo Cicero disputaret necesse fuit. Jain om-
niuni maxime vulgi faniain , quae exteruac rerum speciei
potiiM adhaereret, quam iiiternaMi earum iiidolem investi-
garef , Ciceronem coiiteninendam putasse quum Tusc. II,
r. 26 et III, «". 2 efficiunt, tum jioruni fragnieiita libro-
rura declarant, inter quae liaec referuntur verba: Sta-
tuerunt aereant lenenam. "'j llaec quo üiut coiisilio a
Cicerone prolata docet nos Lacfantins lib. I, c. 2)', {J. 3,
tibi Roniaiiurum religiones ut inanes perstricturus eos di-
rit vel meretrices diiiuis honoribus alFecisse. ^'erba ejus
liapc sunt: Rninuli nuirix I.upa honoriöus est /iß'ecta
riivini». Et ferrem , si animal ipsu7n fuisnet , cujus
figuram gerit. Auetor est Lihms , Larenlinae esse siinu-
Incrum et quidem non corporis , sed mentis ac morutii.
Fuit enint Fiiusluli uxor, et ob corporis vilitate'ii , Lupa
inter pasiores, id est, nurelrix nuncupata est, u/ide
21) Tu3C. II, c. 11, S 20.
-22) Sunt fortasse, quibus lioc minus probaliililer dichirn vi-
deatiir , uegautibus »cilicrt Ciccionciii, cpi.i cssrt iiigcnii
uberlatc , i'jii>l> ni rem fadem prorsiis ratio:ie IracUtiiniiu
fuissr. Quoiuiii de Cicerone vpinio ul ipjj Cicermii lio-
norifici Pil, ita non firnialur scriptis. qn.ie eodcni lere
alque liosce iibros tempore foras dcdit, Consol.iliiirjcin
dico, Tusculanas, Caloncin Majorem. Nerpie lemcrc Wic-
landus vol. V, p. 34ä (epist. Cic.) scripsil: Cici-ru liiiig
in seinem jan/en Leben nicht so stark nn dem Glauben,
da^s ilcr nienscbllclie Geist gollverwandtcr und also titi-
verganslichcr Natur sei, ah jetzt.
23) Seciiti suaiuj semper Icctioncin Orcilio probalam.
eliani Lupanar dicilur; exemplum scilicet Atheniensium
in ea figiiranda lioiiiani secuti sunt, apud quos ineret rix
quaeda nt nomine Leaena, quunt tyrannum oc-
cidisset; quin n e fn s erat si in ulacruiii con^titui
ineretricis in teniplo, a n i in a lis e/'figieiii po-
suerunl, cujus nninen g c re f/Ht. '')
Acceduiit alia duo fraginrnta, quorum unum Diiime-
de.s .senavit lib. I, p. 378 hoc: O iiiiseruiii vel potius
ainenteni, de quo necesse erat pejus existiniare eov, qui
ploserunt , quam eos, qui non ptoserunt; ") alleruui
Cliarisius adulit liocce: //; Tusculiinuni mihi nuncinfian-
iur gladiiitorii sibili. Quae verba nescio an sint ad rem
siniilem ei rpferenda, quam Cicpro ad Attic. pp. I't,
lib. II n.irrat bis usus verbis: Populi sensus maxime
theiitro et speclaculis perspeclus est. Saiii gtadiatori/ius
qua dominus qua advocali (seil, ad plaudenduni) siliilis
concisi : ludis Apollinaribus Diplnlus tragoedus in noslruin
Pompejuin petulanter inrectus est :
Nostra iniseria tu es Magnus — —
niillies coaclus est dicere. — Caesar quum venisset iiiur-
tuo plausu , Curio fitius est insecutus. Huic ita ptau-
suni est, ut , salca republica , Poiiipejo plaudi solebat.
Tulit Caesar graviter. Literae Capuain ad Pompejuin
volare dicebanlur. Inimici erant (Caesariani) equilibus ,
qui Curioni stantes plauserant : hostes oinnibus. Oninlno
teneniiuin pst, eani soluntmodo laudem, quam honiineü
nobis honesti tribuant, magni faciendam, contra Paiu
abuminandani esse, qua homines furpes nos all'iciant. Hoc
postreuium Cicero exeniplo illustraturus non dubitanius,
quin verbis usus sit, quae ut Ciceronis ab llicronyinu
allata non cnnstat ail quus libros pcrtineant. Sunt autem
liaec : Caesar quum quosdam ornare voluit , non i/tos
honestavit , sed urnamenta ipsa turpavit. -'') Jam qui
neget, eo usque audaciae Ciceronem progrcssuHt esse,
ut tarn accrbe de Caesare juilicaret , eum nobis licet ad
locus nuinern non pancos ablegare , quibus Cicero est
Tchomentissime in Cacsarem invectus; velut de OIF. I,
c. lll, §. 2{) Caesaris notatur temeritas , qui omnia jura
divina atque liumaua pervertit propter cum, quem sibi
ipse opinionis crrore fiuxerat, principatuni. EJusdcin
libri c. 14, g. 4.i liaec extant : Videndurn est, ut en
liberalitate utamur, quae prosit amicis , ?toceal nemini.
Quare L. Sullae et C. Caesaris peouniarum translatio
a j'ustis doniinis ad alie/ios non debet liberalis videri.
tiihil eni'ii liberale, qaod non idcm Justuin. Lib. Jl,
<•. 7, 45. 2.{ C. Caesar t; raunus nuniinatur. Xcquc niinu.K
acriter idem castigatur lib. II, c. 24, §. 84, "hi haec
legimiis : Tanta in eo (Caesare) peccandi libido fuit , ut
24) Leacni aniica Arislogitonis fiicrat, qni Hipparcbiim, Pi-
Mar.iii filiiini, lyranniiiii occi.lit, iilcoqiic coiijiirationi»
sosprctam llipiiias, aller lilnis Tisisliati , cniilclitcr enc-
cavi(. Snbl.ilis lyrannis linic tamquain binc iiieritac
AlbenicDses leacnaiii aencat» posuctunl. Paiison. Allic.
p 20, 21 (cd. Lipsicns. lib. I, c. 2:<, §. 1 cl 2). Ccllav.
25) Sic lere locus cum Orcllio nuitatidii» viiletnr, qni viliuxi
sie le^ilur in codicibiis: 0 miscriuit t'el potius aiiienie/n,
de quo nccesic erat />ejus e.risli'iiäre eos, quod erant.
quam eus , qui non plndere.
26) Huic .scnicntiae Caridi Bcieri snasu in fragmcntiv bornm
librorum lociim Orclli qucquc assiijnavit.
229
230
hoc ipsu'ii eiiin deleclaret , peccare, etianiai causa non
enget. Jiiiiiio lil>. III, r. (i, ^. Vi Cicero Cacsaris iiifor-
fpi'tidiiPlii a|)cr(o prohaiis liouestiim esse toii(pii<li( , <_vrau-
iiiiiii, «iiiii quo iiiilla iioliis sit sorietas, iiecare; a<<nie
hoc oniiie gciiiis pcstifcrum a<<juc iiii{>iuiii ex lioiuiiiiim
ritiniiiiiiiilato oxtcriniiiaiuliim esse.
(Jiioil ijfidir Attiro rosfanfi , ut orafioiiem ijiiasi a Brufo
lialiitain in /yramiiiin o|)(iino jiire caesiim srriberet, [iro-
iniserat pp. 3, lil'. XV, liac <le re siiam sc seiitciitiam
«leclaradiriiin qiiideni esse, seil alio modo et U-iiiporc;
liiiir promisso iiesrio an in liliris (jiiiiiii ile (iloria tum ilc
Ofluiis srri[itis ex parte quidem stctorit. <iiiae si reite
a iiiiliis roiijiciiiiitHr , facile explirari lorns potest , qiii est
ad A»(ic. ep. f), IIb. X^'I liirre: Nunc aiidi, qiiod pluris
et <piaiii omtiia. Qiiintus (Uiiinti fratris filiiis) fiiit iiie-
cuiii dies coiiipltires : et, si ego ciipereiii, ille vel plures
/iiissel : sed, quniitiini fidt, incredibile est, ijiiain ine
in omni genere detectarit: in eoijne nia.viiiie, in quo
ininiiiie snlis/iicieiat. Sic eniin cominotiis est tofiis et
scriptis m eis qiiibiisdntn, qua e in man Uns habe-
b a III, et assidiiitate orationis et praeceplis, ut ttili nniino in
reiiipiiblicaiii, qiinli nos voluinus,ftttiirus sit. Jam tcmporum
rati<ineni qiiod attiiiet, niliil obstat, qiiomiiiiis horiim de
(jloria librorum vim a Cicerone si-inilicari stafnanius, qiiac
rn redierit, ut doininatiis oniniuni reriim maximam in
iuvidiam adduceretnr.
Sed qnuni alii lioniines alils ex rebus Gloriam qiiae-
rant, qunm sint qui bellicain laudem civili longc superio-
rem esse jtidiceiit, quam alii ciiilejn maxinie optandam
esse arbitrentnr, qniim non desiiit, qni snmmam -i^loriam
a studio litterarnm proficisci putent ; a rerisimilitndinc
non abhorret singulas has senteiitias Ciceronem deinceps
examinasse. Videniur aatem nobis jure rontendere posse,
in his certe libris a commendanda bellica laude ma^is
quam alio tempore Ciceronem abstinuisse Caesaris uiaxime
odio comniotnm. INam in lib. 1, c. ^2, JJ. 74 de Off.
haue opinionem, qua plerique arbitrentnr res bellicas
majores esse quam urbanas, niinnendam esse declarat.
Sed qnamquam nejjari nequit, liornm librorum magnam
partem versatam esse in contemnenda fania popnlari, qnae
caera plerumquc esset; tamen non licebat Ciceroni alte-
ram quaestionem, quae est de vera Gloria, silentio prae-
tcrmittere. Quam si neglexissct, de conteintu Gloriae
potins quam de Gloria hosce libros inscriberet nccesse
erat. Ilujus auteni quaestionis qunm certum iudicinin in
fragmentis non extet, ile ea nobis licet |)auii» absolicrc.
Conipertum autem ex lib. II, r. 9, §• il de Off. habe-
iix'is, quibus rebus sunimam Gloriam constare Cicero vo-
Inerit dicens: Suniinn et perfecta gloiia constat e.v
tribds his: si diligit iiiultitudo: si ßdem habet: si cum
ad'iiiratione quudani honore dignos piitat.
Sed Laec hactenus. Plura de liisce libris proferre
non audemus, qui cerfioribus simus vestigiis destitnti.
Hoc unum tamen adderc liceat, oinnia, qnae de fama
niuhitudinis despicienda Cicero dissernerit , egregie intloli
ronienire, quam Catonum quum IMajoris tum IMinoris
fuisse consfat. Utrumque enim paritcr fuisse judiciorum
incuriosum, quae de sc vnigus facerent , veferes scriptores
t<<5(antur. ^') jNeque repugnat librorum horum argumeu-
VT; Piul. Vit. Cat^ Maj. c. 19 et Cat. Mio. c. ö. 9 l'J.
tum conjecturae nnstrae , qua suspirati sumns ad Thco-
plirasti maxime excniplar Ciceronem sc romposuigse.
Tlieoplirastus euim et Cicero id certe pariter eccuti sunt
ut disce<Ientes a vulgi opiuiune vitam pnblicam non an-
teponerent vitae in littcrarum studiis occupatae. Conf.
Cic. ad Attirum II, 10.
J. Marquordt , C^zikus und sein Gebiet, Drei Bächer.
Mit einer Charte. Berlin 1836- 8.
Diese verdienstliche Arbeit reiht sich den zahlreichen
31(iiiographieen an, welche neuerdings liber die verschie-
ilcnsten Gegenden Griechenlands siud geliefert norden.
Sie haben das Angenehme zugleich und Nützliche, dass
sie die allgemeinen Formen des hellenischen Lebens und
Strebens «ie in einem 31iniaturbilde und in's Detail con-
centiirt zur Anschauung bringen. Man findet da in be-
sundern .\btheilnngen Topographisches, Historisches, Ar-
< bäologisches , Literarisches, jedes soivcit es diesen be-
sondern Staat betrifft, mit einer Ausführlichkeit und
Genauigkeit beliandelt, «ie sie eben nur die locale Ein-
heit der Beziehungen veranlassen zugleich und lebendig
machen kann. Dass der ^'erf. sich Kyzikus gewühlt hat,
uird Jeder ihm ddnken, der sich für die Gescliiclife der
(jsflichen Griechen , namentlich der politischen interessirt.
IvTzikus »ar das Lübeck des Pontus Euxinus , wenn sich
dieser in seiner Wichtigkeit für den Handel der alten
Welt mit der Ostsee zur Zeit der Hansa vergleichen
lasst. Heraklea und Sinope konnten sich nicht mit ihm
messen, auch Byzanz nicht, ehe es Constantinopel wurde.
Seine Lage «ar eine der günstigsten: Der Rhetor Ari-
slides an einer vom ^'erf. S. 83 angezogenen Stelle ver-
gleicht sie mit der Ivorinths. In <ler Propontis gelegen
verband sie Aen Pontus und den Hellespont, das Binnen-
uiid Aussenmeer: Alles, «as /«ischen Gades und dem
Pliasis hin- und herschifffe, niusste bei Kyzikus vorbei:
so horten denn, «ie Aristides sagt, die S(hifffahrer ans
den verschiedensten Gegenden nicht auf, vorbei und herum
und hinein oder herauszusteuern. Die 31ilesier liatteii
deu jfli'icklichen Gedanken, sich hier festzusetzen. _ Es
«ar hernach unter lydischer, persischer, atheniensischer,
sjKirtaniächer Botm.'issigkcit, ward aber seit ungefähr <5/
autonom und seitdem je Isuger je mehr blüliend, so dass
es selbst den Glanz der Mutterstadt Milet überstrahlte.
IVoch unter deu Rümern »var es höchst bedeutend , und
als Hanilelsstaat konnte es sich mit Rhodos messen.
Spuren seiner Existenz lassen sich noch bis tief in's Mit-
telalter hinein auffinden: dann versinkt sein Andenken
in den Schutt und die Barbarei , welche seit der Tnrken-
herrschaft sich dieser Gegenden, des vieljahr'igen und
frühesten Schauplatzes griechischer Bildung uud Industrie,
bemächtigt haben.
Der Verf. handelt im ersten Buch S. 1 —39 von dem
Gebiete von Kyzikus. Er benutzte von den neueren
Reisebeschreibungen Leako's Asia minor (London 1824),
dessen Charte von Kleinasien auch der vom ^'erf. beige-
legten Charte des Gebietes von Kyzikus und der näihsten
Umgegend zu Grande liegt. Neuerdings geben die Denk-
231
232
würtligkeifen von Prokcscli (S<ii«gar< ISSf), 3 Bde.)
J^Iaiirhcs, «as zu bpiiutzen «äre. Im Ganzen aber ge-
Liirt jener Laiidstrirli liis jelzt zu <leu niibekaiiii<cs<en
Tlicileii ^ orderasiens. Die j,'rosse Uiisiclicrhcit der (ic-
fTCud bescliränkt die rnfersnc-liiin!; des Reisenden auf die
jtestlic'lie Ki'isle, niid selbst iTcake gesiebt, dass die
Küslc der Propoutis weniy; niebr , als ein nnbekanntes
Land sei. Etwas besser indessen steht es um die näch-
sten Umgebungen von Kyzikns, n.'imlicli die JI.ilbiMsel,
auf deren südlielicr Seite, ho ein kiinstlielier Istbmns
i>ine Bnukc zum I'estlandc biblcte, die Stadt gebaut
«ar. AVenigstens Prokesrli , dessen Berichte aber Herr
IMarijuardt leider noeli nicht hat benutzen kiiiincn, be-
schreibt diese Localitaien zicmlicli ansdiaulich , a. a. O.
111, S. 2G4 ff- Kr kam ron der Secscite , sah von dort
Küdlich ron der kvzikanischen Halbinsel den Uerg Adra-
itea, „ron breiter Grundlage zu breiter Holie anfstei-
gend'- , und ztrischen diesem und den 15ergen der llalb-
in-cl über die Landenge ans »leiter Ferne den Ida licr-
vorscliauend. Er umfuhr die Halbinsel rom nordöstlichen
Vorgebirge bisArtaki, nach ivclchem Orte jetzt gewühn-
lich die ganze Iialbinsel heisst. Dieselbe, sagt er, zeigt
»ich als eine Eergmassc, die lon Snden nach IVordcn
zu zwei Spitzen sich hebt und dann steil in die See ab-
füMt. Die östliche Küste wird durch eine Reihe freund-
licher und ivohlangebauter Hügel gebildet. Prokeseh
fuhr mit einer Ruderbarke in 5 Stunden loni nordüst-
Iidicn Vorgebirge bis zum nordwestlichen, von diesem
Li.- zum si'idwesllichcn in 2 Stunden; endlich lon diesem
bis Ariaki in ^/, Stunden. Die Halbinsel bat nach ihm
gegenwärtig 16 Ortschaften; der Haupfort Arfaki ist von
tiüO türkischen und 800 griechischen Familien (?) be-
wohnt. Die Einwohner nähren sich vnni Seiden- und
AVeinbau, Getreide erzeugen sie nicht hinlänglich. Er
libcrsah die Strecke von Artaki bis zum Isthmus von
einem südlich von Artaki in den I\]eerliuscn vorgreifen-
den Hügel. „Breit unil tief geht der liusen nach
dem schmalen Istimnis ein, über den die See und die
Spitze von Panormus schauen. Sanft hingebreitet und
reich mit Oliven, ."Maulbeerbäumen und Beben bepflanzt,
»tcigen die rcicbbetvJisserten flachen Hügel zwischen Ar-
taki nnd dem Isthmus zu dem kahlen Gebirge auf, wel-
ches die aiittfi der Halbinsel bildet. — Er fand an der
Küste viele Reste byzantinischer Bauwerke. Die Stelle
des alten Kvzikus liegt I '/j Stunden von Artaki. „Kaum
ihre Spur ist Hichtbar, die Reste, die sie weiset, ge-
Lliren ihren spateren Zeiten an." Doch scheinen die
•Spuren der Stadtmauer an iler westlichen und nordlichea
Seite sich gut verfolgen zu lassen.
Ausserdem bemerkte P. die Spuren einer AVasscr-
leitung, die sich in's Gebirge hinein verloren. „Mit
grosser 3Iühc wand ich mich durch dicht verwachsenes
Gesträuch ostwärts , um den höchsten Punkt nach ilicser
.Seite zu erreichen, und stieg dann, als ich die mirdliche
Lmmauerung der Sta<It nicht mehr fand, in df-r Richtung
des Isthmus almärfs. Diese ganze Strecke, hinger als
eine halbe Stunde und ebenso breit, zeigt liier nnd da
nicht zu deuteudc Trümmer, darunter gehören diejenigen,
wcKhe Pokocke das Theater nnd den Circus nennt! Der
Fall nach dem Isthmus ist fast gleichförmig, nur die
Ruinenhaufen unterbrechen denselben wie llügelspitzen.
Die Ausdehnung der Stadt war sehr bedeutend. Der
ganze Fl.'ichenraum derselben ist jetzt mit AVeinfcldern
bedeckt , welche durch Mauern aus Trümmer zusanimeu-
gereiht oder durch breite und schwer durchdringlicho
Hecken abgeraint sind. Die Natur wuchert über dem
verweseten Kjzikus. Die Höhe zeigt den schönsten
Ackerboden, die Tiefe Sand. — Die Trümmer, welche
dem Isthmus zunächst liegen, sind gleichfalls undeutbar;
ein Paar Thurmreste lassen ein Thor verniuthcn. Ein
Vorsprung der Ummaucrung weiset die wahrscheinliche
Gränze der Stadt nach dieser Seite. Der Isthmus ist
jetzt nicht über GOÜ Schritte lang. Morast und Sand
und eine geringe Strecke von Gärten bilden denselben.
Von den beiden Dämmen Alexanders, die au der Stelle
des heutigen Isthmus gestanden haben dürften, ist keine
Spur sichtbar. Ebenso w enig Lisst sich genau der Umfang
der beiden Häfen angeben. Ich bin so ziemlich der
Meinung, dass darunter überhaupt die innere Bucht öst-
lich und westlich am Isthmus zu verstehen sei." Es ist
unterhaltend, aus diesen Bemerkungen die ans den
Stellen der Alten und Turner, Pokocke, Sestiui ge-
schöpfte Darstellung des Vcrfs. zu vervollständigen. Wa»
den Doppelhafen betrifl't, so ist ohne Zweifel an die bei-
den Buchten östlich und westlich vom Isthmus zudenken,
die eigentliche Rhedc aber war, wie gewöhnlich bei den
Griechen, durch Molo's gesichert und konnte durch vor-
gezogene Ketten versperrt werden, wie man aus den vom
A'erf. S. 12 f. gesammelten Stellen sieht. — Artaki,
das alte 'yJ(>ro.'/.lj , dessen Hafen nach Steph. B. s. v. nur
8 Schiffe fasste (Prokeseh S. 2üß „der Hafen hat hin-
längliche Tiefe und guten Ankergrund , aber er ist klein.
Ein Jnselchen liegt <larin, an dessen Nordseitc man noch
Reste eines alten Uferdammes sieht u. s. <v.), war eine
sehr alte Stadt, Anfangs die Kebenbuhlcrin von Kyzikns,
dann dieser unterworfen nnd zuletzt wie eine Vorstadt
derselben, s. Mar(juardt S. 1(5 f.
(Beschluss folgt.)
Pcrsoual-Chronik uud Miscellen.
Berlin. In Her Gesamiiit-Sitziinft der Akademie am 3t.
Januar gab Herr Böckb eine Uebersiclit seiner Untersuchungen
über die von Hcitu Piofcssur Dr. Ross zu Allicn im Jiliie 1830
derAkaileniic niilgelbeiltcii Inscbiilten der Scliiirswcrlle und dcj
Sec-Aiscn:ils von Allicn. (Vcrgl. Mon.ilsbericlit der Akademie,
Octobci- IS.iü, S. 62, und J:inu.ir 18.'i7 , S. 4). Die Arbellco
des Herrn Böckh über diese luschriftcu werden bald im Druck,
erscheinen.
Leipzig. Der Privaldoccnt Dr. K. E Bock ist zum am-
serordenllichcn Professor ernannt worden.
Hannover. Der Consisloriatialb Professor Dr, Lncka
in GuUingcn ist zum wirklichen Mitglicdc de« Coiu. iu Hanus-
■ycr ernannt worden.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft
Sonntag, 10. März
18 39.
Nr. 30.
/. Marqutirdt , Cyzikiis und sein Gebiet. Drei Bücher.
Mit einer Charte.
(Beschlnss.)
Im zteeilen Buche S. 39 — 92, wird in 4 Kapiteln «lio
Geschichte von K'vzikus behandelt. Für die ältesten Eiii-
u'ohner der Gegend gelten die Dolioncn, nach denen
lange die Landschaft mit besonderem Namen benanirt »unle.
Wohin diese ethnologisch gehörten, dürfte schwer zu be-
stimmen sein. Zu ihnen kamen aus Thessalien, von den
Aeolern vertrieben, pelasgische Ansiedler, welche der
Sage nach den ersten Grand zu dem nachmaligen Ryzi-
kus, das auch von einem ihrer Könige diesen Aamen haben
sollte, legten. Die Sagengeschichte dieser ältesten Periode
ist vielfaltig mit der Argonautensage verschlungen. Nach-
mals scheint auch die sogenannte äolische Wanderung neue
Ansiedler in diese Gegenden gebracht zu haben , obgleich
der V^erf, nicht zugebeti will, dass sie auf das vormile-
sischeK) zikus Einfluss gehabt hätten. In der That scheinen
diese Abfalle des Idagebirges das Eigenthum der ans
Hellas verdrängten pclasgischen .Stamme geblieben zu sein,
welche seit der Zeit des Priamidenreiches ziemlich zahl-
reich und in rerschic^ienen Stammen hier und auf der
benachbarten europäischen Küste gewohnt haben mochten,
da sowohl Pclasger selbst, als auch Tvrrhencr, Kauko-
nen, Drvoper (Dryops , einer der Söhne des Prianiiis)
genannt werden. — Die milesische Kolonie, «elcher
Kvzikus seine historische Bedeutung verdankte, fällt un-
gefähr Ol. 10, und scheint sich , wie Verf. S. .50 f. glaub-
lich macht, durch wiederhohe .Supplemente aus der Mut-
terstadt mehr und mehr festgesetzt zu haben. Die \er-
fassniig und politischen Schicksale sind denen der übrigen
asiatischen Jonier parallel. Erstere war wegen der mit-
telbaren ^Verwandtschaft mit Athen in vielen .Stucken (It
atheniensischeu ahnlich. .So finden sich, wie auch in
ftlilet, die 4 sogenannten ionischen Phvien , doch nebi'ii
diesen noch zivei andere; so ward der Rath in Prvtanicn
eingetheilt u. s. w. Die zunehmende Blüthe von Ivvzi-
kus datirt sich besonders seit der Zeit, wo die Repul>lik
iu Athen durch Timotheus ein neues Gedeihen gewann.
Kyzikus vertrieb damals die persische Besatzung, wurde
durch Timotheus in die neu gebildete Symmachie Athens
aufgenommen, trat aber bald darauf (zw ischen .i.55 und
.S56) wieder ans derselben aus und war seit dem Antal-
cidischen Frieden vernichtet, namentlich Milet sank immer
tiefer. Aber dieselbe Combination von- Umständen , wel-
che die Matterstadt niederwarf, sollte der grössten ihrer
80 Ptlanzstädte höchst förderlich werden. Alexanders
kurzes Regiment half weiter. Die Verwirrungen nach
seinem Tode schadeten wenigstens nicht. Später stand
Kvzikus in nahem Verhältnisse zu Pergamum und seinen
Königen und theilte mit diesen die durch die Feindschaft
mit Macedonien und Freundschaft mit Rom bedingten
Bedrängnisse und Vortheile. Hier wäre zu wünschen ge-
wesen, dass Verf. die zwischen dem bithynischen Könige
Prnsias und Attalus und Eumenes auf Anregung der Feinde
Roms vorgefallenen Streitigkeiten genauer verfolgt hatte.
Sie griffen wie in die Verhältnisse der übrigen Städte je-
ner Gegend, so auch gewiss in die von Kyzikus ein, des-
sen Gebiet wenigstens sicher damals wiederholten Zerstö-
rungen ausgesetzt war. — Unter der römischen Herrschaft,
welcher es die Rettung iu einer Belagerung des Mithri-
dat durch Luculi verdankte, war Kyzikus erst libera civi-
tas und wurde noch dazu mit einem bedeutenden Theüc
Rlysiens beschenkt. So kennt es Strabo. Unter Angust
aber und Tiberius, wo man sich wiederholt einfallen Hess,
wider den römischen Stachel zu locken, ging die Frei-
heit wenigstens verloren. Doch blieb der Flor des Han-
dels und gewandte Schmeichelei brachte von den Kaisern
mancherlei Auszeichnung und ^'ergünstigung ein, wie be-
sonders mehr als einmal die Würde des Ncokorats mit
den dazu gehörigen Einrichtungen, woran die vorhande-
nen Münzen von Kyzikus vielfach zu erinnern pflegen.
Im dritten Buche S. O.") ff. wird in 4 Kapiteln erst
vom Cultns, dann vou den Festen, dann von den Wer-
ken der Kunst und endlich vou den Schriftstellern au«
und über Kyzikus gehandelt. — Der angesehenste Got-
tesdienst war der der Kybele , welcher wegen der Nach-
barschaft mit Phrygien in diesen Gegenden ausserordent-
lich früh verbreitet wurde. Schon Herodot erzählt vou
den Orgien der Grossen Mutter von Kyzikus. Sie wurde
verehrt unter den Namen der Dindymenischen und Pla-
kienischen u. s. w., welche, nach phrygischeu Bergen
bestimmt, wahrscheinlich gewisse Eigenthftmlichkeiten de»
Rituals bezeichneten. Vor Allem gefeiert war die Göt-
tin auf den-, kvzikanischen Dindymns, welcher Berg nach
der Göttin, nicht diese nach jenem benannt ist. Ihren
Tempel sollten die Argonauten gegründet haben. — I""
teressant ist ferner der Dienst der Adrastea, s. b. Verf.
S. 1(13 ff., der eigentlich mehr nach Mysien als nach
Kyzikus gehört. Mit Recht bestreitet Verf. die ursprüng-
liche Identität der Nemesis und Adrastea. Erst Anti-
machns leitet die griechische Nemesis aus der Ebene am
235
2;{6
Acscpuä ab, ciu Diclitcr, «olclicr dor Tlipokrasie seiner
und ilcr folgenden Zeit vielfach Vorsrhub leistete. Der-
selbe Antiuiachus spricht von einem Reinige Adrastos, wcl-
I her der Göttin den >'anicn gegeben. Das ist der mytho-
logische Schlendrian; auch der Verf. iiininit an, dass
jener Kunig erst aus dem Streben, der Göttin einen hi-
storischen Anhalt zu geben, entstanden sei. Eine andere
Etymologie, zuerst bei Psendo- Aristoteles de .'Mundo, ist
ilic Tiaoa TU dffiy.Toi y.ae (cva7Tui>QCiaTOi ehat. Der
1"erf. ist der .4nsicht , dass diese Ableitung des ^\ drtos
„nicht von den Grammatikern erdacht, sondern aus dem
bestimmten Ueivusstseiu der Sprache genommen sei.'' Er
fuhrt dafür die Ausdrücke 9£afiui\^dQaaTSiaq, 6(f&aX-
itos Adouareiai, Trooay.vvilv ti)v '.iSodoTnav an
und findet ,,eine mcrkivürdige Analogie" in dem Sicili-
schen Gott Adranus. lief, gesteht , dass er weder eine
Verwandtschaft zwischen diesen beiden Gottheiten, dorn
Adranus und der Adrastea aufzufinden weiss, nocli er-
sieht, iuH icfcrn jene Redensarten der fraglichen Etymo-
logie zur Stütze sein könnten. Dieselbe möchte vielmehr
von den Stoikern erdacht sein, der wirkliche Grund des
?iamens aber in localen oder proi inciellen Anlassen 3.1y-
siens gelegen haben, wie die Manien der vorderasiatischen"
Gottheiten meistens ganz locale ßeziehungen haben. Die
Adrastea ward schon in der Phoronis genannt und zwar
neben ihr die idaischen Daktylen als ihre Diener, wor-
aus auch der ^"erf. folgert, dass die Adrastea nichts wei-
ter, als eine besondere Figurafion der Grossen Dlutfer sei.
Diese, als allgemeine Naturmacht, zunächst in der Form
des producircnden und nährenden Erdbodens angeschaut,
Latte die Anlage, eine Scliicksalsgotthcit zu werden, in
Folge derselben Ideenverbindung, welche bei den Grie-
chen aus der Gäa eine Themig gemaciit liat. Die Grä-
cisirung des Dienstes und namentlich die Identification
mit der Nemesis brachte diese, Anlage vollends zur Aus-
bildung, — Ucber die Nemesis spricht der Verf. sehr
umsichtig S. H.i f., nur findet Ref. sich von dem Re-
.sultate nicht angesprochen, dass n.'imlich die griechische
Nemesis nichts weifer sei, als die besondere Hyposfasi-
rung einer einzelnen Eigenschaft an der phrygischen Ky-
bcle , woraus es sich zugleich erkläre, dass Nemesis und
Adrastea so früh verwechselt worden. Ich halte die
Nemesis lielnirhr für einen echt und ursprünglich grie-
chischen Uegriff, die Personificirung des diiov (ft^ouc-
(iOV 1 wie llerodot es zu nennen pflegt. Bei Homer ist
viueaii bloss abstractcr RegrifT. IJci Ifesioil ist sie zu
einem allegorischen Wesen geivordcn , wie die danialigo
Diclitnng in dergleichen Personillcationen , wie yUdv')<i,,
JSciicOli u. s. f. besoiulrrs productiv gewesen zu sein
scheint. In derselben Redeutung ers< lioint sie beim .Sfa-
sinus iu der bekannten Genealogie, Helena sei eine Toch-
ter der Nemesis. Später bildete sich der Cult zu Rhani-
nus, Paträ, »ielleicht auch zu Acgina ; derselbe ist weder
alt, noch verbreitet, noch aus dem Volkcgiauben her-
vorgewachsen , sondern mehr die Folge einer Reaction
iler mythischen Poesie auf den öffentliciicn Gottesciienst,
ebenso wie in den Culten der Ga, Theniis und ähnlicher
Wesen. Nun hiess es nicht mehr, Helena sei Tochter
der Nemesis , sondern sie sei Tochter der Nemesis von
Rhamnus. So denkt auch der Xcri. sich die Gcsthichto
dieser Combinationen ; dahingegen Wclckcr Zcitschr. f. A.
18i4. S. 32 der Meinung ist, schon der Dichter der
Kyprien liabc die rhamnusische Nemesis gemeint. „Dasg
er nicht an die abstracto Nemesis des Herodot dachte,
die bei den Spateren eine so grosse Rolle spielte, ist
über allen Zweifel gewiss:" eine Ansicht, die »ins mit
den allgemeinen mythologischen Bildnngsgesetzen in AVi-
dcrsprnch zu stehen scheint. Von dein Verf. weiche ich
darin ab, dass er niclit bloss die Adrastea, sondern auch
die Nemesis aus Vorderasien ableiten will. Sie findet
sich, sagt er, besonders auf Münzen der klcinasiatischen
Städte. \\o\\\ ! aber dieses ist Folge erst der Identifica-
tion der Adrastea und Nemesis, welche dem Cultc der
letztem besonders in jenen Gegenden sehr förderlich wer-
den mussie. Und so sind auch alle die andern Gründe,
welche der ^ crf. für seine Meinung beibringt, nur unter
der ^ oranssctznng von Gewicht, dass die Nemesis schon
vor ihrer Identification mit der Ailrastea in Asien ver-
ehrt worden, was im Allgemeinen unwahrscheinlich und
historisch gar nicht zu beweisen ist. A'ielmehr selbst in
Griechenland scheint die Nemesis zu einem Cultc gekom-
men zu sein nur in Folge der ideellen Verwandtschaft
ihrer Beileufung mit der der asiatischen Adrastea, denn
diese wurde ursprünglich zu Rhamnus verehrt, nicht Ne-
mesis. So dass also diese als Cultusgöffin in der Tliat
nichts Anderes ist, als Ucbersefzung der auslandischen
Gottin ins Griechische, wobei man den durch die epi-
sche Poesie mythologisch präparirten Begriff der Neme-
sis zu Hülfe nahm. AVaren aber beide Gottheiten ein-
mal combinirt, so musste griecliischer Gedanke und grie-
chische Phantasie jener asiatischen Gottheit sehr bald zu
einer Bedeutung und mythologischen und plastischen In-
dividualitat verhelfen, welche sie vorher in diesem Grade
schwerlich gehabt hat. — S. 119 f- spricht der Verf. vom
Cultc der Demeter und Persephone in Kyzikns. Man
feierte besonders die letztere in sogenannten Anaka-
lypterien, wie sich denn auch Kyzikus rühmte, ein
Ilochzeitsgeschenk an das Demeterkind vom Vater Zeus
zu sein , und natürlich auch der Schauplatz des Rau-
bes. Auch sonst feierte sie die Sage. Als die Gigan-
ten durch vorgeworfene Felsen den Lauf des Rhyn-
dacus hatten hemmen wollen, da habe Persephone, für
Kyzikus fürchtend, diese im Meer festwurzeln lassen,
woraus die Insel Besbicus entstanden sei (Steph. B. r.
Jieatjiy.Ui), eine Art von geologischer Mythe, zu v»el-
chcr man viele Analogiecn iu Grimm's deutcher Mytho-
logie finden kann. — Ferner S. t2fS ff. »on Apoll und
Artemis, deren Cult theils dnrch die Nähe Zelea's, aufi
welchem der lycische Apoll stammte {Avyia^ alter Name
der Gegend liei Zelea), flicils mit der Kolonie ans 31ilet
nach Kyzikus verpflanzt wurde. Letztere brachte den
didymaisclien Apoll, welcher UQ^r/ytrijC, der Stadt »var.
Ferner verehrte man den Zeus, die Athene, den Diony-
sus , Poseidon u. s. w. ; die beiden letzteren gewiss vor-
zugsweise und am meisten praktisch , da Weinbau und
Schilffahrt der Bevölkerung am meisten Beschäftigung und
Einkommen gegeben haben wird. — Unter den Festen
findet man ausser den bemerkten das ionische Mafion.il-
fcst der Apalurien, die Lcnaen und Anthesterien , und
eudlicli die pojitischcn Feste , wie sie spater besondere
237
^38
in Asien viel gefeiert wurden, wo mehrere S<«i(lte , z.B.
Kvrikus, Sinyrna und Ephcsus in gemeinschaftlicher Feier
nicht sowolil die Giitter, als sich selbst, Asien und ihren
Wühlstanil feierten. Ferner mehrere Feste zu Ehren der
Nübilitäten Roms, ivelclie sich am die Stadt verdient ge-
macht oder auch ihr schädlich «erden konnten, «io
Lucull's, Hadrian's, Caracalla's ; vgl. S. 137 f. — S. I4(i,f.
Ton den Baniverken, der Kunst nnd den Künstlern in
Kyzikus. Bekannt ist der von Attalns 11. seiner Multer
AiioUonias zu Ehren zu Kvzikus errichtete Tempel , in
ivelchem 19 S.'iulenreliefs {aTlXontvü/.ia) in allerlei my-
thologischen Beispielen die Pietät des Sohnes gegen die
Blutter zugleich rühmten und anempfahlen. Eine Bc-
iclircibung derselben ist in einer Reihe von Epigrammen
enthalten, welche in der Anthologie bei Jacobs zu flnden
»ind. Im Alterthum war besonders berühmt der Tempel
des Iladrian, der mit ausserordentlicher Pracht und in
ungewöhnlich grossen Dimensionen aufgeführt war, so
dass Einige ilin zu den Wundern der Welt rechneten.
Die von Aristiiles gehaltene Einweihnngsrede steht in sei-
nen AVcrkeu Vol. 1. p. 380 Dindorf. Uebcrall scheint
Kyzikus eine sehr schöne Stadt mit vielen prachtigen Ge-
bäuden gewesen zu sein, wie der Rcichthum im Bunde
mit dem Frieden sie in einer grossen Stadt von selbst
erzengen. Die oeci Cyziceni und Triclinia Cyzicena hat-
ten ihren IVamen in der Architectnr und lassen vcrmn-
then , dass auch in der Ausstattung der Prirathäuser
Wohlstand und Praclitliebe sich zur Schau trug. —
S. 165 f. über die Schriftsteller ans und über Kyzikns.
— Die Literatur blühete in den Städten am Ilellespont
nicht minder früh als in Jonicn ; man denke nur an Ari-
steas von Prokonnesua , Charon von Lampsacus. Auch
der älteste Schriftsteller über Kyzikus, zJino%oq oder
/JlfiKoXOi war aus Prokonnesus , dem jetzigen Ularmora,
einem Staate, der wie Artake erst in der späteren Zeit
»on Kyzikus verdunkelt wurde und seit der Zeit Philipps
Tou Macedonien ihm unterwürfig war. Von diesem Schrift-
steller .handelt Verf. S. 163; im Folgenden mit einer
besonders verdienstlichen Abhandlung, S. 1()4 — -169 »on
dem Rhctor und Historiker Neonthcs von Kvzikus, dessen
Lebenszeit in die Zeit fällt, wo in Folge der Freund-
schaft mit Pergamnm Wohlstand und Bildung der Kyzi-
kancr wohl in der Blnthe stand , der aber als Schrift-
«fcller , obgleich producfi» und sicher auch elegant (er
•war aus der Schule des Philiscns, der zu den Isokra-
tikern gehörte) doch nicht für zuverlässig galt , s. PIu-
tarch Quaest. Sympos. 1 , 10, 2. — Weniger namhaft
sind die übrigen Schriftsteller aus Kyzikus, bis auf den
Ketzer Eumoniius, über den die Dogmengeschichto zu
referiren hat.
Wie Ref. dem Buche vielfache Belehrung verdankt,
so wird gewiss jeder Leser dasselbe mit dem Gefühle
der Verpflichtung gegeu den Verfasser ans der Hand
legen. — »• Zu bemerken ist noch , dass von demselben
ausser den gewöhnlichen Quellen auch einige Inschriften
benutzt sind , deren Mittheilnng er der Liberalität Böckh's
verdankte.
' Kiel. L. Preller.
lieber die Oi'cHen des Zonaras.
Der Mönch vom Berge Athos, wenn wir dem Andreas
Thawet trauen dürfen, ♦) einst Grossdrnngarius und er-
ster kaiserlicher Gelieimschreiber , beginnt seine Chronik
welche von Erschafliing der Welt bis auf das Jahr lUS
herabreicht, mit einer gespreitzten , zum Theil höchst
auffälligen Vorrede. Die Entschuldigungen über sein
Unternehmen gränzen an's Faselhafte; wir dürften sie
ganz übergehen, wenn sie nicht ihn selbst und den ge-
lehrten Zustand seiner Zeit so trefl'lich charakterigirten.
Zonaras geht davon aus, als ob jedes profan- wisseii-
schaftlicho Thun nur ein geschäftiger Mnssiggang sei
und desshalb seine Arbeit ihm nicht unverdienten Tadel
zuziehen könnte. In dieser Befürchtung wälzt er die
ganze Schuld seines Müssigganges auf seine Freunde
als die eigentlichfen Verführer (p. 1 sq. ed. du Fresne
du Cange Par.) — in der That eine originelle captatio
bcnevolentiae. Seine wirkliche oder affectirte Abhängig-
keit geht so weit, dass er sich nicht einnial getraut,
scibstständig ein historiographisches Prinzip aufzustellen:
die guten Freunde müssen ihm darüber eine lange Vor-
legung halten nnd vorschreiben, wie er die Sache anzu-
greifen habe, wie nicht. Hierbei kommen einige nicht
verwerfliche Aeusserungen vor, im Ganzen ist aber da»
Resultat wunderlich. Sämmtliche genera historiae con-
scribendae und alle bisherige Historiker werden gleich-
sam über die Achsel angesehen, und als ob Zonaras der
erste wahre Geschichtschreiber werden sollte, wird für
ihn ein Idealprincip ausfindig gemacht, das im Wesent-
lichen auf compendiiise Fülle hinauslauft. Demnach hät-
ten wir denn ein fllnsterbild von ihm zu erwarten (pag.
2 — 4). Und was finden wir? Eine nach unseren Be-
griffen mehr als schülerhafte Pfuscherei, ein Zerrbild
echter Geschichtschreibung. In Wahrheit, des Zonaras
Freunde konnten , wofern sie von Fleisch und Blut waren,
keine schiefere Wahl treffen, oder — wofern nur er-
diditete Repräsentanten seiner eigenen Gedanken, keine
hohlere Arroganz doeumentiren. Freilich fehlt Anstands
halber ein gewisses Sperren und Zieren nicht, ehe die
unablässig ihn Bestürmenden ( Ol 8s fl£ vvttovtSs
üiy. ävieoav) das ersehnte Jawort Iriumphirend em-
pfangen ; allein auch das ist eben nnr Affeetation (s. p.
4 D. — p. 5 B.). In letzter Instanz gesellt sich ein
neues Motiv hinzu. Der Mönch will nicht nur der Quä-
lereien überhoben werden, sondern hofft auch durchsein
Beginnen eine Lasterschencho für seine schwache Tugend
zu gewinnen, ein Mittel, um unnütze Gedanken und Be»
gierden , schmutzige und citele Sorgen zu vertreiben
\Li'9v^i]Geu}v re (pavXvjv v.ai koyio^iojv, .... tujp
710V1JQÜJV £v9v(J.l']0£V)V, .... Slä TE TolvVV Tl)v
iv. T(jtjv'(fi}MV TTo.QÜdtj^iv, y.c'A Siu Tr]v tiov Qiua-^
^lüv i) VMi i.iaralo)v }M'/ioudjv ü-:ioci6ßyGiv TtQoom'cc^
yov eavTov rrJ cnovbdaiiari. S. überhaupt p. 5), in
der That herrliche Beweggründe zur Gcschichtsclireibung.
Doch lassen wir das, um auf das ganze Werk selbst und
dessen Quellen einzugehen.
*) Dass das iv ri^alSi, l,öiaTü,f,(yoi; (Zon. p. 471 D) dagegen
streite, wie Du Cange (pracl.) meint, kann bei der NnUir
^ jener Localilät nicht für ausgcm.Tcht gellen.
239
240
Selieo sehen wir das Studierzimmer eines Gclelirtcn
80 blicherkahl , »ie das des Zonaras. Sollen wir ihn
desshalb bedauern oder ankläffen ? Konnte er nlili*, »ie
er wollte, oder wollte er nirht , wie er konnte? — Der
hierauf beziifflirhe Tlieil des Prociniiunis (p. 5 ö ; !>• 9 D;
cf. p. 4ri C. D.) trSirt fauz den Charakter einer Elegie.
Der Verfasser beklagt sich, dass er fern von den» Trei-
ben der ^Velt und fern" von den reichen Schätzen der
Bibliotheken, in der bittersten Arniuth dasitze, besi^hrfinkt
auf wenige Ilillfsmittel. Also, von allen Gütern, »eiche
die Hebel einer gelehrten Autorschaft bilden, ist ihm
nur Eins zu Theil geworden — die Einsamkeit, und
dieses eine Gut wird für ihn gerade das schlimmste
aller üebel. *)
Es gibt nicht leicht einen Autor, der wie Zonaras
einen so trelFlichen Probierstein der Kritik abgäbe, und
znglcich einen so lebendigen Beweis, wie leicht man in
«lern Urtheile über den Werth eines Jjchriftstcllcrs irren
könne, folglich wie behutsam man darin zu Werke ge-
hen milsse.
Mag e» paradox klingen, dennoch steht es fest: Zo-
naras taugt jetzt nur darum Etwas für den Historiker,
weil er als Historiker ^Nichts taugt; sein Verdienst ist
Verdieustlosigkeit, sein AVerth ein Zufall. AVaren die
wenigen Quellen, aus denen er geschöpft, alle und voll-
ständig vorhanden, so dürften immerhin die Codices des-
selben, bis auf die wenigen Blätter des letzten Abschnit-
tes, wo er als Augenzeuge spricht, und welche demnach
einen scibsfst.'indigeren Werth haben, unangetastet blei-
ben; die Arbeit der Herausgeber würde mebr als Zeit-
vergeudung sein. '*) Das Schicksal aber waltete anders,
und wie beim Justin und manchen anderen erhaltenen
Autoren sowohl des Alterthums, wie des 31ittelalters, so
«ard auch hier die Mete zu einem nicht unerheblichen
Gewinn.
Rechnen wir den besagten letzten Tlieil des Werkes
ab, so ist Zonaras nichts weiter, als ein Abschreiber,
und als solcher zeigt er sich denn auch namentlich durch-
weg in den ersten zwei D.'ittiieilen oder in den ersten
zHülf Büchern nach Du Cange's Eintlieilitng, auf deren
nähere Untersuchung wir uns hier beschränken wollen.
Drei Principien, welche sich auf die Methode bezie-
hen . und welche Zonaras offen als solche in der Vorrede
ausspricht, müssen dem (^icllnnfnrscher al^ leitende Ge-
sichtspunkte dienen: 1) Er übergeht meist die Abwei-
chungen der Autoren, um niclit sein Werk zu sehr an-
/.uschwcllen Cp. (i A). 2) Er folgt seinen Quellen wört-
lich (p. (i B). 3) In den eigenen Zusätzen arcnmniodirt
er sich dem Stvie der jedesmaligen Quelle (p. fi C).
Da die Inhallsanzeigc der A'orreilo (p. 6 S(j(i.) ausser
der Anfübruug der Bucher der heiligen Schrift nnil der
) Auch dies« könnte Anlass gehen , seinen Aiifcnlliall auf
dein Alhos zu l)czHcif»»ln ; doch war gewiss die klnstcr-
Iicho Bibliotlick daselbst nur im thcologisclien Faclie
reicbhalii^'.
'») Unter solchen Umstanden rechtfertigt sieb dalicr .inch
das von Pcitz bei den Annales Metensc» und anderen
Cbronikco angewandte Vcifalircn.
Antiquitäten des Jusrphus keine direkte Aufklärung über
die Quellen de» Werkes gibt: so mag hier gleich di«
Untersuchung der einzelnen Bücher folgen, an welche
sicli die allgemeineren Resultate am natürlichsten an-
knüpfen werden.
Die 'Quellen des ersten Buches (p. 13 — 70).
A on der Schöpfung bis auf Saul's Tod.
1) Josephus Antiqq. L. 1 — Xl incl. 2) Die Bücher
des alten Testaments. 3) Die Chronik des Eusebius. *)
Den Josejihus citirt Zonaras selbst p. 16 C fcf. Jos.
I. 1, 3); p. 17 A (Jos. I. 1, 4h p- 18 D (Jos. I. 3, 1)}
p. 19 C (Jos. I. 3, 5); p. 19 b (Jos. I. 3, 9); p. 21 A
(Jos. I. 6, 1); p. 23 B. C (Jos. I. 13, 2); p. 26 B. C
(Jos. I. 20, 2- 21, 1); p. 33 D (Jos. II. lo;; p. 35 B
(Jos. II. 14, 6); p. 36 A. B. C (Jos. II. 16, 4. III. 1,
1. 2. in. >, 6); p. 42 A (Jos. IV. 4, 2); p. 45 A (Jos.
IV. 8, 48); p. 4(1 D (Jos. V. f, |6); p. 50 A (Jos. V.
4, 2); p. 64 D (Jos. VI. 10, 3). Die heilige Schrift
oder einzelne Theile derselben: p. 14 C; p. 15 C; p.
16 A; p. 26 D; p. 33 D; p. 36 A; p. 42 A; p. 45 A;
p. 46 D.
Vergleichen wir den Einfluss dieser beiden Quellen,
so stellt sich Folgendes heraus : Josephus ist unbedingt
und durchgehends des Zonaras Haupl/ührer ; denn man
muss sich wohl hüten, ihn nur da als dessen Quelle zu
betrachten, wo er ihn namhaft macht ; unendlich oft, auf
jeder Seite seines AVerkes , schreibt er ihu wörtlich aus,
ohne ihn zu citiren, z. B. p. 17 Cz:::Jos. 1.2, 1 u. s. w.
Das A'erhältniss lässt sich j^eiiauer dahin bestimmen, dass
Zonaras nicht sowohl der Bibel gefolgt sei tnit Hinzu-
zieltung des Josephus , als vielmehr dem Josephus tnit
Hinzuziehung der Bibel. Daher ist der Gang seiner
Darstellung völlig nach dem Cluster des Erstercn zuge-
schnitten, und daher kommt es, dass er meist zunächst
die Erzählung dieses Autors vorträgt und dann etwa erst
eine abweichende Meinung, z. B. p. 45 A ; p. 46 D;
ja, er beobachtet diess sogar auch bei solchen Punkten,
wo er nicht de.m Josephus, sondern der entgegenstehen-
den Angabc beipflichtet, z. B. p. 26 C: Tairä (pnOlD
ö 'loiai^nu;. IlidavojiEQOv dt ireoi ruvruiv i) ßißkoi
ioTOoei Tiji revLOCoji. Zuweilen jedoch adoptirt er
auch ohne Weiteres den Bericht der h. Schrift und be-
merkt nur hinterdrein des Josephus Abweichung, z. B.
p. 64 D. üeberhaupt darf man nicht jh Abrede stellen,
dass er die Bibel fleissig und redlich mit Josephus ver-
glichen ; diess beweisen sowohl diejenigen Stellen, wo
er aus jener etwas mittheilt, v?as dieser übergeht, wie
p. 33 b aus der Genesis (cf. Jos. II. 10), als auch
solche, in denen er Abweichungen detaillirt, z. B. p.
45 A , oder Angaben des Josephus mit der Bemerkung
beibringt, dass dieselben in der h. Schrift sich nicht
fänden, wie in dem folgenden Buche p. llü D.
(Fortsetzung folgt.)
*) Wie liier, werde ich bei den meisten Abscliiiillcij plficli
vorweg die criniltcllen Quellen namhaft niaclicn.
Zeitschrift
für die
AI teithu ms Wissenschaft.
Mittwoch j 13. März
18 39.
Nr. 31.
Ueber die Ouc'len des Zonaras.
(Forlsetzun jj.)
Den EusebiuB , welchen wir io den späteren Abschnit-
ten so häufle^ zu Rathe gezogen finden, henntzt Zonaras
auch schon in diesem, jedoch ohne ihn zu nennen, z.B.
p. 19 A. Hier zählt er von Adam bis zur Siindnuth
2242 Jahre nach Eusebius (Chron. L. post. Exord. c. 5-
fin. cl. L. I.- XYI. 8 sq. ed. Mai. et Zohrab.). In dem
Texte des Josephus dagegen (Antiqq. I. 3, 3j lesen wir :
2656 Jahre; wo jedoch jetzt unmassgei>lich nach einigen
Handschriften y^ikiviv für bioxikioiv zu substituiren ist,
da jene Lesart durch die Angabe des mit den Josephischen
Werken so vertrauten £usebius : secundum Hebraeorum
iiumerum anni MDCLVI (1. c.) bestätigt wird.
Der Ausspruch des Theologen Gregorius (p. 14 B)
ist eine sehr beiläufige Anführung und darf zu keinen
Folgerungen Anlass geben. Ebenso wenig das Citat des
Berosns, des Hieronymus und des Mnaseas (p. 19 C),
weil es nur aus Joseph. I. 3 , 6 herübergenommen ist.
Dagegen gibt dasselbe uns ein Beispiel von der groben
Unwissenheit und Nachlässigkeit des Zonaras. Josephus
nennt nämlich den Mnaseas ohne Epitheton und gleich hinter-
her den Nikolaus von Damaskus (7fpwiifM0S öAlyt'TtTloiü
y.ai Mvaa £ a g de, xai akXoi Ttkeiov^'
y.ai JSiy.6l.aoq 8s 6 .dafxaay.tjvoq . . .); Zo-
naras, vielleicht mit den Augen sich auf die folgende
Zeile verirrend, macht aus beiden eine Person: leouj-
vv^iov Tuv Ai'^vnztov , do, Y.al tuv an u
idafJ,aaxov Mv aoEo.v. So haben wohl sämmtliche
Codices, und wenn dieselben auch Eine Familie aasma-
chen, so lehrt doch die Art der Zusammenziehung, dass
diese von keinem Copisten herrührt, Mnaseas aber, den
Josephus auch L. I. contra Ap. c. 23 citirt, war von
Patara oder von Paträ gebürtig, (cf. Voss, de hist. Gr.
p. 134 sq.).
Die Quellen des zweiten Buches (p. 70 — 116).
Von Sauls Tode bis zur Eroberung Jerusalems durch
Nebukadnezar.
1) Josephus Antiqq. VII — X. 9. 2) Die h. Schrift.
Den Josep/ius citirt Zonaras: p. 83 C D; p. 84 A.D
(aus ihm den Dius und Menander, cf. Jos. VIII. 5, 3^;
p. 86 B; p. 109 C; p. HO D (cf. Jos. X. 1, 4, woraus
auch die Erwähnung des Herodot entlehnt ist); p. 111 A
(cf. Jos. X. 1, 4- d, hieraus den Berosas. Dnrch diess
Citat des Zonaras fällt anf die nur scheinbar verdorbene
Stelle des Josephus ein bedeutendes Licht, was dessen
Herausgeber sämmtlich übersehen zu haben scheinen).
Die h. Schrift wird eitirt : p. 83 D ; p. 84 A ; p. 86 B ;
p. HO D.
Die Quellen des dritten Baches (p. 116 — 169).
Von der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar bis
auf den Tod des Cjrus.
1) Josephus Antiqq. X. 9 bis zum Ende des Buches.
2) Die h. Schrift. 3) Thcodoret. 4) Plutarch. 5) Xeno-
phon. 6) Herodot.
Das dritte Buch zerfällt seinem Inhalte nach in zwei
Theile, welche sich da abgränzen, wo die Geschichte
der Perser beginnt, p. 146. Hiernach richtet sich natur-
gemäss unsere Untersuchung.
Erste Hälfte (p. 116 — 146).
Bis auf den Tod des Tobias.
Von p. 116 — 119 B sind Josephus (Antiqq. X. 9 in.
— 10, 5) und die Bücher der h. Schrift des Zonaras
alleinige Führer. Dagegen lässt er bei der Erklärung
von Nebukadnezars Traum p. Il9 B — p. 121 B den Jo-
sephus ganz bei Seite liegen ; denn dieser geht nicht nur
auf keine Interpretation der Daniel'schen Traumdeutung
über die Reiche der Erde ein, sondern theilt nicht ein-
mal die Deutung selbst vollständig mit ; vielmehr schliesst
er mit der Herrschaft des vierten Reiches, welches, dem
Eisen gleich, die römische 31onarchie bezeichnet , ab;
xac TO.VTIJV akh] naiau zi]v ioxiv^ üfxoia aiSi'j^ip,
y.ai y.Qarijoei Si) Ei'i anav 8ia. rfjv tou atötjQOi)
(fi'atv, ehai yuQ avTi)v oveööoTSQav Tiji rou %qv-
OOV y.ai tOV xaky.OV (Jos. 1. c. cf. Daniel, c. II. 40)-
Die Absicht, wesslialb Josephus den Rest der Prophe-
zeiung verschweigt, betreffend den Stein, der Eisen, Erz,
Silber und Gold zertrümmert und eine ewige Herrschaft,
die des Christenthums andeuten soll (Daniel. IL 41— 45),
liegt klar am Tage. Sicher sah er nicht in dem Steine
das Sinnbild des damals eben erst aufkeimenden Christen-
thums oder überhaupt einer geistigen Weltherrschaft,
sondern hätte von seinem Standpunkte aus ihn nur anf
eine materielle, irdische Macht beziehen können. Dann
würde er aber die Vernichtung des römischen Reiches
haben prophezeihen müssen. Und was hätte Rom dazu
gesagt und das llavische Haus, dessen Schützling er war?
Aus dieser Verlegenheil konnte nur Schweigen ihn retten ;
243
244
aHein eine Uuierlassuugssiinde wollte er gerade auch
nifht begehen, um! so sucht er denn anf eine höchst
charakteristische AVcise allen Anfechtungen durch eine
plötzliche feine "Wondung zu entschlüpfen. ßöljkvjae
dh y.ai, sagt er, rreni ror ki9ov ^avtijkoi; rtp ßuai-
Kei' a}JJ euoi /u<y oix eöo:^s tovto lavoQeiv, tu
nao!;'Ki>6iTa y.ai tu yeysvij^Eva ov'/yoä(fEiv ov r«
uitJMVTa öcflikovTl. Und nun vcrHcist er kurz die
AVissbegicrigen auf den Daniel selbst (X. 10, 4 fi»-)* —
Ganz anders macht es natürlich der 3Iöncli des zivülften
Jahrhunderts, obgleich der Umstand, dass er die Prophe-
zeiung gerade da unterbricht, «o Josophus sie schliessf,
hinlänglich darthnt, dass er bis dahin noch immer nur
diesen vor Augen hatte und dessen Plane folgte. Zona-
ras erklärt zunadist die vier weltlichen Reiche auf die
bekannte Art für das assyrische, das modisch - persische,
das maccdonische und das römische; hierauf geilt er, mit
Ilinzufiigung des Restes der Prophezeiung aus Daniel,
zu dem Symbole des Steines über und wendet es mit
Ausfülirlichkeit auf Christus und dessen Stiftung an. Ist
nun aber der Inhalt dieses Abschnittes ivirklicli einer der
wenigen selbstständigen Zusätze, wodurch Zonaras gleich-
sam fremdes Eigenthum iuterpolirt? Zwar deutet er nicht
im entferntesten eine besondere Quelle an , auch ist der
schrtftstellerische, sowie der absolute AVcrth des Ein-
schiebsels nur gering, da in seiner Zeit jene Erklärung
gäng und gäbe war, während auch die unserige sie schon
aus seinen ^'orgängern vollständig kennt. Dennocli ist er '
auch hier nicht einmal unabhängig, sondern erborgte das
"Wesentliche aus einem Schriftsteller, den er in den er-
sten 12 Blichern niemals nennt, aus Theodoret's Commen-
lar zum Daniel, obgleich nicht durchaus wörtlich und
nicht ganz ohne eigenes Räsonnement. Genauere Vcr-
gleicliung: Zon. p. 119 B — C med. aus Theod, Comm.
in Dan. c. II, v. 31 — 33. Opp. omn. T. II. P. II. cd.
Schulze p. 1089 sq.; ed. Sirm. p. 563- —Zon. p. 119 C
med. — l:)OB fin. n.ich Theod. p. lO'JÖ — 1099 (die po-
litischen Ausführniigen über Rom sind meist eigener Zu-
satz , aas der Lectürc abstrahirt; desshalb verweist er
auch p. 120 A auf die üo^ruiu ov/yauuiiara , was
nicht mehr bedeutet, als ob er sagte: Das weiss Jeder,
der die römische Geschichte kennt, der den Dio oder
einen ähnliclion Historiker gelesen). — Zon. p. 120 C
— p. 121 A lin. nach Theod. p. 1092 sq. 5 aus dem auch
die anscheinend selbstständigcn Citate der Schriften des
alten und neuen Testaments sämmtlich cntlolint sind.
Von p. 121 B — p. 124 D fin. schreibt Zonaras wie-
der wörtlich den Josephns (X. 10, Ö — 11, 7) ab ; selbst
der Uebcrgang: öoa de jutt öki'yop ü yloni'utto^
py.sivoi CVlKivtOV CZEQOV (p. 121 D) ist ganz nach Jos.
1. c. §. G: öt.iyii) dh voxtoov xqÖvii) nd/.iv öp« ycrä
TOvq vniovs o ßaoi}.Ei:q oipiv iitoav; Daniel hat
dnrchaaa keine ähnliche Aeusscrung. Kur bei Gclogen-
Leit der Traumdeutungen ergänzt er neuerilings seinen
llauptführcr aus Daniel c. IV. Xamcntliih cilirt er den
Josophus p. 122 D; und aus ihm den Berosus , Megasthe-
nes, Diokics «ml Philostratus , den Verfasser Indischer
und Phönicischcr Geschichten (cf. Jos. X. 11, 1). Das
ni'<; 1) ioTOOta •laol.övy/.a (p. 121 C) weist auf IVieinand
anders, als Josephus (X. 10, 5) und Daniel (c. 111).
P. 124 A hat Zonaras einige Angaben über Cyaxarc» ,
die sich weder beim Josophus noch im Daniel finden.
Er sagt: ciai öt o't y.c.Ta tijv VLy.Ta ixsivijv, y.a9' iju
Tuv doTQayakov jov ypucpavTct i9co.oaro, (fuoi xai
Ti)v nükiv aigeOijvai., yd/.stvov ävcuQedijvai. Meto.
8e ti)v Tor jJaßvkiovoi ükujoiv , ü IIoocptJTiji ^a-
vtijk naQu /iaitEiov xov 3[i]öov, o; y.ai Kvu'
Sd (,'!;? aj V (j fia 0 T o , y.ai fn-T(j uÖEkcfOQ i]v tov
lü'oov, vio^ ü)v 'Aarväyovg tov ßaoikEvöavrog
Mijöujv, f/s MijSk'.v faTi']vcy.TO, y.äi ndai-q, i'j^iovto
TlLUj^. Zonaras muss hier also einen andern Gewährs-
mann haben; die/\'ermuthung führt uns wieder anf die
Commentarc zum Daniel. Und in der That, wir linden
im Theodoret (in Daniel. VI. p. GIß ed. Sirm., p. 1173
ed. Schulze) dieselbe Angabc; ohne Zweifel hat ihn Zo-
naras also auch hier benutzt. Zwar beruft sich Theo-
doret selbst bei jener Behauptung auf Josephus; doch
fehlen bei diesem (X. 11, 4) einige Momente, besonders
der Name Cvaxares.
(Fortsetzung folgt.)
Centralmuseum rheinländischer Inschriften. Von Dr.
Laurenz Ltrsch, I. Cöln. Mit zwei Lithographicen.
Bonn bei T. Habicht. 1839. \Ul- "ud 72 S. 8.
Es ist ein achtungswürdiges Unternehmen, dessen
Anfang hiär vorliegt. Der Verfasser hat sich vorgesetzt,
in dieser Sammlung „Alles zu vereinigen, was aus den
ältesten Zeiten (d. Ii. den Zeiten Römischer Herrschaft)
uns Inschriftliclies hier unten am Rheine in und zwischen
den grossen Städten verblieben ist." (Vorrede S. "II.)
"\^or zu grosser Ausdehnung, namentlich auf die christ-
lichen Alterthümer, die nicht zugleich für die Geschichte
von Bedeutung sind , dürfte er sich zu hüten haben.
Dagegen kann dem Streben, überall nur das noch wirk-
lich Vorhandene nach eigener sorgfältiger Anschauung
zu geben, und lieber minder vollständig, als unzuverläs-
sig zu erscheinen, Billigung nicht vorsagt werden. Von
den wichtigsten Denkmalen , die zugleich künstlerische
Bedeutung haben , gibt er Abbildungen. Nur so ist ei-
gentliches ^'crsläiidniss derselben zu bewirken, und ob-
gleich sein Hauptaugenmerk die Inschriften sind, dürfte
die Nothweiidigkeit künstlerischer und antiquarischer Er-
läuterung sich im Fortgange der Arbeit immer klarer
herausstellen. Ferner ist zu wünschen , dass die Samm-
lung nicht bei Cöln, Bonn, Aachen, Trier und Mainz
stehen bleibe, sondern allmählich den ganzen Bereich
des ehemals Römischen Rhcinufors von Basel bis zu den
Meeresküsten umfasse. Dabei muss möglichst genaue Er-
mittelung des Fundortes der Inschriften, Grabsteine, Zie-
gel u. s. f. ein Hauptziel sein. Denn eine Menge, ja,
die grössere Zahl dieser Inschriften gewinnt allein durch
den Ort Werth und Bedeutung für die Geschichte, und
ein glücklich gefundener Legionenstein hat schon oft be-
denkliche Zweifel golöset. Dass die Arbeit selbst nie
abgeschlossen, sondern stets Neues hinzukommen werde,
liegt in der INatur der Sache begründet, und gewiss ist
bereits Grosses gewonnen, wenn erst wisseuschallliche
245
246
Beliandlnn? iliesem in der Regel sowohl von den Kansi-
keuneni vcrschuiälilcn, als von den Gelehrten libersehc-
uen Felde am Niedcrrheine sich mit Theilnahme zn-
weudct.
Ur. Dr. L. theilt seine Saninilungf der kölnischen In-
schriften in I. Zur Geschichte. II. Zur Religion. III. Der
Mafronendienst. IV. Grabinschriften. V. Kleinere Denk-
mäler, yi. Christliche Inschriften. Dass an dieser Ein-
theihing logische Ordnung nicht besonders zu rühmen
«ei, fiillt in die Augen, da Nr. III. offenbar eine Unter-
abtheilung von Nr. II. ist, und die Legionensteine unter
Nr. V. doch den Grabinsdiriften nicht nachstehen soll-
ten. Indess ist die Behandlung der Inschriften selbst im
Ganzen sehr zu loben. Klar und bestimmt »vird die Ge-
stalt der Inschrift, meist auch der Schriftzüge (da hätte
es mehrmals der Abbildungen bedurlt) angegeben, keine
Vernmthung in den Text genommen, uie es (nach Orelii's
Vorgange im Corp. Inscript. lat.) durchaus nur zu billi-
gen ist, und durchgängig mit Sachkenntniss und Mässi-
gnng erkliirt. Denn fteilich muss der Erklarer ähnlicher
Dunkelheiten von vorn herein dem AValiii entsagen , Alles
lasse sich aufliellen. Für den Philologen gibt es kaum
eine schuierigere Talentprobe, die immer auch den Cha-
rakter mit berührt, als die Erläuterung solcher Bruch-
stücke ohne allen Zusammenhang. Beleuchten wir nun
das Einzelne, so ist der geschichtliche Gewinn freilich
kaum erheblich. Nur eine entschieden historische In-
schrift (Nr. 1) hat sich zu Köln, der einst so berühmten
Colonia Claudia Agrippina , geftinden, und zwar eine
verstümmelte, die jetzt in der südlichen Mauer derPeters-
kircke eingeft'igt und auf verschiedene AVeise ergänzt
worden ist. Sie erwähnt der Herstellung eines einge-
stürzten Gebäudes unter Kaiser Theodosius (also zwischen
392 — 94) ; der Name des Gebäudes ist ausgefallen. Man
hat acdem Mercuri (sehr mit Unrecht in dieser Zeit) ver-
muthet, ebenso turrim, Dr. Düntzer eine statio für den
comes domesticorum. Wer mag entscheiden? — Ein X
«ei der Schlnssbuchstabe, versichert Herr Dr. Lorsch.
Deutet das auf Portam ? — Konnte man den Fundort
angeben, so liesse sich eher eine Verniuthung wagen;
denn die Kirche St. Peter liegt von dem Thore der Rö-
mischen Colonia (dem südlichen) freilich noch ziemlich
entfernt.
Dagegen tragen wir gar kein Bedenken , die Zahl der
geschichtlichen Inschriften zu vermehren , durch das
Bruchstück einer Säule ans Sandstein, bei Köln gefunden,
das unter Nr. 51, S. 51 vorkommt. Vergleicht man mit
demselben die Inschriften bei Orelli Nr. 1036 und (da
diese nicht unverdächtig ist) besonders Nr. 1037, so lässt
üich 'wohl nicht zweifclu , dass dieses Bruchstuck folgen-
dcrmassen zu lesen sei ;
M. AnnIO FLORIAno
pIO FELICI IN
viCT. AVG. POnt.
mAX. TRIB. POTesf.
P. P. PROCOS.
Florianns, der Bruder des Kaisers Tacitus, bemäch-
tigte sich nach seines Bruders Tode der Herrschaft (276
n. Chr.) , wurde jedoch nach kaum zweimonatlicher Re-
gierung zu Tarsus von den Soldaten erschlagen, die sich
jetzt zu Probns wendeten (Fl. Vopisc. Florian, r. 1. in
Script, hist. Aug. Vol. II, p. 20..'. Bip.). Inschriften von
ihm sind daher eine grosse Seltenheit, und Orclli 1. c.
sagt, dass es, mit Einschluss jener zweifelhaften zn Pe-
rigueux, nur zwei gebe. Diesen ist also die Kölner nun-
mehr als unbezweifelt dritte anzureihen, die zugleich
einen Blick in Köln's altere Geschichte in einer der dun-
kelsten Epochen verstattet.
Unter den religiösen Inschriften sind vier (Nr. 2, 3, 4, 5)
dem Jupiter, zwei dem Mercurius (dem Hauptgott bei
Galliern und Germanen — Caes. B. G. VI. 1/. Tacit.
Germ. 9-) gewidmet, nämlich Nr. 7 und 8- (vielleicht:
MERCVRIO der Beiname des 3Iercnrius Cissonius
CISSONIO anch bei Orelli 1406, wie Hr. D. L.
L. ARIstiVS hereits anführt.
SENensIS (oder SENnianVS)
V. S. L. M.) (Vergl. Nr. 30.)
Zwei Inschriften (4 und 5.) sind dem Genius loci, eine
(f).) Dcae Semclae et sororibus eius, zwei der Dean<i
(Nr. 9, 10. dieselbe Form st. Diana bei Orclli 1453.
1462. 1546.) 5 ''''"' (HO Soli Serapi (identisch, wie bei
Orelli 1890 und 1891. vergl. Macrob. I, 20), eine (12.)
Diti patri et Proserpinae , eine (13-) Honori et Vavori
(statt Favori , wenn es nicht Labori heissen muss , wie
jSr. 07. vivas statt bibas steht, nach romanischer Weise),
eine (14.) Forfunae , eine andere Famae (15.), endlich
eine (16.) der Pferde- oder Maulesel - Göttin Epona
(Orclli 1793. 1794.) geweiht. Der Kreis dieser Gott-
heiten zeigt sich auffallend beschränkt. Kaum ist zu
bezweifeln, dass gerade gegen Altäre und ^'otiistcine der
besondere Eifer christlicher Zerstörer sich gewandt habe.
iSchr merkwürdig sind dag"egen mehrere den Mriti'one/i
gewidmete Inschriften, im Ganzen acht (Nr. 18 — 2505
mit räthsclhaften Beinamen. Dass unter diesen Matronen,
gewöhnlich drei sitzende Frauen mit Füllhörnern und
Früchten, wie eine Abbildung eines dieser Steine (S. 25)
sie zeigt, weibliche Ortsgöttinnen, Nvmphen (also dem
Hasser verwandt) zu verstehen seien , deutet Hr. D. L.
nach dem Vorgange Banier's (i^Iemoires de l'Acad. des
luscript. T. VII. p. 34) u. A. richtig an, vermag jedoch
jene höchst wunderlichen Namen: Matrouis Axsinginebis,
^I. Afliabus , M. Hamavehis, M. Aumenaienis, Nersihc-
nis (M.), Vallamnehiabus u. a. nicht zu erklären. Dass sie
nicht Lateinisch sind, fällt in die Augen, ob Gallisch
oder Germanisch, ist schwer zu unterscheiden. Wer
kennt jetzt noch die ältesten Namen der Orte , Bäche,
Berge und Quellen in der Ciegend von Köln und Jülich,
wo diese Steine gefunden sind? — Ebenso wenig ist aus
Dlginibus (Nr. 27.) etwas zu machen. Ob nicht Nr. 28-
von einem Privatgeschäfte handle, statt von einer Gott-
heit, fragt sich sehr. Die Phrase: ex imperio ipsius, die
an das: ex imperio ipsarum auf fast allen Matronen -In-
schriften erinnert, kann nicht allein entscheiden. In
sprachlicher Rücksicht verdienen die Endsilben eins ,
enis, abus gewiss Beachtung, oh nun aha (Wasser, Fiuss,
Graff. Alth. Sprachschatz I, S. HO) oder eins andere
deutsche Wurzel darin verborgen liegt.
247
248
Besondere Wichtigkeit hat »ieis die Erw-ähnung der
Legioaen, Cohortcn und Ala mit ihren Beinanieu. Es
kommen in Kiilu vor: Leg. I. 3Iinerria (38. 3ü. 6t.),
II. Parth. (520, VI, Victrix (9. 23-), X.V. {(]0.\ XXI.
Rapax (31.). XXII. (30.), XXX. Ulpia Victrix (7- 33.
53. ß2.), über deren verschiedene Stand<£uarfiere Herr
D. Lersch aus Inschriften und Geschichtschreibern das
Nötbigste beibringt. Besser »vird sich dieser Thcil der
Römischen Kriegsgeschichte aufklaren , irenn erst alle
Denkmäler dieser Art an beiden Rhcinufern gesammelt
und gedeutet sind.
Kicht ohne Schwierigkeit ist Nr. 34. die Inschrift
eines Sarkophage.') aus Sandstein, wahrscheinlich (s. die
Urkunden bei L. S. 39) 1589 ausserhalb des Wejerthores
r.a Köln gefunden:
APOLLONIAE VICTORINAE BESSVLA ....
VALGASMAIERI. DEC. ALAE. FIDE VINÜICIS
COMVGI CARISSI.MAE MEWORIAH QVEM
ROGAVIT FECIT
Nicht zwar an dem Beinamen der Ala iida rindex,
der Hrn. D. L. aufzufallen scheint, mochten wir Anstoss
nehmen, wenn auch eine solche .41a nicht weiter vor-
kommt, denn bekanntlich erhalten auch Cohortcn und
Alae , nicht bloss Legionen, dergleichen Bezeichnungen,
r,. B. Coh. XIIII. vindex (Orelli 340B.), Ala Flavia pia
Jidelis (Orelli 3409-), Coh. I. fida (Orelli 3404.), wo
Orelli und bei ihm 3Iarini zu vcrgl. T. II. p. 92. Auch
den spätem Gebrauch des memoria für monunientum haben
Forcellini und nach ihm Hr. L. bereits nachgewiesen,
wiewohl quem eher ein Verschen des Steinmetzen für
^uam , als eine absichtliche Geschlechtsveränderung sein
möchte. Desto merkwürdiger sind die vorkommenden
TVamen, die gewiss deutschen Klang haben. Anch ist
das nicht zu verwundern bei einem Denkmale aus Con-
stantinischer Zeit, wo deutsche Hulfstruppen überall in
den Heeren, namentlich bei der Reiterei standen. Mag
nun der Name Bessnia vollständig, oder in Bessulanos
zu ergänzen sein, immer wird man dabei an des Ausonios
gelieble Sclavin Hissula denken müssen, die, wie er
selbst (Idyll. VII. i. — 4) sagt, an den Quellen der Donan,
jenseits des Rheines zu Hause war, also aus den Gegen-
den, wo Rumer und ileutsche Jahrhunderte lang im Kampfe
Jagen. Enthält ferner Valgasmaieri das Nomen paternnm
der Bessula, wie nicht unwahrscheinlich ist, so drängt
sich hier noch entschiedener deutscher Laut uns ent-
gegen. Valgas kann mit felga, die Felge ( s. Graffs
Althochd. Sprachscliafz HI. S. 5ü4), maieri mit mahbari,
der Macher ((iralT II. (j49) zusammenhängen, also viel-
leicht Felgenmacher, wenn man nicht gar an Volk and
Maier denken will. Ob Bissula, Bessula auf Bizan, Biz (Biss)
(etwa ein liisseU ) zurückzuführen, ob es mit Basa —
Base (Gratr III. S. 215) verwandt sei, bleibt dahinge-
stellt. .4uf die Arsulana Germanilla , vielleicht eine
Deutsche aus Hirsel (bei Bonn) hat schon Hr. D. L.
aufmerksam gemacht (S. 43) , dem es jedoch entgangen
ist, bei Nr. 40. Secundinir) Sevcro Nccotoreto (?) .Secun-
dinius Adventus fratri etc. an die Inschrift des berühmten
Denkmals zu Igel bei Trier zu erinnern, welches der
Seenndiner so augenfällig gedenkt, sowie auch in Xanten,
an der Donan, an der Saar nnd sonst diese bedeutende
Familie erwähnt wird. Vergl. Joh. Hugo Wyttenbach,
Neue Forschungen über die Rom. Alterth. im Äloselthale
von Trier, Trier 1825. 8. S. 80 f-
Unter den Bruchstücken S. 50 wird Nr. 43 sich wohl
auf einen Fronto beziehen, der ein Vir Consularis war.
Ebenso möchte S. 62 die kleine Inschrift auf einem
Trinkgefässe zu lesen sein: ames felix, oder ames me,
da dergleichen Wünsche sich zu entsprechen pflegen ,
nnd amo le vorherging. ^
Nicht ohne Absicht haben wir dieser kleinen Schrift
besondere Sorgfalt gewidmet ; denn es ist in der Thai
an der Zeit, für die vaterländischen Alterthümer ausser
dem Sammlerfleisse auch Geist und Kenntnisse aufzu-
wenden. Dass Köln, des edlen WallraJ^ hochgeliebto
Vaterstadt, den Anfang machte , war billig, und so bleibt
uns nur der Wunsch, das Werk mit der Liebe und
Aufopferung gefördert zu sehen , mit welcher jeuer edle
Forscher es zu seiner Zeit begonnen. Dass eine wissen-
schaftliche Abhandlung über die Kunst- und Alterthums-
schätze des nach ihm genannten Museums zu Köln, das
auch die meisten der hier besprochenen Inschriften um-
fasst, eine der dringendsten Forderungen an die Gelehr-
samkeit nnd den Geschmack seiner Mitbürger sei, ist
allgemein anerkannt. Dass Hr. D. Lersch sich diesem
C-"danken nicht abgeneigt fühle, möchte man aus dem
VC liegender Schrift beigegebenen Steindrucke der herr-
\\ci\-.n Medusa schliessen, die mit den Inschriften durch-
aus Nichts zu schaffen hat un<I ursprunglich aus Rom
stammt, aber nichts desto weniger die llauptzierde de»
Wallrafianums zu Köln ist und bleibt.
Coblenz, »lärz 1839-
Professor Dr. Deyckt.
Personal-Chronik und Miscellen.
Leyden. Ilr. Prof. und Oberbiblioth. Geel daliicr hal
im vorigen Jahre eine Sammlung von Aufsitzen und Vorträgen
unter dem Titel: ,,Onderzoek en Phantasie" herausgegeben,
wclciie allerlei literarische Gegenstände, z. B. das Dclpliisclie
Orakel, d.is Lustspiel der Griechen etc. betreffen. Von ihnen
wird im Laufe des Jahres l839 eine Auswahl in deutscher Ueber-
setzung unter dem Titel: j.l-'orschung und Dichtung auf dem
Gebiete der älteren und neueren Literatur erscheinen. Darunter
anch des Verfs. früheres „Gesprek op den Drachen/eis," wel-
ches die klassische und romantische Poesie behandelt und leb-
halt an die verstorbenen Professoren Heinrich und Näkc in
lionn erinnert, deren Personen man in den fingirtcn Theilneh-
mern des Gespräches zu erkennen meint. l'iir die deutschen
Leser wird es zugleich eine Probe holländischen Humors sein.
Holland. Die Urtheile , welche Tbiersch in seiner
neuesten Schrift über die holländischen Universitäten fallt,
haben allerlei Entgegnungen dortiger Journale hervorgerufen.
Einiges davon gibt bei uns Brzoska's pädagog. Bibliothek
(Halle 1S;58) in Uebersetzungcn zura Vergleich. Anderes, wa»
das Journal de la llaye enthält, fehlt noch.
Z c i t s c li r i f t
für die
A 1 1 e r 1 1 1 11 ni s w i s s e 1 1 s c li a f t.
FreilaiT, 15. 3Iärz
18 39.
Nr. 32.
Uebcr die Quellen des Zonaras.
(Forts et zu ni;.)
Der Absclinitt von p. 124 D — p. 138 C iiicil. ent-
halt die l'isionen und Reielafionen des Daniel. Jpsopliiis
(S. X. 11, 7) bcnihrt diesellien «ioiler nur ohonliiii ; (ior
IMönch innsste uatiirlirh ein grosseres Woli]<jefaUen daran
finden. Seine Hauptquelle ist Daniel c. VJI — IX. Nur
die in diesen Kapiteln enthaltenen Gescliiclite tlieilt Zo-
uaras ausführlich mit; die übrigen deutet er bloss dnrch
Hinweisunj auf das liurh des Propheten an (p. I3S15. C).
Bei der genauen Interpretation alier Einzelheiten hat er
wiederum den Commentar des Thcodorct' (s. p. 1 lliO —
i'iö'l cd. Schulze) zu Rathe gezogen. Zivar erwähnt
Zonaras gerade ihn nicht, sondern sucht vielmehr durch
uiannichfache anilerc Citate eine grosse Belesenheit zu
aifectiren ; er nennt den Plularch (p. 127 A), den Die
Cassius (p. 127 C), den Polybius (ibid.), mehrere ein-
zelne Schriften des alten und des neuen Testaments
(p. 134 A. B, p. 135 B) und ilen Josephus (p. 136 B) ;
ausserdem scheinen Ausdrucke und Wendungen , «ie
iOTOQEiTai (p. 125 D) und a'iq öt rtpsg Iotoooloiv
(p. 127 A) auf besondere Quellen zu deuten. Aliein,
abgesehen von der Anführung des Dio und des Polybius,
welche nur eine ganz allgemein gehaltene lliniieisung
auf deren AVerke überhaupt ist, von keinem grosseren
Gewicht, als der oben besprochene Ausdruck äo'icüa
avyyQÜfiiiura, — ergibt sich höchstens das Citat des
Plutarch als selbstständig; die übrigen sind sammt und
«ondcrs erborgt. Man sehe die n.'ihere Yergleirhung:
Zon. p. 125 A — B flu. ist nach Theod. p. 119U sqq.
„ p. 125 B fin. — D fin. aus Plut. Artax. c. Hj.
„ p. 126 A — 127 A nach Theod. p. 11V)2 sqq.
■» p. 127 A mit dem unvollst.'indigen Citate: wval
ya.Q 6 XaiQoivivq , ist eine wördiche Entleh-
nung aus Plut. Alexand. c. 77 /in. ; auf diesen
geht auch das u'jq, df TlvEQ, ioxuQOvaiv.
,t !'• 127 A med. — 129 B med. nach Theodor, p.
1 195 — 1201 , mit jenen beiläufigen A'ervveisungen
auf Dio und Pohbius;
„ p. 129 B med. — 132 C med. n.ich Theodor.
p. 1212 — 12J0, mit einigen Ergänzungen aus
eigenem durch Lcctürc des Plutarch und des Jo-
sephus gewonnenen Wissen.
M p. 132 C med. — 138 B med. nach Theodor.
p. 1237 — 1252 cl. p. 1225. Die hierher ge-
biirigen Citate aus der heiligen Sdirilt p. 134 A.B
nnd p. 135 B sind genau aus Theod. p. 1241 sq.
und p. 1244 herübergenomnien. Ja, nicht ein-
mal die Berufung auf Josephus p. t3(iB ist eine
unmittelbare, sondern (liesst ebenfalls aus Thcoi!.
p. 12411. Diess ist nicht zu verwundern; denn
sie bezieht sich auf eine Angabe dessrlben in
den späteren Büchern, die ihm noch nicht »or
Augen lagen.
Mühsam etwas vorweg aufzusuchen, ist nämlich durch-
aus nicht des Zonaras Art; er glaubt schon genug zu tliun,
wenn er hier und da einer Curiosiiät halber einen aus-
serordentlichen Weg einschlägt, den er nicht die Absicht
hat anderwärts weiter zu verfolgen. Dahin gehurt nun
auch die Abschweifung über die persische ov.CKfUvaiq.
p. 125 B fin. — D fin., HO jenes laiooEirai erscheint,
übrigens aber kein Gewährsmann genannt wird. Das»
die Beschreibung aus dem Arfaxerxes des Plutarch ent-
lehnt sei , bemerkte ich oben schon ; auch Du fange
nahm es wahr (s. T. II. not. bist. p. 9. Diess ist bei
ihm ein seltener Fall). Die Abweichung, dass Zonaras
t]en Mithridates, den er nicht namhaft macht, 14 Tago
martern lässt, während Plutarch von 17 Tagen spricht,
kann keinen Ausloss geben ; sie ist auf verschiedene Weise
erklärbar, vielleicht sogar absichtlich. Plutarch seiner-
seits hat hier ohne Zweifel aus Ktesias geschöpft, den
er im Artaxerxes durchgängig benutzt (cf. Heeren de
fonfib. Plut. p. ')4 sqq-)' """" ^"''' ""* Hinzuziehung
einiger andern Uuellen, wie namentlich des Dinon.
Schliesslich bemerke ich, dass zwischen Zonaras und
Ilippol}tus Martyr keine Beziehung obwaltet, wie aus
einer Vergleichung mit dem Fragmente des Letzteren
erhellt, welches in dem Werke: Daniel secundum Scp-
tuaginta, Romae 1772, p. 95— 122 abgedruckt ist; da-
gegen mag Hippoljtus leicht eine der Grundlagen de*
Theodoret gewesen sein.
Von p. 138 C med. — p. l4fi A enthält die Geschichte
der Judith und des Tobias. Kein bestimmtcs-Citat kommt
vor. Josephus theilt darüber gar Nichts mit; daherkam
es auch wahrscheinlich, dass es Zonaras früher am pas-
senden Orte vorzutragen vergass. Nun flickt er es, seine
Versäumniss bemerkend, aller chronologischen Ordnung
zum Trotz, an einer ganz unpassenden Stelle ein und
führt den Nebukadnezar noch einmal lebend vor, nach-
dem er ihn schon, dem Gange des Josephus gemäss,
hatte sterben lassen (p. 122 D). Die Quellen diesei
251
252
Antiang-irls sind iiad'irlirh <lio Biirlipr Jiidiili und Tubias,
lind ztvar, >iip piiip l'crjjlcirliini^ K-lirt , die ;»lli-inigpii.
K» ist ein «örtliclips Kxcerpt.
Zweile Hül/Ie (c. lö — fin. j). I4ü— Kl't).
Die pprsisrhe (iesrliii-hle bis auf don Tod des TArns
Bianirnflirli «erdpu anjfpftilirf : 1) Xonopliou p. I4fiB
(<f. <^r..p. I. •.', 3): p. Itl4 D; p. 16S ü. 1>) Horodnt
].. 1,4 ü; p. 108 D; p. Ifri A. 3) Jospphus p. I(i4 D.
Boi dipsrni .Alisihiiittp lofjf Zonaras zum erstenmal den
Josephus auf längere Zeit bei Seite. Des Cvrns Ge-
»rhirhte ersclieint ilini zu interessant, um sie in seineu
Uniiersalliistorisrh sein sollenden Annnlen ebenso leirlit
fibefiielien zu iliirfen, HieJoseplius in einem AVerLe, das
liloss die jiidisclie (leschirlite belianilolt. Er »vill, «ie
sein sclir niilii.-.torisrlies Bekennfniss laiitet (p. 146 A),
durcli seine Darstellung die Walirhaftijjlveit der Proplie-
,zeinn!;en liiier ilen l'nlerganij Assvriens denioijstriren.
Aber iielclietn (iewalirsmanne sollte er folj^en ? iScIion die
ältesten SeliriflsteHer »iehen ober den Eroberer bedeu-
tend ron rinander ab. Den Kt<'sias kannte er nirlit ; den
Herodot uollte er niclit, und so (irl seine Wabl auf den
ronianliaften Xenojihon, er »aril sein einziger Führer;
der ganze .Absrlinitt ist nur ein Excerpt aus der Cvropä-
die. Diirli hören wir ihn selbst! Am Schlüsse der Dar-
stellung sagt er (p. IttS D, im A): „Das nun erzählt
Xenopbon lon r\rus. Aber der Halikarnassier Ilerndot
sagt liber des Cvrns Erziehung und Tod und über dessen
ganzes Leben andere Dinge, \i eiche «lurehzugehen wohl
zu lang »are. Und mir, der irh ein Compendium der
Gesiliirhlp verfasse, ziemt es nicht, eine weitschiclitige
Abhandlung zu geben, sondern ich habe meinerseits das
Glaubuür<ligere geschrieben. 'Wem es jedoch beliebt,
auch das zu vernehmen, was \on Herodot über ihn ge-
schrieben ward, der wird, dessen Werk zur Hand neh-
mend, dasselbe in ilem ersten Buche finden, dem er den
Kamen der ersten der Musen, den der Klio, vorsetzte."
Abgesehen von dem in den letzten Worten steckenden
literarischen Irrthume, bemerken wir, dass er zwar ivirk-
lich in den Ilcrodot ein wenig hingeblickt, aber dem
Xenuphnn der griinseren Gliiuiieürdigkeil ires^en ilen 1 or-
«ug gegeben habe, ftlag sein! iVlir will es indessen
»rheinen, als sei seine Wahl auch eben ihirch das an-
ziehende Moment der Xeiiophoirfischen Romantik und
durch die .Scheu vor mühevoller ^rrgleirhnng motivirt
worden. Genug, er beginnt mit rlem ziveiten Kapitel des
J. But'hes des Xenophon und endigt mit dem siebenten
Kapitel des ^III. Buches und einer kurzen Inhaltsanzeige
lies achten und letzten Kapitells. Die specielle (Jontrole
wird Jeder leicht führou können über diese — Cyropädie
ru niiniature.
Die Zusätze sind ganz unbedeutend : p. 148 B sagt
er: „Cvaxare», der auch Darius genannt ward." Das
hat er , wie wir oben gesehen , aus Josephus und Theo-
«loret. Ibid. schaltet er bei der Aufzahlung der den As-
svrern unterworfenen Völkerschaften die Hebr.'ier ein,
und andere ,'lhnliche Kleinigkeiten. P. I(i4 ü ist durrh-
.lus wörtlich aus Xenophon (I. c. VII. .O, 7— \h) ilber
die Belagerung Babvlon's ; weil derselbe aber den FluKS
rfieser Stadt nicht benennt, so uiaeht er die Einschaltung:
EiCfoariji, oi'to; ioriv , cJ? 'HquÖOtoz lorogti'. Das
ist das Einzige, was er aus diesem entnimmt. Ihn eines
AVortes willen kann man aber nicht von Hei!-,;(zniig spre-
rhen; deti Zusatz hatte er ja auch ohne Ilerodot's Au-
torität macheu können. P. lt)4 D setzt er den I\ameii
des Königs — Baltasar, den Xenophon ganz verschweigt,
aus .loseplins hinzu, ohne dass er desslialb nöthig hatte,
den Le<z(i-ieii »ieder einzusehen, da er die Materie unter
Josephus Führung schon in dem vorhergehenden Abschnitte
behandelt hatte. Er weiset selbst daranf zurück (c f. Jos.
X. It, 4. Zon. p. 123).
AVie verhalt es sicli schliesslich mit denjenigen .Stel-
len, HO Zonaras sich das Ausehen eines belesenen, au»
vielen Bücliern forschenden Gelehrten gibt? z. B. p. 152 B:
TU er 1(1 nodjTui (faan; p. Kiö D: ä7iofivi;/ioi'£L'e-
zal ibid. Xtyeiai; p. l(j8A: }.iy£Tni. Der Schein zer-
rinnt, nenn man ihm nahe tritt: Es sind nur entlehnt«
Phrasen und Wörter, ebenfalls dem Xenophon (IV. 2, 3U-
VIII. 2, 14. A'III. 2, lö- yill. (i, VUj angehürig.
Die QueUcn des vierten Buches (p. Iß9 — 2lö).
l'om Tode des Cvrus bis auf Anliochus i'>£o^ und Simon,
den Bruder des Jonathan.
1) Josephus. 2) Herodot. 3) PIntareh. 4) Arrian.
\nn p. 16') A med. — D fin. Hier kehrt er zum
Josephus zurück, ohne ihn zu citiren , und stellt nach
ihm (XI. c. 1, 1 — c. 3) das Verhaltniss des ("yrus und
Cambyses zu den Juden dar, und zivar Wort für Wort
abs( hreibeiicl , nur dass er dem Cambvses 7 Jahre bei-
legt , H.'ihrencl Jesepbus nur (i. Diese Abweichung er-
klart sich daraus, dass Zonaras im Folgejiden den Hero-
dot ronsultirte und ihm also die .Stelle unter die Augen
fallen _ musste, wo dieser (III. (-iii, 2) die Regierungs-
daucr des t'ambvses auf 7 Jahre , 5 Monate angibt; da-
nach c-orrigirte er nun. — Die Magierherrschaft und de»
Darius Thronbesteigung berührt Josephus nur ganz oben-
hin (lib. l. e. 3, I); dagegen meint Zonaras (p. 169 D):
y.(ü UV dt y.c.i Ti)v neoi tui'tohi d/ijyi^aiv 7iuiijoao9at
fv iniTOUrj. Und nun legt er denn den Josephus noth-
nials bei Seite, um von p. 170 A — 173 B den Herodot
(HI. ()4— (>^) zu excerpiren. Er fallt hierbei gleich in
eine Incoiisecjuenz ; denn wahrend er früher, dem Xeno-
phon folgend, den Bruder Aes Cambyses Taiiaoxares ge-
nannt, nennt er ihn jetzt fortwahrend nach Herodot
Smeriles. Dieser plötzliche Widerspruch, in den zu ge-
ratlien, seine Unwissenheit nicht voraussehen konute ,
zwingt ihn jetzt zu einleitenden Worten ( p. 1 /(J A):
„Cambyses hatte einen Bruder, welchen Xenophon Ta-
naoxares, Herodot aber Smerdes nennt." .Sonst citirt er
«Ich Herodot nicht »veiter-, das Exceipt ist aber wieder
völlig wortgetreu. V> ie jämmerlich (las ^'erfahren des
Zonaras ist, zeigen auch fi^rnere Inronsec]uenzen : p. l6UD
halte er nach Joseph. XI. 2, 2 den Cambyses SV /Ja-
uu.OVAO sterben lassen; jetzt erzählt er (p. 170 C. D)
dessen letzte Augenblicke noch eiiiinal nach Herodot, und
lässt ihn mit diesem im syrischen Ekbatana sterben.
Doch hierion genug. >ur der Schein seiner (Gelehrsam-
keit ninss auch hier vernichtet werden; denn die prun-
kenden Phraseu: oi uiiv orv cpuai und oi öl Lll'juioi'
253
251
iJvci (fO.Ol (p. 175 A) sind mir aus Hcriiil. lil.. 1. c. S?
licriiliorgfolioU.
Von |). IT'i B — p. 1S3 B nird. — Dir jiiilisclip f/o-
Hiliiclih! lon ünriiis llvstaspos bis auf Ali-xaudcr ; Mort-
licli aliprsrlirirben aus Jüsophus von (lom Punkte an, «i>
ir (ilion Halt ^euiailif , (I. h. vnu XI. r. 3 — <•• 8, 4.
>auii'iilli<li «ird dorsclbe anjfpfülirt p. 17(i D (rf. Jos.
AI. 5, V). — nie AlnvcirliuiigtMi sind uiihedeufond , «ic
X. B. dass er p. 182 ü den Solin des Joannes Joad nennt,
■i/ilirend Joseplnis XI. 7, '1 Jaddus oder iiaili anderen
Iliiidsrlirirteii Joaddus srlireibt.
Von p. 18 i B Ined. — p. 1<.)7 B. — Die Gesrliirhie
Alexanders des Grossen. Nach seiner geHöhnlicIien Art,
ilie «ir nun schon kennen, sajjt Zonaras beim Einlange :
i.7/:/ bl jiiti'av TuP '.■ike^äfdodi' Y.ul ö xiji, ioiuoin:;
'/M'/ogrunuiijrai, y.aXdv y.at r o vt o v xai nuätti^
TF. y.ai TU i'j^ij , yai üi^ef z«x Ttviov t,cpi' , yMT iui-
dp()jii)i> öiryijaaot^aiy y.ai ovrujg avd^cg iiravaya-
yei'v Tov Avyov n()6<; tijv avvex^io-v. „Und um so
inelir, füjjt er hinzu, «eil er nach Jerusalem kam u.s. «."
(AJan sieht, nie er selbst die jüdische Geschichte in dem
ersten Theilc seines Werkes als (Mittelpunkt setzte) „und weil
er sciltst, wie Josephus erzählt (hiermit respicirt er auf
Jos. XI. 8, b), ein gi>t(lii lies Trauinffesicht deutete,, was
wir im weiteren V^erlauf der Erzählung, nach der Ge-
schichte Aiexauilers, melden werden." Nun beginnt er
das eijfentiiche Thema mit der Herkunft des Helden, und
da ihn Josephus hier verlässt, so wjililt er sich einen
neuen Führer, den er jedoch nicht nennt. Es ist aber
kein anderer, als Plutarch ; denn der Anschein lielfor-
echender Gelehrsamkeit ist wieder nur ein Reflex der
Plutarchischcli Darstellung. Er epitomirt gleichsam die
fremde Quellenforschung nicht minder wie die Erzählung
der Thatsaehen selbst. JVlan sehe nur zu:
p. 183 C: ^vdivsrai ist ausPlut.Alex. 2. T.IV. ed. Reiske.
p. „ „ Keyexai 8s „ „ „ '„ c. 3.
p. 189 D: /aropo^ff/l' „ „ „ ,, r.37. (eine Angabe,
Beute betrefl'end , welcher Diodor widerspricht).
p. 1'l4C: keyernl ist aus Plut. Alex. c. (i().
p- 19(3 CD: elq fjiv uuv ö — köyoi; ovTog. ereooi; Sh
ej;f/. — (paoi 8s rti^sg ol 8t 7cksioijg — cpaai
ist aus Plut. Alex. c. 7ö. 76 7/.
Eine vollständige Vergleichung wäre liberflnssig. Ge-
nug, wir haben im Zouaras einen kleinen Plutarch; nur
dass er zuweilen die Reihenfolge <lesselben ändert. Z. B.
p. 188 C, enthaltend den Ausspruch der ülympias, den
Plutarch schon c. 3 mittheilt. — Abweichungen sind sonst
nicht vorhanden, ileuii dahin dürfen wir es schwerlich
rechneu, wenn er p. l'Jo B <lie Breite des Ganges zu
1)2 Stadien berechnet, während Plutarch c. (i2 nur von
32 spricht. Da er durchaus keinen Antor weiter vor
Augen hat und dem Plutarch hier Wort für AVort folgt,
so beruht die Verschiedenheit sicher auf einem Schreib-
fehler oder auf einer Corruption, sei es, dass diese in
dem von ihm benutzten Alanuscript des Plutarch vorhan-
ilcn war, oder dass sie einem späteren Absc;hreiLer bei-
zumessen ist. Die Angabe, womit Zonaras schliesst
(p. 197 A): ksySTUl ÖS X. r. ).. ist das einzige Nicht-
Plutarchische im ganzen Abschnitt; die Stelle stimmt
grosseutheils wörtlich mit Arrian VII. 27; vielleicht ist
es eine Reminiscenz oder (liessi aus einer in dem von
ihm gebrauchten Codex des Plutarch gefundenen Raiid-
liemerkung eines glossirenden Lesers, denn wir dürfen
nun einmal dcu) Zooaras niiht viel zutrauen; d.iss er aber
gar um dieser einzigen Bemerkung willen eine besondere
(Quelle zur Hand genommen, wird man noch weniger
glauben. Den Schliiss des Plutarch c. 77 fanden wir
si hon früher (p. 127 A) mitgetheilt; wahrscheinlich hat
Zcniaras erst jetzt diese Stelle ilort nachgetragen.
Von p. 197 B — p. 21.'), oder bis zum Ende des vier-
ten Baches. — Von den ^Verhältnissen Alexanders zu den
Juden bis auf des Antiochiis i^fOs 'Piid durch Trvplioii.
Äaeh seinem Besuche bei Plutarch beriipft hier Zo-
naras von Neuem den Josephus (cf. XI. ^■, 4 — \III. 7),
den er .auch einmal , bei Gelegenheit der .Septuaginta ,
nennt (p. 2ÜU C. rf. Jos. XII. 2, 12). Die verschie-
denen Ansichten hierüber iiiussteii dem illoiiche geläufig
sein, und so kann es uns nicht wundern, wenn er uaeii
dem Berichte des Josephus noch einen anders lautenden
hinzufügt, nämlich den genugsam besprochenen des EpU
phanius, der im vierten Jahrhun<lert schrieb, wonach je
2 und 2 von den 72 Interpreten in abgesehlosseiieu (le-
inächern die Uebcrselznng zu .Stande gebracht. Er nennt
jedoch ileii Epiphaiiins nicht, sondern sagt ganz allge-
mein: srsoul de — (fani. Natürlich bedurfte er, um
ilergleicheii zu melden, keiner bestimmten Quelle; es sind
Zusätze aus der Totalität seines VVisiens. — Dass Zoii.
in diesem Abschnitte auch ilie h. Schrift, und nament-
lil li die -Bücher der Makkabäer benutzt, möchte ich be-
zweifeln; seine Nachrichten gehen alle und meist wört-
lich in die des Josephus auf.
Die Quellen des fünften Buches (p. 2t5 — 260).
A'oii dem Tode des Antiochus i^sog bis auf den Tod des
Ilerodes.
Das Ganze ist* aus Josephus XIII. 7 — XI'II. 8^4.
Er citirt denselben p. 223 A: raviiju (fijoiv ö Iwaij-
7t u^ Sv'Pujinj x>saoaot)a/ , nämliclr den goldenen VVein-
stock von SOO Talenten Werth, den Aristobul dein Poin-
pejus' schenkte. Zmiaras begeht aber wieder eine grosse
Nachlässigkeit, denn Josephus (XIV. 3, 1) sagt das
nicht voll sich selbst, sondern es sind die direct an-
geführten Worte des Strabo. — Ferner citirt er ihn
p. 241 D (cf. Jos. XV. % 2). Auch da, wo er unbe-
stimmte citatorische Ausdrücke gebraucht, steckt Josephus
dahinter, z. B. p. 217 C: ktyetat X. T. k. cl. Jos. XIII.
10 3; p. 218 B: ksysvut y. r. k. cl. Jos. XHI. 10, 7;
p. 242 D: rtvsi 8s cpaai cl. Jos. XV. 10, 4.
Die Quellen des sechsten Buches (p. 2ü0 — 313).
Vom Tode des Herodes bis zur Zerstörung von Jernsalem.
P. 260 C p. 291 ß ist entlehnt aus Jos. Antiqq.
XVII. 8, 4 — XXfiU. Namentlich angeführt finden wir
ihn p. 267) »*'» Zonaras das Zeugniss (lesselbeii (XVIII.
3, 3) über Jesus Christus, mit Angabe des Buches der
Antiquitäten, bi-ibringt. Für unsern Zweck ist die Ent-
scheidung der Frage, ob jenes Zeugniss echt oder unter-
geschoben, von keinem Einfluss, dass es jedoch mindesten»
schon im vierten Jahrhundert in den Maiiuscripten des
Josephus gelesen wurde, ist aus der Anführung des Eu-
•Jö:>
256
sel)iiis (Hisi. Pcrl. I. r. (I ) ll.ir. Boi dipspr Gflc-icn-
Jirit niarlit aber Zoll, norli riiir^c Ziis.'K/p. Die iMcrk-
»1 lirdigkcit iliT .Sai !ip lir;uliti> es mit siili , tlass sii' all-
•;rini'iii iu ilor Clirisloiilicit Ix'SjirocIic'ii uurdc ; aiidl Zun.
iiiiHstc ilnlier .^l.iiiflies ilanilirr vorrioiiiiiipii und gi'lrseH
)iahpii. ^iiüuirhr liosrlir.'iiikt pr sicli iiiclit auf die blosse
HJi<l!ieiluiitf ,;V?if»' Zeugnisses, auf dessen A\ ichiigkei^ er
.■»ehiin in der Einleitung (p. 9 A) anfnierksam jeinaeht
halte, sondern fiilirt p. „'(j; ü und p. 21)8 A. ß ein noch
nusfiihi lii heres desselben Autors an, und anar ans dessen
Kcde an die Ilrllenen , deren, «ic er iiinzufiijjt , auch
der li. Joannes Daniasceiius in seinen Parallelen jfedenke.
liipser Srhriftstelier des achten Jahrhunderts, einer der
lJef,riiniler der systematischen Theologie und, wie seine
.'i(j ul.C'.ia fjH.onoCfi/.a beueisen, mit den jibilosoidiischen
.Systemen ziemlich vertraut, nahm jederifcit ijje allge-
uieiuu Aufmerksamkeit des theologischen Publikums in
Anspruch. Auch Zon. beschäftigte sich mit ihm und
«chricb, « ic «ir aus der Angabe seiner .AVerke erscheu
(s. Du Cange pracf.) eine !Z:t/yy;;ff;^ xuiv '.IvaOTC.oiniDV
V.i'.luvujv Tviv TOv Juuao/.i-vor. So «aren ihm ilenn
auch <lesscn iegu Xuoä/.t.rLU zur Hand , «lie ebenfalls
dogmati'iciien Inhalts sind. Leicht künntc desshalb <lcr
'^'erdadit entstehen, dass das OV Y.al ftveiav ntTVoirTCU
eine trügerische AVendung, und das Ganze nur ein Pla-
giat aus dem Daniasi enii* sei. Diess eriveist sich jciloch
»Is ungegrünilet ; ilenii die Stelle, ivelche Zoll, ans jenem
philosophischen Aoyoc recitirt, findet sich z«ar bei Joann.
Dam. Opp. omn. ed. Par. T. II. p. 75Ö, wird aber sfiU-
«chneigeud dem Uischif i>Ieletius vindicirt (rot" üy/ov
Mel.Ciiov £7r'loy.ö:iov '.4vcioXiiuz); dagegen thcilt Da-
iiiasccnus gerade an dem Ottc, tvclcheu Zon. im Sinn
liat (I. c. p. 7S't: 'lujorzov , CZ zoü 'köyuu zur dua-
'i'jOaiii(ei'0!! v.ajc. ID.UTüjvog), einen ganz aiuleren
Abschnitt der bctreireiiden Schrift mit. Das bedeutendere
Fragment derselben, itelches Huschel aus Italien erhalten
und in seiner Ausgabe des Pliotins (p. 923) zuerst abgc-
driickt hat (es steht auch im Jos. cd. Havcrkamp. T. II.
!'• Hüj, beginiit mit dem Inhalt des ßruchsfiickcs bei
Joanii. Dam. p. "SO, <lann folgt ein sonst unbekannter
Theil, hierauf der Inhalt des Bruchstiickes bei Zon. I. c.
und bei Joann. Dam. p. 7ÖJ, und endlich «ieder ein.
unbenutztes Stiiik als Schluss. Nun ergibt die Verglei-
chuug, dass die AVorte des Zon. vollkommen mit dem
Originaltexte übcreiiistininien , die des Damasrcnns aber
fast durchgängig iiindifi(irf sind; mithin ist Zon. augen-
bilieinlich 'auf das Original selbst zurückgegangen und
hat 1011 dem tmgel/liclt Josephischen Antiplatoiiisuius eine
unmittelbare Kunde gehabt; denn mit Recht gilt die Schrift
:i£oi xuT :iavT<Ji oder TJlrji r;;; rur Tiavco^ uiric.q
für unecht, obgleich die Herausgeber des Fragments den
>'anicn des Joscphiis nicht getilgt, und die des Letzleren
die Aufnahme nicht lersagt liabcii (vergl. u. A. Ilocschel.
ad Pliot. 1. c. ; Th. Ittig. Prolegom. ad Joseph, v. fin. ;
adn. ad Joann. Dam. 1. c. p. r,Sl)). Daher war .sie auch
mrher den Exemplaren des Josephus nicht angehaiif;!, so
dass Zon. sie sich aiideriieitig verschallt haben iiuiss;
denn einmal hatte dann auch £usebins sich gewiss dieses
zweite» Zeugnisses h.'Ji'ieot, und andererseits würde sie
dann auch in den heutigen Codices sich finden. Dem Dainan-
cciius mag übrigens 'die Täuschung verziehen »erden; da
aber bald nach ihm, schon im nennten Jahrhundert, die
Aliliaiidliiiig durch Pliotins (bibl. cod. 4cS) für unterge-
schoben erklart wurde, so ist es wieder ein Beweis von
Unwissenheit, wenn Zon. dessenungeachtet nicht den
geringsten Zweifel dagegen liegt. Und doch war Photius
so beriihmt. Zon. selbst kennt und nennt ihn als histo-
rische Individualität (L. XVI. T. IL pag. lül D sij.).
Uebrigens scheint in Betreff jenes literarischen Findlings
die Stelle des Zoii. bisher meist unbeachtet geblieben
zu sein.
Ferner wird Jospphus cifirt p. 271 A über Joann(^s
•den Täufer (cf. piaef. p. 9 A. Jos. XVIII. 5, 2) und
p. 290 B über die .Steinigung des Apostels Jacobus: 'iu
ainoi'; rot; 'Juioiior yjjijoonai öijuurst (cf Jos. XX.
9, 1); das könnte Zon. bei jeder Phrase sagen; auch da
gilt es, wo er mit anschcinenileni .Selbstwisscn auftritt,
wie p. 271 D: kiyerfti, aus Jos. XVIII. 5, 3- p. 287 C :
'ktyarai, aus Jos. XX. 7, 2.
Ich erwähne noch einer Abweichung. Zon. berührt
im sechsten Bnche durchgehends die Kaisergeschichte,
aber nur aus dem (iesichtspuiikte der jüdischen üeschichte,
so dass auch hierin Josephus ihm genügt. In den fol-
genden behandelt er sie eigens und ausführlich nach Diu
Cassius. Da geschieht es denn, dass er einige Verbcs-
sernngen ans dem Dio in sein Excernt aus dem Josephus
stills« li« eigend liincintragt. So gibt er z. B. p. 2/6 B
die llegierungsdauer des Tiberius nicht nach dem Letz-
teren (XAIII. G, 10), aus dem er doch »alle übrigen
Worte entlehnt, auf 22 Jahre ö Monate .3 Tage, sondern
nach dem Ersteren (Lib. ii'S. fiii.) auf 22 Jahre 7 ölonat«
7 Tage an. Nur so ist diese Abweichung zu erklären;
denn dürfte mau aucli aus dem Grunde an eine Corrup-
tion im Josephus denken, weil dieser im zweiten Buche
de hello Jud. c. 8 sechs Monate angibt (cf. Ilcland. ad
Aiitii]q. I. c), so darf man doch sicher nicht die Angabe
des Zon. hineincorrigiren wollen. Uebrigens ist wohl za
beachten, dass <ler jüdische Krieg vor den Antiqq. ge-
schrieben wurde und Josephus inzwischen anderer Meinung
geworden sein konnte. Man ersieht, welche ausserordent-
liche Behutsamkeit es erfordert, bei Autoren, die in eiijem
Verhältnisse stehen, wie Zon. und Jos., den Text dpi
Einen durch den des Anderen zu ronstatiren. AVie sehr
würde mau fehlen, wollte man hier, gleichviel, ob den
Josephus nach dem Zonaras, oder Diesen nach Jenem
andern, wie verfänglich auch der .Schein sein mag; oder
wollte man, um ein anderes Beispiel zu nehmen, jene
oben besprochene Stelle des Zonaras ; Tuv dlio ^ln/ia-
OV.ov Miianlav nach Josephus corrigiren; denn die phi-
lologische Kritik hat nur danach zu forschen, wie der Autor
schrieb, nicht, wie er Iiätte schreiben sollen.
(F o r 1 s e t z u n g folgt.)
Persoiial-Chrouik und Miscellcn.
Halle. Dem ordentliclien Professor in der juristischen Fa-
cidtat der T'nivcisit.il im Halle, Dr, Pcrnice, i»l das PradUat
eines Gclu'iinen Jiisli/.ratlis beigelegt worden.
Zeitschrift
für die
AI t er tliii ms wisse 11 Schaft.
Sonntag j 17- März
18 39.
Nr. 33.
Ueber die Quellen des Zonaras.
(Forts et znnsf.)
Jnseplius hat bekanntlirli den Inhalt der Antiquitäten
von XII. 5 an bis zu Ende früher schon in seinem
Werke de bell. Jud. summarisch als Einleitung behan-
delt, von Lib. I. 1 — II. 14- lih bemerke nun als durch-
aus bestimmt, dass Zonaras nicht etiva diese Einleitung,
gondern eben jene Bücher der Antiquitäten gehörigen
Ortes excerpirt hat; eine genaue l'ergleichung beweist
CS. Erst mit dem folgenden Abschnitte legt er die An-
tiquitäten bei Seite und nimmt zum erstenmal den jüdi-
schen Krieg zur Hand.
Von p. 291 B — p. 312. Der jüdische Krieg vom
zwölften Jahre des Nero bis zur Zerstörung Jerusalem»,
oebst einem Anhange.
Es ist ein sehr kurzes, aber meist wörtliches Excerpt
aus Joseph, de bell. Jud. bis zu Ende des Werkes ; Zo-
naras citirt diesen jedoch nicht. Dagegen ertappen nir
ihn wieder, wie er Zeugnisse aus Josephus herüber-
schmnggelt. Z. B. p. 207 D: \h'iF.xai 8h Toui; ex
t;;5 7iuL£uJs öcd rviv TriKcSv exy.o/Jia9£i>Tai; y.al
^Kfievrai; pexoovg tüjv diroocuv yeviod^ai fivQiadag
e^ijy.ovra, rdjv de ak\(jjv üva^evQCTov elvai rov
a.Q>9iiov. Tov f^iev rot oirov ro f^iköiiivov TtQadT]-
vcu TokavTOV. Woher diese Kunde, erfahren wir aus
Jos. V. 13, 1 •■ nf.Ta öa tovtov diaÖQctvreq, Ti'ok-
koc TÜJV £7r / aij fiiov , zag naoaq tujv djtöoojv
vey.Qujv OTT t^yyekkov , ^ivotäöag k^ijyovxa dia nov
TTvkcoi/ sy.Qt(frjvcu. twv de dkkojv dvs^evQExov i-tvai
TOV ägidiiov. — y.al tov uev alxov t6 [.leTQOv Ufta-
^ijvat xukdvTov.
Die Abweichungen sind unbedeutend und leicht er-
klärlich. Wenn z. B. Zonar. p. 2^)i C sagt: „Vespasian
habe die Stadt Jotapata belagert tTli TCOOagdxovxa
ijjKf^Jo:?", so geschieht diess nur der runden Zahl wegen.
Nach Jos. HI. 7, 33 dauerte ilie Belagerung über 47 Tage
(cf. III. 8,*9). — Wenn er ferner p. 297 D sagt: fua
yuQ vvy.xi vkIq Tgiax'^'ovi dvaax'o^ijvaf avvißij ,
Jos. V. 13, 4 «lagegen : f^iia yovv dvaayia9i]aav vi'XXi
TTQog diaxi^'org , so steckt sicher eine Flüchtigkeit oder
eine Corruption dahinter.
Noch ist vom Anhang zu reden. Nachdem nämlich
Zonaras p. 31 2 C mit einem Kxcerpt aus dem letzten
Kapitel des letzten Buches (VII. H) die Geschichte des
Krieges absolvirt, erwähnt er in einem Zusätze von we-
nigen Zeilen des jüdischen Aufstandes unter Aelius Adria-
nus, mit der Bemerkung: .7io< ojv ev TOi'g iÖt'o/; TO-
TTO/s iacO(Ji;9lja£xa/ , nämlich in der Kaisergeschichte
Lib. -XI. p. 584 D sq. Wir werden s|)äter von den.
(luellen dieses Buches sprechen; erst nacli der Ausar-
beitung desselben hat er wohl den hier in Rede stehen-
den Zusatz eingeschoben. — Eiullich folgt p- 312 C. D
ein kurzer Uebergang zum siebenten Buche. Er lautet:
'Pujftaiujv de iivi]o9£ia)]<; rijs ioxogiac, ■, xul xovxntg
xgdiog dvadeiievi]i dijxxijrov, dvayxaiov navxujc.
cäteiv y.ai didü^ai i} avauvijaai Tovq cvxevtoiievovi
xoL'TOi 8t} TU) aL>yygdfi[iax/, xiveg te oi'Pvtjiaiou
y.ui üdev toi'tujv e^vog oi'veaxijTo ei; aQXijq^ xat
nü9ev T}}v xkijaiv eo^e, xal Ttai Ttokixeiaiq eXQi]-
oci.TO, y.al oi'a/s TV^aic, evexvgae , xal otiojj tiqov-
X(>i\i£v ei'i evdainov'tag dxuöxijxa, ujg fUitgov xi'gisv-
oui xiji oi'xoi'iievijg ÜTidaijg, xal to xgdxog xaxa
ndvxiov axeSuv dvaSijaua^af, xal öniag ßaa/kev-
itlv et; dfjxfjg, elg doiaxoxgaxeiav ijxoi Aiy.xaxoqia^
xal 'Ynaxeiag ^exeneae, xal eig /Jr^fioxoaTeiay av-
9tg uexijvexxo, elra sig fiovac/iav dTca.vth]kv9e.
'Pijxeov (A.01 Toivi'v xal itegi xovxujv, xal 8njyi;reov,
a)i; evov , enixeftvovTi xo ukdxog Tijg Siijyijrsevtg,,
xal xi]v j-iaxgijyoQiav ovaxekkovxi , i'v eiev evacvoTixa
XU Tijg laxogiag, xal ti}v tüjv irr/övxwv ravxa uvr]-
fnjv f.u} 8ia(pei''yoi£v. Bei diesen letzteren Aeusserungen
hat Zonaras das räsonnirende und rhetorisch- declamatori-
sche Element der Quellen im Sinn, die er zu excerpiren
sich anschickt, und welches er auch schon in der Ein-
leitung getadelt und zu vermeiden versprochen hatte.
Die Quellen des siebenten, achten und neunten Buche»
(p. 213—471 fiu.).
Die römische Geschichte von Aeneas bis^ auf die Zer-
störung Carthago's und Corintli's.
Zonaras nennt nur ein einzigesnial seine Quelle (denu
der beiläufig citirte Ilerodot p. 330 D ist nicht zu rech-
nen), nämlich den Plntarch p. 459 B.^ S.onst gebraucht
er nur Ausdrücke, wie p. 314 C: xiveg 8e (fuai; pag.
316 A: exegog Se köyog ex^L\ p. 320 C: keyeraii
p. 321 B: ol8a /uiv olv xal exegd Tiva . . . siqt]-
utva. — dki: aixdg xot iTi9avu)xeQi!j edefiijv, pag.
322 C: (faaiv; p. 324 B; keyexdt; p. 327 A: keyexai
ydg xal dfiCföxiga; p. 328 B: Cfaoiv; p- 148 C: ke-
yexai; p. 349 B:"o(irw ntv xavxa nagaSeSoxai^ ye-
veodai; keyexai; p. 355 C: keyexai; D: oi ixev —
259
cfaoin, Ol Si — ; p. 360 C: iox6(jrjTai ; p. 3ii3 B:
Ol LUV ovruj (faoiv — oi öt — ; p. 390 D: /.lyerat;
p. 395 B: u><; t) (ft'}iii] keyet; p. 410 A: tjei ^t Ao-
• Da$s Zoiiaras in ilieseiii grossen AlisflinHio viele Quol-
len benutzt, »ie Heiiiiaruü ad Dion. praef. §. !;{ iiieint,
daran ist ^ar nirlit zu denken; das närp einem Zonaras
eine viel zu romplirirtc Sache genesen , er geht einfach
und gerade und liberlässt die gcknininiten und saueren
Wege Anderen. Wenn er p. 47 1 C sagt: rd lUV uiv
(ilxoi xoiti :it:iijayiilna Pio/uaiuii, ßißf.iov ti'Xo)v
Tiov näf.ai ravcu ioTOQijodfzcuv aoxuiu>i> diÖQujV
ey.tidtv ii;iili-(fn. y.LiTiTiiTuiirv , xid nj) oiy/^ctniiitTi
TOVTio iiitil£l'/.i'. , so sehe ich niclit ein, »aruni diess,
^ie Reiniarus »ill, fi'ir die Henutzung vieler Autoren
sprechen soll; es passt vollkonimen, auch wenn Znnaras
nnr ztrei benutzt. Lud in der That, die (juellon , aus
denen allein er den ganzen vorliegenden Absclniilf ent-
ooinnien, sind nur znei: Diu Cassius und Plutarch.
Namentlich ist nicht an eine Benutzung des l'id_vbiu8
und Appian zu denken ; denn obgleich Zonaras sie ritirt,
woraus eben Reiinariis seine ^'crninthung schöpfte , gu
«ind diess einerseits, «ie wir an den gehörigen Orten
nachge» iesen oder nachweisen «erden, Scheincitate, and
andererseits nennt er dieselben auch nicht einmal in un-
serem Abschnitte, »odurch allenfalls die Vermnlhung
hätte ein grösseres Gewicht bekon\nien können. Ueber-
diess spricht noch ein allgemeiner Grund, <len wir unten
in Betracht ziehen werden, durchaus fiih die Mchtbe-
nntznng des .Appian. Wenn aber Reiniarus glaubt, durch
die A\ orte p. (j: ix nu/j.oiv fiii-llADV rct^ IcjTUfjiaq
sgc'.viOd luvo^ seine Itleinung bekr.'lftigen zu können, so
weiss ich vollends kaum, «vas ich dazu sagen soll. Spricht
denn Zonaras an dieser Stelle nicht g.inz klar und deut-
lich von seinem gesammten Werke? Keineswegs bloss
»on dem in Rede stehendeu .Abschnitt. Das Ttdt.Kuiv
darf nicht aus seiner Beziehung herausgerissen und dann
willkiirliih gefolgert werden. An jener Stelle ist es
alleriliiigs begründet: denn im Ganzen mag Znnaras doch
ein Dntzeud Bücher gebraucht haben, was einem Litera-
ten seines Gelichters schon viel däiichte; p. 471 aber,
wo er nur von unserem Abschnitte redet, li.it er sich
wohl gehütet, einen solchen .Ausdruck zu behaupten, und
sagt nur g.inz unbe>tiinmt und vorsichtig: /jV/y/.r'ji' ziyviv.
Um iliess aber sagen zu dürfen, braucht er, diess sieht
Jeder ein, nur zHei Werke benutzt zu haben, zumal da
der .Aiiiilruck auch die einzelnen Abtheilungen eines und
desselben AVerkes bezeichnen kann. Ich darf es dreist
aossprechen, oline die uiierniessliclien ^'erdiensfe Rciiiiar's
schmälern zu «ollen, dass tlerselbe diesen Punkt sicher
nicht mit vo'der Einsicht behandelt hat; ja, ich tliiie es
nothgedrungen , damit der grosse Name des Behaupten-
den iiidit eiii.-r irrdiümlichen Behauptung ^'orschiib leiste.
\>ir H.illen iHiii die Lntersuchung an die beiden ge-
nannten Qucljen, l)jo und Plutarch, anknüpfen.
I. Dio. Da diejenigen seiner Bnilier, «eiche mit
den vorliegenden des Zonaras gleichen Inhalts waren,
verloren sind, und der Letztere ihn nicht ein einzigmal
citirt: s» könnte die Sache bedenklich scheinen. Allein
ein indirectes Verfahren hilft aus; nämlich dio >'crglei-
260
rhnng mit den hier und dort erhaltenen Ueberresten des
Dio. Das Resultat, welches wir vorannehmen, ist: Bei
weitem ilie meisten Kragmente finden sich im Zonaras
wörtlich »ieder und gehen gleichsam in ihn auf. Es
mag genügen, einige Beispiele auszuführen und auf die
übrigen zu verweisen.
Zon. VII. p. 32Ö B: Tiß Se yap nkuvraj x^uifie-
pog (seil. Tarquinius) dcft/deoTt(jov, aiveoii IS '/.ai
du)v ly.Eivov iniifjornicv y.ai riji ßaot/.ii'ag ncTti-
ariVTO. zz Dion. fragm. ex Collect. Const. Porphyr, in
Exrerpt. Peir^sc. p. 570, fr. '22 ap. Reim, ort TaQyj-
v((>i nkuvTo) y.ai ovvtaet , y.ai tvxQantkia nokKrj
ncvraxoit y.ara yiugov xpc^l'^foc, uvraj^ tuv Mdp-
xtüu diti)if/.tv, u)Oi£ xai ig zovq eünaxfiidaq y.ai
ig Tijv ßovkijv vn aviou y.uTaXax^iivcut argunjyog
T£ nukkdyig änodeix^ijvat , xae jijp iuiiooneiav
tÜ)v naidoiv avxuv xal rrg ßaaiXtiug iiiOTSviHjvai.
— Zon. p. 3'i'J C : inei 6i lüg rvfjavvtjaiuv nage-
oytid.oaxo, Tuvg dt'faxandrovg xojv ßovKevriSv y.ai
xiiiv dif.viv ai'kkafiljuvojv ixxivvvev, oig fJhv ahiav
eiXiv inevtyxsrv-i (pavcf/uig dvuiQuiv, ovg öe kd^ga,
Eviuvi; de ye y.ai vneonigiCev y. r. k. =■ Dio Exe.
Peir. p. 5T3, fr. 23 ap. Reim. OTi 6 Tagy.i'vcog, STiei
ixuiüjg utq xai dy.üvxojv Tugaw/jaotv nagsoxeva-
oc'.xo , Toig övvaxiüiaiovq ngujxuv jinv zdiv ßov-
kcvTÜjv, meira y.ai tiov dki oiv oi'Akaiißdvujv , Tlok-
Kovg fiev (favigojg, olg ye aixiav xivd {i'-igeuij
iiucvsyxeiv iöoparo, nokkovg de xai kddga anex-
jivvve, y.airivag vnegu'}gii^ev y.x.X. Dio selbst schöpfte
aus Livins I. 49 und Dioiiysius" Hai. IV. 42.
Damit jeder Forscher sich überzeuge, dass ich nicht
aus einigen Uebereinstinimiiiigeii urtheile, führe ich noch
folgende Stellen zur ^'ergleichung an :
Zon VII. p. 332 D— 333 B = Dio Peir. p.57(i fr. 24ap. Reim
„ „ p. .34.0 D— 346 A =: „ „ p.578fr.27
„ „ p. 364 B
„ „ p. 355 B
„ „ p. 36 J D
„ VIII. p. 367 C
„ „ p. 368 A
„ „ p. 368 B.
„ „ p. 369 A
„ „ p. 373 C
„ „ p. 379 B
C
fin.
IX
38' B
380 C
391 A
394 B
40(1 D
4U2 C.
403 B
4U6 B
415 B.
421 A.
421 B
fr. 28
Dio ürsin. fr. 141
» fr. 143
„ Peir. fr. 36
„ Ursiu. fr. 144
,, fr. 145
fr. 39
fr. 146
fr. 147
fr. 9
fr. 43
fr. 148
fr.
fr.
Peir.
Ursin.
Vales.
Peir.
Ursin.
D . =
Peir.
Ursin.
Vales.
149
45
fr. 151
fr. 12
p. 427 B
= „ Peir.
Vale».
6
48
50
54
lö
261
262
Zon. IX.
p. 428 C
=
Dio Peir, fr.
56 ap. Reim.
p. 4H0 B. C. D
zzz
„ fr. 68 sq. „ „
p. 435 B
=
Vales, fr.
17 „ „
p. 435 D
z=.
„ fr.
18 „ -„
p. 435 D. 436 A
1=
Peir. fr.
60 „ „
p. 436 B
■HZ
„ fr.
61 „ „
p. 43,S C
:zr
„ fr.
65 „ „
p. 439 C. D
=:
,, fr.
66 „ „
p. 44(i D
—
Ursiii. fr.
157 „ „
p. 451 A. B
—
Peir. fr.
68 „ „
p. 452 D
■=z
„ fr.
6't „ „
p. 454 B
■^z
„ fr.
:o ., „
p. 457. B
■ —
„ fr.
73 „ „
p. 458 D. 459 A
=
„ fr,
74 „ „
p. 460 B
=
„ fr.
7() „ „
p. 4HG C. D
r::
Ursin. fr. Kil sq. „ ,,
p. 464 D
—
Peir. fr.
77 „ „
p. 470 B
=
ürsin, fr.
lh5 „ „
Die Entdeckungen neuerer Zeit dienen nur dazu, im
Zon. immer mehr den Di<> zu entln'ilien und, «o bisher
-nur Vermuthunf, wenn anrh zuversiclitliciie , statthaben
konnte, die rollkoninienste (ienissheit zu srhalFeii ; man
vergleiche nur Mai's ^ov. Coli. II. p. 139 — l9'i mit
Zon. p. 324 — 817 C fin. Fast jede Seite liefert schla-
gende Beweise, welche der gelelirte Italiener nicht un-
beachtet lässt. Z. B, p. 139 VI cl. Zon. 3-'4 C ; pag.
143 sq. XII cl. Zon. p. 3 11 B. C; p. 144 sq. XIIl cl.
Zon. p." 339 C— 340 C med.; p. 146 XIV cl. Zon.
p. 340 C. .341 D; p. 147 XV cl. Zon. p. 34J D; p. 148
XVI cl. Zon. p. .343 C med.; p. -148 sqq. XVII. XVIII
cl. Zon. p. 143 C med. — U4 B ; p. löO XVIIII tl.
Zon. p. 344 B; p. lö'» XXVII e.l. Zon. p. 35) C; p.
1()5 XL cl. Zon. p. 31.(1 A; p. 1()S XLIIII cl. Zon.
p. 3i.8 B; p. 17t sq. XLVIII sq. cl. Zon. p. 372 A.C. D
und so fort. In der .Sammlung iles Planudes und dem
florileg. vatican.-s. besonders ebendaselbst p. 52^, 631, .533
cl. Zon. p. 300 D — ,3(il B. So sehen wir die Intervallen
in unserer obigen Vergleichung mit den in den Ausgaben
des Dio vorhandenen Fragmenten sich nach und nach
füllen.
Hierzu kommt nun aber noch: Wenn man den Zo-
uaras in diesen Abschnitten mit Livius und Dionysius von
Halikarnass vergleicht, so findet man eine ungemeine und
fast durchgehende Aehiiliciikeit in den Angaben, minder
in den AVorten. Die Sache steht augenscheinlich so :
Dio wählte in den ersten Theilen seiner Geschichte jene
beiden Historiker zu seinen vornehmsten Geuährsmän-
nern *), schmolz aber deren Worte mn und setzte aus
Beiden zusammen, ivic man aus der zweiten oben aus-
führlich gegebenen Stelle ersehen kann; Zonaras andrer-
seits schrieb nun den Dio aus; dalier kommt es, dass er
mit den Fragmenten desselben icörtlich 'ibereinstinimt,
wo diese uns aber verlassen, wenigstens häufig mit den
thaisächlichen Angaben jener beiden Autoren. Auf diese
Weise werden die Aehnlichkciteu mit ihnen ein neuer
•) Einen Bcitras zu der Bewcisliihrung-, dass Dio- den Dio-
nysius iieniilzt, gibt unler anderen neueren Enlileck linken
das Fragment IV dos Dio in Be^kcr's An.-cd. I, p. 1.S3, S
cl. Dionya. V, 34. S. Niebuhr R. G. I. p. 010 n. l;'l9.
Beweis, dass" Zonaras bei weitem mehr noch den Dio
benutzte, als wir durch blosse Confrontation darzuthun
im Stande üind. Ganz so «ie in jener zweiten niitiretheil-
ten Stelle (p. 3?il B. C) zeigt Zonaras öfters eine Ver-
schmelzung der Angalien des Livius und Dion\sius und
wie jene sich als dem Dio angehürig ergab, so werden
wir auch alle ähnliche als sein Eigenthum erkennen
müssen.^ An ein Zurückgehen des Zonaras selbst auf
jene beiden Si hrif(.sfeiler ist <i.ibei nie zu denken. So
ist nun auch sicher das Citat des Ilerodot über den Mi-
lesischen Thrasybul bei Gelegenheit der Verfahrungsweise
des Sextus Tarquinins gegen Gabii (p. 33(|t D), aus Dio
entlehnt. Livius I. ,')4 macht jene Vergleichung mit Thra-
sjbul gar nicht, und bei Dionysius IV. ,^(i ist sie zwar
vorhanden, aber Ilerodot nicht genannt. Dio, eben ana
Beiden schöpfend, setzte gewiss auch die Quelle hinzu,
aus der Dionysius die jiarallele Thatsachc entnahm ♦).
Zudem hat Zonaras augenscheinlich keinen römischen
Schriftsteller benutzt; einerseits citirt er keinen einzigen,
und dann führt uns auch liie Untersuchung selbst da
jederzeit auf griechische Quellen, wo er römische hätte
zu Rafhc zielien können und müssen, wofern er irgend
auf Bedeutung Anspruch machen wollte; so in der Kai-
sergeschiclite. üeberhaupt lässt es sich mit Grund vor-
aussetzen, dass er das Lateinische gar nicht verstanden.
Auch den Dionysius citirt er nirgends , während er den
Dio sonst gar häufig, nur nicht in diesen Abschnitten,
erwähnt. Ueberdiess ergibt sicli die IVichtbeniitzung des
Er.steren ans solchen Stellen, wo derselbe mit I>io gerade
im Widerspruch steht und Zonaras dennoch des Letzte-
ren Angabe und Worte fiat. Dionysius sagt z. B. IV. 42
von Tarquinius; ,, Nachdem er den besten Theil des
Senates durch Hinrichtung oder ewiges Exil bei Seite
geschafft, schuf er seiist einen anderen Senat und setzte
seine Freunde in die H'ürde der Ausgetretenen ein.'-"
Dio dagegen, die Angabe des Livius I. 49: Patrum prae-
cipue nunieru imminuto, statuit nullos in Patres legere
vorziehend, sagt (fr. 23, 2): XöX tovtov to y.()driOTOv
TJ'jq, ßuu'kfjq, xai Tijq^ tnndSog änavü},uioev oüd
dvTiy.adioxT] to Ttaoänav eg avTovi dvTi tÜjv äuoK-
vfuvaii' ovdiva. /uoBio9ai ts ydo vito TravTog rov
ijfiov iniazEVE, y.ai zd zekij h.eiva dodevlazara
iv. zi^i 6kiyuvS()(unlai; notijaui LTiedif-iei. xai zijv ye
yEonvaiav xae xazaXvaat TiavzeXojg i:i£isi()rjGev.
Wer erkennt nun nicht ein Excerpt aus dem Dio in den
AVorten des Zonaras p. 32- D: y.ai oi'zuj zo yodziazop
T)jg ßoL'/Sji y.ai zijg iTiTidöoq dvdXtjjne, fuoeiadai zt
vTio nuvzoq zov ö/jfiov iniazeve. zJiu ovdt dvzty.a-
itiazij TO TtaQUTio.v dvzi zuiv ditokhvfitpuiv zivdq,
dkXd y.ai zi]v yc^ovaiav xazaXvaai iia.vzekü)<; iiti-
X£iQi]aa<;, ovcp. dvzstatjytv f? aijz>}v ovdeva jc. r. ^.?
II. Plutarch — als zweite Quelle des siebenten ,
achten und neunten Buches. Zonaras citirt ihn einmal,
IX p. 459 B: 6 i)£ ntMvzuQXoi dx9i]vai Kiyti zöv
Ilsgoea TiQoi; zov Aiidktov ,. ndvirj d.zi-
libTazOV. Dass dioss Zeugniss direct aus Plutarch
(Aemil. c. 26 ed. Reiske T. II) entlehnt ist, wird durch
*) D.iss Hie röiniscbe Anekdole ans der giiecbiscbcn ent-
sprang, ist längst crkanni, s. ^leb^lhr I, p. 290 ed. 3.
26;
264
«lie Wortiibereinstinimanj lie« lesen: wäre es aus Dio
gestohlen, so »iiirde <lio Oirtioii viel freier sein. Ge-
liraucht hat derselbe siilier den Pliitarch, allein eben
ein furax und plagiarins »lar eriiirhf, und die Pliitarchi-
schea Lappen veruerfe ich jiiit Kciniar (ail Diüu. pracf.
§. 12—14) als ein FlirliHerk der librarii.
Aber tcie gebraucht Zonaras den Plutarch ? — Seine
Grundlage ist olTenbar Dio; nach ihm bearbeitet er den
Zug der Ereignisse; sowie er aber zu der Wirksamkeit
einer berühmten Individualität gelangt, deren Lebensbe-
schreibung im Plutarch enthalten ist, so benutzt er die-
selbe, wofern sie sich in seinen Händen befiiulet , um
die Dionischen Umrisse zu fiillen. Auf dieselbe lienier-
knng ward ^'alesius geführt (ad Exe. Pcir. p. Ö7'S ed.
Reim. fr. 'J8) : Solef Zonaras, ubi in alii^nam liistoriam
incurrit, quae a Plutarcho rcfertur, relicto Dione, Plu-
tarch! scrinia compilare. Plutarch dient ihm gleichsam
zur Ausstopfung.
Nähere Beleuchtung.
Gleich den Romulus linde ich stark beniitit: denn
dass an keine mittelbare Entlehnung aus Dio zu denken
ist, versteht sicih von selbst, da sieh nirgends in den
Ueberblcibseln seines Werkes der Charakter einer so jäm-
merlichen Abschreiberei kund gibt. Gleich die Erzäh-
lung des Zonaras p. 3(4 A. B. C: Tuu '.iiioi'kioi' roi-
vvv ibia (fvKai covxa lautet bei Plutarch.
Rom. c. 3' 4 fast ganz ebenso: ' Anovkiov öi: vcluav-
TOJ Cfv'La.TTOVTa. Dionysius H. L '7ö sqq.
erzählt die .Sache zum Theil anders, mit anderen AVor-
ten und bei «eitern detaillirter. — Fälirt man nun von
dem angegebenen Punkte mit der Vergleichuiig fort, so
stiiäst man «ehr häufig auf Plutarrhisches Eigenthum,
wobei der Pomp der Ausdrücke: tOTOooiOl , ffC.ai u. s. w.
wieder in ^Nichts zerfallt. Die Benutzung des Rumulns
zieht sich durch von p. 314 b's p. 320 D. Ich mache
nur noch auf einige Ueberciustimmungen aufmerksam:
Zon. p. 314 D: ytvoiiiviji — uoi{jav = Plut. Rom. 7.
„ p. 315 B: 6 ö'e 0aLaTuv}.og — negiy.afvTrcuv
= Plut. Rom. 8.
5» p- 316 C: y.Tiodeioiji — u'jvouaaev
= Plut. Rom 13.
11 p. 316 D: k/.axbv — 7t^oai]yÖQtvov
= Plut. Rom. 13.
M p. 320 A: Ol ulv 011/ TTo'f.koi — iiteoyJ.iT: iv
= Plut. Rom. 21 sq.
(Z : i:t7tioiv. Fl. : 7raTor/.iv>v)
« P- 320 C: TuvTijv de rtjv enojvniiäjv (fccol —
KvQivov = Plut. Rom. 29.
„ ibid. Kiyerai — dffuviodijvat
= Plut. Rom. 20 cxtr.
Den Numa benutzt er von p. 3J0 — p. 323 B. s. z. B.
Zon. p. 320^ D : ßaaihevio^ai — aioc&^vai top
a.<)/iovxa = Plut. Num. 2.
1» P- 321 A: (lEXEoinov — yivuucvov
= Plut. Kum. 2 fin.
(Dionysias 11. 57 erzählt die .Sache anders, und
wieder anders Livius I. 17. Beider Angaben
nahm sicher Dio auf, den Zonaras, wenn gleich
dem Plutarch nachstellend, doch fortwährend zur
Hand hatte; desshalb fügt er, nachdem er auch
liier einzig und allein den Plutarch ausgeschrie-
ben, die Worte hinzu: oiSa fUV ovv y.ui } x £ Q ä
riva TCEol rijs xoiavxiji c/oij/iiva ccqxvS^
äkk' ai'Tui xüj 71 ti} av (ox i (> ut iSe/njv. —
Man hüte sich übrigens, der lateinischen Ueber-
setzung 'von Hieronvinus Wolf, welche auch Dtt
Gange neben den Text gesetzt, zu trauen. Ganze
Sätze des Zonaras sind ausgelassen und andere
dagegen aus dem Lirius eingeschoben , — ein
entschieden tadelnswerthes Verfahren, wie apo-
diktisch auch Wolf es vertlicidigt : Qu! , sagt er
in der Praef. , interpretem hujusmodi salebras
sine ullo sententiae detrimento vitantcm, vel ne-
gligentiac, vel malae fidei accusant : suam vel
inscitiam et judicii inopiam , vel morbum animi
et nulla de causa maledicendi libidineni produnt).
Zon. p. 32-' ü : ifjyexac — äoid^tüv = Plut. Num. 18.
(Diese Stelle hat eine besondere Wichtigkeit, in-
sofern sie Dinge enthält, die nicht zur Sache
gehören und deren Zusammenstellung subjectir
ist, dennoch aber, Geringfügigkeiten abgerech-
net, wörtliche Uebereinstimmung bietet).
Zon. p. 323 B: &vyaxt()a — ÜTio^tutcuvüf^iavoi
= Plut. Num. 21 fin.
Von Tullus Hostilius bis auf Publicola" verlässt ihn
Plutarch; desshalb folgt er von p. 323 B — p. 336 B
dem Dio. Wir haben die Uebereinstimmung dieses Ab-
schnittes mit den Fragmenten des Letzteren oben darge-
than. Nur Einiges scheint im Voraus aus dem Plutarch .
herübcrgenommen oder später nachgetragen z. B. p. 325
D cl. Plut. Public. 17.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Rom. In Tosc.indla h.it man eine grosse Grabkainmer
mit 20 bis 30 Sarkophagen sorgfältiger Arbeit aufgefunden ; auf
einem ilersclbcn soll der Untergang der Niobitlcn dargestellt
sein. In Ccrveteri sind GoUsachen , nnler Anderem schöne
Halsbinden, /.nm Vorscbein gekommen, uml vor den Mauern
von Rom, zwischen Porta San Lorcnzo und Porta Pia, hat der
spanische Bankier, Graf Lozzano, in der Vigna Argoli eine
unvcrseliric Grabkanimcr mit drei Sarkophagen aufgefunden ,
von denen der eine die Orcstcide , der andere den Untergang
der Niobiden und rin dritter mehrere ornamentale Gegenstande
daislrlll. Die beiilcn ersterwähnten Sarkophign liefern reich-
halligc überraschende Details und ziehen die Aufmerksamkeit
der Kunstfreunde und Allerthnnisforsclier besonders auf sich.
Leipzig. Als ein für deutsche Literatur und Wissen-
schaft sehr zeitgomasses Unternehmen erwähnen wir der Pracht-
ausgabe von Cicero's s ininitlichcn Werken in dcntscben Ucber-
tragnngen, unter Mitwirknng von Strombeck, Jakobs,
Droysen, Znnipl, \Ve sie r nia p n u. A. , herausgegeben von
D. Rcinliold Klol,z, worüber der Verleger, Carl Focke, di«
Subscriptionsanzcigc erlassen hat.
Zeitschrift
f ii r die
Altert hu ms wissen Schaft.
Mittwoch, 20. 3Iärz
18 39.
Nr. 34.
1'
Kch
I
IJctjer die Ouollen des Zonaras.
(För <s et zu njj.)
Von p. 3:^6 C — p. .i.37 C bildet der Puölicola die
(rrniiHlaffe ; vergl. p.^SiüC: OVCO^ oi'V f^iovoq — ü(fifjy.S
ciji dljfif/) mit Pliit. Public^, U\
p. 337 A: -^ hnavTOV mit Plut. Public. 12.
„ „ B: ))v 8' iv ^ußivoi<; — /.axiKuCiv mit Plut.
Public. 2!.
(Hier eine Probe von der Kunst des Zonaras!
PliitarcU sagt: ocoficuog pf-'V'?/ S7i icpuvi) 'i,
koyoo 8eti>(jTljTl TVqujtsvojv; Zonaras lässt
nur die beiden Epitheta ilire Platze wechseln),
ji. 337 t' : yai tov äij^iuv — i(fi ökov ivuwiüv mit
PI. Pub!, y j.
Von Publifola's Tode bis auf Camillus (p. 337 D —
3Ö2 A) ist nur Die die Quelle; denn auch der Ab-
<t p. 342 C — p. 344 B , der des Coriolan C(e-
srliichte enthält, zeijft nicht nur keine Wortähiilirhkeit
mit Plutarchs Coriolanus, sondern sogfar in der Sache
selbst viele iModilicatiunen und Abweichungen. Viel-
leicht fehlte in dem unvollständigen Manuscripte, das
Zunuras vor sich hatte, auch diese vita, so dass er auf
Dio sich beschränken musste. Hierher gehörige Ucber-
einstimmungcn siehe oben. Nur ein Beispiel von Ge-
dankenlosigkeit! Während er p. 337 A den Marcus Va-
lerius einen Bruder iles Publicola genannt nach Plutarch,
nennt er ihn jetzt p. 339 A nach Dio einen Gentilen
desselben. Mit Recht klagt ihn hierüber iXiebuhr an
(T. 1. p. 599. n. 1197 ed. 3). Wenn Zonaras mit der
nvyytvtia eine falsche Vorstellung verknüpfte, so mochte
nach seinem Sinne zwar der Widerspruch nicht vorhan-
den sein; allein dann ist es Unwissenheit.
Von der ersten Dictatur des C'amillus bis auf dessen
Tod (p. 3ä2 A — p. 360 C) zieht er beide Autoren Heis-
sig zu Rathe. J>lit dem Dio verglichen wir ihn schon;
die Benutzung von Plutarch's Camillus bezeugen unter
anderen folgende Stellen:
p. 3.52 ß: äkoi'aiji; 8e r;J? Ttökewi — TeXevTiJaat :=
PInt. Camill. 5 fin.
(Dahingestellt lasse ich, ob die gleich hierauf fol-
gende Abschweifung über den römischen Triumph,
bis p. 354 A, ans Dio geflossen , oder ein selbst-
ständiger Zusatz sei),
p. 354 A: ö Ti^og 0akioxov(; — ävexujpioev z^ V\ui.
1. 0. 9. 10. ' '
Diese Stelle gibt ein interessantes Beispiel, wie Zo-
naras die Angaben beider (Jui-Uen änsserlich mit einan-
der verwebt. Leider ist das Fragment des Dio (L'8 ap.
Reim.) nicht ausgedehnt genug, um das Ganze zu über-
sehen und den Zonaras bis in dii- geringsten Einzelhei-
ten zu controiiren: indessen gibt die Vergleichnng mit
dem VoTliandeiien einen partiellen Beleg für die Behaup-
tung, dass Alles, was in den hier besprochenen Ab-
schnitten nicht ans Plutarch ist, dem Dio angehöre.
Zergliedern wir die Stelle: 'O TTQog (DoXia/.ovq Uot.e-
jHo; (Worte des Plutarch) jjvüyxai^e xi^^iaoxov '/'/;-
(fiad^ijvat aVTüV (aus Plut. zusammengezogen, oder au»
Dio) y.al aviovq jilv iviv.ijoav ftaxeodutvot (muth-
niasslich aus dem nicht vorliandenen Theil der Erzählung
bei Dio). IloXiopy.ovvT£<; de nökiv avrujv ^ovfxvijv,
0ak£oioi>g uJvoiiarjf.tevi]v (aus Plut.), ov8ev iji'vov
(vielleicht Worte des Dio oder auch eigenes durch die
Saihe selbst bedingtes Einschiebsel). OvTUj yo.Q Tljz
TiokioQy.ics Ol r;/5 iiüksuji; -/.aTE(f'QÜvovv (aus Plut.),
oj; y.cu Tovi naidaq a'rujv na.ou tu Teiyj] imQiTa-
T)j(jovTai ueta Tov diöao/.äkov y.ai "/L'f-ivaoousi'ov^
(füiTclv (aus Plut.). Kdv ÜTiEaTranv ri/g itolioQ/.iaii
(sicher nach Diu, selbst wenn die Worte des Fragmen-
tes: TCU'TT] n(joo/.uih'jnEvoi. öieiQißijaav echt und
nicht vielmehr als Uebergangsworte des Excerpators zu
betrachten sind), £1 /-iijri avußithp.Ev (aus Dio). Ov-
Toi juo 6 öiSuOy.cikoi; ini iovkei'ojv roiq Ttokna/q
(aus Plut.), }'j d/'ögyijv Ttva i'j xipSovg sknidi (wört-
lich aus Dio), j'jfxeoag £yuaT>j<; etTjys tovi; iiaiöai^
£711 t6 TElxoq, iyyvi; ro itouiiov, xat EiiJjyEv ai9/<;
aiiTOvq yvf.ivaaaߣVOvg £i'9-ri (wörtlich aus Plutarch).
T£kog de £ii Toog UQüCpikayog tujv Pvjuaiaiv £ve-
ßak£v aTcavTag, y.ai äy£iv exekEvos TTgog to" , "Z
liikkov (wörtlich ,aus Plut.). Kai TTapciOTUj aVTO»
(nach Plut.) nddav £i7I£ naoadidpvai rfjv nokiv dm
TUJV nuidtüv (wörtlich aus Dio). '£y£ivoq de Ö£lvov
To £Qyov 7)yijadft£i/og (aus Plut.) y.ai doSTTJ cpijoag
iöia lov f^ieyav OTQUTijyuv , atX ovx dkkoToia ya-
yiä QaQÖouvra XQijviu OT(iUTEv£iv (aus Plut.), 7rpo£-
ixa^a yv^vaj&ijuctt /iih rov SiSday.akov, y.ai 8£0inJ-
oai rag yf/'p«S uui^sv (ans Plut. und Dio), TOii Se
xaiai Qdßöoi'i SoPvat yai fidarr/ag, ivu xavraiQ,
TOV TTQodÖTt^v dijauvreq yai TUTtTOvreq, £/g Tt]v no-
kiv ikavvojot (aus Plut.). Tujv Se TTokixuiv di^xi
yvovTojv xijv ngoöooiav, ÖQOf^og i]v eni t« xei'/i^ ,
y.ai &Qi]voc, dvÖQVJv te yai yvvar/.ujv (ans Plutarch).
267
368
OiTci Se Stav.snuvüiv avTiov (cipfoiip WpikIiiiii;, d.-i-
iliirdi bediiiff, ilass er vorher ciii tciiipiLs ruiitiiin anstatt
lies Pliilarrliisrlicu Gciiif. alis()I. gesetzt) n onil'^yuv Ol
7luiÖ£i yiiiiov TOP diSüo/.a) ov (aus l'lut.) , u7l6Q
idoi'TfS ol (JialJoy.oi , v.ai nudoiTti; u:ivis iytvcTO,
^sgoiTcg Srtfror^ iUekovrai tv) I\ctiitiX}jj) nuoeöo-
aav (exr. ans Plut. und Dio), r)^v i^ttuv dyani~oat
n'Qu Tiji i/ci i^Eoiii^ <)iä jijv rir/.uiuoii rv uiTor ki-
yoiTf," (aus Pliit. , die Bezieliiing der Rede vielleicht
nirht ohne Riirksiclit auf üio inodificircnd). Ä^rji^uaia
Ol V /.U:jv)i> , y.ai oicioäiicvoi, dvSX'^joroiv (ans Flut.,
für OTlEtac'.itCio; liat dieser (f/'/Jup ihluivo^). — An
anderen Orten sind i'ibrigcns die Angaben und AVorto
beider Quellen so in einander gearbeitet, dass man sie
nicht mehr gehörig zu scheiilen vermag. — AVcitcr:
Zun. !>. 355 A: ol öt Eioui'iiaioi Fakdrcu — dia-
0100)01 = Plut. 1. c. 15.^
„ p. oö.j B: y.ai TTpog — ei:ediSovTo ist «icdcr
aus Plut. 1. c. 17 lind aus Dio fr. 141 ziisani-
niengesetxt, doch nimmt, wie oben, jener den
ersten Hang ein.
Vom Tode des Caniillus bis auf die Eroberung Co-
rinth's und Carthago's oder bis zum Ende des nennten
Buches (p. 360 C — p. 471 C) erscheint Dio als die aus-
schliessliche Quelle; denn meine Muthmassung, Zonaras
werde über den Tarentinischen Krieg (p. 36815 — 378 D)
den Pi/rrhus des Plutarch, über «len zweiten Punischcn
( p. 405 C — p. 443 D ) dessen Ftibius Mnximus und
yiarcellus , über den Rlacedonischen , über Cato und Na-
bi^ (p. 443 D — p. 44') B), dessen Flnmininus und Cato
major., endlich über den Krieg mit Perseus (p. 455 D
— p- 460 B) , dessen I'aului Aemilius zu Grunde gelegt
}iaben, fand ich bei der %'ergleicliung nicht bestätigt.
Es ist dasselbe l'erh.'iltiiiss , wie beim Coriolan ; die gc-
wühnlichc A>'or(ahnlichkeit fehlt, und nicht nur der
ganze Guss, sondern auch thoils die vielen Abivcichnn-
gen und selbst Gegensätzlichkeiten in der Erzahlungs-
weise, thells die Verschiedenheiten in der .Anordnung
der Thatsachen bezeugen einen anderen Ursprung. Unter
die .Abweichungen gehört auch in Bezug auf den Fabius
3Iii.rinius , dass Ziinaras den magister ecjuituni durchweg
nur Ruins benennt, nach Dio's Vorgange, währeinl um-
gekehrt Plutarch durchweg ^linutius sagt ; in Bezug auf
den Miircellits sehe man z. B. die Abweichung p. 4'>.') D
t-I. Plut. I. <-. t>). Dass der Paiiliia Aemilius des Plu-
tarch durchgängig benutzt sei, li;ilte wohl einen .Schein
für sich ; denn Ztinaras citirt ihn gerade in dem betref-
fenden Abschnitte, wie wir oben i;ahen , und tlieilt des-
sen AVorte mit (p. 4ö9 B d. Plut. I. c. 'J6). Allein bei
einem Autor wie Zonaras, der factisch und grunds.'ifzlich
seine Quellen wörtlich ausschreibt, ist Nichtübereinstim-
mung der Wr>rte schon ein hinb'inglicher Beweis der
Nichtbenutzung; und nun macht eben hiervon die ann-e-
zngene Stelle die einzige Ausnahme. Dagegen zeugen
Inr den Dionischen Ursprung aller sonstigen Theile die-
ses grossen Abschnitte« die nachgewiesenen vielen und
anffallendcn l f.bereinstimmungen mit dessen Fragmenten.
Es könnte daher Belb,t der Verdacht entstehen, jenes
Citat sei ans Dio enllehnt , was an unil für sich um so
weniger uuHahrsckciultch wäre, als Dio den von ihm
vielfach benutzten Plutarch mehr als einmal namentlich
anzog, wie wir diess aus den unzweifelhaft echten Frag-
menten 38 und 133 ersehen. Doch ist einerseits dio
Ucbercinstimmung mit Plutarch zu genau und verräth
eben mehr die strenge Manier des Zonaras, als die freiere
Behandlungsweise des Dio, der, wie jene Fragmente dar»
thun , selbst da, wo die Nennung des Namens ihm ein
Recht zur AVörtlicIikeit gibt, seine Quelle nur matt durch
die umgewandelte Diction hindurc hschimuiern lässt (cf.
Reim, praef. JJ. 13); überdiess aber, sind gleich ilie dem
Citate zunächst vorangehenden und folgenden Stellen
sicher aus dem Dio gezogen , so scheint doch das hier-
hergehörige, von fllai entdeckte Fragment Nov. Coli. II.
p. .546 zu beweisen, dass im Dio selbst jenes umfang-
reiche Citat nicht vorhanden gewesen sei. Steht also
auch im Uehrigen die Nichtbenutzung des Plutarchischeu
AemHius fest, so werden wir doch wohl glauben müssen,
dass Zonaras ihn um dieser vereinzelten Stelle willen
durchmustert habe. Immer aber bleibt es seltsam, dass
wir gerade da, wo er ihn namhaft macht, erst einen
l^erdacht gegen die ilirectc Benutzung zu überwinden
gcnöthigt sind, und dass dagegen dieselbe gerade da klar
am Tage liegt, wo er ihn nicht citirt.
Während also in dem vorhergehenden Abschnitte über
Camillus der Text von Plutarchischeii Phrasen wimmelt,
ist Alles, was man, jenen Punkt abgerechnet , in diesem
grösseren wahrnehmen dürfte, ein äusserst spärlicher und
schwacher Schimmer Plutarchischer Ueberliefcrnng, den
man eben als solchen auf Dio zurückzuführen nach ilcni
Gesagten nicht anstehen wird. So haben wir denn wie-
derum hier einen Beweis von des Zonaras Bücherniangel
oder von seiner Lässigkeit, und dürfen überzeugt sein,
dass auch der verlorene Scipio des Plutarch nicht in
seinen Händen oder wenigstens nicht unter seinen Quel-
len war. Zugleich aber gewinnt nun die ganze Darstel-
lung dieses Zeitraumes von CamiU's Tode bis auf Car-
thago's Fall eine grosse Bedeutung und Autorität als Er-
satz für die verlorenen Bücher des Dio, — ein sowohl
wörtliches, als umfangreiches Excerpt, 111 Foliospalten
füllend. Doch wollen wir damit den Falconeu nicht das
Wort reden ; denn ein Auszug aus einem Autor ist immer
noch nicht der Autor selbst. Unser Resultat aber ist
um so folgenreicher, je mehr wir in neuester Zeit über
Dio's (hicllen aufgeklart worden (s. Wilmans de fontib.
et auctor. Dionis Cassii. Berol. 1S3(>), über die auch
ich anderwärts Einiges beibringen werde.
Der Schluss des neunten Buches (p. 471 C. D) ent-
hält die Fortsetzung der in der Einleitung begonnenen
Elegie. Zonaras klagt , dass er die Zeiten von der Zer-
störung Corinth's bis auf die Kaisergeschichtc nicht er-
zählen könne. „Aber beschuldige mich Niemand, sagt
er, desshalb der Geringschätzung oder des Leichtsinns
oder des Ueberdrusses ; denn nicht freiwillig lasse ich
das Werk halbvollendet, sondern aus Mangel an Büchern,
die jene Zeiten umfassen. Ungeachtet meiner Forschun-
gen und Erkundigungen konnte ich sie nicht aushndig
machen, sei es, dass die Zeit sie zerstörte, oder das»
diejenigen, welche ich mit der Nachsuchung beauftragte,
da ich selbst v:cS(j(')rjlüq und fern von der Hauptstadt auf
einer kleineu Insel lebe, sich nicht gehörig darum bc-
26y
270
mühten a. s. iv, " Er Tccmlet sich iinii zur Raiserge-
schiclifc mit dem Versprochen: f^ir/.od Tiva TlooÖlfjyi;-
oa(jt}('./. Wir seilen als», dassZoiiaras nicht einmal s.'imnit-
liclie Volumina des Dio in H.'indeii liatfe, worans Rcimar
folgert: euin (seil. Uioncm), iit alibi , ita iu his tempo-
ril)iis, qnae a Lcllo Piinico ter<io ad Ponipejnm pertiii-
^unt, jani olim hiatiis ingentes habtiisse (pruef. ad Dion.
§. 14. ef. Du Canjje ad Zou. p. 9), — noch die auf die
ausgelassene Zeit bezüglichen Platarchisclien Biojjraphiecn
der Gracchen , des ftlarius, Sulla, Sertorius, Lncullus,
Crassus; woraus zugleich ersichtlich ist, dass er die vita
des Pyrrhus, als welche mit der des JVIarius eine Paral-
lele bildete, nicht benutzen konnte. Wiiiie nun aber Zo-
oaras bei dem rorbesprocheuen Abschnitte in der That
mehr Quellen (jehabt, als den Dio und Plufarch, «ie
lleimar p. XXI tv.'ihnt, etwa den Appian und Aehnlichc,
so wäre es doch wahrhaft seltsam, wenn sie insgesammt
liier dieselbe Lücke gehabt h<itten. Von Polvbius und
Dionysins kann diess Argnment freilich nicht gelten, da
ihre Werke überhaupt nicht über dcii dort behandelten
Zeitraum hinausreichten.
Die Quellen des zehnten Buches (p. 472 — 545 C).
Von der Ausbildung des Priucipafes bis auf den Tod
des Augustus.
Die Einleitung eröffnet ein durchaus wortgetreues
Excerpt (p. 472 — 491 D) aus dem Pompejus und dem
Caesar desPlutarcL, ohne dass die Quelle genannt wird.
Zur Uebersicht.
p. 472 A: vioq 81 — i^. 480 A: 9Qiäußotc,
aas Plut. Pomp. 1—46
p. 4S0 A: IiToSeiag — &dkaaaav „ „ „ 50
p. 480 B : xai u)V);to — /.araßi-
ßhjro ^ . . . . . ^„ „ ^ „ 46
(Znsatz: tva de ^iij Seg tu avtb. ioTog^jrat, ev ToTg
TTSQe Kaiaagog r« Xoinu roii Iloixnr/iov eigiioerai,
TTJ iKQi äy.eivov ovvei.titi7rTOVTa ioTogia).
p. 480 C: ois Tai'rijq^ inißij — i^. 485 D: eSiur/.e dl-
Tuv nofnri'fiov aus Plut Caes. 12 — 48.
p. 486 A: 6 öe Tilo/oD — p. 487 D: oi'tuj idv iy.ii-
devdlj ÜOflTT. aus Plut. Pomp. 73 — 80 med.
p. 487 D: oi> 7roXh,!j — idO A: KaiacQ eqn] xakst-
09ia ans Plut. Caes. 48 — 60 med.
(Zusatz : iki'ysTo 6e Kaiaao — oi t/.sivov änö-
yovoi).
p. 490 B: irooöiövTwv öi — p. 491 D: tov noKsuiov
Ilo^n. aus Plut. Caes. 60 — 66 fin.
Zusatz : p. 491 D : 6 jabv ovv tdioi — p. 492 C :
Beiläufig bemerke ich, dass bei einer Textrevision
der Plutarchischen vitae die Zuratheziehung des Zonaras,
die man bisher leider unterlassen, eine nicht zu verach-
tende Ausbeute gewähren würde. Dass Zonaras p. 474 B,
den Plutarch Pomp. c. 17 genau ausschreibend , Oppins
setzt, während wir bei dem Letzteren selbst Appius oder
Pius (HletcUus) lesen, gehört zu den Unbedeutenheiten.
Von p. 492 C — p. 505 D nimmt er ausschliesslich
den Dio vor, ohne es anzuzeigen; dann arbeitet er von
p. 505 D — p. 544 D anfanglich den Brutus und später
den Antonius des Plafarch in die Dionische Grundlage
hinein. Der Cato minor und der Cicero des Lctzleren
sind durchaus nicht gebraucht. Folgendes znr Leber-
sicht :
p. 492 C: y.ae 6 fitv oi'ro) 0(f('.ye/Q — p. 494 H: /o)}-
fj.axa aus Dio 44, 20 bis zu Ende des Buches.
Zonaras citirt zwar den Octavins p. 493 B : 0J5
fiin'üy.rd.ß/oi '/(jäcfst — w^ d'hegoi. Das ist
aber ebenfalls nur wörtlich aus der berühmten
und schwierigen Stelle des Dio 44, 35 entlehnt.
p. 494 B: 'O-ATÜßioi dh rätog—p. 5U5 D: yal a/la
iyivEio aus Dio 45, 1—47, 40. Gleich zn
Anfange dürfte für y.ai Iliag nach Dio Kcwiiag
gelesen werden.
p. 505 D: 'Ev öi Tij ßla.ycdovla — p. 506 A: diivüv
nach Dio 47, 40 fin. Jedoch sind einige Zu-
sätze herübergeholt aus Plut. Brut. c. 39. Man
sehe: iv öl' Ty ßlaycö. Ttcgi ru argaTuriedov
TOV Kaoolov jiiKioocti rs irokkal aviv ~i£-
Qitaxov, y.ai iv tio y.u9aoaiii) tuv OTC(fa.xov
(aus Dio) ai)T<o y.a.TsaxQaii^livov 6 ucißöou-
Xoq Ttgoqijveyy.E (aus Plut.), y.ui h noiniTJ tivi
naig JSi/jjv Cf.ioujv (ans Dio) '/gvoijv, üXtodt''
aag (ans Plut.) insas (aus Dio) n. s. w.
p. 506 A: Toi) de vcov Ko.iaagog—C: oxoTrug hob
Dio 47, 41. Nur der letzte Satz: ejli X6(fov
dpE-/^ujg)ja€v Ixovva rrgug ro nebiov o/.oTidi,
ist aus Plut. Brut. 43 hinzugefügt.
p. 506 C: i'7roro7i>;öas — p. 50S C: dni^avs ist theil«
aus Dio 47, 46 med. bis zu Ende des Buches,
theils aus Plut. Brut. 43 — 53. Hier citirt auch
endlich einmal Zonaras (p. 508 B) den Plutarch
(s. Brut. 51) und den Dio (s. 47, 49).
p. 508 C: 7V£Qt ijg — p. 509 A: rpavijvaL aus Plut.
Brut. 13. Zonaras citirt wieder: lOTÖoi^ot
UXovTC'.QXog.
P- 509 A : TW f^iiv ouv Bqovtio — noogidevio au.«
Dio 47, 49 fin.
p. 509 B: y.ai 6 filv Bgovroq— p. 528 D: dia/.et-
LUVOV aus Dio 48, 1—51, lO. Einiges ist aus
Plutarch's Antonius herübergcnonimen , z. B.
p. 512 D: refiecv, etnvjv, ei ßoikono to
TTQVuvi'^oiov, y.ai dnonkEPaai cl. PInt. Anton.
32; p. 527 C: ;; iy.ßuKovOij cl. Plat. 1. c. 74;
p. 528 A — D med. über den Tod des Autonins
ist ebenfalls nicht ganz nach Dio 51 , 10, son-
dern verändert und ergänzt nach Plut. J. c. 77-
78. 79. . _ ^ ^
p- 528 D med.: eig Se tijV KktoTTargav — p. 531 A:
ä:ley.Tetvev zusammengesetzt aus Plut. Anton.
79—88 init. und Dio 51, 11 — 15 fin. Zon.
citirt hier p. 530 A den Letzteren (s. 51, 14)-
p. 531 A: Kaiüag öe top — eysvovro aus Dio 51.
16 — 23. Nur die Angabe: nupeyo/.no9lJ —
ßga-/'ov/ ist nicht sowohl ans Dio 1. c. 21,
als vielmehr aus Plut. Anton. 87.
p. 531 C: y.ai 6 Kgdoooq — p. 544 D: (7Te/gd9tjf}av
aus Dio 51, 23 — 56, 45 med., wobei Znnara«
die Rede des Dio übergeht und nur eine kurze
Inbaltsanzeige gibt.
',>T1
27?
l'lut.irch's Biograpliieon der Kaiser sind, «vir cR
tiliriiit, i^sr nicht in soiiiru Iläiuleii •^cwcsun: liclleiclit
Haren sie schon damals bis auf Galbit und Otlio \orlo-
reii ; lipniifzt liat /?r diese Letzteren wenigstens nicht (s.
»eiter nnten); und dussello 1,'isst sicli auch ron dem Au-
^nstitit um so zuversichtlicher voraussetzen, als, anderer
Gniiide niclit zu gedenken, die «enigen üillerenzen zwi-
schen Zouaras und Dio meist selir geringfügig und leicht
orkl.'irbar sind; z. B. p. ä3'2 B : Ti}v Cidckcfijv avciO
(d. i. dem Agrippa) Tljv O/.raßlav ovv(;'y/.irit — ciu
31issverst;iiidniss, das er mit Xiphiliu theilt; Dio öoi l
sagt aösl.(fl!^)]v und meint die lllarcella. — p. ,')3 5 C:
t-v '') 0UVfJrai'/.(/; or/.et ; Lei Dio 53, t'5 lesen wir:
Rnmulus. Selbst dem genauen Reimar scheint diese Ab-
weichung entgangen zu sein; nach der Ann:vJinic des Al-
terthnms war übrigens Beides richtig, und da Zonaras
die (feschichte des Rnmuluj noch frisch im Gedächtniss
haben musste, so ist die Modificalion um so weniger auf-
fallend; ilennoch könnte mau auch an Corrupticn den-
ken. — Dio sagt 54, )0: vvy.Tcoo i^ ti^v noLtv i^s/.o-
luni^'^■ ; Zonaras p. ÖJÖ A setzt hinzu: 6 y.al Tiokkäy.ti
ijiuii'Oi, y.al einov rov daisu; y.ai e:i'aviujv , Iva
f^trdciü '^>yj-i]'>Ji £11'. Dieser Zusatz, der zwar im Dio
vorkommt, aber an einer anderen Stelle, scheint zu be-
weisen, dass Zonaras neben dem Dio hier auch den
Xiphilm zur Hand gehabt; denn in Jessen Auszüge fin-
den wir an dem nämlichen Orte dieselbe Phrase mit ge-
ringer Aenderuug (cf. Reim, ad Dion. 1. c). — Zonar.
p- öj7 A: t/xajv, hn iiij biu. ratirui yo/.ä^oivTO
(y uj/.ä^uiVTO ap. Du Gange) ävdouircoi — eine Er-
gänzung der Worte Dio's (64, 23 med.): y.oiiia^evra
Cvvxoii'iijvaL iry.ii-i I nsv. Die Anfangs von mir gehegte
Ansicht, dass Erweiterungen, wie sie diese und die mei-
sten der noch anzuführenden Stellen zeigen , aus Plu-
tarch's Augustus geflossen sein mocliteii, glaube ich nicht
hinlänglich begründen zu können und bin jetzt vielmehr
geneigt. Alles der heutigen Lückenhaftigkeit des Dio zur
Last zu legen. — p. ö37 C: y.ai ö /}(jovaoi y.a.'i oi
(jiju/.svTui Ttei^i/oei:; X'nova:, it.aliov , dijiiooiu to
7ltVx}ij^ TCoiijOavTC^. Diese Angabe dürfte ans einem
Missverständnisse bei Benutzung des Dio 54, 35 fin. her-
geleitet werden. — p. 531) A: /tfr« rof Tov Tr/oavov
ttavuTOV — findet sich nicht bei Dio 55, 9 med., ge-
hört aber wahrscheinlich, sowie das: T(J} S' ('.(fsin^
iTii — ijoDijOav UTlCvre^, einer Lücke an (s. Dio 55,
9 lin.). — p. 539 B: Tiöv .ioiiEviuiv Ök — 7tati vo- '
/JiCoucvoi — ein höchst bedeutender Zusatz; bei Die
55, 11 init. finden wir nur die Phrase: rov dl Ficiov
fSzukivrüi Ci; tov jiQog ylouiviov^ :i<j}.£/iov. Imles-
«cu nimmt auch hier Ileiniar eine Lücke an, oder .sieht
vielmehr in Dio's AVortcn dio Zusamnienziehuug eines
Abschreibers, was er durch ein, wie es scheint, liierlicr
gehöriges Fragment aas den Exe. Peir. zu erli.'irten sucht,
sowie durch den Umstand ,- dass alles A''orhcrgebeiido
and >achfolgendo beim Zonaras gauz wörtlich aus Dio
entlehnt ist. Dagegen liesse sich zwar cinii enden, <l.-iss
einerseits zwischen jeneni Fragmente um! der Stille de»
Zonaras nicht der leiseste Anklang herrscht, und dass
wir ja anch sonst liänfig die Bemerkung gemacht, nie
Zonaras eine Plnt.irchische Stelle zwischen zwei Dionischu
einschiebt; aliein jenes Fragment, Jiur wenige Zeilen
lang, könnte von dem excerpirenden Zonaras gerade über-
gangen sein, und Anzeichen für die Benutzung einer an-
derweitigen (Jiie)le in (liescm zuletzt angegebenen Ab-
schnitte über Augustns kommen eben, so wenige und
Hiissliclie Punkte abgerechnet, gar niclit vor. Dass aber
im 55. Buche des Dio und iu den folgenden überhaupt
viele Lücken und Zusamnienziehungen sind, kann durch-
aus nicht geläugnet werden; schon Xvlander (ad Dion.
p. 55li) hat CS dargethan, und- ich verweise uur auf Zan.
p. ö40 ß: TruQu öl Tui^ ßkujaiv tly.ooi b()a%nvjv <>
^iiv)v (fijoi TU -/ovrioiv a/Xaooeo&ai voiiioiif. -
als auf einen am meisten in die Augen fallenden Beleg ;
denn das Gesagte finden wir bei Dio 55, 12 nicht, wäh-
rend er im zunächst ^'orhergelienden völlig mit Zonara»
übereinstimmt. Es ist klar: das Exemplar, das Zonaras
Lenutztc, enthielt mehr als dio unsrigen ; und nicht nur
vom 55. Buche erst möchte ich diess gelten lassen, son-
dern auch schon vom 54.*) Die gleiche Bewandtuiss hat
es mit Zon. p. 539 D: ÜTieLSdiv — izüvoonjOag d.
Dion. 55, 11: övvifil] öl £v!}i'^ und vielen anderen
Stellen, worüber man den Rcimar consultiren mag, der
in dieser Beziehung mit seltener Genauigkeit verfährt.
Von p. 544 D : 'J:^v de toj — p. 545 C oder bis
zum Ende des Buches ist ein Zusatz über die Geburt
Christi ans Enseb. hist. ecci. I. 5- 9, «Icn er selbst ci-
tirt, im Vergleich mit dem, was er p. 543 C über dio
Regierungsdauer des Augustus nach Dio gesagt, welchen
er durch die AVorte : xard tujv af.i.viv andeutet, und
mit einer Stelle des Lucas, den er wieder namhaft macht.
(Fortsetzung folgt.)
Personal- Chronik und Miscellen.
Karlsrulie, l.'). März. Dmcb eine Rek.inntm.ncliung des
Grossli. Ministeriums vom 18. Febr. wird fol},'erdc Ucbersicbt der
Sludircncleii aiil' den Landcsiiiii vcrsitälen llcidelberf; upd l'rei-
buri: i/n Wintcriialbj.ilire 18'"/, n vprüffentlicbt. Hiernach stii-
dirten im genannten Wintcrlialbjabrc: a) auf der Universität
HcidclbiTs; : Theolosen 22: 18 Inländer, 4 Ausländer; Juristen
288: 08 Inländer, 220 Ausländer; Mediciner 168: 58 liil.iiider
110 Ausländer; Kameralisten und Mineralogen 05: 48 Inlämlcr.
17 Ausländer; Pliilosoplien und Philologen 40: 21 Inländer.
t9 Ausländer. Im Ganzen 583: 2l3 Inländer, 370 Ausländer;
b) auf der Univcrsiläl Firibuis: Theologen 102: 79 Inländer.
23 Ausländer: Juristen 103: 89 Inl.lndcr. t4 Ausländer; Me-
diciner, CbirurRen und Pliarniazeuten 104: 78 Inländer. 26
Ausländer; Philosophen und Philohisen 40: 29 Inländer, 11
Auslander. Im Ganzen 3W: '2*.i Inlander, 74 Auslander.
*) Mai, säst I, c. p. 197; E\in (» XXXVl) Dionis libros us-
i]uc'a<l LIV a|iint esse intcgros eriuliti , ciii tanien adfir-
niationi sine dubio deiogare fidcm licet, fpioniam Di«,
fantopere tamque varic in codicibus vexatus apparet.
Dcindo libios a I.V ad LX passim adhuc mulilos esse
videiHus.
Zeitschrift
f ü r die
Alter thu ms wissen Schaft.
Freitag, 22- Mär.
1839.
Nr. 35.
Ueber die Quellen des Zonaras.
(Forts eizii nsf.)
Die Quellen des elften Buches (p. 545 C — p. 592 D).
Von Tiberius bis Antoninus.
üas Ganze ist ans Dio L. 57 init. — L. 69 flu- Mit
den ansrhciiieiiden Zusätzen verlifilt es sich ivic oben
X. B. p. 548 B, was bei Dio 57, 16 fifi- heute verniisst
wird; über p. 557 sq. s. Reim, ad Dion. 59» 25 fin-
Ein schlagendes Beispiel ist aber p. 558 ü : ovTio —
sdoittjSij. Diese ist in den Codires des Dio (59» 28) in
wenige Worte zusammengcfasst. Kun ist jedocli ein Frag-
ment in den Exe. Peir. 670 vorhanden und von Reimar
schon am gehörigen Orte eingeschaltet, welches mit Zo-
naras vollkommen i'ibereinstimmt. Ebenso p. 564 eil.
Exe. Peir. p. 014. ap. Reim. 60) 31. Vergleiche über-
diess p. 557 B. C. D mit Nov. Coli. II. p. 204 sq. —
und pp. 565 D. 566 A mit Nov. Coli. p. 'MS sq.
Vom 61. Buche an, wo die Codices des Dio abbre-
chen, haben wir die Vergicichung mit Xiphiliii's Excerp-
ten angestellt. Sie genügen vollkommen, die umfassende
Benutzung auch dieser verlorenen Bücher darzuthun ; sie
waren für Zonaras gewissermassen die einzige Quelle.
Da versteht es sich denn auch von selbst, dass Anfüh-
rungen, wie: axSQOl 8i jQä(fOVai u. s. w. wieder nur
Affeetation sind.
Nachlässigkeiten im Abschreiben kommen natürlich
öfters vor, sie sämmtlich zu berühren ist nicht meine,
sondern des Commentators Sache. Hier nur ein Beispiel,
p. 568B: ö ÜSev^/.a-; iitagy^o c, vjv tov öoovcfOQi-
y.ov y.ai ö Hovtiöoo, ÖtSdoy. a}.o<; tov IViQojvoi.
Diese Absurdität hatte natürlich Dio nicht; doch waren
bei ihm, wie aus Xiphil. 61, 3 hervorgeht, die Worte
»o gestellt, dass ein Unwissender sie freilich missver-
stehen und verdrehen konnte, nämlich: u r£ ^Evt'/.aq
y.ai ö Jioi'oöog cpgovt/iojTatui te y.ai dvvarojiaTOt
. . . . . 6 fitv yciQ snuQxoi .... ö de ötdäayat.oc,
X. T. K.
Am Ende fast jeder Regierung hängt Zonaras eine
Relation über die Verhältnisse der Christenheit an, —
eine Art kirchlicher Statistik mit besonderer Rücksicht
auf die Succession der Bischöfe. Diese ist jedesmal aus
der Kirchengeschichte des Eusebius gezogen. Ein Bei-
spiel sahen wir schon am Ende des 10. Buches beim
Tode de» Aogustas. Wir finden deren ferner:
Nach der Geschichte des Tiber, p. 552 A — D v. fin.
aus Euseb. I. 10. II. 2 (den Tertullian hat Zonaras nicht);
nach der des Cajus und Claudius p. 567 C — p. 568 A
med. =: Euseb. II. 11. 13 — 15 (ans ihm sind die Zeug-
nisse des Josephus, Lucas und Justinus 31artyr entlehnt);
über die Christenverfoignngen unter Nero p. 570 A =
Eus. II. 26. III. 2) mit geringer Modification) ; nach
Domitian p. 5^2 sq. =z Eus. III.
Genug, Alles was auf das Chrisfenthnm sich bezieht,
ist aus diesem Autor entnommen. S. noch p. 591 D äq.
dl. Enseb. IV. c. 4 sqq. Das Citat des Justinus Martyr
ist ebenfalls aus c. 10 extr. und c. 11. — Zuweilen sind
Eusebius und Dio in einander gearbeitet^ z. B. p. 587 A
— p. 588 A eil. Euseb. IV. c. 1 sq. III. c. 32 sqq. und
Dio (Xiphil.) 68 , 32 sq. Nur den Ersteren nennt Zo-
naras , den Letzteren finden w ir versteckt in dem y,ai
6 Evatßioq. Auch da« gelehrte : LÖq dl: TivEg Xeyovöc
ist wörtlich aus Dio. Uebrigens aber citirt Zonaras auch
diesen an verschiedenen anderen Orten des Abschnittes,
wie p. 590 C (cf. Xiphil. 69, 15).
Wir müssen einige besondere Punkte besprechen.
Zonaras sagt p. 558 D; tov ö' ev 'JsQOOoXv/JOtg
vaov eis oiy.iiov ieqov ftedtjQjioCeTo (seil. Cajos),
ha zlioi iriKfuvov^; veov ^^tji^iaTiCrj Fdiov. Reimar
(ad Dion. 59, 28. §. 276) scheint zu glauben, er habe
das aus dem Philo (de legat. ad Cajnm p. S04 ed. Turneb.
p- 731) abgeschrieben; quae, sagt er, assnit Zon. toti-
ilcm verbis ex Fhilonis loco petita sunt. Schon vor ihm
Dil Cange ad Zon. not. bist. p. 21: quod hausit Zon. e
Pliilone. Dem ist nun aber nicht so. Allerdings sind
CS zwar die AVorte des Philo , jedoch nicht unmittelbar
aus diesem selbst entlehnt, den er nie vor Augen ge-
habt, sondern nur wieder mittelbar ans Eusebius (bist,
ercl. II. (i). Im Josephus steht die Notiz nicht, was
auch dessen Abkürzer Zonaras bemerkt. Wer kann nun
aber unter so bewandten Umstanden stetem 31 isstrauen
ivchren? Sicher verhält es sich ähnlich mit den Citaten
aus Appian: p. 575 D und p. 584 D. Beide sind ohne
Zweifel aus Dio herübergetragen; von dem Ersteren wer-
den wir nachher sprechen; das Letztere betrifft die Or-
thographie z/c/zf'-s 1] ^ay.ui';. Dass der genaue Dio
diese philologische Bemerkung macht und durch das Zeug-
niss des sicher von ihm häufig benutzten Appian unter-
stützt, ist weit glaubwürdiger, als dass Zonaras, der den
Appian sonst durchaus nicht gebraucht, um dieser unbe-
deutenden Bemerkung willen ihn aufgeschlagen haben
275
276
sulltc, »veun er ilim aucli »virklicli zugänglich genesen
«arc, «as doch aus früher angegebenen Griiudcn als un-
wahrscheinlich sich ergab. Uebcrdiess ist die ganze Pe-
riode, in deren flliUe die Notiz steht, in der That
irörtlich aus Dio (cf. Xiphil. (iS « G). Ebenso ist ohne
den geringsten ZHcifcl das Citat aus dem Philostratus
im Leben des Apollonius von Tjana (Zon. p. fjS'2 A) ein
aus Dio gestohlenes. Dass wir es bei Xiphilin nicht
finden, bcneist Nichts; denn alle Citato werden ron ihm
ausgelassen. Dagegen ergibt sich bei einer Vergleichung
mit demselben (ö7, 17. 18) sowohl alles Vorhergehende
und Nachfolgende, als auch die in Rede stehende Er-
zählung selbst, Satz für Satz, ja fast Wort für AVort,
als ein Plagiat aus dem Dio. Danach hege ich die Ue-
berzeugung, dass auch das zweite Citat aus dem Philo-
:9tratus (p. öS'3 B: ü 0tköor(jaroi sv TO/i ßiui^i tüjd
oocftOTojv dieygäipaTO A. i. 27 p. 546 c. d) aus Dio
herzuleiten ist. Wie sollte Zonaras, der nicht einmal die
allgemeinereu Werke gehörig benutzt, seine Angaben
aus Specialscliriften, aus ganz fernliegenden literarischen
Abhandlungen mühsam zusammengesucht haben! Andrer-
seits hatte Dio diese Anekdote vom Schatze des Atticus
gewiss nicht übergangen (Xiphilin gibt übei; Nerva ein
höchst mageres Exccrpt (ig, l — 3), und den Namen des
Gewährsmannes um so eher angeführt, als die Erzählung
ton äusserst wenigen Schriftstellern überliefert worden zu
.sein scheint; unter denen, die wir besitzen, ist Philostra-
tus, so viel ich weiss, der Erste. Hierzu kommt wie-
«lerum , »lass alles Voranstehendo und Folgende theils
aus Dio, theils aus Eusebius ist. Dieser Letztere aber
schweigt, und so erscheint Jener nothwcndig als der Be-
raubte. Dass Diu beide Werke des Philostratus benutzt,
*eigt sich schon aus Reimar's Zusammenstellungen in den
Noten hinlänglich. Zonaras aber beweist, dass das in-
«iustriOse Handwerk, mit fremden Federn sich zu schmü-
cken und eine erborgte Gelehrsamkeit mit grosssprcche-
lischcr Afl'ektation zur Schau zu tragen, nicht erst eine
Erfindung der Neueren ist.
Der .Abschnitt von der Empörung des Vindex bis auf
den Untergang des Vitcilius (p. 67Ü B — p. 576 C med.),
welcher für den Verfasser ein besonderes Interesse hat,
und dessen specicile Betrachtung erst die vorliegende
Abhandlung veranlasste,*,) ist ebenfalls, Geringes aus-
genommen, aus Dio (03, 22 — 65, 22) entlehnt. AVich.
fig ist es in dieser Beziehung, dass Zonaras den Vindex
Cajus nennt; denn Dio ist in der That der einzige un-
ter allen alten Schriftstellern, der demselben diesen
Beinamen gibt. Zonaras citirt auch p. 575 A den Dio
(cf. (j5 , S). Eine eigentliche Vergleichung würde hier
7.U weit führen; ich verweise nur auf Reimar. Dass Zo-
naras übrigens den Dio selbst, nicht den Xiphilin cxcer-
pirt, wird durch die vielen Stellen dargethan, wo er
ausführlicher spriclit, als Xiphilin, oder die dieser ganz
übergeht. S. z. B. p. 570 D : tliTouiviov ; Xiphilin
63, 27 deutet diesen nur durch das ü/.Luvi an. Doch
scheint auch die Benutzung des Xiphilin sowohl aus frü-
*) Die anfängliche Bpstimmiing derselben als Anbang zu einer
Geschichte jenes Zeitraumes, rausstc ilires Umfangei we-
gen aufgegeben werden.
her Gesagtem, als daraus hervorzugehen, dass ihre beider-
seitigen Auszüge oft Wort für Wort übereinstimmen, z. B.
p. 572 B. cl. Xiph. 64, ü; sie müssten denn Beide gerade
an solchen Orten den Dio nicht eigentlich abgekürzt,
sondern abgeschrieben haben. — Nur Einiges zieht Zo-
naras wieder aus dem Josephus , den er auch citirl
(p. 575 A und C) , Einiges aus dem Eusebius, ohne ihn
zu nennen (p. 575 D. cl. Euseb. bist. ecci. III. 8? 5);
die A'erweisung auf Appian dagegen (p. 575 D : TOVTOV
öe XQ^]'^l"^^' l^'fHVTjTa/ y.ctt '^Inniavoi, iv T(/> cixodriii
öei'Tioi/j koyo) Tt]g laTOQiag avzov [PojLiai'y.ijg) scheint
mir wieder aus Dio entnommen zu sein. Eusel>ius we-
nigstens hat diess Citat nicht, und dass Zonaras gerade
nur dieses Buch des Appian in Händen gehabt, ist un-
wahrscheinlich. Doch dürfte er auch die Bemerkung
als Randglosse zu Dio (66, 1), Eusebius oder Josephus
gefunden haben. — Den Galba und Otho des Flntarch
hat Zonaras so wenig wie dessen übrige Kaiserbiogra-
phiecn benutzt; denn gerade die Stellen, die wir im Xi-
philin nicht finden und von denen man also muthmassen
dürfte, dass sie aus Plutarch wären, finden sich auch
bei diesem nicht z. B. p. 570 C. p. 572 A ; daher miiss
man auch bei ihnen einen Dionischcn Ursprung voraus-
setzen, und dass Xiphilin sie nur übergangen: sowiu
die bei dem Letzteren ebenfalls fehlende und auch sonst
nirgend vorkommende Angabe des Zonaras p. 571 D (über
dio Sklaven) sich jetzt durch A'^ergleichung mit dem Frag-
mente: ÖTi Tivhi Z. r. A.. (Nov. Coli. p. 216) bei eini-
ger Combination als Diouisch ergibt.
Die Quellen des zici'iljten Buches (p. 592 D — p. 64»).
A'on Antoninus Pins bis auf den Tod des Maximinus.
ücber Antoninus (p. 592 D — p. 593 D) sind die
Quellen offenbar Xiphilin und einige Fragmente des Dio
(s. Xiph. 70, l — 4 fin. und Reim, ad 11. cc. und snX
71 , 32 fin. g. 130). Die Sache hängt wohl so zusam-
men: In den Exemplaren des Dio war eine Lücke, die
nacli Xiphilin's Angabe sich über Antoninus Pius und
den Anfang der Geschichte i'es Älarcus erstreckte; Xi-
philin füllt sie durch einige Angaben ans Eusebius und
Quadratns aus. Dieselbe Lücke fand nun auch Zonara»
in seinem Dio; desshalb schrieb er die wenigen Notizen
des Xiphilin wörtlich ab. Jedoch fanden sich in seinen«
verstümmelten Exemplare noch einige Fragmente vor,
welche in dem des Xiphilin nicht vorhanden gewesen
sein müssen, weil dieser sie weder mittheilt noch verar-
beitet, auf die aber Dio, wenigstens auf eins der»elben,
augenscheinlich anspielt (s. 71 , 32 fin). Sie beziehen
sich auf die Lücke im Anfang des Marcus ; der unwis-
sende Zonaras jedoch bezog sie auf Antoninus Pius und
schob sie unter die Notizen des Xiphilin hinein: p. 593 B :
UV /njv üid zovTO — ißiäoaro ; C: tovtuv 'kiysrai
— y.c/.TuKtuTcdvciv; D: n^Qi xuvtov tov avTOV.fiä-
Topo^ — ■/.axaUUTlävui rüde. Alles Uebrige ist au»
Xiphilin, was Reimar, so viel ich weiss, weder aus-
spricht noch andeutet; ei kann aber nicht anders sein;
denn wenn auch Zonaras in seinem Dio das finden mochte,
was Xiphilin 70, 1- 2 fand, so könnte doch, was dieser
c. 3. 4 aus eigenen IVIitteln selbstsfändig zusammenträgt,
nicht im Zonaras so wörtlich sich wiederfinden — ohup
277
278
Benutzung'. ?i»f ilcii Euscbius hat ancli Zonaras zur
Hand und cxcorpirt ihn, ohne ihn namhaft zu machen,
in dem kirchengeschichtlicheu Anhange p. 594 A — C.
Tgl. Eu9. IV. 10 S(jq.
Aus gleiilicn Gründen ist auch der Anfang vom Mar-
cus Aurelius p. 594 C, «eil er würtlich mit Xiphiliu
ubnreinstinimt, im Dio aber fclilte, notlnt endig aus dem
Ersteren (71, 1 «l-)- ^"* l'^erlaufc nimmt man jedoch
an einigen Ertveileruugcn und an mehrfachen Citatcn aus
Dio (p. 595 C. D. p. 596 A. p. 607 D. p. Ö08 A [cf.
Xiph. 75 5 13]) walir, dass Zonaras, sobahi die Lücke
ergänzt war, auch « iedcr den Dio selbst zur Hand nahm.
Er benutzt ihn ununterbrochen bis p. 619 A (cf. Xiph.
L. '/ 1 — SO hu.); beiläufig nur den Eusebins in christ-
lichen Dingen: p. 59Ö D, p. 597 B, p. 600 D sq. (tf.
Eus. V, 9 sqq. ), p. 6 IG C — p. (iV-i A (cf. Eus. VI.
1 sqq.), p. 618 A (cf. Eus. VI. 21). Witten in der Ge-
schichte des Alexander Sevcrus verlässt ihn Dio, und er
ist genüthigt, sich nach einem anderen Führer umzusehen,
Vou p. 619 A — p. 648: von Alexander Sevcrus bis
auF Masiminuä, Licinius und Conetantin.
Wer ist nun dieser neue Führer? — Nicht die er-
müdenden, oft fruchtlosen, Forschungen ivill ich initthei-
len , sondern «io im Bisherigen nur der Mühe Ergebuiss.
Der vorliegende Abschnitt, ivie schon, obgleich in gerin-
gerem Maasse, die zunächst vorhergehenden, sondert sicli
in zwei wesentliche Bestandtheile: ilie politische und die
Kirchen- Geschichte. Für jeden folgt Zonaras Einem
Hauptgeivährsmannc , hier dem Euscbius, dort, wie mir
scheint, dem anonymen Forfsetzer der Geschichte des Dio
bis auf Constantin , ans »elchcm uns Mai in der Nov.
Coli. II. p. 234 — 246 einige Excerpte gerettet hat.
Während ich nirgend bei theilweise oder vollständig vor-
handenen Autoren, wie Dexippus, Eunapius, Zosimus,
Malalas , Cedrenns, das Chroniken Paschale u. s. w. eine
directe Qucllenbeziehung auffand, zeigen sich hier merk-
würdige Spuren und überraschende Ucberein^stimniungen
in Angaben, die bei dem jetzigen Bestände der Qucllen-
litcratur für diese Periode als entlegen und isolirt gelten
dürfen. So sagt z. B. Zonaras von y^emiliau p. 628 D :
dva^^ijdeii Öe ovtuji; avTuy.odvcüQ , iTTeaTeikc zrj
ovyy.hjTip , eTtayyEkkufispo^, wj y.ai tijv QQ(/.y.i]v
cütaUkä^SL ßa^ßdoviv, y.al y.axa IleQ.adSv ey.OTQC-
xevaEzai , y.al Tiävra TiQÜ^et y.al dyojviaErai oig
OTQattjyuq avzujv, ti]V ßaoiksiav rrj ysQOvala ya-
xakiTlojv. Dies» ist eine vereinzelte Notiz. Nun finden
»•ir die Quelle in einem Fragmente des Continuator Dio-
nis (/.lEiu ^Jiojva fjxkoydl iws Kvjvaxa.vtivov 1. c.
p- 234): Ott yli/ak/avuq dpuyooev&els ßaaiksvg
syQacpe Ttpoi rijv aöyxhjxoii, oxi xijv ßaotkdav
i'uiv naxaki/^iirdpo), y.dyui ö cx^arijyoq v/ncxnoog
Jtavxaxov dyojvH^o/jai. Ferner Zon. p. 635D: iirsk-
^uvx£q de zaiq 'A&i']vaii (d. i. die Scjthen unter Clau-
dias II.), eikov avzuq., xa.l avvayayövzeg ndvxa zu
£v T7; uÖ'Kel ßtßkla, xavöat zavza ijßovkovzo. EJq
ÖE Ti;_ zajv oi'VExujv naQ aCxotg doxovvzujv diiEi^t,E
rovg öj^tucfvkovg zoii iyxEiQiJi-iazog, (pdf-ievog, löq
TtEQi xavxa oi 'Ekktjvsg daxokovjiEvoi , 7tokEj.uy.wv
d/j-skovocv EQyv}V, xal ovzajq EvxEiQUizoi yivovrai.
Dasselbe lesen wir im Anonymus 1. c. p. 240 : OXl TÜiu
2y.ii&vjp ETtl KkavSiov zd<; '.A&ijvaq ekövrujv y.ai
owayayüvzmv ndvza ja ßißkia yal ßovkijdivrviv
y.avaai, akkoq zig ip aizolq (f()öp//ioi tlpai po/^i-
^ü/uEpog iyujkvac, klywv vzi tieqI xavxa oi Ptu-
fiaioi oxukdC,ovxEi nokljiov dfiEkoCoi. Die Abwei-
chung 'Pvjjiuioi für 'EkhjVEg ist äusserst unbedeutend ;
im ursprünglichen Texte kann sogar Beides gestanden
haben, wie denn auch der Verfasser gleicli in den fol-
genden Worten eine Anwendung des Erzählten auf dio
Athener und die Riirner zugleich macht. — Endlich
vergl. noch drittens Zon. p. 636 B. C: AvQlfkiavoi 6l
xTji i]y£[^iupiai ETtfßißijxojQ Pcdju/.hdp, ijqexo rovg
EP zEkii, önuiq ßaoikEi'sip xq^'^p- mp f'S Ecttep avzut
v'jg'Edpßovkii ßuoikeuaat yakojg, XQvaöj oc Ö£i
xal aiSi]iii;> nEoicfoai;ai davxop, xaxu filv xtSv kv-
710VPZWP y.EX'Ji/fJi'pop o/Ö)Jqii), zovg da ys dEQUTievov-
zaq ;|foi'öw d/iEißöjiEpop. 'Og iiqvjzoi;, ojg kEyszat,
zijg olxEiai; zavxijg ö.Tnüpaxo avfißovhjg, fiEz' ov
nokv Jov atS}]Qov itEloaDBig — mit dem Continuator
1. c. p. 24l sq. : öxi Aii(Ji]ktavbg ßaaikEudag y.al ovp-
ayayuiP Tid.pxo.g xohq £p köyip ip 'Paßcpvr; ßovkijv
inocEiXo TTiijg X9'} ßaatkcvEtp ai'xop- ißovkExo yd.^
fiEzd ddvazop KkavSiov e^ ojp etiquzzep [AEii^ajp
EXEipov faiPEa9ai- Etg §h zmv ix zijg ovyxhjzov
lijTEv a.vi(ß' kap dEkrjg xakiSg ßaoekevaai XQVcSiu
y.al oiSijQoi oavxop öxvQUiGop- xo.zd. ftsp ziop kv-
novvruip oe, aiöi'jQV)' ngog öe xovq d-E^aTtEi'opzag,
Xpvacjj- y.al TTQojzog xijg xo.xijg avftßovhjg zavztjg
o.vzog 6 ovf.ißovk£vaag diri'jkavOEv.
Sind nun alle politische Nachrichten des in Rede
stehenden Abschnittes auf diese Quelle zurückzuführen,
so steigert sich der Werth durch die Gewissheit, dass
derselben glaubwürdige Primärschriften zu Grunde lie-
gen. So sehen wir gleich von da ab, wo Dio's Nach-
richten abbrechen (der Satz: Eixa KaTtll'aö oxiap Ö 'Aq-
tu^eqS,!]^ ovxog gvp zoig tlt^aatg y.axEx^Exs , xai
ijukeuQXEl xijp JSiotßlP scheint noch dem Dio anzu-
gehören, obgleich ihn Xiphilin übergeht), durch des
Zonaras Darstellung einen Ilerodianischen Schimmer hin-
ihirchblicken; man vergleiche nur p. 619 A — p. 620 A
med. mit Herodian. VI. 4 — 9 fin., und auch das Weitere
bis auf die Zeit Gordian's III. (p. 622 D) mit dem Reste
des Herodianischen Werkes. Doch darf man nicht etwa
iu diesem Letzteren eine unmittelbare Quelle des Zona-
ras finden wollen, weil dessen Erzählung nicht völlig
darin aufgeht, weil im Guss der AVorte nicht hinreichenile
Anklänge sich zeigen, und weil endlich Zonaras zuwei-
len abweicht oder über Dinge in Zweifel ist, über die
ihm Herodian Aufschlnss gegeben liätie. So nennt er
den Mitregenten des Maximus nicht Balbinus , sondern
Albinus (p. 621 sq.) und schiebt gleich darauf zwei
Kaiser in die Geschichte ein, die niemals existirten
(p- 622 C): ßlExd zoi'zovg, oi'fxlp Ilofxnt^tapov xipu
qv*/y£yQdcpa.ai zwv PojfxaivjpeaxijXEpai dgytjp, za-
XÜzo.xa Ö Ey.TTEUxciXEva.i avzljg, ojg ep övsioti) ztjg
i^ovoiag dnokavoapza. OvTtio yuQ ovo TiaQEkyj-
kvdspai f-njvug, y.al azEQij9i)pa/ avzov TtQog z^j /liop-
aQXt'f/- z«^" ziJg Cuitjg dvaiQE&ivza.' Tia^d zipcov St;
y.al Sid zi'pa alxia.v, fiij EvQijy.ujg, itatiEaiojTrijaa y.al
avTog' [AEif öp, üovTikcov d.pxcioaxdfjvc-i Bakßipov
279
380
iotögrjöav. Kai utxQov xr xdy.itvov t/;5 avra^X'f^i
ditoyEvaäiuvov (iiti rptai ydg injoiv avToj tijv dg-
^i'-v Tif.Qiyodcfovoiv) dvaioed^ijvai xdxeaop, apri
x.aTaXaßövTO^ ix Aißir^ FoQStavov , ö? ixei, tag
röi] uoi ioöi';i}tj , ■XQoavtj'i'ügsvxo. Offenbar hat Zon.
hier einen Chronisten zur Hand («eichen, \ieiss ich
nirlit), <len seine Unwissenheit nicht zu benutzen ver-
steht. nouTrriavfig ist eine 'Wrunstaltung von Ilov-
TTirVOg, und Pnpienus identisch mit Blaxinius; ebenso ist
IIovTrk/o^ eine Abiveichung ffir KKai'öiog (oder Clo-
dius, oder Cacilius. S. ^'ictor Caes. 26, «obei eine Ver-
einigunf mOg-lirh), und Balbinus identisch mit Albinus.
Diese Y'crdreluingen konnten auch schon in jenem Chro-
nisten vorhanden und bei der Kürze verfänglich sein.
Dass über diesen Zeitpunkt bei den Späteren Verwirrung
geherrscht, beweist das Chron. Paschale ( vergl. auch
Zosim. p. 1 7 ed. Oxon. , no ein Sabianns oder Sabinia-
nus erscheint). Die Beziehung der Angabe des Zun. auf
den Consul Ponipejanus Civica (Da Cange not. hist. p. 25)
ist ein gezwungener und völlig eiteler Rettungsversuch.
Jedenfalls stehe ich an, die Y'erwirrung auf den Contia.
Dionis selbst zurückzuführen, der ohne Zweifel wie Ile-
rodian auf 3Iaximns und Albinus oder Balbinus unniittel-
bar Gordian III. folgen liess. Wenn gleich daher diesem
Zon. das 3Ieiste verdanken mag, so will ich nicht in
Abrede stellen , dass er auch sonst hier und da einen
oder den anderen der Chronisten, deren Werke damaU
in Jedermanns Händen waren, verglichen haben könne,
wesshalb ich auch Quellendeutungen wie: «ig u EvOS'
(jio; iarocjei, X ai d/.Koi di rivs.; r vj v avyyga-
CfeviV (paoiv (p. 620 B) in diesem Abschnitte nicht
immer für trügerisch halte (cf. p. 621 D, p. 622 C. D,
p. 623 A, p. 627 D, p. 636 0,. p. 644 B). Dahin ge-
hört nun wohl zunächst die Chronik des Euscbins selbst,
die Zon. sicher auch jetzt noch zu Rathc zog, wie die
Anführung über des Claudius Regicrungszeit p. 636 B
cl. Euseb. Canon, p. 3')2 ed. IMai et Zohr. darthut; denn
in der Kirchcngeschiclite erwähnt Eusebins den Claudias
gar nicht, so dass das Citat durchaus nicht falsch be-
zogen werden kann. Auch im kirchlichen Tbeil scheint
Zon. .Manches aus dessen Chronik vervollständigt zu haben.
Leider bricht der armenische Codex in der Chronogra-
phie mit Julius Cäsar ab; <ia<is Ensebius die Kaiserge-
schichte nicht ausgel.tssen, erhellt schon aus dem Prooem.
c. 4 fin.: tum et eos (sc. explirabo), «{ui post Julium
Caesarem atquc Augustnm recta serie fuerunt imperainreg;
deniijiie et annuos Consnles, (jui bis iinpllciti ^unt (ed.
Mai et Zohr, p. 4). Audi vor ilem Beginn der Lücke,
die sich selbst auf den Anfang des Canons erstreckt,
hcisst es (c. 48j p. 218): jam vero operae pretium erit
liig attexere Romanorilm (]UO(jae post Jul. Caesarem im-
peratorcs etc. Im Canon ist die Kaisergesihichte zu
dürftig behandelt, und bei der Chronographie können wir
nns auf die Uebersctzung des Hieronvmus, der geflissent-
lich aus anderen Srhriristellern Zusätze macht, auch
häufig abkürzt, nicht mit Gewisshcit verlassen. i\ach
der Beschaffenheit des Letzteren zu urllicilen, hat Zoii,
in diesem politischen Theile de» Euscbiug Chronograpiiio
nur sehr beiläufig benutzen können. Die Vergleichnng
zeigt anch nur eine auffallende Uebereinstimmung , über
Diokletian's Stolz (s. Zon. p. 642 A cl. llieronym. ed.
Scalig. Amst. 1658, p. 47); allein gerade hier hat Hie-
ronvmus ohne Zweifel den Eutrop. (IX. 16) bcrapft ,
wie diess anch Scaliger selbst erkennt (aniniadv. p. 244).
Nun gibt aber dieser in der Restitution des griechischen
Textes häufig mehr, als Hieronynuis, so dass die Ver-
gleichnng sich erweitert. Unter den Fragmenten führt
er hier, ohne Angabe der Quelle, ein sehr langes auf,
tibcr den Einfall iler Scythen unter Valerian {omQöfiEva
p. 85), welches mit Zon. p. 629 CD, p. 63ü A. B
fast durch und durch wörtlich übereinstimmt, nur dass
Zon. eine abweichende Relation mitten hineinschiebt.
Diess Fragment nun hat Scaliger angenschcinlich aus
Georg. Svncell. (p. 381 »q- ed. Par.) herübergenommen
und, da weder dieser auf Eusebins Bezug nimmt, noch
Hieronvmus ein solches Detail voraussetzen lässt, wie
mir scheint, Ohne irgend einen hinreichenden Grund, so
dass hier Ensebius nicht als Quelle des Zon. erschei-
nen darf. '
(Bcschluss folgt.)
Personal-Chronik nud Miscellen.
Bonn. Der neue Lectiunskatglog entliält ein 7.u den von
Nake 1817 herausgegebenen Fragmenten desChörilos bin-
zugekommcnes neues aus Scrvius. Leider verlor unsere Uni-
versität am 12. Sept. den Prof. der Eloquenz und MitJireclor
des pbilologiscbeu Seminars, Dr. F. A. Nakc, der durch Pünkt-
lichkeit und feine Eleganz seiner Forschungen sieb einen dauern-
den iNamen erworben. Das Seminarium ging durch den Tod
Näke's ganz in die ITandc des Prof. Wclckcr über, der
schon seit He in rieh's Tode als Mitciirector in dasselbe getre-
ten war. Prof. Klausen hat einen Ruf nach Greifswalde
erhalten und angenommen. Als Privaldocent der Staatswisseii-
schaften trat Herr Dr. iuris et |ibilos. W. Kosegarten aus
Hamburg in bereits vorgerücktem Alter aus reiner Liebe zur
Wissenschaft auf. Am 28. Aug. vertheidigle Hr. Dr. Sig. Kahn
aus Frankfurt am Main seine Inauguraldissertation Trias quae-
stionum Hor.itianarum (S. 50), die über die Ordnung der Oden,
die Canidia und über die Liebschaften des lloraz mehr
geistreich, als wahr spricht. Am 8. Sept. erwarb sicii Hr. Joh.
G i I de mc is t e r aus Bremen durch Vertheidigung seiner dis-
sertationis de rebus Indicis, quuniodo in Arabum notitiam vc-
nerint, pars prior (S. lOtJ), später vollständiger unter dem Titel
.scriptoruni Arabum de rebus Indicis loci et opuscida inedita
FasC. I. erschienen, die Doctorwiirde , wie am 15. Septenjber
Hr. Nik. ndius aus Bremen durch seine radiccs |>racriticac
(S. 24). Das Programm des hiesigen Gymnasiums enthält einen
Aufsatz vorn Director Hrn. Nik. Jos. Biedermann über die
bekannte Loriuser'sehe Schrift (S. 22) Die Anzahl der Schü-
ler betrug am Anfange des Schul|ahres 189, am .Schlüsse nach
Abzugder 1,3 Abiturienten l.')9 Hr Jak. Werner trat als Lehrer
ein und Hr. Prof. Dr. Rcdcpenning iibemalim den evange-
lischen Religionsuiilerricbt. Ausser dem Director und den Gym-
nasiallclirern Prof. Rr. Schopcn , Rrof. Dr. Lucas, Dr. Lessem,
Dr. Elshoir. Oberlehrer Doinine, dann Kanne, Kneisel, Nockcl.
Zirkel , waren noch die Scbnlanitscandidaten Quosseck , Winter
und Dr Longard am Gymnasium beschäftigt.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft.
Somitag, 24. März
18 39.
Nr. 36.
l'cbcr die Quellen des Zonaras.
(Bcsclil uss.)
Alipr ancli n\i\\i riiimal STncelliis, «enijjstcns iiirlif
oliiic Eiiiscliränkniig; denn oligleich Du Caiioc ihn ohne
WpKerps für eine von dessen Quellen im Alljfomeinen
aus^ili^ (praef. ad rof. liist ) , uneingcdeiik des Unisfan-
des , dass in ihm znm guten Theil der von Zon. siclicr
teniifzte Enscliiiis verborgen ist, und oligieich bei der
jetzijfen Lückenhaftigkeit des L/etzteren die ftlügliihkeit,
dass Zon, einzelne Eriveiteninsjen aus Svncellns lieniber-
g'chnlt, nicht aligclängnet iverden kann: so streitet doch
bei- der fraglirlien fjrzühlung' sjegen die Benutzung dieses
Chronograplien eben die von Zon, eingefloclitene abwei-
chende Relation; mindestens niiiss er diese, die er vor-
anstellt und für die beglanbigtere zu halten scheint, an-
derswoher Ilaben. Da aber nberdiess in dem überein-
stimmenden Thcile liier v ie dort sicli dennoch einige
isolirte und nicht unwesentliche 'Wendungen finden, so
ist CS am natürlichsten eine gemeinschaftliche Quelle zu
muiiimassen, die beide Relationen enthielt und aus der
Jeder nach Delieben Angaben und Worte borgte. Und
diese gemeinschaftlidie Quelle scheint mir keine andere,
als der Confin. Dionis, um so mehr, als der genügsame
Forschungsgeist ,- sowie die Büeherarmuth des Zon. so
selten wie müglich an neue Richtungen und Seitenwege
zn denken gebietet, und liberdiess jener christliche Ano-
DTmus als ein sehr gangbarer, lielfach benutzter Autor
sich darstellt. Dass er mit Joannes Antiochenus iden-
tisch sei, wie Mai muthmasst (1. c. p. 234, nr. 1, vergl.
jedoch p. 247, nr. 1), möchte ich entschieden bezwei-
feln, jedenfalls aber auf ihn alle sachliche Ueberein-
stimmuiigen und Ankl.'inge zurückführen, woldie etwa
z>?isrhen den Erzählungen des Zon. und denen des Dexip-
pns , Ennapins, Zosimus, P.'ianins , Cedrenus und über-
haupt aller derjenigen Schriftsteller, die Zon. durchaus
nicht unmittelbar vor Augen gehabt zu haben scheint,
obwalten; so auch die interessante Erwähnung des Mar-
ens und des Severus Ilostilianus, die er nur mit Cedrenus
gemein hat. Am bemerkbarstcu sind naturgem.'iss die
Anklänge an Zosimus,. und ihrer mehrere finden sich in
der Thaf im f'ontinnator Dionis wieder (s. dessen Frag-
mente a. a. O., Mai's Anmerkungen , wo noch IManches
zn ergänzen wäre , und die betreffenden Stellen im Zo-
simus). Völlig unhaltbar ist die Meinung, welche den
Päanius zur Quelle des Zon. macht. Scaliger hat sie
vielleicht zuerst ausgesprodipii (aniinadv. ad llieronjm.
p. 241, 244); auf ihn stützt sich Du Cange (ad Zon.
praef. p. (i), und durch Scholl, der gar gleich den Eu-
frap substituirt (Gesch. d. gr. Lif. 111. p. 247) und ohne
Zweifel aus Du Cange's ^ orrede schöpfte , ward der
Irrihum allgemeiner verbreitet. Das einzige speciellc
Argument, worauf Du Cange fusst , ist die schon berührte
Stelle p. ti42 A: o i q ijiafjdii^ ü ^loy./.ijTiavui y.ai
jilya (foovi']Oaq, ovy.8Ti TiQoqa.yooeüeodai naoa
T ij s fegovoiag w; noojiiv i']vtiyEzo, akf.a nooqy.v-
vtioduL i3£GZiGe , y.cu rdg ia^rjraq f.avTov , y.ai tu.
vTtodjfiara ■/'?f^O'J> >f«' kldoiq y.ai /ja o y ä o o IQ
lyöof^tiese, V.o.i il\.i iovo. tioKvt tkeiav rocg ßa-
nikiy.oic, TC ag aai] f^io li Evt& ex o. Ol ttqujjjV
yc'o ßaaiXeeg y.ard rovg vTtäTOvgTezifuijvTO,
y.ai rijg ßaoiKsiaq naoüarjuov fiövov it'/,ov noQipv-
(jOVV TCioeßoLalov. Hierzu bemerkt Jener p. 27 not,
bist.: Faeanium hir exscripsit, ut alibi saepe, Zonaras;
aHein die üebereinstimmung liegt nur in der allbekann-
ten Thatsache und ist so wenig wörtlich, ja bietet so
niannichfache Abweichungen, dass bei der knechtischen
AVeise des Zon. vielmehr die ISichtbenntzniig daraus ge-
folgert werden muss. Bei Piionius lautet die Stelle näm-
lich (IX. Ifi, p. 17(i ed. Kalfiv.j: ai'rög TS TTpujro;
Ti]v ßaot'uyj.v ikijyayev i'7iepoil'iai>, y.a.ra fti/.puv tijv
ikevdeglav, tijv 'Pu)uaty.ijv v'iOTiuvuuevoq, xai TTgoq-
y.vvstoda/ Ttgoglra^sv havTov id/g/i avTov ßaaikt ojv
Trjy.oivrJTCQOivyoQit; Tiuii)invu)v y.aiTitiiovi k/i^ovi TOiq
TS so9vnaoi y.ai toIc, iTToöi'uaatv ivijg/ioae- ngücegov
dh t6 S/acfloov TiJ'; ßao/kiyij.; nc-Qißot.ijc, dnu rijg
C'.kovQyiöog ijV nuvijc,. Wir wundern uns daher nicht,
dass der Irrthnm mit sich selbst in Opposition tritt, dass
Sraliger mit glücklicherem Tacte wirklich gerade hier
eine andere (Quelle muthmasst (animaih. ad Hier. p. 244),
und so Du Cange's einziges Argument durch den einzi-
gen Gewährsmann, auf den er sich beruft, selbst para-
lysirt wird. Dagegen meint Scaliger (I. c), alles Ucbrige,
was Zonaras über Diocletiaii schreibe, sei von ihm aus
Päanius entnommen (s. Zonaras p. 640 A sqij. Pacan,
JX. 13 sqq.); doch es verhält sich hiermit in der
That nicht anders, wie mit Du Cange's Beispiel: einzelne
thatsächlichc und desshalb zum Theil wörtliche Ueber-
einstimmungen ; dagegen bei Zon. eine Menge von Er-
iieiternngen im Detail und meist abweichende Diction.
Der Punkt, worauf sich Scaliger ausserdem stützt (an.
p. 241: TakÜTIjv eum [sc. Carum] vocat Zonaras ex
283
2S4
Paraiiio, quem ad verbiiiii snp|ieiiiinioro scquidirj , hat
iiiilit ilis geringste Bc«ciscskraft, iiiiil librriliess die be-
ziiglidieii Stellen Zun. p. 63S !-• » Pacaii. I.V. 12 iiiflit
eine eiitfornte Aeliuliclikeit. Alle «eilore A'erj;lei(liuii-
geii fi'ilirrn iuimcr wieder zu demselben llesultale; beide
Werke, schon in ihrer qiianlitafiven Anlage so ganz, ler-
srhieden, stehen diircliaiis in keiner direeten Ik-ziehnng
zu einander. 31an sieht nohl, Zon. benntzt einen Autor,
desRen Krzähliingen mit denen des Eutrop eine geuissc
Quc!lenvernandlsihaft haben, aber nicht die Lcbersetzung
lies Kutrop selbst; und immer »lieder »ird die \'ermutiiung
auf den detailreiclicn Anonymus zuriickgefulirt. Wie sehr
sich dieselbe bei Allem, »u es auf Entscheidung au-
kommt, d. h. bei entlegenen Angaben, und soweit die
spärlichen Exccrpte reiclien , beiiährt, will ich schliess-
lich noch durch einige IJeispielo erhärten : Uebcr des
3]acrinus Fussiibel Aov. ("oll. II. p. 235 cl. Zon. p. 032
C; über den Tod des Quintus iu Emcsa p. 239 rl- Zon.
p. ti 13 B (dass ßalistas beim Contin. nicht ^erwähnt wird,
ist Schuld des Edogarius; angedeutet ist er aber in den»
y.ai drj-ui c.V t o i0; über den Tod lies Carinus p. 244
cl. Zun. p. 63U B (s. auch, obgleich dicss Beispiel über
die uns gesteckte Granze hinausliegt, über Constantin's
Absicht die Residenz nach Sardica zu verlegen p. 24ü d-
Zon. L. XIII. 3 init. T. II. p. (i B).
In <leni kirche.igeschichtlicheu Thcil folgt Zon. fast
ausschliesslich dem Eusebius , den er auch mehrfach ci-
tirt (p. ti20 ß, t)23 B, (i27 A, ( 3fi B, 044 B). Siehe
Zon. p. ()2Ü A med. — D med. cl. Eiiseb. bist. ecd. VI,
21, 2 — '.'8 lin. (die Notiz: /.ai ^iauötavo,; lloooo'kv-
jiiujl! scheint fast aus Svucellus p. 3J8 ed. Par. entlehnt (
denn iu der Kirchengeschidite «les Eusebius \I. 10 lesen
»ir lundiui, in der armenischen Uebersetzung seines
Kanons p. IN 7 (jordianns. Dennoch schöpfte »ohi, su
scheint's, gerade hier Syucellus selbst aus Eusebius ; IMai
und Zohrab (I. c.) haben in ileni aus ihm entlehnten
griechischen Text ^C'.oölc.voi beibehalten, ebenso Sca-
liger iu den ooiZufi. p. 84. Uic Abweichungen machen
jede Entscheidung unsicher)) ferner Zon. p. 023 A — C
fin. d. Eus. II. ecd. VI. 23- 2l — 31 (hiernach miichte
*iei Zon. durchweg (pn^j/aio^ fiir 0/.afjiaiiui zu schrei-
ten sein, obgleich diese Verschiedenheit auch sonst be-
steht); Zon. p. (,24 V cl. Euseb. VI. 33; Zon. p. 026
<". Ü cl. Eus. VI. 3j. i'l (wo der neue Bischof lon An^
tiodiia (Ih'/j'iK, nicht 0}.(ilj[ai/(j^ 'geuauiit wird; danach
wäre auch Zon. p. (i3l B zu corrigireu. Die Erwäh-
nung lies ('vprian findet sich bei Eusebius nicht im Zu-
saiiiinenliange, sondern \'II. .5; Zon. schiebt ihn ein,
nennt aber ebenso wenig wie Eusebius dessen Machfol-
ger. Die Diatribe gegen Origenes p. 026 ü ters. liu,
— p. 020 D ist selbststaiulig); Zon. p. ()20 D — 027 C
med. d. Eus. VI. 43. 44; Zon. p. 029 ß. C cl. Eus.
VI. 3'l. VII. 2. 3. 5. 0; Zun. p. G31 ß d. Eus. VII. 14
dl. VI. 3.-J. VII. 28; Zon. p. 034 'D me.l. _(i3,-, A
»ers. fin. cl. Eus, VII. '^7 — {it; Zon. p. (i30 C d. Eus.
VII. .30; Zon. p. Oi«) B med. — 040 A med. cl. Kus.
^11. 31. 30 «in. .12; Zon. p. 04J A. B cl. Eus. >III.
2 sqq. — Der ausgedehnte Schluss des zwölften Buches
von p. tl40 B— 04s fin , die lleihefolgen der Bischof.»
von der Zeit des iMarcellinus un enthaltend, findet weder
in der Kirchengesdiichte, noch in iler Chronik des Euse-
bius, wie es scheint, ihren Halt; die Quelle ist wegen
des vicibehanddten Gegenstandes nicht mit Gewissheit
anzugeben. Dass übrigens Zon. die Kircheugeschichto
des Eusebius auch bei politischen Ereignissen zu lialhe
zog, beweist p. 044 B, woilurch zugleich ausser Zweifel
gestellt wird, dass der Appendix l wirklich als ein inte-
grirender Theil des achten Buches auch damals galt;
denn auf seinen Inhalt bezieht sich das Citat des Zon.,
uuil dieser gibt das achte Buch ausdrücklich an.
Ich reihe noch einige aphoristische Bemerkungen in
die vorstehende Untersuchung.
Lateinische Autoren hat Zon. nicht benutzt. Daraus,
dass er die Zeit von den Gracchen bis auf Cäsar, aus
Mangel an Büchern, wie er sagt, übergeht, ersieht mau
mit Gewissheit, dass auch die griechische Uebersetzung
des Sallust von Zenobius oder Zenodotus ihm nicht zur
Hand war; ebenso mussten ihm ausser Appian aus die-
sem Grunde auch Posidonius, Juba, Diodur, Nikolaus
Damascenus, Justus von Tiberias und viele Andere man-
geln, der endlosen Reihe der Specialschriftätcllcr gar
nicht einmal zu gedenken.
Die Arbeit des Zon., als eine Art von Lehrbuch auf
blosse Abschreibcrei und Zusammenstellung busirt , ist
schon desshalb an Bedeutung für die AV isscnsdiaft ebenso
nichtig, wie Taiisenilc von Compendien der neueren Zeit.
Jedenfalls küuncn wir nach dieser Section der ersten
zwölf Bücher die singularis ernditio nicht finden, welche
Du Cange (praef.) an ihm lobt; Zon. ist wegen seines
zufälligen relativen Wcrthes in seinem inneren und ab-
soluten _ noch immer bei weitem überschätzt worden.
Nicht wenig trug hierzu auch ili« Vorliebe bei, welche
die Editoren so gewöhnlich für ihren Autor hegen. Dies,*
zeigt sich unter Anderi>m auch in Du C.mge's durchaus
schiefer und mit ^Vidersprüdlen angefüllter Apologie
(s. praof.) gegen die richtige Behauptung des Gerardus
1 ossius. I'jiii Princip, das man häufiger aufgilit, als an-
wendet, kann in keinem Punkte als rechtfertigendes 31«-
tiv vorgeschoben werden. Zur Zeit der beiden ersten
ilerausgcber war die historische Wissenschaft noch nicht
iai .Schwünge ; sie selbst waren mehr Philologen als Ge-
schichtsforscher, und man ilarf es ihnen daher nicht allzu
hoch anrcchuen, wenn sie eines Zonaras eonatum egre-
pium atqrte iustitntum praedariim preisen, in ihm zu
finden lernicinen, was dessen Freunde in ihm suchten,
und ihn mit L(d)sprüdicn überhäufen, denen wir vom
heutigen Standininkte aus auf das entschiedenste entge-
gentreten müssen, ohne Besorgniss, dass uns die orato-
rischen Blitze trellen könnten, welche Ilieroiiyinus AVolf
gegen die morosos und obtrectatores schleudert (iu der
praef. zu seiner Edition). .Sein Eifer ist rühmlich, seine
Worte schön und an sich wahr: inorosoruni tero, ruft
er aus, et obtrecfatorum querelas atquc aciileos, quis
Iiominuiu deoruinve dfugiat ? ([uibiis , iiisi quod ipsi fcce-
runt, nihil placet. Nur schade, dass sie auf den simius
Diuiiis, um mit IMai zu sprechen, gerade auf den Autor
keine Anwendung linden, auf »eichen er sie anzuwenden
so ausführlich bemüht ist, — als der würdige Patron
eines unwürdigen dienten; seine Liebe ist mehr ofliciell
als gerecht. Unser Urtheil aber , das die reiu ubjective
2«5
286
Ueti-achtuiic; zur innersfon Ueberzeii{,'iiii{; liililetc, tliirfeii
■lio clirjstlirli besclicidciicii AVortc nicht mehr iiiiistiiii-
iiieii, mit ilciica Zoiiaras das Werk seiner Müsse schlicsst.
(T. II. p. 311.)
Die Gelehrsamkeit, »•eiche das dem Zonaras ziipe-
schriebeiic Lexikon zur Sihau tr.'igt , ist ebenfalls nur
eine beschränkte zu nennen; auch hier ist aus ein Paar
Büchern ein neue» zusauiuienfjetrajfcn. "^Vir begntigcu
uns eine Bemerkung Blai's darüber mi<zuthcilen (Nov.
Coli. II. p. 5(i(i): ijuanujuam Zonaras ■ in liistoria sua
simius Diouis fuit, nihil ille tarnen ex hujus historia ha-
bet in Icxiro, qnod ex Suidae potius proniptnario snm-
ptum iion videatur. Quaniobrem vel Icxici auctor nou
«st Zonaras, rcl is certo ante Icctum Dioncm lexicogra-
phus fuit.
Bei einer neuen Ausgabe der Anualcu des Zonaras
bleibt noch erstaunlich viel zu leisten. Mit Zmcrsicht
dürfen »vir erwarten, dass der Herausgeber derselben für
das Bonner Corpus Bjz. , der rühmlichst bekannte und
thätige Dr. Finder, sich ein unvergängliches A^erdienst
um ihn eriverben werde. Ein sorgfältiger Comnientar
ist, nicht minder wie eine behutsame Constitution des
Textes, eins der Haupterfordernisse. Du Gange frei-
lich erklärt einen genauen Commentar über die Einzel-
Leiten für überflüssig (praef. ad not. bist.) ; bei solcher
Ansicht kann es uns aber nicht wundern, wenn er, we-
nigstens beim ersten Tlieil, für das kritische und histo-
rische rtlomcnt so wenig oder vielmehr Nichts leistet. Er
hat keine vertraute Bekanntschaft mit seinem Autor ge-
schlossen, und wenn er daher gar einmal einen kritischen
(jirilf versucht, so ist es gewöhnlich ein Fehlgriir. Da-
hin geliiirt es, wenn er dem Zonaras zuversichtlich einen
Philo und P.'ianius als Quellen andichtet, wo derselbe in
Wahrheit ganz andere Schriftsfeller , wie die Kirchcn-
gescliichte des Eusebius, benutzte.
Bringt man nun eben in Anschlag, wie wenig die
bisherigen Herausgeber dieses Feld der Forschung be-
rücksichtigt, und wie sie sogar durch Verkennnng der
Kriterien und hierdurch veranlasste MissgrilTe nur dazu
beigetragen, dasselbe zu trüben und zu verwirren: dann
<lürfte »obl die zum erstenmal nnternommenc Sichtung
eines von den Historikern bis auf die neueste Zeit herab
meist ganz vernachlässigten oder ohne Urlheil gehaiid-
habten Autors nicht als unnüt<! erscheinen, noch Leistung
und Ausbeute, wie gering sie auch sein mögen, völlig
verschmähet werden. Nach ^Vollständigkeit rang ich nicht;
auch berührte ich. selten, was dem eigentlichen Zuecko
fern lag. Unzählige philologische un<l historische Be-
richtigungen mussten künftigen Herausgebern und Ge-
scliichtschreibern überlassen bleiben; ich meinerseits durfte
nur andeuten, nicht durchweg cou)mentireu.
Berlin. Dr. Ifilh. Adolph Schmidt.
II giudiziu di Pariile rapprcsentato sopra tre monn-
menti inediti publicati ed illustrati dat dott. Emilio
Braun. Edizione altera. Parigi , Didot 1838. L.
In dieser kleinen gehaltvollen Schrift, welche ur-
sprünglich ein Gratulationsprogramm zur IIuchz«itgfeier
des Hrn. Prof. Ritschi war, und ilanii in etitas ler.in-
derler Gestalt dem Publicum übergeben ist (daher edi-
zione altera) Jiat l\r. Br. drei bisher noch nicht bekannt
gemachte iMonumente , welche das Urtheil des Paris dar-
stellen, herausgegeben und kurz erkl{irt, eine A"ase von
Unvo, ein Basrelief aus der A'illa Ludovisi, und ein Re-
lief in Knochen gearbeitet. In der Einleitung deutet
Hr. Br. an, dass diese Arbeit nur als der Vorläufer einer
anderen unifass"nden anzusehen ist, «eiche die znhlrei-
cbf!: filonunicnte , die diesen Gegenstand darstellen —
und er gehört zu denjenigen, welche die bildende Kunst
in allen ihren Zweigen am häufigsten behandelt hat, ohne
dass wir überall nur Repliken eines berühmten Kunst-
werks begegneten, wie diess bei manrlien Gegenständen
z. B. dem Raube der Proserpina der Fall ist — zusam-
menstellen und ordnen wiril, so dass man an diesem Bei-
spiel den Entwickelungsgang der Kunst von ihrem An-
fange bis zum Verfalle verfolgen kann. Sihon auf dein
Tlirono des Ani^kläischen Ajiollo (Paus. III. 18, Vi),
wie auf dem Kasten des Kvpselos (Paiis. V. ((', 5), »ar
das Urtheil des Paris dargestellt, Vorstellungen, die wir
auf Vasenbilderu alterthümlichen S(_\ls wiederzuerkennen
um so weniger anstehen dürfen , da eine derselben auch
den Abschied des Amphiaros ebenso dargestellt zeigt, wie
ihn Tansanias am Kasten des Kvpselos beschreibt, wäh-
rend dagegen das erwähnte Knochenrelief im Stvl die
aulfallendste Aehnlichkeit mit den vor kurzem von A. Mai
mit diplomatischer Genauigkeit bekannt gemachten Mi-
niaturen znm Homer und Virgil zeigt. AVir gehen nun
zu dem Einzelnen über.
I. Die Zeichnung des im Bnllett. 1836 p. 16.5 ff-
kurz beschriebenen Vasenbildes, welche Hrn. Br. durch
P. Lnviola mifgetheilt worden ist, nur eine fluchtige
Skizze, ist mehr geeignet, eine ungefähre Vorstellung zu
geben, als die Vase in ihrer ganzen Pracht dem Be-
schauer vors Auge zu führen, die sich durch mehrere
Eigenthümlichkeiten auszeichnet z. B. , dass, die Flügel
der Eroten vergoldet sind , wie auf ilcm Gemälde bei
Piiilostr. Im. I. (i. In der Mitte sitzt Paris {.JAEEIN-
JPO^) in reicher plirvgis( her Traiht, neben ihm Hegt
sein Hund ; er hält in der Linken eine Art Sceptir , in
der Rechten den Apfel, welchen er im Begrifl" ist, der
Aphrodite zu geben, denn zu ihr wendet er sii li hin,
und von den beiden anilern Göttinnen, die zur Linken
stehen, ab. Zwei Eroten, welche Hr. Br. (nach Luc.
ü. D. XX. 15) Eros und llimeros nennt, sind thätig,
der Aphrodite den Sieg zu gewinnen; indem der eine
vertraulich sich auf Paris stützend ihm verführerische
AVorte ins Ohr flüstert, scheint der andere beschäftigt,
ihn auf die unwiderstehlichen Reize der Göttinn der
Schönheit aufmerksam zu machen. Bemerkenswerth ist
die verständige Gruppirung, vermöge welcher Aphrodite
als die Siegerin in diesem Kampfe ganz von den übrigen
Göttinneu getrennt ist. Auf der einen Seite steht llere
( IIPA), in stolzer Haltung, indem sie mit der Linken
das Scepter erhebt, mit der Rechten einen Zip'el des
Krcdeninon erfasst, welches von dem mit einem Kranze
geschmückten Haupte auf die Schultern fällt ; die Herr-
scherin des OIvmpns, die dem Ilirteiijünglinge die Herr-
schalt über Asien verspricht, ist vortrefllicb rharakteri-
■2s:
288
dirt. Neben ihr sichi Atlieiie {J&U?\ IIA) , mit Helm
uuil Aiffis, in kriegerisclior SU-lliing, in der Rerliten den
ScIiiUl, in der crJioLeiien Linken den Speer gefasst, .sclieinf
sie fegen Paris vorzutreten und ihm IMaclit und Ruhm
der SValTcn zu verspree Iien. Dieser aber wendet sich der
Aphrodite zu, «elclie auf der eiiti;egenge.setzt(Mi Seite die
Gruppe sthliesst { A0POJITH)\ in ruhiger Haltung
sitzt sie da, in der Reclitcn das Srepter haltend, ihrer
Schünheit bcHUsst, ihres Sieg; geitiss blickt sie mit ver-
fiilireriscliem L.'icheln auf den Richter, dem sie den seli-
gen IJesitz göttlicher Stliiiiiheit zusagt. ZMisciieu ihr
und Paris steht Hermes ( Il^PJfH^), ruhig, ohne An-
theil zu nelinien an dem, was vorgeht; indess ist er
vielleicht niciit ohne Absicht neben Apliroilite gestellt,
da «ir ihn audi anderweitig den Paris zu Gunsten der-
selben stimmend finden, s. Millingen A. U. 31. l. 17'
R. Roclietle, M. X. p. 2B1. (iegeniiber der Aplirodito
wird die Gruppe geschlossen durch eine sitzende weib-
liche Figur, welcho man der Stellung und dem Platze
nach, den sie einnimmt, für eine Localgottheif zu hal-
ten geneigt wSre, wenn nicht die Beischrift dagegen-
gprache. liber ihrem Haupte nämlich liest man K 1 Y-
ßlEMI, das offenbar verschrieben ist fiir KA YMENH,
wie auch de Witte, cab. Etrus^uc p. 12'), n. 2 bemerkte.
Unter den sieben mythologischen Frauen, die diesen
INamen filhrten , zieht Ilr. ßr. die seit IFomer (II. y,
l44 f.) vielfach erwähnte Dienerin der Helena hierher,
welche, von Paris mit nach Troja geführt, naclihcr von
den siegreichen Griechen wieder gewonnen wurde ; vgl.
Paus. X, 26, 1. Ovid. Her. X^'I, 257. X^'II, 207. Dict.
Cret. I, 3. V, 13. Er glaubt, dass diess eine Ilindeu-
luug auf die als Lohn verheisscnc Helena sein solle,
indem es an die durch neuere uivthologisclic Forschun-
gen lieransgestcUtc , so häufige Erscheinung erinnert,
dass eine Eigenschaft einer Gottheit gleichsam aufgelöst
und verkörpert als eine neue mythologische Person auf-
tritt, sowie durch die Aeltern , Kinder, Angehörigen
einer mythologischen Person die Eigenschaften derselben
bezeichnet werden. Oder am :li , man könne annehmen,
dass Klvmene geradezu für Helena gesetzt sei , w eiche
Erklärung mir noch ansprechender erscheint. Dass ge-
rade auf Vasen öfters statt des Namens ein Beiwort ge-
setzt wurde, das die Person bezeichnet, ist unzweifel-
haft, man sehe die Beispiele, welche Welcher, HjP"
Rom. Stud. p. 30Ö f Bullrlt. 1833.-, p- löO f. und nach
ihm R. Röchelte niem. sur Atlas p. 5S f- gegeben hat.
Gewiss ist y.LviJ.Lvr für die Helena ein passendes Bei-
wort; ja, wenn man erwähnt, dass Kli/i/ienos den Hades
liezcirhnct, und dass auch Klymene in manchen IVIvtlicn
dieselbe Beziehung hat , dürfte man vielleicht die \et-
muthung aussprechen, dass dieser Name hier gewählt
«ei, um das Verderbliche dieses dem Paris gebotenen
Geschenks anzudeuten. — Oberhalb dieser Figuren sehen
«ir auf einem zweiten Plan noch vier andere : gerade
über Paris erscheint Kris (EPIS), von weh her aus dio
Büste sichtbar ist, schadenfroh auf ihr AVcrk herab-
sehend; über dem Haupte der Aphrodite sind zwei ge-
fallig grnppiitc weibliche Figuren, von denen die eine
sitzend einen Kranz flicht, während die zweite in der
Linken den schon gewundenen Kranz hält, indem sie
sich auf die Schulter der andern stützt, über beiden
ist I'J }r } AI .1 geschrieben, offenbar dienen beide zur
liezeichniing des Sieges der Aphrodite. *) Hr. Hr. be-
merkt ilabei , dass ahnüche \anien und Figuren ähnlicher
Bedeutung nicht seifen auf ^'asen sind, I führt als Bei-
spiel die Choronike beim AVettstrcit des ThaniTras (M. J.
ilel Just. H, 1. XIH, vgl. Ann. VII, p. 237) und di»
Apule auf einer noch unedirten ^'ase an, die den Turnus
darstellt (vgl. Bullett. 1S34, p. lliö ). Diesen beiden
Frauen gegenüber, oberhalb der Klunenc, sitzt Zens
(Efiyyj, das Haupt bekränzt, das gestickte Gewand
ist auf die Hüften hinabgefallen und lässt den Oberleib
bloss, in der Rechten hält er den Scepter, in der Linken
einen Ziveig; Hr. Br. vermuthet, dass Zens hier weni-
ger als Lenker der Welt, denn als Preisvertheilcr darge-
stellt sei, indem er an die Statue des Pliidias erinnert,
welche in der einen Hand den Scepter, in der andern
die Nike hielt (Paus. V, 11, 1). Auf eine sehr anfal-
lende AV eise erscheint rechts der Wagen des Heliof: ,
dessen vier Rosse nur zum Tlicil sichtbar aus den Wel-
len aufzusteigen scheinen , geführt vom Sonnengotte selbst
(IlAIO^), der auch noch durch eine mit Strahlen ver-
sehene Scheibe bezeichnet ist. Hr. Br. erinnert an das
Frontispiz des Parthenon , wo man im linken Winkel nur
die Köpfe der Sonuenpferdc lieriorragen sieht, um den
Sonnenaufgang zu bezeichnen, fügt aber hinzu, dass es
schivierig sei, eine Ursache anzugeben für die Erschei-
nung des Helios bei dieser Scene, dass es indessen nicht
erlaubt sei, eine Willkür hierin zu finden, da auch auf
dem folgenden Basrelief Helios gegenwärtig ist. W^enn
ich mich nicht irre, ist Helios a.uch auf einer Vase bei
Dnbois. IMais. introd. ])1. CXX beim IJrtheile des Paris
zugegen. Das einfachste scheint es, mit Hrn. Br. anzu-
nehmen, CS solle dadurch das Anbrechen des auf die
Hochzeitsfeier folgenden Tages angedeutet werden: nach
Lucian. I). D. Mar. 5 find das Urtheil am Tage nach
der Hochzeit statt, eine Anspielung darauf, dass Eris
den Apfel von dem der Obhut des Helios anvertrau-
ten Baume gepflückt habe , worauf Hr. Br. hindeu-
tet, scheint mir dagegen gezwungen und zu weit her-
geholt.
(Bes chl uss folgt )
Personal-Chronik und Miscellou.
llostoek. Die bicsipc tlicologische FacultUt lial dem Pro-
fessor c\lraordinarins der Tlicolopic in Jena, Hm. Cail From-
ni ann ,■ wie Ci in dem unter dem 5. März ausgefertigten Diplome
licisst, ,.propler eriulitloncm tlieolojicani scriptis probatam egrc-
i;iaMU|iic docciuli faciiltatcni " die llicolocisclic Doctorwiiidc
honuii^ raiiui cill.cill.
") .\ur einer Vase bei D. Dorn ml Hebt man eine sitzende
wcildi-cbe Fi^jur, hinicr ilir eine .Stele mit der Insclirift
Zeitschrift
für die
AI t er tliii ms wisse 11 Schaft
Mittwoch^ 27. März
18 39.
Nr. 37.
11 giinlizio (li Paridc rapiircsontato snpra tre raioiiii-
iiiouti incditi piiblicali cd iiliistrati dat doft. Eiiiilio
Braun- ifidizioue altera,
( 15 e s c li 1 II s s, )
II. DiospR Relief silieiut, seit Winchclmann (Mon.
Iiicd. II, p. IStt) es priiahnt hat, keine «eitere Beriick-
siclitigimg gcfiiiulei^ zu haben, und wir sind Hrn. Braun
fiir die liekanntniaclning' desselben um so grosseren Dank
schuldig', <la die herrlieliAi Kunstwerke dieser l^illo so-
gar dem Bestliauer seit einer Reihe von Jahren nur sehr
siimer zug.'inglirli sind. Es befindet sich im zweiten
Saale des Casino in die Wand eingelassen, ist von sehr
guter Arbeit und vortrefl'licU erhalten, indem nur die
Figuren in der recliten Ecke gelitten haben, besonders
die Nymphe, indessen ist das Vorhandensein von keiner
zu liezweifeln. Es ist schwer zu sagen, wclciics der ur-
sprüngliche Zweck dieses Reliefs gewesen sein mag,
denn fiir einen .Sarcopliag scheint es nicht nur zu gut
gearbeitet, sondern anc!i zu gross zu sein. Zu bedauern
ist es, dass die von einem geschickten Künstler gemachte
Zeichnung unter den Iliindeu des Lithographen verloren
hat, so <lass die Abbildung die Schiinhcit des Originals
allerdings nicht ganz wiedergibt, holTentlich wird Hr. Br.
sie bei seinem grösseren Werke durch eine gehiiigenerc
ersetzen können. Auch hier nimmt Paris die Mitte der
Coniposifion ein, umgeben von seiner lleerde, sitzt er im
Schatten eines Baumes in weichlicher Stellung da, die
Linke auf den Stab gelehnt, den Kopf mit der Rechten
aufstützend, und aufmerksam dem geflügelten Eros zu-
hörend, der, vertraulich die Hand auf seine Schulter
legend, ihm verführerische Worte zuzuflüstern scheint.*)
Und nicht ohne Erfolg, denn schon erscheint er abge-
wandt von der Frau, die züchtig bekleidet, die Syrinx
in der Hand, neben ihm steht und mit traurigem,
ahnungsvollem Blicke ihn ansieht. Schon Winckelmann
hat sie richtig erkannt, es ist die Nymphe Oitione, wel-
che die erste Liebe des Paris genoss , sein Ilirtenleben
mit ihm theiltc und nun vermöge ihrer Weissagungs-
kraft li-'ardien. erot. 3. Conen b. Phot. p. ISO B. AppoUod.
III, 1.?, (V) alles Unheil voraussieht, das dieser unselige
Wettstreit über sie und den Geliebten bringen wird. Zwar
*) Anch auf einer Gemme bei Zannoni s''"- di Fir. 1. 22,
n. 1 ist Eros in derselben Stellung bcsciiaftigt , den Rich-
ter zu Gimsteu der Apluodite zu stimmen.
wird von keinem Schriftsteller Oiiione als gegenwärtig bei
dem ürtheil genannt, bei Ovii!(IIer. V, 3ÜJ sagt sie sogar
ausdrücklich, ut mihi marraati , allein diess wird Nie-
mand irren, der die verschiedenen Bedingungen der bil-
denden und der Dichtkunst erwagt. Auf einer Erhöhung
steheil rechts von Paris' die 3 Göttinnen, auch hier
durch Hermes Aphrodite von den übrigen getrennt, er
mach^ ciAe Bewegung mit der Hand gegen sie, als wolle
er sagen: Seht da, eure Siegerin! Ifere ist kenntlich
durch Stephane und Scejiter, Atltene durch den Helm,
wobei sie übrigens ohne WalFen ist, beide drücken linmutii
und Stolz aus, wahrend Aphrodite mit einer graziösen
Bewegung den Schleier hebt, der ihre himmlische Schön-
heit verhüllte. Auf iler andern Seite sitzt neben dem
Baum erhöht eine bartige männliche Figur, über deren
Bedeutung Zvi eifel entstehen könnte: denn während man
sie für eine Ortsgottheit zu halten geneigt sein möchte,
dürfte wiederum die Löwenhaut, auf der sie zu sitzen
scheint, sowie der Umstand, dass sie eher' eine Keule,
als einen Scepter in der Linken zu halten scheint, einen
Herakles erkennen lassen. Indessen scheint der majestä-
tische Ausdruck des Gesichts, der eigenthümliche Haar-
«urf, der Antheil , den er an der Handlung nimmt, so-
wie die Analogie ähnlicher Momerfe keinen Zweifel zu-
zulassen, dass wir hier Zeus sehen, der von der Höhe
des Ida herab dem Wettstreite zusieht. So werden wir
auch wohl nicht irren, wenn uns die neugierige, hastige
Haltung des weiblichen Kopfs, der bis zum Busen neben
Zeus sichtbar wird, die Eris zu verrathen scheint. Auf-
fallend ist die Erscheinung der Artemis neben derselben,
allein die schlanke Gestalt, wie iler Köcher, macht sie
unzweifelhaft; es möchte schwer sein, einen bestimmten
Grund ihrer Gegenwart anzugeben, allein sehr glücklich
hat Hr. Br. hiermit die Stelle beim Tansanias in Ver-
bindung gebracht, aus der allerdings hervorzugehen scheint,
dass auch auf dem Kasten des Kypsclos Artemis gegen-
wartig war beim Urtheil des Paris. *) Freilich ist da-
') Paus. V, 19, 5: "A/Fi Se xa\ 'En/j^g Trao' ^AiitavSiiov top
ITinduov Tck >?*"? xoi&ijaofurai VTteQ tov xdXXoVf' xac i'üTiy
inCynautnc xai royrot?.
^Eotuta; oS^ ^AX.e'idvSqia Setxvvat dtairtjy
roi; elSoCi "Hfiay xa\ '[A&uvSv xa\ '^lipQodiri;i'.
'A^T^uii Si ovx olStt , fip' 01(0 Xoyo} ■minvyaq i/ovaa fariv
Ini. TMv touoir, xiä rrj /ttr St'iiü xaTt'Xf^ ■nduSaXir, rij ai
fTf„(t Twr %fiocöy h'orTu. Gewöhnlich fasst man das letzte
als" eine besondere Darstellung, ich glaube, mit Unrecht.
291
292
Dii< der innere Grnni] noch nirL< anfgpfundon , allein es
ist (lü(h eine alte Trailition für ilirse Uarsfelluii); j,'c-
Miiiineii; uiiil Ilr. Br. knüpft daran die rirlitigo ücnier-
luii^, dass in der kiinst , «io in der Sprailie, geivisso
Eisriieinnnijcn , die den .'illesfen Zeiten anfjeliiiren nnd
dann irr«isrht >iurden, pliitzlicli oline sirlitbare IVsarhe,
«je "rjfanisrhe nnd nothn endijje Elemente iiirder licr-
Tortreten. — Ac-lien Artemis ersriieinf nnn aueh hier,
aber kleiner, Helios; oh^lcivU der 31arnior an dieser
Stelle einijje Besrhadi|;iin'ren erlitten hat, so ist doch
der Sonnenjjott , der auf seinem mit 4 Rossen bespannten
Hagen im rasrhen Lanfe daherkommt, norh dentlirh zu
erkennen. l nferlialb der znlet/.t genannten Figuren sieht
man ilie liegende Figur eines Flussgottes, der sich mit
der Rechten auf ein Steuerruder stützt, während die Linke
die Urne liält, der das AVasser entströmt; Ilr. Br. nenn!
ihn Kehres. Allerdings heisst so der Vater der Oinone
-Lei Apollud. 111, 12, li. Parthen. crot. 3 n»d Endoc.
p. 32'.l (denn dort ist ;; Oivujvij ^y.itjQlJvoQ dvyÜTI'Q
1 crschrieben statt ;y Ii.ißo. ihy., sowie etwas weiter
unten (''.:i aydfina. statt änayyßiiOO.), während Andere
ihren Vater nicht nennen, wie Lycophr. 59- Con. b.
Phot. p. ist) B. und Orid, der sie Her. V, 2 Pegasis
Oeiinne und r. 10 edilti de magno ßuvio nx/mpha nennt;
da indessen Parthenius ausdrücklich sagt, er habe Oinone
»on ihrem Vater weg auf den Ida geführt, so ist es viel-
leicht richtiger, den Scamattdros in dem Flussgotte z»
erkennen. ^cben ihm erscheint noch eine jNvmphe.,
lilier deren nrsprüngliche (Jestalt sich nichts Bestimmtes
sagen lässt , da hier der i'Marmnr am meisten gelitten hat,
indessen ist ihr Dasein 8i<'her. Ilr. Br. bemerkt mit Recht,
das«, so sehr man sich auch fersucht fühlen möchte, den
Hainen Kl^mene vom Vasenbilde aul diese Figur zu
übertragen, ein solches Verfahren doi h nicht raihsam
sei; er glaubt, man kiiiiiie in derselben eine jener N\m-
phen erkennen, die den Paris als .Schäfer geliebt hät-
ten. AV'ahrsciieiulich hat er die .Stelle bei Ovid im Sinuc,
»o Paris der Helena schreibt (Her. XVI, 95 f.)
Ncc tantuni regum natae petiere ducumquc,
Sed Ä'wiiphis etiani ruraque aniorijue fui;
iiidess möchte ich darauf kein grosses Gewicht legen, da
dieses »ehr wohl von Oinone allein verstanden werden
kann, und eine andere Tradition ist mir wenigstens nicht
bekannt. Die Nvmphe aber neben dem Flussgotte wird
um so weniger befremden, wenn man die Stellen bei
Euripides erwähnt, Iphig. Aul.
ot' iiTti -/.orjvaiaioi Soüoot; Hon UaLküdi i' Iq/v
toiv fioorfüq ö. KtTTot; toytv, und
fÄi'jjioT oJffiiKev ruv üi'.cfi fjovol ßav/.ÖKov xoa-
<fi6vT 'Al.i^avi)ooi' oh.ioai üixpi tu kevy.ui/ vöujfi,
Ö9i y.otjvai Niuffvjv y.tiviat v.. t. Ä.
III. Das srhlechtgearbeite, aber interessante Relief an
eiiieni Hinge aus Knochen stellt zwei Handlungen dar,
den Augenblick iler Hochzeit des Peleus, wo Eris den
Apfel hineinwirft, und die .'3 Göttinnen mit Hermes;
Apluodite. diesem zunächst stellend, ist nur mit einem
leichten (^i-waiid bekleidet, ilas nur den Rürken bedeckt,
uud den \'orderthcil des Körper» ganz nackt zeigt, mit
beiden Händen fasst sie ihre Haarflechten, es scheint
fast, als sei es eine ungeschickte Nachbildung jener häu-
fig vorkommenden Darstellung der sich die Haare trock-
nenden Aphrodite {Millin G. M. XLIII, 175). Keben
ihr steht Alltene niit Helm, Schild nnd Lanze, dann
folgt Ilci'e ganz verhüllt, in der Rechten das Scepter,
neben sich den Pfau. Aphroditen zur Seite steht Her-
mes, mit Chlamvs, Flügelhut und Kerükeion , den lin-
ken Fuss aufgestützt, hält er den Apfel seiner INachbarin
hin. Und in der Tliat spricht Hr. Br. die niciniiiig aus,
dass Hermes hier an der Stelle des Paris das Richter-
amt versehen habe; ich glaube diess nicht, denn Hermes
wendet den Kopf von der Aphrodite ab und scheint
Paris zu fragen, ob er ihr den Preis zuerkennen solle.
Auch liabe ich, als ich bei Fassati das Relief unter-
suchte und die verbrochenen Stücke des Rings zusammen-
setzte, gefunden, dass an dieser Stelle etwas fehlte, und
gewiss ist auf dem fehlenden Stücke Paris dargestellt
ge»vesen. Ilr. Br. erkennt dieselbe Scene auch auf der
Tazza des Xenokles bei R. Rochelf M. J. XLIX, 1;
mir scheint, dass man auch da richtiger eine dem Ur-
theil vorangehende Scene, etwa eine Unterredung, wie
bei Lucian , sehen kann , denn « eder die von Panofka
Ann. II, p. 1S8, noch Lcnormnnt cab. D. nr. ü5 ge-
gebene Erklärung kann ich für richtig halten.
Dieser Auszug, für den ich auch die reichen Samm-
lungen des Verfs. benutzen konnte, wird genügen , auf
die Sihrift aufmerksam zu machen; es würde sich für
mich nicht geziejnen , einen 31ann zu loben, dessen auf-
opfernder Freiuulschaft und belehrendem Umgänge ich
so viel zu danken habe. Xur den \Vunsch noch sei
mir auszusprechen vergönnt, dass der Verf. bald ilie
Müsse finden möge, die Andeutungen, welche als das
Resultat tiefer Studien in dieser Schrift niedergelegt
sind, auszuführen, und den reichen Schatz von Monu-
menten mitzutheilen , die er dafür gesammelt hat, und
dass er nicht zu lange zögern möge mit der schon sA
lauge vorbereiteten Herausgabe seiner Monumenti inediti.
Rom , Januar 1839- Ollo Jahn-
Ilcniici Dtintzeri syinbolae Attiauae. *)
I. Atreus.
Antecjuam de argumento fabulae disputamus , ipsa
fragmenta et quid de iis rclatum sit , videamus. Attiani
Atrei et huiiis ipsius personae verba esse seijuentia Ci-
cero docct. **)
*) Vide qnac seiipsi in bis di.iriis tH.iS , 5 sijrj. Miilta
sppiannn de Wclckeri opera in si'iecis tiai;icis posila ,
linde band parviiä in onines Roinmoriim traijicos rediin-
d.ibit friicliis, qiiibiis qciaiitiini fieii polest, reatitucndis
iaindiu operain dcdi et poslea dabo.
*•) Ouac vul;o « Cic. Tusc. IV, 36 adl'eruntnr, minlnie Airci,
seJ TpliiKcniac Kiiniaiiac esse docni in Museo Khcnano
V, p. 444 sq. Ad Alridas, niiniuie ad Alreum (cum Biir-
inanno, Scriverio cl üolhio p. 2«1), rcfcicnda sunt,- ipiae
Quint. l.\, 3 et Diom. p. 443 ex inccrlo poela laudant.
293
294-
I. fleriim Thyesles Atveum uttractum advatit :
lleri/m itim ndgredilur me et quietum exsitscilat.
Mitiiir mihi violes . mi/ius inisceiidiim est mnlum,
Qui illius (tcerLum cor contundam et cimiprimam.
De ora<. III, 5«, 219. ^. 3 sq. praeierra le^oiiifiir
de iia<. «1. III, 2ß> fi8 (ijill" fiiiiostas oiiiilas fiatri coiii-
paraiis") et Tusc. l\, 36, 77, qui locus ab oiiinihus iio-
glectiis est („Atrei , eins, qiii ineditatur pucnam in fra-
treni noram"). Attii noinen nun landatnr. V. 1. verba
.4lreu?n atlractum in codd. varic tiirbata, corrupia vidcii-
tur. Lanibinus eonierit A. altercntum. Fort, ad me
allrectatum (luins cod. attrnctatum).
II. Qui non sat habuit coniugem ille.ve in stuprum.
III. Quod in re summa siimmum esse periclum nrbifror;
Matres coinf/uinii?'i regum , i'egiatii,
Co/itiiminari stirpetn, admiscert geiius.
IV. Addn hi'ic , quod mihi portinto caelestiim pater
Piodigium ?nisit regni stabilimen mei,
Agtiüm inier pecudes aiirea clari/m coma ,
Quem dam Thyenten clepere ausum e regia,
Qua in re adiutricein coniugem cepit sibi.
De iiat. d. III, 27, 68. De fr. II, cf. Iluschkius de
Auiiio Cinibro p. 44.
V, Proinde Ita parent se in vita, ut vinci ncsciaiU.
Atrei piacccptuMi dicit Cic. Tusc. V, 18> 52, poetae
nomine oinisso.
VI. fiunquam istatn imminuam curam infitiandi) tibi.
Cio. Pis. 33, 82, ubi, quo«! cditores oiniseruni,
Asrouius : „Prope noiius est, quam ut indicanduni sit,
hunc versuni esse Q. Attii poetae et dioi a Tliyeste
Atreo." Legeudnin videtur ab Atreo Thyesli.
VII. Ecquis hiic animadvertit? Vincite.
Attii Cir. Tnsc. IV, 25, 55 liaec rerba ease dicit
et ab Atreo prolata de orat. III, 58, 217 (Legas animadu.
vücali i elisa).
VIII. Multi iniqui atque infideles regno : pauci sunt boai.
Cic. Off. III, 21, 84. Multi — boni, inquit Attius.
At cui regne ? Quod a Tautalo et Pelope prodituui iure
oLtinebatur."
IX. Oderint, dum metuant.
X. — Natis sepulcro ipse est parens.
Atrei verba esse dicit Cic. Off. I, 28, 97. Prius fr.
praeterea legitur pro Sext. 48 , 102 ; e duobus coustat
creticis. Cf. Suet. Calig. 30. Sen. de dem. I, 12- II, 22-
de ira I, 16.
TLvestis haec sunt :
XI. Impius hortati'tr me f rater , üt meos malis miser
Miinderem natos.
Cic. Tusc. IV, 36, 77 („audi Thyestem"), de orat.
HI, 58, 217.
Cic. Ofl. III, 28, 102 („.-ipnd Attiuni fregislin — cui-
quam, qnamqu.nni ab inipio rege dicitnr liuiilcnlc (auien
dicitur"), 29, lOli („iiam illud qnideni 7ieipie — cuiiiuam
idcirro recte a pocfa , quia, quuni fra< (arcdir Atreus,
per.sonae soriienduni ftiit). Alter versus e qiiattuor cou-
stat baccliiis (v. do i'oii eliditnr, sed corripitur)' .(oatines
SarisLeriensis de nugis ciirialium VI, JS locum Ennio
tribuit et legit cuiquam fidem.
Scquantur fragmcnta, quae ex Attiano Atreo adfernnt
grammatici.
XIII. Simül et Pisaea prae/niit arrepta ä socru pns- .
sedit suo.
Prise. VI, p. 698 (p. 248 Kr.). Cf. locum poetae a
Cic. Tnsc. III, 12 senatum:
Ex Tantalo prognatus , Pclopc natus , qui qnon-
dam a socru,
Oenomao rege, Hippodamiam raptis nactus est
nupfiis.
XIV. Epuldrum fictor, scelerum fratris delitor.
Prise. IX, p. 698 (p. 469 Kr.). Delilor a delino
descendit, Prisciano teste.
XV. Concoquit partcm vapore flammam tribuit verubus
laccrta in focos.
Ita verba apud Noninm v. lacerti se liabent. ^'ossius
et Bothins legunt: c.p.vapnr ßammue Incerla tr. v. i. f.,
quns seqnitur IJergk. in I\lnf. Rlicn. III, p. 82, nisi
quod pro tribuit coniinit stridunt et pro focos foco. Nos
Icniore emendatione ntiuiur. V. ßammam e Incerta cor-
riiptuin videtur, quae ipsa vox , quuni librarins eani de-
»idcraret, addita est. Legimns igitur :
Concnquit partem:
Vapore, Lacerta tribuit yerubus in focos.
In focos distribuit lacerlos. Cf. Seil. Tliyest. 7(i5 sqq.
XVI. Ae cum tyranno quisquain epulandi grdtia
Accütnbat mensam aüt eandem vescatur dapem.
Non V. vesci.
XVII. Egone Argivum imperium tit/ingnm aüt Petupis
digner dotno?
Cui me ostendam? Quiid templum ndeam'l Quem
iire funesto adloquar l
Non V. digner. Bothins in Mus. Rlien. V, p. 2.5''
cum Vossio sine iusta caussa Pelopia. Pro cui Hlerc. mm
Sli'phano quo.
XVIII. £^0 incipiam, cotiata exsequar.
Kon. V. conatus. Bothii ergo et e.vsequor facile ca-
rcnius.
XIX. Sed quid tonilru turbida torvo
Concüssa repente aequiira caeli
Sensimus sunerel
Nov. V. sonere. Cf. similem Attii locum, quem dedi-
iims in Zimuiermanni diario 1838, p. 54.
E rixa Thvestis et Atrei : '
^11. Th. Fregislin fidem?
A. Neque dedi, neque do infidili cuiquam.
His addimus locnm hucusque neglectum, Servii ad
Virg, Aen. VIII, 130: „At Maiae filins IMcrcurius, ex
quo Arcades, de quibus Evander , quod Attins in Atreo
pleuiug refert." Huc pertiuere suspicaraur verba ex in-
295
29G
rcrto |U)cfa Ijiiilata a Sciicca Ep. 81 ei Qniiif. IX, 4,
140, ijiiac A<(ii essp iam Rufj^ersiiis {^'. L. ^^1, 1} i'on-
icrit (cf. Gocllcr ad Cio. Or. p. 35U sq.):
XX. En im/iero Aigis : sciptra mihi liquit Pelops,
Qua Punlo ab Helles alque ab luniu ?nari
Urgelur.
' Pro en alii codil. e.r s. ecce. Riifgorsius of Drlriiis
coniecermit rex. llaoc vcrha Cicero qiiocjue icspiiit (Or.
49, l()i): .,Qu(i Poiilo ab Helles suporat moduiii: at au-
i-alus arces Culchontm spleiididis iioiniiiilms illiiniiiiatug
est vprsiis, sed proximiis iiiqniiiafus insiiavissiuia litfcra
iiiiitiis /rugifera et ferta arva Asiae tenety lila aur.
— Coleb, et frug. — tcnet forfasse hos versus subscciita
sunt. Botliiiis p. L'S.5 vcrba qua Poiilo ab Helles proprii
fragiiioiiti nuiiiinc eiiiiiuerat, qiiod iure mireris. Atrpum
Atta jraiidein et incitatum , scd diiriorem paiillmn et
acerbiorem fuissc tradimt Cicero de or. III , [)S et Gel-
lius XIII, 2.
Priorem versiiin ex Aiinalibns dcsuniptnm et sit ad-
dciidiim esse iiirelicissiiiie stispiratiis est Pecrlkanip. ad
Iloratium p. 108. Cf. tu TavTc'ikeiuv anifjiia Euripi-
dis (Ipln'ff. T. iJSS) et Aeschvli TavTakidui (Ajf. 1409).
Attii faliulam e .Soplioclca desiiintani esse iure siio sta-
tiiit WcliLer.
Omnia de Attii Atreo relata pleniora et accnratiora,
quam viiljo Icguiitur, dediiuus. De fabulae argumento
sagacissiine nuper AVelcker disputavit in Ziiiimenuaiiiii
diario (l'^SS, p- 224 SfI<l-)> quoc"'» maxinic iinbis coii-
venit. Tlivestes adreiiit Atrciim tentaturus paris roiici-
liaiidae iioriüiie, se<l Atreiis siispicax est quiimquc a servo
audieril, illuin cum Aerope uxore , quam stupraverat (cf.
Eur. EI. 720 sqq. Or. 10J9 sq., Sen. Tlijest. 222,
239 sq., Or. A. A. I, 327 sqq.), consilia iiiiisse, illaui
vinci iubet (fr. ^'H), fratri autem mala meditafur, dolos
nrciipaiis (fr. X^'lII). Enumcrat, quae fratcr in se com-
miserit, uxore rorrupta (fr. II, Hl), aureo agiio occul-
tato (cf. .Sen. Thjcst. 2:^0 sqq., Eur. El. 719, Ipliig.
T. .S13, Or. 812, 998 il>. Sfhol. ad. v. 800, 889) — "
fr. IV — , quum sibi rcgnum, quod iure obtineat (fr.
XIII, XX), dcripere studcat,, et cog-Kans, fratreni fa-
cile seditioncm excitare posse (fr. \, ^111), scelus ma-
chinatur (fr. I). Dum chorus magna cum aiixictate
rerum eventum exspertat, tonitru oritur (fr. XIX). Fra-
(res ex aedibus cgrediuutur. Tliycstcs Atreum inrusat,
quod sibi iiilem fregerit (fr. XII), quod summum ucfas
(ommiscrit (fr. XI, XIV, XV), quae Atreus inridct
(fr. VI ♦), X. Cf. Wclcker p. 226), eique populi iram
ininatur; sed ille respoudet, metu et vi pnpulum subi-
{(pudum esse (fr. V, W). Diras fratri iniprccatur Tliyes-
tes discedens (fr. XVI, X\'II). Fortasse chori vcrba
»unt, quae Cicero de nat. d. III, 38 et Cliaiisius p. 70
c\ Aftio adferunt, a Bottiiu, AVüstemauuu suadente , ad
Pclop-das fp. 229) relata:
XXI. Quiniim Tantaliilarum internecioni modus
Parelur aut (juaenam ünquam ob morlem Mi/rttli
Poems luendis diibilur »alias siipplici? Cf. Sopb.
El. 504 sqq., Eur. Or. 1545 sqq.
') Si in Ascnnii loco nihil iniit.induni est, coniiciamui
oportet, Thjc5loni Atrco ilicere , sliipiuni Acioprs sc
nullo modo ncgirc. Sed melius slaluiinus , Aliciim
TUynsli, ipiuin accusanti, dicerc: ,,libcros tibi appoiui;
vciuiu loipicris."
Personal-Chronik und Miscellen.
Nass.iu. IN.Tcli einer vorliegenden gedruckten Anlündi-
gung des licicbliänillcrs Mejer sen. in Br.innscbweig , scjl Tun
dein Hrn. Ohcrsclniirritlic 1"" r i e il e in a n n zu Wcilbiirg im KanlV
des J. IS39 lül.cnde nusfiilirliclic und fiir das IiöIutc Unt^r-
riclilswescn seiir bcdcnlendc Aclensamnilnng crscbcincn; ,,/>ii'
Bilduns,sanslaLlen für Gymnasiallehrer in den voriügliclialin
eurnjutisclicn Landern. Gesciiic?tte , Statuten nnd aiidere Ur-
hiiiuhn.-' Uli. I. wird die pliilologisclirn und pädagogischen
Seininaricn der Universitäten und ähnliche Einriclitnngen und
Ansl.dU-n Deutschlands ninfassen. Bd. II. wird eine dentsche
Uclicrsotziing von V. Consin's Schrift über die Koiiigl. Franz.
Nornialsclude zu Paris gehen: ,,Ecole nnrmiile. Reglements ,
Pro^rammes et riafiports. Par. 1837.'- Bd. 111. wird das enl-
hallen, was in den übrigen Staaten ilafiir bestehet, \n Hulland.
Dancinarl. , Jüi^land , Nonvcgen , Schweden, Husslund etc. —
Die latciniäcben Urkunden bleiben uni'ibcrsetzt ; von Urkunden,
die in den Lan<lessprachcn erschienen, wird eine dentscbo
Uci)cisctzur.g gegeben. Zugleich enthält diese Anzeige die wei-
tere Kotiz über die ,,Paranesen f. Studirendc'' ebcndosselbcn
Vcrfs., wovon ßd. I. in 2. Atill. kiirzlich erschienen und in die-
sem Jahre noch erscheinen Bd. IV. und 15d. V. (Bd. IV. Ablli. I.
ist bereits ausgegeben). Nanientlicb winl Ijeiucrkt, dass Ucber-
.sctztingcn uns englischen und französischen neuen Scbrirten von
V. Co"us.in, van Ileusde, N. Lnndais, B. Peel, M. Rus-
sell, St. M a r c - G i r a r d i n , T e g n 6 r , W b c w c 1 1 . W y s e
u. A. in den neueren Heften enthalten sind.
Cassel im März 1839. Das dicssjänrige Programm des
hiesigen Gymnasinins enthält: Pliitarchi Pbocion. Cap. |. — III.
Spccinicn editionis, ijnaiii |)arat Dr. .1. C. Flügel, S. I — 23,
darauf folgen Scbulnucbrichtrn S. 2,') — 63 von dein Dircctor
Dr. Weber. — Wälircnd des letzten Scbnliahrcs schieden von
der Anstalt: zu Ostern der Zeichnenlehrcr Ffanknch; zu Mi-
chai'lis der Lehrer der neueren Sprachen, llülfslchrcr Dingei-
ste dt, in gleicher Eigenschaft nach Fulda versetzt, und der
Auscultant Dictcricb. Der Lehrer der Geographie und Na-
turgeschichte, F. F.. Lichtenberg, seit längerer Zeit durch
Krankheit am Unterrichten gebindert, wurde bis zu Wiederher-
stellung seiner Gesundheil auf Wartegeld gesetzt. An die Stelle
der Ausgeschiedenen traten: O. V. L. Appel, als Zeichnenleh-
rcr; Dr. Müller, IHilfslebrer , seit Jan. d. J. ordentk Lehrer,
für neuere Sprachen, friiher in Rinteln; F. A. Domnierich,
als Lehrer der Geographie und Naturgeschichte, früher in Hanau,
und Dr. FTirstenau als Auscultant, früher in Mersfeld. Mit
der Leitinig der neueingcrichlcten Turiiübungen wiinle der Can-
tor Schwaab beauftiMgt. — Gehaltszniagrn erbielli-n DrMül-
1er bei seiner Refördening znm-ord.-ntl. Lehrer 200 lilhlr., Pfarrer
Matthias und Dr. Riess jeder 100 Bthlr., Gcsanglehrcr W i e-
ganil 50 Bthlr., dem Ausciiltanlcn Dietcricb wurde eine Grati-
ficatiun von 5() Blhlrn. ertheilt. — Die Schülcrzabl betrug zu
Anfang des Winirrsemestcrs 286 in 0 Klassen und, da die Quarta
gelhcilt ist, in 7 Klassenzimmern. Zur Universität gingen zu
Michaelis 3 . zu Ostern 5 Schüler ab. ~ Die Gymnasialbildio-
Ibek erhielt ausser dem jabrlieben Etat von 100 Rtblrn. noch einen
besonderen Zuscbuss von 200 Rtblrn.; zur Anschairuug dcsTnrn-
apparats wurden ebenfalls 200 Bthlr bewilligt.
Zeitschrift
für die
AI teithumswissen Schaft.
Fr eitler, 09. März
18 3 9.
Nr. 38.
Analecia ad Sojhoclis Aj;>cein. Von Dr. Jpitz.
(Fo r ts e t z 11 n jj.)
V. .'j')!. 'i^£o9i jj,' oiov aoxi v.vua (foiviao. vno
liakrjz, äficpifioofiov y.L)0^€icui] liiiigoiKlum est (dsriit^-
iie neqne uiKfii)()Onov US. Aesrhvl. Proin. V12- l'ätadc
[i Uta :cuu; ,^hüjv tiÜoxm i)fo:. Ibid. 11 ,'9. iouoni
11' vjc iv.htv.a .Tc-öy;. Soph. Trarh. 2'.'^. Ibov u
avaiaQU-oriii eroi fi o xiooug aori Jiay.'/^sw-v rno-
nrQS(fv)v ('.aikkni). Aiitig. 94<>. Xti'aosrs — tijv ßa-
o/kc/av iioivi.v Lo/Tii^v uiu uon- o'iu)v (i.vHotiiv nuoy(i).
V. Zh^. Olli 1 a)C, eor/.ac, ooda fAUorvueiv äyav\ Carc
ne Hernianiio auctore roiitenilas Trath. t23''. dvijo O'^ ,
w; eoiy.sv oi' veusiv siioi Cf9ivovTi. fioiouv. Adliibe
potins Antif. I'i70. o'ifi', w; ioty.ag Olpe ti]V öi/.ip
i'öetv. Praefprea iiialini cxarari iia(JT. äyav Stjkoe
f) e V.. T. X. (vg. fUtQC. ilyav. difkoi 8l x. r. A.). Nempe
dljkoi Ö8 TOvoyov s Mi äcfoovTtarajQ ej((/ praeredentis
dicti raussaui rontinet. Quo in gencre impriniis apud
Homermn 5t usitatissiinuin esse Ijodie satis noiiini est.
Coufer Eiir. Plioen. L>U5 , L>4H , 5J5 et Cic. Cat. M. 3.
saepe eniiii interfui rjuerelis ineorum aequalium, pares
autem vetere prnverlio cum paribus facillime congregan-
tur, quae efc. Apparet siinul w^ £oixa^ de re lera
dictum esse ut saepissiine, iteinqiic 8 o y. S i i' et viileri
iisiirpata esse animadvertiinus ad Eur. Plioen. 417 et
Caes. B, C. I. '>.
V. 355. 8i]}.ot 8s TOL'rtyov, w; dcpoovTtOTujQ syst]
(icfOOVTiorioi; srholiastes intcrpretafur tiai>iy.rij^. ,, Po-
tins, inquit Nevius, tu soyuv syst dcfoovTiarioz, i. e.
d/illjyavoj;,^' Vereor ut recte obloqnutus sit. Equidem
dcf^OVziOTUX; lysi nihil puto aliud significare quam
dffoovTtOTfi (conf. Thom. M. et Phavoriu.) sive d.(poüv-
riOTOi; iOTi, mente caplus est, uti Amor dicitur Theoer.
X, m
V. 356. /w ytvoi vc'.la^ domyov rsxfc-?, dl.iuv
ug eireßac: il.ioauiv n/.d.Tav] Confer. t. 565. ivdktui
ksoji. Exppdita verba Hermauuus fecit impedita, sie
resoliens: an oq ysvuq v)v domyuv vaiaz TSyva;,
äl.tov nkaro.v ikiaotov STlißtiQ, 0 qui mihi nauticae
expeditionis ndiiitor navem co/iscendisli, remisque pro-
movisti. IJenc Pors. ad Kur. Hec. 25H. „cum personain
circumlocutione sigiii'firant Graeci, quam ritissime ad
ipsam persoiiani revertuntur." Praeter ea , quae ad Eur.
Phoen. 8.^1 et | iOJ altulinius, compares Aeschyl. S. e.
Th. 173. f^i'ji' iv svioiüi (fik^ ^vvoixog si'ijp nu
yi'vMy.iiy yevsf yQa.TOL'oa ftsv yii(j x. r. /.. , se.
V y"^']- , , , .',
V. 3fi''. ''* TOI, CS TUI IIDVOV Oti QO/At Tldl^lLVVJV
SKaoV.BOovi'^ Vix potest dubium esse, quin nntf^iSViou
ex ßövov aptum sit et sigiiilicet ivjv SiiS.Ti u/iiuivuu-
TüJV y.cü ^C'.' TToVTOiV, ut sclioliiistes explicat.
V. 3(i(i. h> dcpößo/q fts xhjooi dtivov ■/t()az\ iVoii
erat cur interpretes de singulari voris itljuoi signifira-
tione disreptareiit. Ut alibi, ni fallor, semper sie liic
qnoque Hrutc ferae sunt. Attendeiidum eiiiin est So-
pliiirlcm peruiles iion simpliciter 'Jruaz, sed d.ifußot i
iiruciQ dixisse. Sunt vero d.ffoßoi i^ljosg, ut ad mo-
ilum poetanim tragicornm loqiiar, (/A)lj(JtZ ^ros: , siie
nitht zu fürchtende wilde Thierc; i. e. zahme Thiere.
fiaa dissimili modo Euripides dixit Ilec. |;).)(». riqktiv
(fi'yyoi; et Tr. .^(ih. iisi.aivav aiyka.v. Innuit igifur
Aiax se ne in feras quidem, sed in peeudes saeiiisse.
V. 371. vTif/y.s yui Cfoüi'rooi' ei] Aidi-fur pocta
imitatus esse Hom. II. £. 440. (foäCfo, Ti8ti8i], y.cd
X<'Cso.
V. 375. SV 8' e/ ry.eaai ßovoi y.ai y.kvxoii rrcoiov
(Uitokloii igspivov alfi' ^8nOa] Quum v. VM). vctt.
Lb. öksoag exhibeant, dubitari posse pufat Hermannus,
an Tisaüv seribeniluin sit, ut id cum ailiU ronstruatur,
ruiusinodi noti^inum perturbationes apud tragicos freqiieu-
tissimas esse renset At earum plurimae nun poetis, sed
Ilermanno tribnendae sunt, leluti r. 200, quem testatur,
noiinisi Uerniannus perturbavit.
V. 3T<). in> :ii'.i/^' (J0(i)v. dnävTtuv t' dei y.axuju
i')(jyavoi] ExElinsleii o])iiiione aut Trdv 9' öoo'ju , aut
dfldvTUiv 8 dl i legenduin e-^i- Illud adscifit Ilernian-
nus; ego cum aliis nentruin adiniltam. Noque Elnisleius
immutasset, si .Sophorles ö.ndvTiDV omisisset. .Scilicet
talem repetitionem ex praecepto illius aut 8k dehet exii-
pere, aut it praec eilcre. Sed merani vofis repetitionem
neutrum posse efflagitarc sana ratio doeet. Q"are q"nm
alia mutationis caussa nou ailsit, -neque TCav &' neque
d.nciVTujv 8' suffieienduin est. ^
V. 3>s4. 1801/11 viv, y.ntttSQ u)8' dxojutvog\ Resar-
riebat Elinsl. 'i8oiu' iju) vtl, VfloA non magis vprisimile
est quam Triciinii \nyeaiam, ■ idut^l 8lj Viv. Rectius
coniecit Hermannus i'80/fJ.i vlv VUV, sed festiiiantius,
puto, recepit. Probabilius enim videtur i8onu vi'V viv,
quia ad anteredens Slv T'O 9t(jJ 7l«s '<"' ytt.O. Zcu-
dögSTUi accomniodatius est. Suasimns hanc emendatio-
nem ad Tracli. 983.
299
300
V. 386- f.n;Sei' tjey' f'nT;^] Föns est IIoiii. Od. /.
28S' Coiifor, si <aiifi est, Kooii. praofat. ad Grejf. Cor.
p. IX et Hriii.lorf. ad Plat. Hipp. 3J. 34.
V. SOS. otVf yau Oidif ylio^, ui'^' ö.ueqUov vt'
ä^io^ /i}J-teiv riv' £/g üiijoiv dvdQo'iTiuiv'] Bliror vel
Tfevium ad i}£uji> ylno; praepos. ei'i rctralierc, (jtiod
si scqiierctur, mn' fv'i üueuiot\; dvdpojnui.;, iiou iie-
ccssarium (v. eiiarrat. iiostr. ad Eiir. Phocu. 2'M), miiic
vcro , ut ita diraiii, impusüibilc est. Coniparcs Eiir. Ilel.
' 34<l. TTorega Stu/.srai cfäog rei^p/TiTiä r' ächiui' ig
y.tkei'9-ü t' dorio'jjv.
V. 405. £1 TU idv (fdivit, (fikot, roiaö' öitov
neka^t uo'joati 8' ayouti Tigoay.eiut^a, na-; öl orpa-
Tog ötTakro; äv iie XHqI ((ov€L'Oi\ Haec est r<;. scri-
ptura, quae qiiomodo aptc eimcleari possit, (iiin ij^iiaris
ncsrio. Nee placet adiiiudiim qiiidquain eoriiin, quae vv.
dd. protulermit. Parum eiiim verisiniile est, qiiod Eliiis-
leiiis rescripsit, raÖE 6 öuDr , quainquam aptiiis esse
cxistiiiio TU II iv — Tuds 8' quam id , qiiod niiper
LoLerkius suasit et eins eensor (uniiers. litt. diar. a. Ifj.j?.
nuin. 67- p. .33 i) niirificc extulit, tu /uev — Tioti d'
ac ai qua es\ ubscuritas iu dirtioiic, eaui rel Iiac cor-
rcctione ex parte taiituin tolli noii praetereundum est.
Äec inag'is eeiiseo probaLile, quod Ilerniaiiiuis TulüiOÖ'
öuov et Nevius To/'; d öiiov substituit. lUe eiiim iu-
comaiodam seutentiam iiitulit et hie quo taiidcm modo
vorba expediri velit, vix assequeris. „Vide, iiiquit, ISuttm,
exe. de partic. 8s, in Demosth. 31id. p. 144. loi; uiioü
ntkaq est cy.fivo/; üiiov nekui; olai vel rip l/.iiva
jrikag tiva.i. ftlatth. g. .^Ö^*- ann. et §. jü,'). ann. 1. 2.
to. Ukv et TU. bt quae .siiit, res ipsa docet: lila laeta
ci spem facientia, Iiaec praeseutia mala." Coiistat sal-
teui eum tum omnibus intcrprelibus male ei av (fuvcvoi
ronjlutinasse. Et rectius, puto , cmendaveris, ei tu
flEV (f'Jlvll, Cfit.nt, Tülv8' OllOV Tli/.Ug, sc. 6vTU)V.
Verum videtur niliil corrigendum , sed potius sie scriben-
ilnm esse: it tu fiev (fitivtt, (fikot, TUiod' öuov,
TTf/Mg j^KvQaig _^d' äypaig TCQoay.Eif^iei^a- näg Se
arparog y.. r. k., ita ut a TTag 8e apndosis incipiat.
Etciiim illa rerba iiou coiisocianda esse cum autcceden-
tibns rroi zig ovv (fvyrj; not fiokujv /lEuoj ; ex eo
facile intelliges, quod liaec ad superiora (d/.Lct. ii' ä
^log d't.y.iiKi. iJEog okESoiov a/y.t'CEi) spectant ncc ullo
modo eontinuata sunt. Quod si factum esset, nun sim-
plex (/' , sed El y.c.i vel similc legeremud. Verte autem,
»I lifiec simul Ulis pereunt , ncque utiu cum Ulis. Item
piJffE Aeschvl. Pers. 432. oi'uu}yi) 8' öiiov y.co/.i'iw.aev
y.axEi/^E :i it.ayiav al.u.
V. 4 19. w SxafidvSotot yEiToi/sg poai eiHfpov.sg
'Aoytioig, ov/At' äv8pa inj t6i^8' tot^r'] £v(fpovE(i
öoui dixit St)pbocle§ ut Homerus II. y . 24{)- Ocuov Ev-
(fpovc. Perperam ijitur ElCfOOVtg 'ApyEioig cum sub-
seqnentibus coniunctum et fralatum est, faventea Aii^ivis,
V. 428. oi'ioi n' dntipyEiv, ovd' önujg Eut kiyEiv
EXUi\ Elmslcius, scro factus Graecorum praeceptor, fru-
tra oib' o.Tfu; (w aliquoties efflagitarit. Confer Trach.
I0.5S. v.ov Tuura köyyjj rcEÖiug, ol9' ö yijyEuijg
noard; FiyduTojv , ovte 'Ji'joEiog ß'o., ovit' 'E/J.dg,
ovx' üyt.ujnoog, ov&' öoijv iyu) yaiav v.a9ainu>v
i/.öurjv, iÖQUOE TCvi et Herrn, adnolatt. ad Eur. Med. 4.
V. 430. «/«/"■• Tig dv nox' ipsd-' vjS' iiiMvvfiov
TOi>nuv igi'voiOEiv ovofia zoig ifjoig y.axoig;] Eius-
modi veriloquia non modo in pocsi usitata fueruut, sed
etiam in vita communi, ut praeter alios Muretus docet
ad Plat. Polit. I. 330. B. Quare Sophoclem magis ex-
cusaverim quam cullaudavcrim , nam hie nou magis quid-
quaui exqnisiti subest quam v. ,574 et al. Coufer Fab.
Quiutil. Institutt. Or. V. 10, 31.
V. 445. urp 8' avi' '.JroEiöai (fioTi nt'.vrovQyiß
CfQEvag Ei:Qai:av\ Coutende ArLstoph. Acharn. 7.05. dv-
Spsg TiQoijovkoi tovt' ETiQanaov xa uökEi, ubi serus
Graecorum magister , ?nidim, inquit, tuv Wokiv. Non
malnisset, opinur, si huius loci et aliurum, ut debebat,
meminisset. V. Beruh. S)ut. p. 122 sq. et Vig. p. 2'JO.
y. 448. y.Ei f.iij tÖ8' dfiiia y.ae rpoEVEg öidoToo-
(fioi yvv')fa]g dnrji;av xijg f/z/Jc] d.nEiQ^uv, qnod schol.
conimemorant et nonn. MSS. habent, videtur ex v. 70-
huc tralatum esse, sicuti vitiosa lectio v. (iöO. og xa
8eiv' in IJ71' E ikij a' EjCij ex collationc v. 312 prognata
est. Ex mero autem scribarum crrore d.ltvtguv (ab
dnayoj) ortum est, nisi falsa verbi dn7]i;CiP interpreta-
tio fuit, quae ex v. 4ü. exstitit.
V. 45 !• jJSij fi' in' ai'Tofg xeJq' EnevxL>vovx'
Ej.l)jV EOCfljktv] Aliquot Cdd. EnEVTEivovx' et Lb. F.
EnEvxii.'Oi'x', notato El super v. Cett. knEVTLVOVx' , qnod
plerique editores temere adspernati sunt. Utruni librarii
corruperint, nou ambiguum est et Lb. F. opportune de-
clarat. Verbum EnEVXVVUJ poeta mntnatus est ab Ilom.
II. d- . 374. dkkd av (j-Ev vvv vüji'p etcevtve /AOjpvxug
innovg.
V. 453- wör' Ev toioigSe xeioag aiftäigai ßoTotg\
toioioSe Uermaniius pro u)ÖE positnm putat. Rectius
Nevius interpretatus tarn vilibus. Haec autem signilicatio
non magis quam contraria nativa est, sed eam lOloiOÖE
omissa sententia relativa adsciscit, ut Philoct. 1049. ov
yd() xoiovzüjv Sei, xoiovxog El/i' iyio. Confer
Blusgrav. ad Eur. Bacch. 070.
V. 455- y.EiPoi 8' inEyyEkuioiv EXTTEcpEvyÖTEg,
£/j.ov fiEP ovx Ey.6pxog\ Schol. yp. oiy. Exopzog, xö
e yxkij fia zijg (fvyijg uvtujp. Inepte. Efiov ovy.
EXovxog significat me non impediente. Hom. II. ip . 720.
oL'x' '()8voEug dvpaxo ocfijkai ov8ei xe TCEkaoaut,
oüt' .fi'ag 8i'vazo, xqc.ceqi) 8' exep 'ig '08voijog.
Nolim autem id illa auctoritate substitaere , quaniquam
uon incommoilum est. V. ad v. 68'.).
V. 4.")8. oaiig iiicpapvig 9Eoig Ex^aiQOiini, fiiOEi
8e fj.' 'Ekki'jviDv azpc.Tdg, ex^^^ ^^ — 1 ''• "• f^'oov-
.fiai 8e ixf' 'E}j.i'jvv)v axpazov, ex^o/iüi öe y.. x. k.
Similitcr Demosth. Olynth. UI, 35. EY.EiPOl Züipvv, Oig
ovy EXUQi^ovli' Ol kiyopxEg, ov8' i (plkovp o.v-
Tovg, — nEPze fisv y.ai xExxaoay.opxa sxi] zujp
'Ekkijvujp £(}i;uv iyövxujv. Xenoph. Cjron. III. f, 38.
EtniE jioi — nov 8ij ly.Etpog eoziv ö d.vijp, og övve-
di'jga j'jjuv y.ai 0 v fioi jj-äka iSöxEig dccvf^ia-
^eip avxöv. Hom. Od. /. 20- ög näai. Sokoioiv
dp9ouj7ioioi /itkio xai /-lEV y.klog ovpavop ixEi.
(Virgil. Aeu. 1, 383- fama super acthcra notus.) Cie.
Brut. LXXIV, 258. Sed oiiuies tum fere , qui nee
extra uibem haue vixerant nee eos aliqua barbarics do-
mcstica iufuscaverat, rede loquebantur. Divinat. II , 72»
301
148. Quod et in üs libris dictum est, qui sinit de na-
tura deoram, et hac disputatione n\ uiaxime oginiHS.
V. 460. nörega -Tpö,' oiy.ov;', vavkoy^oi'; ktitmv
eÖQa^ fwvur^ r' '.-iTpsiöag, TreXuyog Ah/aiov ntqu)-^
Sic vv. clil. pessime e(lmit, quasi TtouC, oiv.ovQ, 7Ci}\.ayo<i
Aiycüov 7ie()ui cohaercant. Dele coinma<a et TIQO^ oi-
y.Ol'i cum X/7l'vJV coniiingc, siruti Eiir. Plioeii. 8'7- iTTSi
GE fitjTij^ Ttaod-evujvcd; ty.Xt'ietp /ie9ij'/.s /nkuß^oji'
«5 S/iioeg SO%c'.tov , uLi nonnulla eins generis aiinotavi-
mus. Similifer £Iaisleiiis Enr. llpracl. 5(1. sie corriipit:
1(x>(jEt (ri^ /-(u](i}{i^ tc.vt' dviaxariOai ae %ur) i/g
'yipyoQ, oü V.. T. k. Lege, ut et rei et liiigiiae prorsiis
est conveiiicns et dudiiin legit Hcinclorfitis , ^uj(je/ Tt
IJ.oj(i^eig TCivr' ; dvioTUO^ui as jpiy «/? 'Agyac.,
ov X. T. k. Sic Aristoph. Plut. 683 et al. apud Heiniif.
ad Plat. Pliacd. 14'.).
V. 476. Ti yuQ Trag' ij/xao rioitsiv exei TCooq-
9Eioa y.dvaSRiaa rou yE xaT^avet^v;] Pro y.dvci!}fiaa
V. 1. y.ävs9Eirsa propterea iiirecta est, quod rov y.aTxfa-
VSiv non videbatur ab dvadliaa regi posse. Bene ple-
rique vr. dd. geiuiinum xävadeioa reslitueriiiif , sed non
item inlerpretati sunt. Nam quid siLi vnlt, (juum dies
nihil nisi de moriendi necessilate aut addttt alirjuid, aut
differatl quo niliilo rectiiis est, quid dies lucri aff'e-
rens vel corrigens. Imnio nooodelao. y.uvct'Jeioc- unnm
fere ideinque valcnt. Verte igitur apponens imponensque,
zu- und aufsetzend , et quod sequentem genitivum atti-
net, adliibe Oed. II. 7(H). jiÜ!^' , OVvty' irjli OOl ßoo-
TEiov ovÖEv ( nulliis honio ) fiavTiy.ijc. lyov Teyvijq.
Senteiitia itaque haec est, quid habet dies diei adiecta
oblectationis , quum addat sugs^eratque aliquid mortis?
V. 479. ükL i] y.akwq C,ijv, ij yakvj^ Te^vijysvat
TÖV EvyEP^ X'?'j] Minus apte schol. Ilermog. p. 371. r
yuQ y.akaj^ Cijf. Non raro autem yaQ est substitutum
et intcrduui inculcatuiu , quod infra ad v. 706. docc-
bimus.
V. Aß2.oi'öeii; igsi 7ro!}\ ojg vnüßhjrov küyov,
A'iai;, EkE^aq, dkkd Tijq oavrov (fQEvöq] Frustra v. d.
Antig. 203. (1. y.ovSEii Cfapyijg, dkk' ecfvye riij fii)
EiÖEvai, i. e. iiQoonoiovj^uvoq fxi] Eiöivai) ex cor-
rectiono Tldq infersit, nt iam b. 1. declarat. Ac recte
ait Stallbauniius ad Plat. Polit. II, 9. „loquendi genus
utriusque linguae scriptoribus adeo frequentatnm est, ut
constans ac legitinium videatur." Confer Beruh. Synt.
p. 458. Huc autem malo refertur Tliucydid. VIII, 66.
dvvEkeys oi-öeii; eti riov dkkojv, deSiioq y.ai öqiöv
Ttokv ro ^vvEoriy/.oq, naui supplementum eyaOTog hie
prorsns supervacaneum esse facillime perspicies, si sie re-
solveris: ÖEÖiutq y.ai 6()ojii noku ro ^vvEOTiiyog dv
reKEys y. r. k.
y. 485. r;;; dvayy.aiaq rvyijQ oiy. earev oi'öiv
fJ.ErL,ov dvd^QüjTroig y.a.y.üv\ Eustathio praeeuute inter-
prctes fere omnes de captivitate rogitarnnt. Rectius, ut
patet e sequentibus , composuit Nevius v. 803. KoÖotijt'
dyayy.aiao, tvV]Q, et- El. 48. teOvi^x 'Oqeotik e^
dvayy.aiag xvyi^o,.
V. 491. ro aov kEyoq i^iwijkSov] Non signifirat,
quod vult Hermauuns,^ rd aov ki-yog ^vvEkdovod oui
EOXOV, sed Eiq TO oov kExog tvviikdov, ut Thucjdid.
I, 3. dkkd xai ravrijv xi)v OT^arEiav dakdoorj' i'jÖi]
302
nkEiui xgv'iuEvoi. tvvfjkdov. Simplicitcr Eur. Phocu.
831. i) Si acvainov kiyoq ijkdtv. llom. Od. i^/. 296-
kiy.TOOto naXa.iov i^EOfiov r/.ovru.
V. 493. ^ {ci'vrj) ovv]]kkdx^i]i iiioi] In nonn. Lb.
IMSS. et lemniatc seholii ijg ovvEkk. cxstat. Prolium est
iitrunique et quuni illiid plerique Cdd. tueantnr , licet
suspirari i^c, geniinata littera subsequeiite ortuni esse.
Verum vidctur mihi probabilius T] ex emendatiunc libra-
riornm exslifisse.
V. 49ö._ i-ii'j fi diU'jOTji ßätiv dkycivijv kafiElu
Toiv OLÖv vre' ijdoiuv, %Etgiav dcfEit; r/v/] Laur. B.
Bled. r. et Laur. A. a m. pr. ECfEtc, , quod confirmat
scholiastes et Suidas videtur legisse. Nihilominus non
dcbebat recipi, quia äff e/t; (relinquens) apüas est et com-
munitur sequente explicatione , ti yuQ UüvTjq Ov y.ai
TEkEVTijoaq d^ffi^g, tcu'ttj vüiutU' ydui jTJ rd^' i)/.(EQa
— öovkiav E^Eiv rfjo(fi]v. Eamdem praepositionum
confusioncm deprehendimus v. 290-
V. 496. El yag f^dvrjq ai> v.a.l rEktvxrjOaz, «9ys]
ISoIo quidem dicendi genus sollicitare , sed illam novam
Icctionein nondnui ab omni parte cxploratam esse non
possum diffiteri. Ilabent quidem El ydg pro vg. Ijv yd.0
plures Lb. H1SS., sed x>d.v7]i; av yai TekEirijoui; d<f^g
corum, ni faüor, nullus habet. Srilicct Laur. B. et A.
a m. pr. tt yag dävEti; — TEkEvri'jOEii suppeditant, pro
quo hie a ni. sec. ddvrjq — TEkEVTljOTjg offert. Item est
in Med. r. Et yag — yo.e TEkEvrijatiQ, dcftig (yg. duiijg)
et in nonn. El yag davoiq. Practerea Aug. B. ci ad-
srripto ijv habet. Quae quum ita sint, videtur locus aut
oninino transformandus esse, aut lulgata iectio conser-
variiia. Si quid tribueris illis corruptelis, proponam El
yv.g da.voiQ, av y.ai r eLev r ij aat e, dcpsis, seil cen-
seo ego eas meras librariorum correctiones esse.
V. 501. koyoti; iünrojv] Schol. yg. dziCujv — qua
correctione non iudigenius. AÜyol sunt Oyiöfi/iUra,
vcluti Trach. 263. nokkd ^Ev koyoig ETTEggodi/at et
al. Vide Markland, ad Eur. Suppl. 565. Ceterum eon-
tende Hom. Od. v. 142. TtgEotji'TaTOV xai dgiacov
ÜTtf^/TjOtV idkkElV.
V. 516. av yäg ^wi nargiö' TjaTUiOag, Sogi, yai
j^njTSg' dkki] fioiga tuv (fvaavrd te y.u9ciktv"A/8ov
da.vaaijiovq Ot'y.ljTOgag] Hoc plerique w. dd. rccepc-
runt. Ilecto an secus, videbioius. Omnes Lb. MSS. et
schol. yai /xjjT £ g' • dkk' ij uo ega t dv (fvoa.vrä.
f.1 £ X. T. k. nisi quod Med. / , et Laur. B. a m. pr.
Tov (fv 0 avT a te et August. B. dkkij fioiga ex-
hibet. Ineptos seribas Trazgid' rjaTioaui Sog/ yai fii^-
Ttg conglutinasse et ipsum dictum docet et sequens ^o
vaaifAOvg oiy.i'jzogaq, eoque facto aeqne male f^E pro r£
iiivcctum esse ijnn per se est verisiuiile et illud dnvaol-
jiovq oiv.i'jToguq luculentcr declarat. Minus autem credi-
bile est librarios dkk' l'j ex dkktj fecisse, quod ut pos-
sis nonnnllis documentis conlirmare, longe tamcn proba-
bilius puto AAAII ex AAA' H procusum esse. Confer
Srhaef. Mel. Critt. p. 103 sq. Adiersar. nostr. ad Soph.
Trach. p. 22.Ssq. Enarrat. ad Eur. Phoen. 916 etSeidl. ad
EI. 249. iiai\\xc y.at [n^xEg dkki] f^ioiga y.x.k. per se
iam minus commcndatnr. Accedit quod ipsum ennntiatum
parum placet. Verissinie enim Hemianuus ait: „illud qui-
dem nimis ineptum est in vnigata lectione , quod, quun<
M03
304
imtrr , quem mag^is roiispiitaiieiiin erat in proplio perirp,
alio fato niurtiius pprhilipntur." Possiiiniis (juiilein atki^
iiuioa iitfelix fatum iiifprprefari vel sie ut Opd.R. priiic.
(ö.'/v) ör/.ti.t<dv III- Tdo' (iyyi}.u)v, TB/.va, uKKijjv äv.oi-etv,
avTO^ (ni^ £/ 1 f.r^t'.) rpsiiliorc, spil iitroijuc miiil» pareiites
iioioi'. mortui diriiiidir, qiii «llii <|pl>(!l>aiit ((iniiiiiiiii civium
cladc iiiferiissp. I<l aiifoiii ainbiguo iiiixlo verbis al.ll' iioi^Ct
iniliratiim ps<p fariluis |ii>siipris i|iiam roiiiproliavpris. Equi-
ilein oiiisiiiiiili aiiil>i;;iiitati'iii iioii ilpfpiiilaiii, naiii qiii uoiort.
nioritiir, iioii pprit cladp aliqiia , Pt qiii (lade pprit, iioii
uoioct moritiir. Quaro qiii altnriiin pro altpro usiirpat,
non amliigiip itpd poiifiisp loqiiiliir. Npque vpro lloniianiio
Tprsiini pxridi«3p siispivaiiti pqiiidpiii asspiitior, spd ropono
potiiis /.iti iii;rfo «/,/■-'/; fiohja tov cfvoavTti rf^ xa-
itfl/.tt' Air^'ir ^(ivaniuori oiy.l'iouaq , i. p. oiiiiiino,
ac mntrein meam palremr/ue aliud quam susfulit, quo
TpciiiPssa terte prodit pareiitf» siio» cominuni Tioiaiioriiin
riadp iiitprpmtos pssc et pius ralaniitatis Aiaopm auctorom
fuissp.
V. S\9. r/; <5(;r' eitoi yf.voii' uv övri oor Tra-
Toi;: Ti; n/.orro:;; ev out nän' hyvtys aoiCouui]
Possuiit verba iioii iiirorrupfa pt intPiiectutn r/'; 71/ oi:-
TOC iion sa(is arronimi)da(iiiii vjdpri: sed cavp qiiidquam
" niiites. I'lpiia spiiti-iitia liaer est, ii:; ö/Jt' fiioi
'ivuix' av dvri nur Tlt.ocioi. Quarp malim
roiiiina pro «ijfiio iiiterrogaiidi post Tiaroii appoiii.
V.. y24. or/. fi.v y^vou' iit' oi'Tui eiyivi}- <'.vi]q\
Sir Lauf. A. B. fllosq. B. pt August. B. Lp^obatur ovY.
i'.v yfvoiTi) ~lo!> Omui sry. dviju. Suidai- Cdd. ovY
o.i ytvoii*' iii'riii — v^l oöiiwi yhvon'- cv ohxoz,—^,
vel oiTTU) yivnir' (tv '/.. c. ).. Male ex vet. scriptura
li'olipfki cpiisor (uiiiverss. litt. diar. a. \K\~ ■ p. .')34)
re^rripsit o /' z üv y'irnt^' o i< r t'i : TTot' fi<'/tv\ji;
ftvio. quod iam anclor Porsoiiiis (prapfat. ad Eur. Hpc.
p. X) IIOII probant. Aptp ailliibuit Hprinaniius Eur. Suppl.
4Ö'. nloi HIV er' ii.v ytvoir o.v in/ioc. ttii/./';. Adde
Ari-itoph. Ar. s,"). y.ai noii av sri yt-voiz' o.i/ fvraxioi
Tl'ut.lZ. ütrol)ique, inqiiit Elmsluius ad Acbarn. .'iDfi,
t n fere otiosum est. Et liar fortassp opiiiioiip durtoa
pinendarit (llpv. of Pors. Hpp. p. ti7) o i' y. o. v yevolT
äv urTOi /.. T. f.. Sed si Sopiiocles pxarasset yeiJOll'
v.v oi'/.Si}' orroi evysvijg üvijo, num Eliiisjpius dirto-
rus fuisset poetam oüy.etl pro a l'' srripsisse ?
V. rt'2r). Aiaz , ifi-iv o av oi'xcov, cj; y.dyoi,
nofVt Ssf.Otil' «l] R.PS roiiiparata «pparata pst idcoque
yi'i.yoj neque y.diit legiinus. .Sic iaiii Hoiii. 11. c . 4/7.
döri Si) y.ai t6vÖ£ y:.vto'Jai rco.iÖ' iiiov, i/t; y.ai
iyo) TTfo, äotTloEi £(1 To'Dfini». S\ res rmnparata
non est spparata, male pam sijfiiis .spparari iioii nioiiprem,
ni^ii tpI hodie hoc in genere percari i-iilerem.
V. .'){7. ri f)rr' uv ">; £/. tiüvö' i>.v uUfiLuifii
iji;] EldiUii inrpiitiiin r/ Ö ij T ((. d u lo o' € /. T il) v 6 ,
rui teinerarius adilerp possit r/ b o iii O uv u> z y.. T.K,
(Oed. R. '■>)), a Brunrkio pprperain invertum psse hodie
non amlii^num pst. Bpiie vv. ild. w; iy. riiiviS' resti-
tuprnnt et p\|iliriipriiii( , ut res se nunc hnicnl , secun-
fluin liiinc reium slalum s. quantum quidem in linc rerum
statu fieri potesl. Siinilitp.r Thurjdiil. |[, i. .'/.'/ öl-.
o'j i !: y. co)v düvctTiiiv iroiiia ijv. VI, 70. ol de
Svouv.öoioi d9-ooto9^Evz£<i iq ti)v 'Eko}(iivijv oSov
xai (jjgey. rdiv TT agö vt vjv ^vvxa^äfiEvoi y,. r. A..
Confer Advprsar. nostr. ad Trach. 1077 et Fritzsch.
Quapstt. Lurian. p. lyi).
V. ,)4l. eoTiovri (f.ioveii ;} kstet/iuivio Xüyor;]
köyor keKeiunivOi; est ex llennaniii expliiatioiic dicti
nescius , sive non nudiens neque oitemperans. Kt dicti
nesi-iiis iiiillo modo ei obtenipcrare potest. Quaru qni
dicti nescius i. possit esse q. non obtemperans, iiou dispi-
cio. Valept Kuyuii Alkei/tucia^ niliil aliud quam dem
Aujtra^e nicht nachkommend et oniiiiiio ait Aiux, venitne
necne, cui dicis f
Y. .j j4. iv ciß (fooviiv yu(i fujölv i'jSioio^ ßiu^,
TO inj (foovttv yuQ y.dor' dviööfvuv xay.uv , tiof
TU j^ci/of/f y.ai TO kcnetodai fj.äi^rii\ Versuni medium
non ajfiiiisrit Stob. Spini. L.VXVIII, S\ eunique .Sopho-
cleuiii quidpin, sed ad prapredpiitia adscriptuin ex mar-
gine in illuni lurum irrepsissp cpi'ispt Valikenarius (ad
Eur. Ilijijxil. 24 7) idpiiiqiip pluriiiii \v, dii. approbant.
Contra lli-rin.iniiiis arbifratur, \prba illa egregie huic locq
cuiiieiiire, et sie eiiarrat, ut qunm dixerit Aiax, igno-
raiites vitere iuruiidissinip , ne hoc falso dixisse videatur,
quia maliim taiiieii git igiioraiitia , in pareutlipsi aildat,
natu si malum est ignorantiii , at innoxium est malum.
Spd qiiis rei , cuius iiiillain plane mentioiiPiii fecit, ullain
adipcit pxplioatioiiem? Quis umquam pro eo , quod dici
dpbcbat, y.uy.nv iitv eotl TO iii) ((oiivtiv, ul.Ka y.uCft
dvioÖLViiv , quis, inquaiii , dixerit rö ui] (f^üvtiv ya(j
y.aox dvijifivvov y.ii./j'ii\ Quis liapc iprba ad pa, quac
fingi possunt, rptulerit? Sunt vero, quum non possint nisi
ad ea , quae adsuni, referri , alisurdissiina , nain ad UV
T'ji (f'ijoi'liv ydu Ltljdiv l) Ö / O C o i fJ ' u <; qui quadraut
TU jiij (fuoveiv ydo xuor' dvaibvvov xayovl
Neque tameii inera siiniliuin verborum repetitio, qunoi
ea ininiine inusitata sit, me potpst permovere, ut versum
iilum iiidiK.tin fei für« illa extrudaui. iNeque in eo, quod
Stoliaei LI). .'MSS. puindoni ninittiint, inest idoiiea caussa,
quia quam fariln potuerit excidere, rcrborum similitudo
itucet. Vt vero in Lb. .Sophoripis legitur, eum non posse
legi satis , piito , declaravi. Itaque non prorsus sperno,
quod Suidas (f. Cn/ ui'v) o IFp rt , TU inj (fouvliv Öt
y.(i.(tt' dviodi'vov y.ay.in'X certe viusmodi parenthesis
non incommoda est et yO-U pro bü srribae saepius in-
tulerunt. Sed longe praestat restituere , quod sine dubio
Sopliociis est, xo in; cfoiiviiv y(i.(j y.aijx dvuibvvuv
y.ay.vjv, h. e. avev ubvvijq y.aY.ii)v. Hoc quam sit
appositum ad antecedens, nemo iiou assequitur nee est
cur ego expnnam. Meqiie abludero dicendi gcuus pcrci-
-pies ex Oe.l. Cal. 7^ti. Tlüt^li öi 001 yay.u>v uvarog
TVivb' d:iaÜMyßrj yßovöz. Ibid. 677. dvi'fkiov dvijve-
fiöv xF. ndvtu)v 2"-'"J'i'0)V. Ibid. löU'- (Kl. 1002.)
ä 001 yi-oo)i a-ki'7iu xrjde y.tioEiat 7iokn. Trach.
2^. üoT/i i]v ihi.y.ijiv dxatjßijc, liji i}iui. Ibid. 247-
(Oed. R. 17U. El. 23-'.) Tuv äaxonuv '/uovov — tjjie-
^vjv dv i; ()ti> itov. ibid. (i'll. yä'Jir/.a 0Lifj7Txvi;ua'
dkafineq ij) iov y.olkiji Ciyanxijio biOQov. Ai. 321-
äipöffijxoQ, i'tif.iDV yjtyy.iiudriDv i'jreoTtva^e, xaiJQOi
cJc, /jOiyoJiifi'Oi;. Insigiii auteni li. 1. dociiinento est
vel perversissima et manifesto rorrupta aliquo modo do-
fcudi posse et a dortis. viris dpfendi.
(Fortsetzung folgt.)
Zeitschrift
für die
AI terthu ms wissen Schaft.
Sonnta", 31- I\Iär:
1839.
Nr. 39.
Analecta ad Sophoclis Ajacein. Von Dr. A^üz.
(Forts elznii!;.)
V. 559. Vticiv ipt'X'}'^ drccf.Xajv] Digna sunt qnao
coniponanfur Piiiilari rcrba ap. Plaf. Polit. I, 5. ykv/.ctu
Ol xuQÖiav d räkkoiaa yijQOTQOffoq awao^et
iknig. Hesych. dzäkXei' xQtcfEi, xidijvei.
V. 5ü3- TOiov TTvkcDQov (fökaxa Tevy.Qov ducpi
öoi Xeitpu) TQO(ffjq äoy.vov i^iJta , y.si ravuv ti]\u)-
Tlbc, oty^vEi, öva^iEvviv 9ij()av e;^wi'] Edcbaiiir i^nray:',
et. Correctionem Rciskii et Hennaiiiii hiTTa, y.ei Laiir.
A. et praeter Suidam (v. TijKojllug) scliol. Rom. conGr-
mant neque <juisqiiani in «lubitini vocabit. SImilifer v. 579-
onines Sophociis et Suiilae Lb. y.ai dajfi' dnay.rov pro
y.al Siijua nay.roi' exhibeiit. Suil „illud, inquit Her-
niannus, anibigi potest, (fvKay.a XQOCfiji, an TQOCf'lji;
äoy.vov, qnod potins vidctiir, coniungeuda sint." Mihi
videntur potius consocianda esse doy.vov SliTTa X£l
% avv V fijkunioii o i'yv 1 1. Supr. v, 342. Tii'yoov
xukaj. nov Ttvy.ooc,; ij tov ei'aaee ks ijkar ijo £ i
XQ ov ov ; Ceteruni v. l. Tljkou^og jiro rtjkojTtui;, quam
scholiastes memorat , eiusdem est, ni fallur , qui Cfoov-
Qav pro dijoov snbstitnit, sed siipra ksijkuTljOei inta-
ctum reliquit. ?Iec potest TljkajTldii nllo iure cxajjitari.
Conipares Trach. 8'>3. rag 71 uka l (f d T o v TlQOVoiaQ.
El. 1104. (Antig. 985.) TTodcivijv y.oivönovv nagov-
Oi'av. Ai. ST2. ijfiuiv ye vaug yoivönkow öfii-
ki'a'v. Ibid. 1135. xkeTiTiji; yuQ avxov ipijffoTiocug
eiiQidijg.
V. 569. Tskafiojvi Ss/^si fii]Tpi x', 'Eoißoi'a Af'/w]
Lcgo auctore Schacfcro EgiijOiav keyio. Similiter pro
littcra V iota subscriptum est Aeschyl. S. c. Th. (i.jü-
iiiuovviw) öt y.dora , IlokvvirAijv (vg. Ilokvvtiy.i;)
ksyuj. Confer Antig. 32- xoiaixd. cpaoi xov dyaitdv
Koiovxa aol y.dfioi, keyoj yuQ y.diih^ y.ijov^avi'
iXttv. — Horat. Sat. II, 8, 27. cetera turla, tios, in-
quam , coenamus avis.
V. 571. oji; acpiv yivijrai yrjQoßoaxo? siaasi, ^ä-
^Qiq ov (J.Vj(^ov<; vJ^oiai xov xäxuj &£0l'] Sic pleriqne
Lb. i\ISS. A'onnulli fiej(pci dv vel jl^Xot habcnt; item
in Suidac Cd. Leid. (vv. yijouT(joCfai et fU'XOi) /"^XP''»
et in cott. (t^XQ'i "*' exstat. Qütim neque fi£]^gii OV
neque fit^oiq dv nietrum admittat , Ilcrmannus fiiXQti
recepit et de eo, quod omnino f^dxQti apud poetas tra-
gicos non reperitur, parum soUicitus animadvertit, non
esse iillam raussam, quare non licuisse üs usurparo eam
verisimile sit. II. e. contenti eslole. Direndi genns,
quo omnino liruerit poetis tragicis uti, neque Herniannus
cxplorabit neque quisquam alius. üebemus potius in eo
exquirendo arquiescere , quo illi «si sint. Hine autcm
facile efleccris ftiXQl? non Sopliorleiim esse : nam si
omnino iragicorum fuisset, illc singularis usus rocis no-
tionis frcquentissimae permirus esset. Verum non modo
lilXQlii praesertim ov vel dv adiuncto , nobis olTcnsioul
est, sed etiam qui sequuntur fa'ioi. Vocabulum quidem
tragicum est ncc iufreqnens, sed jivxoi xov y.v.xu) i^EOV
si omnino poeta, certc tragicus non dixit, Confer Scbrad.
Aiiimadv. ad 3Iu3. c. 19. INiliilominns autcm non deerunt,
qui id elegans censeant et sie exquisitum, ut Luic loco
egregie couveniat. Sed accedit iwsupcr, quod /', fjJOli^S
xiXCiOl perversum est. Dcbebat dici jivxol avxovg
y.r/ujOt, ut intelliges ex Hom. II. /.'. 4')1. (f9ij OE XE-
koq duvdroio xiX'Jf^iEvuv. Aesrlivl. Chocpli. öl2. Xl-
XÜvEi ÖS viv 'Egiiiji, sc. ö TtoLinaioi;. Eur. Hippol.
1444. y.at' öaoojv y.ixüvEi f.i' ijöij ay.üiog. Incert. ap.
Stob, rioril. p. 199. nokkdy.i öijioxijra (fvyvjv xai
dovnuv d.y.övxujv EgXExat, £V 0 oT/.ip ^wioa -/.i^Ey
daväxov. Simonid. XCI. öw/(« nEv dkkodanj XEv-
dic y.övts, iv dt OE tiovtio, K).£iai}£i>£<;, Ev!;£ivv)
fioig ly.lXEV davdxov. 'Quae quum ita sint, non pos-
sum quin illud xdkkoi; y.a/.ojv vTTovkov insiticium esse
cxisfimem, ut iam Elmsleius iu.'iravit, qui Laec ait :
,,Pcrhaps it «as iuscrtcd by sonie scrupulous critic, «ho
thought that tlie expression yi^ooßooyoi Ei'idEi, in the
preccding »crse, required some qualification. The «ords
f/§ dit may be translated , as long as they live. Com-
pare Oed. T. 275. Trach. 1202." Mihi videfur fetus
ille histrionum esse, quos multa addidisse nee pauca om-
nino immutasse satis constat. Vide de ea re accuratius
disputantem Valckenatium ad Eur. Phoeu. 12*^6.
V. 580. y.d-Qxa xoi cftkoi/.Tioxov yvvi]\ Lamentis
mulierum facile Jiomiiium miserationem ctivimoveri non
Sophocles h. 1. dixit, sed Ilermannus , male reprehcn-
dens vg. explicationem , facile misericordia afficitur mu-
lier, iteniquc aniuiadvcrtens , id (fikor/.xov vel fftkotx-
xioixov poetam dicturum fuissc. Quid enira est discri-
mims inter (fikti oly.xov et (fikEt oly.xiQEoduil Minus
accnrate schol. Ambr. ad Ilom. Od. b' . 184- xaQXCt
xoi (flkoi/.TOV i] yvvi]. ^ Mox v.l. »goctv pro
dgiiviiv videtur aeque ac rQaV[iaxi ex explicatione ex-
stitisse. Coufer Hom. II. w. 722- OxovÖEOdav doi8i]V
307
308
— ef^prvtov. AI. C)'H. ö^vtÖvovq oiöug 9orjii']OBt.
Ceifvnm viilc Bartli. Ailversar. XIX, 14. p. 991 et
XXIV, 9. p. 11S7.
y. 5yi>. ov '/.ärotadr, iyii) de.oi^ w? ovölv dgy.eip
tili 6(fe//lij'C eni] i. e. ui> y.aruio^', ajg f-yio Öcui.;
• oöy.iri üffiifjrri i/iii doy.£/v ti; iMiinis aplc vertit
Hcniianiiiis , tiescisiie Jion tue amplius hoc debere diis ,
ut tibi opiliiler.
y. tot- f/'w 6' 6 tXÜuujv ncXutuq äcf ov xqÖ-
vo<; 'löaia fuifii/w keiuujiia noia fiijkvjv, dvi'jQi^f^ioc,
aiiv tvvonia yoüvo) T()i';ifo//£to^] Spcciosa est Ilcr-
uianiii coiilpctiira, syuj d ü zk. Tlak. dcp' vv ]((). 'Jöutcc
ftiuvo) t-finuh't ÜTtoiva, jir^viijv diij o / l^fioi
'/.. X. /.. sed sniiionfia , hl'ea pratensia praemia ex-
Specto, mensium innumeralilis, iiiiiius liiledir vcrisiinilis.
Quam ob coussaiii prapferat alitjuis 'JöaiU fxiliput
7.atuu'ivi d'.ioiy.a utjkujv, dvi] QtA> fio q y.. r. k.
ita ut ke f /joj V t a pro T ö 7t o v Q kei f^iu)vi o V i vt\
ke t fi lijv aq dictum et uinvu} co nioilo coiiiugatiim sit,
«jiio Philocf. 145. TÖnov — ovriva y.£iTai et Ai. 877.
ye/.fiitov — (favlii. Cmifer Eiir. Ipli. T. Ct'M. ei'q
d.vuy/.r^v y.iiiaSa, Honi. II. d. 27(i. icpo.vij — eis üöov
et Ai. 80- £« douoi'g iievllv, cuius loci noii jiieminit
Passovius ad Mus. 181. rv ö' fdi'/jjaijs uig l^iiuo^ Tto-
/.vcfoiTOi iiiijv £g TtiLToida fuiuatv.
V. 618- TU TTQiii '3' soya ^tooTv — ] Cdd. yeoai vel
'/Eoniv, littera 6 pro o suLstituta. Contende v. 439.
ovo' ioyo. /liio) 2^>ot'i d.Q/.iaaq eiifjz. Correxit, ut
vidctur, Tricliiiius, qui pari modii v. 37'2. euiendavit.
Sed hie pluralis lunnerus pro siiigulari a librariis invec-
tus est, siruti Trach. 1047.
V. (j34. y.oiiooojv yao 'AiSa xeijdwv 6 poöujv
fjC'.TCi^ Nun necesse est omnes locos exaequari , qiiare
Eluisleio Trag' ' Atöa (ut Ocd. R. 972) saepius rÜ'l.igi-
taiiti FF. dd. rcctc adiersati sunt. Couipares Iluni. II.
ll' 244. etaoy.ev aiid(; eyujv 'Ai8i y.evdoif^iat. Antig.
1241. TU vi'urfiy.d js/.tj ku.%ü)v öeiXatoi rjv 'Aiöou
doiioi;. Practerea iiiliil fere iiiterest, utruin iidrav
Jiro odierbio, au pro aicusatiro nomiuis iid.Tli acripias.
l Iroqiie significatur voni^v vuOov fi a T a i a V (Gorg.
Ilcl. Enc. p. l(Jü. T. ^III). Sed .idverbium rommeuda-
tur quodam moilo r. G2li- vooovvxa (fgevu^iörjin-;.
V. (i48, y.oiy. tax' dekrixov oi'öh] Dicti Arrhilodii
{■/rn;uuxo)V ält.nxov oibiv , ovo' dnu'jLioxov) pars
altera exstat Autig. 388- Tangii idem Aristoph. Lvs. ^bü'
1] TiukK dekn X eveoxtv iv t'J i^io.y.oip ßi';>-
V. 651. y.ayuj^yag , öq tu dein' iy.aoxegoiw röxe,
tiatfjj oiÖi;oo; vtq, idr/l.üvih.v axüiiu ngu; rijiqde
xiji yvvary.u^l Et ad duraudum ferrum et ad niollien-
dam ßaff.ij, sed ea divcrsa veteres usos esse non farilc nc-
gaveris. f/|(^il/ yöp, inqnit scLoliastc», ^ut.'Ju/.uv rj'n'l.ov-
rui oiöi;gov llvui, i'l.o.kt) fidmovoiv , ei dl r,// ) um;
vSari.^ lani quuui porta uon siguifieavcrit, utran» infcili-
gat ßutpiv , potest [ic'.ffij oidrjgoq oj; aeque ad anfpcc-
deus atquc ad subsequeu» referri. ^idetur vero illud lon-
veuientiuä et ßfiCf^j oii)igo; , ojg ilhkiv'Jtv o r <> ii a
-Too; xijide r;;s yvyutyöi minus aptum esse. Adhibe
IIoiD. Od. I. 3IJ2. ojg ö' ix' dv})g x^ky.trg nikiy.vn
^iyuv jjh o/.iTtUQvov iiv vduxi ipv/oi/} ßänx]] jit-
yuka idyovxa, (fagiidadtuv tu yao avxe aiSi':-
Qov y£ y.guTUi ioxiv et confer Fac. Excerpt. ex P!ut.
»pp. p. 17.
V. (),')fi. tu; av kii^ta9' dyvirsaq fitd uijviv t'u-
Qfiav ii:akei'a(oucu ^£«1«'] Srliol. ii;/iki'£u)iiaf q>v-
kdEwjKci , kyyXivm. Item Hrsvrh. ii,aki'i^u}uaf cpv-
kdt'oiita. ^oCf. A'iavxi Maoxiy. Omnes '.Soplidclis
Cdd. £i;akEi'a(ijfUi.l , uisi qund in nonnullis .'^rtÄ.f('oo(/(U
et in uno £^a}.k(ot:oiin/ legitnr. Hanc, rorruptam for-
mam lectionein siuceram prodere ürunckins non tmierc
iudicavit, nee nie Iiabebit adversarinm, qui Sopliocli
£^akii;(ijfUU restitnerit. Sic. Eiir. IMiupn. 271. oi'y.
ly.CfOinOlv solus Photius ronservaiit et scholiastes retniif,
cuius annotafio oi VTI oyQ IT ai bin. xo övßly.au-
QOV ueraTlhdrTOVat Ttjv ke^lv videtur etiam
h'C non aliena esse. „Vulgatuni tarnen, inquit Blomf.
Gloss. ad Arscliyl. S. e. Th. 88, defendit Arcliilochi lo-
cus ap. Scbol. Nicandr. Tberiac. Fol. 34. ed. Aid. duv-
öguv yuiuüö' i:tnkevä.iiFvüq.^^ (iuasi e^akv^vj^iai do-
cumento dcstitutum sit. Eur. El. 219 fl>yv — Wulxag
y.ay.oiQyovi; eiui v^mf^iiv TTodi.
V. 672. s^iOTCixai be vvy.xuq aiavijq xv/Xog ttj
KsvxoTtüjkui (fSyyog i]fUQa Cfkeyetii] Vg. ataviji;, ex
vulgär! corr. Pari modo legebatur Eur. Phoeu. 1649.
exk/TToiorc x g I TT X i'x'j> V itui-vovQ vcy.gdiii, nbi rgi-
TIXL'XOL'Q ex plerisquc jMSS. reposuimus. lllud Ilerman-
nUs resrripsit et habet Laur. A. Confer Tibull. I, 1, 27.
Cauis aestivüs ovtus vitare sub umbru arborii et quae
attulimus ad v. 176. viy.aiq dy.agitutxuv ydgiu.
V. 678. i'il'f/'i Sl Ttcuq ov yvvjadf.i£a&a owrfoo-
VEiv; iyu) d' , iniaxni-HU yag dgxivtg, öxi — ] >on-
nulli ri'. dd. iyoj d' STiioxaLiae yao d.gxiujg coniungunt,
quoll ut fieri possit, tarnen non necesse est, ut dotet
Stallbauni. ad Plat. Apolog. XXVIII. Supple ad Syvt
öi ex praeced. yvvjoof^iai. Simili modo v r v ös sae-
pissinie nsiir|)a(um esse non ignotnm est. Item du o) C
öi apiid Platonem legitur Parm. 137. 13. p. 220- Hdf.
Sed So|)h. El. 1296- oi^Tujq d' , önio; l-i>jx)jg (je fxij
'TtiyvuJoExai cpai8g(jj ■ngoguirro) , pi/>v eisKDovxoiv
donoi'g, liuc non retulcrim , nam repetitum oi.uane
futile est.
V. 689- ei'voeip S' vfuv «//«] yg. iTVEQfxtya
Laur. A. yg. fiixa Laur. B. Mirarc iusignem veterum
rriticorum fcmpritatem , cuius speciiiiina mnita liabcmiis.
"Se iis motus sanam scripturam attcntes, cnvendiim tibi
maximopero est. l'ide ad vv. 273, 455, 501» 564
et al.
(Fortsetzung folgt.)
De Aristotele Piatonis Amico eiusque doctrinae iusto
censore. Scripsit Mauritius Carriere. Gottingac ,
ex offic. H. C. Seemann. 31DCCCXXXVII. —
70 S. gr. 8.
Herr Carriere «iderlegt erstlicJi die bekannten Er-
zählungen lon den l-r.saclieu einer vermeintlichen Feind-
schaft z)vischen Platon und Arislot^lei als abgeschmackte.
309
310
liei dem anileriv.'ii <s Icuipsciicn Edelsinne beider, liöi-list
iinwalirseheiuliclic Erlindiingeii iniissifjer Ki>j)fc und nei-
discliei- Sophi-ten niid zei|;t im Gcgeiitlicil, dass unter
lieiden fllännern das beste ^'crnclinien stattjfcfdnden haben
müsse. Sudann, da man ancli ilen l'mstand als einen
Hol eis der fllisshelliskcit j;elt<^"'' ijcmarht hat, ilass
Piaton den Aristnleles weder jemals in seinen Dialojjeii
envälmf, nocli, ob er gleich <ler tiiehtigstc unter seinen
Scliiilern «fciveseii wäre, /um Aaclifoljjer iu der Akade-
mie bestimmt habe, bemerkt der Verfasser, dass sieh
Sokrales doeli unmü^lich mit dem Ifi. Jahre nach seiner
Hinrichtung" geboreneu Arisinteles unterhalten konnte ;
zum Nachfolger aber habe I'litlon oflenbar desshalb sei-
nen ^('ITea Speuaippos ernannt, «eil er gewünscht habe,
dass seine Philosophie selbst, ohne Modilicatiou , fortgc-
lehrt »erden möchte, «as er von Aristoteles nicht habe
erwarteu können; ilenu dieser «äre sein Nachfolger, in-
soferncr die Platonische Piiilosophie reriollkommnet habe;
daher spreche er sich denn bei Gelegenheiten einer Dif-
ferenz, als ein selbstst.'indiger Denker und «ahrhsitslie-
bender Manu, «ohl mit Freimütliigkeit, aber nie auf
eine feindselige ^Veise aus. Um diess zu beiveisen, legt
Hr. Carriere von S. 20 — (54 die Lehren des Piaton und
Aristoteles über die h ichtigstcn Gegenstände der Philo-
sophie, und die Art, wie yiristoleles über Plulon urthcit,
übersichtlich dar.
Das Scliriftchen ist mit Scharfsinn und Gelehrsamkeit,
Wärme und OUenheit abgefasst, und vir «ünschen, <lass
der Verfasser seine Zusage halten möge, wonach wir lou
seinen reifereu K ruften eine ausführliche Behandlung
aller dieser Dinge zu erwarten haben. Nur ratheu wir
ihm , sieh dazu nicht ivieder der lateinischen Sprache
zu bedienen, da bei der Widerhärigkeit solcher Sachen,
bei der eigenthümlichen Ausdrucks» eise //ege/'s , zu des-
sen Schule sich Hr. Carriere bekennt, und bei den viel-
seitigen Intentionen des Verfassers es durchaus unmöglich
ist, hier das Genügende zu leisten.
W. 77. A. . . Vi.
Zur älteren Geschichte der Slaven.
(Fortselzung aus Nr. 26.)
II. lUyrische Namen.
Schwieriger wird schon die Erklärung illyrischer Na-
men, da einerseits durch den Verkehr iler Griechen und
Römer, andererseits durch die Züge der Kelten die ur-
sprüngliche Gestalt derselben sehr verstümmelt ist. Dazu
kommt, dass kein Herausgeber der alten Geographen die
Orfsnamen aus diesem Gesichtspunkte berücksichtigt hat.
Daher ist die Zahl der bei den Alten , besonders bei
Strabo vorkommenden Namen sehr gering ; diese lassen
sich dafür aber auch leichter aus der noch jetzt dort
g'eredeten Sprache der Slowenen erkb'iren. Bei den öst-
lichen Völkerschaften konnte es anders sein, da ihre
Berührung mit den Romern nicht so Läufig und erst in
den spatesten Zeiten stattfand. In den Sitten des Volkes
möchten sich noch bedeutendere Spureu für die slavische
Abkunft erhalten haben.
Fast der ganze Küstenstrich von Triest bis Durazzo,
in einer Ausdehnung von beinahe SO geographischen illei-
len, war von Slaven bewohnt. Diess zeigt sich aus den
slavisehen Namen der l'ölker- und Ortschaften.
Tergeste, vom' Slor. terg, Markt; vor dem .infblnheu
Aquileja's gewiss der Hauptstapelplatz der westlichen Sla-
ven (Pomp. Mela 2, 3).
Pola, vom Slov. pol, die Ebene.
Istria, vom Slov. is , aus, dann das .'iusserste Enile
einer Sache. Is-tok Ausfluss, zusanimenliangend mit
Istros, der äusserste Rand des adriatischen Meeres.
Luteum, ein See, Strabo ed. Casanbon. 1587, p. 217,
vom Allslav. liig, ein Snmpf.
Issa , Strabo p. 218, von is, die .'iu.s.f erste Stadt.
Jadcra , am adriat. IMeere , vom Slov. jadren , ein
Segel (Pomp. Mela 2, 3)-
Taulaiitii , ein Volk in der Umgegend von Epidam-
nos, Thuc. 1, 24, vom Slov. tul , der Kücher.
Taunisci, entweder von tor, Aucrochs, wie Auers-
perger, oder von torik, ein alter Kriegsgott der Slaven.
Bielphii , diese sind wahrscheinlich die Anivohner des
bei Strabo p. 217 erw/ihntcu Ucrges Albios, dessen Be-
wohner cbcnd. auch Albicr genannt werden, (bei, poln.
biala altstav. bei, beal weiss).
Aus diesen wenigen Andeutungen möchte sich die
AVah^scheinlichkeit ergeben, dass die Küstcnl.lnder des
schwarzen und ailriatisclicn Meeres, sowie auch der da-
zwischen liegende Landstrich nördlich von der Donau sehr
früh besetzt ward.
Burmeister.
Lateinische Etymologieen von Konrad Scliwenck.
sors, tis, das Loos, mnss von einem Zeitwort sererc
kommen, wie fürs, tis von ferere (ferre), mors, tis von
niorere (mori) , ars , tis »on einem aus Ableitungen er-
sichtlichen arerc, fügen. AVir haben diess Zeitwort in
den Bedeutungen, zusammenfügen, sficn , dann hervor-
bringen, veranlassen, veriusaclien , und es fragt sich nun,
an welche dieser Bedeutungen lässt sich die des AVortes
sors anknüpfen? Da serere nicht fügen im eigentlichen
Sinne heisst, sondern nur zusammenfügen, so kann der
Begriff der Fügung nicht iu sors als erster Begrilf liegen,
doch iu der abgeleiteten Bedeutung konnte sors das "Vcr-
anlassende , Verursachende sein , woran sich der des
Looses als eines Bestimmenden , ^Veranlassenden knüpfen
liesse, so dass es im biiillichen Sinne wäre id quod serit
aliquid. Wäre sererc (sero, seriii) eigentlich ordinäre,
so wäre sors in dieser Bedeutung leicht davon abzuleiten,
oder würde serere (sero, sevi) meist in deterius genom-
men, wie Goerenz will (Cicero de legg. I. (i), so könnte
sors nicht daher kommen, doch Moser bemerkt richtig,
dass in Cicero 's Stelle serendi mores von sero, scvi kom-
men muss, dass also die angebliche Bedeutung durch
dieselbe widerlegt wird. Ausserdem ist serere aneinan-
derknüpfen und säen ein Wort, das Säen als ein Aniyu-
311
312
dorrcilipii <Iar>(pl1oiiil, «olici für SfiPii ilas »rlmni sao
lum Ergänzen gi-braucht «ard. Am «ahrs<licinli( listoii
ist ea , dass sors von sorore in der ganz sinnlichen üe-
«leutuii^ lies llinHerfens komme, insufern das Sacn citi
Hinnerfen ist, « ic im Grierhisclien nuf.oi das Loos zu
TldtJ.llv «rh«in;en gehört, «eil man die Loose sehiiang,
damit sie hinlielcu, und ein gleiches oder ähnliches '\'cr-
Lahniss lasit sich fiir sors annelimen, «icnolil der ?i'anie
fiir alle ahgeändcrte Arten des Loosens gelten niusste, da
man mit Aenderuiig der Sache, solange das Ilauptvei-
hahniss blieli, nicht die Benennung änderte. Sollte je-
doch nicht das Herab» erfen (Herausfallen exeidere) der
Lioose aus dem Gefasse mit serere Lezeiclinet «ordcn
sein, so könnte auch das Hinein« erfen (conjicere) in
den Loostopf damit benannt worden sein, « as für die
Bestimmung des Stamm« orts keinen Unterschied macht.
In dem Sinne des Fi'igens, Aneinandcrreihens scheint es
ron serere, servare, be«ahren zu kommen, so dass zu-
erst iler Gegensatz dessen, «as dissolutiim ist, damii
ausgedruckt «ird, daher aucli serius , der Sc lavc , als
der Gebundene , Unfreie , denn natürlich ist sen us auf-
zulösen iu ser - vus und servare in ser - vare , wie arvum
zu ararc (arere) gehört und larva zu lar, die Seele nach
dem Tode als ein höheres Wesen bezeichnend , «ie
mancs nach meiner, wie ich glaube , nicht unwahrschein-
li( hen Ableitung die Seelen der ^'erstorbenen als fiäy.a-
pfj benannt, nämlich manes aus «lacnes gebildet, wie
deni aus decni , seni aus secni , quini aus quincni , spina
aus spicna u. s. w. Eben «eil die Seelen der A'erstor-
Lenen gemeint sind, ist Lara (Nebenform von larva)
stumm, welche Stummheit das Blahrchen erklart, ganz
in der Weise, «ie solche Dinge erklart iverden. Die
Etvmologie, «eiche spasshaft genug ist, gehört vielleicht
gar Ovid als eigene Kriindung, wiewohl auch andere
solchen Witz haben konnten.
tongere.
Bei Paulus und Feslus lesen wir: tongere nosse est:
uam Praenestini tongitionem dicunt notionem. Ennius:
Alii rhetorica longont . . . . lo ait noäcere esse . . .
tionem dicant pro no . . tius doniinari. Ennius . . .
tongeat . et vincerc . . videtur significare. Also kennen
■ bedeutet das Wort, und beherrschen, besiegen soll es
auch bedeuten. Zu zweifeln, es sei ein lateinisches
Wort, ist kein vernünftiger Grund, und da die lateini-
sche Sprache es weiter nicht besitzt in den überlieferten
Resten , so mag es allerdings für einzelnstehend und
ohne Zusammenhang mit andern lateinischen Wörtern
gelten. Dessenungeachtet mögen wir versuchen, es mit
einem bekannten Stamme in Verbindung zu bringen, da
Bemühungr n der Art , wenn sie auch nicht gleich bei
der ScliH ierigkcit der Sache zu einem sichern Resultate
iüKren, doch vielleicht manchmal eins vorbereiten. Keh-
nieu «ir toiif^eo als das Präsens an, so dürfen wir auch
annehmen, das o der torhcrgelicnden Sjlbc sei durch
LinUnt ans einem andern V'ocal entstanden, «ic in 7no-
ven , f'oveo-, mnneo , soico , lorijueo , torpeo, und auch
ohne dieas findet der Umlaut des V'ocals statt, wenn
Ableitung eintritt. Da sich nun (itngo vorfindet, ent-
sprechend dem Griechischen diyyc.voj , so «are es wohl
formell möglich, eine Nebenform tongeo oder selbst
tottgo dazu anzunehmen, und sollte die Bedeutung des
Wortes es erlauben, so würde, wenn auch keineswegs
Gewissheit, doch Wahrscheinlichkeit vorhanden sein für
diese Zusammenstellung, tangere bedeutet berühren, unil
weil • nur durch Erreichen einer Sache ihre Berührung
möglich ist, auch das Wohingelangen , «enn nun dies*
auf den Geist übertragen wird, so kann der, welcher
eine Sache im Geiste berührt, 7U ihr gelangt, sie auch
erkennen, verstehen, hegreifen. Z«ar kann die Stelle
bei Cicero (pro Caecina 17) si ad verbum rem volumns
attingere nicht als "Beweis angeführt werden, denn statt
dieses Ernesti verdachtigen attingere hat Orelli Ana dem
Turiner Palimpsest nacli Peyron richtig adjungere auf-
genommen. Aber der bildliche Ausdruck rem acu tan-
gere, für eine Sache genau trell'en , spricht dafür, dass
tangere geistig genommen , eine Sache treffen bedeuten
könne, mente oder animo tangere aliquid würde dem
Gebrauche von assequi ahnlich sein, z. B. conjectura
aliquid assequi, denn was mau erreicht, berührt mau,
und was man berührt, erreicht man. Die Bedeutung
liberwindcu und beherrschen Hesse sich auch mit dem
Begriff des Berührens vereinen, indem der Begriff des
Erreicheiis, Eriiischens, Habhaftwerdens iu der Mitte
liegen künnie, wie im Griechischen ipiiveiv anrühren
heisst, im fllcdiuin aber auch erreichen, erwischen, er-
halten , bedeutet, tongeo für eine A'ersetzung von gno-
teo (noteo) zu nehmen, würde wohl seltsam sein, und
doch ist es noch am glaublichsten, dass diese Versetzung
stattgefunden habe.
Personal-Chronik und Miscellen.
Rom, 7. März Den 21. Februar hielt Hie ruraisclie Aka-
demie der Archäologie ihre pewiilinliclie Sitzung, in welcher
der beständige Sccrctär Cavalier A'isconli die Versammlung
niit dein Verlost eines ordentliclicn Mitgliedes, des bcriilinilen
Architekten Cavalier Giuseppe Vularlier bekannt macbte und
dessen Biographie vortrug IJer Präsident Marcliosc Conimen-
datore Lnigi liiondi las hierauf eine Abhanilliing wber verschie-
dene luskubirisclie Allcrthiinicr, die im verwicliencn Hcibst, bei
den von König Carlo Fclice begonnenen und auf Bcl'ehl der
vcr«itt»cteri Königin von Sardinien, Maiia Clnistina, wieder
unternoriinienen Ausgrabungen gefunden wonlen. Die interes-
santesten dieser Allerlhuuicr wurden der Akademie Torgelegt
und bestanden in vier Kigiiren, Slukaturarbeit , Fragmente
eines gut conservirlen Triuni|)bzuges des Baccliirs , von bedeu-
tendem kiinstleriscliem Wertlie mit Verzierungen , halben Fi-
guren und Sphinxen in Gold. — Zeichnung eines grossen
Fu-sl)odens von Marmor mit Quadraten von rosso anllco, Scchs-
uud Dreiecken von Palombino. — Gemälden: Ein Kopf
und eine halbe weildicbe Fisur. Mehrere Böcke unter einem
mit 'fraubcn und Blattern beliangcnen \\'eiiistock. Eine trelT-
liclic Coiuposilion , eine von Cicero erzählte Bcgcbcnlicit aus
der römisclien Geschichte darslcllcnd , mit drei weiblichen
Figuren.
Zeitschrift
für die
AI t er tli II ms wisse 11 Schaft
Aliilwockj, 3. J/jril
18 39.
Nr. 40.
Zu Plato.Ms Timaeus. Von Lindau in Oels.
15s ist friiliprliin , «ic in einer andern, so in dieser
Zeitsrlirift zu vcrscliiedcnen Zeiten, die ich »veiter unten
mit Ziisrtfzen angeben »verde, von mir erklärt »vorden ,
(lass icli Alles, »las zn »veiterer Autklarnngf oliiger Schrift
(leb PI. Oller zu Bericlitij^iing' meiner manffelliaften Ans-
jjabe desselben (iS'i'^) >on '"ir oder von Andern »vürde
gefunden sein, zum Behiifc einer bessern Ausgabe, »venu
auch nicht durch mi< h , in dieser Zeitschrift absetzen
»uirde. 'Wii VcrgMiiijjen kann ich jetzo in der Erfüllung
uieines Versprechens fortfahren, und z»var so, dass ein
M irklicher Geitinn, \»enn auch nicht für die Wissen-
schaft, Hoch für das ^ ersf«ndniss dieser dunkelsten Schrift
unseres Philosoplien daraus zu eniacliseu scheint.
Zuerst müssen »vir also an unsere Hejjlik in Seeinde's
krit. Biblioth. , Juni 18.S0, auf Hrn. K, Fr. Herinrin/i's
Anzeige meiner Ausg'. des PI. Timaeus in den Hcjdelb.
Jahrb. Decemb. 1^2^ erinnern, zu deren ^"^cri ollst.'indi-
gung noch Folgendes. Es konnte an der Stelle im Ti-
maeus, »»o von der ge/iesis der festen Körper ilie Reile
und die von mir in einer grössern Anmerkung, S. 37,
behandelt ist, kanm an die sogenannte Delische Aufgabe
von der Dupliration des Kubus ge<lacht ii erden. Denn
. . B AC
setzen wir in A — C AB = — , so folgt natürlich nicht,
AC^
dass AB' rz , sondern da die VVurzclscite oder Wur-
zelliuie des doppelten Kubus von AB' nur um ein be-
trachtlich Geringes grosser, als Aß ausfallen muss, aber
diese »vissenschaftlich bisher noch nicht gefunden und
mit Recht für irrational erklärte Unbekannte, theoretisch
nur als viertes Glied einer geometrischen Proportion ge-
funden »Verden könnte, wenn gerade, »veil eben diess
vierte Glied unbekannt ist, die beiden mittlem Pro-
))ortionalen ui<ht auch unbekannt »vürcn , so folgt ,
dass, »venu ja jene Unbekannte etiva auf empirischem
A> ege gefunilen »vare, man alstlann erst die beiden miit-
lern Proportionalen aufsuchen könnte, indem man das
Produkt der beiden Factoren in beliebige zivei andere
Factoren auflöste, nicht um die schon gefundene Unbe-
kannte erst zu finden, sondern damit zu fixiren. Hieraus
ergibt sich, dass die sonst an sich richtige, auf unsere
Stelle bezogene, geometrische Arbeit Hrn. Büukh's (Hei-
delberg iSlU) einmal mit der Delischen Aufgabe nur
entfernte Aehulichkeit , gesch»veige Zusammenhang hat ,
sodann aber aui h , trotz den dort angeführfeii Auforii/ilcu
des Alterthums, die nur das iVlissierständniss tlicilc:i,
Nichts zur Aufhellung unserer Sd'lle beitragen kann.
Denn da hier von Entstehung des festen Körpers über-
haupt die Rede ist, so können ja die beiden mittlem
Proportionalen, zu »»pIcIhmi der Punkt, als aus »velrlieiu
ja der genni, Körper den Anfang seiner Entstehung neh-
men soll, das erste Glied <ler Prop. ist, nicht auch sclmu
Körper sein: das »vare ja ein DiitUel: un<l da die Ent-
stehung dieser mittlem Körper auch erst narhgeiviesen
»»erden müsste , »väre es zugleich eine petitio principii.
Es ergibt sich also aus dem eben Gesagten die Richtig-
keit meiner a. a. O. mit Buchstaben an der Figur aus-
geführten Erklärung der Tetraktvs als einer Art von
(jualitativer Proportion, insofern, ohne Rücksicht auf den
Begriff der Grösse, iler geom. Körper, gleichsam im
lMci<lel, als Komplex von Uimensionen oder Granzen,
selber nichts Anderes, als intuitive Abstractioii oder Syu-
thesis a priori oder Begränzung des materiellen Körpers
ist, in Helcher Begränzung der Punkt als Grflnze ohne
Ausdehnung in der vom Phllos. beabsichtigten ^'erglei-
cliung dem iniponderablen Feuer- oder \V,'irniestoff ent-
spricht, »vie die übrigen, Linie, Flache, den in ihrer
specifischen Qualität zunächst folgenden, Luft und >Vasser.
Z»veitens erinnern »vir au uiisern Aufsatz zu PI. T. in
dieser Zeitschrift, Deeember 1834, »voriu »vir den fal-
schen Ausdruck i'TTifjtjf-fikrjUevoq mit dem ri< htigerea
VTieoßolM.ioi; vertauschen müssen, ohne doch damit ent-
schieden zu behaupten , ob und in »vehher der alter-
thünilichen Tonarten die auf i]em Griffbrett, »»elches »lel-
leicht imtröliov hiess, höher fallenden Töne so zur Bestim-
mung eines der Akkorde noth»»endig »varen, »»ie der 71 oo^-
) ailßavÜlUKj;. Nach »ielem Suclien und Fragen sind »» ir
doch am Ende in Betreff der beiden , von uns melodi-
scher und harmonischer genannten Akkorde nur zu der
ungefähren Bestimmung gelangt, dass dfä TiadUOOJV
nur analog ist unserm C . E . G . . C", so»vie dlä
7Til>Te unserm C C . E . G . . C", indessen
doch zur ge»vissen Ueberzeugung, dass den Alten die
Harmonie, »vas wir darunter verstehen, nicht unbekannt
»var, wenn gleich ihre Tonverbindung, wie es scheint,
mehr mit dem ^'erstanil arithmetisch berechnet, als, wie
bei uns , nach dem Gehör ästhetisch aufgefasst sein
mochte. Diese scheinbar seltene arithmetische Bestim-
mung erscheint zum Beispiele in der Angabe bei Aristo-
teles (Phys. 2) 3)) «lass im ölü TTaOMV, »velches un-
315
31G
M'rkciiiibar unser Solfei^gio, s<i»ic di:^ öla TUtnioi' Hin-
auf- und Zunirkgauf <lpr Scala i»f, die Moli- im ^'or-
iialtnissc zur livpale stelle «ie 2 '■ !• ^'ergl. «las Sclio-
liiMi des Pliilo/.oiios, S. .'JöO, »as «ir denn l)ckeniien,
ebensoiveni;;' zu verstellen, als dessen jetzt siciicr zu sein,
<il> an der Stelle in Plat. Rep. IV, S. 4-i.3 unser Ureikl.
C ...(•.. f damit gemeint ist, «as doch kaum auch
analo^'er AVeise zulrillt, oder lilierhaupt nur ein «illkiir-
lich dalier eiilleliiites Beispiel gleirlicr Entfernung Ziieier
von einem Dritten.
Drittens können wir hier Hrn. l'iof. A'e^ig'S (in Bern)
Programm von | S.'iß auffiiliren, uoriii er gegen Moi-gen-
sterii uiul Sclilekrmacher ualMscIieinliih zu maeheii siieht,
dass »ir in PI. iiiiehern vom .Staate die Ausführung des
dritten im Piuoemiuiii zu Tiniacus Angeki'iiidigten, alier
sonst nieht ^'urliandenen besitzen. Sollte er sieh auch,
vv.as anderswo dagegen einge» endet ist, darin geiirt haben,
dass er die Zeilfolge der drei Schriften so aiiiiininit: Ti-
maeus , Ilepublik , Kritias, so doch wohl nicht in der
Sarheiifolge , und wir sind um so mehr geneigt, die
Bücher vom Staate für eine grössere Ausführung des
wohl Anfangs in kleinerem Älasse Projectirten, so dass
der Philos. damit zugleich eine reforniirende Kritik des
Vorhandenen beabsichtigte, anzuerk(,-iinen, als sich ebenso
unter den für unsicher oder geradezu für unecht erklär-
ten Plntimicis ilic meisten als schriftlich liinterlassene
Projekte betrachten lassen, »eiche, nie sich nachweisen
Iftsst, der Philos. späterhin in grössere AVerke mit grös-
serer Kürze und A'ollkommenheit , wenn gleich nur ge-
legentlich verarbeitete. Der einzige sogenannte llipparch,
für dessen bezweifelte Kclitheit awch schon ein altes
Zeiigniss spricht, liesse sich wegen der mehr als eiiisci-
ligeu Analogie zwisclien dem l'isistialiden ilieses Namens
und Peiiktes als ein W erk des .Schuster Simon betrach-
ten, wenn die Nachricht Aa Dioi^enes L. im Lebern ilcs
.Simon sicher ist, dass Perikles diesem, wie es scheint,
athenischen Radikalen damaliger Zeit eine Pension an-
bot, wenn nur dieser Dialog, in welchem Sinne man
auch wolle, solche Aufmrrksanikeit jenes geistreichsten
Lsurpators verdiente. Dieser Simon muss sich vielmehr
durch einen von Piatun ganz entfernten, geschweige ent-
lehnten Tom, nie etwa derjenige unserer Dorfzeitung ist,
ein eignes Piililikuin in der afhenischen Volksmasse gc-
schail'en und so die Eifersucht oder Besorgiiiss des i-inst-
weiligen .Slaatsoberhaiiptes , dessen Gewalt von der allge-
meinen .Meinung bedingt uar, erre;;t haben, dass er ihm
eine Pension, die doch wohl des Plebejers .Stillschweigen
eher, als seine Belulinung hc-z\i eckte, wiewohl vergeb-
lich, an/.iibielen würdigte, ein Loos , das den heutigen
St. .Siinoiiisten , obgleich aristokratischen Ursprungs, noch
nicht zu 'J'lieit geiiorden ist.
Endlich kommen wir viertens auf Hrn. Rcctor Slall-
iaum's zu Li-ipzig .April|irograinni 1837 zu sprechen,
vtoriii er mehrere Siellen des Timaeus , die es allerdings
bedurften, zu beliai!clelii gewürdigt hat. AVas nun die
Tierte Stelle, S. ,j.'i .V., r;'^ r£ cai'rov ' (fi'aiuj^ ab
71 toi y.al Tfji duTtooL betrill't, e natura dico ejus u. s.w.
von uns übersetzt, so erkennen wir gern an, dass unsere
Ucbersetzuiig davon einen ebeiisii niüssigeii Zusatz, wie
der griechische Text mit, oder, wie wir uns damals dach-
ten, ohne «(' Zli'il enthalt, und dass wir uns ilainals,
weil gegen die L'ebcreinstimniung aller Haiidsi hrjfteii, in
diesen beiden so-selfsameu AVörtcrii Nichts aiifznbriiigei:
schien, niit unserer einstweiligen Uebersetzüng, die doch
gerade nichts Störendes oder Entstellendes enthält, glaiib-
fen begnügen zu müssen. Hr. St. theilt nun in seinem
Programni zuerst die allerdings interessante Entdeckung
mit, dass Sextui Em/iiricus an zweien Stellen, in Pyrrhon.
llif/xili/p. 3, 24 und Adveis. Mathem. I, 1.}, 30'^, diess
7Z/'{;^ an obiger Stelle nicht hat, wobei freilich uuans-
niacht bleibt, wie wiel Hdsrhr. S. E. vor Augen ge-
habt, und ob er selber es dort nicht gefiiiideii , oder es
erst als für ihn um erständlich hinaiisgrwurfen li.it. In-
dessen hat Hr. &i. auf diess negative Zeugniss hin, so-
wie auf den Umstand, dass Cicero diese Worte so über-
setzt hat, qiiod esset ej'usdem naiurae et alleriuSi aiige-
nnnimen, dass diess 7icOt erst späterhin wegen des neben
ai' sonst beziehungslosen Genitivs in den Text gebracht
worden sei und nach Anleitung des Cicero mit dem
falschen CD hinauszuwerfen, dagegen ov lierzustclleii
sei. So geneigt wir auch sind, den Scharfsinn, wel-
cher sich in dieser Combinatinn kund gibt, anzuer-
kennen, so müssen wir doch, abgesehen von uiiserm oben '
geäusserten Zweifel in BetrelF der Ausdehiuing des UKfJi
bei Sextus E. , der doch das ai', weiches eine leise
Entgegensetzung, etwa wie unser „auf der andern Seite",
ausdrückt, beibehalten hat, ohne dass es allein Bedeu-
tung haben kann, die Frage thun, was denn durch diess
uu, «elches nach Cicero's Uebersetzüng eigentlich ioci-
uevov heissen müsstc, für den .Sinn der Stelle Beson-'
dcres gewonnen uird, das nicht schon in den nächst voT-
hergelienden Worten f'.^ diicpuiv iv f-liov) enthalten wäre,
während unsere Uebersetzüng, e natura dico ejus u.s. w.
durch die Entfernung der gleichbedeutenden Worte iiji
dul Qiöiov u. s. w. hinter dem ii; dftffoiv evf-ieao) bes-
ser niotivirt scheint; um so mehr, als diess ai< liecjt eine
ebenso absolut schwebende Bedeutung dieser Stelle geben
konnte, wie S. 24 in den AVorten, zo d' av Tieot ilji
UiüuvijOitni. Ohne nun diess o.v Tliol, mir nichts, dir
nichts, über Bord zu werfen, sind wir doch der llei-
nnng, dass in diesen VVorten mehr gesagt sein muss,
als durch unser dico oder des Cicero esset gesagt ist.
Piaton kündigt dort in den nächstvorhergegangcnen AVor-
ten i^i'ueonjauTU iy. xujvde y.ai lon/iöe i(j6:i(jj eine
gewisse IMethode der rtlischung an. Nun könnte sich
diess zwar auf die AViederholiing der ersten Mischung
allein beziehen: allein die hinter unserer fraglichen Stelle
unmittelbar lolgenden AVorte, y.al y.ard raura u. s. w.
weisen zurück auf ein in unscrn AVorten enthaltenes Er-
gebniss der ersten .Alischung, ohne welches diese AVie-
derholuiig, dass er es so zusaininensetzte , wahrhaft anil
wäre. AVir sind demnach der IMeinung, dass Plato, der
vorher i:v flio(;) gesagt, in unserer Stelle einem i\4iss-
vcrständniss hat vorbeugen wollen, als wenn das tiöoc,
ovaiui die Stelle einer mittlem Proportionale zwischen
den beiden aiidi-rii Naturen eingenommen hätte, während
CS doch als Produkt aus den beiden Factoren, wenn auch
nicht extensiv, doch foriiiel und inti-nsiv jeden von bei-
den Factoren überwiegen niusste, was sich in Zahlen so
darstellen lässt: einmal die Factoren gleich angenommen :
317
318
3 < '1 ;> :>, odri- iinglcicli aiigfpiioiiiiin*" : ? < i"i > -i .
i)il<T da liier von ^'orl>iii<liiiig' zivcior antispasfischcii iVa-
tiiri'ii zu einer die Rede ist, mit nietriscli arithmetist lipii
ZKiclu-ii: (' -^ > -- — l' < — l- Mit lieibehaltiiii;;
von av in <i!)Ci! anjfe^'cbener, hier passenden IJedendiiif;
«lirdeii \iir Tlipt nur in UIQIOV ver.'iuderu , «elclies mit
iJdo^ verluindcn soivolil die "Jeiliindun;;' mit dem XoT-
lierjjehendeu herstellt, als aH( li das folijende y.aTil Tavza
iiio(i>'irt, Hofiir uian auch, h en'u gleich ohne Notliwcn-
digkoit, den sonst gar nicht luotivirteu Einfall dos Ste-
phanns, Hcnn «ir uns nicht irren, y.acu fß('rß geltend
niacheu kann, indem ja in di'in einen der nliigeu Fälle
die heiden Factoren von dem Produkte gleicli üheruogen
«erden. Hierbei ivollcu »ir auch gleich aufriclilig be-
kennen, dass uns ilas tun Hrn. St. na<h Cicero's Anlei-
tung vorgeschlagene alleinige oi) auf diesen desshalb nicht
uugliicklichen Gedanken gebracht hat, »eil nun in dcui
appositiven Zuischensatze tiji TS TavTOV CfvaStüi al
:iCot()v y.al iiji QuzIquv der Grund zur Autonomie
der Seele, ivovon «eitcr unten die Rede sein vurd, aus-
gesprochen ist, indem auf dem gei\ isserniassen assimilir-
teu tvEQOV fusseud die Seele als Kraft beide Welten
beherrschen kann. Dass er eine zweite Mischung vor-
nehmen iiiusste , liegt in der sich ividerstrebcuden Natur
iler beiden Speciliken, daher das ßia dort, das man nicht im
Sinne unseres di/nrtmiscli nehmen darf, sondern «eil er
in diesem Falle theils andere Agentien nicht an« enden
durfte, thcil» auch, «eil, «ic zu Anfang dieses Ab-
schnittes vom Philos. erinnert vvordeu ist, die Erschaf-
fung der Weltseele derjenigen der ^Veltkörper vorherging,
er also von dorther kein Agens borgen konnte. Dass er
aber bei der zweiten Mischung die in der ersten 3]ischung
schon gewonnene Substanz »ieiler hinzuthut, ist ganz
dem ^'erfahren unserer Chemiker gemäss, welche, um
die Verbindung zweier specilisch verschiedenen Substan-
zen zu beschleunigen, ein früher aus deif n.'iuiliclu n
Substanzen s( hou Kr\ stallisirtes hiuziilhun. Möglich also,
um no( h einuial auf Cicero zuriickzukommeii , dass er
sowohl ilas ar, wie das UHQI , aber letzteres vou üv zu-
fällig getrennt, vorfand, und daher jene beiden AVörter
als ihm so uinersfändlich ansliess , wie wir ja im Ver-
laufe unseres Coinmeufars zu Timaeus iluii mehrere Aus-
lassungen nachge« ieseii haben , verzeihlich dem vielbe-
schäftigten Staatsmanne , der nur gewisse Hauptsachen iu
diesem Werke als neu und interessant im Auge haben
mochte.
An der zweiten von Hrn. St. besprochenen Stelle des
Timaeus S. 37, öio) t' äv r/ tul'Tov ij y.ai öiuc üv
CTloov, wo uns mit scheinbarem Rechte Unwissenheit
der Grammatik aufgebiirdet wird , während doch sehr
viele gleichausgednickte -Stellen in der hier geforderten
Weise im Timaeus von mir iibersetzt worden sind, wird
sich s zeigen, dass wir die in diesen Worten enthaltene
Bedingung als unstatthaft absichtlich nicht anerkennen
wollten, ohne doch damals an dem, wie es scheint, hei-
liggesprochenen Texte zu rühren, «as wir aber jelzo zu
unserer Rechtfertigung, sowie zur Derichligiiiig der gan-
zen Stelle thuu müssen. Da nämlich iu <leu Worten,
Clav QÜaiav ay.eduaxi]v i/^oviöi zivo^ ccfäiTijrac
y.ai urav lifllolOTOl' die mit Kedinguiig verbiiiidene Zcil-
partikel in ilem Objekte der Auscliaiiung oder der Re-
ilexiou das Sein als llatiptbedingung beider Geisti'^lli.'ilis-
keiteu ankündigt, so sieht mau gar nicht ein, «ozii dii'
zucite Bedingung in den Worten utm x' äv il iitinni
11 u. s. w. iiüthig sei oder dienen solle, wenn nicht i't«a
zur Ab«echselung der Rede. Dagegen spricht :ibcr
der Umstand, dass das Objekt in diesen letzten Worten
nicht als unbeslininites ci ausgesprochen »erden liiiifte,
sondern als bestiuimtes in Bczieliung auf das obigo^ //")'
oy.EÖn.OTiJv oder dfiiolOiuv , \a:A dass üitp und 'niic
das der Seele Rekaiiiitu als Maassstab des neu zu beob-
achtenden und damit zu vergleichenden Objekts bezeich-
nen : denn sollte Olip und üiov auf jenes tjov gehen,
so musstc PI. unuxi'ji!) und f/TZOTtjooi) schreiben. Die-
sem zufolge glauben wir die Stelle so ändern zu lüiisseii:
UTO) T ai'Tu TC.i'ruv y.ci urov c.'v ert^oi , so d.iss
mit Hinauswcrfung des ;: , das wohl er>t nach V erderbiiog
der Stelle hineingebracht ist, <liese Worte, soiiio alle
folgende mit tvfißi'iveL livctl u. s. w. iu Verbindung
stehen.- Wird nun Hr. St. noch auf unsere Ueberselziiiiu;
so zürnen, zumal wenn wir uns gerne fiigcn und das
dicit In Judicat , sowie das bald folgemie Dictum in Ju-
dicium verbessern? Wird Hr. St. noch ferner behaupten,
dass hier von Logik, als einer ebenfalls den Kategorieen,
aber nicht allein unterliegenden \Vissenschaft, die nicht
den Inhalt, sondern nur das Formelle der unmittelbaren
oder vermittelten ürfheile angeht, nicht bloss inclusive
die Rede ist, während wir ihm, wenn es uns nicht zu
weit führte, nahweisen konnten, dass vom oben anstehen-
ilen Sein an in den eben verbesserten Worten die Kate-
gorieen der Quantität um! Qualität zugleich stecken, und
die ganze Reihe iu TlüoyCtV, «las ja ein noieiv lorans-
selzen lässt, mit der Kategorie der Kausalifäit schliesst,'
mit »elcher die Logik gar Nichts, aber wohl, «ie mit
allen übrigen, die Theorie des Erkenntnissvprmogens zu
tliun hat? Haben wir in unserem Comuientar des Aristo-
teles hierbei erȊhnt, so geschah es, um anzudeuten,
dass wir ihm wohl nur den schönen Namen KateL'urie,
die Sache dagegen, welche PI. als schon trivial hier
nur andeutet, dem Scharlbliike der Eleaten zu verdan-
ken haben.
Komnven wir endlich an die letzte, an Obiges iiii-
iiiittelbar mit den AVorten Küyo; ("it' u yara zui'röv
u. s. w. sich anschliessende Stelle im Timaeus, so müs-
sen wir freilich über unsere frühere Rcarbeitung <ler-
selbeu jetzo erröthen , jedoch nicht mehr, als Hr. St.
über seine jetzige. Sogleich das yara raüiuv hier zu
besprechen, welches Hr. St. mit piiriter übersetzt sehen
will, so ist es nicht wahr, wie sich aüs dem Folgenden
ergibt, dass das Lrtheil (welches, beiläufig gesagt, hier
gewissermassen personificirt für Urtheilskralt gesagt ist)
absolut und gleich «ahr «ird, sondern, wie wir der
Deutlichkeit wegen breiter durch unser ratione ejusdem
et diversi angeileutet haben und wozu der platonische
Zusatz Tlüoi TE &di((tuv eh' u. s. w. nöthigt, bedingt
ist in seinem Grade der Wahrheit von einem der beider-
artigen Objekte, um entweder nur Öüta dkr^StjC, oder
f:ilOTljlili zu werden. Demgemäss wird man sich wohl
dazu bequemen müssen, d^s unstatthafte ya(G ravxov
319
;j3n
iii y.nru r« nvxo'v »ilcr AcIimIIi lies zii verbessern. Djesn
L'rtlieiUkraft liier, »elciie als eine und die n.'iuiliclie
zivci lerscliieilenc Erjjelinisse ji- nach <l<'n (iogciisfrtnilen,
ilie sich unter einen resnliriMiden Be^friir hrinjjen lassen
oder nicht, zu Tage bringt, ist in Uezichnng anf diess
d(>|i|ielte lind verschiedene Krgebniss vnn Kant zuerst in
rejiectirende und co/istitulive Urtheilskraft zerlegt wor-
den. Indem « ir nun die ganze Stelle jetzo folgender-
inassen übersetzen: Judicium veio, qttod ratione duoriim
itloruiH verum ßeri polest . \Mveisum illud tspectans mit
Idem, in eo , (jitnd a semelipso mnvetur (d. h. in der
Seele) lucile dum J'crtur , i/uu/ido id, quod sensibus per-
cipitur, speclaliit et ^ Diverai ro/a impeditri i/i eam, ipiue
illam impediit, animam nunciuverit , firmae ac rerue
cum fide opininnes existunl: quando contra id, quod in-
tellectu percipilur, spectat atque EJusdem rata, cursu
liaud impedilo ea indicaverit , ratio ac scientia neces-
sario absolcitur , machen wir, ila die Richtigkeit der
Sache für sich selber spricht, zuerst darauf aufmerksam,
dass wir Hrn. St. Begünstigung der andern Lesart tv)V
für V)V neben öoSu^ missbilligen müssen. Denn wcna
es zur Beobachtung eines Gegenstandes der sinnlichen
.Anschauung und zur Reflexion darüber, welcher letztere
Act, des Geistes in dem früher hier vorgekommenen dva-
y.V/.t.Ouodai «ohl angedeutet wurde, kommen soll, so
uiHss ein ruhiges ^'^ern eilen eintreten, was nur durch
die Hemmung des Rades der sinnlichen Anschauung
milglich ist. Diese Hemmung nun liegt in öoi^iiC, uiv ^
iticlit im Liiifclurunge mehr be:;riß'en. Wer Irtsst nun
aber diese willkürliche Memmuiig des einen Gesaniint-
urgans eintreten? Doch wohl nur die Seele selbst, deren
Autonomie kurz vorher in den Worten 8V Toi y.tvov-
litviJ) v<f>' ai'TOV vorbereitend ausgesprochen war, um
sie hier als Urheberin gedachter Hemmung mit den AVor-
ten iti navaaoau c.i'tuv tijv iL', zu bezeichnen , wäh-
rend die bisherige Lesart Tlcloav au coli keinen vernünf-
tigen .Sinn gestattet, und Öiayysi/.rj entweder keinen
Objectcasus erfordert, oder ihn aus dem obigen ato^fj-
ruv leicht erg.'lnzcn lassf. .Iliigen die diplomatischen
Kritiker über unser Verfahren immerhin Zeter schreien,
so erkennen wir nun in der so gefassten Stelle , wenn
aiicli nicht mit Siclierlieit , die Grundlage zur akademi-
schen i:TO/>^, jenem Principe vernünftiger Skepsis, doch
denjenigen Geistesait, welchen, zum LInterschiede von
unbestimmter Thätigkeit, iv.'nys/a, insofern jedes Organ
in gehlirigem Stande ist, Aristoteles mit iiicjit unglück-
lii heni , aber vielfach selbst lon .\euerii (s. Krkerniaiin's
Gespr. mit Giitlie, Th. 2, S. I4'.l) seltsam gedeuteten
Ausdrucke ivTi/.iyCia belegte, welches Wort, wie seine
Bildung zeigt, Jfichts weiter bei dem Stagiriten als eine
auf ein bestiinintes Ziel oder einen Zweck geri( litete Tli.'ttig-
keit des Anscliauungs- oder Reflexioiisvermögens bedeutet.
AVas sollen wir schliesslich zu Hrn. St. Anmerkang
über das an dieser .Stelle jedenfalls ungehörige fity/OTl-
V.OV sagen, die in Beziehung auf unsere Stelle gerade
umgekehrt lauten iniisste : 7tam r it l.oy l ot t y.ii v non
modo est 7itentis et rationis particeps , sed etiam cogita-
liile , und zur l'utcrstützuiig dieser Behauptung wir<l an
das Paradoxon des P.innenides , dass Sein und Denken
liins sei, «oinit Platoii fast übereinstimme, appellirt.
Welch eine >'erH iirrciilieit der BegriHe! Gedachtes auch
für Seiend zu hatten, wofür Piaton von Aristoteles in
seiner Aletaplijsik arg genug, aber mit Recht mitgenoni-
iiieii ist, ist iloch wohl nicht einerlei mit obigem Para-
doxon, ilessen man in neueren Zeiten nur einen sonst
trefl'lichen 3Iann zeihen könnte, der eine Ansicht Kants
niissverstand , und was vom teleologischen Stanilpuukte
aus richtig ist, zu allgemeinem Principe der menschlichen
Erkenntniss erheben wollte, vermöge dessen er nicht nur
die .^löglichkeit des AVcA/jcAs , was in jeder Wissenschaft
geschieht, sondern auch seine Wirklichkeit von der Thä-
tigkeit des denkenden Ichs abhangig machte. Indem wir
auf unsern Coinmentar zu Tiinaeiis verweisen, wo schon
anderer Zvteifel über das strittige /.oyiOriy.ov angelnhrt
sind , können wir unsere A'er« underung nicht bergen ,
dass , wenn einmal das vorgeschlagene KoyiOcDV aus
Jlangel an Autorität anstössig schien, Hr. St. nicht dar-
auf gerathen ist, dem folgenden o.via. zu Liebe, das
doch so keine gehörige Beziehung hat, tu LoyiOTiyuV
in T« iM'ilOTiy.uv zu verwandeln, wodurch ja allem
Uebelstande gleichzeitig abgeholfen wäre. Da aber in
den Lexicis ö.koytnroQ, in seinen beiden entgegengesetz-
ten Bedeutungen aufgeführt wird, so kann KojiOTUV
nichts .Sprachwidriges enthalten. Ganz anders verhält
es sich mit Jiai^liru^, welches wegen der Grundbedeu-
tung von TTUOXEtf nicht, sondern dafür nudl^Tlxai; im
Gebrauche war. Vergl. Simplic. zu_^Aristotel. Phvs. 2,
S. ',ib~ a.
So viel für diessmal, weil das üebrige in dem Pro-
gramm theils keine Beziehung auf unsern Timaeus zu
haben scheint, theils uns unverständlich war. Indem wir
mit einer Art von Selbstverläugnung Hrn. St. für seinen
vielleicht gutgemeinten Anstoss zu unserer hiesigen Erör-
terung danken, müssen wir ihn doch warnen, sich durch
seine sonstigen \^er(lienste um Platoii nicht zu ungerech-
ten ^Verunglimpfungen Anderer verleiten zu lassen, um
so weniger, wenn am Endo die Leser seiner Programme,
wozu ja auch seine eigenen Schüler und Zöglinge ge-
hören, bedauern müssen, von ihrem gelehrten Führer
in April geschickt zu sein.
Personal-Chronik und Miscellen.
BicsUm, LS. März. Die Wissenscliafl erlitt dincli den
am lieiilipen Morien nach drei» lichenllicbem Krankenlager ci-
folgleiiToil des ordeiitliciien Prolossors der Staalswissenscliaften,
Dr. (In- üeclitc und Fliiioso|iliie , Johann .S c li ö n ,. Redacteur
dei- Scbksisclien Zcilong, einen liöcbst einpfindlicbcn Verlust,
(".cl.oren zu LTn^'ciidoil' in Maliien den 16. Nf.vember 1802,
lebte er seit 1Ö28 in Breslau; seit cloiii Juni 1S29 an der hie-
sigen Universität als Privaldocent ihatif;, wurde er im Dccembcr
18.36 ?-nra ordcnilichen Professor in der philosophischen Facul-
tat befördert.
Halle. Der bisbeiigc aiuicroidcnlliche Professor Dr. Po 1 1
ist zum ordenllicbcn Professor in der pliilosophischep Faculta»
ernannt worden.
Z e i t s c li r i f t
für die
AI t er t li u ms wisse lisch a f t.
Freitag, 5. .April
183 9.
Nr, 41.
Demolrii rlirioris de plmiidone über. Edidit Francheus
Goeller, Ur. Pliilus. Prof. Gvinii. Colon, ail RIicii.
Catliol. Leipzig bei Cnoblocli 1S37. XXXII und
216 S,
Diese Ausgabe des bekaiinien Schriftchens des Dc-
metrins TVfQt ioinjl'liag ciitbält erst die >'orrode von
Fisclier nebst den dazu geliörigen l'rtbeilcu des Valesins
und Oerli. Job. VossiHs,über den ^'crfasscr des Schrift-
rheiis, dessgleidien die Vorreden von Schneider, AValz
und dem Herausgeber. Die der friilicren Ansgaben Iiat-
tcu niclit in dieser Vollständigkeit abgedruckt zu werden
brauchen, da man gegenwärtig dieselben Gründe, ans
welchen erhellt, dass der Verfasser dieses AVerkes nicht
Demetrius der Phalereer sein kann , an mehreren Stellen
lesen inuss. Die kurze A'orrede des Hrn. Prof. Goellcr,
von Pfingsten 1830 datirt, gibt die Hülfsuiittel an, deren
■ ich derselbe bei Besorgung dieser Ausgabe bedient habe.
Sie bestehen 1) in einrni Exemplare der Aldina der
Griechischen Rhetnren (Venet. läU8) » welches Victorius
auf dem Rande mit Varianten aus von ihm verglichenen
Handschriften versehen hat; 2) in dem von l^irtorius
eelbst besessenen Exemplare der von ihm besorgten Flo-
rentinischen Ausgabe des Demetrius de Elocntionc von
1552; 3) in einem Exemplare der späteren Florenlini-
gchen Ausgabe von 1594 mit einigen unbedeutenden Raiid-
beuierkungeu des jüngeren Victoriiis; 4) in der Ausgabe
des Morelli; 5) in der des Caseliuä; 6) in der von Fi-
scher; 7) in der von Schneider. Am Schlüsse der Vor-
rede S. XXXII steht folgende zur Warnung für alle
Gelehrte, die sich mit dem Buchhändler Hartmann in
Geschäfte einlassen wollen, hier wörtlich mitzutheilendc
Kachschrift, wie ans Seite 215 erhellt, vom Oct. 183t):
,,Ut editio ista post sex demum annos prodiret, factum
est insigni perfidia C. H. F. Hartmanni , bibliopolae Lip-
siensis , (jui quum mihi seso redemtorcm eins et dnorum
praeterea libellorura obtulisset, Demetrium iucditum ia-
ccrc passns, vix tandem post tres annos restifuit et reli-
quot duos libellos ctiamnunc retinct, uialam (idem fru-
■tratae cditionis et intercepti fructns laborum per ininriam
non cum praemio utilitatis sed auimi causa illatam cu-
niulans,"
Zu bedauern ist, dass' die Erscheinung dieser Aus-
gabe, nachdem sie mehrere Jahre sich verzogen hatte,
uiclit noch um ein paar Hlouafe langer sich verspätet hat,
damit der in demselben Jahre erschienene, das Schrift-
< heu des Demetrius enthaltende neunte Band der Rhe-
toreu von Walz bei dem Texte und den AnmorknngcD
hätte benutzt werden können. Der Herausgeber hat
zwar diesen Mangel durch einen langen Appendix, wel-
cher die Varianten aus der AValziscIien Ausgabe nach-
trägt, auszugleichen gesucht, aber dadurch ist die schon
dem ersten Zuschnitt nach unbequeme Einrichtung dieses
Buches noch unbequemer geworden. Der Herausgeber
hatte nämlich schon ursprünglich Text, Varianten und
Anmerkungen gesondert hinter einander abdrucken lassen.
Zu diesen 3 Theilen kommt nun noch jener Appendix
hinzu, so dass man in jeder .Stelle 4 verschiedene Seiten
aufschlagen muss, was für den Gebrauch liöchst unbe-
quemist. Ja, diese Unbequenilicbkelt wird noch dadurch
erhöht, dass sich in den Text, obgleich mehrere Car-
tons desselben gedruckt sind , eine Anzahl solclier Druck-
fehler der Scfcneider'schen Ausgabe eingeschlichen hat,
die als Druckfehler niclit oder schwer zu erkennen sind,
namentlich Auslassungen von AVörtern, wie die in den
Corrigendis auf der letzten Seite nachgetragenen aus
S. 88, 1)7, 143, 184.
Gehen wir aber von der äussern Einrichtung zu der
inneru Beschaffenheit über, so ist zuerst dankbar anzu-
erkennen, dass Hr. G. i'en oft sehr verdorbenen Text
in einer nicht geringen Anzahl von Stellen theils nach
den Handschriften des A'ictorius, theils nach eigenen
scharfsinnigen A'erniulhungen berichtigt hat. Der Text
in vorliegender Ausgabe ist also beträchtlich reiner, ale
in der von AValz , welcher sich fast überall mit dem
Schneider'schen begnügt liat, wo dieser niclit entweder
durch Druckfehler entstellt war, oder ollenbare mii
Hülfe der neuern Cüllationen leicht zu hebende Fehler
enthielt. Aber auf der andern Seite ist der neue Her-
ausgeber in der Behandlung des Textes mehrmals viel zu
frei gewesen und hat sich erlaubt Aeiiderungen nicht
bloss als den erforderlichen Sinn ungefähr angebende
Andeutungen in den Anmerkungen mitzutbcilen , sondern
in den Text aufzunehmen , die so weit von iler überlie-
ferten Lesart abweichen , dass sie dadurch das Gepräge
der Verwerflichkeit genügend an sich tragen, und der
Herausgeber in ihnen den nüchternen Kritiker ganz vcr-
läugnet hat, sowie er S. 143 TOUii dilvuv Tliju 7TTS-
pvywv cvio Tioh-jOov ii " * " ' ""
yw^" 'v.vxnxou^oä.\iivoi
Qvyujv aüru nohjaov in roii didvQaußr/Mv „nreQv-
roiijoüiAevo;, S. 172 ne^i öl oy.io^uua-
Tujv [tiv, olov eiAaoia. zig eaitv i) 7«? dvTideotq
323
324
fi'rpaTf?.o^ in Tieoi 8ij axtuiifj. uiv, oJov ri i'j ävri-
\>£öis ioTC, joaavia- i) yd(j ti/.aaia svTfjamt.o;,
S. m ev TQtai, Tikctret, fuj/.t;/, n'kaauaTi in iv
TQini , ToajffTlJTl , filjy.ei, nkaTl'njTl rerHainloK hat.
Ulaii rorfl. aurh S. 74. Alior auch aligosehpii von s<>l-
«lien .Stollen, in ilonon die ^Vrilorliciiliolt der l'ulfjata
ilen Hrraiisfober zu so vcr» ogoiicn Acndrrnnjjen verleitet
hat (iiietiohl «venigstens in iler dritten Stolle diirohaus
liein (irnnd Ha war, TlkuTft in TtKuzL'TiTi verwandelt
umzustellen, soiuieru nur 71 l.aOUP.Tt in T(ja)rt' r) Tt oder
vielleicht Tua]([i Tili zu verandern), hat auch ander-
wärts offonliar die vorliegende Ausgahe sowohl in Hin-
sicht auf Kritik, als auf Erklärung nicht die Vollendung
erhalten, die ihr der Herausgeher hei einer Revision
uach einem Zwischenräume von einigen Jahren würde
haben geben können, wenn er nicht, wie es scheint,
durch das ungünstige Schicksal des Buches bei dem er-
sten Verleger die Meigung da/u verloren hstle. Es fin-
den sich daher theils manche entschieden falsche Les-
arten, statt deren schon die richtigen vorgeschlagen waren,
keibelialten , theils umgekehrt nnnötliige ^'eranderungen
»orgpiionimen oder vorgeschlagen, theils einzelne unrich-
tige Erklürungen aufgestellt, endlich .'Manches nicht er-
Iftiifert oder wenigstens nicht bewiesen, was einer Jfir-
lauterung oder eines Beweises bedurft hAtte.
Einige Beispiele der ersten Art seien folgende: S. t32
heisst es gewöhnlich oidd^ yi\o tlv iunvatuv äöei
noyti^dmi-'o;, Schneider aber hat schon e/,dul vernuithet,
und AValz dieses anfgenuuimen. Unser Herau.'geber aber
setzt zu Schneider's Worten ,,A'idetur legendum aöot"
S. 7.") hinzu: ,,>lininie." Er glaubt also noch, aV könne
mit ilem Präsens des Indicativ verbunden werden? Ist
dieses nach den grammatischen Untersuchungen unserer
Zeit denkbar? ^Vo(lurch soll also das „Ulininie" gerecht-
lertigt werden? Hieraus erhellt zugleich, dass der Her-
ausgeber S. '2'.i') in den Worten ui' fiiyvUTnc Ulhrj av
die von allen anilern Gelelirten für verdorben erklärte
Lesart mit Unrecht für echt hält. (Als Ausnahme mag
gelten S. '^.54 ayfÜuv üv y.d.i /y daä(fii(i noij.aytuv
i^eivOTiT^ tOTi, da dort av enge mit o/ldöv verbunden
werden kann.) S l'ji) in den Worten ucuv öiay.evijg
Ti; (foßtjii}j ^ uiuv Tuv iitnvTCi wj öcfiv, ist Cfoßvifv
von Schneider nach einer Conjeetur statt (fdßv aufge-
nommen, unser Heiansgebcr aber, versichernd, es sei
diese .\cnderung nicht nöthig, hat (fotirj liergestellt.
AVas soll es aber heissen, den Riemeti wie eine Schlange
ertchrecken'i oder, wenn dieses keinen Sinn gibt und
gesagt werilen miis.5, sich vnr einem Riemen wie vor einer
Schlange erschrecken, wie beweist Hr. G., ilass (foßeiv
»o viel als (foßfiöi^ai bedeuten könne? S. l48 tOrl Ss
Ti; tbiuiq ■/''■',"> ^uTffi/.ij h. luraßü'/jj:;, ornv vi
ciTtoioa iinußoJJ.rT(ii y.ai ojOtjso iiiiaitiijoeiiv.
So die Vulgata; aber Schneider, den Fehler jUTavoi']-
ntnv nicht verkennend, bemerkt: „Videtur /Jttavoijan
legendum." Unser Herausgeber hat w^rceoci flFravur-
Ollln geschrieben. Sollte dadurch der Optativ entschul-
digt werden, so war wenigstens (0^:1(0 li getrennt zu
schreiben, da unsere Grammatiker von Slephanns an
i't^Ttifi ti und d);-nco£i so unterscheiden, dass jenes
Kie wenn bedeutet, dieses, sowie oiovei^ in den Sinn
des blossen lo^ZSO übergegangen sei. Aber nehmen wir
aurh jene .Schreibart an, so entsteht aus der Goller'.-chen
Lesart der Sinn: wenn sie eine Rede ändert und wie
(oder gleichsam) wenn (si, gesetzt dass) sie bereuen
wollte (oder sollte), während zu sagen ist: leenn sie
eine Rede ändert ti?id gleichsam bereut. Griechisch f.li-
ravuijOT^. S. 234 heisst es: t:iLi dt y.ai nuKeoi iiort
xai ßao//.£vot yQä(fofjiu eatwoav TOiaviai ui iiii-
azoXai [iiy.rxw ei;ijo/iei>ai noq. Ollenbar nngramma-
lisch, da ai joiaitai iTtlOTot.ai gesagt sein niüsste.
Vict. und Casel. schreiben also richtig IUI ai'TO.l statt
roiai rat. Li andern Stellen ist die >'eranderung der
Lesart zwar nicht anderweitig vorgeschlagen, aber ihre
Aiotliwendigkeit liegt so aiii Tage, dass sie unserem
Herausgeber bei seinen grainniatischen Kenntnissen nicht
enfgehen konnte, wenn er die Schrift einer sorgfältigen
Revision in grammatischer Hinsicht unterworfen liätte.
So muss es in den Worten S. 'Jl E:i{ö(}l7CTal yUfJ dk-
h'jl.oii ra y.ujt.a i(f'' £Ti(Jijj tre^ov, vj^TieQ ev Toiq
Sia/.t) vf^iivotQ koyoic;, y.ai änoki'jiavzeq fxukig av
ivvui^^oluiv y.ard zu reku^, uzt tu kiyu^.tvov 71B-
Qiuöuiiiv, offenbar ii'voi^deiiinv heissen, da der Op-
tativ, nicht der Conjuiictiv erforderlich ist. S. I<)S ZQlij-
(i£i; :iou;eöuyori'TU muss nQo^sduy.uivTU geschrieben
v?erdeii, da ilas Verbuin erwarten bekanntlich TT^UiSo-
y.av heisst. iMehrnials ferner ist in dem Artikel gefehlt,
der theils einigemal ausgelassen ist, wo er stehen
muss, tl(.eils auf eine Weise gestellt ist, dass ein Solü-
risnius entsteht. Von ersterer Art sind die Worte S. 244
7J ii\ kvais änkovaziijov y.ai X{nirjzuij^i:ia(i oijj^iciuv ,
y.uddi£(j i'j doyaia naoa £ufn;v£ia' d.jkui'y.oi ya<i
doy^tüui , wo Ol vor doy^aioi fehlt, wie aus dem vor-
hergehenden Tldoa und aus S. 67 und andern Stellen
erhellt; dessgleichen S. 2.J.T , wo von der Stellung der
lloiiierischen Worte ÜTloJi idov alütMV uCflv die Rede
ist, u/.k' ui>i' üv o kiyoiv d£ivdi ovioji £du^£i ,
oi'z£ 6(ftQ avTog, wo es offenbar oi<f£ 6 ücfn; avxui
heissen muss. Falsch gestellt ist der Artikel S. 23U
'AoiOTurfliTi yovv löi f^idkiata £7iiz£Tei'}[ivai Soy.fi
Tov zt'wiot' iiiirizokiy.uv- „tovto öl uv y(ju(fO) aoi*',
Cfijoiv „üi'i ydp ijv hiiotot.iy.ov.'''' Hier ist Trnov
eine blosse Conjeetur von Victorius; in den Handschrif-
ten stellt dafür UVTOU. Da nun zugleich statt u')i an-
dere Bot her o; haben, so ist die Stelle so zu lesen:
'AuincDcthji yovv, ös fiäktaza £:iizfi£t>xtvut öoy.fi
avzu; zoP ETTlOTokiy.oü (qiii ipse maximc natiiram epi-
stolae assecutns videtur), „zoi'TU di ov y(iaq'n OUI'^,
(fljoiv oi'i yui> ijv tllOTokiy.üv. To iuiazoi i/.uv be-
deutet ohne ein .Substantiv das Wesen der Epistel. In
einer Stelle hat Hr. G. sogar zuerst diese solöke Wort-
stellung eingeführt, wie wir unten bei tuv üvov ayQlOV
sehen werden.
Andere Stellen, in welchen Rer. mit der von dem
Herausgeber gehandhabien Kritik nicht zufricilen sein
kann, sind folgende: S. S hat derselbe zwar im Text
der ^'ulgata zoiauz)] TIC, av £nj ni'niourpij y.ai kuyuo
ycdhiiio ir,:i£i(jufi£vuv ICuuc, öiivüzijra beibehalten,
aber in den .\nnierkutigen emplielilt er statt £onEI(jUfi£-
VOV die stillechter beglaubigte Lesart avaz£lkujJ£VOl>.
Diese ist jedoch entschieden verwerflich, da £OT£ika^rjV
325
326
im passiven oder iiiiransKiven Sinne, also s<af< sOTulrv,
ron Dcnietrius niolit gcsajjt «erden kunn<e ; es nii'issfe
also wenigstens oif^OTak/ifVOli lieisson. S. 25 '" den
AVorten änva nnfjöiwta i'j TOtQ in' «p//;? — '; ro/'i;
ini Tekoi'i haben die fn'ilieren Herausgeber das erste
j'l TOi\ ans dem iiandsc liriftlielien dlj TOi^, wo ö aus
dem Sclilussalplia des vorliergelienden Wortes entstanden
ist, aufgefunden, Hr. G. aber hat dafür tjrul TU!^ ge-
setzt, wozu er, da viel leichter ij als fjTUl in dlj zu
verderben war, durch das sonstige Vorkommen der Par-
tikeln )jTOl — 7/ bei Demetrius offenbar nicht bcrerhti«[t
war. S. 35 zu den Worten nivtHiOL' Ön (fi;oa^ at'TO
Treotööov fürjoi; ov öiai y.ujKo/g ti]i' TceQioöov ü(ji-
C,llv tof/.SV wird die Bemerkung Schueider's ,,Ex more
Demetrii srribendnm öoiCsOitat pnfo" zweimal, S. 75
und S. 100, ohne Erinnerung wiederholt; sie ist aber
falsch. 'OgiCuoifai heisst definiren , z. B. S. 11, 173,
öoiL.lll' dagegen degrünzen , wie S. t. Vgl. Rost Gr.
S. 113. Anm. 3- S. 36 ist geschrieben: ei'ot ön TEO-
aaQEq ol ibikoi jaoay.ziiQe^, io^vuq, [ityakoTTpS'.tijQ,
ykacfi'pd; , i'^iivüi- y.ai ioinov oi iy. tovtmv fxiyvi'-
jiiSl'O/. Dazu wird gegen die, welche Ao/7Z 0/ lesen, die
Bemerkung gemacht, wenn es so geheissen hätte, so
müsstc der Artikel liinzuged'igt werden. Dieses ist falsch;
denn es soll nicht gesagt «erden und die übrigen aus
diesen geniisi hten , gleichsam als wären auch die eben
genannten Arten der Schreibart gemischt, sondern und
übrig sind noch {und dazu kommen noch) die aus diesen
gemischten. S. ,i(j wird nach Schneider gelesen: (ögiiep
dvi^iOTaxov y.ai dvriy.cioifov ivavriaiTÜrvj dij ' Öio
xui fiovovQ dt'i) ■/aoay.nl(id(; tivec, äi;ioi'atv tivut
roi'iovq. Allein statt 5/J " äiu y.ai haben die Hand-
schriften entweder di i/) dlj oder de ö öij. ^ Es ist also
mit Aenderung eines einzigen Buchstabens ivuvTiü)TaTV)-
diu ÖIJ zu lesen, da 8l6 Öl'i eine häufige Partikelver-
bindung (z. B. Thuc. I, li«. II, 4J) ist. S. 62 ist
nach Schneider gedruckt; y.ai Ofirj^O^ öe ewi Tbu
Kcy.Xajnog dii snat'i;ei rijv i'7i£(j/joki)i' , y.ai snav-
lövii in ai'Tijq fo/y.iv. Die AVorte y.ai ina.viövTl —
eoiy.tv fehlen in einigen Handschr., in andern steht fT* ai'TOV
statt 477 ai'TlJi; ans der Vereinigung der beiden letz-
tern Lesarten entsteht die richtige ezr' aÜTliv , da der
Genitiv durch Weiidniigen wie sn i Xiov nliiv nicht ge-
nügend zu rechtfertigen ist. S. 53 steht bei G. : n ydg
vfjooq, rjv dvexo/^itv, dijhj uev y.ai Trüouujd^tv eoriv
iipljki] y.ai xua'inia. Die Vulgata ist nJoGi ijv ixo-
litVIJ 8t]h]. Statt ijV i~/Oliil>lj haben die Handschriften
entweder ijv exotilv, oder difX"l"^^>J i "der dvCoXO-
fitvi]. Daraus hat unser Herausgeber seine Lesart zu-
sammengesetzt. Aber er musste erst beweisen, dass An-
tiphon, dessen Worte hier von Denietrius angeführt wer-
den, oder ein anderer Redner oder sonstiger attischer
Prosaiker dvixeiv für das einfache 'i-j[Etv oder oiy.ttv
gebraucht habe. Dazu kommt, dass die Handschriften,
in denen a.ii Xo ^iliv )] oder «j;£f /o/(f ^r; steht, das vor-
hergehende ;;i' nicht anerkennen , und AiS EXO !M El\Il
leichter aus I]m:XOMEN, als aus HIS.INEXO-
ßlElS entstehen konnte. S. 59 ist die Lesart xa dt
oxijiMva tij; ki^t'tig iort füv xai avTcl avvdeaeui;
II eiöog T<ji yao 5e r« aürä keyeiv öi;, öiKLoivia.
I] [Xavacpegovra ij dvdvTraXkdoaovTa, SiaTarro-
fiivo) y.ai fii;TaavvTl9lvTl tory.ev aufgenoinmen und
zur Rechtfertigung derselben gegen die andere zo yuo
dlj gesagt, nach derselben «aren die activen Particinia
diaiütroi'Olv und /iSTaoui^ifijyaaiv (es sollte heissen
fieTaai'vHtiow) erforderlich gewesen. j\lleiii dlazai-
TUfXtP(j) kann das Particip des Mediums sein, und für
iiezuOivrei^l vzi muss man bei der Lesart rtJ natürlich
uCzaai'VZlihvzt lesen, wie bei Walz steht. S. 60 in
den Worten nol-u yuo ovtu> fuyaXuüzeouv , — ;;
UTieg oVTUii; l(fl]- — ovvijdwq yu(t tkt'yizb, wird es
ydp äv heissj>n müssen. S. (i2 wird gewohnliih y.ai
a^sSov dnat rou ßJioiojg övofiaoi^ii'zog ev T<lji
doufiazi geschrieben. Dass Spctiia von der Ilias ein
unpassendes Wort ist, hat der Herausgeber richtig er-
kannt; aber anstatt dafür ypaiiiiaT/ , welches in andern
Handschriften steht, nii<l von jedem Buche gebraucht
wird (s. Steph. Thes. neueste Ausg. in d, W.), aufzu-
nehmen, hat er, weil die Abschreiber an einer andern
Stelle die Wörter yga/i/ia uml TTodyiia ver«echseU
haben, auch hier nach blosser IMuthmassuiig das unpas-
sende ngayuazl in den Text gesetzt. Z«ei annehm-
barere, ilorh nicht unbedingt iiothwendije Coiijecturen
linden sich S. 75- Hier ist erstens in den AVorten eort
yng y.c.i fitydXa fxi/.Qmq kiyovxa dnfjinli; Tcottiv
^(/J npdyfiuil , in denen .Sihneider eine grossere'^ Lücke
vernuithele, xi nach (inplTltg hinzugefügt.. Iniless fin-
det man zi bei Adjectiven nicht selten da wegjfelasseu ,
\i() man es hinzugesetzt zu sehen «üiischt. Man sehe
Mattli. Gr. S. 4'~!7, ~. uml die dort gegebenen Citate,
dessgl. Fritzscli Quaest. Luc. S. 95 und Poppo zu Thuc.
Yl, 2U So hat man bei unserem .Schriftsteller selbst
S. 125 wieder zi als ausgefallen betrachtet, wo dieselbe
Bemerkung gilt. Gleich darauf in dem Sätzchen da)
yiii deivoi'i; zivai; tpaoiv , ojgTrep yai Osöiiuuirov ,
öiiva ov Se/vu}<; ksyoüxa ist zu Ende \syuvzaq ge-
schrieben, wie man nach dem Deutschen erwartet. Es
ist jedoch bekannt, dass, wenn beide (ilieder eines ver-
gleichenden Satzes ein gleiches Prädicat haben, die Grie-
chen dieses nicht immer dein Haup*gliede, sondern mehr-
mals dem untergeordneten mit w^,f 6p anfangenden, «eiin
dieses das nähere ist, anpassen, ganz «ie sie es aniler-
Härts nach einer Apposition sich richten lassen. Dem
Herausgeber des Thuc\dides konnten die beiden Stellen
Thuc. I, 82. dviTiicpi^o' ov öooi ojgnep y.ai ij/u/g vn'
.Kh]vaia}v £7Tißovkei<öue9a und III, 67. i)v oi i}yi-
fiövei togTCBo vvv v/ucig y.ccfiakaiujoavxeg ripog toi\;
tiuinavTai; diayvtofiog noiijano^f. nicht ans dem Ge-
<läi'litnis9 entschwunden sein, und sie und das zu ihrer
El läuterniig Beigebrachte mnssten hinreichen, vor rasi her
.Aenderung zu «arnen. .S. \)\ li.nt man die AVahl , ob
man entweder mit andern Heransgebern \oyol ö' dvzi
(hofiaxoq zidciai — övoiia S dvzi Koyou oder mit
dem unserigen nvoiiU d' dvii t.oyov xi9cxai — }oyog
de dvzi dvbiiaxos lesen will. Rec. möchte" sich für
die erste Lesart entscheiden. Denn Hr. G. ist nach der
seinigen 1) genöthigt gewesen in dem Xenophontischen
Beispiele Aiiab. 1,5, 2- övov dypiuv (durch einen Druck-
fehler steht ova.ypov) zu verändern, nicht nur gegen
die Handschriften des Demetrius, sondern ^uch gegen
327
338
die «leä Xcnoplion. Souic aber sicher ist, «lass Xeno-
plinii öiOi dyg/o^, nicht öj-aypo; scliriob (vcrgfl. Cjr.
II, 4, 20, unil" Plirvii. S. 383 (■), so is< höchst iiiniahr-
gchcinliih, dass Üemetriiis iliiii lc(/icro8 auf;;cliür<let
Laben sollte, da er hier sowolil ein IJcispiel »oii jener
'W'endun'j als von dem ziisainrneiigeselzten Worte };ebeii
will, also gewiss die Stelle nicht bloss aus dem Ge-
dArhtniss citirt haben nird, Meiiii er sich der '\Vorte,
ouf welche Alles ankommt, nicht fest beii usst «ar. Dazu
komnit '2) dass in dem folgenden Beispiele, in dem ge-
niihiilich TUV ovayijov steht, unser Herausgeber, «eil
er die aufgelöste Form herstellen niusste, und tuV uvuv
TOV äyoiov als zu abivcichend von der ^'ulgata zu schrei-
ben unstreitig sich scheute, den Schriftsteller durch Tun
tnov (lyoiov einen Soliicismus begehen l/isst. S. 108
ist ohne Erinnerung die l'ulgata y.O.i V.Ctdot.OV xo tni-
q^ajirfici Toi^i Tuiv Tt/.oroiiijv ior/.ev entÖs/yiiciot,
'/eiooti; kiyio — xai uoocfVQai^ jiXaTdaii- oiöv ydo
n y.eii aiho tov kv }Myoii TiXorvoi' oriisluv toxi
Lcibehalten , obgleich entweder yuu gestrichen oder
•tatt i)iov das demonstrative TO/ÜVOC gesetzt werden
uiass. Eine ganz halllüse Conjectur findet sich zu S. 119»
tvo zu den dunkelu AVorten unuiöv XI XO tv xrj ziagoc-
fiin y.oouovitivov VTieoov bemerkt ist, vielleicht habe
der Schriftsteller statt y.oOUOViiEVOV v'lf.QOV geschrieben
»ricOOl imouyy.uv. Als einziger Half für diese Con-
jectur soll dienen, dass statt i'7l£pov in der Handschrift
des HlorcUi V'Ituuyy.ov stand. Und doch fuhrt <ler Her-
ausgeber selbst an, dass auch in einer Stelle eines an-
ilern Schriftstellers einige Abschreiber iimooyy.ov statt
des seltenen vi:cQOV gesetzt Laben , woraus, wenn diese»
tioch eines Beweises bedurfte, klar ist, dass Vll £(juyy.OV
nur eine Variante zu i<:cti>uv ist, also mit dem vorher-
gehenden ihm ganz unähnlichen y.onj^iovfjcvov Nichts zu
thun hat. Was gewinnen wir auch durch diese Verän-
derung? Da eine Mörserkeule an sich nicht das Bild der
Kleinheit sein kann, so w ürde ebenso schwer , ja schrt'e-
rrr zu crkl.'iren sein , wie eine übergrossc fllörser-
Leule sprichwörtlich statt einer vergrösscrten Klei-
nigkeit habe gesagt werden können, als wie eine her-
ausgeputzte ]>Iörserkeule statt einer herausgeputzten Ba«
g'atclle. Wollte man aber mit Walz an das Sprichwort
VlTtgov 7Cl(iir,Tit()(f r denken, so passt dieses theils als
das lange A'crueilen bei demselben Gegenstände bezeich-
nend nicht ganz in den Zusanimeiihang, da von dem
öyy.ov niQitjiui.iiv und eiiagmi/ <lie Rede ist, theils
würde es durch iTllQoy/.ov nicht mehr, noch weniger
als durch yaoiioviitvoii angedeutet werden können , viel-
mehr für dieses etwa y.vyJ.OL iitvov zu lesen sein. S. 143
hat unser Herausgeber aus <Icr einzigen Handschrift des
Qlorelli , die wir schon als eine trügliche rührerin er-
kannt haben, TigoiujTlotp statt xönviv in den Worten
rdij juvxoi ix hio xüiiviv ivxui<&a iylvcxo i) XUQii
aufgenommen. Diese A'eräiiderung hält Her. für durch-
aus verwerflich. Linser Ilhelor spricht in den» ganzen
Abschnitte von ilen Quellen, aus welchen die Anmuth
der Kcilc hervorgehe, und nennt diese Quellen mit dem
e^ciiuhnlichcn Kuiistausdruck die xüuoi. So Iiiess e»
S. 136 vvv v.al tovc, xoXov? JiaQaSei^ofiev, dcf' lov o.'i
'XaQixEq. Diese toTIOVi; hat der Rhetor daselbst einge-
theilt in xovi; xij; Ai'tf wc und xoii; £v xoti Ttgdyfiaoi.
Jeden von diesen zwei Tlieilen zerlegt er dann wieder
in Unlerabtheilungen. So gehört zu den XUTIOI^ xiji;
Aftfwc 'ler ix avvxofiiui, ferner ÖBVXEQO^ To'.TOi
{xiji kei;eios) toxiv dno xijs xätEoig S. 139 und so
folgen andere, bis dieser Hanpttheil S. 14.3 geschlossen
wird mit ilen Woften ul iiti uvv xoic.vxa/ ')(^a.C)lx£(i
nag cii'iag xu^ Xii;f-ls. Es sind nun also noch übrig
die 'laglxui xoTlni ui iv xut;, ngdyfiaOl. Ein solcher
ist unter andern S. 142 Tiagd ngo^doy.iuv. Da aber
in dem dafür angeführten Beispiele sich zugleich eine
gewisse (ivc.y.o) uv^i'a zeigt, so sagt Demetrius, es sei
hier die Anmuth iy. dio xuTViov hervorgegangen. Die
ganze Abhandlung über die xouoi xiji; Xc-gtxui, wird
endlich S. 14.5 niit den Worten ui ßiv ovv yaxd xi v
igi^ajpclav x^'Q'^^i xoaavxai zai o/ totto^ beschlossen.
S. 172, wo die Schneider'srhc Ausgabe a»5 y.o.i xov ol-
vov xuv 7i(/.gu](v&tvxci iTtto%üvxa IlijXec. dvxi Olvtioi
liest, und die Handschriften iJltOX"iV xU haben, ist von
unserem Herausgeber u)i; y.u't ö xov oivüv Tjaga^i-
Deixa Clltoy.ui7lxu)V Cfug geschrieben worden. Gewist
scharfsinnig; nur sieht Ree. nicht ein, warum der zweite
Artikel getilgt ist; auch hatte statt in/oy.lüTVxajli (fa^
näher nach deu Handschriften inioy.ioll'C'.i vermuthet
werden können.
(Becchluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscelleu.
Fulda, 21. Miirz. Die gestern Naclimitt.^gs in dem einf.icb-
scliönen Priifiin;s- Saale de» hiesigen Gyninasiiims stallbabcnda
F.nllasiimgs- iuk! Versctzungs-Fciciliclikcit bat sachkundige Zeu-
gen sehr bcfrieHI,;t und ergötzt Zwei lateinisclic, ganz frei ge-
hallene Vorträge von abgebenden Primanern: „de variis artium
sludiis" und ,,dc stuilio lilerarnni rede inslitucndo" , gcrcich-
Icn den Verlassern und ihren würdigen Lehrern unstreitig zu
grosser Khre. Einem . ntir bescbreilienden , zu wenig reilneri-
sclicn Vortrage id>er das griecliiscbc Theater, oder vielmehr
über die griechischen Biibnen-Gebäodc , folgte eine vorzügli-
chere Hede über den Ursprung und die weitere Ausbildung der
griechischen Tragödie von dem hierauf Abschied nehmenden
Primaner Joseph Sclimiltdicl. Hierauf wurde den meist für dai
Studium der Theologie bestimmten Abgebenden das Ideal eine«
christlichen Seelsorgers im Geiste des Evangeliums , mit Bezif
hung auf die Paulinische Schilderung (l Tim. 3) vorgestellt.
BerichliVunffen.
p. 175.
„ 177.
2. 15
muss hinter Acharner ein nicht eingejclio-
ben werden.
20 T. 0. statt mangelhaften I. nandiaften.
6 und 5 V. u. wünscht d. Verf. d, Woirtc iiund hat mit
seinen poeli.'ichen Leistungen Nichts zu schaf-
fend getilgt.
3 V. u. hinler iispricbt'i ist ansgefallcn : »wenn sie ülier-
h.Tupt statt gefunden, was Ref. jedoch niclil
für binrciclicnd beL;laubigt hälL.«
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft.
Sonntag, 7. Jpril
1839.
Nr. 42.
Dcme<ril rlictoris de clocutione über. E(licli( Franciscus
Goeller.
( B e s c h 1 11 s s. )
S. 170 ist interpiinglrt: y.ai i] KodiljTOi TtonjTiy.i] .
(y.al (fayijg syxuj^iov av ävayv(j) rii iv Toii dow-
Toti, ToiovToq Öi WC To nXeov xai o Kvvtv.oi tqo-
7tO(;-) rd ydo de. Diese Art zu iiiferpuiigircn aber
wiirc nur möglich, wenn dv dvayvm T/i bedeuten
küMiiic, kan?i man lesen, das heisst, Hciin dvayvoilj
geschrieben wäre. AVeil dieses aber nicht zu lesen ist,
80 war die alte Interpunction , nach der die Parenthese
erst mit zoioviog beginnt, beizubelialten , und av als
idv zn fassen. Da aber, wie der Herausgeber zeigt,
die Poesie des Krates das Lob der Linse entliiclt , so
wird statt y.ai zugleich wf, welche Partikeln auch sonst
verwechselt werden, zn lesen sein. S. 177 i" den AVor-
ten TiXavta }MkouaL yä^ nd.vza ol zJojrjnc^- öiÖtieq
ovdl exüjf^wjdoi'v düjQiCovTei, dWd niAoiSq i'jztI-
y.lCov, hat Hr. G. TT/XQuig nach dujQii.. versetzt. Es
wird aber in dem ersten Gliede ebensowenig erwartet,
als in dem zweiten, ja, nach der l'^ersetzung würde es
vielmehr arT/x/Coi TfJ , als iJtti'/.iCov heissen müssen;
CS scheint also in der Vulgala zu 7tiy.0(Sg ans dem Vor-
hergehenden KaKoiUTSg zu verstehen zu sein. Warum
S. 189 in ovvdeaiq de . . . dvctTiatOTiv.i) vmI fiuXtara
iur/.via ToTt; y.iy.XaOf^tevots yai doe/ivotg fitTQoig,
oia [//«Ä/öro] TU Sujrdöeia, das zweite fiakiara
in Hacken eingeschlossen ist, h'isst sich nicht ersehen.
In den Anmerkungen ist ja über dasselbe Nichts erinnert,
vielmehr verniuthet , es müsse für das erste uuXuy.li
geschrieben werden, wiewohl auch diese Conjectur un-
uOthig ist. Uebrigens hat der Herausgeber in dieser
Stelle mit Recht das Zeichen der Lücke hinzugefügt,
indem er y.axo^JjAog als ausgefallen betrachtet. Das-
selbe Auskunftsmittel hat er noch an einer beträchtlichen
Anzahl anderer Stellen angewandt, -/einigemal jedoch,
wie Rec. glaubt, ohne Grund. So ist S. 2'2Ö geschrie-
ben; y.ai kuoetg av)[vat öjioiai . . . . ov itgenovoiv
iiltaTO/.aii. AValz hat hier gegeij seine sonstige Behutsam-
keit ÜTtoiat weggeworfen. Aber avjvai ist eine Conjectur
TonTictorius statt t'axvcti, welches richtig ist, und uns von der
Lücke, wie von der Notliwcndigkeit, öltoiai, zu streichen,
befreit. Der Schriftsteller hat S. 223 erklärt, desshalb
hier vom Briefstil handeln zu wollen, eitel eTlcCT0Kr/.6i
■)[a(jaxTf/Q Sehai io%v6ri]TOi;. Hierauf hat er bemerkt,
Artenion halte zwar besondere Anweisungen zum Brief-
sfyl für nnnüthig, da mau Briefe und Gespräche auf die-
selbe Weise schreiben müsse ; es sei aber diese Meinung
nicht ganz richtig, weil nicht Alles für beide Gattungen
sich eigne; denn die Briefe müssten etwas mehr ausge-
arbeitet sein und duldeten bisweilen eine prunkvollere
Rede, wie an einem Beispiele gezeigt wird. Darauf nun
folgen die Worte y.ai kvoeig io^voA, önoiai oi< TJpf*
Tiovaiv eitlOloXaTq, d. h. und so sind auch die XvOEig
dem i(j%vdi; xaoaXTl'jQ eigen, ohne sich jedoch für
Briefe zu passen. Ebensowenig nothwendig ist eine Lücke
S. 259 in den Worten y.aiitn iiOzi TroXkayov h. Ttai-
ÖidqiiaQafieii/y/^iev);^ deivüti]^ eiixfaivonivi] ztg- utov
iv zai; yu)j^io)diaig, y.al nag ö Kvvty.og zQunog, wo
der Herausgeber in dem letzten Gliede zoiovzog al»
ausgefallen betrachtet, jedoch uiog, das übrigens Icirliter
als zOlOL'ZOq ausfallen konnte, aus dem vorhergehenden
Sätzchen sich wiederholen lässt. Dagegen dürfte S. 6
u iL'v/oög eine Lücke anzunehmen sein , denn dass y^a.-
üay.zijQ ergänzt werden könne, ist nicht bewiesen.
Rec. hat sich lange genug bei der \ rif ischen Seite aufge-
halten. Er muss nun, obgleich diese bei der oft verdorbenen
Beschaffenheit des Textes noch nicht erscliiipft ist, auch
einige Blicke auf die erklärende thuu , die jener unter-
geordnet ist. Es ist schon oben im Allgemeinen bemerkt,
(lass Rec. in einigen Stellen die Erklärung selbst nicht
billigen kann, in andern aber nur die Beweisführung
ungenügend erachtet. So ist S. 24 zu ö 6e ZQUTlog
zijg eQjiijveiag /^le/^u/ujuifOi dvtii^soiv ziva n'kaviovzc
tO/y.ev nur über die Varianten fie/Ul^iljfievog , fimoi'fU-
V(>i, jUfjU/y/u't^os S. 98 gesprochen. Welchen Sinn der
Herausgeber den Worten gibt, kaim man aus einer vor-
hergehenden Anmerkung schliessen, in der es heisst :
Versus poetae , quem affert , vagum hominom imitatur.
Soll aber nXavojv vagus honio sein, so war anzunehmen,
dass das Activum hier ungewöhnlich im intransitiven Sinne,
oder statt des Medium stehe. Zu S. 38, wo der Rlietor
sagt, ei> TQtal Se zo f^ieyaKonoenei;, biavoia, lei:ee ,
zi~> avyy.etadai irQogcfOQcijg, bemerkt der Herausgeber
S! tOl: „Td avyy.eiadai Ji^oitfÖQujg sirc rectum usuni
luminnm orationis tractat iude a S. 59-" Aber dass
unser Rhetor unter jenen AVorten nicht bloss den rich-
tigen Gebrauch der Figuren versteht, lehrt er selbst in
der angezogenen Stelle, indem er schreibt: zudepX>]-
/.lara zijg }j!;eujg saxi fxev y.al avzd avt'9e<S£vjg xi
331
332
ti^OC. Er prkl.'lrt n\io dip Fijjiiroii mir au( Ii fiir oinpn
Tlicil iler 0l'l\^iaii , ilrroii aiidi-ro Tlii-ilo vr ((Icirli
iiaili «Irii oben aiijcfiilirlcii 'Worten aiifzii/.'ililrii aiige-
fan-fpii hat. %>r^l. auch S. 41, 4.S 11". ForiuT S. 4',',
wo iliT Herausgeber «Ich Sinn des ganzen Paragraphen
anheben »IM, ist so gesprochen, als handele der llhefor
rom heroischen 1'erse. y\lier da<s ü ))üißoi nur
den heroischen oder sponteischen Fiiss unil Rhyth-
mus bezeichnet , ergibt sich theils aus den lorliergehen-
dcn und folgenden Manien 7iaiu)V (so ist, nin dieses ge-
legentlich zu bemerken, durchgängig in diesem Biichcl-
cheu geschrieben , obgleich die Grammatiker den metri-
schen Fnss und ilas lyrische Gedidit uaiv)p accentuirt
Hissen Müllen) und ialißoz, theils aus dem angeführten
lieis|)iele, ilas nur einen Tetrameter bildet. Das ^V^)rt
Ovvi'/^lji ist zweimal auf eine Weise erklärt, die Rec. nicht
billijjen kann. Mämlich S. 98 ist iuterpungirt Etvo(pü)l>
dt „ijf fkitt^'' (ft;oiv ,,o C!ro«r/;yo," ti)v tov ikeksv
ävaßoroiv, ijv dveßua 6 OT^aTijyoi ovvexüii naoa-
Ttun-OUi ovöuari y soll owi^iüi öviif^ari heisseu na-
tnrap subsfantivi conrcnienter. Aber ueder beileutet
oi'veyiüz so viel als Jitioan /^ljoiaj<; , noch ist hier von
der Bildung von Wörtern aus Substantiven die Re<le.
-Nach der gewöhnlichen Interpunction wird öci'f/cTs "••
(n-tfiim. gezogen. In diesem Falle soll zivar der Dativ
i)VUU(/.ti nach unserem Herausgeber von iNichls abliAn-
grn können, allein Truod.Tlutfiv uiuuuti bedeutet rfurcA
lins (geschaffene) IVort nachbilden. Unter üi'Ojia ist
das Verliuni i/.lf.iCflP zu verstehen, da unserem Schrift-
steller ^ erba so gut als ^ioniina ovo nur u heisscn,
z. B. S. 4'.l. Ferner S. IU2 in den Worten (fvkaxTBO-
^ai fiipTDi y.i'cii z(u'cr,i ru (ii<viyi<; soll ro ijvv£-j(^i(;
du» in Begriffen und Bildern Verwandte sein. Damit
dieses niöglii'h sei, sieht sich der Herausgeber genöthigt,
(fvKutlCOxtui durch bewahren zu erklären, v»ic er zu
•S. 82 thut. Es bedeutet aber sotvohl sonst, als nament-
lich auch bei unserem .Schriftsteller (z. B. .S. B< , y.j)
sich hüten. Demnach wird cu rtwey^i^ lijz äkkliyurj/ag
sein das Sprechen in lauter Bildern. Ferner zu den
Worten S. 104 no/J.ayuv dt y.ai to nt-äyiov fisi^uv
rot eiihoz ist behauptet, zu Trhu'/iov bezeichne die
casus obliquoü. Aber Demefrius setzt ja hinzu : oiov
.,() i5e yi/OHU] t;v o'jz et'z rd^ ra'^'f/g tu)i/ E/}.ijvv)v
k'.mvTUjv y.ai diay.oipöpTuiv'-'' , dvci tov dicvouvuro
ekdoai y.ai dia/.ülpat. Also nicht in den casibus obli-
quls liegt das 7ckdyiOV (uelclie andere hatte auch iler
Schriftsteller her der gebrauchten AV'endung setzen sol-
len), sondern darin, dass er, statt gerade herauszusagen
»i'e gedachten einzubrechen, die Umschreibung gebraucht :
ihr Vorhaben war wie das von Leuten, die einbrechen
wollten. Ebenso sind S. I<)8 nl.ayuJrr^Tii nicht casus
obliijui ; denn iu dem angeführteu Beispiele des Xeiiophon
y.ai (III TiJtt'^oiiz ly/.ove nou ;,-!:). lovrHLC, dnd JiDpiai
^'S Kil-ivio.v Tfi.iiutv iyovTn rdz, Ao./.ibamoviinv y.ai
ui'TOV Kvnov entsteht die Undeutliclikeit nicht aus dea
casibus obliqiiis an sich, sondero aus der Art, wie sie
nnter einander verllochteu sind, also aus der nicht
schlichten und geraden, sondern in einander jrewundenen
Kede. Ganz verfehlt ferner ist der Sinn des .Schlusses
des 113. Paragraphen. Hier hat Dcmcirius gesajjt, wenn
auch Thucydide« einmal dichterische Wörter setze, so
gebrauche er sie ganz anders. Er erläutert dieses durch
das Helsplel von 71 ;;o/()(>/'( o," , welches sowohl bei Homer,
als bei Tlin< ydides als Beiwort einer Insel vorkomme.
Aber, fahrt er fort, 6 lull) £711 TUU f^W/idovq (als epi-
theto'i ornans) iypjjoaru TtTi ne(>io(Jl'Tog , 6 öi Goi'-
y.t'öidijz ojiDvutiv Tovg S/y.eXiujcai y.aKuv o'iirai ti-
li ui , yijz öi'rag fuui; y.ai ti£qi^(jijioi' , y.ai tuitu
nuvia n'na/i' — oitvtq ireouv Atyiiv doxei, Öiöri
ot'y löz ngiJi fityidoi, dkkd Ti(jui; öuöio av ai'ioi^
iX()ijoatu. Die letzten Worte übersetzt unser Heraus-
geber (S. 117): weil er 7iicht in der .4bsicht, das G'/o.ss-
artige (des Dichters) nachzualiiuen, sich des vom Dichter
Gesagten bedient, sondern gemäss der cniti^enialen Den-
Jcangsweise ; da doili aus <len vorhergehenden Worten
sonnenklar ist, dass die letzten bedeuten: zceil er nicht
mit Hinsicht auf die Grösse Siciliens (als vocabula or-
nantiaj, sondern mit Hinsicht auf die Eintracht (als Be-
stimmungsgrund zur Eintracht) sich der Wörter des
Dichters bedient hat. Das Wort mi^i'J^l'To; war näm-
lich loiziiglich geeignet, die Sikolioten au einen wichtigen
Grun<l der Eieitraclit zu erinnern. (Alan vergl. Bauer
zu der Stelle des Thuc. IV, fi4). Nicht billigen kann
au<li Rec. die Erklärung der Worte S. 1(>9 y.ui iy. TU-
nov (diacfioDcoiv). ivi^a f^nv yt'.Q ytkutrog zkjvat
y.ai yao/TMu, iv aq.Ti'Q(i) y.ai £v y.vjiKDÖiatz' Touyip-
dia dt yuQitai; fiiv nagakaußavsi tv nokkuiz- Was
soll nach unserem Herausgeber hei.ssen : denn wiihrend
in der Komödie und dem Satyrspiel — da ist in der
Tragödie. Aber dem stehen die Partikeln fiLV — dt
entgegen, auch möchte statt ti'da eher ÖTOV oder inti ste-
hen müssen. Vielmehr also wird sich iv9a fltv — tSi
entsprechen, nie oft in ähnlichen Eintheilungeo das
zweite Glip<l etwas umgeändert wird; sv^a, hie, wird
erklärt durch die Epexegese £V oari(j(/) y.ai SP y.coiKO-
Siii. In dem Sätzchen S. 20-' ijycfiürjl yug rd O/;-
jida (twv ööv}v)ioiyEv v dt- dotjfitiwzui; y.ai fio-
voiidi'^t;, y.dv fu/.ud ?;, ddi]kog, doy.Ci, ist es wunder-
bar, dass der Herausgeber S. 141 fragt: ,,(}uid adi]koi
udui est?" AVas sonst, als ei» unbekannter Weg, auf
dem man leicht sich verirren kann, wie in einer langen
Periode ohne Einschnitte und Ruliepunkte ?
An andern Stelleu fehlen die Erläuterungen ganz,
wo man sie ungern vermisst. So, wenn Deuietrius S. 49
schreibt (ivujiaza dt zgnyia zu ze y.tyoaytiiQ dvzl
TOV ßuüjv, y.o.l zb gi]yvvji£vuv dvzl zov (ftgofisvov ■
Uli ndnip i) Qui'y.i'did}]^ ■)[^gi']zat, scheint er zu leh-
ren, dass Thucjdides v.ty.gayoiz, und g/;yvifirt()V ge-
brauche; Hr. G. also musste als Herausgeber des Thucjd.
anmerken, dass dieses keineswegs der Fall sei. Aehn-
licho Nachweisungen fehlen auch sonst, z. B. über Of-
ZOloiiriK'. als sich auf Demostlienes beziehend zu S. 92,
über die Homerischen Wörter ai.^£ und kd:i zovzig zu
S. '14, wo wegen des letztern wenigstens auf S. 220 zu
verweisen war. An einigen andern Stellen wünschte
Rec. den Sinn entwickelt zu sehen, z. B. in den für
ihn dunkclen AVorten des 9.3. Paragraphen cpukäzTSodai
fiivroi driKu ziHivai za Snikd övuj^iazzt.
Druckfehler finden sich ausser den auf der letzten
Seite angezeigten noch mehrere nicht bloss in den Ac-
333
reuten, Iiiicrpundions- und ähnliihi-n Zeitben, z. B.
S. il Tioia statt noiä {^U liidefiiiitiini), S. 91 f)i)i)t-
7ll<()ög, S. l.il TloVTiiat, S. 18 ÖqÜocU (als Infinilii),
s lern ancli in einzelnen Buchstaben, z. B. S. 84 nii.(}-
C/.ooUl'jV statt 1taQ£AT(i07lTjV, in den AnnierkiiniJen
statt li83 n. a. In der guten Latiiiit.'lt liat Rec. nur an
einiijen aucli sonst unserni Herausgeber gebrauthliibcu
Füfnien und Beileutuiigen, als prubabilissinuis, speci-
niina, eväoyeta plus involvit S. 143, Anstoss genommen,
Pp.
Poseidon, Herakles, Hermes auf der Thunfischwade
in einem Vasengcmälde.
In einem Aufsätze dieser Zeitschrift (1838, Nr. 3^
S. 319) stellte Otto Jahn die Verniutbung auf, der Ge-
genstand jenes scbnarzen, in James Christie's ') Bncbe
gut, in fllillin G. ni. PI. I2.j. Nr. 46ß nur skizzenhaft
abgebildeten Vasengeniäldes, welches den Poseidon, He-
rakles, Hermes auf einer Thunfischwarte ') durch Fisch-
fang sich vergnügend vorführt, sei aus einem Epichar-
mischen Stücke entnoninieu. Als Grund für diese An-
nahme gibt Julin an, das Bild habe ihm immer den Ein-
druck einer Parodie gemacht.
Dieser Eindruck konnte nur entivedcr top der Eigen-
thümlichkeit des Gegenstandes oder von der Eigenthüm-
lichkcit der Behandlung herzuleiten sein.
Um von dieser anzufangen, möchte ich behaupten,
das Gemälde mache keinen anderen Eindruck , als die
t) J. Christie Disqiiis npnn Ibc pninteil Greit vnses. I.oiul.
1825. 4. PI. 12. |i. 82. In Sirilien aiisorpriihen und in
Tbi)in;is Hope's liisitze. Cliiislic's Auslegun;; ist iliircli-
aiis t.ihcli.
2) Als aunoaxonni. Arislot bist. au. 4, 10, 4. — &vyvor!xo-
TXfloi Sjnesii tpist. Rescbieibiing einer Tliunliscli\v.irle,
Uppi.m. "llulieut. 3, 1)33 — 640. — Der gcwülinlich einen
bi< zwei Fuss biiigc Fisch crbalt zuweilen eine die MiMi-
schenlänse iiberstcigcncle Ausdehnung. Er fül.rt jetzt
den N.imcn Sconibir thjnnirs Linn. Blocli's Nnt. d. Fische.
Tb. 2. Rorl. 1783. S. 95 - 10+. T.il. LV. - Es gab Tliiin-
fiselic bei Mispanien (Opp. Ilal. 3. 624 cf. Juan. Bapt.
Suarcz de Sal.izar , Granibzas y antigucdailcs de la isla
y ciiidad de Caliz. cii Ca.liz. 1610. 4 lü). 1. C. 7. p. 72
— 82), bei Massilien (Opp, I. 1, 625), SiciUen (ib. 627.
Ael. nat. an. I j , 6. Alli.n. Dripn. I. Tom. I. p. 15),
im Tyniieniscb.u Meere (Opp. I. I. 029), bei den Athe-
naiern fArisl Eqii. 3l2 sq.), bd Tjros (Poll On 6. 10,
63. p. 602), bei njzaiitiiin und anilircn spater geli'geut-
licli orwabiiten Orten, also im ganz(n n)lllcll^ll<ll^tllcn
Meere, sowie im Ponlos. (Ael nat. an. 9, 42 15.5. Tbiloslr.
.'cn. im. 1, 13.) Aus dem schwarzen Meere konuncn die
Tlninfiscbc im Frübjahre in das niillelbandisclie. Ueber
den Fang s. Aristot. 1. I. Ca, uns Notes T. II, p. 793.
IIoucl. Yiiy. pilt. d. Sicile. T. I. A Par. 17S2. Fol. PI 28.
p. 44 sfj. , woraus die Schrift The compb-le Angler. I!y
Sir John Ilawkins. London 1792. 8 vervollständigt wer-
den kann. In Slcilii-n pflegt man den Tonnaros anzu-
wenden, der mit grossen Kosten aus starkin Netzen rr-
^richlet wircb ßcacbtungswcrtli sind Pliiloslratos Worte:
läiat fiiv out', yMÜh S.ii lO.lnxoriui , /ivai'dt. (In der Rc-
schreibung des Tluiiifiscli..-r cnllialttnden Gonuildcs).
334
3Ii'lirzahl der übrigen, die in der.sclbcn Zeit entstanden
und also in demselben St^le ausgefiihrt sind. Das JSelt-
sanie rührt nur von der Vergleichung mit den in grös-
serer Zahl erhaltenen Erzeugnissen der sp.'itcrcn vollen-
deten Kunst her. Betrachten wir z. B.. die in Philipp's
des Guten Zeit entstandeneu Gemälde, so erscheint Co-
stüm und Anderes seltsam, weil wir unwillkürlich ihre
Figuren mit den modischen der neuesten Zeit zusam-
menhalten. Dem Hofe Philipp's des Guten hingegen,
der das Modische unserer Zeit noch nicht gesehen hatte,
kann Alles nur ernst und natürlich, kurz, frei von irgend
einer Beimischung iles Lächerlichen erschienen sein.
Erregte aber das griechi.scho Vasengemälde jenen
Eindruck durch die Eigenthüinlichkeit des Gegenstandes,
so ist auch hier Vorsicht nöthig, bevor man dasjenige,
was ernst genommen ist, in ein entgegengesetztes Gebiet
hinüberzieht. Die Mehrzahl der Stellen alter Schrilt-
steller, worin von Statuen der Götter gehandelt wird,
betrifft Statuen der Tempel oder ihrer Umgebung.
Einen solchen Charakter hat mehr oder minder auch dio
grosse Zahl der erhaltenen Statuen des Poseidon, Hera-
kles, Hermes. Keineswegs zeigen sie diese Gölter in
derjenigen A^^rrichtung, welche sie anf dem Gestade des
A asengeiiiiildes unternommen haben.
Gelingt es mir, darzufhiin, dass auch die üiigewöhn-
lichkeit des Sujets nur scheinbar sei, so wird das (ie-
ni.'ilde aulhören, fortan den Eindruck einer Parodie her-
vorzubringen.
In Poseidon, der mit der Rechten den Dreizack,
mit der Linken einen gefangenen Fisch hält, dürfte Jahn
selbst nicht das geringste Ungewöhnliche nachweisen kön-
nen. Bildsäulen dieser Art konnten an denjenigen Orten
nicht fehlen, an welchen die Fischer ■*) das Ovvvuiou
benannte Opfer darbrachten. ^)
Hinsichtlich des auf dem ai'OC'.y!; ') sitzenden Hermes,
über welchen Oppian '') eine sehr beachtungswerthe Stelle
darbietet, führe ich folgende Münze von Car/eia in Bä-
tica vor, deren ii h schon in meiner Abhandlung über
die Münzen von Hispanien, Gallien und Germanien ')
gedachte :
C.4R,TEI\. Caput innliebre turritum, ad d.
DD. fliercurius nudus, pctaso tectus, in rupe sini-
strorsus sedens, hämo piscatur. In imo cophinns. *) Aen.
4V4. Mus. Güthan. «)
335
336
C.4RTEIA. Caput mulicbrc <iirrl<nm; ponc fridcns.
L. 3IIMVS
lIiniR. 3Ierrurius
P. viBns
in littore siiii§lrorsus sedens pisccm hämo capiuni virga
attrahit. Acii. ö- '")
IMüiizpn von Car(pia , in «leren Nähe der BcTg Kalpe
la», cnlliahni den an<jeln(leii Merkur, weil iii der Uoi-
gegeiKl eine den Heivoluiern der S<adt nertlie Bildsäule
dieser Art sirii befand. Auf Hlerkur deutet anrh der
<jelliij;elte Caduceus auf Münzen der Hunter'schen Samm-
lung und zu Paris. ")
^lorLui'irdig' ist ferner, dass die Münzen von Cartcia
nicht minder Andeutungen des Kultus der beiden anderen
Gfjtter mit Ausscliluss aller noch übrigen enthalten.
Neptuns schöne, mit der Reehten den gefangenen
Fisrli haltende Hildsfiule ist auf z»ei £jrzmünzen des
fiotli. Kab. abgebildet. '-) Es gibt ferner 31ünzen, die
nur den Ivopl dieser Bildsfiule zeigen. ")
Andere Münzen der Stadt enthalten den Kopf des
»inbiirtigen Herkules oder nur die Keule. '*)
Den Reit lithuui Carteia'ü an Thunfischen hat Strabon")
hinlänglii h hervorgehoben.
Einer Hermesbilclsäule, die auf einem für den Fisch-
fang günstigen fjestade errielitet war, weihet ein Fischer
in einem Epigramme sein Geräthe. ■^) Dasselbe thut
der Fisclier Peison in dem von Philippos aus Thessalo-
iiike verfertigten Epigramme ") und in dem ähnlichen
des Tarentiner Leonidas dürfte unter «l'ßXropi , welchem
der Fischer Diopiiantos sein Gerathe weihet, nur Her-
mes zu verstehen sein. '^)
Nachdem so der angelnde Hermes als ein im Alter-
thume keineswegs auffallendes und lächerliches, sondern
gewühnliclies Sujet sich ergeben hat, bliebe noch Hera-
kles übrig.
Sollte nicht die Carteia benachbarte und oft von den
Schriftstellern wegen ihres Thunlischfanges erwähnte
Stadt Gades eine Bildsäule des angelnden Herakles be-
sessen haben, da ihre in nicht geringer Menge erhalte-
nen 31üuzen, denen wiederum die vonScxti''^) entsprechen,
Tab. XV. nr. 2. p. 205. M. Hunt. p. 82. nr. .3. Mionn.
I. 9. nr. 54. Auch unter den Pasten. — Vcrgl. Hülsten.
not. in Stepli. p. 160.
10) Flore?. I. Tab. XV. nr. .S. Seit. Dcscr. d. med. Isp. p. 41.
nr. 4. M. S. I. 19. nr. 101.
11) .M. I. 9. nr. 55. Auch unter den Pasten.
12) Vcirl. Flor. I. Tab. .\V. nr. 1. p. 2W sq.
13) M. I. 9. nr. 59.
14) Tiniostli. ap. Sirab. 3. p. I40. Florcz Espanna iagnda.
Tomo 1\'. cn Madrid. 1752. 4. p. 30.
13) Strab. 3. p. 14j. Gas.
16) Brunck .\nal. T. lli. p. 176. nr. 128.
17) Ib. T. II. p. 218. nr. 22. v. 7.
1%) Ib. T. 1. p. 220. nr. 25.
19) Geseniuä, Scriplurac Pliocniciao mouiiin. P. I. Lipi. 1837.
4. p. 308. P. III. Tab, 40.
vornen den Kopf des jugendlichen Herakles, hinten einen
oder zwei Fische führen? ^")
Micht minder dürfte dieses von Kossai sich rermathcn
lassen, laut folgender Sfrabonischeu Stelle: ßleiu Öt
Ilonküjviui' Küoaui noki^ f^ir/.^tuv inlg rtji; dakdr-
Tijq' eori 5' ev yokuo) ßovvu(; iipijköi, icp ov ro
Y.Ttaua' VTioxeiTtti ö' 'Jl^ay.keov^ kiiÄi]v v.ai Tikijaiov
Xiuvo9ak(iTTa, x(ti Tictfid riiv äy.^av riiv vTteo rov
xöknov dvvvoay.onniov. '*')
Ebenso werden die Korkyraier, für welche der Aigi-
nete Theopropos ungefähr in derselben Zeit, in welcher
das ^^asengemülde entstand, arbeitete, das ergiebige Ge-
stade ihrer Heimath nicht ungeschmückt und ungeehri
gelassen haben, da sie sogar den fernen Heiligthümern
zu Olympia und zu Delphi Beweise ihrer Dankbarkeit
gaben. '")
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
A I tertb ii nier. Der beriibmte Altcrllmnisforscber Nie.
V. Jenkovicb bat im vorigen Sommer in Croatien eine wich-
tige Entdeckung gemacht. Man fand niinillch, bei der ErölT-
nung mehrerer steinernen' Särge von ftlmischcn Kriegern Theilc
eines Kästchens von Cedernliulz, dessen Ausscnscite erb.ibene«
Schnilzwerk zierte, welches von grünem Roste bedeckt war.
Auf der einen Seite, gerade unter dem Schlosse, sitzt die ge-
panzerte Hnnia , in der Rechten eine Lanze und in der Linken
einen Schild haltend; rechts iiberreichl Ihr ein Geninspaar einen
Siegeskr.iriz , über dem rechten liest man die Anfsclirilt ,,Con-
stantiiiopolis", id)er dem zweiten ,,Carthago", links sieht man
wieder ein Geniuspaar mit der Ueberschrift ,,Niconicdia" und
,,S1SC1A". Der obere Raum ist in drei Felder aljgethcilt: in
dem ersten sieht man die Lieliesgütlin In reizender Lage, zwei
Cnpido naiiern sich Ihr; in dem minieren Räume wurden die
Tbeile einer stehenden und liegenden Gestalt durch den Ort
des Schlosses sehr beschädigt; die Abbildung in dem letzteren
ist jedoch ganz unkenntlich. Auf einer anderen, zienillch un-
versebiten Seile sind die Synibole des Weingotles en rellcf
dargestellt, nämlich Trauben und Traul>inl)latler, dann Löwen
und Leoparden, welche andere, zahme Thierc zeiflrisclien , der
Kampf mit den Centauren und mit einem halb n.cnscbliclicn und
li-ilh vierfiissigen Tbierc. Ohne Zweifel war SIscia [Sjscia, bei
Slralxi) das heutige Sissek, eine der grösstcn Städte des romi-
scbcii Reiches, welche, allein Ihres Handels, der Industrie,
Bcvöllscrun^' und Tapferkeit wegen , mit den vorziiglichslcn Städ-
ten der damabgen Welt, Konstantinopel, Karthago, Nikomedia,
in die Reihe neben Rom gestellt weiden konnte.
20} Vcrgl. die gelehrte und seltene Schrift von J. B. Snarcz
de Salazar, deren Titel Ich schon oben mlllbeille, und
bluslcblllch der zu Gotha vorhandenen Exemplare meine
Abb. über die Münzen von Illspanlen.
21) Strab. 5. T. 11. p. 139. Tzsch. Hinsichtlich Populonia
s. die bald nachher stehende Anmerkung.
22) Paus. 10, 0, 2. Die Münzen enllialten ausser dem Kopfe
lind der Bildsäule des stehenden Poseidon auch den Kopf
des jugendlichen Herakles — Ovyinaxnntlnt auf dem Vor-
gebirge bei Populonia. Sirab. 5. T. Ii. p. 133 «ij. Tzsch.
Die Münzen der Stadt enthalten ilen Dreizack des Posei-
don, den Kopf des jiigeiidbchrri IL rakics und desselben
Kcirle, Bogen und Pfeile, den Kopf des Hermes und zwei
Kerykelen. — &uy>oaxonüoy auf dem Vorgebirge dcsAni-
moü. Strab. 17. p. 834. Gas.
Zeitschrift
für die
AI tertli ums Wissenschaft.
Mittwoch j 10. yfpril
18 39.
Nr. 43.
Poseidon, Herakles, Hermes auf (Rm- Thuiirisdwvaric
in einem Vasengemaldc.
(Bescliliiss.)
Je üliliclier nun der Tlinnfisclifang in ilon vprsclilc-
«Icnstcn Gegcmleii des ausgcdclinteii niKtellaiuliscIien Mee-
res war, bis zur Stadt iiyzantion hin, deren Blüiizeu
Itckaniitlich ebenfalls mannichfaltige Andeutungen darbie-
ten,^^) desto zalilreicber «erden auch die Gestade ge-
wesen sein, wcltlie die kunstliebcnden ^'ölkcr des Alter-
thuins uiit Bildsaulen nach Art der Figuren des ^^-jsen-
gcmaldes belebt und verschönert hatten.
Ist es mir gelungen, darzuthiln, dass die drei Figuren
jenes alten Gemäldes nicht in das («ebict der Parodie
hinübergezogen werden dürfen, so habe ich weder den
übrigen Thei! der Abhandlung Jalin's irgendwie angreifen,
noch seine Nützlichkeit für noch zu erklärende Vasen-
geuiäldc Itiugncii wollen. Den Komikern (le'r späteren
Zeit, deiche die Gottheiten an Gastgelagen schnianssen
liesscn, nm sie dem Gelächter preiszugeben, werden
die Künstler in der Wahl entsprechender Sujets nnd in
Behandlung der diesen noch vorangehenden Acte auf dem
Fusse nachgefolgt sein. '■") Immer aber werden solche
Gemälde mehr den späteren Zeiten angehören, als der
früheren, in welcher das oben behandelte Vascngemälde
entstand. Sollte Jahn selbst solche Vasengemälde der
späteren Zeit unter den noch nicht cdirten uns nach-
weisen, so werden wir diese Fortsetzung seines Aufsatzes
mit grossem Danke aufnehmen. Lässt aber durchaus
kein Beispiel einer in das Gebiet des Lächerlichen ge-
zogenen Darstellung angelnder Götter unter den Kunst-
werken der späteren Zeit sich auffinden, so dürfte dieses
davon herrühren, dass die parodischen Darstellungen schon
im Alterthum weniger zahlreich, als- die nicht parodischen
waren.
Weil aber die Bildsäule des angelnden Hermes auf
dem Gestade zu Carteia selbst der späteren Zeit der
Kunst angehört, dürfte manche in dieser entstandene und
auf unsere Zeit gekommene Bildsäule des auf Felsen
sitzenden Hermes im Alterthume die Angel gehalten
J3) Vcigl. meine Abhandlung über die Thiakischen Münzen
in Numismalisclic Zeitung. Wciscnsce 1838.
24) Die den Fischern günstigen Güllci- zu nennen, wird es
2. B. in den 'Ahtl^ des Menamlios nicht an Gelegenheit
^efchU liaben.
haben, mithin das Kerykeion , welches man jetzt in ihren
Händen sieht, nur von den Ergänzern herrühren, deren
Kenntnisse selten über das Gewöhnlichste hinaus sich zu
erstrecken pflegen.
Um wenigstens ein Beispiel zu geben , wie ich Bild-
säulen dieser Art ungefähr mir gestaltet denke, verweise
ich auf die am 3. August 1758 z« Portici gefundene,
die durch »icHältigc Herausgabe höchst bekannt ist. ")
Also abermals ein Beispiel, wie sehr die Griechen
ihre Gottheiten harmlos und ungezwungen in irgend einer
keineswegs mit Beschwerlichkeiten verknüpften, sondern
leichten Verrichtung begrillen darzustellen pflegten. Möge
ein neuerer Künstler den skizzenhaft auf der IMünze von
Carteia angedeuteten Gegenstand, wetteifernd mit dem
zu Portici gefundenen Kunstwerke, durch eine Bildsaule
von klassischer Wohlgestalt uns deutlicher machen.
Georg lialligeier.
Beiträge zm- römischen Literaturgescliiclite.
Nachtrag zu Nr. IV.
In dem Artikel Santra ist mir bei der Aufzählung der
literarhistorischen Fragmente eins, das ich in den vor-
aufgeschickten Zeilen selbst erwähnt hatte, dennoch ent-
schlüpft. Es ist diess die interessante Stelle bei Quin-
tilian XII, 10, worin von dem Unterschiede der asiani-
srhen und attischen Redner gesprochen wird : „Et anticjua
qnidcm illa divisio inter Asianos atqne Atticos fuit , cum
hi prcssi et integri , contra intlati illi et inanes habe-
rentur: et in bis nihil superflueret, Ulis iudicium raaximc
et modus deesset. Qiiod quid a in , quoitcm et. Santra est,
hoc pulant accidisse, quod paullalim sermonc Graeco in
proximas Asiae civitaten inßuente nondum satis periti
loquendi facundiam concupierint , ideor/ue ea, quae pro-
prie signari poterant , circuitu coeperint enuntiare , ac
deinde in eo perseveraverint." Auch aus dieser rhetori-
schen Erörterung wird der antiquarische Charakter des
AVerkes" sichtbar; zugleich ist es bemerkenswerth , dass
25) Delle anlicl.iti di Ercol. T. VI. Tay. 29-.^2 p 13-
121 Antiqu. d' Hercd. T. V. a Par. 1805. PI. MV. \\ .
Real Mus. ßorbon. Vol. III. Tav. XLI. .\LII. Die Hcr-
ausseLer glaubten alle zusammen, das Stück eines Slabcs,
welches man noch in der rechten Hand der ehernen,
beinahe lebensgrossen Statue siebt, sei das Rcrjkcicn
gewesen.
339
3+0
es nirlif allein röiiil-irlio I^ltcrafiiri crliäKinssc , soiiilciii
aiiili jrriocliisilie beriilird' ; jeilcuh «ar ilicss «ulil mir
lipi läufig.
Allein ausser «lieser Melle eines sii nahe lel eiiileii
Classikers ist mir iinterilesseii nnrli eine zweite in ilie
Hand jjef.illen, die jene v<mi mir angenommene Zei*l)e-
ütinininn^ trellliili Lesl.lti;;), ii.'imlicli beim h. Ilieruuvmiis
prolnj'. in libriim ile scriptiiribns orclesiast. init. : ,,I?or-
taris Dextrr, ut Tranijnlllnni sequens ecelesiasficus seri-
ptores in ordinem dij;er.iu> , et <jn(id illc in enninerandis
{^entilium lilferariini liris feeit illn.-tribns , e«;n in noslris
fariam — — — Fecerunf quidem hoc idcm apnd Grae-
roä Hermippus peripatcticns , Antijjoniis Caristins, Satvriis
«lortus rir, e( I<in<,'c omninni doetissimns Arisfoxenu.s mn-
siru--. Apnd Latinos autem A'arro, Sftiitiri , Nrpos,
Hvginlis et, ad cniiis nos exeniplum provoeas, Tranquil-
liis. Sed nun uica est illuriini similis conditio: illi enim
liistorias leteres anualesqiie replicaiites podicrunt qnasi de
)ng;pnti prato iion parvani optiscnli siii rorouam texere."
Diese Stelle, die aiirh in niam her andern Beziehung
«irhti^T ist, zeigt durch die Stellung des Santra zu isclien
^ arr» und Xepos, die ollVnbar clirouologiscli ist, dass
er der cireronisriien Zeit angehört. Alan könnte aber
■inrh noch einen andern Schluss daraus ziehen. Da ii,'im-
lich Varro ein AVerk de poetis ((iell. I, 24), INcpos de
liris inln^trüius , Julius Hvgilios als Vorsteher der pala-
tinisrhen iliblinthck ohne Ziieifi-! ein ithiiliches A>'erk,
)>uefoiiius de illiistribns grauimalicis geschrielien : so liegt
die ^'ermuthung nicht »eit, dass auch Sautra ein rein
literarhistorisches AVerk verfasst. Kineo sicheren Aus-
spruch ivagc ich niclit darüber zu thun.
V. Aurelius Ojjillius.
Ungpfahr gleichzeitig mit Santra muss Aurelius Opil-
lius gelebt liabrn: deiiu er «ird schon lou Varrö cifirt.
Er «ar, » ie uns Suctoii de iiil. graui. 6- berichtet. Frei-
gelassener eines (gleichn.-imigen) Körners, welcher der
•■pikureischeu Pliiloso|>hie zugethan war. AVahrsc lieiiilich
Mar auch unser (iraminatiker ursprnii;{lich Anhänger iler--
Silben .Sekte; allein er dürfte leicht zu einer andern
Schule übergegangen sein, indem er zuerst J'hilosophic,
hernach Rhetorik, zuletzt (iratnmatik vortrug, welche
i'eideri letzten Fieber iienigstens nicht im (leisle und der
liichtung epikureischer Lehre lagen. In der Zeit der
in.-iri.inischen L'nruhen lerliess er Rom, um dein lertrie-
iienen .Senator P. Rutilius Rufus, dessen edle und gross-
Lerzige "\\'iirdc alle alle .Schriftsteller (Ovid. Pont. I,
■), ti.'^. Sener. de benef. VI, 3/.j preisen, in's Exil zu
fdlgen. In Snivrna, wo er ein hohes Aller erreichte,
arbeitete er mehrere Werke aus. Hierion ist zuerst eins
liekaunl iinter dem >anieu i>lV,SAK, welches aus neun
I'iirhrrn liPstan<l. ^ ergl. .Suetoii : .,Couiposuitque lariae
irudil^unis aliquot Volumina, ex quibus noveui uiiins cor-
poris, qui quia scriplores ar. poetas sub clieiitela Alusa-
ritm iudicaret, nun alr-orde et »cripsissc et feiisse se ait
ex liirmero divarun, et appellalione." ^'ergl. (ii'll. I, V'j.
Einen grossen Tlieil difsi-r 3]useu scheinen etvmologisi he
lirörlcrungen gebildet i,u haben. Dilrleniiir nach ileu
.»rhallpiifn Fragmenten urthejleii, su erkannte er nit ht
1» M;Ur , wie Santra, gricthis« b.c Wurzeln au, suuderu
leitete nielir aus einheimlsrhen ab. Auffillend ist an
den Dnichslücken , dass sie sich ineist auf etwas IMedici-
nisclies oder Laiidwirthschaftliches beziehen. Schon die-
ser In.sland beueist, dass man bei l'lin. \. U. X.WII, 7.
unter dem daselbst genannten Opllins ki-incu zweiten
Si hriflslc'ller dieses INamens, »ie Forcellini lex. thut ,
anzunehmen berechtigt ist.
Ein ziieiles Werk bilden seine I/i/lices Plauti, wie
sie bei Gellins IIJ, '.]. heisseu. Allein ohne Zueifel
waren in (leinsell.eu noch andere .Schriflslcller als Plautus
behandelt, olis(lion freilich A'erzeiclinisse plautinischer
Stücke in der Masse, wie man sie damals annahm, schon
iuinierhin den Umfang einer müssigen Rolle bilden konn-
ten, lih ,veriiiuthe, dass das bei Gellins angedeutete
Werk einen andern Titel, und zuar UlISAE führte.
A ergl. Siiclon : ,,IIuius rognomen in plerisque iudicibus
et tifulls per niiani litteram srripluni aniniadverto: verum
ipse id per duas effert in parastichide libelli, qui inscri-
bitiir I'inux." Nun kenneu wir aber schon die literar-
historischen Uivc'.y.cg der alexanilrinischeu Gelehrten;
wir wissen, dass, sie nicht allein Titel, sondern auch
Urtheile über ilie Rangordnung der Dichter enthielten.
Als einen ähnlichen Versuch anf dem Gebiete der römi-
srlien Lileratur seile irh den Pinax des Opillius an nnil
verntuthe, dass er in Versen geschrieben war. .So führt
Gellius aus einem ganz .'ihnlichen Werke des Sedigltus
(de poetis. Gell. XV, '2-i-) eine ganze Reihe v<iu fersen
an, worin der Verfasser sein Urtheil über den Rang der
Hauptkouiiker abgibt. Auch ans dem Werke eines Gram-
matikers Servius — ■ der »vohl mit Sennis Clodius bei
Suetoii , riaudius bei G'ellius für identisch zu halten ist
— führt {jellius XA'II, 21. zwei Verse an. Suefon aber
erwähnt aus dem Pinax des Aurelius Opillius eine Para-
stichis. IlaoaaT/yig ist mit öxooaT/xU gleichbedeu-
tend und bezeichnet eine poetische Spielerei, i ermittelst '
welcher man durch die Anfangsbuchstaben inrlirerer auf-
einanilerfolgendcr A'erse einen kurzen Gedanken, oder
vielmehr seinen Xameii und seine Autorschaft gleichsam
inschrifrlii h aussprach. Solcher Parastichidia hatte vor-
züglich der Philosoph Epicharmos gemachl. Vgl. Diogen.
Laert. VIII. §.78: IlarjaOT/X/Siu co^i jtks'aTOig Tuiv
vTiouvi uuTü}v nfno'tijy.cv , oi; öiaaacftt, (in ninoD
eori T(\ liiiyyoäfiuaTa. Ebenso waren auch sibyllinische
S|)rüclie geschrieben. Ein solches Parastichidion ist uns
aiirli noch von Enuius aufbewahrt bei Cic. de ilivin. II,
54. §. I I I , wo er von den Sibvllinen spricht: „Non esse
antem illud Carmen furentis, quuiu ipsuni' poenia deda-
rat, tum vero ca , qnae äy.oooclyi; di<ilur, qiiuin
deincejis ex primis versiium litteris aliqnid coiineditur ,
ut in qnibusdam Euniauis Q. E>'MVS FECIT. " Eine
ähnliche Parastirhis hatte auch Aurelius (ipillius in sei-
nen Pinax verwebt, und aus diesem Umstände, verbunden
mit jener Analogie der .indem poetischen Verzeichnisse
romischer Grammaliker, mochte ii h schlicssen, dass auch
dieses ^^ crk iu A'erseu abgefasst war.
VI. / alerius Cato
war, «ie Einige (bei Sneton. 1 1.) herichlelen , Freigelas-
sener eines gewiss.-n Diirsenus aus Gallien, »ie er selbst
iu eiucui lNÜIG>ATtO übcrschriebcueu Werke behaup-
3H
342
<p<o , frpiffrLorpner riimisciKT Bi'irgor, uml als Piiplll zur
Zeit rlcr siillaiiisrliPii l'iirulieu seiner vätcrliclicii Eil>-
«cliaft l)eraiilit Horden: „Ipse — — iiigennnni se iiafnin
alt, et pniiilhini rrliriltini eoqnc faiiliiis licentia Siillani
teniporis cxufnni patrinioniu." Ich fiilirc die \V^orte Sne-
(«Mi's alisididii'h iKirtlicIi an, nm zu zeigen, wie sie gar
iiiilit der geHohnlicIien Annahme entsprechen, «eiche
<larin liegt, unser C'ato sei damals seines Landgutes he-
ranlit worden. M'ir »lisseu gar nicht, ob dieses ^'er-
miigcn in Landgütern oder nur in stiidtischeu Besitzun-
gen, baarem Gelile und allehfalls Kunstuerken bestand.
Er legte sich auf die damals schon in Uoni äusserst be-
lielrfen grammatischen Studien, und als praktischer Leh-
rer erlangte er einen so bedeutenden Ruf, ilass liele
angesehene Kömer seine 'i'^ortr.'ige besuchten. Besonderes
(jilück machte er in den An»eisuiigeu zur Poetik, so
«lass auf ihn ein Epigramm im (iinge war, welches den
Reiz seines Vortrags und das Fruchtbare seiner Anleitung
mit harmloser Laune berührte:
Cato gramniaticus , Latina Siren
Qui solus legit ac facit poetas.
Sei es aber, dass er Bezahlung für seine Vortrage
anzunetimen \ers( limalite, sei es, dass er, wie so nian-
rher Stubengelehrte neuester Zeit, Ausgaben um' Ein-
nahmen nicht gleich zu halten «usste, wegen seiner
Schulden grilFen schonungslose Glaubiger sein Tiisciilaiiuui
an und boten es zum ^'erkauf aus. Bei dieser Gelegen-
heit scheint Cato seine Iiidi^nalio geschrieben und die
uugliicLIicheu ^'erliallnisse seiner Jugend erwähnt zu
haben. AVir haben uns also nuter derselben eine prc»-
«aischc Klagscbrift mit eingefügten biograpbisclieu Nach-
richten pines gekrankten oilentliihen Lehrers zu denken.
Auf den ^'erkauf <les Tnsculanums gehen auch die nieil-
licben Verse des Fiirius Bibacnlus , jiclclie anfingen:
„Calonis modo, Galic , Tusculaniim Toia credifor urbe
venditabat," und worin er seine ^'erwunderuug ausdrückt,
dass ein so vollendeter Lehrer, grosser Grammatiker,
ausgezeichneter Dichter alle Schwierigkeiten auflösen, nur
die eine schwierige Stelle nicht aus dem \Vege räumen
könne. Cato zog sich in ein kleines Hüttclun zurück,
«,o ihn bis iu sein höchstes Alter etwas Gemüse, Alehl
und ein paar Trauben nährten.
Wenn die Lobsprü<he , <lie ihm Furins Bibacnlus
ertheilt , nur zum «rritlen Theile wahr sind , so haben
wir freilich zu bedauern, dass die Zeit auch seine
Schriften wie Staub weggeiteht hat. Von seinen gram-
matischen Schrifen ist uns keine Svllie erhalten, wenn
nullt etwa das ^Verk de lerbnriim dillereutiis ihm zuge-
hört, woraus von Isidor. differeiit. lib. o|>. p. M4 B. *)
angeführt wird: „Aliud est amor longc aliudijiie eupido ;
deces,it illico alter, ubi alter recessit; alter bonus, alter
malus." Abgeseheil davon, dass es ganz gegen den Geist
des alten Cato, der die griechischen Rhetoreu und ihre
*) Icli ciliic nacii Bnllu.iä diatilbc in K' . I'oicil Catonis Ccn-
.snrii scripia (,. 2,js', .!,i- es fiir .-in Werk des allen C.ilo
Ccnsoiiiis liilt. In der Ans-abc des Isi.lor von de li
Kisiir. I'.uis 15bO l.abe i. U silnst die Stelle niclit fii..l,i,
können.
Bestrebungen so sehr verachtetir, dessen Schriften sieb
alle rein auf's Praktische bezogen, streiten wurde, Uli»
terschlcile einzelner Wörter aiif/cuspüren : so ist auch das
anffalleiid, dass Niemand sonst iMclduiig ilavoii thut wa.s
bei einem solchen iMauiie gewiss zu erivarten stand.
Allein' für >'alcrius Cato würde dasselbe recht gut pas-
sen. Schon Lncilius hatte einen Unterschied znischei»
(iipjditas und cupido angegeben, auch liei Plautiis kuiii-
iiieii. mi'hriiials cupido und amor als entgegengesetzt vor.
(^'ergl. Nonius s. v. cupido.) Wie natürlich ist es daher
bei einem lateinischen Grammatiker, der sieh aijcli mit
Lncilius und Plautus beschäftigte, dass er eine solche
Erörterung gab! üeber Af\»e Beschäftigung mit Lucilius
haben wir ein bestimmtes Zengniss.bei Sueton •> : ,,Lae-
liiis, Archelaus, A'ectins, Quinliis PhiliKomns laicilii
satiras familiaris sni (sr. iegeiido couimentaiidocjue notas
fecerunt): ijuas legisse a[)ud Archelaum Pompejus Lenaeus,
apud Philiiromuni Valerius Cato praedicantur. " Sei
hier praedicant oder praedicantur die richtige Lesart,
«ir sehen daraus, dass ^'alerins Cato Vorträge über die
Satiren des Lucilius bei Philocomus gehört hatte, umi
können dabei kaum zweifeln, dass er, „qui solus legit
ac farit poetas", über ihn nach jenen A'ortr.'igen schrift-
liclie Couimentare hinterlassen habe. Ich kann miili
cLiiier auch noch nicht für die Unerhtheit der bekaiinf<-ii
acht ersten ^'crsc in Korat. Scrm. I, 10 entscheiden, wn
es heisst:
Lucili , cjuam sis mendosus, teste Catone,
Defeusoi e tiio , perviiieam, qui male factus
Euiendarc parat versus.
Sie enthalten ein zu bestimmtes Resultat, als dass
sie erst im iMittelalter nach dem ^'orbilde jener Stelle
des Suetoii sollen gemacht worden sein. I\Jag Iloraz sie
ans Rücksichten iu spätem Jahren selbst getilgt haben,
ja, gesetzt sogar, dass sie von einem der ällesten Gram-
matiker beigefügt worden : so müssen sie doch auf einer
wahren Thatsache beruhen; denn diess Herausgeben und
Emendiren solcher alten Dichter ist ganz im Geiste jenes
Zeitalters. So hatte kurz vorher LaKipadio das Jjellum
Poenicuin des iSavius iu sieben Bücher abgethe.ilt , ja
auch den Eiinius eigenhändig abgeschrieben und emen-
clirt. IVrgl. Froiito epist. ad Antoii. 1(1. Gell. XVIJI, 5.
Ausser den grammatischen Abhandlungen hatte Cato
auch Gedichte verfasst. Seit in Alexandria Dichter uiul
Grammatiker in einer Person aufgestanden, pflanzte sich
diese Richtung auch in Rifm fort. Von Cato's Dichtun-
gen wurden besonders zwei berühmt, wovon eins den
Titel LYDIA, das Andere DIANA trug. Dass das Er-
sfiTe nicht die paar Verse sind, wehhe die dritte der
virgilisclien Dirae bilden, habe ich zum Theil schon
früher gezeigt, tlieils h erde ich noch iu einem eigenen
Artikel nachweisen, wie alle Anschauungen, Aussprüche
und Wendungen nur für Virgil als einzig uiüglichen
Verfasser sprechen. Gegen Cato spricht schon der be-
deutende Umstand , dass seine Lvdia ein grosses dnn-
keles Werk war, wie schon der Vers des Ticida be-
zeugt:
Lvdia, iloctorum maxima rnra, liber.
Zu dieser Eigenschaft der Dunkelheit tritt nun auch
343
von Ovid bezeugt, «lic von derben SchildiTungeii crulisilicr
Art hinzu. Trist. If, 433:
Quid rrferam Ticidae, quid ■Nciiiini rarmen, apud (juos
llebdü abcsl oiiinis iioiniilibiisquc jiudor'?
Cinna (juoquo liis roinrs csf, Ciiuiaquc procacior Aiiscr,
Et Icvc Cüriiifiri parquc Catoiiis opus.
31aii merke liier auf den Ausdruck opus, der «ie
poemala bei Suetou, liber^he'\ Tirida ollenbar auf einen
griisscrn l'iiifang Iiinueisl. Scliou darum kann auili das
Gedirlitrhcn , Lydia, bella puella, Candida, nicbt , wie
AVernsdiirf poef. latin. min. Tom. III. p. XLVII. meinte,
diesem Cato zugcbOren, «ie es denn aucli silion von
Kieliubr und >;jke als neueren Ursprungs anerkannt wor-
den ist. Wenn aber jene Lvdia kein kleines, sondern
^reit ausgesponnenes, dureli fllvtben ohne Zivcifel gelehrt
und somit liunkel gcmarbtes Liebesgediciit des Gramma-
tikers Mar, vas liegt nAber, als die Annahme, dass die
ylldr, ein Gedieht, worin Antimaehos von Rolophon
eine unglückliche Aeig>ung zu einer sehüncu Ausliindcriu
Lesungen hatte (Athen. XIII. p. 597) *;, >'orbiId des
römischen Lifterators war, der auch durch seine Auflo-
»nng giammatiscber l'robleme ( solvere quaestiones bei
Suetonj als ^iachahmcr der alexandrinischen Lvrty.in er-
scheint. AVeiin es nun vollends sicher wäre, dass dcr-
sellic Antimaehos auch eine \lo i <iili geschrieben, wie
eine Stelle bezeugt — worin man aber Orßcüdo^ lesen
will: — so wäre A'icT Diana des Cato ein zweites Bei-
spiel einer solchen nicht allein in HinsiVht der Form,
sondern auch des Sloffes den Alexandrinerji sieh ansthuiie-
genden Richtung. Warscheinlich ivar das römische Ge-
dicht ein Carmen venaticum.
Bonn, im Februar 1839-
L. Lersch.
Personal-Chronik und Miscellen.
Nassau. Zur Aukiindigung der jabilichen Fiiiblingsprü-
limgen in den Gelchrtcnschuleu unseres Laiulcs siuil lol^cude
I'rograniuic cischiencn : 1) Von dem thmiiasiuin zu Jf-'cil/jufg:
de privatis discipiilorum sludiis , |>iivalir|iic inprimis vetcinm
bCriplorum Icctione prima in lilcris proficirndi conditioiic .itquc
causa, vom Prof. Kieiz ner. S. 1 — 45, und Lcbrplan und
Nacbricblen S. 40 — 64. 2) Das Gosamnilproi-ramm der drei
Padai^ogien zu ll'iesLaJenj Jhtiiamav und Villenhiir^ enthalt
aulll.^ S. dicScluiluacbrichtcu und liilgcndc drei Abbaiidlungcii:
a) von Prorccior Rottwilt zu Wiesbaden über Moliamined
lind die Araber bis zum Zerfall des Clialifales, S. 3 — 23; b) Ton
Cynrector Mcncke zu Uadamar über Notbwendigkcit und
') Vcrcl. Plutarch. consolat. ad Apolion. c. 9: xul A*i/fm-
■(Oi o ^oiiJti;;" uno&uioüo)jq yt'.Q lijc yvnaixn; avinü ^üärjt,
rrpo? j^r fj,ilnfji6Qyüiq *(/f , TTC.Quyv&tor ^ijq /ürrfj? c.vtJi
iTio/r^ai 1^)' iktynav Tiji' xu'/.ovjitrVir ^tvSriV, ilrmOinjaüiil-
«•o; T«; ijoojiV«? ovfiifOQt'it 1015 ö.U.orQlotq xayn'iq O.üx^u) Tijy
fduioü Tintöiv }.v7n,v. UeJjrigens braucht das Wort Lydia
teiue Ucbeiset/.uug von ylvh; zu sein, da I-ydia, wie
Lcsbi.i , Deiia, Cjnibia u. s. w. in Hora stehende Naiueo
fiif griechische Hetären vaieo.
34i
MrlboJc des univcrsalbistorisclien ünlerricbtes auf niederen und
bidiercn GcK'brtenscbulonj S. 33 — 77; c) von Protcctor Fische r
zu l,)illcnbnrg über die Versuclie, eine leicbleie Methode zur
scbiiilb'ii mu! gründlichen F.ilernung fremder Spracben zu er-
finden , S. b8— 107. — Die Zahl der Schüler war im J. 1>n3S— 1839
auf dem Gj-mnasiuni z,u \Veil])mg in Gl. I. a9, H. 45, Hl. 45,
IV. 38, zu»aiiiiiien 157; auf dem Padag. zu Wiesbaden Cb I.
:>0, 11. -'(). III. 27, IV. 28, zusammen 95; zu Uadamar Gl. I.
27, II. 23, III. 25, IV. IG; zusammen 91, zu Dillcnburg
Gb I. 12, II. 22, 111. 14, IV. 13; zusammen Gl. — Aus die-
sen I'rograninien ergeben , sieb folgende bemerkenswrrtbe Tbal-
sacben üljcr die Vermebning der Lelirmittel im ^'crllüsscnen
Scbuliabrc. Das Gyuuiasium crbiclt 600 fl. für die liibbütlick ,
200(1. für den phys'ikal. Apparat, 30 11. für Gesang -Musikalien,
1000 fl. für Erneuerung der Badeanstalt, 700 fl. für die Appa-
rate der gyinnasliscben Uebnngcn , 400 fl. für Instrumente des
Musikvercins der Gymnasiasten. Die Zahl der Peicipicntcn für
die Gymnasial - Stipendien des katbol. Centralkiicbcnlonds für
künftige Tlioologcu, im Betrage von 50 bis 100 fl. , betrug 24.
Von ricn Pädagogien erhielt jedes 100 fl. für seine Bibliothek
und ausserdem nocli 33 U. jedes für die besonderen Bedürfnisse
der didaktischen Bibliothek. Realisten wurden auf den Pädago-
gien von dem gricchiscben Sprachunterrichte dispensirt und in
anderen Leclionen beschäftigt. Auf dem Gymnasium llndcu
äbniicbc Dispensationen statt. — Sicherem Vcrnebmcn nach
ist auch zwischen den Gclebrtenscbulcn des Hcrzogtb. Nassau
und des Königreichs Preusscn der Piogrammcnfausch eingerich-
tet worden. — Eine Widerlegung der Ansichten des Herrn
Tbierscb über das Nass. Schulwesen ist noch nicht erschie-
nen, obgleich Stoff genug dazu vorbanden sein diirfle, soviel,
wie im (irrissbcrzogtbuin liessen, wo kürzlich der Kanzler Lin de
selbst in einer ausführlichen Schrift (Giesscn, hei Fcrber) die
Darlegung übernahm.
Athen, 8. Miirz. Den Altertbumsfrcundcn ist ncuurdings
ein interessanter Fund zu Tlicil geworden. Am Dorfc Keratia,
auf der Strasse nach Laurion ^ fand man eine Grabstele, etwa
acht Fuss hoch , mit der Darstellung des Verstorbenen im Re-
lief, eines auf seinen Slab gestützten bebeliulen Mannes. Die-
ses Werk ist von strenger, aber sehr wolil verstandener Zeich-
nung und kann für ein Musler des Altattischen Slylcs gelten.
Es trägt hinlängliche Spuren der Bemaliing an sich , welche an
erhobenen Werken der alleren griccliisclicn Kunst so häufig
angewandt war. Ucberdiess ist es diircb seine Insclniften wich-
tig; ausser dem Verstorbenen (Aristion) ist aucli dei' Künstler
benannt, wcichcj den in der Kunstgeschichte wohlbekannten
Namen Arislokles Irägt.
Breslau, 16. März. Heute verlässt uns Professor Hi t sc b 1,
um dem an ihn ergangenen ehrenvollen Rufe nach Bonn zu
folgen. Die zabhciclien Beweise von Liebe und Anerkennung,
deren er sicii während der letzten Tage seines hiesigen Aufent-
haltes zu erfreuen hatte, beweisen hinlänglich, wie sehr man
diesen neuen Verlust unserer Hocbscbule beklagt. Sein Abgang
ist um so mehr zu bedauern, da nach den bislierigen F.rfabrun-
geu zu scbliessen, wenig lloiTnung vorbanden ist, ihn bald und
genügend ersetzt zu sehen.
Halle. Dem ordentl. Professor in der juristischen Fakul-
tät der Fniversität daliier, llofratb Dr. Henke, ist das Prädi-
cat eines Geheimen Justizraths beigelegt worden.
Prag. Der Professor Johann Mar an ist zum Prolcssxjr
der orientalischen Sprachen an der Universität Prag ernannt
worden.
F'rankfurt a.M. Der Gymnasiallehrer Johanne.i Weis-
mann. bisher Hauptlebrer von Quinta^ wurde zum Hauptlcli-
rcr von Tertia mit dem Professortitcl ernannt.
Liipzi;;. Am 5. Febr. starb dabicr der ausscrordeuthclie
Professor iiiid Dr. Med. Karl Fried.r. Klciherl.
Zeitschrift
für die
AI ter t Im mswissen Schaft
Freitag, V2. April
1839.
Nr. 44.
Eclogae siie cxicr[)ta e variis scriptoribiis graccis. In
iisiiin iuveututis aiitujiiar. litlerar. sludiosae «lispos.
et iiotis iiistr. Cai\ Passow Dr. Pars I. qiiae roii-
tiiiet scriptores oraf. pedostr. Jcnae, siimt. Fr. l'rom-
nianiil i,S37. XXXVIII mid 264 S. 8-
Es hat Hrn. P. nicht gefallen, uns über den Plan
iiiidZtvecL seiner Arbeit , und was besonders vviiiischens-
werth , aiith fiir den Herausgeber vielleicht recht nütz-
lich ge.U'sen «;ire, über die Gründe der Einrichtnng,
die er den» liuche gegeben hat, soivie über die Art und
^Veise, wie er es gcbraiulit wissen will, genügend zu
belehren. Denn die Vorrode beschäftigt sich fünf grosse
Seiten lang mit einem zu dem Buche au und für sich
nur in sehr entferntem, zu seiner Einrichtung aber in
gar keinem liezuge stehenden, jedenfalls sehr nnzueck-
mSssig hierher gezogenen (iegenstande, der überdiess auf
eine ganz ober/lach liehe und triviale '\Veise behandelt
wird: mit einer Rechtfertigung oder Lobpreisung, wenn
man su sagen soll, des Studiums des Alterthums, na-
mentlich des griechischen, gegen einseitige Enipfehler
der sogenannten Realien. Dann folgen erst auf der letz-
ten Seite ein Paar AVorte über das institutum , welches
den Herausgeber in ncriploribus congregandia et notulis
adspergendis geleitet habe. Danach hat er Dreierlei
im Auge gehabt: 1) er hat wollen stufenweis gehen vom
Leichteren zum Schwereren, Brauchbares liefernd soitohl
«1er unteren als der oberen Bildungsstufe (wenn wir aii-
«lers die Worte: „iuvenibus in publice subsellio ordinuni
et inferiorum et superiurum scdentibus discentibusijue "
recht verstehen). Einiges zu sorgfältiger Durcherklärung,
Anderes zu kursorischer Leetüre bestimmt; 2) er hat
wollen das Privatstndium bei den „sua diligentia ad al-
tiora in diem adspirantibus" fördern; 3) er hat »vollen
in jedem Einzelneu, das er ausgewählt, etwas Ganzes
und Vollständiges geben, besonders zusammenhängende
Abschnitte aus der griechischen Geschichte. Sodann wird
uoch gesagt, dass ein AVortregister als „ uutrinientnm
ignaviae" verschmäht, und welche Grammatiken vorzugs-
weise zu Rathe gezogen seien, uämlich Matthiil und
Buttmann.
Hiermit ist Nichts weiter angegeben, als sehr im
Allgemeinen die Aufgaben, die der A^erf. sich gestellt
hat, und Hr. P. scheint gemeint zu haben, dass die
Grundsätze , nach denen er jene Aufgaben gelöst, keiner
rechtfertigenden Entwickelung bedürften, vielleicht weil
sie den allgemeinen unveränderlichen Princiiiien , nach
denen alle solche Aufgaben zu behandeln sin<l , vollkom-
men entsprächen. Es steht iudess zu fürchten, dass er
selbst vor der Arbeit es versäumt, sich darüber gehörig
in's Klare zu setzen, und nachher dann vor dem Wetz-
stein der Selbstkritik sich gescheut habe, den er bei
der Auseinandersetzung unfehlbar hätte ansetzen müssen.
Denn es wird sich ergeben, dass mit dem blossen Hin-
stellen der Aufgabe noch nicht deren richtige und zweck-
mässige Ausführung gesichert ist.
Nach den obigen Aeusserungen Hrn. P.'s also scheint
das Buch für den gesanunten griechischen Unterricht auf
Gymnasien, von der untersten bis zur obersten Classe
bestimmt zu sein. Wenigstens dass mit der untersten
Stufe begonnen wird, ist der AVahl der Sachen, sowie
thfiilireis» der Einrichtung des Kommentars nach mit
Sicherheit anzunehmen ; ob aber das Buch bis zum vollen
Abscbliiss der G\ uinasialbildniig, oder bloss bis zum
Ucbergaug von Secunda nach Prima berechnet ist, lässt
sich aus ihm selbst nicht mit Gewissheit erkennen. Zu-
erst nämlich sind Prngymnasmata gegeben, die besonders
paginirt sind , oder vielmehr die l'aginirung der Vorrede
f..rtführen von S. XI — XXXVIII, wie als ob der
Herausgeber noch erst während der Arbeit des übrigen
Theiles darauf gekommen wäre, sie beizufügen: einzelne
,,aus sehr verschiedenen Schriftstellern zusammengetra-
gene" Sätze zur Einübung der ersten Elemente und
Hauptstücke der Grammatik, von der I. Declinatiim bis
zu den A^erbis contractis, mit Ausschluss also der A^erba
in j^iL und der Anomala, in VI Abschnitte eingetheilt.
Sodann folgt das eigentliche Buch, in welchem zuerst
(S. 1 — 6) aus Stohaeus Anthologie Aussprüche und
kleine Anekdoten von berühmten Männern, hierauf (S. 7
— 17) Aesopische Fabeln, dann (S. 17 — 39) aas Aelians
l'ar. Hist. mehrere Erzählungen, aus Achilles Tatius
die Beschreibung des Gemäldes vom Raube der Europa
(S. 40 — 4'-'), aus Longus zwei Stücke (43 — 4S) , aus
jlthenaeus (49 — 54) «lie Hochzeit der Odatis mit dem
Zariadres und die Beschreibung des Prachtschilles Hiero's,
aus Lucinntts einige Todtengespräche und drei Stücke
aus andern Schriften (55 — 76), aus Pausanias die Er-
zählung der messenischen Kriege (77 — 96), aus Plutur-
chus Stücke aus den A^itis Lycnrgi , Solonis, Aristidis,
Themistoclis, Cimonis (97 — 117), aus Diodorus Sic. einige
Abschnitte aus der Geschichte des peloponnes. Krieges,
dann Philipps v. Wacedon. (118 — 139)) aus Xenophon'a
347
348
Hellen, vier Absrliniile ans «1er Porioilc von der Srliljclit
bei Ar^<is|)(if,iii)i bis zur Sriilarlit Iip! IMniitiiiPa, ilaiiti ans
•lor Ciji opaed. und ilen Memorab. einige Stiirkc (14() —
173)) aus Airianui licr Aliscliniftu (173 — l''l), «laiin
fol-jen z»\ci reiliicrisclie .Sachen, Lr/siae itrrtl. funettr.
(192 — '»'MS) nnii hucinfis Areopniiitüus (2UÜ — 22»),
zum St'liliiss endliili l'lulun's Ciiln/t.
Jliprnai'li ist ollenbar, «lass <lic Prn^^vninasniata etiia
mit Ouartaiiorn, «lie liliri^en Sachen mit Tertianern, Se-
cUDitancni und vielleiiht Primanern gelesen ti erden .inl-
Icn : nenigsteiiä ni'irile diess so ziemlich auf «lio Kinrich-
tunif der prenssischeu (ivmnasien passen. Aber, fragen
wir ^tiiiiäihst, »arnm hat Hr. P. sein Buch nicht in be-
stimmte Cursn getheilt? )fir würilrn «ladiirch erstlich
über «las zHeifelhaft (iebliehene , «ili aPch die olierste
Stufe mit berücksichtigt sei , in's Klare gekommen sein,
ziicitens sicherer wissen, «eiche Tlieile wir jciler ein-
zelnen Stufe anzuweisen hahrn ; Hr. I'tnsoic aber selbst
■»ürde »ahrscheinlirh deutlicher sich zum I3ett usstseiu
gebracht haben, wie er erstlich aiiszunflhleu , sixlaunuie
anzuurilnen hatte, nm die Aufgabe des stufeni» eisen Fort-
schreitens in einem bestimmten und deutlichen Aufsteigen
»om Leichteren zum Schwereren auszuführen. Denn
zuerst was die Auaicald betrillt: schon die Prog)niiias-
iua(a erscheinen mitunter ziemlich flüchtig aulgeraUt,
mithin aus dem Zitsammeuliange gerissen, wie j). X.W'III
«ler Satz Ti Ö£ ; Ol Inril'a '/.. r. k. und «ler gleich dar-
auf folgeiHJe; sthwierigere nud längere Satze neben leich-
teren und kürzeren, wie gleich das zweite der oben an-
geliihrten Beispiele, oder p. XXXll der acht Zeilen
lange in KvZr/.tjVUi '/.. l. L., p. XXX \1 der ebenso lange
als schwierige Satz iyv} üvdl n^oQl'jy.siv '/.. T. A. Das
sin«! Satze, die in der untersten griechischen C'lasse gar
iii< ht zu gebrauchen sind ; und sie wAren noch eher ein-
Uiid das anderemal zu ertragen, wenn «lie Anmerkungen
dazu ilnnach eingerichtet waren; doch vom Commentar
larhher. Dann im eigentlichen Buche, welche bunte
Reihe lon Schriftstellern ist «las! IVach welclu'm Princip
oder ans welchem Interesse sind «liese alle so zusaninien-
gestellt * Des aprocldirlten halber kann es nicht »ein,
denn es stehen mittelinassige und schlechte Schriftsteller
lieben guten, ein Achillen Tiitius, Aeliitn^ Aihetüiits neben
jenen Allikern der l>e>ten Zeit. Die llücksiclit auf die
Gesrliic/ite kann am h nur einen Theil der AVahlen , na-
mentiic h nicht gerade ilie eben l)ezeichneteii , bestimmt
hilieii . denn «lie hislorischen Abschnitte gehen erst mit
I'auxfini/in an, «'er auch schon so gut als Diodorits einer
Kntx huldiguiig bedarf, wie auch Hr. P. bei beiilen recht
wohl gefühlt hat (cergl. die literarhistorischen Einleitungen
zu beiden): (iesehirhtsrrlernnng «l.irf ja nicht allein, nicht
einmal lurzngsweise das sein , was bei einem s/irnchlic/ien
IJuche zu bezwecken ist. Es bleibt Zweierlei denkbar:
erstlich dass den Heransgeber literurhiHtorhclie (iesi( hts-
piinktc , oder dass ihn das Passende und Interessante «les
Jnlialls bestimmt habe. AVas aber das Ersterc betrilTt,
so brauchen wir — davon abzusehen, dass «laiin Anord-
Jiung und Einrichtung eine ganz andere sein musste —
«lie Einsichtigen nicht erst zu belehren, dass lilernr/iisli>-
riscli wichtig und merkwürdig i:\i\Achillei Tuliiu , Al/ie-
nüun und Cunsurteu uur l''ur«vheru uud Uulchrleu, uicht
aber .Schülern, am allerwenigsten Tertianern — denn
für «liese ist einigen Anzeichen im Commentar nach der
Ersterc hier gerade berechnet — sein kann. Und iler
Inhalt — je nun in Be/iehuiig auf diesen hatten über-
haupt lielo Auswahlen glückliiher gemacht werden kön-
nen, als es geschehen ist. Gcg lie Sachen ans Aeliati
wiilleii wir nicht einmal Etwas erinnern , ausser dass das
If. St. 71IU/ Tor ^liuviaior oikljoatiio^ tu t(ov i^lutv
ziemlich albern und nichtssagend ist; aber «ler Haub der
Europa ton Achilles T.itius, vollends in dieser gi-sihraub-
tcn Form, ist für IManner, nicht für Knaben; die Lie-
besgeschichte aus dem Athenaus würden wir am h nicht
gewählt haben, nicht etiia aus Prüderie, sonilern weil
wir darin nichts Bedeutungsvolles lin«leii können, weiler
filr «len Geist, noch für das Herz; das II. St. aus dem
Athenaus aber setzt zu specielle Kenntnisse des .Schills -
und Schiflsbanwesens voraus, als dass «lie B<-schreibiiiig ,
zumal da Hrn. P.'s Commentar «lazu auch nicht ausreicht,
dem .Schüler eine «leiitliche Einsicht in das Detail der
Einrichtung «les Prachtscliiffes geben könnte und ihn
daher nicht langweilen sollte. Auch aus dem Luciaii
konnte Interessanteres und Lehrreicheres in Hlengc auf-
gefunden wenlen, als wenigstens theilw eise das Gegebene
ist, namentlich aus «Icn iMacrobiis die Anekdoten \aii
Literaten, die lange gelebt haben, iiiid die kuriosen
Todesarten, «lie sie betrofl'en haben. Der aus Pausauias
gewählte /Vbschnitt ist eher der Art, dass man wegen
des anzieheiiilen , für jugendliche Gemüther gerade sehr
ansprechenden Inhalts in Rücksicht auf die .Sprache ein-
mal eine Ausiialime statuiren kann; noch weniger Beden-
ken mag bei Arrianus geltend gemacht werden, schon
der historischeu Rücksichten halber, «lie Hr. P. zu neh-
men sich vorgesetzt h,-\tte , nur müssen wir diess bemer-
ken, «!ass lue aus ihm in .St. I. mitgegebene ausführlicho
Beschreibung der .Schlachtordnung, (ür den Krieger und
Historiker zwar vou AVertli, do< h den Schüler ermüden
uml langweilen wird, ^'iel bedenklicher aber ist Diu-
dorus , und um seine Aufnahme zu entschuldigen, genügt
es nicht, wenn Hr. P. sagt: ,,l). quidem (juamvis a riri»
dd. satis male audiat, — qiinminus prorsiis rerederet
dßl'i<lj(>/.oi, nun soliim res viilebantiir memorabiliores
bistoriae graecae vetare , sed «licendi quocjiie genas ad
cito cursimquc legendum peridoneum." Wer soll denn
den Diodor kursorisch lesen? Doch nicht Secundaner?
Und um «ler Geschichte willen l Es gab ja doch noch
bes.sere .Schriftsteller, aus den denen für dieselbe Periode
passende und nicht zu schwere Stücke ausgezogen wer-
den konnten, üeberhaupt drängt sich uns noch «lie Frage
auf, warum — wenn wir anders recht vermiifhcn , dass
das Buch für alle ünlerrichtsstufen dienen sollte — ein
Paar andere Schriftsteller übergangen sind, vor allen
Herodot. Vielleicht des Dialekts wegen '. Oder behält
sich Hr. P. vor, «liesen ausser und nach den Eclogis noch
besonders zu lesen? Hier zeigt sich recht deutlich, wie
gut es gewesen wäre, wenn Hr. P. die IMühc einer aus-
führlicheren Erklärung über ilcn Plan uud Zweck seine»
Buches nicht gescheut hätte.
Ebenso wichtig, wie die Wahl ist die Anordnung.
Wenn es dem Herausgeber auch nicht gefallen hat , be-
stimmte Abtheiluujjcu für die verschiedenen Stufen zu
349
350
marlicn, so dfirfr-n wir «lorli anncJinion, dass «l.is Rudi
bis /lim Liiriaii (inci ) für die zni-itc Stufr von iiiiti-i. ,
al-to für Tertia bestiiniiit ist; «.-iiiz si< Iwrlicli vi «'iiissfciis
Xus TMin L(iiii,'iis, denn l>i.i dahin fiiidi-ii sicli l''iii);<Tzci;;o
fiir die Aldnfiin-r scIm irriftTiT Fornicn (z. IJ. <')/li/r:i-
rai). W'rhhc R<-ilicnf<>l;;c ist dirss al.pr : Achilles T<t-
tius, Loni^iis, Atlieiii'iits , J.ucinimal IJ.llt Ilr. F. don
Tatiiis iiiiil den Afhcnäiis fiir Irirlitor, als den Liirian ?
Halt rr sie liberlianpt für loiilit gpnng- nnd 1,'pei^'nct , um
von Tcrtinnern ffclesen zu werden ? Iiisl)es<)iiilere f;i!it es
keinen nnsitieklicheren Gedanken, als diesen Tniiu» mit
in diese Eklogeu heniberziinelimen. Ilr. P. sagt «war,
diese „pirta tabula" sei „et roj,'nilu di;,'Ma et intelleefu
obvia." Ja, wenn erst das jror/> ersiandniss gefunden
ist, dann fordert die Sache weiter keine hohe InirlH-
geiiz; aber meint Ilr. P. etwa, bei einer so affertirlen
und manirirten Schreibart, die nicht nur in der Wahl
des Ausdrucks , sondern noch mehr in den VVortfiipungen
und Wortstellungen gesucht, gfeschraubt, ja, versrlirobcn
ist, sei auf jener Bildungsstufe das Wortierständniss so
gar leicht? Liegt etwa das Naturwidrige, wo es sich
auch fand, der Begrifisfahigkeit des menschlichen \er-
standes naher, als das Naturgerechte! Der Herausgeber
hat das selbst auch recht gut gefiihlt ; denn er hat im
Couimentar fast immer nur mit lexikalischen und deu
.Sinn der Redensarten erklärenden Erläuterungen zu tliun,
hat aber dessenungeaciitet noch >'ieles dunkel gelassen.
Und dann, soll denn durch diese Lectüre bloss Wort-
und Formenkenntniss beigebracht, nicht auch der Ge-
schmack gebildet werden ? Heisst es aber deu Geschmack
bilden, das Verrenkte und abentlieuerlich Gestaltete ken-
nen zu lehren? AVenu Hr. P. , um schlimmen Kiiillijssen
vorzubeugen, auf alle Verstösse gegen den gnten Ge-
schmack hätte hinweisen wollen, wie er einigemal
gethan hat, so würde er der Bemerkungen kein Kndo
finden können : der Fehler liegt in der Beriicksichligung
des Schriftstellers überhaupt. Theilweis und in min-
derem Grade gilt iliess auch von Allienüus ; namentlich
ist das II. St. aus ihm, schon aus dem oben darüber
Gesagten, nicht für die Untcrrichtsstufe passend, für die
CS berechnet scheint, und nicht leichter, sondern schwe-
rer, als die Luciauisclieu Sachen, also das stufenweise
Aufsteigen hier wieder nicht beilacht. Wenn die f(dgen-
den Stücke nun etwa für Secuudancr und vcrmuthungs-
wcise für Primaner bestimmt sind, so kann man von
dem Gesichtspunkte stu/enteeisen Aufsteigens aus auch
da gegen die Anordnung Eiuwendungen machen. Denn
die drei zunächst Folgenden sind jedenfalls schwieriger,
als der ihnen nachgestellte Xenophon , besomlers Pluturck,
den Rec. höchstens mit sehr geüblen und ganz auser-
lesenen SecHudanern, besser aber, wie es wohl auch
meistens geschieht, mit Primanern lesen möchte. Oder
ist dieser ganze letzte Theil etwa promisi'uc für Prima
und Secnuda bestintmtl Ulan kann zwar auf diesen Stu-
fen schon ciumal etwas weniger ängstlich in Abmessung
der grösseren oder geringeren Schwierigkeit sein ; aber
zwischen den Stufen selbst findet doch immerhin ein »ehr
merkbarer Unterschied statt, namentlich wenn man den
neu eingetretenen Secundaner mit dem Primaner vergleicht.
Auch hier also wäre die Abthciiuug in bestimmte Kurse
von entschiedenem Nutzen für die Erkennung und Festhal-
tung jenes Unterschieds gewesen.
Wenn aber das Buch auch fiir die oberste Stufe mit
berechnet ist, ja selbst ohne diess anzunehmen, drangt
sich mich eine andere Frage auf, die zwar nur etwan
Aeiisserliches betridt , dennorh aber in Ueberleguiig zu
nehmen nicht nuitölhig war. Nämlich ein Stoff, der nicht
mehr Raum einnimmt, als diese XXI II und '2V1 lialbe
Druckseiten — denn ziemlich die Hälfte der Seite fallt
jedesmal dem Conimentar zu — »«Ute ein so geringes
Quantum von Stoß" zur Lectüre für deu gesummten Gviu-
nasialunterricht ausreichen? Wie viel soll da auf jede
einzelne Classe konunen I Es ist ganz klar, dass es un-
möglich ist, mit solcher AVeiiigkeit so hauszuhalten , dai?s
mau nicht alsbalil genöthigt sein sollte, Verbrauchtes
noch einmal zu gebrauchen, eher als die Classe» in dcii
Mitgliedern vollständig sich erneut haben, und was noch
beachte nsweriher ist, eher als man vor der bösen Folge
einer öfteren Wiederholung derselben Lectüre, nämlich
vor Fortpflanzung von Uebcrsetzungs - und Praparations-
Manuscripten durch die verschiedenen Generationen der
Faulen und Dummen hindurch, sich gesichert glauben
darf. Namentlich die Progyninasmata können nnr einmal
gebraucht werden , weil sie für jede Gattung grammati-
scher Formen iu der Regel nicht mehr als einen ciu-
zigen Abschnitt von Beispielen darbieten, von denen doch
also keiu einziger für den künftigen Gebrauch zurück-
gelegt werden kann, wenn eben alk' Gattungen von For-
men durch diese Lectüre eingeübt werden sollen. Die
oberen Classen aber wieder bedürfen, zumal wenn ein
Tlioil des vorgelegten Materials zu kursorischer Lectüre
dienen soll, wie Ilr. P. will, für die Bedürfnisse des
Wechsels eines ^'«rrathes von Stoll', der zu dem für die
unteren Classen iu dem Verhältuiss eine» sehr verviellal-
ligfen Maasses stehen mus».
Hieran könnten wir auch die Frage knüpfen , ob e»
fiberhanpt in oberen, insbesondere in der obersten Classe
sogar zweckmässig ist, die Schriftstellsr durch Excerpte
uiiil ans Chres<<Mnathieen kennen lernen zu lassen ; wir
wollen sie iniless bei Seite liegen lassen, um zur Be-
trachtung der zugegebenen Anmerkungen zu gelangen.
Was kann ein Conimentar zii einem solchen Buche für
einen Zweck haben? Hr. P. hat selbst auf den Titel ge-
setzt: ,,in usuin iuventutis antiquar. litt, studiosae disp.
et notis in&truxit C. P."; darin liegt ganz richtig ange-
deutet, dass der Conimentar dazu dienen solle, der stu-
diosae iuvent. den Gebrauch der gelieferten Materialien
zu erleichtern: auf diesen Zweck miiss also Alles, die
Fassung sowohl, als iter Inhalt, berechnet sein. Vieles
nun kann man allerdings darauf berechnet nennen, aber
in sehr Vielem hinwiederum ist die richtige Praxis auch
hier verfehlt. Diess gilt zuvörderst in Betreff der Fas-
sung ganz und gar von den Noten zu den i'rogijmnas-
mutis. Hr. P. gibt in der Vorrede einen grossen Abscheu
vor der Zugabe von AVortregistern bei solchen Büchern
kund; eingeschränkt auf die für die Geüileren bestimm-
ten Lesebücher findet diess des Rec. volle Beisfimmung,
aber auf die Anfänger, überhaupt auf die ganze Schaar
derjenigen, die es noch vorzugsweise mit der Erlernung
des et^mologischeu Thcilcs der Grammatik zu thuu haben.
351
352
kann rs nicht ausgedi-liut ivcrilen. Diess mag Ilr. P.
Iiinlerlier au<li cingcschon liaboii , und <ia nun liic Pro-
•;\ninasniata tlorli fiir Anfiin^cr liestinimt siiul , so liilft
er sich, »vahrschpinlich iini fiir ilas Ganze seiner Ansicht
«loch niclit iintrüii h erden zu müssen , datliirch , dass er
<leu Commentar hierza aus lauter kleinen aljiliabetisch
geordneten >Vorlreijisfern Lesteheu lasst, deren jedes im-
mer ein einzelnes Stück alijjesondcrt unifasst und ausser
«leu W(irll)eileiitunfen auch die etymologisch-grammatische
AuflOsun*; tier Formen , die jedesmal noch nicht bekannt
sein kiiiinen , enthalt. Also statt eines einzigen haben
»vir nun eine stanze Sammlang '•on Wortregistern ! Nuu
«las mag sich von iler iSeite niclit gerade als unz«eck-
mässig erweisen, uenn die Vokabeln jedesmal ausivendig
ffelernt »erden. Aber die Bedeutungen luid Formenana-
iTsen sind lateinisch aufgeführt. .Soll das eine Erleich-
teru/is:; sein? Ist es möglich, dass Hr. P. den .Standpunkt
und die Bedürfnisse <ler Schüler, das Maass der Arbeiten
und Leistungen, ilie er ihnen auferlegen darf, so sehr
verkennen konnte'? Er bürdet ihnen ja offenbar eine
duiijieile Pr.'ijiaratioii auf, einmal für die griechischen
und dann «iedcr für die lateinischen Vokabeln. Und
ileiiiioch «erden sie nicht im Stande sein, für die L'eber-
setzung und das Verstaiidniss der griechischen Satze das
(jeiuigende zu Ir-isteii; denn wie oft Herden sie nicht
von der lateinischen \'okabel sich die für den griechi-
schen Text ganz unpassende Bedeutung aufzeichnen!
Üeberdiess reichen blosse Wortregister für diese Stufe
und für solche Sätze, «ie sie häufig hier vorgelegt sind,
gar nicht aus: sie bedurften auch aiiderartige Erläute-
rungen in Betreff der AVortordnung, .Salzfügung u. s. w.,
von denen hier keine Spur zu sehen ist. Wie viel bes-
ser wusste Fr. Jacobs damals, als er sein Elenientarbuch
verfasste, das Bedürfniss der Schüler abzuschätzen!
Der Zuschnitt und ilie Fassung sind es nieder zu-
nächst, welche «leii Commentar zum eigentlichen Buche
zu einem nicht geringen Theile geradezu unbrauchbar
machen. Denn wir müssen durchaus erklaren, dass Hr.
P. keinen schlimmeren iMissgriff thun konnte, als den,
dass er erstlich Quarlanern und Tertianern zutrauen
konnte, liitei/iisclie Noten zu verstehen, oder auch nur
zumuthen, dass sie sich damit hcruinplagen sollten, weil
ihnen «liess alle Lust und allen Eifer ersticken wird, so-
«lann , dass er sie ihnen, und nicht bloss ihnen , sondern
überhaupt allen denen, die aus diesem Buche leruen
sollen, in dieser keineswegs einfachen und populären,
sondern, wie es scheint, recht mit Absicht gelehrt -philo-
logisch zugeschnittenen Form darbieten konnte. In den
ersten Abschnitten aus dem Stobaus, Aesopus, Aelianus
nimmt der A'erf. noch einen so niedrigen Standpunkt an,
«lass er ausser der Kenntniss der Dedinationeii und der
gclaiiligsten Formen des A'erlmm barytonon Nichts, nicht
einmal Bekanntschaft mit dem Participium von i/Ki (cf.
S. J, lll), noch mit solchen Aoristen wie löijltc'.vfrf. S.7, 1)
voraussetzt; und ilennoch wird Einem, der nicht Set
und Tt 0 1 1' 0 t. t abzuleiten weiss, zngemuthet, Fabricii
hiilinlheca Graeca (S. 5) , Miireli l'arr. Lecit. (S. 7),
Euripid- Eleclr. und Scholiaat. ad Aristoph. Nui/j. (S. 19),
Reiz, de Acrent. Incltn. und Achnl- zu vergleichen ;
ferner schon Ivenndiiss der römischen Antiquitäten, z. B.
des römischen Rechtsweseiis genug zu besitzen , um sich
in Belehrungen zurechfziilinden , wie «lic folgende ist
(S. .S): „iloulhoftia vu.v J'urensis ; pr. ciiim dies est,
de ijuo convenit inter actorem et reiim, vadimnnii obeundi^''!
Und so wird es iininer gelehrter und philologischer, je
weiter man hinaufsteigt; ininier zahlreicher kommen die
gelehrten Citate von Achilles Tatins an und fast aus
allen Weifgegenden der philologischen Literatur her-
beigeschafft; Seidler zu Euripid. ( S. 41), Lübeck zu
P/iri/riic/tus (S. 43), Scliaej'er und Reisk. im ///(/. zu
Demosth. 1 liurmann zu l'/iaed., Reisig' s C'onjectan.
zu Aristoph. , Bissen zu I'indar. , Drakenborch zu
Liv etc.; ferner alte (iramniatiker, Scholiastcn und Lexi-
kographen: Schal, z. Aristuph., Eustath., Phavnriii., Zo-
tiar-, Eti/mnlug. M., Thom. Mag.; gar nicht zu gedenken
der vielen Verweisungen auf andere griechische und rö-
mische Schriftsteller aus allen Gattungen , Dichter und
Prosaiker, und der Menge von unnöthigen Parallelstellen !
Und diess Alles ist innerhalb der für Anfänger, d. h für
solche, die noch die Formen erlernen, oder höchstens
eben erst erlernt haben, bestimmten Abschnitte bis zum
Schluss der Luciaiiischen Stücke S. 7li. Ausser dieser
Citatcngelchrsainkeit ist es die philologisirende Vortrags-
weise, «lie Einen beim Lesen des Commentars immer an
das Handwerk — man erlaube einmal diesen Ausdruck —
erinnert, so dass man nicht selten zu glauben ge-
neigt wird, Hr. P. habe junge Philologen gleich von
nuten auf für die künftige Handhabung einer schuluia»-
sigon Comiiientationstechnik anbilden wollen. Da fehlt
CS nicht an hochtönenden Terminis, wie Syncht/sis, Pro-
lepsis, Epanalepsis (schon, S. 19), Periplirasis , der ge-
läufigeren, wie flietaphora, Ellipsis , zu geschw eigen; die
Bedeutungserklarungen , die grammatischen Bemerkungen
nähern sich dem Anstrich gelehrter .Sprachbeobachtungen
oder haben ihn wirklich, statt dass sie sich einfach auf
das Bedürfniss der Stelle besihränken sollten; die histo-
rischen und antiquarischen Noten erörtern das Sachver-
hältniss nicht ohne Streben nach Erudition. Die unpo-
puläre Fassung wird ein Beispiel erläutern, welches sich
schon zum Aelian (S. 21 , Absclin. VI) findet: „Kofii-
Cttv . oiy. eifOTlV ex praecedentibus adsciscere seusns
non patitur. alterum igilur, ut fil pro solcmni i/uadam
in oersione verborum, ex eodem illo aJsumendum,
vel ex prioribus per hyperbaton repetendum VdftoC,
y.Eivai.''^ Wie soll eine solche Note ein angehender Er-
lerner des Griechischen, der kaum die Verba piira kennt,
verstellen? Dergleichen kommt natürlich mehr, je weiter
das Buch vorrückt (Beispielsweise vergl. man nur noch
Luc. 1I[, 1. p. 58 dio Note zu tüvio iy.aivo , noch
mehr zu IV, 5. p. 60 t/'s To ti'ov), zu Paus. p. 80 ivvfil-
Cti' iivai, p. 81 dväncuOTU u. dergl. m.) so dass auch
zu den spätem Stücken, wo der Schüler die lateinische
Einkleidung wohl eher vertragen kann, doch diese
hochstrebende und gelehrte Haltung den Comuienlar über
die Sphäre seiner Bildung und Erfahrung nicht selten
Linausrückt. (Bcschluss folgt.)
Zeitschrift
für die
AI tertli II ms wissen Schaft
Sonntag, 14 Jpril
18 39.
Nr. 45.
Eclogae sive exrcrpta e rariis scripfoiibiis graecis. In
nsam iiivcii'utis aiiiiijiiar. littcrar. sluiliosae dispos.
et notis iiis<r. Car. Passow Dr. Pars I. quac coii-
tinet scripiores orat. peilestr.
( B e s c h 1 II s s, )
Sehen wir jetloch von diesen freilich sehr einfluss-
reichcn und weifgreifendcu Mangeln der Methode ab und
betrachten den X'Tjnimentar nielir in Rücksicht auf die
Anlässe und Gegenstände der gegebenen Erh'interiingen ,
so ist allerdings erkennbar, dass der Herausgeber den
Zweck, Erleichterungen des Verständnisses zu geben,
nach den drei Seiten hin, der grauiniatisrhcn , lexikali-
schen und historischen Interprctatinn , zu verfolgen und
dabei einen gewissen Sfiifengang zu beobachten sich be-
strebt. Daher würde auch in dieser Hinsicht der Com-
nicntar schon zu genügen im Stande sein, wenn nur
überall das Bcdürfniss jjes Erleichterns mit richtigem Takt
herausgefühlt und dessen Befriedigung mit sicherer Hand
besorgt wäre. Aber wahrend in grammatischer und lexi-
kalischer Hinsicht eine ganze IMengc trivialer Kleinig-
keiten und Einzelnheiten mitgegeben ist, wovon unten
einige Beispiele werden aufgeCührt werden , vermisst mau
bei sehr vielen ^Veranlassungen bei weitem nöthigere
Aufklärungen, die das Sinnierständuiss in ganzen Gedan-
ken und zusammengesetzten Gedankenfheilen erleichtern
sollten, ganz und gar. Beweise liefern alle Stücke.
Denn z. B. beim Stuhaeus : ein Anfänger, dem no.Ii
für alle mögliche Verlialformen die Themata angegeben
werden müssen, wird auch noch Winke verlangen, um
iu' einem Satze, wie S. 3, St. IV. ziioysvng ylzrty.ov
civoi iyy.a\. y.. r. X. ist, sowohl die Construction im
Ganzen , als im Einzelnen das ^^erstänilniss einer Zusani-
menfügung, wie vyitia; luv TTOlljT/y.ü^ aufzufinden; er
nird sich auch nicht zurechtfinden in dem Satze des
folgenden Stückes: ^IltojviSlj:; £QaJTIjl}£ii X. T.X., ohne
«lass ihm Belehrung gegeben ist über das syntaktische
A'^erständniss von jjOi'}Mif.tljV av und über die ßezieliniig
des Participialsatzes y.aTiyvoyv);. Ingleichen wird Einer,
der noch nicht weiss oder sclbstständig auffinden kann,
«lass cVi/.a „caussn^^ bedeutet (p. 3), noch viel weniger
«lie eigenthümliche Redensart (pevysip Tijv Si'yjv sich zu
deuten verstehen. Ebenso, «enn wir eins der Stücke für Ge-
übtcrc nehmen, z. B. Pausaniits : hier bedurfte die harte Fü-
gung des Satzes S. 81) II. 4. 3Ieaa>jvioii Z'^" oi'v llktioi —
ß6l]9£lit durchaus einer Erläuterung, und viel schwerer
wird ohne eine solche dem Schüler die Auflösung und
das "l'erständniss der Worte ebendas. HI, 2 sein: i]fjav
8s xcii aio9ia9(u — fdXXovTO(;. Doch der Fehler
liegt nicht bloss in einem materiellen IMangel, sondern
er trifft auch hier zu gleicher Zeit die Methode: er liegt
in beiden gemeinschaftlich, im Uebcrgehen der richtigen
Anlässe zum Erläutern sowohl, als im ^'erfehlen der
richtigen AVeise. Der Commentar ist zwar sehr reich-
haltig, in vielen Stücken überreich: er enthält eine Menge
Bedeutungserklärungen, eine grosse Anzahl grammatischer
Noten — wobei sich , um das hier beiläufig zu bemer-
ken, in Betreff der benutzten Grammatiken die Inconse-
quenz findet, dass statt des Buttm. und Mattli., welche die
Sv^orrede als ,,polissini!im in partem negotii vocatos" be-
zeichnet, ebenso häufig Uernhardtfs AViss. Synt. citirt
ist, und bei Veranlassungen, wo jene nicht minder die
nothige Belehrung darboten — ferner eine Fülle von an-
tiquarischen und überhaupt Realnotizen. Aber durch
diese Koten werden in der Regel nur Einzelnlieiten er-
läutert. AVo nun die Schwierigkeit im ganzen Gedan-
ken und dessen eigenthüniliclier Zusammenfügung liegt,
da mangelt es entweder ganz an der nöthigen Erleich-
terung — wie in oben angef. Beisp. — oder die Hülfe
wird gleich durch itörlliche Ueierselzung der Stelle
dargeboten, sowie auch die Bedeutungserklärungen ein-
zelner Ausdrücke meistentheils nicht ohne Uebersetzung
des jedesmaligen Wortes davonkommen. -Diess nützt
unserer Ueberzeugung nach in den meisten Fällen weiter
^Nichts, als dass es dem Schüler Gelegenheit gibt, ge-
dankenlos hinzunehmen, was ihm so leichten Kaufs ge-
boten ist. Viel zu wenig ist dagegen jene weit mehr
übende und schärfende Methode gehandhabt, vcruiitfelst
Belehrungen über die Structurverliältnissc des Satzbaucs
und vermittelst Andeutungen für die Auflösung und Er-
kennung verwickelter Wortstellungen zu selbstthätiger
Erschliessung des Sinnes anzuleiten oder auch zu nöthi-
gen. Und abgesehen von dem jNutzen, den diese Weise
für die Bildung des Verstandes hat, ist sie in vielen
Fällen sogar für den blossen Zweck der Erleichterung
nicht allein erspriesslicher, sondern nothwendiger, als die
Erklärung aus dem ganzen Satzbau herausgerissener syn-
taktischer oder phraseologischer Eigenheiten; und in der
geringen Rücksicht, die ihr zu Tlieil geworden ist,
liegt eine Hauptsache, dass ungeachtet der Reichhaltigkeit
des Commentars doch oft nicht genug gethan scheint für
355
35G
<1,T< Bdilirfiiiss des A'ors<;imliiissps. DIoss inaclii sich am
fulilli.irsti-n bei srlm ieri^eien Scliriftstelleni , »ie beim
Achilles Tati'is iiiiil «jaiiz besonilers bei dem in seinen
PeriodcMi ni( ht selten lan^ hin sicli dehnenden und durch
tlriufnn^ von nianiherlei .Xebentverk srhtver und dunkel
ersehe inenden l'lularc/i , "ic <lenn Her. aurli iiiclir als
einmal das Lrlhcil von };eiilifeii Srhi'ilern (Primanern)
vernommen hat , ilass die Leeliirc des Plutaich ihnen
nianiherlei Seh» ierijjkeiteu darbiete. üui nur ei/t I5ei-
sjiiel anzuführen, «vie soll ein Schüler — und tvalir-
sdieiiilich sind liier Secundaner anzunehnieti — mit den
unzureichenden Bemerkungen p. |UU sich durt in dem
Satze c. 4 zu Anst. : ididuoy.ui' dt TOi<i Tlaidcti; x. t. k.
zurechtiinden ? Und nun bemerke man den .4Lstieh: zu
demselben Schriftsteller sind nuch Dinjifp eiklärt, wie
j). UIÜ : „orov, veluti, ul exemplo utar^^ p. 101: „rw
itiiov, roinp. TO y.oLilTuv snpra Ael. XXXII, 8" (es
heisst nämlich tu ihiov hier einfach ,,ilie Gottheil",
«as jeder Schiiler von selbst findet) ; p. 10 I '• oj^Tieo i. q.
saepius lej(imus oiuv, velitt'^ ; p. 'J',) zu den Worten au
()' alAiJ , dass itv für luv stehe, wozu sogar <lie Ueber-
setzuiijf gefugt wird „si (jnis sit deprehensus"; oder die
iiiiiiothigiMi Uemerkungen p. lüÜ ,.,£udvi i't dojfijg, ut
alias tt',;/),- ix Tluidiuv , formulae ap. Plut. frequentis-
üiiiiae" , p. 102 „aiiu notandimi quater rejietitum in ca-
dem periodo", dazu eine Parallelstelle aus Homer! Ein
Leser des Plut. muss auch keiner Xachweisung mehr
hedürfeii über tlvui c. genit. und ötartKiiv c. partic.
(p. H)5), er muss sich schämen ,^ sich sagen zu lassen,
dass tv Ti TDvxo Tujv y.alAiiv heisst „inter miilta alia
liiina unum fuit" (ibid.), was zugleich eine recht gute
Probe geben »ird, bis wie weit der Herausgeber seine
Freigebigkeit in Beifügung von üebcrsctzungen ausdehnt.
^ Oll Uebersetzungen finden sich fast auf jeder Seite Bei-
spiele, in der Gegend, aus <ler die eben angeführten
Sachen eiitnüminen sind, z. B. p. 98, c. 2 v'iOTl ui'iTC
V.nioov '/.. T. Ä. , eine L'cbersetzung , die weder richtig,
iiorh leicht verständlich ist: ,,ut neque tempus , nequc
locus correctore atqiie casfigatorc peccantis, alicuius va-
ciius iisdeni egerct", denn tfjy^uuv gehört nicht bloss zu
■/iijoiov , sonilerii auch 7U y.at(jöv , ijsrfeOT steht gar nicht
Uli Texte, li.:iiiu'rito'Jul aber ist mit i(jjjiluv in einen
Begriir zu lerbinden. Aoch schwerfälliger ist ilie Ueber-
setzung p. 9 ) (CftiJicui iig fdijy.oi — ijllölbüvTUi) und
gewiss nicht geeignet, dem Schüler Deutlichkeit zu ver-
schalTen ; zweckmässige Erklär ungen würden hier viel
mehr ausgerichtet haben. Dann wieilcr p. IU3 {pi/.d.t —
Ulla TW voitioitaTi), p. 1()4 {oi<)l:v(j; — üivn/.oi'v-
iu)V, ein ganz langes Stück), und in demselben ^>r-
liältniss fort, darunter vieles sehr Triviales und Leich-
fes, wie s<lioii die oben angeführten Beisiiiele bevv eisen.
Ciid daneben ist dann der linerlänlertcn .Schwierigkeiten
liiie Menge übrig geblieben, bei dem Einen weniger, bei
dem Andern, /.. B. beim Arrian, mehr sich fühlbar
machend.
Es Hürde aiier mitunter vielleicht nicht einmal so
u'efühlt weidcMi, dass eine erleichternde Btinerkiing fehlt,
wenn llr. P. dem Schüler das ^ersländniss nicht daduri h
iiorh erschwert hatte, das« er im Texte und aurh in den
Aotcn eine äusserst sparsame Interpunction angewendet
hat, zwar nicht conseqnent, oft aher doch so, wie es in
einem Scliulljuihe unserer Ansicht nach gar nicht sein
darf. Der Uec. muss hier w iederh<ileii , was er ander-
wärts gesagt hat: es heisst das Bedürfiiiss einer Schul-
ausgalie hartnäckig verkennen , wenn, man sie streng iiaeli
den Priiici|MPn, die ein icissfnsclinftlic/ies Buch woh!
befolgen darf, interpungirt verlangt ; De.ullichkeit für das
Verstäiidniss nach dem Standpunkt von Schülern ninss
vor All<'m zuerst, dann zum zweiten alle damit verträg-
liche Einfachlieit beim Interpungiren erstrebt werden.
Einen Grund mehr, um die lateinische Einkleidung
des Commentars in diesem Buche nicht zweckmässig zu
finden, iiiiichte leicht auch die Betrachtung der stitinti-
Schen Seite darbieten. Denn ilie Latinifät, die sich hier
findet, ist keineswegs leicht und plan (schon wegen der
vielen Termini technici), nicht selten ziemlich schwer-
fällig in der .Satzfügung, überladen und gesucht. Man
vergl. nur die literarhistorischen Einleitungen, nament-
lich zum l'lutnrch »iid In ocr/il es , oder jene ücbersetznn-
gen , von denen schon eine oben würtlich angeführt ist,
die andere (p. 9n) aber heisst: „corpora in longiim pro-
ducuntnr, quum spin'lus levilale corporis expedife facile-
que cresceiitis dticlus sitrsum J'erlur, neque vero ciborutn
copifi in profu/idum IntuiiKjue suppressus viultum com-
moralur et occitpalur"' ; ferner Noten wie folgende (p. lüO)
und mit folgender Interpunction: „Participia verborum
diversae inter sc significationis sine coniuiictionis vincnlu
poiiuntur ita ut ulferum atque prius quidem, quod sepa-
ratini enuntiata senteiitia verbiim finitum esse deberet
(Hermann, ad Soph. Oed. Col. 17^) noniini sno sif
pruxinHini atque princijiale, alterum vero vel novi aliquiil
vel latiorem noininis definitionem adiungat", die auch
Unsereins, nicht ohne sie einigemal durchzulesen und
hier und da nachdenkend einzuhalten, zu fassen vermag.
Das Gesuchte zeigt sich besonders in einzelnen .ausdrü-
cken und deren ungewöhnlicher , nicht selten ganz sprach-
widriger Zusammenstellung, z. B. p. 43 : „ars res vel
laiignidiores excilftridi^^ und ähnlich p. V14 : „pron. rt/'ro;
orationis viiii egregie e.i-cjVrt/", p. 33 : „quibiis potissimum
aculeis usus iilem eff'uderit (iiocia) , roniicias etc.'', p. 40:
„vocis frigidam affectalinnem arguere vix opus crit" ,
p. 79: .■llhjvrjOi c. iota depini^endum est", p. \[)i: ,,vox
minus honesta h. 1. videtur sensu violliori cnnvertenda
(der zwar althergebrachte, aher darum nicht minder ver-
werfliche und schon von so Vielen öllentlich getadelte«
Notenausdr. seiisus , st. significatio, tritt überhaupt alle
Augenblicke auf), p. 187: ad seinet ipsiim a//ire f ? )",
p. 24l): „verborum conversionibus popiilnm ad se pelli-
ccre (soll wahrscheinlich heissen : durch IVortverdrehun-
gen, da doch jene Redensart als rhetorischer oder gram-
matischer Kunstausdriick etwas ganz Anderes bedeutet).
Oder die Redensarten sind, wenn auch diircli eine Au-
torität zu entschuldigen, doch wenigstens sehr entlegene
und einzeln vorkiiminende, wie das Plautinische „in aleam
provocare'''' , welches überdiess Plantus nicht mit einem
sachlichen Object, wie Hr. P. (oinnia sua p. ^2) , son-
dern mit einem persönlichen constriiirt, oder „a primis
discendi incunabulis^'-, wozu Qiiintil. (Prooein. Jj. (i) und
Cir. (ürat. |.S) vorsichtig ein ijuasi und velul hinzu-
fügen, llr. P. aber nicht. Endlich auch fehlerhafte
357
358
Cons<rutli(>neii, « ie p. 42: „sive poeticis quibusdam as-
suiii/is sivo viri/ji's tlialer/is parum ciiraiiffs" (soll hier
(urare mit «Irin Dat. constriiirt sein, odiT wie ist der
»Tiifaktisrhe Ziisaiiimcnliaii-j zu iiehnicn t) , p. 1U2 aenti-
niare bcliaiidclt wie iiiilirare mit dopp. Arcus. ., suos
mores ceteris raiiilidiores aestimat", verweschselto Con-
HlnirtioiK-ii , nie p. 114: „populus in memoriatn revoca-
tur ?'('rum" st. popii/o res icvocrtiitur , auch falsche For-
ini'M , «ic p. T2ti cl. Superl. mnturrime.
Wenn wir nach allem tliesem nicht im Stande sind,
das Buch des Hrn. P. in der Einrichtung, die es jetzt
liat, seinem Ztvecke goliürig entsprechend zu finden, so
hoilrn und ui'iuschen «ir um so mehr, dass Hr. P. die
Vais II., die er dem Titel nach noch herauszugeben ge-
denkt, nach einem verbesserten Plane einrichten werde,
dem eine weniger bedingte Empfehlung dann nidit feh-
len wird. Es ist nicht ohne Rücksicht auf diese Absicht
des Herausgebers gescliehen , dass der Rec. diese P. I.
einer genaueren und ausführlicheren Prüfung unterwor-
fen hat.
Die äussere Ausstattung des Buches ist zu billigen ;
nur haben wir Accente und audere'Zeitheu nicht überall
im Drucke beigegeben gefunden.
H. Seh.
Einige Verbesscriin^.svorscIil;ige zum Chorgesange
in Eiiripides Helena v. 1124 f.
AVic sehr ungeachtet der eifrigsten und selbst zum
Theil mit gifiuzendem Erfcdge belohnten Oemühungen
der ausgezeichnetsten Gelehrten, souohl der früheren,
als ganz besonders der neuesten Zeit die Kritik und In-
terpretation der Heroen des griecliisclien Trauerspiels
noch im Argen liegt, und wie schlimm selbst derjenige
unter ihnen wenigstens grossentheils noch berathen ist,
der von den ünbildeu der Zeit weniger, als seine gros-
sen Vorgänger gelitten hat, davon hat Hermann's Aus-
gabe von Euripides Helena einen leider unumstüsslirhen
Beweis geliefert. Mögen gleich die Worte, welche er
fast zum Ausb.'iugpschilde seiner Einleitung gemacht hat,
dass es ihm der IMühe wcrth geschieiien, ilieses Stück
lesbar zu machen (ut legi sine olTensioiie haec posset
tragocdia), Anfangs einem milden Beurtheiler scliroff,
einem strengen ruliinredig erscheinen, so wird ihm doch
nach einer genauen Prüfung seiner Arbeit ein Unbefan-
gener den etwas starken Ausdruck leicht zu Gute halten.
Das ürtheil , welches er über seine Vorgänger, nament-
lich Mattliiä und Pflugk, die doch auch nicht ganz ohne
Verdienste sind, ausspricht, ist hart; aber man kann
nicht in Abrede stellen, dass erst jetzt, nach Hermann's
Arbeit, an vielen Stellen die Corrnptel au's Licht gezo-
gen ist, während die früheren Herausgeber sie ganz aus-
ser Acht licssen, dass die Mehrzahl seiner sehr vielen
Vcrbesserungsvorschläge schlagend, und alle, wie sich
diess nicht anders erwarten liess , Proben sinnreichen
Scharfsinns sind. Auffallend ist es freilich sehr, wie
Hermann, der Andern so oft den Vorwurf eines zu kecken
Verfahrens macht, ohne Weiteres alle seine Emendatio-
nen in den Text gesetzt hat — es mfichte wahrlich nicht
schwer (allen, den Beweis zu liefern, dass in dieser
Beziehung das Maass von ihm überschritten ist. Doch
es ist keineswegs meine Absicht, eine Kritik seiner Au.*-
gabe zu liefern, sondern vielmehr einige Bemerkungen
über das Chorlied v. 1124 f. mitzutheilen , zu denen ich
grossentheils eben in Folge seiner Ausgabe veranlasst
wurde Ich gebe daher zunächst den Hermann'scheu
Text:
Ei rdv ivavXetois, vnu dsvS^oy.öiioiq
1125 f^ovoita v.ai däv.ovo, i:viC,ov(juv uvaßoüov>,
ae rav doiöoTc'.TC.v
oQvida i^iik(i)f)op äijdova Say.Qvösoaav,
eX^', oj dtu i;oi'düi' yeviwv ike}u^of^iLva.,
dgijvoti; e/io/^g ^rveQyöi,
1130 'EKivai uikiovq :i6povq
Tov 'Jkiadojv r' dei-
SoL'oa öa/.Qi'öevia nvvov
'Axutwv in 6 küyya«;,
öl tfAoXsv, iiioKs, Tredi'a ßapßdoo) 7? Aar«
1135 ÖS 'iÖQane ^udia, ^iikea ngtaf-iiöaii dyujv
Aaxsöa/'/ioDoc, dno \ixha
Oidev, vj Ektva, nduiq alvuyaf.ioi
noj^maiaiv 'ylcpoodirag.
' Ai>TiOT()0(fi] a.
IIuXXol d' 'Ayaiüjv ev öupl y.al Trsrgiva/i;
1140 Q/Ttaioiv iy.nv£ÖoavTi<; aödv jAtkeav i%uvoiv,
Tokaivav viv dkoXMV
y.ti()uvr£i ii)ei()av ävi'/.t(f.a dt idku^QU
yetrai •
TtoXkovi 6e irvQaevaaq (pkoyiQov aekag d^-
(fiQvvav
Evßoiav (11! 'Ayo-LiZv
1145 [lovdy.ojTTo; dvijg, Tiirpaig
Kaffi^üiotv kußakojv ,
Aiya.iuiQ, x kväkoig döktov
dy.raig domga kdinipai.
dlifiEva 5' uoca Mdkea, ßa^ßagov oiokuq
1150 or' iovio Tiarülöoc, dnonou /£/^<ßrwj^ nvoa
Ttgaq ov rigao., igiv igiSi
Aavaujv, vecp(ka<; enl vava'iv dycuv
eiöuikof hgav "Hguq.
"O XI ^eo;, ij f.a) 9eag, ;; rö [xioov
1155 xii cpvniv £g£i>vij(Sag ßgoxiSv
/laxgorarov negag evgev,
6i XU i^culf iqoga
ÖEvgo Y.al abdlQ, EV.ElGE
y.al Ttaktv dvxikoyoig
1160 nijöiovx' dvEkniaiuii xv^uig;
m zl/oq tcpig, tö 'Efii'ct, duyaTijQ'
Tlxavog yag ev yökTtoii OE Aij-
daq, Exsy.vujOE TTari/g.^
v.ax' /axi;i^i/C y.atY Ekkaviav^
1165 ugööoxii, d/iioxoq, dö/y.oi;, dSeog- ovÖ' sx^i
xi x6 aacfSi, u xi noz' e/j ßgorotg.
t6 xoi dsiov ETiog dkadig Evgov.
'AvTioigoffi) ß'.
'A(fgovEg, liooi xdg dgsrug TrokEfxoj
zr«öi>e, öogog dkyaiou xe koy-
359
360
1170 ;^«<s v.arai:avö^iivo( ito-
doi'i daväiDV dnaddÜs-
ei ycto atu)J-a y.piiei viv
Ktidiei y.ur' dvi^(jajnujv TTÖkstg'
1175 « iJoiauiSo; ydg eTreXsv daXduoiq,
i^ov 8toodi!)Oat Loyot^
odv hoiv , w 'Ekiva.
vvv ö' Ol uti> Ai8a ttikovrai y.dxuf,
r£ij(£a Se, (fKoyubi ujovs z//üs,^ ei^kavro
1180 £T< 8e Ttädea Trauern (feQSC?
ev ddi-ioti Tid&eo/v Tkioioiu.
Die Aendcruiigeii Hennami's bestehen im rolg-cnden,
y. 113Ö iit/Aoi'i fiir ueKta^, «eil sich dicss I5eiHort
richtiger auf die Leiden der Helena, als sie selbst be-
ziehe, aiirh so für den Wohlklang' besser gesorgt sei;
»■. 1132 dflÖutoa f'ir deiöovoa, sowohl des Bietruins,
aU des Gedankens wegen; v. 1134 ör etloXs fiir öq
cnot.C nach einem A'orschlage des Hrn. Hoffmann in der
•'riechischeu Gesellschaft; v. 1137 Oedsv (ö 'EÜva für
oiüsi Wj ttLS f eine Torfrcffliche Emendation Seidlcr's,
». 1149 di.iiieva 8' öoca MaKea. fiir dkif^uva »V ö^ea
iilhca; y. 1151 toip io/öi hauptsächlich des flletrnms
wegen für d/.k' £oiv; v. 1155 w; cpüaiv — £Ö(jev für
t/ (Tri oder (fTJq ei'Oüiv; r. 115U §£pQO für öeivc, cijio
auch »on Pflugk aufgenommene ^'^erbessernng Dolirecs;
r. 1104 y.ÜT taxij9i;i für das corrupte yat '('-X'} <?'/ '
V. 1165 TTQoöoTii, ditiOToq, dör/.oq , ddeoc, für dSi--
y.d^ 71 podoT/^ u. s. w. , theils um den Anapiist zu An-
fange des Trimeter wegzuschaffen, theils wegen der rich-
tigeren Gradation der Adjcctiva; v. 11(37 To rot ihüjv
für zu dlOJV sowohl der Sentenz, als des fllctrnms we-
gen; V, 1169 d/.y.alov re für dky.atov des Metrums
wegen; v. 1170 nüDov^ 9avdxu}v mit Seidler für ito-
voi'i dvurüiv ; v. 1175 d üpia/nöog yä^ iTVf/.ev d-a-
iduoi:; für a'i IliituniSoq yui ikriou da/.diiovg;
V. 1181 endlich iv d.3t.ioii Ttd.di(j(v aus metrischen
Gründen für di^fJu/g Lv Off^KfOpuiq.
(Beschluss folgt.)
Person al-Clironik und Mise eil eu.
Jena, 27. I'<I>r. Wir cnllclincn für unsere Leser Folgen-
des den ölTcnllicIim l'lattetn. Der gcstriKC T.ig war nns ein
holicr Kcslta^. /!alilrcicli versamincllcn sicli Verehrer nnd Freunde
des Jubelgreises Kiltcr Dr. Eichst adt, um ilon mit Jiigcnil-
feuer gcriislclcn Greis i\i sehen nnd ilim zu sagen, cliircli wel-
che innige Bande der Liebe und Dankbarkeit sie an ilin gcfcs-
•clt seien. Den ersten Gross brachte dem Jubilar die hiesige
SchiitzengcsclUchalt durch eine Morgcnniiisik dar. Zciclicn der
.Vncrkenniing seiner Vcrdienile um die Wissenschaft und Pfan-
<lcr dor Liebe wurden reichlich und mit freudigem Herzen dar-
eebracht. Der Cnralor imserer Universität. Frhr. von Ziegesar,
i'ibcrreichtc dem Ki.nige des Festes eine wcrthvolle Dose von
dem durchl. Grosihei/.oge yon S. \^'cilnar- Eisenach , mit dem
Nanicnszuge des Fiiistcti in Brillanten gcfasst. nebst einem hiild-
v'.llcn Handschreiben dci Grofshcrzngs , und von Seilen der
durchl, Ilci'zSge Ton S. Coburg - Gotha , Meiningen und Alten-
burg den ernesliniscbcn Hausorden. Der akademische Senat
licss dem Jubilar ,,sacerdoti nnisarum , in quo omncs , qui sa-
piiint, divinam ingciiii vini admirantur, spicndido doctrinae
cximiac cxemplu, ad quod iniit.indum optinnis quisque suspicit,
philologo rclebcrrimo , qui tutiiis antiqnitatis thesauros perscru-
talus est, acadcmico oratori eloquentissimo , ciiius niirUicara
artcm vix quisqnam hodie supcrabit," durch den Prorector,
OberappclUlionsgcrichtsratli Dr. Giiyet , und zwei Dekane
eine Volivlafel überreichen; der Dekan der tlicnlogischcn Fa-
cultüt. Geheime Kirchcnralh Dr. liaunigartrn . Crusius , hän-
digte ihm das im Jahre ISOS von iler Universität Rinteln
erhaltene F.luendoctordiplom der Theologie ein, der Geh. Rath,
Dr. Schniid , Dekan der Jnristenfacultät, das juristische Doctor»
diplom. Die Leipziger philosophische Facultät erneuerte die
vor 50 Jahren verliehene Doctorwürde durch ein Ehrendiplom.
Die hiesige philosophische Facultät liess ihm durch ihren De-
kan, Dr. Luden, den Aeliesten dieser Facultät, der Stadtrath
und die Studentenschaft durch Abgeordnete ihre herzlichsten
Gli'ickwimsche darbringen. Die Mitglieder des philologischen
Seminariums sprachen gegen den Jubilar, Director dieser An-
stalt, ihre Verelirung durch eine vom Senior derselben, stud.
tbcol. Heimburg aus Wcnigcnauma verfasste Schrift: De loco
cjiiodam in Tacili i'ila- /i'^vicolae , Jenac 1839, aus. Von dem
Älinisteriura zu Allenburg, der Landesregierung zu Coburg, dem
Oberconsistorium zu Allenburg, den Gymnasien zu Weimar und
Gotha gingen die herzlichsten Gliiekwünschungsschrcibcn ein.
Von hiesigen und auswärtigen Gelehrten wurden dem Jubilar
neue Werke gewidmet und eingehändigt, so von dem Gell.
Consistorialrath,Dr. Danz, dem Professor Dr. Succow (De cry-
slallorum densitatis et a.\is principalis inter se ratioue. Jenac,
Ilocbliausen 1839) hier, von dem Geh. Hofr. Jacobs und Prof.
Wiistcmann in G(ilha , von dein Piofcssor Obbariiis in Rudol-
stadt, vom Dr. Seidel in Leipzig etc. Der Conrcelor Wagnei
in Dresden sandte ein von ihm verfassles herrliches Gedicht
ein, und selbst aus den fernsten Gegenden kamen die mannich-
falligsten Beweise von Ilochachtnng und Anhänglichkeit dem
Jubelgreise zu. — Um 12 Uhr IMittags versanmielten sieh die
zur Jubelfeier anwesenden fremden und hiesigen Honoratioren
und die gesammte studirende Jugend in der geschmackvoll ge
zierten akademischen Aula und empfingen dort den Jubilar
unter Trompeten- und Pankenschall zn einem festlichen Reile-
acte. Zuerst trat der l'niversitatsbililiolhekar, llofralh Dr. Gött-
ling auf und sprach in einer höchst geistreichen Weise: De
EichstaJio oiatnre. Daraufhielt der Jubelgreis selbst eine frelT-
liche Rede, in welcher er Alles das, was ihm während seiner
akademischen Lanfbahn durch Gnade und Wohlwollen zu Thcil
ward, auseinandersetzle. Um 2 Uhr begab sich die glänzende
Versammlung in den von den Frauen hiesiger Stadt festlich ge-
sclinii'icklen Rosensaal zu einem fröhlichen und heiteren Mahle.
Die Zahl der Anwesenden betrug 112. Die Feier dieses scho-
nen Tages beschlosi ein dem Jubilar zu Ehren von einem Theilc
unserer studirenden Jugeni! veranslaltelcr Fackelzug.
Rom. Das neulich gefundene Grab vor der Porla Pia zn
Rom wird nun von dem Eigentlüimcr des Weinberge», dem
Grafen Lozano, vollständig ausgegraben, so auch das alte Ge-
mäuer an das Tageslicht gebracht. Von Inschriften , welche
iibor die Zeit ilcr Erbauung, sowie über die in der Nähe ste-
henden Mauern Anfschlnss geben könnten, hat man bis jetzt
Nichts uefundcu. Der Marchese Mclchiorri wird darüber seine
Ansicblen und Muthmassungen in einer kleinen Schrift bekannt
machen.
Bonn. Dem ordenll. Professor der philosophischen Facul-
tät der Universität, Dr. Frey tag, ist von dem Könige der
Niederlande das Uitlcrkrcnz des jNiedcriaudiscIun Lowcn-Oidenj
verliehen worden.
Vilscck. Am 25. März starb dahier J. N. llcldmann,
Professor an der k. Sludlenanstalt zu Rcgensburg.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wisse 11 Schaft.
Mittwoch, 17- yipril
1839.
Nr. 46.
Einige Vcrljesscningsvorscliliige zum Chorgcsaiigc
in Euripides Helena v. 1124 f.
(Bescliluss.)
Ich liaLe mir <lie Blühe geg'eben, alle Aeiulerungcn
aufzuzählen, um den Leser in den Stand zu setzen, aus
cliesom I)pisi)iele sich ein Urtlieil üljer die Reichhaltig-
keit an Emendationeii, «eiche in dieser Ausgabe vorlie-
gen, zu bilden; in einem Cliorgesange von niclit ganz
(30 l'ersen ist iler Text an lö Stellen verändert worden,
nie oline Grund, nieistcntheilä riclitig, einigemal jedoch,
wie es mir scheint, entschieden gegen den Znsamuicniiang.
Letztere Stellen werde ich einer näheren Beleuchtung
unterwerfen.
S. 1149 bieten die Ilandschriiten : ä/if^ieva ö' öo£u
(Aid. ooe) luiXia, ßa^ßü^ov oroLäc,, ute au tu
TtciT^i'dog dno; TtQoy^si'iidruiv Tcvoa t£qu<;, ov rtgug,
dkK iQiv /lavc'.tJjv viCfikag eiti vavOtv äyviv, t'iduj-
}.ov icQUV UoaQ. Die Abweichungen sind ganz unbe-
deutend, Flor. 1. lässt in den ^Vorten UT£ ah zu das
TO weg; Par. E. veCfikav, ebenso Par. G. und Flor. JI.
jedoch mit übergeschriebenem ai;. Canter verbesserte
UT£ avTO, welches Musgrave iu das riclitigere (JT tavTO
verwandelte, Heath dnoTtQU y^Eliiüzuiii. Die ersten
"Worte srlirieben Tjrenhitt und Reiske duXlov ö.oxtQCi
Kä^tilia; öXifiEv dv ÖQea f^ekca, worauf Matthiä,
dem die Spätem folgten, die ganze Stelle so gab: Ööklou
d.OTtoa käfidjag dkijiev' dv' d(jea uü.ca ßaoßüoov
OTokug, öt£ ovto TVciToiSoi dnuTCnu ■j[£ifj.üru)v Ttvuä
TtQug ov zioaq, dkk' egiv zlavaujv vtqekuv tTci
vavaiv dyuiv, eiÖiakov iegov 'Ugag. Mit Redit spricht
Hermann seine Missbilligung über das l^erfaliren aus,
einen corrupten Text zu emendiren, wenn die voro-esrhla-
geno Aenderung: nach eigenem Einverständnisse den Sinn
dunkel lasse. Die AVorte eavTO dyojv verstand Harnes
Bild sellist PHugk vom Paris, da es doch nur wenigen
Eindringens in den Zusammenhang bedurfte, um zu sehen,
dass weder der Ort, noch die Zeit, von welcher der Chor
in .seiner progressiven Darstellung des durch den Raub
der Helena veranlassten Unheils redet, auf den Paris,
sondern allein auf den Menelaus passt. Dieser wurde ,
•wie aus Hora. Od. III, 287, der Chrestomathie dos Pro-
klus nnd dem Euripides selbst Or. 322 bekannt ist, vom
Vorgebirge Malea nach Aegypten verschlagen. Schiin ist
daher Herraann's Verbesserung Mükea für fxikea. Den
ganzen Satz überträgt er folgendermassen: Meleae autem
mnntes inhospitales fucrc , quum longe a patria rejectus
est ventis, qui barbaro vostifu piilcriim monstnim, iiiancm
rixarnm Danais caussam, secum durebat. Es ist auffal-
lend, wie Hermann die Worte ßaußc'.ouv OTokug un-
angefochten lassen konnte; denn wenn gleich das Gefal-
len der Helena am asiatischen Luxus oft genug von den
Dichtern erwähnt wird, wie unpassend geschieht diess
nicht an dieser Stelle, wo von des Menelaus mühevollen
Irrfahrten und des Triiggebildes unheilschu eren Folgen,
nicht aber von dessen Kleidung die Rede ist. AVenn
man den Zusauimcnliang, sowie die Stellung des Wortes
ßc.pßdgoi' in's Auge fasst , so stellt sich der Gedanke
als vorzüglich geeignet lieraus, dass der Chor den Wene-
laiis beklagt, weil er zu Barbaren verschlagen sei. Ich
möchte daher mit geringer Aendernng zu lesen vorschla-
gen : 'Akifiiva ö' UQSa ßldkea, ßao ßuQ ov g dkag
ui sovTo narijibo; ütjutiou '/(inarajv nioav.s.w.
Klagen über die Irrfahrten des Menclans s. v. 20/. 420.
543- -'Sl- (nopS/iovg dkua&ag f-ivgiovg) und öfter.
Da es einigcrmassen störend ist, dass zu tairo das
Snbject supplirt werden muss , so könnte man vielleicht
noch richtiger schreiben, ßaoßuoovg T dki'.g uÖ' eav-
TO , mit Hin« eisung auf den in der Scenc gegenwärtigen
Blcnelaus. Im folgenden Verse geben die Ilandschriiten
iLuug ov rtoc.g, d.k)' Üqiv etc.; Hermann schreibt:
Ttoag ov Teuug, toiv icjtdi de. 'A)-t- ist wohl jeden-
falls aus metrischem Grunde falsch, aber ebenso wenig
kann man Hermann's Aenderung billigen. Der Chor
redet vom Gebilde, nicht aber von der eigentlichen He-
lena; er schildert das bemitleidenswertlie Loos des J\le-
nelaus, der mit einem Trugl/ilde so weit umhergeirrt.
Es ist daher ein hier durcliaus ungehöriger Gedanke,
dass der durch dieses Trugbild den Daiiacni veranlasste
Streit zu dem früheren Streite der Freier um die (uirk-
liche) Helena hinzugekommen sei ; um »o ungehöriger
ferner, da der Chor das Unheil, welches die Danaer
betroffen, feiert, jener Streit der Freier aber durchaus
ohne nnheilvolle Folgen geblieben war.
Zu Anfange der ztvcitcn Strophe geben die Hand-
schriften OTt ^idi )) f-ü) Biug^ I] TU iiEOov, zi (prig,
iüevvi'aag ßooTdju jiay.oÜTC.TOv TttQug evpsi'i'. Her-
mann sagt: Mattliiae, quem secuti sunt alii, sua ex con-
jectnra zig (ftoiv cdidit, conformato ad id exemplum
versu antistrophico. Ponunt autem illi ßoOTCjv in se-
quentis versiculi initio. At metra eodem etiani v. HCl sqq.
redennt: ex quo apertum est secundum strophae versnm
363
364
«liniolnim psse ianiliiruiii. Kaqiip ogo (fi'oiv scripsi et aus «loiisolboii zu onfucrlen. Ist nun hiermit der Zusaii
eiocv, quod i<l et nictriim [lostiilaret, et eiQCiv librarii nieiihaiig, »ie ich nicht zivoifclc, richtig angegeben, ■
scripsisseiit , postquain Cfvaiv in y/yj erat nnifatuni.
„Quill deus sit, iiujuit, aut quid uon dous, aut quid iutcrnie-
diuui, qui.s, qui uaturani hoiniiiuin ronsidcrai erjf, [xiütremo
Luteiiiat, si quam fortnita siiit quae Diis adscribuntur, iutel-
lexerit?" Die Aeiidcrung des (^7;j iu (fLOivhahc ich unbe-
diugt für uiisslun^cii. \\ ie konwnt der Chor zu dem an und
für sich und besonders an dieser Stelle seltsamen Ge-
danken, dass mau ans einer Untersuchnng der mcnscli-
lic/ie/i Salin- nicht das AVcsen des Göttlichen und jVicht-
Güttlichcn erkennen könne; in «elchem Zusamnienhango
steht iliess mit der vorhergehenden Schilderung von den
Schicksalen der Danaer oder der nachfolgenden von der
ungerechten Nachrede, u eiche Helena, die Zeustochter,
habe dulden müssen ? Auch kann mau die Hermannischc
Euiendation nicht dadurch in Schutz nehmen, dass mau
/■Jouzciji' etwa mit zii; verbünde. — Es ist auffallend, dass
die Herausgeber gar jVichls über den Zusammenhanjr die-
ergibt sich daraus die Emendatiou von v. 1105. 31an
schreibe nämlich :
Ti'i (fUTcv eQevvijaao. ßQovutv
(laY.oüvaxov neQcig ec^cv,
Zu .'ihnlicheu Betrachtungen, wie hier der Chor aufstellt,
sieht sich iler Kote veranlasst, als er von seinem Herrn
ilic wahre Geschichte der Helena erfährt
V. 729 oj i^l"•/a^£(J, ö dioq wg scpv tl noiyßMv
y.ai dvqTsy.naoTov . ev de rcoiq dvaOTQicfet,
ey.eiac y.dy.ita' ävatpe^uiv sqq.
und V. 77ü
dkka Tui r« fidvT£o)v
eceeSuv töq (pavk' iori yul ipevöujv nXea.
Kak'iaq yu^ oiv. du ol<8' iaijfitjve otqÜtiji,
vecpihjc; vire^ dvijaxovTUi; ei^o^uju (pAoug,
ovo' "Ekevog sqq.
SeSaiönkfuvoi ijisi'ÖEai Ttor/.iXocg e^cmaTuivrt iivdoi-
XÖ-Qti ö' diiEQ airavTa xevxEi. tu uei'k/xa 9vaToiq,
iiit(ftQoiija rii-idv y.(ü dmatov ifujöaro Tfiarov efj,-
ser Stelle sagen, welcher doch wahrlich nicht eben klar Wir erinnern in Bezug auf die Ansicht des Chors noch
vor Augeu liegt. In welcher Beziehung, fragen wir, an die herrlichen Worte des thebanischen Sängers y.ui
klagt der Chor, dass mau das Wesen des Göttlichen TTov TC y.ai puordjv Cfdriv VTlio Tov dXadjj koyuv
und >li lit - Göttlidien und dessen, was zwischen beiden s.t...^- .j. / ,\.....'s ...i _ •.- „ ~ ' -^n
liege, nicht ausfindig machen könne? — und antworten
ilarauf folgendermassen. Die Geschichte der Helena er-
litt eine doppelte ^'ersion , nach der einen war sie selbst, utvai' ro7loA.kayjC. *)
nach der andern nur ihr Bild geraubt; die erstere An-
nahme «ar einestheils überhaupt die gewöhnliche all-
gemein verbreitete Tradition und amierntheils , wenn wir
uns auf ilcii Standpunkt unseres Chors versetzen, so
niusste auch dieser sie als solche annehmen , il. h. er
musste sich die ungerechte Nachrede als jiock (nämlich
»or der llü(kkehr der Helena in <len Pelopoimes), als
allgemein veilireitct denken. Diese doppelte ^^ersion des
Helena - Mvtlins hat der Chor oflenbar vor Augen, wenn
er am Ende der Strophe als Resume der ausgesprochenen des Dichters', als^die'Meinung der Menschen" bezeichnen.
Gedanken, oder als Resultat seiner durch die Behand- Diese erblicken unverhoHte Kreuz - und Quersprünge von
Ling der Helena vou^ Seiten der Menschen gewonnenen ,|en Göttern verhängter Schickungen, weil sie nämlich
durch ihren ungemessenen Ehrgeiz diese ausserordent-
lichen Begebenheiten selbst veranlassen, und anstatt ihren
Streit in (iüte nach dem guten alten Rechte zu schlich-
ten, im Kriege Ruhm erwerben und „Todcsschnsucht
stillen" wollen.
In der verdorbenen Stelle v. 1175 f. ist die Lesart
der Handschriften: a'i' UotduHioq ydq eklTTOV ifakd-
fuoi'i. Hermann sagt: Pflugkins quum sibi nou dubium
esse ait, quin pro ai scribendum sit oi, quod L. Din-
dorfio placuerit, vellem alteruter dixisset, qui sint illi
In der zweiten Autistrophe knüpft der Dichter au
die im Vorhergehenden enthaltene tadelnde Bemerkung
eine zweite Rüge noch ernsterer Art über den l'nverstand
der Menschen, welche dem Gescliicke Schuld geben,
was sie selbst dnrch ihre Thorheit veranlassen. So weist
auch dieser Zusammenhang darauf hin, dass die AVorle
der vorhergehenden Strophe 05 r« i^EcSv igoon öcioo
y.al ari)/g Eycine y.cd Ttaktv dvTikuyoic, ttijSmvt'
'.vsl'XiovoK; Tl'yaig, nicht soivohl die eigene Ansicht
Leberzeugung, aufstellt:
ovS l-^Ui
TL^ TU oa(fli, ü Tl noT , iv ßQOToii.
TU TUI deuiv £Xoi d/.ade; ti'ouv.
(fälschlich wird in den Ausgaben, auch in der hermanni-
scheu , u Tl TlUT iv fitiuroti verbunden). Der .Men-
schen Gerede, sagt er, ist unklar, das Götterwort da-
gegen habe ich als wahr befunden : iler Menschen An-
sicht ist verworren und voll AVidersprnche, wie kann
mau eine Tochter des Zeus ^Vrrätberin, treulos, nnhet-
lig nennen» Der Chor oder vielmehr der Di. hter benutzt quos hie dici Priamidis terrae reliquisse existimarent
schön die eigenthümli. he Lage der Helena, vcrun')"-e
welcher sie, die Gotteslochter , dem bösesten Leumunde
preisgegeben war, um seinen Zuhörern zweierlei an's
Herz zu legen, einmal wie viel reiner und einer (iöttin
oder Heroine (darum v. 1154 xi tu fiiouv) würdiger
die von ihm befolgte Version des Mythus sei, als der-
selbe in der gewöhnlichen Tradition erscheine; sodann
aber deutet er eben durch dieses Beis|)iel daraufhin,
wie liel der Gottheit nun iirdige Adrstelliingen sich über-
haupt in den mUhischen Erzählungen fänden und wio
umnöglich es sei, sich ein klares Bild von der Gottheit
Immo nictrum ostendit, uon dubium esse, quin a sit
') Noch leichter lässt sich allerdings emendircn , wenn man
scbrcilit: 7Y? f"!«' iQiuyfjiui; ßootöty /lUxQurnroy ziiiji'i
iVQi'iy; „Welclici- S(c^il>licbo riilwnt sich das Wesen des
Götdichcn und Nicht-döltlicben auch diuch nocli so weit
getriebene Foiscliung zu cr};riindcn ?" Wor.in d;is nu6iv
auqifq il' ßiJOioXc; und rö &tMr »:10s t'tl.u&iq lUQOv am I'.nde
der Slroplie sich sh'<;l'falls scholl nnscliliesst. Dagegen
spriclit dor im l\llllel,s;lie(lc cntbaltene Gedanke von der
Uiiraiii.ition der Hclctia für die im Texte aufgestellte Ver-
niuthung.
365
3G6
siriI)Cii<liim. Ipse Pfliigkiiis quiira coiijofit u'i Uo/c.uiöo^
ya,- ehaxov i^uKiuioi'g , quod sigiiifio.ire voliiit, ijui in
Trojana terra occubuerunt , iioii cofjitavil , oa ierli;i ii«-
iiiiiii'ni enrum qui auilissiMit sie arroptiiriim fiiissc, prao-
sertiiu ubi ilf Ili-Iena spnno csspt. Milii facilliniiim visuin
est, a n^iuLudui; 7«? snekfip daLÜ/ioig. 'yj dicit,
quas modo menioravcraf , truentas rixas. Sic thalainos
recfe noniiriare potuii, quia ob thalanuim Paridis rixa et
bellum cxstifit. Caetenim , iit siiig'iilarr , tenoiiduin est,
iuiperfectum lioc ixeke , quoil ego qiiidem memiiirrim ,
apud tragicos iion invoniri , sed taiitiiin praescntia Tcikciv
et raro 7ltX£o9al. AVir können niilit nnihin , zu ge-
stehen, dass die in Vorschlag gebrachte Aciidcrniig uns
als matt erscheint. Es lässt sich «ohl liel leichter und
nach unserer Ueberzeugung dem Sinne angemessener
cmendiren, indem man fiir iK/rrov fast ohne Verände-
rung sklTt' Ol' schreibt. Durch die Kachslellung des oü
gcH-innt die Rede sehr an Kraft und IVachdrnck; be-
kannt ist die Stelle bei Pindar Ol. VII, 8(i. y.ac Toi
'/do uii}oiaa<; i^opTEi o:ieQji ävt^^av cfkoyus ov.
Man setze daher vor v. 1175 ein volles Punctum und
schreibe: "O y.cü ÜQ/a/jidog 7«; tkiTr' ov dakcutoti;.
„Daher verliess Eris auch des Priamischen Landes Ehe-
genu'icher nicht." Der Sinn dieser AVorte wird dann
durch das Folgende , welches abermals einen ueuen Satz
beginnt, näher ausgeführt.
ituv öioQdüjaai köyotg,
auv £Qiv , 0) Ekivu,
vvv d' Ol /.liv "AiÖa jitkovrai y./XTOj
raixici 8t, (fkoy/^to; cJsrf ^'o-;, tnirsvTo
(fkoi; sqq.
Durch diese richtigere Verbindung gewinnen auch die
letztern V'erse bedeutend. Denn einestheils ist das Asyn-
deton ituv sqq. an ilieser Stelle sehr passend, da <lio
AVorte das Resultat der in der Strophe geführten L'nter-
SHchnng geben; andernthcils «ird dadurch ein nicht ge-
ringer Anstoss der frühem Erklärungsversuche beseitigt.
Sehr störend nämlich erschien das AVort iolv in demsel-
ben Satze zum zweitenmal, nachdem es bereits im Haupt-
sätze als Subject figurirt hatte. Nach unserer Interpunc-
tion stellen sich die AVorte als ein noch einmal kräftig
ausgesprochener Beleg der im Anfange der Strophe auf-
gestellten allgemeinen I5ehauj)tung dar. ,,Da man deinen
Zwist, o Helena, durch AVorte hatte schlichten können,
sind nunmehr A'iele in des Hades Obhut, zur Aeste stürmte
dem Blitze gleich die Flamme, Unheil häufte sich zu
Unheil. "
Braunschweig. Dr. Bamierger.
I. Phylarrhi historiarum fragmcnta. Collegit Johann
Fried. Luclit. Lipsiae sumptibus Gull. Laufer. 1836.
XII und 152 S. 8.
II. Phylarchi historiarum reliquiae. Edidit A. Brueck-
ner, gymnasii Suidnicensis Conrcctor. Uratislaviae
apud Georg. Phil. Aderholz. 1839. 51 S. 8-
Als Ref. im August 1835 zu Grcifswald seine Disser-
tation: de Phvlarchi vita et scriplis vcrtheidigt hatte
und in der näclistfolgcudcn Zeit damit beschäftigt war,
Phvlarch's Fragmente möglichst vollständig und mit den
nötliigen Commeiitareii versehen, nebst Prolegomenen über
<!essen Leben und Scliriffen herauszugeben, fand er im
Frühjahr ISofi das Liicht'sdie AVerk angekündigt. Nach-
dem Ref. sich überzeugt hatte , es sei dasselbe so gear-
beitet, dass CS ihm nicht gelingen werde, Phvlarch's
Fragmente vollständiger «der besser bearbeitet erscheinen
zu lassen, so stand er von seinem Unternehmen ab. Um
so mehr wurde er aber überrascht, als ihm vor mehre-
ren AVochen das unter II. genannte Buch von Brückner
in die Hände kam. Es war natürlich , dass er es in
der A'^oranssetzung zu lesen begann , Hr. Br. w ürde ent-
weder die Anzahl der Fragm. ansehnlich vermehrt, oder
sonst etwas AVichtiges liber Plnl. aufgefunden haben,
was das Erseheinen seines Buches tiach dem Lucht'srhen
rechtfertigte. Ref. fand sich aber beinahe gänzlich in
seinen Erwartungen getäuscht; denn erstens ist die Samm-
lung der Fragm. nicht nur nicht volls(andiger , sondern
viel mangelhafter, als die Lucht'sclic, und dann steht
die Brückner'sche Abhandlung über Plnlarch's Leben
und Schriften ebenfalls bedeutend der des Hrn. L. nach,
so dass Hrn. Br.'s Arbeit fast ganz i'ibertlüssig genannt
werden mnss, und derselbe das Lncht'sche AVerk olTen-
bar nicht gekannt hat, was, nachdem bereits fast drei
Jahre nach dem Erscheinen desselben verflossen , nicht
wohl entschuldigt werden kann. — Zur Be^jrnndung des
Gesagten möge Folgendes angeführt werden: Es feh-
len bei Herrn Brückner zwei Fragmente aus Apol-
lon. Dvscol. histor. comment. c. 14 und 18 , von denen
das erste ans Phvlarch's aihtem, das zweite aus dessen
zivanzigstem Buche entlelmt ist (cf. bei Lucht fragm. 16
und 38); 1 Fragm. aus Laurent. Lvd. de mensibus pag.
276 ed. H.ise aus Phvlar» h's 17. Buche (L. fr. 35);
Parthen. Erotic. c. 15 aus Plnlarch's lib. 15 (L. fr. 34).
A'ori den Fragmenten , bei denen nicht bemerkt ist , ans
welchem Buche Phvlarch's sie entlehnt sind, fehlen fol-
gende: Plin. bist, natur. A'III, 42 (L. fr. 31), Schol. S,
Maxim, ad Dionjs. Areopagit. ( L. fr. 58), Parthen.
Erotic. c. 25 und 31 fL. fr. 60 und 8t; wir nennen
nicht auch fr. 48, weil bei diesem im Parthen. c. 23
Pli)larch's INanie wenigstens nicht ausdrücklich angegeben
ist), Diogen. Laert. IX, 7, 115 (L. fr. 6l), Efwjiol.
M. s. V. Böanoooi und 0vkdotoi (L. fr. 70 und 77),
Ammon. de afTiu. verb. dill'. s. v. y^KUf^iVC, (L. fr. 73),
Phot. lex. s. V. oiy.oV(Jlv üfftv (L. fr. 74), Schol. ad Soph.
Oed. Col. V. 39 (L. fr. 76), Schol. ad Aristid. Panathen.
p. 320 ed. Dindorf. (L. fr. 79), Schol. ad Piud. >em.
l\, 81 , collat. Tzetz. ad Lvcophron. Alexandr. v. 175
(L. fr. 82), Hvgin. poetic. astronom. II, 40, p. 412 ed.
Alunrk. (L. fr. 83). Ausserdem fehlen zu dem Fragm.
aus Sext. Empir. adv. fliatheniat. c. 12 (bei Brückner
p. 36) zwei Stellen, in denen dasselbe aus Phvlarch
ritirt wird, was beim Sext. steht, nämlich Schol. ad
Eurip. Alcesf. v. 1 und Schol. ad Pind. Pjth. III, 96,
und zum Fragm. aus Plut. Svmpos. (bei Br. p. 45) die
Stelle aus Plin. bist, natur. A'II, 2. Ref. würde sich
hierbei kürzer gefasst haben, wenn er nicht geglaubt
hätte, zeigen zn müssen, dass die IMasse der fehlenden
Fragm. nicht etwa in einem oder einigen schwer zugSng-
367
3G8
liclieii Werken, sondern in vielen und 7.«ar snlrlien ent-
lidltm sei, lue uolil fast oliiie Aiisiialiiitc iii jeder (iirciit-
litheii Dililiutiiek sieh befmiloii. — WCiut oiidliili Herr
lir. [1. 4.3 sagt: „Praeterea tjui tnenioraiitur a[)uil Plii-
«archum (Dem. 27 et Huup. <iu. VII, p. 702 D) IMivlar-
chi alios esse (juam hisforicum apparct , " so gesteht
Ref., weiii^'stcns in Betreff der Stelle aus Dein., die
Gründe niclit aufjjefunden zu Laben, welclie Hrn. Br. zu
diesen Worten beHOjjen haben, und Legt im Gegentheil
mit Hrn. L. keinen Ziveifel, dass das von Phitarch I.e.
Erzählte aus PhUarih, dem Historiker, entlehnt sei.
Obgleich nun Hrn. Br.'s Fragmcntensammlung im
Vergleich zu der Lucht'schen sich so mangelhaft her-
ausgestellt liat , so enthalt sie doch auch wieder zwei
Fragmente, welche Hr. L. nicht aufgenommen hat, niim-
lich aus .4then. Üb. VI, p. 271, h und üb. XI, p. 4ß2, b,
deren erstes aus Pliyl. üb. '^'I, das zweite aus üb. XXII
entnommen ist. Dabei verdient bemerkt zu »erden, dass
diese beiden Stellen weder im Index zum Athenüns von
Scluveighauser , noch in dem der Dindorf'stheu und
Tauchuitz'schen Ausgabe verzeichnet sind.
In der Anordnung der Fragmente stimmen beide
Herausgelier meistens i'ibcrein, nur erhalten einige Frag-
niente , die bei Br. sedis incertac sind, in der Lucht'-
schen Sammlung durch andere, bei Br. fehlende Stellen,
in denen aus Phviarch dasselbe , als in jenen erzählt
wird, und in denen das Buch Phvlarch's genannt wird,
ans dem sie entnommen, eine bestimmte Stelle. So steht
«las Fr. ans Plutarch. Agis c. 9 (Br. p. 43) bei L. in
Phyl. üb. XV wegen Parthen. Erotic. c. lö , und das
Fr.' aus Athen, il , p. 44 , b (Br. p. 47) erhält seine
Stelle in Phyl. üb. ^'11 nach dem von Hrn. L. p. 61
Gesagten. Ferner findet man das Fr. ans Athen. IV,
p. 141 f., welches mit den Wort<'n beginnt: 0lkaoXO?
il. TT TiVTt/Mtdi/.virrj v.u.l ri/.uorr lüiv locooiv^v '/..r.X.
Lei Hrn. L. in Phyl. lib. XV, bei Hrn. Br. in üb. XXV
auf^i'fillirt. Hr. L. fügt zu seiner Rechtfertigung und
zur Krkb'irung jener Zahl des Buches kein Wort liinzn,
Hr. Br. aber sagt p. 40 Folgendes: Conjuncta haec om-
nia inter se »identur, ut vix credibilr sit , e diversis ea
iibris deprompta esse. Eo enim praedarius elncebat
Cleomenis frugalitas , quo majorem tum Spartanos luxu-
riam invasisse apparebat. Legendum igifur fuerit TtUfX-
Ttrr pro TCfvci/.CK^r/.ttcrj, et Über quintus et vicesimus
intelligendns. ("onfirmare hoc praeterea et tempornm
ratio et ille de 31nlliacil)us locus videtnr", und, wie es
dem Ref. scheint, mit vollem Rechte. Ueberhaupt .iber
sind bei der Erklärung jener Zahl drei Falle möglich:
entweder man addirt die beiden einzelnen Posten (jtev-
re/.uibi'/.aTTj — ti/.oOlf.) zusammen, und nimmt an,
das ganze Fragment sei aus Phyl. üb. XXXV entlehnt,
wie es 3Ienrsius, .Miscellaii. Lacon. p. 48 und Heeren
de Trogi Pompeji fonlibus p. 233, not. a gethan; «der
man statuirt, das l'^ragment bestehe aus zwei Tlieilen,
«leren erster in Phylarch's fünfzehntem Buche, der ziieitc in
dem zwanzigsten gestanden habe , oder endlich man ver-
ändert die Zahl. Gegen das Verfahren von Meursius
und Heeren sjirechin die nnzweifelliaficn Zeugnisse «les
Siiidas niid ilcr Eiidocin , nach denen Pliylarch's Ge-
MJiicIite nur 2.S liurlier umfasstc , ferner die ungewöhn-
liche ncj:ei<hnnng iler Zahl 35. Gegen die ziveite An-
nahme spricht li.iuptsachücli der Zusammenhang der ein-
zelnen Theile des Fragments, welche so eng verbunden
sind, dass eine Trennung nicht gut möglich scheint,
und dann würde auch Athenfius in jenem Falle nicht
beide das Buch bezeichnende Zahlen gleich vor beide
Fragmente, sundern vor jedes einzeln gesetzt haben, wie
er es sonst zu lliuii pflegt, z. B. lib. >'I , p. 261, h.,
üb. VIII, p. 334 a., üb. XIII, p. 593 b und f. Es
bleibt also nur der dritte Fall übrig, nämlich die Zahl
zu ändern. Hrn. Br.'s Conjectur (jisiiTtTTj für TliVlt-
xaidcy.UT}]) rührt nicht von ihm, sondern von ScliHcig-
hauscr her , der sie im Iiid<>x zum Athen.'ius gemacht
hat, ohne sie jeiloch zu begründen. Sie wird aber durch
Hrn. Br.'s freilich mir kurze, aber alles hierher Ge-
hörige in sich schlieesende Andeutungen, die Ref. nur
weiter ausgeführt wünschte, beinahe zur Getvissheit er-
hoben.
(Beic blast folgt.)
Personal-Clironik und Miscellen.
Plauen. Als Einladungsschrift zum feierlichen Schulactus
ciscliien; Zur Vermählung des Stella mit der A'iolantilla, zweite
Sylvc des P. Papinius Statins, übcrstlzt von J. G. Dülling,
Rector des Gvmnasiuras. Die scbwierige Aufgabe einer lesbaren
Uebcrsctzung des Statins finden viir hier, wie in den Leiden
Progiaminen von löj7 und 1638 so gewandt und so glücklich
gelöst^ dass wir den Wunsch nicht unlenliückcn können, es
niöclilc dein Hni. Verfasser gelallen, wenn nicht sammtliche
Dichtungen des Stalins, doch den werthvollsten Theil derselben
diesen Vorläufern folgen zu lassen. Wir bedauern nur, dass
dcui letzten Programm die den IViiliein beigegcbenen erklären-
den lieiueikungL'U fehlen, und zwar um so mehr, als gerade
bei diesem Schriftsteller zuui richtigen Verstiindniss gar man-
cherlei Andeutungen erforderlich sind, welche auf befriedigende
Weise zu geben der Hr. Verf. nach den friibcrcn Proben zu
urtheilcn in besonderem Grade geeignet scheint. Deutet etwa
die Klage i'iber Mangel an Raum auf Mangel an dem, wodurch
dieser liaura zu gewinnen war? Man sollte es hei einem Gym-
nasium Sachsens kaum glauben, da ja vor wenig Jahren erst
der Staat eine Umgestaltung der Gymnasien vonialim und wohl
kaum bezweifelt werden darf, dass er denen , die er bestellen
liess, auch genügende Hülfe angcdcihen lässt. Allein die frü-
heren Programme waren um einen ganzen Bogen stärker, also
lässt sich jene Klage kaum anders verstehen. — Aus den sta-
tistischen Nachrichten, welclie p. 19 — 24 angehängt sind,
heben wir Folgendes ans: Das Lclircrpcrsonal blieb im Wesent-
lichen unverändert, wie es in dieser Zeitäclirill vom Jahre
1835, Nr. 91, p. 736 angegeben ist; nur trat im Juli der Di-
reclor des Landschullohrer - Seminars, J. G. Wild, der den
Religionsunterricht besorgt hatte, aus, und seine Stunden wur-
den von den übrigen Lclireni übernoinmen. Zu Ostern 1838
belanden sich in den 6 Classen des Gymnasiums 68 Schüler,
zu Ostern 1839 aber 75. Im Laufe des Jahres wurden 15 zur
Universität entlassen, darunter 7 mit dem Zeugniss I, sowohl
ia wissenschaftlicher, als sittlicher Beziehung.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Freitag j 19. Jpril
18 39.
Nr. 47.
I. Phylarrhi historianim fragmcnta. Collegit Johann
Fried. Lucht.
II. Pbylarchi his<oriariim reliquiae. Edidit A. Hrueck-
ner, gjmnasii Siiidniceusis Conreclor.
(Beschluss. )
Bei der Erklärung der Fragnienfe haben beide Her-
ausgeber natürlich zunächst das Bedeutendste von dem
mitgetheilt, was von den Interpreten der Bücher, aus
denen die Fragmente entlehnt sind, bemerkt worden ist.
Dann aber haben sie, der eine diess, der andere jenes
Erg^inzcnde hinzugefügt, und gerade in dieser Hinsicht
möchte Hrn. Br.'s Arbeit noch mit dem meisten Rechte
neben der Lucht'schen bestehen ; denn an den meisten
Stellen haben dem Ref. beide in gleichem Maasse ge-
nügt, an einigen mehr Hr. Lucht, an andern mehr Hr.
Br. , besonders bei der Erklärung des Fragm. ans Athen.
VIII, p. 334 a. — Es ist noch übrig, darzuthun , wie auch
in der Abhandlnng über Phylarch's Leben und Schriften
Hrn. Lucht's Arbeit bei weitem der des Hrn. Br. vorzu-
ziehen sei. Ref. möchte sagen, Hr. Br. Labe nur die (auch
noch nicht vollständigen) Grundzuge zu einem Gemälde
gezeichnet, welches Hr. L. zu einem fast in allen Thei-
len schön vollendeten Ganzen ausgeführt hat. Diess
stellt sich besonders heraus, um nur Einiges anzuführen,
in dem Abschnitte, in welchem Beide über Phvlarch's
Schreibart handeln: Hr. Br. ist damit in wenigen Zeilen
auf p. 9 und 10 fertig; Hr. L. spricht davon p. 29 — 33;
ferner in der Beantwortung der Frage, welche Schrift-
steller aus Phvlarch's Gesrhichtswerk geschöpft haben,
wobei Hr. Br. p. 16 — 18 nur von Plutarch spricht,
Hr. L. dagegen p. 33 — 44 ausser diesem noch besonders
über Trogus Pompejus, welcher, wie er aus dessen Epi-
toniator Justin sehr wahrsclieiulich macht, im XXV —
XXVIII. Buche, in welchen dieselben Ereignisse er-
zählt waren, die Phylarcli in seiner Geschichte behan-
delte, ganz und gar dem letztem gefolgt ist. Aber Hr.
Br. hat nicht allein das von Hrn. L. ausführlich Bear-
beitete nur kurz angedeutet, sondern auch Einiges gar
nicht berührt, was nicht fehlen durfte. Zunächst näm-
lich vermisst man unter den Schriften Phjlarch's die
'Ay^aCfU, sei es nun, da-s diese ein besonderes ^Verk,
oder nur ein Theil eines andern, etwa der iniTOiirj
fJl'9iy.^, gewesen. Freilich konnte Hr. Br. diese nicht
aufzählen , da sie nur beim Schol. ad Aristid. Panathen.
an der oben genannten Stelle erwähnt werden, und er
diese Stelle nicht aufgefunden liat, was also einen dop-
pelten Nachtheil nach sich gezogen. Ferner liest man
zwar auf p. h sq. Etwas über den Anfang und das Ende
lier 28 Geschichtsbücher Phjlarch's, aber Nichts über
den Titel dieses Werkes, über den wohl kein Ziveifcl
obwalten kann, da nicht allein Afhenäus an 27 Stellen,
sundern auch andere Schriffs(eller aus Phylarch's loTO^ici
dieses oder jenes Bnch anführen.
Schliesslich möge es dem Ref. noch erlaubt sein ,
Einiges über einen Gegenstand hinzuzufügen, den er in
keinem von beiden Büchern erörtert gefunden hat, der
ihm jedoch gar wohl der Beachtung werth zu sein scheint,
vteil er viel zur richtigen AVürdignng und Rechtfertigung
Phylarch's gegen Poljbius beiträgt. Obgleich nämlich
soviohl Hr. L. , als Hr. Br. die ungerechten Beschuldi-
gungen des Polybius gegen Phjlarch, weiche bei crsferem
!ib. II, c. 56 bis (jl incl. gelesen werden, genügend wi-
derlegt haben, so geben sie doch dem Polybius in dem
Recht, was dieser ibid. c. (i2 und tij gegen Phylarcli
vorbringt, und zwar, wie Ref. darzuthun gedenkt, mit
unrecht. PolUiius nämlich sc.'iilt in der angeführten
Stelle gar sehr auf Phviarch, weil er gesagt habe, Cleo-
uiencs habe in Megalopolis so grosse Beute gemacht, dass
sie sich auf (idOO Taleute belaufen habe. Dass diess
aber nicht »vahr sei, will er damit beweisen, dass er
behauptet, man könne aus dem ganzen Peloponnes zu
seiner Zeit, in welcher dieses Land offenbar bedeuicnd
wohlhabender sei , als zur Zeit des Clcoinenischen Krie-
ges, £^ uvTUjv rdiv iniTlKvJV %<J}Q'tZ. roiv oujuotmv
nicht eine so grosse Summe zusammenbringen. Diess
werde zur Gev/issheit dadurch, dass, als die Athener
unter dem Archon Nausinikos (cf. Bückh , Staatshaushal-
tung der Athener, Tbl. 11, p. 21) nicht nur imijuv il)v
\lxTty.ijv dnaaav, sondern auch lUi; oixiuq u/tutuji;
dh xai Tl)v koinijv uvoiav schätzten, dcnnock to
oünKUV Tiiui/fm r;;s ä^iag nur 5750 Talente betra-
gen habe.
War "auch Ref. selbst früher der Ansicht, dass man
in diesen Behauptungen dem Poljbius unmöglich einen
Irrthum zuniutlien könne, so hat er sich doch jetzt voll-
kommen vom Gegentheil überzeugt. Nehmen wir nämlich
zunächst einmal an, es sei wahr, dass bei der genannten
Schätzung das gesamnite Volksvermögen Attika's sich nur
auf 5750 Talente belaufen habe, so niüi hte diess schon
darum keine starke Beweiskraft für die liehauptung des
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373
Pcihbius in BefrclT des Peloponnes liabcii, weil <lcr Pe-
loponnes ja bekaniiteriiiasscii arhfiiial jjrösser ist, als jfaiiz
Attika. Ferner ist zu bemerken , dass auf der einen
Seite bei jener attischen Schätzung; «cder die Staats-
gfilcr, noch das ^'erniiigen der .'Irniercii, nn(er Lfü Minen
geschätzten Hürger (cf. Bückh 1. c. p. ''/3)i noch das der
Metöken (cf. ibid. p. 57) mitgerechnet wurde, ^reiches
Alles die rou Polvbius angegebene Summe nicht nnbe-
trächtlicli erhöhen würde und keineswegs zu i'ibcrschen
ist, wo es sich um ein IJeiiteniaclien handelt. Ebenso
wenig ist auf der andern Seite beim Pcloponnes zu über-
gehen, dass, wenn Polvbius ti; acTuiv tojv errmXdJV
sagt, er weder das baarc Geld, noch auch das Vieh,
einen für den Peloponues und besonders für Arkadien so
bedeutenden Gegenstand, im Sinuc gehabt zu liaben
scheint; denn zu den ixiTtt.oi^ können beide doch wolil
nicht gerechnet werden. Allein , dass Polvbius einen
grossen Irrlhum begangen habe, indem er als AVertli des
gesammten attischen Volksrermügens Ö750 Tal. annimmt,
ist bereits ausführlich und unzweifelliaft dargethan worden
von Bückh I. c. II, p. 21—28, welche Stelle jedoch
weder Hr. Lucht, noch Brückner gekannt haben. Er hat
nämlich gezeigt, dass das gesammte Volksvcrmögen Atti-
ka's in jener Zeit wenigstens auf 30 — 40,000 Tal. anzu-
schlagen sei, und dass jene von Polvbius genannte Summe
nicht das ganze Vermögen, sondern nur ein geringer
Theil desselben, nämlich das in die Steuerkataster einge-
tragene sei (cf. über die Art der Schätzungen des Solon
und Nausinikos, Böckh 1. c. p. 28 ff. und p. 50 ff.).
AVollte man hiergegen behaupten , Polvbius habe dies«
auch gewusst und mit dem Worte Tiiirna eben jenen
steuerbaren Theil des gesammten Vermögens bezeiclinen
wollen, so lassen diess doch weder die einzelnen Worte,
noch besonders der Zusammenhang der ganzen Stelle zu.
Ausserdem ist es ja auch nicht möglich, aus diesem r/-
imnia die Totilsummc des Vermögens zu berechnen, da,
■»ic Böckh dargethan, in den verschiedenen A'ermögens-
klassen der steuerbare Theil des '^^erniögens verschiedet
war. >iocli weniger könnte hieraus auf das Vermögen
des Peloponues geschlossen werden ; und gesetzt auch, es
könnte diess geschehen, so würde, «enn man mit Böckh
auch nur 3u_4(),()00 Tal. als Werlh des attischen Volks-
vcrmögcns rechnet, Polvbius hierdurch das Gegenthcil
von dem, was er wollte, seinen Lesern wahrscheinlich
gemacht haben; denn »ar das '\'ermögen Attika's so gross,
so war es wohl nicht unmöglich, dass ans dem viel grös-
sern Peloponues üOOO Tal. an Beute gewonnen werden
konnten.
.Aus dem Gesagten geht, wie es dem Ref. scheint,
liervor, Pol_>biu* habe eben nicht zu viel Ursache gehabt,
dem Plivlarch in so bitterem Tone vorzuwerfen zijv ÜTCSl-
oiav y.o.'i Ti^v dyvoiav ti]^ y.oii'iji i.vvoia^ VTilo xijq
ryjv 'Li.'i.r^vr/.viv Tioay/xdiüjv xoo)jyiai xai SuvänEvjg,
ijv uuf.iora Öci riaod rot^ inrooioyodcfoti v:täo'/etv,
noch über Phvlarch's Erzählung auszurufen: uc"); ov
Ttjg uiyiCTi-i äkoyiaq, in d'doy.iiinac, ioil ornfiov.
Daher verlieren auch die folgenden Gründe des Polvbius,
selbst wenn sich noch weniger, als wirklich der Fall ist,
zu ihrer Widerlegung sagen liessc , alles Gewicht. Po-
lvbius sagt nanilich, es gehe zweitens auch daraus die
Unrichtigkeit der Angabe Phjlarch's hervor, dass die
Beute aus Mantinea, welches damals, nach Ph) iarch's
eigener Aussage, die bedeutendste Stadt Arkadiens war,
und bei deren Einnahme alle Bewohner in Gefangen-
schaft geriethen, dennoch auf 300 Talente sich belau-
fen habe.
Hiermit stellt Polvbius einfach eine Behauptung gegen
die andere; ob die seinige richtig sei, und wesshalb die
Summe so gering ausgefallen, wird sich wohl nicht mehr
ermitteln lassen. Zu erinnern ist jedoch, dass auch in
Megalopolis wenigstens 1000 Menschen von Cleomcues
gefangen wurden , und unter diesen zwei sehr xornehme,
deren Lösegeld gewiss nicht unbedeutend gewesen ist.
Cf. Plutarch. Cleom. o. 24.
Als dritten Grund endlich führt Polybins an, Phylarch
selbst habe erzählt, dass Cleomenes zehn Tage vor der
Schlacht bei Sellasia dadurch, dass Ptolemäus, König von
Aegvpten, ihm die Hülfsgeldcr aufgekündigt habe, gezwun-
gen worden sei, sobald wie möglich den Krieg durch eine
Schlacht zu entscheiden. AVenn er aber zu derselben
Zeit (/«r« rofj uvTOvi Xß/poi's) 6000 Tal. erhalten
hätte, so würde er den Ptolemäus selbst an Reichthnm
übertroffen haben ; um jedoch den Krieg gegen den An-
tigonus ohne IMühe in die Länge zu ziehen, hätte er nur
300 Tal. nöthig gehabt.
Dagegen ist zunächst zu bemerken, dass der Zeitraum,
welcher zwischen der Einnahme von Megalopolis und der
Schlacht von Sellasia liegt, nicht so gering ist, dass man
beide Ereignisse gleichzeitig (z«r« TOl'^ aiTOCJ y.ai-
po( ;;) nennen könnte. Denn wie man aus dem Polv-
bius selbst entnehmen kann, ist Megalopolis von Cleome-
nes vor dem Beginne des Frühlings erobert worden. Er
sagt nämlich lib. H, c. (J4, Cleomenes habe, als Antigo-
nus noch in Argos liberwinterte, plötzlich seine Truppen
zusammengezogen, um einen Einfall in das Gebiet der
Argiver zu machen. Da nun Megalopolis schon vorher
genommen war, so irrt man wohl nicht, wenn man letz-
teres Ereigniss in den flionat Februar des Jahres 222
setzt. Dass ferner die Schlacht bei Sellasia entweder
gegen das Ende des Monats Juli oder im Anfange des
August geliefert sei, ist von Hrn. Professor Schömann
im Index scholl, universit. Grvpli. 1832 — 33, p. 4 ge-
zeigt worden. Hieraus ergibt sich , dass zwischen der
Eroberung von fllegalopolis uiul der Schlacht bei Sellasia
wenigstens ein Zeitrauu\ von fünf Monaten liegt, was ge-
wiss in Bezug auf die Ausgaben nicht zu übersehen ist,
wenn man, wie in jener Zeit Cleomenes, ein Heer von
20,000 iMann zu uiiterlialten hat. Cf. Plut. Cleom. c. 27
cxtr. — Ohne uns bei der Angabe des Polvbius vom
Reichthnmc des Ptolemäus aufzuhalten, und indem wir
«3; ev '.luoödii) anführen, dass'ihm nach Appian. prooem.
histor. c. 10 sein A ater Philadelphus nnermesslichc Reich-
thümcr hintcrliess, und er ausserdem nach dem Zeug-
nisse des llieronym. Sanct. ad Daniel. XI von seinem
Zuge nacli .Vsien 40,000 Tal. mitbrachte, wenden wir
uns sogleich zur letzten Behauptung des Polvbius, dass,
wenn Cleomenes nur 300 Tal. bekommen hätte, er den
Krieg gegen den Antigonus bec|uem hätte in die Länge
ziehen können. Wie «alir diess sei, kann aus Plutarch
crscJicn werden, dieser sagt nämlich (Cleom. c. 23), dass
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Cleomcnes kiirz vor der Eroberung Ton Megalopolis ilcn- Sprachen zn erfassen , isi nothtvcnilig eins iler ivirk-
jenifjcn Heloten die Freiheit gegeben habe, «eldie fünf samslen Mitfei ilcr Geistesbildung; und in dieser Bezie-
Minen bezahlen konnten, und auf diese AVeise habe er linng «erden die alten Sprachen stets die Grundlage
500 Tal. erhalten. Rechnet man hierzu die grosse Beute jeder iüehtigcn Bildung, die mehr als eine rasonnirende
aus 3Iegalopolis (Plutarch sagt Philop. c. 5 fin. Cleonie- AVeltbildung sein will , bleiben müssen,
nes habe Megalopolis rcrlassen XQijiUiTuiu £VUOQl']aa.(; Ohne uns hier auf die Feinheit der Syntax der alten
[.iSydXojp), so ist klar, dass CIcouienes auch nach Pia- Sprachen einlassen, ohne die reiche Fülle ihrer Flexions-
tarch's Angabe «cit mehr, als 300 Tal. besessen habe. formen in Beziehung auf Bildung des Geistes betrachten
Nichtsdestoivenigcr gibt derselbe PIntarch bald darauf zu können , »enden «ir uns zu der auf Gymnasien niei-
(r. 27) denselben Grund an, wie Phylarch, wodurch stentheils zij sehr vernachlässigten If'ortiildun". Wir
Cleomenes gezwungen sei, jene Schlacht zu liefern, nani- meinen hier unter AVortbildung nicht jene schwierige
lieh den fllangel an Geld. Daher könnten, besonders AVissenschaft des Sprachforschers, der aus den mannich-
wenn mau annimmt, dass Phylarch bei seiner Angabo fach umgestalteten AVortfornien mit zweifelhaftem Erfolg-e
von 6000 Tal. nur den Werth der Beute, die sich so die ursprüngliche Bedeutung und die Wurzel aufzusuchen
leicht nicht zu. Gelde machen liess, habe angeben wol- hat, sondern die sichere Forschung, wie .aus Stämmen
len, vielleicht dennoch beide Angaben Phylarch's neben neue Stämme und aus Verbindung von Stämmen Conipo-
cinander bestehen. Doch es werde auch angenommen, sita gebildet werden, mit beständiger Berücksichtiguno-
Phjlarch habe sich geirrt, er habe übertrieben, so ist des Begriffs. So bildungsreiche Sprachen, wie die alten
diess doch bei »oitem nicht in dem Grade der Fall, als sind, müssen gewiss auch in ihrer AVortbildung von dem
Poljbius glauben machen möchte, und Ref. hofft durch grössten Interesse sein; entstehen und vergehen ja die
das^ Gesagte noch mehr die Wahrheit davon dargethan AVörter im Leben der Sprache, das sich in der Wort-
ztt haben, was Hr. Lucht p. 29 sagt: Phylarchus fide bildung sicher nicht am unwirksamsten zeigen wird, lln-
dignus historicns censendus et Polvbio aecjuandus est. "
Greifswald, im 3Iarz 1839-
/. T/ioms.
Ueber den Nutzen der Erkennlniss der Wortbildung-
auf Gymnasien.
Der Zweck der alten Sprachen auf Gymnasien ist kein
anderer, als an den frischen, lebevollen .Spracbgcbilden den Lateinischen Sprache)
Geist emporzuheben, ihn zu leiten und zu pflegen, dass
er sich sonne unter dem heitern Himmel des grossen Völ-
kerduumvirats des Altcrthums, des schönen hellenischen
und des strengen, gebieterischen römischen Geistes. Ein
Volk, das Homer's Heldengesängen entgegenjubelte, das
sere Grammatiken bieten in dieser Beziehung fast
Nichts; sie gehen von der Form aus und bleiben bei ihr
stehen und ihre Betrachtung ist meistens nur auf unwe-
sentliche Punkte gerichtet. In meiner, lateinischen Gram-
ULitik (Kursus I) habe ich für die untern Klassen eini-
ges hierauf Bezügliche gegeben, was dem Zweck jener
Klassen gemäss nicht weiter ausgeführt werden konnte,
wie es im zweiten Kursus geschehen soll (bis dahin ver-
weise ich auf meine wissenschaftliche Wortbildung der
Dagegen werde ich im ersten
Kursus meiner nächstens erscheinenden griechischen Gram-
matik gleich nach der Lehre von der Aussprache die
A\ortbildung vom Standpunkte des Begriffs aus abhandeln
(eine Stellung der Wortbildung, die ich nicht ohne Bei-
stimmung bewährter Schulmänner wähle). Worin besteht
Pindar's Siegeslieder, die mit ihren gewaltigen Schwingen aber der Nutzen der AVortbildung auf Gymnasien? So
das Reich der Phantasie durchfliegen, als Gelegenheits
gesängc mit freiem Geiste auffasste und im schönsten Sinne
sich aneignete, das Aeschylos erhabene ideenri-iche Dich-
tungen mit Begeisterung vernahm, während ein auserle-
senes deutsches Publikum über Göthe's Faust 1 Th. sich
langweilt, ein Volk , dessen ganzes Sein und Leben unter
der Obhut der Schönheit stand, wie harmonisch muss
dieses seine Sprache , gleich einer reichen Rosenknospe,
entfaltet haben! Und auf der anilcrn Seite ein Volk, das
Ernst und Biederkeit, Besonnenheit und edlen Stolz zu
den ausgezeichnetsten A'orzügeu seiner A'orfahren zahlen
viel ich sehe, auf zwei Umständen, einem praktischen
und einem wissenschaftlichen. Der praktische Nutzen ist
der, dass der Schüler die Bedeutung vieler Wörter aus
sciuer Kenntniss selbst sich construiren kann. So z. B. das
^yortdyajvo9cT£oj; weiss der Schüler, dass alle Vcrba
auf aoj , t'M, uuj von Substantivis abgeleitet werden,
ein Satz, der leider anf Gymnasien nicht genugsam her-
vorgehoben und bei der Lesung von griechischen .Sätzen,
sowie beim Üebersetzen ans dem Deutschen niclit gehörig
angewandt wird, so muss er auch hier ein zu Grunde
liegendes Snbst. annehmen , das auf Tlj^ oder ro; endige;
durfte, dem ein tiefer Sinn für alles Hohe und Edle ist ihm nun das Wort dyujvodETljg auch nicht bekannt,
einen erhabenen Blick in das Leben gewährte, das im so wird er doch hierin bald zwei Wörter äyvjv und
Gefühle seiner Kraft eben diese Kraft nach allen Seiten 9£rijg erkennen, von dem letzteres auf de (z/9r/ii) hin-
hin wirksam erweisen konnte, ein Volk, dessen öffent- deutet, und also construirt er sich die Bedeutung von
liches Leben trotz aller Unruhen und Wehen ein so äyvjvo — dlT/-; und — irerEUj ah Kampfstellei; Kampf-
schöner Spiegel der menschlichen Bestrebungen und in Ordner und den Kampfordnef machen. Fragen wir aber
niesen der menschlichen Geisteskraft war, wie frisch und jetzt einen unserer Primaner, was dyujvodiTtO} sei, so
folgerecht, wie klar und bündig muss dieses seine Sprache, wird man die Antwort erhalten, es sei aus dyvjv und
gleich einem mit altrömischer Würde gcfasstcn Staats- dezeu) zusammengesetzt. Ebenso ist es mit naoöl-
beschlusse, gebildet haben! Solche Sprachen nun in ihrer aidQv) ; der gewöhnliche Primaner wird uns höchstens
wahren Wesenheit, in ihrem Unterschiede von den nenern sagen, es komme von Ttav (oder gar :raQa) und ^V/-
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aiäCo} , weil ihm nicht der Satz gehörig eingeprägt ist,
dass Verba nicht compunirt werden können; weiss er
diess , so wiril er TlaoürjaiäCu) richtig von einem Subsi.
7T<iuöroii und dieses tou .Tai" und (ii]oii ableiten. Das
AVort OroUTOItfiov wird der Schiiler aus oc^aiüi un([
riiöov sirh mit leichter iMiihe als Heerfeld, Lagerfeld,
Lager construiren, ebenso TloKluoy.tuj von TlokiU(J/.og,
dieses von nu/ii und Stamm eay. einschliessen.
Der zweite Antzeii ist der wissenschaftliche, die rich-
tige Auflassung der Worte, an der noch so »iel gelitten
wird , wie ich in meiner lateinischen Wortbildung gezeigt
habe ; man Ueguügt sich mit blossen Uebersetzungeii, die
meistens nur dunkel aufgefasst werden, man fragt nicht:
wie dachte sich der (irieche, der Römer dieses Compo-
situm, wie ivir , welche Auffassung ist dischterisclier,
anscheinlicher u. s. w. ? Einige Beispiele miigeii hier ge-
nügen. Kt.VTOTOtoi übersetzt mau ohne weiteres bogen-
berühmt , obgleich es nach den Gesetzen einer gesunden
Wortbildung dann roiroxÄtTOJ heissen müsstc; die rich-
tige Erklärung hat zuerst mein Freund, Hr. Dr. Kiesel
in Koblenz, gegeben (de hvmno in Apoll, homer. üerol.
' ■'^■i'^1 p. 4 i, nr. rj2): cjui iulustrem arcuin habet, quod
leteruni iiidoli convenit, qui armorum praedicare soleant
lirtutem. ^e/ai()(iiu(tjl> erklärt mau gottesfiirchtig,
abergläubisch , indem man ai für ein Einschiebsel hält ,
da> nun einmal nicht erklärt werden könne, während
m.TU doch in iiifjaor/vrooi; (das einzige Wort dieser
Art, soviel ich mich erinnere, das richtig erklärt wird)
liUi'iaaig für den ersten Theil ansieht; es bedeutet als
Furcht (8(ia/i, das einzeln nicht vorkommt, wie auch
iti'rr^ u. a.) die Güllcr habend, die Götter zur Furcht
habend, ebenso }j'oiuuj(ui zur Auflösung die Schlacht
habend, d/.s^idgtj , TigoSoaixouTioi, üuf.Qaiyaiioii,
ioiiipizEiXoi, y.aitTieoiyoiwog, efieuanrnji, äe^iyvtoi
II. a. Flexanimns soll bedeaten flectens aiiimos, aber
dann müsste es llectaitimus heissen ; es ist gebeugten Sinn
habend, was von dem eigcneü, sowie von dem fremilen
Sinne gesagt werden kann ; daher oratio ilexaniina eine
Rede, zu der ein gebeugter (überredeter) Sinn gehört
(gleichsam als Uiiterthan).
Ein IMissbraiich, der auf Gymnasien mit der Wort-
bildung zuweilen getrieben wird', ist, dass man dunkele
Formen, besonders im Homer, meistens jeder nach sei-
ner Art, den Schiilern vorlegt und gar bei ihnen mit Er-
findung einer nenen Etymologie prunkt; auch auf Gym-
nasien mag es schon gerathen sein, das, worüber maa
nichts Sicheres weiss, als dunkel uiiil nngewiss zu be-
zeichnen. Auch hilft es dem Schüler ja wenig, wcna
er »eiss, was das Wort tüdeitkoi, i r/.i'yt To^ lür uinen
Uriprniig haben könne; die allgemeinen Gesetze der
Wortl>ililung möge dafür der Lehrer gehörig eiiiprägea
nnd bei vorkommender Gelegenheit auch zur Anwendung
bringen. Schliesslich möge es mir erl.-inbt sein, hier
eine Probe, die Art, wie ich die Composita in meiner
Ifriechischcn Grammatik (Kursus I.) bearbeitet, anzu-
führen:
§. 18. Was die Nominalcompositionen betrifft , so kann
1; ein .Nomen ilnrch ein vorgesetztes Siibst. , Adject.,
Adverb, oder eine Präposition näher bestimmt werden
( Determinativa ) , wie tTCiTCailTlO (überall der reine
Sfainin) Urgrossvater , dyi'i^eo nahe von Gott, aivü-
htuVT schrecklicher l.öwe (häufig mit Endung lo, la, so
dy.üuvi'<y.ciu), dvöoöiu/ö Mannjilngling (ein Jüngling,
der bald 3Ianu ist), 6()Of.toyijoL'y. Laußote. '2) Zwei
oder mehrere Nomina verbinden sich zu einem Worte,
welches zwei oder mehrere Dinge oiler Eigenschaften zu
einem Ganzen zusammeufasst (Copulativa) , so TgaryeXa(fO
Bockhirsch (ein Tliier, das halb Cock, halb Hirsch ist),
kevy.U(ilkav weisschwarz (weiss nnd schwarz). 3) Zahl-
wörter verbinden sich mit Subst. und bezeichnen die
Mehrheit einzelner gleichartigen Dinge als ein Ganze»
(Collcctiva); sie erhalten die Endungen tu, tu, u. Vergi.
öluutgia ein Zweitheil (zwei Theilej, i'jutdujgäyio Halb-
panzer (ein halber Panzer), Sif^ieöif^ivo ein Zweimedininos
(zwei IMedimnen). 4) Präpositionen mit ihren Kasus bil-
den .Adjectiva , wie im Deutschen unterirdisch (Praeposi-
tionalia) , wie li au udoi;o gegen die (gewöhnliche) Mei-
nung gehend, iyy.ivrgo ausser dem Centrum befindlich
6) Ein .Subst. mit einer im ersten Gliede des Compos.
enthaltenen liesfimmung wird zu einem den Besitz be-
zeichnenden Adjecfivum (Possessiva), so yKiiy.vl}i<uo sanft-
sinnig (der einen sanften Sinn hat), goSodaXTvko rosen-
fingerig (Finger wie Rosen habend), duCfiTlVQO umher
Feuer habend, ätivoao keinen (nicht) Grund habend,
unergründlich, dKitaitipto zur Abwehr die Luft habend
(In(tabwchrend) , cEgTliy.tgauvüQ, zur Freude den Blitz
habend (am Blitze sich erfreuend). Wenn zwei Wörter
von einander abhängig sind , so wird das abhängige als
erstes und das andere als zweites Glied des Compos. ge-
setzt (Dependentia) ; beide Glieder müssen Nomina sein.
Vergl. Cojygaffu Thiermaler , yaorgiöovXo Bauchsclave,
/i£vl}£OixvfiU in der Tiefe wogend.
Diess genüge, um auf einen Mangel aufmerksam zu
machen, der von sehr nachtheiligen Folgen" für das ganze
Sprachstudium ist. Möge man des Verfassers Meinung
nicht übeldeuten, wie es leider guten Absichten so oft
geschieht, wenn sie tadelnd auftreten müssen; eine feste
Burg ist — das Vornrtheil — nur zu oft!
Dr. H. Düntzer.
Personal-Chronik und Miscellen.
Leipzig. Bei Gelegenheit der Promotion von 19 Doctoren
der Pliilosophie und der GediJcbtnissfcier Spohn's erscbicnen
von dem dcrmaligen Dekan der philosophischen Facultät, Prof.
Wilh. \Vachsniutli, zwei Abhandlungen : De capitis pocnae cau-
sis et snnctionc. I. Apiid Graecos veleres (t2 S. 4 ). II. Apnd
Roinanoä et Gcrmanos (14 S. 4.) Unter denen , welche vor 50
Jahren die philosophische Doctorwüide sich erwarben, nimmt
die erste Stelle Hofrath EichstUdt in Jena ein.
Hamburg. Der Index Scholarinn unseres Gymnasiums
liefert fdlscnde Abhandlung von Prof. Dr. Petersen: ,,Hip-
pocralis noinine quac circumlcruntur scripta ad teniporum ra-
tiones ilispnsita. P. I " VIII und 55 S. 4., eine für Philologen
und Airzle gleich wichtige Abhandlung , durch welche der ge-
lehrt.- Hr. Verf. zur Schiichluiig des Streites über die Echtheit
der Schulten des Hippokrates das Sciniyc beitragen will.
Zeitschrift
, für die
AI terthu ms Wissenschaft
Sonntag, '1\. April
18 39.
Nr. 48.
Ueber die Beschreibimg der Burg von Alexandria bei Aphflion. progymn. Cap, 12.
Diese Stelle ist für ileii Altertliumsftustlipr jedenfalls von grossem Interesse. Sie gibt nirht bloss einen wirli-
ti^-cn Beitrag zur Topographie der berühmten Stadt Alt-xaiulria, die norh kciiiesivegs ganz anfgeklart ist, und zur
Geschichte der griechisch - ägyptischen Baukunst, son<lern sie bestimmt und beschreibt auch insbesondere die Lora-
lität und äussere Einrichtung jener weltbekannten Bibliothek, von der h ir leider sonst so wenig erfahren. Aber
sie ist nicht ohne grosse Schwierigkeiten. Schon die Sprache ans dem Zeitalter des verdorbenen Geschmackes ' ist
nicht leicht zu verstehen: der affectirte und manerirte Sf\l des Redekiiiistlers widert Jeden an; aber bei weitem
schwieriger ist die Aufklärung des Sachlichen, theils »eil iler Schriftsteller nicht ausführlich genug beschreibt,
theils weil unsere sonstigen Nachrichten über den Gegenstand höchst fragmentarisch und mangelhaft sind , theils »veil
von Seiten der Alterthunisforcher noch zu wenig Aufmerksamkeit der Stelle geschenkt worden ist. "Hirt in seiner
Geschichte der Baukunst verweilt gar nicht bei der Sache, Andere, wie Simon Magistrius , Sylvester de Sacy und
die französichen Gelehrten, welche die Expedition nach Aegypten mitmachten nnd die Topographie des alten
Alexandriens zu bestimmen suchten, «ussten sich nicht anders aus den Schwierigkeiten herauszuwirkelii , als wenn
sie annahmen, dass die von Aphthonius beschriebene Burg das Serapeum wäre, und der Schriftsteller unter uns,
«eliher <lie Sache zu untersuchen in neuester Zeit am meisten Gelegenheit und Aufforderung gehabt hätte , wir
meinen Hrn. Parthey in Berlin, der selbst in Aegypten genesen, springt in seinem auch sonst sehr mangelhaften
und oberflächlichen Werke ,,MÄer das /üt.randrinische Museum^' *) schnell über den Aphthonius hinweg und weiss
sehr geschickt nnd sehr bequem dem liegenden Felsblocke dadurch aus dem Wege zu gehen, dasS er sich ohne
Weiteres den Franzosen auschliesst , vielleicht durch eine hingeworfene Aeusserung des Prof. Dr. Bernhardy veran-
lasst, der jene Beschreibung des Aphthonius in der Hall. Lit. Zeit. IS3.5, IVr. U4 , S. V>^ nach unserer Meinung
etwas zu vorschnell , „eöenso holperig als unbrauchbar'-'- nennt. Sosolles nicht sein und bleiben: dem Deutschen ge-
ziemt nur gründliches Forsc.hen und Wissen, und so mag liier der Versuch gemacht werden, mit Beseitigung jeder
überflüssigen Verniuthiing die oben angeführte Stelle zu erklären. Dabei bitten wir inständigst jeden Leser dieser
Blätter, der sich für ilie Sache interessirt und statt des hier Gegebenen Manches besser liefern, Manches berich-
tigen kann, solches sofort zu tliun, damit künftig der Gegenstand gar keine Dunkelheit, gar keinen Zweifel mehr
zulässt. Wir geben aber zuvörderst den Text nach der kritischen Ausgabe von Walz , daneben die wörtliche Ueber-
setzung und zuletzt erklärende Anmerkungen.
'Ev.(fiQaoii rijg ev '.4/ e^avd^iia dy.^oTrükeuj^.
yfi tr/.oo7Tük£iQ Sf (loa raii nökeaiv ei'g y.oivi)v
fisv EOTaaiv docfuksiav • itokauiv yuQ äytoai jEyö-
vaai- TeixiCovrat de ov f.iäkkov 'ecvtai zotq or/.ij-
fiaaiv , 1] Tuq Tiöke/c TSiX'Covat. Kai rijv filv \ldi]-
vaiajv dxQÖnaXti' fi£r>og\4&i]VMv neQieikijtpe xd>(^oc,-
ctY.oav bl i)v Al-E^avöooz liji uiy.iiui; riÜErai 7iü-
kio)^ oii; TTgoqi^yüpevoip it^yaorar 7r()6g äy.QOv yao
socrjas Ttokiujg v.ai yvrjOiyjTeoov aihijv iori nouqet-
Tieiv dy.gönohv, V^^f' V (fQOvtiv ABrjvaioi nuot-
\aßov t^ai yaQ (üde nutg, ujg ü koyog öilittioiv'
dxQa T/g i^avix^i Ti)g yijg, iii'xQ' ^£v nokkoii
Tt^oiovaa et'g i'^pog, yakovjitvi] öh 8i df^epöre^ov
Beschreibung der Barg in Alexandria.
Die Burgen sind allerdings für die Städte zu allge-
meiner Sicherheit erbauet; denn sie sind die Berge
(Festen) der Städte; aber sie werden nicht sonohl selbst
durch die Häuser bewahrt, als sie vielmehr die Städte
bewahren. Die Burg der Athenienser nun hat ringsum
der Ort Athen umgeben; allein die Feste, welche Alexan-
der für seine eigene Stadt bestimmt, hat er gebaut dem
gemäss, wie er sie beuannt hat. Er [hat sie nämlich
gestellt an die Spitze der Stadt, und es ist der Sache
angemessener, sie Burg zu nennen, als die, auf welche
die Athenienser glaubten stolz sein zu können; sie ist
nämlich ungefähr also beschafl'en , wie die gegenwärtige
*) Wem dieses Urthcil auffallend sein sollte, der lese nur mit Al■flncrl^sanlkeit iiinl giiindli
ßernhanly's sehr gerechtes Urtheil in den Berliner Jahrb Maiz 1838.
her Kritik das Rudi, oder vergl.
379
380
äy.poxofiig, oig xe si^ av.qov enaiQExat, v.m oii £7r
äy.Qio T£Tuy.Tcu Tiökemg' äöoi öi: e:ii ravTiiv ovy.
räi nQOiijyooiui al ööui fiETußäkXovoiv , läq sxovai
{i-9a 8ie/.i^civ d^iä^aii äßarov yki^ia^ yo.Q inl
■/U^ay.1 öiöuiOiv del to fiaiQov, vj^ ei; skuxrovoi
äyovoa, y.ai ctvayti fiSTiujouTSpoi', tvqjv e/'^ iy.arov
i]y.£iv ov kijyovaa' nioag yd^ dgi^fiov TtkevTi) ttoo^
evreXe^ £y.(fegovaa iitr^ov TTponökuiov Öh öiaöexe-
rat y.kniay.aq. neijjiat;^ y.iyy.kiai Trepiy.keiö/iepov xai
TezTagei utv dvf/^ovai f^teytaxai yiovtQ, ööor.; Ttav-
ToSaTTcci tTi i f^iiuv eüoSov dyoiaaf Tai; de 8ii
y.iooiv eiiavexii rig oi/.og /uergiac; nooßnkkouevos
y.iovag, at ^ooiuv f^itv ov-^'t f^iav Trap«;^««"?/, nu^a-
ßakköuevai öe rr y.uTaayufj-TTapaTiETnjyaat yua/jog.
'Opocfi) de T(ß o'i/.i!) TCQoi'ftSev eig y.v/.kuv :iaoa 6e
TW y.i'y.ko) /nya tvjv övtcov vTCo/iviiiia TiiTtijyev
eigiävTi de nacj avTi)v ti]v dygönokiv zerTugat
^KevQUtg itg ;ft/7p05 t'oaiq dirjgijTai , xal tu oxi//^a
nkaioiov Tvyxüvst rov fiijxavijfJciTog- avki) de yard.
fxeaov , neoioTi'kog' y.al rijv f^iev ai'ki)v oroa! 8ia-
öex«vraf otouI 8e i'aaig öiaigoii/^ieiat xioot, xae
fj.eTQov airaig, f/e9' 6, ri nkeov ov% «''"f'?!*' ^<^"
ßelv ey.uOTij öe aroa xekevra TiQoq eyxci.Qoluv ere-
Qav, y.ai ywjv S/nki) ngug ey.aregav ö/aigetrai
OTodv, Tijg fjev av kijyovaa, Tt]g d' au Ttö.kiv y.av-
äg~/oi>oa. Ttaoii)y.o8<iu)]VT(u Se aiyy.oi tujv otoujv
svdo^ev, Ol uev rauitta**) yeycvijjuei'oi TUig ßi'ßkotg,
Toig (fikoTiovovotv dve'pyuevot (ftkoao(feiv , y.ai tc6-
kiv üzaoav eig etovaiav Ti]g aoffiag enaigovreg'
Ol 8e Tovg Ttd/.ai Tti.iav i8gviuevoi 9eoL>g' ooocpij 8e
OToaig, rjv x9>"J'Ji xaTeaevaöe y.ai xogviful xioai
yaky.ii) uev didriHoi'nyruevai , yovaiij oe avyy.ovit-
Touevai. Ii^g uiv oiv arki-g oi'x eig aiTag o y.oanog-
dk/.o fj.lv yug akkotg i:v to de rd Ilegoiujg iix^v
ä^kijuara- y.ai jieoov dvex^i Tig y.icuv, ftijxog fiev
vTiigexovna, xara8i'kov de itoiovaa tov ;^a>oof
oünai rig nooßdg, öiroi itgoeioiv iyvujxe , /u) or^-
fteiip zrj xiovi Tiijv 68a')v ;{pw7'ffo;- y.ai negiffavi]
Ttoiti xry dxoönokiv noog yijv te xal ddka.Txav
ciQx<^'' oc Tolv üvTojv ZTJ Tijg y.iovog y.ogvcfTJ negiE-
orrjy.aat, y.ai Tzgiv Ei'g fieaijv Stek^Eiv tijv avki]v,
'idgvza.i y.azaoxEvanna. dLrjgrjjievov ngög ni'kag,
öaui Totg nükui Qeoig 6voiiö.C,ovxaf Suo de ößekoe
dveoxi-yaat kidivoi y.ai y.gijvi] zijg tujv IIc/ataxgaTt-
dujv o.nrivov lyovoa' y.o.t zo iia.ijfia yiyovivc'mi-
azov , z(ijv xaKtay.EvaaävTvtv eyov zov ugi9uöv
iu07tEg yug evug uvy. dgy.ovvzog eig irobjoiv, dn-
fiiovgyoi zijg o/.tig dxgonökevjg ujcpDi^aav eni dexa
Svo Tcgogxeif^evof xaxiövzi de t?;s dxgoTrükeujg,
Tij (lev üiiakog Stadex^zac X^Q^g oradioj Tigogeoc-
') Ich habe hier das CoJnma weglassen zu müssen ge-
glaubt.
**) Diese Form zieht \Nalz voi- in den AdJend. \o\. IX,
p. 722.
Beschreibung sie schildert. Eine Anhuhc erhebt sich
aus der Erde, bis zu einem ziemlichen M.iasse in die
Hölie anfsteigcnd , [jeheisscn aber aus zu iefachcni Grunde
Burg ( (ly.gitTl i)/jg), einmal insofern sie sich in die Hohe
(uxguv) erhebt, sodann insofern sie gebaut ist an der
Spitze (<<X(Jw) der Stadt, Die Gänge .iber zu ihr sind nicht
gleich, denn liier ist es G.ing, dort Eingang; auch ii'ech-
seln die Gänge ihre Benennungen , indem sie so heissen,
wie ihr ('harakter ist; denn hier kann man zu Fuss sich
nahen, und zugleich ist es auch zu Wagen für die eiu-
trelen Wollenden die Strasse; dort aber ziehen oben-
drein sicli Sfulen in die Höhe, wo zu fahren für Wagen
CS unmöglich; denn Stufe auf Stufe führt immer hoher
aus der Tiefe und bringt weiter empor, nicht eher endi-
gend, als bis die Zahl auf lUO gekommen; zuletzt näm-
lich geht d'i'S Ende der Zahl in ciiii- lundo Summe ans.
Ein Fropylaum aber nimmt die Stufen auf: es ist um-
geben mit massig hohen Gittern , und vier sehr grosse
Säulen tragen es empor, die mannichfaltigcn Gänge zu
einem einzigen Eingang leitend, !Nun aber erjiebt sich
auf den Säulen ein Saal , massig grosse Säulen zeigend ,
welche zwar nicht bloss eine einzige Farbe haben , aber
übereinstimmend mit den ^ erzierungen sind sie als Schmuck
angebracht. Das Dach des Hauses geht oben in eine
Kuppel aus: bei der Kuppel ist ein grosses Bild der
Welt angebracht. Wenn man aber in die Burg selbst
eintritt, so ülfnet sich ein einziger (freier) Platz mit vier
gleichen .Seiten; und die Gestalt des Gebäudes ist ein
längliches Viereck ; ein mit Galleriecn umgebener Hof
befindet sich in der l\liite , und auf den Hol folgen Säu-
lenhallen: die Säulenhallen aber werden durch gleiche
Säulen gebildet, und sie machen eine Zahl aus, nach
welcher man nicht mehr nehmen darf. Eine jede Säu-
lenhalle endigt gegen eine zweite schrägstehende, und
eine Säule gehört immer doppelt zu einer jeden der bei-
den Säulengänge, indem sie 'die eine sowohl endet, als
die zweite wiederum anfängt. Angebaut aber sind Ni-
schen innerhalb der Säulenhallen, die tlieils dienen zu
Beliältern für die Buchet , den Lernbegierigen ollen ste-
hend zum Studiren , und die gesammte Stadt zum freien
Erwerb lon Kenntnissen aufmuntern , theils angelegt sind
zur ^'erehrung der alten Götter. Ein Dach haben die
Hallen, welches mit Gold gedeckt ist, und die Capitäler
der Säulen sind zwar von Erz gearbeitet, aber mit Gold
überzogen. Der Hof nun li.at nicht einen einzigen gan-
zen S(hniuck; denn das Eine war so, das Andere so;
namentlich enlhiclt ein Theil die Kämpfe des Perseus.
Und in der !Mi(tc ragt empor eine Säule, an Länge über-
ragend und den Platz kenntlich machend. Noch nicht
erkennt Jemand, wenn er geht, wohin er kommt, wenn
er nicht die Säule zum Zeichen für Wege nimmt. Und -
sie macht die Burg sichtbar sowohl zu Lande, als zur
See. Die Schöpfung der Welt ist am Capitalc der Säule
ringsherum abgebihlet. Und ehe man in die Mitte des
Hofes kommt, ist errichtet ein Gebäude, was versehen
ist mit so viel Pforten, als nach den alten Göttern be-
nannt Herden konnten. Zwei Obelisken stehen <la von
Stein, und es befindet »ich daselbst ein Brunnen, der
noch besser ist, als der der Pisistratiilen. Und das Wun-
derwerk ist unglaublich, das da enthalt die Zahl derer.
381
382
zw;» 6 y.ai rtß T<j'igii> yeysi'ljtai xXiJa/^' ttj pe ers- «lie «las Ganze angericlitct Laben. Denn wie >venu ein
po? fiiv SlTjpij/LUVuq apöc ünoia, oi> nQui^t'rjov de Einziger nicht g-oniigfe zum AVerke, sielit man an zwölf
a)£(j6u£V0i;- TU fAv Ölj k«AA."oc y.QSiicov, 1] Xiyetv Erbauer ilcr ganzen Burg In Statuen aufgestellt. Steigt
£/' de T/ na.Q£iTUl,J:V nap£p9t;/.T] yeyevijrai daviia- man aber hinunter von der Burg, so folgt hier ein cbe-
TOJ" Oii ydp oi'V. i]V eiTieiV, nagal^skeinTCU. «er freier Platz, der einer Rennbahn gleich ist, was
auch der Name «lieses Platzes ist, dort ein anderer, zu
gleichen Zwecken passend , aber nicht gleich ausgedehnt.
Die Srhfinheit nun ist grosser , als dass man sie be-
schreiben kann; »enn aber etwas übergangen ist, ist e»
geschehen zur Vermehrung des Wunderbaren. Dcnu
was nicht möglich war zu schildern , ist übergangen
worden.
Aninerkiing-cii.
1) Dass Aplithonius bei seiner Beschreibung hat walir
sein wollen und sich solches zum Grundsatze gemacht
habe, geht hervor aus den vorhergehenden Worten: t/.-
wgaC,ovTCt.q de öei — okaii Ü7TOf(/iieiot}ac xa iy.cpgc.-
(^6t(£va irgäyflcCTa , was man nicht bloss ron Wortma-
lerei zu verstehen hat. ^'gl. Doxopatr. schol. in Aphthon.
Vol. II. p. 5'Jö cd. AValz. Es kann also kein Zweifel
obwalten, dass A. sich an die Wirklichkeit gehalten hat
und dieselbe treu wiederzugeben bestrebt gewesen ist.
2) Der Redekünstler treibt sein Wortspiel im Anfange
mit dv.goTToi.iq, o.vmo. und dy.rjoq, nas im Deutschen
nicht wiedergegeben werden konnte.
3) Dass A. ganz unbezweifelt die Burg \on Alexan-
dria und nicht das Serapeum beschrieben hat, erhellt
deutlich ans den Worten : y.a}.oi>i^i£i/)j öt' d/KfOTSgov
dxQOTtokti;, oli T£ £1^ dxQov £7iaiQ£Tai Y.ai oig
eir' dy.Qv) x eray.r a i TtökEviq. Jene lag, wie wir
aus Cssar's Geschichte wissen, am grossen Hafen, also
wirklich an der Spitze, am nördlichen Ende der Stadt,
das Serapeum dagegen im Stadtviertel Rhakotis und sehr
wahrscheinlich in der IMittc desselben. Jene Annahme
also, dass A. das Serapeum geschildert, ist ein für alle-
mal als unstatthaft von der Hand zu weisen und aus die-
sem Grunde auch der Plan von Alexandria bei Parthcv
falsch.
4) Die AVorte: üöoi 8£ £ni xavTTjV Ovx i'oai wer-
den durch das Folgende sattsaip erläutert, so dass gar
kein Zweifel obwalten kann; sie bedeuten: der Weg bis
hin in die eigentliche Burg ist seiner Beschaffenheit
(TtoiOTljTi vgl. Schul. Doxopatr. p. 528) nach sich nicht
gleich ; bis zu den Stufen kann man ihn gehen und be-
fahren; dann ist er aber nur zum Gehen. Der Verf.
spielt zugleich wieder mit den Worten ööug, £ii;odog.
Vgl. den anonymen Schol. p. 653 ?/ 'iTQoy,£tfiiVl] xr}
dygo7iuk£t dzguTrui ngug f.i£v rovg £pory,oi<vzai; xrj
jrok£t ödoi ioTi, TTQog öh avxijv xi)v dygönokiv £t<;o-
8og, oji £1 xig ögi'oaiTO xi-v /^ilv ödov iy. xoü öS£v£iv
ml xi]v nö\tv y.£xkija9cu xi]v de £i'io8oi> eä xoü
sigüvai e/g xrjv dy.gonoXw. So hat es auch Scheffer
gefasst: Puto agi non de viis duabus, nna ab hac , alia
ab alia parte, quasi per daas vias, duasque partes aditus
patuisset, sed eandeni riam in imo quidem fulsse com-
modam , tum factam abruptam , ut iii arcem non nisi per
gradas eosque centum quis potuerit eniti. Er hatte nur
noch dass £ii;oSoi; hinzunehmen sollen, wie der Scho-
llast. Jenes übersah auch Doxopater; darum vermuthete
er avoÖoC, statt t'i'ioöoq (p. 52(S); allein das ist uunii-
tliig, obwohl eigentlich allerdings drei üdoi zu unter-
scheiden sind: die Strasse zum Fahren und Gehen (ääog),
der Gang die Treppe hinauf (ai^oöoj) und der Eingang
(ti'soöo;).
5) Uqiv eii exaxov -ijy.eiv, ov kjjyovaa].
Diese Treppe auf die Burg war also nach der Seite der
Stadt zu und mag einen ziemlich imposanten Anblick ge-
währt haben, obwohl die Höhe der Burg als Burg dar-
um eben nicht beträchtlich gewesen ist. Denn lUO Stu-
fen höchstens zu 8 Zoll können nicht mehr als 05
Fuss ergeben. Der Hr. Hofr. Otfr. Dlüller In Göttingen,
dem ich meinen Plan, über die Stelle des Aphthonlus zu
schreiben, mitthelltc, und den ich bat, mich mit einigen
Bemerkungen darüber zu versehen, was er auch vermöge
seiner Leutseligkeit und seiner freundlichen Gefälligkeit
gethan hat, vermuthet dcsshalb, man müsse im Vorher-
gehenden lesen ut/g/ iitp oi' nuKkoc y.. x. k. Indes-
sen ist bei solchen Grössen der IVlaassstab doch nur rela-
tiv; dem Reilekünstler konnte die Treppe an sich wohl
hoch erscheinen.
6) TIg OTt vXa.Lov x. r. k. Wie hat man sich hier-
nach das Propjläum zu denken? Ich gebe die schöne,
aufklärende Bemerkung des Hrn. etc. Müller: „Die 6go-
(flj eii-y.l'y.kov ngoek&oroa ist gewiss kein Giebel, son-
dern eine Kuppel ; danach niuss das Ganze construirf ge-
wesen sein, etwa so:
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384
u sind die vier grossen Säulen, b die •/.ly/jjdi:^., c die
öSoi HtvrodttTiai |» eiche narh meiner Ansiclit von der
Treppe herkommen] , d die iüodo.; in die innere Barg,
e die Säulen des oberen Saales (or/.of) von verschiede-
nen bunten Steinarien, »orauf das Kuppeldach; h die
Ringmauern der Akropoli.i. Vielleicht nimmt man aber
besser an, dass ausser den 4 Säulen noch 2 Eckpfeiler
die Ulauer des untern Stock» erkes trugfen."
7) llaod T(o y.i'xktp — ÜTiöji vtj fia ireiri/ysv.
Offr. .lliiller: „Das i':i6uvi]ua TUJV üvTUjv ist ein räth-
selhafter Ausdruck. Ich denke dabei an einen Fries, der
den Zodiakus u. dgl. darstellte, unter der obern Kuppel,
und schreibe mit niehrern Codd. TCSQt Tip Y.vxhtp ."■ Da-
mit stimmt i'iberein der Scholiast (p. 654), wenn er sagt:
£i-/.6i uiv rreni/x^'^' ^' 'Tto^ rrj v.iyJm tijv 6Qo<fi]v
vxö/ivrua y.ai ötSao'/.uXioi' TreQi räjv Öi^tujv , oia
7To}.}m £v toi.; 'ka.u~rooi; öpoHucv oi'y.odojnjiiaoi ; doch
denkt er bei TU ovTCi an die itaac.oo. ocoi'/sia.
S) Das fnij(dviuia war ohne Zueifel das Bauwerk,
was nun im Folgenden näher beschrieben wird. Es stand
mithin auf dem -/rtjoui und hatte wie dieser 4 Seiten.
War es auch ringsum vom ^ujqoj umgeben? Stand es
frei ? Ohne Zweifel.
9) Ai t.i] de y.axd f-ieaov iteg 10x11X0 (;'\. Diesg
Gebäude ähnelte also ganz der Einrichtung der Häuser,
der alten Römer, wo auch ein Hof mit Peristjlien um-
her und in der iMilte ein Brunnen. Vgl. Vitruv's Gesch.
d. Bank. III. Taf. XXVI. Fig. VII. u. IX.
Kl) Kai Ti)v ulv ai'kijv OToai öiaösy^ov-
rai^, d. h. die uvf.ij nsQi'oTi'kog war ausser mit ihren
Säulen (OTi/oi;) auch noch weiter hinten mit Säulen-
hallen umgeben, dergestalt:
et cae quoqne aequalibus disiinctae columnis ita in me-
dio dispositis, ut rieutram in partem sint nihil quicquam
deflexae. Otfr. Miiller : ,,Das ^tiQov fisd' üxi X. x.X.
bezieht sich wohl darauf, dass die Alten die porticus
theils nach der Zahl der Säulen neben einander (tetra-
stichne , pentaslirhoe), theils nach der Zahl im Ganzen
(milliariae bei den Römern geht wohl auf mille colnm-
nas) bezeichneten ; lüÜÜ Säulen könnte als das Höchste
gegolten haben."
12) Kiu)v S/ttKi) — SiaiQ. OTodv.] Solche
xiovSs ^i"'' >" ''^r obigen Figur, z. B. a und b.
13) Tlaixpy.od. öe otjyoi t.otoujv ivdodev]
Otfr. IMüUer : „Die aijy.ovq, t. ot. evdo9ev wiirde ich
nur an die hintere oder innere Stoa anbauen ; wenn die
Hallen zu KJOO Säulen, so ist Platz genug an ei?ier
Seite fiir diese Bibliotheks- und Studienzinimer." Diess
steht nun freilich nicht im Texte, und sollte dieser
Raum zu der grossen Menge von Bucherrollen hinge-
reicht haben? ,,2i7TXoi" [was ich durch Nischen über-
setzt habe], sagt Otfr. Miiller, „sind kleinere Zimmer,
cellae , wie am römischen Atrium; besonders verbindet
die ägyptische Architektur gern solche oijxoe mit ofienen
Hallen." Schol. p. (i')5. Sljy.ovq xd o/'y.ijfiaTCi 0J5
leou Xnyft, weil man in solchen kleinen Zimnierchen
gewöhnlich die Hausgötter verehrte, selbige also als Ca-
pellen benutzte. Daher auch Aphthonius kurz nachher:
ol dt Tot<c, TTuLui Tludv idQVfu'uoi dcov;. Alan sieht
hieraus gleichfalls die Aehnlichkeit des Gebäudes mit den
Gebäuden der alten Griechen und' Römer.
14) ßi; i^ovaiav t. oocp. stcuiq. Vibersetzt Pinzgcr
in Schulprogr. über Alex, unter d. ersten Ptolem. (Lieg-
nitz l><>i.")) S. \2 falsch: die ganze Stadt zum ersten
Range (?) der AVeisheit erhebt. Dass meine Uebersetzunj
richtig sei, erhellt auch aus der Erklärung des. Schol.
p. (J5j.
(Beschluss folgt.)
avhJTrsQt o
ozvkog
11) Kai i^itTGOv avTuii, fie9' ö, xi nLeov
oi'i i'TT. Latjfi'v.] Schol. p. 654 sq. To Se fier(>ov
ai'xai'i, diffutSij xatQ, y.ioni, fi£9' u itXtov oöy. koxi
hufitiv, ö Vj XU iy.axov tivai Sift.ol Sia xo xo? doid-
fxov Tt/(iov y.iu xo a'vdt; u.vaTiobiCnv ijfid; y.ai fii]
7{oi)ß(a'vtiv fiotSuouvxui i] tu Tr/.ijtfu; u.iviTTf.Ta(,
vTiLO aoi&iiuv auxdi cpaoy.utv dvuf ooa dt xcSv
9r]}.r/.ijii' dl' lil.ov kaußävei xo ovoua xfjz yiovoi'
y.ai ioTiov, ön /ui äuoeviy.uto, 'i:oi.tuiv iit.rj-i:Tai.
Das ai'xaiu geht aber «ohi vielmehr auf oiitai, wozu
auch imouv (Ausdehnung, Grösse, ainplitudo) besser
passt. Schwerlich hat den rechten Sinn Agricola getrof-
fen, wenn er übersetzt: eam (aulain) porticus excipiunt,
Personal-Chronik und Mi sc eilen.
Lcip/, ig. Zu iloi- gcHÖhnlichen Feier des Iclztrn Tages
im J.ilue in dor Tlioni.assclinlc lud der Rector S t .1 II b a u ni
diircli ein Prou'r.iinm ein. In wclclicin eine lalcinisclic Rede
cntlialliii ist, die er 18.57 hei derselben Gelcgenlieil seh»"«"
hatte. In derselben wird die Plalonischo Lehre von Gott mit
der clirisilichen vcrgiiclien (Docirina de ileo Platonico et clni
stiona intcf se coniparatiirj. — In dem Einladiingsprogramm
zum Oblercxanien bandelt der Rector Stallbaiim De; persona
Bacclii In Ranis Arisiophanis , additis diioruni Arisloplianis et
Soplioclis locoriim viiicliciis. 40 (32) S. 4. Er spricht darin
niclit l)lo^s iiber die Person des Bacchus, sondern auch iiber
die seines Dieners Xanlliias, und nimmt znletzt Arisloph. Ran.
16. gegen I.. Dlmlorf und Si.pb. Ai. 8.59-842 Br. gegen E. Wun-
der in Sclintz. Nach d.n licigefiigtcn Scliulnacbriclitcn wurde
die Anstalt mit Einsclihiss der Aliiimicn von 194 Scliiilern be-
sucht; .leren waren 3t in I., M in II., ?,(■, in III., 37 in IV.,
.38 in V. und 15 in Vf. Auf die Universität gingen 13; deren
erhiiltcMi 7 die erste, 3 die zweite, die übrigen die dritte
Cchsm.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms Wissenschaft.
Mittwochs, 24. Jpril
18 39.
Nr. 49.
Ueber die Beschreibung der Burg von Alexandria
bei Aphthen. j)rogymn. Cap. 12,
(ße Schills 3.)
15. 'Opocfi) de aroaig, ij v XQV^og xare-
oxeJßöf] Doxopa<er p. 531. clvTe rov s/TTsiv ögocpi^
de raiq OToali ex ^Qvaov. 'Ogocpi) de raiq, aroaic;,
i]v XQvodi y.areönei'aae eircev, 'iva rov iSiujvia^ov
exifil'yrj. „Die öoocfl] bestaml hiernach ivohl ausTer-
goldeten Bronzcziegeln." Otfr. Bli'iller. Aus dem Fol-
genden aber, wo Apththonias ausdrücklich die nogvcfal
y.ioOL als ^akxtjj j^tev dedijf^iovQyfievaiy ^QvOiß 8s
avyy.QVTtTOfÄevat beschreibt, dürfte abzunehmen sein,
dass jene Ziegel aus gediegenem Golde bestanden haben,
noraus man auf die Pracht des Ganzen schliessen mag.
10) Ti]q /.lev avKijg y.. r. k.] Otfr. Müller: „Dass
Aphthonius jetzt erst das Innere der Aula beschreibt,
beweist, dass die oroai und aijy.oe unmittelbar daran
stiessen ; also so :
I I ö
I oi I
n v k tj
17) Meaov dvexet rig xiujv] Hier steht doch
dvex^' offenbar in intransitiver Bedeutung und ueöov
ist adverbialischer Zusatz für: in der Mitte. „Denn was
sollte eine Saale tragen, mitten in einem offenen Hofe 1"
Otfr. Müller. Auch sagt der Scholiast erklärend (p. 655):
Kiuiv TtQ löraro [xsyiGTTj. Diese Säule ist nun schon
von Vielen für die heutige sogenannte Pompejussäule ge-
halten worden. So sagt z. B. Zoega in seinem berühm-
ten Werke de obcliscis p. 607. „Quam olim coniectu-
ram proposui (Num. Aegypt. Imperat. p. 307), [colum-
nam istam] esse cam, quam in acropoleos enarratione de-
scribit Aphthonius, postca variis peregrinatouum — —
relationibus intcr se collatis firmatam rcperi nee de re
amplins dubitandum esse arbitror. Nam et edito loco
positam produnt, in quo stans totam perspicias adiaccn-
ccntem regionem cum portubns ac lacu nee amplius re-
motaiu ab hodierno oppjdo, quam ut veteris urbis moeni-
bus inclusam fuisse putare possis." Zweifelhafter drückt
«ich ösann ans (de columna Alex. p. 330? Not. 1.):
„Suspicari quidem licet candem esse columnam , quae ab
Aphthonio progymn. c. 12 in descriptione arcis Alexan-
drinae his vcrbis commemoratur xai f-iedov X. t. k. Sed
haec ipsa tarn incerta et partim obscura, ut non facile
audeas ad nostrum monumentum rcferre." Unter diesen
Umständen war es doppelt Pflicht für Hrn. Parthey , der
selbst in Acgypten gewesen und doch wahrscheinlich die
Pompejussäule besucht hat, die Zweifel zu heben. Aber
auch darüber ist er hinweggegangen. AVir wollen bei
der Gelegenheit noch auf die Nachrichten einiger arabi-
schen Schriftsteller hinweisen, auf die Kefcr (über die
Bibliothek, welche die Araber zu Alex, verbrannten.
Freiburg 1819, S. 11 ff.) aufmerksam macht. Der erste
ist ein unbekannter Geograph , der im Jahre 1067 nach
unserer Zeitrechnung geschrieben. Er bericlitet: „Der
grosse Palast von Alexandrien ist heutzutage in Ver-
fall. Er liegt auf einem beträchtlichen Hügel, gerade
vor dem Thore der Stadt. Er ist 500 Ellen lang und
ungefähr halb so breit. Es ist davon Nichts mehr übrig,
als seine Säulen, welche noch aufrecht stehen, und sein
Portal, welches sehr fest gebaut ist. Der Säulen sind
mehr als hundert. Im nördlichen Theile dieses Palastes
befindet sich eine sehr grosse Säule, die auf einer in
die Erde gesenkten Grundlage ruht." Diese AVorte pas-
sen völlig auf die Beschreibung des Aphthonius. Die
Araber verbrannten wohl die Büclier der Bibliothek *),
haben aber die Burg oder die damaligen kaiserlichen
'.*) Wie können Gelehrte oJcr Geschichtsforscher noch jetzt
an diesem historischen Factum zweifeln , nachdem längst
ein White, ein Kefcr, ein Ticdemann , ein Langles , ein
Joseph von Hammer, ein Silvester de Sacy, ein Gcsenius,
ein Buhle u. a. sich für die Wahrheit desselben ausge-
sprochen und die Kritik, eines Gibbon in solcher Bezie-
hung langst für Hyperkritik erklart haben? Auch Ewald,
der treffliche Kenner des Arabischen , denkt ebenso, wie
ich durch Briefe von ihm weis«. Und diesen Männern
sollte nicht mehr zu glauben sein, als oberflächlichen
Nachsprecliein Gibbon's?
387
388
Gebaaile, das Schloss von Alcxandrieii nicht zerstört.
Lud so konnte diess AVerk «ohl noch nacli 400 Jahren,
Mcnn auch nur in Ruinen, »orhauden sein. Etwa 100
Jahre spater schrieb Edrisi also: „Einige »ollen wissen,
auch das grosse Gebäude, ivolches man an der Südseite
»on Alexandrien *) sielit , habe den nämlichen Schamer
Ben Scheddad zum Erbauer. Seine Säulen und Thür-
posten sind heutzutage noch übrig. Das Ganze bil-
dete ein längliches l'iercck **), auf dessen beiden kür-
zesten Seiten 16 und auf den längern 67 Säulen stehen.
Gegen Aoriien steht eine ausserordentlich grosse Säule,
die mit einem Knaufe verseilen ist und auf einer Basis
von Marmor ruht." Noch ausführlicher lässt sich Abdal-
latif (schrieb I203j vernehmen: „Ich habe", sagt er
ebenfalls aus eigener Auschnuung , „längs der Küste des
Meeres, da, wo es die Mauern der Stadt bespült, mehr
als 4(10 zerbrochene Säuleu gesehen. Alle Einwohner
von Alexandria sagten ohne Ausnahme, dass diese Säu-
len um die Säule der Pfeiler ***■) herum gestanden hat-
ten ; allein unter der Regierung des Saladin von einem
Commandanten in Alexandria, Namens Karedsche zer-
schlagen und an diese Stelle gebracht worden wären,
theils um das Andringen der AVogen gegen die Mauern
zu brechen, theils um eine feindliche Landung zu ver-
hindern. Auch habe ich rings um die Säule der Pfeiler
schöne Reste dieser Säulen gesehen, theils ganz erhalten,,
theils zerbrochen, und es erhellt aus ihrer Art, dass
sie bedacht waren, indem sie selbst das Dach trugen."
Lauter merkwürdige Aeusserungen. Und wenn er nun
liinzufügt: „Und ich meine dass diess das Wissen-
scbaftshaus sei, welches Alexander baute, als er seine
Stadt anlegte, nnd worin die Büchersamminng war, wel-
che Amr' verbrannte mit Omars Erlaubnis's ", wer sollte
da nicht noch mehr Glauben gewinnen , dass die Ruinen
von der ehemaligen Burg hergerührt? Weiss einer un-
serer Leser das Gegentheil darznthun, so tliue er's. Noch
heutiges Tages ragen (nach Parthey S. :j4) vier antique
Porphvrsäulea aus dem Staube der Wüste empor , nnd
die alexandrinischen Franken hegen die Ansicht, jene
vier Säulen hätten zum grossen Bibliotheksgebäude (folg-
lich nach Aphthonius auch ^ur Burg) gehört. Wo steht
aber nun die Pompejussänle?
18) Aoi^al xvjv OVTUJV.^ Otfr. Müller: „Diese
upxai T. ÖVT. am Capitale der Säule sind sehr rathscl-
*) A.vi[ det Südseite von Alexandrien? Aber nach unserer
Ansicht vom allen Alexandrien lag ja die Burs aiif der
NortUeiu? Diess kliirt sich aus Rillei's Erilktindc I.
& &6S (2. Ausg.) auf: ,,ln dem innersten Winkel des
allen Ilarens haben die Sandriiasscn sich so sehr ani'e-
häuft gegen den Damm Alexanders, dass hier das aiil'ge-
schnUite Terrain sich gebildet hat, auf welchem die
jüni^ere Tüihcnaiadt Alexindria erbaut ist." Also die
Türken siedelten sich nördlich von dein alten Alexamirien
an; mtiirlich inusste nun die gegen daj alle Alexandrien
nöidlich gelegene Burg dem neuen südlich liegen.
**) Man denke hier an das
Aphthonius. Wie idieccinstiinmcnd
'**) So geheilten, «eil rings um sie her viel kleinere und
zerbrochene Säulen oder Pfeiler zu sehen waren. Ks ist
aber doch gewisi keine andere, als die sogenannte Pom-
pejussaulc."
xhilaioi' »oü fttixttvijftatoi bei
!nd Beides!
haft: vielleicht Ge und Okcanos oder dergleichen Figu-
ren, als stützende Figuren unter dem Abacus eines ko-
rinthischen Capitäls, wie man an römischen Capitälen
Victoricn und dergl. findet." Doxopater und der unbe-
kannte Scholiast (p. 531 und 656) erklären es wieder
durch rioauQa OTOtxtia. Der letztere sagt namentlich:
eixoq de y.ui riov OTotx^'Uiv iiKfciasi^ xai eiduiXa 7/}?,
dtpog, nvQoq, vSaroi' xavxa yaQ xd övxa ev ratg
y.£(pa.}dai kska^evadai.
1 9) "JS (tDxai xaxaaxEvaOfxa Sti] qij ftsvov
TiQu^ iii>'Ka(;, uaai xoiq Tväkai ^sotg ovoud-
foi^ra/] Diess Gebäude war hiernach ein Pantheon.
Vergl. Schol. p. 656. ätJiOfievo^ 6 d^idfAui i/f tujv
nakai dsujv — — Kaxu xon dQii^fxov youv cy.ei-
vai ai ni'kac tou ie^ou xov kv xij dxQOTiöXei dl
dijf-uoi'Qytjvxai' xai ixuaxi] aiJxujv xi/i övofiaxi
kxh.h]xo TOU &£ov , 0} negi xi)v dQXrjv dfptoaiutxo.
Kefer (S. 19) hält diess Pantheon für das, welches Se-
verus erbaut hat (vergl. Chron. Pasch, p. 497. cd. Dinil.
Eutych. Annal. I. p. 372) ; aber er irrt darin , dass er
dasselbe nach dem Gymnasium versetzt, welches Severus
gleichfalls in Alexandrien anlegen liess. Anders denkt
hierüber Otfr. Müller. „Jenes Gebäude", sagt er, halte
ich für das Tychäon, das bei Libanius (T. IV. p. 1113.
ed. Reiske ) und Nicolaus (Progymn. T. I. p. 40S. ed.
Walz) beschrieben wird ; das offenbar auch nach der
Burg von Alexandria gehört. Die Thürcn, die nach dem
ßlovöwiu xifievoi führen, sind die nach dem Museion
hingekehrten. *) In diesem Tychäon standen die 12 Göt-
ter, üi TluKai \isoi bei dem sogenannten Aphthonius,
zuerst Ptolemaus Sotcr (wahrscheinlich hatte Philadelphus
ihn unter den 12 Göttern aufstellen lassen). Mitten die
Tyche , von welcher die Erde bekränzt wurde , die wie-
der den siegreichen Alexander bekränzte. Auch waren
Bronzestatuen der späteren Ptolcmäer hineingereiht (Ni-
col. p. 409. 2.5.); sind diess nicht die Erbauer der Akro-
polis bei Aphthonius?" So scharfsinnig und interessant
diese Bemerkung ist, so stehe ich doch an, dieselbe als
wahr aufzunehmen , eben weil das Tychäum neben dem
Museum gewesen ist und sich das letztere odcubar nicht
im Räume der Aula befunden hat. Auch wird jener
xifiSDOsf >\aa Tvxarop , von Nikolaus ausdrücklich ev
ueOo) Tlj^ nokeojg versetzt.
20) Kai xgi}vtj] Also auch in dieser Aula war,
wie in andern Häusern der Alten , ein Brunnen.
21) y^s xojv n.£ lotax Qux löviv.} Schol. p. 656-
Ol ritia/oxQaxiöai, 01 eioiv oi ex Ileiaiox^äxoy x6
yivog ekxovxs^, itijyijv i8()vaavxo ^epuuv^ i<diij(j
dvieiaav xai ötetöei xäVui y.ai fi£ye&et ö/dcfOQop,
Doxopater p. 531 sq, ne(ji de r;;s ^«^j; '.^dijvei'ojp
y.pijvi;'; kiyei 6 Ouvxvöiötj'; (II, 1.5), üxt xu uei>
TtQuixov cpavepojv xuiv nijyoiv avnjg uvodiv Ka-
kipöoi] ujvoi^ä^sxo voxegov öe 'EvvtäxQoiwoi;^ rcüv
TVQavvujv oöxuj xaxaoxsvaoavxMV xai xa vvv 6t
KaXki(Jö6rj övoiidQeiai.
*) Es beisst nämlicb bei Wah a. a. O. p. 409. xai xaTu
fi^aoi' ai niiXui nuon tiÜv Movoöii' üyovaui, tifitroq. Eine
tVir die Localitat des Museums nicht uninteressante, bi»
jetzt ganz übersehene Slellel
389
390
22) Kai to i}avkta — ÜQ/Sfiou.] Doxopat.
pag. 532. Kat TU 9avfJ.a tovto , cpt]Oi, xaru x6
anevao^a ;; dx^oTtoXig Keyö^evov, oti i-iu ötxa y.ai
Svo ßaoikiiov sze'keaiovQyijdt], dneOTSiraf ämOTOv
yuQ TO TtQoq, ivoi (aÖvov TekeotovQyi'av öujöexa fioXiq
i^apxeaai ßaaiksii;. Hiermit stimmt überein Strab. XVII,
1. §. 46. (T. VI, p. 599)^ Tujv ßaoiXeujv exuorog,
<oiZ£Q Toi<; xoivoii dvadij/.iaai n^ogecftkayctkct Ttva
xöofiov ovTui xal oixi]atv löia ne^isßälXExo ngui
Taig vnagxovaaii x. r. A. (die Rede ist vom Konigl.
Palaste TOlQ, ßaoikiioii;) und Diodor. Sicul. XVII, 52.
Ov fiövov 6 '^Ai^avöfjuq dkku xal oi (xet avTuv
ßaaikevaapTEQ AiyvnTov ^lexgt tov xa&' j'j/jdi ßiov
OY£Ödv ditavxec, noXvTekeoi xaTaaxevali Tjvttjaav aihu
xa ßaoikeia. Ist diess nicht wieder ein sprechender
Beweis von der Glaubwürdigkeit dos Aphthonius?
23) KuTlovTi ] nämlich doch wohl auf der dem
ßingange entgegengesetzten oder wenigstens abgewandten
Seite.
24) Trj f^iEV of.iakdii X. t. A..] Diese Worte klärt
sehr ffut der Scholiast auf a. a. O. Tovto 8e tiuEiv
pOVf.ETai , Otl Tu} XUTtOVTl TIJ^ aXpOTTOKSOX; TTJ fAtV
katcl TVj[ov öfiakug 8ia8t%ETat ^rwgog xai eoixoji
axadio) xal ovtuj, xakov/jEvo^' t^ öe ÖEtta ete^o^
8trjQi]iiEvo<; f^ihv Jtpog ö/^ioia, ijttujv Se riß psysitEi.
Das Stadium in Alexandria kommt auch bei Pol^biu3
vor als im Brncbium gelegen, und so gibt des Aplifho-
uius Beschreibung in jeder Beziehung nicht geringe
Winke zur besseren Bestimmung der Localität der Burg
und ihrer Theile.
25) Fragt man, wann Aphthonius gelebt haben konnte 1
so antwortet meines Eraclitcns am vernünftigsten Silvester
de Sacy zu Abdollatif. p. 236. Ce passage (er meint
die Stelle in jener Beschreibung der Burg von Alexan-
dria) — — prouve , ce me semble qu'il ecrivoit apres
l'abolition du paganisme: ol ÖE TOl's TVdkai Tlf-idv
löovfXEVOi dEovg. II dit encore un peu plus bas: tö^v-
Tai xaTanxEiaof-ta 8iT]pi]f.iEvov tiqoi; yrükaq, öaai
TOti; näkai i)Eoi<; övo/^iä^ovrai. Mämlich diese Stel-
len bezeugen, dass die Götter jetzt nicht mehr dort ver-
ehrt wurden. Nun geschah aber die gänzliche Abschaf-
fung dos Heidenthums im oströmischen Reiche und na-
mentlich im entlegenen Aegypten unter Kaiser Theodosius
ilem Grossen (•}• 395) ; folglich kann Aphthonius nur nach
dieser Zeit, etwa zu Anfang des 5. Jahrhunderts gelebt
haben. Vergl. Kefer a. a. O. S. 13, Not. hh. n. S. 14 f.
Ffir diese Zeit ist also Aphthonius ein höchst wichtiges
Zeugniss für das damalige Bestehen der alexandrini-
schen Bibliothek, und ilin so ganz vernachlässigt zu
haben, ist ein wesentlicher Mangel der Parthej 'sehen
Schrift,
Brandenburg.
Hefter.
Socrates nach dem Grade seiner Schuld zum Schutz
gegen neuere Verunglimpfung. Von Dr. Theodor
Heinsius, ordentlichem Professor am Berlinischen
Gymnasium zum grauen Kloster u. s. w. Leipzig
bei Kollmann 1839. 64 S. 8.
Der politische und religiöse Reactions - Fanatismus
unserer Tage hat sich das klassische Alterthum in mehr-
facher Beziehung zum vorzüglichen Gegenstande seiner
giftigen Angriffe ausgewählt. Man will die Studien der
alten Litteratur aus den Gelchrtenschulen wo möglich
verdrängen, oder sie doch entkräften; man greift die
edelsten und reinsten Charaktere des klassischen Alter-
thums an, überhäuft sie mit einer Blasse der schwersten
Beschuldigungen, oder sucht doch wenigstens durch pha-
risäische Bekrittelung ihre bisherige Geltung zu scwächen.
Eine solche traurige Erscheinung ist uns in den letzten
Zeiten in den Angriffen gegen Socrates entgegengetreten ;
„denn in der heidnischen Welt steht Keiner so hoch,
wie er, an Einsicht und SeelcngrOsse. Keiner kommt
ihm gleich an Selbstbeherrschung, freiwilliger Entsagung
und Demuth , Keiner an Ergebung und Ruhe in der
Sterbestunde."-
Vorliegende Schrift des Hrn. Professor Heinsius hat
nun den edlen Zweck , in der Brust tüchtiger Jünglinge
den von Geschlecht zu Geschlecht fortgeerbten Glauben
an die sittliche Reinheit des griechischen Weisen uner-
schüttert zu erhalten und die alte ungetrübte Achtung
zu bewahren. Er bezeichnet desshalb seine Aufgabe
ilaliin, zu zeigen, was den nun eigentlich von diesem
berühmten Weisen des Alterthums mit Grunde zu halten
SCI, und welches Ergebniss aus den darüber geführten
Untersuchungen als feststehend für die Geschichte sich
ableiten lasse. Die Schrift selbst, der wir von ganzem
Herzen beistimmen, xerfällt in /w/i/" Abschnitte :
1) Menschlicher und bürgerlicher Charakter des So-
crates ;
2) Socrates als Weiser und Lehrer;
3) Stellung desselben zu seinen Mitbürgern;
4) Anklage und Beurtheilung seiner Gegner;
5) Ende des Processes und Resultate der ganzen Un-
tersuchung.
Die in 1. 2. und 3. gewonnenen Ansichten und Re-
sultate kehren vereinigt in 4. wieder, offenbar dem wich-
tigsten Abschnitte der ganzen Schrift, auf welchen wir
desshalb füglich, ganz besonders unsern Blick wenden
müssen.
Socrates fiel als Märtyrer der Wahrheit, und wir
können ihn ohne Bedenken als einen der Vorläufer
Christi ansehen, der bestimmt war, wenigstens die
Gelehrten auf ihn vorzubereiten: durch sein Leben und
seinen Tod ward für uns Alle ein Reich der Gedanken '
gestiftet, in welchem wir uns mit Wahrheit und Dcmulh
bewegen sollen. Die Vorsehung hat den gewaltthätigcn
Untergang seines Individuums gewollt, damit das Prinrip
desto entschiedener durchdringe. Daraus folgt aber kei-
neswegs, dass man der Gesinnung und Handlungsweise
der Athener, durch deren Gesetze und Gericht er fiel
das Wort reden darf.
391
392
Die Klage gegen ihn war eine doppcHc :
1) Läu^nung der S<aa<sgö«er AtLcn's und Einführung
neuer CioOheiten ;
2) Verfiihrung der Jugend.
Auf Leide '\'erbrcchcn war durch die athenischen Ge-
setze der Tod gesetzt. >'on beiden ■\'crbrcchcn «ar aber,
man müsste denn vor Allem den l'crnuiiftgebrauch als
ettvas Verbrecherisches brandmarken uoHen, kein 3Iensch
entfernter, als Socrates.
Unter seinen Philosophemen findet sich kein einziges,
das die Staatsgötter ableugnet , und wir kennen keine
Aeuäscrung von ihm, die sie verspottet, während eben
die Athener solchen Unfug öIFcntlich in der Komödie zu
dulden und zu beklatschen pflegten. Im Gegenthcil ,
Socrates hatte den Göttern oft ror seiner Wohnung ge-
opfert , bei festlichen Gelegenheiten auf den öffentlichen
Altaren und vor Aller Augen, so dass diess Niemandem,
am wenigsten seinen Anklägern , unbekannt sein konnte.
Auch empfiehlt er beim Piaton selbst, den Göttern zu
opfern. Kurz , überall zeigt sich bei ihm Anhänglichkeit
und Achtung für die Volksreligion und weise Mässigung.
Diese spricht sich auch in seinem Verlialten gegen die
3Ivthülogic der Griechen aus , injlem er zwar gegen an-
throuopatische Vorstellungen von den Göttern, wie es
die Vernunft verlangt, kämpfte, aber doch die alte
Mvthologic nicht umstossen, ja nicht einmal allegorisch
erklären wollte. Aber freilich war er der Lehrer einer
göttlichen Vernunft, die er als das höchste lebendige
Priucip und als Urheber der moralischen Gesetze für die
DIenschen betrachtete, wodurch er Religion und Moral
unzertrennlich vereinigte, während das blosse, rohe
Heidenthuni bei der Beobachtung des äusseren Cultng
stehen blieb , den Schein und die äussere Nebensache
für die Hauptsache nahm, die Moral und Moralität ver-
nachlässigte und gar häufig mit Füssen trat. Socrates
hat die Volksrcligiou nie angegriffen; sein Streben ging
nur dahin, sie zu veredeln und iiir eine für die Morali-
tät heilsame Richtung zu geben. Freilich ein Verbre-
chen in den Augen des bethörfcn, im Vernunftgebrauch
verkümmerten Heiden , ein Verbrechen in den Augen der
Finsterlinge und Pfaffen unserer Tage, da der selbstthä-
tige Gebrauch unserer A'^ernunft der gefährlichste Feind
des Reichs der Finstcrniss ist. Man kann also füglich
die Athener etiva bedauern und bemitleiden, dass sie in
der Kcnntniss ilcr höchsten AVahrheitcn so weit zufück
waren , nm den in .Socrates geöffneten schönsten Tempel
der Tugend und Wahrheit so blind und unvernünftig zu
zerstören (wie sie denn überhaupt gar viel höchst Unver-
nünftiges gethan haben); aber wir müssen nns fern hal-
ten von der schlüpfrigen Bahn ihrer in letzter Zeit so
sehr und so lielfadi vcrsucliten Entschuldigung. Schlüpfrig
aber ist ganz besonders die Bahn Jener, welche die Hand-
lung der Athener dadurch beschönigen, dass sie ihnen
das Bcwusstscin unterschieben, die Vernunftrichtung des
Socrates müsse dazu beitragen, „die vaterländische .Sitte,
V eiche für sie die Form der Sittlichkeit war, aufzu-
lösen." *) Denn Nichts ist sittlich , was nicht streng
vernünftig ist, und die wahre Sittlichkeit, die allein
Werth hat, bedarf keiner besondern positiven Form, am
wenigsten einer unverbrüchlichen. Solches Gerede führt
auch in unsern Tagen , wo man statt vernünftigen Chri-
stenthums positives Pfaffenthum eiuzuschwärzen sucht,
zu Finstcrniss und Geistessclaverei.
(Bcschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Freiburg. Nach der amtlichen Vcrüffontlichung. wie sie
in diesen Tagen geschehen-, studiien im laufenden Wintersemc-
stci- ou hiesiger Universität im Ganzen 346 Akademiker, von
welchen 282 dem Grossherzogthum Baden, 04 dem Auslande
angcliüren. Nach den Fachein ihrer Studien sind in dieser Ge-
sammtzalil 100 Theologen (16 Ausländer), 95 Jinisten (10 Aus-
länder) , 103 Mcdiciner (26 Ausländer), und 48 Studenten der
Philologie und Philosophie (12 Ausländer). Nachtlicilig auf die
Frequenz der Universität wirkt besonders die durch den Tod
des Geh. Hofratlis Dr. Beck entstandene Vakatur der chirur-
gischen Lehrstelle, deren glückliche Wiederbesetzung besonders
durch die Ablehnung des an ihn ergangenen sehr chrvollen
und vorthcilhaften Rufes von Seilen des Hofraths Textor zu
Würzburg gescheitert ist. Zum bevorstehenden Landtage hat
die Universität den Curator und Regierungsdircctor v. Reck
gewählt, indem derselbe von 27 Stimmen 16 erhielt: auf den
edlen Freiherrn Heinrich v. Wessenberg, ehemaligen Ver-
weser des Bisthums von Constanz, fielen 8 Stimmen, und zwar,
wie man vernimmt, gerade die der freisinnigsten Professoren.
Mmisterialrath Zell zu Karlsruhe, bei vier Landtagen Depulir-
ter , hat nur eine einzige Stimme erhalten,
Rastatt. Den 1. Februar verschied daliier, nach einc,r
Krankheit von sieben Wochen , der Professor der Philosophie
und alten Sprachen, Dr. Aloys Winnefeld, im 48. Jahre
seines Lebens. Die Anstalt verliert an diesem gründlichen Ge-
lehrten und wahren Ehrenmanne sehr viel. Ausser einigen ge-
diegenen Schulprogrammen hat der Verstorbene Nichts in Druck
gegeben, da ihn seine liebenswürdige Bescheidenheit und sein
reger Eifer für das Lehramt in Entfaltung grösserer schriftstel-
lerischer Thäligkeit hemmte. Seit zwei Jahren bekleidete er
zugleich neben seinem ordentlichen Lehramte, die Stelle eines
Mitdircctors des Lyccums,, und schon seit 6 Jahren die eines
Inspectors der höheren Töchterschule dahier. Friede seiner
Asche!
Mühlhansen. Dem Jahresberichte über das hiesige Gym-
nasium, womit der Director, Dr. Christian Wilb. Haun zu
den Prüfungen am 21. 22. 23. März einlud, ist eine mathema-
tische Abhandlung von dem Subconrector Jul. Alb. Hartrodt
«Versuch einer elementaren Darstellung der Theorie des Gröss-
ten und Kleinsten" angefügt. Das Gymnasium zählt gegenwär-
tig 102 Schüler.
Leipzig. Den Lebensbeschreibungen der im Jahre 1838
bis 1839 creirten Doctorcn der Philosophie ist vom Prof. und
Conithur Dr. Hermann eine Abhandlung de Hippodrome
Olyiiipico (16 S. 4.) vorausgeschickt worden.
*) Auf dieser Bahn wandelt lleri A — Sl in der Zeitschrift
für die Altcrthumswissenschaf't , 1637. Utes Heft. Seite
1104 srpi.
Zeitschrift
für die
AI t er tli ums Wissenschaft.
Freitag, 26. yipril
18 39.
Nr. 50.
Socrafes nach dem Grade seiner Schuld zum Scliufz
<jco;eii neuere Vcruiigliinpfnng'. Von Dr. Theodor
Heinsius, ordentlichem Professor am Berlinischen
Gymnasium zum grauen Kloster u. s. w.
(Beschluss, )
So «cnig als an Socrates selbst der ^'crnunftgebrauch
Tadel verdiente, oder als Verbrechen hafte erklärt «er-
den sollen, ebenso durfte ihm daraus kein Verbrechen
gemacht »verden, dass er Andere zu domselbeu Vernuiift-
gebranclio hinzuleiten suchte; d. h. mit aii<lcrn Worten:
auch der zweite Anklagepunkt , f erfiihru/ig der Jugend,
ist falsch. Dieses vorgebliche Verderben ilcr Jugend ivar
nämlich nichts Anderes, als die Entwickelung derselben
zum Vernunftgebrauch , indem er die philosophische Ent-
wickelung «Ics gesammten Geistes als die wahre Vollen-
dung und das höchste Ziel menschlicher Bildung ansah.
Diese gedachte er als fleilmitfcl gegen die Gebrechen
der Zeit (in welcher die der Demokratie so nüthige Tu-
gend von den Athenern grossentheils gewichen war) zu
gebrauchen, während seine bcthorten Gegner die vorge-
schrittene Zeit auf den früheren Stand mit Gewalt zu-
rückzwingcn wollten. Ganz ungegründet und vom Staud-
punkt des freien menschlichen Geistes wahrhaft schmäh-
lich ist <lesslialb folgende hierher bezügliche Bemerkung
lies Hrn. ,7 — S2 '■ „Eine Lehre, welche die allgemeine
menschliche Tugend und Sittlichkeit auf das Wissen und
klare Erkennen ( (f(>6li^a/i) , als auf die wesentlichste
und nncrlässliche Bedingung gründete, welche dadurch,
sowie durch eine unermüdliche Dialektik Alles zu unter-
suchen, zu analysircn trachtete, und dieses als Aufgabe
für jeden .'Menschen liinstellte , musste bei solchen Jün-
gern, die nicht dieselbe hohe und zarte Sittlichkeit wie
Socrates, nicht sein Maass und seinen Takt, kurz seinen
Geist hatten, zu einer einseitigen Verstandesrichtung, zu
einer zudringlichen Kritik der Personen und Verhältnisse,
»venu auch ganz gegen den Willen des Meisters, führen."
Diese saubere Expecforation einer leicht zu beschämen-
den Sophistik verdient es, auf unsere Zeiten angewendet,
mit folgender ganz ähnlichen des nämlichen oder doch
eines gleichgesinnten Illuminaten zusammengestellt zu
werden: ,,AVonigstens ist es für den moralischen Zustand
der meisten einzelnen Menschen, sowie für die Gesell-
schaft im .4llgemeinen, gewiss (gewiss?!) viel zuträglicher,
nach einer, wenn auch sogar unvollkommneren Religion
in den Schranken feststehender Sitte und unter der wolil-
thätigen Autorität durch Alter und ihren Gehalt ehrwür-
diger Vorstellungen, einlach zu lebcH und zu handeln,
als kritisch zu prüfen (wozu ohnehin doch nur Wenige
die nülhigen Vorbedingungen haben) und polemisch zu
streiten. Es zeigt sich darum auch von Seiten der /cti-
tlioliscken Kirche eine grosse gesetzgeberische Weisheit
und eine erleuchtete Theilnahmc für das Wohl der Mehr-
heit darin, dass sie zwar der geistigen Bewegung ein
weites Feld lässt (o ja!), dass sie aber ilabei mehr als
den Verstand der Einzelnen, welcher in freier Entwick-
lung trennt und auflöst , das vereinigende und erhaltende
Princip der Autorität und Sitte begünstigt." *)
So grundlos uns von dem Stanilpunkte der vernünfti-
gen Wahrheit beide Anklagen gegen Socrates erschienen
sind, ebenso erbärmlich zeigen sich uns seine Ankläger,
Sie stehen mit ihren Parteigenossen als verächtliche
Menschen da, «lie aus persönlichem Hasse und Sykophan-
fie als religiöse nnd politische Pharisäer zur Verfolgung
des Socrates angetrieben , oder höchstens als bethürte
Anhänger der historischen Unvernunft dazu bestimmt wur-
den. Einen Melitos , diesen erbärmlichen und ganz fla-
clien Menschen, oder einen Auylos verthcidigen wollen,
lieisst desshalb den Lobredner und Verfheidigcr einer
Zeit machen wollen, deren moralische Schwäche und
Verderbtheit auf allen Blättern der Geschichte zu lesca
ist, heisst also die JFaltrIieit selbst verlelzeii- Auch
iliess sei für Hrn. A — ii gesagt, der, leider ausser
Stand, <len Am tos ganz zu vcrtheidigen , an ihm und
seinem säubern Treiben wenigstens den Mann von Grund-
sätzen herauszuzaubern sucht. Macte rirtute tua!
Baumstark.
De Xenophonlis HeMen. lib. I. et IL
auimadversiones.
Hell. I, 1, 4. Codices <juum «aepius varienf verbornnj
collocafioue, fortasse restant ejusmodi vitia ttiam ubi con-
sentiunt. Sic hie scribendnm videtur : ßli'vdafJOQ di,
iv Tf.iv) &VUJP T7J 'Adi]iia. , xaiiövjv ti)v ^üx'jV,
ifjOtj&et etc. Aptius enim ad sensnm: ,,Mindarus, <jui
ad Ilium Sacra Minervat faciebat, ubi pugnam conspexit.
*) Briefwechsel zweier prolestantischcr Geistlichen bei dem
L'eberditt des Einen zur katholischen Kirche. Freibuig
1836. S. 4.
395
396
a«l marc fi-sfinabat" , cjiiam „Miiidarns , qiii roiispoxit
pu^iiain , dam saira faiit IMiiieriae, fcsdiiabat ad iiiaro."
I, 1, ö i^ iojitlvuL' siisiicctuiu mihi est. Dorieus
enim, qiiiiin äua riisoa (I, 1, 2) llpllcspoiitiim iiigres-
SMS esse dicatiir, fieri »ix pii<nit, ut (juod aliquaiiio jiosf,
certe pliiribiis lioris iii<erji'ctis, e Xriiopliontis iiariatioiic
iiifer omiies Atliciiieiisiiim et Laccdaenioiiioniiu iiaraics
copias iiiituni esse proeliiim fertur, a matiitinu tempore
incipcrct. Etiam Plutaiclius Ale. '1~ : ÜX9' öeihjs
dyujii ueyciko} OVVU'XOVtO , omissa matatini temporis
notatione.
I, 1, 9 ^l:Vici y.al 8(J)oU, qiiae verba jiiro defcndit F. A.
Wolfius, apiid Pliitarchnm quiiqnc sunt Ale. 27. — Apud
Dindoniin XIII, 4G verba ü yao 0u^väßaC,oi fioi-
höiifvo^ ro/'s Ao.Y.sdaitioi'ioii vTtko oiv evty.dl.ovv
ÜTro/.o'/i/adai , ßiaioieoov 8tijyo)v'tC£TO TfQu^ rovq
'Adrvaiijv^' dfia 8e y.cd Tieot zojv f/s 0oivi'y.};v d.rco-
aTUKstoojv vevjv Toicty.oaiojv eöidaiev etc. mauifestiim
errorem produiit, quod de Pharnabazo dieia sunt qiiae ad
Tissapherneni pertiiieiit, explicaiida fortasse illa e laciina,
qua iiitcrierint , qiiac de Tissaplierne in llellespnntiim
profeeto (radita fuerint, qiiamquani de capto ctiam Alci-
Liade ex iis, qiiac mox legnntiir (XIII, 49 iiETSTtlfJ.-
iL'avTO Sl y.ai xov '.-Iky.ißiädijv iy. Aiaßov /n!} ujv
£(/£ vScSv) nihil tradidisse Diodorum credibile est.
I, 1» 14. exeidlj V}oniouvxo „cum ingressi csseui
portuiu Parii," Ita Schneider. Sed cur Parii? Immo
Proconnesi , in quam jrj "XooTSQCtic/. venerant, et ubi
Tuvxr^v ri'v i'-f^eoav manserant.
I, 1, 15. rd Ti/.oia TTÜvra y.ai xd m/.nö.. Sclinci-
derus y.ai deleiuni vult, quia Phitarchus nunnisi t«
/.eriTU 71/. die. coHimemoret. Reclius auteni, si tarnen
tulleuda hace dissensiu est, apud Phitarchuni scripscris
y.c'.i rd LeTtra nkoia.
r, 1, 16 sq. Iii descripfioue proelii ad Cvzicuni quam
Schneidcrns lacunam statuit , nulla esse videtur. Plutar-
(liHS et Diodiirns quod uberius illud exposuerunt, CO
tantum aliquiil efliccrefur, si ronspirarcnt cum Xcno-
phouto in reliquis. iSed quum in aliis quoque locis, ubi
ropiosior est Xenopliontis narratio, magna sit divursi-
tas , ueque lides üiodori ea sit, ut continuo pdssit ex eo
Xenophon corrigi, nihil videtur ex illa vcl Diodori vel
Plutarchi ubcrtato colligl posse , nnilc Xenopliontis in
supicioncm breiitas trahatur. Verba dTCtlt.ruuivaq V7l'
ui'XOi' , modo ita legantur, neque quod Schneiderus et
Dindorfius posuerunt d:i (>.txov, codicc tantum E,
pessimo nmnium, defensum, signiflcaut naves ab AIcibiade,
non a portu , interclusas fuisse; quae vero sequuiitur
7t/.iiuii XC 7lo}.}.(jj ij TtnöxCoov conimodani explicatio-
nem inveniunt in aacto Atlienicnsiuni naviuni post Alci-
biadis , Thrasvbuli ac Theramenis adventuni numero. Ne-
que cur naies omnes Alcibiadcs apud se in Procooneso
continuerit, alia a Xcnophonte caussa aircrtur, nisi iie
<iuis navium Atheniensium mullitudintm nuntiaret Lacc-
dacmoniis (oTw; l'r^ii; iiuyyiit.T] xtiii nol.iitioii; xu
Tc'/.t^i^oq TÜiv itüjv I, 1, 15). Quid quod Diodorus
quoque XIII, 49 Athenicnses Iradit vv/.xo^ xi]v xojv
Äßiri^vüjv nÜKiy ^TCaouTtt.ti'ouL 7tQU<; tu fii] y.axa-
vor/9iivut TU TiKijdoi tujv veujv iino tujv rtoke-
f.iiujv'i
I, f, 22- Suspecfa liaud injuria Koeppcnius habuisse
videtur verba y.ai xijv ösy.axr^v e^i/.iyovxo tujv iy.
xov Ilin'XOV Tlt.oiiuv. Primum enim Chrysopolim qiii
ceperant nou ita diu ronimorati ibi sunt, ut ipsi videan-
tnr portoria exegisse, undc Diodorus quoque dicit XIII,
G4 : xol'i S' ixi xovxujv y.axanxai^iiGi noo^^ixa^av
ösy.ÜTl'V TToaTxeadat , deindc snperllua illa verba vi-
dentiir propter Sty.axevxi'^Qluv , quod antecedit, et tiov
ey.TlXeÖvxcJV TlhoiojV, quod sequitur, deniquo etikeyov,
quod in plurimis est et optimis codicibus, neque correcfum in
S^eXiyovxo nisi in eod. A, emendatoris cujusilam manum
inprimis experto , librarii magis quam Xenopliontis esse
videtur.
I, 1, 31- KaxijyoQi'^öa.q 8i Tioaccfcovov^ iv Aa-
y.t8aiiiovi'Eoiio/.oait]C, i^iaQTVQoi'vxo^y.vi'AaTvü'/^uv,
y.ai do'^rtj xd üvxa Ktyeiv, dcpiy.uficvoi TCaod. (Jiao-
väßaCuv, 'CQtv at'xijdai ;i;o;y««ra kaßuh', Tra^cayevd-
Cexo Tpös Tj}v £5 ^vQay.oi'oag y.ä9o8ov ^ivoi'^ xe
y.ai xQnjoeig. Ev xovxo» 8e ly/.ov oi 8id8o-/oi xviv
Svoay.dvaiuiv egß/ikijxop, y.ai Ttaoikafjov xuc; lar^
y.ai XU ax()nxei<nu. Vix explicabilem hie locus dilTicul-
tatem objicit. Tissapliernem enim quod aceusavisse dici-
tur Ilermocrates Lacedacmone , integro fere anno e Thu-
cvdide (^'III, 85) constat ante factum esse. Quo si cau-
sam explicari dieat, qua Pharnabazi ille sibi gratiam
conciliaverit, longius hacc petita cxplicatio fuerit , quuni
et plures et graviores caussas ex ipsius Xenopliontis de
liis rebus narratione cogitarc liceat, quibus gratiam istani
inierit, quam illa fuit inter utrumque satrapam iniinicitia,
cujus in prioribus his libris nc mentio quidem ulla 3
Xenophontc facta est. Supposititia igitur censemus haec
verba habenila et adscripta csso ab eo, qui Herinocratem
c Thueydide nosset Tissaphernis apud Lacedaeinonios
accusatorem exstitisse, et causam inde inveiiire sibi vi-
derctur, qua Pharnabazus, quippc infestus illi , tam be-
nigne cum cxccpissct. Sunt vero etiam in reliquis, in
quibus jure uirendamus. Juraveraiit enim, quum demit-
tcbantur duces Svracusani, plerique tricrarcharum, revcr-
sos sc in patriam rcvocandos etiam illos curatiiros esse.
Hoc ita iain nrgligitur , ut copias dicatur Ilermocrates
contraxisse , quibus iilum a civibus reilit?;m vi extorqucret.
Vere id euin fccissc, Diodorus doret uberius, a Xcno-
phonte autem, ut qui contraria antea narrasset, nonnisi
ita tradi poterat, ut quid eum movisset, adjicercfur. Ac-
cedit quod iv xovxiD 8k ly/.uv oi 8/a8oj(ut etc. , quau
verba referri non possunt nisi ad tempns illud, quo Her-
moerates, pccunia a Pharnacazo adjutus, coiiducebat nii-
lites, non congruunt superioribus illis 4,('i'/K<l' (sc. dutcs
S_>racasanorum) E(ui dcfry.iivro ui d.vx' i/.eivujv TxQU-
xryoi , nisi quis liic scribcndum existimat d.cfi/.oivxo ,
quo tollatur illa rppugnantia. Vel sie tarnen uiiruin fuerit,
quod Ulileti iiovi ilucrs copias suas assecuti esse dicuntur,
quo quemadniodum illac veneriiit, non traditiir. Potera«
autem hoc quoque recipi e Thucvdide (>III, 85), IMileti
Syracusanani classem tradifam esse refcrente. Sat pro-
babiles, puto, caussae , quibus Xcnoplionti liaec alijudi-
ccntur. — Aliam corruptae ccrtc Icctionis suspicioneni
mox facit (1,1, .30) «," ^i;OT(iv, quo ronfugisse naves
ab Agido rege missae dicuntur, confugcre autem non
potcraut, quuui ab Athcnicnsibua illa civitas tencrctur.
397
398
I, 1, 30. wj' yao iyiyvvxr/.e loic, iTruf/.caTnToi't;
tuiv TQ(ljodgj(ü)V <luLi<o nnm dcfeiidi possit ai<rai:tinnis
legibus, Rclatiiuni ciiim rcferciiiliim est nun ad tujv
Tonjodoxcn., sod ad toi-? iTtuiy.sarÜTOvq. Undo srri-
bendum videtiir ov^f et omittcndus fortassse articulus
an(c eitcety.EoräTovi;.
I, 2, 1- löq uua -Aal irskTaaraTi eaofiEvoig. Hacc
Tcrba (juiiiii frustra cniondarc siiidiiisscnt viri docti , vcl
nekTitardi eao/ncfoi'i scrlLentcs »el XQ^Taünnvu^ pro
inauli'Ols f""! 3Ioro Sclincideriis snspccta habetis, unciä
iiu'lusif. Reinoiit Dindorfius , safis autein non esse vide-
tiir, iit datii'iiin rccte statiiaiiius hie positum esse (v. Mat-
iliiae Gr. p. 1122). INaiitas eniin, qiios peltastas Thrasjllus
fecisset, iiieptiini est, iteniin peltastas diri fiitiiros esse.
I, 2, 18. Praeter ca , qiiae Zeiiiiiiis et Selinciderus
atfiilenint, cumparandus est Tliiu-ydides VIII, 3: Agis
rex Lacedaeiiioinuriiin XQartöitsvoi dzi ritv Mr]Llu>q
y.öXnov OhaiiDv re y.atd rrjv iiaXaidv ex^gav lijg
keiaq xi]v TiuXki)v djcokaßujv y^Qijiiava i7CQd.i;aT0 ,
'/.cu 'Ay^aiovq tov^ <T>9tu)xai v.al rovi dkhtnq xovq,
zavTT] OeooaXiiiv vTTjV.ouvq, ftej^Kfoitevojv y.cd dy.öv-
X'jiv xuiv OeaaaXioi', ü/irjoovi xe xivaq rjvayy.anz
öovvrii y.cd ^aij/iaxa, y.at ytixs^Exo xovc, ü/jr^ooi'i
€•; Küotvdov f's T£ xijv ^vfiiiuj^inv enctouxo iiouc,-
ayetv. Hiiic enini intelligitiir, qiii factum sit, ut Acltaei,
ab Ägide soilicet ad inciindain cum Trachiiiiis societa-
tem coacti, Heracleenscs in bcllo ill» cum Oetacis de-
serercnt.
I» 2, 18. Coryphasium fere idem esse qnod Pvium
Messeniae , recte quidem Scbnciderus inonuit, landaus
Thucjd. IV, 3, Schul. Aristuph. Nub. 187 et Pausan.
IV, 36, »cd addi poterat Tluuyd. IV', 41 et explicari ,
quemadinodum occiipaveriiit Hel')tcs Maleani. Cvtherae
enim insulae Thucvdidcs VII, 26. narrat Athenienses
advorsum castellum exstruxissc in Laconia (evdci xo Icguv
Tov 'u'inükiaovoq iaxiv, ixeriioav lO^iididi'q xi %ui-
Qtov , 'Iva öl) Ol xe E'ikoiei; xolv y(ay.eöa//uovi(ov
avxüoE (ii'xufiokvlai, y.at djia Xrjoxai it; avxov t/jj-
7TEQ tx xfji Ui/kov d.gnayijv rtuiuivxai. Jam quum
alio loco Tliucydides (IV, 53) dicat: Kv9tjQa vijooq
eoxii/, irciy.eixat de xrj Aav.uivr/.rj y.axd Bla}Jav,
Pansanias antcm Apulliiiis teinpluin niemoret, non procul
ab illo prumoiiiorio situm (III, 23, 2), dubium non est,
Helotes per aliquud tenipus 31aleara teuuisse , unde ex-
pulsi Pyluin petifissc riilentur.
I, 3, 8. ut Se Konto! oxQUxijyoi OvvEy^u'ioijoav
TtQOi fJ^aoidijaZuv vtieq JCah/.i^ödvoi. D'' Chalreilo-
niis igitur cum Pharnabaza pacti esse Athenieusiiiui dii-
ces dicuntur. Seil quae mux refcruutnr , non ad Chal-
cedonios pertinent, quorum caussa Phariiabaziis nee vigiiiti
talenta dedissct, nee Icgatos Atheniensium ad regem de-
duxisset, quae vero de Chalredoniis decernnntur (i'tTo-
TEXeif xov Cfögov Xaky.ijdovlov; 'A9tjvaioiq etc) ver-
bis introdiiciiiitur yai opzoDs iSorSav y.at ckußov naod
0agpa/juCot<, unde verba illa vtiIq JCakyiöui>oc; nequc
necessaria nequo suo loro pusita iicc nisi per iiiterpola-
iionem in contextuin venissc videntur. Dcfeiidendiim
contra pnto Aaf.yi^doviotg, quod Schneiderus in (JhtgLic-
ßa^U) muiandum ceiisnit. Qui quod iiiprimis uiiratur ,
Chalcedonios , qui tributarii iterum Atheniensium facti
sint, promittere, hos se non laesuros hello esse, quam-
quam coiifirinari videtur loco mox sequente (II 2 1.)
ubi praesidio Atlieiiienses Chalcedunem teiiuisse dicuntur
urbs noii cdutinuo tradita est, in qua Phariiai)azu3 ali-
quaniulum adhuc moratus fuedusque juiixissc cum Alci-
biade dicatur. Chaiccdon enim inter eas civitates rcfe-
renda videtur, qiiarum et Persao et Atheiiienses sibi im-
pcrium vindicareiit , ita ut ad teinpug quidem statiiercfur
tributuin rursus Athenieusibus solvcnduni esse, at rex
tamen simnl percuntaiidns videretur, niim in posterum
etiam Athenieiisibus eam relicturus esset. Irrito demnm
legationis successu Chalcedonem hi copiig suis occupasse
videntur.
I» 3» 13. Hie quoquc locus in interpulationis suspi-
cionem trahendiis videtur. Nam nee missi videntur a
Lacedaemoniis legati , qiuim alii jam apud regem Per-
sarnm cssent , quibus niox obviam facti sunt Athenienses
(I) 4, 2.), nee niitti unquam potueruni qui nominantur
Pasippidas , Hermocrates Syracusanus atqoe Proxenus.
Pasippidas enim, classi Lacedacmoniorum pust Aliudarum
praefcctns (I, 1, 32. cf. I, 3, 17.), exsilio multatus erat,
Hermocrates autem Syracusanus pcriisse dicitur a Diodoro
(XIII, 75), quum reditumsuum inpatriam urbem moliretnr.
Seil tttetPasippidaindicas exsilio jam revocaium esse,IIermo-
cratem vero et Proxenum fratrein non Syrani-ianos intel-
ligi scd Laccdaenioiiios, nullo tamen modo defendi possit
7]dtj <fEL'yu)v ix ^i'gay.ovaüjv.
I. 4, 7. 'HQUs xo dkko öxQaxÜTteSov non explicari
potest, nisi si statuatnr, illos legatos et ipsos ex Athe-
niensium antea exercitu vcl castris profectos esse. Seil
scribendum fortassc est TtQoq xo 'Adl]vaiuiv OXoaxö-
nsöav.
I, 4, 13. y.at fiovo^ ÜTTijyyEkd-t^ , cüg ov Siy.aitoq
(fi'iyot. Ferri non posse dwijyyEk^T] jam ab aliis intel-
Icctum est. Quud autem a Stephano excogitatum rece-
perunt Schneiderus et Dindorfius dnskoyi'j^ij , magna
et ipsum difTicultate laborat, quod caussam AIcibiades
nonilum dixit, scd dicturus demum est, id quod I, 4, 20.
(raditur. Unde deleto hoc verbo scribendus sie esse lo-
cus videtur: kiyovxEq oi /dp, oxi ujg y.gdxtaxog Eni,
Y.ai ov diy.aiujq (fivyoi, ETltßovktväEiq Se etc. Ail
i7rißoi'kEl'9ciq antem snbaadiendum est (fivyoi, non eir,
quod Schneidero placuit , ita ut anteceilcnti ov diy.aiojq
respondeat. — Pro aTTO xov xfjq Ttoktojg dvvaxov,
quod recte negarunt dici potiiisse, Weiskius proposuit
drro xiöv xijq TrökEaig ix xov dvvaxov , Schneiderus
d.TVu xijq 7iokEüjq i^VVUXOV. Intelligi enim hie vnit
uvxoq, ita ut sensus sit „quum et suis et reipublicae
npibns valcret." Quod quamquam eo comniendatur , quoil
Tf , quod in codicibus est post xo , jam habet, qno rc-
feratnr, tamen et omissio partiripii ovxoq oflensioni est,
et quod jam antea adversarii Alcibiailis dilti snut minus
illo valnisse. Scribendum igitur videtur «Tu xdjv xijq
TTokEvjg w; dvvaxov, quae facilior certe Weiskiana
eniendafio est. Nee obstarc puto, qnod o'jq övvaxuv
veteres grammatici Ilellenum, vjq oiov XE Atticorum esse
perhibent.
I, 5, 5. ctvai di: y.ai xug avv9))y.aq etc. Cogitan-
dum videtur de iis, quae Lacedaemonioruni qui nuper ege-
rant cum rege, pacti erant (I, 4, 2.)« Tissaphernes enim
399
400
«Irachmam promiserat. Cujus in <er(io focilere cum La-
cedacmüniis icto (Tliucvd. VIH, 5S.) liaec sunt: Tfjoqijv
dl ini; vaval rai; ' viv naouvoaig Tioocufcovtjv
nc.oFXitv y.aia rd EtyyMiicva,et Tliucyil. VllI, 29:
urvoi neu Tpo(fi;v, uiarieo i-xlarii ev Aa/.EÖaiuuvi,
{• doavurv 'AiTi/.rv- Lejatus, quem Tissapherues di-
citur a ThucTilide Hin, 5.) Lacedaemonem misisse,
scilicet vnioxvfi^o TQOCfrv 7iuoti:£iv.
15 9. ferri possct quod recepcrunt Morns et Schnei-
diTUS ui§ev€Z, nis' aliam lectionem monstrareut Codices.
Itaquc vel AVolfii ^il^öevf; Ttvl:; verum videtur, vel quod
nraestat fortasse pro|)<pr lectionem cod. D. ^ijÖe tl TiVEi:
fii;Ö£ve; uirtusi. Mattlrae Gr. p. 906-
I, 5, 19- Tuv öl doyovxa avxutv /iuyoila, uvra
uli> 'Pödiuv, ncUML Öh (fvyuöa ii 'A9i;vcüu xai
Pudor i'rro 'Adrvaiuyv , y.aTtil'ijffioaLUvujv avTOv
ddvaiov Y.al jüiv i/.dvov ovyytvdjv , noUTSvovxa
nuu ai'TOii, ü.sijoavre; dtfff/.u.v. In bis primuni
mihi suspectnm est it \19i;vvjl/. >'am ut amplum iiipri-
iiiis et niaguum Dorici per Graeciam nomcn fuerit , iion
piito taineu cum ab Atlieuicnsibus ciiitate donatum nedum
ipsis Atiicnis versatum esse, qui propter generis iiobilita-
tem ab iuilio iis adversarius exstitisse videatur (Boeckh.
Expl. Find. p. 166)- Caussa iiiterpoiatiouis quacrendam
puto in seq. v:[o 'A^ijvuiujV. Similis corrupfclae argui
»idcntur verba Tlol.tziuovza TCao' avTOii. Quae qiium
refcrri nou possint nisl ad Thuriorum civitatcm, et lon-
gius famen absuut ab illa , quae antecessit, Thuriorum
commemor,itione et minus accurate conjuncta cum reliqnis.
Ad Thurios enim ita tantum referri possunt, ut cum
Tlä/Mt dl (fv'/döa copulentur, verba ig'itur 71 u/Ml de
(fV'/dSa — noI.lxEVüVTC TIUo vatui^ antecedentibus
ÖVTOL ULV 'PoÖLiJV respondeant. Fieri aulem hoc vis
posse vii'etnr, quum iiouuisi Tiat.o.l dt (fvya.da, ad quod
subaudiendum est övra, quod antca lej^itur, isti övia
ulv Püdiov rcspondere possit. IluklxeiüOVTa TIUQ
avxoii igitur ouiui nexu dcstituta sunt et addita videntur,
ut Diirieus cur Thuriorum iiaiibns praefuisset, explirare-
tur. Fuit autem victor adeo in ludis Olympicis JDorieus
Tliurius renunciatus (Pausaii. VI, 7, 2.) cjusque quam
luculenta fama fuerit, Pansanias 1. I. dorcf, qui de murte
Dorici quae tradit , Aadrotionem Atthidis striptorem
testcm facit.
1, 5, 16' Pro AtuiV non dubito cum Schneidere
Avoiag ex 1, (j, 30. et l, 7, 2. acDiudoro, quamquam
i» AvOUviai habet, reponcndum esse, eademijue mos
(I, 6? 160 «criptura servanda esset, nisi Archestrafi
requiri nomen et proelii ad Arginusas, cui non iiiterfuit
«olu» cum Conone Arrhestralus, dcscriptio et Lvsiae
oratoris (XXI, 8- Bckk.) locus, a -"\Ioro et Srhncidero
laudatus, argncrent. Defcndendum tarnen ex hoc ipäo
Lvsiae loro videtur Erasiuidis nomen. Karrat enim ora-
tor , triremis snae laudem praedicans, et Alribiadeni ea
usum esse et Archcstratum , denique etiam hoc .'^Ivtilcuae
mortno Erasinidem. ({uac vero cum Conone fiuTiiiit na-
vcs, non intcrfuerunt proclio ad Arginusas, qui vero in-
terfuernnt duccs, non diu amplius, quippe niox rcvocati
Athenas, peregrc nianebant. Unde vix compos Erasiui-
des illiud navis fieri potuit, nisi cum Conone una Mvti-
Icnae fuit, andc cum non incredibile est in ca nave cll'u-
gisse, quae do obsessa urbc Athenas nuntium dctulisse
fertur (l, (i, 22.).
I, 7, 1. Vehementer errat Schneiderns p. fi2. e proc-
lio ad Arginus.-is dicens reversas esse duodccim illas naves,
quas e Lysia XXI, 11. cladem patcat ad Acgospotamos
ellugisse.
I, 7, 2. 6 xov dij/^iov Tüxe Ttooeaxry.iöi iv 'A&i]-
vai^. — Toi< dijiiov ileest in plerisque codicibus. Jie-
que tarnen vel pro interpretaniento habendum vel ita ex-
plicandum est, ut Zeunius ac Schneiderns fecerunt. Nou
<lubito quin siribendnm sit ö rov drjuooiou xüxE U'ooi-
Oxl^y.oJi- Aerarium enim publicum tu ötjuüo/ov dici,
gatis ostcndunt exempla ab editt. Thes. Sfeph. v. dt'fxu-
OLO^ allata. Et conlirmatur ca emendatio seqiientibus,
quae de caussa dicunfnr Erasinidis. 6 Xüi> örfiooiOL'
7l(JO£OTry.ojQ idem videtur fuisse, qui xauiai vel tTll-
u£}.rxi;g rrj; y.uivr; noo^ööov vel u yiiouxovr^9EtC,
£71 1 XII. diHioota yoruaxo. dicitur. ßoeckii. Staatsh. d.
Atii. I, p. 177 sq.
I, 7, 2- •'^•l explicanda verba xy^^ A£y.£\tiaC, £711-
ueLoviUvo^ quae allata sunt, quum non sufficcre vldean-
tnr , legendum fortasse est TOV thujoiyoi- i7llUi).0l-
uivo;. Boeckhius enim (Staatsh. d. Ath. I, p. 193.)
quod administros fuisse negat theorici ante Euclidem
archontem , cornmque antea munere solos perfunctos Hel-
Icnotaniias, non ita certum est, quin publici etiam aera-
rii quacstores dispensandae theoricae pecuniac , quae dice-
batur , curam habuerint. — Ceterum Arolicdemum aerario
publiro praefuisse , e loco etiam L}siao colligi posse vide-
tur in Ale. I, §. 25. oi'ro; ydo Ticii; fth vji> Tto.o'
'AoyEÖriKp xo) ykduujvt , oü/. v'l.iyu xojp i'f.ttx£oujv
vrpTjo^uivcp etc.
I- 7, 17. ETTciociv si durius videtur, praestat fortasse
alii.- cmendationibus: fj£X£7C£loap.
{Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Göttinnen, den 8. April. Unsere Univeisitats-Eibiiolbck
hat sicli eines neuen Geschenkes des Königs zu cifreucn: Cata-
logus cüdiciun iiianusciiptoium Oiicntalluni , qui in Museo Dii-
taunico asservanlui-. Pars pciiiia. Codices Syriacos et Carsliiini-
cos ainplecfiiis; Londini liiiptnsii Curatoruni Mosci Biitannici
MDCCCWXVUI. fül. 140 Seilen, Der Band cnllMit das Vci--
zcicliniss, den Inhalt niid die Besclireibuni; von TG Codices,
wovon (j6 Syrische. Es ist nach der Nachricht des Heraus-
gebers, Jaine* Forsliall, fast ganz das Werk eines deutschen,
nur zu früh verstorbenen Gelelirten, Friedrich Rosen (Sohn des
Hrn. Can^leidircct'or Balllioirn Rosen in Detmold), gewesenen
Professors der orientalischen Sprachen und besonders des San-
acrits an der London Univcrsity.
Oestreicb. Der Ehren-Domherr von Brixcn, Joh.Dnille,
ist zum Direclor der Gymnasien in Tyrol und Vorarlberg ci-
nannt worden.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft.
Sonntag j 28. Jpril
1839.
Nr. 51.
De Xenopiiontis Hellen, üb. I. et II.
aniinadversiones.
(Beschluss. )
I, 7, 27. Priinum illud constat, pro äv^oumoi'i
gcribcndiira esse dv^QUiTtov , quippe quod referendum
utique sit ad superius Tivü y.ai oüx uiziov ovra ; deiude
dXyeivov xai üvujCfiXtq esse ro /.tSTcifieXeiv , certe si
integra sunt, qiiae sequuntur TTpo? S' ETI y.ai etc. Tunc
autem noiiniäi ita constituerc locum licet, ut vel di de-
Icatur, servctur autem iniperativus dvuuiija9l]Te , vcl
(.'.eva^lEXi'-or] Ss scribatur, et imperativo substituatur fu-
turum indiratii-i dvauviiaD^ljaeoth. E priore ratioiie
majore nota inrideiidum est post votEqov , e posteriore
minore, c.v f<vi/a9ijT£ non magis legi potest quam dno-
XTSlI^aire , illud, quod sequentia oi? ukyeiVUV etc. ex
interpretationc , quam exhibuimus, non quadrarent, hoc,
quod de eo plane non quaeritur, num interfecturi sint
innocentem uecne , sed longe disertius jam antca (24 et
25) relafa erant , quae evcntura cssent, si rel legibus vel
contra leges ageretur.
I, 7, 33- UVV ixavoi'g yEvo^ivov^ Sid tov x^i-
fxüjna TlQdi;ai tu Troograj^&svTa. In suspicionem ve-
niunt haec vcrba interpolationis tum propter accasativum
ly.avov^ yEvoutvovq, quamquam exempla quaedani hujus
coDstructionis laudavit Lobeckius ad Soph. Aj.'p. 34t,
tum propter seq. Ta Ti^ogTaxdivra. Mortuorum enim
toliendorum ofluinm impcratum erat non ducibus, sed
taxiarchis. Praeterea quod jam Stephaoo olTensioni erat,
desideratur articulus ante oi']( iy.avovg.
II) 1» 16- Mirum est, parare se Athenienses ad pug-
nam navalera , quum Chium et Ephesum peterent, Lysan-
der autem Rhodum concessisset , sed mirabilius etiam ,
tum deinum imperatores dici tribus illis, Cononi , Adi-
mauto et Philocli additos esse et ita additos dici, quasi
ab exercitu, neque a populo Atheniensium creati fuerint.
Tolli videntur hae difficultates verbis sie ordinatis : Oi
d A9r]vaioL aT(jaT7^yoi'g tiqo^ roi^ vndQXovaiv e'i-
kovTo MevayÖQOv , Ti'dsa, Ki](fiOfj8orov , y.ai ix
^'Js ^af^oii ÖQ/Aoj/^uvot, Tijv ßaaikiuji y.ay.tSi enoiovv
xai Eni tijv Xiov xai tijv 'Ecpsoov tTrinXEov yai
TtaQEay.Evdi^ovTo ttqoi; vaviiaxiav. Avoavöqoi; 8e etc.
^ •','»Jl» 28. rot'5 8s TtXiiazoi'i ävSoag iv ttj yrj
^VpekstEP. De Ljsandro, qui post pugnam ad Aegospota-
mos captiros facit^ qui e navibns in terram fugerant Athe-
nienses, ^vveks^E igitur idem fuerit quod ^vvikaßs et
cimilis plane usus II, 4, 9? ubi ^vvElkEyjjLEViov pro
^vvElkiniui:VV)V dictum videtur. Sed ut hoc loco proba-
biliter conjecit Morus tvvE/Xijf^fiEuujv , sie pro i;vii£-
Kf^e quoque rescribendum fuerit ^vvtt.aßE.
II, 1, 28. 8iEay.£8a(}fiEvojv 8t tiüv dvdQu'nojv
övTU)V. 'Ovtv)V rcctc ejiciendum censuerunt interps.
Omittit etiam Phitarchus Lys. 11 i]v dt ovötv Eoyov
auTov Tiji oTtovSijg toxeSaa/ttvojv tiov di/^ptÜTtojv.
II, 2) 3- Vl<y.Tog cum sequentibus verbis i'fEytTO i)
öl'uyop« conjungendum est , ita ut sensus sit, ipsa nocfe,
qua Paralus advenerit, riadcm Athenis percrebnisse. Si"
mili modo omiseruut editores interpunctionem post tav
Tüvg; nullo modo eniin verba sie jüngere licet: äkXd
vuiii^ovTEi; iaircovi; ntioEodcu iToKv tri /tdXkov, sed
ad eaVTOl'ii subaudiendum est 7CEp9ovvT£g, ac pro ob-
jecto verbi TCEintodai habcndum, quod ante relativum
oln, subaudiendum est TOiavia cf. II, 2, 10.
II, 1, 32. Weiskii de lacuna in extremis rerbis su-
spicionem dnbiam reddit Plutarchus , qui Xenophontem
caeteroquin inprimis secutus, quum Philoclis illam inter-
rogationem referret, Thenphrastum auctorem laudavit.
Lvs. 13.
II, 2, 5- yMTEoy.iväaaTO rag 81 dkkag TtökEn; etc.
Schneiderus: „formam civitatis constituit decemviralem."
Quod etsi fecisse Ljsandrnm constat, par tamen erat
illas civitates primum redactas dici in ditionem Lacedae-
monioruni. Unde rescribendum fortasse est Tia^EOTtj-
oaro. Thucyd. IV, 79- Plutarch. Lys. 14.
II, 3, 7. Cp^Ol'ooi'^ sive quod reposuit Dindorfius
U oovQEiv e cod. Paris, insititium et adscriptum ab co vi-
detur, qui cxplicare vellei 8£y.a d^X^VTai;, quod ipse
non intelligeret.
II , 3 , 2(i. ivavTiov. Rccte hoc pro Evavria resti-
tuerunt e cod. B. C. D. Malim autem ivaVTiov övTtt,
quod sensus fere postnlare videtur.
II, 3, 28. Pro ^^uc. TOis Trpajroig vTTayof^nvoii;
Ei ijiläg scribendnm videtur e cod. B. C. D. i'UUQ — Eg
i'/<«?. Palet enim e II, 3, 12, triginta viros reorum
nomina detulisse senatui , hunc autem eos damnasse.
II, 3, 41. El TOi'TOV yE 8ioiVTO. Legendum vide-
tur: El Tuurou y eSeovto.
II, 4, 26- ^'«5'*' E^oi VEUiV naiv. Palmerius et Val-
ckenarius quod conjecerunt Tuiv ^'fli;ojv£0)p vix ita
scripsii Xenophon , quem pagi nomine quod nemo fere
nisi Athcniensis nossct, non puto illos alioquin obscuros
homines significare fuisse. Sed etiam TCJf Ei;ui vsiuv
403
404
minu<i vi(lc<ur rommocio dictum, (]uia TiSv ei:aj quidem
sed lioc quidem loc-o liaud facilc TUjv ei:io veojv , ita ut
«in^ularis quasi enrum rlassis distiiifuerolur, diri poterat.
Scribeiidum igifur ceiiseo: tujv li;(» vioi^ TlOtv. De
juventute aufem adhuc imliclli coffifandnm esse , spquen-
tia dorent: äncoifaiie Tiof.kd keravevovTaQ y.ai Tiok
\ujv 3J«/.frrtÜ5 cfsodvTujv ititiiiov.
II, 4, 27. ei ÖI-: xai rovTO — tov Sgoftov. Tolli-
tur anaculuthia mutaio og in ovrog.
C. A. F. Brückner.
Disquisitio de L. Aelio Slilone, Cireronis in Rhetori-
cis mag-istro, Rhetoricorum ad Hereniiinm, ut videtur
auctore. Inserta sunt Aelii Stilonis et Seriii Clau-
dii frajjmenta. Scripsit /. /l. C. Van Heusde Phil.
Th. ^lapr. litt. huin. Dqct. Trajecti ad Rbeiium,
apud Robert. Natau , bibliop. aradcniic. I83'.l. VIII
und 109 S. 8.
Der Unterzeichnete hält sich einigermassen zur An-
zeige des Torffpnantiten Schriftchens eines aclitbareu liol-
lAndischen Philologen für berechtifft und lerpflichtet , «eil
dasselbe fast keinen Punkt enthalt, den er nicht eben-
falls schon einer specielleren Untersuchun«; unterzogen, ja,
ueil ihm der Verf. das Material in gewissem Sinne vor-
weg genommen hat. Indessen war die Beziehniif, in die
Hr. 1'an Heusde den Aelius Stilo zu dem Werke des
Cicero gestellt hat, ihm nie in den Sinn gekommen, und
in dieser Beziehung ist das AVerkrlien nicht als eine
blosse Fragmentsanimlnng und Lebensl)eschreibung eines
oder ziveier verloren gegangener Schriftsteller zu be-
frachten, sondern erhalt einestheils durch die Beziehung
auf das Werk ad Ilerenninm, anderntheils durch Excurse
über die Anfange ilcr (iraminatik in Rom, endlich durch
einige sonstige Winke ein erboliteres Interesse. — IVach-
dcm der A'crf. in einer dedicirenden Vorrede an seinen
Freund Rovers uns einige Blicke in die Ansarbcitnngs-
gesrhichte der vorliegenden Arbeit hat thun lassen, be-
ginnt er in einem kurzen Proömium die „Quaestio de
"pere Ilerenniano. Causa cur toties taniqun vehementer
agitata sit", setzt dann im I. Kap. p. 3 — 11 die ver-
ücbiedencn Ansichten über den ziveifelhaften Verf. jener
.Schrift ausführlich auseinander. Ein eigenes Kapitel
widmet er p. 11— K i!cr Vermnfhung S<hütz's, dass
sie ilcm Rhetor M. Antonius Gniplio' zuzuschreiben sei,
einer A'ermuthnng, der Hr. \'an Heusde in seinem Ci-
cero (fil o:if.UT(i)v beigestimmt hatte, von der er aber
durch Bahr's Mahnung und «eiteres Nachdenken zurück-
gekommen ist («. Vorr. S. IV). F> sucht Schütz's Ver-
mutliung als gar nicht so undenkbar darzustellen und
streitet namentlich gegen ürelli's Behauptung, dass das
einzige 'Verhaltniss der Vcrirandtschaft mit Ilerennius,
welches in jenem AVerke berührt werde, hinreichend sei,
um den aus iiiederm Stande gebürtigen Gallier Gnipho
von der Autorschalt ein für allemal ans/.uschliessen. In
der Tliat aber scheint uns Orelli's Bemerkung ganz gc-
grünilet; denn gesetzt auch, es sei Gnij>lio als ingenuus
von einer edlen Ucrennia in Gallien zur Welt gebracht,
dann ausgesetzt worden, was freilich sehr unwahrschein-
lich klingt : so ist das jedoch ganz und gar undenkbar,
dass ein Mann, der lieber als Libertinus, denn als Frei-
geborner gelten will (p. 13: ,,Nulla autem causa est,
cur putemus , Gniphonem verae origini libertini conditio-
iiem praetulisse'!), sich in seinem öffentlich erscheinenden
Werke der Verwandtschaft mit einer so angesehenen Fa-
milie rühmen sollte. Die Stelle des .Sueton de inl. gram.
c. 7: „Aiuut scholam eins claros qnoque viros frequen-
tasse , in his M. Ciceroncm etiam , quum praetura funge-
retur" halte Schütz so missverstanden, als habe Cicero
die A'orträge des Gnipho nicht allein wahrend der l^er-
waltung der Pr,'itur, sondern auch früher in seiner Jugend
besucht. Sueton will aber bloss sagen , Cicero habe so-
gar als ein IMann in Amt und Würde keinen Anstand
genommen, hinzugehen. Kurz, die Vermuthung von
Schütz hat nicht allein keine Sicherheit, sondern auch
keine Wahrscheinlichkeit, und wir freuen uns, dass
unser Verf. von ihr abgekommen ist. Statt Gnipho's halt
er Aelius Stilo für den wahren Urheber; allein ehe er
diesen Gedanken ausführt, geht er darauf über, im III.
Kap. das Stnilium der Grammatik und Rhetorik in der
vorciceronischen Zeit zu schildern. Das Erstere reicht
in eine Zeit hinauf, wohin uns keine directe Nachrich-
ten, sondern nur einzelne Andeutungen und Fingerzeige
leiten. Als erste Quelle grammatischer Untersuchungen
ergibt sich ihm p. 18 f. der einheimische Schulunterricht,
»vobei er passend auch auf die Erlernung der etruscischen
Sprache, als früher allgemeineren Gegenstand der Unter-
weisung, aufmerksam macht; in der Schule wurde Lesen,
Sprechen, vielleicht auch Schreiben und Rechnen geübt,
— als zweite p. 21. der durch die ersten Dichter, na-
mentlich durch Livius und Eimius zu grammatischen An-
regungen veranlassende Bildungsstofl'. liier vermissen wir
eine etwas genauere Darlegung der römischen Erziehung,
wie sie in kurzen, aber kräftigen Zügen schon Bernhardy
Grundriss der römischen Literatur S. 1.') f. geliefert hat,
namentlich die Erwähnung der lateinischen Odyssee des
Livius Andronicus als Schulbuches, welche uns durch
Horat. ep. II, 1, ßO. und Plauciad. Fulgent. IMvthoIog.
I, 2(i. hinreichend begründet zu sein scheint. Die Dichter
selbst mussten wenigstens auf vorübergehende prosodisrhc,
orthographische Untersuchungen geführt werden. Etymo-
logische Erörterungen lagen vielleicht schon in alter rö-
mischer Priesterpoesie begründet, und zwar in den indi-
gitamenlis, welche .Serv. ail Virg. Georg. I, 21. erklart:
,,iii libris pontillcalibus , qui.et nomina deorum et ratio-
nem ipaorum nominum continent." Etymologische Anspie-
lungen finden wir schon bei den ältesten Dichtern, z. B.
bei Nacius (vgl. Varro 1. 1. IV, p 14: ,,Aventinum ali-
quot de canseis dicunt. INaevius ab avibus, quod eo se
ab Tilieri ferrent aves"), bei Eniiius (Varro 1.1. V, p. 7.'j.
VI, p. (Ki: ,,Andromacliae numen qui indidit, recte indi-
dit"), bei Plautus. Ausserdem aber wurden diese Dich-
ter durch die Bühne fortbihlemle Kraft ihrer poetischen
Darstellung nothwendig zu einer Fixirung des schwan-
kenden Sprachgebrauchs in analogisch zurechtsetzender
Weise geführt. So wurden also die Römer schon durch
ihre beginnende einheimische Literatur auf grammatische
Studien hingewiesen. Der Hanptanstos» aber kam von
Aussen, bekanntlich durch Crates um das J. 5ä5 «Icr
405
406
Erb. R. Nach Sueton begann dieser bcriilimte griecliisrhe
Grammatiker „ sub iijsam Eiiiiii mortem", also iiacliileiri
ilie einheimische Poesie schon zu einer grossen Ausdeh-
nung gediehen war, seine Vorträge i'iber G'raniniafik, und
z»var setzte er sie eine geraume Zeit fort („pluiimas
ay.Qoa.OSli subinde fecit assidueque disscruit"), so dass
in Rom die Neigung zu diesen Studien um sich griiU
Mau wandte die neue Kunst auf die einheimischen Dich-
ter an; die lateinischen Grammatiker schrieben ihre Werke
ab, theilten sie in Bücher ein, wahrscheinlich machten
sie auch die Versal)(heilungen und Interpunktion; so C.
Octaiius Lampadio an den Werken des Nävius und En-
nius. Sie lasen ferner dieselben öffentlich vor, und so
entstand im siebenten Jahrh. d. Erb. R. eine nicht un-
bedeutende Anzahl romischer Glossngraphen , aui die ich
schon au mehreren Stellen aufmerksam gemacht habe.
Vgl. Sprachphilos. der Alten S. 1|1, Zeitschr. für Alter-
tliumsw. 1S3!', No. 13. Vielleicht gehören auch in diese
Zeit die glossae antiquitatum bei Cliaris. II, p. 2ü4, die
glossae veterum ebendas. p. 'ilfi, die idonei vocum anti-
quarnm enarratores bei Gell. XVIII, ß. Zu diesen wird
auch L. Aelius Stilo gehören müssen. Allein ausser die-
sen rein etymologischen Erklärungen scheint Crates auch
die Veranlassung zu einem wichtigern Streifpunkte ge-
wesen zu sein, in den wir uns durch l'^arro's Werk de
lingua Latina versetzt finden, nämlich zu der Frage, ob
in der Sprache, namentlich in den Flexionen, durch-
greifeniie Regelmässigkeit (Analogie) oder Willkür (Ano-
malie) anzunehmen sei. Ref. kann sich gar nicht ron
der Ansicht trennen, dass über diesen zwischen Aristarch
und Crates so heftig behandelten gelehrten Streit, der
in Griechenland eine so ungemeine Ausdehnung schon
gewonnen hatte, in Rom eine Menge Schriften schon
gewechselt sein mnssten , ehe Varro mit seinen sechs
Büchern de analogia, Didymus mit seinem AVerke UEot
Tl]g Ttaqa Pvjfiuiuli dvaXoyiuQ,, Caesar de analogia
und Andere auftreten konnten. Auf lateinische Anoma-
listen deutet ja offenbar Varro A'III, p. 157: ,,Bx tjuibns
si id confecissent , qnod rolunt, nt in lingna Latina esset
anomalia, tarnen nihil egissent." Wenn es nnn von Ae-
lius heisst : „ Instrnxerunt auxeruntque ab omni parte
grammatica L. Aelius Lanuvinus, gener Q. Aelii, Servins
Clodius, utcrque eijues Romanus" (Sueton. de inl. gr. 2):
so, glaube ich, dürfen wir dreist auch dem Aelius Stilo
einigen Antheil an dieser Frage zuschreiben. Ausser
Etymologie und Formenlehre musste aber auch die eigent-
liche Syntax die Aufmerksamkeit der römischen Gram-
matiker auf sich gezogen haben , wie die letzten Bücher
des varronischen AV'erkes, die leider ganz verloren ge-
gangen, anzeigen, und wie der fehlgeschlagene Versuch
des Aelius selbst de proloquiis beweist. Endlich aber
wurde im siebenten Jahrh. zu Rom sogar hiiliere Kritik
nach A'organg der alexandrinischen und pergamenischen
Schule geübt. Mit der Entscheidung, welche Stücke
dem Plautus zugehörtea , beschäftigten sich die Indices
oder Uivay.eq des Aelius, Aurelius üpilius, Sedigitus u. A.
Eine genauere Erörterung all dieser Punkte vermissen
w'r ungern in Van lleusile's Schrift, und müssen geste-
hen, dass uns ebenso wenig die Darstellung der An-
fänge der Rhetorik in Rom genügt. Es bedürfte hier
vor Allem einer Nachweisung, welche der bei Suidas
aufgeführten Grammatiker und Rlietoren nach Rom ver-
schlagen , oder dnrch angesehene Kömer hingezogen wor-
den sind ; denn deren rinden wir zu C'isar's Zeit eine
grosse Anzahl. Ihr Eiiitluss auf die römische Rhetorik
wird sich dann leichter entwickeln lassen.
Im IV. Kap. geht der A'erf. auf die Lebensschicksale
des L. Aelius und Servins Claudius über, und hier ist
Alles klar und verständig zusammengestellt, richtig
auch das optimatische Priiicip in dem Erstem p. 4'> nach-
gewiesen. Das Geburtsjahr des Aelius möchte vielleicht
weiter zurückzusetzen sein, als (V.'O, wenn man die Nach-
richt bei Gell. XII, 4. erwägt: L. Aelium Stiloneni di-
cere solitum ferunt, Q. Enninm de semetipsu haec sri-
psisse, picturamquc istam morum et ingenii ipsius Q. En-
nii factam esse." Dei Erwähnung der Bekanntschaft mit
dem Dichter Lucilius p. 38 äussert Hr. V. H. eine in-
teressante A'ermnlhnng in Beziehung auf die Abtheilun»
der lucilianischen Satiren in Bücher. Da nämlich der
auctor ad Herennium IV, (2 sagt: „Quo in vitio est Lu-
cilius assiduus, ut hoc est in priore libro : Has res ad te
scriptas, Luci, misimns, Aeli.", da ferner als Titel des
ersten Buchs der Satiren bei Lactant. IV, 3, Serv. ad
Aen. X, li)4. Deoi-um conciliiim , als Ueberschrift des
sechzehnten bei Porphyrion zu Ilorat carni. 1 , 22 , 10-
Collyra erscheint: so folgert der AVrfasser aus dem
AVorte prior uml <lpn beiden Titeln, dass die Sati-
ren des Lucilius ursprünglich in zwei Bücher bloss
abgetheilt gewesen sein Referent hat schon früher
in dieser Zeitschrift 1838, Nr. 128 auf die Titel der
liK'ilianischeu Bücher aufmerksam gemacht ; er kann
sich aber nicht davon überzeugen, dass bloss das erste
und das sechszehnte sollen überschrieben gewesen sein,
indem er die oben angeführten Ueberschriften Deorum
co/iciiiutn, und Collijra für nicht bezeichnend genug zu
den bunten Scenen ansieht, die in jenen Poesieeii nie-
dergelegt waren. Dann deutet ihm aber auch der Aus-
druck Fornix Lucilianus bei Arnob. adv. gent. II, (i. zu
klar auf eine ähnliche LVbcr.schrift hin. Das III. Buch
\iar wohl udoinuüiy.up überschrieben und passte ja schon
gar nicht mehr zu der Götterversammlung. — Nach Ae-
lius werden auch die Notizen über Servius Clodius oder
Claudius zusammengestellt, und dann p. 47. die Gelehr-
samkeit und die Schriften des Erstem gehörig auseinau-
gesetzt. AVir zweifeln nicht, d.iss Aelius eine „iiiterpre-
tatio carminum Saliorum" und XII tabulariiin geschrieben,
ebenso wenig an seinem „commentarius de proloquiis", allein
bedenklich scheint es uns, ein eigenes AVerk : ,,Etyniorum
libri" oder ,,de origine «erbonim" aiizunehnieu. Die viel-
fach vorkommenden Etyinologieeu beziehen sich meist auf
solche Ausdrücke, welche am leichtesten in den uralten
Liedern und Gesetzen vorgekommen sein können. In der
Fragmentsammlung p. 1)2 — 81. hat sich nun der A^erf.
bestrebt, tlas Sichere von dem minder Sieheren, das hi-
storisch Feststehende von dem bloss mnthmasslich Begrün-
ileteii gehörig zu sondern; und diess Bestreben ist gewiss
in unserer Zeit anzuerkennen. Er theilt daher die Frag-
mente ein in die mit dem Namen der AA'erke selbst be-
zeugten, in die „incerlae sedis" und in die „dubiae
auctoritatis." Aus der zweiten Abthcilung hätte er allen-
407
408
falls cf»fas külioer ein paar in die erslo hcrübernclimcn
können. Zu dem AVerke über Plautus, welches «ohl
Ilivui oder „De rcinioodiis Plaii<inis" üliersrlirieben war,
fehürf dncli jedenfalls Gell. III, 3. §. 11 und 12: „Fc-
rantur autem snb Plauti nuniine cnniuediae cir«i(cr ceu-
tum a<cjue trjuinta. Jied honio cruditis^iimns L. Aeliu»
quinque et vijfinti esse eins solas existimaiit." (Man er-
sieht hieraus, wie Varro auf dem Boden seines Leh-
rers fortjjearbeitet hat. l Ferner fr. XXX. p. 7'2 aiM
Festus V.: Vapula Papiria, auch vielleicht Quinttl. X, 1.
p. 58- Ei" Hruchsfiuk aus Isidor X, 1Ö9. haben wir
in der ..Sammlung' nicht gefunden. Es lautet: „Latro in-
sessor est viarum a latendo dictus; Aelius autem: Latro
est, inquit, latero a /atere , insidiator viae. Meisten-
theils sucht Aelius lateinische Wurzeln narhzuueisen,
einmal fr. XA'I. p. TU. griechische. Geivagt scheint es
uns, p. 79 statt Critolaus bei Festus Stilo Aelius zu
lesen. — Es folgen p. Sl. die Notizen über die Schrif-
ten und Fragmente des Servius Clodius, bei denen ich
glaube, dass einige Ergänzungen durch die commentarü
des Clodius bei ,Sen. ad Virg. Acn. I, 52. 17(). H, 229-
XII, ()Ö7. vorgenommen werden können, obschon ich dies«
jedoch nicht als unzweifelhaft darstellen möchte.
Der Verf. kommt p. 84- zum Hauptpunkt seiner Dar-
stellung im V. Cap. : ,,L. Aelius Stilo Praeconinus He-
renniani operis, ut videtur, auctor. " Dieser Gedanke
beruht auf folgenden Gründen. I.) Nach Quintilian III,
2. hat zuerst Cato Censorius, dann M. Antonius etwas
Rhetorisches geschrieben. Bis auf Cicero sind nur einige
unbedeutende Versuche gemacht worden. Nun waren
die ältesten Grammatiker nach .Suelon de inl. gram. 4.
auch Rhetoren. Aelius niuss also auch wohl über Rhe-
torik geschrieben haben. Ist das aber der Fall, so ist
es wahrscheinlich, dass dieses das Werk ad Herennium
ist, indem die dortigen ^'orschrifteu so sehr mit denen
desCiceroj welcher Aelius Schüler war, übereinstimmen,
lind die ganze Schrift selbst in eine ziemlich alte Zeit fällt.
Vor Allem niussRef. bemerken, dass auch er freilich dieses
Werk als geschrieben zur Zeit Cicero's ansieht. Dafür
spricht ausser der ganzen Färbung des echt ciceronischen
Stils, der Anschauungsweise, den republikanischen Ideen
namentlich der Schauspieler Aesopus III , 2(). §. 34.
Allein es steht ihm durch Nichts fest, dass Aelius, wenn
er auch Rhetorik vorgetragen hätte, je ein Werk darüber
\oa solchem Umfange verfasst habe; ja, es spricht dagegen
einmal der Umstand, ilass Cicero gewiss in einer seiner
rhetorischen Abhandlungen aus Pietät dieses berührt
hätte; es spricht dagegen das Schweigen Sueton's, indem
dieser, wo es bei einem Grammatiker der Fall war, die
rhetorischen Studien immer auffiilirt ; endlich ist es nicht
zn erklären, wie Quintilian einen solchen Alaun zu den
„minus celebres" sollte gerechnet haben , von dem Cicero
gelbst so Vieles wörtlich entnommen. II.) Im Anfange
erwähnt der aiirtor ad Ilereiiniuin: „negotia familiaria";
diese erklärt Hr. \. II. als operam reipiiblirac navatam",
erwähnt ferner die oratorischen Uebungen, die vom .Schrift-
steller angedeutet werden, und schliesst davon auf Aclins*
Allein Beides passt ebenso gut auf Cicero, ohne dass
man den Aasdrnck: negotia familiaria anders zu deuten
braucht. III.) Gell. X, 21 berichtet aus Varro, das»
Aelius das AVort novissimus als zu modern vermieden
habe. Dieses Wort kommt einigemal bei Cicero vor,
aber beim auctor ad Herennium gar nicht. Mithin — Wie
äusserst zufällig dieser Umstand ist, leuchtet hoffentlich
Jedem ein. Dieser Umstand spräche ja wieder ebenso
stark fiir Cicero, indem ja auch dieser nach Gellius die-
ses Wort gemieden hat, obgleich freilich Neuere ein paar
Deispielc nachgewiesen haben; allein es cxistiren denn
doch ciceronische Werke , worin es auch nicht vorkommt.
IV.) Der auctor ad Her. hat philosophische Studien ge-
trieben, Aelius ebenfalls, — allein auch Cicero. Der
letzte Grund V. ist ebenso schwach. Er beruft sich auf
die mehrmalige Erwähnung des Cäpio, dem Aelius frü-
her auch eine Rede geschrieben. Allein wer hätte es
Cicero verweigern können, dass er ein historisches Fak-
tum als Beispiel mehrmals anführte? *) So ist also in
diesen Schlüssen und Combinationen, so geistreich sie in
gewisser Hinsicht sind, gar nichts Zwingendes, gar keine
volle überzeugende Kraft. Dagegen sind einige Stellen
vorhanden, deren Gewicht der Verf. selbst gefühlt hat,
vor Allein IV, 12: Quo in vitio est Lucilius assiduus,
nt hoc est in priore libro: Has res ad te scriptas, Luci,
misimus, Aeli." So ohne allen ünischweif tadelt ein
Freund nicht, ohne ein milderndes Wort beizufügen,
namentlich wenn ihm ein solches Werk noch gewidmet
worden ist. So unbekannt und fremd, wie hier, spricht
der Schriftsteller auch noch II, 13: », C. Caelius iudex
absolvit iniuriarum eum, qui Lucilium poetam in scena
nnminatim laeserat. Hier rückt der Ton der Rede die
ganze Sache in eine schon entferntere Vergangenheit.
Dann ist ferner eine so starke Benutzung eines solchen
Vortrags, wie wir sie dem Cicero gegen seinen verehr-
ten Lehrer Aelius zuschreiben roüssten , gar nicht zu
entschuldigen. Können wir somit mit dem Verfasser
der oben angezeigten Blätter in dem Ilauptresultate ,
welches er freilich mit A'orsicht als subjectivc Ansicht
(„ut videtur") iiinstellt, nicht übereinstimmen, so möch-
ten wir au die Verehrer Cicero's die Frage richten, ob
es denn wirklich seine Richtigkeit damit habe, dass das
W^erk ad Herennium nicht von Cicero ist ; ob die Stelle
I, 20- so entscheiilend sei, wie einige Literarhistoriker
angeben, und ob nicht vielmehr alle äussere sowohl, als
innere Anzeichen für Cicero sprechen. Ref. würde sich
freuen, wenn er zur nochmaligen genaueren Erörterung
dieser Frage durch die Anzeige der in gewähltem und
klarem Stile geschriebenen Abhandlung des Hrn. V. II.
angeregt hätte.
Bonn.
Dr. L. Lertch.
*) Besser hatte der Verf. anfiihrin können, dass IV, 12.
eine Graniniütik versprochen wird, Aelius aber Gramma-
tisches wirklich g(schriel)cn habe. Allein selbst dieses
ist doch nur scheinbar j denn von einer eigentlich syste-
matischen ars gromraatica wissen wir Nichts. Es ist also
hier, wie so manchmal, beim guten Vorsatze geblieben.
Zeitschrift
f ü r die
Altert hu ms Wissenschaft
Mittwoch, 1. Mai
1839.
Nr. 52.
Henrici Diintzcii Symljolae Attiaiiae.
II. Decias sive Aeneadae.
„In prae<pxfa<a — scribKiir Brutus ve\ Decius vel
Marcpllus" Dionioil. III, p. 487 P. „In praefextafa —
Brutus vel Ootins, item Marcellus vel Africauus et liis
similia" Riiabaiins fliaurus rle arte granini. II. p. 47.
Attii Deriuui swe. Acueailas saepius lauilat Nouius Mar-
cellus. In Persii i ita lejfitur: „Scripserat otiam Flarcns
in pueritia praetextani Vescio''^ (eil. pr. praetexla i/iduc-
tus). Certo rertius niprum le^ps Decius pro l'escio,
oinissa Bartliü ratione (adiprs. II, 2 7) et A'eukiroliii (de
fabula tojjata p. 92) suspicione I'arus. Scd vidcamus
Attii fragmcnta.
I, Patrio
Exemplo et me dicnbo atque animam divorabo
hi'jstibus.
Non. V. devorare (absuniere, eripere) p. 98- Hlerula ad
Ennium p. 311 vr. et et atque eiieit et animamque de-
vorabod legit. Illas coniuncfiones omiserunt Scaliger
qnoque (ad Varr. p. 41) et Delrius. Pro devorobo Cau-
chins ad Noniuin, l'^ossius , Bolliius et Kordesius ad
Eberhardti Filirum ,, über i\en Zustand der srlicinen Wis-
sensrhaften bei den Römern" p. (i/J devotabo , Nenkirih.
p. Sl devoto. Sed, quamquam loc. devolo quum alii, tum
Cicero (Parad. I, 2, l'j) in eadem re usus est, tanien
hie null« modo locuni liabere potcst. Quid enim est
animam devotare hoslibusi Disertis verbis opponuntur sc
dicare et morte sua hostibus cladem iuferre i. e. animam
(vitam) iis devorare. Ultima v. devorabo s\llaba non eli-
ditur. Bothius in Mus. Rlien. V, p. 2öl et devotabo a. h.
Cod. Fabri et Guelplierb. devoro.
II. Quibüs rem summam et patriam nosti-am quöndam
uduuctavit pater.
Non. V. adauctavit p. 75- Blerula I. 1. quis legit, Neu-
kircli. p. 8'2 et ilelet, rerte iniprobaiite Duebncro in No-
vis Annalibus Lipsieusibus ISIJ i, 12. p. 2Ö8. Et hie, ut
saepius, explicandi partes sustinet.
III. Te skncte veneraiis pi-ecibus, invicte , invoco,
l'ortenta ut populo , j)i:triae verruncent bene.
Non. V. verruncent p. ,18';, ubi in nostro loco male le-
gitur verruHcant. V'erbum verruncere tertiae declinatio-
nis existere nequit, quum nulla denominativa in ea inve-
niantur. l'en-unoant rcctc Aldina, Pcrottus (veruncant),
Hadr. Juuiiis et Slercerius. Porlenta furtasse ex avibus
aut cxtis desumpta , aut tonitru aliudvc.
IV. Vim Gällicam obduc contra in ucie exercilum,
Ubi piitrum hoslili fihum san^uen sanguine.
]Non. V. sanguis p. 224. Ubi scripsi pro ve. Steph. exer-
ciluque , Jun. , Scriverius exercituve , Jun. in margine
exercitum , ne, Mevc. fusn. Grotius, quem sequitur Yos-
sius, cmeudaiit in aciein , qui exjiiet pitternum {in aciem
Delrius quoque) ; Bothius prius j« aciem e. Vae patriuni
hnstili infuHO (i. e. non fusoj s. s., nuper in Mus. Rhen.
V, p. 252 infusum , ita ut versu alter« aliquis n-spon-
dcat ; Neukirch. cleiii(|ue p. TU in aciem e. reparatum
h. f. S. S. Admonet Uecius, ut exercitum in acie (i. e.
aijinine collecto et disposito), in qua majores libenter
Miorteni oppetierint (cum hostiam sanguine Ronianum sit
commistum), contra fiallos du<'ant.
V. Et nunc quo cor um segnilas? Ardet focus.
Non. V. segnilas p. 174, ubi legitur: et nunc, quod e. s.,
lt. /'. Emen<laii locum facillima mutatione. Pro quod
scripserunt quae Lipsius et Delrius, qui in fine versus
locus dederunt, Neukirch, p. 80 et nuper Bothins, Lip-
siiim ouMiino secutus Fruterius (^ erisim. II, 5) et Ju-
uius : eo nunc , quod e. segnilate a. f. Bergk. denique
in Mus. Rlieu. III, p. 7i| tardet opus. Vituperat segni-
tateni, quod nunc, quum optime aiiimati sint et pugnae
ciipidissimi, retineantur. Ardet focus proverbialis locutio
est , ut nostrum das Eisen ist heiss.
VI. Quöd periti sitmus in vita atque i'isu callemus
magis-
Non. y. callet p. 258. Verba Q. Fabii, alterius con-
sulis.
VII. Foteor: sed saepe ignavit fortem in spe exspec-
tatio.
Non. V. ignavit (ignavnm facit) p. 123, 12*!. lersus in-
teger est, quum voc. spe rorripiatur non elidatur, et ad
allitterationis vim augeiidam et ad pronnnciationem faci-
liorem reddendani. Rcspondet Decius. Bothius nuper
p. 251: sedenim saepe ignavit spe/- e. Duebner in spe
explicat dum sperat. Sententia est: qui fcrvet cupiditate,
saepe exspecfalione iguavus fit. S/)«?S hie signihrat ani-
mum calenfem et quasi adflatnm.
VIII. Res summa ubi perdue/lum est, qunrsum aut
quibüs se a parlibus gliscunt?
Non. V. gliscil p. 22. Scripsi res, ubi et quorsum pro
dis, tibi et quorum. Mercerius probante Delrio: De
summa tibi rerum duellum est, quod ab iis se parlibus
Gliscit, addito fragm. II. S.riverius : Dis summatibus
Perduellum est, quorum auguriis gliscunt sese a parlibus.
411
412
Vossiiis: Vis summa est übt perdueUum? quonatn aut muni mihi videtur, Fabiiim el Deciiim sibi opponi quasi
quibus se a partibus (vel v(ir. se omissii) Gliscunl ^ Bo- exenipla Roiiiaiiae gravi(atis, digiiifatis , <'unrtaiiti.s itliiis
thius : A. Summa ibi perJaellum est? U. Quorum aut priidcntiac i't (prteiitis patriae aiiioris, rui laote iios <Ie-
nuibus se a partibus iiliscuiit , iiiipcr l. 1. p. 'i.')l : \. Summa lofainiis, et iitraniqiie virdifom rpi piiblirae fiiiidamentum
ibi pol (luetli est. 13. Quorsum aut quibus se partibus esse ir.t:\ fabiila iiidirari. Neiikirch. p. 7(i dicit: „Qiium
gliscunt ! .Npukirch. p. 77 prioreni Botliii lertionoiii pro- vero duplex sit insrriptio, iiiaiiirostuni Pst, nun id taiitum
bat, iiisi quod tibi perduellium est. prai-fcrt. Duebner rnliiisse Attiiim, ut Dorii lirtiites laiiilibii.') extollerpt, sed
ileiiique I. I.: Die vis summa ubi perduellium est? in ptiaiii iiiiiMiiio Apiieadariiin i, e. Roniaiiuniin fortitiidinein
rcliqiiis Vossium serutiis. Qiiaerit nesiio quis, fortasse ar. patriip aiiiorpin iiiliistaret." Apiipailae Roiiiaiii podcm
Fabiiis aiit Derius, quid bustes fariaiit. modo diciiiitiir , ut alias Roniiilidae, Raiiiiips, Tities
IX. Galli illic voce canora ac fremilü peragrant mi- {ei. Linrot. in Aeneadum genitrix). Quid vpro , si Ae-
nitiibiliter. iieas , qiii dpi iiidigptis iiomiiip vpiiprabatur, ipse fiiie fa-
Kon. V. miiiitabiliter p. l.'J''. Galli illic srripsi pro cor- bulae Roinaiiis appariiit dixitqiie has veras Apiieadum
rupto Calleli s. t'alleci (gallanti Frutpr., ^'ossiiis, Galli virtiilps psse, qiiibus Derius et Fabius exccilebaiit ? Coii-
Lipsius, quem pjerique spiuti sunt, gallici s. calles (ca-
les hi Delriiis) pt ac post canora cum Vossio et korile-
sio a''didi. Coiiiunctiuiiem hie deesse uou potest ; res
aliter se babet in fr. III, quod eonfert Keukirrli. Idem
frcmituni arRinrnrn eqnoruni purruuniqne strppituni intelli-
git et Calleti rptinpt, ,,^ui alias ilipuntur Calpti, Galleti,
Calptap, Caletps." Canorus bic signilicat, quod nostrum
laut, stark, mininie wohlklingend.
X. Clamore et gemitu templum resonit cailituiu.
Aon. V. sonit p. ."j(l4. Xeukir<b.: „clamore pt fpniitu
milituni. nt videtui', propter Derii mortem." IMprula 1.1.
p. oll) nostrum fragmeiituni cum prapcpdenfe coniungit.
De teniplo caelitum i. e. caelo tf. Varro de 1. 1. VII,
p. ^s: s.|. Sp. ((i,7 i\I.). _ ^
XI. AV/n7 neque pericli, neque tumulti est, quod sciam.
Xon. r. tumulti p. 484- Fortasse nil Ipgpndiiin pst cum
Vossio et Rotbio, 31prula 1. 1 : ,, Vociferat Dpcius, quo
fugerpnt quanive in fofa
Solan potprat Romanos, qui pnmo che consulis corpus
non inienerunt. Sed bapc niinime certa esse probe scio ;
id tantum indicare rolui , fortasse propriam esse uouiinis
Aeneadum rationem.
III. Epinausimache , Myrmidones et Achilles.
J. Nee perdolescit fllgi socios, mi'irte campos obtegi.
Non. V. ßigi p. I l(J. Male Rothius socios morle , c. o.
II. Martes armis duii congressos crederes.
III. Incursio ita erat äcris ....
Cbaris pp. IUI, 93.
IV. Primäres prbcerum
Revociirent nomina , ni esset , qui armis seeum
vellet cernere
Non. \. cernere p. 261, ubi vulgo nisi. Vossii cod. ni et
revocarit. Vossius coniecit provocaret nomine, si e. q.,
ppm baliprent." Sunt Decii probaiite Botbio , nisi quod nialit provocavit. Codicum
»erba in Lostes impetum facienfis ad militps dicta. lectio rpcte se habet bac sentpntia : fainae pt gloriap re-
XII. A. Ci'Stra haec vestra est. B. Optime nuntient principes, nisi quis secum (cum llectorp) certa-
Fis meritus a nobis. mcn inirpt.
Non. V. castra (fpinin. generis) p. 200. Fis scripsi pro V. Tarnen hai'id fatiscar, quin tuam implorem fident.
essis. ^'ossius, probaiite \eiikirch., es; 2S, Botliius escis et ^'I. I'roin tu tri, cui ßat , non, qui facias compara.
nuper vesirum et optimus. Pro loc. a omues t/e pniendant, "Son. \v. fatiscere, fatiscuntur compara \>. '>()1, 47', 2ä7.
scd a band prorsiis in Atfio spernciidnm est. IVarrat VII. Eos mlirtalis impünis reminiscirr, saepe oblitlis volo.
nuncius Dpcii mortem, qui in hostes inruens Romanis
dixerit: itostium castra vestra sunt. Fabius exciamat,
illa audieus: O. f. m. a. n. Merula nostrum fr. cum
fr. III et Vlll hoc modo coniungit:
Dis summa tibi pprdnpUinm esto , quorum aut qnibus
Se a partibus gliscunt. Castra haec vostra. Optume
£sis meritus a nobis
Te sanctc lencrans prccibus, invicte, invoco,
Portenta ut poplo , patriae verruuces bene.
Fr. I, II. Decius de patris morte loqnitur, fr. III
precatur, ut di portenta populo pairiaequc bpne vertant,
fr. IV , y. Q. Faliiuui alterum consulpm admonut, ut
exercitum contra bostps ducat. Fabius summa gravitatc,
pruilentia et tranqiiillitate illud dissuadct IJpcio pugnae
cupidissimo, quo pprtiupnt fr. VI, VII. De bostil.ns quae-
rit Fabius s. Dpcius fr. \'III: rpspondet aliiiuis fr. IX.
DeD
Non. V. accus, pro genit. p. .')()(). Hoc modo fortasse
scripsit poeta. .Apud Noninm legitur E. m. poenis lib. X
miseror s. studilos vnlo. X miseror e reminiscor corruptum,
unde librarius addidit /i'Ä. ; impoenis pro poenis et oblitos
pro studitns faciles sunt pnipndationps. Dixerit haec
Acbilies de Graecis, quorum cladis ipse iuultus obliiisci
vult. Vossius: Eos mortales reminiscor. Et Acneailis ant
Dpcio: Miseror saepe; at id eos volo oblioiscier (siic:
Miseros saepe iatud eos volo obliviscier). Miro modo
locnm corrupit Botbius quum prius, tum nuppr in !>Iuspo
Rbeiiaiio V, p. ■J.')7 sq., nulla locoruni a Nonio lauda-
tornm ratione habita, e quibus patet , bic reminiscendi
aut oblitiscpn<li iprbum cum accus, iunctum dpsiderari.
VIII. Quodsi procedit , neque te , 7ieque quemquam ar-
bitror
Tuae poiniturum laüdis , quam ut serves vide.
IX. — Contra, quantum obfiieris , si victüs sies
(onsidera , et, quo revoces summam e.rerciti.
Non. vv. poeniturum, exerciti J). l.')8, 405- Fortasse fr.
pcii impelu et morte fr. X, XI, XII. intclligas, quac
uuncu esse videntur. ^'ix inde, quomudo poeta in argu- IX Icgendum est quantum tu obfueris, ut ii-rsu»
incuto tractando vcrsalus sit, coUigas. Hoc fero certissi- leger sit,
413
414
X. Ut nunc, cum animatus lero, satis aimntus sunt.
XI. Probis probatum jmtius, quam muUis fore.
Non. vv. anima , puucorum p. .2)3, 5H). Vcrha satis
armatus suvi traiisposuit Botlilus sum armalus satis.
XII. Ab ctasse ad urbem tendunt, tieijue ijuisijii/im potest
Fulgentium armum armatus ardurem iibtui.
Non. V. accusativus \>- 4U5. Botliiiis siuxlct animatus,
quo mira allitfpratio in armum armatus ardorum tiirbafiir.
Poeta (licit, niilites Graeros (ariiuitos) fiil-^ore aniinriim
olicaecari. Quaiiiquani Altins for(asse s(;ri|)sit armatum,
ut ipse ardor armatus dicatur. De geultiio armum if.
Cic. Or. 4(), 1.)5.
XIH. Lucifera lampade ixurat lovis arietem.
Priso. VI, p. H>)5 P. (.'45 Kr.). V. lovis iioiiiiuativum
essp ilicit Priscianus.
XIV. JJbi nunc terricula tua sunt?
Non. V. terriculae p. 227, ul'i rtlerc. ro<lil. lectionem
terriculata n-ite cmendavit, riisi forte svllalia ta e prae-
ceilenti la ppr öctToyciacpiav orta est. Vossius lua in
co<l(I. esse «lixit. Srriier. pro nunc voluit non Steph. et
Delrio ubi non terricula cita sunt ?
XV. Mürs amici siibigit , quae mi est Senium mutto
acirrimum.
Non. V. Senium p. 2.
XVI. Ad jnaestitiammutam infantium quadrupedum. ..
Non. V. mutus p. ',(. Item , ijuod legitur ante voc. ad
(Bothius itum), omisi.
XVII. — Scamandriam ündam salso sänctam obtexui
sanguine ,
Atque acervos älta in amni corpore explevi hostico
Non. V. amnem p. 192. Videas allitteratiunem in Scaman-
driam , salso, sanciam , sangaine. De salso sanguine
dixi in Ziuimeruianni diario tU38- p- b8-
lam (raguientis, quae ex Epinaiis. laudantur, collectis
de argninento videamiis. Fr. I Arhillis ira exagitatur,
fr. II de Hertoris et Aiacis rertamine (nisi forte de Acliille
et Hectore diniirantibus) , fr. Ill de Troianoruin impetu,
fr. IV de Hectore Graeros provorante sernio est. Unde
patet, induci aliquem Graerorum cladein euarrantein et
Acliiliem incusanteni. Quem Eurypylum esse vix dubitari
potest, ita ut rolloquium Eurypvli et Patrofli , cuius
fragmenta Cicero Tusc. II, 1 6 et 17 servaiit , fjuc per-
tineant, quae iani alii nostrae fabulac , Reizius vero apuil
Orellium IV, '2 p. (iOh e Niptris Pacuiii dcsumpfa esse
putarit. Nisi forte de fabnla Eurypylo (Arist. Poet. 23,
qui locus non sollicitandus est) cogitandum.
XVIII. O Patrocles , ad vös adveniens aüxilium et
vestr/is manus
Feto , priusquam oppetii malam pestem män-
datam hostili manu.,
Neque sringuis ullo potis est pacta proßuens
consistere,
Si qui sapientia magis vestra mors devitari
potest.
Namque Aesculapi liberorum saucii opplent
porticus ,
Non potis accedi.
Ad V. 5 cf. Or. 4li, 155. Ultimo versu cum aliis srripsi
potis pro potest. Locum ititerpretes non intellexnrant
multisque coiiiectnris rontaniinarunt. ^Vrba neque -
consistere a priusquam pendent, et illa si- potest ad pelo
pertincnt. (iuae terba apii<l Cireroiiem sequuntiir, Pa-
trocli sunt et continno Eiirjpvli orationem excipiiint:
XIX. Certe Eurypylus Itic quidem. Hominem
exen itum ,
Ubi täntum luctus cöntinuatur.
Post quidem eieci est. Fortasse contingat legendum est,
ita ut versus ita digeratur: Ubi tantum luctus contingat.
Cicero ita pergit, «t pateat, sequens fragmentum niiitiuuo
secutum esse. Vide quam non flebiliter respondeat. Ra-
tionem etiam adfert, cur aequo animo sibi ferrndum sit:
XX. Qui iilteri exitiüm parat,
Eum scire oportet, sibi paratam pi'tem ut par-
ticipit parem.''^
Non Video, cur cum Bentleio scribamus paratum. Allit-
teratio v\. parat pestem ^articipet ^arem continetnr.
Pergit Cicero: „Abducet Patrocles credo, ut collocet in
cubili, ut i'ulnus obiiget, si quidem liomo est. Sed nihil
vidi minus. Quacrit enim, quid actum sit:
XXI — Eloquere, res Argivom proelio ut se sustinet.
Eur. JVon potis ecfari täntum dictis , qunntum factis
süppetil
Laböris.^^
Bentleius priori versu voluit Argivorum. Patrocius nunc
deuium Eurvpylum in cubili collocat, ubi quum narratio-
nem continuet, dicit:
XXII. Quiesce igitur et völnus alliga.
Sod Eurjpjlus ita Graecoruni clade commotus est, ut
tacere nequeat , unde statim pergit:
Ubi fortunam Hectoris
Nostram acrem aciem inclmatatn
Ultima V. alliga ob sequentem vuralem corripitur. Sic
ditlicillimus Ciceronis locus recte explicatus videtur.
Fr. V, VI eins sunt, qui Acliillem implorat. Achilles
respondet fr. Vll. ftlorte Pafrocli commotus Achilles fr.
XV in pugnam inruere viilt, sed mater eum retinet, quum
arniis careat, novaque a Vulcano fabricanda promittit
(fr. VIII — XI). Quo facto Achillis impetus in Troia-
iiüs et cerfamen cum Hectnre fr. XII XIV describitur
(fr. XIII imago contiiietur, similis illi Iliados ;if, 2li sqq.).
Achilles redit et Patroclo iusta farit , quo perfiiiet fr.
XVII cf. II. l^), m sqq.). Fr. XVI refero ad Patrocli
cquos (II. p, 42Ö sqq.). Vides , quo omnia fragmenta
pertineant.
Ex iis, quae hucusque diximus, scaenarum ordinem
hoc modo dispusitum esse suspiramur. Eurypilus vul-
ncralus in Patrocli teiitorium pcrfugit, a quo Graecorum
clade narrata et vulnere obligato discedit. Patrocius
Achillem implorat, ut (iraecis auxilio veniat, et ab eo
nun sine dolore dimittitur. Chorus intercedit et niox An-
tilochus advenit, Graecos summo in periculo versari nun-
cians. Sed Achilles non conimovetur, quamquam omnia
mala metuens. Nuncio demum de Patrocli niorte allato
415
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in procliiim inniit, a inatre rpfciitiis, quod armis rareaf.
Qiiae (Hium nova attulit, ccrtamen iiiit, Troianos fii^at,
Hectorem ortidit, qiiod nuiiniis narrat. Achilles rediix
Palroclum , ciiius radatcr iiitrrim hustilxis crcjitiirii est,
deplorat. Mulla hie in iiiiam tra<;;(»Mliaiii coiiffpsla esse
non nefo , seil ros, iii fallor , cerlissinia est. IJiiitas <ra-
^oediae t-o roiisistit, (jiiod jiatet, Achillis pervicaciam ipsi
band uliiiora mala prooreasse , ijuam Agamemnoni. Cho-
rus e .Mvrinidüiiibus ronstitisse lidetiir, iieqtie possum ,
quill -^»riuidoiics AKii raiideni babeam Iraffoediam, quum
rix crociam , ideni arfunientuni liis pocfaui fraclasse Vi-
deanius fraguienta. Arhillis sunt ad Patrorliim diifa:
XXII. Qiiodsi, lii decuil,
Stares mecvm aut meiis maerlaret ti dolor,
Jamdiu i/ißiimrnarier nnvis vidissent suas.
Non. V. mertaret ( pro inerentem faceret ) p. 1 il sqq.
Maertnret i. c. maestum faceret. Te post miiertaret
addidi (Bothius post meus) et pro corrupto inßummari
et re scripsi inßainmarier. Aclrillos in <ira<ioiii- ad Pa-
troclum breiiter ilissiiliiim ruiii A;;ameniiioiie describit,
dicens, se nihil aliud farere , quam quod Ajfaiiipmnoni
ininatus sit. lluc pertiiioiit:
XXIV. Clftssin trällere in salitm
El vela ventorum (iniinae immitterc . .
•Non. V. anima p. 2i4 , ubi clussis pro lassis iam Sca-
liger conrecit. Cf. II. a , 16'.).
XXV. Regnüm tibi permitti malunt: cernam, Irudam
exercilus.
Non. V. cernere, ( rursum cederc ) p. 26 1 • t"f. 11. ß,
170 sq.
XXVI. Tua honistitudo Danaos decipit diu.
Non. V. ho7iestiludo p. \2'). Cf. II. «, 231. IMale cmcn-
danl decepit. Praetcrca Achillis sunt:
XXVII. Ego me jion peccasse plane osteiidam aut
poenas süff'eram.
XXVIII. jUf« facta in acie oblili.
XXIX. Tu pertinaciam esse, Antiloclie , praidictts,
Ego pervicaciam dio et ea me uti volo.
Nani , pervicacem dicis me esse , vincere
I'er/dcile palior; pirtinitccm nil mnror.
JInec fiirtis sequitur , i'llam indocti piissident:
Tu addis , quod vitio est, dentis, quod laudi
datiir.
Non. vv. sufferre , accusativus , pervicacia p. '.VH\, .002,
432 sq. Fr. XX\'1H iani >lcr<crius facta scripsit pro
fala et XXIX, 2 l''rut«rius ea pro a. V. ,i et ante
vincere oinisi. Bothius prius eincndavii et vincerem ,
nnper in 31uä. Rhen. V, p. 2t)0 id vincere. PatrocH
vidctur:
XXX. Solo equidem. Sed tu hut'c, quem scis , qunli
in te siet
Fidilitdte , olj f'idam naturam viri
Jgni.Hce.
Non. V. fidelilas p. IQ'I sq. lluic, ut rij)8e dvfini, mihi.
Patrncli aut Aiitilochi sunt verba a Nonio v. confidentia
p. 202 laudata:
XXXI. Iram infrenes , obstes aniinis , reprimas con-
ßdentiam.
Unain fabulain duohus nominihus laudari saepe ride-
nius , srd fortassc alii niinimc consontient , si fabulam,
qiiae Achillis nuniinc apud graniinaticos invenitur, quam
eaiidrni atque DJvrniidoni's esse iaiu ad Livii Andron.
fragni. p. 2i' dixi, huc portinore pnto , ita ut eadem tra-
gncdia tribus noniinibus ulalur, ab arnuniento, choro el
persona primaria desuniptis. At idem argumentum Achille
quoque cnntineri rix dubitari potest, ita ut alitcr statuere
nequoam. Accedant igitur Achillis fragmeuta:
XXXII. All sceptra iam ßaccent? Ferat.
Non. r. ßaccet p. 110. De Agamemuone Aniiloclio dicta
ridentur aut Patrodo. Patrocli aut Autilochi sunt:
XXXIII. Ne tum, cum fervat pectus iracündia.
XXXIV. Qua re dlia ex crimiite inimicnrum ejfügerg
possis , delica.
Non. rv. /ervat , delica p. 504, 'J8, 277.
ütut de IMyrmidouibus et Achille statuas, hoc certum
est, Attium Epinaijsimaclie liberc fabulam de Patrocli
niorte tractasse et sublimi modo, neque possum, quin
puiiein , eum Aesch^li trilogia, cui Arhilleidis nomcn
Wclcker adsignaiit ( Triliig. p. 4iO sqq.)» sua ratione
usum esse, nisi verisimilius esse credis, ignotam graccam
tragoediam Attium expressissc. Sed hacQ liactenus.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
lieilin. In der Versammlung dfs f^ereins für Erdkunde
am G. Apiil beiichlete Prof. Schubert aus Königsberg vou
einem im Mai v. J in Prenssen gcmaclilen böclist wiclitigen
1111(1 reichen Funde romisclicr Müii/.en ans dem zweiten Jalir-
huiiilmt cliristlicbcr Zeilrecbnung, welche den lebliaflcn Verkehr
beweisen, der in jener Zeit zwischen den Küsten des Mittel-
mecres und denen der Ostsee bestanden hat.
Darmstadl. Herr Oberlclner Dr Bainherger zu Urann-
schweig wiinscht den in ^r. 45 siebenden Vcrbessernngsvor-
scblagen zu dem Cborgesange in Euripides Helena das Wort
nverspälet« lieigcriist. Diese Vorscbiaije sind bereits im April
vorigen Jahres der Rcdaction zugikomnieu.
Die Bemerkungen des Herrn Professor Dr. Droysen in
Nr. 25, sowie die Abhandlung ,,Uebcr zwei Oden des lloraz"
von Herrn Dr. Diinlzer in Nr. l,3l. 132. des va!it;en Johr-
ganss sind ohne Schuld der Hrn. Verfasser zum zwcilenm.al
in unsei.M- /eilschrill erschienen. Die Sclnibl liei-'t vielmehr an
dem Manqel der r.egisler idjer die Jahrgänge l8.?6 und 1837.
Sclinii mehrfach ist an mich die Aufforderung ergangen, diese
I'.iiistrr naclizniiefern. Die Leskc'scbe Handhing würde diese
l'..Li.ii'r gern anfertisen lassen, wenn so viele Abnehmer sich
f.inlen, dass die Drnckkosten gedeckt waren. Da ■liesc Hand-
lung zuerst von der Miltc <\e.3 vorigen Jahres an den Verlag der
Zeilschrilt iibernonniien hat, so kann man ihr die unenrgeirliche
l.ieferiMig der Register für frühere Jahrgange nicht zumulhen.
Uebii^en" werde ich die l.eser durch Lieferung mehrerer Dop-
pelnumcrn im Laufe dieses Jahres entschädigen. .
Dr. K. Z.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Freitag, 3. Mai
183 9.
Nr. 53.
Henrici Düntzeri Symbolae Attianae.
( B e s c h 1 u s s, )
IV. Nyctegresia.
Notissinium est, nomen fabulae ex Homeri libro X
Iliadis (lesnmptum esse. (Cf. Fest. v. egrettus). Graeci
vvy.TSysgaiav dicunt. Cf. Sohol. et Eust. ad II. x, 1 ,
Bekkeri Anecd. p. 768, argum. Rliesi. Sed graecam
fabalam cognoniinem band iiii-enimiis , ita ut Dulorestein
et Epiiiausimacben romparantibus suspicio oriatur, latinos
poetas nora nnmina e lingua graera desumpta fabulis im-
posuisse. Sed videamas fragmenta :
I. Tun, quod supereat sucium , miltis lelot An lucti
poenitet?
Non. V, lucti p. 485- Mitiis cum significatione rolunta-
tis , ut saepissime xreivtlV (Hermann ad SopL. Ai. 1126»
Pbiloct. 1(104), niide facile Vossii coniectura mittes ca-
remus. Welcker in Zimmermann! diario 18345 p. 630:
„Vielleicht wurde ein Gegner des Plans angeführt, der
auf Rückzug drang."
II. — Aut ego ülum eripi'am aul tili poenas süfferaml
Non. V. suff'erre p. 397, nbi veteres editiones Nyptae-
greasia, Praegressia, Clijtaemnestra. Bothius in Mus.
Rhen. V, p. '^(31 - aut illum ego rapiam.
III. Illös suaple indüxit virlus ; tu laudem illorum
levas ?
Non. V. levare p. 336. Levas minuere vis. Welcker de
persona locum intelligit, quae Diomedi et Uljxi ad-
rersetnr.
IV. Cüius vos lumülli caussa nccierim , eo animum
udvortile.
Non. T. tumulti p. 484 , ubi eo quod parum divorti legi-
tur {quod glossema v. eo). Animum advortito s. advorlito
iam Steph. et Delrio posuerunt. Infeliciter Bothins : et
quid purem udvortile.
V. Ascendit aura Idlerum texta Volcnni vorax.
Non. V. textus p. 227. Vulgo scendit , cuius « v. Nt/c-
tegresia, quod praeredit, bausit. Aura cum Vossio pro
hora scripsi ( cf. Naevius bell. Punic. fr. XLII cdit.
nostrae : Volcani ßuvimam). lufelicissiuie nuper Bothius
in Mus. Rhen. V, p. 26" sq.:
lamiam ascendit horum laterum texta A'olcanus rorax.
VI. lubit nunc atlentdre, iul/et nunc nnimus ruspaii
Phrygua.
Non. V. ruspari (scrutari), p. 166, ubi iube et animo.
Mercerius , Scriverius, Bothius lubet. Nostram coniectu-
ram suadct Homeri locus — nam verba üiomedis sunt —
II. X, 220 sq. ifx öxQiivfi y.gaöit] v.o.i difioz dyi^viofj
ävSgüiv dv^i^iSvEOJv övvai aiQarov eyyix; iövra
Tgiöutv.
VII. Id, quöd facis, gratum et grave es.
^ion. V. grave p. 315. Agamemnonis verba sunt. Cf. II.
/., 2.')4. TvöeiSij, /Jiuuijds;, ijuß ysy^uoioftivt dif^ui.
VIII. Cuncta expedibo: id modo iusiurandi'cm dale.
Nou. V. expedibo p. 225. l'erba Diunicdis esse videntur,
qui postulat, ne quis amplius Achiliem precibus adeat.
IX. An ego Ulyxem obliviscar unquam aut quemquam
praeponi velim?
Non. V. accusativus p. 500. Diomedes Homericus (/, 242):
7iv)C, äv inniT 'Odt'otjOi iyo) dtioiu t.a9o'iin]v;
X. Classis adil , aggriditur , fervit ....
Non. V. fervit p. 503, ubi pro nostra coniectura aggre-
ditur legit Mercerius ocladitur , alii clauditur. Vossius
(uniecit: Clasais adilus clauditur, Bothius: ctassis adeo
vccludilur. Ilcctor classem adire, ai;gre(li vult; jani fer-
vet. Dcniquc ad nostram fabnlani refiro , quod Cicero
Tusc. III, 26, 62 adfert : „Iliuc ille Agamemno Home-
ricus ed idem Attianus
XI. Scindins dolore idenlidem intonsäm comam.^''
II. X, 15. Cf. lonis fragm. ed. Nieberding. p. 49 sq.
Quac fragmenta si accurate consideramus , patet , fa-
bnlam Attii legationeni quoque ad Acbillrui dcsrripsisse.
Fr. I aliquis ex Achille quaerit, an reliquos quoque
«raecos perdere velit. Cf. II. l, 435, 63U. Achilles
ironice dicit fr. II, utrnm nunc ad Agameuinona eripien-
dum accersor, an ad pocnam suflerendam ? Eidem dnces
Graecorum, qui nihil contra Hectorem possint (II. /,
346 sqq., TT, 74 sqq.), inridenti aliquis respondet fr. III.
Ilac legatioue prima continetur scaena. Tum poeta in
Agamemnonis tentoriuni sive a<l excubias nos dimittit,
ubi consilium, ut in trepidis rebus, habetur. Agamemno
proceres convocavit et incipit fr. IV, enarrans, quomodo
insomnis Troiauorum igiies viderit, strepitum eorum au-
diverit (II. X, 10 sq.) et omnia mala metuat (fr. XI),
ita ut, si Achilles auxilio venire recuset, aufugere con-
stituerit. Quamobrem a üiomede acerbe vituperatur, qui
419
420
iratus dicit, miuiine in uno Arhille salutem qiiaorendain
esse. Lpjjati reilciiiit. \pslor suadnt, ut spprulatores
in rastra Trojana mittant, quod Dionirdes recipit (fr. VI),
ronilitiune addita, ne amplius Ailiillem adeant (fr. ^ III).
Uivxes sociiim silii adiuiigif (fr. IX) et ab Againemnone
oninia fau^ta precanti diiiiittitur (fr. VII). Diomedes et
L'lTXem niiniine in sraenara redeunf, sed chorico caniu
praegresso uuntiiis rem enarrat , Hliesum cum suis uera-
f um , rastra roniLusta esse (fr. V). Unitas tragoediae fa-
file eo rernitur , (juod aemulatio et ira Dioinedem ad
magna» res pprticiendas excitant. Aon iiicpfe cuniicias
ad nostram falulam pertinere , quae Kouius v. labascor
p. 47.{ Attii nomine adfert:
XII. Sullum est ingenium tantum , neque cor tarn
feram ,
Quod nun labascutur lingua , milescat malo.
3Ierr. miliscat. Uoederlein. (Svnon. I, 132) voluit ao
milescat mala. Cf. II. i, i)\^o- Asyudeto illo oratio for-
tior fit.
Anecdotoii Hainburgense.
Ich entlehne diese Abhandlung einem Excerpte ans
einer Florentiner Handschrift, das sich unter den auf der
Hamburger Stadtbibliothek des 173^) als Pastor in Ilam-
harg verstorbenen Joh. Christoph Wolf verwahrten Papie-
ren findet , und dessen Einsicht ich der freundlichen
Mittheilung des dorfigen Bibliothekars, Prof. Petersen
verdanke. Wolt scheint dieses Excerpt von dem Dänen
Rogtgaard (■]- I72.i) erhalten zu haben, für den es ur-
sprünglich bestimmt war, laut einer Nachricht zu Ende
«leg Excerptes : In gratiam clarissimi, eriiditissimi huma-
nissimique ac nobilissimi viri, Friderici Rostgaard ,''ainici
optiini, e cod. Ms. XX.XIII Plutei LVII Bibliothccae
Mediceae Antonius Maria Saliiiig ei propter commiiiiem
erga litferas amorem ex propter egregii eins aiiimi dotes
devinctissimiis cxscribebat Florentiae A. D CIJ. I3C.
LXXXXVIIII. Vorauf stehen diese Worte: lloc Ex-
cerptum sine titulo praecedit Hephaestionis libellum de
nictris : E iiibliotheca Mcdicea ; dann folgt die gleich
mitzutheilende Abhandlung über die verscliiedeneii Be-
deutungen des Wortes a-/ijua; darauf folgen ziemlich
selbstsländige Excerpte ans den Schollen zum Ilephastion,
mit der Ueborschrift : sequitur ex eodein codice: /JcfKci-
OTIUJVUQ TTffji iisroiov. Der Cod. XXXLII. plut. 57 wird bei
Gaisford llephaest. praef. p. X neben mehreren derselben
Bibliothek als noch nicht verglichener angeführt ; ein
künftiger Meraiisgebcr des Ilephastioii würde jene Ex-
cerpte jpileiifalis zu berücksichtigen haben. Die folgende
Abb. über das Wort r3//y/(a ist Antwort eines Byzantini-
schen Philologen auf die Anfrage (dnOijio.) seines Kai-
sers, wie im Ev. Marci XV, 43.£/.i'>wv 'lü>0)](f' ö urco
'u4oiua^uia; , iiriyjjuujv [joukei'Ti'ji, das Wort ev-
0-/lji^(Jtli zu verstehen sei. Die Antwort ist für jene
Zeiten gründlich und gelehrt genug, dazu mit einer Zier-
lichkeit abgefassf, »eiche den Hofgelehrten erkennen
lässt. Die Citate habe ich genauer bezeichnet, soviel
sich beim ersten Nachschlagen davon auffinden liess:
7'() luv 0/ijuaioi uvijuu, (fikutMyvjraTe ö.vut,
öiuifiOQuji Ttauu Toig Tug küyi/.uq rix^ug ^Exiuvoiv
ttktjTtTat • äkkujc: jjlv yuQ rraQu. roig youfifiarixot^
ÖQÜ^szai, xai akkuj^ naoä Tuiq qiJtoqoi , y.al ertoui^
naou ToiQ fiadijiiaT/y.oig. y (} a flu r iy.o l fiiv yttg
ovTojg öpt'Ctad-ac ßoi'kovra/ , axijfia ksyovTsg eivai
keizsviv TioaörijTU vcp ' Iva rövov y.al sv TCvevfxa
ddiaOTctTWi; äyoftevuiv iv äiikÜTijTi ij övv9 eö£oi u
Y.al Staioetrai avxoi^ ei^ tgla, vtc, de to äirkovv,
TU oi'i>9eTOv, xai Tiaoaai'v-^eTuv '). ^iJTopoi Si;
ovTUii öpiCeraf Oxijiia kliyovaiv elvai tu fii) xara
(püatv ixrptpov ^) tuv vorv ^iijdl en' ii'Siiag, dkk'
SXTptTTov y.al itakka^ov rtjv diävoiav y.üofiov rivot;
Trjjrkcloet ij XQsia^ ivey.a '). y.al akkio^ Si avToi^
TovTo üpiCfTai*), dkk' t}fAiv ye dTiüxQtj yal oinag
Tipoi; d7tööeii;tv zou vvvl köyov, nki)v insl oi rotov-
Toi f/cj d xai TEOOapcixovTa. dia/porai zd zov pi]-
Topr/.ou köyov oxrjuaza, u)v za fxev öv.ztayaibey.a
Tiji ivvoiac, (faalv icvai, zd de komd zijjv ki^eojv,
eh] (i.v ö itQoaTtodo^eii; oQto/idi; zov ziji; euvot'ut;
axil/iaro;. ovy.ovp xal ö ziji kt^ecuq oiItoj^ avzoi^
dnodiöoTaf oxijfid kazt, keyovatv ^), ke^eujg e^dk-
ka^i^ zov ev ei^ei , y.ura ziva itkdoiv /.öofiov n
XQei'av zcvd rrdpexovaa zoli köyoii. Ttapa de
TO/'i fia^i] fiaz ixo tq O'/ij/id eazi TToid z/g zcSv
fiaS^ij j.ia.c ly.uiv oujfiaTtuv dno'Trepdrüiaig- fiadijfia-
Ttxov öe *") öuifia keyovatv itnat ndv zb eoxj/iia-
z/aucvov, oiov eazi zd ozpoyyvkov , zu zQi'yajvov,
zu zerpdyojvuv, xal oaa zotaiita, ci&sv xal Ilkd-
z 10 V '') zd S' azotxs'a TepicfepiJ dnyuazi^ojv xai
ev ö/acfupo/; avza nkazzet zuiq ox>'}uaar zijv jxep
yup yijv 6id zu eveöpuv *) y.al (ießijxbo, avzfjq xv-
ßueiSiJ keyei {edpaioi ydp ö y.vßog), zu öe tcvq dtd
TO dvu) (pepea&at xai elg 6i;l> dnohjyeev dito uka-
zeraq ßdoeiag TTvpafioeiSeg zidijai, xal zd koircd
ezepu»; axi^fiaTi^er. oxpoyyvka Öe avzd ziS^ezai
dtüri 6 oüpavoi; xvxku) (fepof^evog ireQizoQvevet zi]v
zovzuiv eJiKfdveiav. zovzo zoivvv zu itap' avzoig
ÖQiC,6fievov 0%//^/« xal eiti ') zi)v itoiöztjza dva-
(pepovoiv ex öia/oeoeutg Sc' eldog avTijg evotaxofievov.
et ydp xax' eveqyeiav i) itoiözijg ovaa,, (pijai'v, xal
iv'jze zekeiujTixrj e'ii] /iijze xaxujTtm) xal eTTinoki/g,
ei fiev inl dipvxuiv ein xal cfavraazujv , keyezui
oxijf^cti £1 8s kzi Sfit\)vx<Jiv iioQCfty (pavzaaza ke-
1) Ms. nuQfv&iTov. Wober diese Definition, habe ich nicht
finden können. Die Rede ist von den ay},iiaai nio/iiiri/j>,
V. Dionys. Tlir. Uranini. p. 03 j ; .Scli()li._^p. 850 Hekk.
Be
sj)le
le des
«X>l,"
ünloüt' u. s. w. liefen F.lym. M. p. 60.
IG; 26S, 50; 3tS , 8; 628, 35; 269, X Ein Anderes
sinil <lie oytiiiuxu (>r,iiui(i>y b. Tlieottos. p. l4'> Goeltl.; ein
Anderes die 'o;^»;,««!« (pguaeiiii; , worüber der Traclat dci
Ilero.lian.
2> IMs ixqifoöftfroy,
.^1 F.s ist dicss eine Definition des Rlictor Tiberiiis , s. Wal/,,
niiell. f;r. VIII p. 527, cf. VI p. 56,S; VII p, 901.
4) Verj;!. Wab. Rhett, gr. VI p. 81; 138; 568; VIII p. 426;
4'J3 11. a.
5) Derselbe Rbctor Tibcrius b. Wal« I. 1. p. 528, wo für
iiiuXitli; Stellt i-aV.uyi'i.
6) dt lehlt im Ms. Iloriiacb hat es oloy Int.
1) Tim. p. 55 D sqq. cf. p. .3i H.
H) .Ms tiiüimaxoy. VifUcicht ÜQuloy.
<:)) Ms. 1/71(1.
421
yovTBi; TU. f4a9t]fiaTty.a irdvxa otov rQi'ywva, xvy.kovg
xai To. XntTTu. TÜiv axi]f^ÜTU)v raira yaQ sv iiüvij
trj (favxaoia to dvai t/f/ , vAbv%a öl Xi^ovq y.ai
^i'kovi- TU yug (fuvtaoTu. ijxoi tu a%i]fiaTa iv
äipi'xoii yivüfiEva- Tiuiel avxa tohIj^Ss diay.siaSai
y.axa xao, tujv axijf^ÜTvjv Öiucfopiiq, int ifiipiXuiv
de WS eni nävxojv tujv ^owjf ■ t) yap //o()(fij^ nt^i
fiövijv &EuiQ£tTai Ttjv inicfäveiav. Tu fuip ovv y.v-
(iiujq y.ae y.axa dhj^eiav Xsyöiievov oxfJM'^, t^oitu
£0X1, dijkadi) to na^a fia^ijfiUTtyoii 6oiC,ofiEvov
TO. ya^ nuQu TOtg y^iUfAf^iaxr/.oii y.ui ^tjxoQOi y.axa-
XQi]Oxty.u)X£^ov EiQi^xai oxij/mTa Öia xtva taux; dva-
Koyiav Ttjv TtQog aüxo' iy, d£ öij xovxov yaxu fie-
ra(fOQuv y.a'i £7v' dXXuiv nol.küiv yai dia(po()vjv
TtgayfiÜTojv to tov axijftaTOi övoiua^ (fEQBTaf t)]v
T£_ ydij Qeaiv xui tu oiov ilnstv £tdog Tijg om;
oiif ;^ci)'pac '; TToKEuji axijfict- y.oXovoiv. 'A^iotel-
öi^q iv navaßiivai'xm. „Tovto Se oxij/iu xcci
Tavxjjv Trjv i^EOiv Ttji; ;(;w'pa« Exovaijc,^'- '"), y.ul av-
d^ig „Mgitso £v y.oknuiv rivujv dakaTTiujv axijf^c-Ti
ötEckXj^fif^Evuiv*' ") XiyExai öe xavxa navxa oxi]-
fiUTa dtd t6 iaxrjf^taTiadcu Ttujg xaTcc tijv 9eolv.
'AqiG X ox ikij q ÖE y.ai xug ix xiuv ypafi/KJjv xoiagös
i; TOidgÖE Tiov oi'kkoycoTtXüjv ^lE^öduiv exi^tCEtg
xdjv ooojv axiJi^iUTa xakttv eiui&ev eoti oxjjua. xai
ij vnuxoioig , dcp ov xo oxi]f^i-aTiC,of.iai dvTi tov
TTQogZoioiijxai xai vtioxqIvouu.l' eoti ye fj,ijv xai
£7li dt;iag xai Tui;Eu)g, in i dl^iag i.iev ojg xo „'Akk'
oTt EO'j>C,ov avv xakui to) oxijua.xi'-'-, o eoti ttj
d^i'ec ini TatEojg, cög xo „Ovx iv Kuqujv ox'j/i-aTi
xai fioiQa 9Q£ip£iv avxovg vZEkdfißuvEv.'''' ov f.trjv
dXkd y.ai Tag tujv nokixEnuv xaTaoTuoEig xai Ta
Eiöi] ax^'jftccxa y.akEiv Ei'oi^Eoav „ngog yo.q tu. Ox'j'
jjaTa Tuüv nokixEtojv oi/iai xai xoiig fiiadovg elxog
eivai" (fijaiv 'AQiOTEi'örjg, y.ai av9ig ,;dkkd to
xotvov ax'jua Tijg noktTSiag itETu^ojv^'' , o ioTt to
elSog avio. xai fxtjv xai 6 xakkuntia^og oxijf^f-a ke-
yeraf ö avxog iv tio vtieq tojv ö' '^) „oxr/jia Tijg
nokEujg ijv IlEgtxKijg'^, ijyovv xüojiog Tig i) uigaiö-
Ttjg. EixoTcug öt avTuv G/ijua xaksi Tijg nÖKEojg-
lüg yd.g to oxii^u, tuvtov d' e/tteiv to EiÖog dögia-
Tuv ovoav TIJV vkijv xa9' avxijv y.ai dvEiÖEov xai
doxijudTiOTov y.ai äxakkij Eig xd^tv xai xdkkog
xai oxijßa iiTEigekdov ijyaysv, ovxaj Si) y.ai IIeqi-
xkijg xoig TUJV 'A^rjvaiujv it(jdyiiaaiv ETtiOTag nok-
kijVTijv TS dopiOT/av y.ai ovyxvoiv xai diiogffiav
Exovoiv Eig xd^iv xai Eiöog xai oxfjfJ-a ETCiardg
ijyayEv, xai öid tovto E/xoTujg xai axijiua Tijg tco-
kEUjg dv ö TOiOL'Tog xakoiro . ov fiuvov öe xa9'
iavTijv ij keSig xooavxa y.ai ini Trkeiuj tovtujv
oijiiaivEiv (faivETai, d öid to Ttkij^og xai oeoiuj-
TCijiai, dkka y.ai fisxd TTgogkijipEujg äkkujv x/vojv
TUJV xov koyov uuQtujv xug avxdg y.ai Exigag dva-
SifExai ai]fiaaiag, olov itoüoxijfia kEyExa.i xai ü
xakkujrciouog, uig vragd 2 o cfoxkEi ") „XEivog ydg
10) P. 156 cd Dinilotf, wo toDto äi to ayrJKu.
tt) P. 161 e,l. Bind. "''
12) P. 161 Dind.
13) Electra v. 681.
422
ikSwv eig ro xketvov xijg 'EkkdSog Trgöaxijf^u". ki-
yexai xai i) ngöcpaotg xai xu oiovsi itgoxdkvuua..
Qovxvöiöijg „TO aüjcpgov xov dvdvdgov ngöoxT)^^
uiaavxujg öe xai Evoxi]/iog xai £voxi][iujv xai tvaxii-
fiövujg fjExa xijg xov ev /togtov ngog^ijxijg, uJoTifo
EvQtnidsi ") „(/ Ö£ xai 9vijaxova' o/nujg Tiokkiiv
Tigovoiav EtXEv Evoxijfjojg TtEotiv", xovx iaxt tijv
TOV ouj/iiaTog Ttxujaiv xonf^iiav xivd xai xExayuiviw
Xai EVTiQEni] yEVEodai icpgovTiLETO ydg EiiaxiHiöv
xai nkaxujv dvxi xov xorsftiov eiuj9e kaußdvs/v
ojg ini XU Tiokv , ö&Ev xai AgioxEiöijg ix xoiav-
Tijg Tivog TOV nkd.xujvog k£i;£ujg ÖQ^nüf^iEvog toiovSs
Tivd TikEXEi avkkoyioiiov ovkkoyiCfxai ydg ovxoj-
niv „Ovxovv Toig ys 'Adijvaiuig tinxijiuövujg xavTa
iuQdxTETo . El öl svaxijfidvojg xaTa tov aov koyov,
öijkov oxi xai xExayjiEVujg. Et öl TETayfiivujg, yai
xoofxiuig'-''. Ena ovftnEgaivujv iiidyEi „xoOfxiujg dga
ijyov avTOvg oi XEXoofiijxoxEg.'-^
Tooavxaxöjg ovv xov oxi'jftaTog kEyofxivov xutu
TO TEkevTaiov tovtov oijiiiaivofiEvov Einoi Tig dv
äfjfxoSiujg TOV 'Jojoijcp £vapjf.iovo. }.lyEa9ai, tovx'
ton xooniuv riva xai EvkußiJ y.ai aojcpgova y.ul
:igog nuaav ti]v tov ij9ovg xa.xdoxaoiv xakuig
ioxijf^axiaiiEvov. wiTisg ydg dv Evxgonog dv9guj-
71 og ksyexai ö xo ij9og exojv Eig ev xEdgafif^ivov,
tov avxov örj xgonov xai Evox^Jl^oJJf ay gijdEi'r xig,
ü xa ij9ij xai xovg xgoTiovg iiri xo e'v exujv eoxe-
uaTiOf^iEva xai otov EiTlEtv ElÖoTTETCoirjf^tva. xovxo
ÖE y.ai ix xijg d.vTixeij^ilvijg xuj övöiian ki^Eujg
yvot'ij xtg av ovxujg ix^^' xay.(jaxii/.iov yd.g ei'ujda-
iiEv ksyetv TOV dxökaOTU i}9ij txovxa. xai f.iujgd.
ulk' oTi fiEV 6 'lujoijcp Evoxijl^icjv ngoiijydgevTac,
TÖ-xa dv xai dkkog TgoTiog cigEdEii] , n Tig CifkEiv
ovx UJXVIJOEV TlEgi TOVTOV. ukk' l'jfilV ys TOOaVTU
Ei'gijoduj TU vvv. d.TrogijoEiE ö' dv xig xai dxov x*^-
giv jjovov TUJV dkkwv evaxij/^iova tov 'lv)oij(f ugog-
EJgijxEv ö 9Elog ovTog EvayyskioTijg, xai xaixa xvjv
dkkcuv diroaxokujv tujv te ix xov xogov tujv öuj-
örxa y.ai xujv komuiv , öijkaöij xujv ißöoitijxovxa,
mv xai ovxog £ig Eivai evÖ^iQexo , xijv öfAoiav /}
y.ai nksiova Evyvujiioovvijv ETTtÖEitdvxujv UEgi xov
y.vgiov ,^Ttgo xe xov nudElv. xai fjExd- xo ~rd.9og .
toxiv ovv eItieiv u'jg iitEi xov 'lujoijcp nokixixov Tiva
rjÖEi xai xoig TToktxixotg awExujg ivEikoi'jisvov
Trgayuaai (ßovkevxijg ydg ijv , (fioi), xovxov evexev
uTtoöiiOTug avTov xujv d.kkuji xujv TtEg'i lavxa
doxohjßtEvujv Evoxi'jfiova ngogijyögEvoE, xovx' ioxiv
oi'x ofioiMg xd ijdij xai xovg Tgöiiovg öiECfdo.gfAE-
vov xaT Exeivovg ovTa- novijgoi ydg ujg iiri nüv
oi TikeiOTOi TUJV TOiovTujv xu-i dxokaOTd Tjva. y.ul
ixu^ia Td xovxujv i]di] xai oi xgorcoi. iv' ovv fiijxig
avTov vof.iiaEi£v ujg Icpijv UEgi tovto, y.ai fjovov
di'kovoTi TIJV TOV xvgiuy.ov ^ auj/Liuxog aixijotv xijv
iniEixiiav sn'iÖEtid/tEvov xdkku öf.ioiujg ixeivoig
iXovxa TtEgi tov uTtavTa ßiov, ÜTrdyujv avxdv xijg
Totavxijg xujv 7rokixevof.uvujv öolgijg, xuvxijv inoiij-
Oaxo xijv Tigog9ijxijv, /uovovoi'xi kiyujv tov iniEixij,
14) Uecub. V. 564. Die Mss. haben zum Tlleil ivaxtun'irat; ,
doch s. Mattbiae /d h. 1.
423
lüi/ uiToiov, Tov avvioxakuevov , zov Tiegi Ttdvva
jov Iji'ov avToü y.öafiiov ziva y.cu auicpoona y.ai sü-
raxTov äi/acpai/ivTa, v.al Si^ y.ai piiv Ttokkijv xtjv
evyv<JDfioovvi]v y.cu xi)v itiaiiv tieq'i top dtöaoxakov
ei:iS£i^äuevov öis oi Konvoi tüjv ftadi/Tiuv dcpsvTSi
ai'TÖv af.Ao^ äXkoae cpvyadsg eyspovro' xavxa
yao rrdvxa y.ai xd xotavxa xi)g ke^eiuq eaxtv dxovetv
jqÖtiov xtvd aivixxousvtji.
Ta fiev olv naqd xtji tjfxexegaq TtruiVixfj^ Sia-
poia; TtQOi xijp xov dnootjU^epxoq aoi kvaip, dsui-
xaxe dpa^, xooavxa- ovSe ydg rjv eixoq ovSh
xpoi x^s i']^£x£Qa(; evyptofxoavpijst '}*' Ttsgi xijp
0}]P evuepeiap ucpsikouep , dxtj/Aekciji; SiaxsdiJ-
pa( Tteoi xi)p ") xoiavxijp ötLrayijp, ei xai fj.ij
Tiooi ijf^di dpTCx^v^ xd xotavxa '*) jtQoqxixa-
y.xai. oov d' ap £ii] xai xiji aiji (pikapdQuiitov
ipoxiji Eoyop s'i xi firj TiQoi etto^ xd Toiauza ke-
LE/.xai, ovyypdjpai i)ij.ip xai fti) finkköp ye oijustop
rr^ortexsiaq xipoi xai av9aÖ£iai; x6 Tiaoop t'jyijaad-
d-ai xokuijua ^ x^x^jitjotop svpoiai; xaS^aoäi; xai
dxaTCTjkevxov , Trapxa Jtoietp ouod-ai exscp TtoSov-
a/jp xd Tiapd oov y.eksvöuepa, dp y.ai vitSQ övpa-
fjiip avx)Ji öpxa xvyj^apet.
Kiel. Preller.
Personal-Chronik und Miscellen.
SoDclersliausen, im März 1839. Dem neuesten Jaliresberichle
über die Schulen der Stadl Sondcisliauscn , /.ur Ankündigung
der Prüfung ries Lj'cciims, den 18. Mar/. 1339, lial der Direc-
tor desselben. Fr Gerber, eine Abhandlung über die Ode
des Horaz 1. 28. vorausgeschickt. .Aus den Schulnachrichten
theilen wir Folgendes als das Wesentlichste mit. Im All;;emei-
nen erfreuen sich summtliche. in jener Stadt blühende Schul-
anstalten eines gedeihlichen Fortgangs. Eine belobende Aner-
kennung verdient hierbei der rühmliche Eifer der Oberschul-
behörden, welche die Lehrer in ihrem Wirken auPs kraftigste
unterstützen, am meisten aber das in der That seltene Beispiel
des Fürsten von S<;h«ar7. b urg-So nder sUauscn , der den
Schulen ,nicht bloss überliaupt fortwährend seine .Aufmerksam-
keit schenkt, sondern auch in der Regel den Prüfungen aller
Klassen in eigener Person beiwohnt, um sich selbst von dem
Stande der Schulen zu überzeugen und von Allem Kennlniss
7U nehmen, was an demselben noch mangelhaft ist und einer
Abhülfe bedarf. Für Vermehrung des Scliulfonds, sowie dei
Mittel zur Vervollständigung des Lehrapparats zeigt er eine
wahrhaft rürstliche Freigebigkeit. Unter einem so wohlthatigen
Einllusse heben sich denn «lie Schulen dieser Stadt immer mehr.
Das Lyceum nebst der dazu ßchörl.;en Realschule zählt
jetzt 83 Schüler, also 6 mehr, :ils im vorigen Jahre. Es be-
.stehl . mit der Realschule, aus 6 Klassen. Die ordentlichen
Lehrer desselben sind: 1) der Director Fr. Gerber; 2) der
Director Fr. Hölzer , als Director der Realschule; 3) der Ober-
lehrer Zeilfuchs; 4) der Oberlehrer Dr. Kieser; 5) .ler Col-
laborator Gobel; 6) der Dr. Zange, als Lehier der fr.inz.
Sprache; 7) der Hülfslehrer Lutze. Ausserdem wirken noch
5 ausserordentliche Lehrer an dieser Anstalt, unter welchen
15) Ms TT)' CKuriJf
16) Ms T« IKl'td.
424
sich auch der in der gelehrten Well rühmlich bekannte Herr
v. Bluiuroder, als Lehrer der Mathematik in Prima, befindet.
Da die Realschule immer mehr an Umfang gewinnt, so soll
eine zweite Klasse für dieselbe errichtet und ein neuer, ordent-
licher Lehrer angestellt werden. Um den nölhigen Raum nicht
bloss Tür diese neue Klasse, sondern auch für die Quinta des
Lyceums, sowie überhaupt Tür die zum Theil überfüllten Bür-
gerschulen zu gewinnen, ist von der Oberschulbchürde der An-
bau eines neuen Flügels an das alte Scliulgebäude für diesen
Sommer anbefohlen worden. Auch eine neue Lehranstalt ist im
Laufe des vergangenen Schuljahrs in's Leben getreten , — eine
Sonnt agsgewerbsch ule, die den Zweck hat, den Lehrlin-
gen und Gesellen der verschiedenen Handwerke, sowie insbe-
sondere den Bauhandwerkern Unterricht in der Arithmetik und
Geometrie, im freien Hand- und Bauzeichnen und in schrift-
lichen Aufsätzen zu ertheilen. Ueberall zeigt sich also hier ein
reges Leben und Wirken für Förderung des Unterrichtswesens,
mit welchem besonders eine löbliche Rücksichtsnahme der Leh-
rer aut den Gesundheitszustand der Zöglinge verbunden ist.
Denn sie überladen die Schüler nicht mit Lehrstiinden, so dass
denselben noch Zeit genug zu Privatstudien und Bewegungen
in der freien Luft übrig bleibt. Für diesen letzteren Zweck sind
auch regelmässige Turnübungen angeordnet, welche im Som-
mer mit botanischen Sp aziergii n ge n absveehseln.
Bonn, 27. April. Der Lectionskatalog für die Sommcr-
vorlesnngen enthält von Professor Delbrück ausser einer Ab-
handlung über die Rolle, welche Aristophanes im platonischen
Symposium spielt, die interessante Nachricht, dass die im 49.
Bande der Göthe'schen Werke beflndlichen : Wiederholte
Spiegelungen auf keinen Andern, als Professor Näke gehen,
der wahrend einer Ferienreise 1822 Sesenheim besucht, dort
über die von GölKe erwähnten Localitäten und Personen Er-
kundigung eingezogen und aus seinem Tagebuche eine niedliche
Abhandlung verfasst habe, die später einmal dem Dichter zu
Gesicht gekommen; ferner zwei von ihm übersetzte Epigramme.
Wir bemerken ausdrücklich, dass jenes Programm von Professor
Delbrück herrührt, weil die Blätter für literarische Unterhaltung
es irrigerweise A. W. v. Schlegel zugeschrieben haben. Letz-
terer hat aber bei Gelegenheit einer Promotion in der philolo-
gischen Facultät, deren Dekan er gegenwärtig ist, eine anspre-
chende Schilderung des Verstorbenen gegeben. Philologische
Promotionen waren am Ende des verflossenen Semesters zwei,
eine von Philipp Humpert, der eine Dissertation de cis'itale
Homerica (46 S.) geschrieben, die andere von Heinrich Schol-
len mit einer Abhandlung Tkucydidis de repuhlica sententiae
romparalione Poliücorum Aristotelis illustratae (42 S.). Nach
Helnricb und Nake hat die Universität einen neuen Verlost
durch den vor einigen Tagen erfolgten Tod des Prof. Win-
dischmann erlillen, der noch kurze Zeit vorher einen seiner
Söhne, welcher früher hier docirt hatte und zuletzl Prof. der
Anatomie in Löwen war. verloren hatte. Aus der juristischen
Facultät ist Arndts, der einen Ruf nach München angenom-
men, nachdem er kurz vorlier einen nach Breslau erhalten,
ausgeschieden, aus der evangelisch -theologischen ist Rhein-
wald entlassen, un<I Redepen ning wird einem Rufe nach
Göltingen folgen. Professor Rilschl, der an Nake's Stelle ge-
kommen, ist angelangt. Von Welcker ist erschienen: Die
griechischen Tragödien mit Rücksicht auf den epischen Cyclus
geordnet. EVste Abiheilung. Bonn (als Suppleuu'ntband zur»
rheinischen Museum für Philologie) 1839-
Rom. Am 22. März starb dahier, 82 Jahre alt, Munsignor
Bellenghi, Erzbischof von Nikosia, einer der gelehrtesten
Naiur- und Allerthumsforschcr. Er war Präsident des philoso-
phischen Collcgiuins der römischen Universität und Mitglied .
der Akademieen.
Sagan. Am 13. März starb der Professor Scholz. Pro-
rector des hiesigen Gymnasiums , 47 J. alt.
Zeitschrift
für die
Altertliumswisseiischaft.
Sonntag, b- Mai
1839.
Nr. 54.
i) Die Verfassung des König» Servins Tullius als Grund-
lage zu einer rümischen Vcrfassungsgeschich(e, ent-
wickelt von P. E. Huschke, der Phil. u. d. Rechte
Dr. u. d. letz. Prof. an der Univ. in Breslau. Hei-
delberg Mohr 1838- XIX und 734 S. gr. 8-
2) Die Verfassung des Servius Tullius in ihrer Ent-
wickelung. Dargestellt von F. D. Gerlach, Dr. d.
Phil. , Prof. d. alt. Lit. an d. Univ. zu Basel. Basel
Schweighauser 1837. 43 S. 4.
3) Disquisitio de Romanorum Comitiis autore P. van
der Velden , Mag. Dr., in regin. naval. milit. schola
praecept. Pars. 1. de Com. Curiatis. Medemelaci
Vermonde 1835. VII und 93 S. gr. 8-
Erster Artikel.
Nachdem sich Hr. Huschke in der Vorrede gegen
den Vorwurf der allzngrossen Ausführlichkeit damit ver-
theidigt hat , dass es sich um die Verfassung des ersten
Volkes der Erde handele und dass die Verfassung des
Servius Tullius ein bewunderungswürdiges Gebilde der
politischen AVcisheit sei , wendet er sich zu zwei Haupt-
punkten seiner Methode, nämlich 1) die Quellenbenutzung,
2) die philosophische oder richtiger physiologische .4uf-
fassung der alten Institute betreffend. In Beziehung auf
das Erste erklärt Hr. H. , dass er sich in seinen For-
schungen genau an die Quellen gehalten habe, und dass
er im Dogmatismus so weit gehe , Romulus und Tatius
als histor. Personen anzuerkennen , die Zeitrechnung für
wahr zu halten u. s. w. Die skeptischen Grundsätze
seien , sagt H. , viel zu wohlfeilen Kaufs entstanden und
verdankten ihr Ansehen nur der allgemeinen Richtung
der Zeit und dergl. — Doch wie wäre möglich, dass die
Bezweiflung der altrümischeu Ueberlieferungen aus dem
Geist unserer Zeit zu erklären seien — haben doch auch
schon in andern Perioden grosse Männer an jener Rich-
. tigkeit gezweifelt, und wenn Niebuhr als Repräsentant
dieser Tendenz gelten soll, so dürfen wir behaupten,
dass er in jedem andern Zeitalter dieselben Prüfungen
angestellt haben würde. Von dem umwälzenden Zeitgeist
Hess er sich keineswegs fortre-ssen, er war vielmehr des-
sen Feind und folgte nur mit tiefer Trauer und aufrich-
tiger Wehmuth dessen Fortschritten. Ebenso wenig dürfte
es recht sein , diese historischprüfenden Bestrebungen
mit einer Tendenz in den theolog. Wissenschaften zusam-
menzustellen, wie Hr. H. thut. Jeder denkende Alter-
thums- oder Geschichtsforscher wird vor Allem die Echt-
heit der Quellen und die Wahrheit des Ueberlieferten
prüfen; vorzüglich aber nach einem so erhabenen Bei-
spiele, als N. gegeben hat; ja, es würde ein wahrer Rück-
schritt sein, wenn man alle Resultate dieser tiefen Stu-
dien mit einemmal aufgeben und so weit zurückgehen
wollte, als es Hr. H. wünscht. Auf der andern Seite
wollen wir auch keineswegs alle skeptische Forschungen
N.'s billigen und nie möchten wir den historischen Bo-
den der Sage verkennen, obgleich es leichter ist, das
Vorhandene zu zerstören, als wahrscheinliche Vermu-
thungen aus den Ueberlieferungen zusammenzusetzen.
So wird die Existenz des Romulus ein stets bestrittener
Gegenstand bleiben und die Ansicht, nach welcher er
die Personification und abstracte Bezeichnung der ältesten
Zeit und der ersten Einrichtungen ist, würde ebenso
schwer zu widerlegen, als zu beweisen sein. Mit einem
AVorte, wir haben dort noch keinen bist. Boden, keine
hist. Zeit und können daher nur mit der grössten Vor-
sicht über Staatseinrichtungen, Gesetze etc. urtheilen,
keineswegs aber sichere Unterscheidungen zwischen Ro-
mulus und Tatius, Romulus und INuma oder zwischen
deren Anordnungen aufstellen. Zwar behauptet Hr. H.,
die histor. Epoche beginne mit der Gründung der Staa-
ten und da sei zuerst bewusste geschichtliche Erinnerung
an die Stelle mythischer Dichtung getreten. Dass dem
aber nicht so sei , beweist die in fabelhaftes Dunkel ge-
hüllte Geschichte der Entstehung aller Staaten des Al-
terthums, und hätte man damals schon an die Aufzeich-
nung merkwürdiger Begebenheiten gedacht — was ohne-
hin dem Kindesalter eines jeden Volks fern hegt, — so
würden wir unzählige schöne DIchtnngeu entbehren ,
welche nur durch lange Ueberlleferuiig und allmähliches
Hinzusetzen im Munde des Volks entstanden. Die schöne
poetische Erzählung von der Geburt und den mannlch-
fachen Schicksalen des Romulus würde dann ganz nüch-
tern klingen und die mystischen Berichte von dem den
Göttern nahe stehenden Auma würden ganz anders lauten!
AVenn aber Hr. H. , um seinen Glauben auch Andern
mitzutheilen, behauptet, dass sich aus der Königsperiode
Dokumente erhalten hätten, und desshalb auf die bekann-
ten AVorte des Liv. (VI, 1.) pleraeque inieriere verweist,
so hätte er billig einen Unterschied machen sollen zwi-
schen den fünf ersten und den beiden letzten Königen.
42:
428
Die ersten vier oder fünf {irliorpn der mit Mvthen ver-
mischten und dnrrh dieselben unkenntlich gemachten
Geschichte an, in »elclier keine sichere Anfzeichnnngen
vorkommen , denn «enn auch ein paarmal iler;jleiclipn
erwähnt »verden, so liaben wir keine Beweise für deren
spatere Erhaltuu«;. AVo sind denn die focdera oder die
Iieil. Scliriften, die, wenn sie jemals vorhanden waren,
nur Formnlare gewesen sein mögen, hingekommen? Wel-
cher ScIiriftstcUer bezeugt, das Original oder unverfälschte
Abscliriften gesehen und benutzt zu haben? Wie verstän-
dig und behutiiani drückt sich nicht Tac. Ann. III, 2(i.
über die A'erordnungen der einzelnen Könige aus, unter
denen er einen scharfen Gegensatz zwischen Servius Tul-
lius und seinen Torgängern annimmt. Dieser ist eine
«ahrliaft histor. Person und von ihm mögen sich glaub-
hafte Uiikumente erhalten haben. — AVenn sich aber
Hr. H. im Allgemeinen auf die leges regiae im ins Pa-
jiirian. beruft, so ist dieses Gesetzbuch keineswegs ausser
Zweifel gesetzt, denn wenn es die alten Schriftsteller
wirklich gesehen und benutzt hätten, so würden die
iVachrirliten darüber nicht so abweichend und zweideutig
sein. Aus dieser Divergenz gelit klar hervor, dass in
der Augusteischen Zeit jene Sammlung, wenn sie früher
wirklich existirte, nicht mehr vorhanden war, oder dass
vir sie nur als ein späteres Machwerk ansehen dürfen.
A ergl. H. E. Dirksen's Versuche p. 231 sqq. und die
Recension des Hamburg. Programms : de originibus histo-
rias Rom. etc. scrips. C. Petersen in dieser Zeitschrift
l'<55, >'r. 91. 'y>. Der Annahme, dass sich alte echte
L'rkundcn erhalten hätten , stehen auch andere Schwie-
rigkeiten entgegen, namentlich die Betrachtung des alten
IMaterials. Das 3Ietall war zwar dauerhaft, aber kost-
bar und schwer zu bearbeiten, das Holz war sehr
vergänglich und ging im Gall. Brand zu Grunde. AVenn
aber auch ."Manches nach dieser Katastrophe wieder auf-
gezeichnet worden ist, so muss man doch die Glaubwür-
digkeit der Priester und Patricier sehr in Zweifel zie-
hen , w eil diese bei der Restitution alter Urkunden ihren
Aortheil und die Prärogativen ihres Standes, weniger
allgemeine Aufbewahrung vaterländischer Denkmäler vor
Augen hatten. Hätten aber auch diese im Ganzen recht-
lich und gewissenhaft gehandelt, so ist doch das Beneh-
men der röni. Historiker nicht ohne Tadel, denn dass
diese die alten Ueberreste leichtfertig benutzten und nicht
IjIoss vieles Falsche wieder erzählten, sondern die Zahl
der Fehler nocli vermehrten, ist längst bckaimt. Auch
war man in sp.'ilerer Z<-\1 geneigt, dein, w.as als alte und
ehrwür.lige Ueberliefernng überhaupt bekannt war, einen
bestimmten Platz anzuweisen und es theils in die Königs-
periode im Allgeniciiien zu versetzen, theils einzelnen
Königen beizulegen, was Juristen, Gcsctzausleger und
Geschichtsschreiber ebenso gern thaten , als die Tra-
dition.
Ein zweiter wichtiger Gegenstand ist die pinjsiol.
Aujfassung Hrn. Il's. Kr erkennt in allen Dingen in-
nere .\othwendigkeit und einen tiefen rationellen Zusam-
meiihang, nicht bloss im Leben des einzelnen .Alensclien,
sondern im ganzen Dasein überhaupt und in allen Völ-
kern. Die A'ölker wie die .^Ieiis( hen sollen denselben
Eutwickclangsgesetzeu genau entsprechen, indem das A'olk
als Gcsammtmensch befrachtet wird. Der Mensch , sagt
Hr. H., sei nur frei mit seiner moralischen That; seine
Gebnrt,seMi Geschlecht, Alter etc. hänge von festen Gesetzen
ab, ebenso seien die A'ölker an ahnliche Gesetze gebun-
den und ihre politische Einrichtung sei Nichts, als der
Ausdruck des- natürlichen Organismus, und so unterliegen
diese der innern ratio auf gleiche WeiSe , wie der eia-
zelne Mensch den physiol. Gesetzen. In dieser physiol.
Staatenauffassung (natürlich nur von Rom) betrachtet
Hr. H. die 7 Berge Roms oder die 21 und 25 Tribus
als Gliedniassen des menschlichen Leibes; ja, Rom soll
mit einem kleineren Septimontiuin (Palatiuin, A''clia,
Snbura, Germalus, Oppins , Cuelius und Cispius) begon-
nen haben , sowie der Mensch mit seiner Geburt sein
einfaches Leben nur in 7 Organen ausdrückt (die beiden
Augen, Ohren, Nase und Mund, der letztere entspreche
der Snbura, die Nase den beiden einzigen Höhen!!); im
A'^erlauf der Königszeit habe sich das polit. Leben im
fortschreitenden AVachsthum in 7 grössere Organe ent-
wickelt (Palatlnus, Tarpeius , Cociius , Aventinus, Qniri-
nalis, Exquilinus und A'immalis , entsprechend den leib-
lichen Organen der Hände , Lenden, Füsse und der Zea-
gungstheile). Beide Siebenheiten werden wieder als eine
zusammenwirkende sich durchdringende Einheit betrach-
tet, ebenso in den Organen des Hauptes und Leibes,
worüber p. lOQ sq. zu lesen ist: „das Entsprechende der
drei leiblichen und drei geistigen Organe ist nicht zn
verkennen — schon in der äusseren Bildung, indem die
Augen und Hände vor»värts , die Ohren und Lenden ab-
wärts, die narcs und Fnsse wieder vorwärts gekehrt und
auch viel enger zusammengeruckt sind ; ebenso und noch
mehr aber im innern AVesen, indem Augen' und Hände
das geistig activste , umfassende, sondernde und ergrei-
fende Princip sind, Ohren und Lenden (Hören unil Sitzen)
nur auf passive AVeise , im Üebrigen aber auch noch un-
mittelbar (dein Geiste — Leibe) aneignen, endlich Nase
und Füsse zwar wieder activ, aber in die .ictivität selbst
aufgehend ihr unterworfen sind und dem Geiste oder
Leibe nur noch mittelbar zugehören; so dass sich die
drei Svsteme überhaupt wieder verhalten, wie Geist,
Seele und Leib. Das Schmecken und Fühlen — haben
keine selbstständige Organe, soudern gehen als unter-
geordnete Functionen in Organen auf, die hauptsächlich
eine andere Function verrichten. Mund- und Zeugungs-
organe haben aber das Eigenthümliche , dass sie als Or-
gane wieder das ganze generische Dasein in sich fassen,
wie su()staiitial Geist und Leib selbst, jene vom Geiste,
diese vom Leibe aus" etc. (Natur, Sprache und Recht
sollen diesen Zusammenhang noch näher zeigen, vcrgl.
testes, testiculi , Zeugen im doppelten Sinne etc.?!). —
Die 21 tribus (17 rusticae, 4 urbanae) werden auch
durch das Ebenbild des Menschen bewiesen p. H.'i3 ; denn
der Aleiisch, welcher die Unmündigkeitsperiodo über-
schritten habe, womit der Uebcrgang des innern Lebens
in die instrumentale Extremität der Füsse verbunden sei,
habe 17 gedoppelte Glieder für das Gehen selbst und 4
Theile des übrigen innerlichen Menschen. Die ITzahl
wird durch Schenkel, Bein, Palme und Zehen herausge-
braiht, die andern 4 durch Kopf, Rumpf und beide
Arme, wo sogar die Finger in iJ llauptthcile zerlegt und
«9
430
<!en Volksciutheilungen parallclisirt werden. Wir wollen
dieses ilem Leser ersparen und noch auf einige andere
Entdeckungen dieser Art kurz hiniieisen, namentlich die
Geschlechtsverschiedenlieit und die Lebensalter des Volks.
Rom nach seinem eigenen Princip soll eine niännliche
Stadt sein, als lateinisch aber eine «eiblirlie und in die-
ser doppelten Rücksicht wird auch eine doppelte Puber-
tät angenommen^ denn als weibliclie Stadt sei sie schon
unter {jervius Tullins mannbar, als männliche nur puber-
(ati prox. bis auf die ersten Coss., «o die wahre Puber-
tät auch für diese beginne. — Dem Verhaltniss zwischen
Patriciern und Plebeiern w,ird das Verhaltniss zwischen
Hand und Fuss oder 10 «u 1 gleichgesetzt etc. Die
Classen des Sercius Tullius werden auf die Götter , Mo-
nate und Thierc übergetragen , ja, es wird, um das Letz-
tere möglich zu machen , die lorsündtluthliche Piaturge-
schichte mit einem neuen Thiere bereichert, bovigus
genannt, wofür die Naturforscher selbst sich bedanken
mögen. Als biolug. Grundsatz wird p. 175 aufgestellt,
dass das pneumatische Leben sich in der Dreilieit, das
psychische in der Zweiheif, das somatische nur in der
Einheit entfalte und damit im Familienleben paterfamilias,
niater und filius fii. , in einer weiteren Sphäre aber der
Mensch, das Thier und die Pflanze parallclisirt.
AVir wollen nicht langnen, dass diese lebendige und
poetiscliphilosophische Auffassung der ganzen Schöpfung
(Staatenphjsiologie) an vielen Stellen sehr interessant sei,
dass sie viele geistvolle, originelle un<l wahrhaft über-
raschende Ideen enthalte, so dass sie recht gut ange-
wandt werden kann, um die von trockenen Untersuchun-
gen ermüdeten Leser zu erfreuen und gleichsam zu er-
starken, das Folgende mit neuem Eifer zu beginnen, z. E.
wenn die Lebensalter des Menschen auf die Entwickc-
lungsgeschicLte ganzer Völker angewendet werden — nnd
in einem solchen Sinne hatten auch die Alten eine Staa-
tenphysiologie, man vergl. die Beispiele dieser poetischen
und rhetorischen Gleichnisse in des trefflichen P. Faber
Semestr. I, c. '). — ; aber nimmermehr ist zuzugeben,
dass diese Blethodc in ihrer Consequenz und Schärfe
allenthalben angewandt werden dürfe, oder dass überhaupt
das Princip ein richtiges sei, und obgleich wir wissen,
dass wir Hrn. H. nie bekehren werden, so möge es uns
doch vergönnt sein, im Namen Vieler über diese in der
Consequenz als eine trostlose und verderltliclie zu bezeich-
nende Richtung offen uns auszusprechen. Es haben zwar
schon mehrere Gelehrte, namentlich solche, die unter
dem Einfluss einzelner Systeme standen, die Philosophie
auf Philologie , Geschichte und Rechtswissenschaft über-
getragen, doch ohne dass ihre Bestrebungen weitere Fol-
gen gehabt hätten , denn die erzielten Resultate waren
entweder von der Art, dass man sie auch ohne Philoso-
phie gefunden hätte, oder so beschaffen, dass man ihnen
keinen Glauben schenken konnte. Darum blieb die Wis-
senschaft ungefährtlet. Es entsteht aber neue Gefahr,
wenn ein Mann, wie Hr. IL, diese Tendenz durch Rede
und Beispiel offen gut heisst, indem es verführerisch ist,
diesen AVeg von einem Manne betreten zu sehen, der in
jeder Rücksicht ausgezeiclinet und verdienstvoll ist, dessen
Scharfsinn und Gelelirsamkeit keines durch physiologische
Forschungen zu erringenden Lorbeers bedarf- Darum
miissen wir im Interesse der Wissenschaft wünschen, dasf
unser Gebiet nicht in solcher AVeise angebaut werde
zumal da die neuen durch die Physiologie gewonnenen
Ergebnisse keineswegs zu billigen sind, und es sollte
uns wahrhaft leid thun, wenn Hr. H. die Fortsetzung
iler Zimniern'schen Rechtsgeschirhte , die wir sehnlich
von ihm erwarten, in gleichem Geiste ausarbeiten wollte.
Dergleichen Sperulationeu, welche den philosophischen
und höheren Naturwissenschaften angehören, dürfen in
diesem Umfang nie in die AVissenschaffen übertragen
werden, deren AVesen nicht in absoluter Construction a
priori besteht, sondern in der Auffassung und Erklärung
von Erscheinungen, welche von geistig freien aber von
vielen Dingen und Zufällen der Ausaenwelt abhängigen
Einzelwesen und Gesamnitheiten hervorgebracht worden
sind. Niemals kann ein Staat wie ein einzelnes AVesen
betrachtet oder bestimmten Gesetzen des Organismus un-
terworfen werden, denn er ist weder ein mathematiicher,
noch ein Natu?-I<:ürper , welche Gesetze kennen, sundern
eine politische Gestaltung, welche zwar hin und wieder
auf interessante Weise neben Naturwesen gestellt werden
liann, ohne dass man dadurch etwas Anderes erreicht, als
einen A'ergleich. Hr. IL führt aber den A'ergleich so
genau durch, dass er sogar von dem Bilde rückwärts
schliesst auf das, wofür er einen Vergleich suchte. So
erhalten die alten Institute nicht selten nach dem Glcichniss
eine andere Form, indem Erscheinungen, die in dem
Bilde, aber niiht im Alterthum vorhanden sind, desswegen,
weil sie das Bild hat, auch dort aufgesucht und willkür-
lich constituirt werden. Wie willkürlich z. E. ist die
Annahme der Geschlechtsverschiedenlieit und der doppel-
ten Pubertät, wie gewagt die Entdeckung des neuen
Tliicrs, ja sogar wie unrichtig ist Manches, auch wenn
wir die Richtigkeit des Princips an sich zugeben wollten.
Beweise für diese unsere Behauptung liefert die A'erglei-
cliuiig der Patricier und Plebeier mit U) zu 1 , mit den
Händen zu den Füssen (die Hand sei das psych. System,
worauf das Handeln, der Fuss das somat. System, wor-
auf das -Gehen oder Stossen auf die Erde beruhe; darin
präge sich das AVrhältniss von 100: 10 aus, daher die
Zehner mit aginta von agere , die Hunderte mit centum,
verwandt mit y.tVTtiv y.evTOUV ausgedruckt werden etc.?!);
diich dann müssten die Hände nicht 10, sondern IQÜ
Finger haben, oder die Füsse dürften nur aus einer Form
ohne Zehen bestehen. Die 12 Monate sind durchaus
nicht auf die 6 Servian. Classen zurückzuführen, oder es
müssten nur 11 Monate sein. Wir können zwar neben
die ersten 5 Classen die ersten 5 Monate stellen, aber
die (i. C'lasse kann nicht 7 Monaten beigeordnet sein,
sondern höchstens 6 Monaten als parallel den (i Theilen
der (i. Classe — wo sollte aber ein 7. Theil für den 7.
Monat hergenommen werden? Bei dem oben erwähnten
doppelten septimontium vertreten einige Hügel mehrere
Glieder, z. E. Palatin. und Coelius, — wie wäre das
bei einem organischen AVesen möglich? Einigemal strei-
fen diese A^ersinnlichungen an das Komische , so dass
man sich des Gedankens nicht erwehren kann, Hr. H.
habe entweder einen kleinen Scherz treiben oder eine
Parodie auf solche Tendenzen schreiben wollen. Das
Princip in seiner Ausdehnung muss aber zum Römischen
431
433
fiilimi , deoii am Ende kana in der Staatenphysiologie
Jemand zeigen »ollen, dasa die Staaten Haare nnd Zähne
haben, so gut " ic das lebende >'atur»esen etc. Wenn
dieses aber auch nicht zu befürchten wäre, so sehen
wir doch schon in dem Bisherigen das dem Staatsieben
Zokommende aufgehoben und vernichtet. Der Staat und
dessen Gesaniuitenttvickeiuiig ist von den Banden starrer
Formen abhängig gemacht, Alles ist Nothwendigkeit und
Nichts mehr wird auf Weltereignisse, zufällige Umstände etc.
gegeben, die den Staat, sowie den Einzelnen treffen kön-
nen. Uniorbergeseheue Unfälle bleiben nicht aus, als
da sind j)liit?.lirher Angriff, Unglück im Kriege, Verlust
einzelner Theile etc. Dergleichen kommen nach Hrn. H.
in Rom nicht ror, sondern allenthalben ist die grösste
Regelmassigkeit und Harmonie, welche unser Staunen
und Zweifel erregt. Um dieses AVunder zu erklären,
bemerkt Hr. H. , dass er die Seriianische Verfassung,
sowie das ganze Römische Volk für einen besiindern
Zweig am Baume des IMenscIiengeschlcchts halte , dem
der Schöpfer diese innere Harmonie und Maass und Ge-
setz gegeben habe (s. p. l'J l Rom sei das Ego der Welt-
geschichte und nur als solches zu begreifen ! ) ; kein
menschlicher Geist habe dergleichen ersinnen können,
nur zum Bewusstsein des Weisesten künne es gebracht
werden u. s. w. Doch auch diese Rechtfertigung muss
auffallen und Jeder wird dagegen erinnern , dass , wenn
es eine Physiologie der Staaten gebe, sich dieselbe bei
allen nachweisen lassen müsse, sowie sie Hr. H. bei den
Römern glaube nachgewiesen zu haben. Diese Schwie-
rigkeit mochte Hr. H. fühlen und obgleich er vermuthet,
dass auch die Stellung der andern Völker im Menschen-
geschlecht erkannt zu werden vermöchte (wir erlauben
uns dabei zu bemerken, dass selbst der speculativste and
nhantasiereicliste Kopf in Verlegenheit kommen würde,
wenn er den Organismus anderer Völker und A^erfassun-
gen, z. E. den des ehemaligen deutschen Reichs oder
den des englischen, spanischen, polnischen Volkes etc.
nachweisen und sei es auf ein Einzelwesen oder auf eine
Idee zurückführen sollte), so vindicirt er dennoch für Rpm
eine besondere Stelle und behauptet, es gehöre zu den
drei Centralvölkcrn: Juden, Griechen, Römer. Das
Menschengeschlecht nämlich strebe, wenn es in der t-
Periode aufgeschosst , in der 2. sich verästet, in der 3.
gich zur Blüthe und Frucht uml damit zur Wiederher-
vorbringung seines l rsprungs verzweigt (die Zweige sind
s. V, a. Organe des Menschengeschlechts), wieder zusam-
men zur Einheit, sobald es die grösste Expansion er-
reicht habe, nach den drei Richtungen des Guten (Staat),
des Schönen (Kunst) und des Wahren (Religion), uod
«nwie die Juden das Volk der Wahrheit, tlin Griechen
das der Kunst, so seien die Römer das allerpolitischste,
das der roltknmmensten Staatsverfassung Wir sind da-
durch keineswegs befriedigt, denn gesetzt, es gäbe nur
diese drei Nornialtölker , so haben wir damit bloss eini-
gen Nationen der alten Zeit Gerechtigkeit widerfahren
lassen , was w ürde aber aus allen andern Völkern so-
wohl des Mittelalters, als der alten und neuen Zeit?
Hat nicht auch für diese die Vorsehung mit weisem und
gütigem Blicke gesorgt, sollen »ich nicht auch diese
organisch entwickelt haben, wie jene u, s. w.? Hätte
aber Hr. H. Recht, so würde darin ein Vorwurf gegen
die Gottheit liegen, welche das römische Volk allein
bevorzugt und dieses allein der politischen Offenbarung
gewürdigt hätte. Beiläuiig fragen wir noch, wie Hr. H.
die doppelte göttliche Offenbarung von der besten Staats-
verfassung vertheidigt, denn der heil. Schrift zufolge
besteht die jüdische Verfassung nur aus göttlichen Satzun-
gen und 3Iittheilungen — wie kann die beste Verfassung
zweimal cxistiren und wie können beide von der Gottheit
gegeben sein ?
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Gera. Hier erschien im Deccniber das Scluisslei'sche Pro-
gramm unter dem Titel: Soleiniio Scliiisslori Meiuotiani grate ac
pie iccoleiidi causa in lUustri Rnthemo a d. XVII. Dec.
MDCCCXXXVIII rite obeundum imlicit Dr. A. G. Rein, Direct.
Piaeniissa est disputationis de sludiis humanitntis nostra ctiam
actale magni acstimamlis pars XXXI , qua tertium de Rom Sa-
liris agilur. Hr. Schulrath Rein erziiblt in der Einliitong, dass
er vor 35 Jahren gegen die obtrectatores und vituperatores der
classiscben Studien diese Abhandlung zu schreiben angefangen
und die Absicht gehabt habe, den richtigen Einfluss der alten
Schiiftsteller sowohl auf die Künste und Wissenschaften der
neuen Zeit, als auf die gcsammte Geistesbildung zu entwickeln,
leider aber sei noch nicht einmal die erste Hallte vollendet, da
er in dem einen jährlich erscheinenden Programm Schulnach-
richten mittheile, und in dem andern wissenschaftlichen sei er
auf einen sehr kleinen Baum beschränkt (angustioribus inimo
aiigu>tioribus terminis). Zuletzt habe er von der didaktischen
Poesie und von der dazu gehörenden röm. Satire gehandelt.
Dieser Gegenstand ist auch diese Partie, gewidmet und zwar
zunächst dem Lucilius , über welchen der Verf. mit grosser ße-
lesenbeit und feinem Urtheil in seiner elegant-römischen Sprache
redet — Eigenschaften, weScIie den Leser dieser Schriftchen
se'rt Jahren erfreut haben. Möge der würdige Greis bald Müsse
finden, durch Sammlung und Yollenrlung dieser so schön ge-
schriebenen und interessanten Abhandlung den oft wiederholten
Wunsch seiner zahlreichen Schüler, Freunde und Verehrer zu
erfüllen!
Nassau. Bei Lanz in Weilburg erscheint so eben: Tib.
Hemstevhusii orationes et epistolae. Collegit et D. Huhiikenii
elogium Hemstevhusii siiasipie et aliorum aunotalinnes addidit
3t(|uc epistolam ail lac. Geelium a se datam praemisit F. S. Frie-
demann. Ed. ieciinda multis partibus aueta. — Die neuen
Zus:itze sind namentlich die Briefe, zum Theil umgedruckt, aus
der Bibliothek des Gymnasiums zu Ulm, eine Rede von Hemst,
historisch -politischen Inhalts, Anmerkungen des Herausgeber»
über Sachen und Latinitiit, sowie die längere Vorrede an G
über Studienangclegenhcilen Deutsclihmls und Hollands, beson-
ders philologische, auf Schulen und Universitäten, in Folge
eines längeren Aufenthalts des holl. Gclehrleii zu Wcilbnrg im
J. 18.S8 So frpiinilnaclibarlicbc Verhältnisse, als hier zwischen
bollaiulischen uml deutschen Gelehrten erscheinen , gewähren
einen höchst angenehmen Eindruck und erinnern an ähnliche
frühere Zeiten.
Meiningen. Am 20 Nov. starb Dr. Cas par Ihl i ng ,
pcnsion. Rector und Professor des dasigcn Gymnasiums.
Z e i t s c li r i f t
f ü r die
Altert hu ms wissen Schaft.
Mittwoch, 8. Mai
1839.
Nr. 55.
1) Die Verfassung des Königs S»rvius Tullias, entwickelt
roii P. E. Huschke.
2) Die ^'erfassiiiig des Serrius Tiilliiis in ihrer Enf-
«ickelung. Dargestellt von F. D. Gerluch.
3) Disquisitio de Roinanorum Comitiis aufore P. van
der Velden.
(For ts etzung.)
. Doch wir wollen liierUei nicht Iftnger rerweilen, son-
dern uns lieber zum Werk selbst und dessen einzelnen
Partieen wenden. Cic. de rep. II, 'J'2 (Cap. l) wird mit
Recht au die Spitze gestellt, und die Bchandlnng dieser
Stelle erweckt das günstigste PräJudicium von des Hrn.
Verfs. glänzendem Scharfsinn. Es wird die Corruptel
durch die einfache Cocjectur ut equitum ce7ituriae
binae (im Urcodex habe cent. aevirie gestanden, u statt
b, e statt ne, woraus einige centuriae, andere certamine
gemacht) cum sex suffr. etc. vollkommen gehoben , auch
die Zahlen passen vortrefflich, denn 80 Cent, der j. Cl.
nebst 1 Fabr. (i suffr. und 'i cent. eq. machen zusamujen
89 Cent. Es ivürde diese Emendation ganz evident sein,
wenn die Hypothesen gegründet wären, worauf die Er-
wähnung von nur 2 Rittercent, beruht. Hr. II. glaubt
nämlich, die Zahl der Cent, hänge mit der Zahl der
Rittercent, so zusammen, dass auf eine Rittercent. 10
andere Cent, kamen, oder je 1000 pedites auf 100 equi-
tes. Die ersten 5 Classen aus 170 Cent, bestehend,
hätten 17 Cent. Eq. neben sich und auf die 6- Cl. (in
5 Abtheilungen zerfallend) nebst fahr, und cornic. sei die
18- Rittercent, zu rechnen, welche den andern an Reich-
thum etc. nachgestanden habe. Unter Serv. TuU. wären
die Ritter jedesmal zu ihrer Classe genommen worden,
also 8 zur 1. Cl., 2 zur 2. Cl. u. s. f.; später dagegen
wären alle Equites zur 1. Classe geschlagen worden uiul
auf dieses Verhältniss bezögen sich Liv. und Dion., wah-
rend Cicero, welcher die alte Zeit besser studirt hätte,
sich an die ursprüngliche Einrichtung gehalten. Obgleich
diese Satze nicht bewiesen sind und ebenso wenig jemals
zu beweisen sein dürften, so räumen wir dennoch Hrn.
H.'s Emendation den ersten Platz vor allen andern ein,
ohne sie jedoch veitheidigen zu wollen. Ucberhaupt
verzweifeln wir ganz an der Restitution dieser Stelle
darch menschlichen Scharfsinn, wenn nicht dereinst ein
glücklicher Fund Licht verschafft. *) Die von H. über
*) Bei Jieser Gele;jpnhiit kann ich die schari'sinnige Erklä-
rung des Hrn. Dir. Peler nicbt iniein ahnt lassen ( in
ilie andern Versuche ausgesprochenen Urtheile sind fast
durchaus richtig, auch sind alle erwähnt, die nur einiger-
Nr. 76 (lirsi'i- Zcit.-clirift) , welcher die Vulsata künstlich
vcitheicliijend zu der Vürmiillinng seine Ziiflcicbt nimmt,
Cic. habe das Ucbergewicht der Locupletes in derServian.
Einrichtung dadiircli klar niaclien wollen, dass er die
neue Einrichtimg dagegen halte und sage: „jetzt haben
equites , fabvi und prima class. von 70 (ehemals SO Cent.)
zusamcnen 89 Centnricn ; wenn nun von den andern 104
Cent, (denn so viel bleiben nach der Servian Einrichtung
übrig) nur noch 8 hinzutreten, so ist die Majorität ent-
schieden, und w.ire dieses so , so würde die Masse nicbt
ausgeschlossen sein , noch zu grossen Einflnss haben."
Der Zuhörer Süll dabei denken, dass, da die 1. Classe
ehemals 80 Cent, hatte, das l'ebergewicht um so siche-
rer stattfand und nicht einmal 8 hinzuzutreten brauch-
ten etc. Zum Beweise dafür wird nunc urgirt, welches
nur von der gegenwärtigen Zeit zu verstehen sei . auch
sollen die Imperf. Conj. am Schluss nun erst ihre wahre
Bedeutung erhalten u. s. w. Ich gestehe offen, dass ich
eine leichte Emendation dieser äusserst coniplicirten Er-
klärung vorziehe, indem sich manche nicht unwichtige
Bedenklichkeiten erheben. Zuerst und überhaupt ist nicht
motivift , warum Cicero so gewaltige Umwege mache, um
den an sich einfachen Satz auszusprechen, dass zu serv.
Tu». Zeit die Locupletes die Oberhand hatten. Es wer-
den aber nach Hrn. P. von Cic. die betcrogenslen Dinge
vermengt, um diesen leichten Zweck zu erreichen. Im
Anfang des Satzes soll von der neuesten Zeit die Rede
sein ; jedoch aus nunc geht dieses keineswegs hervor,
da diese Partikel hier wie so oft nur der Folgerung hal-
ber steht; ihr sehet nun und zwar übersichtlich {ratio-
nem, im Gegensatz zu einer vollständigen Ent«icke-
lung) etc. vergb Huschke p. 10. In keinem andern Worte
liegt auch nur eine leise Andeutung der neuen Einrich-
tung, es deutet vielmehr Alles vor und nachher auf Serv.
TuU. hin, und der Au^lruck ist so bestimmt, dass man
schwerlich solche Supplemente und von dem Zuhörer zu
ergänzende Auslassungen statniren darf. So z. E. durfte
Cic. nicht sagen tot en!m reliquae sunt, ebenso wenig
accesscrunt etc. — 104 Cent bleiben nandich car nicht
übrig, sondern es können naeb Serv. Tüll. Verlassung
für die 2-6 Classe nur 94 Cent, übrig bleiben. Ucber-
haupt konnten die 70 Cent, der 1. Cb (noch der neuen
Zeit, wenn es wirklich 70 waren) nicht mit den SO Ser-
vian. Cent. zusamniengeslellL werden und von 8 binzu-
treteuHen konnte dann die Rede nicbt sein, weil die neue
Einrichlung auf ganz andern Principien und Ideen be-
ruht. Die 70 Cent, der 1. Cl. in der neuen Zeit waren
sehr unbedeutend, weil die andern Classen ebenso viel
hatten, und sie konnten nicht leicht eine Maioritut be-
werkstelligen , die Servianische 1. Cl. bedurfte aus den
435
436
massen erheblich «areii, iinil «ir »erinissten nur die von
Hrn. llofrath Thiersili miffietlieilte Erkl.'iriinjr (im ■>. Jah-
resheriiht der Kon. Baier. .4kaileniie der AVisseiisrli. v.
(. Oct. IS.»). 2r. -llär/. ISjI, p. 19). Der Gruiidge-
(Linkc derselben ist, Lir. und Dion. hatten aus andern
Uuellon ffeseliüpft, als Cicero, und desshalb seien die ab-
«eiclienden Mat liririiten dieser Schriftsteller iiiciit zu
vereinigen. Cicerus Text sei unverdorben , sobald man
ihm eine eigene IJerechnuiig zu Gruiule lege, nämlich
die VI sull'r. hätten nur 3 Stimmen gehabt, die andern
11? Ritterccnt. den ersten analog (i Stimmen und die fabri
niiissten in der 1. Classe mit eingerechnet «erden. Wenn
nir auch dieser ^'eruiuthung folgend der '2- Cl. 30 Cent,
geben wollten, so «iirdc uns doch noch immer 1 Cent,
fehlen, abgesehen von der UnHahrscheinlichkeit der Stimm-
zahlen der Equit. und von der Unterordnung der Fabri
unter die 1. Classe. So ermangelt dieser Versuch, mit
welchem im AVeseutlichen Orelli übereinstimmt, der Be-
weise nicht weniger, als lluschke's A'^orschlag, und die
Stelle bleibt wie bisher eine gefährliche, fast unüber-
windliche Klippe für die Kritiker.
2. Cap. Verfassung vor Serv. TulL Hier zeigt
sich Hrn. H.'s physiol. Alethode in einem hohen Grade,
ivie man aus der kurzen Zusammenfassung der Haupt-
sachen ersehen kann: Im Anfang des Lebens sowohl
Einzelner, als ^'ölker, ist das Allgemeine die Hauptsache,
welche «las Besondere uud die That verschlossen hält,
bis dieses aus jenem hervortritt und allmählich sogar das
Allgemeine sich unterwirft. Das Allgemeine bei dem
Menschen ist das Persönliche im Gegensatz des Sächlichen,
nnd aus der Person entwickelt sich erst später das Säch-
liche. Ebenso schreitet in den Staaten die Verfassung
von dem Princip der Abstammung allmählich zu dem der
Leistungen für den Staat fort, und diese Leistung selbst
ursprünglich persönlich wird endlich ganz äusserlich und
sächlich. Der innere Keim liegt in den J Tribus, welche
ohne alle äussere Function sinil, das Aeusserlichstc , zu
welchem die Curicn den Uebergang bilden unil daher
das Organ für die äussere That, liegt in den gentes, weil
aus diesen die Einzelnen hervorgehen, und die Ritter
haben die einzige Function. Die Organe sind aber noch
ganz in iler Allgemeinheit befangen, die Uebergewalt
des Innern gegen das Aeussero ist noch sehr gross und
darum geht das Fussvolk in den Celeres auf, die Ciien-
andcrn Classen keiner Unterstützung. Es scheint darum
die von Hrn. P. angenommene Combination zweier so
ganz verschiedener Verfassungen nicht zu billigen. Was
den Schbisssatz betrilTt, so bat Hr. P. die Imperf. Conj.
bei cxclutleretur etc. als scheinbar absolute, aber von
der a-is;oljssenen Bi'dingung: ,,wenn dieses so wäre" ab-
hangi.'C mit Rcclit aiifgefassl, aber er nimmt die Worte
80, dass darin etwas ganz Ucberfliissigcs gesagt ist, indem
Cic. bemerken soll; wi>nn die F.imicbtnng so wäre, dass
die l.CI., equit., VI siifTr. und fabri 89 Cent, halten etc.,
dann winde es recht gut sein. Darin läge cm Tadel der
neuen Einriclitiing und eine ganz nutzlose Verbesserung
der Servian. Ordnung, in-lcni er der l. Cl. statt 80 nur
70 Cent, geben wollte. Ebenso gut können wir die Im-
perf. auf die Servian. Zeit bezichen uud übersetzen: dann
winde (nämlich wenn jenes so wäre, wie ei war) die
Mehrzahl etc.
ten verlieren s'ch unter den Patriciern (das Stimmrecht
der Clienteu in den Curien ist keineswegs mit Recht
angenommen, denn $ow<ilil das eigentliche AVesen der
Curien, als der Clientel spricht dagegen. Nicht einmal
als blosses Scheinrecht dürfen wir es zugeben, wie es
am Ende bei Hrn. H. erscheint, wenn er ex generihus
p. 2") erklärt: nach dem Princip der Geschlechter, die
dienten wie die Patrone etc., denn dann wäre das suf-
fragiuoi ohne alle Bedeutung). Das Eigenthum hat noch
keine Function , der Boden geht in der Person auf und
die Abgaben sind viritim. Das Gesammtresultat lautet:
„der Organismus ist noch nicht über die Hand hinaus-
gedrungen, der Fuss noch in der Hand, die schlechte
Freiheit — noch in der persönlichen des Ritters ent-
halten, daher auch Grund und Bodeu und Vermögen noch
bedeutungslos."
Diese Verfassung erlitt schon in alter Zeit zwei Ver-
änderungen, unter Tarquin. Prise, und unter Serv. Tüll.
Es waren von den 3 Tribus nur 2 sclbststäudig gewesen,
Ramnes und Tities (dieses war ihr Namen nach Innen)
auch Römer (die Person schlechthin) und Quiriten (die
Person, insofern sie Vermögen hat, also dem ager nach)
■genannt, welche sich zu einander verhielten, wie Aeüs-
seres und Inneres, That und Recht, Princip und Basis.
Der .3. Stamm, die Luceres , beruht auf persönlich ne-
gativem oder neutralem Princip (die Handlung) und bil-
dete eine blosse Vermittelung und den Uebergang zum
Ausland. ( Dass dieser Stamm ans dem von Romulus
cröllnetcn Asyl hervorging — namentlich Etrusker uud
Latiner — ist sehr unwahrscheinlich, denn dann würde
er nicht so augesehen gewesen sein. Das ähnlic^hc Wort
lucus hat zu ilieser Hypothese geführt. Ueberhaupt
scheint durch diese von Hrn. H. aufgestellten Ideen Nichts
gewonnen zu sein, zumal ila das Meiste auf !\Iuthmas-
sung beruht, z. E. die Art der untergeordneten Stellung
der Luceres (<lie übrigens nicht ganz von uns in Abrede
gestellt werden soll), welche sufl'ragium, aber nicht ius
hunor. gehabt hätten u. s. w. Sehr kühn und nie zu
beweisen ist die im Anhang p. (391 — 7(J0 niitgetheilte
Behauptung, dass Ramnes und Tities aus 3 Theilen, die
Luceres aber aus 2 Theilen beständen). Schon frühzeitig
erfolgten die Erweiterungen des .Staats, indem durch
Tiillus Ilostil. Albaner, durch Ancus Marc. Latiner auf-
genommen wurden (zu den Ramnes und Tities), so dass
die alte Einheit nur noch formell fortdauerte. Der
Dualismus war in den alternirenden Gegensätzen der Kö-
nige Romulus und Numa, Tüll. Ilostil. und Anc. Marc.
schon über sich selbst hinausgetrieben, ein Drittes fehlte
zur -Ausgleichung und Vollendung. Dieses wurde zuerst
durch Tarquin. Priscus ersetzt, welcher 1) dem dritten
Stamm fast gleiche Rechte mit den beiden anderu ver-
lieh, so dass nun auch 100 patres dieses Stammes in
den .Senat kamen, 2) <len alten .Stämmen Neubürger bei-
ordnete , indem die bisher den Luceres angereihten Al-
baner und Latincr (von denen die ersteren wieder etwas
höher standen) in ilie Tribus und Curien, deren Zahl
dadurch verdoppelt ist, aufgenommen wurden. Die alten
Stämme blieben bestehen, nur mit vermehrter Zahl, als
Raum. Tit. Luc. primi und secundi, ohne dass damit
eine Veräuderung des persönlichen Princips verbunden
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438
geweien würc. Dappgen verniuthet Hr. H. eine dritte
und Ilauptverandcriing (p. 43 — 52) desselben Königs,
es wären nämlich, um die Spannung des Organismus
zu erhalten iiacli Gleirlistellung der Ranin. Tit. Lue.
posteriores mit den priores, ein neuer liestandtheil eiu-
getr«ten, «ehlier ans Etruskern n. a. unter einem Etru-
rischen dux stehenden Fremden (ein wahrscheinlich unter
Serr. Tüll, stehendes Heer) zusammengesetzt gewesen sei,
so dass der Staat von nun aus 3 Theilen bestehe, welche
den alten 3 Urbestandfhcilen der Ramnes, Tit. Luc. ent-
sprechen sollen: l) AltLürger oder Patricier in Ramn.
Tit. Luc. primi und sec. (mit IL'OO eijuites und 12000
pedites), 2) Neueingewaiiilerte , Aecjuer oder Caelimonta-
ner genannt, mit gleicher Anzahl der Bewaffneten und
in ebenso viel Abtheilungen, etnas geringer stehend, als
«lie Patric. und unter Plebs nur dann zu rechnen, wenn
dieses Wort im wahren Sinn genommen werde; 3) Ple-
iejer, nämlich die von Aucus fliarc. und später in Rom
Aufgenommenen.
Die erste Veränderung des Tarq. ist nicht unwahr-
scheinlich, denn dass dieser König, selbst ein Etruskcr,
den 3. Stamm vorzüglich berücksichtigte, liegt sehr nahe;
die zweite ist sicher, obgleich nicht in der Ausdehnung,
welche Hr. H. annimmt; die dritte dagegen ist ohne
Bedenken für falsch zu erklaren, und wir uiüssen hierbei
verweilen, da in den spätem Theilen des AVerks so häufig
und viel auf diese Yermuthung gebaut wird. Unsere
Gegenbemerkungen zerfallen in drei Partiecn : 1) über
die innere Nofhwendigkeit einer solchen neuen Schöpfung,
2) über die Zeugnisse dafür, 3) über einige dagegen
sprechende Bedenklichkeiten. 1) Es ist keine Nothwcn-
digkeit vorhanden, eine neue Dreitheiligkeit des Staats
zu bilden, obgleich Hr. H. p. 44 sagt, dass ohne die-
selbe die ganze Entwickelung der ältesten riim. Verfas-
sung allen innern Zusammenhang verliere und daher auch
nicht begriU'en werden könnte. Ursprünglich war zwar
eine Dreiheit da ^ aber diese bezog sich nur auf Roms
Urelemente oder auf die Altbürger , welche als gleichbe-
rechtigt erscheinen oder wenigstens sehr bald gleiche
Rechte erhielten, s. unten. Die ausser den Altbürgern
zu Rom (jchörigen, nämlich die Clienten , werden als
Bestandtheil nicht gerechnet, und ebenso wenig ist es
nüfhig, die nach und nach einwandernden, aber vor Serv.
Tüll, nicht berechtigten !Neubrirger in eine neu zu ge-
staltende Dreiheit aufzunehmen. Diese neue Dreiheit
ist auch historisch nicht vorhanden, denn indem die alle
Dreitheiligkeit in dem Zusammenschmelzen der Ramneg
Tit. und Luc. verschwand , bildete sich dafür ein Dua-
lismus der alten Geschlechter und der Plebejer, welcher
sich durch eine Reihe von Jahrhunderten behauptete,
ohne dass man einer Spur lon 3 Elementen begegnete.
Zwar würde Hrn. H.'s Hypothese eine starke Unterstüz-
zung darin finden, wenn die 3 alten Stämme der R. T. L.
in verschiedenen Rechtsverhältnissen zu einander gestan-
den, dergestalt, dass die Ramn. deu ersten, die Tit. den
zweiten und geringeren , die Luc. den dritten und letzten
Rang eingenommen hätten. Dieses behauptet Hr. H.,
und wenn wir auch eine kurz dauernde Abhängigkeit der
Luc. gegen R. und T. zugeben wollen, so dürfen wir
keineswegs an die vermuthete Unterordnung der Tit.
(Sabincr) gegen die Ramn. glauben , und wenn die An-
nahme von 3 Rechtsverhältnissen fällt, so fällt auch die
Nothwendigkeit liinweg, die den Tit. analoge Slittelstnfc
der Cälianer zwischen die Alt- und Neubürger (Patr. und
Pleb.) willkürlich einzuschieben. AVenn das ursprüng-
liche Verhältniss der Tit. zu den Ramn. wirklich ein
abhängiges gewesen und als solches in den alten Tradi-
tionen bezeichnet «orden wäre, so wünlen die stolzen
Ramn. die Erwähnung nicht unterlassen haben, zu der sie
doch unendlich oft Gelegenheit hatten. Zwar sagt allerdings
Serv. zu Virg. \' II, 709 receptiin urlem Sabini sunt : sedhac
lege, ut in Omnibus esse?it cives Roniani , excejita suf-
friigii latione. Nam magistratus non creabanl ; aber
diese so vereinzelt dastehende und auffallende Notiz, die
sogar bei einem Feslus u. A. Zweifel erregen würde,
muss bei Servius sehr verdächtig sein, denn in welchen
Zeiten lebte dieser Gewährsmann und aus welcher nicht auch
von Früheren benutzten Quelle sollte er seine Weisheit
geschöpft haben? Hätte aber wirklich eine gewisse Su-
periorität der Ramn. gegen die Tit. stattgefunden, so kann
sie nicht lang existirt haben und ist mit der starken und
hundertjährigen Abhängigkeit der Pleb. nicht zu verglei-
chen. Die Tit. sollen cives gewesen sein und Alles ge-
habt haben, ausser dem sufFragium, die Pleb. aber waren
ursprünglich nicht einmal cives, sondern nur als Pere-
grinen anzusehen. Obendrein ist gerade diese Ausnahme
des suBragium und der Ulagistratswahl verdächtig, weil
der AVechsel der Könige aus den Raumes und Titics ,
Rnmul. und Nunia, Tüll. Host, und Anc. Marc, auf Ab-
sirhtlichkeit , vielleicht auf eine schon bei dem Zusam-
mentreten beider Stämme getrolTene Üebercinkunft hin-
deutet. Würden die Ramiies freiwillig den Numa ge-
wühlt, würden die Sabiner Lust gehabt haben, ohne
sullragium sich dem neuen noch unberühmten Staate ein-
verleiben zu lassend — Kurz, die Nachricht des Serv.
ist so unwahrscheinlich, dass man vermuthen darf, Serv.
habe sich eine Brücke zu der neuen Zeit bauen und das
Verhältniss der späteren cives sine sullragio dadurch be-
gründen wollen. — Es lässt sich sogar behaupten, dass
nicht einmal nach Hrn. H.'s Entwickelung jederzeit eine
Dreitheiligkeit vorhanden gewesen ist, es braucht also
diese Zahl nicht von ihm festgehalten zu werden. Ur-
sprünglich hat er zwar 3 Elemente R. T. L. , aber dar-
auf hat er ausser diesen auch noch Albaner und Latiner
(Plebejer), also 5 Theile oder, wenn er R. und T. zu-
sammennehmen will, wenigstens 4 Theile, und die Glcich-
niässigkeit ist dadurch gestört. AVollte er aber die Al-
baner mit den Plebejern zu einer Blasse nehmen, so hat
er auch keinen Grund, die Cälianer von <len Plebejern
luszureissen. Rechnen muss er die Plebejer auch in
früherer Zeit jedenfalls, so gut als er sie seit Tarq.
Prise, zählt. Wir wollen jedoch einmal annehmen, dass
eine Dreitheiligkeit stattgefunden habe, und dass wir
dieselbe festhalten müssten , so werden wir finden, dass
wir auch in diesem Falle kein neues Element aufzu-
suchen brauchen. Hr. H. scheint es immer so zu neh-
men, als ob Tarquinius die bisherigen Erweiterungen des
.Staats seit Romulus in diese aufgenommen hätte und da-
durch der Staat in einen weit grösseren Keim und An-
fang zurückgeführt worden wäre, darum sei eine neue
439
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SpaiiDUng «les Organismus niithig ffeneseii. Doch dieses
ist Hohl nur sclieinbar , (Iciiii liaiin iniissien alle bishe-
rige Bürger den Altl.iirgern au Rechten gleichgestellt
worden sein, »as nicht nöthig ist anzunehmen. Es scheint
zivar, als hätte Tarquin. die Absicht gehabt, den alten
Geschlechtern die neuen säuimtlich gleichzustellen, er
musste sich aber mit ^ermelirung des Senats und der
Ritter be"-iiiigen, und genug blieben zurück , ohne dieser
Erhöhung theilhaftig zu «erden. Wären alle Neubiirger
in die Cnrien gekommen, so wäre der bekannte Streit
des Königs mit dem Augur nur ein AVortstreit gewesen
und der König hätte seine Absicht vollkommen erreicht;
denn was konnte ihm an Bestimmung neuer Namen lie-
gen? Wir müssen vielmehr glauben, dass die andern al-
banischen und latinischen Familien unverändert stehen
blieben, und dann brauchte man weder die nach Hrn. H. s
Theorie nothige Dreiheit als gestört anzusehen, uoth ein
Supplement dafür zu suchen.
'2) Was die Zeugnisse für die neugeschaffenen Cälia-
ncr betrillt, so beruft sich Hr. H. zuerst auf Cic. de rep.
11, '10, wo von Tarquin gemeldet wird M ac CC fecit
equites numerumque duplicavit, poHtqunm hello subegit etc.
Hier sollen die Worte numerumque dupl. etc. die Ver-
doppelung des Staats durch die neu hinzutretenden Cä-
lianer be/eichuen , während sich die vorhergehenden
Worte nur auf die Verdoppelung der gentes in den Cn-
rien und der Ritter in den Centurieu bezögen. Es wäre
aber doch wahrhaft wunderbar, wenn Cicero, der die
früheren Vermehrungen so bestimmt angibt, der sonst so
genau unterrichtet ist (wie Hr. H. selbst sagt) hier bei
einer Hauptveräiidernng , der wichtigsten von allen, nnr
oberflächlich und undeutlich, oder von der Wichtigkeit
der Sache Nichts ahnend, von einer zweimal verdoppelten
Anzahl der Ritter sprechen sollte. Dieses ist weit un-
wahrscheinlicher, als die Annahme einer zwar unschönen,
aber doch niclit gerade „unerträglichen" Tautologie, welche
wir festhalten zu müssen glauben und wonach wir Cicero nur
von einer Ritterverdoppelung unter Tarquinius, welche
allein historisch beglaubigt ist, verstehen. — Um seine
Ansicht zu unterstützen, nimmt Hr. dabei die Rede des
Kaiser Claudius zu Hülfe, worin die Einwanderung eines
Cälianisclien Heers unter Anführung des Scrv. Tüll, er-
wähnt wird. Diese von Claudius berichtete Erweiterung
der Stadt Rom (auf dem nions Caelius) durch die mit
•Sen-. Tüll, einwanilernilen Etrusker hält Hr. H. für iden-
tisch mit der von Cicero aufbewahrten Nachricht der
Rittervcrdoppeluug naili dem Krieg mit den Aequern
und macht einen grossen Aufivaiid der scharfsinnigsten
Conjecturen , um die beiden widersprechenden Nachrich-
ten des Cicero und Claudius zu vereinigen. So z. E.
sagt er, Aequi (bei Cic.) sei vielleicht iiomeii appellati-
vniu für die besiegten Neubürger gewesen (aeqiii d. h.
Gleichberechtigte), und dieser Name sei später irrthüm-
üch auf das A'cilk der Aequer bezogen worden, oder
vielleicht hätte das Cäliaiiische Heer dem König gegen
die Aequtsr beigestanden und dafür zur Belohnung das
riim. Bürgerrecht erlangt etc. Claudius und Cicero's
Nachricht steht für sich; dieser handelt nur von den
Equit. unter Tarquin., jener von der Aufnahme des drit-
ten Stamms in Rom. Die Zeit, wann dieser Stamm aus
Etrurien kam, ist durchaus dunkel (Lir. I, 13) und
wird von Einigen früher, von Andern später gesetzt,
zu welchen Letzteren auch Claudius gehörte. Nach H.
müsste man sogar eine doppelte Etrusk. Einwanderung
anuehiiien, das erstemal unter Romulus (p. 33), wo auch
ein Etrusk. Hülfsheer aufgenommen sein soll, das zweite-
mal unter Tarq. die besprochene Streitmacht. Wie leicht
waren beide Heere -zu verwechseln und sind es überhaupt
wirklich zwei Heere gewesen?
3j Angenommen endlich, dass ein Hülfsheer aus Etru-
rien nach Rom übergesiedelt sei, so entstehen doch an-
dere Schwierigkeiten, nämlich a) die Frage, ob dieses
Heer in damaliger Zeit so stark gewesen sein kann, dass
man daraus 12(iü equites und l2üüO pedites zu nehmen
im Stande war, ja, dass diese als ein Drittel des ganzen
Staats angesehen wurden 1 Man darf nämlich nicht ver-
gessen, dass es kein vollständiges Heer, sonAeru reliquiae
eines von manchen Drangsalen heimgesuchten Corps waren
(s. oratio Claudii). Solche hätten , wenn sie gekommen
wären, nicht einen Haupttheil des Staates ausgemacht, sondern
wären ohne einen neuen Unterschied zu den andern Pfahl-
und Neubürgern gerechnet worden; b) in Beziehung auf
die andern Neubürger entsteht eine andere Frage, näm-
tich , wie sie sich zu jenen rechtlich verhielten? Es sind
nach H. gewissermassen zwei Arten von Pleb. geworden,
denn Plebs im wahren Sinn soll auch die Cälier mit um-
fassen , aber der Abstand nnter und zwischen ihnen ist
nicht klar genug geworden. Dem Verhältniss der Lu-
ceres zu den Tities analog müsste der Unterschied ziem-
lich gross sein, und dieses ist doch nicht möglich, wenn
beide Classen rechtlich Plebejer waren. Die Sache ist
80 schwer zu entscheiden, dass Hr. H. selbst sich nicht
, deutlich genug ausgesprochen hat, denn p. 51 scheinen
die Cälianer von ihm höher gestellt zu »Verden, als die-
ses p. 7(j der Fall ist. — Rechnen wir Alles dieses za-
sanimeu, so dürfen wir wohl die neuen Cälianer ganz
von uns weisen und können bei dem leichteren und na-
tnrgemässeren Verhältniss des Dualismus (d. h. seit Serv.
TuU.) stehen bleiben.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Misccllen.
Trier, 10. März. Eins dei- kuslhaicn kleinen Kunsl'lcnk-
inale unserer Stadt, der in dem Einbar.il einer iirallcn l'.wingc-
lieiiliandscbrift eingelassene Onyx mit den treiriicli sescliniltenen
Portratköpfen einiger Glieder der Familie Angosttis, wifd von
Herrn Francis Palgravc in Lomlon in einem Sclneihcn an den
Karl of Aberdeen (archaeologia, Vol WVII. 419) bescliricbcn
und gewürdigt , auch diucli eine gdungciie. Abbildung er-
läutert.
Paris, 15. M.ar/.. Auf der Sirasse von Cainbrai nacli Va-
lenciennes bat man eine hislier nocli iinl)ckannl<! gallisclie
Golilniiinze mit einem Jamiskopfc und einem si)ringondcn Hosse
grfnnilen.
Halle. Am 28. Nov. starb D. GusI Jnl. Ado. B u rm e i M c r,
OI)cilehicr am Gymnasiiim zu Entin, im 3l l.cb. nsjalire.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft
Freitü", 10. ]\Iai
1839.
Nr. 56.
j) Die ^'erfassiiiig <los Königs Servius Tulliuä, eiitivickelt
von P. E. Huschke.
2) Die "t'erfassiiiijj des Senilis Tiilliiis in ihrer En<-
«ickclunf. Dargestellt von F. D. Gerliic/i.
3) Disquisitio de Ronianoriim Comitiis au<ore P. van
der y'elden.
(Fo r <s e t 2 u ng.)
3. Capifel. Van der Tribusverfdssung und Vollen-
duH'j, der Stadt (p. ö.'J — KMi). Dunli die ilen Altbür-
gerii iiiiliergcstellten Cäliiiioiif. «arcii die Pleb. gleich-
«ani von selbst provocirt, ilire RecLfe geltend zu niarhen,
Mas durch Serv. Tüll, geschah , ivelcher durch die Pleb.
zur Kiinigswürde gelangt »var. (Beiläufig bemerken wir,
dass Serv. Tüll, nicht durch die Plebs konig geworden
war, sondern, wie Liv. sagt, iniimsa populi, vultt/ilale
putruin, oder, wie Cic. sich ausdruckt, non iussu sed vo-
lunlale ittqiieconcessucivium, d.li. einige Pafricier waren An-
fangs für ihn, aber nicht ilas ganze ^olk, darum regierte
er, ohne von den Cnriatconi. gewählt unil bestätigt zu
sein, nur nach Zustimmung des Sensiis (voluntale pnlrum).
Allmählich setzte sich aber Serv. Tüll, durch seine neuen
Einrichtungen (Ccnsus und Cent. Com.) in des gesammten
^'olks Gunst und verlor dadurch den Einflnss bei der
vornehmen Kaste. Darum berief er, um sich recht sicher
zu stellen, denn er hiirte die Leute sagen: se iniussu po-
puli regnare ; die Centurien, um sich von denselben zum
König wählen (er halte ihnen das Wahlrecht gegeben),
und sodann die Curien, um sich bestätigen zu lassen,
was Cic. mit diesen Worten bezeugt: non commisit ae
patribus , sed — populum (Cent.) de se ipso consuliiit
iussusque regnare legem de iiiiperio suo curialam tutil.
Diese von einer spätem Zeit in Serv. Tüll. Regierung
geltenden Nachrichten hat Hr. H. nicht berücksichtigt,
und- nur die sich auf dessen Thronbesteigung beziehenden
benutzt, aber falsch erklärt.) Mit Serv. Tüll, geschieht
der L'ebergang aus dem persönlichen inneren Moment
in das sächliche äussere; das Princip der Geschlechter-
tribus erhält eine neue Basis, die allmählich das persön-
liche zurückdrängen musste. Und zwar ist zvveierlei bei
Serv. Tüll, zu unterscheiden, 1) die Tribuseiiirichtung ,
die innere Zusammensetzung des .Staats, um die Plebejer
als Hauptbestandlheil einzureihen, 2) die Centurienver-
fassung , betreffend die äusseren Functionen oder <lcn
.4ntheil, welcher Jedem im Staat an dessen Rechten und
Lasten zukommt. Von den Tribus ist Folgendes die Haupt-
sache: Serv. Tüll, richtete 4 neue Tribus ein (Pallatiu.
C'ollin. Subnr. Es(juil.) als örtliche (im Gegensatz der
alten Roniulischen persönlichen Tribus) und ilen ganzen
.Staat umfassende Eintheilungen. (Dass nicht bloss Pleb.
darunter standen, hat Ilr. H. recht gut gegen Niebuhr
gezeigt). Die Trib. Collin. und Palat. sind die Wohnung
der Tit. und Rainn. , <lic Snbiir. die der Lucer. und die
Esijuil. die der vornehmen Pleb. (Pfahl- oder Ausbürger,
den früheren Luceres entsprechend) ; diese Eintheilung
war schon >or Serv. Tüll, vorhanden und wurde von
diesem nur als polit. Staatseintheiliing angeordnet. Auch
fällt dieselbe mit dem ius sacrnni zusammen, ja, sie ging
aus einer sacralen hervor. (Das Princip der Wohnung
ist wohl im Ganzen richtig und nur nicht in der Aus- '
dehnung anzuwenden, w eiche Ilr. IL aufstellt. Auch geht er
darin zn weit, wie <ler Boden mit dem ius sacriim zu-
sammenfalle, indem er ilaraus die Heiligkeit der Tribu-
nen, die leges sacrosanctae , das Recht der Tribunen,
die Tarpcische Strafe zu vollziehen etc., herleitet. Alle
diese Vermuthungeii sind sehr gewagt und bedürfen schär-
feren Eindringens und näherer Beweise). In den Tribus
sind keine IJnterabtheilungen, weil Grund und Boden etwas
l niebendiges ist, oiler weil die Specics sich nicht in neue
Species zerspalten kann (dieses ist der Beginn einer län-
geren phvsiol. Exposition p. (jj sq., welche wir uns nicht
entschliessen können, zu wiederholen); daher sind com.
tributa nach Köpfen. Nach ilen Tribus richtet sich aucli
die Steuer und der Kriegsdienst, nämlich 4000 pedites
aus jeder Tribus zu einer Legion nebst 300 cqnites,
weil die ritterliche Thätigkeit noch dem persönlichen
Princip angehört — der Ritter betritt nicht mit seinem
Körper die Erde, wie der Fusssoldat , sondern lenkt nur
mit der Hand das Ross, welches die Fortbewegung über
der Erde seinem Leibe abnimmt; — 4ü0 eq. werden
erst dann zu einer Legion genommen , als das sächliche
Princip das persönliche besiegt hatte.
Zugleich wurde Sonderung der Stadt und des Landes
angeoriliiet, welche erst dann möglich ist, wenn sich der
Staat so weit veräusserlirht hat, dass das Abstammungs-
princip das des freien Handelns, die Person die Grund-
stücke zur Selbstständigkeit cnllässt; da trennt sich auch
der Landbau von dem früher allgemeinen Uirtenleben ,
Stadt und Land; die Stadt als Princip des freien persön-
lichen Handelns, das Land als Princip des Erwerbs und
Vermögens durch Ackerbau (??). Die 4 städtischen Tri-
443 444
Lus Iicisson rorzugsiveise <riliiis (nnr fi'ir Pafric. und ror- als «las Aiiilcrp. Der firschäftskrois der Ciiripii is< .im li
iiehiiip IMcb.) , ilio 26 laudliclipii lipissoii rogioiics, nicht ein dem Interesse der l'icli. so fernliegender nnd freni-
tribns, nnd sind nur für die Pleb. liestininit, denen der der, ilass man niilit begreifen kann, h ie Pleb. über
Kiinif Grnndeigenthum, aber keitien Antlieil an den A'er- Angelegenheiten tler (ieschlerbfer li.'itlen niitstininien koii-
fa^snngsreiliten lersehallte , d. )i. fiir die Calinnintaner iien. Zudem H.'iren die StiniuigebencleM in allen Coniit.
nnil die geringen Servian. Plebejer. Die 4 Tribus li.ibeii sich gleirli , wenn die Turien auch die (jemeinde iiin-
fiir den ganzen Staat, die regiones nur fiir ilie Pleb. fassten , nnd es iv,'ire nicht nötliig genesen, den Tribut.
Bedentnng, die trib. bernheii auf dem st.'idtischen Princip Com. unter steten Kiiniiilen Macht und .Ansehen zu errin-
der AVdhnnngen , die regiones dagegen anf dem des gen, «enn die Pleb. schon andere ("omilien gehabt hätten,
<irundeigentliums. l'nter ihnen sind 2 Grade, die ar- iu denen .sie die («ewalt der Patr. brechen konnten, da
liieren von Serr. aulgenonuneiien und die vornehmeren ihre Zahl in jeder Coric ilie {grössere uar. AVas die
(die iieugeschairenen sog. Caliaiier) , «eiche beide lUeii pleb. curiones betriflt, so lasst sich deren A'orkommen
Jieissen und von .Serv. (iriindpi<:^enthurii empfingen. Als dadurch erklären, dass die Curien i/i religiöser liezie-
dritter pleb. Grad sind die in einer stadt. trib. wohnen- hung allerdings alte Staatsgrnndeintheilungen waren, nnd
den Exi|niliiier zu betrachten, welche von hoher polit. dass in dieser lieüieliiiiig auch die Pleb. an den sacris
.Viiszeiclinniig nnd den Patriciern gleichberechtigt sind. ihrer Curie .Aniheil nehnien und Curionen werden koiin-
J)ie stallt, tribus bleiben so lange die angeseheneren, als ten, was aber, wie aus Ovid. Fast. 11, ,02 7 viv. Iicrvor-
das Persünliclie liberwog, denn die Stadt war der !Mit- geht, seilen geschehen sein nniss. Politisch und reclit-
(elpunkt des politischen Lebens und der Städter war Aoll- lieb hatten die Pleb. keine lieriihruiig mit den Curien,
bi'irger. Hier wohnt der Patricier und der voriiehiiie welches Üionvs. in dem so häufigen Verkennen alter Zu-
pli'b. Exijuiline, der Plebejer aber wohnt fern uiii der stände und A'crhaltnisse mit der religiösen l'erbinduiig
Sladt, sein kleines hereilinm bebauend. Später wurden verwechseln mochte.) Es waren .'30 tribus, welche Zahl
die tribus ruslicae (dieser >an^e kam statt regio auf) mit den 3U -Irgeern in A'erbindunj stand, ebenso die
angesehener, als das sächliche Princip zum Diirclibrncli 27 Capellen , nämlich für die ]iagi , welche mit den .i
kam, als '»ruiögen und Reichthnin statt der Abstam- Tribus für Ramn. Tit. Luc. zusammen auch 30 aus-
iniinj sich geltend machten und die Stadt als .Aiifeiitlialt machten. Das A'erhällniss zu ilen Centurien i.st folgen-
der armen Dnrgcr verächtliih wurde. (Hier ist manche des: 17 Tribns machten (71 Cent, (aus jeder Tribus alle-
gute und sihüne Idee mit falschen und w nmlerliaren ver- mal 10 Cent.), 4 Tribus für fabri und cornic. (auch 4
ii:is(lit, z. E. der Gedanke von der Superioritiit ei/ies Cent.) und ö Tribus für die (i. Classe , welche aus .'i
Plibejerstamnis der Exijnil., auf w eiche Hr. H. durch meh- Abtiieilungen bestand, aber nur eine Gesanimtceuturie
rere Aachri.hten geführt wurde, denen zufolge Serv. bildete, zusammen 26 tribus rusticae. (fii diesen letzten
lull, auch Plebejer in den Senat geiiomuien hatte. Diese Gedanken findet sich manche nicht anneliinbare A'ermu-
IJevorzugniig niiiss jedoch nicht auf einem nationalen Prin- thuiig, x. E. dass fabri und com. 4 region. oder tribus
«ip beruhen, sondern ist einfach aiisServ. f iiiiokratischer ausgemacht haben sollten, denn dass das A'erhältniss der
(irundidec zu erklären, indem es billig war, <lass die Trib. zu den Cent. — wenn es liberhaupt existirte —
Jileb. Familien, welche an Reichthum den AHlinrgern ein ideales gewesen wäre, verstOsst ganz gegen den (ieist
gleichkamen, auch ebenso berücksichtigt w urden. Warum der alten und einfachen Zeit, iu welche jene Einrich-
iliesc als Staatsgrundbestaiidtheil angenommen werden und tnngeii fallen, nnd es ist nicht möglich, dass die Tribus
eine 4. besondere Tribus erhalten, ist ebenso wenig klar, local so verschieden gewesen seien , als es nach Hrn. H.
als die übrigen sicherer Zeugnisse ermaiigelinleii Cl.sssi- sein niüss(e). Das Acrhaltniss der .^(J alfeii zu den o.i
licationen). Die andern genokratischeii Tribus bestaiideu späteren Tribus ist nicht mit Mebiihr durch eine Vcr-
Jioili fort, hinsichtlich der patric. Vorrechte (sacra, Cu- minderung der ,'j() auf 21» welche dann allinählich ge-
rien, Senat etc.), doch in Hinsicht «les.'^en , was in der wachsen, zu erklären (leseuswerth ! i , sondern die 21 ent-
früheren A'erfassung auch ortlich bestimnit wurde, traten standen a. u. 2.j') neu und selbstständig durdi die ^'er-
die neuen Locallribus an die Steile der allen iiiid wiir- siebenficliiiiig der H Geschlechterconiplexe Patric, CäW-
ilcii überhaupt immer mehr der llittcljuiiikt des picbci- mont. und Pleb. Die bisherige Einheit der :) Stämme
ichen Staatsleucns. Sogar die Curienversaiiimlungen wur- entfaltete sich mit erreichter iMniidigkeit zur Siebenheit
den von nun nach Tribus gehalten, auch Plebejer kmin- ('i X 7 = 21), weil sich im Anfang der Republik mit
teil darin aufgenommen werden, und seit <!er iMitte des erreichter Pubertät Grund und Roden neben die Person
4. Jahrhiiiiderls wiinlen alle Römer Ciirialen. (Letzlere gestellt hatten, so dass nicht bloss die Person, sondern
Annahme ist durch Nichts zu beweisen, <!enn wenn sich auch der iJodeii die Staatsverfassung bestimmte. (Die
Hr. H. anf die 30 Lictor. (welche ohne Zweifel Pleb. verdächtigen Cälimont. dienen dieser llvpotliise nicht
tvaren) als Repräsentanten der Curien in <len späteren zur Empfehlung, und wir müssen vielmehr gegen alle
Curiat. Com. beruft, so beweist das nur ilie geringe IJe- aus diesem Stamm gemachte Folgerungen protestiren.
cleiitung, welche jene Com. noch für den Staat haften. Die ganze Idee ist noch unsicherer, als j\iebuhr'n Hy-
Die Lict. waren nicht >tiininberechtigtc Stellvertreter, pofhesc).
sondern nur der Form halber zugegen, 30 stumme iMäii- Zum Srhluss des Cap. handelt Hr. H. noch beiläufig
Der für die 30 Curien, Ebenso wenig lässt sii h aus der von den räumlichen \'erliältnissen der Stadt Rom, von
von Hrn. IL behaupteten Zulassung iler dienten dasselbe den schon iu der Einleitung erwähnten zweimal 7 Hügeln
auf die Pleb, scLliesseu , denn das Eine ist so unwahr, und von der doppelten Riiiginauer unter Serv, TuUiiis,
445
446
iiJimlirli a) die' gcKdicIi R(ii!iis( Iio , «rldic 6 Iliigol iim-
fasslc, ohne den Aioiitin, I)) die L.doiiiis« lie oder irdisdi
Riiinisdie mi( allen 7 lliii,'«'!"- Ks fohlt nicht an >S(in-
drrlarkciion, ■/.. E. über die üodendMiif dos Capitol
I). 103 sij. II. a., doch "ir h ollen imlit dabei verteilen
und nnr noch auf die 3 '«" Areal Roms zn untersehei-
denden und i.nm Thcil schon von Rnnsen bemerkten 3
jiolitischen IIau|i(niasson anfnierksani niaehen: A. die Stadt
Äff. Roniulns mit ,') Iliiifeln Palatin., Coel., Qnir., '^'imin.,
Exqnil. (das alte Septiniontiuni) ; 15. die Sabinorstadt des
Tatius mit religiösem Prinriji, mit dem Tarp. ; C. die
Latinerstadt des Remus , mehr geduldet als beicchtigt,
mit dem Aventin. — Die besten üntersurhungen liber
das p. lü'J eruiihnte pomoerinni findet man in A. U. Tre-
kcU antiijq. sei. ], <■. J, p. 15 — '26.
4. Capitel. Cenlurieiiverfassuiig des Serv. Tullius
p. 107 — L'44. ))ie Ceuturien beziehen si( h auf die
riinrtiduen der cives fi'ir den Staat, militia, tributnin
und sufl'ragium. Das AVort cent- (loii rentnni viri herzu-
leiten, nicht von 100 Geschlechtern, «ie INiebuhr glaubte)
ist keine ii il!kürli< he Benennung , sondern «ar von einer
nrspriinglichen Hundert/ahl entlehnt, jedoch nicht von
den equites, sondern von pleb. pedites. So waren die
Cent, substantiell schon vorhanden, aber Serv. Tullius
stellte den vorgefundenen Begrift' nun erst in den IMittel-
pnnkt des Staatslebens, ohne Rücksicht auf die Zahl 100
mit der Dedeutnng einer idealen Gesamnitheit. (Dass
eent. später und zwar lorzugsweise von pedites vorkomme,
ist zwar wahr, man hat aber kein 15eispiel von diesem
Gebrauch vor Serv. Tüll., wahrend bei den eqiiit. der
ältesten Zeit ausdrucklich Cent, genannt wer4len Liv. I,
13. 3H. 43. Lyd. de niag. I , (t etc. Darum kann man
mit grosserer Wahrscheinlichkeit das umgekehrte behaup-
ten, dass der ursprünglich nur von den llititern gebräuch-
liche Aanie Cent, durch Serv. Tüll, zu einer allgemeinen
idealen liezeichnung erweitert worden sei. Der Aus-
druck decuria aber kann als Unterabtheilung der eqnit.
recht gut aw( h neben reut, bestehen, wenn iiir cent. mehr
als militärischen Manien auffassen, decuria aber lorzi'ig-
lich von den in den Curien stehenden gentes verstehen.)
Durch diese Einrichtung drang die politische Freiheit
aus der Hand (Patr.) in den Fuss (Pleb.), das Innerliche
hat sich i(räiisserli( ht , das Heer, welches bisher celeres
hiess, obgleich es pedites in sich schloss, entlässt die
I>ed. zur .Selbstständigkeit, statt Cnrien sind nun Cent.;
Fussdieiist und Grundbesitz bilden von nun das normi-
rende Princip. Lebrigens hatten die dienten und Pleb.
in den Curien schon so viel Gewicht erhalten, dass Serv.
Tnll. sorgen musste , dieses auch /b/we// so einzurichten.
(>Väre die Ent« iikelung wirklich so vorwärts gegangen,
da hätte Serv. Tnll. kein grosses Verdienst gehabt. Er
erscheint überhaupt bei Hrn. H. weniger als selbststän-
<liger Schiipfer neuer F.inrichtungeu, denn als ein durcli
die Umstände und fortgeschrittenen 'Wrhältnisse zu eini-
gen Aeuernngen, die schon fast vollendet vorlagen —
wenigstens substantiell — geführter König, so dass jeder
Auderc an seiner Stelle waiirscheinlich auch nicht anders
gehandelt haben »ürde. Wie verträgt sich das mit den
sonstigen grossen Lobeserhebungen des Servius nnil sei-
ner Verfassung? — Dass Pleb. und Client, in den Curien
sich viel Einfluss versrliad't , wird mit Unrecht aus Fest.
\. centuriata comilia gefolgert, ilenn die Stelle lautet,
«enn man sie ohne vorgefasste IMeinung liest, nicht an-
ders als: Curiat. Com. werden zuteilen auch Cent. Com. ge-
nannt, weil das A'olk aus 3 Haufen bestand, von denen
Jeder 100 gentes ninfasste. Wo wäre auch nur eine
Idee von Pleb. oder dienten? Die Stelle selbst heisst*
Cent. Com. item cuiiala dicebantitr, quia pop. Rom. per
centenus iuvmiis dicisus crul.) Im Ganzen ist die Cent.-
verfassnng eine A'crmittelung der Curien und Tribns,
Geist (cur.) und Leib (»rib.) verbindend rtc. s. p. lls.
Darauf wendet sich Hr. H. zu der Untersuchung über
die Serv. Ordnung und fragt nach den Gründen der Cen-
lurienzahl ebenso» olil, als nach den Ursachen der Schaz-
zungsabstufungen. Zuerst uird von der Natur des Geliles
gehandelt, als dem Moment, welches die Einheit der
.Sachen (des Vermögens) ermittelt und normirt, zugleich
aber auch als Unisatzniittel dient. Dieses ist nach dem
Gegensatz des röm. und quir. Prinrips zweiartig, namlich
nach röm. Princip (<lem rier Abstammung) ist J'iefl der
AVerthuiesser aller Dinge , weil das Aieh dem Menschen
am nächsten steht und zur Beiuitzung der Sachenwelt
dient; nach quir. («esichtspunkt (des Grunds und Bodens)
i'-t ilas Metall, das Lebloseste, namentlich Kupfer der
Träger aller Sachen. Darum besteht die röm. Strafe in
^ ich (viulcfa), wegen ^'ergehen gegen die mehr äussere
Gewalt der Magistrate, die quirit. Strafe in Geld (sacra-
menttim) bei Vergehen gegen die mehr innere Gewalt
der Gottheit oder des A'olks. Diese beiden Geldarten
1 erhalten sich zu einander wie Aoiisserlichcs und Inner-
li<hes, Princip und Basis; das röm. gibt nnr die Pro-
gression von der Person zu dem sächlichen Tauschwerth
selbst an , ilas quirit. drüt kt jene Progression auf eigent-
liche sächliche Weise aus und stellt einen absoluten
Tauschwerth hin, das Persönliche des Gebrauchswerths
abstreifend, welches das röm. Geld behält. Das Metall-
geld wurde erst später als AestiiiKvtiün des natürlichen
A\ erthmessers (A'ieh) aiige\t.Tndt und hiess darum pecunia.
Auf ein Rind wurden 1()(1 Pfund Erz, auf ein Schaf 10,
auf ein Schwein wahrscheinlich 5 gerechnet. Diese 3
Tliicre entsprechen im Staat den equites , der Leibwache
ohne Pferde und den pedites ans den dienten, im Men-
schen den Händen, Schenkeln, Füssen, worauf die 3
Tliätigkcifen des Greifens, Sitzcns und Gehens beruhen.
So liegt in jenen 3 Thieren die Progression des Men-
schen zu den Sachen ausgedrückt, indem sich der Patr.
zu den Client, verhält viie 1 : 10; oder ein Edler ist
gleich 10 Unedlen, l Unedler in 10 Rindern, 1 Rind
= 10 Schafen, 1 Schaf = 10 Ass. Aach dieser Ta^e
macht das A'ermögeu eines vornehmen Bürgers 10000 Ass
(d. h. nach der alten Verfassung), aber nach Serv. Tnll.
100,000 Ass; denn ila ilurcli ihn der Staat aus der Hand
in den Fuss, aus der Zeheiiheit in die Hnnderthcit über-
ging und die Freiheit des Bürgers nach Aussen zehnfach
erhöht war, so musste auch das Vermögen um eine Stufe
steigen und verzehenfachl it erden. \on nun sind I('(),OÜO
Ass das Vermögen eines A ollbürgers in der 1. Classe ,
l(t,000 das eines Pleb. oder dienten. ("Wie zweifelhaft
die meisten der gewonnenen Resultate unil viie unsicher
der künstliche AVeg sei, auf welchem dieselben gcHon-
447
448
neu sind, beilarf hier keiner Eriiiiieriiiig; , man denke
nur an das ^'erhältniss von lU zu lüO "• s. w.).
Um die Zaiil der Classen und Cent, zu erklären,
nimmt llr. H. alierni.ils zu den melirgedacliten Aeqncrn
oder Cälimont. seine Zuflurlit und erkennt in der ganzen
Einrichtunj; ein slaainiartiges oder Nationalprinc.ip. Grund-
^vjuis soll die Zahl von 20 Cent, sein, «elthe in den
mittleren Classen sich zeigt. Die erste Classc bestehe
ans viermal 20 Cent. z= 80 , nämlich dreimal '20 für
Kanin. Tit. Lue., also für die 3 Patricierstämme, und 20
für die vorneliinen pleh. Exijuiliuer. Die 2., 3- und 4.
Classe nmfasst die Aeijuer oder Calim., jede mit 20 Cent.,
als» eine Art von mittleren Pleb. ; die ö. Cl. mit 30 Cent,
enthalte die geringen Pleb., nämlich in 2(i trib. rust. und
4 trib. urban. Darauf folgen Bemerkungen über <lie Ein-
theilung der Cent, in se/i. und tun., «ü die sonilerbare
Behauptung Platz findet, Serv. Tüll, habe diese Duali-
sirung nach dem Alter an die Stelle der Dualisiriiiig der
Patric. iu priores und posteriores treten lassen, als ob
das Alter Einzelner neben ilas Alter der Cieschlechter
gestellt «erden ki'inne, «vas um so unwahrscheinlicher ist,
da Serv. Tüll, diese Eintheilung auf das ganze Volk
übertrug, während sich die Ordnung der pnst. und prior,
nur auf die Patric. bezog. Warum Serv. die beiden .lahre,
das 17. (als Anfang der Pubertät) und das 4ö. zu den
wichtigsten gemacht habe, wird nach der Etruscischen
Zeitansicht erklärt, welche das ganze Menscheiialter in
12 Siebenhciten zerlege, so dass ^/, oder 14 Jahre auf
die Unmündigkeit, ^/^ oder H'i Jahre auf das halbe Le-
bensalter gekommen wären. Zu beiden habe Serv. Tüll,
die Satiirnische Dreizahl hinzugefügt, um volle pubertas
und volle iunior aefas herauszubringen , welche Coiijec-
turen sowohl sehr kühn, als ohne weiteren Einfluss sind.
— Darauf kehrt Ilr. H. zu den Classen zurück, insofern
sie nach den 3 Hauptbostandtheilen des Staats zusammen-
gesetzt seien, und sucht dieses näher zu begründen, z. E.
1) die Zahlen SO, 20, 20, 20, 30 deuteten auf einen
Unterschied der ersten und iler andern Classen hin (ein
Interschied ist natürlich da, aber auch eine Stammver-
gcliiedenheit ?) , 2) der 1. Cl. würden andere entgegenge-
getzt, wie der Ausdruck classici und infra dasseni beweise
(dieser schroffe Gegensatz ist wohl durch den auffallenden
Vermogensabstand zu erklären), 3) Dion. IV, 20 sage,
der Ausschlag sei gewohnlich mit der 1. Cl. gegeben
worden, selten sei es bis zur 4., am seltensten zur 5. ge-
kommen (auch dieses ist ganz natürlich und beweist nicht,
dass die 1., 2 — 4. und :>. Cl. als Einheiten wären be-
trachtet und hervorgerufen worden;, 4) die vom Staat
^'erdicnste halber Belohnten hätten, wenn sie servi ge-
wesen , ausser der Freiheit noch 2.'j,000 Ass (Schätzung
der 4- Cl.), als ingenui aber den Census der 1. Cl. cr-
lialteii (wie soll daraus ein Abschnitt nach der 1. und 4-
Cl. hervorgehen, was nur aus dem holieren AVerth der
Freigeboreucn zu deuten ist), ,j) die Sonderuiig werde
dadurch bemerkbar gemacht, dass zwischen der 1. und 2.
Cl. fabri , znincheii der 4- und ,'). cornic. ständen. (Darin
liegt ebenso ueiiig eine .\otliwendigkeit, jene Classen von
einander zu trennen. Leber fabri und cornic. sind manche
scharfsinnige, aber auch spitzfindige und unglaubliche
Benierknngeu mitgetheilt, z- E. wenn es heisst, das llorn
sei animalischer Substanz und gebe einen milden mehr
auf das aiiimal. Leben berechneten Ton, die ehernen
tuba iiiiJ lit. setzten ein sächliches rohes Element bei dem
voraus, für dessen Gehör sie bestimmt seien. Sie sollen
sich so verhalten, wie die 2 — 4. Cl. zur 5. Der Platz
der Corn. sei am Ende der 4. Cl. , der Tubir. zum An-
fang der 5- Cl. , weil das in dieser Classe Leben auf-
reihende Instrument leic/itiger sei, als die Leider dieser
Männer seiist.'.' Ob diese Leute ihrem Vermögen nach
Proletarier seien, ist noch sehr ilie Frage). 6) Eine
Drcitheiligkeit sei daraus zu erkennen, dass es 3 Blassen
gebe, jede von (jO ceiit. nebst Q cent. equit. , nämlich
Patric. in 60 Cent, und 6 cent. eq., dessgleichen die Ae-
quer oder Cälimont. 60 und 6 , die Pleb. hätten auch
60 cent. nämlich 30 Cent, der 5- Cl., 20 Cent. Pleb. in
der 1. Cl. , 4 I eilt. fahr, und corn. , .j Abtliciliiiigen der
Prolet, und l Cent. Prolet, nebst 6 reut. eq. Dieses
Gleii'hmaass könne unmöglich zuiällig sein, sondern be-
zeiiline 3 Stamnigcnosseiischaften. (AVas dieses angeb-
lii lie (jleichmaass betrifft, so ist es nur durch sehr künst-
liche und falsche Addition herausgebracht wurden, denn
dann niüssten es eigentlich l'JS Cent, sein , welche es
doch nicht gibt. Hr. II. zählt, um auch die dritten 60
zu Stande zu bringen, 5 Abth. der 6- Cl. auf, welches
man allenfalls thuii dürfte, obwohl sie politisch nur als
eine Gesammtheit gelten; aber unter keiner Bedingung
können diese 5 Abth. noch einmal als Gesammtheit ge-
Donimen werden und als solche noch eine Zahl ausmachen
(was bei Hm .II. geschieht), denn dann wären es ö -[" 1'
also 6 Abtlieilungen ! Dazu kommt, ilass, um bei den Pleb.
(iO Cent, herauszubringen , 20 von der 1. Cl. dazu ge-
rechnet werden müssen, welche doch über den Aequern
standen, ferner die Unsicherheit, ob ilie equites auch zu
andern Classen gehörten, als zur 1., und vor Allem die
fabelhafte Existenz der Aequer. Daher vermögen wir
weder das Gleichmaass zu erkennen, noch die Dreitheilig-
keit überhaupt für richtig zu halten. Ueberhaupt steht
Hrn. H.'s ganzem Classeiisvstem die AVahrheit entgegen,
dass, wenn Serv. Tüll, nach der Abstammung iler Bürger
ordnen wollte, er das Vermögen nicht berücksichtigen
durfte , oder wenn er das letztere als Ilauptprincip be-
trachtete, er das erste vernachlässigen niusste, ilenii A'er-
mögeii und Abstammung laufen äusserst selten parallel,
und es ist von ihm, einem so praktischen und umsichts-
vollen Sfaatsinanne, nicht zu erwarten, dass er in jener
praktischen und einfachen Zeit eine Verfassung geschalten
hätte, »eiche nur der Idee nach galt, in der Wirklich-
keit aber stets übertreten wurde.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Mise eilen.
Hannover. Xu Ostern 1Ö.5S e'schicn hier das Piograinin:
De UninmoiuMi rei|iiibl. intcr Siill.ini Cacs-ircmi|iic; dictaloies
toima «lisput.ilio. Pars. 1. De pnpuli Roiiianl "LTJeslatc. Von
dem I.Miinasiallehrcr Fr. Mftnsclicr ('S. 1 — 3Ö).
Zeitschrift
für die
AI terthu ms wissen Schaft.
Sonnta^f , 12. l^Idi
18 39.
Nr. 57.
1) Die Vorfassiing iIcs Königs Servius TuUins, entwickelt
rou P. E. Haschke.
2) Die A'erfassiiiij; <\ei Serrius Tullius in ihrer Eiit-
«ickfluiijj. Dargestellt lon F. D. Gerlach.
3) Disquisitio de Roinaiionim Comitiis autore P. van
der Yelden.
( B e s c h 1 u s s. )
^"^on (lein System selbst kommen wir nun zu den Be-
merkungen ül)er die einzelnen Classcn, und zwar ziinärlist
zu dem Census der ersten Clusse, von Helcheni verschie-
dene Angaben vorhanden sind. Pliii. gibt 1 10,1 '(Jü, Fest.
120,000, Gell, sogar 12Ö,(1U0 Ass an, und Hr. H. be-
zieht die riOiOOO auf die equites allein, die 125,000 auf
die Ramn. Tit. Luc. priores, die 110,000 auf die Ramn.
Tit. Luc. posteriores und die 100,000 auf die vornehmen
pleb. Exquiliner. Die Gründe für diese Annahmen sinil
sehr srharfsinnig entHickelt, aber nicht überzeugend, und
es steht auch ihnen der oben ausgesprochene Zweifel ent-
gegen, ob es möglich sei, eine bestimmte Vermögensab-
stufung mit der Abstammung in Kinklang zu bringen.
lUit weit grösserer Wahrscheinlichkeit wird man die ab-
weichenden Censussatze durch ein allin.'ililiches Wachsen
lies Census erklären, was zuletzt /l. Biickh in 8. metro-
log. Untersuchungen über Gewichte, ftlünzfusse und Maasse
des .\lterthnms. Berlin 1838, p. 4'28 sqq. gethaii hat.
In der 5- Cl. soll auch eine gewisse Abstufung statt-
finden, die ersten 20 Cent, waren ferentarii gewesen,
«eiche bewaffnet in den Krieg gezogen , mit Census von
125,0(!0 Ass, die letzten 10 Cent, hatten nur 11,000
Ass im Vermögen und seien als inerines ausgerückt. Eine
Prüfung der angeführten Gründe möge die Wahrheit die-
ser Behauptung erörtern; 1) werden die Worte hei Liv.
angeführt: rptinta classis anctd , centuriae trigintti fnc-
tae : fundus lapidesque viissiles lii sei um gereiant. In
his nccensi cornicines tubicinesque in /res cent. distriiuti.
Undtcini miliius liaec cent. censel/iitur. Schon der Ein-
gang sei bemerkenswerth und deute auf obige ^^ermuthung
hm, und noch mehr die Worte in his accensi etc., nur
habe Liv. in seiner Unkenntniss geglaubt, die Acceiisi
hatten bloss 1 Cent, in der ,5. Cl. eingenommen. War
aber Liv. wirklich so unwissend, dass er den Acc^nstatt
10 Cent. sen. und iun. uur eine zutheilen konnte, von
der man nicht einmal ein .Alter anzugeben im .Stande ist,
dann dürfen wir auch kein Gewicht auf die im .Anfang
gesetzten Wort« legen, welche ganz unbedenklich und
einfach lauten. Wir können uns daher von der alten
.Auffassung der Stelle nicht abbringen lassen, nach wel-
cher entweder tres in duos zu verandern und in his ac-
censi zu übersetzen ist: zu ihnen werden gerechnet, etwa
wie man sagen kann: in his numerantur; oder die Stelle
ist unverdorben und Liv. hat den Fehler begangen , die-
selbe Classe zweimal zu zählen, worauf auch die bei ihm
herauskoiiiniende offenbar falsche Totalsuinme von 10-t
Cent, führt. Kr hatte in obigen AVorten nur die mili-
tärische Bedeutung der zur (>. Cl. gehörenden .Accensi
vor Augen, wahrend er die (j. Cl. nachher noch einmal
im Allgemeiiieii als Bürgereintheiliiiig aufzahlt, ohne da-
bei zu bedenken, dass dadurch die Snmmirung gestört
wird. Hr. H. sagt zwar, es sei gezwungen, 2 von Liv.
getrennte Cent, für 1 zu halten ; aber es fragt sich, welche
Deutung gezwungener ist, denn man kann Liv. schwer-
lich aufbürden, er habe an l!)4 Cent, geglaubt, oder habe
nicht mehr gewusst , ilass die Accensi eigentlich 10
Cent, halten, da er in dieser Darstellung ältere Ueber-
sirhteu excerpirte, vielleicht sogar echte commentarios
benutzte. 2) Cicero nenne die accensi velali vor den
cnrnic. tubic. und daraus sei zu schliessen , dass die ac-
censi eine ganze Reihe von Cent, eingenommen hatten
und wichtiger als jene gewesen «.'iren. Auch habe Cic.
eine richtigere Ansicht von der ,5. Cl. gehabt etc. fp. 182 sq.)!
Liv. wurde die accensi gewiss nicht ausser aller Classen-
verbindung bei den Musikanten genannt haben , wenn sie
zu einer Classe aggregirt unil vielmehr ausser oder nach
den andern Classen gestellt gewesen wären. Haften sie
aber, wie Hr. H. meint, nicht eigentlich zur ö. Cl. ge-
hört, so gäbe es für sie noch eine Classe, also 7 Classen,
was doch nicht angehen kann. Ueberhaupt ist auf eine
rhetorische Aufzählung der wenig oder kein Vermögen
Besitzenden, wie wir sie bei Cic. linden, nicht zu gros-
ses Gewicht zu legen, zumal da die Stelle nicht voll-
ständig erhalten ist und die accensi nimmermehr vor den
Musikanten gestanden haben können. 3) Rorarii und
Accensi gehörten eng zusammen, und v/eW jene von der
b- Cl. gewesen wären, so müsste das Gleiche von diesen
gelten. Allerdings mögen die Rorarii aus der .5. Cl. ge-
nommen sein, aber es folgt daraus noch nicht dasselbe
für die Accensi, welche Liv. VIH, 8 ausdrücklich tiefer
stellt, als jene. Auch wäre der Unterschied von 11,000
Ass und 12,500 As» (angebliches Verhaltniss zwischen
accensi und rorarii) zu gering, als dass er militärisch so
451
452
bcdpiiioiid soiii könnte, h ie er «irkluli isf. ^'rrgl. i'iljer
«liose .Sinnnii-n Uückli im elien angeführten AVerke p. 429 s(|,
Aci'Piisi ^jinil nafl'onlos und kiinni-ii daher wohl niiht xtir
Ö. Cl., «elrlic allendialhpu als eine vaHentrageniie he-
zeichnet »lird, soiidorii bhiss /nr (i. niilieualTüelen uiinii-
litc'irisrhen ■;p/alilt iienlen. A\ enn aber Fe.-t. nnil >(>ii.
keinen grossen l iitersiliied Zivilehen aicensi und rorarii efc.
niarlieu, so sprerlien diese nur von der sp/iteren inilitä-
risrhen Dedeutnng, oline an die später aMti([nirte Clas-
seneintlieiliing zu ilenken. 4) Uer Name ^fcceiisi dente
auf LnseUiststSndijkeit und auf ein Unterst lireiben un-
ter eine Classe. Das Erste ist wahr, al>er das Unter-
Schreiben braucht sirli nirht auf eine Clause zu beziehen,
sondern ebenso gut auf das Beiordnen zu allen Classeu
und zu dem ^esanunfen Censns, in »eltlicm Sinn das
^Vort auch meistens genommen «ird. 5) Am schwrtclisten
i>t der pliih)s. I?e«eis oder die Idee, «vorauf diese Ein-
tlieiliing beruhe. Es «ird eine Analogie mit der 1. Cl.
und (leren dreifachen üestandtheilen aufgesucht, für die
,'). dagegen die Dualisiruug geltend gemacht etc., «as füg-
lich übergangen «erden kann. AVeit interessanter und
theihveise belehrend sind die Untersnchungen über Namen
und A\ esen der Accensi velati, obfrleich es auch hier nicht
an Eigenthümlichkeiten und Sonderbarkeiten fehlt, z. E.
dass velati die positive, accensi die negative Zugehörig-
keit zum Census bezeichne etc. Sehr gut wird vom Ci-
»il - und 3Iilitardienst iler Accensi gehandelt, dessgleichen
von den in der Kaiserzeit vorkdinmeiideii «eiiig bekann-
ten Acc. lel., über welche Hr. II. sehr lesensuerdie und
nicht unwahrscheinliche Vermuthungen aufstellt, vergl.
vorzüglicii p. 177 — 182.
Die (i. Cl. wird von manchen alten Autoren nicht als
Cl.isse mitgezählt, was Hr. II. gut durch einen engern
und weiteren Sinn des AVorfs dassis erkh'lrt. Im enge-
ren Sinn umfasse es nur die >talirhaften zum Kriegsdienst
fälligen Bürgerablheiliiiigen, im »eitern Sinn jede \'olks-
ablheilnug. ^^'.as den Census dieser untersten Classe he-
tridt, so gellt Hr. II. 1) von dem Princip aus, dass sie
auf dem Normalreiisiis von 1Ü,()(IU Ass beruhe als ' / ^^
von 100,0(10, <ler Summe des voUlioniinen Hereihligtenj,
'J) dass sie ein Deminutii bild der ä ersten Classeii im
zehnfach verjüngten IMaassstab enthalte; z. E. wenn ein
rieb, der I. Cl. 1(J0,(I(K) Ass hatte, so müsste sein Client
1(),0(J0 haben, ein Pleb. der •). Cl. 70,000, der Client
nur 7.';00 n. s. w. , in der r>. Cl. aber halte der I'leb.
nur 11,000, der Client daher llOO, welches die lon Cic.
angeführte Summe des Proletariers ist. Zwar hat Gell,
und >on. für den Prolet. l.'iOO Ass iiiiil weniger ange-
geben, «elihe Nachricht von Hrn. H. veruorfen wird,
was aber nicht so leicht zugegeben werden darf, da man
nicht nachweisen kann, dass Noii. nur aus (iell. geschöpft
halte. Die über l.'j()(J Habenden bis zum Census der ö.
Cl. werden von Niebuhr, (iöttling u. A. mit ziemlich grosser
AVahrscheinlichkeit Accensi genannt, Hr. H. dagegen nennt
Alle von 1100 — IO,(Mli) Proletarier , weil er dieActensi
in die ö. Cl. versetzt hat; Cajiite ceusi rthcr, iielchenach
Gell. ,'V7ö Ass liabcn , sind nach Hrii H. alle unter I|(|()
Ass Stehende. So gewagt diese IJehauptungen zum 'I'lieil
sind, ebenso kühn und spitzlindig sind die Bemerkungen
über die Dedeutungeu von I'rolet-, Ctij). Censi u. Assidui.
Die ersten, wclrlic ihren Natncn von proles liaben, nor-
den als ilie aufgefusst , welche dem Staat vermöge der
proles dienen, il. h. Vermögen und Hausstände haben,
wahrend Cap. Censi nur als einzelne Personen in Betracht
kommen sollen, weil ihre Hausstände ohne vermögens-
rechtliche Bedeutung waren. Die Assidui endlich werden
von assidere und nicht von asses duere oder Schoss geben
abgeleitet, weil der Schoss nicht das Ausgezeichnete der
Classenbürger sei, sonderu militia und sufi'ragium. Das
Sitzen aber bezeichne ein thütii^es vor/ielimes t'erlialten
(ursprüngliih nur von den Patric. gesagt im Gegensatz zu
den dienten , welche selten zur Stadt kamen und dratis-
sen arbeiteten, und das Wort sei erst seit .Serv. Tüll, als
Bezeichnung der vornehmon thütigen Bürgerschaft in allen
Classen angewandt).
Bei den Ceiisnsabstufungcn der Capitc Censi wird Hr. H.
wieder von den phvsiol. Grundsätzen zu merkwürdigen
Annahmen geleitet, indem er 4 (irade .innimmt, von denen
die 3 ersten auf dem iiatnrgesetzliclien Verhaltniss von
den 3 die Familie ausmarhenden Stellungen bcrnhen. Der
erste Grad ;:= pater von 1000 Ass, der zweite Z- filius von
.'iOO Ass, der dritte ;:^ niater familias von 37.^ Ass (näm-
lich '/, als iilia, d. h. 'iüO und '/,, als uxor, d. h. 12ä
.Ass), der vierte unter 375 Ass, und zwar \'2b Ass zr
uxor lilii fam., quae in eins maim est. An iliese unterste
.Stufe der niirns soll sich alsdann unter den Thicren bos
mit 100 Ass anschliessen. Die ganze 6- Cl. soll in ihren
5 Abth. gleichsam als eine kleine Volksvcrsanmilung stim-
men, aber nur iu 11.5 proletar. Cent., nämlich 20 der
1., 2., 3., u. 4. nebst 30 <ler .i. Abth. (zus. HO). Zu
diesen 110 kommen noch die 4 .Abtheiliingen capite censi,
welche, die arbeitende Classe ausmachend (operae), die
Stelle der fabri und corn. vertreten: t) operarii (machen
Ziegeln, (»erathe, Kleider etc.) '2) Fleischer, Backer u.s. w.,
3) Pastores, 4) Agricolae (Tagelöhner). Von diesen
scharfsinnig construirten Leuten schliesst Hr. II. sogar
rückwärts auf den Census der fabri nnd corn. Um es
aber in Nichts fehlen zu lassen, erhalt ilie proletar. Volks-
versammlung ihre (i. Cl. , ja sogar eine doppelte, näm-
lich eine in functionaler , die andere in suijstantialer
Beziehung. Fnnctional agirt die Cent, ni quis scivit, sub-
stantial aber entspricht der eigentlichen (i. Cl. der ordo
Muiiicipuni in <len tabulis Cacritnm, welche wiederum
ihre 6 Classen gehabt hatten. Ph\siologisi;h entspricht
diese ti. Cl. den Zeui^u/ig.iunfii/iigen, welche entweder
spadones oder castrati sind. Die Cent, ni (jiiis sciv. ist
das Bild der Castrirten, die iMiinicipes aber vertreten die
Stelle der Spadonen. — Dass die ti. Censusclasse wirk-
lich .0 Abtheiliingen hatte, erleidet keinen Zweifel (nach
Güttling 2 Abth. Accensi, 2 Prolet, u. 1. Ca|>. Censi),
dass sie aber so coinplicirt gewesen, als Hr. II. vermii-
tliet, können wir unbedingt verneinen , indem ein so über-
künstliches (jebaude, welches Hr. H. mit scharfsinniger
Hand mitunter nicht ohne grosse fliühe construirt, aller
Praxis, geschweige der Serv. Zeit widerspricht. Aber
auch das Einzelne leidet an AVidersprüchen und .Hangeln.
Z. E. ^enii es nur 4 Arbeiterabllicilungen in der (i. Cl.
gab, was hatten denn die andern HOCenturien zu thun
(es waren zwar nach H. ll."», aber die letzte niuss ab-
gerechnet werden), und wer wird an eine so über allen
453
B('i;ri<r iiiil)cilcu<diile Anuptulimg «lor Crui. iii (jiils sriiit
(sie iväro '/,,; <lpr (i. Cl. also := Mrli(s) nadi ili-ii Wor-
ten des Fest. j;laiiLoii ? efe. — Dass die AKlieiluiijfeii
der (i. Cl. oidhies liicsseii, ist wolil möglich, gellt alipr
keiiipswejjs aus Ariiob. adi. peiif. II, 25^1 liervor. Es heisst
dort: ilesiiiite homiiiem piole/ntiits cum nit clasisiius et
cajnte cum censeatur udscriljere urilinibus primis, wo
Hr. H. ordiiiibus für ord. prim. proletariornm iiinimt^
velciies ffaiiz iiiincitliijr und sogar jjezu linken ist. Beide
S'M/.a laufen sieli parallel und Iieissen dem ganzen Zii-
saniuienlianff nach JNidits »veiter als: erhebe den Menschen
nicht über seinen Rang, denn so wenig als der Prole-
tarier zu den 5 Classen, und der Cap. eensiis zti den
ordin. der Senatoren und Eijuites gehiirt , ebenso wenig-
ist der I\Iensrh göttlichen Ursprungs. Unter den .Sehhiss-
bemerknngeu dieses Capitels ist die erste von \\ ichtigkeit
und h<'i((e billig an der Spitze der ganzen Darstellnng
ütelien sollen, uänilich dass die Eiutheilung ilcr Classen
nach Patric. , Calimont. und Pleb. nur dem Princip nach
gemacht worden sei. Dadurch wirft l[r. II. selbst sein
System um, denn wie kann Serv. Tüll, in der Periode,
welche noch nicht zur vollen pubertas gediehen ist, eine
l'erfassung eingeführt haben, n eiche nur auf unprak-
tischen Principien beruhte. \\\t können vielmehr behaup-
ten, er wollte das nationale Princip vernichten, und zwar
dadurch, dass er ^'crniögensclassen einführte, von denen
er wohl wussto, dass sie das geeignetste Mittel seien, die
alten Stanunverbindungeu zn lösen und die verschiedenen
Elemente des 1 oiks sich n<iher zu bringen.
5. Capitel. Thier- und Götterclassen p. 24.0 — 304.
Kalender p. ;^04 — o40. Drei Gattungen AVesen , Gotter,
Menschen und Thiere gehören nach Hrn. H. zum Staat
und sind an dieselben organischen Gesetze gebunden.
Die Thiere, von denen zuerst die Rede ist, kommen
nach einer doppelten Seite in Betracht a) nach der prie-
sterlichen Seite iler Aatur und zerfallen insofern in reine
und unreine (bei den Juden) , b) na( h der königl. Seite
des Rechts, und danach zerfallen sie in zahme und wilde,
von denen hier nur die ersten zu berücksichtigen sind,
da die wilden gleich den Peregrinen nicht zum Staat
gehören, ^'on den erstcren gibt es ö Classen, weil der
fllensch nach seiner universalen Natur in ö Classen exi-
stirt, und zwar heissen diese ,5 Gattungen civile Thiere
(die res mancipi unter den Thieren). Es sind folgende:
1) 6os zum Auf)vülilen der Erde (der Stier 125 Ass ,
die Kuh nur 110 Ass, geschlechtlich entzweit, den Ram».
Tit. Luc. prior, und post. analog, das Rind 100 Ass :=:
dem vornehmen Pleb. in der 1. Cl.); 2) iovigus , das in
der Einleitung erwähnte neue, aus il er Schöpfung verschwun-
dene Thier, welches dem Menschen alle persönliche Arbeit bei
dem Pflug erspart, iniicni es den Pflug mit starkem Schwänze
hält (oder wie es in den Zusätzen heisst, mit dem Rüssel
p. 716» wo selbst dieses Geschöpf mit dem Elephanten
zusammengestellt wird) und den Menschen dabei auf dem
Rücken trägt, geschätzt zu 75 Ass (der bovigus soll die
1. Mos. 3, !• 5. 14. vor allen Thieren eic. verduchte
Schlange sein, welche früher 4 Füsse hatte und reitbar war;
davon auch boa die Schlange; vergl. p. 253); 3) Eijuus
zum Tragen der 3Ienschen und Lasten :zz 25 Ass; 5) /Isi-
nuH zum Tragen der Lasten = IS'/a Ass, nebst dem
454
kleineu Esel, um die accensi der 5. Cl. zu repräsentiren.
Bovigus, Equus, Mulus entsprechen der 2- — 4. Cl. oder
den C.'llimontanern ; bos der I. Cl. Um die 4 Cent. fahr,
und Musikanten herauszubekommen, werilcn aus der
Sachenwelt die 4 Servituten (iter zu 10 Ass, actus zu 5,
via zu 3^/,, aquaeductus zu 1'/, Ass) herübergezogen.
Die 6. Cl. der Thiere, die Proletarier, gehören nicht
mehr der geistiguniversalen positiven Staatsnatur an, son-
dern entsprechen der irdischen Einzelnatur des Menschen,
und darum res nee mancipi. Es sind 1) ovis z= 10 Ass
(eigentlich Opferthier und mit selbststandigem Kutzen),
2) caprti ^^ 7'/; Ass, 3) sus z=z. h Ass, 4) canis =:2'/2
Ass; (diese sind zwar auch Opferthiere , gewähren aber
einen schon unselbstständigen ökonomischen Autzen),
5) felis:::z VI.-, Ass (rein irdischer Natur, weder zum Opfer,
noch durch Fleisch brauchbar , sondern Bewahrcrin der
vegetabilischen meuschliclien Nahrungsmittel), G) niansue-
facta den niunicipcs und pavo der Cent, ni quis scivit
analog. Die 4 Ordnungen der Capifecensirten Proletarier
sind Gallina, Columba , .Anser, Anas, im A'erhältniss zu
einander wie: l'ater, Sohn, Tochter, Schwiegertochter
oder nach dem Werth 1, '/,, '/j, und '/s Ass. So »väre
der Naturstaat nach der negativen vermögensrechtlichen
iSeite hin erfiillt. Der Staat reicht aber auch aHfȊrt5
liber den Menschen hinaus , indem sich der menschliche
Geist ebenso in den Geistern der höhern Welt rcflectirt,
wie er sich leiblich in den Thieren reflectirt, und es
gibt eine Reihe Geister durch die geistige Welt bis zum
Schöpfer hinan , um den IMenscIi mit Gott zu vermitteln,
und diese hat das Rom. Volk von der politischen Seite
nl(!it irrig aufgefasst. Der Versuch einer solchen Stu-
fenleiter, welchen Ilr. II. aufstellt, ist kurz folgender:
den ö ersten Classen entsprechen 1) Jupiter, Juno, Mi-
nerva =125, 110, lOQMill. Ass, 2)Mars:=75 Mill., 3)Ja-
nus Quirinus =: 50 Mill., 4) Neptun. =z 25 Mill., 5) Vulcan
a) Liber mit 12'/2 5 l>) Libera mit 11 Mill. Die fi. oder
proletar. Götterdasse beginnt mit Ceres zu 10 Million,
und geht durch Saturn, Flora etc. herab bis zur Pomona,
«eiche zu 125,000 Ass angesetzt ist, also nicht höher
steht, wie Ramn. Tit. Luc. prier. So knüpft sich hier
der Mensch an die Gotter , wie das Thier an die nntcr-
stc Classe der Menschen, und wir hätten denn nun eine
classificirte Schöpfung, über welche wir hier nicht weit-
läufiger handeln w<illen, theils, weil wir kaum glauben,
dass Hr. II. noch jetzt die Wahrheit seines geistreichen
Idcenspiels verfechten wird , theils weil ivir überzeugt
sind, dass durch solche Hypothesen für die Wissenschaft.
Nichts gewonnen werde. Auch vom Kalender deuten wir
nur die Hauptideen an, nämlich dass es in Rom eine
doppelte Auffassung der Zeit gegeben habe, eine Römische,
nachher patricische von der Sonne, und eine Quiritische,
nachher plebeische von dem Mond ausgehend. Nach Rom.
Ansicht seien nur 10 IMonate gewesen , weil Januar uml
Februar politisch, sowie in der Natur todt und nichtig
seien, nach Quirit. Ansicht dagegen seien 12 Monate,
weil bei diesen die Naturkraft im Deceniber nicht erlöse h,
sondern sich nur sammelte und reinigte, so dass Januar
und Februar gerade die wichtigsten fllonatc wären. Da-
her beginne das politische Jahr mit dem 3Iärz, das reli-
giöse mit dem Januar, und zwar seien die ersten 6 Mo-
455
45G
nale «ie Assldtii mit lebenilij.streboiidcr Kraft nach Aiis-
•Pn 3Iarz biä Si-stilis, ilajpgeii August bis l'Vlirtiar ilie
Prolet, von passiver negativer Natur (dass hierbei ein
Zinnat zu viel gereclinet sei, eigentlich sogar zwei, haben
wir schon oben bemerkt) und einzelne dies intermestrcs
entsprechen den Centurien der Fabri , Corn., Capilecensi
und sogar der cent. ni quis scivitü — Die Prüfung eini-
ger das Kalenderivesen bctreflenden beiläufig geäusserten
Bemerkungen überlassen wir den dieser Dinge Kundigeren
und versparen den Bericht über die 7 letzten Capitel
dieses Werks auf den iiächsten bald folgenden Artikel.
W. Rein.
Griechische und Römische Inschriften.
100.
Bulletino dell' Inst, di corrisp. arrheol. 1835- S.
Zu Corneto im (iarten des II. Falzacappa.
28.
IMP. CAESAR. T. AELI«s üadrianus
A>TOMNVS. AVG. Pias Pont
maX.. TRIB. POT. ... Cos ... P. P
BALHeVM VETVSia<e. CoUapsum
SVA. PECVMA. restituit
101.
Ebendas. An demselben Orte.
mC DEPOSITV.S EST . . . . . .
QVIXIT ANNI-S P MXXX Dep. in pace
PRID KAL DEC CONSS Monaxi
ET PLI>TIAE VV CC
103.
Zu Brescello, dem alten Brixellum, einer Rüinischen
Kolonialstadt in Uberitalien gefunden, und ebendas. .S. 132
initgethcilt.
Das erwähnte Consulat füllt in das christliche Jahr
4t'.)- In den Almeloveen'schen Fastis, die allein jetzt
zur Hand sind, wird der iName des letztern Consuls
Plinta angegeben, was nnn geändert werden mnss. Doch
will ich nicht verschweigen, dass sich der Name Plinta
auch bei Grut. S. 1100, 4 findet.
102.
Ebendas. Zu Corneto im Hause des Raimund Falgari.
D. iM
CLODIAE. 11ITVR1AK. PR. CENTOMVS
COMVX
PRAEF. GRAVISC. ET. TARtJ. IUI. ^ IR
IVR. Die. ET. DEC\R.
B. 31. P
-Sehr benierkenswerth findet der genaue Kenner der
Lat. Epigraphik, Bart. Borghesi , von welchem einige
Bemerkungen über diese Inschrift mitgetlieilt werden,
die Siglc PR in der zweiten Zeile. .Sie niiiss einen
Vornamen enthalten und kann fast nur auf Procnlus ge-
deutet werilrn, was doch auch wieilcruni manchem Zwei-
fel ausgesetzt sein möchte. Unscrs Theils lassen wir die
Sache auf sich beruhen.
D 31
T. lEGI. IVCVNDI
VI. VIR. AVG
ET. DECnilAE. THAL
LlAE. EIVS
FILETVS. LIliERTVS.
HIS. EPVLE. DEIiENTVR
A COLLEGIO CENTONA
RIORVM BRIXELLAiNO
R \ iM
D. M. L. Jegii Jucundi 11 viri Augustidis et Deci-
miae ThalUae eius Filetus libertus. His epulae delten-
tur a collegio ce/ituiiiiriurum Brixellanorunt. Der letz-
tere Zusatz bezieht »ich, wie der Ilcransgelier richtig
bemerkt, auf die in Folge eines von Seiten des Jegiii»
und seiner Gattinn (denn zu eiun inuss man dem Sinn
nach uxoris suppliren *) stattgefundenen Legats wahr-
scheinlich dem Collegio centonariorum auferlegte Verbind-
lichkeit, periodisch wiederkehrende epulae an den (ie-
burts- oder Sterbetagen der Legatoren zu veranstalten.
Ausser den vom Herausgeber über das Coliegium cento-
nariorum gegebenen Nachweisungen, findet sich ein sol-
ches noch auf einer Inschrift erwähnt in Diss. glvptogr.
Blas. A'ictor. (Romae l'/39) , S. XII. Vergl. Forcel-
lini h. V.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Ellwangen. Als Einladungsscbiift zu den Herbstpriifun-
gen im hiesigen Gymnasium im J. 1838 schrieb der Oberlehrer
Ciibh. 1111. Iloegg »Ueber die Nuthwendigkeit , den lateinischen
Elementarunterricht zweckmässiger einzurichten. Nebst erläu-
ternden Bemerkungen zu einem dahin zielenden Versuche i<
(44 S. 4.) und bat diese Schrift auch später in den Buchhandel
gegeben. Stuttgart, NefT 1839.
Marburg. Dem Privatdocenten der raorgcnländischcn
Spr.ichc und der alttcstamentliclien Exegese an der Universität
dabier, Dr. Phil. Aug. Wilh Kralimer, hat die Uriiversität
Giessen ex decreto totius sonatns acadcniici et inpriniis Theo-
logormn Evangg. Ordinis die Würde eines Licenliatcn der Tlieo-
lijgie luinoris c.iussa ).propter crudilioncni thcologicam scriptis
pluribiis coniprübatam« ertbeilt.
Weimar. Orationes aliquot iuvenum — in Gymnasio Gui-
lielmo — Erneslino die X M.iji a. 1838 babendas indicit etc.
A. G. Gernlia rd, Phil. Dr. Magniil. sax. Consist a Cons. Gymn.
Dir. etc. Epistola ad C. Chr. G. Her/ogium. Phil. Dr. et
Gynm. Gerani Prof. Eloq. de Tacit. Agric. cap. 2 et l6. S. 4.
*) Uebcr diesen Gebrauch vergl. Beitr. zur Gesch. der Gr.
und Rom. Litt. Bd. II. S. 153-
Zeitschrift
für die
AI teith LI ms Wissenschaft.
Mittwoch, 15. Mai
1839.
Nr. 58.
Griechisclie und Kümische Inschriften.
(Foris etzung.)
104.
IMerkwiirdiges Briichstürk eines in der Umgegend von Cumae in Unteritalien gefundenen Kalenders (dafür wird
es gehalten), nach einer Bekanntmachung in Guarini Commentar. XIV. S. 54 Aviederholt in Bull, dell Inst,
archeol. 1835. S. 152-
VM. COIVSVLA
TVS. LEPIDI. TRADIDIT. SE. CAESARI. SVPP ....
. . . ATALIS CAESARIS. IMMOLATIO. CAESARI. HOSTIA. SVPLICATIO
VSI. CAESARIS. NATALIS. SVPPLICATIO. VESTAE
... IE. CAESAR. TOGAM. VIRILEM. SVMPSIT. SVPPLICATIO. SPEEEL IVV
ISTI CAESARIS. SVPPLICATIO. VESTAE
rORTVNAE. REDVCIS. DEDICATAST. QVAE. CAESARI
SVPPLICATIO FORTVXAE REDVCI
PRIMVM FASCES. SVMPSIT. SVPPLICATIO. lOVI
APPELLATVS. EST. SVPPLICATIO
EST. SVPPLICATIO. IMPE
; M
XIA
Dieses Monument kann zu rielen Betrachtungen Ver-
anlassung geben, deren wir uns für jetzt, zumal da die
Schrift von Guarini nicht zur Hand ist, überheben müs-
sen. Nur das können wir nicht unbemerkt lassen, dass
der Gedanke an einen Kalender unstatthaft erscheint,
dass es vielmehr unserer Meinung nach ein Denkstein
historischer Art ist, den Aiigustus betrefi'cnd, aus dessen
Leben bedeutendere Ereignisse , insoweit sie an heilige
Handlungen geknüpft sind, hervorgehoben werden, viel-
leicht ein Auszug aus priesterlichen Annalen , der, zu
Rom aufgestellt, zu der jetzt nur noch vorhandenen, vor-
liegenden Copie die Veranlassung gegeben. Es erinnert
das Ganze nur zu sehr an das Monumentnm Ancyranum.
Biach der Angabe des ebenso gelehrten, als eifrigen Al-
terthumsforschers, des Canonicus Del Jorio zu jNeapel,
des früheren Besitzers dieses Steines, dessen Andenken
für so vielfache Beweise eines freundlichen Wohlwollens
in dem Herzen des Unterzeichneteu dankbar fortlebt,
soll noch ein anderes, dem Umfang nach bedeutenderes
Bruchstück dieses Monuments vorhanden gewesen sein ,
das aber jetzt leider nicht mehr aufzufinden sei.
105.
Ebendaselbst S. 154. Auf einer Basis zu Ami
ternum.
AVGVSTAE IVLIAE
DRVSI F.
DIVI AVGVSTI
Die ungewöhnliche Vorausstellung des Titels Augusta
erklärt sich dadurch, dass derselbe als Cognomen der
Adoption zu fassen, und dieses dem nomen in diesem
Zeitalter nicht selten vorausgesetzt werde.
106.
Ebendaselbst. Auf einer Basis zu Frascati.
PONTIF. MAX. COSII
IMP. VIII. TRIB. POT. XXXI
EX. S. C.
459 460
107.
Ebendas. S. 153) aus Guarini's angeführter Schrift S. 13- Gefunden zu Caposele im Principato citra.
SILVANO. SACRVIM. VOTO
SVSCEPTO. PRO. SALVTK. DOMITIANI. AVG. N
L. DOMITIVS. PHAON. AD. CVLTVM
TVTELA>I(}VK. ET. SACRfFICIA. IN. OMNE
5. TEMPVS. POSTERV. IIS. QM. IN. CONLEGIO
SILVANI. HODIE. ESSENT. QVIQVE. POSTEA
SVBISSBNT. FVNDVM. IVNIANVM. ET
LOLLIANVM. ET. PESCENMANVM ET
STATVLLIANV3J. SVOS. CVi\I. SMS. VILLIS
10. FINIBVSQVE. ATTRIBVIT. SANXITQVE. VT
EX. REDITV. EORV31 FVNDORV.M. Q. S. S. KAL. IA^V
III. IDVS. FEBR. DOMITIAE. AVG. N. NATALE. ET
V. KAL. IVLIAS. DEDICATIONE. .SILVANI. ET. XII. K
IVLIAS. ROSALIBVS. ET. IX. K. NOVEMBR NATA . .
15. DOmiTIAiNI. AVG. >. SACRVM. IN. REPRAESENTI
FIERET. CONVENIRENTQAE. II. QVI. IN
CONLEGIO. ESSENT. AD. EPVLANDViM. CVRA
KTIBVS. SVIS. CVIVSQVE. ANNI. iMAGISTRIS. HVIC
REI. DOLVni. niALVAI. AFVT^ RVM. QVOMINVS
20. EA. QVAE. SVPER. SCRIPTA. SVNT. FIANT
MANIFESTVM. EST. CVM. PRO. SALVTE. OPTHII
PRINCIPI. ET. DOMINI. N. FVNDI. CONSECRATI
SINT. DIESQVE. SACRIFICIORVM. COiVIPRE
HENSI. PRAETEREA. LOCVS. SH E. PARS
25. AGRL SILVAEQVE. EST. IN. VIVARIO. QVAE. CIPPIS
POSITIS. CIRCA. SILVANVM. DETERMINATA
EST. SILVANO. C^'I. DET. VlAM. DIVS. AD. SILVANVM
PER. FVNDVMQVE SICIANV.M. OMNIBVS. PATEBIT
LIGNIS. QVOQ^E. ET. EX. FVNDO. GALLICIANO
30. ET. AQVA. SACRIFICIO. HAVSTA. ET. DE. VIVARIO
PROWISCVE. LICEBIT. VTI. IIAEC. SIC. DARI
FIERI. PRAESTARI. SINE. DOLO. 31ALO. IVSSIT
PERiMISITQVE. DOMITIVS. PMAON
CVIVS. OilHNE. S. LOCVS. FVIT
Silvano sacrum. Voto suscepto pro salute Dnmiliani sttiri si/ie dolo mala iussit promisitqiie Domitius Phaon,
Aususti nostri I,. Domitius Pliaon ad cttllum talelamque cuitin omine sacer locus f'uit.
et sacrißcia in onine tempus posterum iis qui in cunlegio Di« Inschrift eiitli,'ilt eine Urkunde, mittelst welcher
Silvani hodie ea^ent quique posteu suhissent, fundum, von L. Duniitius Phaun dem Heiljgtliuin de« Silvan ver-
lunianum et LoUia/ium et Pescennianum et Statullinnum gciiicdiMip Laiidereieii mit den d/izu jfehörijjen Gerechtig-
suos cum suis villis ßiMusque altribuit satixitque ut ex keiten, nach einem für das Wohl des Kaisers Domitiau
leditu eorum fundorum , qui supra scripti sunt, Kai, geleisteten Geliihde, i'ilicmiaclit werden, und zwar unter
Januar. Hl Idus Febr. Dnmitiae Aui^uslae nostrne na- der besonderen Bestinimunjf, ilass ans dem Ertrag dieser
Inle et V Kai. Julias dedicatiune Silvani et Xll Kai. Grunilstiicke namentlich das Geburtsfest des Domitian und
Julias Rosuliöus et IX Kai. Noremir. natale Domiliani aucli das der Demitia , jedes an dem wirklichen Taj;e,
Auj^usti nostri sacrum in re pruesenli ßeret conrenirent- von der heiligen Gemeinschaft des Siliau mit einem Fest-
que ii, qui in conlegio essenl ad cpulaudum , curantibua mahle gefeiert werden solle. Dergleichen periodisch ge-
suia cuiusque anni ntau;istris. Huic rei doluin mitluin halfenc epulae, von einem Colleginm zum (>cdächtnis.H
»futurum, quo minus eu quae super scripta sunt /iiint, eines um dasselbe verdienten VVohltbaters gefeiert, waren
mani/e'itum est, cum pro salute optimi principis et do- etwas sehr Gewöhnliches, wie viele Inschriften (man ver-
mini nostri f'undi cojtsecrati sint diesque sacrißciiirum gleiche nur die hier viertvorau«gehende) und Stellen Uer
cornprehensi. Praeterta locus sive pars agri silraeque est Alten bezeugen; das« der Geburtstag die passendste Zeit
in vivario , quae rippis positis circa Silvanam delermi- für Erinnerungsfe.ile dieser Art war, ist bei der Ileilig-
nata est Silvano, cui det ciam Dius ad Silva/ium, per keit, in welcher jener Tag auch bei den Alten gehalten
fundumquc Sioianum Omnibus palebit; lif^nis quoqiie et wurde, nicht zu verwundern. So ist auf dc-r hier
ex l'undo Galliciiino et iiqua sacrificio Itausla et de vi- drittvoraiisgehenden Inschrift von i-iner Sujiplicatio an
rario promiscue licebit Uli. Haec sie dari , fieri , prae- einem (ieburtslago dio Rede. Die Angabe des Ge-
461
40?
bartsfaffs des Doinitian auf «ler vorlipgenilpn In.irlirift
etiuinit mit ungern .sonstigen Nacbricliten , nanientlirh mit
Stieton librreiu. Den Geburtstag seiner Gemablin Do-
mitia Longina kennen wir nur norb ans einer anilcrn
Iiiscbrift bei Eckel Dortr. num. T. VI. p. 3^19, »<> gleiili-
falls von einem Legat die Rede ist, aus dessen Ertrag
ibr Geburtstag von den Decurioncn zu Gnbii festlicb lic-
gangen werden soll. Daselbst werden die vierten Idus
des Februar genannt, auf unserer Insilirift dagegen die
dritten; da auch jene Insebrift norb viirliaiiden und zu-
güngliih ist, so niuss eine nochmalige Untersuchung bei-
der Steine entscheiden, welches Datum das richtige sei.
Da Domitia im Jahr 835 die Ehre einer Augusta er-
Jiielt, so ist wenigstens dadurch die Zeit bestinmit, jen-
seits welcher das Monument errichtet worden. Der Le-
gatar L. Domitius Phaou ist hö<hstwahrscheiiilich derselbe
Phaon , welcher als Freigelassener des >iero diesen bei
seiner Flucht aus Rom anf seinem Suburbanum verborgen
gehalten hatte, nach Sueton. Nero 4^ f. Zu dieser Ver-
muthung ermächtigt uns der ihm auf der Inschrift ertheilte
Aanie Domitius, da der Neroniscbe Pliaon sicherlich den-
selben angenommen hatte: denn Nero geborte bekanntlich
zur gens Domitia und wurde auch in dem monumentum
Domitium, nach Sueton, beerdigt.
Z. Q. werden die villue noch ausdrücklich neben den
fundis geuannt, dem eigentlichen Sprachgebrauche ge-
mäss, wonach unter villa das zu einem fundus gehörige
Wohnhaus verstanden wurde. Auf dieselbe AVeise wird
zwischen ager und villa nnterschleden bei Cic. pro Rose,
com. IV, 32, und uedißcare i^illnm steht Or. pro Sestio.
43. Ungewöhnlicher, aber gewiss technisch ist die Be-
deutung des Zusatzes ßnibusque, wo<lurch das sämmtlirhe
zlim fundus gehörige Territorium innerhalb seiner Um-
gränziing ohne Ausschluss bezeichnet wird. In dieser
allgemein'-ren Bedeutung, wonach nicht bloss die Gräu-
zen eines fundus, sondern der von demselben eingeschlos-
sene ager selbst verstanden »vird, scheitit auch das Wort
in der technischen Phrase fines fundi demonstrare bei
Cic. pro Tullio 13, wo Heinrich zu vergleichen S. SO,
gefasst werden zu müssen.
Z. 14. Unter den Rosalibus werden gewöhnlich im
Mai (hier aber später) zu feiernde Rosenfeste verstanden,
die schon ans einigen andern Inschriften bekannt sind,
welche die Lcxica anfüliren.
Z. 15. Der Ausdruck in re praesenti dient zur nä-
heren Bestimmung der Zeit, in welcher die Zusammen-
kunft stattfinden solle , nämlich an dem Geburtstage des
Domitianus selbst, nicht etwa unmittelbar vor oder nach-
her. Es ist eine vorn Forum entlehnte Formel, durch
welche iler Gerichtstag, der anberaumte Termin, an
welchem unabänderlich Jemand sich zu stellen oder zu
erscheinen habe, bezeichnet wird. Cic. de oH. I, 1(1, (i :
Lt, si conslilueris , cuipiam te advocatum in rem prae-
sentem esse renturitm , atque inteiim graviter aegrotare
filius coepeiil , 7ion sit contra ol/icium u. s. w., wo IIou-
singer noch einige Beispiele angeführt hat. In der all-
tremeineren Bedeutung des rechten Zeitmoments in iler
Gegenwart gc-braucbt es häufig Quintilian. Diese Phrase
gil)t mir die Veranlassung einer andern verivaudteu , bis-
her meiner Meinung nach noch immer nicht genügend
grammatisch erklärten Redensart kürzlich zu gedenken,
nämlich inpraesentiarum oder imprnesentiarum. Die ver-
H( hiedenen Ansichten über die Enlstebung «lieser der Bedin-
tuiig nach keineswegs zweifelhaften Formel (zusammen-
gestellt in der deutschen Ausg. des Forrellinus v. itnpr.
verglichen mit Jeu. Litt. Zeit. 1S2'1. No. V32. S. 4ll)
einzeln hier einer Beurtheilung zu unterwerfen, wür<le
zu weit abführen. Es genüge zu bemerken, dass gegen
jeden bisher eingeschlagenen Erklärungsversuch Erheb-
litbes eingewendet »erden kann; ob der sogleich mitza-
tbeilendc natürlicher und der Sache angemessen sei,
bleibe weiterer Berathung anempfohlen. Ich bin nämlich
der Meinung, dass das Ganze nichts Anderes sei , als
durch Zusammenziehuiig entstandene Abkürzung einer
längeren, in der Sprache des Lebens noth« endig häufig
sich wiederholenden Phrase, in praesentia rerum, »vas
man für den gewohnlichen Gebranch zu lang fand. Dass
rerum auf irgend eine Weise zur Ergänzung des Sinns
hinzugedacht werden müsse, hat man längst eingesehen,
nur nicht, in welcher grammatischen Verbindung dieses
zu fassen sei. In praesentia in der Bedeutung von prae-
senti tempore kommt häutig vor, uinl nur Missverstaiid konnte
sich dazu tempora denken, um ^rrtesen?!« als Adje<tivum
fassen zu können, wovon schon Stellen abhalten konnten,
wie z. B. Quintil. VIII. pronem. 3; dass aber die ganze
Formel in ihrer jetzigen Gestaltung ursprünglich von
grösserem Umfang gevvesen und demnach aus ihrer frü-
heren grammatisch richtigen Bescbafl'enheit jetzt nur in
eine Art von elliptischer Anomalie zusammengeschrumpft
sei, beweist das bei Petronius f)H und "4 vorkommende
depraesentiarufn , was gleichfalls jeder lexikalischen oder
grammatischen Rechtfertigung widerstrebt , was aber ge-
reibtfcrtigt erscheint, wenn wir auch hierauf ann enden,
was so eben von der Entstehung des inpraesentiarum
vcrmuthet ward. Wenn sich nnn bei einem Anonymus
Maii Auct. class. T. II. S. 108 in praesentiarum rerum
findet, so zeigt dieses Beispiel, dass man in späterer
Zeit den Ursprung der Phrase nicht mehr erwog und
das noch zum Ueberfluss hinzufügte, was schon in in
praesentiarum lag, aber nothw endig noch besondeis aus-
zudrücken zu müssen glaubte. Die Entscheidung über
Cic. de inv. I, 30, 4»', wo statt in praesentia eine Hand-
schrift in praesentiarum darbietet, möchte, bei' der ün-
gewöhnlichkeit und Dunkelheit dieser Phrase, wohl für
letztere Lesart ausfallen müssen , zumal da wir jetzt im
Stande sind , das Zeuguiss eines Grammatikers anzufüh-
ren, der ausdrücklich bemerkt, dass man ans Missver-
stand häufig diese Phrase in jene andere irrthümlich ver-
wandelt habe. Es verdient diese Stelle um so mehr her-
vorgehoben zu werden, als man, nicht ohne einen Zweifel
gegen die Echtheit der Phrase überhaupt zu erheben,
ilen Umstand geltend gemacht hatte, dass in praesentia-
rum von keinem Grammatiker erwähnt werde A'irgilius
Maro Gramm. S. <S4 : ,,sicut et illiid, quod saepe legere
solemus, in praesentiarum coufundnnt, nescientes quid
sit, demunf extremam svllabam, iit ponant in praesentia,
f.icientes ablativum casiiui cum praepositioiie , ijuod om-
nino conveniens non est. Nam inpraesentiarum unum
adverbiiim facit temporale, ut sit ([Oasi ^;'ae6'(^/</i«( siinile."
463
464
Ohne auf tue Tlicoric dieses, « ie im zweKcn Bande
unserer Beiträge zur Literaturgeschichte gezeigt werden
wird, mit Unrecht verdächtig gemachten Schriftstellers
Medcr in diesem noch in andern Fällen etwas geben zu
vollen, steht jedenfalls die beriihrte Thatsache fest, wo-
bei er sich, niii diess gelegentlich noch anzuführen, auf
einen gewissen apokrypliischen Aencas seinen Lehrer als
Gewährsmann beruft. Ich bemerke noch, dass sich bei
Placidus in I>Iaii Auct. class. T. III. S. 473 die Glosse
findet: Imjirnesentiarum pro impraesenti , bezüglich auf
Apuleius , bei welchem sich jene Phrase öfters findet.
Lcbrigens zu den ron Andern angezogenen Beispielen der
Phrase ist in neuerer Zeit noch Fronto S. 105 ed. Rom.
gekommen. Ob man in und praesentiarum zu einem
Worte verbunden, oder getrennt zu schreiben habe, igt
sehr gleichgültig, und es mag beides im Gebrauch ge-
wesen sein; für letzteren Fall spricht ausdrücklich im-
praesenliarum , wie auch gefunden wird.
Z. 21- Der Gebrauch der Form cum niuss dieser
Zeit allerdings schon zugestanden werden, obwohl er noch
keineswegs der allgemeine geworden zu sein scheint.
Aus einer Sichtung reicher [Materialien, welche Schnei-
der Elementarlehre d. Lat. Spr. I. S. .33" zusammenge-
tragen, geht hervor, dass die Conjunction und die Präpo-
sition schou ihrem beiderseitigen Ursprung nach und so
auch in ihrer Rechtschreibung zu unterscheiden seien:
dass nämlich die ältere Form der Präposition qum ge-
wesen sei, wie sie auch die ältesten Urkunden des Cicero
(Pevron. ad Cic. Fragm. S. 141. 204) und selbst noch
fliünzen aus der unmittelbar auf Cicero folgenden Zeit
darbieten, wovon Beispiele in diesen Blättern l!-i3,T. No. 38.
S. 311. Eckhel Doctr. num. T. V. S. 137. Bull, dell'
Inst, archeol. l,Si(i. S. 15, Beweises genug, dass sich
dieser Form Cicero wirklich bedient habe; dass dagegen
quam die älteste Form der Conjun.ction gewesen sei, eben-
falls noch unter Cicero in Gebrauch, wie z. B. der Co-
dex des Sallustius bei Mai Auct. class. T. I. S. 418
beweist, gebildet wie z. B. aequom bei Grut. S. 503,
und zwar ihrer Entstehung aus dem Neutrum des Prono-
men relafivum, ganz angemessen, nach der Analogie von
OTl. So auch in der Verbindung QVOSQVOMQVE
auf einer alteren Inschrift bei Grut. S. 62') und der
Tabula Bantina im Rhein. Hins. II, 1 der philol. Abth.,
obwohl sich schon Q>EIC031QV'E auf einer ein S. C.
enthaltenden Erztafel vom Jahr 78 vor Chr. bei Grut.
S. 503 findet.
Z. 25. Die Schreibart silva, Silvnnus mit einem «
wird durch andere, ungefähr gleichzeitige Urkunden be-
stätigt, wie durch das Testamentum Dasumianum II, der
Tabula alinientaria des Tr,ijan S. 50 ed. Wolf. Ohne
die Schreibart durch y verdammen zu wollen (sie findet
sich auf einer Inschrift bei Romanelli Storia del regno
di Aapoli T. I. S. 3'.)7), scheint doch der allgemeine
Gebrauch für jene gewesen zu sein, nämlich aus der al-
teren Zeit beibehalten, wo i die Stelle des fremden ij
vertrat. Die Bemerkungen früherer Grammatiker über
den Unterschied beider Formen stellt Barker im Classical
Journal No. 46. S. 309 f. zusammen, ohne dass sich
daraus ein Resultat ergibt.
Z. 24. Von praeterea an wird die Construction et-
was verwickelt und unklar, obwohl an der Richtig-
keit des Textes zu zweifeln kein Grund vorhanden ist.
AVie ich den ganzen Satz verstehe , habe ich durch die
Interpunction anzudeuten versucht. Es ist von Servituten
die Rede, welche dem Heiligthum des Silvan zu Gute
kamen und auf den dasselbe begränzenden Grundstücken
lasteten. Unter dem hierbei genannten vivarium ist ein
Thierpark, Wildgarten zu verstehen. Ueber den bei
dieser Veranlassung vorkommenden Eigennamen Diu»,
vergl. SjUog. inscr. S. 581.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellon.
Paris. Die Geschichte der beri'ibmien Handschrift der An-
thologie von Const.mtinns Cepli.tlas ist bekannt. Im J. 1606 von
Saumaise in Heidelberg in der Pfälzischen Bibliotlick entdeckt,
wurde sie durch Schenkung des Herzogs von B.iiern Maximilian
mit den übrigen Schätzen derselben Bibliothek im J. 162,3 nach
Rom in das Vatican gebracht, von wo sie durch den Frieden
von Tolenlino 1797 in die Hände der Franzosen kam. Um sie
);egcn dieses Schicksal zu sichern, hatte der Papst Pius VI. die
llandscbrift mit seinen kostbarsten Juwelen nach Terracina
bringen lassen. Umsonst. Da die französischen Commissäre den
neuen Band bemerkten, und-eincn Theil desselben (von S. 615
an), in welchem unter Andern auch der Anakreon war, vcrniiss-
ten , forderten sie auch diesen zurück. Nach der Restauration
im J. 18 16 wurde der Hauptlheil des Werkes der Heidelberger
Bibliothek zurückgegeben; derjenige aber, der den Anakreon
enthielt, zurückbehalten. Niemand wusste Rechenschaft davon
zu geben , und er galt für verloren. Jetzt ist er durch eine
von unserem gelehrten und unermüdlichen Lamlsmannc, D. Düb-
ner, gegebene Veranlassung wieder erkannt worden, und wird
ohne Zweifel in Zukunft den ihm gebührenden Platz einnehmen.
Der genannte Gelehrte ist jetzt beschäftigt, Alles, was sich in
der königl. Bibliothek von Epigrammen der Griechischen Antho-
logie befindet , aufzusuchen und zum Beliufc eines neuen Ab-
druckes, weicher in der Didot'schen Sammlung der griechischen
Classiker erscheinen soll , zu vergleichen. Von demselben Ge-
lehrten dürfen wir einer reich ausgestatteten Bearbeitung des
Valeriiis Flaccus entgegensehen.
Berlin. Die Gymnasialdircclorcn Dr. Ger lach zu Brauns-
herg unil W i s s o w a zu Leobschütz haben den rothen Adler-Orden
4. Gl. erhalten.
Am 5. d. Morgens ist, in Folge eines Schlagflusses , der
ordentliche Professor der Rechte an der hiesigen Universit.at ,
Dr. Gans, gestorben, wodurch die Universität, wie die Wis-
senschaft, einen sehr schmcrzliclien Verlust erlitten haben.
England. Am 20. Jan. starb zu Barth Roh. Hoblyn,
Prof. zu WestMoulsey in Surrey, Verf. einer engl. Uebcrsetzung
der "Gcorgica des Virgil«, 88 Jahre alt.
Konitz. Dei bisherige Oberlehrer am Gymnasium zn Arns
berg, Dr. Franz Brnggcmann, ist zum Dircctor des Gym-
nasiums dahicr ernannt worden.
i t s c li r i f t
f ü r die
AltertliLimswissenscliaf t
Freitag, 17- l\Iai
1 8 3 9.
Nr. 59.
Griechische und Römische Inscliriften.
(For ts etzii nif.)
lOS.
ELpiidascJbsl gcfuiuleii und niKgetlicilt ho lOS-
D 31
CORNE
LIAE PRI
BllTIVE
COMV
IN MEIVI
L IM A31P
IM A RIX
ÜECESS
ANN. XVIIII
31. VII. D. VII
Der Horansgcbcr liemerkt, <lass er iiiigewiss sei, ob
die sechste oder siebente Zeile richtig gelesen sei.
109.
Ebendaselbst. Zu Frascati.
G^ STI. F. DIVI. IVLI. N. AVG.
. . . . XIMO TRIB. POTEST. X.WUII. COS. V. IMP. Vlll . . .
.... PKISCVS. FILIVS CVR.VTOKLVSVS . . ,
Aus der Angabe der Tribunicia potestas , des Consu-
lats und des iinperiuin ergibt sicli das christliche Jahr 34,
in «elchem dem Tiberius dieser Denkstein errichtet ward.
Der Ausdruck lusus fiihrt auf die ^'ermuthuiig, dass hier
der lusus Troiae gemeint und auch so zu ergänzen sei ,
lind dass demnach zur Erinnerung an dieses in Rom seit
Augustus beliebte Festspiel (vergl. Sueton Aug. 43 und
Claud. 21) die Inschrift errichtet worden sei; an beiden
angeführten Stellen nämlicli heisst es lusus, nicht ludi,
der getvühuliche Ausdruck für sonstige ofl'entliche Spiele.
Unter dem Namen luius fülirte dieses Spiel auch Sueto-
nius in seiner Schrift de puerorum lusibus auf, nach
Serv. ad .4en. V, 602. Heber die Erklärung de« Wortes
Troia vergl. diese Blätter 1838. No. 38. S. 316- Dieses
Karapfspiels , welches von reitenden Knaben aus den
befteu Familieu aufgeführt zu werden pflegte, ge-
denkt auch Dio Cassius in dem von Morelli S. 6 an'.?
Lieht gezogenen Fragment bei Chardon de la Rochette
IMclangps de critiijue et de philologie T. II. S. 232
(.Miliin fllagasin oncvclop. I, 3. S. 313). Es erscheint
demnach die Euientlatiou des Casaubonus de Graecorum
lusibus in der angezogenen Stelle des Servius als unstatt-
haft: es mag dieser über de puerorum lusibus eine Ab-
tlieilnng des grosseren Werkes des Suctonius TlHQi Ttöv
nuoa 'Puj/jaioiQ deujor/.ojv y.al dyujvojv, wie es Sui-
das'v. Todyy.vD^og aufführt, gewesen sein. Auch ge-
denkt Suetonius im Leben des August a. a. O, ausdrück-
lich der Knaben, welche zu diesem Spiele ausgewählt
worden. Gegen diese Vermutliung könnte allerdings gel-
tend gemacht werden, dass dieser zu Frascati gefundene
Stein sich mehr auf ein daselbst, und nicht in Rom,
gefeiertes Festspiel beziehe. Darauf liesse sich jedocli
antworten, dass, da nach Virgilius Acn. V, 59ß Ascanius
dieses Spiel in Alba eingeführt habe, von wo aus es erst
nach Rom übergegangen sei, dasselbe auch in Ortschaf-
ten in der Nachbarschaft von Alba im Gebrauch gewesen
sein könne. Allein es entgeht uns keineswegs, wie sehr
diese ganze Erklärung des lusus nur auf Mogliclikcitcp
beruht.
110.
Ebendaselbst. Zu Assisi.
TERTIVS
PRISCI. POP. AERE
SALINAE. DISPENS
VICARIVS. ARAM
ET. CREPIDINEM. FECIT
IDEM. D
D. D. L. D
Vortrefflich bemerkte Borghesi, dass POPPAEAE
SABINAE gelesen werden müsse, welche Kaiserin in
dieser Gegend bedcntende Besitzungen gehabt habe. Bei
diesen bekleidete Tertius das Amt eines Dispcnsator vi-
carius. Ob zu PRISCI filius oder libertus zu verstehen
sei, bleibt dahingestellt.
111.
Ebendaselbst S. 155. Gefunden zn Tor Marancio,
jetzt in Rom.
467
468
Simp.
SEK. COUNEMO
lA LIAX) FRAT
PIISSI.MO. KT
CALrj-.S,-,AE. EHS
P. CAL^ isn s
PHILO/AS. ET. SIBI
EX. INDVLGENTIA
FLAVIAE DO;\IlTILL
INFR. P. XXXV
INAGR. P. XXXX
Pat.
Ein Gralicippiis zur Bezoirhiiiing' iler Sf;i(fe , «olchc
«lern P. Caliisius Pliilofas Flaiia Doiiiitilla , Gpnialilin
l'espasians, iiliorlasscn hälfe. In filiiilirhem .Sinn ex in-
dulgentia anf ilur Tabula aliinentaria S. 33 p'I- Wulf,
und sonst h>inij°^ ron der Gnade, die Kaiser oder kaiser-
liche Personen von sich ausgehen lassen.
112.
Ebendaselbsf. Zu Ostia.
Imp. CaESARI. divi
TraianX. PARTHiCI FILjo
TRAIA>0. llADRIÄXo
Aug. pont. max. trih. pot . . . vll COS II . .
Wenn die Angabe der tribnnicia potestas richtig ist,
so niHss COS. III gelesen «erden, wonach die Inschrift
in das christliche Jahr 123 oder 124 fällt.
Ebendaselbst.
113. 114.
Im Canipo Santo zu Pisa.
CAES. T. AEL
HADRIANVS. A>TOM>VS
AVG. PIVS. P. M. TR. P. VI. COS. III
I11P.1T. P. P. ^'IA3I. AEMILIA3I.
^ETVSTATE. DILAPSAIM. OPERIB
A.MPLIATIS. RESTITVENDAIM. CVR
A. ROMA. HI. P. C. L. XXX. Vlll.
pKO. R01IA. T. T. REI. P. DD. IV. N.
FF L. VALENTIMANO ET
l'ALEATE. IMVICTORIOSIS
HIAXI.AIIS. SEMPER. AVGG
31. P. CL.VXXVIH
Caesar T. Aelius Hadiianus Antoninus Aiiguslus Pius
pont. max. trilj. pot. VI Cns. III imp. II pater patriae
viavi Aemiliam vetiistale dilapsam operiLua nmpHalis re-
slituendam curavit a Roma millia passuum C/.XXXl'III.
rei publicae doiainis 7tostris
Fl. VaUntiniano et l'alenle imviciorinsis, maximis, isem-
per Aw^unti». Millia paüsuum CLXXXI'III.
Die ersten eielien Zeilen dieser Inschrift enthalten
die Erinnerung an eine 'Wiederherstellung iler lia Aenii-
lia diirili Anfoninus Pius und bieten an sich keine .Scluvie-
rijikeit dar. Sie bildeten zusaninien ein (ianzes fiir sich,
und so finden sich auch dieselben für sich bereits bei
Muratüri 454. 3. Wenn nun durch die jetzt entdeckte
^'eriollständignng der Insdirift, «ovon irli den Anfang
niclit verstehen zu können bekennen niuss, «ir eine I5c-
ziehung auf die Kaiser A'alentinian und Valens erhalten,
so kann dieser spatere Zusatz anf demselben Steine sidi
wolil nur auf ein .'ihnliches Factum bezielien, das durch
diese >'aclischrift der Xachwelt aufbcuahrt «erden sollte.
Beispiele von Zusätzen dieser Art sind zunächst auf s(d-
chcn Slonumenfeii , die sich auf iiHentliche Bauten be-
ziehen, nicht ungewölinlich. Das Bei« ort invictoriosus,
«elches den beiden Kaisern ertheilt «ird, ist bisher un-
bekannt, scheint aber nur auf einer falschen Lesart zu
beruhen, indem es vielnielir heissen soll I!MP. VICTO-
RIO-SIS. Uebrigens «ird von dem Italienischen Heraus-
geber der Insdirift gelegentlich noch das BruchstiK k
einer andern, dem Inhalt nach vermuthlich verHanciten
angeführt, «eiche an demselben Orte, wo die erslere ,
gefunden sein soll:
VIA. AEMILIA
A. ROMA. M. P. C. LXXXVIII.
115.
Ebendaselbst S. 156* Gefunden zu Tor I\Iarancio,
jetzt in Rom.
Imp. CnES. DIVI X^lunini Fit
fil. divi lIADRIAni nepoti
divi Traia^I. PARTHici pronepoti
divi AERVAE. kbnepoti
L. AurellO. VERO. AV^r. Armen
ParthicO. MAX. Medico trib. pot. VI
imp. /V. COS. IT. DES/g. ///
proPAGATORI
corftcaRI. jSAVICVLAri Itifernates
, . . M. F. PALATIN
7»rAEF. ANN
curam. AGENTIBVS
. . . Q. ATIMO. Q. F
... ORIO. 31. F. ARN . . .
... V. im. C. 31ESS ....
. . . O. L. F. HELIOD ....
lieber die codicarii navicularii, welche aus Dank-
barkeit für eine ihnen von L. Anrelius Verus erzeigte
^'^ergünstigung im Jahr ItiG diesen Stein errichtet haben,
ist in der Svlloge S. 455 gesprochen worden. Das Epi-
theton propagator, welches spater unter den kaiserlichen
Ehrentiteln auf mancherlei '\Vcise häufig gefunden wird ,
ist in dieser Zeit noch wenig gebräuchlich.
116.
Ebendaselbst. Zu Toscanella.
divi Hadrianl IN EP divi
Traiani Parfhic. PRONE/y
L. A^RELio Vero
ponl. »lAX. TR. ?ot . . .
F. O.
469
470
C. J. Caesai-ts et incerti auctoris Couiinentarii de Bello
Gallico. Emendavit ox optiniis 11). iiifs. brcvi amio-
tatioiic critira instruxit Joannes Apitxius. Bcroliiii
snni|.til)us Th. Badii. 1837- kl. 8. XXI, 201 und
XCVII s.
Caii Julii Caestiris Commentarii de Hello Civili. Eiiifii-
da\it eif. Joannes Apilzius, liprolini siiinptilius
C. F. Plai.nii. 1,S37. XXVII und 2U7 S. kl. 8.
Volhtündiges If'iiileiluch zu den Werken des Julius
Caesar, von G. Ch. Crusius , Sulirector am Lyreum
in Haiinoier. Hannover 1838, im IVrIage dcrHahn'-
schcii Ilofbuchhaiidliing. '248 S. gr. 8-
Hr. Apitz t welcher schon 1837 Scliedae criticae liber
die Schriften des Cäsar herausgegeben hat, beginnt die
früher erschienene Ausgabe der Commentarii de bello
gallico mit folgenden Worten: Deformatos et corruptos
Caesaris rommentarios et optimis Lb. MStis, quantum
potui , sinccros integrosque rcddidi. Larga enim et varia
suppeteute supellectilc nemodnm id egit , ut explorata et
pensitata eius dignitate textum, quem vocant , ad rectam
regulam constitueret. Worte, die eine grosse Ungerech-
tigkeit gegen die Bestrebungen Anderer enthalten und
eine grosse Erwartung erregen. Das üebel riihre von
Oudendorp her, dem man lieber liaben folgen, als den
reinen Text aus den bessern Handschriften herstellen
ivoUcn. Es seien in Caesar's Schriften viele fremdartige
Zusätze; die habe er wegzuscliallcn gesucht; den Hand-
schriften Urs. Cui. Seal. And. Ox. Leid. pr. und Petas.
habe er wenig Glauben geschenkt. Hiernach wird man
fragen: Was hat Hr. A. für Subsidien, ilurch «eiche er
den Cäsar herstellt? Er sagt 8. IX: Ego vero neque
praedaro ingenio neque eleganti doctrina instructus prae-
ter copias Oudendorpianas adinmenta nnlla habui; wobei
die Anmerkung, dass auf Lcmaire fast keine Rücksiclit
genommen sei; er fügt aber, mit Bezug auf Oudendorp's
Unzuverlässigkeit , S. X versöhnend hinzu: Itaquc nie
incum negotium non tarn perficiendi spe quam experiendi
voluutate esse aggressum libcre profiteor. Hierauf folgt
der Abdruck der Oudcndorpsclien Darstellung iler Hand-
schriften XI — XVIII ; dann eine aus früheren Ausgaben
aufgenommene chronologische Tafel über Cäsars Leben;
dann derText und znlefzt die Annofatio critica auf (IßSeiten.
Die Vorrede zu dem Bellum civile enthält eine Un-
tersuchung der Frage, auf welche Weise Cäsar seine
Commentarien geschrieben habe. Hr. A. meint, Cäsar
habe dieselben nicht nach einem im Kriege geführten
Tagebuche verfasst; wo dieses, die Ephemeriden , genannt
werde, seien die Commentarien zu verstehen; wenn hier
und da, auch bei Cäsar selbst, Stellen aus dessen Schrif-
ten erwähnt werden, die sich iiiclit mehr findi'n, so sei
das nicht auf die Annahme zweier verschiedener Schrif-
ten zu beziehen, sondern die Commentarien seien mit der
Zeit verfälscht worden. Daran reiht sich die Anführung
der Urtheile der Alten über Cäsar's Schreibart, des Ci-
cero, Gellius, Quintilianus, Taritus: zuletzt die Biogra-
phie CSsar's von Franz Pctrarcha, d.i. nach Schneider'«
Ausgabe Cap. XX'»'!, §§. 1 — 27. Nach dem Texte
folgt die ann. rrit. S. 125 — 202; dann Franc. Ouden-
dorpii notae manu exaratorum C. Julii Caesaris cxcmpla-
rium, wobei nach Anführung von 5 Hands<hriften die
Worte Hos nominatos ipso oculis lus(ravi p<c. leicht zu
der flleinung verführen, das sage Herr A. von sich.
Es sind Oudendorp's Worte. Am Endo steht ans den
.Schedd. critt. eine brevis uotifia lodlcum, «orin die
Handschriften in drei Familien eingetlieilt werden.
Wie anspruchsvoll nun auch Hr. A. Anfangs aufzu-
treten schien, so halten wir uns doch billig an die später
hinzugefügte mildere Erklärung und erkennen in seinen
Ausgaben gern einen ^'ersuch zur Läuterung des Cäsa-
rianischen Textes. Ob es nun gerathen war, zu den
vielen immer nach einander aufkommenden Schulausgaben
noch eine kritische hinzuzufügen, ohne dass man neue
kritische Hülf^mit(el hatte, und ob es nicht besser war,
die Emendationen in einer besondern .Schrift anzugeben :
das ist eine Frage, über die ich nicht gesonnen bin mit
Hrn. A. zu rechten; kann aber nicht unterlassen zu be-
merken, dass eine Menge von Zweifelfragen in Bezug
auf Cäsar sich in kurzem «erden schlichten oder mit gros-
serer Entschiedenheit besprechen lassen, da das Erschei-
nen der Ausgabe des allseitig reich ausgestatteten Hrn.
Prof. Schneider in Breslau demnächst zu erwarten ist.
Bis dahin ist es daher wohl räthlich , ein ausführliches
Urtheilüber kritische Behandlungen zu verschieben. Wenn
ich übrigens sagte, dass Hr. A. vielleicht besser gethan
hätte, in einer besonderen Schrift Untersuchungen anzu-
stellen, so rechtfertigt sich das allerdings durch die Art
des kritischen Commentars, der keineswegs eine vollstän-
dige Aufzählung der verschiedenen Lesarten und eine
überall begründete Auswahl gibt. Was gibt er z. B. für
das erste Kapitel des 1. Huclies de B. G- • Erst wird
die gewohnliche Lesart tris nach dem einzigen Leidensis
primus, der allerdings sonst, wenn auch nicht bei Hrn.
A., für eine der bessten gilt, vorgezogen und besondere
Kucksicht auf die bekannte Stelle A. Gell. N. A. XIII,
20, "o die Entscheiilung dem Ohre überlassen wird, ge-
nommen. Die Triftigkeit des Grundes für diese Stelle
zugegeben, dürfte eine Hinweisung auf die geschichtliche
Autorität dieser Endung hier zweckmässig gewesen sein,
ungerechnet was sich sonst gegen das Urthcil der Ohren
sagen lässt; s. Gerlach Sallust. XI. Dann wird, was
.Alle haben, aliam Aquitani gegen Ilartmann geschützt
mit dem ziemlich dunkel ausgedrückten Grunde: Uno
nindo praecedente alias aeque ac sequens (Flor. II, l.'i. II)
alterum necessario siguificat. Zuletzt wird et ad eani
partem vertheidigt gegen die Lesart der meisten Hand-
.«cliriften, die ad weglassen; und zwar so: ad in plurimis
Mss. excidit, uti pro B. G. 1, 44. a B. G. I, 34. al.
Theils sind aber diese Stellen anderer Art, indem in der
ersteren die Stärke des Ausdrucks die Wiederholung der
Präposition verlangt, in der zweiten die Präposition, wenn
sie fehlt, nicht zn suppliren ist; theils ist mit solchen
Anführungen jSichts für unsere Stelle bewiesen, wo die
Sache lediglich nai h der Autorität der Handschriften und
etwa nach der Gewohnheit des Schriftstellers, die Prä-
position zu «iederliolen , zu vertlieidigen ist. Auf diese
^Veise ist nun ungefähr auch die Annotatio zu den fol-
genden Kapiteln beschaffen; ilabei mani hc gute Bemer-
kung, aber oft bloss Wiederholung oder Ansführnng des
Bekannten oder anderwärts Angedeuteten, ohne »ollslän-
471
472
<lig zu sein; ilic Lcisfiitig meist selbsfsfc'imlig in allzu-
sriiiicllcr Oller nicht begründeter Aunaiinic \un freiiular-
ligen Zas.'itzen, im Allgemeinen die erregten Em artungeu
nicht befriedigend. AVenn also auch das Streben, sich
von den Fesseln des Ilerkommens iu dem Ciisariauischen
Texte loszumachen, ehrenuerth ist, so haben sich doch
die Kr.'iltc zu Losung der gestellten Aufgabe als nicht
zureichend erwiesen. Auch ist auf hier und da zerstreute
Bemerkungen und A'crbesserungen der (ielehrten viel
zu ucnig Rücksicht genommen uordcn. Das Angeführte
kann von der Verpflichtung «eitläuliger jNacli« eisung ent-
binden. Einige Stellen, hier und da zufällig ausgewählt,
iniigen noch als Beispiele dienen. B. 6. 1, 4()- Die
letzten AVortc Huic legioni Caesar et indulserat praeci-
luie et propter virtutem ronfitlebat maxime halt llr. A.
für uneiht und sagt darüber zwar efivas nicht ganz Un-
vahrscheiuliches, aber keines»vegs Ueberzeugendcs. Dass
c. 42 steht cui quam niaxiiue ninfiilebat, darf man doch,
venn man die Darstellungsneise Cäsar's kennt, nicht als
Beweis der Unechtheit anführen. Die folgenden AVorte:
Si Juüaiia essent, verba inserta legeremus, id quod se-
queutia (fiac oratione liabita) flagitant künneu noch ive-
iiiger dafür gelten. W^nn endlieh ein Absrhrciber zu
der Eruiihnung des Cäsar, dass er an der Bereitwillig-
keit der zehnten Legion, ihm zu folgen, nicht zweifle,
jene A\orle erklarungsweise soll hiuzugeschrieben haben:
so kann man ebenso gut die Erkifirung für Cäsarianisch
lind wenigstens für nicht von des Schriftstellers (iewohn-
lieit abweichend h;>lteu. — I[, '>. Die dem Zusammen-
liangc hinderlirheu AVorte duodecimo die, <lie allerdings
in mehreren Ilaudschrifteii fehlen, sind ganz weggelassen.
Die Unechtheit der AVorte zugegeben, ist doch mit dem
.TUs den schedis critt. AVieilerholten nicht nachgewiesen,
vie die Worte nothw endig eingeschoben , nicht verdorben
seien. Vielleicht ist proximo die zu lesen, wie proxima
iiode stellt I, 40. — II, 3') schreibt Hr. A. qni se ob-
sides daturos, impcrata facturos pollicereutur, ohne anzu-
geben, dass ilaturos — facturos statt des Fem. bloss in
einer Handschrift steht, die llr. A. zu der geringsten
Klasse rechnet. Die Lesart qiii — daturas — factu-
ras ist, wenn auch gegen Cäsar's (iebrauch, doch kei-
neswegs to verwerflich, als es nach der schnöden Zu-
rückweisung von dem letzten A'ertheidiger derselben durch
Hrn. A. scheinen könnte. A'iclleicht könnte uiau mitte-
rentur legationes lesen. Auf jeden Fall stellt sich qai
leicht als Erklärung des schwierigeren quae dar, wozu
der Leid. pr. sogar nationes wiederholt, und was Cäsar
iia( li dem vorangehenden Satze quae traiis Rhenum inco-
lereiit gebildet haben mag. — lil, 24 sucht Hr. A. die
% nigate qiium sua eunctationc atquc opinione timidiores
Jiostes nostros milites alacriores ad pugnaiiilum efl'ecissent
dadurch zu verflieidigcn , dass et opinione übersetzt ver-
vieititlich. Dadurch wird aber die Verbindung der AVorto
opinione timidiores mit cunctatione sehr missfällig: denn
man müsste sie so verstehen : durch ihre Zögeruiig und
dadurch , dass sie für fiirc htsam galten. Au( h steht das
opinione so ganz befremdend, zumal in A'erbiudung mit
dem Comparativ, in »lekher es anders gefasst zu werden
pflegt. Es scheint tlmoris gelesen werden zu müssen,
auch nach dem gricch. L'ebersetzer , ahnlich wie Cäsar
sonst spricht und noch c. 17 opiiiionem timoris praebuit,
während er von den Aquifaniern c. 25 sagt, dass sie
non tiniide fochten. — V, 14 meint Hr. A., <lie AVorte
atquc hoc horridiore sunt in piigiia adspectu seien von
frenuler Hand hinzugefügt; es habe sie Jemand über die
folgenden AVorte capilUique sunt promisso geschrieben,
«ozu sie besser passen; und auch der Zusatz in pugna,
als unwesentlich, verrathe die fremde Ziithat. AA'enn
irgendwo, muss man hier anderer IMeiniing sein. Das
aus der AV'aidfärberci entstehende bläuliche Ansehen der
Briten ist dem Römer ungewöhnlich ; langes Haar findet
er auch sonst; und der Zusatz in pugna ist ganz natür-
lich ; denn da ist der horrldus adspectus besonders be-
merkbar; Cäsar denkt an die Begegnung der Römer, die
eine kriegerische war; und »"as von der Farbe gilt, würde
ja auch von dem langen Haare zu sagen sein. — V, 23
hat man an dem et \or prioris commeatus expositis mili-
tibus Anstoss genommen und es neuerlich weggelassen. Hr.
Apitz hat die ganzen AVorte als unecht eingeschlossen.
Blau kann sagen, das sei besser als die Tilgung des et;
denn dieses steht nicht in Parallele mit dem folgenden,
sondern dient bloss die uächstfolgenilen AVorte zur Er-
klärung von inanes anzufügen. AAolil kann aber Cäsar
selbst diese Erklärung gegeben haben. Es ist wie sonst
nicht ungewöhnlich, so namentlich auch Cäsar's Gewohn-
heit, einen überflüssig scheinenden Zwischensatz, der
einen vorher ausgedrückten Gedanken nur deutlicher aus-
spricht, hinzuzufügen, wie gleich I, 5, wo man sehr
unrecht tliun würde, an den AVorten ut e finibus suis ex-
eant Anstoss zu nehmen. — A'll, öli. In der an Lesarten
und Erkiärungsweisen reichen Stelle schreibt Hr. A. Aam
ut cüinniutato consilio iter in proiinciam couverteret, ut
ne motu quidem necessariu faciundiim cxistimabat , quum
infamia atquc inilignitas rei et oppositus mons Cevenna
viarumquc difl'icultas impediebat, tum maxime quod etc.
Die Acnderung motu ist neu; wegen eines Auf Standes;
aber gewiss nicht zu billigen. Die Construction hat der
Herausgeber nicht erklärt , namentlich Nichts über die
A'^erbiudung des AA'ortes impediebat gesagt, das freilich
nicht nothwendig mit ut verbunden zu sein braucht: dass
er in die Provinz gehen sollte, daran hinderte ihn u. s. w.,
d.h. es trieb ihn nicht nur Nichts dazu an, sondern es
hinderten ihn auch gewisse Umstände. Der Schriftsteller
setzte ut, weil er das folgende (aciunduni schon im Sinne
hatte. Mit seiner Lesart noch nicht zufrieden, corrigirt
Hr. A. in der annotatio : id, ut ne motu quidem n. f. ex.,
quum infamia etc. Ausserdem könnte man vorschlagen:
id miniuic tum quidem — quum quod etc. —
(Beschluss folgt.)
Persoual-Chronik und Miscellen.
Kiel. Der ordentliche Professoi in der theolog. P'acultäl,
Dr. F. B. Köstcr, hat den Ruf als Consistoiialralli nach Stade
aiicenoiiiiwcn.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Sonntag j 19. Mai
18 39.
JVr. 60.
C. J. Cnesaris ei iiicerti auctoris Coinmeniarii de Bello
Gallicu. Eiiiendatit ex nptimis Ib. mss. brcvi auno-
tatioiie critioa instruxit Joannes Apitzius.
Caii Julii Caesuris Commentarii <le Hello Civili. Emen-
«lavit efc. Joannes Apitzius.
Vollständiges W i'n-terbuch zii den Werken des Julius
Caesar , von G. Ch. Crusius.
(Beschl uss.)
B. C. I, 1 ist unstreitig zu lesen Litteris a C. Cae-
sare consiilibus redditis; die von den Erkifirern oder Ab-
ftchreibern nicht verstandene Präposition a hat zu den
Verstüuinieluiigen Anlass gegeben ; Hr. A. hat Litteris
C Caesaris [a Fabio] consulibus redditis, ohne weiter
etwas zu sagen, als <lass jenes nicht recht sei. Dass aber
die von Hrn. A. aufgenommene Lesart nicht die richtige
sei, ist unleugbar und gesteht er selbst zu. Man hat
gezweifelt, ob Cüsar von sich sage C. Caesar. Er sagt
allerdings gewöhnlich in der Ki'irze Caesar ; aber jenes
ist sowohl an -sich ganz richtig als auch hier, wo eine
neue Darstellung beginnt, sowie c. 13 in fremder Rede
ganz am Orte. Eine andere Frage kann darüber entstehen, was
von der Nanicnstellung Julius Caesar III, 1 zu halten
sei. Tielleicht stand dort ipse und jenes ist die Erklä-
rung in der Form der spi'lteren Zeit. — I, 2 will Hr. A.
statt abreptis , wofür fast alle Handschriften correptis
haben, surreptis lesen, wie schon Oudendorp. Gründe
sind nicht angegeben , als dass das eine correctio proba-
Lilior sei. Daselbst meint derselbe , der von Held in der
Construction timcre Cacsarem gefundene Gräcisnius liege
vielmehr in videretur, das von einer wahren Begebenheit
gesagt sei ; w ie Held wolle, könne nicht gut gesagt wer-
den. Im Gegentheil, die Held'sche Erklärung ist die
einzig richtige, was schon die pronumina beweisen. Es
folgen hieraus mehrere Bemerkungen, gegen welche, weil
sie mit IMässigung und Besonnenheit geschrieben sind,
sich Nichts einwenden lässt. Uebcrhaupt scheint es, als
habe Hr. A. hier mit grosserer Selbstvcrlaugnung gear-
beitet. Die äussere Ausstattung ist gut, das Papier aber
bei dem Civile besser, als bei dem Gallicum.
Die Herausgabe eines besonderen Wörterbuchs zu
Cäsar rechtfertigt Herr Crusius damit, dass er sagt, dass
die Schüler in einem allgemeinen Lexikon nur selten die
richtige Bedeutung eines AVortes, dass sie dagegen zu
der richtigen ücbcrsetzung mancher AVendungen und
AV^orfverbindungcn nur in einem besondern Wörterbuclie
und namentlich über die Eigennamen nur hier Auskunft
finden. Gründe, die nicht sogleich als nöthigend erschei-
nen. Ich »fill über Ansichten nicht streiten, meine aher,
dass ein Schüler, der den Cäsar liest, schon so weit
gekommen sein muss , dass er ein allgemeines Wörter-
buch, das er doch einmal haben muss, mit Nutzen ge-
brauchen kann; dass der Schüler davon, selbst von der
Schwierigkeit des Aufsuchcns auch manchen Vortheil hat
und diese einmal überwinden lernen muss, sowie dass
die Kosten der Anschaffung, wenn gleich das vorliegende
Wörterbuch billig genug ist (es kostet 12 gr.), erspart
werden können; ilass jedoch, wenn er einmal eine Er-
leichterung haben soll , ein solches Specialwörterbucli
auf jeden Fall dienlicher ist, als eine Uebersetzung und
am leichtesten auch dem Gebrauche von Uebersetzungen
begegnen kann, ein Grniul, der den V(. der 1837 er-
schienenen Ausgabe der Commentarien De bello gallico,
Hrn. Hinzpeter, bewogen hat, derselben ein besonderes
Wörterbuch anf 7(» Seiten anzufügen. Hr. Cr. hat sein
Wörterbuch mit Fleiss und Sorgfalt bearbeitet, und es
kann daher auch anderen Zwecken, als für die es zu-
nächst bestimmt ist, mit Erfolg dienen. Die Stellen sind
angegeben, was der eben genannte Verfasser nicht überall
gethan hat, und von den Bedeutungen ist, was für den
(iebrauch des Schülers ganz besonders nothwendig ist,
die ursprüngliche angeführt. Denn das ist das üebel,
das die besonderen Wörterverzeichnisse zu haben pflegen,
dass dem Schüler die Gelegenheit entgeht, die Bedeu-
tungen eines einzelnen Wortes von ihrem Ursprünge an
in ihrem Zusammenhange zu übersehen. Indem ich also
dieses Wörterbuch denjenigen , für welche ilie oben an-
gedeuteten Gründe Geltung haben, wohl empfehlen kann,
will ich einige Bemerkungen hinzufügen. Es scheint,'
dass Hr. Cr. nicht genug auf die verschiedenen Lesarten
der einzelnen Stellen geachtet hat. Es kann nicht ver-
langt werden , dass er das für seinen Zweck überall thut,
wo sich nur einige Abweichung findet; doch da die Aus-
gaben noch gar sehr abweichen und so das Wörterbuch
mit leichter Mühe und ohne grosse Zusätze ein über
tlen Gebrauch der Schule hinausreichendes Bedürfniss
befriedigen kann, so wäre an manchen Stellen wohl die
Berücksichtigung dessen, was vielleicht die meisten oder
bessten Handschriften haben, was aber nicht in den ge-
wöhnlichen Ausgaben steht, zu wünschen gewesen. So
gut wenigstens wie dolabrare zu B. G. VII, 73 angeführt
475
476
is< , «o iiPiiore Ilamlsrlirlftrii dicss 'Wort sinit lies jetzt
volil (lurthpliigif niiffjriioininriioii «Iclilirarc liaUrii , oder
jiroiiifus zu 15. C. 1,3 oliiir Angabe, dass es Coiijcctur
sei , konnte Aolinliclies »xilil an anderen Stellen fesclie-
lien, » ie U. O. \ II , ,')8 , "<> *^<>i> dem silinelleii Eiii-
üiliilTen <ler Soldaten die Rede ist uiul statt der {fe»ölin-
liclieii Lesart militilus imposids iiielirere Ilandscliriftcii
inieclis haben, eine Lesart, die iienerdings «iedcr vor-
geziijfen norden ist, auf die aber Hr. Cr. ebenso «eiiig
lliirksiilit g^nonlnlen liat, als IV, 2.3 auf die Lesart aller
Ila'idsiliriften und der meisten Au.sjjaben ex jiroximis
priuiis naiibus, »o |irimis von dem Hange (die vorder-
sten, die in der ersten Reihe) zu erklären ist; oder
IJ. C. 1 , 2 auf die Lesart fast aller Handschriften cor-
reptis st. abre])tis, oder I, 23 •T'f die von Oudendorp
aiifgenoniniene Lesart mehrerer Ilandsrhriften ubi luxit
statt illuxit. — Der Herausgeber scheint sich die, die
von seiner Arbeit Gebrauch machen sollen, etwas zu un-
kundig gedacht zu haben; darauf deutet namentlich die
besondere .Angabe der participia )ierf. pass. neben ihren
^ erben. — Lüblich ist, dass die Quantität angegeben ist.
Selten fehlt sie, wie bei priuiipilus. Warum ist t'leop'ä.
tra geschriebeu? In seinem griechischen 'Worterbuche
der Eigennamen hat Hr. Cr. die Quantität Ci angegeben.
Zu ni'inscheu viäro es aber gewesen, er hätte auch
die Quantität der .Stainnisvlben , gegen die mit Unrecht
und zu ihrem Nachtheilc die Anfänger gleicligi'illig zu
sein pflegen, überall angegeben, da dieselben zeitig an-
fangen müsscu iiotus und novus und Aehnliches zu unter-
scheiden. — Gegen die Angabe und Aufeinanderfolge der
liedeutuiigeii lässt sich bei der Aufgabe des ^'fs. ivenig
eiunenden; nur hier und da linden sich Unsicherlieilen,
»vie »Clin mit Bezug auf die .Stelle B. G. V, 14, »vo
mau das vitrum von dem AVaid , womit sich die Briten
zu färben pflegten, versteht, gesagt ist: Vitruni, i, n.
(Glas) der Waid. Erstens mag wohl mancher Tertianer
nicht nissen, «as der AVaid ist, und es auch durch die
lliuneisung auf das glastum Lei Plinius und die heutige
isalis tinctoria kaum erfahren; und dann weiss er auch
uicht, wie das A'erhaltuiss von Gla« und AVaid ist. Unter
ciiitas iinilet sich >'ro. 3 Folgendes: nietun. Stadt :rz
urts, vielleicht, maritima II, 34. In dieser Stelle des
B. G. ist kein (irun<l diese Beileutung anzunehmen; es
war aber hinzudeuten .luf die Stelle B. C. 1, 1, wo frei-
lich die AVortc in liiit.ile sehr zweilclliaft sind; also
konnte Hr. Cr. die Bedeutung z=. urlis, dazu diese Stelle
etwa mit einem Fragezeichen oder einem anderen 3Ierkmale
des Zweifels anfuhren. Ueber die .Stelle B C. I, 2 Üixeraf ali-
cjuis leniorem scntentiam findet man unter ali(|uis keine Aus-
kunft, wo es bloss heisst, dass der Plural Einige, Manche ■
liedeute. Ovid. atijue ali(juis peiidens in rruce vota facit.
Leberhaupt aber erwartete man von einem Specialwiirter-
Luche eine ganz besondere Aufmerksamkeit auf die Ei-
geiithi'inilichkeiten des Schriftstellers. Darum kann ich
auch nicht billigen, dass unter laudo aus B. C. I , 3
aliquem angeführt ist , weil dort proni[)to8 unnöthige Con-
jectur ist, Cäsar »ielmchr sehr oft diu activen A'erba ab-
solut gebraucht. Zu B. C. I. 4 fehlt iniungere inimicos,
und auch unter adiuiigere, was Einige ilort lesen, ist
auf die Stelle keine Rücksicht genommen. Auch solii-
ritatio dürfte , wenn es auch B. G. II , 8 angefochten
ist, nicht fehlen. Doch das sind nur einzelne unbedeu-
tende Ausstellungen an einem Buche , das für seinen
Zweck sehr sorgfältig eingerichtet ist und daher nur
empfohlen werden kann. Auch das Aeusscre des Buches
ist entsprechend. Gustav Sauppe.
Spicilegiuin Annofaliomim ad Dionis Chrysoslomi
Orationes. *)
Orat. Tarsensts altera. XXX^^ p. 414. B. T. IL
p. 34. üri noT dv e/.Trioag /.ai ri t'ouhjihiq ttuqs-
hjkfi>a — Scripscrim: J, ri :tot' dga eXTtiaai; —
Ifi. v.uixoi ov 7c^oqt']y.ei ys v/uf, iva jis i'jyeio^e,
Y.at Tip övTi jtniveadai, 8l acru tovto d/.ovaai.
non poenitet correctionis in Addit. ad Athen, p. II. ex-
hibitae: y.aiTOi noo^ij/.et y6 i'fi'v si fis ijysta^e y.ai
Tip UVTI 11. — praesertim quum sie fere corrigat Empe-
riiis p. 43 scribens: eai> ue ijyf]a9E. Sequitur: xa»
Ti]v nao' avTUiv toi'tojv orfuijoi'Xijv niorijv tivat.
Reiskius redondare putat tovtuiv. at si quid abundet,
id fucrit uirdiv potius. Nisi forte scribeudum: T1]V Tlitoa
TOJV TOtUl'VUlV OVf^ißoi'kljl'.
P. 416. A. 3fi. nokXdy.ii f^iev svty.rijoav. Fortasse:
/liy {liy.Tijaav.
P. 417. B. 39. T«; bh nXsove^/aQ Tairao, idv
v/ifti £;f'/ri vovv , rot^ diy.ai'otg nsoieasade. In hi»
quid sententia reqnireret, non fugit nee Morellum , nee
Reiskium ; veram autem scripturain ncuter assecutus est.
Scribeudum enin» , ni fallor: tu^ de ukeuviticig Tav-
Tcig iäv iuv ö' iifisii voüv ix']^^ —
Ibid. C. p. 39. y.al fiälXov fri'pwf iitay.oi'eiv
idtkeiv. Frustra liaec soUicitasitur, quum VTia/.ui'flv
rccte cum genitivo jungatur : eosijite aliis magia obedire
velle (quam vobis).
Ibid. yat v/joi^siv irvig y.at ivo'/y^ttv zovi ekaz-
Tova^. A^idctur scribeudum : u'j^ ißoiCsiv.
P. 419. C. p. 43. de turba proletariorum agens TTkiJ-
do^ uj;iEo i^ujdsv rijq Trohciius- Tuvtovq 8e ci'u»-
9aoiv Evioi ki/ioi'oyoog y.aXstv. Schneiderus in Lexico
h. 1. aBerens f.tnvoi'oyovg fuissc susjiicatiir, quod voca-
bulum habetur ap. Plutarch. in A''ita 3Iarii. c. 37. l'tro-
') In dem voilicip;cbenden Spicilegio No 145 p 1170 ist
vor .illen Dingen der Druckfehler »-f'/zot 'liulu z" tilgen
iin I vfiiti zu sclireihcn. Derselbe i.t in ileii folgenden
Zeilen in vndxoue r^/ioi wicderlmlt. ("■leicb d.ir.iiil Z. 16
sieht : /loil in Kpist. stall Hast und '/.. 19 carinina sl.
VVeg<'n dieser und .ilinlichcr I)niclvlVliler imiss icli die
vercbrieii Ileirii Mitarbeiter inid Leser öligerer Zcitsclirift
Ulli lietnuMicbe M.Tcbsiclit billeii, ila es nur bei derMasse
der Helle, die ich seit ^ellj.•llH• iiiussle erscheinen bissen,
Uiiinü^licb war, überall mit der iiüHiipen und auch von mir so
sehr gew'i'inschlen <"ienatii!;kcil zu Werke zu geben. Von
nun .in ist es mir iiiüglicb, der Coirccthcit niebr Sorg-
falt i\i widmen
Dr. K. Z.
477
478
qiie loro rnl^afa Icciio ii)<egcrriina ai. Aptul Plularchum
rominciiioraliir casa ad paliidos I>1 ntiirneiisrs Kifivovoyoü
yioovTOi;, qui siipplirem fllariuiii in fujja ap"i<l sc rece-
pit; operarii pronil <lul>io, (jiiaics nbiqiie ail fluiiiiniim
ripas et prope paludes habitaiif. Tales Tarsi quoquo
fuisso, vcrisimilc csl; liorumqiiD appolladonem parva
iiiutaiiunc civps urbis delorsoraiit ad vilem tiirbam sigiii-
fiiaiidaiii, qiiae civitati nihil prodcst, sod frugcs frustra
rousuinrns, annonam inrrndif. Hinc famis quasi opißces,
/.tuOL'pyui per convicium {üVildlCofitvoi ^ ut est p. 44,
40) appellabantiir; qiiali Ituniinuni generi unice rouveniiint
quae sequnntur: (paaiv öyXov eiviu TTSQtOOuv v.al Tor
i^ooi'ljui' y.a.1 Tijg dra^iai ahtov.
P. 4'22- C. p. 4^1. Toiyaoocv dv^Qwnoi xai'govoi
y.ai ävüi]Tui y.a't Soi;uy.uiii)i , y.ai nQuq tuv d:iu tov
Tri^yi^ovs duQvßov Y.EXi]vut£i, ovötv dno yvüi/.aji;
da(faKov<; avv9evr£i Aiyovoiv. Sensinn benc j)erspexit
CasHu/ionus , pro y^aioovai rorrigens 7i«(ji.'iö/. Sed dno
liaec vocabula a librariis fnisse pernintata, ininime pro-
babile est. Scripsnrini : dv^QvtTloi uooy^wooiOl. ad di-
cendum procedunt. Praopositi» excidere potuit ob simi-
litudinem <nm praercdcntc syllaba.
Ibid. U. p. 49. y.airoi y.v ß £Q v i]T a tq, ei' rig Xs-
yoc ai<Toig, w?r£ ^i^riiv t'^ dnavTog dotoxe/v roti
eij/ßdratq, xai y.ooTovjiIvoii i'/f* aÜToju, ünaji uv
iy.Etvoi i}i}.o)oev oucv)^ y.vßiovdv, ov ficyaXov iiwi
aiToiQ dfijas/ x^iumvo^ oj^ti; di/UT^itipai. Qnod
ReisL-ias existiniabat , vocabula uCroTi et w^rf aliunde
Im«; irrupisse atqne aniputanda esse, id niiiiinie verisi-
mile est. Fuisse videtnr: y.aitui y.v ß t Qvij t a i, £i
Tiq tJyiii ai'Tui'i, w 5 XC'/ C'^^^'^' — elegant! anaco-
lutho, qnalia perniulta apiid üiuneni.
P. 423- U. p. .')()■ dXK Ol ^i£v akwq dcfsardaiv ,
Ol de iy. Tiaolijyov nooqiaoiv, uuTouevot jiüvov ruu
7i()dy/iaTOQ' uiqnEQ oi onovdrjc, 9tyydi>ovT£g, oi<y.
docf'dXtg eivat ktyuvrtq, dvu.ihivai aürui'q, nokiTsia.
Kcmo in liis liaesit, et ego fnrtasso frnstra haerco ; sed
fateor mc nescire, quid lioniines li/intionem leviter
tnigentes ad pos fariant , qui rouipublicani tractare ve-
lentur. Suspicor scriptum fuisse: oi OTludldg thyya-
VUVTti. qui igneni latentem timentcs rincrcra dolosum
extremis iligitis tangunt.
P. 427. A. p. 58- ö iiEti^üv ioTt tov EIIS.41 nag
i'fitv y.ai ör/.dCsoi^ai MdlXov. sie edidit Reiskius,
praeeunte Casnubnno. Yulgo f.idKKov legitur. Recte
lioc rcvocavit Xalckenarius in Annotat. in Plialarid.
Lennepii p. XIII s. totiim li. 1. sie ingeniöse rorrigens:
ö fiSiQöv eoTi TOV 0 YEIN nao i'^iiv y.ai ÖiyäLeo-
9af f^dkkov St TCtvTa jitv ovo' i'jvxivoiv f^^' ujcfn-
ktrav —
P. 428. p. p. 61. uJgnso t't tk; TON fjovo/xov
ßovXoitO dQfXoCÖllEVOV , EieiT dvltVTCf. TÜ)V (fx^Üy-
yu)V Tivuq, y.ai Ttnhv ere^ovi; ivTEi'vovTu ay.iöilieiE
TOV aVTUV. Sententiam rei accommodatani habebis scri-
bens: ajqTTep ei' Tiq 'OPFANOIS f^iovaty.ov ßovkono
ÜQUoQöj^evov , eneiT dvievTa idujv Tuiv (fdöyywv
Tivaq — si quis instrnmentum musicum bene teniperatum
liabere vclit, tum vero si videat, cundem musicum sonos
^uosdam remitterc, alius iutendere, eiim irrideat etc.
Oratio XXXV.
P. 430. A. p. 63. TovTo, eneiSi'TroTe direduvev,
oiJTüx; e^avTa evgeihjvat- tovtov Reiskius corrigitjob
sequens OVTUJC;, ni fallor, utroque vocabulu rclato ad
superiora de Aristomene, qui direbatnr Tiiv yaodiav
f)aOVV yevufievov. Aon tamen movendum tovto. Si-
milis est abundantia apud Achill. Tat. V, 17. p. 119.
T oiav T a noTe y.nv rujv dx^eiordrojv oiy.eTujv re ■
i^eaoai na(j ij/tiv ovtoj^ ^aiofievov quem locuni
olim frustra sollicitavi.
P. 430. D. p. 64. TroKv Si) y.geiTTOv — dnoya-
t.vnTeadat ngog tov^ nokkovi;, y.ai cfaveQuv Tinkuyvt
noieiv avTov roig ()vvaiievoiq ^vveivai tuv dvifgujnov
ÖTloiog eOTlv. Rectius, ni fallor, leges : Tujv dv-
^gajTTojv.
P. 431. C. G5. eneidij TroXkoi — tva davfzd^ujoc.
Srr. e7T£i8dv.
P. 432-B. 66- y.ne toiovtoc, dgSijTui Xüyoi; vttoti'-
(feo9ai. mihi nulluni est dubiiim, Casaubonum recte
emendassc TUlovTOtS, kayoiq. Hoc enim sententiae te-
uori nnire accommodatum est. In proximis : dTieKavveiv
naiovxa y.ai ßakKovrui roig ßiukotg' observandus
usus articuli, qui in'hac voce soleninis est. Lilian. T. IV,
p. 187, 9. ßakkünevoL vn enov Taii ßojkoti;. Ib. 194,
21. t/ de oi'y. ißukkeq Taii ßojkuii; UQuiiüvTa ue.
Ib. p. 618, 10. näggfii^ev ijneiluvv TUig ßiükoig ß'dk-
keiv. Lucian. Timon. §. 34. ßdkküiv Tuii ßo'jkoiq y.ai
roiq kidoiq. ubi de genere vocabuli ßojkoq quaedam
nionuit T. Hemsteih. Addo Schaefer. ad Schob Apoll.
Iih. IV. 1562- P- 333. 31asculinum genus in nostro loco
tiietur Orat. III. p. 41. (111). f^irdiva ßdjkov. Schal.
Nicundri Ther. ^\-\. TUV v(faK^vgov ßüjkov riig yij;.
Cf. Loheck. ad Plirjn. p. 55-
P. 433. A. 67. TcJ? <5i y.ecpakuQ nkeyniiev aiovga.;
y.ai nikovi;. postrema tria vocabula recte «feiet Reiskius;
praeterea lege: y.eqakag ay.enoutv, ut olim emendavi
in Add. ad Athen, p. 298. not. Nunc, nostra ignoraus,
in eandem rorrectionem inridit acutissimus Emperius
p. 47. De Alacrino Herodian. V, 4. 7. eo^iJTa ödot-
nogty.ij'v kaßujv xai ti]v xecfakijv dei oy.eriujv.
P. 433. B. "68. TivQovq t£ y.ai Ce/dg re. deleudum
yai. Ducta sunt verba ex Od. zJ. 604. Cf. Addit. ad
Athen, p. 76. ubi liaec et alia apud Dionem ex Homero
corrigerc conatus sum.
P. 434. A. 69. fiaoToörruiv, ögeujy.orrcuv , y.a:rij-
K(ov , Iraigiuv t£ y.ai ßavavowv. Scr. eraiQÜiv.
P. 435. C. 71. y.ai (fioiv dv^vJv rf y.ai öevSgojv^
Cpvaii; recte rorrigit Wyltenh. ad Piaton. Phaedon. p. 233.
nbi liane periphrasin illustrat. Quaedam de ea attulimus
ad Aeliani Hist. An. V, 56- p. 2ü4. — Ibid. D. p. 72- <lo
Indiae incolis: Cvini dl ov Tiktiu) TeTga.y.ooiix)v ETuiv.
Casaulionus volebat; Ciijo/ de Tiokkoi Tlkeiw. Hoc si
voluisset Dio , scribendurn dicerem: C.mai d' tvioi Tckeivj.
Sed magis placet Reiskii eniendatio : Qüjoi de ov /jciuj-
ita tamen ut scribatur: ov ri MEJS2. qnod ab oi'
IJAEiSi uua tantum linea abest. fllnnui de liac lec-
tione ad Achill. Tat. T. II. p. 839- in qua pagina niirus
est error codicum quorundam iwiijad^evoi pro iuiVl]-
479
480
/UfvoCj qaae est vera Icctio cd. Comiiipl. Sic-, famcn
«kiain peccatum ap. Philostralum Epist. XL^^ p. y34.
u»^ i(j)vt]UEvov. Purisiii. iio. Itiyti. iujvijadjitvui.
P. 43ri. A. 72. Vcrba <lc foiite vcritatis, (juciii Brach-
iiiancs unice seciaiitar, eum(jue dicuiit: ovötTtoxe yei'-
oao^ai loi's iu7lii:hautvov^, ingeniöse tentaiitur a
Retskio ; mihi tarnen verisiniilo riileiur, oraturcm scrip-
sisse: zoi'i S y. e i Tlirtkauevuvi. Refertnr i/.F.t ad flu-
vins et fructus, qiiorum deliciis vulgus liuniiuuni in Lcatis
illiä re^ionibus satiatnr.
P. 430- B. 73- Ol TS dXkoi ipsyovaiv avrov:;. Lo-
beckiu» in docto Paraliponienoriini opere p. 43- syllabas
initiales saepenumero a librariis rnrruptas es^e niunens,
h. 1. (fEuyovOlv corrij^it. Lenis niiitatio; an necessaria,
ncscio equidem. Ibidem ap. Dionem Or. XII. p. 380.
pro aKf' i'uertooi'i vir doctissinius corrigit aKku fie-
TSUJOOV^. in quam correctionem me intidisse ante lirum
acutissinium (in Addit. ad Athen, p. 7Ü.) est quud mihi
gratuler.
Orat. XXXVI.
P. 437. C.75. y.al yahjvij rai^ £vdi'a[s,oji;7r£o Iv h'fivTj
yipsrut Oradeoa. Lectionem editt. Ven. et 31orell. OTU-
i^eou, cmendata distinctioue, refocavit IVyttenbuch. ad
Eiinap. p. 274. Post quatuor versus pro' fjadiuj^ dvt-
(foazxtTO Julius Pßug/c in Sched. crit. p. 21. recte
«korrigit: av £(four[£TO. et paucis interjectis pro iji'ujv
ioTlV vt.utdtji Einperius in Addcnd. ad Observationes
p. 69. ikiööri scribit probabiliter , ne ideui bis di-
catur.
P. 439. C. p. 77. Sia ravza bt] raüra £vboy.iu£l
Tia^u Toii TToKivai^. non poenitet corrcxissc: dtu lavxa
dl) TtdvTU.
P. 440. B. 79. ToÜTo /J.SV, £Cfijv, ÖTio'KsKuiy.aow
oi Tionjrai avtviv dnu 'OfJijooi'. Wyilenbachius in
Epist. er. 34?. haec verba laudans, tacite omisit avTVJV.
31ihi etiam verba ui Tcon^zat videntur dclencla.
P. 441^ B. 80. y.ctt ü;, ov (xuIm tjöeuj; ÜToSi^ä-
fi/;vo^, üj SivE, ii:r£v, üzi ijus'i 0£ dyanajusv.
Merito in his haesit Keiskius. Excidit fortasse vprbum
repctendum: d7t£d£i;aU£i)-u , U) i;£V£, uzl.. supplciidum
mente, zauza it ff.f^a;. Ille, qui haec, quae iliceiam,
non adinoditm Ubenter adinittebat, admisimus (haec), in-
quit 1 o /lospes, quia. te amamus. Aliuin enitn neminem
liorynthenilae haec in Homerum jactanteiu lulissent.
Sic etiam huuc locum constifueris , et eletrantins ctiam:
zc'.vza ulv d7t£6ti;d.jji£ita, v'j ^l.v£, Deinde : uKKov
ye (ji'dcii; z. r. /..
P. 447. B. 90. ovöLiiot' ivdov TtuoiovOiv. Scri-
bendum vidctur: ov Öt TIüjttozs.
P. 448- A. 91. i'i'zeo iozi ^azi)o uvtvjv iv avTiJi.
..Scr. TCUrrjo zviv iv avziji. IMox in eniiem pa;;iiia pro
£1 TL zovzo :iuou7lkijOiov Jul. Pßugk in Sth. crit.
corrigit: tj zl zuvtvj :ici.(j.
P. 449- C. 94. zu dl) fxeza zovzo aiaxi'vouai
(fOuQllv. zo dt raalit Reink. scr. zb 6h dl), et sir ite-
rum p. 99, Tioko dt dl) l.unuoöze^ov.
Oratio XXXVII.
^ Ilanc Orationem ob pinres caussas Emperius in Com-
mentationo Brunsvigae anno 1832 edita liioni abiudicat,
et Favorino , Hadrlaoci saeculi Sophistae, tribuendam
guspicatur.
P. 4J5. D. p. t02. iyivszo ds — y.ai Sökoiv f^£u
ep Kooivt}(jJ' keiskius ftev delot. Bene autem habet,
sequente post longam digressionem p. 103. l)y.e dt y.ui
'Hftoduzoi ö koyoTruiüg.
^ P. 450. I>. p. 104. ;;jua; dt diq eTTtdijii^cavza^,
'ouTcug dafxevuji; £7re/gi)ys tu 5 äv (.läktozü jjs
E7[£ioäod-£ y.azixefv, oooivzsi; de ddüvazov öv, dkkd
xai zijv tiy.iu luv atufiazüq inonjoaoih. Haec verba
cum ex nieis , tum ex Reiskit et Emperii cnrrectiouibus
sie restitueiida suspicor: ijuu^ dt d £ v ^ o £7Tl6ijni)aav-
T«;, oÖTvjg dofuEwii i TiEidsze aj<;z£ f^dk. fi£ iir.
y.az., ÜQdjvisg dt ddt'vuzov uv , ükkd yovv zi)v
ei/.U) — Quae sequuntur frustra solliritari existimo. ov
refertnr ad verba tiq zu ßißkia. ulti hunc staluam exi-
stimabntis plurimum coUaturam esse ad iuvenum animos
eorundem studiorum ainore inßammandos.
(BeschluBS folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Breslau, den 24. Mävz. Die Nacinicht ans Breslau vom
5. J.iniiar in Nr. 22 der '/., f. A. \V. (walusciieinlicb nur ein
Ausiuy aus einem Artikel der Allgemeinen Zeitung d.d. Iinshui
den 5. Januar) von dem Allgange Ritsciil's und der Nutliwen-
digkeit eines Ersatzes durch einen Mann vun Ruf, bedarf inso-
fern einer Berichtigung, als der Einsender nicht gewusst hat,
dass ausser Professor Schneider, der die gramniatiscli-kritischc
Richlung der Philologie genügend vertritt und in Bezug auf
gr.iniin:ilische Scharfe und Griindlichkeit einen buchst wcrbllha-
tigeii Einfluss auf seine Schider äussert, noch der Prof. extra-
orilinarius Anihrosch aus Berlin (der von 1829 — 183.'? in Rom
war, spater in Berlin sieh habilitirte und Mich. 1834 nach
Breslau versetzt wurde) seit 4'/j Jahren sehr Ihälig an der Uni-
versität gewirkt hat. indem er durch Vorlesungen über Grie-
chische und Rüniische Gescliichte, Altertluimcr, Mythologie,
Archäologie und Interpretation Griechischer und Römischer
Klassiker (letztere mit besonderer Rücksicht auf Realien) den
Sinn für die reale Seite der Alterthumswissenschaft, den schon
Passow geweckt hatte, wieder belebte und rege erhielt. Aussc-
dem haben sich noch 2 Privaldocentcn , Dr. Rellmann und Dr.
Wagner hier habihtirt Der verewigte Passow ist zwar seit sei-
nem Tode nie ganz ersetzt worden, auch würde es schwer hal-
ten, einen Mann von solcher Gelehrsamkeit und solchem Giisle,
der schon so viel geleistet hätte, hierker zu ziehen, zumal mit
einem verhältnissm.issig nicht so bedeutenden Gehalte , als ihn
besser dotirle inid mehr begünstigte Universitäten bieten kön-
nen; aber gewiss würden durch Sehneiilcr unil Ainbrosch die
beiden llauptricbtungen der Alterthumswissenschaft genügend
verircten werden.
Barth. Am 18. Februar starb Rev. Thomas Falconer,
Dr. merk, früher Lehrer der Theologie an der Universität Ox-
ford (Rarnptiin Leclurer), durch eine Ueberselzung des Periplus
des Hanno (17')7), die Herausgabe des Strabo (Oxf. 1807. 2 Voll.
fol. ) und mehrere kleine Schriften nThe case of Eusebius,
Bishop of Caesarea« (I. II. 1818-27) n. a. bekannt, geboren
zu St. James am 24. Dccenibcr 1771.
Zeitschrift
für die
Alt er thu ms Wissenschaft.
Mittwoch, '11. Mai
18 39.
Nr. 61.
Spicilcgium Annotationlira ad Dionis Chrysostomi
Orationes.
(Beschluss.)
P. 457. D. p. lOfi. TQi'zi^v eTti rgiaaaig x^.oioi
rrv dffji./iDduf ^ißikKu^ naorr/.ukei, tijirj de oi
dsoii (fu)vi)v Kuy^ovaa ädti jidka f^itya. Leni mii-
tatioiie srril)en<tiiin puto; itU.^ay.o.Ksiv tOTlv, 1] y £ iv-
i^soo (vel: tvdtov) Cfujvi]v Xa^ovaa —
P. 400. A. p. 110- dkV Ofuajq oiöe tuvtvjv oi-
Set^ ijdiy.et, ovdh itifjiikev, aüöt f^ikawe rüiv iv.
^r/.lklui. Post OL'deii furtasse excidit et'y.uj. neque
tarnen staluam uUius illoruin tyrannorum laesit , eie-
citve. SccjnHiitur haec : tl fitv oiv Orooß/ko^ ?;
n(Jijori;p ij OY.rTiTOi iinrerxöv , aslojv v.ai xegav-
löv i9vpu)P. Aliest apoilosis, quam restituas srri-
beiis: oe.iOfiuSv y.ai y.eoavvuiv £i<3i'vij. i. e. ygioti.
terrae malus et fulmina iudicium de fiis siöi arroga-
vent/it. Sic paiilo post p. HI. e/ öt ytvoiTO xcti Ttao
i'i^üv (ptj(ftou(x Tt roiuvTop, dvÖQiävTutv evDvvaq
eivai.
P. 462- B. 115. Gorfiae si^Dum Delphis stare ora-
tor ditit idcjne fisj£u)QOV y.ai XQLoyouv. Seqiiitiir: Füg-
y/'av Xiyv) ; öttov ye yui 0gi'v7jv rijv 0eoTCcatay.rv
sOTiv idetv inl elxüvo;, y.üxeivio (marg. Morell. xu-
y.eivrv) c/i; Pogyiav. Non poeniJet correxisse in Ädd.
ad Athen, p. 318. onov ye y.ai (JJgt'vtjp iOTtv lÖEiv, k 77 l
y.iovoi; y.dy.eivi]v, löi Fogyiav. Jthenae. XIII.
p. 591. B. avTiJi; öe ri)q 0Qvvi]i oi TreoiXTiove^ dv-
ÖQtuvTa 7ioujaavT£i, dvedtjy.av i;v ^ekcfoti xoi'Otov
inl y.iovoQ, xdy.slvrjv. >ec aliter Aelinn. V. H. X.
32. (Pgvvijv ri)v exaiuuv iv zJetjfoic, dviarijaav oi
"Ekkrjvti; iiti xiovoq ev uäka üipiikov. — Soquitur;
dkka TO fiev eoriv £v&i<g. referuntur haec ad supe-
riora : Ttok) d av Tiq £XOt sijieiv. Kcspnndentque in
proximis : tu S' vOregov Ek^övrag .... ßagv. Vide-
fur aiiteni scribendum: t6 (.itv e v £ a T t p ev^vg, ke-
yeiv seil.
P. 464; p. 120. vTreg d' ifAavToii y.ai Tilg dxopoc,
vvp igdj koyov, 6v eiKEP 'Ava^ayögag viop dnoßi-
likr^yiui' ijöetp 9vijt6p yeyEppi-y.ojg- dkk' oix tjSeiv,
ort TOVTUJvruip dvdgtävTvjv eyaOTog dpUTi^hrca
fxtp W5 a/ujiio; iaü/^EPog. Fallor fortasse ; sed scri-
bendum exislinio: dkk' oix TjÖElv OTl TOloviOV ißpi]-
ZOP seil.)' Tu}P yug dpÖQidvziDP x. r. k.
P. 465. D 122. iTÖkjiijöap dt y.ai 0tkiTfJTOv tov
ßaoikiojg ditidag y.araxti'äoai • xaTuoxiSuoai ror-
riwit Reiskiu-1 , conscntientibns Var. lectt. l'enet. ]Vou
nicminerat, in ideni iara incidisse Piersonum ad Moer.
p. 218. <l"i »eterum )i)fa, ijuac ad tucndam vulgatam
friistra afferri pitssent, coninienioravit. Strabon. IX. p. 398.
de Demelrio Phalerco , T«; 6' Eixöpaq avTOV — xax-
innaoa.v — xai y.uTExoipEi'ao.v ivioi Sh ngogri-
iitaoiv, Ott xal Ei'q dfu'dag. Cf. Diog. Lnert. V. 77.
l'lulareh. T. II. p. 820. F. ro/'s ^^ zJiTjiddov (dp-
duiö.vrug) xa.TEXujv£vaap Eiq df^iidag.
P. 46ö. A. 123. ro('5 fiiv dkkovg otyijoEiP uoi öoxEi.
öoxoj corrigit Jul. Pßugk in Sched. crit. p. 28. quod
orcupavit Eiiiperius p. 22. tiiin idem pro: top dÖEktfop
ujg dvd^ij^iu. stribit: top dÖtkqup toj ddikcfiij. quae
fortasse non netessaria correc(io; certe, ca admissa, vcrba
ojg dpddijfia ctiani servari debent.
P. 466. B. 124. Muinmliis Graecia devicta plnrinias
siatiias Rumain misit, falsis iiominibus pro arbitrio in-
srriptas; intcr alias etiaiu imeiuini Arcadiim sigiiis in-
siTipserat iioiniiia Priami et Aestoris : ö de äl]fiog o
Tojp'Pujjiu/(ov toI't' extipu , TohgE^ Exai'pov ugdv
v')Uvro, ogojp 'Agxdöag ix (1)£vEUL>. Depravata sie
«orrigit Emperius p. 51. Tohg Et 'Ikiov. (juae correctio
<uiiriniiitate lomnicndatnr. Equidem olim duabiis syllabis
iiisertis stribebam: xovg ituiQovg EXEiPOvg. deerepitos
itlos genes.
P. 4H7. A. 126. xai y.lvToov. xtvTOV emendavit
U'esseling. ad Herodot. p. 202.
Contiuuabitur. Fi-id^ Jacobs.
Beitrag zur Erklärung: und Kritik des Euripides,
Von Prof. Dr. Lindau.
Der nachfolgende Versnch , uns nra den Text dieses
in neuern Zeiten vielfach, aber nur mit bedingtem Rechte,
bescbrioenen Tragikers einiges Verdienst zu erwerben,
i»t das Ergebniss einer in ganz anderer Absicht fiir den
nächstierflossenen Sommer aufgesparten Gesammtlesung
dieses Dichters. Wir uolKen nur die Gründe prüfen,
«nniit Pliilob)gen von Fach soivohl , «ie neuere Kunst-
richter die Echtheit einzelner Stucke dieses dritten Ko-
rvfJiacen der aiterthumliclien Tragik angefochten haben.
Es ist aber tveder Jenen gelungen, uns von ihren Mei-
483
484
niingpii iiiiil Aiisicliipii zu 'lilierzpiifcii , nncli aiuh uns,
ilnr(li srlilajeiide (iegcn^irüiiile ili« ICcIitlicit der aiijje-
fu< liteiieii Werke zu beivoisen. >nr in ilcr grossen (»eis-
tesbeiiegliclikcif , die den Kurlpiiles vor dun übrigen auf
uns gekommenen Tragikern aiiszeirlinct , ol» auf Rosten
der nnliren Kunst oder nielit, «ollen «ir hier als eine
knnstriiiilerliclie Frage nnljesproilien lassen, «eil iliess
»on ausge/ei( linefcn Siliriftsteilcrii dieses Literafurz« eiges
in unserer Zeit bis zur Siitligung gesebelien ist, niocliteu
Mir bei dem langen AVirken unseres Dichters die Ursaehe
suchen für die nianniclifache Abiteicliung seiner ^Verke
Yon, einander , zuerst in einzelnen Ausdrücken uud Wen-
dungen. M.'ibrend doch im Allgemeinen ilcr nämliche
Stil sie H ieder als A\ crke des nämlichen flicisters anzu-
erkennen zuingt, sodann freilich auch im Stile.
Auch wir erkennen mit Hrn. Gruppe, «orauf indess
S(hon iler ^'erf. der gripcliischen Inlialtsanzeigc zum
J'hesus liiiideutet, in diesem kleinern Stücke eine unge-
meine Veriiandtschaft mit des Sophokles Art und Kunst
an, und doch konneu «ir uns nicht ilazu entschliessen,
es dem Kuripides abzusprechen. Konnte denn ilieser
Jii'iesus nirht gerade der erste Kunstiersuch des Euripi-
des sein? (ieradeliin l.'isst sich diess «eder be« eisen,
noch laugnen , «eil «ir die Zeit, wo er zuerst aufge-
fiilirt «orden, wenn es anders je gegeben ward, nicht
wissen, lud als das Publikum oder seine damaligen ()r- '
giiic den Komiidiendichter als nianicrirten ^iarllallnler
des .Sophokles bezeichneten, konnte da Euripides nicht
dnrch Ehrgefühl, sowie durch Uewusstsein eigener An-
lige und Talentes erst bestimmt werden , sich seinen ei-
::eiien Stil zu »(hallen , den « ir in seinen übrigen ^Ver-
kcn, wenn auch' nicht bewundern, doch als alterthüm-
liche Eigenthümliclikeit anerkennen müssen i Ebenso
konnte man iliin, «enn er etwa gleich Anfangs in eige-
nem .Stile auftrat, in ^'ergleichung mit Sophokles schon
die nämlichen \'or«ürfe und Ausstellungen, was zum
Theil wirklich geschehen, »ie die Witze i\eü Arislniihd-
jies es bezeugen, «ie in unsern Zeiten, gemacht und
diess ihn leraiilasst haben, ein Stück in strengerni Stile,
dcssgleidien Rhesus ist und als welches es von dem
wackern Mallhiae gegen andere Zeitgenossen in Schutz
genommen ist, gleichsam als Beweis zn ilichten, dass er
wohl ebenso, wie die .Veltercn zu arbeiten vermöge, es
aber absichtlirh iersclim«he, um nirht bloss manierirt
zu erscheinen: denn pedantische iNarbalininiig , meinen
auch «ir, führt auf inanierirtes Wesen. Die Sdiriften
der neuern Gelehrten über diesen (legenstaml lindet man
zusammengestellt bei l'V. Scholl. Gr. Litt. I, L'.')(i. Anm,
AVeuden wir uns nach diesen allgemeinen Worten zu
dem Texte unseres Dichters im Einzi-Inen , der uns in
den \ou Gelehrten «cniger durchgearbeiteten Stücken
mancherlei Gelegenheit zu wahrscheinlichen Verbesserun-
gen des vorhandenen und zu .AnsfüUungcn lon f^ürkcn
darbot. Wir haben hierbei die Ordnung der Stücke in
<ler Ausgabe von Miiltfiiite beibehalten und auch lilickc
in die Bolhische Uebersetzung geiiorfen, ohne dass letz-
tere uns eben gefördert hätte.
Hecuia.
V. 777. ^iviui T urjcitjuo'i noujTU jviv iuujv (fi-
Lv)V. Dieser Vers, welcher, so wie er da ist, zur Ver-
bindung mit dem Vorhergehenden eines Particips bedarf,
hat, wie mau bei niatthiae nachlesen kann, die Gelehr-
ten nicht wenig in Bewegung gesetzt, ohne dass es zu
befriedigendem Ergebnisse gekommen wäre. Der neueste
Versuch, dem krankhaften Zustande dieser Wortreihe
abzuhelfen, :i(jii)[' t/.ajv iu. (f. von Um. I'ßiigk wird
den alteren Gelehrten wegen des Verseil« indens des in
ihren Augen uncrhissliehcn Artikels missfallen: als wenn
TTpiÖTCt nicht auch sein sonst niithiges r« des Verses
wegen eingebüsst hätte. Ebenso wenig wird, worauf wir
einmal verfielen, 7lp(Ot (hlojv i/i. (f. aus dem näm-
lichen Grunde Beifall linden, wic«olil unser Einfall auf
schärfere Lnterscheidnng der Freunde und Gastfreuiulu
führt, aber leider, weil unbewiesen voraussetzt, dass man
tivluc, als complexjves Abstrartuni für das konkrete i^tvaiv
sagen könne, wie li^Vf^ifia^j^ia für ttuj^a^oi, VTlroEOiU
für iiti;(ycXUl. S. .Matth. Gr. Gr. §. 42'.l, welcher Ar-
tikel indess einer Bereicherung fähig ist. Sind diess nun
alles unglückliche V^ersuche, diesen V^ers zu verbessern,
so bliebe nur übrig im Worte dfiid^uti» den Fehler zu
suchen, was indess auch schon, nur ohne Erfolg ge-
schehen. Wie aber, wenn es die Sprache erlaubte,
ci.oidfiviv als Particip hinein zu corrigiren, so dass der
Sinn wäre : der in der gastlichen Aufnuhine meiner
Freunde den ers/en Platz zählt etc. Dass uoiStfiSiv so
gebräuchlich «ar, vermögen wir bis jetzo nicht aus eige-
nen Dlitteln zu ben eisen, und «as das noch nicht er-
schienene letzte Heft lies ersten Bandes des neuen Th.
Stepliani, das, beiläufig gesagt, etwas sanmselig geför-
dert wird, etwa hierüber enthalten wird, ist uns unbe-
kaiiut. Ä'icht übel, wenn so richtig, da ja alleSrliHie-
rigkeitcn im Nu gehoben wären. Ja, es bedarf «ohl
weiter keines Beweises für dfit^nuiv , wenn man es für
Koyiioiicvoi;, tvAoyiJ) r/^i;/£fOj nimmt: Er, der immer
darauf rechnen durfte, oder der sonst einen Jf'erth dar-
auf setzte.
Orestes.
V. Sil- t6 ö' UV ■/.ay.oL'py£/v aaefino- /jfydkij.
Betrachtet' man diesen Vers im Zusammenhange mit den
nächstvorliergehendeu, so erscheint hier doch ein Gegen-
satz von edlerer, weil offener und auf der Stelle ohne
tückische ^Vorbereitung begangener Asebie , und einer un-
edlen, weil feigherzigen und mit Furcht begangenen,
dio in obigem Verse bezeichnet werden sollte. AVir
können uns also nicht geneigt fühlen, dem sonst sinn-
reichen A'orschlage Pors07i's, den G. Herrinanii billigt,
^taivofJ; anstatt des metrisch falschen und sonst farblosen
usydf.l} beizustimmen. Das crstere Gebrechen dieses
Wortes hatte schon der Scholiast durch sein dem Sinni;
nach unbestimmtes riDiy.i'/.i; deiken wollen, da man zwi-
schen den Bedeutungen von mannich/'ach und verschlagen
schwanken muss , idine dass doch eine von beiden eigent-
lich befriedigt. AVeiiu aber fjaivotj'i passend oder au-
thentisch «äre, wozu noch hinterher TTfioaptiia, das
aber zu unserui \'oischlage , d.nißei an iv östi («n
auch selbst o.oeiidv möglich wäre), d. i. ist Ruchlosig-
keit zugleich mit Furcht, eine nicht unwillkoniinene Er-
gänzung ist, d. i. Ulangel an vernünftiger Ucberlegung
485
486
vu!i Seifen der Klytaemncsfra, die, hsihi ilas Voraiif-
geliende im Tex<e allgpiiieiii gesajft is< , allein liier ge-
meint sein kann, dass solrlie Tliat, «ie die ihrige, zu
unabschlichen Folgen und Gegcnlhalcn auffordern und ler-
anlasscn musäte.
Phoenissae.
V. ri49 — 50. BQÜftiov evtia ti'xcto ^lartjo . . .
/lioi ydfiOlC,. Man sehe die Anmerkung bei Mattliiae,
«<) Muss^inve's Einfall, Tf/.l'Td öl^ zur Ergänzung der
hiesigen Iviicke mit Beifall erwähnt wird. Es fehlt hier
aber offenbar Etwas, um das Folgende der Fabel, die
der Sehol. hinreirhend erzählt, zu motiiiren , nämlich
ein Wort, das an die zuzeitige Geburt der Semele erin-
nere, und da srheiiit wegen äusserer Aehnlirhkeit mit
Jiodjiiov kein anderes und dem erforderlichen Sinne
nach «»rcckmässigeres, ah novitiiov ausgefallen zu sein.
Hippoli/lus.
V. 128. Dem metrischen Schema zufolge , welches
G. Hermann diesem l'erse gegeben (o -^ — v — v v —
V — — ), niuss man wohl aus jilus^j'ave'a von Brunck
gebilligtem und Malthiae'a eine zum Ziele fiihrenile Ver-
einigung leranstaltcn: tvakiov '/.aßßakiv, ev9sv anif.
V. 488. ov yoLQ xi rolotv vjai. Um die Worte toi-
oiv oiai mehr henorznheben , scheint es besser roiGi y
üjoi zu schreiben, wenn nicht etwa in Tt roioiv ein hier-
her gehöriges E|)ithet der Ohren verborgen liegt: z. B.
den weniger verscliiiniten , den leicht bestechlichen, etwa
i.tTointv , den glatten, die leicht Etwas durchlassen. Es
verschwände hiermit zugleich «las doch immer anstüssige,
weil liberÜiissigc, ti,
V. ()2I. Da der Schol. ausdrücklich TTaoi~Ton£v zur
Erklärung gibt, so scheint £Xrf/j;o/(fl' unbezweifelbar, ein-
mal für TTijuiiivotiev , sodann zugleich mit Erinnerung
an ^iioai; ey.Ttivtiv (otov iniy.aKoi'uivoi). Aber auch
ey.Tivoutv gäbe einen guten Sinn, für dvaldoy.OUSV uiit
der Schattirung dvri Cl^f^tia^.
V. 840- Dieser ^'crs muss aus zwei Dochmien be-
stellen und demgemäss so geändert werden : i'dj TaXa<^,
oj öuj(oi, oaov y.a/MV e'/^'i'
V. 8B1 u. f. Lauter Dochmien; demgemäss der erste:
(psi' , (fEv' Tipö' tt' ab, und der dritte: üßioi cüi
ßiov.
V. 873 — 75- Die beiden ersten Verse lyrisch. Trim.
Janib. Daher hinter ölkio^ ein y einzuschieben. Der
dritte ein Dimetr. Dochmiac. Also wohl zweimal oV
Ol für Ol oiov , wovon das Letztere grammatisch sonst
gut zn f(e}-.0(; passt, aber hier nicht nothig, ja unrichtig,
da ja das utkoi, wovon oi' Ol' ( i. c. oia) iler Inhalt
ist, hier nicht ein wirkliches Itsku^ ist, dessen Art der
Ausführung ein oiov erfordern konnte, sondern für öek-
TOJ gesagt ist.
V. 897. AVofern es nicht katalektische Dochminci
gibt, in eben ilem Verhältnisse zu den akatalekten , wie
der sogenannte Pherckratische Vers zu dem Glyconeu»,
so muss man zwischen üt.oov und y.c.y.ov ein xo ein-
schieben, welches auch dem Sinne nach nothig scheint.
V. tl30. Dieser vollständige '^'ers, welcher dakty-
lisch sein muss, lässt den vorhandenen Elementen und
dem Hletrum gemäss sich sehr leicht durch Entzifferung'
ergänzen so :
vv(X(fiSia ö' diiüKvi'ke (fvya aoi eq aiei.
Alceslh.
V, Kio. £Z ö' kkocaa xedpivujv Soficov. Wir
sagen zwar auch im gemeinen Leben Uhrge/iiiuse und
der griechische Witz benannte dio Schnecke CfCptuiy.o^,
aber wir zweifeln, dass er diese Metapher auch auf t\en
höheren Stil ausdehnte, wiewohl der odenbar sehr neue
Schol, im Flurcnt. Cod. mit seinem aus dem Italienisclii'u
entlehnten neugriechischen y.aaEkviv unsere Lesart aner-
kennt. Wir meinen, dass E. Öo^wt' geschrieben, wel-
ches poetisch genug für doj(iiov ist.
V. 486. Die Lücke vor diesem Verse, welche ein
Pherekrat. Vers ausfüllen muss, glauben « ir so ergänzen
zu müssen: Tty.vuiV fknis dioou^, was denn zu beiden
voraufgehenden fienititen, indem ja zu uidt TJUioui^
ycoaiou aus dem l^)rlicrgehenden dikovTUi UTKilhl-
VCiV ergänzt gedacht wurde, gehört und Widerlegung
des etwaigen Motivs der A'erweigernng enthalt und woran
sich das Folgende uv ö' tify.ov als ^'orwtirf schlichst.
Andromache.
V. 638 — 39. öx' ujv av Uiikel'i y.al :raTQuc, yj it-
voi' Kijäog ti'valpag. Um eine A'erbindung zwischen
beiden Viersen herzustellen, da zu y.ijiSog tl'vuipag ein
Dativ nothig ist, hat Musgrave mit Brunch's Billigung
yiyioi; , als eher entbehrlich, mit i^eoig vertauschen
w(dlen. Spätere Gelehrte finden diess gewaltsame Mittel
unstatthaft und wollen hierzwisclien lieber eine Lücke
annehmen. S. Anin. bei Matth. Indem wir die Ahnung
jVusgrave's ehren, hoffen wir beiden Parteien zn genü-
gen, wenn wir ysytui; in yaktps, den Schwägerinnen
verbessern, wodurch die gewünschte ^^erbindung herge-
stellt wird. Aeacus nämlich vermählte sich gegen Aeti
Willen seiner Söhne zum zweitenmal mit der JVcreido
Psarnathe, deren von Aeacus erzengten Sohn Phokus als
unecht die beiden Brüder Peleus und Telamon umbrach-
ten und darüber laiulesllüchtig wurden. Mithin war Pe-
leus durch Thctis mit den Schwägerinnen des Aeacus iu
ein yj^öos getreten. S. hierüber unter anderen Schol.
zu Pindar's OIvmp. 8, 37 u. f.
V. 1138 — 42. Diese fünf ^'erse hat J. D. Koeriier
in einer deutsch geschriebenen AbhandInng des ZüUi-
chaiier Schulprogramms liS2() aus Gründen der darin
enthaltenen Gedanken wie des Ausdrucks, welche beide
allerdings an Ilebraismus erinnern, nach dem 3Iii«ter
berühmter Vorgänger, welche ähnliciie Einjudungen au
anderen Stellen unseres Dichters siegreich nachgewiesen,
auf seine Weise als untergeschoben zu erweisen gesucht,
ein Unternehmen, das wir als gelungen betrachten dür-
fen, nnd um so lieber, als wir durch diese •Vncrkennnng,
die seine Ausgabe dieser Andromache nur mit oberffäch-
li<lier Erwähnung in Fr. SchüH's Gesch. il. Gr. Litt, f,
261 gefunden, diesem wohlverdienten Pädagogen und
unserm nachmaligen, vom Amte von uns durch ilen Tod
487
488
pesrlilpdciien Kollrj^on und Vorstand ein freundliclies
DeiiLnial stiften kfinnpn.
Y. I IG !. ... uj yaiios, lo yixuog. Diesen offeu-
liar lerstüninielten Vers glanbou Hir, uMi ihn seinem
.Antistru|)h geLüri^ entsprecheu zu lassen, so ergänzen zu
diirfen :
UJ uoi f'/tJ'. ydnus w; yuuog ov yäftoi.
Das uL' yiiuui im Sinne von äyatio^ wie Hclea.
(iTO Ulli! iu der Weise gar nicht, nur dass hier yciflOg
adjertivisrh wird, sehr abneichend von Bacch. v. 1240«
vj^ tv Ol' y.ictutd Ttaoet. Will man aber dicss nicht
gestatten, nun s» kann evyauu^ Diit bittrer Ironie recht
^a\ hiiT die Stelle, am Ende des Verses einnehmen.
Jcileufalls hat die Stelle, welche ivegcn der Häufung
<les einen Wortes ileni fabrizirenden Abschreiber nicht
gleich verständlich war, dadurch gewonnen, dass yauo^
nicht bl')sä angerufen wird. Es fragt sich nur noch, da die
im Folgenden beschriebenen Folgen dieser Unglucksver-
inähluug den Sprechenden nicht allein betrelTen, ob nicht
dieser Vers besser, wie folgt, gefasst werile :
u> fAOil UJ yäuog, w; yüuoq si'yaf/og^.
Supplicea.
y. 218. Das Wort diy.äöoi hier bedeutet uirht
mehr als rßifw,. Vergleiche Bekker's Anecdot. Gr.
l>. nb - 3(3. ■
^'. 2'JO. w? LvjVTVtV dsojii. Diese Worte in Prosa
aufgelöst, milssten lauten: w; cv £i Ol &toi ijoav üv-
t*oi»X(jl (oder dvijTOi) Vgl. V. 230.
V. 224. {vSatiiuvurvra; d' . Elmsley hat diess St
in T€ verandern wollen, aber mit Unrecht: denn wie
sich verhält oiT£, weder, zu ovöt, noch auch, so
OITS, Iheils nicht, zu Ö£, l/ieiU auch. Es ist näm-
lich, will man hier sagen, nicht bloss vernünftig, nega-
tiv richtig zu verfahren, sondern auch zugleich positiv;
um so eher also di , weil die genannten Gegensätze hier
statthaben.
Y- 44i. Das, wie es scheint, hier so mi'issige tiTfoi'-
em brachte auf den Gedanken, ob hier nicht ursprüng-
lich dafür t.vOL'OlV gestanden habe, im Sinne von t\V<jl-
TSKovoiv , wie es Enripides öfter gebraucht, unter andern
mit Sicherheit Alcest. V. ('A4, (fijfji , TUiuiToi'i yd.uovq
t.vtiv ijouroioiv : so dass hier in prophetischem Ana-
chronismus auf Ilarmndius und Aristogiton angespielt
wäre, eine für die Athener immer angenehme Erin-
nerong.
y- 454. Wir meinen, dass hier für eTOludZovOt
ursprünglich das weit passendere UTluo.Cuvoi gestan-
den hat. '
^ • 54S. Sollte hier anstatt ÖlSof/.tvC.l nicht das
angenehmere blöujy.ivui sc. i]iuv gestanden haben?
y. (i(i4. (f'iuoi, jiüyja , oriovun-i ; i^ r' lud. tü-
710V. Zufolge der metrischen Anordnung von G. Her-
mann, gegen welche eich .Nichts einwenden ISsst, nämlich,
f — t' — — I l< i' f II — iJ — , niues wohl folgende
Aenderung vorgenommen werden: (f('ivül. fjio.'/_<i.( , r,xto-
PolL':it£i iv l o:i U) v: worin einmal LvTOTlUJP für iyfoj-
piujv gesagt ist, so dass es ein schmerzlicher Aasdruck
über die Kampfe der Hellenen unter einander zugleich
wird. Im bald Folgenilen, rin' äv xdjvd' ai'n'a muss
man das letzte Wort entweder in aitiuv oder in allia
umschreiben,
V. yö9. Hier scheint für ügcfvaia^ dem Metrum
gemäss ö(JCfvag herzustellen und der folgende Vers mit
vjQug, VjVi'/.a ys zu ergänzen, so dass OQfpvai von
copa; abhängig wird.
V. 10 18. 3Iuss des Metrums wegen für Ev9£V das
angenehmere ivdev d' , welches der Sinn der Stelle auch
erfordert, hergestellt werden.
V. 1(J32- Hier darf, um die Lücke auszufüllen,
zwischen Ervaio^ und yctfinag das von ersterm ver-
drängte und wohl passende vai^ eingeschoben werden.
Ip/iigenia Aulid.
V. 84- Kdfii OTQarijyeiv , y.ara etc. Diess xdfte
soviel wie y.ai TTOujiov £ix£ d. h. mich zuerst um meinet-
willen , und dann
V. 864. ü köyoc, eg fjf/JkovT' dvöiO£i XQovov ix«
S' üyy.ov Tiva. Diese von vielen Gelehrten, zuletzt
von Hrn. Kampmann in seinem verdienstvollen index
zu IMatth. Ausg. des Enripides S. 8 besprochene Stelle
scheint ilem Zusammenhange des Ganzen gemäss ein hal-
bes lieiseite des raschen und feurigen Heldenjünglings,
dem die Umständlichkeit solcher Leute, wie der alte
Diener hier, ebenso zuwider war, wie uns, zn enthal-
ten, das, wie das folgende fxt) fxtt.K' lehrt, nur KI_T-
taeninestra gehört und verstanden. Der Zusammenhang
verlangt ungefähr : Diese Rede (des Alten) verspricht
mir zwar ein Zögern in die Zeit zu bringen, allein wir
müssen ihn doch anhören, da er (der Alte) oder sie (seine
Rede) so wichtige Uliene macht. Diesen Sinn meinen
wir nun auf die leichteste AVeise in die Stelle zu brin-
gen, wenn wir schreiben: ü t.üyui £i fi£t}^OV fi (f^Ol)
uVDiOtl Xijovuv. lo /ukhov bekanntlich für ij fjeXXlTOig.
S. IMatth. Gr. Gr. S. 270 h. Für einen raschen Jüng-
ling ist ja jede Zügerung ein Zurückdrängen der Zeit,
was in uvafftQllv liegen kann, wofür noch stärker dvuj-
G£l , das hier gleich möglich ist, gesagt wäre. Ja, mit
kleiner A'erändernng des Sinnes dürfte es hier nicht auf-
fallen , wenn für ^oofO»', im .Sinne eines redseligen,
schwachköpfigen Alten, wie dieser Diener dem Achilles
erscheinen niusste , mit grossen Buchstaben Kuovov ge-
funden wäre , wodurch etwas Komisches in diese Stelle
käme, welches als Charakteristik nicht befremden dürfte,
selbst bei dem Unterschiede der Bedeutung «leg fxOl, das
dann das ethische wäre. ^
Fortsetzung folgt')
Personal-Chronik und Miscellen.
Halle. Ocr bisherige PfoIcSsor an der Universität in Mar-
burg. Dr. Julius Miller, ist zum ordentlichen Pcofessor in
<](■! tlinoloaischen Facullat dei Universität iiu Halle ernannt
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft.
Freitag, 24- Mai
1839.
Nr. 62.
Beitrag zur Erkhiriing und Kritik des Euripides.
Von Prof. Dr. Lindau,
(Forts et zun 5,'.)
V. 113S. ßQ£(pog TB — Tcäko). Indem wir auf
M. Anmerkung zu iliescr Stelle verweisen, welche al-
lerlei Vermuthungen enthält, setzen wir noch hinzu, dass
uns nur unsere Aenderung von ndkip in nuTip (Tritt)
zulässig scheint, um das Schauderhafte dieser Stelle zu
vervollständigen.
V, 1165 — 67. Wenn man diese Verse so, wie folgt,
interpungirt und etwa die einzigen Worte TTpo^ lOvq
doiiov^, wie vorgeschlagen, abändert: oi'S öXkrj y£(ji
Toiovös fitoduv Y.uxaknuüv , Trpö? Tovi, ö^iov 'Enal
ßg. etc., wird wohl alles Dunkel dieser Stelle verschwun-
den sein , wofern man anders zugeben will , dass nach
Analogie anderer Fälle (// üuüu , die gleichzeitig (in
Aulis) Versammelten bezeichnen kann. Will majp diess
aber aus anderm Grunde nicht, so würde, mit Beibehal-
tung der vorgeschlagenen Interpunktion , oi douoi die
anderen Häuser oder Familien bezeichnen dürfen , was
wir eben nicht bestreiten wollen.
V. 1180> TiaiS'MV a', ötujv av UQo&i^iEvoi;
XraVT^i; Tlvct. Indem wir zuvörderst das Angefochtene
7r(>o9£/JSvO(; im Sinne von eignem Entschlüsse und Will-
kür rechtfertigen als Gegensatz zur später erwähnten
Entscheidung durch das Leos, fragt sich des ebenso
bestrittenen ÖTtDV wegen (und ans einseitigem Stand-
punkte mit Recht bestrittenen), ob der Dichter nicht mit
Absicht, um den Sinn der Stelle zu steigern, die Sache
verallgemeinert habe, nnd zwar so: IVird dich Ei/is
deiner Kinder noch anblicken, wenn du aus eigener
Willkür irgend eins der Kinder wirst geschlachtet
haben ? wie viel weniger , wenn eins von den eigenen
Kindern. Spricht diese Erklärung nicht an, so wäre mit
nicht schwerer Aenderung nuidiuv O', Ötcw acfiuv etc.
zu schreiben.
In den folgenden Worten aber, ravr' yi.dov jjöi]
öia Xöyuiv, welche Kl. offenbar dem Agam. als Ein-
wand in den Mund legt, scheint doch jjX^fv vorzuziehen,
in dem Sinne: Diess ist nun schon öffentlich ausge-
sprochen ; also nicht mehr zurückzunehmen, ohne meiner
Würde etwas zu vergeben , woran sich dann die folgende
Erwiederung der Kl. passend schliesst.
Jphigenia Tauric.
V. 723- ö/xa/ov elirn^. Uns scheint hier für Si-
v.aLov das mehr rcplicirende JSiy.aiov an seiner Stelle,
wie wenn wir sagen: Ei, das versteht sich ja.
V. 727. äuiöu), Xsyeiv /p»;', TijvSe to/'j euoig cpi-
koti. Wenn diess richtig gedacht wie gesagt sein soll
als Inhalt des zu leistenden Schwurs, muss man ent-
weder öujoeig, oder zoi'g ye ooig Cfiko/g herstellen.
AVir würden uns für das Letztere entscheiden.
V. 877. Wenn in diesem Verse zusammen mit dem
nächstvorhergehenden ein vernünftiger Sinn sein soll,
niuss man für i'jdovUQ, äkkaq kaßeiv , in Verbindung
mit dem voraufgegangenen fiij wieder herstellen, i'^t)ovug
cikXuig Xaßaiv. d. h. vergeblich. Und wenn nicht ver-
nünftiger, so ist dieser Gedanke doch ungezwungener,
als den Matth. in der Anm. gegelien, zumal da iy.ßüv-
rag rvxvg (wofür man auch iy.ßävTag Ti'Xljv schreiben
könnte, nach der benannten Analogie von EXTv'keiv 'Ek-
}jjo7lovTOv) wohl nichts Anderes heisssn kanu nnd soll
als : wer aus misüicher Lage herausgekommen.
Cyclops.
V. 220 nuiss wohl, ijy.Lar' iirei /i anstatt ärra/ y
geschrieben werden , da ja das i/it: im voraufgehenden
Verse ein ganz anderes Personale ist. Uebrigons scheint
doch aus dem folgenden i'TTt) rujv axrjuarojv zu er-
heilen, dass der Chor auf der Orchestra allerlei Bewe-
gungen und Stellungen, die sich der Kyklop hier in sei-
nem Wanste vorstellt, niuss ausgeführt haben und dass
die Ausdrücke Strophe und Antistrophe doch nicht , wie
man wohl geglaubt hat, ihre ursprüngliche Bedeutung
verloren hatten.
V. 492 f. Dieser Chor, sowie der nächstfolgende
nebst dem Zwischengesange des trunkenen Ungeheuers
(wohl Vorbild des Shakespeare'schen Kalibans) sind di-
metri galliambici , welche in Jonici a minori , wovon sie
ja ein verwandter Ausbruch {uvä/.kaoiq) sind, auslaufen.
Sie haben daher am Ende auch syllaba anceps, was bei
den längeren Gallianiben an dieser Stelle nicht erlaubt
scheint, wenn man Katull's Athys als Äluster betrachten
muss. Spricht man gleich Hephaestion nicht von dime-
tris galliamb., so hat er doch, ohne es zu ahuen, aus
Anacreon, bei dem, wie er bezeugt, viele Lieder dieses
Metrums waten, ein Bruchstück in zwei Dimetern, zu
vollständigem Tetrameter verbunden, was unerhört scheint,
491
492
da Kntull nur ka<alektisr,hc Te<raino<cr hat, angefiihrt:
iiamlicii S, 7't in der Leipz. Ausgabe:
flnoa ö' ?;rrf IIvDoiiavS^JOV
KartÖrv' towra (fftyojv.
Ist nnii unser Urtlieil hierüber richtig', so «erden
damit eine .'Menge kleiner Lieder unter den Anakreon-
tischen, z. 13. Mfrjuuv/.eioii nai^' n'inaiq u. a. sich
als anlik genug beHahren, um den ihnen neuerdings in
Bausch und Bogen mit anderen von Seiten der Technik
\\\v des Inhalts allerdings unbedeutenden und verdachti-
gen gemachten A'onvurf, neueres Ulachiverk zu sein, vou
sich abzuwehren, »enn auch trotz dem, dass sie so tiefe
Technik verratheu, nie unsere hiesigen xuinni , damit
noch nicht vollkommen erwiesen sein soll, dass sie wirk-
lich von Anakreon selbst hcrrühreu, aber nolil, dass sie
seiner nicht unwürdig sind. Der eben berührten tieferen
Technik dieses in Dimetern zu kurzen Gesellschafts-
und Tafelliedern wohl geeigneten Versmasses wegen muss
nun hier in V. öüO das eine TT« gestrichen werden,
indem (,~ i^c — v — Ti) die beiden ersten Kürzen in
eine Lunge zusammengezogen , sowie V. 492 die erste
Länge in zwei Kürzen aufgelost worden, wie dicss in
obgenanntem Katnirschen Gedichte nicht selten, aber ein-
zelnes davon nur sparsam in den Auekreontischen Lieder
vorkommt, und auch bei Euripides noch einmal in den
Bacchantinnen , wovon später. Für uns Deutsche hat
<liess .>Ictrum desshalb Schwierigkeit, weil bei uns nicht
alle Kürzen gleich kurz sind un<l es nicht immer ohne
Zwang möglich, zwei gleich lange Svlben neben einander
zu stellen; der erste Uebelstaii<! kann indess durch den
rhetorischen oder musikalischen Vortrag so gut wie ge-
liobeu werden, vorausgesetzt zugleich, dass man zwischen
den beiden Arsen im Nachdrucke der Betonung wech-
selt, wodurch denn auch die Eintönigkeit verschwindet.
Wenu nun aber das Katiillisc he Gedicht, wovon wir ein-
mal, veranlasst durch Herausforderung eines berühmten
^Schöngeistes in B. zu unserem Vergnügen eine Ueber-
setzung machten, durch die Lange seiner Verse am Ende
als zu monoton lastig fällt: z. B. Heber Meeres - Tief'
im Jachlschiff Jener Atliys an das Gestad' Angeschtcoin-
j/ien tritt ins Widdschauer, so der Göttin nur geweiht,
so würde iloch ein kurzes Lied <lieses Metrums, und
zwar in dimetrischen Versen, gewiss unsere lebenslusti-
gen Brüder am Rheine wegen seiner orgiastischen Weise
ansprechen: z. B. Auf dem Rheine '^litt zum Bergsc/ituss \
Eine Gondel schnell wie's Dampf boot u. s. f. Und, weil
■wir Neueren so sehr daran gewöhnt sind, es lassen .sich
diese Verse sogar reimen, wobei denn der Umstand , dass
in diesen dimetrischen Versen die letzte Sjibe zweizeilig
sein darf, zu Statten kommt.
Bacchae.
Haben wir oben in dem Rhesus eine wohlgelungene
künstlerische Studie unseres Dichters im Geiste des So-
phokles geltend zu machen versucht, so möchten wir
diese Bacchantinnen für sein Gegenstück zu des Ae^chy-
lus Prometheus erklären , wenn nicht die schauderhafte
Orgiastik dieser Tragödie, deren Ucberladung leicht in
pussenbafte Carnevals-Lustbarkeit umschlagen könnte, von
lies Prometheus erhabener Idee bei weitem überragt
würde, welche nach verschiedenen Seiten weiterhin zu
entwickeln, sich mehrere neuere Dichter, wie Göthe,
Byron, Shelley und Quinct haben angelegen sein lassen.
Nun zum Einzelnen des Textes.
V. 492 u. f. Diess der Chorgesang, worin, wie wir
oben erwähnten, lonici a 7ni?iori mit Galliamben Vers-
weise abwechseln , theils innerhalb der Verse unter ein-
ander gemischt sind. Die Lücke zu Anfang erkennen
auch wir mit Matthiae's guten Gründen an und möchten
sie, wenn man einen Einfall auf gut Glück gestattet,
mit den Worten, Ev kujfja jj.' a^otioov , ergänzen,
weil doch eine Sylbe und einige aufFallendc Buchstaben
mit denen des folgenden Verses übereinstimmen, was
zum Uebersehen des Abschreibers Anlass geben konnte.
V. .oll — 12- Hier muss wohl, um das Me-
trum herzustellen, im ersteren ^'erse, 9eoi.; am Schlüsse,
und im letzteren, o; iue ijouxotai zu Anfang, da man
doch o/v 1 ifi Vi nicht gestatten würde, und in V. 514
ein y' zwischen iuov und tVTug, hergeätellt werden.
V. 752 — .0'}. Sollte hier nicht entweder uöXlv ra-
Qatao' (für TUoal:;acai zu ätiai) oder no^i'v zwar
als hvperbaton beibehalten, aber zaoai^o.o in vorgeschla-
gener Verbindung aufzunehmen sein, da ja (fovov XCL-
qÖ-XTEIV einen höchst seltsamen Verein bilden, während
(puvov sehr gut zu i^i'au} passt? Wir würden uns für
den ersteren ^'orschlag entscheiden , da sonst rapa^aö
ohne gehöriges Objekt wäre,- um so mehr, als das (ij^Tie^
dtic-l eines augenfälligen Motivs zu bedürfen scheint.
V. 797. Hier scheint doch dem Zusammenhange ge-
mäss anstatt Bay.XO-i richtiger 0ij/jag zu stehen , da es
ja zunächst darauf ankommt, sich in der Verkleidung
nicht, bevor er noch den Zweck, die Bacchantinnen zu be-
suchen ,' erreicht, dem Gespötte der ruhigen Bewohner
Thebens auszusetzen, während er bei den rasenden Wei-
bern mit Gespött davon zu kommen nicht hoffen durfte.
V. 8I5- £V reksi i. e. ih/ d^'j(^, in seiner Function.
V. U.'59. Die hiesige Lücke vor Ma.tvadujv scheint
am besten mit dysKuC, zu ergänzen. S. V, 976-
V. 9I)1- Der Zusammenhang gebietet, da der Chor
nicht von seinem Denken und Thun sprechen darf, sondern
sein Urtlieil über Anderer Treiben abgeben muss , um
damit das AVeitere zu mntiviren, dass anstatt dljOCuov —
Oa gesehrieben wertle iiiioeuov — ra , sowie in V. 964,
dy(ii'C(jjv aißeiv, verbunden mit Tiov dee , womit ja die
Götter gemeint sind. Vgl. V. 1103 und 1149 a. f., was
theils ilie Sache, theils die Wortverbindung betrilft.
V. 978 — 79. — ö; ro yijyeveg JodxouTog Iottsiq
OCf'tOs i'v yaici ^toog. Was über das verdachtige dcpcog
hier von Gelehrten gesagt ist, s. bei M. , dem jenes
ebenso wenig, wie uns genügte. Wer sieht aber nicht,
dass zur Vervollständigung der hier in nützlicher Kürze
erwähnten Fabel der Zug nüthig ist, dass diese Drachen-
brut, wie die Vcdkssage ging, sich unter einander selbst
umbrachte. Dcmgemass wird wohl nicht lei(Jit Jemand
es missbilligen, wenn wir aus äff tag das passende V(f
eüev herstellen.
\. 9S'l. Oijßag ö' dvävSnovi; . • • •, l^'" l'iesige
Lücke würden wohl die Worte, cJ^r' udfjuvtiv am
493
494
besten ergänzen, da ja die Aehnlichkeif mit dvävÖQOVi;
wohl zum Wegfall des letzteren Wortes Anlass gab.
V. 1121. t/ ue öl) 6p9oig DJ. Hier ist Nichts zu
ändern, da ja der hier passende Sinn davon ist: quid mo
retiues, oder u örtlicher, quid facis, ut constiterim? eine
Bedeutung dieses Zeitwortes und des in ihm liegenden
Beitvorfes, die wir kürzlich in Plat. Tiniaeus geltend
machen mussten.
V. 112t)- EuaQ^JCt u. f. Die nicht zu verkennende
Lücke nach diesem Vers, da ja das av6V ß(JUXu)V eine
Entgegensetzung heischt, würde nach unserer Methode
lauten müssen: ßffw/^iovt dl: yvvar/.oq, als angemesse-
ner Ausdruck der in ihrer Raserei triumphirenden Agave.
Vgl. V. 1154 u. f. und V. Il9ü. Vielleicht war auch
yi'vciiyj geschrieben, welche seltenere Verbindung mit
ßQUiiuvL (worüber s. IMatth. Gr. Gr. g. 429, 4), oder
gar ein 3Iissrerstehen des ßQUXiovi den eilfertigen Ab-
schreiber bewog, den ganzen Vers, als Unsinn enthaltend,
fallen zu lassen.
Heraclidao.
V. 103. 8. ÜTtoXmeiv a' eölj. Hier ist es des Zu-
sammenhanges wegen nüthig und nothweudig, statt des
Singulars o' den Plural acp' in Bezug auf iy.TiJQa^ her-
znstellen , in dem Sinne : und dass nie nicht durch Ge-
tcalt gezwungen der Götter Sitze {oder Bildnisse) ver-
lassen.
V. 223. Dieser von allen Herausgebern bisher miss-
verstandene Vers bekommt seinen richtigen Sinn durch
folgende Interpunktion: aoi yug rod' atax^ov, XU)Qiq
ev TS TT] Tiükti ( — usiaq — eXy.ea^ai ßitt)- Wir
nehmen nfinilich hier x'^^oc^ einmal im Sinne von fKroj
oder i^w , wovon keins in diesen Vers passte. Der Sinn:
wenn alter diess , dass sie ausserhalb gemisshajidelt wor-
den , für dich Schande ist, wie vielmehr, wen?i inner-
halb des Staates. Diess vielmehr liegt in dem bald ver-
allgemeinernden, bald höher stellenden x£. In beiden
Fallen aber schimpflich für Theseus, weil er ihrem Va-
ter zur Dankbarkeit verpflichtet war.
V. 394. noia TtQoqd^ei OTQavoTiedov tu vuv 8o-
poj. Dieser höchst verdorbene Vers ist, wie man bei
ni. ersehen kann, von den Gelehrten vielfach besprochen
worden, ohue doch damit zu einem befriedigenden Ziele
zu gelangen , weil sie hauptsächlich sich nur auf unge-
fähres Eintziff'ern einliessen , ohue zugleich zu erwägen,
was für ein Gedanke hier nuthig ist. Wir bieten hier,
was wir durch gehörige Kombination gefunden:
Ttoia Tt^oiaiit atQUionsSüv r' av£v vtdQag. {iuE-
ögai).
Das av£V hatte schon ein Anderer gefunden. Aus
unserem Vorschlage erhellt zugleich, wie durch Unkunde
des Abschreibers püv entstehen konnte.
V. 613. Hier ist gewiss Ixtrav herzustellen, wovon
äXljTcm nur Glossem ist, um so wahrscheinlicher, als
V. 224 dieses Stückes beide Wörter , das eine zur Ver-
stärkung des anderen , neben einaniler stehen.
V. 61(i. dXkd ov fii) TiQOTiiTvei zd i^eujv.. Da hier
nicht von einer Nichtverehrung der Götter die Rede sein
kann, so luüchte die Lücke hinter decSv wohl mit ällo.
gleichsam für dnovxa zu ergänzen sein , oder auch im
Sinne von X"^'<^'i^ ^° <'^S8 tu diujv UTtu das bloss
menschliche bezeichne.
Helena.
V. 377. Hier scheint hinter fxaTpo^ ein Wort, wie
etwa TVOt' , ausgefallen zu sein, wofern nicht der Um-
stand stattfindet, den wir zn Hippolyt. V. 879 berührten.
V. 505- Scheint es doch natürlicher, £%w Öls uot
/i. (p. zu schreiben , es wäre denn , dass Menelaus so
von sich als Verkapptem in dritter Person sprechen
dürfte.
V. 634 ißaXov • . Diese Lücke ist leicht zu ergän-
zen durch ö' iftaq (d. i. au ij.iu~;, so dass ou zu yvia
gehörte. Beide Wörter zu einem verflossen machten wohl
den Abschreiber oder Dictirer so stutzig , dass er es fal-
len Hess.
V. 905- t'ari'o? S' ö tc1.ovtoi; ddr/.oq w? Tiq vjv.
Dieser Vers so, wie hier, interpungirt, enthält eine ganz Trap-
pistische Lebensansicht, die sich aber erheitert, sobald
man zugleich verbessernd schreibt: ö TlKoVTOi, ddr/.oq,
Ol' Tig ujv , oder auch statt der letzten drei Wörter
ohne Interpunktion das einzige ogitgüiv als Bestimmung
von döixoi;, was, wenn auch nicht allgemein geltend,
doch allgemein gültig ist.
V. 9ü7. y.cii yat' u s. f. Wenn dieser Vers, mit
dem vorhergehenden in Zusammenhang, einen allgemeingül-
tigen Sinn haben soll, muss man y.oü für y.ul ov her-
stellen, oder auch beide Wörter ausschreiben, um sie mit
Synizese zu lesen.
V. 936. ysl fisv d^aviuv öd' iv nvQu yazsacfidyi^.
Anstatt des hier in jeder Hinsicht unzulässigen itvgoif
da es weder zu y.ctT£0(f'uyij passt , noch hier von Be-
stattung die Rede sein kann , muss man wohl , weil hier
die Ueberfahrt von Troja nach Aegypten, wobei Menelaus
verunglücken konnte, gemeint ist, Tioou) herstellen.
V. 94y. Für uiuxuvumtv wird man wohl, wofern
es nicht ein blosser Druckfehler ist, aiaxvvoi[iidt' lesen
»ollen.
V. 1002. Sollte hier nicht Aiy.vi in persönlicher
Bedeutung richtiger sein?
V, lU6l. y.udjjaoiiat muss wohl in xad^ijaoftsv ver-
bessert werden, da ja Menelaus an dem Geschäfte Theil
nimmt. Vergl. v. lOÖö.
V. 1105. ei ö' ijfj9a fisroia. Wenn (ei im Sinne
von ei y.ai genommen) ein schicklicher Gegensatz hierin
zum Nächstfolgenden liegen soll, muss es gerade umge-
kehrt heissen: ei d' ijoi/ d/^ergog. Der Schluss oi'x
ukkcag Xeycj erfordert zur Erklärung den hier verschwie-
genen Zusatz, e^TteiQug y ohoa.
V. 1164. \ddkioig\ iv ovfixfooaig 'Ikioiaiv. Was
M. als unecht eingeklammert, ist gerade, mit einer dem
Metrum gemässeu leichten Aenderung, das Rechte, und
OVfKpOQUig das Glossem des hier substantivisch gebrauch-
ten dedkia: Mithin:
del}hoiaiv ivi y. TUoiaiv.
V. 1321. ist des Metrums wegen zwischen f^iaorevova'
und diiüguvg ein nicht unpassendes evd' oder eiz ein-
zuschalten.
495
496
V. 1336. kfvy.uiv sxßakeiv vSdruiv. Wirft man
das H-egen der Genitire nirht «IrinfenH nöihi^e fX von
ey.iiat.iiv hinaus, so erhält man einen Pherecrat. Vers,
der ja ebenso polvsrheniatist wie sein ihm verivandter
Glyconeus ist, uuil so ist in v. 13t 8 akkav fjui^av
iy.oaive nicht nüthi^, eine Lücke anzunehmen.
Joti.
V. V.). y.oi}.);; ev nviim^yoi; evTgöX'.'i y.i'y.X(i).
Sollte hier nicht die Erinnerung an die Töpferscheibe
bei den Abschreiliern ihren Ä^ug (nickt Spuk : denn jenes
Wort ist Slarischen Ursprungs) getrieben haben 1 Uns
würde ei'xgeyrijj für eihuux'p wenigstens natürlicher
scheinen. Vergl. v. 37 und 1390.
V. 33. döetXfiJ), i. e. iiioi.
V. 21fi. wohl Tsy.vuiv für Tty.vov zu lesen, nach der
Anordnung des Metrums von G. H.
V. 21 t. — kti'yiß Ttoöi y . . Die Lücke hier wird
am leichtesten mit ovöop ergänzt, welches Wort wegen
dos nächstfolgenden etwas ähnlichen OV &£lJ.ig, wie ge-
wöhnlich ausfallen konnte.
V. 710 — II. Der erstere Vers muss ein monometer
Dochmiacus , der letztere ein akatalekter Jambicns dime-
ter sein. Die Elemente dazu sind nur in Bruchstücken
vorhanden, da selbst so leicht gespitzte Rede den unkun-
digen Abschreiber nicht traf. Man lese also, wozu auch
eiue Handscbr. bei M. befugt :
(fika Ti'onpvidog,
Tvoavvib' i]Ti^ OV (fiiXst.
Denn ?Jt<; hier einmal für »J, daher ov, was in Bezie-
hnng auf ro eilov gesagt, auch wohl ausserhalb des Ge-
sichtskreises der Abschreiber lag.
V. I.IU4 — 5- T«/",- iioi [y.ai] adg rka/jotv ....
Die hiesige Lücke, nachdem y.ai in eine andere Stelle
versetzt, angemessen wohl leicht, aber mit diplomatischer
Gewissheit schwer zu ergänzen: nur auf gut Glück so:
Tiati uoc öö? TküfMov, y.ai zXäfxov
yivo^ dirökkvTat.
y. 1232. Anstatt 9oäi muss man wohl 9oai^ schrei-
ben, welches mit (fövo) verbunden, nun zweckmässiges
Beiwort lon nTd.yiirjlv wird.
V. 1'2()B. Wir konnten uns lange nicht von der Echt-
heit des Wortes Tl/.ic/.f^ überzeugen, da ja Platten, von
welchem Stoffe auch, ^lichts so zerreissen oder schinden
können, wie doch hier gemeint ist. Am nächsten, weil
am gebräuchlichsten, lag uns 7tzv/£^ , das allenfalls in
71/.0./.SQ verst'-ckt liegen konnte, aber es führt ja auch
nicht gerade die Vorstellung von etwas Rundem oder
Spitzigem mit sich. Am Ende fanden wir, dass der
Dichter die steilen Felsenwände, die, wenn sie horizon-
tal lagen, wohl Platten abgeben könnten, mit irkuxt^
bezeichnen konnte , an welchen hinunter gleitend man
sich allerdings schinden kann.
V. 1336. ogu^ röö äyyos -/{qoi; vtt' (iyy.äkat?
iuui^. Das von den Editoren mit Recht hier angeführte
yegoq, insofern es zu dyy.ukatq gefügt ein lächerlicher
Zusatz ist, künnte eben darum ein Zusatz zu uyyo^ sein
lu sollen scheinen, also ein Handkorb, wenn uns nicht
das folgende dvxilllii nöthigte, an einen Deckelkorb,
der ja keinen Henckel gestattet, zu denken. Mithin muss
man ;f£pws wohl hier für unecht erklären. Uns ist statt
dessen u)-j[^guv, der unscheinbare vergilbte Korb einge-
fallen , da ungeschälte AVeidenruthen durch das Alter
solche Farblosigkeit annehmen, so dass das Folgende
llukatdv die Wicderaufnalime jenes Epitliet's, nur in
schlichterem Ausdrucke wäre. Freilich niüsste, wenn
diess üjxguv sich einmal bestätigte, dem Gesetze des
Metrums gemäss, der Vers abgeändert »verdcn: Öp«;
Toö' ayyo; aj^gov in' efiutg dyy.dka/.;, was indess
nicht unerhört und wegen der letzten arsis auf dem
hauptsärhlichen Worte dyy.akaiQ, dem Verse sogar vor-
thcilhaft wäre. Aber wir sind erbötig, sogleich die von
uns vorgeschlagene Verbesserung aufzugeben, sobald, was
nicht unwahrscheinlich ist, bewiesen worden ist, dass
ayyo^ y^egoz, gesagt werden konnte für dyyoQ, 1EIQ0-
TtuiljTov , sehr passend, da ja dieser Korb wirklich ein
inanufact ist. Diess angenommen, ist es sogar möglich,
dass gerade das Wort ayyu^ unecht und vom Rande als
Glossen! des ursprünglichen Ganzen igyov Jffpo^, mit
lies Averses wegen nöthiger Beibehaltung des 'j[^E(JUi, in
uusern Text eingeschwärzt sei.
(Beschiuss folgt.)
Personal-Chronik und Mise eilen.
Meissen. Am 15. April feierte die Landesscbiile zu Meis-
sen den Tag, an welchem der als Lelirer und Gelehrter t;leicli
bocligeachtete zweile Professor J G. Kreyssig vor ib Jahren
sein Amt an dieser Anstalt antrat, nachdem er vorlier 11 Jaliie
an den Lyceen zu Cliemnitz und Ani'abcrg , und an der letz-
teren Anstalt 5 Jahre als Rector tliatig gewesen war. Bei einem
desslialb veranstalteten Actus i'iberreichlc ihm der Rector Bauni-
garten - Cruslus folgende von ihm verfasste Schrift: De Georgii
Fabricii Chemnicensis, Recloris Afrani, Vita et scriptls, prae-
niissa epislola ad J Th. Kreyssigium , XXV a. professorem
Afranum, exposuit D. C. Gu. Bauingaricn- Criisius , III. Afranci
Rector et Prof. I. P. I. De Georgii Fabricii Vita. — Epiblemata
t'ahriciaiia et Afrana. Cum elTigie Ge. Fabricii lapidi insculpla.
Miscnae, sumptibus et typis C E. Klinkiclitii et fil. (44 S.),
und iiu Namen des Schiilcolleginms einen silbernen Lorbeer-
kranz, sowie der Primus der Schule im Namen der Schulet
einen Ring nebst einem latcinisclicn Gedichte. Von Seilen des
Ministeriums und des Cnltus war der Geh. Kirclienrath Scliulze
zum Feste gekommen , um dem Jubilar die Glückwimschc des-
selben darzubringen. Ausser einer Dedicaiion einer nächstens er-
scheinenden Ausgabe von Cicero's kleinen philosophischen Schrif-
ten von Prof. Oertel, seinem eliemaligen Schüler , wurde der Jubi-
lar auch noch durch eine Gratiilationsscbrift(T. Liviide rebus Syra-
ciisanis capita ad fideni Puteani maxirne codicis dcnuo collati et
Kditoris passim coniectnris emenditacuin brevi annotatione critica)
von Dr. Böttcher , Lehrer an der Krcuzscliule in Dresden, über-
rascht , welche ihm derselbe au der Spitze einer Deputation
ehemaliger Schüler überbracble. Ancli bei den übrigen Fest-
lichkeiten des Tages erhielt der Jubilar von Nah und Fern die
nngebeuchclsten Beweise von Theilnabnic und Verehrung. —
Kurze Zeit darauf erhielt derselbe von S. M. dem Könige von
Schweden für eine ihm und ilrni Könige von Prcussen gewid-
.mete lateinische Hede auf die 25|ahrige Jubelfeier der Schlacht
bei Leipzig eine sehr wcrtbvollc goldene Medaille mit dem Bild-
nisse des Königs auf der einen und der Inschrift: Ulis quorum
Micruere labores , auf der anderen Seite.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
SonntaSf 26. Mai
18 39.
Nr. 63.
Beitrag zur Erklärtino^ und Kritik des Euripides.
Von Prof. Dr. Lindau.
(Beschluas. )
Hercules furens.
V. 182. ^ipCfVV 8' eouiTOJV. Hier könnte man
freilich ilen nominativus solutus Icichfer »vegschaflfen, als
in Jon. V. 927 in vTie^aviküjl) , ob aber mit Recht?
y. 200. 'y. rvyij^. i. e. tJgrf avTuju Tvyxc'-vetv, oder
wie die Franzosen sagen, ü la portie-
V. 306 — 7. Es seheint doch richtiger so zu schrei-
ben nnd zu interpungiren:
rag, rüjv deiüv yuQ üarti ex/nox^i^t f^'X^ii
Tigöd^vfiöi; eortv i) 7tQo9L'f/ia ö' äcfQiov.
V. 266 — 67. narQoq vöujo ßäzs Xntov — o' «f>
Gvvaoidoi. Dieses eingerückte äei, um dem Metrum
nachzuhelfen, ohne den Sinn der Stelle zu stören, scheint
die gelindeste Kur zu sein.
V. 1024. Hier muss man wohl mit leichtestem Mit-
tel abhelfen, indem man schreibt:
Scavovd' vTtvujSi] r'.
V. 1283. i) Tij^zlcdg SüfxaQTo^- sv töö' cda9ävei.
Eine Lücke hiernach ist «egen eines nöthigen Objects
zu naoacvtaaifj av zu handgreiflich, um von ihr ab-
zusehen. Nach unserer Methode würden wir folgenden
ganzen Vers herstellen :
1] TTjv ^log däfxapza lut) y.axujs keyeiv.
Electra.
V. 27- y.iavsiv 0(f kßovXsvd . . ut^offQwv «V
öfiutg. Was kann hier wohl, auf Veranlassung der ähn-
lichen Endung des vorhergehenden Wortes, schicklicher
ausgefallen sein, als ovaa, dem nun das durch jenen
und nach jenem Ausfall verschobene d' angefügt werden
muss: also ovaaÖ' oifiocfQ. Ofjuti: aber, obwohl sie roh
gesinnt, rettete sie doch.
V. 79. Bovi sig ÜQOVQaq e^ßaXajp. Natürlicher
scheint hier, e^kaßojv eingefangen, da ja die Stiere
nicht so furchtsam und schreckhaft, wie die Schafe sind,
welche der Hirt durch Kothwerfen, wohin er will, zu
treiben pflegt.
V. 161. Trtxpäg 8' ix Tgoiag. Um zwei Dochmien
herzustellen, wird man die Lücke hinter T^oia^ wohl
mit oJy.OV oder ov/mS ausfüllen müssen.
V. 446. Hatte dieser Chor nicht den Schlussgesang,
der auf unser Stück erst einleitet, bekommen, würde er
mancher in unsere Opern ohne nahe Beziehung eingeleg-
ten Arie gleichen, während der antike Chor doch, als
idealer Zuschauer des jedesmaligen Drama's, immer die
nächste llellexior; aussprechen nnd so des Dichters beab-
sichtigten Ell'ect auf die wirklichen Zuschauer unter-
stützen sollte. Was nun den mit obiger Zahl angezeig-
ten Vers betrifft, so hat er die Ausleger und Editoren, wel-
che letztere nicht immer gerade Ausleger sind , hart ge-
quält, ohne das erwünschte Ziel zu treffen.
Es war vorher gesungen, dass die Nereiden dem Achill
den gottgearbeiteten Schild gebracht. AVie kamen sie
dazu? Es musste also das Liebesabenteuer der Thetis
und des Peleus gedacht werden. Auf einem ihrer Lust-
gänge durch Berg und Wald «ard sie von Peleus er-
liascht. Es folgt hieraus, um uns kürzer zu fassen, dass
man, auch dem I>letrnm gemäss, xo'p« '//a'örftio' schrei-
ben muss, womit Thetis bezeichnet ist, und dass iVi'^-
(fCÜai ay.oTlläii als Höhepunkte für genussreiche Aus-
sicht, nicht Apposition zu vduai, sondern Objectsensus
für i^iüoTSvoe ist. Das folgende är^effsv für eyhvrjöe
oder i'rfxaro.
V. 646. TtaQEaxaL d' iv itöast. Seltsam, dass kein
Herausgeber darauf gekommen ist, iv noOEi , in potu
zu verstehen, wie sich ja aus dem Folgenden ergibt, dass
Kl. beabsichtigt, nach dem Besuche bei Elektra sich zum
Dessert bei Aegisthus einzufinden.
So viel wohl für immer. Werfen wir einen Blick auf
das Ganze zurück , das unter äusserlich eben nicht gün-
stigen Umständen nur als Ertrag von glücklichen Er-
holungsstunden nach nnd nach entstanden ist, so denken
wir mit Vergnügen an die Momente, wo wir das Wahre
glaubten gefunden zu haben, nnd übergeben diess sehr
gern an Andere zur Benutzung und vielleicht zu noch
glücklicherer Entivickelung, zumal, da noch manches
Schwierige in diesem Dichter übrig geblieben ist, das
aufzuklären wir unsere Muse nicht zwingen mochten.
Oels im October 1838-
499
500
Laleinisrlie Schnl-traiiimatik von L. liisclinff , Professor
uiiil (Jvmnasialdirrctor. AVrsel 1S3S. 15i-<kcr"sihe
Burhliamlluiij. Xlll und 3().S S.
Den (ipsit'litspiiiikt , ans «elclipm IFrrr Dirertor Bi-
«chofl' ilic aiiziizeij;'rii(le Schiily;raiiiiiiatik bc<ra«li<et «issen
will, girbt er p. VI der A'orrede an; er verstellt nnter
(IcrsellieM „ein Handbuch, durch dessen Gcliraucli in
Schulen, niilhiii verbmuien mit der mündlichen Krläute-
rung des Lehrers, das Granimatisthe der lat. Sprache
gelehrt «erde; ein Handbuch, das die leitenden Vrinci-
pien enthalte, nelche das Sichzurechtliiiden in den gram-
niatisclien Ei);enthiinilichkeiten der S|)raclie anbahnen und
erleichtern, und durch das die ücbunj; im ^'erstehen,
Schreiben und Sprechen des Lateinischen vorbereitet
und auf den (ieist der Sprache, nicht auf das Gedächt-
nissiverk der Regeln, begründet werde. " Er nimmt für
ein solches zunächst Kürze in Anspruch und stützt sieh
dabei auf den bekannten Ausspruch F. A. Wolfs, tiass
es zu den Eigentiiümlichkeiten unseres Zeitalters gehöre,
dass, so «ie die IMoralsysteme sich vervollkommnen, wäh-
rend die !\Ioral fast aus der Welt gehe, ebenso die Gram-
matiken immer vollkommener »erden, während die Kna-
ben immer weniger Grammatik wiesen. Wir lassen die
Wahrheit des ersten Theils der Uehauptung dahingestellt
sein, glauben aber, dass in Rücksicht auf den zweiten,
wenn wir unsere Zeit mit dem Endo des vorigen Jahr-
hunderts vergleichen , bedeutende Fortschritte gemacht
sind. Uebrigens spricht Wolf nicht von dem l'mfang der
neueren Grammatiken, der wolil geringer sein dürfte als
der mancher früheren ; soudcrn von ijer Vollkommenheit
derselben. Und diese ist ebenso sehr durch den jetzigen
Stand der AVissenschaften ülierliaiipt, als ilnrch die Re-
dürfnlsse der Schule bedingt. Denn in früherer Zeit,
wo das Lateinische fast der einzige Unterriclitsgegenstand
war, konnte »olil alle Zeit und Kraft auf ilasselbe ver-
wendet, mit dem Sprechen, wie bei einer lebenden
Sprache, begonnen, s. .Scioppius Grammatica philosopliica
p. W, unil durch fortgesetzte Leetüre der Classiker
.Sicherheit im lat. Ausdruck, grosse Gewandtheit in der
schriftlii heil und münillichen üarstellnng erworben «er-
den; nbgleirh aii<li damals verlialtiiissiiiässlg immer nur
AVenige zu wahrer AortrefTlicIikeit des Ausdrucks und
Stils gelangten: jetzt aber, wo der Gvmnasialunterricht
sich auf so viele Gegenstände erstrecken soll, und <lie
Zeit für das Lat. so sehr bes« lir.'iiikt i>f, kann nur durch
eleu kürzeren A^ eg der Granim.irik , «eiche eine grosse
i^Ienge von Erscheinungen znsaminenfasst und die Sprach-
gesetzc in ihrem Zusainmeiiliaiige dem Lernenden vor-
führt, eine sichere Kenntnis« der lat. Sprache erlangt
»erilen; und je mehr sich die Forderungen an die (iviii-
iiasien steigerten, um so grosser inusste die Anllordening
werden, die Grammatik so zu gest.ilti'ii , dass sie durch
Alethixlc uml bessere .Anordnung und Eilt« ickelung mit
geringerem Aiifnand von Zeit den Schüler /um V ersl.'ind-
ni-(s und zur Nachbildung der Classiker führe, und zu-
gleich durch die Uehandlnngsweise der Sprachersc'hei-
nuiigen an regelmässiges Denki'ii geHohne. Denn sollen
die t'la^siker nicht bloss zum Alitlel «erdi'ii, um gram-
matische Regeln an denselbc.i einzuüben und zu lernen,
was ebenso verkehrt wäre, als wenn man den Kunst-
lehrling an der Betrachtung der schönsten Statuen die
ersten IlaiidgriH'e der Kunst wollte lernen lassen, was
den Geschmack an denselben verleiden und die richtige
Auirassiiiig hindern muss, sondern die Vorbilder, au de-
nen in jeder Beziehung der jugendliche Geist sich ent-
wickeln lind erstarken könne, so muss der Schüler noth-
wendig zur Lcctüre derselben eine Uebersicht der grani-
niatisclien Verhältnisse der Sprache und eine an der
Betrachtung und Einübung derselben schon hinreichend
eiit«irkel(e Kraft des Denkens mitbringen. Ihn bis da-
hin zu führen, dürfte die Aufgabe der unteren und mitt-
leren Classen bis Tertia sein, damit in den beiden obe-
ren um so grössere .Sorgfalt auf das .Studium und das
Nachbilden der Classiker verwendet werden könne. In
diesen Classen muss aber zugleich der grammatische
Unterricht seinen Abschluss finden, indem theils die
Gründe iiiiil der Zusammenhang der Regeln entHickelt,
theils der weniger gewölinlichen , oder einzelnen Zeit-
altern oder Gattungen von .Schriftstellern eigenen Sprach-
erscheinungen dargelegt werden. Für jene erste Periode
iler Bildung nun hat llr. B. ein recht braiichbarr^s und
nützliches Buch geliefert; für die zweite linden «ir das-
selbe nicht ausreichend , weil eine IMeiige von Dingen
nicht berührt werden, über die ilcr Schüler in seiner
Grammatik Aufscliluss finden muss, wenn er im Stande
sein soll, auch ohne Hülfe des Lehrers einen alten
Schriftsteller zu lesen und zu verstehen , und sich eine
vollständige Uebersicht der Spracherscheinungen , die
übrigens auch Hr. B. für nothwendig hält, indem nach
JJ. 1 die Grammatik die Gesammtheit der Regeln des
richtigen lat. Ausdrucks enthalten soll , z(i verschaffen
und ihren Zusammenhang einzusehen.
Es «ird mit Recht p. IV gefordert, dass die Be-
handlung der Gramme.tik sich an die Forschungen der
Wissenschaft und die llesu't.ite tlcrselben aiischliesse, und
dass dieselbe auf den Geist der Sprache begründet «erde;
aber beides ist nur in der Syntax geschehen, die For-
menlehre bietet «enig neue Gesichtspunkte dar und ist
mehr mit Beziehung auf die deutsche Grammatik, als
auf den Geist der lat. Sprache behandelt. Als Motto
findet sich auf dem Titel: quidijuid praecipies , brevis
esto ; aber Hr. B. scheint diese Kürze mehr in der Be-
schränkung des Stoffes, als in der Kürze der Darstellung
und Gestaltung der Regeln gesucht zu haben, die oft
sehr «eitschweifig ausgedrückt und dem .Schüler nicht
leicht zu fassen sind. Dagegen ist der .Stoff sehr be-
erhränkt, denn es fehlt nicht nur die Lehre von der
Veränderung der Laute , die nicht übergangen werden
kann , wenn die Formenlehre die AVortformen auch in
Hinsicht auf ihren lautlichen Gehalt und die Gesetze,
ileiien der Laut unterliegt, ilarstcllen soll; die Lehre
von der Wortbildung ist zwar anfgeiKPiiimen , aber theils
«ehr kurz und ohne Princip behandelt, theils als ein
fremder Stoff betrachtet, was unmöglich eingeräumt wcr-
ilen kann, «cnn anders die (irainniatik die Lehre von
der Form der AVörter, die ja gerade in der AVortbildung
dargestellt wird, enthalten soll. Die Lehre von den pro-
nominibus indelinitis wird g.Uiy dein Lexicou zugewiesen,
doch aber werden einige Bemerkungen gemacht, damit
501
502
«ler Lehrer GelegPiihcit habe, den siilistisclien Gehraiich
sänimtlichcr Fiirniirlcr durchzugelien, was nicht wohl
geschehen kann, ohne vieles der Granunadk Gehiirenile
zu berühren. Die Lehre von den coordinirendcn Con-
jiinvtionen soll gleichfalls ganz dem Lexicon zugchörcn,
obgleich dieses mehr mit dem Wort, als den durch das-
selbe zu verbinilenden Gedanken und der Art dieser Ver-
bindung zu thun hat; obgleich durch die besonderen Werke
über die Partikeln genug erwiesen wird, dass hier das Lexi-
con nicht ausreiche, und der Schüler in diesem das Zu-
sammengehörende an vielen Stellen mühsam zusammen-
suchen niüsste, und doch nicht selten ohne hinreichende
Belehrung bleiben dürfte. lieber Pleonasmus, Ellipse
Anacoluth, die doch zum grossen Theil grammatische Er-
scheinungen sind, wird ebenso wenig gesagt, als über
die Wortstellung, die doch in einer Uezichung durchaus
dem Gebiete der Grammatik angehört. IManches .\ndere,
was zu erwähnen nüthig gewesen wäre, wird gleichfalls
übergangen; so ist z. li. Nichts bemerkt über die ver-
schiedeueu Constructionen von siinilis, Nichts über primus
u. a., wenn sie nur auf einen Theil des genannten Ge-
genstandes sich beziehen; Nichts über die Adjcctive, die
scheinbar die Stelle von Adierbien, nichts über die Ad-
verbien, welche die der Adjectiveii einnehmen.
Hr. B. hat seine Grammatik so eingerichtet, dass die
niündliche Erläuterung des Lehrers immer den Gebrauch
derselben unterstütze. Aber entweder steht dann Vieles
in derselben, was besser dem Lehrer überlassen worden
wäre; oder es werden Lehrer vorausgesetzt, wie auch
p. VII der Vorrede andeutet, die noch durchaus uner-
fahren sind in der Behandlung ihres Gegenstandes; eine
Voraussetzung, der glücklicherweise jetzt wohl nur selten
die Wirklichkeit entspricht. So scheint es uns unuöthig,
dass an vielen Stelleu auf das Deutsche in einer AVeise
hingewiesen wird, die wenig zur Erklüruug beiträgt,
die Regel nur verlängert und dadurch die Auflassung
erschwert; während jene Vergleichung viel besser dem
Lehrer überlassen, aber die Delinitionen kürzer und
übersichtlicher gegeben worden wären. Es genüge aus
vielen Stellen § 78» wo es also hcisst: ,, Sowie wir im
Deutschen, um die häufige Wiederkehr eines und <les-
selben Hauptwortes in der Rede zu vermeiden , Fürwör-
ter haben, die, weil sie an der Stelle der Hauptwörter
gesetzt werden, recht eigentlich dieselben vertreten, oder
selbst zu Hauptwörtern werden, niitliin auch el)enso, wie
diese, etwas Selbstständiges darstellen können; so hat
auch die lateinische Sprache ihre Pronomina (pro nomine,
d. h. als Hauptwort stehende Wörter), die in ihr dasselbe
bezeichnen, was in unserer Muttersprache die Fürwörter
ausdrücken." Ist wohl eine solche Regel, um davon zu
schweigen, dass das Wesen der Pronomina nicht hinrei-
chend erklärt ist, da die Andeutung fehlt, dass sie Ge-
genstände und ihre \'erhältnisse nur nach ihrer Bezie-
hung zum Redenden, nicht nach ihren 3Ierkmalen be-
zeichnen, wohl einfach und fasslich zu nennen, und hätte
sich, wäre die Vergleichung mit dem I)e«ts( ben nicht
eingemischt worden, nicht dasselbe mit der Hälfte der
Worte sagen lassen? Ebenso glauben wir, wird ein ver-
ständiger Lehrer die hinter jedem Abschnitt folgenden
Fragen leicht selbst nach dem Bedürfniss seiner Schüler
schon längst eingerichtet haben und nach demselben mo-
dilicireu. Die Aufgaben zum Uebersetzen aus dem Deut-
schen in das Lateinische und umgekehrt, die der Verf.
oft beigefügt hat, sind an sich recht nützlich, aber sie
machen ein besonderes Uebungsbucli nicht überflüssig,
weil sie sehr ungleich vertheilt sind. Während z. B.
p. 34 über eine Seite AVörter gegeben werden zur Ein-
übung der dritten Dcclinatinn, findet sich Nichts der Art bei
den Genusregelu; während über die Zahlwörter drei Seiten
Aufgaben gegeben ivorden sind , sind die über die Pro-
nomina nur auf eine Seite beschränkt. Ebenso wenig
UebereiMstiminung findet in Rücksicht auf die Paradigmen
statt. Für die erste und zweite Declination sind Para-
digmen gegeben, für die dritte, vierte, fünfte nur die
Endungen, was gar nicht zu tadeln wäre, wenn nicht in
iler Lehre vom Verbuni nach einer weitläufigen Ablei-
tung iter Tempora für alle vier Co.ijugatiouen besoinlers,
für jede einzelne auch noch ein Para<ligma aufgestellt wäre,
welches beides zusammen fast vierzig Seiten entweder zum
Ueberlluss, oder zum nicht geringen Entsetzen des Schüler
einnimmt. Später folgen noch auf 18 Seiten die Paratligma der
vcrba anomala , kiu denen fero allein aul {'t S. behandelt
ist. Ueberhaupt finden sidi in der Lehre vom A'erbum
in der Formenlehre und .Syntax so viele Wiederholungen
nnd Weitläuftigkcitcu besonders in der Behandlung der
tenipora, ni. vergl. p. Si ff. und 271, dass entweder diese
zu tadeln sin<l, oder der I^Iangcl an Klarheit, der diese
Ausführlichkeit nöthig machte , anzuklagen ist. Wir
glauben mehr das Letztere. Hr. B. hat nämlich die
Tenipora streng nach den Principien der Stoiker darge-
stellt, und daher bei jeder Conjugatinn die tenipora der
actio infecta , perfecta, inchoanda oder perlicienila ge-
schieden, und vor demselben das verbum infinitum als
modus infinitivus oder substantivum verbi , und das parti-
cipiuni als adjectivum verbi vorausgehen lassen. Wenn
mau auch die Richtigkeit <lirser Theorie einräumen
wollte , so dürfte doch schon die Künstlichkeit und die
Feinheit der Abstractiou, welche dieselbe voraussetzt, wie
vor allen aus den beiden Abhandlungeu lon Herrn.
Schmidt Doctrinae temporum verbi graeci et latini ex-
positio historica Halls Saxonum ! S.io hervorgeht, bedenk-
lich machen, sie in der Ausdehnung, wie Hr. B. gctlian,
auf den ersten Unterricht im Lateinischen anzuwenden.
Denn wenn auch der Knabe leicht den Unterschied von
Gegenwart und Dauer aiillasst, so wiril der zivischen
>'ergangenheit und Vollendung ihm schon schwierig und
der zwischen Zukunft und Bevorstehen von ihm kaum
begrüfen werden. Daher haben wohl mit Recht andere
Grammatiker der neueren Zeit die dritte von Harris erst
hinzugefügte Reihe der tempora artionis inihoandae ent-
fernt, und nur die schon von A'arro de I. 1. '.(, 96 ff-
zusainmengestelllen Zeilfornien zu der einfachen Conju-
gation gezählt ; (\enn i!,ur für diese sind bestimmte For-
men ausgeprägt, welche die Formenlehre darzustellen hat;
jene zusammengesetzten gehören mehr in die Syntax, wo
dann auch die übrigen Formen dieser Art, die Hr. B.
ganz übergeht, wie horfaturus fiii, fueram , fiicro ; hor-
tatus futurns sum, erani, ero ; hortaturns futuru* fuL etc.,
s. die zweite Abhandlung von Schmidt p. -'S, erwähnt
werden können. AVir möchten sie um so lieber nur da
503
504
beLandeli sehen, «eil sie immer ein fremdes Element in
die Lehre vom Tempus bringen, nämlich die Bcgnindung
der ThäfigVeit in etwas Fremilcni, sei es der Wille, die
Kraft oder die Lage des Sul)jec<s-, oder die modalen
Verhältnisse der IMiiglichkcit oder des Siillens , jenes oft
in auiatiirus sum , dieses in amandus sum etc. , welches
der A'erf. als actio perficienda dem Passiv an die Seite
jfcstellt hat. Dagegen wird gerade das Einfachste nnd
am nächsten Liegende in jener Theorie gar nicht be-
achtet: nfinilich die Bestimmung aller Zeitverhältnisse
(larch die unmittelbare oder mittelbare Beziehung auf
die Zeit des Redende» , von der ans allein ein klarer
Beeritt' von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft ge-
wonnen nnd vom .Schüler leicht erkannt uerden kann.
Ferner wird nur künstlich §. L'ii'J die gegenseitige Be-
zicliun" der Zeitvprhültnisse auf einander und überhaupt
der Unterschied der tempora relativa und absoluta in das
Svstem hineingebracht, und erst §. ;>2li Anni. 1 die
Vorstellung der Gleichzeitigkeit als nothivendig für das
Iniperfect bezeichnet, die aber mit der von der Dauer,
mit «elclier sie fast gleichgestellt wird, Nichts gemein
hat; beim Plusquamperfect nnd fut. exart. aber nicht ge-
nu"' hervorgehoben, dass sie nicht bloss die vollendete
Ilandlun" als in die Vergangenheit und Zukunft fallend,
sondern als vollendet in Beziehung auf eine andere fer-
"an^ene oder zukünftige Thatigkeit darstellen. Die tem-
pora absoluta sollen nach §- 2'-'4 so von den relativis
verschieden sein, dass jene bloss die Zeit ohne Rücksicht
auf die BeschafTenheit der Handlung, diese Zeit und Be-
schalVenlicif der Handlung anzeigen. Allein liurih das
absolute PrJisens werden ja gerade immer wiederkehrende
oder immer dauernde Erscheinungen ausgedrückt; durch
das absolute Perfect vergangene Thatigkeiten als ge-
schehene bezeichnet, die zwar nicht als dauernde, aber
Mohl als vollendete betrachtet werden müssen ; durch
beide wird vielmehr angeilcufef, dass der Redende die
Beziehung der Thatigkeit auf seine Zeit aufgebe. Auch
das Wesen der relativa wird durch das Bemerkte nicht
genug bestimmt, wenn nicht hinzugefügt wird, dass sie
die Beziehung auf die Zeit einer anderen Thatigkeit
fordern; JIr. B. nnisste denn behaupten, dass das fut.
siniplex, weil es Zeit und Dauer anzeigt, immer eiu
tempus relativum im eigentlichen Sinne sei; nicht blo.ss
die Zukunft in Rücksicht auf die Gegenwart, sondern
auf eiue andere künftige Zeit darstelle, was zu beweis-
sen wohl sehr schwer sein dürfte. Wenn übrigens
JJ. 224 gesagt wird in dem Satze: cum orationem lege-
rem, familiaris meus in cubiculuni intravit, sei intravit
ein absolutes Tempus, denn es bedeute nicht: hatte mein
Freund die Handlung des Hereintretens vollendet, son-
dern CS erzählt bloss, dass er damals, in der vergange-
nen Zeit, eintrat, so ist damit Nichts erklärt, indem im ersten
Satze: hatte — vollendet nicht das Perfect, sondern das
Plusquaniperf. berücksichtigt; in dem zweiten, aber durch
das gebrauchte damals da» Imperfect beschrieben wird.
Auch das Anm. l Gesagte hatte wegbleiben können, es
sei Irrthum, wenn man oft geschrieben finde, das Perfect
bezeichne eine movientane Handlung; da wohl Alle nur
denken, es stelle eine Handlung ah momentan dar^
nicht aber das punctum temporis , wie Hr. B. annimmt,
welches eher durch ein Zeitadverbium angegeben sein
würde. Uebrigens bieten die angeführten Beispiele auch
kein punctum temporis dar, der Redende fasst nur eine,
wenn gleich längere Thatigkeit ohne Rücksicht auf ihre
Dauer auf und stellt sie als solche dar. JMcht klar ist
§. 22.') A. 2- die Erklärung des praes. hist. , dass sich
der Redende in lebhafter Erzählung oft aus der Ver-
gangenheit in die Gegenwart versetze; denn dann niüsste
er beim Gebrauch des Perfects in der Vergangenheit
verweilen; nicht sich versetzt er in die Gegenwart, in
der er ja schon ist, sondern die erzahlten Ereignisse,
wie es gleich darauf Anm. 3 beim futurum heisst.
55. 226 Anm. 2 bis 5 gehören in die Lehre vom Modus.
Unrichtig heisst es daselbst: das Iniperf. steht in diesem
Falle (in Bedingungssätzen) oft für das Plusquamperf.,
da diese Enallage jetzt so ziemlich aufgegeben ist, und
in den angeführten Beispielen z. B. id, nisi in tuo regno
essemus, uon tulissem, gar nicht anwendbar ist. s. Etzler
Spracherorterungen p. 120 ff. Gernhard Opuscula p. 234.
Peter Excurs. I zu Cic. Brutus, welcher die beiden er-
wähnten Schriften überscheu hat. g. 227 Anm. 3 sollte
amaturus sim nicht geradezu als Conjnnctiv von amabo
dargestellt sein, s. Schmidt. II, p. Ki. §. 231 werden
die tempora der conj. periphrast. erwähnt, aber der
Unterschied von dicam und dicturus sum, von ilicturus
cram und fui nicht erklärt. An die Lehre von der Be-
deutung der tempora hat Hr. B. sogleich die von der
Folge derselben angeschlossen. Wir können die der letz-
tereren gegebene Stelle nicht billigen, da sie erst im zu-
sammengesetzten Satze verstanden werden kann, und fin-
den ausserdem noch zu bemerken, dass das Regelmässige
und Gewohnliche nicht genug von dem weniger Ge-
brauchlichen geschieden z. B. andivi quid agas, egeris
neben agcres , egisses , s. Etzler p. 138 If. und erst
g. 23.5. Anm. 1 auf das Vorherrschen des Imperfects
hingewiessen ist, auch die Satzarten nicht angegeben
sinil, in denen die eine oder andere Verbindung zulässig
ist. IVirht richtig ist in derselben Anm., dass auf ein
Perf. dann das Perfect folge , wenn man auf das Ende,
auf das Ergebniss der Handlung sehe; das Imperf., wenn
man eine Handlung in ihrem Geschehen betrachte, zu-
mal, wenn eine Absicht dabei ausgedrückt werde, denn
in dem letzteren Falle findet sich ja kaum das Perfect
nach dem Perf.; in Folgesätzen aber wird durch dasselbe
nicht sowohl eine Beziehung auf die Haupthandlung a\a
die Vollendung in Rücksicht auf die Zeit des Redenden ;
durch das Imperf. aber der enge Zusammenhang der
Folge mit dem Grunde dargestellt.
Fortsetzung folgt-)
Personal-Chronik und Mißcellen.
KiiniRsberp. Der aii.sscronlenllicbc Professor in der pbl-
lu3oplii>cbcn F.ncnItUt iler bicsigen Universität, Dr. Luilw. MosCr,
ist zum ordentliclicn Professor ernannt worden.
Zeitschrift
f ü r die
tertliumswissensciiait.
Mittwoch, 29. Mai
18 39.
Nr. 64.
Lateinische Schalgranimatik von L. Bischoff, Professor
und Gymnasialdirector.
(Fo r ts e t z 11 n jj.)
iNicht zu billigen ist es , dass in den Paradigmen im-
mer der Iiifiiiitii' voraiisgestcllt ist, da das Abstractum
der Tliätigkeit nicht so leicht gefasst wird , als das ver-
bum fiuitum. Auch die Definition des Inf. §. <)2 ist nicht
genau, da nicht angegeben wird, «ie sich dieses ,,zeit-
ivörtliche Hauptwort" von dem gewöhnlichen unterscheide,
und der Schüler selbst in üngewissheit gelassen wird, ob
er denselben als modus zu betrachten habe oder nicht.
Auch sonst noch findet sich in der Lehre vom Vcrbum
manches Ungenaue, so die Eintheilung §. 90 in verba
substantira und adjectiva, nach der auf die erste Classe
nur esse kommt, welches übrigens an sich durchaus nicht
,, reine Copula" ist, sondern in seiner ursprünglichen Be-
deutung derselben nicht minder als jedes andere Verbum
bedürftig, nur als solche gebraucht wird, die Einmischung
der verba derivata §. 91, welche in die Lehre ron der
Wortbildung gehören, und auch dort noch einmal be-
handelt werden; ferner die Behauptung, welche nur den
Schüler irreführen muss, dass der Conjunctiv gewohnlich
von einer entweder zugedachten , oder ausdrücklich vor-
gesetzten Conjunction regiert werde, z. B. (utj amem ;
die weitschweifige Erklärung des Particips; die Angabe
S. 94, dass das Perfect <!er Verba mit consonantischen
.Stämmen auf d, d entweder ausstosse vor si , oder di habe,
da in dem folgenden defend — i doch nur i als Endung
erscheint; ferner dass die Verba auf do im Supinum sum
haben, ohne dass die auf to erwähnt, auf die Ausnahme
aufmerksam gemacht, oder angegeben wird, wo das d
des Stammes als s bleibe, und wo es ausfalle; die Be-
hauptung §. 98 futurus eram und futurus essem komme
nicht vor, s. C Fam. I, 2, 4 eo die senatns erat futu-
rus. Liv. L>2, 43, 11- Hirt. ß. G. 8, 31; die Bezeichnun-
gen der Endungen rimus und ritis im fut. exact. und
perf. coni. als blosse Länge. Kicht richtig wird §. lO.j,
3 nach Erwähnung von audisti die Form audii als häu-
figer angegeben. In dem Verzeichniss der sogenannten
verba irregularia sind meist nur die einfachen Verl)a an-
geführt, die composita mit Unrecht weggelassen, g. 107
wird ein Grund der Unregelmässigkeit angegeben, g. 106
und sonst nicht; die Reduplication ist p. 144 Zusetzung
einer Sylbe , p. 146 S^lbenverdoppelung; p. 143 wird
bemerkt, capio etc. stosse im imperf. conj. i aus, der
inf. wird übergangen. Ejne genaue Angabe der Fälle ,
wo im Perf. die Reduplication «der Vocalverlängerung,
oder si, oder vi (ui) eintrete, durch welche das lange,
nur als Gedächtnisswerk zu betrachtende Verzeichniss
überflüssig würde, sucht man vergebens. S. 1,3,' und
153 werden die unregelmässigen Formen von edere so
aufgestellt, <.ass edere selbst gar nicht erwähnt und die
zweite Seite mit vielmal wiederholten „fehlt" ausgefüllt
wird, erst p. 171 werilen diese Formen als Zusammen-
ziehungen von edere angegeben, <lie Art der Zusammen-
ziehung nicht berührt. Ebendaselbst ist die Anmerkung
unklar und mangelhaft, dass ferro seine Tempora regel-
mässig von ferere bilde, aber überall das e zwischen
zwei r ausstosse, da ein ferere nicht existirt, und fers,
fert, fertis, ferte die Personenformen nicht minder un-
mittelbar an die AVurzel anfügen als ferrem. AVährend
die übrigen verba anomala mit ermüdeniier Weitläufigkeit
behandelt sind, wird fieri in einer Anmerkung zu kurz
abgethan.
Auch die Lehre von der Flexion der nomina und pro-
numina bietet Stoff zu manchen Bemerkungi-n dar. So
ist zwar §. 34 ein langes Verzeichniss der communia
gegeben, aber die Motion der Substantiva erst §. i.t,
3. A. bei den Adjectiven behandelt, da doch umgekehrt
die Adjectiva im Genus dem Substantiv folgen. Die Be-
nennungen der Casus §. 35, wie Gattungs-, Gebe- oder
Zweckfall, Anklage- oder Zielfall etc. scheinen unzweck-
mässig, und die weitläufige Erklärung der Bedeutung
derselben hier fremdartig. Der Grund für die Auslas-
sung der griechischen ^Vörter auf e , dass sie ganz der
griechischen Dedination folgen, ist nicht genügend, da
die Kenntniss derselben nicht vorausgesetzt werden kann,
und der Dativ der lat. Form folgt. §. 41 Anm. ist die
Erwähnung des Genitivs von alius eic. überflüssig, da
dieselbe Bemerkung §. 43 Anm. und in einem anderen
Verschen noch einmal §. 63 A. ?. wiederkehrt. Die
Bildung des Genitivs in 'der dritten Dedination ist durch-
aus änsserlich nach den Endbuchstaben und Endsvlben,
ohne alle Erklärung der Erscheinungen, die dem Ver-
stand bei der Auffassung zu Hülfe kommen könnte. Ab-
theilungen wie marm-or, turt-ur, p - es , so-1, r-en
n. a. sollten billig gemieden sein, weil sie die Unter-
Scheidung von Stamm und Endung verdunkeln. Die Re-
geln über die abweichenden Casusformen sind übersicht-
lich, doch sollte aedilis, affinis nicht unter den Wörtern
stehen, die bloss i im Ablat. haben, während bei den
507
5Ö8
Participien bemerkt sein solKc, <1ass sie nur als wirkliche
Theile «les ^'erbunis regelmässig e haben. §. 5() ist
cornu mit Unrecht unter tlie [ihiralia tantum gerechnet;
ferner nicht bemerkt, dass die Astracta oft im Plural
vorkommen. Zu «eitliiufig unil nicht einmal ganz genau
ist lue Definition der Adjectiva §. 60- Ebenso nimmt
«lic Erklärung der Comparatiou eine ganze Seite ein.
Unter den Pronomina ist das indeTinituni quis übergangen,
«as schon wegen der unregelniässigen Bildung des Femi-
ninums im -Singular und de» Keutrums im Plural nicht
fehlen durfte.
Die Svntax ist ron Hrn. B. für den oben angegebenen
Zweck, wie es scheint, passender behandelt, als die For-
inenlehrc thcils durch die Auswahl, theils durch die
Präcision der Regeln und die Beifügung einer angemes-
senen Zahl meist gut gewählter Beispiele. Man erkennt
leicht, dass der 'V'erf. sich vorzüglich an Billroth gehal-
ten hat ; besonders in den Abschnitten vom Modus an
tritt dieses entschieden hervor; die Lehre vom objectiven
.Satzicrhältnisse ist besser, als von Billroth, die von der
Bedeutung der Zeitformen, wie wir schon bemerkten,
zwar anclprs als bei diesem, aber ebenfalls nicht sehr
praktisch behandelt. DIanches findet sich auch in diesem
Abschnitte theils im StoiF, theils in der Form, was man
anders wünschte. So tritt gleich §. 152 die einfachste
und natürlichste Form des Satzes, wo das Prädicat ein
Terbum ist, weil sie nur in einer Anmerkung berührt
wird, zu sehr in den Hintergrund. Die Aum. g. 1.54,
«lass das Prädicat, wenn es ein Subst. sei, voranstehe,
ist hier unpassend und kann den Schüler verleiten zu
glauben, dass es bloss vom Substantiv und immer gelte,
da CS doch in der Form der Rede seinen Grund hat,
und dem '^'erbum und Adj. nicht »yeniger gilt. Nicht
richtig hcisst es §. 153: wenn ein Infinitiv oder ein in-
declinabeler Redetheil, wie z. B. ein Buchstabe, Sub-
jecf ist, so sieht man diesen als Neutrum an; *) denn
ein Buchstabe ist kein Redetheil und auch andere Rede-
theile , selbst verba finita, können, wenn sie ohne Rück-
sicht auf ihre Bedeutung bloss niaterialiter gebraucht
werden, in diesen Fall kommen, s. Schneider 2, 12.
Die unmittelbare Verbindung des Adjectivs mit dem Sub-
stantive wird §. 15(3 eine Verbindung von Subject und
Prädicat genannt, was Verwirrung veranlasst, da so der
durch die letztere Verbindung entstehende Begriff voo
*) Auch Hr. Paldamu? hätte dieses in der BcurtliciliitiK der
Ginmmatik dos Rec. in dieser Xeitschrift 18.3». p. 9lW ff.
bellenden sollen , wenn er p. 974 sagt, nach Anlüluung
der Redethcile, die Subject sein können, heissc es: jeder
Redetheil und jede Form desselben, selbst Sätze (können
Sabj. sein), und liinzulVi^'t: «wozu diese Weitschweifigkeit?
Dici Punkte soll ich mülisam auswendig lernen , um bei
Kr. 4 7A1 erfahren, dass überhaupt alle Wörter die Kraft
haben? Und ist denn da^wahr?« etc. Ilr. P. hatte sich
alle diese Fragen und Klagen ersparen können, wenn er
den Satz zu Ende gelesen bitte, denn da heisst es ja:
wenn sie ohne Puicksicht auf ihre Bedeutung als (Icgcn-
st.mde betrachtet wcrdin«; oder wie Schneider sagt, wo
sie bloss initerialiler lietrachlot werden , also nicht an
sich, sondern nur unter der hinzugefügten Bedingung,
die Hr. 1'. zu hberselicn beliebt hat, kann jeder Rede-
theil etc. Subject sein; und wenn Hrn. P. ein Schulknabc
sagte: scriptum est supinum , würde er ihn wohl tadeln?
dem ilurcli Verbindung von Subject and Prädicat ausge-
drückten Gedanken nicht genug geschieden wird ; die
Anwendung der für diese Function des Adjectivs und Par-
ticips eingeführten Benennung Attribut wäre zweckmäs-
siger gewesen. JJ. 157 ist in der Lehre von iler Appo-
sition die Form des Prädicats nicht berührt. Die Ein-
mischung des pron. relat. in den einfachen Satz siheint
uns unpassend, die Darstellung des genus derselben ge-
hört in die von den Relativsätzen, wo Hr. B. genothigt
ist, noch einmal davon zu handeln. Die Behauptung in
der Anmerkung, dass das pron. demonstr. sich stets
nach dem folgenden Substantiv richte, ist theils zu weit,
da hinreichend bekannte Beispiele zeigen, dass das Neu-
trum desselben bei einem andern genus des Substantivs
zuweilen nothwendig ist; theils zu eng, weil weder das
Adjectiv, noch das häufig im Neutrum gebrauchte Frag-
prnnomen berücksichtigt ist. Nicht genau ist die Regel,
dass bei Sachnameu das Prädicat dann im Singular stehe,
wenn dasselbe nicht von dem letzten Subst. getrennt sei,
da es genug Beispiele gibt, wie C Oiric. I, 30 victns
cultus<]ue ad valetudinem referatur cf. Drak. z. Liv. ,37,
29 j 6'*) Dasselbe gilt von g. 160 ^tbei leblosen Wesen
') Hr. B. und wer sonst etws eine lat. Graniinalik schreiben
will, wird jetzt wohl thun , vor allen die in der schon
erwähnten Rcccnsion von Hrn. Paldanuis vorgetragenen
Lehren zu berücksichtigen , welcher über die constructio
ad s^nesin p. 9Sl die Regel aufstellt: »steht Subj. und
Prad. diclit neben einander , ist gramniatisciie Einheit
nothwendig (?) ; je mehr Wörter dazwischen stehen, desto
lieber tritt iui Prädicat das eigentliche Genus ein, und
dasselbe muss geschehen, wenn Subj. und Präd. einem
anderen Silztheite »ngehurer..« Schade nur, das» die
Alten diese Regeln nicht gekannt haben, sonst hätte, um
von d Numerus gar nicht zu reden, Livius 10, 34, 3
nicht geschrieben; caesa ibi hostiujn duo ndlia (juaihin-
genli, minus duo inilia capti cf. 10, 34, 3; Sallust. Iiätte
vielleicht Hrn. P. zu Gefallen Jug. 5ö magna pars i-ol-
nerati aut occisi, auch Tcrent. Eon. prol 32 sein Eu-
nuclium suani geändert. Undeutlich wird mancher Gram-
matiker linden «in einem anderen Sdty.theile«, da ja F. die
vorausgesetzt werden , in denen Subj. und Präd. nicht in
einem Satztheile verbunden sind. Hat etwa Hr. P. in der
Eile sich verschrrcbcn und sagen wollen , in dem Theile
eines anderen Satzes? Aber wie auch Hr. P. die Sache
gedacht habe, falsch ist, dass man sagen müsse: milia
scrviliuin capituni dicuntur capti; denn sonst hatte Liv.
24, 42, 4 nicht geschrieben: hoc quoipie proelio ad duo-
dcciin milia liominum dicuntur caesa, cf. 22, 36; der
auch nach längeren Zwischensätzen das Prädicat sieb nach
dem Subject richt.cn lässt , ■/.. B. 25, 39, 15. Piso quin-
rpie inilia hoiuinum , cum Mago cedentcs iiostros clfuse
sequeretur, caesa ex insidiis .scribit. 24, 41, 4 et ad duo
milia, ant inoratoruin aut palaiilium per agros inlerfecta.
cf. 26, 6, 8- 25, 14, 11 u. a. Hr. P, hat ans den von
Gron. und Drak. angeführten Stellen schnell eine Regel
fabricirt, aber die abwcicheudeii nachzuseiicn vergessen,
und so dem Schüler, der etwa diese Regel lernen soll,
gerechte Ursache gegeben, sich zu beklagin , dass er
Falsches, Undeutliches und über eine einfache Sache eine
so lange Regel lernen soll. Wir übergehen, was Hr. P.
über die copula sagt, obgleich auch da, wie aus dem
Vcrzeichniss bei Ruddimann p. 11 und Krüger Grajuma-
tisehe Untersuchungen ,i , 57 ff. hervorgeht, der Stellen,
wo die copula sich nach dem entfernter stehenden Subj.
richtet , so viele sind , dass Hrn. P.'s Regel nicht wohl
Stich halten wird. — Ucber die Verbindung von einem
509
510
steht <las Pradicat im Neutrum", da bei zwei femiiiiiiis
wohl das fem. stehen kaiiu, s. Quint. I, lU, 17- Im
Pradicat mit mehreren Siibj. soll die Regel sein: »1) das
einfache et; liier kann sing, und plur. stehen a) bei no-
jiiina abstracta , je nnclidoni sie als Einheit ijel'asst wer-
den oder nicht, b) bei n piopria steht 1. der sing, im-
mer, wenn das Vorbuni nach dem ersten Subsl. steht,
2. sing, lind plur. können stellen, wenn das Verb, vor
beiden steht, 3. der sing, kann nach beiden stehen, wenn
et, lim es in jetzt veriltetcr, aber doch bezeichnender
Weise anszudri'icken , li'ir et rjnidem j;esctzt ist.« Also
kennt Hr. P. nur nomina abstracta und n. propria? Die
appellativa kommen nicht in Betracht? Gelten nicht
die über die noin. prop. gegebenen Regeln von allen
Substantiven? Wie soll lerncr der Schüler in Sätzen wie
Spensippus et Xenocratcs et Polenio et Crantor nihil ab
Aristotele dissensit C. Or. 3, 18, 67 und ähnlichen siehe
Matt. z. C. Mur. 7, 15 das leine et quidem finden? In
gleicherweise wird dann et-et, que, aut, aut-aut durch
genommen. Wollte man diesen Weg verfolgen, so müss-
ten auch über atque, non modo-sed etiam, cum-tum etc.,
über die häufigen Falle, wo keine Copulativpartikeln ste-
hen, besondere Vorschriften gegeben werden, und die
Masse der Regeln würde sich in's Unendliche vermehren.
Da es Hr. P. so leicht wird. Regeln zu geben, ist kaum
zu erwarten, dass er die von Andern aufgestellten einer
genaueren Betrachtung würdige. So hat er in der Eile
übersehen , dass von uns das grammatische und logische
Princip §. 159, 2 durch ein zwischen beide gesetztes Punkt
hinreichend geschieden, dass die Beispiele sorgfältig auf
die einzelnen Theile der Regel bezogen sind. Wenn er
in Sätze wie legiones ipse dictator, magistcr eqnitum suos
equites ducit den sing, daraus erklärt, dass der Satz in
zwei für sich bestehende Theile zerfallt, ilie ein gleiches
Verbum haben, das mau nur einmal, und zwar bei wel-
chem Theile man will , setzt , so sieht man nicht ein ,
was für sich bestehende Theile sein sollen , und fragt
billig, ob dasselbe nicht der Fall sei bei intercedit M.
Antonius, Q. Curtius, da die Voranstellung des Pradicats
rhetorische Gründe hat; Hr. P. aber meint, der Plural
konnte in diesem Falle stehen , doch der Singular ist er-
laubt, und vielleicht gebräuchlicher, indem hier das
grammatische Princip vorherrschen muss. Wer reimt
dieses können und müssen zusammen? Wir glauben die
Sache deutlicher ausgedrückt zu haben in den Worten :
das Präd. wird auf jedes Subj. besonders bezogen, weil
jedes für sich die Thätigkeit ausübt. Ebenso brauchte
Hr. P. nicht die Scheidung von senatus et C. Fabricius
dedidit von den anderen Beispielen zu fordern , da sie
auch nach unserer Regel geschieden sind, denn Jeder, der
sie liest, wird einsehen, dass auf dieses und ähnliche die
Bestimmung sich bezieht: oder es wird ein Subj. beson-
ders hervorgehoben, nichts Anderes sagt auch H. P. in den
Worten: der Senat und zwar speciell Fabricius. Dagegen
werden Freunde der Grammatik und der Antiquitäten
Hrn. P. für die neue Erklärung von senatus propulusque
Eom. intelligit oder intelligunt, nach der jenes bedeutet
den Senat und was ausserdem R. Volk ist, dieses: der
S. und dazu das R. Volk sieht ein, sich sehr verpflichtet
fühlen. Was übrigens Hr. P. damit wolle, wenn er ver-
langt, dass Wendungen wie: «steht nicht selten — doch
auch« in der Grammatik nicht vorkommen sollen , da es
dann keiner Regel bedürfe, begreift man nicht. Solider
Grammatiker solche Ausdrücke nicht erwähnen, weil sie
sich a priori verstehen? oder kommt es nicht darauf an, die
verschiedene Bedeutung oder Auffassung nachzuweisen?
Die Regeln des Hrn. P., die wir erwähnten, sind fast alle
dicier Art. Eine ähnliche Ansicht des Hrn. P. ist es,
dass der Grammatiker sich nicht darauf einlassen dürfe,
den vom gewöhnlichen abweichenden Sprachgebrauch zu
Folgenden sollte bemerkt sein, dass sehr oft das zuletzt
.stehende Pradicat sich nach dem nächsten Subst. richte;
aber es ist nicht einmal ein Beispiel der Art gegeben ;
dieselbe Bemerkung war bei dem Numerus des Pradicats
nicht zu übergehen. Merkwürdiger Weise wird erst
§. 162 in einem besonderen Abschnitt über den Nomi-
nativ nachgetragen, dass das Subject in diesem Casus
stehe, und ebenso aufl'allend ist, dass im Anfang des
Paragraphen dieses von den unabhängigen, erst am Endo
von den abhängigen Sätzen gelehrt wird, als ob es sich
nicht für alle von selbst versfände. Der ganze Paragr., ia
dem man übrigens forem , das auch soiisl nicht erwähnt
wird, vermisst, gehörte in den vorhergehenden Abschnitt.
In der Lehre von dem objectivcn Safzvcrhältnisse be-
ginnt der Verf. mit denr Accnsativ, welcher nach §. 1G4
das Hauptziel, die unmittelbare Richtung einer Thätig-
keit des Subjects ausdrücken, der Casus des Objecfs sein
soll. Wenn auch der Gedanke richtig ist, so sind doch
die Worte nicht gut gewählt ; statt Hauptziel sollte es
heissen: das nächste Ziel ; ebenso drückt der Casus nicht
die Richtung aus, sondern der Gegenfitand steht im
Accus., auf welchen die Richtung unmittelbar geht, der
von derselben aflicirt wird oder werden soll; wenn end-
lich der Accus. Casus des Objects ist, so sieht man nicht
ein, was die anderen Casus sein sollen, da sie vom Ob-
ject ausgeschlossen werden. §. Kiö wären die Bedeu-
tungen von juvo, deficio, welche die Einsicht in die Con-
struction erleichtern, in die- Regel aufzunehmen gewesen;
^. 164 durfte ein Verzeichiiiss der am meisten lorkom-
menden Verba , die durch Verbindung mit Präpos. tran-
sitiv werden, nicht fehlen. ^. l(i9 ist nicht richtig, dass
bei dicere , vocare etc. das Pradicat des Objects im Ac-
cusativ stehe, da das seinsollende Pradicat, wie schon
das deutsche zu anzeigt, die Wirkung der Thätigkeit
enthält. 1^. 170, wo von dem sogenannten griechischen
Accus, die Rede ist, sollte nicht von §. 172. A. 2^ ""
erklären. Aber schon in den wenigen Bemcrkunge» , die
et mitzutheilen für gut befunden hat, ist er sic'i nicht
treu geblieben. Noch möge ein Beispiel der E.v'gcse des
Hrn. P. erwähnt werden. Rec. hatte gesagt, s.:llen werde
ein Pradicat, das eigentlich auf eine Statue eines Gottes
zn beziehen war, auf diesen (in Hinsicht <"^s Genus) be-
zogen und C. Verr. 4, .33, 73 angeführt; -'her diese Stelle
äussert Hr. P. : nam propter eximiap pulcbiitudinem
(des Kunstwerks) etiam hostibus dign.-» (nämlich die Göt-
tin und ihr Cultus , was weit mehr sagen will und soll,
als ein einziges Rild) quam etc. ^'laltc Hr. P. 5. 48 ge-
lesen illo tempore - haec ipsa Diena (also doch das Stand-
bild der D.), de qua dicimus, redditur-, haec erat po-
sita- colebatur (dieses Bild): erat admodum amplum et
excelsum si>;«(/m cum stola s.igiltae pendebant etc. überall
das Standbild der D. , n=eht die Göttin und ihr Cultus,
so hätte er seine Eikläong für sieh behalten. Wäre Hr.
P. nicht überall mit dieser Leichtfertigkeit verfahren, die
er Anderen Schuld gibt, so hätte er auch die Sielle Liv.
37 55 nachgescl^agcn, um zu sehen, warum sie angeführt
sei nicht geg'aubt, die Unlerabtheilungen §. 160 seien
unnütz ode" die Anm. sage dasselbe wie die Regel, da
jeder, der .-licht blind ist, die Abweichung von derselben
in den angeführten Beispielen erliennen muss; nicht uns
getadeP, dass wir lebhafte und aufgeregte D.irstellung
scheiaen, und selbst rasche, sinnliche (?), lebendige Rede
unterschieden u. s, w.
511
sia
«lor alisolutc Accus, wie uiagnam partem e<c. belianilolt
«ird, getreiiut sein. Mit Unrecht wird bei allen Präpo-
sitionen, die dm Accus, regieren, g. 17>{ das Vorherr-
schen des Begrills der Richtung anj^enommen , welcher
bei mehreren wie apnd, ante, pone u. a. nicht statthat.
Bei der Behandlung des Dativs vermisst man ungern
die |)asseiulc Eintheiluiig in den Dati» der Person und
des Zwecks oder der Sache. Die Definition des Casus
ist zu unbestininif, »enn es §. 175 heisst: „der Dat. ist
der Casus für den Gegenstand, zu welchem das Prädicat
iu irgend einer Beziehung steht, dem es gilt, für welchen
es bestimmt \<t , dem es gehurt." Denn tlieils ist nicht
uothwentli"', dass immer der Datir zn einem Prädicate
geliöre , z. ß. nocere hosti , da es sicli nur von Thätig-
kciteii upd Zustanden handelt, theils ist der Begriff Be-
ziehung zu weit, da alle Casus eine Beziehung des Ge-
genstandes zur Thätigkeit anzeigen. Warum nicht beim
Dativ ebenso, wie es beim Ablativ geschehen ist, die der
Bcileutung nach zusammengehörenden 'J^erba und Ad-
jectiva, indem diese, nicht die Worte als Redetheile,
dir Form des Objects bestimmen, vereinigt sind , sieht
mm nicht ein, besonders da es beim Dativ schwer ist,
alle einzelnen M'orfe anzuführen, die diesen Casus for-
dern, während sie sich leicht auf wenige Begriffe zu-
rückführen lassen. Die mit Präpositionen zusammenge-
setzten \'erba , welche auch den Dativ haben, sollten
§. I /.S genauer behandelt sein, namentlich fehlt die An-
deutung ganz, dass auch der blosse Acciisativ oft stehe,
der nicht immer nach §. 164 aufgefasst werden kann.
L'eberhaupt hätten alle Anmerkungen des erwähnten §.
besser in der Lehre vom Aecusativ eine Stelle gefunden.
Inklar ist §. 179 Anm.: „Der Dativ bei Passivis steht
nie geradezu für a mit dem Abi. , sondern drückt das
■Sei« a7i einem Subjecte oder in liezie/iung auf dasselbe
«US," denn beiile Begriffe sind zu weit und der erste
is< nii ht einmal als dem Dativ zukommend früher ange-
gel.en ; der Dativ giebt vielmehr, wie auch die Beispiele
lehr«u, die Person an, für die etwas geschieht, oder ge-
scheh>n ist. Auch sollte bemerkt sein, dass bei den
'i'erbalt.rmen, die eine vollendete Thätigkeit anzeigen,
diese Auirlrucksweise selbst bei den besten Schriftstellern
nicht so :elten ist. Derselbe allgemeine Begriff, das
■Sein «« eiiit>- Person wird esse mit dem Dativ zu Grunde
gelegt, da es sich nur um ein Sein für eine Person
handelt, und all. angeführte Beispiele sich auf das be-
ziehen, was als Zjsatz gegeben wird: „auch das Eigen-
thum , den Besitz umzeichnet esse." Zu unbestimmt ist
§. I-SJ: „der Dat. sitht ferner bei Adjectiven, um die
Leziehung des PrSdicati auf einen zweiten Gegenstand
auszudrücken, ' denn die«, wird ja auch durch die den
Genitiv regierenden AdjectVa angegeben. Die Lehre
vom Genitiv würde an Klarhe.t gewonnen haben , wenn
der Verf. von der allgemeinen Eedentung desselben aus-
gegangen wäre, dass er eine Ergänzung zu einem ande-
ren Begriffe entweder dem eines Gegenstandes , wo er
dem Adjectiv parallel geht, oder dem einer Thätigkeit
enthalte, was nur beiläufig §. IBS bemerkt ist; und
dinii, da auch der Acrusativ bei Transitiven und der
Dativ z. B. bei allen Worten, die den Begriff nützen
oder schaden enthalten, ergänzend stehen, indem dieselben
ohne eine solche Ergänzung nichi können gedacht wer-
den, die besondere Art, wie der Genitir dieses Verhält-
niss darstelle, angegeben hätte. Der Begriff des Genitivs
wird JJ. l8i folgendermassen bestimmt; ,,Der Genitiv
bezeichnet ursprünglich das Ausgehen eines Gegenstandes
von einem anderen^ insofern er diesem angehört, oder
von ihm abhängt." Aber der Gen. bezeichnet nicht selbst
das Ausgehen, sondern im Genitiv steht der Gegenstand,
von dem ein anderer ausgeht ; ferner ist nur das Ver-
hältniss von zwei Gegenständen beachtet, da ja auch
Thatigkeiten von einem Gegenstande ausgehen können,
wie der Verf. selbst später lehrt; endlich dürften sich
die Verhältnisse des Angehörens und Abhängens in »ve-
nigen Fällen nachweissen lassen. Denn wenn Ur. B.
auch §. I8S A. 1 den Genitiv bei Adjectiven so erklärt,
er bezeichne das Ausgehen von einer Sache und Ver-
bundensein mit derselben, so möchte man fragen, wie
dieses bei denen, die eine Begierde, eine Leere u. s. w.
bazeichnm, statthabe; dasselbe gilt von den Verben, die
Gemüthsthätigkeiten und gerichtliche Handlungen aus-
drücken. Uebrigens würde die Definition klarer sein,
wenn sie umgekehrt würde. Mit Unrecht ist der Ge-
nitiv der Ursache und Veranlassung von dem des Urhe-
bers , zu dem er sich wie Sache zur Person verhält,
getrennt und unter den des Besitzers gestellt. Zu dem-
selben gehörte auch der Genitiv bei causa , gratia, den
der Verf. selbst als das darstellt, was die Veranlassung
giebt. Auffallend ist, dass der Genitiv, der eine Erklä-
rung, ein iMerkmal augiebt, aus dem des Stoffes, mit
dem er in keiner Verbindung steht, hergeleitet wird;
auch der Ausdruck arbor firi gehört nicht zum Genitiv
des Stoffes, sondern zu den §. 186, b behandelten Aus-
deucksweisen. §. 194 wird nicht mit Recht refert iu
der Constrnction interest ganz gleichgestellt, da bekannt-
lich bei jenem der Genitiv zu den Seltenheiten gehört.
Ebenso wäre beim Genitiv §. 192 und noch mehr beim
Ablativ g. 209 der Unterschied zwischen Werth und
Preis bestimmter hervorzuheben gewesen. Uebrigens ist
die Behandlung des Ablativs ganz besonders gelungen,
indem theils die Bedeutung des AVo und Woher be-
stimmt geschieden , bei der ersteren selbst die Präposi-
tionen an dem ihnen gehörenden Platze behandelt, was
sonst nicht geschehen ist, und die der Bedeutung nach
zusammengehörenden Worte überall ohne Rücksicht auf
die Form, die sie als Redetheil haben, vereinigt sind.
Zu loben ist, dass Ilr. B. den Muth gehabt hat, die
Städtenamen auf die Frage AVo unter dem Ablat. zu
behandeln. Doch möchten wir in den Ausdrücken doini
meae u. a. nicht gerade einen Bevveis dafür finden, das»
lue Römer sich diese Formen geradezu als Genitiv ge-
dacht haben , da in Romae und meae , alieuae ae aus
dem localen a-i entstanden sein kann. Ebensowenig ist
abzusehen, worauf sich die Bemerkung §. 202 Anm. l
stützt, dass die Stadteuamen der ersten und zweiten Dc-
clinatinn nur sehr selten; die der dritten und die plura-
lia tantum öfter die Präpnsitionen ab und ex bei sich
haben; dass ab nicht so selten sei, geht aus den Stellen
bei Hand Tursellinus 1, 10, die leicht vermehrt werden
könnten, hervor; mit ex hat es eine andere Bewandtniss,
8. Hand 2, 616. (Beschluss folgt.)
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft
Freitair, 31- ßlai
18 39.
Nr. 65.
Lateinisclic Sclinlgrammafik ron L. Bischqff, Professor
und Gymiiasialdirector.
(Beschlnss.)
Aiclit genau ist §. 203 Anmerkung, dass Lei
den Ablaiivcn des I}e(VF>;griindes , wie amore, odio etc.
gute Schriftsfellcr immer ein partieipium passivi setzen,
B. Klotz zu Cic. Lacliiis p. I/O- Kreyssig zu Liv. 33,
10 p. 21. Dass die Präpositionen ex, a hinzugefügt
■werden können, hiitte ebenfalls erHähnt iverden sollen;
besonders da die Behandlung dieser Präpos. §. 2l0solrhc
und cilinliche Falle «eniger berücksichtigt. — Undeutlich
ist g. 211, «Icr ^'ocativ stehe, »renn man die zweite Per-
son, mit der man spreche, besonders nenne, oder durch
ein Prüdicat , welches sie näher bezeichne, anrede.
Die Lehre von dem Adjectiv §. 212 ff. behandelt
nicht diese, sondern nur den Comparafiv und Superlativ,
und stellt die Vcrgleichungssatze mit quam n. a. dar,
die eigentlich in die Lehre von den Nebensätzen gehö-
ren. Dass der Abschnitt von den Pronomen zu wenig
bietet, wurde schon oben bemerkt, sowie auch, dass von
der Lehre vom Modus an, mit wenigen Umänderungen,
die zum grossen Theil zu billigen sind, ivährend man
die Gründe ron einigen, z. B. die Voranstellung des Im-
perativs vor den Conjunctiv, die Losreissung der ablatiti
absoluti vom Ablativ nicht erkennt, Hr. B. einen für die
Schüler sehr zweckmässigen Auszug aus Billrotlis Gram-
matik geliefert hat.
Wir sind übrigens weit entfernt, dem Hr. Verf. dar-
aus einen Vorivurf zu machen, sondern billigen dieses
%'^erfahren um so mehr, je mehr ^'orzüge die Billroth -
sehe Grammatik gerade in diesem Theilo der Syntax
bat, die nur darum dem Schüler der mittleren Classen
weniger zugänglich sind, weil die Gestaltung der Regelu
einer leichten Aud'assung derselben im Wege steht. .So
hoch man auch die Zumpt'sche Grammatik stellt, und so
dankbar man die durch dieselbe vorzüglich veranlasste
Umgestaltung der lat. Grammatik und die vielen treu-
lichen Bemerkungen, die sie darbietet, anerkennt, so muss
man doch gestehen, ilass sie ihren Zneck als Schulbuch
nicht ganz erroiilit hat, wenn das wahr ist, was selbst
ihre grüsstcn Lobpreisser behaupten, dass jetzt, nachdem
dieselbe gegen zwanzig Jahre in einer grossen Menge
von Gymnasien eingeführt ist, „die Kunst des Latein-
Echreibens, allem Anscheine nach, ihrem Ende nahe
ist" *), zu der doch im Gymnasium durch das Studium
der Grammatik und die Leetüre der Schriftsteller der
Grand gelegt werden muss.
*) Hr. PaKlamiis apriclit diese traurige Prophezeiung in der
schon oben ei\v:ilinlen Rccens. aus, unmittelbar nacli den
grossteu l>n!)spniclicn Znmpts. Wir hoffen, Hr. P. habe
sich in ilicsci Bcliauptun!; ebenso geirrt, wie in manchen
anderen der gc Jachten Recens. , deren wir einige anzu-
fiihien uns cilauhen. So ist es ihm sehr missfällig, dass
•Rec. von seiner Gramnialik sage, sie solle in den Geist
der lat. Spiache einführen, denn eine Scliulgrammatik
könne iniil solle den Geist der Sprache nicht lehren. Ist
denn beides gh-ich? soll durch das Einführen nicht die
Vorbereitung verstanden werden, durch welche der Schü-
ler fabig wii'j, den Geist aufzufassen? Hr. P. gibt ja selbst
zu, dass ihn derselbe ahnen, in Einzclnhcitcn ergreifen
könne, und verlangt fogar, die Grammatik solle ein treues
Abbild des Geistes der Sprache werden. — In der Laut-
lehre, die er ganz ßiichtig durchgeseben zu haben ge-
steht, sind ihm mancherlei Wunderbarkeiten (?) aulge-
stossen, was nicht zu verwundern ist. So wird getadelt,
dass T und e das griech. j; (das meint wohl nur Hr. P. ,
Rec. spricht von h) ersetze, imd c auch vor Consonnntcn
stehe; die Regel soll nach Buttmann umgestaltet werden,
aber dieser sagt fast dasselbe, und führt Polyclctus als
Ansnahnie an ; nach Zunipt zu d. Verr. p. 656 sollen die
Stellen angegeben werden, wo sich die Variante Polycli-
tus finde; dieser führt einige, aber solche an, wo i sicher
steht, das er als das regelmässige vorzieht. Diesem fol-
gend bat eben Rec. Polyclilus als die gewidinlichere Form
aufgestellt, an der angeführten steht Polydetus ohne V.a-
■ riante und auf iliese gestützt konnte er nicht taugnen,
dass e auch vor Consonanten stehe, was Hr. P. auffallend
findet, und doch Polyclelns als das genohnlicbcie anzu-
nehmen scheint. Hr. P. bedauert die Knaben, dass sie neben
dcrEegcl, i mache oft einen, meist durch eine liquida ge-
trennten folgenden Vocal sich gleich, ihr caput, capitis
mit der alten Mühe sich einprägen sollen. Wir dachten,
sie sehen doch einen Grund der Erscheinung, und ihre
Mühe würde dadurcli erleichtert. Ueber die Regel selbst
sehe Hr. P. Freund u. assimulo und p. LII nach. In
welcher Verbindung obstupesco und obstipui stehen, setzt
Pott. Etym. Forsch. I , 193 auseinander. Von Ritschl's
treffl". Bemerk, über altcrius glaubte Rec. an dieser Stelle
nur das Resultat aufnehmen zu müssen, da die Sache § 95
erklärt werden musste , was Hr. P. bei seiner flüchtigen
Ansicht nicht bemerkt bat. Zu den Leichlferliskeiten wird
die Aeusserung gerechnet, -dass Hör. Sat. 2, 2, 28: cocto
num adest vielleicht aus Lucilius entlehnt sei ; wir ertra-
gen diesen Vorwurf leicht, da er Schneider (und Billroth)
?n gleichem Maassc trifft, dem Jahn und Oielli bcizuslim-
515
516
Zu liptlauern ist, dass das Acnssere «Icr Gramiiiafik. cnlsilnildlgl, der aber bei dem früheren Unterricht nicht
von Hrn. B., die noch drei Anhange iilier Kalender, Ah- ohne Bedentiing ist; namentlich ist uns auch aufgefallen
hrcviaturen und die Elemente der Mefnk , die liir den dass in der Syntax die Anmerkuilgcn vom Texte sich
oben bezeichneten Zupck zu « eifh'iuftijj beliandelt sind, kaum im Drucke unterscheiden,
enthält, wenig Einladendes hat, indem Papier und Druck Eisenach.
nicht gleich sind, ein L'cbelstand , den zwar der >'erf.
Weisseuborn.
mcn scheinen, und wenlen ilin so lange tragen, bis Hr. P.
di^ Art , wie Horai gelililircnd zu lesen sei , der Welt
wird niltgctlicilt haben. Dass Hr. P. den Uebergang von
aiiclor in aiitor durch die VerniillcKing von aiillor nicht
begreifen kann, ist niclil zu bewiuulern, da ilini selbst
Marspiler eine unpassende Korra zu sein scheint: man s.
Varro de I. 1. 8, §. 49 n. d. Müller; Gellius 5, 12; iiber
die Erklärung von Juppilcr und Jcipiler Schmidt in Jaliu's
Jahrb. XII u. p. 342 Polt. I, tOO. Ucber die Form des
Genitivs ii von ins , inm werden wir an zwei sich wider-
sprechende Gi^wahrsmänner gewiesen, Sverdsioeus und
Freund, vun denen jener p. 4 sagt: Lucilius soliitani t'or-
inain denuo in usum revocasse yidelnr , quod a Varronc
factum esse , extra otuneni dubitationcm posituni est. Ne-
ifuai|iiam vero haec duumvirornm sententia — etficere
poluit. ut inveterat.i loqucndi et scribendi ratio illico re-
nioveretur elc. — Dieser p. G: omnibus bis de cansis —
nomin'im in ins et inm desiuentium genitivinu ab optimis
omniuin actalum scriptoiibiis modo duplici i — modo
una tantuni i finali niilla aeqttabilitalc observata declina-
lum esse orbilror, s. auch (Grotefend) Hall. Literaturztg.
1834, p. 597 IT. Die Hypothese von Sverdsioeus, dass
Lucilius das doppelte i wieder einzutiihren gesucht habe,
ist für Hrn. P. ausgemachte Walirhcit. Die Akrisic, dass
Cie. Verr. I, 55 opere facitindo geschrieben stellt, wird
Zunjpt verantworten, der als sorglaUigcr Kritiker au opere
nur zwell'clt , uud es konnte leicht ex aus le.v entweder
wiedorliolt »erden oder cnisteben, wegen opere; die Korm
pernici C. S. Rose. §. 131 wird Klotz , der sie aulgcnom-
men bat, wenn sie auch Hrn. Paldamus unerhört ist,
zu vertheidigen wissen , s. auch tiücliner z. d. St. Wenn
Hr. P. sichere Slelh'n für absque in der classisclicn /^cit
kennt, warum führt er sie nicht an, um nicht allein
mich , sondern auch Hand und Trcund u. d. W. zu wi-
derligen ? — Wenn Hr. P. das Wort Wissenschaft in con-
creter Gedeutung .sich nicht denken kann, so lerne er es
von Roth F,\curs V. zu Tacilus Agricola p 118, der sich
auch höchücli eigotzen wiril , wenn Hr. F. seine scharf.
sinnige Erklaiung von libcralitas u. a. für gaiizlic:h anti-
quirlc und an MInellius erinnernde Exegese hält. Ueler
liheri ist bemerkt, es stehe oft für ein Kind, Hr. P. fugt
hinzu- «bisher meinte man, in der Regel, wo nicht iin-
niern ; also niemals Kinder? das hat wolil Hr. P. gcuieint,
Sclineider |>. 2, 214. ist ganz anderer Meinung. Uebcr
imnio heisst es bei uns: setzt der Antwortende der Frage
alTirmirend einen Gedanken entgegen , um die .\iisiclit
des Fragenden zu widerlegen , zu verbessern , oder etwas
Fedcutenderes zu behaupten , so braucht er iiumo : im
Gegeniheil, vie,lnielir, ja, nein. Hr. P. setzt hinzu:
»Iland's Tursellinus- — halle ihn vor so antiquiilcn Er-
klärungen bewahren können.« Was sagt nun lla:id u.
inimo? Es heisst dort: luuno-propric significat co;ir/Yi; iimi
parti superiori. — Qiiarc c.xplicemus verbo , untgeke/u t,
hockst conversa altera parle, rjuac non est in aperto.
Hoc transfertur in varium usum unius rationis, qua in
locum sententiae ab altcro proposilac aliaui seutcnliam,
quae rem accuralius defiiiiat, aut gravius opponal, aut
contrariura affirmet, reeclis prioribus siibslitiiimus. Ita
fit. ut p.irticula modo sijnificet e contravio im Get^en-
iheit , niodö tjnin pntius . vielmehr. Was also hei mir
antl-qiiirl ist, ist bei Hand neu? So fast alle Bemer-
kungen.
Griechische tintJ Römische Inschriften.
117.
Ebendaselbst. Frascati.
M. PONTIO. M. F
QVIR. FELICI
SENATOar. AEDI
fllVMC SODAL
ITEMQ AEDIL
ET CVRATSODAL
MVMCIPES ET
lACOL. EX. A. C.
OB I^^OC ET AD
SIDVIT. CETERASQ
ADMIM.STR. EIVS
POSIT. Villi KIVM . .
M. AXTOMO. RVFINO.
S. OCTAVIO LENATe
CONS .
M. Pontio Marci f. Quirina Felici senalori , itedili
municipii sodalium itemque aedili et curatori sodalium
municipes et incolae ex agro . . . oh innocentiam et ad-
sidtiitdtem celernsque administratioiies eius posuit Villi
Kai. lunias M. Antonio Riifino S. Octavio Lenale co/is.
Nach der Consulaiangahc fallt die Inschrift in das
christliche .lahr 131, wobei im ßulletino zugleich die
Siglc CON.S als bemerkenswerth insofern hervorgehoben
wird, als sich dieselbe nach der gewöhnlichen Annahme
nicht vor dem Jahr '2fy2 zu finden pflege. Das Muni-
pipinm selb.st wird nicht ausdrücklich genannt ; es liesse
sich aber erralhcn , wenn die AVortc EX. A. C, voraus-
gesetzt, dass die versuchte Erklärungsweise die richtige
ist, ihren Interpreten finden. Die Phrase incolae e.v
agro vermag ich auch nicht mit einem Beispiele zu
nntersti'ifzen , obwohl municipes und incolae sich öfters
nebeneinander finden, in einer Bedeutung, worüber For-
oellini u. incolae zu vergleichen ist. Ebenso wenig be-
friedigt mich die einstweilen gegebene Erklärung der
"Worte hinler .SENATORI. Die Schreibart POSIT findet
sich auch sonst noch. Uebrigens diente iliese Basis sicher
dem darauf belindlichco Standbild des Pontius Felix zur
Grundlage.
118.
Ebendaselbst S. 17;'». Grosse Marmorbase im Jahr
1834 z" Aquija sammt der Slatuo des Sallius gefunden.
517
518
C. SALLIO C F
QVIR PROCVLO
SPLENDIDISSIIMO VIRO
PATROi>0 AVEIATIVM
VESTINORVM SACERDOTI ET
PONTIFICr LANIVIjNO IMMV
NI ITERViM Q Q SVAIMO
MAGISTRO SEPTA QVIS SPLEN
auf der anderen Seite
T. CAESIVS. C. F.
Dieser Sallius ist nur aus noch zwei anderen Denk-
steinen veriiandtcn Inhalts, die ihm zu Ehren errichtet
worden, bekannt, nach Anderen bei Orelli Coli, inscr.
106 und 3794 zuletzt edirt, was auch im Bnlletino an-
gemerkt wird. Diese drei Denkniäler unterstützen sicii
in der Erkl.lrunj^ « ochselseitig und geben Veranlassung
zn ausführlichen Erörterungen interessanter, soivohl anti-
quarischer als geographischer Gegenstände. Lassen wir
diese jetzt auf sicIi beruhen und setzen wir wenigstens
zur leichteren Uebersicht den Text der Inschrift her,
wie er sich znm Theil mit Hülfe der beiden anderen
Monumente ergiebt.
C. Sallio Caii f. Quirina Proculo , splendidissimo
viro , patrono Aveiatium Vestinorum , sacerdoti et pon-
tifici Lanuvinorum immuni , iterum quinquennali, Hummo
magistro septaquis spien ....
Hierzu nur die ISemerkuug , dasg zur Erörterung des
geographischen Theils , namentlich in Bezug auf die
Aveiaten sich Vorarbeiten finden in Giovenazzi Diss.
della cittä di Aveia ne' Vestini. Roma 1773. 4. In
spraclilirher Hinsiclit dürfte septaquis , welches sich bei
gleiclieni übrigen Coiitraste auch in den beiden anderen
Inschriften findet, vorzügliche Eru.'ihnung insofern ver-
dienen, als diese Adverbialform, die ich nur durch in-
TC'./.i: zu erklaren und zu rechtfertigen vermag , in ihrer
Art einzig ilasteht »ind vielleicht als Provincialisraus zu
betrachten ist. — Der genannte Caesins, ist wohl für
denjenigen zu halten , welcher den Denkstein errich-
ten Hess.
liP.
Ebendaselbst. Zugleich mit dem vorhergehenden Steine
gefunden.
Q. LESIVS. Q. L
Ht'.RMAISCVS
lilviR. AVG.
PAEAVLA3I COLVMN
POMÜERA D S
Dass VIVIR zu lesen sei, wird im Bnlletino be-
merkt: n/imlirh Jiigustalis. In dieser Eigenschaft halte
der freigelassene Lesius Ilerniaiscus die weiter genannten
Gegenstande ans eigenen Mitteln, de Suo , wie die Sigle
DS zu fassen ist, hergestellt, näinUch paenulam, colwn-
nam (oder culumnas) pondera. Znm Versfandniss dieser
Worte, gehurt eine Inschrift bei Orelli Coli. .i2o4 , wo
die Errichtung eines tectum porticus cum suis columnis
et paenul. duaiiis et opere tecto erwähnt wini , und wo
die über die paenula, eine .Art von üeberdackung, gege-
benen Nach« eisnngcn zu vergleichen sind. Ein Bauwerk
Mhnlirher Art ist gewiss auch hier zu verstehen, nur
dass aus 3Iangel bestimmter Nachrichten die dabei er-
wähnten pondera dunkel bleiben, obwohl es einleuchtend
ist, dass darunter eine Art architektonischer, hcrabh^in-
gcnder Verzierungen zu vorstehen sein wird.
120.
Ebendaselbst. Zu Rom, Villa Aldnbrandini.
Zivei 1 Ogel.
Eine Frau auf einem Bett,
eilten Mohnstengel in der Uatid.
Zu iliren Füssen ein Hund.
D. M. S.
SVCCESSVS. PVB '
VALERIAINVS. A.
SACRARIO ANM
AB. FORTVNATAE.
COiMVGl. SVAE. CARIS
SIM.IE. B. M. F.
VIXIT. ANNIS. XXX
121.
Ebendaselbst S. 15S. Zu Rom, Villa Aldobrandini,
D. M. S.
SVCCESSVS. PVBL.
VALliRIANVS AEDE
A SACRARIO DIVI AVG
FECIT SIBI SE YIVO BB
In Relief dabei ein Mann in einer Tunica, neben
ihm ein Hund , auf der anderen Seite eine fressende
Henne mit ihren Jnngen. — - Wie die Schlnsssigle BB,
welche in fast gleichem Context auch sirli bei Orelli
]Vro. 2201 findet, zu erklären sei , wage ich nm so we-
niger zu sagen, als man sich über ilire Deutung selbst
noch nicht vereinigt hat. Vgl. Orelli Coli. T. II, S. 4.^4-
12:.
Ebendaselbst. Zu Rom, Villa Aldobrandini.
Kranz.
D. M. SACR.
ECHIONI. HATE
PVB. SOD'. AVG.
A . .S.V'CRIS. B. M.
SVCCES.SVS. VA'
PVB. A' SACRA'
DH 1. AVG. PATRO.
ET. FORTVNATA
LIB'. FECE'. QVI. VIXIT
AN. LXXV. S. CRI. VL
Dis manilius aacrum. Echioni Hateriano Publitin
sodali Auguslali a sacris hene merenti Successus Vale-
rianus Publilia a sacrario divi Au^usti patrono et For-
519
520
tunata Uberta fecerunt; qui vix-il annis LXXF, sin«
erimiHe uUo.
Es ist augenscheinlich , dass iler liier genannte Suc-
ccssQS mit ilem anf den leiden vorhergehenden Inschriftea
erwähnten gleichnamigen 3Ianno eine und dieselbe Per-
son sei, sowie auch der «eifere Inhalt dieser drei Mo-
lUinientc sich oll'eiiliar auf A'erhaKnisse derselben Familie
bezieht. AamenÜich gilt dieses von der crHähnten Gat-
tin des Successus, Fortunata. Wenn Successus a sacra-
rio dii'i Augusti genannt wird , so erfahren wir ausser-
dem noch aus Nro. 121, dass er aedituus gewesen: denn
richtig wird wohl schon im Uulletiiio AEDE auf atde-
tuus gedeutet. Wie hier aedituus a sacrario verbunden
■»lird, so ähnlich «erfiVMUS ab Concoidia. — Die Schluss-
formel sine crimine ullo , wie ich richtig zu deuten
planbe, erinnert an das h.'lulig vorkommende Si°/i0 ^uere/a
vlla und Aehnlithcs.
123.
Ebcudaselbst. Zu Rom, ^'illa Aldohrandlni.
AGATHOM. PVCL
SILIAINO A SACRIS
SODAL AVGVSTAL
CÜELIA PRl.llJLLA
COMVGI. BKNE
aiEIlENTI. POSVIT
Ist dem Inhalt nach, obwohl die Personen verschiedene
sind , mit den drei vorhergehenden Inschriften zusammen-
zustellen.
124.
Ebendaselbst 'S. 178. Folgende drei Inschriften sind
in Gräbern bei Vulci entdeckt worden, die mit Aus-
nahme der ziveifen augenscheinlich sehr spaten Zeiten
angehören. Es ist der Fundort mit den dasigcn hetru-
rischcn Gr.'iberstaflen dieser für Alferthiimer einer ho-
hen Vergangenheit so ergiebigen Gegend nicht zu ver-
wechseln.
ATEA FECIT
. . . . KE MERENTI BEA
.... IM LITTERATE C
.... >MS SEPTEM .
.... y3I SANTIS
In der letzten Zeile liest man PAX CVM SAIVTIS,
was durch das Bruchsfüclc einer andern ebendaselbst ent-
deckten Inschrift bestätigt wird, worauf sich noch er-
halten hat PAX CV.M A>Ge/is.
125.
DIS. MAN.
COELIA. PAR
DALIS.
OCTAVIAE CI
■»'ICAE. FILIAE
ET OCTAVIO
EPAPHROWITO
COMVGI DE SE BOE
MERITO
126.
B. M. DISCOLIO
QVI VIXIT ANNIS
IIGINTI ET NOVE ET
MENSES XI CVM
VXORE SVA MVCIANEA
127. -
Bull, deir Inst, archeol. 1836- p- 65-
Q. CAECILIO. Q. F. ATTICO. PATRONO ....
C. ATTIÜ. P. F. BVCINAE. IIVIREIS. (JVINQ.
In der Nähe der Stadt Todi in Italien unter Trüm-
•mern gefunden, welche näher zu bezeichnen noch nicht
hat gelingen wollen. Als nngewühnlich ist allerdings, w lo
Borghesi in seinen Bemerkungen über diese Inschrift
hervorhebt, der Gebrauch, sämmtlichen Mitgliedern eines
städtischen CoUogiunis von Seiten der Stadt eine ofFcut-
liche Ehrenbezeigung zu bewilligen. Jedoch dürfte an
sich die Sache nicht undenkbar sein, und in dem vor-
liegenden Falle scheint insofern unterschieden werden
zu müssen, als die Errichtung dieses Ehrendenkmals
sich nicht auf die gemeinschaftlich ausgeübte Amtsthä-
tigkeit beider Vorstände als Quinijuennalen , sondern auf
die Verdienste bezog, wclcho jeder dieser beiden Quiu-
quennalen sich um das Wohl ihrer Mitbürger erworben
hatte , was in nicht geringem Maasse stattgefunden haben
muss, da die Namen dieser beiden Männer sich auch
noch auf andern, ebendaselbst entdeckten Marmorbruch-
stücken vorüiulen, der erstere davon aucli schon ans
einer anderen, ebenfalls bei Todi ausgegrabenen Inschrift
bei Muratori S. 800, 9 bekannt war. Die Orthographie
A^IREIS lässt übrigens vermufhen, dass diese Inschrift
nicht jünger als dag Zeitalter August's zu setzen sei.
Unter den manuichfachen architektonischen Bruch-
stücken , die in Folge jener Ausgrabungen bei Todi au
einer und derselben Stelle gefunden worden sind , befin-
den sich au den Quadratseiten gleichförmiger Zirkclans-
schnitte von Säulen ausser dem Worte CORIVM (was
für eino Abkürzung statt corinthium angesehen wird)
noch einzelne Buchstaben und Zilleru in rother Farbe
aufgetragen. Da sich der Referent im Bnlletino über
diese Eigenheit nicht weiter auslässt, so wird es nicht
fiberHüssig sein, hier zH erinnern, dass diese Zeichen
wohl die Bestimmung hatten, bei der Aufrichtung der
Säulen diejenigen Stellen genau zu bezeichnen, von wel-
chen die zusammengehörigen einzelnen Baustücke an ein-
ander gefügt werden sollten, ein Ilülfsraittel der Stein-
metzen, das bei uns auch noch im Gebrauch «nd
auch in Griechenland von uns, wie wir glauben, mit
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist; vgl. diese Blätter
1837. Nro. 57. S. 468.
F. O.
Personal-Chronik und Miscelleu.
llci. leib erg. Geb. Ralli Creiizer ist von dem küiiigl.
iiicficrljiulisclicn Institut der Wlsscnscliaflcn in Anislcrdain zum
oidenll. auswärtigen Mitgliede aufgenommen worden.
Zeitschrift
f ü r (H e
AI terthu ms wissen Schaft.
Sonntas 3 2- Juni
18 39.
Nr. 66.
Griechische Literatur in Frankreich in dein gegen-
wärtigen Jahrzehnd.
Unter iler Voraussetzung , «lass es den Freunden der
grieeliischen Literatur iiiclit uneruiinstlit ist, das, was
in dieser Beziehung «älirend der letzten Jalirc in Paris
gethan worden, liier zusammengestellt zusehen, will icli
versuchen , die mir durch meine dortigen Freunde be-
kaant gewordenen, das griechische Alterthum betreffen-
den Schriften übersichtlich zusammenzustellen. A loie
prinripiuni. Finnin Didot beginnt seine Sammlung grie-
chischer Classiker, lon der uns der Name der Handlung
und der dabei betheiligten Gelehrten das Beste erwarten
lässt, mit den Werken Homers: Homeri Carmina et Cy-
cli Epici Reliquiae. Parisiis. 1837- Der griechische Text
mit lateinischer Uebersetzung gegenüber in gespaltenen
Columnen. Der compresse , aber scharfe und deutliche
Druck fasst Alles, was dem ^'ater der griechischen Poe-
sie beigelegt wird, auf 580 Seiten; worauf die Fragmente
der Cycliker auf 21 Seiten folgen. Ein vollständiger In-
dex Nominum et Rerum (;3/j Seiten) beschliesst das
Ganze in Einem beijuemen Bande in gr. Octav. Die
kurze, gut geschriebene ^'orrede belehrt uns, dass der
griechische Text nach der AVoifisch - Dindorfischen Aus-
gabe mit der grüssten Genauigkeit abgedruckt, die alte
wortliche Uelkersetzung aber nach einer strengen Revi-
sion berichtigt ist. In dem Anhange, den Fragmenten
der Cyclischen Dichter, folgt der Herausgeber (Dr. Düb-
ner, wie wir liören) den Asisicliten Welcher s in seinem
treulichen AVerkc: Ueber den epischen Cyclus (Bonn.
1835), beginnend mit Excerpten aus der Bibliotheca
Photii und der Chrestomathie des Proklus , worauf die
Titanomachia , Danals , Amazonia, Ocdipodia, Thebais,
Epigoni, IMinvas, Oechaliae Expugnatio, Ca pria carmina,
Aethiopis, llias parva, Arctini Excidium Ilii und die
Noazoi folgen; den Scliluss machen Fragmenta scdis in-
certae. In dem angehängten Namen- und Sachregister
ist auch der Inhalt dieser Fragmente berücksichtigt, und
das, was sich auf sie bezieht, zweckmässig durch andere
Schrift ausgezeichnet. Um dieselbe Zeit erschien von
Berger de Xivrey (bekannt durch mehrere gelehrte Ar-
beiten, zuletzt noch durch die reichhaltigen Traditions
Teratologiques 1836. 8. meist Inedita enthaltend) eine
zweite Ausgabe der ßatrachomyomachie (die erste vom
Jahr 1825 ist uns nicht zu Gesicht gekommen) unter
dem Titel: La Batrachomyomachie d'Homere traduite en
Fran^ais par J. Berger de Xivrey. seconde Edition,
augmentee d'une dissertation de ce Poeme , traduite de
ritalien de M. le Comte Leopardi et de la Guerre co-
mique. ancienne Imitation en vers> burlesques. Paris.
1837. 12mo. Dem griechischen Texte, welcher den älte-
ren Ausgaben zu folgen scheint, und auch metrische
Irrungen (wie v 42. 47. dnicfvyov statt dntrpsvyov.
45. dyiQOV däy.TvKov xaraöav-vu)) unberücksichtigt
lässt, steht die treue prosaische Uebersetzung des Her-
ausgebers gegenüber; auf welche einige Blätter Anmer-
kungen folgen. Der auf dem Titel erwähnte Discours
sur la Batrachomyomachie des gelehrten und für die
AVissenschaflen viel zu früh verstorbenen Grafen Leo-
pardi, der diese Abhandlung nebst anderen gelehrten
-arbeiten seinem Freunde L. von Sinner mitgetheilt hatte,
ist unseren Lesern wahrscheinlich schon aus Fr. Heinr.
üothe's Ausgabe Homers (1835) bekannt, deren 3ten
Bande sie einverleibt ist. fliehr als die Hälfte des sauber
gedruckten Buches aber (von S. 105 bis 258) füllt der
Abdruck eines burlesken Gedichtes, la Guerre comiquc
betitelt, in <lrei Gesängen, von einem unbekannten Ver-
lasser, wovon die erste Ausgabe im Jahr 16l)S. 16mo.,
die zweite aber mit verändertem Titel (Combat des Rat»
et des Grenonilles) im Jahr 1709- 12mo erschienen,
aber nur wenig bekannt geworden ist. Beide enthalten
zahlreiche Anspielungen auf die Begebenheiten der Zeit,
und zwar so , dass ilie Beziehungen der Iten Ausg. in
der 2ten mit anderen vertauscht sind. Die Grundlage
des Gedichtes ist wie in dem griechischen Original. Eine
Alaus, der tapfere Croquelardon, kommt an einen See,
um ihren Durst zu loschen, und macht hier Bekannt-
schaft mit dem König Boursouök' dem zweiten; wird
von diesem zu einem Besuche in seinem Paläste einge-
laden und kommt beim Uebersetzen um, wie der home-
rische Psicharpax. Auf die Nachricht von diesem Er-
eignisse beschliesst der König den Krieg u. s. w.
Dieser Abdruck eines sehr scitscnen Buches nach der
ersten Ausgabe wird in Frankreich den Freunden der
alteren Literatur ein angenehmes Geschenk sein, dessen
Werth noch durch einige Blätter Noten erhöht wird, die
sich vornehmlich auf die veraltete Sprache beziehen, auch
einige Varianten enthalten.
Die dramatische Poesie der Griechen und die Werke
ihrer Heroen sind auch nicht leer ausgegangen. Ludwig
von Sinner, seit einer Reihe von Jahren in Paris ein-
heimisch und während dieser Zeit unablässig bemüht,
523
524
als Lehrer und S<hrifts<eller, die griecliisclie Literatur
zu befürdern und die Arbeiten deutscher Philologen den
Franzosen bekannter zu machen. iMehrore seiner gehalt-
»ollen Schriften, «ie seine Ausgabe des Longus mit Cou-
riers und seinen eigenen Anmerkungen, auch mit einer
reichhaltigen literarischen A'orrede ausgestattet, gehören
noch dem vorigen Jahrzehnd an ; in das gegenwärtige
fällt sein Antheil an dem Isten Bande des Didotischen
Thesaurus graecae linguae , und mehrere fiir den Ge-
brauch der Schulen zunächst bestimmte Ausgaben ein-
zelner cl.issisclien AVerke. Hierher gehören folgende:
Arixtophtmis ^iul)es. varietatem lectionis et adnotationem
adiecit L. de Sinner, Parisiis. 18)4. Die Abweichungen
iler in der ^ orrede verzeichneten Handschriften und Aus-
gaben sind unter ileii Text geordnet; die Anmerkungen,
welche Sach - und Spracherkiärungen enthalten , folgen
Ton S. 'I'.l bis 147. Ein Theil derselben ist aus \oT-
gängern mit beigesetzten Mamen derselben entlehnt. So-
phoclis üedijjus Tvrannus. Paris. 1835 mit vorangehendem
Verzeichnisse der literarischen und kritischen Hiilfs-
mittel. Uie Einrichtung des Uebrigen, <ler ^'arianten
und .Anmerkungen ist genau wie bei dem Aristoplianes.
Dieselbe ist auch in den folgenden Ausgaben befolgt,
Sophoclis Oedipus Coloueus, Paris. IS Vi mit fleissiger
Benutzung lon Reisigs Bearbeitung dieser Tragödie.
Sophoclis .Antigüua. Ibid. I83ö, Alle diese, bei L. Ha-
cLette erschieneneu Ausgaben empfehlen sich durch ein
gefälliges Aeussere, angenehmen und correcten Druck
und wohlfeilen Preis. Dieser wird §ie den jüngeren
Freundea der griechischen Dichter ohne Zweifel lieb
und werth machen , sowie sie auch den Lehrern durch
die zweckmässigen Zugaben vorzuglich schätzbar sein
müssen. Dem Fleisse desselben (ielehrten verdanken
wir auch eine reichhaltiger ausgestattete Ausgabe von
Piatonis Convivium, mit griechischen Scholien und dem
Specinieii comuientarii perpetui , das sich aber leider nur
über die .'5 ersten Cipitel verbreitet. Das Ganze zerfällt
in zwei Theile ; der ersfere enthält den griechischen
Text mit untergesetzten Scholien, und die ausführlichen
gelehrten Anmerkungen auf 87 Seiten; der zweite die
lateinis( he IJebersi.'tzung vonFicinus; voraus F. A. WolTs
Einleitung in's Franzosische übersetzt, mit angehängten
Anmerkungen des Verfassers und des Herausgebers; und
das Argumentum der Platonischen Schrift von Wytten-
bach (Bibl. crit. I, |. p. 35 - 4i). Die Vollendung iles
Commentars ist in der Vorrede in's Ungewisse gestellt;
was uns leid thut. Endlich haben wir von demselben
Gelehrten den Platonischen Crito im Jahr 1837 a"s der-
selben Bui'hhandlung erhalten.
Ein anderer französischer Hellenist, Boissonade, wel-
cher 8i( h dur< h Bearbeitung der Spätlinge des griechischen
Alterthums verdient macht, zu denen ihn , wie es scheint,
zufällige Icranlassungcn, nicht eine besondere Vorliebe
geführt haben , ist in seinen gelehrten Bestrebungen nicht
zurückgeblieben. Nach Vollenilung des fünften Bandes
der Anecdota Graeca c codicibus regiis. Paris. 1833
edirte er, zufolge der Aud'orderung einer in Paris nea
entstanilenen Buchhandlung Albert Jlerckleins, einige
seit fast dritthalbliundert Jahren vernachlässigte Schrif-
ten des Tlieopliijlactus Simocatta, unter dem Titel:
Theophylacti Simorattae Quaestiones physicas et Episto-
las ad Codd. recensuit, Versione Kimedonciana et No-
tis instruxit Jo. Franc. Boissonade. Parisiis. 1835. 8.
Die Vorrede des Herausgebers berichtigt die Anga-
ben der Bibliographen von zwei Ausgaben jener Schrif-
ten von Vulcanius, die sich innerhalb zweier Jahre
(15(^6 1Ö97) folgten, und von deneu die zweite meh-
rere unedirte Zugaben enthielt (S. Hofmanni Lexi-
con Bibliographicum. Tom. III. p. 742), unter ande-
ren einige Briefe Julians, von denen einer, welcher
in Ileyler's Ausgabe verstümmelt ist , hier aus der
zweiten, höchst seltenen Ausgabe ergänzt wird. Auch
eine, anderen Literaturen unbekannt gebliebene franzö-
sische Uebersctzung der Quaestiones phys. von F. IMorell.
1603, 12. wird hier an's Licht gezogen; eine Notiz,
welche das soeben angeführte Hofmanuische Lexicon
(p- 743) nicht unbeachtet gelassen hat. Dem griechischen
berichtigten Texte ist die lateinische Uebersetzung von
Jac. Kiniedoncius angehängt, sowie sie von Jan. Grute-
rus nach seinem frühen Tode (er starb im IS. Jahre)
an's Licht gestellt tvorden ist. Hierauf folgen die reich-
haltigen, meist kritischen Noten, denen auch die von
Kiniedoncius eingeschaltet sind. Gute Register der ver-
besserten Schriftsteller, <ler Wörter und Sachen schliessen
das Werk, das sich durch mannichfaltigen, gelehrten Inhalt
ebensowohl, als durch sein Aeusseres, den schönen und
luculenten Druck, dem Leser empfiehlt. Im nächstfolgen-
den Jahre erschien von demselben Gelehrten und in dem
uämlichen Verlage: Aeneas Gazaeus et Zacharias Ulity-
lenaeus de immortalitate aniinae et inundi consummatione,
ad Codices recensuit Barthii, Tarini, Ducaei notas ad-
didit Jo. Fr. Boissonade. Accedit Aeneae Interpretatio
ab Ambrosio Camald. facta. Parisiis. 183('- 8- Durch die
Erneuerung ilieser beiden nach Inhalt und Zeit verwand-
ten AVerke, nach fast 2()0jahrigein Mangel ( 6'«s/<. Barth
gab sie im J, 16,03 zu Leipzig in einem von Druckfeh-
lern auf's äiisserste entstellten Texte heraus), hat sich
iler Herausgeber Ansprüche auf den Dank Aller erwor-
ben, welche die Spuren des Alterthums auch in den
Werken der Späteren ehren. Die Seltenheit der Barthi-
schen Ausgabe und ihre inneren Gebrechen bewogen
schon den Danziger IFernsdorf, a»( eli\c neue Bearbeitung zu
denken, wozu er sich die Lesarten eines Augsburger
Codex verschafft hatte. Seine Sammlungen kamen nach
seinem Tode in mehrere Hände, bis endlich die Uebcr-
bleibsel derselben an den Naumburger H'ernsdnrf ge-
langten , welcher die Schicksale des Werkes in Fricde-
manii's und Seebode's Miscellan, crit, Vol, ,11, p, 3/4
erzählt, wo die Prolegomena zum Aeneas (die schon
Naumburg. 18 Ki- 4, gedruckt waren) zugleicli mit der
Var. leclio der Augsb. Handschrift edirt sind, aus wel-
cher Jo. 'Woirius diese Schrift im Jahr 15()U zu Zürich
hatte abdrucken lassen. Den Anmerkungen sind die
Barthischeii wegen der Seltenheit seiner Ausgabe voll-
Btamlig eingeschaltet. Diesem Werke ist zunächst ge-
folgt: Michael Psellua de Operatione Daemonuin cum
notis Gaulmini curante Jo. Fr. Boissonade. Acccdunt
Inedita Opuscula Psclli. Norimbergae 1838. 8. Von
dieser Schrift des Mich. Psellus ist, seitdem das grie-
chische ürigiual von Gilb, Gaulmiu zu Paris Kilo- 8-
525
526
edirt war (ilie lat. Ucbersetzuiig war schon 1J77 erschie-
nen), nur eine Ausgabe ron Hasenmilller. Kilon. KiSÖ.
12. veranstaltet worden, die aber nach Boissonade s Xet-
sirheruuE^, nihil novi attulit nisi nova typorum ni^nda,
qiiorum jam Gaulniiniana fuerat feracissinia. Die Ver-
besserung; dieser Fehler boten an unzfihlij^en Stellen drei
Handschriften der konisjl. Bibliothek, aus welcher auch
die Inedita geflossen sind, die den grossem Theil des
Bandes füllen. Unter diesen ist eine kurze Beschreibung
von Attika; eine Allegorie der Ithacensischen Grotte
Odvss. 13, lO'i, welche ein Auszug aus Porphjrius de
Antro Nvmpharum ist; tiber das schallende Haus {ijxC'Oi')
in Nikuniedien; zwei Lobreden auf den Floh; anrlere
auf die Laus und die Wanze; Einiges über gerichtiiche
Gegenstände ; über Kriegstaktik ; Charaktere der christ-
lichen Redner Gregorius von Nazianz , Basilius, Chrj-
sostonius und Gregorius von Nvssa. Zuletzt Briefe an
den Kaiser üucas. Die kurze ^'orrede des Herausgebers
enthält einige Worte über die Gattung der Schriftsteller,
denen er seinen Fleiss gewidmet habe. Man solle nicht
glauben, dass er sie einer vorzüglichen Bewunderung
werth halte; er wisse sehr wohl, dass die Autoreu, die
er bearbeite, meist nicht viel werth wären; doch gehor-
ten sie, bei aller üirer Unbeholfenlieit (infantia), zu den
Werkzeugen der Gelehrsamkeit, deren Gebrauch mau
durch Ausgaben erleichtern müsse. Est eruditorum ho-
niinuni secta , setzt er hinzu, ijui nihil legunt, ijuod nou
sit antiquum, nihilque habent pro antiquo, nisi ijUod fuerit
ab anti(|uissimis heroibus illis scriptum. Duros tarnen
istos cen»ores negare posse nego , messe vel infimorum
saeculorum auctoribus , unde reruni histnricarum et phi-
losophiac ac grammaticae notitia augeatur. Wir freuen
nns aus Privatbriefen hier anzeigen zu können , dass der
unermüdliche Boissonade mit einer neuen Auflage der
Heroica des Philostratus beschäftigt ist, welche wahr-
scheinlich mit den Episteln dieses Schriftstellers vermehrt
werden wird.
Zu den bedeutendsten Werken der griechischen Phi-
lologie in Frankreich während des laufenden Jahrzehnds
gehört die Ausgabe und Uebersetzung des Thucjdides von
Ambroise Firmin Didot in vier Bänden (Paris 183,3), und
die der Politik des Aristoteles , d'apres le texte colla-
tione sur les Manuscrits et les editious principales par
/. Barlhelemy St. — Hilaire. 2 Bände. Paris lö37. Mit
Recht glauben wir diese Werke bedeutend nennen zu
können; da, wenn man bei der Vergleichung mit frühem
Ausgaben und Uebersetzungen die Erweiterung des Ge-
sichtskreises, die erhöhte Beachtung der kritischen Hülfs-
mittel und des griechischen Sprachgebrauches betrachtet,
die Fortschritte nicht verkannt m erden können , welche
die franzosische Philologie in den letzten Uecenuicn ge-
macht hat. Das liefere Eindringen aber in die Eigcn-
thümlichkeit der Schriftsteller ist auch auf die Kunst
des Uebersctzers nicht ohne Einfluss geblieben und hat
diesen genöthigt, in seiner Nachbildung nach einer Treue
xn streben, welche früher durch den Geist und Charak-
ter der französischen Sprache unmöglich gemacht schien.
Mit Schmerzen erkannte diess einer der besten üeber-
«etzer des Thucjdides, Levesque , wenn er nach einigen
Bemerkungen über den Stil des Autors und die eigensin-
nige Strenge seiner eigenen Sprache sagt: Voila bien des
caraclere» du stile de Thucwlides, ijui se sunt ellaces dans
la traduction: le plus hardis des t-crivains ne s'y mon-
tre qu' humble, faible, (•nerve, je dirai meme qu'il n'y
vit plus. Seitdem Levpsque dieses schrieb, hat die fran-
zösische Sprache allerdings au Freiheit , ja, au Kühnheit
geivonnen; aber nie wird sie ihren eigeiithünilichen Cha-
rakter aufgeben können, immer wird das \'erdienst der
Klarheit das erste sein , das man auch von dem üeber-
setzer fordern wird. Diese Forderung bei der Ueber-
setzung eines Autors wie Thurjdides zu erfüllen, schien
bisweilen unmöglich, uud Didot bekennt (Observ. preli-
minaires p. XLl), dass er oft, um den Sinn einer Stelle
verständlich zu machen , sich genöthigt gesehen Labe,
der Rede eine Wendung zu geben, die tadelhaft schei-
nen werde, wenn man sie nicht mit dem Texte vergleicht :
c'est lä seulement, setzt er hinzu, que j'espcre trouver
une excuse, et je supplie le lecfeur de ne nie conilam-
ner qu' apres cet exainen. Ein Urtheil hierüber steht
einem Ausländer nicht zu; ich begnüge mich also hier
anzuführen, ilass nach den Observations preliminaires ,
welche ausser den Nachrichten über das Werk des Thu-
cydides, auch ein kritisches Verzerrhniss der Ausgaben
und Handschriften bieten, die Bemerkungen von Letronne
sur la publication et la continuation par Xenophon de
l'ouvragc de Thucydide , eine genaue Analyse der Ge-
schichte des Tli. nach der Folge der Capitel , und das
Leben des Geschichtschreibers von Marcellinus folgt. Die
franzosische Uebersetzung steht dem griechischen Texte
gegenüber; jedem Bande sind Anmerkungen über die
darin enthaltenen Bücher angehängt, welche meist Be-
urtlieilung der Lesarten und Rechtfertigungen der Ueber-
setzung enthalten , und nach der Versicherung der Vor-
rede p. XL. zum grössern Theil einem gelehrten Grie-
chen de Brousoy von Constantiiiopcl angehören, iler dem
franz. Herausgeber, wie vormals ein anderer Grieche
Janus Laskaris dem Henry Etienne bei seiner Arbeit
über denselben Schriftsteller , zur Seite stand. Ein Re-
gister der Sachen, einige Blätter Corrections, change-
meiifs et additions, und eine Erklärung der beigefügten
Plane von Sjracus beschliessen das Werk.
Der Herausgeber und Uebersetzer der Politik des
Aristoteles gibt in diesem Werke, als dem, das für die
gegenwärtige Zeit den meisten Reiz biete und von dem
Leser die wenigste Anstrengung fordere, die Probe einer
vollständigen Ausgabe und Uebersetzung des Stagiriten,
von dem er mit Recht sagt, dass er der Begründer aller
■Wissenschaften sei , mit denen sich der menschliche
Geist seit 2U00 Jahren genährt habe, und mehrere Jahr-
hunderte hindurch die einzige Quelle iler ^Vissenschaff.
Mit einer schönen Begeisterung für seinen Autor hat er
seine Arbeit begonnen und sich dabei aller Hülfsmittel
bedient, die ihm sein Vaterlanil , lange Zeit die eifrige
Pflegerin der aristotelischen Philosophie, und das Aus-
land bot. Hiervon gibt <lie ausführliche 1\»rrede (IS^)
Seiten), sowie von dem Werthc und Inhalt der Politik,
von den leider verlorenen Vorarbeiten des ^'erfasscrs
und seinen Vorgängern , genügende Nachricht. Wider-
5*27
528
lejun«^ Act dem Philosophen gcinarhfen Vorwürfe in Be-
zirhiing auf Pla<o und einige hofniännische Sehuäclien,
die ihm Timüus und Monfesfjuieu beimessen (S. XXXI),
der Belianptnn!; Cousins, d.iss «iie verlorenen 7lok/T£iat
des Aristoteles ein AVerk g-enesen sei, wie der Esprit
des Lois ; und dass Aristoteles Jas Nälzlic/ie (to Xol'jOl-
UOl) zum Princip der Politik gemacht habe (S. XXXIV).
Gegen den l'orwurf, dass er die Srlaierei begfinstige,
die er, ebenso wie P/alo, als eine Thatsaihe annahm
und als solche erklärt (nicht rechtfertigt;, aber auf bar-
barische Nationen beschränkt und mit Schonung und
Milde zu handliaben befiehlt (S. XXXVIII); zugleich
auch gegen die Beschuliligung einer ^^orliebe für die
Tyrannei (S. XL) und die Mcmarchie (S. XLIII), wel-
cher eine andere, weit besser begründete, dass er die
Demokratie begünstigt habe, gegenübersteht (S. XLIV).
lieber die Zeit der Abfassung der Politik vermuthct der
Verf., dass sie vier oder fünf Jahre vor Alexanders Tode
falle (S. L). Falschheit der Sleinung, dass sie aus meh-
reren einzelnen Werken zusammengesetzt sei (S. LH).
AViderleguug des Ausspruchs von Bacon: Aristotelem
inore Ottomannorum putavisse rcgnare se tuto non posse,
nisi fratres suos omnes contrucidasset, während Aristoteles
vielmehr die 3Ieinungen und Systeme anderer Philosophen
mit so grosser Genauigkeit und Unparteilichkeit vorträgt,
dass er der Vater der philosophischen Geschichte zu heis-
sen verdient. (Aristote n'est pas , comnic l'a dit Bacon,
l'assassin ile ses freres, le meutrier des philosophes, qui
l'ont precede : loin de cacher et d'enfouir leurs depouil-
les, il leur a eleve des statues; loin de les replonger dans
lonbli, il les a fait vivre ; loin de les mettre dans Toni-
hre , il les a niis au graiid jour, il les a coinpris dans
sa gloire (S. L^'II). Prüfung der Nachrichten über die
Erhaltung der Werke des Aristoteles bei Sfrabo , Plu-
tarch , Suidas und Athenäus S. LLV. Erwähnung der
Politik bei den Römern, den Byzantinern und im Mit-
telalter S. LXXIII. ^011 einer französischen Uebersetzung
der Politik, ilie Carl V. von Frankreich zugleich mit der
Ethik unii Ockonomie, im Jahr 1370 Ton seinem Caplan
Sicolas Oresnie verfertigen liess und vielleicht, zufolge
eines Ausdrucks der ^'orrede , selbst durchgesehen und
geprüft hat. Sie ist nach der lat. wörtlichen Ueber-
setzung mit grosser Sorgfalt gemacht und hat das Ver-
dienst einer Klarheit und Nettigkeit, (jui est toute Fran-
^aisc -S. XCIL Kritik der vollständigen S. XCIII und
der einzelnen Ausgaben von der Politik S. CL Nichtig-
keit der Conringischen Meinung von Verstümmelung und
Lücken S. CVIII. Alängel der Ausgaben von Schneider
und Cnraea S. CVIII. Grosse ^'orzüge der Ausgabe von
Gi'ittliiis, S. CXII. Kritisches Verzeichniss der Ucber-
setzuiigen S. CXVIII. der Commentare S. CXXXVIL
Erörterung der Frage über die Ordnung der Bücher der
Politik. Beweis , dass «las ^'fl. und \'III. Buch auf das
dritte, das VI. auf das vierte folgen muss. Das VI.
Buch macht <icn Beschluss S. CXLI. (Diese Anordnung
Lat der Heraiisg. befolgt.) Verzeichniss der mehr oder
minder vollständigen Handschriften der königlichen Biblio-
thek, welche der Herausgeber verglichen hat, und deren
Gewinn, *) nchsi den Lesarten der Vorgänger und der
alteren Ausgaben unter dem Texte bemerkt sind. Die-
sen sind auch ilie kurzen, verweisenden Noten des Her-
ausgebers beigefügt. Für die Beijuenilichkeit des Lesers
sind ilieseni Werke ausdauernden Fleisses , dem auch der
Beifall des gelehrten franz. Publikums nicht mangeln
wird, mehrere Register beigefügt. 1) Liste alphabetique
des principaux anteurs cites dans cet ouvrage. 2) Notice
des öditioiis, traductions, commentaires, Manuscrits grecs,
latins, fran^ais. 3) Table des mots les plus remarquables
de la Politique. 4) Table generale des matiercs.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Giesscn. Das Gymnasium zu Giessen enthält nach der
im Herbste votiKCn Jalircs eingetretenen Veränderung dermalen
6 Cl.isscn. Lin jedoch auch für solciie Knaben, welche sich
duicli Aller und Kenntnisse noch nicht zur Aufnahme in das
Gymnasium eignen, eine Gclcgcnteit zn zweckmässiger, den
Forderungen des Gymnasiums entspvecliendcr und Methode und
Uiiterrichlsgang desselben zum voraus heriicksiclitigender Vor-
bildung zu geben, wurde zugleich eine Vorbcieitungsciasse er-
richtet, welche, obwohl nicht zum eigentlichen Gymnasium
gehörend , doch unter dem Gyinnasialdirectorium steht und im
Locale des Gymnasiums sich befindet. Ihre ßcstiramung ist,
für die unterste Classe des Gymnasiums vorzubereiten und vor-
züglich die ersten Elemente auf das gründlichste einzuüben.
Das Lehrcrpersonal des Gymnasiums ist seit Ende Septembers
verflossenen Jalues folgendciniassen jusamraengesetzt: Dr. Geist,
erster Gymnasiallehrer und provisorischer Director. Dr. Dre-
scher, Gymnasiallehrer. Dr. Sold an, Gymnasiallehrer.
Dr. Koch, Gymnasiallehrer. Dr. Schaum, Gymnasiallehrer.
Dielil, Gymnasiallehrer. Dr. Lanz, Hülfslebrer. Dr. Otto,
Collaborator am philologischen Seminar, Hülfslehrcr. Dr. Rumpf,
Hülfslehier. Dr. Köhler, Hülfslehter. Dr. Hainehach,
Hülfslchrer und provisorischer Lehrer der französischen S])rache.
Hanstein, Reallchrer, provisorischer Lehrer der engl. Sprache.
Ausserdem erlheilcn Unterriclit: im Zeichnen: Dickore, Uni-
versilätszeichneiilehrer; in der Musik: Hoffmann, Concert-
director; im Tanzen: B art holoni a i, Universitats-Tanz- und
Feclitmcislcr.
Stade. Am I4. März starb Dr. Gco. Alex. Ruperti, Gc-
ncralsupcrintendent der Herzogthümer Bremen und Verden, vor-
her seit 1781 Conrector, 1784 Rector , 1S09 Consistorialrath
und Garnisonsprediger das. als Herausgeber der ,,Commcntatt.
tbtolog. (!) Voll.) mit Vcltliusen und Ruinül, der Com-
mentalt. pliilolog. (5 Ptes.) mit Sc hlic h t h orst, als Redac-
leur der Göllinger Sammlung« Classic! Romanorum scriptores"
und Herausgeber des .Tuvenalis (2 Voll.), Livius (G Voll.) Silius,
(4 Voll.), Tacilns (6 Voll.) und mehrerer theolngischcn Werke,
theolog. Miscellen (4 Bde.), Theologumena (2 Bde.) n. v. a.
bekannt, geb. zu Bremervörde den 19. Deccmber 1758.
Rinteln. Herr Consistorialrath Director Dr. Wiss ist
zum Prediger der lutherischen Gemeinde in Fulda ernannt. An
seine Stelle als Gymnasialdirector hat der erste Lehrer des Cas-
sel'schen Gymnasii , Prof. Dr. Brauns, einen Ruf erhalten,
denselben jedoch abgelehnt.
*) Die Varianten der Pariser Codd. sind aus dieser Ausgabe
wiederholt in Adolf Stahr's Ausgabe und Uebersetzung
der Politik (Leipzig 1839.) S. I.\ — .\.\V.
Zeitschrift
für die
AI tertli ums Wissenschaft
Mittwoch, 5- Juni
1839.
Nr. 67.
Griechische Literatur in Frankreicli in dem gegen-
Avärlin^en Jahrzehnd.
( B e s c h 1 u s s. )
31it (liespr Anzeige eines umrassciiden Unternehmens,
«las nirlit fehlen kann, der arjstutelisi'hen Pliilosophie
neue Freunde in Frankreich zu versclialFen , verbinden
wir die Ernähnnng einiger kleinen Schriften, welche
einen erfrenliclien Beweis von den» neubclebten Studium
der classisrhen Philosophie und ilirer Geschichte unter
der französischen Jugend ^ibt. Dissertation sur la Phi-
losophie atomisti(jue. par M. Ldfaist. Paris l83o- 8. Da
der beschränkte Raum einer Dissertation nicht gestattete,
die ganze Geschichte des atoniistisclien S\stems zu ent-
wickeln, so liat sich der ^'eif. auf den von Epicur modili-
cirten Atomismus des Leucippus und Democritus beschränkt.
Sorgfältiges Studium der Quellen und Bekanntsrhaft auch
mit neueren Werken der philosophischen Geschichte ist
unverkennbar. — Ilsoi. ziji; Cfvaiokoyi/.ijq qiikooocfiai
Tia^a Toti 'EfkijGi TToo r?7s 'lujvLyJK algeoeuji öta-
TQtljij. ^ivtyoaUiiv E. Gros, iv llc.oiaiu/i;. ao/ke.
(1S3.Ö). Der Verfasser dieser kleinen ganz in altgrie-
rhischer Sprache abgefassten Schrift, welcher Lehrer am
College de Louis le Gr.ind ist, hat sie dem damaligen
minister iles ölFentlichen Unterrichts, r'/i /ffoi ri.v lOTU-
oi'av Sf-insiooraTii) dvÖui, Guiznt gewidmet. Das Ganze
enthält auf 4:i Seiten eine (liichtige Anzeige der ältesten
Schicksale von Hellas und der ^'orstellungen von den
Göttern bis auf die lonisclie Schule in drei Capifcln.
Am. Jncques (scholae ]\ormalis oiim alumnus) de Plato-
nica ]dearum doctrina qnaleni eam fuisse tradit Aristo-
teles et de iis quae Aristoteles in hac reprehcndit. Paris
l837. — Heiiric. If'allon, ijualis fuerit apnd veteres
ante Christum de Auimae imniortalitatc doctrina. Paris.
1837. Der Verf. , ebenfalls ein Zögling der Normal-
Schule, ist gegenwärtig Lehrer (Professeur aggrege) des
College royal de Louis le Grand Seine Abhandlung
zeichnet sich durch eine wohlgeordnete und geschickt
benutzte Belesenheit in <len classischen Quellen aus. Sie
schliesst mit religiöser Würdigung der christlichen Lehre
von der Unsterblichkeit un<l der Einfachheit derselben.
Neque enini , ut perciperetur , philusophia opus erat, sed
eo quod oninibus in promtu est, simplici mundoque corde.
„Confiteor tibi, Pater, Domine coeli et terrae, quia ab-
scondisti haec a sapientibus et prudentibus , et revelasti
ea parvulis."
Wir setzen noch ein Wort über das in Frankreich
neu enveckte Literesse an der patristischen Literatur
hinzu. Die schöne und correcte Ausgabe des Johannes
Chrysostomus (ein mit nenen Hülfsmittcln bereicherter
Abdruck der IMontfauconischen Ausgabe) eilt ihrer Voll-
endung entgegen, trotz lies Unglücks, das sie am 12.
December des Jahrs l,S3.j betraf, wo die vier ersten
Bände und die erste Hälfte des VI. in dem Ulagazin des
brocheurs ein Raub der Flamme wurden. Die Verleger
des Werkes (Freres Gaulmes) entschlossen sich aber so-
gleich, den schmerzlichen Verlust durch wiederholten
Abdruck zu ersetzen, und schon liegen davon eilf Bände
— vom ■>. bis zum 12. — vor uns, so dass wir der
Vollendung derselben schon im nächsten Jahre entgegen
sehen dürfen. Die Nettigkeit und Correcthcit des Druckes
ist sich bis jetzt, auch in den erneuten Bänden, gleich
geblieben, und es wird dieses Werk, nicht weniger als
die Originalausgabe, ein Schmuck jeder Bibliothek sein
und vor jener den Vorzug des bequemen Gebrauchs haben.
Der neue Abdruck der Werke des h. Augustinus, dessen
erste Lieferung das Schicksal des Chrysostomus theilte,
hat ebenfalls den erwünschtesten Fortgang; und von der
Collectio selcrta Set. Eccies. Patrum von Caillou und
Guillon sind gegen 'IQ Bände erschienen. Von den Wer-
ken des k. lidsilius wird eine neue Ausgabe , die der
des Chrysostomus nicht nachstehen wird , vorbereitet
und hat vielleicht Jetzt schon ihren Anfang genommen.
Gotha, im Jlai 183^. P- I-
Plutarchi Phocion. cap. I — IH. Sperimen editionis
quam parat Dr. .Johannes Carolus Flügel. (Jahres-
bericht über das Kurfürstliche Gymnasium zu Cas-
s.l; Cassel bei Hotop 1830, 63 S.) 23 S. 4-
Der Verfasser vorliegender Schrift, den Freunden
des Plutarch bereits durch seine im Jahre 1830 erschie-
nenen observationes criticae in vitam Phocionis bekannt,
hat lange Zeit vergebens auf eine Fortsetzung seiner Be-
mühungen um Kritik und Erklärung dieses Schriftstellers
warten lassen. Nach seinem eigenen Geständnisse haben
wir den Grund davon sowohl in seiner Unzufriedenheit
mit jener ersten Arbeit, als in den vielfachen Geschäften,
welche das Lehramt dem Jüngern Manne zuführt, zu
suchen. Beides ist ehrcniverlh und gleich geeignet, Hrn.
531
532
Fl. unsere Achtuiij zu geHiiincii; «licsps, «eil es als ein
Beweis li)beus«ertlier Benifstrene aiigeselien «erilen darf,
die ^leigiinf der PUicIit uiiferziiordneii, jenes, «eil in der
offen ausjjesproclienen rnziifriedenlieif die Biirjfscliaft für
ilie F.'ili-skeit zu höheren Leistungen enthalten ist. Und
in der Tliat Ijisst diese Srlirift, verjflielien mit jener er-
sten in jeder Hinsicht sehr liedeutende Fortschritte »ahr-
nehnien, eine Krklarun<(, die iler Unterzeichnete um so
bereit» illi;;cr ausspricht, je mehr es ihm leid that, tiber
die früher erschienenen Obseriationes nicht güiistiojer ur-
llieilen zu können, als in der Schillzeitung Jahrg. IS31
iir. 3ti geschehen ist. AVenn ich damals ohne allen Rück-
Lalt ron Hrn. Fl. selbst aufgefordert, ein ürtlieil abgab,
das ziemlich streng erscheinen mochte, so habe ich die
(jennglliiMiiig gehabt zu bemerken, dass es Hrn. Fl. nicht
nnbillig oder gar ungerecht erschienen ist, finde darin
aber auch eine l'erpflichtung, mein Urtheil über die vor-
liegende zweite Probe seiner Pliitarchstudien nicht zu-
rückzuhalten, damit es nicht den Anschein gewinne, als
sei ich weniger bereit, erfolgreiche Beniüliungcn anzuer-
kennen, als unzulänglich erschienene zu verwerfen. Gern
folge ich also Hrn. Fls. Anfl'orderung zu einer kurzen
Beurtheiluiig seiner .Schrift, protestire indessen gegen ein
solches (iewicht meines Ausspruchs, wie er deuiselben
zuzuschreiben geneigt ist.
Hr. Fl. fordert die mit Plutarch ^"ertrauten anf: ut
lideaiit non quid, non quantum iam pracstiterit, sed quam
viam rationenique ingressus sit, num ea aliqnid utilitatis
ad niaiorem scriptoris intelligentiam rednndare possit;
paro enim , fährt er fort, nonduiu paratain haben editio-
uein, qiiac si quando prodibii lectione haud intcrmissa
<pero fore ut alia auctiora , alia emendatiora iiaiit , alia
haud pauia melioribiis cedant? Er «ünscht also be-
sonders ein Urtheil über die befolgte Methode. Um
ein solches mit Sicherheit fällen zu können , wäre
uun freilich vor Allem eine Erklärung nöthig gewe-
sen, von welchem Standjiunkte Hr. Fl. seiue Arbeit
bcurtheilt nünschte. Diejc hat er zu geben unterlassen,
ohne dass ich finden könnte , dass Zweck und Absicht
unzweifelhaft von selbst in die Augen fielen. Indesseu
denke ich mir, dass es besonders die Interessen reiferer
Schüler sind , denen er zu genügen beabsichtigt. Dass
ihm dazu Renntnisse in hinreichendem Maasse zu Gebote
stehen, zeigt jede Seite, und es dürfte vielmehr eine Be-
schränkung des Gegolieiien zweckmässig erscheinen, als
eine Steigerung w ünsi lienswerth. Auch an dem nöthigen
Geschick fehlt es ihm nicht; die Darstellung ist durch-
aus einfach, klar und rein, und auch in dieser Hinsicht
ein bedeutender Fortschrilt .sichtbar. Genaue Bekannt-
schaft mit der Sprache und dem Geiste des Schriftstel-
lers bezeugen zahlreiche, olTenbar aus eigener Leetüre
geschöpfte Parallelstellen, wie denn überhaupt durchweg
eine nicht gewöhnliche Beleseiiheit in die Aiigeii f;illt.
Wenn Hr. Fl. hierzu sich beniüliet in das Eiiizeliie noch
etuas schärfer einzudringen, soiiohl wo es krilik, als
wo es die Erklärung gilt, dem Bestreben, die C'itatc zu
häufen, Zügel anlegt und nur das jedesmal zum Ver-
standniss Nöthige beizubringen sich begnügt und in die-
ser Hinsicht Passendes vom Unpassenden streng sondert,
so wird iiian keine von den oüthigen Bedingungen für
den glücklichsten Erfolg seiner Plutarchstudien vermis-
sen, zu deren Fortsetzung ich ihn hierdurch nach bester
Ueberzengung aullorderu möchte. Aus den einzelnen Be-
merkungen, mit denen ich dieses allgemeine Gutachten
begleite , möge derselbe die Beziehungen des Ausgespro-
chenen entnehmen , und wenn ich es nicht verschmähe,
selbst anf einzelne Kleinigkeiten aufmerksam zu machen,
so geschieht diess aus dem AVunsi he , Hrn. Fl. zu einer
bis in das Einzelnste gehenden Sorgfalt, die auch schein-
bar Geringfügigem ihr Recht widerfahren lässt , zu ver-
anlassen.
Die zweckmässige Einrichtung der Schrift ist die,
dass auf deu ersten vier Seiten der Text mit unterge-
setzter var. lect. steht, auf diese die mehr oder minder
ausführlichen kritischen und erklärenden Bemerkungen
folgen. Die ^^arianten sind mit löblicher Genauigkeit
verzeichnet, nur möchte es überflüssig' sein, immer und
immer wieder anzugeben, wo. seit Reiske völlig willkür-
lich der .Apostroph eingeführt worden ist. Auch Rec.
hat früher die einzelneu Stellen der ,4rt angemerkt, ist
aber sehr bald das Uebe.-flüssige dieser Angaben gewahr
worden. Als neue, bisher unbenutzte Hülfsmittel standen
Hrn. Fl. die Lesarten des cod. Monacensis und eines
von Furia verglichenen Florentiners Zu Gebote. Jener
ist auch in dieser Biographie nicht wertlivoller als in den
übrigen, der Florentiner soll nach Furia der sein, über
den Moiitfaucon im Diar. Ital. p. .'j(i() bemerkt: codex
elegantissimus in fine noni aut initio decinii saeculi, mem-
branaceus. Pliitarchi vitae incipinnt a Phoeioiie, desinunt
in Jul. Caesarem. Uebcr sein Alter glaubt Hr. Fl. an-
ders denken zu müssen; soviel aus den vorliegenden Pro-
ben geurtheilt werden kann , gehört er keineswegs zu
den lorzüglicheren : eine eigenthümliche gute Lesart
bietet er in diesen 3 Kapiteln nicht.
Kap. 1 führt Hr. Fl. zu den Worten: wjrf ,4vti-
Traroov tinatv ctt' avior ye^ovroQ i^ö)] ytyovoroq,
öxi y.a!}(<.7reo leoiiov öiaTiiTi^ayitivov ykcHona y.ui
y.OlXia liovov äjloklks/TTTai mehrere Paralldstellen
an , die desselben Ausspruches gedenken, gut und zweck-
mässig, aber ich wünschte, er hätte die Variante dno-
Ksi^tsrai, die sich nicht bloss im Monac. und Flor.,
sondern aurh in 3 Pariss. findet, beachtet. Denn ausser-
dem, dass sie durch apophth. p. 1,S3. etc. ^lijnuöuv öi'
Too oi'jiofiOs ijöi] TToiOiJt'Tov yeyovoTO^ tcpi^ xaS^ä-
rrcQ iepcioii SmneTiQayuivov v.ar a'ki'm £ a& ar fiü-
vi]v Tijv yunxkna y.at ri]v yXvnrav Bestätigung zu
finden scheint, las ofl'enbar auch Thomas .IL in seinem
Exemplar so und der von ihm angeführte Sfiiesins :
llKuutuuxoi iv Tiaoaf.hjfM/i nfQi zJijf^ittöuv fJs^f(>
isosiov diHzienoayuivov ij y'Ktoooa y.o.t t) y.oiAia
XstTTSTcii. üihv y.ai Sviieotog ev tTtiOToKfj kaßujv
XofjTai ovTüj nujq- ajgneQ is^s/ov diantrcoayutvov
Tov ii'öov To dSofta 'keiiiTm yvcipioiin rou nakai
Ciöor: p. 83 Ritschi. Mit Recht bemerkt übrigens Hr.
Fl., dass Ritschi sich irre, indem er d.is Citat des Tho-
mas als auf einem Irrthum beruhend auf mor. p. .'J2.5. t'
zurückbeziehen will; von ihm selbst ist es eine kloine
Ungenauigkeit, wenn er schreibt : „ante oculos videtur ha-
bnisse, imtante Wvttenbachio ad Mor. p. 1U83. Sync-
sius epist. CXXXV, p. 272 a," da diess doch durch die
533
534
bestimmte Vcrsicliening des Thomas fest stellt. — Ueber-
ffi'issi^r «ar im \'orlierj;ohpii(lpn die Demerkiiiijj: iiuaiiuiiiam
Demades ipse hoc loco vncattir vaiäyiov Tij\ :ioki<ij^, iioli
tarnen quae praegrcssa sunt voc. tu vavuynt iTjq TT. item
intelligere de civibiis Athenarum eic. : denn »rem könnte
ein solcher Gedanke nur erst einfallen i Es folgen die Worte:
bemerkt: „ adiectiia /jUrjet /.. ß. cum Roiskio refero ad
y.a/oii), non cum Stephano ad u.VTC'.yiDVlOT]].'''' Nach mei-
nem Gefühl verlangt der Sinn der Stelle die von Hrn. Fl.
verworfene Verbindung uuh iderleglicii. Die Tugenden des
Phocion strahlten nicht in dem ihnen ziikoninieiuicn Glänze,
weil er gegen einen schwer zu bcuültigenden Gegner, seine
Zeit, zu kämpfen hatte. Der Widerstand also (ci.vTayo)-
VIOTik) uiuss charaktcrisirt «erden als ein solcher, der
scUiver zu bekämpfen {ßdijui /,. (ji'uioi) und Grund seines
weniger hervorsfrahlendeu Glanzes vor; y.acoug bedarf zur
näheren Charakterisirnng eines «eiteren Zusatzes durch-
aus nicht. — S. 9 billigt Hr. Fl. beiläufig .Alex. fiO die
Lesart einer Pariser Handschrift (fvotl Tgayi'i C l (^ <Jo-
J1]V, die auch im cod. Palat, steht und welche .Schäfer, wie
Hrn. Fl. entgangen zu sein scheint, in den Text gesetzt
hat, jetzt aber verwirft und das besser beglaubigte riJOL-
^vi U)v noyijv vorzieht. Mit Recht; T(}a-/ii; £(•; Öqjijv
möchte Plutarch nicht gesagt haben, wogegen rpa^t'S
Öqjijv sich Poplic. 3 findet, das gleichfalls in r^. 6/^
ÖQyijv im cod. Bodl. 1 interpolirt ist.
Kap. 'J wird als Beispiel des Gebrauchs von }.l>Jl£iv,
„de dolore corporis" Longus Pastoral. p. 22 Schaef. ange-
führt: deivcd yu^ ut /.iviai kvnijoui y.ai da/.tiv: dass
in dieser Stelle kuTtsiv diese Kedentnng nicht habe,
liegt am Tage. — Mit dem vollsten Rechte schützt Hr.
Fl. im folgenden: tu ijöv ucvuEiy.iQ o Tioiijzij^ y.sy.kii-
y.Ev Uli, Ti/j ijöouEvo) Ttji ipp'/jji vireiy.ov y.ai fxi^
fj.axof^i£vov ßn^d' dvTiTVTiovv die Worte T(fi ijdojUvv)
T. ipl'jflj.;., wiewohl diess auf eine andere Weise, als
die von ihm gewählte noch einleuchtender und auch
wohl passender geschehen konnte; „to i'iduuEVOV Tilg
if'l'xijit meint er, est idem quod to /jevog, quod cum
sit ea pars Tijg lj.iL'](ijg, quae cum inipetu et vehementia
quadam secum rapit honiines, impetns, ardor animi ,
nunnullis visa est significatio vocis ijduiievov non ita va-
lere, ut voci f.ievog satisfieret; — — caremus tarnen
facile omni correctione, cum tjöso^ai per se solum non-
nunquam vim violentissimae , turbulentissimae laetitiae
contineat." Ich glaube keiner iler früheren Herausgeber
würde Anstoss genommen und auf Conjecturen wie T(ij
OtäuLifiEvn) , Tip ijky.Wj-tti"/) gekommen sein, wenn sie
den Zusammenhang festgehalten hätten, dessen Darlegung
hier zu weit fähren würde. Ich bemerke nur, dass ich
die letzten Worte etwa so verstehen zu müssen glaube:
TO tjÖL' nennt Homer jicvusiy.tg eben darum, weil es,
weua das Herz zur Freude gestimmt ist (der Fröhlich-
keit des Herzens) nicht widerstrebt, sondern nachgibt.
Tu ijöufilvuv Tljg ^li'Xijg ist ganz so gesagt, wie Arat.
23 t;}^ 4"-'X'Ji *"" yav(juL<utuuv y.ai jjw/jpoi'. — In
den folgenden ausführlichen Bemerkungen über den Ge-
brauch des partic. im genas ncutrum sind verwandte oder
gleichartige Fälle ungehörig geschieden, wie die unter
>r. 3 angeführten mit denen unter j\r. 4 zusammenfal-
len. Oder wie sollte man Stellen wie t:ito(fa.k't<; y.ai
y.ÜTavTSg tu rjvvtquky.ani-.vuv ruig üfjaoTavuroi von
t/.tys Se f^tctkiara Ofvüvtu iivtrcoq uiv iy. tov y.a-
9ev8eiv y.ai ovvuvoLaQsiv , ajg äito f,uäg eyyivüue-
vov dö&eviiag ttj (fi'Oti y.ai tu tiovovv y.u) tu rfSö-
lUvov unterscheiden? Und doch rechnet Hr. Fl. Fälle
der ersten Art zu der Klasse, wo das partic. pro infm.
stehe, den der zweiten zu der, wo das part. zu einem
abstrakten nomen werde. Als wenn sich diess nicht auch
bei jenen Fällen so verhielte. Richtig schreibt Hr. Fl.
mit seinen Vorgängern: ovvanukkvai yao tuv noug
jUQiv kiyuvTct yji.t Tioouin'tkki'ai tvv ja) ;^ßp/i^o/(c-
Vüv: die Handschriften haben TtQogaTiukkvo/ , über
welche Lesart Hr. Fl. bemerkt: dici non potest , quam
sit languida ac frigida. Man mochte sich wundern über
diess so gelinde Prädikat einer ilurchaus unstattliaften
Lesart. — Sehr häufig ist bekanntlich in den Hand-
schriften die Verwechscinng dijiiug und di^/woiog:, aus
diesem Grunde wird man geneigt sein, Hrn. Fl. Recht
zn geben, dass in den Worten: zijg nuklTtia.g u iitv
öo^iug äyav y.o.i noug unavTa TOtg 8t]f.iuoiuig äv-
Ttfio.ivuiv Tuvog ämjvijg y.ai a/.ki^oog mit Coraes zn
schreiben sei ruig dlj/xutg. Vielleicht ist indessen eine
Erklärung iler vulg. wie: iis, quae publice dicuntur et
aguntur, nicht unangemessen. \'on etwas anderer Art
ist die l'ertauscliung beider Wörter im Pericies c. 24.
Evnokig iv dlj/loOlOig, worüber Hr. Fl. bemerkt: qnod
ne vcrbo quidem addito recte in dijiw/g mn(avit Sinte-
nisins, wie es scheint mit einiger Verwunderung, dass
diess ohne weitere Rechtfertigung geschehen sei. Es
bedarf woh! kaum der Bemerkung, dass, da Jedermann
weiss, dass Enpolis ein Stuck unter dem Titel di aui ,
nicht Slj/nuotu oder öijiiuoiui geschrieben hat, jede
weitere Bemerkung überflnssig schien. Verwundern nuiss
man sich über die Bemerkung zu den Worten : t'j öe
ävduneiy.ovoa neiDofienuig y.a.i öiduvoa to Jioug
-/((oiv , nie a.Tia.iToiaa tu ovucftouv iiiiCTuoia —
„Reiskius vult dvTunuiTOL'Oa idque permotus antecedente
uid^vnsiy.OVOa. Non recte. Saepe eniui duorum ver-
borura, quae inter se copulantur , alteri praepositionem
adiectam videbis, ita ut ad alterum quoque praepositionis
vis et notio pertineat." ' .ivxu.na.iToi'Oa ist eine der vie-
len augenblicklichen Einfälle Reiske's, die zwar einen
ganz guten Sinn geben , aber keineswegs nöthig sind.
Hier veranlasste ihn zu dieser Vermnthniig wohl der
Umstand, dass UTlanitv meist von Zurückforderungeu
des Geliehenen oder Gegebenen selbst gebraucht wird ,
nicht von dem, was statt eines andern Gegebeneu ver-
langt wird. Völlig unstatthaft aber ist es, dass au die-
ser Stelle die Präposition (inri — von uvUvJUi/.uvoa
auch zu ciTCatTOL'Oa geboren soll , und ich muss sehr
dagegen protestireu , dass Hr. Fl. eine Bemerkung von
mir über diesen .Sprachgebranch ^u Themist. p. 90 zur
Rechtfertigung dieser seiner Erklärung braucht, die wohl
auf Stelleu wie tJlKX^'Q^'- '^'J*' ^"klv ävuizobuiitiv y.ai
T£iyiQsiv passt , hier aber nicht nur unnötliig, sonderu
sprachlich auch völlig unmöglich ist. Auch verstehe ich
nicht recht, was -i-a. den Worten: iuv öh l^f/i}^, TOOTÖ
535
536
ioriv r TiävTviv uiv (5('<'>/<cuv, naouiv 8l doimvititv
suuff.iorctTi; y.ai itovar/.ondTi] y.oäaiQ ilie Bfuierkun^:
„dp bar laxiorp strupiidi r.ifioiic, (Hia Grapci siibif» de-
ilertuiit in lilieraiu oiiurici.itiiinpiii , vid. quac o()|iiosiuä
exponeuius ad r. IS" — iM<jrii(licli soll ; soll damit auf
tOvtÖ voriv — y.odni- aufmorksam jfeinacht iverden,
so ist von einem plötzlichen L'ebergang; zur ,,libera euuii-
ciatio" zu sprerlicn jrdenfalls ein jfanz unangemessener
Ausdruck.
kap. :i. ist die gewöhnliche Lesart: y.ai yuo ai'noq
ov ys/.uiüvni uiv f;ö>] rfj^ Tiaroidui, uj;7i€o 6 Ö>oj-
xiujv, TToXi'v dt x^'i^"^"'* '''■^' oäf-ov exovaij.;, üaov
iOTiviv y.ai y.dkiov sititMßeo^at y.ai Ttaoaorfjvat
roi; rt/Jov Suvauevoi^ rtof-ivevoaucvosi' oia/.ujv öf
y.ai xt'iieovijact»; d:rii)r,^)ei; öuot; iityav dyiiiva r^
TV'/.r ntoiSOTrOfl'. Der Unterzeichnete hatte Hrn. Fl.
schon vor <) Jahren die Vermufhung uiitgetheilt , Plu-
tarch möge Tt/fiv ISvvaiiljVOii geschrieben haben. Diese
Verniuthung ist seitdem duicli den cod. Paris. A a man.
sec. unil den Florent. des Hrn. Fl., der nt.eElV hat, be-
stätigt wonlen. Hr. Fl. sagt nicht, «ofür er sich ent-
scheide, ist aber im Irrthum, «enn er glaubt, dass ich
aas einem Grunde , den seine AVorte anzudeuten schei-
nen , zu dieser Verniuthung betvogen worden sei; Sr-
vno^C.l n »Ar, Tlt einv , TttMliov saue quideni multo
rarius est quam dlva.O^ai ntya etc., nee tarnen desunt
excmpla." Das zu bezweifeln, konnte mir nicht in den
Sinn kommen, sondern es schien mir nicht wahrschein-
lich, dass Plutarch mit einemnial mitten im A'ergieich
denselben aufgegeben haben sollte. Diess war zu wider-
legen.
>iachtrSgli(h bespricht Hr. Fl. noch einige Bemer-
kungen di^s Hrn. Kraner zu dieser Biographie im ersten
Hefte <lrs zweiten Bandes der acta societatis graecae ,
liber die der Unterzeichnete sein ürtheil in dieser Zeit-
schrift Nr. 14 dieses Jahrganges abgegeben hat. üeber-
einstimmend mit mir, verwirft er Hru. Kraner"s Vermu-
tliiing, dass nach der Lesart des cod. Palatinus und der
Aliliua Kap. 11. zu verbessern sei: OTav TV/^otOlv iiTTO
rrouyudrvjv ufyakojv y.ai öi'vdui;(i)<; ei a/auuivoi
(durch ein V'erschen sind bei Hrn. Kraner die Worte
y.ai ÖL'VUUfoj^ ausgefallen) , ohne indessen Gründe für
diese Abweichung seines Urtheils anzuführen, denn die
loci gemini p. S, aus welcher die Nichtigkeit der vulg.
folgen soll, haben nicht die geringste Beweiskraft; es
musste darauf aufmerksam gemacht werden, dass der
ganze Zusammenhang den Begriff von (■i'TVX^iv nothwen-
dig erfordere. Richtig wird dagegen Kap. 9 die vulg.:
nai.iv de rrore rvjv 'Athjvo.ioiv iiuyayeiu ai'coi' enl
rovq Ttokfiiiovi y.st.sviivTUiv , (//• ov/. iiiovkfTo Ssi-
I.Dv y.ai avuvfiont/ dTroxa.koiwrtov — ein:, wo die
Herausgeber mit Bryanus w; d' ovy. f j. schrieben und
der coli. Monai . von einer zweiten Hand y.o.i inz, OVX
ifj. hat, gerechtfertigt durch Demosthenes 14: ioropSi
St y.ai f^ioiDitrio;, nri, mjv .4'hvaiu)v in' Tiva
Tioofiut.t 'iittvuiv ai>iiiv y.a.T\iyooiav, wc ui'y^ ini'jy.oue
i^oorrjOi'i'TUju , uuaard; einev — und einige andere
weniger passende Stellen. — Kap. 12 wiril derselbe
Zweifel, den ich gegen das vou Kraner gebilligte dlto-
QVTTÖjiP.vov ausgesprochen hatte, geltend gemacht, hin-
gegen Kap. 23 : (fuoi Tijv jitv Tcükiv skjriöog Lieyä-
kiji ytvuiiivtp ioQrdCciv evayytkia auvsxuig yai
i^i'ftv Toi'^; i^soi'g, tov de 0'JiV.ivjva iiQoi toih; ikiy-
•/siv ßovkoutvovq y.ai nvvdavoulvovi, et ravt' oux
UV i^i^ekev airii) irsn^dx^^ai, nävo fdv ovv , S(prj,
ßefjuvkcvatia/ d' iy.etua- y.ai itäkiv dkkujv ivr' dk-
koig Sfayyekitijv yoacfofievvjv y.ai (fsoouevvjv äno
Tuv OT(iaToXEÖoi<, TToTf d^a, cfdvai, navaüueda
viyiiivTVi; will Hr. Fl. icft] geschützt wissen und sogar
Demetr. oS: Y.ai tov SeKavy.ov ei^s ydo, üt iraioe,
et'ntiv, ra^i' ustaatoeipat rii; imi zarra yai fie-
xaßdkoi 9fv)v 1] dv9ou')T[0)v n) 7id9o(; das von Reiskc
in eiTTSiv verbesserte Einsv zurückführen, beides ver-
geblich, ja, unmöglich, denn was ist das für Syntax:
TOV ^i/.fi/.ov — fi:i£v st. d }ilL6l<y.o;i Endlich will
Hr. Fl. Phocion 14 die Lesart der Handschriften: oiiTUi
yao i'j^4dg iioiovoi (fofjeooix; y.aiTOi x"^?'? i'^tdiv
OwCsattai laj ävvnutvoig behalten wissen, in diesem
Sinne: diese machen euch ihnen (^roig auiiuaXOig)
furchtbar, selbst wenn sie nicht können — statt der
Conjectur des Brvanus: y.ai Toig. Auch hierin wird
Hr. Fl. sdiwcrlich Beistiminung finden.
Sintenis.
Personal-Chronik und Mi«celleu.
Ho 111, 27. April. D.is Institut für aicliaologisclie Coriespon-
denz hei;liig gestern den Gcbiivlstig Boiiis den die Sabinische
Ak.iclciiiie scliuii an ileni recblen Tage (21. Apiil), mit Prosa
nnd Versen vrrlienliclit b.ilte, naclitr.iglich in liner feierlichen
SiUung. Zum Scliniiickc des Locals halte der Kunsthändler,
Hr. B.isscggio , welciicr auch zugegen war, einen voitrefl'lich
Olli lUcnen bronzenen Oreifuss von elruskischcr Arbeit , der bei
den li'izten Ausgrabungen des Fürsten von Canino unter andern
luerkwiiriligen Grabgerüthen gefunden worden ist, wohlwollend
bergegeben Unter den Anwesenden verdient der gelehrte Orien-
talist Lanci , welclieii das Inslitiit seit Kurzem zu seinen Mit-
gliedern zahlt, genannt zu werden. Der haniiover'sche Miiiister-
ii-sideiit , Hr. Kesliier, eröirnele die Sitzung mit einem kurzen
Eingänge über die nuuuielir zehujjlirigcn beistungen des Instituts
und machte beuicrklicU , dass von beiden Richtungen seiner
Thäligkeit, der Correspondenz nnd der persönlichen Vereinigung
seiner in Rom anwesenden Mitglieder, dieser Tag die Proben
gebe, indem ein sehr gelehrter Brief des Generalsecretärs, Hrn.
t^itters Runsen, über die Grümler der drei grossen ägyptischen
Pyramiden eingegangen und der Versammlung mitzulheilen sei.
Diesen Brief las sodann der verdiente Rechnungsführer des In-
stituts, Hr I-anci, der Bruder des Obengenannten, vor. Der
Secretar desselben , Dr. Rraun , hielt einen Vortrag über die
Zwecke, weiche di5lu<titut fernerhin zu erfüllen sich vorsetzte,
über die ivliltcl, welche ihm zu (Gebote ständen, und die immer
mehr wachsende tbitige Tlieilnahmc der Gelehrten in Italien,
l''rankreich, Kngland und auch in Deutschland. Mir scheint es,
.ils sei das Loh Deutschlands iu dieser Beziehung mehr ein der
HofTnung gebrachtes Opfer, denn so angelcgenllich die Deut-
schen wahrend ihres Aufenthaltes in Rom sich der Mitwirkung
ao den Arbeiten des Instituts bcdeissigen , so kärglich sind die
Deutschen in Deutschland, so viel ich sehen kann, mit Aner-
kennung und fordernder Theilnahme ihm beliülflicb. Dr Abekcn
las eine Aldiandliing über die verschiedenartigen Vorstellungen
der Niobidcnsage auf den neuerlich entdeckten Monumenten.
Zum Schlüsse trug Dr. Lrlichs einen Aufsatz vor, in welchem er
die ctniskisclicn Vorstellungen von Leichengeprängen mit den
röm. Triumphzügen verglich und insbesondere die charontische
Vorstellung auf einem Relief von Norchia erläuterte.
Zeitschrift
für die
Altei tliLimswissenschaft.
Freitag, 1. Juni
1839.
Nr. 68.
Die Urktiinlcn in Demosthenes Rode vom Kranz.
I. Einleitung.
Bekanntlich fehlen den meisten Aifisdien Gerichts-
reden, ilie sich bis auf unsere Zeit erlialten haben, tlie
Urkunden, Zeugenaussagen, Gesetzesstelicn u. s. \v. , auf
welche die Beweisführung begründet ist; gewöhnlich sind
nur ihre Unterschriften übrig geblieben und zeigen die
Stelle, HO sie eingeschaltet gewesen. Jedoch sind solche
Documente wenigstens theilweisc in einigen, in etwa drei
Reilen vollständig erhalten.
Es liegt die Frage nah, ob ursprünglich den Reden
die betreffenden Urkunden beigefügt gewesen oder nicht.
Allerdings wurden sie bei der gerichtlichen Verhandlung
nicht von dem Sprecher selbst, sondern durch den Gram-
mateus mitgetheilt; aber es ist irrig, sich vorzustellen,
als hätte der Grammateus nur Actcnstücke , die in der
Anakrisis producirt gewesen , und die ihm somit Seitens
des ei:;ayujyevi; eingehämligt worden, vorgelesen. Der
Redner konnte Mancherlei mitzutlieilen , <las Interesse
haben, wovon in der Anakrisis, wo es sich nur um die
Constatirung der zur Sache gehörenden Beweismittel
handelte, gar keine Rede gewesen war; so wird, um
nur ein Beispiel anzuführen, in der Rede vom Kranz
(§.'^89^ das Epigramm auf die bei Chaironeia Gefallenen
gelesen. Die Midiana hat eine nicht kleine Zahl von
Gesetzen, Zeugnissen u. s. w. ; der Process wurde aber
vor dem Gerichtstage aufgegeben, als bereits die Rede
geschrieben, wenn auch noch nicht, wie noch jetzt der
Angenschein lehrt, gefeilt war; es hätten nach jener
irrigen Voraussetzung die betreffenden Documente, in dem
Sj^ivo^ versiegelt, für Demosthenes unzugänglich sein
müssen und küiinten nicht in der Rede stehen. Jeden-
falls also sind die Documente iiuch in den Händen der
Parthcicn; sie mussten es sein, wenn überhaupt auf Grund
derselben eine Rede ausgearbeitet werden sollte. Ja,
was der Grammateus vorlas, mag es irgendwie von der
Behörde vidimirt worden sein, jedenfalls uiusste der
Sprecher die Reihenfolge der zu lesenden Schriften be-
stimmt haben; denn genühnlich findet sich keine nähere
Specificirung des zn lesenden Actenstückes, nach der es
der Schreiber hätte heransfinden können. Und tritt auch
häufig, nachdem derselbe zum Lesen angewiesen, noch
ein nener Satz mit dem beliebten y.airol ein, so ist
doch wieder in den meisten Stellen zwischen der Auffor-
derung und dem Lesen keine weitere Zeit, in welcher der
Grammateus nach dem betreffenden Actensti'icke hätte
suchen können. Vielmehr beweiset das so häufige Vorkom-
men des Ät'yf //O/ A.«/3f/Jl^ mit dem TO i;r o TO )plj(fiafJ.a,
dass der Sprechende entweder immer oder oft dem Gram-
m.ateus liingibt, was er lesen soll, wie denn in der Rede
Z«r JolOToy.(JUTOl'g, nachdem das Convolut Gesetze (§.22)
mit dein küße zai Keys in des Schreibers Hand ist, bis
^. 82 die weiteren Gesetze (ohne lüße oder Kaßujv),
gelesen werden, und dann der Redner sagt: Üqu ti^
i'iaiv in lotJiüi ioii vu^oq; dei^ov. ovtoai. leyn
TOVTOV (cf. Andoc. neoi ruiv (avOtijqivjv %. 87)^ und
einige Par.igraphen später: 'kiyE TOV fierä tat TU vo/^ioq.
r ovTOl ndvieq eio'iv. INoch deutlicher ist diess aus
Demosthenes ne^l ttuqo.k. S.^40. Xeye fioilaßujväy.
Tili TtQOTSQUi iniOToirji; avro tovto, ipdevöe.^ksye.
und in der Leptiuea g. 84. kijS ö>/^ /.ai tu Tip Xa-
fiaia ipijcpio/w. ipij(fio9iv oqu Sij xai ay.omr Sei
ya.Q ai'TO ivTar&' t'lva'i TCOV , wo der Redner sichtlich
seine zusammengeschriebenen Urkunden hinreicht, aber
nicht eben gleich die Stelle genauer bezeichnet, wo das
Fragliche steht. Aehnlich ist X«r« '.lotaioy.o. g. 162,
wo der Redner sich, nachdem schon ein Paar Briefe ge-
lesen sind, die Stelle zeigen lässt, die er weiter gelesen
haben will: Uys i^ ereoag iitioiokiji e7itdeii;a^.
Wenn sich dagegen «Icr Redner erst eine Urkunde rei-
chen (den; dl: /lw' r' 86y(iaTU tuvtu so vTttQ Kiija.
^,. 153. 156.) und dann erst sein kiye folgen lässt, so
scheinen die beiden Aufforderungen an dieselbe Person
gerichtet zu sein. Jedenfalls aber ist nur daraus, dass
der Redner die Urkunden zHm Lesen entweder vor oder
wälirend seiner Rede hingibt, begreiflich, wie Demosthe-
nes dem Aischines vorwerfen kann TUiq vo^ovi ^UTU-
noiulv, TUiv Ö' mfcaoMV filtii], uvg ökov; öi/.atov
iiv dvaA>iyvujoyea&ai tuIc, ye ö/KaiioyoOt. xaTU Toui
vöfiovi 4>,jCfi£io9ai {intQ Kti]'}. S- 121. cf. xaia
•AQimoy.o. %. 88.) eine Stelle, welche beweist, dass
das Vorlesen'durch den Grammateus nicht etwa die staat-
liche Garantie für die Richtigkeit des Gelesenen in sich
Von den nns erhaltenen Gerichtsreden sind vcrhält-
nissmässig sehr wenige von ihren Verfassern selbst vor
Gericht gesprochen ; alle von Isaios und D.narchos, mit
Einer Ausnahme alle von Lysias und von den Demosthe-
nischen die meisten sin.l in fremden Processen und auf
Bestellung geschrieben. Der koyoyocufoi war iiaturlicli
bei der Anakrisis nicht gegenwärtig, ihm musstea dio
539
540
l)ocumcii<e , auf <llc es bei eler jforiclitllclicn Vcrliandluiig;
aiikonimcn koiiiifc , Spifrns der Pnrtcipii ringpii.'indigt
»i erden, «eiche von ihnen und an »elclier Stelle jedes
er in der zu haltenden Rede anbrinsfen «ollte, mnsste
natilrlich so {(enau bezeichnet sein, dass si<h der Besteller
damit znrechf finden konnte. Und da «ir keine Spur
einer ^iunierirnng' oder sonstiger Ordnnngszeichen vor-
finden, scheint es natürlirh anzunehmen, dass der Xoyo-
yoaCfOi die Actenstücke so einschaltete , wie sie der
Sprecher verlesen lassen sollte und «ie wir sie noch ia
einigen Reilcn eingeschaltet linden, mögen sie dann dem
Schreiber einzeln oder vereinigt in Ab^chrift für die ge-
richtliche Verhandlung selbst i'iberreidit worden sein.
Aach" eislich \iurden manche gerichtliche Reden nicht
bloss in dem betreiren<len Gerichtshöfe gehalten, sondern
hinterdrein herausgegeben; und solche herausgegebenen.
Reden sind wohl nur auf unsere Zeit gekommen. Mochte
die Absicht sein , über einen interessanten oder politisch
wichtigen Process allgemeinere Kunde zu verbreiten oder
den Ruhm ausgezeichneter logographischer Kunst zu ge-
winnen, jedenfalls mussten die beweisenden Urkunden an
der Stelle eingeschaltet zu lesen sein , wo sie die Rich-
ter gehört hatten. Und ahmte Isokratcs in seiner ,,l£oi
O.niö'i0f(!)i'''' die Form gerichtlicher Rede nach, und
waren, »i ic manche Gelehrte annehmen, Aischines und
Demosthenes Reden TlEoi Tlo.omtoeaßEiaq, edirt , ohne
für einen wirklichen Process bestimmt gewesen zu sein,
so mussten natürlich die Doruniente, auf die sich ilie
Bewcisführnlig stützte , in ihnen vollständig mit aulge-
nommen sein.
So erscheinen die Urkunden, Zeugnisse, ^^olksbc-
schlüsse U.S.W, als nolhwendige Thcile.der Rede, wenn
.«ie für weitere \'erbreitung rerrielHiltigt wurde. Wollte
man auch annehmen, tlass sich vielleicht eine oder die
andere 1Xei\e ohne weitere Edition im Besitz des Privat-
mannes, der sie gesprochen, und seiner Familie erhalten
und später drn M'eg in die Alexaiidriiiischen Sammlungen
gefunden habe, so würde mau doch auch ila voraussetzen
dürfen, dass sich die Documente in ihnen eingeschaltet
vorgefunden. Doch scheint unser l'orrath von üerichts-
reden, wie schon erwähnt, nur ans edirten zu bestehen,
and «ie viele abschriftlich »erbreitet genesen sein müssen,-
lehrt ein Blick in .-Iristoteles Rhetorik.
Hieraus, glaube ich, ergibt sich, dass, wenn sich in
einigen Reden noch jetzt die Actcnstücke siimmtlich oder
theilwcise vorfinden, <licselbcn ebenso, wie sie <lpr Ver-
fasser eingeschaltet, überliefert, keineswegs erst in spä-
terer Zeit von gelehrten Editoren aus Archiven und Ur-
kundensammlungen eingeschaltet sind. In Demustheneg
Reden gegen Lakritos , gegen makartatos, in denen sich
die sAmmtlirheii Documente vorfinden, handelt es sich
nm ganz private Verhältnisse, und es ist in keiner AVeise
denkbar, dass sich die dort angeführten Contracte und
Zcngcnaussagen bis zu der Zeit der gelehrten Bearbeiter
in den öflentlichen Registraiuren erhalten oder in den
Urkundensanimliingeii des Pliilorheros , Krateros n. s. w.
eine .Stelle gefunden lieben sollten.
'** dagegen in ilen meisten Red^n von den Urkun-
den Niilits als die Ueberschriften geblieben, so lassen
«i' h m:?ncherlel Möglichkeiten denken , « ic das gekom-
men. Kamentlich dürfte sich der Umstand anführen las-
sen , dass das Sfudiuin der Attischen Redner bald über-
wiegend im Interesse der Rhetorik und der Attischen
Diction betrieben wurde , woraus sich denn die Auslas-
sung jener Beilagen von nur sachlichem Interesse gar
wohl erklären liesse»
^ on den erhaltenen Urkumren aller andern Reden
unterscheiden sich die in der Demosthenisrhen Rede
inli) Kn-OKfüjiTui auf höchst auffallende "Weise. In
keiner anderen Rede findet man Documente, die das
Datum , welches sie bewahrheiten sollen, entweder gar
nicht berühren, oder ganz anders darstellen, als nicht
bloss die sonstigen Ueberlieferuiigen, sondern die nächst-
stehendeii Worte des Redners erwarten lassen — in kei-
nen andern Zeugenaussagen, in denen sich die Zeugen
nur mit Hinzufüguiig des Vaternamens nennen, — in
keinen andern so mannichfache AbHeichungen von den
bekannten Formen des Attischen Staates und dem offi-
ciellen Sprachgebrauch. Dazu kommt, dass von den ctna
fünfzig Namen von Zeugen, Gesandten, Rednern, Beam-
teten u. s. w. , die in den verschiedenen Urkunden ge-
nannt und zum Theil mit den Namen des ^'aters und des
Demos näher bezeichnet werden, uns ans andern Ueber-
lieferuugen her so gut wie keiner bekannt ist, obschon
sich der Katalog der aus Demosthenes Zeit bekannten
Attischen Personen anf nahe an zweitausend jVamen be-
lauft, Namen, die natürlich znm grössten Theil die der
reicheren und bedeutenderen Leute jener Zeit sind. End-
lich «erden in den eingeschalteten Volksbeschlüssen zur
Bezeichnung des Jahres Archouten angeführt, die ent-
schieden falsch sind; weder in Inschriften, noch in
Schriftstellern (vielleicht Eine Stelle ausgenommen) fin-
den sich sonst diese Psendeponymen , und unsere Rede
bietet deren etwa zehn dar.
Der letzte Umstand ist es besonders, der zu mehr-
fachen Untersuchungen Anlass gegeben hat. Das grosse
historische Interesse der Urkunden schien es besonders
wünsrheiis« erth zu machen, dass ihre Ecjitheit , ilie bei
solchen Ucbelständeu allerdings grossen Verdacht gegen
sich liatte, erwiesen würde.
AVas von früheren Gelehrten, namentlich von Palme-
rius Corsini, Taylor versucht worden, können wir über-
gehen , da in den letzten zHanzig Jahren mit grösserer
Schärfe und Umsicht, als früher, das Für und Wider
durchgesprochen ist.
Zuerst machte Herr Schömann die Möglichkeit geU
tcnd , dass die Naiiieii dieser Pseudcponymi vielleicht
substituiite Archouten bezeichneten, wenn etwa durch
Krankheit oder Tod odi'C durch Absetzung des Eponymos
ein anderer an seine .Stelle erloost werden musste (do
comitiis p. 14.')).
Sodann versuchte Herr Speiigel in seiner treulichen
Abhandlung .,über ilie sogenatmlen Pseudeponymi in De-
mosthenes Rede für den Ktesiphon" (im Rheinischen
Museum II. 3. I.S'.'Ö. p. .'^fiti — 404) nachzuweisen, dass
die Vülksbeschlüsse von dorn Redner selbst in die Rede
aufgenommen seien, aber ohne Angabe des Datums und
der Archouten, und dass diese erst in späterer Zeit irgend
541
542
ein Unkundiger beigefügt habe. Lefzcres zu bcs<a<igen,
theilt er eine Reihe seiner Ueobach<nngcn «iber die lor-
konimciidcn >3men nnd Zahlen mit, in denen sich aller-
dings die armselige Phantasie des Verfillsrhers zu ver-
rathen schien. Eine genauere IJntersnchiing iiber den
Inhalt iler Uecrcte und die Berücksichtigung der stnsti-
gen Urkunden in nnserer Rede vermied er.
Einige Zeit darauf erschien Herrn lüjckh's nieistcr-
Iiafle Abhandlung de archonfibiis At<icis pscudepon) niis
(Abhandlungen der Berl. 4kad. 1,SJ7, edirt ISiü). Fest-
haltend an der Echtheit der Docuniente , glaubte er aus
einer Verivirrung in den Archiven naclnveiscn zukünnen,
wie die Archontennamen durch .IMi-ssvcrständniss entstan-
den nnd Uecrete , die, auf ganz andere Verhältnisse be-
züglich, in Ermangelung anderer eingeschaltet worden,
ausser Zusammenhang mit den \\'ür<en des Redners seien.
Er nimmt an, dass in dem Archive die Acten eines
Jahres in Fächer vertheilt bei einander gelegen und alle
diese Fächer als gemeinschaftliche Etikette den Namen
des Archen gehabt hätten, so dass in den einzelnen Do-
cumenten der Archontennanie weggelassen und nur die
speciellere Datirung mit dem Namen des Prjtanienschrei-
bcrs darin aufgenommen worden sei; im Laufe der Zeit
hätten sieh dann jene Etiketten verloren, und von den
Sammlern seien die INamen der Prytaniensclireiber irr-
thnmiich statt deren der Arclionten angenommen. Man
kann nicht läugnen , dass diese Hypothese, die Herr
Bückh mit der ihn auszeichnenden Eleganz durchgeführt
und zur Lüsnng auch der historisclien .Schwierigkeiten
ausgebeutet hat, mit überraschender Einfachheit die ganze
Frage löst, und es scheint diese Ansicht die allgemein
herrschende geworden zu sein. Herr Wi?i{eitshy hat
dieselbe im Bpilogus seiner commentarii in Demosthenis
orationem <le Corona (182^') in einigen Punkten weiter
verfolgt, null Herr Westermnnn, in Sachen des Demo-
iithcnes eine Autorität, hat für sie und ihre Consequcn-
zeii neue Bestätigungen geltend gemacht (Zeitsthr. für
Alterthumsw. 1,SJ7. Nr. 36).
Einer Erörterung im entgegengesetzten Sinne unterzog
diese Urkunden Herr Brückner in seiner fleissig gearbei-
teten Schrift ,, König Philipp und die hellenischen Staaten
1837." Die Untersuchung wendet sich namentlich auf
den geschichtlichen Inhalt der Documente, und Herr
Brückner glaubt wenigstens bei mehreren in ilireni nn-
hisforisrhen Inhalt den sichern Beweis der Unerhtheit
gefunden zu haben; bei andern, wo sich derartige Wi-
dersprüche nicht zeigen, wagt er keinen Zweifel geltend
zu machen; gegen Böckh's .Annahme erklärt er sich mit
einigen allerdings wesentlichen Gründen. Es ist zu be-
dauern, dass Hr. Brückner den eingeschlagenen XV eg
nicht weiter verfolgt hat, er würde zu klarcrem Resul-
tate gekommen sein, und jenes ,, Schwanken im Urtheil,
das nur Ergebniss eines dunkeln Gefühls, nicht das eines
eindringlichen Forschens iiiid deutlichen Erkeiinens ist"
(Zeitschrift für Alterthumsw. 1837. p. 301) vermieden
haben. —
Der letzte Herausgeber der Rede für Ktesiphon hat
sich mit so entschiedener Vorliebe auf die vernachlässigte
Erläuterung Demostlienischer Kunst gewandt, da>s dar-
über die sonstigen Schwierigkeiten fast zu sehr in den
Hintergrund getreten sinil ; Dissen schwankt zwischen der
Billigung jeuer Hypothese und den von Hrn. Brückner
angeregten Zweifeln; und von den Beurtlieilern seiner
Ausgabe in Jahns .lalirbüchern und im Müncliner Ge-
lehrten Anzeiger ist die eine und die andere .Ansicht in
Anspruch genommen, ohne dass wesentlich Neues zur
Begründung beigebracht wäre.
Jedenfalls wird man zugestehen müssen, dass die vor-
liegenden Urkunden verdächtig erscheinen. Ton den vier
möglichen Fällen, dass sie entweder die von dem Redner
selbst eingelegten Actenstücke sind — oder ein späterer
Gelehrter sie aus Archiven, ürkundensammlungen oder
dergleichen eingeschaltet hat — oder dass sie unterge-
schoben sind — oder dass sie aus alten von dem Redner
selbst beigefügten Stücken nnd späteren ungehörigen Zn-
sätzen bestehen, • — von diesen vier Möglichkeiten können
wir die erste sofort ausscheiden, da die Worte des Red-
ners mehrfach mit dem Inhalte der IVkunden in Wider-
spruch sind nnd die falschen Datirnngcn unmöglich von
Demosthenes Hand herrühren können. Auch gegen die
letzte Möglichkeit wird sich der Inhalt der meisten Do-
cumente geltend machen lassen. So bleibt denn nur die
Wahl zwischen der gänzlichen Unechtlicit und jener .Vn-
nahme späterer nnd , wenigstens muss man hinzufügen ,
ungeschickter und gedankenloser Hiuznfügung.
Gegen die Unechtheit — denn wir müssen einige
.'lUgenieine Punkte vorweg besprechen — macht man gel-
tend, dass der Fälscher gewiss besser den Worten des
Redners entsprechend niitergeschoben haben würde, dass
die angezweifelten Stücke ,,zu reich an Specialitäten sind,
zu sehr das Gepräffe der Originalität" tragen. Aber sind
eben diese Specialitäten im Widerspruch mit den sonst
dncumcntirten Ereignissen, so wird man sich berufen
können auf die Briefe des Demosthenes, Aischines, Piaton
und Anderer, die ebenso »oll höchst detailirter Nach-
richten und nichts desto weniger erlogen sind. Das ge-
ringe Geschick aber, das der Falscher bewährt hat,
wäre allerdings noch am meisten geeignet, seine Ehrlich-
keit zu retten.
Nur erheben sich gegen die andere 3Iöglichkeit, die
einer späteren Einfügung durch einen Gelehrten, niclit
kleinere Schwierigkeiten. \\\t glaubten aiinelimen zu
müssen, dass ursprünglich jede Hede mit ihren Acteii-
stückcn edirt worden. Waren diese im Laufe der Zeit
verloren gegangen , so wollen w ir die Möglichkeit ein-
räumen, dass sich Gesetze, Psephismen, Briefe des Phil-
ippos Aniphictyonenbeschlüsse aus öfienilichen Archiven
oder Urkiindeiisainnilungeu ergänzen liesseii; aber Zeu-
genaussagen wurden gewiss doch nicht über Jahrhunderte
hinaus aufbewahrt, nnd deren finden wir zwei in unserer
Rede. Wir iiehmen gern an, dass der Gelehrte fehl-
greifen konnte, wenn er aus einer grossen iMenge von
Urkunden die von dem Redner gonuiiifen herausziisii<tien
hatte; aber er konnte dort unmöglich Briefe und Be-
schlüsse lorfinden, welche ganz ctnas Amleres enthalten,
als die für dieselben Verhältnisse wirklich geschriebenen
nachweislich enthielten, und deren finden sidi ein Paar
unter den vorliegenden. Nehmen wir jene hypothetische
Verwirrung in dem Archive oder der ilorlher stammen-
den Urkundensauimluug an, so muss es ein seltsam un-
HS
344
gi'lelirfrr Gelelirtnr gewesen sein, «ler Lei so grosser
IJciiiiiliuiisj, die zu üemostlieiirs AVcrkeii passemlen Ac-
tciistiiike zu fiiulfn , so arge Felilgrifle machen, der
die Nanieii der Prytaniensclireiber als ArchouJeiinanien
nnrrühreii koiiiitr , »i.'ilirend ihm der Katalog der Epo-
iivuieii bei einiger Keiintiiiss gpgenu.'irlig oder leicht zu-
gäii-^licli sein niiissle. Endlich aber scheint jene ganze
Hvnothese, so fein ersonnen und <lnrchgefuhrt sie ist,
o-e'o^en alle Glaublichkeit zu streiten. Sie setzt voraus,
dass die in offentliclien Ardiiien niedergelegten Decrete
nicht ansilriicklii h den Manien des Archonten enthielten,
der ja in dem Gesammttitel für die mehreren Fächer
desselben Jahres gestanden habe; sie beruft sich auf die
ähnliche Weise mancher auf Steinen und in Reden erhal-
tenen Decrete. Aber man muss geltend machen , dass
Jnschnflen so gut «ic die in Reden vorkommenden De-
schlü-se eben Copien sind, »fthrcnd es auf keine A\ eise
denkbar ist, dass der wirklichen Urkunde die wesentliche
Geiianigkoit einer durchaus vollständigen Datirung ge-
fehlt Iiaben sollte. Unzweifelhaft wurden in die Archire
des 31etroons die Originalurkunden deponirt, und mag
rs immerhin zur Erleicliterung der Registratur jene Fach-
fiberschriflen gejjeben haben (obschon diese clironologi-
sche Anordnung eines fortwährend zu benutzenden Staats-
archivs nicht eben sehr wahrscheinlich ist), jedenfalls
inussten die einzelnen Artenstücke vollständigst datirt sein,
wenn man nii ht in jedem Augenblick die heilloseste Ver-
wirrung riskiren und jene Coiitrole unmöglich machen
wollte, üie oft missrerstandenc Genialität der Athener
schloss keineswegs oine sehr genaue Buchführung und
die lorsichtigstc Sorgfalt in jeder Art von Geschäftlich-
kcit aus. Ich glaube behaupten zu dürfen, dass die
200101 ein wesentlicher Theil jeiles Actenstückes waren;
und wenn Aischines (zara Arijon/ uji^ro^ §. 24) sagt:
dvdyvoi'Ji i:ii zipoi do^ovrog xai ttoiov fu]vuc, xai
iiV Tivi ijueoa y.ai ev noia iy.vXi^aia sieiqozovyi^ii
zJluiootUflji (cf. Tltui nu(ju:i(j. §. Ul), so wird das
gewiss ebenso, wie es lerlesen wird, in der Urkunde
gestanden Iiaben , und nicht etwa der Name des Archou
aus der Fachüberschrift entnommen gewrsen sein.
üiess sind die Einwände, die sich vorläufig und im
Allgemeinen gegen die llvpothese Uückh s aufstellen las-
sen; Einwände, wehhe ynnäclist nur dazu dienen sollen,
■las entsihiedene ^ rirurtheil /'icr ilieselbe ein wenig zu
beschränken und eine unbefangene AVürdigung der Actcn-
stüeke möglich xu machen.
Wir werden dieselben einzeln durchnehmen müssen,
da sich ja <loch möglicher AVeise, wie in andern Reden
einzelne echte Urkunden erhalten Iiaben und ausser ihnen
einige erdichtete eingeschaltet sein konnten. Die Reihen-
folge, dir l rkunden zu besprechen, ist glei<ligiiltig nnd kann
sich nach der lieijuemlichkcit der Untersuchung richten.
II. Aischines Klageschlift und Klesiphons Antrag.
Die Klageschrift des Aischines (g. 54) hat allen
Schein der Echtheit für sieh; sie nennt keinen pseudepo-
uvmcn Archon, sie stimmt mit den Worten des Reilners
ijbcrcin, und die kleinen sachlichen Schwierigkeiten, die
sie darbietet, kfinnen eher zur Vervollständigung unserer
Kenntniss, als zur Begründung wesentlicher Zweifel zn
ilienen scheinen. Nach den Anfaugswurten der y^affi]
reichte Aischines dieselbe ein liTCi XaiQluvdov ag^OV-
Tog, EKtif.ijijokiuJvug exTij ioinfisfoi'. Chairnndas ist
der Archon von Ol. 110. 3, dem Jahre der Schlacht von
t'haironeia; «Icr sechste Emphebolier entspricht nacJi
Idler's Berechnung des Aleton'schen C^klus dem 26>
niarz 337.
Ktcsiplions Antrag dagegen (§. 119) erscheint schon
durch seine Datirung ungleich unzuverlässiger; eTli ap-
Xovrog J::^v^vyjJoL'<;, Uvaviiptujvus ii/dii] äitiovrog
(fvkijq TT^ivTapevovoijg OlvtjiSog Krijaicpujv Atioo-
divoi'i '^IvacpXvOztog *) eiTTS. Alan könnte in der fal-
schen Stellung des a^^ovToq (es musste nach officiellem Ge-
brauch i:i' i^L'dL'y.Xeovg do^ovroi heissen) einen Beweis
finden, w ic ein nicht iiinreichcnd Unterrichteter den Namen
des Prjtanienschreibers irrig für den des Archonten nahm
und eine fehlerhafte Ergänzung machte. Sei denn Eiithj-
-kies Schreiber der dritten Pr_\tanie im Jahre des Chai-
rondas gewesen, so würde nach Ausweis dieser Datirung
Ktesiphon seinen Antrag am t 7- Octobcr 338 eingebracht
haben, während die Schlacht von Chaironeia am siebenten
flletageitnion (Plutarrh. Camill. 19), «las heisstam 4- August
geliefert war.
Man stellt sich den Zusammenhang nun so vor. De-
mosthenes war bei seinem patriotisrhcn Eifer für den
Krieg gegen Philippos auf das Jahr des Chairondas zum
TElXoTtoiog und zugleich zum Vorstand der Theoriken-
casse ernannt und gab zu den in beiden Aemteru ihm
am ertrauten Geldern Bedcutcniles von dqm Seinigen, be-
sonders als es gleich nach der unglücklichen Schlacht
darauf ankam, die Stadt schnell in Vertheidigungsstand
zu setzen. Aber sobald der Friede vermittelt war, be-
gannen seine Gegner ihn auf alle Weise anzufeinden,
und um eine Aeusserung der Volksgnnst für ihn zu ge-
wintien, beantragte Ktesiphon, Deniosthenes auf den
nächsten grossen Dionysien zu kränzea; dem aber trat
Aischines mit seiner Klage Jiaoavofxvjq wenige Tage
vor den Dioinsieli entgegen, und die Sache blieb bis zur
gerichtlichen Entsclieidung, das heisst bis zum Herbst
330 suspcndirt, «vo «Icnn allerdings gegen den Kläger
«ntschieden worden.
Fortsetzung folgt*)
Persotial-Chronik und Mise eilen.
Weimar. Herr Director Gernliard liit zu iler fiir den
25- April anbcraunilcn KiitUssiuigsfcieilicIikeil aiiicli ein Pro-
graiuni eingeladen, wcicbes Qiiacstioiiurn I'latoincnrum speci-
men pri/iium enlhatt; er veibreilct sich über de repiibl. Vlll, 1.
und IV, 5. Die Zahl der das fiyninasium besuchenden Schüler
war 150.
*) Ich übergehe es für jetzt. Ober die zwei Ktesiphons ,
die Ilaipokration unterschieden wissen will, "nd über
I.eosiheiies , den angeblichen Vater des unseligen, zu
5|)icchcn.
Zeitschrift
f ü r die
AI terthu ms wissenschalt.
Sonntai^ j 9- Jnni
18 39.
Nr. 69.
Die Urkunden in Deiiiosthcnes Hede vom Kranz.
(For ts etzuni;.)
Ktesiphons Antrag ist in folgender Artmotivirt: tTlSldij
£lij^iood£vi]i . . . .ysvöjiEvoq in f i-iaXijvijg r/J? tuju
TEixiiiv iiiioy.Evijq y.ui noogavakujaai ei'g tu Igyc.
dno Ti]g idiug ovaiai TQia räkavTa ensdcoy.E ravra
TU) Siifxoi xai kni T o V dsojQ/y.ov y.UTaOTudeii
enedojy.e xoii ix Tcaauiv xwv (pvkojv SsojQ/yoi; iy.a-
Tov fj.väg st'i dvaia.Q, dedöx^ac x. t. k. Mehrfaclio
Aeusserungen lies Aischincs bestätigen, dass jener um die
Zeit, wo Ktesiphon diesen Antrag machte, beide Aemter
gehabt habe. Aber Aischincs belehrt uns genauer über
die Fassung des Antrages g. 236 : 7)6eojg ö' av eycuys
ivavTi'ov Vf^tujv dvakoytoo.if^np TiQog rov yQaipavTU
CO ip}jrf/oua, 8/d Tioi'ag eieoyeaiag di;ioi ^tjf-ioa-
&evi]v OTECfavdjoat- ei ftsv '/«p kiyEic,, o^ev ti}v
aQXi^v T o ii ip)j cfi 0 f4 ar o g inonjouj, öri rac,
rdcpQOi'g rag tte^ji t« rE'Xif y.akuji; izücpQEvaE^ &ai'-
fxa^vj aov. Also Ktesiphons Antrag muss mit Erwäh-
nung von Gräben, die Demosthenes habe ausführen las-
sen, begonnen haben; ans dem gleich folgenden: ov yuo
TtEQixuoo.xwauvru X"V ^'^- ^^^7.'] ovÖe rag dij/^io-
otag TUCfdc, dvekovTa xuv ögd'jji; UETtok/TELiftii-
vov övjgeug aljEiv, ersieht man, dass um dieser Schanz-
gräben uillcn selbst die öiTentlichen Gräber nicht geschont
wurden. Dasselbe freilich mit der Färbung der entgegen-
gesetzten Parteiansicht bezeichnet Lykurg, wenn er die
Stimmung und das Treiben in der Stadt nach der Bot-
schaft der IViederiage schildert (xaiu AtiOXfiaTOVO, %. 44)
y.aizot y.ax ixEivovq, Toig xQouoLg oiJx laxiv ijrig ijkr/.ia
ov TtapioxETo EavTi]v sig xijv xijg Ttökevjg aujxijQiav,
ore ij fj.ii' j;w'pa xd öivSoa ai'vEßdkkExo ol di x £-
xeke vxijxd T £g xug 9ijxag, ol dh vE<p xd ünkc.-
ETtsuEkovvTO yuQ Ol fihv xfjg xiijv xeiyojv xaxa-
ay.evi]g,oi di xfjg xwv x dcfoviv, oi de xijg xuoa-
y.ujOEüjg. Auch Demosthenes bezieht sich auf diese
Gräben an mehreren Stellen, besonders g. 248: UExd
Tt]v uax>)i' Ev^vg, yiiix oüd' dyiv)f.iovf]aai xi
&avfinaxog ijv xovg nokkovg TTQog i/^ii, ttqcoxov
fiev 7iE(ii autxijoiag xijg nokEujg xdg ifidg yvojfiag
exEiQOxöosi , xai nduS' 6oa xrg (fvkaxijg ivExa
iiiQarxExo , i; didxa^ig xüjv (fvkuyMv, oi xdcpooi,
T« eig xd T£;;f;; ;fpr/'/.<«r«, Suc xujv if.w~iv ipi-qiojiü'
xiov iyiyvETo- ineii^' aiQov^iEvog aixu'jvi]v ix ndv-
Züiv i^e ixEigoTÜvijOEV ü dijf^og. Demosthenes fügt
hinzu, wie sich nachher (/.tExä xavta) die Gegner ein
Geschäft daraus gemacht hatten, ihn auf alle mögliche
Weise anzugreifen {yQC'.ffdg, Ei'&ivag, EtgayyEh'ag,
ndvxa xuvx' inayovioiv i^oi), so dass cr^ xovg ttquj-
xovg x(>''<i'oi'g y.axd xijv ijnioav ixdaxijv vor Ge-
richt gestanden habe. ^
Man hat diesen Ausdruck xoiig Ttou'ixovg XQOVOvg
so verstanden, als heisse es die erste Zeit nach der
Schlacht von Chaironeia; aber dagegen spricht nicht bloss
das Obige, /<£r« r/j/J [Ktx^^v Ev^vg sei Alles nach sei-
nen Antragen geordnet worden, und dann erst {jiExa
xavxa) systematische Anfeindung der Gegner gefolgt;
wir finden in den freilich entstellten Angaben des Ai-
schincs noch weitere Bestätigung. Nach der Nachricht
von der Schlacht, sagt Aischincs §. 159. xrjiljui; TTQog-
kaßuiv i'fiüjv [y.ai] xovg "Ekhjvag }joyvgukoyi]a£-
y.axuyovorrg öe airov Etg xi)v TCÖkiv xijg dnoogSo'
y.i]xov aujzijojag xovg fjlv itQojxovg XQO^^oyg
vnöxQo^og fjv dvi^ovjTtog, v.o.i Traoiojv ij^i/ifvijg inl
xb ßrjixu eioijvocpvkaxa vfiitg avxoi' ixEkeve %f'po-
xovEiv i'/JEig öi xaxd fuv xovg TTQuixovg XQovovg
ovo' inl xd. ipijcpio^iaxa iidzE xd z/ijfwa9svovg etii-
yoäcpeiv övo^u, äkkd JSavatxkEi xoixo TtQogtxo.x-
TSXS. Hieraus crgiebt sich, dass Demosthenes gleich
nach der Schlacht noch mit seinen eigenen Psephismcn
die Befestigungsarbeiten so gut wie die Aussendung zu
den Hellenischen Staaten (das betrelfende Psephisma wurde
in Dinarrhos Rede 1. c. verlesen) veranlasste, und erst
nachdem der Friede geschlossen war, mag er jenen viel-
fachen Anfeindungen ausgesetzt gewesen sein (cf. Aischin.
g. 2'27). Jedenfalls aber wurde gleich damals dem De-
mosthenes ein Zeichen allgemeiner Achtung (('-7 fo ^J'i'^;
g. 28"'i.) xeiooxovuiv ycw 6 di;uog xuv eoovvt
'ijilxoig xExiktvxrxooi tiuq avcd tu TTQuyfiuxa
ov ae ixElQOxövilOEV, sagt Demosthenes gegen Aischines
. . . ov8e ziiuidöi]v, d(,xi uETinny/.oxa xi;v Eigtjvi;y
X. X. k. (cf. Aischin. §. 15'-'. ETÖ/.f^ajOEy xoig SguTtE-
xuig noalv dvaßug iiti xov xd(fov xov xwv xtkEv-
Tiiodvxujv iyy.ü}iitdCE/v xijv iy.iivojv uqexi-v). Es ist
damit die regelmässige Todtenfeier gemeint, die zum
Gedächtniss der Gefallenen jährlich am bestimmten Tage
(iUo die Cic. Orat. c. 44) im Kerameikos gehalten wurde
cf. Isoer. ntol Eigtjvijg §. 88. Diese Feier aber fällt
gewiss nicht zusammen mit dem Trauerfest der Genesien
am fünften Boedromion (Becker Anecd. I. p. 86), "le
Weber in seiner trefflichen Abhandlung „über Pcrikles
547
548
standrede" p. ID rermnthet; TliuLvilides (11. 34 nnd 47)
bczcicliiict das Datum dieser Feier mit den Worten ei)
T(.'7 ;^f/nojf< uud zwar hat er kurz vorher (c. 31) das
(f^lvoTIojpov Tor dfnov; cnv.'ihiit (diess reicht vom
21. September bis 5. November nach Idler Handburh
der Chronologie I. p. 25?), darauf eine andere Begeben-
heit rot' deooi'i TuiTOi' TeXsi'TwvTo;, dann tov ixi-
ytyvoutvov X^niojvoi einen Vorfall in Akarnar.ien und
dann erst iv Tiji uiTi/i /f/,uw^/ die Leiclienfeier im
Kerameikos; eine spätere Begebenheit dieses Winters er-
w,ahnt er niclit. Diese Notizen und die Vergleichung
mit andern Leiilienfeiern, namentlich der für die im La-
niisrhen Kriege Gefallenen (s. meine Gescliichte des Hel-
lenismus I. p. T4) lehren, dass die Feier im Kerameikos
uothiveniliger Weise nach dem angeblichen Datum des
Ktesipliontisrhcn Antrags, nach der Witte Octobers ist.
Ja, «ir «erden sie «ohl in den tiefen AVinter hinab
rücken dürfen und halten wir die Zeitbestimmung, Tiap'
avTci TUTCoclyuaTC. und dort 7ltllouy/.6iu tijv £/oiji/ijv
auch nicht hier allzustreng, so ist es doch immerhin
wahrscheinlich, dass geraume Zeit zuischen der Schlacht
von Cliaironeia und dem Friedensabsclilusse verging.
Wir können somit als die vorzüglichsten A'orfalle in.
dieser Zu ischenzcit et»a folgende bezeidinen. Gleich
iiacli der .Schlacht «ar man in Athen eifrigst bedacht
auf iveitcren AViderstand, Hvperides machte sein berülim-
tes Decret, den Sclaven die Freiheit, den Eingesessenen
■las Bürgerrecht zu geben (L^vkurg. XUTU Asur/.Q. ^. 37.
Longin. Tisot rip. XV. lü). Wan envartete einen An-
griff der Makedonier auf Attika, eine Bciagcrniig der
Stadt. IMau flüchtete alles beuegliche Gut vom Lande
herein; man ordnete die Wachtposten, man uarf Sclianz-
gräbcn auf, baute Fallisadirungen , stellte in möglichster
Eile die Mauern her. Darauf u urde Demosthcnes zum
ntTOiVI i gewählt , offenbar um bei der criiarteten Be-
lagerung die Zuiiihr für die Tausende, die sich in die
Stadt zusammendrängten, zu besorgen. Indess miiss sich
der Eifer der Bürger allni.'ihlich abgekühlt haben; De-
mades, der bei Chaironeia gefangen war, kam mit Fric-
ilensantr;igen vom Philippos (Diod. XVI. y7. Domades frg.
VTtSo ()wdiy.. §. ',)), die Friedeuspartci setzte es durch,
dass nicht Charidemos , sondern Pliokion zum Feldherrn
erwählt wurde; endlich kam der Friede zum Abschluss,
rermulhlich Anfangs October.
Noch haben wir ein Paar Bestimmungen nachzuholen.
.Aischines äussert §. I.jl). oi'i njn ÜTld OToatuntdov
uuvov r(i.i;iv iklTliv, ut.Ku v.al x)]v kv. Tlji; Tio'kiiu)^
fvielleicht oJ.'t.u y.ui dncdoa iv. Tij; 7iu/tui(; cf. JJ. 'J,j3)
raii^orj ■jgo;,Kaßv')v vfiuiv, Y.iu roi'i "EkLtjvai ijoyv-
Qoküyijae. Naher bezeichnet diess Dinarch (y.urd ^n-
flOO^. §. 80) uTitvUt (f]^oc TV Ipljcfiaua (des De-
mosthcnes) raj ijotjtiiva^ Tioioßeiag, ent/öij i^/.ovoe
tiira Tijv uaxr^v . . . 0i>.i:niav et'i ri)v %w';>c<i/ ijuojv
uEfJ.e.tt/ ii'^ßd/j.EiVi aiTui eci'iav 7ioeoij(VTi;v y.u-
zaay.cvdoai, 'iv' t/. r/;c nüLivi^ dnuöaaiij , ov-
ay.traoduivoi r/Js i^iu/y.ijoeoi^ oy.Toj tu/.uvtu oi'ötv
(foavTi'ou; tiJi; tuts Tiuooi'atjg dTioaiag, ijfix' oi
a/j.ui ndvTS^ ex tüüv ediwv iriedidooav f/'s r/yf
ViUTloav OüJTJ^piav. AV'ir wissen Genaueres darüber
aus Lykurgs Rede §. 72, wenn er sa^t: das Volk, das
sonst von Sparta, dem Peloponnes, Ton den Griechen in
Asien zu Hülfe gerufen wurde, ot'Tug eöeiro tujv e^
"Avdoov y.ai Kivj y.al Tgot^i^voi y.al Emöaugov
£7liy.oi'()iftr avTii) fiCTa:itiilpaai}(>./. Das eben ist die
Gesandtschaft, die damals Demosthenes unternahm, wahr-
scheinlich nicht bloss nach diesen beispielsweise genann-
ten Orten hin. Es forderte die damalige Lage des Staa-
tes die aufopferndste Hingebung Aller, und so steuerte
denn Jeder nach seinem A'ermögen bei, ja, zuletzt gab auch
Aristonikos das (ield , welches er sich bei Freunden ge-
sammelt hatte', um sich aus der Atimio zu lösen; das
Land gab seine Baume, die Todten ihre Graber, die
Tempel ihre geweihten AVaffen hin ; von den Bürgern
sorgten die Einen für die Zurüstung der fllauer, amiere
für die Anlegung der Gräben , andere für «len Bau
der Pallisaden. Und die Leitung aller dieser 31aass-
regeln war bei Demosthenes: Ttavi^' uoa rfjq (fvkay.r]^
tvey.a iiiQcixTETO, sagt er: ?^ ötärct^ti ztov CfvXa-
XiSi', ai TucfQoi, TU £ig r« tü^'J XQVf'-'^^^'- '^'" ^"•''^
6/-UIJV ifircf/OudTVjv iy/yrero. Demosthenes hatte die
Sendnng zu den Inseln beantragt, die Aischines mit dem
Ausdruck ijoyL'f)oKuyi]Ot: bezeichnet; wahrscheinlich for-
derte Demosthenes, uni Geld zum Manerbau zu schaffen,
ausser dem duyvQoXoyiiv auch die Epidösis, die frei-
willige Beisteuer, und er selbst gab sehr reichlich, wo-
von gleich ein Hlehreres.
Die gewöhnliche Annahme ist nun, dass eben in die-
ser Zeit Demosthenes xSLy^onoiUQ, gewesen und bei der
Gelegenheit die Epidösis gegeben habe, die jedenfalls
von Ktesiphon als Grund der Kränzung mit angeführt
worden. Auffallend schon ist, dass Demosthenes JJ. 248
hervorhebt, «lass er zum oiTv'ivi^g, nicht aber dass er
auch zum rstxoTtoio; gewühlt worden, und doch will
er in jener Stelle eben die Zeichen der A'^olksgunst auf-
führen; man könnte sagen, er wurde niclit erst nach ilcr
Schlacht, sondern in den regelmässigen Archairesien ge-
wählt. Aber ferner : Demosthenes hatte zum 3Iauerbau,
als Ttiyo:iuiUi; des Pandionischen Stammes, fast zehn
Talente iy. riji dioixijoscoi , aus der Staatscassc erhalfen
(Aisch. g. 31), ohne Frage war jede der zehn Plijlen
auf gleiche Weise zum Bauen mit Geld versehen ; es ist
unwahrscheinlich, dass der Staat <lamals an Idü Talente
für den Bau der flauer aulbringen konnte. Do(-h über-
gehen wir diese und ahnliche Probabilitaten, um sofort
den entscheidenden Grund herauszustellen.
Aischines spricht von Den)osthencs IMauerbau folgen-
dcrmaa.ssen (§.2/): £1' 0'"? Xc. l p (ö v ö o f dgX^"-
Toq Oaoyijkiuivui; fiiivog öevriion (f^ivuviog t/.xkij-
bi'ag UL'O)].; iyijuips 'tp/jcfioi-ia Ji]iioo3ivi]i äyofjdv
TTOtiiOui. tdiv (fitkuiv ^y.ipo(fOQiuJvui öe.vuija Iota-
fuLvov y.al xgic^, y.al ineia^ev iv t(J7 >l'i:(f/of^iaTi.
ey.äaniQ, tmv (fvkdiv ekiaSui loiq i:iifiitjji>i]aofji-
voi'i zu}v ii)yu}v siri TU Tfi'yij y.al caiiitiq y. r. k.
Aus diesem Zeugnisse des .Aischines ergibt sich, da.s»
Demosthenes, weit entfernt, gleich nach der Schlacht
TttXo:ii)iui gewesen zu sein, 10 Wonate später (l(i. Mm
337) den Antrag machte, in den nächsten Tagen (19-
und 20. Mai) dergleichen in den Versammlungen der
Phjlen zu wählen. Und doch ist auf seinen Vorsclilag
gleich nach der Schlacht an den Mauern und Graben
549
550
gcbant worden ! Jenes Zcugniss hat man anf alle Weise
zu übcrseitigen gesucht, da es allem dem ll^^)o(hesil•len
Zusammcuhang der ^'erhaldiisse zu widersprechen schien,
namentlich hat man emendiren wollen 71 ou Xalnmvduv
«p;fOfro5, gegen allen officiellen Gebrauch, dem sich
jene Stelle mit ihrer genau berechnenden Datirung an-
schliessen muss. Wir werden linden, dass sich Alles
vereint, um die vollkoninien feststehende Lesart gegen
alle Eniendation zu sichern.
Als festen Punkt wollen wir einmal die Angabc des
Aischines nehmen, dass am Ende von Ol. Hü. 3- auf
Dcmosthcnes Antrag aus jeder der zehn Phjlen Einer
gewählt ist, den Bau der IMauern zu leiten; denn was
gleich nach der Schlacht geschehen war , konnte nur
tumultuarisch sein. Und gerade <licss wird uns auf die
überraschendste Weise durch eine Inschrift bestätigt, wel-
che zuerst von Herrn Franz im Bulletino dell' instifuto
di corres[)ondenza archeologira per l'anno 18 iö , p- 79-
herausgegeben, von Herrn Müller in der Göftinger So-
cietät, von Herrn 3Icineckc in der Berliner Acadeniie in
besonderen A'orträgen erläutert ist; aus Herrn IMiiller'K
Untersuchung linden sich einige sehr schätzbare Notizen
in den Gott. Gel. Anz. 183(3- Stiick Ö3 A'. Diese In-
schrift enthält die Bruchstücke eines Volksbeschlussos,
dass die Mauern der Stadt, des Peiraiens, die langen
Mauern und tu Tii^l] tu 7l£oi ruv 7' . ... zu einer
durchgehenden Reparatur sollen verdungen «erden, und
zwar soll ü dg/^txl/.Tujv 6 z4;|;£/(>oroj'/;|W6i'OS i'TCO tou
öljuov den ganzen Bau in zehn Theile zerlegen und an
die Bauuntcrnclimor vermietlien (ot jiioSüjrxi.iiSDOt auch
Ol do](CTl'/.TOV£i)i diese sollen dann im Ratli der Fünf-
hundert in Eid genommen werden , dass sie Alles nach
weiter unten angegebenen Bestimmungen anfertigen und
zu festgesetzter Zeit (wie aus dem Späteren erhellt, in
fünf Jahren) fertig sein wollen; dann heisst es weiter,
es sollte nach Vollendung des Werks eine Berechnung
der geleisteten Arbeit aufgestellt werden i:ii jov Tii-
Xovg y.cd ei'^ to /u^tqioov 'loug tov SijfKm, und es
soll dabei aufgezeichnet werden, üa uv eiieuey/.ojoiv Ol
d()XtT£y.TOveq. Den zweiten Tlieil der Inschrift biltlet
die Reihe von Bestimmungen über die Anfertigung des
Baues, vorn und gegen Ende desselben hndet Hr. Mi'iller
von Gräben, Pallisaden u. s. w. erwähnt. Der dritte
beginnt mit den Worten y.aia Tade fiefiiot^ojritt tu
egyaofiifu, und noch sind zwei Bruchstücke von den zehn
verschiedenen Verdingungen vorhanden. Für unsern Zweck
ist besonders wichtig Zeile 37: oi TlüjXncut y.ai 6 SRI
TTJ Siui/.ijmi '^"IßQ. . . oT^itov. omektit;, was Herr
3Iüller vollkommen überzeugend hergestellt hat: AijOidv
AvxoiiQyov BuvTuöij^. Bekanntlich hat Lykurgos drei
Pentaeteriden hindurch der öio/'yjwi^ vorgestanden in der
Art, dass er zwar selbst ilas ganze Rechnnngs» csen lei-
tete, aber immer einen seiner Freunde den Namen dazu
hergeben licss (tcSi/ (fit_u)V Sl.tyoaipcifici'ö^T/ixi), ilen
vorher das ^'olk auf seine Veranlassung zum Schatz-
meister der Verwaltung gewählt hafte" (Müller in G. G.
A. lcS36. p. 523). Diese drei Finanzperiodcn sind nach
Böckh's treulicher Untersuchung entweder von Ol. 110- 3-
bis Ol. 113. 3. oder von Ol. U)',!. j. bis Ol. ll'J. 3,
und ich glaube, mau muss dieser letzten Bestimmung
den Vorzug geben. *) IVach Ausweis unserer Inschrift
hätte dann mit Ol. HO. 3 5 dem Jahre des Chairondas,
sein Sohn Ilabron die Stellung als ö inl tv itiioiV.i'iOEl
übernonmien, und unter seiner A'erwaltung wäre somit
der Vorschlag des Demosthenes vom Ende des Jahres Chai-
rondas zur .Ausführung gekommen. Den Ruhm dieser grosSert
Maassregel nimmt allerdings Demosth. für sich in Anspruch
(§. 29!)) Tov di Tiixiofiuv TovTOv, üv av itov Ött-
nuQtq , y.ai t}jv TUfmiiuv ui;/a fitv i'xQiTui y.ai
inaivov y.Qivjj y.. r. A.. ov XiOoig iTeixioa Tt)v ivokiv
ovöä Ti}Jvi}otq iyu) ovo' int rovToig i^iiyiGrov
T ui V i^iuvToS Cfoovt]} y. t. X. Dicss kann sich nicht
bloss auf die extemporisirten Maassregeln gleich nach der
Schlacht beziehen, die so bald eine weitere Reparatur
der Befestigungen ndthig machten; es hat nur Siuu,
wenn es Angesichts der grossen, fertig dastehenden Neu-
bauten j;esagt ist; unil eben diess ist ein Beweis mehr, dass
des Lyknrgüs A'ertvaltnng von Ol. 109. 3. zu datirenist;
denn hätte Lykurgos diess Amt, erst Hü. 3. beginnend
bis Ol. 111. 3. verwaltet, und iiäre ihm dann erst sein
Sohn Habroii gefolgt, so konnte das erst in fünf Jaliren
zu beendende Werk nun Ol. 112. 3? wo der Process
verhandelt wurde, nicht so fertig dastehen, wie es De-
mosthenes '^Vorte bezeichnen. — Gegen unsere Annahme,
<lass Demosthenes Antrag derselbe sei, dem jenes grosse
Unternehmen gefolgt ist, könnte man die aus der In-
schrift hervorgehende Bestimmung über den Architekten
und die ebenso genannten Unternehmer, durch welche
ja doch die Ernennung der Epistafen in den zehn Plyleu
überflüssig werde , geltend machen. Aber wenn eben
d.is gesammte Unternehmen in zehn Abschnitte getheilt
wird, so ergibt sich daraus, dass es eine Beziehung zu
den zehn Phylen haben muss, und offenbar ist auf den
M etteifer der Stämme gerechnet worden, welcher dcrPracLt
und Tüchtigkeit der Ausführung nur förderlich sein konnte.
So werden denn aus der Staatscasse an die Pandionis (und
*) Diese Frage ist in neiiesler Zeit mehrfach besprochen
worden Für die Ansicht, dass seine VerwaUiini; erst Ol.
110- 3 .Tniidangen , wird besonders angcfülirt, dass nach
dem Decrit hinter Pliilarchs X Oralt., sowie nach der oft
cilirlcn Sicllc des Hyperidcs bei Apsines Ljkiirgos tk^-
S-eli inl T>} JioKjJoH dt'n Bau des Theaters, der ScIiiU-
werlfcn n s w. Iiesorgle , alle diese Dinge ober nach
Aischines (xini'i KTtjn. §. 23) bis zum Gesetze des Hegemon
unter dem TlitoriKcnvcrsvahcr standen. Es genügt da-
gegen anziifüliien, ilass als Lykiirgos diofy.riniq nicht bloss
die erste, sondern alle drei Pcntaelcridcn gerechnet wor-
den, in denen er entweder selbst, oder durch Andere die
Vecivaltung leitete, wie dicss aus di n ausdriicklicheu
Worten des Decretes erhellt. Das Gesetz des Hegemon
ist, nachdem Dciiioslbenes die Theorikciikassc veiwallctc,
und vor dem Process gegen Klesiphon, also zwischen
Ol. tu. I. und 01.112. 3 scgeheif; und jcncZ«ei:.e des
Staatshaushaltes werden wohl in der zweiten Peiilaeteris
.TU die äwlxriatq znriickgcfallc n sein, l'ebrigcns wird nini»
von Aischines Ans<lrnck wohl P.edctitendes subtrahijcn und
annehmen Uiirssen, d.iss die Thcorikcnk.isse nur hier und
da einmal alle oder die meisten der dort angelührleu
Dinge in sich vereinigt halle; Demoslheues winde, wenn
er in diesem Amte, r.och vor Hegeinon's Gesetz, so Ee-
deulcndes 7u verwalten gehabt halle, uns nicht geschenkt
haben, seine Verdienste aus seinem eigenen Munde za
vernehmen.
551
552
gewiss ebenso an jeden andern Sfamin) itr/ooi' Sctf öiy.a
Ta/.«)Trt, nafiirliih für jedes Jahr vertbeilt, nnd in jeder
einzelnen Plivle wird ein eiriiiiki-rijg tujv tgyiuv fori
■r« T£i';^;; und ein TaulaC erwählt (fV >; iTÖ/.ig sxoi
vrzei'Dvra aioitaTd , rrc.o' (or etie'/J.E -viijr dvr}.v)iievuiv
koyor u:TOl.r,l\i£a{hi.l Aiscliin. g. 27). Anderer Seits
ernennt das ^'olk einen Bauverstandigen znr Leitung der
Gesanimtunterneiinmng und verdingt jede der zehn Bau-
sfrcokeu an ebenso viele Entreprejieurs , deren ^'erant-
worllicbkeit sich natürlirh niclit auf die Ocblsaihen ,
sondern nur auf die Contraktmassigkeit des Baues bezieht.
J»o , glaube ich, haben wir mit Bestininitiieit eine
doppelte Thiitigkeit des Demosthenes für den Manerbau
zu unters( lieideu , die eine in jener tumnltuarischen Zeit
•{leicli uacii der Sclilacht , die andere während des gros-
sen Baues, »o er seine Ph>le repräsentirte. A\ ären sie
nicht unterschieden, sondern Böckh's Emcndation richtig,
nach der im Skirophorion vor Chairondas der 3Iauerbau
beschlossen und das, was nacli der Schlacht geschah,
nur dessen Fortsetzung sein würde, so halte Demosthenes
Tuv TCr/icfin)r xovtov y.ai t);i' Turfoeiav nicIit erst
?. 2' • erwähnt, sondern unter den Torbereitungen zum
Kriege von Chaironeia.
Hier können ivir ein zweites Recret bespredien , das
sich leider nur in fehlerhafter Abschrift erlialten liat; es
ist ein Ehrendecret des Demosthenes für seinen Oheim
Demosthenes, lange nach dessen Tode gemacht, und ent-
hält die wichtigsten Punkte aus dem olTentlichen Leben
des grossen Redners. Es heisst dort: Acii- tl^ Tr,r tei-
yonoitav avd't.üjae x^^Q'^'^ovt^S^s'k; vno tov 6y;uov
c^T^öoiTo; av-voD Tgla Takai-ra y.al «; enedor/.E ovo
rdifgov^ rrfol xov Ileiouid racposi'arag y.a'i jieru ttjv
ev Xutoüiviiti fjoiyi^v i'TiiSujy.s -rdkawov y.a'i Et'i ttiv
atrvii'tav ärciöojy.s £v xy cnrubcu^ TuKavTuv. An der
Echtheit dieses Decretes zu zweifeln, ist kein Grund
vorhanden, wohl aber gelten die Worte für verderbt, so
dass schon mannichfache ^'ersnche, durch Auslassung
oder Veränderung zu heilen , gemacht sind. Jedenfalls
lassen sich nach den bereits gemachten Bemerkungen
hier die beiden Bestimmungen j.icra Ti;v It^X',^' """^
tii Ti;j' TBiyon onav ■/tiooTovrjliki.Q, vnu xov öijfiov
deutlich unterscheiden; wir finden die To.Cfooi \ind die
(Tixujiiu erwähnt, die unmittelbar der Schlacht folgte;
und irre ich nicht, so enthält diese Stelle auch die zwei-
maligen Bauten unil die von Demosthenes gemachten Zu-
schüsse erwähnt. Aischines (^ 17) sagt: /.ti;ci yno ov-
iii-- xityoTCütu.; iiuf ouuKuyuf dkk' emötöojy.a xij
xul.il iivdg iy.uxov y.ai xu ioyov uetCov iBiinyacr-
/lo.i. .So konnte von jenem Eillian gleich nach der
Schlacht nicht geredet werden. Leider aber fiiMh'n wir
in Deniochares Decret nicht die hundert Minen, sondern
drei Talente, und es ist «loch kaum glaul>Iich, dass Ai-
schines in jener Stelle das von Demosthenes Aufgewen-
dete zu gering sollte angegeben haben, ohne dass sich
eine Entgegnung in ilesscn Iledc fände, man niüsste denn
annehmen uoUen, dass Aischines in nachträglicher lleber-
arbeitiiiig aus 3 Talenten l'/^ zu machen für gut befun-
den habe, was doch sehr unwahrscheinlich ist, da auch
hnndcrt Ulinen immer noch eine anständige Epidosis sind.
Wir haben oben die AVorte des Aischines gegen Ktcsi-
phon (S. 23li) angeführt: et [itv yuQ keye/i, ....
oxc xag xdcfQovi, xug irsQi, xa xslyy xakajq exd-
(figcrae, i^ainiäLu) crov ov ydp ireQ/yaoa-
y.ojaavxa yor, xu xelyij oi'Se xag 5i] fioaiag xu(fa.g
dvskovxa xuv 6q9uj(; ncTroktxevjiei'ov düj(>caq a/'xeiv.
AVenn Aischines genau gesprochen, so kann mit dem
8i]U0nir/.q xa(fa(; nur das Fehl des äusseren Kerameikos
gemeint sein, während in dem Decret zwei Gräben um
den Peiraieus genannt »Verden; aber ich glaube, Aischi-
nes hat übertreibend absichtlich ungenau gesprochen, oder
auch er hat sich persönlich gegen Demosthenes gewandt, was
durch die gesammte Anordnung des Baues nothwendig
war. Es kommt Folgendes dazu: in iler grossen Bauin-
schrift ist die ganze Arbeit in zehn Theile getheilt , die
■jroujTi^ iiColg ist die sogenannte Nordmauer von dem
biaxeiyiaun der Stadt bis zu einem Thore auf dem
halben Wege zum Peiraieus , der fünfte umfasst die Süd-
mauer vom diaxslyjcyfiu im Phaleros bis zum Kephissoe,
der sechste vom Kephissos .... das Weitere fehlt; aber
man sieht, dass der zweite Theil die andere Hälfte der
Jiordmauer bis zum Peiraieus, der dritte und vierte die
Mauern der Hafenplätze und, da es in regelmässiger Folge
weiter gehen muss, namentlich der dritte Theil den an
die Nordmauer anstossenden Peiraieus enthalten haben
muss. Wenn der Entrepreneur des ersten Theiles ans
Korvdallos ist, so beweiset das nicht, dass jener Theil
der Hippothoontis zugefallen; finden wir dagegen, dass
der Paianier Demosthenes zwei Gräben in dem drittelt
Abschnitte des Baues, am Peiraieus hinzugefügte, so liegt
die Vermuthung nahe, dass eben die Pandionis, nach
der Ordnung der Phylcn die dritte, jenen Theil be-
kommen habe, und umgekehrt, dass Demosthenes Bau
der Gräben um den Peiraieus eben in die Zeit gehört,
wo der Peiraieus die dritte Abtheilnng Baues ge-
wesen. — iMit iliesen Dingen das Decret des Deniochares
in ücbereinstimmung zu bringen, gibt es zwei Wege;
entweder man verän<lere ix/buixog ui'xoü xQia xakavxu
in iTtiduvxog ai'xov TXXXX, y.iu aq insÖioxE Ovo
xd.CffjovQ y.. X. k., oder man schreibe £7ttduvxog avxov
xqIu xdkavxa, olg y.ul i'nedmy.e 8i'o xdcfQoog ttsqi
xov risiQa/d xaffoei'crai, so dass also Aischines mit
scineti 100 Minen nur die für die Mauer selbst verwen-
deten, die beiden Gräben ungerechnet, bezeichnet hätte.
Dürfte man frei schalten, so würde man die ganze Stelle
SU schreiben können : y.C'X £ig xr,v x£iyo-:TOllc(V dvuKiücr£
X£iooxoD)j9£'ig vno xov dijfzov ETiiöövxog avxov xa-
kavxov y.ut oig £TT£dajy.£ dvo xd(fi()ovg Trfo) xuv Ij£i-
QU.iö. xarpocvaag, yai /i£xd xriv £v XaiQUjvsia l^tu'/'/"
[£7iiSci)y.£] xdkavxa xgia y.al eig xr,v amovlav iirt-
övy/.c iv xrj aixoÖ£'a xdkarxov.
Fortsetzung folgt')
Personal-Chronik und Miscelleu.
rotsdain. Am 24. Apiil starb der ehemalisc Rcclor am
dorliscii Gviunasiuin, Job. Samuel Biittner, 82 Jahre alt.
Zeitschrift
für die
Alteitliu ms wissen Schaft.
Mittwoch j 12. Juni
18 3 9.
Nr. 70.
Die rrkundcn in Demosfhencs Re(le vom Kranz.
(For ts e tz n ng.)
Befriedigen auch diese Aenderuiigen keineswes^s , so
scheint doch jedenfalls sich als sicheres ResuUat der bis-
herigen Untersuchung Folgendes herauszustellen: l) Glcicii
nach der Schlacht wurde in aller Eile durch freiivillige
Beitr.'lge die Stadt in Verthcidigungsstand gesetzt, und
Deniostliencs gab dazu nach Vermögen. 1>) Mit dem
nächstfolgenden Jahre des Phrynichos begann der grosse
Reparafurbau der Mauern, mag von Deuiosthenes das
ganze Unternehmen oder nur die Zuziehung der zehn
Stämme veranlasst worden sein, ein Unternehmen, das
dentlich zeigte, nie die Lenker Athens gar wohl an einen
neuen Krieg mit Blakeilonien dachten. S. Geschiclifc
Alexanders des Grossi'n p. 57- 3) Deniosthenes war seit
dem Sommer 337 bei eben diesem Bau Verweser Seitens
der Pandionis , «eiche wahrscheinlich die Mauer des
Peiraicus herzustellen hatte; er verwendete dabei ent-
weder drei Talente oder 1 Talent 4000 Drachmen mit
Einschlnss der beiden Graben, die er machte. 4) In
beiden Reden über den Kranz findet sich keine Andeu-
tung darüber , dass Ktesiphon in seinem l'^orschlag auch
die vom Deniosthenes als ÖiTViVVi gemachte Epidosis
erwähnt habe, und da derselbe mit dem t«s rdcfQOVi
TßS Tt£(n TU TSixrj y.akoii; racfoei'craq begann , so
scheint darin auch von der gleichzeitigen Epidosis für
den ersten 3]auerbau nicht weiter gesprochen zu sein.
5) Das Decret des Ktesiphon und somit auch die Klage
des Aischines muss nach dem Sommer 337 gemacht sein,
und der Archon Chairondas in der Klage ist nicht min-
der falsch, als der Euthyklos in Ktesiphon's Psephisma. *)
Dass aber das Decret der Kränzung nicht spater, etwa
da wirklich von IVeuem Krieg mit Makedonien war oder
drohte, zu setzen ist, lehrt Aischines Angabe §. 219.
a7iin'£^&)j yäp 1/ xaTci TOL'Se Tov ipVjCfianuToq '/oa-
*} Nacl) dem bekannten Richteicid ist es nicht eilaubt. OVo
uqxuq kqIui töv avTftv Iv tv> c.yrw Ivtavroi. Aber es galt
der T4e;/ojioiÖ4 wohl nicht liii- eine ko/t) , wie man aus
Aischines Bemühen siclil, es zu beweisen. Die Attische
Verfassung war in diisin Sachen ziemlich unklar ; sie
scheint Commissavien iibeihaiipf nicht als üg/ul anziisehrn.
Wäre das Entgegengesetzte liei dem o«iw) j;? nachzuweisen,
so könnte auch das als Grund gelten gegen die Aufnahme,
dass Demosthencs vor dem Frühling 337 schon an der
Theorikenkassc gewesen.
(fi), ijv oöx vnlo -rrj^ n'ökswg «A.A.' viieQ Ttjg -jzQog
Aitavd^ov ivösil^svjQ fi£ (p)}s ÜTtsvcyy.siv, eri (J^ikiTr-
nov ^üjvTog, tiqIv yt)Ji;av8Qov ei'g tijv aoyjjv v.a-
TaOTIjvai , d. h. vor dem Herbst 336» so dass also beide
Actenstücke nothwendiger Weise in das Jahr des Phry-
nichos Ol. 110. 4. gehören.
Der zweite Grund zur Kränzung des Deniosthenes,
der in dem fraglichen Psephisma des Ktesiphon (§. Il9]j
angeführt wird, lautet: y.al Eml tov 9-£uipty.ov yara-
OTuSAc, iTciöoy/.E -vol^ iy. ^aowv tujv Cfvkuiv deuiQi-
y.oti; exarov tivdq ctg ^voia.v.
Zunächst müssen wir bemerken , dass Deniosthenes
Stellung bei der Theorikenkassc wohl zu unterscheiden
ist von seinem .'inite als dnrojvjjg, zu dem er , nach De-
mochares Decret und seinen eigenen Aeusserungen (g.248)
nach der Schlacht von Chaironeia während der otTodda
erwählt wurde ; eine Epidosis von 1 Talent schützte ihn
nicht gegen eine Anklage y.ko7Tr,q , in der er freigespro-
chen wurde, wie in dem ^ovair. p. 875 berichtet wird.
Doch übergehen wir für diese Untersuchung zunächst
alle Zeugnisse späterer Jahrhunderte; in den Rednern
selbst finden wir nur eine und nicht einmal sichere Spur
dieses Processes in der Acnsserung des Dinarchos (yuTU
Jt]f-io(T9. §. 80), avay.svaaüiavui T!;g Seoi/.ijoiojq
öy.TOJ TÜkdVTU y. T. Ä., wo unter den bunt zusammen-
gewirkten Lügen die Beziehung auf jene ykonr, verbor-
gen zu sein scheint.
Die Theorikenvorstehcr w erden nach der Ansicht ,
welche der grösste Kenner des Attischen Staatshaushal-
tes wahrscheinlich genannt hat, in den grossen Dionysien
gewählt. Traten sie um dieselbe Zeit oder kurz darauf
ihr Amt an, so war Demosthenes in dieser Stelle ein
wenig früher, als ihm der Bau für die Pandionis über-
tragen wurde. Doch wenn man auch an dieser Bestim-
mung zu zweifeln vorzieht, jedenfalls war Demosthenes
in den Dionysien Ol. 110. 4. (Frühling 336) noch in
beiden Aemtern.
"Wenn es nun in Ktesiphon's Antrag, wie wir ihn
lesen, heisst, Demosthenes habe als Vorsteher der Theo-
rikenkasse toK h. nuovjv tujv (fuLiuv 9t:oj(iiy.<>i~;;
h/.axov ^ndq ei'i dvmuv als Epidosis gegeben, so weiss man
in der That nicht, was man mit den deujQiy.oii anfan-
gen soll. Der gewöhnliche Gebrauch des Wortes würde
hier das Neutrum anzunehmen nothigcn, aber damit lässt
sich in keiner Weise die Präposition ly vereinigen, da
das Theorikcngeld ja nicht, wie Brcmi ad. h. 1. meint.
555
556
pine CoUecte aus den einzelnen Pliylen , sondern viel- tüjv xai KsycDV t«
mehr eine Auszahlung aus einer Staatskasse an dieselben ß bKt icrTCt Toi Sr^uo),
ist. Gegen alle Gewohnheit jenen Genitiv fi'ir ein flias- xai. TToöd^v/lö^ ecrxt
ruiinum zu nehmen, Hürde unsere Lexira mit einer sehr TroiStv, o, 1 1 av dvvti-
eijjensinnigen Bedeutung des Wortes bereichern; es ist rat äya&OV,
nicht abzusehen, »ie oi ^fujor/.oi Leute, die das 3eco-
oixov annehmen, bezeichnen soll. Nahe liegt es, &£uj-
pot^ zu lesen (und so hat unzweifelhaft aus unserm
Decret selbst der Verfasser d. jfcil'aTr. p. 846)» aber es
scheint damit nicht viel getvonnen. Es müssten die Fest-
gesandten in diesem Falle von der Theorikcnkasse aus-
gestattet worden sein, aber mir ist kein Fest bekannt,
wo das der Fall wäre ; und wenn der Theorikenvorsteher
Dass die Worte der Klage die richtigeren sind , leh-»
ren die mannichfachen Aeusserungen in beiden Reden.
So führt Dcraostlienes , gleich nachdem die Klage ver-
lesen ist (g. ö7. cf. §. 110) die Worte an: TTQUTTOVTa
y.al XsyovTU t« ßihvia-vä. j^ie tiß 8r,jiu) StaxeKeiv xal
■n(}69i<fiov etvai Ttoietv ö, ti av övvutfjai äyadov xal
inaiveiv twl tovtok; (doch fehlen diese letzten
las ner xaii wäre; uiiti wenn «er ± ucoriKenvorsiener ,., , ■ ' , <\ <?. .... „
... I' . i„ r -j • i iij .. .1 Worte auch in der ypawr.). Sio säet Aischincs S. 4Q.
natürlich populäre Hipidosis machen wollte, so musste vi ; , /^r t i/, ,6 .r».;,, .....va «j. t^.
das Opfer (und für (iU Minen konnte man schon eine
Hekatombe schlachten) daheim zu verzehren sein ; jedoch
i$t mir kein inländisches Fest bekannt, auf welches die
hier nöthigen Bestimmungen passen würden. Dennoch
glaube ich, dass nicht etwa ^frtra/c;, statt dessen ilcuj-
oiy.oii aus Verwirrung mit einem kurz davor stehenden
^iV}Qiyf.ov sein könnte, sondern in derselben Bedeutung
d^BujQOti aus der Plutarchischen Stelle zu lesen ist.
Diess würde nichts Austössiges haben, wenn sich nach-
weisen liesse , dass man schon zu üemosthenes Zeit von
dem &B'jjgeiv (ülpian zu Dem. viitQ KziTor. g. ;^,S i
crrnieiojrjui Se üxt ivoioy.etai v.cu Tcaoä. Oov/.vöiSr]
xai EVTC.ida To i/fwof/V dvxi tov ^eäcrSai) zu dem
Gebrauche des Seidqü^ statt 9saT)js fortgegangen worden
wäre, was allerdings nach dem alten tragischen Atticis-
mus (Aischjl. Prom. 109. Choeph. 240. frag. 380) eigen-
thümlich war; wohl aber ist dieser Gebranch in späterer
Zeit nachzuweisen, wofür es genüge, auf die Erklärer zu
Ammonius und Hesych. v. ittojijol zu verweisen, sowie
auf die Bemerkung des Müris v. ^ecuoo/, Ol Tag i^votiag
änoiyovTSg f/c xa xoiva hoa xal to. [lavTeia 'Am-
xaii' dsaxai i) avv^vxat ''EiJ.i^vei.
Nicht minder verdächtig als das Bisherige ist, dass
in Ktesiphon's Decret und Klageschrift die Worte, welche
nothwendiger Weise übereinstimmen mussten, keineswegs
gleich sind; wir schreiben beide zu dem Ende neben
einander':
aus der ypayj} aus dem ipi'j(fla-fxa
(ey^aipe il'r.cptcrua ) o'jg SsSox^atrijßovky xal tu>
äoa Sei axecfavujOui /tij- ör^fiojTiij'^dTjvalojv f:~raiv£-
fxo<j9eu>jv . .. xQvai/i <txe- aai/JTjuo(r9-evi]v zlijuooi^.
(pdvii) xal dvayootixrai Ilaiavdu d q errj q tvexa
iv Tui deäxQv) /tiovv- xal xakoxdya&iag,r;g
„xai, TOV x^i^vxa avayoQEveiv ev tuj 9sdTQoj tiqo^
Tohg ''EXkrj V a q ort OTSCfavoi aiiTov ö ötaioc, ü
Tujv 'Adip'aiiov dQeTTJg evsxa xal dvd^ayadiai;^^ xal
TO fxeytcTTOv otc öcaTsXei }Jyu>v y.uX ngdTTinv tu
dgifTTa T(ß S}iU(p ; dass das aufiallende 7Cg6g Tovg
Ekkljva^ nicht bloss ans der Weise des Dionysischen
Festes abgeleitet, sondern aus dem wirklichen Antrag
des Ktesiphon ist, scheint sich aus Aischines Worten
§. .'H, die der Lesung des Antrags unmittelbar folgen,
zu ergeben; auch diese fehlen freilich in der ygacpij.
VoIIkoMiiiicn übereinstimmend ist sie mit den bei Aischi-
nes §. lol. 155. 237. angeführten Worten, einige An-
spielungen bei ihm und Demosthencs (z. E. öcrijv £L'-
voiav ix^^ ^y"-* SutTtkuj Ti] TS nökii im Anfang der
Demosthenischen Rede) können wir übergehen. — Jeden-
falls ergibt sich mit der entschiedensten Geivissheit, dass
Ktesiphon's Antrag so, wie wir ihn lesen, neder im Volk,
vorgelegt, noch von Aischines angegriffen worden ist.
(Fortsetzung folgt.)
1) K- O. Müller: Explicantar causae fabulae de .4eneae
in Italiam adventu , im C'Iassical Journal Vol. XXV,
Nr. 62, 1822. 8.
2) F. Bamberger: lieber die Entstehung des Mythus
von Aeneas Ankunft in Latium, im Rheinischen
31useum für Philologie, sechsten Jahrganges erstes
Heft. Bonn 1838. 8.
Nicht nur Büchern ist ein Schicksal zugemessen, son-
dern ebenso sehr ihrem Inhalt. Die Sage von Aeneas
Ankunft in Latium ist in der neueren Philologie meisten-
thcils mit scheuem Blick angesehen; dass Niebuhr sie
aloiq TOt; ^eydkoig l;|fwv öiareXet SV -Kavxl vom Verdacht griechischer Lüge befreit und italischer
rgayipBoig xaivoig, ort xaiguj ei'q t6i> örjjxovTujv Entstehung vindicirt hat, war eine wesentliche Förderung
OTecpavOi 6 öljuoi Jlj- 'J9tjvalujv xal aTEcpavoj- der Untersuchung: aber die Entstehung selbst ist dadurch
fiOaStv^v ^ijjiocr^evovi; vai JfOlO'M arTCCfdvot xal dem Verständniss nicht mehr aufgeschlossen, und Niebuhr
üatavita xgvjiiii axecpä- dvayogEvarug tov nrTe(pa- hat sich bei einer nnhistorischcn Hypothese über dieselbe
Vip dQeTtjq^'ti'Exa xal VOV ev tui ^edxg't) zJio- beruhigt. K. O. Müllers Untersuchung über diesen
ivvoia^, m ey_(jjv Öiu- vvaLoiq TQayotdoig xai- Gegenstand ist, obgleich er die Ergebnisse in den Doriern
■vef.ei ü'q tB t o i q''Ek - VOig. und in den Prolcgoniena angeführt hat, in Deutschland
knvag ä-xavTaq xal wenig bekannt geworden. Nun trillt die aus einem län-
TOV bffiOVTUJv'Adrjvaiujv geren Studium hervorgegangene Arbeit des Ref., welche
xal dvboayadiag, X.al jetzt unter der Presse ist, mit einer ahnlichen zusammen,
öioxi dlUTBKai TiQdx- welche in vielen Einzelnheiteu dieselben Resultate liefert.
557
558
Schon dipsrr Zufall spricht ilaffir, dass «1er Inhalf gegen-
wärtig ein »arhcres Interesse finden «ird. Da bei der
Arbeit des Ref., die sclion seit dem Sommer abgeschlos-
sen ist, die vorliegende Abhandlung nicht mehr beriick-
«ichtigt weriien konnte , soll liier das l'erhäKniss der
Resultate kurz angegeben »erden: denn in der That bil-
det die letzte zu jener einen hiirhst »villkonimenen 1'or-
laufer.
Hr. Ramberger macht mit Rocht bemerklicli, dass
die Znriickfiilirnng der römischen Ursprünge auf den
Aeneas keineswegs, «ie man oft sich forstellt, etwas
Vereinzeltes ist. Aenea im thrakischen Pcllene, Delos,
Aphrndisias und Elis in Lakonien , Kjthera, mehrere
arkadische Städte, Zakynthos, Lenkas, Aktion, Ambra-
kia, Düdona, Bullirotos, Castram Winervae in lapygien,
der lakinische Tempel , Segesta und der Eryx erzählen
rem Aeneas, theils dass er die Ortschaften selbst, tlieils
dass er Heiligthiimer daselbst gegründet habe , theils zei-
gen sie seine oder seines l'aters Grabstätte auf. Zu
diesen vom Verfasser gclegentlicli aufgeführten Orten sind
nocli andere nicht nnerheblicbe zu zählen, namentlich
Kreta, Argos unil mehrere in Sicilien; auch geboren
diejenigen dahin, deren einheimische Dämonen für Ge-
nossen des Aeneas ausgegeben werden: mit Palinnros
rerhalt es sich bei Velia, wie mit Blisenos bei Cumä.
Es ist richtig ron Hrn. B. erkannt, dass eine aufTallende
Parallele stattfindet zwischen den Sagen von Lavinium
und von Segesta: dort, wie hier, steht ein Aegestos neben
dem Aeneas. Die Analogie greift nocIi viel weiter: wir
kennen zu Segesta einen Aemj^lios als mjtiiistlien Ty-
rannen, wie in Alba den Stammvater der Aemilier, Ae-
neas Abkömmling Amulius. Ebenso ist Hrn. B. beizu-
stimmen, wenn er geltend macht, dass die einheimische
Ueberlieferung in Italien sich durchaus auf den Dienst
der Venns, namentlich auf das allen Latinern gemein-
schaftliche Ileiligthum dieser Göttin zu Lavinium bezieht,
nnd dass dieser D-enst mit den erykinischen enttveder
historisch oder in seinen CultusbegrifTen verwandt ge-
wesen sein muss. In der That ist diess der Weg, die
eigenthümliche Stellung des Aeneas in Latium zu erken-
nen; nur darf nicht ein offenbares IVIissverständnisa dabei
sich einschleichen, wie wenn Hr. B. (S. 97, Not. ,59)
sagt, das zweite Natioualheiligthum der Venus für La-
tium habe sich zu Laurentnm befunden und dabei Strab.
V, S. 355 (232) citirt. Vielmehr heisst es bei Strabo:
zwischen Antium und Ostia liege ylaoviviov f^ov y.01-
vov ■xuiv Auxivuiv isQov 'A(pQodiTij^- ein\ue}.oDvxai d'
avTov öid -jTQoyovujv 'AgöedTui. eha Auvqevtov.
vneQXSiTai Se tovtvjv r, 'AqSeu, v.aToiy.ia 'Povtoü-
kujv ai'oj o OTadiovQ, dno ti^; 9 akax-nji;- ea-Ti öi; y.al
Tai'Tjj nXtjcriov 'AcfQOÖicnov , onoi Ttavijyvoii^ovOi
ytarivot. Also bei Ardea ist dieser Venustempel, and
ausserdem haben die Ardeaten von Alters her auch zu
Lavinium das Pricsterthnm der Venus zu verwalten. Diese
Kachrieht ist in der That die wichtigste von allen : sie
wird bestätigt durch Plin. H. N. III, 5, 9: Ardea a
Danae Persei niatre condita; dein quondam Aphrudisium;
nnd es lassen sich von ihr ans einleuchtende Aufschlüsse
gewinnen, wenn hinzugezogen wird, was uns ausserdem
über den Gottesdienst von Ardea, namentlicb über die
dort verehrte Venilia, bekannt ist. Nichts dagegen lässt
auf einen angesehenen Dienst der Venus in Laurentum
srhlicssen , wohl aber hängt der Penatendienst in Lavi-
nium nach unzweideutigen Zeugnissen ebenso mit dem
von Laurentum zusammen, wie der der Venus mit dem
von Ardea: dass jedoch die laviniensischen Penaten im
A'enustempel anfgestcllt gewesen sein sollten , ist eine
Vermuthung, die sich nur auf den AVunsch gründet, die
zwiefache Beziehung des Aeneas leichter zu erklären;
einen Wunsch, den wir keineswegs theilen können, weil
die Schwierigkeit, welche darin liegt, zu desto lehrrei-
cherem Aufschlüsse führt. Mit der Venus haben die Pe-
naten nicht das Mindeste zu tiiun; vielmehr standen ihre
Bilder, wie Hrn. B. nicht unbekannt ist, zu Lavinium
im Tempel der Minerva: und eine sorgfältige Verglei-
ciiung der Zeugnisse lehrt, dass in Rom sowohl, als in
Alba und in Lavinium die BegrilTe der Vesta , der Pena-
ten und der Minerva, die dann als Pallailium gefasst
wurde, einander in engem Zusammenhang ergänzten.
Hr. B. hat in mehreren Bemerkungen seines Auf-
satzes eine rühmliche Genauigkeit gezeigt : er erinnert
unter Anderm mit Recht, dass das siritische Pallailium
durchaus in keiner auf uns gekommenen Ueberlieferung
mit Aeneas zusammengebracht wird. Er ist geneigt diess
einem Zufall zuzuschreiben; uns aber scheint durchaus
nicht glaublich , dass Dionjs in seiner Aufzäiiliiiig der
vom Aeneas berichtenden Orte Siris übergegangen haben
sollte, wenn dort wirklich eine erhebliche Sage von dii-
scm existirte. Das siritische Palladium war zu berühmt,
lim mit einer so allgemeinen Andeutung, wie Dion. A. R.
I, öl (naQEiihei'crav ö-Xoi TTuoÜ/ioii diu X^'9'^i ^X^''
rfs liakiav, i'x^i] Ttvu y.äv toitu/^ vno^.iiTcunevoi
tuii Tumoii tr,q d(fii^tu)i), daran vorbeizugehen, wenn
es wirklich auf den Aeneas bezogen wurde. Bei dieser
Fähigkeit des Hrn. B., auf den rechten Inhalt jeder ein-
zelnen Ueberlieferung unterscheidend zu achten, dürfen
wir von ihm erwarten, dass er ilie ungehörige ^'erbiii-
dung der Venus und der Penaten selbst als voreilig er-
kennen wird. Er wird bei nochmaliger Behandlung des
Gegenstandes diese Sorgfalt auch auf die verschiedenen
Ueberlieferungen in Latium ausdehnen; un<l wie er das
laurentische Nationalheiligthuin der Venns aufgeben iiuiss,
so wird es ihm auch nicht wieder begegnen, Laiiniuin,
wie S. 83, S. 97 (zweimal), S. 99 (zweimal) mit Lanu-
vium zu verwechseln. Dieser Fehlgriff ist in einer sol-
chen Untersuchung in der That so unbegreiflii li , ilasg
man sehr versucht wird, ihn, wenn er nur nicht so oft
vorkäme, für einen Schreibfehler oder Druckfehler («ie
S. 87 Polinum für Polieum, S. 91 Ild.lXavTUJV für ?al-
lantion; seltsam ist auch S. 1(10 Kumana für Kymäa als
Bezeichnung des Gebiets von Kvme in Aeolis) zu halten.
Flüchtig geredet ist indess auch S. S7 , was der Vprf.
über „Epiras, dessen Namen zu Dionysins Zeit nach
dessen Urtheil in der Aussprache sehr corrumpirt wurde"
sagt, während von Anchiasmos , der Nebenform von On-
chesmos, das für einen Hafen des Anchises galt, die
Rede ist. Man bleibt hier im Unklaren, wie Hr. B. sich
die Sache gedacht bat.
Richtig erkannt ist wiederum, dass die Sage vom
Aeneas an die Römer von Laviniuui her gekommen sein
559
560
miiss, also ge»viss niclif erfunden ist, um der riimisclien
Eitelkeit zu schuieirlieln. Auch der Beneisgansj , den
Hr. B. nimmt, ist im Ganzen zu billigen; «ieiiohl er
sich auch hier nicht von einigen Ungenauiffkciten frei-
gehalten hat. Daraus, das« die Penatenbilder von Alba
nach Larininm geividien sein sollen, lässt sich noch kei-
iiesttegs folgern, ilass es bei den Albanern keinen Pena-
tendienst gab. ^'ielmehr wird dieses Lucan. IX, 990
(quos nunc Larinia sedes Senat et Alba Lares) und .Stat.
Sil». n% .') , 2 (prisca Teucros Alba colit Lares) aus-
drücklich bezeugt, und »vir sind keines»vegs bcreclitigt,
«liess einer A'enveclisclung der Dichter zuzuschreiben,
da auch Dion. A. R. 1, (J7 das Advton beschreibt, wo
Ascanius, wenn gleicli nur für kurze Zeit, die Ponatcn-
Lilder aufgestellt habe ( r.cuaay.evaard^ei'Tog voti iSecri
Twiv itiujr-raov ^ojoiov i^ovTog äßazov y.ui t(3v
idpvuärujr iv. tov AaoiHviov y.ouia^svxutv iy. tov
rfvj Ci'i TOVTOv TOT jivyoi'). Es ist ja nur von den
froischcn Reliquien die Rede. Diese «ollen von Lavi-
nium nici'.t lassen , Abbilder derselben kann es zu Alba
so gnt gegeben haben, wie zu Rom, und wenn Hr. B.
meint, es gebe keinen gegründeten Zusammenhang zwi-
schen Alba und der Aeneassage, so hat er die ^acliricht
nicht gekannt, die wir aus Varro wissen, dass dieser ein
Steinbild des Aeneas in alter Kriegertracht bei der Quelle
in Alba, d. h. unter dessen Trümmern, anfgcstellt sah.
.Schwerlich rührt diess aus der albanischen Zeit selbst
lier ; es ist aber immer ein so altes Zeugniss für Bezie-
hung des Aeneas auf albanischen Boden, wie es nur ir-
gend eins für seinen Aufenthalt in Latium gibt, und eben
dass es hinterdrein unter den Trümmern aufgestellt und
erhalten wurde, ist von Wichtigkeit. Ebenso wenig hat
Hr. B. beachtet, wie durchgängig, fast ausschliesslich,
Ascanius, der phrygische Sohn des Aeneas, an Alba ge-
heftet w ird , und das enge Vcrhaltniss des ganz albani-
schen Aniulius zu diesem .\scanius und zum Aeneas, na-
mentlich in den ältesten Ueberlieferungcn. Die lulier,
welche ohne Zweifel in Alba nuil Bovillä zu Hause waren,
müssen einen Penatciiilieust , der dem des römischen
.Staats entsprach, von Alters lier gehabt haben. Mau
konnte einwenden, aus dem Penatendienst eines einzelnen
albanischen Geschlechts fcUge noch nicht, dass es Pena-
ten des albanischen Staats gab. Aber das folgt allerdings:
ein latiiiischcr Staat konnte Penaten, wenn dieser Begriff
seinen Bürgern nicht ganz fremd war (was er übrigens
uirgenils in Latiam gewesen ist), so wenig entbehren,
wie eine Vesta. Andere Beweise für den albanischen
Penatendienst rniigcn hier unberührt bleiben.
Audi liat Hr. B. allerdings die Spuren von einem
wirklichen Dienst des Aeneas in Rom nicht gehörig er-
wogen. D.Ts unabweisbarste Zeugniss für denselben ist
die seltsame ^achrlcht, die uns Dionys (A. R. 1, 73)
aas römischen Annalisten gibt, dass in früherer Zeit da»
Janiculuni den Namen Aenea geführt habe. Wir hätten
ebenso viel Recht, diess aus den Pontilicalbnchern her-
zuleiten, als wenn Hr. B. mit K. O. IMüller unbedenk-
lich annimmt, da-'s nach Dionysius Worten Aeneas in
den Pontificalbüchcrn erwähnt sei. Jene Ortsc haft Aenea
an der tuskischcn GrSnze Roms ist zu vergleichen mit
der Nachricht Steph. Byz. Aiveia — — tan xai TTÖ-
kli Ti<(jö)jvias, Vi Ol oiy.nvoQEq Aivtiot. Denn nun
kommt Lykopbron's Darstellung, nach welcher Aeneas
von Pallene und Almonien geradezu in das tyrrhenische
Land nach Pisa, Agylla, an den Lingeus, und erst von
dort nach Latium geführt wird, in Betracht. Lykophron
ist nicht so leicht abzufertigen , als 3Iaiiclier glauben mag,
deuu er hat, wie sich erweisen lasst, alle seine italischen
Nachrichten und vor allen die hierher gehörige Stelle
aus Timäus. Hr. B. freilich halt ihn für alfer, als Ti-
maus, gegen Niebuhr's Nachweisung. Das zu widerlegen,
führte hier zu weit. Indem wir aber nun bei Lykophron
die Darstellung des Timäus vor uns haben, wird uns
nicht allein die Erwähnung Tyrrheniens, wozu sich
übrigens auch bei 1'irgil , freilich in anderer Ordnung,
Belege finden^ sondern auch die des Sees Phorkc im
marsischen Land, des Fucinus , höchst wichtig.
(Beschluss folgt.)
Personal-Clirouik uud Miscellen.
München. Die zidetzt erschienene 1. Abth. des 2. Bds.
der »Abhandlungen der pbilos.-philol. Classc der k. baier. Aka-
demie der Wissenschaften« (München 1837) enthält folgende
Abbnndlcingcn : Fr. Tbierscb: über die dramatisclie Natur der
platonisclieu Dialoge (S. 14 — 59). — Fr. Thiersch: über das Onyx-
ijclass in der k. preuss. Sammlung geschnittener Steine zu Ber-
lin (S. 63—106, mit 2 Stahlstichen). — Lud. Düderifin : diss.
de Sopbociis Ajacc (S. 109—1.30). — Dr. Boss in Alben und
J. A. Schmeller: Urkunden zur Gescbichtc GriocbenJands im
Mittelalter (nUmlich Stein -Inschriflen und Diplome von Ross,
mit einer litli. Tafel. — Leonli. Spengel: über Aristoteles Poetik
(S. 211 — 252). — Mehrere in den Sitiungea der Akad. gehal-
tene Vorlesungen wurden in den letzten Jahren .nticb einzeln
gcjlruckl. Wir führen folgende an: Fr. Streber: über die ("mr-
gonen-Fabcl, oder Erklärung eines clrnriscben Bronce- Reliefs
in der Glyptothek zu Müüchcn. Mit einer litli. Taf. Münch.
1834. 34' Seiion gr. 4. Jik. Th Fallmayer; welchen Einduss
hatte die Besetzung Griechenlands durch die Slaven auf das
Schicksal der Stadt Athen und der Landschaft Attika?
Bonn. Der k. russ. Finanzniinister und oberste Chef der
russ. Bergingenieure, Grat v. Cancrin, hat auf Befehl Sr. Maj.
des Kaisers von Rnssland dem Obcrbergratb und Prof. Nöge-
ralh dahier, in Anerkennung seiner litt. Verdienste, die grosse
goldene Medaille mit der Inschrift: »Praemia di;no viro crndi-
tissirao, J. INoegeratb , profcssori Academiae Boncnsis« zuge-
sandt.
Chemnitz. In Wcigniannsdorf starb am 27. April def
gewesene Conrector am Lyceum dabier, M. ficovg I.sracl
Klemm.
Druckfehler.
S. 1106, Z. 2t V. u. 1. ivMa st. tiXU.
,, 1107. Z. 26 V. 0. 1. äiU't'f-
,, 1109. Z. 21 V. u. ist vor ilasi ausgefallen: dass er das
Fleisch yertheitt , sondern noch mehr darin.
Zeitschrift
für die
AI teithu ms Wissenschaft.
Fre/taii , 14- Juni
1839.
Nr. 71.
Die Urkunden in Deinosthencs Rede vom Kranz.
(Forfsctiii ng.)
Der .'^liliicliciier RerpiisciW der Disspn'sf Iicn Ausgabe
lia< geraile in <lieseii starken Al)Hcichuri[;en eine Uesfä-
''£""» '''■'' B"<"kli's<'lien Hypothese, (iass die Urkiindeu
in dieser Rede später aus Arcliiten oder Samoiltinjjeii
oing^elegt seien, zu finden );e},'laiilit. Die Foiniel öff)oj;-
i*at TT] /jOvKtj y.al ivt d>]itijj ztp \l^)jvaiuiv lehre,
meint er, dass das Mirliejjende Derret das vom ^^olk
aujjenoiniiu'iie und eben in der Form sei , wie es nach
«lern für Demostheiies <;lurklirbeii Ausjanff des Processes
aiil1>eM alirt werden ninsste; es sei diess nicht dasselbe,
•»as an jener Stelle der Rede iiirklicli rorgelesen wor-
den; denn Demostheues selliet liezcichne jenes als Pro-
iiuleiima des Senates (§. 11 9- ö Ö8 CfVfflV ri ßovkri deiv
ri.vri TOtrujv yevladai uoi . . .), das uns aufbewahrte
da^feg'en sei das nach <ler Ünendifjung des Processes vom
Volk in veränderter Gestalt anjfenonimene Decret (eben-
so Winiewskv paff. 3Jö). Diese ^'ermuthnng scheint
in jeiler AVeise unhaltbar. Wir wissen aus hinreiclien-
den Beispielen, dass dann etwa vor der Datirunjf oder
vor dem is.TrjOKf'jjv eine stehen mi'isste idotev Tjj jJovkrj
y.ui T'ß dr;iio), wodurch erst das Ganze die Form des
Beschlusses erhielt. Ferner ist durchaus kein Grund
zu sdlclien Veründerungen abzusehen, wie sie das vor-
liegende Decret, wenn es echt wäre, beweisen würde;
durch Aischines Klage wurde das vom Rat!t , und A'olk
angenommene Decret suspendirt, d. h. es blieb zunächst
irnr ein Probuleiima ; war in) Process /Vir Ktesiphon ent-
schieden, so war ohne Weiteres der schon berathene
und vom Volk angenommene Antrag gültig und bedurfte
«lurchaus keiner neueu Redartion oder Berathiing. Fer-
ner, wozu sollten denn auch solche Veränderungen die-
nen, wie schon im Anfange das FortUs>en der Gräben,
oder wie weiterhin die ^Vrtausclinng der dvdoc.yattic
n it y.a/.uy.dya^ia oder das Auslassen des inaii'iii',
des kkjutv y.al tioÖttv)v xd titkrtOTu tw di'jiw). des
7ioriitfurjc eari nnniv o, t/ av fivvi]Tat üya^uv u. s. w.?
Und grraile bei diesem Psephisiiia roiiss durch ein selt-
.sames Spiel des Zufalls Demosthenes ilen Schreiber auf-
fordern: Kt'.ßu.v dväyvujiU tu iln'cfioiia oKov rt)
yoatpiv tint. Wenn aber Demosthenes Au'sdruck u
qr^otv i] ßov) i) deiv ycveadni f^ior, etwas zu bedeuten
hat, so Diuss in dem wirklich verlesenen Antrag etwas
Derartiges (^eöoi;tl> CTJ ßovl.^ oder vielleicht besser
Ti ooeßoi'yevoev ij ßov\l] oder dergleichen) angedeutet
gewesen sein.
Nach allen diesen Bemerkungen dürfte es nicht ge-
wagt erscheinen , über das vorliegende Psephisma des
Ktesiphon ein Urtlieil zu sprechen. £s fängt nickt mit
den von Demosthenes gebauten Gräben an; es hat nicht
die Wendungen, die von Aischines und Demosthenes ans
<lemselben cifirt werden; es ist kein Probulciima, als
welches es verlesen wird ; es enthält in dem Worte
xfenjuiV.Ui:, entweder etwas üusinniges oder in der wahr-
scheinlicheren Form 9eu>(jOii ein Zeichen späterer Grä-
cität, es lührt einen Archonten an der Spitze, der falsch
ist. Somit glaube ich <las Psephisma des Ktesiphon ti""
untergeschoben halten zu müssen.
Für die Klageschrift des Aischines haben wir im Vor-
hergehenden schon einige wesentliche Bestimmungen ge-
wonnen, namentlich, dass der Archoii Chairondas, mit
dem sie beginnt, ein chronologischer Schnitzer ist. Wir
haben auch bereits gefunden, dass die hier aus dem
Ehrcnilecret citirteii iSatze , wenn auch genauer als in
dem angeblichen Psephisma und mit den gleich folgen-
den Anführungen in Demosthenes eigenen Worten über-
einstimmender, doch keineswegs vollständig, wie wir sie
aus den beiden Reden kennen, wiederholt sind; es fehlt
yai enatve/i' eJii rarroi: und tiqÖ^ tuiq Ei.l.ijvae,.
Eine nicht geringe Schwierigkeit bietet ferner die
ganze einleili-nile Formel dar: c.li Xalouivdov V.oyOV-
roi Etj(frßot fSivuq, i/.ii] ioTUfievou AioX'viji'AToo-
lu'jov Ko^vty.idijq an i'j vayy.e tiqu^ zov v.o%ovxa.
■:t a{javö Hii}v ygarpijv y.aTU. KrijOKfiijuto; toö
ylcioo^euuv^ '■/vuCfKuoriov, uzt eyoaipt Tiaoiauf^iov
ll'rq>iOiia (ÖQ aou dei y.. r. X. Wie wenig wir am li
über die Form der Klageschriften unterrichtet siud,
wahrscheinlich ist es wenigstens nicht, dass in der Klage-
schrift zugleich prolokollirt steht, <lass sie überreicht
Hurde; nnil dass sie so, diirili die Zusätze des Sihreibers
für die öffentlich auszustellende Abschrift verändert, hier
vorgelesen wurde, wie im Atlisclien Process p. 607 ver-
muthet wird, scheint besonders im Vergleich mit Aristopb.
Wespen 8'I4. und mit Deniosth. p. Hlö. nicht recht
wahrscheinlich.
Was aber mit dem unseligen nouq TOV ogxovza
beginnen? Denn nach der mehrfachen Angabe der alten
Sammler (s. Sihol. zu Aischin. x«rä Tiuvo)^. §. Ui.
und die sehr ähnlichen Notizen bei Pollux VIII. .H7. and
andere) gehört die Klage Tiaguvöftujv vor die Thesmo-
563
thetcn, und fanz so finden wir e» in der Lopiinea ^. 08»
von deren Auakrisis es helsst: a Ö£ .7pOs TOt^ &l:OUO-
{^traii fÄfys ; ingleichen in der zivciten Rede y.ar'
\4gtoroysiTovog, §. 8- oxav r/? tpi^cfiouaToi ij vö^uv
youcfijv ÜTliieyy.rj ttoo^ tov^ i^saitolhrai; ist diese
Kede auch aus spaterrr Zeit, so kann ihr Zeugniss,
wenn es durrh ein anderes controlirt «ird, doih wolil
gebraucht werden. Dass aber die Klage Tiaftavufiojv
bei <lein Archen angebracht «ird, davon findet sich aus-
ser in unserer Stelle keine Spur. In der vollkommenen
L'eberzeugung von der Echtheit der vorliegenden Klage-
schrift hat man ihre Angabe mit der durch zwei Bei-
spiele in Demosthcnes und durch die gelehrte Ueber-
liefernng garantirton Einrichtung in einer in der That
höchst gewandten 1'erniuthung zu vereinigen gesucht.
Es i>t nauiiich unzweifelhaft, dass die neun Archonten
zusammen mit den Xamen der Thesmotheten bezeichnei
werden (s. liörkh zum Corp. Inscr. p. 440; vor' diese 9
Thesmotheten, meint man, habe die Klage der Parano-
mie gehört, was denn von den alten Gelehrten missver-
standen und anf die sechs Thesmotheten aliein übertragen
worden sei. Iniless muss man sagen, dass gerade unter
dieser l'oraussctzung lier Eponvinos eben nicht als Ar-
rhon , sundern aU Tliesniothet erscheinen ini'issfe, und
wenn im ,, Attischen Process" p. 41 vermuthet ist, dass
der Arclion als Prytanis dieses ganzen Thesmothetencol-
legiums erscheint, so kouHte die offirielle Bezeichnung
doch eben wieder nicht die in der vorliegenden Klage
gebrauchte sein, sondern es niusste nothweniliger Weisse
«o heissen, wie in den beiden Demoslhenischen Stellen,
die wir angeführt haben: ÜTlIjVeyy.S 7rpoC lOl's 3lOUO-
Sezug. Kach einer anderen "l'ermutlinng (Attischer Pro-
«ess p. 41) waren die Paranoniicn nach ilJaassgabe ihres
Inhaltes an die einen oder anderen der nenn Thesmo-
theten verfheilt gewesen, so dass also dem Basileus ge-
setzwidrige ^"orsclilage in heiligen Sa<hen , dein Polem-
arrhen in .^lilitärsachen zugefallen wären, in unserem
Fall der Archon genannt wäre, weil derselbe die Lei-
tung i!er grossen Dioii\sien hatte; aber wozu denn der
gemeinsame >ame, den die sonst in ihrer amtlichen
■Wirksamkeit getreiiiilcn doch nur dann fuhren können,
wenn sie ein Collegium bilden, wo demnach die Schei-
dung ihrer amtlichen Pflichten aufgehoben ist. Ganz
unbrauchbar ist die Ansicht Brcmi's (zu Dem. de cor.
p. 40), t\ie K]aze riuijUKJiiaii! w.'lre wahrend des Jahres,
wo der Vorscliiageixie noch die l'erantwortliclikeit hatte,
bei dem Archon, nach dieser Zeit bei den sechs Thes-
mnllieten anzuliriugen genesen; das Beispiel der zivciten
Kode gegen Aristogeifon und das Zeugniss der Gramma-
tiker ist dagegen.
Es versteht siih, ilass, wenn Alles sonst in der yourfi)
unvcrdäc litig und in Ordnung «are , die augcfiihrte
.Seh« ierigkeit ho hingenommen werden miisste; aber im
Verein mit andern UnrichtigkeiteD scheint sie mir ein
Grund mehr gegen die Echtheit der Klageschrift; und
arg genng ist iloc h der falsche, »der rielinelir der mit
einem Auarhrnni<>mus gebrauchte Arehon und die iiichi
.ui-;reichendc Uebereinstlniiniing mit den 'Worten des au-
th'-nti^chen Psephisma's. l'on den beiden in der That
»oiiijerbaren Vorladuugsieogen Klafft oo(fmv Kl;([.lOU- ■
564
rfiijvTO^ 'Pafivoi'o/o;, Kkeviv K'kiunoi Ko9v>-/.i5i i
wird spater noch zu sprechen sein; wenn wir sie sonst
nirgends iiachiveisen können, so mag sieh wohl der »ehr
vornehme Aiscliines ein Paar gemeine Leute zu Zeugen
geuomuieu haben! Auch von der wunderlichen Ellipso
Toaytpöcjv T7f y.a/vfj will i« h nicht sj)reclien , da gegen
diese Lesart der besten Handschriften einige Anilere Be-
quemeres darbieten. Das Urtheil gegen die Kchthcit
der Klageschrift glaube ich durch ilas oben Gesagte hiu-
rcichend begründet.
Fortsetzung folgt-)
1) K. O. Müller: Explicantur cansae fabulae de Aeneao
in Italiam adventu, im Classical Journal l'ol. XXV,
Nr. 'o2, 1822. S.
2) F. Iiaml>erger: Heber die Entstehung des Mvthn«
von Aeneas Ankunft in Latlum, im Rheinischen
Museum für Philologie, sechsten Jahrganges erste»
Heft.
( B e 3 c li 1 u s s. )
Da nun Lykophron's und Tiinäus Zeugnis» jedenfalls
zu den ältesten gehört, die von Aeneas in Blittelitalien
reden, wird Hr. B. vielleicht schon selbst erkennen,
dass durch die Hereinziehung des Fucinus in Aeneas
Bereich, die in demselben vorliegt, die Untersuchung
tiefer in das Innerste der italischen Volksreligionen ge-
zogen wird , als er geahnet hat. Mit einer transitori-
schen Behandlung ist hier nicht auszukommen. Schon
Damastes von Sigeum, vielleicht auch Hellanikos, schrieb
die (rründung Roms dem Aeoeas zu; nnd doch ist es so
gut als gewiss, dass man diess in Italien früher erzahlt
hat, als in Griechenland. Vom Anfang der römischen
Republik an hat also sich diese Sage in die ^'orstellun-
gen des ^'olks hineingewebt, ist mit seiner Grösse ge-
wachsen uuil hat in die Vorstellungen ilor Nachbarvöl-
ker, als diese sich mit den römischen verflochten, viel-
fach eingegriffen. Wir müssen dalicr vor Allem durch
genaue Emagung jedes Zeugnisses und Denkmals uns
darüber aufklaren, was uns von den örtlichen Vorstel-
lungen der einzelnen lateinischen Städte nnd in weiterem
Verfolg des ganzen Italien», wo sich Griechisches mit
Einhelml.xhem verwebt hat, zu wissen mögli< h ist.
Da Hr. 11. sich hierauf nicht hat einl.isseii können,
da er unter den griechischen Zeugnissen das des Dama-
stes nicht einmal geltend gemacht, über die ursprüng-
liche F^M(s(ehung der Aeneassage in Tioas, über die Be-
griflc , viriiiitteist welcher sie in der Anllissuiig der ein-
zelnen griechischen Orte, wo sie Aufnahme fand, belebt
worden ist, keine Untersuchungen vorgelegt hat, so wird
er uns nicht verargen, wenn wir einerseits dem, was er
selbst als Hsputhese gibt, namentlich über illars als dei»
Gott iler Luicres, wofür in der That gar Mchts redet,
keine grosse Erheblichkeit beilegen, andererseits seino
Leser blHen , den von ihm gegi^lieneu Apparat nicht für
vollständig zur Erkenntniss der Sache zu halten. Dan-
565
5fi6
tensnerih iti die ri'ber.^ichf , die er über die Auslirrihin^
der Sage »(••jelirii hat, die Ufriorlielmiij; der von Aeneas
forfjefiihrleii und übersiodcheii I1eili};tliiiiner , der IS'arli-
driick, der auf sein VerliöKniss zur Venus, auf die Ana-
loffie zwisclieii Sejesfa und Laviniuni, auf die Priorität von
Lavininni mr Rom ifelej;t ist. Au( li da» ist rirlifig erkannt,
dass die Penaten des roniisciien ^'olks alisolut zu fassen,
nicht auf bestimmte einzelne Giitter zu rednriren sind;
und in inaucben andertveiti^en Andeutungen zei^t sieh
der riclitigc Sinn , der einem sorgfältigen Studium in der
Kegel verdankt wird.
Aiiilererseits hat Ifr. B. diese Studien nicht so weit
ausgedehnt, dass er zu jedem Urtheil, das er fällen zu
können glaiilife, hinlänglich berechtigt n.'lre. Der An-
Iheil, den Cuniä an iler Ausbildung iler Sage genommen
hat, ist keineswegs gehörig geuürdigt, wnd doch geben
IVlisenus und die Sibylle, zu der schon l^vkophron den
Aeiieas führt, fiir denselben sehr wichtige Zeugnisse.
lir. B. war von seiner AulTindung des Verhältnisses, in
welchem Aeneas zur lavininischen Venus steht, so ein-
genommen, dass er gegen K. O. IVIüller's Ilinweisung
auf die l'erpflanzung der Sibylle durch Cjlergithier aus
dem Ida über das Gebiet von K.yme nach CumA und auf
die Einführung des Aeneas in Rom mit den sibyllinischen
Büchern im Gefolge des Apollodienstes unter der tarqui-
nischeu Herrschaft ein ^"^orurtheil gefasst hat. Zweierlei
stellt er (S. !(>(') entgegen. ,,Wenii auch die Aeneailen
den Cultus des Apollo gleichfalls hatten, so werden doch
in der Sage von Aeneas Fahrten nirgends Heiligthümer
des Apollo, sondern nur der Aphrodite an ihn geknüpft."
Das do< h nur, wenn wir alle iSaclirichten bloss aus dem
Dionjs entnehmen woUi-n. Bei l'irgil ilient Aeneas be-
reits in Aenos dem Apoll: yvenn Xenophon ihn als tüch-
tigen .lager und Schüler des Chiron darstellt, tritt er
mindestens auch in das Gebiet der Artemis ein, allem
^'^crmuthen nach in Pharsalos , wo wir den Aeneas aus
Lesrhes kennen. In Delos kann sein VerliAlfniss zum
Apoll äiisserlii her scheinen ; zu Pergamia in Kreta steht
er ausdrücklich in dessen Dienst. Bei Malea , in Leu-
kos, auf Aktion, in Ainbrakia setzen die Zeugnisse des
Dionys den Aeneas freilich nur mit Aphrodite in unmit-
telbare Verbindung; aber überall daselbst ist Apoll der
nächste Aaclibar, ja, cler Hauptgott der Gegend. Wie
sollte bei lebendiger Foitbildung der Sagen an diesen
Orten Aeneas vom Apoll ferngehalten sein, den man aus
der llias als seinen Beschützer vor Diomed, selbst nicht
ohne wunderthatigen Eingriff, kannte? Ebenso wenig ist
Hrn. B.'s zweite Einwenduiig haltbar: ,,Und dann ISsst
sich in Rom durchaus keine \'erbln(lung des Aeneas mit
dem Apolloculfus und den sibyllinischen Büchern nach-
weisen." Um dergleichen behaupten zu dürfen, hatte
Hr. B. erst sorgfältiger studireii müssen, yras uns von
den Familien, die sich von Aeneas herleiten, und von
den sibyllinischen liüchern bekannt ist. Jene sind die Ae-
milier und ilie Jnlier. Beide dienen, y>ie iheils aus ihren
Münzen, theils aus andern Nachrichten hervi rgeht, unter
allen Göttern vornelimlich dein Apoll und der Siegerin
Venus; die .(iilier dienten von Alters her dem Vejons,
der unter allen einhei:nisclien Göttern der Italiker dem
Apoll am nächsten stand und den Ast hergegeben hat,
in den der Apoliornltus geimpft ist. AV.is die sibyllini-
fchen Bücher betrifft, so ist ilas eine weilbiufige nift
grösster Behutsamkeit zu behandelnde Frage: denn zwi-
schen dem Text und dem riimisclien Gottesdienst stand
noch vielfach modificirende »rmittelung, welche ihres
Orts nachgewiesen niiil geprüft werden soll. Und den-
noch finden sich die merkwürdigsten Uebereinstimniungen
zwischen troisch - äneadischcm und römischem Unit. In
der Seuche von 39(i a. u. »verdcn die sibyllinischen Rii-
chcr befragt, und das Ergebiiiss ist Liv V, Kl erzähll :
duumviri sacris faciundis leclisternio tunc prinium in iirlie
Romana facto per dies odo Apollinem, Latonamyne et
Dianain, Ilerculem, Mercurium atqne Xeptuniim triliiis
lectis placavere. Voti den drei lot/Aen Gotifieiten i.ollcn
wir absehen, obgleich Hermes und Poseidons Verhält-
niss zum Aeneas allbekannt ist. Aber eigenthiimlich ist
in Rom die Zusanimenstellung von Apoll, Diana und
Latona als Heilgöttern. Dass diese aber in Troas Snea-
disch war, wissen wir aus der llias selbst, wo den ver-
wundeten .Aeneas Apollon in sein Heiligthiim auf Perga-
mon bringt, Lato und Artemis ihn daselbst heilen nml
herstellen (*)' iicycJ'j) ädiraj ay/rUfTO iC '/.l'dawov
r(). Auch ist unrichtig, was Hr. B. hinzusetzt: ,,Aeiiras
Erwähnung in ilen letzen (den sib. B.) erkennt JMüller
selbst als in späterer Zeit nntergeschoben' an." ^Vie
denn? Müller's ganze Auseinandersetznng ruht auf der
poseidonischeii Weissagung von der künftigen Herrschaft
der Aeneaden. Diese habe den Kern der gcr<;itliischeii
Sibyllenweissagung gebildet, und alle Staaten, die äiiea-
disch zu sein, oder Aeneaden zu enthalten glaubten,
hätten dieselbe auf sich bezogen, namentlich Cuniä und
Rom. Und dabei »väre m diesen Büchern Aeneas Erwäh-
nung später untergeschoben ? Hätte Hr. B. sich Zeit ge-
lassen, so würde er deutlich erkannt und auseinanderge-
setzt haben, dass iMüller nur die iN'achrirht von Aeneas
Auswanderung nach Italien für später eingeschoben erklärt.
Von dieser spricht die von Hrn. B. selbst angeführte
Stelle, Dion. A. R. I, 49: Tijc de ini 'Iral-iav Aiveiuiy
y.ai Tgojojv dtfU^SLoc 'Pu>uatoi ts ndvxEi; fießaiwTffX
■/.aX ra ÖQMUSva im' aiTiov tv x£ i^voio.tc, y.cu top
ratg, fH}vi'iiaTa , ^/ßrkkijc t£ Xüyia y.ai yQrjaitol
Ill'diy.oi. Hiervon enthielt freilich die in Gergis ein-
heimische Sammlung gewiss Nichts, denn diese bezog sich
auf die fortwährend im Ida herrschenden Aeneaden. Ob
aber nicht schon in Cuniä diese Sanimliiiig mit die^^er ,
Nachricht intcrpolirt ist, können wir nicht ermitteln.
Da es im Gebiete von Gergis (ilie Stadt heisst l tu-
yti oder ai Ftoy/dic oder rcr rioy/ihi oder TEoyixhov,
niemals Tipyiiir) im Ida eine Sibylle gab, deren Local
bis in einzelne Züge hinein mit der rumänischen über-
einstimmt, da Gergithier bei Kyme wohnten und Kyinäer
nach Cumä gezogen sind, da die Unigefcnd von Cuniii
reich ist an .Sagen von Aeneas, da die ^ rrheissung des
äneadisrhen Reiihs im AVestland ausdrücklich anf die
Sibylle bezogen wird, da die latinisdien Städte, nanient-
li( h Aricia, im dritten Jahrhundert Roms in viclfaiher
Verbindung mit Cumä standen, da Tarqiiinius mit dem
dortigen Aristodeni befreundet war und den Riiniern keine
andere griechische Sybille nahe yvohnt, als die cnmani-
sche, da die sibyllinischen Bücher in Rom unztvcifclhal't
5."
(jrifrliist-li «art'n, so iniisstpii Hie niiiiirr s|><lC(»stPii< in
ihr.-iH (jcfol^j ileii .\ciica< Lriiiidi Jprucu. Hr. B. hatte
im 1)1 LltTdU zucifelu dürfen; aus deiH , « as er (reibst
auf^efuiideu hat. hijite er nii h iiberzeuffeu köiiiieu, das»
jene Sa^e «iK'hl au eiuem eiiixeliieu luscii Faden von
tjrjerheiiland iiarK Rum liiiiüttergezo^eii ist, GOiiderR in
einem »ielveruililun-jeni'u Gewebe, und das» iliess der
Cirniid iMirde fiir ihr |)iili(i.iilies Ansehen. Scharfblicken-
der wäre seine Kritik >jeuesen, »enn sie Anstand j;e-
fioinnieu liätte , eine reberira<;ung^ der sibyllinisrhen Bü-
cher lon Kviue nach Cumä zuzujjeben. Denn »ir wissen
r(in sihvllinisilier Thatigkeit in Gerjjis, Ervthra, Kolo-
nhi)n. Sainns, Dflos: in Ktnie wissen «ir von derselben
Nichts. E« ist dnrrhaus glaublich, dass i\u- k\niäisch«n
Gergithier die Vorstellung i«n der Sibille wini Ida her
bewahrt haben; dass es aber bei ihnen eine Mamniliin^
sibvllinisrher Sjiriiche galt, da>on findet siili kaum di«
allerniindeste .Sjjur. Zudem wird Cumä's Grnnduujr 131
Jahre nach Troja's Fall ffeset/.t. Was dafegt-n au'i Burk-
sitht auf die Griindunj lon KMne in Arolis gesagt wird,
i-.t unerheblich, denn die Chranoln^ie dieser Gründung
ist nicht minder unsicher, und von Cuuia lagen allerdings
alte StadtjTeschichten , wie lies Hvperoehos , vor Aller-
«lin^s n;a{f jenes Datum ein zu frühes sein , aber uralte
Aii^iedlung der Griechen daselbst bezweifelt auch Nie-
Luhr nicht: und jedenfalls wird dieselbe in eine Zeit
lallen, da an Büchersaninilungen noch nicht zu denkea
ist. Die historische Nachricht von Tvrsenern und Lati-
iiern stammt nun freilich allem Anscheine nach von einem
Verkehr vou Chalkis und Kvme mit Cumä. Aber das
chronologische Zus.irameutrellen zwisclien der Kenntniss
tun der gergithischen Sibvlle in Grii-chenland , die in die
Zeit des Kvrus gesetzt wird, der <irrinilnng von Diküar-
ciiie <lurrh die Samier und der ein liajbes J.ihrhundert
jijiater fallenden Einführung «ler Bächer in Rom ist so
merkwürdig, dass wir kaum daran ziveifeln kiinnen, riass
mit den Kvuiaern nur die ^'orstellung, durch die 8amier
aber die S<pruchsaninilung der SibvUii nach Cuma und
von da nach Rom gebracht ist.
Hr. B. ist mit lobensw erther , vielleicht etwas zu ab-
liichtlirh hervorgehobener .Scheu an die hier dargelegte
IM> thologi.che Thatigkeif g<'g'»ngen. \Veun er es sich
xur Regel macht, durchgangig, wie er es grossv^ntheils
getlian , jede Ui'berlleferun;; mit der |ihiliiliigisclien Ge-
wissenhaftigkeit zu behanileln, die bei der liitpr|iretation
der Schriftsteller iimh eiiistiminiger gefordert wird, so
wird seine Theiinahuie an diesen Arbeiten nach dem von
ibin mehrfai'h gezeigten Takle gewiss eine t; illkumniene
sein. Diesen Takt ri'ilimeu wir auch noch d^irin, dasg
ilr. B., wenn gleich nicht mit zureichenilen Beiveisea
und Iheilweise oiit nicht hinlänglich bej; rundeten Folge-
rungen, einen Hesentli<'hen Bestandtheil der Aeneassage
in Litium fiir alt pelasgisd! oder vii>lnielir sitiilisch halt.
.\nch hier wiirile sein Blick weiter gi-tragen haben, wenn
er bemerkt hatte, dass Aegestns (nicht Egestusj keines-
wegs bloss in La<iiiiuni und Megesta , sondern auch in
Theoprolien (Sieph. Uy/.. Aiytaiuiot) zu Hause ist. Kr
würde dann ileutlirher erkannt haben, dass der Bestand-
568
theil des ervkinisdien Aphroditendicnstcg , der mit dem
Aenea« zusammenhangt, nirht ursprünglich phönikisch
ist, soiideru auf dem Boden des Natinnalcnltiis jener
Küstenstamme steht, welche in Oenotrien die lacinische
luno, in Epirus Diune , die homerische Mutter der
äneadischen Aphrodite, in Akarnanien und auf dem
Gipfel <les Berges Elymon (nicht des Erjx) den iler
Aphrodite Aeneias, in beiden (iegenden unter diesem be-
stimmten Beinamen, liervorgctriebcn hat. Die Beimischung
panischer Vorstellungen und Gebrauche im ervkinischen
Dienste, der ursprünglich dem eivmischen analog war,
ist später und hat nachher den Aiilass zur Verbindung
von Aeneas und Dido gegeben. Die Penaten dagegen
sind nicht, wie Hr. B. meint, der vlirzugsweise pelas-
gisclie Bestandtheil der Sage ; vielmehr ist ihr Begriff
ein eigenthümlich italischer. Er ist dem der grossen
Gotter in Samothrake in mancher Hinsicht analoger, als
Hr. B. anerkennt, aber doch charakteristisch verschieden.
Jedoch nicht molir, als dass in der Aeneassage sie mit
Fug idenfificirt werden konnten: denn der historische
Inhalt einer solchen Identilicirnng ist im Allgemeinen
durchaus nicht wirkliche Uebertragung, sondern Analogie.
Wenn also die Römer ihre Penaten mit mehrfachen grie-
chischen Gottheiten verglichen, so war das nur ein theils
literarischer, theils religlonsgesrhiclitliclier \'erdeutli-
«hungsprocess. Am (»eiligsten ist daraus zu folgern, dass
sie das Wesen ihrer Penaten nicht gekannt hatten ; dies»
«ussten sie besser, als das jener grie<hi3chen Gottheiten;
der Begriff ist, wenn man auf den Sprachgebrauch der
romischen .S( hriftsteller achtet, bis in die späteste Zeit
lebendig und scharf begranzt. Durch den der Minerva
konnte man ihn in der That ebenso gut ergänzen, wie
<lurch den der Pales und wiederum der ^'esta, denn alle
diese sind ihm an seinen verschiedenen Gränzen benach-
bart. Wir wollen uns daher in ilergleichen Fallen hüten,
Varro und andere Römer voreilig einer Verwechselung
zu beschuldigen. Auch ilcm .Lektin fhut Hr. B. Unrecht,
wenn er meint, durch dessen Erzählung von ilein durch
die Achäer geraubten Abbilde des Palladiums sei bei ihm
der («Ott zum Lügner in seiner ^'erheissung geworden ,
dass Triija unzerstörbar sein solle, solange das Palladium
dort vorhanden sei (S. ,S5). Hr B. gibt ja selbst zu,
dass Aeneas das Original rettete: war es ihm unbekannt,
dass Aeneas bei Arktin und .Sophokles die Stadt vor der
Zerstörung verlässt, also selbst derselben das Palladium
entzieht ■? Weniger wollen wir ihm anrechnen, dass er
den Hegesianax , welcher Kephalon's Troika iiiterpolirte,
mit den neuern Vorgängern srhle<'hthin einen Alexandri-
ner nennt, obgleich es von grosser Wichtigkeit ist, dass
derselbe aus Alexandria Troa« war. Denn nun wird »ein
Zciigniss, obgleich er schon die römischen Einiiiischungeii
in die Aeneassage aufnimmt, in mancher Hinsicht ebenso
anselinlich , als das jiles kephalon selbst, der nicht au»
dem troisclien Gergis war, wie Hr. B. anninimf, sondern
aus ileiii kv maischen, wo die Naihkommen der Teukrer
»wis» nicht miniler mit Hellenen durchzeugt und durch-
tvachsen waren, als im troischen Alexandria
hlauK*/!.
Zeitschrift
für die
AI tertliu ms Wissenschaft.
Sonntag j 16. Juni
18 39.
Nr. 72.
Die Urkunden in DemosUicnes Rede vom Kranz.
(Forts cf ziin^'.)
III. Das Dionysische Gesetz.
Aisrliincs liafte in dem Anfrage des K<esiplion na-
nientli(-!i drei Piiiikfe als «idcrrerlitlich liezcicliriet, 1 ) dass
er ein Derret mit der falschen Bcliauptiinf, Dcmostheiies
habe sich als »lackerer Cürjjcr beiiälir* , in Vorsclilafj
Lringo gf'gen das Geseiz ^H^öira IpEvdij yooiiiio.ra
iyyocafetv iv xjii öijy.oo^iuiq ipijcfla-fiaot (Jj. 50);
2) dass er den iiocli in zwei Aemtern Stehenden zu
kränzen vorschlage LiTriQitijStjaai tuv vu^iov tuv negi
tdjv imendv^oji' xelj-ievov (g. 12); 3) dass er die Ver-
kündigung des Kranzes im Theater, in den grossen Dio-
ujsien hei der Aufführung neuer Tragödien verlange,
gegen das Gesetz euv fi£V tiva OTCwarot )'] ßovklj,
iv T(/j ßovl.evnjQiv) y.rjoiTT^adai , iav de 6 Sijf.ioq
iv i^p exy-Xi^oirf., äkkoi^i öe /njöaiioi' (g. 32). Aischi-
nes fügt hinzu, die Gegner werden sich auf ein anderes
Gesetz ücrnfcn {tov zttovL'Oia'/.üv vüuüv) '/.cu -^(Ji^rsov-
•za.i TOV vojtov ueQEi -v/m yXn-ytTovzeq tijv d/.QÜaoiv
i'juwf V-Cil Tcnoe^ovrai vöi^iov ovöev nooaif/.ovia tijSs
fy yQ'^fV (S- 35« 36). Gerade diess Gesetz können
wir mit befriedigender Vollständigkeit aus Aischines An-
führungen wieder herstellen. Er sagt, da jenes ältere
ticsctz von den Kränzen des Rathes und des Volkes,
nicht aber von denen der PliUcn , DeniPii und fremden
Staaten sprechend die ^'^erkündigung im Tiieatcr verpönt
habe, sei es üblich geworden, ^olche Kränze von Phy-
leten , Demoten, fremden Staaten ohne AVeiteres im Thea-
ter bei den grossen Dionysien , wo Fremde von aller
Welt her znsaninienstrümten , zu »erkündigen, wodurch
denn natürlich der Glanz solcher Vorkündigung die vom
Rath oder A'olk im Duleuterion oder in der Kkklesie verkün-
deten Ehren weit überstrahlte ; aucii Freilassung von Scla-
»cn habe man des allgemeinen Beifalles wegen im Theater
verkündet. Darum sei das Dionysische Gesetz gegeben,
um die Feier von diesen lästigen und eitelen Weitläufig-
keiten zu befreien (§, 44); der Gesetzgeber habe es ge-
macht Txcoi Tvjv ävev ipi^cfiana.To; tjj^urioov crTeifa-
vov^£vu}v inu rijiv (pv'keTvjv y.ui öijjioiujv xai JiSQt
Tcov Tuvq oiy.tTctq dTitl.sv&eQoi'ivroiV y.ui Ttegi tujv
^evixiijv OTtCfdrwv, y.aX dla^ürßrv diayogevei fir.x
oixiTIJV d-ilS Lf. V 9 EQOilV £V T<fj i^EaTQÜ) i^n'ii}'
ijlo TÜJn (fvXtTujv ij öi^^oTuiv dvuyo^ iv£'
(r9ai OTECf avovfABvov, f^nd' int dkXov, cpi^oi,
iitiÖEVO g , i; ä-Tifiov Eivai tov y.ngvy.a. Hierzu
ergibt sich eine weitere Bestimmnng aus §. 47. y.ai öia,
lovTO ■7t()o:;i'hy/.Ei' ü voiiodETiji; ^ilj y.i] o ü n: to9 at
X UV dXl.öz Q tov axECfiavov i v z iji 9 £ u z q fj) ^
idv [ii) ünjcpi'oijxai 6 dij/iog iv' j) Tcöhi )}
ßovXoiuevij Ttiid xuiv i)iirzEQu)v azErfavouv TiQtaßEi^
Tl^ilpaaa bEi^drj zov d/jfiov (cf. §. 48). Für unsere
Frage genügt es, in Demoslhene» eigenen VVorfen (§. 121)
nh)v idv ztvti.o, ü öijno; ij i) ßuvh) il'ijifioi/zai-
rovTOUg dl: dva.yuoEVEiv) Bestätigung für Aischines
Anführung zu finden, um so mehr, An iV-iS dvayouSVETUi
deutlich genug jenes dzlfwv lival xuv yijoi'/.a indir.iri.
Und nun der vof(og /jtovvffiay.uq, wie wir ihn ein-
geschaltet in Dcmostlienes Rede §. 120 lesen: öaovg
ox £(f av ov 0 i zivEC, X vj V di^fiu)v, xac; dvayo-
QEi'oECi; xu)v ozEffidviDV 7ioiEto9ai iv ai'-
xoig exäaxo vg xotg idioig öijf^oic, euv f^ii'j
zivag ö zuiv j49i]v aivjv i] i) ßovkrj ozEtpa-
voi' zoüxovg ö' E^eivai ev z(j) 9EdzQ(i) /lio-
Vl<crioi<; dvayoQti'Ea9ai. Es macht keinen bedeuten-
den Unterschied, dass der Cod. ^ itetvat £fj9(il liest,
und aus andern Handschriften andere kleine Abweichun-
gen bezeichnet werden ; es macht ebenso wenig einea
wesentlichen Gewinn, wenn man nach dem A^orschlag
einiger Gelehrten «taft des ganz albernen r>x£(fai>oi
etwa. ipijCfi Ol/TM schreibt. Dcmostlienes selbst lobt in
den gleich darauf folgenden Worten gegen Aischines:
äkk' oi'd' a.ioxi'i'l] vo/tOLiQ fiExaTrotüjv, xtuv
ö' dcpaiQuiv (lEQi] , Olli; okovg S/xatov i]v dvayo-
Q£v£o9at xoig ys öfÄOJuoy.oai y.azd zuvg pu/iovz
^H](flEta9ai. Aber ihn selbst würde dieser Tadel nur
noch stärker treffen, wenn er das Gesetz so, wie wir
es lesen, hätte lesen lassen ; denn es stimmt, so zusagen,
nicht ein AVort mit den .4nfülirungen bei .4ischines, und
dass diese wörtlich sind , ilafür bürgt sein ftTi9' VTl'
ukkov Cftja-l [^uj(^ev(jg. Aber, meint man, es ist nur
so verstümmelt. ^'ielaiehr das Dionysische Gesetz hat
7ieien den aus Aischines zu nehmenden Sätzen diese
nicht enthalten Icünnen , wie der Augenschein lehrt.
Oder der Gelehrte hat vielleicht ein anderes, als da»
hier gemeinte Gesetz aufgenommen. Es ist ein schlimmes
Ding, einem so gelehrten Forscher so dumme Verwir-
rungen aufzubürden. AVer sieht nicht, dass das vorlie-
gende Gesetz alle IMiene macht, in ilen Zusammenhang
zu passen, so sehr, dass er selbst des Demostheues Ci-
571
572
Ui: 7r).i'v eäv iivaq d Sijfiog 7) 1) ßovh) rpijcfi'djjTCii
jnissvcrsU'hend , als bezricline das eine von Ra(h oder
l'ulk ilcirefirfe, nirlil bloss erlaubte Kränzuiig, dafär
sein uiivcrstäiiiliges luv fi?/ .- arS(favoi setzt.
Eiiillich «ie soll man glauben, «lass in Athen geschrieben
>nM-<le Tojv öi'juov rivhi siatt dlj^oTuiv , nud gar t«;
dvayooii'ijiii Troteiol^cu iv uvtois iy.uoTOvc; (sc.
Siiioii) TO/'s" l'diOfi dnioiSi wo nicht einmal der to-
TTog uTov ÖEt Xüvio y£vea9ai , nämlich die dyo^d
genannt ist.
So ergibt sich «ohl mit Sicherheit , dass das Torlie-
gende Gesetz «edcr der von Demos(henes und Aischincs
licsprochene löuo^ zltovvaiuy.ci, noch liberhanpt ein
altes und echtes Gesetz, sondern ein untergeschobenes
Machtcerk ist.
IV'. Actensiücke für den Krieg von Ol. HO.
2 und 3.
AVir befinden uns bei der Kritik dieser Urkunden
über den Krieg von Aniphissa nnd Chaironeia mehr noch,
■wie bei anderen, in der unangenehmen Verlegenheit, die
Listorlsclicn Facta, «eiche uns das sicherste Kriterium
abgeben müssen , nur aus solchen Quellen schöpfen zu
können , deren GIaubn>irdigkelt Nichts weniger als un-
ZHeideutig ist. L'nscre Kenntnis» jener höchst merk-
iifirdigen Epoche beruht fast ausschliesslich auf der Au-
torifa» der Redner, welche das Factische nicht ohne
absichfliche Entstellung vortragen. Es tritt hier das sehr
ticsentlichc Bedenken auf, dass , wenn die Actenstückc
mit den Angaben der Redner nicht stimmen, die Ansicht,
als wenn sie zu deren Ausfüllung erdichtet wären, un-
gleich gewagter sei , als iler gute Glaube an ihre Echt-
heit, und sie scheinen zur Controle der Redner, zum
Ben eise, wie entstellt deren Angaben sind, zur Berich-
tigung und Erweiterung der Geschichte um so mehr ge-
eignet , um wie viel specieller und dadurch znverlässiger
ihre Angaben sind und um wie viel weniger wir Quellen
oder Notizen nachzuweisen im Stande sind, aus denen
lier der Falsarius geschöpft haben könnte. Somit wer-
den nur factische Absurditäten, chronologische Unmög-
lichkeiten und ähnliche unabweisbare Zeichen literarischer
Falschmünzerei uns za einem dreisteu Urtheil gegen
diese Urkunilen berechtigen können.
Wir müssen, um einen chronologisch festen Punkt
zu gewinnen, von dem Kriege Philipp'» gegen die Bvzan-
ticr ausgehen, denen Beistand zu leisten die Athener
(h ic Philorhoros bei Dionvs. ep. ad Ammaeum e. tl sagt)
i/dooTüiijouv Ti)v i^itv OTij/.ijv y.udskciv Tijv TTegi
Tiji noüi Oi'/.iTiTtov iiQi'jvr/i axu^ei'aav, pari; ös
rrkijoarv y.ai tu v.)}.a iv£()yeiv tu tov TcoXtfiov.
Dionjsios fahrt fort: xuüta yQuipag y.axa OeöcfQa-
orop upxovru ytyovtvcu, Tf/7 u£r' iy.tirov iviauTiü
ru TQi/j^'JcVTru utTu Tr,v ki'oiv jtjg ti'oijpijg iirl Av-
oiuc.yjdov üoyovxug Su^iore-vuc • d^;ou) de y.at tuv-
rü)v avTOjv ru uvuyy.uiuTUxa. Av a ifiaxlör) ^
'-'iyuovLvQ,- ixi Tovxov XU fttv ioya xd ncol xov?
viui^oiy.ovq y.ai xr^v oyfvo9i-xijp dvtßaKovTo 8id
TOV 7iü).£uov TOV TToog (jHl.imiov. xd Se yQi'jixax'
hprcfloavxo navx' tivai axgcixtujTiy.d. ^tj/ioa'h^vovg
yodibavxoi '/,. X. k. So ergibt sich aus den Worten
des durchaus zuverlässigen und der Zeit so nahe stehen-
den Philochoros, dass der Krieg von Byzanz in Ol. HO-
1 und 2 gehört. — Fhilippos mussto erkennen, dass er
bei der lebhalten Unterstützung, die Byzanz von Athen
und andern griechischen Staaten erhielt, seinen Zweck
nicht erreichen werde; er gab dcsshalb <iie Belagerung
von Byzanz auf nnd wandte sich vorwärts gegen die an
der untern Donau wohnenden Skytiien.
Hier schlicssen sich nun die Amphiktyonischen An-
gelegenheiten an, die Aischines in dem T()ixog XüiV
Xaicnov (§. lOü) berichtet; und diesen rechnet er von
jenem Tage an, xiji vf.it;oai eysivrjg, iv T) xnxali'aas
Tijv i'Ttdoxovoav ituijvijv xrj ivÖKet 6 ai'xug ovxos
^ijxujo eyoalpe tuv nöks/iov (§. 55), das heisst also
vom Jahre des Theophrastos Ol. HO. 1 ", es ist der Friede,
der, im Frühling Ol. 108. 2. geschlossen, öüiisivel)
inTUSxij XQOVOV Dionys. Ilal. ep. ad Ammaeum c. H.
Aischines nun bericlitct (g. 115 fl'.), dass er tTti
Osocforiatüv äpyovTO:; zum Pvlagoros erwählt und mit
den zwei andern erwählten Pylagoren Athens gen Delphi
gegangen sei. Dort hätten die von Amphissa l'rfoTC-
7i'rojy.üT£c: xÜts y.ai Öaivwq 9epa7Tti'ovrcg xoug 0//-
ßaiovg auf fünzig Talent Strafe gegen die Athener an-
getragen, weil sie in der erneuten Weihung goldener
Schilde mit der Inschrift \J\ilivaiot dnu Ml'jduiv y.ai
örßai.(j)V X. r. X. allerdings das Gesetz, über eine eidgenös-
sische S^adt keine dauernde Trophäen zu errichten (kidivov
7; xaXy.ovv xpoTCaiov Plut. quaest. Rom. 37. Cicer. de
luv. II. 23) zu errichten, übertreten haften. Hier muss
zuerst ein Trugschluss des Deninsthenes zurückgewiesen
werden; er meint (§. 150) (JV/. ivijv dv£V xov ■yrpog-
xaXecraffdai Si]Ttov -ro/'i Aqy.ooli; dixijv xaxd Ttj^
Tiokeajg ovvrsXecracr^af xig ovv ey.h']X€i<arsv v^äg; inl
■noiag ÜQX'ji ^- *'• ^^- I^'" gleich folgende Executiou
gegen die Lokrer vor Amphissa zeigt, dass bei einer
vor Augen liegenden Ucbertretung Amphiktyonischcr Ge-
setze dergleichen nicht nöthig war; und die goldenen
Sicgesschilde konnten und mussfen als solche gelten. Das»
aber zwischen Afhen und Theben damals nicht viel au
einem oflenbaren Kriege fehlte, lehrt unter Anderm die
Besetzung von Megara durch Phokion X^^"*- P''""- 15),
die nicht in die von Dem. TCEQi TCapaTTQCaß. §. 326
besprochenei» Verhältnisse gehört, sondern später ist;
siehe unten.
Jenem Anfrage der Lokrer in der Amphiktjonenrer-
sammlung trat Aischines entgegen; er wies darauf hin,
wie die Amphissäer einen viel ärgeren Frevel auf sich
geladen hätten durch Beackerung und Bebauung des ver-
fluchten Feldes, und, wie er selbst berichtet, er sprach
mit der grössten Heftigkeit. Als er hierauf abgetreten
war {iiTtiiidij Tioxe dTiijkkäyijv y.ul fisrlarijv ix rov
ai'VlSuiov §. 122), entstand gross Geschrei und Ge-
tümmel unfer den Amphiktyoncn, und man sprach bereit«
nicht mehr von den Schilden, die Athen geweiht, son-
dern schon von der Bestrafung der Amphissäer. Da e»
schon zu spät war, um noch desselben Tages die Strafe
auszuführen, bcschied der Herold die Dclphier auf den
folgenden Tag ijxciv ciua tij i^nipa) zur Opferstäfl©
und eben dahin die Pylagoren und Hieromnemonen. Aber
bei der Execution am folgenden Tage kamen die Lokrer
I
573
aus Ampliissa bewaffiipt ilaher iiiid ilic heilige Expedition
re<ff«e sich mir mit Hliihc, Am folgenden Tage hcricf
Kottvphos der Pharsalicr, 6 TÜi yvvjuai inHpi;(fiCwi>,
eine sogenannte Ekklcsie der Amphik^oncn, wo denn
Lesthlosscn wurde, ijy.eiv TOVi iegu^'.vijßova^ n^o ti~s
iniovari; iivkalai; ev piyroj jfpoVw et'i Uikccg ixuv'
TUi doyfia xad^' o,ti öixijv Suiauvöiv oi 'AiKfia-
OSli y.. T. X. In Athen wurde das von Aisrhines Gp-
thane Anfangs gut gehcissen , doch brachte es Deuiosthe-
nes zu einem andern Bcschlnss (Aisrhin. ^. 120) des
Inhaltes, dass sicli Athen jener Thcilnalime an der aus-
serordentlichen Vcrsanimlung in den Thcrmopjlen und
der Ausfiilirung der dort gefassten Beschlüsse enthalten
solle ; ebenso nahmen die ThcLaner an <lersclben keinen
Antheil. Dort nun wurde ein Feldzng gegen die Lokrer
beschlossen und Kottvphos zum Fcldlierrn erwählt; y.al
nuQfXi^uvTEi T^ 7iQv')TTj aT^creüi v.ai fia/.a ji/erp/w;
exoi-navTO TOIs 'Jj^KfloaeiOl. Es wurde ihnen eine
Geldstrafe auferlegt, die sie in bestimmter Frist {iv QlJTio
ypövo)) dem Gott erlegen sollten , und die Vertreibung
der Schuldigen von ihnen verlangt. Dann fohrt Aischi-
nes fort (§. 129) ineiöij de o'vte tu xp'jfiUTa i^hi-
vov Tijj y£w, toi'«; t" Evaycii y.arijyayov y.al tovc
svasfjei^i yareX^övraq öia züiv 'AfiCfiy.Ti'Ovo)v ii;[ßa-
kov, oi'iujg i)5i] Triv devTgQav knl rovi '-■lifACfiOoiai
atgatEiav inonjcravTO, nolXio xpovuj vareoop x. t. X.
und zu diesem wurde Philippos als Feldherr der Amphik-
tyonen berufen. Demosthencs weicht in einigen Kleinig-
keiten von Aischines Erzählung ab (g. 151); allerdings
sagt er, dass zuerst Kottyphos Feldherr war: to fiev
TTocüTov Tujv 'Jf^Cfiiy.ivoviov fjyays OT^axiäv. wg t>
oi fxet) oi'x jjXdov, oi d' sX^uvreg oi'Sev ercoiovv,
eii; ti]v sTTioL'o-av IlvXaiav iui tov 0ikm7i'ov
£v9vQ i'jyefiöva r;yov oi y.arEOy.evaoutvot nai nakai
TovTjQOi Tuiv öiTTctkojp y.c.l Tujv f.v Tutg clKkat^
■jrökcoiv. Da Demosthencs die ausserordentliche Ver-
sammlung nicht erwähnt , so gibt uns seine Darstellung
die wichtige \otiz, dass in der nach jener Delphischen
K«c/iS<folgenden regelmässigen Versammlung in den Ther-
mopvlcn Philippos zum Feldherrn der Amphiktyonen ge-
wählt worden. AVir würden mit den Zeiten ganz im
Klaren sein, wenn es nicht streitig wäre, ob die Früh-
lings- oder Ilerbstiersammlung in Delphi gehalten wor-
den. Eine Eiitscheidnng geben die Zeitbestimmungen
bei Aischines. Unter, dem Archen Theophrastos wurde er
als Pjlagoros gewählt; die Annahme, dass Aischines etwa
zu Ende des Jahres des Theophrastos gewählt und erst in
der nächsten Herbstsitznng, das heisst im Boedromion
des Archonten Ljsimachides , also mehr als drei 31onatc
nach seiner Ernennung in amtliche AVirksamkeit getreten
sei , ist nicht bloss gegeu alle Wahrscheinlichkeit und
gegen die demokratische Sitte, sondern es würde die
Angabe bei Aischines gerade die Bezeichnung der Zeit, um
deren willen sie beigefügt ist , undeutlich machen. So
muss also Aischines, im Jahre des Theophrastos als Py-
lagoros gewählt, jene Delphische Versammlung entweder
die vom Ucrbst 340 («ier vom Frühling 339 mitgemacht
haben. Aischines gibt an, dass Kottyphos znm Feld-
herrn ernannt worden (also zur Zeit der ausserordent-
lichen Versammlung in den Thermopylen) ovx illlSl]-
574
uoi'VTOi (fitklnTtov Iv ßluy.edovU/., ü)X ovb' ev rij
'Ekküöt nunüwog, d}Ji.' iv liyvSaig oiiru» jjiay.ouv
C'.TCÖvTO^. Es ist möglich, das Aischinc» hier etwas
übertreibt, dass Philippos noch in Thrakien, viellciclit noch
vor Byzanz stand in der Zeit jener ausserordentlichen
Sitzung. Nach derselben folgte die Expedition des Kot-
tvphos, der Zahlungstermin für die Amphissäer, ihre
AVeigcrung, die Freilcr zu vertreiben, kurz, eine Ileihe
von Begebenheiten, welche füglich drei oder vier Monate
gekostet haben uiiigen. Die AVahl des Philippos endlich er-
folgte in der nächstfolgenden regelmässigen Versammlung
TlOkkui XQ'JVV) VlTTtüOV £7iail;XljkvtlOTOg 0l/.iT7TOU
ex T/Js hil Tovs ^xiDu'; crgareiw;, was, wie sich von
selbst versfehl, immerhin hcisscn kann, dass Philippos
viel später aus dem skythischeii Feldzug zurückgekommen
ist. Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass, da
Aischines noch unter dem Archon Theophrastos (Ol. HO. 1)
in jener Delphischen Pyl.-sia sprach, und da znr Zeit
der nächsten regelmässigen Versammlung, also ein hal-
bes Jahr später, Philippos schon vom skythischen Feldzugo
zurückgekehrt war , derselbe aber dem bis in den Anfang
des Jahres des Lysimacliide» (Ol. 1 10. 2) währenden
Kriege gegen Byzanz folgte, es ergibt sich, sage ich,
dass die erste Delphische P_\laia nur die Frühlingsver-
sammlnng im Jahre des Theophrastos (Frühling 339) ge-
wesen sein kann. Hieraus wird auch klar, warum man
mit dem Beschluss zum «rstcn Feldzuge nicht bis zur
nächsten regelmässigen Pylaia in den Thermopylen war-
tete; ein Feldzug, im Herbste beschlossen, würde sich
wegen des nahen Winters ungebührlich lange verzogen
haben.
Hiernach muss ich mich gegen die von dem hoch-
verehrten Herausgeber des Corp. Inscr. p. 808 geäusserte
und von unserem Blarburger Freunde (Handbuch der
griech. Staatsalterth. p. 39) angenommene Ansicht, dass
die herbstliche Versammlung nach Delphi gehöre, um
so mehr erklären , da nach Brückner 's einsichtiger Be-
merkung (p. 235) auch eine Notiz in Demosthenes Rede
ntol ■^apaßg. auf ein ähnliches Resnifat führt. *) Und
wenn Alexander gleich nach seiner Thronbesteigung gen
Hellas ausrückend die Amphiktyonen in den Thermopy-
len versammelte (Geschichte Alexander'« p. 60. Diod.
XVII. 4), so konnte das ein Beweis mehr sein, dass
die Herbstversarnmlungen eben dort gehalten wurden,
wenn Alexander die Versammlung nicht erst berief, son-
*) Nach DIonys. Hai. ep. ad Am. 10. ist die Rede mgl naga-
ngiaßifuq iliei Jahre nach der betreffenden Gesandtschaft,
unter dem Archon Pylhodotos 37^/, geschrieben. Wenn in
dieser Rede noch nicht von der Expedition des Philippos
nach Ambrakia die Kede ist, welche in der Rede ober
Halonncsos §. 32 besprochen wird, und wenn diese Rede,
wie unten zu erweisen ist, im Winter des Pylhodotos
Ol. 109. 2. (Anfang 342J gehalten wurde, so gehört di«
Rede von der Trupgesaudtschaft in die erste Hälfte von
Ol. 109. 2. Demosthencs spricht (5- 65) von seiner ncner-
lichen Anwesenheit in Delphi, und dass er als Pjlagoros
dort gewesen, s.igt Aischines xkt« J\i)ja. §■ 114. VVenn
man diese zwei Angaben combinircn darf, so ist die
Rfde von der Tmggesandtschaft zwischen dem October
343 und dem Anfang von 342 geschrieben.
575
^76
Aera noch bpisammen fand; doch sola Rpgicrunjsaniriit
Ut ZHcifelhaft, s. u.
>orh bleibt eine Sclni iorijjUeit zu lösen. Die Ilerbst-
veräaiumliing der Amphikfvoiien heisst nach Sfrabo IX.
p 270- ed. Tauch. ^u'xw.Topn i; rri'A«i'« und f.illt in das
ufro.TWpoi-, das heisst, iu die Zeit zwischen dem 21»
iSeptcniber und 5. >'orcmber ; und genau so finden wir
einen Aniphikfvoneiibeschluss in Athen publiiirt Ol. 100. 1
in der dritlcu Pr\lanie, die iu dem genannten Jahre
etwa »cm 21. September bis znm 20. October reicht
(hierbei ist ein Irrtlnim von 2 Tagen möglich). Im Oc-
tober 339 also ist Philippns bereits von seinem skjthisclien
Feldziigc zurii.k. Rechnen wir nun die kürzeste Zeit
für diesen Feblzug, so fordern die MJirsclie von Bvzanz
bi» in die Uonaugegenden und von da durch das (iebiet
der Triballer nach 3Iakedonien zurück , die K.'impfe mit
den Skjthen und das Aufbringen von 20,000 gefangenen
Weibern und Knaben, der Kampf mit den Triballcrn,
die den Durchzug weigern — Alles das fordert gewiss
eine Zeit von wenigstens zwei IMonaten, so dass Philippos
kp.'itestens in\ Anfang des ersten [Monats des Jahres Ly-
simarhides (Ol. 110- 2) die Delagerung von Bvzanz auf-
gegeben haben niuss. Aber da tritt uns die mächtige
Autorität des Philochoros entgegen, der von dem Jahre
des Lysimachides berichtet: frri rovcov t« iitv i^ya-
■To. -TcEui Tol; vew^oiy.or; y.ai tjjv oy.cvodij/.ijv dve-
ßäkoiTo Ötä Tov Ttdkeuov tov ^po; wlkiTtirov-'
rä öe ;^p7;//«r' eipijff/aarro irdvx' eivm a-TpariojTixa.'
liiest man die Stelle des Dionysius, wo diese Auszüge au»
Philochoros stehen, so kann man nur an den Krieg von
Byzanz denken, denn er nennt diess clien T« ■n^ricf/^eiTa
USTTU Tijv kicriv .triq flQip'ljq, d. h. des Philokratei-
«chen Friedens. Diess scheint nun mit dem obigen Rc-
äultate, dass Philippos ilie Belagerung von Bvzanz gleich
mit (Um Anfang von Ol. t 1(). 2. aufgegeben habe, im
vollsten >V'-derspruch. Und so ist es, wenn man glaubt,
dass mit Pliilippos Abz'jge von Byzanz zugleich ein Frie-
den geschlossen worden.
Dass damals ein Frieden geschlossen worden, sagt
Diodor. XVI. 77. ausdrücklich: 0i}.l7t7iog y.urnnXrjycii
rj ovrdQO^ifi xvjv 'EfJ.ljvcnv rijv Tto't.lonv.'iav rrjjv
TTükEujv ihvae y.ai nQ6i'.'ld^)p'0.iovz y.o-l xulk; äkXovi
^EtXijva^ Tolq ä'avTiotittioi'g auie^Bvo t)}v cttitjvijv.
Natürlich einem ausdrücklichen Zeugnisse gegenüber ein
io auflallendes Factum zu I.'iugnen, hat etwas liöcliM
Bedenkliches; jedoch darf man zuu.'lclist geltend machen,
dass Ephorii« (jpschichtswerk , ans dem Diodor besonders
»ein XV'I. Buch geschöpft hat, gerade bei der Belagerung
lon Perinllios aufhörte; Diyllos, rien er viin dort au benutzte,
hat zuar die vi eitere Geschichte bis zum Tode des Piillippns,
H-ie CS scheint, ausführlich genug behanilelt; aber be-
gnügt sich Dioiloro'i , von jeneni ganzen Kriege, von der
merkwürdigen Thrilualiine Hellenischer .Staaten, loii jener
Anstrengung und Riilirigkeit der Athener auf Kiiliiiia und
IUI Ilellespont, ilie der Hochherzigkeit früherer Zeiteu
würdig war, iu sechs Zeilen zu sprechen, so niuss man
ihn ja nicht für den grossen Geist halten, der mit we-
nigen kräftigen Zügen den Kern der Sache beransfinJet,
mau niuss vielmehr auf seiner Hut sein und ihm nicht
mehr glauben , als man sonst w oher bestätigt fiuüct.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Gera. T.r.r Feier des Nciijahr-sfcslcs lud Ilr. Prof. Herzoj
durch fül^eiulcs Programm ein: Observalionmii paiticula XI.
Jnest bicvis de singul.iri particularuni iiisi et rii tignüicalione
et projuicl.ite dispiitalio. Geiac ex lypogiapliia aiilica (U4 S. 4.)
Der yclehite fir. Verf. Ii.-)ncle!l in deniscluen zunaclist von dem
UnlerschieJe zwischen si (si non) und nisi, den er dahin bc-
stiinnit: non .ibsiiidiim e.'.istinuvei'iiii parliculara si appell.ire
ponenlis et cligenlis, nisi proponentis et piaccaventis; illam
esse v.Öu<(poiiov sive indiirerentein , h.inc inuroQO-aiTixijv et av/t-
:i«i?i;ijzijv. Obgleich die Elyraoloj^ie für diese Aiinabine zu
spiechcu scheint, so dürfte doch eine selir grosse Anzahl von
Beis])iclen derselben cnlgeyenslchen , und der Hr. Verf. scheint
sie selhit in den Hintergrund zu stellen, wenn er bald darauf
behauptet: nisi totam ratiocinantis esse ac niedilanlis , ohne
genauer nachzuweisen , wie eine Partikel ganz dem Denken an
geliören und doch auch eine Willensrichtung {nach p. 8. hat
nisi notioncin prohiheiidi sive verendi et cavendi) bcz-cichnen
könne. Nachdem hierauf klar über nisi forte, nisi vero, nii>i
f[uod, nisi lainen gehandelt und dem Iclrten die ."traft beige-
legt worden ist, eine nachdrückliche und ernste Behauptung
unter dem Schein einer Einwendung oder Ausnahme bescheide-
ner auszudrücken; werden genauer, als es gewöhnlich geschieht,
die Falle geschieden, wo sich ni'ii auf eine iNegalion oder wo et
sich auf einen unhestimmtcn Zablhegriff bczielit, und bei die-
ser Gelegenheit die Ausdruckhcweisen : nihil aliud nisi, nihil
aliud praeter, n. a. quam besprochen, und ihr Unterschied
auf passende Weise nachgewiesen. Zu kurz handelt der Verf.
über das Veihaltniss von nisi und ni, und wenn er auch, um
eine Verschiedenluit derselben zu begründen, mit Recht darauf
hinwiiit , dass man nicht ni forte, ni tarnen, ni vero u. a. ;
nicht nemo ni, non alitcr ni u. s. w. (was doch bisweilen Aus-
nahmen erleidet s. Cic. Att. 16, t5, 3. Tac. An. 2,35) sage: so
möchle doch <lie Rebauplung, dass nisi nur Bedingungen an-
gebe, die allein in der Vernunft, ni solche, die in der Erfah-
rung und in Thatsachen ihren Grund bähen, zu allgemein und
unbcsliuiiiit sein und sich schwerlich, namentlich bei einet
genaueren Berücksichtigung von si non, und der Erscheinung,
da,ss ni so oft in Drohungen, sowie auch in Gesetzen sich fin-
det, hinreichend durchfuhren lassen. Soille wirklich ein Un-
terschied zwischen beiden Partikeln auch in Hinsicht der Be-
deutung stattdiiden , so möchte es eher der sein , den Wetze!
In dein auch in dieser Zeitschrift 183cJ, p. 786 ff. besprochenen
Programme aufgestellt hat.
Berlin. Wir bringen den Lesern dieser Zeitschrift folgende
Dissertationen zur Kunde, welche im Laufe des Jahres 1S3S unter
andern hier erschienen sind: 1) De Luciano p!iitnsn/iho uns.
Gnil Chteius. 53 S. 8. — 2) De Ullo cii'ili Sultano diss.
Adalb CtbutsUi. 27 S. 8. — 3) De artis dialecticae , (jua
Platn sitii viam ad scienliam veri miiiiivil, forma ac rationa
diss. H. Urue,igeinann. 37 S. 8- — 4) De foniilnts libri Jorda-
nis: „de oiis,inc actiiqne Gelaruni" diss. JJtnr. de S_fbel.
45 S. 8. — 5) De teleologiae /liislotelicae lineamentis diss.
Maiir. Canicre. 20 S. ö. - Eine dem Indix lectioniiin für dai
Wintersemester vorangehende kurze Ahh.indlung vc'breilct sich
«de anachronisnio absiirdissimo , f|uem l'lali) in Repuhlica eom-
ponend.a .idmisissc visus est, quod personas longissimo temporit
iiitervjllo dissitas nno codenique die iutcr le coUociucnle* f»-
ccrit vcl certc cougregavetit."
Zeitschrift
für die
AI t er tliu ms Wissenschaft
Alittwoch, 19. Juni
18 39.
Nr. 73.
Die Urkunden in Demosthenes Rede vom Kranz.
(Forts et zun ij.)
Und ilass iiiiii Philodioros von jenem Frieden enfäcliie-
den Nichts weiss, ist ein höclist gewichtiges Zengniss.
Sodniin findet sich weder in Demosthenes , noch in Ai-
srhines Rede die leiseste Andeutung lon diesem Frieden,
nnd Aisdiines h<'itte sie ^. t'JS iliirchaus machen müssen,
«eiin er zeigen wollte, dass der von ihm angeregte Bc-
scliluss gegen die Lokrer nichts (iefälirliches hatte, er
hätte sagen müssen : Philij)|)os war nicht bloss weit hin-
weg hei den Shythen , sondern wir und alle Helleneu
hatten Frieden mit ihm, oder wir schlössen ihn gleich
darauf. Dagegen rechnet Aischines den dritten Abschnitt
in Demosthenes öllentlichem Leben von der Auflösung
des Philokrateischeu Friedens bis zum Ende des Krieges
von Chaironeia (voirov dt Ö V £Tl oK E uov fldv X9^'
lov fieyat Tr,g ÜTi'xiag rrig s'v Xaiqvtvtkt §. 65).
l eberdicss sind einige Aeusserungen in Demosthenes Rede
lon der Art, dass sie au einen Frieden zivischeu der Ue-
lageruug von livzauz und dem Kriege von Chaironeia zu
(lenken unmöglich machen. Diese Stelleu sind bereits
von Brückner p, 382 angeführt. Nicht hierher gehört,
wenn Demosthenes sagt g. 139, nachdem er von heim-
lichen Unterhandlungen des Aischines mit Philippos Emis-
sären gesjirochen; y.ai xu fisv öl] n (j u Toti 77 0/. £-
14 f! IV (f UV aQV) q, (TwayujviCeoi^ui 0i'ki-jtnv> Seivuv
fttv SÜts d' ai<T(i} ToÜTu. 'IkK mtidi)
i'jdi] cpavSfftSq roe nkoia easaühjTo, X£Q(>6vi]crui
eTCOQt^ilTO, e-TTl TTJV 'AxX LY.YjV iltO 0£V i-V dv^QU)-
Ttoy ovY.ix'^ iv ä^i(ftaßiixrjoiit,o> xu TTpäyi^axu t'r,
c/ÄK evsaxljy.ei V.. t. A.. Es ist hier nicht die Rede
von Philijipos Heranrücken zum Amphiktvonenkriege, son-
dern von einer sonst nicht ertvähnten Diversion, die Phil-
ippos etwas frülier gemacht haben muss (s. u.). Desto
unwiderleglicher sind Demosthenes Worte g. 145 und
1^4lj. Er leitet den Ampliiktyonenkrieg also ein: ov'/.
XV xov nooi; V f^dg :roktfiov ni^ug oiö'
(ina)^kayi; 0ikimtv) tl fin Oijßutovg v.ui Oexxu-
Kovg ix^Qoig ■ttou^osib xij nükei dkku y.umef) ddkiwg
y.ai y.a/.ujg ruiv o-xq axt]y iSiv rujv v^exioMV
71 oke/i ovvx üj V avxui, 6/^iojg vtc' ai'ixov xov noki-
uov yai xuiv hjcrxujv f.ivoia 'iiiUcrxE xay.u. So konnte
•loch durchaus nicht gesprochen «erden, wenn nach der
Belagerung von Byzanz ein Friede gemacht worden war!
Dann hcschre bt Demosthenes den Kriegszustand weiter
und fügt hinzu: ijv de oi<x' ev xrj &ukaxxT] xuxs y.peir-
Tujv vf.wiv, oi)x' ti'g T^v 'Axxty.i]v ekdciv duvaxog^
injxs Osxxakpjv dy.okovdoiivxujv, w;re Oijliaiujv
diivxujv (Tvvefiaire de avxui t(o nuk£i.i(j> y.fjurovvzi
Tuug öuuiovg dtJTiot^' i<ji£ig i^eit e fiit f.x s axf^a-
xrjjovg — £'w ydo xoOiö ys — c.vxt) xrj (fvoei xov
xönov xai xuiv inaoxö^'iuiv ixaxtooig y.a/.Qiui^ctv.
Und wem das noch nicht genug ist , iler lese den Be-
richt Plutarch's (Phokion c. 14), wie Phokion von den
Bvzantincrn in ihre belagerte Stadt aufgenommen worden,
wie dann Philippos mit Schimpf und Schanden abgezogen
{8^iJiEore XOV 'Ef.hjo-TTOvcou y.ai y.aT£(fiuorr,ih] öo-
yojv df-iuxog T/g tciui y.ui uvavxuyojviaiog) , wie
Phokion einige Schiffe des Königs nahm, y.a\ (foorgov-
/icvag 7r6k£tg dväkuß £ y.ui n okkuxö^i ir,c, ^wp«?
diioßäa-eiQ iToioL'i^ievog äiiügdet. xal y.axerg£-/e fiexQ'-
oi xQuöiiaTU Laßu}v vnb ruiv Txgogßoij^oivxujv
r/.7l£7l'ktti(yS. Dass aber ausser diesen glücklichen Un-
ternehmungen noch andere minder erfolgreiche Seitens
der Athenischen Fcldherrn ausgeführt wurden , lehren
Demosthenes vorher angeführte Worte deutlich genug,
und dass diess nicht etwa den Charcs bezeichnet, ver-
steht sich nach ilem, was wir von Demosthenes ^'erhalt-
niss zu ihm wissen, von selbst, s. unter andern Ulpiaa
ad Dem. 7l£gi -ttuliUtt. §. 332. p- 15 7. ed. Dubson.
Wie Diodor dazu gekommen, von jenem Frieden, der
nicht geschlossen worden, zu sprechen, dürfte nicht eben
mit Sicherheit nachzuweisen sein: doch wollen wir uns
eine Vermuthung nicht versagen, die vielleicht zur Lö-
sung der Schwierigkeit beizutragen vermag. Frontin er-
zählt ( Strat. I. 4. 13) quia Cherrouesuni , quae juris
Atheniensium erat, occnpare prohiberetur , teneutibus
transitnm non Byzantioruni tantum , sed Rhodiorum quo-
(|ue et Chiorum navibus, conciliavit aninios eorum red-
dendo navcs quas cepcrat, quasi sequcstres futuras ordi-
iiandae pncis inter se atque Bvzantios, qui causa belli
erant ; tractaque per niagnum tenipus postulatione , cum
de industria subinde aliquid in conditionibus retexeret,
classem per id tenipus praeparavit, eaque in augustias
freti imparato hoste subito evasit. So unklar diese Er-
zählung ist, jedenfalls zeigt sie, dass im Laufe des By-
zantiner Krieges wirklich vielfach über den Frieden un-
terhandelt worden ist, und es heisst der Gedankenlosig-
keit Diodor's nicht so viel aulbürden, wenn man annimmt,
dass er Derartiges mit dem plötzlichen Abmarsch des Philip-
pos in ungehörige Verbindung gebracht habe.
579
Die piiizoliicii jinlllisrlion ßrziclmn>;pn dirscr Zoli zu
Tpi fiil^cii , «i'irdo zu Hoit fiilimi ; mir so viel iiuiss be-
iMcrkt »erden, dnss dieärllieii keiiiesHejjs so seliliclit und
uliersit litlicli sind , als man na< li der herkümmlirlicn
Darstclluns erivarjcn sollte; und es ist zu be<laucrn ,
dass Herr Uriiekner in seinen sonst srharfsiniiifen Un<er-
siicIiuMgen niilif auf diese Zusaninienliiiiigc und auf die
kleinen aiiekdotenartigen Notizen Lei Polyaiiios, Frontin,
Clenicns >on Ale.xandrien u. s. h. , «eiche oft uncruar-
(etc Anfsrhliissc ilarbieten , melir Riiiksiclit genommen
Lat; silion die Verli.'llfnissc des Skjtheiikonigs zu den
IS\zanfinern (Clem. AI. ström. V. 31.), Istrianeru (Justin,
IX. L'.). Triballern (Frontin. II. 4. 20.) konnten wesent-
liche IJericiitigung über die politischen Zusammenhange
lies Jahres ,'33^' geben.
Also ohne dass die Belagerung von Byzanz und der
Krieg mit Atlien durch einen Frieden beendet worden,
maclite Phiüiipos in den ersten drei jMonaten des Jahres
L\-iima( hides Ol. HO- 2. jenen skjthisrheu Felilzug, der
bereits beendet war, als die Aufforderung des Aniphik-
t|onenbnndes an ihn erging, den Krieg gegen Anij)liissa
zu übernehmen. Dass diess im Boedromion des Lysi-
macliides ivar, und dass damals die .Stimmung in Athen
in der höchsten Spannung war, wie sie iler Beginn gros-
ser und in ihren Folgen unberechenbarer Ereignisse her-
vorbringen musste , lehrt die Art, wie ein Zeichen bei
der Feier der Mysterien aufgenommen wurde (to toi^
ftvarijoloii; (faviv (Tt]neiov ri tujv ^mdo-tcov reX^vrij
Aischiii. §1. 130. Blan schickte nach dem Rath des Amei-
niades gen Delphi, aber der ^Varnung der Pythia trat
Deniüsthenes entgegen, yY/Z/TTiCf/i' ri;!' HrdlC-V Cfuo'/.UJV.
Wie Ii.'itte man diesem Zeichen Bedeutung und gerade
die Deutung auf einen Krieg mit IMakedonien geben kön-
n''n , »enu man nach dem glücklich geführten Kriege
ron Byzanz seit etwa zwei IMonateii einen Frieden ge-
habt h<'ltte , der um so giorreiciicr und um so sicherer
erscheinen musste, wenn sich Philippos gleich nach Ab-
schluss desselben gegen die .Skythen gewandt hütte ; wie
konnte jenes Zeiclien, jene Warnung der Pythia so be-
deutsam er.scheinen, Hcnn Philippos nicht in der lierbst-
lichcii Pylaia, gondern ein halbes Jahr spater in der
Frühlingsrersammlung znm Feldherrn eruiililt worden
wäre. Jenes Zeiclien aber geschah nach dem Srholiasten
zur angeführten Stelle iles Aischines y.wrski^ovTcuv rujv
fivaTVjv Öl Tijv i^äkaorrcr iu'i tu y.adaQ&?,vui , das
ist an dem Tage, den man i'.KaSi inorai nennt,
Hcfiich. V. crj.a ätll'oTff./ , an dem unter andern Cha-
brias bei >axos gesiegt hatte CPolyacn. III. 11. 2.) am
le. Boedrnminn (22. Sept. 330).
Die fieschichte des Krieges von Amphissa fasst De-
mosthenes ^JJ. Iö2 mit folgenden Worten kurz zusammen:
'^oeifTj yao t'x toi'tidv riyfuujv y.ai /uera ravt ev-
9i'i di'vu/j/v (Tv).).ii;r(g xat na.QsXdujv löq, tnl Ttjv
Kiöoalav , eo6ii)o9cu (foänaq Tcolj.a Ki^jöaiotg y.al
Aoy.goit; tt.v 'ElMTfiav yarahaiißuvei. Hieraus er-
gibt sich zunächst, dass Philippos nicht .säumte, den ihm
übertragenen heiligen Krieg zu heginnen, und wir wer-
den gleich die Bestiitigung finden, dass diess vor Ablauf
des Jahres 33') geschehen sein mnss. Auch Aischines
(§• 140) beschreibt diese Verhältnisse: uKK' ineiÖn
580
C>i)jiTTOi ai'iviv d(f£iMucvoi Nr/.niav Qsrtal.uti
7rcc(}töioy.s y.UL xuv Tvöks/toi', ov uoutiqov iii'jkuaev
ey. T);s ^wucii T);; TW)' Jjotamön , tovtov ttüXiv xov
ui'tuv 7Tt)ki/iov iTiT-yayt 8iu. d-^ 0ojy.i8o^ ct'
ai'Tug TUQ &-i-ßai y.ai to Tekevraiov 'Ekcusiuv
y.aTfikaßujv ixa()äy.o)(TS xai (fnorpdv ciar.yayf. , ev-
TC'.i'xhl y. T. k. Auch hier sieht man, dass zwischen
dem Anrüc ken lies Pliilippos und der Besetzung' von Eiateia
mehrere Zeit verflossen ist.
Die Thcbaner waren bereits der .Alakedonischen .Sache
nicht mehr ganz ergeben; Philippos hatte ihnen schon
vor 341 die Stadt Echinus in der N/ihe von Lamla (Ge-
schichte des Helleiiisiniis p. 82) genommen. Dem. Pliilipp.
III. §. 34, jetzt wurde ihnen auch >'ikaia am Südeiii-
gange der Therinopylen abgesprochen und den Thessalieru,
die es schon nach dem heiligen Kriege einmal erhallen
zu haben scheinen (Dem. Philipp. II. |§. 2~') von Neuem
übergeben , deren Beistand dem Könige zunächst höchst
wichtig war. Sobald Eiateia besetzt war, traten die
Thebaiier mit den Athenern iu ^'^erbinduug. Aber wann
ist diese üccnpafion?
Die hervorstechenden Punkte in diesem Kriege sind
die Schlachten von Cliaironeia am 7. IMetakeitnion (4. .Aug.
33S), die )• inl Tou TToTattov und j; ^c/m^/i'tj (Dem.
§. 21(i), dann die vor beiden liegende i5esetzung von
Eiateia. Besonders hat die ^si/ieQivr sehr Zieles leiden
müssen , da sie sich mit den beliebten Anonlnungen der
Verhciltnisse gar nicht vereinbaren wollte; man hat das
Wort emendiren, hat ihm die Bedeutung von ^£/i>£Q/u<;
geben »vollen. Aber wenn die Iland.'^chriften einmal )rei-
fjeoivi; darbieten, so darf die Schlacht keine bei stürmi-
schem AVetter gelieferte sein; das Etyni. Gud. v. sagt
ausdrücklich jii/ft£onai TIO.QU tu %£i^ia u'ii Traoa tu
iao iuQlvlji; uip , und somit muss die fragliche Schlacht
eine winterliche Schlacht bleiben , sie muss vor dem
März 338 vor dem Elaphaboliou des Jahres Lysimachides
geliefert sein. Dieser Schlacht war, nach Deinnsthenes
Ausdruck zu scliliessrn , sdiou die £7ll TOV n'OTCtfioo
vorhergegangen , vor dieser lagen die vielfachen Uiiter-
handliiiigen des Philippos und der Athener mit Theben ; vor
diesen die Besetzung von Eiateia , so dass zwischen der
und der winterlichen Schlacht gar wohl zwei oder drei
Monate verflossen sein mögen. So erhielten »vir als »vahr-
scheinliche Zeit der Besetzung von Eiateia die letzten
Monate des Jahres 339- Best,'itigung dafür könnte sein,
dass Deniostheiies angibt, bei der Ankunft der Nachricht
davon seien alle Strafegen in Athen ge»vesen. Wir wer-
den z»var seheil, dass Phokion erst später kam , doch der
Ausdrill k des Redners, im Allgemeinen richtig, kann
als Bestätigung dafür dienen, dass es bereits spät im
Jahre »»ar, »venu ilie eingesandten Strategen meist heim-
gekehrt waren (cf. Dem. JJ. 140).
Philippos hafte die Thebaner aufgefordert, sich mit
ihm zum Amphikfyonenkriege zu vereinen, und nach deren
Weigerung berief er die Peloponnesisi hen Bundesgenosseu
(Dem. g. 160). Vergebens suchten die Feinde des Philippos
in Athen und Theben eine Annäherung beider Staaten
zu bc»virken, Phiiippos Freunde in denselben thatcn das
Ihrige, die Abneigung der so lange Jahre verfeindeten
Viilkcr wach zu halten (g. 103). Endlich zog Philippos
581
582
duirh Phokis (Aiscliin. §. 140), also «olil v( n den
Tlicriiiopylcn und Nikaia aus, «las ja ilcii Tliossalicrii
aligefrcten war, auf ilem bokamiicii AVegn zivisclirii Oi(a
und Kiieinis in das Ko[iliissoslaMd ; er liesctzfe Ela<eia,
das den AVef nach I5öotlen und das iiier sfrouiauf ge-
legene Kjtinion (Philochor. ap. Dionvs.), das den hohen
PassHeg- am Parnass nach Naiipaktos und Amphissa lie-
lieristht (Tliuryd. III. 9ö)- D'c jN'achricht von dieser
Occnpaiion brachte die griisste Bestürzung in Atlicn her-
vor; Deniosthenes eilte als (iesandter nacli Theben; eben
dahin kauieu Gesandte des Pliilippos, der Tliessalicr, Ainia-
iien, Aitoler, Doloper, Phthioten (Dcmosth. g. 211.
Pliiloch. 1. c. ( , Anipliiktvonische >amcn mit Ausschluss
der Aitoler, die «enigstens nachweislich sp.'itcr erst zum
Bunde gehören. Die Thcbancr entschieden sich für Atlien,
■wie Aischines angilit §. 143, seiir bedeutender Zngest.'ind-
iiisse wegen , die ihnen gemacht wurden. Ein Attisches
Heer rückte in Theben ein und wurde mit Freuden auf-
genommen ; zehntausend Sülilner überlicss Athen den Am-
phissäern (Aischin. §. 146), cf. Dinarch. Zar« zJijinoor^.
§. 74. i.Ti TOti ^tJ'oi^; Toti; eig'-/j^i(pinr!av o-vkikeyeirrE
IJooierO'; 6 TTooöunj^ iyevtro. Die A'erbündcten
sperrten dem Konige den AVeg gen Amphissa mit sehr
bedeutender Kriegsmaclit, und Pliilippos selbst hielt es
für ralhlich, die Ankunft der noch nicht eingetroffeneu
ßundesgcnosscn abzuwarten {jt(>Oiavaul:ivac, TOm; dcpi-
OTepoi'i'Tuq Tüiv at'iAf.iÜ2<-')v Diod. XVI. 85). Hier
folgt eine Begebenheit, die wir nur aus Poljainos kennen
(IV. 2. S): (VikiTiTio^ £^i T)]y '-^fitfi/irotvn' iaT^äveoev
'./^ijvaioc y.ai öijßatoi ra areva iTQOxaTeküßovTO ,
y.al \]v )'? biäodoc, dinjxo-vog' i^aTtaTU Toig Tioke-
f.iioi''; (Jiih'xTToc, e-KiOTokijv ueTtkacrftivtjv 'AvTixctT^uj
7r£(Ui^'«K- £,• ß/ay.sdovuiv, ujg t)]v ftlv aroaTslav tijv
£tc' ' /fiCficrrrik dvaßdkkotro, (TTievöot St iq &Qdxijv
TrsTriKy/dtJog Tovi iy.ei vsojtegii^Eiv. O yoaf^niaTO-
Cföpoi Siu rviv (TTSvuiv (hier ist eine Lücke) oi (Stqo.-
Tijyoi Xäpijq xai /7pJt£!Os aigoüfftv aviuv xal t);v
imavokijV dvayvuvnc TTtarevocac Toi<; yeypafifiti'Oic,
y.cii T),i' (fvkayj^v to)v arcvvjy dTtokstTTOicri. 0ikl7nto<; öe
kaßuiiEvoc. ipi-uia'; d(pi>kdy.Tuji Sießr.uaTo y.al roiQ
<rrpaT>jyovi uvaaTQEipavxaq evlyijas y.al xiii '.-//iKfla--
Olli ey.gdTliner. Freilich erzählt Frontin (I. 4- 13) ge-
nau dasselbe von einer ganz andern Begebenheit: PJiil-
ippus cum angustias maris, quac Ciena adpellantur, trans-
navigarc propter Atheniensium classem , quae opportuni-
tatcm loci cusfodiebat, non posset etc. IMan hat wohl
mit Recht aus ilem Ciena der Handschriften Kyancai
am Ausgang des Bosporus (Schol. ad Tlieocr. XIJI. 22)
cmendirt; ob Philippos mit derselben List die Athener
zweimal betrogen , ist ivohl sehr zweifelhaft. Aber die
genauen Kamen bei Polyainos sprechen für die grössere
Richtigkeit seiner Angabe; nur ist es schirer, sich mit
dem Terrain zurecht zu finden. Dass nicht die cTTEva
der Thermopylen gemeint sind, wo in früheren Jahren
ein Proxenos mit der Attischen Flotte einmal seine Sta-
tion gehabt h-it (Dem. Trfpi iraoO-ß. §. 50), ergibt sich
aus dem Umstand , dass die Athener mit den Thebanern
vereint sich dem Philippos entgegenstellen, was erst nach
der Besetzung von Elatcia geschehen konnte; auch war
dieser Proxenos der Athener *), der bei Polyainos ein 'l'lie-
bauer Dinarch. y.ard /li]iioo9. g. 74. AVcnu ich nicht
irre, so liabeu die Verbündeten zwei Positionen gegen
Philippos besetzt, einmal um Büotieu zu ilecken, die
JJergcnge von Parapotamioi , wo sich der Kephissos in
einem nur 6 Stadien breiten Thal ans Piiokis nacii der
Bootisclieu Ebene liinabdr.'iugt {irc£vi]V hyaxiipuji^fv öl-
öuvia nupuöov Thcopomp. bei Sfrabo IX. p. 2S5);
sodann, um Amphissa zu sichern, lien Pass von Titho-
*) Proxenos wird als Feldherr der Athener in der letzleii
Zeit des heiligen Krieges Ol. 108. 1 und 2 einigcin.nl ge-
nannt (Aiscliin. 7!fpi nuqtt:!. §. I3.i. T>cm.^(ni nuouTr. §.50.
7.3.154). Der N.inic ist 'iililich in dem Gesclileclit des llar-
niodios, ilcr von Hcrodotos ids GopliyrUer, von Pliitaicbo.i
(((iiaest. synip. I. 10) als Apliidnacr und Aiantidc ge-
nannt wii<l. Dcinostlicnes Tital nuguTi. J. 280 bciiclilet
von niebi'cien Vciiirtbeiliingcn wegen Tiiigges.imll.sclKilt :
xctl nni;')),!' 0Qt'.ai/(inv>.ov Ixütny tny 0Qtiavßov>.ou mü lii;-
fiOTixou .... yal loy u(p 'jtoitndiou yul AotQToytdoi'oqt
wozu Ulpian bemerkt; ror //ooSmoi' Xt-yii %iv otjki?;; ör'
}r.ii9-( I- yun ^v. Aus den gleich folgenden Worten loJTf :miÖta
yh'.oyTU öfu/jyt'/iu lüy ii'cQycimy ergibt sfcli , wie .Tiicli
Ulpian bemerkt, dass Pro\ci)os Sobn Hai modios gelieis-
sen habe; ob dieser sonst noch genannt wird, weiss ich
niclit; indess diirllc der Pro.renos , der den alten Dein-
arclios um sein C,e\d betrog und von ilim verklagt wurde
(s. Dionys. H. VI. Diu. c. .3. Phitarcb X Oratt. p. .379)
wohl eben aus diesem Geschlccbt und des obigen Pro-
xenos Enkel sein. Mit mehr Sicherheit können wir das
Gesclileclit anlwaits verfolgen. Sein Valcr ist jener Har-
modios, der den Vorschlag, Ipliitraics wegen des Sieges
über die Spartanische Mora (Ol. 96. 4) niit einer Bronze-
statne zu einen , .ils gesetzwidrig verkl.ngte s. ans der
angeblich Lysianisclicn Gegenrede Fragmente bei Atislot.
Rhet. II. 23 u. 24. Plutarcb. Apopbtlieg. Iphicr. 4. ". 5-
de nobililatc c. 21. cf. Hoelscher de vit. et scr. Lysiae
p. 140 sqq. Harmodios hatte den Krieg selbst milgein.icbt
Isaios niQt Toü Jiy.amy. y.>.r,Q. §. 11. S'ein V-iter Proxe-
nos der Apbidnäer, der Ol. 92. 3. Hcllcnotaniias war
(Corp. Inscr. Nr. 147), balle sich mit einer Tochter des
Ol. SO. 2. bei Ualieis (s. Sclincmann ad Isaeum p. 312)
gefallenen Dikaiogencs, der Schwester des hei Sparlolos
Ol. 87. 4. gefallenen Mcnexenos vermählt, und von sei-
nen zwei Söhnen Dikaiogencs und Haimoilios war er-
steier von seines OheiiDS Menexcnos Sohn Dikaiogenrs,
der im Gefecht bei Knidos Ol. 92. 1. fiel, adoptirt wor-
den- und wiisste sich nm die Zeit der Anarchie in den
Besitz der reichen Erbschaft des Ditaiogcnes zu bringen,
bis gegen Ol. 98. 1. dariibei- ein grosser Proccss gcgi'n
ihn begonnen wurde. So haben wir folgendes Slemnia:
Menexenos.
Dikaiogencs f O'- 80- 2.
Pioj-cnos von filia
Apbidna bis
nachOI. 92. 3.
Uarmodios Dikaiogenes
I um Ol. 97.
ft'OJTfnos der Feldherr
I um Ol. 107.
Harmodios
Proxenos Delnarch's Ficund
um Ol. 122.
Menexcnos f Ol. 87. 4.
Dikaiogenes t O'- 92. 1. 4 Töchter.
5S3
584
roia, «lor i'ibcr ilcii Pariiass in die Krissaischc Eliciip
liiiial>fiilirtP, iIpiispIIicm, hoIcIipii «los .Siilla Le^'at Ilortoii-
slus ut.orstic!; ( l'lut. Sjlla 1,"». <f. Hor.id. YUl. SJ).
AValirsilieinlidilccit crliäll diese Aiiffal)e daraus, ilass ilio
Athener den Anipliiss.'tern 10,001» Scildner {>.) iilerlasscii
liitJen. lind dass liei Polyainos als die 7,uriick\i eichenden
l'elilherrn Chares und Proxenos der Thehaiicr erseheinen;
diMin Aisrhiiies (JJ- ^'i^) »'''ft '''"'" Deiiiosthcnes vor, dass
er den Thebauern ganz das Comniando zu Lande liber-
l.issen habe, ujoTE ziaqa Tuv "/ tv 6 iif.v o v nokef^iov
ti)] y.i'uiov yiv(<rt^ai ^roaroy.kea rov r;uir€QUV
orgarij'/ov fjorfiractat^ai Tieg"' ti]^ tuiv OTpanojrujv
i^ujproin.;. Eine Xicderlage erliiclten die Vcrbünileteu
vor (ier Schlailif von Cliairuneia (nnd auf diese bezieht
sich Ai>chines erst sp.'iter) niclit anders, als in der Ge-
bend von Aniphissa, nnd fiir die Schlacht von Chaironeia
ist bereits auch Lvsikles und Chares an der Spitze der
Athenischen Truppen, so dass Aischines Aeusserung ^roa-
TU'/J.SC T£ v ruic£oov Oronn-yui sich nur auf ein frühe-
res Factum beziehen kann. Mag der Bote des Phiüppos in
den Pässen von Parapotamoi aufgefangen sein, ilort stand
«ohi das Heer iler Athener und Thebaner, aber Sfrato-
k les , der Athenische Feldherr, ivar hier unter dem Be-
fehl des Thebanischen Feldherrn; von dort aus benach-
richtigt ton dem Abzug des Philippos , mag Chares und
Proxenos gern mit dem Söldnerheer — denn es ivar ja
iliess vor der /<o!//y ■j^eiitSnlvr,, also gewiss im Spätherbst
oder AVintersanfang — aus den schneeigen und höchst
bcscIiH erlichen Passhohen von Tithoreia znrückgcu ichen
m'Än ; schnell benutzte dann Philippos die (ielegenheit,
liber den Pass zu dringen, der ihm den Weg nach Am-
phissa öffnete; vergebens bemühte sich Stratokies, die
Thebaner zu bewegen, dass sie jenen zu Hülfe etwa
^c^en Elateia liinaufrückten. So wurde Amphissa von
Philippos erobert. \ii\A nun vergleiche man Aischines
jf. 147- Ti '/do Ö.V oi'soiff (liiKii::cov ii- Toii zuxe
y.atooii er^aoi^ui; or xcjoii iiiv nou^ t);j- -koI iti-
y.r,v divauir , -^vxn^ Se iv 'JiKfiacrrj -xoö^ Tovi
iivovg Stayujvioao^ai, d^i'fxovi Se Tohq'Etlrjvai
raßttv Tt;'Ki/.avTijc o-Ä/yy/J? yeyevij/ievjj;: *)
Dass diess noch nicht die erste von den drei bei De-
niosthenes erwähnten Schlachten, die 6.71 TOI' nurc.nuv
«ar, ergibt »ich daraus, weil in jeuer Schlacht um Am-
phissa Philippos, in dieser die A'erbi'iudeten siegten, so
ilass für diese in Athen feierliche Daukopfer augestellt
v. iirden (Dem. §. 217). Es fragt sich, ob vor oder nach
ileu beiden Schlachten „am Flusse" und iler „w interlichen"
die Fripden<antr,'lge des Philip|)os (Aisch. §1. 1 •') I ) und seine
erneuten Einladungen an die Peloponuesier , Hülfe zu
leisten (Dem. §. 218) gehören. Er bot den Frieden an,
*) E< darf uns iiicbt irre niach<!n , wenn es PInt. Diin. 18.
ht'lsst Infi rIt{Unno^ vno Tr^^ ntot xi,y "^litqtnfjav fi'xv/((t^
inail/niiffn; »/,• r^r 'i^MTnun itulrpii;:; fvfTiini yjcl ,tji. 0w-
xCiu xiix4oxi X. T. A. Pliilippos konnte gar njcht nach
Anipbis.ia gclausin, ohne vorher Elateia zu licsclzen, der
gute Plutarclios teielcbt io weni!> voio Kiiej;«, dass er sich
nicht cinNial mit di-n Gebenden, in d.'iion er aul-c-
»acbscn ist, niilitjriscli zureclilüoclcn kann.
als Phokion, den wir oben nach Philippos Abzug von
Bv'zanz den Krieg mit Erfolg fortsetzen sahen, heim-
kehrte (y.anxKCfoei' dnu roh' y-r,cF(i)v Plut. Phoc. Ki),
was gew i^s sp.'ltcstens in den December zu setzen ist.
\o\\ l'hilippos wird man wohl erwarten ilürfcn , dass er
nur nach einem glücklichen Kampf den Frieden anbietet,
und so erscheint auch bei Aischines der Friedensantrag
(§• 148- ) (fiiKijiTzor ydo ou y.arucfooioiiTog Tuiv
'JÜKki-riDV ovo' dyvouvvTOC z. t. X. Da ferner Athen
nnd Theben schon vereint ist, muss dicss nach der Be-
setzung von Elateia geschehen sein; da Philippos schon
offenbare Erfolge gehabt hat, scheint das Anerbieten dem
Kampf gegen die Amphissier gefolgt zu sein. Und hier-
mit stimmt die Anekdote bei Plut. Philkion c. 16.
Im Laufe der späteren Wintermonate sind dann die
beiden für Philippos unglücklichen Gefechte geliefert
worden. Stand ihm auch immer der Rückweg nach den
Therniopvien nodi auf, so war er dorli , solange die
Verbündeten die Stellung von Parojjotamioi inne hatten,
vollkommen im Schach gehalten. Dort liegt auf dem
linken Ufer des Flusses ein steiler rings abschüssiger
Felsen, die Burg der Parapotamier (Plut. Svll. 16). Nun
erzählt Pohaen. IV". 2- 14: 0ikiTi7loi ra's naoddovg
riji JJonoTiug tojv Boivjzdjv (frXaTTOvriov, ijv de
(TTSl'oc ugoiK ai'p^v, oiy. int ruProv vjQUiicrev dkku
T);i' TS ^(doa.v ItVQTol.on' (also wohl im Frühling oder
später) y.ai Toti TTukft'; TlooDojv (favepog rv (das Ma-
kedunische Heer war durch leichtes Volk ausge/eichnet)
ßouDTul de ov^ i'jrofislvovTeg öpdv tu.'; nukeiq
noQdoviiivaq y.azißtjaav drio rov öpovi. 0ikm'7io^
S' vnoa-Tuiipag dtd top öooic Sie^niTrei'OaTO (so die
codd. ; schlechte Emendation ist öietSTieoaTo). So
rückte denn Philippos in die Ebene von ISoötien hinab;
aber gegen Anfang des August stellten sich ihm die Ver-
bündeten von Neuem entgegen , nur vierzig Stadien von
jenen Bergengen, in dem Felde von Chaironeia, dort
uurde am /. Metageituion des Chairondas (4. Aug. .338)
die lange schwankende Schlacht geliefert, die Griechen-
lands Srhieksal entschied.
Ich habe diese, allerdings stets ungenügend behandel-
ten Verhältnisse so ausführlich besprochen, wie es noth-
wen<Iig schien, um für die Untersuchung der auf sie
Lezijglicheu Urkunden eine sichere Basis zu gewinnen.
Nachdem Demosthenes berichtet, dass Aischines den
Sinn der Amphiktvonen auf die Amiihissäcr gewendet,
dass dieselben bei ilirem Umsuge um das Krissaisrho
Fehl von den Amphissicrn nbel zugerichtet worden, dass
darauf zuerst Kottvphos zum Feldherrn ernannt, in der
nächsten Pvlaia aber dem Philippos die Sache übertragen
Morden sei, fährt er fort: dws" di /lot rd öuyfxaTa
TUL'TU y.al Tovg XQOvovi, £v oh ey.aa-ra TitTigaxTai.
Fortsetzung folgt*)
Druckfehler.
Die Leser werden gebeten, in Nr. 70 auf S. 554 u. 555 eine
von dem Setzer nicht bcaclitotc Corrcclur nachzutragen und
stall yoic.n. zu setzen X Oralt.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms wissen Schaft.
Freilag j 21. Juni
18 39.
Nr. 74.
Hie Urkunden in iDemosHiencs Rode vom Kranz.
(For (s ctzu nij.)
Da» «r«<s Deere t , das nun folgt, beginnt mit den
Worten t7ri ieoHü^ Kkiivnyuoov , iag/i'r,^ üvkalag
<iSoi;S y.. T. Ä. Es ist der dunli Aischiiies Anfrag Lc-
wirkt-e Besrhldss, nnil wir saliRii, dass derselbe in der
l'riililingsversainnilniig des Archoiitcu Theoplirastos gefasst
norden; also das stimmt trcfl'lirh. Niilit so klar ist es
mit der Dafirung; ivenigstens zeigen Inschriften des nüclist-
«päleren Jalirliiinderts (Corp. Inscr. KJSO- 16SÜ b. und
die Analogie in l(i94), dass die vollständige Ampliiktvo-
nisclic Datirnng «ohi in der Auffiilirong aller beschlies-
■enden Ilieroninenionen bestand, «älireiid das speeielle
Jahr durch den Epoovinos jedes Amphiktyonisehcn Staa-
tes, 1V0 der Deschluss erst publicirt «erden musste, nm
bindende Kraft zu haben, bezeichnet ».urde; daher «ir
in den angeführten Inschriften aus Delphi den Delphi-
schen Archnnten vorangestellt finden, «Jihrend in ISr. Itj88
der Attische Archon voransteht. Von einer üatirung nach
einem iSQevg ist sonst nicht die Rede, obschon es sehr
natürlich «ärc, dass die heilige Versammlung entweder
«ach dem Delphischen Priester datirte , oder, was noch
glaublicher (s. Boeckh ad Corp. Inscr. p. SOS), aus ihrer
Dlittc einen Priester ernannte ; nur läge daiui niiher zu
Termuflieu, dass 6 Tag yi'uiuag £7rHl)ijq>iCo)i' (Aischin.
§. 1\14. 12«) der auch die Ekkl'esic beruft (Aischin. g. I'J4)
und der vielleicht ausschliesslich 6 hooiiHUlojv beisst
(Aischin. §. llli, doch kann man an dieser Stelle aiuli
den Attischen Hieronicmnon verstehen), eben dieser Epo-
uvmos wäre, möchte er es als lepeli "der als leooinr,-
fiujv sein; und in der betreffenden Versammlung liatte
Kottvphos der Thessalier diese Stelle. Doch können
diese Sachen keinen Einfluss auf die Entscheidung unse-
rer Frage haben.
Das Decret lautet weiter: tSo^e TOig ■JivkayoQOli
y.o.1 Toig <miö()otg tüjv '^■ljiirfr/.Tfüro)v v.aX iif) y.oiviß
rujv -'lfi(fiy.Ti)6vo)V. Was ist mit diesen Ansdriirkcn
gemeint, von denen uns nur der Name „Pvlagoren" be-
versteht unter ti) y.utvuv twc \'lii-
kannt ist? 3Ia
^fw; jedenfalls also dürfte der offuicUc Ausdruck nicht rö
y.uivöv, solldorn eben iy.y.}.i]aia lauten. Ferner oi cfin-
cSpOt bezeichnen, meint man, die Hieromnemonen ,
nnd zwar mit einem Ausdruck, der damals für ähnliche
Versammlniigen in Griechenland liblich war, und ebensa
von den Aniphiktvonen selbst gebraucht wird, unter an-
dern bei Aischiiies g. I l'i und Diodoros XVII. 4. ülpian
ad Dem. Kc.rä Tiuo/.g. §• 1.50: legoitn'nujv cKeySTO
ü nsu^jTUfieioi; a- vved go i; sk tuic ' Aitcfr/.ivovu.^
ineo Z"j;; -yiökiotq. Aber jedenfalls ist diess nicht der
officicUe Ausdruck für die Hieromnemonen, um so we-
niger, wenn sie erst mit den Pvlagoren zusammen, wie
es hier erscheint, das rri'ridgioi' bilden. — Ferner aber
wissen wir aus der sehr detaillirtcn Darstellung bei Ai-
Sfhiues, dass jener erste Hcschluss nichts weniger, als
in der Ekklesie gefasst war, ja, nicht einmal die Pjla-
goren nahmen daran Theil. Aischines erzahlt (§. 115),
(lass, sobald er mit den beiden andern Pylagoren Aleiilias
und Thrasvkles nach Delphi gekommen , sowohl der At-
tische Hieromnemon , als auch Meidias krank geworden
sei, Ol ö' uKkoi (TUVC/.c/.d}jVTO 'JfKftyvüovEi- «^»;)'-
ytkkero ä' i<jHV naoa tujv ßovkotisvmv tvvoiav
£u8ei'y.vva3ai -cij iiokei ., u-ri oi 'Jucfiarrsic; .... eic,-
effsgov doyfia xart) ti;!; r;iiEviga(; Trokeojq. Wie so
musste das aus der Sitzung her den Athenischen Abge-
ordneten erst von andern berichtet werden? Hütten die
Pylagoren Zutritt gehabt, so würden doch nicht beide,
Aischines und Thrasvkles die Sitzung 'vcrsüuint haben;
eben weil der Attische Hieromnemone Krankheits halber
nicht zugegen war, konnte Aischines nur durch andere
(Hieromnemonen) von jenem Antrag erfahren. Das Fol-
gende bestätigt diese Ansicht durchaus : //£r«a-f/(?/»«)<f-
lot; d' ifii- 6 itgo^vTiuviv r,^iou et';£k9tei' (k lo ^^>v-
i'ögiov y.ai einsiv ri irgoc, -rot'; 'Ancfiv.-^vovac,^
iTvlg Ti-g nokeoji. Schon hier zeigt sieb., dass oi
'■/f.lCfiy.TiioV£Q ausschliesslich die Hicroniiicmonen sind.
Das Weitere g. 1 17 spricht ebenfalls dafür dpXOnevOV
de nov kiyci'v y.al ngo^h'/iÖTCgön rcut^ di^hjküdoTOi
aiq t6 avviÖQiov, rv'jv äkkojr irvkayogojv fxe^s-
OTijy.oTojv dvaßoil<TUi tu; tojv 'Jiixpiaaiujv y. r. K.
Sehr gewandt erklärt mein Freund Westerniann diess
so dass die andern Pylagoren umgestimmt worden seiea
durch Aischines zuiersichtlu hes Auftreten. Ich gebe zu,
ilass es so erklärt werden könnte; wenn es bloss auf die
Umstimmnng der Pylagoren, nicht auch der doch anwe-
senden und mitstiminenden Arnphikty ouen (oder Iliero-
nincmoneii) ankäme; gewiss nicht miniler naheliegend ist
die Erklärung, dass die übrigen Pylagoren sich entfernt
587
588
h,i<fpn. Ann ist «las iieraaTtTTS eSu) als HeroMsrnf be-
kannt (Dom. Xrtx' '.loiiytoy. I. §. 24), nnd Aiscliinps fiilirt
el)oii (lioss offiriello iiCihart^yurov Ti'ir <>j.}iijv :nka-
yooü)i>, ilic sidi otiia aus Neugier in «lern Teni[)el ein-
gefunden hallen moeliten, an, um zu bezeugen, dass jetzt
Jie cigentlirlic Am|)bikt_vonis(lie Sitzung und das (iegen-
einanilerreden des Aisiliines und des einen Ampbissäer
Pylagnren begann. Diess bestätigt auch §. 122. TOtavxa.
disit/.yorTOi fwof, tnilör, Tiore ärcij Kkdytj v X«l
fisreoTijv iy. tov oinsd^i'ov, •n:oL}.)) y.oavyij y.al d-oov-
ßo^ ;;;■ xo>v 'AftCfiy.Tvöviuv X. r. ?.. Dass ii ir so mit Rerbf
die Ilieroninemonen mit dem Aanieu der Ampbiktyonen
aussrblii'ssliili bezeirbnet, von ilinen allein den besclilies-
senden Halb gebildet nennen, «ird aurh tlnrdi andere
Angaben bestätigt. Deninstbenes (^. 149) sagt von eben
dieser Sitzung und Aisvbines Rede : y.cti X6yui'>; n'^ooc-
w'n-ot'i y.al /jl^ov; oivds]^ y.ai dietjikSoji' civd^uj-
rrovg ämiQOvi }.6yu)v y.al xu pB.'t.ov ov X(joogvjut-
vovg X 0 r g ie o o fiv>' iiov a g irei^ei ipijcpiaaoitai
Tljv '/vtnav y.. x. /.. So konnte Demostbenes nicht spre-
chen, «rnn auch die P_v lageren, die, wie in Athen, so
gewiss liberal! durch AVabl bestellt wurden , mit in der
«timnienden Versamuilnng waren. Die Ilieroninemonen da-
gegen siiiil unter den durch Loos bestimmten Beamteten
(s, den Kiditereid in Dem. y.axa. Ti^io/.o. §. J.jo) und
zwar nicht lebensb'inglich (wie Tiftmann irrig behauptet
hat), sonilern vielleicht für die Dauer der Fvthischen
Peutaeteris, womit sich das Psephisma des Demostbenes
bei Aisch. v.a.xr). Kxra. §. 126 und das x7\ri^ isQO-
fivijfioieiv bei Aristoph. nub. 6l4. sehr wohl vereinigen
lüsst; nur sie, nicht die l'j lageren, scheinen das Recht
der officiellen Beantragung zu haben , w euigstens sagt
Demostbenes (§. 14S^ ll ^tv xovxo (einen Aniphiktvo-
nischen Krieg)^^ Ttnv rrao' iu.VTOV TtSjuiiOfisi-ojv ieoo-
^ V ij ft 6 V o) V ^ xu)V i/.civov oi>iJUol-/oji> e ii i-j y o ix u riq.
Allerdings finden wir in einer Inschrift Corp. Inscr. lf)89
iöote To/,- itoo/ii'i'jwot y.ai xuio, dyogaxoolc, , doch
gehört diese Inschrift spaterer Zeit an , wo sich bereits
die Verhältnisse gar sehr veruandelt hatten. *) '
So erscheint der hier vorliegenile Ampbiktvonenbe-
»rhluss mit solchen Bescblussfassehdru, die es weder nach
der Darstellung des Aischines und Demostbenes, noch nach
dem Sinne iIcs Institutes sein konnten, ja die nicht eiii-
nial mit den officiellen \amen bezeichnet sind; Dinge,
die eben nicht als geeignet erscheinen , den Glauben an
dies* Acteustilck zu sliifzen.
Die Worte iler Bcscbhissnahine selbst lauten folgen-
ileruiaassen: eillldi) 'J/uftaaci; ETTtßaivoioiii i:i'i ti)v
ieoav 'iv'ioay y.al axr.iout'ut y.aX ßoo/.ijuaoi y.axavi-
(lovot, ent'Kdeiv Tori IIv'/.ayuQovg xai cov:; awe-
Spovg y.al oii'jl.aig 6iaKa.ßiiv toic, oooug y.al ditet-
TzEtv ToTg 'AiKfirjrjiZoL TOV koinvü )/;j hicßalveiv^
») Zum Tbcil nur dar.\iif miissen sich die abweichenden
Angaben bei Slrabo. .lern Scboliaslcn zum Arisloph.inrs
n. A. zuriicknilircn lassen; die meisten der oft wunder-
lichen Ansahen sind «obl aus Unkcnnlniss entstanden.
Wir konnten .sie liberscbin, ila die bci.bn Hrden über
den Kranz hinreichen. bn Stoff bielen. »ich ein Bild von
der daraabgen Conslituirung des Bundes »u machcu.
Die Darstellung bei Aischines zeigt, dass so der Be-
schluss nnmiiglich gelautet haben kann; bei ihm verkün-
det um Abend jener Sitzung der Herold: /JiXwvjv uaoc
fJil di£xi4 ijßujot y.u\ duikoi'i; y.al ikevdtQovq r//.eii>
äfxa xrj ijH^Qa exovrag ä/iag y.ai d/y.ikXag ngoi tv
diTSwi' £Xii y.akovLiEvov y.al Ttdkiv ö a.vTug y.iJQV^ '
ävijyüocvE Toii isoofivijfiova'; y.al nvl.a.yooovc, ijy.stv
et'i Tuv avTui- Tunuv ßuijSijooirai; T(ß 9eifi xal ry
yrj xjj h(ja. i\tic ö' dv j^u; naoii -rzöiti ('((jterai tou~
itQOv y.al hayKi eaxai xal X7j üqü ivoxoq. In dem
wirklichen Besehluss der Amphiktvnnen niuss jedenfalls
davon gestanden haben, dass iler Herold die Delphier,
Jünglinge, Sdaien nnd Freie, wie es Aischines anführt,
und die anwesenden Bundesboten aufbieten soll, ilem
Gott zu helfen, ninss ferner gestanden haben, nicht bloss
das matte (TTifkatg Siakafttiv TOigüooig, sondern dass
man andern Tages in Masse ausziehen soll, die fluchwür-
digen Ansiedelungen iler Amphiss.'ier zu zerstören. Frei-
lich sagt Demostbenes (^. 151) nur 7lSp//dvxu)V tjjjj
Xuioav xuiv \4fi(fiy.Tiuvu)v y.uxu xr,v i'Cfi'jyijatv Tr,v
Tovroe ; er hat eben ein Interesse daran, die Veranlas-
sung zu dem Kriege ganz unbedeutend erscheinen zu
lassen, damit derselbe desto mehr ans Aischines argen
Intrignen allein entstanden zu sein scheine. Aber wenn
wirklich Nichts geschah, als jenes Ti£oiek9ih' und das
neue Abpfählen der Gr.'inze des heiligen Feldes, so wäre
eben das wnthende llerstürnien der Ampbissäer und das
Niedermetzeln der meisten Delphier und Amphiktjonen-
boten unbegreiflich.
Ich will Nichts darauf geben, dass in «lern Decrct,
wenn erst das Besäen und Beweiden des heiligen Feldes
genannt war, unfehlbar auch der ii^ayiaxog xal £7lä-
Qaxos l.titljv xErecx^n-iihog (Aischin. 119. 107 ff.) an-
geführt werden musste; es scheint mir die durchaus fal-
sche -Angabe derer, die den Beschluss gefasst haben, und
3ie Unzulänglichkeit dessen , was beschlossen worden
ist, diese Urkunde hinlänglich als unecht zu bezeichnen.
Oder sollte auch hier durch Verwechselniig ein zu an-
dern l'erhältnisseii gehörendes Decret statt des rechten
aus dem eonfiisen Archiv entnommen worden sein?!
AVir kommen zu dem zweilen Ampliiklijonendecret ,
demjenigen, durch welches Philippos zum Feldherrn des
Bundes bestellt wurde, dem Decret der herbstlichen
Pylaia, wie wir oben sahen. Freilich beginnt <lic Ur-
kunde, die wir jetzt an ilieser Stelle lesen, gerade wie
die vorhergehende : i^ri itQeujg Kkeivayuouv l UQivf,i;
IlvkuLCi,- Denn angenommen, dass die vorige echt wäre,
so müsste dieser zweite Beschluss doch, unter demselben
Kleinagoras verfasst , einer späteren, der herbstlichen
Versammlung angehören, und so hat man auch emendircn
wollen linujoiviX; — oder angenommen, dass unsere
ganze obige Dediiction verkehrt und Philippos wirklich
in einer Frühlingsversanimlnng gewählt sei, so inüssto
doch wohl der Eponjinos des Jahres ein anderer sein;
oder angenommen, dass der Ivleinagoras etwa eine pj-
thische Pentaeteris hindurch Kponvmos war, so könnte
es eben doch wieder keine zweite, ein Jahr später lie-
gende La.Qlvr, sein, denn Demostbenes lässt gleich darauf
die xqÖvui lesen und sagt : iioi '/«p y.aiY u'vg iuvka-
yoplicriv uUToq, und das Pjlagorcnamt war nur ein
589
590
fahriges. Es bleibt nur die eine Rc<(unf, dass mnii an-
nimmt, «llo Dafiriin-f iIcs orsteii UoitcIcs sei irrtbiim-
licber Weise auch vor dioss zueile gekommen! Aber weder
das erste ist erbt, norb feblt es dem zueiten im AVei-
teren an griindlicben l'VbIerii.
Gleich nach iler Datiriiiig folgt wieder das arge :
iöo^e Toi^ TivkayoQOiq xai roii ovviÖQon; tojv 'ffi-
(fiy.ii'uvcuv xai nji v.oivfj) tojv 'Jf^Ufiy.Tvüvujv, »vor-
über wir schon entschieden haben. Ebenso finden wir
nur vom Beackern und Deweiden des heiligen Feldes,
nicht vom Anban des Hafens erwähnt, ganz wie in dem
eisten Decret. Dann heisst es: ircsidlj y.cukvd-
fievoi xoiTO noisiv ev roi; onXoic; naoaycvo^tcioc
tÖ y.otiiov TOjr'Ekh'j'ujv crvvlSoiov y.£y.u)kvy.aat fi6TU
ßlaq, Tivu<; de y.cd TSvoa.vfiaviy.aOt , so wolle man
den Kottyjihos an Philippos scliicken H. s. ». Also keine
Krwrihnung von ienem Feldziig des Kottvplios, von der
auferlegten und niclit bezahlten Geldbnssc , von der nicht
veranlassten Vorweisung der Schuldigen, von der nicht
geschehenen Wiedcranfnalime tü}V de eraeßfiav (fvyöi-
TWf (Aischin. §. 124). Wem aber dergleichen Fehler noch
nicht hinreichender Beweis sind, der findet anch noch tov
OTQaTijyuv Tov r^orjjuetJov Tojv'./iiqty.ri'üvajv Aövvi rpov
Tov'-l Qydd a, wahrend ihn Aischines sehr richtig einen
Pharsalier nennt; Demostlicnes sagt ja gerade in Bezie-
hung auf ihn (g. 151) inl -rov (lükLimov evdv^ r;y£-
fjöva ijyov ol y.areay.evarij^dvoi v.ai -rcakai ■jx:ovi]ooi
TOJV & s T T aXciJiv y.al Tiijv iv Talg ukXai-; nokiOtv;
denn Kottyphos »var 6 tote TCtg yvajfiag imipljcfl^tjjp
(Aischin. Jj. 12S). Freilich hat AViniewsky vermnthet,
dass bei Aischines siatt Pharsalier vielleicht Parrhasier
cmendirt werden miissc ; aber dass die Arkader weder
damals, noch sonst im Amphiktvonenbunde waren', steht
wohl fest; und die Notiz bei ülpian KoTTVCfOi; i£po-
fivr;Liv)v })v QtTTuKoi ij 'Ao/.dg nccvra tiqu-ttojv in£Q
0lXi?T7TOi' beweist doch Nichts, als dass der Erklärer
mit diesem falschen Decret zugleich den .üschines be-
rücksichtigt hat.
Wenn ferner die Structur ä^iovv 'i'va ßoijd^i-OTj, die
in späterer Gräcifät merklich hervortritt, und das d/ötl
statt des einfachen üil in Abhängigkeit von einem \'er-
bnm dicendi, wie es für Aristoteles vielleicht noch zwei-
felhaft, bei Poljbios dagegen schon ganz ausgebildet
erscheint, in unserem Uecret gefunden wird, so konnte
man sagen, es sind eben nicht Attische, sondern Am-
phikt_>onenbeschlüsse, und die Ilieroninemonen nennt ja
Demosthenes selbst ungebildete Leute. Aber das Decret
gibt ja unter den Beschliessendcn auch die P> lageren an,
und Leute, wie Meidias und Aischines, werden doch
Attisch geschrieben haben. Doch wird man sagen , es
sind ja Leute ans allen Gegenden Griechenlands; wenn
diese Attisch schrieben, so war es nicht ihr heimathlicher
Dialekt, s^ondern die Sprache der Bildung, die überall
der Attischen Norm folgte. Aber wir wissen, dass noch
zehn Olympiaden früher wenigstens die Beschlüsse noch
nicht in diesem, sondern einem, wenn man will, Delphi-
schen Dialekt geschrieben und in diesem selbst Seitens
des Athenisdieii Staates publicirt wurden (Corp. Iiiscr.
Nr. 168s). Freilich andere zwanzig Olympiaden später
etwa war die xoifi; auch bis zu den Sitznngeo der Am-
phiktyonen gedrungen; aber man darf geltend m-iihen,
dass seit der Srhlncht von Cliaironeia ganz andere Um-
wälzungen in der Hellenischen Bildung folgten, als vor
ihr möglich govesen waren, -und kann der Dialekt aiicii
kein neuer Grund gegen die Echtheit unseres Docnmeu-
tes sein, so ist dasselbe doch anch kein Beweis mehr
für den Aniphiktydnischeu Gebrauch des Atticismus in
Demosthenes Zeit.
Demosthenes hatte (§. 153) sich rci äoyftaTa rnira
y.al TOI»; jj(> oi^o «' ^ , iv oIc, 'iy.aOTa neJioay.Tcu , rei-
chen, dann den Beschliiss gegen die Amphissäer wegen
des heiligen Feldes, und den Beschluss, Piiillppus als
Amphiktyonischen Feldherrn zu berufen, vorlesen lassen;
hierauf sagt er: \iyt dl) y.ai Tovi ;fpofOtJ$, iv olg
Tavr' eyiyva-To- ci'rri yd^ xa&' oig iiiv'kayü^ijricv
ovroi. Keys. Dann folgt mit der Ucberschrift: XPO^iOl
Folgendes: äoX'HV Mvtjotdeiöi^i;, fiijvoq 'Jv9Ea-rt](jnn-
voq £y.tTj £711 ÖEy.dtrj. Dieser Archon ist wieder ein
Pseudeponymos , der nach der mehrfach besprochenen
Hypothese dadurch erklärt wird, dass auch hier der
Name des Prvtanienschrcibers für den des Archonten ge-
nommen sei ; es beziehe sich aber diese Zeitbestimmniig
auf die Wahl des Aischines als Pylagoros; so miisste
man annehmen, weil der 10. Antheslerion trotz seine»
Namens nicht der inQtvij n'vkula angehören kann, da
der Frühling erst mit dem Elaphobolion beginnt. Ange-
nommen auch, dass der Gelehrte, der die Urkunden
eingeschaltet haben soll, das Ernennungsderret des Ai-
schines ohne Namen des Archon vorfand und die Zeitbe-
stimmung hier so verschlimmbessernd einfügte, so hat er
sich doch als ein sehr ungescheufer 3Iann gezeigt, wenn
er meinen konnte, Demosthenes habe die ^povoi von
Aischines AVahl wollen lesen lassen; dann hätte es ja
heissen müssen: „liess die Zeitbestimmung, wo Aischines
gewählt worden, denn während er F^lagoros war, ge-
schah das .\lles." Und auch das bleibt nicht zu seiner
Rechtfertigung , dass er in Ermangelnng des eigentlich
Gemeinten etwas Nächstverwandtes nahm ; denn wo er
die Amphiktyonenbeschlnsse fand , mussten auch ihre
'/oovoi stehen, nicht bloss ,,der Priester Kleinagoras",
sondern der Attische Archon und auch Pritanicn«chrei-
ber u. s. w., unter dem der Beschluss in Athen publicirt
worden, wie wir solche Attische Datirung in dem Be-
schluss Corp. Inscr. Nr. I6SS finden. Wie aber jene
Hypothese in sich selbst unwahrscheinlich ist, haben wir
oben bemerkt. Es mussten hier in der Wirklichkeit die
bi'iden Zeitbestimmungen stehen „unter dem Archon Theo-
phrastos , an dem und dem !>Iun_Tchion oder Elapho-
bolion u. s. w." und „unter dem Archon Ljsimachides
an dem und dem Doedromion u. s. w." Der Vorschlag
des Aischines wurde, nach Demosthenes AVorten zu
srhiiessen, nicht vorgelesen.
Wir kommen nun zu' dem Briefe (§. 156) ■,»' , oji
oi'X vTTijy.oi'ov ol 0ijtjuto/., n£uTi£i ttqoi; Touq iv
IlekoTrovvrlaip avuftdxovg ö 0iki7fjTog. Demostbenei
sagt, er lasse ihn lesen tV EedijTS y.al ix zai'mjq oa-
<f>ojg, oji T/Jf fA£i> dkr^dij noötpaoiv Tuiv Tioay/jd-
T'jjv .... ÜTiE/.QvrtTeTO , xotva Sb y.u'i Tiüg 'Auffiy-
Tvoai 86i,avza TTOieiv ir^oiEnoniTO. Jedenfalls also
IDUS» man in dem Briefe bezeichnet erwarten, das»
591
592
l'hillppos, vom Aniphikivonpnliiindc znm Feliüicrrn or-
naiint, dessen Beschliisse gejcen lüc Lokrer aii-.fulirpn
wollte ; aber iveiler vou ilen Aiiipliiktvoiieii, noch vnii de-
ren Bescliliiseeii und seiner Ernennunff sieht c(«as in
«IcmselbcB. Mrht minder auffallend heisst es in dem
Briefe: Aov.oot oi y.a'l.o v n e v o i 'O Co'k ai xciTOl-
xorVTEi iv '.'lucfiaar , das srhnieckt elicr nach der Ge-
lehrsan\keit eines späteren Sfvlistcn, als nach dem offi-
ciellen Schreiben des Makedonischen Königs. Auch Fol-
gendes kann nicht in Philippos Brief gestanden haben:
inilör, . . . Ti-i' hijdv ■/ajoui' coxoiaroi iiüi}' oTikuJV
}.{ vi.nTO l' öl , während vom Bebauen des Feldes u. s. w.
keine Rede ist. Ich übergehe das vielleicht ansfossige
xovi nagnßaiyovT''-; ti tüji' iv dvflpuJJioii; evaißuiv,
und das durchaus unverbesserliche Ende: TOtc, ÖE f^O]
ovvaviijaaoi navöi^ncl 5jo/;oo//f.'>« Toh 8h aviißov-
Koi^ i'niv y.Sinivtiii iTiiCi^uioi;. Es bleiben noch zivei
wesentliche Schivicrigkeiteu, die man sich vcrgcbeuä zn
lüsen beinülit hat.
Der Brief beginnt OihtTtTTOi; nü.07corv}jaiu)r xuiv
er Trj oriiiiaxic/- ro/,- dijutov^you y.cd tou avrlSooiq
ycu TOU al.i.nu avu^üyoli TiuOi X^'QElv. Es ist nach
Demoslhenes Ausdruck ■:xcu7rEl ^Tpöc; rovi er Ilif-OTTOV-
rijoc) oriiiiä^oV': richtig, dass der König nicht an die
Ampliiktvonischen Staaten im Peliiponnes, sondern au
«eine Bundesgenossen schreibt, and Theopompos sprach im
,jl. Buch , in dem eben diese Zeit nach der Belagerung
ron Bvzanz behandelt «ar, vou den Freunden des Philippos
in -Megalopolis ( Harpocrat. v. 'ItO'Avrfloq) und Argos
(Harpocrat. v. TI/iOT/;); diese Bundesgenossen aber wa-
ren vor Allen die .Messcnier, Tegeaten , fllegalopoliten,
Argeier (P(il\b. IX. 2S- 5-)» ausser ihnen noch andere
Staaten. Philippos Brief ist nun entueder an die einzel-
nen Staaten oder an eine ^^ersamnilong , die den Bund
rcpr/lsentirte , gerichtet. Im erslen Fall h,'i(te man sich
zwar nicht i^u «vundern , dass die Bundesstaaten nicht
namentlich aufgeführt sind, «(thl aber darüber, dass die
vcrsciiiedenen Souveränitäten der Staaten nicht richtig
bezeichnet sind. Wohl gab es in Argos, in i^Iaiitiiieia,
in Elis Demiurgen (Boeckh. Corp. Inscr. p. 11) und die
Oirli^ijni scheinen gleichfalls als aristokratischer Rath
im Pcloponnes vorzukvmnien (s. Müller Aeginetiia p. 138))
abir waren ileitn ilie ^'erbündeten des Pliilippos nur Aristo-
kratieen? AVar IMegalopolis und Mcssenien, »ahrsdieinlicli
auch Argos demokratisch, so musste der Gross nicht
bloss den Demiurgen uu<l Syncdren (aristokratischen Staa-
ten), sondern auch den dinioi- entboten werden. Aber
freilich in spaterer Zeit galt die Bezeichnung df ilioi'pyul
•o viel als Traou Toic Aujoii.vni oi äo/iiiTc; tu 8r-
uonm rrrjrJ.rTOVTli (Hesvch. v. ). Ungleich passender
«See es, «enn Pliilippos Brief an ein nrri:i)i,iov der
Buiidesgenosüeiischaft im Pcloponnes gerichtet w.'lre, und
wir wissen, das« der Arhäischc Bund durch zehn De-
miurgen und die Bule d. i. ni'uiöiJOl repr.'isentirt «nrde,
rl. Poivb. IV. 2^- Pausan. VII. 7. 1. Ilerinann Hand-
buch p. 41-') f. Aber es wird ausdrücklich berichtet, das»
jene» y.onov tu/v 'Et.u'pujv ain>id(Jtuv in Korintli, da»
fortan so wichtig für die griecJiischen Verhältnis«« wer-
den sollte, erst nach der Schlacht von Chaironcia beru-
fen wurde t Justin. IX. .'i. Diodor. XVI. 89), und auch
da ist das Institut der Demiurgen wohl schwerlich nach-
zuweisen.
Eine weitere Schwierigkeit ist in folgenden AVorien
dfls Briefes enthalten: ujozs Ovvhvto.ts fisza xcöv
u7t\u)V eL Ttjv 0iijxiöa, i](ovt£c tTrioiT/o-iiov ijjteQtuv
teooaQuxovTa juü ivaarujTOi; /iipo^; Ainov^ uJi
r;iici\ äyoftev, ok öi: \ldi]vaiuL Ijitijöooituwoq, t/i?
öh I\u(Jir!ho/ , Ravefiov. AVie beruft ein Feldherr die
Bundestruppen für 40 Tage und lässt ihnen zwischen
den .iü Tagen eines Monats die Wahl, an welchem sie
kommen wollen? Wir sehen, das Philippos in der fiEiu)-
iraiQirr, 7ll'}.ala, das heisst nach dem 21. September
oder 14. Boedromion 339 zum Feldherrn ernannt worden ;
wie kann er nun den laufenden flionat Boedromion noch
als den bestimmen, wo sie sich in Pliokis mit ihm ver-
einen sollen, da die Botschaft von Tliermopvlä nach Pella,
von dort nach dem Peloponnes , dann der Aufbruch und
Marsch der Truppen doch nicht in vierzehn Tagen, wenn
man auch recht splendid rechnen will, bewerkstelligt
werden kaan? Denn angenommen, dass unsere Berech-
nung der Aniphiktvoncnbeschliisse falsch und Philippoi
iu der enoirii uvkalu 33>5 ernannt ist, so niuss er die-
sen Brief um dreissig Tage nach demselben Monat Me-
tageitiiion geschrieben haben, an dessen siebentem Tage
er die Schlacht von Chaironeia schlug; und doch ist
dieser Brief noch vor der winterlichen Schlacht und der
Schlacht am Flusse und manchen anderen Bcgchcuheiteu.
(Fortsetzung folgt.)
Pcrsonal-Clironik und Miscellen.
London. Der Jalircsl.ig der Griiiuliing des nrclKiologischf i\
Inslitiils zu Rom, der .'I. Apiil, ist nicht .ilkin in Ruin von
ilcn doli .anwesenden IMitgliedein, sondern auch in Lomlon fesl-
licli beganucn worden. Auf die Aufroideriin|» des Präsidentin
der »Royal Society of Lilcialurc « , dos Grafen von Ripon,
halle sich an dem scnaiinicn Tage in dem Local der Cicsell-
scliaft eine Anzahl der ausse/.eiclinclslen Männer und Kenner
der Literatur versaininelt. Der Präsident zeigte in einem kur-
zen Voitr'gc den Zweck der heutigen Zusainnienkiinfl an, gab
einen Oelierldick der hi^lierigeu wisscnscliaflliclien Resultat«
der Iiislitiitsiiiilglieder und gcdaclitc dabei mit Aiiszeicliiiunj
der Ainveseiilieil des Gelicinicn Legalionsrallics Bimsen, als
des liüciiverdieiiteii Griiiiders des Instituts, und des D. Lepsin«,
des Secietars desscllien , den er als ii ciiu-n der lliäligslen iVlil-
arbriter auf diesem Felde«, als »einen Mann von tiefen Kennt-
nissen lind umfassenden l''orscliuiigeni< bezeicliiu te. Herr (jfb.
Legatinnsralli Bunsen hielt liierauf einen gelelirlrn Vortrag iilur
die Krliaiicr und das Aller der grossen l'yr.iiiiiden , ilein ein
anderer des Dr. Lepsius iil)er den Obelisk von der Insei Pli:li
f(il;;te, der jetzt auf dem Landsitze des Mr. Rankes in Dor-
setsliire aiifgcslellt ist, nachdem ihn sein Besitzer im Jahre lö-l
natii Kurland balle bringen lassen. Uieser Vortrag war voll
scliarl-iiiniger Bemerkungen und Aul'scbliisse und fesseile nacli
dem Berielil in der Literaiy Gazette vom :J7. April und 4'. Mai,
wo beide Vorträge im Auszuge iiiili;etheill sind, im hohen Grad«
die .Auriiicrksamkeil der Versaninultcn.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Sonntag 3 23. Juni
18 39.
Nr. 75.
Die Urkunden in Demosthenes Rede vom Kranz.
(Forts et zun g.)
Za diesen Verkehrtheiien kommt eine nicht geringe
Schwierigkeit. Plutarch erzählt (Alex, c, 3), dass Alexan-
der geboren sei iozafilvov inn'u^ .E^a.roußan!ji'Oi, ov
May-eduveq Aipov xul-oloi txrij. Er sagt ferner, die
Schlacht am Granikos sei im Daisios der Makedonier,
Dnd an anderer Stelle, im Thargelion der Athener ge-
schlagen (Alex. Ifi. Camill. 19). Ans den ,, Tagebüchern"
ist bekannt, dass Alexander gegen Ende des Blonats
Daisios starb, und dass dieser Monat ein voller war.
Hieraus ergiebf sich, dass die bekannte Reihe der Ma-
kedonischen Monate nach Plutarch den Attischen in fol-
gender Art entsprach :
10. Loos .
lt. Gorpiaios
12. Hyperberetaios
1. Dios . . .
2- Apellaios
3- Aud^oaios
4. Peritios . .
5. Dystros
6. Xaothikos
7. Arteniisios
8. Daisios .
9. Panemos .
Hekatnmbaion
Metageitnion
Bocdromion
Pyanepsion
Maimakterion
Poseideon
Gamelion
Anthesterion
Elaphebolion
Munychion
Thargelion
Skirophorion.
Dass der Cyclus der Makedonischen nnd Attischen Jahre
derselbe gewesen, dürfte sich als wahrscheinlich aus der
Chronologie des Todes Alexanders ergeben. Für ausge-
macht kann ang^enonimen werden (s. Idler in den Abh.
der Berl. Akad. aus den Jahren 1820 und 1821), dass
Alexanders Tod in die letzten Monate von Ol. 114. !•
fallen muss ; wir würden auch hier sofort den Tage-
büchern folgend, den Daisios, den sie angeben, mit dem
Thargelion identificiren , wenn nicht eine bedeutende
Schwierigkeit einträte. Arrian nämlich sagt (VII. Of^)
sßiu) 8e ÖL'o y.ai TQiaxowa i-vi] v.ul zov tqUoo firj-
vag eitekaßev oxtw, ui; iJyei 'AfJi'dTÖßovXog. eßuai-
keve de daiSexa tTrj y.al tov^ oxtc/J ^/(Jj'«; rovTovq.
Nun hat aber Plutarch, wie schon erwälint, Alexanders
Geburt datirt auf den 6. Loos oder Hekatombaion des
Jahres 3Ö6, so dass der König am 2'^. Daisios oder
Thargelion 323 (wenn wir der Tabelle folgen), nicht 32
Jahre 8 Monate, sondern 32 Jahre und über 10 Monate
alt gestorben war. Merkwürdig ist, dass Arrian sagt,
er habe 12 Jahre y.al top^ (jy.-vüj jiijvui; TOVTOig ge-
herrscht, wonach Alexander also nm die Zeit seines
Geburtstages auch zum Kiinigfhume gekommen sein musste.
Entweder musg hier Plutarch s Datum für die Geburt
Alexanders oder Aristobul's Angabe über die Daner sei-
nes Lebens fehlerhaft sein; ich will nicht verhehlen, dass
Aristobul's Autorität um so grösser ist, da sie Arrian mit
seinem TOi"? öxroj ftljrai TOlTUVi anerkennt, und dass
diese Datirung ganz zu Gunsten der in unserem Briefe
vorliegenden ist, dagegen mit Plutarch s Angabe über
Alexanders Geburt streitet. Man hat zu dem Ende an-
genommen, dass der Loos, der, wie in späteren Zeiten,
so in den Angaben Pliitarch's dem Hekatombaion ent-
spricht, vor Alexanders Expedition dem Bocdromion gleich
gewesen, dass dann aber eine Regulirung im Makedoni-
schen Kalender eingetreten sei, und dass Plutarch, die-
sen regulirten Kaienderauch auf die Zeiten des Philippos
übertragend , die in Attischer Datirung bezeichneten Facta
nach dem neueren Makedonischen Kalender der hypothe-
sirten Veränderung uneingedenk berechnet habe. Aber
man traut dem guten Plutarch viel zu viel zu; er hat
nicht erst berechnet, sondern was er in seinen Quellen
fand, niedergeschrieben. Die ganze Frage dreht sich
darum, wann Alexanders Regierungsantritt zu setzen ist.
Während Arrian 12 Jahre 8 Monate als die Dauer seiner
Regierung bezeichnet, gibt Diodoros XVII. 117. und
Ensebios an einer Stelle 12 Jahre 7 Monate, an einer
anderen gar 12 Jahre 6 Monate an, so dass uns diess zu
keinem Resultate führt. Wichtiger ist, dass Arrian (Indic.
21.) angibt, Nearrhos sei vom Indos abgesegelt^ am 20-
Bocdromion (21- September) w? Se Muy.iSnvCi y.ui.
'4oiavol ipov To ifSexuTov *'ro; ßaa-iXeiiovroi;
•j'ks^dvdQOv; Strabon (XV. p. 307. ed. Tauch.) sagt,
dass diese Fahrt begonnen sei gegen den Spätaufgang
der PIejadcn (damals etwa den 2S. September); diess ist
im Jahre 325 (s. Geschichte Alexander's p. 47S ; nicht
im Jahro 326, wie bei Clinton p. 245. ed. Krüger an-
gegeben ist), und wenn diess noch im II . Jahre Alexan-
ders war, so muss er nothwendigerweise seine Regierung
erst nach dem Boediomion oMJ begonnen haben. Ein
Blick in die Geschichte von Alexanders erstem Regie-
rungsjahre wird zeigen, wie vortrelllich mit diesem Datum
die sämmtlichen Begebenheiten übereinstimmen. In Uebcr-
einstimmung damit ist die Angabe über die Dauer seiner
Regierung; denn fing er etwa mit dem Pyanepsion an,
595
596
König zn sein, so ha«c er am 2'^. Tliarpelion beinahe
rolle S Monate über 12 Jalire regiert; und begann er
efiva einige Tage spater, so ist ancli die Angabe richtig,
liass er 12 Jahre und 7 Monate regiert habe, denn am
8. Monate fehlten noch mehrere Tage. Wie kann dann
«her Arrian sagen y.o.i toi^ oy.ru) fii-iaq toi'tov^ , die
er nach Aristobul über .<2 Jalire gelebt hat? Ich glaube,
liier liat schon Arrian einen Fehler in seiner Handschrift
des Aristobul rorgefnuden und ohne ^'erdacht naclige-
srhrieben. Denn nehmen wir an, dass Aristobul sclirieb :
("iKO fr;^- Si'o v.ai TQtuy.ovTa y.(u roii tqItoi' (/)~i'as
f:nEA iBE^ L so konnte daraus leicht genug EHßAA-
/}hj\ //Herden. .Mit dieser einen Emeiidation, «venu mau sie
so nennen iiill, sind alle .Schwierigkeiten gehoben und
die sonilerbaren Ansichten über »illkürliche Umgestaltun-
gen des .Makedonischen Kalenders unil über Plutarch's
Rednctionsierfahren unnütz Dass der fliakedonische und
Attisihe Cvclus parallel waren, lehrt unter Anderm der
limstand, dass Ol. 114. 1. der Daisios gerade nie iler
Thargelion des Jahres im IVletonischen Cjclus ein voller
IVlonat war; denn die Tagebücher erwähnten die riey.r/' nj
(fSivuvToq (Plut. Alex. 7t).), dass diese üebereinstim-
mnng zwischen dem Attischen und Makedonischen Ka-
lender noch Jahrhunderte weiter blieb, hat Herr Idler
aus den Obsenationeu im Almagest nachgewiesen (H.ind-
Lurh der Chronologie p. 3'tl) und 4n.')). So finden wir,
dass .Alexander am (i. Leos oder Hekatombaion :M}f) ge-
boren ist, dass er mit dem Bios oder Pvanepsion .'3 5(1,
niKfl TU f'i'y.ooiv Itij dh' (Arrian. I. 1.) Konig wurde,
dass er im Anfang des Daisios oder Thargelion .i34 ain
Granikos siegte *), dass er im Deisios oder Thargelion
'<23, .{2 Jahre und 10 Monate alt, nach einer Regierung
»on 12 Jahren und 7 bis 8 iMonaten starb.
?iach iliesen Untersiichiingen glaube ich dem vorlie-
genden Briefe mit tier E( htliert zugleich die Wichtigkeil,
die ihm bisher für ihronographisclie Untersui liungen bei-
gelegt worden ist, absprechen zu müssen. Leider sind
wir über die Korinthischen .Monate äusserst wenig iiiiter-
rirhtet; ich würde zu weit zn gehen glauben, wenn ich
es ansliissig nennte, dass Philippos nach dem Kalender
Her Korinthier, ilie in der Schlacht von Cliaironeia gegen
ihn k.'impfteii (Strabo I.V. p. (j'l ed. Taue h J, nicht nach
dem der .trkadier oder Argiver rechnet. Es scheint mir
gleichfalls zu gewagt, von dem Panemos der Böotier einen
Schluss auf den der Korinthier zn machen ; aber nähme
man ihre Uebereinstiminung an , so niüsste iler Panemos
ilem Attischen .'Metageitninn ents|)rechen , indem das bei
Plufarch (Cam. V)) erwähnte D,itum der Schlacht von
Leaktra narli Attischer und Uiiotischer Bezeichnuii<' er-
weist, dass bereits damals in beiden Staaten der gleiche
Schaltrvcliis galt.
"j Aluiclillicb i<t dir lick.irmre Stelle d.-s «cli.in (V. II. II.
25) iibcr^MiuTn worden, wciclie -nngibt, ibiss Alcx.TnrliT
am 0 Tliar;;rli,>n vi, li- Mvri.i.len liirli.iren verniclilrl li.ilie
örf xul /tumlnr xußiD.iy '^l)./i,cr(jQn^ .... xiu uvxnr
i> rny 'AUiiivXiinr xui yiyinOtti xul c'.:i().,9Hy roü ßinv lij
uvttj r^/if'^(f TttTiCatiutut. IJic vcrMicIiliu liikl.iriiimrii illi'-
scr Vrrkclij'llicilen geniigen noi li niclil . iiiul auch ijlo
iibriu.-n Angaben in dem genjiinlcn Capil,l lind voller
Coulusion.
Fanden wir die bisher betrachteten Urkunden auch
sämmtlich unecht, so standen sie doch mit den närhsten
Worten des Redners in befriedigendem Zusaminenliang ;
den demnächst zu betrachtenden fehlt auch dieses, oder
besser gesagt, sie sind aus unrichtiger Auffassung dea
vom Redner Gesagten hervorgegangen.
Deniosthenes beschreibt (|^. Uil.) dicss feindselige
Verhältniss zwischen Athen und Theben um die Zeit, da
Philippos zum Amphiktynnischen Kriege berufen wurde:
„ich s.ih, wie die Thebaner und fast auch ihr auf Aulass
derer, die der Sache des Philippos anhingen und von ihm
bestochen waren (-sTUfj' hy.aztooiQ), in beiden Staa-
ten dasjenige, was beide zu fürchten hatten und mit aller
Sorgfalt hätten hüten müssen (ro xov 0iKnni ov iav
ai'^ui'ii^a/) , übersähet und auch nicht in einer Hinsicht
hütetet, dagegen zu Feindschaft und gegenseitiger An-
feindung bereit wäret." Und veiter (§. l(io): doch ich
kehre zu dem Obigen zurück; als dieser (Aischines) den
Krieg in Amphissa erregt, seine anderen (jehülfen aber
ihm die Feindschaft gegen Theben hatten durchsetzen
helfeil (oi>fJ.'li;oavuuf.i'Uiv) , so geschah es, dass Philip-
pos daher kam gegen uns (sXi^etv icp rjfidz, OVTXSQ
ivty.a Tai; tiuKsl<; outoi auvcxoouov. Kai si fJ>}
TtQOt^avioTijficv ftiy.Qdv, oi'ö' üvakußeiv av-vovi
a-v i'jörvij9i]usv oi'truj jiixQi no^QUi -jiffoijyayov ov-
TOI TU -xQuyfja. 'Ev olg. ö' ijts i'jörj to. tt^Ö; dX-
}^i)).ut'^, TouvLuvi Tuiu ipfjffioi^idiujv dy.ouoavTtc, y.ai
TU)!' djiuyoiaeiiiv i't'aeade. Kai fjoc Xtys ravra ka-
ßiov. Nachdem die Documente gelesen sind, fährt De-
mosthenes fort: ul'TU) ö/nt>£ig ü (IK/uTlTioi -cui, Tiuktig
•jtoui dkkijkaq St d tovtiüv y.al tuvtok; i:7raQ&eli
Toti ipi^tfACftaai y.ai tui\ uTioy.oi'crsai, ijy.ev i';i;toi/ it)v
öövauiv y.ai tijv 'Ekdreiav xankaßev , w<," oi'S' av
ti'ri yivDiTo eri avuTtvevaörtwv ijjicot^ y.ai Tuiv Orj-
ßuimv. IN'arh diesem u'vTU) SiaSliq ü 0ikl7l noi; könnte
man allerdings meinen, dass Philippos unmittelbar mit
eingewirkt hätte, also Briefe niid ilergleichen von ihm
mitgelesen wären; aber, näher betrachtet, zeigt sich die
Unmöglichkeit dieser Annahme, denn ilie Beschlü.sse und
Antworten, durch welche Phili])pos dreist gemacht wird
(eTTciii^tii) , können doch nur die zwischen .Athen und
Theben gewechselten sein ; und eben das lehren die vor
dem ^'orlesen gesprochenen Worte: öluttsii diu TOL<-
TVii' bezieht sich, wie natürlich , auf Aischines und seine
Mithelfer.
.Statt des erwarteten Notenwechsels zwischen Athen
und Theben finden wir nun zwei Antrüge der Athener
an Pliilipjios, eine Antwort des König« «« die Athener
und ein Sendschreiben desselben an die Thebaner! Gut,
der hvpothesirte Gelehrte wird in dem conlnsen Archiv
oder in seinen Sainniliingen gerade die betrellenden Atti-
schen und Thebaiiischen Urkunden nicht mehr vorgefun-
den und statt ihrer die vorliegenden, die denselben krie-
gerisilien Zeitläuften angehören, in unsere Rede einge-
schaltet haben. .Sind also diese Urkunden, die wir jetzt
lesen, nicht die von Deniosthenes gemeinten, so werden
sie doch echt sein und in die nächstliegenden Verhältnisse,
die wir bereits kennen gelernt haben, passen müssen.
Wir wollen sehen.
Die beiden Attischcu Beschlüsse datircn £;T ägX'*^'
597
598
TOS
S 'Hqottv^ov ; der erste ist jii^vui; 'EkawijßoXlojvoq
TTj (f9ivovToQ, (fvlijc, TiQi'Taverui'fTiji; 'Eoax^tpSo^,
der z«veite iii;vuQ Mnivv^utivoc. ei'y y.ai vea. Wir
sind Bilioii g-pwolint, falsche Archonleiinamen zu finden;
die nieliifarh aiigefi'ihrfe Hypothese erklärt dieselben aus
Verwerhselunjj mit den jNainen der Prytanienschreiber
entstanden. Da das Jalir Ol. HO. 2 im IVlelonisrhen
Cycliis kein Schaltjahr ist, so ist die Dauer der Prvta-
nien , mit denen auch deren Schreiber wechselt, 3'> und
resp. 3(> Tage. Genau genug ist vom sechsletzten Ela-
phebolion (er ist in diesem Jahre ein voller IVIonat) der
letzte ."Vlunvchion der .35- Tag, so dass man nur anzu-
nehmen braucht, dass die Ererhtheische Prvtaiiie mit dem
Tage, wo der erste Beschluss gefasst ist, angefangen,
und mit dem, wo der «weite , aufgehört hat, und Hero-
pytlios kann der Prytanienschreiber sein, der zum Archen
umgewandelt ist I Oder wem das denn doch zu gewagt
erscheint, der kann auch die Vermuthung billigen, dass
der Archen Heropythos durch Schuld der Schreiber aus
dem ersten in das zweite Decret eingeschmuggelt worden,
wie »ir dergleichen ja schon mit dem Priester Rleinago-
ras erlebt haben!
Ferner finden wir in dem ersten Decret nach der
DatiruMg die Formel ßovkrc. xai (TTQaTiiyuiv yywur.
Schümann (de comitiis p. 91) fT.), .Spengel (p. 39li) und
AViniewsky (p. 304 ff.) haben über diese in den Decre-
ten unserer Rede oft wiederkehrende Formel ausführlich
gehandelt. Da in der Ekklesia keine Sache dllQoßoi-
kewoi verhandelt werden darf, so ist die yvuniij ßov-
ktji ein notbnendiges Ingredienz jedes Volksbeschlasses,
und- dass wenigstens yvoj/aj ein officieller Ausdruck ist,
lehrt ausser Xenoph. Hellen., I. 7. 9 und Harpocrat. v.
TT^oy£t(JOTOvlu besonders die Inschrift im Corp. Inscr.
Kr. 108. S£8oj(9ai ttj ßovXij tov^ XaxöfTai nQot-
ÖQOug si'i Tijv iTTiovaav iy.xXt/a-Lav ^Qi^/naTtaai ite^il
Toi'Tujv, yuojiiijv Se avfißdkkeadai Trji ßov'kiji ee;
Tov dijiiov üTi öoy.ei ttj ßoiAij tTtatnecrai v.. x. k.
Ist das die Bedeutung des ßOvXiji; yvoj/qj, so kann man
sich durchaus nicht vorstellig machen, wie noch ein Be-
amteter, hier also die Strategen, noch mit dazu kommen
sollen. Es ist bemerkenswerth , dass durchaus nicht in
anderen Decreten , als denen dieser Rede, die Formel
ßovkij'i yvv)j.ir] vorkommt. Die Sache scheint natürlich.
Der Antragsteller machte seinen Antrag [eiltE) dsdü^dai
TTJ ßouX}^ y.al T(;j öljuo). INahm der Senat den Antrag
an, so wurde wohl dem ö öliia tt-^E und der vorzu-
schreibenden Dafirung das eöotEV TT] ßovkrj vorgesetzt
und der Antrag, nun ein Probuleuma , in die Ekklesia
gebracht. Nahm das Volk das Probuleuma unverändert
an, so wurde der Antrag zum Psephisma entweder, indem
man der Datirung fÖo^SV TT] ßov'kij xai Tiß dl'j^uj vor-
setzte unil dann das 6 öeivu eine 8tS6x9at y.. T. X.
unverändert folgen liess, oder indem man das 8e8üx9ac
in die Formel des Beschlusses if)o^« TTJ ßuvXrj yal tw
5?;7/oj verwandelte. Wurden dagegen in der' Ekklesia
Amendements gemacht (s. Corp. Inscr. p. 124), so folgte
dem Probuleuma der Beschluss des A'olkes: edo^i; Tol
öij/^vj- TU i^ih aüa xadoTt i) ßoiüj) ilp)j(piaaT'o
oder dergleichen (Corp. Inscr. Nr. lOd)-
So scheint die Formel ßovhjq yvuj/tj] bis auf glaub-
würdigere Nachweisung, wenn schon sie in sich nicht
unwahrscheinlich ist, zweifelhaft, die Hinzufügung oroa-
Tijyü)V yvuuirj oder dergleiclien vnllkonimen unmöglich;
und weit entfernt, in dieser sonst nicht vorkonimenden
Eigenthümlichkeit der vorliegenden Decrete einen gros-
sen Beweis ihrer Echtheit zu finden, sehe ich darin
nur einen Beweis mehr, dass sie irgend einem Halbw is-
ser und einer Zeit, die der Lebendigkeit des Attischen
Staatslebens schon fern stand, ihren Ursprung verdanken.
Denn man sehe nur den treHlicIien Inhalt dieses er-
sten Psephisma's etwas näher an: „Da Philippos einige.
Städte eingenommen, andere zerstört, überhaupt aber die
bestehenden Verträge nicht geachtet hat, so beschliessc
das Volk Gesandte zu wählen, die um WafTenstillstand
bis zum Monat Thargelion bitten sollen." Angenommen,
dass dieser Beschluss, wenn nicht der von Dnmosthenes
gemeinte, aber <loch alt und echt ist und der Schlacht
von Chaironeia nahe liegt, so müssten die Athener im
Elaphebolion einen Wairenstillstand erbeten haben, also
nach den zwei glücklichen Gefechten , dem am Flusse
und dem winterlichen, in iler Zeit, wo Pliilippus, wie
Demoslhcnes sagt, in der allergrössten Bedrängniss von
Neuem an die Peloponnesier schrieb (g 2 1 S) ; oder rich-
tiger, es machen die Einzelheiten selbst eine solche An-
nahme vollkommen unmöglich. Betrachten wir diese
Einzelheiten, so finden wir zunächst: ßiiiiöi: 0i}.L-jT7TOC,
oQ fiiev xaTeikij(f£ noksK; tcSv ücrTi'yenuvojv , Tivui
di TTOQ^Et, y.ECfakaiO) dt, also Städte, die vier Tage-
reisen von Athen entfernt sind, soll ein Attisches Decret
doTiiysiTuvei, wie Plataiai (yaru IStuifjaq, g. 107)
nennen 1 Athen soll das Besetzen unil Zerstören von aus-
wärtigen Städten zum Anlass einer Unterliandlung um
AVaffenstillstaiid , als wäre der Staat selbst angegriffen,
bei noch währendem Frieden nehmen? man soll in dieser
Zeit in Athen ä<; fitv — Tivä<; öf: gesagt haben? wag
gerade so klingt, als wenn wir sagen, weil Philippos
welche von den Städten zerstört, andere n. s. w. (denn
die ganz vereinzelte Stelle in unserer Rede ^. 71 ist
nach den bessern Handschriften zu berichtigen). Doch
weiter: x6<pakaio) dt iVl Tr,v '.jTTi/.r^i' 7iu(>a(Tx£va.C£-
Tui yiyvEO&ai Tia(j' ovötv y/ui'fjtvo(; Tili; ij/^ieiigac.
ffvi'^ijy.aq x(d Toi'i; uQxovi ki'tiv iiiißaKkeTai xai
TijV ei()ip>iiv -jragaßuU'vjv rac xoivm tiIoti-/^ — jeden-
falls eine reichlichst pleonastische Ausdrucksweise für das,
was Philippos nocll gar nicht getlian hat; es bestand ja
kein Friede, seitdem für Byzaiiz zu kämpfen die Athener
die Friedenssäule umgestürzt hatten; und hätte derselbe
bestanden, so wäre ein Angrifl' auf Aniphissa im Auftrag
der Amphiktyonen keine Verletzung desselben gewesen ;
und wäre es Friedensbruch gewesen, so werden die Athe-
ner in Folge dessen doch nicht den unsinnigen Beschluss
fassen wie folgt: -Tisu^eiv n^ui; a.i'Tuv y.ijovy.a y.ai
noBoßstq o'icivei o-i'tÖ) S/nkttuinrat y.ai naoayekei'-
ooL'Oiv airuv ^lafiOTU luv jijv Tifjoi, ijiidg üf.i6ioiav
Sui.rt]o£iv y.ai idc, avrdij/.ag , et St /jij, irgug tu
ßouktvaaadai Sovvai %ouvov ttj Tzokei y.nX rdi (!)
di'OXa<; ■TTOrtjoua^at /tt/pt -voi' QauyifKKuvoa. Man
niuss einen sonderbaren Begriff haben nicht bloss von der
Attischen, sondern überhaupt von jeder Politik, wenn
mau glauben kann, dass solclies Gewäsch anderswoher,
599
609
aU aus dem bcscliränkten Gesichtskreise der Schule und
ihrer Ifnigebungen herstamiueii kann. Üad nun zum gu-
ten'Ende »erden auch die drei Gesandten genannt; und
wie es hei Inschriften, die nicht einen Beschluss, son-
dern das in Fi)Ige desselben Geschehene aufbeivahren
sollen, erklärlich ist, so geht hier freilich auffallender
die Form des Beschlusses oder, richtiger, des Antrages
in die eines ProtokoIIes der Wahl über mit den Worten:
T)Qi9i]oav h. Tiji !joi'h:i Stiioi 'ArayvQaatoq, Eu-
9vdijuoi (pKvüoioz, Bovkayooa^ '/}.(o^exfj9ev. *)
Man wird doch zu solcher Sendung nicht die ersten he-
gten drei aus den geloosten RathsmÄiinern wählen ," aber
nirgends wird nur einer ron ibuen genannt. Und was
soll man aus dem 0).vdrr/oi machen'? er muss nach
Attischer Weise (pkveri oder (PvlMrsiOQ heissen, und
wer an dem niclifsnutzigen Actensti'ick emendiren will,
kann diess und jenes schreiben und oben auch /.l]Ol''Aa
y.ai streichen , da zu den Dreim.'innern hier kein Herold
genannt wird. Nur wird damit das untergeschobene 3Iach-
werk nicht alt, noch echt. —
(Fortsetzung folgt im nächsten Hefte.)
Plutarchi Vitae Parallelae. Ex recensione Caroli Sin-
tenis. Vol. I. Lipsiae, MDCCCXXXI.X:. Sumptus
fecit C. F. Koehler. XXVII u. JÖ6 S. gr. 8- 3 Thlr.
Es gereicht gewiss allen Freunden der Griechischen
Literatur zu besonderer Freude, dass , sowie anderen
Schriftstellern schon langst eine sorgsame Bearbeitung und
durchgreifende, auf genaue Vergleichung iler vorhande-
nen Handschriften gegründete Constituirung des Textes,
soweit sie den vereinten Bemühungen gelingen konnte,
zu Theil geworden ist, auch für den Plntarch endlich
eine gleiche Bearbeitung ins Leben getreten ist, durch
welche für diesen Schriftsteller eine neue Epoche be-
ginnt. Und man kann sich um so mehr dazu Glück
wünschen, in je bessere Hände diese Bearbeitung ge-
kommen ist. Herr Prof. Sintenis hat durch mehrjähri-
ges Studium, durch vortreffliche Ausgaben einzelner Bio-
graphieeu und durch gelegentliche Abhandlungen sich
gleichsam ein Heimathsrecht im Plutarch erworben, das
ihn vor Allen dazu berechtigt und fast verpflichtet hat,
durch eine Gcsammtausgabn die Freunde dieses ISchrift-
stellcrs endlich dahin zu bringen, auf dem vorher locke-
ren Boden festen Fuss zu fassen. Denn es bedarf wohl
kaum einer Erwähnung, wie schwankend und ungewis.s
die Kritik war, mit der die früheren Herausgeber bei
der Herstellung des Plutarch verfuhren und verfahren
musaten bei dem .Mangel einer sicheren Grundlage , auf
•) Simos ist ein in Athen seltener Name , doch scheint er
unter Andern) in Corp. Inscr. Nr. 115. in der falschen
Form i'J/to? 'f^nixnuiou Al$-uU!)ri^ cnihillen zu sein. Für
BouXuyo^a^ ist mir sonst kein lieispi<'l in Athen .ms die-
ser Zeit bckaimt. Desto liiiifiser kommt Kvl>üSr,nn^ vor;
aus Demostbcnlschi;r Zeit dürfte der Sohn des l'ampliilus
(Dem. ;ijo{ Boton. !i-i)n :iQnixny §. 23) und des Strjtokics
Solin (xar« Mitiinv j. 165J zu nennen $«in ; ob oiner
von beiden oder ül)i-rbaupt ein datu ili:;er Eutb>denios
Phjlasier oder, wie es in der Urkunde lieisst, Plilyasier
war, weiss ich niclit.
die ein durcligreifcndes , gleichmflsiges Verfahren hätte
gegründet werden können, lieber Reiske's Verdienst hat
sich das Urtheil festgestellt, und auch Hr. S. hat ihm
immer gerechte Anerkennung zu Theil werden lassen,
ebenso wie Coraes trelllichen Bemühungen, die im Ein-
zelnen IManches weiter gefördert haben. Schafer's Arbeit
war, wie er selbst oft klagt, zu tumultuarisch und zu
wenig auf kritische Durcharbeitung berechnet, als das»
sie, bei allem Verdienste, das sie hat, dem kritischen
Bedürfnisse hätte genügen können. Aber es kam in der
That nicht darauf an, durch eine glückliche Vcrmuthung
oder richtige Auffassung an einzelnen Stellen das Wahre
zu finden und gelegentlich gleichsam nach dem Bedürf-
nisse lies Augenblicks dieser oder jener Handschrift zu
folgen, dieser oder jener Lesart, ilie isolirt dastand, den
Vorzug zu geben, wie gerade kritischer Tact und Bele-
senhcit es nötliig fand oder rechtfertigte, soudern es
wurde endlich das Bedürfniss fühlbar, zu einem kriti-
schen Bcwusstsein zu kommen, durch genaue Darlegung
des handschriftlichen VorrathÄ dem Urtheile eine festere
Grundlage, ein bestimmtes Gesetz zu geben, durch das
die AVahl bedingt und niotirirt würde, und so einen Höhe-
punkt zu erlangen , von dem aus mit Umsicht verfahren
werden könnte. Mag immerhin die BeschafTenheit der
bis jetzt bekannten Handschriften zu der Hoff'nung weni-
ger berechtigen, nach ihnen den Text des Plutarch in
unverdorbener Reinheit herstellen zu können , was gelbst
hei den Schriftstellern in weite Aussiebt gestellt ist, bei
denen ein günstigeres Geschick noch bessere Hülfsmittel
uns übrig gelassen hat, mag auch gerade in den verdor-
bensteu Stelleu meistentheils auch das, was die Hand-
schriften bieten, niclit genügen — jedenfalls giebt nun
der eingeschlagene Weg die Möglichkeit, mit sicheren
Schritten in der Verbesserung fortzufahren, zumal da
auch der Text des Plutarch durchaus nicht so sehr ver-
dorben ist, als mau bei der Betrachtung der vielfachen
Versuche, Acnderung und des vagen Hin- und Herra-
theus der Herausgeber vermuthen könnte, woher es denn
auch kommt, dass die Kritik nach dem nun zusammen-
gestellten Apparat meist conservativ ist und sein muss, um
nach der vorliegenden festeren Basis den Anlauf auf das
Bestehende abzuweisen. Die natürliche Folge davon muss
also die Verbannung der Willkür sein , die so oft nach-
theilig wurde, da selbst das Urtheil über bekannte Hülfs-
mittel, Handschriften und Ausgaben so schwankend, und
ihre Benutzung so inconseijuent war, dass an eine gleich-
massige Durcharbeitung nicht gedacht werden konnte.
Der Hr. Herausg. hat seine Untersuchungen über den
Wertli und Unwerth der einzelnen Handschriften und
Ausgaben sowohl in seinen frühereu Ausgaben einzelner
Biographieen (wie in der ^'^orredo zum Aristides, Cato
niai., in der Epistola ad Godofr. Hermannum vor der
Ausgabe des Themistocies, und zuletzt in der Vita Pe-
ridis Excurs. I. über die Lesarten des Anonymus) , als
auch in der Vorrede zu dieser Ausgabe niedergelegt, und
wir halten es für angemessen, den Gang selbst, den Hr. S.
genommen hat, zu verfolgen, um zugleich eine Ueber-
sicht über die Grundsätze zu geben, die der Hr. Herausg.
befolgen zu müssen glaubte
(Fortsetzung folgt-)
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Mittwoch j 26. Juni
1839.
Nr. 76.
Platarclii Vitae Paiallclae. Ex recensioiic Curoli Sin-
tenis. Vol. I. Lipsiae, MDCCCXXXIX.
(Forts et zu n g.)
Zuerst spricht Ilr. S. vou der Ausgabe und dem Ver-
fahren des Henr. Stephanus mit Bezugnahme auf Reiske
Vol. I. p. XXVIH und Wjtfenbacli Praef. ad Plut. flloral.
p. CVII, dessen Worte auch angeführt werden. Bei aller
Achtung, die Hr. S. den Verdiensten desselben wider-
fahren lasst, setzt er doch grossen Zueifel in die Trene
und Glaub« iirdigkeit seiner Aussage, venu er bei un-
läugbar eigenmächtigen Aendernngen, die er sich erlaubt
hat, am Sclihisse seiner Anmerkungen, p. 463, sagen
konnte: ^Neijuo enim quisquam iiisi ex ill'is (veteribus
exemplaribus) petitnm in confextum admittendum putavi.
Wie unwahr diess sei („quid mirum, quod loci alicjnam-
multi ita nunc leguntur scripti, ut Stepliani potius quam
Plutarchi manum deferant"? p. X), musste bei genauer
Vcrgleidiung der Handscliriften sich von selbst ergeben,
90 dass nur ausser den verdorbenen Lesarten der Codd.
und Edd., die Interpolationen des Steplianus eine beson-
dere Classe von Corruptelcn bilden , wobei übrigens eine
genaue Richtung um so schwieriger ist, je unbestimmter
bei angeblich handschriftlichen Lesarten die Angaben der
Handschriften sind, denen er gefolgt ist. In der Erwäh-
nung der Uebersctzung von Aniiot und der Handschriften,
die dieser benutzt hat, möchte lief keinen Widersprucli
und keine Unwahrheit, deren ihn der Hr. Herausgeber
zu zeihen scheint, finden. Denn wenn Stephanus in der
Anmerkung zu Nicias XIV. sagt: libuit autem, quum iam
haec scripsissem, GallJcam quoque intrepretationem con-
sulere, cuius alioqui testinionio uti non soleo , non quod
eins apud nie magna auctoritas non sit , sed partim quod
ad eam quoque adeundam otium non suppetat, partim
etiam, quod a mulfis eorum, quibus haec scribnntur, non
intelliguntur; dagegen am Schlüsse seiner Anmerkungen
(p. 463) : ceterum earnm , quae in textum receptae fue-
runt cmendatiunnm , st aliarum etiam, quas in annota-
tionibus habes , plcraequc in doctissima et elegantissima
intcrpretatione Gallica observatae fuerunt, ex iisdcm ex-
emplaribus petitae : so ist diess unseres Erachtens kein
Widerspruch, weil er doch auch au jener Stelle nicht
von Unbekanntschaft mit jener Uebersctzung spricht, son-
dern nur sagt, dass er sonst nicht auf dieselbe zu pro-
Tociren und sich ihrer Anctoritat zu bedienen pflege ,
was keineswegs hindert, dass er am Schlüsse sagen
konnte, dass die meisten Emendationeu auch in jener
Uebersetzutig zu finden seien, weil er wusste , dass Amiot
dieselben Handschriften benutzt hatte (ex iisdcm exem-
plaribus petitae). Uebrigens hat Hr. S. gefunden, dass
Stephanus sowohl die übrigen Pariser Handschriften , als
besonders die, welche in der Ausgabe mit C bezeichnet
ist, benutzt habe, und diese Vermuthung findet in der
Variantensammlung offene Bestätigung. Zugleich hat er
stets, wenn über die stillsdiweigend von Stephanus auf-
genommenen Lesarten keine sichere Aachweisung gegeben
11 erden konnte, Stephanus Namen hinzugefügt, und nur
die Lesarten desselben Vulgatas genannt, von denen es
offenbar ist, dass er sie aus Handschriften, oder alten
Ausgaben entnommen hat: ,,nam quod in scriptis JMorali-
bus se (ecisse dicit Wjttenbacliius , id ego in vitis sedulo
operj^m dedi , ut efficerem , ut nihil plane reciperem j
quin qualem quantamque haberet auctoritatem mihi con-
staret — eine A^orsicht und Gewissenhaftigkeit, für die
ilim jeder Leser dankbar sein muss. Fremde und eigene
Conjecturen hat er, selbst wenn sie durch Wahrschein-
lichkeit Ansprüche auf Aufnahme in den Text machen
konnten, nur angezeigt und dadurch die Buntheit ver-
mieden, die in den früheren Ausgaben dnrch übereilte
Billigung und Annahme des bloss AVahrscheinlichen der
Text des Plutarch angenommen hat. Der Hr. Herausg.
spricht sich selbst bestimmt darüber aus p. XIV. „Quae
ex coniectura sive aliorum sive mea putavi emendanda
esse accurate indicarc non neglcxi, aliquanto ego cautius
in ea re versatus iis, qui ante nie id egerunt, quorum
licentia in hac causa dici non potest quot coniecturis aut
temerariis aut dubiis depravata sit Plutarchi oratio, multo
illa minus corrupta quam vulgo existimatur. Ac sj qni
rectc de editione mea iudicare volent, rogo ut non
tantum rcspiciant, quae mutata viderint, sed etiam quae
non mutata. Multa vitia superiorum incuria orta et, ut
fit, per omnes deinceps editiones fideliter propagata , ta-
cito correxi, eorum tantum mentionem necessariam exi-
stimans, de quibus si tacuisscm Icctores possent incerti
esse. Aliorum vero cditorum scripturas quum initio con-
stituissem-non nisi eas referre , quae ex coniectura mihi
quoque probabili visa, nee tarnen certa, profectae essent,
Immanuelis Bckkeri in ea re exemplum sequutus, mox
intellexi , gratnm nie facturum esse non paucis , si etiam
aliis lücis discrepaiitcs addidissem aut Reiskii aut Co-
rais Schacfcrique scripturas, non quod probarem, sed ut
603
604
(jiii iiica cilKione utcrrntiir haboronf, uiide in<cllij(("rpn<,
(jii.i (iile iiifprpüir illud , cjiiod in cxpinplis Schaofcri,
qiiae ferc sola nunc iisiirpaiitiir, vidoroiit scriptum esse."
Zu» eilen hat allerdings iler llr. IloraiiS!;eber sirli be-
Mogoii gefnnileii , eine Lesart in den Text anfzunelimen ,
wo die liandsilirifilirhe Bestatisjung fehlt. Wir eru.'ihnen
hier nnr die rorrii|)te Stelle Lvcnrg. X. TU TQiTUv Tio-
/.iTfiiKi y.ai ■/M/.f.toioi' tTiijys, ti:i> tojp crvooiritov
y.uTa.try.ii);y, uj~Tf önnviiv ftfT d}Jjjka)v ovrioiTa^
iui y.oivoi^ y.oi Terayiievoi? öif/oi^ y.at aiiioii ot'y.oi
St fi>) öuttTüadat y. ar ay.Xiv av T a q ei'g a-Tpcufiväq
7to/.i'TfXe/i y.ai rparr^'t«;, iv ;iffpo"< diuiiorayajv y.at
Liayi'tuojv. So hat n.'ünlich Hr. S. gesellriehen nach
Porplivriiis — oh er gleich y.aTUyXlvtVTai vorzieht.
Leopold liat nach derselben Quelle /(i.TCi/j-idtVja^ ge-
schrieben — »ährend die Handschriften geben: dic.iia-
oi^ai tj OTnojilia^. Ref. gesteht, dass die Emendation
auf die Aiictorität des Porphyrins hin noch immer sehr
ungeiviss ist, zumal da das i- auf eine Lücke anderer
Art hinzu» eisen scheint, tienn er auch gesteht, dass
man, so seltsam auch die Uebereinstimmung der Ilanil-
srhriften ist, sich für jetzt doch «ohl bei jener Aushülfe
«ird beruhigen müssen. Eine bedeutendere Aenderung
hat Hr. S. vorgenommen am Anfange der Biographie des
TimoleoM , indem er die Einleitung, ilie sonst geudlin-
Jich am Anfange des Aemilius Paulus stellt, worauf be-
kanntlich auch die Umstellung der beiden Biogra-
pbieeii , für die sich auch Held entschieden hat ( ci.
p- 115 — l'i'2.), hierher gesetzt hat, besonders auf An-
rathen C Fr. Hermann's in der Hall. Literaturzeitung
1834, Kr. 70. Noch eine Stelle will Ref. hier anführen,
ao der Hr. S. eine Conjecjur von Coraes sofort in den
Text aufgenommen hat, selbst ohne es anzumerken, tvess-
wegeii »ir glauben, dass ilurcli ein Versehen, weil Schä-
fer die Correclur aufgenommen hatte, dieselbe auch hier
in den Text gekommen sei. Aemil. Paul. c. V. hat Hr. S.
geschrieben: Ttj} yuo örit f^iyakui fAiv afiafjTiai
dvansitjauivai ywo.iy.as; uidoujv ükkai ui'y. dm';}.-
Ka^av. Das ovy. hat Coraes eingeschoben, was unserer
Ansicht nach — auch Held hat es nicht gebilligt —
gegen den Sinn der Stelle ist, und wir sind überzeugt,
dass auch der Hr. Herausgeber es nicht in Schutz nimmt. *)
Gleich darauf heisst es bei Pliit. : ras ^' iy- Tivui d.v.-
öiag y.ai öviuo^orrxiai; ijSuiv uty.gu y.at nvy.rä tiqo^-
y.oovaiiara, ä Lu.v^d.i/uvra loc? dfJ.Ofi aTiioyä-
CtTcu rd^ dui^y.t-nioi i iv TUii ouitßiulacatv atKo-
Totur>;T(U. Uzs « ist von Reiske hinzugefügt, und soll
auch im Cod. C. und 31onac. stehen. Idem exstare di-
cunt, sagt Hr. S. , in C. 3L , si vere , noii interced.un,
«aspicor tamen ex solo iil colligi collaforiim silentio, (jiiod
de 3L certo possum aflirinare; id (juum apj)areat cjuam
debile in hac causa argumentum sit, ego <|iii(lem « oniisso
scripserim tu d' ty. rivo:., priilem probafiini Brvano.
Ref. gesteht, dass ihm, wenn d tvirklich zweifelhaft ist,
•) An einer andern Skllc bat Hr. S. ein ov, das von Heiske
in den Text gesetzt, in den folgenden Angaben sllll-
scbwfiyeiiJ beibeh^dtrn worden ist, «jeder geliigl: Rfiiiiul.
All. a, E. A).}.{t ntvju fiiy taw5 ^«t t« xotuuTit ro> $;Vw
Kvl niQixzä ngo;ü{(Ttti ftu>.i.ov clc. , wo sonst vor t^'i JiVm
Ol st^iid.
viel mehr Coraes Verniutliung xai^ de zusagt und weo'en
des (legensatzes besser in den Zusammenhang zu passen
scheint. An einer anderen Stelle derselben Biographie,
c. XU, welche in den Codd. ziemlich verdorben ist, hat
Hr. S. ohne handschriftliche Auetoritat die bis jetzt
gangbare Lesart aufgenommen, die wenigstens einen pas-
senden Sinn gibt und vom Anoiiymiis angemerkt ist, y.ai
Siduay.aLui's i-'X^'' i^y.ci'of^, oli; cinev t i] q ukXtjg
Traiui.ay.Ei'i^i; o x o ar luit vi v öly.a /.wo/adia r,0('.v
l';3()Oiauivai y.a\ Tiaotazoicrai. ,,Uuani cum editori-
hus rcrepi scripturam librorum fide nititur nulla, sed
annotata ab anonvino est, (]ui eam debet Amioto, qiiod
interpretatio eins docet etc." Die meisten Handschriften
haben oi äkki^i 7rapa.0/.ci<r,i; z(iiv öty.n iii'oiddujv
r,auv etc- (aus tüjv hat Reiske OTattMTViv gemacht),
ohne jedoch aus demselben Anonymus yaiTOt für y.ai
dlduov.. mit den übrigen Herausgebern zu schreiben.
Ref. gesteht, dass ihm diese Lesart eben nur eine Con-
jertur scheint, und dass er überzeugt ist, dass auf andere
Weise zu helfen sein dürfte.
Li derselben Biographie ist, um die.ss gleich bei die-
ser (jielegenheit zu bemerken, in der Note zu Cap. 26, 3(1,
ein Druckfehler unbemerkt geblieben ro/] TOiq Reisk. —
Fortasse ulroque coniuiicto scribendum TOI TUV.
Thes. XI ist für die Lesart der Codd. iv Ep/Jldvn
oder 'ßouiun die Conje<tur des Palmerius ( Exercit.
p- 184) h> fLoilti aufgeiionimen, ob aber aus einem be-
soiidern Grunde so, und nicht _^p/y£;, wie Coraes zum
Phoc. c. 2J gezeigt hat, ist iiirlit angegeben.
Die glückliche Coiijectur Lvcurg. \l. ddno) Se Tai'
y.vuid.v rjifv, für das corriipte yaj-lujÖdv yuoldv r; ftriv
(s. zu Pericl. p. 28ü) hat Hr. S. wie billig, in den Text
sofort aufgenommen.
Doch vci folgen wir jetzt die Darlegung der Hülfs-
mittel, die der Hr. Hcrausg. benutzt hat, um eine Ueber-
sicht über das angewendete Verfahren und die Grundlage
der Textesrecensioii zu geben. Die älteste und beste
Handschrift ist der Cod. .Sangerinanensis , der allerdings
nur 15 Lebensbeschreibungen, und von ilieseni ersten
Bande (der übrigens, wie der erste Band der Schäfer-
scheu Ausgabe die Biographieen bis zum Timoleon und
Aemilius Paulus umfasst) nur den Ljcurg und Nnnia,
jenen am Ende, diesen am Anfange lückenhaft, enthalt.
Air Alter sowohl als an Güte steht diesem am nächsten
der Cod. Paris. Nr. Iij71. (A) , dessen Vergleichung
Hr. S. tlieils Hrn. Baelir (von dem auch die Beschrei-
bung des Codex, psaef. ad AIcibiad. p. VI aufgenommen
i.st), theils Hrn. Held verdankt. Den Umstand, d.iss ihm
vom Cod. Paris. Nr. U)72. (B) die Collafion nur weniger
Biographieen zu Theil geworden ist, schlagt Hr. S. nicht
hoch an, da er theils mit dem Cod. A so übereiiistimnit,
dass er von ihm abgeschrieben zn sein scheint, theils
mit schlechteren IManuscriptcn im Schlechten überein-
kommt. Dasselbe gilt vom Cod. 1(374 (D) „Ceterum
huius (|uo(iiie libri nonnisi ad paiicas (juasdam vitas ex-
cerptae sunt scripturac, nee ego quideiii plura desiilero,
qaoniaui vel sie satis accrevit inutilium et ineptarum le-
rtionum moles , quam aiigere poterit, quid Cod. Paris.
Nr. 1()77 (F) conferendi laborem suscipere voluerit."
Nicht mehr Eigenthümliches hat Cod. E, wahrend der
G05
GOß
Coil. 1673 (C) weit grössere Bcachinng' verdient, ron
Hern schon oben cruäiint ist, da.ss Stp|>li.inus ihn zum
Grunde gelegt hat. Dorh hat sich Ilr. S. durcli die
Eigenthiimliclikeit dieser Ifandsrlirift, wovor schon Hehl
praef. ad Aeniil. Paul, et Tiniol. p. IX gewarnt lialie,
nicht verleiten lassen, die wirklich oft selir wahrschein-
lichen und verführerischen Lesarten, wenn sie sich nicht
durchaus als Plutarcheisch ankündigen, oder die ülirigen
Handschr. corrupt sind , auf/unehnien. Uic übrigen Pa-
riser Handschriften, die noch jünger und verdorbener
sind, vergleichen zu lassen, hat Hr. S. nicht für nöthig
und genug belohnend gefunden ,,Puduit enim lionam char-
tam eiusmodi comniacuiare sordibiis" — ein (irund, der
allerdings gelten wird, «enn es bestimmt und ausgemaclit
ist, ilass von dor<her gar Nichts zu erwarten ist. Es
dürfte inzwischen iManrher sein, der bei einer Ausgabe,
wie die vorliegende ist, der beliebten ^'ollständigkeit
wegen, auch diese Varianten ungern entbehrt unil wohl
auch nicht das Verfahren billigt, dass von den Conjectu-
ren des Anonymus und den Lesarten der Aldina und
Juntina nur die angegeben sinil, die wirklich einen Nutzen
zu gewähren schienen (,,non omnes lecfiones aderendas
putavi, sed magna parte abiecta cas tantnm, (juae aiiijuem
usum videantur habere, plus etiam harum sonlium in
posferum abiecfurus") — IMancher, der jede A'arian<e als
einen unveräusserlichen Scliaf/. befrachtet und mit diplo-
matischer Aengstlichkeit hüten zu müssen glaubt. Aller-
dings kann sich aber jene Freiheit nur auf offenbare
^'ersehen beziehen, \ieil sonst bei andern Lesarten der
Herausgeber, wenn er sie verscIi» eigen woihe, durch
sein Kriterium den folgenden vorgreifen ȟrde. Und
dies muss um so mehr geschehen, solange nicht irgend
eine Handschrift durch hervorstechenden Werfh sich gel-
lend macht, dass die anderen sich entweder an sie an-
lehnen, oder vor ihr zurücktreten. Es ist nun weder
»liess hier der Fall, noch hat sich Hr. S. jenes zu Schul-
den kommen lassen, vielmehr immer noch mehr als er
wollte und für nützlich und niilhig hielt, die ^'arianten-
sammlung gehäult. p. XXV. „Ac vellem ego (juidem
licuisset et Vulcobium et si (juid praeterea est tcstium
incertorum prorsus ablicere, vcrbaque scriptoris non nisi
ad paucos quosdam libros, sed bonos, examinata pro-
ponerc, ne locis non paucis mulforum codicum auctorita-
tibus ludamur turbacjuc testium , quae Reiskii querela
fuit, velut opprimamur , quae ad lucem spectata non sit
nisi una sjmplex auctoritas. Id tarnen quominus ego fa-
cerem et aliae rationes obstiterunt et fota suasit ratio
opcris mei, ut quicquid esset apparatus critici a siiperio-
ribus coUecti aflerrcm integrum , praesertim quum recen-
sio nostra fundamentu satis iirmo suprrstructa tsset codi-
cum nonuullorum Parisiensium ac Palatinoriim accurato
romparatorum fidei, modo mcminerint lectores, Vulco-
bium, ubi ad aliorum codicum tesimonia accedere dici-
tur, non rontinuo novani eiusdem Icctionis auctoritatem
habendum esse." Der Hr. Herausg. hat ferner noch
3 Codd. Palatini selbst verglichen, von denen besonders
der eine, Nr. 2S3, aus dem !(. oder 12. Jahrh. , vor-
züglich ist. Alle drei sind mit P bezei( hnet ohne Di-
stinction, die nicht nöthig «ar, weil in keinem Cod.
dieselben Lebensbesdireibungcn enthalten sind. Es folgt
dann der Cod. IMonacensis, den Hr. S. nicht so hoch
stellt, als es von Thiersch geschehen ist, weaswegcn er
auch nicht alle Varianten angegeben hat. lieber die
5 Codd. Bodleiani ist jetzt das Urtheil berichtigt, und
es ist unbegreiflich, wie Schaefer, besonders in den er-
sten Biographieen , die ollcnbaren Interpolationen so be-
reitwillig aufnehmen oder empfehlen konnte. — (S. praef.
all Themist. p. 11 — 33.) üie Lesarten italienischer
Handschriften, ilie Muret seinem Exemplare beigeschrie-
ben hat, von denen wir einen Theil Hrn. Walz (in die-
ser Zeitschrift 1834. l'i und 1S3Ö. 12) verdanken, sind
ebenfalls benutzt, doch nicht eben sehr empfohlen. „Sunt
eac omnes ita comparatae , ut appareat codiccs illos a
Jannotio passim tantummodo et obiter esse inspectos, non
constauti et perpelua cura collatos. Sed vel haec sufii-
ciunt, ut nun ita magno integrae et accuratae collationis
desideriu teneamur.
Diess ist der handschriftliche Apparat, den Hr. S. bei
der Textesreccnsion zum Grunde legen konnte. Bei der
Betrachtung desselben kann man allerdings zuweilen nicht
umhin, zu bedauern, dass es dem Hrn. Herausg. nicht
gelungen ist, noch einige Vergleichungen bis jetzt noch
unbenutzter Handschriften, wie z. B. der Wiener, sich
zu verschaffen, da man bei einer Ausgabe, wie diese,
ungern einen solchen Beitrag zur Kritik des Textes ler-
nilssf. Vielleicht ist zu hoffen, dass für die folgenilen
Bände wenigstens ein Versuch gemacht wird , um zu
sehen, ob überhaupt etwas von diesen Codil. zu erwar-
ten ist. Alan sieht leicht, <lass der Hr. Herausg. von
dem grössten Theile des vorliegenden Apparates nicht
eben grosse Hoffnung gehabt und erregt hat, und dass,
wenn der Text des Plutarch so corrupt wäre , als man
zuweilen geglaubt hat, auch von dieser Seite her nicht
viel Aussicht wäre, und das Meiste denn doch noch auf
der subjectiven Kritik und der individuellen Befähigung
lies Bearbeiters beruhte. Inzwischen findet gewiss jeder
bei genauerer Durchsicht die schon oben gemachte Be-
merkung bestätigt, dass der reine Ertrag besonders in
der Gewissheit und Zuverlässigkeit sich zeigt, die an
vielen Stellen, wo früher die Uiigewissheit unnütze Be-
nuihungcn hervorgerufen hatte, jedes schwankende Ur-
theil und jede Willkür ausschliesst , während auf der
andern Seite Stellen genug übrig bleiben, wo die hand-
schriftliche Aiictorität die Forschung verlässt oder ver-
wirrt, die Wiederlierstellung also der glücklichen Ent-
deckung des Kritikers anheimfällt, und es ist offenbar,
dass bei einem Variantenvorrath, wie er gerade hier vor-
liegt, die Filüglichkeit eines so erfreulichen Resultates
durch die Besonnenheit und den Tact — bei minder her-
vorstechender Güte der Codd. sich für das zu entscheiden,
was Plutarcheisch schien — oft auch durch die Resigna-
tion bedingt wäre, mit der er auch auf plausible Hülfe
der Mauuscripte (wie z. B. des Cod. Paris. C.) verzich-
tete, wo gerade die Wahrscheinlichkeit eine zweifelhafte
Garantie gewährte und einer Verbesserung von fremder
Hand verdächtig war, zugleich aber auch durch die Fä-
higkeit, durch glückliche Vermuthungen die Lücke zu
ersetzen und das Wahrscheinlichste nachzuweisen.
Wir glauben, dass das Vorstehende hinreicht, das
Verfahren und die leitenden Grundsätze des Hrn. Heraus-
607
608
gcliers im Allgemeinen zu bezeichnen : denn eg kann
iiicli* unsere Absirlit sein, «las Kinzelne aufzuzahlen, <la
>'iiniau<l, der sicli niif Plutarch besch.'iftigt, die Ausifabc
entbehren kann, oder uns liber die Stellen zu verbreiten,
an denen «ir das nicht ^'anz billigen können, «as in
den Text aufgenommen oder in den Anmerkung-eu rer-
muthct Horden ist, zumal da vielleicht zu einer andern
Zeit sich Gelegenheit finden «ird, über einzelne Stellen
genauer zu sprechen. Für jetzt sei es erlaubt, als Zu-
gabc einige wenige Stellen zu behandeln, llonuil. XXIX
extK heissf es: './/Ju( y.(d tu y.a9' r^ntQav j;pi;o-y«t
Tri citay.hjasi rviv övofiuTUjv y.al ro nouq, to tkoq
ro Tiji a/'yo; ojg siri dd'kaTTav ßaötQovraiione
TW looTEQO) 'l.uyo) 7TooiTi9ea^ai uallov etc. Die
Lesart i/i^ irrl i^uLUTTav liat Hr. S. beibehalten, ohne
ein Bedenken dagegen zu äussern. Xylander hat o»?
ETti i}i'aif(, Coraes i:ti dvoi'av, der Anonymus, was
Leopold aufgenommen hat und Schäfer billigt: dji;7re^
cÜMl.aZtLv. Ich gestehe, dass ich nicht absehe, wie
liier eine Destimmuiig cü; fTli dukarTUV Platz haben
könne, da diese weder der Natur der Sache angemessen
ist, noch zu der Erklärung, die Plutarch gibt, irgend
etwas beitragen kann (wenigstens wird wohl Reiske's
Vertheidigung ^Niemand billigen), wage aber nicht, eine
bestimmte Meinung darüber auszusprechen. Sind sie nicht
für ein Glossem zu halten, so bin ich überzeugt, dass
mau eine mögliche Emendation auf die Worte Plut. nicht
weit vom Anfange dieses Kapitels etiovrei Ö£ Tcooi
T-.-f dvoiav tto/Jm tuJv E'TiixcDQiuiv (jvofiuTCDV (pi}sy-
'/oi'Tcu ueTo. ßoili , olov iMaoxtKkov y.al Tdiov ,
Hiuoiuivoi rv;y tote TOOTtr.v y.ai ävdyXijoiv d/Xr.kcov
lUT'). dioig y.c.i t aou^r,;., in Rücksicht nehmen musg,
wodurch denn auch die Emendation des Anon3mns ujgTTSQ
ul.al.'/.Zilv erklärlich würde. So glaube ich auch, dass
CS nicht hinreiche, Romul. II. 15. Ev bi t(/7 TTüra^ui
Tujv M/J.oiv (T/.cKpojv 8ia.(pda.nf:VTUiv , Ev ii> 6e i^aav
oi rraiÖE^ E/'i fxako.y.r.v d.^oyJ.iv^Evroc uyßiiv ÜTQEfia,
<r(i)9ivTUi dxoo:öoy.r,T(i);, öroua(y9i;vai Pujnijv, das
Glosscm zweier Bodl. rov roltov zurückzuweisen (cf.
Praef. ad Themist. p. 26), und zu 6voiia<rdr;vat nach
dem .\non\m. Tr,v o'/ßvv zu suppüren, was bei diesem
■nohl richtig ist, da er nicht (ru) \} E v T o.c , sondern
iT(j)9evt()^ hat. Denn offenbar ist die Construction
liart, und ich glaube, dass man, wenn man (Joj^ErTog aus
dem Anonym, nicht annehmen will, wenn auch nicht die
C'onjectur , doch die Andentiiiig Reiske's, der an üvo-
/.lacrai oder övoit'ilvc'.i dachte, annehmen könne, und
dass das weiter oben stehende Titiroua dEirih'.l. ry TTO-
t.:i den Weg zu einer Emendation zeige.
Numa IV heisst es: Kid oü JlZ-tj/n/J-Ekoiicrw Ol TOV
06oßuvTa y.vX tov 'Yäy.tv^ov y.ai tuv ''Jiif^iijTOv eqio-
l-iiivovi '.iTot.Kujvoq yEyovEviu fxvS^oKoyovvri!;, d)c,'xSQ
av y.ai. rov Sr/.vuiviov 'l-nrrro/.i'TOV , oi> di) y.äi (faolv
ooäy.ig Tvyoi öta-xLEvjv Eti; Kiööav iy. üry.uuivog
uvxui ynav Tr,v Uv^lav , otov uiirdo.voiti.iov tov
i^cov y.al 'yaionvxn:., dTtoSscrTcl^Etv toSe t6 i)oißov
Kai S' v.vd' J^iTvoKvToio (pikov xd^a f/ij olka
ßaivEi
Muret. : „mendosus, ut videtur, locus; pro ov videtnr
legendum (ö , et vox illa aviip abundat." Diese Ver-
besscrniig hat nun auch , gewohnter AVcisc , Vulcob. an-
gemerkt , unil sie ist von Cor. und Schaef. aufgenommen
worden. Hr. S., der ov im Texte gelassen hat, schlägt
für avTif) vor: aüzu , eine Veränderung, die mir nicht
ganz zusagen will. Natürlich wurde nun auch im Fol-
genden noch nothig, ein yal entweder nach üv^iav
oder laioovcoq einzuschieben, während Bryanus und
Coraes durch die Verwandlung in's Participium die Ver-
bindung herzustellen suchten, indem jener dno^EUTCi.-
^ovouf, dieser y^ajOav vorschlug. Vor allen Dingen
kann ich den Dat. oi nicht billigen, schon der Natur
der Sache nach, da ja offenbar die Pythia nicht dem
Hippolytus das Orakel gegeben hat, sondern, wenn jener
in's Meer ging (y.al Ö' uv&' — sig d\a ßaivEi), dicss
weissagend erwähnte , — so gross war die Theilnahme
des Gottes, dass er die Pythia die Reise des abwesenden
Lieblings verkünden liess (otOv aial^avo/^lEvov TOV ^Eov
y.al yuiQortoc). Der Dativ scheint also durchaus nicht
stehen zu können. Vielmehr glaube ich , dass Plut. ge-
schrieben habe: ÖTlov 8 ij Kai (pairi etc. in der be-
kannten Bedeutung des bnov. Es versteht sich, dass
damit auch ainiö fallen muss, und auch darüber erlaube
ich mir, meine l'ermuthnng mitzutheilen. Ich glaube
nämlich, dass für aVTlJ) XQiiv gelesen werden müsse:
Ev T ij) %od.v, dass also die Pythia, wenn sie Orakel
gab, mitten in der Begeisterung und Weissagung, wenn
der Gott die Abreise des Geliebten merkte , ausrief:
yid 8' ai'i}' etc. (wobei auch das Xrti gerade hier cha-
rakteristisch ist). Dadurch verschwindet zugleich auch
die Nothwendigkeit, im Folgenden eine Aeuderuug vor-
zunehmen. Doch diess soll Nichts, als eben eine Vermu-
thung sein,
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscelleu.
Neapel, <lon 16. Apiil. Bei den am vorigen Freitag zu
Pompejii zu Elircn der beiden Erzherzoge von Ocstcneicli ver-
anstiiltcten Ausgrabungen im Hause Apollo's und in einem Hause
der Strasse dclla Fortuna, fand man interessante plastische
Gegenstände von Marmor und Bronze, sowie drei kleinere
Wandgemälde von Mosaik r.acli Homer. Zu Cumii wurde im
Beisein der liohcn Gaste ein kleiner Tempel mit drei Marnjor-
stalucu entdeckt, von denen eine ein Meisterwerk sein soll.
Die Arbeiten am allen Anipliillieater zu Pozzuoli werden eifrig
fortgesetzt.
Paris. Bei Aix (Boucbes du Rhone) ist eine schöne 6 Fius
hohe Priapusstalue in weicliem Stein gefunden worden. Er ist
in dem gewobnliclien Anzüge mit Stiefeln und aufgehobener
Tiinica , worin er Früchte tragt , vorgcstclll. Der Kopf und das
linke Dein vom Knie an fehlen. Zu siincii Füssen sind ein
kleiner Tiger um! zwei Genien , ein dritter scheint ihm auf der
Schulter gesessen zu haben.
Berlin. Der wirkliclie Ober-Consistorialrath und Hof- und
Domprediger Dr. Thcrcmin ist zum ausserordentlichen Pro-
fessor der Ihcologischcn Facultat der hiesigen Universität er-
nannt wurdeu.
Zeitschrift
für die
Alt er thu ms Wissenschaft
Freitage 28- Juni
1839.
Nr. 77.
Plutarrlii Vifae Paiallclae. Ex recensione Caroli Si/i-
ienis. Vol. I. Lipsiae, MDCCCXXXIX.
( B e s c li 1 u s 8. )
Eine äliiiliche Variaute findet sich Timol. XI. 3-
dlUTQ/ßi-v TOi^'Pi-'/i'roii TCaoEtXov etc., ho der Aiioiiyni.
Ol' Tu) liat, Hr. Sint. aber iul T(p oder toj lesen »ill
— eine Stelle , die allerdings mehreren Vermutliun^en
Raum gibt, wie denn Ileld die Vulgata rertheidigt hat,
indem er auch yaLtTliuq (fHQELv tv tivl für müglich
hält, ohne jedoch eine Stelle nachMeisen zu können.
Für das -jf^aioEiv Iv Tir/, was derselbe nach Poppo's Vor-
gänge aus der An<hol. cifirt, liätto vielleicht eine näher
liegende Stelle angefülirt »erden können: Flut, de discrini.
adulat. et aniici. p. öl. V. , wo die ^'ulgata lautet: y.al
JAws TU yaiQElv tv ye TOtq avTOig, Ilarl. 1 und Mose. 2
yaJotiv iv 10 tg avTOU hat, Wvltenbach aber nach
Cod. D. ycuQ£lv TOtc, aVTOii geschrieben hat. Ljcurg.
XXI. Kul yuQ iv Tai<; fuä^raig 7[oo£9l'£to Tat<; Mov-
aai^ 0 ßiia/kcug ävci[iiftvi;oy.(jjv , ajg eoixe, d;? Ttai-
ÖEiai y.al tvjv xqi'oewv, i'va ojai. uooysiooi ttuou tu
öciva y.ai koyov tivu^ d!;laq Ttapiyfjjat t«; n'QÜ^siq
TOJV rio.yo uev MV. Hr. S. will die letzten Worte
entweder streichen, oder, wie er schon Praef. ad Theniisf.
j). 41 vorgeschlagen hat, in oi jinyöiicrot verändern
nach In^tit. Lacon. p. 238. U. Ich gestehe, dass mir
die Conjectur meines Freundes Palm (in dieser Zeitschr.
1836- jVr. 56. p. 453) Tug tiqü^su tujv fiuxiüv mehr
zusagt.
Romal. XIII. 31, hat Hr. S. mit Reiske geschrieben:
Kai TovTO f-iti) i'jv ovofxa (nfivoreoov cu'T(ß t;Js
JTpö? tÖ di]fi0Tiy.6v Toi) ßovKevTiy.ov dtaffopdi- etI-
QOig 8a Tovq SwcTOis ÜTto TOJV notJMv Sirjoci
rtoTovivag övofiaLiov. In den Handschriften steht iri-
(joVi. mir scheint £ T £ p VJ i; vorzuziehen zu sein.
Romul. XA'II scheint Hr. S. die Emcndation der Verse:
-<; Ö' ö.yyov Täp7V£La rtugcu KannujLtov o.inoi;
vaiuvcra 'Pvifxi]-; htk£TO TEiyokiTi^
die er selbst Praef. ad Themist. p. 31 vorgeschlagen hat:
r; S' dyyoh iialovaa iiaqal K. alitoc,
Tag-:ir.ia. 'Pojfxi^g iTiXeTo TEiyokixig
ganz aufgegeben zu haben , indem er sie nicht einmal
erwähnt, [was Lei andern Conjecturcn an dieser Stelle
geschehen ist, dagegen aus dem Anonymus TugmEld
aufgenommen hat.
ücbrigens schreibt Hr. S. , um diess noch zu crwäli«
ncn, constant iYowäc, was, so sehr auch die Handschrif-
ten schwanken , doch durch die besseren bestätigt zu
werden scheint. Vcrgl. Held Aemil. Paul. c. If, der
auch nach den Codd. (dem Palat. und allen Parisern)
Noflä geschrieben hat, was Bälir Hciilelb. Jahrbücher
1834. p. 303 niissbilligte. üebcrhaupt hat Hr. S. in
dergleichen Dingen, soweit die Vorsicht es erlaubte,
Gleichmässigkeit gesucht: so hat er im Poplicola stets
Ovakkspio^ geschrieben ,,resti(ui cam scripturam, in
qua paucis quibusdani locis exceptis consentientes vidi
libros omnes eandem rationem in similibns nominibus
sequutus." Dasselbe gilt auch von der mehr oder weni-
ger consequenten Einführung Attischer Eormen , weil
Hr. S. ohne Handschriften Xiclits geändert hat, was na-
türlich um so nothvvcndiger ist, weil man nicht weiss,
wie viel auf Rechnung des Schriftstellers kommt. Dock
bietet meist ein oder der andere Pariser Cod. die für
Attisch geltende Form, welche dann immer vorgezogen
worden ist. Wenn daher gewöhnlich, um nur einige
Beispiele anzufüliren, dakarTU sich im Texte findet
(z. B. Theseus X. 5 „9äkaTTav C. dukaaaav valgo."
Camillus XVI ,,H(<.),u-TTur A: ddkairtrcw vulgo) so hat
doch diess den Hrn. Hcrausg. nicht bewogen z. B. Sol.
XXVII. 10 et 11, wo in zwei anf einander folgenden
Zeilen, erst du.}MTiUv und dann ddlMMOuv steht, eine
Acnderung zu machen. So ist l>-Xpl und /J£X(?' '''" ""^"
herrschende Form, und auch da, wo sie in den früheren
Ausgaben nicht stand , meist nach dem Paris. A herge-
stellt, wie Romul. II extr. äyoi ov nach eben dieser
Handschr., während Poplicol. VI. 19 und XIII.^^ 25 we-
gen der Uebereinstimmung der Codd. äyoii ov beibe-
lialfen ist, und das einzigemal, wn der Hr. Herausg.
durch ein „malim uiygi'^ der Consequenz ein Opfer ge-
bracht hat, Lycurg. III. extr., hat er am Schlüsse der
Vorrede wieder zurückgenommen. Derselbe Fall ist bei
8l<£iV und 8votv und , um nur noch Eins zu erwähnen,
bei £7liuik£(y9ai und l7Tij.tlL£ia9cu, fi£Ta^iik£<r&ai und
lt£Tan£k£i(j9ai, y.uTElgyiiv und y.u9£lgy£tv, welche
letztere Form Schaef. Thcs. YI jener vorzuziehen ge-
ueigt war (ebenso wie zum Phoc. c Xl^III), zumal da
sie cap. XXXI extr. gebraucht ist. Thcs. XVI init.
hat Hr. S. 0VÖ£V £;^a)V geschrieben, und man weiss
nicht, ob man ans dem Stillschweigen annehmen soll,
611
613
ili';* iljrsps (11p Iiamlsi liriflliclie Lpsarf ist, da die <jfi-
" pliiilicli.' Lpsarf o(.V£!' ist, odor ob llr. J». ilipse Form
ii^prliaii|i( zu rntfpriipii ^piioi^ ist, so dass man aller-
dings piiip Aiidpiitiiii;J dariiler vprmisst. Beispiplo des
Oflpren (ipliraiiilis dprspllieii hei Pliitarrh liat 15/iiir zii-
sammpiigpstellt zum r'lamiiiiii. [). yj. S. Lübeck Pliry-
iiidi. 1». I,S|.
Einmal, ("oiiiparat. Tlies. mm Romiilo II, hat Hr. S.
dii' C'a])i(p|pintlipiliiiiff irr.'iiidprt — eine iSarlie, die i'iber-
liinpt zimeileii mehr beaclitef »erden sollte — indem
er <ias zneitc ('a[). erst mit den Worten \l iKfOTI ou}V
Tonvv (Seliaef. p. 61. 12) beginnen Ijisst, um die \Vorle
u 8' init.injirc &l-aei'Q etc. dem ^Vorhergehenden n.'ilier
zu bringen, »psshalb aufh nur ein Kolon gesetzt ist.
I>>i«selbp ist au.h grscliehen am Srlilusse des XXVII.
Cap. des Koniuliis und damit die Aothwendigkeit um-
gangen, mit dem Cod. C nach avÖQll mit allen Ileraus-
geliern (fUOi einzuschieben.
Uoih genug. AVir iiiinschen »on ganzpm Herzen,
dass dem verehrten Hrn. Herausgeber immer Zeit und
!\lusse bleibe, ilas Werk so schnell zu fördern, als es
den Freunden des Plutarch « linschensii ertli sein muss,
und ilass ihm immer die rüstige Kraft ungescln\,'icht er-
halten «erde, mit der er unermi'idllch an einem Schrift-
steller arbeitet, der ihm schon jetzt so riel verdankt, und
fiir den wir in seinem ganzen Umfange um so schönere
IJodniing haben können, uenn auch Hr. Prof. A\ inckel-
uiauu in /lirich sein Wrsprecheu, die Dioralia zu be-
handeln, l>ald erfüllen »ill.
Vorzügliches Lob verdient auch die Verlagshandlung
(der ivir übrigens in der neuesten Zeit niehrero bedeu-
tende Werke verdanken, nie das ;ihnli( he Unternehmen
der .Ausgabe des Luciau von Jarobitz) für die ausgezeich-
net schöne Ausstattung, durch «eiche das schone AVerk
audi ,'iusserlich sich en)pfiehlt.
Zum Gebrauche für .Scliulcn ist ein besonderer Tcxt-
aldrurk veranstaltet norden unter dem Titel ;
Fiutarchi Vitae Parallelae Seicctae. In usum schola-
runi recognitae a Caiolo Suile?tis. Pars I. Insunt
vitae Tliemistociis et Camilli , Pcriclis et Fabii
lUaxinii [,| AIcibiadis et Coriolani, Timoleoutis et
Acmilii Pauli. 2bi S. gr. 8. 15 gr.
Es ist naii'iriich nur zu billigen , dass die ersten Le-
bensbeschreibungen bis zum Solon und P<iplicola, die sich
für die Leetüre auf .Schulen olfenbar nicht pignen, nicht
mit anfgenoinmen «orden sind. Wir hoH'en, dass diese
Ausgabe, zumal bei dem sehr billigen Preise, recht be-
reit» illige Aufnahme in Schulen finden «erde.
Jllcisscu. f,: Kiaiiei:
Commcntatio de Horatii od. lib. III, c. 14. vom Dr.
Er/iHt Krteslner. Programm des Gyinnasiuii.s der
Stadt Celle vom Jahre 18j'5.
Es ist vorzüglich die Erklärung der dritten .Strophe
dev aiigci!euteten Gedichts, «eiche uns veranlasst, eine
Auzeige dieses Programms den Lesern dieser Zeitschrift
zu machen. W.'lhrend im Uebrigen Hr. Director K.'istner
nur eine, ausführliche Inhaltsdarlegung gibt und eine
Sammlung der «ichtigsten >otizen der alten Schriftsteller
liber Hispanieu und seine Bewohner, sowie iler alten
Zeugnisse über Livia's Liebe zum Angustus, sucht er mit
der Erkb'lrung der dritten Strophe einem lang und immer
gefühlten IJedürfnisse abzuhelfen. Es sind die bekannten
Worte :
Unico gaudens mulier marito
prodeat, jnstis operata divis;
et soror dari «Uicis, et decoran
snpplice vitta
virgiuum uiatres juvenumque nuper
sospitum. Vos 0 pueri et pueltae
jnni oiruni expertae viitle ominatis
parcite verl/is.
Ilr. K. weist alle bisherige Erklärungen ausführlich
zurück, auch die von Braunhard und Kraft, interpungirt
hinter jani und expertae, schreibt nominatis, versteht
unter pueri et puellae die lärmende Schaar von Knaben
und HL'iilchen , timidiores mo.x, mox procaciores, loqua-
ciores semper, qui ante nnntiatum Augusti victoris redttum
vociferatione infausta putandi sunt civium animos credu-
lorum exagitasse , sive partes egerint in ponipa solemni ,
sive spectatores tautum iuterfuerint ; versteht unter vir den
Augustus , ,,(juem cognoverant ex rerum tum gestarum
laeta fama,'' erklärt die male noui. verba als solche über
die diilicultates et discriinina expeditionis Cantabricac,
res adiersae yuas runiur ferebat, de quo Liv. XXVI, 9.
habet ,,funailtnosius quam allatum erat, cursus huminum
affingentium vana auditis totam urbem conciverat," und gibt
den Sinn der ganzen Stelle im Folgenden: Vos pueri et
puellae per viios nuper soliti iiifaustos rumores decantarc
atquo diH'errc, laetissimo expeditionis cventu qualis tlle
sit vir, qualis sit in eo vis invicta, jam eiloctae expertae-
que noiite diutius Cantabros cacdes funera crepare, sed
favete unguis, ut neque matronas virginesque turbetis diis
opcrantes neque me, cujus animuni jnvat genio indulgere.
Das ist ohne Zweifel eine interessante, nicht bloss
durch Neuheit zusagende Erklärung. Das darf uns je-
doch nicht bestechen, unsere ZHeifel zu verschweigen.
Wir glauben, es wird damit so«ohl den Worten, wie
dem ganzen Satze Gewalt angethan. Nicht dass wir
zweifi'llcn, »irnni sei so viel wie virnm fortem, denn die
vom Hrn. Verf. angeführten Beispiele besagen das so
deutlich , dass es dpr Verwpisung auf dvr,ij bei Ae-ich.
Snpj.l. 9ö3. Soph. Ai. 77. Eur. Electr. (iO.J uiciit bedarf;
wohl aber erregt die Erklärung von pueri et puellae bei
uns den grössfen Zweifel, zumal wenn der Hr. Verf. sie
vergleicht mit denen, qui ipsi etiamnum sibi arrogant par-
tes — invilis morum praefectis — vivido feriidoque in-
gcnio per plateas tiimultuaiuli clnmandiqiie, umlc interdniu
animis civium graviter allVctis totiiis popnli tum Judicium ilc
reUu^publicis, tum laetitia, tum nietus et formido cognoscuti
tur. Sollen das Kinder sein? Hr. K. beruft si. h anfSerm.
II, 3, 128. Da heisst es populiim si caederc saxis iiiri-
pias servosve tuo quos acre pararis, insanum te omnes
pueri clamentque puellae, also olfenbar sind unter pueri
et puellae da nicht etwa <lio Erwachsenen, sondern die
Jugend zu verstehen; Buben und Ulailchen , heisst es,,
G13
f)14
werden hin<er dir lierlanfcii und dirli fiir <()11 erklären.
Selbst den Kindern ivirst dn da fiir Jnll erscheinen.
Ebenso die ErivJilinunff der j)neri in Serni.I, ',] , 1S4
und A. pnef. -('((i. (ianz ettvas Anderes verlangt aber der
vorliegende Fall. 1'on Kindern kann die Rede nirlit sein,
ihnen kann der Dichter kein Scli" eigen gehieien, «eil
.sie nirlit solche ürtheile haben verbreiten können, «eil's
wenigstens (liöricht «.'ire , ucillte der Dichter daranf
Rilcksicht nehmen, auf Geschwätz der Kinder. Aber
dass pneri et puellae in anderer IJeziehnng fiir den Pübcl
gelten könne, als wenn derselbe einzig nnd allein ans
den Kindern bestehe, stellen wir durchaus in Abrede.
Bei einem Aufzuge kann mau von pueris et pucllis spre-
chen, denn sie schaaren sich aus Neugier um den Trium-
phafor. Zu dem Pflücken der lilnnien ruft t'atuU und
Ovid pueri und puellae; ist ein Betrunkener auf der
Strasse, so kann der ihm nachlaufende Pöbel ans pueri
et puellae bestehen, aber nimmer darf man glaul>en, dass
solche Kinder sich damit haben abgeben können, falsche
Geriichte über Augustus zu verbreiten , unil ilass sie ver-
mocht h.'itfeu vociferatione infansta civiuni animos cre-
dnlorum agitare, das konnten nur Erwachsene thnu, we-
nigstens konnte nur auf solche der Dichter Rücksicht
nehmen: sie aber — gibt er sich überhaupt mit iliesen
J^Iaulhclden ab — konnten auch durch das einfache pneri
et puellae nicht vom Horaz bezeichnet werden , weil er
bei solch einem Feste der pueri et puellae stets in an-
derer Bedeutung erwähnt, also jedenfalls die Beziehungen
hätten klarer seiu müssen.
Ausserdem würde ein Grund anzugeben sein, wess-
halb expertae und nicht experti ilanu stehe. Denn wenn
Ilr. K. anführt, der Dichter beziehe das auf pnellae
utpote natura sua timidiores, so fühlte er die ünivahr-
scheinlichkeit solcher .Annahme wohl selbst, weil er gleich
hinzusetzt uisi forte niavis enallagen geueris statuerc.
Aber auch diess ist nur eine Ausflucht.
Was den ganzen Sinn anbefrillt, so tadeln wir zweier-
lei daran. Erstens vermissen wir nun die virgines beim
Opfer; sowie die Gattin des Augustns und seine Scliive-
»ter für die Rettung und glückliche Rückkehr des Aug.
danken, so müssen auch ilic schon v. 9 erwähnten virgi-
nes für das AVohl ihrer Lieben, seien es Brüder oder
Verlobte, ein Dankopfer bringen. Iloiaz opfert nie ohne
sie. AVarum hat sonst der Dicliter virginuin matres er-
wähnt? Sie sollen herbei, ilie IMütter der virgines juve-
nesque sospites ; also doch sicherlich auch diese selbst,
die virgines juveuesque sospites (das Adject. gehört zu
beiden!); das vos scheint ordentlich daranf hinzudeuten;
unter die infansta vociferatione civium animos agitanles
können diese aber nicht gehören, folglich würden sie
fehlen.
Zweitens in dem parcite liegt die ^Voraussetzung, dass
diese schöne Ra^o von Jungen und IMädchen noch jetzt
solche verba male nouiinata im iMunde führen; Wie
können sie aber noch vociferari , da ja Aug. bereits zu-
rück ist? verläumderische und ängstigemle rumores sind
da gar nicht mehr denkbar. Die Bitte „verschont uns
jetzt mit euren Reden" würde also liberfliissig sein, denn
die Reden haben, aufgehört. Wenn: parcctis dastände,
,, jetzt werilet ilir zur Bulie gekommen sein!" so ginge
es noch an.
Wir gestchen, die grosse Schwierigkeit nicht einzu-
sehen, welche dieser Stelle noch ankleben soll. Wir
glauben, in diesen Versen ist die Fortsetzung des Fest-
programms enthalten, wenn man so sagen darf, nnd pueri
et puellae sind demnach die Jungfrauen und Jünglinge.
Solange der Krieg dauerte, waren beide Theile nicht
sospites: mit der Rückkehr des Verlobten ans dem Kriege
ist das zwar anders geworden, alier verba male ominata
kommen noch genug vor. Zwar schweigen wohl die
Sehnsuchtsseufzer der Bräute nach den fernen Bnben ,
die Flüche, welche gar mancher Soldat über die Be-
schwerden des Kriegs ausstossen kann, oline dabei auf-
zuhören, tapfer und brav zu seiir: aber Verwünschungen
und Klagen können noch genug vorkommen. AVie Hr. K.
es für a re uxoria alienum halten kann, dass die Frauen
beim Wiedersehen ihr überstandenes Leid dem wieo'er
gewonnenen Freunde erzählen, begreifen wir nicht. AVir
möchten an die I5ürger'sche Ballade erinnern, es fallen
Einem unw illkürlii h die AVorte ein: ,, Holla, thu' auf mein
Kind, schläfst Liebchen oiler wachst du? Wie bist noch
gegen mich gesinnt? Und weinest oder lachst du?'i Es ist
so natürlich, was der Diditer sie antworten lässt ,, a<li!
AVilhelui, du? so spät be iXacht? Geweinet hab' ich und
gewacht; ach! grosses Leid erlitten!"
Aber, sagt Hr. K., solche Klagen sind mit dem Rö-
mischen Charakter unverträglich. Das ist eine eigen-
thümliche Ansicht, die aber in den Commentaren vielfach
herrscht. Als ob die damaligen IMenschen nicht auch
Fleisch und Blut gehabt haben. Aber so heissf's bei
A'aickenaer zu Eiirip. Plioen. 1 370. ■7To)i}.oii H' iiirrjn
bi/.'/.ova TT^z, TVyjii; oor, iler Vers sei ausser andern Grün-
den auch desshalb spurius, weil die Griechischen Sol-
daten unmöglich weinen könnten ! So streitet Härtung nnd
Watthiae, es sei in dem Epilog zu Eur. Iph. Aul. v. 1.577
f. y;;)' d' '^^Toe/öai rcäq OToarui v' ta-rij ßktTToiv
das sicherste Kennzeichen, jener Epilog sei das Machwerk
eines Christen , denn die Griechen hätten beim Gebete
die Allgen nicht zur Erde richten können! Oblivisruiitiir
liomines docti , sagt Herm. zu Eiirip. Helen; 158li, quum
iiifer libros sedeiit, qiiae suis oculis quotidie vident. l\Ian
denke nur nicht,, alle Spartanerinneii wie jene eine in
der bekannten Anekdote, und auch bei einer Römerin,
zumal im Augusteischen Zeitalter, denke man nicht mehr
an eine Cloelia und A'eturia. Also werden auch damals
die Frauen sowohl, als die IMänner trotz des beendigten
Kampfes Manches sich haben sagen können, was zu 'er-
bis male ominatis gehört, und wär's auch nur die Furcht
vor einem Kriege, die Furcht vor tiimultus und muri per
viin, von welcher der Dichter nachher selbst spricht.
Einen Beleg iiidess, wenn es dessen überhaupt bedarf,
dass auch die AVeiber des Alterthums beim AViedersehen
nach langer Trennung gleich geklagt und nach ilen er-
sten freudigen 15egrüssungen gleich von dem Leid be-
gonnen haben, welches sie so lange erduldet, mögen die
Erkennungsscenen bei Eiirip. Helena 635 *q- ^p''. Taur.
831 sq. Ion; 1440 sq. und bei Soph. Elertra I'i2l sq.
abgeben. Oft mag auch, wie in der ersteren Stelle der
Menelaus, ein Bursche in eifersüchtiger Laune sein Mäd-
G15
616
then nach dem 'WicdcrscUon so pcqiiäH haben , «lass
seine verba zu den male oiniiiads gorpcliiict «erden durf-
ten. Denn »vir verstehen darunter solche Reden, die bei
der Abwesenheit des Geliebten stets die Zukunft scinvarz
malten und jet/.t auch schon wieder Schmerz prophezeien;
vero'l. Forcellini. Diese Heden sollen sie jetzt lassen,
denn bono bona verba die! AVir wollen sehen, ob der
Dichter nicht den Grund seiner Aufforderung beifügt.
Köthi" war's kaum, denn iu dem virginura juvenumque
sospiluin lag es schoo; jedoch er fügt es noch einmal
Linzu virum expcrtae , und nun braucht man sich nicht
jiu wundern, wesshalb puelhie den adjectiren Zusatz hat,
gerade iiauilich, weil sie am meisten, mehr als die pueri
zu solchen Reden geneigt waren. Sciiweigen sollen auch
gie, ijuia virum expertac sunt. AVas heisst das puella
virum experta ? Die «oülgemeinte Erklärung des Acroa
durch ,,jam nuptac" hat die Interpreten stutzig gemacht.
Poeta hie verba facit de sacris celebrandis, iu >|uibu3 non
„nuptae mulieres" sed cum pueris pueilae adhibebantur ,
so hiess es, und diese Lesart wurde bei Seite gesrlioben.
Aber muss denn das nun gleich heimsen, cjuia cum viro
vestro jaci concubuistis J Das ginge frcilicii nicht, es
wäre wenigstens ein übel angebrachter, viel zu grober
Scherz hier, wo der Dichter eben seine Notabilifäten
lierbeigernfen hat. Wir rufen für unsere Stelle die oben
erwähnte Euripideische Helena wieder zu Hülfe. Nach-
dem Helena schon lange geredet, hat sie des Manneg
Zweifel doch noch nicht alle beseitigt. Er fragt zuletzt
geradezu ti de ksy.Toci dt£(^:t"/€Q räSe (nämlich des
Theoklvmcnos) ovy. iX'^i ''"'' beruhigt sich erst , nach-
dem sie versichert, a.i}r/.TOV lini-v i'oth- <rot atauiO^t-
rrr , v. 795. Als Klvtemncstra des 3Ianncs Ankunft er-
fährt, lässt sie ihm im Voraus sagen yi'vui/.a 7l/(TTr,v
ev buuoii si'ool uo/.üiv, oiV'j'.Tfo ektiTlE (Aesrh. Ag.
f)06)- Als Orestes nach langer Trennung zurückgekehrt
ist, kann Elecfra niclit schnell genug die Zeit linden,
dem IJrudcr von der edlen Gesinnung des ilir aufgedräng-
ten Gemahls zu sagen. II öh cvoißEiu TK TTOuqtaxL
-riß TCÜOtl; fragt' er, OÜTIuJjTOt nwiii T/y? il-t'i,i trLrj
^lyeh; lautet die Antwort. Etwas Aehnlichcs kaim aucu
in dem virum expertae liegen: die Fragen über Treue
mochten gar manchmal auf beiden Seifen ctuas Lnbe-
haglichkcit erregen. ,,Ihr Iiabt euren 31ann ja nun er-
probt", kann bedeuten, ihr w isst ja nun, dass er euch
treu geblieben; eben dadurch, dass er eure Arme niclit ver-
schmäht, erprobt ilir's. Das ist virum expertac, wie es
vom Jupiter heisst IV, 4, -i atjnilam expertus fidclem.
Ulan vergl. auch Terelit. Adelph. III, 2, 52 und Rnlinken.
zu Tcrent. Hecyr. V, '2, 12. Index zu Sueton. cd. Ca-
saubonus. Darin liegt nun aber allerdings der Grund der
ganzen Aufforderung, welche der Dichter an die pueri
und pucllae richtet. So ist die ungezwungenste Erklä-
rung unserer Ansicht nach aufgefunden.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Codex des Pcrsius in Montpellier. Im Octoberheft 1838
(S. 1051) dieser Zeitschrift bciiift mein Freund. Herr D. J.ilin,
sich auf nicine Aiiss.isc, ilic cbenials Pilhou'scbe Handschrift
des Pcrsins in Montpellier sei scliön und leserlich gcscliriebcn ,
unil glaubt daraus auf die Virscliiedenlicit dieser von dem
wichtigen coilcx Bnilcnsis scblicssen zu dürfen. Ich glaube,
dass liier uicinrni Zciigniss eine unverdiente Wichtigkeit beige-
legt wird, und muss, um Missvcrsliindnisscn vorzubeugen, be-
merken, dass die genamile Handschrift beim Durchgehen aller
vorhandenen Codices (über 500) von mir nur flüclilig angesehen
und als meinen Zwecken durciiaus ferne liegend nicht weiter
berücksichtigt wurde. Endlich glaube ich mich zu erinnern,
dass der TcnI in der reinen und festen Scbiift des 10. Jahr-
hunderts deutlich und leserlich geschrieben war; doch mag ich
darauf kein Gewicht legen. Die Glossen, meine ich, standen
über den Zeilen und zur Seite und mügcn leicht durch Ab-
greifen oder gar Beschneiden verstümmelt sein. Ein späterer
Versuch , für Herrn Dr. Jahn nähere Nachricht über diese
Handschrift zu erhallen, ist leider ohne Erlolg geblieben; es
wird sich auch kaum in Montpellier Jemand linden, dem eine
VcrgleichuDg aufgetragen werden konnte. Die lübliolhek ver-
dient aber in mehr als einer Hinsicht gewiss auch von einem
Philologen, der zu lesen versieht (was freilich aber nicht biui-
Cg ist) , besucht zu werden, er darf holTcn, hier für die Zwecke
eine nicht geringere Ausbeute, als für die Geschichte des Mil-
telallers zu finden.
Hannover, Fr, C. IFaitz.
Erlangen. Der König der IV'iederlande Iiat durch Sc. E.-^c.
Hrn. V. Perponcher, k. niederl. Gcn.L. und ausscrord. Gesand-
ten zu Berliu , dein Lector der occidcnlalischen Sprachen au
hiesiger Universität. Hrn. Dr. Friedrich Otto, für die Ueber-
sendiing seines Werkes: »Die Gesammtliteratur Niederlnnds« ,
eine goldene Medaille zustellen lassen , die auf der einen Seite
das BrnslbiM Sr. Maj. und auf der andern die Inschrift: VIHO
DOCTO FBED. OTTO LEGT. LING. OCCID. IN YMVEBS.
ERLANG, DE RE LITTERARIA BELGICA BENE MERITO
BE.V. D. Ao. MDCCCXX.WIII enthält.
Heidelberg, 16, April. Der hochverdiente Lehrer unse-
rer Hochschule, der Senior der theologischen Faciillät, Geh.
Kirchenrath und Prof. ord. Dr. H E. G. Paulus, feierte ge-
stern ein ebenso schönes als seltenes Fest, das Jubelfest seiner
Anstellung als ordentlicher Professor der Theologie. Gestern
vor fünfzig Jahren trat er als Professor der orienlaliscbcn Spra-
chen in die Stelle Eicbhorn's, an der damals (seit 1T89) ncu-
aufblühciulen Hochschule zu Jena ein.
Neapel, den 24- März. Bei Torrc dell' Annnziala sind
auf Kosten der Regierung unlängst Ausgrabungen auf den Rui-
nen von Tcglnna begonnen worden. Es ist die Stelle, wo vor
zwei Jahren Prof. Zahn diese alle Stadt entdeckte.
Paris, den 12. April. In der Nähe von Narbonne bat
man einen Circns von noch bedeutenderem Umfange, als die alt-
römischen von Nisnics und Arles, entdeckt.
Breslau. Der bisherige Pfarrer Dr. Movcrs in ncrkum
bei Bonn ist zum ordentlichen Professor der biblischen Exegese
an der hiesigen katholisch - theologischen Facullat ernannt
worden.
Bamberg. Der bisherige Professor der vierten Classc des
Gymnasiums dahier, Andreas M üb I i ch , wurde auf sein An-
suchen an das Lyceum daselbst versetzt.
Hannover. Der König bat den Professor RciUpenning
aus lidiiu zum ordentlichen Professor in der theologischen Fa-
cullat der Universität Gölliiigcn cinannt.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft
Sonntag y 30. Juni
1839.
Nr. 78.
Commentatio de Horatii od. lib. III, c. 14. vom Dr.
Ernst Kaestnei: Programm des Gjmnasiunis der
Stadt Celle vom Jahre 1835.
(B esc hl US s.)
Die geuohnliche Interpretation von puellae virnm ex-
pertae, d. h. nnptae fi'ihrt uns auf eine ganz ähnliche,
der Beleuchtung nicht unnerthe Stelle. Sie ist bei Eu-
ripides Phoeniss. 948, "o es also hcisst:
A'i'^ovoq jisv ovv yu^ioL
crcpayaq äTveiQyova-'- ov yäq ioiiv ]]9eoq.
x'ei nij ycJp evvrjq ijipar dkk' ex^i kej^oi;.
owoq de ■TTLtJtXoq.
Mit diesen Versen will Tiresias dem Kreon verdeutlichen,
dass nur Menoikeus den Ares versöhnen könne. Haemon,
der andere Sohn des Kreon , kann nicht wegen seiner
ydfio/, er ist nicht mehr ?;/^f oc, und nur wenn er diess
wäre, könnte sein Opfer den Gott versöhnen. Hier bringt
die gewöhnliche Bedeutung von 7Jt9£og recht in's Ge-
dränge. Plato sagt zwar nur /J.SX9' iraidoyiiviag i'fi^Eui
xal dy.iJQUTOc yä/.iojv -re dyvol l^ujaiv, aber Ruhnken
zu Timaeus p. 132 beweist, es sei das bei den Männern,
was iragdlivoc. im Allgemeinen *) bei den Frauen. Nach
dieser Bedeutung ist in den Worten ein Widerspruch;
denn Huemon ist noch nnverheirathet , ist nur erst ver-
lobt mit der Antigone : dennoch sollen seine yauoi im
Wege stehen, dennoch soll er — natürlich nur in Bezug
auf die yuiioi — nicht mehr ijt^SOQ sein, wie stimmt
das zusammen? Die Interpreten wissen sich zu helfen,
sie meinen, der Seher deute einen verbotenen Umgang
an, den Haemon bereits mit seiner Braut gepflogen. So
Valckenaer und das eiae Scholion. Ohne uns den Zwei-
fel zu erlauben, woher Tiresias Kunde von solchen ins-
geheim getriebenen Dingen habe — denn man antwortet
darauf, als Seher wisse er das! — so liegt doch darin
erstens viel Sonderbares, dass der Seher so beiläufig dem
Vater davon Kunde gibt, die beiden Leutchen seien schon
*) Wir sagen im Allgemeinen; denn man könnte uns mit
Sopl) Trach. entgegnen, wo Hircules r2.!l von der i'i'-
Qvrila nug&iroq spricht, obwohl er sie gleicli nennt Toi?
^i«oI? uAfi'joi? Ofjoij xh&ilauv. Gruppe hat Recht, wenn
er naQS-ivoi; da lür &vyuTi\Q erklart. Denn sonst ist nuQ-
&i'iO(; (loch ihr eigentliche Begriff für Jungfrau Vergl.
Eur. Eiectr. 43. ^V ovno-t ayvo tiayvviv tii'ii' nagO-^vot; ä"
h' iarl <y^. Herc. für. 834. '
so vertraut mit einander wie Ehegatten, zweitens aber
wird damit eine Anschuldigung auf Antigone geworfen,
ein Makel ihr angehängt, der mit ilirem nachherigen
Auftreten nicht in Einklang gebracht werden kann. Man
denke nur, diese Antigone, das hochherzige IMädchen,
welches aus dem Mythus bekannt war, «elibcs Sophokles
in seiner ganzen Seelengrösse so vortrcfl'lich geschildert,
soll Euripides zu einer schwachen, gewöhnlichen Eva -
Tochter herabwürdigen! Das ist schon an und für sich
unwahrscheinlich, denn Euripides zeichnet gern den hoch-
herzigen Charakter eines Mädchens und konnte mit solch
einer Neuerung dem Publikum nicht gefallen, um dessen
Gunst er buhlt; das wird aber noch weit unwahrschein-
licher, wenn wir den Charakter der Antigone verglei-
chen, wie er sich in dem ganzen Stücke der Phocniss.
offenbart. Es ist ganz die Sophokleische. Darum darf
sie uns Valkenai-r's Erklärung von );u'>£Oi; nicht erniedri-
gen. Oder kann Kreon in der letzten Scene die Anti-
gone ■KO.odsrs anreden, wie er's v. l(i()2 thut ? würde
er das in dem heftigen Streite gelhan haben, in welchem
er sich mit ihr befindet? Würde er nicht vielmehr gerade
auch mit einem Schimpfworte ihr gedient haben, ent-
lehnt von jener vertrauensvollen Mittheilung des Sehers?
Aber man würde Euripides noch härterer Dinge be-
schuldigen müssen. Gilt die Valckenaer sehe Erklärung
von ri'id-iOQ, so erscheint Antigone gradezu als Kokette,
als eine gewöhnliche Dirne. Könnte man es anders nen-
nen, wenn sie von sich sagt v. 1717 ü.i}Xra dr,ra 0ij-
fiaiuiv fudXiara TraodtvviV. Würde der Zuschauer es
anders bezeichnen, wenn er sich ihres ersten Auftretens
erinnert, und der Scham, mit welcher sie für ihren Ruf
bedarbt war: ei! mussten die Atliener dann bei diesen
vertraulichen Mittheilungen des Sehers wohl ausrufeu,
wer hätte das der jungfräulichen Antigone angesehen,
dass sie bereits verbotene Liebe gepflogen, also nicht
mehr Jungfrau ist; und weiter, wenn dann Antigone
1274 sq. der Mutter auf die Bitte, ihr zu folgen, geant-
wortet hätte TTOi naudevüivaq e/.lmoüoa; ((tduufiti^'
öxXov, denkt man sich da nicht gleich eine Stimme aus
dem Publikum, die ausruft „ei! so ziere du dich, wir
kennen ja schon den Vogel!", oder welche in ganz an-
derem Sinne als die Mutter es thut, ausrufen würde:
Oi'X {V aiaxiJi'il '^^ '^''^- ^^''" geben nicht zu, dass Eu-
ripides solch einem Tadel seine hochherzige Antigone
aussetzt; nicht einmal der Vorwurf der Geziertheit darf
diese Scene treffen, wenn man dieselbe mit der durch-
619
620
aus ähnlichen Stelle in Iphig-. Aul. 9DÖ sq. vergleicht.
Da soHohl, wie 134'- begreift man die juiigfrauliclie
Schani der Iphigenia, hier » i'irde dieselbe den Zuschauern
nur als arge Verstellung erscheinen.
Aber vielleicht entgegnet man, Tiresias denke nicht
an den Lnigang mit der Aiitigone, sondern an andere
Liebschaften des Ilaemon , an solche, die er vielleicht
fl'ooiu ToT' lior gesucht hat , uie Xuthus dasselbe von
«ich im Ion Ö4ö seinem Sohne im Verhöre eingesteht.
Das anzunehmen, ist unerlaubt, denn Tiresias sagt ja
Aiiiovü-; y alt Ol crqaya^ e7oyovai: das sind dieselben
yaf.101, von welchen oben £teok.les testamentarisch fest-
setzt yänov^ ö äSf.t.fffj^ 'Avxiyüvr^i; Traidüg rs ouu
-Itiiovo^ — Go\ ~/^(jr, iii).soi}ai. Jedenfalls würde also
Auligone den Ulakel auf sich nehmen müssen!
Die krasse Internretation von rji^snc, ist gerade ebenso
hier an dem Missverst.'indnisse Schuld, wie bei llorafius
die Erklärung von virnni expertae. Das eine Schol. fügt
hei .i'.i'.llu iuvrarl I (xazo , und deutet so an, was Tire-
sias unter dem Begrifle rj&sog verstehen wolle. Es ist
nicht geradezu derjenige, der aufgehört hat ein Jungge-
sell zu sein , sondern der Dichter versteht darunter den,
dessen Gedanken bereits auf eine A'ermiscluing der (je-
schlediter gehen. So kann auch der ^'erlobfe ovy. i-vi
tiiSsu^ genannt »erden.
Aber, ruft man uns zu, hat der Dichter das nicht
näher angedeutet, so ist diese Erklärung eine hü<hst
willkürliche. Ja wohl hat er es angedeutet, aber merk-
würdiger AVeise hat man gerade diese weitere Ausfüh-
rung ihm gestrichen, als intcrpretamentum eines librarii.
Der A'ers näuilich
z'f/ |t/)) yuo ei'viji; ijipfiT' äkK' ex^i ^^/.oc
wird für untergeschoben erklärt und seit Valckenaer's
A crdächtigung, die derselbe zu Ilippol. SSj noch wieder-
holt, gestriclien, unil doch kann er, wie wir gesehen
haben, durchaus niclit entbehrt worden. Die Worte
AifJ-ovoi; /-lev ovv ydiMoi a(fo.yr).q änsiQyovo'- ov yäo
iuTlv Tjd-Soq, bedurften einer Erklärung, wenn sie nicht
zu den grössten A'erwirrungen «nd Inconsequenzen führen
sollten. Dass Eurjpiiles diess Bedürfniss fühlte, ist sicher,
denn Thorheiteu schreibt er nicht; »esshalb also erst
einem librarins die vorsichtige Klugheit zuschreiben,
welche der Dichter selbst durchaus haben musste?
Da erheben sich neue Anschuldigungen: der Ausdruck
6}}.' tyst t.iyo^ soll unverständlich .sein, zumal voran-
ging ii uij evnji t^lptico. Darin soll ein Widerspruch
liegen Hätte man auf den Unterschied zwischen Sih-i}
und ^i'^o^ gesehen, so würde man geschwiegen habeu.
-fct'i/i; kann nie ein bräutliches A'erhältniss genannt wer-
den. Da »o es nicht einfach „Lager" bezeichnet, wio
Eur. Suppl. 7G() und Ilerc. für. lO.'iO, kann es nur wio
Svvai^eo'Jat , tLvtTri~, IvvavTi'j/jKjv n. s. w. von einem
bereits ehelichen , wenigstens fleischlichen Vcrhältnigso
gesagt werden. So Hec. y2'l. 31ed. 18. 159. 88. 2ÜÖ.
Androm. «tüT. Orest. ö'JÜ. Hipp. 41)!. 885- Suppl. 823.
Electr. 44. 2ÖÖ. Helen. 7').'). Anders ist es mit ydua:,
t.iyjj;, Lt/.Tüov. Tht-oklymenos hat in Enr. Helena
hekaniitlicii das Ziel iiocli nicht errungen und wird es
auch nie, denn Helena will dem Menelaos treu bleiben.
Er hofft nur, hat um ihre Uaud geworben, aber dennoch
nennt er sein Verhältniss zu ihr bereits x a^u. keXTPa,
und Helena selbst nennt es 783 l'jiol ydfioi. Wenn
Antigone in den Phoen. ausruft 14il) w yänov^ efuovq
tcooÖÖvt' dösKCfu) (fiKvaru), so redet sie doch eben-
falls erst von ihrer bevorstehenden Vermählung, wenn
aber, wie Kreon zum Oedipus v. 1587 sagt
ä^X'^'i TijQÖe yiji eöojyj ^01
'JEtsoxXijg nai^ oög, ya/tcijv (f£(jvaq S/dovq
A'i'^ort , y.ö^ti^i; -re ke/.zQov \/vTr/üvij; ixi^ev
wenn also Eteokles dem Hämon vu Xt/.Tpov 'Avziyovti^
iSujy.C, wir denken, so kann man vom Hämon ebenso
gut sagen sysc klyog. So »eicht auch dieser Grund der
Anklage, der Vers ist nicht allein gerechtfertigt, son-
dern durchaus nothwendig.
Diese gelegentliche Abschweifung wolle uns Hr. Käst-
ner zu Gute halten: sie bot sich so unvermerkt dar, dass
wir sie nicht ablehnen mochten. Blit Hochachtung schei-
den wir von dem Hrn. Verf. und danken ihm für das
Vergnügen, mit welchem uns die Leetüre seiner Abhand-
lung erfüllt hat.
Casscl. C. G. Firnhnber.
Leipzig und Paris bei Brockhaus nnd Avenarins: Leben,
Charakter und Philosophie desUoraz. Ein Dialog von
Dr. Oswald. IV n. 243 S.
Ein harmloses Büchlein, in welchem in gemüthlich
dialogisirender Form drei Freunde , unter denen der ,
welcher den Namen Seume führt, das verneinende Prin-
cip repräsentirt, die beiden andern, kaum nomina propria
(sie heissen nämlich Schmidt und Müller), bei Tabak
und Punsch über Iloraz disputiren. Es gehört, wenn
man will, nicht zu viel dazu, an diesem Buche eine
lächerliche .Seite hcrauszutindeii, wozu schon die etwas
barocke Art, .'Modernes mit Antikem zu verbinden (denn
neben Horazens Geliebten fehlt auch nicht Schmidt's
Amalie u. dergl. m.), .Stofl bietet. Dennoch nuiss Ref.
bekennen, dass er dasselbe mit Vergnügen durchblättert,
und wenn auch gerade nicht viel A'eues darin gefunden,
doch gesunde , <lurch keine Theorie verkümmerte An-
sichten ausgesprochen , bemerkt hat. Und zwar niclit
bloss über Iloraz, sondern i'iber das gesammte Alterthum,
z. B. über die Musik der Griechen, deren Werth im
Vergleich zur unserigen mit Recht als nicht sehr bedeu-
tend angegeben wird. Dabei kommen dann die mannich-
fachsten Digressionen vor, wie über Punsch (Ref. erin-
nert sich eines Aufsatzes im Allg. Anzeiger, wo bewiesen
ward, Cäsar habe schon in Deutschland denselben ge-
trunken), eine Lobrede des Bacchus, die freilich nach
Güdie's unvergleichlicher Rochuspredigt in der Rhein -
und .Mainreise 181J, als Hias post llonierum erscheint,
eine dergleichen der Saale, deren lieblich Silbcrblau,
ahnlich der Donau, mit dem Gelb der Elbe, welche die
Spuren ihres slavischen Ursprungs nicht verliert, an-
niulhig verglichen wird, interessante Smugglcrgeschichten
aus Brenicii zur Zeit der Contincntalsperre u. A.
Sollen wir über den positiven Inhalt ein Gesammt-
urthcil fällen, so möchte dasselbe dahin lauten, dass der
621
622
Verf. sich darauf brsrhrätikt Iiai, über die, man kann
sa^cn, stehend (jeuordenon Punkte in Horazens Leben,
über sein ^Vrhsltniss zum » •■iblichen Geschlechte, zu August
und Maecen, seine Tapferkeit, seinen Egoismus n. s. w.,
seine Ansicht auszusprechen und dieselbe mit Stellen aus
dem Ui<:hter selbst zu unterstützen. Der ^'erf., von aller
üeberschivänglichkeit fern, trifft überall das Rechte in
ruhig anspruchsloser Weise. üebrigens findet der Leser
kein philologisches Rüstzeug ; ausser Lessing's und der
bekannten zum Spott gewordenen Schmidts und Gottsch-
ling's Eruähnung erinnert sich Ref. keines Citates. Auch
zeigt sich offenbar, dass der Verf., den wir uns als einen
humoristischen Dilettanten der Alterthuniskunde zu denken
haben, oicht unähnlich /. Weher, nur dass ihm diese
au Jeau Pauls Zettelkästlein erinnernde Kenntnissfüllo
und Sarkaamus fehlt, nicht für Fachgelehrte schreiben
wollte.
Da aber Ref. auf Ersuchen der geehrten Redactinn
vorliegende Anzeige übernommen hat, so müge es ihm
erlaubt sein, wenigstens Einiges über einen seit Lessing
vielfach besprochenen Punkt, nämlich des Dichters Flucht
bei Philippi, zu bemerken. Der Verf. unseres Buches
sucht ebenfalls von S. 49 an den Vorwurf der Feigheit
von ihm abzuwälzen und lässt , wie es scheint, mit Ab-
sicht viele von Lessing's Argumenten , die nimium pro-
bando nihil probant, weg. S. auch Passow Leben <les
Horaz S. XXXIII. n. 95. Dessennngeac litet scheint mir
Einiges noch beachtenswerth , was gemeiniglich übersehen
wird. Iloraz sagi 2, 7, II:
Tecum Philippu« et celerem fugam
Scnsi relicta non bcnc parmula,
Quum fracta virtus, et minaces
Turpe solnni tetigere niento.
Es scheint fast, man habe fugam sentire für fugere ge-
nommen, aber sentire kann nur nach gevvühnlichem Dich-
tergebrauch durch experiri erklärt werden. Der Dichter
sagt also: Mit dir habe ich Philippi und die Flucht
kennen lernen (also mehr passiv), nachdem das Schild
zurückgelassen war, nämlich von Allen, als die Führer
gefallen waren ( s. Dio C. 47, 48, 49). So will der
Dichter uns erzählen, wie er jung und unerfahren fol-
gend dem Strome Soldat geworden und mit eben diesem in
sich aller moralisches Energie entbehrenden Heere, nach-
dem die gefallen, welche mit mehr IVIuth, als Besonnen-
heit und Weisheit längst Erstorbenes neu beleben woll-
ten, auch die nicht rühmliche Flucht ergriffen. Damit
stimmt vollkommen Br. 2, 'J, 45 f.
Dura sed emovere loco me tempora grato
Civilisijue rudern belli tulit aeslus in arma
Caesaris Augusti non responsura lacertis.
Folglich nicht als isolirtes Factum stellt H. seine Flucht
dar, und daraus ergibt sich wieder, dass Vorwurf der
Feigheit lächerlich ist. H. war der Werbung, wie es
scheint, nicht ohne Zwang gefolgt und benahm sich wie
die meisten jungen Soldaten, d. h. er folgte dem Bei-
spiele der älteren. Enthusiast war H. freilich nicht, nml
wir sehen ihn in der angebogenen Stelle der Briefe v. 49
so nüchtern urtheilen , wie bei uns ein Spittler über
langst geschehene Dingo urtheilt. — In Bezug auf des
Dichters sinnliche Neigung folgt der Verf. meist Lessing,
indem er auch mit diesem den kaiserlichen Ausspruch
II. sei purissimus penis, urgirt, um ihn vom Vorwurfe
der Knabenliebe freizusprechen. Es ist diess im Ganzen
ein ziemlich undankbares Thema und wohl nie allent-
halben zu entscheiden, inwiefern dieselbe eine nach
unsern Begriffen erlaubte oder unerlaubte war. Rer. be-
merkt unr, was vielleicht weniger beachtet ist, dass
allerdings der italienische Knabe und selbst Jüngling bis über
L'O Jahre häufig eine Anmuth , Weichheit der Form,
Mädchenähnliches und Zierlichkeit besitzt, die uns Nordlän-
dern ganz fremd wohl veranlassen kann, dieselbe dichterisch
zu preisen, ohne dass immer etwas Anderes als reiner
Genuss der Schönheit dazu 3Iotiv ist. Das Charakeristi-
sche des Properz, worauf Rec. bei seiner Schilderung des-
selben besonderes Gewicht legen zu müssen meinte, dass bei
ihm keine Spur der Knabenliebe sich zeigt, hat unser
Ref. nicht übergangen und recht gut besprochen. Am
auffallendsten bleibt immer bei Tibull diess starke Her-
vortreten jener Neigung. Gewundert hat es uns, dass
dio Geliebten des H. nicht näher besprochen sind; die
Form des Dialogs hätte schöne Gelegenheit geboten, dieselbe
einzeln und nach den bei ihnen hervortretenden Eigenschaften
zu besprechen. Jedenfalls wäre das wilikommener ge-
wesen, als die langen Raisonnemcnts über Tugend, Tem-
perament, Epicuräismus u. a. m., die, so verständig sie
sonst und nicht ohne Laune sind, doch sich nicht über
den Standpunkt des praktisch - verständigen Menschen er-
hellen,, daher wenig Interesse darbieten. Es hat uns Hr.
Kirchner in seiner gediegenen Schrift über die Chrono-
liigie der H. Gedichte eine Abhandlung De amasiis Hora-
lii versprochen, auf die wir begierig sind. Die Scholieu
geben gar wenig; Acre nennt diesellien in der Regel
meretrix, etwas feiner Porphyrio amica v. amata. Rech-
net man, wie billig, solche wie Galathea und Asterie
und auch Phidjle die rnstica , ab, so bleiben auch gar
nicht so viele , als mau denken möchte:
Pyrrha I, 5. Lvce .J, 10. 4, IS-
Lydia I, 8. 13. 25. 3, 9. Ciiloris 3, 15.
Amica I, 1(5. Lvde 3, ^8.
Tyudaris I, 17. Pi.yllis 4, 11.
Glycera I, 19. 33. Canidia ep. 6. 17.
Chloe I, 23. anus libidinosa ep. 8- 12.
Barine 4, 8. Neaera ep. 15.
Von diesen sind nun mehrere abzurechneu, an welche
II. nur im Interesse für einen dritten schreibt, z. B.
Glycera, andere, welche II. bei Freunden treffend mit
ungezwungener Galanteric, aber ohne Leidenschaft be-
grüsst, so dass nur Lydia übrig bleibt, au »velche ihn
längere Neigung gefesselt zu haben scheint, üebrigens
will Ref. bei diesem flüchtig entworfeneu Verzeichnisse
keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen,
Greifswald. Paldamus.
623
624
Bemerkungen von Konrad Schwenck.
Horal. Satir. 11. 2. 23 ff.
Vix (amen cripiam, posito pavone relis quin
Hör potiiis quam ^allina tergere palatum ,
Corruptus laiiiü reruiii, quia veneat auro
Rara avb et picta paiiilat spcctacula cauila,
Tamqnam ad rem adtincat quidquani. Num res-
ccriä ista
Quam laudas plnma? cocto num adest honor idcml
Canic taiiiPii quamvis distat nihil liac magis illa,
Imparibus foriiiis dcceptuiu tc patet :
ücr vorletzte dieser Verse hatte luelirere Auslegungen
erfaliren , zum Theil gc^faltsame , »»esshalb Heindorf
meinte, man müsse statt magis , welches ihm einer an-
nehmbaren Erklärung im AVege zu stehen schien, avis
lesen. Sehen »ir auf den Sinn und den Zusammenhang
der ganzen Stelle, so ergibt sich, dass weder eine Aen-
derung niithig, noch dass überhaupt die Erklärung schwie-
rig sei. Horaz sagt, du ziehst den Pfau der Henne vor,
Meil er theuer ist und prachtig aussieht, als trüge diess
etwas zum Ge.'chmack bei. Speist man denn die schö-
nen Federn und sieht man dem zubereiteten Pfau an,
wie schiin er genesen? Da diess nicht der Fall ist, so
ist es ollenbar, dass du dich die Ungleichheit im Aus-
sehen beider ^'ögel täuschen lassest, wiewohl das Fleisch
der Henne von dem des Pfaues durch die Ungleicliheit im
Aussehen nicht im Geringsten mehr verschieden ist. Horaz
will nicht sagen, das Fleisch der Henne und das des
Pfaus seien gar nicht verschieden, denn diess wäre nicht
wahr, sondern er will sagen, die Verschiedenheit, welche
zwischen dem Fleische beider stattfinde, werde nicht im
Geringsten vergrössert durch die schonen Federn des
Pfaues, wesshalb es also eine Thorlieit sei, sich durch diese
bleiulen zu lassen und dem Pfau einen so ausserordent-
lichen Vorzug vor der Henne zu geben, dass man ihn
zu sehr theuerm Preise kauft , während man doch die
Federn nicht essen könne und ihre Schönheit an dem
Fleische nicht schmecken könne. Sollte daher das Fleisch
der Henne »irklich an Geschmack dem Fleische des Pfaues
nachstehen, so trägt doch wenigstens das bewunderte Ge-*
iieder zu diesem Verhältniss ^iichts bei.
Horal. Od. I. 20.
Horaz ladet den Mäccnas ein, Sabinerwein bei ihm zu
trinken , welchen er selbst gepflegt habe und im Kruge
verpicht, als du wegen deiner Genesung im Theater mit
Freuden begrüsst wurdest; dann heisst es
Caecubam et praelo douiitam Caleno
Tu .bibis uvam : mea ncc Falernae
Teniperant vites , nequo Formiani
Pocnia colles.
Durch die Veränderung von liiliis in biöes ist man dem
^'crse genügend zu Hülfe gekommen, nicht aber dem
Sinne, denn die Worte: ilu wirst Cäcuber trinken, können
nicht bedeuten, in deinem Hause wird Cäcuber getrun-
ken, bei mir nicht. Da Horaz sagt, edele AVeinsorten,
wie Falerncr, Formianer habe er nicht, womit er die
Einladung auf geringen Sabinerwein rechtfertigt, so folgt
daraus , dass er ihm auch keinen Cäcuber oder Calener
vorsetzt, demnach sind die Worte tu bibis verderbt, und
man muss entweder non bibcs lesen oder annehmen, dass
etwas Anderes da gestamlen habe, und durch tu üiltis als
auslegen<!e Glosse verdrängt worden sei. Wäre tu bibis
Glosse, dann hätte es geheissen: Kumme zu Sabinerwein,
Calener pflegst du zu trinken, ich besitze dergleichen
nicht, filehr kann daher über diese Stelle mit Sicherheit
nicht gesagt werden, als tu bibis sei falsch, da es gegen
das Metrum ist, tu bibes sei auch falsch, da es gegen
den Sinn ist. Non bibes genügt dem Sinne , aber mau
begreift nicht, wie tu bibis an seine Stelle gekommen wäre.
Hesychius.
Die Glosse fxSQU, Ofif^tara ist ofienbar verderbt, denn
ä|U£()>;S, «|t/fpos, caecus ist, da es auch verderbt ist
(aus dfiaVfiOi), nicht zur Erklärung anwendbar. Wir
können annehmen, dass f^ttga, in einer von der Glosse
berücksichtigten Stelle ein Beiwort der Angen erklärt,
und dass also f^idofiaQa , d. i. kufiTlQU oder ein Parti-
cipium von fiaofiulosiv statt jieou zu setzen sei, wahr-
scheinlich das erstere. Ebenso gehört das dem verderb-
ten äilU()t'TTCC ZU Grunde liegende Wort, welches He-
S3chius durch TOvi; 6(fi^akfiovi erklärt, zu dnapvcrcrujf
mag dnaijvycu zu lesen sein (erklärt durch dv.rivti^,
kujuTi^^doiei, U(p£ii) oder d/Lia^i'yiiara (erklärt durch
kau'.Tljduvei). Auf df^iauvoou) aber ist das verderbte
AVort duuQvyxvot'a , erklart durch ßoazQVjria, A. i.
OT£/t(fii>kcc nicht zu beziehen, sondern es scheint aus
df-id^eof^ta, oder dfj,aQ£VfAaTa verderbt, erklärt a9()Oi-
afiaxa ßu()ß6^ov.
Aeschyl. Agamemn. 67 sq.
ot'^ VTioyXaiuiv , or9-' vnoXslßujv,
0VT£ daxQvujv , ä-JiviJUiv iSQujv
OQyai dzevtii -naga^iktEt.
In dieser Stelle ist iinroksißcnv nicht von Spenden zu
verstehen, denu unpassend würde zwischen vrxoxkaiUiv
und da/.(jva)V, welche im Verhältniss der Steigerung zu
einander stehen, die Spende genannt werden, welche
hinter öa/.QVUJV hätte genannt werden können, oder auch
vor i'TlO'/.kc'Ju/V , in dieser Stellung aber kann VTCokei-
ßoji' nur etwas bezeichnen, was mit dem Vorhergehenden
und dem INachfolgcndcn verwandt ist, und man kann es
entweder für gleichbedeutend mit da'/.QVUiv nehmen, so
dass zwei Ausdrücke die nämliche Sache bezeichnen ,
ohne dass es einer Entschuldigung beilürfte, wie sie in
Arisfophanes Fröschen, dem Anfang der Choephoren ge-
geben ist, oder man kann üzokeißujp mit iTvorny.utv
erklären; djTvgvjv il()0)v o'pycc; bezeichnet den Zorn
wegen nicht verbrannter Opfer, d. i. wegen Unterlassung
des Opfers, denn ditvgoi; ist äi)vTU<;, wie Euripide»
ähidicli im Hipoljt sagt |45:
.^"11 d' dfx(fl Tuv nokvdrjQOv
^ixcvpvuv dfX7tkav.iaiQ
'yivieQO<; d^VlOiV ntkuvOJV TOVXJJ.
Der Sinn ist also: weder durch Klagen, noch durch zeh-
renden Gram (oder Weinen), noch durch Thränen wird
der Frevler den unerbittlichen Zorn der Gottheit wegen
Vernachlässigung der sdiuldigen Verehrung besänftigen.
Zeitschrift
für die
AI teithu ms Wissenschaft.
MiUxvoch , d». Juli 18 39. Nr. 1%
Leber die ClirOnolog"ie des LivillS. «•. Chr. setzte. Diese Aera liat für iinscrn Gebrauch
iiaineiitlich «las für sich, dass sie unter den Römern selbst.
Die CliroMiilofie des Liiiiis hat bekanntlich im 1(1. «eriigstens seitdem der Kaiser Claudius sich mit der Sa-
Jahrhundert zu einem heftiffen Streit ztviscbeu Glareaniis cularfeier des eintretenden U. Jahrhunderts der Stadt nach
und Sijjonius Anlass ((egebcn. Das Wesentliche der Di- i|,r gcriclitet hatte, allgemeino Aufnalime fand. Nächst
verffenz bei den Gelehrten liisst sich in «cniffen Worten dieser ist die verbreitetste Aera die des Cato , von der
«usaninienrissen. Livius hat ii.'iinüch in seiner ersten w\t, genau genommen, auch nicht mehr ivissen, als dass
üecade ,') Consulate, die sich tlieils bei Dionysius ander- „ach ihr die Erbauunj der Stadt Ol. VII, 1 fiel. Auch
M.'irts finden, aussfelassen , und »venu man annimmt, dass j^f ujeht anzunehmen, dass Cato selbst eine vollständige
Cassiodor die Consuln in seinem Chronicou , soneit diess riimische Chronologie cntivorfen und darauf jene Zahl-
nioglicli Har, ansLiiius entnommen habe, so hat er auch angäbe begründet habe. Am allenvenigsten haben wir
in iler zweiten Decadc noch 2 Consulate übergangen. irgend Gnind zu der Voraussetzung, dass er die Con-
Diese Constilrite «ill nun Glareanus erganzen und da- snlarjahre nach seinem System angeordnet habe. Für
durch die Chronologie des Liiius mit der Dionysischen e\ne Zeitlang tritt nun aber Dionysius von Ilalikarnass
und der Catonischen Aera in Einklang bringen. Si- in seine Fusstapfen. Dieser erklart sich für dasselbe
gonius nimtnt dagegen an, jene Consulate habe Livius Jahr der Gründung Roms (I, 74) und unterscheidet die
als nicht vorhanden angesehen , eins von jenen b ausge- einzelnen Jalire genau und sorgfaltig , soweit sein Werk
nonimen , das J. '..'4S a. u. c. , »vekhes nur durch die reicht. Es ist daher nicht geradezu zu vertverfen, wenn
Schuld der Abschreiber fehle. Von diesen 6 Jahren , nian den Dionysius mit seinen chronologischen Daten dem
die sonach Liiins Hcnigcr haben würde, bringt er aber Cato, so zu sagen, unterschiebt und dadurch wenigstens
4 wieder hinein, indem er 'i Jahre mit Interregnen aus- zum Thcil das Catunische System ausfüllt.
füllt, 1 Jahr ihirch eine Dictatur und eins auf die Art, .. , , i, ■ i • i i- i? .- i r»i i'ir «
, I ,• ,, ^ ,,,,11 ■ Nun entsteht aber sogleich die trage, ob Ol. »11, l
ilass er ein um dieselben Consuln 2 Jahre lang regieren , , , , " ,,, . , , , . , ,„,
, , , .. ,, ... ,1 ., ^ 1 dem Jahre ,:)2 oder lh\ v. Chr. entspricht. Letzteres
lasst : so ilass im danzen Liivius nacli ihm 2 Jalire we- . , ,. , • i ^ ti j ii' /rii i ■ i-- n ..,»„~
1 , , _ ..,,,„, I r. ist die Ansicht Dodwell s (Chronologia Graero - liomana
niger hat, als Cato, und sein Jahr iler Gründung lloins , . ., ... . ,, ,. . ... ,, .
, , , L... ^, . , 11 • ,. ■ • ., 1 pro hvpolhesibiis Dionvsu Halicarnassei , s. Uion. 11. eil.
ilas Jahr /4;) v. Llir. ist. lUeiiie lueinnng ist, «lass im „ . i , ,,r ....'.v n . , i fy j ' / l' j- ii t
f. , ,,. -, . ,. .... . , , Reisk. vol. IV, p. 24 19 — 2i) und Clintons (1-asti Jl. 1,
Uanzen ues utareanus ;tjeinung < le richtige ist, und dass . ,„ ^ . ' , . ,, , / n r. c <.ii\ .. i
I 1 r< . ■ 1 . ? I . ..■ I P- 126 «. f.], wohingegen Iileler ( Ii. 2- »• l'^ü) und
Ijitius der (atonischen Aera folgt. Uie.-is zu beweisen, „. ,i /, ' ,r i n ,,.io diax u i \r
. , ,. , f , ^. ",,,,, ., • , Bückh (Inscr. Vol. II. p. .}28. 3iO) nach dem Vorgange
ist <lie .Aulgabe gegenwärtiger Abhanillung: womit ich , ^ ,, ■ • , ■ Vi -r,, i i r' i • i r»- .^
,. ,. , *:,.. . * " " , 1 ,r 1 ». ■ 1 1 anderer Gelehrten das Jahr /52 als das Catonisrli-Uiony-
iiichts Leberlliissiges zu unternehmen liolle , da ^^l(•bullr • i i .r. .. i n i iv- i .. ;..„-
. , . 1 ■ , "> c- 11.1.11 1 sische der Grniidnng Roms annehmen. J>ach meiner
Bich entscliie<len lur Sigonius erklart hat, und da andere ,, . • i i- n- ii i r- i i i... ~^i
,,,,,, ... .*' , , , • 1 ^ j. 1 Meinung sinil die aus Dionysius selbst für das Jahr lOl
lielelirte dem Liivius ledes chronologische System und ", , /-. .. i i " i. • i i i i. \Vo„„
. , , , . 1 J 1 1 • zu entnehmenden Grunde durchaus unwiderleglich. Wena
jede chronologische Couscquenz absprechen zu müssen . i- i •• • . i i i ■ t _ n^r, ,„„„i,„„„
',.,." * » namlich iliejenigen, welche das Jahr 7o2 annelimen,
^"^"/»i 1 -V^"' .• . r j . 1- 1- 1 -i voraussetzen, dass Dionysius nicht ganz genau verfahre
Ohglei« h es nun gegenwartiger Aufsatz ledifflich mit , , , ■ , ^. .. j i • i ..„ „i„ j„ii„ ,i;„»„
1 ^i*" ,•,?•• .? 1 . t • 1 • 1 »'"1 «las Jahr der Gründung so bezeichne, als lalle diese
der Chronologie des Liivius zu tliun hat: so sehe ich muh i- .. ■. i- l\^ • i c :„i.» !.„,-,.,.,„., .....^
, , *:,, . ,1- 1 ■ .1 • . '" «he Zeit, wo die Olympischen Spiele begangen vur-
doch, um vollkommen verständlich zu sein genotliigt ^,^ ^,^^ ._^ ^,.^ Mitte'des Sommers, wahrend er doch
einige kurze die romische Chronologie überhaupt betre - ^,^_^ ^,^ ^,^._^ ^, ,,^.^ Gründung selbst nennt,
leiiile ISenierkuiigen vorauszuschicken. Ich scliliesse mich ,' , , , , /•■..a„.
1 1 I 1 1 ti II i 1 .1 .^1 r^i so sprechen dagegen folgende Orunde:
dabei an Ideler s Handbuch der matheni. und techii. C liro- in»
iiologie an, aus weichem man sich, wie mir scheint, am 1) I, 71 heisst es, Rom sei gegründet »vorden STOvi;
besten über die Hauptpunkte, welche in der römischen iv^aTi/lvo^ 71 poiTOU -vfji it^^öiivi'Oll /tTriadug , wo das
Chronologie zu beobachten sind, belehren kann. iveOTuiioQ, welches ganz falsch durch initio übersetzt
Die üblichste Aera Ist bekanntlich die des Varro, von wird, deutlich genug darauf hinweist, dass die Olympiade
der man aber nur so viel mit Bestimmtheit weiss, dass schon bestand und nicht erst bevorstand. Es scheint, als
sie das Jahr der Erbauung Roms Ol. VI, 3 oder 753 hätte Dionysius jedem ftlissverständnisse durch diesen Zu-
627
628
sa<z nnsilnirUirli lorlipiisjcii iiollen, niid ich ni'issfo
iiiclit , nie pr sich licslliiiiiitpr h.'iUfi leruahreii sollen.
•J) Ncxh klarer i^t ilie .Stelle Y, 1. Dort lieisst es,
ilic kiiiii};e seien 4 3Ii)iia<p elipr vpriripben «ordpn, phe
ilas Jahr 244 aliffelaufen sei, also im Deeenibcr iIps Jah-
rps 244, odpr, nach <lpr Catonisrhpn Aera, «Ips Jahres
503 »'• dir. Vas »i.'ire, nach «Ipr Annahme Ideler's, efiva
im f). :>I(.na(e lon Ol. LXMI, 4. Aiicli hier sagt Dio-
nysiiis : O/A iimdöüi itlv üybvri v.cü itijy.oarij^ iv£-
aTOiOr;. Sollte er also die fehlpndpn 7 fllonate hier
gar iiiclil heriirksichtigt und sollte er namentlicli auch
liier trotz dem das SveaTojajji hinzngpsetzt haben ?
3) >ach Ideler's l'^oraussetzung fallt Ol. L.XXII erst
in den Soiiinier des J. 261 a. u. c, nachdem dieses Con-
siiljahr sclion einige Monate begonnen hat, denn anch
an der Stelle Dionys. VI, 40, no dieses Jahr beginnt,
ist er genöthigt, ilie AVorte: £l\ Tijg eßdofH->.uarijg
v.ai ösmoa^ 'Okvu^Kföo^ zu deuten: in dem Jahre,
wo die Ol. LXXII (einige Blonate sj)Ster) fiel. Allein
Leim J. 260 heisst es ^'I, 34: i^ir/.o<TT(f) y.al fi/ay.o-
oioOToi liivd T/Jr y.rifjiv tre/, ^ithKovari; {/'; tolciiov
Tiji ijjdoiiT-y.oaiiji y.al Öevripac '0\vfJ.Tria.doQ. Hier
ist also die OKnipiadenfeier ivirkiich als bevorstehend
bezeichnet, und hier haben wir den Ausdruck, «eichen
Dion^sins in diesem Talle gebrauchen inusste. Fiel die
Oljmpiadeiifoicr erst im folgenden Jahre und etiva 15
Monate sputer: so sieht man in der That nicht, nie er
diesen Ausdruck hätte gebraurhcn sollen.
4) Das Jahr des Consulates des A. Nero und Cal-
pnrnius Piso ist nach übereinstimmender Annahme aller
Fasten das Jahr 7 v. Chr. Diess niiisste also nach der
1 oraussctzung , dass Rom 752 gegründet «orden sei, das
Jahr 746 a. n. c. sein. Allein Dionys. 1,3 sagt aus-
drücklich , dass von der Gründung bis zu diesem Jahre
74.J Jahre seien: »as notinvendig auf das Jahr 751 vor
Chr. führt.
Ich habe diess vorausgeschickt, >vcil für meinen Be-
weis, dass Livius der Catonischen Aera folge, nicht
nutzlos ist, sich vorher zu überzeugen, dass die l'ar-
ronisrhc nnd Catonische Aera um 2 Jahre dilleriren.
Ich bemerke in Hetrcir der Capitniinischcn Fasten nur
noch im Voraus, dass diese für die Zeit von den ersten
Consnln bis zu ('hr. (j'cb. 2 Jahre mehr haben, als die
Catonische Aera, dagegen für ilie Zeit der Könige 1
«cniger. Das erste Jahr der Consnln ist nämlich hier
244 a. u. r. , während es bei Dionvsius 245 a. u. c. ist,
dagegen ist in den Capitulinischen Fasten das Jahr von
Christi «icliurt 7.')2 a. u. c. :z^ 1 v. Chr., nährend bei
Diony«ius 7.5t a. u. c. rr 1 v. Chr. sein muss.
Um nun auf die Chronologie des Livius und zwar
zunächst auf den Thcil derselben, ivelcher die 4 IJücher,
2 — 5, anbetriilt, zu kommen: so liegen nach der aus-
drückllrlieu Angabe des Dionysius (l, 74) zwischen dem
ersten Consulat und der Verbrennung Ilumg 120 Jahre
dazwischen. Ebenso viele müssten sich also auch bei
Livins finden. Diess ist al)er nicht der Fall: sondern
die .Summe der einzelnen Jahre ist, wenn man sie ein-
zeln zusammenzählt, nur 117. Dessenungeachtet geht aus
V, ,04 hervor, dass Livius 120 Jahre rechnete, denn da-
selbst sagt Camillns in ilcmsciben Jahre, wo Rom durch
die Gallier verbrannt wurde: trecentesimns sexagpsimuj
(juintus annns urbis agitur. Eins der fehlenden Jahre
gewinnt mau, wenn man, wie oben angedeutet wurde,
annimmt, dass das Jahr 24S a. u. c. mit seinen Consuln
an der .Stelle II, 15 nur durch die Schuld der Abschrei-
her ausgefallen sei, worüber die Ausleger zu der Stelle
nachzusehen sind. Da nun auch Sigonius jenes Zeugnis»
über die 120 Jahre gelten lässt: so entsteht nur die
Frage, soll man die bei Dionysius gezählten, bei Livius
aber fehlenden Consulate als von letzterem ausgelassen
ergänzen (es sind diess die Jahre 264 und 265 a. u. c.
bei Dionysius, dessen Zahlen ich vor der Iland immer
meine, wenn ich nicht eine andere Zählung ausdrücklich
bezeichne), oder soll man mit Sigonius eine andere Aus-
hülfe suchen und jene Jahre als von Livius wirklich iiichi
gerechnet ansehen und dagegen annehmen, dass das Con-
sulat des L. A'alerius und IM. Iloratius des Jahres ,3üG
(bei Sigonius natürlich 304) zwei Jahre gedauert und ein
Jahr, das Jahr nach dem Consulat des jN. Fabius Vi-
bnlauus und des T. Quinctius Capitolinus, also nach
334 a. n. c. (bei Sig. nunmehr 333) durch Interregnen
hingebracht worden sei? Die Entscheidung über diese
Frage muss mau natürlich in sonstigi'u Andeutungen der
Art zu rechnen bei Livius selbst suchen. Diese nun
siiiil ganz entschieden gegen Sigonius. Eine dergleichen
findet sich III, 30, wo es heisst, dass unter dem Consu-
lat des Q. 3Iinucius und C. Iloratius Pulvillus im Jahre
207 a. u. c. im 36' Jahre nach den ersten Tribunen
(triccsinio sexto anno a primis tribunis plebis) zum ersten-
mal 10 Tribunen gewählt worden seien. Die ersten Tri-
bunen sind 261 a. u. c. eingesetzt, denn II, 33 heissf
es ausdrücklich, dass die Consuln des Jahres 261 per
secessionem plebis , also vor der Einsetzung der Tribu-
nen angetreten seien. Dem Sigonius ist aber das Jahr
297 nach der obigen Auseinandersetzung 205: wie soll
also das 3li. Jahr herauskomnieu ? Sigonius rechnet frei-
lich, was aber durch jene Stelle II, 33 widerlegt wird,
das Jahr 260 als das Jahr der Einsetzung des Tribunats.
Eine andere Andeutung seiner .4irt zu rechnen gibt Li-
vins an den Stellen III, 33: Anno trecenlesimo alteru,
quam urbs Roma condita erat, iterum mutatur forma ci-
vitatis ab consiilibus ad decemviros, und \V, ~ : Anno
(receutesimo decimo, (juam urbs Roma condita erat, pri-
mum tribiini miiituni pro consulibus magistratum ineuuti
Dem Sigonius ist das erste Jahr der Decemvirn das Jahr
301 a. u. c. : er erklärt daher trecentesimo altero so,
als bedeute es ebenso viel, als trecentesimo prinio, eine
Erklärung, die sehr wunderbar und bereits von Robor-
tcllus und neulich wieder von Laurent (Fasti cunsul.
capit. , Alton. 1833, p. 66 si]«).) widerlegt worden ist.
Diese Erklärung ist nun auch IVranlassuug geivescn,
dass er das zweite Consulat des Ij. A'alerius und !M. Ilo-
ratius erfunden hat, denn zwischen jenen beiden Jahren,
nach ihm 301 und 310 liegen nur 8 Jahre, er musste
aber in Folge jener Erklärung noch ein neuntes hinzu-
fügen. \m\ Allem dem weiss Livius durchaus Nichts.
Im Gegentheil sagt Livius in HetrelV der Consuln des J.
306 ausdrücklich, dass sie nicht wieder gewählt worden
seien (III, 64), und wenn Sigonius darin eine Andeutung
zu seinen Gunsten findet, so kann mau sich darüber nur
629
030
wnmk'rn, da man vielmclir gerade dadiirrli ciuoii hc-
stimniteii Gcgoiibeii eis crliaHcii liat , den man iiiclif so
bei andern Jaliren zu fuhren im Stande sein n iirde.
Aber auch riir,ksi(li<Iirh des Jahres 334 lässf sich weifer
]\iclifs beivcisen, als dass nach des Livius Ausdruck
(IV, 43) maior pars anni über den Interregnen liinge-
gangen sei, keineswegs aber das ganze Jalir. Es sclieint aber
»las ganze System auf einer Voraussetzung zu beruhen,
die keinesivegs zu billigen ist, namlicfi auf der Meinung,
als habe sich Livius riuksiclitlirli der Zaiilcn selbst in
einer grossen Venvirruiig befunden, denn nur unter die-
ser Voraussetzung kann man glauben , dass er jetzt ein
z>veilcs Consulat des L. ^^alerins und M. Iloratius aus-
drücklich verneine und es doch nachlier als vorhanden
rechne, und ilass er das, nas er als maior pars anni bc-
neichnet hat, bald darauf für ein ganzes Jahr annehme.
Diese Voraussetzung macht selbst Mieder eine andere
Voraussetzung nc'ithig, »velche nicht minder univahrscheiu-
lich ist. £s ist nämlich nothig' anzunehmen, dass Liviiig
Zahlungen, die uir besprochen haben, nnil die also
eignen Angaben von ihm widersprechen, irgendwo anders
hergenommen habe, etwa aus den Annalisten, «eiche
wirklich ein Jahr des Interregnums und ein zweites Con-
sulat des L. Valerius U!id M. Iloratius angenommen h.'tt-
fen. So Ware also Livius, so zu sagen, auch in der
Chronologie ein doppelter: wo es freilich um alle Erfor-
schung einer ihm eigentlich zukommenden Chronologie
geschehen wäre.
Wir nehmen dagegen nur an, dass die Feldzügc des
Coriolan und der l^)lske^, die ohnehin selbst nach Aie-
bulir's Zugeständniss, welcher freilich etwas Anderes dar-
aus folgert, in ein Jahr nicht zusamnieiigeilrängt werden
können, sammt den l'organgen derselben bei den Vols-
kcrn, 3 Jahre füllen, statt eines, und dass Livius nur
insofern bei dieser Gelegenlieit nicht ganz genau verfah-
ren ist, sofern er einen Augenblick »ergessen hat, dass
er Annalist ist. Statt n.'inilicli II, 30 zu sagen: ,,^VhIi-
rend dieser ^'organge waren die 2 Consulate des Q. Siil-
plcius und Sp. Lartins und des C. Julius Julus und des
Q. Pinarius verflossen, und jetzt waren schon Sp. Nau-
tius und Sex. Fiirius Consiiln", sagt er nur das Letztere
mit den Worten: Sp. Nautius iam et Sex. Furius consu-
]es erant. So reducirt sich ilie Auslassung der beiden
Consulate zu einer kleinen Wrgesslichkeit und er steht
nicht mehr mit sicli selbst in Widerspruch, wenn fer sie
nachher bei den oHö Jahren mitrechnet. Was die Stel-
len III, 33 und IV, 7 anbetrifft: so passen die dort sich
vorfindenden Zahlen vollkommen, wenn man, da Livius
bei der Erzählung von der Einsetzung des Dcccmvirats
lind dem Antritt der Consnln des Jahres 311 auf der
Schwelle zweier Jahre steht, annimmt, dass er das alte
Jahr, in welchem auch wirklich jene Einrichtung, ge-
nau genommen, getrolFen wurde, reclimit. Für diese
Annahme spricht namentlich , dass bei der Wahl der
Consulartribunen des Jahres 3,ji) a. u. c. dieses Jahr
selbst das folgende (in insequentem annum) genannt wird,
so dass also auch hier Livius, «enn er die Jahre von
Erbauung der Stadt bei der AVahl gezahlt hätte, 3öS
and nicht 35'.) hätte nennen dürfen, s. ^', Jg. Was fer-
ner die Stelle III, 30 anbetrifft, die bei Sigonius gar
nicht passte : so passf diese jetzt vollkommen, wenn man
bei a primis tribunis von ihrem Austritt an rechnet.
Hat man sich nun aber für den Zeitraum bis zum
Gallischen Brand überzeugt, dass Livius der Catonisch-
Dionysischen Aera folge: so entstellt daraus wenigstens
ein starkes PrJijudiz für die Folgezeit. AVir jirüfcii
aber auch hier die sich vorfindenden Merkmale ieiiier
Aera.
Um nun hier zun.'ichst den Standpunkt im Allgemei-
nen zu bestimmen, abgesehen von den Hülfen, die wir
zur Bestimmung einzelner Consularjalire brauchen: so sind
wir jetzt vorzugsweise an die freilich nur unvollständig
erhaltenen l'^asti Capitiilini gewiesen. Ans diesen ist
jedoch so viel mit Bestimmtheit zu erkennen, dass sie im
Jahre des Gallischen Brandes, den sie 3()3 a. ii. c. an-
setzen, gegen die Catonisch-Uionvsischc Aera um 2 Jahre
zurück sind, was sich daraus erklärt, dass sie die Dauer
iier Herrschaft der Konige nur zu 243 Jahren (s. oben)
und das Decemvirat nicht volle 3 Jahre rechnen, indem
sie in dem Verlauf des 3- Jahres <lie neuen Consulu ein-
treten lassen, die dann auch nur bis zum Ende desselben
im Amte bleiben: wodurch wieder ein Jahr verloren geht.
Dagegen setzen sie 1 v. Chr. zzi Ib'l a. u. c, wie eben-
falls schon oben bemerkt wurde, und sind also hier der
Catonisch - Dionysischen Aera um 1 Jahr voraus, woraus
sich ergibt, dass sie zwischen dem Gallischen Brande
und Christi Geburt 3 Jahre mehr haben müssen , als
jene Aera. Kun finden sich allerdings 3 Jahre mehr,
inilcm 3 Jahre nach ihnen ohne Consnln sind, so dass
sie nnr durch Dictaturen ausgefüllt werden. Diess sind
ilic Jahre 420, 444, 4)2 a. u. c. der Fasten. *) Diese
3 Jahre werden bei Livius mit zu den vorhergchendeu
Consularjahren gezählt. Lasst sich nun beweisen , dass
Livius ebenso, wie er jene 3 Jahre niclil hat (was wie-
derum an sich schon ein Präjudiz erwartet) , so in den
übrigen Consularjahren mit den Fasten übereinstimmt, so
haben »vir unsern Zweck errciiht: denn dann ergibt sich
für Livius das Jahr 7Ö1 := Ol. \\l, 1 , d. i. das Cato-
nisclie Jaiir, als das der Gründung Roms. W^r fragen
also, ob die sich vorfindenden Jalireszalilen stimmen.
Das Jahr der Consnln Sulpicius Pcticus III. un<l iIcs
31. A'^alcrius Pnblicola ist in den Fastis Capitolinis 398
a. u. c. Ist unsere Annahme richtig, so muss es bei
Livius 40U a. u. c. sein. Als sulihes wird es ausdrück-
lich VII, l.S bezeichnet, und selbst auch hinzugesetzt,
dass dieses Jahr das 3.J. Jahr sei „(luani a Gallis reci-
\>ei/ita (urbs Romaiia)", was ebenfalls voUkomnien passt.
Von da sind bis zum Consulat des IM. l'alerius Corvus
III. und A. Cornelius Cossus in den Fasten und bei Li-
vius 12 Consularjalire, dieses Jahr muss also in <len
Fasten 4lU a. u. c, bei Livius 4l2 a. u. c. sein. Dar-
auf ist das Jahr der Consnln Q. Fabius Maxiinus V.
und P. Decius Mus I'l". in den Fasten 458 a. u. c.
Zwischen 410 und 458 liegen jene 3 Jahre mitten innc,
welche die Fasten mehr haben, nunmehr nuiss also,
wenn Alles treffen soll, Livius 1 Jahr zurück sein und
*■) Für die b-l/lcrn hriilen Jalire ergibt sich dicss nus den
erlialiencn Woricn der Fasten: aber auch bei 429 lehrt
es eine leiclilc Sclilussfülge von selbst.
€13
632
457 a. K. r. rrcTim-n. Dioss ist aiidi genau ilir Fall.
Dt'iiii es lipisät im Jaliro jener Consiilii X, ;il: Sii|)erstliit
<><iaiiiiiuiic Saiiiiiilimii lirlla, (jiiae ri>iitiiiiia per (jiiartiiiii
iaiii voliiiiieii aniiiiiii.jiii- sextiiiii et (iiiadragr^iiiiiiiu a M.
Valcri« A. Coriielio ("nsiilibiis, ijiii priiui Saiiiiiio arina
iiitiileruiit , a;;iruns. M'ir haben sünach 4Ö zu 412 zu
aililiren, was (las Jahr 4.')? richtig: \;'iUt.
Da lim nun an die Jahre lor Christi Geburt in allen
Aereii, nur die des Sijfonins ausgenommen, i'ibereinstira-
inen: so bezeichne ieli die Jalire nunmehr meist der
Kiir/e wegen nach den Zahlen jener. Leider bietet uns
nun aber Liiins keine brauchbare Jahreszalil melir: <lenn
die XWI, l und 5 sich vorfindenden sind, «ie von
Allen /ujfegeben «iril, in ilen Handschriften verdorben
un<l daher von Jedem geändert worden, wie es sein Sy-
stem verlangte. Das Jahr 26i a- Chr. muss nach unse-
rer .4nsicht bei Livius 4SS a. n. r. sein oder zwischen
ihm und dem Jahre der (inindung müssen 4fS7 Jahre
mitten inne liefjen. Allein XXXI, l steht in den Uand-
schrifteii: CC'CCL\X^■IH aniii a roiidita urbe ad Aj)-
pium flandium, wo es also ("CfCLWXVII heisscn
nii'isste , was nach Thom. Ilearne's Versicherung wirklich
in einigen Handschriften stehen soll und >\ eiiij^stens
ebenso leicht oder noch leichter in CCCCLXW'Ill ror-
rumjiirt werden konnte, als des .Sigonius CfX'CL.WXVf.
Das Jahr 200 v. Chr. muss nach unserer Ansidit .552
sein, dafür steht aber XXXF, 5: anno (juingentesimo
quadragesiino , was also olFenbar auch coirninpirt ist.
SVas die chronologische Seh« ierigkeit der .Stelle X\^'H,
3j betrifft (s. Idcler ,S. 170): so lictrillt dicsp unsere
Frage nicht, <la sie von der Bestimmung der Aera durch-
aus unabhängig ist. Sonach sind wir allerdings jenseits
des Jahres 4.^7 a. u. c. , 2').'> v. Chr. ohne bestimmte
Merkmale der Livianisclien Chronologie. Wenn wir aber
jonacli seit dieser Zi'it Nichts fnr meine Annaliine in
Liviiis finden (obwohl ich weiter unten noch eine Stelle
aus diMi K[)iti)men für sie beibringen werde, die sich
• pater besser behandeln lassen wirdj: so findet sich doch
auch Nichts dagegen, und es reicht nur einstweilen hin,
wenn man sich überzeugen l;isst, dass, wenn bis 4.) 7 a. u. e,
einige Jahre bei Livius sich ein/ein nicht linden, diess
nicht ^iim (legenbcw eis dii-nen kann, sondern dass man
vielmehr, wie oben, annehmen muss, ilass er sie, weil
sich in ihnen nichts Bemerkenswerthes zu erzühlen vor-
fand, im Augenblick anzuzeigen vergessen habe, ohne sie
jedoch in seinem chronologischen Systeme zu übergehen.*)
*} l'rn diese kleine ann.ilisli-chc Siinde slaiiKlicher in m.'i-
clien . bemerke icli licilunni! , d.i$s Livliii .lucli sonst als
Annalist bisweilen freier v. rfalirl. Su li.it er II, .3.5 ilie
Kizililiin;; von der secessio plebi* sclioii zu Ende celir.iclil,
lind beiiiei'kt erst 9|i:iler , dass uabreod dersclljeii ilie
neiico Consuln ilir Anil angetreten li.ilteii. Su bleibt es
auch immer, selbst von Jen 2 eiiuiiicliiebenilen Consii-
Uirn .nb^esclien. eine .inii:iliilisclie l'iednit, wenn er
II, 30 nur beil.iu'ig bemerkt, d.ns, wiibiend das Alles
Kesclielicn. schon Sp. Nautiiis und Sex. Fiirim Consuln
gewesen seien. .\iicli m«!- hier bemerkt werden . iNiss
Liviii^i öberliiiipt nur /.weinial Conäiilale nennt , iiber die
ticb gar Nicliti zu bciicliteii Vorland, II, 1!/ J I .
Die übergangenen Jahre sind da< J. 379 a. u. c. (in den
Fa.st. Cap. also .■>77), dessen Cunsulartribiiiien VI, 34
hi'ltten geiianni werden müssen, die wir jetzt zum gros-
sen Theil aus Diodor. W, 7| kennen (dass Livius sie
hier nur zu nennen vergessen, geht aus VI, 39 hervor,
wo er von C. Licinius [Cahus] sagt, dass er Consular-
tribun genesen sei, »vas er nur in jenem Jahr gewesen
sein kann) und d-is Jahr 422 a. u. c. (in den Fasten also
420). Die Consuln des letzteren Jahres hatten VIII, 17
genannt werden müssen.
Sigonius hat, durch die obige Stelle gezwungen, dat
Jahr 4.J7 a. u. r. richtig: er ergänzt aber die 'J fehlen-
den Jahre dadurch, dass er annimmt, Camillus habe die
Dictatur von der 31itte t\es Jahres 365 (ilenn in der
Mitte dieses Jahres muss er die Dictatur angetreten
haben, da damals das Jahr den 1. Juli begann, s. Liv.
V, 32, und die Niederlage an der Allia kurz nach dem
Antritt der Consulartribunen erfolgte, worauf alsdann die
Gallier die Burg 7 .Monate belagerten, s. Plut. Cam. 28,
während welcher Zeit Camillus zum Dictator ernannt
wurde) bis zu Ende des Jahres 366 geführt , also etwa
1 '/j Jahre, was ganz unerhört ist. Er folgert diess aus
VI, 1: neijue enm abdic.ire sc dictatura nisi anno circum-
acto passi sunt: was aber ofl'enbar nur liei.sst, da.ss sie
ihn nicht vor Ablauf des Jahres 36.5 abdanken liesseii,
da allerdings der Zweck seiner Ernennung mit der ^'er-
Ireibung der Gallier erreicht war und die Sitte sonach
schon jetzt seine Abdankung verlangte. Das zweite Jahr
ergi'inzt er wieder durch Interregnen, nämlich das Jahr
422, auf die Stelle ^111, 17 gestützt, wo es allerdings
lieisst: res ad interregnum rediit. .4llciu es heisst eben-
dasellist, was er nicht mit anführt, dass durch den lö-
Interre.x, also nach Verlauf von 75 Tagen, neue Con-
suln geH.'ihlt worden seien , woraus liervorgeht, dass Li-
vius anders rechnete, wahrend es doch jetzt, was man
nie aus den Augen verlieren darf, nur auf die Chrono-
logie des Livius ankommt.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Mise eilen.
BresLin. Wir weisen auf folgen. Ie iin J.ibre 18.58 und
18.^9 hier erschienenen Disputationen bin- 1) Kiid. /in/ji'si/i:
De /leschjleae /l^amemnoiiis canlico lertio "32 S. Ö. JjHini.
ffuilke: De Thurj diele scii/i lote lielti pth'pnnnesiaii 48 J". 8.
3) J. ScoslukoU'sl,i: Ve muiidi piincipiis secuniliiin Platnneiii.
50 S. 8. 4) Ant. Becker: Obseivalionuin in Seriptnves hi>ln-
jiae /liii^iistae crilieui um p. I. 52 S. S 5; J Schiint/l: Juaii-
nes l'iinus , Sai i-thei iensis , t/unnioilo iiiter aequales aniiquii-
riini liteiartim studio excelltiuil. 82 S. 8.
Naumburg. Zu der olfentliclien Pniliing sanimllielier
Cbssrn des DooiRyninasiums am 18 — 21 März lud Reitor
Fortsc li du ich ein Prograinm ein, Hfelcliem ..das Bnichstiick einer
Vcrdeiitscbung des Phtonisclien Dialogs Tiiiiaios vom Coiirci tur
M. Schmiilttr nebst Aniiierkiinsen liei;,'c(iigt ist. Das Gymna-
sium wird von Mb Scliiilcrn besucht.
Bopp.ir.l. Am 9 Juni starb Peter Anton Kopp, seil
Ij J.iliieii Dircct. des dort. Pro.i^jmnasiunis , 4ä J. alt.
Zeitschrift
für die
Alt er thu ms Wissenschaft.
Freitag j 5- Juli
18 39.
Nr. 80.
UeLcr die Ciironologie des Livius.
(Beschluss. )
Bis 457 a. n. c. besteht also die Ab\>cichung des
Sigoiiius darin, dass er die Lei Livius eiiizelu iiirht ge-
nannten Jahre anders ergänzt, und in diesem Jahre ist,
wie wir geseiien haben, die Summe wenigstens dieselbe.
Nun lasst er aber noch 2 Consulate aus, nämlich die
Jahre 483 und 4S~ a- "• c. , so dass bei ihm auf 482
a. u. c. sogleich das Jahr 484 als 483, «nd auf 486,
was bei ilim nunmehr 485 ist, sogleicli das Jahr 488
folgt, llieriiber kann ich sehr kurz sein. Er thnt diess
nämlich rorziiglich auf die Aucforit.'it des Cassiodorus.
Allein es ist bekannt, auf welchem unsicheren Boden
wir hier stehen. Ich will die vielen Abweichungen vor.
L/ivins, soweit uns dieser erhalten ist, nicht nennen: nur
Eins will ich hervorheben , was mir bemcrkenswcrtii
scheint. Sigonius ist nämlich selbst, um sich nicht ganz
zu verwirren, gcnothigt worden, ein Jahr hinzuzufügen,
da Cassioilor die Consulatc der Jahre 66 und 65 v. Chr.
in eins zusammenzieht, indem er, statt die Consuln zweier
Jahre, M. Lepidus und L. Voliatins, L. Cotta und L.
Torquatus, zu nennen, nnr IM. Lepidus und L. Tonjua-
tus nennt. Eine Stelle aus den Epitomen , die er für
sich anwendet und der man allerdings wenigstens mehr
Beweiskraft zugestehen müssto, als dem Cassiodor, wenn
sie wirklich für ihn bewiese, dient vielmehr unserer
Ansicht zur Bestätigung. Der dritte punische Krieg wird
150 V. Chr. angefangen und 14(i v. Chr. beendigt. Das
sind also nach der Dionjsisch-Catonischen Aera ilie Jahre
602 und 606 a. u. c. , und so sind die Jahre auch Epi-
tom. lib. XLIX angegeben, wo es heisst: Tertii Punici
belli initium altero et sexcentesimo anno ab Urbe con-
dita , intra quintum anuum , quam erat coeptum consum-
niati: eine Stelle, die nicht deutlicher sein kann. Dem
Sigonius ist das Jahr 150 = 600 a. u. c., 146 =: 604.
Er muss also, um diese Stelle in sein Svstem zu zwan-
gen, erstens für den Anfang des Kriegs das Jahr l49
V. Chr. nehmen, während doch Livius ausdrücklich sagt,
nass er erst intra quintum annum beendigt worden sei,
und zweitens muss er altero »vicder für primo nehmen.
Auch geht aus dem Zusammenhange Iiervor, dass an
jener Stelle nicht von dem Jahre, wo die Consuln L. Mar-
tins un<l 31' HJaiülius nach Afrika übersetzten, sondern
von dem , wo in dem Senat den Carthagern der Krieg
angekündigt wurde, also von dem J. 150 v. Chr. die Rede ist.
Ist mir nun mein Beweis gelungen, und ich sehe iu
der That Nichts, was einen Anstoss geben konnte, als
die Stellen II, 33- HI, 33. IV, 7, v/o mir derselbe aber
auch durch die obigen Bemerkungen geiioben zu sein
scheint: so entspringt dara'.is für die Uebersichtlichkeit
der römischen Chronologie übcriiaupt ein nicht geringer
Gewinn. Wenn nämlich die Fasti Capifolini , welche,
wie sie in den verschiedenen Ausgaben vorliefjen , zum
nicht geringen Theil aus den aufgefundenen üeberresten
der alten, wahrscheinlich aus Julius Cäsar's Zeit verfer-
tigten Fasten, zum andern Theil aus den überall in den
Alten zerstreuten Nachrichten zusammengesetzt sind, wcna
diese, sage ich, in Folge der oben angegebenen Abwei-
chungen in der Zeit zwischen dem ersten Consulat und
Christi Geburt 2 Jalirc mehr haben, als die Catonisch-
Livisch- Dionysische Aera, und wenn diese 2 Jahre sich
aus der Vergleichung bestimmt ergeben : so steht Nichts
im Wege, wie sclion Niebuhr zu thun geneigt ist, an-
zunehmen, dass die Fasten die Eintheilung der Jahre
nach der Varronischen Aera repräscntiren , wo man dann
nur immer festhalten muss, dass die Fasten für die Zeit
der Könige 1 Jahr zu wenig rechnen, und es ergibt sich
das A'erhältniss der beiden Acren durch Dionysius und
Livius genau genug, so dass mau für jedes Jahr bestimmt
anzugeben weiss, das wievielste es in beiden Acren ist.
Man darf nicht cimvenden, dass nicht bewiesen werden
könne, dass A'arro und Cato die Rechnung nach den
einzelnen Jahren wirklich so gemacht hätten. Ich habe
schon oben bemerkt, dass diess in der That kaum an-
zunehmen ist. Es handelt sich nur darum , die chrono-
logischen Daten wirklich auf die eine oder die andere
Aera zurückzuführen und dadurch die Uebersicht über
die gesammte römische Chronologie zu erleichtern.
Es bleibt nun noch ein schwieriger, von Niebuhr mit
gewohntem Scharfsinn angeregter Punkt übrig, der aber,
das Resultat mag ausfallen, wie es will, das bisher Be-
wiesene nicht umstossen kann, während er dagegen, za
unsern Gunsten entschieden, die bisherigen Beweisgründe
nicht wenig zu verstärken geeignet ist. Niebuhr sucht
nämlich die Chronologie des Sigonius dadurch zu unter-
stützen, dass er die Voraussetzung, welche, wie wir oben
gesehen, schon bei Sigonius zu machen ist, klar aus-
spricht, dass Livius in seinen Jahreszahlen, wie in den
einzelnen Consularjahren uiibewusst einem richtigen Sy-
stem folge , das nur eben wegeu seiner Unkenntniss bei
ihm nicht ganz klar hervortrete. Nach diesem System
635
6i6
jrpl.r r-» «Piii'^iT Coii>iil.ir -, .il-i Soiinpiijalire , und dipss
iiiii M'iii-i!i Krclit, «iril joilrs Coiisiilarjalir ein volles
.Somiiujalir cnllialtrn liabiMi müsse niiil zi\ isrhen den eiii-
zeliiiMi ConsulatPii niili« selten Interregnen fielen, die im
Ganzen mehrere Jahre ansj;cfiillt hatten, «eiche Jahre
mau also, um die richtife Zahl iler Sonneiijahre zu ije-
wirinen, zu ilen Consularjahreii hin/.iifüsen niiisse. iVie-
buhr erkl.irt liierdiircli auch den Ausfall der iHagistrafs-
jahre vahreiid des Streites üher die Licinischcn Gesetze.
3Inn sieht leicht, dass dieser IJeueis mit dem Satze
steht und fallt, dass die Consuln immer ilir volles Jahr
rej.'icrt hätten, «elclier Satz sich bei Kiebuhr, R. G. Th.
1. S. '2\}4- ■'^"'^n- •> findet. Aieliuhr beweist diesen Satz
ni<ht, sondcru bemerkt nur dazu: „Sonst «are ihnen
nullt gehalten worden, »as die Formel ihrer Wahl ver-
sprach: ut <]ui optinio iure facti sint." Wir sind also
^eiiüthi|;t, den Beiteis zu substituircu , um ihn alsdann
zu prüfen. Ich «üsste aber keinen andern einigermaas-
sea scheinbaren, als dcu aus Livius VllI, 3 zu eiif neh-
menden, wo es heisst: religio incessit ab eis, quorum
iniroinutum Imperium esset, comitia haben. Hier ist
nämlich von Consuln die Rede, welche genöthigt worden
sind, vor der Zeit abzudanken, und da scheint aus dem
Ausdrurk imminafum imperium und aus dem Umstand,
dass man sich scheut, die Comifien \ou ihnen halten zu
lassen, hervorzugehen, dass es Regel war, dass das im-
perium soust ein volles Jahr dauerte. Allein es scheint
auch nur so. Die Sache verhält sich vielmehr folgender-
maassen : Es gab in verschiedenen Perioden feststehende
Termine für den Antritt der Consuln (daher auch der
bei Livius so häufige Ausdruck dies solennis , III, 36.
^ , 11 der bei !NieLuhr's Ansicht, wo die Zeit des
Antritts fast jährlich hätte wechseln müssen, ganz un-
statthaft wäre): wenn nun die vorhergehenden Consuln
an diesem Tage niederlegten und die neuen vorher ge-
wählt waren, so. dass sie sogleich antreten konnten, so
behielten die letzteren ihr Amt ihr volles Jahr. War
diess aber nicht der Fall und wurde die AVahl erst durch
einen Dictator oiler durch Interregen bewerkstelligt: so
VI 111 de ihnen die Zwischenzeit mit angerechnet, und das
iuslum tempns ihres Abtritts blieb immer jener Termin.
Kur, wenn sie vor diesem Termin, nicht, wenn sie, wie
diess ebenso oft geschah , als lufcrregiieu staltfanden, vor
Ablauf des Soniiciijahres seit ihrem wirklichen Antritt,
abdanken mussten : galt ihr imperium für iniminutum.
Jener Termin hat allerdings öfters gewechselt: er ist aber
nicht minder häufig «lurch die früliere Abdankung der
Consuln zurückgeschoben, als durch andere Umstände
vorgerückt worden: so dass allen Spuren nach auf diese
Art nicht ein Jahr, geschweige denn mehrere gleichsam
verloren gegangen sind.
W ir verfolgen zunächst die Spuren bei Dion\sius und
Livius, um zu sehen, ob sie für Aicbiihr oder für meine
Ansicht sprechen: wo ich sogleich bemerke, dass Dio-
nvsius und Livius genau ribercinstimmen, was ihrem Zeug-
uigs einen bedeutend höhern Werth gibt.
Das erste Consulat beginnt 4 flionale vor dem Ablauf
des '.^44. Jahres a. u. c, also im Januar oder Dcccmber
»orher, s. Dionjs. V, 1. Der Termin wird im J. 2til
bis auf ilie Kalendcn des September zurückgerückt ,
s. ebcnd. ^T, 4ii: oiTonzaQO.Latjüvriq xijv aoXt\v ■/,('.-
kdvdaj'i \^E7lTiiiß^iui^ , duTTOV r, zoiq ^^(tuTlooi.
tdoi r,v :, im Jahre 27iS wieder etwa um einen Alonat,
s. ebenil. IX, 2ö: ■kEoI Tui dsQivag ^aklaxa rpoTlc/j
Sctri/Jüv fUTpoi TiaoaKaiifjavoi'ai zfiv v':i(i.TEiav.
Und so erklärt sich der erste Termin bei Livius III, ti :
calendis Sextilibus für das Jahr 2')1 und findet sogleich
seine Restäligiiiig. Es geht übrigens aus dem Gesagten
hervor, dass, wenn der Antritt für das Jahr 246 'ier
Monate vor dem eigentlichen Beginn dieses Jahres , dem
21- April, folgte, sonach auch der jetzige Anfang des
Consnlarjahres '2}.)\ eigentlich der 1. August ror i\f\n
ersten Tage des Jahres 2)1 ist. Im folgenden Jahre
zeigt sich eine geringe 1 eränderung des Termins Liv.
III, 8: L. LucretiHs Tricipitinus et T. ^^eturius Gemiiins
— ante dleni III idus Sextiles consulatiim inennt. Da-
gegen sind die Idcn des 3Iai der übliche Termin ^ur
Zeit der Decemvirn, s- Liv. III, ^^^. 38. üiouvs. X, ö'.l,
und auch hier findet sich der Beweis, dass der Termin
znrück- und nicht vorgerückt wurde. Die Consuln des
Jahres 302 treten nämlich ihr Amt vor dem Ablauf ihrer
Zeit ab: rrpt»i/«T£^- düXa.i(jioLa iToWiJ) xd%u)v j; toA;
■y^^ÖTünov tlht:, r,v (Dioiiys. X, 54), und zwar aus dem
Grunde, weil sie die Decemvirn nicht wählen lassen
wollen, was dann die neuerwahlten Consuln sogleich thun.
Bis hierher ergänzen und erklären sich also Livius und
Dionysius gegenseitig. Von nun an sind wir freilich von
Dionjsius verlassen. Im Jahre 332 sind die Iden de»
Decembcr der gesetzliche Termin, s. Liv. IV, 37 und
es ist vielleicht iler Termin wieder auf den wahrschein-
lich ursprünglichen bei der Herstellung des Consulats
nach dem Decemvirat hinausgeschoben worden. Im Jahre
353 geht er wieder um mehr als 3 Monate zurück,
8. Liv. \\ 9: Primores patriim, sive culpa sive infelicitate
imperatorum taiu ignominiosa clades arcepfa esset, cen-
suere non cxspectanilum iustum tenipus comitiorum, serl
extemplo novos tribunos militum creandos esse, qui ca-
lendis Octobribus niagistratum occiperent, vergl. Cap. 11,
und noch weiter geht er im Jahre 357 zurück. Dort
müssen nämlich wiederum die Consuln oder vielmehr
Consulartribunen vor der Zeit abdanken, s. Liv. V, 17,
wo man nicht etwa denken darf, dass für dasselbe Jahr
andere, als ihre Stellvertreter gewählt worden wären,
denn es heisst Cap. 18 bei der Wahl ausdrücklich: in
insequentcm annuni. Daher erscheinen nun auch im Jahr
364 als Termin die Calenden des Juli, s. V, 32, wel-
cher Termin auch im J. 426 wiederkehrt, s. VIII, 20-
Darauf scheint er nach und nach bis zum 5. März vor-
gerückt worden zu sein : denn dieser Termin findet sich
Liv. XXII, 1. XXVI, 1. XXXII, 1, in den Jahren
535, 541, 55) a. u. c. Zwischen diesen Jahren findet
sich nur eine Andeutung über den Antritt im J. 457,
wo Fabins, gleich nachdem er Consul geworden, zu
seinem Heer abreist, worauf es X, 25 heisst: Fiebant
autem itinera quanta fieri sinebat hiems hauddum exacta.
Hier miichto man etwa den December als Zeit des An-
tritts annehmen, womit auch die sonstigen Andeutungen
über die Jahreszeit übereinstimmen. So wäre also seit
6i8
535 licr Toriniii jjpgfii «leii nrsiiriitifflic lipn iiui 2 — 3 Mo-
nate vorijcriickt. So loliaiqitpt sich der Tpriiiiii liis
51)9 a. u. c. Zu diesem Jalire lieisst es ii,'iinliili lici
Cassiodor : Ili primi ronsiiles (Q. Fiiliiiis et T. Aiiiiids}
Calciidis Janiiariis niagistratiim iiiieriiiit proptcr subitiim
Celtiberiae bellum, ho also die Coiisiila des vorhergehen-
den Jahres «ieder einmal wegen plötzlich cintretemlen
Krieges lor dem Termin abtreten müssen. Dieser Ter-
min bleibt nun fest stellen.
Es licssen sich nun noch inancbo allgemeine Gründe
o-egen Niebubr's Voraussetzung anführen. Wenn er z. B.
nicht wird 1,'iugnen können, dass in der spätem Zeit
gchon seit der Festsetzung der Iden des Miirz, welche
uach Ideler ( IF, 147) noch früher als 535 erfolgte, noch
mehr aber, seitdem die Consuln regelmässig am 1. Januar
antraten, die Consuln bei einfretcn<len Interregnen um
einen Theil ihres Jahres zu kurz kamen: warum bleiben
diese doch immer optimo iure facti und nicht auch die
früheren? Ferner, wie steht es mit den consules suflecti,
Ton denen bekanntlich einer so kurze Zeit im Amt blieb,
dass er nach Circro's scherzhafter Aeusserung (ad Fam.
VH, 30) während seiner ganzen Regierung den .Schlaf
nicht sah? Doch genügt es, nachgewiesen zu haben, dass
Lirius auch von dieser Seite der Betrachtung weit ent-
fernt ist , die Annahme zu unterstützen , dass nur ir-
gend ein Jahr, geschweige mehrere mit Interregnen hinge-
bracht worden wären. Die Ernennung von Dictatoren
clavi figcndi causa bleibt dabei immer erklärt (denn auch
hierauf legt Äiebuhr grosses fiewiclit): die Veranlassung
dazu ergab sich, wenn die Iden des September in die
Interregnen fielen, oder wenn beide Consuln im Kriege
abwesend waren. Sonst that es ja immer einer der
Consuln. *)
Zum Schluss bemerke ich nur noch , dass durch die
letzte Beweisführung noch das vorzüglichste Argument
für die Annahme des Jahres 762 a. Chr. als Gründungs-
jalir Roms nach der Catonisch - Dionysischen Aera weg-
fällt. Ideler entscheidet sich nämlich vorzüglich aus dem
(jrunde dafür, ivcil Dionysius wahrscheinlich an der Stelle
V, 1 bei der Bestimmung des Regierungsantritts der er-
sten Consuln sich sogleich nach der Zeit gerichtet habe,
wo durch Vorrücken des Termins dieser Antritt über die
Zeit der Olympischen Spiele hinausgeschoben worden sei,
so dass er diess als schon jetzt geschehen angenommen
habe. AVir haben dagegen gesehen, dass dieser Termin
ebensooft zurück-, als vorgeschoben wurde, und dass der
zuletzt beibehaltene von dem ursprünglichen wenig oder
gar nicht verschieden ist.
Meiningen, C. Peter.
*) Liv.VII, 2: lex velusta est pi-iscis literis veibisqiie scripta,
ut qui praetor m.iximus sit (d h. der voinelimere, dem
ersten Stanjnie augeböiige Consul), iJibiis Septembribiis
darum figat.
Bruchstücke aus vir^ilischen Allcrliiuinerri. * )
II. Der Schild.
Der Scliild >var bei den Alten die vornehmste Scbutz-
walTe , weil so manche Tlieile des Korpers einer geliöri-
gen schützenden Bedeckung ermangelten. Der Punzer
der heroischen Zeit ging nicht, wie der spätere .Schup-
penpaiizer oder wie die Harnische des Mittelalters über
die Schenkel hin, sondern hier sowohl, wie am Halse
und an den Armen war der homerische Ilcld jedem An-
griffe blossgesiellt. Des Sciiildes breiter Bauch schützt
daher, wie Tvrtäos sagt, die Hüften und Schienen lon
Unten, die Brust zugleich und die .Schnltern. Es kom-
men aber nur zwei Bezeichnungen für den Schild bei
Homer vor (jijyii^ nn«l (xOTll(;, während sich bei den Rö-
mern eine ganze Reihe, wie ctipeus, scutuni, parma n. n. w.
vorfindet, welclie Virgil fast alle aufgenonimeu und wo-
durch er die alte Einfachheit des homerischen Zusfaiides
in den Reichthum seiner Zeit umgewandelt hat. Uebor-
zcugt, dass diese Arten alle entweder in Gestalt oder
Grösse sich unterscheiden, handeln wir zuerst vom
clipeus.
Dieser ist der den virgilischen Helden am gewöhn-
lichsten beigegebene Schild. Der Dichter denkt ihn si<h
ohne Zweifel, wie Homer die «rrrfi'g, als kreisrund.
Darauf leitet die Stelle der Aen. III, 637. hin, wo sie
das eine grosse Auge des Cyclopcn ausbrennen, welches
auf der Stirne haftet : Argolici clipei itut I'lioeleae tam-
padis instar. Hier deutet die Zusammenstellung des
argolischen Schildes mit der Sonne darauf hin, dass A'^ir-
gil sich den ersteren kreisrund denkt, ein Umstand, der
auch aus andern Zeugnissen bekannt ist. Die zweite
Eigenschaft, die der virgilische clipeus besitzt, ist, dass
er gleich dem homerischen aus Stierhäuten besteht; darum
wird statt Schild Aen. IX, 706. der Ausdruck duo lau-
rea terga d. h. ein Schild, der aus zwei Lagen von
Leder besteht, gesetzt; durch diese, sowie durcli den
Panzer dringt das Gcschoss. Dass hier ein clipeus ge-
meint sei , zeigt V. 709; et clipeum super intonat ingens.
Aber nicht allein zwei Lagen , sondern einen Schild mit
sieben Häuten, wie bei Homer der Telamonier Ajas, hat
Turnus Aen. XII, 925- Die Lanze des Aeneas dringt
durch den Panzer und durch sämmtliche Kreise des sie-
benfachgefalleten Schildes : et clipei exlremos septempti-
cis orhes. Aber verschieden sind diese Lagen doch wieder
vim Homer, Dieser erwähnt bloss Leder und Erz. V^irgil
fügt an einer Stelle noch Eisen hinzu, Aen. X, 482, wo
der Schild des Pallas gemeint ist:
— — At clipeum, tot ferri tergn, tot aeris
Quum pellis toties ubeat circumdata tauri.
Statt des ^Eisens hat er an einer dritten Stelle Leinen
Aen. X, 7ö3 , "o '1'*' Lanze des Aeneas in den Schilil
des Mezentius fährt:
— — lila per orbevt
Aere cavum triplici, per linea terga, triiusi/ue
Transiit intextum tauris opus.
*) Man vergleiche »das röniisclic Haus in der AenfiS" in
dieser Zeitschr 1838. ^r. 71 und 72.
639
640
Dieses erklärt Senilis so, als ob man auf <lie .liisscre
l'l;iilie des Srliililes das L.'iiieii aniji'fii^'t hiitte , «lamif
lue -Tlalcrei darauf liafle. Allein, imili den Worieu des
Dicliters zu iirtheileii , isf diess selir iiiiwahrsclieiiiücli ;
denn die Lanze ^elit zuerst durch das Erz, dann durch
das Leinen un<l zuletzt durch das Leiler. Wenn man
F.uiUi'tne auf einem solchen .Scliilde anbrachte, so rer-
klebte man das Erz i;eH iss nicht durcli Leinen, sondern
es «ar crhobeno Arbeit in diesem Metall selbst. Und
dieses bringt uns auf einen interessanten Punkt der alten
Kuiist^'esciiichtc.
Die Veranlassung nämlich, den Schild in der eben
angegebenen AVeise zu srliinucken, lag' in einer uralten
Sitte, «eiche llerodot den Kariern zuschreibt, «onach
man besonders die 3Iitte desselben mit symbolischen Be-
zeichnungen versah. So sagt uns Homer II. XI, 36,
dass auf dem Schilde des Agamemnon die h ildblickendo
Gorgo zu sehen war, und um sie Grauen und Schrecken,
jjeiuu4 TS CPo/i'o; rf; auf dem -Silbergeiienk »var ein
bläulicher Drache abgebildet mit drei Köpfen, die aus
Einem Halse hervorkamen. Ein Drache «ar auch dem
Alenclaos als ein göttliches Zeichen in Anlis erschienen,
und Pausanias X, 26. §• !• sagt ausdrücklich, er habe
dcsshalb in einem Gemälde der Lesche zu Delphi einen
Drachen auf dem Schilde: J/sieKaoj Si daittda ixovtt
douy.viv enl ifj derl-idi iav'iv iiQyutjuBvo^ tov iv
AvKidi iparEvzoi ixl tou isot'ioii rioutoi ivBv.a.
>'ach demselben Pausanias hatte Idonicneus einen Hahn
auf seinem Schilde. Vergl. X, 2b- §• 5 > wo von dem
grossen Weiligeschenk der Achüer m Oljmpia die Rede
ist, welches Onatas verfertigt hatte. Pausanias bemerkt,
dass Idomeneus als Abkömmling des Helios dieses Sym-
bol trug; der Halin sei dem Helios heilig', weil er sei-
nen Aufgang verkünde. In ,'ilinlichcr AVeise sollte der
Drache auf dem Schilde, welcher Epaminondas Grabmal
in der Xahe von 3Iaiitiiiea schmückte, die Herkunft des-
selben andeuten. Epaminondas leitete nämlich sein Ge-
schlecht als autochthoner Thebaner von den iTrraoToi
ab, die aus den Drachenzühncn entstanden, welche
Kadmus gesaet hatte. Vergl. Paiisan. \IU , 11. ^. ö-
Einen Drachen führte auch der 31örder des Lvsandcr im
Schilde, Sparlanns eine 3lücke, die nicht grösser war,
als sie in der Natur i\i sein pflegen, um, wie er sagte,
seine Gegner so nahe zu haben, dass diese sein Ab-
zeichen erkennen könnten. Auf einer etrusciscbcn Vase
in Iiighirami galleria Omerica YqX. \. tav. 2öö. erscheint
Aeneas mit einem Löwen im Schilde. Alkibiades führte
nach Plnfarch einen blitzscbleudernden Eros, Lvkurgos
einen Dreizack. Die Sikynnicr schrieben nach Xeiioph.
U. G. IV, 4, 10. den Biicbstaben I auf ihre Schilde.
>ach riin. >. IL XXXV, 4. brachte man auch Portraite
als Schmuek an.
Diese Sitte also, die nicht allein durch das ganze
griechische, fir>mlern, wie es scheint, auch durch das
italische Altertlium hindurchgeht, erklärt diejenigen vir-
gilischen Stellen, worin von einem solchen Abzeiihen die
Kede ist, z. B. II, 3^2: clipeique insisne decuvunt.
VII, Cö7: J' l o
— — clipeofjiie insigiie palernum
Centum angues ciiictaini[ue gevit aerpe/itüus Ilydram.
Dieselbe Sitte erklärt aber auch das Bildwerk auf dem
grossen von V'ulcan verfertigten Schilde. Auch dieser
wird öfter clipeiis genannt, z. B. VIII, 025= clipei non
enarrnOUe texlum, ebenso 729, XII, 1()7: Sidereus
clipeus ein Zeichen , dass Virgil den clipeua als die
grösste Form sich denkt. Dass nun der erste -Gedanke
znr Ausschmückung desselben in plastischer Weise durch
den homerischen veranlasst worden , iver möchte das läug-
nen ? Allein ebenso in die Augen fallend ist die unend-
liche l^rschiedenheit in beiden Bildungen. Homer gibt
ein Gesammtbild des menschlichen Lebens, er steigt vom
Höchsten und Grüssten zu dem Heitersten und Kleinsten ;
Virgil hat keinen solchen kosmopolitischen, er liat einen
patriotischen Zweck. Die Verherrlichung des Vaterlan-
des, Rom's Geschichte in ihren Hanptzügen, namentlich
aber die seiner Zeit ist es , die Vulcan prophetisch dar-
stellt, und zwar sind es Kriegs- und Heldcnthaten ,
Schlachten und heftige Staatsbewegungen, die zuletzt alle
in den Triumph und die Gloria des Augustus v. 714.
auslaufen. Im Gegensatze dazu enthält eine ähnliche
Scene des VI. Gesanges mehr Friedens- und Herrscher-
ihalen , beschäftigt sich mehr mit der Urgeschichte des
Landes und lauft zuletzt in die Apotheose des Ularcellus
aus. — Was den StofI dieses Schildes betrilTt, so sehen
wir ans mehreren Stellen, dass der Dichter sich das
Ganze aus Erz mit goldenen und silbernen Einlagen ge-
bildet denkt.
(Beschluss folgt.)
Person al-Clironik und JMisc eilen.
Verden a. d. Aller. An die Stelle des im vorigen J.-ilirc
verstorbenen Mathematikers Subconrcctoi- Ilcimann Wclime) er
ist der Caiididat F. L. Brnns, gebürtig ans Quackenbiiick .
gerufen worden. Das Lelircicollegium bestcbt gegenwärtig aus
folgen Jen Lehrern: Diiector Plass, Rcclor Woltmann. Conrect.
Dr. Ivbppel, erster Collabor. Sclilegel, zweiter CoHab. Scbam-
bacb, diiltcr Collab. ßruns, Hiilislchrer Boijuann, Gcsanglebrei
Grabati, Zeichenlehrer Kalliucyer.
Italien. Der Professor Dr. Joh. Petrettini an der Uni-
versität zu Padua und der Professor Dr. Pet. Baroli an der
Universität zu Pavia haben von der Herzogin von Parma das
Rilterkieuz des Constant. St. Gcnrg-Ordcns , der Professor Dr.
Ant. Bardoni zu Pavia den Orden der eisernen Krone 3. Gl.
erhalten.
Prcussen. Der bisherige katholische Bcligioslcbrer am
k. Gymnasium zu Diisschloif , von den Dricscb, ist zum
Dircctor des des neuen kaliiol. Scbullchrcr-Scniinars zu Kempen
in Rheinpreusscn ernannt worden.
Bai ern. Der Professor am k. baicr. Gymnasium zu Strau-
bing , Job. Uscbold, ist in glcichcrQualit.it nach Amberg
TCrsctit worden.
Lcobsschntz. Der Proffssor Dr. W i s s o w .1 ist zum
Diiector des Gymnasiiiiiis zu Breslau crnaunt worden.
Zeitschrift
für die
AI terth LI ms wisse 11 Schaft.
Sonntag, 7- Juli
1839.
Nr. 81.
Bruchstücke aus virgilischen Altertliümern.
(Beschluss.)
Anders als der kreisrunde clipeus ist 2) das scutum
gestaltet; es ist daher ungenau, wenn man sich vorstellt,
der Dichter brauche Eins für das Andere. Die Haupt-
eigenschaft des Srutiinis ist, dass es länjjlich ist. Dieses
bezeujft uns der Dichter selbst Aen. VIII, 662, wo von
den Galliern die Rede ist: scutis protecti corpora longis.
Man wende hier nicht ein, dass der Dichter ein späteres
historisches Factnm anführt; auch an vielen andern Stel-
len, Y!o er von heroischen Urzuständen handelt, kommt
diese Art Schild vor, z. B. 1 , 101. XII, 130- D'c
Leiche des Pallas legen seine Gefährten X, 506. auf das
scutum, welcher Umstand ebenfalls wieder für die län-
gere Form spricht. Der Dichter denkt sich dasselbe
also als oval, und, wenn ich nicht ganz irre, ans leich-
tern Stollen verfertigt, als den clipeus; denn nirgend
kommt, so viel ich weiss, Erz am scutum vor. Dass es
leichter und minder kostspielig gewesen sein muss , zeigt
auch die Verordnung des Servins Tullius bei Liv, I, 43,
dass die zweite Classe ein „scutum pro clipeo^^ haben
sollte, wie sie denn auch keinen Panzer trug. Bei Virgil
erscheinen Reiter damit bewaffnet IX, 370:
Tercentum scutati omnes Volscente magistro.
Die Labicer haben scuta VII, 796, und zwar heissen sie
dort picti scuta Labici. Vergl. XII, 563-
Kleiner noch als das scutum war 3) die parma ,
allein ohne allen Zweifel wieder kreisrund, wie ans
Varro hervorgeht, wenn er L. L. IV. p. 33 etymologi-
sirt: „quod a medio in omnes partes par." Die parma
trugen die romischen Velitcn. Ülit vollem Rechte theilt
daher der Dichter sie solchen Personen zu, die eigent-
lich nicht in das Gewühl der Schlacht gehören, z. B.
dem Helenor IX, 548, der von der Sclavin Licymnia
heimlich entwendet, und nach Troja mit unpassenden
Waffen geschickt worden :
Ense levis nudo parmaque inglorius alba.
Bemerkenswerth ist, dass an dieser Stelle die parma
weiss, d. h. ohne symbolisches Emblem ist; es deutet,
wie Servius bemerkt, die Jugend und Ruhmlosigkeit des
Kriegers an. Aehnlich ist XI, 711, wo Camilla getauscht
durch Orsilochus vom Pferde abspringt, und zum leichten
Kampf zu Fusse sich hinstellt:
Ense pedes nudo puraque interrita parma.
Diese pura oder alba parma bildet also den Gegensatz
sowohl zu dem mit reicher IVIetallarbeit versehenen cli-
peus, als dem pictum scutum. Mit der parma bewaffnet
ist auch Lausus X, 800, der seinen Vater damit gegen
den Angriff des Aeneas beschützt. Jedoch finden' wir
diese Art leichten Schildes zuweilen auch bei grösseren
Massen, namentlich XI, 610. bei den Latinern, die wir
uns aber als schnelle, leichtbewaffnete Reiter zu denken
haben , auch 693. bei einem Heroen von mächtigem
AVuchse, wo wir es freilich nicht erwarten sollten.
Die vierte Art des Schildes ist das ancile. Die an-
cilia werden in geschichtlicher Weise VIII, 664. erwähnt:
Lapsa ancilia coelo. Bekannt ist die Erzählung^, es
sei unter Numa Pompilius ein kleiner runder Schild
vom Himmel gefallen, und als man die Haruspices nm
die Deutung gefragt , hätten sie geantwortet , dort
würde die Weltherrschaft sein, wo es sich befinde. Um
daher den Raub desselben zu verhüten, habe Numa durch
Mamurius noch mehrere ahnliche machen lassen. Dieser
heilige Schild heisst ancile. Nach Servius trugen die
Augurn, der flamen dialis und martialis einen solchen
Schild nebst der Trabea. Virgil gibt ihn VII, 188- dem
Picus.
Eine fünfte Art des Schildes, nur Einem Volke an-
gehürig, ist die pelta. Diese führen die Amazonen unter
Penthesilea I, 4' 10:
Duett Amazonidum lunatis agmina peltis
Penthesilea furens
zu vergleichen mit XI, 663:
Feminea exsultant lunatis agmina peltia.
Servius erklärt sie an der ersteren Stelle als ganz kurze
Schilde in Form eines Halbmondes. AVabrscheinlirh ist
also der kleine Schild, den man auf etruscischen Monu-
menten so gestaltet erblickt, die eigentliche Form der
pelta. Die griechischen Feitasten sind als leichtes Fuss-
volk bekannt.
Eine sechste Art des Schildes ist die cetra. Isidor
XVIII, 12, 5. sagt, sie bestehe aus blossem Leder ohne
Holz, und werde von den Afrikanern und Mauren ge-
braucht. Virgil VII, 73'-. gibt sie den Oscern: Laevas
cetra tegit. Tacitus Agr. 36- berichtet, dass auch die
Brittanier kurze cetras gehabt hätten. Sollte «las Fragment
des Varro bei INonius: Quis rotundam facere cetram
queat? ein Sprüchwort sein, wie es scheint, so ginge
daraus hervor, dass dergleichen Schilde eckig waren.
Dr. Lersch.
643
644
Hopieri Carmina. RccogitovH ei explicuit Friedericus
Henricus Bothe. Odvsspae Vol. I. lib. I — VIII.
271 .S. \o\. II. üb. I.V — X>I. L'7I S. l'ol. III.
lib. X\'II — XXH. Ba(ra( liomyom.icliia. Ilymiii,
Jjpiframmata et frasfiiioiita rariniiiuin Epicorum 552 S.
Lipsiae sunitibiij librariae Ilaliiiianae 1834 et 35.
Die drei ersten Blinde dieser Ausgabe des Homer,
urlrlic die Iliadu riithalteii , sind in der Srhulzeitiing
Abth. II. 1S33. Mr. KU fl'- lind in dieser Zeitsrlirift 1,S35.
Mr. 13 i ff. '■<"' einem anderen Recensenten benrtbeilt
«ordcn , der bei dem Beginn der zucitcn Abtheiliin^
seiner Benrtlieilnnjj die Anzeige der Odyssee „anderen
dafür lief.'iliigteren" überlassen zu «ollen erklärte. AV.'ire
nicht leicht einzusehen, dass dieser Ausspruch nur aus
ilbergrosser Bescheidenheit hervorgegangen , die «ahre
l'rsache lier unterlassenen Fortsetzung der Beurllieilung
aber nur der Ueberdruss gewesen ist, so würde Reo. bil-
liger« eise Anstand nehmen müssen, den abgeschnittenen
Faden aufzunehmen, da er weit entfernt ist, mit seinem
Vorganger in die Schranken treten zu »ollen. Doch
unter diesen Umständen lässt er sich nicht durch die
Blitze schrecken, die Herr Bothe am Schlüsse seines
Werkes in gebundener und ungebundener Rede aiil sei-
nen Recensenten schleudert, und erfüllt, nenn auch etwas
»pät , den Wunsch des zu frühe verstorbenen Gründers
dieser Zeitschrift, die Fortsetzung dieser Beurtheiluiig
zu übernehmen , die ihm sicherlich den Dank des Her-
ausgebers nicht erwerben <vird , «elrher sich über den
mit . . . icp . . . unterzeichneten früheren Recensenten,
obgleich sich dieser mit grosser ftl.'issigung durchgchends
an die Sache gehalten hat, mit folgendem Epigramm
auslässt :
AD TyPHONEM.
Quid me dilaceras, Tcr^onl Velut .ilter Osiris
Aslra petam , stagni te cohibebit aijua.
Illic ranarum mirabere iaedia cantus;
Illic plausores quaere tui similes.
Es wäre nicht der I\Iühe «erth , diese Verse abzuschrei-
ben , — die in dem Rec. für Hrn. B. nur den ^Vunsch
rege gemacht haben, es möchte doch der erste Theil
■einer Prophezeiung (astra petam) nicht ebenso gewiss
unerfüllt bleiben , als sich der zweite (stagni te prohibe-
Lif aqua) nicht erfüllen wird — , wenn sie nicht einen
schlagenden Beweis für den Hnchmuth und die Selbstge-
fälligkeit des Hrn. B. abg.'iben, so dass man schon hier-
aus abnehmen könnte, dass die au den ersten B<'inden
dieser Ausgabe gemachten Ausstellungen auch für die
Fortsetzung derselben gelten würden. Da in der frühe-
ren Beurthcilung der .Standpunkt der Ausgabe so angege-
ben ist, dass kaum Jemand Anstand nehmen miichte , das
dort ausgesprodieiie Lrtlieil zu ilem seinigen zu machen,
SO könnte sich Rec. die Sache leicht machen, wenn er
ausspräche, dass wirklich die Fortsetzung in nichts von
den früheren Bänden verschieden sei; doch soll diess nicht
geschehen, sondern vielmehr durch eine genaue und gc-
wiaaenhafte Beurthcilung des uns hier vorliegenden Thei-
leg, namentlich der Odyssee, einem jeilen Leser möglich
gemacht werden, sich selbst eine Ansicht über den AVerth
«der Unwcrth desselben zu bilden.
Wir beginnen mit dem Epilogns, der die Stelle der
fehlenden >'orrede vertritt. Hr. B. beschwert sich hier
zuvörderst über die Recensenten, «eiche aus seiner Vor-
rede zum ersten Bande der Iliade hätten entnehmen »ol-
len, er habe gar nichts Neues gegeben, sondern sich
bloss auf das Excerpiren des '^'orhaiidcnen beschränkt.
Er versichert dagegen, überall, wo seine Vorgänger ihm
nicht hätten als Führer dienen können, bemüht gewesen
zusein, selbst Bahn zu brechen, und nicht, wie so Viele,
stillschweigend über die Schwierigkeiten weggegangen zu
sein, damit es schiene, als verstände er, »as er doch
selbst nicht verstanden hätte. Sein Ilauptverdienst setzt
er selbst in die Handhabung der Kritik. In den meisten
Fällen bedürfe es hier, um die vielen ^'erderbnisse zu
erkennen, nur dass man die Augen öffne, and sich nicht
durch die Autorität der Grauimatikcr (Graeculi) oder
neuerer Handschriften blenden lasse. Diess könne Jeder;
doch bedürfe es auch oft, uin das Wahre zu sehen, einer
besonderen Gabe Gottes, die Bentlei in hohem Grade
besessen, aber aus Vernachlässigung der Paläographic oft
zu Fehlgeburten missbraucht habe. Er habe sich daher
vorzüglich durch die Regeln der Paläographie leiten las-
sen, und sei der Ansicht Jacobs gefolgt, der in der Vor-
rede zur Anthol. Vol. I. p. 71. diejenigen verspotte, die
sich mit erträglichen Lesarten begnügten, so dass er wohl
den Namen einer ,,Recension" statt der ,,Recognitioii"
für seine Ausgabe hätte in Anspruch nehmen können,
was vielleicht die Angriffe der Ivleinigkeitskrämer (misccl-
liones) abgehalten hätte. Würden die Aendcrungen nicht
gebilligt, so könnte man seiner Arbeit doch die Neuheit
und Eigenthünilichkeit nicht absprechen. Das Natiirge-
schichtliche , Geschichtliche, Grammatische und Rheto-
rische habe er aus den Quellen selbst mit Zuziehung der
neueren Schriftsteller erörtert. Uebrigens habe er keinen
Vers ungeprüft gelassen.
Den ersten Anhaltspunkt gewährt nns hier der Aus-
spruch des verehrungswürdigeii Veteranen, ilen Hr. B.
für sein Verfahren in der Kritik anführt. Wir möch-
ten nämlich an sich bezweifeln, dass Jacobs diese Ue-
bertragung dessen, was er in Betreff der griechischen
Epigramme ausgesprochen hat, auf die Homerische Kritik
billigen würde; vornehmlich ist aber in Abrede zu stellen,
dass Jacobs den Begrilf der verspotteten tolerabiles Icctio-
nes so weit ausgedehnt wissen will, als es geschehen
niuss, wenn dieser Ausspruch auf Hrn. B.'s Verfahren
angewendet »erden soll. Er sagt nämlich: „Tolerabiles
autem plerumquc vocant eas , quac argutis quibusdam
ratiunculis aliquos modo explicari posse videantur." Welche
Lesarten rechnet aber Hr. Bothe unter <lio tolerabiles
oder vielinelir intolerabiles? Alle diejenigen, in welchen
er aus irgend einem Grunde einen Anstand zu findea
glaubt. Bald findet er mehrere unerträgliche Amphibra-
chen, wobei er keineswegs immer auf die Wortfüsse Rück-
sicht nimmt, sondern die Silben nach Willkühr da oder
dort hin rechnet; bald findet er ein nicht zu duldendes
Humoeoteicuton , wenn etwa zwei Worte nach einander
auf y ausgehen, bald nimmt er an der grammatischen
Fügung Anstoss , bald an dem Gedanken. Und wie hilft
er nun? Um den Vers herzustellen, nimmt er Umstellun-
gen vor, setzt Partikeln ein, wo er sie braucht, und was
645
040
ist dann der Erfolg? Manrlinial liest sich der auf Kosten
der Urkiindenfreiie hergestellte Vers etnas leichter; doch
oft ergehen sich nicht geringere Harten, oft geschieht
die Veränderung ohne Iliu ksicht auf die graniniatisdie
Richtigkeit, oder, ho der Sinn beanstandet wird, zeigt
■ich, dass bei richtiger Beachtung des Zusanimenliaiiges
die ursprüngliche Lesart allein richtig, oder wenigstens
eben so gut als das dafür Eingesetzte ist; kurz man erhalt
für eine lectio tolerabilis eine vis toterabilis oder intole-
rabilis.
Wir wollen die Belege zu dem hier Ausgesprochenen
aus der ganzen Odyssee nach unseren Notaten zusamnien-
■tellen, ohne in einem einzelnen Falle Vollständigkeit
der Angaben zu bezwecken. Auf die paHiographischcn
Nachweisungen, auf die sich Hr. B. nach dem oben An-
geführten viel zu Gnte thut, werden wir dabei kaum
irgendwo einzugehen haben, da diese einer Conjectur,
wenn ihre ünhaltbarkeit aus anderen Gründen , oder die
Richtigkeit der Lesart der Handschriften nachgeiviesen
ist, nicht aufhelfen kiinncn. üebrigens ist noch zu be-
merken, dass, wo wir es nicht besonders angeben, die
Aenderungen nicht in den Text aufgenommen, sondern
nur durch ein Sternchen (*), als Zeichen der Verderb-
niss, ror dem ^'erse angedeutet sind ; welches Verfahren
einen Anspruch auf Nachsicht in der Beurtheilung be-
gründen würde, wenn sich nicht Hr. B. in den meisten
Fällen so bestimmt über die ünhaltbarkeit der Lesart
ausgesprochen hatte, dass er sie criticis male feriatis,
und was sonst noch für Ausdrücke der Art vorkommen,
zuschreibt.
Von der allzngrossen Strenge des Hrn. B. gegen die
Amphibrachen ist schon in der früheren Recension aus-
führlich gesprochen worden; wir haben daher hier nur
einige Stellen, wo solche boanslandet werden, zusammen
zustellen. Wir stossen hier zuerst auf /rf' 275 und 279,
wo die Aenderungen in dem Text nicht angedeutet
»ind. An der ersteren Stelle heisst es in der Note:
„eneira tokna. amphibrachi duo, quorum alterum lucri-
facias scribendo «Tf/r' siok-na , at si'or/.a, ei'uj^a, f/Ä);'-
Xoi'da, i'. ann. ad II. j! , 4 Cf', 244 etc.", an welchen
Stellen Hr. B. auch Amphibrachen ausmerzt und dafür
einen Ausspruch Vossens in seiner Zeitmessung der deut-
schen Sprache S. I5(). anführt. Doch wird hier wohl
ej nsir' st \ okira schöner? und wo findet sich sonst
eiokna'i ja, wo findet sich das zur Begründung angeführte
ff'o««? Buttmann Lexil. l. S. 2')4. sagt: dliöoixa kiinnfe
wohl li'oiy.a begründen, wenn es da wäre.'''' Euo9a
erklärt er das. u. ausf. Sprachl. I. S. 116. als Zerdeh-
nung von siSa, »vonach ein Schluss auf stoXlta nicht
gestattet ist. Wollte man aber hierfür etwa eine andere
Erklärung geltend machen, so wurde e'no&a, il/jjkoi'9a
für das analog gebildete Perfectum von 'iknut eine Deh-
nung des o fordern. Zur anderen Stelle lautet die Note:
„ovöe I ae Träy^U | yefir,Tli | 'Oc>. etc. numeri uniformes,
dcbiles(jue in re gravissima, hoc, ni fallor, dixerat Hom. :
ovde o-c Tcäyxi' 1 'Odvoaijoc jiijzii iTQoWkonTev. vul-
garis ordo placuerit incogitantibus librariis." Allein ist,
um den Hrn. B. sonst so anstössigen Gleichklang in
O ( dvoor, I o; fin I TIC, nicht hervorzuheben, die in dem
Vorgeschlagenen aufgegebene Cäsur im dritten Fusse so
ganz unbedeutend? Man wird uns entgegenhalten, der
dreisilbige Name diene zur Entschuliligung. Doch ist
«nhl zu beachten, dass in solchen Fallen, xumal wo der
Rhythmus „in re gravissima" ein gehaltener sein soll,
der zweite Fuss eine männliche Casur zu haben pflegt;
in keinem Falle dient es aber zur Schönheit des Verses,
wenn die weibliche Casur daselbst nach einem trochai-
schen Worte eintritt. Gleiches liesse sich für die weib-
liche Casur im dritten Fusse geltend machen; und so
liesse sich dann erklaren, warum sich gerade vor dieser
so oft Amphibrachen finden. Hr. B. ist freilich anderer
Meinung, da er p 521. zu den Worten: 0}i ! ui. y.Eivoc,
Icffkye bemerkt: „malim iK'^kyf , quo gravins accidat,
totam versus regionem explens, iVi/.yf." Doch wird diese
Betrachtung jedenfalls dahin führen, dass man Aus.sprüche,
wie: „talia sine libris corrigas" vergl. Note zu o', 241,
in allen solchen Fallen zurückweisen muss. Auch tritt
hier, wie y.' , 14 /-i>]ra | dt no.vTU \ (flkei ^it und p',
275, i;£ I au ■ji()u~)TOC, j ioik9e\ der oben erwähnte Fall
ein, dass die Amphibrachen keinen AVortfuss für sich
ausmachen. Wenn aber y , 292. für jj^i y.v \ dojitg
i I vaiov vorgeschlagen wird: 'tv9a -xv | öiDvec, \ va.iov,
HO dient es, gewiss nicht zur Verschönerung des Rhyth-
nms. Ferner ist es nicht zu billigen, wenn Jt , 48, t , 59
und 102 statt tvda xa^iCc^' tTTf/ra vorgeschlagen wird
iv^' ey.adeCiT:' ineira, da nach Buttmann Lexilog.
!• 63. 11. diese Art des Augmentes nur der späteren Zeit
angehört.
Auch ausserdem äussert Hr. B. hier und da eigene An-
sichten über den Rhythmus, die sich gar nicht recht mit
einander vereinigen lassen. /. , 597 muss er selbst die
Amphibrachen passend finden, um das Hüpfen des hinab-
rollenden Steines zu bezeichnen ; a , 23'S lässt sich die
Bemerkung wohl hören, dass das Umkommen der Freier
durch das gebrochene und schwaclie Metrum bezeichnet
Hcrde, wenn er auch falschlich behauptet, dass Homer
statt dessen hätte sagen können: ui b' evroade douof,
klkvoixo ök yv'M. iyaOTOV. vergl. Buttmann ansf.
Spr. g. 98. Anm. 15. 16. Wenn er aber zu ö', 139
bemerkt: „TToA/a | 8' dtarri^c'}.! | fQfto., — numeri
pravi in re prava dicenda, nee ponenduni dTua^u/xt ^lia
cxdusis amphibrachis, quos alias fugiunt poetae", so muss
man fragen, ob denn hier wirklich eine Üebereinstim-
mung zwischen dem numerus pravus und der res prava
stattfindet, und ob nicht diese, wenn sie wirklich durch
den Gang des Verses ausgedrückt werden sollte, ganz
andere Rhythmen erforderte, als diese, welche eine
hüpfende Bewegung oder eine zerfallende Schwäche aber
nicht die Ünbändigkcit des Frevlers bezeichnen können. —
v', 239 wird statt: oi-roj iujvv(.id(i iarir. iaaai de f^i/i'
fidka nokkol vorgeschlagen: iijz' . i'auoi , weil 5 Verse
mit weiblicher Cäsur auf einander folgen. Allein, da
Athene (vergl. v. 222 f- ävbql öiuai; ii'xvia veu), (tt/-
ßo)TOQt i^iikujv , IlavaTidhi)) als ein zarter Jüngling
vor Odvsseus erschien, so musste sie auch eine zarte,
sanfte Sprache führen, was durch die weiblichen Casuren
eben bezweckt wird. Dass bei Homer unseres Wissens
nirgends vor i'oaotv eine Elision stattfindet, dagegen im
folgenden Buche (£', S9 oder 91-) in den M'orten : oi'de
dt xai XI i'oaac (wo Hr. B. oi öt lovjq ti 'iacoi schrei-
647
648
beo will) sofar das ZiisammenirpfTm zweier i des Di-
gamin.i «pjen nicht (jescbeuet h iril , »oiiarh hier eOTi.
lOCiOi zu srhreibpii ».'ire, »Killen »ir nicht orgiren, da
Hr. B. »enijfstens die (.>', öj'O von ihm citirte Stelle
Hesiod'« (Opp. 4'1.) für sich anführen kann. — Wenn
ö', S3 statt: ai y.Fv a oi-roi vr/.rioTj, x^eiaatuv TS '/£-
viral vorgeschlagen uird: ai y.i OS vixi-aTj ouroq,
was sich auf den ersten Anhlirk durch die Ccisur im
dritten Fn.sse empliehlt, so ist es doch nicht zu billigen,
da die Scheidung der durch den Sinn gebotenen Theile
des Verses den Hanpteiuschnitt im vierten Fusse fordert,
und der Rhythmus des Verses keineswegs so schleppend
ist, wenn das durch den Gegensatz hervortretende ovTug ge-
hörig betont «iril. — o', 334. nimmt Hr. B. Anstand an
dem rein spondeisrhen Verse: oitov y.aX y.o£iv)V ijS'
011 Ol' fitTjoi^aOl , obgleich sich für diesen einförmigen
Rhythmus etwa sagen liesse, dass das immer gleiche
Schmauss*n der Freier dadurch ausgedrückt würde; er
schlagt daher, doch ohne Zeiclieu einer Verderbniss im
Texte, oituii/ vor; ebenso t , L.'4t. zur Vermeidung des
Spondeus im fünften Fusse d'-iioSi und X , 36 u. (iO mit
Bezeichnung der rernieintlichen Verderbniss ,4tot.o9l.
Das Suffix — dl gilt doch sonst nur als Localendunf,
vergl. Kühner §. 2(15; Thiersch (g. 164- 10.) und Butt-
manu (II. 273-) betrachten die damit gebildeten For-
men geradezu als Localadrerbien. Suchen wir nun bei
Hr. B. selbst Belehrung darüber, was solche Formen für
den Genitiv zu brauchen berechtigt, so werden wir
(x, 3(i) auf II. y, 3, O, 66 »erwiesen, wo wir an der
ersten Stelle ovoavöS^i ttqo finden, mit der Erklärung
des Scholiasten -kou toü oi'oavor; in der zweiten: iKiov
TtQOTaouidev, wo Bentlej-'s und Heyne's Vorschlag,
IkiÖ9i zu lesen, mit einer Verweisung auf a , 20i, t ,
440 («o nur von der V^erlängerung des zweiten l in
'T/.lov die Rede ist), zweifelhaft gelassen wird. Wir
müssen also die Annahme einer solchen Genitivfurm als
eine ganz unbegründete Willkürlichkeit betrachten. Gehen
wir auf die einzelnen Stellen ein , so muss man sich
wundern, dass ^', 241 , wo das noch am ersten erträg-
liche di'Liotfl vorgeschlagen wird, der Spondeus im fünf-
ten Fusse gewaltsam vertilgt »verden soll, während Hr. B.
an andern Stellen ihn selbst hineincorrigirt. So /, 212,
wo er, nm die von Barnes ohne Analogie angenommene
Form y« zu vermeiden (die von Wolf und Passoiv ange-
nommene Schreibart i ui. übergeht er ganz), in der Vor-
aussetzung, dass die mittlere Svibe von rj'a lang sei, was
nach Passo»v dahin zu berichtigen sein wird , dass sie in
der %'ershebung lang ist, in der Senkung aber kurz, —
vorschlagt, hier und e', 2()t) ir (V iji'a ( — — | — ii)
zu schreiben, wodurch der Rhythmus offenbar verdorben
wird. In den beiden andern Stellen (x, 36 und (iO)
mOchte das o in Aiot.ov als alleinstehende Kürze in
einem Eigennamen , zumal bei dem leicht zu verdoppeln-
den /, nicht zu beanstanden sein. — Gegen einen ver-
meintlichen Trochäus kämpft Hr. B. «', 122 an, in dem
Worte tj'/uucrt^f ( — — | — i,), wo er, wahrscheinlich
durch das 2 Verse vorher stehende dyuaode (ru | — v)
irre geführt, das erste a als Kürze betrachtet, da er
doch in der "Noic e, 69 (2 Seiten vorher) tjydaar^e mit
i)ijOiujaa zusammengestellt und Thiersch'» Gramm. §.220.
70 citirt, die Lange also anerkennt. — Auf eine ähn-
liche Weise nimmt Hr. B. einen Trochäus an in den
bekannten Stellen, wo uto'i mit einer darauf folgenden kur-
zen Sylbe einen Versfuss ausmacht, »vesshalb Hermana
Elem. doctr. metr. S. .W f., Thiersch Gr. g. 168. 10.
Anm., Bnttmann ausf. Spr. II, S. 2''^2 anuehmen , es sei
Sioi zu lesen. Diese Ansicht ignorirt Hr. B. Er nimmt
tujc, für einsvlbig. Der so entstehende Trochäus muss
nun, da nach seinen metrischen Grundsätzen dieser Vers-
fuss wohl in der ersten Stelle des Hexameters, aber sonst
nicht, vorkommen darf, weggeschafft »verilen. Er schreibt
also, und zwar im Texte ?/, 280 und i , 233 iuji iTt/fjk-
dov und ft/j; ertir^^E ( — ii i» 1 — v). An ersterer
Stelle beruft er sich auf SiaetTteiiev, 6', 215; an der
zweiten auf /, 122 ■/.axmn'iS'cat und 214 ■e:Ti(tftevov.
Doch sind diese 3 Verba solche , bei denen sich Spuren
des Digamma finden. Bei 7;k9ov sind aber unsers Wis-
sens keine vorhanden; es lässt sich also von jenen Ver-
ben auch nicht auf dieses schliessen. Es darf übrigens
nicht befremden, dass das Digamma hier so unbeachtet
geblieben ist; denn Hr. B. beachtet es überhaupt nur,
wo es ihm genehm ist. So zu «', 33.1, um CuCfO^ von
C,Evl> abzuleiten, zu 6 , 410, um öXoffvna zu erklären,
zu if, 123 um 9£/XÖ7re8ov als gleich mit eikoTtsdov
za er»veisen, za l , 360 zur Begründung der Aenderung
(öc, (pdx- ära^j oi, die auch Thiersch Gr. S. 230 Anm.
vorschlägt. Aber a, 183 ist keine Rücksicht darauf ge-
nommen, dass in TcXiujv das £ durch das Digamma ver-
längert sein könnte, wo für die vorgeschlagene Dehnung
in Tikci'ajv die contrahirte Form nKiid'' vyoa y.eXevi^a
angenommen »vird ! — fu\ 78 glaubt er ye'r' eeiyocri für
TS ssiy.OTi des „foedus hiatus" wegen annehmen zu
müssen, (> , 327 lässt er aber 'OSvacrija £Sixo(Ttuj un-
beanstandet. T , ,327 berücksichtigt er nicht, dass in
V.uy.a. siiisvo^ der Hiatus durch das Digamma aufgehoben
wird und conjicirt y.ay.a i^usvo^, wo dieses nicht der
Fall ist. Gegen diese Vermuthung ist noch zu bemerken,
dass ycty.a bei Homer kein Adverbium ist, das ohne
Weiteres zu allen Verben gesetzt werden kann , sondern
nur da seine An»vendung findet, wo sich ein Aceussativ-
verhältniss nachweisen lässt.
(Fortsetzung folgt")
Personal-Chronik und Miscellen.
N .lUinhiir^'. Der bejahrte Ortlin.niius der füntlen Cla.ssc
des hiesigen Donigyinnasiimis , Job. Christ. Elirrnliied 1! ii c h -
bindcr, ist zu Oslcrn dieses Jalircs in den Rulust.ind versetzt
und seine Lecliunen von dem Dunicapilel. als diiii Patrone
der Anstalt, dem Hen. Dr. Constantin M a 1 1 li ii» übertragen
worden. — \usser dein Rector Förlsch nnd ilein Oonipredigei
Heizer unterrichteten im veiflosscncn Scliuliahre .Mii Gymna-
siiini 10 Lehrer, Conrcctor Ilieronym. M ii 1 1 e r , Conrcctor M.
Sclnnidt. Snhieclor Dr. Liebul.lt, Malhcniat. H ii Isen , Col-
laboralor B u c li I) i ii de r , Canlor Claudius, Lcctor G o 1 le r ,
Dr. Mallhia, Dr. Brcitcnbacli, Candidat Hetzer. Veij;!.
S. 632.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Mittwoch, 10. JuU
18 39.
Nr. 82.
Homeri Carmina. Rerognovit et explicuit Friedericus
Henricus Bothe. Odysseae Vol. I. IIb. I — VIII.
271 S. Vol. II. lib. IX — XVI. 271 S. Vol. III
lib. XVII — XXIV.
(For ts etzung.)
Hatie Homer „male collocatus, infimo loco sedens",
wie x«xa ii/isvog erklärt wird, ausdrücken »ollen, so
hätte er gewiss eine andere Wendung genommen. Wenn
ferner als Grund der Aenderung angegeben wird, dass
Pcnelope iui ^Vorhergehenden keine Kleider fersprorhcii
habe, so verstanden sich diese fiir den in Lappen gehiill-
ten, als Bettler verkleideten Odysseus von selbst unter
dem „TTO^Äct öoi^pa" (v. 3|0), und Eum.'ius sagt p, b->7,
wo er den Auftrag der Penelope ausrichtet, ausdrück-
lich; eacrti ae xk'^ivav ts jituiva -rf, tiov ai< f^id-
Xiaia XoifiCilC- Man vergleiche auch noch (f', 339 und
t', 79 (wo Hr. B. ohne Grund ^UV für fiiv , an der
ersten Stelle in den Noten, an der zweiten sogar im
Texte, schreibt). — Selbst in Pronomen ov, oi, e, wird
das Digauima oft nicht beachtet. So ^', 114, wo er ans
andern Gründen ijd' Ol für ii oi schreiben zu müssen
glaubt und dann hinzusetzt: „ita etiani hiatus aufertnr."
An zwei andern Stellen, Cf , 54 und 1p, 101 bezeichnet
er bi als Kürze, obgleich oi darauf folgt. In der Aen-
derung tVx^' Ol für sv\^a oi ( w', 2118) fände nach
Thiersch's Gr. §. 158. 6. nicht eigentlich eine Vernach-
lässigung des Digamma statt, zumal da dem Digamma in
oixos (das jedoch weniger permanent ist, als in ot ) sein
Recht verschafft wird; doch ist die Ansicht des Hrn. B.
aus seiner Bemerkung: „malim suaviore sono, nee de-
properato pronomine: sv9' oi oiy.oi; hjv^'' nicht deutlich
zu ersehen. — Ifiine Gelegenheit, das Digamma bei dem
Pronomen possessivum der dritten Person zu besprechen,
hatte sich r', 400 bei l}l>yaT6goi r;^ ergeben, wo die
ganze Note ist: „ut 9vyai£oa i]V II. /.'? ubi v. ann."
Hr. B. überlässt also dem Leser im ganzen Buche X,
die Note zu suchen, auf die er verweist, als wäre die-
ses nicht seine Sache gewesen. Hat man den Vers "226.
wirklich gefunden, so ist die dabeistehende Note: „239,
£, 371." In „'39 könnte man zweifelhaft sein, ob illi
Ol oder ujoxe )i^ gemeint sei, wenn nicht bei dem letz-
teren in der Note „226" stände. II. £, 371 findet man:
1,«', 416. d' , 4S2." An der letzteren Stelle steht ai'-
ystgog oj^ mit Verweisung auf y , 2- Dort finden sich
bei OQVt^tg Uli; Verweisungen auf 3 Stellen , wo diese
Anastrophe sich auch findet, und auf unsere Stelle.
a, 416 heisst die Note: „iniku producta posteriore, de
quo V. Th. p. 17.S. " Wer die zweite Auflage der
Thierschischen Grammatik hat, muss erst §. 147. 10 die
Stelle über iiäka (p. 215) suchen. Vom Digamma aber er-
fahren wir Nichts. Diess als Muster für die »rweisun-
gen des Hrn. B. — Doch wir kehren zum Trochäus
zurück, der durch fwc und eine kurze Sylbe entstehen
soll, t', 367 f. nimmt Hr. _B. Anstoss au ä()ui/^svoi
iuic, hoio n^üäc, T« kinaoöv und schlagt vor uJ? üv
'i/.oio oder si av txoio, wo ihm das ai/ als blosse»
Flickwort dient, wie aus dem für ei av ixaio angeführ-
ten Beispiele, Kioffow' sl Ssl^StS TCÖklV (C', 144) deut-
lich hervorgeht. Uebrigens möchte es nicht gerathen
sein, solche Eigenheiten des Ausdruckes, wie tioQ als
Absichtspartikel in der Odyssee, so ohne Weiteres zu
vertilgen, wie Hr. B. vorhat, wobei ihm, wahrend er
ö\ 800, nach einer Handschrift (A. 2) und alten Aus-
gaben, und ^', 80 ohne Angabe einer Autorität e'inuii
schreibt, von den bei Passow angeführten Stellen zwei
entgangen sind, £, 386 und /, 376, bei denen er Nichts
bemerkt. An der andern Stelle ip' , 151 können wir,
wenn wirklich die Uebereinstimmung der Handschriften
für uCpQ UV 'i'y.ofro so gross ist, dass sich fw^' iy.oiTU
ausser bei Eustathias nur in einer Handschrift (A. 3)
findet, es nicht tadeln, dass otfo uv aufgenommen wor-
den ist, da sich der Sinn denken lässt: „bis, wenn er
noch käme, dieser Fall einträte."
An einer andern Stelle (/, 283) A'i'« (liv f^ioi y.ar-
ea^e, will Hr. B., indem er vea nur als 2 Kürzen mes-
sen zu können glaubt, wodurch sich ein Anapäst ergäbe,
selbst einen Trochäus in den Vers corrigiren , indem er
vi)a fiQl y.atia^ev {vm nach A. 1. und Schol.) vor-
schlägt, weil er glaubt, der Trochäus sei im ersten
Fusse ohne Weiteres zu gestatten , den er u. A. II. i,
392 in o.r^s oi t ETtEoiy.B zu finden glaubt, wo doch
des Digamma wegen ein Spondeus ist. Auch im Uebri-
gen findet sich aber der Trochäus nicht ohne besondere
Nöthigung oder eine Entschuldigung durch die Aussprache,
wie II. (p , 368 nok'ka haaa^isvoi, wo das/*, als ver-
doppelt zu sprechen ist. Hr. B. geht aber so weit, dass
er in dem ersten Fusse auch einen Tribrachys annehmen
zu dürfen glaubt, was schon in der früheren Beurthei-
lung zurückgewiesen worden ist. Desshalb glaubt er
(', 425 statt ä^Otvti; Üiti 1]0UV , wo anzunehmen ist.
651
652
ilas o sei durch das Dijjamma in oif," verlängert (»ergl. auf die Ilanilsrhriften Rücksicht zu nehmen? Wir wollen
Thiersch Gr. §. l(il. '>. und 157. 1. b.), lesen zu diir- einige Stellen dieser Art zusammenstellen, um zu zeigen,
fen: öiei {v vv) äocrcre; ijOav. Dass aber Nla iilv dass auch hier Hr. B. oft Verderbnisse zu erblicken
nicht als Anapäst zumessen, sondern via durch Svnizese glaubte, wo keine sind, und keineswegs consequent ver-
einsvlbig zu lesen sei, hätte Hr. B., da er das auffallen- fahren ist. «', 123 soll statt jaiiJS , ^£iv€ gelesen wer-
den; X"'o' w ^£i''£. y, Si) wird T(JU)atv Troke^il^ojv
in 7p(uoi JlToKil^tt^MV verändert. In ,1', 267 nucp'
-•/ofo^ (fiXoiijTO'; tvoTECfdiiot' t' ' /(fooSiTjji; soll we-
gen des Honioeo^eleuton und wegen Häufung der Genitire
nach der Heidelberger Handschrift, dem Scholiasten und
lesen ist, er vor, indem einer alten Ausgabe, die Buttniann benutzte, (fiXoTtJra
geschrieben werden. Zu t , ll)fi heisst die Kote : ,,sunl
haec quidcm ferenda, ut similia satis niulta , sed narum
placent, cum propter interruptum sine causa idonea cur-
sum orationis, tum propter homoeotclcnton utytor äoxov
iX^V. Utrique incommodo mcdearis ita scribendo: —
ßr,v äffC-fj, uiyeov doy.uv i;^«;)'" etc., wo das uua.p
offenbar höchst gezwungen ist. — Ä, 91 und 568 soll
liir xi't"(:<J'' ay.iJjiToor tj^wi' (i^ovra) ,,ne honioeotc-
Icutis obtundamur" gelesen werden: ^gvcrou trxijlToov.
In der Note heisst es: „de hoc usu genitivi dictum est
ann. ad £ , 72 et II. z , 262." Rec. schlug, in der
Hoffnung Belehrung zu finden, die ersteren Stellen nach
und fand: ducfi Ö£ k£liiujr£g fxakuvtoi lov l'jöe oeXi-
vov Or^keov, mit der Note: „ut y.vva] ^ti'OV , x' , 262,
nbi V. ann." An dieser Stelle fand er y.uvirjv . . .
{)ivoo 7tOLl]T1]V mit der Note: ,,4'z ^ivov Matth.
§. 375. 2." AVahrscheinlich ist hiermit in der zweiten
Ausgabe ^. 374. b. gemeint, wo aber von Homer keine
dere xottt (vergl. Buttni. aiisf. Spr. I. p. 110) als ein-
svlbiges AVorf in demselben Buche v. 347 nicht beanstan-
det, wohl zugegeben, wenn er nicht überhaupt eine ge-
wisse Abneigung vor der Synizese hätte.
Dieser gemäss schlägt er an vielen Stellen, wo £o
durch S>nizese einsvibig
er sich dadurch von den Kritikern, die sich nach Buttm.
Ij S. 110 a. „hierin mehr oder weniger vor Willkürlich-
kcit scheuen" ausschlicsst ; so d, ööü, w, 323 und 337
und sonst öfters. Aus demselben Grunde möchte er
o- , 247 für -kK£OV£^ •/.£ ^ivr^arfioBO, gelesen wisien:
TT/ciurei «)■ f<i'.; );, 2(jl und ^' 28<) steht statt: älX
6t£ dl- uySoor ( — — ) fioi eTTiTiXö/ternv troc ijkd^e
(vergl. Buttm. ausf. Spr. I. S. 110) im Texte: äkk' 6t£
dri fiot £rT/7rkou£rov £TOi uyöoov tikd-e. An der er-
steren Stelle wird auf A.' fd. i. II. V) 138 verwiesen,
wo sich noch zwei andere Vorschläge linden: dkk' ovs
ö' oyduoi lioi oder <V oydöaruv fwi. &' , 5()() wird
To'/n^ statt rrULtUi verlangt, i , 44 wird Nichts frpau-
dert, aber in /;! w';^£rt- xot ein Anapäst statt des Spon-
deus oder Daktylus angenommen, was nicht zu hart sein
soll. Nicht ohne Grund nimmt Hr. B. v , 194 Anstand
an der dreisylbigen .Messung von äkkotiÖEa; doch schlägt
er einen falschen Weg ein, wenn er bemerkt ,,A. 3 dk-
KOiSka ab dk/.oi'öijg . . . <|UPmadmodum et t}l:oidrji; Svibe zu finden ist. Das ist eine treffliche Beweisfüh
pro itSoeiÖij; dici po.ssc ait Buttmannus Lexilog. 2. pag. ruiig, drei verschiedenartige Stellen zusammenzustellen,
270, minueretur autem hac scripfura durities metri." Sieht nnd zum Beweis der Richtigkeit eine Stelle aus der
man nämlich die angeführte Stelle nach, so lindet sich Grammatik anzuführen, die, genau genommen, auf keine
dort etwas ganz Anderes, was Hr. B. mit Unrecht un- passt. — /.' , 4S5 wird für dy.uxtCcv '.^X'kksr vorge-
bearhtet gelassen hat, und zwar: Unsere Stelle stände schlagen: dy.ax^C,E Ax- — v, 140 £viivad£vli;, oiov
jetzt der Behauptung, dass v'/fof/»?;/^ wegen des Digamma ££i:ra^ für hlTTE^;. — o' , 36 ist der ^''orschlag, für
nicht zusammengezogen werden konnte, entgegen; aber ainug £:n:ijv Tlgojrijv dxrijv 'IdaXK<; dcfi'xijai zn
im cod. Harl. stände (statt (fiinia-y.STu) (faiv£To, was schreiben tComtov , nicht geradezu zu verwerfen, zumal
wohl aufzunehmen wäre, so dass man lese: dkkoF | da er sich auf eine im Seherischen Index angeführte
Fiit)i(/. I (f.t'.'Vtio. Darauf fährt Buttmann fort: „Noch Variante bezieht. Ein .\bschreibcr konnte hier aller-
mcrke ich an, dass, wenn ja 'j£0£l6)]Z zusammenge- dings leicht fehlen, aber wohl nur aus >"ersehen, nicht
zogen werden könnte^ i)sovÖv,i unrichtige Form wäre, weil er auf ein Ilomoeoteleufon ausgin<; , wie es in der
Note heisst. — :r', 37'S bemerkt Hr. B. zu den Worten:
dkk! drrourji'fjEt , igist ö £v Ttdcriv dvaard;: ,,maliin
sine hnmneoteleuto: ditof^iiniasiv , quamvis id y.oiv(>T£-
QOV videatiir Eustathio , ut II. £ , ()44 . . . facilo oblit-
teratum fiierit r superscriptum, vel drr()iiip'iir£/ dederint
librarli, »tigiii, accommodatione verboruin ad ipsum illud
homoeolelcnton , quod fere fugiunt poetae , venustatem
nescio quam piitant librarii." Hr. B. beachtete hier nicht,
dass sich d-iu/tl ilot/ offenbar mehr an ilas folgende
lü££t anschliesst nnd daher mit diesem gleichgestellt
werden muss, während an der angeführten Stelle der
Sinn mit dem zweiten Infinitiv abschliesst. — Auch (j ,
542 sollen die Abschreiber des Gleichklangs wegen ab-
sichtlich aiicgöd/.tuv y.oiätii/oi- yekairtrt öh Ilijveku-
rrc/u geschrieben haben für y.ovaßija. iyikacrOE , was
Hr. B. im Texte hat; doch ist diess ohne Zweifel einer
der Fälle, wo nach Thiersch's Gramm, g. 20'- 17. dio
da das £i hier nicht ein gedehntes £ , sondern ein ge-
dehntes i ist. Die Ziisammciiziehung könnte also nur
i}£OlÖlji lauten." — Bei rrori« t^tä in £, 215, v', 3)1,
V, tjl hat Hr. B. dem Wölfischen rroTiia d£d gegen-
über , was Hr. B. an der letzten Stelle ohne Zeichen
der Verderbuiss im Texte hat, Buttinanu (s. ausf. Spr. I.
S. 261) und Passow für sich; er leitet aber das Wort
ganz ungeeignet von TCOTi, TtOTioi, ^öctvoq ab. Wenn
aber o , 3.>S statt -i-rr'JiE d £uj; geschrieben werden soll
r^a^S d t"JJ, so ist zu bemerken, dass nach Passow
eujg aar an einer Stelle bei Homer (Od. ß', 7,S) seine
natürliche Q^iaiitität hat, sonst aber überall eins\lbig
oder trochäisch gemessen winl.
Sehr viel niai ht >i(h Hr. B. Ilomopoteleufis zu srhaf-
fen, auf welche die Al.<( hreiber im .'Mittelalter ausge-
gangen sein sollen, wälirciid sich die alten Dichter sorg-
fältig davor gehütet hätten. Was ist nach einer solchen
Ansicht naturlicher, als diese zu beseitigen, ohue dabei Scheidung der Reihen die Weglassung des Augments be
653
654
gehrte. Zu verwundern ist es, ilass Hr. B., wenn er
anch an «Irr bekannten Formel f.Tf« -irziooivra TTno^-
rv6a im nächsten Vers keinen Anstand nehmen wollte,
doch auch im darauf foljjenden Tuv i;tiv o v evaiT/or
aiöe y.dkeaov oline Bedenken stehen liess, was jeden-
falls auffallender ist, als sa^Auv h/Jlov (r, 334), wofür
eadkd hmov vemiuthet wird. Wenn aber v , 115 für
XQVVOV vov y.al £/iol euphonischer sein soll: XQ}/ij \
VOV ■xal ifioi, so glaubt man den Fuchs in der Fabel
zu hören. Hr. B. nimmt keine Rücksicht darauf, dass
an den andern Stellen {y/o er y.oiji] schreibt) die beiden
n in 2 Versfüsse rertheilt siud. AVenn ferner Cf' , 3:55
ei'X^TCtl tiificrai ans((Jssi{j sein soll, so durften noch
weit mehr Stellen der Verbesserung aus diesem Grunde
bedürftig erscheinen. — Zu er , 201 lesen wir in der
Note: „malim nunc: intl ai'rv) iyoi fiakuxui' TteQi
XU)fia y.äkillia, quae vulgata olim scriptura fuit, mutata
illa a nonnuliis propter homoeotileuton viinime inf^ratum,
wobei Rec. gesteht, dass er eher an j^iakay.uv TTSol
y.üi jit (i y.dXi'ljia Anstand nehmen würde, als an den
meisten der oben erwähnten Stellen. — Wenn zu ^ , 201
*/s"x fieu KQiTTaujv yivoQ evyojtai ei'psiaujv nach dem
Vorgänge von Barnes andere Stellen bei Homer und späteren
Epigranimendichtern angeführt «erden, in denen sich solche
Gleichklänge in der I\]itte und am Ende des Verses ünden,
so ist dabei wolil zu bemerken, dass, was von den spätem
Dichtern absichtlich geschab, bei Homer nur dem Zufall
zuzuschreiben ist. Tritt der Gleichklang vor der männ-
lichen Cäsur ein, so gibt es keinen völligen Reim, weil
der gleiche Accent fehlt, wohl aber vor der weiblichen
Cäsur. Ergibt sich nun, dass auch solche Gleichklänge
hei Homer unabsichtlich eintreten, so lässt sieh daraus
abnehmen, dass er sich überhaupt vor denselben so wenig
scheute, als er sie suchte, dass sie ihm also etwas
Gleichgültiges sind und nicht ausgemärzf zu werden brau-
chen, wo sie sich tinden; also auch nicht in Stellen,
wie cp , 123 TTtioo^; d' oi< ttoj^ot önmiret, wo Hr. B.
Aristophanes AVespen 1085 zu Hülfe nimmt, um Tlä^og
r> oi'Tov itot' öll'jiHEl zu corrigiren. Es ist aber ge-
wiss nicht zu billigen, wenn bei der Kritik und Erklä-
rung Homer's attische Dichter beigezogen werden, was
Hr. B. an mehreren Stellen getlian hat, wie y', 352,
wo er robb' dvdou^ im Sinne von iuov mit Stellen ans
Tragikern belegt und ausserdem biq für ÖiXC(. mit dem
Genitiv ganz unbegründet hinstellt.
Was die übrigen Aenderungen betrifft, bei denen es
nicht auf Herstellung des Versrhjthmus und des Wohl-
lauts ankommt, so haben wir uns für's Erste Vielerlei
in Betreff der Partikeln angemerkt , wo ohne rechten
Grund die eine für die andere gesetzt, oder, um einen
Hiatus zu vermeiden, ein ye , 6i und dgl. , ohne dass
der Sinn es verlangt, eingesetzt wird ; doch wir erlauben
uns hierüber etwas schneller hinweg/iugehen , als es die
Wichtigkeit der Sache zu gestatten scheint, da die Beur-
theilung der Ilias diesen Punkt vorzugsweise in'« Auge
gefasst hat, und bemerken nur Einiges. AVeun man sich
auch ö\ 371 die nach jN'itzsch aufgenommene Aenderung
l'jÖe Xu^-Kfouiv für ;;6 Xak. gefallen lassen kann, so ist
doch nicht einzusehen, warum für dasselbe ?;6 6\ öb'i
/Ltljöt gesetzt werden soll; Rec. wenigstens weiss sich die-
ses nicht recht zu erklären, jenes gibt aber nach Nitzsch
einen guten Sinn: ,,er mag leben, wie du gesagt hast
(4fl8) , oder todt sein, ich will sein Schicksal huren,
w elchcs CS auch sein möge." — t , 130 ist Hr. B. in
offenbarem Irrthum befangen , wenn er in fiaka x (l(p9i-
TOl ä/uTiekoi iiev statt yi schreiben zu müssen glaubt:
re , nm das Asjndeton aufzubeben, so dass sich ji auf
das vorhergehende ittv bezöge , welche Fügung aus atti-
schen Schriftstellern erwiesen werden soll. Der Paralle-
lismus der Satzglieder, der gänzlich unbeachtet geblie-
ben ist, macht hier yt' durchaus nothwenilig; denn es
hcisst zuerst: die Insel ist nicht unfruchtbar, sie würde,
wenn sie bebaut wäre , Alles hervorbringen , dann: es sind
Wühlbewässerte Wiesen da, auf diesen würden Weinstöcke
gut fortkommen; endlieh: es ist gutes Ackerland da , die-
ses würde eine reichliche Aerndte liervorbringeii ; nnil es
ist unbegreiflich , dass Hr. B. nicht durch fiJ./.a yev im
folgenden A'erse hierauf aufmerksam gemacht wurde. —
t', 487 möchte Hr. B. statt code yuo ii;£oeu) schreiben:
£1 d', dxug ii;£^lU). Er gibt als Grund der Aenderung
an, die Ellipse in der Lesart der Handschriften sei za
hart; denn man müsse £l fiij OLycti, ergänzen; dieses ist
aber nicht richtig, sondern es ist zu wbi aus dem Vor-
hergehenden zu ergänzen : £1 ye Tic o.kkoc, £i'i f^uyd.QOtcrt
■n:i9n'Tat. Ebenso ist TT , 440 ans dem negativen Satze
ovy £09' ot'Tos dvi]_o , ov8' ioosxai , oüde yevt^zat
zur Erklärung von (jjÖ£ za ergänzen: £1 yjj Tig yivt^Ta/,
dagegen findet sich (f', 338 nach u>Ö£ noch der hypothe-
tliische Vordersatz: £t' yJ /tiu ivTUi'i'Orj , nur desshalb,
weil das Vorhergehenile Nichts enthält, woraus man die-
sen entnehmen könnte. Es ist also hier die Andeutung
des Vordersatzes mit £l Ö£ nicht nötliig, sie ist aber anch,
wie sie Hr. B. haben will, nicht richtig. Es würde
nJinilich zu £i (5e hier nicht eigentlich ergänzt werden
können Ln; Oiyac,, sondern das affirmative k£t,cl^ T/, in-
dem nur durch eine solche Vermitteluiig das einfache £l
dl die Bedeutung unseres „wo nicht" erhalten kann.
Endlich ist äreto so im Nachsatze zu einem elliptischen
£1 8t ohne Beispiel; denn die angeführte Stelle II. y,
2SS ist anderer Art, indem dort der Vordersatz £( d'
li.v oi'V. mikujatv vollständig ist, und nur der unmittel-
bare Nachsatz fehlt, vou dem der Satz mit ul'Vuq die
weitere Folge angibt.
Was wir sonst noch von Aenderungen im Einzelnen
zu besprechen gedenken, wollen wir in fortlaufender Rei-
henfolge durchgehen, indem wir nur hier und da Gleich-
artiges zusainnieiifassen.
Wenn ß' , 346 gelesen werden soll, OJa-p] ^ TTuvt'
iffökaoas „cavebat probra omnia" für ev dt yi'ir, TUfAil)
vi'y.Tag re xcu niiap "Eax, i) ttÜpt' tcpi'kaocrt, so ist
zu bemerken, dass bei keinem griechischen Schriftsteller
unseres Wissens (pvh'iTTtlv die Bedeutung des Mediums
,,sich vor etwas hüten" hat, und dass das folgende otrov,
üv (TV (TvkdTT£tq, wenn ein Zweifel obwaltete, deutlich
zeigte, wie dieses Verbum hier zu verstehen wäre. —
(V, 27') soll, weil jdaiaujv 6vofxdi^£T' doiorovq for-
hergeht, statt ^ä.vTU)V 'JQy£h)V (fuivrjv tay.ovcr' dköioi-
Oiv gelesen werdeu: Tidviujv 'J(jy£h]v (fujvi]v. So wäre
655
656
aber das Beiwort '.'ioyt'ivv offenbar ziemlich müssig. Sollte
nicht vielmehr ein" Uiit'ersrhieil z»isihcii Javaoi uml
\4o-;iioi aiiziinehuieii sein? Hierfür scheint die ISeben-
einanderstelluMif von 'Joyeiujv, Javatöv (^, 577) zu
sprechen, »o Hr. B. um seiner Aenderang einen Halt
zu verschaffen, lieber mit >itzsrh das erstere hätte als
Beinurt fassen, als in dyoiiuv verandern sollen. Liesse
sich annehmen , dass der Name Javaoi eine weitere
Bedeufuns erhalten, 'Aoyctoi aber die Bewohner voo
Aro-os bezeichnet habe, so würde sidi durch die Verbin-
dung, in der Helena durch Verwandtschaftsverhältnisse
mit "dieser Stadt gestanden hatte, walirsrlieinlich machen
lassen dass sie die Stimmen der Bewohnerinnen von
Argos, als die ihr allein bekannten, nachzuahmen gesucht
habe; doch fehlt es an Beweis dafür; wir müssen also
die Sache vor der Hand dahingestellt sein lassen. —
8', 4')7. nimmt Hr. B. ^idxrj für den von 7Taoijal}a ab-
hänsigen Dativ und schlägt desshalb ud/rj; vor , weil es
sich nicht um eine einzige Schlacht handle; allein dadurch
wird offenbar der Ausdruck geschwächt. Fasst man aber
uiiyr adverbialisrh, wie es, namentlich in der Iliade, mit
und ohne ev , öfters vorkommt, so lässt es sich als eine
Brachviogie erklären für: „die im Kampfe Gefallenen
brauche ich dir nicht zu nennen, denn da warst du ja
jaljpi." — $\ 502. wird statt £1 in' i<-cioq)ia}.ov inoi
cy.^a/.S YMi /Wf y' däoihi vorgeschlagen y.u\ f^ify('.Uf}9l^,
eine bei Homer sonst nicht vorkommende ^"erbalform,
deren Sinn hier nur dazu dient, den Gedanken höchst
matt zu machen. Beobachtet man das Verhältniss dieses
Verses zu dem vorhergehenden und dem folgenden, so
möchte in den Worten: ,,Er wäre dem Schicksal entgan-
gen, wenn er nicht ein übermüthiges Wort gesprochen
hätte und dadurch in Schaden gekommen wäre", Niemand
leicht, wie Hr. B., eine Tautologie finden, uml die eben-
falls von ihm beanstandete Wiederlidluiig der Worte
y.ai ni'l dundr. v. ,^00 ist ganz in <ler Ordnung, da sie
die weitere Ausführung des in diesem ^'erse enthaltenen
Gedankens abschliesst. L'eberhaupt sollten solche Wie-
derholungen bei Homer durchaus nicht zu Verdächtigung
des Wiederholten benutzt werden, wie es von Hrn. B.
an einigen Stellen geschehen ist. Erstens L, 187, wo
wegen des folgenden: v.al '/«o Surfi' iisrvy.xo Tiekaj-
Qiuv statt ii'l^a 8' ävijo eviavE neliootw; gelesen
werden soll TTavuJoiOi , was ebenso wenig einen genü-
genden Sinn gibt, als es nur überhaupt ein griechisches
Wort ist; während die im Folg.-nden enthaltene und mit
DU angeführte Erklänipg des 'ivDu tvluve und des neküj-
pioi diese Stelle mit der uiisrigen ganz auf gleiche Stufe
stellt, wobei nur noch darauf aufmerksam zn machen
»ein mochte, dass sich y.ai '/uo auf das unmittelbar Vor-
tergeheiide: ä^ävsvdev eo)v d^tiluTTia ijdij bezieht.
Ferner o', 226, wo wegen des Folgenden: Uv/iDtai uty
S^oya 6(iiu(/.xu vuicDV (Hr. B. empfiehlt nicht ohne
Wahrscheinlichkeit die handschriftliche Lesart Ili/.iuiai
fitT} statt 6i Tzmv f.iev -^roi' evute Ili'/vj tvi gele-
gen werden soll: ö; riijiv it£v IviavE , wahrend man eher
eine Verdächtigung des folgenden Verses erwarten sollte,
da in ni'hi/) evi und tlvkioKrt doch auch eine Wieder-
holung liegt. In Betreff des Wortes Eviuvs ist aber zu
bemerken, dass dieses Verbum in der eben augeführten
Stelle von dem, am Tage seine Schafe weidenden, Cj-
klopen , und o , bb'i- von den Schweinhirten desshalb
wohl gebraucht werden konnte, weil diese in ihrer Woh-
nung eigentlich nur ihr Nachtquartier halten, dasselbe
aber keineswegs mit vuiu) gleichbedeutend ist. Endlich
p, 54(), wo wegen des folgenden &draTOV für davaroi
gelesen werden soll ya/iaTog. Später werden wir sehen,
dass sich Hr. B. aucli durch solche Wiederholungen ver-
anlassen liess, zwei Verse mit Auswerfuug eines Theiles
von jedem, in einen zusammenzuziehen. — ö' , 740 soll
statt: i^ckScjv kaotoiv ödvQEzai, o'i uEj.idaaiv 'Ov
y.ai 'OÖLiOatjog (fdicrai yövov üvti^eoio gelesen werden
KEiOVcnv öSl'QETai. Allein wie passen die Löwen za
dem Klagen ; und wer möchte wohl einsehen , dass unter
den Löwen die Freier zu verstehen seien, wie Hr. B.
will? Mit Recht bemerkt er gegen den Schuliasten, dass
unter tMOiaiv nicht die Freier verstanden werden könn-
ten, sondern Xaoi , das Volk, immer den Freiern entge-
gengesetzt werden müsse; aber mit Unrecht glaubt er ot
auf i.aoioiv beziehen und unter dövoETai ein Erllehen
des Mitleids der Freier verstehen zu müssen. Der Sinn
ist: „Damit er dein Volke es klage, wer seinen Enkel
tödten will", oder: ,,dass diese seinen Enkel tödten wol-
len." Ist etwas zu ändern, so ist statt o'i zu schreiben
Ö, „dass", so dass dieses nach Thiersch Gramm. §. 147. .^•
vor dem u verlängert erscheint. — C, , 185. will Hr. B.
der Schwierigkeit in den AVorten: fxaKlöira 8s T SxXt'OV
ai'Tol dadurch abhelfen, dass er schreibt iyXtov :
„maxime(jue ipsi id praedicant." Allein dieses Verbum
kommt im Artiv fast bei Homer gar nicht vor, und der
Sinn ist so auch nicht der besste. Sollte man nicht
vielmehr m'-rui statt auf die beiden Ehegatten, nach II.
«', '218 auf die Götter beziehen können, die Odyssens
für die N'ausikaa als Vergelter anruft? Dann würde der
Sinn sein: „Ein solches Ehepaar ist ein Aergerniss für
die Feinde, eine Freude für die Wohlwollenden, und
die Götter erhören sie sehr gerne." (Vergl, Nägelsbach
Aura, zur 11. S. 230). —
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miecellen.
Breslau. Dem Index scholarum für das Wintersemester
lS38 i»t voranssescliickt Frid. Huschelii de emendatione Jabu-
larurn Tereiuianaium disp. ,■ demjenigen für das Soinmcrsc-
nieslci- l«30 ücena IHautina a Frid. Rilschelio emendata.
Brieg. Dor bisherige Professor am Gymnasium daliier,
Karl Krnst Georg Matthisson, ist zum Director dieser
Anstalt ernannt worden
Halle. Der bisherige Privaldocent Dr. Friedrich Tuch
dahier ist zum ausseiorilcntliclien Prof. in dct pliilosophisclicn
Facultat der Universität ernainit worden.
Zeitschrift
für die
AI terthii ms wissen Schaft
Freitag, 12- JuU
18 3 9.
Nr. 83.
Homeri Carmina. Rccognovit ei explicuit Friedericus
Henricus Bothe. Odysseae Vol. I. lib. I — VIII.
271 S. Vol. II. lib. IX — XVI. 271 S. Vol. III.
lib. XVII — XXIV.
(Forts etznnif.)
C»318 heisst es in der Note zu cd 6' er fih Towjfwr:
„ intolerabile est al repctitum sine emphasi. hoc pona-
Dius: av d' ev ftiv tqoJX"'^ h. e. di'£TQw%o)v , recur-
rerunt." Hr. B. 'meint wahrscheinlifh damit, sie liefen
gut, weil es auf den Stoll zu ging? Wäite er nach
(Jeedga einen Punkt und nach -nödeacnv ein Komma
gesetzt, so würde er gesehen haben, dass das vorige ai
auf i'uacrev hinauf geht; dieses aber, fi'ir welches ai
uti> stehen würde, wenn nicht ei> fiiv folgte auf );5i
herab , wesswegen es nicht zu beanstanden ist. — j^ , (iO
soll statt dk'k'. ö fj.£v uiXeas Xaov dz da 9 aXov ge-
lesen werden dxaadoXoq oder ÜTaadaKa , allein ver-
gleicht man unten (206) ayoia (fvla Fiyavtuyv , so
wird man wohl auch dieses Beiwort für dieselben nicht
zu hart finden. — 7/ , 2S6 stimmt der Ausruf: „apage
male ominatum verbum!" wohl nicht leicht Jemanden
für UTtt^f^ova, das statt dirsigova {b^vov) eingesetzt
werden soll. Denn wenn man an und für sich nicht
wohl annehmen kann, dass die Griechen dabei an den
ewigen Schlaf gedacht hätten, so ist hier dieses Wort
um so unverfänglicher, indem darauf folgt: evbov ■jtav-
vi'xio^ y.ai in i-ui x«i ^üaov i;fic'.o. — 9', 444 soll in
den Worten : omtO'c av avre Ei'dijoda gelesen wer-
den dv avTTJ sc. Ü8(ii-, was wenigstens dv aüxjjv würde
heissen müssen. Uebrigens ist die ganze Aenderung nicht
zu billigen; uiTB hat die Bedeutung: „in der Folge ein-
mal, wieder einmal." Aehnlich erklärt es Ilr. B. selbst
V, 92 in TiTTT aw' w di'OTijve kmiov cpdog v^eXIoio
"Hkvd^Si:: „quid cogitaiis, quid struens, deiiuo, more tuo,
huc ndvenisti'"''., wo nur denuo mehr als zu quid cogitans
gehörig bezeichnet sein sollte. Ebenso soll /, 393 o.vto
für uvTS gesetzt werden, so dass der Sinn der AV^orte
TU yuo O.VTO cridijooi' y£ y.gdjoi iariv wäre: „ipsiim
h. e. verum atque germanum, roLur ferri.'"'' Dagegen ist
wohl der Sinn der Vulgata: ,,das ist für die Folge die
Stärke des Eisens", d. h. so pflegt man das Eisen zum
Gebrauche zu härten. Dagegen soll , um noch einige
Aenderungen hiermit zu verbinden , in denen das Pro-
nomen aiirdg vorkommt, r', 104 und 509 ttQi'jao^ai
dvTiJP statt avTij , im Sinne von coram, geschrieben
werden; doch passt wohl ai'rij „persönlich" hier recht
gut, da Penelope vorher schon durch den EnmSns mit
dem verkleideten Odysseus verhandelt hat. Aehnlich
möchte cp, 194 '1 avTuq y.fr^oj zu vertheidigen sein,
wofür aÜTü)q vorgeschlagen wird , was auch f , 179 und
187 und x', 300 und 344 für avTijt einzusetzen sein
soll, wo dieses bei Ooi wohl bedeutet: diess an deiner
Person, an deinem Leibe. — III, 420. Wenn /, 84
slatt dvdivov iidari, was Passow wohl richtig für vege-
tabilische Speise nimmt, gelesen werden soll: cv/.uv9lvoi>
„Stachelkost", so möchte man dabei eher an Disteln, als
an die süsse Frucht des Lotos denken. — 1' , 144 hätte
Ilr. B. wohl nicht daran gedacht, den Versuch zu ma-
chen, «);p ßad^vc 7AX schreiben, statt ßadfJa, nach
einer Anführung, die, wie er selbst sagt, ungenau sein
kann, wenu er beachtet hätte, dass Dnttmann Lexil. I.
S. 116 j;£()« -KOvKÜv, worauf er sich dabei stützt, nur
als Nothbehelf wegen des Metrums betrachtete. — 1', 330
nimmt Hr. B. Anstoss an der Zusammenstellung von
LiCydK i}kl9a noUij, da an den ahnlichen Stellen sich
kur nkt^a Ttolhj findet. Er schlägt daher vor: n Qa
■/.axa önCtOQ v.sxvto ^thya ijh9u -Tiolltj, wo aber der
Hiatus in ^iya ijh9a auffällt. Wenn idyak' ijkt^a Tiokh:,
nichtals eine unserem „gar sehr viele" ähnliche Häufung der
Ausdrücke beibehalten werden soll, so würde Rec, lieber
schreiben: /)' 6a y.aia ondovi yJ/iTO it syag' ijki»a
nakh], „der in den weiten Räumen der Höhle in grosser
Menge lag." An dem Worte /liyaoa wird man keinen Anstoss
nehmen, wenn man vergleicht (t, 539 f.) Ol ö' sytXl'l'TO
'J^gÖoL iv /jfydoo/C, was von den Gänsen der Penelope
gesagt wird, die sie im Traum vom Adler gctödtet sah.
Wird für die Vulgata geltend gemacht, dass man II. e;
6'i6, ir', 344, v, 421 liest xcjt' ö(fdakiuu>v yixvT
dxkvi, und dass also hier wohl auch ycnra oirelov? zu
verhinden sei, so lässt sich dagegen bemerken, dass in
diesen Stellen von der Finsterniss die Rede ist, die sich
gleichsam auf die Augen herab senkt, an unserer Stelle
aber von dem über den Boden hin gestreuten Dünger,
und dass dem iv (tr.ydoufc, was wir an der angeführten
Stelle sehen, y.ara fJ-iyaoa ganz entspricht, was für
jenes gebraucht wird, wo es der Vers erfordert, cf. z,
479, /V', 3.53, V, 167, ■/, 3'»6. — Wenn aber zu i, 3%
Hr. B. bemerkt: „apage insulsum istud jJF^ya, .^ ■ . scri-
bendum sine controversia: Ofiaoöakeov d' öjitv ipuM-
^fv", so ist diess keineswegs so unbestreitbar wahr.
659
660
3Iaii könnte ueya zu au£pSa)ieov beziehen, wie z. B.
II. a, löSheisst: w uey draiöl-; veroleirht man aber
U. >:, l'JÖ >'; y.£ fii'y o/i^wtf/f, so moclife es besser schei-
nen, die beiden Adierbien in beijjoordnetom AVrh.'iltuisse
zu fassen: ,,cr stiess eine schreckliche, laute Klage aus."
Eine ahnliche Häufung des Ausdrucks findet in t* , 79
SetTvr^ncard.; iitrv :tu)Jjw fX äneioova yaiav statt,
wofür TTo}}.!^- irrt yaiav allein steht (i' , 364, wo es
Hr. B. erklärt : „in die weite Welt", und err' cCCEiodDa
ycüav ,,in die unendliche Welt" II. )■ , 44fi. w, 342.
Od. a, MS- f, 4ß. o , SS^i. "T , lü7 und hier erscheint
Beides lerbundeu: „in die weite, unendliche Weif."
Hr. B. will TTokkÖv lesen, was offenbar keinen guten
Sinn gibt. — y.' , 52fi wird zu eirijv eij/roi / /rry be-
merkt: nusquam poeta dixit fjcrofjai, prima corropta",
und /Jrr vorgeschlagen. Allein Xi'orj ist doch hier oden-
bar der Coujunctiv des Aorists und eXktoÜfllJV (bei B.
iuadittjr) findet sich //, 35 und v , 273. — x', Ö42
soll statt toaev gelesen werden eaaav , weil doch Circa
nicht selbst, sondern ihre Dienerinen den Kainnierjung-
ferndienst beim Ankleiden des Oilysscns verrichtet haften.
Hr. B. hat hier übersehen , dass es sich nur um die
Gewander handelt, die sie ihnen als Abschiedsgeschenk
zum Anziehen gab ; oder haben in den oben angefiilirten
Stellen: T , 79. p', .50". (f , 331)PeüeIope und Telemach
den als Bettler verkleideten Odvsseus auch selbst an-
kleiden wollen? — A , 14(i möchte Hr. B. wegen des
folgenden ixiCfS^ovsoi: schreiben tois, wenn sich nicht
annehmen liesse, dass f«^ der Optativ sei (reijuiritur
autem optativus, qui vereor ut intelligi possit in idi).
Thiersch Gr. §. 347- 5. a, will dagegen nach 3 Hand-
schriften unten inicp^ovCT]^ lesen, worin ihm Küliner
§. 789 Anm. 2. mit Recht beistimmt. An einer andern
Stelle (u'j löß f.), wo Conjunctiv und Optativ im Final-
sätze zusammentreffen (vergl. Thiersch J5. 342. ö- und
Kühner §. 774) bemerkt Hr. B: „permisceri solent Aaec
tempora, et fieri potest, ut conslrucfionem mufaverit
poela, vitaturus fortasse homoeotelcuton." — X' , 284
schlägt Hr. B. statt: 1} de UvKou ßaolkei'S vor, zu
schreiben o," S{, da ßacriksvsiv in diesem Sinne bei
Homer nicht vorkäme. Doch liest man II. ^ , 4-5 UTj-
XEOU S" 7; ßadil.cvev ii-rrti flf-a/Ap i'kijifrrrrj, was frei-
lich Ilr. B. nach seiner Note von einer wirklichen Wei-
berherrschaft versteht, während Spitzner sich auf unsere
Stelle bezieht, unil Dunm [jaai/.citev wohl mit Recht
von der eigentlichen Königin, im Gegensätze zu einer
Tukl.u.y.r,, versteht. Stände aber hier 01; lin , so würde
nicht nur in diesem Verse, ohne alle Andeutung davon,
ilas .Sn!)ject wechseln, sondern auch dieses (/•, neben
dem auf Aniphinn zu beziehenden, zu Anfang des vor-
liergehenden Verses, undeutlich sein. — // , 541) wird
TTffJSe^ 1\iujU}V , was Hr. B. in r.gvxDV, geändert wis-
sen möchte , durch den Scholiasfeh hinlänglich geschützt,
wenn nicht nach Aristanh der Vers ganz ausgeworfen
werden soll. — ;/ , 181 hat Hr. B. die Lesart: </.kk'
ore TOOOOV äjciir, onnov v' iyi-.yvive fi()i';nai statt:
eK7cr,url' OTOV TS yiyoivi aufgenommen, Hahrscheinlich
nur, um die ihm so anstössigen .Amphibrachen zu l)esei-
tigen. Allein, wenn hier, wie i, 473, wonach wohl
dieser ^'eis hier eingesetzt wordeu ist, da sich am bcss-
fen äka TVTtTov soSTfiok Pi'ucpa 8ivjy.ovTEC, an einan-
der anschliesst, und das folgende ra^ 6e einen solchen
l'ordersatz durchaus unnöthig macht — Üttiiv voraus-
ging, wäre doch wohl, wie j', lfi2 , QifuCpa ötojxo/iisvi]
fortgefahren wordeu, was ebenso gut in den Vers ging,
als: (jiij(fa ö/uiy.ovrs:;. Dieses nennt Hr. 15. ganz
ungeeignet einen nominativus conseqnentiae, welcher Aus-
druck auch ß' , 131 von TiaTt)i> 6' ef.iu<; äkkodi yahjg
Zwat oy i] tsDvjjxE gebraucht wird, wo vielmehr auf
Thiersch's Gramm, g. V84. 11. zu verweisen war, wäh-
rend Matdiiä, auf den er sich bezieht, ^. ,5(i2 den Aus-
druck nominativi absolnti hat. Auf das ungrammatische
Öaooi' T tyiyuive wollen wir weiter keine Rücksicht
nehmen, da es dem richtigen öcraov TS yeyvjvs., an der
angeführten Stelle gegenüber, als blosses Versehen er-
scheint. — Zu t , 280 bemerkt Hr. B. : „quid hoc ad
rem eum obviam venisse equitatui regio, ßaaikr^oi in-
TTajv'i imo regl obviam ivit , idque equo conscenso, quo
citius adveniret, nee trucidaretur prius quam regis mi-
sericonliam implorare possct , ergo scribamus i';rn-f/j."
Würde es schon an und für sich sonderbar herauskom-
men, nenn er zum Könige hingeritten wäre, um sich
ihm zu Füssen zu werfen, so ist diess bei Homer nach
der Sitte seiner Helden gar nicht denkbar. Und wo
kommt bei ihm iXtt'i} zu Pferde vor? oder wo heisst bei
ihm iTt-iTOi die Reiterei? Bekanntlich fuhren die Helden
auf Streitivagcn , und diese werden sehr oft 'iTlTCOl ge-
nannt; dieses Wort ist daher auch so zu fassen, wie ans
den Worten 6^ öUpoov d' dviaui, (28'-') deutlich her-
vorgeht. — • ^', 290 soll 81) t6t£ 0olvt^ i]cv drrig statt
1]}.\}ev geschrieben werden , da im vorhergehenden Verse
schon einmal ijf.^ev steht; doch würden die für r,ev an-
geführten Beispiele ein T/^ dabei erwarten lassen. VVollte
Hr. U. eines der beiden /Jk^e ändern, so hätte er, dem
Verfahren gemäss, was er r', 152, wo er sich auf un-
sere Stelle beruft, angewendet hat, indem er für dkk
bcs Ttrga.TOV ijki^tv fro; in r;sv ändern möchte, hier
auch im vorhergehenden Verse dkk' örs i5>; fioi LltL-
TtkoHEvov kro:, oySoov ije schreiben sollen; doch soll
damit noch nicht gesagt sein, dass wir ilieses gutheissen
würden. Mau vergleiche nur ß\ 89, 1]8l] yag T(jItov
earviD i'ros r«;fa 8' f.i<ri rsragioq, wo wir eiui nicht
mit Hrn. B., der übrigens Damm und Passow auf seiner
Seite hat, für „abibit'', sondern vielmehr mit Nitzsch
für ,, kommt" nehmen möchten , und ilas. JOtt : cikk oxe
TtroaTOv r,k&£i' ETug y.fii iTrij/wtlou c'/puf , was von
Hrn. B. nicht beanstandet ist. — AVarnm o, 113 ein
airu^ e/'gijtiiuov für Homer, üy.(Cg)] , eingesetzt werden
soll, ist nicht recht einzusehen, da <las bekannte y.c.gi^-
y.uuuiovvei; \/]^aioi eine hinlängliche Analogie für y.artt^
^avi^ü; ßhvskäog abgibt. — o, 280 (■ wird zu: ov
fxhv 8i^(t' siHkovra y aTiuinut vi^o; e'i'oiji;, 'AKK eneu
bemerkt: ineptum est si^ekovra, b. e. ii^ikovra ärrru}-
decri^ai (v. 74 etc.) aptum ii^ekopri, mea sponte, quod ponen-
duni esse censes, quanivis djiai; e/gij/lEvuv.''' Allein es ist
hier offenbar zu it^ikovia aus den AVorten des Theoklyme-
nos (277) d}.kä fJ-ev vro^ icptrraat die Ergänzung herabzu-
nehnien, und es konnte diess um so leichter geschehen,
da dkk' iTlSl' gleich darauf folgt. Uebrigens konnte die
angeführte Stelle gerade vor der Aeudcrung des ei)i'koVTU
661
warnen. — 7t', 242 ist gar kein Grund vorhanden,
inicpoova ßoi'i.r,; siait ßoihjv zu sdneiben, da das
vorhcVj^ehende ;(£/>«? i>^' a/-/tilJTrrji' alle Zweideutigkeit
aufliebt. — p', 506 iiat die Vermuthuiig 6 Öl! dlj 71 vh
schon andersiio die verdiente Würdigung gefunden. —
Eine der grüssten Uebereilungen hat Hr. B. o', \(o'2 be-
gangen, wo er zu Ttpog itooioq bemerkt: „quid? a ma-
rito se niagis honorari cupit , quem adcsse uescit, et qui
undeviginti annos abfuit" ? und dann nrQuq nukiog vor-
schlägt, mit der Erklärung: „nooi Tt oki-r aq , apud ci-
ves." Er hat nämlich nicht beachtet, dass in diesen
AVorlen nicht die Meinung der Penelope, sondern die
Absicht der Athene ausgesprochen iiird. Und wäre wirk-
lich etwas zu ändern, so wäre nQO^ TzöKlOs auf keinen
Fall das Richtige. Homer würde in solchem Sinne viel-
mehr irpös ÖKliiuv gesagt haben, wie i;' , 241 xakETiii
Sex^- S^liov Cfnjiii. — Wenn r', 44() «ta** (foitag
SV kocpir^v, da man evXoCfOC sage, gelesen werden
soll: ei'Xoair.v, so wird für das Auflalleiide noch Auf-
fallenderes, oder vielmehr offenbar Unstatthalfes gesetzt.
— t', 4(J1 wird zu den Worten: Tuv juv UQ AvTU-
kvxoi TS y.cü vlhi Avioki'xoio . . . Ka^TTakl/jojg
Xaigovra cpihjv xalQowsq £i^s/.Krov Eiq, 'I^axijv be-
merkt: „Cur quaeso, (plXljv £/g 'Jdäy.ijv, quae non esset
* ' 1 • ■ <•!• _i_:_ ..i 1 3^ (fjki^i
662
fängt also Nichts. Wenn aber Raubvügcl unter sie ein-
fallen, suchen die, welche nicht von ihnen ergriffen
werden, sich zu retten, wie es geht, und gerathen , in-
dem sie sich retten wollen (ot'dt- Tlq dk/.ri I iyvErai ,
oi'ds cpvyr;), in die Netze, und so wird dem Vogelstel-
ler ein guter Fang bereitet. Voss übersetzt : „angstvoll
aus den Wolken herunter" nnd Passow hat bei vcwo^
die Bedeutung „Äetz" nicht: doch ist sie nicht zu be-
zweifeln; man vergleiche nur die von Hrn. B. angeführ-
ten Stellen. An Sperberjagd zu denken, verbieten hier
allerdings die Worte: ii; ö^eujv i}.i)uvT£(;; dass aber
„incognito quidem apnd veteres genere venationis zu viel
gesagt sei, davon kann man sich überzeugen, wenn man
nachlesen will, was Rec. in diesen Bläfferu 1836. Heft 10.
und Dübner 1S37. Heft 1. über das AVort acceptorarins
mifgetheilt haben. — Höchst merkwürdig ist die Behand-
lung der Stelle Ip , 100 f., wo zu lesen ist: „A. 1. et 4.
aliique apud Cl. äTlucr%ai^, idqne 169. praeter A. 4.
e(iam A. 2. habet, ponanvos «tto sive ano laTulr h. e.
ä.Tiodsv . . . .: ipsum illud ä(f£OTUui pro dcf/azaiTj
scriptum videtur per soloecismum , nisi quis audiat Eu-
stathium ita garrientem suo raore , eum tuetur vulgata
quanivis pessima: tu dwsarTCiLjj xaiVOTSQOP f!) io^l}-
nierkt: „Cur quaeso, (plh]v slg 'Ida.Xljr, quae non esset ^idt/oTar y.iü t<TTi [-isv yoivov Xal 0vvi]9e(; uvt av-
Autolyci ejusque filioruni patria, ut vocarctur cara, (fjh], Tov t6 dn 0(jTaiiy rb (.liwol dcfSOTaii] cpi'kTSpov (!)
queraadmodum 6', öS.'j dixit : sSoouv ds fjoi OVQOV 'Om'joo) ola iionpiy.ukiQOv {W)."- Wozu hier die vie-
'A&dvaxoi, Toi il ajxa Cf.ihiv k naTpib' eltSUipavi len Ausrufungszeichen? Vom Aorist kommt allerdings
... .1 '^ 'ri 1 - ' . '» .1 1- _ r_-__^ :.!_ „„.'.,„., _ll„:„ Tl «,' o „„, ...,,1 n,.il.„^r.r, =-.«4 Co.,=f
nuni igitur cpikip Tljkef^MX'p^ at hoc friget, nee ita
loqui solet poeta." Hier möchte man fragen: ti TCQoq
Ztlövvoov. Es soll dargethan werden, dass sich cpiktjv
auf die Person des Subjects, nicht des Objecfs bezöge,
nnd diess geschieht durch ein Beispiel, in dem es sich
auf die Person des Objects bezieht. Oder soll vielleicht
dort CfiikijV sfehca können , weil JMenclaus redend einge-
führt ist? Soll man also sagen können: „in mein liebes
Vaterland", aber nicht „in sein liebes Ifhaka"? Und
was soll Telemachos hier , wo von Odysseus die Rede
ist? Aehniich lässt sich auch 0, 5 noiria fir^Ttjo, von
der Mutter des Bettlers, vertheidigen, wenn man es sub-
jectiv fasst: „seine verehrte fllutter." — Cf , 216 nimmt
Hr. B. bei Tijksuaxov STägvi rs y.aoiyvijzuj ts soe-
crituv Austoss daran, dass die beiden ihm selbst gleich-
altrigen Diener vom Odysseus zu Genossen seines Sohnes
gemacht werden sollen, und schlägt desshalb vor : Tljks-
fxa/uj 6 STSQui ,,et mihi postea et alteri Telemachi, et
fratres, critis," was den Anstand nicht hebt, sondern
nur vermelirt, da sie jetzt Söhne und Brüder des Odys-
seus zugleich sein sollen. Die Texteslesart sagt ganz
einfach: „ihr sollt von mir wie ebenbürtige Genossen
Telemachos, ja wie seiue Brüder, gehalten werden",
d. h. ich werde dem Telcmach, meinem Sohne, keinen
Vorzug vor euch geben, ohne dass dabei auf das Alter
Rücksicht genommen wird. — ^ , 306 will Hr, Bothe
statt x<^'OOi'cri Ss t' drepsg ("c/oiji lesen: pjQovac
„et viduantur homines captura." Nach II. i, 642 X^\(iUiriE
6' ayvtaig sollte es wenigstens heissen : dpSQug „viduant
homines captura." AUeiu die Erklärung des Eustathius
ist gar nicht so unstatthaft, als Hr. B. glaubt. Wenn
die Vögel furchtlos sind , suchen sie das Freie (sv 71E-
diii) ievrai) und scheuen die Netze, der Vogelsteller
len Ausrufungszeichen? Vom Aorist kommt allerdings
d-TrlaTii allein II. y , 3 vor, nnd Buttmann sagt (ausf.
Spr. IL S. 15S) doch auch: SOta'vjv, hara&l sind wohl
bloss dichterisch." Gestehen wir die Wahrheit, so hat
Hr. B. die Perfectform hier nicht erkannt, und dachte
ausserdem auch nicht daran, dass das Präsens seiner
Bedeutung nach hichcr durchaus nicht passt. Eine ähn-
lich mit Ausrufungszeichen bespickte Anführung der Er-
klärung des Wortes äötvoc, von Buttmann (Lexil. 51)
fiii'let sich lp\ 326, wo der malten Aenderuug S£lQr,vu)lf
o.Ltd.oiv Eingang verschafft werden soll, von der man
nicht einmal sagen kann, wie er Buttmann z.iruft: ,,Nil
bis doctius inficetiusque. — !|>', 178 hat Hr. B. im Texte:
dkk' dys Ol a-Tuoioov -xvy.ivuv ksxoc, £vgixk£iu,
'EvTog si'OTaSioi; 9akdfiov , tov q' avTog swoist
statt h.TOq. Er beruft sich dabei auf v. jS4. t/^ de fioi
äkt.oOS i)nY.S kii'l'J'i^ "as deutlich zeige, dass es sich
darum handele, das Bett, das nicht mehr an seinem
Platze stände , in das Gemach, wo es sonst war, zurück-
zubringen. Auf den ersten Blick scheint diese Aende-
rung beifallswerth. Beachtet man aber die Erklärung
von ey.deicrui „efferentes lectum ex eo loro , in quo nunc
positus est", so niuss man Argwohn dagegen schöpfen,
und genauere Beachtung des Zusammenhanges lässt sie
ganz unzulässig erscheinen. Odysseus sagt nämlich im
Vorhergehenden (v. 171), er wolle allein schlafen gehen
(wo Hr. B. ai'noi richtig mit solus erklärt). Daraul
sagt seine Gattin : So macht ihm sein Bette vor das
Schlafzimmer (in welchem sie schlief) heraus. Dieses
(nämlich dass er aussen schlafen soll) kränkt den Odys-
seus, und er sagt darauf: Deine Rede thut mir wehe.
Wer hat aber mein Bette anderswohin gestellt? was wohl
ebenso viel ist, als: wer kann es anderswohin stellen?
Dazu passt dann gut das Folgende x<xk£7tdv dl y.£v siij etc.
663
664
Nachdem »vir eine ziemliche Anzahl roa unrichtigen
und uiinüthigcn AeiidorHiiifcn zusammen;;estellt liabcii, die
wir, wenigstens die letzteren, uocli uoi Bedenteudes ver-
mehren konnten, so glanlien wir dem Hrn. Ileransgebcr
schuldig zu sein, auf einige aufmerksam zu machen, die
wir entweder für richtig, oder doch einer genaueren Be-
achtung werth halten. Wir hatten uns eine nicht geringe
Anzahl als solche angemerkt; bei genauerer Durchsicht
blieben aber nur folgende daron übrig, indem wir nur
solclie anfuhren wollen, die Hrn. B. eigen angehören,
wenn es uns vielleicht auch begegnen sollte, dass wir
eine oder die andere fremde mit einmischen, wo, wie
bei l^dvTljO^ x', 495 («^ergl. Herm. Elem. doctr. metr.
S. 347) etwa nicht angegeben wäre, dass dieselbe Aen-
derung schon von Andern vorgenommen worden wäre.
(^, 284 oj; Sr, für ü; ör. ; &', 4j9 doidrji; oi/-lOV für
i'iuvoi- (vergl. Aitzsch z. d. St.); i, 302 X^'P' i^tfJCia-
auuevoi für ;^f''p', was t', 480 auch Wolf hat , wo
8eit(JEOTjCpiv den Dativ deutlich anzeigt; ^', 223 Ör£
u r e'('^£l£ TlöÖEcroiv für uul, was jedoch auch nicht
ohne Sinn ist, wenn njan ty/S' sKf.oy.ov für den Speer-
wurf nimmt, o, 227 das schon Erwähnte: IlvUoiat
fx£T' e^oxa Siijuccza vaiuiv für ^ey e^o;^« und dabei
fi' (l. II. ß) 480 dyiXrj(fi /xi-r' e^uxa; o', 232 Tikev-
qÖt' aTToToiipovcn für TtXevQal; cp\ 93 jtaXa zoioi
für uera zoiOi-
Eine besondere Berücksichtigung verdienen noch die
Stellen, an denen Hr. B. Umstellungen einzelner Verse
oder auch grösserer Partieen vornehmen zu müssen glaubt.
Am Schlüsse des zweiten Gesanges bemerkt Nitzsch:
„Dass die 20 e-xaiooi jetzt schon bei den Rudern sitzen
und nachher erst den Mastbaum aufrichten and ilas Segel
aufspannen, gibt keine gute Ordnung der Erzählung.
Auch der Fahrwind kommt gewissermaassen zu früh.
Wie natürlich, geht die Fahrt gewohnlich gleich fort,
sobald die Ruderer sitzen. Besser ist Alles XV, 284 —
94 geordnet." Hienlurch Hess sich Hr. B. verführen,
die ganze Stelle anders anordnen zu wollen, und zwar:
41.5, 422 — 42ti, 4iO-43 5, 41rt-42l, 427—429, 434.
Es ist aber durchaus keine Umstellung nöthig. Nitzsch
liess sich dadurch irre führen, dass i', 17 7 ff. die Fahrt
bei Windstille, also mit Rudern, vor sich geht, o, 284 ff.
bei einem Fahrwind, ilahcr mit Segeln, und beachtete
nicht, dass hier Beides verbunden ist. Zuerst war es
nämlich windstille, desshalb setzten sie sich auf die Ru-
derliänke. Nun könnte mau nach /, 180 erwarten: k^ii^
i^' i^^ijusvot nol.iüv al.a TcrtTuv egsiitoi.;. Allein Te-
lemach bemerkte, dass sich ein Wind erhob, den Athene
sandte, daher befahl er das Segelwerk zurecht zu machen.
Da der Wind, nachdem dieses geschehen war, das Schiff
forttrieb, stellten sie die Mischkrüge auf, brachten den
Göttern Trankopfer dar, und liessen sich es, da sie
„!Mischkrüge" aufgestellt hatten, dabei wahrscheinlich
auch wohl sein, während das Schiff die ganze Nacht
hindurch ruhig den Weg zurücklegte.
(Fortsetzung folgt")
Personal-Chronik und Miscellen.
Bonn, 2. Juli. Eine interessante Ausgrabunjj in dem fünf
Sliindcn von liier entfernten Doile Weingarten ist neulicli
zu Tage gelVirtIcrt worden. Es sind Ucberrestc eines Gebäudes,
wovon der grösste Theil nocli unter dem anslossenden Berge
vcrscliiiltet liegt. Was jet/.t aiiigcdcckt worden , deutet auf
eine B.iibnlage hin. Es zeigen sicli nämlich, soviel Ret. selbst
bemerkt hat — tünf, nach Andern sogar sechs grossere Ge-
mächer, tlieils rechteckig construirt. theils in Hemicyklien aus
springend In dem mittlem derselben war offenbar ein schwe-
bender Fussboden. Aul einem mit einem dichten Stück bewor-
fcnen , festgestampften Estrich ei hoben sich nämlich in regel-
mässigen Zwisclienräumen etwa zwei Fuss liolie Pfeiler, die aus
übereinandergeleglcn runden, hie und da aucli viereckigen,
Ziegelplaltcn bestanden. Ueber dieser lagen wieder grössere ,
schwere Ziegelplatten, welche die Unterlage eines dicken Stücks
bildeten , über den in einem feinern ein Mosaikgemälde ange-
bracht war, wovon noch grosse Bruchstücke, unter andern eine
nackte männliche Figur eines Kämpfers, vorbanden waren. Die
Würfelchen, die zu diesem Getäfel gebraucht worden, bestan-
den tlieils aus Thon , theils aus Kalkstein, Marmor und einer
unbekannten Mischung. — Ucberhaiipt ist diese ganze Gegend
der Eifel sehr reich an römischen Ueberbleibseln , welche nur
durch einen regelmässigen Besuch und rege planmässige Beauf-
sichtigung für die Rheinprovinj , namentlich für unser Museum
rheinisch- westphalischer Alterthünier könnten gewonnen wer-
den. Gegenwärtig schleppen Fremde und geistlose Sammler
manches interessante Stück fort. Nicht weit von Weingarten
ab fand Ref. bei einem Landmann ausser römischen Lämpchen.
Salbenfläsclichen, einer scliüneii Fibula von merkwürdiger Form
einen zerbrochenen Stein mit folgender Inschrift:
I. O. M. ET
GENIO. (L) OCI
M VL
MAT(ER)^VS
BF COS PRO SE
(ET) SVIS. V. S. L. M.
Die römischen Münzen, die er ebenfalls dort antraf, waren
ans der Zeit des Valens, Valentinians, Crispus, Theodosius u. s. w.
Bei dieser Gelegenheit kann er nicht nmhin, noch einer selte-
nen Münze zu gedenken, die dicht am Lfcr des Rheins, eben-
falls fünf Stunden von hier gefunden worden. Die Leser dieser
Zeitschreilt erinnern sich vielleicht noch der interessanten Ent-
deckung, welche Professor Deycks in einer Inschrift des »Cen-
tralmuseums rbeinlandisclier Inschriften von Dr. L. Lersch.
1. Heft« machte, wonach dieselbe anf den Kaiser Florianus,
den Bruder des Kaisers Tacitus, geht, von dem, weil er nur
zwei Monate regierte , Denkmäler äusserst selten sind. Von
demselben ist neulich eine Münze auf dem schönen Schlosse des
Prof. Bethmann -Hollweg, Rheineck gefunden worden, deren
Umschrift Dr. Krnsch dem Ref. niitgetbeilt hat. Sie lautet: IMP.
C. M. AN. FLORIANVS. AYG — CO.XCORDIA MILITVM.
Was unsere Universität betrifft, so wird Professor Klee
aus der katlioiisch -theologischen Facullät nach München ab-
gelii n. In der philosophischen Facultat wurde neiilicli eine
stattgefunrlene Promotion dadurch interessant, dass der Dekan
A W. von Schlegel, der zugleich Opponent war, in dem be-
kannten Fragmente des Ennius : Se/ttingentei sunt pnulln
plus II. s. w. sich zu der früher von ihm bekämpften Ansicht
Mebiilirs bekannte, dass hier kjklische Jahre semeint seien.
Jedoch wurde diess Gesländniss durch den schliesslichen Aus-
spruch desselben berühmten Gelehrten etwas iiiisewiss, dass .s
ein .locus dcsperaliisn sei. Die Veranlassung zu dieser Erklä-
rung bot die bei dieser Gelegenheit erschienene Dissertation:
De Ennianoruni Annalium frai^iuentis a J- Merula auctis.
scripsit Maiihias Hoch. , welche wir in diesen Blattern nähet
zu besprechen gedenken.
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaft.
Sonntag j, 14. Jn^i
183 9.
Nr. 84.
Homeri Carminn. Rprojnorit ei explicuit Friedericus
Henricus Bothe. Odysscae Vol. I. lib. I — VIII.
271 S. Vol. II. lib. IX -XVI. 271 S. Vol. III.
lib. XVII — XXIV.
(For ts etziini;.)
Die Anordnnnff lies Hrn. B. lässt sirli in sofern aus
6, 286 ff. nidcrleg-en , als sie ilort auch die Taue erst
lösten, betör sie das Scgeltverk zurichteten, was aurii
-ganz nati'irlirh ist, denn, hozu spannt man die Segel anf,
wenn lias Siliiff noch fest liegt? — Eine grössere L'ni-
■lellnng Hill Hr. B. im achten Bnche vornehmen. Er
liemerkt (zu d, 265) „dicif poeta siniplicem saltationem
ad citharam et cantuni ritharocdi, non im(joj(lj/ta, quo
Tantum cxpriniebaiit mimice, Carmen de Martis furto si
genuinnm est, nt esse arbitror, solus id canit Demodocus,
postcjuam Fhacaces dcsiernnt saltarc, nani post versum
265 inserendos esse puto 370 — 473, dein ponendos 266
— 36') et 3 proxime sequentcs, qnos versus excipiant 474
et reliqni hujus libri sine inferruptionc." Er findet es
nämlich ungeeignet, dass der Sänger seinen Gesang eher
vortragen soll, als die Söhne des Alrinous tanzen. Allein
der Gesang tles Demodocus ist sicherlich nichts anders ,
als ein Tanzlied, wenn auch aus seinem Inhalte ge-
schlossen werden kann, dass keine mimische Darstellung
•lessellien stattfand, und demnach, wenn er nicht spätem
Ursprungs ist, hier an seiner Stelle. Pas Auffallende in
der Sprache, für das Hr. B. nach seiner Weise freilich
leicht iMittel finilet, ist aber gar nicht zu übersehen, und
wohl zu beachten, dass hier leicht ein Gesang eingelegt
werden konnte, wenn es hiess: „der Sänger stellte sich
in die IHitte", und weiter von seinem Spiel und Gesang
jXichts erwähnt wurde. — Der Vers x , 515 soll in:
:TetQ7jV TS ivreoiv re etc. verändert, hinter v. 512- ge-
stellt werden. Hier ist nicht zu läuguen , dass dieser
1 ers etwas Abgerissenes hat; doch möchte diese Heilung
nicht die rechte sein. — In den letzten Büchern glaubt
Hr. B. an mehreren Stellen eine Umstellung vornehmen
zu müssen, wo sich bei genauerer Betrachtung ergibt,
dass die Gedankenverbindung dieselbe ist, welche er her-
stellen will, dass aber die weitere Ausführung des ersten
Hauptgedankens, oder die sich an ihn anschliessenden
Aebeiinmstände zwischen eingesetzt sind. So soll nach
" , 153 ßi'Töp 6 ßij did öüijxa (flkov Ternjfievog i'jtuq
unmittelbar 157 dl\) Ö ai'Tiq vmt uq e^er enl 9q6vov
iv9-£V äveanj folgen, weil er durch den Saal gegangen
wäre, um seinen Stuhl wieder einzunehmen, wozu man
(i (viell. q) 328 — 334 vergleichen soll. Allein, abge-
sehen davon , dass so die beiden mit alp b' beginnenden
lerse nur durch einen andern von einander getrennt
wären, stehen odenbar die Verse vivOrdCmv y.icpakjj,
dl) yag xaxav oooavo dviioi. ^ 'MX oi'S yk (fi^je
y.tjoa, neStjOe de y.al tuv 'JdriVI] ganz richtig dazwi-
schen. Während er nämlich durch das Zimmer ging,
überlegte er die Worte des Odyssens, die ihn bewegen
konnten, sich nicht wieder hinzusetzen, sondern fortzu-
gehen, und dem Tode zu entgehen; aber er setzte sicU
doch wieder an seinen Platz. Damit wird das Ganze
passend abgeschlossen. Ebenso soll r' , 60 nach 54 ge-
stellt werden, weil sich annehmen Hesse, dass die Die-
nerinen gleich mit iler Pcnelope zu ihrer Begleitung ein-
getreten Hären. Hier sprechen aber die Worte: i) 8
iti- ix &akdiioio und i';ki}ov de Öuujat lEL'/.üjkevoi ax
juydooio nicht für eine Begleitung. Wie dem aber
auch sei, so mussten die Verse, die sich anf die l'ene-
Inpe beziehen (in denen sich Hr. B. um so weniger aa
das subjectlose y.dx^Bcrav hätte stossen sollen, als er
/', 542 tVrav so subjectlos einsetzen will), sich gleich
an ihr Hereintreten anschliessen. Auf ähnliche Weise
soll (p, 30 i zn 2^tS heraufgenomnien werden; doch gehen die
^ebenumständc des Vergehens des Plrithons ganz richtig
der Angabe des daraus hervorgehenden Erfolgs , des
Kampfes, voran. Aehnliche Stellen sind y, 304 fi. ,
3S() ff. u. a. , wo Hr. B. das Vcrhältniss richtig erkannt
und die Angabe der Nebenumslände in Parenthesen ein-
geschlossen hat. — Ausserdem sollen die Verse ö, 221
und 222 unttr sich vertauscht werden , wo die Beziehung
des ohv öl-; auf ui'xcK ganz matt wird, '»'iel besser fasst
man oiov'dl) an der jetzigen Stelle für: „da so eine
Handlung hier vorkam", woran der Vers mit ös, welches
sich über den vorhergehenden, an ovyezt (fQevEi sialv
halcTiilot sich anschliessenden Vers auf toi hinauf be-
zieht, die Angabe des Speciellercn anschlicsst : „da du
so den Fremden h.ist misshandeln lassen." Die als Be-
lege angeführten Stellen sind anderer Art. — Wenn 9,
117 dem ^'crse tl4 angeschlossen werden soll, so ist es
nach der gewöhnlichen Erklärung «1er Stelle gerade nicht
zu verwerfen. Hr. B. sagt nämlich: „neque enira domi
solus relinqnetur Telcmarhus , si par fuerit certaminibns
patris h. e. sl sccures illas 12 pcrinserit, scd nianeblt
tum mater; contra »1 relinquetur , conscquens est, eum
667
66S
(prf.iniliia isia uiin .siisfiiiiiis^r." Alleiu nj( h nnspror An-
sirlit tl;ii li(e Tdriiincli iiiclit daran, liass iliß ]>]ii<t(>r kei-
nen iici(liT<Mi liriradirii sollti-, »eiiii er den ISogcn spaiiiiie;
es s.i^t aiieli v. lol IL, als es iliin iiielit (jegliieLt ist,
dariiii uielils, sondern nur, dass er liinfort nueh für
»cliirarli ^eltPii »lirde; er spannte also den Un^er Inder
Afa^irhf, uni zu zeigen, dass er selinn volle iManneskraft
erl.nigt lial.e , und das Haupffe»» i< lit liegt auf den Wor-
ten: 111)1 n'/(niiii'(/). „ AVenn irli den Boj^en spanne,
SK liraiiclie irli inieh niolit mehr dariilier zu betrilben,
ueim meine iMiitter mirli rerh'isst . da ieh dann zurürk-
bleibe, als einer, der srlion die Kraft seines ^^a(ers er-
langt bat, und ilesslialb dem Hanse «vohl vorstellen kann."
Indem «ir zn denjenigen Stellen i'ibergeben, an welchen
llr. li. Lneilites entweder selbst entdeckt zu haben, oder
den Angaben der Seholiasten folgend, gegen AVolf's An-
sieht ansselieiden zu müssen glaubt, stellen «ir die bei-
den Irüher schon crtiähnteu voraus, in »eichen zwei
^ erse in einen zusammengezogen werden sollen. In f,
24t, 242 rt/'rao inndij dte'i', ui}t dtvöota licr/Qa
Triff ly.ti, 'II itlv ifji] i:oi)i dcijita, Kaf.filK'j, dia
i}sdviV soll die abgeschmackte Wiederholung üth div-
Soea iiii/.ga lT£(fvy.ll- ans einer Erklärung am Rande
in den Text gekommen, und dann von einem nietricu«
male feriatus o.i'Tuo und diu diaviv hinzugesetzt wor-
den sein , so dass diese beiden matten ^'erse eufstanden
aus einem und zivar einem schönen : errciöl] diii:, r, fitv
• ^1] 7loö~ du)ua KlO.lll'V). Rec. gesteht, dass er die
Schönheit dieses angeblichen Originalverses nicht erken-
nen kann, und dass er vielmehr glaubt, Hr. R. würde
au dem Rh>thuins und dem Klang desselben IManches
auszusetzen haben, wenn er ihn in den Ausgaben gelesen
habe. Kr niüchte ilaher, wenn die Wiederholungen
durchans unerträglich sein sollen, eher dafür stiiumea,
die beiden Verse auszuwerfen. An der andern, cp , 37,
3'^. "!({ iToi' Evov-vidrjv, iiiisixsKov udavä-voioiv , ''O;
ni Tutoi' idvy/.e. to ö' oI'jtots dtoi 'Odroosd^, soll
aus T. 14 in/iiy.t/.ov u^avaroiaiv eingesetzt und dann
zur Ergänzung des folgenden Verses Os o< r. id. eingesetzt
worden sein; der Origiiialvers soll also geheissen haben;
"IcfiTOV JEi'oi<ti7>i:v , TU dl) «('rroTi diu^ Üdirrofd-,
An diesem Verse liesse sich, da» ölj abgerechnet, an
sich i\i(h(s aussetzen, wenn nur jo nicht so alleiu stände,
was Hr. li. vergeblich zu entschuldigen sucht. Es ist
aber hier in den Versen, wie sie in den Ausgaben stehen,
ellcabar noch weniger Grnuil zu einer solchen Zusam-
nienziehun^ vorhanden , als in der anderen Stelle. —
c, 'J'J — 101 sollen mit Recht verdächtige l'erse sein.
Der erste, iThcVU b al.y.mov tyy^uZ e(c , der eine Tau-
tologie enthalten soll mit |04 -rruf.üntj <)' l'/ß luK/tuv
eyj^O^ soll aus II. y. , l;{5 entnommen sein, und die an-
dern beiden auch hesser für die llias, als für unsere
Stelle passen. Die Tautologie kann Rec. hier zuvörderst
nicht anerkennen, eher könnte man sagen, die Göttin
habe ihre Lanze nicht mitzunehmen gebraucht, denn so
etwas könnte »ie mit der Aerwandhmg schon umiehnien;
doch wäre damit noch nicht gesagt, dass sie ihre Lanüe
nicht mitnehmen konnte; und nahm sie sie mit, so ist
die Beschreiliung derselben der vorausgegangenen Be-
schreibung der Sohlen gegenüber ganz in der Ordnung.—
Die Verse /.', f2.?, 124, die sich }p' , 27f, 272 wicder-
liolen , sind nicht so scliwach, als Hr. B. glaubt. 3}ai>
niuss nur bedenken, dass Tiresias den Odvsseus dnrrh
Angabe immer genauerer Kennzeichen auf die .^Ifinuer
hinführen will, welche er meint. — Die üneclitbeit der
Verse A. , 616 — 521 möchte durch das ?(ic!itvorkommeu
der dort gen.-innten Aamru in <ler llias nicht hinl.'inglicli
begründet sein, da ja hier von einem Zeitabschnitte die
Rede sein kann, auf den die llias sich nicht erstreckt;
begründeter möchte der Zweifel an der Echtheit von i' ,
lös sein. — Wie Verse 6, It.J— lUt, welche ilie schon
fil.'i — (il't da gewesenen AVorte des iMenelaUrt ütier sein
Gastgeschenk für den Telemach enthalfen, können hier
nicht wohl entbehrt werden' da doch Helena auch \>f)i}'.
Ton ihren Ges<henken bei der Ueberreichnng spricht.
Auch passt die Einweniinng nicht, dass er ihm keinen
Blischkrug gäbe; denn, wenn auch er selbst ihm nur
einen Becher gibt, so bringt doch sein Sohn Megapen-
thes, wahrscheinlich in seinem Manien einen .'MIschkrng.
Ebenso möchte am h u , 12() — 1 57 ilie Wiederholung
der Rede des 3Ienelaus von ö, 335 — <4ti nicht zu ver-
werfen sein. — Die Vermuthung iler (rnechtlieit von ,7 ,
32(i, aus dem Grunde, weil Telemach nicht Wallen {^vEi'ysa)
bei sich gehabt habe, wie die Freier, von denen dieses
V. 36') r.chtig stände, beruht auf einer Uebereilung; denn
bei dem Einsteigen ins Schiß', sagt Telemach o, 218:
'Eyy.urifi£iTe. tu. rH'Xs' krafooi viji fieA.c>.ivjj , d.h.
bringt das nöthige Gerätli (arniamenta, nicht arma) ins
Schill'. — Der Vermuthung der Unechthcit von ^ , 2Ü6
— 3ÜU möchte Rec. nicht geradezu widersprechen. AVena
auch der Grund , da;s Hunde nuht auf dem [Mist zu lie-
gen pflegen, hier nicht stichhaltig ist, weil ja von einem
Hunde die Rede ist, der ganz herabgekoiiimen ist, so ist
doch aull'allend , dass vor dem Eingang in die Wohnung
des Odvsseus ein solcher Dünghaufen gelegen haben soll,
und das ivlnXeiOC: xin'uoutmiajv ist auch eben nicht
edel; ferner scheint 6r, zurs ys unmittelbar an( naool-
^tv bezogen werden zu müssen, wie v , 90, o , 226 fl'.
Und wenn man eine Schilderung seines damaligen Zu-
standes verlangt, so mochte sie hinlänglich mit den Wor-
ten: äaaov d' ov/Ac 'tjvaira dvvi\auia (iti> äraxTO^
'EkOfiitv gegeben sein. — Die Verse (r , 228 f- macht
allerilings das doppelte vo£0) etwas verdä< htig, doch lässt
sich dieses erklären : ,,ich denke wohl über Alles nach,
aber ich bin nicht im Stand", immer das rechte auszu-
denken, da ich von allen Seiten bedrängt bin." — T, ly
möchte wegen lies folgenden rZv dt nicht wohl wegge-
lassen werden können. — t', 434 »»H auch als ein pan-
nus assutus getilgt werden , da man nicht sagen könnte :
„r,elj<i^ Tcuuaiiju'lj.ev dooioa<; il; ay/.iavuio. Wie
Hr. B. selbst angibt, steht 11. ;; , 422 nach demselben
Verse oioavuv ciaavuuv , was uns die Erklärung der
Stelle an\lie Hand gibt. Es fragt sich nur, ob dvtviv
hier ergänzt werden kann; was wir bej.-.hen möchten, da
Vtov vorausgeht, das>wir nicht zu :i(junißaKLtv , son-
dern zu ii; u'y/.co.voio beziehen möchten, wie TT , 2Ö
veov akKodev ivdov tovxa neben i', 36ü viuv ukku-
dav tihfKovdui^ steht, nnd Cicero auch in Verr. act.
!• 2. §. 6 sagt: quum e provinria reccns csset^ Der
SchoLzii r', 537 erklart auch t'^ vöaioi mit i^(6vte<i
669
670
ft vSnm:, was fiir jene Sfclle froilich falscli Ist. —
Uolier ilie Uiiri litlipit ilcs lc»/,(cii Tliriles ilor Odvssoe
g|>ri<lit sicli Ilr. 15. auf riiie Weise aus, (lass sirli , \i e-
iiiKstfiis ilcr Haii|itsatlip iiarh , Rpc. mit ihm ciiiverstan-
ili-ii rrIJaren kann. In «Icr >'<)le zu >p' , 'i'tO, "o er
vorsiliifdiMic Urdirile aiisfülirlirh mittlieilt, lasst rr «las
geiiilgc zuar norli uncntscliiodi-n ; alior in <|pr ersten >[()fe
zum '2A. linelic erklärt er iinr die ersten '^04 ^'erso
dessellien, die so<fenannto z»veitc IStxuiif. fi'ir iineclit, das
üel)ri};e aber für eiht.
An einiiren Stellen j;Iant)te Ilr. B. in einzelnen Iland-
scliriften sieh findende Verse einsetzen zu mnssen, iiber-
zeugte sich aber später bei einigen doeh von der Un-
erhfheit derselben. So na« h a, :V2-K «as im Additanientum
am Schlüsse Aea ersten Uandes znnickjrenommen ist. Den
in der Wiener Alteris<hen Ansjfabe nach z' , .502 eiM<fe-
■etzten \'ers führt er ilaselbst bloss mit der Note Mont-
hals an, zu a', 115 bemerkt er aber, dass er »ahrsehein-
lirh von dort entnommen sei. üer nach /( , 133 '» P'"'"'"
Wiener Handschrift stehende Vers: avcoy.a.<riyvr,Ti] &l-
TtSoi; Kninoocrkoy.afioto , den Buttinann für echt an-
nimmt, wird ohne Wiederruf fiir zulassisj erklärt, was
nicht zu missbilljgen ist.
lilirken ivir nun noch einmal anf das in illeser Ahs-
pabe für die Kritik Geleistete znriick, so kann das Gc-
."animturtheil , anch nenn «Ir auf den Ansspruch de«
Hrn. B., dass er für seine Arb.it <len >'amen einer Tex-
tesrecension in Anspruch nehmen konnte, keine Rück-
sicht nehmen, um uns nicht zu grösserer Strenge veran-
lasst zu sehen, unniöglfch günstig ausfallen. Flr. ß. sucht
sich selbst zu überreden, dass er auf dlploiiiatischeni
Wege zu seineu .■ienderungeu gelange; allein bei näherer
Betrachtung derselben zeigt sich nur all/u deutlich, dass
er sich von ileii jedesmaligen Eingebungen des Augen-
blicks leiten Hess, und dass die paläographischc Begrün-
dung seiner Einfälle oft nichts anderes ist, als ein eitles
Spiel. Ja, es ist aus dem eben Angeführten, «ie aus der
Note zu 2, 3()i, in «elclier er <ias zu r, 343 Bemerkte
zurücknimmt, »nd aus manchen aniieren Bemerkungen,
in denen er zu erkenneit gibt, dass er bei der Behand-
lung späterer Sielicn sellist nicht mehr mit dem einver-
standen war,^ Has er über frühere, ähnliche o<ler gleiche,
gesagt hatte, deutlich ersichilich , dass er nicht einmal
»eine ganze Arbeit vollendete, bevor er zur Herausgabe
der einzelnen Tlieile schritt.
AVenden »vir uns hierauf zur Erklärung, so lässt sich
nicht verkennen, dass sich an< h in diesen drei Bänden
eine grosse Belesenheit und Flelss Im Zusammenstellen
der Erklärungen Anilerer zeigt; die Genauigkeit der mit-
gethellteu Auszüge kann aber Rec. in vielen Fällen nicht
verbürgen, da ihm die benutzten Werke nicht zur Hand
sind. Im Ganzen ist die Erklärung der AVörter und der
grammatischen 1'erbindungen gegen die SacherkK'lrungeu
etwas in den Hintergrund gestellt. Passow's Lexikon, das
doch so viel für die Erklärung Homers Brauchbares enthält,
ist gauz unbenutzt geblieben. Dagegen finden sich Be-
»icrkungen , wie /> , 409 : „kaiTitu 174. notdtiouem liii-
jus vucabuli vi<le ap. Sehn." Hier und da sind Erklä-
rungen übergangen, die man weuigstens für den Schüler
»ünscheu möchte; so voa ai'TOq K, 573» jJ.', 5t ^- a.
dergl. , und die neben anderem, was erklärt Ist, Tiicht
überllüssig ersi heiiieii iikk hteii. Bei den .Sarherkläruiigen
hätte Hr. B. mit seinen Cil.iieii hier und da etiva» spar-
samer sein dürfen. .So i^t riiiiiiis, um einige Beis|iiele
anzuführen, I. S. Ol f. ganz ungeeignet, il. S. KK) mit
uiinötliiger Ausführlichkeit citirt. Für das Nafurge-
sihichlliche ist die ifoiöhiiliclie (Quelle AVilmsen's Natur-
geschichte, aus der ganze. i Stelle mitgetlieilt worden,
so Bd. 11. S. \'7H. III. S. l(*3.5, und zwar öfters ziemlich
uiinöthiger Weise und mitten in andern Beinerkiingen.
üeberhaupt sind die häiiligen Liiterbiei buiigeii der ange-
fülirten Sielleii durch t'arenfhesen, und ihirih Klammern
innerhalb der Parenthesen, <lic eiitiveder die Ansicht des
Hrn. B. oder anderw eilige Belege eiitSiatfen, bei dem
Lesen sehr störend. Auch ist der Gebrauch der verschie-
dcMieii .Sprachen neben einander Im Ccimnieiitar sehr anf-
fallc>iid ; und wenn man auch dem Hrn. A'crf. Dank « is-
sen U1U.SS , cla.'s i-r namentlich «eiliger verbreitete fran-
zösische Werke fleissig benutzt hat: so miiss man docli
nünsvben, dass er sich hierin etwas kürzer gefasst hatte,
namentlich, »o er griechische Originalstellen noch da-
neben anfi'ihren wollte, wie HI. S. '2'3- Für die AVahl
der lateinischen Sprache In den Noten lässt sich bei die-
ser Beschall'enheit des Commelitars etiva nur die Kürze
des lateinischen Ausdrucks anführen, der übrigens so
getiählt sein sollte, dass nicht, wie II. S. 82, das
Deutsche zur Erklärung desselben belgezngen werden
niusstc, und Dinge vorkäiiien , «ie II. S. 32. utpote
lucri Studiosus, tptem propter Ipsum Cyclopem adire sa-
stinuit, und das. S. \)>, sensu iieutri intelllgitur , was
allerdings durch Stallbaunrs Bemerkung zu Ruddim. Insf.
gr. lat. I. 53 entschuldigt, aber darum für einen solchen
Commentar doch nicht cuipfobleii wird. Ungeeignet sincl
auch die nicht seiteneu Wrglelchuiigen aus der neuera
Geschichte und dc-r heiligen Schrift und dergl. , z. B.
Bd. I. S. 20 Arthur's Tafelrunde, das. S. IH'» wird die
Jcilianna von Aragoiiicii wegen üirer durch einen Zauber
iiiiierwelklich geiuachten Schönheit, bei dem A'ersprechen
der Kalvpho, den Ocl\sseus eiilg jung zu erhalten, an-
geführt; und «luch ihr Scihn M. Antonius Colonna , und
ciesseu Sieg über die Türken bei Naupaktus 1574 wird
nicht vergessen. IMerknürdig ist II. S. 45 die Anführung
der AVorte Joli. v. Hlüller's über ilic Geschivisterehen der
Ptolomäer. ünnöthig ist S. 53 die A^lfzäh^UHg derer, die
in späterer Zeit scherzweise mit dem Namen Circe belegt
wurden. S. 152 „iniago ptilcherrima sapientes securi,
cjuam tarnen sublimltate superat narratio Evangelistae de
Christo dormieiite per tenipestatem" etc. S. 224 wird
Johannes parrioida im Wilhelm Teil mit Hern flüchtigen
Theoklymenos verglichen. IIL S. 245 werden die An-
sichten Bürgers und B^rons einander gegenübergestellt.
Von einzelnen Erklärungen nur Folgendes, da wir bei
dem Kritischen allzulange verweilt haben. j3' , 227 hai
Hr. B. wohl nicht mit Recht Tl£ii>£odcU aufo/zov äliaVTa
und yeQOVTi auf Mentor bezogen. Der AVechsel des
Subjectes in iteideodui und (fi/küaastv ist bei dieser
Erklärungsweise hart. Der Sinn nach der andern Er-
klärung ist aber einfach der: ,,Er setzte ihn über Alle»,
aber so, dass erjnur der Hüter sein, aber dem Greise
(so wird Laerte»~auch t)', 754 genannt) untergeben seia
671
sollte. — Faläch ist r.n ,9, 377 <Iic Bemerkung: „rirrouivv
pro ojivr (lirtiiin viiletiir, iit dnofjkfTTfiv jiro fj/.iXflv"
etc. Das RIclitijo , il.isä es mir ila stellt, u« ilor Sclnvnr
etwas Negatives enthalt, sodass iler Sinn ist: „oI> srliivö-
ren, etwas zu thun, il. i. scliivören etwas nirlif tliun zu
wollen"; oder aneli „schwüren, «lass etwas nicht so sei",
war ans Passow zu ersehen. — jt , SO miirhte es ge-
ratliener sein, sich «l<T Erki.'irnng „ungestaltete Fiisse "
f/ir Tode., dujgoi, die einen ganz guten Sinn gibt, an-
zuschliessen, so lange nicht nachgewiesen ist, wie üwoat
die Bedeutung ,, ^'orderfiisse " halien kann. Auch ist
»rohl zu bemerken, dass nach dem sonstigen Gebrauche
Homers Travrf^ zu dem Zahlworte gchiirt, wie wir sagen:
,,in allem l'J", so dass nicht wohl iihersetzt werden kann:
„lauter Vorderfüsse." — r, 190 f. niniuit Hr. 13. in deu
■Worten: ocfoa iitv ni'Tov "/'/dootov zevtc/e sy.anrxa
TS iiv9r,(rUiro mit Mad. D.icier ctyiajOTcry fwr activ,
und bezieht sich auf das d , 41)4 activi? äy.Lav z o ^ , und
/i , 62 ztOTijTa. Allein die andere Stelle, die er an-
fuhrt, I', 307, wo Athene zu Odvssens selbst sagt: dKK
'/-/i o' äyvujOTOv Tfv!;(u rravTSOor fiooroini zeigt,
dass auch hier der passive Sinn, wo möglich, festzuhal-
ten sei. Demua<'h niiirhte diese Stelle so zu erklären
sein: „Athene unihi'illte den Odvssens (nicht ilas ganze
Land, wie Hr. B. will) mit einem so dichten Nebel,
das« ihn Niemand hier erkennen und er selbst nicht
wissen sollte, wo er wSre, damit sie ihm ihre Rath-
schläge geben könnte , und nicht Andere oder er
selbst deuselben TorgviDTeu." hn Folgenden ist aber Toi-
v£y' äo' a/./.oeidia cfucr-io/^TO nävra ura/.ri nicht
Erklärung von ü(foa fiiv avruv o.yvuiOTUv riv^eisv,
sondern die Angabe der weiteren Folge des Nebels, die
hier nur als 31ittel zur Krreichung des Zweckes, ihre
Rathächlage ungestört millheilen zu können , daher mit
ruii£y.u angckni'ipft wird, wahrend es auch hatte lieis-
sen könueu: o(foa uir aiTuv u'/vuiOTOv TFi'ieisr , dk-
LUciöta re (fuivuiTO navia itvc'.yv/ , o(foci iyanra.
uiTOi f/L-ih^OulTO etc. — p , '2'iO liest man zur Krkla-
rung von adoj: ,,se/Trt pro otttot}/, ut dciy.vr pro ött-
yri'9c apud Aristophanem r. 3Jatth. ad p. 2()9 et 347. 1.
cd." (Sie werden nach IS34 und oJ, »ie schon be-
merkt, die (iramniatikeii von Alatthiä und Thiersch nach
der ersten Anfingn citirt, waliren«! die zweite von beiden
schon fast 10 Jahre lang ersiliicneii war). Nai h dieser
Bemerkung sollte man denken, cfdumi sei so gewöhnlich,
als dr;iy.viiii, und doch ist es eine sonst unerhörte Form,
die nur 3IattJiiä ^. 200 auuinimf, um diese und ähnlich«
Formen zu erklären. Buttoiann ausf. Spr. II. S. 232
ii.!id kühuer I. S. 27^ erklären, es richtig von irdov .,
wje vutf.TÜvjcra für vauruovaa und dergl. ; Tliiersch
nimmt es JJ. 232 N. 13i für oaöto, und legt also ne/.oui
zu (irundc, was mit den Formen tr,d.u) und od.vi nicht
ztisammcnstimmt. — JJooX'U "st wnhi nicht, wie Ilr. B.
«" V, 71 will, au(-iOui yoir /urVickzufiilireii, sondern
7iou verhmdet sich als Adverbiuui ,, vorwärts" mit ydvv
(xler yvui. — t , 227 ist äyorii^ iitijriui erklart:
, ,.'iene politi, b. e. acuti a consequcnte." Allein es kommt
672
dieses Wort sonst nur von Holzarbeiten ror; c« ist also
hier auf den Schaft der Lanze zu beziehen. — p' , 57 hatte
Hr. B. die Worte ti] <>' ä:iTeno^ errksro fu<(}oi; nicht
mit Annahnie der Krklarung Korai's übersetzen sollen:
„und ihr entflog kein Wort von den Lippen"; denn
lltt^ug bezieht sich olfi-nbar auf die vorher ausgespro-
rhene Rede. — Zu II. o\ 219 findet man als Erklärung
von itof.otloui;: ,,intelligam tw/^onfioLiv , uukoiteouv a
/löko/jai h. e. ventitaiitem, nitro eitroquc cursantem, nt
sotent mcndici." Wie es scheint, ist hier das zweite ii
in j^Hikonat auch zum Stamme gerechnet. "Wenn auch
die von Passow angenommene Riemerische Erklärung
dieses Wojtes nicht für unbestreitbar richtig ausgegeben
werden kann, so verdient sie doch vor dieser jedenfalls
den Vorzug.
(Beschluss folgt.)
Additamentttm ad Analecla critica (1838. \r. 141).
Ad ea (juac de versn Sophoclis Oed. Col. 540. •'«l. R-
disputavimus , nun absonum erit addere, etiam .Antigonae
versum 24, <jui tantopere ductos vexavit, ita posse tolli,
ut cogitationnm nexus iion modo non intcrrumpatiir ,
verum etiam ailiuvetur. Scio qnomodo nnperrime KlotziuB
in eo explicando se torserit ac praevideo fore qui artem
rriticam tain leviter factitatam ijuid prodessc vocifercotur:
cgo , quum duo hi trimetri qui in vexatissimis totins So-
phoclis sunt nullo pacto, si absint, desiderentur atque in
Ttauhiniis alii sint versus, qui, sivc dupliccm rccensiu-
nem sive alia quaelibet statnas, removendi certe videntnr,
etiam atque etiam optandum censeo, ut qnis antiquitatis
monunientis diligenfer perlustratis nuui ea quam signiii-
cavinins via uova lux crisi Sophodeae alferri pussit qnae-
rcudum ^ibi propouat. P.
Personal-Chronik und Miscelleu.
Honn, D.1S eben erschienene Verzcichniss der Stiulircn.lcn
7ci;;(, «bss die IielVnclitnnscn wc^en bcilcutcndcr Alin.iliiiie
dnrcli die all;;enieiiie Zol.isson}; zu .illcn deotscbfn l'nivcrsiliilcn
ungc!;riin(lct «arrii. Die Vcrniiiulenin;^ betrasit nur 50, wovon
20 anf die kalholiscb -llicolcsisclie onil die jiiri»lisciie , 2.^ auf
die plrilnsopliisclie lallen , wahrend die nieilicinisclie sich um j
vcrimlirl U it. Ininialricidirle sind im Ganzen 0T3 hier, w(i?.ii
noch 'Jf) Nichlininialricidirtc kuiujucn. Die Zahl der Ausländer
hat sogar noch zn^'cnommcrr.
Crcslau. Dem Friihlinssprogramme unseres Gymnasii Eli-
.•sabetani hat Professor Dr. C. F. Kam p mann lies mililaret
Piauti voratissescbickt. 41 S. 4. Di« Zahl der das Gyninasiura
besuchenden Schidcr ist 23G-
Druck fchJcr.
In Nr, 97 ist statt lovrttir zu litcn loimov
Zeitschrift
für die
Altert hu ms Wissenschaft.
Mittwoch j 17. Juli
1839.
Nr. 85.
Homeri Carmina. Recojfnoiit et explicuit Friedericus
Henricus Dothe. Odysseae Vol. I. lib. I — VIII.
271 S. Vol. II. lib. IX — XVI. 27rS. Vol. III.
lib. XVII — XXIV.
(Beschlass. )
Ausser der Odyssee, von deren Bebandliing wir ge-
wiss eher zu viel, als zu wenig; Probon gegeben haben,
enthält der dritte Band, wie der Titel schon angibt, noch
die Batrachomyoniachie , die Hymnen und die niiter llo-
mer's Namen liberlieferteii Epigramme und Fragmente.
Die Behandlung derselben ist im Ganzen dieselbe; doch
sind die Inhaltsauzeigen, nicht wie in der Ilias und
Odyssee zwischen den Text eingenickt, sondern vorange-
stellt; auch sind die Arbeiten der früheren Herausgeber
der Hymnen zweckmässig benutzt. Ausserdem findet man
noch einen Discorso preliniinarc della Batraconiiomachia ,
tradotta in italiano (,) dal Conte Giac. Leopardi , die 1811)
im Mailänder Spcttatore zuerst erschienen und jetzt Hr.
Bothe durch Hrn. L. v. Sinuer in verbesserter Gestalt
zugekommen ist. AVären die Resultate davon mitgctheilt,
80 würde es Dank verdienen; die Aufnahme der ganzen
Abhandlung in italienischer Sprache ist aber dem Zwecke
der Ausgabe geniss nicht gemäss. Daran schliessen sich
S. 383 — 410 Addcnda et emendanda an, mit dem Motto
Ti]Qo.<jy.v) S' del Tiokka dtdaa/.üutvo;, zur Ilias und
Odyssee. Sie enthalten neue Einfälle aller Art, iu der
Weise der jNoten ; auch fehlen nicht Anführungen aus
einem deutschen Gedichte (von Bornhauser. Vgl. S. 400
und 402). Charakteristisch ist darin, dass der Vulgata,
soweit wir uns erinnern, auch nicht einmal ihr Recht
eingeräumt worden ist. Missfällt eine Conjectur, so ist
auch gleich eine andere dafür in Bereitschaft. Wir er-
wähnen nur zu 7/, 6'J: „Non ifa malum raxuötOo-iv (für
T£ y.ai eOTiv), sed genuinum procul dubio est TOXifö-
fri.v" etc. und zu t', 109 («o für cö'örf TSV r; ßaai-
Xfjo.; ä/JL>fj.ovog in der Note vorgeschlagen ist: cua-v'
STSuv ßarr. dfi.): „malim nunc w's t£V irj ßao. d/u.
h. e. WC ir; y.kiog ßaa. Ttvug dji. cf. infra 329 etc."
Der Auszug aus dem precis des guerres de Cesar par
Napoleon ist ein Curiosum, das man nicht nngcrne lesen,
aber wohl nicht hier in solcher Ausführlichkeit erwarten
wird, da sich das Meiste auf Virgil bezieht. Von S. 410
— 548 gehen dann die Indices, und zwar I. ein griechi-
scher Wortindex, II. ein lateinischer Sachindex, III. ein
index nominum propriorum, in zwei Abtheilungen, einer
griechischen, welche die der Form wegen angeführten
und die in den Noten erklärten Namen, und einer latei-
nischen, welche die übrigen enthält, IV. ein index
scriptorum emendatorum vel landatorum. Auf das Lob
Seherischer Vollständigkeit verzichtet Hr. B. in dem Epi-
Idgus selbst; für die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der
Zahlen erweckt die Correctur des AVerkes selbst kein
günstiges A'orurtheil, da aus diesem eine ziemliche An-
zahl von Druckfehlern, namentlich fehlende Accente,
anzuführen wären, wenn wir die Leser dieser Zeitschrift,
die sie leicht selbst verbessern werden, damit behelligen
wollten; doch hat Rec. in dem, was er nachgeschlagen
hat, keinen Fehler bemerkt.
Betrachten wir zum Schlüsse die Ausgabe noch von
Seite ihrer Brauchbarkeit: so können wir nur innigst be-
dauern, dass so viel Unhaltbares eingemischt ist und die
Eilfertigkeit des Verfahrens überall so sehr hervortritt.
Der Anlage nach könnte diese Ausgabe sowohl für Schü-
ler zum Frivatstudium, als für Lehrer an solchen An-
stalten, an denen die Hülfsmittcl für das Studium des
Homer spärlich zugemessen sind , treffliche Dienste thun,
und sie wäre in der jetzigen Zeit, wo man da und dort
eben nicht darauf ausgeht, die Lage des Lehrerstandes
zu verbessern, während die literarischen Bedürfnisse des-
selben immer wachsen , doppelt erwünscht gewesen. In
ihrer jetzigen Gestalt ist sie aber für Schüler so gut,
wis unbrauchbar, und selbst diejenigen Lehrer, welche
nicht andere Hülfsmiftel daneben haben, an denen sie
Zuverlässigkeit derselben prüfen können, werden nur gar
zu oft bei dem Gebrauche derselben nicht darüber in's
Reine kommen, was sie von dem zuhalten haben, was sio
hier vorfinden.
//. V. Jan.
Commentatio de tragoediarum Graecarum membris ex
verbis Aristotelis — de arte poet. cap. XII. —
recte constituendis. Scrips. F. A. F. Waldaestel,
prorector. Michaelisprogramm der Neabrandcnbnrger
Schule vom Jahre 1837.
Das Thema dieser Abhandlang ist dem grüssten Theile
nach dem Streite angehörig, welcher in den neuesten
Zeiten von den bedeutendsten Männern der Philologie
675
676
itefi'ilirt wird. Es ist bekaiiiif , ilass zu den streitigen
Fra-fen , welche durch die 31iillpr'»che Ausgabe der Eu-
Dieniden anjeeregt wurden, und die so tief in das innere
"Wesen der Tragiidic eindrillen, auch diejenige gehorte,
in welche Theile die griecliische Tragiidie abzulheilen
sei, und dass dabei verschiedene Ansichten über die Con-
stitnirung der Parodos und Stasinia, über di-ren Bedeu-
tung, über die L,'inge des Prologos, und über ilie An-
nahme eines Exodus aufgestellt wurden. Wir köiiiieri
uns leicht denken, dass so wie wir, auch gar mancher
SchJiler der obenerwähnten ^l.'iniier angeregt wurde , die
Sache einer nochmaligeu Prüfung /n unterziehen und w 'i
möglich günstigere, vermittelnde Resultate zu gew innen.
Auch in der angezeigten Abhandlung glaubten wir diesen
Zweck verfolgt zu finilen, als wir dieselbe mit unsern
Untersuchungen vergleichen wollten, bedauerten aber bald,
uns in dieser Erwartung getäuscht zu sehen. Herr VV.
hat vielmehr die Lehre Herroiann's über die fraglichen
Punkte <7eiter auszuführen , durch neue Gründe zu be-
festigen versucht, den Streit nur obenhin erwähnt, die
Einwurfe 3Iüller's für bereits genugsam widerlegt ange-
sehen, seiner Arbeit vielleicht auch dadurch ein vorzüg-
liches Interesse gegeben, dass er am Schlüsse ein Ver-
zeichniss der Abtheilungen in den Tragödien von Aeschylus
und Sophocles liefert, welches sich bei Euripides jeduch
darauf beschränkt , das Ende des Prologs und den An-
fang der Parodos in den einzelnen Stücken festzusetzen.
Hr. W. rechnet es nämlich zu den Pflichten eines jeden
Herausgebers dramatischer Dichtungen, die Eintheilung
der Tragödie iu seiner Ausgabe bemerklich zu machen.
Wir würden das — zumal bei noch nicht beendigtem
Streite — weit lieber dem Interpres überlassen; den der
Grund ut tragoediarum apiid Graecos conipnnendariim ra-
tio apparenat, quoijue facilior sit fabularum conspectiis,
ut scriptoris ijuod ipse seciitus est, ronsilium observetur
et ante oculos ponatur , ist keineswegs genügend, würde ,
auch dann erst wahr sein, wenn über die Eintheilung
kein Zweifel wäre. Solange aber die Gelehrten iveder
über den Prolog, noch über Parodos, selbst über die
Stasima noch nicht einig sein kiinnen, so lange mochte
sicherlich der Editor mit dieser Pllicht zu verschonen
«ein, deren Erfüllung zu leicht dahin führen konnte,
durchaus falsche Vorstellungen in den Lesern zu er-
wecken.
Das Ziel, welches hier jeder Untersuchung vorschwe-
ben muss, kennt der Hr. Verl, recht «ohl: ut ea lex
rcpcriatur, qua non unius alteriusve, sed oninium qiiae sH-
persiiut tragoediarum partes definiri et stabiliri possint;
da er aber die Schwierigkeiten kennt, quod omni (?) ♦)
fere veteriiin de liac rc teslimonio dcstitnti sunins et verba
Aristotelis, ad quem uiinm refugiendum est, et brcvitate
et obsruritatc laborant, so kommt er — vielleicht zu frühe
*) Ilr. W. srbrribr da< Hrn llerni. nach; bei der P.nodos
z. B. beklagt sieb Hirnunn auch über <lcn Mnnüel .in
Zeugnissen: al.ir Miil|,r Enineniilcii pa;;. SS- not ö gab
doch ein gut Thril Die BcstiiuiiMing ühcr Paiodos ist
al.er auch für jlicuni^c ilcs Proloi;os cnischeideiul : Bei-
des auch bei Hrn W. «las Haiiplsaehbcbslc ; es dwrfte
abo das omni sehr zu bescb tanken sein
— zu der Genügsamkeit, welche ihm sagen lässt, non
tainen id spectamus, ut rem absolvainiis, quam ut nonnulla
delineata magis quam copiose explanata in medium pro-
feramus. Dass ctnas mehr als dieses der Hr. Verf. er-
reicht habe, kiinnen wir auch leider nicht sagen, bp-
klagcn es desshalb wiederholt, dass die Forschungen
Hermann's von dem Hrn. Verf. für ganz bestimmt und
unziveifelhaft gehalten »(trden. Billigerweise hätte er
erst lue Grundlagen genau »vieder prüfen sollen: was
hilft es sonst, das vorgefundene Gebäude neu auf/.n-
schmücken, ihm mit einem neuen Stützbalken zu Hülfe
zu kommen: ohne festen Grund stürzt es doch früher
oder spater zusammen. Wir können darum bei der Rc-
cension des vorliegenden AVerkchens nicht umhin, vor
Allem einer nochmaligen genauen Erwägung die Aristo-
telischen AVorte zu unterziehen, welche wir zu dem Re-
hufe hier niederschreiben.
Kaxti. Tij nuriov v.at e/'i ä SiaineiTat {r^ayipdla)
y.cx(Jjpicrueva , xdde sari- ngokoyui, insiauSiov ,
i^odog, ■^OQiv.ov. Y.al tovtov to fttv itagoSo^ tu öl
aracTtfiov. '/.oii/u. fjev ovv anuvcojv Tauxu, t'Sia dt
TU ci'iu T)7; cr'/(ip'i;g y.a) '/.ufiftoi. irr rt fit n o6\o y o q
fitv /nooi; äkov ToaynjSia; tu tzqu '/ugov ■jtucjoöuv.
STt £ t o u8 10 V St fiiooi; okov i(t. tu lUTa^u öKv>v
Xogr/Mv (xiXüjv. i-^oSog 8l' fitgo^ ÜK. tq. /itd' ij
ovy. ioTt XOQOV idkoi;. y^oQiy.ou dt iräoodoc /Av ij
nou)Tij ki^/g okov xogov. cndatuuvSt neko<; xogov
TU av£v üvairalOTOi' y.al tqo)[Mov. y.ufif^ioq St dgi]-
voi y.oivuq xogov y.vX dno oy.rjin^o,.
Der Hr. Verf. kommt zu dem Resultate , dass Ari-
stoteles AVorte mit den vorhantlenen Tragödien nicht im
Einklänge stehen: sowohl in Bezug aufParoilos, als auch
bei Prologos und Kommos sieht er sich zu dem Geständ-
nisse genöthigt, Aristoteles Worte passten nicht. Das
wäre jedenfalls eine recht betrübte Sache. Wie sollte
man den Glauben an diese Stelle behalten, wenn die
Worte si<h als unwahr herausstellten, wenn sie nament-
lich nicht für ilie ineisten derjenigen Tragödien anwend-
bar wären, deren Autor in anderer Beziehung von Ari-
stoteles für den grüssten Tragiker gehalten wurde? Wäre
es dann nicht besser, man schöbe das alte Theorem des
alten Philosophen bei Seite und richtete sich nur ganz
allein nach den vorhandenen Ueberbleibseln der tragi-
schen I>Iuse } Aber freilich! da würde wiederum viel Phan-
tasiegebilde' unterlaufen, und es »vürde jeder Bau ebenso
schnell' eingerissen , wie von Neuem aufgeführt werden.
Jedoch des Aristoteles AVorte sind — wenn man nur
will — recht wohl in Einklang mit den AVerkeu der
drei Tragiker «u stellen. Man gehe vorurtheilsfrei an
die Erklärung der obigen Stellr : denn kommen andere
Resultate zum A'^orscheiii , dann erscheint seine Theorie
sehr einfach und natürlich. Nur ist die erste Bedingung,
dass man nicht zwischen den Zellen lese, sondern sich
strenge an die AVorte halte, dass man nicht a priori
Sätze interpretircn wolle, deren Interpretation durchaus
erst von der Zusaminenstimmung des Ganzen abhängt.
Dass diess bislang nicht geschehen, wenigstens nicht bei
dem Hrn. Verf. der vorliegenden Abhandlung, mag un-
sere nächste Aufgabe sein, zu beweisen. AVir nehmen
677
678
<lic Haiipfgriindsatze zur Widerlegung heraus, auf denen
das fj.Tiize lieniht.
1) Pag. 3. Carmina, qua« (ila XUpr/.d iioiniiian<ur ,
sunt parodus et stasiina , iis caiitiris opposita, quae aut
ab lilstrionil)Us aut a «luir« et histrioiiibus iuiii-em rau-
tata per sc iiitcgraui patrem iion efficiuiit. üiess ist der
erste Satz, den wir bestreiten, insofern er ans Aristdfeles
Worten «ill gewonnen sein. Der Pliilosopli erwälmt
zuerst des '/oor/MV, als roordinirt von Prologos , Epeiso-
dion und Exo'dos , als Tlieil der Tragödie. Was kann
er darunter anders verstellen , als die ganze Thätigkeit
des Choi'S^ Alles, wobei der Chor zu tliun hat, gebort
zu dem yooiy.iJV. Man entgegne nicht, dass der Clior
anih in den Episodicn beschäftigt sei. Allerdings! aber
ebenfalls die y.ö/iuoc und ra aJtu rj;<; (T:<i;vni sind zum
Choricon gerechnet und cbenwohl ThciLe des Episo-
dion: genug Beweis, dass Aristoteles die ganze Thätig-
keit des Cliors — nicht des Chorführers! — als abge-
sonderten Theil der Tragödie hinsetzt. Ao^tr/.ov ist
der erste, der HauptbcgrilT bei unserem Philosophen,
dem er sogleich zwei Unterabtheilungten gibt: :iaooÖu^
und riTÜoiitov — (ob noch mehr als zwei, davon unten).
— i\un ist bei ihm der Prologus der ganze Theil der
Tragödie vor der -jv d o o ö u i xooov. Dagegen das
Epeisodion der ganze Theil zwischen den y^o Q iv. a fi E A/^,
und der Exodos derjenige Theil, auf welchen kein
XOQOV ^lekog mehr folgt. Wahrend ferner der Theil
des Choricon, welcher Parodos heisst ijxoqiy.OV Tzd^jo-
Soq) dehnirt wird )'; ■^tüviti^ kit;ti; äkov yoouv . wird
vom Stasimon, dem andern Tlieile des Choricon gesagt,
es sei ufAOJ X^oor. Wo findet mau hier erstens eine
Bestimmung, dass Carmina, qnae ü/ui j(u(jr/.('. nouiinan-
tur, das sind also öka yuoiy.:: fit/.i;, der Parodos und
die Stasima seien? Davon sagt Aristoteles gar Nichts: im
Gegentheile unterscheidet er zwischen Stasimon und Pa-
rodos, indem er jenes ein ii(/oi nennt, diess aber eine
fui;/:; heisst und zwar in anapastischen und trochäischen
Systemen.
Hier hat die schlechte Interpretation geschailet, und
da in den Ideengang das Wort k€t:/(; nicht passt, erklärt
man es frisch weg für iieKoi oder Uidij. Diese Erklä-
rung gründet sich auf neue Willkürlichkeiten, deren
Darlegung wir noch einen Augenblick aufschieben müs-
sen. Wir müssen erst die andere Bestimmung, dass pa-
rodiis et stasiina jenen canticis oppoirt seien, welclie ent-
weder von den Scbanspielern oder als Wecliselgesaiig vom
Ciiorc und den Schauspielern gesungen seien , also an
und für sich keinen in sich abgeschlossenen Theil mach-
ten, bestreiten. Wo sagt Aristoteles irgend etwas davon ?
Es heisst nach der Eintheilung des Choricon in Parodos
und in Stasimon bei ihm weiter: xoii'C fiiv ovv aTCÜv-
xmv xavia' t'dta öl tu, dno vl/i; a-yjjri^i; y.ai y.ofiuoi.
Das ist einer von denjenigen Sätzen , deren Erklärung,
weil sie a priori gemacht war, eine grosse A'erHirruiig
in ilie ganze Untersucliung gcliracht hat. Indem man
annalini , das hiesse „diese beiden, Parod. und Stas. ,
singt der ganze Chor: Einzelne dagegen singen in den
Liedern ärcu rr,; oy.r.iir.z und in den y.oii/t(/t^'', suchte
man eine genauere Aehnlirhkcit zwischen Parodos und
Stasimon zu erweisen, und daraus folgten dann die un-
begreiflichsten Schlüsse, z. B. Parodos sei stets gesungen,
f.i^U sei soviel wie ujöij oder iicKo^, a\les yoüiy.uii sei
gesungen, und daraus entwickelte man die Bestimmungen
über Parodus und Prologus.
Aber es genügt hier ilas Eine: jene Erklärung ilcr
Worte y.onu fiEv ärrciVTUjv raina ist eine unbegrün-
dete, eine reine Annahme, welcher eine andere ohne
Zweifel vorgezogen werden muss, die ohne den Worten
Zwang aüzntbiin, die 'ingclienere Verwirrung, den Wi-
derspruch in den AVorten des Aristoteles aufhebt. Wir
geben sie wie folgt: In den Worten y.oiva fiev dnav-
Tiiji' Turra- i'd/d r)4 zr/, o-tto ti^: oy.rjvijq V.ai y.uunOL
linden wir Nichts, als die sehr richtige Bemerkung „pa-
rodus und .'tasimon hat jeder Tr.ngiker; etwas besonderes
aber, also nicht allen Tragiidien eigenthümlich , sind die
//iÄ.7^ dno Tlji oy.ijvi]Q y.cX y.uilfiol. Die Bemerkung
ist, wie gesagt, sehr richtig, aber die Erklärung n.cht
anders, als sehr einfach. Wir wollen die Analogie zu
Hülfe nehmen. Wenn in den Argumenten zu Medea und
AIcestis die Worte 71 ('.o' (ivdcxtoii) y.iivi'.i }') iivi>n:ioi"ia
erklärt werilen, weder AeschjJns, noch Sophoclcs hat
den Mjthns behandelt, kann Jemand dagegen etwas ein-
wenden, obwohl er keine grammatische Bez ehung des
ot'dsrio(n sieht? Nicht anders hier: die Sprache des
Aristoteles steht nicht im Entferntesten im Wege , wir
berufen uns auf Alte, die nur etwas mit nnserm Philoso-
phen bekannt sind.
So also erhalten wir als Theilc des Xooiy.uv zwei
neue, freilich nichf so durchaus nüthige , aber doch in
gar vielen Tragödien gefundene. Es sind also nun aus-
ser Parodos und Stasimon noch hielier zu zählen xa wku
Tr,i ay.llVI'ii; y.aX y.öinio/. Ob diese zu den fiifjj ge-
hören, davon sagt nns Aristoteles Nichts ; zu den 6/u>. yoQiy.U
yit) 1] gehören sie keiuenfalls, denn wir erinnern nns
keines Stückes, wo ein y.öjiuoi den Schluss eines Epei-
sodions machte. Eben weil die letztgenannten Theile
des jLogty.oi' nur tdm sind , werden sie mehr nebenbei
behandelt. Soviel bleibt jedoch sicher: alle diese vier,
und es mag deren noch mehr geben, sind Theile des
Xopr/.öv. Das Stasimon ist ein fiikoQ yOQOV und zwar
ein 6\ov yooiy.ov lAckog, die Parodos dagegen lässt nur
den Ausdruck ke^ig zu, sie heisst ij 71(jVjti^ Äi's's ükov
yopor.
Nun zurück zu der ausgesetzten Betrachtung. Also
kt$li ist durchaus etwas ganz anderes, als /lekog unil
(i'iSlj, obgleich Hr. W. pag. 4 das Gcgentlieil wollte,
nnd wir begreifen nicht, wozu er den schol. ad Eur.
Phoen. 210 angeführt hat, da er dessen ganze Autorität
spater perhorrescirt. Da steht nämlich roiro To fAsko^
avdcijAOv kiysrai. ovav yuQ ö xoow; ij€tu tiJv ^d-
ooSov kiyri ti /tekoq dvi;y.ov Ty^rn-o,')*;;« dy.lvijTO^
iitvcov, ardaiiiov y.akeHai tu uouu. 7idoo'')og, Se
iariv tiiöi] yooov ßc-öiCovroi dSofin>i/ u/m rrj
£^6S(/3. Nun ist aber bekannt, wie vielfach diese
Worte bestritten sind: man hat gegen dy.ivijTOQ Ein-
sprache erhoben, wie gegen i:i:uSa}; ganz willkürlich ist
auch die Bestimmung über njdr, hier, der Srholiast mag
es verantworten und er kann's, denn er gehört zu denen,
die auch die Anapästen singen lassen : aber daraus zu
folgern, (p'öij sei so viel wie iieko;, ist doch z'i gewagt,
G70
680
ilcnii Pill Lipil ist >!»«'ar jpdcsmal ein Gesan«;, aber ein
Gesaii" nicht jcili-snial ein Lieil. Hier entstellt nun ilie
Fra"-c, was ist Ai^iV," unil was ist iitLo; ^jopoT. Dio
■\Vorte sagen es ileutliih genug: iiekoi xooov ist jenes
immer "■esuiigeiic , aiicli loii Tanz bpjjleitete eigentlicho
stronliisi lio Licii «li's j;aiizpii ("luirs , welches ilin einzel-
nen EiMSoilIcii xiii eiiiaiiilcr trennt. yi.'t's" «lagegen be-
zeichnet ilie allgemeine »'eise des Ausdruckes; darunter
Iiranclit nirlil gerade allein das Sprechen verstanilen zu
werden: eine t.ii;U kann ebeiisu «ohi ein (iesaiig sein.
Aristoteles wollte einen allgemeinen BegrilF, indem er
an manche Stücke des Enriiiides denken niiuhte , wo
notorisch kein (iesang das erste Auftreten dos Chors bc-
«'leitele. Der Hegrill' ficko- hatte keineswegs gejiasst,
ojdr auch nur unter Umstanden.
'2) Pag. 4. IMelira tragocdiae menibra Aristoteles rom-
niuni nomine Xuui/.Ol' vocat. Canebatnr parodus qnippe
nuac contineatur ^oor/.'/i et propfer verba statim scqnen-
tia u/.ot' yuouv , ijaod clioreutas simul oinnes locutos
esse, ab omni rerisiniilitudine abhorret. ^'ix enim du-
bium quin his ipsis rocibns uKov X^ooü ad illud y.oiva
üm'.iTUjy respiciatur et parodus totins chori cnncentui
tribnatur. Der grossle Theil dieser Behauptungen, welche
Ton schwankenden Prämissen ausgehend, nothwendig
scliwankcndc Schlüsse enthalten, findet schon nach dem
Obigen seine Widerlegung. Wir bestreiten, dass Ari-
stoteles nur melica tragnediae menibra mit dem >amen
Xuoi/.uy belegt: denn davon fehlt jeder Beweis; dass
ferner der Parodos gesungen werden mnsste, denn nicht
alles Xü'Jr/.ov wird gesungen; ilass es unwahrscheiiilich
sei, alle Choreuten küiinteii zu gleicher Zeit gesprochen
haben: denn solche Falle können sehr wohl vorkommen.
Die Hexen in Göthes Faust rufen doch oft genug uni-
sono, und in Shakespeare's 31acbelh rufen gleich zu
Anfang gemeinschaftlich :
mild AVetter und schön, schön Wetter nnd mild
auf durch Acbel, in Nebel gehüllt!
Dass solche Falle auch vorkommen können, wo alle Choreu-
ten genieinschafllicli spredini, z- B. bei Bezeugung des
PlitleiiU, bei Jubclruf und Aehnlicheni , wer wollte das
bestreiten? .\ber wozu denn diese .4nnahmo von einem
gemeinsrhaftlichen unisono- Reden'? Sagt denn davon
Aristoteles'? Nur dann, wenn y.otvu u^avrajv nach der
Hermann'schen Weise erklärt wird ,,diess sind Lieder
des ganzen Chors"; denn in TOiinij kti;ii ükov yupOV
liegt doch nothw endig Mchts weiter als „die erste ki^ig,
woran der ganze Chor Tlieil nimmt" und dabei lässt der
Philo-üph ganz bei Seite, ob Einzelne hinter einander,
ob Hemicliorien , ob sie Alle auf einmal diese /.ttu be-
ginnen. .'Mehr liegt aber billigerweisc auch dann nicht
in dem y.oti'/. ürrcaiOJl', wenn wir auf die andere Idee
eingehen wollen. „ Dies» ist das Gemeinschaftliche
Aller", braucht keineswegs zu bedeuten „ diess sprechen
oder singen sie unisono. Hermann's Erklärung lässt zu
sehr durchblicken . dass sie der cigenthümliclien Ansicht
fibcr Parodos ihr Daseiu verdanke.
Nach diesen Vorbestimmnngen gehen wir zu den
übrigen Dediictionen des Hrn. W. Jam statim, sagt er,
nlTeniles in proloi^o coustitueijido , quem philosophus ex-
plicat: integram tragoediae partem ante parodum. Non
enim de loco , qni varius est et iiiccrtus, quam de na-
tura et indolc prologi est quacrendum. Quem quum in
eum usnm iiivcntum esse appareat, ut tragoediae tanquam
prolusio esset, qua iustructa fabiila agenda facilius rcc-
tiusqne a spectatoribns perspicerctnr , eum morem anti-
quitiis obtinuisso pro certo habemus, ut iiitcrposito thori
ingredientis carmino prolugus ab ipsa actione diligentcr
sejungeretur, id quod in Aeschylo et Sophocle videmus
plerunique factum esse at postea poetas tragicos panllatim
ab illo more recessissc, Nam in nonnullis tragoediis ubi
parodus scro invenitur, prima actionis pars prologo ita
estadnexa, ut aut canticum brevius aut nova persona aut
denique nil nisi diversa argumenti ratio intercedat. Enim-
vero falli cos, qui Aristotelis verba arctius tenentes pro-
logi natura prorsus iieglecta fiiiem ejus nbi vis ad parodi
initium extendant, fiuripides testis est gravissimus. In
Sophocle enim et Aeschjlo quum prologi tanta arte com-
parati sint, ut Icniter in ipsam fabulam transducamur,
Euripides contra a vulgatis et tritis recedens, ut mythos
suo arbitrio mutatos spectatores edoccret, prologum ab
ipsa actione distincte separavit. Quodsi exempli causa in
Helena v. ()'7 prologum finiri apparet , quis iinem ejus
nsque ad versum 1116 proferat, ubi demum parodus ca-
pit initium, uec videat v. 68 — 1116primam actionis par-
tem contiuere? Fit etiam nonnunquam ut chorns ipse vcl
ejus coryphaeug prologum faciat."
(Fortsetzung folgt-)
Personal-Chronik und Miscellcu.
Fulda. Zur Einladunj; des Frülilingscsamens bei unserem
(Symnasiiim schrieb unser Direclor Dr. Bacb Quaeslionum cle-
giac.iruni specinien prinmm (50 S. 4.). Die cinzilncn Abschnitte
dieser Abhandlung verbreiten sicli l) de parodica üraccorum
eleyia; 2) de bucolica Graecoruin elcgia ; hieraiil' folgen ü) Sym-
bolac ail elbicain graecoruin clegiaiuj 4) de Sophocle Melanlbio,
Arislotdc, Hcilyla, Nicandro poctis cle^iacis. In einem 5) Kpi-
metruni weiden noch einige einzelne Stellen kurz bobandelt. — Das
Lcbrrrcollegium ist fjegcnwärtig folsenderniasscn znsainmcngeselzt:
I) Direclor und erster Lehrer Professor Dr. Mkulaus Bach.
2 — 7) ordentliche Gymnasiallehrer: Professor David 'Wagner,
Senior iIcs Lcbrercollcgiums ; Professor Pliilipp Weh n er;
Professor Ballliasar Arnd; Dr. Frieilricli Franke, auch Biblio-
thekar; Karl Scbwartz; Franz Dingelstedt. 8— tO) Hidfs-
lehrer: Jakob Schell; Dr. Willielni II up fei d ; IbeodorGies.
II) Gesanglehrer: Michael He nk e I. Vi) Sclirciblclirer : Leo-
pold Jessicr; 1,3) Zeicbncnlchrer : Friedrich Lange. Die
Schiilcrzabl betrug zu Anfange des Schuljahrs 176, am Schlüsse 165.
Berichtigung.
Im vorigen Jahrg. S. 1195. '/■ 19 f. lese man; «Hierzu nehme
man die Stelle des M. V."
Zeitschrift
für die
Altei thumswissenschaft.
Freitag j 19- Juli
1839.
Nr. 86.
Conimenlafio <Ie f ragoediarum Graetarum meiiibris ex
verbis Aristofelis — <le arte poi-t. cap. XII. —
recte constituendis. Scrips. F. A. F. Waldaestel,
p rorector.
(Forts et znnij.)
INIit diesen Worten ist der prolofftis bei Hrn. W. ab-
gefnudeii. AVir haben sie absirhtlich Wort für Wort
hcrffesefzt, um ziijjleicli eine Probe seiner Schreibart zu
(feben und uns zu rechlfertigfen , wenn wir dem Herrn
Verf. eine geivissc Undeutlichkeit im Ausilrurk Schuld
geben, die um so unangenehmer auffüllt, als die klaren
Dcductiouen bei G. Hermann vorlagen. Aber «ir kön-
nen auch iiur Weniges »on dem annehmen, was Hr. W.
^eliefelt. Seine Bestimmungen gehen also dahin
a) prologi locus est varius et incertus. Nur nach
der Annahme, welche in der Parodos nicht die erste
KS^l^ statuirt, kann man also reden. Diejenigen, welche
aber den Satz des Aristoteles festhalten, werilen den
Prologos stets bis dahin ausdehnen, wo der Chor in
seiner Gesamnitheit erscheint und die erste Xti^/g be-
ginnt. Dabei darf natürlich das Wesen des Prologs nicht
aus den Augen gesetzt werden, aber man darf dasselbe nicht
dahin bestimmen :
b) natura et indoles prologi , ut tragoediae tamquam
prolnsio esset, qua instructa fabula agenda facilius rec-
tinsque a spectatoribus perspiceretur. Das ist ein sehr
beschränktes Urtheil, welches weder auf Aeschjins und
Sophocles , noch auf Euripides passt. Wir wissen recht
wohl, wie weit verbreitet derartige Ansichten sind, wel-
che unter Prologos denjenigen Anfang des Stückes ver-
stehen, der in mehreren Tragödien des Euripides ge-
funden wird, von welchem der Dichter selbst in den
Ranis sagt «aA.' 6 eiiojv Ttoa'iTiava fisv f(Oi to ytvo^
eirCF.v Evdv(i TOI' ÖQUUUTOi , aber solche Ausnahmen
sollten doch nimmermehr eine Regel bilden. Der Pro-
logos ist und bleibt überall „der erste ganze Theil der
Tragödie", sei's, dass derselbe aus einer oder aus
mehreren Scenen bestehe. Diess Urtheil des Aristoteles
theilt z. B. auch Dio in der Umschreibung des Euripi-
deischen Philoctetes, und spricht Euripides selbst aus in
den Rauls
xal ^i:veir avTOvc, Tovq nookoyovq croi xQE^o^ai
o-Kiw; TO TTQojTov T ij q ■vQayitiöiag fiSQOc,
TiQujTiaTOv avrov ßaaavtuj tov de^iov-
doatp^SyuQ rjv iv T^ (fQÜaei juiv ngay/^dztuv.
Mit diesen Versen legt Eurip. dort den Maasstab an die
Prologe des Aeschylus: Beide anerkennen — nach dem
Sinne des Komikers — dass der TTpokoyoq nicht etwa
eine Einleitung nach Art unserer Theaterprologe, son-
dern bereits ein Theil der Tragödie sei , unil zwar der
erste. Was in diesem ersten Theile der Tragödie ent-
halten sein müsse, sagt uns die Sache selbst, und der
Komiker oben. Hier ist der Ort für die (foücri:; r(3v
■ytgayuö.TVjv , hier müssen die Umstände vorbereitet wer-
den, aus denen der Contlict hervorgehen soll, hier müs-
sen die Persönlichkeiten der Tragödie angedeutet, Zeit
und Ort der Handlung bemerklich gemacht, kurz die
Baumaterialien geliefert werden, aus denen der Dichter
seinen Bau aufführen will, oder besser noch die Funda-
mente, auf welchen der Bau ruhen soll. Das ist keine
prolnsio tragoediae, vielmehr dio tragoedia schon selbst,
das ist keine Vorkehrung, dem Zuschauer das Verstünd-
niss recht deutlich zu machen, vielmehr wie der Exodus
von da an beginnt, wo die peraßarrtQ eintritt, und die
ganze Xvaig umfasst, so enthält der Prolog die Darlegung
aller Umstände, die den Conflict vorbereiten. Aber Un. W.
sprach es der Menge nach :
c) Euripides a vulgatis et tritis recedens ut mythos
suo arbitrio mutatos spectatores edoceret, prologum ab
ipsa actione distincte separavit. Wir nehmen hierin drei
Irrthümlichkeiten wahr, erstens sollte man billigerweise
nicht, wie Hr. W. in einer angefügten Nota gethan ,
von diesem Urtheile nur Iphig. Aul. und Rhesus aus-
nehmen, vielmehr auch alle diejenigen Stücke, deren Pro-
log zu dem ausgesprochenen Grundsätze ut mythos mu-
tatos edoceret, nicht die entfernteste Grundlage geben
kann, auch in jeder andern Beziehung der alten Weise
nachgebildet ist. Dahin gehören Alceste , Andromache,
Eledra, Heradidae, auch Bacchae und Hippolytus und
Supplices, znmal der Prolog hier augenscheinlich Action
enthält, gespielt wurde und keinen Vorredner vor diesem
ersten Theil der Tragödie einführt. Es ist durchaus
falsch, was Hr. W. pag. 4- not. 3. sagt: prologus apad
Eurip. uon ad ipsam fabnlae naturam pertinet, sed prooe-
mii instar actioni praemifti solet. Denn es fehlt eben
zweitens der Beweis, dass bei Euripides nur dasjenige
Prologds zu nennen sei, welches er in einzelnen Stücken
ganz voranstellte. Einer solchen Annahme widerspricht
Aristoteles und der Dichter selbst in den Worten bei dem
Komiker. Aus den Worten des Thom. Mag. in vita Eu-
ripidis to re '/«p h do^ij tov Öc)äuaxoq tijv V7co9t-
683
684
<nv öictTVTtovv y.at tov äxpoaTijv uj<;7T£q ^e/Quyw-
yiiv sk xo euTToorrSti', EvQl-Tridov ri';fi7^ua geht da§
ebenso wenig hervor. Einer solchen Annahme «ider-
spricht euillirh durchaus das AVesen des Prologs. Jene
einleitenden Worte in den Phoenissae , Orestes, Iphig.
Taar. , Helena logen doch in keiner AVeise das Funda-
ment hinlänglich , vielmehr fuhren sie den Mythus nur
Lüchstrns bis zu den Ereignissen , welche dem Stücke
zum Grunde liegen. Auf den langen Monolog im An-
fange der Helena, worin des Ungehörigen so viel und des
Kothigen so wenig, muss erst die Ankunft des Teurer
folgeu. Sie erst gibt den Erwartungen lies Zuschauers
eine bestimmte Richtung, indem sie die Kunde von dem
muthmasslirhen Untergange des Menelaos mit sich führt.
Das ist erst das Fundament des Stückes. Die einleiten-
den A'ulgo- Prologe haben einen ganz andern Zweck, als
denjenigen, den «ir dem eigentlichen uqujtov fisoo^
zugeschrieben. Einige Andeutungen miigen hier genügen.
Ton jeher hatte das die Tragödie im Gegensatze der
modernen Weise, dass sie voraussetzt, der Zuhörer durch-
schaue schon vorher die Tiefen der darzustellenden Be-
gebenheit. Der Dichter denkt sich einen Zuschauer,
welcher ilie Geschichte nicht erst aus seinen Stücken
lernen will, er verzichtet darauf, durch Aeugier zu
spannen, gewinnt aber damit das Bedeutende, dass das
Drama statt des epischen Interesses der Historie das sce-
nische Interesse der Situation bekommt, dass der Zuhörer
sich in die Poesie der gerade gegenwarfigcn Scene mit
aller Kraft zu versenken vermag. Ein Werk, dessen
Interesse auf Befriedigung einer Neugier beruht, verliert
seinen halben Reiz , sobald man mit dem Verlaufe der
Begcbenheiteu bekannt geivorden : aber ein Werk, dessen
Interesse und Effect auf der vorausgesetzten Bekannt-
schaft mit dem Ausgange seiner Begebenheiten beruht,
wird uns in steigender Progression immer mehr befrie-
digen, je mehr uir uns mit dem Verlaufe seiner Be-
gebenheiten vertraut gemacht haben. Vergl. Fortlage
Vorlesungen über die Geschichte der Poesie. AVas der
Komiker Antiphanes sagt bei Athenaens VI. in.
jjay.doiöv eariv t) Toayiitöia
noirjuu y.axu ndvv', fi'ye nfivtxov oi Xuyot
v-To Tujv SauTuiv eiolv eyvutgioftivoi
Ttoiv' y.ai Tiv s/'rctiv, djai)' v7lO(ivri<rai fjdvov
Sei TOV 7ronjT7-v. OidiTtovv yu() dv /^wvov
(fvj, Ta'tXa ndvT i'aaaiv ö Tia-rijQ Aüiu^
fuvri;o 'lo/.üartj, dvyartpsc, naiöec, ziveg
Ti Titiaei)' ovTog, ti jitTcoiij/.E etc.
ist der Massstab, welchen man an die M'orte der Tragiker
legen muss. Aber freilich setzt das ein gebildetes I'nl)li-
knin voraus und Acschilus sowohl, wie Sophocles rccli-
iip'en nur auf ein sohhe», auch Euripides, als er seine
Diclilcrlanfiialin begann, daher auch seine ersten Stücke, die
I'eliaden z. B. (nach der wahrsclieinli( hen Annahme \'ater's
tindiriae Rhcsi) und unter den uns erhaltenen ilie ersten,
AIrrsti» und .Mcdea den gewohnlirlien Pridog in Dialo-
genforni haben. Aber als die Zeit erst kam, wo Pcri-
cles, auch unter dem WMt- die möglichste lufelligcn/, zu
verbreiten, ihm den freien Eintritt in's Theater bewilligte,
als dieses loll »ar
Toii Xü)7ioöi)TaiQ y.al roig ßakuvTujxöf^ioig
y.al ToidL 'XuQokoiaioi vmI rotx'^Qvy^oig
da aber die schöne Zeit der Bühne vorbei, da schuf der
Eigensinn des Publikums die Dichter, nicht umgekehrt,
da musste das alte AVcscn der Tragödie zum Theil auf-
gegeben werden, den Ideen der Zeit nachgeben, zu gar
vielen ihr sonst fremdartigen Episoden sich gebrauchen
lassen, da war's, wo, wie bei uns so oft, das Publikum
den Geschmack angab, und der Dichter diesem Lieb-
lingsgeschmacke fröhnen musste, wollte er anders den
Beifall gewinnen. Aeschylus verliess zürnend Athen, denn
sein AVunderwerk , dieOrestea, war diesem Geschmackc
erlegen: Xiuiuv tB, heisst's von ihm in den Ranis und
Jeder stimmt ihm bei, kjjnov TS tuK'K' i'jytixo Toii
yvoivat Ttegi (fvasti -xon^Tuiv {toi><; \/9)jvutoi't;).
Wollte sich der Dichter jenes sccnischo Interesse der
Situation vorbehalten, so musste er schon andere Mass-
regeln ergreifen ; was er früher als bekannt voraussetzte,
das muss er jetzt erst in erzählender Weise mittheilen.
Daher jene A'orredncr, deren Worte Hr. W. nach ge-
wöhnlicher 3Iauicr Prologes nennt , daher darin selbst
Vorherverkündiguugen , die auf diese Weise die umstcind-
lichste Entschuldigung finden — freilich Böckh's bei Ge-
legenheit des aus Aelian beigebrachten Bruchstücks des
Iphig. Aul. mitgetheilte Ansicht leidet an vielen Irrthü-
niern, wie wir nächstens a. a. O. beueisen werden, —
daher diese Mitfheilungen , welche ganz unbeschadet der
nachfolgenden Handlung können gänzlich weggelassen
werden. IMan nehme den Ion zum Beispiele, wer da»
Stück lieset ohne jene Einleitung des Hermes, kann es
ebenso gut verstehen; denn schon im ersten Acte erzählt
das lange Gespräch zwischen Ion Und Creusa , wer Ion
sei und Xuthus, und vias der letztere begehre vom Ora-
kel. Aber der Dichter verschmäht die Neugier als Hebel
des Interesses und der Aufmerksamkeit. Eine andere
Absicht dieses ersten Theils einiger Euripideischen Pro-
loge lassen wir nicht zu, bestreiten selbst drittens die
Ansicht, Euripides «olle mit diesen Vorreden niylhos
8UO arbitrio mufatos spcctatores edocere, so natürlich,
eine solche anch sein könnte nach ilem Obigen.
AVir wissen wohl, Hr. W. schrieb das andern Gelehr-
ten nach; indess diese beschränkten ihre Ansicht auf
einige Euripideische Prologe, während Hr. W. dieselbe
auf alle ausdehnt. Wir erklären Beides für falsch, doch
hoflcn wir nicht ohne Grund. Als die älteste Autorität
der neuern Zeit führen wir Eiclistädl de dramafe Grae-
corum comico-satvrico an. (Jnanujuam enim Eurip. in
separatis iUis prologls , (|uos fabulis praeposuit non ac^pii-
rit sie nt draniatica plane snpersederet actionis inductione :
tarnen hujus ambitum angustioribus fere limitilius circum-
siripsit nee (juae in prologo esset persecntus in ea co-
piosins repetiit. Quid? ipiod reperiuntur tragoediac, in
quibus dempto prologo expositio dranintica argumenti ne
satis <|uidem dilucide et aptc ad coniniunem intelligen-
tiani explicari possit. So fehlerhaft auch diese Ansicht ,
sein niag , so hat sie ilennoch durch viele ^Verke ihre
Reise gemacht. Und ilennoch ist uns kein Stück be-
kannt , welches ohne den Prolog von einem gebildeten
Athenischen Publikum nicht hätte verstanden werden kön-
neu. Schlegel spricht von der Helena. Aber es ist
685
68G
erstens nicht «ahr, dass Euripides der Erste gewesen,
wciclier die Idco gehabt, Paris habe nicht die Helena
selbst, sondern nur ein LuftbihI entführt, ivflhrend die
wahre Helena in Aegypten gesessen. Alan vergleiche nur
Hermann's V^orredc zur Helena. Zweitens aber h/itte
der Dichter dann nicht zur Helena, vielmehr zur Elec-
tra einen solchen Prolog machen miissen , denn auch in
diesem .Stücke herrscht eine solche Ansicht von der Helena,
vergl. Elect. 128C).
ÜQVJTStDi yuQ tx djiflUJV
r,xsi Xlnovo' Al'^vitxov ovd' ijkt^sv (Ilgiiya^.
^€v<; 8' u'iQ tQK; yivoiTO v.a\ cfövo^ ßQOTuiv
eiduiXov 'EXtvijq it,i^Eu'>\i eii 'Tkiov.
Es wnrde aber Helena zwei Jahre später, als die Elec-
tra aufgeführt, nSmlich Ol. 91, 4- Drittens konnte Eu-
ripides wohl dem Effect vertrauen, welchen das Herodo-
tische Werk bereits hervorgebracht halte. Denn mag
man auch an einer eigentlichen Vorlesung desselben in
Olympia zweifeln, so kann man doch für gewiss anneh-
men , dass Herodot sowohl dort, wie in Athen und Ko-
rinth vor einem versammelten Publikum von seinen Rei-
sen erzählte ; vergl. Nissen in dieser Zeitschrift 1839.
pag- 196. Diess angenommen, kann es leicht begriffen
werden, wie eine den bekanntesten IMythns betreffende
Aenderung leicht von Mund zu Mund ging. Hier also
war gewiss ein solcher Prolog nicht nothig: er finilet
sich aber auch nirgends. Wo der rechte Ort dazu ge-
wesen wäre, dürfte Medea sein; denn der Dichter schrieb
den Mord der Kinder nicht den Korinthern, wie die
Fabel sagte, sondern der Mntter zu. Aber wir sehen
in dem Stücke Nichts von einem solchen Prologe. Die
Urtheile über Hermione im Orest sind von denen in An-
droniache sehr verschieden: wo macht aber der Dichter
daranf im Prologe aufmerksam? Darum ist es Zeit, end-
lich diese Ansicht aufzugeben. Der Dichter änderte
wohl im AVesentlichen nicht selbst an dem Mythus , er
führte höchstens vorgefundene Aenderungen aus. Unter
den vorhandenen Prologen deutet, wie gesagt, keiner
darauf hin, dass er die mutatos mvthos vorher dem
Publikum bekannt machen wollte. So gut Aeschylus nnd
Sophocles ihre Aenderungen vorher nicht mittheilen lies-
sen, ebenso wenig mochte Euripides darin einen Grund
zu seiner Vorrede finden.
d) Falluntur, qui Aristotelis vcrba arctins tenentes
prologi natura prorsus neglecta finem ejus nbivis ad pa-
rodi initium extendant, Euripides testis est gravissimus.
Und dennoch gehören wir zu diesen und bekennen es
frei nnd offen; aber wir glauben, dass Alle, die das ge-
than haben, die parodus dahin setzen, wo der Chor zum
erstenmal in seiner Gesanimtheit zum Vorschein kommt
nnd seine Xi^i^ beginnt. Dass Jemand nämlich habe so
thüricht sein können, den Prolog in der Helena bis
». 1116 zu denken, bezweifeln wir; ist es aber der Fall
gewesen, so stimmen wir Hrn. W. bei, solch eine An-
nahme für thöricht zu erklären. Dagegen wird Hr. W.
nicht behaupten können, dass »ir die natura prologi
i\egligirt haben, wenn wir den Prolog bis zu v. INO aus-
dehnen. Denn wir haben eben gezeigt, wesshalb die
Scene zwischen Teuccr und Helena zum Prologe ge-
höre, das soll man aber nicht so verstehen, als wenn
wir die Person des Teuccr für nöthig hielten. Unserer
schon a. a. O. ausgesprochenen Ansi< lit nach Jiätte ein
beliebiger Grieche ausgereicht, ein von der Mannschaft
des Menclaos verschlagener Soldat lielleiclit die Stelle
noch besser eingenommen; indess Euripides liebt es,
solche Individualitäten vorzuführen, die ilen Stufl zu
weitern, wenn auch dem Stücke entlegeneren, ein Lieb-
lingsthema des Publikums betreffenden Expectorationen
enthalten. Wir haben übrigens alle Euripideische Stücke
genau verglichen, und die Ansicht auf's schönste bestä-
tigt gefunden, dass gerade, da der Prolog jedesmal be-
endet ist, wo der Chor zum Vorschein kommt in seiner
vollen Gesammthcit. Diess führt uns zu den Bestim-
mungen über die Parodos, an welche wir besser die Me-
morabilität anknüpfen, fit nonnunnuam, ut chorus ipse vcl
ejus corjphaeus prologum fariat. Wir müssen uns hier
zur Ersparnng des Raums <las Vergnügen versagen, die
eigenen Worte des Hrn. Vcrfs. zur Beurtheiluiig der
Leser herzuschreiben; ein treues Exccrpt der Hauptge-
danken wollen wir dagegen liefern.
Die Parodos ist bei Hrn. W. ein uß.og , welches,
wie jedes Stasinion, durchaas immer gesungen wurde.
Dass er mit dieser Bestimmung die Worte des Aristoteles
verlassen, haben wir schon oben gezeigt. Nun passt die
Definition von TToükoyu: nicht mehr, und die Erklä-
rung von kti:i^, sowie von -/.otvi'. firv ä-Trdrrcuv cic.
beruht auf einer reinen Annahme. Hier aber ii erden
wir weiter wahrnehmen , ilass die weitern Deductinncn
über uvuoodoc allen denjenigen Zeugnissen widersprechen,
welche Müller aus verschiedenen Scholiasten gegeben
hat. Aber, sagt man vielleicht, liegt in der Aristoteli-
sclien Definition von BmiouÖLOi' tu f-ikvc.l^v ijKti)v Xü-
g/y.oHv /.isXoiv nicht ein Beweis, dass Parodos zu den
I.U/-.n gehöre? Denn oft ist das Episodion doch zwischen
die Parodos und ein Stasimon hingestellt. Darauf ant-
worten wir erstens, die gewöhnliche AVeise pflegte an
die Parodos jeilesnial noch ein Stasimon zu Iiäiigrn, also
pjn eigcnlliches inko^ ; zweitens aber kann ja auch eine
Parodos vom ganzen Chore gesungen sein; denn wie «ir
sahen, passt unter den Begriff kti;/^ auch allenfalls der
von fxekoi;. Drittens aber ist der Beginn des ersten
Epeisodion, über dessen Constituirung hier allein Zwei-
fel erhoben werden können, schon genugsam durcli das
Ende des Prologs und dadurch bezeichnet, dass die
7lov)Tij Xei:ic okov yogov bereits eingefrcien ist.
Wenn Aristoteles sagt, der Prologos ist da zu Ende, wo
der Chor seine erste kitl^ beginnt, so kann er ivolil
nicht darüber in Zweifel sein , dass Jeder «len nun be-
ginnenden Theil der Tragödie ebenso gut für ein Epei-
sodion erklären werde, wie rot fi^Q)^ fieTai;u ökcov yo-
Qi/.ojv fjskujv.
Bei seiner Definition von Parodus mnsste es nun srhcni
Hrn. W. sclmer werden, ilie Parodus aufzufinden; so
kommt er denn auf die eine Hanutbemerkung p. .')• jani
sie comparatas esse parodos consentaneum est, ut nequo
forma nenne argunicnto caiitici singiilaris" specirm prae
se fcrant. Unter dem cantus singularis soll wahrschein-
lich das Gegentheil von iii.oi '/OOOi, angedeutet sein
Quare ut ununi affcranius , fährt er fort, sentenlias iil
generis respuent , quae chori contlneant dubitatiouem ,
687
688
dissensionem, tri>plil.i<ionem , qu.ieque alia sniit ex qiiibus
caniiiiiis (lisfril)iitioiie in siii^^iilas «•horcutarani vocea opus
viileatur, ucqiie ea metrorum geiiera (ut svstcmata ei;
Öuoiujr) acliiiittcnt, quae loiistat iiitogri chori caiiticis
miuus coliteilire. Also so»»olil der Inhalt, " ie die Form
soll cnlschoidcii kiMinon. Ausser allen die Prämissen be-
trefiendcn Ziveifeln fragen wir hier: ist es «olil denkbar,
dass Aristoteles diese Anslegun» seiner Worte »olle, wenn
von den vorhandenen Aesehviischen Stücken nur «Irei,
von <len Sophokleischen nur vier, von den achtzehn Eu-
rinidoischen aber sojjar nur drei damit in Einklang' zu
bringen sind? -Sollte ferner ivirklicli von dem Inhalte
liier eine Hestininiung genommen werden kbnnen, da
doch der Dichter theils von seinem Thema dabei ab-
hängt, es aber auch theils i:i sein Belieben gestellt ist,
mit well hen Gedauken er den Zuschauer zuerst aultreten
lassen will? Wir halten es überhaupt für sehr gewagt,
aus dem Inhalte eines Gesanges einen Schluss darauf
XU machen, ob derselbe von einem ganzen Chore oder
ron Einzelnen gesungen sei, oder ob er sich überhaupt
zum Gesäuge eignete. Wie mancher neue Text möchte
dazu die Beweise geben, ^iur wenn wir die Hlusik dazu
noch kemieteii, würde das zu bestimmen sein: so lange
das nicht der Fall ist, bedenke man, dass ein Coniponist
denselben Gedanken sowohl von Einem, wie von Allen
singen lassen kann. Die dubitatio , trepidatio und dis-
sensio kann recht schön zu einem vollstinimigen Chor-
liciie ileii StoIT geben, denn ein Aacheinandersingen wird
dadurch keineswegs bedingt. Kann der Komponist z. B.
in einem Oratorium die Chöre der Gläubigen und der
Hüllengeister zu gleicher Zeit vollstimniig singen lassen,
kann er z. B. in einer Oper die feindlichen Parteien in
einem vollstimmigen Chore mit einander streiten lassen,
so dass unmittelbar darauf sogar das Handgemenge be-
ginnt — die Beispiele sind nicht erdacht , sondern kom-
men thatsächlich sehr oft vor, wir wollen nur erwähnen,
das Weltgericht von Schneiiler und Romeo und Julie von
Bcllini , vor Allem aber den in sich uneinigen Brüderchor
in iler iMehulsrhen Oper Joseph in Aegvpten — so licisst es
doch jedenfalls zu viel gesagt, ob des Inhalts einem Grie-
chischen Ciiorliede den Charakter eines vollstinimigen
absprechen zu wollen. Und nun vollends das Bietrum,
wie ist doch diess für den Komponisten auch eine keines-
wegs seine Composition bedingende Sache! Hr. AV. wird
desshalb selbst den .Schluss, den er aus den oben ange-
führten Worten zieht, für voreilig halten: absonnm esse
corum Judicium, qui statuant, a primis quibusque chori
(orchestram ingredienti«) verbis incipcrc paroduin. Haud
raro enim ca dcmum multis aliis canticis praeniissis de-
prelieiiilitur , cujus rei exeniplum certissiinum est in Soph.
Oed. Col. V. ((iiH. (cfr. Plut. an seni etc. cap. 3). Wenn
jener Zusatz orchestram ingredientis auch nicht »on Hrn.
W. herrührt, so küiinlcn wir uns davor doch verwahren.
Da wir jedoch überall die Orchcstra, als Fortsetzung
der Bülino annehmen , d. h. die Sccne iler Bühne und
der Orchcstra dieselbe sein lassen, so wollen wir den
ZasaU in dem Sophokleischen Beispiele nicht wegwerfen.
Denn es möchte wohl nicht mit Sicherheit certissimuni
zu nennen sein. Wir holi'en wenigstens , dass Ilr. W.
hier nicht etwa der Autorität des Plutarch vertraut, wo er
wenige Zeilen nachher ein willersprechendes Urtheil dessel-
ben Autors rejiciendum putat , quia non alteri testimonio
ejusdein scriptoris convenit. üio TlfJiJJXii ki^tg okou
%uoov beginnt v. 118. Herbeigerufen von dem Fremd-
linge, welcher zuerst den Oedip an dem verbotenen
Orte gesehen, kommen dio Männer des Chors in die
Orchestra, welche die auf der Bühne dargestellte Scene
fortsetzt; sie rufen: wo ist er, der in seiner Unwissen-
heit den Ort betrat? Schau, ob du ihn gewahrest! Es
ist ein Fremder, kein Eingeborner, denn sonst würde
er nicht in den unberührten Hain der Jungfrauen ge-
gangen sein, welche wir uns zu nennen scheuen und
bei denen wir lautlos vorübergehen. Dahin soll er ge-
gangen sein , doch erblicke ich ihn nicht." Warum
diess durchaus die Einzelnen sich einander zugerufen
haben sollen, davon sehen wir keinen hinlänglichen
Grund ein. Wenn Beethoven in dem Oratorium ,, Chri-
stus am Oelberge" in einen vollstimviigen Chor ver-
schmilzt die Worte der Kriegskneclite ,,wo ist er, der
Verbannte, der sich im Volke kühn den Judenkönig
nannte, ergreift und bindet ihn!" und zwar so, dass
die Einen den Andern gleichsam die Frage ,,wo ist er?"
zusiugen so kann doch die Möglichkeit nicht bestrit-
ten werden , dass auch in dem vorliegenden Falle der
Text geeignet sei zu einem vollstimmigen Chorliede.
Es möchte also mit dem certissiinum eigenthümlich aus-
scheu !
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Clironik und 3Ii6Celleu.
Stuttgart. Hier ist eine Einladungsschiiit zurFeier des k.
Geburtstages am 27. Sept. I8.i8 erschienen. Vor.ius geht eine
Abb.inillung ühcr unser Gyinnasiuiii in seiner Entwickelung
wahrend der zwei letzten Decennicn von dem Professur F. W.
Klumpp (Stuttgart, Met?.ler. 53 S. 4.). Die Scbiilerzabl in
sämratliclien Classen, die im vorigen Jalirc 482 betrug , ist sich
gleich geblieben. Die durcli den Abgang des Professors Gustav
Scliwab, der die Pfarrstclle zu Goniaiingcn bei Tübingen an-
genommen bat, erledigte Stelle wiirilc dein bisherigen Professor
an dem hiesigen Katliarineostille Ludwig Bauer übertragen.
Koburg. Die Elnbidungsschrift zu dem ütTentlichen Ostcr-
examcn (15 Seilen 4.) cnllialt eine Abhandlung von Eduard
Forberg ..über eine Stelle des IMenctenus des Plato.c Bis
zur definitiven \VicderI>esetzung der durch Sceiiodcs Weggang
erledigten DireCtorslelle ist der Professor Forberg mit der Füh-
rung <ler Direction beauftragt. Die Scbülerzabl im verflossenen
Schuljahre betrug 66.
Rendsburg. Unser Früblingprogramm (Schleswig, Taub-
stnmnieninslitut. 16 Seilen 4.) eiitball D. A. P. Nisseni de
vilis, quae vutgo Cornclii Nepotis nomine feruntur, contra
Licberknebnium - Poblmanniaiium aliosqtie disputationis parti-
cula prior. Im Winter betrug die Scbülerzabl 44.
Zeitschrift
für die
Altei th 11 mswissen Schaft
Sonntas; , 21- JuU
1839.
Nr. 87.
Conimentatio de tragoediarum Graccarum ineniliris ex
verbis Aristotelis — de arte poCt. rap. XII. —
recte coiislituendis. Scrips. F. A. F. Waldaestel,
prorector.
(Fortsetzung.)
Aber mit dieser von Hrn. AV. adoptirten Idee von der
Parodos stimmen ja auch alle diejenigen Zeugnisse nicht
nberein, welche uns von den Scholien gegeben werden.
Es ist deren keine unbedeutende Anzahl: und Hr. W.
sagt es selbst, nbicunqoe htijus rei mentionem faciunt,
id Carmen constanter vocant parodnm, (juod ab ingredienti
choro sit cantatuni. Sie »erden sänimtlich mit den Wor-
ten abgefertigt, scholiastarum liac in re testinioniis nuUa
fides est habenda ; und es wird nur versucht, eine Er-
klärung zu geben , nnde perversae illae de parodo opi-
niones sint exortae et <juo factum sit, ut vera ejus notio
obscnraretur. Weil diess Carmen, sagt Hr. W. , i\e\i
!Namen erhielt von dem Schreiten des Chors durch die
Orchestra , welches ebenfalls irnooSos hiess, so waren
die alten Tragiker gewohnt, am Ende des Prologs einen
vollstimmig singenden Chor einzuführen , um recht deut-
lich das erste Epeisodion vom Prologe zu trennen. Nach-
her aber , postquam poctae liberius artem tragicam trac-
fare coeperint , nehmen sie sich heraus, den Chor gleich
Anfangs an der Action dergestalt Theil nehmen zu lassen,
dass er wie ein Schauspieler auf der Uiihne erblickt
wurde ( Eumen. und Sojih. Oed. Col. ) oder mit den
Schauspielern wechselseitig sang oder sprach (Eur. Hera-
clid.). Wie solche Stellen in der Glitte eines Stückes
nie für Stasima gellen, sondern als Theile der Handlung
zu den Episodien gehören , so sind sie auch im Anfange
keineswegs für integrae tragoediae partes anzusehen.
Jam perspicunm est, quo factum sit, ut parodi locus com-
mutaretur, nomen vero sancitum primo cujuscjue tragoe-
diae carmini a toto choro cantato permaneret atque illi
qni nescii origineni solam hujus voci.s spectareut, inre-
dentis chori carmina vel etiam paucos versus parudum
esse fidenter arbitrarentur. Diess ist nun Alles der ein-
mal aufgefassten Idee von Parodos gemäss; aber die Ar-
gumentation halt schwerlich Probe. AVir fragen, gesetzt
es »are so, dass der Chor in Oed. Col. sowohl, wie in
den Eiimeniden auf der Bühne erschien, hat denn Ari-
stoteles davon irgend etwas gesagt , der Chor müsse bei
der Parodos iu die Orchestra einziehen? Er sagt ja nur
n^uirtj Ke^ii ökov XOQOV. Nimmt in den Herakliden
nicht ebenso gut auch der ganze Chor, durch den Klage-
ruf des Alten gerufen, an der ersten }.ti:ig Xoouv Theil,
wie das im Oedip. Colon, der Fall ist? Was soll denn
der Umstand , dass jene Lieder nicht integrae tragoediae
partes sind? Was heisst das überhaupt, ein //tÄo^, ein
Stasiuion sei eine integra tragoediae pars? Denn nur das
ganze jngiy.uv ist integra tragoediae pars, nicht aber
die einzelnen Theile desselben. Ausserdem aber ist der
Grund von einer tragoedia liberius tractata ein so schwan-
kender, dass wir bezweifeln, Hr. W. wisse hinlänglich,
was unter liberius hier zu verstehen. IMan denkt sich
gar zu gern darunter einen Zustand der Tragödie, wo
Nichts mehr, weder Form noch Inlialt genährt sei, ein
Sodom und Gomorrha; die Rolle des Vertheidigers zu
spielen, ist da so schwer gar nicht. Gibt Hr. W. zu,
die alte Sitte habe durch die Parodos den Prolog von
der eigentlichen Tragödie in der Weise geschieden, wie
die einzelnen Acte durch Stasima getrennt werden , so
ist doch die Annahme weit natürlicher, dass die Dichter
der spätem Zeit zwar die Länge der Parodos aufgaben,
wenn sie für ihr Thema gerade nicht passte , aber den-
noch stets den Chor mit seinem ersten Auftreten den
Prolog schliessen und vor wie nach die Tiguirij r^t^ic
öl.ov '^uoov die Parodos nennen liessen. Was hätten
sie nur für eine Absicht haben sollen, die Parodos spa-
ter anzusetzen , da ihre Bedeutung dann gänzlich in den
Hintergrund getreten wäre? Fragt Hr. W, weiter, quid
de iis tragnediis, quibiis nulliim omnino chori iiigredien-
tis indicium inest, a principio clioreutis exadversus sce-
nam cum histrionibus altcrno cantu vel colloquio agenti-
bus aut solo coryphaeo anapaestis verba faciente , so ist
auch ilarauf die Antwort nicht schwer; wir verstehen
nämlich unter diesen Worten , was Hr. W. schon oben
gesagt, fit enim noununquam, ut chorus ipse vel ejus co-
ryphaeus prologum faciat (v. Aesch. Pers. et Suppl. et
Eur. Rhes.), hätten wenigstens sonst erwarten müssen,
die bezüglichen Stücke angeführt za sehen. Was nun
den Rhes. betrifft, so kann mau sfatuiren, dass die Worte
des XoQO^ , womit das Stück beginnt, nicht von dem
ganzen Chore geredet, daran nicht der ganze Chor Au-
theil genommen habe, sondern nur Einzelne zum Zelte
des Hector dringen. Danu mag recht schön erst v. 224
die Parodos beginnen, denn es erhellt auch aus andern
Ursachen, dass der Prolog bis dahin auszudehnen sei.
Was übrigens ausserdem die beiden Aeschylcischen Stücke
betrifft , 8U ist bei ihnen ein abgesonderter Prolog ein
691
692
lugoc uf ov Tg(cy(j)8(ai ro :igu X'^C*^'^ rrnpöSor gar
iiirlit vorlianilrii , virlinolir hat ilpr Dirlifrr <li>ii Inlialt
(lossell>pii in ilip Paroiios, in die 7lg(HTij /.^t/k okov
yo >o7 fr'"''"»*- Wie Ilr. W. seine Hesfininiiing, tiass in
ilen Pors. Lei v. ''> der l'rulojf sililiesse, go^en den
Vonvnrf der Willkiir rertlieiilisfen uill, begreifen wir
nirlit. Eriiii};t er die Gedanken, «ellie nach ». 7'2 ans-
(leilriickt sind, so ninss er zugeben, das« sie eine Fort-
iPtznnj derjenigen bilden, welrlie bei ihm den Prolog
nusinarhen. Uass aber sAinnitlirbe Cborenfen bei den
^Vorlen mitHirIvend gedarbt uerdcn können, zeigen ilie
(jedanken ebenfalls. Es ist niizu eitelliaft, Arsrlixlns
«olKe keinen Prnlog im rnhigen Triineter: er zieht es
lor, statt der Erzälihing, von HeUher Fnreht ganz Per-
»ien dnrrlidrnngen sei , gleich die Rej)f,'ispntanlen dieses
ganzen PcrsJens vor die Angen lies Ziisihaners zn stellen.
Das ist der Chor: eine Erz/ihliing in Anapästen, .Seitens
des Korvjihaus, «iirde eine ilnrrlians nnsfattliafte Annalune
sein , IUI lit aber eine Darstellung. Die ganze Ilaltiing
des ganzen Chors driirkte «eit besser jene Furcht aii.s ,
«eiche Asien nm seinen Küiiig hatte: eine »eitere Ein-
leitung war aber aucli , des Thenia's »egen, gar nicht
nölliig. Jn den Sii|i|)lic. ist das noch weit mehr der
Fall. Die ^'orfiihriiiig samintliclier Hiilfeflehenden Wei-
ber, deren AVorte, von .Spiel begleitet ,, den Znliorer au
fait setzten, war genügend. Denn auch hier beschuldi-
gen »lir Hrn. W. der Willkür, »venu er bis v. 40 <len
Prolog gellen lässt. Aesch\liis hatte auch in noch an-
dern Slücken keinen Prolog als Trijaüror niiXK TQ.,
z. K. im Prom. Kvoii., den IMyrniidonen , vielleicht auch
in den llcliaden, aber siclierlich aus gleichen, ganz
natnrliiben Gründen. Also ist es sehr natürlich, ilass
die P.ini;los hier gleich mit dem Beginne des .Stückes
beginnt, denn sie ist die '.igojvr kti/i i'fMV lOOOV.
Hr. W . kommt nun zu andern Henierkiingen , die er
gemacht halien «ill. Zuerst balt er für bemerkenstvertli,
Hass selir oft, soivohl zu Anfange, als zu Ende der Pa-
rodi kürzere oder l.'iiigere aiiapfistisrhe Svstenie gefunden
werden, qnae iion modo plenis vocibn», seil ne rantui
qaidem rnnvenire nemo est ijui neget. Hierbei beruft er
■ich auf Ilermann's Recensiou über IMüller's Enineniden,
(genug Beweis, ilass sein nemo Nichts als oratorisrh«
Floskel ist) und fügt als neuen Grund hinzu: „mit der
Annahme, dass die .4nap.'lsten , »velche im Anfange eini-
ger Tragödien unter dein iSamen XniU):^ vorkoininen,
Tollstimmig als Parodos gesiingeii seien, würde man .sfa-
tuirrn, jene Traglidien hätten keinen Prolog: das ist nun
{rar nicht so schlimm, wie es aussieht. Den Inhalt eiiips
Prologs haben sie allerdings, nur nicht die Form, wel-
rhe Aristoteles dafür festsetzt. Hermann opusr. VI , 2
p. 143 opponirt der Hlüller'sdien Ansiiht, dass die Ana-
pästen gssiiiigcn werden könnten, erstens „der Charakter
dieser Rh\tlinien sei denen, in welchen bloss gesprochen
werde, am n.'lrlisten." Einen Beweis finden wir darin
nicht, ebenso wenig, wie wir aus deiijeiiigen aiiap,')sti-
»rhen oder iambischen Stellen eines Operntexles, wilclie
der Komponist nnkonipoiiirt liess, den .Scliliiss ziehen
möchten, er habe das der Anapästen und Jamben wegen
gethan. Zweitens ,,der Inhalt zeigt i'iberall bloss ge-
wöhnliche Rede an, und zwar einer einzelnen Person."
Wir glauben, diese Ansieht sei liGchst snbjeetiv, denn
die Beispiele aus .Siippl. und Pers. haben wir soeben
ganz anders -erkl.'lrt ; übrigens glauben wir nicht, dass
Müller behauptet , alle und jede AnapJisten seien gesun-
gen, darum ist auch der dritte Beweis nuhaltbar „die
Stellen, wo zwischen spondeisclien Anap.'isten regelmäs-
sige Systeme vorkommen." Allerdings will auch nns der
recitativische A'ortrag dieser Anapästen nicht behagen,
er ist uns sogar — soweit unsere uiusikalische Keiintniss
reicht, ganz nnverst.'inillich, nnd wir entscheiden uns
lieber für ein vollstimmigeii Chorlied. Dass aber die
Anajj-'isten auch gesungen sind, dafür glauben wir in fol-
gender Bemerkung einen Beweis zu finden. In den
Anap.'isten der Lieder «;T0 T/y? frx;;i');; kommt oft der
Fall vor, dass sie dieselben Gedanken enthalten, welche
entweder im jambischen Triineter vorhergingen oder folg-
ten. Für eine solche Wiederlidlnng ist kein Grunil vor-
handen, sobald wir glauben, diese Anapasten seien ge-
sproche7i von dem .Schauspieler, und wir können's Hrn.
Härtung nicht verdenken, wenn er ebendesslialb diese
Anapästen frisch darauf los zu streiihen gebietet. Die
Sache verhält sich aber anilers, sobald die Anapästen
gesungen sind; dann wird eine AViederholung derselben
Gedanken dem Zuschauer ebenso wenig aiiirallend ge-
wesen sein, wie in unsern Theatern das <ler Fall ist,
wenn nach einer Arie oder nach einem AVechselgesange
die Rede wieder beginnt. Der Dichter nimmt nämlich
an, es seien die Worte des Gesanges zum Ohre des Zu-
hörers nicht so deutlich geklungen, vielmehr habe das-
selbe mehr dem Musikallsilien gelauscht. Darum ist'f
für ihn keine eigentliche Wiederholung. Helena z. B.
singt im gleichnamigen Stücke einen Wechselgesang
r. I(i7 — iöl. Der Inhalt desselben ist ausser Klagen
vorneliiTilich die Ulittheilung an den Chor, wie ein Grie-
che ihr die INachricht gebracht, dass Ilion ihretwegen
in Brand gesteckt sei, Leda sich aus Kummer erhängt,
die Brüder ans A'erdrnss fortgegangen, und Menelaos auf
dem IMeere umgekommen sei. Aber sobald der Triineter
beginnt, erfahren wir von der Helena wieder die Grösse
ihres Unglücks mit denselben Einzelheiten dargestellt.
Solcher Beispiele sind fast in jedem Stücke mehrere.
Wir wollen es Jedem anheim geben, ob .die Ansicht,
dass hier die /iiiapästen gesungen sein müssen, nicht sehr
natürlich ist. Den Schluss: Alles x^gr/tiv lässt Gesang
zu: die 7Tt>i:iii- kii:li ÖLoi> foguv, <l. h. die Worte,
mit denen der ("bor in seiner Gesammtheit zum ersten-
mal vor die Augen des Zuschauers tritt, sind zum
lontv.iv gehörig: also kann auch die ndoo?iOti gesun-
gen sein, zumal bei Aristoteles als etwas Charakteristi-
sches für sie angeführt wird, dass sie aus Anapästen und
Trochäen bestehe — den Schluss wollen wir hier nicht
einmal machen, so sehr auch Hrn. W.'s Argiimentirung
dazu einladet.
Iiidess wir müssen hier abbrechen, denn es ist leicht
roranszuselien, dass »ir ebenso wenig mit den Folgerun-
gen einverstanden sind, wie »irs mit den Prämissen
waren. Nur wollen wir die Gelegenheit nicht vorbei-
gehen lassen , noch mit einigen Worten der ,,1'ttrodo*
und des Prologns der Eameniden'" zu gedenken , worüber
Hr. W. |i. l sagt: falsiu est (Müller) com in aliis tum in
693
694
paroHo coiisfitnencla. Wir können Hrn. W. nicht bei-
■timmen , wenn er das Eiiile «leg Prologs v. ().{ , dann
das erste E|)eisodion bis v. 3()() ansilehiit, nnd von .'VJl
— 3't() die P.irodos folieii l^sst. l>lan selic nur: In den
ersten ()3 >'erson gibt die Pjptliias die Genealogie, wie
das Heiligfhum in den Besitz des A|iollo gekommen, rnft
dann die Götter an und als sie danarli in das Innere
des Tempels gehen will, kehrt sie bestürzt ob des ge-
hablcn Anblicks zurück; ,,ich sah einen Mann mit blu-
tigen Händen, mit gezücktem .Schuerdte und dem Oel-
zwcige der Hülfe Suchenden nnd daneben eine grause
Schaar , ron AVeibern nicht, nein! von Gorgonen. Hier
muss Apollo selbst herbei!" Kann hier schon das Ende
des TToajTOV ^//poc rp. sein, ist hier das fllaterial zu
der folgenden Tragödie bereits gegeben, »o wir nur die
Genealogie sammt der Anrufung so vieler Götter haben,
nicht allein derjenigen der Delphischen Weissagung, son-
dern aller in der Umgegend verehrten? Das war für das
Stück ganz unnöthig und findet seinen Grund wohl nnr
in der Compositiou iler ganzen Trilogie. Ausserdem noch
Beschreibung einer Gruppe, deren Theiluehmer zwar
dem Zuschauer nach den bereits gesehenen Stücken leicht
erkennbar sein mussten , deren blosse Erwähnung jedoch
kaum genügen möchte, zu der eigentlichen Diction vor-
zubereiten. Blan verlangt erst noch die Weisung des
Apollo, dass Orest nach Athen gehen solle, die Be-
schwerde der Klvtemnestra über die Zügerung der Fu-
rien , und diess gibt der Dichter sogleich noch nicht
etwa in einer matten Erziihlung, sondern in lebhafter
Action. Grund genug, nesshalb wir (\as 71()(/}T0V fi£()0^
bis v. 140 ausdehnen, wo nach und nach der Chor in
»einer Gesammtheit aus dem Advton hervorbricht und in
die Orchestra hinabstürzt.
Also stlmuien auih wir 3Iüller nicht bei, wenn er
mit dem Abtreten der Pythias den A'orhang niederrollen
]ässt, so dass ilie Bühne dann ilas Advton darstelle, las-
»en vielmehr die .Scene unverändert bleiben und den
/tl'yflOC , sowie ilie Worte l<(.jit etc., «enn man will,
auch die Worte 140 — 14'-' hinler der Scene sprechen.
Wenn wir dabei Genelli folgen , so glauben wir keines-
wegs, dass derselbe sich ilie Kl\temnestra vor den Augen
derZuschauer verborgen dachte. Wir sind wenigstens anderer
Ansicht: Klytemnestra's Schatten wird allerdings dem
Zuschauer sichtbar. Es fallt nun der Einwand , als würde
dann zuviel hinter der Bühne gesprochen: nur wenig
Verse sind's, noch lange n.clit so viele , wie Euripides
die Medea rufen lässt; denn in der 3Iedca erklingen
hinter der Scene her v. 96 und 97, v. 111—114,
»■• 146 — 149, endlich v. 160—167 nnd erst v. 2l4
kommt das unglückliche AVerb aus dem Hause.
Die AVorte lies Dichters, auf welche Müller sich be-
rnft, zwingen nicht zur Aunahine seiner Meinung. Ore-
•tes kommt nämlich mit Apollo aus dem Ad;ton heraus,
bis wohin er, von den Furien verfolgt, gedrungen war.
Er ist mit Apollo bereits in dem Zwiegespräche begriffen,
au dessen Ende er dem Schutze des Hermes übergeben
wird. Nun steigt Klytemnestra's Schatten die charoiiische
Treppe herauf, öffnet die Pforten des Ailyton, und hin-
einrufend will sie die Furien aus dem Schlafe werken.
Jetzt begreift mau leichter, ivesshalb das AVecken der
Furien so langsam von Statten geht ; so konnte doch
schwerlich ohne einen lächerlichen Beigeschmack gesehen
werden, dass die Furien so überaus schlaftrunken yvareni
Die Bühne denken wir uns als ileii Baum vor dein Adv-
ton , der sich bis in die Orchestra hinein ausdehnt, die
Aorhalle gewissermaassen. Hierhin sind die Furien ge-
stürzt, nachdem sie Orestes A'erschwinden bemerkt. Aber,
sagt fllüllcr, dagegen streitet der Befehl des Apollo
^wpf/V diicikXantjcoDt: /iuvt/xwu fa")[ujv,
denn hieraus geht doch deutlich hervor, dass die Furien
im Innern des Tempels, im Ailyton sich befinden. Her-
mann theilt die Ansicht, dass unter dvifLiaTU und iiav-
■rr/jn jiv)[0i nur das Innere des Tempels verstanden
sein könne, »venigstcns versucht er die Entschuldigung,
es könnten Einzelne beim Suchen auch wieder in das
Advton gegangen sein. Das kann von uns nicht zuge-
geben werilen , weil »vir den Chor sich bereits in der
Orchestra sammeln lassen, AVir finden aber in den be-
merkten Begriffen Nichts, yvas uns veranlassen könnte,
unsere Ansicht aufzugeben. ^Jüj/iara und fia.VTtytoi
(iv^oi bezeichnen nicht nothuendig das Ailyton, sondern
den ganzen, das Advton in sich fassenden Tempel, ja!
auch das ganze von dem Uinii 71 tfjtfjo/^ui; eingeschlos-
sene Delphische Heiligthum. Wenigstens ist es so bei
dem Dichter. Krensa fragt den Ion (v. .'^14) vaoiai d
üi'/.eti; Toiqök 7 7," v.a.ja arEyuQ; er aber erwiedert
'/-Tlav 9tov fJOl 8co/(' i'v' uv kußl] l^i vnrvoc. Als
iVeoptolemos von der Schaar der Delphischen Mäuner
angegriffen wird, da, heisst's Androm. 1144.
xQavyij b' Ev SV Cf )j ii o i cri öi'cq)\uoi 8 o jio cq
TrtTffo.iotv äi'Ti/.kayifv.
Der Kampf yvar nicht im Advton , es hatte nur eine
jU(ro)V ii; o.ÖL'TU)v hervorbrechende Stimme das Feuer ,
des Kampfes angeschürt, wohl aber war er in dem Räume
vor dem .Advton; bereits war Neoptol. uray.TOOiuv y.pjr
7J idug ivTOC, gegangen und als er gefallen, da
vty.oov dt dij vir y.aLitivuv /jujfjov ireA«;
e^efjakov iy.TOs 9i'o8oy.v}v üv ay.züg lov
d, h. natürlich aus dem ganzen dem Gotte geweiheten
Bezirke, wo ein Todter nicht geduldet werden konnte.
So will hier auch Apollo die Furien aus dem ganzen
ihm gehörigen Heiligthuine vertrieben wissen, Stände
fluvTiy.ov jll'%ov , so würde man noch eher behaupten
können, es sei nur das Adjton darunter zu verstehen,
denn so steht fjfjfoc z. B. Eum. 39. Inn '228i '''"'" Plural
aber zwingt nicht dazu, es kann fit'Xo^^ /laiTixoi das Adv-
ton bedeuten, dass es so heisseii müsse, stände erst zn
beueisen. AVill man aus dem Begriffe f^i'XC s° schlies-
sen , so vergleiche man doch Pecub. 1040. Polvmestor
ruft ßdtXviv ydo oi'xojv tv'jvö' äiira6or,i;oj /ji'Xot'g.
Hat etwa die Ilecuba in ihrem Zelte so viele Abtheilun-
gen, dass von einem ,, innersten Räume'' die Rede sein
kann ? Die Hecate n ohnt filixoi\ ioriai; Med. ,397- Her-
cules führte den Theseus ''.7<^o(' ioefwv)V ftv^iov, WeracX.
2' 9, nicht zu gedenken der «/,S/£pO(; ^«'/wj; in Hei. .S66.
Es sind hier ftvyoi Nichts mehr, als „Räume." AVollte
man unter iiuit/yoi fil'j(ol durchaus das Advton verstan-
den wissen, so müsste man annehmen, dass nur in dem
695
696
AHyton die udvTSii und iiarreia seien. Dom war aber
nicht so narli Annahme der Dichter. Xufhus fragt im
Ion 41}. utJA Ti'i TOorpi^TEvei &£0Ü; die Antwort lau-
tet i;uStc (naniücli Ion) t« '/ e^co, Tiüv ifjd} 8' rlXXoii
uihet , Ol TTf.ijoiov ifaanurtrt ■Toi:Todo^. Und als Neo-
pfolemiis, dein Gesetze g-pmass mit Tiooßuiilioi^ acpa-
yaioi ui'j'l.un' (Ion irC)) besrliäfigt, noch an den toldoaii
steht, da haben sich schon nm ihn die iroö^evoi und
«rtirf/C llr^iy.oi »ersammolt, die ihn fragen tl Cor. dsoJ
xareiioiitaiic.; ti'iOs ijxci X^'-Qtv; Andr. 1105. Das
ru lerstehen von den sojenaiinfen TTDrr/.ooi:;, welche anf
ihre eigene Hand aus Opforfcuer und Asche weissagten,
halfen wir fiir unrecht. Die Begriffe werden rom Dich-
ter niclit so streng gcscSiieden; wälirend .4ndr. 1093.
yi'CtKCl jene thesauri genannt werden, in deren Räumen
die dvc.^r^uctTa aufgespeichert lagen (Ion 1144. 1164),
geht im Ion 70 Hermes f^ ön(frujdn yi'uKa, d. h. in
den Tempel des Apollo , vergl. Phoen. 248. ilEOouCpoka
yval.a Öuißov.
Wie dem auch sei, das steht nnbeztveifeli da, dass
unter uc.vxf/.uii nv/^O'^ auch der ganze Tempel rer-
standeu sein kann, nicht bloss das Advton. Die Scene
des Prologs soll also fortwalirend die Vorhalle des Ady-
ton bleiben, jener Raum , zu welchem man dann gelangte,
nachdem die rjatfooi y.oijXi'dcjjv erstiegen, die ih'fxekl^
überschritten war, der rtouvaog, in späterer Zeit be-
kannt durch die von den Amphiktvonen darin aufgestell-
ten inhaltscliwcren Sprüche hellenischer AVeisheit. Der
Platz vor dem Tempel, im Niveau der untersten Stufen
kann natfirlirli von uns nicht darunter verstaiiden werden,
«eil man von da nicht in die Pforten des Ailyton hin-
einreden kiinnte, wie unserer 31einiing nach Kivtemn.
gethaii ha'jen soll. Ebenso wenig können wir der An-
sicht sein, die Pythias bete hier an dem Altare, den
man niycii ßionu:, nennt, sofern dieser nicht im eigent-
lichen Tempel ist, sondern in der Nähe desselben. Denn
es gab in der Umgebung verschiedene Opferstellen, jene
toy/J.oäl, von denen oben schon die Rede war, und jene
ii'jiiiol öaffvrCfüo'jl, an ileoen Kreusa betet, während
Xnthus (ioaj OTilyil Tlon 418 sij.) , von welchen aus
sie den Pädagogen TTOO-' dfov '/otj(TrijOia,T27. ■rrpoS
a/rrliva uavTEiu 739. senden will, und zu deren einem,
mit ^udvoi^ verzierten (14<IX) sie nachher flicht 1284.
Aber auch in der Vorhalle des Advton gibt es ijojuoi,
auf denen man ■Jaooi yoijrjvijoiuiv 0()i[j;) evtaxo
(Andrem. 1113). Hier befand sich Neoptolemos, denn
er war bereits d.y(l'/.Ti>iju)v y.rirrr'do.; ivro," gegangen,
hier wird auf ihn der Angrill' gemacht von einer unter
Lorbeerbäumen versteckten Scliaar , hier rafft er von der
Wand aufgehängte Waffen, mit denen er
toir^ 'rri ßojiiov, yooyr)' uTlkiTi-q /'deiii.
Das war ein fjOjKo:, der eine dii'ntlfko.: eo/doa hatte
(1138J; an seinem Fusse fiel Neoptolemos. An einem
solchen Altare also kann hier die Pvthias betend ge-
dacht werden: von hier aus kann sie in das Advton gehen
und ob des grausen Anblicks schnell wieder lieraus-
itürzen.
Es ist nicht etwa Nenerungssucht, welche nns zu
dieser Annahme treibt, sondern manche Gründe, welche
gegen .lli'illcr's Ansicht sprechen. Einmal widerstrebt
es uns, dass der Schatten der Klytemnestra in dem Ady-
ton mit Apollo gemeinschaftlich verweilt. Eine derartige
Gruppe streitet mit der A'orstellung, dass Giitter den
Anblick der Gestorbenen fliehen. Bei Euripides sagt es
Apollo selbst eyuj dt im uiu<ri.id ji' kv ödfxoii; y.ixij
Xein^O) li£kd^QU)V ttßvde (flLzüvojv oriyijv, und mag
es auch recht sein , wie L'ibeck in der Abhandlung dii
vcferum adspectu corporum exanimium non prohibiti nach-
Mveisen soll , dass der Dichter in seinen Bestimmungen
inconsequent wäre, so ist doch ebenso wenig bei Apollo,
wie bei Diana eine Ausnahme erweisbar. Vergl. Mül-
ler's Dorier pag. 302. Flieht man zu der Entschuldi-
gung, das iidujXov der Klytemu. siehe in möglichster
Entfernung von dem Gotte , so kündet sich das doch zu
sehr als Ausflucht an. Zweitens aber entsteht die Frage,
darf Kl\temn. als ein Weib überhaupt in dem Adyton
sein? Bekannt ist aus Plut. de ei delph. 2, dass nur
Männer das Orakel befragen durften. Dass es einem
Weibe desshalb nicht gestattet gewesen sein dürfte, im
Adyton zu sein, ist die natürlichste Folge. Was Pausan.
V, 13, 5- ''on dem Tempel zu Olympia sagt dyoi fxsv
öri zr,-; 7i'go9i'aeuii; icciv dvaß>;vui y.ai ira^^evotg
y.ai (öi;avTO)Q yvvai^iv uttu toi'tov de t'; ro dvui-
zdtv) Tov ßüjßOü fAOVOii Hoziv dv8(idatv dveki^siv,
galt nicht dort allein. Im Ion geht Xuthus in das .Ady-
ton, zu dem isQOV TQLTroSu y.ui xonarijoiov, während
der Zeit soll Kreusa dfzcfi ßu)fiuiK 8a(fivi](f6fjovi; Xa-
ftoirjn yXojvac evzfXVorg gehen und ihre Weiber ste-
hen nachher dji(pi y.oijTliÖai dolJ,v)V i^uoöuxojv (511),
um die Rückkehr des Xuthus zu erharren. Die xgijTti-
8ri aber vertreten offenbar die Stelle der -jTQO^l'CIti;.
Nicht gellt sie nachher selbst hin, um den Gatten zu
holen , der alte Pädagog soll hin , so sauer es ihm auch
werden milchte, die Stufen zu ersteigen. Eben weil sie
nicht darf, geht sie nicht in das Adyton, so gern sie
ilarill den Gott zur Rede stellen möchte, so gern sie, nm
den Preis Eucd^ dövcoiv zu sein, sogar auf (iefahr ihres
Todes den Altar verlassen will (13(19), zu >?elchem sie
vor dem Ion geflohen war. Sollte Aeschylus also wohl
gegen die Sitte so Verstössen, dass er in das Adyton hin-
ein die Klytemnestra versetzt? Dem entgeht man, sobald
mau Apollo in das Adyton ziirnckgehen und dann erst'
die Rlyfemnestra auf die Bühne treten lässf. — Wir
fragen drittens, wo .sich wohl ein äbiiliclies Beispiel so
schneller Scenenverwandlniig findet? iMan bedenke,
schon der Anfang bot nicht mehr die Schlussscene der
Choeplioren dar , nun soll' nach v. ()4 eine neue Ver-
wandlung und anderthalb hundert A'erse später noch
eine neue eintreten. Dazu werilen selbst ilie heutigen
Maschinisten mit Recht ein böses (iesicht machen. Wir
möchten es darum mit der einen unzweifelhafteD Ver-
wandlung V. 235 genug sein lassen.
(Bcschluss folgt.)
Zeitschrift
für die
Altei thumswissenschaft.
Mittwoch, 24. JuU
18 39.
Nr. 88.
Commentatio «le fragoediamm Graecarum mciiibris ex
verbis Arisfotelis — de ar(e port. cap. XII. —
rede constidiendis. Scrips. F. A. F. WaUlaestel,
ptorertor.
(Beschluss. )
Eiidlicli »vill es uns nicht in den Sinn, dass Acschy-
lus das Advton anf die Bühne soll gebracht haben, zu
welchem der Zutritt erst durch so mancherlei Formali-
täten crkanft sein wollte. fliusste doch selbst der An-
blick des Tempels «enigstens durch einen Tctkcivov er-
kauft «erden. Euripides hatte oft Gelegenheit im Ion,
das Adyton vorzuführen: würde er, der nicht allein dem
Acschvlns gern etivas absieht, sondern die aus der Sce-
nerie lienorgehenden Effecte seiner ^^orgänger so gern
adoptirt, unterlassen haben, die Gelegenheit zu benutzen,
ifcnn überhaupt schon einmal das Adyton auf der Bühne
dargestellt war? Alle diese Gründe bewegen uns zu der
ausgesprochenen Vorstellung.
Nach dieser Digression, zu deren Ausführlichkeit
uns die Erinnerung an die herrliche Vorlesung des hoch-
gefeierten Lehrers unvermerkt gebracht, kommen wir zu
dem Thcilfi der vorliegenden Abhandlung, welcher vom
Stasimon redet, wollen hierbei aber nur rcferiren. So-
bald die Parodos gefunden, meint Hr. \V., so weiss man
leicht, welche Gedichte Stasima sind: Carmen est a toto
choro cantatum duobus episodiis aut ultimo episodio et
exodo interposituni. Man kennt es an der Form, theils
weil es einen grosseren Umfang zu haben pflegt, theils
weil seine strophischie Composition das bestimmte Gesetz
befolgt, dass auf die Strophe sogleich die Antistrophe
nnd mehrenthcils dazu noch ein epodus kommt. Der
InJialt ist ein zweites Kennzeichen, „ad niodum hjmnorum
stasima sunt sententiarum gravitate insignia, Deornm
heroumve laudcs cfferunt, mortalium bcne facta coUau-
-daut, male facta iuiprobant , ad id variurum mjthoruni
ornamentis tantopere gaudent tantamque habcnt verborum
et cantus sublimitatem, ut Ijricae pocseos fastigium asse-
qui videantur. Wir verzichten darauf, das ünbestihimte
dieser Erklärungen nachzuweisen; die Definition des
Aristoteles ist dabei noch ganz unberücksichtigt gelassen:
zu ihr kommt Hr. Vi. erst spater. Dieselbe heisst be-
kanntlich fiikog yo^oü tu äi/ci< dvaTrcuaxov v.uX t^o-
Xcciov: daraus will Hr. AV. den Hauptnuterschied zwi-
schen Parodos und Stasimon ableiten, der darin bestehen
soll , dass die Parodos a saltante , das Stasimon aber a
staute choro gesungen sei. IlOren wir den Beweis : nomcn
enini quin indc ceperint, quod stando sint cantata, quis
dubitabit, qui hujus vocis origincm, scholiastarum gregeni,
alioruni denique auctorum graviornm de ca re testimonia
inspexerit! Auch hier unterlassen wir es, die Inconse-
qucnz des Verfahrens zu notiren , welche Hr. W. hier,
verglichen mit der Parodos, sich zu Schulden kommen
lasst. Ausser dem Siholion zu Soph. Trach. 1>0Ö. wiril
Hesjchius s. v. orc.ainov und das Etym. Magn. s. v.
71 QOUpölov zum Belege angeführt, nnd diese Zeugnisse
bahnen den AVeg zur Interpretation der Aristotelischen
Definition. Id primum spectanilum, philosophura illo loco
magna brcviloquentia usnm non a minutis rebus stasimi
iiidicium pctcre potuisse, sed a vnlgatis et manifestis.
(AVir bedauern, dass Hr. \V.' so nicht auch bei der Par-
odos angefangen!) — - Quid simplicius , quam ut de me-
trorum vi et natura (/}9£/) cogitemus, cujus majorem alins
non accepit constantiam et nobilitatem auapaesto et tro-
chaeo? Hr. W. erinnert an die Embatericn der Laccdae-
nionier und ßlessenier, die in Anapästen geschrieben
waren *) , und dass in den Tragödien dieser Rhythmus
dem einschreitenden Chore zuerkannt werde, ferner an
den Gebrauch des Trochäus beim Tanze, wie man täg-
lich sehen kOnne : quare id subest Aristofelis verbis,
stasimon esse cnrmen sine incessu et saltatione. Das
soll auch der Inhalt der Stasima beweisen : tantum inest
gravitatis et tranquillitatis , ut nonnisi statario choro con-
veniat. Diess Urtheil wird nachher dahin gemildert, non
immobiles et stipitum instar choreutas in stasimis sfefisse,
sed quo major cantui acceileref gravitas et affectus, varios
adhibuisse corporis et manuum motus. Dagegen meint
er, in paroilo gravi incessu, varia dispnsitione, ordinnni
evolutiune, multiplici corporis agitatione saltatoriam chori
artem excelluisse, und statuirt, semel in quaque tragoedia
saltatum esse, zuweilen aber auch mehreremal, indem
an die Stelle der Stasima dann ein anderes, sowohl der
Form, als dem Inhalte nach dem Stasimon unähnliches
Gedicht trete. Diese Resultate bilden das Wesentliche
dieses Theils der Abhandlung: wie verschiedener Ansicht
wir auch hier sein werden, geht wohl daraus hervor,
dass wir dieselbe Argumentation oben bekämpften. Dass
wir erwarten, die von Odfr. 31üller aufgestellte Ansicht
näher geprüft zu sthen, verhehlen wir nicht; denn wir
können wahrlich nicht glaubea, dass Jemand die Ansicht
*) Vci-i;l. Bacb Calbiuis und Tjrlaeus p. 73.
699
l'alip , Ilormann liabp mit ilpn pa-j. 1?? soiiipr Recpii-
'■iuii ^csiliriebpiicii ^VurtoIl die 31iillci's(lie birklärting
beseili;;t.
Aber «ir iiiüsseii fiirclitcii , bereits zu l;iiii;c Zeit bei
einem A^'erkcheii ver»eilt zu Iiabeii, ilesseii Jiibalt nur
^2 Seiten in 4. in Ansprncli genommen hat Wir bre-
rlien «lessbalb ab, da «ir unsere Absiebt erreii bt zu
lialien IihIIlmi , tbeils <lie lianjits.'lrlilirbstcMi IVesnllate dieser
viellelibt niclit «eit verbreiteten Gele(;eiibcitss(tirift mit-
jetbeilt, ibeils unsere dnrrbans abu eiibenden Ansichten
dargelegt zu Ilaben. flöchte der Hr. Verf. in dieser
/Inzeige Mirlits «eiter seilen, als die Absieht, ein Selierf-
lein zur Auninduiig der Wahrheit in einer streitigen
Sarhe beigetragen zu haben.
C. G. Fii-nlialter.
700
WilüelmsLöhe 1839.
Die rrkunticn in Deniosthenes Rede vom Kranz.
(Fortsetzung aus Nr. 78.)
Das zweite Psephisma hat narh dem schon beleuch-
teten Datnii! die Formel iroKfftfio^ov yvoniT], und zuar
«hne einen «eiteren Antragsteller, so dass von jener
yvvjuij ilas «eitere SeddjftU'l tjj fioi'tJ] y.cu T<i) öi'iiu)
abhängt. Wäre durchaus nichts Verdächtiges an diesem
und den anderen Derrefen, s» würde man die Pflicht
Laben, eine solche Seltsamkeit als ein noch Unerklär-
liches anzuerkennen; aber so viele Attische Inschriften
anch gerettet siiul, es gibt nicht eine, «eiche so maii-
nichfach allen sonstigen leberlieferungen , Formen und
aus dem AVesen der Demokratie gefolgerten Annahmen
widerspräche. Es muss als vollkommene Unmöglichkeit
gelten, dass ein Volksbeschiuss noltuatr/ov yvujinj ge-
fasst Hurde; denn die Erklärung, „[»ileniarchi .-vurtoritate
latum esse ad populum" (Schoemann ile comitiis p. I0;>),
ist nacli Attischen IJegriden, «o diese auctoritas nur der
ßoii/.i], dem ArchoMten nur das Kerbt der üeaiitragiing
zukommen kann, durchaus iiHmiiglich.
Die Anlässe zum Ueschliiss lauten «ieder sehr son-
derbar: irritöl; (])iU7llu,i t/- ufJ.UTolun^-ra (-Jl^ßa.iijl«;
^oug r,/4u; eri/ijuf.LeTai y.cvaojr.oui, nc.oio/.tvurjTai
dt y.ai -Ttaitt z<ft ovoaTei uaxi Tiotii ror^ l'/yinia
T/;; J-vTivr^q nagayiyisird^cy.i t6ttovc\ ■:iaoaf',aivu)v r«;
^(J'>; >;//«? i'Tlaoxoiauc aÜT,r, n-witijy.a;. Als» auch dies*
Decret ist noch vor der Expedition gegen Amphissa, der sich
bereits Athen und Theben gemeinschaftlich widersetzen;
dabei folgt es der Zeit nach dem vorigen üescbluss, in-
dem es bereits heisst T/W; ÖC TtooDii (ttuKIH;). Und
wenn I'hilippos seine alten Verbündeten, die steten Feinde
Athens, die Theb.aner versurht ci; äÜ.UTOtOTljTH ya-
Tuocr.rjiu, wahrend sie sich doch erst Tiac/t' der De-
setzung ron Elateia einander näherten, wenn er sich
tiiätet, ganz nahe an Attika zu kommen (mit einer be-
merklichen Steigerung des Ausdrucks im Verhältniss zu
dem obigen Decret), »o heisst das die mit Athen beste-
henden Vertrage übertreten? Es ist also in denselben
»ohl ausgemacht, dass Philippos weder mit Theben be-
freundet sein, noch sich auf mehr als so und soviel
IMsxsrUc dem Attischen Gebiet nähern soll? Uml wiciler
diese unleidlichen '\'ertra;;e, die trotz des erbetenen und
gewährten Wall'eiislilUtandes (n/^ 'Iva/d^) noch immer
in Kraft sein sollen! — Der Heschluss, auf den ilaiin
angetragen wird, lautet: ÖC!^ÜX'^'<-1 T>/' ßorkrj ya'i zp
dijuo) Tiiii'pui TTQui aÜToi' yjjovy.a y.ai Jipuai'jSi; ,
o't'tivtq a^iuioovat y.ai nnQay.akioovaiv airov noir,-
oacritui T«s üvoyai, oncK ivöeX'>,"i^''^i ö Sijuoq
ßovkivoi^T<a' y.ai yuo iiv-.' oi' yi/.or/e tiovjdsiv iv
orfier/ tujv imroio>v. 15is zum Tliargelion hatte das
erste Decret AVallenstillstand gefordert, am Tage vor dem
fersten) Tliargelion bescbliesst man an Pliilippos von
IVeueiii zu senden, olfenbir um den A'^crtrag zu urnoueii,
obscboii es nur heisst, r«; icvo-/r/c; Troii'iraatlai , ohne
ErHäbnung des .'i.j Tage fnilier beantragten und abge-
schlossenen Waaenstill.-tandes. Der Verfertiger des De-
cretes muss sich den König Philippos sehr nahe bei Athen
gedacht haben, wenn er den Ueschluss zur Fortsetzung
des Vertrages erst an dem Tage, wo derselbe zu Ende
geht, fassen lässt. Philippos steht bis zum S< hlachttage
von Chaironeia jiber drei Tagemärsche weit von Athen ,
und man sollte so verkehrt gewesen sein, durch zu spät«
Zusendung sich der Gefahr, dass iler Krieg ausbräche,
auszusetzen! Alan kann sagen, es wird ja ein Herold
mitgeschickt, also weiss mau, dass die Gesandtschaft nach
Ablauf des Waffenstillstandes die feinillichen Posten be-
rührt; aber ist darum die Verkehrtheit jener ßeschluss-
nahnie geringer? Und nun sehe man auf die ganze Fas-
sung des Antrages; die Athener, welche vor einem hal-
ben Jahre jene glückliche Expedition von Bvzaiiz gemacht,
welche zebntauseitd SoMner ausser ihrem biirgerlicben
Heer zur ^'erfiigiiiig und eine Flotte haben, die stets ill.ike-
donien selbst gefährden kann, diese Athener unter Lei-
tung des Dentostbeiies, Hvperides, Lvkurgos, diese Athener,
die wenigstens die Phrasen der politischen (irüsse stets
zu bewahren gevmsst, sie sollen sich nicht vor sich selbst
und den Helenen gescbäMit haben, solche elend niedrigen,
betlelliaft (lcbeM(len liescblnsse zu fassen, die ein grös-
serer Tridinph für Plii!ip|)os als der vollLoniineMste Sieg,
eine tollkommene, moralische INiederlage für sie selbst
gewesen wären?
Ich will mich nicht darauf einlassen, ob das in deut
Decret vorkoniniende Adverb um ivöeX"/tt'0Ji bereits iit
Deniostlienischer Zeit nachzuweisen ist; jedenfalls ist es
erst seit Polvbiiis geläufig. Anstoss hat dagegen das oii
xt/.oiy.e ß()l^!}itv tv OVÖEvl tutv /istoUov erregt, und
man hat wohl /o; und inji)(:v'i verlangen zu müssen ge-
glaubt. Will denn das Volk u?i/er keiner massigen lie-
dingiliii; atiszieheir? Vielmehr das Volk versagt es sich,
unter massigen ücdingungen iu's Feld zu ziehen. Doch
niederhole ich ein für allemal, dass anstOssige AVortc
und Wendungen nur neben und nach bedeutenderen Ver-
dachtsgründcii gegen diese Urkunden eine Stelle erhalten
dürfen.
Den Schlus» des Decrets bildet die Angabe: 7Jpt9r^-
av i/. Ti;^ fjuukiji ISiuox'i;, ^oiotvoitin', Ilui.vy.(>u-
ng 'EjtUpoovoi; y.ai y.ijoi's Effoiio-; ' IvacfkonTtut;
/. TOV dljfiov. *), Dass dicss wieder ganz unbekannte- Leute
arav
Ttjg
*) Ein Ncarchos, Cliiwigenes Sobn, ist im C'mp Iiiscr. 214.
Soiiiu.-mos luissl «in \Veclisl«r in AUlcn. Lisias .Tgi^ At-
701 TO?
sind, iTrs(rIi( sicli srlion; nlirr «pssli.ilb Hprilpti dir lu'ldcii zoiclinci »rrilon, mpiiii Philijipns als nodiiinniif dos AVaf-
Hläiinrr ans doin Rafli nicht «io die im vorigen licsrliliiss fcnslillstandcs nicht dit! Aiislicfcriinjf der Kpdiicr, wio
llach ihrem Ucnios genannt? oder liiclt es der AVrfasscr Alcxandrns nacli ollenhareni Friedenslirnrh Seitens iler
fiir unpassend, die Hrn. Senatoren so zu bezeichnen, wie Athener, sondern eine- drifu'ct y.ni d 71 od:Ta^/v fordert
der Herold ,,aiis ileni ^dlk' ? — };li-icli als oh er in den inneren ^'erhällnissen eines aii-
Die Atliener liaheii also den Kfriii^ zueimal nm AVaf- tonomen Staates zu •^chieten li.'ittc.
fensfillstand {,'elicten; anf di-n zuoiten Antrajj, indem sie lliern,'iclist foljft die dld/oirili Orßalorz des Phil-
bereits ilirc l'erfeindnnf mit den Thebanern beklag;en , i|>pos, ohne dass^ »vir den Drief rotlinden, auf den "'e-
ist nun der erste Brief des Königs die Antivort. Ich antuortet wird. DIess Schreiben ist in demselben zu-
vieilerliole , dass Demoslhenes , »venn er safft, liye y.itt i ersichtlichen nnd liberninthiffen SiyX »erfasst, den man
Toc (i-n>y.oiiri I :^ nii h(s Anderes, als die Antuortschreiben in den sophistischen .lahrhnndcrten fiir den dem I^Iake-
der Thebaner meint, nnd dass überhaupt con ^'erhand- doiiischen Könige eigenthi'imlichen gel'alten zu haben
Iiing-en, wie sie diese Actenstiicke zeigen, in der AVirk- scheint. Die Annäherung zuisrhen Athen und Theben,
lichkeit nie das Geringste existirt hat. An sich ist iler "ie sie hier von Philippos bezeugt uird, ist, nie ivir
Brief ganz hiibs(fi und charakteristisch geschrieben, und schon öfter gesagt, durchaus apokrvphisch. Blan könnte
der VeifertJger hat sich geuiss nicht uenig darauf ein- sagen, dass allerdings die Aniphissäer zunäihst ans Freiind-
geblldet , dass er den tapferen und mit steten Kriegen Schaft für Theben jenen Antrag gegen Athen (Frühling-
beschäfligten König sein martialisches t^ vjt.oojqoc^'Ij^ 33')) machten, und dass Theben die llerbstviTsaninihing'
schreiben b'isst. Der König erklärt, als «äre er der in den Thermopi len, wo Philippos gewählt »urde, nicht
Gebieter, gegen den man sich aufgelehnt habe: er wisse beschickte (Aischin. <^. 12S), sei ein Zeichen für die
sehr gut, welche Stellung gegen ihn (-jrQuq l'uiai; a'i(jE- beginnende Spannung mit DIakedonieu , zu der Theben
Oir) die Athener von Anfang her. genommen , und uel- durch den Verlust von Mikaia noch mehr Grund hatten
dien Kifer sie aiiMendeton, die Thessalier, Thebaner niau kann ferner jenes ti'tq uvy^ u^r/.dvov oi Ortjdini
nnd Büotier {In ds y.ai ßuiU)T(iL'i) auf ihre Seite zu bei Demosth. ^. \')\^ hinzufügen, in Folge dessen Phil-
ziehen." Zugegeben, dass die Athener in Thessalien ippos die Pelo[>onnesier zur Theilnahnie an denr Am-
Anhang zu gewinnen versucht haben, jedenfalls bleibt phiktvonenkriege aufforderte ; ja , der NotenwechseF zwi-
das in f)li v.(i\ Ijoiu>T()lX sehr seltsam. Seit dem Frie- scheu Athen und Theben, den Demosthenes vorleset»
den des Philokrates war unzweifelhaft Thebens Gen alt b'isst, ist eben ein Zeichen, dass man sich zu näherir
nicht bloss über Orchomenos und Koroneia (Den\. rreul versucht hat. .Aber gerade das Wichtigste, nämlich das»
ligrv. ^. '}\ und nem Trauw^rgtoß. §,. I4l), sundern Theben nach vergeblichen Unterhandlungen mit Athen
über ganz Böotien anerkannt, ihkI wollte Athen mit The- den Frieden mit Philippos erneut, gerade das ist un-
bcn in A'erhältniss treten, so musste es dessen Herrschaft niö;;liih, weil Demosthenes sagt, der König iTZßOi^fiC
in Böotien anerkennen (Aischin. g. 14,.' i/.äiiTov ri'v rorrüiq TOic, Ipijcpicriiaijl y.al d.:i uyglofai kam anil
J]oiO)r/c:v (1.71 aoe'.r ITT (i/)-rjE Or^ßdioi:) und nur in The- bi-setzte Elateia, o'ic ot'd' dv tc ysvonu tri niii7rvH'-
ben die 15öotier repräsentirt finden (Aischin. 1. c. und nöiTCOv i'f.idjv y.ai ti^jv Oi^fidliov (^. I(i8); hätten dir?
^. 14,); woher denn nun also diese Trennung zuisclien Tlubaner, wie der vorliegende Drief meint, ihre Krgeben-
Thebanern und Böotiern, eine Trennung, die erst nach heit bezeugt und den Frieden mit Philippos erneut, so-
der Schbuht von Chaironeia durch Philippos und Alex.iii- hätte er sich auf mehr als die blosse L'nwahrscheinlich-
<lros mit so grossem Erfilg geltend gemacht ufinlen? Phil- koit, dass Theben nnd Athen je wieder in Einklang
ippos fährt fort: ,, da jene Staaten aber verständiger ge- kämen, verlassen können. Schliesslich nill ich hinwei-
wesen und nicht ihre Politik von Athen abhängig zu seil auf ilie Consfruction TTl'l'ildvoiitil , dlCTl , auf den
machen geneigt {^n; ßovlaiihujv) , sondern nur auf Ausdruck ßovl.öusvoi vjid^ Ocyy.aTaivovq jeviffdai
ihren Vorlheil bedacht gewesen seien, so niai litcii die nnd auf das hinzugefügte TO/i; t'o-' «('rwi' (den .Athenern)
Athener nun kehrt und schiikten Gesandte und llerolil, 71 i'.ody.aloriitrou , was nach Ausweis der nächstrorher-
erinnerten an die Verträge und b.aten um AVaßenstillstand, gebenden Actenstücke nichts Anderes \)äre, als der AVaf-
von dem Könige "iloch in Nichts beeinträchtigt. I>er fcnstillstaiid ; und die Athener hatten so grosse Anstren-
Brief schliesst r £yaj f.tevTU/ uy.uvaag zuiv Trofioßn'vujn gnngen gemacht, für denselben die Fürsprache der The-
fTI'yy.aTuridljuui TOiq Ttaony.aKovitevo/Z y.al aro/lidg baner zu gewinnen, deren Entfremdung ja eben nach ileni
ffli/ 'Tzotsicrdo.l TUi d.vo^uq, dvntg rov^ ovy. do9üjc z"eiten Decret der Grund war, dass sie ihn so eifrig-
ovußov}uvuvTa<; iii/v TlagayriiilpavTeü Trj(; iroocr- nachsuchten! —
y.üicniz dTluim; d^/worze. Ich übergehe die hier "-e- >och bleibt uns ans diesem Znsaminenhang von Be-
brauchte Structur avyy.dcc.Tdhjiil'.l (cf. Pl.ito Gori'. pa". gebenheiten ein Actensti'ick zu betrachten, das Psephismr»
Wi c), da ich über diesefbe nicht hinreichend ini Kla- '/''■'>' Demosthenes , das gleich nach der Einnahme von.
len bin. Wohl aber m'is» als sachlich auffallend be- Eiiteia in Antrag gebracht ist ( §. ISt — l87). Wir
' . wollen mit der Chronologie desselben beginnen j das Da-
a/J,r,v he\ Allen WW. p. eil-. Dem. v7i}q 1'onfi. p. 939. tiini des Antrags lautet: i7ll dgy_avr<>i Naraiy/ioiS ■,
Folj-haiea i,eis,t untfr An.lcin .Icr zieJidiGb' vcniirnic (fv}.riTlpi<Tavil'Ova}iz.4ic<.VTidoC^y.t00((O0lii)VU>^iyT-n
oopteist, s. IIoc sc UM- le viu et scrintis n 201 Finnin nn ■ > i' ^ ,, , ' ■ i i » i. ^ i " n '■ i
ist mir .„nst nirl.i h.-llV^^» TiL*^ i4 ' c^ l-^pntlii on ^-,, ^jj,^_ Geben wir den verkehrten Archon einmal
ist niu sonst mehr bekannt. E>iei- [»aine Eiinoiiios ist , ,„ ., ■ ■ it i t> x ■ i. -i.
hinfis, ihn fuhrt dsr Binder des Aisckancs, der Brudar "'""^ Weiteres hin, er soll der Prvt.auieschreiber ge-
«ü»* Aiistogoiton a. A. wcsea seio, (l«r S<-hreibcr der zeliuten und fctitcis. Prj-
703
704
tanic des Jalirrs LTsimacliidcs ; ilas Daiiim lies Rcsi hliis-
ges nsro nach unserer Art iler 16. Juni 338, als» vor
ilcr am 4. Aii|;ust gelieferten Sclilaebt ron Clialroiieia
c<Ha sieben ^Vo<•Ilen roraiis. Wir »ollen ferner alle
nnserc friilierni <hrcinolo^ischcii Besfinininiigen iiocli ein-
mal al> /ni'ifclliaft preisgelien ; wir «ollen, ila gerade
y.a ilii'seni eiLfsclieiilenden Psepliisma und der AValil der
mit Tlielien Biiiidiiiss scliliessendcn Gesandten kein ztiei-
Icr analoger Fall vorgekoniiisen ist, aus dem eine Vcr-
«cclisclung zneier ähnlicher Decretc hätte entstehen
können , diess vorliegende als festen gegebenen Pnnkt
ansebfu und uns von da unbekümmert um die anderen
üeirete die Chronologie zu construiren vcrsncbon. Also
vorn 1( . Juni ist das Decret, Tages nachdem die Nach-
ridit von der Besetzung Elateia's gekommen ist; <lie Ge-
sandten sollen in derselben Ekklesic noch gcuJihlt, am
jS. .liuiL in Thi-ben angekommen sein, wo bereits ein
Coiigress dir verschiedensten Legafionen bei einander ist.^
Die ^'crhandluiigen dauern nach Deniosthenes Darstel-
lung gewiss ein Paar Tage , nehmen w ir an bis zum
ü.j. Jnni; dann ist das Biindniss geschlossen, das Heer
der Atliener voreint sich mit dem der Thebaner und
rückt gegen Purapotanioi , wahrend 10,000 Söldner den
Amphissiern überlassen werden ," die Heere können un-
möglich >or dem ö. Juli ihre Positionen genommen haben;
auch Philippos beginnt nicht die Feindseligkeiten, da er
iioch erst Verstärkungen abiiart(;n muss. Di« erste Ac-
tion ist der Angrifl" auf Amphissa und die Einnahme der
Stadt, was jedenfalls einige Tage kostet, etvia bis zum
10. Juli. Philippos hat im Laufe dieses Krieges Frieden
angeboten, es i.-t für diese Rechnung gleichgültig, wann
wir die Zeit, die er brauchte, ansetzen; da auch in
Athen darüber verhandelt wurde, gingen wenigsfens zehn
Tage damit hin, so dass vor dem 20. Juli die Feind-
seligkeiten nicht «irder erüHiict wurden. Nun siegten
die Verbündeten in der Schlaclit am Flusse , etwa den
21. Juli; dann folgte die winterliche Schlaclit, und wir
wollen annehmen, es hat da in Phokis in Sommers 3Iitte ge-
schneit, wir wollen annehmen, dass die beiden Schlachten
(denn es wurden zirei verscIiiedenelicsvh\üüAC, Frendenopfer
darüber anzustellen) nur 8 Tage aus einander liegen. So
wären wir schon am 29. Juli. ?Jun schickt Pbilijjpog in
hOrhster Notli in den Peloponncs , die Bundesgenossen
aufzurufen; nach zwei so schnell Iiintcr einander ver-
lorenen Schlachten «ird er nicht sogleich «Icder die
Oflen.iive ergrill'en Italien ; dann macht er mit leichtem
Tolk veni üstMide Einfalle in die Büotische Ebene, lockt
die V'erbünileten aus ihrer Position, gewinnt ihnen gegen-
über die Stellung lon Chaironeia , — und das Alles soll
zwi>rlien dem 'J'J. Juli und 4- August abgemacht sein!!
Und die vorgelegte Berechnung ist so wenig lang gezogen,
dass vielmehr jeder nur einigermaassen Unterrichtete sagen
wird, solche Reihe von militärischen Bewegungen, in
denen wenigstens ,SO,000 Combattanten gegen einander
gestanden, könne unmöglich in so kurze Zeit zusamnien-
fedrängt gewesen sein. Da» Datum des vorliegenden
Decretes ist eine Inmöglichkeit , und da kein zweites
Derret von ähnlichem Inhalte in den verwirrten Archiven
Athens cxistiren konnte, ist diese chronolgische Verkehrt-
heit allein schon Beweis genug für die Unechtheit der
Urkunde.
Ich würde noch einen zweiten chronologischen Be-
weiss ausser dem früher Gesagten geltend machen, wenn
derselbe nicht einiges Bedenken hätte. Nach den bei-
den glüiklichen Schlachten und als Philippos sich mit
dringender Bitte um Hülfe an die Pcloponnesier gewandt
hatte, wurden ihm zwei Kränze beantragt von Hyperides
nnd Deniomcles. *) Deniosthenes sagt (§. 223), nachdem
er die Decrcte hat lesen lassen, xairi tu iLjJCfiauCtTa
TU-; o.vra; ai<}jMßai xcu TUi-ra q^uuu ij^£t uttsq
1T0UTEQ0V fitv '.-iQiozuvfxoQ, vvv di Kzi^OKfiov yiyoa-
qtv OL'TUor y.al ravt' yiiay^ivij!; oui idlcuSui' ai'Toi
oi'iTC Tii> yoc/.ipa/J.ei'iij avyxavijyooijfTEv. Also sind
beide Kranze in den Dionysien verkündet, gewiss nicht
in den Dionjsien sieben flioiiate nrich der Niederlage von
Chaironeia, denn da würde Aischines gewiss ebenso gut
wie gegen Ktesiphon klagend aufgetreten sein , sondern
in den Dionysien Ol. HO- 2, im Frühling 338. Daraus
folgt mit der entschiedensten Nothwendigkeit , dass die
Schlacht am Fliisse und die ^»interliche Schlacht vor dem
Elaphebolion Ol. 110. 2, vor dem März 33S geliefert
sind, und dass somit auch von dieser Seite her das Datum
in Deniosthenes Derret unsinnig ist. Doch ich muss mir
zunächst diesen Grund selbst entkräften.-'
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik uud IMiscellen.
Karlsruhe, den 15. Juli 1830. Die dirssj.ibrigc Vci-
sammliiiii; deulsclier Dillologeii und SchuliiKiiincr, wclciic nach
dl ni Kcschliisse der voi];iliiigcn Versammlung zu Miinnhcini
st.TUfindcn soll, wird daselbst Montag den M. .Se|)lciul)cr d. J.
beginnen. Indem der Untcr/eiclinetc zu gcMeiglor zalilreicber
Tlicilualiiue einlädt, bittet er zugleich diejenigen verehrten
Theilnehmcr, welche Vortrage zu hallen gedenken, diese schrift-
lichen Vorträge selbst oder die nähere Ang.ibe ihres Inhaltes
tuul Unjfangcs ihm gefalligst, wo niügiich V(ir dem l. September
d. J. portofrei zukonunen zu lassen. Herr Geliciiuer Hofrath
Nfisslin zu Mannheim wird die Güte haben , Aufträge und
Wünsche, welche sich auf den Ort der Vcrsaniininng und den
dortigen Aufenthalt beziehen, anzunclinien. Im Uebrigcn wird
datiir gesorgt werden , dass alle Herren Theilnclimer sogleich
bei ihrer Ankunft zu Mannheim über alles die Vers.inimlung
BolrefTende auf geeignetem Wege in nähere Kenntniss gesetzt
werden.
Dr. Zell,
grossli. bad. Ministeriahalh, als pew.ihller Vorstand der
dicssjahrigen Versammlung deulsclier Philologen und
Scliulm.'inncr.
■■) Dass dieser Dcmoineles der Paianier ist , leidet wohl kei-
nen Zweifel ; er ist dann der Sohn von Dcmosthenes
Oheim Demon und derselbe, gegen den Dcmosthenes frü-
her Tijau/'urot; Ix TtQovoU«; vor dem Areopag verklagte,
nachdem er sicli selbst, wie Aischines will, die Wunde
beigebracht halte. Aischin. jif^jj 7iv.nu.Tt. J. 93 und daraus
Harp. V. Jluittnivt;. Aischin. yinu Krt]0. §• 51. Suidas
V. /ItjfinnO., wo noch immer /IrjiiaCi'doi; steht. Uebcr die
Verwandtschaft s. Bocckh im Corp. Inscr. JNo. 45*^
Zeitschrift
für die
AI teith II ms wissen Schaft.
Freitag , 26- JnJi
18 39.
Nr. 89.
Die Urkunden in Demosthenes Rede vom Kranz.
(Fo r ts ef z H n jj.)
Demosthenes sagig. 83 in Bezug auf die Angelegenhei-
ten von Eubuia: OTl:(f(f.vu)OuvTU)v ijiuiv if^ie ijli toi'-
TOli TOTS xal yQaipavTOi '.■/(JI.OtovIxov rag aCvu^
öv^Xaßai;, a^nefj ov-voal KT)jai(puJv vrv ysy^acps,
y.al dvaö^ijdiiiTOi iv tcö ^eä-vgo) xor <TT£Cfdvoi> reu
devTSQOv y. ij^ v yfiaro <; iidij /loi tovtov ytyvo-
fi.evov, oix' d.vxuii:i;v AifyfjriiL, TCaouiv v..t.}\. Diess
ist von dem neuesten Herausgeber so verstanden, als wenn
vor dem Antrag des Aristonikos Demosthenes schon ein-
mal gekränzt worden wäre. Aber wir wissen sonst Nichts
davon, nnd Demosthenes würde es gewiss nicht verscliwic-
gen haben; auch mnsste dann wenigstens yeiouEuoi' ge-
lesen werden ; endlich aber will der Redner nebenbei
bemerklich maclien, dass Aischines nicht um der Ge-
setze willen den Ktesiphon verklage, denn sonst würde
er schon Aristonikos Antrag wegen der uncrianbten Vcr-
kündigiing im Theater haben angreifen müssen. So kann
der Sinn ijnr in etwas loser ^Verknüpfung der Sätze, die
aber vollkommen verständlich ist, folgender sein: <la
Aristonikos auf Kränzung für mich genau ebenso wie
jetzt Ktesiphon anträgt und der Kranz im Theater ver-
kündet wurde, und demnach diese Verkündigung der
Kränzung durch Ktesiphon bereits meine zweite ist, so
hat doch Aischines nicht schon jene erste als gesetz-
widrig angegriffen." Ist also das xtjovyf^U , das Ktesi-
phon veranlasst hat, das zweite, so müssen die beiden
«wischenliegcnden Kränze, die Demosthenes nnd llvpe-
rides veranlasst haben , nicht in den Dionysien verkündet
worden sein, weil sonst diess von Ktesiphon beantragte
xr,oi'yfxa das vierte wäre. — So entscheidend diess zu
■ein scheint, so wenig glaublich ist es, wenn man Fol-
gendes erwägt: Demosthenes sagt g. l'JO, wo es sich
über den vufioi zJ/ovvoiay.ug handelt: 7T£gl tov y iv
T(ß dear^io) y.tjouTTSaBat, tu jiti' f^tvQidy.ig fAVQioi";
y.£y.i]ovx9ai ituQaXeinuj y.al ro it oX\dy.i<; c/.v-voi
eO'c£(fav(jja9ai tIqotSqoi' , wo der Znsammenhang for-
dert, dass diess BOTüfpavdia-^ai auch ilie Verkündigung
im Theater in sich schliesst. Wichtiger aber noch ist,
dass an der Stelle, wo von den zwei Kränzungen durch
Hyperidcs und Demomeles gesprochen wird, beide De-
crete gelesen sind, und dann Demosthenes fortfährt,
dass sie juc uvtdt; oi'kkaßdq y.al raÜTu ^i-itava
haben ^ wie Ktesiphon's Decret, und sie von Aischines
doch nicht angefochten sind; es konnte dann die von Ai-
schines in der kurz zuvor gesprochenen Rede so stark
hervorgehobene ^^crkündlgnng in den Dionvsien gewiss
nicht fehlen. In dieser Voraussetzung konnte man das
öei>T£gov xr,oi>yjia aus §. 83 so verstehen, dass, indem
weder Aischines die beiden Kränzunge.n durch Hvperidcs
und Demomeles angeführt, noch Demosthenes bis §. 83
deren erwähnt hat und den Athenern doch nicht zuzn-
muthen war, dass sie alle yi^ovyiiara im Kopfe hatten,
Demosthenes die erst später zu erwähnenden beiden
Kränze vor Ol. 1 10- 2- noch übergeht und vorläufig nur
von den zwei Kränzungen durch Aristonikos nnd Ktesi-
phon Notiz nimmt.
Doch wir geben das Ganze als zweifelhaft hin und
haben es darum auch nicht oben in der Bestimmung der
riironologie erwähnt. Dennoch sind die Kränzungen
durch Demomeles und Hyperides ein Beweis gegen die
Richtigkeit des Datums in Demosthenes Psephisiua, und
zwar in folgender Weise. Wir fanden diess Datum in
Demosthenes Antrag als richtig angenommen , dass die
beiden Schlachten, denen die Kränznng folgte, um den
21. und L'9. Juli geliefert sein mussten ; die Anträge sol-
len den Ereignissen sehr schnell , den 24- Juli und
1. Angust gefolgt sein, nun wurde die Klage a-agavo-
nu)l> vom üiondas eingereicht, es wurde der Process
instrnirt, Diondas verlor — das musste nach Attischer
Weise AVochen, ja, Monate lang währen, nnd schon am
4. August war die entscheidende Niederlage erfolgt.
Diondas, sagt Herr Spengel, wird zivar g. 249 unter
denen genannt, die den Demosthenes nach der Schlacht
angeklagt, nnd so mochte man in der That glauben,
die Bekränzung sei gleichfalls nach jener gefallen. Aber
entweder hat Diondas ihn später wieder angeklagt, oder
Demosthenes, dem doct daran liegt, die Thätigkeit sei-
ner Feinde hervorzuheben, hat das Frühere in spätere
Zeit versetzt, nach einem den alten Rednern nicht un-
gewöhnlichen Knnstgriir {xgovouq ftEraCf.eoin). Wel-
chen Lärm, würde Demosthenes zu seinem grössten Vor-
theil nicht erregen , wäre er nach dem Treffen erst be-
kränzt worden.
So können wir denn mit dem begründetsten Misstrauen
an die weitere Betrachtung des angeblich Deinostheni-
schen Psephisma gehen; und wahrlich Demosthenisch er-
scheint es weder in Form, noch Inhalt. Dass Demo-
sthenes einmal in Beziehung auf die Euboischen Ange-
legenheiten ein sehr langes Psephisma gemacht hat,
707
708
bpzeiifct Aisrliiiips ( y.ara Kvija. g. 100): TavTa S'
t/nuu' f^idojoii> (itayviihai ipijqiotiu Tto ygaufiuxti
ficy.ouTiQov ^isv zijz J/iado^, y.evvirf-Qov i^t: to)v
HiyiDV , ort; i\'u}^s t.tynv y.a\ iui> l^iov, üv ßifii">yf,
1160x6'.' d' ekTtidmi/ Ol'/, ioofjei/ijjv xul axuaroi töu>v
oi^trrors <ri>K/.tyr(JOuivv)V. Aber das vorliegemlp Pse-
phisina, das an Leerheit, Srlitri'ildti^keit , Gedeliiidieit,
Gesclimarklnsigkeit Alles überbietet, entäliiit Aischiiies
in ilerselben Rede gep^eii Ktesiplion iiirbt. Alan niuss
das Geschreibsel diirrhlesen, um sich lou der llnniiig-
lirhkeit zu überzeugen, dass Demosliienes dergleichen
den Athenern bieten konnte. Vorerst ein Vordersatz
mit trriidi] durch drei lange Paragraphen, der ein paar-
mal zu neuen Ilanpts.'itzeu ausartet unil sich dann end-
lich mit dem vierten Paragraphen zu einer Art Ton Aach-
satz mit Atu öeduy.rc.t bequemt. Allerdings hat die
Attische Sprache und namentlich auch Deniosthenes Ana-
knluthe mancher Art, er bildet Vordersitze, ohne zum
Nachsatz zu kommen und derirl.; aber stets nur, nenn
die Bewegllielt der Rede oder sonst ein «ohl erkenn-
barer Grund dergleichen motivirt (so g. I2l)); aber diese
Art von Construction , wie wir sie hier lesen , kann nur
ans dem albernen Kopf eines Schönthuers entsprungen sein,
der immerhin gemeint liabeu mag, den rechten Curial-
stvl oder auch die wahren Eleganzen Deniosthenischer
Leidenschaftlichkeit damit zu erzielen. Nicht minder
verdreht ist der Inhalt, auch er terriith die confuse Ge-
lehrsamkeit und die geschmacklose Phrasenmacherei eines
Spätlings, und es «ird Mühe kosten, alle Albernheiten
im Einzelnen aufzuzählen.
Demostheiies selbst hat den Hauptinhalt seiner Rede,
mit der er diess Psephisina motiiirte, mitgetheilf (g. 174
— 1 7!'). Er forderte (es war gleich, nachdem die Nach-
richt von der Besetzung Elatcia's angekommen war), vor
Allem Sülle man die zu grosse Furcht aufgeben yal Cfo-
ßiiu^ai TTo.VTai i'Ulo &ijfi(ii'i/iv, aodann i S £ f.!} dv t aq
'El e V o iv ati e r o (' ; t v r; / ty.l a y.al r o v q in rr i a t;
deitai -nr/arv i'il'ii arrur.: iiv xui'i urrko/s uiraq,
damit die Thebancr sähen, dass es den Athenern Ernst
sei, und auf iliese AVeise ermufhigt würden; soihuiu
XeiooToin:oai y.ekeüut dey.a ir o ecr ßfic y.ai noii]-
aai znvTUvq yi<oiov<; [itrd rviv OTpari; yuiv
y.al Tov TTote ^ei ßaSICeiv SAeerre y.ai -rijg
et od Oll. Dann, fährt er (ort, müsse die Instruction
von der Art sein, dass sie die Thebaner keineswegs bit-
ten, denn das wäre zur .Schande der .Stadt, sondern nur
ihnen die Hülfe Athens anbieten, wenn sie dieselbe ver-
langten. .Man sieht, d.iss Deniosthenes Psephisma , weit
entfernt von leidenschaftlicher Aufregung, sich in diplo-
matisch vorsichtigen Formen bewegt haben miiss, j.i, dass
sein Inhalt im \Vesenllichen nicht viel über die im Ohi-
gen hervorgehobenen Worte hinausgegangen sein winl.
Damit contra^lirf die breite .Schwatzh.iftigkeit und
Aircrtatioo unseres Decretes denn freilich seltsam genug.
Man nehme nur gleich zu Anfang
iTre/d^ (J)l}.n:in<; i'v ts -riß TfaoeXij'kv^ÖTi y^oih-n)
7taoutiuivu)v (puli/ixat Taq yiytv)]iihu!; avTv," nv'v-
diyy.a; rrooi; tov 'Alh-vaiuiv bijfiov it e gi xi) q
£ /'p /;'»/// s , ii-^e^töujv xoi'i o^xovq xai xa izaua
■naoi rois Ekkijcri v ofn i^o ^leva elvai öi-
y.ai a —
wie weit hergeholt für ein Psephisma, das kein Kriegs-
manifest sein soll, wie lässig und breit und ohne be-
stimmte, scharfe Bezeichnung; amplificationis caussa ad-
jecit, sagt Disscn vou den letzten Worten ; aber was soll
dergleichen Rhetorik in einem Volksbeschiussl
v.u.i TtuKeiii Ti aoaiQiirai oi'dti' ainö ■jTQoqrjy.ov-
cras, iiva^ de y.ai ' .Idi^vmujv oiaa-; ÖuQvaKoi-
X ovq 7C eTioiijy.ev —
Wenigstens ist nagatgeirai etwas stark für y.axaka/x-
ßavti. Auch dogvaXojvovg nenoiljy.ev scheint mir nicht
uliiie Anstoss; nicht als ob der der Poesie freilich geläu-
fige Ausdruck (so bezieht sich die Glosse bei Suid. und
Hesycli. auf Soph. Aj. 211) nicht in der Attischen Prosa
vorkäme, ausser der Anführung aus Isocrat. TiSfA dvxt-
duntu}^ bei dem .Ivrtacviy.ioxijq in Becker Anecd.
p. flu. 21. hat Xenophon ihn sowohl vou einer Stadt
(Cyrop. \'II. .'). 13.), wie von Menschen (Hellen. V. 2. 5);
aber es ist nicht abzusehen, was für Orte, die den Athe-
nern gehörten, seit dem Frieden kriegsgefangen gemacht
sein sollten.
ev x£ xiji nagovxi int ttoKv it g o dye t x^ xe ßia
y.ai xrj u)/wx^^xt —
diess h' Traoorn kann sirli natürlich nur auf den eben
jetzt beginnenden Amphiktvonisrhcn Rrieg beziehen, des-
sen ersle Bewegung, die Besetzung von Elateia, oben
das Decret des Deniosthenes zur Folge hat ; erst danach
überliel ja Pliilippns Amphissa u. s. w. In dem vorlie-
genden Derrct aber geht es etwas bunter her :
y.ai yitg Ekhjvlöag nöketi ag fieu (!!) e^cpgoi-
g o v <; noiei xai cdi; jrokneluq xaxakvei, xtvdi
de xal eiavögaitodiCofAevoi y.aracrxccTrxet, eiq sviac
de xo.i ävTv Ekki'jvu)v ßugßüuovq xaxoixiC,ei eTii
TU iega xal rot"? räcfovq enäyajv —
Alles das sind Dinge, die Philippos wenigstens für den
Augenblick in dem so eben erst beginnenden Amphik-
t)onenkrieg noch nicht gethan hat, und doch heisst es
ev T'/} nauöi'Tl. Es gab in Phokis seit Ol. \0^- 2. keine '
Politien mehr, keine Städte mehr, die hätten verkiiech-
iet und zerstört werden köiineii ; denn die einzige Stallt
Abai, die unzerstört geblieben war (Pansan. X. f.), lag
vorläufig ausser Philippos Bereich, und wenn Tansanias
von den durch den heiligen Krieg verjagten Phokiern
sagt: A^ipiaini yai Otjßatoi orfui ijouv ui y.axäyov-
Tfg, ■Tigivi) ro ev Xaigojieia ot'ußi'w«-' "ixaioiia'E/-
klJOl , so lehrt schon die Vereinigung der Athener und
Thebaner, dass diess erst ««c/i der Besetzung von Elateia
und in Folge der zwei glücklichen Gefechte geschehen
sein kann; auch der Ausdruck e:ii tu. hon y.cu xaffouc
enüyu)V scheint eine Metapher zu enthalten, die nicht
eben passend ist; doch kann das leicht täuschen. Uebri-
gens scheint der '^'erfasser Aeusseruiigen des Deniosthe-
nes, wie Philip]). III. g. 35. im .Sinne gehabt zu haben.
Betrachten wir die Worte des Decretes weiter:
oi'dev ähköxgiov TtotiZv oine rrj; eavrov inzgidoc,
ovte xov xgonov, y.ai ry viv aiiruj -jiagoüoTj ti'XU
709
h. fir/.oov y.al -vuii ri';i;JiTOs yiyoriv dvtXnldTuj.,
fiiyai —
Freilich spoHet DemosiLencs oft genug iilier ilie arni-
•elige, barbarische Heimafh des Philippos, auch spricht er
davon, wie er von geringem Anfang her gross ge«or<len
(so z. E. Philipp. III. §• '2\- oTi^ ^liyaq i'/. fitv.QOV
y.ni TaTTfivoi' ro y.nt üuyuQ iji'^ijTni), so dass «e-
nigsfens der allgemeine Eindruck , den ii.an aus Lesung
des Demoslhenes liber Philippos Charakter geninnt, aller-
dings <|pm hier Bi-zeic hneien zum Grunde liegen mag;
liur wird man gestehen miissen , dass dergleichen überall
nicht leicht in ein Psepliisma , geschweige denn, »eiin
rs einen Zweck hat, wie das von Demosthenes bean-
tragte, viirkomnien kann. — Die .Structur des intldi]
ist ganz vergessen, wenn es weiter heisst :
Kai iuti fih TTÖket^ siöoa TiaQaiooi'fievov ai'jüv
ßaoßdouvi Y.cii idiac, i'Tiekdfjßavtv i'kaTTuv itvai
ü Sijf^wc. ü'-Zdi^ralviV ro tiQ avTuv^n}i]ini('l fioOui
vvv öl ö(jv>v 'E/hjvidai; 7ru}icc, rag utv r/jOiCoiit-
vai, Tug 6t (Uacriü-cüVi ytyvoiiivai, diivov i'yf'-
■rat eJvcu ycu dvätiov ti;? xuiv irQuydvojv Sul;i^i;
To ntQiooäv TOiiq "ElXrpaq xaTa8oi'Xoi<ftivoii;.
Also wieder die factlsch unrichtige Einnahme und Zer-
stürnng von StiiKen in dem noch kaum begonnenen
Krieg! Seltsam genug ist auch lju(jßd.uuv(; Y.vi idia;;
man hat ui>y. /'diag schreiben , man hat mit löia.g die
Städte des Philippos oder auch solche, die barbarisch also
ihm ähnlich sinil (!) oder auch barbarische Städte, die
selbstsfändig sind, verstehen wollen; es können keine
andere sein, als die den Athenern angehörenden Städte,
aber schön und bestimmt ausgedruckt wird man das doch
wohl nicht nennen! Kuu geht es über zu dem eigent-
lichen Beschluss, der seltsam genug anhebt:
8ib dedo/.rai (nicht tSo^e) rij ßov'l.ij ycu rr/j 8r;[.W)
T'ö '.J9iji>afj)v ei'^rtfiivorc y.cct 9vouvTa<; toi<;
itsuiq y.itl i-owoi roiq y.aTe/^ovüi ti]v irokiv y.ai
riv imod-v rv,v '--Oijvaloiv y.al evdvßi^^lvTaz -rrjc,
Tuiv npoyöi'ujv doETVi^, Siori irsol irkeiovoi; s-koi-
ovvTO rhv TtDV ' Ek} vviov ikevdfoiuv ö/a.Timsiv ?;
Tr^v iöiav naTQida —
Auch hier glaube ich deutlich den .Spätling zu erkennen,
der eine Feierlichkeit und Fröminigkcit hineinmischte,
die den Athenern entweder bei Eröü'uung jedes Krieges
üblich war, und dann war die ausführliche Erwähnung
statt der „üblichen Opfer" nicht nötliig, oder sonst nicht
80 beobachtet wurde, und dann war für dieses Ausrücken
nach Eleusis, was zunächst in Rede stand, nicht solche
Weitläufigkeit nöthig, wie sie freilich einem Späteren,
der den Ausgang" iles Krieges bereits w usste , als ctwai
recht Passendes, als eine Art Weihe für den letzten cut-
srheidenilen Kampf sich darstellen mochte ; natürlich
konnte derselbe Phrasenniacher nicht umhin, auch die
schöne Anspielung auf die Salaminische Schlacht mit ein-
zullechten. Ucbrigcns ist es bemerkeuswerth , dass sich
gerade in Beziehung auf diesen Feldzng die Athener
und namentlich Demosthenes nichts weniger, als fromm
gezeigt haben (Aischin. §. 130.), man achtete weder des
710
Todesfalles in den Mysterien, noch der Warnungen der
Pvthia, tioeh der unglücklichen Zeichen (^d^rriav y.ai
i/.y.dkkiiQK^inv uvKuii lojr huoji), und Demosthenes
war aufgeklärt genug zu sagen, die Pvthias philippisire.
— Nach allen solchen Vorbereitungen beschlicsst da8
Volk :
diav.ooiaq vavg yadskyeiv e/'s rr,v dakaxiav xal
Tov vai'(t(jxov dvankiiv tvioq Ilvkdjv, xai tüv
(TXQaTiiyuv yal tuv 'i'jninQjov rctc; nsCag y.ai rag
/Tiar/xä? öi'vdfitii; EkEvoirdöe ii;dyen'.
Wissen wir auch nicht durch sonstige Nachrichten, dass
sich eine Athenische Flotte in den Malischen Meerbusen
begeben habe, so mag man es doch für wahrscheinlich
halten, obschon freilich jene Station keinen Werth hatte,
wenn man ilie Tliermopvien nicht auch zu Lande sperrte,
und diese waren durch den Besitz von Aikaia in Philip-
pos Hand. Jedenfalls sagt Demosthenes in seiner Rede
!^ichts von dieser Seeexpedition , die er doch wahrlich
nicht hätte übergehen können, da die Athener zur See
sich die gewissesten Erfid(;e versprechen konnten. 'Wie.
das auch ist, in keinem Fall werden die Athener jetzt
1.(10 Trieren auszuschicken beschlossen haben, während
sie acht Jaiire früher unter nicht minder dringenden
^'erhaltnissen .'iO für hinreichend hielten, jene Station
zu decken. Und was soll man r.u dem einen Strategen
und dem einen Hipparchen sagen? wissen wir doch, dass
Athen deren zehn und zwei jährlich erwählte, nicht zu
sprechen davon, dass uns Chares, Stratokies, Lysikles
ausdrücklich genannt werden, als in diesen Krieg mit
ausgezogen.
Titiiipai de y.al TTQtoßftc, rrouc tov i dkkovz'Ek) t]vc<.c,
npojTov öi irdiTU)!' ^poc Oijßaioi'i Sia tu eyyv-
■vdvui fhai TOI' (t>ikni7TOv ti;? syeiyviv ywgai;.,
71 a.Qayakttv d' avTOL'i fitjSi-v y.uTaTrkuytvTa^ tuv
0tknt7Tov dvTiyeadai t)|^ iavrujv y.al xr,c. xdiv äk-
kv>v Ekki'vojv i'Afi'.'>fpi'ac.
Diese Aufforderung an die Thebaner ist nicht in dem
Sinne der von Demosthenes §. 178 gesprochenen Worte :
man wolle, wenn sie es wünschten, ihnen helfen, uiq
ty.ilvuiv jiev övTUiv iv to/\- ia^dioig y/vÖivoiq, ijfiuiv
6e duEivov v ixeivoc to (.tikkov n^ouovjusvuyv.
y.al 6t/ 6 'Adrjva.iuiV öijuoc, olöIv /ivtiaty.ay.uii', ti
Ti iioÖtcqov ysyovsv dkkoiQtov raii TTÖkeat ^(>ci<;
d}.kijkac,^ßot;Oijoif y.al dvvdiif<rt ya.ixQt';ltaat
yai ßikeoi yai oTTkoiQ, ti'Öujg, oti avToiQ^ev
npug dkh^kots 6iaftqioßi-zK'i' ■rreoi^ Tjjg r,y£^w-
i/li'c, oiOiv 'EÜvot xatöv, inu dt dtkocfikou
drdQv'nov dgyfcrdut y.al Tr,c vyttwvi'aQ diroartgti-
a^at dvätiol' tlvat yal ti]^ tu)v 'Ekkr;vuiv öu^ljQ
yal Ti'jg Tujv TTooyuioiV aotxr.g.
Das ist gewiss nicht nach einem officiellen Attischen Pse-
pliisma zu bekennen, dass der Kampf um die Hegemonie
zwischen Athen und Theben so etwas Schönes sei; in
solchen Wendungen sieht man den Unterschied der leben-
digen Gegenwärtigkeit und jener summarischen und in
Allgemeinheiten aufgehenden Unlebendigkeit , die den
späten Ursprung bezeugen können. Auch der dkköcfvt.oi
unSguiKOi scheint von demselben Qualiber zu sein.
711
712
Jetzt beginnt «ich das Pscphisma in niytholü;;i3rhe Ge-
lehrsamkeit zu vertiefen.
ert de oi'ös äU.ö-vQtov r;yercai elvai 6 'J&r;vai(ov
^rjio; Tov (')rß(do}v 8i)uov oviE Tfj avyyeveUt ovts
Tip öno(fti II).
Mau apppUirt also an die geschlechtliche und Stammver-
waudfscliaft; nicht bloss dass beide ^'ülker Hellenen sind,
»ondern ein noch näheres Verli.'iltniss wird ^jcKcnd gemacht;
geiviss mit Roclit verstellt Dissen die rjvyylvtia von dem
Boiotischen Ursprung des AHischen Demos der Gephvraer,
und darauf sollte sich das Psephisma des Dcmosthenes
bezogen haben?
x«i 7^0 Toi<; 'HoayXsov; ncuSa; d^orsoovf^s-
'•■_' _ .. 17 -^ _/ -.T, _«^ — ..'.,.^ ^n.
xai TOD Oi't^ixovi' y.ai Toi'i [^iet sy.tirov ey.zsaov-
T«; vxsSe^utis^a y.ai ireoa iroXka i-niv vttÜq-j^el
(fiLärdoojrra y.ai evöo^a nodi Oi^tjaiorg.
In der Tliat, das rauss die Thebaner gewonnen haben!
Es sind das die bei den Sophisten der Kaiserzeit belieb-
ten Wendnngen; man vergleiche Aristides .^liixroiy.og
d p. Ii:i9. IJ p- 6()7 ed. Dind.: r.odip' äe icf oL Ilija-
y.'f.eui'i y.ai tujv 'Hoay./.tuvi 7caiöo)v hiur^ußi; zic....
d-avudCuj de unaji oü /.cd tov OlSirrow 7io(jotd-lj-
y.av v'iC iSiiäiiida. Solche Phrasen will man doch
nicht dem praktisclien und verständigen Demostlienps zu-
trauen? Der alte trefliiche llieronymus Wolf sagt: (juid
si scurra (juUpiaui hoc assuif? Es ist ordentlich Schade,
dass nicht auch der in Theben geborene Gott Dionysos,
den zuerst die Athener anerkannt, hier figurirt. Endlich
der Schluss:
ovfx-
fiayiav y.ai eztyauiav Toir^aaa^ai y.ai öoy.oi'i
Soi'iat y.ai KuIjEiv.
3l3n soll sich denken, dass Athen den Tliebanern , den
y.aruTVvirjTuii y.ai d.raiodi'itoi:, und wie ihre schönen
Pradicate sonst noch bei Demosthenes lauten , Epigamio
angeboten habe, und das in dem Decrct zu Unterhand-
lungen, die Demosthenes mit aller diplomatischen Vor-
sicht und Zurii< khaltuiig zu machen rath, besonders war-
nend , dass man sich nicht zu sehr um ihre Freundschaft
zu bemühen scheine.
In der Ucberzeugnng, eher das Aufl'allende besonders
in den einzelnen Ausdrücken noch nicht genug hervor-
gehoben , als zu Vieles verdächtigt zu haben, glaube ich
diess Decret bei der Verkehrtheit der Form und des
Inhaltes , bei der Obertlachlichkeit und Fehlerhaftigkeit
der historischen Heziehungeu, bei der ganzli(hen Uiipass-
lichkeit der au der Spitze stehenden Datirnng für gänz-
lich unecht und für ein Machwerk später Zeil halten
zu müssen. Nur so ist es begreiflich, wie folgende
Namen als die der Gesandten vermerkt sein können:
Ugsaßeii' zlijituo^ivtjq /IrfiovSevovi Tlaiavtti'i.
'YTctQi8i]i KkedrSgov ^(fr^TTiog. Mvr^oi^eidri; 'Av-
■vKfdrois 0(Jtä^fJtoq. /JljfWy.Qarijq ^uiCfikov (pkvsu^.
Kdk)Miox(>oq 2JioTiiiov Kodvjyidiji.
Es sind nicht zehn, wie Demosthenes vorgeschlagen,
sondern nur fünf Gesandte, und über Demosthenes hin-
aus ist die Gelehrsamkeit des Spatlinges nicht gegangen.
Die Namen sind bunt zusammengewürfelt nnd nicht einer
ist nachweislich richtig. Oder soll man glauben, dass
die Gesandten gen Theben gemeine Leute gewesen sindl
dass mit Demosthenes ein anderer Hyperides ging, als
der bekannte? der aber ist, wie wir aus Plut. X Orat.
p. 372. ed. Reisk. und Suid. v. Photius Bibl. p. 495-
wissen, ein Kolyttäer und zwar der Sohn des Glauklppos
(o/ 8e ni'!}oy.klurg sagt Suidas), wie der Name seines
eigenen Sohnes Glauklppos (bei Athen. XIII. p. 590 und
sonst) bestätigen kann. Einen Hyperides, Kleandros
Sohn, kennen wir sonst nicht, oder hat sich unser Pse-
phismenschreiber den Schauspieler aus Demosthenes Rede
TTQuq Eviiovkidiiv §. 18, der freilich alt genug ist,
hierher genommen? Es hat sich derselbe phantasiereiche
31ann noch einen Hyperides ausgedacht, der ^. 137 als
Zeuge figuriren niuss und ihm einen Vater Kallaischros
gegeben. AVas über die anderen Namen zu bemerken
sein dürfte , mag lieber in einer Note seineu Platz fin-
den. *) —
Ueberblicken wir das bisherige Resultat unserer Un-
tersuchung, so linden ^lir bei jeder der besprochenen
Urkunden mehr als ein Zeichen der Unechtheit ; und
könnte jedes einzelne derselben, für sich betrachtet, für
nicht bedeutend genug gelten, einer alten Ueberlieferung
zu widersprechen, so mnss die Menge der Zwcifelsgründe
desto entschiedener geltend gemacht werden. Zugleich
wird CS sehr natürlich sein, dass man an die Betrach-
tung der weiteren Docnmente mit einigem A'orurtheil
gegen ihre Echtheit geht, obschon wir uns bemühen
Müllen, ohne dasselbe den jedesmaligen Thatbestand mög-
lichst unbefangen zu prüfen.
(Fortsetzung folgt*)
Personal-Chronik und Miscellen.
Berlin. Der bislieiii;« ,^llS^c^Ql■(l. Prof. Dr. Gustav Le-
jcune Diriclilet ist zum ordcnlliclicn Professor der philoso-
phischen Facultat ernannt wonlcn.
*) In unseren Urkunden kommt Demokratcs son Phlj-a auch
als Gc^ari.ltcr (J. 2!l) vor unter den Psciiilogesandten Ol.
108. 2, iin.l er ni.Tg sich seinen V.Ttersi!.inien immerhin
vom Sophokles oder Antijibon erborgt lialien. Das Wei-
tere s. unten. — Mtiesicliiides war einer derDrcissig; der
Gesandte in unserer Urkunde ist wohl tierselbe mit dem
Liigenarclion (§. 155) und es fehlt niclit viel, so figurirt
derselbe Mann in demselben Jahre, als Arcbnn und Ge-
sandter. — Der Name Kallaischros schciiil dem Vcifer-
tiger der Urkunde gcf.illen zu haben; er nennt so auch
den Vater eines Hyperides (5 137); ob er in diesem oder
in jenem den reichen Mann aus der Midiana §. 157 ge-
meint hat, gegen welchen Dcinarchos eine Red eschricb, oder
den alten , den Vater des Kiilias , das weiss ich nicht.
Zeitschrift
für die
AI t er th ums wissen Schaft.
Sonntag 3 28. JuU
18 3 9.
Nr. 90.
Die Urkuiulen in Demoslhencs Rede vom Kranz.
(Forts et zu iig.)
V. Urkunden aus dem Kriege 'von Byzanz
Ol. 1Ü9. 4., tlO. 1.
Wir haben früher gesehen , ilass Philippos die Bc-
Iqgernng von Bvzanz gleich mit dem Anfange von Ol.
1 10. '2. in der Mitte lies Sommers 3 j!t aufgab. Die diesen
Krieg betreffenden Actensti'icke zu besprechen, wollen
wir wieder zunächst, oline sie zu berücksichtigen, den
Verlauf der Begebenheiten betrachten.
Wir können von einer Stelle des Philochoros ans-
gchen, die Dionys. ep. ad Am, 11. bewahrt lial : „Qeo-
CpQacTTOq- £7Ti XOVTOV (PlKlTtlTOi; TU fXHV TtQOJTOV ÜvU-
Ttkevaag nagirdm nQoc,lßakev d-Korviuiv d' £vteu9ev
BvC,dvTiuv iiTol.ioo'xst y.ai fxi]%avr;^a'va Trpo^/Jyfi'."
Dann fährt Dionysios fort: ETCElTa 8lti;E\9u}V oaa zoi^
\t9iivaiocg ö 0ikni7io<; EvExäkEi Std t);c iiTicrzokfii
v.aX Avjf^ioadivovQ, n aoay.akiaavr oc, avTovc. tiquc, xav
Ttoksfxov xae ipijcpicrfj,ara yQÜipavroq exeiqozuvijcts
T1]V jjEV (TTljkrjV y.a9EkElV Tr;V TTEoi T/Jj TT^Oi; ^l'kl^-
Ttov Etgiivtjg X. T. k. Allerdings erzählt Diodoros XVI.
74 — 7(i die Belagerung von Bvzanz noch in dem vor-
hergehenden Jahre des Nikomachos, aber seine Chrono-
logie darf nicht gegen eine Angabe des Philochoros in
Anschlag kommen; wir können mit Bestimmtheit den
Sommer 340 als die Zeit, wo Perinthos belagert worden,
annehmen. Mancherlei Reibungen waren bereits vor-
hergegangen , über flie uns die dritte Philippischc und
die Rede über den Chersones unterrichtet. Es hatte
Diopeithes, der mit Attischen Kolonisten vor dem Jahre
des Pythodotos Ol. 10'). 2. in den Chersones geschickt
war, durch freilich nicht sehr begründete Ansprüclie auf
Besitzantheil in Kardia dem König Philippos Gelegenheit
gegeben , diese wichtige Stadt zu besetzen und so den
Chersones zu bedrohen, de Cherson. §. 58. Philipp. III.
|§. 35. In der Rede über Halonnesus wird erwähnt,
dass sich Philippos zum Schiedsrichter über den Streit
der Kolonisten mit Kardia erboten habe, und sie ist aus
dem Jalir des Pythodotos Ol. lutl- 2; sie enthält noch
keine Erwähnung von dem Angriil des Philippos auf Thra-
cien. AVohl aber steht in derselben bereits von dem Feld-
znge des Philippos nach Ambrakia und Akarnanien (§. 32.
cf. Philipp. III. g. 27. 34. 72.), und dass zur Zeit die-
ses Zuges Pythodotos Archen war, bezeugt Dem. y.ara
'Okvj^iTTtodcüooii §. 24. 20., so dass die Rede über Halon-
nesus wohl in den Winter oder in das Frühjalir Ol. lO'J. 2-
in den Anfang des Jahres 342 fallt. Nun steht in der
Rede vom Chersones §.2, dass Philippos bereits |t
Monate in Thrakien kämpfe ( t;^s" (TTQUiEia^ ijv evde-
/.(i.-vov fa;i>a rovtovi Sv Qoäy.rj noiEirat); damit ver-
gleiche man §. 14. vvvl dvvnitiv ^i-.yakijv ixEh'O^
i/ojv Ev Ogdxy SiavQijjet xcd /uEraTiEi^iTiETai ■nok-
kijv u'jg (paoiv oi nagövTEq, diro MaytSoviac, y.ui
(dEXTo.kiaz,' EOLV ovv ■KEQif.isivaq TOi'Q E-rrijo-lag etvI
Jii'i^dvxLOV Ek9ujp TToklo^xrf X. T. Ä.; die Etesien aber
[(fvkai;aq xovq ixijoiai; j] tuv ^EiKwra Philipp. I.
jS}. 31. bezeichnet die entgegengesetzten Zeiten des Jahres)
wehen um die Zeit des Siriusaufganges. Diese Angabe,
lue Nachricht von neneu Truppensendungen aus Makedo-
nien und Thessalien (im Frühjahr), endlich die Bezeich-
nung des verflossenen Winters (^. 35. 44-) beweist, dass
die Rede vom Chersones etwa in den Mai 341, in die
letzten Monate von Ol. 109. 3. gehört.
Die gewöhnliche Annahme, die bereits von Dionysios
von Halikarnass ausgesprochen ist (ep. ad Ammaeum. IG),
setzt die drille Philippische Rede in dasselbe Archonten-
jahr mit der vom Chersones, aber nach derselben. Doch
leiten die deutlichsten Anzeigen auf die umgekehrte Stel-
lung beider Reden. Während Demostheues in der vom
Chersones §. 2. bereits von 11 Monaten, die der Krieg
dauert, spricht, heisst es in der Philipp. III. vvv Eul
C-jQa.Y.ljv JCo.Qlövxu, was dem Anfange des Krieges doch
wohl näher liegt. Ferner heisst es in dieser dritten Phil-
ippisrhen §. 20. ovbE öoxEi /uoi -nsgl XeqöoviJoov vvv
oy.oTtElv ovÖE Bi'^avxtov, dkk' irta/uvvai neu xov-voic,
y.al öcaxijofjaat fxyj xi Tiddujcn .... ßovkEvoaadai
fitvtot X. r. k., so dass Demosthenes wohl eine Ver-
bindung mit Byzanz zu machen beantragen wird; —
dagegen heisst es in der Rede vom Chersones bereits
g. 14. TTQVJTov /uev oiEOde xovg BvL,avxiovi; (xEveiu
EJii d;; 6.voiac, Ti]g avxij^ iuOtieq vi'v yal ovte -xa-
gaxakeaEiv v^ui ovxe ßoijdEiv avxni(; d^tuioEiv; syoj
fuv oüx oi/^ai, dkkd xal f:i' xiai ^dXkoy äniaxovaLv
i'j tii^tv, y.ai xovxovi Ei(T(f(»ja£o9ai fxdk/.ov t) 'yEivut
TiaoaduioEiv t)";i' -xökiv , woraus man wohl ersieht,
dass nach der dritten Philippischen Rede den ßyzantiern
Bündniss angeboten worden , dass sie aber diess und die
Warnung der Athener noch nicht eben bereitwillig ange-
nommen haben, sondern dem Philippos (wenigstens nach
Demosthenes Darstcllang) nichts Ucbles zutrauen, mit
715
716
dem sie ja noch im Biiudniss afehen (Philipp. III. §. 35-
■/.al viv ettI BvCavTioi'i; -rrooci'erai cri'uudxovq ovraq,
ohne das rerkehrte ^inor, das nicht einmal handschrift-
lich empfohlen ist). Eine nähere Zeitbestimmung ergibt
§. 32, «o es Ton Philippos hcisst: ov TlQüQ Ttp TToKeig
larorv.ivctt rit^roi iilr tu üvSta (diess sind die Py-
thien gleich nach der Zerstörung der Phokischen Städte
Ol. 108- 3-) X'zr avzdi j-ii) nuQrj, tov,; Sovkovq äyuj-
voderijaorru^ 7t£^7tSI; woraus sich ergibt, dass die Rede
nach den Pythien , also nach dem Herbst Ol. 109. 3.
oder 342 gehalten. Dass sie in den Winter gehürea
dürfte, scheint sich aus den Worten §. 50. zu ergeben:
y.c.i (TtüjTCoJ dtooi y.al x^iiiuiva cöi ovdsv SiacptQSi
oi'd' iorh- ujoa Ttg t^aloSTOi ijv Siakei^ei.
Aus diesen Einzelheiten, sowie aus der gesaramten
Fassung beider Reden entnehme ich die bezeichnete
Ütcllung, so dass also in den Sommer 342 der Anfang
des Tlirakischen Krieges, in den AVintcr die dritte Phil-
ippische Rede, in den Frühling 341 die über den Cher-
sonos gehiirt.
Leider sind die Reden, welche die nächstfolgende Ge-
schichte angehen , namentlich die vierte Philippische und
die Rede über den Brief des Philippos unecht, und in Er-
mangelung eines Kriteriums für das geschichtlich AV^ahre,
was ihnen zum Grunde liegen mag, thun wir besser, sie
gänzlich unbeachtet zu lassen. Der Brief des Philippos selbst
wird in der Regel für weniger bedenklich gehalten, ich
finde, dass er nur geschickter gemacht, aber gleichfalls
Ton späterem Ursprung ist; es scheint der Verfasser des-
selben namentlich seinen Thcopompos fleissig benutzt zu
haben, und ich würde den einzelnen Angaben des Briefes
nicht eben misstrauen; doch ist es gerathcuer, auch ihn
für jetzt unbenutzt zu lassen.
So bleibt denn freilich Ol. 109. 4. das Jahr des ISi-
komachos für uns fast ohne alle historische Notiz. In-
desä dürfte sich aus den wenigen sicheren Nachrichten
eine von der üblich gewordenen Darstellung abweichende
Sachlage ergeben. Demosthenes sagt in der Rede für
ovy. ijSskop oiid' int tovtoic; ecfaoav zijv auu/iuxiav
■:rs7ioii-(T9ai }^eyovTli. ä)j]i>ij, ^agdxiofxa ßaköucvog,
7CQUZ xrj 7rfi).£i /.lu ^ajyo.vijuuT iTitGTijaaq k^ot.tÖQ-
V.U. Diese Aufforderung dürfte sehr bald nach der Rede vom
Chersouesan dicB\zantier ergangen sein, doch war Philippos
zunächst noch im innern Thrakien beschäftigt (de Ciicr-
»üu. §. 44- zlooyy'J.üv y.al Ku.ßvt.i]v y.o.i Maoriioav
y.ui a vi'v ituioct y.al y.e'.Tao/.evdQErar), auch Krank-
heit hemmte ihn nicht wenig (g. 3',). Aber mit diesem
Sommer 3H scheint auch ilie Bewältigung der Tliraki-
schen Fürsten volU-ndot worden zu sein nach Diod. XVI.
71, der hinzufügt, ,lic Hellenischen Städte, der Furcht
vor den Thrakinrn frei, hätten sich, dem K(inig sehr be-
reitwillig verbündet, und der Künig an passenden Orten
.Städte in ihrem Lande angelegt; unter diesen namentlich
KabOc, ov :iöoou) ir,z thjv 'Jotiov %(j')oac., wie Ste-
phanns 1. genauer als Strabo die Lage dieser Stadt an-
gibt , s. Wichers ad Theopomp. frg. p. 192. Theopouipos
hat in seinem 47. Buch von Agessos , von Kabyle ge-
sprochen, so dass man die in jener Demosthenischen
Stelle bezeichneten ^Verhältnisse in diesem Buche be-
sprochen voraussetzen darf; aber in demselben Buch war
--/OT^xoi^ von ihm als Gebiet der Byzanticr erwähnt
(Steph. V.), woraus sehr wahrscheinlich ist, dass wenig-
stens noch in demselben Herbst 341 der Krieg mit By-
zanz selbst seinen Anfang genommen hat. OH'enbar ver-
mieden die Byzantier zunächst die Verbindung mit Atlien
wegen des noch nicht vergessenen Bundesgenossenkrieges ;
sie liess lioiTen , verstärkt durch die verbündeten Städte
an der Thrakischen Süd- und Ostküste, AViderstand lei-
sten zu können. Hierauf scheint sich die Angabe Pol-
yaen's (lA''. 2- 21.) zu beziehen: 0iktTt^og iiroktoity.H
ßvQavxluv!; e^ovrag ovy. ökiyijv xdQc <ri<fijidxo)v •
TovToi's d-Koknietv ti)v avmiaxMv exEXviaaTo ne^i-
ihai; avTOfiökovg dyytkkovrag, cJg al -nökei^ avTujv
vTto (Pikimtov -xokiogy.otvTO (PikniTzoq cpa-
VEQoq i]v dia-jTtf^iTTcov fitQij rr;i (rrgaTiäg .... ot
Oi'ififiaxot ravTa ögiovrEq yal dy.ovowsi; cinToki-rrov-
req Bi'CavTiovq ercl rag ainüiv naTQiBaq icrrikkovro.
Es scheint, dass diess nicht die Belagerung von 339 Ol.
110. ). sein kann, denn damals waren die Athener,
Chier, Rliodier, Perser u. s. w. Bundesgenossen von By-
zanz , um! gegen deren Beistand konnte der der beiiacli-
barteu Städte für ganz unbedeutend gelten, wenn die-
selben überhaupt noch von Philippos unbewältigt waren.
AVichtiger ist die, wenn auch unklare, doch ans treu-
licher Quelle stammende Angabe bei Justin (IX. 1.}:
Byzantinm, nobilem et niaritimam urbeni — claiidentcm
sibi portas obsidionc Philippus cinxit .... ,Igitur longa
obsidionis mora exhaustus, pecuniae commercium de pi-
ratica mutuatur. Captis itaque ccntum septuaginta navi-
bus mercibuscjue distractis anlielanteni inopiam paullu-
lum recrcavit. Dcinde ne unius urbis obsidione tantus
exercitus tererctur, profectus cum fortissimis, multas
Chersonensium urbes expngnat; filiumquc Alexandrum,
decem et octo anuos tantum , ad se accessit. Hieraus
ersieht man, dass schon vor dem Plünderungszuge nach
«Icm Chersones Byzanz belagert war, und doch ging nach
Dem. i^nlo KnjO. §. 139. dieser Zug der Kriegserklä-
rung der Athener und der bekannten Belagerung von
Byzanz (339 Ol. HO. 1.) vorher. Die Angabe Justin's
über Alexandres Alter ist fehlerhaft; richtiger sagt Plu-
tarch. (Alex. c. 9.) ^hkl-jnrOv arQareuovTUC illl ßi'-
CavTioi'c r,v filv i/.yaiäsy.ETiji ö 'Jt.ituvÖQOi;, was
ebenfalls die Chronologie des Krieges bestätigen könnte,
wenn es nicht so oberflächlich gesagt wäre. Endlich
gehört eben hicher Frontin. 1. 3- 4. Byzantii adversus
Philippum onine proeliandi discrimen vitantes, omissa
etiam finiiini tutela (das ist eben das oben genannte". -/rrroixoj)
intra muiiitiones oppidi so receperunt, assccnti(jne sunt, ut
Philippus obsidionalis niorae impatiens recederet; bei der
späteren Belagerung war vielmehr das Einrücken der
Attischen Ilülfsmacht unter Phokion das Entscheidende
(Plut. Phor. 14.). — Endlich liekommen aus diesen Zu-
sammenhängen die AVorte in der dritten Philippischen
Rede JJ. 35- i.rl BvC,avTiovi n'0(i£veT(U und in der
vom Chersones §. 06. y.ai viiv i^l ßvCdvrtov na^iüv-
Tos und g. is'. Ti ö' UV d-Jtek^vjv ix OQÜxijg xui
717
718
fjiiSe ■:zQoc,sX9uiv XeÖQOviiörp fujöe Bi'Qavrlio irci
Xaky.ida i'jv.r] V.. r. l..^ — diese Aeusscrur.gen, sage ich,
bekommen trst ihren Sinn, wenn sie, im Winter 34Vi
und im Fnihling 341 gesprochen, wenige x^Ionato und
nicht andcrtliall) oder zwei Jahre später erst v»ahr ge-
worden sind.
Sind diese Combinalionen ridilig, so bekommt aller-
dings der Krieg mit Bvzanz eine sehr andere Gestalt,
als er bei unseren Historikern zu haben pflegt. Begin-
nend mit dem Herbst 341 (bahl nach Anfang des Arclu^n-
ten Nikomachos), halt er sich «ler Hauptsache nach umBy-
zanz, das durch seine überaus günstige Lage ron der Laiul-
seite nur durch ein y^cLqd-/.U)[M gesperrt, von der See-
seite nur dnrcli eine überlegene Seemacht geftihrdet wer-
den kann. Dalicr des Pliilippos Bemühen, Byzanz zu ver-
einzeln; daher seine Yerbinilnug mit Avn Apolloniaten
(Justin. IX. '>•), daher sein mit aller Macht ausgeführter
Angriff auf Perinthos , die mäclitigste unter Byzanz Ver-
bündeten, nnd jene Belagerung, die Diodoros mit so
unverliältnissn);issiger Ausführliclikeit exccrpirt und da-
durch die uuriclitige Ansicht veranlasst hat, als ob sich
der Krieg Anfangs ganz auf Perinthos und von dort erst
nach Bvzanz gewälzt habe. Da sich das grosse Fragment
aus dem Anfang des 4*). Buches des Tbeopompos bei
Athen. IV. p. 1(,(1 und Polyb. VIII. 10 ff. auf die Zügel-
losigkeit in des Philippos Umgebung und seine verschwen-
derische Art mit Gelil zu wirthschaften bezieht (iirfi
sy-AoaTi]^ TToXKojv iyivsTO ;^p;^i(aTwt' ovy. dvaku>OEv
av-va rax^uji, ä'kK ittiiitks y.a'i t^öiiliev), so muss
dergleichen allgemeine Schilderung doch von der Erzäh-
lung eines bestimmten Factnms veranlasst sein; ich glaube
darin die oben aus Justin angeführte Plünderung der 170
Schiffe und das anhelantem inopiam paullnlum recreavit
zu erkennen, und bin der Meinung, dass dieselbe in das
Frühjahr 340 gehört; denn longa obsidionis mora exhau-
stus kann der Konig doch nicht im Herbst 341, wo die
Belagerung von Bvzanz erst anfing, genannt werden.
Wir haben früher bemerkt, dass im öl. Buch des gros-
sen Geschichtwerks von der zweiten Hälfte des Jahres
339 die Rede war; wir fanden das 48. Buch bis zum
beginnenden Krieg mit Bvzanz, Herbst 341, fortgeführt,
aus dem 4!). Buch wird der Namen einer Thrakischeu
Völkerschaft erwähnt; aus dem Anfange des ,50. Buches
haben wir eine Charakteristik des Philippos, die sich der
Erzählung von den Kapereien im Frühjahr 340 ange-
schlossen zu haben scheint. Knu wird aus dem 50. Buche
erwähnt Kaou^ /.rvTior •)[ü)oiov Qoav.rji ( bei Steph.
Byz. V.), offenbar derselbe Ort, den Polyän. (IV. 2. 20.)
R-UQa^ öxi'poi' X'J^ioiov nennt nnd von dem er erzählt,
wie Philippos Trokiüoy.'jjv x.oövu) \iu/.(iiji ihn nicht
habe einnehmen können und sich desshalb mit einer
Kriegslist ungestörten Abzug verschallt habe. Dieser Ort
liegt zwischen Mescmbria und Kallatia , so n"ass man
denken könnte , der König habe ihn auf dem Skjthen-
zuge im 1 orbeigchen angegriffen ; aber da auf diesen
ganzen Zng nach früheren Bestimmungen noch nicht drei
Monate Zeit verwendet worden sind, so ist das unmög-
lich. Ich glaube, dass anch diess Unternehmen gleich-
zeitig mit dem gegen Perinthos und Bjzanz ist und also in
das Jahr des Theophrastos 3^73sj gehört.
Philochoros gab unter dem Archon Thcophrastos, der
mit dem Sommer 340 beginnt, an: iV/ tovtoi) (iJiXm-
noq TU i^iv 7iQU)iuv dvaTcXsvaac, Ileoh'dv) nooQfßa-
}.rv änoTvxujv ö' iVTeiiDei' Bv^dvriov iicof nioycei.
\\ ichtig ist uns die Bezeichnung dvcntXti'aa.i; Philippos
kam von der Seeseite und zwar vom Hellespont herauf,
wovon freilich im Diodoros keine Erwähnung ist. Na-
türlich ist das vor den Etesien , vor dem hohen Sommer
340. Den Hellespont hatten ihm die Byzantier, Rhodier,
Cliier n. s. w. gesperrt; indem er den Verbündeten der
Byzantier ihre gekaperten Schiffe zurückgab, als wolle
er sich durch sie den Frieden mit Byzanz vermitteln
lassen, gewann er bei der Unachtsamkeit der Verbünde-
ten die Einfahrt in den Hellespont, in angustias freti im-
parato hoste evasit (Frontin. 1. 14. 3.). Die Flotte der
Athener wird bei dieser Gelegenheit nicht mitgenannt.
Bereits in der dritten Philippischen Rede g. 71. fordert
Deinosthenes , man solle Gesandte schicken in den Pclo-
ponnes, nach Chios, Rhodos, an den Grusskönig; diess
ist etwa gegen Anfang des Jahres 341 gesprochen; iu
dem Herbst desselben Jahres erfolgte erst der Ausbruch
des Krieges zwischen Byzanz und Pliilippos, und da der
König nach einer bereits sehr erschöpfenden Belagerung
der Stadt eine so grosse Zahl Schifle zu kapern ver-
mochte, scheinen die Seemächte Pihodos, Chios u. s. w.
ihre Flotte noch nicht mit der der Byzantier vereint
zu haben , doch muss ihr Beitritt zur Sache der Byzan-
tier bereits erklärt gewesen &ein, indem sonst des Philippos
Kapereien, die ja auch ihre Kauffahrtei traf, nicht wohl
zu begreifen wäre. AVir fanden bereits, dass Philippos
mit dem Sommer 340 seinen verwüstenden Einfall in den
Cliersoncs macht ; um dieselbe Zeit warf er sich auf
Perinthos; es galt eine Nation für die Flotte in der Pro-
pontis zu gewinnen und die für Byzanz nächste nnd be-
deutendste Bundesstadt zu occupircu. An ihrer Rettung
iialiin, nach Diodoros ausführlicher Darstellung, der
Grosskönig den lebhaftesten Antheil, er liess durch Ar-
sites, den Satrapen am Hellespont, ein Söldnerheer unter
dem Athener Apollodoros zur Unterstützung der gefäludc-
tcn Stadt schicken (Paus. I. 29. 10.), und Byzanz eiit-
blösste sich fast von Vertheidigern und Streitmittelii, jene
Stadt zu retten. Hierauf theilte Pliilippos sein Heer,
wie Diodoros sagt, mit einem plötzlichen Angriff Byzanz
zu überrumpeln; man sieht, er kehrte in die schon ge-
wonnenen Positionen vor Byzanz zurück, er belagerte
wenigstens diese beiden Städte zu gleicher Zeit (Diod.
XVI. 77. Ti'jV noijoqy.iu.v Tuiv nut.iiov).
Es ist sehr übel, dass wir nicht hinlänglich genau
die Zeit und die Art der Theilnahme Athens an diesen
Kriegen zu erkennen vermögen. Jedenfalls forderte Dc-
mosthenes bereits im AVinter 34V„ man solle dem Heere
im Chersones Geld schicken und Diopeifhes auf alle Weise
unterstützen, denn der angeblich noch bestehende Friede
(des Philokrates) sei für Philippos nur ein Vorwand, um
Athen mit desto besserem Erfolge zu bekäm^ifeii (Phii. III.).
In der Rede vom Chersones (Frühling 341) ist bereits
Unterhandlung mit Byzanz versucht worden , aber um-
sonst. Diopeithes hat den Thrakiern Beistand geleistet
und von Athen nicht unterstützt durch Kapereien und
Erpressungen seine Heeresmacht unterhalten müssen.
719
720
Philippoä hat darüber eine sehr ernstliche Note an Athen
o-eschickt und namentlich erklärt, er »erde die Cher-
soiiesitea züchtigen , er fordere Bestrafung des Diopei-
thes, der den Frieden gebrochen habe. DemosJhenes
verlangt von Neuem, man solle Diopeithes unterstützen,
um dem König zu begegnen, solange er noch in Thra-
kien zu thun habe , man solle den Frieden nicht ferner
sich homuien lassen, der sclion längst von dem Könige
gebrochen sei. Deniosthenes sagt in der Rede für Kte-
siphon §. 244: oi'öauov -KiÜTzoTe , otcoi TToeaßtvTi^q
naQo. 0ih':t:iuv TTffeaßtujv , oix iv. öenaXlaq, oiix
tB '-fußoaxi«.;, oi'x ei 'Ikt.vQtuiv , ov iiuqu ruiv
Ooay.cjv r' « <" /- ^ w 1' Ol'/, ex BvLuiTiou x. t. A..;
da Demosthenes Xiclits ron diesen ersten zwei Gesandt-
schaften in der Rede vom Chersoues erwähnt, müssen sie
«ach dem Frühling 341 gemacht sein, und mit dem
Herbst desselben Jahres waren die Thrakischen Fürsten
bereits unterworfen. Ferner sagt Demosthenes ime^
Krrir. §. S7. vom Fhilippos: fiov^oucvoc, tj;; aizo-
rrtauxia; y.üocoi yevecrbai Tiage^-^iov tni Ooax^g
Bi'C,avTiovi avuiiäxovi övra^ avTM to ^ev ttqujtov
j'^lov avuTTol.eueiv rov iiQui vfuäg tioXsuov, w; d'
Ol/. i']9cLov ovS e^t roinoii 'icfaoav xijv avituaxlav
Ti'Xoir.ffdac }JyovT£c uhijd^ij xaoä/.u)ua ßaköuevog
.... irro).l6ijyei. AVenn jemals, so war da Gelegen-
heit, dass sich die Gesandten des Philippos mit Domosthe-
iies in IJyzanz begegneten, und eben dieser Weigerung
der Bvzantier allein konnte der Krieg, der im Herbst
.3-11 seinen Anfang nalim, folgen. Wir haben gesehen,
dass damals uocli nicht sofort eine A'erbindnng zwischen
.Athen und Bvzauz erfolgte, wjiUl aber werden die Athe-
ner dem Chcrsones Unterstützung zugesendet haben
(Dem. i'.Tfo Krija. §. SO. Toui dTtocrvökovi ifX dv-
zai drrecrrtif.a, y.ad'' oi'c Ätö^ovijffog eouj'J)j xdl
JiuZ'/.vriov y.ai Ttdvrei oi Ti'iiitaXoi), indem sonst nicht
abzusehen wäre, warum Philippos nicht nach Bewaltignng
von Thrakien von Kardia aus den Chcrsones orcupirte;
ihn musste eine bedeutende Streitmacht, die dort vereinij>t
war , hindern. Vergebens wurde in Athen durch Python
nnd die Gesandtender Verbündeten des Philippos unterhan-
delt (denn hierher ist Demosth. i'rcto Krijcr. §. 136. zu
zielicn); mit dem nächsten Frühjahr 340 erfolgten die
mehrfach erwähnten Kapereien des Philippos [/.ut ntv Tljv
lioi'-vrv y i/.iho; tf i'Oe rä 7t).oiuKafJdjv Dem. vJieo
Krrry. % 73.), endlich die Kriegserklärung in Folge
jenes Briefes voll Beschwerden, den Philorhoros (apiid Uion.
ad Am. ll.) erwähnt, und an dessen Stelle der gut com-
punirtc, aber nicht authentische Brief, der unter ITenio-
sthenes Reden steht, auf unsere Zeit gekommen ist. Auf
Demostbenes .Anfrag wurde die Säule des Friedens um-
gestürzt, des Friedens, der, nach Dion^is. a. a. O. i,7 rafr»/
XO'i'ot ,,vom Archon Theniisloklcs bis zum Nikomacbos
geilanert hatte und unter \ikomachos Nachfolger Thco-
phrastos aufgehoben wurde." Ist diese Angabc nur eini-
germaassen genau, so muss, da der Frieile des Philo-
kratcs erst gegen Ende des Jahres Thcmistokles (Früh-
ling 34t)) geschlossen worden, die siebenjährige Zeit we-'
nigstens über die ersten Monate des Jahres Theophraston
hinausreichen. Demosthenes §. 139- sagt: i-^etdn (ra-
veQoji );(Si] r« -Kkotu saeoi'Atjro (Frühjahr 340) Äe(j-
^dvtjiTui enoii&eiTO .... oi'xst' ev d/ucfiiTßijrijaiijo)
TU Tcgayiia-c' jjv , dKX' äeoTijxet TTokeitoi /.. r. /.. ;
also die Kriegserklärung erfolgte auch nach dem Plün-
derungszuge durch den Chcrsones, und den fanden wir
oben als dem Sommer 3-10 angehörend, als Philippos von
der schon zu lange währenden Belagerung v<m B^zanz
aufbrach, um dieselbe Zeit, als er sich gegen Perinthos
wandte. So schejnt Alles dafür zu sprechen, dass die
Kriegserklärung Athens etwa mit dem Herbst 340 erfolgte.
Plutarchos (Phoc. 14) sagt: e-m, b'e ueydka Ttti- eKnloi
■jreQivöojv 6 (pikmnioi ei'g '£).Xij.,7covtov i^kde fxeju
TtoioijQ Ti'S övvafieu}^ (diess ist das dva7iheL>aaq de»
Philochoros, im Sommer 340) WC Xs^^övijOüV fr
xavTut xal TIe()iv&ov eiu)v xal BvCävriov , oj()-
f.i>]uevu)v Se'Ai^rjvaiv)v ßui]deTv, oi /icv ^r,Too£^ (ge-
wiss Demosthenes besonders, der stets für Chares war)
■iiyojvla-avTO -rov Xa.Qijic(. azQarijyov dnoorakijva/,
xai TrXei'crag exsivog oi'öep ä^tov -vt-i; övvdfieuii
tTTQaTTev , ovo' ai Tiokeii. eSexovTo xbv otöXov dkk'
imonzoi uiv Ttaaiv BTTkavuro yQijfiaii^ouevoi dno
Tujv avjiuuxuiv xai xaracpoovoi'iiavog vtio tojv tto-
keui'iov. Diess scheint wohl noch in den Spätherbst 340
zu gehören, während die darauf erwähnte Anssendnng
des Phokion mit dem nächsten Frühjahre erfolgt sein
mag. —
(Fortsetzung folgt im nächsten Hefte.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Götlingen. Am 4. Juni geschah auf hiesiger Universität
a\icli in diesem Jahre, wie gewöhnlich, Jie Verthcilung der
Preise an die Sludiienden. Der tlieolosischen Facullät waren
keine Schriften iiherseben , wcssh.ill) die Frage fi'ir das kom-
mende Jahr wieder auf^egclirn wurde. — Um den Prcdigerpieis
hatttn sich drei beworben, von denen jedoch keine des vollen
Preises würdig befunden, jedoch einer derselben der drille
Theil zuerkannt wurde, üei Eröffnung iIcs Zettels fand sich der
Nanip Friedrich Adolph Bicweg am Harze. — Der juristischen
Facullät w.iren zwei Schriften übergeben, zwischen denen der
Preis gleich vertheilt wurde. Die Verfasser sind Wilhelm Ste-
phan aus ßiscbhauscn und Heinrich Wilhelm Kaulen aiu
Meppen. Der niedlcinischen Facultat war zwar nur eine Schrift
eingereicht worden , ilie aber auch ohne Mitbewerber des Pr( i-
ses einstimmig für würdig gehalten wurde. Ihr Verfasser ist
Georg Warnekc aus Neustadt. Der philosophischen Facullät
wurde auch nur eine Schrift übergeben, die jedoch des Preises
nicht würdig befunden wurde.
Berlin. Die Zahl der Studirenden auf der Universität
dahior von Michaelis 18.^6 bis Ostern 1839 betrug 1670 ; da-
von sind abgegangen 508; verblieben 1204. Zu Ostern sind
hinzugekommen 425; also zahlt sie in diesem Semester 1629
Immalrikulirle , und zwar in der thcologischrn Facullät 4'J5
(338 Inländer und 87 Ausländer); in der juristischen 460 (341
Inländer und 119 Ausländer); in der niedicinisclien 362 (2bJ
Inländer und 100 Auslamler) ; in der philosophischen 357 (234
Inländer und 103 Auslander). — Dazu kommen noch Nichtim-
raalrikulirte 399.
Zeitschrift
für die
AI terthums Wissenschaft.
Mittwochs 31. JuU
1839.
Nr. 91.
Erinnerungen an Griechenlanil. Von K. Schiinwillder,
Oberlehrer am K.önigl. Gymnasium zu Brieg. Brieg,
Verlag von Carl Sch.varz. 1838. 270 S. in 8.
Dass Herr Schönwähler in seinen Erinnerungen an
Griechenland den Frcunilen des 41terthuins und des Hel-
lenischen Volks, der alten und der neuen Hellenen,
eine liebe und «illkommene Gabe geboten hat, braucht
ihm hier nicht erst versichert zu werden , es ist diess
das einstimmige Urtheil derer, die über sein Buch sich
ausgesprochen haben. Ebenso wenig kann es auf eine
eigentliche Kritik seines Buches hier abgesehen sein, ein
gesunder ruhiger Beobachter, lässt sich der Verfasser auf
schHankemie Meinungen, gelehrte Diatriben venig ein,
er erzählt, was er sah, und nur hier und da knüpfen
sich Gefühle und Reflexionen, meist die natürlichsten
und einfachsten, die nur ein splitterrichtender Krittler iu
bemäkeln und zu bemängeln sich aufgelegt fühlen könnte,
an das Erzählte an. Nun könnte freilich eben die
Beobachtungsgabe des Verfassers zum Gegenstände einer
prüfenden Untersuchung gemacht werden, und namentlich
da, wo er neue Resultate durch genauere Beobachtung
gewonnen zu haben glaubt, scheint diess Geschäft der
Prüfung der Kritiker seines Buches gar nicht von sich
abweisen zu können. Dessenungeachtet wird von mir
diese Prüfung hier nicht vorgenommen werden. Soviel
ich sehe, gehört das Neue in den AVahrnehmungen des
l'erfassers lediglich dem topographischen Gebiete an ,
hier möge nun der Reisende des Reisenden Wahrneh-
mungen bestätigen oder berichtigen, und sicher wird auch
eine solche Prüfung jetzt, wo Hellas klassischer Boden
dem Deutschen zugänglicher geworden, nicht lange aus-
bleiben,' mir aber sei hier nur ein kurzes Gespräch mit
«lem Verfasser vergönnt, ein Gespräch vor Zeugen, die
uns vielleicht auch in das Interesse mit hineinzuziehen
gelingen wird. Es betreffe diess Gespräch die Ideen,
die der Verfasser, angeregt durch die Anschaunng der
Tempel Atliens, über Religion und Kunst der Alten und
ihr Verhältniss zur christlichen Kunst und Religion frei-
lich nur kurz und mehr andeutend als ausführend, aber
doch mit einer gewissen Sicherheit, ausspricht; mit die-
sen nämlich habe ich mich nicht recht befreunden kön-
nen, und die Klarheit, die sonst der Darstellung des Ver-
fassers eigen ist, scheint hier mehr, als es auch der
flüchtigsten Behandlung so wichtiger Punkte erlaubt sein
uiüchte , vermisst zu werden. Gelänge e» mir nun hier
Manches schärfer zu fassen, genauer zu bestimmen, als
es im vorliegenden Buche sich bestimmt findet, so werden
von einer solchen Ergänzung desselben, — und warum
sollte eine kritische Anzeige nicht auch diess sein wol-
le,,'; — die Leser dieser Blätter wenigstens, glaube ich,
die von Anschauungen und vereinzelten Begriffen 'in be-
sonnenem Fortschreiten zu Ideen sich zu erheben auch
als die Aufgabe der Alterthumswissenschaft betrachten,
nicht wie von etwas Ungehörigem und Ueberflüssigem sich
abwenden. Zunächst nun finden wir auf der 72. Seite
die christliche und die antike Kunst folgendermaasscn
einander gegenübergestellt. „Die christliche Kunst",
heisst es, „hat auch mit Architektur in Basiliken und
Domen angefangen, aber ihr tieferer Gehalt hat sich eine
entsprechendere Form in der Malerei gesucht. Wenn in
den heidnischen Tempeln nur die Aussenseitcn prangen,
in den Statuen das Leben nur auf der Oberfläche ange-
haucht ist, so enthalten die christlichen Kirchen dagegen
bei weniger heiterem Aensscrn eine ergreifende Tiefe
dos Gefühls und die Gemälde lassen durch den Strahl
des Auges, den Zug des Mundes, die Farbe der Wan-
gen in die Seele sehen." Hier möchte nun zuerst der
Verfasser daran zu erinnern sein, dass auch die inneren
Wänile der griechischen Tempel ursprünglich keineswegs
so nackt und kahl ilem Blicke entgegenstarrten, wie
diess jetzt der Fall sein mag, dass auch das Alterthum
der Malerei zur äusseren und inneren Verzierung seiner
Heiligthümer sich zu bedienen keineswegs verschmäht *),
wie ja selbst die Meinung von der gänzlichen Farblosig-
keit der Statuen der antiken Kunst und die darauf ge-
gründeten Theorieen **) nach neueren Entdeckungen haben
aufgegeben werden müssen ; aber abgesehen auch hier-
von, widerlegen nicht die Behauptung, dass in den heid-
nischen Tempeln nur die Aussenseite geprangt habe,
schon eben jene Götterbilder, die in dem Inneren der
Tempel, die ausserdem in der Regel auch noch innere
Säulenreihen schmückten, zum Theil hinter prächtigen
gewebten Vorhängen thronten, eine Athene, ein Zeuf
des Phidias, Werke der erhabensten Kunst, die aber
keineswegs bloss zu künstlerischer, sondern nach ^len
sichersten Zengnissen der Alten selbst auch zu echter
•1 Vergl unter Andern Westcrmann in der Reo. von Pau«.
ed. Scluibart et Walz, in den Jahrb. I". Philol. u. Pädag.
Bd. 25. H. t.
*•) Wie die Solgcr» im Erwin Tb. 2. S. 103 «• dcrgl.
723
724
religiöser Anilacht die gläubig ihnen Nahenden erweck-
ten und stimmten *)? Freilich, wenn es wirklich sich
ganz so verhielte, wie Hr. S. meint, dass in den AVerken
der Skulptur das Leben nnr auf der Oberfläche ange-
haucht «arc, so mochten »lir wolil jene Zeugnisse Lügen
zu strafen und in einer ganz obcrfladilichcu Erregung
nnd Rührung, in einer recht kiililen Stimmung die An-
dächtigen des Alferthums bei dem Besuche der Tempel
uns zu denken uns versucht fühlen. Aber es ist leicht
zu zeigen, dass diess in der Tthat nicht ganz das Ver-
Laltniss ist, in, dem beide Künste wirklich zu einander
stehen, dass die cigenthümliche 3Iacht der bildenden Kunst
namentlich der Verf. nicht erkannt hat. Was meint
JIr. S. damit , wenn er sagt : ,,in den Statuen sei das
Leben nur auf der Oberfläche angehaucht"? Kaum kann
man unter Leben, wenn Kichts zur Erklärung beigefügt
ist, etwas Anderes, als die äussere Lebendigkeit ver-
stehen, nur einen oberflächlichen Schein der Lebendig-
keit vermochte danach die bildende Kunst zu erreichen,
liidess iler Gegensatz ,,nur die 3Ialerei lasse in die Seele
sehen" scheint freilich zu einem anderen Versfändniss
zu führen. Danach nämlich ist es Mangel an Seele, an
innerem geistigen Leben, so scheint es, den Werken der Ver.
der Lullenden Kunst vorwirft. Auch dann aber kann
man die Wahrheit seiner Worte, ohne durch genauere Be-
stimmungen die Behauptung, die in ihnen liegt, wesent-
lich zu modificiren , ilurchaus nicht zugeben, und eine
sorgfältigere Betrachtung beider Künste erscheint sonach
jedenfalls nothwendig, um über ihr Verhälfniss gegen-
einander, das überhaupt noch wenig behandelt Morden
ist, ganz iu's Klare zu kommen. Natürlich machen
übrigens die hier mitgetlieilten Bemerkungen auf das
Lob erschöpfender Vollständigkeit auch keinen Anspruch,
?chou der Ort, wo sie erscheinen, hindert diess. Die
cinilringendste und tiefsinnigste Behandlung des Gegen-
standes ist ohne Zweifel die Hegel'sche, s. dessen Vor-
lesungen über die Aesthetik, herausgegeben von Ilotho,
Bd. 3, y — Ifi, mit der die hier gegebenen Andeutungen
in mehreren Hauptpunkten übereinstimmen, ohne da-
her entnommen zu sein. Beide Künste nun haben das
mit cinaniler gemein, dass sie nur die Gestalt, nur den
äusseren Uniriss des Körpers, nicht den Körper selbst,
dessen innere Organisation , zur Anschauung bringen
noilen. Warum? Weil nur die Gestalt bedeutsam ist,
Geist und Seele nur in ihr unmittelbar sich ausspricht.
In sofern sind beule, wie alle Kunst überhaupt, ideell,
Vergeistigung des Materiellen, nicht das Sinnliche, die
Materie an sich, nur das Geistige, das in ihren Formen
sich ausspricht, hat Bedeutung für sie, eben ilurc h die
Erhebung alles Sinnlichen zum Geistigen erheben sie
sich selbst über gemeine Natnrnachahmung. AVer wollte
langnen , dass die bildende Kunst diess vermöge? Ist im
Laokoon nicht wirklich der ganze Körper Geist, Seele,
vom schmerzlich eingezogenen Unterleib an bis auf das
hohe, auch im dreifachen Todeskampfe noch ni.ijrstatisclio
Haupt? Aber was ist der Geist? nur Gedanke? Dann
S. meine Gesch. iK'r Tbeoric ilcr Kunst bei den Alten,
Th. 2, S. 2H5 und Boltii;cr Andeutungen zu Voitragen
übt:r Archäologie S. 08 und 101.
möchte die Kunst wenigstens diese, die durch ruhende
Alittel wirkt, die selbst den sinnlichsten der Sinne, den
Tastginn, zur Theiluahme an dem Genüsse, den sie
darbietet, einzuladen sich nicht scheut, wohl nur ein
sehr schoaches und ungenügendes Organ zur Darstellung
geistigen Lebens genannt werden und nur etwa die den-
kende Stirn, das kluge Auge, der Ausdruck des Gesicht«
überhaupt als eine sinnliche Oil'enljarung desselben be-
trachtet werilen können , die auch bloss in ihren Umris-
sen nachgebildet, ohne den Reiz der Farben und die
Rundung der Form, schon mit genügender Klarheit ihre
Bedeutung aussprechen würden. Doch der Geist ist mehr,
nicht bloss diess zurückgezogene und von der SinnenwcU
unantastbare, immer als ein Fremdes sich ihr gegenüber-
stellende Seelenleben, er ist auch Wille unil That, wirkt
auf die Sinnenwelt, er ist Emplindung und .Seele, lässt
die Sinnenuelt auf sich wirken. Er ist Wille und That,
eine wirkende Kraft, Veränderungen auch in der Kör-
perwelt hervorzubringen bestimmt; diess aber kann er
unseres Wissens nnr, insoweit er selbst Körper, selbst
blasse wirtl, da nur Masse nnmittelbar auf Masse be-
wegend cintvirken zu können scheint. Diess ist es, wess-
halb die bildende Kunst nicht zwar >*irkliche Körper,
aber doch Formen mit dem .Scheine der . Körperlichkeit
schafTt, die Energie, die Thatkraft des Geistes, wo-
durch er eine 31acht auch im Reiche der Körper wird,
konnte nur so zur Anschauung gebracht werden. AVelie
aber der Kunst, wenn dieser Schein der Körperlichkeit
ihr zum Zwecke an sich wird, wehe der Kunst, wenn
sie bei dem Bestreben, die 3Iacht des Geisfes auch über
die Welt der Körper zu zeigen, die Mittelstufen, die der
Gedanke betreten mnss , um zur Wirkung auf Körper
befähigt zu «erden, die Acte innerer Selbstbestimmung,
die innere That, die der äusseren vorausgeht und ihr
erst Sinn und Bedeutung verleiht, die Stürme der Seele,
welche die stürmende Bewegung des Körpers zur Folge
haben, vorbereiten un<l erklären, mit in den Kreis ihrer
nachahmenden Thätigkeit hineinzuzielien vernachlässigt.
Eine solche träge und geistlose Kunst macht ihres Na-
mens sich gänzlich unwürdig, nur ganz äusserliche Be-
dürfnisse wird sie noch zu befriedigen vermögen, nur
dem rohesteu Geschmack und dem verdorbenen Sinne
etwa als Kitzel der gröbsten Sinnlichkeit gefallen können.
Welche Seite aber des geistigen Lebens ist es nun, die
hiernach diese Kunst vornehmlich wird zur Ansrhanung
zu bringen haben? OITenbar eben die, durch welche der
Geist den Körper zu einer 3Iacht in der Siuncnwelt er-
hebt, das ist das, was die Seele zur That drängt, Wille,
Aflect, Leidenschaft, weit weniger die sanfteren, stilleren,
mehr nach Innen sich zurückziehenden, als nach Aussen
drängenden Regungen der Seele, in denen der Geist
mehr leidend oder nur in sich thäfig, als nach Aussen
hin wirkend und strebend sich darstellt. Ganz anders
die zweite der <lurch ruhende Mittel darstellenden Künste,
die Malerei. Nicht als Masse tritt uns hier der Körper
entgegen, selbslsländig löst sich der Umriss ab von der
Gestalt, an der er haftet, mehr dem Träumen <ler Phan-
tasie, als den festen Gestalten der Wirklichkeit sehen
sie gleich, jene aus Licht und Schatten zart gewobenen
Gebilde, die in leichtem spielenden Leben hier uns um-
725
ganltelii, bal.l mehr, bal.l ininiler nns Kßrpern ahnlirli
erscheinen, je nachdem «ir mehr ihnen nahen o.lor mehr
img entfernen, eben «lamit aber aller Kürperliehkeit al»
blossen Scheines und Sinnentruges nur «imHen ; als ge-
waltige, umHälzcmie fliacht in <lcr Kiirperuelt zu wirken,
wer möchte es ihnen, den IJildern des Scheines, zu-
trauen? Und doch stehen sie uns iiiihcr , laden zu süs-
serer Vertrauliclikeit ein, als jene l.lick - und farblosen
Statuen, die ihre Postamente »volil icrlassen und hindurch-
ichreitcu könnten durch das Gotiinimel des um sie sich
be«egendcn Volkes, aber dicht neben uns gestellt in
aller Fiille der Körperlichkeit blieben sie uns doch fern
und fremd, denn nur «o Blut durdi die Adern rinnt,
die AVangeu durchströmt, wo die Seele im Auge sich
malt, begriisst uns ein dem unseren innerlichst lerwand-
tes, auch für Freude und Schmerz empfängliches Dasein.
(Noch weiter dehnt die Isolirtheit und Abgeschlossen-
heit der blicklosen Statue Solger aus, indem er sogar
alle Verbindung mehrerer Personen unter einander die bil-
dende Kunst, wenigstens die, welche Bildwerke mit voll-
kommener Rundung schafft, meiden lieisst, s. Erwin
Th. '2, S. U)4, aber diese Norm lässt sich ans dem Ver-
fahren der Alten wenigstens — man denke an die Sta-
tuengruppen der Giebelfelder ihrer Tempel — durchaus
nicht entiiehnien). Die Statue nun kann zwar durch die
Züge des Gesichts, ilurch Haltung und Gebehrde die
Vorstellung tiefer Enipiindung in uns erregen , aber von
deren Wirklichkeit uns zu überzeugen vermag sie an
sich selbst wenigstens nicht, so wenig wie der Leich-
nam, der, bleich und starr, das Auge geschlossen, die
niiene und den Ausdruck des Lebenden in den fllomen-
ten des Sterbens noch lange bewahrt. Gerade ebenso
also verhält sich die bildende Kunst zur Ulalerei in Be-
trefl der Fähigkeit als Seele, als Empfindung den Geist,
der durch den Korper zu uns spricht, zur Anschauung
zu bringen, wie diese zu jener als die Thatkraft des
Geistes offenbarende Kunst; eine Vorstellung nämlich
von der Thatkraft des Geistes, wie sie unmittelbar am
eigenen Körper oder mittels de» Körpers auch nach
Aussen wirkend sich zeigt, kann allerdings auch die
Malerei erwecken , aber in lebendiger Naclialiniuiig uns
wirklich vor Augen zu stellen, kämpfende Alliletcu, den
mit den Schlangen ringenden Laokoon, das vermag sie
ebenso wenig, wie den täuschenden Schein zart einpfin-
«Icnden Lebens zu erzeugen, die bildende Kunst. Wo-
lter nun das unbestreitbare Uebergew iclit der bildenden
Kunst über die Malerei vornelimlich im Kultus in <ten
besten Zeiten des griechischen Alferthums, das Ueber-
gcwicht dieser über jene in der christlichen Kirche?
Worin besteht das Antliropomorphische, Antropopathische
in der Religion des AKertliums ? Nicht darin, dass sie
die Götter Freude und Leid, zumal geistige Freude und
geistiges Leid , die meist aus demselben Quell bei dem
3ienschcn hervorsprudeln und eins durch das andere be-
dingt sind, mit den Menschen theilend sich dachten, —
nur seltenere Mvtlien deuten auf solche ^'orstellungen, denn
es sind ja die seligen, die leicht dahinlebenden Götter,
von denen die Dichter singen, — aber innerlich den
Sterblichen fremd , wandeln, wirken und handeln sie
doch mitten unter ihnen , auch mit ihnen zu schmausen
726
verschmähen sie nicht, ja zuweilen werden sie allerdings
auch in die Leiden der Sterblichen mit hineingerissen,
aber meist nur flüchtige Augenblicke dauert der Schmerz,
denn schnell vcrgisst im Schosse der Mutter die von der
Lanze des Diomedes nur geritzte Venus den leichten
Schmerz, und Ares, der verwundet schrie, wie l(l,()()0,
sitzt im nächsten IMoiiiente schon wieder geheilt von Paieon
seines nie zu benerkenden Kuliines sich freuend bei den
Olympiern. Blutlos, von leiclit daliinrieselndeii Säften
die Adern erfüllt, wissen die Götter auch von den tiefe-
ren Enipfindiiiigeii, den schwereren Leiden der Sterblichen
wenig, und auf die herbe Zankscene zwischen Zeus und
Ilere folgt unmiltelbar das unauslöschliche Gelächter der
Götter über den gutmütliigen Friedensstifter llepliästos ,
in das ancli sie, ilie eben noch so gewaltig Ergrimmten,
schnell besänftigt einstiinmen. Nun stehen freilich die
Götterbilder der Kunst eines Pliidias, eines Pi]|_\klet
in der That höher, als die des Homer, der Idee des
Götter- und Menschenvaters näherte sich des Künstlers
Olympischer Zeus offenbar weit mehr, als der iles Dich-
ters, auch fehlte, wie schon früher angedeutet, der Reiz
der Farbe den hehren Gestalten, welche diese Künstler
schufen, keineswegs ganz, und mildere, traulichere Ge-
fühle mochten allerdings noch im freundlichen Lichte der
wechselnden Farben strahlend die Werke der alten Kunst
erwecken, als jetzt bei uns; aber fllarht , Ilolieit und
Siegesgewalt waren doch immer in den besten Zeiten der
Kunst die Hauptideen, ilie durch erhabene Götterbilder
zur Anschauniig gebracht werden sollten, und die tiefsten,
die innigsten Empfitiduiigen der Seele, die nur der Blick
des Auges verräth , fanden in ihnen, den äugen- oder
auch bei eingesetzten Augensternen, *) doch blicklosen,
keinen Ausdruck. Um ihrer Macht und Hoheit, ihrer
Würde und Majestät, ihrer plnsisclien und geistigen
Vollkommenheiten willen und als Geber des Guten icr-
clirte der fromme Grieche seine Götter und in sofern
konnte er mit wahrer Andacht, mit der Andacht Stau-
nen, der Bewunderung gerührter Dankbarkeit, ihren
Bildern nahen; zu sittlichen Idealen aber b. biete er sich
sie nie auch nur mit einiger Bestimmtheit aus und in das
Herz der Gottheit wagte er keinen , oder nur hier und
da einen verstohlenen Blick. Das Herz Gottes hat erst
das Christenthum den Menschen enthüllt und in Christo
schlug ein göttlichmenschliches Herz. Darum ist die
Sciilpfur die vorherrschend heidnische, die Malerei die
vorherrschend christliche Kunst. Jene die heidnische,
weil sie den Körper als Masse zur Aiisclianung bringt,
denn auch wo ruhende, in keiner äusseren Thätigkeit
begriffene, keinen Affect verrathende Götlergestalten zu
bilden sind, ist es doch immer die Macht der Gottheit,
ihre Macht über ilie Natur, die gesammte sinnliche AVeit,
die der heidnische Glaube vor Allem offenbart wissen
will, von Macht und Gewalt aber vermag nun einmal
von den im Räume darstellenden 31itteln nur die gedie-
gene Masse zum Körper geformt, eine lebendige Vurstel-
Inn" zu erwecken; ferner ist es hier, wo feste, enlschie-
den dem Gesetze der Schwere gehorchende Massen hin-
gestellt werden, natürlich die Erde, die als die wahre
*) Vgl. Bölticer Andeulimsen zu \orliagen iibcr Uic .Archäo-
logie S, 87.
727 728
Heimaih der Götter und der Menschen gilt, wieder eine Kirchen. Das »ahre Vorhältniss ist also dipss, dass die
cchtgriechisclie Vorstelliiiig; diese die christlidie , weil niateriali»(ische Vorstellung der vorchristlichen Zeit, dass
nur sie durch das 3Iediuni des Lichts das innere verhör- Gott an hestininiten Orten im Rannie wohne, der reineren,
gcno Leuchten der Seele selbst in seinem Wieilerer- dass er als Geist nur Geistern wahrhaft gegenwärtig sei,
S( heinen im Lichtstrahle des Auges sinnlich darzustellen diesen aher überall, wenn sie nur achten auf das Wehen
»ermag, eben diess aber das Erschliessen der Tiefen seines Hauches, in Folge der OlFenbarnngen, die uns "-e-
jcnes giittiiclimenschlirhen Eini>lindens, die hOchste Aufgabe worden, hat weichen müssen. Aber anderseits hat doch
für die christliche Kunst ist, »eil ferner nur sie ilie auch dem Heldcnthume Hr. S. sein Recht zu wenig an-
Körperlichlieit nicht als Walirheit, sondern nur aN einen gedeihen lassen. Diese finstere üngeselligkeit der Götter,
trügenden, vergänglichen Schein behandelt, weil durch die er ferner noch mit den ^Vorten bezeichnet „hier
tauschende Darstellung fliegender, schwebender, den Grä- steckt der Gott allein in der finsteren Cella, unbencidens-
bern entsteigender, himuielaristrcbeniler (iestalten iler For- werth , da er in seiner Herrlichkeit allein ist; draussen
derung des Cliristenthums, das nicht die Erde, sondern beim Volk unter den I\larmorhallen und ilem blauen Hirn-
den Himmel als ilie wahre Heimath des 3Iensc!ien ange- mclsgewölbe ist es weit ergötzlicher und heiterer", ist
sehen wissen will und diesen Glauben zu erwecken , zu mehr eine Phantasie des Verfs., als wirklich im Glauben
beleben und zu stärken auch von der Kunst verlangt, der heidnischen Welt begrünilet. Freilich ist die Cella in
sie allein vollkommen Genüge zu leisten vermag. Doch den Tempeln der Alten meist verhAltnissmässig klein, aber
genug und vielleicht schon zu viel über eine flüchtige dass nur die Priester hier Zutritt gehabt hätten, nicht
AeDsserung des Verfs., mit der ich mich, wie schon ge- das Volk, gilt nur von einzelnen Tempeln, keineswegs
sagt, nicht einmal in olTcnbarem Widerspruche befinde, durchweg, wie schon der Gebrauch des Küssens der Göt-
die nur durch ihre Unbestimmtheit zu genauerer Erwä- terbildcr dem Verf. genügend zeigen konnte. Auch trug
gung des Gegenstandes reizte. Ganz ähnlich aber ver- man ja die Götterbilder — die, welche in den Tempeln
halt es sich mit einer anderen, nahe ^'erwandtes beruh- hausten, was ja auch keineswegs bei allen der Fall war, —
renden Aeusserung des Verfs. auf der 64. Seite. Auch oft genug aus ihrer Cella heraus, die alten Holzbilder
hier kann ich dem Reize einer schärferen Beleuchtung wenigstens, sie zu baden, zu kleiden, zu putzen; so ana-
iles von ihm nur mit flürlitigem Auge üeberblickteii nicht chorctisch also, wie es sich Hr. S. zu denken scheint,
« iil^rstehen. ,.^^ ie klein sind diese Hciligthümer im Ver- war ihr Leben doch wohl nicht. Und mit der Dunkel-
gleiche zu unseren Kirchen, ruft Hr. S. beim Anblicke heit der Cella mochte es hei Hvpäthren, zumal mit ge-
des Theseums (das übrigens nicht bei I3 Säulen Länge, öffneter Thüre, doch auch nicht so viel anf sich haben.
7 Säulen Breite, sondern nur (i hat und haben kann) Diess 31itleiil mit den heidnischen Göttern ihrer Absper-
iiicht eben sehr begeistert für die Herrlichkeit griechi- rung von dem lebendigen Verkehr der Menschen wegen
scher Kunst aus, und es sind Wohnungen nur für die erscheint daher ziemlich tibel angebracht ; oder sollen wir
Götter, zu denen nur der Priester hingeht, ilas ^'olk uns am Ende gar die Athene im Parthenon mit neidischen
bleibt aussen unter freiem Himmel. Im Christenthum Blicken hinaufschielend denken zu den Göttern am Friese
ist die Religion innerlich ge»vordeii und Gott hat die desselben, die, während sie einsam im verschlossenen
Gemeinde zu sich hinein in den Tempel genommen und Tempel prangt, nachlassig bequem unter den Massen ihrer
sich ihr oflenbart, lügt er erklärend, diese Beschränktheit Verehrer sitzend , den Geuuss des Anschauens der
des Raumes motivireiid, hinzu. Aber es ist eine schiefe Festlust , die sie, die Schutzgöttin der Stadt, zu ehren
Ansicht, <|pn Gott der Clirislen auf gleiche AVeise in der bestimmt ist, für sich in Beschlag nehmen 1 Nicht in die-
Kirche (nicht <iem Temjiel, solche kennt das Christen- sein Sinne also, sundern nur in dem tieferen, auf den
thum nicht) sich wohnend zu denken, wie die Grierheu ich früher hindeutete, weil die tieferen Seelenschmerzen
in ihren Tempeln, wie schon der jVame derselben, laö^, und damit auch überhaupt alle tiefere Empfindungen der
bczenn^t, ihre Götter wohnend sich dachten. Die christ- Sterblichen ihnen fremd sind, können die Götter der
liehen Kirchen siiiil Versanimlungsliäuser der Gemeinden, Alten einsam und unbencidenswerth genannt werden.
Wichts weiter, nicht Gott hat hier die Gemeinde in sein Doch nun genug. Nur noch hinweisen will ich auf die
Haus genominen, sondern in seinem Herzen bringt ein Abschnitte S. 47 — H'2-, «lie Beschreibung Athens, 227 —
jeder göttliches Leben mit in ilas an sich wohl auf Gott 232 über die Elemente der Bevölkerung des jetzigen
deutende, aber nicht UoH in sich schliesscnde Haus, und Griechenlands, wo mit guten Gründen deren inniger Zu-
iiur mächtiger entzündet sich die Andacht, kräftiger wir- gammeiihang mit den ältesten Bewohnern des Landes gegen
ket der heilige Geist in den (iemüthem der Gl.uibigen bekannte entgegengesetzte Annahmen dargethan wird, und
da, wo sie vereint als einen von göttlichem Lebensh.iiiche 232 — 241 über die Sprache der gegenwärtigen Griechen,
durchströmten Körper sich fühlen im Hause der Andacht, als auf die , die für den Philologen und .Alterthumsfor-
aber nicht in der Kirche, sondern in ilen Seelen der scher das meiste Interesse haben, worauf ich mit der
Gläubigen ist Gott v/irklich gegenwärtig, woiiiit Gott. Versicherung schliesse, dass er an dem Genüsse, den ihm
.Sh finilet diiMi auch selbst nidit einuial ein äiissrrlicher seine Reise nach Griechenland freilich nur um den Preis
Zusammeiiliaiig zuisdien dem heidnischen Tempel und mancher Entsagungen und Leiden bereitet hat, auch An-
der christlichen Kirche statt, denn nicht umgestaltete dcre, soweit es möglich war, hat Anthcil nehmen lassen.
Tempel, sondern Basiliken waren hckauutlich unsere ersten £■ Müller.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms Wissenschaft
Freitai^j 2. August
1839.
Nr. 92.
Ueber Herrn Welcker's neueste Ausfölle
Gottfried Hermami.
Herrn F. G. VVelc-kcr's Gelehrsamkeit vcrlireitef sich
eo sehr über alle Theile des mythischen AKcrfhiims der
Griechen, dass man nicht leicht irgend etwas davon bc-
rVihren kann, ohne ihm zu begegnen. Ua diess in dem
Kreise meiner Studien li<Uifig der Fall ist, bin ich oft
veranlasst gewesen, wo meine Ansicht mit der scinigen
nicht übereinstimmte, mich gegen ihn zu erkl/iren. Diess
hat ihn in eine so gereizte Stimmung versetzt, dass er
überall in mir nur seinen Gegner zu sehen glaubt. Auch
seine neueste Schrift, die Griechischen Tragödien mit
Rücksicht auf den epischen Cyclus geordnet, enthält da-
von denkwürdige Beweise. Ich glaube es ihm und mir
schuldig zu sein, darüber etwas zu sagen: ihm, weil
ihm die Art zu streiten und der Ton, dessen er sich
bedient, nur nachtheilig sein kann; mir, weil mir diese
Art lind dieser Ton allzuwidrig zu werden anfängt. Aller-
dings sind Hr. AVeIcker und ich in vierfacher Bezieliung
so zu sagen geborne Antipoden. Erstens gestehe ich
ohne Neid Hrn. AV. eine weit schöpferischere Phantasie
zu, als ich besitze; zweitens pflegt er nach einer Logik
zu schliesseii, nach welcher zu schliessen mir, der ich
an eine andere Logik gewöhnt bin, unmöglich ist; drit-
tens besitzt er eine von der meinigen gänzlich verschie-
dene, mir nicht bekannte Gräcität; viertens endlich scheint
auch seine Gemüthsart der meinigen ziemlich entgegen-
gesetzt zu sein, indem ich jeden Tadel mit völliger Ruhe
aufnehme, Hr. W. sich aber erzürnt, wenn JeniamI seine
Behauptungen ungegründet findet. Seiner Phantasie
schreibe ich es zu, dass er sich von mir, den er nicht
persönlich kennt, ein so gefährliclics Bild eines Feindes
gemacht hat, dass er in dem genannten Buche S. 47
mich in der ganz kalt und ruhig geschriebenen Abhand-
lung de Prometheo soluto „geliarnischt und in blindem
Kampfmuth, mit allen Waffen der verneinenden Kritik,
der Paradoxie und der Sophistik vergeblich anstürmen"'
sieht. AVir werden daher wohl immer verschiedenes
Sinnes bleiben: indessen ist es doch nicht gut, sich von
Leidenschaft fortreisscn zu lassen.
Ich will nun einige der Ausfälle, welche Hrn. W.'s
neueste Schrift enthält, beleuchten, woraus sich hinläng-
liche Beispiele sowohl von der Phantasie, als von der
Logik, von der Gräcität, und dem Tone Hrn. W.'s er-
geben werden.
Hr. W. hatte in der Trilogie S. 430 f. eine Trilogie
ans den Schützinnen (Toi:üTld6g) , «elches Stück auch
Pentliesilea geheissen habe, der Psycliostasie und den
Nereiden zusaniniengetetzt. Diese Nereiden sollten von
einem gleichnamigen Stücke in einer anderen Trilogie
ver-schieden gewesen sein. Dass diess ganz unglaublich
sei, hatte ich in der Abhandlung de Psychoslasia be-
merkt, und ich meine darin auf allgemeine Zustimmung
rechnen zu dürfen; ingleichen hatte ich gezeigt, dass
die To^UT/di:^ gar niclit in diese Trilogie gehölten.
Von diesem letzten Punkte hat sich Hr. W. jetzt allerdings
S. 49 überzeugt, aber, worin man schwerlich seine Nei-
gung mir zu widersprechen verkennen kann, aus dem
Grunde, weil nach Hrn. Droysen's Bemerkungen eins
der Fragmente die Jagd des Aktäon angehe, und zugleich
noch einige andere auf die Aktäonssage bezügliche Frag-
mente ohne diesen Titel angcfülirt werden: in welchem
Ziisammcuhange diese Bemerkung mehr Gewicht habe,
als wenn ich S. 4 de Aeschyli Psychostasia das Fragment
aus Bekker's Anecd. p. 3.31 anführe: denn der Gram-
matiker sage nur Aioxif^o-; iv To^OTiOL im \ly.iaiu)-
vo^, und in jeder seiner Tragödien hätte der Dichter,
wenn er wollte, von Aktäon sprechen können.
Obgleich die Sache nur eine Kleinigkeit ist, so finde
ich doch hier zwei Schlüsse, die ich nach meiner Logik
für falsch erklären innss. Erstens da das Fragment in
Bekker's Anecd. so lautet:
or Tiuj Tii \ty.ra.iü)v' a9)]ooq i'^^equ
y.evov , -Tcovov nXoiTovvT, tTreinper ii So/ioi%'
wird schwerlich Jemand glauben können, dass es in einer
anderen Tragödie gestanden haben könnte, als iu wel-
cher Aktäon selbst auftrat; dagegen diess weit eher von
den zwei anderen ohne Namen des Stückes angeführten
Fragmenten gelten dürfte, deren eins der Vers ist:
y.l'ueg 8n]iiäi}inov ävöoa Scrr-ro-rJjv,
das andere aber bloss die Namen der Hunde des Aktäon
enthält, die, wenn Jemand vermuthen wollte, die Fabel
des Aktäon wäre in dem Chorgcsange eines anderen Stü-
ckes berührt worden, gar wohl dort Platz linden könn-
ten. Zweitens konnte ich nach meiner Logik <liese bei-
den Fragmente nicht anführen, da sie Nichts beweisen
konnten, und sie anzuführen nur unnütze Weitschweihg-
keit gewesen wäre, sondern ich niusste mich auf jenes
731
732
Disiirlion aus «leni Bekker'sclien Grammatiker beziehen,
ila aus diesem allei» erliellf, ilass ilie TuiOTiÖec dio
Fabel tles Aktäun eiilbicid'ii. rol';lirli hat Hrn. Droy-
sen's HemerkuiiiT iliinliaiis kein grösseres Gewicht, als
die iiifiiiige, da alles Gewiiiit e'u\/.\g in dem Zeugnisse
des Bekkersiheii Gramiiialikers liegt.
Eine andere Art ron Logik, die <ler mcinigeu entn-egenge-
setzt i!>t, besteht in 3Iac'htsj)ri'i('hen und in ästhetischen Aus-
sprüchen. Beide sind bloss Schlnsssätze, die ersteren ohne
Pr.liiiissen, denen daher ilie zu einem festen Sclilnsse nöthigeu
Tlioile fehlen: die anderen mit ästhetischen, nicht logischen
Prämissen, aus denen daher bloss ein Belieben, nicht eiu
Krkennrn henorgcht. Beitles zeigt sich S. .-j.T. ,yTreS
conlinualae mortes Antilochi ^ Memnoiiis , Achillis , bloss
als solche, sind keine tragische Trilogle." Ich hatte
S. 6 de Psi/c/ioaln$ia geschrieben : Si tarnen nli(juid in
re incerta suspicuri licet, non inepte opiiKir coniiciemus,
quae apiid Arctinum continuatae erant mortes Antilochi,
Memnonis, Achillis , eas etiam in Aesclujli tiibus tiagne-
diis deincejis esse tractalits. Da ein Tod immer den an-
dern nach sich zog, und es mithin nicht an einem inne-
ren Zusammenhange fehlt, in «eichen Hr. W. iloch
»ohl ilas ^Vesen der Trilogie setzt, so ist entweder der
Schlusssa(z falsch, dass diese drei Tode keine tragische
Trilogle sind, oder, «enn Hr. W. durch den Znsatz
„als solche" erst selbst den inneren Znsammenhang auf-
hob, um dann seinen Schlusssatz machen zu können,
kann man mit gleichem Rechte sagen, der fliord des
Agamemnon als solcher, die Todtnng der Khtämnestra
als solche, das Gericht über den üicstes als solches sind
keine tragische Trilogie.
Ebendaselbst: ,,Uass Memnon zuerst als Sieger glänzt ,
und in .Schrecken setzt, und Achilleus durch ihn im In-
nersten verletzt und zur Rache gereizt " ird , ehe er
über ihn siegt, um dann selbst zu erliegen, gibt der
Trilogie eine andere Gestalt, Idee und Charakter; die
Einheit ist stärker und bindender." Diess ist ein ästhe-
tischer Schluss, den man auch so a-jsdrücken kann: iveil
es mir so besser gefällt, so war es so. üb diess über-
zeugend sei, wird sich Jedermann selbst beant» orten
können.
Ebendaselbst ivird von mir gesagt: „Jetzt nimmt er,
mit mir, den Tod des Achilleus als Endstück an; —
meint aber, der Titel sei unbekannt. Die Nereiden
hatte er iiainli<h, ebenfalls mit mir, unterdessen mit den
Mvrmidonen verbunden , wo er das bedeutendste Fragment
derselben ebenso misäierstämllich , als kühn emeiiilirt;
lind unglaublich scheint es ihm, dass Aeschylus denselben
Chor zweimal gebraucht habe (worin ich anderer 1Iei-
iiiiiig bin), noch unglaublicher darum, weil Aesclivlus,
wenn er die Tragödie nach dem die Leiche betrauernden
Chore nennen wollte, sie Winsen genannt hätte: quiindo
Musae in taljula Tliacu solae , iipud Arctinum atilem
consociatne cum Kereidibus Achillem lugent, in ijiio
Arctinu* fide/ur ultimum Odijsseae lihrum v. :)>\. sei/iiu-
tus esse. ü.iss die späte tabula Iliaca , in ihrer tic-
srliräiikung, die Alusen allein ausdrückt, wie es übrigens
auch Pindar thut (\. WV. .j;.), daraus folgt nicht, dass
Homer, der die Nereiden voranstellt und nach dem Tode
des Patroklos die Nereiden, nicht die .Uusen, zum Tröste
Her Trauernden herbeieilen lässt", (hier muss etwas feh-
len) „und dass Arktinos den IMusen die erste Stelle in
dem Traiierchore zugedacht haben müsse: Aeschylus aber
miissfe nodiwendig die Nereiden vorziehen »regen der
Verwandtschaft 'mit Achilleus und weil Thetis auftrat,
wie wir mit Bestimmtheit annehmen, wenn gleich es von
Hermann verkannt wird."
liier befremdet zuerst der Ausspruch fibcr die Emcn-
datioii in den Nereiden, der nicht nur gar nicht zur
Sa« he gehört, sondern, da keine Gründe angeführt sind ,
bloss als ein iMachtsprnch , und zwar in einer Sphäre er-
scheint, in welcher Hrn. AV.'s Conipetenz sehr zweifel-
haft ist. Zweitens ist es eine unrichtige Angabe, es
schiene mir unglaublich, dass Aeschjlus denselben Chor
zweimal gebraucht hä(te. Ich will nicht glauben, dass
Hr. AV. geflissentlich dieseir Ausdruck gewählt habe, um
die Uiiglanbllclikeit seiner Annahme zu verdecken: denn
ich habe S. 4 de Psychostasin ausdrüvklich nur das un-
glaublich gefunden, dass Aeschjlus, wie Hr. W. annimmt,
zwei verschiedene Tragödien unter dem Titel Nereiden
geschrieben habe. Desshalb sagte ich, er würde (natür-
lich, »venu er in der andern dieser Tragödien ebenfalls
die Nereiden eingeführt hatte) dieser Tragödie den Na-
men die Aluseii gegeben haben, da Homer und Arktinns
auch die IMusen den Nereiden zugesellen, und die tabula
Iliaca gar die Hlusen ganz allein nennt.
S. 31). „Hr. Hermann führt p. 10 die Stelle des Pol-
lux an: o.Tio dh tov deoku'/ilor , uvtu.; rni-ij n;;'
oy.ijn-v, iv iipei inKfaivovvat deol, w^ o Zi:vc xal
Ol Ti£(jl aiTOf iv 'l'u^ooTUoln, und bemerkt dabei:
Qui hnec vera esse non credit , Welckerus , in terram
de coelo descendisse deos pulet necesse est. Hoc vero
viirum est atrjue incredibile , cnehim et quae in coelo
inter deos ageiida erant, et npud llomerum, qui ea
praeivit , in coeli) agebantur , in terram et media inter
hominum negotia delrudi. Ich sagte S. 412. „ ,,ln der
Höhe über di'r Bühne von dem Götlergerüst (,'>£0.' »y£/o>')
erschienen Zeus, der Allerliöchste , die Seelen der bei-
den Streifer — wägend und auf beiden Seiten neben
den Wagsclialeii , hier Thetis, dort Eos, bitteiul jeile für
ihren Sohn."" ^Venn es witzig ist, aus solchen Erdich-
tungen solche Folgerungen abzuleiten, so geziemt der
Art Witz wenigstens der Aeschvlischen Kritik nicht sehr."
Nicht Witz wollte ich niachen, sondern ich glaubte
einen ganz richtigen S<hliiss zu machen, indem ich in
der gleich von Hrn. \\ . in dem Folgenden selbst ange-
führten Stelle die Worte ,,dass die (iöttinnen in der
Höhe gesprochen hätten, glaube ich nicht", so nahm,
dass die (jiödiiinen wohl unfeii auf dei Sceiie, nicht aber
oben auf <lein Theologeion s|irechen dürften. Denn ich
war nicht berechtigt anzunehmen, was, wie ich iiiiii sehe,
doch geschehen ist, dass das „in der Hohe" ganz un-
nützer Weise hinzugefügt worilen ist.
S. iT. ,,[cli sagte ferner S. 4 i4 : „ ,,dass die Göt-
tin in der Höhe gesprochen hätten, glaube ich nicht,
Zeus schon aus Erhabenheit nicht; ihre bittende Geberde
erfüllte ganz den Zweck. Plut.irch's Ausdruck, dass die
Göttinnen bittend üebcn den Wagschalen gestanden, wo-
für Polliix sagt i.cirpulru 'Tuf, kann ihr Sprechen nicht
bciieisen."" Man kann glatt Geberden Worte , ganze
733
734
Reden rernintheii. Ilr. Hermann aber sa»f: Quae porro
memorat Welckerus, fiitenr ine non salis intelligcie. —
Mutasne adstarc censuit'i Ita videtiir , qitia v/isoriim
picturns compiiral. Qitas iilii, credu , ijuam necessario
mulas, tarn pocuiii vucalcin esse exislimul/uiit. Soll man
auf solche Possen crHiKlern"?
Ob es ansf.'iiKliif sei, ilas Possen zu nennen, wenn
man es seltsam linilet, <lass bei dem Aesiluliis unten auf
«1er Sceue die Helden AVorte »ediseln, k.'inipfou , und
der eine fallt, da doch zuerst Sophokles einen 31ord auf
der Scene, und auch das sehr behutsam, dargestellt hat,
oben aber die Gcittinnon bloss in bittender Geberde, bei
der man, «ie jetzt hinzugefii{;t «ird, AVorte und ganze
Reden vermnthen soll, zu sehen sind, n\ithiu die Ilanpt-
sarhc zur Nebensarhc , die Nebensache 2ur Hauptsache
gemacht iiird, bloss «eil Jemand sich dieees alles phan-
tasirt: bleibt dem Urtheil der Leser überlassen. Uebri-
gens ist diese Art zu sprechen ein sehr leichtes und be-
quemes Blittel, Einivürfe nicht sowohl zu widerlegen, als
sich ihnen zu entziehen.
Ebendaselbst: ,,ünd im VorherEfelienden : Nam ße-
tores et piclores ßguris, poetae verbis loquuntur: utros-
que rideiemus , si allerorum arte polius quam sua com-
mocere se animos hominum posse sperareiit, AVer sollte
nach diesem tiefsinnigen Unterricht über A'erh.'iltniss und
Gränzünie der dramatischen Actiou und der bildenden
Kunst, Heichen der Hr. AVrf. mir crtheilt, erwarten,
dass er es dennoch der x^Iühc wertli halteii «ürde, alle
Fon mir erwähnten Bildwerke in seine Darstellung hin-
nberzuziehen"?
Was Hr. W. tiefsinnigen Unterricht zu nennen be-
liebt, war doch eben nicht unnothig, da es deu Sinn
hatte, dass die Darstellung des Wagens der Seelen auf
den A'^asen unverständlich ist, wenn nicht entweder die
TVamen dabei stehen, oder auf dem unteren Felde der
Kampf derer, deren Seelen gewogen werden, abgebildet
ist, für die Tragcidie aber die Darstellung des Kacnj)fes
nicht gehört, als welcher nach den Regeln der Griechi-
schen Tragödie von eiiieui Buten geschildert werden muss,
die Reden der Göttinnen aber, die für das Leben ihrer
Söhne bitten, vernehmen zu lassen, das eigeutliche Ge-
schäft des tragischen Dichters ist. Eben clesswegen war
es auch nölliig, die Bildwerke zu eru.'ihnen, indem
Hr. AA'. gerade dadurch, dass sich auf ihnen auch der Kampf
der Helden selbst findet, veranlasst zu sein schien, die-
sen Kampf auch in der Tragödie auf der Bühne gegen
alle Gewohnheit dargestellt anzunehmen.
S. 37. „G. Hermann de Aeschyli tragoediis fallt
Aiacis et Teucii cumplexis I'j'm'S- lu den\ ersten Drama
waren nach . Hermann Weder die Troischeu Jungfrauen
Schiedsrichter, nach der kleinen llias — was sich vcm
selbst vorsteht, da diese Dichtung scherzhaft ist — noch
die Troischeu Gefangenen, nach Arktincis; sondern die
Nereiden, wegen des Scholiou zu den Acharnern 848
(ö83): ö on'xoi; Ütto öoänaToq Aio-ivkov 'Onkotv
xpla-Eojq eTrtyeyoaiiitsrov, ev m tniv.akttiat xu.z Nr-
petSag Tis ii:£k!ioi'rrag y.otvai , nooq Tijv Qeitv
kiyojv •
öenrtoiva Triirry.ovTa Ni]urj8v)v yoonv.
Diess aber ist unmöglich, darum, weil der Spruch gegen
Ajas ausfiel, den Freund und A''erwandten des Achilleus,
und weil er ungerecht war, sich also darum für Götter
nicht schickt."
Erstens habe ich nicht unbedingt die Nereiden als
Richterinnen angenommen, sondern gesagt: iudices ille ,
si scholiastae Arisloplianis fides est, Nereides esse vo-
luit. Zweitens dürfte Hr. AV. zu rasch von Unmöglich-
keit gesprochen haben. Denn was den ersteren seiner
(iiiinde anlangt, so war von den drei möglichen Fallen,
ob nach dem Erbrecht oder nach einem andern Princip
entschieden werden solle; ob Ajax oder Ulysses sich mehr
um den Achilles verdient gemacht habe; ob Ajax oder
Ui>sscs überhaupt Gewichtigeres für sich anführen könne,
ivohl der letzte Fall der, den die Tragödie aufnahm.
Es war daher wahrscheinlich die Freuiidscliaft und A'er-
«aiidtschaft des Ajax auch in Anschlag gebracht worden,
jedoch nur als ein zu andern noch hinzukommendes Mo-
ment, indem, wenn nach dem Erbrecht der A'erwandt-
schaft hätte geurtheilt «erden sollen, Ajax als der nächste
Aearicie ohne alles Gericht die AVafT'.'n würde erhalten
Ilaben. A'ermnthlich beruht" daher die Entscheidnng
auf der bekannten Frage, welcher von beiden Helden
sich am verdientesten um den Achilles gemacht hätte.
Nun hatten zwar die Nereiden , wenn sie die Srhieds-
ric bterinnen waren, allerdings der Thetis wegen einen
Grund, nicht gegen den Aeaciden zuerkennen: unmöglich
aber war es dennoch nicht, dass sie die Richterinnen
waren (ja es wird sich diess weiter unten als höchst
wahrscheinlich ergeben) , mithin auch dass sie dem Ajax
die AA'affen absprachen, da wir nicht wissen, wie der
Dichter den Streit dargestellt hat, nnd wie er überhaupt
von Ajax und Ulysses dachte. Denn er konnte ja deu
Ulysses, den er sehr hoch stellt, wenn aus der einzigen
Stelle, wo er ihn erwähnt, Agam. Sl,5. Well, etwas ge-
schlossen werden kann, als wirklich der AVafFen würdiger,
den jei aller Tapferkeit aber den Göttern trotzenden
Ajax als uiinder verdient oder gar tadelnswerth sehlldcrn,
so dass selbst die der Thetis verwandten Göttinnen gegen
ihn für den Ulysses sprechen mussten. Diess würde nun
auch Hrn. AV.'s zweiten Grund aufheben, wenn dieser
überhaupt au sich haltbar wäre. Denn weder lässt sich
von den Griechischen Göttern sagen, dass Ungerechtig-
keit sich für sie nicht schicke (wie hätte sonst Aeschy-
lus einen Prometheus schreiben können?), noch darf
man behaupten, dass der Urtheilssprurh ungerecht war,
weil er dem Ajax so scheinen musste , und daher von
ihm auch bei dem Sophokles so dargestellt wird.
AVeiter: „Ajas konnte entweder nach dem Gericht
im Unmuth ausrufen, möge Thetis, die am unfehlbarsten
wissen nuisste,'ob die Leiche ihres Sohnes und die von
ihr verliehenen AValfen eigentlich von ihm oder von
Ocivsscus gerettet seien, erscheinen mit ihren Nereiden
uiici durch ihren göttlichen Mund den falschen Spruch
der Sterblichen aufheben; oder er konnte auch, da er
der langen Rede des Ulysses wahrscheinlich nur wenige
gewichtpolle AVorte entgegensetzte, Gott zum Zeugen
nehmen, dass sein Anspruch gerecht sei, die Thetis
also, als die unter den Göttern, welcher hier zu zeugen
zustand, aufrufen, dass sie selber durch ihren Ausspruch
entscheide : in beiden Fällen drückt sich das stärkste
735 63G
üfHUSstsein tles Rechts und ziislcioli ilie Unfähigkeit >arh «lern Homer ist Thctis als Agonothet aufge-
(liirrh Uo.lekunst tlie Srhciiijji lin.le ilcs Gegners zu be- treten:
aiQo-en aus." , &iy.aCu^UVOi Tlaqa rijvalv
"llrn. W.'s schaffon.le Phantasie nimmt hier zuerst Tivx'.0(V dfiff' ■Jx'krj,^- e»,jhE öl^ ^OTVia ^l'pijQ.
al» ausgemacht .an ilass der ^'ers hei dem Scholiasten Nach Ilrn. AV. fallt sie iveg Hegen willkürlich angeiiom-
(le-; Aristophanes fon dem Ajax gesprochen worden; so- uiener Deutung des A'erses Lei dem Scholiasten iles Ari-
dann stellt er in dieser Ueberzeugiing der von mir aus stophanes , und mithin «erden auch die neuen l'^erse hei
den unziiei(leu(i''en AVorteu des Schuliasfen aligeleitefen dem Plat» in das Endstück zur Psvchostasie gesetzt. l>Ian
■\'ernni(hun"- zwei sehr un\>ahrsclieinliche IMügliclikeitcu hat nun die Wahl, «elcheni Autor man den Vorzug geben
eut-fcen. Denn hatte Ajax nach dem Gericht die The- «ill, ilem Homer oder Herrn Weicker.
lis angerulen, mit den Nereiden zu erscheinen und den (Beschluss folgt.)
Richterspruch aufzuheben, so väre diess etwas sehr \cT-
rebliches genesen und hätte «ohl gar, da die Thetis
doch nicht erschienen ».'ire, liicherlich werden können; P e TS O n a 1- C h T Oll ik U U cl MisCclleU.
hätte er aber vor dem Gericht oder in dem Gericht sie ^ i-, n /- j i- r i «.• i .• .o.,-
" » Guilitz. Dis Gymnasinni dabier erfuhr zu Michaelis 1837
angerufen, mit den Nereiden Recht zu sprechen , so eine sehr bedeutende Ve.ande.ong. Bestand es bis dahin au»
dürfte vollends gar nicht zu zweifeln sein, dass eine solche 5 Cl.isscii. oder genau gcnoniineii aus 6, denn Prima zerfiel in
Anrufung, die keinen Erfolg gehabt hätte, iu's Komische Ober- iiml Unterjirima , und hülle es ungelalir 'Z, Schiller,
"•efallen wäre. Aeschylus pflegte, wie er selbst bezeugt welche die hdlierc wissenschal'llicbo Bahu nicht lietieten, son-
hat, vornehmlich den Homer vor Augen zu haben. Da dein eMiicn andern Beruf erwählen wollten, so bestellt es seitdem
, , ,, „, -v-T r I,' 'PI f II i r aus 4Ll.issen, welche die Iriiiicrcn 3 olierstcn ausniaclien, über-
nun «ach dem Homer Odvss. XI. 54b. Thetis .selbst die ,,,,^ p^,__^^_ Unterprima, nun Sce.inJa, Secunda , nun
WafTeii als Preis des Wettstreifes zwischen dem Ajax Terlia, und Tertia, nun Quaita, und ist nur für solche bestimmt,
und Ulysses ausgesetzt hat, so ist doch wohl als das welche die Hocbscluile bcziclicn wollen. Die vorige Quarta und
Sicherste das anzunehmen, was mit dem Scholiou zum Quinta sind der seit Michaelis 1837 in's Leben gelretcncn holie-
Aristophanes vollkommen übereinstimmt, dass auch bei reu li.Mgeischule überwiesen worden Die Scluiloizahl , zu Mi-
j .11 Ti i- II j ,1 • I. ...;* ;!,..,... x„,»; cbaelis 1837. 204, betrug zn Ostern 183S. 126, und zu Ostern
dem .Aesch^lus Ihetis selbst, zugleicli mit uiren Nerei- _. • 1 1 1, i\- 1 1 ■ r 1 1 •. 1 1 „1
' " .... 1839. /4, wird aucli aller W alirsclieinhchkeil nach noch mehr
den, über den Wettstreit gerichtet habe, und mithin f^Hen , weil bei der alten liinrichtiing von ungefähr 300 Scbü-
dem Ulysses die Waffen mit gerechtem Richterspruch lem gcwulinlich der fünfte Tlieil sludirte, also 60. Ordentliche
zuerkannt worden sind. Das sind .Schlüsse aus klaren Lehrer, deren Gehalte nunmehr fi\irt worden, z.ihlt das Gyin-
Zeugnissen. Oh solche Schlüsse oder die Vermuthuugen, na,inin 6. Sic sind: der Königl. Prüf, und Rector Dr. Gotllicb
1 1 ir -w .. „■ . I>l.,..(„.;. »....«..^f !..,♦ ,r..:\„ Anton, Ordinarius für Prima, der Conrector Dr. Ernst Emil
welclie Hr. »V. aus eigener rliaiitasie erzeugt liat, i^ros- _. n ,■ ■ c- c 1 1 /->i i 1 r, t 1 a „
, , - ,," , I 1- 1 1 -.1 1 , 11 Struve, Ordinarius fur secunda^ der Oberlehrer Dr. Joli, Aug.
seren Anspruch auf \A ahrscheinlichkcit haben, überlasse Rasier, Ordinarius für Quarta, der Oberlehrer Joseph Theodor
ich der Entscheidung der Leser. Hertcl, Lehrer der MatUeinalik und Plijsik, und wohl der erste
Weiler- Ob der \e\( seine schiedsrichterlichen kutliul. Glaubens an dem erst nach der Deformation gcsliftelen
Nereiden .als Chor, die »reideii also dennoch zum an- .Gy".'"^^'"" ' '^'I ^^"),'\'" K^'' ^^ii'''";'.'" /Vj,».'^ V O^'''"",'"'
, , ^, ', , , • 1 ^ ^- 1. f"'' Icrtia, und der Collabor.itor Gottfried Wicdcmann lur
dernmal als Chor, nehme, oder nur .als eine phanfastischo g,,,, ciassen. Den Singuuterricbt besorgte der Musikdircctor und
Zwischenerscheinung der ungewöhnlichsten Art in der Cautor Johann August Bl ü he r, der aber am 25. Mai gestorben
übrigens aus derbem .Stoffe gegebener heroischer Cliarak- ist ; den Zeichnenunterricht gibt der Zeichiienlehrer Gustav Adolph
tcrc und A'erhältiiisse gefiiirfeii Tragödie, sagt er nicht." Kadorsch, und den Sclireibimterricbt der Schreiblelircr Joh.
Du- w .1 .. r.,..vi.„.. i,...,.,*„ ; .1. !.((. o.. Gollliclj Pinkwart. Seinen letzten Snbrector verlor das Gym-
as< Hr. \> . auch nur lermutlien konnte, icli hatte an . . t ,• .„to i 1 i -n 1 • 1 n 1 1^ 1
,,.,,,., , . 1 1 i nasniiu am 1. Juli tS38 diircli den lod in der Person des ls.arl
eine phant.aslischc Zwi.schenerscheinnng gedacht, miiss A„g„st M a u e r m a n n. Die Hüchschulc bezogen im Jahr 1837.
ich bedauern, da ich zu dergleichen meine Phantasie 12, im J. i838. 14, und im J. 1839. 6, alle mit dem Zeugnisse
zu ungeschickt fühle. Uebrigcns aber hat llr. W, auch der Reife. — Die seit Michaelis 1837 herausgegebenen Scluil-
hier wieder, wie schon oben, was ich von zwei Tragö- Schriften sind folgende- vom Rector Anton: Alphabeliscbes
dien, die beide den Titel Nereiden führen sollten, ge- Verzeichui.ss mehrerer in der Ol.erlausitz üblichen 'bj '"m Tlieil
', , ,, ... ,. , , , ,, 3,," eigentliüiiihchcn Wörter und Redensarten, 11. Stuck, 1838. 20 s. 4.
sagt habe, auf den zweimaligen Gebrauch desselben Chors ^l ^,„j.^ ,^39 3., g 4. _ Materialien zu einer Geschichte des
Übergefragen, gegen den Nichts von mir eingewendet Gurlit/.er Gymnasiums im 19. Jah, hunderte , 39. Beitrag. 1838.
worden ist. So ist es sehr leicht, scheinbare Ueschul- 34 S. 4., 40. Beitrag, 1839. 28 S. 4. — Auszug aus der hoben
digiingen vorzubringen. Minislerialverfügung vom 24. Oct. 1827, die Lorinscr'sebe Slrcit-
\v„j -11-.. 1 TV- 1 ■ \xj a ■ ^l f„iii fr'Se betr., 1838. 24 S. 4. — Comparalur mos rccens liierae
Reifer: , Mit den Nereiden im AVadengerichf fällt ^xpulsa aestalem cautu salnlandi cum similibiis veteriim moribus
denn auch Thetis als Person weg, und damit die Be- Parlic. 1. 1839. 24 S. 4. — Vom Conieclor Struve: Verzeich-
Iiauptiing, dass diese die Beschwerde über Apolloii bei niss und Beschreibung einiger Handvchriften aus der Bibliothek
dem Tod ihres .Sohnes, die herrlichen neue Verse bei des Gymnasiums zu Görlitz, 1. Forlsctziing , 1837. IG S. 4. —
Piaton, im Wallengericht , wo man sie nicht erwartet, Vom Oberlehrer Tl Osler :..\usführlicl.e Beschreibung der (Gür-
=f^«f in ,l»m I.\. iV I D 1 . • I T I litzer GymnasiaUArmen-Bibhothek, 1838. 15 S. 4. — Das letzte
statt in em Endstücke zur P.syc!iostasie , dem Tode ^^,. ^^^ Veränderung des Gynmasiiims erschienene Programm
des Acliilleus, wo sie durchaus treffend sind, ausge- ist: C. G. /fm/e/Hau/ii commcutatio de Sophocle imitalorc lio-
sprochen habe." mcri , 1837. 22 S. 4.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft
Sonntasj 4. August
18 39.
Nr. 93.
Leber Herrn Welcker's neueste AusAille
Gottfried Hermann.
( B c s c h 1 II s s. )
Icli übcrpclie Uiibedeufendcrrs und l>rfracL(c, was
S. 30 i. gesagt wird. „Gegen die Tragödie Tt.iov
Tltuaic streifet C. Hermann de Aeichyli Fsi/cliostasia
p. 14 — 18. Dass der in den Fröschen (1461) von Ae-
»ciivliis — gcsjirorhene Vers:
ov jf^v t.tonoi O'/.iftiov iv TToksi rQtfpsiv,
von Astvanax gesagt sein niüge , gesteht iler Kritiker zu,
nur nicht den Nanica des .Sliickes, in welches er von
mir gesetzt norden. Die Stelle der Poetik (c. 18) liest
derselbe jetzt so: OOOL Tll^aiv 'D.iov öhp' iTTUlfjcrav ,
■/.cci /o; yara fiioo^ ojgTreo ^o(foyXr,q (statt Ei'Qtiii-
&i]i) jSiüßijv, y.al fiv, w'jrrfp Aiaiütoi , )' iy.Tlirciov-
aiv Tj y.avxog dyvjrl^oyrai. Qui excidium Truiae uni-
verSHin complexi sunt, Uli Sopliocles Nioien, et non Uli
Aesclnjlus , vel explodunttir vel ttegre se sitslinent. Ita
iusta (dieses Wort fehlt bei Hrn. W.) est comparatio
duorurn poetnium uiio in argumento, quod aller qiium
totum persequeietur peccavit, alter rede alii/uarn tantiim
eius parlem sili tructundrim sumpsit. Die bcnierkens-
wcrthe Annahme, deren AViderlegniig Hr. Hermann mir
znmnthet, nnd die übrigens durch die Aiobc beider
Dichter, wie mir dünkt, hinlänglich widerlegt ist" (ntif
gleichem Rechte konnte ich sagen, dass sie mir nicht
widerlegt ilünke) , ,,dio Annahme, dass Sophokles da»
Ganze, Aeschylus einen Theil des Mythus ansgefnlirt
Labe, und dass Aristoteles gerade an der Aiobe »ies
Aeschjlus und der des Sophokles wirklich habe zeigen
wollen, worin gewisse Tragiker, die er nicht nennt, die
gewiss keine geringen gewesen sein kOnncn (nenn er
nicht nur Einen meint), können wir auf sich beruhen lasf^en.
AVir halten uns an das, was vorhergeht. Quin ?ie £y.a-
f^ljv ijuideni, ijuod ab Georgia J'alla vertendo expressum
est, facile udmilti polest. Per e/iiin miruin foret , Ari-
atutelem, si totum llii excidium ab Aesclnjlo una Iragoe-
dia (icii verstehe triloL^ia) cowpreiiensum dixissct , ut
exemplum per partes tractuli eins urgumeiiti Uecubam
Euripidis notitinasse, et non polius aliquot fabulas ap-
posuisse ipsius Aescliyli, praeserlim quum ille quoque
islas reu parliculalim tractaveril , idque, ut aeslimari
licet, rectius quam Euripides , qui saepe , utque adeo in
ipsa Hecuba , tuslos argumenti ßnes excessit. Hat Hr.
Hermann aus nenentdeckten Quellen oder aus verborge-
nen, von aller AVclt überselicncu Stellen der Alten Kunde
von Tragödien des Aeschylus, worin dieser istas res par-
ticulatim behandelt Iiat, so möge er nur, nicht bloss
aliquot fabulas desselben, sondern alle ohne Ausnahme,
die in die lliupersis fallen, recht bald bekannt machen:
die Entdeckung wird ihm hoch angerechnet werden. So
lang aber noch keine einzige bekannt ist, desto inehrero
ilügegen von Sophokles, Euripides und Andern, die nicht
trilogiscli , sondern y.uid f^iSQQ^ componirt sind, ninss
er sich von neuem die Vermuthnng gefallen lassen, dass
gerade Acschvlns nlü<riv Iklov okijv gedichtet habe,
und unsere Aufforderung genehmigen, vielmehr seiner-
seits zu widerlegen, und zwar nicht mit sophistisch ver-
wirrenden, sondern mit sachgemüssen Gründen zu wider-
legen. Dass er einen auf Astvanax bezüglichen Vers
des Aeschylus zugesteht, daraus folgt mehr, als er, die
aliquot fabulas im Sinne, geahnt zu haben scheint. Denn
wenn in der That keine Tragödie von Acschvlus aus der
Zerstörung der Stadt bekannt war, so zeigt das Todes-
urtheil des Astyanax zu allererst, dass Aeschvlns denn
deich die Zerstörung auch behandelt hat: und da die
Ganzheit in IJehandlung der Mythen dessen Sache war,
wie der Verf. jetzt selbst , und sogar auch in der Ab-
handlung, worin er jene Einwendungen macht, annimmt,
so wird er die Wahrscheinlichkeit, dass die Tegai^
f/AOV u}j] gerade die des Aeschylus sei , nicht ferner
aLlaugnen dürfen."
Erstens ist es ein völlig unhaltbarer Schluss, aus einer
schwierigen und oHenbar «erilorbenen Stelle des Aristo-
teles, iu wchhcr das oooi Tieocriv 'lUov i>h;v i:zoir,-
aav zeigt, dass mehrere Dichter diess genagt haben,
mittelst willkürlicher Beziehung der Worte y.al f-il) djq-
:C£o AitJlu'l.Us;, von denen nicht klar ist, ttorauf sie der
Schriftsteller bezogen hat, zu schliessen , dass Aesthylus
eine anderweit nirgends erwähnte 7/.(■o^' TT £po-/g geschrie-
ben habe. Zweitens, »venu Hr. W. statt una tragoedia
will una trilogia verstanden wissen, berechtigt ihn auch
dazu iS'ichts, da Aristoteles nirgends von Trilogieen, son-
dern nur von einzelnen Tragödien spricht. Sodann habe
ich 'IXiov nioatv (jh]V nicht in so engem Sinne, wie
Hr. W. , bloss von der Einnahme der Stadt, sondern
überhaupt von den mit derselben zunächst zusammenhän-
genden Begebenheiten genommen, von denen einige, wie
eben die den Ajax und Teuccr angehenden Stucke und
739
440
ilor riiiloktot jcizt noch bekannt sind; anilere , nnfer
»lenpn «olii aucli ein As(_vanax genesen sein kann, mit
«Ion iSaiiien su »ieler Tragödien verschollen sein mögen.
Ferner sehe iili mit Erstaunen, dass Hr. W. trilogiseh
und y.atd fiioo^ einander entgegensetzt, und also xaza
uiOOi hei ilim eine ganz besondere, mir und «ohl auch
Andern unlekannfc Bedentnng haben mnss. Endlich vül-
lig unliogreiflich ist nach meiner Logik der Schlnss, <lcn
Hrn. AV.'s letzte AVorte enthalten. Kr ist fol<render: das
Todesnrtheil i\es Astvanax zeigt, dass Aeschjlns auch die
Zerstörung der Stailt behandelt liat. Da nun Ganzheit
in Dchandlnng iler BI\tlien als dessen Sache von mir
selbst angenoiiinien «erde, so werde ich die AValirschein-
lirhkeit nicht abliingnen dürfen, dass die 71 /'oO/-; J/ÄOV
bkv die des Aesch}lns sei. Ich bedauere keinen dieser
Satze für richtig anerkennen zu können. Der erste setzt
als gewiss, dass der Vers
Ol' ^Qr, /.iorroi ay.viivov iv ■koXei Totcfco'
von dem Astvanax zu verstehen sei. Das ist aber bloss
eine A'crniulbung von Hrn. AV., von der ich p. 1 4 f ■ ge-
sagt habe , /'/teile concedam de Astijanacte dictum esse
poluinse. Denn mehr konnte ich nicht zugeben, da wir
ja gar keine jVucliricht Italien, von wem der Xeis wirk-
Jitli gciti'. Mit doch Aeschylus im Agamemnon selbst den
Paris mit einem jungen Löwen verglichen v. 699 H- Gesetzt
aber anc li, der A'ers gehe auf den Astvanax, so folgt doch
nur, dass der Dichter von ihm gesprochen, nicht dass
er auch die Zerstörung der Stadt als Tkiov ttujOU be-
handelt habe. AVisseu wir denn, ob er nicht eine Tra-
gödie Astvanax gesthrieben hat? Diese würde immer noch
keine l/iuv TriciO/i, und noch weniger eine J/.iOU
TTiOffti ö/.lj be« eisen. In dem zweiten Satze verstehe
ich weder, was Ilr. W. unter Ganzheit denkt, noch weiss
ich, wo ich diese Ganzheit als Sache des Aeschylus an-
genommen haben soll, da ich vielmehr gesagt habe,
Aesrlivliis hatte seine Stolle y.aiu /liooi behandelt. Da
also der erste Satz unbegründet, der zweite aber geradezu
unwahr ist, so folgt von selbst, dass auch der Scliluss-
satz falsi h , und also der ganze Schluss ein Paralogis-
inus ist.
AVeiter S. 41. ,,Die beiden Stellen fV Uioacu, die
ich, weil sie in ilen l'crsern nicht vorkommen, i r lll'o-
0/i^l zu si'tzen rorsililug, bringt iler A'erf. dagegen, ob-
gleich darauf für mich, als eine Nebensache, welche nur
den Titel, nicht den StolF selbst angeht, nicht viel an-
kommt, unil obgleich nii'ii.p Enicndiition zu den einfach-
sten gehören dürfte, dennoch lieber in den Persern unter.
Eine gescbiikte Kritik ist angenelim, auch «enn sie wie
betrunken taumelt. AVer sich an 6oulH riiiies versucht
hat, kann sich da? A'ergnngen machen, dieselben AVorte,
woion es sich hier handelt, in jeder beliebigen Tr.igödie,
an mehr als einer Stelle, einzudediten. AVer AVahr-
schcinlicbkeitsrechnungen liebt, mag ermitteln, wie hoch
der Zufall anzuschlagen sei , der zwei , durch die Ab-
schreiber gerade zufällig nbcrhüpfte Phrasen ans den
Persern als Glossen gerettet hat; es wird sich ein unge-
heures A'erhaltniss herausstellen."
Ich übergehe die lJnaiis(;ini!igkeit dieser Ilede und
bemerke bloss, dass es für ilon Zufall keine liere( h-
iiungsforniel gibt, und dass der Schluss, den Hr. AV.
machte, folgender ist: weil ich annehme, dass Aristoteles
eine sonst nirgends erw.'ihnte 'tkiur uiiO'ri^ des Aeschv-
lus nenne, so schreibe i( h in zwei Stellen iv Utoaidl
statt iv UtoOciti , indem in beiden AVorto angeführt
werden, die nicht in den Persern stehen. Dagegen
schloss ich so: da in zwei Stellen AVortc aus den Per-
sern angeführt werden, die in unserem Texte niilit ste-
llen, so ist das Nächste, zu verniuthen , dass sii^ darin
gestanden haben, wenn sich passende Stellen nachweisen
lassen ; ganzlich iiuwalirseheinlich aber ist, dass iv fltu-
Oltii zu schreiben sei, da nicht nur beide Stellen nichts
auf Troja Bezügliches enthalten, sondern auch eine 'J tjnv
7r(ooi.: lies Aeschylus keineswegs erwiesen ist, und in
jenen Citaten , wie so haulig, wohl auch der IVame des
Stückes oder des Dichters mit einem andern Namen
vertausdit sein kann. AVelclior von beiden Schlüssen mit
mehr Nüchternheit gemacht ist, mag der Leser bcur-
tlieilen.
,,l)och nm AVunder des Zufalles solcher Art und der
Kritik zu glauben, werden wenigstens ilie Phrasen wirk-
lich an die Stelle, wohin sie gesetzt werden, passen
uiüssen. Entschieden Unrecht geschieht dem Dichter
<lurch den Kritiker in der ersten Stelle, wo wegen des
AVortes i' n- d t c A. o 5 , iv IHoOa/i, der Rede des Darius
(683) dieser A'^crs untergeschoben wird:
S2 TTiOTu ntOTujv ijki/.t^ 6' ijßiji ifiijg,
Tli(JOui yCQaioi, riva nuKn; nov£t novov;
[d}.ij9o7rcvt)£i 8' oi'd v TT u i; i'i k (p yo'j)]
OTivej, yiy.u^rat v.al xuodaaezai niöov.
A'on der AViederliolung und A'erstarkung des Ausdruckes
durch sein verneintes Gegentheil (jiEvdel^ oi'x i^ötTUi)
ist sehr verschieden der Gedanke an Schein, A'erstelinng,
Irrthuin, die abgelehnt, ausgeschieden würden. AVo nun
gar eine ganze Stadt trauert, wer dachte da an A'^crstel-
lung, und gar wo Erscheinungen bemorkt werden, wie
Y.i/.ti:ixai y.a'i xuodaacrai ■jridov^. Die Zwischenbe-
merkung ist daher nicht bloss niüssig, sonilern unzeitig,
matt, falsch, und es würde unbegreiflich sein, wie Hr.
Hermann so seinen Aesclivlns verwässern könnte, gäbe
nicht i!ie andere Conjectur ir TTUgcriöt einigen Aufschliiss.
Dazu der Tropus üio^vkog in A^erbindung mit -j-ooc!"
IMit den dunkeln AVorlen ,,ilie andere Conjectur iv
TTi'rtir/i')/" scheint die zweite .Stelle gemeint zu sein, in
weicher ich Hrn. AV.'s Conjectur iv llioOlöt statt iv
ni'iOUli nicht aiinaliin: wovon nachher. llebrigens er-
eifert sii h Hr. AV. ziemlich unvorsichtig. Er hatte be-
denken sollen, dass in dem von mir angenommenen A'erso
«//,i/is und 0('7 irciiBuf.Oi; rinander rcspondirteii. Ich
will nicht irifiMi öo.y.ui X^uiv , nicht
(ii'fMnni b' Ott ■TrkaaiTUtfn Cfvotuuaoir
vergleichen , sondern eine gauz gleiche Stulle in ilcn
Sieben gegen Theben v. 854.
yJMiv) , uTivoitat , y.ai öükoi oi'ds'ii
fti) '/. (fotvuc ÖQÜuJi /iE,/.r/ulveiv.
AVenn er aber gar an dem Tropus ai'X V^di;i'koü youi
Ausioss nimmt, so scheint er nicht nur vergessen zu
haben , dass lAlcnandcr sogar einen iMenschen l'TJ oiri'Ao»,'
genannt hat, und d.iss die ganze Griecliisclie Poesie vcr-
uichtct werden würde , wenn mau auf sie das moderne
741
glcirliariijfor BcgrifTc in «Icii Tropen anwpnilen
An die Harfe der Rede, «cnn kein ^'crs fehlt,
Gesetz
Molltc.
hat Hr. W. gar nicht getladif.
„Sodann wird iu die Klagrcde des Xerxes (018) ein
Vers cingeschohen.
Ei^' ujtfieXs ZEVi y.dfie fier dvdoviv
TOJV O/'xOfAiVOJV
[jieni Ttov in; a ov g vtjptTOTQocfovg]
&auÜTov xara (.toiga xaki ipai.
Facile sentiat quis gravius linec ilici potuisse et sig/iiß-
canlius, si locus, in quo se cum aliis periisse ojitut, de-
signnretur. lliique /lemo, opiiior, viluperet sie scripta.
>arh ilein ^Nirliergciionden ulier Haren die Andern gar
liiillt nni Inseln her nnigekoniuien , sondern naili der
geordneten und ansfiihrlielien Hrzaliinng des Boten in iler
Meerenge von Salamis, anf der Insel Psvttalea, in Biio-
tien lind iveiterliin zu Land, nnd die Letzten im einlirc-
chcnden Eise des Strynion. Wie käme also dem Xerxes
die Lnst, gerade Jieol Jroi< it-croi'^ ertrunken zu sein,
lind dazu das AV'ohlgefallon , hier, «o der allgemeine
Untergang in vielerlei fiestalt seinen Sinn erfüllt, an der
Art flleerschneeken , die ich »eiss nicht an «eichen In-
seln gerade vorkommen? Daher auch hier nicht eine
Auslassung entdeckt, sondern nur eine ganz vollständige
Sclilnssredo durch einen störenden Zusatz entstellt ist.''
Unbegreiflich ist hier zuuirderst, dass die Andern gar
nicht nni Inseln her, nnd doch >'iele von ihnen iu iler
flleerenge von Salamis und auf der Insel Psvttalea um-
gekommen sein sollen. AVenn sich diess nicht «ider-
spriclit, so widerspricht sich nirgemls otuas. Ferner ge-
hört die Erzählung «les Boten gar nicht hierher. Dieser
liat der Atossa die Niederlage vor der Ankunft des Xerxes
erzählt, von «elcher Erzählung Xerxes, der nun erst
mit dem geschlagenen Heere angekommen ist, jNichts
gehört hat. Warum nun Xerxes sehr passend ^fpt 710V
vr,0OL':; sagen könne, ergil.t sich daraus, dass er selbst
den Untergang der Flotte bei Salamis und die Nieder-
lage bei Psyttalea mit eigenen Augen angesehen hatte.
Er wird also doch «olil lieber mit denen, die er dort
sah , als auf ilem Festlandu oder im Stryniou unterge-
gangen zu sein uünschen. Auch waren dort, wenn Sa-
lamis und FsUfalea nicht genügen, no< h mehrere Inseln.
Sfrabo IX. p. oUö. 5 ^V L' r r dkl l c). vijolov i^Ji^ftof Tre-
TOojösQ, ü Tivec, sinov 'Kr,ji)jv tov UsiQaibvx;- ttXij-
oiov du y.ai »'; '.'iTakavTii , üuujvvftoi; ry ne^l El<-
ßoiav Y.ai Aoy.Qovq, y.ai dklu vi]oiov, oiwiuv -rij
Ih'TTaklia VAU luvxu. Das AVolilgefallen des Xerxes an
JMeerschnecken ist ein uu«iirdi(;cr Scherz: denn hoil'ent-
lich hat doch Hr. W. niiht geglaubt, ich halte an leben-
dige Aleerschneckeu , und nidit au den Aluschelkalk ge-
dacht, aus w.!lcheni die Felsen jener Inseln zu bestehen
scheinen. .Athenäus sagt JII, p. SO. B. von dem ö.va-
piTrjC,: y.oyx'jjdei dl üi> tu urrToiuv Tlgu;t-/iTcu tui.,
TTtToaig, uiiiieo cd Aind5i>;. IIovj8i;g d' iv Ivvüq-
ya^oiiivaii'
TTQo^Cfiq ö/.ujq m y^oioäbuiv dvapUijq.
Aia^vkoo, ä' iv nSgaaeg Tivdg vi']aovg vijotroTQoffovi
£lQ1]y.Bv. Solches Gestein hat aber die benachbarte flle-
garis. Pausanias I. 44, (j. y.ul Kuquc tou (l'üou/rtoJi
r4'2
fivijua, iari, TU fttv i^ dp^f^g ydifiu yij^- lOTSpov
de Tov 9ioi' Xf^'/'octwui; iyuajti^ihj i.ibut ''y.oyxUrj.
jjoi/otg Sh 'E}.'ki\vu)v 3hyaoii>cnv ö y.oyxi-x\-jg ovTÖg
ioTl, y.ut, crcfiai y.ai iv ttj ndkei ■:T:fKuihTui tcoIXu
i^ ai'rov. itrii de uyav Xevxug yai dkkoii kiSov
/lakay.aJTSQog- y.dy/oi dt al 9ahlaaiui Sid navzog
tveioiv Ol- Dass die ftlegarenser allein iliesen Stein ge-
habt haben sollen, ist »ohi nicht buchstäblich zn vcr*
stehen, da er sich vermnihlich an<li anf den nahegelege-
nen Inseln find: allein da sie ihn bei sich selbst brachen,
«erden sie ihn naturli<'h nicht von Psvtfalea und andern
Inseln geholt haben. Was ist also Lächerliches darin,
«enn Xerxes ni'inscht, mit Andern bei den rtluschelstein-
felsen der Inseln untergegangen zu sein?
„In dem s|)ateren Programm über den Ajas erklärt
Hr. Hermann ilie Eincndation der Fragmente ganz all-
gemein («ogegen viel zu sagen «äre) für ein trüglichcs
Spiel der Kritik, «odurcli mehr nicht zu erreichen sei,
als dass das Gesagte wahr sein könne: für wenigstens
ebenso trüglich «ird ihm selbst das Interpoliren vollstän-
diger Werke mit selbsigemachten ^'ersen gelten."
Hr. AV. spricht, als ob ich das geläiignel und die In-
terpolationen als ausgemacht aufgeslellt hätte: und doch
habe ich nur gesagt, da Passow nicht habe entdecken
können, wo jene C'itate in den Persern gestanden haben
könnten, wollte ich diess nach« eisen, wobei ich aus-
drücklich S. 17 hinzufügte: seu Vera seu falsa dicuin
(iiieminisse enini oportet natura sua hoc genus coniec-
taitdi incertum esse).
„Auch erklärt er Anfangs nur, dass an mehreren
Stelleu der Perser etwas ausgefallen zu sein scheine.
Daher hätte er auch nicht am Ende , nach übler Logik,
glauben sollen , mit solcheji Eniendationen etwas wiiler-
legt oder etwas bewiesen zu haben. Er schliesst aber:
Firmiorihus ergo argumenlis opus erit quam quibus
JCelcherus usus est, si quis et Ikiuv ntpaiv ab Ae-
schi/lo .<criptam esse, et eum tragoediam ab Atlienaeo ,
ab scholiasla Hermogenis (nämlich iv Uiocruig), atque
adeo ab ipso .4ristntele commemoralum evincere voluerit.
Das Urtheil über A.-.t\anax hielt er für beseitigt. Ver-
stärkt hat Hr. Hermann selbst meine Gründe, und in
AVahrheit auch hier, was er seinerseits so oft nur mit
Unrecht zu finden glaubt, mira et incredibilia aufgestellt.
So kehrt sich auch ganz von selbst lias imposant sein
sollende Schlusswort: perfacil» est credere ; scire diffi-
cile — credi aulem etiam vana pnst^iint, gegen den zu-
rück, der eben die schönste Probe d.iioii abgelegt hat.-'
Wolil Hrn. \V., «enn er seine (.'runde von mir gar
noch verstärkt glaubt. Idi habe über das, was er hier
sagt, Folgendes zn bemerken. Von den Persern habe
ich S. 17 gesagt: Sunt autevi Persae yleschyli non imo
in loco ita vitiati , ut e.vcidisse aliquid videatur. Hr. W.
deutet diese Worte zu seinen Gunsten, als hätte ich von
blossem Schein gesprochen. Dass aber «irklich Lücken
in den Persern sind, will i<'h , andere Beueisc über-
gehend, an einem ganz evidenten Beispiele zeigen. V. Ö29.
Well, steht:
■jto'kk'i.l d' aTtakaig xepai y.a'kin^xpac,
y.axLQCiy.ö^iEvai
743
744
d/aiiv5u}.{'oii däxovai yÖKTOii
Tsyyova' aKyoi'-: utTt/^ovoat.
lü d dßoüyuui IIcuatÖE; —
liier »enlcii also Tta'/J.cü und flcontds.; untcrsrliirdeii,
iiiul (lo(h sinil die rio'fJMi auch IleooideQ. Nim gibt
aller am h ein alter Codex eine Spur dessen , « as aiis-
•'efjileu sein niiiss, indem er nayväd nai ii y.axloir/.ö-
iifval Iiiiizusctzt. Da dieses nnn nicht das einzige sichere
heisjiicl einer Auslassung in den Persern ist, so folgt,
dass »ir dieses Stiick ans einem hier und da liickenhaf-
len Codex liberkoninien haben, und also auch uohl an
solchen Stelleu etiias ausgefallen sein kann, wo der Sinn
TolUt;indig ist. Denu bekanntlich sind dergleichen Aus-
lassungen aus leicht begreifliclier Ursache die hiinligstcn.
^Vas nun Hr. W. üble Logik nennt, ist folgender Schluss :
da die Perser hier und da Lücken haben, so ist kein
zureichender Grund lorhanden , die beiden Citatc , iu
M eichen Worte, ilie in unserem Texte nicht stehen, von
denen sich aber nachweisen lässt , »vo sie können gestan-
den haben, fiir Citate nicht aus ileu Persern, sondern'
aus einer |iroblen>atischcn 'It.tuu Tteocn^ zu halten. Da
ilieser Scliluss nach der Logik, nach welcher ich, und,
wie ich glaube. Jedermann, der niclit eine ganz beson-
ilere Logik hat, schliesse , ein richtiger Schlnss ist, so
inuss ich auch jetzt noch sagen , ßrmioriöus ergo argu-
7Kenlis opus eril , quam quibus H'elckerus usus est.
Endlich scheint Hr. W. mir zum ^'orwurf zu machen,
dass ich das LJrtheil über .Isfvanax für beseitigt ge-
halten habe. Da weder erwiesen ist, dass das y.ai uri
loinio .tioXt'f-O-; bei dem Aristoteles auf ISlUfjljV nicht
gehen könne, sondern auf IKiOV UepOIV gehen müsse,
noch gezeigt werden kann, d.ass der Vers
UV -/Ql^ t.lUVTO^ O/.VUVUV fV Uu}.£l T(li(ftlV
nodiwendig lon keinem Andern, als dem Astyanax gelte;
io ist noch nicht bewiesen, dass es wirklich eine Jtjoo
■mijnii des Aeschvlus gegeben habe, sondern es bleibt,
da auch fiir das Grgentlielt kein Zeugniss vorhanden ist,
nur die .Möglichkeit ülirig. Eine mii;;liihe I l.iot' :ieQ-
atr eben für eine wirkliche zu nehmen (das ist vanu
ciedere) , und aus dieser für wirklich genommenen iniig-
iirlien J/.i'oi' Tciom^ zu schliessen, dass in zwei Zeug-
nissen iV flion/St für iv nifj<yai^ zu schreiben sÄi ,
ist ein Schliass, über dessen Haltbarkeit etiias /.n sagen
überflüssig sein würde. Hiernach kann man das Kiule
von Hrn. W.'s Rede würdigen.
>Vo die Toi;üTtdi'^ besj)roclK-n werden, liest man
S. .ÜO Folgendes: „Die ^'erse bei Antigonus Kar_\stius
erklären sich iu dieser Fabel als Worte des Akt.'iou an
die Jagdnviinjhen, der, ihre Keuschheit nicht nnerkeu-
nend, »oii Liehe siirecheiul, wohl gar Verdailit äussernd,
gegen ihre Heiligkeit sich verging. Nach dieser Ansicht
lasst sich ilen vielen Emendationen der terilorbenen .Stelle
eine ncnc gelindere hinzufügen. Antigonus redet von iler
Hitze der Stuten nn<l setzt hinzu: (faivLTO.L öl: /.al
yi/Oj^L/.oi lOToor/.uj-; tu coioutuv ovcujg tcvj^ *'?'/"
y.ivm rroo- Tiu Ttciodtioii; iv t«/\- To^önoiv
\/Ouu TuL
äyvcti:; -TTO.Q^hon; yaiirjXiojii
}u'/.TQ(ov üfpai- inj ßke^xf-iaruiv ^€7lrj fioki-.
y.(U SiaKt:xujv 7l()i)i;i9i X£r .
[i'iug yi'vc'.r/.di\ or fic fiij i.ä^Tj (fXeyujv
6(pl>a\f.iui, );t^s äpöooi ;; yeyevuivtj,
i-iovra TofTüjv di'fwi' innoyvujuova.
".ISov für üdüiv {AJOlS), ü((ai iüT uavtt (CT 9t. Cp),
so dass Antigonus übel abkürzend (wie auch im 3. V.)
üöov aus seiner ^'^erbindnng , vielleicht mit einer Par-
tikel, im vorhergehenden Verse zog. IfesioJ. T/ieog. '^17.
TTjcrtv aSuv &aLiai, 927. 7J y.f/.aöot -re äduf. Die
Construction wie rdcfiov na-vouwjv kcy^ai bei Sopho-
kles"; (vielmehr bei Aeschvlus in den .Sieben gegen The-
ben) ,^\t/.Tijuiv aqc'.i, wie ii'vij; äipao^ai , dty(i't>.
aipaoi^at , ipaüetv yänu}v , Pors. ad P/wen. 9t)U. —
QeTlT] ßot.ij f. Q€7tlßuvkt], Salmas. Qizrii ßokr;. V. 3
ist i'ta; yvvur/.oi aus der .Anführung PIntarch's snpplirt.
y. 5. schreibe ich 1-invxa f. t/uiv t)f."
Hier ist Hr. W. auf ein ihm nicht gehürig bekanntes
Feld gerathen. Um mit dem letzten V^erse anzufangen ,
so wird Jedermann gleich auf den ersten Blick sehen,
dass nicht t/oVTa^ sondern i^L'J ^6 zu schreiben war,
wie auch schon alte Kritiker corrigirt haben. '^Vas aber
soll man zu den ersten Versen sagen, von denen Hr. W.
do( li w enigstens hätte eine Uebersetzung geben sollen ,
damit man erführe, was ^/o; ßkeund.TUJV (JtTCT] ßul.r,
bedeuten sollte? Sodann h.ittc er den von ihm angenoni-
nieiien Gebranch von ucfr,, das in dieser I5cdeutniig gar
sehr der llechtfertlgnng bcilurfte, erweisen sollen. Am
meisten aber muss man sich über üduv wundern. Dass
diess die terlia plurulis des Aorists von didavo) ist,
Meiss Jeder, der in der Grammatik bis zu den veibis
aniimalis gekommen ist: wozu also noch Citate? Aber
alle Citate aus Homer, Hesioilus und andern Dichtern,
wo (/.ds und i'.buy vorkommt, beweisen noch nicht, dass
diese des Augments entbehrende Form von eiiiein Tragi-
ker gebraucht worden sei, wovon bis jetzt noch Niemand
etwas gehört hat. AVie Hr. AV. emendirt, konnte »veder
Aeschvlus, noch irgend ein Tragiker schreiben. Weit
besser hätte er getlian, wenn er, wie in der Trilogiu
S. 4l9, Toups doch wenigstens verstiindliche und sprach-
richtige Conjectur wiederholt h.'itte. AVelclier Fehler in
uöa>r To.ic liege, wage ich nicht mit Ucstimmtheit an-
zugeben: aber das I^eichteste würde sein, mit einem so-
genannten absoluten N-uminativ so zu schreiben:
äliujv T/- äyvuu Ttugdirotq yafiijklojv
ki/.Toviv , tTolfuj ßks/.iitecTojv ^i:iet ßoXr,.
Gefüllt Jemand des Ehebetts reinen Jungfrauen, so win-
ken ilire lilicke bereitwillig.
Irb schliesse diese Bemerkungen mit ileni Wunsche,
dass Hr. \V. künftig weniger leidenschaftlich schreiben
und bedenken möge, dass die Achtung der IMenschen sich
nach dem Grade der Würile und des Anstaiides richtet,
mit dem man sich selbst seine ülellc anueist.
Zeitschrift
für die
AI terth ums wissen Schaft.
Mittwoch, 7.
August
18 3 9.
Nr. 94.
IM. Tiillii Cireronis Orafiones selectae. Kritisch be-
richtigt und mit Amiierknngoii begleitet von C. Be-
necke, Dr. Erster Band ( enth. die Reden pro
Q. Ligario, pro rege Dejotaro, pro Archia poeta ).
Leipzig bei Karl Franz Köhler 1836-
■ Nachdem Herr Professor Benec.ke seine Befähigung
als Herausgeber und Erklärer der Schriftwerke dos ro-
Diischen Alterthums bereits durch seine Ausgabe des
Justinus , sowie der Reden Cicero's gegen Catiliua
und der Rede für den Oberlehl des Pompejus genugsam
nachgeuiesei! , hat derselbe Gelehrte sich durch seine
Bearbeitung der Reden für Q. Ligarius, für den König
Dejotarns und für den Dichter Archias von neuem die
ehrenvolle Stelle gesiihert, die er Hnter den Erklarern
der Werke Cicero's einniuinit.
Ueber die Bestimmung der vorliegenden Ausgabe er-
klärt sich Hr. B. in der Vorrede folgendermaassen: Der
Haupiziceck, den ich nach Kräften zu erreichen suchte,
galt dem Möglichst vollkommensten Verstündniss der vor-
liegenden Reden. Auf eine durchgängige kritische Be-
richtigung des Textes also und auf eine sorgfältige
Erläuterung des Sprachgebrauchs im Allgetneinen , wie
im Besonderti des Cicero , und genaue Erklärung der
Sachen war mein Streben gerichtet. Auf die Frage, für
welche Leser diese Ausgabe berechnet sei, antwortet
Hr.B., tiie folgt: Durch die treue Verfolgung des vorge-
legte?! Plans glaubte ich dem gelehrten Forscher eine
nicht ganz vericer fliehe Arbeit, dem beengten Schulmanne
das vollständige Resultat der bisherigen Forschungen
und Leistungen und dem gereifteren Schüler bei seinem
Privatßeisse eine geistige Anregung zum gründlichen
Sprachstudium zu geben.
Was nun die Ausgabe selbst betrifft, so ergibt sich
aus einer genauen Prüfung derselben, dass Hr. B. mit
lobenswertliem Fleisse ilcn lateinischen Spracligebrauch
überhaupt, sowie die Redeweise Cicero's insbesondere
nachzuweisen gesucht hat. Die Anmerkungen zeugen
von gründlicher Kenntniss der Sprache Cicero's, und diese
Kenntniss hat den Hrn. B. in den Stand gesetzt , in
streitigen Fallen niclit nach Hypothesen zu haschen, die
unter dem Scheine der Genialität nur zu oft Unwissen-
heit bergen , sondern die handschriftlich begründete Les-
^^ gpgen Neuerungsvorschläge kräftig zu schützen. End-
lich hat Hr. B. stets mit gleichem Eifer, aber nicht
immer mit gleichem Erfolg, die Interpolationen, welche
die Handschriften selbst erlitten, aufgesucht. In diesem
Bestreben aber, alle fremdartige Bestandtheile aus dem
Texte zu scheiden, scheint uns Hr. B. nicht selten zu
weit gegangen zu sein. Namentlich hat Hr. B. gern
dem Inhalt nach verwandte Gedanken , sobald diese un-
mittelbar auf einander folgten, als Glosseme betrachtet
und als solche im Texte entweder eingeklammert, oder
gänzlich übergangen. Bei diesen Verdammungsurtheilen
scheint uns Hr. B. nicht immer die äusseren Gründe
sorgfältig genug erwogen zu haben, was wir weiter unten
nachzuweisen beabsichtigen. Sowie wir also einerseits
den über den Sprachgebrauch des Cicero angestellten
Untersuchungen des Hrn. B. fast nirgends unsere Bei-
stimmung versagen konnten , so mussten wir dagegen an-
derseits von den die Kritik des Textes betreffenden An-
sichten des Herrn Herausgebers nicht selten abweichen.
Dass ferner das Bestreben, eine nicht nur für den
gelehrten Forscher und für den beengten Schulmann ,
sondern auch für den gereifteren Schüler nützliche Aus-
gabe zu liefern, bisweilen eine gewisse Ungleichmässigkeit
in den Anmerkungen veranlasst hat, darf nicht befrem-
den. Ohne nun mit dem Herrn Herausgeber über die
Vereinigung dieser verschiedenartigen Zivecke zu rechten,
wenden wir uns vielmehr zu dem von Hrn. B. Geleiste-
ten selbst. Bevor indess Ref. auf die Beurtheilung der
Leistungen des Hrn. B. eingeht, kann derselbe nicht
umhin, auf die durchaus humane Weise, mit welcher
der Herr Herausgeber die Irrthümer seiner Vorgänger
widerlegt hat, aufmerksam zu machen. Ueberall, wo
Hr. B. seine von andern Gelehrten abweichenden Ansich-
ten vorträgt, geschieht dieses auf eine die sonstigen V^er-
dienste jener IMänner durchaus nicht beeinträchtigende
Weise. Ref. hält sich zu dieser Bemerkung um so mehr
verpflichtet, als" manche jüngere Gelehrte gerade in scho-
nungsloser Enthüllung der Irrthümer ihrer Vorgänger
die nachdrücklichste Empfehlung ihrer eigenen Leistun-
gen zu suchen scheinen.
Wir wenden uns zunächst zu der Rede für den Li-
garius. Diese Rede befrachten wir um so lieber, als
gerade in dieser Hr. B. am meisten sein kritisches Talent
bewähren konnte, da Hr. Klotz die Kritik in dieser
Rede nicht mit Unrecht eine fast bodenlose nennt. So
sehr wir nun auch den Fleiss, mit welchem Hr. B. die
Erklärung der Rede und die Sicherstellung des Textes
zu terdern gesucht hat, anerkennen müssen, so können
747
748
wir doch nicLf Dmhin , gerade in ilieser an niclit wenig
Stellen anderer 3]cinung, als Hr. B. ist, zu sein.
Sogleich §. 1. nimmt Hr. B. in den Worten: Novum
crimen, C. Caesar, et ante htinc dient iion auditum, . . .
ad te Tubero detitlit sttxti i/iatiditum , «clchcs die treff-
liche Erfurter Handschrift und die jje>iühiiliclien Aus-
gaben darbieten, jioii auditum in den Text auf. Hr. B.
meint, dass die Trennung der ^Verneinungspartikel als
die ^'erneiuung scli.'irfend und die Ironie kräftiger Iier-
rorhebcnd , am augeninssensten sei. Dieser Grund ist,
«ic Jeder leicht einsieht, keineswegs hinreichend, um
die Lesart der besten Handschr. aus den» Texte zu ver-
bannen. Auch der deutsche Sprachgebrauch entscheidet
sich für inauditum, inwiefern man sagt: Eine neue und
bis auf diesen Tag unerhörte Anklage hat Tubero vor
dick gebracht. Zudem ist novutn und non audituui oder
inauditum nicl>t wesenÜich ton einander verschieden, da
beides zur Bezeichiinng des Ungewiilnilichen gleich ge-
eignet ist. Vergl. i'iber novnm Kritz zu Sal. Cat. c. öl-
S" '^- §• 2- ist der Druckfehler reprehendaris statt re-
prehend:itis zu beseitigen. §. 3- lesen wir: Quo (bello)
audito partim cupiditate inconsiderata, partim caeco quo-
dam timore primo salutis , post eliam sludii sui quaere-
bant aliqucm ducem, cum Li^arius domum spcctans, et
ad suos redire cupiens, nullo se implicari negotio passui
est. Hr. B. half hier die AVorle et ad suos redire cu-
piens für ein Giossem und schlies>t dieselben in Klam-
mern ein, wozu ihn vielieicht die Auslassung des et,
welches in vier Handschriften fehlt, zum Theil mit be-
-«timmt hat. Die Aelinlichkeit des Inhalts rechtfertigt
ein solches Verfahren nicht. — Ref. findet in den AVor-
ten: domum spectan^ et ad suos redire cupiens einen
ähnlichen Forlschritt vom Allgemeinen zum ßcsondern,
wie <;. .") , wo es lieisst: An ille , si potuisset illinc uUo
■modo evadere, L'ticae, quam liomae, cum P. Atio, quam
cum concordissimis fralribus , cum alienis esse, quam
cum suis maluisseti Ohne iVoth hat Hr. B. §. 3. die
Lesart der besten Handschriften, welche statt der ge-
wohnlichen Lesart: Atque ille non mediocri cupiditate
arripuit imperium , si iltud imperiuin esse putuil , quod
ad privatum clamnre mullitudinis imperitae , nullo
publica consilio def'erebatur , die Stelle folgendermaassen
geben : Atque ille non mediocri cupiditate arripuit im-
perium, si illud imperium esse potuit , quod a privato
clamore multitudinis imperitae, nullo publica consilio
deferebatar. Diese Lesart hat bereits lleinli. Klotz in
der Vorrede seiner Ausgal>e der Reden Cicero's, Tlieill,
S. 7ö scharfsinnig vcrtlieiiligt ; indem dieser Gelehrte
daranf hinweist, dass ad privatum deferebatur imperium
von Varus gar nicht gesagt werden könne, inwiefern
dieser bei der Uebernahmc des Oberbefehls kein Privat-
mann mehr gewesen sei. Aber annehmen zu wollen, dass
Varus durch seinen verunglückten Ausfall aus Auxinium
(vergl. Caes. de B. C. I. c. 12 und l3) "ml durch ein
verlorenes Trellcn , zu einem Privatniannc geworden sei,
wäre ebenso unstatthaft, als die von Sigonius .lufgeslellte
Behauptung, dass der mit dem Oberbefehl IJekIcidelo
ein Privatmann genannt worden sei. Vergl. Schütz im
Index latin. s. v. privatus. — Dagegen hat Hr. H. g. (i.
die Lesart der Erf. Handschr., welche statt omni laude
darbietet: omninm laude mit Recht aufgenommen. Letz-
teres ist bereits von Hrn. Klotz genügend geschützt wor-
den, g. 7, wo Hr. B. über die Hiuzufügung der Praep.
«Vi zu dem .Ablativ von totus spricht, konnte auch auf
Cic. ad Uuint. Fr. I. ep. JJ. 'JÖ- hingewiesen werden.
§. 11. lautet der Text bei Hrn. B. fülgenderniaassen:
Hoc egit civis Romanus ante te nemo: externi isti mores
usfjue ad sanguinem incitari solent odia aut levium
Graecorum aut immanium barbarorum. Der Sinn dieser
Worte ist deutlich; Cicero nämlich sagt unmittelbar vor-
her: 'San habet eam vim ista accusalia , ut Q. Ligarius
condemnetur : sed ut necetur. Was nun die letzten Worte:
aut lerium Graecorum aul iiiimaniurn barbarorum anbe-
trifft, so hat diese berei(s Lambin von mores abh/ingig
sein lassen; dasselbe nimmt auch Hr. Klotz an, der in
den Genitiven eine Zerlegung des allgemeinen Gedan-
kens: e.vterni isti mores, in seine Bestanddieile findet.
Hr. B. dagejicn meint, dass die Genitive mit odio zu ver-
binden seien, ohne sich jedoch auf eine nähere Dar-
legung des Inhalts einzulassen. — Dem Ref. erscheint,
wenn man Lambin's Erklärung billigt, iler Beisatz aut
l. G. a. i. b. durchaus schleppend, dagegen Hrn. B.'s
Annahme g.'inzlich unstatthaft. In Erwägung nun, dass
Cicero, wenn irgend eine Rede, so gewiss die vorlie-
gende sorgfältig ausgearbeitet habe, da er diese, wie
man aus Cic. ad Altic. XIII. ep. 12. §. 2- ersieht, iui
AVegc des Buchhandels verbreiten liess, genügt uns we-
der die eine, noch die andere Erkh'lrungsweise ; wir
glauben vielmehr, dass der Text verdorben und die nr-
sprüuglichc Lesart folgcndermaassen herzustellen sei.
Externi isti_ viores: usque ad sanguinem incitari so lere
odio aut levium Graecorum aut immanium barbarorum^
wo dann das allgemeine ürthcil: E.vterni isti mores
nochmals nachdrücklich und in seine Bcstandthcile zer-
legt, um das Gehässige dieser Gesinnung kräftig hervor-
zuheben, wiederholt wird. Das so\ere entspricht dann,
wie .leder sieht , genau dem vorhergehenden mores.
§. 12- mussten die Worte: 7iovi . . . .; studia generis
ac fainiliae vestrae virtutis, humanitatis , doctrinae plu-
rimaruin artium atque optimarum , nota mihi sunt [om-
nia] folgcndermaassen interpungirt werden: ntudia g. u.
f. V. V., h., d. p. a. a. o. ; nota mihi sunt omnia. JJass
bei dieser Interpunctiou das von Hrn. B. verdächtigte
omnia nicht nur nicht überflüssig, sonilern vielmehr noth-
wei'dig sei, sieht Jeder von selbst ein. ifj. \:j. lesen wir
bei Hrn. B. folgende Worte: Quam muUi enim essent
de victoribus, qui te crudelem esse velint, cum etiam de
victis reperiantur^ quam multi, qui, cum a te ignosci
nemini vellent , impedirent clemenliam tuam , cum eliam
ii, quibus ipse ignovisti, nolint te esse in alias miseri-
cordem? Zunächst ist hier an der ersten Stelle velint,
als wahrscheinlicher Druckfehler, in vellent zu verändern;
da in der Varielas lectionis die Abweichung von der
zweiten Lesart nicht angegeben ist. Hr. B. vermuthet
nun wiederum, dass diese Worte: Quam vudti enim es-
sent.. . . miscricordem^ aus den Randbemerkungen eines
Erklärers in den Text eingellosscn seien, und stüfzt seine
Vcrmuthung theils auf das Zeugnis« des Uuintil. VIIL
c. 3. Jj. 83 und g. 8j ; theils auf den Umstand , dass
in der Dresdener Jlandschnlt die ersten Worte: Quam
749
750
multi eniin essent, fjui — reperiantur ? fehlen , nährend
«Irei üxfordcr Codd. statt quam quia , und eine quod
haben.
^'crglclrlien ii ir zunärhst die ganze Stelle in ihrem
Zusammciilianj;e mit dem Vorhergehenden , so sajjt Cicero
Folgendes: Wenn du, Cäsar, bei deinem so grossen
Glück nicht eine diesem gleichkommende Milde iesüssest,
wie du diese von Naiur aus besitzest; so würde dein
Sieg uns alle mit der tiefsten Trauer erfüllen. Denn
wie Viele von den Siegern tcürden dich grausam zu sehen
wünschen , da dieses sogar Manche aus der Zahl der
Besiegten wünschend Wie / tele tcürden aus dem Wti/i-
sche, dass du 'Niemanden verzeihest, deine Milde hinter-
treiben , da solche Leute sich sogar unter denjenigen ,
denen du selbst verziehen hast , finden ^^ IJei einer unbe-
fangenen Prüfling dieser ganzen Stelle erkennt man leicht,
dass Cicero den C.'isar im Anfange liberhanpt als einen
von Natur ans mililen nnd von jeder Regung der Grau-
samkeit freien Sieger bezeichnet; sodann denselben nicht
nur als einen von Natur ans milden , sondern auch als
einen fiir fremde Einfliisternngen unempfänglichen fllann
darstellt. Der letztere Gedanke wird in seine Bestand-
theile zerlegt , inwiefern die Anreizungen zur Grausam-
keit theils von den Siegern, d. h. den Anh.'ingern Cäsar's,
theils von den Besiegten, d. h. den ehemaligen Fonipc-
jauern ausgehen können. ^ on den Letzteren werden dann
wieder diejenigen besonders hervorgehoben, denen Cäsar
ihre Anhänglichkeit an die Sache des Ponipejus verziehen
hatte. Sonach ist in der ganzen Stelle das Fortschreiten
vom Allgemeinen zum Besonderen unverkennbar. Wenn
nun Hr. B. bemerkt, dass die Worte: Quam multi essent
— misericordem^ unbeschadet des Zusammenhanges gänz-
lich entbehrt werden können, da, nach des Qnintilinn
richtiger Bemerkung, sich deren Inhalt ans dem Yor-
hcrgehenden von selbst ergebe; so können wir demselben
in Erwägung dessen, was wir soeben angeführt haben,
unmöglich beistimmen. Denn dass derjenige, welcher von
Natur aus mild ist, desshalb noch keineswegs für die
Reizungen derer , die ihn zur Grausamkeit verleiten
wollen, unzugänglich zu sein braucht, bedarf keines Be-
weises. Dieser letztere Gedanke aber wird von Cicero
mit den von Hrn. B. verdächtigten Worten ausgeführt
und dadurch Cäsar nicht nur als von Natur aus mild,
sondern auch als ein in seiner Milde beharrlicher ^Sieger
verherrlicht. Was nun das Zeugniss des Quintilian an-
betrifft, so wollen wir uns bei der Prüfung desselben
nicht weiter auflialten, da demselben lir. B. zur Begrün-
dung seiner Vernjuthnng eine nur untergeordnete Gel-
tung einzuräumen scheint, da er sagt: Aas den Worten
Quintilian's scheint diess (dass die ganze Stelle ein
Einschiebsel sei) fast deutlich hervorzugehen. — Ebenso
wenig ist mit Hrn. B. auf die Auslassung der '\Vorte :
Quam multi — reperiantur in der Dresdener Handschr.
grosses Gewicht zu legen; da der gleiche Anfang zweier
unmittelbar auf einander folgenden Sätze: Quam multi,
leicht den Abschreiber zur Uebergehung des einen Satzes
veranlassen konnte. — Dass endlich Cicero, der doch
sonst in der Rede mit dem Lobe Cäsar's so freigebig ist,
gerade diejenige Eigenschaft Cäsar's, von der am aller-
meisten der günstige Erfolg der Rede abhängig war , so
oberflächlich sollte angedeutet haben, als Hr. B. annimmt,
ist durchaus unwahrscheinlich.
^. 21. S. 4{. in der ersten Zeile ist der Druckfehler
quidem statt quidam zu berichtigen. j^. 1>2- bemerkt
Hr. B. , dass zu den Worten: no?t 7ninus magtium est,
das vorhergehende crimen nicht füglich ergänzt werden
könne. Wir stimmen Hrn. B. bei, fügen aber noch zur
Begründung dicserErklärung hinzu, dass, wenn zu tion minus
magnum est das Wort crimen snpplirt werden müsste, dieses
im Vorhergehenden nicht hätte ohne einen Beisatz, wie
etwa magnum , stehen können. §. 23- bezeichnet Hr. B.
die Worte: patrem suum als im Texte eingeklammerte,
ohne dass sie in den Text aufgenommen worden sind.
§. 25. lässt Hr. B. mit der Erfurter Handschrift das
Pronomen liaec aus in den AV'orten: Quatu est hnec
ergo apud Caesarem querela , cum eum accusetis , a
quo queramini j)rohibitos esse vos coittra Caesarem gerere
bellum? nnd sagt in der Anmerkung: Diess (haucj ist
nicht einmal passend, da Cicero nicht eben fragen Iconttte:
Ji as ist diess also für eine Klage beim Cäsar? sondern
vielmehr: Was soll also eine Klage beim Cäsar? tcas
nur heissen kann: Quae est ergo apud Caesarem que-
rela? Ref. glaubt haec mit der Alchrzahl der Handschr.
beibehalten zu müssen und findet darin eine Hindeutung
auf den folgenden mit cutn beginnenden Satz. ^. 2Ö.
vcimiifhet Hr. B. , dass in den Worten: Quotus entui
rjuisque istud fecissel , tit a quibus partibus in dissen-
sione civili non esset receptus , essetque etiam cum cru-
delitale rejectus , ad eos ipsos rediretl das AVort parti-
bus, das allerdings in einigen Handschi iftcn fehlt, ein
Glossen! sei , und liis.st es desshalb im Texte ans. Wir
bflialten partibus bei und ergänzen aus demselben zu
ad eos den Begriff Parteigänger. Dieser üebergang von
purtiius zu ad eos niag den Abschreibern missfallen und
die Auslassung des partibus veranlasst haben.
§. 30. ist der Druckfehler cogitavi in cogitavit zu ver-
äiulern. In demselben Paragraphen ist nach dem Worte
posthac das Zeichen der Aposiopese zu setzen. lu dem-
selben ^'aragraplieii erwarteten wir eine Belehrung über
den von Hrn. B. folgendermaassen ronstituirten Text:
Legatus ante bellum profectus , relictus in pace , hello
oppressus , in eo ipso non acerbus , totus animo ac stu-
dio tuus. Hier hat Hr. B. nach Orelli's ^'organge weder
eliainsi, was der Erf. Cod. darbietet, noch tametsi, was
sich in sieben Handschriffpii vorfindet, vor totus in den
Text aufgenommen. In den kurz darauf folgenden Wor-
ten: Ad Judicem sie agi solet: sed ego apud parenteni
loquor, hat Hr. B. agi solet, sodann ego eingeklammert.
Wir hoffen, dass Hr. B. bei einer neuen Ausgabe seine
Verdächtigungsgründe nicht mehr gelten lassen wird. Auf
die Lesart: Erravit , temere fecit , poenitet , die neuer-
dings auch von IMadvig aus Handschriften nachgewiesen
worden ist (vergl. Klotz I. Band, S. 97 der Vorrede),
musste von Hrn. B. mehr Rücksicht genommen werden,
als geschehen ist. Hr. ß. hat nämlich die gewöhnliche
Lesart: Erravi, temere feci, poenitet beibehalten, ohne
zu bedenken , dass diese Lesart gar nicht in den Zu-
sammenhang passt. Denn Cicero als der Vertheidiger
des Ligarius konnte nnmöglich sagen: Erravi, temere
feci, poenitet, sondern er musste, inwiefern er wenig-
751
752
slcns fheilweise die Schuld des Ligarius piiiffestand ,
sagen: Erravil , temere /ecit , poenilet. Diesem Geständ-
nisse »idersprechen keineswegs die unmiHelbar darauf
folgenden Worte: ad clementiam luam cottfugio , delicti
veniam peto, ut ignoscas, oro. Denn der Vertheidigcr
kann die Siliiild des Angeklagten eingestehen, dann aber
innss er sich im IVanien des Angeklagten bittend an den
Richter «enden; was hier durrh die zuletzt angeführten
■\Vorte angedeutet wird. Dass nun der Wechsel der Sub-
jecte leicht einen Absclireiber zu der Aendernng : Erravi,
teineiT feci , poenitet , veranlassen konnte, sieht Jcder-
imnn oiine Schwierigkeit ein. Als übereilt erscheint die
Teruuitliniig des Hrn. B. , dass Ligario in folgenden
Worten Jj. .51. zu streichen sei. A/i sperandi Ligario
causa iion sit , cum mihi apud te locus sit eliam pro
altera deprecandi^- Hr. B. beruft sich theils auf die
Dresdener, Kölner und eine Oxforder Handschrift, weU
clie Ligario auslassen, theils auf das folgende allero ,
in welchem er keine Hindentnng auf Marcellus , sondern
auf Ligarius findet. Dem Unterz. scheint Ligario mit
der Mehrzaiil der Handschriften beizubehalten und der
Inhalt der Stelle folgender: Sollte Ligarius keinen Grund
zur Hoffnung haben , da es mir gestattet ist , nicht nur
für mich , der ich mich doch mit Ligarius in demselben
Falle befunden habe, sondern sogar für einen Andern
dich zu bitten? — In diesem Falle ist allero dann all-
genieiii zu fasseu. Ebenso halten wir in den unmittelbar
folgenden W^orten : Quamquam nee in hac oratiune spes
eat pnsita causae , nee in eorum studiis , qui a te pro
Ligario petunt , tui necessarii, wo Hr. B. bloss mit der
Erfurter Handschrift liest ratione statt oratio?ie, den
Grund, den Hr. B. für seine Abweichung von der ge-
tvohnlichca Lesart anführt, für unzureichend. Hr. B.
erklart zunächst, dass in hac ratione bedeute: darin, in
diesem Umstände ■ nämlich in dem mit folgenden Worten
angedeuteten: cum mihi apud te locus sit etiam pro al-
tera deprecandi, sodann meint derselbe, dass oratione,
w ciches die Herausgeber erklären durch : qua ulor in
deprecando pro Ligario, gar nicht einmal passend zu
sein scheine, da hier gar nicht die Rede von einer oratio
sei. Wir entgegnen hierauf Folgendes: Sollte Ligarius
Iceinen Grund zur Hoffnung haben, da ich sogar für
einen .andern dich bitten darf? Obgleich unsere Hoffnung
weder auf einer solchen Rede, welche den J5. ijl). ent-
haltenen Horten: Krravit , l. f., p. : a. c. I.e., d. v. p.,
u. i., oro ähnliche Aeusserungen enthalt, noch auf den
Bestrebungen deiner Freunde, die dich für den Ligarius
bitten, beruht. Vielmehr deruht meine Hoffnung auf der
Erfahrung^ dass bei dir mehr vermag die Heraaksich-
ttgung der Gründe, aus welchen man dich für Andere
bittet , als die Mienen der Bittenden und die Erwägung
des freundschaftlichen Verhältnisses, in dem der Bittende
zu dir steht, und dass du den grössten Einßuss auf dein
Lrlheil denjenigen gestallest, quorum justissimum videas
dolorem in petendo. Beiläufig erinnern wir, dass Hr. B.
den Inhalt der letzten Worte speciell gefasst hat, wenn
er denselben folgenilcrmaassen angibt: Es rühren also
diejenigen dich am meisten , deren Schmerz , von dem
Gegenstände ihrer innigen Anhänglichkeit gelrennt zu
sein , am gerechtesten erscheint. In derselben Anm. hat
Hr. B. aus dem Bestreben nach Kürze den undeutsehen
Ausdruck: der zu Verzeihende gebraucht, g. AS. hätte
Hr. B. in den Worten: Videsne igitur hunc splendorem,
omnem hanc Brocchorum domum , hunc L. Martium ,
C. Caesetium , L. Corßdium , hosce omnes equites Ro-
manos, qui adsunt veste mutata, non solutn notos tibi,
verum etiam probatos riros, qui tecum fuerunl% die
Lesart des Cod. Erf. omnium aufnehmen und mit splen-
dorem verbinden sollen, da, wie Klotz richtig bemerkt,
hunc splendorem zu kahl stehen würde unil rhetorische
Gründe das folgende hanc an die Spitze des Satzgliedes
verlangen. In demselben Paragraphen S. (iö. in der ersten
Zeile ist nach irascebamur ein Komma zu setzen.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Berlin. In der Sitzung der philosophisch - liislorischen
Classe der Akademie der Wissenschaften am 10. Juni tlieilte
Hr. Böckh eine Entdeckung des Dr. Franz auf dem Gebiete
der griechischen Epij^raphik mit. Es ist bekannt , dass eine
Abschrift des vom Kaiser Aiigustus hinteilassenen Verzeichnisses
seiner Thaten (Sueton. Aug. fin.) in den diesem Kaiser geweih-
ten Tempel in Ancyra übergegangen ist. Entdeckt wurde dicss
Monument (Monuiiienlum Ancyrannm) im J, 1554 und Chisbull
liat es in seinen asiatischen Allertluimern am vollständigsten
herausgegeben. In Apollonia in Pisidiew (jetzt Oluburhi) hatte
Aninlell drei griechische Fragmente gclundcD, von denen jedes
die Spuren einer durch grossere Buchstaben ausgezeichneten
Ueberschrift enthalt (Discov. in Asia minor. Vol. II, pag 4:6).
Wahrend der Constituirung des Textes bemerkte Dr. Franz,
dass diese Fragmente ein Thcil des Monnmentum Ancyranum
seien. Sie fallen auf den Anfang und die Mitte des lateinischen
Originals, wahrend die bei Porocke zum Schlosse defsellien ge-
boren. Wahrscheinlich ist es, dass die griechische Tebersetzung
des genannten Monuments in Appollonia dieselbe Quelle mit
der in Ancyra habe. Es ist als sicher anzunehmen, dass das
Monument bald nach dem Tode des Augustus und bei Lebzeiten
der Livia gesetzt worden ist.
Jena. Nach dem Verzeichnisse der Stndirenden für das
Sommer-Semester beträgt die Anzahl derselben 436, also 20
mehr, als im verwichenen Winter. Davon gehören 217 dem
Inlande , d. h. den sächsischen Hcrzoglhiimern an, fiir welche
die ('iiiversität Landesnniversität ist, und 219 dem Auslände,
ein Verhält niss , wie es sich seit linger Zeit nicht so günstig
herausgestellt hat Die Aufbebung des, wenn auch nur beding-
ten-Verbotes von Seiten Preussens hat bereits dazu mit beige-
tragen und wird es ferner.
Verbesserungen iu der Abhandlang über die Beschrei-
bung der Bnrg von Alexandria bei Aphthen. 12-
183'J. Kr. 48 f.
S. 378. Z. 6. lies manieririe.
n » » 10. und 11. von unten: lies bewehren u. lewehrt.
» 380 » 4. v. u. : fkonntenj.
» 366 » 2. v. u. : als Gibbon und oberd. Nacbspr, G.
i> 387. Nach von Schubert in seiner Beschreibnng Alexan-
dria's im ersten Bande seiner Heise nach Aegyptcn etc.
kann die Pompej{issaule uns nicht bei Bestimmung
der Lage des Museums nützen.
Zeitschrift
für die
Alt er thumswissen Schaft.
Freitag, 9. Jugust
18 39.
Nr. 95.
IVI. TuUii Ciceronis Orationes selcciae. Von Beneclce.
( B e s c li 1 n s s. )
Was Hr. B. §. 38. üLer den Gebrauch des doppelien
aut bemerkt, bedarf der Berichtigung. Denn dass die
Behauptung', aut werde allemal doppelt gesetzt, »enn
der Gegensatz ausächliessend sei, so dass beiile St'icke
gleichen Werthes .'seien , und nicht mehr als eins statt-
finden könne, und jedes dritte ansgesrhlossen sei, be-
srhr.'inkt «erden miisse , beweisen Steilen, wie Cic.
Tusc. I. §. 1 : Quum defensinnutn Inhoribus Senatoriis-
que muneribus aut omnirio , aut magna ex paite esseiii
aliquarido Uberatus , i'etuli me . , . . ad . . studia etc.
In demselben Paragraphen erklärt Hr. B. die Beibehal-
tung des te als nothwendig vor dem Worte daturum in
der folgenden Stelle: tantum te admonebo, sti Uli absenti
salutem dederis , praesentibus liis oiniiibus te daturum;
obgleich das letzte te in der Erf. Handschr. a. m. pr.,
8owie in einer Oxforder fehlt. Y\i. B. erklärt nämlich,
dass das Pron. person. beim Infinitic meistens nur dann
ausgelassen worden sei, wenn die Einerleiheit der Per-
son im abhängigen und regierenden \'erbum stattfinde,
oder der Satz im Inhnitii' mehr allgemein aufgefasst wer-
den solle. Gegen die letztere Ansicht verweist Ref. auf
die Rede pro Dejotaro j§. 24: Addit etiam illud , erjui-
tes non optimos misisse tibi nämlich euni i. e. Dejotarum.
Was nun aber die Auslassung des te an unserer Stelle
betrifft, so hält dieselbe Ref. durch Beispiele, wie das
bei Cic. de N. D. I. ist, für hinlänglich geschützt:
Puderet me dicere non intelle.visse , wo die Auslassung
des me vor intellexixse durch das kurz vorhergehende me
entscliuldigt wird; ebenso, wie an unserer Stelle die
Auslassung des te vor daturum durch das bei admonebo
stehende te. Ycig\. übrigens mit der Stelle pro Dcjot.
Virg. Aen. II. v. Vö : Huc se provecti deserto in litore
condunt (Graeci). 'Sos abiisse (eos) rati et vento petiisse
Mycenaa.
Doch wir wollen die Aufmerksamkeit der Leser die-
ser Blätter nicht länger ermüden. Bevor wir indess von
der gründlichen Arbeit des Hrn. ß. Abschied nehmen,
können wir nicht umhin , auf die Zweckmässigkeit der
den einzelnen Reden vorgesetzten Einleitungen, die mit
wenig Worten das AVichtigste, was zum allgemeinen
Verständniss der Reden gehört, zusammenfassen, auf-
merksam zu machen. Ebenso können wir es nur billi-
gen, dass der Hr. Herausgeber jeder Rede eine Ucber-
siclit des kritischen Apparats vorangeschickt hat ; doch
hätten wir es gern gesehen, wenn Hr. B. , wenn auch
nur mit wenig AVortcn, sich über ilcn Werth der ein-
zelnen Handschriften ausgesprochen hätte, so aber hat
sich Hr. B. damit begnügt, die sänimtlichcn verglichenen
}lnndschriften im Allgemeinen in sorgfältig und in nach-
lässig verglichene zu scheiden. — Der Index weist ziem-
lich vollstäuilig auf das in den Anmerkungen Bespro-
chene hin. Einige Nachweisungen haben wir indess
vermisst, und wir führen zur Ergänzung des Index Fol-
gendes an.
S. 230 u.iter dem Artikel: Adverbium ist der S. 107
zu der Rede pro Dejot. §. 17. besprochene Fall, wo
das Adrerbium des Orts noch durch den Ablativ eines
Substaut. näher bestimmt wird, einzuschalten. S. 233
ist zu dem Worte esse die S. 110 über die Verbindung
des esse mit dem Adverb, niitgetheilte Bemerkung nach-
zutragen. S. 23Ö niusste unter dem Artikel: fraeposit.
auch auf S. 110 hingewiesen werden, wo über die Aus-
lassung des in vor dem relativen Pronomen, wenn die
Präposition bereits vor dem Pron. demonstr. gestanden
hat, gesprochen wird. S. 2)0 unter Pronomen, ist die
Ilinweisung auf S. 74, wo von der Auslassung des per-
sönl. Pronomens in der Constrnction des Accus, mit dem
Infinitiv gehandelt wird, einzuschalten. S. 237 ist unter
Tarnen nicht auf S. 26, wo Einiges über die Hinzu-
fngnng de» tarnen zu dem Pron. relativ, bemerkt wird,
Rücksicht genommen worden. — üeber tantus vgl. S. 32.
Ferner fehlt unter ut die Nachweisung iler Stellen , an
denen ut wiederholt »vird. Vergl. S. 37. — Unter saepe
konnte auf den besnnilern Gebrauch dieser Partikel in
der Rede pro Dejot. §.7, zu welcher Stelle wir eine
Anmerkung ungern vermissen, aufmerksam gemacht wer-
den, mit den AVorten der angeführten Rede: pro mul-
tis saepe dixisli, wo pro multis saepe bedeutet: pro
multis, pro alio alio tempore vergl. Cic. Tusc. I. c. 30.
JJ. 74: Quum — causam justam Deus dedei-il, ut tunc
Socrati, nunc Catoni, saepe inultis: nae ille — vir sa-
piens, laetus ex Ins tenebris in lucem illam excesserit.
De Orat. II. c. 18. §• 75.
Schliesslich erlauben wir uns den aufrichtigen Wunsch
auszusprechen, dass Hr. B. Zeit und Willen haben möge,
uns recht bald mit einer gleich tüchtigen Bearbeitung der
übrigen Reden Cicero s zu erfreuen. Wir glauben den
geehrten Herrn Herausgeber im Voraus des Dankes ge-
755
456
rciftcr Sriiülcr und iIorjoni<;eii .Scliiilm.'iiiiipr , denen zur
.Saiiimluiijj des zur Erkl/lruiig der Kpdon Citcro's iiöthi-
gon Material» dio Zeit gebricht, vcrsiiliern zu kiinaen.
Trzemcszno im Juli 1S30.
Dr. Friedlich Schneider.
l'hllolo^isclics in den Progr.iminon der badiscl\en
Gelehrten -Schiilen 'u\ den Jahren 1837 und 1838.
Die in Deufsclil.ind allgemein ge«ordi'ne und beson-
ders durch die königlich prcussische Regierung befestigte
Sitte, dass die Programme der Gelelirten- Schulen niif
einer iiissenschaftlichen Abhandlung <lps Dircctor* oder
eines Hauptlelirers ausgestattet «erden, hat auch in der
neuen badischen S(u<lienordnung wenigstens theiliveise
eine Sanction erhalten. Der ^. o4. der ^'erordiuing über
die Gelehrten- Schulen Badens sagt n.'lnilich S. 44: „Es
sollen in der Hegel die Prograninic der Lvceen eine
kurze wissenschaftliche Abhandlung enthalten, «eiche in
der Regel, und «o ilie !Natur des Gegenstandes nicht
den Gebrauch der deutschen Sprache rathlich macht, in
lateinischer Spraclie abgefasst sein soll. Dasselbe kanti
auch bei (iymnasicn geschehen. Sie wird vom Dircctor
oder von einem Lehrer geschrieben , und von dem \er-
fasser dem Dirertor vor dem Drucke vorgelegt." *)
Zwar ist es, wie Niemand l.'iiiguen wird, wunderlich,
wenn man in diesem Punkte einen wesentlichen Unter-
schied zMischen Gvmnasicn und Lyceen macht, da der ganz
unwesentliche l iiterschietl von beiderlei Anstalten leilig-
Jich in der, eine Classc betragenden, grosseren Ausdeh-
nung der Lyceen besteht ; wunderlich ist es ferner, wenn
man einer bindenden Vorschrift durch den Zusatz ,,in
der Regel^^ ihre bindende Kraft genau genommen als-
bald wieder nimmt. .-illcin man konnte mit der Vor-
schrift zufrieden sein, voraussetzend, dass jede Gelehrten-
Schale, ganz besonders aber die Lyceen, durch die
31ildc dieser Uestimmung zum lebendigeren Gefühle einer -
moralischen ^'üthigung gebracht würden. Dass auch die
höchsten Regierungsbeauitcn die Sache so ansahen, weiss
Referent ganz bestimmt aus dem IMunde eines badischen
Staatsmannes, welcher dem gesammtcn Unterrichiswcscn
eine besondere Aufmerksamkeit schenkte und eben in
diesem Punkte der iMeinnng war, die Obliegenheit der
Abfassung wissenschaftlicher Abhamllungen werde dio
Regierung der etoa vorhandenen untüchtigen Directoren
durch freiwilliges Zurücktreten derselben entledigen. Dicsß
Ausjclit «ar auch allerdings sehr natürlich, ila man von
der za gleicher Zeit in Karlsruhe errichteten Obrrstu-
dienbehörde , in welcher Kürcher uud Zell das Ilaupt-
referat erhielten, erwarten durfte, sie werde auf diesen
') Diese letzte Bcstiniinung halten wir für einen MissKriff.
Selbst wenn die Directoren durch geistige und wissen-
schaftliche SuperiorilJt über den gesammtcn Lcinern ste-
hen (was jedoch im Allgemeinen in Baden niclil der lall
la), cnlbält die L'ntrrwcrfun;,' unter eines Einzi-^vn Ur-
lheil in Saclifii dci (".clstcs eine Unwürdi-^keil. Mal da-
gegen das Lehrer- CoUegium zu erkennen, so ist dicss
gar niclit der Falb
Punkt einen ebenso grossen Nachdruck legen, als es die
Sache an und für sich verlangte und das vorausgegan-
gene Beispiel der preussischen Regierung an die Hand gab.
Diese Erwartungen wurden jedoch getauscht, indem
in den Jahren 1,S:{7 und 1,S38, d. h. in den zwei ersten
Jahren seit Einführung der neuen Studienordnung und
seit Errichtung des Obetstudienratlics , wo miiglich noch
weniger ii issenschafiliche Abhandlungen in den Schul-
programmen erschienen sind, als diess früher der Fall
war, ila die beiden Kircheusectionen die Gelehrten-
Schulen regierten. Denn im Jahr 18J7 hat unter den
4 Lyceen zu Constanz, Rastatt, Karlsruhe und Mann-
heim imr das in letztgenannter Stadt eine gelehrte Ab-
liandlung geliefert, nnter den (i Gymnasien zu Freiburg,
Donaueschingen, Offenburg, Bruchsal , Heidelberg und
Werlheim nur eins, n,'imlicli Wertheim. Im Jahr ISJS
trelTen wir in den Programmen der 5 Lyceen zu Constanz,
Rastatt, Karlsruhe, Mannheim und Heidelberg drei \U-
handlungen, nämlich aus Constanz, Mannheim und Hei-
delberg, in den Programmen der 5 Gymnasien zu Frei-
burg, Donaueschingen, Off'enburg, Bruchsal und Werl-
heim durchaus keine einzige Abhandlung. Also, statt
von '2'2 Abhandlungen aus den Jahren 1837 und 1838
sprechen zu können, sehen wir uns auf _/■«/(/" reducirt ,
die wir nun hier kurz charakterisiren wollen, obgleich
genau genommen nur zwei oder drei derselben in das
Bereich dieser Zeitschrift gehören.
Mannheim 1837: Das grossherzogliche Antiqnarium
in Mannheim. I. Beschreibung der 87 meistens
römischen Denksteine. Von Ilofrath Griiff, alter-
nirendem Diri'ctor des Lyceums. VI unil 44 S. 8.
Herr Griiff, der hier zum erstenmal vor der gelehr-
ten AVeit auftritt, will durch sein Schriftchen dazu bei-
lragen, die Theilnahme und das Interesse an antiquari-
schen Studien zu erhalten und zu beleben, «odurch der
Geist besonders jüngerer Sludlrenden eine Richtung er-
halte, die ihn zu einer edel erheiternden Besch.'iftigung
mit der denk» ürdlgen Vorzeit hinführt. AVenn also auch
nicht die der Alferthumswissenschaft angehöremle objective
■Wichtigkeit der Sache die Herausgabe dieses Schriftchens
empfehlen «ür<le, so verdiente doch auf jeden Fall die
passende AVahl dieses Gegenstandes zu einem Schulpro-
granime volle Anerkennung. Das Antiquarium in Mann-
heim, aus diesen 87 Denksteinen und einer Anzahl an-
derer antiquarischen Gegenstände bestehend, unter denen
sidi namentlich 14 etrurischc Sarkophage befinden, wurde
im verflossenen Jahrhundert, besonders unter der Thätig-
keit der ehemaligen pf.'ilzischen Akademie der Wissen-
schaften begründet und bereichert, kam 18Ü5 als Ge-
schenk der Stadt an ilen Grossherzog Karl Friedrich
von Baden und wurde 180') dem l>Ianulieimer Lyceum
zur Benutzung übergeben, so dass die stndireuden Jüng-
linge dieser verdienten Anstalt durch die in Rede stehende
Beschreibung den besten ^Vegueiser zur Besihaftlgung
mit dieser Sammlung erhalten haben, die ihnen, als zu
ihrer Bildungsanstalt gehörig, jeder Zeit oflcn steht.
Vor der .Vufzahlung und Copirung der 87 Steine hat
757
758
Hr. HofraOi Cräff' eine ans 7 Ä'umcrn bestehemle Ucbcr-
»iilit tlor Fuiidorfe voraiisgesrliickt, welclie das laiidsrliaft-
liflie Interesse um so mehr reizet, als diese Fiiiidorte
uiilit bloss in das Grosslicrzogthiim Baden, sondern auch
naeh Wärteinberg , in das Grossherzogtlinm Hessen, die
Rheinlnnde , und in ztvci Kreise liai/erns fallen. In der
Bcsrhreibung der Einzelnen gibt Hr. G. einfach genau
die Inschrift mit den von Früheren oder von ihm selbst
gtanimenden Erkliirungen und Ergänzungen, und verweist
kurz auf den in grösseren Werken sicli lindenden Auf-
schluss, besonders auf das Inscripfioneniverk von Gruterus,
wobei «ir die Benutzung von Oretli's CoUectio, die viel-
leicht manchmal mehr Aufschluss gegeben hatte, ungern
vermisst haben. Die meisten dieser Inschrift<'n sind übri-
gens leicht, und wo sich Schwierigkeiten darbieten, haben
dieselben gewöhnlich io der ^'erstümmelung ihren Grund.
Hierher gehört Nr. 3., wo die 5. Linie nicht leicht ganz
wird gelesen werden können. Sio heisst nämlich E31.
VII. A — N, wobei wir unter ^'crgleichung von Nr. 41.
und 71. an die Alae Equttum denken würden. Bei
Nr. 39. würden wir vorschlagen , FIL in der zweiten
Linie filio za lesen und aus dem in der dritten Linie
folgendenden BFIUS conjectando einen Namen zu bilden,
etwa Viltius, wie Nr. 54. Bei Nr. 42. spricht der Her-
ausgeber fälschlich von einem Nagus, da in der Inschrift
von einem Coinugus die Rede ist. In Nr. 52. ist von
der ersten Cohorte der Iturüer die Rede, und Hr. Griiff
Terweist auf Slraio und Cellarius in der alten Geogra-
phie; er hatte nicht unterlassen sollen, auf das Bell.
African. Kap, 20- z" verweisen, wo bereits von solchen
die Rede ist; die Ittjrüer, ein arabischi-r Volksstamui in
Coelesyrien jenseits des Jordans, waren als t<ifh(ige Bo-
genschützen bekannt; vergl. Voss zu Virgil's Landban II.
488. S. 42(1. Bei Nr. 55. wird wohl in der 2. Linie
F. nicht filius, sondern filia zu lesen sein. In einer
ohne Zweifel bald nothig werdenden zweiten Auflage
würde der Hr. Verfasser bei Nr. 6. (ein Mithrasbild)
besser thun , den IMithrasdiensi und dessen Verbreitung
kurz zu schildern, als auf andere Werke zu verweisen,
die nicht Jedem, am wenigsten den Reisenden zur Hand
sind. Auch wünschen wir bei einer Wiederholung des
Druckes eine grössere Correctheit der Sprache beobach-
tet; denn vom Gegentheil finden sich jetzt gar manche
Spuren, die das Schriftchen auf keinen Fall zieren.
Heidelberg 1S3S: Anliquarii Crenzeriani numos vetcres
Romanos familiarum impcratorumque usque ad Gor-
dianuni I. recensnit /. A. Brummer, Lvcei Ileidelb.
Prof. h. a. Director, 51 S. 8.
Hr. Br. hatte bereits im Programm des heidelb. Gym-
nasiums von IS.jfi die Beschreibung des Antiquarii Cren-
zeriani — einer Stiftung von Creuzer's Schülern — damit
begonnen, dass er auf 32 S. die l.jO zu jener Sammlung
gehörenden Münzen griechischer Stämme und S(ädte *),
*) Bei Nr. 141. sagt Hr. B. : rjui si.il Lcuhcnaci nie m-scirc
fatcor. Ich weiss es aiicli nicht; iiulcsson limle ich es
niclit unniüglich, dass die Bewohner der ital. Stailt Luceria
so genannt werden konnten.
sowie anderer Völkerschaften des \lterthums ganz kurz
in der Art verzeichnete, dass er bei jeder iMünzc die
Stelle bei Eckliel , Mionnet, Rasche u. A. angibt, wo
man sie beschrieben und abgebildet findet. In der ni'im-
lichen Weise zahlt nun das Programm von 1,S 5S die 202
Stöcke römischer JSldmeu eben derselben Sammlung auf.
Es sind fast ohne Ausnahme nur bereits bekannte Mün-
zen: ihre Beschreibung durch die bereits erwähnten Ci-
tate , worin die Hauptmühe des Verfassers bestand, hat
also für den Gelehrten und die Wissenschaft keinen be-
sondern Wcrtli , desto grösseren aber für junge Freunde
der Numismatik und für die studirenden Jünglinge iu
Heidelberg. Denn mit diesem Index in der Hanil kön-
nen sie sich ganz leicht in die ganze Sammlung finden
und auf solriic Weise ihre numismatischen Studien an-
genehm und lehrreich beginnen. Uesshalb verilient auch
IFr. Prof. Brummer für seine viele Blühe den wärmsten
Dank und volle Anerkennung. Unangenehm war es
übrigens dem Ref., die wenigen lateinischen Sätze, welche
Hr. Br, seinem aus Citaten bestehenden Index voraus-
schickt, ganz ungeschlacht und holperig finden zu müs-
sen, gewisserniaassen ganz entblüsst von aller Gefällig-
keit und dei!' so wichtigen color latinus. Recensent hat
dabei an manche andere Fälle zurückgedacht, wo ihm
BL'inner von gründlichen Studien begegneten, die dennoch
nicht halb so gut Lateinisch schrieben, als Andere, die
bei weiten keine so gründliche Studien gemacht hatten,
Diess ist ein wahrer Fluch des übertriebenen Gramma-
tisirens, und zum Theil auch eine Frucht des ewigen
Peiisa- Corrigirens , das olFcnbar auch auf Hrn. Br. lastet,
der sich über Mangel an Müsse beschwert, da er doch
in jeder Woche nur Ki Stunden Unterricht gibt. Selbst
über die Correctheit einzelner Ausdrücke liesse sich viel-
leicht rechten ; auf jeden Fall schreibt man aber nicht
liebdoma/em, sondern hebdomat/em.
Mannheim 1838: Rede des heiligen Basilius, des Gros-
sen, an chMstlichc Jünglinge, über den rechten
Gebrauch der heidnischen Schriftsteller ; übersetzt
und erläutert von Friedr. 4ag. Nässlin.
Herr Geh. Hofrath Niisslin hält seine Uebersetzung
dieser Homilie für ein zeitgemässes Unternehmen, da
,, selbst iu uiiseru jüngsten, so aufgeklärt gepriesenen
Tagen dieselbe IMeiiiung, welche Basilius bekämpft, mit
naiver Zuversicht von neuem aufgetreten sei , um alle
lichtscheue Hörer mit glühendem Hasse gegen das grie-
chische Heidenthum zu erfüllen." Des Basilius Worte
lioziehen sich nämlich auf ilie Meinung, als müsse die
Beschäftigung mit den heidnischen Schriftstellern für die
Sitfon und den Glauben der christlichen Jugend in den
gelehrten Schulen gefährlicli werden. Obgleich nun
Hr. N. erklärt, es sei äusserst leicht, diese in unserer
Zeit neu aufgefrischten Anklagen , die er für längst ent-
kräftet hält, zu widerlegen, so müssen wir ihm olTeu
widersprechen und drei Behauptungen entgegen stellen,
nämlich :
1) der li. Basilius selbst hat diese Bleinung in dieser
Homilie nicht bloss nicht entkräftet, sondern sogar in-
direct bestärkt;
759
760
'>) iiocli i;ar \ieman<lcm ist es ge\un^ci\ , tliesc !>Ioi-
niiii;; zu « idiTlcjjpii ; und
^) .Tiali Hrn. X. «in! es uie {gelingen, diese Hleiiiiing
zii " iderli'-jcii.
>Varuiii iliess Alles? Aiitivorf: ire»7 die Wahrheit nie
tciderlegt irerden kann.
Der li. Dasiliiis sa-jt S. 3, die Jünglinge sollen den
llei(lni^lllell Si lirift^ileilern der Griechen das Steuer ilirer
Geilanl>.en nicht unbedingt anverirauen ; er unterscheidet
S. 5 streng znischen dem Zulässigen und Unzulässigen
der griechischen Dichter, mahnet S. 15, «len ülick da-
lici unrcrn endet nur auf das IN'iitzIiche zu richten, und
benierlvt S. (■: ,, darum müssen »ir die Seele mit aller
Aufmerksamlceit vor den büscn Eindrücken heuahren,
«elrhe sie mit dem Wohlgefallen an den Reden wie
Jene , die das Gift mit dem Honig einsaugen , unver-
merkt in sich aufnehmen könnte." Ebenso äussert er
sich über Geschichtschreibcr und Redner und iiarnt ohne
Aufliüren ror dem schädlichen Gifte dieser heidnischen
.Alten, bei «eichen manchmal von Dingen die Rede sei,
die man selbst von nnvernünftigen Thieren nicht ohne
£rriithen er/.'ihlen könne (S. 6)- Wenn er dann auch
S. II bemerkt, dass fast Alle unter jenen heidnischen
Schriflstollcrn , die ici'-klicli einigen Namen durch Ueis-
licit erlaiic;! Italien, mehr oder minder , jeder nach Kräf-
ten , in ihren Jjchriften die Tugend zu verherrlichen
pllegten, so « iderspricht diess dem ^'orhergesagten kei-
nes» egs; denn gerade in den Resfrictionsworten „die
trirklich einigen Namen durch Weisheit erlangt halien^^
liegt eine «iedirlioKe Warnung vor jenen Schriftstel-
lern im Allgemeinen, und die Reservation, die Ge-
nialsten derselben aus der Liste zu streichen. Wenn
ferner Basilius S. >) behauptet, die ganze Dichtung des
Homeros sei ein fortlaufender Lobgesang auf die Tugend,
so «iderspricht *) er sich selbst, indem er S. ß sagt:
,,Ani aller-i enigsfen «erden « ir den Dichtern Gehör geben,
«enn sie etwa von den Göttern, zumal «enn sie von
denselben, nie wenn derer Viele waren, reden, die nicht
einmal einig sind. Lebt ja bei ihnen der Bruder mit
dem Hruder, der Vater mit den .Söhnen in Unfrieden,
und führen diese «ieder mit ihren Erzeugern nnange-
küniligt Krieg. Ihre ^Vrgehungen in der Ehe; ihre
Liebesereignisse und öllentlichen ^'crbindungen , zumal
des Höchsten und des Oberhauptes, wie sie selbst sagen,
des Zeus: diese Handlungen, die wir von unvernünftigen
Ges( höpfen nicht ohne Erröthen erz.'ihlen konnten, nollen
wir den .'Mannern auf der nühnc überlassen."
Heisst iliess Alles, die 31einung ilercr bek.'impfen,
■»eiche die griechischen Schriftsteller den Sitten und
dem Glauben der christlichen Jünglinge für wenigstens
*^ Dieser Wiilersprucb könnte mir d.inn einigeriiiaassrn ge-
hoben werden, wenn man, wie ISisiJius zu tliun geneigt
ist, durch die gcsiichlcstcn Allcgoricen einen Sinn in die
bomcri«cbcn (iediclitc legt, der ilincn fremd um! ilirer
noclisclicn Vorlrciriichkcit lödllich ist. Wer jciloch die
Jiuiucrischen Gedichte nur unter dieser Voraussetzung
lol/enswcrtli findet, der spricht den schärfsten Tadel , ja,
djä Todciurthcil gegen sie aus.
gel.'lhrlich, wo niclit für geradezu schädlich und verderb-
lich halten? Miminermehr ! Basilius selbst war im Gegen-
theil von dem Gef.'ihrlichen der Sache wohl überzeugt,
aber er war zugleich kein so grosser Fanatiker, dass er
alsbalil das Ganze mit Stumpf und Slvl ausgerottet sehen
«ollte, lind suchte desshalb («ir wollen ihm viel Ehre
widerfahren lassen) den beruhigenden l'ermittler zu spie-
len. AVenigstens war er nicht Fanatiker, wie Gregor
von Nazianz, der kein Hehl daraus macht, dass ihm
die Literatur der Heiilen ein Werk des Teufels sei, und
dass namentlich die Beschäftigung mit den alten Dichtern
in eine nähere Verbindung mit den Teufeln bringe.
Uebrigens waren Beide, sowohl Basilius als Gregor, ge-
rade diejenigen, welche im Gegensatze gegen die Be-
strebungen des Kaisers Julianus in das Unterrichts« esen
die nachher im Byzantinischen Reiche fortdauernde christ-
liche und mönchische Methode einführten, während /ii-
desius und seine Schüler ilie alte classischc Bildung zu
derselben Zeit aufrecht hielten und einigermaassen ret-
teten. Wie in aller AVeit lasst es sich auch erwarten,
dass Basilius in den alten griechischen Schriftstellern
nicht ungemein viel Gefährliches und Verderbliches sollte
erblickt haben, da ja gerade seine Gedanken dem bis
auf den heutigen Tag für die griechische Nation so ver-
derblichen Mönchswesen zum Grunde liegen, da, wie aus
seinen Schriften zur Genüge hervorgeht, seine Moral an
einer Aengstlichkeit und Pedauterei leidet, welche jede
freie Bewegung des menschlichen Wesens hemmet und
niederdrückt, da endlich er gerade die Gedanken des
Sclavensinnes gegen Gott sammt der daraus stammenden
Heuchelei förderte, und bei den nach seinen Vorschrif-
ten eingerichteten christlichen Anstalten auf eine Weise
verfuhr, dass alle Wahrheit völlig verschwinden musste. *)
(Bescbluss folgt.)
Personal-Chrouik und Miscellen.
Frei burg. N.icli der amtlichen VcrtiirontlichiiTig , wie sie
in diesen TaiiCD gescbcbcn, stiidiren im lauicuticn SonHiierseinester
an hiesiger Universität im Ganzen .S38 Akademiker, von welchen
247 dem Grossberzogtbuin Biilcii , 91 dem Auslände angehören.
Nach den Fächern ihrer Studien sind in dieser Gesainnilzabl
112 Tbeologeu ( .S4 Ansbinder ) , H,^ Jurisien (l5 Auslander),
102 Mediciner (30 Auslander), und 4t Sludenten der Philologie
und Philosophie (l2 Aiisl ender) — Die Anzahl der Theologen
wuric durcii das Kintrcllcii von etwa 12 Preussen vermehrt,
denen die iheologisclien Kacullaten zu Bonn und Breslau der
Hermesianischen Ketzerei wegen ein Aergerniss zu sein scheinen.
DieFreiliurger iheol. Facidtat ist freilich, besonders seit Seh rei-
ber verdrängt wurde, rein rechtgläubig; von Rationalisnuis ist
keine Spur zn finden. — An der Universität haben in der letz-
ten Zeit zalilriiclie Beförderungen in Geld und Ehren staltge-
fundoii. Warnkönig wurde zum Geh. llolVatii eriianiil. Kritz,
Fromlierz, Bucheggcr und Perleb zu Hulratiicn; der
aosscrord Prof. der Theologie Schleyer wurde Ordinarius, der
Privatdocent der Medicin II eck er cxtraordinarius. Ucberdiesa
erhielten noch viele Andere Bcsoldiingsznlagcn, z. B. D nttli nger
40011 , und Remunerationen. — Das hiesige Gymnasium soll durch
Hinzufügung eines neunten Jalirescurscs mit nächstem Spätjahrc
zum Lyceura erweitert werden.
*) Vergl. ScUlnsser's universal -histor. Ucbersicht der alten
Weil, IM. 3. l4t.
Zeitschrift
f ü r die
AI terth ums Wissenschaft
Sonntag, 11. Jugust
18 39.
Nr. 96.
Philologisches in den Proorammen der badischen
Gelehrten -Schulen in den Jahren 1837 und 1838.
(Deachlnss.)
Also (las gestellt Basilius ein: die Scliriftwerke der
heidnischen Griechen sind nicht durchaus venverllicli ; es
gibt S(>I( )ic , in denen viel Geist und Wahrheit enthalten
ist. Allein, so ftigt er alsbald l^m^u , sie müssen mit
der grösstcii Echutsanikeit gelesen tvcrden, um nicht ver-
derblich zu »Verden ; auf jeden Fall bieten sie nur einen
Schattcnriss der Tugend dar, wahrend mau die voUkom-
inenere und eigentlich recht vdllkomnicne Tugend nur
aus den heiligen Schriften der Cliristen schü[)fen und er-
kennen kann (S. 25). TVun fragen uir ernstlich: gibt
CS für die cditiones castratae Jesuitarum ein eindring-
licliercs Argument? Kann Ilr. N., wenn er solche Grund-
sätze anerkennt (ivas uir bezueifeln), den //o?'«<!MS, »vie
er ist, mit seinen Scliiilern in ^Vahrhcit lesen? Gibt es
überhaupt eine Ansicht von der Bedeutung des Alter-
Ihums und seiner Literatur, die mehr geeignet wäre,
ilem AVescn derselben den «ahren Todesstreich zu ver-
setzen? AVir haben schon oben den Einfluss des Basilius und
Gregorius von Nazianz auf das b\ zantinisclie llnterrichts-
wcscn erivähnt; wir bemerken nur noch, dass es ganz
leicht aus den Scliriften Beider erweisbar ist, wie sie
über die AVissenscIiaft und ihr Verhalfniss zum Glauben
dieselben Gedanken liegten und geltend niacliten, welche
die Jesuiten bei der Einrichtung ihrer Schulen geleitet
haben. *j Und hier nothigen uns die traurigen Erschei-
nungen unserer Zeit und gerade in unserem A^atcrlande,
lolche Sachen haarscharf zu nehmen. Wir müssen näm-
lich niclit bloss gegen solche Leute in ehrlicliem Kannife
Alles aufbieten, ii eiche sich geradezu als Gegner des
klassischen AHerthums bekennen, denn sie sind die we-
niger Gefährlichen; unser Blick und unser Kampf soll
Torzügüch gegen die Wolfe im Schaaffelle gerichtet sein,
die, oline ehrliche K.ricgserklärung gegen die antike
*) ITr. JMisslin liat bereits eine sehr freundlictie Bcmtlicihing
und Aiirnabme seiner Schrift erlebt, und zwar in 'Icr
stock- kntholiichen Zeitsclirift, welcbo die Professoren der
thenl. Farultäl an der Universität zu Fieilnirg seit oinciii
iialbcn J.ibre lieraiisgcben. Sic bat einen Mann zum Vcr-
f.is-er, dein man nicht nachweisen kann, dass er in sei-
nem pan/en Leben je einen fieien Gedanken gebegl oder
bcschiilzt hat. Wir wollen Hrn. N. auf diese unselige
Wahlverwandtich.ift Iiicrmit aufmcrl.sani machen.
■\\elt und ihre Ideen, Alles aufbieten , den Unterricht
au den Gelehrten - Schulen so zu scliuächen, ihn so den
Allforderungen des Pfaffenthums unterzuordnen, so ztt
castrircn und zu verkümmern, dass die A\ eU durch die-
sen süssen Betrug viel mehr im Nachtlieil ist, als wenn
durch die offene Gewaltthäfigkeit der andern Partei cino
\oilige, ehrliche Vertreibung und Ausschliessung zu Stande
gebracht nürde. Auch Hr. TS. kennt solche Leute, ob-
gleich er sie nicht als solche Leute kennen mag; wenig-
stens hat er uns durch gewisse Lobeserhebungen, uclche
in den Vorreden zu seinen Programmen überhaupt im
Uebcnnaass vorkommen, zu dieser Annahme gegründete
A'eranlassung gegeben: Dii nieliora nobis, errorem Iiosti-
bus illuni!
Wir haben gleich im Anfang dieser Beurtheilung ge-
sagt, dass es unmöglich und noch Niemandem gelungen
sei, den Satz umzustossen, die Schriftwerke der heid-
nischen Griechen seien den Sitten und dem Glauben
cliristlicher Jünglinge gef/ihrlich oder gar verderblich.
Hierüber nur noch einige Worte.
Wenn vom Christenthum die Rede ist, so kann diess
entweder die reine Lehre Christi bezeichnen, wie sie
unmittelbar aus seinem Munde kam und durch die Bei-
spiele seines Lebens an's Licht trat; oder es bezeichnet
dieses Wort die durch Entstehung einer Hierarchie und
eines zänkisch dogmatischen Systems, sowie durch Ein-
führung eines bestimmten, zum Theil höchst tadelns-
werthen Cultus cntstellfc Lehre jener ursprünglich so
einfachen «nd einfältigen Lehre. Dass die Ideen und
Schriftsteller des griechischen AHerthums diesem leizien,
entstellten Christenthume vertikal entgegenstehen , diess
können nur Heuchler und Ignoranten läugnen, soivie
es denn, die Katz mag den Schwanz drehen, wie sie
will, eine ausgemachte Sache ist, dass die, allen Un-
freien verhasste, Reformation keinen andern Ursprung
hatte, als den Conflict der klassischen Ideen mit dem
Papi.smns, und keinen anderen Zweck, als durch die-
ses Medium zur reinen Vernünftigkeit der Lehre Christi
nach Kräften zurückzukehren. Wer also jeuer Entstel-
lung des Christenfbuins anhängt, wer den Rationalismus
auch in unseren Tagen noch daraus verdrängt wissen
will, der tcn)iH nicht bloss, er muss sogar das .Alteinliuiu
und sein Stndium den chriftlichen Jünglingen platterdings
gefährlich uud schädlich finden.
Wie steht es aber mit dem Verhältniss des klassischen
Alferthums zu jenem ersten, echten Christenthume? Die
763
764
Frage ist zwar, positiv gpiiomtiipn , ganz uiiprakfisch ,
ilorli «ollen «ir sebeii! Der lieil. Hasilius sagt in unse-
rer Iluniilie S. 2 ganz ricIiJig: „"Wir Christen halten
dieses menschlirlie Leben ftir eine Hurrhaus niihtigc
Sache, nnd als gut erkennen unil beuennen «ir i'iber-
haiipt >i(li(s, dessen ganze Bestimmung für uns nur bis
zu iliesrni Ziele reicht." Er hat ganz Recht; diess hat
Christus selbst gesagt, dessen Lehre nelistdem xteeitens im
Dulden nnd Kriragen, sowie in der aufopfernden Liebe, iiiclit
jni n.iniii-ln toll .Selbstgefiihl und nicht im Streiten die Probe
der Tugend setzte. Nun blicke man auf das heidnische
Griechentlnim ! >Velcher Gegensatz! Hier ist das jetzige
Leben die Aufgabe, hier die Sinnlichkeit und unmittel-
barste, engste >'erbindung mit der Äatur, mit ihrem
Zauber und all ihren Scliuflchen, hier stolze That, hier
Kampf, selbst mit ilem blinden (jescliick; hier herrscht
eine ganz unabh.'lngigc , freie, geistige Entwickelung bloss
nach deui innern Sinn und Bediirfniss, in ihrer festen
Kraft sich selbst der letzte Zweck! Die antike AVeit ist
der Gegensatz des Christenthums, und ilie welthistorische
Aufgabe, diese antike Welt zu stürzen, hat die YoT-
sehuiig ilem Christenthum ang^ewiesen ; diese Aufgabe ist
jedoch bis jetzt noch nicht völlig gelost, und die Philo-
sophie, sowie die Culturhistorie haben ctna zu entschei-
den, ob sie Je gelost werde, vorzüglich aber, ob es
«ünschenswerth sei, dass sie »üllig gelöst werde. Wir
brechen hier ab!
Zum Schluss noch drei Bemerkungen:
1) Basilius sagt S. 4 und ö , jene heidnisch- griechi-
sche AVissenschaft diene zur Vorbereitung, um die christ-
liche Lehre als solche darauf folgen zu lassen. Wir
fragen:
a) ist dieses der Standpunkt , von welchem ans die
alte Literatur als Gegenstand unserer Gelehrten-
Schulen betrachtet werden darf?
b) Kann, wenn dieser Gesichtspunkt als wahr und be-
deutsam festgehalten wird, nicht unsere deutsche
Literatur die Stelle vertreten, da sie ja gerade
uns Deutschen das ist, was den Griechen die grie-
chische war?
'j) Basilius vertheidigt die heidnisch - griechische Li-
teratur S. 12 ff., weil uns in ihr so herrliche Beispiele
von Edelsinn und Tugend entgegen treten. Wir fragen :
Braucht mau, wenn sich nichts Wichtigeres vorbringen
laist, wegen die.ses IJmstandes noch griechisch zu lernen,
da man diesen Inhalt der Alten ganz gut aus lleber-
SPtzungen kennen lernen kann ?
3) AV io wenig Ernst es dem heil. Basilius war, die
griechisch- heidnischen Schriftsteller zu empfehlen, geht
aorh daraus hervor, dass er nur von S. l — 15 seine
bisher charakterisirte Defension entwickelt, aber von
S. 15 — Jfj eine Predigt über die Reinigung der Seele
von der Leidenschaft halt. In dieser Partie sagt er denn
uuter Anderui S. L'.'i : ,, Darum bewundere ich auih an
Diogenes jene Geringschätzung aller menschlichen Dinge
xumal." Hier bringt Hr. >. in den Noten S. f)t einige
Citate über Diogenes ans Plutarch, Maximus Tjr. und
Die ChrvsostomuB bei, die von keinciu weiteren Interesse
sind. Wir würden, nm den Basilius selbst zu charak-
(erisiren, etwa gesagt haben: „Hier lobt unser Redner
den Diogenes, den Ur- G'rnssvater der Capuzincr , deren
Grossvalcr der heil. Basilius selbst ist."
Hrn. N.'s üebersetzung ist sehr scliOn, seine Anmer-
kungen, für allgemein gebildete Freunde des Alterthums
bestimmt, sehr wohl berechnet und geschmackvoll, und
wir haben an dem Ganzen Mclits auszusetzen, als die
Richtung. Hrn. ]N.'s Programm gebort zum Besten unter
demjenigen, was in den zwei letzten Jahren au den ba-
discheu Gelehrten -Schulen an's Licht trat.
Constanz 1S38: Beiträge zur Geschichte dea bürger-
lichen Lebens der Stadt Constanz im Mittelalter.
A'om Lvceumsdirector und Prof. Lender. 38 S. 8.
In diesem ganz aus den Quellen geschöpften Schrift-
chen entwickelt der l'erfasser die Frage über die erste
Entstehung der Stadt Constanz aus dem vom röm. Kaiser
Constantinus Chlorus im Jahr .30'J erbauten nn<l nach
seinem Namen benannten Castrum Coiista/ilia, beschreibt
dann das allmfihlichc Wachsthum des Ortes und begleitet
dessen Erweiterung und Kräftigung bis in's 15- Jahr-
hundert. Der Titel des Schriftchens ist eben desshalb
nicht ganz passend, indem in demselben keineswegs eine
Geschichte des bürgerlichen Lebens, sondern eine Ge-
schichte „bürgerlicher Einrichtungen und Vorfälle^^ ent-
halten ist. Der Verfasser beschäftigt sich mit einem
grösseren Werke über Constanz, wovon diese Monogra-
phie ein Tlieil zu sein scheint. Die Darstellung ist nicht
ausgezeichnet, die Sprache hin und wieder incorrect,
uml die Weise der Abfassung nicht ganz frei von den
Vorurtheileu des Priesters. Bei der Vornehmheit man-
cher Gymnasial - Directoren und bei dem unbegrünzteu
Alissbrauch mit dem Professortitel, wie er in Baden statt-
findet, sieht es Referent für ein Zeichen einer löblichen
Mässigung an, dass Hr. Lender sich herabgelassen hat,
auf dem Titel sich auch ,,/V«yessoj'" zu nennen. Diess
thut ausser -ihm kein einziger badischcr Schublirector ,
kein Hofrath und kein Geh. Hofralü aus der fllitte der
Schuimänner.
5.
Wertheim 1837: In welcher Ausdehnung sollen die
Naturwissenschaften Gegenstand des Gymuasialuntcr-
richts sein? Beantwortet von Dr. Neu6er. 36 S. S.
Ganz besonders angenehm war es Referenten, im Ein-
gang dieser Abhandlung die Frage über den Zweck der
Gymnasien, also auch über ihr Wesen, just so erörtert
zu finden, wie er über diesen Gegenstand schon langst
bei sich in's Reine gekommen war, und wie er ihn
vor nM'hrereii Jahren einem hohen Staatsbeamten Badens
schrifilich auseinander gesetzt hatte; wovon die nächste
Folge war, dass seine Idee in den ersten Paragraphen
der badischen A'erordnung über die Gelehrten -Schulen
als leitendes Princip des Ganzen aufgenommen wurde.
Hr. N. findet n.'imlich den Zweck des Gymnasiums in
der Erziehung des jugendlichen Geistes zur Wissenschuft
und Wissenschaf tiichheit. Wenn er übrigens S. 10 ganz
765
766
streng zwischen Whienschaft nnd Gelehrsamkeit *) un-
terscheidet, und in Bezng auf den liejjriff der letzteren
besonders das Aufnehmen einer todlen iMasse als Kri-
terinn heriorheLt, so will Ref. über Worte zwar keinen
Streit anfangen, muss alier hemerken, dass das Wort
Gelehrsaniknt recht gut und recht oft den Begriff der Wis-
senschaft als wesentlich einschliesst.
■\Vas llr. N. über die Geltung, Ansdelinung, Methode
und Verkui'ipfnng der IVaturwissenschafleu , als Lehrob-
jcctc der Gymnasien, sagt, ninss Ref. hier übergehen,
weil dieser Gegenstand unserer Zeitschrift fremd ist.
Er will jedoch nicht unterlassen, zu bemerken, dass ihm
Hrn. Neuber's Ideen sehr glücklich und durchdacht er-
schienen sind. Ref., der stets eine ganz besondere In-
cliuation für das AVertheinier Gyninasiuni gefühlt hat, an
welchem schon so viele wackere Gelehrte gewirkt haben
und das unter der Leitung eines so vortrelllicheu Schul-
mannes, wie Hr. Hofrath Föhlisch , sich auch jetzt in
einem blühenden Zustande betindet, wünscht dieser An-
stalt Glück zu so einsichtsvollen Lehrern, wie Hr. Neu-
bcr zu sein scheint , nnd recht viel Ausdauer in elvra
misslicher Organ isationsbedränguiss.
Diess waren also die fünf wissenschaftlichen Abhand-
lungen von den Jahren IS37 und 1838 statt der zwei
und zwanzig, die wir zu erwarten berechtigt gewesen
wären. Und seiist in Keiner dieser Fünf ist eine eigent-
liche wissenscliaftticlie Untersuchung philologi-
scher Natur angestellt. Ehe wir indess unseren Be-
richt schliessen, wollen wir noch eine oder die andere
Bemerkung über die Schulprogramnie der andern An-
stalten beifügen.
1.
Es ist sehr auffallend, dass die grösste, von der Staats-
kasse am meisten berücksichtigte Gelehrten -Schule Ba-
dens, wir meinen das Li/ceum in Karlsruhe, an welchem
insgesamnit etwa zwanzig Lehrer Unterricht ertheilen,
weder lf537 noch 18 i8 eine wissenschaftliche Abhandlung
im Programme hat erscheinen lassen. Denn die im Pro-
gramm von \'6o7 enthaltene Chronik, in der besonders
von dem verstorbenen Gmelin gesprochen wird, kann
nicht als eine solche Abhandlung betrachtet werden; noch
weniger aber die im Programm von töoS enthaltene Chro-
nik der Anstalt. IMit Stillschweigen wollen wir übrigens
nicht ganz übergehen, dass in dieseni letzteren Pro-
gramme eine am 24. Wai 1838 von Prof. Siip/le gehal-
tene lateinische Allocution (nicht Rede) von S. 1 1 bis 16
abgedruckt ist. Diese hat jedoch, obgleich recht sorg-
faltig stilisirt, kein wissenschaftliches ^'erilienst. Es
wird nämlich darin den Primanern des Lvceuuis eröffnet,
welche aus ihrer iUitte so glüc klich waren, die zu Ehren
des verstorbenen Rirclienraths Gerstner gestellte Preisfrage
am glücklichsten zu losen. IMan hatte nAmlich gefragt:
*) Gerade wegen des Zweckes der ff'iisenschaftlichkeit wer-
den diese Anstalten Gelehrten-Schuten ^nunnt, welchen
Titel sie in l)a.!en erst seit 3 Jaliien Kdiren. Referent
glaulit (las Meisic dazu bcij;ctragen zu liaben , dass sie
diesen Tilel officiell erhielten; er daclilc damals: nomen
onien habet. Bis jetzt bat sich die Waiiilieit dieses Spru-
ches noch nicht besonders bewährt, und gewissen Leuten
ist diese Cenennimg ein wahrer Dorn iiu Ange, ein un-
angenehmer GewisscDsbiss.
„quid HomeruB digressione illa secundo Jliadis liiro de
Thersite inlerposita sibi voluisse videaturt '■'■ Hr. Süpfle
legt nnn S. 14 H. den .Schülern seine eigene i\]eiuung
über diesen Punkt dar und schliesst dann mit einem
Lobe der pruemiferi. Allein wir beilauern, bekennen zu
müssen, dass Süpfle's Ansicht durchaus nichts INeues uuil
dabei sogar, wenn mau die Sache tiefer fasst, wozu uns
hier leider der Raum fehlt, nichts ^Vahres gesagt hat.
^Vir wollen wenigstens darauf aufmerksam machen , dasa
er schon desshalb im Irrthume befangen ist, weil er die
Stelle über den Thersites für eine Episode hält, was sie
platterdings nicht ist. Referent halt übrigens ilie ^Vahl
der Aufgabe mit Hinblick auf die Kräfte solcher jungen
Leute schon an und für sich für verfehlt uml würde,
wenn etwas aus Homer gewählt werden sollte, huiulert
andere Themata aufzufinden wissen: so sehr ist in einem
viel höheren (irade wahr, was Hr. Süpfle ganz naiv
S. 13 sagt: (Homerus) multa habet, quae accuratioreni
sive verborum sive reruni cxplicationem requirant. Wir
können es uns nicht versagen, Hrn. Siipjle wenigstens
anf Godof. Hermanni Opuscula III. 75- H- 18 — 58 und
167 — 194, aufmerksam zu machen.
2.
Das Programm der reichsten und angesehensten ka-
tholischen Gelehrten -Schule Badens, des Lyceums zu
Rastatt, sowohl das von 18 s7, als das von 183^ entbehrt
einer wissenschaftlichen Abhandlung. In dem letzteren
Programme hat der nun jubilirte Director dem Lections-
Verzeichniss eine Chronik des Jahres vorausgeschickt, die
auf vier Octavseiten lediglich Nichts von Bedeutung sagt.
In dem Programme vom Jahre 1.S37 hat Ebenderselbe die
allgemeine Chronik der Anstalt, deren erster Theil im
Programme von 1836 enthalten war, fortgesetzt und zu
Ende geführt. Diese Chronik, zusammen 63 S. 8-, ist
eine doppelte, eine Chronik der ehemaligen Stiftsschnle
zu Baden, und eine solche der Piaristen - Schule zu Ra-
statt: aus beiden hat nSmlicIi Carl Friedrich das reich
dotirte Lyceum zu Rastatt gegründet. Loreije's Darstel-
lung ist lebendig, aber incorrect und ein wunderliches
Gemisch von poetischer Prosa; der Inhalt ist besonders
für die ehemaligen Schüler und sonstigen Freunde beider,
nun vereinigten Anstalten interessant; für den Gelehrten
überhaupt hat die Chronik keinen positiven Werth, dage-
gen einen recht in die Augen springenden negativen.
Da nämlich der Verfasser seine Älittheilungen mit ziem-
licher Freimüthigkeit macht, so geht daraus die, ohne-
hin längst bestätigte, unwiderlegliche AValirheit hervor,
dass ans Anstalten, welche entiveder ausschliesslich oder
fast ausschliesslich in den Händen der katholischen Geist-
lichkeit sind, nimmermehr etwas wird. Diess sollten
sich Alle jene wohl merken, welche jetzt mit der Ge-
staltung des badischeu Schulwesens beschäftigt sind; denn
das Bestreben, die Gymnasien, wenn es immer nur an-
ginge, wieder in die Hände der Geistlichkeit zu brin-
gen", lebt in diesem Lande noch kräftig, zum Theil auch
gleisnerisch schleichend fort. Ueberdiess gibt Director
Loreye ohne Winkelzügc zu erkennen, dass die Schule,
der er schon so lange angehört, ihr besseres Leben erst
durch den Geist der Regierung Carl Friedrich's und sei-
nes geheimen Rathes Brauer erhalten habe, d. h. durch
767
768
den Geis/ und das Licht des rationellen Protestantismus.
Aiicli «lipss sollten siili g:eiiisse Lciife nirrkeii , ii eiche
noch 1839 verlilciiclet gpiuig sind, zu ;,'lauben , man könne
die ka<!iolisclieh tivnuiasien in einen, den Forderungen
unserer Zeit ent^preihendcn , «issenschaftlichen Znstand
brinjjen, iniieni man in ihren Räumen und AViiil.eln den
starren päiisdichen Katiiolicismus wieder auf den Tliron
setzet: dauert diese Richtung aucli nur noch einige Zeit
fort, so «ird unsäglich viel l'ernirrnng und Verkiimme-
rung über diese Austalten kouimcu. Wehe den Ur-
hebern !
^'on den Programmen der übrigen Anstalten insbe-
sondere zu sprechen, loiinf sich nicht der Blühe: nicht
einmal eine aus wenigen Sätzen bestehende Jahreschronik
kiiiinen einzelne Herren Directoren correct schreiben.
So z. B. sagt der Direktor des Gymnasiums zu Freiburg,
der sich sogar des abgeschmackten Xanzlci - Ausdruckes
„diesseitiges*) Gj/;«/(rtStH»j" bedient, im Programm v. 1838
S. 5 ff.: ii'O" den beiden (der) an dem Lvceum zu
Constanz zu besetzenden Lehrstellen", nnd gleich im Ein-
gang: ,, Unter den Verfügungen und Erlasse." Ganz
spasshaft aber laufet das Programm des Directors Sdiarpf
zu ÜITenburg. Derselbe hat nauiiich unter dem Titel
Chronik sogar da-ijenige abdrucken lassen, was er w<ih-
ren<l des Jaiires über die höhere Bürgerschnle und ihre
ErölTnnng zur Notiz der Aeltcrn in das OITenburger Wo-
chenblatt eingerückt hatte. Welcii' eine unbeschreibliche
Armufh! \on keinem grösseren Reifhthume zeugt Eben-
desselben Rede bei Eröffnung der höheren Bürgerschule:
sie ist, bei grossen, hohlen Phrasen, wirklich rocht leer
an Gedanken, überaus pedantisch, nnd , was den Ref.
besonders betrübt hat, voll von niedriger Schmeichelei
gegen Oben. Auch stehen als fernere Lückenbüsser S. 11
xwei Lieder, die lir. Prof. Jf'eissgerier zur Erüllnungs-
Feier der höheren Bürgerschule gedichtet hat; sie stim-
men einen Ton an, als wie wenn etiva die Schöj)fung
des Luiiersums gepriesen werden sollte. Beim ersten Vers:
„Tag, o Tag, du schöner Tag",
fiel mir der Bürgermeister von Saardam ein mit seinem;
O Tag, hah! welch' ein Tag! an diesem Tag! J
Ztü Lucian's Tiiiion. o. 15.
Im Timon wirft Zeus dem Piutus die L'iibest.'iiidio-kcit
«eine* Unheils vor. Früher habe er sich immer über die
Geizigen beklagt, die ihn unter Schloss und Riegel hielten;
und jetzt mache or es dem Timou zum ^'orwiirfe, dass er
ilin freigelassen habe. Von jenen heisst es c. ij. /;7H-
vo./.T! L. Y.axa T^>^■ Tr/.ovaicjii v.axa/.i/j XtnD a.i '/.iyuiV
^(<o; ui'TViv v7tu noyj.oh v.di yj.ecol v.oX (rijusiuju
(TTii^ij/.ff.lc, und diese Ausdrücke werden zunächst auf die
ängstlichen 3Iütter und Ammen bezogen, welche die ihnen
anverlr.niten Jungfrauen, wie Akrisius »eine Daii.ii-, ein-
sperrten. Plnliis vcriheidigt sich gegen diesen A'orwurf
und sagt c. Ij. von den Geizigen: zovi yC(Tuy,\i:e(TTOV
eil dioatg y.al ay.ocin (fi').diTUvrac, o^iio; aürok
Ttuj^iTrgoi ytioiiii^v y.ai ni/iekr:; y.ca vjitooyyi); in^/-
f^ic/.ovnivov'i, oic£ Troo^aTiToviiCvoi'g airoic, ovre
i- TU (f,üJi -jtQoäyovTUi. Diese Worte bieten an sich
*; .'••ill i.unser (j\niiijsiiinj
keine Schviierigkeiten dar, daher sie auch von den Her-
ausgebern trockenen Fiisses übergangen worden sind; mit
Ausnahme der Lesart 9i'(iaig, auf die wir spater zurück-
kommen wollen. Deminch bedürfen sie, um i allkommen
verstanden zu werden, einer kleinen Bemerkung, von der
ich mich w nndere, dass IViemaiid sie für iiöthig gelialten hat.
.Sowie in <Ier ersten Stelle alle Ausdrücke auf die Be-
wachung der Jungfrau zu deuten sind, so beziehen sich
die der andern auf die Zucht des Älastviehs, des Geflügels
vornehmlich, das, um fett zu werden, in einer massigen
Dunkelheit eingesperrt gehalten werden muss. Diess wusstcn
die Alten sehr gut. l'on den Gänsen liandelnd sagt Coln-
mella de R. R. VIIL 14, 4. facilis harum avium sagina. —
sint calido et tenebricoso loco : quae res ad crcandas adipes
mnltum conferunt. Vgl. \^arro de R. R. III. 5, .'j. Plufarch.
T. II. p. 7Ö0. D. oiiöh fivia yakaxioi, ovbh jjÜjttu
X):rjioji' iocijo/i; ovöe a/THTai y.al (.idysigoi cfikoffoo-
rovai -JtaivovTE^ vtvo O/.drrp fioajrovi y.ai opr/i^«;,
wo Winckclmann p. 109 eine Stelle Seneca's Epist. CXXII.
anführt: Aves quae conviviis comparantur, ut immotae facilc
pinguescant, in obscuro rontinentur ; ita sine uila exerci-
tatione jacentibus" tumor pigrum corpus invadit, et super
niembra sagina succrescit. Man wendete diese iMethode
selbst auf Kraniche und Schwüne an. Plut. T. II. p. 9,(7. .\.
cikkot ycpavajv Ofxuaxa y.ai y.i>y.vu)v [Wjttenbach fragt:
an y^i-vuivll ärio^öciipavTCi y.ai UTroy.kcloarisg iv cy.u-
Tii maivovOlf. An mehr als Einer Stelle wird dieser
ökonomische Gebrauch zu Vcrglcichungen benutzt. So
Plutarth Vita Lvcurg. c. lO- von Schlemmern : vJro (ry.ö-
Toc, uiqTtSQ däilcpaya 4'w«, niaivo^iivovq xal diucfOei-
Qovzac, Tolg r^deot tu aojiiaTa. Philostrat. Vit. Apollon.
I^'. 3. p. 142. Zßi vi 'LoLTtov dkk' y i^vy/.XeiaaviEi auioii;
dj^yicrj TovQ Gixcvoiitvovq, tv)v 6qvi9o}v iv ayoTip ya-
aT^/Cca9a/, ftixo!^ dl' öiaoQaycfjuev rxn'/^vroLievoi-
Nun noch ein Wort über <lie Lesart iv düoa/g, an
welcher mehr als Einer Anstoss genommen hat. Von
allen Ilandschr. des neuesten llerausg. hat nur die Gör-
litzer iv duQUiOt, aber if ^i'^aig keine einzige. Sie
lesen mit einigen alten Ausgaben iv ^ifirj. IMir scheint
Brodäns das Rechte getrofl'cn zu haben, welcher tv 9r,-
y.(/.c~ liet-t, theils wegen der Präposition , die nicht unbe-
denklich ist, theils, was das AVichtigsfe ist, ans paläo-
graphischcn Gründen. Zwischen dißrj und dl'jyr] ist der
Unterschied sehr gering; und die Buchstaben ß und.»
werden ebenso hüufig alt ;^ und i verwechselt: dagegen ist
mir von einer ^Vrw echselung der Buchstaben ß und Q kein
Beispiel bekannt. Beim Athenaeus IV. ILH). E. heisst es:
71 lv(f.i iv 9-i]y.rj ä.oyvoa yc.Tay.cifucvoi. Hier lesen einige
Codd. iv di'jßl-j. ja, die Edit. pr. iv tUßrj. S. Scliweigh.
Annot. T. II. p. 3!)ö f. "ml ad Polvb. I. 37. Tom. V.
p. 2Ö0. Gegen den Sprachgebrauch ist auch Nichts ein-
zuwenden. 1'on Geldkistcn sagt Eiiripid. Hcc. 1116. w^
yr/.Qiiiiiivaq, f^ijyai; fpodopracc llütafiidcüv iv Tklio
Xinaor. Ilerodot'. IX. 83. croov cvivol dqy.ac XQi'°'{^
y.ai d(tyif,ov. Plutarch T. II. p. 982. C. yvLDiAaaaa tdv
iaiTi;i i/.derTl] i}r,oaiQ'>v, ati; oüöil^ j(pvoiov ^Ky'jf
üvüt^wnoi, dauivüii üvolyri. V\i. Luculli. c. 32. Kak-
kindyip vzitrxvüvjuv(;> Ih-y.ag dno^^nxovi /tsyakojv
j(ö^iidTvjv dvuy.akvil'iiv oü noo:kvxsv.
Gotha, den 20. Juli 1839- F. .Ituois.
Zeitschrift
für die
AI terth LI ms Wissenschaft
Mittwoch j 14. Jugust
1839.
Nr. 97.
1) Die A'erfassiinp; des Kfiiiigs Serviiis Tullius als Grund-
lage zu ciiipr Rom. ^Vrfasnuiigsgeschirhtp, ciitwickelt
von P. E. Husehke etc.
2) Die Verfassung «les Serv. Tüll, in ihrer Entwicke-
lung. Dargestellt von F. D. Gerlach etc.
3) Disquisitio de Rom. Comit. auctore P. v. d. Velden.
Pars I. de Coui. Curiatis eic.
Zweiter Artikel.
Herr Husehke behandelt im 6. Capitel die Ritter-
Centurien , Kopfzahl der Cent, und Uebersicht p. 341 —
394, und wendet sirh, naclidem er die sonderbare An-
sicht Hiillmaiin's von einer Rom. Streitwagenmacht mit
Recht widerlegt hat, zu den Rittern selbst, welche in
3 Partieen getheilt werden: ti Cent, der Patricier , sex
tuffragia zur Auszeichnung genannt (weil sie nicht ihres
Vermögens, sondern ihres Allels wegen Ritter wären,
ja der Name Cent, würde lür sie herabwürdigend gewe-
sen sein), (i Cent, der Cäliinont. und 6 Cent, der Pleb.,
welche Serv. Tnll. hinzugefügt habe. Hr. H. glaubt näm-
lich, dass schon vor Serv. Tüll. Xi Cent. Eq. gewesen,
indem Romul. 3 , Tarquin. Prise, abermals 3 (zusammen
die sex suffr. gen.) und darauf (j aus den Cäl. genommen
Latte. Die gegen diese Auffassung sprechende Stelle des
Liv. I, 43 beseitigt Hr. H. durch die Annahme, sie sei
rorrnpt und Liv. habe das, was in seinen Quellen stand,
verwechselt, so dass er, weil er nichts von den fi Cent,
der Cäl. gewusst hätte, 12 neue von Serv. Tüll habe
errichten lassen nebst (i alten, während in den Quellen
umgekehrt (i neue und 12 schon bestehende erwähnt ge-
wesen. Die Stelle ist aber keineswegs verdorben und
weder der Ausdruck ex primoribus darf befremden, da
dieses AVort auch anderwärts nicht bloss von Patriciern,
sondern auch von denen gebraucht wird, welche nach
timokrat. Prinrip die ersten sind , noch die Worte fecit
und scripsit , zwischen denen Liv. keinen Unterschied
macht (man denke nur an scribere exercitum, welches
stets von einem neuen Heer gebraucht wird etc., vergl.
Guil. Rein quaest. Tullian. p. 7 sq ) ; und die Cälimont.
erwecken kein günstiges Vorurtheil. Wir halten dess-
halb die l'ulgate nebst der an dem eben angeführten Orte
gegebenen Erklärung fest und nehmen an, dass Serv.
Tnll. aus den Vornehmen und Reichsten ohne Rücksicht
auf Abstammung zu nehmen, 12 neue Cent, schuf, wäh-
rend die 6 alten wenigstens substantiel, vielleicht sogar
forme! vorhanden waren. — Dass die Ritter nicht, wie
]Niebuhr meinte, aus den Besten und Edelsten, sondern
nach einem bestimmten Census gewählt wurden, darin
können wir Hrn. H. im Allgemeinen nur beipflichten,
Aveniger in Betreff der behaupteten Summe von t2(),00ü
Ass. Die äusseren Grunde lür diesen Census sind ohne
Gewicht, z. E. die Libert. mit 120,000 Ass hätten das
Recht gehabt, in den trib. rust. zu stimmen, welches
dem ins annul. aur. der Kaiserzeit entsprechen soll, oder
dass die 31ult von 120,000 Ass auf diesen Census hin-
weise, und die innere wird Niemand überzeugen. Es
soll der Eqnes , welcher aus seiner Person und aus sei-
ner Function, nämlich dem Reiten bestehe, an sich
llOjCOO, seiner Function nach 10,000 Ass, zusammen
120,000 zu schätzen sein!! Hr. H. geht sogar soweit,
die Censusdifferenz der IS Rittercent, zu erforschen und
verwahrt sich gegen den Einwurf, dass die Diffe.'enz zu
gering gewesen sei, um praktische Bedeutung zu haben
(und so scheint es allerdings) dadurch, dass es nicht auf
das pract. Interesse, sondern darauf ankomme, dass das
innere politische iSaturverhältniss genau wiedergegeben
werde — was man, wie schon mehrmals gesagt ist, von
einer Zeit nicht zugeben kann, welche noch nicht einmal
die pubertas erreicht hat. Wir glauben weder an diese
Differenzen, noch an die Summe von 120,000 Ass, son-
dern sind überzeugt, dass zwar ein Minimum festgesetzt
war, unter welchem keines Ritters Census stehen durfte,
dass es aber auf der andern Seite doch vorzüglich auf
die Qualification ankam, weil es weit Mehrere gab, deren
Vermögen die festgesetzte Summe überstieg, als zu Rit-
tern genommen werden konnten (dieses gilt natürlich nur
von der ersten Periode lies Ritterstandes).
Auch in der Eintheiluiig der Ritter bedauern wir,
Hrn. H. nicht folgen zu können. Die (j patric. suffragia
nebst 2 Cent. pleb. Ritter sollen zur 1. Classe, die h
Cälimont. Cent, zur 2., 3- und 4- Classe, die 4 letzten
Rittercent. (Pleb. von Hrn. H. fcrentarii genannt) zur
5. und 6. Classe gehören, was auch bei dem Abstimmen
in den Comitien angewandt wird, indem die S ersten
Rittercenturien vor der I. Classe, die 2 nächsten vor der
2. Classe, die 2 folgenden vor der 3. Classe, 2 vor der
4. und die 4 letzten vor der ö. Classe gestimmt haben
sollen. Diese Reihenfolge ist ohne alle Zeugnisse, ebenso
als die von Hrn. H. für die spätere Zeit angenommene
Veränderung, dass die sex suffragia zwischen die i. und
2. Classe gestellt worden sein, s. unten 12. Capitel.
771 772
Solir seil arfsi Ulli IT siiiil die 4 untcrstnn Cent, der Eijuiles lirlipn p;-piiokra<. Princip an-jehörto, gehiirie ror die Ceiif.,
f'ereiitarii vciflieiiligt, indem die 14 Silzrcihen im Tliea- naineiiUirh I>la ' ' ' •■ ' ■ i ,• it.,,...
für d
lidi in joder Rilterreiit. '.'00 geHeseii sein, «oion auf In dem Wahlver fahren sei die l)i.sheri<je Weise Ijc
die Zahl iler |. Classe iveiter geschlossen «ird. Hr. H. folgt norden und sowie der neue König auf den Vor-
liringt mit Ausschluss der Proletarier eine Siiiiuiie von schlag des iuterrex von den Cur. gewählt sei, so «ären
circa ,S(',0(K) Köpfen heraus, welche sich von IVielinhr's auch die Coss. von den Cent, nicht in freier selbstst;in-
Aufitellung namentlich darin unterscheidet, dass dieser diger AVahl ernannt worden. (Ob man aber in dem lie-
unter Si ,1 lOO die Hälfte Prolet, sein lässt. Die Uerech- nehmen des ^'al. Poblic, welcher Jeden zur Bewerbung
nung ist bei beiden !>Iänneru sehr unsicher und so leicht zulassen wollte, eine Wendung erkennen darf, um dio
es hier ist, T.idel auszusprechen, so schwer wiirde es Wahl zu verschieben und einstweilen allein Cons. zu sein,
sein, irgend etwas A\ ahrsdieinlicheres an die Stelle des ist nicht mit .Sicherheit zu entscheiden, da Malerin
/' I — • n ..... ..v...^- — ..- ^^ , ■-- -" -
sich nach den Centurien, und von dem letzten wird zu- Magistrat lange Zeit von ilem Einflus« des Senats abh.'iu-
erst gehandelt. Von dem unrichtigen Gedanken aus- gig gewesen sei. Dass die freie Wahl zuerst bei den
gehend, dass die Com. Cent, substantiell nichts Neues, Aedileu und Tribunen in dio Curiatcom. aufgekommen
soudern aus denselben IJestandtheilen wie die Com. Cur. und von diesen allmählig auf die eigentlichen Magistrate
zcisanimengeset/t seien, wovon wir bereits früher gespro- erstreckt w (irden sei, bis in der .'i. Periode ein freies
chen haben, behauptet Ilr. II,, d.iss sich die Com. Cent. Beiverbungsreclit eingetreten, ist nicht unwahrscheinlich,
in der König.speriodc gleichsam noch als Cur. darstellten, Die Legislation wurde früh zwischen Cent, und Tri-
näinlicli als der ganze Populus. Dieses sei die I. Periode, bus gethcilt, so dass die Leges, »eiche mehr das Innere
in der zweiten spreche sich das Gleichgewicht der beiden und das Interesse der Einzelnen betrafen, vor die Pleb.,
llanptbesfandtlieile des .Staats aus, anfangs mit Ucbergc- das .Staatsrechtliche vor die Cent. kam. Darum entschie-
«icht der Patr., später mit dem der Pleb. ; die ,'{. Periode den letzlere über Krieg und Frieden nml über Capital-
werde durch die Com. Trib. charakterisirt etc. Wir saclicu („denn im raput civis Rom. liegt der Staat selbst,
stimmen mit der letzten voUkoinmen überein und würden wie er dem .4usland gegenüber stellt, das Vermögen da-
nur in der 1. Periode etwas .'indem, indem wir diese gegen ist ein Inneres"?), ilie Tril>us über das Privat-
deii Curien vindiciren oder dem Populiis in dein damalir rechtliche, auch über dio Geldstrafen. (Der Gesicht.s-
gcn Sinn, d. h. den wahren Bürgern, den Geschleilifern. puiikt , nach welchem diese Strafen geschieden sind, isi
Die 2. Periode, welche schon mit .Serv. Tüll, beginnen wohl ein zu enger, s. unten).
muss (nicht erst mit Anfang der Republik), würde d.jun Darauf wird die wichtige Frage über die Gültigkeit
uach unserer .'Meinung ein viel höherer Fortschritt sein, der CentitiicnOeschliisse erörtert und die durch j\iebuhr
indem sich nun in den Cent, zu den Geschlechtern auch auf's Nene angeregte auctoritas Patrnm besprochen. Bei den
die fii'ineiiien gesellen, »voilurcli Populus eine andere Cur. und Cent. -Com. war eine Vorberathiing des Senats noth-
iiiiil weitere Bedi-ulung gewinnt, die (\e/> gesaininten wendig .Scoiis. oder auctoritas genannt; hinterher erfolgte
^"olks. Niebiihr und AValter fehlten, wenn sie popul. eine abermalige Bestätigung (patres aurtores facti), welche
ausschliesslich ron ilen .lltbürgern verstanden, aber eliensi» nach der alten IMeinung in einer Genehmigung des Sc-
fehlf l!r. II., wenn er pop. nur von dem ganzen \'olke nats , nach Nieb. aber in einer Bestätigung bestand,
gesagt sein bl^st. Die volKt.'iiidigsten llnterrsiirlinngen welche die Com. Cur. crtheilten. Als Vertheidiger der
über den Spraeligebraurh in Brziehiiiig auf |iopnliis rut- früheren iMeiining tritt Ilr. II. auf und behauptet patres
Lalt das Programm meines Collegen Weissenborn (de no- auctnres facti n. a. Aiisclröcke dieser Art werden im
tionibiis ijuas Liv. vocabiilo popiili snbiecerit. Iscnac. IS 50). Senat und zwar nur von den eigentliihen Patricierii ge-
— Alles was dem Populus zukam und nicht dem inner- geben (ähnlich schon Gronov, und WaclisniuthJ ; denn
773
nur diese närcn nach orgaii. lVaiiirgege(z Haiipfcr uml
Berallicr dos Volks, die Plcli. «areii nur des Bcdiirfnis-
aes »villrn von aussen dazuf;ese(zt ; die aiictoritas alicr sei
eine eijfenthiimliclie fi-ierliclie BckraftiKUiij;, welche trotz
der rorlaiifig ffogelienen KiinvillisiiiifJ nicht ül)i'rfliissig
gewesen sei. Dass Nieh. anderer Ansicht gewesen, rühre
«owohl daher, dass er die bina coniitia bei Wahlen mit
der bei Beschlüssen hinzutretenden patr. aiictoritas ver-
wechsele, auch sei diese \'erwccliseliiiij|; um so eher
uiiiflich g-evvesen, weil die SchriKstellcr gewöhnlich nur
eins von beiden bei den Wahlen erwähnten (auctpritas
vorher und lex curiata nachher) , als dass er eine un-
richtige Yorstelliing von der angeblichen ursprünglichen
Ünselbstständigkeit der Com. Cent, gehabt hatte. — Viele
dieser Ideen sind allerdings richtig, wir wollen uns aber,
um für die letzten Capitel noch Zeit und Raum zu ge-
winnen, weder hier, noch bei dem folgenden Capitel
authalten, zumal da wir auch auf C. S. T. Eluperger's
Progr. de patribus coniit. Rom. auctoribus ünold. 1SM2
Rücksicht würden nehmen müssen. Diese ebenfalls gegen
>iicb. Ansicht gerichtete Schrift ist Hrn. II. leider unbe-
kannt gewesen.
Die Com. Cur- blieben nach Serv. bloss für innere
Gegenstände, z. E. Arrogation, Inauguration, lex curiata
und vor dem .Aufkommen der Com. Tril). auch noch für
andere Dinge, welche das innere .Staatsrecht betrafen
(Wahl der Trib. und Aedil., Abschallung des Konig-
thuins, Einsetzung der Qiiaest. etc?j. Dagegen die tes-
tam. calatis coniitiis und sacrorum detestatio sollen nicht
vor die Cur., sondern vor die Cent, gehört haben, was
wir uns nicht denken können und leider ist uns das
Rhein, nius. nicht zur Hand, in welchem diese Vcrmuthung
weiter ausgeführt ist.
Die I'le&iscilu bedurften, um für die Pleb. 7a gelten,
keiner Bestätigung von den Cur. oder Cent., nur dann,
«enn sie als aligemciiies .Staatsgesetz gelten sollten. Lex
Taleria soll ihnen die Initiative zu allgemein gültigen
Gesetzen verliehen haben, sobald diese durch lex Cent,
verbindlich wiirclen. Lex Hurtentia habe den Plebisc.
selbststand ige Gesetzeskraft verliehen und lex Publil. sei
entweder ^^orlauferin der lex Hort, gewesen oder habe
lex ^'al. auf's Neue eingeschärft. — Zum Schluss wird
noch von der Haltung iler Centcom. gesprochen , was im
Ganzen ziemlich bekannt ist. Unter den abweichenden
Ansichten ist vorzüglich die Art der Zusainmenberufung
zu bemerken. Diese sei eine dreimalige gewesen, zuerst
durch die accensi in templum und von den iMauern herab
(in licium vocare), darauf der eigentliche Befehl, zur
cunventio oder roiicio zusammenzutreten, um der Geheisso
des Cous. gewartig zu sein, endlich die .Aufforderung:
ad comitia ccnt. Auch ist abweichend, dass die priester-
liche Gegenwart bei den Com. Cur. (was Kieb. zuletzt
behauptete) ebensowenig erforderlich gewesen sei, als bei
den (om. Cent. Dieselben seien bloss dann zugezogen
worden, wenn der zu bcrathenile Gegenstand in das heil.
Recht einsdiliig (\). Dass die Cent, praerogat. erst aus
gpäterer Zeit herrührten, ist nicht erweislich, ilenn wenn
sie spater zur Direction des snlFragiiiin angewandt wurden,
80 liegt (larin nicht, dass sie erst in der Zeit eingeführt
wurden wären, als man die Stimmen zu leiten suchte.
774
8. Capitel. IHililurisc/ie Ehiiic/ilungen p. 423— 487-
Zwei Hauptteranderungen treten durch die Serv. V'crfas-
sniigein: I) das Fiissvolk nimnit von nun an einen selbsl-
ständigen Platz neben den Reitern und wurde der eigent-
liche Kern des Heeres, wahrend die Kraft bisher über-
wiegend in den Eqiiit. gelegen hatte. 2) das Fussvolk
wurde nach der ^V'üidc <ler verschiedenen Classen geglie-
dert und hier wird sowohl von den verschiedenen Ilee-
resabtheiluiigen und der versi hiedenen Bewalfiiung, als
von der Art der Aushebung und des Dienstes gehandelt.
Die bekannten 3 Hauptmassen werden auch hier wieder
uuferschieden und die Abstufungen des Census werden in
Beziehung auf die Wallen j)livsiologisch in den Theilen
des Körpers nachgewiesen. ' Die Bürger der 4 obern
Classen werden in der Beivairnung nach den 4 Haiiptthei-
len ihres Leibes geschieden (Kopf, Brust, lintcrleib und
Beine), indem diese Theilc als die 4 Systeme des fllcn-
srlien geltend gemacht werden, und die ganze Schlacht-
ordnung erscheint wie ein gewalTneter 31ann etc. Mit
solchen wnnderlichen Phantasicen (sogar IVebnkadnezars
Traum ist herbeigezogen worden) sind sehr lehrreiche
und wahre Bemerkungen vermengt, aufweiche hier naher
einzugehen sowohl der Raum, als die Furcht verbietet,
die Sache nicht genügend zu behandeln, da ich seit mehreren
Jahren das Rom. Kriegswesen ganz vernachlässigt habe.
Möge dieses Capitel anderivarts berücksichtigt werden !
9. Capitel. Vom Tiiöutum p. 48S — ."JüS. Die zweite
Leistung an den .Staat ist das Tribntuui, welches nach
iServ. nicht mehr nach der persönlichen Abstufung, son-
dern nach dem Vc.i.mögen abgetragen wurde. Eine Haupt-
siiinme wurde von König und .Senat ausgeworfen nnil
darauf repartirt, es war also keine bestimmte jährliche
Allgabe, sondern eine je nach den Bedürfnissen des Staats
abwechselnde. Regelmässig mag tribut. erst seit dem Auf-
kommen des Soldes geworden sein , ja es wurde sogar
zuweilen den Bürgern zurückgegeben. Zwei Haiiptclas-
sen des trib. sind zu unterscheiden: l) trib. in capita
(wo das Caput ciiis, nicht sein Vermögen als tribntär an-
genommen wiril) war nicht das lor Serv. gewöhnliche,
wie Nieb. behauptet (das Vor-Servian. war nach H. vielmehr
ein trib. viritim collatum, nicht nach Vermögcnsabschätzniig,
auch nieht bei allen Bürgern gleich, sondern es wäre
bei gewisser Geburt ein gewisses Vermögen stillschwei-
gend angenommen worden), sondern umfasste nur gewisse
Classen von Personen, später nach Gutdünken iles Cen-
sors, namentlich die Aerarii, deren caput allein für den
Staat Geldeswerth hat. Audi das n.xorium und vidurium,
sowie die Abgabe von den Geborenen, iMümliggew ordcncu
und Gestorbenen frehört zu den trib. in cap. 2) trib. ex
censii, nach dem Vermögen des letzten Census (frei davon
waren viduae, orbae, capite censi) und zwar t von 1000
jahrlich, dieser Modus soll schon vor Serv. Tnll. in Ge-
brauch gewesen sein. Die Vorsteher der Regionen nah-
men das Tribntuui ein, jeder in seinein Bezirk; spater
aber, nach Einführung lies Soldes, von wo die regelmas-
sige Rückzahlung des trib. unterblieb, — habe sich aus
dieser Function der Tribiisvorstcher das besondere Amt
der tribu7ii aerarii entwickelt, die den Sold nicht bloss
au die Soldaten ausgezahlt, sondern aui b vom Volk in
Empfang genommen hatten. 3) trib. temerarium von
775
776
Hrn. H. uirlit als oinc n.irh niijjeffllirpr Al>scliä<7.iinjj ge-
gplipiip Algabp (so ISinbiilir) aufsi-fasst , sontlerii dor Mame
wiril ila.iurcli erklär«, «lass Joilcr das bcigctragpii , was
er gcraile gehab« li;it«p, «;as jfdoch noch nicht ganz aus-
gcmach« za sein erlipiii«.
10. Citpitel. Der Ceusus p. Ö0!1 — 582. Das in den
Bandrii dos \l)stamniiiiigsi)rinrips befangene Volk kann
seine lirstaiiillheile iioi h nicht reridiren, indem die Stämme
norh als In.liiidnen dasteiien. Wenn sich das Volk aber
reränsserliclit hat, fangt Seibstbcstinimnng seines Orga-
nismus - Census an. Dass ein Zusammenhang zuischen
Census und der Centurieiiverfassuiig existire , zeigt schon
das AVort, es ist indessen derselbe von Hrn. H. ebenso
unklar als spitzfindig gedeutet »vorden. Er sagt, sowie
die Cent, objectiv die auf das Sachliche begründeten Ge-
«amintheiten der Cives bezeichne, so drücke census die
snbjecfive Bestimmung der auf Grund und Boden beru-
henden Staatselemente nach ihrem Werthe aus. Beide
AVorte sollen von y.lvdv herkommen unil nur nach object.
und subject. Seite verschieden sein. „Was geslossen,
"et raffen ist, dem ist auch von Seite des Slossenden
eine feste Bestimmung gegeben!?'-' Der Census selbst
gchliesst sich an das schon vor Serr. TuU. vorhandene
lustrum an. Vor diesem König «ar noch kein Census
niithig, sondern blosse Liistration , weil in der älteren
religiösen Slammierfassiing Menschen und Boden zwar
auch ilas äusserliche, zeitliche Element «les Staates waren,-
aber nur als Bestandthcile, nicht der Function nach und
im Gegensatz zur Gottheit, nicht zum Staat. Daher
war nichts nöthig, als dass die Bürgt von Zeit zu Zeit
von den Sünden und Fehlern gereinigt wurden , wodurch
sie sich der Gottheit missfallig gemacht hatten. Diese
lustrat. erfolgte jahrlich durch die fratrcs arvales, aber
daneben stanil noch eine grössere durch den König nach
Ablauf einer .hihreswoche gehaltene. Diese Jahreswoche
stand in \'erbiiidung mit ilem Cyklus des Seculum und
der Secularspiele. .Alan hatte das erste Serul. mit dem
Tode dessen beendigt, welcher unter Roms Gründern zu-
letzt starb und sofort {y,man ahndete nämlich , dass das
Volksdusein ähnlich wie das Lehen des Indiridiiums ,
auch irieder in gewisse« natürlichen Perioden verlaufe,
als deren Ausdruck man die längst^e menschliche Lehens-
dauer annahm" etc.), seit Serv. Tüll, aber dachte man
sich das Seculum als eine bestimmte Anzahl von Jahren
(nach doppelter Rechnung tOÜ und 110 Jahre), wahr-
scheinlicli in 10 JahresHochen. Nach den letzteren rech-
nete man, ja es stand damit in der republ. Zeit die Er-
nennung des Dictator oder Praetor max. in Verbindung,
wcbher allemal narh 10 Jahren einen grosseren Nagel
einsrliLigen musstc (die gewöhnlichen Jahresnagel waren
kleiner;. Diese ztvar scharfsinnige, aber durch Nichts
zu betveisenilc (denn die p. OK) und .')t7 angeführten
Gründe »»erden Niemand überzeugen) A'ermutbung wird
bis la der Behauptung er»veitert, dass die üirtatnr zu-
gleich mit dem Consulat , vielleicht schon vor Serv. Tüll,
eingeführt »»»rden sei, um — eine Jahres»»ociie des Staats
zu beschliessen II Die Jaliresivociie besteht aus 2 Hälften,
jede zu .j Jahren lustrum, zusammen ambilustrum ge-
nannt. Diese Einrichtung des lustrum fand Serv. Tüll,
vor (?) unil dehnte die demselben /u Grunde liegende
Idee auf das jetzige irdische äusserliche A'erfassungsprin-
cip aus: ,,An die Stelle des nefas, inrestum etc. vordem
Auge der Gottheit, trat das dedecns, probrum etc. vor
dem Ermessen des Königs; an die Stelle des blossen
Wegschnffens des nach den alten Natureinrichtuniien
Anstössigen das eigentliche censere , d. h. die Bestimmung
jedes Bestandlheils nach irdischem tferth^' etc. Ich
gestehe olfen, dass ich diesen Znsammenhang zwischen
lustriim und census nicht so ganz »erstehe, »»enigstens
den letzten Gedanken nicht und kaum möchte überhaupt
ein so innerlicher Zusammenhang zwischen beiden In-
stituten getvesen sein. Das lustrum mag immerhin vor
Serv. Tull. esistirt haben, obgleich es sehr ungewiss ist,
das neue lustrum mag in seinen Strafen, Rügen und
Sühnungen einen mehr politischen Charakter angenom-
men haben, »vahrend das alte lustrum religiöser Natur
»var — aber »vorin liegt denn <lie Nothwcndigkeit, mit
dem Lustrum die Vermögensabschatzung zu verbinden,
worin eine innere A'^er»vandtschaft? In den oben ange-
führten Worten Hrn. H.'s ge»viss nicht, aod »>ir können
uns den Zusammenhang viel einfacher auf folgende Weise
denken ;
Serv. Tull. ordnete den Census an, ohne durch ein
Lustrum darauf geführt zu sein, sondern selbststan-
dig aus politisch »richtigen Gründen ; und »»eil der
" Census vermöge seines ganzen Wesens Gelegenheit
gab, auch den moralischen Standpunkt der Bürger-
schaft kennen zu lernen, so stellte er das Lustrum,
— es mag eine neue oder eine alte Einrichtung ge-
wesen sein — an das Ende des Census, wodurch
dieser noch eine höhere religiöse Weihe erhielt.
Das quiritische Princip des Census »vird darauf geltend
gemacht und der Satz ausgeführt, dass nur das in An-
schlag kommt, »vas Jemand ex iure Quiritium ist oder
was ihm ex iure Quir. angehört. Nur Bürger werden
censirt und gezählt.
(Fortsetzung folgt.)
Persoual-Chrouik und Miscellen.
Rom. Der Preis von 40 Ducaten für die in Nr. 117 die-
ser Zeitschrift vom Jahre 1836 niilgellicille Aufgabe der hiesigen
arcb.iolijgisclien Gesellschaft ist dem Conicctor Riipcrti zu
Hannover zuerkannt worden. Der vullsiandii;e Titel der Preis-
scbril't lautet: «De coloniis Romanorum comnicntitio , quam
Ihcniatc proposito elncubravit F. Rupirrti, quamquc collegium
ponliricinia antii|uitatil/us rotnanis explicandis praeniio donavit.
Anno 1838. Roniae 1838. fol, 150 S.
Magdeburg. Das vom Dircctor und Consistorialrath Dr.
Karl Funk herausgegebene Osterpiogramm des Donigyinnasiunis
(Ma-<lel.[irg 1839, Hcinrichsbolcn. (55 S. 4.) enthalt eine Ab-
lian.lliing vom Oberlehrer \V. F. Pax i. Psycliologisclic Andeu-
tungen zur Würdigung der Zciclincnslndicn auf Gymnasien « ,
ausserdem die Rede des Bischofs Dr. Drasekc bei Einführung
des Directors und die Anlrittswortc des neuen Dircctors. Das
Gymnasium zählt gcgcn»värtig 360 Schüler.
Zeitschrift
für die
AI terth ums wissen Schaft.
Freitag f 16. Jugust
1839.
Nr. 98.
1) Die Verfassung des Königs Scrr. Tüll., cnlw. von
P. E. Huschke.
2) Die Verfassung des Serv.
F. D. Gerlach.
Tüll. Dargestellt von
3) Disquisitio de Rom, Coinit. auctore P. v. d. Felden.
(Forts et zun g.)
Was die abneichendcn Zahlen in den Tcrschiedenen
Censuslisten betrifft, so äussert Hr. II. ilie Vermuthung
(gegen Niebulir, welcher diese Flucfuation durch das
Hinzurechnen der Isopolitcn erklärt hatte), dass die isn-
politischen Städte das Recht gehabt hätten, überzusiedeln
nnd das Bürgerrecht zu gcniessen, mit Ausnahme der
iura suffragii und bonorum. Diese Erlaubniss wflre nicht
selten benutzt worden , z. E. um Ackervertheilung
oder politischer Vortheile willen, die Neubürger seien
aber ebenso oft wieder abgefallen und fortgezogen. Als
Beweis dafür sollen Liv. XXXI. 3, 3- und XLI , 8-
dienen, aus denen zwar hervorgeht, dass Latincr sich
oft nach Rom wandten und ihre Ileimath veröden Hessen,
aber keinesivegs, dass es ein Recht der Uebersiedelung
gegeben, und noch weniger, dass ilieses so oft benutzt
und ebenso oft wieder aufgegeben worden wäre, wogegen
schon die mit jedem Umzug verbundenen Unbequemlichkei-
len, Hindernisse u. s. w. sprechen. — Die nach Rom Ueber-
gcsiedelteu wurden vom Censor in besondere Listen ein-
getragen, welche ursprünglich tabulue municipum, später
tab. Caeritum hiessen, über welche Hr. H. einige sehr
gute Bemerkungen mittheilt. Er erklärt den Unterschied
zwischen den Ausdrücken aerarium ßeri , in Caer. ta-
bulas referri und //-JÄu 7notie>'t sehr treffend, wie p. 531 —
534 zu lesen ist. Darauf geht Hr. H. den Personal-
censtts und sodann den Vermö^enscensus durch. Die
Aufnahme geschah nach Tribus und zwar musste Jeder
(natürlich nur pater fam.) seinen eigenen, sowie der Acltern,
der Frau, der Kinder unil der Tribus 'Naraen angeben;
auch das Alter, was Hr. H. übersehen zu haben scheint,
vergl. Plin. h. n. V[I, 4V). 1. 3. D. de cens. (ÖO, 15.) etc.;
für die onverheirathcten unselbstständigen Frauen, sowie
für die Unmündigen trat der tutor auf. Die Servi muss-
ten natürlich auch angegeben werden, nach Hrn. H. nicht
bei dem Personalbestand, sondern bei dem Vermögen,
was auch richtig sein mag. Weniger können wir uns
mit den Bemerkungen über Freilassung etc. befreunden,
z. E. nicht mit dem Gedanken , dass maDumissio censa
die neueste und ziemlich späte Freilassnngsart gewesen
sei, denn diese Einrichtung lag nach dem, was von Serv.
TuU. noch sonst in dieser Rücksicht erwähnt wird, sehr
nahe (Dion. IV, 22 — 24. Zon. VII, 9.). Dass Serv.
Tüll, überhaupt das Recht der civilen i^lanumission grün-
dete, ist insofern richtig, als erst von nun an die Liberf.
Bürger werden konnten; der Grund davon liegt aber we-
niger in der p. 546 f- gegebenen inneren Entwickelung,
als darin, dass, da vor Serv. Tnll. nur Patricier eigent-
liche Bürger und die Pleb. nicht viel anders denn als
Pcregrinen angesehen waren, die Maiiumission nur zur
factischen Freiheit, aber nicht zur Civität führen konnte,
weil die Libert. sonst auch zugleich hätten Patric. wer-
den müssen. Dieser Ucbelstand war durch Aufnahme
der Pleb. zur Civität gehoben , und die Libert. wurden
von nun Bürger pleb. Rechts, mit denen sie vorher auch
auf gleicher Stufe gestanden hatten. Dagegen hat Hr. II.
mit vollem Recht auf die oft übersehene Nachricht hin-
gewiesen, dass Serv. Tüll, den Freigelassenen ihren Platz
in den 4 trib. urban. anwiess, und mit grosser Genauig-
keit sind die späteren einzelnen Notizen über die Stel-
lung der Libert. in den Tribus gesammelt.
Der Vermögenscensus umfasst nur rei ex iure Quir-,
daher weder factischen Besitz, noch Capitalieu und Schul-
den (diese Dinge sind nicht censui censendo). Ob das
Vermögen als Ganzes angegeben oder ob die Gegenstände
einzeln geschätzt wnrden, entscheidet Hr. H. dahin, dass
in der ersten Zeit das Erste geschehen, in der republ.
Periode allmählich das Zweite aufgekommen sei. Die Be-
hauptung ist wohl richtig, weniger befriedigend sind ilie an-
gegebenen Gründe: Das Vermögen wäre vor Serv. TuU.
noch iu der Person aufgegangen nnd habe desshalb auch
dann, als es aus der Person hervorgetreten, zuerst als
Eiuheit seinem persönlichen Moment nach in Betracht
kommen müssen (ausser dem Ileredium); in der Republik
trete das Vermögen immer mehr aus dem persönlichen
in den sächlichen Pol über und als Folge davon gehe
der Censns nun mehr in's Einzelne (namentlich nach dem
ersten pun. Krieg), so dass das Vermögen zwar noch als
Ganzes angegeben, aber das Einzelne zu jener Summe
hinzugerechnet werde (dieses ist nicht ganz deutlich);
gegen Ende der Republik sei der persönliche Census von
dem sächlichen fast ganz überwogen worden. Hr. H.
glaubt, dass die Grundstücke zuerst gar nicht angegeben
worden wären, weil sie mehr zur Basis des Vermögens
gedient hätten, statt im Vermögen selbst zn sein; nur
779
780
Vieh und anilere bewoglicho Din^R seien als Vermög^en an- iniisste seif Sery. Tnll. die Gcreclitifkciispflege einen be-
gesplieu etc. (?!). Die Grundstücke seien fihrigpns mit stimmten Charakter und g;rüsseren Umfang annehmen, da
eingptraffen «orden, ohne gesohatzt zu werden; nur die es, »enn Jedem im Census sein Plat« angewiesen werden
a^isser- ital. I?osifziiiigen u.'iren niclit mit eingetragen ninsste, in strittigen r.'illen sehr wichtig war, festzu-
worden, liüclistrns in der lotztrn Zeit, wii auch posses- setzen, ob Jemand frei oder nicht, Römer oder Pere-
sio agri ]inMici , die früher nicht berücksichtigt wurde, grine sei, ob ihm eine hereditas , ein Grundstück, eine
mit veransi lilagt worden, üeber das Abziehen der Schnl- servitus praediorum angehöre n. s. w. Auch musste sich
den und das Kinrechnen der Capitalien h.'itte sich Hr. H. die Zahl der au das ^^olk geliörenden Sachen vervielfal-
etiias deutlicher anschückcn können, indem di^se Angabe tigen. Dass die X.V. und Ci'iralgerichte von Volksge-
der im Anfang aufgestellten Behauptung zu widersprechen richleu abstammen, geht aus Folgendem hervor: 1) die
'scheint. Er glaubte, dass die Schulden und Capitalien Cviralgericbte werden den privatis entgegengesetzt, sie
»vohl mit berechnet, aber nicht speciell angegeben wor- müssen also iudicia publica sein, 'J) die Processe kom-
den seien, iias au<li nicht unwahrscheinlich ist. men an die Cvirn stets ilurch Provocation , welche nr-
l'on der ersten Hälfte des censorischen Geschäfts sprünglich nur bei ^^olksgerichten möglich war, 3) der
(rensus accipere ) geht Hr. H. zu dem zweiten über, Prafor pr.'isidirte bei den Crin, ebenso wie bei quaestion.
nanilirh einem Jeden die ihm zukommende Stelle im public, und bei den Cvirn wurde subscribirt, wie bei lud.
.Slaatsorganismus anzuweisen, wobei auch auf die sitdiche publ. , 4) die Cvirn hatten keine formula, so wenig als
A\ ürde der liürgpr Rücksicht genommen »vurdc. Denn die Criminalrichter, die Privatgerichte präjudicirten nicht
der Censiis Haltende habe die Stelle der Goitlicit ver- den Cvirn, so wenig als den Criniinalgerirhten , 5) die
treten (?) und darum sei ursprünglich auf solche Vcr- Cviralgericbte konnten nicht abgekündigt werilen und ge-
geben gesehen worilen, durch welihe die Gottheit belci- nossen ein ebenso hohes Ansehen, als die Crimiualgerichte,
digt oder die Uedeiitung des Bürgers als Bestandtheil (i) das Symbol der hasta <lcn(et auf eine vom ^'olk aus-
ilcs Staats gcf.'ihrdet ivordeii, und allmählich sei das ganze geübte Gerichtsbarkeit hin etc. — Diese l^olksgerichto
Privatleben mit hineingezogen. Ob der Ursprung der und die d.ifür später eintretenden Xv. und Cvirn uaifass-
sittenricliterlichen Befugniss des Censors so sicher als ein ten alle Processe über Rechte und Sachen ex iure Qui-
religiöser anzusehen sei, tragen wir Bedenken zu ent- ritium, nämlich vor Serr. Tüll, nur über personae ex i. Q.,
scheiden, da diese Bcfugniss ebenso gut aus der ersten seit Serv. Tüll, aucli über res ex i. Q. , also ilie cansac
Hälfte der censorischen Amtsthätigkeit entstanden sein liberales. Streite über die Civität, filii vindicatio, lierc-
kann , d. h. der Censor musste bei dem Censiis alles ditatis petitio, agri vindicatio und Processe über Prädial-
Ordnungswidrige , namentlich das gesetzlich nicht Straf- Servituten. Später, sowie sii-h der Ccnsns erweiterte,
bare bemerken, z. E. schlechtes Betragen in der Ehe, erweiterte sich auch der Umfang dieser Gerichte und die
nachlässige l'erwaltung des Vermögens und des Haus- Streitigkeiten über kostbare bewegliche Sachen , über
lialtes überhaupt cir. Diese ursprünglich geringe Aus- bonorum possessio etc. kamen hinzu. Umgekehrt konn-
dehnung der Censur konnte im Verlauf der Zeit zuneh- ten später die Civilsachen auch an einzelne Richter ge-
nien, wie Liv. IV, S;. ausdrücklich versichert. Zum Gc- bracht werden. — Der Ursprung der aus den Volksge-
schäft des Censors gehörte noch die Abfassung mehrerer richten hervorgegangenen Cvirn ist aber noch nicht unter
VVrzeichnisse, z. E. der waffenfähigen Mannschaft, der
orbi und orbae etc., auch die Sorge für die Tempel,
öffentliche Gebäude, kurz für alles unbewegliche Elgen-
thum des Staats und zum .Sdilussdas Halten des Lu-(riim,
welche Gegenstände einzeln von Hrn. H. behandelt
11 erden.
|i. Capitel. Das GerichtHwesen p. 583 — fild- Von
dem Beginn des röm. St^iats an n)achtc man einen l'nter-
schied zwischen denjenigen Civilprocessen, welche ein blos-
ses Privatinteresse betrafen, z. E. wegen Contracte, De-
lictcn etc. und denen, welche zugleich das ^'olk angingen
und conslilutive .Staatsclemente betrafen, d. h. damals nur
die Person der Bürger. In den ersten entschied der
König oder ein arbiter und in wichtigen Sachen fand
provocatio a rege ad piipul. statt. Die zweifcn dagei'-en,
als eigeiilliclie causae publicae, mussten sofort au das
^ olk kommen , wozu nian sich einer nur fornn'lleu äus-
serlichen Entscheidung des Königs, der provocatio sacra-
men(f> bediente (analog der Entscheidung der duuuiviri
perduellionis, von welchen die Sache sogleich au das
^'iilk komnien snllle). .\us diesen A'olksgericbten bilde-
ten sich die Decem- und CeritH/nvirrtlgeric/ile hervor,
nachdem durch Serv. Tnll. die Entscheidungen von den
Curicu au die Ccutur. übergegangeu waren. UeberhauiJt dein wollen:
Serv. Tnll. zu setzen, sondern bloss die Einrichtung der
Xvirn. Die von Serv. Tüll, eingesetzten Richter sind
nämlich dieselben, «eiche lex Pinaria (Gai. IV, 15)3. u.
2^J erneuerte (weil sie von Tarij. Sup. abgeschafft worden
waren), und welche von Liv. III, ;')i. decemviri iudices
und sacrosanct (<lurch lex Horatia) genannt werden und
die bei legis actio sacram. ex provocat. richten sollten.
Vor lex Pinaria wurde immer das ^'^olk zum Richter
gegeben , d. h. unter Vorsitz des Magistrats , wenn der
König oder nachher Consul oder Prätor in einer säch-
lichen oder persönlichen Klage vindicias oder litem se-
cundiim alternin gegeben hatte und der Unterliegendo
provocirtc. Weil sich aber die Processe gemehrt hatten
und die provocatio immer häufiger wurde, so hatte man
eine Behörde gewünscht, welche die Stelle der Volks-
gerichte ex provoc. verträten, und ilieses waren die von
Serv. Tnll. angeordneten, später wieder in's Leben ge-
rufenen Richter , Decemviri iudices genannt.
In dieser historischen Entwickelnng ift eine Reihe
falscher Grundgedanken niiil uuriditiger Folgerungen
enthalten, von denen wir, da manche dieser Verhältnisse
unkundige Philologen durch den berühmten Kamen Um.
H.'s irre geleitet werden könnten, hier etwas näher hau-
781
782
t) die Hypothese von dem friilier alljjpincincii Rich-
feramt des Volks in allen die sog. Staatselemente betref-
fenden Streitijjkciten ist äusserst unsicher. Der Umfang
der Volksproccsse ist nach Hrn. H. so weit (er scheidet
bloss die Delicten- und Contractenklagcu davon aus),
dass das ^'olk unendlich oft zu Gericiit gesessen, und
dass es oft i'iber die unbedeutendsten und geringfügigsten
Dinge entschieden haben miisste , z. E. über eine kleine
Erbschaft, ein kleines Grundstuck, eine Servitut etc.
Dieses ist aber unglaublich in einer Zeit anzunehmen ,
HO es schon »icle Processe gegeben haben muss , und
höchstens dürfte zugegeben «erden, dass die Processe
über Status vom Volke selbst entschieden worden wären,
obgleich auch dieses nicht zu beweisen ist. Den Quellen
zufolge ist das Volk nur in den allerwichtigsten Proces-
sen als selbst richtend und in den andern bloss als höchste
Instanz thätig gewesen.
2) Hr. H. hat eine falsche und einseitige Ansicht von
<lem Wesen der provocatio , welche ein Hauptargument
bei ihm ausmacht. Er sagt, provocatio käme nur an das
Volk, sacramentum und multa setzten stets provocatio
voraus, und desshalb hätten beide ursprünglich an das
Volk gehen müssen. Das Erste ist richtig, wenn wir
provoe. in seiner Hauptbedeutung auffassen, als lierufnng
von einem niederen Richter an einen höheren, unrichtig
aber ist es, wenn wir auch die andere Bedeutung von
provocatio als Aufrufen zum Process, von den Gegnern
gesag-t, liieher ziehen. — Hr. H. unterscheidet diese
Bedeutungen nicht und erkennt in provoe. Nichts, als
eine Klage an das Volk, welche allemal dann angestellt
würde, wenn der Magistratus den Act des iudicare voll-
endet hätte, d. h. sobald der Richter dem einen oder
dem andern Gegner die Rolle des Klägers übertragen
hat (bei Sachen durch viiidicias dare , bei persönlichen
Processen durch litem secundum alteruin dare). So ist
nach Hrn. H. das iudiciuin des Itlagistrats nur ein ein-
leitendes, aber regelmässig eintretendes Verfahren, auf
welches der eigentliche Process bei ilem Volke durch
provocatio folge und soll analog sein dem Auferlegen eines
sacramenlum oder einer multa vom Magistrat, wogegen
dann der <lamit Belastete provocire. Ebenso soll das iu-
dicium der duumviri bei perduelliu dem iudicare, vin-
dicias dare etc. ganz gleich sein, indem auch bei per-
duelüo das iudiciuin bloss formell gewesen sei, um den
Process damit einzuleiten (beiläufig bemerken wir, dass
p. 584 nicht zu verstehen ist, wie dieses Perdueilioiis-
verfahrcn mit dem Lustrum in Verbindung gestanden
habe!?). Wir können in diesen Dingen keine Aehnlich-
keit erkennen und wundern uns, wie Hr. H. auf die
Idee eines bei allen Processen noth wendigen, durch Nichts
zu begründenden Umwegs kommen konnte. Wozu z. E.
der Umweg, durch die duumviri eine nur formelle Ent-
scheidung fällen zu lassen? Wären die duumviri wirklich
nur dazu da, so hätte der König sogleich selbst dieses
kleine Geschäft des penluellioiieui iudicare vornehmen
können (denn der mit der provocatio beginnende Process
folgt ja nun erst) und brauchte nicht erst Duumvirn zu
wählen. Ebenso wenig ist sacramentum oder multa ein
richterlicher Act, welchem provocatio folgen mühse, ja,
welcher bloss einleitend, damit provoe. darauf fiilgen
könne, vorgenommen werde. Beide von Hrn. 11. parallel
gestellte Institute sind ganz verschieden. Multa nämlich
ist eine von dem IMagistrat nach Untersuchung und Ueber-
legung aufgelegte Gelilstrafe , gegen welche provocirt
werden konnte, wenn der C'ondemnirte sich für iinschnl-
dig odeiT die Strafe für ungerecht hielt; aber eine pro-
vocatio setzt die fliult nicht voraus. Davon wissen die
Alten ebenso wenig, als von dem sacramentum, durch
dessen Auflegung die eine Partei zur provocat. (also zum
Process) genöthigt werden sollte. Hr. II. sagt zwar,
dieses heisse in sacrwn iudicare oder iudicare schlecht-
weg, aber die von ihm angeführten Beweisstellen geben
keinen Aufschluss. Es heisst bei Haubold monum. p. S3
in dem plebiscit. in sacrum iudicare, aber in keinem
anderen Sinne, als Auflegen einer Geldstrafe (zu heili-
gen Zwecken und ilavoii der Name), und von einem ilurch
provoe. zu erölfncnden Process ist keine Rede. Das in
sacr. lud. ist s. v. a. IMult anflegcn , dir Wachtvollkom-
menheit des Magistrats zufolge, und wird in demselben
^ olksbcscliluss dem petere populi iudicio entgegengesetzt,
woraus klar hervorgebt, dass die Mult entiveder vom
Magistrat ohne AVcileres ausgesprochen (in sacrum iud.)
oder bei dem Volk ausgeklagt werden konnte (petere
pop. iud.). Im letzten Falle konnte eine provocatio gar
nicht stattfinden und der Process kam trotz dem in den
Gang, Es würde also eine der provoe. halber ausgespro-
chene Mult ganz überflüssig sein, weil der Magistrat viel
kürzer petere pop. iud. konnte, was er wahrscheinlich
dann that, wenn die Sache ihm nicht ganz klar oder
zu wichtig war, während er ohne Weiteres um Geld
strafte, sobald die Sache unbestritten und minder wichtig
war. Glaubte sich der Bestrafte verletzt, so konnte er
allerdings provociren, was aber nicht so oft vorgekommen
sein mag, da das Volk des iMagistrats Entscheidung nur
bestätigt haben würde. Auch die andern von Hrn. H.
citirten Stellen helfen ihm nicht, ilenn Cic. de leg. III, 3
wird zwar provoe. bei mult. entähnt, aber nicht als eine
Formalitat zur Prorcsserölliiung , sondern als ein beson-
deres Recht der Bürger. Das in erat. p. dom. 17 vor-
kommende iudicare ist von Ungewisser Bedeutung und
für uns jetzt ohne AVerfh , weil es kein provocare bei
sich hat. Fest, publica pondera p. .>13 Lind.- erwähnt
bloss eine einfache Magistratische Mult. Geradezu gegen
Hrn. H. spricht Gai. W, Iti, wo die provocatio der Par-
teien und zivar sacramentu vor den vindiciae vorkommt,
wahrend Hrn. II. zufolge nach und gegen ilie ertheiltea
vindiciae provocirt werden müsstc. Jedenfalls haben wir
hier bei Gai., wie anderwärts, echte Formehi, keine
Neuerungen, wie Hr. H. anzunehmen gezwungen ist; es
uäre wenigstens eine slarke Neuerung, das durch das
Alterthum geheiligte Aerfabreii geradezu umzukehren
und die alte Mitte zum neuen Anfang zu machen, üeber-
liiui|)t können wir diese provoe. der Parteien nicht für
gleichbedeutend halten mit der provoe. gegen die Eiit-
Sflieidung des fliagisfrats. Provoe. im letztern Sinn ist
die wichtigste u. h. allemal das Sichhinwenilen an das
Aolk, als an ilie höchste Instanz und an den gemein-
samen Oborrichter, um Schutz gegen Bedrückung, üiige-
rerbtigkeit etc. zu erhalten, ist also ein hohes, ja das
höchste Recht eines röm. Bürgers und wird als solches
783
784
alleij<halbpn anfgefasst, z. E. in der lex, ilass kein Ma-
gistrat iiniimscliräiikt {Tenälilt werden diirfe, sondern dass
proroc. gestattet sein nifisse; auili in den Verrinen und
aiiilenvärts (zu vergleichen die appellatio, welche aber
nicht an das Volk , sondern an die Magistrate ging). Im
Proccss bildete sich norli eine andere minder wichtige
und neni-re IJedeatnng des Wortes provoc. , n,'inilich als
ein Aufrufen der Gegenpartei zum Proress, als ein Auf-
fordern zum sacramentnm und in diesem Sinne steht es in
der üben angeführten Stelle des Gai. IV, 1(). Ilr. H.
hat diesen letztern Gebrauch von dem ersten nicht ge-
trennt unil hat so ein sonilerbares Bild der provoc. er-
halten, «clilie durch ihn zu einer bloss äusseren Form
und zu einem leeren Umweg herabgesetzt worden ist,
womit sich die Aeusscrungen der Alten iiber dieses kost-
bare ^'orrecht eines Bürgers etc. nicht vereinigen lassen.
Die Frage, ob provocatio auch im Civilprocess zulässig
sei (nach Hrn. H. natürlich bejaht), übergehen wir hier
als zu »veit führend und erlauben uns nur noch ein paar
kurze Bemerkungen.
:\) Die lückenhafte Stelle bei Gai. IV, 15. postea
t-ero reversis datalur .... XXX. iudex, idque per
legem Pinariam factum est, ante eam autem legem ....
dahatur iudex wird von Hrn. H. so ergänzt postea vero
rev. daiatur iis e decemviris tricesimo (sc. die)
iudex, idque etc. ante eam autem legem populus Ra-
ni an us dahatur iudex, und spricht so freilich durch-
gängig für Hrn. H. Es ist aber zu erinnern, dass gerade
die Hauptmomente erst von Hrn. H. in den Text hinein-
getragen worden sind, nämlich die Erwähnung der Xvirn
und des röm. \'olks als Richter, und dass für diese ge-
wagten Supplemente kein dringender Grund vorhanden
ist. Auch ist der Ausdruck daiatur iudex vom Volk
gewiss sehr sonderbar , indem dare iudicem nur von den
höheren .Magistraten gesagt wird, welche einen Richter
bestellen. Wir legen desshalb auf Hrn. H.'s Emendation
kein grösseres Gewicht, als auf die anderen Versuche,
diese Stelle zu ergänzen, und können darin keinen Beweis
für seine Principien finden.
4) Dass die Decem- und Centumviralgerichte mit den
Vollcsgerichtcn verwandt sind, hat Hr. H. sehr gut nach»
gewie^.en; ob sie aber ans ihnen hervorgegangen, ist sehr
zweifelhaft und nach dem Bisherigen kaum wahrschein-
lich. Die Engegensetzung dcrCentuinv. und der iud. privata
beweist ilie Identität der erstem mit den iud. pulil. nicht,
denn an andern Stellen werden die Cviralgericlite ebenso den
iud. publ. etitgegengesetzt, so dass wir daraus nur erkennen,
wie die C'virn zwischen iud. publ. und priv. mitten inne
standen, indem sie jenen in Beziehung auf das Verfah-
ren, diesen in Rücksicht auf die vorkommenden Processe
nahe kamen. Das Verfahren war desshalb den iud. publ.
analog, weil sie als Behörde repräsentirteii, obgleich ihr
Gesch.'iftskreis privatrechtlich war; und gesetzt aiirli, da'ss
wir zugeben wollten, die Xv. und Cv. seien aus wahren
'\'olksgerichten hervorgegangen, so ist damit noch nicht
der von Hrn. H. statuirto weite Umfang derscllien zuge-
geben, indem Hrn. Ziiiiipt's Vermnthung (über Ursprung,
Form und Bedeutung des Ccntumviralgerichts in Rom,
Berlin tS^S) , dass die Cvirn über unerforschte zweifel-
hafte Rechtsfällc jeder Art, also über Rechtsfragen zu
entscheiden gehabt hätten, einen hohen Grad von AVahr-
scheinlichkeit hat. Die Cvirn in diesem Sinne könnten
sich recht gut aus wahren Volksgerichten entwickelt
haben ; in Hrn. H.'s Sinne wflre es nicht möglich ge-
wesen. —
Bei Gelegenheit dieser Annahme der von Serv. Tnll.
angeordneten später erneuerten und sacrosanct erklärten
Richter spricht Hr. H. von den Gesetzen dieses Königs.
Er meint, diese Richter hätten dann erst ihre Bedeutung
für die Plebs gehabt, wenn auch geschriebene Gesetze
gegeben worden wären (der Volkswille müsse sich ent-
äussern , nenn das Volk die Jurisdiction einem Organ
übertrage), und daher seien die 50 Gesetze desselben
ilber Contracte und Delicte zu erklären. Die 50 Gesetze
sollen die bisherigen mores enthalten unil Privatrecht
betreffen, während ausserdem noch andere leges für das
heilige Recht etc. vorhanden seien. Auch habe Tanjuin.
Sup. nur die 50 Gesetze abgeschafft, bis endlich durch
die XII Tafeln dem Volk wieder die Wohlthat der Ge-
setze gcvvorden sei. Uebcr die Zahl der XII Tafeln
hat Hr. H. nach seiner Weise sehr scharfsinnige, aber
unwahrscheinliche Vermuthungen mitgetheilt, z. E. die
X ersten Tafeln seien pleb. Rechts (?) nach den 5 in
senior, und iunior. getheilten Classen, die II letzten
seien streng patric. Rechts und nach den Abtheilungen
der Ramn. Tit. Luc. prior, et post. zu Stande gebracht!
Zu den Gesetzen des Serv. Tüll, sollen gehört haben:
1) die Abänderung im Exccutionsverfahrcn , sich nicht
mehr an die Person, sondern an das Vermögen zu hal-
ten, 2) Errichtung der iusta manumissio ( s. oben),
3) die Solennitaten oder die zu imaginären Geschäften
gemachten Rechtshandlungen , als in iure cessio, manci-
patio, emancipatio txmt coeniptio (beides früher wirklicher
Verkauf, von nun Scheingeschäfte), promissio und stipu-
latio hervorgegangen aus der religiösen sponsio, usus für
die Ehe etc. 4) Verdrängung der Privatrache und der
talio durch Bussen etc.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Sclilcswig-Holstein. Zu Ostern 1838 sind bei unscrn
Gelelirtenäcluilcn folgende Programme erschienen; 1) in Hadcrs-
leben vom Conrector P. V o Iq u a r H sen: Ehrenrettung des
Lucius Aniiaus Scneca gegen die Angriffe Carl Hoffmeisters. Erste
Abtii. 16 S. 2) in Flensburg rom Rector ü. F. K. Wolff:
König ÜeJipus des Sophokles, als Prolie einer neuen metrischen
Uehersclziing des Sophokles. 2. Ablh. 34 S. 4. 3) in Mcl-
dorf vom Rccior D. Dohrn: Kleon , der Atbenienscr , ein«
bislorisclic N.ichwcisung. 14 S. 4. 4) in Alton» vom Dircct.
und Prof. F. H. C. Eggers; Coramenlatio grjnimalica de par-
ticula cum. 16 S. 4.
Rudolstadt. Das Frühlingsprogranim unsers Gymnasiums
cnth.dt eine Abh.mdlung vom Professor D. Sommer: De Eu-
ripidis llpcuba Coniincnt. I. Darauf folgen Nachrichten Ciber
den gegenwartigen Zustand des Gymnasiums.
Zeitschrift
für die
AI terth 11 ms wisse 11 Schaft.
Sonntag, 18- August
1839.
Nr. 99.
1) Die A'prfassiiiig iles Königs Scrr. Tiill. , ciittv. \oa
P, E. Huscltke.
2) Die Verfassung <les Serv. Tüll. Dargestellt von
F. D. Gerlach.
3) Disquisitio de Rom. Comit. auctore P. v. d. Felden.
(Forts etzu ng.)
Darauf kehrt Ilr H. zu den an die Stelle des Volks
gekommenen Gerichten zurück und zwar zuerst zu den
Centumvirn und zeigt, dass sich, weder aus Dion. IV, 2ä,
noch aus Liv. III, 55 ein hohes Alter der Centumv. fol-
gern lasse, wie wir bereitwillig zugeben. Wenn aber
Hr. H., um einen spätem Ursprung wahrscheinlich zu
machen, sich des Grundes bedient, dass die Centumv.
erst in der Kaiserzeit zur Bliithe gekommen wären, und
dass es undenkbar sei , dass ein so altes Institut erst
unter den Kaisern Bedeutung erhalten habe, nachdem es
80 viele Jahre ohne wesentliche Veränderung bestanden,
so ist darauf Kichts zu geben; denn die Centnmv. ge-
wannen unter den Kaisern nicht etwa durch Erweiterung
des Gcscliäftskreiscs oder durch üebertragung wichtigerer
Objecte höheres Ansehen; sondern ihre Bedeutung blieb
unverändert und ihr Ansehen wuchs bloss dadurch, dass,
als die Criniinalprocesse , welche in der republ. Periode
allein das Interesse Aller auf sich gezogen hatten , unter
den Kaisern erloschen oder wenigstens heruntergekommen
waren, die Centumviralgerichto einen Theil des den iud.
publ. gewidmeten Interesses und im Staate eine höhere
Geltung erhielten, s. Zumpt's angeführte Vorlesung. Es
ist ganz unglaublich, dass das Volk so lange, als Hr. II.
annimmt, nämlich bis zur Einrichtung der 35 Tribus,
die Centumviral- oder Vermögens- und Personenprocesse
Belbst entschieden habe, und dass erst gegen das Ende
des 6- oder im Anfang des 7- Jahrhunderts diese Pro-
cesse von dem Volk an die neuen Cvirn fibergegangen
seien, denn 1) spricht dagegen die Natur der von 11. so-
genannten Centumviralsachen , auf welche derselbe einen
zu hohen AVerth legt. Schon oben bemerkten wir, dass
es unwahrscheinlich sei anzunehmen, das Volk habe über
alle V'ermögenssachen entschieden; es ist aber noch un-
wahrscheinlicher, dass es über die Vermögenssachen so
lange entschieden hätte, als über die Crimiualsachen ,
welche jedenfalls dem Staat weit wichtiger sind. Hat das
Volk je die Vermogenssachen gehabt (? ?) , so sind die-
selben lange vor den Crimiaalsacbeo an IVIagistrate und
Einzelrichter übergegangen, zumal da nach Hrn. H.
auch andere Processe schon so lange den Decenivirn über-
tragen worden waren.
'2) Hr. H. übersieht, dass in der Zeit, welche er
für die Entstehung der Cv. annimmt, die Anordnung der
von den Cvirn unzertrennlichen hasta und der legis actio
sacramento — beide unverwerfliche Zeugen eines hohen
Alters — ohne alle Bedeutung gewesen wäre. Wozu
sjmbol. Gebräuche in einer Zeit gewaltsam einführen,
welche derselben längst entwachsen ist"? Wenigstens hat-
ten es die „politischen'''- Römer nicht gcthan.
3) Auch wäre es wunderbar, wenn kein Schriftsteller
den so neuen Ursprung der Cvirn erwälmt haben sollte.
Es scheint vielmehr diese Behörde den Römern selbst
für alt und ehrwür<lig gegolten zu haben, z. E. Gell.
XVI, 10- omiiisque illa XII tabularum anliquilus , nisi
in legis actionibus ceiitiimviralium causarum lep,e Ae-
butia lata consopita sit u. a. Hrn. H.'s Erklärung
dieser Stelle ist sehr gezwungen.
4) Plaut, nien. IV, 2, 18- erwähnt populus und iu-
dex, woraus Hr. H. schliesst, dass damals die Cvirn noch
nicht existirt hätten, denn sonst wurden sie von Plaut,
nicht übergangen sein. Dieser Beweis bedarf keiner
Widerlegung und wir können nicht umhin, noch immer
einen alten Ursprung der Cvirn festzuhalten.
Hr. H. wendet sich am Schluss wieder zu den De-
cemvirn, welche Augustus mit den Cvirn verknüpfte und
stellt folgende Entwickelung auf. Die Decemv. hätten
nach dem Aufkommen des Formelwesens und der Ein-
richtung der singuli iudices ihre Bedeutung als Bollwerke
der pleb. Freiheit (weil sie alle Processe ex provocatione
zu entscheiden hatten) verloren , und man hätte ihnen
daher eine neue Einrichtung und den IVamen decemviri
stlitibus iudicandis gegeben. Diese Reform habe darin
bestanden, Ij dass sie von nun bloss Vindicationsprocesse
entschieden, während sie vorher in allen Processen ex
provocatione competent gewesen wären (völlig ohne Be-
lege!), 2) dass si* von nun für die hasta als Richter-
Collegium wirkten, mithin in I'olksprocessen , und zwar
dergestalt, dass sie zuerst die caussae liberales (über
Status) erhielten, während das Volk in den Tribuscomi-
tien noch selbst die Vermogenssachen untersucht hätte,
bis auch dafür besondere Richter ernannt wonlen waren,
nämlich die Centumvirn. So hätten die Decemv. die
Centuriatcom., die Centumv. die Tributcom. repräsentirt,
weil die Centurien über die Censussachen de statu, die
787
788
Tribus über <lip reriii<igeii.srecli<Iirher) Censiissaclicii zn Classc mehrere Tribus iiiiie , derglcicheii ilie 2. "nil so
eiitsrlioideii poliabt li.'iHen; ilic Deceiiii. aber liäüoii hüliere fort, wodurch Tribiis Uiiterabtlieiluiig; der Classen , die
^^ lirde fjehabt. Üii(cr AiiiJiist seien beide Gerielitsiiüfe Classeii ein liibegrifl' mehrerer Tribus wurden (im We-
wreiniijt worden, weil mit dem Zusammeiifliessen lon sentliciieti ebenso Zarliari.'i in L. Corn. Sulla. Heidel-
))opulus unil [)lebs aurli die Pro(■es^e über Freiheit und berj is;34. und Unterholzner de mut. rat. Cent, comit.
^'ermö-jen znsammeij;;.lvoninien H.'iren. '»'ratislav. 18iJ5.J. Die cent. fabrum, cornicin. lit. und
Auch diese Darslellun^r beruht, wie das A'orijje, auf prolet. fallen von nun an weg und stimmen bloss in den
lauter Hypothesen: 1) ilie neue Gestaltuuff der Decemv. Tribus.
und deren in o Perioden total verschiedene \Virksanikeit, Diese Unterordnung der Tribus unter die Classen ist
die ur.spriiniiliche, neuere und neueste ist willkürlich an- sehr alt und fallt in das Jahr 259 a. u. kurz nach Tar-
•^enuninien und nicht zu beweisen, weder durch l'ompon.
1. 2. <^. o'l. D. de orig iur. (I, 2) deinde cum ?*■»?/ ne-
cesHarius tiiagis/ratus qui Imstae priieesset decemviri sllit.
iud. sunt cniisfituli , noch durch andere Stellen. Pompon.
sagt ganz einfach: weil sich ein IMagistratus für das Prä-
sidium der hasta , d. h. der schon lorhandenen alten Cvirn
iiöthig machte {Gründe, warum? sind leicht zu denken),
so wurden Decemv. angeordnet. Wie ein neuerer Ur-
sprung der Cvirn und ein jüngeres Alter derselben (im
^ ergleich zu den Decemvirn) in diesen Worten liege,
wird trotz not. 41) auf p. ü;)7 Niemand begreifen.
quin. Sup. Tode, als 21 Tribus gemacht wurden, um
die personlichen Classen und Cent, des Serv. TuU. in
locale umzusetzen (170 Cent, in den 5 Classen machen
17 Tribus, nebst 4 trib. urb., also zusammen 21). ^i'ach
dieser neuen £intheilung kamen S tribus auf die 1. 2
trib. anf die 2. 2 auf die 3. 2 auf die 4. 3 auf die 5.,
zusammen 17 trib., und die 4 trib. urb. waren von den
Ccntcom. ausgeschlossen und wurden nur in den Cent-
coni. zugelassen, so dass die Libert. in den Cent, ohne
suifragiuni waren. Der Staat hält in dieser Eintheilung
seine alten 3 I5estandtheile noch immer fest, d. h. 6 <rib.
2) M ie unwahrscheinlich es sei, dass dem Volke die der alten Patricier (Ranin. Tit. Lue. pr. und post.) , 6
1 erinogenssachen (wenn es dieselben jemals hatte) so (die 2., 3. nnd 4. Classe) der Calimontaner, 2 trib. der
lange geblieben sind , wahrend es die Contracts- und vornehmen Plcb. von der 1. Classe und 3 <rlb. der ge-
Delictssachen in der ältesten Zeit, darauf aber auch die ringen Pleb. aus der 5. Classe (kleine Grundeigen-
noch wichtigeren causae status — denn Freiheit und thüiner). —
Civitat der Einzelnen ist wichtiger, als Habe und Gut
den Decemvirn überfragen haben sollte, ist schon oben
angedeutet und beilarf keiner Ausführung.
o) Es ist durchaus ungegründet, die Centumv. in so-
fern Stellvertreter der tribus zu nennen, als Beide die
^Vir wollen über einen so wichtigen Gegenstand, als
CS die ^'erschmelzung der Cent, und Trib. ist, keine
Untersuchungen in einer Recens. anstellen , deren Grän-
zen ohnehin schon ungebührlich ausgedehnt worden sind,
am wenigsten jetzt, wo man bald Licht in diesen dun-
Verniogenssachen zu entscheiden gehabt hätten. Dia» kein Zugängen von einer geprüften Hand crvvarten darf.
Tribus richten keine Censussachen , sondern wenn Cen- Ich begnüge mich daher, in wenig Worten dasjenige an-
sussaclien jemals \or das Volk kamen, so geschah die- zuführen, was sich zunächst gegen Hrn. 11. einwenden
ses vor den dem Census eigpiithümliclien Volksabtheiliin- lässt , auf Vollständigkeit und Erschöpfung Verzieh*
gen der Centurien. Die Tribus kamen nur <lann zu leistend.
Vermögensangelecenheiten, «enn sie über Geldstrafen 1) D
Lcriethen bei Vern;chen, welche die heilige Person des
Volks betrafen, und wir haben nirgends ein Beispiel,
dass die Tribiitcom. eigentliche ^'erniögenssachen ent-
schieden. AVeit einfacher und dem Wesen der Tribus
angemessener ist der von Znmpt angedeutete Zusammen-
hang zwischen Centumv. und Tribus, s. oben.
Wir brechen hier ab, um noch des 12. und letzten
Capitels zu gedenken (die spälere Entwickeltnig der Ser-
vianischen Cenluiienvtr/assuiig p. (ill — &.M) , worin
zuerst die Beschall'eMlieit der späteren Ccnturienierfas-
sung und dann deren Bildung behandelt wird : Die llit-
tertenturien bestehen fort, auch die ö Classen, aber nicht
lVt3 Centurien, sonilern es wurden 70 Cent, gemacht,
als es 3.'i Tribus gab (beiläufig bemerken wir, dass Hr. IL,
indem er sagt, es sei an vielen i>tellen von Tribus die
Rede, wo in Centconi. gestimmt worden wäre, sich unter
Anderm auch auf einige Stellen beruft, wo Tribufcom.,
aber keine Centrom. gehalfen sind, also die Erwähnung
der Tribus nichts Aufrallendes hat, sondern ganz in der
Ordnung ist, z. E. Aarro r. r. II f, 2. Cic. p. Plane. K).
22. Liv. III, 71. 72. l.V, 4ii. XXV, 2. XL, 42.), und
zwar dergestalt, dass die JO Tribus oder 70 Centurien
Nothwendigkeif des totalen Uebergangs aus
personlichen Centurien in locale Tribus ist ebenso wenig
von Hrn. H. nachgewiesen, als die angenommene Zeit.
Zwar sucht derselbe Alles aus der Physiologie des röm.
Staats zu erklären, aber dieses geschieht auf eine so
wunderbare nnd verwickelte AVeise , dass man sich nicht
überzeugt fühlt und immer zu der Frage gedrungen wird,
warum die beiden Principe nicht eine Zeit lang neben
einander hätten bestehen können. Dass ein IMann von
nüchternem Verstand auf diesem Gebiet gar nicht mit
Hrn. H. fortkommen kann, wird ein fluchtiger Blick aal
p. 630 zeigen.
2) Es ist unmöglich, sich locale Tribus zu denken,
welche zugleich , vermögensrechtliche Bedeutung hatten,
da in der Praxis die grösstc Ungerechtigkeit mit einer
solchen Einrichtung verbunden sein mussfe. Es lebten
ohne Zweifel in den Tribus der 1. Classe viele Bürger,
deren Census sie nur zur 2'> 3- "Acr noch unteren Classe
sfellfe (Cic. p. Plane. IS etc.); diese wären nun ganz
ohne sullrag. gewesen, denn in der I. Classe konnten sie
nicht stimmen — sonst hätte diese jeden A'orzug ver-
loren, — in der Classe, der sie ihrem Vermögen nach
angehörfen, konnten sie ebenso weniff stinmien, weil sie
selbst iu .j Classen gcthcilf waren. So hatte die erste iu den Tribus jener Classe nicht angesessen oder bc-
789
gfi<ert waren. So gibt es nacli Hrn. H. cives ohne suf-
frag, oder Tribulen niif iinil ohne Confiirie , was ebenso
ivolil gegen die Zeugnisse der AKcn, nach »reichen alle
cives in den Centrom. stimmten, als gegen das Princip
der Cent, und die locale Basis der Trib. ist. Hr. H.
geht auf diese Schwierigkeit nicht genau ein p. 644 s(|.
t;56 sq.
3) Die Stellen der Classiker, in denen später von
Classen und Centuriatconi. die Rede ist, lassen auf
eine Classeneintheilung der Tribus nicht schliessen (eher
scheint es, als ob die Classen Ünterabtheiluiigen der
Tribus waren; auch steht tribus gewöhnlich zuerst, dar-
auf classis , z. E. Symmacli. fragni. p. 4l(. Auson. grat.
act. etc.), z. E. bei dem über den Censor Claudius ge-
haltenen l'olksgericht werden von Liv. XLIII, Iß. jiiul-
taeque aliae (sc. centuriae ) primae classis erwiihnt,
welche Ausdrücke nach Hrn. H.'s Theorie wohl nicht zu
vertheidigen sind, indem <lic erste Classe im Ganzen nur
16 Cent, haben soll, aber nicht multae. \a\. 31ax. ^'I,
5, 3. sagi so^ar primae classis permultue centuriae!
Geradezu gegen Hrn. H. ist Dion. X , 17 , welcher bei
einer Wahl im Jahr 29fi -a. u. die 18 Ritfercent. und
80 Cent, der 1. Classe erwähnt. Zwar glaubt Hr. H. ,
Dionys. habe diese Veränderung nicht genau ge-
kannt, und überhaupt sei die neue Einrichtung von der
' alten practisch nicht so verschieden gewesen, er wird
aber dadurch Niemanden überzeugen ; denn Dion., er mag
oft so befangen und übel unterrichtet sein, als man will,
hat wenigstens die Centurienverfassung genau studirt (nach
seiner eigenen ^Versicherung IV, 21.) und wenn er, wie
nicht zu zweifeln ist , überhaupt von einer neuen Ein-
richtung wusste, so würde er auch die Zeit deren Ein-
führung etc. gekannt haben, <la dieses ohne Zweifel in
denselben AVerken stand, aus denen er die Servian. Ver-
fassung kenneu lernte. Dass die neue Einrichtung von
der alten sehr abwich, geht aus Allem hervor, s. das
Folgende.
4) Wenn der Uebcrgang ans der Servianischen in die
neue Einrichtung so frühzeitig gewesen wäre, als Hr. H.
vermnthet, da wünle man später von der Servianischen
wenig mehr gewusst haben, zumal da sie ohne alles
practische Interesse gewesen wäre. Es ist kaum zu be-
greifen, wie Liv. Dion. Cic. von den 193 Cent, des Serv.
sprechen sollten, wenn diese Zahl schon so früh ausser
Gebrauch gekommen wäre, und wie konnte Cic. davon
als von einer allgemein bekannten und wichtigen Sache
reden 1
5) Durch Hrn. H.'s Einrichtung erhalten die Ritter
einen unverhältnissmässigeu , allen Nachrichten und aller
ratio widersprechenden Eintluss. Wenn bald nach Ver-
treibung der Könige 17 Tribus mit 34 Cent, errichtet
wurden, so hätten die daneben stehenden 18 Rittercent,
nicht allein die erste Classe ganz überstimmen können,
gonilern sie würden immer und bei allen Gelegenheiten
den Ausschlag gegeben haben! Namentlich wurden die
Vornehmen zu viel .flacht gehabt haben, wenn die Ritter
es immer mit diesen hielten, nnd dieses scheint Hrn.
H.'s Meinung zu sein, welcher glaubt, dass durch diese
Veränderung die Vornehmen die Uebermacht hätten er-
halten sollen. Doch dem ist nicht so, denn thcils hatten
"90
nach Servius die Optiniaten schon einen ansehnlichen
Einllnss, thcils ist der Optiniat. Einiluss nach Serv. Tüll,
eher vermindert, als vermehrt worden, s. z. E. Liv. VIT,
'J2 , wo zum grossen Aerger der Patricicr der 1. Pleb.
Censor erwählt wird, mit dem Znsatz nee variatum co-
tniliis est. Man denke auch an Dion. Aeusserung e/\;
TU SiJiioxiYjijTeouv IV, '2\.
(i) Es entstehen durch Hrn. H.'s Annahme eine Menge
von Schwierigkeiten, die wir nicht lösen können, z. E.
der allziigrnsse Abstand der tribus urb. un<l rnst. , dag
frühe Wegfallen der Proletarier, das Abstimmen der
Fabri etc. in den Tribus der 1. Classe etc., das Fortbe-
stehen der Cent, ni ijuis scivit im Censns und die Auf-
hebung derselben in den Comitien (???) n. s. w. , was
wir nicht weiter anzuführen brauch.'n.
Aus den 21 trib. werden allmählich 35 und der Gang
in Hrn. H.'s Untersuchung ist im Wesentlichen folgender:
Das Innerliche rückt fort zum Aeusserlichen und, indem
Person nnd Boilen den Charakter der zweiten Periode
bilden , ist in der ersten Hälfte die Person die Haupt-
sache, in der zweiten das Grundstück. Das Ausland
wird mit in den Staat gezogen nnd der Staat erweitert
sich durch Ansetzung neuer örtlicher Tribus bis zur Er-
oberung Italiens. Es erfolgen (i Geburten von Tribus,
analog der Geburt von (i Kindern in der röm. Ehe
(s. S. 663), und ziiar ist die erste eine Zvvillingsgcbnrt
von 4 tribus 3(iS a. u., nämlich die 4 trib. urb. für die
Proletarier von 5,500 — 4000 Ass (diese Behauptung ist
ohne alle AVahrscheinlichkcit , und »vcnn diese erste An-
setzung von Tribus als eine besonders wichtige von Liv. an-
geileutet werden soll (eaeque vigi/ifi quinque tribuum nu-
menim explevere), so verliert dieser Grund dadurch sei-
nen Werth, dass Liv. an derscllien Stelle zugleich in
Irrthum befangen sein soll, indem er die 4 trib. für die
neuen Bürger errichtet sein lässt. Es ist Willkür, eine
Aussage desselben Zeugen naih Bequemlichkeit zu ver-
werfen oder zu benutzen! Das gegebene Princip trieb
weiter unil noch ,^mal wurden 2 Tribus angesetzt, von
unten nach oben, zu jeder Classe 2, bis die Zahl der
35 Trib. erfüllt war 513 a. u. am Ende des 1. piin. Kriegs
( die Analogie der zweimal 35 menschlichen Glieder
s. p. 664 sq.). Die neuen Tribus sind überwiegend von
Grund und Boden aus an den alten Staat angesetzt nnd
haben dadurch demokratisireuden Einfluss auf die Ycr-
bindung der Cent, und Trib. Anfangs hatte sich der
Boden nach der Person und deren Census gerichtet, all-
mählich war der Boden oder die Tribus vorherrschend
geworden und nicht mehr das Vermögen, sondern das
Besitzthum machte zum Tribulen; die Classen, welche
überwiegend Centuricn und Censusclassen gewesen waren,
wurden nun mehr Tribiisclassen, und der Unterschied der
Bürger bestautl nicht mehr im A'eruiögen, sondern ob er
zu einer höheren oder geringeren Tribus gehöre. Vom
A'erniögen hing" bloss noch das Stimmrecht ab, ob die
Bürger in den Com. Cent, oder nur in den Trib. snlFra-
giiim hatten. Uebrigens genicssen die in den 17 Trib.
(34 Cent.) und 18 Rittercent, stehenden Altbürger manche
Vorrechte vor den 10 Trib. Neubürgern (6 trib. für die
besiegten Latiner und Herniker, 4 trib. für die ferneren
Völker) und 8 Trib. Proletariern.
791
792
!Mit Erfiilliiiig iler S5 Trib. Iipj;iiiiit eine neue Periode
der Cenfurienverfiissung. Die Aiisfflrirlinnjf Roms mit
Italien »ar zu Stande gekommen (inil von nun nar eine
Erweiterung des Staats ilnrch neue Tribus unniuyflivh.
Die neuen Biirfjer miisston daher in die .if) Trib. aufge-
nommen «rrdcii (zuerst die muiiicipes sine suUVagio) ,
iiuJ die neuen Trib. »turden aliniübiirli so anffeselien ,
wie die alten; das einzige Ueberge» iilit der älteren Bür-
ger beruhte auf ihrer Stimnienzalil. Aueh waren die
trib. urb. in die Centuriatcom. zugelassen worden und es
kamen nach und nach sogar vornehme Bürger in die
städtischen Tribus. Die Censussätze blieben unverändert
und bildeten keinen Schutz mehr iregen die Demokratie
(der geringen Ansätze halber), obgleich die Centurien
norh immer etwas aristokratische AVürde behielten, denn
die höheren Classen hatten höhere Dignitiit durch Ge-
burt, AVürde u. s. w. Dazu kam die ^'eriinderuug der
Censoren M. Aemil. Lepid. und iM. Fulv. INobiliur 573
a. u. Liv. XL, .•> I , wodurch die ganze Abstimmung der
Cent, etwas Geordnetes erhielt, im Gegensatz der unor-
dentlichen Tributcomitien. Es würde uns viel zu weit
führen, wenn wir diese Ideenreihe durchgehen wollten,
und der Sa( hkundige wird eine .'Menge begründeter Zwei-
fel dagegen erheben, z. E. gegen die zuletzt erwähnte
Veränderung (Liv. a. O.) , welche sich nur auf die Tri-
butcom., keineswegs auf die Cent, bezog. .Auch Cic. de
leg. III, ly. deutet auf diese augebliche Neuerung nicht
hin, sondern er ist lediglich von den Servian. Comitien
zu erklären. IVlit vollem Recht dagegen wird Cic. p.
Place. 7 das von Orelli verdächtigte distributiv partibus
tribtitiin vertheidigt und ilie Stelle erläutert. Ueberhaupt
müssen wir bei Gelegenheit ilieser .Stelle bemerken, dass
Hr. U. nicht selten kritische Exkurse über Liv. Cic. u. A.
eingewebt hat, denen man die grösste Aufmerksamkeit
widmen niuss, indem Hr. H. einigemal sicher das Rich-
tige gefunden hat. Wir machen auf einige Stellen auf-
merksam: Cic. p. Caec. 3.5 tp. h~'2) wird duodecim gegen
Savignv's Emendatinn duodeviginti in Schulz genummcn
und statt .triminennes Interamne/ises vorgeschlagen. Liv.
I, 4>). ist ungemein gut aus vidaiie (ittributae, ijuae bina
milia aeris in annos singulos penderent verbessert wor-
den binae, wodurch die unvcrhältnissmässig hohe Summe
Ton 2')"0 Ass für jedes Jahr bedeutend vermindert wird.
Weniger glücklich scheinen die Conjecturen zu Liv.
VIII, S. Cp. 44i , 4.JÖ u. a.), worüber man eine beson-
dere Abhandlung schreiben konnte; sehr schön dagegen
ist Liv. l.\, 3'*5. (p. 1)4' I) ut sortirentur ubi Liitini »uf-
fragium ferrent in ul sort. tribus et stalim suffr- f.
emcndirt, welchen Gedanken auch Weissenborn in s.
viele scharfsinnige Conjecturen enthaltenden lect. Liv.
part. I. Isenac. 183 ' i P^g. '.2'.) sqq. ausgesprochen hat.
Recht gut ist Liv. X, 8. mit Cod. ^^ith. F.t nunnuam
für en umiuam restituirt worden (p. (iSsq-); von gleicher
Evidenz ist die Heilung der grammatisch büseii Stelle
Liv. XXIII, 31. ut quo eo anno durch die Conjectur
ut quocunque anno (p. 504 sq.). Nicht ganz so sicher
vird Liv. XXXLV, 44. aus in censum referre viatores
iuxsit in in c. ref. decies pluris ius». gemacht (p. öOb)-
Remerkenswerth , obgleich nicht überzeugend, ist die
Rehandlung von Liv. XLI, ,S. (p. 530), wo nach den
AVortcn et quibus slirps deesset quam relinquerent , ut
eingesetzt wird coelibes , welches zu den folgenden cives
Rom. fiebant gehört. üb diese Umgehung des Gesetzes
imaginibus iuris genannt wer<lcn dürfe, wie Liv. im fol-
genden Satze thut, bezweifeln wir und bemerken zu-
gleich, dass in der lex selbst (cap. <l) bloss manumissiu-
uiid keine andere fraus erwähnt wird; so dass wir vor
der Hand im Ganzen bei Duker's und Walch's Ergän-
zungen stehen bleiben, cf. Weissenborn a. a. O. p. 3'2 sq.
AVenn Hr. H. p. 554 sagt, Liv. XLV, 15. seien die
verdorbenen Worte e.v se/iatus consulto von AValter in
d. Rom. R. G. p. 122 trelllich verbessert ex se natus ,
so ist dieses eine Verwechselung mit Krejssig , welcher
bereits 1827 in s. comment. de locis Gellii VI, 1. et
Lactant. etc. Blisen. p. 15 diese Emendation gemacht
und darauf in seinen Text genommen hat. Nicht einver-
standen sind wir nut der Behandlung von Cic. Phil. II,
33 (namentlich p. 612 sqq.), aus welcher auf die Ab-
stimmung der sex sulfragia zwischen der 1, und 2- Classe
geschlossen wird. Andere neue Untersuchungen tverden
die Stelle anders gestalten! —
Nach dieser Relation ist es kaum nöthig, noch ein-
mal zu sagen, dass Hr. H. auch in diesem Buche viel-
fache Beweise umfassender Gelehrsamkeit, glänzenden
Scharfsinnes und seltener Cumbinationsgabe abgelegt hat,
es ist aber auch nicht zu verhehlen, dass, wenn es ihm
gefallen hätte, mehr die Quellen allein und unbefangen
zu benutzen , als nach vorgefassteu phjsiol. Ideen die
Nachrichten der .Alton zu constrniren, die Wissenschaft
einen grösseren Gewinn gehabt haben würde. Das Buch
Hürde dadurch um ein Drittel kleiner , aber dem Sach-
kundigen und überhaupt jedem Gelehrten nützlicher und
lieber geworden sein. Zum Schluss bitte ich Hrn. H. ,
dessen grossen Verdiensten ich die aufrichtigste nnd
dankbarste Anerkennung zolle , mir die Offenheit zn
verzeihen , mit welcher ich mich liber ihn und die in
diesem Buch herrschende Richtung auszusprechen er-
laubt habe.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Euskirchen, 9. Juni. In diesen Tagen wurden zu Wein-
g.irtcn , Kieia Kiiskirchen . bei Gclet;cnlieit der Erdarbeiten für
die Strasse von Köln nach Trier, ein vorzüglich schönes Mauer-
werk ans den Röinerzeitcn und mehrere Kunstschätze aus der-
sclbin Periode, ansgegr.iben. Es scheint der Eingang zu einer
grossen Badeanstalt zu sein und erregt in Beziehung auf Gross-
.irtigkeit und Luxus d.is bijchsle Interesse. Der Fussboden von
.Mosaik ist ein aiisgezeicliiictes Kunstwerk.
Lonilon, tl. Juni. Die Admiralität hat ein Kriegsschiff
an die südwestliche Küste von Klciiiasien gescliickt, das eine
reiche S.iinnilung alter Bildwerke, die Herr Fcllow's in KKin-
asien gefunden bat, nach Eni;bind briiigin soll. Durch die Be-
mühungen des gelclirlcn Hawkins, eines der Vorslebcr des brit-
lischen Miiseiiiiis, sind diese wobleilialleiien Uebcrteste griecb.
Kunst für jene Anstalt gewonnen worden.
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaf t
3Iitt\\'0ch, 21. Jiiqiist
18 39.
Nr. 100.
1) Die "Erfassung des Königs Serr. Tull. , cniw. von
P. F.. Hmchke.
2) Die ^'erfassung des Serv. Tull. Dargestelli von
F. D. Gerlach.
3) Disquisitio de Rom. Comii. auclore P. v. d. Velden.
(Bcschluss.)
Nach längerer unverschnldcter Unterbrechung wende
ich mich zum Beschluss dieser Arbeit, um noch die
Schriftchen der Hrn. Gerlach und v. d. Velden zu er-
wähneu. Leider ist es mir nicht möglich, sie so aus-
führlich, als ich mir rorgcnommen, anzuzeigen, indem
die ernstliche Mahnung der Acrzte, welche mich wegen
leidender Augen auf die nOthigste Arbeit besrhrcinken ,
auch hier zur grössten Kürze zvvifigt. Ich muss mich daher
damit begnügen, in kurzer Uebersicht die philol. Leser
auf jene Schriften aufmerksam zu machen. Hrn. Ger-
lach's Absicht war weniger. Neues zu schaffen, als die
vielfach zerstreuten Angaben über die Centurialierfassung
unter allgemeine Gesichtspunkte zu ordnen un<l die ge-
wonnenen Ergebnisse in angemessener Verbindung darzu-
legen , damit dadurch der .Standpunkt der Untersuchung
bezeichnet »verde. Mit Vergnügen erkennen wir an, dass
Hr. G. diesen Zweck in der Hauptsache rollkonimen er-
reicht hat. Das schon Bekannte gibt der Verf. kurz und
treffend wieder, das noch Dunkle wird genau davon ge-
trennt und über die weiteren Forschungen werden scharf-
sinnige Vermnthungen und Fingerzeige gegeben, welche
sehr interessant sind, obgleich man nicht selten anderer
Meinung sein wird. Die Darstellung ist durchgängig
schün und edel. — Zuerst wird die ursprüngliche Ge-
stalt der Centurien geschildert und bemerkt, dass diese
nach Serv. Zeit ganz angemessene Einrichtung auf die
Dauer nicht genügen konnte, und wenn die Römer auch
noch so unwandelbar in den äusseren Formen gewesen ,
so sei doch die ewige Entwickelung des röm. Staatslebens
nicht zu verkennen. Die Grundbedingungen der Seriian.
Verfassung sollen sich verändert haben, sowohl in Be-
ziehung auf den Münzfuss, indem das as nur noch '/,,
seines alten AVerths gehabt hätte , als anf das Kriegs-
wesen , denn der Arme habe jetzt den Hauptkern des
Heeres ausgemacht und der Ritter sei nicht mehr von
der alten Bedeutung gewesen. Nach den geänderten
Verbältnissen hätte auch die Ausübung des Stimmrechts
geändert werden müssen, und eine Veräuderaog sei auch
wirklich vorgenommen worden, aber weder in der ersten,
noch in der zweiten Periode, sondern erst nach Einrich-
tung der 3ö tribus. — AVir können hier nicht näher
untersuchen, ob der umgestaltete Münzfuss und das
neuere Kriegswesen wirklich von so grossem Einfluss auf
die Staatsverfassung gewesen sei, und glauben für jetzt
wenigstens das mit Bestimmtheit sagen zu können, dass
jene fllnnz- und Militär- Umgestaltungen nicht die näch-
sten Ursachen der nach Erfüllung der 35 tribus einge-
tretenen Comitialveränderuiig waren , ebenso auch , dass
jene Umgestaltungen niclit so frühzeitig auf die Staats-
verfassung einwirkten, sondern erst in der Zeit, als der
Staat aus der republikanischen in die monarchische Ver-
fassung überging. —
Hr. G. gibt eine kurze schöne Schilderung der ersten
und zweiten Periode der Republik, um zu zeigen, dass
die grosse Veränderung später vorgefallen sei. In den
ersten Zeiten des Freistaates waren die Centurien noch
eingeschränkt, indem die Curien noch einige Macht be-
sassen nnd ausserdem allerlei Mittel anwandten, um die
gesetzlichen Befugnisse der Bürger zu verkümmern; sie
waren jedoch nicht auf solche Weise eingescliränkt , als
Niebuhr behauptete, z. E. in Beziehung auf die zwischen
dem Senat und den Centurien getheilte Wahl der Coss.,
in den Entscheidungen über Krieg und Frieden (Beides
ist von Hrn. G. recht gut bewiesen und kann keinem
Zweifel unterliegen) , und in dem Vorschlagsrecht des
Senats, so dass die Centurien einen der Vorgeschlagenen
wählen mussten. Ucber das Letzte geht Hr. G. zu schnell
hinweg, denn es ist keine patric. Anmassung, dass <iie
Wahl einen der Vorgeschlagenen treffen musste, sondern
uraltes Herkommen, und factisch hat der Senat aller-
dings auf, den Vorsitzenden uud vorschlagenden Magistrat
grossen Einfluss ausgeübt, vergl. Husckke im ~. Cap. —
In jene Zeit fällt die grosse Veränderung nicht, sondern
nur die allmähliche Abrundung der Tribus als Gemeinde,
von der auch die Patricier nicht ausgeschlossen waren.
Diese Tribusgemeinde mit ihren Tribunen nnd Aedilen
wurde immer mächtiger, bis sie in der zweiten Periode
sich bis zur gänzlichen Gleichstellung erhoben. — Alles
dieses ist recht schön dargestellt und wir bemerken nur
beiläufig die irrthüinliche Ansicht Hrn. G. s , nach wel-
cher erst die XII Tafeln den Centurien die höchste
Gewalt übertragen hätten, wofür kein Beweis zu linden
sein durfte. Schon Serv. Tull. richtete die Centcom.
als Nationalversammlung zur Leitung der höchsten nnil
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796
wicliiljTstpn Aiifpleffpiilipifoii ein, ivudiirch die Ctiripn den
Haujittheil ihrpr ^Virksaiiikcit bprpits damals vprioren.
Es Hürde Hrn. G. schivpr iiprdpii, jsii zeijjpii , »vpiche
iMirlif ausser dpr lex riiri.ifa die Curipii iiarli Sprv Tiill.
bpliiplleii, lind iiaiiii sip dipseii angpblicbpii Einfliiss ver-
lorpn , ileiiii in ilen XH Tafeln scheint nur die rirliter-
liche ^'ollniarht der Cent, bestätigt zu sein und uicbts
Anderes, so dass die Com. Cur. im Wesentlielien seit
Sen. Tnll. diesellieu blieben und ihren Einlluss mehr
moralisi li einbiissten , als politisch und gesetzlich. — In
der 2- Periode pntuirkelt sich der Staat auf das herr-
lichste nach Innen lind Aussen bis zur Eroberung Siciliens,
die Bürgcrzalil wachst ausserordentlich , 35 Tribus wer-
den eingerichtet und die .Stande stehen sich näher, indem
die Interessen verscliiiielzen. Könnte jetzt rielleicht die
't'erbindiing der Cent, und Tribus stattgefunden haben?
Doch nicht früher, als nach Einrichtung der 35 Tnbns,
und die Stelle bei Lic. IX, 4li, «eiche auf eine frühere
^'erbindung beider Couiitien hinzudeuten scheint, ist auch
ohne diese Aiinalinie gut tu verstehen (p. 27 — 29). —
Es siud 4 .Stücke bei dieser Veränderung, «eiche
Hr. G. als erwiesen und unbezueifelt hinstellt:
1) Cent, und Tribus kuniinen in enge Beziehung,
2) die .5 Classen «erden beibehalten,
3) die Centurieiizahl bleibt auch unverändert, nur in
den ^^rinügensbestiniinungen und in ileu Centuriciizahlen
der Classen treten >'präii(lerungen ein,
4) mehrere .Modificatiunen im Einzelnen sind als Ver-
fügungen der Censoren und nicht als Verfassuiigsvcrän-
deriingen zu betrachten.
So bereitwillig «ir Hrn. G. in den ersten beiden
.Sätzen beistimmen, wenn wir dieselben im Allgemeinen
betrachten, so wenig können «ir <lie specielle Ausführung
und die letzten Punkte billigen, denn indem Ilr. G. Liv.
I, 43. nur ron der ersten Classe versteht, behauptet er,
die erste Classe habe zwar nur 70 Centuricn , nämlich
2 Ccnturien in jeder l"ribus, übe aber dennoch ein gros-
ses Lebergew icht aus, wesshalb C. Gracchus (unauso-e-
führte) Vorschläge gemacht habe. Die andern 4 Classen
hätten die Zahl der 1^3 Cent, erfüllt, ohne dass man
genau sagen könne, wie viel Cent, eine jede dieser Clas-
sen geliabt habe. AVir bemerken nur ganz beiläufig,
dasä wenn die ganze grosse Veränderung darin bestamlen
hätte, dass man mit Beibehaltung der Zahl l'U der
1. Classe 10 Cent, genommen und den andern Classen
gegeben hätte, diese Veränderung iveder eine so grosse
und wichtige, noch eine demokratische genanrtt werden
könnte. Uebrigens wird die Veränderung von Hrn. G.
vor deu Anfang des zweiten Puii. Kriegs unter die Cen-
sur des 0. Aemilius und C. Flamiiiin. gesetzt. — Was
die von Hrn. G. als uiehrnials iiaoh und nach geändert
aiigeiininmencii V'ermögensabstufungen bctridt, so ist die-
ses wohl kaum zuzugeben, theils weil directe Zeugnisse
vorhanden sind, »eldu. iUe alten Ceiisussätze auch in späte-
rer Zeit bezeugen, vergl. das oben angeführte Werk von
Bö(kh p. 431 scjq., theils »eil die Censoren, welche nach
Hrn. G. solche Veränderii„,.en gemacht haben sollen,
keine so unbeschränkte V'ollinaclit besassen , als ihnen
hier auch in Beziehung auf Krtbeilung des Bürgerrecht»
eingeräumt wird (p. J ,). Darauf wendet sich Hr. G.
zu den entgegengesetzten Ansichten Niebuhr's (p. 33 — 38'
und Göttling's (p. 38 — 41). Die erstere Argumentation
ist als gelungen zu bezeichnen und weit überzeugender ,
als die zweite, ilenn die gegen die Abstimnuing erhobe-
nen Bedenklichkeiten sind zu beseitigen, s. darüber den
scharfsinnigen Aufsatz des Hrn. Peter in dieser Ztschr. Nr. tS
u. II). \Vichtiger ist der in Betreff der Rittercent, gemachte
Einwurf, «orüber wir bald eine gewichtige Stimme ver-
nehnien werden. Zum Schluss recapitnlirt Hr. G. seine
Hleinniig und behauptet die üuverdorbenheit der berüch-
tigten Stelle Cic. de rep. II, 22, welche ihm Gelegen-
heit gab, meine im Jahr 18 V2 erschienenen quaest. Tüll,
zu erw-alinen. Hier sagt Hr. G. in Bezug auf meine
Eniendation : „ich hätte gewünscht, der Verf. (ich) be-
sässe etivas von der nimia religione niminque codicum
innnuscriploriim admiraliotie , ilie er meinem würdigen
Freunde Orelli zum Vorwurf macht und dessen Excnrs
ad Cic. Phil. II, 3i. ihn eines Bessern belehren wird."
Hr. G. halte Recht, meinen Vorschlag zu tadeln, den
ich selbst mit einigen andern als coiiiecturarum lusus be-
zeichnet hatte, nnil ich will ilieselben keineswegs in
Schutz nehmen, sondern nur bemerken, dass auch ich
vollkommen Recht hatte, jene von Hrn. G. getadelten
Worte über Orelli auszusnrechen. Die Verdienste Orel-
li's siiiil von Jedermann und von mir in jenem Schriftchen
tp. 37) ausdrücklich anerkannt, so dass es ganz über-
flüssig wäre, hier ausführlicher von den ausgezeichneten
Eigenscliafteii dieses verrlieiistvollen Gelehrten zu reden,
aber an jener Stelle war mein Ausdruck keineswegs un-
bescheiden oder temere gewählt, da Orelli s damalige
Erklärung der Vulgata wirklich ganz fehlerhaft «ar und
nur als ein Rechenexempel betrachtet werden konnte.
Hätte er schon damals die jetzt in dem Excurso enthal-
tene Erklärung hinzugesetzt, so würde ich, obwohl ich
nicht damit einverstanden bin — mich jener Ausdrücke
nicht bedient haben. Aber wie die Sache damals stand,
so war es weniger kühn, über eine unheilbar scheinende
Stelle einige Emeiidationeu vorzuschlagen , als eine Ver-
theidigung der V^llgate mit den gewagtesten Hypothesen
aufzustellen, z. E dass die Ritter 9 suffrag. hätten n. a.,
wodurch eine ganze Partie Ccnturien fehlte etc. — In-
dem ich diesem interessanten Sclinftcheii viele Leser
wünsche, empfehle ich mich dem freundlichen Andenkea
des Hrn. Verfs. und füge nur noch zu der p. 3 ""d 4
über die Comitien niitgetheilten Literatur das opus post-
humum des B. Beverinus hinzu ,_ betitelt : comment. de
Rom. comitiis, als Anhang s. syntagma de ponderibus et
mensuris. Lucae 1711, darauf Lips. I7l4, p. 135 — 25ö.
IN'r. 3. Der Weise iler Holländischen Dissertationen
gemäss, beginnt Hr. van der Vcldeii (Lehrer an der See-
kriegssclinle in IMedemelacuin , wahrscheinlich ftledoni-
blik?) nicht sogleich mit seinem Ciegeiistande , sondern
schickt einleiten<le Untersuchungen voraus, was jedoch
nicht mit solcher Breite und Umständlichkeit geschieht,
wie bei Alanchen seiner Landsleiite , ilie vor lauter Prä-
liminarien nicht zur Sache komiiien und dem eigentlichen
Zwecke ihrer Schrift kaum einen Bogen widmen können.
Hrn. V. d. V.'s Einleitung handelt de antiq. Rom. bist,
foiitibus und de Romae originibus (— p. 27), wo .ler-
selbe in der Hauptsache Wachsmuths, oft auch Hüllmann'*
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üntcrsuihunfen folft und nicht selten freien TVielmlir
poleinisirt, stets jedoch mit Anstanil und IJescheideiilioit.
Das ürthcil des Hrn. Verfs. ist hier, wie in di-n andern
Partieen , verstanilijf und unbefangen. Aachdeni iJeau-
fort's spater von IN'ieb. erneuerte Ztreifel an der Echt-
heit der ältesten röin. Geschichte berührt »oriien sind,
werden die einzelnen Schriftsteller kurz durch{;ej;anj.'en.
Bei l'olyb. verweilt Ilr. v. d. V. am länjfsten und spen-
det ihm das gebührende Lob, Diooys. wird kürzer cha-
rakterisirt und Liv. gegeu IViebnhr's IMeinung vrrfheidigt,
als habe derselbe die laudes fnnebres der Faniilieu be-
nutzend mehr als epischer Dichter, denn als Historiker
geschrieben. Rom's Ursprung betrefTend , so ist die seit
Wieb, gewöhnliche Annahme einer Dreistadt angefochten
and der Wachsninthischen Meinung vor der Hüllniann'-
schen gracisirenden der Vorzug ertlieilt worden ; dagegen
wird Hüllnianu's HTpothese über den Palatinus (Pan-La-
tinui), obgleich dieselbe weder sprachlich richtig, noch
historisch zu billigen ist, von Hrn. v. d. l'eldeu ange-
nommen.
Erste AbtheiluTtg. Ueber Tribus , Curien and Gentes.
Cap. 1. \on den Tribus p. 2'.( — 3'). Die Bedeutung
and dag Wesen der 3 Romulisclien Tribus erkennt Hr.
V. d. V. richtig und tadelt AVachsmuth, welcher diesel-
ben für identisch mit den Uitterceutnrien hielt, auch
steht fest, dass die Ramnenses keinen Vorzug vor den
andern Stammen hatten, s. oben bei Huschke. Weniger
sicher ist das Verhaltniss der Luceres, «eiche Hr. v. d. Y.
den andern Stammen gleichsetzt. Gleichwohl lassen sich
einige Anzeigen nicht abläugnen, dass die Luceres An-
fangs untergeordnet waren, z. E. die Zahl der Senatoren,
Priester, Augnrn, > estalinnen, un<l es konnte Hr. v. <l. V. hier
noch tiefer eindringen. Das 2. Cap. von den Curien
(p. ^Ü — 44) theilt das Bekannte über Einrichtung, Ka-
men etc. kurz mit; ausführlicher ist das 3- Cap. von den
Gentes Cp. 44 — ti'.)), in welchem INiebuhr's Ansicht, dass
die Gi-ntes uiiht Personen von derselben Abstammung,
sondern nur Glei<linaniige umfassfen, weiter ausgeführt
und mit 2 gegen ihn gerichteten Behauptungen begleitet
« ird : l) gentes seien schon vor Anfang des rüni. Staats
vorhanden gewesen und Romulus hatte nur die geringen
Leute jenen vornebmen gentes als dienten zugetheilt;
2) es. gebe keine bestimmte Anzahl von Geschlechtern,
sondern die ursprüngliche Zahl sei immer durch neue
gentes vermehrt worden. Bei dieser Gelegenheit wird
die Frage, ob die Kenbürger ursprünglich rechtlos ge-
wesen (nach j\icb.) oder zu den Curien und Geschlech-
tern gerechnet worden waren, dahin beantwortet, „dass,
nachdem unter Romulus nur Patricier und dienten ge-
wesen, die neuen Ankömmlinge und die von Tüll. Hoslil.
nach Rom übergesie<lelten Albaner nelist den von Anc.
Marc, herbeigeführten Latineru in die Curien und gentes
aufgenommen worden waren , so dass das ganze A'olk in
Curier und gentes getheilt gewesen sei." Wir kö mi
weder die für die Ausscheidung der Plcb. von den (Fu-
rien aufzustellenden Beweise , noch Hrn. v. d. V.s Ent-
g-egnungen genaner durchgehen und versparen dieses auf
eine günstigere Zeit, bemerken jedoch im Allgemeinen,
dass «US Hr. v. d. V. trotz allen angewandten Fleisses
und Scharfsinnes seine Aufgabe noch nicht gelöst zu
haben scheint. IVameutlich tritt immer noch der Ein-
wurf entgegen, warum .Serv. Tüll. Tribus eingerichtet
hatte, wenn die Curien als locale Eintheilung für das
ganze Volk schon vorhanden waren. Hr. v. d. V. be-
gnügt sich, aus der neuen rtlilitareinrichtung die Noth-
weudigkeit der Cent, herzuleiten, aber die neuen Ser-
vian. Tribus sind damit noch keineswegs erklart! Ebenso
wenig ist zu beweisen, dass schon vor Serv, Tüll, die
Plebs eine Gemeinde und überhaupt berechtigt gewesen
sei, oder dass sie an den sacra der Curien und Familiea
hatte Antheil nehmen dürfen. Letzterer Punkt ist noch
lange nicht genug beleuchtet worden , denn dass durch
alle Zeiten hindurch die Patricier sacra, Cärimunien und
Geheimnisse für sich behielten, ist anerkannt. AVären
die Fleh, mit in den Curien gewesen, so ist die lauge
und scharfe Trennung beider Stande ebenso wenig denk-
bar, als eine Geheimhaltung einiger Uiuge von Seiten
der Patr. Endlich ist nicht abzusehen, wie es heisseu
kann, die Patr. hatten in der ältesten Zeit ausschliess-
lich die Staatsangelegenheiten beratlien und beschlossen
(in den Com. Curiat.), wenn die Pleb. mit in den Curien
gewesen wären, wodurch diese Berathungcn einen demo-
kratischen Charakter erhalten haben würden. So hatten
ilie Com. Cur. keine andere Einrichtung, als die Com.
Trib. , so waren letztere am Ende nur eine Erneuerung
eines durch .Serv. Tüll, abgeschafften Instituts ! Oder sol-
len etwa die Pleb. mit in den Curien und gentes ge-
wesen sein, aber des Stimnirechts ermangelt haben, so
dass die Patric. gleichsam eine besondere und geheime
Versammlung gebildet? — Blit mehr (jlück hat Hr. v.
il. V. einige von Wieb, zur Begründung seiner Ansicht
aufgestellte , aber wenig haltbare Kemerkungen zurück-
gewiesen, z. E. wo er von den Worten populns, conci-
lium etc. handelt; doch diese Materien sind gerade min-
der wichtig und für die ]\ iebuhr'sche Hypothese selbst
ohne Einfluss.
Die 2. Abth. de Com. Curiat. behandelt im 1. Cap.
die Curinlen , d. h. die in ilen Com. Cur. Stimmenden,
im 2. den Geschaftskreis dieser Com. (p. 72 — ^7), und
zwar zuerst die Vor-Servianische Zeit, für welche Hr.
V. d. V. nur die AValil der Könige als bestimmt annimmt
und bei den übrigen Dingen (Legislation u. s. w.) es
sehr auf den Willen des Herrschers ankommen lasst.
Mit mehr Glück wird das durch Serv. Tüll, diesen Com.
bereitete Schicksal dargestellt und nachgewiesen , dass
durch diesen König die meisten Rechte der Com. Cur.
verloren gingen. Nur die le.v cur. de imp. besteht fort,
welche von Hrn. v. d. V. als verschieilen von patrum aucto-
rilas mit folgenden Worten aufgefasst wird: patrum aucto-
ritale opus fuisse regibiis, uf lex de imperio ab iis fer-
retnr, welches freilich nicht viel sagen will. Ueberhanpt
ist dieses Capitel am wenigsten befriedigend, obgleich es
ein Hauptgegeiistand der Untersnchniig halte sein sollen.
So z. E. ist die richterliche Befugniss der Cur. ganz un-
berücksichtigt geblieben. Darauf folgt lex cur. de sacer-
dotio (p. Sl — .S4), und zuletzt die privatrechtlichen An-
gelegenheiten testaui. , adopt. , sacror. detestafio , welche
letztere mit Nieiiport und Hüllmann, jedoch nicht über-
zeugend erklärt ist. Den Beschluss macht das 3- Cap.
de ritibus com. cur. p. 87 — 95. In <)er ganzen Schrift
799
800
liat der Verf. ein gutes Zcugniss seines ernsten und flcis-
sioen Studiums al.ffelegt , so <Iass mau ihn zu dessen
Fortsetzung aufmuntern darf. Er hat seine Vorgänger
tüchtig durrharl.eitet und seKen sind ihm wichtige Sachen
ent^ancen, « ie Huschkc's Studien des rom. Rechts und
einige "Bemerkungen von Sar.gny. Die Untersuchungen
selbst eni|.fehlen sich nicht sowohl durch neue Combina-
tionen und ül.erraschende Entdeckungen, als durch ge-
naue Boliincihing allerer Streitfragen und einzelner Par-
tieen, zu deren AVeiterfiirdcrnng und endlichen Erledigung
das Schriffrhen beitragen kann. Weniger hat dadurch
die o-esanimte Anschauung und allgemeine Auffassung des
rom." Altertliunis und seiner Institute gewonnen. Unbe-
deutend sind die hier nnd da eingewebten etymologischen
Forschungen, z. E. über curia (p. 40 sq.), welches von
y.siocj abgeleitet und durch stirps erklärt wird, über
triius p. 31 sqq. etc.
Eiseuach. W. Rein.
Die rrkuiideii in Demosthenes Rede vom Kranz.
(Fortsclzung ans Nr. 90.)
Jetzt endlich können wir zu den Artenstücken, die
sich auf diesen Byzantischen Krieg beziehen, übergehen.
Es handelt sich zunächst darum, nachzuweisen, dass
niclit Athen, am wenigsten durch Demosthenes veranlasst,
sondern Piiilippos den Frieden gebrochen hat. Ka/ur,v
sagt Demosthenes §. 73, Ti:v 6i'or,vt]V '/ ixiho^ iXi'crs
T-n -r'l nTrt l,,i->,,\„ n >', -J l'; TTCht ir ^ 4in-j!v1T (t)fOE SS
?.£'/£. .llan wird nach den bisherigen Darstellungen wohl
nicht anders erwarten, als dass es sich ora Attische
Schiffe handelt, die Philippos im Frühjahr 340 bei der
mehrfach erwähnten Kaperei aufgebracht hat; auch heisst
CS g. 13'l. von demselben Anfang des Krieges €7l£ldiJ
(faviou)' i^dtj Jiy. nl.out taioi Kijxo. ,
Gleich das er»te Beileoken, was gegen die zwei De-
crete (§. 73. und 75.) und den Brief des Philippos (§. 77.)
geltend gemacht werden mnss, betrifft den geschichtlichen
Inhalt: Zwanzig Attische Schiffe, bestimmt zur Escorte
der Getreideschiffe, sind von Philippos aufgebracht wor-
den und wcr<len von den Athenern zurückverlangt , wor-
auf Philippos erklärt, er müsste sehr dumm sein, wenn
er niclit li/itte merken sollen, dass dio Schiffe eigentlich
den Sclvnibriaiiern zu Hülfe gesendet seien, aber er schicke
sie ihnen zurück u. 8. w. Wir wissen aus sonstiger ge-
scbichlliclier Ueberlieferung zwar nicht, dass Sclynibria
TOD Philippos belagert worden, aber dass es geschehen,
ist sehr wahrscheinlich, da iliese Stadt seit dem Bundes-
genossenkriege von den Byzantiern besetzt war (Dem.
Ttto'i jr.c 'Pod. iiei'K g. 2l).)- Bedenklicher schon ist,
dass Athen der von By/,antiern besetzten Stadt sollte
Hülfe geleistet haben, l)eior iler Krieg erklärt und mit
Byzanz Verbindung geschlossen war. Das Wichtigste
aber ist, dass nach Demosthenes Aussage diess Rauben
der Schiffe endlich den Krieg zum Ausbruch brachte,
während nach Philippos Brief, wie wir ihn vor uns haben,
den Athenern die Schiffe zurückgestellt und damit aller
Anlass zum weiteren Kriege vermieden wurde; auch sagt
Demosthenes ausdrücklich in Beziehung auf den Brief:
ovo' ö (JUktmoi ovÖev uiitatai i/ie VTttQ rov
nokiuou, tTt^oii; eyxakujv , doch davon nachher
mehr.
Der erste Beschluss der Athener, des Inhalts, dass
man wegen der AVegnahnie der Schiffe an Philippos Ge-
sandte schicken wolle, ist <latirt: £,t1 äo^ovroc A'fO-
jtXi'ot'?, iii]voq Boi^ÖQontuh'oc, exy.Xij(xia<; (Tvy/Xi'jTOV
JJTTO aTjjaTijyüJiv [(yi<vaxi^ii>yi]i] Ei!'tjovXoq Minjatbeov
KoTTOiOi; eiTtsv. Der Psendeponymos, den wir hier in
der schon sonst bemerklich gemachten unrichtigen Wort-
stellung finden, kann uns niclit mehr als Prytanien-
schreiber angerühmt werden, sondern mnss bereits als
Zeichen entschiedener Unechtheit in Anspruch genommen
werden, fllag bei iiljru^ ßu)]8ooutujvoc immerhin durch
den Abschreiber die Zahl des Tages ausgefallen sein, so
bleibt doch die wesentlichste Bedenkliclikeit übrig, wenn
anders unsere obigen chronologischen Bestimmungen ei-
nige Wahrscheinlichkeit haben. — Dass die Strategen
allein ohne Zuziehung der Frytanen das Volk berufen
haben sollten, scheint eher gegen als nach dem Sinn
der Attischen Demokratie zu sein; jedenfalls wird es in
Frage gestellt bleiben müssen , bis es durch sichere Bei-
spiele garaiitirt ist. Denn bei Tliucyd. IV. 118. soll
die Ekklesie, in der über den Frieden berathcn wird,
von den Pnjtatien nnd Strategen berufen werden, und
diess scheint die nolhwendige Form für ausserordentliche
Versammlungen zu sein, dass der Beamtete dio Versamm-
lung durch die Prytanen und mit ihnen gemeinsam be-
ruft; diess vereinigt sich sehr gut mit Tlincyd. II. 59,
wo es heisst, dass Pcriklcs ilas Volk berief £t; d' eOTQU-
Ttiyst und III. 3(). iracjEo-y.Evaöav -voi'q Ev teKei, ujOtE
ui'3li yvoj/tai; 7roo3tivai , wo der Scholiast^bemerkt:
Toui; OTQartjyoi'i kEysi lovi iv teKec- oi'voi yäp
Ol'Vljyov riiv iv.yXljcrlav. In beiden Stellen war es nicht
nöthig, von den Prytanen ausdrückliche Erwähnung hin-
zuzufügen , da sich das von selbst verstand , eine Erklä-
rung, <lie auf ein officiellcs Actenstück keineswegs an-
wendbar ist.
(Fortsetzung folgt.)
Persoual-Chrouik und Miscellen.
Rotterdam. Luci.in Bonaparlc hat hier sein Museum
von Allcrtliiiniein aus llercul.iiunn und Pompeji aufgestellt und
läs:t dasselbe sehen. Er soll übrigens beabsichtigen, dieses Mu-
seum sowie seine reiche Biichersammlung zu verkaufen.
Wien. Am 10. Jnn. starb der Dekan der philosophischfin
Faculut, Dr. Christoph Bcskiba, im 32. Lebensjahre.
Münster. Im Januar starb der Priyatuoccnt an unserer
Ak.ideniic , Dr. J. A. Iv althoff.
Zeitschrift
f ü r die
Alteith ums Wissenschaft
Freitag, 23. August
18 39.
Nr. lOL
Die ITrkiintlcn in Demoslliencs Rede vom Kranz.
(For ts eizung.)
Besonders ist EvßovXoq Mv tjcrid-sov KÖttq loc
iJn'EV für lue Kritik dieses Actenstückes interessant.
Dass Deinosthenes, wenn er diess erste Psephisma das
des Eubulos nennt (g. 75.)i keinen andern, als den be-
ri'ihmtcn gemeint hat, ist ans dem Zusammenhange voll-
kommen klar (cf. g. 70. 75. 76. 1ti2.) , der aber ist
A naphly stier , nie Plutarchos {tcoKit. Ttaoeyy. c. I5•)^
freilich aber anch nur der bezeugt; doch die von ihm
angeführten Einzelheiten lassen an der Identität der Person
nicht zvveifeln, und für die Richtigkeit der Benennung
bürgt die Genauigkeit, mit der jener Aufsatz gearbeitet
ist. Freilich in dem Plutarchisclien Leben der zehn
Redner (p. o73 ed. R.) heisst es von Aischines Process
über die Truggesandtschaft äKl.a Oi'V£l7TOVTO(; avTU)
Evßovkov Tov Etv ivd Üq UV IlpoßuXtoiov drjiia-
yojyovwoi; TQUty.ovra iprcpotg äni(f>vyEv. Dass diese
Notiz zum Theil von dem Lampsakener Idntneneas her-
stammt, ergibt sich ans Plutarch's Biographie des Denio-
sthenes c. lö, wo sich indess nicht jene genauere Nen-
nung des Eubulos findet : und dass der gemeinte Eu-
bulos kein anderer, als der Anaphljstier ist, ergibt sich
aus dem bekannten Verhältniss des Aischines zu ihm
und aus der Berufung auf den Freund am Ende der Rede
ntQi naoazzQsaß. g. 1S4. ■Kaoay.aLvj öe Ei'ißovkov
fiEv ex Tvjv Trokmy.ujv xal (nurfQovojv ävSoojv crvvij-
yoQOV, 0ojy.LUjva de z. t. X. Allerdings wird Eubulos
der Probalisier als Zeuge aufgeführt in der Rede xcira
IVea'Q. §. 48. Dass aber des Spintharos Sohn bei
Pausan. I. 2'.). 10. derselbe mit diesem Probalisier ist,
erscheint vollkommen unmöglich, so bequem es durch die
Stelle der X Oratt. vermittelt zu werden scheint. Denn
in der Stelle des Pausanias ist die Rede von den Be-
grabnissstätten des Eubulos und derjenigen Männer, die
im Kampf gegen Lachares (Ol. \2l. 1.) und bei der
y.aTuKlj^iiq des Peiraieus (Ol. 122. 1.) gefallen waren,
s. Geschichte des Hellenismus I. p. 567, ÖS/.), das Zeng-
niss in der Rede gegen die Neaira dagegen bezieht sich
auf eine 60 Jahre frühere Zeit und die Identität dieser
beiden Eubulos ist somit vollkommen unmöglich. AVir
finden in Deinosthenes Rede zaTci Kovvjvoq ]§. 8. in
einer vornehmen Trinkgcsellschaft (um Ol. Ui9.) auch
den Spintharos Eubulos Sohn genannt; man wird nicht
zweifeln, dass dieser der Vater des etwa 12 Olympiaden
später im Kampf gegen Lachares und die Makedonier
gefallenen Eubulos ist; ebenso wahrscheinlich dürfte es
sein, dass dieses Spintharos Vater eben der berühmte
Eubulos ist. Hätten wir Sicherheit für diese Vermuthung,
Sü könnte der Redner Eubulos nur wieder der Sohn jenes
Spintharos sein, von dem Aristophanes in der ersten Pa-
rabasi der Vögel sagt ei de TVyydvEt tk; v)V (t>gi>^
oi'dev r^TTOv ^nivi^uoov , denn natürlich nur vornehme
Leute lohnt es so als Eindringlinge und geborene
Sclaven zu verdächtigen. Ob der schlechte Tragiker mit
in diese Familie gehört, lässt sich nicht sagen.
Jedenfalls ist der in nnserm Decret für den berühm-
ten Anaphivstier genannte Koprier ein Pseudonyinus- und
der Vater Mnesilheos nicht minder. IVicht als ob wir
des Namens nicht mehrere Athener kenneten ; hat der
l'erfertigcr den Namen aus seiner Rednerlectüre , so
mochte ihm der Zeuge an^ der Aliiliana ^. .S7. {3ii/IJ(tI-
deoi \'/ko)TTey.y;9£i') oder der Mvrrhinusier aus Aischines
y.ard Tifiaox. §• 98. oder 6 ruv uayeloav y.akov^ie-
rOQ, ebenda §. löS. vorschweben; doch ich glaube eher,
dass der Name selbstständig erfunden ist. Man würde
die ältere Lesart KvTloiOs nicht in Korrpiui; (s. die
schone Erläuterung Böckh's zum Corp. Inscr. p. 21ti}
verändern dürfen , wenn nicht die besten Handschriften
so hätten; zu hoch aber darf dem Verfertiger unseres
Decretes diese Gelehrsamkeit nicht angerechnet werden,
da sich ein Name wie Mistgau seiner Absonderlichkeit
wegen dem Gedächtnisse schon einprägt.
Als derjenige , welcher die von den Makedoniern auf-
gebrachten zwanzig Schiflo commandirte, wird in unserem
üecret nicht genau derselbe Name genannt, wie in des Phil-
ippos Brief; in diesem hat Becker AauueÖvjv; cod. ^
liest Aaofiivujv, andere Aaoddfivjv, ytsajÖäiiag; in
unserem Decret hat Becker Aeo)ddiiavTa ohne Varietät
seiner codd., andere Handschriften haben Aaoueöovza,
Aeodäuavia u. s. w. Aus dieser bunten Reihe von
Namen ist allerdings Leodamas der Acharner (Aischin.
yaxa Kxr,(i. %. 1 1«. \ der Bruder des Euaiou (^Dem.
V.aTO. Meid. §. 71.) sehr bekannt, aber als Reilncr, nicht
als Feldherr; derselbe fiel bereits zehn Olympiaden vor
dem hier besprochenen Ereigniss bei der Dokimasie znm
Archonten durch (s. Hoelscher de vita et scriptis Lysiae
p. tos), so dass es doppelt unbequem ist, sich ihn als
Nauarchen Ol. 109. 4. zu denken.
AVenn als der Makedonische Nauarch, der die Atti-
schen Schific aufgebracht hat, Amyntas genannt wird, so
803
804
ist (Irr \aiiie li.'lufig; ffPiiUf unter <|pii Ulakcdoniprn , nnd unterstrichenen AVorte sind nach Becker'« Text, aber sie
des 13alakros , des Süstralos l'ater und uianclier andere haben nianiiichfache Abiveichiingen in den Lesarten; cnd.
Anivntas noch kOuute h irklich damals des Philijjpos Flotte ^ hat mit einiijen andern Handschriften bloss z«l A^yf^r,
gefiilirt haben. andere xc.i yadi^iai Xiyctv, andere lassen das Ganze
Ausser den Personalien dieses Decretes bieten mehrere fort. >iininit man die Lesart Becker's, so steht entweder
Einzelheiten noch Auflallendes dar. Zu den Worten yotilpui parallel mit inificXlji^ijvat, nnd das könnte
ineiöi} rT^oiKyy£l).aP Ol orijaTryol . . . u'jq äoa . . dann nur heissen, die Frytanen sollen in die Instruction
Oy.aCftJ tiy.oatv .... '^fiiivTCU v.cf.X uynoiev eiQ schreiben, dass die Gesandten oder gar, dass Philippos
ßlc/cöoDiCf bemerkt der hochrerchrte Schafer: äpa] auch dicss sa>fen solle, eine hiichst verkehrte Ausdrucks-
maliui oniissum. In psepliisniati quidem sie positum habet weise! — oder es han<ft Xiycir ziemlich locker ab von
quod parum placeat ; und zu y.arc<.y>;ü^£rj cod. Beck. öiakttzovTai , die Gesandten sollen dem Konig sagen,
de nielioribns y.aTuy£io-j[£v , quae forma videtur satis
iiotabilis. Etjm. M. c. 9. 33 — TO f^ievToi dyeloxcc
liotiDTtnv ioTi TOOTTTj Tür r ai; tijv £l 8l(pitoyyov.
auch diess zu schreiben , in freilich sehr handgreiflicher
Beziehung auf den gleichfolgenden Brief des Königs,
wenn es mir nicht so übel ausgedrückt «ilre ; y,ai Torru
Jedenfiills füiirt Phrynichos die Form y.azCiytj(j/a<TC aus Xsyciv würde bequemer den entsprechenden Sinn geben.
Lysias an. — ^'icht ohne Anstoss liest sich ay.acpt] in Dissen's Erklärung gibt auch kein genügendes Resultat,
dieser Stelle, »o man ttXoiU oder T^njpeic erwarten er lässt sein y.cd tovto yoäipui von aioedtüOl. abh>in-
vvürde, da oyatpi] etwa in der Weise modißcirt ist, wie. gen, so dass es in ziemlich lockerer Weise dem o'hivs^
in unserer SchilTersprache der Ausdruck ,,Gcfäss." Doch ölaXiizorrai entspricht; aber abgesehen von der IV'ach-
bin ich hier vielleicht zu weit gegangen. — Ungleich lässigkeit der Structur, bleibt das y.(U in dieser Erkla-
auffallender ist: i7Tniih-&r;rcu tou^ n'oVTO.VEi^ yal rung unerklärlich, da die Gesandten ja eben in den bci-
oUTriyuv: oicux; l) ßovXrj crvvax^djat y.aX den andern Fällen nicht auch zurückschreiben, sondern
"iOt iTOSOfjS/i rrpog 0iKntTtOV. Diese Verbin- Auftrag erhalten, wie sie entgegnen sollen. < — Da
TOVi axp
aigedui
dnng des allerdings collectivcn ij ßovXr, mit dem Plural
ist den Kritikern so auffallend genesen, dass die einen
1] rjovlJj y.UA ü druu^, die andern nicht minder will-
kürlich iTviaxi>7J niit werdilosen Handschriften schreiben
wollten. Jedoch liesse sich diese llärte noch rechtfer-
tigen; so heisst es in einem Zeugniss in der Midiana
S- 16*^. Tlarrui tou (ttu/.ov TlLiuiTUiV iv vä^i/, und
Schivanken der Lesart, das nirgends so bedeutend und
so voller wesenllicher üntcrschicdenheit ist, als in diesen
Urkumlcn, 1,'isst keine Entscheidung zu über das, was
hier das Richtige sein muss.
Ich bin weit entfernt, jeder einzelnen dieser Bemer-
kungen eine gegen die Echtheit des üocumentes entschei-
dende Wichtigkeit geben zu wollen; aber wenn nach der
bulos, nach den sehr bedenklichen Absonderlichkeiten in
Verfassungssachen die ünechtheit der Urkunde unzweifel-
haft ist, bekommen auch die sonstigen Schwierigkeiten
eine andere Bedeutung. —
Nach diesem ersten Dccret leitet Denmsthenes mit
Dorrille citirt zum Chariton p. 353 die Lysianischen verkehrten Datirung, nach dem fehlerhaft genannten Eu
AVorto TKV ßov/j^v — di',OuyTag. Das bei wertem Auf- ' ' ' "
fallendere ist, dass Pryfancn und Strategen den Rath
versammeln sollen, wahrend doch die Bestimmung lautet:
Ol TToiTCivetg tijv ßovkijv avvciyovai öormsoai
T/.ijv dv u(fsz6i r/; ij Pollux VIII. 9,j ; wozu dann
noch das imuEKtj^ljVUl , w<izu die Strategen ausser den folgenden Worten zu der weiteren Lesung hinüber : loi'XO
Prytanen? Auch ist es wohl nicht das Gewohnliche, dass [^hv roivi'v tu ip)';Cfiai4a EiJijOvKoi lypatpsv , ovx
die Gesandten vom Rath erwählt werden, s. Schoemann f'/w , TU d' e(p£^y;i '.^oiavoCfuiv, ii^IIyrnriiiTcOi, slva
<le com. p. 2S2. \tpioxocpdjv ndkiv , itra (J)tkoxou'njc, eine Kncfiöo-
Ich weiss nicht, ob ich zu weif gehe, das Verhum (pvjv , tira Tldweg ol dkXoi, iyoj ö' ovÖtv nSQi, TOV'
llEullnuaipiiv auffallend zu finden; wenigstens beliebt ruiv kiys [tu il/>;y/(r/<« ] im cod. E fehlt diess tu
ist^ CS erst in der spateren Gräcitat und der )u'.9plog Ipl/Cftaiia, in andern Handschriften steht TU ßovkev^a.
Wuyog (denn so erklart das AVort Clemens Alex, pacdag. Nach der Lesung sagt Demosthenes : ujl,tcEO Eyü) TUUTa
I. 80.), will aucli nicht recht nach einem ufl'iciellen öery.vi'aj tu ibijCfioi-iaTU , oi>tu) y.vX oh 8Eti;ov, Ai-
.\ctensfück schmecken. aXivlj, itoiuv iyfJi yQaipHs Ipljcflrrfia ahlüi eiijt TUV
>'on besonderer Schwierigkeit endlich sind die Sthluss- Tiohaiiov. Hieraus ersieht mau, dass die Lesung der
Worte des Dccrcts , zu deren Erklärung wir wenigstens
die Uebcrsicht der ganzen Constructiou geben müssen:
H^iijui'/.oi ii^£ .... iiiiu£).iji>iipa.i Tüi'c, 7rprrdv£ig
y.uX Tovg (TToaTi^yol):; oTojq .... -Ttpi-aßeii alpcQuicn,
. . . oiTivcg dia).£^ovTai ^fpl tov X. r. K. y.al ei
fiii' Si äyvoiuv Tttiza Trerruirjyeu 6 Aui'VTUi, utc
Psephismen ergeben hat, dass die andern Staatsmänner
mit ihren Antragen die Sache weiter und weifer getrie-
ben haben, bis endlich der entscheidende Brief des Phil-
ippos einlief, in Folge dessen die Siele des Friedens ge-
stürzt worden. Wie kann da die Rückgabe der Schiffe
iiglich sein? Statt der mehreren Decrete , die Dcmo-
ov it£n1piuoioiiüf)i-nug OVÖev a.ÜTtir ei de Ti:äjm- sfhenes keineswegs bloss hinhalt, um sie zu zeigen, —
Ull.uvvxu Ttapo. To. iTiiOTat.Lieva LaßujV, uti kliay.e- das wäre ohne alle Bedeutung — folgt nun das zweite.
'' "* ''* ■"'■■ '' ' " '■ Beeret, gar kein l''olk.sbeschIuss, sondern ein mattes
Wahlprotocoll, das in diesem Zusammenhang ohne allen
■Wertli, das voller Fehler und Verkehrtheiten ist.
Die Datirung ist wieder t;ll dp^uvrog Neo/J.lOL'i
ßuijöpuiiLVji'oi ivT] y.ui vuy ßovkr;i; yvujfiij nQvra-
ipauEvoi J'Jrjvaioi tciT/uijaovai xutu ti)v t/;,- o/.i-
'/uj(j!ag di;iav ei dt jiijÖiTeoov tovtmv iarlv , d'tX
ibui. dyvuinovoi'Oiv ij u uxucrxtif.ag ij 6 ÜTtctTTaL-
[iluuq, y.al TuC'Tu yodipuf }.ey£tv, 'ivo. cdo'Ja-
vö^evoq 6 dijiioi ßov/.ei'o-rjTaif ri Öei Tioteiv. Die
805
vetc y.cu övpnTijyol tXQi]ndTi(Tav x. t. ä. Eine hficLst
seKsame Bcsfinimiiiif ; Heim der Ra<h vom Volk beauf-
tragt ist zur AValil iler Gesandten, h as soll da nocli die
Bestimmung des Käthes selbst? Doch konnte dergleichen
noch möglich sein. Disscu will hinter yfojjitj interpun-
giren und die Formel für iöo^S rrj ßov'krj verstehen,
aber es handelt sich hier ja gar nidit um einen Be-
«ohluss , sondern um eine Wahl. — Ferner heisst es,
die Prytanen und Strategen hatten die Bcschlussuahine
des Volkes im Senat zur Verhandlung gebracht: Öt£
iöo^E TUi diifiij) TtQtaßeii; ekio^cu . . , v.al ivrokflo,
Sovvai y.ai rä iX r?;^ f/.z^(;(n'as ipijCfloitaTa. Was
sollen ausser den Auftrügen und Instructionen noch diese
Bescliiiisse ? Beglaubigungsschreiben können es nicht sein,
da ja der Senat «ähit, also das Volk nicht erst zu be-
stätigen haben kann , und «enn wirklich ausser den
ivTokacii noch das vom Volk bestimmte nothig war, so
musste es ja eben ru hv. Tijg ixxXl^aiu^ Ipiicftö/ia und
zwar jenes obige des Eubulos sein, in dem die h'ToXal
im Wesentlichen enfhaltea waren. Aber es ist deutlich
genug, dass der Verfertiger dieses Actcnstiickes die ver-
schiedenen oben genannten Beschlüsse des Ilegesippos ,
Philokratcs, Kephisophon u. s. w. mit hineinbringen
zu müssen geglaubt hat, was freilich keinen grossen Be-
grifl" von der Schürfe seines Verstandes geben kann,
Kai ei'kovTo tovgdc- Ktjcfioocfujrra ÄAfwJo;
u4va(f\i<TTiov zJiiftoy.piTOv /Ji]no(fa)vzoc, 'Avayvgä-
(Ttov IloXvy.oiTOV 'Ajcrjnäviov KoÜujy.iSip'*), wieder
drei Männer, die obschon in wichtiger Sendung durch-
aus nicht weiter bekannt sind, und — fügen wir mit
vollkommenster Zuversicht hinzu — nie cxistirt haben.
Denn dass diess Decret nimmermehr echt ist, würde,
wenn alles Andere in Ordnung wäre, aus den Schluss-
worten allein schon auf das entschiedenste folgen: TtQV-
Tc.rsla ffvkiji 'j7i7ro3uo)UTiöog 'Joiarocfvn' Kokv-z-
T€t'; TTQoeSpui ilivEv. Sonst steht diese Formel im
Anfang und ich glaube unter den mannichfachen V^arie-
täfen, die Prjtanie zu bezeichnen, kommt die hier ge-
brauchte sonst nirgends vor (s. Schoemann de comitiis
p. 131 sijij.). Aber was soll hier diess f/.Tf, da ja kein
Antrag gemacht, sondern im Auftrag der Ekklesie ge-
wählt wird und TToiiTCivs/i; v.c'.i (ttoutij'/oI nach dem
vorigen Psephisma den Rath zur W'ahX berufen, also auch
den Auftrag der Wahl mitzutheilen haben. Aber frei-
lich aus den nächst vorhergehenden Worten Aes Demo-
sthenvs ergibt sich, dass diess ein Psephi-üna des Aristo -
phon sein soll, und da muss es schon heissen 'Aolqxo-
(pdiv icirs. — Wenn das Dccrct echt wäre, so würde
*) Von diesen drei Namen ist nur der erste in Athen ziem-
lich häufig, und wir werden unten sen-iuer über die Kc-
pbisopliuns sprechen. Von den Namen der Vater ist
hleon der von vier verscliiedi'ncn Personen in unseren
Decretcn. Demo/ihon ist aus dem Process des Deniosllie-
ncs gegen seine Vormiinder bcli.annt, es heisst so Demo-
sthenes Vetter, der Soliu des Dcmon der J'aianier , und
er wirjl es wohl sein, dessen ücdichte auch Kot^s Epliip-
pos verspollelc, Allien XI. p. 481; andere des Kaiucus
iibergelio ich. Es hat überhaupt wenig Nutzen, des Wei-
teren die Namen zu untersuchen, die doel) mir eben zii-
äamaicngewürtelt sind.
806
es durch die Bestimmung TCQUidgoi wichtig sein; es ist
bekannt, dass in früherer Zeit die Proedri der prytani-
renden "Phyle, in späterer neun aus den nicht pr^taniren-
den Phjlen gewählte Proedri die Leitung der Berathungca
in Rath und Volk hatten (s. Boeckh corp. Iiiscr. p. 130)}
dass diese Neuerung bereits zur Zeit des Ktesiphontischea
Processes eingeführt war'(9. den Anfang der Rede de»
Aischines), ist von Boeckh nachgewiesen; aber ebenso
bestimmt ist zur Zeit, da über ilen Frieden des Philo-
krates verhandelt wurde, und zur Zeit der Rede gegen
IVeaira noch die alte Einrichtung im Gange, s. y.aTO.
IStatQüi §. 90- und Aischin. Jifpi n'agaTrgirrß. g. 90 *).
Also zwischen Ol. 109. und Ol. 112. 2. ist diese neue
Einrichtung getroffen worden; die Kolytticr gehören zur
Aigeis, es mü'^ste also dieser Proedros Aristophon ein
nmi contribuli.-i sein , und danach wäre Ol. 109- 4. be-
rci(s die neue Einrichtung vorhanden. Aber dass diess
nicht so ist, diirlte sich ergeben ans der Erzählung von
den Berathungen gleich nach der Einnahme von Elateia,
also mehr als anderthalb Jahre später, als die in unserer
Urkunde besprochene Angelegenheit (Dem. vzihg Ktiiit,
$■ 169-): 17] b' vaT£üauf. ... ui f.itv n: qv tuv eig
Tr,v ßovkijv ixdkovv siq to ßovkevrrioiov .... y.ai
l^ieTU ravia ai; £li>;k3ev n ßovki] (in der Volksver-
sammlung) y.ai äTi:i]yyi:(kav oi itgvzdvEti; tu -kqüi;-
i^yyskiuva tai'TOii; x. r. k. Hieraus ergibt sich die
überwiegende ^Vahrscheinliehkeit , dass das Institut der
proedri non contribiiles geringer ist, als die .Schlacht von
Chaironeia; und wenn dem so ist, so haben wir in die-
sem Proedros aus einer nicht prjtanirenden Phyle wieder
einen Beweis der ünechthcit.
Endlich kommen wir auf den merkwürdigsten Fehler
in den Schlussworten unseres Dccretes. Ruhnkcn hat zu-
erst in seiner historia critira geltend gemacht, dass es
zivei berühmte Redner des Namens Aristophini gebe, von
denen der ältere der Azenier, der jüngere dieser Kolyttier
sei ; er hat mit seiner anscheinend sehr gründlichen Art
die reichen Notizen, die uns liberliefert sind, zwischen
beiden nach Wahrscheinlichkeitsgründen vertheilt, und
seitdem paradirt nun der doppelte Aristophon in vielen
geschichtlichen und philologischen Büchern. Nur son-
derbar, dass unsere Urkuude die einzige Autorität für
einen Kolyttier Aristophon ist; und schon an dem vor-
hergehenden Psephisma fanden »vir statt des bekannten
Anaphijstiers Eubulos einen mit lingirteii Vaters- und
Demosnamen. Es lässt sich mit vollkommener Sicherheit
erweisen, dass der so häufig bei Deuiosthenes, Aischines
und sonst genannte Aristophon stets ein und derselbe
Agenier ist. Denn Deuiosthenes sagt (('tJo Arjyö. g. 162),
er habe die Verbindung mit Theben (vor der Schlacht
von ChaironeiaJ nicht bloss seiner Ansicht folgend dkk'
ci'dojg 'jQiOTotfuivTa y.ai näkiv Ei<ßovkov Tcüvra
■Tuv iqövov ßoi'kotihouq ttqü^ui xa.vTtp rijv (ptkiar.
*) Dasselbe Factum erzählt Aischines xbi« XtTja. §. 74, aber
mit offenbaren Lügen. Sclioeiuann Antirjuitt. jur. pub.
p. 222. cnlnimnit aus dieser Stelle unriclilig, dass Denio-
sthenes secundo ([uidcm die Ix mttiaaxivijc; pioedriiiu fuissc ;
Aischines Worte lauten flnvhvxfiq wV ix nagaay.cvtiq , was
die Frage wesentlich niodilicii'l.
807
xrti TTSgi Tojv ctXXajv TToXXoixtt; a.vri\eyovTac, eavroiq
Tov^' öuoyvüifiovoivTaQ dei' ovq av ^wi/ras y.ev
Y.ofay.ti'vn' Traoijy.okor^etg y- r. A.. Hierzu vergleiche
man Aischiiies xava. KrijO. §. 13'-). xanoi Tiokkäq
it£v Toiroi' -jvoörer^oi' TTQSoiju'aq eTtgeaßsvoav eig
Ot;:j('-i Ol iid/.tara o/'xeioji iy.eivoii; biaxsifiavoi TtQui-
toi uEv Ooaoi'ijovLoi ö KoKXvT£vg .... TrdXiv
Oociaviv 6 'ßo-/iet'i . . . Asoidduac 6 'Axctoveci . . .
'JoXiör^uo; o llijliji .... 'Jotarocpiov 6 'Jt^ijrtEv^
TTAf/iTTor xoövov T11V rov ßoiojTidC,eiv vnoiieiva^
ahiar, Ui'onvSoiK ö 'Jvacfkvartoq, ös ^f xai vvv
l^f. Es ist die fast fpiiaue cbronolof isrlio Reilipiifolfe
der Staatsin.'imipr , und der Azenier Aristoplioii stellt zu-
letzt vor dein (Ol. W'l- '2.) norli Icbeiideu Pjraiidros.
Wenn Demosthenes {vTzeo Kzija. g. 219.) sagt noKkol
TTctp' i'iiiv yeyuvacrt. Qi'^togec, h'öo^ot y.at fisyakoi
TtQu eiiov KuU-iarpuTog e/.Eivog, 'Aotarocfuiv , Ks-
Cfu/.o;. öcKCOi'i'jOvXoi , srepot f^ivpioi, und «cnn er
in dieser Zusammenstellung den Aris<oj)hün nicht durch
geinen Deniosnamen unterscheidet, so kann nicht hier der
Azenier, und in andern Stellen derselben Rede, wo
Aristophon ebenso ohne Weiteres genannt, ebenso als
Staatsmann ausgozeirbnet und neben Eabnlos, Diopei-
tlies n. s. Vf. genannt wird, der angebliche Kolvttier ge-
meint sein, !er ja auch zur Zeit dieses Processes schon
todt sein musste nach §. KVJ. Aristophon der Azenier
war um Ol. 10' )• noch in Thätigkeit im Process über
Leptines Gesetz (Leptinea ^. 14(1.) in dem bcriilimten
Proces» gegen Timotheos und -Iphikrates (Athen. XIII.
p. .')7r), und wenn Hvperides in seiner Rede gegen Ari-
stophon sagte: o/'5£ yup o.VT(i) diöouevVjV üöeiaq xal
Trpf'.TTiiii y.cd ypd(f>atv b, Tt a.v i'iißpaxv ßovkrjzat
(Schol. in Plat. Theag. p. 3"^4 ed. Becker), so wird das
Kiemand auf einen Redner, der mit Demosthenes, Ai-
schiiies, £)iiliuliis u. s. w. zu rivalisiren hatte, sondern
nur auf jenen grossen Staatsmann beziehen, der sich
rühmen konnte, fünf und sieben/igmal wegen Parano-
micn verklagt und stets freigesprochen zu sein (A ischin.
y.axd Krro. §. l')4.); und Hvperides Th.'itigkeit als
Redner begann gewiss nicht vor Ol. 11J7, wahrscheinlich
spater. Die einzige erhebliche Schwierigkeit, die gegen
unsere Ansicht erhoben wenlen könnte, dürfte das Alter
des Azeniers sein; denn schon Oi. U2. 1.» sagen sie, ward
er als Gesaiulter der 4UÜ nach Sparta geschickt. Aber
Thuc\dides \'III. 8l). ni'niit Aristophon an jener Stelle
keineswegs Azenier, und die sehr deutlich erkennbare
politische Ansicht des herrlichen 31aiiiics ist der ent-
scheiilcndste Beweis für <lie Unmi'iglichkeit , dass er je
im Interesse jener Oligarchie gehandelt haben könne.
Wohl aber beginnt seine Thätigkeit sofort nach der Wie-
derherstei: mg der Demokratie. Nach Karystios (bei
Athen. \1II. .jT7. ) gab er im Jahr des Eukleides ein
Gesetz über die vu'Jiji , denn dass der da o üljvojo ge-
nannte kein anderer, als der Azenier ist, wird dureh
die Anspielung in der Leptinea g. 140. gewiss. Nimmt
man dazu ilie Notiz aus dem Leben der zehn Redner
p. '{öS. ' linnriKfiJtrdj:. bl ilöt] Tr,v itpoiTuoic.r diu,
yr,pni y.uTakiTÖvrui /.ai '/.opijyu- eyevsTO Ji^un-
808
(T&evt^g (um Ol. 106) , so mag damals Aristophon im-
merhin 7ij Jahre alt gewesen sein, so dass er um die
Zeit des Archonten Enkleiiles etwa so alt war, wie Al-
kibiades, als er sich zur politischen Thätigkeit wandte.
Wenn er noch bis gegen die Zeit der Schlacht von Chai-
roneia lebte, so hatte er freilich ein sehr hohes, aber
in Athen nicht ungewöhnliches Alter erreicht; auch Iso-
krates war i)7 Jahr alt, als er seinen Panathenaikog
vollendete; Phokion, Kallias, Leodainas , manche andere
Attische Staatsmänner sind durchaus bejahrt noch in Thä-
tigkeit gewesen.
Solange also nicht ans anderen sicheren Notizen die
Existenz eines Kol^ttiers Aristophon, der Staatsmann
von höchster Bedeutung gewesen, nachgewiesen wird,
darf er aus dieser Urkunde her nicht aufgeführt werden;
und umgekehrt, dass dieselbe uns als den berühmten
Aristophon einen Koljttier nennt, ist ein Beweis zu vie-
len andern, dass sie unecht ist. Ob der (fopokuyog in
der fllidiana §. 2IS. (cf. Demosth. nuui; Zljroi>. §. 11.)
oder der bekannte Komiker oder der ältere 3Iahler oder
sonst einer ein Kolyttier gewesen, weiss ich nicht, nur
von dem berühmten Staatsmann war die Identität geltend
zu machen.
(Fortsetzung folgt")
Persoaal-Clironik uud Miscellen.
Eisen ach. Zum Ostcrexamcn 1839 erschien : Jahresbericht
über (las Grosshcrzogl. G^ininasiuiii zu Eisenach, womit — ein-
ladet der Diicctor des Gymnasiums, Dr. Kail Hermann Kunk-
hanel (S. 13 — 25). Voran gclien: Jug. JVuzschelii, Phil. Dr.
Gymn. Praccept. Ordin. l^injiciae Euripideae 12 S. In der
wolil geschriebenen und bcachtiinsswerlhcn Abliandliing werden
mehrere Stellen des Euripides vertheidigt , welche Härtung in
seiner Ausgabe der Iphig. Aulid. fi'ir unecht uud untergeschoben
erklärt hatte. Zuerst macht der Verf. darauf aufmerksam, dass
Enrip. in seinen Tragödien häufig auf Zeitumstände und Staats-
verhaltuisse Rücksicht nimmt und sie von seinen handelnden
Personen bcurlheilen lässt. Als ein Beispiel hiervon wird eine
Stelle aus der Helena y. 744 — 760 angcffilirt und ans Thucyd.
VIII, 1. erklärt uud gegen Hartung's Meinung dem Dichter
vindicirt. Darauf folgen allgemeine Bemerkungen über Har-
tung's Verfahren, in denen namentlich hervorgehoben wird,
dass CS einer sicheren Grundlage gänzlich entbehre, da der
Beweis, worauf sich die ganze Ansicht gründet, nicht geliefert,
sondern geradezu weggelassen sei. Es werden nun nichrere
Stellen ausführlich besprochen und dem Dichter zu retten ge-
sucht , indem der Verf. Iheils durch llinwelsiing auf die Eigen-
tliümlichkeiten der Euripidcischen Diclitungsweise , iheils durch
richlinere Interpretation uiul Darlegung tles Zusammenhanges,
bisweilen auch durch leichte Verbesserungen Hartung's Angrilfe
zurückweist. Gelegentlich werden zu einigen Stellen Verbes-
seruiigsvorscblägc inil:;etlicilt. Die behandelten Stellen sind:
Troad. 642 — 651, Oiest. 257. 270 sf(. .^|2. Helen. 892 s
Med. S7 sq. 105 sqq. 406 sqq. 542 sq(|. 778 <'^'^'= "■""'
69 sqq. 113 sqq. 22.1 sq. 330. 480 sq. 1440 sq
892 sq.
Hinpol.
Breslau. Der bisherige ausserordeiilliclie Professor Dr.
Ludwig Arendts in Bonn ist zum ordcntl. Prof. in der juristi-
schen Facultät dahier ernannt worden.
Giesscn. Der bisherige ausserordentliche Professor der
Rcclile Dr. Weiss ist zum Professor Ordinarius ernannt worden.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Sonntas: 3 25. Jugust
1839.
Nr. 102.
Die Urkunden in Demosthenes Rede vom Kranz.
(Forts et zu n^.)
Wir können nun zu dem Briefe des Philippos über-
gehen, den Deniostliencs verlesen lasst, indem er sagt
§. 7G: y.at f^>]v oi'd' ö (J>ikntTcoc, ouötv alttdrai
Sj-ie VTTio TOö nokei^tov, eregotq syy.akaiv, nud
nachdem der Brief gelesen ist §. 79. £VTaü9a oiSa-
fioO /diifioodevtjv yijQO.ffSv , ovo' uiriav ovöefnav
xar' tf-iov- tL tTot' ovv roii, ukAoiq syxakajv
■tuiv Sfiol TiiiToayuivvjv oi>y\ fxeuptjTUi; z. t. k. Also
es waren in dem Briefe die Staatsmanner bezeichnet,
welche nach <ics Königs Meinung den Bruch des Frie-
dens veranlasst hatten. Wir linden statt dessen die höchst
wunderliche Aeusserung: y.ai lai'Ta avvETa.x9Tj Ttß
vavdQivi ävev j^itv toü dr,i^wv toC \-idt]vaiuiV vtio
de Tivuiv d o xo vTujv xai er e Q ojf , tötioT lav
fj.ev vi'v uvtiov, ix TTaPToi de Toorrov ßovkofAe-
vuiv Tov dijuov dvTi T);5 vvv itQoc, i/Jt v-7taojoi'ai]c,
(ptkiai TOV TToKtiiOi' dvaiMßelv X. r. k. Freilich hält
das Ulpian und mancher neuere Erklärer für einen red-
nerischen Kniir, dass Demosthenes, da er nicht aus-
drücklich genannt sei, sich auch nicht gemeint nenne,
obschon allerdings unter den lilioten besonders er ge-
meint sei; wie armselig diese Erklärung ist, sieht Jeder.
AVenn Demosthenes urgiren konnte , dass er nicht ge-
nannt sei , so mussten die Namen der Andern eben in
dem Briefe stehen; und wenn dieselben in dem vorlie-
genden Briefe nicht stehen, so kann es unmöglich der-
jenige sein, den Demosthenes verlesen liess. — Da ferner
dieser Brief der Anlass zur Kriegserklärung wurde,
mochte er wohl schwerlich mit der Rückgabe der Schilfe
schliessen. Offenbar zählte Philippos in diesem Schreiben
alle Uebertretungen des Friedens auf, die den Athenern
vorgeworfen werden konnten, und nannte dabei die Fla-
men derer, welche die einzelnen Blaassregeln in Antrag
gebracht hatten; Demosthenes sagt §. H), der König
spreche von seinen Anträgen nicht, vzi tujv dör/.rjud-
Tiov O.V tj.ttfJ.vt]TO rojv iavToü , ei' xi nefji ef^iui' "/h-
yoacfS {y iyQo.cpE). Kurz, der Brief, (Irr wirklich
hier verlesen wurde, ist derselbe, auf den sich Dion^sios
Worte bezieheu ( ep. ad Am. II.) 'tTieixa Ölt^et.ifuiV
(ö 0lk6xoooi) uOa Toi<; 'ASijvcaotq 6 0ikt:TnoQ, ivE-
xaket did Tijc eniaToki]q y.al ^ijnoadivovq tiqoi;-
xakeaavroi; aiiovi; Trpos rov nükenov x. t. k., und
statt des Briefes ist eine doppelte Erdichtung auf uns
gekommen, der vorliegende und der viel geschickter com-
ponirte, zu dem die ebenso untergeschobene Demosthe-
nische Rede 7l(jdi; Z)?!' tr^KJTuKi'jv ti'jv 0e}.l7TTlui' ge-
hört; in diesem ist weder von Selymbria, noch von den
gekapperten Schiften die Rede, und in unserem fehlen
alle die Beschwerden , welche dem Schreiben des Königs
seine grosse Bedeutung geben, und um deren willen
es Demosthenes eben lesen lässt , damit erhelle, wie die
anderen Staatsmänner, nicht aber er, von Philippos be-
schuldigt und als Anlass zum Friedensbrurh angesehen
\iorden sei.
Mit üebergehung der auffallenden, aber nicht zu be-
deutenden Einzelheiten, wie (faivEOdE EV f-iEyakr]^ Ell]'
SeIcc tasodui oder nsiQdaoiiai xd.yui SiacfvkaXTElv
Ti'i'' eIoi\v}]V, will ich nur eine geographische Sonder-
barkeit hervorheben. Es heisst in dos Philippos Brief, die
Athenischen Schiffe seien abgeschickt ü'jq tuv oiiov
napaTlEfjipovTa ex xof 'EtUjorrurxov Et'i Aijinov
und in dem Decret des Eubulos xci ^lEx aVTOV a^o-
axakevra oy.dcpi] Ei'xooi Et; xki> toü aizov rTa()Cf7TOii-
rri";i' Eli 'Ek'/jlonoi'vov, wo man ohne des Philippos Brief
gewiss das ei'i nicht zu ÜTlooxat ti'Tl'., sondern zu Tca-
gauOlii-TTr,}' ziehen würde. Ich will nicht erHälinen, dass
diess Convoi sonst die Getreideschiffe am llieron bei der
Mündung des Bosporos entartet, und durch die Meer-
engen bis wieder in die offenbare See geleitet fs. Dem.
TTuOi üo) l'y.kia '^. 19. und sonst); wenn aber die Flotte
in den Hellespont geschickt wurde, wie ist sie da den
belagerten Selynibrianern zu Hülfe, die doch weit genug
entfernt wohnen? sie konnte es nur dadurch sein, dass
sie dem Makedonischen Geschwader den Hellespont sperrte,
aber dann musste der Brief darüber klagen; der ^'erfer-
tiger des Briefes scheint keine deutliche Vorstellulig von
der Lage Selymbria's gehabt zu haben. —
Die Ehrendecrete der lii/zunlicr und deren vom Cher-
sones {§,. UO. ad g. 92.), »uf die wir jetzt übergehen,
scheinen am wenigsten dem Verdacht der ünechtbeit aus-
gesetzt zu sein, und dürften wir uns nicht von den für
die übrigen Urkunden schon gewonnenen Resultaten eini-
germaassen bestimmen lassen, so würden wir uns nament-
lich gegen das Decret der Byzantier jeden Ziveifel ver-
sagen. Der Dialect desselben ist dorisch und zuar in
Formen, die durchaus nichts Anstössiges haben; die Da-
tirung im lEOOl-tväfiOvog Boonogl/o) stimmt mit den
sonstigen Notizen vollkommen überein (Polyb. IV. .ö'-'.);
der Inhalt selbst »cieint sich auf jede Weise zu empfehlen.
811
812
Dennoch mnss ich bekennen , «lass ich auch iliese
Urkunde für unecht halte, wenn schon nur scliivache
Griinile TorzuLringen sein «erden. Demosthenes sagt:
f.eye 8' airou -/.cti tu!.; rwr ßi Ccutudv aricfarorq
y.al TOI'.; zidv Uegiu^ivjv, olg ioTecfdvoi'v d-!' ttÖ-
7uy. Danach mnss man zwei verschiedene Decrete er-
warten; statt dessen heisst es in dem Decret: §sd6)(&ai
Tdj ötOK!) T(J J)i'C('-ViLU)v y.c'.i Ileoivdiuiv und zum
Schhiss xdv Bi'Zaviiojv y.ai Ilsg/rit^iiov sv^aotirrlav.
Dass die 3Ieinung des Beschlusses nicht ist, es hätten
»ich beide Staaten zu gemeinsamem Beschlüsse vereinigt,
ergibt sich aus der Brzantischen Datirung und aus dea
Ergänzungs» orten ^aiiayijTog iv xa äj.'ia iKnicv , £X
tu; fJaj/.a~: /.(ifJujv gijTQUv (so viel als TTgofjUi'Xsvfta
ahnlich dem eii^clai; Qi'jXQaiq üiTa^ujlS/ßofieioi des
Tvrtaios). Aber wie kann in der Ekklesie der ßyzan-
tier ein Bcscliluss, der das keineswegs unterthänige Volk
der Pcrintliier zugleich mit umfasst , decretirt werden,
der Perindiier , die hier ausdrücklich nur avuuu%oi.
Jiiid (JV/yiuni; der Bvzaiitier heissen? Auch ist es nicht
»elir genau, wenn das ursprünglich Ionische Perinthos, das
freilich auch 3Iegarer in sich aufnahm (Plut. quaest. gr.
c. 570 > ''•'" Bvzantiern avyysi'iji genannt wird. Sollte
aber der Beschluss Namens des Bvzantischcn Bundes
gelten, so gehorte ja auch Seivmbria, Clialkedon u. s. w.
ia demselben, und Selvmbria hätte Anlass genug gehabt,
sich diesem Ehrendecrct anzuscliliessen , falls den vorigen
Documenten etwas Richtiges zu Grunde läge; jedonfalls
aber hätte dann das y.oiruv des Bvzantischen Bundes,
nicht aber Rath und Volk von Byzanz bcscliliessen
müssen. — Uebrigens weiss ich nicht, ob ich Anstoss
daran nehmen darf, dass die Bjzantier und Pcrinthicr
2Har eine bildliche Darstellung der Kränzung stiften,
diese Kränzung auch in den grossen Festspielen verkün-
den lassen wollen, aber eigentlich doch nicht, was die
Hauptsache ist, beschliessen, oTecpavuiaat ^gvao) ore-
(fdvo).
Auffallend ist ferner das ditoyartaxaas xdv Tcd-
T'jiov 71 okiTS iav y.ai xojg vofwjq y.al tco^ Tucpujq,
tlieils wegen der Verbindung dieser drei Substantive,
theils weil durchaus keine Veränderung der Verfassung
in Bvzanz und Perinthos während der erfolglosen Belage-
rung denkbar ist.
Nicht dorisch genug könnte 'iyxxacrig statt efXTzaaiq
erscheinen , wenn aus dem TtQa.xoiq licxd (v. 1. TTepi.
naga) xa iegu nach den Andeutungen iler Handschriften
ir£Öa zu lesen sein dürfte. .\uch würde man nicht
Ttc.vi-yiiiiu; , sondern -Xii.vayvgu/.A erwarten. Dass
diese Festversammlungen, auf denen das Decret ver-
legen werden soll, ''I<ri}iua y.o.i JVätsu y.ai Of.i'nma
y.ai Hl ifiu weiter in ihrer typischen, noch in der cliro-
nologischen Reihenfolge, wie sie nach einander diesen»
Beschluss folgen werden , sondern in alphabetischer Ord-
nung stehen, ist auch wolil sonderbar.
Erwähnen will icb noch die Worte: axaaa.L bl y.ai
ei'/.oiu; xgsii; iy.y.utdcy.umjj^etg iv xm Boa-rog ix")
crxecfuvovuevov tov daiiov xdv 'Jdijvaiuiv vtio xuj
Sdiio) XV) JhCavxiuiv y.c'.i FlfgiviHiDv. Das Sarlilicho
anlangend bemerkt der hoclncrelirte Jacobs: „einen De-
mos der Rhodier, der von dem Demos der %rakusancr
gekrönt w ird , ward vom Hiero und Gelo in dem Deigma
von Rhodos aufgestellt Polvb. V. 88-" Aber was heisst
£v X('j Boonogiyij) ? Die Handschriften bieten auch
ßocTTlugfiyij)., Bugi^i;), nicht aber, wie man hat cmcn-
diren wollen, liuO'xogu) ; es wäre auch etwas sonderbar,
die nieilenlange Bleerengo mit ihrem doppelten Ufer als
den Ort zu bezeichnen, wo dieses Denkmal errichtet
werden soll. Soll einmal emcnilirt werden, so kann nur
BooJlogitii geschrieben werden. Denn Steph. Byz. v. sagt:
kiyirat y.ai lioanugiov xoS ßvi^uvriun ktj^ujv. oi
ö'iyyvigioi 0uii(f6giov avxov xaXovai irugaygaf^if.ia'ci-
^ovxe; (ähnlich wie sie UfCaq stuit BiCag sagten, Becker
Anecdot. p. 118(i und daher häufig auf den ältesten 3Iün-
zen der Stadt II ¥.) >; oxi 0lkt-jfKOV TOi< MayeÖüvoq
Stojgv^ag v.axa Ti-t; TioXiogy.lai ei';odov y.gvjtxijv ,
u^Ei' dcfuvuj; Ol ögvxxoi'xeQ 'ifiEkXov xov ögvy^axoq
dvaöOvai, y.u\ 'Ey.dxi] (poKcpogoq ovaa 8a8ag iTTolijas
vvy.xmg toic TToXlxa/i (pavi^vac 'xal ti^v -nokiogy.iav
(pvyorrti (t>(t)c.(f6gtov xuv ■votcov lövoua.aEv. Diese
Erklärung sieht sehr nach einer späteren Periegetenanek-
dote aus. Jedenfalls ist das £v Boo^ooiyii) in dem
Decret durch die Handschriften garantirt; es wäre mög-
lich, dass der Hafen der Stadt mit einer dorisirenden
Diminutivform, die bei bei Personennamen häufig ist,
aber auch in öoxdkiyoc, y.ulpEXOi, y.ddöiyog n. s. w.
vorkommt, der kleine Bosporos genannt wurde. Dann
ist freilich der gleiche Marne des Hieromnamonen wieder
sonderbar. —
Das Decret der Chersonesiten wird angekündigt mit
den Worten ksys tov; ■Tzaga tüjv ev jLe.göovijcro) Oxe-
Cpavoi'C, und der Beschluss, den wir jetzt lesen, abge-
fasst £v'tii) y.oivii) ßovXevxvoiij), beginnt mit den Wor-
ten Xiggorijotxüjv oiy.atoiyovvxs; ^ijaxov, 'Ekeovvxa,
ßJudi'Tov Akü)Xty.6vvr<(TOv (XTEcpa.vovai y.. x. k. Also
nur diese vier Städte bildeten einen Bund, in dem sich
Krithote, Paktye u. s. w. nicht befand? Freilich unmög-
lich ist das nicht, aber wahrscheinlich in der Tliat ebenso
wenig. — Der goldene Kranz von f^O Talenten scheint
seiner Grösse nach hinreichend durch Bückh erklärt za
sein, und iler Beisatz des Gewichtes kommt, wenn nicht
immer, so doch in manchen Attischen Decreten vor. —
Auffallend ist mir, dass die dankbaren Kolonisten ein
Xdgixo; fjutuui' y.ai öij/iov \Ji}ijraiujv stiften wollen,
besonders da sie 'Aiiijvaioiv X)]v /jovkijv y.al tov di]-
fiov kränzen; auffallend auch die gewiss harte Ellipse
S^ckoitEvoq iy. T)j; (Shkia:not' , auffallend endlich oijy.
ikke/lpei Svyagicrx üJ V, da die Afticistcn lehren, €lj-
^agtoxciv oi'öci; xmv Soy/iwjv fiuEv dkka yagiv
Eiblva.L cf Boeckh ad Corp. Inscr. No. 34 ; aber es sind
ja die Chersonesiten, die das geschrieben haben, sowie
auch die Byzantier ilir Decret mit £i!;|f«p<(rr/a schlössen !
So lässt sich allerdings gegen diess Decret derer vom
Chersones, wenn man es für sich betrachtet, nichts
Wesentliches geltend machen; aber die übrigen Acten-
stückc mit ihrer Unechtheit dürfen wenigstens Verdacht
erregen, und man vergesse nicht, wie schwer es ist, aus
höchst unzulänglichen Nachrichten einen Beweis, wie
wir ihn wünschen, zu führen. Die Fassung des ganzen
Beschlusses habe ich nicht anzuführen gewagt, und nur
andeutungsweise füge ich noch die dem Decret nachfol-
813
814
{renden Worte des Redners hinzu: ovy.ovv ov (xovov
xo XcqqÖvijOov ■Acd BvL,dvi(ov acSaai, oi'öii to
y,ü)Xv oai Tov 'Ekk/ja-novrov vtto (PiXimto) yevf-
a9ai -vüre , ovde rö Ttiiacr&at tijv TidXtv s'x tov-
rtuv y.. T. X. , die, wenn sie nach der sonstigen Ge-
wohnheit der Redner aus den eben verlesenen Bescliliisscn
entnommen waren, desto mehr Energie haben uiussten.
VI. Urkunden zum Euboischen Kriege.
Aristouikos beantragte Deinosthenes Krünzung, »eil
durch seine Bemühung des Pliilippos Eiiifluss auf Euboia
zerstört worden war {vrcio Är;;ö. Jj. 83-)- Es kamen auf
Euboia besonders die Städte ürcos , Chalkis nnd Eretria
mit dem Hafenort Porthmos iu Betracht.
Bereits mit dem AVinter von Ol. 101). 3- hatte Phil-
ippos auf Euboia, obschon Demosthenes dagegen arbeitete
{^Tr,v TTQSiTjjeiuv eii Ei'ßoiav iyouipa Dem. ltho Hcija.
§. 79.) festen Fuss gefasst; in der dritten Philippischen
Rede beklagt Demosthenes wiederholentlich, dass Euboia
an Philippos verloren sei; von einer Partei in Eretria
berufen, habe er durch llipponikos Porthnios besetzen,
drei Tyrannen einsetzen lassen; und eine zweimalige
Empörung des l^olkes von Eretria sei ilim Anlass ge-
Tveseii, erst Eurvlochos, danu Parmenion mit neuen Trup-
pen zu schicken und die Bürger aus dem Lande zu treiben;
ebeuso sei Orcos durch Philistides und seine Genossen,
die jetzt in der Stadt als Gcwaltliaber herrschten, an
Philippos verrathen worden. ]Vur Chalkis hielt sich ; aber
Demosthenes sagt ernst genug den Athenern , sie sollten
nicht hoffen, dass etwa Chalkis oder 3Iegara Griechen-
land retten werde. — Einige IMonate später im Frühling
341 zi'irnt Demosthenes (in der Rede vom Chersones)
über die Athener, dass sie die günstige Zeit, etwas zur
Rettung Griechenlands zu nnterneliDien, verstreichen Hes-
sen; sclion zehn Monate sei Philippos in Thracien ;
Krankheit, AVinter, Krieg habe ihn umringt, so dass er
nicht hatte heimkehren können, aber Athen habeMichts
zur Befreiung von Euboia gethan, vielmehr habe Philip-
pos zwei Tyrannen in Euboia eingesetzt, einen in Eretria
(von den oben bezeichneten dreien den einen Kleitarchos),
den andern in Skiathos ; Euboia sei für Pbilippos nur eine
Sclianze ijTiT£ij(/o/i(i) gegen Athen; nnd wie, wenn
Pliilippos, statt auf Byzanz loszugehen, nun gen Chalkis
und Megara komme!
In Chalkis hatte Kallias den entscheidenden Einfluss,
die Redner nennen auch ihn Tyrann; früher ein Feind
Athens, hatte er sich, da er mit seinen Planen bei Phil-
ippos nicht Eingang fand, an die Athener gewendet, um
milderen Hülfe einen Euboischen Bund, ja, eine allge-
meine Symmachie gegen Philippos zu Stande zu bringen.
Er reiste im Peloponnes, er kam nach Athen mit dem
Bericht, die Achaier und IMegarer würden zur gemein-
samen Sache sechzig, die Euboier vierzig Talente zahlen;
er hatte Demosthenes für seinen Plan gewonnen, der
denselben auf das angelegentlichste empfahl, von anderen
Bundesgenossen, die er gewonnen, und von ihren bedeu-
tenden Streitkräften sprach und ankündigte, zum 16. An-
thesteriou würden sich die Synedren der Bundesgenossen
m Athen einfinden; zugleich forderte er auf, Gesandte
nach Oreos und Eretria zu senden, mit der Botschaft,
dass sie ihre Beitrage nicht mehr nach Athen , sondern
an Kallias nach Chalkis sendeten. Und für dicss Alles,
sagt Aischines, aus dem diese Angaben sämniflich ent-
nommen sind {y.a.TU Krija. §,. 85 — lOy.) empfing De-
mosthenes ein Talent vom Kallias, ein anderes vom
Tyrannen Kleitarchos aus Eretria, ein drittes ans Oreos.
Diese Erzählung ist glaubwürdig, da Aischines die Acten-
stückc darüber verlesen liess. Durch die Erwähnung des
Tyrannen Kleitarchos ergibt sich, dass die Sache nach
der dritten Philippischcn Rede, also in den Anfang des
Jahres 341 gehört. Diess wird bestätigt durch Aischines
Angabe, Demosthenes habe für Kallias Antrag sprechend
sieb erboten, von seiner Gesandtschaft im Peloponnes nnd
nach Ambrakia wichtige Dinge zu berichten, und diese
Gesandtschaft gehört nach Pliilipp. III. g. 72. oA neovcrt
TioEoßciai cd TTCo'i Tijr IhLoivurvi^ooi' h.siiai y.al
'-■/ilßoaxiav (nach AVinicwsky's trefriirher Eniendation
für xaTljyoQua) in das Jahr des Pytliodotns (Frühling
lÜ'K 2.), so dass der zur Bumlesversaninilniig angesetzte
ir». Anthesterion in den Februar 34 1 Ol. U)\). 3. fällt,
diess gegen Hrn. Brückner, der die Unterhandlungen des
Kallias in den AVinter und Frühling 10'). 2. setzt. Zu-
gleich ergibt sich hieraus, was die Aeusseruiig in der
(iu!}u)g oisade. Es ergibt sich ferner, dass Kleitarchos
in Eretria, Philistides und seine Genossen in Oreos nicht
sowohl Herrscher, als vielmehr die leitenden Staatsmänner
waren, die Pliilippos Einfluss über ihre Gegner erhoben
hatte, und dass sich Philippos Gewalt anf der Insel etwa
auf eine Besatzung in Porthnios und bei Oreos beschränkte.
Philistides sowohl wie Kleitarchos unterhandelten durch
ilire Gesandten in Atheu , die bei Aischines Aufnahme,
beim Volke aber nicht Gehör fanden {inlfj K-rija. g. 82).
Es lassen sich nicht mehr die Angaben des Aischines
und Demosthenes, die beide viel verschweigen und Einiges
lügen, vereinbaren; doch scheint man Athenischer Seits
(Ifii Beitritt zum Euboischen Bunde und die Ausweisung
der Makedonischen Besatzungen verlangt zu haben: als
diese, wie es scheint, geweigert wurde, erfolgte ri eiq
Sioeov ti;odog oi'yiri TTpsofJsia , v.at i} sii; 'EQiTQiav
(rnho Krija. §.79.) unter Führung des Phokion ; denn
Diodor. XVl. 74. sagt: 0tuy.lüjv |U6f 6 A^iivatoi y.ar-
erro'fu'injoe KkiiTaoj(Oi' tuh 'EgSTo/cii rvoctwov ,
y.a!)£irTUfA£voi' vtco OlkinTTov. Diodoros erwähnt diess
unter dem Archen Nikomachos und mit Recht; denn
Demosthenes (I. c.) sagt gleich nach den von ihm ver-
anlassten Expeditionen nacli Euboia in£TU TCtvza Toix;
aTtuOTukovq a:TCivTaQ dniOT^iAu , ya9^' ovq XeoQO-
rijaog saojdjj xat IivQd.vTiov und genauer g. 87. enEidi)
iy. TJ;5 Eüßoiaq 6 (liikinjcoi ii;i\u9ij joiq j.iev ortkoi^
v(f' vfiuiv, TTj öe TVoknsia y.al toiq ipijtfiouaon'....
i'Ti ifiov, STEQOV yard rijg Trökeujg £TiiTsi%iaf.iov
ii:i'j-c£t z. T. k, nnd darauf erzählt er den Krieg gegen
Byzanz, der, wie wir früher sahen, mit dem Herbst
Ol. 109. 4. (341D seinen Anfang nahm.
Und Philippos sah diese bedeutende fllehrung des
Attischen Einflusses ruhig mit an? IMan sagt, er war in
Thrakien beschäftigt. Aber wer wird glauben, dass er
813
816
daratn nicht auch aiitlerer Orten seine militi'lrischen Maass-
regeln traf. Schon bei Betrarhfmi^ seines Krieges in
Thrakien fanilen wir ihn an niehreriMi Punkten zugleich
thatig; unil (lass er gegen die um sich greifende Attische
IMacht Bewegungen untcrn.ihnj, wird durch Zeugnisse
bestätigt. Lei(i.-r ist der Brief des Philip|)us, der unter
Deuiosthenes Reden steht, nicht authentisch; und wie
weit die darin bezeicliucten Facta aus guten Quellen
sind, bleibt zweifelhaft; doch steht in demselben §. 5.
Äß/j./a's roivvv 6 irao' i'uuiv atQacijyoi rdi; f^sv
TTokn; tac £v vÜj IlayaoirTj y.öhjiui xaror/.oiumvaq
ei.aßev äirdaac, iulv /jsv evoo/.ovc, eiiol de crvfina-
X'Sdi ovo-ag., Tovi 8' st'.; Ma/.Eboviav TcXtovxai äRo'Aei
rcdvTai noksuiovg xoi'vujv y.ai diu tuvt v/nsiq eTirjviiv
avTOv iv TOi^ Iprcflatiaat X. r. X. Es würde nahe liegen,
an Kallias von Chalkis zu denken, der nach Euboia's Be-
freiung diese Expedition gemacht haben konnte. Aber
wir haben ein anderes und besseres Zeugniss, das auch
forstehcndes als zur Hälfte unrichtig erweiset. Aischines
(x«r« Krtjfr. ^. 83-) ziihlt nach einander auf, wie De-
mosthenes viel über kleine thrakische Flecken von unbe-
kannten Namen gesprochen habe, als wären sie von be-
deutender Wichtigkeit, wie er dann in dem Streit über
Halonesos gewollt habe, dass die Insel nicht gegeben,
sondern zurückgegeben genannt werde (im Winter oder
Frühjahr lu '• 2.) xai tu TEKEvraiov crzECfavvjacLi
Toi'i ftsra '-dQiaxoSriuov eic, Ott laXiav naou rag
TJ;? s/'oijviji auv9);xai; iirtaroarfvaavraii trjv fj.sv
Eior,vrjv öie/woe, tijv 5f avticfooav xul tov rroksfiov
TtCioeay.ti'uOSv. Statt des Aristodemos wird wohl, wenn
anders die Expedition eine Athenische ist, XaijlSl'jUO V
za schreiben sein, da man in Athen zu so wichtiger
Unternehmung gewiss einen erprobten Fcldherrn wählte;
jedoch konnte es gar wohl sein, dass dieser Aristodemos
vom Euboischen Bunde abgeschickt worden wäre oder
die Athener sonst wie unter der Decke agirt hätten, da
nicht das Factum, sondern der betreffende Kränzungs-
antrag des Deniosthenes als Friedensbruch hervorgehoben
wird. Jedenfills war diese Unternehmung vor der Auf-
hebung des Friedens (Ol. tl'). 1. im Herbst), sie wurde
erst möglich durih die Befreiung von Oreus (Herbst Ol.
'Ol. 4.). Kun finden wir bei Demosfhenes (i'^eo Kttjcr.
§. 1 i't.) die Angabc: i:T£l8lj (pavsuui^ i';dtl TU TcXoiCL
ecrtcri'ktjTO, Xiuö6vi]aoq £noo9£iio , e'-Tti ti]v 'A-c-
xiy.y[v STTOQeve^' av9 g vjtt ug, ovyjr' Ev dji(fi-
oßijrr^Oiii'i) TU Ttodynaxa qv, dXk' rvEOrijy.Si nuKe^ioi;
X. r. /.. Also auf Attika rürkfc Philippos los und zwar
vor der Kriegserklärung im Herbst 340 nach der Plün-
derung der .Schiffe im Frühjahr 34'). Es scheint mir
nnzweifelb.ift , ilass dieser Zug gegen Attika, wie ihn
Dcmostlienes nennt, eine mit der Pliinilerung des Cher-
sones gleirbzeitige Oenionstration gegen die Athener war,
veranl.isst durc h deren Vertreibung der iMakedoiiisi ben Be-
satzungen aus Euboia und die darauf folgende [niasion
der Thessalier. Schon vor ilem Anfang des Jahres 341
hatte der Konig den Thebanern Ecbinus genommen (h. o.),
jetzt, so scheint es, übergab er den Tliessaliern N'ikaia
(s. o.) oder vielmehr er legte eine Makedonische Be-
satzung dorthin , um so die steigende Blacht Athens zu
balancireu.
Aristonikos schlug vor, Demosthenes wegen de» Be-
freiung Euboia's zu kränzen; yudipac r«? avTaq crfk-
kaßag, daireg oüroal Kn^aiffviv vuv yiygacpe {vtcIq
Ktijct. §. 83-), was sich wie natürlich anf die Kränzung
im Theater in den grossen Dionysien bezieht. Es ist
nicht denkbar, dass diese Kränzung länger, als bis zu
den nächsten Dionysien verschoben wurde, somit gehört
sie in die des Archonten INikoniachos, d. h. in den März
340- Statt dessen datirt das Decret: erri Xaiomvdov
'Uyi'/iovoi (<p/oiToj rafiijkiohoc; ixrr] äiriovrOQ.
Könnte der bezeichnete Tag auch richtig sein, so bleibt
die Verkehrtheit der Jahresbezeichnung. Allerdings hat
eine Handschrift ilti XuiqujvÖol' äg^rovroi; ijyeuöi'Oi,
so dass man wohl daran gedacht hat, l^ycuovoq ^ei eine
Glosse zu äuXOVTOi^, doch gehört dazu ein starker
Glaube. Alan wird wohl liyefiovos oder, wenn man es
nicht ganz so toll haben will, Hyrjiovoii als Vatersname
verstellen müssen, was freilich im officiellcn Styl voll-
kommen unerhört ist; will man gleichnamige Archonten
unterscheiden, so nennt man wenigstens in späterer Zeit
(Corp. Inscr. No. 124) und in der gelehrten Chronologie
(so Argum. Arist. Lysist.) den Namen des Vorgängers
hinzu. — Aber vielleicht sagt man, dass dieser Antrag
unter dem Archon Nikomachos gemacht sei, ergebe sich
nur ans Combination, müsse also der unmittelbaren Ueber-
lieferung dieses Decretes nachstehen , der Chairondas sei
ja kein Pseudeponymos, sondern Archon des Jahres Ol.
I 10. 3. Wir wollen nicht das schon verdammte Decret
des Ktesiphon (g. 119.) zu Hülfe rufen, das im Pyane-
psion desselben Jahres gemacht sein will und also nicht
das Sci'regov y.ljgvyiia (§. 83.), sondern älter als diess
des Aristonikos wäre. Es reicht hin, zu bemerken, dass
schon im Metageitnion des .Jahres Chairondas die Schlacht
von Cliaironeia geliefert ist, und sieben Monate später
Niemand auf Kräiizung des Demosthenes für die einst-
malige Befreiung der schon ivieder von Pbilippos unter-
worfenen Insel antragen wird, am wenigsten Aristonikos,
der .Staafsschnlilner und drnioq geworden »var , und das
Geld, das er zu seiner Lösung zusammengebracht hatte,
zu den angestrengfen Rüstungen gleich nach jener Nie-
derlage beisteuerte {rmo KtitO. §. 312.), dass aber
dieser Pseudeponymos nicht Prytanienschreiber sein kann,
ist gewiss, sobalil die Unrichtigkeit dieser Hypothese uns
auch nur bei einem der schon besprochenen Pseudepo-
nymcn nachzuweisen gelungen ist.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Clirouik und Miscellen.
Ziirich. Der Privaldocent und Obdlebicr Di. Hermann
Saiippe iu Zinn .Kissciordcnllicbcn Piolessor tur classiscbc
Philologie ernannt wosdcn.
Dl ne mark. Der Rector dir Gplelirlenscliule zu Plön,
Dr. L. J. Trüge, bat den Dannobrogsorden 4. Classc erhalten.
Zeitschrift
für die
AI t er th ums wissen Schaft.
Mittwoch, 28. August
18 39.
Nr. 103.
Die irrkiinden in Deraosthenes Bede vom Kranz.
(For fs etzunjf.)
Der Aii(rags(eller heisst in unserem Decref '.-igtöTO-
viy.og 0Q£a.üölOi, während im Leben der zehn Redner
p. 372 steht TiQuiToi; de iyoa.rpe fTT£(fai'oj.dr,vac o.vvov
XQvaip octcpdvu) JotGrövti'-üi;, Nr/.ocfdvovi 'Avayv-
gäoioq, v:T(j)fuü(jaTO de ziiu)vSa<;. Diese letzte IVotiz
fallt mit Recht auf, da nach Dem. iiTzh^ Knjrr. g. 'J'J3.
Diondas die Ehrciidecrete des Hyperidcs und Demomcles
anjffiir. liier sind zwei Erklärungen möglich : entuedcr
sind die Worte iiTlujfidaciTO de AivivSa^ ein sjiaterer
Zusatz entweder des Autors oder eines Andern, wie sieh
deren so A'iele und oft UngnschicKte in den X Oratt.
finden, und wir selbst oben zu dem richtigen hivßovl.u:,
ü ETTlviiäfJOV das ungeschickte IIijufivKlOloi;, aus der
Rede gegen Keaira boigeschricbcn fanden; — oder der
Zusatz ist richtig und Diondas hat so gut wie den I]y-
perides und Demomeles vorher ancli den Arisionikus au-
geklagt. Und diess zu glauben bin ich sehr geneigt, da
Deniosthenes (^. liS.) klagt, wie vielerlei llemmniss
eben in diesem Winter 34'/,, ihm in den Weg gelegt
worden sei; öeÖvr/.atE , fahrt er fort, it}£i rivl cpuvkv)
TtökXijv ii;ovouiv tu) ßaukofiiva) tüv Xiyopvd xl
Tiiiv vfiiv avfiCfCQÖvToju vnoay.ckiQsiv y.al o-vxucfuv-
T£iv , Tijc, iTTt zueg \oidooUuq i;öov>^i; xai jjß'p/ros
TU t;^5 nijksajg ovi.i(fe(iov ävTakXuTTÖjtsvoi x. r. X.
Hieraus sieht man wenigstens, dass Deniostlicnes Feinde
eben damals nicht ruhten und am wenigsten eine solche
Auszeichnung nnangef<ichten gelassen haben werden, was
man daraus vermnthen könnte, dass Deniosthenes einer
Klage gegen Aristonikos Antrag nicht erwähnt. — Je-
denfalls thnt dieser nur vielleicht fehlerhafter Beisatz
der vorhergehenden Notiz nicht Eintrag, und wenn
zwischen ihrer Auforitiit und der des vorliegenden De-
rretes zu wählen ist, wird mau sich ohne Frage für die
crstere entscheiden müssen.
Das Decret bietet sonst keine wesentliche Schwächen
dar, aber läugnen will ich es nicht, dass uiir auch die
allgemeine Fassung nicht eben zusagt. So üblich dag
nokkc-s y.c/.i fisyäkag yoeiax in derartigen Inschriften
ist, ebenso unglaublich kommt es mir vor, dass so all-
gemeine Ausdrücke, wie j^psiaq 7j«ptÖ/);rßi rij) öritai
Tcu '^d^ip'o.iojv y.cü TTokkoig -vüiv avftfidxujv oder
y.ai -vivac, tujv sv -vij Evßoia Jtükecov jjkevde^ui'/.e
in der Wirklichkeit gebraucht sein sollten. Der Schluss
lautet: ri-q Ss drayogtüoEuii rov ovecfdvuv illlfXE-
}.r/9fjvai Tt)v 7igi'Tuiei'oi'(Tav (fvkijv y.al rov dyuivo-
i>eTl]V. El^sv \l\flnTÜ>iy.(Ji 0g£Ü(JQlOi. Ausser dieser
lästigen und nicht ofiicieHen Wiederholung des ci.rev /.. r. k.
fällt es auf, dass hier die prjtanirende Phyle nebst den
Agonotheten die Verkündigung des Kranzes besorgt, wäh-
rend die 7To//,rr/; desselben Niemandem ausdrücklich über-
tragen wird: in den Ehrendecreten für Spartakos u. s. w.
haben ot enl -tt) dioiyjjofc Tijs noir^atux; rov are-
Cfdvov y.ai Ti'-g dvoyogevasuig zu sorgen. In den
Ehrendecreten unserer Rede dagegen ist einmal der
Agonothet (g. 119.), ein andermal sind die Thesmothe-
ten, Prytaneu, Agonotheten (gl. 116-)' '"'* ''<"■ Verkün-
digung und nur mit ihr beauftragt, eine dritte Varietät
bietet der vorliegende Beschluss, in einem vierten ist gar
nicht gesagt, wer die Verknndnng besorgen soll. Solche
Abwechselung müssle seltsam erscheinen, wenn die Echt-
heit der Ifrkniidrn garantirt wäre. —
Uebergehend zu dem Zeugniss §. 137. müssen wir
zunächst die Zeit, wann Anaxinos in Athen als Spion
hingerichtet worden, zu fixireu suchen. Die Gesandt-
schaft des Pvthon, die Demosthenes kurz vorher (§. 13Ö.)
erwähnt, haben wir uns oben veranlasst gesehen, in den
Winter o4'/n zu setzen; dass dieselbe nicht mit Winiewsky
in Ol. 10^*. 1- 2" setzen ist, hat Brückner p. '210 fl'.
befriedigend nachgewiesen. Python konnte u'jc, £v ai-
rjivvri nonjoiijv rip' ttoKiv y.ai Öeitvjv dSr/.uiaav in
der That nur nach den Vorfällen auf Euboia und in
Thessalien, d. h. nach dem Sommer und Herbst 34t
sprechen. Deniosthenes fährt dann fort, Aiscliines habe
damals mit allem Eifer für die Jlakedonische Sache
gesprochen, y.al ovx ÜTrex^i] Taüra, dkkd -ndkiv juEza.
Tai'&' latEoov 'Jva^lvo) zip y.a.Taov.ör^üt ovvtojv siq
T>;j' OgäniDVoi oiy.lav £ki;rp9i]^ .... xui bri zavz'
dfr^V^keyo), ydkei 'tot toi'tvjv tovi; iidgii'oui.
Hierauf folgt das in Frage stehende Zeugniss. Dann
sagt Deniosthenes weiter: er könne noch tausend Dinge
der Art anführen u}v ov-td; xaz' h.eivovq zulq -/ou-
lOiC TOi:; //<■!' tx^goii öiiijoezüiv inui d' eJiiigedCwv
£L'g£d)j. Dem Feinde Beistand zu leisten, bevor der Krieg
offenbar ausgebrochen, sei freilich schrecklich, doch
möge das sein, dkk' eTrEldr, CfUvegojQ ijdl] t« Tfkora
EOEavkvTO y.. r,. k. Hieraus ergibt sich, dass der Vor-
fall mit Anaxinos zwischen der Gesandtschaft des Python
und der Plünderung der Schiffe, z.vischen dem Ende
819
820
(Irs Jalircs 341 iiiid (Irin Friililiiif,' 340 odva in den Ga-
niclidii lies Jalires Nilvoniaclios anznsetzcn ist.
Aischiiies (-/nr'''. Kinr. ^. 'JJ i.) er^.'ihlt die Sache
des Anaxinos folgondorniaassrn : eben lialie Üeniostiienes
von ilim mit einer Eisaujjclie («olii fH/ tu aolOTa
ovufiuv) eicfat ^ijijiKCTn ka{^uji> in Beziehung anl dio
An!jrlc;'onhci< Euboia's g. '2'JI.) belangt «erden sollen,
da habe drr.-elbe den Anaxinos ans Oreos , der für
Olvniiiias A\aaren einzukaufen nach Athen gekommen
sei, ergreifen, foltern lassen, znni Tode gebracht (osrex-
Tfivai, vielleicht nur tödten Hollen), den Anaxinos, mit
»lelcheui er (iastfieiind genesen und an dessen Tisch er
gesjieiset habe; darüber habe er, Aisrhines, ilin vor
allem ^ olk 3I()rder «les Gastfreundes genannt, und das
l'olk und alle Fremde, die umher gestanden, hatten
anf^esrhrieen bei üemosthenes Worte: dass er das Salz
der Stadt höher sch.'itze, als den Tisch des Gastfreundes.
Dann fahrt Aischines fort: tTnOTolMi öt fsiyv") l\iivÖE(q
v.iu y.araa/.('/:ta)i> atk}.tj>l'iic y.ai /jucruvovi tJl' airlati;
(i'/iVIlTOiq cöi CLlUi' tlCTU TIVVIV iv 1 f] Tlukll l'lV)T£-
niCilv fjOl'/.oii£y»f. Hieraus darf man abnehmen, dass
ilas ^'erfahren gegen Anaxinos sich auf IJriefschaften
begründete , von denen Demosthenes Keitntniss erhalten
haben iiollte, Briefe, durch »eiche Aischines compro-
niitliri norde, dass ferner die Ergreifung nnd Folterung
des Aiia\iiios vorgenommen wurde, um Zeugniss gegen
Aischines zu gen innen; aber von einem Process , den
Uemiistlii'iies gegen Aischines auch nur begonnen, ist
keine Spur, und jcdfufalls hiitte ihn Dcnir-stliencs, nenn
gegen Aischines entschieden, Aischines, nenn er freige-
sprochen oder die Klage zurnckgeniesen wurde, erwäh-
nen müssen, ^'ielmehr aus Demosthenes eigenen AVorten:
deÖMXO.Te ii)l:l Ttt't (fUVLO} 7lu)J.)}l> i^UlloU'.V TM (jOU-
f.oiisvo) '/.syovTci Tt Twii Villi) avf^iCfegövTojv ü^ocme-
t.iCeiv Y.ol ovy.orf,n-<'Tciv , Ti;^ ^^'^ rcüi; l.oiöooiaiq y.ai
ydoiTo: TD Tij^ 1 ö/evjg riviicpnoov avTcö.} airinievoi,
— aus diesen AVOrten, verglichen mit dem obrn aus
Aischines Angeführten, geht hervor, dass üemosthenes
selbst in Folge jenes geivaltsamen Vei fahren« mancherlei
Anschuldigungen hören mnsste (in Dinarch y.aTU ^ruucrt}.
55. G f- ist aiatt Aityliov vielleicht Ivutivov zu schrei-
ben , wenn schon der Thathestand dort bedeutend anders
erscheint].
Das Zeugniss , dass jetzt in Demosthenes Rede ge-
lesen wird, lautet: 7i/.4d;;uo,' Kliuivoc, 'inioLöijq
Ko.t.l.o.lnr/oov , Niy.ono.-iui; zJtocfüviov fiaoTitjuvat
zliiiion^etfi y.ai iiTojfj.ö'iavTO ecri tuiv OTOuxif/ujv,
cidivui Aloyhr.v '-Itooiu'jtov Kodo>y.i6i]v ovveijxnfit-
vuv vvy.Toc £t; Tr,ii OquOujvo^ ohiav xoX v.uivdKo-
yoiiievov '.Ivo.^iviii , öq ey.nii^ij ehai xardoxoriog
■:iar>'j. 0i'iÄ-[7Tov. Aviat ä-:t6Öui}ij(rav 0.1 fJ.a(jTroiut
inl JSi/.iuc ' L/.UToiifliuvivoc. toitt] iijtouevov. IMü
bcwunderungsHürdigem Scharfsinn hat Böckh die Selt-
gamkeiten dieser Worte zu einer überraschenden /^iisung
vereinigt, der dann \Viniensky eine noch feinere Disfinc-
tion zu geben gesncht h.it. Sie meinen: Demosthenes
habe Aischines in Folge seiner Zusammenkunft mit Ana-
xinos bei den Strategen dcnnncirt, unil dazu sei diess
Zeugniss beigebracht und \or den Strategen besclinorcn
worden; diess Zeugniss sei dann, wie Bückh mciut , von
den Strategen an den Rath übergehen , der die Sache
nicht zu einer Untersuchung gegen Aischines geeignet
befunden habe; nach Winienkv's Meinung sei Demosthe-
nes selbst mit diesem Zeugnisse von den Strategen an
den Ilath beordert worden und habe dort mit den Zeu-
gen, die ihre Aussage schon bei den Strategen beschworen,
die Sache zur weiteren Untersuchung übergeben; der
Prii faniciischreiber ^iikias habe diess Zeugniss einregistrirt
am .{. Ilekatombaion ; die Sache sei dann als EisangcliR
an das Volk gebracht, aber dort zurückgewiesen worden,
und aus den Acten des Rathcs her habe jetzt Demo-
sthenes das Zeugniss entnommen.
So gewandt diese Erkl.'irungcn sind, so dürften sie
doch keineswegs befriedigend genannt werden können.
I) Es wird vorausgesetzt, dass Demosthenes die Denun-
ciation an die Strategen gebracht und bei denselben durch
die ilrei Zeugen erhärtet habe; practores enini, sagt \Vi-
niewsky p. 'i.')l, solitos esse eis, qui cum hoste familiari-
tatem habuerint, proditionis litem intendere liquet ex
causa Anfij)hontea et illo senatns consulto, quod in An-
fiphontis vita servavit Pseudoplntarchus v. Schoemann do
comit. p. 'J()2' Aber ilicse Berufung ist nicht ganz pas-
send; in Antiphon's Process macJien die Strategen die
Dennnciation bei dem Senat, der ihnen und einigen Se-
natoren die klage uroudooi n.c von Staatswegen zu machen
übergibt;- der Process selbst wird wie .stets Ilochverrath
bei den Thesmotheten verhandelt. Wollte Demosthenes
gegen Aischines eine Klage 11 uuönaiai -oAer, worauf das
riwTEoi^stv in Aischines Angabe zu führen scheint, y.a-
tu/aO! id:^ tOV ÖijUOI' machen, so konnte er entweder
unmittelbar eine yucufr, einreichen, oder die Form der
Eisangelie nfililen, That er jenes, so musstc die ■J'oa^l/y
bei den Thesmotheten eingereicht, bei ihnen auch das
betrcllende Zengenverhiir vorgenommen werden nnd das
'i:ui)Hurj(i.vTO irc) voti; ntoatijyoiq unserer Urkunde
konnte in keinem Stadium dieses Proresses vorkommen.
Wühlte Demosthenes Eisangelie, so «ar die Dennncia-
tion den Prvtanen zu insinuiren, die entweder im Rath
oder -^im V<ilk abstimmen lassen mussten , ob die Klage
angenommen werden solle, und im Falle der Annainne
ging der Process an die Thesmotheten und ein von ihnen
geleitetes Gericht, wenn nicht das Volk selbst auch dio
Entscheidung des Processes übernahm. AVenn in diesem
Fall <lie Strategen die Leitung der richtenden Ekklesie
erhielten (nas durch keine Nachricht auch nur angedeu-
tet wird), so mochte vor ihnen ein Zeugniss beschworen
werden. Aber in allen Fallen konnte jenes Zeugniss
nur erst in der Anakrisis angenommen werden, das heisst
nachdem die' Eisangelie eingebracht und angenommen
worden; dass es aber soweit nicht gekommen, geht aus
dem Stillsihweigen des Aischines hervor, der das grösste
Interesse hatte, geltend zu machen, dass Demosthenes
nicht mit der F.isangelie gegen ihn durchgekommen sei,
oder gar bei der Entscheidung selbst verloren habe.
Möglich nitro noch, dass Demosthenes die Anzeige bei
den Stratogen zu weiterer Maassnahme gemacht hatte,
und dass von diesen dann, wie in dem Process des An-
tiphon, die Eisangelie eingebracht wäre; natürlich konnte ,
sie auch in diesem Falle nach den vorbemerkten Grün- 11
deu nicht bis zur richterlichen Entscheidung gediehen
831
8',>2
sein, a".)pr es wäre eine ftlöglicIikcK, nie jenes ZcH)fniss für
Deniosthenes bei ilen J>tra<e};cn abgelegt sein lionnte. Aber
ancli iliess ist unilenivbar, ila <lie Strategen in solrliem
Falle nicht «las llerht einen Eid entgegen zu nehmen
haben, un<l derselbe «enigsfens nicht Kin gerichtliclier
Giiltigkeit sein konnte, da sie ja sellist erst durch Ein-
bringnng der Kisangelie Kl.'iger wurden, Deinostlienes
aber ilinen die Sarhe übergebend ganz in den Hinter-
grund trat und für ihn in jeuer Sache ein Zcngniss ab-
zulegen gar kein amtlicher Anlass vorhanden war.
Demosthenes sagt vor dem Ablesen des Zeugnisses:
yüki-l ftot TOWiDV ju!\: uaOTi'uc.^. Wenn diese per-
süiilich auf diu Bühne trate,n und in ihrem Manien ver-
lesen wurde fxctoTvgovai y.t'.l enoj/tiirrcvTu, so kann
das nnniüglich heissen, sie gaben vor Jahren diess Zeng-
niss ab und beschworen es, sondern sie bezeugen es eben
jetzt, das heisst Demosthenes hat sicli gerade für diesen
Proecss ihr Zeuguiss ausgebeteu , mag dasselbe in der
Auakrisls vorgekommen sein , oder was wahrscheinlicher
ist, nicht vorgekommen sein; Demosthenes hätte sonst
durchaus nicht unterlassen können zu sagen, dass er ein
früher abgegebenes Zeuguiss vorlesen lassen wolle. Oder
hat auch diess Zeugniss der hypothetische Gelehrte aus
den Acten des Rathes entnommen, w.'ihrend das wirklich
vorgelesene verloren gegangen ist? Es mag verloren ge-
gangen sein, jener Gelehrte mag nach Jahrhunderten in
den Acten des Raths, oder wo er sonst will, nach jenem
früheren Zeuguiss gesucht haben; konnte denn ein -der-
gleichen , wie er uns aufgetischt hat, konnte es in die-
ser Form existiren? weder durch Eisangelie, noch durch
Scliriftklage hat Demosthenes den Aischiues in Folge
des V^erkehrs mit Anaxinos wirklich angeklagt, und wenn
er es hat tlinn wollen, so ist die Sache nicht bis zur
Anakrisis gediehen, und wenn es so weit gedieiieii, so
hat diess Zeugniss auf keine \Veise enl lui^ aroczij-
ytx'C beschworen werden können, «s müssten denn alle
«on'stige Nachrichten über Ilochverratlisprocesse durch
dieses eine Beispiel Lügen gestraft «erden.
Doch wir wollen jede beliebige Annahme zur Erklä-
rung der besprochenen Worte zugeben, es soll das Zeug-
niss wirklich von den drei genannten einst abgegeben
worden und aus den Archiven entweder von Demosthenes
oder dem Gelehrten .eingeschaltet sein, so wird mau doch
Anstdss darin iifhmou müssen, dass die drei Zeugen sich
gegen allen IJraucli nur mit ihrem und ihres Vaters Na-
men nennen. >Vir haben elfte Menge von Zeugenaus-
sagen bei <len Rednern, aber nie, nicht einmal in Pri-
vatprocesseii , nennt sich ein Zeuge auf die Weise wie
hier, sondern stets mit Hiiizufügiing seines Demos und
ziiei- oder dreimal aus nachweisbaren Gründen nur mit
seinem Naiiien. Dass von drei Zeugen sonst keiner be-
kannt ist, mag für erklärlich gelten; <lic Namen siliciueii
wieder bunt zusammengewürfelt. *)
Die Schlussworte mit ihrem arrai ai uuQTVoiat
dienen nicht eben dazu , die Echtheit des Decretes wie-
der wahrscheinlicher zu inaclien. Jener Plural ist so
oline alles Beispiel, dass sich Winiewsky beiiogen fand,
diese Unterschrift des Pr^fanienschreibers Nikias, wie er
meint, auch auf das zwei Paragraphen vorher gelesene
*) Die ilrei Zeugen heissen Telademns , KIcon's Solin, I/f-
perides , Kallaischlos Sohn, Niknniachos , Diopli.ijitos
Sohn. Der letzte Name ist für die Attischen Gciicalogicin
von einigeiii Interesse, und es mag cilaubt sein, Einiges
daiiiber mitziilbeilen. DiophaiiCos, der Splialllci', war nach
Tlarpocr. v. ISlilaroi-i. Scliwaner des Melanopos , d'-s Soli-
ncs des Ladies, Melanopos aber ist ein in (li;i Familie dci
Ladies wieili'ikc Imnder Name, wie denn der Vater dieses
Melanopos seihst wieder Ladies beisst Dem, pp. III. p. 642
cd. Beck., ilessliall) weise icli diesen IMelanopos unbcdcnk-
licb dei' Kainilie des aus dem Pcloponnesisclien Kriege
bcriiliiiiton L.iclies zu. Uclicr das Vcrballniss desselben
• zu Kallistratos bat mein Freund Bcigk Cümnienlt. p. 405
gcspiocbeii et'. Pliil. Dem. c. 13 ; er war Ol 102. 1. unter
den nach Sparta gcsdiicklen Gesandten Xcnuph. Hell.
VI. 3 3-, er ist CS auch, der in dem Prolosilaos des
Anaxandrides durcbgenommen wurde (Atlirii. XII 353 n.
XV. 639), welche Komödie um die Zeit der Vormalilung
des IpbiLrafcs mit der Scbwcster des Kotys aiilgclVilirt '
wurde, also um Ol. lOO Athen. IV. 131 Ist nun sein
Vater der bcrülimtc Ladies? Midaiiopos war Ol. 106. 3.
unter <lcn Gesandten nach Karien, über welche der Pro-
cess ge^en Tiiiiokrales liandelt, und in der Pude xkt«
Tiftoynuiovq § 127. spricht Demosllienes von dem Vater
Ladies, er sullc ein wackerer Mann gewesen sein (^mjaröi;
xal (pi/.oTtokiq) niid er wullc von ihm niclits Sclilcciiles
sagen j auch nicht ob er üirenllichc Gelder iintersciilagen
habe, was sich sdir wolil auf die Gescliidite beziehen
liesse , die Aristophanes so lustig als Hundrprocess be-
handelt hat (s. unsere Einleitung zu den Wespen p. 13J.
Aber diese Ansicht lässt sich nicht mit dem Aller der
betreffenden Personen vereinigen. Lacbes, des IVIelaiiopos
Söhn, der Aixoneer, war bereits Ol 91. 1. bei Orncai ge-
fallen (Androtion ap. schol. Arist. Aves 13), und er war,
wie aus dem gleichnamigen Platonischen Gespräch her-
vorgeht, älter als Lysimadios und Milesias, die auch
schon herangewachsene Soliiie hatten Wir finden bei
Lysias njo? Sl/tiavu §. 45. einen Ladies als Taxiarchen
im Korinthischen Kriege, und diesen halte ich für einen
Enkel des ersten, für den Valer unseres Melanopos; denn
in der um Ol. 98. gehaltenen liede nt(il xov zlix. yj.i'joov §. .32.
finilen wir einen Melanopos als zum Sebicilsridiler vor-
geschlagen (etwa Ol. 97.) erwähnt, der den Allersvcr-
verhällnissen nach nicht der obige , sondern nur des
Taxiarclien Vater sein kann. Seine Enkelin gebar dem
Diophanlos zwei Sölinc (Dom. nQoq yluxQ, §. 6.) Tluasy-
niedes und Melanopos. und jene Piede ist, wie man aus
§. 40. sieht, noch hei Lebzeiten des Isokrates geschrie-
ben, so das.s Dii>pIi;nilos {h.ih'ov) Sühne wenigstens vor
Ol. 110. schon RIanncr waren. Dieser Diopliantos (wohl
zu unterscheiden von dem cQ(fW(q bei Aischin. zar«
Ttfiun/. §. 15S.) wird in der Rede des Isaios ^iqI tov
Ilvygov /.l. 5- 22. genannt, deren Zeit sicIi daraus ciniger-
niaasscii bestimmt, es ist derselbe, der Ol 107. l. das
bei Dem. nnil üoor.i. § 84. erwähnte Decret machte, und
der in der I.eptinea §. 137. erwähnt wird ; aber jijjj
jrttoKrr. §. 297. nennt ihn Dpiiioslbeues ileii grossen lied-
nern {XayyqoX -/lynvuaC] Aristophon und Kallistratos , und
nach jener Stdte war Diophanlos liam.ds entweder schon
todt oder liodibei.ilirt. Daher glaube ich, dass der §. 198.
genannte ein anderer ist \\ir finden Ol. 112. 1. "einen
biophantos an Alexandres gesanilt (Arrian. IH. 6- 2) v.ul
ojxot Twv TS üXXoiV I'tv/ov (ov tvtv.u ^ajuXr](7v.v X. T. X. und
L.iclies der Sohn des Melanopos, wurde auf Kürwort des
Alexandros von den Athenern von einer Strafe befreit (Dem.
ep 111. 1 c.), was ich mit jener Sendung znsauimcnbringc
und woraus ich scliliesje , diss der jüngere Diopliantos
wieder ein Verwandter des L.'iches ift; ich setze ler-
iiiiitliungsweise, ein Sohn des Sphallicrs Melanop'js. Po er-
hallen wir folgendes Stemnia ;
823
824
Zeuffiilss aiisznilelincn , «las sicli ztiar auf einen friitieron
A'orfalll bp/.lolif , vom Aisrliiiirs aber Ucliufs jener Eisan-
gelie gegen üeiiio-ilhenes lieigebrarlit nud gemeinschaftlich
mit vorliegendem Zengniss «lern Fr_\(aniensclireiber einge-
händigt Horden sei. Er hat zwar kein Beisiiiel eines
solihcn Abliefernngäseheins an einem Zengniss anfznuei-
scn; doch mag der Schreiber der};leichen notirf haben;
obsrhun nicht reclit begrcjllicli »viril, nor.u es dann «lif-
"clcsen oder von «1cm gelehrten Uearbeiter der Rede mit
abgeschrieben sein sollte. Winievvskv meint, nie gesagt,
das fTi ISiy.'OV bezeichne nicht den Archen (obschon
man leicht eine ("orruptcl statt irrt A'/y-Olldj^Oli , in «les-
scn Jahr die Sache mit Anaxinos wirklich vorgefallen ist,
vermnthen k()nne\ sondern den Prvtanicnschreiber. Dicss
vollen viir annehmen; am dritten Hckatombaiüii, «1. h.
am 4. Jnli 34 1 mi'isste demnach ein ^'erfahren gegen
Aischines schon eingeleitet, un«l da es im Zengniss heisst
'Avutivi:} , ö; fy.oi&li llvat -^aTC/M'/.OTio^ , dieser Ana-
xinos bereits gerichtet gewesen sein, so dass dessen Er-
greifung «volil ein uilcr zwei Monate früher, etiva im
hlai 341 (Ol. 10*). 3.) erfolgt wäre. Ich will Nichts
darauf gehen, dass gerade damals im Dlai oder Juni 341
die Rede vom Chersones gehalten worden, in der sich
Äichts vom Anaxinos findet, entscheidend ist, dass sich
in ihr durchaus nicht die allarmirte Gesinnung ausspricht,
aus der solche That erklärlich wäre. Denn das Gericht
über Anaxinos ist ein höchst ungerechtes; man war noch,
vieni'.'stens dem Namen nach, mit Philijipos im Frieden.
Ein so gewaltsames Verfahren konnte allenfalls entschul-
digt «erden, nenn man bereits ans Euboia des Philippos
Süldncr vertrielien, am Pagasitischeii IMeerbusen Besitz
ergriffen und somit partiell den Krieg eriillnet hatte, wenn
liereits mit Python vergebliche Unterhandlungen gepflogen
lind alle Gemüfher auf ilie sofortige Kriegserklärung ge-
fasst waren: ein halbes Jahr früher ilagegcn wäre solcher
Justizmord ohne allen Nutzen, ohne allen ^^)rHand und,
man darf es zu Ehren ilcr Atliener glauben, undenkbar.
A\'cnn gleich das Gesagte nicht Ansprüche darauf
machen kann, un« iderleglichcr Beweis zu sein, so wird
man doch ebenso wenig liie bemerklich gemachten Schwie-
rigkeiten bin« eglätigncn, oder die versuchten Erklärungen
für ausreichend lialten können; und «ir müssen es dem
l.rthcil unserer gelelirten Leser liberlassen , ob sie bei
der offenbaren Lnechthcit einiger Urkunden in unserer
Rede den anderen , gegen welche wenigstens \'erdachts-
gründe vorhanden sind, des Weiteren Glauben schenken
wollen.
(Fortsetzung folgt im nächsten Hefte.)
Melaiiopos dci- .\ix&nccr.
Lackes f Ol, 91. t.
I
Mtlanopos.
Lackes um Ol. !)4-.
T.Txiarcli.
Melanopos Brüder. Sclincslcr
I
Lacbis
oni Ol, 112.
- Diophantos, f gc;,cn Ol. 108.
ili-rSpli.itlicr
Melnn npos JVi i'asy 'tjcfles
Dioplmntos
um Ol. 112.
Ausführliche Griechische .Sprachlehre von Philipp liutt-
mann, Dr. Zweiter Ban«l. Zweite Auflage, mit
Zusätzen von C. A. Lobeck. Berlin, 1839.
Die zweite Auflage des ersten Theilcs dieser Gram-
matik war, wie Struve gezeigt hat, ohne u eitere Verbes-
serungen geblieben, als dass «lie hinten stehenden Zusätze
gehörigen Orts eingeschaltet «aren, da «ler unvergesslichc
Urheber schon «lamals seinem Ende so nahe stand, dass
er nicht einmal die ^'oliendiing des Druckes erlebte. Um
so uner«arteter und erfreulicher ist es nun, dass jetzt
Lobeck diesen zweiten Theil mit Zusätzen ausgestattet
herausgibt. Das äussere Volumen ist zwar dadurch nur
von S. 48S auf 53'J gestiegen, allein dass Lobeck auf
wenigen Zeilen immer viel gibt, ist sclinn bekannt, und
so hat er denn auch hier in «ler gedrängtesten Form
Resultate seiner tiefen Sprachforschung und umfassenden
Leetüre eingestreut, meist den Buttmannischen Text be-
richtigend oder tiefer begründend, oder vervollständigend,
immer aber vielfach neu anregend und zu weiterem Nach-
denken auHorilernd. Die ausführlichsten Zusätze haben
die Paragraphen über «lie Anomalie des Verbums im All-
gemeinen un«l über «lie Wortbildung, einige auch die
Partikeln erhalten, kürzere das ^'^erzcichniss der anomalen
Verba. Es kann uns nicht einfallen, diese Zusätze wie-
derum ausführlich zu benrtheilen, sondern «ir wollen
nur einige der ausführlichsten nennen und bei dieser
Gelegenheit einige bescheidene Zweifel äussern, die sich
uns gegen Eins un«l das Andere regten; vielleicht erhalten
wir «laun gelegenlich «eitere Belehrung. Zuerst also
zeichnen «ir aus die Zusätze zu «len Paragr.iphcn über
Si/ncope des Stammvokales p. 4, «les Bindevokales p. (i,
die Aoristen hjl/V ■, i'lTljv etc. p. 11 — 15 (zu den p. 12
angeführten zivölf gebräuchlichen müssen doch «ohl noch
wenigstens ir/^uoijv un«l irj(jötir kommen, da der Ilerausg.
mit lies Ref. Ansicht übereinstimmt) und «lie passiven
i:fjLr,uijV etc. p. 11), und iSl'/.ro etc. p. 20 — 2i. I"
allen «licsen ent«ickelt der Iferausg. eigenthümlichc von
Bultinann oft sehr abweichende Ansichten, hält "/lyrufiui,
nirrru) etc. nicht für svnkopirt, will tiorzo, ci'kI'TO
lieber als contrahirte Imperfecta ansehen, ja auch «lie
sogenannten svnkopirten Aoriste für ursprüngliche Imper-
fectformen, zu denen ein Präsens aui fü wenn auch nie
gebräuchli«li , doch ponirt werden müsse, so «jass sich
z. B. ndJJoftut und ndk/iui, tvyu^ut und föyiiui so
verhielten, wie h.LvijZ und r/.TtJi, OlCyaiug — Orf'/ro; etc.,
wesshalb auch bei uXzo nicht zu fragen sei, «)b es aus
ijke-TU oder rj.axu svnkopirt sei. Es ist «ler Form nach
ebenso gut Imperfect, wie alle übrigen; allein da der
Gebrauch ihnen aoristische Bedeutung gegeben, so könn-
ten sie positive Aoristen genannt «erden — analog den
positiven i\lctaplasmcn in «len Paralipp. — zu unterschei-
den von «Icnen, die aus einem wirklichen Aorist gjiikopirt
sind, wie yivzu aus tyintu.
(BeschlusE folgt.)
Zeitschrift
für die
AI terthums Wissenschaft.
Freitag, 30- Jugust
1839.
Nr. 104
Ausfi'ilirliche Griechisclie Spraclilelire von Philipp Butt-
mann , Dr. Zuei(pr IJand. Z»veite Auflage, mit
Zusätzen von C. A. Loieck.
(Beschluss.)
Ferner zeichnen wir ans die Zusätze über die syn-
kopirten Pcrfectformcn p. 23, 25 livujyfiEv, y.sy.oax9i etc.
sodann über die verbale ^hiadrome oder Anagoge, und
zwar erstens über die sogenannten Syraknsisc lien (s. scliol.
ad II. I«, 125) Praescntia p. 36 — 39, "eiche bei Hoincr
alle unsicher sind, ausser aroiyto, ila auch zexA-i/yoirfC
von Aristarch verworfen wurde. Zweitens über «K«/;y-
^ai und äXuKintai , welche der Herausg. für rednpli-
cirte Pr.'isensfornien mit iiolischer Dehnung des Charak-
ters ansieht, weil die Bedeutung ganz präsentisch und
die Rcduplication auch in den stammverwandten dy.u-
'X,iLü> und aKaki'rjrJui erscheint. Drittens die hetero-
klitischen Futuren ti'QiJGuj, /.tadijfjo/iai etc., welche
Buttmann aus dem Infin. Aor. 2. herleitet, was Lobeck
mit Hecht unnatürlich findet. Uebrigens hatte wohl auch
Buttmann nur im Gegensatz gegen die sonst gewöhnliche
Annahme von Präsensfornien wie el'QSuj, ßkuOThUi etc.
und geleitet durch Formen, wie nerri^ov - 7Te7lldi;(rüj ,
sowie durch seinen Satz (den er aber anch selbst nur
als Hypothese nahm, a. d. Randnnte zu g. 92, not. 3),
dass überhaupt die Bildung des Verbnm vom Aorist 2
ausgehe, diese gar nicht durchführbare Anadrome ange-
nommen. Wir sind jetzt aber über den Bildungstrieb der
Sprachen wohl genug belehrt worden, dass wir nicht mehr
mit so untergeordneten Erklärungen uns zu behelfcn brau-
chen. So gut wie demselben Stamme (üdo)<C(l-aidoi'/nc(i,
piTlTüj - oilricij, T(^>iXi')-T(JVXOO) etc. entsprossen, ebenso
konnten anch verschiedene Tempora denselben Stamm ver-
schieden ausprägen (es ist natürlich nur von Primitiven
die Rede), ja es wäre wunderbar, wenn diess nicht oder
nicht oft geschehen wäre, da sie ja nicht alle mit einem
Schlage erwachsen, und nicht dasselbe Individnum, wel-
ches z. B. zuerst Ti<-j(itii sprach , auch zuerst TeTv^iiy.a
gesprochen haben muss. Denn da dieser Infinitiv, nach
Buttmann's eigener Erklärung, keine Contraction erlitten
(s. g. 9(i, not. 2), so wäre diess eine Yerirrung, die man
nnr dann anzunehmen hätte, wenn sie bei allen ähnlichen
Fällen ausreichte, und keine andere Erklärung möglich
wäre. Nun aber lassen ja die meisten vom Präsens ähn-
lich abweichenden Futura diese Ableitung nicht zu, weil
sie entweder gar keinen Aor. 2. haben, wie ßocry.i-ouj.
iöfjrjOOJ, ulXktja-u} etc. oder eine andere Stammhildung
angenommen haben, wie Timeiv - rVTlTi-au» eic. Ueber-
diess war bei vielen Stämmen schon an sich eine gewisse
Nothwendigkeit vorhanden , das Futurum (oft auch das
Präsens) anomalisch zu bilden, wie jj}.n(rT -6>.tod -Saod-
a).£^- etc. und der Herausgeber gibt hierüber p. 45 sehr
bedeutsame AVinke. —
Ferner über die Endung öxw p. 60 eine reiche Auf-
zählung der hierher gehörigen Formen nebst Regeln über
den Umlant in aoy.oj, loy.u), layoi, oiOy.uj. Doch wür-
den wir Verba, die ?iur bei Grammatikern vorkommen,
vermieden, oder als solche bezeichnet haben, wie ßLiOXaj
oder diaßixyyu}, y.tyXüoy.u), äf^nfloyv), ^"axtu, y.Xuioyoj,
und wenn aJ.qrrjyso keine andere Auctorität haben sollte,
als die im Etym. M. p. 758, 4S angeführte Dichterstelle,
»eiche Steph. Thcs. beibringt, so ist es höchst unsicher.
Dort werden über Tlin'; laufer Homerische Stellen ange-
führt, und unter diesen auch
Ttftijr aKCfioy.ovT (sie) isixocräßo/ov iy.u.6T0V.
Das kann aber keine andere sein, als Od. X, 57.
Tiuijv ducfic, ayopTti kcty.ooäßoiov £x«<Jroc,
so dass dXcfn;cryM vielleicht nur dieser Corruption seinen
Ursprung verdankt. Doch ist es wohl möglich, dass der
Herausgeber noch andere Stellen in Bereitschaft hat, be-
sonders tia , wie wir eben sehen, schon Anonins diese
Stelle augeführt hat, s. Etym. Gud. p. 1048. — Bei den
Formen auf ;)w p. 61 — <i3 ist Loleck , wie nach seiner
Methode, nicht leicht vereinzeltes anzunehmen, zu er-
warten war, auf Seite derer, die sie wicht für Aoristen
halten, und für Homer wenigstens hat dieses auch Wentzel
in einem ausführlichen Programm l>:;3(j gründlich er-
«iesen.
Uebcr die 'Wrba auf avv) und atvu) ist p. 64 sq.
eine reidie Zusammenstellung und Classification gegeben
mit mannichfachen Belehrungen und ebenso p. (i7 — "72
über die Verba auf ri'Ul und vijHl. Hier können wir aber
nicht umhin, über XTivfu/u unsere entgegengesetzte An-
sicht vorzutragen. Wir hielten nämlich immer diese Form
mit verdoppeltem )' für die einzig richtige, denn
1) ist sie in den codd. bei weitem vorherrschend,
und was üuttmann unter y.rehu) (Randnote p. 'J28) von
dem Cod. Clark behauptet, ist von Schneider zu PI. Civ.
II, p. 3liU, B genügend widerlegt.
2) die Form xrsiyiif^t ist der Analogie entgegen, da
827
828
plii r)i|ilitlini)!; vor }iiii nur iiarh Ausfall eines Conso-
iiaiitiMi sonst erüi'lieiiit
liifriKil »Oll äo (ngtriirff , uiooi)
ycLtviiat von yaö (y.iy.acriKi/)
Sdiiiut von öccT (öiduofiat, 8aifof.tai).
lonl.snirn sinil y.aTaiivi ov Honi. iu eivvcr^at Ileroil.
,H) üer Unilant von y.zsv iu y.TIv hat seine Ana-
logie in
nifvaiiai von tv shaLo) , TTi-rvijfU von TTSTärvvfii
y.i'ovrf.ii von xcQarnfui , ayjövijftt von ayedd.ii'i'/At.
Gegen alles dieses kann Fhrvnichns in An. Bekk. p. 2*\ 7
niclit einstehen, und von xffü'j't'^i und y.TiVlui kann
noch weniger die Rede sein.
Ann schreibt der Herausg. p. 69: „'Wäre y.xdv) in
yiiin liliergegangen , so hatte davon yvlvi ij.il gebildet
Verden können, nie von ;t;o('J ■^UVVVnl. Da aber y.iiuj
niclit bekannt ist, so bleibt uns nur yreipio übrig. Dicss
mit der Endung vrfii verbunden, wünlD ein den Laut-
gesetzen »idersprechendes y.T£tvvv^il geben (paralip. 37),
null, Holltc man den Uiphthong verkürzen, y.Ttvvvin,
nie yxiivo) im Aeolismus, nicht xTivivui. Also niuss
litt die Endung sein, /rllrviii ilas Ganze. Sonst ken-
nen «ir kein BeiKj.iel der Endung vui na<h einem Con-
sonanten mit vorangelienden Diphthong etc." Hier kön-
nen «ir nun erstens uns keinen hinreichenden Grund
denken , narum der Stamm y.Ta {iy.TUfnp) lieber als
y.rn., der doch in y.rshuj liegt, angenommen werden
müsste. Zweitens ist anch der Umlaut aus xnv in y.rtv
durch das oben bemerkte so in der Analogie, dass wir
hier durchaus nicht mit dem verehrten Herausg. stimmen
können , besonders da er selbst schon das singulare in der
Form yiiivitii bemerkt hat, und zunächst also noch
yrivrrui festhalten. —
Zu den Anomalen selbst sind, wie gesagt, die Zusätze
kürzer, und man soll sie nach des "Wrfs. eigener Aus-
sage nur als eine anspruchslose Zugabe hinnehmen. Und
allerdings sieht man sehr bald, dass er hier nicht eine
•lurchg/iiigige Revision beabsichtigt hat, denn es sind
noch »iele tlieils um iclitige , tlicils unzureichende 15e-
»timiniiiigen Huttinann s unbeiiierkt stehen geblieben. >'gl.
z. B. über eu/.ujy.u, ij}.kdyi;v, ißoexOijv und i/-j(J<'-X>Jv,
fjoyyr/.ouai, xuTtSdoi>i]v , evfrvj, eKei'aouc./ , invj]-
naiil-v (fehlt immer noch), inXiyijv etc. Indessen sind
auch diese Zusätze sehr schätzbar, obwohl mehr für die
wissenschaftliche Vollständigkeit, als für die Schule, und
wenn mitunter Befremdendes erscheint, immer erst sorg-
fältig zu prüfen, ehe man vertvirft. .So ist z. B. bei
iTTtii:; !oJtf.i gegen Buttmann bemerkt, dass diese Form
bei Pinto nie, Lei Xenoplinn nur eintiial als l'ariante
siehe. Dieses kann zunächst in Hinsicht auf l'lafo auf
den ersten Anblick ganz unrichtig scheinen, da sie bei
Bckker bekanntlich oft genug steht, nach welchem sich
aurh Buttmaun gerichtet haben mag. Untersucht man
aber ihre Gewähr, so wird man diese mei.st sehr uiizu-
reicheiid finden. So ist z. B. Legg. 'JO.O, D intiiüdv
Tut aus dem einzigen Cod. ~ gegen 0 andere geschrie-
heu worden, und während Phaed. 02, D irrtiuloL/xeioq
mit 1.1 rodd. gegen den einen ^ richtig erhalten ist, so
ist <loch kurz vorher, wo zu z/ nur noch F und L
treten i.T^//f A.(>//£kk' aufgenommen. Apol. US), D. sinil
zwar die meisten codd. für die barvtona, alier Clark mit
5 andern hat i7lij.i£Koi'iiSvoi. Umgekehrt ist in Crito
51, A. £7TifxeX(Jin£l>0(; nur ans 4 codd. nebst Clark gegen
10 andere geschrieben wonlen. Nur in Gorg. öl(i, B,
steht Imiie/.iTU ohne l'arianfe. Anch im Xenophon ist
zwar die eine l'ariante Anab. IV, '>, 'J{') eine recht tüch-
tige, wo nämlich lüe 3 iesle/i ctH]t\. iJTrijjtkurTO geben, daher
sie auch Puppo und Dindorf in den Text gesetzt haben.
Aber anderwärts ist es viel schlechter begründet, wie V,
7, 10. Cvrop. IV, 5, 4(i. Doch üecon. XI, 7. scheint
es mehr Aiictorität zu haben, sowie Memor. II, 7, 7,
wiewohl auf die älteren Vergloichuugcn in dergleichen
kein rechter V'erlass ist. Indessen soviel ist gewiss, dass
die andere Form wenigstens zehnmal häufiger und tveit
beglaubigter iu beiden Schriftstellern gefunden wird , so
dass man also glauben darf. Lobeck Wdlle die wenigen
Beispiele von LTtlueko^ai in beiden Schriftstellern ver-
ändert haben.
Aur über einen Zusatz sei es uns erlaubt noch einige
Worte zu sagen, weil er vorzüglich für die Schule mit
beaclitiings» erlh ist. jVaiiilich das Futurum %tVi , wel-
ches bekanntiicli Buttmann nach Elinsley aiigenonunen ,
bestreitet Lobeck , indem er die vorgebrachten Stelleu
theils mit anderen Gelehrten ändert (aber Hermann Eleni.
metr. p. \4s hat nur Plat^ com. nach Jaculjs geändert,
nicht auch Eurip. fragni. Tlies. 1, wo Dindorf aber
avyyeij] gescliricben, wahlscheinlich nach A. Bekk.p. 12 Kl),
theils für Praesentia dvTi Tur fUKkuvrUs erklärt, unil
da nach Etyin. I\I. p. 54S, "27 jedes asigmatische Futurum
cireuiiidectirt werde, so sollen überhaupt auch alle übri-
gen asigmalischen Formen der Art, wie tgim, eüu/iat etc.
nach Vorgang der alten Grammatiker als Praesentia mit
Fntnrbedentuog genommen werden. Ja, „ist y.a/.evjcic.
Lei Homer uirhliclies Futur , so ist es nicht unmiltelLar
aus xat.iou) entstanden , sondern wie y.gi /.i ii c), d a-
fid.ii aus y.akii), und das t nicht der Bindevokal, son-
dern l'okaldehnu7ig wie in /f)£f/v." Das ist nun, wie
man sieht, eine ge\ialtige Revolution gegen die Biitt-
mannischen Satze, und beide lAleinungen müssen mit
grosser Vorsicht und Feinheit erwogen w-erden. Denn
eines Theils ist die rhetorische Fnturbeileutiiug des Prä-
sens bei den (iriechen so ausgedehnt, ilass man kaum
eine Gräiizc allgemein angeben kann und in tlj.ll bekannt-
lich so in einander geflossen, dass, obgleich z.B. TUXVt
bei Homer sonst nur mit Futuren steht, doch auch Tr/XU
sioi Tlroorov in der Odyssee gelesen wird. Andern
Theils sieht man aber auch, dass, wenn wirkliche Prä-
sensformen als Futura gebraucht wurden, diese nun wie-
derum die Präsensbedeutung entweder ganz, \*ie löofiai,
TTiuiini, (fdyiiuui, firo} , fitu^uu, oder wie li/il grüsa-
tentheils ablegten. Dass aber ;fe('J, V.akim, xavvu) etc.
häufig als Präsens dienen, ist unbestritten, und dass eine
Form der andern durch Auflösungen, Contractioiien oder
andere Verkürzungen ganz gleich werde, ist so oft der
Fall, dass dieses an und für sich gar kein Hloment zur
Entscheidung abgibt. Dass endlich y.at.tio ilurch Zer-
cleüniing aus xaAw entstanden sei, ist wenigstens mit den
839
8.50
bisherigen Bfstimmuiijfon über dorgleirlicn Zor(1ehiiun<^pn
nicht vereinbar, nach welchen nur ininier in gleiche
Laufe zeriieliiit «nnle, Einzellieiten wie i/ailTuojoa ,
adc) ans-feiioinnien. Aach aüeni diesem sind wir für jetzt
Tienigstcns nicht im Stanile, IJuthiiann's Satze i'iber diese
Fntiira zu verlassen, obivohl uir vimi /iw die bloss rlie-
turische Futurhedeutunj niciit für unmöglich halten.
Den 10. Juni 1839. Mehlhorn.
P. Virgilil IMaronis opera ad fidem optimor. üb. edidit,
i)erpctua et aliiirum et sua aunotafinne illnstravit, cnm-
mcntatinnem de vita carminibusqiie Virgilii et indices
necessarios adiecit Albertus Farbiger. Pars II. Ae-
neidoslib. I— IV. Lipsiae, Hlnrichs. 1837. 438 S, 8.
Der erste Band dieses Werkes hat bekanntlich eine
nicht beneidensHerthe Celebril.'it durch die Art und Weise
bekuniinen, in welcher Wagner's scliätzbare Anmerkun-
gen von Hrn. F. abgeschrieben sind, ein ^'erfahren, über
welches sich Hr. Wagner mit um so gerechterer Ent-
rüstung zu seiner Zeit in der allgemeinen Litteraturzei-
tung aussprach, je mehr er selbst die Früchte langer
nnd gründlicher Studien von reiner l'ietiit gegen Hejnc's
Manien geleitet einem Werke zugewandt hatte, welches
seiner Kostspieligkeit wegen nur auf langsamen Absatz
rechnen darf. Hr. Forbiger zeigt am Ende des zweiten
Bandes an , er »erde im driften auf Hrn. AVagners Rc-
cension antworten. Dieser ist, so viel ich weiss, jetzt
erschienen, doch Unterzeichnetem nicht bekannt nnd ohne
Anll'orderun'g der geehrten Iledaction würde derselbe auch
diesen zweiten Band weifer nicht beachtet haben. Audi
er ist weiter nichts als wüsie Comj)ilafi<in ans Heyne,
Burmann, Wun<lerlich, Jahn, AVagner, Theile, Schuei-
kert, deren Koten in bunter Reihe eingeleitet mit einem
recte , minus bene, aliter n. dgl. eingeführt werrlen. Zu
diesen unmofivirten Urtheilen fügt der Hr. Herausgeber
liin nnd wieder eigene, nur grammatische Erlanternngen,
welche in iler Regel ans wenig mehr als einer Cifateu-
reihe der beliebtesten grammafisrben Paradepferde von
Sanrfii Minerva bis aufZumpt nml Hand bestehen. Ref.
hat die ersten hundert Seifen durchbb'lftert ; das was auf
denselben Hrn. F. als sein geistiges Eigenthum gehört,
mügte sich auf et»va fünf Seiten beschränken und fragen
wir, was von diesem Neuen wahr ist, so schrumpfte die
Zahl noch bedeutend mehr ein. Ref. will eine Probe ge-
ben von Hrn. F. Interpretation und schlagt auf gerade-
wohl .S. 51 auf, wo derselbe sich zu 1,127 also verneh-
men lässt: „ Teuiere se torquent interpretes, non intelli-
gentes, quomnilo gravitcr comnwti caput (os) pluctJum
esse possit. Graviter commotus iratus est Nepfunus in
ventos et Aeolum, sed placidus Troianis (!); qnare hoc
ipso epithefo addifo poeta vulf indicare , invito Nepfuno,
non ex ira eius in Troianos hanc orfam esse tempesta-
tem. Et niiram quandam suavifatem cum maiestafe con-
iunctam loco inesse sentimtis, si cogifamus jS'epfunum,
quamvis iratus sit, tarnen placido et tranquilio vultu ex
iindis furentibus et aestuantibus prospicicntciii." Besser
hatte Hr. F. hier gethan , wenn er wie sonst Andere
excerpirt hafte. Doch sind im (ian/.en dergleichen Be-
merkungen seifen, meistens benufzt Hr. F. nur die fis-
legenheit oder hascht vielmehr nach ihr, seine Collecta-
necn, d.h. Cifafc über grammatische Dinge, doch ohne
ein Resultat zu geben , über den erschrockenen Leser
wie eine Sündllufh auszugiessen. wie z. B. S. tü8 eine
halbe enggedruckte Seite von Citaten über die passive
Bedeutung des Gerundiums sich findet. Kurz, so ge-
schmacklos, breit und in vieler Hinsicht tadeinswerth die
Ausgabe der Acneis von Theile ist, so ist sie doch,
schon als eigene Arbeit, unendlich achfiingsu ürdiger als
ille des Hrn. F. Es kann uns nicht zugemnfhet werden,
Einzelnes naher zu besprechen oder zu bcletichfen , da
wir im Grunde es doch mit aller AV'elt, nur nicht mit
Hru. F., zu thun hatten, doch will Ref. die Gelegen-
heit benutzen , um seine Ansicht über eine Schulausgabe
oder übeihaupt Han<lausgabe des Virgil hier niederzu-
legen. *
Niemand wird leugnen, dass eine solche wünsrhens-
werth sei , denn die Wunderlich'sche besrhaffigt sich gar
zu viel mit einer prosaischen Umschreibung des Texfes
und übergeht andrerseits sehr wesentliche Punkte. Ztt-
Kjrderst ist eine Einleitung zur Aeneis (Hr. F. hat die Hev-
ne'sche mit einigen Abkürzungen und sonst unverändert *)
abdrucken lassen) noih« endig, in welcher der politische
nnd religiöse Gesichtspunkt nach den neuesten Forschun-
gen charakterisirt werde , aus welchem Virgil iliess Ge-
dicht schrieb, und dann ist dem Sihuler der Sfandpunkt
anzugeben, aus ilem Virgil äsfhelisch zu würdigen ist,
ef»a in der Art wie ihn mit begeisternder Warme A'i'e-
bulir andeutet R. Gesch. 1 S' 217 f. Den Gedichten
Hi'iPe ausser einer kurzen kritischen annofatio, die etwa
ein Sechstel der Ileyneschen farrago enfhielfe und ilie
Ref. für nothwendig hält, um Urfheil und Geschmack des
jungen Lesers zu bilden, dann eine Exegese hinzuzufü-
gen , bei der natürlich von dem Grundsatz ausgegangen
«erden niuss, dass alle wahre Inferprefation conform der
zu erklärenden Schrift und in einem iiinern Zusammen-
hange mit derselben stehen müsse. Bei Hrn. F. Anmer-
kungen bleibt es sich ganz gleich, ob der Schriftsteller
dessen Worte den Text ausmachen , l'irgil oder Cornel,
ist: sie passen wie ein Handschuh, den man mit leichter
Mühe i'iber jede Hand zieht. Ohne nun das rein gram-
matische Interesse ganz bei Seite setzen zu wollen, so
niuss dasselbe <loch bei Virgil von weit geringerer Wich-
tigkeit, als bei Livius, Cicero, Terenz erscheinen. Ge-
brauch der simplicia nnd roinposifa , Umschreibungen,
sogenannte Gräcismen, '".Vortsfellung unil Periodenban,
der über alle Maasscn bewundernswürdige R!i\fhmus
mögen sorgfältig erläutert und entwickelt werden und
daran schliesse sich, was Ref. für das AVichtigste und
ganz Eigentlichste bei Erklärung des Virgil half, die
rhetorisch- ästhetische Interpretation. Diese hat nun
nicht bloss die Oekonomie des Ganzen in seinen Thcileo
zu verfolgen, sondern vor Allem auf die grosse Kunst des
Dichters in Variation der wiederkehrenden Dinge, in'
*) Mit Aiisnaliiiic einiger beisciiister Citale S. 8 iiiid 10.
831
832
DarstcUiiiij; tlrr Gcgcns<äiule des feincinoii Lebeiis (wie
z. U. »opilos suiiitat igiics für: Foiior aiisclilageii ) und
in vioIcn aiiilrrii Piiiiktcii aufiiiorksaiu zu iiiailicn. Auf
dioso Weise kimiite in kU-inercin llinfange als die Hevne-
■\>iMulprliili sehe Ausfälle eine »vahrliaft « isscnseliaflliilie
.Stliulaiisgabe des \ iti\\ geliefert werden, »vir sagen ab-
siilitlirb eine wissenseliafllielic , denn es ist ein verderb-
lirlier Irrtbiini , Sehnlaiisgabeii uenigstens von Selirift-
stcllern «ic ^'irgil, Hora/ u. A. den sogcnannfeii »issen-
srhaftlii lien Ausgaben als entgegengesetzt sich zu denken.
So urlheilteu IManner, «ic Gesner, nicht als er seinen
Iloraz noch die branchbarste Scliulausgabe , edirie und
jenem Wahne hat man es zum Theil zu danken, dass
eine ."Masse von IMisclimasch zusammengeschrieben und
dann Sdiiiiausgabe genannt «ird , «o die Jugend mehr
zu puerilia hinabgezogen, als zum Denken und Enipfuiden
ano-eleitet %vird. Denn welche Arlitung soll die Jngend
vor der philologischen Erklärungsknnst bekommen, wenn
ilir Anmerkungen geboten werden, wie z. B. irgendwo
bei Theile der Erfalirungssatz , dass Grossvater ihre En-
kel lieben mit Stellen aus €laudian u. s. w. belegt wer-
den, wobei man unwillkuhrlich an Ilerniann's Scherz in
dem Programme de Mnsis fluvial. erinnert wird, wo der-
selbe mit mehreren Stellen belegt, dass die Alten lieber
fette als magere Fische gegessen hätten und mit den
AVoifen schliesst: si ijuis has cifationes rideat, meniine-
rit philologis haec scribi haud facile alitcr ereditiiris.
Dass aber selbst in der unmittelbaren Interpretation
des >"irgil weit mehr auch nach Wagners trefllicher Ar-
beit noch zu fhun ist, als man vielleicht glauben sollte,
v)ill IVec. nur an einem Beispiele und zwar an den viel-
besprochenen ^^■orlen des Eingangs der Aeneis zeigen.
Acneas «ird
mulfum ille et terris iactatus et alto,
1'i supciiim , saevae mcmorem Jnnonis ob iram.
Die bezeichneten Worte sind von AVagner bekanntlich so
erklärt, dass er superi von der einen Juno fasste und
diese Erklarnngsweise ist von den meisten gebilligt. Wir
leugnen nicht den Dichtergebrauch des Plurals für den
Singular , doch hat auch dieser Gebrauch seine Grenzen
und an unserer Stelle namentlich entsteht, falls wir Su-
peri lediglich auf die Juno beziehen, auf der einen Seite
etwas Sclileppeniles, auf der anilern eine gewisse Ilürtc,
weil die Juno unmittelbar auf den Plural selbst genannt
wird. Und übf-rlie.st man das Ganze, so ergibt sich
leicht, dass vou Acneas zweierlei prädicirt wird, einmal
die iacfatio und das anderemal das pati im Kriege. Letz-
teres wird aber mehr angereiht als dem erstem coordi-
nirt. L'mhergefrieben wird aber Aeneas vi superum (der
Ablativ enthaltend die UHUiillelifire Ursache) und diese
lis superum hat wieder ihren Grund in dem Zorne der
Judo. Denn Alles was dem Aeneas auf der Fallit begeg-
net, liat seinen Ursprung vom Zorne der Juno und ge-
schieht ilurcli ni( litnicnschli« he Kr.'ifte, durch den Aeolus,
die Juturna u. s. w. Speciell aber werden alle Natur-
erscheinungen hiinialisclier Kraft zugeschrieben und das
epische Interesse i erlaugte, dass ausdrücklich solcher
Kraft .Vencas Abcntheucr zugeschrieben würden. So,
dünkt mich, erscheint des Servius Erklärung im Wesent-
lichen als allein richtig. Auch im Folgenden:
IVlusa mihi causas niemora quo nutit'ine IfteSO
Quiilve dolens regina deum etc.
kann Ref. Ilrn. Wagner nicht beistimmen , welcher nach
dem Vorgange von Lange Vindic. trag. R. p. 5U erklart:
quoinodo 7iumine eins laeso. Wir müssen gestehen, dass
uns keine der vielen Stellen, welche Hr. W. für diesen
Gebrauch von ijui anführt, schlagend erscheint ^ selbst
die des Cicero nicht de rep. 1, 3(i quo Joie? denn die
Frage von welchem Juppiter? ist auch im Deutschen nur
eine stärkere Form für: "Wie? vom Juppitcr? Insofern
es nun diess ist, pflegt sie nur in grammatisch utinLIiiin-
i^igen Sätzen vorzukommen, was sich erweisen wird, wenn
wir Ilrn. W. übrige Beispiele durchgehen. .Ven. ',*, 'i'2'2.
(juain prendimus arcem? nicht quomodo ? sondern: Wetclie
Burg ist noch da zu nehmen? Die Antwort ist immer
eine negative, so Ge. 4» 50.3. quo ßetu moveret vom
Orpheus. Aen. ',), 399. qua vi luvenem. So das Ha-
razische quem limuit mortis gradum was Lange I. 1. an-
führt. Heterogener Art sind aber die andern von Hrn.
Wagner angezogenen Stellen. Aen. 4, 4iS. klagt Dido
zu ihrer Schwester quo ruit? wo Hr. W. meint Dido
wolle wissen, warum und nicht wc/iin Aeneas eile. Aller-
dings, aber Dido fragt angemessener ihrem aufgeregten
Znstande woliin als warum^ Aehnlich 6» 4G6. Quem
fugis^ i. c. scis quem fugias? Ganz ungehörig ist aber
Aen, '2, (iOß. tu ue qua parentis iussa time i. e. nnlla
und Ge. 1, 269» "o ebenfalls die ganz gewöhnliche Be-
deutung Geltung hat. Endlich Catal. 8» lü- ne qua sor-
diduin, iugo Promente, dura volnus ederet iuöa, v/o
allerdings qua Nominativ ist. Doch scheint es erklart
werden zu müssen : ne qua inba quae dura sif. Stande
nicht diess Adjectiv dabei, so wäre es freilich Enallage:
ne aliqua inba statt ne iuba aliquo loco. Fassen wir nun
iiunien als herkommend vou nuo und nicht wie neulich
beliebt von i'0(w, in der Bedeutung vou imperium, wie
es l'arro definirt de L. L. (j , ,') , so heisst es: durch
Verletzung, irelches H'illens oder Befehles, wie Aen. 2,
777. non haec sine 7iumi?ie divom fiunt. So haben wir
die richtigen Disjnnctivpn , dass nämlich Aeneas von der
Juno gehasst wurde , entweder weil er ihrem Befehle
zuwider geliandelt oder weil er ohne es zu wollen ihr
Unangenehmes that. Das erstere war nicht der Fall.
Aeneas hatte alsdann auch nicht pins genannt werden
können, das letztere, das dolere, wird nun V. 12 u. IT.
weiter begründet. Richtig gefasst , sagt Servius sehr
wahr zu Aen. 1, 07(1: notaiidum est, nnum denm habere
plura numina.
Greifswald. PaUlamus.
Pe r s o n a 1 - C li r o 11 i k und IM i s c e 1 1 o ii.
Bonn. iJei- bislicrige aussciordeiitliclie Professor D. Vogcl-
sang ist zum ordeiitliclieii Professor in der katholisch -llieo-
lo^ischen Fucnitat ernannt worden.
Zeitschrift
für die
Alterthumswisseiischaft.
Sonntag j, 1. September
18 39.
Nr. 105.
Bruchstücke aus dem Leben des Scxtus Julius
Frontinus, von A. Dederich.
Wälireiul ich an der VoUeiicliing der von mir im
J. 1838 im Herbstprogramme des hiesigen Gymnasii ver-
sprochenen Ausgabe der Schrift des Frontinus über die
"Wasserleitungen der Stadt Rom *) arbeitete, fiihlte ich
mitunter das Bediirfniss, das Thnn und AVirken des Fron-
tinus in einer möglichst vollständigen Ucbcrsicht vor Augen
zu haben, und beabsichtigte eine solche Uebersiclit der
Vorrede jener Ausgabe einzuverleiben. Allein da die
Untersuchungen durch das Streben nach A'ollstandigkeit,
wie es bei solchen Arbeiten geht, unter der Hand wider
meinen AVillen über das 31aass iiuchsen, änderte ich
meinen Plan" dahin ab, dass ich die Bruchstücke aus
dem Leben Frontin's in einer besonderen Abiiandlung
niederzulegen mich eiitschloss. AA'enn ich mich nun
früher darauf beschränkt liatte, aus den erhaltenen Zeug-
nissen des Alterthums ein Ganzes zusamnienziistellen , so
musste ich nun auch die lAleinungen und Hypothesen
der Gelehrten einer genauen Prüfung untenverfen , Irriges
bekämpfen und zu widerlegen , Richtiges fester zu be-
gründen suchen; und die Arbeit erhielt den Charakter
kritischer Forsclinngen über die ei/.elnen Momente aus
dem Leben nnd AVirken des Mannes. Eine fortlaufende
Erzählung war wegen der Dürftigkeit der des Zusam-
menhanges ermangelnden Nacbricliten unmöglich , oder
würde doch, weil die abgebrochenen Data joden Augen-
blick zu unangenehmen Sprüngen gezwungen hätten, allzu
fragmentarisch erschienen sein. Die Untersuchungen be-
ginnen mit der Practura urbana des Frontinus, weil seine
früheren Lebensumstände, Geburt, .lugendstuilien , Ein-
schreiten und Fortschreiten anf der politischen Lauf-
bahn, bis zum plötzlichen Lichtpunkte der Prätur mit
der tiefsten Finsterniss nniliüllt sind. Unter den A^or-
arbeiten sind vorziiglicli zu nennen: 1) des Poletius vIta
Frontini per Consules distincta, in seinen Prolegom. zu
Front, de Aquaed. cap. 1. 2) Christ. Lud. Fried. Scliüllz's
Uebersicht der Lebensumstände des Frontinus in seinem
sachlichen Commentar zu Front, de Aijuaed. ». IX.
') Tilel der Aiisi^abc: Sex. Jiilü Frontini de aqnac tliiclibtis
uiliis Romae über. Ad coikl. inss. et vrtiislissiniaium cilil.
fidein icccnsnit et illustiavit J. Dederich Idcni inscrnit
annolaliones Heinrichii et .idiccit copiosi^simos rcriiiu
omnium ad af|iiic ductus pcrlinentium coninientaiios
Sehull^ii-
(^. 1. In den reichhaltigen nnd höchst schätzbaren Com-
"mentarien des Schultz findet sich anch ein Brief vor über
die Agrimensorcn, vorzugsweise über Frontin, den Agri-
uiensor, dessen Inhalt gegen INiebuhr gerichtet ist; auf
ihn habe ich einigemal verwiesen. Ausserdem habe ich
in den Noten lieinrich's auf zerstreuten kleinen ßlätt-
chen einige auf die Abfassung der Schrift de Acjuaed.
bezügliche Bemerkungen gefunden und benutzt.
g. 1. Frontinus, Prätor urlanus.
„Am Anfange des J. 823 u. c", berichtet uns Taci-
tiis Hist. lA'. .S9, „unter dem Consulate des A'^espasianus
nnd Titus ist Julius Frontinus Prätor urbanus und beruft
als solcher am ersten Januar den Senat, in welchem den
Legaten, Heeren und Königen Lob und Dank beschlos-
sen, dem Tettius Julianus, weil er die auf des A'^espa-
sianus Seite hinübertretende Legion verlassen hätte, die
Prätur genommen und an den Plotius Griphus übertragen
»ird. Hornius erhielt die Rifterwürde. Und bald darauf
legte Frontinus die Prätur nieder, die nun Domitianus
übernahm" (— diesem war nämlich im vorigen Jahre
praetura et consulare imperium bestimmt worden. Tacit.
fjp. 3 _). „Domitianus gab dem Tertius Julianus die
Prätur wieder, nachdem man erkannt hatte, dass er zum
A'espasianns seine Zuflucht genommen; und Griphus be-
hielt seine AVürde."
Frontinus berief den Senat, weil die Consuln ab-
wesend waren, und führte also in dieser Senatsversamm-
lung den A^orsitz.
Nicht am ersten Januar legt er sein Amt nieder, son-
dern mox, d. h. bald darauf, vielleicht paucis diebns
post. — AVann ist er denn aber Prätor geworden? —
Dass er am Anfange dieses Jahres Prätor geworden und
also nur einige Tage dieses Amt bekleidet hätte, ver-
wirft mit Recht Pighius CAnnal. Rom. T. HL p. Glü).
Es ist unwahrscheinlich, weil !em Domitianus für diese»
Jahr die Prätura urbana bestimmt war. Die Prätoren
pflegten gleichzeitig mit den Consuln gewählt zu werden
unirmit ihnen (am 1. Jan.) ihr Amt anzutreten. Aber
davon gab es auch Aiisiialiiiieu ; und eine solche Ausnahme
liabcn wir hier. Frontin hat ante legitimum tempus sein
Amt niedergelegt. Dieses spricht sich schon im Zeit-
worte einravit, d. i. abdicavit, aus, welches man von
dem Ausscheiden aus dem Amte nach Ablauf der ge-
wöhnlichen gesetzlichen Frist nicht braucht. Dasselbe
Zeitwort, abgesehen vom Gesetz, spricht gegen die Au-
fi35
H\C^
iialiiiip, «lass pr («Icr l'r.'itor des voriffon J.ihros) soiii Amt
cinijr« 'f-TSe Ifliigor brlialten IiäHc. Es liegt also in der
Sarlic , dass Frontin im Laufe des J. ■S'.'2 "■ c, in « el-
(liein .Monate, l.'lsst sirli nicht Lcstinmien, Pr.'itor "eivor-
dcn ist nnd einiije Tajjc nach dem ersten Januar des
J. 8-*) dieses Amt nieder^'elejjt hat, um es an den Do-
D)itianiis ahziitreten. Ohne Ztteifrl »ar er srhon Pr.'ifor,
oder 1 iellciihf srlion eine Zeitlang; l'rator genesen, als Domi-
tianus zn diesem An)te designirt wnrde, gleich nach dem
Tode des ^'itellins im December des J. S'-J-
Polcnns (Prnleg. in Frontin. de Aquaed. I. §. 4.)
meint, Frontin habe sein Amt niedergelegt, um dem
DoniitJanus einen Gefallen zu thnn, oder um den Kaiser
Tespasianus , dessen later, z« geivinuen. Bestimmtes
lassf sieh liieriiber Kiclits sagen. Vielleiclit dass der
Kaiser ihn zn einer andern Bestimmung brauchen, näm-
lich an der .Sjiitze eines Heeres gegen Feinde schicken
Hollte? Wenigstens finden wir ihn im Sommer oder gegen
den Kerbst desselbigen J. 8'Ji im b^tarischen Kriege
mit der Unterwerfung der Lingnnes beschäftigt.
§. '2- Fruntinus unterwirft im butavischen Kriege
die Lingones.
Im batavischeu durch den Aufstand des Civilis erreg-
ten Kriege «aren in Gallien die mächtigsten und gef.'ihr-
lichsten Feinde der Römer die Treriri und Lingones.
.\ls der vom Vespasianus gegen sie geschickte Feldherr
PctiliiH f erealis die 'freviri geschlagen nnd mit !\]Cihe
seine Soldaten von der Zerstörung ihrer Hauptstadt zu-
rfickgehalten hatte (Tacit. Uist. IV. 72), berief er beide
Volker zu einer Versammlung nnd beruhigte ihre Ge-
miither. Allein kaum war die Furcht entf.'rnt, so Hes-
sen sie sich <lurch Civilis und Classicus abermals be-
wegen, die \> allen gegen die Ilömer zu ergreifen und
auf's Neue am Kampfe gegen ilen Cerealis Theil zu
nehmen. Cerealis wurde auch Anfangs geschlagen (Tacit.
ibid. *'); aber bald wendete sich das Gli'ick wieder auf
seine Seite, und er nahm und zerstörte das Lager der
Feinile (Tacit. 7^). Cerealis verfolgte nun den Kampf
gegen den Civilis; und in die Zeit, in welcher Cerea-
lis ausschliesslich gegen diesen beschäftigt ist, fiillt die
Thätigkcit unseres Krontinns gegen die mächtigen Lin-
gones , von welcher Frontin selbst redet in seinen
Slateg. IV. >{. H. Diese Thätigkcit ist bisher in den
Darstellungen des batavischen Krieges unberührt geblie-
ben; welches «einen Grund darin hat, dass ausser Frontin
kein anderer Schriftsteller ihrer erwähnt, und dass bei
Frontin selbst der Text in der Vulgata (ei tradidit) ver-
dorben i»t, wofür die Lesart tradidit mihi (nämlich Fron-
i'tnu) durch die Handschriften vOllig gesichert ist.
Aus üio Cassius (lib. LWL) wissen wir, dass die
Lingones, an deren Sjiitze J. Sabinus stand, in einigen
Schlachten besiegt worden sind, ohne dass der eigentliche
Sieger genannt ist. Zwar sagt derselbe Schriftsteller
gleich darauf, Cerealis hätte tlie aufruhrerischen Stalten
nach vielen Schlachten geliändigf. Allein durch Frontin's
Zeiigiiiss steht es fest, dass Frontin die Lingones wenig-
stens zum Gehorsam gebracht, und diese, «eil er wider
ihr Erwarten nicht durch Verwüstung sich au ihrem
Lande rächte, 70,U'JU Bewadnclo seinen Händen über-
liefert haben. Frontin sagt es uns ausdrucklich, dass er
die That ausgeführt hätte anspiciis Domitlaiii; wozu
Schultz bemerkt, es konnte nach Tacitus (Hist. W. 85.
,Sh) zweifelhaft lileilien , dass Domitianus als Imperator
den ganzen batavischen Krieg geleitet. So wörtlich, wie
Frontin, sagt uns dieses Tacitus zwar nicht, allein es
gebt doch aus dessen ganzer Darstellung hervor. Denn
erstens hatte er das consularc imperium (Tacit. Hist. IV.
.i (in.) in diesem Jahre, nnd er, sowie mit ihm Alucia-
nns , gerirte sich ganz unumschränkt als Cäsar (i)io 1. e.
und ans ihm Zouaras). Aber V'espasianus konnte ihn
zur Kriegsführung nicht brauchen, und Domitianus über-
liess dem Cerealis recht gern die Führung des batavi-
schen Krieges, um seinen Lüsten leben zu küiinen.
Zweitens wird es dadurch angedeutet, dass Cerealis den
Jiiief des Civilis an den Doiiiitiaiius sendet, und in dem
es unter Auderm lieisst ,,BIiiciani ao Domitiaiii »ana sine
viribus iioiiiina" (Tacit. 75). AVoranf IMurianus und Do-
mitianus nach Liigclnnum kommen, von ho ans Domi-
tianus den Cerealis in Wrsiichung führt, aber, sich
getäuscht findend , mocüca quocjue et usnrpata antea mu-
nia iniperii omittebat, sich nicht weiter um den Krieg
beküiiiiMi'rte und dem Scheine nach den Studien hingab
(Tarif, .--(i). Es ist auffallend, dass Tacitus hier nicht
erwähnt, Domitianus habe anrli den Frontin bei sich
gehabt und diesen nun statt seiner gegen die Lingones
geschickt. Die Lingones, erzählt Frontin, fürchteten bei
der Annäherung des Heeres lies Doniitianns die Verwüstung
ihres Ij.indes,* aber Frontin verfuhr milde gegen sie, so
dass sie JNicIits von dem Ihrigen verloren und /U,' Uü Mann"
unter seine Verfügung stellten.
Unrichtig stellt Lipsiiis die Stelle des Frontin zusam-
men mit der Erw.'ilinnng der Niederlage der Lingones
durch die Secjiiaiier bei Tacit. Hist. W. (V7.
E;i<llicli gibt Frontin dem Domitianus die Prädirate
Aiigiistiis und Germanicuis. Diese hat Domitianus erst
später erhalten, und Frontin legt sie ihm hier, sowie
an andi'rn Stellen bei, um dem furchtbaren Tyrannen,
niiter dessen Rc-gierung er die libri .Sfrategematicon lier-
aiisgc'gc bell hat , zn schinciclieln. Ueber diesen Punkt
niifc'ii iiu'lir.
4^. .'■!. Proiitin's erstes Consuliit.
Agricola gebt als Proronsul nach Britannien im J. 831»
naibdein er im vorhergehenden Jahre Cos. sudertus ge-
wesen war. ("cerealis geht nach Britannien im J. 8'J4,
nnd zwar als Cmisiilaris, wie ausdrücklich Tacitus (Agr. 8)
sagt, also ebenfalls als Proconsnl , nnd ist rermiitlilich
im Jahre vorher Cos. sullectus gewesen. So wird auch
FrcMitiiins als Proconsnl nach Britannien gegangen sein,
nachdem er im J. S.'(i Cos. snlTertus gewesen, als College
des Domitianus. Zuerst hat dieses Poleniis (I. §. In.)
ausgesprochen, welchem Schultz folgt. Die Sache hat
allen Schein der ^\'allrheit für sich.
JJ. 4. Froiilinus unterwirft die Silures in Britannien.
„Cerealis hatte so tapfer in liritannien gekämpft, dass
eines Nachfolgers Arbeit und Ruhm in den Hintergrund
treten niusste. Allein Julius Fronlinus behauptete auch
für sieh den auf dieser Insel so schwer zu erreichenden
Kriegsriihin und unterjochte durch Walfcngewalt das krflf-
837
83S
tigc iiiiil karniifcsliisfi^e ^'olk clor Silures , indem er so-
wolil iil)er die Tapferkeit «Irr FeiiKle, als aueh über ilie
Seliuierijjkoifeii «les Terrains obsiegte , — ein grossfr
Mann, soweit dieses zu sein erlaubt war." So er/.'ililt
Tacidis Agr. 17.
Cerealis jjelit narh Britannien im J. 8'J4. Ihm folt^tc
dort im lni|H'rinni Frontinns im J. ,S27. Agricola geht
nacli Uritaiinien im J. S3l ; aber er hat ileii Frontin nicht
unmittelbar abgeiüset, sondern <lieser miiss früher abge-
rufen Horden sein. Denn bei der Anknnft des Agricola
finden ivir das Heer bereits in gänzlicher Unthstigkeit ,
vom Feinde bedroht nnd theiliveise lon den Ordovikero
aufgerieben: ein Znstanil , «elcher bei der Anwesenheit
des Frontinns nicht möglich «ar. Das Jahr, in »velchem
Frontin abgerufen Hor<len, h'isst sieh nicht mit Gcwiss-
heit bestimmen; es ist aber nicht «ahrscheinlich , dass
man Britannien lange ohne Feldberrn gelassen hat; so dass
man annehmen kann, Fruntin habe im Lanfe des <ler
Ankunft des Agricola vorhergehenden' Jahres ('i30) Bri-
t.tnnien verlassen. Noch weniger hisst sich die Ursache
seiner Abberufung bestimmen. Vielleicht jedoch war der
Aeid einer Partei Schuld <laran , dass er mitten aus der
Laufbahn seiner Siege herausgerissen wurde, um einem
anderen Feldherrn Platz zu machen. Und ich vermuthe,
dass so etuas wohl in des Tacifus Worten ,,niagnus vir,,
qnantnm licebat" enthalten sein konnte. Alle bessere
Ausleger haben die Worte (jiiantum licebat erklärt mit
Beziehung auf die damalige Zeit, in welcher ausgezeich-
neter Rnf gefährlich war. In gleichem Sinne bezieht
Schnitz <lie Worte auf den despotischen Keid Domitian s,
von <len) er annimmt, er habe als Imperator dem Kamen
nach w.'ilirend der ganzen Regierung ^"^espasian's auch
über die Heerführer in Britannien den Oberbefehl gehabt.
In diesem Sinne vergl. (ausser Dio LXVII.) insbesondere
Tarit. Agr. 3'': I<l Uomitiano maxime formidolosnm, pri-
fati hominis nomen siipra Priucipis attolli. Welche von
beiden verwandten 31einungen <lie richtigere sei, lässt
sich nicht sagen. Ich möcjite ilie ^Vorte nicht bloss auf
Domitian beziehen, sondern allgemeiner auf eine Partei.
Frontin hatte sich in Britannien grossen Ruhm erworben;
nnd man kann annehmen, dass Tacitus, obgleich ihm
einerseits das ganze thatige Leben dieses ausgezeichneten
Mannes vor Augen schwebte, andererseits auch in Be-
ziehung auf diesen Krieg'sruhm den Frontin einen vir
inagnus nennt. Gross zu sein aber war in dieser Zeit
nicht erlaubt; Grosse zog den Neid der ehrsüchtigen
Zeitgenossen zu und mag die Abberufung des Frontin
vom Felde der Ehre veranlasst haben.
Oudcndorp begeht zu Frontin. Strateg. IV. 3, 14 den
Irrthum, die Unterjochnng der Silures durch Frontin
der Zeit uach vor die Unterwerfung der Lingones zu
setzen.
Hat denn Frontin kein Strategen» aus diesem britan-
nischen Feldzuge dem Andenken überliefert? — Strateg.
I. 5» »(i heisst es: Euiidem errorem obierturi nnstiis
Ligures, per diversa buculos etc. Niemand gibt die (iuelle
dieses Strategems an. Auffallend konnte auch ersdieinen,
dass nicht der romische Febllierr, der es ausgefiihrt ,
namhaft gemacht ist. Endlich steht statt nostris im
Medic. pr. nieis (sc. Frontini militibus). Ist dieses eine
gewöhnliche Verwechselung ziiisclien nostris und meis',
wie sie wohl nicht selten v<irk"nim( ! Oiler ist meis eine
Interpretation, so dass auch nnslris so viel w.'ire, als
„Romanis, mc dnre"? Eine solche Interpretation kommt
im nämlichen Codex gleich unten vor, wo er statt ^ucu-
los hat vitulos. Ich will Nichts behaupten ; allein es ist
so unwahrscheinlicli nicht, ilass dieses Strategen! dem
Frontinus beigelegt werden müsse. Die Erwi'ihnuiig ist
so bescheiden, dass sie den Neid des Domitianus wohl
niclit erregen konnte. Denuiach hätte I'rontin auch gegen
die Ligures im Felde gestanden. Nein: ich würde dana
statt Ligures mit einer ganz unbedeutenden Aenderung
lesen Silures. Der Name Ligures an dieser Stelle
war schon dem Scriverius verdächtig, und Sanatus er-
wähnt statt ilessen nunnullos. Somit hätten wir hier
einen kleinen Zug aus des Frontinus britannischem Feld-
§. 5. Fronlinus im germanischen Kriege gegen
die Cutleji.
Oudendorp hat (Strateg. IV. 3, l4) zuerst die I3emer-
knng gemacht, „in der in dem Strateg. des Frontinus so
häufig vorkommenden Erwähnung v<in Thaten , die unter
Domitian's Regierung ausgeführt worden, schiene der
Beweis zu liegen, dass Frontin selbst hei der Ausführung
dieser Thaten zugegen gewesen sei.'' Und nach ihm
behauptet Schultz, Frontin hätte im Kriege gegen die
Catten und am Rhein einen Befehl gehabt. Dass Frontin
am dacischen Kriege Theil genommen, wird im folgen-
den Paragraphen gezeigt werden. Aber auch vor diesem
nahmen ihn die gegen ilie auswärtigen Feinde zu füh-
renden Wafl'en in Anspruch. Er klagt selbst in der Ein-
leitung zur Schrift de agrornm quäl, darüber, dass er
seiner Neigung zur Schriftstellerei inter armnruin excr-
cifationes sich nicht ganz hingeben könnte. Diese Kriege,
woran er Theil gehabt hat, sind unstreitig die gern)ani-
si heil , namentlich der Krieg gegen die Catten im J. 837.
Aus diesem führt er drei .Strategeme des Domitianus an,
Oller, da dieser schwerlich einen Feind gesehen hat
(Dio LXVII), vielmehr eines seiner Feldherrii , vielleicht
gerade des Frontinus. Lassen wir illeselben hier folgen.
1) Strateg. II. 3, L'3 : Da die Catten w iederlioleiKlich
dadurch, dass sie in ihre Wälder ziirückllobeii , das Rei-
tertrefFen durchkreuzten, befahl Domitiaiuis seiner Rei-
terei, wenn sie an Orte verlockt würde, die für einen
I\ampf sich nicht eigneten, von den Pferden zu springen
iiMil zu Fuss zu schl.igen. So gelang ihm der Sieg
■illenthalben." — An, der Richtigkeit der von Stewechios
gemachten ^'erbesscrung Calti , welche die folgenden
Editoren angenommen haben, ist nicht zu zweifeln, da
derselbe Namen auf ähnliche Weise in deuBüchern ler-
dorben ist. Tacit. Ann. XII. '.' / .
2) Straten. II. 1 I, 7 : „Als Domitianus in dem Kriege,
in welchem er durch die Beslegiing der Feinde sich den
lieinainen Germaiiiciis erwarb, in dem Gebiete der Lbier
(in finibiis Ubioruml!) eine ^'erschanzung aiifwarf, Hess
er für die Feldfrüchle auf den zu seinem Zwecke be-
nutzten Orten eine Entschädigung zahlen und erwarb
sich durch diese Billigkeit allgemeines Zutrauen." —
Die Handschrifteil haben Cuiiurum, Copiurum, Copiarum.
839
840
Daraus mac-lito !\loiliiis l'üiorum , uiiil fi'ihrfe dafür an
Flur. IV. 17, 2i)- Man hat Ursache, sich zu uuiidern,
das» die Editoren diese Aenderuiiff nachgebetet Iiabcn ,
und dass Ouileiidorp seihst es nicht (.'«""agt hat, sie aus
dem Text zu iiericn; denn die Stelle des Florns gehört
einer ^gaiiz anderen früheren Zeit an. Zudem lehren dio
unistchenileu Sfrategenie, dass ein den Romern feindlich
gesinntes, nicht unter(h.'iniges ^'ollc, ein germanisclies
Volk auf der rechten Khcinseite, an dieser Stelle ge-
nannt «ordfn sein muss, «elches üomitian sich durch
seine institia zur Freundschaft verbunden hat. Die Ubier
aber, welche auf der linken Rheinseite «ohnten, waren
längst Uulerthanen der Reimer. Oudcndorp schlagt vor
Lsipionim. Von diesen sagt freilich Tacitus (Germ. 32):
l'roxiuii Catfis — Usipii et Tencteri colunt. Aber diese
Usipii (oder Usipetcs ) wohnten damals wahrscheinlich
mehr nach Norden, nach dem Kiedcrrhein hin; denn
sie werden auch mit den Tubantes (Tacit. Ann. Xlil. 5ö)
zusammen genannt, Nachbarn der Frisen. Bei dem häu-
figen AVechsel der Wohnsitze der germanischen V^ölker
ist es sehr schwer, den echten Namen zu bestimmen.
üa aber des I)i)niitianus Kriegszng doch hauptsächlich
den Catten galt, so muss der Name eines Volkes resti-
tuirt werden, welches zu üomitian's Zeiten auf der rech-
ten Rheinscite zwischen dem Rhein und den Catten ge-
wohnt hat. .Vus der Lesart eines Codex Municipiorum
golhe man fast vermuflien Mulliacorum. Diese !Mattiaci
waren ein Zweig der Catten und noch unter dem allge-
meinen Namen der Catten mit inbegriffen; sie wohnten,
nachdem Gernianicns (des Drusus Sohn) ihren Haupiort
3Iattiuni zerstört hatte, zwischen Lahn und fliain, dem
ältesten \V<>hnsi(zc der Ubier. Mehr jedoch bin ich ge-
neigt, Callorum zu lesen, ein Name, der so oft und
so verschiedenarlig verdorben worden ist, nnd welcher
sich von den Zügen der Handschriften so gut wie gar
n.tht unterscheidet.
3) Strateg. I. 1, 8: jiAls Domitianus die Germanen,
die unter den Waffen standen, überrumpeln ivollte, und
er wohl w ussle , dass sie grössere Rüstungen machen
würden, wenn sie von seiner .Ankunft vorher Kunde er-
halten iiätlen , bemäntelte er seinen Feldzug durch Vor-
schützung eines in Gallien abzuhaltenden Census. Unter-
desscT! grill" er plötzlich an, zermalmte den Uebermuth
iler unbändigen Völker und sorgte für die Ruhe der
Proiinzeu.'- — Die gewöhnliche Lesart ist: ce/istt ob-
U.iuit (jdUiarum. Sub quibus eic. Anstatt Sub ijuibus
«ersucht Oudendorp Sic ijuictis oder Sic Ca/tis. Allein
Sub ijuibiis ist gesichert durch die Uebereinstimmung
der llanilsrhriften und Kditioiien; gesichert durch den
Charakter der Erzählung im Vcrg!ei<h zu den umste-
henden Ivriegtlisten (vergl. .Scriver.); gesichert au<h durch
die Gran.niatik, nach welcher sub während bedeuten
kann (vergl. Oudendorp). AVir sind also eher berechtigt,
über das vorhergehende cenHU Redenken zu tragen, wel-
ches keine so grosse Autorität hat. Ich lese daher cen-
sibun. Erstens wtirile dieses Wort geschrieben censii'
oder ccnsibu l und zweitens konnte die Endung leicht
verdorben werden durch die Aehnlichkeit der folgenden
Sylbe o'j. In einem Codex steht percensu , statt per
ceiisus: vielleicht eine Erklärung des ursprünglichen
ce/isibus.
(Fortsetzung folgt-)
Persoxial-Clironik uud IMiscellen.
Baden. Der Grosshcrzogl. Obcrbtudicnialli zu K.irlsriihc
hil durch ein Generale vcrorcinet; 1) an allen iliiii nntcigebe-
ncn Lehranstalten müssen die Lehrer in Fallen der Verhinde-
rung eine förmliche schriltliche Anzeige an die Dircction machen
und den Grund genau angeben , warum sie eine Oiler mehrere
Lchrstundcn aussetzen müssen ; 2) jede Dircciion hat für das
ganze Jahr alle Versäumnisse der Lehrer in ein eigens zu hal-
tendes Register einzutragen j imd 3) dasscihc saninil den Origi-
nalcingabcn der Lehrer am \in<3e des Schuljahres dem Prülungs-
Coninüssur vorzulegen. — Diese Verordnung hat überrascht und
zur Eriiallung eines freundlichen, allein heilsajiicn Verhältnisses
zwischen Diicctor und Lchrein nichts weniger als beigetragen.
Wenn der Director der Polizci-Conimissar dir Anstalt irii ciassen
Sinne des Wortes ist und sein soll, dann möchte man an einer
die Sache des Unterrichts fördernden Stimmung des Lchvstandcs
verzweifeln, üebrigens fallt diese Verordnung gerade den tüch-
tigen und geistig superioren Directoien am ineist(Ui lastig, weil
sie in ein Vcihaltniss zu den Lehrern genölhigt werden , das
dem Zwecke der Anstalt schädlich ist. Die Lehrer selbst fühlen
sich gekr.inkt, da keinem Staatsdiener irgend eines Zweiges der
Verwaltung, ja nicht einmal einem Dorfschulnieister eine solche
Verbindlichkeit obliegt. x.
Dorpat im Aug. 1839. In Folge eines Missverständnisses
ist im Noveiiiberhcfte des Jahrganges 18.SÖ dieser Zeitschrift ein
Aufsatz von mir, RhadamanUijs üherscbrieben , abgedruckt
worden, den ich im Jahre 1834 geschrieben, und welchen die
friiliere Uedaction auf mein ausdiücklichcs Verlangen auf die
Seite gelegt hatte. *) Ich bemerke dieses, weil man zwischen
den dort und spater von mir über das Verballniss der ägyp-
tischen Cultur und Religion zur hellenischen ausgesprochenen
Ansichten erhebliche Widersprüche finden könnte.
Dr. Prcllcr.
Kiel. Dem Index Scholarum für das Sommcrsemesler t839
griit voran G G. Nitzschii, Prof. liier, anliq., ad Loheckii
Aglaophainum CoroUar. 1 de sacerdolihos Graccorum. — Zur
fünfund/.wan/igjäbrigcn Amtsfeier (29. Juni) des Etatsraths Dr.
Nie. Falck, prof. iur,, schrieb der Dekan der juristischen Fa-
cult.it G. C. liurchardi eine Abhandlung Je lege liubria,
gegen J'ucUla , der (civilist. Abhandl. p. 72 sq.) lex Rubria für
den eigentlichen Namen der sogenannten lex (ialliae Cisalpinae
halt, i'ür dieselbe Feier behandelt die Gratulationsschrift des
Ribliothekar und Professor Ratjen die Frage: Hat die stoische
Philosophie bedeutenden Einduss namentlich auf die in Jiisti-
nians Pandekten exccrpirtcn juristischen Schriften gehabt? O*
Hamburg. Als Osterprogranim des Johanncuni ist erschie-
nen: De nrationis a M. T. Cicerone in Senatii Nonis Decem-
biihus babilae consilio et aucloritate , pracmissa brevi ctitica
bisloria orationum r|iiatuor Calilinariaruin , coinineiitatus est
E. P. Jlinvichs , Joannci prof. XXXVII S. 4.
Halle. Der bisherige ausserordentliche Prof. Dr. Edpard
E r d ni a n n ist zum ordentlichen Prol'essor in der philosophischen
Facultat ernannt worden.
Breslau. Der Professor der Theologie Dr. Wilh. B öhmer
bat das Pr.idicat eines Cuusislorialraihs erhalten.
*) Die jetzige Redaclion hat von diesem Verlangen keine
Kcnntniss gehabt. Dr. K. Z.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Mittwoch, 4. September
1 8 3 9.
Nr. 106.
Bruchslücke aus dem Leben des Sexlus Julius
Frontinns, von A. Dederich.
(For ts etzuiisf.)
In zeitgemä.ssen Einklang' mit »Icr Tliätigkeit Fron-
tin's in ilen germanisrhi-n Kriegen L'isst sich bringen
folgende im Sirona-Baile bei Oppeiilieini g^efnndene In-
schrift: DEO. APOLLIM. ET. SIRONAE. lüLIi.
FRONTINA. V. S. P. L. L. M. Srliulti' seizt dieselbe
in's J. S3V) und sagt darüber: „Da unter den ^'otiv-i>liin-
zen , die in Gvps oder Tlionkugeln cingesihlossen in der
Schwefelquelle neben der Inschrift gefunden norden,
eine Münze des Doniitian ans jenem Jahre (Cos. XII)
mit dem Sinnbildc und der Umschrift ., Fortuna Angnsti",
welche Eckliel nicht kennt, die älteste ist; so kann über
lue Zeit dieses Denkmals kein Zweifel obwalten , und
darf man Inschrift und IMünzc wolil einer Tochter nnseres
Frontinus zuschreiben." Ich mochte rlieselbe, weil in
diesem Jahre der dacischc Krieg seinen Anfang nahm,
lieber in's Jahr 838 oder 837 setzen, in welchem Fron-
tin mit in den Krieg gegen die Catten gezogen ist.
Schultz's Gründe sind nidit dagegen. (Uebcr die Sirona
vergl. Forcellin. Lex. [nnper ed.] s. v. Sirona).
Noch eine zueite Inschrift ist am Rhein gefunden
worden zu Kellen bei Clcve, auf einem Votir- Altar,
welche nach des Kenchenins Ergänzung also lautet :
I. O. iM. IüNOjNI. MINERVAE. PRO. SAL. SEXTI.
lUL. FRONTIM. Weil der Fundort nicht weit von
Vetera Castra (Xanten) entfernt ist, glaubt Schnitz, die
Inschrift gehöre der Zeit ilcr Unterwerfung der Lingones
an; an einer andern Stelle aber zielit er sie in den ger-
manischen Krieg. Welche IMeinung die richtige sei,
lässt sich nicht ermitteln. Man kann nur schwanken
zwischen den Jahren SJ i und 8 !7.
Da die alten Geschichtsc hreiber über die erdichteten
Siege des Domitianus sich lustig machen und über ilessen
gefeierte Triumphe spottein, ist es befremdend, dass
meines Wissens noch kein Geschichtsforscher die Frage
aufgeworfen hat: ob Frontin uns auch Wahrheiten berich-
tet habe? Die Schriftsteller reden nur im Allgemeinen
von dem unglücklichen Ausgange des Krieges gegen die
Germanen, und eine Schilderung der einzelneu Uegeben-
heiten mangelt nns ganz und gar. Die einzigen Einzel-
heiten sind diejenigen , «eiche uns Frontin aufbewahrt
hat. Aus dem Gesagten ist es nicht zu bezweifeln, dass
Froutin am Kriege Antheil gehabt habe; und walirschcin-
lich ist er Augenzeuge der erzrihlten Begebenheiten ge-
wesen, ja vielleicht sogar der Urheber selbst. Und ob-
gleich der Krieg im Ganzen unglücklich geführt worden,
so kann man dennoch nicht die IMöglichkeit in Abrede
stellen, dass einzelne rühmliche Begebenheiten sich unter
den FcliNierrn, die statt des Doniitian im Felde waren,
namentlich unter der Führung des kriegskundigen Frontin,
zngetragen haften. Frontin ( — magnns vir — ) steht zn
hoch, als ilass man es wagen dürfte zu sagen, er habe
jene Strategeme geradezu ersonnen. Das kiinnen wir,
oder wir müssten die übrigen Geschichtschreiber Lügen
str.-ifen, mit Gewsishcit sagen, dass das Streben, dem
Tyrannen Domitian zu schmeicheln, ihn veranlasst haben
mag, sich wenigstens Uebertreibungen zu erlauben und
so der Wahrheit zu nahe zu treten. Von dieser Schmei-
(helei ist dasselbige zu urtheilen, was von der des Vel-
Icjus Patercnlus gegen seinen Fürsten Tiberius. Die
Furcht vor den Tyrannen hat ilie Geschichte verfälscht
(Tacit. Ann. I. 1); denn auch das Stillschweigen ge-
reichte zur Beschuldigung. S. Rnhnken Praefat. ad Vel-
Ici. Fat.
Sowie aber Frontin dem Domitian im Leben geschmei-
chelt, so verachtete er ihn nach dessen Tod. So ver-
schmäht er CS, ihn, dessen Andenken nach einem Senats-
beschlusse getilgt werden sollte, neben dem Consul Mes-
sala als dessen CoUegen zu nennen (de Aqnaed. 102);
und sagt (ibid. l|s) verächtlich von ihm: redituni in
Doniitiani loculos conversnm; an welcher Stelle ihm zu-
gleich die iustitia des Nerva entgegengesetzt wird, in
directem Widerspruche mit der (Strateg. II. H, 7) ge-
rühmten iustifiae fania Domitiani.
Sowie Frontin dem Doniitian schmeichelt, den er
sogar tantiis dux nennt (Strat. I. I, 8), und die Thaten
Anderer auf ihn überträgt; gerade so schreibt er in sei-
ner Schrift de Aijuaed. seine Einrichtungen dem Nerva
zu: worüber vgl. de Aquaed. Art. f. 64. .SU. OJ. 109- 118.
Die Schmeicheleien gegen den alten trefflichen Nerva
lassen sich ans der Wonne und gleichsam dem Dank
gegen die Vorsehung entschuldigen , dass er nach der
mehrjährigen Tyrannei des Domitian endlich einmal wie-
der freien Athem schöpfen konnte.
§. 6. Frontinus im dacischen Kriege.
Für die Theilnahme Frontin's am dacischen Kriege
unter Domitianus haben wir zwei sich entsprechende un-
verwcrfliche Zeugnisse, das eine vom Frontin Strateg. I.
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SU
3, 10- nn<I «las andere von EbciuloinsolLen in seiner Eln-
Icitnii;; znr Schrift de a^rorum cjualilale (Lei Gucsins do
rc a^'raria p. 2S): deren Abfassnnj nn(cr Andern SehuUz
dem Fronfin aiiPs hartn.'ukigsfe streitig zn machen sucht.
In «lieser Einlcitnnjj, deren Inhalt Hcnigslens sich als
ein sicheres historisches Zen-jniss geltend macht , erzählt
Frontin einem jfei\isscn Celsus, dass er eiiie Schrift (de
agr. <jual.) nnler Händen h.'itte , die er ihm, als Sach-
kenner, nidmen und zur Bcurtheiliing' vorle);en «olle.
Aber durch den Feldzuj des Kaisers « ird er im Schrei-
ben gestört und zieht mit in den Krieg. Sobald «ir
aller — fahrt er fort — in's feindliche Land gedrungen
Haren, fand ich sogleich Gelegenheit, meine Hlesskunsf
in der Praxis anznucuden. Es mussten uämlich zwei
Ojierationslinien gezogen werden, zwischen welchen ein
bestimmter Wegesranm gelassen werden, und an welchen
sich, znm Schutz des Weges, ungeheuere Vcrjiallisadi-
rnngen erheben sollten. Diese Linien bahnte mit Hülfe
meiner Kunst die Anwendung der Blessstange u. s. w.
Nachdem so Doniitianns darauf und daran war, die Be-
siegung Daciens sich zu eroll'iien, und die günstigen Fort-
schritte ihm in die nördlichen Gegenden vorzudringen
gestatteten ; kehrte ich zn meinem Studium zurück und
sammelte und ordnete meine gemachten i5cobichtnngcn. —
Es folgt hier, wegen der schwierigen Worte und der bis-
herigen Verschiedenheit in der Lesart und Auslegung,
die ganze ütelle in ihrem 2Susammenhang'e.
Interea »enit clära sacratissimi Imperatoris nostri cx-
pcditio, quae nie in ipsa scribendi festinationc praepediit.
Aam dum armnrum magis exerceor curis, totum hoc ne-
gotium vchit oblitns intermiseram , nee (juicquam aliud
«|uam belli gloriam cogitabaui. At postquam priinuni
liosticam terram intrariinus, statim coelestia ') Cacsaris
nostri opera mensurarnni ratione'') exercere coepi. Erant
daudi interienientc certo itineris spatio duo rigores or-
dinati ^), ijuilms in tutelain commeandi ingens vallorum
adsurgerct nioles. Hos interrentu opcris ad aciem decisa
parte, fcrranienti nsns explicuit. Kam qnod ad notitiam
pontium pertinct et (luniinum latitudinem, disccrnerc,
ctiam si hostis infestare voluissct, ex proxima ripa pote-
ramus. Expiignandorum deinde montiiim altitudines ut
scircm, mihi veneratis üiis ratio monstrabat, quam ego
in Omnibus tcmporibns aiinotabain. At postquam niagnarum
rerum cxperimenta rcligiosius colere coepi, ad consiim-
mandnrn hunc librum velut ad vota reddenda properari.
Postqnani ergo maxinius Imperator '') victoriam Uaciani ')
proximc reseraiit, et statim ca '') ad scptentrioiialem
plagam transirc pcrmisit; ego ad Studium uieum tanquam
1) So Ri-.iltius aus dem coJ. Hcrvcli. Die Vulgala hlCelsi.
VitllcicM cehUsimi?
2) So ist <lic Stelle richtig. Goesius will: opcra - CNigcic
oder ctigcre , wegen des rolgciuleu vallorum ailsuis'cict
molcs.
3) 1. e. liniltej.
4) i. e. Domiliauus, nicht Traianus , den Vos^ius de Ilist.
Lit. irrlhiimlichcr AVcise vcrsitlil.
5) i. c. de Dacia. Ver^I. Dictjs I. 21: victoria Tioiana,
i. c. de Tioianis. .Andere : victoria Daciain.
6) Utber diese Verbesserung der Stelle s. unten.
ad otium sum reversus , et multa , velut scripta foliis et
gparsa in artis ordinem laturus , recoUegi.
Ganz dieselbe Sache ist crz.'lhlt in den Straleg. I.
3, lü: Imperator Caesar Domitianus Augustns , quuui
Germani ") more suo et saltibns et ohscuris latcbris sub-
iude inipugnarent nostros, tutumque regressum in pro-
funda silvarum haberenl , limitibns per centum liginti
millia passnum actis, non miitavit tantum statnm belli,
sed snbiecit ditioni suae ho.'.tcs, quorum refugia nuda-
vcrat. *)
Frontinus ist es also gewesen, welcher unter Domi-
tianus diesen limcs von 120,000 Schritten, wie einen
Keil , in Dacien hineingeschlagen hat. Beide Stellen
erklaren sich gegenseitig: aus der ersten ersehen wir,
tcie der linies ist angelegt ivorden, aus der ziveiten,
warutn und mit welchem Erfolge. Und ganz gewiss sind
beide von der Hand unseres Frontinus geschrieben , die
erste wenigstens der Sache nach, mag auch eine spätere
Hand einiges Unwesentliche in den Worten geändert
haben: denn aus welcher Quelle sollte ein Spaterer den
Inhalt geschöpft haben , der sonst nirgends vorkommt ?
Er müsste denn ein Geschichtsforscher gewesen sein,
welcher sich durch eigenen Scharfsinn aus den Strateg.
jenen natürlichen Zusauimenhang gebildet hatte. Allein
wozu solcher Scharfsinn in der Einleitung zu einer Schrift
de agr. quäl. , da es jedem Späteren doch mehr um den
eigentlichen Inhalt der Schrift selbst zu thuu war, und
die historischen Zengnisse der Einleitung fern liegen
mussten ; auch in dem Stile der Erzählung finde ich
durchaus Nichts, was dem Charakter des Frontin und
seiner Zeit widerspräche.
Allein wie p:«ssen denn die Worte statim ad septen-
iriuiialem plagam tranaire permissit (so lieset man näm-
lich gewöhnlich) auf den Frontin, da ja Martial (X. 58)
von ihm singt: Anxuris aeqnorei etc.? — wirft Goesius
(]\ot. p. 14..') ein, der daraus den Schlnss zieht, die
Schrift de agrorum quäl, sei nicht von Frontin. Aller-
dings ist Frontill in der septentrionalis plaga beschäftigt
gewesen, nämlich in den Rlicingegeiiden. Allein diese
Thatigkeit verträgt sich nicht mit dem Ziisanimenhang
unserer Stelle. Aber gesetzt auch, ein Späterer hätte
die U'ortc geschrieben, so wird dieser doch nicht ein
60 unwissender 3]ensch gewesen sein, dass er den Fron-
tin in die plaga septentrionalis eilen lässt , um dort sein
Buch zn vollenden (ad conjummandum librum); dass er
ihn dahin ad otium tanquam ad studium gehen lässt, wo
immerfort die Waden ertönten. Die Worte sind also,
wie sie in der >'ulgata stehen, ganz ge»iiss verdorben.
Man könnte ändern: statim (mihi) a seplentrionali plaga
(i. e. Dacia) Romam tranaire penniisit. Eine Aenderung,
welche Solchen, die mit den Schriftzügen und Abkür-
zungen der Abschreiber vertraut sind, als eine ganz leichte
vorkommen wird ; zudem passt sie ganz herrlich in die
Constru(tion und in den sachlichen Zusaininciihang. Aber
liesse sich die Stelle nicht auch ohne Aenderung erklären?
Allerdings, und zwar so: ,,Kachdcm Domitian sich den
7) i. c. Daci, wie die Veiyli'iclning obiger Stelle lehrt.
8) E.icisa Silva atquc in cxslriiendo liiiiite seil vallo con-
sunipta. Scrivev Richtig.
8.45
84G
<lacisthen Sieg crOlTiief haue, gos<at(efo ihm «lieser (ea,
nämlich victoria , als Siilijcct, «elchcs man sich ans dem
Accus, victoriain ilacicam ergänzen muss) in «lie iiürcllichou
Tlieile von Dacicn cinziiilringen." Allein da in dieser,
obivohl sia<(liaffen , Erklärung etwas Gczwiiiigcnes liegt,
schlage ich vor, so zu lesen, «ie ich mit einer leichten
Aenderiing oben im Zusammenhange angegeben habe;
wonach der Sinn ist: „Nachilem Domitian nicht «eit
davon entfernt «ar, sich den Sieg über Darien zu eröff-
nen, lind dieser Sieg ihm gestattete ( — nämlich wenn
Domitan im Geiste Frontin's fortgefahren hiitte — ), so-
gleich in die nördlichen Gegenden von Dacien (oder auch
darüber hinaus) vorzudringen ; kehrte ich zu meinen Stu-
dien zurück n. s. \v."
Ob der bei Tacitus (Germ. 29) erwähnte limes actus
derselbe sei mit dem von Frontin bewerkstelligten, wie
Schnitz glaubt, lassen wir dahingestellt sein. Ich für
meinen Theil mochte den Tacitinischen für einen ganz
verschiedenen halten, indem er mehr auf die Uheingegen-
den Bczng hat. Ucber die ßeschaffenlicit eines linies im
Allgemeinen vergl. Gronov. zu Tacit. Ann. I. 50 und
Germ. 29- Ei)enso Salmas. zu Solin. p. ßfiO sqq.
Nach Frontin's Worten ,,Intcrea venit - expeditio "
lind ,,postqnam prinium hosticani terram intravimus", ist
der linies gleich im Anfange des dacischeii Krieges ge-
zogen worden, also im J. 839. Eine ausführliche Be-
schreibung des Krieges haben wir nicht; und unter den
vom Domitian hingesandten Fcldherrn wird nirgends Fron-
lin, ebenso wenig dessen limes, erwähnt. Julianus war
mit der Kriegsführung beauftragt worden (Dio LX^'II).
I^ielleirht stand Frontin unter diesem.
Warum tritt aber Frontin so ras< h vom Kriegsschau-
platze ab? — Er sagt: At postquani magnarum rerum
cxperimenta religiosius colere coepi, ad coiisummandum
hunc librnm — properavi. Er stellt die Sache so dar,
als ob ihm Domitian erlaubt hätte, sich -dem Kriege zu
entziehen, um in der Müsse seine gemachten Beobach-
tungen und Erfahrungen , an denen er mit Leib und
Seele gchaiinpn , aufzuschreiben und sein begonnenes
Werk zu vollenden. Wahrscheinlich entstellt uns hier
Frontin die AVaiirheit aus Klugheit, um den Doniiliaii
nicht zu reizen. Vielmehr scheint Domitian, oder dessen
Olierfeldherr, mit scheelen Augen auf seine Operationen,
die günstigen Erfolg verhiesscn, gesehen zu haben, und
hat ihn desshalb kurz nach dem Anfange des Krieges
aus j\'eid vom Heere entfernt. Dafür spricht auch das
einsame und den Studien geweihte Leben des Frontin,
der sich sogar von Rom aus den Augen des scheclsüch-
figen Tyrannen auf seine Güter entfernte und nur von
Zeit zu Zeit nach- Rom kam.
§. 7. Des Fronlinus schriflstellerische T/iätig/ceit u?iter
der Regieruns, des Domitiaiius. — a) Des Frontinus
U erk de agrorum qualilate.
Mxi dem dacischcn Feldzuge sriiliesst Frontin's mili-
tärische Laufbahn. ]\ach seiner Entfernung vom Heere
ging er nach Rom, wo er zu seiner schriftstellerischen
Müsse zurückkehrte, die durch die AVaffen unterbrochene
Schrift de agr. quäl, wiederaufnahm, das Viele, was er
einzelnen zerstreuten Blättern anvertraut hatte, ordnete
und die fertige Schrift dem Publikum übergab. So er-
zählt er selbst in der Einleitung zur Schrift. Das war
seine erste veriiflentliclite Schrift (priiiiiiin sodiilitafis im-
pcndium; tjrocinii rudimenta) , die er seinem gelehrten
Freunde und Altersgenossen Celsns , einem Sachver-
ständigen , bescheiden zur Beurtheilung vorlegte und
ividmete.
AVer war denn ilieser Celsus, dein Frontin seine Erst-
linge darbrachte? Der in den Jahren S()2 unil 866 als
Consul genannte L. Pnblilius Celsus war wohl zu jung
gegen Frontin. Vielleicht war es Juvcnius Celsns, ein
A^erschworner gegen das Leben Domitian's, der sich aber
durch List der Rache des Tyrannen entzog (Dio LXVII):
derselbe ausgezeichnete Mann, den jedoch Ifadrianus
gleich nach dein Antritte seiner Regierung hinrichten
liess, «eil er nebst Andern beschuldigt war, ihm auf der
Jagd nachgestellt zu haben (Dio LXIX).
Wer er auch gewesen sein mag, Froniiu's Worte an
ihn sind uns wichtig und laufen in einer theiliveisc freien
Lebersetzung folgenderniaassen: ,,Es ist Allen bekannt,
Celsus, dass du der Inbegriff meines AVissens bist. Dess-
halb habe ich vor, die Erstlinge meines Flcisses vor
deinen Richterstuhl zu bringen. Denn da unter Alters-
genossen eine Nacheiferung nothwendig ist, habe ich "-e-
ineint. Niemand würde meinen A'ersuchen einen grösse-
ren Vorschub leisten, als derjenige, welcher in diesem
Zueige der stärkste ist. Damit also meine Schrift desto
vollkommener zur Kenntniss der Interessenten komme,
so eilt sie, weil du mit deren ganzem InhaKe vertraut
bist, zuerst in deine Hände, um bei dir ihre erste Probe
zn bestehen, und alles das, was sie von mir mitten im
Feldlager empfangen konnte, mit dir zu vergleichen.
Denn wenn sie in den Händen des Publikums die Augen
Aller auf sich zu ziehen verdient, so fange sie von dir
an. AVenii du glaubst, zu wenig gewissenhafte Sorgfalt
sei darauf verwendet worden, und wenn es dir scheinen
sollte, als ob ich hier und da mich hätte gehen lassen, so
möchte es mir nicht wenig frommen, durch deine Zu-
rechtweisung der Kritik lästernder Zungen zuvorgekom-
nii-n zu sein. Wolle es entschnldigeii , dass die Schrift
niclif innerhalb der Zeit hat fertig werden können, inncr-
h.ilb welcher die Behandlung dieser Materie meiner
wissenschaftlichen Müsse bestimmt gewesen ist. Denn
der Stoff jedes wissenschaftlichen Zweiges hat, glaube
i( li , ein weites Feld, und damit auch in diesem minder
erheblichen Gegenstände dem Stoffe IN'ichis fehlte, hatte
icii alle Kräfte aufgeboten. Unterdessen ii. s. w."
Es folgen hier auch die Worte des Frontinus selbst.
Jiili'is Frontinns Celso. Notiim est oinnilms, Cclse ,
])cnes tc studiorum nostrornm mauere suminam. Ideoque
primum sediilitatis meae iinpendium indiciis tuis offerre
prnposni. Nam cum sibi inter aeqnalcs quendam lociini
deposcat aemulatio , neminem magis conatibns iiostris
priifuturnm credidi , quam qui in hac parte plurimum
possit. Itaqiie quo cultior in quorundam ') notitiam »eniat,
omiiia tibi nofa pcrlatnrns, ad te primum liier ille festi-
nat, ut apud tc tvrocinii rudimenta deponat, teciiin con-
ferat, quicquid a mc inter ipsas armurum excrcitationes
1) Andere: eorundem. Hier scheint ein Fehler zu stocken.
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848
acrinorp potiiK. >am si iiiororc<iir publica convrrsafione
roiifi-rre uiilversKriiiii ociiliis, a te iiofissiiiuini iiiiipiat.
Qiioil si illi [lariiin ililiijciifiMU ndliiliitaiii oiiraiii ossc cre-
■liilcris, et si in aliinia tpssassc viilcaimir parte, nun cxi-
{Tiiiim laliiiris nioi conspqiiar friii-dini, (juoil te miiiipnte
niali-jn-iruin lurrifeccriin cxis<inia<ioiipMi. (Juaeso ifaque,
i.i non rs) iniprolmin , lialcat apiid <e (jiianiinm oxciisa-
ticiiicni , (iiiiiil iioii potui-rit po tempore <onsuiniiiari , quo
Conus lim- inslrumenii stmliis nostris deputafuin psf. ')
Oniniiini oiiini, ut putu, liLeralium studiorunt ampla nia-
fpria Psf , tili ne quid desit in liac modira rp ingenti
auimo adniovprani virps. ') Inferpa lenit p(r. fs. ol)en
S. (■)). — Dpr l,i<pinisplic Ausdrurk ist ganz der ;;pi\.'ililte
lind ausscsuihte, wie er dem Frontin aurli in spinen
übrijjpu Srhrifteii pigentliiinilirli ist.
>ia(li ilen dei G'opsius (de rc agrar.) vorkonmieudcn
Schriften, dip unter Fiontiu's Namen auf uns gekommen
sind, zu urtheilen, hat Frontin's Werk den Ilanpttitcl
gefülirt: De agrnrum qiialitate ; und zerfiel in drei Theile:
l) Expositin formarnni, bei Gopsius p. 28 — 3"- ~) De
liuiitibus agroruni, bei (ioesius p. IJS — 44, und p. 65 — 7.'l.
Wozu gehört das fragmeiitnm agrarium de limitibus
p. 'J 1 .i — 'il'.lj und ein fragiiientum ans Frontin's lib. II.
de limitibus, p. 3Uä sq. 3) De coloniis , bei Gucsius
p. 10.'— 14'.
Dieses Werk ist aber nicht in seiner ursprünglichen
Reinheit auf uns gpkomnien , sonilprn stark intprpulirt
ron späteren 11,'iuden, «ie z. ß. im Buche de coloniis
erhellet aus der in ihm vorkommenden Erti'.'ihnung des
Kaisers Hadrianus (Gops. p. KtJ. lO.i. 1()(). !',>(). 139),
und sogar dpr noch .spalpren Kaiser Severus, Antoninas
und Commodus (Goes. p. IU(i. 13.J. l4ö)- Allein dass
Yroiitin tier \'erfasser eines Werkes unter den genannten
Titeln war, ist erstens aus der Einleitung des Werkes
erttiesen. Zueilens beivciset es die Autorität der obgleich
schnankendcu Handschriften. Der Codex des Lipsius
(Elecf. I. I,^) hat ilen Titel: Julii Frontini de agrornm
qualitate , wovon getrennt : IJalbi ad Celsuin. Expositio
et ratio ouiniuin formaruni. IMit diesem stimmt nbcrcin
der Codex, den Rutgersius (Var. Lect. I. 1|) dem Ri-
galtius zum Gebrauche geschickt hat: ebenso die fragmenta
Aceriana und der Cod. Memmii , in denen als besondere
Ueberschrift vorkommt: luiipit über Halbi. Expositio et
ratio oinnium formarum. S. Rigalt. Obs. p. 232 bei
Goes. In anilern Codices » Lrd für die Schrift de agr.
quäl, dem Frontin als Verfasser beigesellt M, Junins
Nvpsus; in andern noch Gcrbertus, der Papst (Svl'pster II)
und Philosoph. S. Goes. Not. p. 142. Am Schlüsse
der expositio formarum hcisst es im Cod. Memmii ,,Ei-
1) Die Vülgal.i liat dispulalum. Das verstehe ich nicht.
Andere: ilepiitalum , i. c.' drslinatiun. Richtiger. Aber
dle^c^ i,l Spallitcin. S. Forccilin. Vicilcicbt destina-
tiun? Djun kiitinlc im VorhL'i;;cbrndcn statt quo, wofiir
«ndcic Böcbcr c/j/oi haben , cui gelesen wciilen.
2) Nach K'rcs ist von Goesius diircli drei Stcrnclien eine
Lücke dn-crlciilcl. Allein dem GcJankcnsjangc nach ist
hier eigentlich keine Lücke.
plicit libcr Frontini", in andern ,,l}albi" oder ,,Juuii".
S. Rigalt. Obs. p. 23J. Das fragni. de limitibus (bei
Goes. p. 215) wird in einem Codex dem Hvginus, in
einem andern aber dem Julius Frontinus .Siculiis zuge-
si'hripben, und in dem Coilcx des Scrivcrius unserem Sextus
Julius Frontinus. S. Goes. Not. p. !()(>. Was das IJucIi
de coloniis anbelangt, so stimmen alle Codices aller Ge-
lehrten (des Opsopiius, Rigaltins, Goesius) übereüi in
dem Titel: Sexti Julii Frontini de coloniis libellus. —
Drittens sprechen für den Frontin die Zeugnisse spaterer
Schriftsteller. Aggcnns Urbicus («elcher vor Tbeudosius
gelebt hat. Goes. Not. p. 147) schrieb einen Commenfar
zu des Julius Frontinus Ruch de limitibus agrnrum (bei
Goes. p. 44 — 64), in welchem er uns die AVorte des
echten Frontin vorführt, im AVesentlichen ubereiustim-
niend mit der Schrift, wie wir sie als von Frontin über-
liefert lesen. Bocthius (de Geometria lib. II.) führt aus
Julius Frontinus , den er gcometrae artis inspeclorem pro-
vidissimum nennt, die Definition von ,,nipnsnra" wörtlich
so an, wie wir sie in Frontin's Schrift noch lesen (s. Ri-
galt. Obs. p. 233). Derselbe übertragt aus Frontin, ohne
seinen Autor zu nennen, eine grosse fllengc anderer
Stellen fast wörtlich in sein Werk: was schon aus den
sparsamen Nachweisungen des Rigaltius hervorgeht und eine
genaue Vergleichung noch evidenter machen würde. Aehn-
liches wird sich über Gerbert darthnn lassen. Und diese,
sowie Andere, haben uoch den echten Frontin gelesen.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Dorpat. Wir weisen unsere Leser auf 2 praefaliones
zum hiesigen von Professor Dr. Preller besorgten inJex lec-
tionuni liin. Der Titel der beiiltn Heltc ist: 1) index Scho-
laruin in Univcrs. litt. Caesarea D6rpatcnsi per Scinestre prius
Anni MDCCCXXXIX a d. XIII Jan ad d. X.Jiin. Iiabrndarum.
Incst Nolatio de Codice Ms llanihuii^ensi , qtii Odjsseam cum
Scholiis conlinel, et Scholioruin iiide nunc priiiiitm editorum
Particula I, aiiclorc Prillero ; 2) index — per Seinesire altcrum
A. MDCCCXXXlXa. d. XXIV. Jnl. add. XIX. üec. bab. Inest 5c/io-
lioiuin in Odjsscain ex Codice 1/aniburi^ensi nunc primum edi-
torum Parlicida II. Diese Scliolicn bilden ein nicht nnbeilentcndes
Coniplenient zu den von Buttmann berausgegcbenen untl ent-
halten mehrere noch nicht bekannte Zengnissc alter Schrift-
steller, mnicntlicb Manches zur (lescliiclile der Kritik der
Homerischen Gedichte durch Aristarcb u. A.
Italien. Die Aller! bunisforscber sind wiederum bocli er-
freut ober den Fund eines antiken Grabes, in der INabc von
Monlcrone, auf dem Wege nacli Civitavecchia , wo die Her-
zogin von Sernioiieta Ausgrabungen bat anstellen lassen. Der
bcdetitcndc Gohlsclinmck ist bicrlicr gcbraclit und gleicht ganz
demjenigen, welcher vor zwei Jalircn bci_ Cere gelundcn und
der gegenwärtig eine Ilanpl/.ierde des vom Papste begründeten
lletinrischcn Museums im Vatican bildet. Diese Graber ohne
Malereien und ohne Vasen zeigen zur Genüge , dass sie einer
früheren Periode, als die des alten Metrnricns ist, angehören.
Breslau Der Pfarrer Dr. Movers in Berkuni bei Bonn
ist ziiin urdenllieben Professor der biblischen Exegese an der
katholisch- Ibeologiscben Facultät der hiesigen Universität er-
nannt worden.
Zeitschrift
für die
AI tertli ums Wissenschaft.
Freitag, 5. September
1839.
Nr. 107.
Brijchstiicke aus dem Lebi n des Scxtus Julius
Fionlinu*!, von A. Dederich.
(For ts ef zu 115;.)
üebereinstiiiimen«! mit dipseii Zeuguissnn fiilirt Niel>ulir
(Rüm. Gesell, ßil. 2. S. \'i l) «las AVerk de liniilibus
agrorum an unter dem Xamon des Frontiiins als des Ver-
fassers ; ebenso (S. 698- '02 und :05) das fragni. aRra-
riuiii de liinitibns. Und Niebiilir jfelit iiiicli weiter, indem
er sDjjar ilie dem Ajtgeiius ürbicus beijji-lejjte Sclirift
„Coninientarium de «ontroiersiis aj;Toruni, [jars altera"
fbei Goes. [>. 65 — 75) dem Fruntinus zusihreibt, wenn
uiilit ganz, so doch tlieilueise, z.B. die beiden Artikel
«le alluvione (bei Goes. p. fi')) und de subsciivis (das.
p. (it^). .Schon Goesius (Kot. j). 152) lobt den Artikel
de allui ione mit <len AVorten : Accurate alluvionum ma-
teriam pertrartavit Ag'genus, ut rcctins liinc eam perdis-
cere valeamus, quam ex ulüs Iclorum (ragnientis, quae
vetustas nobis reliqua fecit. Und Nicbnhr (.S. 164) ent-
hebt daraus die Worte: nisi quod iurisperiti aliter inter-
pretantur, et negant illud soluni , quod populi Rom. esso
coepit, ullo modo usucapi a quoquam mortalium passe,
als die des Fruntinus. Oder liat IViebnhr unter Acn
iurisperiti auch den Frontin verstanden? Vielleicht ist
dieser Artikel die Ausführung des bei Goes. p. 4l man-
gelhaft hinterl.issenen. Ebenso enthebt JViebulir (S. 171)
aus dem Artikel de subseciiis eine Steile unter dem
!Namen des Fronlinns; «elcher Artikel vielleicht auch
eine Ausführung des bei Goes. pag. 42 unvollständig
hinterlasseiieu ist. Imgleichen gibt Niebiihr (S. 695)
einer Stelle ans dem Art. de locis sacris et religio-
sis (bei Goes. pag. 74) den Frontin als Verfasser,
nicht den Aggenus. Niebnlir unterschei<let scharf des
Aggenus Couiment. in Jul. Fruntinuui de limit. agr. von
der bisher ebenfalls dem Aggenus beigelegten Schrift
unter dem Titel de controversiis (pars altera), und schreibt
die erste immer (z. B. S. 176) dem Aggenus, die zweite
aber dem Frontinus zu. Der vortreü'iiche Inhalt dieser
zweiten Schrift („die unter denen der Agrimensoren zu
den classischen gezahlt werden kann und mit wahrer
Rechtswissenschaft geschrieben ist', wie ?iiebnhr S. 69Ö
behauptet) mag ihn dazu veranlasst haben; insbesondere
aber stützt er sich (a. a. O. Aninerk. 4) auf das im
Artikel de subserivis dem Domitianus beigelegte Pradicat
praestantissimus ; woraus er schliesst, dass die Schrift
nur unter der Tyrannei des Domitianus, dessen mit Ab-
scheu bcladener Name ja nach seinem Tode auf Denk-
malern ausgelugt ward , abgefasst sein kiiiinte. iMit die-
sem Pradicat vergl. in der Einleitung der .Schrift de agr.
qiial.: „sacratissimus lm|ierati>r; roelestia Jniperatoris
opera." Ein unwi<lerl'.'gbares Zeugniss fiir denjenigen,
welcher beherzigt, was wir oben iil)er das Verhaltniss
des Frontin zu Doniitian gesagt haben: wie sehr sich
auch Schultz (im Briefe über die Agriinensr)ren) gewis-
sermaassen mit sophistischen Kunstgrili'en gegen j\iel)uhr
erhebt. Für den Kroatin als Verfasser der dem Aggenus
zugeschriebenen Controversenlehre konnte auch der Um-
stand sprechen, dass weder Im Titel, noch auch in der
Schrift selbst, die, als Comnientar betrachtet, einen von
dem ersten Coaimentar des Aggenus verschiedenen Cha-
rakter hat, der Name des Frontinus vorkommt. Endlich
könnte man, da in den dem Frontin bisher allgemeiu
beigelegten Controversen mehrere Artikel uuvollständig
sind, die unter dem Namen des Aggenus edirten über-
haupt für vollständigere Ausführungen jener halten. Der
Artikel de modo (bei Goes. p. (i.j) ist verschiedenen In-
halts von deniselbigen de nio<lo (p. 40): «Ipr letzte ist
unvollständig auiSchliiss, der erste am Anfang; vielleicht
gehören bei<le zusammen. Jedoch diese Untersuchung,
ob mehrere oder alle Artikel unter gleichen Ueber-
schriftcn sich vereinigen liessen, muss ich Juristen und
Sachkennern überlassen; ich kann nur aus äussern Grün-
den urtheilcn. Uebrigens scheint auf Niebuhr's Ansicht
auch AValter (Gesch. des rüm. Rechts Buch I. Cap. 30.
S. 310 Anmerk. 53) einzugehen, welcher den Verfasser
der Controversenlehre den sogenannten Aggenus, den
Commentator der Frontinischen Schrift dagegen den weit
späteren Aggenus nennt.
Dagegen liessen sich des Aggenus Worte (p. CS) an-
führen: de quo in snperioro parte (d. h. in Comment. in
Front, de linilt. ) mominimns, ideoque non puto eam
iterum retractanilaiu , un<l daraus schliessen, dass beide
Commentarien einem 31anne , dem Aggenus, beizulegen
wären. Da ilieses Zeugniss in offenbarem W^iderspruche
mit obigem Domitianus praestantissimus steht, kaun man
nicht umhin, seine A'ermuthung dahin auszusprechen,
dass die zweite Schrift wenigstens theilweise oder gar
grösstentheils aus des Frontinus Erörterungen als Basis
vom Aggenus geborgt worden ist, wobei es geschehen
konnte, dass Aggenus aucli des Domitianus Lob (prae-
stantissimus) so getreu nachbetete. AVenn Aggenus, in
deV Absich t, den Frontin zu commentiren , sagt (p. 44),
851
852
voliimus ca, qn.ic n veleiilnis olisciiro soriiionp ronsiripia
sunt, ai'rrtilis et iiitp|li;;il)iliiis oxjioiirio ; so hat er aus
dicscii roteres seiiitii Cniiimriitar zum Froiitiu ziisaiiimcn-
gcLult; liiiil diesen Satz auf die pars altera angewendet,
\terdeu wir unter den icteres vorzugsweise au den Fron-
tin denken nii'issen.
FriMitin's AVerk bat in verscliiedenen Zeiten von ver-
srhiedeiien .'Männern A'crf;ilsc)iungen erfaliren: und als
^"erf,ils( her dringen siili uns zun.'iiiist diejenigen bekann-
ten und nnliekannten Personen auf, welclie in den lland-
eehriftcn auf dem Titel der Schriften iiaiuhaft gemacht
sind, 7. 15. .11. Junius ^ivpsus, ein sonst unbekannter
I\lann, im Code.x des Lipsins IM. Junins Kilsns genannt;
ferner eben Aggenus l'rbicus; ebenso Uoethius und Ger-
Lcrt. '.'ielleicht ist in dem dem Frontin gegebenen Bei-
iinnien Sirnlns auch eine zweite Person verborgen, wie
schon Gocsins (Not. p. 16f) und 1'J4^ verniuthete, indem
er zu lese« vorschlug et Siculns. IMan kiinnte dabei a»
den Siculns Flaccu.s denken, dessen Schrift de conditio-
nibus agronim bei Goesins p. 1 — 25 vorlianden ist; aber
Kiebnhr ( S. J72) veruiudiet, dass dieser Schriftsteller
■»vahrscheinlich in das zweite Jahrhundert nach Christa.?
gcliöre. Von diesen Leuten scheint dann jeder nach
seiner Intelligenz gehindert, gestrichen, ausgefüllt zu La-
ben. Spatere Ueransgeber des Frontiu mögen, im un-
zeiligen Eifer, zu vervollständigen, zur Verfälschung das
Ihrige beigetragen haben.
Fragen wir, aus welchen Schriften denn Frontin ver-
fälscht worden ist, so werden »vir zun.'iclist hingewiesen
auf den im Buch de loloniis an drei Stellen genannten
Baibus meiisor, welcher unter Augustus lebte. Seite 109
lind 141 bei G'oesius heissf es: Iluic addendae sunt men-
.surae liniitum et terniinornui ox libris Augusti et Ncro-
nis Caesarum: sed et Balbl mensorls, qni temporibug
Augusti nmniuui provinciarum et civitatuni formas et nien-
suras compertas in conunentarios rontulit, et legem agra-
riam jier universitatem provinciarum distin.xit ac declara-
Tit. Diese Stelle ist schon als Kinschiebsel einer späte-
ren Ifand zu beachten; ebenso die Stelle S. 148: .fubente
Augiiito Cacsare, Halbu mensore, qui omnium proiincia-
runi mensuras distinxit ac dedaravit per teslimonia quae
siiprascripta et lines locoruir; terminantur. Ein über
Ballii wird auch erwähnt S. 1 1,S und 14'-'. — Zweitens
sind hier zu nennen die eben angeführten libri Augusti
et jNcronis, in welchen nicnsurao liniitum et terminorum
cnthnlfcn waren ; der Commentar des Kaisers Claudius
(p- 102 und 111); die mappa Albanensium otler Aibeu-
sinm (p. 145 oder welcher Aamo darin verborgen sein
"'^nJ- ^ "U diesen nücherii ist dasselbe zu halten, was
von den Conimentarii Principum , deren .so oft im Buche
de Aqiiaed. Erwähnung geschieht. Sie haben natürlich
auch dem Frontin zur (Jocne gedient; allein Spätere
werden aus derselben Quelle, die Frontin besser z,i be-
nutzen verstand, den Frontin entstellt haben. — Ferner
gehört hierher Ilvginiis (liber dessen Zeitalter s. Lipsins
Eiert. I. 1.0. und bei Goesins >int. p. 162), welcher
Srbriftcu »lessclben Lihaltes geschrieben hatte, z. B. de
liinitibiis ronstitucndis (bei G'ocs. p. 150 — 214). Derselbe
■wird ja auch in einem Codex als ^'erfasser des fragm.
de liniit. genannt, ai.statt des Frontin, wie wir oben gc-
hilri haben. Endlich ^kann Frontin inferpolirt] worden
sein ans iles Siculns Flaccus Schrift de ronilitionibus
agroriiin (bei Goes, p. 1 — 25), aus Boethius und Gcrbert.
Ueber die innere BeschalFenheit und den Werth Acs
AVerkes, wie wir es jetzt lescMi, scheint Einer den Andern
in der Härte des Urtheiles iiberfren'cn zu wollen. Keii-
cheiiins (Praefat. ad Front, do .iquaed.), welcher übri-
gens die libri Strateg., de Aquaed. und de agrorum qual.
einem und demselben Verfasser zuschreibt, sagt: ,,cuius
(Frontini) etiamtum fragment.ri restant de qualitatibus ag-
roruiu , Limitibiis, inaximam parteui inutila ac inquiua-
tissiina, variisquc consuta segmentis. Scripsit ideni de
Coloniis opusrulum, eiusdem farinae fragmentis interpola-
tuin." Vou Goesins wird keine Schrift ärger mitgenom-
men, als die de Cidoniis ; worüber er (Not. l.Mi) unter
Anderem so iirtheilt : „Ich glaube, dass wir hier nichts
Pjclites haben, was Frontin geschrieben hätte, sondern
vielmehr Excerpte theils aus ihm, theils aus .Xndercu,
schlecht und nachlässig zusammengetragen von einem un-
gclehrten und in diesen Dingen durchaus unjiundigen
IMenschen, ja, eine farrago von mehreren Autoren und
Compilaforen." Erwiederu wir ihm auf einige Punkte.
Ganz mit Unrecht greift er den abgebrochenen Stil an.
Er bedenkt nicht, dass Frontin keine ausführliche Kolo-
niegeschichte uns hat hererzählen wollen, sondern nur
eine in sein AV'erk de ogrorum qualitate passende und zu
diesem Werke gehörige ücbersicht der Koloniecn, wie sie
seinen Absichten und dem Charakter seines AVerkes, in
welchem die Kolonieen-Ucbersicht nur ein untergeordne-
ter, als zum Ganzen gehöriger Theil ist, entsprach. Und
liabeu wir in der vollständig enthaltenen Schrift de Aquaed.
nicht Stellen desselben Charakters, wie z. B. Art. 3^1 —
O'i, und 78 — 86 i Ferner braucht er gegen den Frontin
den häufig wiederkehrenden Ausdruck : innro duclii co-
lonia, statt cirrumducta. Ich gestehe, dass der Aiisdnick
Juichst ungewöhnlich und fremdartig erscheint, und dass
er meines Wissens keine andere Autorität bat, als diese
Schrift de Coloniis. S. 13() steht dafür oppidnm circum-
ductuni (ohne muro), und S. 104 und 13/ oppidum niu-
iiifiim. Aber wer will es wagen, einen Ausdruck, wel-
cher in der Rege! bei jeder Kolonie an einigen hiindeit
Stellen sich wiederholt, zu verdammen ? Circumductunt
ist ebenso barbarisch; und wenn ich die AAahrheit geste-
hen soll, so schmeckt das Compositum noc!» mehr nach
einer späteren Zeit, als das Sinij)lex, wovon weder vor
noch nach Frontiii's Zeit ein Beispiel sich findet, und
welches eine gewisse Originalität behauptet. Es scheint
im Koloniewesen eine vo.x propria geivescn zu sein, und
ich nehme es den Herausgebern des Forcellini übel, das!
sie dieselbe ganz unbeachtet gelassen Ilaben. — In den
AVorten (p. 10()) „et pro parte Virginum Vesfalium lege
Aiigustana fuit assignalus" sagt er, sei keine Coustruk-
tion. Richtig. Aber <lie A'crgleichung einer ähnlichen
Stelle (\i. l.'Ji)) ,,et pro parte Virginum Vestalium pos-
sessioni lege .Augustana datiis fuit" lehrt, i\ass jjossessioiii
ausgelassen ist. — 31it Unrecht tadelt er das einigemal
Torkonimeiidc sine colonin , worüber vergl. Rigalt. Obs.
p. 251. — -Alelirerc Sachverhältnisse , die er angreift,
möchten sich bei genauer Untersuchung wohl rechtfer-
tigen lassen.
S53
854
Ein billigere« UHIicil über <lic Coloniac ist von Rijjal-
tins (Obs. p. 200) jfpfiillt worden, «((liber sagt: „Dass
Julius rroiitiuus in seinem Buche «le agroruni eonditioni-
Lus eine uonieuclatura coloniarum au^^elegt Labe, wird
Ä'icinand in Abrede stellen, welcher sicli erinnert, dass
derselbe mit nicht weniger Fleiss in seinem hcrriirlien
Werke de Aiiiind. die auciorcs cuiusqnc aijuac et aeta(es,
praetcrea ordines et lunjitiidines rivorum anseinaniiergesetzt
hat. Was aber in diesem Coloniarum SMitagmate enthal-
ten ist, sind, wie es scheint, ßruclistücke aus jenem um-
fassenderen Werke, nachii'issig gesammelt und mit einer
Ifnzahl von Fehlern besudelt: aber dennoch von Nutzen
nnd zur Ivenntniss des Koloniewesens durchaus nöthii;. "
Was die Unzahl von Dehlern anbe!au);t, so würclc eine
dnrchjreifenile Kri(ik den jämmerlich entsielKen Text
von vielen Fehlern reiniijrn.
Am heftigsten hat sich {jegen das Alterfhum des gan-
zen AVerkes de agrorum ijual. erhoben Schultz, aber nicht
bloss dieses, somlern überhaupt der erhaltenen agrimen-
sorischcn Schriften. Vorzüglich macht er sich her über
das Latein in diesen Schriften und nennt es Latein des
SlittclaKers ; und tadelt IViebuhr wegen beschränkter Ein-
sicht in die Sprache. AVas von SchuKz's sprachlichen
Urtlieilen zu halten ist, ist bekannt. Uass mittelalter-
liche Redensarten hin und wieder in diesen Schriften
Jiervorfreten , kann nicht gclaugnet werden. Allein der
Grundcharaktcr, der sich allenthalben gleich bleibt, ist
der des Alterthums; und ganze Partieen haben gleichen
Charakter niit Partieen ans der Sclirift de Aquaed., z. D.
die mensurae (bei Gocs. p. 30 s<I<]-) "''' den.mensurae
im AVerke de Aquaed. Art. 24 sqq. Spätere Il.'indc ha-
ben dem Stil hin und wieder den Anschein dos Gemisch-
ten gegeben. Die Ivunstausdrücke sind keineswegs neu,
sondern so alt, als lue ältesten Schriftsteller über diese
Gegenstänile, so alt als die Sache, als die Kunst der
Agrimensnr; sie lassen sich auch grossentheils ans <ilte-
rcn Schriften Tiarhwcisen. Man denke an den gesuchten
nud künstlichen Stil Frontin s in seinen übrigen Schrif-
ten; man rufe sich in's fiediii htniss das in der >ienerungs-
sncht der Sprache beinahe keine Granzcn kennende Zeit-
alter des Frontin ; nmn bedenke, dass wir einen Agrimcn-
sor dieser Zeit in Händen haben; man vergleiche diese
Schriften genau mit ilcm Charakter noch älterer Schrif-
ten ähnlichen Inhaltes und auf uns gekommener Frag-
mente: und unser llrtheil nird milder werden. Dass
aber auch <lcr Inhalt der agriniensorisclicn Schriften über-
haupt von grösserer Wichtigkeit ist, als Schultz behaup-
tet, beweisen zur Genüge die Zeugnisse, aus denen Wal-
ter (Gesch. des röm. Rechts Buch I. Kap. 25. S. 264^
274) grösstenfheils den Abschnitt über die Millt.'irkolonieen
zusammengestellt hat. Vcrgl. AValtcr Kap. ,j. 30 und
anderwärts. Schultz hat seinen Brief über die Agrimen-
soren geschrieben olTenbar befangen von Vorurtheilen und
in der Hitze der Leidenschaft, ilie ihn, dem Niebnbr
gegenüber, wenigstens in den meisten Fällen mit Blind-
heit schlug.
b) Des Frontitius Schrift de re mililnii Romnyiorum.
Frontin liat die römische Kriegskunst nicht nur vor-
zng;sweise zum Gegenstände seines Studiums gemacht
(siehe unten g. 8.) , sondern auch wirklich ein"Werk
über dieselbe geschrieben. AVir wissen dieses theils aus
seinen eigenen AVortcn im Anfange seiner Einleitung zu
den Sfrateg. , wo er sagt: ,,Auch er habe, nachdem er
sich das Kriegswesen zu seinem Studium gemacht, zur
Bebauung dieser Wissenschaft es gewagt, ölFenllich mit
seinen Grundsätzen aufzutreten." Theils wissen wir die-
ses aus wiederholten Zeugnissen des Vegetius de re mil.
I. S nnd H. 3. Dass ilas Werk das rümisc/ie Kriegs-
wesen zum Gegenstände gehabt hätte , sagt uns Frontin
selbst nicht, aber es geht aus Vegetius hervor, welcher
unter Anderm sagt (I. S) : „Wir erforschen die disciplina
niilitaris popiili Romani und geben in unserem AVerkc
ganz getreu wieder, was über diesen Gegenstand Cato
Censorius, Cornelius Celsus, Frontinua, Paternus u. s. yy.
gesagt Iiaben." lind der Titel des AVerkes ist gewesen
entweder „De disciplina militari popnli Romani" (nach
AVgetins), oder „De scicntia rei rniiitaris Romanoruni"
(nach Frontin's Worten: ad instruendam rei inilitaris
srientiam). Des Frontinus Werk enthielt keine weitläuf-
tige Erörterungen über römische Kriegskunst im Ein-
zelnen, sondern nur eine kurzgefasste bündige Uebersiclit
der wichtigsten Erfahrungen nnd Grundsätze ans dem
Gebiete der römischen Taktik ; ganz im Charakter der
übrigen Werke Frontin's. Es dentet dieses Vegetius
(I. 8) an mit den Worten : quae Frontinus persfn'/igenda
duxerunt. Der Inhalt des Werkes ist im Vegetius nie-
dergelegt, obgleich wir die einzelnen Lehren aus dem
Znsammenhange nicht herausfinden können. Denn Vege-
tius hat, wie er selbst ausdrücklich bezeugt. Nichts aus
sich selbst geschöpft , sondern folgt nnr ganz getreu dem
Cato, Celsus, Frontinns u. s. w. und bringt deren Leh-
ren in eine seinen Ansichten angemessene systematische
Ordnung. Nihil mihi auctoritatis assumo , sagt er, seil
liornm ea , quae dispersa sunt, in ordinem et abbrevia-
tiones consrribo. Horum instituta, horuni praecepta stric-
fim fideliterque signabo. Und unter diesen scheint er
ganz besonders dem bündigen Frontin gern gefolgt zu
sein, dessen AVerk sich besonders durch Treue und lleis-
sige systematische Anordnung ausgezeichnet haben mag,
«egen welche? Eigenschaften es wenigstens von Trajanus,
selbst einem kriegsknudigen Ulanne, vorzugsweise vor den
übrigen /Werken dieses Inhaltes gepriesen wurde, wie
uns Vegetius II. 3 berichtet. Auf des Frontinus AVerk
besondere Rücksicht zu nehmen, konnte AVgetius bewo-
gen werden, weil Frontin sein AVerk nach selbstthäfiger
Erfahrung und ausgeübter Praxis geschrieben hatte, weil
er einen ausgezeichneten Ruf durch seine im Kriege ge-
machten Erfahrungen genoss und weil er überhaupt für
einen grossen i\Iann galt.
Nach meiner ed. Basil. 1532 sagt A'"egctius (II. 3):
Scd praecinnc Frontinus, scribeus Divo Trajano, ob ejus-
niodi comprobatur industriam. Die AV'orte scrilieits Tra-
jano könnten zwiefach gedeutet werden, entweder ,,bei
Lebzeiten des Trajanus": nach welcher Auslegung die
Schrift unter Trnjan's negierung abgefasst worden wäre;
— oder „welcher an den Trajanus schrieb": so dass uns
A'egetius sagte, Frontin hätte seine Schrift dem Trajanus
gewidmet, so wie Aelian (s. §• 8.) die seine dem Ila-
drianus, Vegetius die seine dem Valcntinianus ; und zji
855
856
Trajaii's ZpÜpii, an dnii ilic l'raef.ifio {jerichlot, «;ire ilie
Sclinft (liMii PiililiLiiiu iiliiT^cbi'ii Hordi'ii. >Vic iilaiisiliel
ila^ auili klingen mij , so ist ilorfi kciiis von U(M(lein
»alir. ürna es ist j;c»iss, «lass die lil)ri stratejfematicon
uutiT des Uoinitiaiiiis Tyrannei upsrlirieben und edirt wor-
den sinii. Die Sclirift de disriiilina militari aber ist vor
den Stralej. geschrieben, »ie Fruntiu in seiner Einlei-
tuii; zu den Slralej. selbst bezeugt, mit den AVnrten:
Cum aj i/tsliuenJatii rei militaris scientiitm nnns ex nii-
inero studinsoruni ejus aciesserim, eique destinato, quan-
tuni iura ndstra i.ilnit, sntisfecinse visns sini etc.. Rich-
tiger also lautet die .Stelle des ^'egetius: Frontinus, Divo
Trajanii ob r-jnsmodi c'OMig)rubatiis industriam , nie sie
auch gc'u lihnliih eitirt tvird , und wüuacli ich sie üben
frei ülertrajjeu habe.
c) Des Fronlinus Ubri Strntegematicon.
Friiutiii's drittes Werk führt den Titel : „.Strate<rema-
ticoii libri quattuur." Auch dieses ist unter üumitiau's
Regierung dem Publikum übergeben »urden, wie aus der
elirenvdlh-n KrHühnuiig des Tyrannen mit seinem rollen
Titel ,,lnii)erafiir Caesar üomilianus Augustus Germaui-
cns" an f.inf Stellen (I. !, S. 1. ,j, l!). II. 3, 2i- H.
II, 7. n'. 3, 14.) sich beiveiset. Was Frontin mit die-
sem AVerk geivollt hat, sagt er in der ersten Einleitung,
und in allen vier Einleitungen spricht er sich über den
Plan und die Anlage des Werkes deutlich aus. Des
Ste«echnis 31einung , das vierte Buch sei die Schrift de
re militari, hat schon A^ossius de Hist. Lat. zurückge-
wiesen. Das vierte Buch ist nach tlen drei ersten ge-
gchrieben worden, aber auch noch unter Dumitian's Regie-
rung herausgekommen, ilenii auch darin noch schmeichelt
Frontin dem Tyrannen. Daraus widerlegt sich von selbst
die Meinung derjenigen, welche glaubten, diese Bücher seien
dem Kaiser Trajanus geiiidniet, z. D. Jo. iMaria Cata-
uäus zu Plin. E|>. IV. f^. Raphael A'olaterranus Corament.
ürban, lib, XVI. Vgl, Polenn» §. 13.
(Fortsetzung folgt im nilchsten Hefte.)
Person al-Clirouik uud IMiscellen.
Berlin. Die drei ilidtiiclicn Gymnasien d.ihier haben- zu
Ostern d. J. ihe dircnlliche Prüfung iluer ZögliiJgc abgehalten.
Da (iyamasium /um Grauen - Kloitcr, unter iler Leitung' des
Director Dr. R i b I) e c k , lud dmcli ein Prograinin ein,
wrlchcj eine Abb.inlliing dos Obcilelirers Dr. Alscliefsky
entbült »lieber die kriliscbe Behandinnj; der Geschiclitsbiicher
de.< Tilus Livius", in \vclcl>er der Verfasser die Grumls.itze an-
deute! , n.ich denen wohl die von iiiin zu erwartende Heraus-
gabe lis Liiiiis veraiisl.iltct werden soll. Aus dem Jahresbericht
von Ostern 1Ö38 bis Ost. rn iS.'jg iibcr die Schicksale der An-
stalt 141 crsichllich , d.iss das Gymnasium .lucli in diosein Schul-
jahre M-ine 10 für «ich bestehenden Classen z.ililt. Die zwei
coordinirlen Cötns von Obertertia sind freilich eingegangen,
da|;e;en ist die Prims in zwei Stufen gesondeit, yvas aus dem
Anw.ich^eii der Srbiilerz.ihl nfjtbig erschien ; doch sind die
gleiclun hehrobjeclc meist auch in den Händen derselben Leh-
rer. In Foljje »einer liefördcrung in eine Lebrslclle dts Fried-
rich-Werdcr'schcn Gycnnasiuins schied zu O.lern der Slreitischc
Collabnrator Dr. Ern,l K.'pke aui dem Lrhrercolle;;iiiin. In
seine Stelle ruckte der Scliid.untscandidat Dr. Curlb. Dankbar
erwähnt der Direclor Dr. Uibbcck auch einer neuen Wiild-
tbat, die seiner Anstalt und dem Köni:jl. J(i3cbinnlbal\chen
Gymnasium gemeinschaftlich zugeQüsson ist. Es ist die s de
IM.irwedo - Silcm.inn'scbc Stiftung für zwei Schul- und /.«i i
Diiivcrsil.ilssli|>cndieii , jede auf 3 Jahre. \V:is die Schider/ahl
belriirt, so bcsucliten bis Ostern 1839 481 Schüler die Anstalt;
im verwichenen Schuljahre waren l'.'S Schüler aufjeiioniiucn
und 162 abgegangen. — Das Programm des Friedrich - SVerder'-
sciien Gyninasiunis , mit wclclicm der Director und Pro.'essor
Bonncll einla.lct, entliult eine Aldiandlniig des Oberlehrers
Gottscluck, bclitell: Apollinis cnltns onde ducendiis .«il , et
t|n3le i'ius numen .Tpud priscos, ipiale .ipiid posicros Graccos
fiicrit. Im ersten Tlicile handelt der Verl.'yun dem Ursprünge
des Gottes und von der Verbreitimg seines Cults. Als Resul-
tat gewinnt er die Ansicht, welche er gegen Alüllcr diiichiu-
fuluen versucht , dass Apollo's CniL in Tluacicn wurzele und
von dort aus durch die Küsten Klein.isiens von IVordcn nacli
Süden veibieitrt sei (p. 18). Im zweiten Tlieile wiid gehandelt
von der elhisclien liedeulung des Gottes (ile vi ac notiune, cpum
Hii propriani esse mihi pefsuasum est, p. lö). Zwei Alter im
^\es^n der Goltcr weiden unterjcliicden, und in diesem zw eilen
Tluile wird dargetliau, dass ab initio Apnllinis nuiurn^ Iniuriae
cniiislibet iilciscendae scelertoscjiic tolh^ndi war. Der drille Tliril
bi'liandclt die Zeil und die .\rt , in der Apollo in deum recen-
tiorem et verc Hellenicuni transniiitalns sit. — In der Chronik
des Gyinnasiiiins berichtet der Director Boniiell, dass der Coli.
Dr. Fülsing und der Prof. Dr. Lange aus dem Collcgiuni
geschieden seien. Jener ging als Lrlirer der Mathematik und
der neuern Sprachen an das Rülnische liymn.iäinni, diesem wurde
das Diiectorat des Gymnasiums zu Ocls übertragen. An die
Stelle des orsteren trat derDr. A. \V. Zunipf, bisherige Adjiinct
am Jnachimslharschen Gyninasitini ; die durch das Aiisscbreibeii
des Prot. Lange entstandrne Lücke wurde durch .\jcension der
Lehrer ausgefüllt, und für die unterste ordentliche Lclueistelle
iler bisherige Streitische Collabor.itnr am Grauen -Kloster Dr.
Ernst Küpke erwählt. Auch winden die Collabniatoren G o 1 1-
scliick und Schmidt zu Olierlehrein befi.idcrl. Zu Oslern
18,19 betrug die Zahl der Schüler 29^ in 8 Classen; und von
Ostern 1838 bis zu Anfang des letzten Qiiarlals wurden t09
Sciiiiler neu aulgenorainen ; abgegangen waren 67. Der Direclor
berichtet fei'ner von dem erfrcnlicbcn Anwacbs der Scbülerbiblio-
thek und gedenkt voller Danks der Frau C, C. L, Wackcn-
roder, die den Wunsch ihres 1806 verslorbeiien Gemalils, des
ersten Bürgermeisters C. B. Wackenrodcr ilabin erfüllt hat,
dass sie ihr Vermögen von 48,21(3 lUlilr. dem Gyinn-isium zur
Verbesserung der Lehrergehalte, meist aber zu Stipendien für
Studiicnde verniacl.l hat. — Zum liesucli der Sciiulleier des
Bealgyninasiums auf dem K.dln ladet der Director Dr. Au-
gust — durch eine Abbandlmig des Dr. Gustav Kramer über
den Fnrlner-See ein. Der Verf. beb.iiidelt die Lage, die Natur
des Sees; über seine Geschichte hat er in einem aus Mangel an
Baum nicht beigefügten Tbcilc seiner Arbeit gesprochen; doch
ist derselbe, wie auch eine Karte den im Buchhandel erschie-
nenen Exemplaren beigefügt. Der Verf. hat selbst den Grund
und Bolen erforscht, seine Abhandlung enthüll also die Resul-
tate eigener an Ort und Stelle angestellter Unlersucliungcn. <üe
in ihrer krilischen Gediegenheit und in der unbefangenen An-
schauung der natürlichen und künstlichen Verhaltnisse des Sees
den grossen Erwartungen einen festen (Jrund geben, welche man
von seiner zu hotrcnileii Ediliun des Stralio hegen darf; hat
doch auch der Verf. eine längere Zeit auf dem Roden Grie-
clienlands anhaltenden Studien gelebt. — In dem nachfolgenden
Jabrcsherichtc ihut der Direclor A iigust Meldung von dem Tode
des Director cincritiis Valeiillii Heinrich Scliniidt. Unter den
13 Legalen seines Testainenis war ein- von 2O0O Rlhlr. für die
Lehrer der Anstalt, ein anderes ebenfalls von 2000 Rthlrn., die
einen Lntcrstützungsfond für solche Scliüh;r bilden sollen , die
sich einem Gewerbe zu widmen beabsicbligcn. — Dem Obcr-
liliier Dr. Seebeck ist das Pi.idlcal eines Professors beigelegt.
_ nie Schiilei7.ihl belrug im -Vnfance des Winterkursus 385, in
9 Classen lerllieilt. Im letzl.u Schuljahre h\t Ostern 1S39 ver-
iie.M-n 115 Schüler die Aiulalt. Kp.
Zeitschrift
für die
AI t er tli ums wisse 11 Schaft.
Sonntag, 8. September
1839.
Nr. 108.
Das 3Iiiseiiin zu Alexandra und die kürzlich daiiiber
erschienenen Sciiriftcn:
1) Gustav Pinzger: Alcxaiiilria unfer ilcn ersten P<o-
lemaerii. Scliulprogranim. Liegiiifz 1835. 4.
2) Das Alexandriiiischc Miiseiini. Eine von der Königl.
Akademie der Wissenscliaften zu Berlin im Jtili INJ/
gekrönte Preisschrift von G. Parlliey , Dr. Mit
einem Plane von Alexandrien. Berlin in der Nico-
laisclien Buchhandlung. 1S38. 8.
3) Üeber das Alexandrinische niuscum, drei Biicher,
von Dr. Georg Heinrich Klippel. Eine Prcissclirift,
■welcher von der Konigl. Prenss. Akademie der
Wissenschaften das Accessit ertheilt ist. Göttingen
1838. Verlag von Vandenhöck und Rupprecht. S.
4) Die Alexandrinischen Bibliotheken unter den ersten
Ptoleniäern etc., nach Anleitung eines Plautinischen
Scholions. Von Dr. Friedrich Ritschi, Professor
der Philologie (gegenwärtig an der Universität zu
Bonn). Nebst literarhistorischen Zugaben über die
Chronologie der Alexandrinischen Bibliothekare etc.
Breslau, bei Georg Philipp Aderholz. 183*3. 8.
Das Museum zu Alexandria ist ein höchst bedeut-
sames Moment in der Culturgeschichtc der Menschheit und
steht noch bis jetzt einzig da in der Historie der Zeiten.
Denn Aehnliches hat es wohl gegeben; Aehnliches gibt
es noch ; allein Nichts, was ihm ganz gleich käme. Ge-
gründet ward es in der Stadt, welche Alexander iler
Grosse baute «md nach seinem Namen nannte , und jeden-
falls eingerichtet von dem Stifter jener erlauchten Königs-
familie, der Ptolemaer, namentlich mit einer grossen
Bibliothek versehen und sonst königlich ausgestattet und
sorgfältig geptlegt, gelangte es schnell znr Blüthe. Nach
dem Untergange dieses edeln, nur in seinen letzten Spros-
sen entarteten Geschlechts ward das Institut erhalten und
selbst gehegt und gepflegt durch die stolzen Ueberwinder
des Landes, durch die Römer. Und obwohl deren Reich spä-
ter auch zu sinken begann, obwohl es getheilt und zer-
rüttet ward; obwohl selbst das Christenthuni feindselig
bis zur Vernichtung gegen Alles auftrat, was der älteren,
der heidnischen Religion angeliört hatte, — dennoch
dauerte das 3Iuscum und seine Bibliothek, so scheint es,
fort und fort. Achtung vor seiner Herrlichkeit, vor sei-
nem Alter, \or seinen Verdiensten, und der hohe Glanz
seines Ruhmes mochte ihm Schutz verleihen in Gefahr
drohenden Zeiten. Erst nachdem es bereits fast ein Jahr-
tausend durchlobt, im Laufe der Zeiten wohl manche
Einbusse erlitten hatte, aber doch nie ganz erloschen
zu sein scheint, ging es unter durch den Fanatismus der
Araber, die Anfangs bei ihrem Auftreten als AVclteroberer
noch nicht das Süsse gelehrter Studien gekostet, noch
nicht das Bewusstsein von der Grossartigkeit und dem
Herrlichen der griechischen Wissenschaftlichkeit und Li-
teratur gewonnen hatten. Und dennoch kam mit der Liebe
zu den höheren Studien zu diesem Volke auch die Runde
von jener trefllichen Anstalt. Jahrhunderte nach ihrer Zerstö-
rung sprechen noch Schriftsteller dieser Nation von jenem
„AVisscnschafts"- oder „Weisheits - Hause" zu Alexandria
und weisen auf den Ort hin, wo es gestanden. Und solch
hoher Ruhm war wohlverdient. Denn abgesehen davon,
dass das Museum an eiuen der edelsten Culte des Hei-
denthunis, an den Cultus der Muse ursprünglich geknüplf
und so gewissermaassen geheiligt »var , wie viele be-
rühmte Gelehrte, Gründer oder Förderer von Wissen-
schaften , ausgezeichnete Schriftsteller mag es zu seinen
■Mitgliedern, zu seinen Beamten gezählt haben! Nur
Schade, dass uns die Quellen so wenige dersellien bei
Namen nennen. Was mag es gewirkt haben dadurch, dass
es jene Männer in seinem Schoosse versammeile, zu ge-
lehrten Unterhaltungen vereinte, und was genützt durch
seine unvergleichliche Bibliothek , durch welche es
die Geister nährte, weckte, befruchtete! Denn wer
berechnet den Einfluss einer so reichen Sammlung, die
Jedem zur Benutzung offen stand? Griechische Sprache,
Literatur und Gelehrtheit, wiewohl eigentlich fremde
Pflanzen in Aegypten, wurden in iliesem Lande unter
der Herrschaft der Ptolemaer heimisch , fanden dort eine
Wohnstätte, einen Zufluchtsort, verlebten daselbst, in
einem Zeiträume, wo im eigentlichen Griechcnlande ihre
Blume geknickt war, eine neue Blüthenzeit und das ge-
wiss zumeist in Folge des Bestehens jener herrlichen
Anstalt. Sie war der 3Iittelpunkt des wissenschaftlichen
Lebens in Alexandria, eine Zierde dieser Königsstadt,
ein ruhmvolles Denkmal seiner Stifter und seiner För-
derer, und sie kennen zu lernen und zu lehren, nach
ihrer inneren Einrichtung, nach ihrem Wirken, Hach
ihren ziemlich wechselvollen Schicksalen , ist unstreitig
eine der interessantesten Aufgaben, welche je der .Alter-
thumskunde obgelegen.
Aber auch eine der schwierigsten! Es mangeln uns
einmal Quellen , « eiche reiche Ausbeute gäben , und
859
860
snil.iiiii lies*! "as insoiiilorlieit «las Wirken einer solchen
Anstalt liotnUt, es in iler >a<nr «lerseliirn , iliiss selliijfes,
iiiMrii ant-li muh s» «i-it unil einllnssreich, (loch still, leise
unuTinerlvt jfcsrliieht , «ler^'ostait , ilass selbst der Gefen-
»v.'irtijje es oft nicht erkennt, gescIiHoijje iler, h elcher
<lurch Jahrhinnlerte oiler Jahrtansenile davon getrennt
ist und Nichts vor sich hat, als einzelne, abgerissene,
sp.'irliche Nachrichten. Denn eben darin nnd nur darin
bestehen jene (incllen, aus denen der Altertlinuisforsch'er
scliiinrcn kann, uill er eine Kenntniss vunt Alexandriui-
scheu .'Musenm geivinnen. Z»ar hat im Altertlinnie riber
diesen Gegenstaiul eine eigene Schrift existirt unter dem
Titel: fji-oi Tür £r './kfi:avöoei<i jlfovoeioif. sie hatte
zum \'erfasser den Grammatiker Aristonicns '), einen
Zeitgenossen des Strabo -), und als Alexandriner ■*) möchte
derselbe «olil vor Allen berufen gewesen sein, ein sol-
ches M'crk zu schreiben. Zuverlässig ist es umfangs-
reicli gewesen: es bestand, nach den AVorten des Photius ')
zu nrtlieilen, höchst Hahrscheinlicli aus mehr denn einem
Buche. Sonach könnte es hier iviclitige Dienste leisten.
Allein es ist verloren gegangen. Nun hatte es Sopater
exccrpirt und mit diesen Excerpten einen Theil des
zivülflcn Bu( lies seiner )iv).i.uyiijv angefüllt ^). Diese
AiKziige kininten uns vielleicht den Verlust des >Verkes
selbst einigermaassen ersetzen ; allein auch sie existiren
nicht mehr. Und so vermögen «vir nicht einmal über
Plan und Inhalt jener Schrift lies Aristonicus sichere
Aiiskiu'ft zu geben. Nur vermuthungsweise lässt sich
darülier Folgendes sagen: Sopater's S\llogen bestanden.
Dach dem zu schliessen, was Photius davon mittheilt,
aus einer Sammlung Dcnktvürdigkeiten aller Art. £r
hatte ilie verschiedensten Werke cumpilirt, aber doch
die Excerpte, »vie es scheint, nach einer gcivissen Aehn-
liclikeit des Stoffes an einander gereiht. Wenn er nun
im eilflen IJiiche mehrere Lebensbeschreibungen <les Plu -
tarch und iiii zivölflen <las Werk des Kallixeniis über
Mahler und liildhauer (eine Art Rünstlergeschichte) aus-
gezojren hatte und darauf <lic Excerpte aus Aristonicus
folgen liess, so darf mau ivuhl annehmen, dass iliese
lelAteren ähulichi-n Inhaltes mit den vorhergehenden
waren, also merkwürdigo Schicksale, weise Sentenzen u. s. iv.
von solchen .'\Iaunern, welche Blitglieder des iMuseuins
gewesen waren, enthielten. Mithin wird auch Aristoni-
eus biograpliiscli verfuhren sein. Es folgten auf jene
Aoszü;;e aus Aristonicus anticro aus des Aristoteles Schrift
über Staatsverfassungen {'lEoi rrt/kirCKiJu). Sollte mau
nun nicht gleicher Weise schliessen dürfen, dass Aristo-
nicus «ich auch über die innere Einrichtung des Museums
verbreitet haben müsse? Zu derselben Verniuthiing be-
rechtigt der Titel des Buche«. Und so mag Jonsius Hecht
haben, wenn er, obwdhi efivas zu bestimmt, schrieb''):
„In illo opere Aristonicus Alexaudrinoruin philosophoruni
doctoruni histuriam texuit .Muscii^ue eius ratioueui oxpo-
1) PhoL bibl. CI.XI. p. 104. b. lin. 40 sq. ed. Bekk.
2) Slrab. I, 2. T. !. p. joi. ed. Sicbcnk.
3) Suid. ». T. '^iQWtollxOt.
4; Er sa»t a. a. U. S<>|i.iler habe geschöpft ix zw»' loi; '//ot-
atitfUou niftl »Oü (y '.IJ.ilui'äinla Mouaiiou.
5, Pbül. a. J. U.
6y De Script, hiat. pliilos. p. 21S.
suit." Je umfassender und inhaltsreicher hiernach das
Werk des Aristonicus gewesen sein niuss , desto mehr ist
sein Verlust für uns zu bedauern.
Jene Schrift des Aristonicus ist, soviel wir wissen,
im Altertliiimc die einzige ihrer Art gewesen. Zwar
nennt man hin und wieder ') als A'erfasser ähnlicher
Werke den Dichter und (iraniniatiker Kallimachns ^) und
einen sonst eben nicht sehr bekannten AIcidamaa ^) oder
Chaicidamas '"). Betrachtet man die Sache indessen mit
kritischem Auge, so erscheint sie völlig grundlos. ")
Denn erstens war der Titel jener Werke bloss IMuvOEiOV,
für einen so speciellen Gegenstand, wie ilas Museum zu
Alexaiidrien war, viel zu allgemein; iler Titel der Schrift
des Aristonicus dagegen lautete: llto'i Tot' iv '^Jf.t^av-
d()tia 3/ui>osl(>i>. Zweitens lehrt ein Fragment, welches
uns von dem Werk des Alcidamas erhalten ist "), dass
dieses Buch eine Art griechischer Literaturgeschichte,
vielleicht eine Sammlung von Biographieen hellenischer
Dichter gewesen sein müsse. Dort nümlich wird das ge-
walf.'iame Ende des Ilesiodus und die Bestrafung seiner
Mörder erz.'ihlt; wie aber k.'imc dergleichen in ein Werk
über das alexandrinische Museum ? Dagegen konnte ein
Buch nbi'r Dichter nnd deren Leben ganz wohl den
Titel j}/(ii'r,fiur führen. Kein anderes Resultat gewäh-
ren die Verse, welche uns Stobaus ") aus der Schrift
des Alcidamas gibt: obendrein sind sie wahrscheinlich
aus Theogiiis genommen. Ilieniacli war zuverlässig auch
des Kalliniachus Jl/ut'OSi'ov etwas Aehuliches, und folg-
lich gehören beide Schriften nicht hierher.
Allein wenn weder des Aristonicus \Verk, noch andere all-
gemeinem Inhaltes, in welchen, wie zu vermutheii steht,
des Museums zu Alexaiidrien und seiner Schicksale Er-
Hähiiuug geschehen, z. G. über Alexandria von Apolluniug
Rhudiiis, Nikaiior, Kallixeniis, Horapollo, Aeliiis Ding
oder über die Tliaten der Ptolemäer von Agatharchides etc.
uns geblieben sind, woher sollen wir die Kunde über
jene merkwürdige Anstalt schöpfen? Wir sind rein auf
die einzelnen Stellen aus griechischen, römischen und
arabischen Stellen beschränkt, in denen nur gelegentlich
dieselbe erwähnt wird, nnd welche, messen wir sie nach
ihrer Zahl, allenfalls genügen möchten, sehen wir auf
ihren Gehalt, schwerlich befriedigen können. Viele
derselben enthallen bloss wenige nutzbare Worte ; manche
geben nur ein und dasselbe; nicht selten widersprechen
7) K.ist alle Historiker der giiocb. Literatur seil Jonsius.
8) Stiidjs (s. V. KuV.(itu/_oi) hat hierzu Veranlassung ge-
geben
9) Certani. H.siod. et Hom. p 250. ed, Goeflling. Götlling
wollte hier verbesseni KuXUftaxoq i allein Stobaus ist cnl-
^e;;<n.
10) Slob C.VX, 3. vcr;;!. Caisf. iuJ. leminat. s. v. Wylfenb.ich
zu Pbitarch de coiisol. p. 105. Wdcker über den epi-
sclien Cyclus S 72.
11) Mit ilicsciii Urtlicile sliniiiien so ziriiilich iiherein Btoni-
fiel.l (CaIIiiu. fra-iii. p. 2l8), Bernliardy ( Grunilr. der
griecb. Mt. I. Bd. S. 36S. "Ob scbon des Kallimaclius
Movfiov il:ir.ior eiii;;ing, k.iiin niiu iiczweifcln") iinrl
Ritsclil (iihcr die alcx Uibliolliek S 13 I), obwobi <\< s
letzlerii Beweis von der llmni^r - Rcccnsion Ix JHovati'ou
bcr^enomiiieu , nielil Ireireiid ist.
12) Bei UcMod. a. a. Ü.
13) A. a. O.
861
862
sie sich ; Msweilcii mnss erst die Kritik sirh an ilinpn
vcrsiiilii'ii. Also aus I\liisivs<ii(kfii soll ein Ganzes zu-
gainniciifte.selzt Herden! Hier Loinnit zu Statten, dass ,
seit das Studium der Altertliumskunde , liesnnders der
Geseliiilite <ler alten Literatur, im Abendlande Auf-
schivun^ «fpuounen, der Gegfenstand bereits vielfarli be-
arbeitet Hurden ist, theila beiläufig, tbcils in besonileren
Sohriften. üa ist denn schon Slanehes gesammelt, ge-
sii'litet, erläutert, was gegen ujirtig der Forscher benutzen,
wodurch er seine Untersiitliungen fiirdern kann. So wanl
Dlelireres in die gelehrten t'oinnientare zum Strabo,
Athenäus, Siietoii, Aiiiinianiis IMarcellinus niedergelegt,
oder in Werke verwandten allgemeinen Inhaltes, als von
Conring in die anti<|Uitt. Academ., von Jonsius in sein
Buch de scriptor. histor. philos., llospinianiis, Caro, Ali-
rhaelis, Kabricius, Heyne, Maiiso, Sprengel u. A. Ja,
es ers(hieneii selbst besondere Schriften über die Anstalt,
als von Johann Fried, (iroiiov, Küster (Meocorus), Redien-
berg, t'rol! , Greisclier etc. Ausserdem schrieb man über
dii- liililiothekeu Alexandria's , namentlich über die des
IMuseums, tlieils besondere Abhandlungen, wie Beck, Au>
guis, Dedel u. s. w. , theils gab man gelegentliche Hin»
«eisungen und Erörterungen bei Hehandlung ähnlicher
Dlaterien. Genug, das Institut hatte schon immer bei
den Gelehrten vieles Interesse gefunden , und den nach-
folgenden Forschern war mancher Vorschub geleistet,
freiliih auf der andern Seite auch wieder mehr IVlühc
und Arbeit bereitet worden, denn es hatten sich manche
falsche Ansichten, unsichere ^^ermufhungen mit der Zeit
eingeschlichen. Alle Dunkelheiten aber waren selbst in
der neuesten Zeit nicht gehoben, insbesondere nicht durch
Watter's oberllUchliches Werk: Essai historique snr l'ecole
d'Alexandria etc. (d Paris 182U). Das bcwog eins der
Mitglieder der Akademie der Künste und Wissenschaften
lu Berlin im Jahre 1833, die Sache zum Gegenstände
einer Preisaiifgabe zu erwählen.
Es standen nun damals die Verhältnisse so, dass die
Stellen in den Schriften der Alten, wo von dem Aluseo
in Alexandrien <lie Reile ist, weiler alle, noch hinläng-
lich benutzt waren , dass mehrere derselben erst kritisch
untersucht und beleuchtet werden mussten; dass manche
falsche Ueutunjren sich eingeschlichen hatten, welche
zurückzuweisen waren; dass die Geschichte des Institutes
und seiner Bibliothek und die Einrichtung beider noch
sehr im Dunkeln schwebte; dass mau selbst von den
Leistungen der Anstalt nur ganz geringe Kenntniss hatte.
Hier war also zu sammeln, zu erklären, zu sichten, zu
forschen, aufzuhellen, zu combiniren, nachzulesen, das
AVahre anzuerkennen, was früher schon aufgestellt war,
Neues hinzuzufügen, was durch Kritik, ausgebreitete
Alterthuinskunde oder sonst gewonnen werden konnte.
Es lautete aber die Aufgabe der Akademie also:
„aus den über das Alexandrinische Museum vorhan-
denen sehr Iraginentarischen Nachrichten mit Hülfe
einer kritischen Combination ein Ganzes zusammen-
zustellen, das eine anschauliche Idee von dem Zwecke,
der Organisation, den Leistungen und den Schick-
salen dieser berühmten Anstalt gewähre."
Hier schien IManthem der Ausdruck „mit Hülfe einer
kritischen Combiuation" auffallend. Als üb bei einer
so re'in historisclien Sache allein nur durch Combina-
tion Viel zu gewinnen sei , und nicht vielmehr zu-
nächst durch gründliche philologische Untersii« billigen
und in Folge dieser durch bedäihtige Combiiiationen.
Der Erfolg hat gelehrt, dass es wirklich nur auf daa
Erstere , nicht auf das Letztere abgesehen gewesen.
Auch wollte es Etlichen, die mit dem Gegenstände
sich einigerniaassen vertraut gemacht hatten , bedün-
ken, wie wenn bei der Mangelhaftigkeit der Nachrich-
ten der Stoff etwas zu dürr sein möchte, und die, welche
si( h der Lösung der Aufgabe unterzögen, leicht Fremd-
artiges hineinmischen könnten. Ja, dieser oder jener hielt
die Aufgabe darum selbst für unpassend. Um diessfall-
sigen Missverständiiissen vorzubeugen, ward hinzugefügt:
„Es versteht sich, dass die einzelnen Wissenschaf-
ten, die dem iMuseum ihre Begründung oder Er-
weiterung verdanken , heriorzuheben und die ein-
zelnen Gelehrten «les Vereins , die sich in dieser
Beziehung verdient gemacht haben, anzuführen sind;
aber es ist keineswegs die Absicht der Akademie,
eine nur mit biographischen und bibliographischen
Einzeliilieiten überfüllte Literaturgeschichte des spä-
tem (jrierhenlaiids in's Leben zu rufen. Es kommt
hier, wie man leicht sieht, auf etwas mehr, als
auf blosse Anhäufung eines literarischen Apparats
an. Wer also Nichts weiter, als einen sulclieu zu
geben vermag, »erschtt enile seine Zeit nicht an
eine Untersuchung, die dadurch wenig gefördert
werden würde. Dass auch von ileii Schicksalen der
berühmten Alexandrinischen Bibliothek und ihrer
angeblichen Katastrophe unter Omar die Rede sein
müsse, versteht sich von selbst; es fragt sich nur,
ob nach Boiiamy's, Dedels, Reinhard's und Augui's
Untersuchungen noch etwas Neues darüber zu sagen
sein möchte."
Werkwürdig, dass trotz dieser weisen Mahnung gerade
die beiden gekrönten Schriften an jenem Fehler des Ue-
bermaasses und der Ueberfüllung im Punkte des Litera-
turhistorischen, wie wir nachher mit 31ehrerem sehen
werden, leiden und in solcher Beziehung ganz aus der
Fuge gegangen sind. Was aber das Zweite, oder die
AiKleutuiigen über die Alexandrinische Bibliothek anbe-
trill't , so mnss befremden, ilass dein Forscher durch die
Ausdrücke „angeblich'-^ und „ob nach Bon(nny's etc. Un-
tersuchungen noch etwas Neues daiüber zu sagen sein
möchte^', gew isserinaassen die Hände gebunden werden,
indem ihm leicht die Vermuthung einkommen konnte,
die Akademie wünschte gerade od t wäre der Ansiclit,
dass der Hvperkritik Gibbon's und ilen maunichfaltigen
unrichtigen Behauptungen Bonam\'s, Dedcl's etc. gehul-
digt werden möchte. Die Schrift des Herrn Parthey
scheint solches zu bestätigen: er hat sich denen beige-
sellt, welche eine Verbrennung der Babliuthek durch die
Araber läugnen, und sodann hat er nicht viel mehr ge-
geben, als jene Franzosen oder Dedel, obwohl sich viel
Besseres hätte sagen lassen.
Mit Ungeduld harrte das gelehrte Publikum dem Tage
der Entscheidung. Mittlerweile hatte auch der damalige
Direktor des Gymnasiums zu Liegnitz, Pinzger, ob aus
eigenem Antriebe oder erst durch die Aufgabe der Bcr-
863
864
liner Akademie veranlasst, ist ungpiiiss , Hon Enisclilnäs
fefassf, üf/er d<is Zeitalter der Ptolemäer und die lite-
rarische Kultur desselben oiii oiiii-iies Werk aliztifasspii.
Als Aiikiiinii'Jiiiif p\\> er im Jalirc IS:}j ilas oben viiitpr
Kr. 1. aiifffofiilirfp Scliiilproijrainin heraus, das dereinst
als einleitendes Kapitel zu einer historisch-kritischen Un-
tersuchung über das Alexandrinische Museum dioiieii sollte
(vgl. S. .") f. >i)t. tö). 1" <lomsp|l)pii l)Os|)rirlit er fol-
eeiide (•e"iMistaiiilo : die Ptolemäer in Apfjvptcii; den Geist
ihrer Ilefierinig; ; Alexandrien bliihet schnell auf; Lage,
Unifang, Eifcentluniiliehkeifen der Stadt. üer \er{. hat
hier Maiirlies heigi-lira<ht, «as zur Berichtigung des Pla-
nes von Alexandrien nirht ohne AVerth ist, niehrerc .Stel-
leu der .Alten rirhtif^er erklärt, als seine A'^orgängcr und
mehrfach auf ^'ersehen .Manso's, Bonaniv's, Hl.itter's (über
dessen oberiläcliliches .'Machuerk, ob>vohl es das Prädicat:
couronue par IWcadeniie des inscriptions et helles lettres
an derStirne triij;e, Hr. P. S. I() Not. ()i ei" sehr wah-
res Wort gesprochen) aufmerksam gen>acht. IVnr ein-
mal ist ihm selbst widerfahren, sich zu irren, nämlich
S. 14, wo er behauptet, der Rlietor Aphtlionius setze
die Bibliothek und das Museum in die Akropolis. Er
folgert solches aus den Worten iles Redekünstlers, die
er aber falsch übersetzt hat. Sonst zeigt sich Hr. P.
fiberall als ein strenger, besonnener Forscher, wie man
ihn auch schon sonst hat kennen lernen, uud das gegen-
wartige Programm darf von <lem nicht übersehen werden,
der die Chorographie Alexandria's fester stellen will.
Schade, dass der gelehrte Alann in seinen besten Jahren,
wahrscheinlich in Folge zu grosser Anstrengungen des
Geistes, ein frühes Opfer des Todes geworden ist. Es
Latte sich iu dem vorliegenden Falle etwas Tüchtiges
erwarten lassen, sowohl was den Fleiss, die Sprach-, AI-
terthiims- und Literaturkunde des ULanncs, als die Grund-
sätze anbctrifl't, nach welchen er jenes grössere Werk
zu bearbeiten gesonnen war. Auf die letzteren will der
Ref. hier namentlich hingewiesen haben, weil sich aus
ihnen so recht der Gegensatz der Parthev'schen Schrift
and des aus ihr heranwehenden Geistes erkennen lässt.
Hr. P. spricht sich auf der Rückseite des Titelblattes
über sein zukünftiges Werk also aus: In ileniselben soll-
ten die besonders durch neuere .Schriftsteller in Umlauf
gebrachten irrigen Ansichten einer auf strenge Quel-
lenforschung gegrünileten Kritik unterworfen werden.
Das Resultat dieser Forschungen — — würde daher
allerdings mehr ein negatives, als ein positives und es
würde in dem Buche — — mehr davon die Rede sein,
was wir z. ü. von dem vielbesprochenen, aber wenig ge-
kannten Museum nicht wissen, als wai wir davon wissen.
„Denn", heisst es dort vortrefflich, ,,so sehr auch eine
gewisse Zunft sich dagegen sträubt, es bleibt wahr:
„„est ({Uaedam nesciendi ars et scientia." " ,,I)ic ISicIlt-
beachtung der (iränzen, bis zu welchen möglicher Weise
in historischen l>ingpn unser Wissen gehen kann , und
welche stets nach ilen gegebenen (Juellenberic hten sich
bestimmen, sowie diejenige Combination, welche mehr
auf der Phantasie, als auf Thatsarhen beruht, haben in
alle reale Thcilc der .Vlterthuuiswisseuschaft, iu Griechen-
lands und Roms Urgesrhichte, iu die Mvthologic, in die
Alterthümer, in die Archäologie, ja selbst in die Litera-
turgeschichte das griisste Unheil gebracht, wie man doch
nun immer mehr und mehr einzusehen beginnt. AVir
brauchen aber keine Träumereien über das Alterthnm,
sondern es thut Noth, die Quellen zu durchforschen, zu
sichten , zu erklären und deren geläuterten Inhalt der
Betrachtung vorzulegen. Wie unendlich viel aber in <lie-
ser Beziehung noch zu thuii ist, weiss Jeder, der nicht
im A'orhofe steht." Herrliche Worte, die durch alle
Gaue Germaniens tiinen mögen, damit sich der deutsche
Gelehrte jenes Kleinod bewahre, durch welches wir bei
andern INationen berühmt sind. Der Gründlichkeit be-
dürfen wir; ihr ist Vorschub zu leisten. Unkraut wu-
chert von selbst. Damit wollen wir nicht behauptet ha-
ben, dass <ler Combination gar kein Spielraum verstattet
werden solle; im Gegeutheil : wir halten es für einen
wesentlichen Fortschritt unseres Zeitalters, dem philoso-
phischen Nachdenken und Abstrahireu in Allem, auch
in der Alterthumsknnde, die Bahn zu gönnen; aber Solches
muss nicht auf Kosten der Solidität tles Wissens und For-
schens geschehen.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Karlsruhe, Der Grossberzojl. Obcrstndicnr.itb bat, die
preossisclic Einrichtung nachahmend , durch ein Gfoenle vor-
orilnet, d.iss bei allen Lyccen , (jyninasicn inul Pädagogien in
jeder Classe oder Classenabtiieihing ein Buch gehallen werde,
in welches entweder die Lehrer oder Einer der Scliüler njch
jeder UnIcrricIUssInnde genau eintragen müssen, welches Pen-
sum lür die nächste Stunde des bctretronden, nämlichen Unter-
richts aufgegeben worden ist. Der Zweck ist, die Schüler vor
Uel)crl.idong zu sichern. Also auch nach Baden hat Lorinsdr's
AngrilT gewirkt. Indessen niüge man sicli nicht zu weit verlei-
ten lassen, sondern ein Wort des Lyceunisdirectors Loreye
beher/.igen, welcher irgendwo sagt; nMüchte doch das viele
Studiren die einzige Gctabr sein , welcher junge Leute sich
aussetzen.« Bemerkenswcrth ist jedenfalls die überall gemachte
Erfahrung, dass fast immer die (li-issigsten Jünglinge der Gym-
nasien auch die stärksten nud blüliendslen sind. Und nun noch
ein Wunsch: Möge es mit der Nachahmung des preussischcn
Unterrichtswesens nicht bloss bei der Einlührung dieser Pensa-
Bücher sein Bewenden haben ! x,
Rinteln. Die neulich erwähnte Ablehnung der Director-
stelle Seitens des Prof. Dr. Brauns ist vom Knrfürstl. Ministe-
rium des Iimern nicht angenommen worden. Prof. Brauns hat
nun bereits seit Joliannis die Stelle des Directors und ersten
Lehrers angetreten. — r.
Gas sei. Dr. Schub art ist von seiner wissenschaftlichen
Reise nach Italien und Sicilien nach fast fünfmonatlicher Ab-
wesenheit zurückgekehrt. a.
Nötbige Verbesserungen einiger Druckfehler in der Recen-
sion des \Vald,.eslel'schen Programms Nr. 85 — 89. J.ihrg. 1839.
p. 676. Z. 1 ihm; lies ihn. p. 679. Z. 21 v. u. mild; I. wild,
p. 684. Z. 3 aber; 1. war. p. 686. Z. 11 ilas Komma hinler
i.gera<le« zu streichen, p. 694. Z. 1 so; 1. es. p. 698. Z. 3
V. u. 1. erwarteten. C. (1. F.
Zeitschrift
lür die
AI terth LI ms wissen Schaft
Mittwochs 11. September
1839.
Nr. loa
Das Museum zu Alexandiia und die kiiiv.licli darüber
erschienenen Scliriflen.
(Fortse tz u njj.)
Als endlich iler Termin <ler Entsclieidiinjj über die
bei der Berliner Akademie eingegangenen Arbeiten er-
schien, ward — keine Schrift fiir geniijjend erkannt und
ein neuer Termin (18}7) gesetzt. Nach >Vrlaiif dieser
zweiten Frist führte Hr. Dr. Parthev die Braut heim.
Das Accessit erhielt Ilr. Dr. Klippel. Kaum war (Icr
Spruch gefüllt, als beide nichts Eiligeres zu <hun hatten,
als ihre Arbeiten drucken zu lassen und ilem Publikum
vorzulegen. Die erstere war gepriesen worden von Sei-
ten des Keichthums des Slofl'es, des Geistes und der ge-
sunden Kritik, der feinen Conibiuationsgabe, des f^l.'inzeu-
den Stiles. Wenn daher auch am Ende des ürthcilcs
(nur ein leiser Dämpfer) hinzugefügt »vird: „Alles
wird nicht bloss den geschmackvollen Liebhaber, sondern
auch den kundigen Alterthumsforscher einiger maassen
befriedigen", so war man doch erstaunt, als wenige \Vo-
chcu nach dem Erscheinen der Schrift in den Berliner
Jahrbüchern eine Beurtheilung derselben von einem nam-
haften Gelehrten erschien, in welcher das Werk als der
Wissenschaft mich nicht im mindesten forderlich und
ersprieslich dargestellt wurde. AVen hätte dieser Zwie-
spalt des Urtheils nicht befremden sollen ? AVare das Pu-
blikum wirklich getäuscht? das Ganze Nichts, als eine BIv-
gtifikation { Wir «ollen die Sache mit allem Ernste prüfen,
wir glauben das beiden Parteien schuldig zu sein. Wenn
sich dann nichts destoweniger die Wage für Hrn. Prof.
Dr. Bernhardjf entscheiden sollte, so wird und soll Ilr.
Parthey <larin keine Parteilichkeit erkennen; denn Ref.
schätzt Hrn. P. sehr hoch und hat schon zweimal Gele-
genheit gehabt und genommen, ihm wegen zwei seiner
früheren Schriften öffentlich das gebührende Lob zu cr-
theilen.
Wir beginnen mit der so hoch gestellten Einleitung.
Sollen wir offen unsere Meinung über sie ablegen , so
erscheint sie uns , so schon sie auch an sich ist und so
angenehm sie sich lieset, für den speciellen Zweck doch
viel zu allgemein, Sie passt ebenso gut als Einleitung
zu einer Darstellung der Alterthnniskunde der Aegvpter
überhaupt und namentlich im A'crhaltnisse zum griechi-
schen Alterthume. Sie spricht nämlich (S. .j) ganz im
Allgemeinen von der Weise und dem Grade der griechi-
schen and ägjptischan Kultur und knüpft die diessfall-
sigen Bemerkungen nur sehr lose und sehr fern an den
Satz (S. 3): „Obgleich diese Anstalt [das Museum] von
hellenischen Fürsten in einer hellenischen Stadt angelegt
Hurde, so war sie doch, ihrer Erdstellung nach, wesent-
lich ägyptisch" , ein Satz, der nichts weniger als den
Leser auf den richtigen Standpunkt setzt. Denn das
Museum war allerdings von hellcnisirten Fürston in einer
Stadt, wo das hellenische Element die Grundlage bildete
— so würde sich der Kec. im obigen Falle ausgedrückt
haben — gestiftet worden, aber auch seinem ganzen Wesen
nach hellenisch, keineswegs, wie der Verf. sagt, „wesent-
lich ägyptisch seiner Erdstellung nach."' Denn bedingt
Wühl die letztere das Wesen einer Sache 1 Abändern,
theilweise einwirken und umgestalten, das nur vermag
ein Land mit einer fremden Sache. Es ist daher das
allein Richtige, hier vom Standtpunkle des Hellenismus
auszugehen, wie auch Klippel getlian hat. Unserm Verf.
scheint es an der gehorigeu Kunde des griechischen Al-
tcrthums gefehlt zu haben, weil er hierauf, obwohl es
eigentlich auf der Hand liegt, keine Rücksicht genommen.
Um unsere Leser in den Stand zu setzen, hierüber gründ-
lich zu urtheilen, um sie zu überzeugen, dass, wer «las
alexandrinische Museum seinem Entstehen und seinem
AVesen nach begreifen will, auf Griechenland hinblicken,
dorther die Erklärung des Ganzen herholen muss, so wol-
len wir hier einschalten — denn dieser unser Aufsatz
Süll nicht eine blosse kleinlich-splitterruhterliche Recen-
sion gewöhnlichen Schlages sein, sondern der Wissenschaft
selbst eigentlichen Vorschub leisten — einen
/. Excurs:
lieber die Museen der alten Griechen überhaupt.
Ein Museum {novaiior) war ursprünglich den Grie-
chen ein blosser Tempel der Musen, als der Vorsteherin-
nen des Gesanges, der mit Saitenspiel begleitet zu wer-
den pflegte. Vgl. Hom. H. I, (i04. II, 4S4. Hymn. in
Apollin. II. Athen. VIII, 41 (p. 348- D.) u. s. öfter. Nun
wurden bei dergleichen Heiligthümern heilige Feste be-
gangen, auch fiovOtia genannt und gewöhnlich durch
Absingung von Gedichten unter musikalischer Begleitung
verherrlicht. Athen. XIV, 26. (p- ti2 )• A.). Vgl. Olfr.
Müllers Gesch. der Min. S. 3S|. Boeckh. corp. inscnpt.
graecae. T. I. p. 7ü-'. No. 158.' sq. Zu solchen musi-
kalischen Musenfesten waren freie Räume nothig, «o
sich die Sänger und Gesangrichter und ein zahlreiches
Publikum versammeln konnten. Vielleicht begräuzte man
867
868
iliose Iiiii lind «ipiler, bppflanz<e sie anrh wolil mit Baii-
inrii, wie die Gviniinsipii. (^'s'- Tliooplir. Iiistor. plantar.
ly, ll'i. [{C, nach Sdnipidor]. üar;iiis s<lii>|>rtc Pliii. liist.
iiat. X^ I, .')?.). Soliher^psfaU oriipitprle sicli drr Be-
g^rifl' eines ^luseuui^: es «urdeii auch jene Räume allein
so g-enaniit : z. B. ein Iltifcl hei Athen (Pausan. I, 15,
.5. 6-)i l>^' Ap<era auf Kreta (Suid. n. Stephan, liyr.. s v.
\^lTepn) , »lo die Sagen, welche man von beiden hatte,
stattsani auf die eif^entliche und ursprüngliche Bestim-
mung dieser Plätze hinilputeu. Die \^erelirung der Hlu-
scn scllist trat in den Hintergrund , der praktische Zueck
jeuer Räume stellte sich heraus. Doch wird wohl selten
oder gar nicht ein Tempel oder wenigstens ein Altar der
Hlnsen gefehlt haben. Weil dergleichen Rfiunie wicdcr-
liallten von Gesang und Saitenspiel, so konnte Euripides
(Helen. 1117.J ilas Reich der Persephoue bildlich itov-
aeia &prvi'ilU(ri t('^'W(5« (von Klageu rings tunende
Oerter) nnd in einer andern Stelle (fragni. Alcmen. beim
Schol. Aristoph. Ran. 9 !.) den Hain bei Theben iioirrela.
yt/ louvoiv, .'jingplafze der Sclnvalben, nennen, welchen
Ausdruck Aristophaaes parodirlo (Ran. a. a. O. u. dazu
Schol. Vgl. Ritter in d. Schulz. ISit. Febr. IL Abth.
S. 124 f.), ihn auf die schlechten Tragiker seiner Zeit
anwendend. AVo es nuu Tempel der Musen (eigentliche
fj.üV<JCin) gab, da wurden wohl auch die Prei«gedirhte
oder .4bschriften von den Werken berühmter Dichter auf-
bewahrt, wie z. B. im IMuseum auf dem Helikon, wo
sich ein altes Exemplar der Tagewerke des Hesiodus
vorfand. S. Prellcr in d. Hall. Jahrb. 1S38. No. 142.
S. ll.'i.'. Der Anfang einer Bibliothek von Dichtern bei
den Museen.
In ein besondere» V^erh.'iltniss kam der Musendienst,
als die Philosophie in Griechenland aufblühte. Die Phi-
losophen betrachteten nämlich ihre AVisscnschaft als ei-
nen Theil def .Musik oder der Harmonie, nannten sie
sogar unio/y.y-y (Ast zu Plat Phaed. p. .iiß.) und stell-
ten sie unter die ^'orsleherschaft und den Schutz der
Musen, «eiche Göttinnen dadurch zu Vorsteherinnen der
Pliilosopliie, des philosophischen Studiums, ja, der ganzen
höheren Bildung wurden (Aristoph. Eijuit. 188 sq. u. dazu
Schol. Volum, llercnlan. I. p. 51. 7t yäo fJkex^'
ütxu Mui puiv ftui<Gi/.i;v, Uli xal TCaOav itaibtiav y.(xt
Tf/vu:, una; dvuiptoovrliT u. dazu die Bemerkk. p. f)2
Rrj. Dio Chrvsost. orat'. ad Alex. T. I. p. 703- [ed. Reisk.]
Prolegg. in den Schol. zu Aristot. p. 9 a. ed. Beroliu.
Vgl. Baumgarten - Crusius de disciplina iuven. Piaton.
[.Misen. l,S{t).] S. Li siji].) Als nun die Gymnasien an-
fingen zu Versaminlungsörfern zu dienen , so geschah es,
«lass diese auch den Dienst jeuer Göttinnen erhielten.
Im Lvreo waril ihnen geopfert und war ihnen ein Prie-
ster bestellt (Antigon. Caryst. fragm. bei Athen. XII,
Ö9. [S. .047 F.|). Plato liess (s. Ding. Laert. IV, 1, 3)
den .Musen in der Akademie einen Tempel bauen, und
noch spat, in Pausanias Zeitalter, war ihnen daselbst ein
Altar geweiht Pausan. I, .J(J, 2). In jenem Tempel
stellte der Nachfolger Plato's, Speusippus, die Bildsaulen
<ler Göttinnen der Anmuth oder der Charitinnen auf
(Diog. Laert. a. a. O.) und Xeiiokrates Nachfolger in der
Akademie, Polemo, «eilte, «ic Diogenes, von Lacrte
(^^>3»ö) erzählt, wenn er umhergcwandelt war und ge-
lehrt hatte {ovSe y.adi^ojv 'iXeys ttoo^ r«; 9to£ie —
rrfQ/TTnTciv öt trrf;j^f/(jf/) , in dem Garten der Aka-
demie, wesshalb seine Schüler sich in der Nahe dessel-
ben bei dem Museum und der Exedra kleine Lauben
(oder Zeltchen, Hüttchen, y.uKi'ljia) machten und daselbst
wohnten. Theophrast, 1er Peripatetiker, besass einen
Garten mit mancherlei Gebäuden zum Behuf seiner phi-
losophischen Studien und seines Unterrichtes, dabei einen
Platz zum Lnst«andeln {:iC(ji7t ut(ir) und zum Lehren
im Lustnandeln, und ganz in der Nahe davon einen
Mnsentenipel mit den Bildsäulen dieser Göttinnen (Diog.
Laert. V, öl)- I" seinem Testamente verordnete er unter
Anderm: „Erstens soll Alles, was das Museum und die
Gültinnen (die 3Iusen) betrifft, vollendet werden, und «cnn
sich sonst etuas zu deren grösseren Verschönerung anbringen
lasst. Sodann soll die Bildsäule des Aristoteles (als des
Stifters der peripatetisclieii Schule) im Heiligthume auf-
gestellt «erden, sowie die übrigen Weihgeschenke , so
viele ihrer schon früher im Tempel gewesen. Ferner
soll der kleine Säulengang nahe amiMiiseo nicht schlechter
denn zuvor gebaut werden. Auch die Tafeln , auf wel-
chen die Oberflache der Erde dargestellt ist, solle man in den
untern beileckten Säulengang aufhangen ; gleichfalls solle
der Altar zugerichtet werden, dass er vollkommen und
schön sei. — Alle Bücher vermache ich dem Neleus;
den Garten aber und ileii Spaziergang {ntutn ctTOv) und
alle Hauser neben dem Garten allen denjenigen unter
meinen bei Namen verzeichneten Freunden, welche den
Wissenschaften obliegen und die Philosophie treiben wol-
len" etc. Die Metapontiner nannten das Haus, v/o P_y-
Ihagoras gewohnt, ein Heiligthuni der Demeter (in Be-
zug auf die (iphpinilehrcn des Philosophen) und die
Strasse ein Museum (als den Aufenthalt philosophirender
Männer. Diog. Laert. VIII, 1. §. 15).
Was lernt mau aus diesem Allem? Dass srhon vor
Alexaiidria's Erbauung es Räume, (lebaude, Einrichtungen
gegeben hat, die dem Stifter des alexandrinischen Mu-
seums zum iMusfer dienen konnten und wirklich gedient
haben, naniendich in Athen, der Hochschule der dama-
ligen Philosophen, dem Museo von ganz Griechenland
(7« d;; ELKaduc, fioi'Otiov , Athen. V, 3. [p- I87j),
besonders wenn wir dabei noch Folgendes berücksichtigen:
die Philosophen in .Athen waren bald nicht mehr zufrie-
den, mit ihren Schülern zu bestimmten .Stunden in jenen
Räumen sich zu nuterhalten, sie zu lehren: sie benutz-
ten dazu auch die I\Iahlzeiten : man veranstaltete geniein-
schaflliche Gastmähler { (n'0<rivin, at'Vodoi). Schon
Plato und Speusippus sollen dergleichen eingeführt (An-
tigon. Carvst. a. a. ().), Theophrast in seinem Testamente
Geld dazu ausgesetzt haben (Antigon. Caryst. a. a. O.).
Vcrgl. die gelehrten Sammlungen über die Symposien
der Alten, namentlich Eschenbach de sympos. Sapien-
tnm. So lagen als» im voralexandrinischen Hellenenthum
vollständig alle Keime zum alexandrinischen Museo. Auch
dieses «ar ein Kind seiner Zeit, d. h. es ging hervor
aus Verhaltnissen, Ansichten, Gewohnheiten, Sitten,
welche gerade damals bestanden. Es war nur eine Fort-
set/nng hellenischer Zustande. Und nur «er es so fasst,
kann sich das Ganze recht erklären: Entstehung, Namen,
Einrichtung. Das gehörte also in dio Einleitung einer
869
870
Schrift ilbcr das alexaiulrinisclie Museum, nirlit jpnes
allgemeine Räsonnemeut , das entfernt nur den Gegen-
stand betrifft.
Der erste Absclinitt des PartliPj'sihen AVerkes ist
schleclitweg überschrieben: Topogrrijtliie. Hier fallen im
Kinganjje sogleich drei Satze anf: 1) „Da die Untersnciinng
bis auf die Zeit der arabisihen Eroberung ausgedehnt
ist: so sind anili diejenigen Einrichtungen zu berühren,
welciie nach dem Untergange des Ptoleniaischen Museums
seine Stelle zu ersetzen strebten." Aber von «vekhen
Einriclitungen — der Verf. versteht die arabischen Aka-
dcmleen!! — ist denn bekannt, dass sie an die Stelle
des Museums getreten, ja, dass sie ganz nach Art des-
selben eingerichtet «orden «ären? Da diese Ansicht oder
Combinatiun, welche, «ie man sagt, ein Glanzpunkt der
Parthcy'sclicn Schrift sein soll, obivohl aber bei näherer
Betrachtung ganz ohne IJeweiskraft ist, weiterhin ent-
wickelt wird, so werden wir später wieder darauf zu-
rückkoniinen. '_>) „Daran knüpft sich die Betrachtung
der verschiedenen Bibliotheken, welche nächst dem Ge-
lehrtenverein lange den Ruhm Alexandriens ausmachten."
Nein! nicht der verschiedenen Bibliotheken, sondern der
Bibliothek des Museums, und der übrigen nur insofern,
als sie allenfalls mit jener in gewisser Beziehung stan-
den. 3) „Insofern die Gründung des Museums wesent-
lich von hellenischen Fürsten ausging, und dasselbe in
seinen spateren Verzweigungen lange Zeit hindurch der
Sitz iler hellenisch - heidnischen Gelehrsamkeit und Gei-
stesbildung blieb , insofern wird die Betrachtung der
christlichen Schulen, welche sich im Gegensatze zum
Heidcnthume bildeten und dasselbe am Ende des vierten
Jahrhunderts verschlangen, von der gegenwärtigen Unter-
suchung auszuscliliessen sein," Auch dieser Gedanke ist
schief und zeugt von Unkunde der Sache. Die Christen
lernten sehr bald das Heilsame, \(ithwendigo und Herr-
liche der gelehrten heidnischen Studien kennen und ihre
Institute glichen den heidnischen; nur ihre kateclietischeu
Schulen, d.h. ihre Weise, das Christenthum zu lehren,
waren von besonderer Art, und das war natürlich.
Bevor wir zur Beurtheilnng des Folgenden übergehen,
müssen wir noch erwähnen, dass es eine alte, sehr löb-
liche Sitte ist, im Eingange einer solchen Arbeit, wie
die vom Mjiseo zu .Alexandria ist, der Quellen zu ge-
denken, woraus man zu schöpfen habe, auch der Schrift-
steller, H eiche im Altcrthunie schon darübergeschrieben.
Hr. P. ist flüchtig darüber hinweggegangen. Aber hier
war gerade der Ort zu forschen, zu sichten, festzustellen.
AVir haben uns darüber im Eingange ausgesprochen, über-
gehen es also jetzt.
Der Verf. sagt S. 10 mit Recht: „Um den ersten
Thcil, die äussere Geschichte [des Museums] zu begrün-
den, ist es nöthig, einen topographischen Ueberblick der
Stadt AJexandrien zu gewinnen; — — die Lage des
Museums insbesondere lässt sich nicht bestimmen, ohne
eine genaue Kenntniss der alten und neuen Oertlichkei-
ten von Alexandricn. Allein wozu nun die entsetzliche
Weitschwciligkeit, über welche man das Museum ganz
aus den Augen verliert? Wozu eine Geschichte der To-
pographie Alexandria's in einer solchen Ausdchuung (S. 19
— 30)? Wozu gar eine Untersuchung über das Längen,
maass eines .Stadiums? Alles ilas h.'ifte kürzer abgethan
und dagegen mehr Fleiss auf die Sache verwendet wer-
den sollen. Denn hier kommen die ärgsten Verstösse
gegen die Regeln einer gesunden Interpretation der alten
Schriftsteller vor und eine Fahrlässigkeit im Lesen und
Prüfen der einzelnen Stellen , wie man sie selten findet,
namentlich S. 31 ff. Dort heisst es: ,,Nach Strabon's
Bericht lag das Museum mit seiner Bibliothek nicht am
I\Ieere; denn [man höre den Grund!] er nennt zuerst
alle den grossen Hafen einschliesscnde Gebäude und
fuhrt später das I^lusenm als einen Theil der Königs-
häuser an." Wer versteht diesen Beweis? Wer findet
ihn trefl'end , überzeugend? Und wo ervtähnt denn Strabo
der Bibliothek? Weiter sagt Hr. P. : ,, Dagegen scheint
ans der Notiz bei Caesar hervorzugehen, dass die Biblio-
thek, welche beim Brande der Flotte zerstört ward, un-
mittelbar am Ufer gelegen habe." Was ist das für eine
Stelle bei Caesar? Der Verf. führt sie nicht an. Doch
wohl de bell. civ. III, 111? Aber aus dieser geht doch
nicht hervor, dass die Bibliothek unmillelöar am Ufer
gelegen habe? Es konnten ja noch anilere Gebäude da-
zwischen liegen? erst die Schifl'swerften , dann die Ge-
traidemagaziiie , und ilann erst die Bibliothek gckommcQ
sein? Der Brand konnte sich ja von Gebäude zu Gebäude
fortpflanzen? Vergl. Dio Cass. XLII , 38. u'jors TS xal
TU vi:U)(jtov Tß'^ TE ÜTroi));y.ai y.ai xov uitov yac
TMV ßlfjkujv — — y.ai'iHjvai. Sollte dieser Schrift-
steller diese Aufeinanderfolge ohne Grund gegeben haben?
— Nun höre man den Schluss ans jenen falschen Prä-
missen: „man müsste also zur Vereinigung dieser beiden
Data annehmen , das Gebäude habe unter Caesar am
grossen Hafen gelegen und sei nach der Verbrennung mit
erneuertem Glänze mehr landeinnäits angelegt worden,
da wo Strabo es fanil." Aber Strabo spricht ja nirgends
von der Bildiothek. — Diesen .Schluss hebt Hr. P. wie-
der auf ilurrh folgenden Satz : „Dazu ist aber die Zeit
von '23 Jahren von Caesars Enberung (47 v. Chr.) bis
anf Strabon's Reise (?4 v. Chr.) viel zu kurz und un-
ruhig." Wie? Eine Frist von 'J3 Jahren wäre zu Icurzi
— Doch noch mehr der Uebereilungen ! ,, Endlich steht
wenige Zeilen vorher bei Caesar eine Stelle, welche die
Sache noch mehr zu verwirren scheint, indem sie die
Unverbrennlichkeit der alexandrinischen Gebäude deutlich
in's Licht setzt." Und welche Stelle ist diess? Hist.
de bell. Alex. 1. Allein die steht in jenem Capitel nach,
und Hr. P. wird doch wissen, dass nicht Caesar, sondern
Ilirtius für den Verf. des Werkes über den alexandrini-
schen Krieg gilt? Dann hat aber die Stelle für das,
was sie beweisen soll, gar keine Beweiskraft. Denn
Ilirtius spricht unbezweifelt von den Privatbäusern in der
Stadt im Allgemeinen, nicht von den Königshäusern. —
AVir sind noch nicht am Ende mit des Verfassers Ueber-
eilungen.
31erkwürdig ist die Combinationsgabe unsers Verfs.
in der Vereinigung jener beiden sogenannten widerspre-
chenden Zeugnisse (S. .3'.')= ,,Alle Nachrichten sprechen
von einer A'erbrenniing der Bücher, nicht aber der Hiblio-
tliek; wiederum, wenn sich annehmen liesse, dass die Bücher
nicht in der Bibliothek waren, als das Feuer vou den
871
872
Schiflpn die Umjjpbiinfen «Ir-s grossen Hafpiis erprlill Dann
vrüTe die Sriiit irri;;ktit gclKilicn, und man küiiiite das
Aliiscuni mehr null dem iniicrii Tlieilc von Brnrhliim
liiuciiinii-ken." Dccss Froliloikcn iat zu fnilizritig ; denn
der Verl, hat bei seiner Flriilitijckeit ülierselien, dass
Dio in der oben an^efiilirten Stelle hat tu; aTroih'jxa^
y.ai Tur oirur xt'-'i t''jv ßiSfJDV. Aurh ist PIu(arrh
(Caes. 41)) panz enfgeptcn. Ziiar scheint ihm jenes Re-
sultat iinzneifelhaft ausfesproehen in einer Stelle des
Orosius \l, Ij. proiimis forte riedibus condila. Allein
diese ^^'orte lielssen ofl'enliar nirlits Anderes, als: ver-
brannte die liiiilier, welche — so bra( hte es ilas Ge-
8chirk mit sich, so «ollte es der Zufall überhaupt, —
in dem daran zunSchst stossendeu (iebaude aufbeuahrt
waren. Jenes forte darf uns also kcinesuegs bestimmen,
bei condita zu snppliren a Caesare demum (vcr;;!. Bern-
hardv in den Ber!. Jahrb. Is JS- April. S. ö'-Hi- Schnitzer
in Jahns Jahrbüchern IS38, 4. H. S. 3)2) und zu
srhliessen, dass damals die Bücher an einem Orte ge-
wesen, „HO sie nicht hingehorten, und desshalb beim
Brande der Flotte mit untergegangen waren." Bei die-
ser Gelegenheit spricht sich Hr. P. überhaupt über
die Stelle des Orosius in der Note **) dahin aus, dass
sie sehr verdorben wäre und darum, sich kein sonder-
liches Gewicht auf sie legen lasse. Allein das ist sie
keineswegs, sonilern sie bedarf nur eines geschickten
Interpreten, der die Sprache des spätem Schriftstellers
zu nehmen und zu entwickeln versteht. Wir wollen
diess, nachdem wir hierüber mit dem besten Kenner des
Orosius, Hrn. Dr. Grubitz in Pforte, correspondirt haben,
versuchen in einem
II. Excurs.
Ueber Oros. VI, lö.
Die Stelle lautet nach der Ilavercampischen Ausgabe:
Ea flamma, cum partem quoque urbis invasisset, qua-
dringeutt millia librorum proximis forte aedibus condita
exussit, singulare monimentum studii curaeque maiurum,
qui tot tantaque illustriuui ingoniorum opera congesserant.
linde, quamlibet hoilieque in tooiplis extent, quae et nos
vidimus, armaria librorum, quilins direptis exiuanita ea
a nnstris hominibus, nostris lemporibus ineuiorent, quod
quideui verum est, tamen honestius creditur, alios libros
fuisse quaesitos, qni pristinas studiorum curas aeniularen-
tor , quam aliam uUani tunc fuisse bibliothecam , quae
extra quadringenta millia librorum fuisse ac per hoc eva-
gisse credatur. .An diesem Texte wird Nichts zu ,'indern
»ein, obivohl einige Varianten sich vorfinden, als statt
direptis in 12 Pariser Handschriften (vergl. de Ste Croix
im .llagaz. encvclop. V. annee T. 1^'. p. 44() sq.) und
in 3 >V(ilfenbüttlern derelictis; für direptis ist imlessen
entscheidend die Uebereinstimmung des Flor. I. (von Ha-
vercamp LoMgolnrihis genannt) mit dem Portenser und
dem vierten AVclffnbüttler, dann die Edit. August u. a. w.;
Blatt memorent haben alle 12 Pariser memoreiitur. Die
ersten Zeilen sind leicht verstandlich, bis quibus; diess
ist auf teniplis zu beziehen, ea auf armaria: „Hi-i Plün-
derung der (heidnischen) Tempel sind auch dio Bücher-
schränke geleert worden." Nostri homines sind natür-
lich Christiani. Der Conjunctiv memorent hängt, wenn
auch uiclit unmittclliar von quamlibet, doch, als subordi-
nirt jenem conjunctivcn Hauptsätze, mittelbar davon ab.
D.T Zwischensatz „quod qnidem verum est" ist zwar nicht
ganz ohne Anstoss, wesshalb Havercamp und- Beck (de
biblioth. Alex. p. XI. not. <).) ihn für ein Glossem er-
kbirten, doch auch hier ist die Schwierigkeit zu heben:
Orosius gibt damit das Factum, »elches die Heiden
(pagani ilas Siibject von memorent) erzählen, aus eigener
Kenntniss der Dinge (cf. quae et nos vidimus) zu, wie
auch der Nachsatz jedenfalls die Wahrheit desselben
voraussetzt. Für ein Ginssem kann auch dämm jenes
quod qiiideni verum est nicht gelten, weil es in allen
llancischrifton steht. Dass honestius für nielins , qnae-
rere für «onquirere, couiparare gesetzt ist, liegt auf der
Hand, und so ist die Stelle klar und deutlich und darf
nicht für verdorben gelten.
(Fortsetzung folgt-)
Personal- Chronik und ^lisc eilen.
M.irburg. Von den .ik.idpmischen Schriften des Somnicr-
semeslers 1839 enthält das Probcmium des Lectionsk.italogs eine
Abliandliing des Prof. K. Fr. Hermann über die vielbcspro-
,cii tidi «V liici !tnruLii voll ifi o [ i l £ ^ Lfisiiiiiiiiiuiic s riuLuiiicac
"iiae, DresJae 18.i7. 8.) vertbeidiiit und nebenbei auch Herrn
Zitter's Angiiire in der zweiten Auflage seiner Geschichte der
Pliilosnphie abfertigt; zum Geburtstage .Sr Hob. des Kurprinzen
"nd Milregenlen aber Je reifiiihlicae Plalnnicae tempnribus
(48 S 4.), worin er die schon in der Allg. Scbul/citung 1831,
p- 051 (T auii,'eslell(e Ansicht von der Zeit, wo jenes Gespräch
gelialtcn zu denken sei, mit neuen Gründen gegen Bückh's
Prooeoiiiim ziiui Beiliner Sonimerkalalogc 1839 verlicht, .\usscr-
dein sinil folgenile zwei Inangiirnldisseitationen erschienen : Jo.
Car. Hinke! de siaiiis formis doclrinae mnralis Peripatelicoruin
(58 S. 8) un.l Car. Gnil. Pideiit de Hermagora rhelore (45
8 4). nie philologische Preisfrage iibcr Cicero's Rede pro Ba-
iirin perdiieltionis reo lüste Hr. Rudolf llgen aus Nauroth im
Herzogtliuni Nassau.
Biickebnrg. Am 29. Juli starb nach mehrjähriger Kränk-
lichkeit plötzlich auf einem Spaziergange in Pyrmont der Pro-
fessor Ernst Karl Habicht, 63 J. alt, Hector der hiesigen
lateinischen Haoplscluilc , welche in den drei obersten Classcn
das Gymnasium , in den beiden untern Classen die Bürger-Kna-
ben,cliiilc nnifasst. In den Jahren seiner Kraft hatte er sich
durch ein nngewöhidicbes Lelirtalcnt ausgezeichnet, welches
durch grosse Liebe zu seinem Renrfc unicrslülzt wurde. Früher
in Delniold und seit mehr als 30 Jahren hier in Rückeburg hat
er sich bei zahlreichen Schülern ein gesegnetes Andenken er-
worben. Als Schriftsteller ist er durch sein » synonymisches
H indwortcrbnch der lateinischen Spraclie für angehende Philo-
logen" vortbeilliaft bekannt geworden, von «clehem vor Kur.
zem die zweite Auflage (Lemgo 1839) vollendet war.
Hanau. Unter den Persnnalnachrichten in Nr. 56 steht
unter Hannover, was unter Hanau geholt.
Zeitschrift
für tue
AI terth ums wisse 11 Schaft
Freitag j 13- September
18 39.
Nr. HO.
Das Museiini zu Alexandiia und die kürzlich darüber
erschienenen Scliriftcn.
(Forisef z un^.)
Nachdem «ir lies V^erfassers frühere Deufeleien ab-
gewiesen liahen, «erden es unsere Leser uns gern er-
lassen, auch die Verdreliungcn der Stellen von Dio Cas-
«ius, voa Gcllius (^'I, 17) und von Amniian. IMarcclIin.
(XXII, 16) zu widerlegen. Und was ist das Ende
dieser weitschweifigen, mühsamen Dednrtion? „Indessen
ist diess Znsamrncnriicken der verschiedenen Nachrichten
für die vorliegende Frage immer nur ein negativer Ge-
winn; über die wahre Lage des Museums bleibt man in
einem Dunkel, welches ohne die Entdeckung neuer,
Licht bringender Quellen schwerlich aufzuhellen ist."
Wem fallt hier nicht unwillkürlich das Parturiunt mon-
tes etc. ein? ,,\Venn daher auf dem beigefügten Plane
das Museum seine Stelle nicht weit von der mnthniass-
lichen Längenstrasse erhalten, wo heutzutage vier an-
tike Porphvrsaulen aus dem Staube der AVüste hervor-
ragen; so ist diess nur auf gut Glück und in der Mei-
nung geschehen, dass das Bereich der Königshäuser da-
durch nicht zu weit ausgedehnt werde. Es herrscht jetzt
Dnter den alexandrinischen Franken die Ansicht, jene
vier Säulen hätten zur grossen Bibliothek gehört" etc.
AVeil es denn dem Hrn. Parthej so völlig missiungen ist,
uns die Topographie des Museums und seiner Bibliothek
ZQ geben, so woUeu wir es jetzt versuchen in einem
III. Excurs.
lieber die Lage des alexandrinischen Museums.
Alexandria war in fünf) .Stadtviertel Q^eoi] , yJijiUTa,
regiones)^) eingethcilt, wovon das eine, das längs dem
grossen Hafen gelegene, den Namen Bruchium [Booi-
Xtov) oder Pruchium (/7po(';t;£/Of), eigentlich Pyruchium
(lIvQOVXi'Ov), nach dem daselbst befindlichen grossen
Geiraideniagazin (TCtig Tov oItou ÜTTodiixuic, Dio Cass.
XLII, .'i8) also benannt, führte. Den grüssten Tiicil
dieses Viertels, d. i. den vierten oder auch den dritten
1) Philo in Flacc. p. 668 (Paris 155:). Veigl. Plin. liistor.
nat. V, 11, wo regia für Briicliitmi zu stehen scheint.
Vergl. Manso's Terra. Schriften 1. S. 251. Not. e.
2) Philo a. a. O. Epiphan. de mens, et pond. 11. Ämmiau.
Marcellia. XXII, 16,
Theil der ganzen Stadt'), nahmen die weitläufigen kö-
niglichen Gebäude (tu ßci.aillia, regia) ') ein, und
wieder einen Theil hiervon bildete, wie Strabo ausdrück-
lich versichert, das IMuseum. Dieses lag mithin eben-
falls in der ^ähe des grossen Hafens an der nordostlichen
Seite der Stadt, so dass, wer zum cannpischen Thor ein-
trat uu<l die lange von O.-itcn nach AVesten laufende Strasse
verfolgte, es mit den Königshäusern zur rechten Hand
hatte. Es war zwischen dieser grossen Strasse und dem
grossen Hafen.
Zu diesem Resultate, das IMuseum habe unfern des
grossen Hafens gelegen^ kummen wir noch anf eine an-
dere Weise. Zum Museum gehörte die grosse Biblio-
thek: diess folgt 1) aus dem ausdrücklichen Zeugnisse
des Scholiasfen zum ApoUon. Rhod. I. (p. X. ed. Brunk.)
uK y.al Tujv ß ißkiod ijY.uiv too Movasiov
dSlwdfiVai avTOV (wo vielleicht, wie Meincke gut ver-
niuthet hat, T)"<; TVooOTHOiai fehlt); ^>) aus der oben
dargethaneu Beschaffenheit der Museen überhaupt ;
3) auch das wahrscheinlich nach dem Mnster des alexan-
drinischen angelegte 31useum zu Antiochia hatte eine
Bibliothek^); 4) eine solche Sammlung konnte doch nur
znnächst für die IMitglieder des 3Iuseunis bestimmt sein.
Wenn wir nun gleich über das A'erhältoiss der Loralität
der Bibliothek zum eigentlichen Musenin nicht ganz be-
stimmt unterrichtet sind — es ist wahrscheinlich , dass
die erstcre westlich gelegen habe; denn bibliothecae ad
Orienten! spectare debent (Vitruv. VI, 7)? nämlich mit
iliren Thüren oder Zugängen (vergl. I, 2. item naturae
decor erit , si cubiculis et bibliothecis ab Oriente lumina
capientur) ''), da die Alten keine Fenster hatten und das
Licht durch die Thüre in die Zimmer fiel. Nun gerieth
im Cäsarianischen_ Kriege durch das l^erbrcnnen der
ägyptischen Flotte auf dem Lande auch die SchilTswerfte
in Flammen, dann die Getraidemagazine und zuletzt
auch die Bibliothek, unil der Büdierschatz wurde ver-
zehrt; es kann also die Bibliothek nicht so fern von dem
3) S. Strab. XVII, 1. § 8- T. VI. p. 503. ed. Tzsch.
4) Vergl. Diod. XVIl, 52. Cacs. de bell. civ. lU, 112. Plin.
a. a. 0.
5) Malal. Chronogr. X. p. 235. Vergl. p. 302. Suid. a. r.
6) Hr. P.iithey hat, auch diese Stellen f.ilsch aufgefasst (S. 68),
wcni;,'stens spricht er so unbestimmt, dass man seine ei-
gentliche Ansicht nicht wohl erkennen kann.
■S75
876
Ilafon gcslandon haben, als z. B. ilor Plan von Alexan-
tiria nach Parthey's AnsiilitiMi liosajit ; sie riMchto indessen
(lamm nicht gcrailo his znni Meere selbst hin.
Siill ilie La;;e des ^IiiseiMns nach der heutigen Topo-
graphie liestininit «crilen, so f;clien die arabischen Schrift-
steller des .■Mittelalters, verbunden mit nenern Rcisehe-
srhreilinnjeii, ziemlich sichere Auskunft. Das Terrain
von Alexandria hat sich bekanntlich }fanz uml gar verän-
dert: iler jjrosse Hafen der älteren Stadt ist zum grossten
Theile iprsandet; die .\raber haben sich und die Türken,
um dem iMeere nahe zu sein, gerade auf der versande-
ten Stelle angebaut. Die ehemalige Stadt ist darum nach
und nai li lerixlet und verfallen. Die ehemaligen (jctcri-
tcic oder küiiigsgcbaude müssen also im Süden der
jetzigen Türkensfadt gesucht werden, etua da, «o jetzt
die neue Frankenstrassc ersteht, und dahin ist auf jeden
Fall auch das .'\Itiseum und dessen Bibliothek zu setzen,
«ie auch v. Schubert neuerdings meldet in seiner Reise
nach Aegvpten. AVäre es sicher, dass die sogenannten
Aadeln der Ivleopatra dieselben sind , von denen Aplitho-
nius (progvniu. 1'-'.) sagt, dass sie in der Mitte der eigent-
lichen Burg gestanden hätten, so Häre die Lage des
Mujcums nordlich von ihnen zu setzen oder nordöstlich.
Dagegen geht aus v. Schuberts Beschreibung hervor,
dass die sogenannte Pompejussaule uns nicht hierbei eine
Führerin, nicht jene Säule sein kann, die derselbe Aph-
thonius beschreibt. ^ iclleirht hebt noch der gliicklichc
Funil einer Inschrift und dergleichen unsere üngcwissheit
gänzlich.
Der allgemeinen Topographie hatten «ir an Ilrn. Par-
thejs Stelle soglcith die specielle folgen lassen; beide
zusammengehörende Abschnitte «erden in der vorliegen-
ilen Schrift ungehörig durch das Capilel ,,^7(/VM«g" un-
Itrbrochen. W \T nehmen indessen die Sache so, wie
sie vor uns ist. Dass auch Alexander der Grosse hei
Anlegung der Stadt Alexandria die Idee gehabt haben
kiinnc, ein -Musenm zu gründen, er, der selbst den Plan
der Stadt Alexandria und den Bau der Burg augegeben
hat, der ein solcher Freund der Musen war, ein Schü-
ler <les Aristoteles aus Stagira, woselbst ein IMuseum ge-
wesen (Theoph. histor. plantar, am oben angef. Orte),
liat der Verf. unerwähnt gelassen. Gerischcr ist dieser
iMeinnng. — Die Ansicht, dass Ptolemäus I. der Stifter
des Institutes gewesen, wird zu wenig begründet. —
S. ;3ij begeht der Xvtf. wieder hinsichtlich einer Stelle
einen argen Verstoss gegen die Regeln der Inlerjirefation.
Er sagt: ,,Atlieiiäus rühmt vom Ptolemäus Philadelplius ,
dass er eine grosse .Menge von Büchern angeschallt und
in das Mueuin geiracht /inie.^'' Aber hei Athenäus heisst
es: :icoi dt litijljujv v.ai ßiijl.todif/.ujv y.aiaay.riiji
v.ai r>;; th xu Moioiiuv ot r.ay tu yijj tL <)ti y.<ü }J-
yeiv; und Ovvuysiv wird vorzugsweise von der Aufnahme
der Mitglieder in's Museum gebraucht («erjrl. Plutarch.
X. p. .jur. ed. Reiske). Wie kann also der '♦''erfasser
übersetzen: eine .Menge von Büchern ■ in' S Museum
bringen ( Die hier eben angefiihrle Stelle ans l'Iiilarch
beweist an und für sich gar .Nichts dafür, dass Ptolemäus I.
das Institut gegründet. Dessen nngeaclitet sagt der Ver(.
kctk hin: :,Da2U kommt, dass eine Stelle des Plutarch
sich recht wohl auf Ptolemäus Soter beziehen lässt." Es
war zu beweisen, in wiefern'? durch welche Zwischenge-
danken ? — Zehn Seiten (S. 37 — 47) hindurch beinüliet
sich darauf Hr. P. , die Nachricht des Psendo - Aristeas
von der Stiftung der alexandrinischen Bibliothek zu wi»
derlegen. Ganz vergebliih! Die Sache ist längst abge-
thaii , wie er aus den Einleitungen von Michaelis, Eich-
horn , de AVette etc. in's A. T. hätte ersehen können.
Und dort ist iler Gegenstand weit gründlicher und ge-
nauer abijeliandelt ! — Ein neues l'ersehcn im Interpre-
tiren bietet S. 44 dar. In dem Ausdrucke bei Theokrit
(X>II, ll,j sq.) ,,die Priester der iMiisen" ( !\f(jt'OUU)l>
1:1 uCfijXCi.i) soll deutlich genug das Museum bezeichnet
sein. Aber es stehen ja dort die M'orte dabei i_i tidovxi^
Sind denn nun nicht vielmehr die Dic/iler gemeint, deren
Ptolemäus II. ja so viele an seinem Hofe halte? —
S. 4^ knüpft der A'erf. noch den vielbesprochenen Fra-
gepiinkt an, ob den L.Tgiden oder ,\ttaliden der Vorgang
gebühre in J5eschütxung und Beförderung der AVissen-
schaften? Allein auch dieser Gegenstand ist schon längst,
besonders durch Manso, abgethan , jenen gründlichen
Forclier, ilen Hr. P. , aber sehr mit Unrecht, über die
Achsel ansieht (vergl. S. .50). Warum nun die Leser
mit solchen überflüssigen Dingen langweilen?
Es folgt der Abschnitt: „Einrichtung.^^ Hier lauft
gleichfalls manches Falsche unter, als S. 51, dass ,,bei
Cicero für eieöucc die Form exhedrium stände" als ob
nicht auch exhedra hei ihm vorkäme (s. Gesner thes. s. v.),
jenes exhedrium aber nur an einer Stelle. — Die sogen,
„wichtige Notiz bei Dio Cassius über die .Mahlzeiten"
fällt in ein Nichts zusammen bei näherer Betrachtung
der Stelle. Denn Dio Cassius spricht dort offenbar von
den Svssitien der Aristoteliker in /lle-tandria, nicht spe-
riell im Musen, was er sonst gewiss angedeutet hätte.
Schon der besonnene Manso (a. oben a. O. S. .304 f.
Not. I) zweifelte an der Richtigkeit der obigen Annahme,
die Nichts als eine blosse (falsche) Conjectur des Reimarus
ist, und neuerdings hat auch Beriihardy ((irundriss der
Gesch. (I. griet h. Lit. I. Bd. .S. Sli't) selbige nach Gebühr zu-
rückgew iesen. Als ob Alexandria, ilas volkreiche Alexanilria
nicht eine iMenge von l'hilosophen in seinen Mauern würde
gehegt li.iben, dic/nirht gerade Mitglieder des iMnseuiiis wer-
den gewesen sein! Ist diess ausser allem Zweifel, sind jene
Svssitien nicht die Syssitieu im Museo, so fallen natür-
lich alle Schlüsse und Coinbinationen , die Hr. P. auf
jene Aniialiine reichlich gebauet, über den Haufen, als:
, Jede der philosnphiMlien Sc liulcn und der übrigen Dis-
ciplinen wird ihren A'orstelier gehabt haben, dem die
Geschäftsführung oblag; alle diese A'orsteher zusammeu
bildeten einen Verwaltungsratli des Museums unter dem
Oberpriesler. Das werden dann wohl die Vorsteher des
Miisciims gewesen sein (Ariemidor. Eplies. bei Marciaii.
Ileracl. I. p. ().'. ed. Huds.) , mit denen man gar nicht
gewiisst, was anzufangen." Alles das sind nur Luftgc-
bilde, wodurch noch obendrein jetzige, neuere Verhält-
nisse auf das AIfcrthum übergetragen werden, die auf
dasselbe gar nicht passen. Dass auch auf jenes allgemeine
Ol toi' Moiniiiiv ixnonxdv tt^ kein Gewicht zu legen
sei, darauf hat schon Bernhardy hingewiesen. — „Einen
bedeutenden Umfang ', heisst es S. Ö3, „muss das Ganze
877
878
gehabt iinbon, da es ausser ilen •reclachfen R.'liimen «alir-
scheiiilirli aiicli ilie Woliiiniijjeii der Gcleliitoii miil aiis-
gedeliiite AVir(hscliaf<sjjcli;iii(le enthielt. " Fnilioiliiu iiar
clorh nur in den Sclirifton iil)or ilas IMiisonin zu Ali-xan-
dria hin und «icder vermulhungsirvisi; von IFo/iint/igeH
der Gelehrten die Rede; liifr «erden noch Wirtliscliafts-
gebände hinzni;pfiij;(. Das Letztere ist nun grttiz und j^ar
univahrseheinlich , aber auch das Erstero hüclist zweifel-
haft, »vir wollen geradezu sagen, falsch. Uicss wüllea
wir näher erörtern in einem
JV. Excurs.
Hatten die Blitglieder des Museums in der Anstalt
selbst AVolinungen?
Wir wollen , da sich Hr. P. gar nicht auf einen Be-
weis hierfür eingelassen , sondern es als gewiss voraus-
gesetzt hat, vorb'iuiig auf Klippcl Rücksicht nehmen, der
Alles lierbeigezogcn , was er nur hat herbeiziehen
können (S. 9(1 ff.), um darzuthun, dass die Mitglieder
des Museums auch freie AVohnungen im flluseo gehabt
hatten. Zuerst ist zu bemerken, dass keiner der alten
Scliriltsteller , selbst Strabo nicht, der doch die übrigen
Theile des Museums aufzahlt, der 'Wühnungen mit einem
Worte erwähnt. Zweitens spricht die Beschalfenheit und
Einrichtung der Museen bei den Alten überhaupt nicht nur
nicht für die Sache, sondern gegen. Wo ist da von Wohn-
gebüudc die Rede? Im Gegentlieil wird Lei Diogenes von
Lacrte (IV, '^. §. 5-) es als eine flierkwürdigkeit erzählt,
dass die Schüler des Polemo sich neben dem Museum
und der Exedra in der Akademie kleine Ilüttchcu ge-
bauet hätten, um darin zu wohnen (uiy.pa y.akvfjia Uoti^ad-
ftevui y.aTii'j/.uvv Trhjoiov toO fiovaciov xai T/y; il;£-
Sott^). Wäre das auch beim alexaudrinischen Aluseo
der Fall gewesen; gewiss Strabo hätte es erwähnt. Klip-
pel meint: ,,Die Zweifel lassen sich leicht durch die ei-
genen Worte Strabon's und die ausdrücklichen Zeugnisse
anderer Schriftsteller des Alterthums als ungegründet
zurückweisen." Gut! Her mit diesen Worten und aus-
drücklichen Zeugnissen! ,,Denn wenn Strabon sagt, dass
das Museum einen Theil iler königlichen AVohnungen
ausgemacht habe, so musste er notliwendig Gebäude dar-
unter verstehen." Wie 1 Stralosagt: tujv ß aoik £ iajv
fii^o^ ioTiv TO Muvosiuv. Sind denn la ßuoiXstCi
bloss <lie Gebäude? oder nicht auch der Raum der Kü-
nigsburg? Und sind die ii;idua und der uh'.oc, keine Ge-
bäude genesen? Ferner: „Dazu kommt, dass der Sillo-
graph Timon bei Athenäus in dem — — S|>otfgedichte
das. Museum mit einem Hühnerkorbe vergleicht, in wel-
chem die Mitglieder desselben gleich kostbaren l'^ogelu
eingesperrt und gefüttert würden. Dieses Gleichniss ist
aber nur dann passend, wenn wir annehmen, dass die
Gl lelirlcn im Museum nicht bloss auf öffentliche Kosten
speisefen, sondern daselbst auch wohnten." AVieder ein
falsdies ürtheil! Das tertium comparationis in jenem
Gleichnisse ist das Otreicri^a/, ß6(r'/.to9at , und dem ge-
schieht ein Genüge , auch wenn wir von Seifen der Ge-
lehrten an einen täglichen momentanen Aufenthalt zum
cnieiod^ui im Museo ilenken. Weiter! „Ferner sagt
Ammianus Marrellinus ausdrucklich, das Bruchion, von
welchem die königlichen Paläste [besser: Königshäuser]
den grössten Theil einnahmen, sei seit langen Zelten der
Aufenthalt der vorzüglichsten Männer und grössten Ge-
lehrten gewesen (iliuturnnm praestantium honiinnm doiiii-
cilium)." Allein kann hier domicilium wie das deutsche
„.S'/7z" nicht auch von dem Orte gebraucht sein, wo man
diu Tag über beschäftigt ist, wo man seinem Berufe
obliegt? Dem späteren Sihriftsteller kann man einen sol-
clien minder genauen - Gebranch des AVortes zutrauen.
Sodann folgt (/er Beweis: ,,Aucli richtete der durch seine
Alientheuerlichkeilcn bekannte Philosoph" Apollonios von
Tvana einen von Pliili>,-,(ratos mitgetheilten Brief au die
Gelehrten im Museum [loi^ Lv flluvcriiv) ao(foig)."
Als ob dieser etwas unbestimmte Ausdruck niiht auch
heissen könnte ,,ilen gelehrten Mitgliedern des Museums."
Endlich: „So wie es von dem spätem Grammatiker Apol-
lonios geradezu gemeldet wird, dass er bis an seinen
Tod im Bruchion gewohnt habe." Allein ist es denn
vom Apnllonius so gewiss, dass er ein Mitglied des Mu-
seums gewesen? oder diess nicht blosse A'ermuthung? Und
ist sodann Bruchium :^ Museum?
Diess sind die Beweise, welche angeführt werden,
jene Behauptung zu rechtfertigen. AVie unkräftig! wie
sogar nicht überzeugend! Und wie? wenn wir nun da-
gegen geltend machen, ilass das fllnseum vorzugsweise
heisst (/ T^aTiel^a, TO ai'Oa-iciov , die Mitglieder des-
selben Ol aiTOl'iiiiVOl, ihrEmolument als solche jy oijijatc,
10 aiTEiadul, TU Toeq^/oih'.l , scUerzhatt auch rö ßuoxs-
o9at1 Warum diess? AVeil diess das einzige Emolument war,
was die Mitglieder der Anstalt genossen. Damit lioff'en
wir die Sache für immer aufs Reine gebracht zu haben,
und Manso zeigt sich wieder als ein sehr vorsichtiger
Forscher, wenn er den Umstand, oh das Museum den
Mitgliedern zur AVohnuug gedient, mindestens für swei-
fdltaft erklärt.
(Fortsetzung folgt später.)
Conjeclanea in Aeschyli Supplices.
V. 4 sq(j. vulgo haee leguntnr:
/liav de XtTi'oPaai
Xdövä oiyiOQ'vov Svola (ftiiyofxev,
OvT/v' ecp a'iua-vi Siiiufkaaiav
fr^Cfiif) nökeuji yv(jjcrtt€/oaf
'AKK aiiToyBvrl tuv (fi>i;dvopa
rdjiov Ah/vTCTOV TCuAbüiv do-eßij r
'OvoTaCoiiEvai.
Y. 8. Aid et Rob. ai"Toy£vi]TOV praebent, quod rc-
cepit Wellauerus; niox (pi'}M^diooa Guelph. Med., scd
in hoc antiqua manu additum yo. (fviid.vooav. — CfV-
'kai(o-OQav Aid. Rob. ; cfifi'.^'fiooo; Reg. L. Faehsii
c. V. 1. (fv^ävoooq. Hermannus opusc. II. p. 330 liunc
in uiodum scribit:
ovTiv £(f' a'inavL SijpijXaalav
ipij(pip TioLeujc, yvusadeiaai ,
dXK avxoyayij CfV^avooia
yduov yiiyi'TiTOv naiömv dcreßi] t
öroTU^öfxsi'at.
879
Quorum srnsiis probari iioii po<csi. Dicercnt ciiim Da-
uaiilos so patruplium nuptias (fitnvootn h. e. iiielu ma-
riforiim wl iinptianim fiijipre; illao aufetn noii omnes
seil pa(riuliiiin nuptias (ugiobant. Aiceilit quoil verba
avToysvi] yuiiov daeßn tS parum rede juncta suut.
Scribeiulum :
dlK avToyevec (pi<i;avogia,
yciiiov Ai'yiitTOV naiöutv daeßr- x
öfOTaCoiierai.
h. c. fufa saintpni pctinnis proptor cognaforiim fngam
(cojnatos fu^'ientes) et impias Aejjvpfi filloruni nuptias
respupules. (i)i'iuvooin scnbae crr(ire in acciisativum <le-
prarato lieri non poteral, quin ai'TOytvei eanileiu cor-
ruptolani trälleret; et craut forfasse q'ios partirula t£
quarto loro posita in erroreni iniluoeref. Aliiens com-
inent. de caussis Aeschyli uonilum satis emcnilati p. 34
scribit :
d^X ai'iToysvn (fv^avo Qiav
yduov AiyuiiTOV Ttaiöiov daeßrj y
övoruCoittvai,
ut aecusativi SijurLctalav et (fvtuvootav a (fFvyniiBV
pendeaut, substantiva deinde illa additis participiis yvu}-
aSeiaai vi öioTailjnnval explicentur. At ÖijfiijKuOoav
a yvcoa^tiTai divelli posse non videtur.
V. ößsqq. £"/ dt y.i'gei t/,- xekuc oiuivoTTÖkujv
iyyaioi, oi/.TOv oh.ZQOv aiutv,
So^uast Tiq d/.oi'ujv ti.T« rüg TijQeiaq
[iiJTiSoi or/.Toä; dkoxov
xtoxrkaTov t dijöüvoi.
Versus eyyaio- sqq. antistmpliico : Uev^sT vEov oi/.tov
r,&iojv non rospondet. AVcllauerus antistrophicuni cor-
raptuin putat. Üuthlus in novissiuia cditione voce oi/'-TOV
ejecta oi/.xouv cum ij:^a junglt, in antistropha Ttevd'Bl
vior/.ov ri^la)V scribit. llaec non probaveris. V. 57.
oiy.'^'JOV ifa languet., ut ferri nequeat, quam loocm eji-
ciendani esse eo argunionto ronfirniatur, quod ejecta ver-
l)um oi/.tov in stropha et antistropha oundem locum ob»
tinet; qualis ejusdem voris eoiiem stropbae et anfistropliae
loco repetitiü arte quaesita, non fortuita. Reperitur apud
Aeschvium non uno loco; uLique consilium apparet, ut
Toccs illae majore vi efferaiitur et audienfes in antistro-
pha consimilis sententiae, quae in stro|)tia est, admonean-
tur. Corisciitaiieum est cautores verbis Ulis canrndis ea
Tocis niodulatiouc usos esse, qua audieiitinm animos ad-
verterent. Jam ejecta voce oiy.xoov facitlima versus 57.
emendatio ; dispescenda enim secuuda vocis iyyu/og sjl-
laba, ut restituatur responsio :
Ei dt y.voEi Tti; nekag ot'uiVOTtu/.ujv
iyyr/.i'og oi/.TOv aiojv,
do^'J.irf:! Tiv dy.oi'ecv oTiatäq Tr^oil(>.csi{i\.
Cf. formam yäto~ infra v. 8'>6. Voce kyydioz, addita
oppositio quaedam notatur inter indigenam et chorum
barbara quodani modo voce utentem (v. 111. y.uoßiiva
S' UVÖi/.v). \. .')S. rerte emendatus ab editoribus qua-
lem exlilbui. Wcllaucrus vulgatam defendens nihil a^if.
(is quae sequuntur mirum saue neminem praeter unum
880
Bntliinm vidisse gcnitiviim f^jjTiSog ab o/xTQÖiq pendere,
Tioi'taq cum dkoyov jun^endum esse. niiserandae
Tereos uxori, lusciniac a circis fuj^atae, duplicem tristi-
tiae et qnerelarum caussam esse dicit, facinus audaci
consilio perpetratum et fugam propter circos.
^'. 97sqq. '/tSiöSw S ii vßnir ß^dretov, ola
vfdCet 7rv3/ii)v
öi ä/iov yduov to Sdkkoq sqq.
Prima vocis rea^d litera antecedenti voci addita scri-
Lendum o'iar vEaCet. In sequcntibus Bothius recte
T £ it n k VI i emendavit.
V. I04sqi. Totavva irddea /.iskea d^eof^tui^ Kiyut
Xtyia ßaQSa day^vonnri.
ii]ki;^oi(rtv e^tTtQsni]
C,uioa yootg fxe riixä.
V. 10!^. lisrtfiuj Aid. i^te T/fXcii Guelph. Reg. L. fxs
rij.iu)v Rob. fiE^' i'j^wiv Turn. (^(Aoavo oig fie Tiixd
Tar. 1, ap. scliol. Apparet oppositioneni esse inter ^(jjOCC
et yöülQ, chorumque queri, quod viva se tamquant mor-
tuam plangere cogatur. Fortasse legendum:
i^iüaa yöoii Ter q v fi a t,
JEinroeTri) ad Ttadca pcrtiuet. Emperius act. soc. gr. I.
p. 365 ^cioa yöcvt; fta q i(iv üj conjecit.
(Bescliluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Herjogth. Nassau. Den unerwarteten und schmerzlichen
Hintiitt <k-s Herzogs Wilhelm feierte 'las Landes- Gymnasium
zu Weillmig am 30. Aug. , am T.igc nach der Beisetzung der
hohen Leiche in der dortigen Familiengruft, in seiner Aula
durch eine abendliche Versamndung mit Gesängen und eigenen
Trauergedichten der Schiller sowohl, in mehreren Sprachen,
als mit einer deiilschen Gedächtnissrede des Hrn. Direct. Frie-
demann, wozu ein gedruckles Prograiiini vorher ausgegeben
worden war. Der schwarz decorirte Saal hot die weisse ßiiste
des Hijchstseligcn auf einem altarähnlichen Postamente, mit 12
Gueriilous mit brennenden Wachskerzen auf silbernen Leuch-
tern umgeben, dar, und wer zugegen war, empfand alle die
Gefiihle, welclie das Andenken an das friilie Hinscheiden eines
solchen Gimners und Pflegers des hüheren Unterrichts bei Leh-
rern , Scliiilcrn und Zuhörern, von dem Inhalte des Gespro-
chenen und dem Anblicke des Gesehenen angeregt, nothwen-
dig hervorbrachte.
Braun sc liwe 1 g. In meiner Abhandlung »in fragment«
Poelaruui comicorum« Nr. 131 IT. des verwichcnen Jahrganges
finden sich nudnere Druckfehler, von denen einer um so un-
angenehmer ist, da er eine vorgeschlagene Eniendation entstellt.
Zu (lein zwanzigsten Verse des Fragments des Mnesimachut
S. 1071. Zeile 2 von unten: llumq S' hSöv xu xüxo)9-iv «via,
beisst es; .Scribcudinn videtur: Ilurv lax iväiv xä KÜxiaO-tf
«VE?. Für «j/£{ ist ävio zu lesen. /•'. Bamberger.
Berlin. Der König hat dem Professor an der hiesigen
Universität, Dr. D icf fenb a ch, den rothen Adh rorden III. Cl.
mit der Schleile verliehen. — Der bisherige Piivatdoccnt Dr.
jur. Otto Go es eben hierselbsl ist zum ausserordentlichen Prof.
in der juristischen Facultät der Liesigen Universität ernannt
worden.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Sonntag y 15. September
1839.
Nr. 111.
Conjectanea in Aeschyli Siipjtlices.
(Beschluss.)
V. 110. sqq. 'l'/Jo/iai fxh 'J-TTiav ßovvcv,
y.uQlidva 8' ai'Suv
£vaxo£ii
Vereor ut AVcllauero quisquam asseniiafur scribenii: Kao-
ßdia d aüöa, imploro qutdem Ajnam, sed burbara vox
est, deinde se ijjsam foiisolaliir eia, y.ovvsii, ein co-
gnoscis eam. V. Hl. xa o ß üv a d' ai'öuv Icgcndum
et notanda Wellaueri iiicuria, qui eam emondatioriem a
Staiiiejo Srhiiefzio ed. I. BuUlero pr(i|iositam iion coiii-
memoraverit. Forniae y.aoßar , y.agßavs^ iri Etym. M.
exstaiit. V. 112. evay.orretg Med. Reg. L. Guelph. Aid.
Scribenilum :
xaoßava d' auSdv
ei', yä, xovpsti.
nisi imperatiruDi xovvEl malls. Sed pro yä forfasse
aptius doricani ejus vojriä forinam 8d reposueris, ut mox
Zuv pro Zev. Prom. 567. d'kEV u'i }lä Agam. 1042.
1046. öroTOToi ttottoi zJä Enm. 805- 836. oi ol /Jd
(fei). Suppliciim sermo liis ipsis verbis testaritihiis p'ere-
grini aliquid trabebat, quo pertinet quod voces vel for-
mas nonnullas ex alicnis dialectis imniistas vidcmus, qua-
les sunt /jot'i'/s, ßäoi^, xaoßdv , xaQßdvoi; (quaniquam
ea vox etiam Ag. lO'il- legitur) Zdv , ßadvxatoi;, da,
djitni;. Quibus addendum est er«; v. 244. Eyuj de
TlQUi <rt TTÖteoov Ws ivyv kiyoi sqq. ; dorica enim dia-
Iccto ea vox bomiuem privatum, 8intUTl]v , significabat.
Tbucvd. V. 79. in foedere Doriensium TOtq 8e irai^
xarra itdxQia 8lxdQE<rdai , ubi cf. srhol. — De Pboe-
nisiis Euripidis schol. v. 301. £i yuo y.ai 'EK^iiviyuii;
ekdkovv , dkk' OLIV ye tijv Ttdrfjiov diTr,xijOiv eoujCov
Tilg cpujvTjg, üjg ^ocpoxkiji; ev'Ekeviji; ü^anr-rrsr Kai
yap xagaXTriQ ainoi £v ykaxrorj zi f^iE UnotjyoQEi
Auxuivoi; öof^idadai köyov. I« Choephor. Orestes ge
Phocensi dialecto usurum testatur: TKioOcnig dvTr]V
0ujy.i8oq fxi^ovfxivui.
V. 153 sqq. ß Zev , 'lovg lUj
fXijVlC, fxÜ(TTEIQ' EX dEUJV
xuvvuj 8' ärav
yajAETäg ovgavövi-KOv.
XaktTiov yoLQ EX.
TT^eJjuaTOg eJoi xEifxiöv.
V. 153- vulfrata scriptura e Robortelli et Turnebi
conjecturis maiiavit. Libri praebeni (/Clji'iovcrivj vel dClJvi
oitriu). Uiido veram scripturam facile agnoscas. Scn-
bcudum:
\t Zav, 'lovq loj sqq.
Formam Zdv Aristoph. Av. 575. habet: "Ua9t]V aEQfput
0(fayuiCo/iEvoi. — JiO o ptutv) vvv 6 fxEyac; Zav.
Quorum postrcma quin ex tragico quodam exprogsa sint
dubitari iieqiiit. Formam Zc.V quo consilio Acscbylus
usurpavcrit, modo monui. Sequeiis versus plures emen-
dandi vias admittit. Burgessius jivdaTEirj, Ha uptius ^ifa-
OTtXTElQ conjpi-it, quod srhoüastae verbis commendatur:
'i2 Zeu , n iTUod. TLiiv dtoür uip'/C, y.axd Jurq iozi
fiacTTtyujTlxr,. V. 155. quum scrmo sit de iuvidia et
zelotjpia, qua Juno Joucm persccuta sit, res ipsa docct
pro ärav reponendum esse dyav.
V. 175 sq. Ä((lT«7r< xEoaov vvv llQOHr\d^Eiav "kaßEiv
aivu} (fvkd^ai, Tufi eni] 8EkioviiEvai.
Alii posf aivüi, alii post (fvkdtai iiitcrpungunt. Neu-
trum coDstructionem aptam admittit. Srribendum:
alvM, Cfvkd^aL t an' ettij dekxovfiEvaq.
y. 191 sq. Ai8oiu. y.Lu yÖE8va xal rd xqei, Eni]
i;Evovc, dj.iElßEa9', löc iirij/vSaq ti^'e-
TTEl, sqq.
Articalas ferri neqnit. Koüx d^oii' EID] conj. Seh.
Scribendum:
ai8oui xal ythSva xal C,dxQEi Enij sqq.
ZäxQElog apnd Thoorritum legitur, vidcturque etiam
haec vox inter Dorica refcrenda, quae poeta consilio in
hac fabula posuit.
V. 328 sqq. BAIIAE FI
Ti (prjq ixvEiodai t(Jjv8' dyojriojv &emv,
kevxoaTE(fiEig sxovcra vEo8QEUTOvg xka-
Sovg;
XOPOS.
330. 'i2c ui) yHvwiiai 8uv)ti AiyvKTOV ykvEi.
BAllAEYl. , . , , ,
JlÖTEQa xaT EX^Qav i] t6 m ds/xcg
kEyElc, ;
XOPOS.
TiQ 8' dv mkovq uivotro toic xEXTijuhovi',
baeiaeys.
Sdivoq f^iEV oi'TUj uEi^ov av^Evai ßgoroiq.
XOPOS.
Kai Si'iTi'xovvTTcav y' Et'^ccQTiq dnak'
kay>i sqq.
883
884
De insigni linjiis inlpr Reforn et Clionim stirhomythiae
putrhritiidiiip ifa aliqnis rcefe judiriiim ferct, si exein-
|)Iiim esse repiitavcrif coiuis.io lireiiloqncidiae, quam Da-
iiaus lirifiiiibiis roraiii Ar-jiiis , ijnibiis /.inriiui TJ Oiyij
TS zai TU Tiavg' tni] (.Sopli. fr. (il.), rommeiidavit.
Quac eailein rausüa e«t, oli quam iirxus senfriiflarum
paullo imppilitiiir iioqup satis iii(rlle<<us al> odifDrilius.
^. ■>!.'. pro fiiiiiri) li^^'piidum üvoiro^ quod aiit fallor
au( Ptiam .Silioli-fii-hlius proposnif. Rpspirlt ("lionis Ro^is
vprba : y.aT t/.'*o«)'. ,,Oili profeci« ; quis enini doniinos
litupprpf, si amiri slrif. Foitasse aptius scripseris:
Tii S' UV cpikoia üvoiTo Tovg y.ey.vtjusDovi;
„Quac puella damiiiiim vituperet, si cum amef?" Oi
y.f/.Tintrui piiiui siiiif t)fO'l6xai, V. Arisfoph. Plut. 1,
Lvsistr. 112(i- Rpx Clinrl vprliis paruni obsprvatis suam
senteiitiarum spripiu contimiat: „Odps certe lioniiiiiiiii hoc
modo (coiisaii^uiiiPorMui nuptiis) crescunt." Cui Siipp'ices
acerbe rpspnndpiit; in proiiitu enim esse dirunt, ab in-
frlicibiis, qiialfs ipsac siut , se sejnugere, iiirusantes
Rp^^pin, quinl nun JHstifiam spd cnniuioduni rpspiriat. Quo
opprobrio Rcx aliquantum «uminovefur , ut quid facipndo
eam quam postiiU-nt j)iptatpm praestare queat , inlerroget,
V. 34;i sq. Oof'j y.Ku8t)iat vEuöooTToii y.aTuay.iov
veov &' öiukov TU)v6' dyuiviuiv deu)v.
Pro rorrupto viuv &' legeiulum: N£vov&' de ramis
nutantibus.
V. 397sqq. './/iyoTfpot'C üiiai/^iojv Toö' ETTicry.onei
äöiy.a i^th' y.ay.uii, oata 6' avvöf^io/q
Pro durfOTtporg infelirifer ab pdiforibus tenfafo srri-
bcndum : 'J n(f ut £ p u) a. Ulramt/iie parjcni Jupiter
respicit, in alteram incliiians, ut qui prava pravis , saucta
sanctis tribuat.
^^ 424 sqq. l/rro ßoCTluJV ßi'a
di/.ug dyoiiivc.v '
i:i7irduu, dfint'y.viv
■7tol.i'uiiv)v , sq'j.
"San audiendds puto, qui priuiam voris d/iTtvxaiV sjlla-
bam corripi dicaiit, qiium facillima emendatione /tz TT « t) OJ'
Ipgi possit; rf. öiii/.uddu , iKadov.
V. 425 sqq. loi)i yoo , rraicri tÜSe xai öü/j.oii
ulorlp UV y.iiaijc,
fiivit Auci y.T/vitv
ouoi'uv ^ifttv.
^'. 430. I>Ipd. äoei y.iivtiv supprsrript» ei, Rpg. L. uo£l
y.rniKv, Aid. dijti/.rlivftv , (iuolph. Rob. dp(iy.rtre/v.
Hinr. .Spidl. ile vcrs.s. dochm. p. l>. "Aott 'y.iivtiv scri-
))äit: Sri«o , filios tuus domuiiiquc tuaiu iiiauet hoc, ut
siniili-ni .llarti luaiit poenam , nlramtiiiiqui- dpir.icris.
SeA .Martis bor loco romnioinoratiu ofri-nsiiiiicin b;ibct ;
ucque pnini de hello seil dp scelpre a(jitur; Joi i Jnstiliae
«indiii aut l>is sreiestos poenam daturos iliienduin erat.
Vto'.lptl srribcndnm: äysi. ,, .flauet filios luos , iit
)inpnam crimini parein liiant."
^ . 4n1 -iqq. hat yiii) rw'/ r'/.v xiQ o/xroi; iiitöoin tdda
i'ßpiv uiv ixthjpi/tv uuoEvog iriö/.uL-
i'ii/v b' UV tu; dr,iioi li'iifvtoriuo;, sqq.
Srribcndum: Aui yr,o tu/ 'iv t/;, oi'/.To' 6; li^iöujv
raSs sqq.: Fortasse ciiam sit aliquis, qni miscra hacc
adspiciens superbam inasculorum injuriam odio liabeat.
V. 510. ^v xal ktyiijv Ei'cfpaive y,cu updooojv
CfQSvi.
Pro corrupto Cfpcvi Ipgcndnm : (fgövEi: Non solum lo-
qupre, quae grata siut, sed etiam factis sape.
V. 63('is<]'i- zjiov iTTidöftcvoi npdy.Topd ts Oxottuv
di'sTioXiuijTov, 6v oiTi^ av öofiog ixot
ETI ÜQocfuiv fuaivovTa- ßaphq d' ((fiCei.
IJpäy.TOp' UTljg y.OTOV, in stropha aufpm Tcti' tle-
KcATyiiv TkAiv , aut si synizpsin statuas IJi) aoyiuv le-
gendum esse ante hos spptem annos conjpci (de carmm.
Apsrh. a partibus Chori cantafis p. 14), quam fonjecturam
^'iroriim, quorum Judicinni plnriuii facio, auctoritate com-
probari intellexi. Sequcntibus Ipgrndum : iiv Tt'i; av öö-
fjn.; ix'^"i 1'""' conjpcit Wpllaiierus; /liaifOVTU autem
niinime niiitandum, quo signifiratur Jupiter piarnia pia-
culis retribuens, vliiajv dÖlXa UEV y.uxui.;^ oOia
d' Euvofioiq (v. 6!)9)-
V. 745 sqi- Ol TOI TaxitoL vavTiy.ov crTgaTuu a-zoXii,
oi>d' öpi^tog, ovde TTE/e/^iaTujv auiTTjQi'a
ig yi)v eveyy.Eiv, ovo' iv dyy.vpoix'cttg
daooovai vuu)v Ttoifiiveq TTUQavTi'ya,
akkoji; TS y.at /lokuvTEi dkifitvov xSöva.
750. 'Eg vi'y.T dTcoOTEr/ovToq r,}.lov, cptkei
ujdiva Ti'y.TE/v vi'^ y.vßEovr.Trj aocfw.
Postremi versus prava intprpunctione laborant, qua emen-
data sanissimi ; priorps foeile inquinati, fortasso hunc in
modum constituendi :
OcToi Ta%ETa vcwxiy.oü ö^paTov OTokr,-
oi<8' upiiiog oi'dt netaiiaTwv aojTr.Qv- ov8'
ig yijv ivsy/.tlv ovo' iv dyy.i'poi>x'(t-ii
xhnoaovOL vaujv notulvti; rrapavTiy.a,
äkkoig TS yai fioXüvTEg dkifitvov x^öva
ez vvyr ä-^ocrTiiXovTog ijkiov, (Pikti
vJStva Tiy.TEiv vu^ y.vßEpvr,TTj oo(fif>.
Sleliores pnim libri v. 74fi. (T mt ij p l o V praebent; de
elisionr voraus in fine versus admissa r. Herrn. Soph.
Ant. lOlS.
^^ T65- ''/(f'i>y.T0v 8' ot'yer' av irEkoi «mp*
fiekaivo/poji; 8e ndkksTai ßov y.apSia.
Vcrl)0 d(pi'y.TOV explicando sudarunt iiiterpretps. Lpgen-
dum: ä(f i> p TOV. ,,Fifri jain non potest, quin cor nipun»
pprturbplur." Kkvbuiviov ;^oÄi;s, signilicat qualis Elec-
tram Cliopph. 481- opprimit; indc f^skuivuxpwi Xapöla.
V. y34 sqq. Mi'jnoTE udhv i'8ut/i'
dkcfiolßoiov i'öujp,
h'ifEv nEigdmvov
Ciofft'Tiiv tinia ßpOTOiOi 9aXkEl.
Consentaneum est Cliorum de inundationc Nili loqni, quod
prao ceteris osteudit vox detüiiEvtiv. Ilinc Scliuptzius
Cv'irpvTov vdiia scripsit , mctro adversantc. Scribcndum
oibfiu ßpuiuiai \)dkktt.
V. 89(). Ildic b' oi'X', rdTTokoi'/ 69' ei'pln-xujv iyai.
■Wellauprus aposiopcsiu stafnit: ,,(Jnidni ego amissa in-
VPiiipiis — ?" qualem sniplores anfiqni ni.si cprta de
caussa noii adniiserunt. ^'altkpnarius Eurip. Plioen. 712
885 h86
SXu> cnnjerit. Srribpndiim: 77ws S' OtJ/i TCtTolro} 6^' " isspn «prden, nclrlio mit «lern f;pgennäri\gen Stande
si'glaxujv iko}; ,,Qui(liii res perdifas, postquam inveiii, der Tlnicvdidoisclipii Literatur vertraut üiiid , eine iliip-
ego siiiiiami" Possis etiain ä y U) coiijirere , iit v.i)(IJ. lu-lte Art der Heurtlieilinit,'- , so dass man iiftnilidi ent-
"Jyoiit' dv , e'l ru taCf^E UJ; ' tat o1]0 Erat. Sed iKu) «oder die Klenientr dcrsellien bis an ilire Quellen /.nnick
aptius, praero enim de Danaidibns tainquam de rebus «-erfolgt und auf diesem We^e ein Urtlieil liber die j;rüs-
suis lonuitiir. sk-tc oder f;eringere Selbstständigkeit der Bearbeitnng zu
V. q67s.i. TulvivÖE Tvyxävov-ca^, iircoruvi; Cfg£vd^ gewinnen surbt, oder dieselbe als ein Gegebenes be-
yuotv aeßeodai TlUWUiQaV i'liov. tr.ulitet, dessen Gebalt sebleebtbin zu bestimmen .st.
_, ,,. , . , . . '• , , 11 1 • AVir inirden, aueh wenn wir eine ausfiibrlicliere und iim-
E multis, qnae hanolati sunt interprctcs, iiibil probari ^ , „ .i i i i ■ i i .. i^ i ^ j ,i,
' ' , 17 1 lassennere Beurtbeilnng oeabsiilitieti-n, cic'n letzteren W/ee
potest. acribendiim: ■ i . i i ■ ■ i i i-
•^ , , 1 rorzielien; denn al>geselien aii< li daton , dass neuerdings
TotülvSe Tvyxavovraq £VTI Q V (IV1]C, (f^yrvo^ s^([. „,t ,,„r,.|, ^^„\^^^ Insinuationen die erstere Frage auf
,,Tanfa cum conseruti simus tordis gubernacul« mentis einen selir gef.'ibriielien linden gespielt worden ist, wcl-
bcne iustrueti est (deret vos si sapere velitis), Danais clieii betreten mag, »er sieb dazu berufen glaubt, so ist
gratiam praestantiorem quam qua nie patrein tcneramini es für den <jrossereu Tlieil der Leser des Tbiirvdides
rependere." Tainquam iJeos ül^inpios enim Argivos ic- uanz gleirbgiiltig , wie iliese oiler jene Ausgabe eiitstan-
nerari lllias jusserat v. 9>S. ilen ist, wenn sie überbaupt nur etwas IHiibtiges leistet
Suffieiant baec ad gustum eorum quae in Suppliees und den Anfurderungeii eiitsprirbt, welche von Rechts-
conjeri propinanduiii. Gaudebo si fucrint qui piitiunculain wegen an eine Ausgabe zu machen sinil. Und in diese
non respuant. Kategorie ist die vorliegende bereits längst durch die
Brunsrio-ae. F. Bamberger. oHentlirlie Stimme gestellt worden. Gleich bei ihrem
ersten Erscheinen wurde sie mit Beifall aufgenommen.
Ein Theil desselben galt freilich nur der ansprechenden
Thucydidis de hello Peloponnesiaco libri octo. Ad Form, »veldie iliirch verstandige IMaassbaltung zwischen
optimorum librorum fidem , ex veterum notationibus, Ilaak's Einsvlbigkeit und Poppo's Ueberfülle einein sehr
recentiorum observatiouibus recensuit, argumentis li-l'l'aft gefühlten Be.lurfnisse entgegenkam und, wäliren.l
. , . .. , -ii , •, . !• , , 1 s'i" «las Verst.'indniss wesentlich förderte, <loch zugleich
et aduotatione perpetua illustravit, inilices et tabu- n l ,j^- i i ^ i i ,n • , • i
i- i- ' vor Uebersattigung liewalirte. In verliiijtnissniässig kurzer
las chrouologicas adiecit atque de vita auctoris Xeh war diese erste Ausgabe vergriffen und eine zweite
praefatus est Franciscus Goeller, Editio secunda «iitbig. Es war von dem gesunden Sinne des Ileraus-
auctior et emendafior. Lipsiae, Ciiobloch , lS3(i, gebers zu erwarten, dass er sich nicht mit einem blos-
II Voll. XVI, 676 und 620 S. gr. 8. ''" '^'"'';"'-k «■" "''<''" "''<''• •■""«"■" »enigen gelegent-
lieben Nachbesserungen begnügen wüide. Soweit wir
Die nachstehenden Bemerkungen sind mehr dazu be- wenigstens Gelegenheit gehabt haben, beide Ausgaben
stimmt, einen kleinen Beitrag zur Kritik und Erklärung mit einander zu vergleichen, ist überall die bessernde
des Thucydiiles zu geben, als die vorstehende Ausgabe Hand sichtbar und der Text sotvohl, als «lie Aninerkun-
in allen ihren einzelnen Tbeilen einer umfassenden Prfl- gen sind durch sorgfältigere Benutzung des haiidschrift-
fung zu unterwerfen, indem in den drei Jahren seit ihrem lieben Apparats und des mittlerweile von andern Gelehr-
Erscheinen bei der Lebhaftigkeit des Studiums, welches ten für Thucydiiles Geleisteten in wesentlidien Punkten
einem Schriftsteller wie Tbucvdides zugewendet ist und verbessert. Findet sich aber nichts desto weniger häufig
immer zugewendet bleiben «iid, das Urtlieil über den genug Veranlassung, die Richtigkeit der von Herrn G.
AVerth derselben bereits hinreichend festgestellt worden aufgestellten Sätze in Zweifel zu ziehen, so liegt der
ist. Freilich hätten wir eben desshalb , um nicht schein- (irund davon tbeils in den ausserordentlichen Schwierig-
bar mehr zn versprechen, als wir zu leisten beabsichtigen, keiteii des Schriftstellers, tbeils in der A'erschiedciiheit
unsere Bemerk iingeii entweder in Form eines selbslstän- der Anscbauuiigsweisc des Herausgebers von der unseri-
digen Aufsatzes mittheilen, oder ebensowohl an eine andere gen und, wir hofren es, auch von der Anderer, tbeils
der neueren Ausgaben anknüpfen können. Allein einmal endlich in einer geivissen flüchtigen Behandlniigsweisc ,
schien es uns unbillig, wenn in diesen der Altertbums- welche zunächst »vohl <lurch das Compendiarische der
wisseiisclialt ausschliesslich gewidmeten Blättern eine so Form veranlasst, keineswegs aber durch dasselbe geboten
wichtige Erscheinung, als die Goller'scbe Ausgabe des war. Worin wir von den Erklärungen des Herausgebers
Thurvdides ist, gänzlich ignorirt werden sollte , und dann abzuweidien uns gedrungen fühlen, mögen unsere Leser
glaubten wir auch annehmen zu dürfen, dass gerade diese beispielsweise aus den nachstehenden Betrachtungen er-
Bearbeituiig sich einer grösseren Verbreitung, als alle sehen, denen «ir gelegentlich noch diese und jene Be-
übrigeii zu erfreuen habe, so dass dieselbe, ziiinal da iiierkung aus eigenen Ulitfeln hinzufügen. A> ir wählen
wir auch bei anderer Form des Vortrags öfter auf Hrn. G. dazu die erste Hälfte des aditen Buches, aus keinem aii-
liätten zurückkommen müssen, sich ungesudit als Grund- deren Grunde, als weil wir mit diesem znnäibst angc-
lage und Anknüpfungspunkt für unsere Bemerkungen legentlich beschäftigt waren. Einige andere Bemerkiingen
darbot. über die vielbesprochenen Eigenthümlichkeiten , wodurch
Es gibt, wie für jedes Buch, so für die Göller'sche dieses Buch sich von den vorhergehenden iintcrsdieidct ,
Ausgabe des Thucvdidcs insbesondere, wie diejcnigeu mögen einem anderen Orte vorbehalten bleiben.
887
888
Cap. I. Ttävra 8s -KavTa-j^o^Ev airolg eXvTtei r«
xa\ rTCOinari-y.ei STCi Tui yryfvriityo) (fdßoq TS xal
■/.nrar'/r^i; iityiarij Sr,. AVir ziirifi-lü, ob iler Sinn
der letzten Hälfte des Satzes rirlitig durch Hrn. G. so
H ieder^jcyeben sei : ecentus isli exspectationes enrum
mutaverant in pavorem et summam consteniatiuiiem.
■\Vill man diese AVorte anrli als freie Ucbertra^aing- be-
trac lileii , s(i ist 'darin dotli in sofern zn «cit gegan<rcn,
als der minder Geiibte in Gefahr kommt, das Tirolll-
(rri'y.tt falsch aufzufassen, nfimlich im intransitiven Sinne,
gleich als stände eic (foßor, und nicht (jf'O.jo; ; iv,'ihrend
es doch so zu nehmen ist, nie cap. 2. extr. in den
AVorten xivfiiix'jr — o/o,' y.al 6 Ütio tcöv 'Adipaiwv
Trsoi.'ori^^ äf rtf'ro/,-.
Dieselbe Ungenauijfkeit findet sich wiederum bei Er-
klärung der AVorte cap. V. zii Anf. TToaiJOUVrojv 8s
ravTCi ancpoTSO'Jiv y.ai uviuiv orötv ä/.Ko }] ojcricSQ
äo-lontvü}v iv v.azac/.Ci'T] tov TToKfiiov, »vobei bemerkt
ivird: senilis ideiH est ac si scripsisset : ute öl- Tavza
duuöteooc irroctoaav xai ijtTar ovötv äkko ij uiorceQ
do'/oiuro/ ir ■/.nrao/.ei'Tj tov To) iitoi' , i. e. nihil aliud
nisi promplissimi et parat issimi ad bellum acriter
gerendum. Doch scheint hier der Fehler etwas tiefer
zu liei,'en. Ilr. 11. verbindet cio-/OiUl'ajy kv y.avaay.Stnj,
was «ühl einiger Rechtfertigung bedurft hatte. Gewiss
war die Uustatthaftigkeit dieser AVrbinduug 1er Grund,
warum die Herausgeber vor Haack das £v, welches
sie nicht anders zu deuten wnsstcn, in Klammern setz-
ten, nnd eben diess betvog' auch Dobree zu der ge-
waltsamen Alaassregel, urj'/(^oi(tvu}V zu tilgen. A^ielmchr
ist mit Poppo üvTujv SV y.UTUaxevij zu verbinden und
ovdsv ut.Ko Tj ujarrso fJ.Oj(0[iSl'UJV als dazwischen gif-
scboben zu betrachten: ,,da sie, nicht anders, als fingen
sie erst (den Krieg) an, in der Rüstung zum Kriege be-
griffen waren." Fiir yavaoyil)] übrigens schlug man
schon früher '.Icoc.oy.rA'Tj vor nnd Hr. G. ist derselben
Ansicht, zumal sich diess neuerdings im Taurinensis und
a pr. m. im ftlarcianus gefunden hat. Allein weder diese
Auctoritäten, noch der Umstand, dass Thucvdiiles sonst
die Rüstung durch nnoaoy.Slij zu bezeichnen pflegt,
■cheiiien uns diese Aenderung hinreichend zu iriotiiiren,
und die Bemerkung: „y.UTO.o/.Svr, plerumquc est suppellex
et quodcunque suppellectili siinile, rrno/'.uyii'r, est appa-
ratua, isque plerumque hellicus''^ , ilarf wohl nicht als
feste Norm betrachtet »erden. Schon Arnold bezog sich,
um den gleichen Gebrauch von y.a.TUO/.Sinj zu beweisen,
auf Isoer. Arcliid. p. 134 B. rov nuKsimv sie i/.rruvTa
TOV iciövov y.ii.iaO/.i:LaL,i)VTi.i, und es lassen sich auch
sonst dafür insbesondere aus den Rednern zahlreiche
Beispiele beibringen, wie aus Demosthenes T:rjn:i)Sli XCC-
lao/.etaCstv d. Halon. p. 80. §• 10» v.ymvci. /.ava'
Oy.svuCsiv e. Uoeot. p. Iu20^ §. iS. p- 10?,i. g. 57. c.
Olvnipiod. p. ti7(i. §. .31, i^iTilj[ir!ua y.ara.ny.niuQetv
il. cor. p. 248. §. 71. A'ergl. Isaeus d. hered. Cir.
g. 44. Andor. d. pace §. .'i'», üinarch. c. Deniosth. §. 96.
Demnach wird man nicht iiöthig haben, an vorliegender
Stelle y.uiarry.Si Tj zu verdächtigen.
Cap. A'I, xßt TU jdv :iij'Jjtor 8sy.a toi<tojv avxol
SfisX)MV TtSftltSlv, Ohne Zweifel schreibt man jetzt
richtig aus den meisten nnd besten Mss. auToi für das
ehemalige awoi'^. Als Gegensatz hat man die übrigen
BuMilesglieder zu betrachten , denen ilie Rüstung der
andern dreissig Schiffe überlassen bleibt. Es scheint je-
doch der Beschluss der Lacedämonier , zehn Schiffe zu
stellen, mit cap. 3. in AViderspruch zu stehen, wo die-
selben si< h anheischig' machen , fünfundzwanzig aus eige-
nen Alitteln zu rüsten. Krüger zu üionys. Halic. hi-
stoiiogr. p. 288 vernuithet, die übrigen fünfzehn werde
wohl .Agis haben rüsten wollen. Eine A^ermuthung, deren
Richtigkeit wir dahin gestellt sein lassen. Rec. erlaubt
sich, eine neue Ansicht über diese Zahlenverhältnisse
vorzutragen. Im 3- Capitel werden von den Lacedamo-
niern die Contingente der A'^erbündeten folgendermaassen
geordnet: die Lacedänionier stellen 25 Schiffe, die Böo-
ter 2'), die Phokeer und Lokrcr 1.'), die Korinthier I5,
die Arkader, Pellencer nnd Sikvonier 10, die Megarcr,
Triizenier, Epidauricr nnd Hermioneer 10: in summa 100
Scliill'e. Hiermit ist nun keineswegs gesagt, ilass jedes
Bundesglied sogleich und ein für allemal ilas I\Iaximum seines
Contingcnts zu stellen hatte: vielmehr ist Nichts wahr-
scheinlicher, als dass ilie A'^erbündeten jedesmal nach
Blaassgabe der Umstände und des grösseren oder gerin-
geren Bedürfnisses auch bald einen grösseren, bald einen
geringeren Theil ihres Contingents zur A'erfügung der
Laredr'inionier als des Bundeshauptes stellten. Die gegen-
wärtig den Chiern zu leistende Hülfe erforderte nicht
die <'iusserste Kraftanstrengung; demnacli werden die ein-
zelnen Bundesstaaten auch nicht das Maximum ihres Con-
tiujents gestellt haben, sondern nur einen Theil, und
zwar nicht einen beliebigen, sonilern einen verhältniss-
massigen. Das Verhältniss aber ist in dem Beschluss der
Lacedänionier gegeben , ihrerseits zehn Schiffe von fünf-
undzwanzig zu geben, also zwei Fünflheile des Contin-
gents. Nachstehende Tabelle wird diess mehr veran-
schaulichen.
IMaxinium des Contingents
für die Lacedänionier 25 Schiffe; davon werden nach Chiof
gestellt 7, =r 10
„ „ Biioter 25 „....„= 10
„ ,, Phokeer etc. 15 ,,.,..„ ^:3 6
,, „ Korinthier 15 „....„ =^ 6
„ „ Arkader etc. 10 „....„= 4
„ ,, Megarer etc. 10 „....„= 4
Summa der Conling. 100 Schiffe; davon '/j
nach Chius =40 Schiffe.
(Fortsetzung folgt-)
Personal-Chronik und Miscellen.
Bonn. Dem hiesigen Professor Hailess ist der Auf-
trag ans Athen ziii^cgangcn , zinu Bau der dortigen Otto-
UniversitliL Beitrüge zu saiuiucln.
Brieg. Der bisherige Professor am Gynin.isium allliicr,
K. E. G. Mattbisson, ist zum Director dieser Anstalt ernannt
worden.
\
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaft.
Mittwoch^ 18. September
1839.
Nr. \n.
ThuoTiiiilis de lipllo Peloponiicsiaco libri ocio. Eil.
Frunciscus Goeller.
(F ortsef zunif.)
Cap. VII. dTtoTtin-Tiovaiv oi Aay.c8atn6viot ig K6-
Qivdov ävÖQa^ ^TTagTiÜTC.i; to£i^, UTrujg änu rrjg
ST^QUi i^a/daaij'; oji räxio^ra tTtl rijv nfju.; 'Ai}r;vax
vneo s V syxö VTS g rag vavg tuv io&iiov y.skmoajai
irXetv eg Äiov näoag, xal äq ö "Jy/<i napeaxei'aCsv
£;" Tru AidSov '/ML TO.g äWaq. AVir beniliren diese
Stelle nur, um aiiili liier eine Bemerkung' Krügers zu-
rückzuweisen. Zum Dionjs. p. 289 , S. Iieisst es : „Qund
mihi in menlem venerat im e geve yy. ov t ag , poslea
Mosq. et Pttriss. E. K. exhibere vidi Vallamque confir-
tnare, qua leclione adinissa comma post lodf^iuv deleti-
dum et ad vneQEvey/.iiviai inlelligendum esset ai'TOi'.;
», Tovg i;ijiita](oi<g. quod ne duruvt videalur, cf. ad Dio/iys.
p, 174." Allerdings würde an dieser Auslassung wenig
oder kein Ansfoss zu nehmen sein; allein eine andere
Inconvehienz würde entstehen, welche sich nicht beseiti-
gen lässt. Dass die Besorgung des Transports der SchitTe
über den Isthmus, wenn man i'TTioevf.yy.uvici.-; schreibt,
TOD den drei Spartanern auf die Bundesgenossen selbst
übergeht, kann man sich wohl gefallen lassen. Auch
ist ,für diesen Fall der Satz ganz regelrecht gegliedert,
Lis auf das Wort TtaOac. Was ist damit anzufangen?
Auf ■jrkeiii kann es nicht zurückbezogen werden, denn
die vKFQEvEyy.ovTEg sollen segeln, nicht die Schiffe.
Dann müsste es wenigstens Tiaaci/g heissen. Dasselbe
aber auf t«^ vuvg zurückzubcziehen verbietet durchaus
die ganze AVortstellung; soll beides zusammengehören, so
ist auch eine unmittelbare , wenigstens nähere Zusanimen-
«tellung unerlässlirh. Diess zugegeben , so folgt die un-
antastbare Richtigkeit des VTieoEveyy.ovveq: die drei Spar-
taner sollen den Transport der Schiffe über den Isthmos
besorgen und dann der gesammten Flotte den Befehl zum
Auslaufen geben.
Cap. l HI. eSo^s irgdirov eg Xiov avToig izksiv
agxovTu ixovraq Xaky.iöia, — eTietra ig Asoßov
v.al 'A}.y.afiiv)]v aQXovva.
Zu den Worteu ig Aifrßov supplirt Krüger p. 290.
Ttkeiv OXQt'.Ttdv , es genügt jedocli das einfache ^rkety,
nachdem kurz vorher aus den besten Mss. von Bekker
avxoiii für avTOug hergestellt ist. Wenn aber Hr. G.
CO 'Akxajjivijv äQXOV'T:a aus dem Vorigen 'i^oviag
supplirt, so ist diess wohl ein 'Wrsehen. Dann würde
wenigstens yaX (welches wirklich auch in einem , jedoch
schlechten Ms., fehlt) ganz und gar überflüssig sein. Viel-
mehr ist auch 'Aky.o.[ikVip mit auf das hinzuzudenkende
nxkEiv zu beziehen: sie beschlossen, — dass sie dann
nach Lesbos segeln wollten und mit ihnen Alkamenes als
Anführer (segeln sollte).
Cap. X. akk' vfTTEQOV akkag nQogTChjouiaavxeg
iuTo. y.ai Tuuc/.ovza Traoairkiovrai; ai'tovi; aaTadioj-
y.ovcnv ig Tlctoniöv Ti^g KuQtvdiai;.
Krüger's Vorschlag, xal Totcixnwa als aus cap. 15-
hierher versetzt zu streichen, ist mit Recht schon von
Hrn. G. zurückgewiesen. Allein auch gegen die Art und
Weise, wie dieser die Stelle erklärt, lassen sich erheb-
liche Einwendungen machen, wie es bereits schon durch
Poppo geschehen ist. Er fasst ii.'imlich die oben ange-
führten AVorte so, dass die Athener zu den bereits ent-
sendeten 21 Schiffen noch 37 neue rüsteten, also zusam-
men 58. Abgesehen nun auch von der unverhältnissmas-
sig grossen Anzahl von Schiffen, welche die Athener so-
mit den 21 der Peloponnesier entgegengestellt hätten, so
entsteht durch diese Annahme eine übergrosse Differenz
mit den späteren Angaben der Zahlen der Schiffe cap.
15 und 20- Angenommen, es waren deren 58: nach
cap. t5. gehen davon nach Chios ab erst 8 unter Strom-
bichides, dann 12 unter Thrasykles, endlich die 7 ver-
dächtigen Schiffe der Chier, zusammen 27, bleiben also
31 zur Blokade des Peiraios. Für die abgehenden ScIiiM'o
senden die Athener jedoch bald andere zum Ersatz; die
Anzahl derselben lässt sich nicht bestimmen; dass dieselbe
der der abgehenden gleich gewesen, liegt wenigstens nicht
in den Worten cap. 15. extr. , vielmehr ist nach dem
damaligen Stand der Dinge anzunehmen, dass sie sehr
gering gewesen sein möge. Nehmen wir an, sie betrug
nur 9, so hätten wir im Ganzen 40. Nun lieisst es aber
cap. 20. i'rro dt Tok avTolg xo6vovg ui iv rui IIei-
gauj) Ei/.oai v\Ec, T(j~)v nekoTrovvijaivjv , y.UTud/ojx^Ei-
oai tÖxe v.at icfuonovuEvat i'aij) docd^^iö i'Tto A^t]-
vaiojv. AVie also kann die Anzahl der athenischen Schiffe
der der peloponnesischen gleich gewesen sein, da nach
obiger Berechnung die erstere schon vor der Zusendung
neuer Schiffe zum Ersatz die letztere um 11 überstieg«
Herr G. meint nun, TorS beziehe sich auf die Worte
des 10. Cap. oi 'J9)]vatoi rö TToöSrov 'iaaig pcuxri
TTQOgitkEi'cravvEg u. «. w. Das wäre ein ganz gutes
.S9I
892-
An.skniiftsiiiiKd, nenn mir die W(ir<s(plliinff rap. 120. sich
ilaiiiit n-rlnige. Allrlii srlioii Poiipi» licMicrkt ilagegea
ganz ricliligf, «lass ps ilanii hätto lieissni mi'isseii: /.(iru-
ön rf!}tiOut To'rf icr^n vnl^ ii'Ji /.td icfooiioviievul irtu
' li.i} laiojv. Ui'iiii Hciiii aiicli Aii(;iiij;s lüe Aflu'iicr mit
einer gicirlieii Anzahl SiliinV- auf die der Peliiponnesier
Jagd niaclidMi, s<> i'ar doch nach der ganz Maren und
nnzneideuti^eii Auseinan<lerscfzunjf rap. 1(>. hei dem Tref-
fen nnil der gleich darauf folgenden HIokade ihre Flo((e
der feindlichen bei iveiteni liberlegeii. Da nun aber
cap. Jlj. das ,icf;)onot'iitl(it niit zu dem loiC ijezogeu
itir<l, also die Zahl der Srhille auch in dem leizteii .Sta-
dium der Blokade loii beiden .Seifen gleich war, .so iniiss,
da nach obiger Bcrechiiuiijr die Zahl der athenischen
Schifle niin<le.stens das üdppelln betra;^en haben tnirde,
hier irgendivo ein Rechniingsfehler verborgen liegen. Und
dieser liegt in der Art und H'i-ise, i\ie Hr. G. die Worte
rap. iO. K.'Jac ■ytrjo::i /.iioirioai' rtQ irtrc. y.ici xuhc/iivtix
auffasst. Wir halten mit Arnold die Erklärung Poj)pr)'s
für die richtige, dass n.'iinlich die Athener die Anzahl
ihrer dort stationirteu .Sehiflc überhaupt auf '.S~i bringen'
tiulltcn. Erst Läufen .sie mit '.^1 ans; dann, um die Zahl
von '6i loM zu machen, niiisscii sie i() neue gerüstet
liaben. ^'on den 3' gehen cap. Iä. zur Expedition nach
Chics 2" ab, bleiben also Uliordem Peiraios liegen ; aller-
dings eine geringe .Anzahl; allein nenn man die üerlliili-
keit einer lilokaiic vor einen! Haien und den libeln Zu-
stand der pelopoiinesischen .Srliilli- bedenkt, so kann man
dieselbe keiiiesnej;s als unzureichend bctracliten , zumal
da ja auch die Athener mit möglichster Schnelligkeit
Ersatz fiir die abgehenden Schiffe senden. Dieser Ersatz
aber inuss , das Obige zugegeben, 10 Schiffe betragen
iiaben ; denn nur dann heisst es cap. V(). richtig faroo-
iioi iifiC.i i'cr'r) dülitiii'j. Zwanzig .SchiHc haben die Pe-
lopounesier, nachdem sie im Treffen eins eingebiisst
(Cap. l'j), ziiaiizifj die Athener. Nur das bleibt nueli zu
erörtern übrig, «ie in den Worten tik/Mi 71 ooi; i/.rooi-
oavTi-: eriTu y.ai roiay.ovra der oben angegebene Sinn
liegen könne. „Per brevilo(|Ueiitiam", meint Poppo , ohne
sich jeiloch auf eine Heiter4' Erörterung einziilas^rii. I{ee.
glaubt ZMei VVe^e gefunden zu haben, auf uelchen mau
den V« orten jenen .Sinn abge» innen kann. Entweder
setze oder denke mau ein Komma nach 7lou;:i/ naui-
(TCOCC.., nehme i.iTa y.uc To/uy.uvTU für den Dativ
und verbinde iliesen mit /.t'.cad/ijjy.oi'Oli': „nachdem sie
andere (Schiffe, n.imlich 1() zu den obigen 21) hinzu
gerüstet, jagten »ie uiit .17 (der Gesammfzahl) die Pelo-
ponnesier in den Peiraios." Oder man schalte i]; nach
riarjc'.ri/.i^oujoaVTS.; ein, dessen EndsUbe die Pr/iposi-
tion leicht absurbiren konnte (»ie Cap. .'tS. ö/c'.fj: jr/.ö-
fc,' Ti^v X'Ov, HO oh:;c Ziveifd nach Dnker's Verbes-
serung Ölli.ßcrh]/.öc£i ii Tijv Xtotf au schreiben ist):
älXui jziJoc:iLrjOuioavit~ e; h:iiu. y.ai toi'Imwcu,
TTaguT/ tuviu; aiiiiv; /.ucuSlu'y/.üvatv , „nachdem sie
andere hinzugeruitet bis zu 3; (bis diese Zahl erreicht,
»oll «ar), jagten sie" u. s. w.
Citj). XVII. Xujy.ibii^ b% ytat 'Ah/ußiadiT-; — iy.
[lii- Ti.'jf i/. l]i/.orrui'V,;iT(ii' vtviv ivii vat'iuc öic^.i-
ounei Lv Xi'o y.aTut.iii.:r uvovaiv , dvTt7iXi;Q-jjaavTS<;
£i Tuiiag re iv. Xov y.ai ä}.}.ac i'ty.oaiv L:tl.tov u. s. »••
Herrn G.'s Anmerkung zu dieser Stelle lautet so:
,yfuere .ViO; naves auteui l'eloponnesiorum ijuimjiie , v-
cap. 3'J. Fuerunt autem lii Pelopnnnesii l-KifUi.vai aive
classiarii (v. c. Jö.) , quare nunc gntri urmatura in-
struuntur.'''' Hier scheint jedoih ein ^'ersehen obzuwal-
ten. >.icb 15ö( kli's bekannter Auseinandersetzung (Slaats-
hansh. d. Ath. 1, S. {(II ff) bestand die iiemannung eines
Schiffes aus zwei Tlieilen, ans Soldaten, inifjdrftl,
und aus .llatrosen (Scbiffsvolk , zur liedieiiung des Schif-
fi'S nölhige iMannschaft) , vc.fxai. .Abgesehen nun auch
davon , dass an obiger Stelle ausdrücklich gesagt ist
roiS i'fffTf/, 5 ö.lt.ioaixhi, so versteht sich doch
schdii roll selbst, dass dabei an eine erst vorzunelimi'iide
IJewaffniing der bereits beuatt"neten Epiliaten — mögen
diese autli mit den llopliten nicht rnllkommen gleich-
förmig bewaffnet gi'wesen sein — nicht zu denken ist.
Ein älinliclier Fall 15. 4. Cap. 9. Auch wäre es seltsam
gevvesen, wenn ("halkideus seine Soldaten hätte in Chios
zurücklassen «ollen; darin bestand gerade die Starke
der Laeedr'imonier. Der Abgang an -llalrosen hingegen —
und diese sind es, uelclie hier förmlich bewaffnet und
als IJesatzung in Chios zurückgelassen werden — war
leii ht zu ersetzen, zumal da Chios als Seesfaat ohne
Zxeifel viel tüchtige Leute dieses Schlages besass. Noch
einen Beweis für die Kichtigkeit dieser Erklärung gibt
das auch von Hrn. G. angeziigene Cap. 3i. Dort heisst
es, die Zahl der aus fünf Schiffen in Chios zurückge-
lassenen habe gegen 5(10 betragi'ii. Richtig bemerkt dort
Arntild, diese Zahl müsse Anfangs grösser genesen, möge
aber bis zu dem dort gemeiiilen Zeitpunkte in den fort-
Hähri nden Kämpfen a"f Chios so weit znsammengescliniol-
zen sein; denn an obiger Stelle heisse es rofv viciTai,
nicht vat'TCt.^, es sei also nicht eine beliebige Anzahl,
sondern das ganze Schillsvolk von Chalkideus bewaffnet
und auf Chios zurückgelassen worden. Sell)st angeiioin-
nieii nun, es sei ."idO die anfängllcbe Zahl gewesen, so
wären doch ,')()0 Epibaten auf fünf .Schiffen etwas ganz
Unerhörtes. \'ergl. unsere Anmerkung zu Cap. 2').
I6id. itiuvktxo yi'.o ö 'Ih/.ißiäSi]!; — (f'!}uaai xaq
(j.'xo T?,,; lliKoTinvi'ijaov viÜK Tioo^nyayu/icvoQ av-
TOt'si "(ii ■vuit; Xioic, Y.m iacrm xcü XaKy.idei y.ai rt/J
ünoavii/.avn 'ßvdii/j, cijaiierj LiitOj^cvu, xu dyuivtana
•Kuoi^tivui , vi; nkiloxui; Ttüv tioKcmv UI:tu xij;
Xiojv örixyctadii; y.ul Xuky.ideuji; d?iooxij(ra(;.
So interpiingirt Hr. G. unseres AVissens mit allen
andern Herausgebern. Allein nir glauben, dass das
Komma nach uiruvi weggenommen und nach \(i.Kldii
gesetzt Herden iniiss. Bloss Endios soll die Ehre haben,
nicht ilie Cliier und Chalkideus, durch welche ja Alki-
biades dieselbe erst erwirbt. Vcrgl. Cap. 12. EvÖiv)
re uvTii) idia ekeyc y.aKuv eivai öl ixtifuv aTtoaiij-
aai TE Iu>viav y.ai ijCMikia ^viifiaxov noifjout Aay.e-
Sai/iovloi;, yai /<>; 'Ayidoi tw dyujuiOjja xovxo ye-
viai)ui. Die Dative Tui; Ai'o/s — iacviij — XaXy.c-
ÖEi wird man demnach mit dem vorhergehenden JCQOi;-
ay<>.y(ii!ti'!>~ zu verbinden haben.
Cap. XIX. xul vlt^oinii; ttuocI Xah/.iStioq riyye-
Xu(<; avtvii aTcoit/Utv :idrtv y u\ ott.'AiiUQyiji :ia(i-
iaxai y.aiä yiiv oruuxia u. a. vi.
893
niii Recht hat si< h Ilr. G. hier nicht auf Poppo's
Vorsililajf eingelassen, <lass man y./i.i en(fern( "'»S« ,
Hoiür tierselbc als Grund anführt, tlass ja in den >V<jr-
ten Oll 'Jut'iuyi;^ Tnnjinnil die Ursache enthalten sei,
ans «elcher Chalkideiis den Chicrn die IJntschaft zukom-
men lasse, Ü7lo:vi.tiv ■jidklf. Das Einzige, was man
zugeben kann, ist, dass man y.ai nicht vermissen würde,
wenn es niiht dastände. Da es jedocli in allen IMss.
ohne Ausnahme sich findet, so »ird es ratlisam sein,
dasselbe so lange festzuhalten, als noch eiiiigermaassen
triftige Gründe zu seiner Verlheidigiing sich darbieten.
Wir geben zu, dass zwischen den beiden SJitzen an sich
das oben angegebene cansale Wrhältniss obwaltet, Jäug-
nen jedoch, dass es unumg;ini;lich uothig war, dieses
Verh.'iltniss auch in der Fassung der ^Vorte bestimmt
auszudrücken. J)as , was der (irnuil der liotschalt war,
konnte ebensoMcihl auch als ein 'fhoil derselben ange-
sehen und aiisgi'.>.i)r(iclieu »erilen. Ils kam Botschaft von
Chalkideus, sie sollten nieder absegeln. Die Chier
nitissl liceiii IJefehl ohne Weiteres gehorchen. Allein
um demsellK'ii noch besondc-ru iXachdruik zu geben , die
Besorgniss der Chier rege zu machen und sie zu si linel-
Icr Abfahrt anzutreiben, fügt Ch. das Motiv wie eine
besondere Neuigkeit hinzu. Wenn librigens Poppo noch
die Bemerkung ßauer's für sich geltend macht, dass,
liält mau y.ai fest, dann dyy/rXia in der doppelten Be-
deutung, einmal des Befehls («,7 orr/f-/)'), dann der blos-
sen Meldung {ort '^'/fiurjyng rxaotOTU/)-, zu nelimen
wMro , so scheint uns diess ziemlich unwesentlich und
keineswegs zur Aenderung iler Stelle nöthigend. Denn
es liegt ja in der >atur einer vom Obcrfchlshaber an
Untergebene gerichteten Botschaft, dass sie gleichzeitig
des allerversrhiedentlichsten Inhalts, bald befehlend, bald
einfach melilend , bald anfragend, bald zurechtweisend,
und was sonst noch sein kann. Alan übersetze nur nicht
,, Befehl", sondern ,,es kam Botschaft von Ch., des In-
halts, dass sie wieder unter Segel gehen sollten, und
dass Amorges mit einem Heere heranziehe."
J6id. vi de Xiui tat; }.oi7Tui\ vuvaiv dvayayö-
ftcvoi, y.ai 6 ireQo; /jct avTujv u. s. »v. Unter dem
Fussvolke hat man wohl mit Krüger kein anderes zu
verstellen , als das der Ervthraer und Klazomenier aus
cap. 1(). Wenn dazu Hr. G. noch die pedites hinzufügt,
qui in ijuulit r navHus, qiias Athenieiiües ceperunt ,
fuerunt et litore escenso evitsernnt ( tuji' üvdijvjv Lc,
lljV ynv (f^^c'.crauTuju') , so ist diess ebenso schwer zu
widerlegen, als zu beweisen. Aber pedites hätte er diese
Leute nicht nennen sollen ; denn zu Fusse geheudcs
SrhilTsvolk hiess gewiss ebenso wenig o criCo;, als man
einen Haufen Spazierreiter ?'; itctto; genannt haben wird.
Die Worte y.iu 6 Tie^i/.; iiSt' ai'Tojv fasst aber Krüger
in eben dem Sinne, wie Cap. Ki. die Worte 6 rrei^Oi;
äfxa ■:Tao7J6i , das Fussvolk folgte ilen Bewegungen der
ScIiilFe am Gestaile entlansj;. Wiewolil diess au sich nicht
unilenkbar ist, wäre die Ausdrucksueise y.ui 6 .Ti'Jo^
^£r CLTiSiv doch mit Poppo ein „durum zeugma" zu
nennen. Bei einer so einfachen Sache hätte 'i'h. wahr-
scheinlich wie Cap. l6. und '>'i. no.oijBl gesagt, wenn
er diess meinte. Wir verstehen daher mit Hrn. G. diese
Worte so, dass die Schiffe das ^ussvolk mit an Bord
894
nahmen. Poppo's Ansicht von der Saclie ist nicht ganz
klar; denn des ,, durum zi'U^nia'- ungeachtet, macht er
doch ^egeii unsere Erkl.'irniigsw eise die Eiuneiidiiiii^ ,
dass der Grund dieses IManovers nicht einzusi'licn sei,
indem der Landweg für das Fiissvolk sicherer gewesen
w^ire. Doch weniger darauf kommt es an, als auf den
.Sinn, welcher möglicherweise in den Worten liegen kann.
A iclleicht aber kam doch der Landweg dein l'ussvolke
weniger sicher vor, als Poppo anzunehmen geneigt ist;
wenigstens lesen wir Cap. J-i , dass die Athener im Ge-
biete der Er\thraer einifje feste Punkte iniie hatten, von
wchhen au.s leicht dem iMarsche Hindernisse in den Weg
gelegt werden konnten; un<l jedenfalls war der AVeg zur
See der sclinellere.
Cap. XXlIl. ä 71 nvthxrduiuoii d i/orioxog tviv
Tc 'Eoeo/uju y.i'.i Tojv ey. li;^ ßfiji^cf^vijg fj£i' Eißov-
i.ov jLiüjv utdjt' u. s. w.
Hierzu .bemerkt Hr. G. : 7ion hnlient , unde pendeant
ge/iitivi ruj: — i>C(rji> nliud, nisi veibum 7iiil>(/.td:ii:vng,
fit saite miie dictum est :i viK^a.viol^i/.i vnrtr. guiir» Tits.
coiiiecit ü ^/ ovvo/o; filTcc rojv TS Eo. etc. iVirht
ganz klar i.^t, »las eigentlich hier dem Herausg. seltsam
erschien, oh das 7lvVifuvf.ai}ui (■vi)tiiuc an sich, oder
ilas TTVvdäveoi^ai vsujv anstatt Tidv in Tai'g vavoi.
Doch glauben wir wohl das Letztere, da das Erstero
biiireichenil constatirt ist. Allein auch jenes wiril bei des
Tluicydides Streben nach Kürze gerade hier um so weni-
ger auffallen, da nicht unmittelbar ■jri'v9avufiti'ü<; TCäv
Viiov verbnnden ist , sondern 7ivv9o.vdu(vog Tcßv
'Küialoiv {i\\i:\ii vtdiV , sondern von den Eresiern selbst),
woran sich nun TV)V ey. li^g ß/ndv/.iii!jg Xiujv peujv min-
der gezwungen anschliesst. '
Cap. XXfV. y.ai Aeu)V y.oX ^lOfxeöojv i'/oiireq
-ra; iy. Aeaijou 'Jiiijvaiujv vavg ix ts Oivovaauiv,
Tviv TTQo Xiuv vtjoMi, xai ix Si8ovaoi]i y.aX ix tlzE-
t.iuv, d i.v TJ] 'Eovdgaia eliov niX'?- y-al iy. rijg
Aeofiov öoiiojiicvui zun 7r(jiJi; zoug Xiovg noksuov
d.^d TWV rfWl/ iTTOK/ilTO.
Die codd. Paris, ü (im Texte seihst) und l (am
Rande) bieten die allerdings bemerkenswerthe Abwei-
chung: d iv Tjj 'Eijii}ua.ia eiyuv xf///; y.a3 eil.ov,
xc: u. s. w. , eine Lesart, welche Gail im Rliein. Hlus.
I^i'iS, 2. Heft, S. '>>^ll — 2>!f. als die richtige darzustel-
len suchte, und Hr. G. ist nicht abgeneigt, demselben
beizustimmen. AVir kiiniieu uns jedoch, abgesehen aurll
davon , ilass die beiden Codd. D und I zu den sehr mit-
telmässigen gehören, weder mit Gail's Erklaruiigsvveise
noch mit den daraus gezogenen Resultaten einverstanden
erklaren. Es übersetzt derselbe die ganze Stelle folgen-
dermassen: Leon et Dinmedon (tuec les vaisseiiax Athi'
iiiens (jui itaient tires de Lesbns , des tles Genusses s»-
tuies devnnt Cliio, de Sidusse et de Ptelee, dimolirent
les forts qit'ils pnssedaient dans l'Ei-i/lhi-ee , et fiiisant
de Les&os le point de depiirt , iU firent de lears vai»-
seiiujc la gnerre it ceux de Chio. fo allerdings niaij
auch lU-rjeniire den Satz verstanden haben, von welchem
das V.'ort v.u^lit.ov herrührt. Die ganze Gliederung
des Satzes widerstrebt jedoch dieser .Art iler Auffassung.
Wenn nämlich der Verfasser beginnt, Acwv y.ui zJtu-
uidüjv i^oizeg tcJs ix Aiaßov '.IVijvuiuiv vai'i;, und
895
896
nun for(fahr4, iX TB Oivovoaiöv y.ai h. IiSoi'crrJl^q
n. s. 11., so kann dieses f/. re iinmii^'licli schlechtweg
so viel sein, als y.Xli r/. (hinge anrh «lieses i'/ ab von
obigem rr}; rar,', so ivür.le vielmehr ra; vE £/. Alcrßov
'J^i;>(uujv vai-i y.nl nk i^ ü/yuvaoov u. s. f. ge-
schrieben werden miissen), vielmehr beginnt mit iz T£
eine neno Verbindunssketfe , «eiche ganz um erkennbar
an ooiti-'iiavDl aiigckinipft ucrilen mnss, so ilass y.attst-
f.or als gänzlich ausser Zusammenhang stehenil von selbst
in Wegfall kommen «lirile. .Son\it fiele auch «las i'on
(Jail aus seiner Erkhlrungsweise geiionnene, für «lie To-
pographie iler ionischen Iviisle angeblich nichtige Resul-
tat, (lass ilie Orte .Siilnssa und l'teleon nicht, nie man
bisher aiigeiuimmeu hat, im Gebiete von Krythra gelegen.
Freilich fehlt es uns giinzlich au sonstigen genauen An-
gaben liber die Lage beider Orte (Stephanns von Bvzanz
nennt sie nur Städte Joniens) ; allein dass Pteleiin wenig-
stens Cliios gegenüber und in der >alie von Ivlazomenä,
also auch in der von Ervlhrä gelegen habe , ist deutlich
aus Tliucvd. S, 31. zu ersehen. Bleiben wir also bei
der geiioiiiilichen Ansicht, dass Sidussa und Pteleon zum
Gebiet von Ervihra gerechnet wurden, so lange stehen,
als nicht das Gegentlieil aus obigem .Satze auf eine mit
der ganzen .Structur desselben vereinbare Weise nacligc-
M-iesen wird; zumal da auch Gail nicht angibt und nicht
anzuheben vermag, an welcher Stelle sonst die beiden
Ortschaften gelegen haben. Ein Versehen übrigens des
Hrn. Göller ist es wohl nur, nenn er hier bemerkt:
uries riulen , oppiila et vel oppidula qiti reIX'/ "ppellari
possint, non perspicio. Er selbst sagt ja im Index
p. ()0ö ganz richtig: T£iloq, 2, 7Ö. Jeder befestigte
Ort, 3, S4. 4, 57. 69, und die Worte Cap. 31. vgoq-
ßat.ojr flvs'/.ey y.ai Oir^ St.u'iV beweisen hinlänglich,
dass rteleon kein offener Ort, sondern ein befestigter,
ein Tci/o; war. Die übrigen Einwürfe Gails gegen die
Vulgata müssen wir im A'erhültniss zu dem obigen be-
reits beseitigten als sehr untergeordnete betrachten. Denn
dass nach Cap. 14-. Ervthrä von den Athenern abgefallen
war, schliesst doch »ohi die Möglichkeit nicht aus, dass
gleichwohl die Athener im Besitze einiger in der Nähe
jener .Stadt gelcf^enen, zwar minder wichtigen, doch
festen Punkte bleiben konnten, nie es auf h nach Cap. 31.
mit Pteleon wirklich der Fall war. Dass aber die Schiffe
der Athener nicht gleichzeitig von drei verschiedenen
Punkten hätten auslaufen können, sondern diess von einem
einzigen, von Lesbos au«, hatten tliun müssen, ist eine
Behauptung, welche oHenbar erst dem als echt angenom-
menen Y.u'Jti/.OV zu Liebe aufgestellt ist, in sich selbst
aber keinen ausschliesslichen Gehalt hat. Schon Poppo
macht dagegen mit Recht geltend : at quuiii Chium un-
dique infentare cuperent , nuves su'is circa eam cnmplu-
ribus in lucis, uii prrtesidiis ab repeiilino impelu tutne
eitent , cotlocarunl , unde proruniperent et r/iiu sc reci-
perent. Die Möglichkeit diescÄ (Jnistandes wird aus fol-
gender Betraclitiiii'^ und Erklärung der .Stelle einleuchten.
Die Athener hatten damals verschiedene .Schill'^slationcn
im agaischen Meere; eine zu .Samos (Cap. 21. 30. )i
eine zweite in der >'ähe von 31ilet (Cap. 17. '24 s(|.).
eine dritte za Lesbos. Diese letztere ist hier zn. ver-
stehen unter den Worten ai iy. ytscrßov (oder wohl rich-
tiger 6z TjJ.' yleofjot' mit dem cod. Vatic. unter Zurück-
beziehung auf Cap. '23, "ie c. 3S. o.i iy. rijg ^äfiOl'
vrjC';, die Schiffe der samischen Station) '.ddtjvuiujv vai'Q:
es waren nicht Schiffe (iits Lesbos, sondern die atheni-
sche Flotte, deren Mittelpunkt Lesbos war, deren Be-
wegungen im Ganzen nie im Einzelnen vom Hauptquar-
tier in Lesbos ans geleitet wurden. Demnach sind Leon
und Diomedon, tyovTEi tu,; ix Aioßov './t^ijrulujv vavi,
die auf der Lesbischen Station Cnmmandireuden. Von
selbst versteht sich nun, dass nicht die ganze Flotte für
die ganze Daner der Station an dieselbe werde gebunden
oder auch gezwungen genesen sein, alle Bewegungen
gemeinschaftlich auszuführen ; vielmehr ist sehr wahr-
scheinlich, dass fortwahrend einzelne Schifie oder Schiffs-
abtheiluiigen nach den innerhalb eines bestimmten Rayons
gelegenen, bedroheten , oder sonst w ichtigen nnd mit dem
Operatioiisplane in Beziehung stehenden Punkten entsen-
det wurden. Dergleichen Punkte mögen für die Les-
bische Station die Oenussen , Sidussa und Pteleon ge-
wesen sein. Indem nun die ganze Flotte gegen Chics
operiren sollte , stiessen die entsendeten einzelnen Schiffe
oder Abtheilungen wieder zur Hauptmacht, nnd so konnte
es sehr wohl heissen, dass Leon nnd Diomedon, die
Comniandircnden , zugleich von den Oenussen, von Si-
dussa, von Pteleon und von Lesbos selbst unter Segel
gehen.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Mise eilen.
B la im sc hwe i g. Zu Ostern dieses Jahres crscliiencn in
unsciein Lande folgende dici Prosiiiimne In Braunschweig eine
Abliandliing des CoUabocatoi' D. Giflboin über die Behand-
bin;; der Lamlerbcsclireibiinj in den obersten Classcn der Gym-
nasien ; in WoHonbullcl Enicmlalioncs Vcllcjanae von dem Di-
reclor Jeep; in Blankeiibui<; Beitrage zur Erklärung einiger
Stellen ans Virgils Aeneis und den Satiren dis Horaz , von dem
Direclor Möller. Das Gymnasiiiin zu Wolfenbnltel erlitt im
Laule des Jahres einen harten Verlust durch den Tod des Obcc-
Iclireis Dr. Weland. In literarischer Hinsicht bat er sieb be-
kannt geinaclit diircli eine Dissertation de praecipois parodiaruni
Hoiiiericarnm scriptoribns apiid Graccos , (iöllingen 1833, nnd
dnrcii das als Programm Ostern 1838 erschienene specimen der
Abliaiiillung de rebus Agrigentinoruin. Die vollständige Schrift
über Agrigcnt findet sich fast bis auf die letzte Hand vollendet
unter seinem Nachlasse.
Kisenach. Dem Grossherzogl. Gymnasium ist von dem
hoben Landtage ein Mehrbetrag von 700 litblrn. jabrlicli be-
willigt worden. Davon sind in Folge eines liücbsten Decrctes
unter Versicbcrnng gn.idigstcr Zufi iedenbcit mit der Thätigkeit
des Lelirercollegiiiins dem Director Dr. F ii nk b a n e I , den Pro-
fessoren Biicgleb und \Ve i sse n b o rn , vorziiglicb aber den
Prüf. Dr. Rein und Mabr, deren Gelialte ausser Verlialtnis»
za denen der 3 genannten Lehrer st.ind.n, Gebaltsznlagcn ge-
wahrt worden. Ferner sollen fiir die (".ymnasialbibliolbek von
jener Summe wenigstens 50 Rthlr. jährlich verwendet werden.
Endlich bat Dr. Witzschel nachträglich eine nicht unbedeu-
tende Entschädigung für die Bcisckosicn bei seinem L'nizug«
von Lcip/.ig erhalten.
e i t s c h r i f t
für die
AI t er tli 11 ms Wissenschaft.
Freitage 20. Seplemhcr
1839.
Nr. 113.
ThiirTilidis ilo liollo Pcloponncsiaco libri ocfo. Eil.
Fjii/tcisciis Goellei:
(Fort se tzii n !j.)
Nocli muss jedoch bemerkt «erden, dass der Codex
Tatiraim» iiarli TSl~(f] gleiclifalls riu AVort eiiisclialtet,
jcdocl; niflit y.oßeitov , sondern ÜTn'joc'.v. Unter allen
Ilandsehriften des Tluicvdidcs ist bekannllirli keine fiir
das letzte ailifc Biieh so ivirlitig, als die ^'aticanisclie,
ohne deren Iltilfe der Text seiner mögliclisten Aniiühe-
riing' an das Orij^inal noch lanjfe verj;ebens entgeg'enge-
sehcn haben würde. Aiuli diese Abweiclinng verdient
daher mit Anfnierksanikcit gewiirdigt zu werden. Popjio
bemerkt nnter dem Texte: neqtie dwi^oav /erri poleul;
nam et Irin^uet , et qtii hahent za^ ty. yierrßov vaiK,
cur ex Oeiitissis soh-isse dicantur'i Allein «ill man nicht
die AVorte so verbinden, ivic es Gail thnt, so würde
eben dieser Einwurf sich ja auch auf die sonstige Fas-
sung des ganzen Satzes beziehen; denn Leon und Diome-
dun, welclie Ta^ ly. ylsoßuv vaP<; liaben , heissen ja
eben üQitoJiifvoi ty. re Oivovoamv u. s. w. Nacd un-
serem obigen Erklärnngsversuche jedoch würde durch
das eiiigescbobene ü.'tr^oav des A'aticanus der Sinn der
Stelle im Wesentliclien nicht gesfiirt , wolil aber würde
er dadurch eine ganz eigcnthümliche und der Lage der
Dinge angemessene Färbung erlialtcn. Man würde n.'im-
lich nun die Worte so zu verbinden haben: Akviv y.ui
^co/^itöüjv ij[ovTrq, t«; — vo.vq äiii]Qo.v ty. ts Oi-
vov(TOdjv y.cu h. ^i?>ov(yoi]Q y.ai h. flTcksov , y.ai 60-
(ÄUjf.icvoi ix T);i Aiofjov Tuv ■jtoLei.tov — tTToiovvro.
Durch dTlijoav würde angedeutet sein, dass die einzel-
nen Posten bei den Oenussen, Sidussa und Pteleon ein-
gezogen wurden, durch üonvUiliVUt , dass nun die ganze
Flutte von Lcsbos , dem Sammelplatze und Mittelpunkte
der Station, aus unter Segel ging. Wir verhehlen uns
keineswegs, dass diess an und für sich nicht gerade in
den AVortcn Ütcuiqui' und ür^iiüa9ai liegt; allein wer
im Tliucvdides gelesen hat, weiss, dass kein anderer
Schrifisteller in dem Ulasse , als er, bei der Prägnanz
lind Kürze seiner Ausdrucksiveise auf rombinationsfähigc
Leser rechnet. Ohne Zweifel würde der eben angege-
bene Sinn in den AVorten liegen, wenn zu änfjQav noch
T«c rßi\^ gesetzt wäre; vergl. Herod. S, 57. r,v ä:Tai-
pojcri Tuq vijai; cIttu ^al.autroq. Wir wagen niclit,
dieses TU- raii hier zu snppliren, fassen also £<7ra/p,S/j^
lieber im intransitiven Sinne vom ,, Aufbrechen , Fortge-
ben." Es scheint, als konnte von Leon und Diomedon,
den Conimandirendcn selbst, welche als solche die ganze
Bewegung leiten und gleichsam repräscntircn, wohl d.TCij-
Q(i.v gesagt werden. Thucydides zwar gebraucht diesS
AVort an den uns im Augenblick gerade zu Gebote ste»
lienden Stellen nur von Schiflen, welche auslaufen (s. 8,
55- 80. 10 j-)' kein Zweifel aber ist, dass es ebensowohl
von Personen gebraucht werden kann ; vergl. llerod. g,
(,'). Demosth. d. f. I. p. 3S7. §. 149. p. 3')L'. §. Iß?, c
Zenoth. p. 883. §. 5. Dennoch wollen wir auf die Rich-
tigkeit dieses diTlIjoav nicht allzufest bestehen; es kann,
wie y.add/.ov , von einem Abschreiber herrühren, wel-
cher sich in die A^erbindung der einzelnen Theile des
Satzes nicht recht zu linden w usste.
liid. £1 de Ti iv Toi^g c/v9oojTcetoig tov ßiov -ku-
oakoyotq iocfuXiioav, fisva nolXujv ot^ xav-ra iSote,
TU Tujv '-/Siivaiojv xo.yh ^i'vavaiQui^ijaiQdai, jt^v
üjjaQTi'av ^vveyvoiaav.
Die ans dem cod. A^atic. anstatt der A''ulg. ^vvaiQE-
driaetritai aufgenommene Lesart tvravaioidr.OSOi^ci.l wird
von Arnold als wegen der Zusammensetzung mit i;vv
(welches hier soviel als una cum bedeute) unpassend ver-
worfen, indem der einfache Begriil des curripeve , confi-
ccre, wie er in der A'ulgata liege, nicht aber der einer
geineinschafflichcn IIan<llung der Art verlangt werde,
llr. G. stellt ihm in der Kürze das i:iiyy,a9uior,irei cap. 46.
entgegen; jedoch bemerkt jetzt Poppo mit Rerlit, dass
dort {^ÜTTOnetv av avTov olg toi'^ /.ocTuivTcg Svy-
y.aiiaiQljoei) Oig so viel als fjci/ olg ist, also auch hier das
tl'V eine genieinschaflliche Handlung andeutet. A'ielleicht
aber Hesse sich geltend machen, ilass (will man nicht
annehmen, i;i'V bedeute, wie in andern C'ompositis, das
A'öllige, Ausschliessliche, die Totalität einer Handlung)
auch au obiger Stelle ein gemeinschaftliches Handeln ge-
meint sei. Gerade wie Cap. 26- der Syrakusaner Her-
mokrates darauf ilringt, ^vvSTTiXaßla^ai y.ai r;;,- i'.TO-
t xnnov 'Jihiva.idiV y.axaKvarsuyg, so schmeichelten sich
die sämmtlichen Bundesgenossen mit der nämlichen Hoff-
nung, dass sie nämlich iwsgesammt und mit vereinten
Kräften die Athener würden vernichten können; nur dass
diess anstatt durch das Activum durch das Passivun» aus-
gedrückt ist , wodurch weniger das Gemeinschaftliche der
Handlung, als der zu bewirkende Znstand selbst hervor-
gehoben wird. Uebrigens ist in neun Fällen unter zehn
899
900
«lie prcNsorc AValirsi lioiiill« likoit fiir das Dn oinjinsKiim ,
wie aiuli sonst Ai-Imliclios aus dem rod. Xat. Iiri p|rstc!lt
worden ist, z. H. Cap. {5. i7lldin(ft()Oftlvaq, Cap. IJ.
ividnai u/.fiir,aaaai.
Cap. \W. ßlefxiTtoi Se i^£Ä.'>ofrf; avroi xs —
y.ai Ol iieru Xuf.y.iöivj:. fti^ÖDTe; nikonowi-oioin.s.w.
In Uoziijj auf diese Pelopüntipsior lerueisf Hr. G. auf
den Anfaiijj des Cap. 17. und seine dort ffegeliene Au-
inerkunj;. Daiiarh iiaren es die lie«afiiie(en und in fliios
zuriii kjcelassenen vtirvai der von Clialkideus befelilicliteii
peiiiponnesisrlien SrhiiTe genesen. Popp» stimmt bei mit
der Bemerkung: lii igitur interea ex Cliio Miletum se
CunluUraiit. .Allein uumoijliili konnten diese (selbst zu-
gegeben, dass sie Cliios verliessen , ohne dass Tline\(li-
iles iliess besonders bemerkt) oi iicra XaXy.ifita)^ ik-
»Vt/jff, genannt «erden, da es ja eben Cliakideus «ar,
der sie in Cliios zurürkliess ; aucli kann derselbe sie nirht
spt'iter elna von dort iiaehgehoit haben , da er sehr bald
liaeli seiner Ankunft in INIilet bei einem Gefechte blieb.
S. Cap. 24. Dazu kommt, dass es Cap. ,3'i. bei der
Ankunft des Pedarilus in Cliios heisst: ircijoyov dt avTW
y.ai iy. -vüjv nivre veijjv otqutiujtcu vtcu Xuky.idiu}(;
v)c, ig nevray.oalnvq tvv onkoiQ y.araKh.iifUlvTfq.
"Wir lassen is dahin gestellt sein, ob i'7ir,oyov andeute,
dass diese Leute jetzt erst bei der Ankunft des P. in
Cliios sich unter dessen Befehl stellten, oder dass sie
bereits unter seinem Befehle standen, als er nach Cliios
iibersetzte, in welchem Falle sie natürlich vorher Cliios
verlassen haben iiiüssten. Allein so viel scheint doch
klar, dass diese Soldaten, v»'enn'sie, wie Herr Güller
meint, schon vorher wieder bei Blilet gefocliteii hät-
ten (Cap. 2.).), also mit dem Heere der PeliijKiijnesier
wieder verschmolzen viären, später sehr unpassend aber-
mals ('.70 Xut.y.iöiujq xv.TUtUCfdivrCq genannt und als
eine getrennte, für sich bestehende Heeresabtheiliing be-
zeichnet sein würden. Hieraus ergibt siih «olil mit ziem-
licher .Sicherheit, dass an obiger Stelle unter oi uf.ia.
yint./.ii)iiiji i/ itov cli keine .Andere »aren, als die Ho-
jiliten auf den peloponnesischeii Schiiren, mit n eichen
Chalkideus laut Cap. I7. wirklich nach Älilet segelte,
während er seine .'Matrosen beivalTMete und zum Schutze
von Cliios zurückliesg. Die falsche .Annahme des äjer-
ausgebers , dass jene vai'TC'.l Kpibaten genesen seien
(lergl. oben zu Cap. 17.), scheint obige falsche Folge-
rung nach sich gezogen zu haben.
Ibid. y.ai oi fjif 'Au'/tioL xv) 0(fiTi;ijii) avTojv y.ioa
:i(J0c:-d^avT6.;y.ai yuiaffouvrouvrti, u'i^ i:!ii"lixtva<q
rt y.ai ur dii;ojiii ovq dTuy.iuieuov xujoovvrt.;, vi-
y.Mvrai i'ico tiöv Mill^rritov.
Das »Oll Lobeck zum Phrvu. p. 2^7 empfohlene
zzoottauta.vTti , welches keineswegs codicum fere om-
nium consennu beglaubigt ist, sondern sich nur etwa in
sieben, und gerade in »ehr inittelmässigen , zum Tliei'l
selbst sclilechten llandscliriften findet, ist 1011 Hrn. (i.
mit llerlit »eriiorfen norden; ob mit eben dem Ueclitc
auch das Tlootta^aiTei (linot^a.i^uixti) des Cod. \ u-
ticaiiu»s, statt dessen 7J oof^oc'^ölTf; aufgenommen ist,
liesse sich bezweifeln. AVir nollen nicht einivenden,
ilass liiio.'tc.yilr bei Thiirvdides nur in transitiver Be-
deutung vorkommt (nie 7, y. 37. 70). Dagegen moch-
ten wir aber auch die schon von Oinilorf angeführte,
von dem Herausgeber jedoch unvollständig niltgetlieilte
.Stelle des Herodot !), (i'. nicht so ganz unpassend zur
>'ertlieidigung der Lesart t\e6 Cod Vat. finden. Es heisst
dort nicht bloss -KQostiuooovTEi xar' eva , sondern
7iouei:alnoovxiii xar eva y.ai dexa xal Ttkem-iq re
y.ai ikrioiTovei; (riaTQfffduiroi liininrov iq roic,
^TiapTDJraQ. >iclit nur von Einzelnen also, sondern
auch von ganzen, bald grösseren, bald kleineren Haufen,
n eiche sich blindlings auf den Feind stürzen, kann
7Tijt)ti:(Joriitv gesagt werden. Warum nun auch nicht
von einem ganzen Flügel, der ja doch nur ein Tlieil
der gesammten Sclilachtlinie ist, nenn seine Keihen sich
jöseii und in ungeordneten Haufen gegen den Feind vor-
prellen? Wir nollen nun 7i ut)ii;rA^a.VTeq nicht gerade
matt oder unpassend nennen ; aber einen etwas neiter aus-
greifenden, bezeichnenderen, eindringlicheren Begriff schei-
nen uns doch die folgenden Worte y ai yaraffouvr,-
ouvrei — ^ujooviTEg zu verlangen , welche sich an
7T(JOI:i;(/.i:avc£g als näher erläuternd und bestimmend sehr
gut anschliesseii (was wir in Bezug auf y.ai auch für
Cap. 2. geltend machen müehten, wo wir das Komm.i
nach T« ngayitata zu streichen und lieber nach d(fi-
Oruodal zu setzen vorschlagen). Leicht begreiflich
übrigens ist es, wie aus ■:tijoti;aii:ainli und rT00li:ai;av-
THq die Lesarten 7CQUli;aoi^avTei Und Tluott;di;avT£^
entstehen konnten.
Cup' XXVII. ov ydg aia^Qov tliai '-/Sijvaloii
vavrt/.tf) ^stu y.aiQoD i'izoxuiQfiaai, dkka y.ai usia
ÖTOi'Oi'v T^OTTOU aioX'Of ^v^ißrioea^at , r;v eacrtj-
Die letzteren Worte erklärt Hr. G. so: dkka fmk-
kov uiaxgov ioeaßac xal fitru ürovovv Tponor
ii'/ifjai'iiltv, r,v ij<ro)j9u)ni , sed potius hoc turpe fore,
pncein quibusciaique landein conditionibus inire , si vin-
ceientur, — wenn sie besiegt würden, wäre es vielmehr
eine .Schande , wenn sie, wie es der Feind vorziisihreiben
beliebte (auf jede Bedingung) mit ili'iii Feinde ausein-
ander kämen." Eine Erklärung, wozu d ts Scliol. Liigd.
(::riitj'i';>Tl-Oth'.l , a ivihj/ai 7101t iv) verführt zu haben
scheint, welche jedoch Poppo mit Recht ab h. l. aUciiis-
siinain nennt, nienohl derselbe durch den blossi'ii Ein-
wurf, nr,n de pacisceiido, sed de pw^iuindu «gi/Kr Nichts
widerli'gt. Oli'enbar würde Phr^nichus, nähme mau die
Erkläi iingsweisc des Herausgebers an, zu viel und somit
Miilits beneisen. Unmoglieli aber kann er den kampf-
lustigen Athenern haben zumutlien nolli-n, zu glauben,
dass in dem bevorstehenden kämpfe Allr-s auf dem Spiele
stehe, und dass, liefe er unglüiklich ab , dann an keinen
Widerstand neiter zu denken wäre, sondern sofort Friede
auf jede Bedingung geschlossen werden müsste. Ganz
richtig dagegen ist der Gegensatz gedacht, wenn mau
tl'iitji'.lvdv als ereiiire ni t: „hingegen in jeglicher
Hinsicht von schmälilii bereu Folgen würde es sein, (venu
sie unterlägen." i\lit Poppo Uli'). oTOlori' TtJOiroii mit
r^aoixh^jai zu verbinden, gestatti't die Stellung de.-i erslc-
ren nicht. — Auch die folgenden Worte, y fiökic —
iivai scheint uns Hr. G. nicht ganz richtig erklärt zu
liaben. Ist ilcr Gegensatz Uul iq r, dväjy.t], so entsteht
ein Widerspruch durch das xa^' ixovaiuv, denn wer
901
etwas freiwillig kaum tliut, <lor tiint rs ilocli , «oiiii er
CS <hii«, iiiiiiipr noth froinillig; iiiilogiscli ist (Irmiiüdi
y.a^ ry.ui'olar iur/fiot/'v f^iokt.; >; dvo-y/jj. Liilie-
sclirpiblirli iialie ist aber ilocli iler Gegensatz iliirch «lie
uiiiiiittvlbai' neben einan«|prstplicii<l<'ii >V<irte y.(^l^ ty.in-
auiv <; nuvv JE dvayy.T] gclojit. AVir ndinirn dalier kei-
nen Anstand, die einzelnen Tlieilc des .Satzes su zu ver-
binden: y iHtki^ ivdtx^oihit ■jTftoTioa iTii-jf^ciuaiv xai}'
iyotou'.i', 1) ndvii ye üvüyyTj (cfdtxEotiai tnix£i(i£ii')i
1JTXOU 8ij (ii/ötx^oduO fii) fjKiCof-iliVTj — iivai.
Cnp. XXIX. tTteiöt) rijv ''laaov xaien-Tijaa-ro ö
Tiaau(fiov)]q ii; cpvKay.r.v.
Hr. G. bemerkt zu diesen AVorten TVielits Raner
erklärt ec, Cfi')ay.r,v iliireh lijan ti'rai (ffkc.x)-)' , ita
nptarnt , tit praesidium esset, zu einem Posten. '''' Ihm
stimmt Poj)|)ii bei und fcilirt noili zum lielejfo an Cap. (i2.
^tjcrrov xiii^tOTaTO (f(iuvutov y.ul Cfr}oy.ijv rot' Jiav-
xoi^ '£k}.liö7T6i'TOV. Freilirli fügt er hinzu „omisso fc''''
(würde rirlitiper heiss'pn sine praepos. ti, indem etwas
nur wejf^elassen werden kann, « enn es entweder selion
da gfestanden oder dorh dastehen sollte); allein seliun
dieser Umstand musste auf die wesentliche A^erschieden-
heit beider Stellen aufmerksam marlien. Glicht ün.'ihn-
lirhe», sondern Aehnlirhes war zum Beleg beizubringen,
und zwar Beispiele für y.aih'aTaaSo.i Tl {jlva) fj Tl,
was wir in dem oben angegebenen Sinne gelesen zu ha-
llen uns nicht erinnern. AVenigstens giebt die liinwei-
sung auf den ähnlichen Gebrancli der PrApos. iti bei den
Lateinern des silbernen Zeitalters für den vorliegenden
Fall zu wenig Garantie. .4uch für (fvkayjj im Sinne
eines Postens von einer Stadt gesagt, hätten wir Belege
genünscht; denn Cap. (i2 ist (fvkay.ij nicht ein militäri-
scher Posten (vielmehr ist diess (fOüi'(Jlov) , sonilern es
ist bildlich gesagt, „zur Bewarhung, als AVächter über
den Hellespont." Zudem sieht man nicht recht ein,
warum gerade die Stadt lasus , «eiche sich zu diesem
Zivecke nicht mehr als jede andere Sladt an ilcr klein-
asiatischen Rüste eignete, zu einem solchen Posten ge-
macht wurde. Weit einfacher und natürlicher scheint
uns dagegen y.«.i}ir,Taa(^a.l ii; (fvkay.i-v als „in Obacht
nehmen, nuter Aufsicht stellen" gefasst werden zu kön-
nen, wie tx^iv ev (fvkay.ij (Cap. 51-) in Aufsicht haben,
beaufsichtigen.
Ibid. EofioKoaTov^ 8e dvxEmuvToc; roü Svgay.o-
o/ov (TToaTijyuv , ö yag Otjoafüvijg oü vo.vaoxog div,
dkk' 'Jarröx'," naoadovvai toi; vaiii; ^rftjikeojv, ua-
kay.og i'jv TT£oi toü fiio^or-, u/io)~ di naua irtv-TS
vaui nkiov dvSiA t/dorvi r, T^sii üfjokul (j'>i^iu'kuyr,-
drcra.v.
Ad IJiiwc, 8t, sa^jt Ilr. G., cogita: f/uanir/uam Tlie-
rainenes nnn iidrerstiiatur. Wohl richtiger Bloonilield:
fjuarnijuiim triobotum tantum dare piius cnnstiluerat. Denn
die Worte ö y/.o Oljoauevi^i — fUa!>or< sind rein pa-
renthetisch und bloss zur Erläuterung des Uinstandes ein-
gefügt, ilass der Svrakusisi hc Feldherr es war, und nicht
der Lacedämiii'isdie, ui-lcher auf iCi höhniig der Löhnung
drang. Theranieiies aber konnte vennü^e seiner Stellung
keinen Einfluss auf den Willen des Tissaphernes haben.
— Die uäc'hstfulgendeu Worte — 7iu^u nh'TE vavQ
902
nkiov dv8(ji ty.doTii) tj xQsii üfjokiA oJiiu'/.oyijDij(raV
6s 7«? -irhiS vai«; [/.al urnrij^owa] loia Tukuvra
ii)':öov Toti (tijvui' y.OA Toii; ukkuic, uoi/i -nktluii viieq
r,oav TUVTOii Tuv d(ji!.t/ioi> , y.uru, ruv aixitv kdyuv
TOinov iöldoTU — sind von Hrn. G. ganz richtig er-
klärt, und es ist bei den säinmtlichen deutschen Heraus-
gebern auch keine Frage mehr, dass das sinnstörende
y.t'J :i trTijy.urra als aus Caji. 'Jli. ungeschickterweise
liereingetragen gänzlich aus dem Texte entfernt werden
müsse. Die ganze Flotte nämlich «ird in Abtheilungen
zu je fünf Schid'en i-ingetheilt. Anstatt der anfänglich
hewilligten ilrei Oboleii erhält ein jeder 3Iann auf einer
solchen Abtlieilnng zu fünfSchiiren etnas ü'icr drei übo-
leii täglich; denn Tissaphernes zahlte für je Schule nun
monatlich au Löhnung ilrei Talente. Zu drei Oboien
täglich hätte der Sold monatlich (ür fünf Schilfe nur 2'/»
Talent betragen: .i Talente aber geben 3Ys Ol'olen täg-
lich auf den Kopf, 11t. tuv »; vuti^ UijUkoi. Wir erlau-
ben lins hier nur noch ein ganz niimassgebliches Wort
über eine hainlschriftliche Bemerkung des Hrn. Prof.
Hermann bei Poppo (Comnieiit. T. 4, p- (i/"-), '^("^ Inhalts,
dass, ivei! ein Obolos nicht in '/^ Iheilbar sei, nuud
■jrivie vaix so viel bedeute, als in (juintam qiiavujue ?ia-
Vem, so also, dass von den zu einer Abtheilniig gehöri-
gen fünf Schiiren jedesmal eins nach dem andern den
ganzen täglichen Ueberschuss erhalten habe, nämlich, das
Schill zu 2UU fllaiin gerechnet, tausendmal ^/^ Oboien z^
filll) Oboien. Allein das scheint uns ilocIi nicht eigent-
lich in den Worten des Thurvdidcs zu liegen. Nehmen
wir auch ttc'.ou ■ttIvtE vai% für in quintam quamque
ninem, so dürfte zunächst daraus wohl nur die Eiiithei-
luiig der Flotte in Abtheilungen zu je fünf Schiffen , nicht
soivohl auch für die I>lodalität der \'ertheilung der Lüh-
niiiig etwas zu folgern sein. Ferner jene 3]odalität zu-
gegeben, so würile rrkiov ärbüi ij TOtii nfiokoi selir
seltsam gesagt sein, da ja dann die Löhnung für das fünfte
Schilf jedesmal H Oboien , also gerade ilas Doppelte, für
den Pilami täglich betragen haben würde, »ährenil der
Ausdruck für eine .Summe von 3V5 Oboien sehr passend
ist. Uel.er die Richtigkeit des von der Lntheilbarkeit
des Obolos in Fünflheilc hergenommenen Grundes wür<le
sich entscheiden lassen, wenn wir über die Art der
Auszahlung der Löhnung überhaupt unterrichtet wären.
Allein wir sind ilarüber ganz im Dunkeln, ob dieselbe
täglich oder monatlich, oder in anderen Terminen, etua
nach den Dekaden des IMonats erfolgte. In den beiden
letzteren Fällen «ürile der Bruch '/^ gar keine Schwie-
rigkeit machen; auf den Tag 3'/^ Oboien gerechnet,
ȟrde der IMann monatlich 10(S Oboien , in jeder Dekade
3i Oboien erhalten haben. Bei täglicher Auszahlung
aber hätte der unzahlbare Bruch natürlich so lange stehen
bleiben müssen, bis er nieder zu einem zahlbaren Gan-
zen wurde; so konnte z. B. bei 3^/. Oboien täglicher
Löhnung aller fünf Tage einmal (i Oboien gezahlt wer-
den. Oder es konnte auch dieser lieberschiiss im Gan-
zen als Caution in den Händen des Zahlenden zurück-
bleiben, wie es «enigstens nach Cap. J.j. (s. unsere An-
merkung *ii dieser Stelle) bei den Athenern Sitte nar.
Es ist jedo<h gar nicht einmal nöthig, zu diesen Hypo-
thesen seine Zuflucht zu nehmen. Nach Böckh's Auscin-
903
904
andf rsotzniijpn darf iiinn aiiiirlnnon , tlnss ille Angaben
«ler <,'ii,'liclii'ii Liilinuiiff mir dun liscliiiiuliilio siml , <lass
«lic Kostoii für ilie lIii(crliaHiiiig ilcr iMamisrliaft oiues
Schiflps (las Zuolliuiulortfarlio der ciiifacluMi (diircliscliiiitf-
liiheii) Liiliiiuii;j iietru^'di , «/ilircnd in der 'Wirklif likcit
jo nach der vprscliicdciicii liald liidiRrcn bald nicdpren
Stellung der Eine nielir, der Andere iveniger erhielt.
Sonach konnte {re«iss auch jener Bruch von ^/^ Obolon
der rinfai hon (dinclisclinitdichen) Lülinnnj unter die ver-
scliiodiMuMi l{csolihingsj;rade irijcndivie derniassen repar-
lirt »erden, das.* selbst tätliche baare Auszaliliing^ mög-
lich Murile. — AVenn übrigens Tissaphernes die Schiffe
zu je fünf abtheilt, so ist das nicht ii illkiirlicli oder
zufallif. Die Zaiil Fünf «ar jierade ilie, aufweiche
sich der niedrigste Satz des Soldes in ganzen Zahlen
reduriren Hess. Oiler etwa ivcil die Dcniannung von fünf
Schulen gerade 1000 Manu betrug?
Cap. XXX. Tov b' aviov yiii\^i(nvoz^ rol^ £v rfj
Sdfio» '-19i]vaioi<; Ttooiacpr/utvai ydo r,aav y.ai o'i-
y.o9£v uklai — , xal rd; ärro Xioo -Kdaaq, xcti t«;
aXka-; (besser mit dem Cod. Vatic. y.ai za.Q äXkcii ■Jia-
llr. G. hisst hier TOii '-/d;;vaiou von TTQO^arfiyf.iE-
t;(/.L abhängen und erkl.'lrt den ganzen Satz so, dass
Thucvdides den mit yuo beginnenden Causalsatz dem,
für «eichen derselbe den Grund enthalte, vorausstcUe
und gleich mit ihm das Ilauptsubject (ro/V \Ji}ijvalot(;)
verbinde, wie I, 72. zu Anfang, an welcher Stelle der
Herausgeber sich ausfülirlicher über diese Erscheinung
verbreitet. Dennoch scheint es uns rathsanier, mit Poppo
und Anderen die vorliegende Stelle anakuluthisch zu neli-
nien. Th. beginnt den Satz mit TOU 'A^livaioiq , was
er wahrscheinlich durch ein folgendes töüiliv vervoll-
standigen wollte; allein nach cingesch.Tbener Parenthese
(n oo ^('.(^ lyuäiai — jL^v/.riyiiO)',) beginnt er des Anfangs
uneingcdenk auf's >'cuc mit ißovKovTO.
Ibid. ^Tooit/jixidijc fihv yaQ Y.ai 'Ovoj-iu/Mr-c, y.ai
Evy.Tijfiu)v Tocdy.ovTU vaCg i/owsi y.ai tviv ii Ml-
Ktjxov El.dövTvtv xüüujv UTikniov ftegoq dyayuvTeg
ev vava'iv ü:i).iTayv)yoti ^'^'' Xiov 'Ka.y^uvT£c. hikcov
Kicht ohne Grund nimmt man an dem uyuynvTli
Anstoss; Hr. G. wiederholt bloss Poppo's Anmerkung , so
dass er sich der in derselben vorgetragenen Ansicht an-
zusclilicssen scheint, welche darin besteht, dass o.ya-
yorre^ ab inlerpretibus nddiliim sei. Hoch sieht das
Wort, namentlich in solcher Fassung, und bei so cri-
dentem Zusammenhange, wenn es sich im Originale nicht
vorfanil, einem (jlossem gar wenig ,'1111111011. Aiu h das
widersinnige uTi of.iriovTig va.vatv des cod. l"a(ic. dürfte
nicht sranz entscheidend sein , noch weniger der Luistand,
dass \'alla das Wort unübcrsetzt liess. Passender ist
Krüger's '/.yoirt;, wiewohl nicht erschöpfend. Am lieb-
sten möihtcn wir c/.v/.yovc!:- schreiben, was der Cod.
Paris. G., freilich erst von zweiter Hand, darbietet, wäh-
rend die erste Hand dvayuvrvjv schrieb. Den Gegen-
satz bildet das von eben diesen Hopiiten Cap. 2Ö. gesagte
zarfn-/.£tci£a- €Z Editor.
Cup. XXXI. ty.i}.ei'£}' aituiv xovi tu \i9rjvalwv
(foovüi'VTac dror/.iCea^ai ig tov ^acfvoivza y.ai
n'go;yujQttv acfiai.
Krüger zum Dionvs. p. 341. verwirft Schneider'« Er-
klärung lies uvut/.i<^ecrda.i , ex insiila recedere in conti-
7te>Ucm intcriorem , und behauptet vielmehr, es bedeute
»72 locuin editiotein haditalum ire , woraus nun die Lage
von Daplinus erhelle. Den Beiveis aber ist Krüger schul-
dig geblieben; wenigstens hat dror/.idadai an den bei-
den von ihm angeführten Stellen des Thuc. ß. \. cap. 7.
und 58. entschieden die von Schneider angegebene Be-
deutung, und dass es dieselbe auch hier habe, kann bei
dem HJangel an sonstigen Nachrichten über die Lage des
Ortes zum mindesten nicht widerlegt werden. AVir kön-
nen es daher nicht ganz gutheissen, dass auch Hr. G.
sich der Krüger'schen Ansicht anschliesst. Noch gewagter
aber scheint uns die Verniuthung des Herausgebers, dass
im Folgenden ai'TOVc. vor 71 i}0^](v)OCh' ausgefallen sei.
Hier ist es wohl rathsainer, mit Krüger aus dem ganzen
Zusammenhange Tuvg ('.f.kovg zu snppliren und den Satz
so zu fassen: iy.ikevev avrovq Tuh> zu '.Idijvuiuiv
(foovoi'Vtuiv dvor/.ta9tvTüjv , oder tüi'<; tu '.Idrvuivjv
(foovovvTa.g iy.ßaküvTai, ^oo;/wpfn' ocfioi.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
I'o^s^laln, Am 17. Angust feicite das biesigc Gymnasium
sein blinder tjaliiigcs Jiiijil:uim durch einen Piccle - Actus , wozu
der Dirccloi- und das Lclircr- Collcgiiun durcb ein Piograimii
eingci.idcn hatten. Nach einem von dum Saiinercbor des Gjiii-
iinsiunis vorgetragenen Gesäuge traten als Kcdncr auf: Der
Direclor Dr. Rigler — de muneris, quo docimes et magistvi
fiiiiptnluv , ^lat'itale et pracslantia — und die Professoren
Scliniidt uiul llelinboltz, Erslercr: üher das Uiitciricbls-
wcscn iin Preussisclicu Staale unter dem Erlauclilcn Hause der
llobcnzollern , und Letzterer: über die gcscliicblllclic Aufgabe
des nächsten J.ibiliiMulerls. Dann wurde vor der zalihcicbrn
Versiiiiiiiliins dem Obcrlilircr INlcyer seine Ernennung zum
König!, Professor durch den Director iibcircicbf, und diese
Feier iiiiL Gesang und Orcbestcrniusik beschlossen. — Hierauf
folgte im I.ocal der Loge Tcutonia ein Festmahl , wozu das
Lelirer- Collcgium anfgetorderh lialle. Zabhcich waren auch
hierzu die Freunde und Gönner des Gymnasiums aus den ver-
scliiedcuen Stauden erscliionen, und so wuidc dieser Tbtil des
feslliclieu und für die Stadt Potsdam, besonders für das Gym-
nasium selbst, wichtigen Tages in liciterer und geraütliliclier
Stimmung vollbracbt. — D,is Programm cntbidt t) einige Ge-
ilanl<eii iilier Gymnasial- und Realliildung, von dem Direcloi-
Dr. liigler, uiid 2) die Gcscbiclile des Gymnasiums, von dem
Professor Schmidt, und ist in allen hiesigen Ducbliandlungcn
zu 'laben.
Ilade rslcbeu. Der seitherige Hülfslehrcc an der Rcnds-
hurger Gclebrienscbnic Dr. Lang heim ist zum Collal-.orator
uuicrcr Gelehrtcuschule befördert.
Husum. Der bisherige Collal)nrator Dr. Schott in Al-
lona ist zum Comcctor der hiesigen Gelchi-tcuscliule ernannt.
Glückstadt. Der Collaborator Petersen ist von
Mcldorf all die hiesige CcIclHtcnscliulc als Subrcctor versetzt.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Sonntag j 22. September
18 39.
Nr, 114.
Thncydidis de Lcllo Peloponnesiaco libri ocfo. Ed.
Franciscus Goeller.
(BescJil iiss.)
Cap. XXXIII. y.dy.£Tvoi kaßojv t«; ts riuv
KoQiv9iu)v -TTEvrs y.al sy.rijv Meyugida^ xai j-iiav
'Eofjtoiiöa xai dg avTog Aav.ujviy.u.i ifkQev ixiov
£7rkct u. S. »V.
Nach Krügcr's Meinung p.-298, dem Hr. G. beizu-
stimmen scheint, uäre Ta.; tujv Koo(r9iu)V TCSwe so
Fiel als TUi tÜ)v Ruotv&iojv, irevrE OVOUQ, indem aus
Cap. 3'-. «olil die Anwesenheit korintliischcr Scliiffe er-
helle, niclit aber auch die Zahl derselben. Besser ohne
Zueifel versteht Arnold unter diesen fiinl korinthischen
Scliiflen nebst dem Sle^arischen sechsten dieselben, von
denen es Cap. 2>i. heisst: y.al a;io ruiv iv Key/osid
^Li[ifi.aX'Siuii Tlit.OjTOvvijaiujv vscjv dcfiy.vovvro.c, (ti-
TOtq i^ lisra Tai'TU e^ Tr;v Xiov. Dass auch an vor-
liegender Stelle von einer bestimmten und bereits be-
kannten Zahl von SchilFcn die Rcile sei, ergibt sich schon
aus dem hxTijv — y.c'.t lu'c.v , nicht tßdu^ljv; dieses
eiue aus Ilerniione war also spater hinzugekommen, wahr-
scheinlich um die Zeit, «o Astyochus von Phokäa und
Kvme nach Chios zurückkehrte ; denn noch Cap. 31.
heisst es bei dessen Abfahrt von Chios /U'.^ujv de VCiVi
vag TL' llckoTTUrvi^aiojv dny.c., nämlich die sechs aus
Cap. '.?3. und die vier, mit welchen derselbe aus Keu-
chrcac gekommen war (Cap. 23. zu Anfang), war eben
die, «5 avTog Aay.viviy.uc )jk9ev tjutv. Jetzt aber,
bei des Astyochus Abfahrt nach Milet, sind der Schiffe elf.
Jbid. ÜTisnkivaav , 6 luv ig tyiv Xiov, 6 8e eg
■Tijv Miki^TOv iy.ui.iia^ij.
Hier hatte neben der Verdächtigung des ey.0liia9l^
durch Krüger, wofür die Auslassung bei Valla keinen
hinreichenden Grund gibt, jedenfalls die Lesart des cod.
Paris. J. yai 6 fltv, welche wir mit Didot für die
richtige halten, Erwähnung verdient.
Cap. XXXIV. £VT£t'i>ev d' i'axEQOv sg tijv Asaßov
xadogiiiodiisvof 'jzagEayivuCovTO eg xov TSiiiOftöv.
Tuv iri^Kyiiöv wird mit Arnold richtig auf die Cap.
38. erwähnte Befestigung von Delphinion auf Chios be-
zogen. Poppo's Einwurf, at si id voluit Thucydides, addi-
tum cupimus rijc Äioi> vet roii Att.(ptvtoi<, (tut articulus
omittendus est, ist allzu scrupulos. Denn welcher andere
TElXlQßog soll denn verstanden werden? Foppo bleibt
darauf die Antwort schuldig. Aber der Leser weiss doch,
dass der Zug der Athener nach Chios ging und für den
Augenblick nur durch den eingetretenen Sturm unter-
brochen wurde. Zudem ist das 3S. Cap. nur in der Form
vom 34. getrennt, indem Thucydides bei seiner synchro-
nistischen Darstellungsweise hier abbricht, nm das gleich-
zeitig an andern Punkten Geschehene nachzuholen; in
Wirklichkeit aber schlicsst sich das Erstcre an das Letz-
tere unmittelbar an, so dass der Artikel tuv, wie so
häufig, durch das Nachfolgende erst seine rechte Bedeu-
tung erhalt.
Ca/). XXXV. kaiißdvovn -rä? iirl Tg/onin) cpoou-
govoug i'^ vai'g. Gewiss ist hier nach dem Cod. Vatic.
mit Becker und Arnold eitijip TgioTT/o) zu schreiben.
Uid. TT] ö' i'xjTigaJa avSig noogtßukkov, y.al vig
— oi'yJy öfKHOjg 'ißk'aiTXuv, änsk^oweg^ y.al 8yu)-
aavTe- Tr,v ' Tuiv Kvtdiu)v ynv eg rijv ^dfiov dne-
rj/.Euaav.
Die Anmerkung des Hrn. G. , welcher die Schiass-
worte dTtekl^uvTeg — aTreft'Kfvaav so übersetzt wissen
will: sie fuhren ab, nachdem sie das Land der Knidier
verwüstet, wobei ytu entbehrlich sein soll, ist nicht ganz
klar. Richtig erklärt Poppo dnek^övreg, quum ab urbe
Cnido discessissent. ,
Cap. XXXIX. nkeiioavieq y.al nkeUu tuv nkoiiv
8id cpvkaxijg Tion^ad/ievot. ^ ,
Der Scholiast erklart 8iri (pvkay.r;g durch VTTEfj
da-cpukelag und ebenso nächst Portus {ut tutius iter
facerent^ u. A. auch Hr. G. , welcher sich wenigstens
mit Anführung des Scholion begnügt. Und allerdings
scheint der Zusammenhang diesen Sinn zu erheischen;
denn bei der grösseren Ausdehnung der Fahrt hatten ja
die Laredämnnier keine andere Absicht, als die, die ge-
fahrlichen Punkte zu vermeiden und mit grosserer Sicher-
heit nach Asien zu gelangen. Allein dann hätte es,
wenn überhaupt Thuc. sich des AVortes qvkaxij in die-
sem Sinne bediente, vielmehr ö/a (fvka/.ljv ,^ wie auch
Reiske schreiben wollte, hcissen müssen; 8tu (fvkayrji
hingegen kann nichts Anderes sein, als adhibita cau-
tione, wie es Poppo erklärt. Drängt sich nun auch da-
bei der Einwurf auf, dass die Lacedämonier , je weiter
sie sich v.n den gefährlichen Punkten entfernten, auch
um so weniger ängstlich und vorsichtig gewesen sein
werden, so ist doch auf der andern Seite zu bedenken,
dass dieselben znr See niemals Helden gewesen sind ,
dass ihre Schifffahrt, wie die fast aller Griechen, nur
907
908
Küsteufahrt «ar, liier also ihre AengsUiclikcit und ^'or-
sicht nicht sowohl ilen vom Feinilc, als ilcsi von einer
weiteren Fahrt in entlegenere Gegenden drohenden Ge-
fahren gegolten haben mag. ^ ^
Cnp. XLH'. Ol dt '.IdrjvaioL — to fxsy naga-
XQfjfia dn:t:i/.iraav i; Xdky.ijv, evrevOev d' st; ^ä-
ftov, l'oTfQov Ö£ £X Ti]i Xak-/.ri<; xul ix xr-q Kui y.ai
ey. Ti'i ^atiov Tovq tTrijikovc, iioiov^evoi eui Tny
'Puduv ITIo't.EllOVV.
Rriiger p. 34 1 schlug vor, iv. ttc, ^i'lü]i für i'z Tf,(;
^äuor zu schreihen, was jetzt Didot auch auf das vor-
«rchende ^äuov ausdehnt, welches er in ^Vfiijv verwan-
delt wissen will. Und in der That scheint £y. ir,c Säuov,
uufeachtet diese Insel für einen Angrill auf Rhodos
scheinliar zu entlegen ist, docli unantastbar , solange man
f.- 2\//<or stehen lasst. Vielleicht liegt derFeli-ler einzig und
allein' in £; ^äiiov, wofür es doch wohl eigentlirli Vi zijv
Eiutor hatte lieissen müssen. Wir vermuthen , dass hier
!:g ^lul-y zu schreiben, ez Ti]<; Hd/iov aber iiiiange-
focliteu zu lassen ist. Nachdem die Athener mit ihrem
Anschlag auf Rhodos zu spät gekommen waren, segelten
sie nach Chalke , von da nach dem benachbarten Svme,
später aber (<lieses laitoov deutet eine Aendeiung Jes
anfänglichen Operationsplanes an, oder eigentlich erst
die Regiilirung desselben) machten sie ihre Angrille so-
wohl von Clialkc aus, als auch von dem weiter entlege-
nen Kos und dem noch weiter entfernten Samos. Sanuis
war die Hauptstation , von hier aus als dem Mittelpunkte
aller Bewegungen konnten die Athener wohl eni'^koi)^
■JtOteto^at tTTt TijV Püdov, wiewohl dabei mehr ^b
eine Leitung des Angriffs, als an ein directes Angreifen
zu denken sein wird.
Cap. XLV. — ri]v te ^ladoCfooav ^vverffiEv,
fJ.VTi doaxfiiji 'JrTiyj-q wo-us TQiuißokov v.ai toPto
fi)} tvvEX'^'i öiÖDO^ai, ksyEiv xEksvojv rbv Tioaa-
(fEovijv rroui avTOi'i, v'ii '.l9i]vaioi Ey. nkEiovoq xqo-
vov ETriaTi'uovEi; ovtec tov vavTiy.oi' TQiuißokov Toig
iuL'Tojv öidoaatv , ov tooovcov -tüevUc örrov 'iva av-
rojv /ir, Ol .vavTut , i'z nEQtovaiaq vßolCovrEi, oi
fxEv TU crvuicfra %EiQui i;fW(7z, dauuviovTEi; i\; rot-
avTa r/.(p' mv i) rkniiEvEia ti'l/ßulvEi , oi de rag vavq
ärrokeiTüjaiv [»('/] vir okiTt o v t E q Eg öiniQeiav
rov Troo:orfEi) öiifvoD iiin^ov.
Wir haben die g.inzc Stelle hergesetzt, weil sie im
Zusammenhange betrachtet werden niuss. Am Schlüsse
i«t die ^'ulg. oi di Taq rui'c aTokiTTuvrei ig oii. r.
rro. ij. Dafür pibt Bekkcr aus dem Vatic. , mit welchem
Valla übereinstimmt, oi liE Titq vcrc U7l okEi'Trmoiv ov%
i'7iukil.tnrti u. s. w. Lngd. rl.Txo) n':i(i)'>l in; i'rro't.l-
rrörTEC, die beiden ersten Worte jedoch am Rande. It.
gleichfalls am Rande uTTokEiTlojcnv vUoklTruvTEC. Ven.
a pr. m. ano/.EirrojrJiv, (■7ro}.EiTT0VTEq. Die Richtigkeit
des älo/.ci:iojrrn> i tto/.i^ÜvtE.; scheint jetzt unter den
Ileransgebern festzustehen , nicht so auch die der Part.
Ol/, welche Hr. (i. in Klammern setzt und ganz zu
streichen geneigt ist, indem er dann ilen Worten folgen-
den Sinn unterlegt: ret disaipata per luxuriinn mercede
morliD» contrnliant , vel ne^li^unt munia in n/ivifjiis oke-
unda . ritleoque naven ipnas deHenitil, permitlenti/jus id
trierarcltia , ut ijui debitum udituc Stipendium, ctiamsi
signfi deserunt , pignori esse existiment. Allein auf diese
AVeise steht der 7ruoiO(fEik6fifvoi ftia^oq mit dem Vor-
hergehenden in keinem rechten Zusammenhange, und die
Bedeutung des dnokEiTlElv rac vavq als „auf Urlaub
gehen" (nicht, wie sonst, von Autoniolie, Desertion)
scheint mit der angeblichen Nachsicht der Trierarchen
in ziemlich gezwungene Verbindung gebracht. In diesem
Falle wür<le olfenbar die ganze Maassregel, die Herab-
setzung der Löhnung, ein IMitlel sein, welches zu seinem
Zwecke nicht im richtigen ^'erhaltniss stand. Wollte
man diese Art des dn oKftTTfiv verhüten, so brauchte
man nur den Trierarchen ein für allemal die Bew illigung
von Urlaulisgesnchen zu untersagen, ohne desshalb dem
SchilFsvolk seinen ^"^erdienst zu verkümmern. Wir w)lien
dagegen versuchen, einen anderen Ziisaninienhang der
ganzen Stelle nachzuweisen. AIcibiailes gibt dem Tissa-
phernes den Rath , ilie Löhnung für das SchifTsvolk auf
drei ()l)ülcn herabzusetzen und auch diese ftij i^vvEXvjQ
zu geben , zugleich auch sich bei liieser Maassregel auf
die Athener zu berufen, welche gleichfalls ihren Leuten
nur drei Obolen gäben. Aicht allzu kühn ist es nun
wohl, anzunehmen, dass , wie das TOluifiot ov , so auch
das obige (.dj ti'!'£/WL: diöoaSai, obgleich diess Thucy-
dides nicht ausdrücklich hinzusetzt (über dergleichen Aus-
lassungen vergl. Poppo zu Cap. 'J7-)t niit von den Athe-
nern gilt: denn es ist diess nicht nur geschichtlich er-
wiesen (Polyaen. strat. 3- 9, 51. J(f}r'<QaT)j(; i;oi;E TOV
-KiaJoTov (JTQaTEVjtdTOs iteCov y.at vavTiyov , yaSf
EyaoTov fiijva vcfaioüjv to TETagzov fiEQoq, ojanfg
ivEXUQov iy.doTov y.uTEX'ov, i'va fjij klnoiEv lo OToa-
TÜTTlöov), sondern es erhält nun auch erst der noog-
0(ftlt iiiiEvoc jitaitog, ja, der ganze Satz unil selbst des-
sen Gliederung im Einzelnen ihre wahre Bedeutung, ^'on
den beiden im Sinne der Athener angeführten Gründen
n/imlich {'iva jt!; oi vavrat oi UEV — ixiuai, oi öe —
d.noKtlnuiOiv) bezieht sich der erste auf das T(>/ojßokov
öihfxritat , der andere auf das y.(U toi TO jiij i:i>rE](U}i;
di8orrt}<(i. Durch das Ersterc wollte man verhüten, dass
das Schirtsvolk ausschweife und verweichliche, durch das
Andere, dass es nicht desertire. Lfisst man nun hier
die Kegation vor inoklTiuVTE; weg, so entsteht gerade
der entgegengesetzte Sinn von dem, welchen möglicher-
weise Thucvdidfs ausdrücken wollte. Od'enbar hat man
in Bezug auf die Auszahlung der Löhnung zwei verschie-
dene Zustande sich vorzustellen, i\eu einen, wo ilieselbe
ganz, den andern, wo sie nicht ganz gezahlt, sondern
ein Theil davon zurückbehalten wird als Caution für den
Zahlenden. Man denke sich nun diese beiden Zustande
als historisch, wie es auch vielleicht wirklich der Fall
war, aufeinander folgend. Vordem wurde die Löhnung
ganz ausgezahlt, eine Verführung für das Sciiidsvolk, zu
desertiren: t«^ vnvq du ikfjrov , und zwar nicht viro-
kriuvTig i; öiivotiav tov TTfjoiocfi/Kofiivov fiiai)uv,
denn die Löhnung wurde ja eben ganz gezahlt, und iNirhts
davon als Pfand zurückbehalten, st)iu\ern oi'x i'TloklTl ov-
T(i u. 8. w., das ist so viel als ivrikij TOV iitaiiov
dnokaßoVTEq. Spater wurde diesem üebelstande da-
durch abgeholfen, dass ilie Löhnung nur theilweise ab-
gezahlt »nrde und ein Theil als Pfand in den llandcn
lies Zahlenden blieb; also xQHoßot.ov dlduaOlv y.ai
909
ToiJTO f^ri ^vv£X(äc, , 'Iva f^i} o'i vaij'vat ra« vavt; oiiro-
XsliriDCTi», oi'x viTo'ktJTovTeq ez omjoelav tov TtQog-
OCpetköiilVOV tiin^üv, <lamit nicht das Sthiflsfolk , wie
früher, nach erhaheiieni ganzen Solde unil ohne einen
Thcil desselben als Pfand zur Schadloshaltnng für den
Zahlenilen zurückzulassen , auf und davon gehe. Einzig
ron Gericht ist die Gegenbemerkung Pojipo's, dass es
dann nicht o('X» sonclern |(/») ('Tro/v/Toirfi; heissen müsse,
lins scheint jedoch die Negation hier so unentbehrlich,
dass tvir nicht anstehen, das UTTuXeiilOjai /nj des Cod.
Lugd., wenn auch dasselbe dort erst am Rande nachge-
tragen ist, als das Richtige zu empfehlen.
Wir schliesseti mit einer Stelle des LXIV. Cap. a. E.
OuKpQOcri'vijv yag Aafjoroat ul nökeii; xal ädeiav
TUjv TTQacrcrofterujv tXuiQl^aav CTi- T);j' avT/xpi'? hk£v-
9eQlav, Tijv i'-Tiu Tuiv'.'lbijvaiujv vnovXov eii vofxiav
ov ■jT^oTifD-nuvTei. •
Während hier die meisten und besten Mss. ai'TOVO-
lllav bieten, schreibt Hr. G. mit den übrigen so wie
mit Dionvsius von Ualikarnass und dem Scholiasten, ev-
vouiav. Gleicher Ansicht sind von den neuesten Her-
ausgebern au( li Arnold und Didot, da ja die Athener
ihren Verbüiulpfen nicht Autonomie, sondern Oligarchie
versprochen hätten (c. 48. <'-'^' VTueaxijoitai älj Offfic,
6Xiya^](iti.v). Allein abgesehen auch von dem Umwege,
welchen man erst machen inuss , um in ei'VOjxiu den
Begriff von ükiyno%Ut zu finden (gleichwie nämlich äy.o-
kairia IMerkmal der Demokratie, so ist eii/ouia Merk-
mal der Oligarchie), so scheint eben dieser Begriff hier
keineswegs ganz passend. Der Gegensatz ist ekil^S^ia,
diese aber kann unmöglich als Demokratie gefasst wer-
den , sondern als Unabhängigkeit, als tlie Freiheit, sich
selbst zu regieren, sich selbst nach Belieben eine ^'er-
fassuiig zu geben, dieselbe mochte heissen, wie sie immer
wollte (cap. 48. Ol' ya(j ßut'kijoea&at aitui'^ fitT 6kl-
yaQX^O-<i ij öijliuy.oaziuq doi'ktvEiv /^dkkop ;} /liI:9'
öjiotsoov av tv/ojoi toctujv ekevdeooix; sivai). Dieser
il Sv^eo'iO. nun kann nicht wohl die tvvottia als Oli-
garchie eufgpgengesetzt werden. Ja noch mehr, der Ge-
gensatz ist, wie Poppo sehr richtig bemerkt, nicht ihtt-
defjiav — ivruidav , sondern ri^v ürir/.of^ iktv9t(j/('.v
— triv iTrui'kur ei'vutiia.v; Aobei üvTiy.oii^ und tJ.Toc-
/.üv ganz überflüssig wäre, wogegen beides erst ganz
nothwendig wird, wenn man nviuvuftiuv schreibt. Beide
Theile boten Freiheit, die Lacedämonier völlige, die
Athener beschränkte; die erstere zogen liie Verbündeten
vor, da die letztere verdächtig uar; es kam ihnen gar
iiiciit darauf an, welche Verfassung sie erhielten, nur
von der Oberbotmässigkeit der Athener wollten sie sich
euiancipiren. Möglich , ilass die Athener zugleicli den-
selben Autonomie verhcissen hatten; denn autonom konnte
ein Staat unter jeder Verfassung sein; möglich aber auch,
dass ilurch ilieses ai''Xui-uuio.v überhaupt das Verhältniss
bezeichnet werden soll, in welchem die Bundesstaaten
als Glieder zu Athen als OLerliaupt standen. Nicht ohne
Gewicht ist es nun allerdings , dass fr^oi/iV'.i; sich bereits
bei Dionysins findet. Wir sind jedoch mit der Kritik
dieses Scliriftstellers lange noch nicht so weit, um darauf
«icher fortbauen zu können. Höchstens kann man sagen,
lias» die Lesart svvof-iiav eine sehr alte sei, und, um
910
consequent zu sein, müssen wir hinzufügen, dass der
Text des Tiiucydides schon sehr frühzeitig verderbt wor-
den zu sein scheint. In wie weit Dionysins selbst daran
Antheil liatte , lassen wir dahingestellt sein. — Noch
möchten wir das Obige für die Richtigkeit des Tr,v vir 6
T(ov 'A9i]V(tlv)V geltend machen, wofür jetzt Bekker
und Arnold aus ^"at. und K. ii\v du o r. './. schreiben,
wohl wegen des gleich vorhergehenden vijv d-KU yiaxe-
dc'iiiovivjv ikSi'iUolav, Allein beide Fälle sind ver-
schieden: i; und yiaxeSu/lioinujv iksi'^ioiu ist die
von den Lacedämoniern ausgehende unbeschränkte Frei-
heit, dagegen >'; i'tu tojv '.tihjva.Uiiv airovo/^iia die
von den Athenern zwar gleichfalls ausgehende, zugestan-
ilene, jedoch zugleich von ihnen bevormundete und unter
ihrer Oberbotinässigkeit stehende Autonomie.
Leipzig. J. Weatermann.
Die Ui-kiinden in Deinosthenes Rede vom Kranz.
( l-'urlsrlz iing :ius INr. 103.)
VII. Urkunden über den Frieden des Philokrales.
Die Verhandlungen über den sogenannten Frieden des
Philokrates, welcher dem heiligen Kriege Ol. lOS. 2.
ein Ende machte, sind aus den Darstellungen des Demo-
sthenes und Aischiiies in ihren Reden neoi Tvapa-
rroeryßeiui ziemlich genau bekannt, wenn schon sich
die Angaben beider in manchen Einzelheiten geradezu
widersprechen.
Die Athener hatten sich vergeblich bemüht, dem Um-
sichgreifen des Philippos, namentlich als er Olynthos auf
das Härteste bedrängte, entgegenzutreten; der Fall dieser
Stallt und die geringen Aussichten, wenn der Krieg gegen
3]akedouien fortgesetzt wuide, dazu das Entgegenkommen
des Philippos und seine Ancrbietungen machten, dass des
Philokrates Antrag, Gesandten ttsqi t?;c e/oijvijq nach
3Ijkedoiiien zu senden, angenommen wurde; dicss war
im Sommer 34", in der ersten Zeit des Jahres Themi-
stokles , in welchem Deinosthenes in den Rath geloost
war. Nachdem sich diese Gesandtschaft von Philippos
Absicht, Frieden zu schlicssen, überzeugt hatte und nach
Athen zurückgekehrt war, wurde in den Versammlungen
am \a. und I VI. Elaphebolion der Friede beschlossen und
am 'Jf). desselben ftlonats in die Hände der nach Athen
geschickten Gesandten des Philippos beschworen. Darauf
brachte Deinosthenes im Rathe einen Bescliluss durch
(am 3- niunvchion Aischin. ttiuI TraoUTto. ^. ^10.), die
Gesandten fTli to('5 üoxoi'i sollten so schnell als mög-
lich abreisen, um von Philippos den von den Athenern
schon beschworenen Frieden beschwören zu lassen.
Diess ist der Beschlnss, den Demostlienes §. 29.
unserer Rede vorlesen lassen will; er hat ihn schon <§. 20.
bezeichnet mit den Worten iyu) fisv Toivvv eyoalpa
[juvkivv)v ürroTlktiv rijv TaxiOTi]V tolc n^Hiir/jSig
i-'t Tovg Torroi';, ev o iq av ovza (jUkmuov ■kvv-
^dviuvrai y.cu roi'i üfjxovq (xnokaft(j_av£iv. und
§. 27. nktfv inl Tovg totcovi; sv oig av tj 0iknniog
yjd Toixi o^xoi'Q Tiiv TUXiaiip dlCokufttjcivEiv. Dass
das Beeret, welches g. 29- gelesen wird, nicht das ge-
911
912
nannfe ist, ergilif sich, den Pscndeponymos bei Seite g'e-
lasspD, aus «lern Datum, indem es statt im HlHiiychion
vom letzten Elaiilicbolion datirt, aus dem SeSuxi^ai TJ
ßor).?J y.ui rrj dr.in), statt dass es ein blosser Senats-
besrhiuss sein niüssle, aus der Zahl iMid den Namen der
fünf Gesandten, die (feuälilt wurden u. s. w.
Diess ist von Uörkh u. s. w. anerkannt, nirlit aber
damit die Unechtheit der Urkunde überhaupt g-el(end j;e-
maclit worden, ^"iohnehr wird eine ^'crwerhselunjf an-
genommen, der Gelehrte, der die Urkunden in unserer
Kede einsrelegt, lialie ein anderes Decret von älinlirhem
Inhalt statt des passenden einjjelegt; es beziehe sich
nämlich dieser Antrag; des Demosthenes auf den Friedens-
abschluss im .Sommer o'i'l, welcher der erfolglosen Be-
lagerung von ii^zanz gefolgt sei.
Ist unser, in dem Früheren geführter Beweis, dass
dieser von Diodoros angeführte Friede niemals geschlos-
sen Horden, befriedigend, so füllt damit die scharfsinnige
Termnthung, durch welche allein die vorliegende Urkunde
gerettet werden kann.
Aber nenn wir auch annehmen wollen, dass dieser
Friede in der Tliat geschlossen worden, so «erden wir
die Bestimmungen in unserer Urkunde von der Art fin-
den, dass sie sich auf keine befriedigende Weise mit
den Umständen vereiubaren lassen. Die üatirung lautet:
aTll äoyovTOC Jlvijcr/Cflkuv, 'Ey.uz0f.iljO.ivjv0i tvTj z«l
via, tfi'H]< ■JTQVTavavoi'Or^c nuvdcuvtdoc: ^i]fiuriiykvij(;
^ijuoa^evovi; flctiavievi iiTiEv. Wir müssen uns hier
wieder in .Mnesiphilos den Schreiber der Prjtanie ge-
fallen lassen; es würde dann ein gar sonderbarer Zufall
uiit im Spiele gewesen sein, von dem wir bei dem nächst-
folgenden Decret zu sprechen halien werden. Die Be-
zeichnung des letzten Hekatombaion könnte im Verhält-
niss zum Ende der liel.igerung von B\zauz richtig sein,
doch wenn der von Philippos Äert«/;7/g'/e Frieilcn nach-
her ij i-Txiytiouxovr^^iiioa ev ttj nouiTTj s/./.ki^fria
heisst, also zwischen dem 10. und 15. Juli in der Ek-
klesie angenomnien war, so muss Philippos den Frie-
densantrag entweder sehr übereilt gemacht haben, oder
die Belagerung von Byzanz hatte wenigstens schon im
31ai ein Ende, was wieder mit den Verhandlungen der
Amphikivonen nicht recht stimmen würde Doch sind
diese Gründe erst dann von überzeugender Kraft , wenn
man sie mit Plutarchos Erzählung (l'hoc. c. 14 und Hj)
zusammenhält, auf ileren Chronologie wir später zurück-
kommen werden.
Der Inhalt unseres Oecre^es ist, dass am letzten Ela-
phebolion (und allerdings ist nach Ulpian 7i foi tiju To/a-
y.UOri 1 rej;elmässige Ekklesie s. Sclioemaiin de coniitiis
p. 4 {) das Volk beschliesst, Gesandte zu wählen zum
.Absrhluss des Friedens, dessen Annahme man wenigstens
zwanzig Tage früher bestimmt hat. Ist es denkbar, dass
dieser Besrhluss, Gesandte ini -roij ooy.ut'Q zu uählen,
nicht sogleich bei der Epicheirotonic des Friedens mit
gefasst , sondern zu demselben erst in einer so viel spä-
teren Kkklesio geschritten wurde ? Hat man in Athen
solche Eile, deti Frieden zum Abschluss zu bringen , wie
uns unser Decret will glaulieu machen, wozu dann die
%'erzogerung,dass erst drei Wochen später — nicht die Wahl
vorgenommen, sonilern fie vorzunehmen bcschloascn nird?
Aber wozu überhaupt solche Eile , dass die Gesandten
ia]8efxiav vTC£QßoKi]v Jiotov/isvoi unov av üvtu -hvv-
ddvujVTai rov 0lk/7t7rov , t;;i; xaxtönjv den Schwur
geben und nclimen sollen, einen Frieden zu festigen, den
abznschliessen nur Philippos ein Interesse haben konnte?
Die Athener waren durch die Rettung von Byzanz und
Perinthos im entsciiiedensten Vortheil, ja, nach derselben
noch entriss Phokiou dem Feinde mehrere Städte ;
und sowie Philippos die Unterhainllungen in Ol. 108- 2.
benutzt hatte , bis zur Beschwörung lies Frieden« seine
günstige Stellung und die Verluste des Feindes zu eini-
gen Occnpationen zu benutzen , ebenso hatten die Athe-
ner jetzt allen Grund, mit dem Abschluss des Friedens
so lange zu zogern, bis sie möglichst viel Vortheil von
den einstneiligcu Verhältnissen gezogen. Sage man nicht,
dass solche politischen JMaassregeln von Philippos Anhän-
gern behindert sein werden, denn Demosthenes ist es ja,
der diess Decret vorschlägt. Koch weniger mache man
die Generosität der Athener oder gar des Demosthenes
geltend; man thut Beiden Unrecht, wenn man ihnen mehr
Seelenadcl, als Klugheit zutraut. Am wenigsten konnte
Demosthenes ilamit einverstanden sein, einen Krieg, den
er so eifrig betrieben, in der Zeit beendet Zu sehen, wo
eben sich wesentliche Erfolge zu zeigen begannen. Wenn
man einigerniaassen die Begebenheiten im Zusammen-
hange betraclitet, wird man erkennen, dass, wenn ein
Friede geschlossen worden wäre, ihn Philippos und nicht
die Athener anzubieten gehabt hätten; wie hätten dann
die Athener dazu kommen sollen , Gesandte auszuschicken
zum Abschluss des Friedens, den sie nicht erbeten, son-
dern gewährt hatten.
Eiitsciieidcnd ist endlich die Angabe über die Ge,
sandten. IIoioljeiQ rjotüijcrav Ei'fiovkoq 'JvatpkvaTloi,
Aiaylv)]/;, Ko&u}y.ldijg, Kijqitaocpujv (v. 1. K-ri^oicpiöv)
Pujiiovaiog, ^ijiwxoaTijg 0ki'eig, Kktuji/ Äo^w-
xiölK. 31an vergegenwärtige sich die Stellung der Par-
teien in Athen. Demosthenes hatte es im Anfang von
Ol. 10[). 4. durchgesetzt, ilass der Kampf in Euboia un-
ternommen wurde; lergebens hatte sich Aischiues bemüht,
bei der Anwesenheit der Makedonischen Gesanilten im
nächsten Winter des Philippos Interessen zu wahren , und
brachte ihm auch sein Verhältniss mit Anaxinos keinen
weiteren praktischen Nachtlieil , so war doch natürlich
sein Eiiilliiss in demselben IMaasse geringer, als der des
Demosthenes durch die schon erreichten Vortheile in
Euboia und Thessalien, und durch die Kriegserklärung
Ol. 110. 1. überwiegend geworden war. Es ist richtig,
dass in eben diesem Jahre Aischines zum Pvlagoren er-
nannt wurde, al)er die Art, wie er auf <ler Frühlings-
pylaia (Vi').) ilas Interesse Athens vertreten, konnte ihn
nicht zu einer Gesandtschaft empfehlen, die ilem Alake-
donischeu König einen von ihm gewünsc/ilen Frieden
überbringen sollte. Demosthenes hatte etwa im I\Iai die-
ses Jahres Beschlüsse durchgesetzt, durch welche des
Aischines Wrfahreii in Delphoi entschieden gemissbilligt
wurde; und zwei Monate darauf soll nun Demosthenes
für einen Frieden, iler nichts weniger, als in seinem
Sinne gewesen wäre, die Wahl von Gesandten beantragt
haben, und diese Wahl soll auf Aischines gefallen sein!
Es wäre die entachicdeusto Niederlage für Demosthenes
913
914
gewesen , <ler eben damals den Dank des Volkes im
reiclistcu Maasse verdiente. Diese Griinde bewegen mich
noch mehr, als ein ansdrückliches Zeu-jiiiss , die Unmög-
lichkeit geltend zu machen, dass in dieser Gesandtschaft,
selbst wenn ein Frieden geschlossen worden »väre, Ai-
schines sich befunden habe. Jenes ausdrückliche Zeug-
niss aber ist in der Rede vnep RrijO. JJ. 2S2. 6^ sr-
^iws" /'ffü rh' linX'i" ('"" Chaironeia) 7lQ£o߀VTi;g
STioQCiov TiQui f-PihnTCov .... y.ai tuvt ägvoi-
uevoc, näpra ruv e fATrpooSev xqÖvov ravxijv
XTiV Ygelav , (ög ■jrdvTti; icram , eine Aensserung, die
doc|i Demosthenes durchaus nicht hatte maclicn können ,
wenn ein Jahr vor dieser Schlacht Aischines bei jenem
hypothetischen Friedensabscliluss Gesandter gewesen wäre.
Man maciie ja nicht geltend, dass ja hier Eubulos
durchaus rirlitiger Weise als Anaphlvstier genannt wird:
dass derselbe in Folge eines Antrages des Demosthenes
gewalilt sein sollte, wäre fast nicht miniler seltsam, als
die Wahl des Aischines , da Demosthenes sich gegen
diesen Staatsmann nicht bloss in der Rede über die
Trnggesandtschaft und früheren Verhandlungen sehr stark
geäussert hatte, sondern namentlich im Anfang eben die-
ses Jahres des Theophrastos eine Veränderung in Athens
Finanzen beantragte und durchsetzte, die Eubulos bis-
herige l'^erwaltung gänzlich compromittirte.
Ein dritter dieser Gesandten ist Demokrates der Phlyer,
wohl derselbe, der als zl l] it ov.o dr )j Q 2ivj(fiXov 0kl<ei'i
in dem falschen Decret des Demosthenes §. 187. auch
als Gesandter nach Theben figurirt? Allerilings kenneu
wir einen Demokrates, von dem Aristot. Rliet. III. 4.
den artigen (zum besten Tlieil Aristophanischen) Vergleich
zwischen den Rednern und Aminen erzählt, die den 13rei
verschlucken und nur mit ihrem Speichel die Kinder be-
schmieren. Die Anekdoten bei Plutarchos (reip. gerend.
praec. 7.) zeij»en , dass er diesen Zeiten angehört, geben
aber von seiner Persönlichkeit keinen grossen liegrifi",
zeigen jedoch , dass er zu den Gegnern des Demo-
sthcnes gehörte. Einen Aphidnäer Demokrates finden wir
bei Isaeus de Philoct. her. JJ. '22. erwähnt, aber aus der
Zeit der Thrasybulc. Ein anderer Aphidnäer Demokra-
tes spielt bei dem Frieden von Ol. 1U8. 2- eine Rolle;
als der Schauspieler Aristoilemos mit den ersten Frieilcns-
anträgen des Pliilippos nach Athen kam, ohne davon
IMiltlieilung zu machen, trat Demokrates in den Rath
und forderte denselben auf, Aristodemos zum Rerichterstal-
ten in ilas Ratlihaus zu laden (Aischin. neol TtaoaTT.
55. 17.). Es ist diess gewiss derselbe Demokrates , gegen
den Dionvsios von llalikariiass nuter Dinarchos Reden
eine von Jlenesaii limos verfasste vorfand (jud. de Dinarch.
c. 1!.). Auch im Hause des Aixoneers Lysis , des Pla-
tonischen, ist der Name Demokrates zu finden. Gern
gebe ich zu, dass es jener Zeit noch manchen Demo-
krates gegeben hat, aber ging ein Demokrates als Ge-
sandter mit Eubulos und Aischines, wer mag da zwei-
feln, dass es ein bekannter IMann gewesen sein muss,
und der einzig bekannte dieses Namens aus dieser Zeit
ist kein Phlyer, sondern ein Aphidnäer, und der von uns
zuerst genannte, den ich übrigens mit dem Aphidnäer
für identisch halte, Demosthenes Gegner.
Auch Kep/iisop/ion, der Rhamnusier (denn die Lesart
Ktosiphon gehört den minder guten Handschriften an),
macht älinlichc Bedenken, wenn wir von der Ansicht
ausgehen dürfen, dass zu dieser Gesandtschaft einiger-
niaassen distinguirte Personen erwählt wurden. Ich über-
gehe den Kephisophoii, Kephaloii's Sohn den Aphidnäer
(Dem. xara Srtffdvuv I. j^. lU.) und den Kephisophon
vom Peiraieus, ilen Vater des Fhorniion (Dem. uoug
jld/QlTov ^. 14.). Wenn in der vorausgesetzten Ge-
sandtschaft sich ein Kephisophon fand, so konnte es nur
der Paianier sein, der einer namhaften Verwandtschaft
angehörend *), in Athen damals eine Rolle spielte (f/j
xatv Cfil-ojv xai ivulouiv A^doijrog um Ol. 108. 2-
*) Die verwandtschaftlichen Vei baltnisse der Atlienischen Familien zu verfolsen , ist in manclier Hinsicht Ichi reich; die des
Kephisophon scliliosst siel) an die oben niilgillieillc des Proxinos an. Wir entiiehmen sie einerseits aus Isaios Rede niQt
Toi^ zlty.atoy^i'ovq -Aij^ou gehalten uin Ol. 98., andererseits aus Demosthenes Reden gegen Boiotos. Zunächst das Stemma ;
Kleiainntos
acr KjdalUcner
KUon i Ol. 8* 3
Kleomedon '^^- Tod
G. 1. Kl
2. M
Baihjllo:
mdros. Toch..
Eryxiiu.aclios. |
Kephisophon *'")
Tochlcr. KephisoiloteiTochle
*) Dieser Poljaratos , der Cbolarger, wird im Corp InsCr. Nr. 147. (Ol. 92. 3.) als Paredros der Ilellenotamias genannt; bei
Isaios heisst er nach Beckers Lesart PoJyarlos, aber schon Reiske hatte lichtig cn.cndut; und eben daraut beruht die, wie
es scheint, vollkommen sichere cenealogische Verbindung, die wir dargeslellt hallen. . . , .
•*) Kleomedon, der Sohn des l.eriihniten Kleon (Corp. Inscr. 213.) mnss vor Ol 99 2. gestorben sem , wie sich aus den
Altersverhaltnisscn der in Demosthenes Reden gegen BoJoloi genannlen Personen ergibt.
*") Dieser Manuas ist deisidbe, der als Feldhcir Ol. 105. 1 in Makedunien cominaiidiite (Diod. 16. 1. cf Arguro. ad Dem.
jrpö? BoMT. 1 0; ausser seiner rechtmassigen Gemahlin halle er auch ein ärgerliches Verhaltniäs {■n^Qtiio^loq ,, ncfuit:; iyi'mo
Dem. „„05 BotwT. II. §. 11.) mit der Piango, und diese t:el,ar ihm den Bo.otos und Pamphilos , von denen e.sterer sicli
den Namen Mautitheos beilegte, und so Anlass zu jenem Process gab, aus dem wir die Demostbenische Rede übrig haben.
915
916
Aisrhiii. TTfoi iragniT. g. 73.); «'^ss er Schatzmeister
der Ciöftiu war und «Pj^eii unerlaubten Ausleihens hei-
liger Gehler von Eiibulos verkl.igl worden, ergibt sich
aus Dem. :ifoi nauarr. §. 29 3-; unter den von Hat-
palos Bestoclienen «ird er neben Dcmades und Demo-
sthencs genannt (Dinarch. /.nra ^Ijtioal}. §. 4.J.). Auf
ihn bezieht sich Dem. xara Xtaio. g. 10, nährend in
unserer Rede §. 21. Eißoi'koc xai KnCftciiJKfujv »vahr-
»cheiuliih yal KtrOKfiov helssen muss nacli Dem. TlSQi
TTuocrr. ^. "4. und nielireren andern Stellen in dieser und der
gleichnamigen Rede des Aischines. Von einem Rhaninusier
Kephisonhon weiss ilagegen Kiemand etwas; ausser dass
Kr({'oti(fiöy Krcf/OoCfiijVTOi 'Pautoiaiog in der schon
rerurlheilten ypuCft: des Aischines vorkommt, ein Umstand,
der ge»iss nicht dazu dient, die Existenz dieses Indivi-
duums wahrscheinlich zu maclicn. In dem sehr he-
schrAnkten Cvclus von Namen, der in unseren Decreten
überhaupt vorkommt, findet sich ein Ktj(fiaoCfu)V Khiu)-
voi ' Iva'f/ i fiziu^ (§. 75.) als Gesancitcr in dem Decret
tXfi Kolvttiers (!) Aristophon.
Auch den kothokiden Kleon kennen wir bereits als
Kl iuiv K/ lojfu^ Kui>ajy.idi^i in der ypa(ftj des Aischi-
nes. Bekannte Männer des Namens Kleon sind ans die-
ser Zeit der Snnier, der Trierarchos um Ol. Ill7. war
(Dem. y.ura Meid. g. 16^.)- Ein anderer, der Sohn des
Thudippos, ist bekannt aus Isaios Rede über Astvphilos
Erbschaft, die jedoch nicht mit Schoemann ad Isaeuni
p. 40 . in Ol. '17. 3, sondern später zu setzen ist. Der
Enkel des berüchtigten Kleon, der Kvdathenaer, des
Kleomedon Sühn, mag wohl kaum bis in diese Zeit her-
unter gelebt haben. In den Decreten unserer Rede giebt
CS nun ausser diesen Kothokiden einen Phalereer, der
Areopagit gewesen sein soll (g. 135), einen Anaphlystier,
den \'ater des so eben erwähnten Psendogesandten Ke-
phisnphon , sodann einen Vater des Zeugen Leledemos in
jenem unmöglichen Zeugniss §. 137. Mag auch iler \amo
Kleun in Athen häufig gewesen sein , noch viel häufiger
wurde er in späteren Zeiten gebraucht, wo er in den
Vorträgen und Hebungen der Schule als Cajus und Mu-
cius fiijurirte.
So finden wir seltsame Leute als Gesandte gewählt,
einen Frieden abzuschliessen , von dem niemals die Rede
gewesen sein kann; und unser Decret, das sich nie lit zu
dem Frieden von Ol. lOS. .'. schicken will, zu dessen
Uewahrheituiig es iurgelesen wird, passt ebenso» cnig zu
der vorausgesetzten Uegebenheit, in deren Ziisamiiieiiliang
allein es als echt und alt erscheinen kniiiife. !Miissen
wir es demnach für ein späteres Fabrikat halten, das
den erzählten L'nterh.indluiigeii liber den Frieden des
Philokrales auszulülleii erdichtet wurde, so finden wir
ilen im nächsten Decret wiederkehrenden Archonten iMne-
siphilos und die aus g. 25 und 27. entuommenen Wen-
dungen oTTov äv ovra Ttvvd-ävvjvrai und r»)i/ raxi-
OTtjv erklärlich und haben uns nicht mehr über die selt-
same Zusammenstellung von Gesandten zu wundern , die
allen Parteiverhältnissen des damaligen Athen Hohn spre-
chen würde. Es wird dann auch die VTTCpßokn, die sich
freilich bei Herodot und ilen Späteren seit Polybios statt
dvaßokij findet, bei Attikern aber wohl auffallen darf,
erklärlich.
Das nächstfolgende Decret des Kallisthenes (§. 38-)
hat man durch eine ähnliche Fiction , wie das vorherge-
hende retteil zu können geglaubt. Dcmosthenes nämlich
hat den weiteren Verlauf der Friedensunterhandlungen
Ol. lOS- 2- erzählt, wie die Gesandten von Philippus
hingehalten worden, wie er sie bethört habe mit der
Holliiung, ganz im Interesse Athens gegen Theben den
heiligen Krieg beenden zu wollen ; rt ocv 0L'V8(jI] fährt
Demosthenes g. 36. fort, iieTU ravra ei'^l'i, oi'x f/?
fjay.pdt^ ; roig fitv raKuiTKJjguvi; 0iij/.eag djiol.eo&ai
y.aX y.axaoy.ufffjvai. xaq noKeii cu'tujii, L'/^mq d' r'jav-
X'Uf dyayövTag yal tovtm (dem Aischines) TC£io9£V-
■vaq fi/y.puv vGTSpov Oy.Evayvjyitv t'x tüSv dygcSv . . .
öri dt Tav9 oi'TU) sx^i, keye fwi t6 ts tov Kak-
kto^tvovq, ipijcpiOfia yal rijv kiriaTokijv zhv rov 01-
KinTTOV. Diess Decret des Kallisthenes, das wir aus
Demosthenes Rede Tieoi TiaQUTrpeoßeiag §. 8H. und
|2B. ziemlich genau kennen, wurde angenommen, als Der-
kvllos dem im Peiraieus versammelten Volk die Nachricht
von dem unglücklichen Schicksal der Phokier brachte;
und wurde beschlossen yai TCaidaq xai yi>vaixa<; ex
Tvjv dyfjciiu y.aToy.of.dCttv v.a\ ra (fgovQia eTtiny.evd-
Qeiv y.ai luv Iltipeid rs/xi^ecv xai rd 'Hpaxke/u eu
doiei dvciv. Diess geschah am 27. Skirrophorion Ol.
lO'"'. 2. Schon diess Datum beweist, dass unser Decret
nicht das ist, welches Demosthenes vorlesen lassen will.
Ferner kam die Nachricht den Athenern in der Ekklesie
{dJT^yyeikev vuiv eyy.kij oi d Co v a iv ev Ileifjaiet Ai-
schin. g. 125.), und der Antrag des Kallisthenes wurde
nach Aischines Darstellung noch in derselben Versamm-
lung gefasst, also war es keine ausserordentliche von den
Strategen berufene Versammlung. Endlich fehlt in un-
serem Decret die Erwähnung der llerakleen u. s. w.
Diese Schwierigkeit glaubt man sich auf folgende
Weise losen zu können: Allerdings wurde das Psephisnia
des kallisthenes im Monat Skirrophorion gemacht, als
man nach der Vereinigung des Pliilippos mit den Theba-
iiern einen Angriff auf Attika vermuthete; doch beruhigte
ein Hrief des Pliilippos die Geinüther; als alier Philippos
unter die Amphikf voneii aufgenommen und mit Ausfüh-
rung des Strafdecretes gegen die Phokier beauftragt war
(cum ad exsetjuenda Amphictvonnm jussa exercitus rursus
nioveret, Winiewskv p. 329.), da crneueten die Athener
das Decret des Kallisthenes, jedoch mit Auslassung «ler
Anf drn<ell>cii Pr.iccss hc/.lelit sich Ari<tot. Rliet. II 2.^. {Muvzit«; h uiiTniq nennt ci den Vater, iiucl enisprecbrnd Deiiio-
sllieiief :ioi<rjfo//fjo; ^pii? JSoimt. I S- 2 )• Ge;;en ihn war wohl tlic IScde des Isaios jiföi; Dnioitov ix d\iioiMV lqiiai(; t!C-
riclitct (al>«i-irh. 11(1 Mtur ile hon <lain. p Oi). Jcileiifills kam M.iiitilhi'os niclit iiiil seiner Kl ige durch ; denn IJiun^sins
fuhrt ilic Dciiiosllicniiche Reili- njö; lioimtöv üniii tjuoixÖ? , die ein paar Jahie nach jener iilnr den Namen war, unter
den Pseu'lo- Dinarcliisclicn an iiiiler dem Tilcl "nftn^ Muiil&tov , woraus erhellt, dass Boiotos der Keiriade (s. Harpucr.
v. KiiQiud.) den aiiReriMaislen >ameii Minlillieo; lichicll.
") Das, ich den im Text (jeiianiilen Ke/>ltUo/ihoii den Paiaoier als Solin des Mencxenos aufführe, ist Vcrmnlluiug , aber sie
iil aus dein >'aincD des Grossvatcr« und des Demo, vollkoiuinen wahrscheiulicli-
917
M8
Herakipeii, die bereits vorüber, und der Befestigung des
Peiraieus , die einstitcileii vollendet war. Eine niibt
geringe Bestätigung dieser Annahmen findet mau in De-
mostbenes Worten (lipi -naoun. ^. 87.)-
Ich muss von diesen anfangen; denn wenn mau sie
im Zusammenhange betrachtet, geben sie ein anderes Re-
sultat, als VViniewsky geltend macht. Das Decrct des
Kaliistheues ist eben verlesen: zuvia TUT llpij(flQao9
VfAei's did luLiTovi, ovy. inl rarratQ Tat\ iknlat ol'ts
xav ä()X('-i 7ro/ijaaf.iEvoi tijv ei'oijvtjv xai tijv avf.i-
liaX'Ctv, aü&' voitQOv eyy()(l^)ai neiodevxeq avjfj
„xai lou iyyovui^"', atX v'jg iiuuituoi' i)Xixa nitoö-
jitvoi did TovTUvc, äyu^w y.ui fiijf xai /utu rav-va
äoaxig n^u^ Hogi^fioir, Jipuc ß/eyäooii; dxov-
ovvag d övuniv (PiXimiov xal ^ivo v<; e9 o pv-
ßsioSs, näi/re^ snia-vaads. Damit wird aber nichts
weniger als eine Bewegung des Philippos gegen Enboia
an Hlegara, die bereits in Aeu ersten IMouaten nach Ab-
scliluss des Friedens erfolgt wäre, bezeichnet; denn we-
der in der nächstfolgenden Rede TiiQi atoijvr/i, noch
in der zweiton Philippischen ist die geringste Andeutung
davon, die Demostheues durchaus nicht hätte iibergeheii
können; in der Rede JTSoi TiaguTr. erscheinen diese bei-
den Punkte zum erstenmal gefährdet, so §. 32(1- uoj^l]-
Tt'jQla icf Vfxdq tv EöfiuU/. 0}iKi7i7roi noucrxuva-
oxeiiä^erat xai re^aiaiu} xai Mtyd(Jüt<; ErjTtßuv'kf.vu)v
öiarsKel cf. §. 335- — Aber ebenso wenig ist von einer
zweimaligen arxSvayujyUi die Rede, die Demosthenes
weder in ilcr Rede Tieoi TiaüOTtOEuß. §. 87, noch in
der t'i/liQ K.Tt]a. §. 3~. zu bezeichnen nniiiin gekonnt
hätte. — Und wenn das Psepliisma des Ivallisthenes nur
erneut wurde, wie kommt es ilenn, dass auf dasselbe
nicht Bezug genommen wird? und ist Kallisthcnes auch
der Antragsteller für die AViederholuug der ay^tva-
yujyia ?
Aber das Alles zugegeben, wie steht es mit der Zeit
dieses vorliegenden Antrages? Am .'3. Skirrophorion (Ende
Juni 346.) hatte Phaiaikos mit Philippos capitniirt und
sein Abzug machte das Phokisclie Land wehrlos; Philip-
pos war im Besitz von IV'ikaia, Alponos und Throniou,
und die Phokier, der ^'erdieidiger entblösst, konnten
sich durchaus nicht den fllakedoniern » iilcrsefzpu, deren
A^-reinigung mit den Thebanern die letzte Schwierigkeit,
in das ol>ere Thal des Ivephissos einzudringen, hinweg-
räumte. Dem. Tlf.ui nuoo.Tl. %. ()0. Aischin. usqX TiagaTV.
j^. 13-1- — HO. Wenige Tage vorher hatten die Athener
auf Antrag des Philokrales eine Gesandschaft an Philip-
po3 und die versammelten Amphiktvonen abgehen lassen,
um auf die Uebergabe des Tempels Seitens der Phokier
zu dringen; diese kehrte auf die Machricht von der Ca-
pitulatiou um, ging aber nach Volksbeschiuss eiligst wie-
der ab, um den Verhandlungen der Amphikt>unen, denen
das weitere Schicksal der Phokier überlassen war, bei-
auwohnen. Aischin. TTfpi TiagaTu. g. 94 — 96. (Demosthe-
nes Angabe iceoi TXO.i}an. g. 128 und 13S, die Athener
hätten aus Erbitterung diese Amphiktyoueuversammlung
gar nicht beschickt, bezieht sich nur auf die attischen
Pjlagoren). Philippos berief die Amphiktyonen zu einer
ausserordrntlicheu Versammlung, zu der sich die Thes-
salier, Thcbaner, Oitäer und wühl die anderen nürdli-
chon Bundesviilker oinfanilen. Weder die Zusammenbe-
rufuug, noch die Sitzung konnte viel Zeit kosten, und
auch die Ansfiilirung der Beschlüsse , die Zerstörung der
meisten Phokisclien Städte ging gewiss bei dem glühen-
den Hass der Tliebaner, Oitäer u. s. vv. nur zu schnell
von Statten. AVie soll man sich nun vorstellen, dass es
fast ein halbes Jahr gedauert habe, bis Philippos die
Boschliisse auszuführen wieder angerückt sei und dadurch
die Athener zu der Erneuerung jenes Decretes des Ival-
listhenes veranlasst habe? Und wo soll denn Philippos
gestaudeu haben, um anzurucken? Er war ja eben in
Kikaia un<l Thronion, in der Nähe der Aniphiktvonen-
sitzung, ein Tageniarsch brachte ihn zu jedem beliebigen
Punkte in Pliokis, ja, seine Truppen mussten schon in
der Landschaft vertheiit cantouniren, er stand diese ganze
Zeit hindurch in so gefährlicher, durch seine Verbin-
dung mit Theben doppelt gefährlicher Nähe, dass die
Athener jeden Tag den Beschluss des Ivallisthenes hätten
erneuen müssen. Endlich aber geht aus Demostheues
rrfo/ naQcat. §. 62 und (13 henor, dass das ürtheil
der Ampliiktvonen gegen die Phokier uumittelbar dem
Abzüge des Phaiaikos folgte.
In derselben Rede g. HO heisst es: i-xuv lüc, ('/(«$
iiuyxo^ 0£TTakui xai (Ihkinnov ngioßetQ /.ilr' av-
TU)i' d^iovvTes i'/idü 0ifJ7Tnov './ficfiy.Tvova tlvai
lpi:(f'i.oao9at. In Bezug auf diesen Antrag hat Demosthe-
nes seine Rede 7lioi e/'oi'pijs gehalten (nicht bloss ge-
schrieben, wie Libanius meint), in der es §. 14 heisst
ruri; (TiiveAijkfiiuTui; Tuviuvq xuX cfo.oyMvra.c, \lft-
(fi/.Ti'Ova^ rrv ilva.l. Es sind hiermit unfehlbar die-
selben Staaten gemeint, die, von Phiiippos berufen, das
Gericht über die PhokieK gehalten haben. Demosthenes
räth, dem Verlangen zu willfahren, damit Athen nicht
in einen Amphiktjonenkrieg verwickelt werde; des Philippos
Absicht bei dem letzten Kriege sei gewesen (^. 22) 7«$
nuQOÖovii kaßtiv y.ul rijv dd^av tov noKenov toü
öoxetv dl' avxdv y.ijlotv (:iki](fi:iai, y.cd xd Tludia
^Eivai 8l iavxoi' ; es wäre unrecht Tlfjui; Travrai; ttsoi
■riji iiv /ihktfOu nyiuc, vvvl ■nokEuljOat. Also noch
war Philippos um die Zeit dieser Rede vom Frieden nicht
anstatt der Phokier Ulitglied der Amphiktvoiiie gewor-
den ; er konnte daher auch nicht vor derselben den Py-
thien präsidirt haben, und dass er die Spiele dieses Jah-
res Ol. K)S. 3. veranstaltete, lehrt Philipp. III, §. 32-
Es ist unzweifelhaft, (unter Anderm aus der Chronologie
des Processes gegen Ktesiphou) dass die Pylhieu im
Herbst, etwa im Boedromiou gefeiert werden; die Rede
7! toi £ic)ljil]i gehiirt also in die drei ersten 31onate von
Ol. 108. 3, und dass nach Demosthenes Rath entschie-
den wurde, folgt aus seiner Rede ■:ri(ji nuQU.^. g. Il2 ff.
und aus der intg Kxi^a. §. 43- ijytTE ti;v £/'rj)jvijv
d/iajg. — Es ist unmüglirh , dass Phiüppos im fünften
nionat desselben Jahres sich in fllarsch gesetzt habe, die
Phükischen Städte zu zerstören und in Folge dessen die
Athener das Decret des Ivallisthenes erneuten, — mit
einigen rorllassungen erneuten, als ob es solche IMühe
gekostet hätte, ein den Umständen entsprechendes neues
D<cret zu entwerfen. Es ist unmöglich , dass jener ersten
av.ivayViyUi. eine zweite folgte, da nirgends auch nur
eine Anspielung auf dieselbe lorhanden ist, vielmehr zeigt
919
920
Aischincs (xrtrct Ktijct. g. 80.) den chronologischen Ver-
lauf der Begebenheiten richtig so an: wi; yäp xüx^axa
ei'ocu Ili'kioJ- CP/A/T.TOs raoijkSe y.al rag ts ev 0o-
y.evcri TCoKeti rraoaSö^uji dvucrTäzovc, litobjae, 0i]-
ßaujvi; Sl, Mi TOT iuir idoy.i' iteoaiziQu) tov
y.aiQov xat tov viiereoav arncfeQovroq ioxiQOvg
y.aieayevaoev, üfistg dt ey. tujv äyouiv cfoßijdivisi
eay.f layojyi'adTS x. t. K.
Das Derret liafirt srri ^tfn^O/fflXov doj(ovTOi; ....
ßft/./inr/.Ti Qiojio- dey.'/.TT] ÜTnovioc. Man erinnere sich,
dass der Antrag des Demnstlienes , Gesandte zum Frie-
dcnsabschlnss zu schicken , von demselben Archon Mne-
siphiins und dem letzten Hrktatombaion datirte. Die
Erz.'ibliing des Redners ergibt, dass die a/.irctyu)yla
knrze Zeit nach dein \Vahlbcsrbl(iss gemaclit ist. Aber
das ist nur ein sonderbarer Zufall, sagen sie; es ist ge-
rade Dlncsipliilos zucimal Prytanienschreiber genesen,
und es sind irrigem eise an beiden Stellen Decrete , die
sich auf ähnliche Verhältnisse beziehen, eingelegt wor-
den u. s. w. Es ist schlimm, wenn bei einer dreisten
Ilvpntiicse so riel auf Zufall nnd Irrthum gerechnet wer-
den muss. Fanden wir einmal die zweite oy.cvayuyyia
im Maimaktorion 37H. und das angebliche Dccrct des
Demustlienes dem Inhalt nach unmöglich, so ist es von
dem Fälscher der Urkunden leidlich geschickt gemacht,
dass er für beide hier zu belegende Facta den gleichen
Archonten 3Iuesiphilos annahm und ilie nach Angabe des
Reilucrs einstweilen «erlaufene Zeit durch den Heka-
tombaion und ^laimakierion unterschied.
\ur so wird Mi'.iucv/.ti^okovoi; f) £ y.ii.T tj äi:iüVTO(;
begreiflich, denn diess Derret des Kallisthenes sollte ja
in Ol. 108. 3. gehören, und in diesem Jahre ist nach
Idelers 15er<chniing des IMotonischen Cyclus der Mai.<
inakterion ein hohler Monat, so dass in demselben der
eiy-ug nicht die ds/.dri; , sondern ilie £vra.Tl] äntuvrog
folgte. Ideler's Berechnung hat sich bisher überall be-
währt; bei Dem. ■:t!o\ TICOUtt. §. 59 , »o die iarfoa
di/.o.Tr des Skirrophorion Ol.l OS. 2. genannt wird, ist
«lieser .^Ionat nicht ein solcher, wie Schoemann de comit.
p. 3<'i. nach ilen älteren Berechnungen angab, sondern
ein voller. So wird der Metonischc Cyclus nicht durch
unsere Urkunde , sondern umgekehrt diese durch jenen
verdächtig.
In den Einleitungsworten heisst es: ot'yy.Xi^TOV iy.-
yj.i-rjiu; i:To (rzijaTijyinv y6voiiinj^ [>■■'"] TtovräfCuiV
y.Ui ij<)i'f-r,i yvajit)^, mit mchrfaihem Schwanken der
Handschriften, von denen die besten yevniitvi i ganz
anslas'ien, andere es vor i:i(i stellen; auch hat man das
eingeklammerte y.c.i weglassen «lollen; wenn das Docu-
mcnt echt sein sollte, hätte man wohl besser geschrieben
i)7io orrjnrijyojv /.ha :iorTt/.i£ujv, (jOv/Sjg yvujuTj, wozu
ich auf die oben gemachten Bemerkungen verweise.
Ucber fiif.tj hr[ti vi^i Er£ijviy.uv 0uhrf)€i'Q bedauere
ich , nicht geiii'igcnde ISachweisung geben zu können.
Wir kennen mehrere bedeutende Athener dieses \amens
in Deinosthenes Zeit. Ich nenne zuerst den glücklichen
FeMlierrn, der wegen des mit Perdikkas (also um Ol.
104.) geschlossenen Friedens zum Tode verurtheilt wurde
Aischin. TTfpi TtaQUTT. g. 30 ff., während sein Miifeld-
herr Ergophilos mit einer schweren Geldstrafe davon-
kam (Dem. 'lEoi TxaoaTT. g. ISO. und über beide Pro-
cesse Aristot. lUiet. II. 3). Einen andern Kallisthenes
finden wir zwei Jahre vor dem Process gegen Leptineg
(rrpOTTfof fr/ Leptin. §. 34.) in dem Amte eines aivoh'ijq,
wie es scheint , in welchem er dem Staate einen Ueber-
schuss von 15 Talenten gewann. Wenn aus des Lykurgos
Rede TZfpi SioDujOcUii (bei Harpocr. v. orecpcivujv) an-
geführt wird : dk/.a fir;v yal Ku)Jjo9ei'ljq EXaTOV
f-iviüg iOTtffcivuJaaTe, so dürfte sich zu einem so kost-
baren Kranz nicht leicht ein anderer Anlass und ein
anderer Kallisthenes finden lassen, als dieser, und jene
sehr einträgliche Verwaltung, die in jenem Nothjahre
des Agathokles (crtTodeiai Tiuoa Tldoiv dvdrjuiKoig
yEvonivri Leptin. I. c.) nur um so rühmlicher war.
Die Fragmente aus des Dinarchos Rede (und er begann Ol.
111. 1. Reden zu schreiben) /.C.ra KdXklodtvovq cUay-
yekiu scheinen sich auf die Negotiationen des Kallisthe-
nes beim Getraideverkauf zu beziehen, obschon der Inhalt
derEisangelie wohl ein anderer gewesen sein möchte, Wena
Antiphaues in der ' .Ikisvofievy , die etwa Ol. HO. auf-
geführt wurde, roi) xaXoü Kakkiad^tnoi'i; erwähnt, so
scheint es mir nicht wahrscheinlich, dass diess der be-
sprochene Staatsmann ist, der damals doch gewiss ein
Fünfziger war; viel eher möchte der in des Theophrastos
Testament mehrfach erwähnte (wo an den Olvnthier na-
türlich niclit zu denken ist) dieser schöne Kallisthenes
sein. Uuter den Rednern, deren Auslieferung Alexandres
Ol. lU. 2. forderte (Plut. Dem. 23.), war Kallisthenes,
gewiss derselbe, der die oy.Evc.yojyia beantragt hatte,
gewiss jener oben besprochene Staatsmann ; neben Kalli-
sthenes nennt Plutarchos ilen Demon , nnd der Komiker
Timokles sagt in dem interessanten Bruchstücke über die
vom Harpalos Bestochenen (bei Athen. VII. p. 341.) eihjcpe
Ttti zliifiujv TS y.al Kakkioitevt';' nevi]ri]i r,(Tav vjara
övyyvojiü;!' i;^w (dieser Demon ist der Sohn des Demomeles,
der seines Verwandten Deniosthenes Rückkehr Ol. 114. 2.
beantragte. S. Corp. Inscr. INr. 'J13. 451). Plut. Dem. 27).
Doch ich entferne mich zu «eit von der Sache; es fragt sich
über die Richtigkeit iler Bez.eichnung Exioviy.ov 0CC-
krnir^. Ich bekenne, dass ich sie nach den mehrfachen
Beispielen pbantasirter Bezeichnungen in unseren Urkun-
den für ebenso falsch halte, als die dem Aristophon,
dem Eubulos u. s. w. beigefügten. Wir kennen einen
Sphattier Kallisthenes, der dem Demosthenes bezeugte,
dass er Ol. 105. 2. gegen Meidias iioi'kfjg geklagt habe
{y.C.ru lUtlhiov g. S,;.), wir kennen ferner einen Kak-
Ll0iHvi;(; JSuraujvog, «leu die Aixoneer kränzten (rvv
Ö0(ijVT(/.) wegen einer frommen Feier (Corp. Inscr.
Nr. 214.); da diess Ol. 115. 1. geschah, als die Make-
donische Herrschaft in Athen entschieden war , so 'ist es
nicht eben glaublich, dass der Staatsmann Kallisthenes
mit diesem diesell>e Person ist, aber unmöglich ist es
ändi nicht. Kurz, wir müssen eingestehen, für diesen
Fall unsere Zweifel nicht begründen zu kOnaen.
(Fortsetzung folgt-)
Zeitschrift
für die
AI tertli LI ms wisse 11 Schaft.
Mittwochs 25. Seplemhcr
1839.
Nr. 115,
Die Urkunden in Deinostliencs Rede vom Kranz.
(Fortsetz II njj.)
Desto entscheiilciider ist eine in dem Deiret ansge-
«prochciie gprirlitliche Bestimniiing, die mit der sehr
erkennbaren Aatnr des Attischen Staatsrctlites sirli auf
keine AVeise vereinbaren lässt. Es lieisst, jeder Athener
soll nirifends anders, als in der Stadt oiler dem Peiraieus
über Macht bleiben, ausser «er auf Posten ist; der soll
sich weder Tag noch Narht von demselben entfernen ,
öq 6' ctr d7TS/3ija?j ruj'öe tu) tpi-jCfiafiari, svo^o^
eOTu} TOig T);s n^oöofflag eTTiTiuloii, iav fiuj zi dSi-
vazov 67Ti8£ty.vi'7] niQl eavTov uv. irtpl 6s tov ddr-
vd-TOv eirtxQiviTU) ö in\ tcov öitT^ujv OTQari]yuq zal
«5 ETTi Tiji öior/.)j(r£oj(; -Aal ü yoaj.ifiaT£ii -vijq ßov-
"kric,. Das Wort Sil r/.oiveiv ist mir im Attischen Gerichts-
gebrauch nicht eben bekannt. Plato de \egg. VI. p. 7(iS.
braucht es von der Entscheidung iles Rathes in dem Fall,
ivenn sich zwei Interessenten über eine gemeinsam zu
entscheidende Alternative nicht vereinigen können, ebenso
Dionys. Hai. XI. Ö2. und ähnlich Plut. Lvrnrg. (). Da-
nach Hürden die Dreimanner unseres Decretcs etwa zu be-
stimmen haben, ob die Angabe der Unmöglichkeit begründet
ist oder nicht ; und da die Strafe bereits bestimmt ist, würde
mit ihrer inmolOlü der jedesmalige Process, der sich um
nichts Geringeres, als um Todesstrafe handelt, abgemacht
sein!! Also kein Ileliastengericht? also ein Kriegsgericht
von der ungeheuersten Verfassungswidrigkcit ! Oder es
mag £71 r/.oiveruj bedeuten, dass die dri'i die Anakrisis
zu macheu und die Sache vor einem Gerichtshofe ein-
zuleiten haben, so muss man sich nicht minder verwun-
dern über die verrückte Zusammenstellung; denn man
wird docli nicht Corp. Inscr. Nr. l'2'^. anführen wollen,
wo die Prytanen und der axoax}jyuq ö irr) tu uttKU
die öffentlichen Ä/;?ai'e«f welche die Mustermaasse aufzube-
wahren haben, wenn sie verfälschen, züchtigen sollen.
Stets agiren sonst die Strategen in Gerichtssachen als
Collcgium; hier wird der CTll öio/yijO£a)q (denn es soll
«loch wohl nicht gar der Verwalter der Staatskassen sein!)
neben dem {tti tojv ÖTtXojv aufgeführt; war denn nicht
einer mit etwaigen Beisitzern genug? Und was soll gar
der Prjtanienschreiber noch dazu? Wozu sollen drei
Männer die ijy£tiovia StxaaTlloiov haben? Wie mau
sich drehen und wenden mag, die Sache bleibt über alle
Begreiflichkeit hinaus verkehrt.
Will CS Einer weit treiben, so mag er auch das noch
sonderbar linden , dass die weiter als drei Meilen von
der Stadt AVohnenden TU £x Tviv dyooiv nach Eleusis,
Phvle u. s. w. bringen, selbst aber sich nach Athen und
dem Peiraieus begeben sollen, ferner dass sie ihre Güter
nach Eleusis und Phyle bringen sollen, da beide Orte
bei dem gefiirchteten Angrilfo des Philippos am meisten
gefährdet waren, ferner dass nicht Salamis lieber unter
den Zufluchtsorten genannt v inl , da die durchaus über-
legene Seemacht der Athener den Makcdoniern einen An-
griff auf die Insel leicht unmöglich machen konnte. Ohne
mich darauf und auf das am Ende wiederholte li.jc Ru}.-
1 l(jd£VT]i; 0aXl]g£VQ weiter einzulassen , glaube ich die
entschiedene Unechtheit des Decretcs geltend macheu zu
können.
AVir kommen nun auf den Brief des Philippos an die
Athener. Es ist sehr auffallend , dass Demosllicnes (vom
Aischines ist es natürlich) diesen Brief in der Kedc
mol TtagaiTQfoßfiai; nicht eingeschaltet hat, wo er
g. 63. neben dem doyfia '.IfiCfiy.TVUifjv gewiss einen
Platz verdient hätte, wenn er in so harten Ausdrücken
vcrfasst gewesen wäre, wie wir ihn jetzt lesen, und
nicht vielmehr Dinge enthielt, die sich Demostheues
scheuen mochte, in Erinnerung zu bringen. Philjppos
hatte zwischen dem 1}. und 27. Skirrophorion den Athe-
nern Briefe geschickt, sie aufzufordern ktiivai nrtxöy
■TTj öi<vä[(£i ßoij9i',aovTaq Toii ör/.uioii Aischin. ttSqI
naouTT. §. 137. Dem. Ttfg't TragaTT. §. .51. und die
Thcbaner* Euboier, die Feinde Athens alle besorgten,
es werde sich Athen und Makedonien zu ihrem Verder-
ben vereinigen, ja, die Thcbaner rückten mit bewaffneter
Macht aus, Aischin. §. 137- Phalaikos, der vorher das
Anerbieten der Athener zu kräftiger Unterstützung zu-
rückgewiesen hatte, capitulirtc mit Philippos und erhielt
freien Abzug (23. Skirrophorion), wogegen dem Pliilip-
pos die Phokischen Städte übergeben wurden. Die Be-
wegung, welche diese Nachricht in Athen hervorbrachte,
veranlasst einerseits das Dccret des Kallisthenes, das
deutlich genug zeigte, mit welchem 31isstrauen die Athe-
ner des Philippos Schritte beobachteten; andererseits
musste Philippos, selbst wenn es seine anfängliche An-
sicht nicht gewesen war, eine Annäherung mit den Thc-
banern, den erbitterten Feinden der Phokier, wünschen,
wodurch natürlich sein Verhältuiss zu Athen in Frage
•gestellt wurde. Die von Philokrates beantragte (dritte)
Gesandtschaft, in der Aischines war, kam bei Philippos
an, bevor die versammelten Amphiktjoucn über das
92.1
924
Schicksal ronPliokis pnfsrliirdeii Iia«cii (Aisrliiii. g. f71-ff.),
und ilass «liese Gi-saiiiltschnrt iiiciit, »io man aus Denio-
sdiencs §. l'Jt). glanUen könnte, eine Privafsaclip , son-
dern in Anftrajj des .Staats lie^onnen uiirl zu Ende ge-
fülirt «ar, geht ans .seinen eigenen Worten TTSO/ rraotfJT.
S. l'J>l. licrior. Also nacli .tnknnft dieser (iesandtcn
erst wurde die furrlitl>are Strafe liber Pliokis verli;ing;t —
und doch be<!;innt des Philippos Hrief, wie wir ihn lesen,
mit der Aii/eii,'e, dass er in die Therinopvlen eingoriickt
»ei, und fi'i^t j;lci( h daranf liinzii , dass er mehrere Städte
der Phokier zerstört nnd verknerhtet liabe. Es ist nicht
niiiglich , dass Philippos noch erst die Anzeige von seinem
Einrncken zu machen hat, wenn bereits die Attischen
Gesandten bei ihm eingetrolTen sind nnd die Bestrafung
der Phokier schon ihren Anfang genommen hat.
Ceber den Inhalt des Briefes unterrichtet uns Demo-
sfhenes selbst durch einige Andeutungen ^. 3fi- t' ouv
öi'1'c..jr ftera rawa (nach dem Bericht des Aischines
von Philippos Absicht gegen Theben) ei'9t'i, or/. fiq
/jay.oay; tou^ fih' TafMtTHiJoov^ 0ur/.£ac (/.■noiJcrdai
y.at y.uTaay.acfi^vai ta^ TtuLeiQ avTVjv, vfia; dl^ . . . .
ay.erayojyttv tx tojv äyaajv .... xal i'Ti nooi tov-
Toii Ti)v (.tif d-näyditav tijv ■^Qdi &tißaiori y.al
QiTTcü.ovc, TTj Tiölsi yevücrdai ti]v Ss yjJoiv tv^v
V7TSO xvjv TlEnoayuEVUiV 0/}.l7rjrip (ähnlich sagt Dem.
Ttaoa TaonTC. ^. So. »'om Aischines : ovto; arcayyei-
Äß? t' dvavTia v.aX (pavegovq eTn§eii;a(; i\'t(ii oi>%i
ftor}.ouivovi, L'liiv usv ti-v eyßoo.v rijv ■rrou; Otj-
/>'«i'or-' /islCuj, 0/).l7C7rf/) öl: Tr:v lö.oiv ir et olr^v.s).
Diese .Sachen zu cnvcisen , lässt dann Demosthenes das
Derret des Kallisthenes und den Brief iles Philippos ror-
lesen, in dem also von der Strafe der Phokier nnd
irgen<lwic auch von den Thessalicrn und Thebanern die
Rede jrewesen sein mnss. Und so fügt er denn gleich
nach Lesung des Briefes hinzu §. 40. ci/.ui'cTE , wj oa-
(fiüii öijKoi y.o.i ötooiC,ETai tv "rfj ettioto}-^ -kqui; Tovq
Eai'Tov ovfuuaxovg , ori zavTa eyuj ■JtSTt o l ijy.a
dy. övr v)y 'A^ij v al v)v y.al kvir o v [levoiv ojor'
EtTiEo El' (foovEiTE, J) Oijßaloi -HCl Qetto.-
t.O i,X OVT OV C Ithv £ '/ & Q O U i V 71 o}.l'] ii) E Ci 9 E, f 14 O l
OE ir ITT £0 G ET E , ov TovTOii "Toit; Qr^itaot yoaujug,
rarra Se ßovh.aiiEvoi SEiv.vvvat. Sollten die guten
Athener dergleichen herauslesen, so musste es ziemlich
deutlich in s'cui Briefe gestanden haben. Pliilippos mns.ste
den .VChenern melden, «lass er die Strafe an den Tem-
pelriluliern nach ileni Beschluss der Amphiktvonen aus-
geführt habe, er mnssto rühmen, mit «elcher llin;;ebung
ihm nnd dem Gott die Thessalier und Tliebaner beige-
standen; er muiste bedauern, dass ilie Athener, statt
sich seiner Aufforderung gemäss mit ihm zu vereini-
gen, ilim dnrch ihr Misslrauen und ihr zweideutiges
ßenehmon unmc'iglicli gemacht hätten, ihrem Wunsche
und ihrem Interesse gemflss zu verfahren; er musste sein
IMissfallen zu erkennen geben, dass sie aus Kelbstsilrh«
ti','en Rücksichten Theben und Thessalien, die sich so
wacker benommen, mit ihm zu verfeinden gesucht h;itfen
nnd dergleichen. \'on dem Allem steht Ni<hts in dem
Briefe, wie wir ihn lesen, nn<l selbst der schärfsten 4uf-
luerksamkeit würde es nicht möglich sein, das aus dem-
selben zu entnehmen, was Demosthenes deutlich darin
ausgedrückt nennt
Noch ein Drittes hlcibt zu erwähnen. In unserem
Briefe steht: üy.oi'oir Sl- yju ('/(«^ naottOXfrcl^iodai
ß()lj3fir (tVTOii; (den Phokiern). Auch diess ist un-
miiglicli inmitten der lebendigen Gegenwärtigkeit der
^Verhältnisse geschrieben, denn hatten auch die Athener
ihre Il.ibseligkciten in die festen Plätze geflüchtet und
sich auf einen AngrilT des Pliilippos gefasst gemacht, so
war doch weder von einem lleereszngo zu Gunsten der
Phokier die Rede, noch konnte Philippos dergleichen
jNachric lit zu haben vorgeben, da sich bereits vor diesem
Briefe die Attischen Gesandten bei ihm eingefunden hat-
ten , die sicheren Bericht bringen konnten.
Schliesslich mnss ich mich in Beziehung auf die ganze
Fassung des Briefes auf das Gefühl jedes Lesers berufen.
Wer mit Unbefangenheit liest, wird in diesem Schreiben
durchaus nicht die Stellung des Makedonischen Königs,
wohl aber den Einfluss, den Demosthenes Raisonnement
in der Rede -yrEoi TTdou-jr. g. 44. und sonst aul den
Verfasser gehabt hat , wieder erkennen. Die Rede vom
Frieden, <lie vielleicht nur einen Blonat nach diesem
Briefe gehalten ist, zeigt deutlich, dass mau in Athen
grosse Besorgniss vor einem Amphiktyonisclien Kriege
hatte; darauf überhaupt liegt bei allen diesen Verhand-
lungen der entscheidende Nachdruck, dass der Amphik-
tyonenbnnd mit im Spiele ist; wenn Phili[)po3 irgend
einen ernsten Ton mit hineinbringen wollte in seinen
Brief, so musste es eben ilarauf hinklingen.
Doch räume ich ein, das.s diesem Raisonnement
vollständig überzeugende Kraft abgeht, die uns das unum-
wundene Urtheil der Uliechtheit auszusprechen berech-
tigen würde; vielleicht dass scharfsinnigere Betrachtung
ein hcfriedigeiideres Resultat gewinnt.
■^'III. Die Ehrendecrele für Nuusikles , Charidemos
Di II lim OS.
Demosthenes vertheidigt die von Aischines angegrif-
fene Reclitniussigkeit der Kräiiüung vor abgelegter Rechen-
schaft { §. 114.) unter Anderm ilamit, dass dergleichen
schon sonst geschehen sei. llouitov fiEV yao , sagt er,
New n ly.kr, q argarijyoh', irf olq ditt) tvjv idlojv
■jtootfro, ■K 01.1.0, y. IC, EHTE(f'dvujTai v(f' vfiu)v ii9'
OTE Tnc da-Tciöaq .d i 6 T I u o c jSwxs vMi no.\iy
Xaoif)llUOq, EOTECfltVOVVTO- Eid-'^ oviool Neoti-tO'
"kEfjoc, no'LKujv Eoyu)v ETtiozäTijq u>v sq)' ok etieöujv.e
TETiiiijrat "On Tolvvv raür' dh]9i} Äeyw,
liyE TU iln^cflnfiuTu fioi tu tovxoic, yEjEviiniiva aihu
kaßdiv. Es müssen also folgen ein oder besser oinigo
Ehrendecrcte für IS'aiisikles, eins für Diolimos, ein an-
deres {xcii ndhir) für Charidemos, eins für Neoptolemos.
Statt dessen finden wir nur eins für Naiisikles und ein
zweites für Diolimos a««/ Charidemos; für Neoptolemos *)
*) Neoptolemos wird wohl der reiche Mann sein, den De-
mosUi zc<r« MnS. §. 215. nennt, derselbe auch, der
sich nach IM. it. .\ Oralt. p. .'55(3 ll'. anlieisclii;; macht, den
Alhir Apullons aul der Aüiiia nach dein Orakel zu vcr-
golibn, lind dafür nach I-ikiirgos Antrag diiich einen
Kränz nebst Stalue peeln t wurde; ist das richtig, so war
er der Sohn des Antiklcs.
935
926
keins, die Erklarer meinen, weil er anivesentl ist (oi'roir/);
als oll man sicli in Athen damit fjenirt liaf<e ! Doih msj;
auch das sein, «enn nur das V'orhandeiic gut und olmc
Anlass zum Ziieifel ist.
Beide, das i/f/yy/rr^/a und das hreoav ipljcfliTfia ,
sind von demselben Phrcarrliier Kaliias hcantra^t; der
Name ist so ffeinein , dass man sich darüber beruliij,'en
küiintc , einen Phrearrhier Kaliias nirht zu kennen. IMeik-
wi'irdifjer ist, dass nur das erste üecret eine Dafirnnj
lia< ; man liat anffeiiommen , dass dieselbe auch für das
z«ei(e gelten solle, und die Ansieht empfiehlt sich da-
durch, dass sonst jeder Beschluss unserer Rede mit einer
Hergleichen versehen, und bei den doppelten Decreten
mit den Namen Mnesipliilns , Mausikles, Hcropythos die
Monate und Tajje unterschieden sind.
Die Pati.'ung des ersten Decretes lautet : ./pjwr
zt)jfxoviy.og 0f.i<ei'i;, J]o)jdooiiiohoc «tj? inei iiy.aöa
yviufirj ßoi'kr,^; y.ai ör,fiov. Der Pseudeponymos beginnt
die Reihe der Sonderbarkeiten; nie »ird in officiellen
Actenstücken der Käme des Archon im Nominativ ncK h
mit Beifügung des Demosnamens bezeichnet, aber ge-
lehrter Gebrauch scheint es wenigstens seit Philochoros
geworden zu sein. 5,Um so wahrscheinlicher also ist
unsere Hypothese, dass ein Gelehrter, der nach den ein-
zuschaltenden Actenstücken suchte, diese aber nur mit
deni Namen des Prytanienschreibers , da die Fachtitel
des Archivs verloren waren, vorfand, des officiellen Ge-
brauches unkundig, nach gelehrtem Gebrauch den vor-
handenen Namen des Schreibers (und bei dem steht ja
der des Demos s. Corp. Inscr. 81. 90.) als den des
Archon ergänzt." Wieder einmal der thoricht Gelehrte !
Fand er in dem Archiv das Actenstück unter der ver-
lorenen Rubrik des Archon, so mussle doch iu deuiselbea
stehen, Zlijfiuvixo:; (pkvsi'i iyoafii^idrsve , und »ic
konnte er da meinen, dass diess der Archon hat; am
Ende müssten wir annehmen, es habe unter der allge-
mcinoii l<"acliti(ulatur des Archon noch die besondere iler
zehn Prytaniensclireiber gegeben, und diese sei für die
sammtlirhen Decretc unserer Rede stets an seiner Stelle
gewesen! „>ein, der Gelehrte hat die Decrete aus einer
Sammlung, und die Sammlung hat sie aus dem Archive,
wo die in einer Prytaiiie gemachten Decrete von dem
Schreiber der Prytanie in einem Hefte zusammengeschrie-
ben und etwa auf den äusseren Titel des ganzen Heftes
von ihm sein eni Tur Sehoi sc. yuufiiiaT£(jjq xov y.axa
71 ijl'T(Xy£iav geschrieben wurde." Wir wollen nicht
fragen, wo denn die Origiiialien der Urkunden blieben,
wenn in das flietroon Abschriften kamen; wir wollen
auch nicht mit dem Sammler, noch mit dem Gelehrten
rechten; aber woher denn mit einemmal iler Name des
Demos bei unserem Demoiiikos? Entweder die Prvtanien-
schreiber hatten ihn stets auf dem Deckel der Hefte bei-
zufügen, und dann musste «liese vollständige Bezeichnung
auch in allen unseren Decreten wiederkehren, oder der
Demoiiikos hat einmal etwas Ungewöhnliches gethan ,
wa« ein Anderer glaublich finden mag. Und warum hat
sieh der sorgfältige Gelehrte auch hier nirht die Mühe
genommen, zu dem ini ziijfioi'iy.ov (JÜvUoi sein
ägXovTo; hinzuzufügen? Hiess der Titel des Heftes viel-
leicht ^)]Liuviy.oi (Vkisiii wieder eiumal ganz abwei-
chend? — oder ist es nicht sehr denkbar, dass der A''er-
fasser dieser falschen Urkunden, der imlir seines Philo-
choros Atthis, als dessen Iiischrirtensaiiimlung im G'ed.'icht-
nisse haben mochte , nach der Analogie der gelehrten
Art eine Datiriing erdichtete?
Freilich ist es vorschnell, dass ich schon jetzt spreche,
als wäre die Unechtheit unseres Decretes erwiesen. Aber
gleich das iiilchste yvu>m] /jOI'A);c /.ai diU(ov dient nicht
eben dazu, mich das (iesagte bereuen zu lassen. Also
Kaliias hat sich wohl bei dem Rath und A'olk i\ie Er-
lanbniss ausgebeteii, einen Antrag zu machen, ilass Rath
und Volk beschliesse u. s, w.? Warum ist denn iu kei-
nem Decrete sonst diese seltsame Probole des Volkes cr-
iv.'ihnt? oder heisst das etwa soviel wie idotc ttj ßov-
/ ;y y.ai Ti<> di^/ii/j, warum denn rw '.I3iivaiv>v , oder
«as wollen denn die andern Psephisineu mit ihrem ^o-
/ifiagj^ov yvoj/^tj, aruazi^yetv yvvjfjTj u. s. w.
Die Verbindung KakKiui; ttiiBv, öri Soy.si t^
ßov'krj y.ui 1(11 dtjiiir) ist in Psephismen durchaus uuer-
hiirf. Schoeuiann de comit. p, i;i-l. erklärt diese Formel
II it folgenden AV'orten : ibi pro iiifiiiitivo precativo iiidi-
<jtivns: ort duieei', propterea credo, quia hoc psephisuia
n.Tii est ipsa rogatio , sed actorum relatio, cjuain, cum
rngatio de Nausidis honoribus ex aurturitate senafiis ad
pdpulum relata statini a popiilo accepta esset, Callias, qui
st'iiatus aiictoritatem popiilo proposuerat, eonscribeiidau»
a scriba curaverat, ut in tabnias publicas referretur. Doch
bleibt bei dieser Erklärung nicht bloss das yvotiil] fjOV-
} i;i y.oX dlj/iov unerleiligt, sondern gerade für solche
bieten die Inschriften ja eben die Formel tÖutH' TTJ
fjüi'tS] y.ui T(f) dljfi'j) dar, und es würde mit dem özl
doy.£i eine ProtocoUirung bezeichnet sein, wie sie iiebea
dem officiellen eirre doch wieder unmöglich erscheinen
muss. — Auch «las dürfte kaum zu ertragen sein, dass
Nausikles nur mit seinem Amte 6 i'Trl zojl> ÖTikojv ^
nicht zugleich mit Vaters- oder Deniosnamen bezeichnet
wird. — Endlich heisst es ov SvvafiLvov 0iKu>vo(; roö
(Til dT^ dto/y.i-ocuji xe-/^'QOTovtj/i£iov diu Tovg j'fi-
fuijvai; TikevcTut y.ai i^iiaduöozijoai toui; üukirac;.
Der Zusatz y.CXdOOZoriTfiivoi; erscheint schwierig und
ohne hinreichende Analogie; weder die Erklärung .Schä-
fers ,,post(juain elertus erat (App. II. p. 17»'.), noch die
von Hieroiivmus AVolf „quaestor dcsignatus" befriedigt.
Und soll hier i.ii iljs; ötoiy.tjoiujQ der TULtuti; oder der
(TTOUTryus f^i '^. d. sein, iu beiden Fällen miiss es als
luidist seltsam ersiheinen, dass der Beamtete in Person
herumreist, den Triippeu Sold zu bringen. Demostheues
sagt {jTt(il Tcijv iv Ä'ioo. $. 47.) xurun-xtväauvrai;
dii dvvautv y.ui T()OCfijV tui-ttj nouioavTac y.al t«-
inui y.aX dijiioaiovi; y.ut_ o.-rwc tii xhv tvjv ^oiTfict-
TU)v (pv}.ay.i)v dyoißtOTaTjjv ysvicrdai, ovtuj Ttonj-
aui'-vag TOP iitv TU)v j;p7/yaTwv köyov ira^d tovtuiv
/uiifjdvetv, Tuv öe Toji' t^ywv rraou TMV (jronT)Tyojr.
Hieraus ergibt sich, dass die Feldherru selbst die Ver-
waltung des Geldes unter sich hatten , und das verrufene
d.ijyroukoyiiv und die ii'voiai sind eben daher erklär-
lich; mau vergleiche die Rede de» Demiistlienes gegen
Timotheos. Aber , wird man sagen, ans der Staatskasse
muss dem einzelnen Felillierrn das Geld doch durch den
bctreffeudcn Beamteten gezahlt werden; aber eben dafür
927
928
kennen wir aus tlcm Jahre des Cliairnnilas einen xa-
itteiiTu: Tojv (rTonTtü)xiy.o)v (Piii<. X. Oralt. p. 352),
der auch in der Kaiserzrit norli vorlianden gewesen zu
sein scheint (Corp. liisrr. Kr. 41li); mag der immerhin
persfinlirh ausgefahren sein, in die Ilaiipdinartiere der
Altisehen Heere das Geld persönlich zu bringen, der
Tautet^ T»;; üior/.i ntioi konnte gewiss sich nicht auf
diese Weise von Atiien entfernen; der OToaTi~yuQ int
rr; <^/oiy.r,(rtuJi dagegen scheint aus der Reihe Attischer
Beamten gestrichen werden zu miissen, wenigstens kommt
er, so viel mir liekaniit, nur in den Decreten unserer
Rede, und auch da nicht einmal mit hinreichender Deut-
liclikeit genannt vor; und die Bezeichnung seines Amtes
wäre wenigstens nicht von der Bestimmtheit, die man in
Atlien erwarten darf.
Der >'anie Philon ist in jenen Zeiten sehr häufig;
ich erinn"re nur an den Paianer, des Philodemos Solin,
den Schwager des Aisrhiiies (Aischin. rceoi iraoriTT. §. 150),
der unter den zehn Gesandten Ol. U)'^. '2 «ar (Drm.Trsgi
TTaoarr. §- 140) und an jenen Philon, der unter der
Verwaltung des Lvknrgos den Bau der oy.ll'od l^'/.n und
etwas spater ilen Eleusinischen Weihetempel vollendete
(s. Vitrnv. Yll. praef. Pint. Sulla 23. vcrgl. Müller im
Götl. (Jel. Anz. iS^fi. p. 1Ü3I). Immerhin mag der Eine
oder der Andere dem Verfertiger desDecretes vorgeschwebt
hallen; dem Verfertiger, sage ich, denn nach dem Be-
sprochenen glaube ich überzeugt sein zu dürfen, dass
■»vir nichts weniger als eine echte Urkunde vor uns ha-
ben, olischon das zum Grunde gelegte Factum eben nicht
als ein erdichtetes, aber anch freilich nicht als ein wirk-
liches nachgewiesen werden kann.
Es heisst nämlich in dem Decret: aTEr^avinOai Nav-
Gr/jia Tuv ixi T(jji> onkov, ort \-19t]vo.iu)v uTk/TtSv
dioyil.iv)v uvT(i)v ev "Iitßoip y.ai ßuiji^oiVTiov toi<;
y.cf.iüiy.ovcriv '-f^i^vaiviv ri)v vijnov, ov öi'vctiiEvov
0OMJVOS ■ • • Scd TOi'C ;^f//(wv«; TrXsvcrai v.al uia^o
Socih' Toi'i ö-rXiTac, iv. ti-; iSlag oüala^ 'ißur/.e y.ai
Ol'/. iLiTToalzE Tuv Öriinv. Wenn 2000 Hopliten zur
Bewachung der Insel niitliig waren , so niuss es grosso
Gefahr gehabt haben. Und allerdings finden wir Inibros
sehr gefährdet um Ol. Ulli. 1. im Bnndesgenosseiikriege,
Diodor. Xl'I. 21, wo die Bvzaiitier, Rhodier und Chief
mit IUI) .Schillen Imbros und Lemnos verwüsteten und
dann nach .Sainos steuerten. Hiermit verbinden wir eine
Stelle in der ersten Pliilippisclien Rede g. ,'H in der
zweiten Hälfte, die man mit Dloiiysios von Halikarnass
die sechste Pliilippische nennen kann, und die einen eige«
nen, etwa in der ersten Hälfte des Jahres i'iO gehaltenen,
Vortrag zu bilden scheint; an dieser Stelle sagt Demo-
elhenes zur Empfehlung des von ihm gemachten Vor-
schlags: Tou :ia.(Tysiv uiToi y.c./.uiq ttu) yiv);oea9s,
oi''X (oOTteo xbv nuoe/.i^övTu jfooj'oi» ei;; Ar,nvov y.cti
"Ijxßoov iußa'/.ujv aiyna}.u')TOiiQ Ti'oKiTug riifttpovi
(jJ/tT e/mv y. T. }.. Denn dass dieser Angriff des Phil-
ippos in die n.'khste Zeit nach dem Bundesgenossenkriege
gehört, ergibt si( h sehr deutlich aus der geschichtlichen
L'cbersicht bei Aischin. rrfoi rrc'.of.T. §■ 70 ff. besonders
aus den Worten g. 72: (Jh/ '7r7tug dl oojiijih^i SX
May.Ei)oiiac ot'xeff i'-rcEg 'JjtCfino'kEuyq ■nod<; rificii;
dfu)viC,Exo, älX tjötj TiE^l Anfivov xai''Iußpov x«l
Sy.i'oor, r(j)v i)iieteov)v xnjiiarajv x. t. A. Eine
dritte Ertvilliiiiing von der Gefährdung der Insel findet
sich in der Rede xaTci. Dfcai'ud^ §. 3. und veranlasst
uns zu einer etwas genaueren Untersuchung.
Im Eingang dieser Rede wirti der einst so reiche und
um den Staat vielfach verdiente ApoUodoros, des Pasion
Sohn , für ilen Demosthenes manche Rede geschrieben
hatte, den Richtern bestens empfohlen; es wird von sei-
nem ^'orschlag, den Ueberschuss der Verwaltungsgelder
nicht in die Tlieoriken, sondern in die Kriegskasse ab-
zuliefern, gesprochen, jenem Vorschlag, den er als Bu-
leut gemacht hatte: (Tvj.iijävToq xuioov rij tiuKei voiov-
Tov xai TTokEiiov Ev m ijv )j x(»aT)j(raaiv vfitv fiEyl-
aioic, Ti'iv EkKi'jvuiv Eivui y.ai dvaLi(fioljijTiJTO)g td
TE t'iiETEoa uvTüJv y-Exoniod at y.ai xaTaTiETTokE^tj-
xEvat 0iknfjiov i] vor EQr.o o.o t ttj ßoijd-Ela xai
TTQOEuEvotg Toog avnjidyovg dt ÜTToolav yo/jindTcov
xarakui^Ev^og tov arouTOTrESov TotTOvgT aTrokioai
y.ai Totg äkkotg ' Ekkrin t dTtlmovq ivat SoxeIv xai
XIvSin'ELiEtv TTEol TU)V i'TrokutTTUiV, TTEpL TE ylr,i(VOV
y.ai "lußoov xai Sy.t'^ou xai JCsööovijaov xai fisk-
köiTOjv aToarEviadat vf^iuiv navöijful Et'i re E v-
ßotav xai "Okvv9 ov , EynaipE tpi/cptniia x. t. h
Es versteht sich, dass diess die in der Midiana bespro-
chenen Expeditionen nach Euboia und Olynthos sind, in
Beziehung auf welche ich mich ganz den von Herrn
Seebeck (in der Zeitschrift für Alterthitmswissensch. 1838,
Nr. 3') ff.) entwickelten Ansichten anschliesse. Es war
das Jahr des Aristodenios Ol. 107. 1. (35'/,), in dem
die Athener nach der schnellen und des Philippos Rück-
kehr bewirkenden Expedition nach den Thermopjlen,
und zugleich durch seinen raschen Einfall nach Thrakien
geschreckt, die Fortsetzung lies Krieges unter steigen-
dem Zwiespalt im Innern betrieben.
(Fortsetzung folgt-)
Personal-Chronik und Miscellen.
Planen. Der Conreclor Linde mann, Ordin.Trius der
dritten Clissc , wurde zu F.iiJc des Monats Aui:iist in gleicher
Eigenschaft an das Gymnnsinm zu Zwickau versetzt. Financicllc
Ciri'indc besliniiriten den Sladlralli, mit GenchniigiHig der liüch-
sten licluirde auch diese Stelle (gleichwie im vorigen Jahre die
des abgegangenen Hcligionslebrers) vor der Hand nicht wieder
zu besetzen. Dadurcli wurde eine Veränderung des Lcctions-
plans nütbig, wie die Umwandlung der bisherigen 6 Classen des
Gymnasiums in 5. Das Lcincrpersonal besiebt gegenwärtig aus
folgenden Mitgliedern: l)Dolling, Itcclor; 2) 1> f r c tz s ch nc r,
Prorector; 3)Scbödcl, Coli. 111.; 4) Dr. Mc u I zn er. Coli. IV.;
5) Dr. Thiemc, Coli. V. und Lehrer der Mathematik; ü) Vo-
gel, ColLVL; 7) l''reytag, Lehrer der franzusisclicn Sprache ;
8) Caiitor Fincke, GcsangU lircr; 9)Hcubncr, Zcicbenlchrcr.
Zahl der Schüler: 82.
Genf. Am 28. Jidi starb d.ibier der bollandischc Gelehrte
van lleusde, Prof. der allen Literatur und Philosophie an der
UuivejsiUt Utrecht.
Zeitschrift
für die
Altert Im ms wisse 11 Schaft.
Freitage 11. September
18 3 9.
Nr. 116.
Die Urkunden in Demosthenes Rede vom Kranz.
(Fortsetz u ng.)
Der Nachricht von des Philippos Krankheit im Mai-
makterion (Herbst 352. s. Olynth. III. g. 4.) folgte die
erste Philippische Rede; ftleidias verwickelte den Staat
in die Euboiischen V>rhc'il(iiisse; schon hatte sich Olynth
von dem Bunde mit Philippus gelcist, noch in demselben
Herbst ging ein Theil der Attischen Truppen nach Olynth
hinüber, das schon von des Pbilippos .Streifereien heim-
gesucht nnr<le (Philipp, t. g. 17.). Auch die Thessalicr
waren schwierig und zum Abfall von 3iakedonieu ge-
neigt, da kam die Nachricht, dass Kallias von Chalkis Ma-
kedonische Truppen herbeirufe, dass das Attische Heer bei
Tamynai eingeschlossen sei; auch aus Thrakien mochten
die Nachrichten ungünstig lauten; die Athener im Cher-
soneg flüchteten, denn man erwartete sofort des Phi-
lippos Angriff. Diess war die Zeit, wo man Alles
daran setzen zu mi'issen schien , diess die Zeit, in der
Apollodoros, gewiss von Demosthenes eifrigst unterstützt,
seinen Antrag machte. Aber er drang nicht durch, die
Partei der Reichen war höchst geschäftig gegen üenio-
sthenes und seine Freunde ; gegen ihn versuchten sie die
Klage l^ainora^iov , und statt mit der Ritterschaft
(TT a f Tai ii^iivai zoig i-Kokoinoiq iitTreaq Dem. v.u.za
3hl8. §. 11)2-) zum Entsatz nach Tamynai auszuziehen,
frevelt xlleidias an Demosthenes den Choragen, in der-
selben Zeit, wo sein Freund Plutarchos von Eretria durch
seinen Verrath das Attische Heer bei Tamynai dem Ver-
derben nahe brachte {xcna 3le/d. §. l K).). Vergebens
sachte Meidias den grässlichen Mord des Nikodemus auf
Demosthenes zu walzen {-/.aia Mstb.^. 121.); vielmehr
wurde Hcgpsiieüs als mit Plutarchos im Einverständnisse
verdammt (Ulpian. ad Dem. de f. I. p. 15I ed. Dobs.),
ohne dass Eubulos seinem Verwandten beizustehen wagte
(Dem, -ji^Qi Tiufju-n. §. 2!)U.); und Demosthenes, zum
Buleuten des nächsten Jahres Ol. 10". 2. erloost, wurde
auf mannichfache Weise ausgezeichnet. Indess ging nach
der Rückkehr der Euboischen Expedition (t'y. JiVi'pwi'
Dem. y.a.Tu ßlfld. §. 167.) als der unfähige Molossos
auf der Insel coniniandirte , bald das Gewonnene wieder
verloren, und der Feldherr selbst wurde gefangen (Plut.
Phoc. 14.). Auch für den Chersones war Nichts gethan,
die im Herbst 352 beschlossene grosse Sendung unter
Charidemos ging endlich im Boedromion 351 ab, aber
so armselig ausgestattet, dass an Erfolge nicht zu denken
war. Dem nächsten Frühling gehört der zweite Theil der
ersten Philippischen Rede an; Philippos hat bereits einen
Drohbrief an die Euboier geschrieben , der die Athener
mit gerechtem Unwillen erfüllt (Phil. I. §. 37.), der
Redner spricht nicht mehr von jener doppelten Streit-
macht, wie im ersten Theil der Rede; er verlangt nur,
dass ein Heer zu aller Zeit in der Nähe des Hellcspou-
tes gehalten werde, um nicht durch die Etesien oder
die Winterstürme an der Beschützung des Chersones ge-
hindert zu sein. Diese Wortstellung roi's iziiola^ i] Tuv
'/[riiiuiva (§. .31.) mehr noch die .Strafrede, dass sie für
die Panatkenäen und Dionysien stets hinreichend Geld
hätten, spricht dafür, dass die Rede im Frühling 350,
wenige Monate vor den gro.ssen Panathenäen Ol. 1Ü7. 3.
gehalten ist.
Wir bezeichneten oben den AVinter Ol. 107. 1. als
die Zeit, wo Apollodoros seinen Antrag in Betreff der
Kriegsgelder machte. Apollodoros hatte die desshalb viin
Stephanos gegen ihn gerichtete Klage rraoainniojv bereits
verloren, als er den Process gegen Phormion verlor, in
dem sich Demosthenes dazu hergab, ge^en ihn die noch
erhaltene Rede i'Tzeo 0opinojuOi zu schreiben , in die-
ser §. 3'). heisst es von dem vielen Gelde , das Apollo-
doros einst besessen: dkku Tav9' )] Tldk/i f.'t'f.lHfie xul
öciva ■jitTTuv^cg izokXa y.araksKeiTOVQyiy/.oji;. In
derselben Rede §. 54. wird dem Apollodoros vorgeworfen,
gegen wie viele er schon Processe geführt habe, unter
andern: 0/ij/' Tlnofid~(ov y.arijyucDjoa^; 01'/ i KakkiTT-
nov TUV vtn' üvToq ar ^(y.Hkia; womit lier Process ge-
meint ist, aus dem ilie Demosthenische Rede TToug A.uk-
klTlTTOV noch erhalten ist. Diesen Kallippos nennen die
Erklärer als denselben Päanier, der in iler Rede rr£^i
' 1} ovvrji- §. 73. als Staatsmann genannt wird; sehr mit
Unrecht, es war dieser als Deniot des Arrhibiades (;iooi;
Kakk. g. •>!).) vielmehr ein Lamprier ig. 3.). Die Rede
für Phormion ist »ehalten Tl ap!r))jkt'3uTa)v eruiu TTktov
1) eiy.oat nach dem Tode lies Porhion (g. 2(1.) der unter
dem Archon Dyskinetos Ol. 102. 3. gestorben war (xara
^rtifävov ß' g- 13.), so dass da der Ausdruck über
zwanzig Jahre übertreibend gebraucht ist, nicht später
als 350 das Jahr der Rede für Phormion sein ilürfte. Jener
Lamprier Kallippos also befand sich damals in .Sicilien;
es ist derselbe, der Anfangs Freund des Dion ihn später
(Ol. lOli. 4. gegen Ausgang des Jahres s. Clinton, p. I4U,
also Frühling 35,.% ermordete und sich selbst die Herr-
schaft zu gewinnen suchte. Aristot. Rhet. I. I3. Athen.
931
932
Xr. j). 508. Pluf. (1p Sera niiin. vind. 7 etc.) und in der
Tlia* sf.ind er dreizehn 31onafe in Besitz der Macht
(Diod. Wl. 31.) y.ai y.aretxs tijv TTiJKiv y.ca TiQoq
rvr 'J9rvaiv)v eyoail'f Tra/zv Plnt. Dion. rys. Aber
bei einem Angriff auf Katana enipürfe sich S>rakHs(also
etna im Fri'ihlin<r 3öl); dann wandte er sich gen Wes-
sana und seine .Söldner desertirlen schaareim eise; so von
Allen »erlassen , von allen Sicilischen .Städten zuri'ickge-
iviesen , ging er nach Italien hinüber, und es gelang
ihm, mit Leptines vereint, Rhegion dem Dionysios zu
cntreissen, «orauf er dort ilie Freiheit proclamirte (nach
Diod. XA'I. 4.'). im Jahre des Thessalos, also wohl in
der ers(cn Hälfte des Jahres 3 0); bald darauf aber
wurde er von Leptines ermordet (Plut. Dio 5S.). Da die
Rede für Phormion gehalten ist wahrend der Zeit als
Kallippos in Sicilien war, so niuss sie spätestens in das
Jahr 3') I , sie kann aber auch noch in 3 i2 gehören.
Der Brief, den damals Kallippos an Athen geschrieben,
sriieiiit nichts anders, als einen Antrag zu Irenndschaft-
lirher ^'erbindung enthalten zu haben; und so finden
wir eine belehrende Motiz , die sich nur hierauf beziehen
kann, in Aristoteles Rhetorik II. 7. S/u y.ai rovi TTotä-
rov derdifTu; xt ulayvvovTcu w^ oiöiv ttoj ijdo!;7j-
y.uTSz iv avTOU' ruiovroi d' o'i -re uqzi ßovXö/iSvot
(fl/.oc ci'vat, ra yao ßsKTiara red^savtaf Sio sv
iX^t >} TOf' El oiTilöov ÜTröy.oiOii :Tpo; Tovg Svoa-
y.uolouq. Hierzu bemerkt der Scholiast: Ei'OlJviSrji
:tuui Tovg Svoay.oaiovc, itgeotJii c(.7Toorc'.\eic y.ai
rzeoi eloi'jvr]^ y.oX (fikiuQ dsouEvoz, v]~ ey.civot dvs-
vivov, ti:i£v eÖ£t, dvdgsg ^vQa/.öatoi, ei y.ai Sri
oi'div uü.o dWä ye Sid tov äort vfiöjv Sho-d-ai
aioyi'VEodai i'iuciq ux; davuäCovrai;. Rnhnken in der
List. crit. p. 71 hatte für Euripides den Ilypereides sub-
stitniren wollen , aber der ]\aine ist vollkommen richtig,
es ist Euripides, wenn auch nicht der Myrrhinusier des
Aileimantos .Sohn, der nach Corp. Inscr. Nr. L'13. einen
Dionysischen .Sieg gewann (um Ol. (Mi.) und auf ilen
Aristoph. Ecrles. M'2.'). geht, so doch dersellie , der mit
Polykles (etwa Ol. 11)1.) Trierarch war fDeMiosfli. aooi;
Ilol.t y.l.ia §. OS.) derselbe, von dem Fphippos in den
Epheben sagt: oi' y.v^ifjioid/v TVETlol.eiüT't Evgirrlönq
(Athen. XI. p. 4^2.); und den er in den Obeiiaphorcn,
Ana\andrides in den »reiden wieder mit den ■.■i'i:ß'iOlii
zusanini"n nennt (Athen. 1. c.). Von jener Gesandtschaft
des Euripiiles aber ist auch die Erw.'ilinung in Denio-
sthenes Hede (rrcjij: j\r/.')ir rn. ^. (i.) 7.n verstehen, wo
Apollodoros, für den die Rede geschrieben ist, sagt:
ovjtßcuvic Stj j.101 rnnjgugyja nt'A Ih\o-zuvvj]oov ,
i/.ci9fi> d' «/; Siy.c'f.tav iSei rotu; TzneafjSi^ äye/v,
ol i () dfjilOi ;:yi:irwTOVlj<TiV. Dicss war nach den obi-
gen Angaben in Ol. I(J7. I- in- demselben Jahre, in wel-
chem Apollodoros auch Bulenf war, und wir fanden,
diss er im Winter ilieses Jahres seinen Antrag in Betreff
der (TTgariViXiy.'' machte, in Folge dessen er mit einem
'i'.ileiit Strafe belegt wurde, die er auch zahlte (y.d.ra
iA'a o«,- (5. S-) ; wehi;;s(ens «ahrsrheiiilirher dürfte für
jene Trierarchie «leninarh der Herbst WWi sein. — Ich
übergehe es, die sehr nierkii ürdige Charakteristik des
Partcikanipfes in jenem uildbewegten Jahre Ol. 1M7. 1,
zu der auch der Proccss gegen INikostratos einen Beitrag
liefert, weiter zu verfolgen; man muss dieser Art Dingo
sich genauer anseilen , um von der unglanblirhen .Schänd-
lichkeit und Verworrenheit des Partheilebens in Athen
eine hinreichende Vorstellung zu gewinnen, und über die
schönen Phantasieen hinwegzukommen, die man noch
immer so gern hegt.
Doch muss ich fürchten, die Aufmerksamkeit meiner
Leser von dem Ehrendecret für Nausikles und seinem
Aufenthalt in Imbros schon zu lange abgezogen zu La-
ben. AVir fanden einen Angriff auf die Insel um 357
Seitens der Byzantier, Rhodier u. s. w., und einen zwei-
ten Seitens des Philippos vor 350 und vielleiclit genau
im Jahre 351. Aach der Art der Athener, dahin Trup-
pen zu senden, wo sie eben einen Schlag erhalten ha-
ben, mag man sirli die Expedition des Nansikles nach
jener ersten oder dieser zweiten Heimsuchung der Insel
ausgesendet denken; aber sehr wenig glaublich erscheint
es, dass Athen anf der Insel ein so bedeutendes Heer
gehalten haben soll. Standen zu irgend einer Zeit 2000
Ulann Ifopliteu zur Deckung der Kolonisten auf Imbros,
so war ja auch Lemnos und Skyros gefährdet, auch der
Chersones gefährdet und die Athener niusstcn dort ge-
wiss nicht minder bedeutende Heero zur Deckung de»
Kolonisten halten; wer aber will glauben, dass die Athe-
ner dieser Zeit Heere von 8000, von 10,000 Mann zum
Schutz ihrer Besitzungen in Sold gehalten haben! Denn
es ist etil as Anderes, wenn sich der entscheidende Krieg
um Olynth zusammendrängt; dorthin werden nach einan-
der L'OUl), 4000, 20 0 Mann gesendet. Man könnte
meinen, in der Zeit des Krieges des Philippos mit By-
zanz sei solche Macht wohl auf der Insel nothwendig
gewesen ; auf dem Chersones war dann ein Heer noch
nothwendiger, und wir wissen ja, dass Diopeithes in je-
nen gefährlichsten Zeiten dort ein Söldnerheer auf eigene
Hand aufbringen nnd erhalten musste. Kurzum , das
ganze Factum scheint mir eben so ans der Luft gegriffen
zu sein, wie das gesanimte Decret eine Phantasie ist.'
Oder «ill man glauben, dass in einem wirklichen Decret
die Hauptsache, hier die Geldsumme, die INausikles ge-
schenkt hat, oder die so und so viel Zeit, für die er
den Sold aus eigenen Mitteln bestritten hat, übergangen
worilrn wäre ?
Endlich will ich noch anf einen Pnnkt aufmerksam
machen, der, wenn auch kein entschei<len(les Resultat
begründen, doch dem Inhalt des Decretes von noch einer
Seite her gefährlich werden kann. Deniostheiics lässt
Decrete vorlesen zum Beweise, dass Beamtete während
ihrer Amtszeit, bevor sie noch Rechenschaft abgelegt,
gekränzt* seien. Nach unserm Beschiuss wird im Boe-
dromion beschlossen, Nansikles in den Dionysien zu
kränzen, weil er Sold an die Truppen gezahlt, da Slu
TOV^ yc/ii'jjva.s, der zur Auszahlung bestimmte Beam-
tete, nicht habe nach Imbros kommen können. Versteht
man unter diesen '/CljHDvei die Etesien in Mitten des
heissen .Sommers, so beginnen diese am 24. Juli oder
mit Einschhiss der sogenannten TroüSgo/lOt mit dem 16.
Juli und wehen bis zum 3. September. Diess würde
sich mit dem Datum des Decretes »vohl vereinigen las-
sen; aber noch ist nichts weniger als ausgemacht, dass
die zehn regelmässigen Strategen ihr Amt etwa mit dem
933
934
Frühling an<ra<cn; sie »vorilon in i]cn a^'/ci/^SOiu/i; (na-
tiirlicli nielit <Ipm vier ]e<ztcn TajTrn des Jaliros) ffp«;ililt
(Aiscliin. y.aco Krjja. 4}. 1!. Domostli. y.(i.T(l '^loio i oiy.
JJ. 171- Pliif. Pliüc. 8) nn<l es diirftc ilarnarli glanblitli
sein, (lass sio eben als regelmässige Deaniteto auch mit
dem .Tahresanfang eintraten.*) AVar diess der Fall, so
mass es iindenlvbar ersrheinen, dass der Feldherr, der
ef«a acht oder vierzehn Tage vor den IStesicn abging,
nicht mit dem nöthigen J^ielil für die Zeit, wo man nicht
Ton Athen nach Inibros hinanf fahren konnte, versehen
ffewcsen sein sollte. Aber kann man sich denn vorstel-
len, dass ^Eifwjveg die regelmässigen Winde, keineswegs
Stürme, des heissen Sommers genannt werden? Dissen
sagt daher: procellae fnernut, non irvii/iara tantum
adversa. Doch nicIit etua ein Paar stürmische Tage
nur? Es bleibt nur übrig, au Winterstürme zu denken,
die die Schillfahrt dauernd hinderten. An den Dionvsien,
als er noch im Amte war, sollte Nausikles gekränzt
werden, war im Boedromion beschlossen, weil er den
*) Ich weiss selir gut, wie nianciiorlei Bedenken diese An-
siclit hat, aber tiir die Dcniostbenische Zeit scheint sie
diircliaus bcgiiindct weiden zu können. Apollodoios
scgeltfi nach Ausweis der Dcinostlicniscben Picde n(i()q
IJoXvxl.eu unter dem Arclion Molon (Ol. 104. 3.) als
Trierarcli aus ; am 23. McLigeitniou war der dessfallsitje
Volksbesclilnss gemaclit (J. 4), am 29. sollte bei liolicr
Strafe jede Tricrc bereits zum Aussegeln fertig sein (-^(Qi
zoll ariqx'cvov tjJ; tjkjj. 5- 4.); Apolloiloros segelte aus,
zwei Monate erhielt er Sold, andere 8 IMonate nicht, da
wurde er mit Gesandten nach Alben dctascliirt (nijix;
no).vxX. %■ 12), und brachte zurückkehrend an die Stelle
des abgesetzten Strategen einen andern. Als er bereits
in dem Hellespont angekommen und die Zeit seiner
Trierarchle voriil'er war, kam ein neuer Sirateg irigoi;
OTQurrij'Oq jjxs Tifiofutynq r.td ovroq äicM/ovq (d. b. die
neuen Tricrarclicn) ovx üyay ini Titq ruiq. Apollodoros
blieb Trierarch, segelte aus zum Geleit der Gciraidcllotte
r:ich dem Hieron und wartete dort 45 Tage ^'w; o i'xnXovg
1UIV TiXotdiv imv [lix ' 4gy.T0VQ0v ix toÜ Tiönov iyi'i'no, und
als er in Sestos ankam, waren schon zwei Monate über
seine Trlerarebische Zeit verflossen (§. 20); um die Zeit
dos Untergangs der PIejadcn bereits drei Monate (§. 23.).
Also um den 28. Pyanepsiou {nXdaS(i)v SiiOK;) waren drei
IMonate über die Zeit verflossen; als deren zwei verflossen
waren, also Ende des Boedromion war Apollodoros mit
der Getraidcflolte bereits in Sestos angekommen , die er
.IUI Hieron 45 Tage erwartet hatte; auf die Fahrt vom
Hicron bis Sestos sechs Tage gerechnet, hatte er dort seit
dem 8. Mclageitnion etwa stationirt. Zu dieser Fahrt hatte
er vielerlei neue Werbungen und Rüstungen zu ninchen
gehabt, und als er diese begann, war bereits seine Trier-
arcliische Zeit um , die also nicIit vom Tage des Pscpbis-
nia's, sondern vom Anfang des bürgerlichen Jahres da-
lirte. Eben damals kam der iriQoq öijKiijyö; ohne die
Tricrarchische Ablösung, also der Stratcg begann seine
Thatigkeit mit dem bürgerlichen Jahre; und für den ab-
gesetzten Strategen wurde noch ein anderer etwa im Monat
Thargelion abgeschickt. — Ein gelebiter Freund hat .lus
einer Zusammenstellung der Stratogen in den ersten Eüchern
des Thukydides ganz dasselbe Resultat gewonnen , dass
die regelmassigen Strategen ihr Amt mit dem Attischen
Jahre begannen; und die häufige Bemerkung, dass ein
Trierarch auf seinem SchilTe den Strategen führte, wird
wohl ebenso auf die Absendung des neuen Strategen im
Anfang des Jahres, wenigstens meislenthcils, zu bezic-
hen sein.
Sold gezalilt hatte, den die Winterstürme ihm zu senden
gehinilert halten; niich den Dioiiysien also Jiatte er sein
Amt angetreten, nach der Mille des ftlärz, 'und da soll-
ten, als er bereits in Inibros stand, noch Wittlersiüitne
Zeit gehabt haben die Geldsendungen zu hindern? —
Das Volk kränzt den IVausikles, und es sagt nicht,
ob mit einem goldnoii Kranz oder mit einem Zweig?
Der Kran? soll in den Dionvsien verkündet werden, und
es wird nicht hinzugefügt, durch wen, wie wenigstens in
den andern Decreten der Rede.
Demosthencs sagt: I\uv<Tr/.hJg (TT p oCTijyojv , e(p' olq
U7TU itSv idi'ujv 7i(joii[0, nuKK'yy.ii üOTSCfdpoTai, und
wir werden es uns nicht mehr kümmern lassen, dass
statt der mehreren Decrcte lür Kausikles jetzt nur eins
und zwar ein uiilergeschobenes steht. Ob derselbe je in
Inibros commandirt hat, muss dahingeslellt bleiben; wohl
aber hat er Ol. 107. I. den Phokiern ein bedeutendes
Altisches Heer nach Phokis geführt (Diod. XV!. 38).
\S \r wissen sonst keine bestimmte Missionen, in denen
er Gelegenheit gehabt hätte, imdorrEti, zu machen; ge-
wiss aber war er nach der Schlacht von Chaironeia in
dieser Weise thalig, denn Aischines (:<«zä Kxiio. i^. l.jO)
gicbt an, damals sei Demosthenes im höchsten Grade
iKipopulär gewesen, oid' i-Tt t« ipij<fioi-iaTa tiuce to
Jijf.ioadtiovq entyQucpeiv uvoiia, äkka Nuvotxkci
TOVTO 7lQorj£TUVTeT£ , eine Kotiz , die um so merk-
würdiger ist, da Nausikles, — denn dass es derselbe ist,
wage ich nicht zu bezweifelu — Ol. lOS. 2- bei der
Wahl der Gesandten au Fhili()j)os den Aischines vorschlug
(Aischin. ^rf^i, -jTaQair. g. 13), ja am Schlnss der Rede
von demselben als einer ix tv~:v (r'il.v)'' y.(<X tcjd rj.L-
y.nuvujv zujv inavTuu nach Eubulos und Phokion zur
1'erlheidigung aufgerufen wird. Die Notizen Lei Flut.
X oralt. ]). 3.59 und Phot. Bibl. p. 493. a. enlhaltea
nichts Bedeutendes.
Das folgende Psephisnia für Charidemos und Diotimos
beginnt ohne Arthon und Datum , und liöckh äusserte
die Vermulhiiug, es könne vielleiclit die Dalirung iles
vorhergehenden Decretes für diese mitgelten, da ja auch,
der Antragsteller in beiden derselbe Kallias sei. Diese
Termuthiiiif; hat Winiewsky niit zu grosser Zuversicht
weiter verfolgt und darauf eine Reihe von Conibinalioncn
begründet, die nicht bloss in die Luft gebaut, sondern
auch in icsh so willkührlich sind, dass sie der Kriiik
keinen Augenblick Stand halten. 'Was der Zweck der
Lesung dieser Decrcte ist, zu erweisen, dass !\ausikles,
Charidemos und Diotimos gekränzt »orden sind während
der Zeit ihrer l'eranfivortlichkeit , gerade das ist in Wi-
nieivsky's Hypothese gänzlich verloren gegangen.
Zugleich aber ist diess der erste Grund zum Verdacht
gegen diess zweite Decret des Kallias, dass es nicht die
Zeitbestimmung enthält, durch «eiche allein die Rich-
tigkeit der gleich lolgeiiden Worte das Redners : jrocrwi'
sich erweisen konnte.
Das Decret beschliesst A'crkündung des Kranzes in
den grossen Paiuilhenäen unil in den Dionvsien; also ist
vor lern Ende des Ilekaloinbaion eines drillen Olvmpia-
denjahrs und zwar, da die Dioiiysien die an zweiter Stella
genannten sind, nach dem Elaphebulioa eines zweiten
935
936
Olviiipiaileiijahrrs ilecrctirt »onleu. Als Grand der XräD»
ruiig »vird angpfiihrt: eX(löl) XaoiÖljiiUQ 6 inl Tlßv
6rT/tT(jjy cirroOTU/ei^ £/'; ^aXaiiha y.iu ^lüxifJioc; 6
£711 Tujv h:iiu)v ei> ttj sni tov ■ttotu^iov f^ä^y rtäv
a-TgartvjTVJV riviöv v-rco Tviv iroXsiiiiov ov.vkev&sv
TUJV fy. TU}v t'ötojv di'uhajj^ÜTiuv y.a^uiirXicrav rovg
viavioy.or: äoTrinty öy.iir/.uoiai^ öeöux^at y.. t. X.
Die »iiiuiiifj von Salamis scheint der Forschung den
Kreis der Slöglirhkeifon auf sehr erspriesslirhe Weise
zu beschränken; eutueder ist Charidemos nach Gypern
oder, freilich mit sonderbarem Ausdruck aTTooiaXtiq,
nach dem Altischen Salamis abgeschickt. In Cvpern
kennen «ir fiir jene Zeit allerdings . einen bedeutenden
Rrie<; (Diod. XVI. 42 und 41)) • ''''" 1"*^! empiirte sich
gleichzeitig mit Phönikien, Aegvpten ii. s. w. im Jahre
des Thessalps Ol. 107. 2. und gegen dieselbe wurde der
Dvnast Ton Karien zu kämpfen beauftragt: 6 öt d^£Wj
■KaQaryy-ei'aauusroi Tonjoeig, /^i£v TiaaaQdy.ovTCt, Or^a-
Tiojva^ fit uiodocfooovc öyTay.iaxi^iovc £i;iT£iiip£v
sk Tr:v Kfxoov £7iiOTrjaai OTpaTijyotig (])wxiajru tov
'A3rvuiov y.al Ei'ayöoav .... uvtui £i>!}l'i; £n\ Tr;v
u£'/ioTi;i> T(ov noKeuiv ^oj.aniva Tr,v di'vaiiir ijya-
yor. Im folgenden Jahre, Ol. 107. 3. erfolgte dann die
Eroliernng der Stadt. Aber Phokion erscheint hier als
Feldherr, nicht -an der Spitze von Attischen Truppen,
sondern als Führer von Söldnern im Dienst des Karischen
Dynasten; er nuiss nach der Schlacht von Tamvnai und
den guten Erfolgen auf Euboia, »vnniit auch immer un-
zufrieden , den Dienst fi'ir das Vaterland verlassen haben,
woraus des Plutarchos Ausdruck (Phoc. 14) zu verstehen
ist: i.Tfi dh zuiTU dia7ioai;uH£voc, ärmirjrLsvoiv 6
0oj/.iü)f, Ttviv u£i> fToi^rjcrav oi oiii/^iaxoi tijv yorj-
arurrTU y.ai diy.aioavvijv aiTov, rayv 8' h/viDoav
oi \/^iiyaiot ri-v iiiTifiQU'.v y,al QunirjV tov dvSgo!;.
Der Attische Staat hatte an jener Kyprischen Expedition
keinen Antheil, iler Grosskiinig hatte denselben zur Theil-
nahnie an dem Krieg aufgefordert, aber manche Redner
forderten vielmehr, man solle den Aegvptern gegen den
König licistand leisten (Dem. vttio 7Ij; Por). ekci'i^.
§. .'). cf. Aristot. Ilhet. II. 20) und der Staat begnügte sich
mit einem neutralen Bündniss (Diod. XVI, 44 und im
Ganzen Deinosthenes Rede lilier Rhodos, die im Jahr
des Tliessalos gehalten ist), ^'on einer anderen derzeiti-
gen L nternehnuing der Athener nach Kvpros wissen wir
nicht, und ihre IJnmiiglirlikeit geht aus den Zeitverhslt-
nissen deutlich genug hervor.
So bleibt nur das nachbarliche Salamis übrig. Wi-
niewsky (p. 29*^) denkt sich die Begebenheit folgender
Maassen: Charidemos wird mit «enrgen llopliten nach
Salamis abgesihickt, dort erleidet er eine Niederlage,
worauf er und Diotinios von Athen aus 8()lt Schilde
schenken , unil jnn;^e Leute zur Vertheidi;»ung der Insel
bewalTnen: da man die Insel nicht auf «olrlien Kampf
hinlänglich mit Truppen versehen hat, sotidern unerwar-
tet überfallen worden ist, können es nur die nachstwoh-
nenden, Hlegarer oder Korintlier sein, welche die Insel
eberfallen. Unil dafür bietet die Olynth. IH. §. „'0 einen
schönen Beweis, wo es heisst: OVTOI oojCfOintnv oidi
yBrvuiuji/ £0X11/ dvd(j(i')i:u)v iX^Binoviäi -vi Öt' li-
8(tav ](p>^ii(/Ta)v TUJV rov TtoX^iov fi*;^fpw? xa.
Toiuvra övildij (flgtiv, ovd' £^i uev KoQiv^iovg
y.ai Miyaokc.c, äQ^d.auvxag xa iiirka ■jiop£iJ£ai^at,
(J)iK/7i:iov de iav 7t6k£ic'EAktp'ISa(; dvöpanodlCfcrdai
8i' dnogiav £Cfodiujv toi.; <XTgaT£vouivots. Hiernach
glaubt Winiewsky den Krieg auf der Insel Salamis dem
Frühling von Ol. 11)7. 2 (550) zuschreiben zu können;
die Sdilacht am Flusse ist an dem Bach Bokalia gelie-
fert: Charidemos ist der Orike, der im Herbst vorher
mit 10 Schiffen in den Ilellespont gesendet worden.
So blendend diess Zusammentrefl'en ist, so kann es
doch nicht für einen befriedigenden Beweis gelten. Prü-
fen wir die Sache genauer. lllpian bemerkt zu den ci-
tirten Worten des Demosthenes (p. 38. ed. Dobson.) d-jio
y.oiioi' Kl oi'dc'.fiüji; oaxfpövujv eörif oidh y£vvaiujv,
6711 fxev KuQiv&iovi »<«' Meyaoea; ii iirriv'Ekhji'aq
ovTaq 0TQaT£i>£a9a.i, i-iti 8h (Pikimtov zuv ßd^ßagov
övTCi, f^)]. Ai S£ alilai ai xara Meyagiojv xai
Kogiv^iujv aixai • oi 3f£yap£it; ti}v 'O^ydöu irapi-
TEftvov, oi 8s KoQivdioi ovvejiäyovTO roig Rhya-
Q£i'ai yai 8ia Toino e/c; nö/eiiov '-Idijvaioii; xard-
OTijoav. Ausführlicher ist der Schol. Aug. (p. 24ü. ed.
Dobson.) IlagaSityuic nijöacf.ogov £irir,yuy£v ai'xoi(;'
7io/.£[iv)v ydg fxif^tvTjTai y.ul xaxogS^ojfidxujv aüroig
dvev y.aiiÜTüjv y.ai ttoi'iov, i'va TUVTa vofxiovjoi xal
Elvi TOV napovTog, KoQlv9tot kfXvTrijuaot xaT Ad^i^-
vai(j>y v.al.oi<vT£i; ttuvxo.<; "Ekhjvag £ig xa "loi^f^ua
{y.oivij yuQ ijv i] Tiavriyvgic) tovc 'J9rivaiov<; Ttagr)-
y.av. ovToi v'jq i)£0(T£ß£ig ovT£q £7r£jjipap xü.q ^vaiaq
ft£Tu ÖTikixdiv iv\ £l ditojvrai avxorg, vtt6ojiov8oi
di/aorgiipujcriv ov ydq £7cl tov noktfiov £i:£kl]ki'9£-
oav 6 8r; y.aX ytytvi]Taf öqv)vt£<; yaQ t>]v naga-
oxeL>i;v oi Kogiv9iot £d£t;aiiTO ■ dv£v ovv novujv
ai'vtßij y.uTOQ^ujaai aiTovi tovto to Tcpdy/ia. Und
zu fl/iyagiag • xijv iegdv yr,v uii; öoydSa y.al dvsTOV
sysu'joyovv oi Meyageiq' nd.ktv de o'jg £ro£8£ii oi
'./{iiwuiot L^ck^ovTCq iizo.voav aviohq f-iorrj xtj 9£a
viyr,iTriVT£g. Es ist bekannt, dass das heilige Feld Orgas
besonders den Anlass zu jenem berühmten DItyaQtXOV
l^il'nt lOiia. gab, durch welches die, den Peloponnesischen
Krieg erofTiienden, Feindseligkeiten eingeleitet wurden,
s. Schol. ad Aristoph. Acharn. 530. ad Nub. 320. Plut.
Perirl. 311. Schol. ad Aristid. p. 184. ed. Fromm. Har-
pocrat. und Suidas v. 'AvÖtiioyoiroc. ogyaC, etc. etc.;
jedoch ist eine Spur von einem später desshalb mit Me-
gara geführten Kriege nicht weiter zu finden. Eben so
bezieht sich die Angabe über die Korinthier auf die
Isthniischen Spiele von Ol. S7. !•; denn im Ende des
Elapliebolion überfielen die Thebaner Plafaiai (s. Krüger
Studien p. 22.3), achzig Tage spater, also im Skirro-
phorion, brachen die Spartaner in Attika ein, und kurz
vorher beschickten die Athener noch auf die angegebene
Art die Spiele. Ich denke an einem anderen Orte über
diese \'erhaltnisse des weiteren zu sprei hen ; ich be-
merke hier nur, dass diess Scholion, das ilem Inhalt
nach mit Arisiides Panalh. p. 31 l ed. Dind. übereinstimmt,
doch nicht daher entnommen ist, sondern auf eine andere
Quelle /.urü<'kw eiset.
(Fortsetzung folgt.)
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Sonntag, 29- September
1839.
Nr. 117.
Die Urkunden in Deinosthenes Rede vom Kranz.
(Fortsetzung.)
Indessen miiss man ilie Rirlitigkeit der Erklärung,
die der Srholiast f^egeben , in Zueifel ziehen, nenn man
nicht annehmen will, dass in einer etwa vorher gespro-
chenen Rede eines anderen Staatsmannes von jenen friilie-
ren Zeiten gesprochen war, und Demosthenes nun sich
auf derartige Aensserungen bezieht. Da auch das die
Sache nicht hinreichend aufklaren würde, so glaube ich
allerdings, dass Demosthenes von Verheiitnissen der Ge-
genwart spricht, und dass Ulpian's Erkl.'ircng scmit die
richtigere ist. Für den Krieg gegen IVIegara glaube ich
eine nähere Zeitbestimmung zu finden iu Diog, Laert.
II. 12fi. Treitcft^sii; dl (fQoi'ooq 6 ßltfsöijuoq ünu
TÜiv 'EoexQ/Hiov eiq Mtyaga dvifK^sv aii 'A^a.ösftiav
TtQog IDMTüjva y.ai 9ijoa3Et(, y.arekiTTC zt]v otou-
rtiav. Freilich heisst es Diog. L. II. 144 nach Hera-
kleideg, dass Menedemos 74 Jahr alt geworden; aber
dass er über Ol. I2ö. 3. (27S) hinaus gelebt, ergiebt
sich aus «leu Siegen des Antigonos über die Gallier und
Menedemos Aensserungen darüber, so dass entweder die
Angabe des Herakleides fehlerhaft oder Menedemos Ver-
liältnlss zu Piaton, der Ol. lOS. I. starb, ein Autosche-
diasma ist. Nehmen wir das Letztere an, so wird gewiss
der alte Erzähler, aus dem Diogenes jene Anekdote schöpfte,
nicht jene Beziehung zwischen Hlegara und Eretria erlo-
gen haben; nehmen wir Ilerakleides Angabe für fehler-
haft (und das glaube ich, ist sie) , so mag Menedemos,
nra Ol. 103. geboren und etwa als achtzehnjähriger un-
ter den Cfoovooii; , die von Eretria nach Megara ge-
schickt wurden , gewesen sein. In jedem Falle darf man
jene Sendung für ein historisches Factum annehmen; und
finden wir nun, dass ein Jahr vor Plafon's Tod Ol. 1()7. 4.
Gesandte der Euboier in Athen waren, den Frieden zu
onterhandeln, und zugleich des Philippos Bereitwilligkeit
zu einer Aussöhnung zu erklären (Aischin. Tieol JlaQa-K.
§. V'-), so ist wohl unzweifelhaft, dass die Hülfssendung
der Eretrier nach Megara, die kurz vor Platon's Tode
gemacht sein muss, eben in den Krieg gehört, den jener
Friede beendete, und an dem nebst Eretria auch .Megara
Antheil nahm. Allerdings hatten die Athener nach der
Schlacht von Tamvnai den Tv rannen Plutarchos vertrie-
ben, aber ihr Einfluss auf der Insel ging sehr bald ver-
loren, die Stadt war zwar in den Iländen des Volks,
aber oi [xhv £cp' v^äc, i^yov tu 7rQcl.yj.iUTa, ot Ö' e-kI
0i\nntov sagt Demosthenes (Philipp. III. ^. ,57.), nnd
zuletzt behielten die Anhänger des Pliilippns die Ober-
hand. Demosthenes hielt die dritte Olvnthische Rede in
der Mifte von Ol. 107. 4., im Herbst 34''; im Laufe
desselben Jahres also mag der von ihm bezeichnete Aus-
zug gemacht sein. Im Frühjahr 301 »ar bei Tamvnai
gekämpft; erfolgte die Niederlage des Molossos nach
Phokions Abzüge noch 350, so mag diesem oder dem
folgenden Jahre die vereinte Thätigkeit der Euboier, Me-
garer, Korinthier gegen Athen angehören.
Ist das nun nicht der herrlichste Beweis für die Echt-
heit des Decretes? Keinesweges. Demosthenes spricht in
der angeführten Stelle der dritten Ohntliischen Rede
davon, dass man um jeden Preis den Olvnthiern helfen
müsse; es zieme sich keines» eges für verständige und
eille Blänner, wegen Mangels an Geld für den Krieg'
etwas verabsäumend leichisinnig solche -Schmach zu er-
tragen, noch auch gegen Korinthier und iMegarer die
\Vafren ergreifend auszuziehen, und Aen Philippos hel-
lenische Städte verknechten zu lassen wegen 31angel an
Löhnung für die Truppen. Mit dem tu (ini.u üoTtct-
aavca^ ■JTOO£veo9a/ bezeichnet Demosthenes deutlich
genug eine unnütze Kriegseifrigkeit gegen kleinere Staa-
ten im Gegensatz gegen die feige Lässigkeit gegen Ma-
kedonien. Wäre Athen von Megara und Korinthos in dem
eigenen Lande angegriffen oder nur ernstlich gefährdet,
so würde Demosthenes von dem Ausmarsch gegen sie
nicht so misbilligend gesprochen haben. Die Notiz des
Ulpian dazu genommen, scheint es mir unzweifelhaft,
dass die Athener, statt mit aller Macht Olynthos zu un-
terstützen, wegen des heiligen Feldes einen Krieg gegen
Megara anfingen, die sich dann zunächst bei den Korin-
thiern , des weiteren in Euboia Hülfe suchen mochten;
von dorther erhielten die ftlegarer nach Diogenes Aus-
druck (f)OOViJOL<i, also handelte es sich darum, gefähr-
dete Plätze zu besetzen. Man muss es für unmöglich
halten, dass die Megarer und Korinthier einen Angriff
auf Salamis wagten, ivas nicht einmal im Peloponnesi-
schen Rrieire geschehen war; und die Attische Seemacht
galt doch noch entschieden als die erste in den helleni-
schen Gewässern. Ja, wäre es in jener Zeit jemals ge-
schehen, dass Megarer unil Korinthier einen solchen
Erfolg, wie das Decret uns will glauben machen, auf
Attischem Grund und Boden erfochten halten, was würde
darüber von den Rednern gesprochen, wie von jeder Par-
tei der andern die Schuld zugeschobeu worden sein?
939
94Ö
Diese Auffassung besfäfi^t sirh ans iler Darsfelluiij in
ilor Rede 71 (o\ oivrä^tuii §. 32- olni' ä TTooc rocg
xriTagoirofc Meyngiaq eij.ii^(f>iaao^£ dTiuTeuvo/.ifpovq
Ti-v 'Og'/t'.ön, ttievai , xtoki'e/v, tu) BTTirgi^Eiv.
In Me»ara war ilanials Ix-reifs Ptoiodoros an <lcr
Spitze iler Ang-olp^^enlipiteii (Plut. Dien. l".)i «lersellie,
«leii DeiiKisduMiPS (' T.'o Ar;;f3. §. '2'tT-) "eben Pcrilaos
und Elixos als des Pliili(ipos Freund in IMegara l)pzei(linet.
(rf. Drin. Tfpl TlC.üCrr. ^. '2'IÖ.)- 1'"'''" Athen «ar es
ron der sjrüssten \\ iclitijfkeit , enfs« lieidenden Eiiilluss in
ilieseni Ländrjirn zn feivinniMi, aber ebenso natiirlicli
ivar es, dass sirh die llejjarrr, von ddrther an^ej;rillen,
nach Freunden nnisahen. ^on Kurinthos wissen «ir aus
diesen Zeiten eben nicht viel. Nach den oben eruälin-
ten 3Iissvcrlialtnissen mit Athen niuss sich der Staat ent-
schiedener dem antimakedoniscben Interesse zugewandt
haben; wenigstens wird am lCn<le des heiligen Krieges
ihnen die Tlieilnahuie an der Leitung der Pvfhien ge-
nommen S/d Tu iieTCoyi^v.Kvc.t to!^ 0iij/.ci'r>i nj^ (i^
TU ^iTov ■jT/tgaioiila^ (Diod. XVI. h(). ). Bald darauf
wandte sich Kurinthos überwiegend den Sicilisclien Ver-
hältnissen zu; seit Ol. 1()S. 4. kämpfte dort der edle
Timoleon mit dem herrlichsten Erfolge, von der Vater-
stadt mit der Hingebung unterstützt, die nur der hohe
.Sinn jenes Helden hervorzurnfen vermochte ; namentlich
Demaratos und Deinarchos zeichneten «ich unter seinem
üefehl aus, und beide «erden von Demosthenes (( rrgji
KTlja. g. 2')''.) unter den \'errathprn (Griechenlands ge-
nannt (über Deinarchos s. Geschichte iles Hellenismus I.
p- 228.). Gegen ihren AVillen also war es, dass sich
ivorinthos auf ilie .Seite der Athener stellte und au dem
Kriege von Chaironeia thätigeu Antheil nahm (Strabo IX.
p. 2ii'J. ed. Tauch.) und den «underlichen Diogenes als
Spion brauchte (Plut. de exilio c. l(i. Diog. L. VI. 4 5).
In lleg.ira folgton jenem Zerwürfnisse mit Athen Par-
teikampfe, von denen Demosthenes (:ii(ji ituoCtc. g. 2!)Ö.)
um 343 so schreibt: iv Mf/dootc, ovy. u.'to!}' eivai
Tiva. Y}.fXTi-v y.ai Tcagevj.eyovva xa y.oivd; avdyxij,
x«l Tiecftp'iv, TIC aiiioq avTu9i vvv tovtcov Titiv
nviißtfjr^y.ozujv Tcouyiidiwv; oi'Se et f. df.Ku noiot
Tivig Ol XU Trjt.iv.avTTf. y.ai tokwx dSr/.ovvTtc; oi
vanÜ^oviic ai'Toi\ dtidxQiojg ehat rov 0tklnnov
ievoi y.ai Cfi/.oi ngoiayooeisa&ar, oi crrgUTijyiojvTeg
y.dX TToocTuoiag d^tuviAtvoi, oi fjel^ovg -rwr 7i:n}Jkuiv
uiouivoi öciv tii/ut. ov liegt} aog t.y.cjivBTO evayioq;
iv MtyuQoii SV Toi; -cfjiuy.oalot;, uri Tigog (pi/.inr-
nov d(fty.eTo , y.ui ■:Tage/.itujii Ilcoioöüjgoi aiTOV
i^nxijauTO y.ai TtkoiTiu ya'i yivti y.CA öui;jj ngi'iroc
Mtyauevjv , y.ui -Ttdl.iv üic, (piimnov eieneuipev, y.ut
fitT(* Tuvxa ö uev i;y.ev uyuiv Tori ^Ivov.: 6 ö' tvöuv
i.Ti'gtiiv /.. X. }.. (cf. §. 204. Meydgot^ eriifjovkei'eiv
von Philippos gesagt, g. 32(i. Mt.yd.{iou kitfjov'kevetv
i^iaxel.ii. g. 334. xlz, Miyuga Ttgiöi-i> ö/iyov sc. ük-
k'iTQ'.a ■:zb:ioliy/.e. rf. §. S".)- — Plntarclios (Phor. 1,').)
erzählt nach dem Kriege »on Bvzanz und dem Kriege
»on Chaironeia: xuiv de MeyugtViV tTliy.ukuifiii/vjp
/.ijiffa, cfufjov/itvo; ö (Vuty.iutv xuvq jBoivjxuic , ftr,
JJtjoatoSüiiiroi (fOurrfiiOt it;v ßorßetuv .... tt'^t'i;
uitb iiji iy./.'t ijoiv.'; ijyev xolq 'Jdiivulovq xu onka
kaßui^cag. bii;uuivviv dt xüjv Meyufjeujv 7rgo9vftvjq
Ti'jv xe Niaaiav exei'xtos xal did uioov axikrj Söo
^pos xo enivsiov äitu xuv o.ctxeoq iveßuke y.ai avv-
ijlfjs TTJ ^akdcT-fj xijv Tiökiv, ujote xuiv xaru ynv
lUtt.tuhov ö/iyoi' fjdij (fguviiQoi'crav t^i,gTijo^ai xuiv
.l'Jl VUKDV. Dass diess nicht an der chronologisch rich-
tigen .Stelle erz.'thlt ist, lie^jt auf iler Hand und hat bei
Plntarclios nichts Auffallendes, Aber wohin gehört es?
Nach AViniewsky (p. 14^) in ilen Frühling 34)- Ol. IUI. 1;
er meint, diess sei es gewesen, wodur<li Philippos an
der iiesetzung von IMegara , von der in der Rede ;rfpi-
Tiagii.l. mehrfach gesprochen tvird, behindert wurdeo.
Als l'hilippiis nach Megara und dem Pelopoiines vorza-
driiigen beabsichtigte, ruckten die Athener nach Panakton
und Drvinos aus und verlegten ihm so die .Strasse (Dem.
^eiji Ttauu-7T. g. .32ii. y.aio. Äoj/wv. JJ. 3-) ; damals aber
hatte man nicht zu besorgen , dass die Thebaner , son-
dern dass Pliilippos in IMegara einbräche, oder richtiger,
wenn IMegara durch Phokion damals schon occnpirt war,
so konnte Philippos gar nicht mehr den Versuch inacheu»
über den Isthmos in den Pelopoiines zu dringen. AuJC
jenen Versuch bezieht sich Demosthenes in der dritten
Philippischeii Rede §. 11. 1,S. 27.; ebenda g. 7 4. man
solle von C'halkis und Megara nicht die Rettung Grie-
chenlands erwarten; es war bereits das liündniss des.
Kallias geschlossen worden, von dem oben gesprocheit
ist, und zu dessen weiteren liestimmiiiigen sich die Ge-
sandten der Verbündeten im Antliesterion 341 in Athen
versammeln sollten. .Aber noch ein Paar Hloiiate spätor
droht Deiiiostlienes (-Tfoi Tuiv iv \tijö. ^. JS.j mit deB
Hii'igliclikeit : ,,wenn Philippos Thrakien aufgeiiend, nicht
auf R^zanz uiiil Chersoiies , sondern auf Chalkis und
IMegara losrückte." Nach dieser Rede, also nach dem
Frühling 341 kann Phokion erst jenen Megarischen Zug
gemacht haben. Nun erzaiilt Plntarclios »or demselbea
die liyzantinischeu Angeleg<>iilipiten im Zusammenhange,
von Philippos An^rifl auf den Chersones, Perintlios und
Byzaiiz falso von 341) beginnend, und nachdem er diess
bis zur Befreiung von Bvzanz durch Phokion fortgeführt,
holt er ileii Megarischen Zug nach, so dass derselbe wohl
spater anfangend in das Jahr >t4n geboren dürfte; und
in welcher .Stimmung damals Athen und Theben gegen
einander waren, lehrte die Pylaia im Frühling 3X0 (s. o.).
So war Hlcgara, früher den Athenern mehr Feind als
Freund ^Dl■m. V'Titg Kir-(T. §. 234.), zur Bundesgenos-
senschaft gewonnen; und Demosthenes konnte sich rüh-
men iy. fitv t^u/.dxxiK xr,v l'ji'jßotav zTgußakioi^ai muo
■xrii '^iTTixiJi, . . . . ex de lujv ngoc nekujctnvijaov
tÖttujv T0v.i üaiirjovi XULTTJ, d. h. Megara und Korintb
{i'-xeg Kti](t. §. 301.).
Wir kehren'endlich zu unserni Decret zurück. Hat .sink
aus dem Obigen erw ieseii, dass die Aulfassung des geschicht-
lidien ZiisaiiiniPiiliaiiges, wie sie AViniewsky gegeben,
diiichaus nngl.uiblich ist, so lässt sich noch eine andere
Torschlagen. Es heisst il' XT) tTrl TOO TTOTUiioi) fld^^J
seien einige Soldaten von den Feinden geplündert Hor-
den; man nehme nun diese Be/eichnuiig für das, wa»
sie nach Ausweis von g. Jl(i unserer Rede ist, für de«
Rainen der Schlaclit, 'die im Jahre 331) nach der Be-
setziilig von Klateia gesi liligcii woiden. Der Kiaiiz soll
verküadct werden au den Panathenaicn und Dionysieu.;
241
942
fiir jene eTliSoffiq wSre ilaiiii iler Kranz nach ilcii Dio-
iiTsieiJ Ol. 110. '}. ilerretirt Horden; im Aiifaii!,-c des
Jalircs Chairoiidas Ol. 11(1. W. »tari-ii die •rro.sseii Paiia-
tlienaieii , kurz, Alles passt lierrliili, Nur nicht die
llatiptsachc; denn elien das» tlic relillierrn, «alire d sie
uoch rechensrliaflspfllililifr sind, gekränzt «onlen, wäre
da nicht möglich , mag man sicil ihren Amtsainlritt mit
dem Attischen Jahrefananfanf oder dem beginnenden
Früliling denken. Die Schlacht am Flnsse war vor der
winterlichen Schlaciit, also entweder hatte das Amt der
beiden Fel.lherru vom Anfang Ol. IIO. 2, oder gar vom
Frnhjalir Ol. 110. !• begonnen, nnd die Panalhanaien
lagen nicht mehr in ihrer Amtszeit. Und so haben wir
deuii nicht mehr nr'ithig, aiiscinanilerzusetzen , wie selt-
sam in diesem Zusaminenhange die Sendung eines Feld-
lierrn nach Salamis erscheinen mi'isste.
So nnmoglich eine Erklärung des Inhaltes ist, so
glaube ich doch, dass mit der Bezeichnung ); tTTt Toi-
-iviatior /ilo./)j keine andere gemeint ist, als die er-
wähnte, ja, dass es überhaupt keine andere ilieses j\a-
mens in jener Zeit gegeben hat, und an< h «lies« ist ein
Beweis für die Unechtheit des Decretes ; der Verfasser
hat sich aus iler Rede , die er zu vervollständigen meinte,
jene Bezeichnung entnommen, weniif bekümmert um die
historische Passlichkeit seiner Erdichtungen.
Ist diess Resultat überzeugend, so braucht man nicht
m«hr dem Ac'.Ä./,/«s lirrf n /j r r u i' e aj t> ^ i y (t v T (o ii
ßovXijc yyojftr] grosse Wichtigkeit für die Ivenntniss
Attischer Altcrthümer beizulegen. Denn sonderbar wäre
es doch sicher, wenn nach Schömann's Erklärung 5,auf
Veranlassung der Prytancn Kailias vorschlug" oiler nach
Disseii „von den Prvtanen des Kailias in der Bule ge-
machter ^'orsrhlaij an das Volk gebracht wurde." Wenn
schon es nicht undenkbar ist, dass dergleichen geschah,
so ist es bei einer doch nicht bedeutenden Beantragung
auch eben nicht ivahrscheinlirh. Auch was man sich
nuter ■/.a.xivhu loc.v toi>; vtltiia-xovs denken soll, ist
nicht eben klar; denn waren es jüngere, als die Ephe-
ben , die von Ifi bis 18 Jahren, so wnnlen solche öoul
i-:iTi dlirti tjfjiooi allerdings von den Amphiktvonen zur
Zerstörung der Lokrischen Ansiedelungen aufgeboten (Ai-
schin. y.d.ra I\.i)ja. §. 12.2.), aber ilass man sie in Athen
als Ilupliten mit der schweren ücririi; bewaffnet haben
sollle, dürfte erst zu erweisen sein ; nnd wozu nahm man
gerailo die allerjüngsten , warum nicht auch die, welche
über das Dienstalter hinaus waren'? Endlich aber dürfte
«las ganze Attische Land bei seinen ungefähr 2<I,0ÜÜ
Bürgeru nicht viel mehr, als 1000 tTTi dtiTti; i-ißuJVTS^
aufzustellen gehabt haben , und diese Burschen sänimt-
lich rückten dann nach .Salamis, oder waren nach VVi-
niewsky gar aus Salamis allein? — Die Wrkündigung
au zwei Festen hat eine .Analogie in Corp. Inscr. Kr. lO^^,
wo es heisst: ävtmetv TUf arirpavuv tovtov /liovv-
aio)V Tujv iv ^aLa^uvl X(jayn)>)ui' .... x«i zjiuv-
re/ou zip yriiriy.ip dyui^-i. Doch lasse ich dahingestellt,
ob hinreichende ; was aber neben den Prvtanen und Ago-
nntl^eten bei der uvayvoevoiq der Thcsmothet soll, ist
nicht wohl abzusehen.
Die zu kränzenden Personen werden nur nach ihrem
Amte, nicht nach Vater und Demos genauut. Ich behalte
mir »or, an einem anderen Orte aber Chnridenios den
Orikeii, f haridemos, Stratios Sohn von Oia , Cbaridenio»
den AVecbslrr , (hai iiliniiis , den Snbn des reichen und
okononiisc lien l»( hiim;i( hos zu sprechen. liier nur Eini-
ges über Diütimois- Plutarchos X Oratt. p. oöti. sagt
vom Lykurgos i^jrjffloam dt y.ui /lioii-fw) ^tupiilOovi
Eiuni'jui tifjr/i in\ A n-my.J./oi c (''o.xoiTcg , -t\. h,
Ol. lll. 3; i'" lorliergehenden Jahre Har von Alexan-
dros seine Ausliefei nng gefordert worden, Arrian. I. 10.4.
Dem. ep. 111. p. (>4i. ed. B. Derselbe Diotimos war
bereits um Ol. 1 1 7. unter den einllussreichsten iMäniiern
des Staates, er mit einigen andern von den Reichen, sagt
Dem. y.UTO- ßli/d. (SJ. JOÖ. würden »ich für JMcidias ver-
wenden, Tiitjl u'iii uiönj ut' ihniifU nu(K i'H'jx, (fit taiQOi
lyij} y.ai yao (a- ii(i.iv(iifn)V. Aus diesen Altersverhalt-
nisseu ist es «ahrscheinlich , dass sein ^'ater Diojieilhes
nicht der Feldherr im Chersones Ol. lO*). war, der so
oft von Denio?(lienes in der Rede vom Chersones und
der dritten Phiiippischen genannt wird; diesem sandte
der Perserkoiiig grosse fieschenke, die aber erst ankamen,
als er»s( hüll todt war, wie Ari>to(cles Rbet. II. ^. irgend
eine Rede berücksichtigend anfiihrt. Durch diese L'ra-
slaiide erhält die Angabe des IHpiaii zu Demostlienes
p. '17 ed. Dobs. und des Scholiasten p. '.'•)! ed. Dobs.
alle Wahrsclieinlichkeit , dass eben der Feldherr Diiipei-
tlies der Vater iles Komikers lAleiiaiidros, des Kepliisiers,
geiieseu sei. — Aon <i>'in Ziisaniiiieiiliaiig unseres Dioti-
mos mit dem Nauardien , wie ihn Ilarpokration nennt,
und anderen desselben K'amens unterlasse ich absichtlich
zu sprechen.
(Beschluss folgt im nächsten Hefte.)
Ist Horatius ein kleiner Dichter? Ein Beitrag zur
Charakteristik des Horatius von Rudolf Haiti w.
Halle, gedruckt in der Buchdruckerci des AVaisen-
hauses. iSiS. 28 S. 4.
Diese Schrift, welche sich in der ansprechend ge-
niütlilirheii AVidmuiig als Gelegenheitsschrift kund gibt,
behandelt eigentlich zwei Fragen; nämlich erstens ilie
auf dem Titel angegebene und zweitens das schon so oft
besprochene A'erliähniss des Dichters zu Angustus. Beide
nicht besonders gliickli(li. Was die erstere aiibetrilft,
so besteht eigentlich Ilr. II. einen Win<li(iühlenkauipf
mit deiu Dichter, indem er diesen, was ihm nicht ein-
fiel , sich selbst einen kleinen Dichter neniien lässt.
Was Hrn.- H. zu diesem Missverständniss veranlasste, sind
die AVorte Carm. 4, 2, 27 f. ego apis Ulatiiiae | niorer
modcique etc. | operosa parvus \ Carmina fiugo. Hier
nenne sich Hör. einen kleinen Dicliler; wie stinime das
mit den bekannten Stellen, iu ileiien derselbe sein gan-
zes D.chterbewusstsein kühn und stolz ausspreche? Hätte
Hr. H. doch , ehe er diesen scheinbaren Widerspruch
auszugleichen sich bemühte, erMogen, welche s|)ecielle
Bedeutung das AVort parvus in der roinisclien Poesie
habe. Es ist bekanntlich termiiius technicus vom Liede
und der Elegie (das hiiuiile Carmen Prop. 2, 10, II.)
im Gegensatz gegen das Epos und iu der augezogenea
Stelle gegen die Pindarische Lyrik, die, in A'ergleich
zu auderer Lyrik einen oUciibar epischen Charakter hat.
943
944
Wululcrbar, «lass Hrn. H. nicht Slellon in demselben
Burlio, wie c. 1ö z. Auf.: >'e parva Tvrrhpiiuin per
aeqiior Vela darem aiifmerksaiu niacliten, weiiu ihm nicht
huudert andere beilleleii, »ie Proj). 3, '!■, b'
Parva taiii iiiagnis admorain fuiitibiis ora
Uiide (latrr sjtiens Eiinius ante bibit
und rbpiidas. v. IS :
iMcillia sunt parris prata tercnda rotis
Oiler •.>, i, \1:
Quid tibi fain parvi litloris uiida nocet?
und 4,1, .VS :
Hei milii, quod nostro parvus in ore sonus
nnd gleich im nädisfen Verse nennt er seine Brnst exi-
guuin, jjanz in dem Sinne, wie exigui elegi gesagt wird
in hezttg auf die kürzere Länge des Pentameters im Ge-
gensatz zum Hexameter. S. tn. Erotik S. 41- u. 48.
Aehnlich tvie im Griechischen iksyog und seine Derivata
anfänglich nur zur i^orwl'ezeichnung dienten, erst später
als iS'rtc/ibezeichnung , «inj die lyrische Poei-ie bei den
Römern dnrcii partus, exi{;uus, ludere von Horaz, Pro-
pcrz, V'irgil bezeichnet im Gegensatz zu grandis, niagnus,
canerp des epischeu Diclitcrs; Ovid war es vorzüglich,
welcher der lyrischen Dichtkunst mehr das Materielle
bezeichnende Beiwörter gab, wie levis, lascivus (s. auch
dial. de erat, r, iQ) und danach petulans Stat. Silv. 1,
2, 7. So wenig Properz sich für einen kleinen Dichter
hielt, so wenig that es Horaz; er, der selbst sprach:
Mediocribus esse poetis etc., hätte vor sich selbst errö-
then müssen, sich für einen kleinen Dichter zu halten
nnd doch Gedichte zu schreiben. IMan wende nicht ein,
es sei bescheidener Ausdruck; diese Art von Bescheiden-
heit wäre selbst uns widrig. Horaz sagt: „Ich ein Dich-
ter in kleiner Gattunp; dichte mühsame Lieder" nach
gewöhnlicher Enallage für: Ego operosus parva carmina
fingo. Das Bei«i>rt operosus steht im Znsammenhange
mit der dem Horaz cigentliümlichen Anrufung <les IMer-
kur statt des Apollo. .S. Klausen de Frafr. Arval. praef.
p. XII f. Diess führt uns auf die zweite Frage, welche
Hr. H. zu beantworten sich vorgenommen, warum besang
Uor. den Aug. nicht in einem Epos l Der Hr. Verf. geht
die einzelnen Oden, in »velchen AugUnt erwähnt wird,
nach ihrer muthmasslichen Chronologie durch, tadelt
hin und wieder Jani's ästhetische Urtheile, bringt übri-
gens selbst nichts Ei liebliches bei und, nachdem er das
alte Lieil von dem Kalten und Gezwungenen im Lobe
des .Augiistiis wiederholt, auch nicht der Briefe des Au-
gust an den Dichter vergessen , schliesst er S. ..'rt seine
Untersuchung mit dem Resultate: „nicht in der .Stellung
des Augustus zum Dichter, sondern einzig; und allein in
Horatius sei die Veranlassung (soll wohl heissen Ursache)
xa suchen, dass in den meisten Gedi<^hten des Hör. aa
jenen nicht warmes inniges Gefühl zu finden sei." Ganz
richtig, doch aus ganz anderen Gründen, als Hr. H.
meint und zwar aus den Gründen, welche H. selbst
anführt, und die ein hypernkeptischcs Grübeln, das am
Ende allen Boilen wegnimmt, leichtsinnig verwarf. Nur
eine gänzlich absfricte und verworrene Vorstellung von
Republik konnte den Hör. zu einem Republikaner ma-
chen, ihn, den Satirendichter, welcher einen grossen
Theil seiner Gedichte zur Blüthezeit der Aristokratie
schwerlich ungestraft hätte publiciren dürfen. So weni«'
der, yvelcher die Kraft des Mittelalters bewundert, dess-
wegen dasselbe zurückwünscht, so wenig braucht man
darin, dass Horaz den Regulus und Cato bewundert, re-
publikanische Jiynipathieeii im Sinne dieser Aläiiner zu
linden. Horaz ivar achtungsvoll gegen August aus der
innigen Ueberzeugung, derselbe sei eine jVothwendig-
keit, er verehrt ihn mit Wärme, wo er sein löbliches
Streben, Sitte und Recht wieder herzustellen, erwähnt,
er bewundert sein Glück nnd empfindet <lieselbe Ehr-
furcht, die uns alle ergreift, wenn wir Jemandes langes
gefahr- und mühevolles Leben von beständigem Glücke
begleitet sehen. Innigkeit und Wärme äussern aber solche
kritische Naturen , wie Horaz war, nur gegen die näch-
sten Freunde, und wir behaupten, unser Dichter habe
so wenig ein preisendes Epos schreiben können, als Les-
siiig eine IMessiade. AVenn August sich beklagt, dass
ihn Hör. nicht in den Satiren envähnt, so lag darin ein
sehr richtiger Tactdes Dichters, und wenn jener die bekann-
ten Worte hinzufügt: An vereris no tibi apud posteros
infame sit etc. so weiss ich nicht, ob mehr darin liegt
als ein unbefangener , harmloser Scherz, »vie ihn August
so sehr liebte. Ihn zu preisen konnte zu einer Zeit
nicht unanständig erscheinen, von der Tacitus selbst sagt
Ann. 1,1: temporiiusrjue Augusti dicendis non dcfuere
decora ingenia donec (nämlich etwa zur Zeit nach IIo-
razens Tode) gliscente udalatione deterrerentur ; ihm zu
dienen, liebte Horaz zu sehr seine Unabhängigkeit, für
die er selbst sein Gütchen dem IMäcen zurückgeben wollte.
Zu preisen deuEpopöen, zu verherrlichenden Gelegenheits-
gedichten gehört ein ungetheiltes Vorherrschen der Empfin-
dung vor der Kritik des Verstandes; wem diess nicht gegeben,
der bleibe davon bei aller Anerkennung des zu feicrndea
Gegenstandes. Lessing, um denselben, der mit Horai
so manche Aehnlichkeit hat, noch einmal zu erwähnen,
verehrte Friedrich d. Gr., besingen wie Ramler und GIcim
konnte er ihn nicht. Ferner bekennt der Dichter selbst, wie
ihm die zum Epos nothwendige Eigenschaft, anschauliche
Beschreibungen , z. B. von Schlachten , zu machen, gänz-
lich abgehe (Sat. 2, I, '2-' fl-). Solche eigene Geständ-
nisse haben doch wohl mehr Gewicht, als die wunder-
samen Argumente, welche Hr. H. auf den letzten Sei-
ten anführt, dass nämlich H. gar wohl ein Epos, wenn
er ycwjlil, li.üte schreiben kiiniieii, iIl'iui — M.iecen ti. A. hät-
ten ihn il.i/,u anfgcfoidert , denn — ci- gälic selbst Regeln über
d.is Kpcis in der A. P. , denn — er li.ibe reclit !;ut <l.iklyliscli-
liei'oisclic Hcsamcter bililcn kiiniicn und (Hr. H. setzt hinzu:
noch mehr) li,ibc schon den Willen scliaht , es /u Ihun (Carra.
4, t5) Den scheinbaren Willen llieilt er in 'ler iililichcii poe-
tischen Form aiissesprochin , treilich mit Pinpcrz , Ovid und
wer weiss welcher Mcn^e Dichtern. — Man lasse es endlich,
veifi'ihrt durch die Künslliehkeit unserer socialen Veibaltnissc,
dem Dichter etwas anfziibiirden , was iliin fremd ist, und fasse
sein Verh.illniss zu Anglist rein und klar auf, \\'\e er es selbst
schildert iinJ wie es durch alle sonstige Angaben bestätigt wird.
Nicht Antipathie, wie Hr. H. meint, war in It., aber aucli nicht
jene reine Uiiidliclic Empfänglichkeit für Bewunderung , welche
Virgil inwulinte, und yvelcbe. ebenso gut und mich iiftcr zum
Panegyrikiis treibt, als. was Hr. H. als Bedingung anniiiinil, innige
llariiifinie /wischendem dichtenden ücistc und dem r.igcnstande.
(Ireifswald. Patdamut.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft
Mittwoch^ 2. Octoher
18 39.
Nr. 118.
Die ITrkundcn in Deniosthcnes Rede vom Kranz.
(F o r ( s c t z u n fj.)
IX. Das Zeugniss der ^reopagilen.
Das »orliegenile Acfeiisiiiik ( g. 135.) ist nach \Vi-
niewsky's Vcriiiuthuiig mit «'er schon oben lesprocliencn
Zeugenanssage über Anaxlnos (g. 137.) nicht für den
gegentiärtigcn Process liber den Kranz aufgenommen,
sondern bereits fn'iher, als Denioslhenes gegen Aischincs
wegen seines Verliältnisses mit Anaxinos hat klagen wol-
len , abgegeben und jetzt etwa zivülf Jaiirc sp.'iter ans
den Acten des gar nicht zu Stande gekommenen Proces-
ses entlehnt «orden. Schon früher haben wir unsere
wesentlidien Bedenken gegen diese Verniutiiung geltend
gemacht, eine Vermuthnng, die auf Seltsamkeiten in
jenem durchaus vcnladitigen Zeugnisse begründet war.
Dass rielmeiir die beiden Zeugnisse, die Demosthenes
verlesen lässt , ausdrücklich für diesen Process abgegeben
waren, ergibt sich aus dem beidemal gebrauchten Aus-
ilrack v.äl.tl f^ioi toi<to)v jot'i fLw.üTi'oac. Oder sollte
der voraussetzliche Gelehrte Zeugenaussagen von einem
nie geführten Process eher gefunden haben, als die in
dem berühmten Process über den Kranz wirklich abge-
gebenen 1\
Soll also diess Zeugniss überhaupt echt sein, so nniss
es dasselbe sein , das Demosthenes hat verlesen lassen.
Nun begin/icn die Zeugen, vier Areopagiten, ihre Aus-
sage folgendermaassen : ^iuQTV()Uirn zii}f^toa9evsi vrjztQ
dir UV T vir oi'ÖE. Wie kann ein Factum, das wenig-
stens zwölf Jahre vor dieser gerichdichen Verhanrllung
in der Sitzung des Areopags vorgekommen war, von die-
sen vieren im Namen aller Areopagiten bezeugt werden,
deren doch natürlich ein grosser Theil erst seit jener
Zeit in den Areopag gekommen sein niuss? Ferner wenn
diese vier im Namen aller zeugen, wozu sind denn noch
vier ubthig , warum nicht lieber eine amtliche IMilthei-
lung aus den Protokollen der Versammlnngl Aber De-
mosthenes ruft ja selbst die Zeugen auf. So ist das ein
Zeichen, wenn nicht dafür, <lass der Areopag keine
Protokolle führte, so doch dafür, dass der Areopag hier
nicht ein amtliches Zeugniss abgab, sondern die Zeugen,
als damalige Mitglieder des Synedrions, das von Demo-
sthenes gewünschte Zeugniss in ihrem eigenen Namen
leisteten. Und das ist auch natürlich ; denn wie wird der
Areopag, was doch nothwendig gewesen wäre, in einer
Sitzung eigens beschlossen haben, dass die und die Na-
mens Aller zeugen sollend Auf ilie sehr trivialen Namen *)
dieser vier Ehrenmänner aus dem Areopag ist Nichts zu
geben, wohl aber mag man in einem Zeugniss dieser
Art eine Wendung wie UTl TOV dij/tov 7ror£ t^'^^-
TovriOarTog für etwas durchaus Wunderbares ansehen.
Ein anderes entscheidendes Bedenken wird weiter unten
zur Sprache kommen.
Demosthenes 1,'isst dicss Zeugniss vorlesen, nachdem
er erzählt, wie Antiphon, der durch die Abstimmung
seiner Demotcn als Nichtbürger ausgestossen worden sei,
dem Philippos sich erboten habe, die Attischen Werften
zu verbrennen, wie er dann durch Demosthenes ergriffen
und vor das Volk gestellt sei, Aischines aber durch sein
Geschrei die Loslassung erwirkt habe, woranf der Areo-
pag denselben von Neuem ergriffen und der Gerechtig-
keit überliefert habe. Darauf habe das Volk für den
von den Deliern begonnenen Streit über den Delischen
Tempel Aischines als Anwalt gewählt, der Areopag aber
denselben aus Rücksicht auf die Antiphontische Sache zu-
rückgewiesen und dem Uvperides zu sprechen aufgetragen.
Uebe" diese Dinge hat Bückh in seiner schönen Abhandlung
„Erklärung einer Attischen Urkunde über das Vermögen des
Apollinischen Ileiligthums auf Delos" (Abh. d. Berl. Akad.
aus dem Jahre lS34j p. U ff- gesprochen. Deinarchos (xutu
Jij^toa». g. 63.) sagt: tdii}i] tujv äcp 'AQfxoSiov
yeyovoTMV elg x«Ta to ouv itQU<iTay(^a.- iar^eßkoj-
aav 'JvTicpijivTa y.at ä^rATHtvav ovroi ttj r/;g fiov-
kr,g äiTOCpüaei Tteio^iire:. Diese Bezeichnung des
Antiphon als Nachkommen des Ilarmodios und nicht min-
der das Verhälfniss, das er mit Philippos anknüpfte,
scheint es glaublich zu machen, dass er derselbe ist,
der Ol. lOJ. 3. mit Charidemos an Philippos abgesandt
wurde, wegen Amphipolis zn unterhandeln (Theopomp,
bei Suidas Ti tari). Wie arge Dinge bei solchen Ab-
stimmungen der Demen vorkamen, lehrt unter Auderm die
Demosthenische Rede gegen Eubulides, und dass die
dort besprochene d!alp>'ff"J/i aus dem Jahre des Archia»
Ol. 108. 3. zu vielen Intrigucn Veranlassung gab, zeigt
unter Anderm des von dem Schauspieler Philemon (Aristo*.
Rhet. in. IJ.) bestochenen Timarchos Verfahren gegen
Philokades deu Kydathener (denselben, gegen den in an-
*) Die Areopagiten hcisscn : Kallias , der Sunier, Zenon,
der Plilycr, Klean, der Phalerecr, Demonikos , der Ma-
rathonier.
947
derer Sache eine Rode lies Deinarrhos ferir)i<et war,
B. DioiiTS. de Ulli. |j. ,')i() ed. Taiicli.) AiscLiii. /.(ird
y'iiiaoy. §. It4. 77. Ans dieser fi/c'.ilii;(ffO/z auf der
einen, und der bei Deni(>>tliriif-i gleirli nach dem ror-
liejenden Zeugnisse liesiiroclieiien An« esenlieit des PydioD
in .Athen anf der andern Seife hat 13üikh, indem er
letztere mit AViiiieivskv in Ol. Kl'). 1. setzt, die Zeit
des Delisdien llc( litsliaiidels in oder gleicli nach Ol.
lOS. .'■!. bestimmt. Jedenfalls mnss IJeides , der Delisrhe
Rerlitsliandel , sowie das Verfahren gejjen Antiphon narh
Aisiliines Rede jjejen Timarrhos anifenommen werden,
da der Redner, »enn er zneimal so bitter durch den
Areopa^ "jekr.'inkt «orden, «olil nieht jene ehrenvolle
Schilderung |5}. Sl fl. gemacht haben »vürde. Wir haben
g«fundeu, dass die Gesandtschaft des Pjthon in Ol. IQ!)- 4.
gehört, und da »vedcr Deniosthenes , noch Aischines in
der Rede riioi TTdoaTtotoßitO.s ''a« Geringste Tiber An-
tiphon und die Delisrhe Angelegenheit äussern , glaube
ich annehmen zu müssen, dass beide später, als diese
Reden edirt worden, anzusetzen sind. Und mau niiiss
gestehen, dass et»va das Jahr .i4.? oder H4 1 für diese
Angelegenheiten ungleich passender ist, als ein früheres.
Dauials, als der Krieg ^egen Bvzanz und den Chersones
begann, konnte Philippns ein Interesse haben, die Atti-
schen \\'erften zu verbrennen, oder Demosthenes es den
Areopagiten uahrscheinlich machen, dass er es beab-
sichtige. Ja, Deniosthenes deutet weder in der dritten
Philippischen, noch in der lom Chersones iliess hüchst wich-
tige Factum au und hätte doch namentlich in der letzten tS. 45
(tu)v dt '.Idijn-oi kiiiivdjv y.ai vtrviouuv y.ui voiiioiov
• . . ory. l-rTtüviiSi'v ) kaum davon schueigrn können-
Ich bin überzeugt, dass die Ergreifung und Hinrichtung
des Antiphon in den Herbst dieses Jahies .S4l g-ehürt,
wofür auch die Stelle in der Rede, wo Deniosthenes
davon spricht, entscheidet. >"i<ht mit llnrecht datirt er
(§. ()U. und 7(1.) vom Jahre des Pvthodotos seine Staats-
verwaltung; seit dieser Zeit leitete er die Politik der
Stadt, unterstützt durch den Areopag, seit dieser Zeit
wurden höchst energische und znm Theil rechtsverletzende
3Iaassregrln ergriUcn, um das >'oIk zum Kriege und z{ir
Jiöcli>ten Anstrengung zu steigern, um es dem Eintluss
der Reichen, der Friedenspartei zu entziehen , iliirdidie
eben jetzt die AVahl des Aischines zum Anwalt in der
D.-lischen Sache und im folgenden Jahre die des Aischines
und .Ueidias zu Pdagoreu durchgesetzt wurde. Seltsam
genug standen die zwei Parteien gegen einander;' Demo-
slhcnes, der sich von Anfang her den Vertreter der Ar-
men gegi-n die Reichen genannt hatte, agirte nun mit
dem Aeropa;;, dessen Beruf und Stellung etwas durchaus
Lndemokratisches an sich iiatte , und jene Reichen wie-!
iler, deri'ii Fnlirer Eubiilos, so lange mit dem grüssfen
Vertrauen von Seiten des Volkes ausgezeichnet, den
entscheidenden Linlluss in der Verwaliung des Staates
gehabt hatte, sehen "sich jetzt trotz der Popularil.'if , die
sie zu haben glaubten, den Aufeindungeu des Areopags
ausr,,.<,.|,,<^ ,|r„ ,„,„ seiner >atur nach eher auf ihrer,
als der <i'egi,er S.-ife zu finden erwarten mnsste. Seit
dersell.cu Zeit (Ol. lU". i. ) übernahm Lvknrgo, die
Verwaltung, die er so rnhmli.h fnhrfe, nn(( seit dersel-
ben Zeit begann jene Verbindung mit dem Pclopounes
948
und Eubofa, deren nächste Folge die Befreiung der Insel
und iler Angriff anf Thessalien, die Kriegserklärung
gegen Philippos, die Rettung von Bvzanz und dem Cher-
sones wurde.
Nun beachte man Aischines Thätigkeit in Delphui in
der Frühlingspvlaia 339; was dort geschah, war den Athe-
nern durchaus unerwartet, sonst würde man unmöglich
Aischines Wahl als Pjlagoros dem Areonag zur Cassirung
vorzulegen unterlassen haben. Athen entzog sich Act
ausserordentlichen Amphiktvonenversaminlnng und decre-
tirte an dem, was dort beschlossen, gethan oder bera-
theii würde, keinen Aiilheil haben zu wollen. Und in
solchen Zeitläuften sollte siih Athen dein Ausspruch der
Amphiktvonen in Bezug auf den üelischen Tempel aus-
njesetzt haben? AVurde Antiphon im Herbst 34 1 hinge-
richtet, so konnte die Delische Sache erst in der Früh-
Ingspylaia 35U nach Delpboi kommen; und damals war
zwischen Athen und Ulakedonien schon fast oH'enbarer
Krieg, wenig fllonate später wurde die Stele des Frie-
dens umgestürzt; ilenselbeii Verlauf iler Dinge, welchen
Deniosthenes und seine Freunde nach Aii^ihines unseliger
fliission als unvermeidlich erkannten {■^lukenov Eii; tijv
'./zTiy.i^v et^aysic Tzuksfiov 'A^Kfiy.THuviy.ov Dem. imeo
Axra. 1^. 143.), sie sollten ihn, wenn nicht selbst her-
vorgerufen, so doch durch Sendung des 11 vperides gleich-
sam im Voraus anerkannt haben? Doch wird mau sagen,
gerade diese Sendung war das einzige Mittel, solche
gefährliche Weiferungen zu vermeiden, die sie fürchten
musstm, wenn sie, in üelplioi von den Deliern verklagt,
sich diesem Gericht nicht stellten; und da \tir aus In-
schriften folgern können (Corp. Iiiscr. Nr. I <)').), dass
Athen in diesem Process gesiegt, so ist ja ihr Verfahren
ohne alle Gefahr gewesen. AVir nehmen an, dass Delos
so gilt wie Athen zur Amphiktjonie und zwar zu der
Ionischen Stimme gehörte; dass aber der Bund ein ge-
richtliches ^'erfahren dieser Art zwischen Ainphikf voiien-
gliederu einzuleiten gehabt habe, müsste erst bewiesen
werden. So oft Philippos .den Athenern gerichtliche
Entscheidung über Halonnesos , Kardia u. s. w. anbot,
nie war davon die Rede, an die Amphiktyonie zu gehen.
Aber, sagt mau, hier handelt es sich um heiligen Besitz.
Als die Athener die Insel besetzten, als sie Alles bis
auf das Heiligfhum wieder freigaben, geschah es wohl
xctTU -/oljoutjv Tiva, wie Thiikvdides sagt, aber nicht
nach richterlicher Entscheidung iler Delphischen Am-
phiktvoiiie. So glaube ich, dass dieser Streit durchaus
nicht von der Delphischen Amphiktvonie entschieden
werden konnte. Dafür linden wir einen Beweis in den
Worten aus Hvperides ^i/k/axui (bei Boeckh p. IS )■
£vxuvi}i ^üirai 'u(/j 'A:i6K\o)VI ÖGi]fd()ai, y.ai /as-
p/'s y<u Seinvuv nauavi'JcKi.i. Diess ,^hier''^ kann
durchaus nicht, wie Bockli meint, Delplioi , es kann nur j,
Delos oder Athen sein. l'nd allerdings findet sich eine 1
uralte AmpliiktMinie von Delos, aber — diese Amphik-
tvonen von Delos seit der Wiederherstellung durch Athen
sind Attische Beainfete ('J/i(f//.Ti>uvCi \i"hjvaiujv ) wie
die Inschrift aus den Jahren Ol. 1Ü(». 4. bis Ol. Idl. 3.
bew.isel; und seit jener Zeit bis auf Ol. lll. ist keinß
Ver.'iiiileriing in diesig Vcrii.'llliusse gekommen.
Wie man sich die iSache auch saust fingiren mag,
949
950
weiler vor «Icn Delpliisclieii , noch vor »Ipii Dcllsrlion Am-
pliiktvoiien können «lio Delier ihre Klaj;c anhänjjij pfe-
niachf Italien, unti in Delos oder Atlien inuss <lie 8arhe
verhandelt sein: üeniosthenes sagt : )■ fjuuKi] ;; ii; -I(jtiov
Uuyov .... x^tuuTui'ii(rdi'TOjv uvvov i'fxuiv ovvdi-
y.ov vtiIq Toi' h()ou lov iv zii'^Xv) .... tu; ttqosi-
Xeirde 'jtaxeivj^v y.ai tov TTgäy/taroq xcgiav tnoii^-
crars, tuinov pep cvOvg diri^Kaasv wq nQuducijv ,
y^iegidr] öe Xeyetv 7TQ0i;frat£ , uml liann , nachdem
«las Zeti<rniss gelesen worden: oi'V.Oliv iiTE xoi'TOV fJik-
liovToq Atyeiv, diTijkaiTSv ai'vuv l) ßoi'Xi) xae tt^oc-
£Ta^6V£T€^(», TviE y.ai Tt()o8uTr]V (hat y.ai xuy.o-
l/oi'V t'fav dniqijvev ; leider ist das wc noosil.£ad£
y.dy.tivrv durchaus undeutlich und wird auch durch die
Emendation ngozeiLsoda nicht «tuen besser; die AVen-
dunj bei I)eir>archos (znr« ^'if- §i- ■^^^•) dvd.yy.Tj ti^v
fjoiikiJL> Ti^jv i^ '^lotiov ndyov xard dio TQurroi.;
7roi£i'o!}at Ttti^ d-Tocfdcre/i ndoa<; . . . ijToi ai'rrii/
X p () fXo iisitj V y.ai Uirr.aacrav ri tov Sijjiov ngog-
Tr/.^ti.'TUi ai'TTJ , diese VVendunj; würde, wenn man
sie als die des officiellen Spracl^^cbrauchs uehmen darf,,
für unsere Stelle eine Emendation ergeben , wie mau sie
in dieser Rede des Demosthenes nicht wagen darf. Gern
Hürde man aus dem yfolav 'ina/rrravs un<l dem /itk-
^ovTOg ktyiiv entuehmen, dass die Sache vordem Areo-
pag verhandelt worden , wenn statt des zweimaligen
3Tpo5r«rTf/i' etwa y.tkfl'S/v oder at/orv stände; das-
selbe wi'irde unter Andern auch Pliilostratos bestätigen
(Vit. Soph. I. 18.): £71/ de xiji xuvailii-qto9ivTt '.4v-
TKfujvTi ijkv) [t>) y.oiDeii xai dcpeikowo atnuv oi i^
.■I^siuv-Kayov ru fui ov ovvim^iv crcpicnv vnsQ tov
Ifuov TOV iv /irj.ip. So sonderbar es erscheinen mag,
ich glaube Delos hat Athen in Athen selbst verklagt; es
haiidelfc sich ja um eine Frage, die man wenigstens als
eine rein juristische ansehen konnte, und Delos riskirte
eben Mclits weiter, wenn es den Attischen Staat dahin
beHegen konnte, einmal die Sache auf gerichflichem
AVege zur Kntscheidung zu bringen und sodann si( h mit
den Dcliern, nach der für dergleichen Verhältnisse lier-
kömniliilieu Weise des Hellenischen Staatsrechtes, über
eine .t«//^ t/./.htjjoz oder Aus(ragalin.*taM2 zu verstän-
digen, an die beide Parteien nach erfiiigfem Spruch ap-
pelliren konnten. Dass sich aber Athen auf jenen ge-
ricliiliihcn Weg einliess, mag hinreichenden Grund in
den polidschen Verhiiltiiisseu der Zeit haben; und dass
Philippos auch auf ilen Inseln um Delos herum sehr
thatig war, er{i;ibt sich aus dem , was Demosthenes ((;jT6p
Är;-0. ^. 19".) über Naxos und Thasos sagt; und unter
den Pianeu <les Alexandros, deren .Ausführung sein Tod
liiiiderte, war auch der Bau eines Tempels in Delos
(Diod. Will. 4.).
Ohne die weiteren politischen Combinationen zu ver-
folgen, die sich hier ergeben, wiederhole ich, <lass von
einem Aniphikfyonischen Process fii^'lich nicht die Rede
sein, und die derartige Bezeichnung in dem vorliegenden
schon verdächtigen Zeugnisse nicht elien zu seiner Ehren-
rettung dienen kann.
X. Das Tiieraichinclie Gesetz.
Die Zeit, worin das Tricrarchischc Gesetz des De-
mosthenes (§. 105 ff.) beantragt «orden, oder richtiger
in Wirksamkeit getreten ist, scheint sich aus der Anord-
nung der Rede vom Kranz zu ergeben ; denn wenn die
rednerische Anordnung auch keineswegs die einer stren-
geren Chroiiol(?gie ist , so mnss sie doch von derselben
in soweit biherrscht werilen, als die Be(leiiten<lheit und
der Einfliiss des geltend zu machenden Factums durch
sie bedingt ist, und erst durch die Einsicht in die ge-
schichtliche Folge der besprochenen Begebenheiten kann
man die ungemeine Kunst der Anordnung, die Demo-
sthenes in dieser schönsten seiner Reden bewährt hat,
vollständig erkennen.
Aischines hatte Demosthenes offeutliche Thätigkeit in
vier Hauptabschnitten betrachtet, seine Theilnalime an
dem Frieden iles Philokrates , sein Benehmen während
dieses Friedens (,J4ii — 341), die Kriegsjalire , dann die
Zeit nach <ler Schlacht von Chaironeia hinter einander
besprechend. Demosthenes folgte der Aufforderung des
(iogners nicht, dieselbe Anordnung zu beobachten; als
draussen liegend absolvirt er in der Einleitung jenen ersten
Alischnitt; von der Zeit erst, wo seine eigentliciie Vor-
st.^ndschaft im Staate beginnt, will er genauer sprechen
( ^. ti().). Aber die Auflösung, des Friedens, macht er
geltend, sei auch noch nicht sein Werk genesen (1^.71.
7".), die A'erhandlnngen über ilie Plünderung der Schilfe,
die den Krieg zur Folge hatten, seien ilnrch Aristophon,
Eiibulos , Diopeithcs , nicht ilurih ihn gemacht »iirden.
Aber was er selbst gctiian und geniikt, das nimmt er
nai h einander und natürlii h in der Weise durch , wie
jedes am bedeutsamsten erscheint, und zwar zuerst seine
Tliätigkeit zur Befreiung von Eiib<iia, dann die Expedi-
tionen zur Rettung von Bvzanz und Perinfbos , dann das
Trierarchische Gesetz. AVäre das Trierarchische Gesetz
früher, als der Seezug von Byzanz, so hätte Demosthenes
es nicht bloss vor demselben besprechen, er hätte geltend
machen müssen, dass die herrlichen Erfolge jenes Zuges
einzig und allein durch die Verbesserungen, die er in
der Trierarchie gemacht, möglich geworden seien; das
aber sagt er nirgends. Vielmelu' wo er von dem Seezuge-
nach Byzanz spricht {dnorfiöt ovq äTCavTUC, ÜTlLaTtlka
^. fSO.) , erwähnt er, dass er die Sendungen beantragt
habe , spricht er noch nicht von den neugeordneten Trier-
archieen, -was nicht zu vermeiden gewesen wäre , wenn
sie jenen vorausgingen. Ebenso weiss Demosthenes nach
Lesung des Gesetzes, wo er beweisen ivill, TltipC-v hpyoy
8eöuyy:evai , nur anzuführen, dass keine Klagen der
Trierirchen wegen Bedrückungen vorgekommen , kein
Schiff verloren oder bei der Fahrt nachgeblieben sei,
und hätte iloch nieder hier von dem Einlluss desselben
auf die glückliche Beendigung des Seezuges sprechen
müssen, wenu es demselben vorausging. Aber freilich
stehen hier die AVorte: ■:id.vTa ya.o tov TEoks uov
TW!' dnoarokvjv yiyvoftsvutv y.aza ■vov vöf^ioi? tov
SUiV, womit, hcisst es, man doch den Bvzantischea
Krieg gemeint voraussetzen müsse. Allerdings nach der
unrichtigen Ansicht, als wäre im .Sommer {39 Friede
gi-niacht und im Frühling 33S der Amplilktyonenkrieg
begonnen. Aber wir haben uns überzeugt, dass der Krieg
ohne Unterbrechung fortHährte, und es ist keine Frage,
dass Athen nach dem Entsatz von Byzanz seine Seemacht
951
952
sonolil «lipsea Herbst '^$9, als im ii.'irhsfcn Jahre thätig
sein Iiess; daäs die^s Demostlieiips libcrtreibeiid TT M v t a
ro'.' TTuKeiiuv iipiiiit , »viril Nii-iijaiul aulTalleiKl fimlen. *)
Dass die Tricrarchie mit dem Aiifaiijfe des bi'irjjer-
lirheii Jahres bes:^"" i '** unter Aiiderm aus der Rede des
Dcmostheiies :ri>o; flokiy.Kic'.^- 14 t'ar; danach zu urthei-
Icn, musste die von Demosthenes gemachte Neuerung mit dem
vollen Jahre und zivar Ol. 1 l(). ,'. beginnen, das Gesetz aber,
da es- die Klage der Paranomie lorher ilurchzumarhen und
gewiss mit vielen Intriguen iler Reichen zu kSmpfen hatte,
«ar gewiss geraume Zeit, Monate lang vorher beantragt
ifordeii. —
Demosthenes will die von ihm gemachten Trierarchi-
schen Ucstiininungen verlesen lassen; er sagt (|§. 10>)
Xrti iiioi /Jye Touicov uev to (pi/(f/oua y.aff ü £i;i]k-
9ov Tlf youcpijv. Statt dessen finden wir nun in un-
seren Blichern ein seltsames Ding, eine Art von Protokoll
nicht, sonilern von Bericht über ilie Geschiciife des
Gesetzes: dann und dann brachte Demostlienes ein Gesetz
ein, statt des bisherigen Trierarcliischen , Ruh uiuM'^olk
nahm es an, Patrokles klagte dagegen aul Gesetzwidrig-
keit und gewann nicht den fünften Tlieil Stimmen und
xahlte ille füiifliundcrt Drachmen Strafe. Dass diess es
nicht iit , was Demosthenes hat verlesen lassen, versteht
sich von selbst. So hat wolil der oft besprochene Ge-
lehrte, der die Urkunden einschaltete, statt des eigent-
lichen Antrags, den er nicht in den Archiven und resp,
Sammlungen fand, diess Protokoll aufgenommen? Boerkh
de .-trch. pseud. p. 140. sagt: hie libellus de absoluto in
yoauv rcuoavöuujv Demosthene in acta senatus et po-
pali relatus iit de ratihabitione legis constaret etc. Aber
>venn ein Psephisma angenommen war, so konnte es
durch eine you.(fj7j TtuouvuvuiV zwar einstweilen suspen-
dirt werden, trat aber nach glücklichem Ausgang des
Processes in seine Gültigkeit, ohne durch jene Ivlage
im geringsten besser oder schlechter geworden zu sein;
-«vozu also der Beisatzl Ferner, mochten die Acten der
K.lage immerhin denen des Gesetzes beigefügt werden,
80 bildeten sie doch keineswegs etwas wesentlich Zusam-
mengeliörendes ; und da gleich darauf in unserer Rede
auch die Rataloge zu lesen sind, so miiss man sich wun-
dern, dass diese, die doch ein integrirender Theil des
Gesetzes waren, gerettet worden sind, während das Ge-
setz selbst verloren ging. In dem Acteiistücke des Ge-
setzes kann demnach das Protokoll nicht gestanden haben;
so wird es also aus einem Journal der Bule, der Ekkle-
sie , des Mctroons u. s. w. sein? Oder es beginnt mit
den Worten ETti doxovTOi Ilokvyj.envi , und der muss
ja nach der oft besprochenen Hypothese der Prvtanien-
schreibcr sein , dessen Name an die Stelle <les als Fach-
überschrift verlorenen Archontennainens gesetzt worden
sein soll; also doch wieder aus dem Archiv und aus dem
Acteiistücke im Archiv, Und wieder diess ist vollkommen
anmüglich; es heisst enl UQ^^^owog Hokvxksovi;, jj,ijvdq
*) Um Einwänden zu bejcunen , bemerke ich , dass to riXev-
TuTf)!' bei Aischin. xutu Krtju. §22.1. keine chronologische
ISeatiinmung ist, s. Winicwsky p. 350.
BoijSQoutoivoi; syrrj sn't Siy.a Jlokvy.keovq .....
cpv/.ij; ■jTOiTUVtL'oiai]^ 'iTlno^otuiTiöot; zJijfioad-evT}^
. . . et'iiivsyy.e vüfiov .... x«i iirexs'QOToyijaev i)
/jovkij y.ul 6 dij^io^- y.al d^ijveyy.s TVagavomov zJij-
fioai^ivst llaxoo^kr,q (Pkvei's, ycü tu, /itQuq tiov ijj);-
(füjr Ol' kaljuiv drtiTtae tu^ Trevruy.ooiaQ Sija^^udi;.
Soll diess Artenstück, was es auch immer bedeute, echt
sein , so musste es in der Datirnng eni Ilokvykiov^
ohne ((QXnVTOi gelautet haben; Polykles war dann
Schreiber der dritten Prytanie ; am vierten Tage derselben
brachte Demosthenes das Gesetz ein , gewiss erst iu den
Ratli ; bis es dann in die Ekklesie kam , die Klage ein-
gebracht, instruirt, vor Gericht verhandelt wurde, war
doch wohl die dritte Prytanie längst zu Ende ; wie konnte
denn nun noch der Schreiber der dritten Pr^-tanie an der
Spitze stehen? Oder sollen die Worte von xni dirijveyxe
TTt'.oarouoif an etwa gar von der Hand eines späteren
Prvtanienschreibers beigefügt sein? Wozu hätte dann
sich Polykles die Mühe genommen, das bei dem Acten-
stücke beizuschreiben, was fast ebenso kurz in dem Pse-
phisma selbst stehen musste? War die Beifügung, dass
das Gesetz die Paranomie glücklich überstanden, so wich-
tig, warum schrieb iler Schreiber der späteren Prytanie
nicht nach der Datirung etwa so: ,, nachdem Demosthe-
nes das und das Gesetz eingebracht, und nachdem es
vom Patrokles als widergesetzlich angeklagt worden , der-
selbe aber im Process nicht den fünften Theil der Stim-
men erhalten , und in die betreffende Strafe verurtheilt
ist, tritt das Gesetz in Kraft.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
M ii n s t ereifel , den 27. Juni. Bei dem eine Stunde von
hier gelegenen Dorfe Wei ng.i r te n sind beim CUaiissecbaiie
die Funilainenic eines alten Gebändus t>Iossj;elegt wurden, die
n.icb der eigiiitlii'iinliclien Abllieiliin;; und Ausdehnung;, sowie
dem zum Tbeil i^ut erhalleneii Mnsuikbnden, auf ein römisches
Bad scblicsscn lassen. Zu bemerken ist dabei ein kleiner Kanal,
der von dem Gebäude auf das Eiftflüsschen zufiihrt , sowie der
Umstand, dass sich die Roste dieses einsl glossartigen Gebäu-
des ganz in der Nabe des sogenannten Teiifclskanals , einer
rüiuischen Wasserleitung, von der liier nocli grosse Stücke gut
erhalten sind, befinden. Wie verlautet, soll von Seiten der
Königlichen Regierung zu Köln weitere Nachgrabung beabsich-
tigt sein, so dass man vielleicht interessanten Entdeckungen ent»
gegonselien darf.
Zwickau. Das Programm zur ülTenllicben Prüfung am
dasigcn G.vninasinin vom is — 20. März 18.39 entlialt zwei Ab-
handlungen des Conrector und Bibliothekar Köhler: de vete-
ruiii scriploriiin usii in ciiiincialionlbns verbo adfirmanlibus , rc
ncganübus; und: Incnnabulorum bibliotbecie Zwiccaviensis fa-
siscnliis priinii« (37 S. 8 ) und Scliiilnacbricblcn vom Rcclor
F. G. W. Hertel. Ans dein Lebrercollcgiiini war der Collabor.
Straube ausgetreten, weil die 6- Classe, für welche er ange-
stelll war, wegen zu geringer Schiiltrzahl eingezogen wurde,
der Conrector Köhler halte freiwillig um seine Entlassung ge-
beten , iini sich in die französische Schweiz zu begeben. In
diesem Jahre sind 2 Schüler mit iler I. , 4 mit iler II Ccnsur
abgegangen. — Vor Kcirzein ist die Dircction des Gymnasiums
auf den Prorector Fr. E. U aschig übergegangen.
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaft.
Freitag 3 4. Octoher
18 39.
Nr. 119.
Die Urkunden in Demosthenes Rede vom Kranz.
(Fortsetz ung.)
Somit findet die Bückh'sche Hypothese bei diesem
Doninient keine Anwendung; ebenso wenig' ist es das
Psepliisma, welclies Demosthenes vorlesen liess; ebenso
wenig ist ein Zusammenhang denkbar , in dem diese Art
amtlicher ProtokoUirnng vorgekommen sein könnte; ebenso
wenig endlich ist der Inhalt von der Art, dass er dem
Glauben an die Echtheit dieser Urkunilen den geringsten
Vorwand geben könnte.
Denn passt nicht einmal die Bückh'sche Hypothese
für den Pseudeponymos , so ist das STil üoj(OVTO^ IIoKv-
y.ktovg als der schlagendste Beweis der Unechtheit und
als ein Zeugniss fiir die Ignoranz des Erfinders nicht
mehr abzuweisen. AVenn derselbe schreibt xai f.TlS'/^il-
QOTUVljOS >'; ßovXr, xai ö örjitOQ, so ist gar nicht mehr
abzusehen, was sich derselbe gedacht, da der Ratli nur
das iifjoßovXeveiv hatte. Und zum guten Ende fügt
derselbe noch hinzu dnezids Tag rx cV T av.o a i ag
ögaxfic-i , wiihrend sich von der Klage naaavofiujv
namentlich nachweisen lasst, dass der Kläger, wenn er
verlor , 1000 Drachmen Strafe zu zahlen hatte (Bückh
Staatsh. I. p. 408. Bleier und Scliöniann Att. Proc. p. 436);
es ist diess das einzige Beispiel einer Strafe von öOü
Drachmen. — Nach diesen Dingen wird man nicht
mehr iiöthig haben, die Worte ^ijjioot^Sl'ljg . .. alii]V£yy.£
vÖltOV ei'i TU TQir^QCt^-^t/.UV dwl TOi< Tl^OTkQOV,
XCid' ov ai avvTtkeuu r,oav tvjv xQiT]QdQ-)^a}v etwa
durch das Fortlassen des f/^ tu (das in einem, aber
keineswegs besonderen Manuscripf fehlt) zu leidlichem
Sinne zn bringen; es scheint sich der A'crfasser gedacht
zu haben, dass man beifügen müsse, bei welcher Be-
hörde das Gesetz eingebracht sei , oder gemeint zu haben,
für die Trierarchie bestehe ein Anitshaus tu Toivoaiy-
Xr/.ov , während doch die Trierarchischen Angelegen-
heiten an die Strategen gehören. — Den Phlyer Patro-
kles kennt auch Niemand, und er win! auch wohl ebenso
wenig wie der Archon Polykles existirt haben. Wir
wissen freilich nicht, wer diese Klage der Paranomie
eingereicht hat. Man konnte au Aischines selbst denken,
denn er sagt {y.uTa Ktijo. §. 2220 "^^ ^^ ^^P'' "^''-i
TQiijQEic, y.ai TOis Tpn;()«'p;^o(s dg^äyiiaTa tk av
dnüy.Qv\\jca xnüvoi övvaix' dv , üie voj^io&eTi'^aui
TTfpl Tiuy T(j/cixuotu}v veuiv y.cu aavTov TTsiaag l/3ij-
valovq ETiiaxuirjV Td^ai lou vavxr/.ou e ^?]Xeyx9>/i
V n' efxov e^r,y.ovTa y.al jch'Te vevjv TayvvavTovöviv
TgnjQaQXovs vqrjQi]fievo<; x. t. k. {ei. Dinarch. zwt«
^1 fwoi}. und Dem. l'rrto Kri^tr. §. Hl 2.). Aber wenn
Aischines der Kläger gewesen wäre, würde Demosthenes
nicht §. lt>3. unserer Rede gesagt haben: xal tu fxiooz
Tujv l^ii\cfv)v 6 dluJxujv OL'X iXaßt', er würde auch
'^. 124. und 125. nicht so gesprochen haben, wie er
spricht. Aischines ist jedenfalls bei jenem Process gegen
Demosthenes als rnn'i'-yo^iog des Klägers tliätig gewesen.
Schliesslich will ich die Ansicht Schömann's (de co-
mitiis p. 2 7S.) erwähnen, die uns Gelegenheit geben
wird, zu erkennen, was etwa in Demosthenes Antrag
gestanden haben dürfte. Schömann meint eire)f£/QOTO-
rijrrs bezeichne die Abstimmung darüber, ob das neue
Gesetz au die Nomotheten gebracht werden könne; nach
dieser Epicheirotonie, aber vor der Sitzung der Nomo-
theten, habe denn Patrokles seine Klage eingebracht; der
•J(i. Boedromion endlich sei nicht das Datum für das
Einbringen des Antrags, sondern bezeichne diem eum,
quo perscriptum erat hoc psephisma. Dass diese Erklä-
rung nicht mit dcu Worten des Psephisma's stimmt, isf
aus dem schon Gesagten klar; aber ebenso richtig ist
wohl, was Schömann geltend macht, dass diess neue
Gesetz nur auf dem verfassungsmässigen Wege , den er
selbst so gründlich dargestellt hat, gemacht werden konnte;
und eben diess gibt uns einen neuen Beweis für die Un-
echtheit des Documentes. Nach alter Snionischer Be-
stimmung ( s. die Gesetze bei Dem. xcua Tluoy.Q,
%. 20 fi. ) wird am 11. Tage der ersten Prytanie, d. h.
am 11. Hckatombaion die kTTtXHQOVUvia ToHv vöuoiV
gemacht; hier musste das neue Gesetz in Antrag gebracht
werden, worauf das Volk, wenn es sich auf die Neue-
rung eiulicss, öffentliche Anwälte zur Vertheidigung des
Herkömmlichen ernannte; in der driften Ekklesie der-
selben Prytanie wurden dann die Nomotheten aus den
Geschwornen des Jahres erloost und ihnen ihre Instruc-
tion zugestellt, worauf dann an dem in der Instruction
bestimmten Tage über das Gesetz vor ihnen in Form
eines Proresses verhandelt wurde. Die Billigung des
neuen Gesetzes Seitens der Nomotheten schloss natürlich
die Klage ■jTftQCirüuujr nm so weniger aus, je sorgfäl-
tiger man die legislatorische Thätigkeit der Demokratie
in Acht nehmen zu müssen glaubte. Unzweifelhaft hat
auch das Tnerarchische Gesetz diese Stadien durchge-
macht; und wir linden noch deutliche Spuren davon.
Wenn Dem. :iQu; AiZT. §. 94. sagt: iltEva^Ev (ö ^6-
955
956
"ktov) iy.Setvai (tov vöuov) t^quo^s tüjv eTtüjvvixuiv
y.aX Tili y^afxLtaTei naoadorvac tovtov ö' ev raig
ky.y.Kr^alaiq di> ayiyi/ui axe/v , iv' ty.aOTO^ u/utSv
(iy.oi'oai :roKko.yi^ y.al xaia a^oKr^v ay.eip<xi.i£vo(;, dv 7j
y.aX diy.aia y.o.i aiiicfipovia, TUvra vo^ioi^&rjj, so erklärt
sich hieraus «los Deiuarchos Ausdruck {y.UTa ^ijfi- §• 42.)
y.di liiTirxe (c^£ Tuv louoy y.a&' ixdoTrjv sy.yJjTolav.
Somit kann denn auch das Datum nnserer Urkunde uij-
vu^ ßordooutujvoi ty.rrj tili öey.a . . . zJjjuoo9ei't]i
iLtjpiyye vufiui' nicht richtig- sein, da dasselbe ent-
weder am 1 1. Ilckafonibaion , oder wenn das ^'olk schon
Torher ilaniit rertraut «erden sollte, einige Zeit, gewiss
aber nicht fast zehn Honate, vor der UTif^BlQOXüVia vüuujv
eingebracht sein niusste.
Der Antrajj des Dcmosthenes aber musste dahin lau-
fe n , dass das bisherige Trierarchische Gesetz abgeschafft
sein, riass die Trierarchen nach IVIaassgabe ihres Ver-
mögens Trierarchischs Leistung machen, und die Trier-
archieen von dreihundert Schiffen auf die und die Weise
geleistet «erden sollten , dass somit nach beigefügtem
Katalog die Leistungen zu machen seien u. s. iv.
Deniosthcnes L'isst nach dem Tricrarchischen Gesetz
den früheren sowohl, wie den von ihm eingerichieten
Katalog nacheinander verlesen. Kach dem bisherigen
Gesetz, sagt erg. 102, machen sich die Reichen äzeKdi
drro fi/y-ouiv «^«Aw^faTwiJ (d. h. von andern Leiturgieen
cf. xara ßleiS. g. läö- tu fiijdh dvakuioaL yul So-
y.eiv KeLei-vovoyiy/.Evai y.aX tujh ukXujv Xe/TovpyiiSv
dTif.ini yfyspi:oi^c'.t), während sie nach dem neuen Ge-
setz Leistungen zu maclicii haben, die ihrem Vormügen
ents|)rechend sind. ISach dem früheren Gesetz hatten je
16 die Lciturgie zu machen, und Demosthenes sagt, die
■nycituvi^ TUJv OL'fiuoQiujv Und die daiTEooi und rpi-
TOt «ürden viel ilafür gegeben haben, wenn er das neue
Gesetz hatte zurücknehmen wollen; nach diesem neuen
Gesetz wurde bestimmt, tu yiyvuiiivov y.aTU t)\v ov-
alav ty.aaxov Ti9svai y.al Övoiv ecfdvi] TQtijouoxoq
ö Tiji itiüQ E-y-To; y.al ösxaTOi ttqÜteqov owteKiJ^.
Diess sind die Bestimmungen, aus denen uns die zwei
Kataloge, wie wir sie in der Rede vorfinden, zusammen-
geschmiedet zu sein scheinen. Denn dass die armseligen
Dinge, die hier als alte Urkunden figuriren, nicht die
echten, ja überhaupt keine Kataloge sin<l, ergibt sich
von selbst; auch Hückh (Staatsh. IL p. 1U3) erkannte
wenigstens die Unvollstandigkeit derselben an, und nach den
hei den übrigen Urkunden der Rede gewonnenen Resul-
taten wird mau diese Uniollständigkeit wohl abzuscliatzen
wissen.
Vi'iT wagen nicht, uns in die Untersuchung über das
Trierarrliischc Listitut eben jetzt einzulassen, wo die
demnächst zu erwartende Edition der grossen Trierarchi-
schen Inschrift und ihrer Erklärung durch Uiickh die
wesentlichste Aulklärung zu bringen verspricht. Doch
glauben wir aus dem Inhalt «Irr Kataloge selbst ihre
Inmüglichkeit wahrscheinlich machen zu können.
Der altere Katalog soll gelautet haben: toi;; toivq-
aoyoLc. y.o.t.£iai}ai i:ii zi^v Toi,;otj ai'VEyy.uiÖEy.a ex
Twf iv Toii }.dyoi; givteIeiojv aTiu Etxoai yui iiiiie
iruiv Et'i TETraijdy.ovTa inl i'aov r^ X^^Ti'V X^"^-
fiEVOV^. Wir kennen den Ausdruck Xöyui sonst nicht
Lei der Symmorien- und Trierarcbenverf|^sung; jedenfalls
muss er Abfheilungcn irgend welcher Art bezeichnen,
und aus der Zusammenstellung mit den avvTEKEicLK; er-
hellt, dass diese eine Unterabtheilung der Xu^Ol sind,
zugleich aber, dass nicht alle in den XuXül^ zu den
Svntelicn gehören. Da die Trierarchie auf die Symmo-
rieueintheilung für die E/'i(fO(Ji). begründet ist, für diese
aber nicht bloss, wie für die Trierarchien (s. zarä Mei8.
%• 155.), die 1200, sondern Alle steuern, so kann man
sich vorstellen, dass Xoyo;; eine jede der 20 Symmorien
mit dem zugeordneten (zwanzigsten) Theil der übrigen
beisteuernden Bürgerschaft genannt worden. Als Trier-
archen zu einer Triere würilen nach diesem Gesetz je
16 aus den Syntelien (wenn nicht avvTEkuiv zu schrei-
ben ist) in einem Lochos, das heisst je 16 von 60 be-
rufen ; — und somit könnten nach diesem Gesetz nur
20 Tricren aufgestellt werden ! Eine andere Möglichkeit
wäre, dass man mit Hier. AV^olf mit Xo^Oli eben die
Symmorieu bezeichnet annähme , wenn schon da der Aus-
druck EX Tluv EV TOis nicht sehr genau wäre; und das
mag noch mit den Worten des Gesetzes vereinbar gel-
ten, dass alle in den Symmorien, die zwischen 25 und
40 Jahre alt sind, zur Trierarchie berufen werden. Man
wird fragen müssen, wozu dann noch die, die älter als 40
Jahre sind, zu den Lochen gehören; mag es in Rück-
sicht auf die E/'cCfOou sein. Also von den 1200 sollen
nur die zwischen 25 und 4U Jahren berufen werden;
nach massigem Ueberschlago wird ein Drittel älter, als
40 Jahre sein; die übrig bleibenden 800 zu je 16 Mann
für eine Triere vertheilt, geben deren nur 50, und wir
wissen, dass meist eine ungleich grössere Flotte in See
war. — Bückh ist der Ansicht, der Katalog sei unvoll-
ständig, etwa in der Art, fügen wir hinzu, dass voraus-
ging, wenn 300, wenn 200, wenn 100 Schiffe ausgehen
sollen, wird es so und so gehalten, und wenn 50 (oder 20)
Schiffe auslaufen sollen, ,,so werden als Trierarcheu zu
einer Triere je 16 «on 25 bis 40 Jahren berufen, die
zu gleichen Theilcn die Chorcgie machen." Aber die
letzte Bestimmung i'-xi i'oov Z. r. X., die nach den AVor-
ten des Redners durchgehend galt, durfte nicht bei dem
einzelnen Paragraphen, sondern musste bei den allgemei-
nen einleitenden Bestimmungen stehen; und sodann ist in
keiner Weise der Sinn der Altersbestimmung abzusehen.
Das dienstpflichtige Alter reicht bekanntlich vom 18. bis
60. Jahre, das sind die 42 ERUiVl'i^wi , nach denen die
Kataloge gemacht wurden, s. Harp. v, E-jrajvi'ßO^ und
aTQUTEta ; und bei einer besonders lebhaften Kriegs-
rüstung befahl man Tijug fiEXC'i nsVTE y.iu TErtaQU-
y.uiTa ETüjv die Schiffe zu besteigen (Dem. Olynth. IIL
§. 4. und Ulpian.), das heisst nicht bloss 42, sondern
45 Altersklassen, so dass auch die Leute von 63 Jahren
mit ausziehen sollten, s. die schöne Anmerkung von
Taylor ad Lys. p. 245. ed. Reisk. Aber weder für die
Trierarchie, noch für den sonstigen Ilcerdienst hat das
Alter von 25 und 40 Jahren die geringste Bedeutung.
Ob sich der Verfertiger dieses falsrhcn Katalogs dieser
Stelle der Olynthischen Rede erinnert, ohne sie zu vor-
stehen , und danach seine überraschend detaillirtc Angabe
extcmporisirtc, weiss ich nicht.
957
958
Wicht so leicht anzugreifen ist der zweite Katalof^.
Ich führe zuerst an, dass Deinostlienes gesagt hat: i^x
de Tov ifiov voi^ov .... övoiv icpavij TQn'](iaoy^o^
o t;;? y.idi; ey.TO!; y.al SexaTog rcgortgov ouvrfXtji;,
womit er ofTenbar den bedeutendsten Gegensatz bezeich-
net, den seine gererlitere Bestimmung gegen die frühere
unbillige hervorbrachte; hätte er höhere Ans.'itzo , als je
zwei Trieren gemacht, so uürdc er diese der früheren
Weise entgegenstellen. Statt dessen sagt der Katalog
ecug TQiüiv TtkoLdjv xa\ im i^q e t ly.o P r, kci-
TOVQJia iOTUj (wobei auch die für spätere Zeit erst ge-
läufige Structur von tty? wohl zu beachten ist) ; Dückh
meint nun diesen Widerspruch zu losen (Staatsh. II. 114),
es scheint beinahe, als ob damals höhere Schätzungen
nicht vorhanden waren, wiewohl im Gesetz auf höhere
gerechnet war; in der That eine sehr kühne Annahme!
Ferner enthält der Katalog die Bestimmung roi's TonjuUQ-
Xovg aiQeiodai eiil ti]v -vQirjjij äno Tijg ovo-ia'g
xara T/'fajatv , ütto raXdvTujv ösxa. Bückh Staatsh.
II. p. tl.3 sagt, der Ausdruck zeige deutlich, dass die
zehn Talente nicht Vermögen schlechthin, sondern in
die Schätzung eingetragenes Vermögen oder Stenerkapital
seien; demnach hätte eine Triero zu rüsten, wer 50
Talente Vermögen besitzt, »vährend einige zwanzig Jahre
früher, wie Böckh anführt, Deniostlienes Tricrarchie-
pflichtiges Haus 15 Talente Vermögen besass und Isaios
(neoc TOV ^ixa/oy. y.Xij^. ^. 17.) es rügt, dass Jemand
bei SO 3Iinen Einkünfte, was etwa ein Vermögen von
11 Talenten repräscntirt , nicht Trierarchie, nicht einmal
Synfrierarchie leistete. Diess Resultat erscheint voll-
kommen unwahrscheinlich. Ferrjer kann man fragen, ob
nach Demosthenes Gesetz alle Bürger, oder nur die bis
zu einem gewissen Grade wohlhabenden (denn das sinil
seine llEVipe.; ^. 107, ebenso wie die f^tstiJU'. l] ru/.QO.
XSy.TIJ^evot g. !02. und die UTlüooi g. 104.), etwa wie
früher 1200, Trierarchie leisteten; der treffliche Katalog
enthält darüber Nichts, aber aus der Natur der Sache
scheint Letzteres zu folgen. AVar das der Fall, so mnsste
nach dem Ansatz von ei/ier Triere, auf zehn Talent
Tifirjfua in den Händen der 1200, wenigstens 3000 Talente
Steuerkapifal , das heisst mehr als die Hälfte des Ge-
sammtrermögens (wenn man die Schätzung des Nausini-
kos als ungefähren Maassstab annehmen darf) befindlich
sein, was nicht eben wahrscheinlich sein dürfte.
Dicss sind die Gründe, aus denen mir die Echtheit
dieses Documentes unglaublich erscheint. Ich habe ab-
sichtlich von allem dem nicht gesprochen, was man in einem
derartigen Katalog zu finden erwarten dürfte, und wovon
in dem vorliegenden Nichts steht. Ich wiederhole, dass
von der Trierarchischen Inschrift auch für diese Sachen
weitere Belehrung zu hoflen ist.
XI. Gesammturtheil.
Es ist gesagt worden, die vorliegenden Urkunden
trügen zu sehr das Gepräge der Originalität an sich und
verriethen eine zu genaue Kenntniss der historischen und
der localen l'erhältnisse, als dass man sie für eine Er-
findung der späteren Zeit halten könnte. Der erste Theil
dieser Behauptung ist eine Insinuation , eine Berufung
an das subjective Gefühl, das keine Entscheidung haben
kann. Der Widerspruch mit localen und historischen
Verhältnissen ist nachgewiesen worden. Und die grosse
Specialität der Angaben beweist für unsere Urkunden
nicht mehr, als ähnliche Erscheinungen in den spät
componirteii Briefen des Menaudrus, des Demosthenes, des
Aischines u. a. w.
Die Hypothese über die pseudeponymen Archonten hat
sich an einigen Stellen als unanwendbar nachweisen las-
sen, und das ist genügend, ihre Uubrauclibarkeit über-
haupt zu constatiren.
Unter acht und zwanzig Urkunden fanden wir keine,
die nicht nach Torm und Inhalt wesentliche Beilenken
veranlasste ; von der bei weitem griissereit Mehrzahl
konnte die Unechtheit mit vollkommener Sicherheit nach-
gewiesen werden. Die A'erdächtigkeit der übrigen wird
dadurch in dem Maasse gesteigert , dass wir die Unecht-
heit aller in dieser Rede vorhandenen Urkunden für ent-
schieden halten.
XII. Ueher den Ursprung der Documente.
Die Vertheidiger der vorliegenden Urkunden haben
als nothweniligen Bestandthcil eines etwaigen Beweises
ihrer Unechtheit gefordert, dass nachgewiesen werde ,
wann und von wem dieselben untergeschoben worden.
Sie würden in dieser Nothwendigkeit, wenn man sie an-
erkennen müsste, allerdings ein glückliches Mittel, die
gefährdeten zu Schulzen, gefunden haben, da weder die
eine, noch die andere Frage auch nur mit einiger AVahr-
srhcinlichkeit zu beantworten sein dürfte. Jedoch siheint
Derartiges einem durchaus anderen Kreise von Unter-
suchungen anzugehören, als in welchem wir uns bisher
zu bewegen hatten, und so wichtig eine nähere Bestim-
mung für die Literargescbichte und für gewisse Eigcn-
thümlicbkciten der späteren gelehrten Gräcität sein dürfte,
so univesentlich ist sie für die Aufgabe, die wir uns ge-
stellt hatten. Diess ist der Grund, warum ich über die
angeführten Fragen nur anhangsweise sjireche; auch sind
meine Studien für jetzt von den Tlieilen der Literatur
weit entlernt, aus deren genauester und lebendigster
Kenntniss allein einigermaassen bestimmte Resultate ge-
wonnen werden könnten.
Handschriftlich sind die Urkunden im Ganzen höher
gestellt, doch nicht so, dass nicht mannichfache Sonder-
barkeiten zu bemerken wären.
Die säuimtlichen Urkunden fehlen nach Becker zu
g. 77. 1. in der Pariser Handschrift 294i). (cod. ö- bei
Becker), die nach Taylor (tom. V. p. XCV. ed. Dobs. )
ans dem 13. Jahrhundert stammte. Ebenso fehlen die
Urkunden mit Ausnahme der 6 ersten in dem Aug. I.
Ein und der andere Codex hat einzelne Urkunden am
Rande beigesclirieben , so cod. i\ cod. z (§■ 29- 37. 77.),
oder auch an falsche Stellen versetzt (so Aug. 4. JJ. 155
hinter g. löS.). Doch scheinen ilie Angaben der Ge-
lehrten, welche die Handschrift benutzten, nicht Hinrei-
chendes über rliese Dinge darzubieten. (Die Pariss. 3.
und 7. bei Taylor sind von zu jungem Ursprung, als
dass sie in Betracht kommen könnten. Die Abweichun-
gen in den Ucberschriften der Urkunden Iiabeu keine
SVichtigkeit.)
959
960
Ebenso wenijf sind wir hinreichend unferrichfcf über
die Zeichen, die sich bei den Urkunden zum Theil vor-
finden; e» scheint Derartiijps nur vereinzelt uotirt norden
lu sein. Ich entnehme aus üchäfer's Apparat Folgendes
über den von Reiske genau verglichenen cod. Bavaricus.
Bei der Urkunde "§. 21). ist nach dem Keys des Redners
das Zeichen u (App. crit.^ p. 53) ebenso bei g. 54. hin-
ler '/.a.'jujv das Zeichen ü (App. er. p. 89), ebenso bei
g;.73. hinter (fccvSQ UV J (App. er. p. 111.). Bei §. 75.
steht hinter Ipijcpioua das Zeichen o> (App. er. p. 117.)
und ^. 77. hinter too 0ttj7rTtuv das Zeichen ü >
(App.* er. p. 1 l'J) ; g. 90. hat ti]v -xöhv ö ^n'jffiana.
Ob bei den übrigen Urkunden keine Zeichen stehen,
(xler nur nicht vermerkt «orden sind, weiss ich nicht.
Das eine Zeichen ist wohl die TCUQuyQUtfOi (/;; TQ
Qliua yoaufii) zig tan ßgaxda worreo tivu. atiyntjv
SV Tvt dy.oin t'/oiaa Schol. ad Aristoph. Pluf. 253.),
das andere die ö/n-/.j; ioo) revct'y-iui. Allerdings be-
zeichnen diese Zeichen beide nur Abtheilungen, so lifiußg
bei den Parabasen der Komödie (s. ausser den Scholiea
Hophästiüu c. 15.), und namentlich ist Schol. zu Thucjd.
1. 12- anzuführen, wo es heisst: Totjujc, ötf.iKE T1]V
dgxcttot.oylav 1 Eh xa. iiqo tüiv TgcuixcSv eig avra
ra Toojiy.d, eig t« exdfiEva ai'ruiv. y.ai^' 'ey.aOTOv
öt u'oui 8/^h: naodyocufo^ y.eerai. Doch dass diese
oder Shnliche Zeichen auch andere Bedeutung, wenigstens
in der älteren Gelehrsamkeit, hatten, lehrt für den Piaton
Diog. Laert. II. l')>S. Für unseren Fall mag es genügen,
darauf hingedeutet zu haben, da sich vielleicht <ioch in
den von ilen Ediforen vcrnaclil.'lBsigten Zeichen irgend ein
weiterer Zusammenhang vorfindet.
>'on ganz besonderer AVichtigkeit für die Frage über
die Zeit, wann diese Urkunden entstanden sind, niüssten
natürlich unzweideutige Anführungen aus denselben bei
den Alten selbst oder nachweislich Benutzung von irgend
weither Art sein. Derartiges lindet sich allerdiiijs. Das
Etym. HI. hat: i' ;r fo />'o /.;;!' , tijv dvatiu'ki)v y.di,
v-:iLodE(nv y.ai £•■' vo) nti/i (Trscfdvov zJijuoo&ti/Tjg,
was sich nur auf das erste Psepliisma §. 2'). filji^Eniap
VTltQijoLiiv ■jvotovuivuvi; beziehen kann, wo Decker
aus dem cod. .S und anderen llandscliriften die richtige
Lesart hergestellt hat. — Nicht so sicher ist die Bezie-
hung von Ilarpocrat. v. y o a u fi ÜT £ L' C. JljiiotyßEPtjg
iirtio Kn/OKfujVTo; /.. x. /. auf tlie Urkunde g. 18.»
wo der yoaiaiaxtvg dTs fioit.r^; vorkommt, von dem
allerdings auch jener Artikel des Ilarpokration handelt.
Aus Aischines Klageschrift (ich übergehu den spaten
Georgius Lekapenus, der aus ihrem Anfang citirtj hat
der Pcripatetiker Svrianus (ad Hermug. iiei Schaefer
p. yo) zwar niclit wörtlich, aber iloch denfliih erkenn-
bar die drei Kerlifsgründe des Aisrbiiies gegen Ktesi-
phon's Antrag entnommen. Auch Ilarpokration: rii'yy.ktj-
Tog k y.yj . }■ r, , a . . . . ^i-itDndeviji tv nf) v.ax Ai-
Oyhov und der dorther stammende Artikel bei Pliotius
und Etvni. 'M. V. wird von Reiske nnil Schäfer auf un-
gcrc Urkunde und zwar auf ^. 73- bezogen , doch mit
Unrecht; es bezieht sich auf die Rede TTSol itagaTT.
§• 122, welche Rede Harpokration oft xar Alaxlvov
nennt, wie z. E. 9okoq. A7jfioo!}£vtjQ iv Tip y.az' AI-
axivov sich nicht auf imsQ Krija. g. 91 , wo einige
Handschriften TCOtI duXov statt 7l(j9uöov haben , son-
dern auf TTEoi Tta^aTi, §. 249. bezieht, s. besonders den
Artikel nQofiakXofiEvovc, , wo es heisst Alifxooi^tviji^
v'JtQ KTtja-icpujvToq- £v x£ xrj y.ax Aio%ivov Y.. x. k,
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Mannheim, den 2. Octobor. In der Veisammluwj, deut-
scher Philologen und Schulmänner wurden gestern und heute
füllende Verl rage gehalten: Dienstag, den l. October. Erste
öirciitlichc Sitzung: 1) Geheimeratli Creiizer aus Heidelberg,
iiber das Verhaltniss der Philologie zu unserer Zeit; 2) Prolos-
sor Dr. Ilerniann aus Marburg, über Plato's schriftstellerische
Motive; 3) Suringar, Stadtrath von Leuwarden, übel' allge-
meine Volksbildung; 4) Hofrath Dr. Gustav Schilling aus Stutt-
gart, über die Beziehungen unserer Sprachlaute zu den vcr-
scliiedeuen Vermögen des menschlichen Geistes. — Mittwoch,
den 2. October. Zweite öll'entliche Sitzung; 1) Hofrath Thiersch
aus München, über die gemeinschaftlichen Interessen der hu-
manistischen und realistischen Richtung unserer Zeit; 2) Pro-
fessor Dr. Gerlach aus Basel , über Scneca's Stellung in seinem
Zeitalter; ?i) Professor Pauly aus Stuttgart, die Spuren alter
Culturanlagen in Süddeutschland; 4) Professor Dr. Walz aus
Tübingen, über die Bemalung der Sculptur bei den Alten;
5J Professor Scharpf aus Bolliwcil, über die Methode des phi-
losophischen Unterrichts auf Gymnasien; (i) Professor Schilling
aus Heidelberg, Vertheidigung der Uebung im Laleinisch-
Sprechen und Schreiben (in lateinischer Sprache). — Tagesord-
nung der diitlen öflentlichen Sitzung, Donnerstag den 3. Oc-
tober: 1) Berathuiig über Zeil, Ort und Vorstand der nächsten
Versammlung. 2) Vortrage: a. Dr. Füisting aus Münster, über
die relative Apposition ; b. Professor Doli aus Mannheim , über
Methode des Sprachunterrichtes; c. Subrector Vögele aus An-
wciler, über Art und Weise des Vortrags der Geschichte an
gelehrten Scinden ; d. Missionar Schniid aus Jena , über die
Schulen in Ostindien; c. Dr. Weil, Bibliothekar aus Heidel-
berg, über das Mahrcheu der Matrone von Fphcsns nach orien-
talischen Quellen. 3) Vorsehl.ige: a. Geh. Hofrath Karchcr aus
Karlsruhe, AufTordening nii die deutschen Philologen, sich zur
Ausarbeitung eines lateinischen etymologischen Wörterbuchs zu
vereinigen; b. Dr. Haase, Oberlehrer aus Preussen , Plan zur
Benutzung fremder Bibliotheken für die Zwecke der Philolosic
nebst Nachlichten über einige philologische Schätze ; c. Ilauber,
Ephorus des evangel. Seminars in Maulbionn , Vorschlag zur
Herausgabc einzelner griechischer Mathematiker; d. Dr. Saiippe,
Piofessor aus Zürich , Vorschlag zu einem Verzeichiiis.se der in
Deutschland erschienenen philologisclien Progiammc und Ab-
handlungen.
Zittau. Zu der diessjährigen Osterprüfung lud der Direc-
trir Linde mann durch folgendes Programm ein: Dissertatio
de interitu operiiin ailis staluariac apuil Vctercs. Accedit
Archaeograpliiae Euiopaeae brevis delincatio l.ipide exscripta.
42 Seiten 4. Zur Universität gingen zu Ostern 5 mit dem
III., 2 mit dem II. Zeugniss der Reife ab. Die bestehende
Schülcrzahl ist nicht genannt, doch wird angegeben , dass auch
in diesem Jahre die Frequenz gesunken sei.
Hai bersladt. Dr. Schöne dahier ist zum Director des
Gymnasiums zu Herford an die Stelle des verstorbenen Prof.
K n c f e I ernannt w ordcn.
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenscliaft.
Sonntage 6. Octoher
18 39.
Nr. 120.
Die l'rkunden in Demostlienes Rede vom Kranz.
(Beschl uss.)
Die ältesten Autoren, in denen wir die Urkunden
benutzt zu finden glauben, sind Plutarrlios und Aristeides.
Das 6r^oo9tviCeiv des Aristeides ist bekannt, es besteht
zum guten Theil darin, dass er sieh Deniosthenisrhe
Wendungen aneignet. Namentlich ist iliess erkennbar in
seinem öi'////a;^/xög ci. und ß , ron denen der erste als
L'ebersclirift folgende Situation schildert: (PlKiTinuv
dioöuv airovpToq nza(ju. Oijßalujv in './9ijuuiov<;
r,y.ov(Tiv \49i]vuioL enovcei iavzoi'Z, st'i av^i^iaiUtv
öldövTiQ. In dieser Rede findet sich ausser andern Be-
ziehungen auf die Demosthenische vom Kranz auch fol-
gende Stelle: X^'9'i ^^ toi'tihv üii:uvia(; o.v oi^ai
avii(ff]oai TU i^iijv i'j/^üg ovxai "Ei.hp'ao, xai öfxojfv-
\ovq Ern^siv -tiqu; dXkfjkovi; iijrtQ ö-Q/iii r.ai Tdi;io)Q
dv£iii(f9ovov tivat xat tu)v feiou/Tiisrojv, tuv ö'
ökmq äXXÖTQiov m^def-iiüi; öoyiji; ^njÖ' ioidog y^prjvai
noodsd&at, äkka tov avzov xqütiov ujotieo <j.v lL
öti' döekcfoi TtQUixeitJuv i'jfi(ftaßr;iovv iv acplaii'^ av-
Toii, iv '/ ap ixeivo javTov iyiyvajoy.ov, ei' rig tivoq
xae [jijdiv ■7TQ0i;r,y.ujv ißia^Eio, y.oivaiq TUt^ BnQaii;
ÜTToy-Keletv , ovTüjq ini xaiv 'Ekkijvixuiv ^tjÖevi tujv
ii;üj9iv l.ußi)v ttvai ra y.a9' ijtiäi avzovq ÜTiu^^tjTW
— ovzüj yuQ y.aX keyeiv u^iuv -jtioi avTV)v — a'ÄÄ«
POfii'^eiP TOuq jjhv -vviv 'Ekkijvcjjv TT^üi äkkjjkocg tto-
keiuovg xal tu kyxkr^uaxa raiq ozdasoi rjrooqsor/.e-
vai X. T. k. ükwq ö' ti fitv i^ecTTi jinjaiy.axsiv, öi-
y.aiov /.lEv ov, ^otjo^s ö" , ei äovkeode, rovrv)- el
öi: X. T. k. (I. |). 720- ed. Dind.). Hiermit vergleiche
man folgende Stelle aus dem Antrag des Demosthenes
(§. 1S5.) : xcu oTi ü '.49i]vaiu)v dr,uoq, oödhii fivij-
oiy.ay.djv'i'i xt tiouhqov yiyovEv dkkuToiov xatc, Ttü-
keot TTQoi dkhjkag , ßoijSi'jati f/cSwj, uxi xcu
avTOiQ jjtv -iToui; äkkijkovq StafiCfioßi^rciv rtsoi rij^
i'jyeuoviai; ovcnv'Ekkrjai y.uküv, iinu de dkkocfükov
dvdoujTiov äo)ieadai xcu xijq i-yeiioviac dnooreoei-
o9ai dvättov eivai y.al tj); xuiv 'Etj.i-vujv Öü^iji xcd
lijQ Tvjv Tlooyövojv «pfriJs. Man rergleiche auch (ol-
gende Stellen: ükk' ev9L'fii;9evxai; Trag' vuiv avxoii,
ÖTi 0ikninov fuv aiQovfievoi ßuoßaoov Üi>9qu>7tov
y.al (fi'aei y.exuiQiauevov algeiode >';/<«? Si
o/y.eioi'f^ievot tiquJxov ^ev Ekfijvai; y.al o/iocpi'kovg,
enetr' daxvyeixovaq xal ovvr;9eiq ex Ttakaiov xul
vi'v intg jL'/.tujv 7tE(foßi]fievovi oi/.eiovoda (Aristid.
I. p. 730.) und dagegen Demosthenes ( g. 186. ) 'in 8e
oi'de äkkoTQtuv r.yehat 6 '-t9i]vaivjv dijf^wq xuv 0/;-
ßaiujv dri/iov oi'xe ttj ai>yyeveln ovxe rw ünucfvkui
X, X. k. Aatiirlich sind diese Stellen nicht «örtlich
übereinstimmend, aber sie enthalten so übereinstimmende
Auffassung, dass man «oiil an unmittelbare Abhängigkeit
des Einen von dem Andern denken kann, und namentlich
erscheinen Aristeides Aeusserungen als Aus« eitniigen des-
sen , was im Antrag des Demosthenes zu lesen ist, so
dass man wohl nicht glauben darf, es sei der üenio-
stbenische Antrag ans jener Darstellung des Aristeides
abgezogen. — (Eine andere Parallele ans demselben An-
trag des Demosthenes ist bereits früher angeführt).
Diess würde noch entschiedener sein, wenn sich mit
Siiherheit nachweisen licsse, dass auch Plutarchos auf
diese Urkunden schon Rücksicht genommen hat. AVäre
der Ursprung der ßlui XMV öi/.a oijxuoujv sicherer, so
«ürden sie uns einen entscheidenderen Beweis liefern;
denn was dort p. S4(i a steht: xuiv Ta;fWf i7?//^£Ä;;r^^
Xeiooxov7]9ek dnu x):q idla.i oi'alai ei'iijveyxe zo
dvuko}9ev ägyi'Qtov fjvdc. exaxov. eiriSojxe de xai
9ei)jook f^ivglaq, diess ist ans der Urkunde §. 119. ent-
standen, yevöfievoq eTcifiehjxi]i xi^ xu)v xer/uiv^ ent-
oxeinjq xae nfjo^uvakujaui; ei'^ t« egya uiro rr-i;
ibias oüaiaq xgia xüka.vxa eniSojy.e xcuxa -vip ör,(t^
xcu ejii xov diojgixoTi y.axaoxa9eii eTzeSuiy.e xoic; eJt
TTuaüiv (fvku)v 9eu)piy.oi\ exaxuv f^ivdg erg dva/ag.
Denn dass die Plutarchische Stelle trotz der Verwirrung
in den Zahlen nicht anderswoher stammt, ergibt sich
aus dem roii demgoiq, das nirgends sonst vorkommt,
als eben in jener falschen Urkunde. Wichtiger aber ist,
dass in den Parallelen des Plutarchos ein Fehler vor-
kommt, der nur aus den falschen Urkunden herstammen
zu können scheint. Plutarchos (Dem. 24.) sagt: fiiTjX^lj^
de xure y.ai i) ^f?! toT axe(fdvov ygucf)] xaxa
Knjatcpujvxog ygacpeiaa j^dv im Xatoujvdov agxov-
loc, fAixpuv indvuj x'jjv Xaiguivr/Mv , xQideiaa 8e
voxCQOv exeoi dexa fVi 'Jgioxoffujvxoq. Der gute
Plutarchos kümmert sich nicht viel um Chronologie und
seine Zeitbestimmung, ntxoov i:jdvüi tujv Xuigunixmv
darf uns nicht irre machen; wenn er dagegen, durchan«
fehlerhaft, angibt, dass die youcfi] des Aischines unter
dem Archon Chairondas eingereicht worden, so ist das
eben aus der Klageschrift, die auch wir noch in unsern
Büchern haben ( §. 54.) entnommen, und sie ist darum
nicht minder untergeschoben.
963
9G4
Dagegen sclieint der Zritgciiossc iIcs Aiigiisfiis Dio-
nvsins von Ilaliknniass «liose I'rkiiii(ldi iioili nicht gc-
l^aiiiii zu liaboii. In ilcni liricfc au Aininans r. ll.sticlit
Dcniostlicnrs das Jalir zu fixiicii, in ilrm die Atlienische
Gcsandlsdiaft, uolihr Tliobcn fi'ir den Krieg gegen Pliil-
ippos geivaun, nach 'fliehen gekuinnien ist; er nimmt zn
dem Knde die /eithestjiiiinuiigen des Philuehuros, die,
iiaih >ennniig des AiihnMten, das in dessen Jahr Ge-
sclieliene anfzählea , dnnh und sagt dann: (ranooi'' dh
yeyo
Verh'iltiiisso zicmlirli fern liegenden Zeit entstandci)
seien.
Allerdings wi'irdc ein Betriiger mit leichter Hlülie
seinen Betrug mehr haben verbergen kuiinen. Leicht
hatte er aus Pliilochoros ui;d «ober sonst die richtigen,
oder wenigstens richtige Archontennamen entnelimeii
künneii , und für die Form der ncschlüsse li.'Kte einige
Beachtung lorliandener Sammlungen und Inschriften auch
das Passendere leicht darjjeboten. .Spengers Boobachtuii;
yovucoi TOv xoovuv, X«y' üv tiifjldov ik Oijßaq dass die gebrauchten Namen so höchst trivial sind, uud
' T \tdtjyaiü)V notoßeii oin£{ji ^IjitooOlniJ y.nl ol dass die »erschiedenen Datirungen, die vorkommen, stets
Tlaoä 0t}j7l7iov, ort /.aTa AuaifUlii8l}V i'.QXOVxa andere Tage nennen, scheint von keiner «esentlichen
7Ü:iril TCUotoy.eyuaiihuiv i'jStj tu n^Us -vuv Tluks^iov Bedeutung. Was sich mir in Bezug auf den Ursprung
äfKfOTi'oujr aVTüs 6 Jl^fioa^tp}^^^ Tlonjoet (furt^uv der l rknnden als «ahrscheiuliches Resultat darstellt*
■fdvov dijauj 6' t^ ßi'r);? Xaßujv zip '
kann ich in folgende IIau|)t|)unkte zusammenfassen:
1) Ich glaulie nicht, dass die Urkunden zum Betrüge
gefiilsciit sind, da ein Betriiger mit geringer IVIi'ihc ge-
schickter gearbeitet haben würde ; sie scheinen aus den
Uebungen der Schule hervorgegangen, oder als rtluster
für dieselbe bestimmt zu sein. Die Reden des Demo-
stlieues haben ja in der maunichfachslen \Veise zu sehul-
m^ssigen Exemplincationen und Aufgaben dienen müssen,
und besonders die vom Kranze ist eine der beliebtesten
, ^ . /..bis OljßaiajV. Dann äKkd gewesen. In der Schule »var es leifiglich auf das Sty-
fii;v TU TOTS ai'ilßdvTa ölS^tkdujv, dlt^Elduju de listische abgesehen; es kam da nur auf ungef/ihre Rich-
ev TOJ 7l£^i OTiCf
ixalvov i.i^euic rd avvrtivovra npög tu rcQüyua. Und
nun beruft er sich nicht etiva auf die Urkunden in der
Rede, die doch am ersten geeignet sein tiünlen, ihm
deu geuünschteu Eriveis zu liefern, ja, die Anführungen
aus Pliilochoros überflüssig gemacht haben Hürden, noch
sagt er, dass etiva diese Urkuiidcu wegen unrichtiger
Archoiitennauien unbrauchbar seien, sundern er schreibt
ab, was gleit h nach der Urkunde g. 1()4 — 167. folgt:
y.ai TOUi 6)jdtVTuq vcf' iaviov \oyuvq i^'i r;Js ix- tigkeit des Sachlichen an; mau konnte sich Namen
xhj(Tiaq-(§. 174 — 178.) xae ujq npeaßevrlji i'r.t' \/9i;- sinnen, wie wir sie in den Urkunden für Zeugen,
valiov f4' Oi'jßaq £7Te/^(fi}i;, Tuina xard kt^tv iltl- chonten, Gesandten u. s. w. so reichlich finden;
Ti'}>;or „ujq d(fiy.üfi£&a ■/.. T. Ä. (g. 211.) bis zu de ■ . ■ ■• ,.,,•• ,,- ^
■Worten Tot's d' sxiUuv i'>(>«o£/v " "EnLiza, fahr
'"OiiYsios fort, irciOTuKi-v Tiva xelivaai; uvayvoiod^?]
l, tavT imiidijoi, Diess ist der Brief, der i^. 212
den
fahrt
Diu
vat, tavr tntni^l^Ol, Uiess ist der Urief, der g. 212
freilirh auch in unseren Büchern lehlt; aber würde Die
DTsios so geschrieben haben, wenn er diesen Brief vor
sich gehabt JiHtte ? Oder würde ilieser Brief in seinem
Exein|)lare gefehlt haben, wenn, wie jetzt, alle UrknU'
Ar-
man
brauchte die nach Attischer Verfassung notbwendigen
rornieu nicht zu genau zu beobachten, und konnte sich er-
lauben, nach Analogie zeitlich und räumlich nSher lie-
gender Verhältnisse diess und jenes zu modificireu, eine
Annahme, die des Weiteren zu verfolgen, mir für jetzt
noch nicht möglich ist. Entstanden die Urkunden auf
diese W^eise, so erseheint es nicht auffallend, ilass unter
Anderm auch der im Doiischeu Dialekt geschriebene Be-
den bis zu diesem Paragraphen noch vorhanden genesen schluss der Byzantier vorkommt, da derartige Dinge,
"•»'■en ? >vie y. E. die Schrift de Dea S_\ ria uiiil Aehnlithes zeigt,
Aus den beiden Umstünden, dass Dionvsios diesen beliebt und gebrauchlich wäre
IJrief nicht mehr vorgefunden zu haben scheint, und dass
er sich »ledcr zur Zeitbestimmung der Gesandtschaft nach
Theben, noch zu den amleren chronologisc lieii Angaben
au( die vorliaiideneu Urkunden beruft, glaube ich schlics-
seii zu dürfen , dass die Urkunden zu Dionjsios Zeit ent
2) Die Urkunden sind ohne Zuziehung weiterer Ifülfs-
niittel und allein auf (irniid des in Dcuiosthenes Rede
Angedeuteten gemacht. Mcht einmal, was doch nahe
genug lag, nicht einmal die Gegenreile des Aischines
t mit zu Rathc gezogen, geschweige denn, dass genaue
tvedcr noch gar nicht existirten, oder wenigstens in dem Keiintniss der Redner überhaupt oiler ein weiteres Stu
Exemplar des Demoslhenes, das er brauchte, nicht vor- diuni ihnen zum Grund 1,'igc. Der Verfertiger war kein
liaiideu waren, und doch »ird er wohl in seinem Demo- Gelehrter, keiner jener pliiloIogisch-gebilde(en,Griecheii,-
»tnenes „von .j bis (i 3Ivriadcii Zeilen" eine so vollstan- deren ernstes Studium nur zu früh von der belletristisch-
di^e Aufgabe, wie sie damals nur zu haben »rar, bescs- rhetorischen Schonthuerei der Sophistik überwuchert wor-
den ist. >'ielmehr, was sich an den Stelleu, wo die
sen haben
Es versteht sich von selbst, dass ich hiermit nicht
für nnumstiisslich gewiss erwiesen zu haben meine, als
müssten flic Urkunden in jenem ersten Jahrhundert un-
serer Zeitrechnung entstanden sein. Aber habc-ii wir unn
einmal davon überzeugt, dass sie weder die echten, noch
überhaupt au.s Demoslhenes Zeit sind , so lässt die selt-
same Art von Dehlern null Ungründlichkciten , auf die
*»ir unsere Beweise besonders begründen zu müssen glaub-
ten, die Vermuthung Bestätigung gewinnen, dass sie in
Einschaltung lon Urkuiulen bemerklich gemacht war,
aus den Worten des Demosthenes' zum Theil in sehr
obernachlichem Verstandniss des Zusammenhanges als
ungefähren Inhalt der Urkunde darbot, wurde, so gut
oder schlecht es eben ging, mit den nolhigeii Erivcite-
rungen zu einer Urkunde zurecht geformt, ohne dass der
Ausdruck immer einen sorgfaltig gesichteten Vorratli von
Attici^meu bekundete.
;H) Ich finde keinen Grund anzunehmen, dass die ür-
ciner der lebendigen Gegenwärtigkcit der bctreUcndea kundeu etwa von .Mehreren vcrfasst sind. Allerdings
9fi5
9Gr,
weiclicii IUP lipiden DecrHo g. 119. 1^0. »vosenilirli in
der Eiiiffaiiäfsforiiipl von den liljrijjpii al), abor auch in
denen ist ein ziemlicli Liin<er 'WrclisrI in denjenigen
Beslinimunijen , die in derselben Zeit anih «oliliin Gan-
zen dieselleii geuesen sind. Die 31annie!ifalfi<;keit in
diesen Dingen scheint eben für eine Mustersaniniinng
ganz geeignet, und die Rede, anf uelche in den rlic-
torischen ^"or(r;igen nnzahligenial zn verweisen «ar, bot
nun, mit den verschiedenartigen Beispielen von «dentlichen
llrknndcn bercirhert, dem lleissigen Schiller eine desto
vielseitigere Ansbente. Ziclit aber Jemand vor zn glau-
ben, dass diese eingeschalteten Unterschieblinge nicht
Blnstcrsiiickc, sondern Sciuilerarbciten sind, so kann ich
auch dagegen Nichts einuenden.
4) Dass die Urkunden nach g. 90. nicht vorhanden
sind, scheint nicht sowohl in dem Ermüden der Ab-
schreiber, wie man foransgesetzt liat , sondern in einem
mit dem vorhergehenden zusammenhängenden Imstande
seinen Grund zu haben. Noch sollten zwei Briefe ('^. 212.
lind 221.), ein Besrhluss der Thebaner (jjj. 2l4.), zwei
threndecrefe für Deniosthenes (^. 223.) , Beschlüsse der
Athener nach den zwei glücklichen Gefechten (iJJ. 217.),
und eine Zeugonsage (J^. 267.) folgen; es mochten mit
den schon gegebenen Urkunden genug Paradigmen mit-
getheilt zu sein scheinen.
5) Jedenfalls ist nach jenem langen Decrct des Demo-
stlienes noch ein Stück ebenso, wie es Demosfhenes durch
den Schreiber hat verlesen lassen, vorhanden; diess ist
das Epigramm auf die von Chaironeia Gefallenen (jjj. 289).
Es hat sieh diess ebenso vereinzelt gerettet, wie hier und
da in andern Reden einzelne Actenstücke. — AVerden in
den alten Erkhirnngen zum'üemostlienes zwei t'/.docreti,
die do^cda und öriKüör^ genannt (die Stellen s. bei
Taylor in der Oobson'schen Elution V. p. Cl.), so sind
wir über ilie Eigenthümüi likeit beider nicht hinreichend
unterrichtet, um etwa sagen zu können, dass in der
6l/f.tU}öll^ unsere Urkunden gestanden, während sie in
der ap;f«/« fehlten , oder umgekehrt. Unzweifelhaft aber
hat der auf diese zweideutige Weise bereicherte Denio-
sthenes früh Eingang gefunden und ist uns im Ganzen
SU überliefert, wie ihn die spätere Kaiserzeit las.
Berlin im April 183'J. '
Joh. Gust. Droyien.
Puhlius Oridius Nasu's Werke. Sechstes Bändclien.
Festkalender , metrisch übertragen, mit Inhaltsan-
aeigen und Anmerkungen von Dr. E. F. Metzger,
Stadtpfarrer zu 3Inrrliard im Königreich AVürtem-
bcrg. Erstes iJ;in<li lien. • Stuttgart , A'erlag der
J. B. Metzler'schen Biulihanillnng, IS'i'-. Zweites
Bündchen ebendas. l?^.jS. Drittes Bandchen ebendas.
1838. Auch unter dem allgemeinen Titel : R/iinische
Dichter in neueu metrischen Ucbersetzungen , her-
ausgegeben von G. L. F. Tafel, Prof. zu Tübingen,
E. \. V. Oslander, Prof. zu Stuttgart, und G. Sclitvui,
Pfarrer von Gomaringen. 27. 31. 33. Bändchen.
Wenn diese Bibliothek der verdeutschten griechischen
und römischen Schriftsteller eines fast ungctheilteu Bei-
falles sich bis jetzt erfreute, so darf der Grund dieser
Erscheinung wohl nicht allein in der Liebe zur Be<jucm-
lichkeit oder in der erwachten und zum Theil übertrie-
benen Liebe zu deutscher S|)racho und Schrift gesucht
«erden , obgleich w ir diesen Dingen ihren Einduss nicht
abstreiten mögen , sondern mehr noch und hauptsächlich
in dem wissenschaftlichen Sinne und Streben jener drei
anf dem Titel genannten 3I.'<niier, «eiche es verstanilen,
das Uebersetznngsgeschäft in die Hände tüchtiger und zu
diesem schweren Werk berufener Gelehrten zu legen.
So weit uns ein Urtheil über die uns bekannt geworde-
nen Leistungen dieses Gelehrtenvereins zukommt, dürfen
wir die Behauptung aussprechen, dass Hr. Dr. Metzger
seinen Genossen nicht nachstehe. Die vorliegende Ucber-
setzung der Ovidischen Fasten ist, soweit wir dieselbe
verglichen, treu nnil fliessend, obwohl hin untl wieder
nicht ohne metrische Scliwächen; die angehängten unil
bis jetzt über die zwei ersten Bücher sich erstreckenden
Anmerkungen ( B. 3. S. 921 bis 1028) fördern, wenn
auch nicht tiefeingehend , doch anf das Bedürfniss
der gebildeten Leser berechnet, das Verständniss. Dieses
im Allgemeinen aufgestellte Urtheil schliesst jedoch einige
Fehlgrifle nicht aus, anf welche wir später zurückkom-
men werden. Hauptsächlich aber dünkt uns die Einlei-
tung über das mit maiu herlei Dunkelheit umhüllte Ge-
dicht einer näheren Betrachtung werth. Denn bei der
grossen Verschiedenheit der Ansichten über die Abfassung
des Festkalemlcrs muss jeglicher Beitrag willkommen
heisscn, der die Untersuchung, wenn auch nicht zum
Abschluss, doch zu einem vermittelnden Standpunkte führt.
Das Ergebniss aber der reichhaltigen Abhandlung würde
mit grosserer Entschiedenheit festgestellt Hor<len sein,
wenn Hr. Dr. 31etzgcr auf den neuesten »vissenschaftlichen
Standpunkt, d. h. auf Merkel's Quaestiones Ovid. criti-
cae, Halis 1835 > hälfe ciiigebeu können oder »vollen.
Zuerst wird die alte Streitfrage erörtert, ob Ovidius ß
oder 12 Bücher seiner Fasten geschrieberi habe. Mit
Recht wird das Erstcre aus dem Umstände gefolgert,
dass weder Lactantius, der so oft Stellen aus den Fasfis
allegirt, noch irgend ein Grammatiker ein Citat aus den
6 letztem beibringe, ja Ovidius selbst Trist. '2, 519 etc.
sage: Sex ego Fastoruni srripsi totidemqne libellos, Cum-
qiie suo fiiiera mense volumen habet ; Idijue tiio nuper
scriptum snb nomine, Caesar, Et tibi sarratum sors mea
rupit opus. Bekanntlich sah hier Burmann, dem Taub-
ner in seinem alphabet. Commentar p. (iöy und, was uns
Wunder nimmt, auch Merkel p. 4. beipflichtet, den
sichersten Beweis, dass der Dichter 12 Büclicr : sex to-
tidemcjue, verfasst habe. Der Sinn ist aber nach Hrn. 31.
vielmehr dieser: Sechs der Monate schrie/t ich des Jahrs
und so viele der liücher, und mit Jeglicliem Mond schliesst
sich ein eignes liuch.^' Diese allein richtige Erklärung
gibt schon der auch von dem Uebersetzer angeführte ,
sprachkundige Musson ad Ovid. ann. LI. et LH. g. X.
p. 103. ed. F. nebst Jahn in der Leipziger Ausgabe 1829,
p. 58 und Andern. AVenn auch der Ausdruck sex toti-
demque für duodecim nicht eben unlafcinisch ist, wie
A'iele behauptet haben, da derselbe sich auch Fast, ß,
725: Jam sex et totidem luces de mense snpersunt fin-
det: SU dürfte dock nicht leicht ein römischer Leser in
967
968
der ersicren Stelle auf jene Erkläriin<j ffi-kommon sein,
t'ebrigeiis ist er fanz in Oiidiiis sj)li'lciiiler ftlaiiier und
«iril (lunli Fast. IV, 1!). 20. {frreditfertijjt , so «las9 uns
MerkeTs , «li's sonst so srliarfsinnig^en Kritikers, Ansicht:
..Prior i^itnr iiol)is potior erit oninio , rnm altera praeter
verlioruiu iiiuiis asperam strueturam ter iilem poetain (li-
centem fariat'' «ejfcn der jjanz i erscliiedenen AVortfi'igunf
beider Stellen sich selbst zu «iilerlegen sriieiiit. Nach
Hrn. Melzi^er hatte Oiid allflrding» im Sinne, den Stoff,
welchen ihm der riiinisrhe Kalender darbot, so zu be-
handeln, dass jeder einzelne iMonat ein Buch einnehmen
sollte; er arbeitete auch diesem Plane gemäss an den
ersten sechs Monaten schon in Rom und hatte sogar
diese sechs üücher ganz , oder doch zum grösseren Theile
daselbst ausgefertigt, s«»»ie dem Ccisar Octaviaiins sein
AVerk zu »eihen den Entschlnss gefasst, alu er im J. d.
St. 7<i2 in einem Alter ron ö'i Jahren ans dem Vater-
laude nach Xiedermösien am schwarzen Meere verbannt
uurde. In seinem Exil unterwarf er dann diese Arbeit
über di« ersten sechs Monate einer nochmaligen Censur
und Feile und nahm in derselben nach Maassgabe der
verfiiiderteu Zeitumstände angemessene Abanilerungen vor,
rückte z. B. die Erzählung von seiner Landesverweisung
selbst ein, IV, Sl If. , berührte auch verschiedene wah-
rend derselbeu in Rom vorgefallene Umstände und Be-
gebenheit«a, die ihm in Briefen durch Freunde bekannt
gemacht wurden , als : die erst im J. d. St. '7(i3 durch
Tiberius geschehene Einweihung des Tempels der Con-
conlia. Fast. I, ()'37 ff- » so auch die verstellte AVeige-
rung Tibers, nach Augustus im J. d. St. 767 erfolgtem
Tülle die Regierung anzunehmen, und Livia's Vergötte-
rung, Fast. I, ,533 ff. 1 deu Triumph des Germanicus
über die Cherusker uud Chatten , welcher in's J. 770
fiel, I, 28Ö 1 und eignete namentlich sein dem Augustus
früher bestimmtes Gedicivt dem Germanicus, gegen «ei-
chen er bald als menschlichen Gönner, bald als Gottheit,
die ihn schütze, seine Verehrung ausdrückt, »ahrsrhein-
lich in der Hoffnung zu, durch die mitleidige Fürsprache
desselben am kaiserlichen Hufe die so sehr ersehnte
Erlaubnis« zur Rückkehr nach Rom sich auszuwirken.
Fast. 1, 3 ff., vergl. I, 707 mit Gierig's Note, IV, 81
— 84, vergl. I, ti8. 285 u. s. w. Wenn wir dieser
Darstellung im Ganzen unsere Zustimmung nicht rersageo
künneu , so dürfte doch gegen die nochmalige Centar
und Feile aller sechs Hüclifr in der A'erbannung .Mancherlei
sich einwenden lassen. Ueun nehmen wir zwei Stellen
aus: Fast. IV, 81. VI, 6b(i , welche auf Ereignisse nach
dem J. 7ß2 hindeuten, bemerken wir ferner, dass im
ersten Buche des Augustus als eines Lebenden fast gar
nicht gedacht wird, desto mehr in den folgenden seiner
mit groHscra Lobe Erwähnung geschieht (s. die Stellen
bei Merkel p. .5 — 8), sowie fast alle vom J. 7()3 — 770
geschehene Begebenheiten im ersten Buahe ihren Platz
gefunden liaben: so wird die A'ermuthung fast zur Evi-
denz gesteigert, dass von Ovidius nur das ei-ste liiick
einer Umarbeitung oder eigeullicheu Censur unterworfen
worden sei, denn im J. 770, wo Germauicus seinen
Triumph [Fast. I, 285) feierte, ereilte den Dichter der
Tod. Die Voraussetzung dieser Wahrheit wirft auch
ein ganz anderes Licht auf die Erklärung des ersten
Buches und auf die übrigen. Im ersten Buche, das ja
die ausdrückliche Dedication an den Germauicus enthält,
tritt derselbe überall mit dem Tiberius selbst in solchen
Stellen, die ursprünglich den Augustus angingen, in den
Vordergrund, während Augustus nur in den ö folgenden,
hauptsächlii h in dem zweiten liindurchschimmert , und
— was noch mehr ist — als ein Lebender. Freilich
hilft sich hier Burmaim's Partei mit einer poetischen
(aber in Wahrheit unpoetischeu) Apostrophe. Knrz, als
der Dichter im fernen Lande von den Grossthaten des
Germauicus und der allgemeinen Liebe, womit derselbe
verehrt wurde, veriiomnien , besrhioss er, die für den
Augustus einst bestimmten sechs Bücher diesem zu weihen,
vielleicht nicht ohne ilullniing von einer dadurch herbei-
zuführenden glücklichen Wendung seines Schicksals. Ob
er aber die Censur erst 770, in welchem Jahre Germa-
uicus seinen Triumph hielt, begann, oder irülier , wie
denn auch früher der Triumph beschlossen ward, wird
immer problematisch bleiben; nur so viel ergibt sich aus
aufmerksamer Leitüre, dass die 5 übrigen Bücher mit
Aiisiiahnie jener zwei Stellen keine durchgreifende Um-
änderung erlitten haben , wesshalb wir Jahn's Meinung
in Absicht der Ausgleichung und Herausgabe jeuer ü
Bücher Trist, p. 58 »"r zum Theil annehmen.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik uud Miecellen.
Bonn, 13 August. Der dritte August wurde von der Uni-
virsilnt in hcrkönimliclier Weise durch lateinische Rede, Preis-
verllieiliing und Gesang gefeiert. Zu dieser üirciilliclien Feier-
bclikiit hatte Professor A. W. v. Schlegel duicli ein gegen
Lrlionne gerichtetes Programm: De Zodiaci antic/uitale et ori-
i-iiie eingeladen. Die Festrede liielt unser würdiger, kräftiger
Veteran Prof. Delbrück über die pohtiscben Ansichten Mon-
tes(|uieii's. Von den im vorigen J.ihie geslelllen Preisanfgaben
halte nur die philobigiscbc iii>cr die Unsterblichkeit der Seele
an zwei katbolisclien Theologen Bearbeiter gefunden. Fiir das
nacbsle .Tihr sind deren eilf aufgegeben worden, worunter als
philolügiÄcbe : De comparalionibus Homeii. — Von unserem
verebrlen Brandis ist die erfteidiche Nachricht aus Griechenbnd
hier angelangt, dass er am ^5 oder 28. Juli Aliien zu verlas-
sen lind im iiäclisten Semester seine Vorlesungen bierscibst wie-
der zu lipginnin gesonnen war. In der kalb, tbeol. Facultat
ist Professor Vogelsang zum oidentlicben ernannt worden.
Man sieht ebenfalls der baldigen Besetzung der Stellen von
Heinrich, Windischmann und Klee entgegen.
Heidelberg. In Vollziehung des §. 4t. der Verordnung
über die Gclehrtenscliiilen «iirdc zum Ephorus des hiesigen
Lveeiims Herr Hofralb uSd Obe rbi bli o I he ka r Dr. Bahr
durch Veifiigung Grosshcrzoghclien Ministeriums des Innern er-
naiiiil , lind so darf unsere Anstalt auch des fordernden Mit-
wirkens zu ihrem Gedeihen von Seilen eines um die Alter-
tluimswissenschaflen und die Bildung für dieselben so boclivcr-
dlentcn Mannes sich erfreuen.
Königsberg. Am t8. Mai starb der Superintendent zu
Heiligeiibeil , Dr. Olilcrl, fiiijier Gymnasial - Professor liiec-
sclbst.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Mittwoch, 9. Octoher
1839.
Nr. 121.
Beschluss der Reccnsioii t'iber Ovid's Festkalender,
von Dr. E. F. Metzger.
'Uebrigciis sfiinnien wir diesem um den Oiid durtli
die höhere, sowie die niedrige Kritik hochverdienten
Gelehrten darin aus vollster Ucbcrzeugung bei, ilass Ovid
die Fasten zwischen den Jaiiren 755 — 762 ursprünglich
geschrieben habe. Mag es auch iui Plane des Dichters
gelegen haben, der aber ans Trist. 2, 54") f. keineswegs
gefolgert »erden kann, auf die erstem sechs Bücher noih
andere sechs folgen zu lassen, so nuisste dieser Plan
durch die Verbannung scheitern, wo der Dichter eines-
(heils das zu einem solchen gelehrten Gedichte benüthigte
Material nicht hatte, anderntheils aber die IIofTnniig der
Wiederkehr in's Vaterland nicht aufgab, um das Ver-
säumte oder Fehlende zu seiner Zeit beizubringen. Wie
dem auch sei, Oiid hatte bei Verfertigung dieses Ge-
dichtes sich zum Hauptzweck gesetzt, wie Hr. M..S. (V'6
richtig bemerkt, eine lieschreibung des Jahres, wie sol-
ches zu seiner Zeit in Rom in Hinsicht auf gottesilienst-
liche Feierlichkeiten ( insoweit ihm Urkunden darüber
zu Gebote standen) eingerichtet war, nach der Folge des
eigentlichen Römischen Kalenders zu geben. In Folge
dieser Bemerkung wird eine zweckmässige Uebersicht des
Römischen Kalendertresens initgetheilt, wobei wir jedoch
unbeachtet lassen, was Hr. Dr. Metzger von seinen Vor-
gängern Gierig, Eichhnff und Krebs entlehnt haben möge.
Als die vorzüglichsten Uuellen, aus welchen der Dichter
bei seiner Bearbeitung geschöpft, werden !) die fasti
minores s. sacri, calendares, calendaria oder der eigent-
liche Kalender aufgeführt mit dem Bemerken, dass es zu
Ovid's Zeiten einen solchen von iloppelter Art, einen
Kalender für die Städter (fasti urliani ) und einen für
die Landleute ( fasti rustici ) gegeben habe. Der
erste iiffentliche Kalcndermacher war C. Flavius ^ Ae-
dilis Curulis und Schreiber des Pontifex Maximus
Appius Claudius Caecus, welcher die bloss in der Ver-
wahrung des Senats und der Priester bciindlichen Tafeln
nebst den Commeutarien der Priester ( Liv. 4, 3.) ini J.
449 dem Volke bekannt machte. Liv. IX, 4fi. und Val.
Max. '2, 5, 2. vergl. Cic. pr. Muren. Il- de Orat. I, 4 1 .
Plin. H. N. 33, (). Quintil. 3, 8- Wenn aber S. (I(i7 fl".
des von Verrius Flaccus verfertigten Hn<l im J. 17"() zu
Rom gefundenen Kalenders nebst eilf andern von Foggini
1779 herausgegebenen mit Mehreren! gedacht unil auf
auf AVolf's Abriss in der Ausgabe des Suetonius hinge-
wiesen wird, so durfte nicht unbemerkt bleiben, dass die-
selben auch in Orelli's Collect. Inscriptt. II. p. 379 ff.
gefunden werden, h'ast möchte man auf den Gedanken
kommen, dass der Uebersetzer nur auf einem gewissen
Zeitpunkte der Literatur stehen geblieben sei; denn
S. (,,-,7 _ fiSi), wo des Lvdiis de niensibns sogar mit An-
ijabe der Handschriften gedacht wird, geschieht Schoic's
Ausgabe dieses Schriftstellers dergestalt Erwähnung, als
wenn ausser derselben keine andere vorhanden wäre.
War es nicht besser, die trefTliche Ausgabe von Rüther
(Darmstadt I.SJS) mit den reichhaltigen Bemerkungen
eines Hase und Creuzer namhaft zu machen? — Ausser
der grnaniiten Quelle liess Ovid 2) eine andere, vorzüg-
lich in Beziehung auf Thatsachen der alten römischen
(Jeschiclite , die Fasti majores, nicht unbenutzt. Die-
selben werden nach S. (i7(i auch Fasti historici oder
l'asti consnlares oder auch Annales maximi genannt.
^Velche Quelle mag diesen Benennungen zum Grunde
liegen? Wir lassen uns wohl die Identification der Fasti
und Annales maximi, die rielleicht eins sind mit den
anderwärts genannten Libri Pontilicum oder Libri Ponti-
ficii, gefallen, nicht so die der Fasti Consnlares oder
Capitolini, welche wahrscheinlich einer späteren Zeit an-
gehören und nur die kalendermässige Angabe der Magi-
stratspersonen enthalten. S. Rein's gründliche Auslüh-
rung in dieser Ze;7sc///(// fl. 1835. S. ö()4 fi. Als jüngster
Herausgeber derselben war S. 679 liailer in Orelli's
Onomastic. Cic. III. p. I — CCXL^'III schon desshalb
zu nennen, weil diess ilie vollständigste und bewährteste
der bis jetzt erschienenen Sammlungen dieser Art ist.
Uebrigeiis fehlen in der Literatur über die Aimales
maximi oder Fasti insg-emein ilie Stellen bei Cic. de Rep.
I, 16. Mai das. ad Attic. fi, I. pr. Muren. 11. (nicht 16).
Vergl. Schmid zu Horat. Fp. 2, t, 26. Härtung: die
Relig. der Römer I. p. '^13, Bahr Gesch. der R. L.
S. 3 iS. Hernhardy Grundriss S. 74. Ob übrigens unser
Dichter «iunh seinen Freund Properz, welcher nach
Kleg. IV, I, ()9. sich vornahm „Opfer zu singen und
Fest', und der Opfer veraltete iVfjme«'-, auf den Einfall
gebracht worden sei, die Feste und nierkwnrdigkeiteu
des römischen Jahres zu beschreiben, lassen wir billig
ilahin^estellt sein. Einige Wahrscheinlichkeit jedoch hat
die Ansicht, welcher, wie Hr. Me/sger versichert , Lenz,
Kreis, Gesenius und Fr. Jacobs zugethan sind, dass
Oiid in den Fastis den Kallimachus vor Augen gehabt,
wenigstens in Form und Manier nachgeahmt habe. Ob-
wohl derselbe ein Gedicht unter dem Titel: Ahta
971
972
(äyv/top r,0(Ui)v v.ae iiny.äoiov , dcsspii rragmcii<c
Ernesli's Aiis<jal)C von Kalliiiiacliiis Workeii II. ]). 41() —
42t) hcigelii'^i siiiil, vorfassf hat: so lüsst sich «loch aus
(liesoii Frajinioiifeii die eigriidlclic Bpsclialleiihcit ilrs
^'aiizcii (icilirlitcs diircLaiis iiiclit abiipliinrii , und man
kann liöclistiMis mit Hrn. IM. zno^cstrlien , dass Ovid den
bei den lliuncrn sclir liclirLh'ii Kalliinaclios in Absiclii
atif EinklridiMi^, Darstrllun^ und Colurit sich xuni nitl-
sfcr {^on^lilt liabc , da es hiiisirhtlich des Stofl'es etuas
Andrres »lar, eine Gcsrhiclito dos Zeitalters der Ilcroeu
in einem (icdirlito von epischer Gattung darzustellen und
etiias Anderes, einen Kalender der Ordnung der Tage
oder 31<inate nach zu behandeln, und wns in demselben
für jeden Ta^' mit «enigen Buchstaben eingezeichnet war,
in einem didaktischen Gedichte im elegischen Versmasse
weiter auszuführen. Ucbrijfens ist man nicht einmal dar-
über einig, ob Kallimachns seine AitUL in elegisdier
oder in licroisdier Form verfasst habe. Man kann daher
ni(ht zu oft und nicht genug gegen das leicht zu er-
klärende ^ erfahren der treHlichsten Gelehrten protestiren,
etHas » issen zu tiolleii, was man eigentlich nicht »issen
kann. Ebenso besonnen ist des Uebersetzers Urtheil über
die dem Oiid von einigen zugeschriebene Nachahmung
des griechischen Dichters Bulas ; s. Plutarch. in vit.
Romul. 2ü' 'i- 21. Richtig wirtl ferner bemerkt, dass
es unserem Dichter bei Bearbeitung seines Gegenstandes
an sonstigen Hülfsmittelu nicht gefehlt habe, zu welchem
Ende auf L. Cincius Alimentus, dessen Fasti Alacrobins,
J'e.'itus und Lvdus ertiähncii, hingewiesen wird, dess-
gleichen auf 3]asurius Sabinus, Oiid's Zeitgenossen (s. 3Ia-
crob. .Saturn. III, (j.), auf ^'arro in seinen libris anti-
«juitt. diviiiarum und Andere S. 68(i genannte. AVio
reichhaltig die Literatur in diesem Fache bereits ge-
wesen, wird aus den von Lydus namhaft gemachten alten
Schriftstellern dargethan. — Der üebersetzung ward
(jien'g's Ausgabe zum Grunde gelegt, ohne jedoch sich
sciavisch an ilessen Lesarten zu binilen. In ileii Anmer-
kungen Murdcii die AVerke der \'org,'lnger zum Theil
geradezu übergetragen, tlieils auf andere Art benutzt,
nach dem eigenen Gcstäiiilnssc des Uebersetzers. Da dem
Reo. weder Kreis'' noch Geib's üebersetzung der Fasten
zur Hand ist, so niuss er durch eine vorgelegte Probe
dem L'rtheile der Leser es anheim geben, in wieweit
Hr. Metzger seine Vorgänger benutzt und übertroflen
habe. ^Vir wählen den Anfang des ersten Gesanges:
,, Zeiten , gereiht diirrh Latiums .fahr, und Gründe
der Zeiten
Sing' ich , lind wie sich hinabsenkt das Gestirn und
sich hebt.
Cäsar Gennauicus , nimm mit begütigtem IJlicke das
Werk auf,
l'nd auf richtiger Bahn hdlte das furchtsame .SrliifT!
' Siehe mit schützender Gunst, n.cht abhold srhiiachcr
Verehrung,
Nieder auf dieses Geschenk, uelche.s der Sanger
dir weiht!
Heiliges hörest du hier, enthoben den alten. Annalen,
Und mit welchem >>rdieiist pranget ein jeglicher Tag.
Hier wirst (luden Du auch Festtage des eigenen
Hanses;
Oft ist der Vater Dir hier , oft Dir zu lesen
der .4hu. (10
Preise des eig'nen l'erdiensts, als Zier bemalter Ka-
lender ,
Werden auch ernten, wie Sie, Drusus , Dein Bru-
tler und Du.
C-asars Waflen sei Andern Gesang, uns t'äsars Altäre,
Uns auch die Tage, die er noch zu geheiligten schuf.
AVinkc mir zu, der ich wage, der Dcinigeu Ruhm
zu entrollen,
Und aus Dieineiii Gcmüth scheuche die bebende
Furcht.
Neige Dich gnädig zu mir, und Du gibst zum Gesänge
mir Kräfte;
AVic mir begegnet Dein Blick , hebt sich und sinkt
mir der Geist.
Zitternd erscheinet das Blatt vor dem Auge des fürst-
liclien Kenners,
Wie zum Prüfen gesandt selber dem klarischen
Gott. (20
Denn wir empfanden die Kednergewalt des gebildeten
Mundes,
Als Du im Bürgerkrieg bange Beklagte vertratst.
Und wir wissen, wie reich Dir tliessen die Ströme
des Geistes,
IVenn zu- unserer Kunst brennende Liebe Dich trieb.
Lenk', ist's recht und vergönnt, selbst Dichter — die
Zügel des Dichters,
Dass so, geweihet von Dir, glücklich entschwebe
das Jahr."
Ans dieser Probe geht hervor, dass es Ilr. M. mit den
prosodischeu Gesetzen nicht allzu streng nehme, z. E.
Trochäen für Spondeen: Und auf \ Und mit \ Und aus \
Wie zum | Wenn zu \ . Wir mögen diese Vertau-
schung eben nicht tadeln, falls nur die Trochäen im
ersten, vierten und sechsten Takte angetrolfen werden.
Im Pentameter aber sollte in der ersten Hälfte allemal
ein AVort schliessen , nicht wie V. 88.
„ Würdig der Feier des weit \] herrschenden Volkes
zurück. *'
In den Anmerkungen zu diesen Versen wird ein kurzer
Abriss des Lebens dieses Germanicus S. 921 gegeben.
Wenn es aber von dem Drusus daselbst heisst, dass er
schon früher von seinen Siegen über Gerinanische Völker
den Namen Germanicus erhalten, aber auf seinem Rück-
züge von der Elbe zwischen der Saale unil dem Rhein
sein Loben verloren habe: so dürfte der Beilegung jenes
CogiuMiicn bei Lebzeiten dessellien Suelon. in vit. C'laud.
c. I. und Dio Cass. :A , 2. widersprechen. Liegt ferner
der Behauptung: „Drusus wurde in Mainz vielleicht auf
der Stelle, wo der Eirhelstein steht, den Viele für ein
Denkmal dieses römischen Feldherrii halten, Legral/en",
nicht etwa eine Vcrivechseliing mit tumulns oder ceno-
taphium zunr> (ininde : so mns»i(en wir den Herrn Dr.
Bletzger einer historischen Süiule zeihen und auf Tacit.
Ann. III, ■). Dio Cass. ,04, 2- nebst Suetou. Claud. I.
verueisen, aus welcher letzteren Stelle dentlieh hervor-
geht, dass Drusus auf dem Campus Martins beigesetzt
und eine von Augustiis verfassle luschrilt auf seinem
973
ToiHcDliüffol aufgpsiellt wordpii sei. Dass 'der Eiclicl-
8<oiii zu Eliroii lies Driisiis erbaut (lunlcii, sdioint liciit-
ziit.iife nicht molir bezweifelt «eideii zu kOniieii. S. Jen.
Lit. Zeit. (SMS. S. 3(10". null vergl. Scliaa6's Gesrliielilc
der Biin<iesfestiiiijf IMaiiiz. fliaiiiz l^.j.j. Dieses Ver-
seilen aber mahnt uns , hier sojjlcicli einer anderen iin-
fegninileten IJeliai'pfnnj zu gedenken. Zu V. 257. 58.
Cnr tot sint Jani, cur stas sacratus in nno, Ilic nhijuncta
foris tcnipla duubus habes ? lieisst es: „Jani heissen theilä
des Janas Tempel, deren in Rom j'edenjutls drei «aren,
und die vielleicht hier gemeint sind, bei uclciier An-
nahme sieh ir, öl. niit dieser .Stelle am besten vereinigen
liesse, tlieils n. s. w." Welcher alte Schriftsteller hat
je von drei Tempeln des Janns gesprochen? iVIcint Ilr. IM.
etwa die häufig vorkommende Benennung: J^nus inius,
medius, snmnius? Allein dadurch werden ja nur Durch-
gangsbogen bezeichnet, wie Ilr. IM. selbst richtig über-
setzt: „Giils doch der Rogen des Jnnus so viele; wie
komvits, dass im Tempel hier am doppelten Marict , ein-
zig gefeiert, du stehst P'' Yergl. unsere Nachvveisung zu
Hör. Ep. I, 1, 54. p. 71. Wir wollen keineswegs die
AIcinang derer vertreten, die gar keinen Tempel des Ja-
nas annehmen (worüber einer nnsercr gelehrtesten Freunde,
Steuier , in der Schulzeitung II. IS'-'!^. Nr. 152. -S. r_'57
die beste Nachwcisung gibt), da sowohl hier, als Tac.
Ann. 2, 49. dem Janus ausdrücklich ein Tempel beige-
legt wird, aber geht nicht aus dieser Stelle des Ovid
unzweideutig hervor, dass Janus zu der Zeit nur eine7i
Tempel geliabt habe? Doch um kein Wort weiter über
diese mit nichts zu rechtfertigende Ansicht zu verlieren,
verweisen wir auf Sitchse's gründliche Erörterung in des-
sen ,, Geschichte und Beschreibung der alten Stadt Rom"
I. S. 1)7. Zu V. 70. Et resera iiiifu Candida templa
tun wird Folgendes beigebracht: ,,Ovid spricht hier so,
«io wenn damals der Janustempel geschlossen gewesen
wäre, s. I. 281 ff. Hiervon sagt aber die Geschichte
Nichts, ^'ielleicht wollte der Dichter wegen der schon
errungenen Siege über Deutschland ilas noch Bevorste-
hende als snhon erfüllt darstellen. Denn im ganzen
orbis Romanus war damals noch nicht Friede, nie diess
zur Schliessung des Janustempels erforderlich gewesen
wäre. Es scheint hierauf Fast. II, 1^. selbst hingewie-
sen zu werden." Dagegen ist zweierlei zu bemerken:
erstens das reserare bezieht sich, wie schon Neapolis bei
Burmann richtig erkhirt, auf den aditus ad sarrilicia.
Zweitens giht diese Stelle einen Fingerzeig für die Zeit
der Umarbeitung des ersten Buches, welche demnach in
das Jahr 77U fallen niüsste , wo Germanicus seinen
Triuniphzug hielt und des Janus Tempel geschlossen
wurde; wie dem auch sei, diese Stelle gehurt wenig-
stens zu den spaten, d. h. im Jahr 770 veränderten oder
nachgetragenen, wie Masson ad ann. DCCLXX. p. 132.
ed. F. dieses von den s;i;nmtlic!ien Büchern annimmt.
Die Formel Fast. 11, IS. (richtig gefasst): Respice , pa-
cando si <|uid ab hoste vocas tliiit der obigen Erklärung
nicht den geringsten Eintrag. "Was über den Gott Janiss
selbst zu V. 61- S. 9.'U. meist nach Creuzer im Auszüge
von Moser S. 504 , auf welchen hier verwiesen wird,
vorgetragen worden, würde gründlicher ausgefallen sein,
wenn Ilr. M. au dem Hauptpunkte , d. h. an dem ur-
974
sprünglirhm Sonnenc^otte fesigehalten liä((e , worauf selbst
das Etyniüii des Samens (ühret. Vrrgl. Biilliiiunn im
nivthologus II. S. 70 — !)2. Max Schmidt in Jahn's Jahrb.
l,S3(t. I. [XII], 3. S. 347. nebst Biitliger's Ideen /ur
Kunstmvth. 1. Cursus, S. 22- Auch in andern Artikeln
würde Manches eine feslere Gestallung und eine siciiererc
Durchführung gewonnen haben, wenn der llebersetzet
und Erklärer auf lljtrtung's Religion der Rfimer. Er-
langen ISiß mehr hatte Rücksicht nehmen wollen. AVas
die hin und wieder berührti'ii häuslichen Alterthümer der
Römer betrifft, rathen wir bei Ausarbeitung der Anmer-
kungen über B. 3. bis B. (>. der Leitung Becker's im
„G'allus''' Leipzig iy38 zu folgen, damit alles ober-
flächliche Gerede, wie es in Schriften dieser Art sich
breit macht, möglichst entfernt bleibe. Noch haben wir
eine Seite, die kritische, zu berühren. Dass diese in
einer Uebersetzung nur eine höchst untergeordnete Rolle
spielen kann, versteht sich von selbst; iiiiil Ilr. iM. hat
ila er ohnehin eine Rcceiision zum Grunde le^te, das
rechte Maass gehalten. V. 3. wird Auspice te, das Bur-
vunin^ Gierig u. A. gegen Benlleij in Schutz nehmen,
tlieils vertheidigt, tlieils nicht; denn die ,,auf gute (iründe
einige Codices und alte Ausgaben sich stützende Lesart:
auspicio, liesse sich dadurch rechtfertigen, dass sie in
Hinsicht des Ausdruckes jioetisciier sei, .da im All"'emei-
neii : auspicio, auch das Besondere: auspex verstanden
werde." Retens. trägt Bedenken, das auspicio für poe-
tischer ZU' erklären, weil das AVescn der Poesie, wie
Jedermann weiss, nicht in dem Abstracten, sondern in
dem Concreten besteht. Wohl mag auspex im metapho-
risclten Sin?ie von einem Gotte gebrauclit werden, wie
Bentley zu Horat. Od. 1, 7, 27. mit mehreren Beispielen
erweiset, nichts desto weniger ist hier ilieses Concretum
glücklich gewählt, weil Germanicus bald als ein mensch-
licher Gönner, bald als eine Gottheit vom Ovid darge-
stellt wird, wie Hr. iM. selbst ganz richtig bemerkt. IJei
der Horazischen Stelle findet eine ganz andere Rücksicht
statt. Dieser Dichter ist entweder von (Iure auch auf
aiispice geführt worden, wie Orelli anzunehmen scheint,
für durtu et auspicio, oder er hat einen wirklichen
Priester, der als auspex gelten konnte, im Sinne, und
zwar nach griechischer Sitte, welche bei der Anführun«'
von Kolonisten nicht bloss einen Führer, sondern auch
einen Oberpriester erheischte. V. 153. Et modo for-
matis amicitur frondibns arbos wird mit Recht frondibus
für vitibus gegen Heinsius , Burmann u. A. geschützt,
auch aus dem (irundc, weil man amicire von Blättern
ebenso gut sagen könne, als von AVeinranken. Aehnlich
gebrauchen die Griechen ivöifracrdui und diiq livrua-
3i'.l, s. Kuinoel zum Evang. lAIatth. (i, 30. AVollte Ovid
hier kein unnützes Phantasiespiel treiben, so durfte er
nach dem Zusammenhange nur das junge Laub der IJannie
bezeichnen. — V. 21','. Tu tanieii aiispicium si sif »li-
pis utile (jiiaeris Curque juvent nostras aera vetiista iiianus
ist die von Buriuann aufgenommene Lesung, welche Lenz
sich in fiilgender AVeise aufzulösen suchte: Tu tamen,
aiispicium, si , sit stipis utile «jiiaeris Ciiri]i!e iineiit etc.
Janus näiiili( h kommt durch diese hingoiorfciie Frage
dem Fragenden selbst zuvor: ,, solltest ilu jedoch fragen,
warum auch ich an diesem Tage gern Geschenke von
975
976
aKeil ehernen Mi'inzen annehme : so wisse" a. s. w. Die-
ses von Lenz sniipllrle siidi solKe Hr. M. nicht so an-
elösäig finden; ilenn «iiesp Erjj.'lnznng- ist beiden Sprachen
eigen, s. Hac/i zu Oiid. I\lc-t. Vl[ , y>0- und Heindorf
xn Horat. Sa<. II, t, SO. Indess mag auch Rec. diese
■\Vort- und SaUfiignnu nidit vertreten, so wenig als die
GiVrJ^'sche : Tu tarnen auspicinm si sit stipis utile , quae-
ris Curqup etc. Auf eine iniilist sonderliarc ^Vpise glaubte
Heinse «licjcr Slcllc alizuliclfcn <lnrcli: si cur stipis utile,
qnaeris, Cur/ie ftc. Bei so beivandlen Unist.'lndcn nimmt
Hr. M. seine Zullnciit zu der von Krebs und Conradi
in ihren Ausgaben der Fasti 18'J(i. ISit. äufgpiioninienen
und von einigen Handschriften best.'itigten Lesart: Tli
iamen, anspicinm cur sit stipis utile, quaeris Cnrqae
iarent etc. und übersetzt also: ,,Abcr du fragst, was dag
Zeiclien der 3Iiinz' uns fromm' und warum denn Unsere
Baude so gern nehmen des Alterthums Erz? Vormals
schenkte man Erz; jetzt" u. s. w. >Ver den Zusammen-
han«>- cruägt, fühlt sogleich das Ungelenke und Gezwun-
gene. >Vir lialten daher Burmnnns Lesung und Infer-
i)unction für die einzig walire , nur sollte hinter manus
kein l'unkt, sondern ein Kolon stehen, wie in einem
ähnlichen Ideengange und mit Ergänzung des scito bei
Horat. Ep. I, 1, 13. üie Hauptsache jedoch ist, der
Conjunctiou si eine doppelte Beziehung, auf sit und
qnaeris, zu geben — ein Gebrauch, dessen A'crkenuen
fast überall die wunderlichsten Dinge hervorgebracht hat,
wie wir diess noch kürzlich an der Conjectur des sonst
80 sprachkundigen Peerlkauiji zu Horat. Od. I, 13, 18
bis '20, wo Milsc/ierlich das Wahre sah, ivahrgenommen
haben. Am gliicklichston hat diesen Sprachgebrauch
Fabri beim Sallust gellenii gemacht. Z. B. Uat. 3^, 3.
Jug. Vi, 3. 14, 3. lli- Vergl. auch Kirchner zu Horat.
Sat. I. p. ISO. Heindorf ebendas. 1,1, 104- 'J , 3, S..
Ellendt zu Cic. Brut. p. 100. Jahn und Wagner zu
■^'irg. Ge. 1, 248. Indess wollen wir hierdurch keines-
wegs das Fehlen der Bedingungspartikel: si an sich in
Abrede stellen (s. die Bemerkung zu Horat. Epist. 1, l,
87. p. 93.) , noch auch das sit in der Bedeutung für
num sit mit Hrn. IM. für ungebräuchlich halten, s. Schinid
zu Hör. Epist. 1, 3, 30. Wenn aber, wie gegen Gierig
bemerkt wird, der Uebersetzer das si in der Bedeutung
ob hier unpassend und zwecklos findet, so hat derselbe
liberselicn , dass die iiidirecte Frage: si sit — utile nur
zur Einleitung der folgenden diene: Curque juvcnt etc.
Denn Janus antu ortet: „ich lasse mir beide Arten der
A''erehrung gefallen, weder die .Sitte der alten Zeit ver-
schmähend, d. h. die Geschenke an alten ehernen IMün-
zen , ncicli die der neueren Zeit; denn auch ich liebe
das Gold und freue mich der goldenen Tempel."
AVenn wir dieser so »lelfach niisshandelten Stelle eine
ausführliche Erürterung zuwandten, so geschah diess nicht
bloss im Interesse der Wissenschaft, sondern auch, um
dem denkenden Uebersetzer und ' ErkUrer , der über
zwei .Seiten hindurch mit der kritischen Behandlung sich
befasstc , einen Beweis uuserer Aufmerksamkeit zu geben.
Schliesslich möge derselbe auch unseren Rath nicht ver-
achten , kanftig der bin und wieder vorkommenden all«
gemeinen Citate , als Strabo lib. VIL und dergleichen
sich möglichst zu cuthalten.
S. Obbaritts.
Personal-Chronik und Miscellen.
M a n nbci ui, den 3. Oct. Der Schwab. Merknr bemerkt noch
iiber die bereits von uns crwabntc , zweite f'eisammlung deut-
scher Philolos,en und Schulmänner: Sie ist weit zahlieiclicr
besucht worden , als die erste zu Nürnberg im vorigen Jahre.
Die Zahl der Mitiilieilcr betrug 148 aus .illen Gegenden Deutsch-
lands , der Schweiz nnd dem F.lsass. Auch ein Holländer hat
sich eingefunden, nanicntlicli in der Absicht, die Versanwiilung
für Beförderung allgemeiner Volksbildung, einen Zweck, dem
er seine ganze TiMtigkcit seit vielen Jahren widmet, zu gewin-
nen. Von den durch ilirc liteiarische Thätigkcit bekannten
Mitgliedern nennen wir unter Andorn: Fr. Jacobs, Fr. Grenzer,
Thiersch , Rost, Hermann, Zell, Karelier, Bahr, Osann, Hil-
Icbrand, Kein, Beck, Walz, Moser, Pauly, Fabri, Gerlach, Osian-
dor , Geist, Nüsslin , Schneidewin, Vischer, Wclcker u' A. In
der hciiligon dritten und letzten öffentlichen Sitzung wurde
Gotha als der kiinftige Versamnilnngsort dentscber Pliilologen
und Scliulniunncr bestimmt und beschlossen, dass Fr. Jacobs
eingeladen werden solle, das Präsiilium zu übernehmen; zu-
gleich wurde ihm in Betracht seines hohen Alters als Stellver-
treter zur Leitung der Geschäfte Prof. Rost ans Weimar be-
stimmt. Auf Tliiersch's Vorschlag wurde der Aufmerksamkeit
t\cr nächsten Versammlung besonders die Enlwerlung eines all-
gemeinen Schulplans ,für die gelchrlen Schulen des gesaniinlen
deutschen Vaterlandes empfohlen , und zwar solle sie sich hier-
mit vor allen andern Gegenstanden beschäftigen. So verspricht
dieser zunächst durch Tiiicrsch gegründete und durch seine
iinermridlicbc Tliäligkeil und seltene Gewandtheit aufbliibcndc
Verein mehr und nielir an Bedeutsamkeit gedeihen zu wollen.
Vr)r/.ii^licli wird er al-er zur Versöhnung extremer Meinungen
lind zur gegenseitigen Verständigung das Seinige beilragen.
Höcliit hcdeutungsvoM waren in dieser Hinsiebt die Worte des
ehrwürdigen greisen Jacobs in der ersten Sitzung.
Annalierg. Das Programm zu <leni üffentlichen Bedeaclus
am dasigen Gymnasium den 15. April enthält die ,, Vierte Nach-
richt von dem Gymnasium und Progymnasium zu Annaberg auf
das Schuljahr 1838 — t8.^9." von dem Reclor und Professor Dr.
Frotsclier. 12 S. 8. Die Gcsammtzahl der Schüler betrug
zu Ostern 90 in 6 Chssen ; 12 gingen auf die Universität, von
dinen 7 die I., 3 die I!., 2 die III. Censur der Reife erhielten.
Die Stelle des im October vorigen Jahie-i an die Landcsscbulc
versrl/.len ordentlichen l-ehrcrs Dr. Fr. Kraner ist bis jetzt
niibcselzl geblieben, das Ordinariat der VI. Hauptclasse dem
Collalior. Bie! übertragen worden.
Dresden. Zur öjrenilicben Osterpiüfung und dem Rede-
actus an der Kreuzscbule iin März 181^9 ist folgendes Programm
crscbieiien: Jnüi Sillig Qnaeslionum Pliniananim Specimeu pri-
numi (.^0 S 8) nebst den Schnlnacbrichten vom Rcctor Groc-
bcl (10 S.). Zu Michaelis hatten die Schule 19 (1 mit <ler 1.,
12 mit der II.. 6 mit .ler III Censui) , zu Ostern 22 Schüler
verlassen (2 mit Not. 1., 18 mit Not. II., 2 mit Not. III.). Die
Zahl siiiumlüchei- Scliülci war .S45. — Im Juli starb der drille
I.ihrcr der Anstalt Dr. Li c bei.
Bautzen. Dem Einladungsprogramine des Rect. C. G. S i e-
bclis zum Oslerexamen geht eine deiUschgeschriebcne Abhand-
lung des IV. Gollegen und Musikdirectors G. F. Lüschke: vom
Gebrauche und Unterschiede der latein. Partikeln Nisi und Si
non voraus (20 S. 4.). Die Zahl der Schüler war 127, abge-
gangen sind 7 (4 mit dem I., 2 mit dem II., 1 mit dem III.
Zeugnisse der Reife).
Zeitschrift
für die
AI terth LI ms Wissenschaft
Freitag, 11. October
1839.
Nr. 12'2.
lieber einio;e Epochen im Leben des Herodes Alti-
cus, mit besonderer Beziehung auf die zweite
borgliesische Insclirifl.
§. 1. Die beiden borghesisclien Marmorinschriften
behaupten unter allen griechischen Inschriften einen vor-
ziiglichen Rang sowohl durch ihr dirliterisclies Verdienst,
als durch die wichtigsten, nur aus ihnen zu entnehmen-
den Notizen, «omit sie über verschiedene Theile der
altcrthüuilichen Studien Licht rerbrciten, Nicht minder
schätzbar sind sie als Ertteiterungen unserer Kunde von
einem der merkivürdigsten IMauner dos antoninischen Zeit-
alters, dem Rbetor Ilerudes Atticns, der gleich bedeu-
tend durch Talent und Reichthnm auf sein Vaterland
und »eine Zeit überhaupt einuirkte. Diese Umstände
haben ihm seit ihrer Auffindung (in den Jahren l(i07
und 1617) ein hohes Interesse der Gelehrten zugewen-
det; Morelli, Casaubon , Hüeschel , Arcudius, Spon,
Maittaire, Brunck u. A. haben zu ihrer Bekanntmachung
und Erklärnng mehr oder weniger beigetragen ; das
grosste Verdienst aber erwarb sich um dieselben Salma-
sius durch einen reichhaltigen und gelehrten Commentar. ')
Diess hinderte nicht, dass E. Q. ^'isconti ") immer noch
ein reiches Feld der Erklärnng vor sich sah und manche
wesentliche Punkte zum erstenmal richtig bestimmen
konnte. Abgesehen von vielen einzelnen trefllichen Be-
merkungen, findet man bei ihm das nicht sparsame 31a-
terial für Herodes Lebensgeschichte aus Philostratus ■")
u. A. zuerst zweckmässig geordnet und zur Erläuterung
der Inschriften vollständig verwandt. Dennoch lässt sich
nicht verkennen, dass auch nach dieser schönen Arbeit
die Epochen der zum Grunde liegenden Ereignisse und
1) Cl. Salmasii diiariim Inscr. vett. Herodis Attici Rbetoris
et Regillae conjiigis honori nositarum ezplicatio. Paiis
1819. in 4.
23 E. Q. Visconti Iscrizioni greche Triopec, ora Borghcsiano.
Roma. 1794. in 4.
3) Philoshati Vitac SopbislaiuniLib. H. Vita Herodis, in Phi-
lostralorurn Opp. cd. Olc-ar. Vol. II. p. 545—565, und bei
dciiiseiben in den fiio^rapiiiecii mehrerer anderer Sophisten.
Fast die geistreichsten Charakterzüge zu dem Bilde des He-
rodes hat uns Gcllius aufbewahrt 1, 2. IX, 2, XIX, IV.—
.anderes Lucian im Dcmonax , Pausinias , Smdas etc. —
Eine breite, nicht unverdienstliche, doch unkritische Com-
pilatiou aus Philostratus liclerlc Biirigny: Memoire siir la
vie d H(^rode Atticus (in den Mcm. de l'Ac. d. Inscr. 1764.
Tom 30.).
ihr gegenseitiges Verhältniss schwankend und unklar ge-
blieben sind. Die Schuld ist, dass Visconti seine chrono-
logischen Untersuchungen nicht mit derjenigen Schärfe
und bis zu der Bestimmtheit fortführte , durch welche
allein eine feste Basis für den Zusammenhang geschicht-
licher Thatsachen gewonnen wird. Einige Irrthümer
Visconti's sind bereits berichtigt worden von Eichstädt
(in Fabric. Bibl. Gr. ed. Harles. Tom. VI. p. 4 etc ),
dessen Untersuchung der neueste Herausgeber der borg-
hesischen Inschriften Raph. Fiorillo ( in Herodis Attici
quae supersunt 1801) seinen eigenen, mehr worterklären-
den Commentar vorangestellt hat. Dennoch schien e»
noch immer nicht der Mühe unwerth, die Untersuchung
auf einer breiteren Basis von neuem aufzunehmen, und
für die Biographie des Philostratus mit Benutzung der
Inschriften eine vollständigere und genauere Zeittafel zu
entwerfen, um so mehr, da der berühmte Herausgeber
des Corpus Inscr. Graec. noch nicht bis zu den in Rede
stehenden beiden Gedichten vorgerückt ist. Ich setze dabei
die Inschriften selbst als bekannt voraus, indem ich aus
Visconti's Abhandlung die Hauptpunkte hervorhebe, um
an diese die nähere Erörterung und Berichtigung anzu-
knüpfen.
g. "2. Die erste Inschrift (von 39 Versen) vyeihet einen
dem Herodes angehürigen Begräbnissplatz auf dem trio-
pischen Felde den Göttinnen Athene und Nemesis.
Durch die zweite (von .^9 Versen) wird ein Bild der
Regilla, der Gattin des Herodes, im triopischen Tempel
der Göttinnen Demeter und Faustina eingeweihet, und
die Römerinnen werden aufgefordert, der Regilla als einer
Heroine Huldigungen darzubringen. —
Die zweite (nach Visconti's wahrscheinlicher Vermn-
thnng au<h die erste) Inschrift hat znm Verf. den Mar-
cellus (d. i. Marcellus Sidetes von Pampbvlien), den wir
als einen dem Herodes zeitverwanilten Dicliter aus Suidas,
S. Hieronymus und Eudoria kennen (verg!. F.ibric. B. G.
IV. c. 9.)'. Das triopische Feld (Inschr. V. 4<J: J^fv;!
ivi TotUTTeii}, i'va oi yj'J.oog ei'ohi ayool) war eiu
ausgedehnter, wohlbebanter und bewohnter Grundbesifi
der Annia Regilla, drei Miglien von Rom, untveil der
Via Appia, iler seinen gelehrten griechisthen Namen
dem Herodes verdankte. ') Der Tempel, worin Rcgilleus
4) Uebei die Bedeutung des Namens verweise ich mit Ueber-
gehung aller Andern auf Boeckh Corp. 1. G. nr. 26.
pag. 45.
979
980'
Biltl anfgesiellt »ar, goliürtc , zufolge der Insclirirt, der
aheii iiiitl neuen üco {-Irrt TS vir ^ijip TS nuKairj).
Hier dachic Salinasius an Demeter und Köre; Spanheim
ixillte in der jüngeren l)eo die Kaiserin Sabiua bezeich-
net finden, «eiche anrli in einer me<,'arisclicn Inschrift
unter dieser Bczeichnnng auftritt. Alier unsere Inschrift
selbst f;ibt uns an einer anderen Stelle ausdrürklich den
Namen der Fanstina an (V. 48: TuvTO ös 0ai'ailvn
■xsyccoiafuiür rOTC.t dycj.na), «eichen Visconti mit
vollem Recht fiir identisch hielt mit der neuen Deo.
Also der Demeter und Faustina war der triopische Tem-
pel crctveiht. Aber «eicher der beiden !;leichnamigen'
Kaiserinnen? der Mutter, oder der Tochter? der Ge-
mahlin des T. Antoninns Pius, oder des HI. Aurelins
Antoniuus? — Visconti entscheidet sich für die jiingcre
Faustina und reihet an eben diesen Punkt mehrere an-
dere den Ilcrodes betreffende chronologische Bestimmun-
gen an.
„Denn (sagt er p. 78) Ilerodes lebte geraume Zeit
über den Tod der jüngeren Faustina (17Ö n. C ) hin-
aas [?J, «ie aus allen Angaben des Philostratus [?!,
insbesondere aus den zahlreichen und grossen ßauiverken
hervorgeht, «eiche er nach seiner Versöhnung mit dem
Kaiser M. Aurelius ausführte [?]. Diese Versöhnung
aber kam zu .Stande unmittelbar nach dem Tode Fausti-
nens,-«ie aus dem von Philostratus aufbewahrten Briefe
des Kaisers an Ilerodes erhellt. Nehmen «ir nun an,
Ilcrodes habe nur ctiva 10 Jahre jene Epoche überlebt
(das wäre bis 185), geben «ir seinem Leben überhaupt,
nach Philostratus ausdrücklichem Bericht, 7t) Jahre, und
verbinden damit ferner die Andeutung der Inschrift, wo-
nach er den A'^erlnst seiner Gattin im Greisenalter erfuhr
(y- 12: Fi.oa LI' dy^u'/Jrp Xi'.QTj TTSQiy.EiuSvov svvrj):
so folgt, wir werden den Tod der Regilla nicht früher
setzen dürfen , als unter des BI. Aurelius Herrschaft
(d. i. nach 160), und zwar, damit Ilerodes schicklicher
als Greis bezeichnet werde, nicht gerade in die ersten
Regierungsjahre des Kaisers. Denn im letzten Jahre des
Antoninns Pius würde unser Rhetor doch immer erst öO
Jahre gezahlt haben. — Einen noch stärkeren Beweis
für diese Annahme liefert Philostratus in der Erzählung
lon der Anklage, welche Appius Anuius Bradua, Regil-
lens Bruder, gegen Ilerodes erhob, als ob dieser <lurch
unmenschliche Belianflluug seiner Gemahlin ihren Tod
selbst verschuldet habe. Hier tritt Bradua als vir con-
sularis (ircUTrui) auf. Wir «isseii aber, dass er im
letzten Jahre des Antoninns Pius (l(l(J) Consul war.
Fällt nun also nnz«eifelhaft Regillens Tod und des Bra-
dua Anklage unter i\I. Aurelius: welchen <irnud hätte
Ilcrodes , oder der Dichter der Inschrift haben können ,
einer langverstorbenen Augnsta [die altere Faustina starb
141] ieu schmeicheln, welche der damalige Kaiser, ob-
wohl ilirer Tochter Gemahl, dennoch kaum gekannt
hatte? [I] — Viel walirscheinlicher , Herodes ehrte in
dieser Inschrift «las Andenken der jüngeren Faustina,
deren Tod ihrem guten Gatten so schmerzlich fiel. In-
dcss darf man andererseits ilaraus nicht die Folgerung
ziehen, als sei Regillens Tod dem der Kaiserin gefolgt.
Vielmehr ist anzunehmen , der .Marmor wurde der Regilla
eine bcträtlillichc Zeit nach ihrem Hinstliciilen errich-
tet I?], nachdem Ilerodes sich von dem Argwohn und
Vorn urf des ."^lordes vollkommen gereinigt sah." —
Auf S. 05 wird aus den Fasti t'ons. und aus Inschrif-
ten berichtet, dass Herodes im Jahr i4.'5 das Consulat
verwaltete; im J. 18.') aber sein Sohn Atticus als suffec-
tus das Consulat eines .11. Bradna ergänzte. — Darauf
heisst es: „Philostratus berichtet ferner, Herodes habe
als Jüngling vor dem Kaiser in Pannonieu eine Rede
gehalten, und da er <lariii stecken blieb, sei er vor
Schaam und ^'e^druss nahe daran gewesen, sich in die
Donau zu stürzen. Diesen Vorfall setzt Olearius in 119,
no Kaiser Hadrianus an der Donau stand, und gibt dem
Herodes damals 'J5 Jahre. Danach würde seine Geburt
in 9ö, sein Tod in 171 fallen. Allein da, wie oben
gezeigt [?] , Herodes geraume Zeit über 175 hinaus
lebte, so ist des Olearius Rechnung falsch; und da an-
dererseits nicht wahrscheinlich, dass ein Knabe von wenig
mehr als 10 Jahren vor dem Kaiser hätte haranguiren
dürfen, so wird das ganze Ereigniss in spätere Zeit hin-
auszurücken sein. Nun aber begab sich weder Iladrian
zum zweitenmal, noch sein Nachfolger Antoninns nach
Pannonieu. Wohl aber stand Hadrian's Adoptivsohn Ael.
Verns im Jahre 137 in jenen Gegenden, und ilieser
konnte von Philostratus zwar nicht Augustus, aber doch
Imperator ( «iiroxpt/.rwo ) im weiteren Sinne genannt
werden [?]. Hatte ilamals Ilerodes 25 Jahre [?], nach
Olearius Annahme, so war er 112 geboren und starb
ISS." —
Diess sind die Ergebnisse von Visconti's üntersuchnng
. tiber die Lebensepochen des Ilerodes. Versuchen «ir
nun, ob etwas mehr Umsicht und sorgfältigere Berück-
sichtigung der einzelnen Thatsachcn uns nicht «ti schär-
feren Bestimmungen verhilft.
g. 3. Für das Todesjahr der Regilla benutzt Y. das
Consulat ihres Bruders und <lie in der Inschrift gegebene
Hindeutung auf Herodes höheres Aller, niid gelangt da-
durch nur zu dem unbestimmten .Schluss, dass Regilla
unter M. Aurelius Herrschaft gestorben sei. — Was zu-
nächst die Worte betrill't:
i2c oi Zsvq ißxTSiQSv 6övQUf.isvov naQUXoirrjv
Iijoa SV dCaki(i) X'J9V nsoiy.sijtsvov svvij,
so durfte V. bei der ^'^oraussetzung, dass die Inschrift
lange nach Regillens Tode und bald nach dem der Fau-
stina lerfasst «orden, nicht einmal so starkes Gewicht
darauf legen , indem der Dichter die Einsamkeit des
verwittweten Herodes nicht in unmittelbarer Folge nach
dem ^'erluste der Gattin, sondern lange nachher als noch
immer fortdauernden Zustand des Greises iii's Auge fas-
sen konnte. — AVichtiger ist das schon von Salniasins
geltend gemachte Consulatsjahr des Appius .Aiiniiis Bra-
dua, vom Jahre 160 (vergleiche Fast. Capit. Tillemont
Hist. des Einp. Tom. iL). Diess liefert ein unzweifel-
haftes Vorher für den Tod der Regilla. Suchen wir nun
ein nnhesteheiides Nachher. Zunai hst begegnet uns hier
als beachtenswerth eine Angabe des Pausanias. RIan
pflegt den Beschreibcr Griechenlands und den von Phi-
lostratus und Suidas als Schüler des Herodes Atticus be-
zeichneten Sophisten (Phil. p. 5!l4) für eine und dieselbe
Person zu halfen (Fabric. ß. G. 1. IV. c. 15. p. 4ü8).
981
982
Der Verf. ilcr Peripffesc selbst «loutet nirgends ein per-
söiiliclics >'orliälfniss zu II. an , sondern bezeiclinet den-
selben, so oft er «hn erivabnt, immer nur schlechtliin
dvj^TQ '_(i^ijvo.coi 'll()v')5lji. Hatte er si<Ii dennorh zu
War.itlion im en^^eren Kreise von II. 's Sihulern befanden,
so dürfte man annehmen, dass er sein erstes Buch, die
Attira, eben damals entivarf, was indessen für unseren
Zweck gleicbgiihi",' ist. Spätere Reisen lieferten ihm den
Stofl für die folgenden Bücher, und das fi'infte und serhsfe,
die Eliaca, schrieb er im 14. Regierungsjahre des .4n(o-
niuus, im J. 174 (vergi. Fabric. 1. c. ). Es lässt sich
vermuthen , dass das siebente, die Aciiaica, bald darauf,
etwa 175, folgte. Hier nun ( lib. VII. c. 20) erwähnt
Pansanias bei Gelegenheit des Odeon's in Paträ das noch
prächtigere athenische, «elihes Herodes zum Gedächt-
iiiss seiner Gattin errichtet hatte ^), mit dem Bemerken,
dass es zu der Zeit, tio er seine Altica schrieb, noch
nicht vorhanden gewesen sei. — Daraus erhellt nun zu-
vörderst, dass Regula früher starb, als die Gemahlin
des M. Aurelius (im J. 175)- Erwägen wir aber weiter,
dass das Odeon bereits eine geraume Zeit stehen mochte,
ehe Pausanias seiner auf jene Weise zu gedenken Ge-
legenheit fand; — ferner, dass über der Vollendung des
prächtigen Baues gewiss einige Jahre verstrichen, — und
endlich , dass Herodes vielleicht nicht einmal unmittelbar
nach Regillens Tode denselben begann: so dürfen wir
nach dem massigsten Anschlage, wenigstens 4 .fahre von
dem angegebenen Zeitpunkte der Notiz des Pausanias
zurückrechnen und Regillens Tod unbedenklich vor das
Jahr 171 setzen.
Aber wir werden noch viel weiter zurückgewiesen,
wenn wir den Faden der philostrat. Erzählung aufmerk-
sam verfolgen. Philostratus bindet sich zwar in der Auf-
zählung der Begebenheiten nirgends streng an die Zeit-
folge, aber er durchwebt seine rhetorische Darstellung
mit Zügen, die auf die Zeitverhältnissc hindeuten. Nun
erzählt er: Während die beiden Quinctilier als Procon-
suln Griechenland verwalteten, fll. Aurelius aber sich
beim Heere in Paunonien befand (d. i. eben im Jahre
171; vergl. Tillemonf. Hist. d. Enip.) sandten die Athe-
ner, durch des Herodes herrisches Wesen und den Ueber-
muth seiner Freigelassenen bedrückt, einen gewissen De-
mostrato's, nicht ohne Einverständniss der Proconsnln,
zum Kaiser, mit der Anklage, dass Herodes nach der
Tyrannei strebe, ja, im Grunde sie bereits übe. H. reiset
nach Sirniium, um vor dem Kaiser seine .Sache zu füh-
ren. Wir sehen ihn in Begleitung der zwei Tüchter
seines Freigelassenen Alkimedon, der Gefährtinnen seines
Alters. '') Vor .Sirmium angelangt, sieht er diese seine
LicMingo pliitzlich vom Blitz getrollcn und erschlagen
niid bricht, statt aller Verthc'idigiing, inwüthende Schmä-
hungen gegen Aea Kaiser aus , als den Stifter seines Un-
glücks. Aun ist ausser allem Zweifel, dass Herodes da-
m.ils seine eigenen Töchter, Panalhenals und Elpinlke,
bereits verloren hatte und auf den Besitz Eines Sohnes,
des Atticus, eingeschränkt war, rien er nicht liebte, weil
Ihm seine Fähigkeiten gering und seine Neigungen niedrig
schienen. Eben diese völlige Vereinsamung und das Be-
dürfniss eines verarmenden Gemnthcs war es, was seine
Freigelassenen und deren Familien näiier zu ihm zog
und ihnen nach und nach einen falschen Einfluss ver-
schallte. ') Hätte dagegen sein Schoosskind Elpinlke
noch gelebt, so würden wir eher diese in Pannonien hei
ihm hnden, ebenso, wie der Kaiser in Gesellschaft Fau-
stiiiens und seiner dreijährigen Tochter dort erscheint.
IViin aber ist gewiss, dass Elpinike später starb, als ihre
Mutier Regilla. Ja, nach Philustratos könnte man glau-
ben, auch Panathenais. Denn nachdem der Biograph uns
berichtet, wie Herodes sich lange Zeit der ausschwei-
fendsten Traner um Regillen nberliess, kommt er dar-
auf, uns die nicht minder schmerzlichen Wunden zu
zeiL,'(-n , welche ihm der frühe Verlust der beiden Töch-
ter schlug (Ol. p. 5.')7 und 558). — Aber die borghesi-
sche Inschrift belehrt uns eines Andern und setzt diese
Familienverhältnisse völlig in's Klare: V. 13 etc. heisst es:
OiiExa oi 7ratda<; fiev dfivftovoi iy, fxeyÜQoio
JoTTviai KX(o9(u£Q dvijQEiipu.vTO fuekaii'c/.i
'JJiit'osag TvXeovojv öotoj d' tti nalds Xitceo&vv
NijTTiaxui dyvüj re xaxujv etc.
Daraus geht hervor, dass von 4 Kindern der Regula 2
vor der 31utter starben, 2 dagegen sie überlebten. Die
beiden letzteren sind l) Atticus, den die Inschrift nach-
her nochmals als einzigen Sohn erwähnt, den, wie Phil.
erzählt, Herodes von der Erbschaft seines Hauses aus-
schloss, so dass ihm nur das mütterliche Erbgut zufiel;
der dann wahrscheinlich im J. 1,S5 als suflectus eines
Bradua, wohl als eines mütterlichen Anverwandten, das
Consnlat bekleidete und mntbmasslich die längste Zeii
5) TouTO jii'.Q [ro AO-^fijai ojSiiov] /tiiy^&ii rt xat Iq Ttji' ziu-
auv v7itQy]f>y.i xuTaoxiviiv. 'Arrjg di 'Alhjvalo:; i?To{t]Ofv'HQ(!j-
tfj;q iq /iiij/(i;ji uno&urovar,(; yviaixöt;. 'l^fioi 6^ h iij 'Ai&iSi,
ovyyQaq,ij rö 1? toiiTO tiuqii&^j tÖ Jidilov , ölt tiqohqov 'hi,
i^iiQyuazo ftot> rct iq A&ip'utovq , i\ VTH^r^qv.xo llqfjtbr^q rov
olxoäofn]ftuioq. Uebei- dicss üdcon [%6 ircl 'P>;ylX>.!i d^iu-
rgov nennt es Philostiatos) vergl. Leakc's Topoi;iapliip von
Athen; Stuart's Alteilhiinier etc. Es leidet keinen Zwei-
fel, obwohl Visconti sich nicht entscheiden mag (Isciiz.
p. 9S. not. d.), dass diess Theater von dem alteien peri-
klcisclicu durchaus unterschieden werden ninss, welches
im niithridatisciicn Kriege verwi'iitet , zunächst von Ario-
Larzanes Philopator von Kappadocien und vielleicht auch
von dessen Solin Ariobarzanes Enscbes um 50 v. Chr.
(vergl. Boeckh C. I. G. nr. .%7 und 358) wieder herge-
stellt und dann von Herodes Yerschoneit wurde (Paus.
I, c. 19).
6) Denn als Greis bezeichnet er sich selbst in den an den
praef. praelorio Basseus gerichlelen Worten: w Xäari,
y{qit)v oh'ya q)oßu.TCil»
7) In den Jahren seiner Kraft war Herodes von einer sol-
chen Hinj;ebung an dienende Rlilglicder seines Hauses so
weit entfernt, dass die Freig(las.<enen seines Vaters, in
der Furcht vor H 's eigenwilliger Sinnesart, es für nöthig
hielten , das alheuische Volk durch Wolilthaten zu ge-
winnen, um sich so eine Zuflucht vor der Hute des neuen
Herrn zu sichern. Phil, p 549. lyontfii (o 'Amxuq') tüq
äut&TiyMi; ^vf/^nultci Twi' (tfttf fCtvTov iirtiXex'&itjbjy , m' /a).e~
nTJv ö(iotvTfq Ti]!' 'HgdiSov (fvair uniXivO-^qoui it xitl dovloif,
ttnoorgoqiriv i^inwuvTO Toy A0-7p'afti)v ätjfcou , c? i^,s Sw^SKt;
uvTol ctXiiot y.ut ondla f(h xwj' unO.iv&f'iJoiv tk -jiQoq lov
'HqüiSt^v , (ijj/l.oi'TO) ■^ y.arriynola rjti niaoCriiM oifi!»' , nv.y yjy-
TQov ijQfi^foq T^5 (uvTov ;'Awo07;5,
983
io Rom lebte, in der Niilie seines Grundeigenthnms ');
2) Elpinike als die leiztierslorbene der zwei von Phil.
genannten Töchter. — Die beiden Vor«eggest<irbenen aber
sind: Panathenais , welche die Athener nach einem Volks-
beschliiäse mit grossem Gepränge in der Stadt begruben,
und ihren Todestag aus ilem Kalender ausmärzten. —
Beweise eines freundlicheren Verhältnisses zwischen dem
Volk und Herodes, also einer friiheren Periode, sowie
auch der Kamen des .Mädchens leiclit eine Beziehung
haben konnte auf jenes panatlienaische Stadium, mit
welchem IL Athen verherrlichte. Unter dem zweiten
Kinde endlich haben wir entweder (mit Salmasius) jene
Frühgeburt zu verstehen, welche eben den Tod der Mut-
ter (iy (ijii(f) Toy.U)) verschuldete, oder ein anderes uns
anderweitig nicht bekanntes. '')
Ueberblicken wir nun jene Reihe von Ereignissen
und Zustanden, deren Zcitiiauer in der Erzählung des
Phil, anschaulicher wird, als aus diesen Andentungen: zu-
erst die anhaltende Trauer um Regillen mit ihren viel-
fältigen abenteuerlichen Aeusserungen (rö VTTiOTrei'&ijaal
ä:Todavorauv p. ööfi); späterhin den Verlust Elpinikens,
welcher den Vater dem Wahnsinne nahe braclite; dann
die wachsende Vertraulichkeit zu andern Mitgliedern sei-
nes Hauses; die Abgotterei, die er zu grossem Aerger-
niss der Quinctilier, mit einigen dieser Lieblinge, dem
Achilles, Poivdeuces '"), 31emnon trieb, mit deren Bild-
984
uissen (sixuöl iTEQmaii nach dem Ausdruck der Qulnc-
tiler) er Wälder und Berge und Uadeürter von Attica
erfüllte; endlich den Missbraucli , den diese Leute vou
ihrer erlangten Gewalt in Athen zu machen versuchten:
so leuchtet ein, dass des II. und seiner Freigelassenen
Anklage (170 — t/l) durcli einen beträchtlichen Zeitraum
von dem Tode Regillciis getrennt war. Und vielleicht
irren wir wenig, wenn wir denselben in die erste Hälfte
des Zeitabschnittes zwischen Ihl) (Bradua's Consulat) und
170, oder um das Jahr lf)4 ansetzen. Denn je näher
dem Cousniate des Bradua, desto mehr innere Wahrheit
gewinnt die Erzählung des Phil, von dem hull'ärtigeo
Stolze dieses Mannes auf die senatorische lunnla seiner
Schuhe (rt ti fißoKov rij^ Si'yevsiac;) , warum H. ihn
verspottete (Phil. p. 555). ")
(Fortsetzung folgt.)
8) Doch finden wir ihn in sputcrcn Jahren aiicli in Athen.
So in einer allisclien Insclirilt unter Sept. Sevorus , v. J.
198, wo als zjjouj ßovlrii xat öyjftou KL 'Aitixoi; MuQa
(*wi'»o;], doch wohl des Herodes Sohn, aultritt (Boeckli.
C. I. nr. 353. p. 422).
9) Denn die Stelle in dem lucianischen Demon.ix (Lucian.
Ed. Reitz. Tom. II. p. 385), in welcher Visconti den frü-
hen Totl eines Sohnes des Herodes beglaubigt findet, be-
weist gar Mchts, da die von Visc. befolgte Lesart io}
d'avtm, durch welche allein die Beziehung auf Herodes
in die Anekdote hineinkiininit, eine ganz unsichere Ver-
änderung von Vorsl ist statt der liaudsclirillliclien Lesart
'0 J'm'tö; (sc ö i/j;,((o;>'Ki)- — Eichstadt und Boeckh
folgten der Annahme' Visconti's, ohne sie zu prüfen;
der letzlere (C. I. p. 45) bemerkt: Regilla duos prius
filios totidenirjue filias cnixa.
10) Vergl. Bocckh C. I. nr. 9S9 — 995; ■wo er Polydeucion,
und vollständiger (in nr. 995 nach Bückh's Lesung) Vi-
bullius Polydeucion genannt wird. Das nomen gentili-
cium Vibullius giug wahrsclieinlich von seiner Herischalt
auf ihn über. Zwar gehörte Herodes selbst nicht der gens
Vibullia, sondern der Claudia an, aber seine Mutter,
des Alticus Gemahlin, liiess Vibullia AIcia , und es liisst
sich annehmen, dass der Knabe Polydeucion entweder
zunächst im Dienste dieser .Malrone sland, oder ans be-
sonderer Gunst derselben mit ihren Namen beehrt wor-
den. Vergl. die ln-:clir. nr. 903:
IJ\n).V(hvx{uiru fIoniiS\ui'i
'AXy.Ut. tÖc qO.niion töi [ci
Jlfjcidtj v.uX iav^r^,
nebst einer Inscbr von Kens (C. L Addcnda p. 920) :
ij srö/.K '/oi'J.iijrwi' Tl. Ki.. 'Atiiy.nv 'jlgMihuiot' , Tt. A'A.
'./iTTixoi; xid Bißou/lU'i 'A'uIui; ütnr; wO/ru Buekli beriieikt:
Vibullia Alcii uxor l'iiit Hcrodis ; indem er den Ti. Ol.
Atticus HeroJianns fiir den jüngeren Alticus, des Hero-
des Sohn, nimmt. Dies? -eheiut aber unslallliaft. Denn
Personal-Chronik und Miscellen.
Afrika, Die neulich in Besitz genommenen Ruinen von
Dschmiilah in Nordafiika (dein alten Mileum) sind reich an
römischen Alterthüraern. Man bat bis jetzt viele Votivtafeln
gefunden und einen Triumphbogen, welcher dem des Septimius
Severus in Rom an Grossartigkeit und Schönheit nicht nach-
steht. Eine noch gut erhaltene Inschrift lehrt , dass er vom
Kaiser Marcus Aureüus errichtet wurde. Ein Theater ist
noch so vollkommen erhalten, dass keine einzige Sitzreihe fehlt.
Die Gänge zwischen den Sitzreihen und diei Eingänge sind
ebenfalls unversehrt. Im Tempel der Göttin Tellus sieht man
einen prachtvollen Mosaikboden.
1) würde Ti. KX. 'Aitixoü unsern Herodes sehr ungenau
bezeichnen, hingegen ganz richtig seinen Vater Alticus;
2) spricht nicht nur kein Zcih;niss für die Annahme,
sondern alle dagegen , dass Herodes vor oder nach Re-
gillen noch eine andere Gemahlin , Namens Vibullia AI-
cia , gehabt hatte; 3) wissen wir ans Philostr. und der
borghes. Inschrift, dass der junge Atticus ein Sohn der
Regilla war. Es ist also anzuncbnien, dass die Stadt lulis
auf Keos unter dem Namen Herodianos den Herodes selbst
ehrte, gewiss in seinen jüngeren Jahren, wo es zweck-
mässig schien, den Namen des Vaters und der Mutter
beizufügen. Primilivnamen mit patronymiscbcr Endung
aufgeführt, sind nicht ohne Beispiel. Vergl. Lysias
c. Nicoiu. §. 71. (wo Nicomachides statt Nicomachos) ,
und Hemsterbuys ad Lucian. Tim. §.44 — Herodes Mut-
ter, von der wir aus Philostr. nur so viel wussten, dass
ihr Vermögen den Atticus. nach der Confiscation der
väterlichen Güter und vor der Auffindung des ungeheue-
ren Schatzes, immerhin in den Stand setzte, den Rang
seines Hauses zu behaupten, musstc dann (nach nr. 99.H)
entweder ein sehr holies Alter von etwa 85. Jahren er-
reicht haben; — oder wir hätten Poly<li:iicion's Tod lor
dem Proconsulat der Quinctilier. in einer früheren Periode
nnzuscl-zen, was sich mit Philostratus Andeutungen wohl
verträgt.
11) Burigny (1. c), der alle Zeiten durclieinandcr wirft, scheint
den Tod Regilleiis nach der Scene iu Pannoiiien (a. 171)
anzusetzen. Roeckb (Cori). 1. p. 45) bemerkt nur unbe-
stimmt, aber mit uns üliereinstininiend: Ouae res (d. i.
Herodos Aeusserungen von Tr.iucr um Regillen) post con-
sulatuin Braduae ordiiiarinm rpji a. 160 accidit, gcslae
sunt, aliquot ut vidctur annoruui iulcrvallo.
e i t s c li r i f t
für die
AI t er thu ms wissen Schaft.
Sonntag;, 13- October
1839.
Nr. 123.
lieber einige Epochen iin Leben des Ilerodes Atti-
cus, mit besonderer Bezieliim"^ auf die zweite
borghesisclie Inschrift.
(Fortsetzung.)
§. 4. Die Geburt des Herodes setzte Olearius in
das Jalir 95, ofl'eiibar zu fiülie; (Icnn dann müsste er
17t festorl)eu sein, ho wir ihn in Sirniium finden, und
konnte weder den Aufstand iles Cassius, noch den Tod
der Kaiserin Faustina erlebt haben (Phil. pag. /ifi'i und
563), beides Ereignisse des Jahres 175 (Tilleniont H. d. E.).
Sein nächster Grund »var, dass er dem Ilerodes im Jalire
119, "o er angenommener 3Iaassen vor Iladrian in Pan-
nonien zu reden hatte, ein Alter von '25 Jaliren zuwei-
sen wollte. Aber der Ausdruck des Phil. vSo) ovTt er-
laubt ein geringeres Alter, und bei einem frühentw ickclten,
durch die seltensten Gli'icksumstande in lielleres Licht
gestellten Talente hat eine solclio Bevorrechtung nichts
Ijefremdendcs. — Visconti hingegen geht auf der anderen
Seite viel zu weit, indem er unseren Sophisten erst 112
in's Leben treten lässt. Dieser Annahme liegt die An-
sicht zum Grunde, als liabe II. noch nach seiner Ver-
söhnung mit dem Kaiser 31. Aurclius (175), ja, nach
dem Tode desselben (179) und unter Commodus grosse
IJauten ansgefiihrt. Allein diess ist durchaus irrig, und
nirgends die Spur eines Beweises dafür. Im Gcgenthcil
gehören die meisten Bauuuternehmungen des II. in die
erste llfiltte und die Mitte seines Lebens, und das Thea-
ter der Regilla darf unter seine letzten Werke der. Art
gezählt werden. — Das späteste Zengniss seines Lebens
ist der liebenswürdige Brief des Kaisers M. Aurelius
(v. J. 175), welcher die seit 4 Jahren (171) zwischen
beiden eingetretene Spannung freundlich ausglich. '") Er
kündigt dem H. an, dass er AVillcns sei, Athen zu be-
suchen und sich in die Eleusinicn weihen zu lassen, mit
dem AVunsche, H. möge sein Mystagog werden. Wir
>vissen, Aurelius war im folgenden Jahre (176) i» Athen
(Dio 1. 71. p. 814. TiUemont H. d. E. II.) und gab der
12) Der Kaiser gedenkt hierin der Bestrafung von Hero-
des' Freigelassenen , scheinbar als eines nahen Vor-
ganges; allein diess scheint auch nur; in der Tliat lagen
4 Jalire dazwischen; veralten aber konnte die Strafe in
Herodes Seele nicht, indem ihre Folgen fortdauerten, und
erwalinen musste sie der Kaiser nothwendig, wenn er auf-
richtig und gründlich versöhnen wollte.
Stadt öffentliche Lelircr aller Wissenschaften. Ob aber
H. ihn wirklich in ilie Elensinien einführte, sagt uns
Niemand. Ja, wir würden schliessen können, dieser
habe des Kaisers Ankunft nicht einmal erlebt, wenn
nicht eine Stelle des Philostratus (Vita Theodoti p. 560)
uns glauben machte, dass er noch an der damaligen Ge-
staltung der wissenschaftlichen Institute einen wesent-
lichen Antheil nahm. Aul jeden Fall aber überlebte er
jene Epoche nur kurze Zeit und endete früher als der
Kaiser (vor 17M). ")
Visconti nun, da er, in jenem Irrthum befangen, dem
Ilerodes bis 188 das Leben verlängert, kommt mit dea
Begegnissen seines früheren Lebens in's Gedränge. Er
wird genöthigt, für die misslungene Rede in I'annonicn,
welche Olearius mit grösster AVahrscheinlichkeit auf den
Kaiser Hadrian und das Jahr 119 bezog, eine spätere
Epoche zu suchen (1V7), welche auf keine Weise passt.
Denn erstens versteht Phil, unter avzo/.oarojo ganz
offenbar die Person des Kaisers (Hadrian), und nicht
seinen .Adoptivsohn Aelius A^erus, welchen er vielmehr
mit Namen genannt haben würde; zweitens verliert die
Anekdote durch Unterschiebung eines geringeren Mannes
an Werth und innerer Wahrscheinlichkeit ; drittens streiten
Tliatsachen dagegen. Denn schon eine geraume Zeit vor 1,37
war Herodes bevollmächtigter Aufseher der freien grie-
chischen Städte "): er war es gleichzeitig mit dem asia-
13) Auch Suidas fiihrt des Herodes Lebcn_ nicht über M. Au-
rclins hinaus: tjy Si ijiC tc Tquikpov x(d ASniuroü xi'.t
Muqxov '.htoirlmv töiv uvToxgiitoQoif , wo vielleicht nach
'ASniP.rov eiiiznschicben : xul TCxov ti xctl.
14) Uci)cr dieses Amt vergl Olear ad Philostr. p. 537. tk«
üwO-iQtK; TwK noXfoiv Sioiq&oÜto , "nd pag 548. »Joyf züv
y.ara t>]v 'AaCuv ÜiV&iQoiv n6Uoiv 6 'IIq. — Das An.t bezog
sich insbesondere auf öirentlicbc Hauten, Tempel und
Feste, oder den Ciiltus überhaupt. Es ist wahrscheinlich,
dass eine smyrnaische (oiler, nach liückh , epl.esische )
Inschrift zu Ehren des Iladrian hl f;^f'w? Ti. KX. \'Az-
Ttxov oder V/oi,i(5ou] (C. 1. nr. 3.?J. ) und eine ähnliche
der Insel Tlia'sos (nr. 336) hl UQimt; Kl.. 'Airixov eben
jene dem Herodes übertragene Aufsicht über die a-iat.
Städte andeutet. In eine etwas «patere Zeit aber dürften
die Inschriften nr. 332 und 383 fallen, worin Herodes als
«pyifDfu? Twv :SißaaTäy von 2 attischen Phylen geehrt
wii-d — Die Insclirr. führen uns jährige und lebeuslanglichc
tfOfi? und ünyiiQfh '^'or. So war der Vater des Sophisten
Heraklides lebenslänglicher uQ^ifQ"': «''''" l'rov'nz Lycien
oder AvxmQ/r,,; (Pbil. p. 612, wo die Vulgala xal uq/u-
Q^wv Avxioiv iytvtxo aus den vatican. Handschriften zu be-
987
988
tisrlipii Prnronsulat Jos T. Anioiiiiiiis (Phil, in Hcroile
et Polcmoiip. Jiil. Ca[ii(<p|. r. 3-) 5 ""•' "IjhoIiI ilas Da-
tum von ilipsrm iiirlit fr.sf^^o.strllt ist, so fallt es docli
gewiss ztiisrlicii l'Jö mul 13(1. {$. w. n. Aiiiii. 15). In
diesem Amte ersilieiiif Heroiles zwar iiorh jnn^^ uiiil ge-
wisscrma.issen abliiinjjijf von seinem ^'ater Attiins, dessen
stolze Freigcl>i(,'keit ihn hei der Anlaije ilcr grossen Was-
serleitung in Troja iMiterstiitzte (Pliil. p. 54S) ; er er-
sclieiiit iVriier jung im ^'erh.iitniss zu dem Reilner Po-
lomnn, den er damals in .Smuna anfsnchte und mit Jngend-
fcuer und der Zärtlichkeit eines Sohnes begriisst (rrorf,
(jj Tldreo , ä/.o(>aaöiu&d Oui>; Phil. p. 537; allein
längst «ar er hinaus liher jene Befangenheit, die ihn
zuerst Lei dem nngeHohntcu Anldiik kaiserlicher Majc-
st.'it ergriir und ver« irrte, «ie schon jenes, nenn anch
falsche (jenic lit beweisen kitimte, dass er auf dem Ida
den Proronsiil Antoninus mit frevelhaften Hfinden ge-
schlagen (Phil. p. 55Ö); ja er hatte damals schon selbst
einen Ruf als Redner und sah sich von Schulern um-
geben , zufolge seiner eigenen Aussage gegen den Con-
sularen Barbarus (nach dem J. 1Ö7), dem er auf die
Frage nach seinen Lehrern antwortete: In meiner Schal-
zeit lernte ich bei diesem und jenem; vom Polemon aber
lernte ich , da ich selbst schon lehrte. *')
richtigen ist: xul ÜQ/nQiojg ji.)- Verjl. Stinbo I. XIV.
p. 665 und dessen Ausleser zu ^vxiufiyui. So war Sco-
^cW^nui ito/ifQiii; iTiq '.'latuq, oder 'Aaia(j/_tjq und die Würde
in seiner I aiujlie ciblicli. l'bil. p. 51ä. — Eine Inschrift
in C. I. nr. 1104 lehrt uns einen P Licinins Priscus Ju-
rentianus in Korinth als uQ/tiaiüq du''. ßCov kennen , wel-
' eher uiilcr Ilndnan meinen; dorlij^c Tcnipcl und darnntcr
auch djs Palariioniou rcslanrirle. Wir wissen aus Phil,
und Paiisan. II, 1, dass auch Heiodcs in diesem die
kunstreichsten Stalucn nidslellte. Tliat er dicss etwa in
der Eiscnscbart eines liniiq von Koiinth und vielleicht
als Anilsginossc des Licinins? Es ist denkbar, dass Hero-
des nach nml nach in verschiedenen Bezirken Griechen-
lands dieselbe iiqitu bekleidete, welche iliin Gelegenheit
gab, so viele Sladtc mit Denknuilcn seiner Grossnjuth zu
zieren. Den Anfang aber niaclile, wie es scheint, die
Vcrttallung der asiatischen Kiisicn- und Inscisladle, oder
das Asi.ircliat , welches ihm vielleicht (wie schon Eiclistädt
verniulbete) vom Kaiser Hadrian im j. 125, wo derselbe
sich zu Athen in die Eleusinien wciiicn liess und sich
ohne Zweifel mit Alticns und seinem Sohne persönlich
bcfrciindcle , oder bald darauf ziierlheilt wurde.
15; Tot Siin fiiv xist tw öüvt, Tiuiätvn/iiroq , JloXfiiu)i'i (JJ, ^Jij
niitdti-i»y p. 5-19. — Zu den ungenannten l.cincru seiner
Jugend ist wohl der Athener Secuiidus zu zahlen Phil,
p. 544. Bocckh C. I. nr. .S99 Mit grüsserem Unrecht
ver^chwieg Herodcs den Namen des Suiyin.iers Skopelia-
nos, der aucli Polemon's Lehrer gewesen , und dessen
autoächeiliastischc Kühnheit dem H. zucr.st ciu niiitbigeres
BcwuiStsein seines cit',cnen Talentes tnid Siclierheit im
freien Vortrage gab. Phil. p. 521. Atlicus lii ss die Sta-
tuen aller Redner und Sojdiisten in den Gingen sei-
nes Palastes niederwerfen, «weil sie ihm i'en Sidm ver-
dorben hatten«, und ehrte den Skopelian mit reichen
Geschenken. Gibt man das Kactum an sich zu, so niuss
auch zugegeben werden , was im Sinne der Erzählung
liegt: dass Skopelian erst nac/i dem unglücklichen Rede-
versuch in Puunonien , und zwischen den Jahren 119 —
1.'5 zu Ilerodes Ausbildung beitrug. Dann nnisste Skop.
freilich hochbejahrt sein , da er schon vor etwa 30 Jah-
ren , als Abgeordneter vor Domitian, in vorgeiücktcm
Den zweiten IVli.'ssstand der Visconti'schen Chronologie,
dass lleroiles schon im 31. Lebensjahre das Consulat be-
kleidet haben müsstc(l43), übergehe ich. Aber wie übel
die Andeutungen des hohen Alters {yi',(ja ii' äLc'JJaj)
bei dem Toile der Regula auf einen 5 'j'lhrigen Manu
passen , liegt am Tage. Diese Unbetjuemlichkeit hat V.
selbst wohl gefühlt, und eben d.irnm das Todesjahr Re-
gillens in einem mystischen Halbdunkel gelassen. Die
Feststellung von diesem würde ihn geniilhigt haben, sei-
ner vorgefassten Ansicht von Herodcs Geburts- und To-
desjahr zn entsagen,
Alter stand (p 520). Indess bemerkt Phil, ausdi iicklich
p. 515 von (liescui liedner, d.iss er i<; ylnuq ßuO-h (!x<'-
gfuo; rid üijiinq JifTf'Atoc. — l'nler die Irtiliesteu Scliiiler
lies H. al er gehiirl .Adrianos von Tyros, ans dessen Leben
(Phil p 586—591) sich mehrere l mstände für die Chro-
noiogie des Herodes benutzen lassen Adiianos kam als
ISjährigcr Jüngling in U 's Sciinlc, und erficulc bald dar-
auf (riaJ^oiy i'ct, Phil. pag. 5ö6 , viellcichl in seinem V).
Jahre) seinen Lehrer mit einer Slegrcifrede (dass er übri-
gens , wie Phil, sagt, mit dem Skeptos von Korinth zu-
sammen sich iin y.Xiifn'idQtni' oder ilem engeren Ausschusse
von H.'s Schülern helundcn habe, ist ein Iritliuni , und
unvereinbar mit andern Angalien , nach denen Skeptos
30 — 40 Jahre sp.iler in II 's Schule war, wie z. B, dass
er im Jahre 171 hei llcrodes den Vortrag des Sophisten
Alexandros mit anhörte und heurthedte). Zu Anfang der
Regicrnng M. Anrelins finden wir Adrianos in Rom im
Hause des Consniaren Flavius Boethns, wo er einer von
Galenus vorgenommenen Sectibn beiwohnt (Galen, pvo-
gnost ad Posihnm. cap. 5, nach der Uebers. derJnnlina;
Adiianus ibetor, qni nondum pnbliec doccre coeperat,
sed adliuc cum Boetho versahalur). Tillcniont p. 3W
glaubte diesen Rbetor von dem philostralischen nnler-
scbeiden zu müssen, ganz ohne Grund, da die Zeiten
stimn)en. — Spalerliin (vor 175, wahrsclieinhch 173) be-
stieg er den sophistischen Lehrstuhl in Athen (Phil. p. .588:
xarü Toi)? /jdi'ov? oi? o uvinr.QÜTHig ilfttpxoj AO-iinttt vn^Q
fwaxr,nlu)y iaiiihi, hQc'cTii ^(J'/ ^oü Tiij»' aoqioTiüi' 0-jjnvov) ,
redete 176 vor dem Kaiser selbst in Athen. dessi'U Bei-
fall und Belohnungen er erntete, — und hielt nicht lange
darauf seinem Lehrer Herodcs die Leichenrede. — Nach-
her ühernalim er, vielleicht auf Coinmodus Einladnng,
den römischen Lelirslnhl der Sophisten (toi' uro) Oqovov,
vergl. Vita Phil.igri p. 580) und starb in Rom als .tOjah-
ri;;er Grei< unter Kaiser Commodus , von dem er noch
auf dem Sterliebetle eine Bestallung als kaiserlicher Se--
cretiir (xäq i-ntaxoXui;) empfing, unter Entschnldi,giingen ,
dass sie so spat koiiiine. Das Jahr seines Todes lallt
(auch nach Tillemont Vol. IL pag. 3S9) wahrscheinlich
wenig vor 100. Dann war er gegen 110 geboren, und
schloss sich gegen 127 oder 128 an Herodcs Unterricht
.in, olTenbar nni dieselbe Zeit, wo wir diesen als Auf-
seher der griech. Freistadte auf Reisen, in Smyrna , auf
dem Iroischen Idale begegnen, und wo Adrianos der Tj-
ricr allerdings am leichtesten seine Bekanntschaft machen
konnte. -^ Hiermit gewinnen wir denn zugleich ein nähe-
res Datum für das asiatische Procnnsuial des T. Antoni-
nus, für welches Olear. nur den Zeilranm von 120—138
(d. i. zwischen dem Consulat und der Adoption des An-
tonin) aussetzte, obwohl er aiisJul. Capilolinus cap. 2. 3.
wenigstens noch so viel h.alle entnehmen können, dass
zwischen Consulat und asiatischem Proconsulat erst noch
die proconsnlarische Verwaltung eines Viertheils von Ita-
lien einzuschalten war. » Ab Adriano inier f|uatoor con-
snlares, quibiis Italia commitlehatiir, eleclus est ad cam
parlem Italiae rcgendam, in qua pliirimnm possidchat. .—
l'coconsulutum Asiac sie egit, ut solus avuin vinceiel.«
989
990
^. 5. Fassen wir nun die gewonnenen Er>;ebnisse
in eine chronologische L'ebersirlit zusammen, woran ich
ein Verzeicliniss iler Bainierkc des Ilcrodes nadi ihrer
wahrscheinliclicn Zeitfolge, nml einige ihn betreffende
Inschriften anschlicsse.
Um 101. Herodes Atticua
geboren. '*)
HS. Iladrianus Kaiser.
llt). Hadr. in Pannonien,
im Kriege gegen Sarniaten
und lllvrer. Der 1, '-jahrige
Herodes fällt aus der fledo
vor dem Kaiser.
120. Herodes im Unter-
richt des Pvhetors Skopc-
lianos.
1'25. Hadrian in Athen.
Der Kaiser überträgt dem
Herodes die Anfsicht über
die freien griech. Städte.
127 — 1','8- Herodes be-
reist die seiner Aufsicht
untergebenen Städte. — Ti.
Antoninus Proconsnl v. Asien.
Herodes hört in Smjrna den
Redner Polemon. — (,4dria-
nos der Sophist folgt dem
Herodes als Schüler.)
Tod des Atticns.
139. Ti. Antoninus Pius
Kaiser.
Her. erbaut in Troja AqnS-
ductc und Bäder (Phil. p.
548).
Inschriften der cpvkl} '^4v-
T^o;»;)^ (nocckhC. I. nr. 382
und 383^ und der Thasier
£711 l£(j£U)'i Kk. '.'ItvIXOV.
(C. I. nr. 336.)
H. erriclitet Statuen im
Tempel des Poseidon zu
Korinth. (Paus. II. 1. Phil,
p. 561.)
H. baut innerhalb 4 Jah-
ren das panathenaische Sta-
dion aus pentclischem Mar-
mor. ") (Phil. p. 551. Paus.
I, 19.)
AquSducte in Olympia
(Phil. I. 1.) Statuen der Köre
und Demeter von pentel.
Marmor, im Tempel der
Demeter zu Olympia, (Paus.
VI, 21.)
16) EichstäiU bei Fioiillo Her. Alt. Rell. p. 10 kommt auf
folgendes Rcsiilt.it: Oplime congniunt temporiiiu ratlones,
si Herodem imporaiite Trajano a. 104 iiatum et sub im-
pciio Cominodi a. ISO exslinctiini staluaimis.
17) Buiigny p. 14 mninl, H. sei nach scincin Consiilatc Prii-
fect der giicch. Städte gewesen nnd lialie dann das Sfa-
diiuii in Atlion gebaut. Nach Pliilostr. alier ist walir-
sclieinlicli, dass er diesen Bau niclit gar lange nach seines
Vaters Tode unternoramen und dadurch gewisscrmaasscn
die Athener beschwichtigen wollte, die sich durch die
Vollstreckung des väterlichen Testamentes von ihm beein-
trächtigt fanden.
140. Her. in Rom als
Lehrer der Adoptivsöhne des
Kaisers, L. Verus und M.
Aurelias ( Jul. Capitolin.
p. 23 und p. 35.
141. Tod u. Apotheose der
Kaiserin Faustina.
143. Herodes Consul.
(H. vermählt sich mit Annia
Rcgilla.)
162. M. Aurclius Kaiser.
Panathenals, Hcr.'s Tocliter,
stirbt.
gg. 164. Tod der Annia
Regula.
gg. 165. Her. des Mordes
seiner Gemahlin angeklagt
von deren ßruder App. An-
nius Bradua.
Her. verliert seine zweite
Tochter Elpinike.
171. M. Anrelius in Pan-
nonien. — Qninctilius Con-
dianus und Quinct. Maximus
Proeonsuln von Asien. —
eine megariscLe Insclirifi
(C. I. nr. 1077.)
Her. baut Wasserleitungen
in Cannsium (Phil. p. ä^l.)
Des Her. Theater in Ko-
rinth (^dtaroor vTlujQUffiov
Phil. 1. 1., von Pausanias noch
■licht erwähnt.
Die 5 triopisehen Insehrr.,
näml. die beiden farnesiseheu
Säulen 'S) (C. I. nr. 2fi. ),
die insrr. bilinguis auf Rc-
gilla ( >'isc. p. 5 ) und die
beiden borghes. Insrhriften.
(ir..j — l(i7.) Odeon der
Regula in Athen (Phil. pag.
551 und 556.)
gg. 170. Das pythisrhe
Stadion in Delphi, von Her.
mit pentclischem 3Iarraor
ausgeschnuiekt. ") (Phil,
p. 551. Paus. X, 32.)
Her. errichtet dem Anden-
ken seiner Lieblingssclareo
Marmorbilder. (Inschriften
auf Poivdeucion, C. I. nr.
989 — 995.)
18) Jetzt in Neapel. Zwei Facsimiles derselben in gleicher
Grösse sind im Vorzimmer der vaticanischcn Bibliothek
aulgestcUt. Man könnte glauben, dass diese beiden Säu-
len schon vor Itegillcns Tode auf dem Tiiopion errichtet
worden , nachdcju Heiodes durch seine Heiratli in den
Besitz jener Landereien gekommen. Auf jeden Fall war
Viscontis Ergänzung Pr,-/f>.h,q nach dem y.ut am Schlüsse
der kleineren Inschrift sehr unglücklich, da man zufolge
der ersten borghes. Inschrift eher Tjitojiijog odec 'A&Ti)'utuq
hinzudenken nitisite (C. I. nr. 4fiO). Indessen nach nockh's
Ireirlicher Behandlung der beiden lapide wird es wahr-
scheinlich, sowohl dass sie vollständig sind, als auch
dass sie nebst den 3 übrigen triopisehen Inschriften erst
nach Regillcns Tode errichtet wurden, nnd dass das Trio-
pion eben damals erst vom Herodes seinen Namen nnd
seine Schutzgötler erhielt.
19) Phil. p. 559 bemerkt, <ler Anfang des Zwiespaltes zwi-
schen H. und den Qainctiliein sei ihr verschiedenes Ur-
theil über die musischen Spiele in thn Pylhicn gewesen.
Damals scheint also H. Agonothet der pyth. Spiele ge-
wesen zu sein, und in diesem Falle lasst sich vermutlicn,
dass er eben damals oder kurz zuvor die Restauration des
Theaters besorgte.
901
S92
Der Soplilsl Alexanilros roa
Selrucia kotiiiiit auf tIcDi
AVege zum Kaiser (in Pau-
iioiiien), der ihn zu seinem
Epistolojraplicn für Grie- ^
chcnlan.l bestallt halte (Phil,
p. 571 und iilii), nach Athen
und lässt sich vor Hcrodes
LOrcn (Phil, in Alex.). Her.,
von den Athenern der Ty-
r.innci beschuldigt , stellt
sich dem Kaiser in Siruiinm.
Her. zieht sich lor Ver-
drnss nach Oiikos an der H. umgibt die Stadt Orikos
cpU-ischen K.iste zurück, wo ^^ f^^^g^ 3Iaueru. '°)
er einige Jahre, doch nicht als
Verbannter, lebt.
Kachher begibt er sich an
seine Lieblingsiirler 3Iara-
thon und Kephisia, wohin
die lernbegierige griechische
Jugend ihm abermals zn-
stromt. ^')
175. M. Aurelius in Klein-
asien. Aufstand des Cassius.
Tod der Kaiserin Faustina.
Brief des Kaisers an Herodes
nach 3Iarathon.
176. W. Aurelius in Athen.
gg. 177. stirbt Herodes
(ducfi TU ?^ y.oii ißöoy.ri'
y.ovTU , i,i'VTav.r^i yei'öixE-
vosi nach Phil. p. 5tt5, dem
Saidas nachschreibt.)
(BescLluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Bonn. Dem Lectionskat.ilog geht eine Abhandlung (S.XII)
voraus, in wcicbei- Prof. Ritsclil aus einer Wiener Uandsclirift
die u:toif(Hyiu:xtt des Orion uiiltheilt , veranlasst durcli das von
Schneide win bcraiisjegcbeiio Antliulogiuui des Orion, und
mit kurzen .N'achwcisungcn begleitet. Die ünoif&fyfmru werden
in der Handschrift eingeleitet durch die Woile "JIqIoiv ö cfdoao-
20) Bei Phil. p. 5Sl ist mit der besten Handschrift Vat. 99.
zu lesen : oixtae di ;.ui rö iv t'j 'Hixüqm '/Igixnv vTznöiöm-
xö? jS,;, statt (|er Vulgata virrjoi di etc. Vgl. Phil, p.562
o yat TtoUaui uvtÖv. Die Stadt war zur Zeit des rümisch-
macedonischcn Krieges unbefestigt. Liv. üb. 24. c. 24.
Nunciantcs Pliilippuin ad Oricuni exercitum adinovisse
eanir|ue urbeni sitani in piano nc(jüe moenibus, neque
viris, nrqiio armis validam primo inipetu opprcssain esse.
Seit Kaiser Claudius war sie römische Colonic (cf. Hülsten,
ad Steph. hyz. s. v. '/2ptzö?).
21) Pbil. p. 562. Seine Darstellung ist unklar; aber nur auf
die angegebene Weise lassen sich die Thataachen verbin-
den und ordnen.
tfof, fi'fijxfi', wo ühcT 'IfQoiv zu lesen sein soll. Prof. Brandis,
der vor dein Beginne des Wintersemesters zurückkehren wird,
bat bereits seine Vorlesungen angezeigt. Im Ganzen sind an-
gekündigt in der katholischen Theologie 17, in <ler evangeli-
schen 19, in der Rcchtswissenscbaft 33, in der Heilkunde 37,
in der Philosophie 11, in der Mathematik 9, in den Nalurwis-
senscliaflcn 16, in der Philologie 22, in den morgenländischcu
Sprachen 9, in der neuen Literatur 8, in der Geschichte 10,
in den Staats- und Camcrahvisscnschallen 9, in den bildenden
Künsten 2 und in der Musik ,S Vorlesungen. Zu seiner Antritts-
rede lud Prof. Hitschl ein durch eine dispiitatiu de veleribus
Plauti intcrprclibus cap. 1. (16 S. in 4.). Das Prograiniu des
hiesigen Gymnasiums enthalt philologische Bemerkungen von
Prof. Dr. Lucas (24 S.). 1) Uebcr die .«pindellragenden Göt-
tinnen der Griechen. Die Spindel soll Zeichen der göttlichen
Muclit sein. 2) l'elier das homeiische uitnipi, das nicht Adver-
bium sein soll. Aber jrap uixiiqn wird wenigstens ganz adver-
bial gcbr.niclit 3) Ueber einige kurze sprichwörtlich gcfassle
Rcdeii'^artcn bei Homer (Jooti; öXly-t] if (plXri ti ^Vfi(ptQ-it) ä'
itoirt] nf').n civä^jöir y.ui fiüJ.a XvyQon'. OUyyi Si t nvn-jirtvoi^ no-
X^/toio). Das Gymnasium, das neun Abiturienten enilässt, zahlte
wahrend des Schuljahres 181 Schüler. An die Stelle des nach
Göttingen berufenen Prof. Rcdcpenning traten im Sonimer-
eemcster für den evangel. Religionsunteriicbt Prof. Sack nnd
der Candida!, jetzt Pfarrer, K rafft ein. — Vor Kurzem ent-
deckte man hier an der Landstrassc bei der Anlage eines Fabrik-
gebäudes folgende Inschrilt mit sehr deutlichen, schön gehaue-
nen Buchstaben.
T. CARISIO T. F. VOL._
ALBA. VET. EX. LEG. 1
H. E.V. T. F. C. ET
MANERTAI. RIVSICI. F.
in welcher die Erwähnung von Musikern interessant ist. Eben-
daselbst fand sich ein ausgebranntes römisches Grab, in wel-
chem ausser mehreren Opferkrügen, Urnen n. s. w. eine Lampe
mit dem Bilde des Mars in voller Rüstung entdeckt ward.
Weimar im Herbst 1839- Der im Jahr 1836 verstorbene
Professor Schneider bat für die dritte Classe des Gymnasiums,
deren Hanptkhrer er war, ein aus Strafgeldern der Classe von
ihm gesammeltes Capital hinterlassen, von dessen Zinsen nach
seinem letzten Willen jährlich einigen der l'nterslützung be-
dürftigen und würdigen Schülern der dritten Classe Bücher an-
gekauft werden sollen. Dieses Kapital ist kürzlich durch ein
hohes Oberconsistoriaircscript seiner Besliinniung überwiesen
worden, nachdem es inzwischen auf 168 Ribir. angewachsen
war durch den Erlös einer Schulrede des Ephorus, Gcneralsu-
periiilendenl und Vicepräsident Dr. Röhr, welche derselbe zum
Gedachtniss iles Verstorbenen im Gymnasium hielt und auf be-
sonderes Verlangen dem Drucke übergab unter dem Titel : fieiie
zum Gedachtniss lies am I4. März 18.^6 verslovbenen Profes-
sors Dr. Gottlieb Karl H'ilUelni Schneider, im Wilhelm -Er-
neslinischen Gymnasium zu Weimar, nach geendigter Oslcrprü-
fung gehalten von Dr. Job, Fricdr. Röhr, gcilruckt inderTautz'-
schen Ruchdruckerei. — Auf die Universität sind in Folge der
gewöhnlichen Maturitätsprüfung 10 bisherige Gymnasiasten ent-
lassen worden und zwar 4 mit der Gesammtcensnr vorziiglicli ,
? mit gut, 4 mit zureichend voi-bereitet. Allen aber konnte
in sittlicher Hinsicht das Zeugniss Nr. 1. gegeben werden.
Baiern. An dem mit dem neuen Schuljahr zu eröffnen-
den Lyceum zu Speyer wurden ernannt: Dr. G. R. Piichta
zum Professor der Philosophie; Casp. Zeuss zum Professor
der Gcsehicbte ; Karl Felix Halm zum Professor der Philologie
und Archäologie; Professor Schwerd lür Mathematik, Physik
und Chemie; Domeapitular Würschmitt für allgemeine Na-
turgeschichte; das Rectorat ist dem Gyiunas. -Director Hofrath
und Professor Jager zu Speyer übertragen.
Zeitschrift
f ü r die
AI terth ums Wissenschaft
Mittwoch , 16. Octoher
18 39.
Nr. 124.
Ueber cini<re Epochen im Leben des Ilerodes Atti-
CU8, mit besonderer Beziehun-!: auf die zweite
borgliesische Inschrift.
(Beschluss.)
g. fi. Irh wende mich noch einmal zur Lorghesisrhen
Insclirift, um noch einen Irrthnm Visronti's zu berichti-
gen. Er betrifft ilie Kaiserin Faustina als neue Demeter
(^/;w vir.). Es ist bemerkt worden , warum Visionti
(nach Salmasins Vorjfanj;) an die jüngere Fanstina dachte. '-)
Er hielt es für zwecklos, dass iler Verf. der Inschrift
dem Andenken einer längst verstorbenen Kaiserin hatte
huldigen sollen, und entscliloss sich lieber zu der Annahme,
Heroiles habe nach dem Tode der fiemalilin des I\l. Au-
relins (175) dieser einen Tempel auf tiem triop. Felde
geweiht und darin seiner (seit 10 Jahren) verstorbenen
Regula den illarmor setzen lassen. Allein nach dem Bis-
herigen müssen »ir iliese Ansicht verwerfen, die schau
an sich höchst unwahrscheinlich ist. Wer möchte glau-
ben, dass der 74jshrige Herodes der eben verblichenen
Kaiserin noch schnell in der ^iähe von Rom einen Tem-
pel aufgebaut und, was noch seltsamer, diesen nur als
Anlass und Vom and benutzt, um das Andenken seiner
Gattin noch einmal zu erneuern? Die ganze Abfassung
der Insihrift spricht dagegen, indem sie ja die Weihung
eines Bildes der Regilla in einem schon lorhanilencu
Tempel, nicht aber eine ganze Consecration dieses Tem-
pels selbst enthalt (v. 48)- Die Erwähnung der verwaisten
Kinder, der traurigen Lage des Wittwers, die Empfeh-
lung der neuen Heroine an die 9[r, ßaoiKiia yvvat/.ujv,
welche doch offenbar der Regula vorangegangen sein
inusste , um derselben als Theilnehmerin ihrer Ehren
einen Platz neben sich einzuräumen (v. ^'i. äuCfiTiu^^OV
yeoawv luevai y.ai ondovu wiicfri): diess und an-
dere Züge der Inschrift zeigen deutlich , ilass Regillens
Tod ein neues Ereigniss war, die vergötterte Kaiserin
aber, deren müiterlicher Schutz für sie erbeten wird,
die im Jahre 141 verstorbene Gemahlin des T. Anto-
ninus. '*) Der ihr geweihte Tempel stand schon lange ;
22) Mit Zu-tiiiimons; von Eiclisladt, Fioiillo und Böckh C- I.
p. 45 und p 468 nr.435: Piaelcrea Ceics .mliqua et nova,
Faustina ot videliir minor culla est in Tiiopio.
23) Jnl. Capitolin. in Antonino: Tertio anno imperii sui Fau-
stinain ii.xorcm pcrdidit , quae a Scoatu ccnsccrata est,
vermuthlirh hatte Regilla selbst bald nach dem Ableben
der Kaiserin ihn auf ihrem Landgute bauen lassen. Was
war natürlicher, als ilass Herodes späterhin seiner ver-
storbenen Gattin anf ihrem eigenen Grundstücke ein Ge-
dächtnissmahl errichtete, welches sich an die dort schon
vorhandenen IMonnmente anscliloss, — ilass er .ilso ihr
Bild in Faustinens Tempel aufstellte'? Ob diess unmittel-
bar nach Regillens Tode , oder erst nach \'ollendnng des
athenischen Odeons geschah, lasse ich nnentscbieden.
Gewiss aber ist es nicht unumgänglich nothig, den Vers
der Lisrhrift: SlJUU ()t Ol fl/uj ly.ikov tirjuit iiv '-Idl]-
vtK, auf das ihrem Andenken ge» idniete Theater zu be-
ziehen (wie alle vorige Erklärer gelhan), da Regilla
doch wohl ohne Frage auch ein eigentliches Begrabniss-
mahl (ai)u(t) in Athen erhielt, dessen Pracht und Grösse
wir uns leicht einbilden mögen, obwohl Philostr. , dem
diess Nebensachen sind, uns Nichts davon berichtet, lind
so wäre das Wahrscheinlichste, dass Herodes das IMar-
uiorbild und die Inschrift eben damals in dem Triopion
setzte, als er, durch Bradua's harte Anklage genüthigt,
selbst in Rom verweilte (gg. tfi/i), wo er denn eben auch
den Dichter der Inschrift, IMarcellus aus Pamphylien,
vorlinden musste.
.Schliesslich verdient bemerkt zu werden, dass uns
auf Älünzen die ältere Faustina nicht selten als Ceres
lipgpgiipt, die jüngere dagegen wohl als Jur.o, Luna lu-
cifera, Venus, C'ybele, öfters auch mit der fast ironischen
Umschrift Pudicitia erscheint, als Ceres aber, meines
Wissens, nie. J»o sehen wir auf einer iMedaille bei Vail-
lant (Num. Imp. Rom. Tom. II. p. 167) die Gemahlin
des T. Antoninus als Ceres, die Kornähre in der Hand,
auf einer von Klephanten gezogenen thensa. So bei dem-
selben (Tom. III. p. 131) auf einer Golilmünze mit dem
Bildnisse der altereu Faustina eine Priesterin, die vor
dem Ceresbilde F.ickeln entzündet. Dessgleirhen auf
einer schönen 3Iünze bei Oisel ( Thes. Num. pag. 338)
beide Faustinen, Mutter und Tochter, sich umschlingend,
die ältere durch die Kornähre als Ceres, die jüngere
durch den Apfel als Venus bezeichnet. ")
Rom. Tk. Heyse.
delatis Circcnsibns alque templo et Flauiinibus et staluis
aureis atquc atgenteis.
24) Vergl. die zwar ergänzte Statue der Ceres - Faustina im
Mus. Chiaramonti Nr. 634. (tav. 16). — In Boeckh C. I.
995
996
Irli erlaube mir, dirsp trellllilie Aliliandliiiig' meines
Freiiiiiles mit eiiiii;eii Ziis;i<zcii zu lip;;Iei(eii , «obei ich
nicht iimliiii kniiii, iiioiii liedaiirrn ilari'iber ausziispreclien,
ilass dieselbe erst nach dem Abdruck iiieiner Aiis};abe von
den ^'it. Sophist, mir zukam, so dass ich die interessan-
ten Resultate, «eiche ans seiner lebendigen und licht-
vollen Darstpllunjj hervornehen , in der Einleituuff zu den
Anten i'iber diese ^ ita nicht benutzen konnte. Wenn ich
nun «licse lilalfer in nteinen Kreis ziehe, und sie gewis-
serniaassen als Beilage zu p. 'J8S und 2S0 meines Com-
uientars betrachte, so wird auch das philologische Publi-
liuni, welches diesem Gegenstande besondere Aufmerk-
samkeit zuivendct, mir ^Nachsicht angedeihen lassen,
vcnn ich einige, vielleicht minder erhebliche Bemerkun-
gen beifilge.
Diese belrefTcn haupfs,'ichlich den Inhalt der Noten
14 und Ij , von deren Richtigkeit ich mich nicht liber-
zengcn kann. Erstens darf der diooiii/ji)]^ tu)V iLev-
^fpojv nul.evn-, über welche Charge Pliu. Ep. VllI, 24.
Auskunft gibt in den AVorten: Te vero etiam atquc etiau),
repetam eiiim, meniinisse oportet oflicii tui titulum , ac
libi ipsi interpretari «jnale (juantuniqne sit ordinäre statum
liberaruin civitatum — accedit, quod tibi ccrtamen est
tcrnm : onerat te quaesturae tuae fama , quam ex Bithj-
liia optimam revexisti , onerat testimouium principis, one-
rat tribtinatns, praefura atque haec ipsa legatio quasi
praeniium data — nicht verwechselt werden mit dem
^/oiuojfr;, welche AVürde Ilerodes schwerlich zu glei-
cher Zeit mit jeiler ordinatio liberarum civitatum beklei-
dete. Dagegen streitet auch Phil. V. S. p. 62. ed. rec.
Ol dt TToiut'itevoi y.uTijyoo/av tujv IJqujÖoi' ^sipiuv
w? inLvCj^tifiauiv 'AvTvivivo) sv tij 'lörj roi 6qei v.axa
XQÖfoi'g, oii; ü ah toiv ikevdloiov nükeuiv, 6 Se
iraowv Tv'iv y.atu t);v '.Aoiav ijQ-/^ov, ijyvoijy.iivai uot
do'/.ovai Tov zf)jtio(TT(>ÜTov TtQuq Tuv 'IJ(j(jj6ijV uytS-
VU, V.. T. l. Die Wrwaliung eines solchen Amtes ver-
langte einen 3Iann tou Erfahrung und grossem Ansehen:
Eigenschaften, die Ileriidos iu seinem 2U. Jahre noch
nicht besitzen konnte, vergl. auch p. 47 sq. ibid.
Ferner scheint die Angabe des Philostratus, dass He-
rodes von dem Scopelianus Anleitung zur autoschediasti-
schen Rede erhalten halie, nicht glaublich zu sein; otler
in der Stelle Y. Apoll. I. 23, .3(1. wird etwas Unmög-
liches erzählt. Dazu kommt nun die Chronologie des
Polemo, «eichen Trajanus mit der Erlanbniss zollfrei
durch das ganze Römische Reii li zu reisen beehrte, diess
gewiss erst nachdem er sich ihm durch jene (ie.saniltschaft
lekannt gemacht hatte, von welcher es heisst V. S. 3ö.
edii Toi; ^Liifovaion; tov noeotjUiooi/Tog i'^fp av-
idiv dvÖoo^, i; rroeaßela de.ijv iirrtQ zujv fUyiOTujv
6 (lev pt) iyijaaoy.sv i'jör; v.oX tov Ü7iodi;un~i/ t^vj-
QVK Cl/tV (.Scopel.) i/^tlOOTOVStTO ÖL 6 IIo)J/ilU)V
oinaj TtinQ£aßev/.iug TtQorCQOv. Also vor 117, dem
nr. 435 Uitl eine gewisse Cl. Philoxena auf als ifnoq^Kj.jij
T^; rnut/m^ 0-fOV. Auch liici-, wo läückb Hadiijii's Gc-
malilin, Sibini unter drr neuen Demeter versieht, lann
man loil gleichem liecht an die allere Fanstina ilenkcn,
«iii: ohne Zwcilcl aucli in Eleusis einen Cultus gcnoss. —1
Doch sind die Epochen dieser Inschriften uukbr.
Todesjahre des Trajanus, war Scopelianus schon zu alt,
um eine Reise nnternehmen zu können, mithin muss sein
Aufenthalt in Athen in eine viel frühere Zeit fallen, als
Herodes noch nicht im Stande war, einen solchen Leh-
rer zu benutzen. Ist die Geschichte nicht ganz erdich-
tet, so kann eine Verwechselung zu Ciruude liegen, viel-
leicht mit dem Favorinus , den Ilerodes seinen Lehrer
und Freund nannte (p. 12, IS)- Ebenso wenig durfte
Herr Hevsc auf unseres Autors Angaben über den Tv-
rier Adrianus sich verlassen. Eher lührt die Stelle aus
Galenns zu einem sicheren Resultate und beweist we-
nigstens, dass Adrianus im Jahre l(il noch ziemlich jung
war. Oder soll ein Ingenium praecox, wie dieser Adria-
nus, über 30 Jahre lang zum Lehramte sich vorbereitet
haben? Ulan darf mithin annehmen, dass p. 90, 20 die
tt' irii aus TriVTij/.ovra £tij entstanden sind , oder « e-
nigstens sein Alter so angegeben sein sollte. Gelegent-
lich wagen wir die A^ermuthung, dass vielleicht die Briefe
des Phalaris von diesem Sophisten herrühren , vgl. Suid.
s. V. 'yidQiavog.
Die oben berührten Ungenauigkeiten iiml vieles An-
dere der Art hielt mich von der Auflführung eines früher
gefassteu Vorsatzes ab , den \ . S, einen chronologischen
conspectus beizufügen. Er hatte nur die Unwahrschein-
lichkeit oder Unmöglichkeit vieler Data herausgestellt
und in den meisten Fallen keine Sicherheit gewährt.
Was zu thun war, ist theils in dem Index nominum pro-
priorum (p. 142 sqq.) geschehen, «o die einzelnen An-
gaben über jede von dem Schriftsteller angcfiilirte Person
gesammelt sind, welches Register daher mit dem Index
historicns (p. 403 sqq.) nicht zusammenfallen durfte,
thcils in den Einleitungen zu den Vitis iu dem Coinmen-
tar, welche keine volUü'lndige Schilderung der von Phi-
lostratus charakterisirten 31,'inner enthalten , sondern nur
so viel möglich berichtigen und ergänzen sollten, was
jener unrichtig angegeben, oder übergangen hatte. Darum
kann ich das von einem Recensenteii ( G. B. ) in der
Hall. Literaturztg. l!So(). IMärzheft ausgesprochene Urtheil,
,, diess Material genügt am meisten für die historischen
IMassen oder die äussere Biographie , selten auch für die
lifcrargeschichtliche Seite und die Charakteristik geisti-
ger Grossen; vtic dürftig (um von den älteren zu schwei-
gen) erscheinen nicht die Bilder eines Polemo, Ileroiles, *
Ilermngenes", nicht für billig halten. Denn es war nn-
nöfhig, dem Alltor noch einmal Jegliches nachzuerzählen,
«o er die einzige (Juelle ist; wo er es nicht ist, genügte die
Ilinweisung auf Urlheile der Alten und \encn, solange ich
selbst IVichts gegen diese. einzuwenden fand. Der Coinmeu-
tator übernimmt niemals die Verpflichtung des Fjiterarhistori-
kers. Die Bestimmung dieser Zusätze gestatfet mir übri-
gens nicht nachzuweisen , « ic diese Recension in keiner
Ilinsicht meiner Erwartung, gründliche Belehrung und
neue Aufschlüsse zu erhalten, entsprochen hat, sondern
nur durch die ganz s^kophaiitische Behandlung den Ken-
ner interessiren , ja beliisfigi-ii kann. Bloss eine Stelle
will ich ausheben, weil sie den I\lann hetrillt, der (iegen-
stand von llevse's Abhandlung und meinen Zusätzen ist:
Ilerodes Attirus verband mit seinen für ein grössere»
Publikum berechneten Vorträgen ein Privatissimum , zÄC-
ibvöoiov gcuannt, dem nur eine Elite seiner Zuhörer,
997
998
Ol dosvix di;/oi'uevor bciivolinen <lui'f<cn, diese, Iieisst
CS, eTTSoni^ovTO r^ e; iidwai äxQodirei. y.kcipvdouv
it'/.iiJSftET()ijfi£vyv i%- cxa-Tüv tTtij , « Sijjet dnoTa-
Srv 6 HoufSri;. Schon Blorclli versfaiul izitainXovTO
richtig- von einem epnio «loclriuae (vcr;;!. auch p. 77, 3.))
G. B. aber bnclistablich von einem fllittagessen der Zii-
Iiörer, denen Herodes , wahrend sie speisten, gleiclisam
als Tafelmusik, Verse recitirt habe! Meine Anmerkung
zn dieser Stelle heisst vollst.'indij; : Herodes in Ins scho-
lis poetas explicabat, centeiiris fore versus sniffulis horis,
ut videtur, cos exornans nialeriamquc inde sumens ad
f-isktTCi^. Der Recensent setzt nach singuüs horis ein
eic, obgleich die Hauptsache erst folgt, und fahrt dann
fort: hier macht der Verfasser einen Illietor zum philo-
logischen Exegeten. AVar ihm ilauials entfallen, dass
den Alten als diaetctisches Mittel clara lectio (Ccisns I, 2.)
galt? Ich glaube, diess eine Beispiel von dem A^erfah-
ren des Rec. ist charakteristisch genug, um hundert an-
dere mit Slillschueigen zu übergehen, die sonst tvohl
verdienten , mehr au's Licht gezogen zu werden.
Heidelberg. Dr. Kayser.
Cicero's auserlesene Reden. In neuer wortgetreuer
Uebersetzung und durch Einleitungen und Anmer-
kungen erläutert. Breslau , im V^erlage bei Joseph
Max und Komp. 1837.
Die vorliegenden drei Bandchen ausgewählter Reden
Cicero's enthalten zwölf Reden, und ziiar umfasst das
erste Bandchen die Rede für den Sextus Roscins von
Anieria und die vier Reden gegen Catilina, das zweite
die Reden für Acn Dichter Archias, für den IMauilisrhen
Gesetzesvorschlag, für den Quintns Ligarins, für den
König Dejotarns, für den Marcus Marcellus ; das dritte
endlich die Rede für den Lucius Murena und die Rede
für den Titus Annius IMilo. Das Ziel, nach welchem
der ungenannte licbersetzer strebte, ist durch ilas WOrt-
chen wniigetieu auf dem Titelblatte angedeutet. Für
welche Leser der Uebersetzer schrieb, welche Stelle er
seiner Ucbertragung unter den vorhandenen Ucbersetzun-
gen anzutieise!) gedachte, darüber belehrt uns keine
A'orrede. Es bleibt uns sonach Nichts übrig, als selbst
den Standpunkt der vorliegenden Verdeutschung zu er-
mitteln.
Es ergibt sich nun aus einer unbefangenen Prüfung
sogleich, dass die Uebertragung mit tadelnsiverther Flüch-
tigkeit zu Stande gi'bracht »urden sei. Diese Eilfertig-
keit erhellt tlieils ilarans, dass nicht nur einzelne AVorte,
sondern ganze Stellen des Originals unübersefzt geblieben
sind, tlieils aus dem Linstande, dass auf die Erklärungen
der Interpreten selten die geziemende Rücksicht genom-
men und in streitigen Fällen meist die schlechtere Les-
art, bloss weil diese sich in <ler Orellischen Ausgabe
im Texte vorfand, der besseren vorgezogen worden ist.
Dass bei ilieseui leichtfertigen Verfahren viele Stellen
der Uebersetzung in einem ganz anderen Lichte, als sie
das Original darstellt, erscheinen, ist demnach ebenso
wenig befremdlich, als der Umstand, dass die Ueber-
setzung durch unnöthigc Umschreibungen nicht selten
weit hinter der Kraft des Originals zurückgeblieben ist.
Am nachtheiligsten Iiat indess die Sorj;losigkeit , mit
welcher der Uebersetzer der vulgaten Lesart gefolgt ist,
ohne sich auch nur im geringsten um den kritischen
Apparat zu küniniern, sowie die Gleichgültigkeit, mit
welcher derselbe auf die Commentatorcn herabgebückt hat,
auf die Uebersetzung eingewirkt, und der Ref. Iialt es
für seine Pflicht, den Uebersetzer, falls derselbe eine
Ucbertragung sammtlicher Reden Cicero's beabsichtigt,
oder eine zweite Ausgabe seiner A^^rdeutschung bearbei-
ten sollte, auf die genannten Uebelstande aufmerksam zu
machen.
Um unser soeben ausgesprochenes Urtheil zu begrün-
den, wollen wir zwei Reden der Uebersetzung mit dem
Original vergleichen, ohne uns jedoch auf frühere Ueber-
tragungen derselben Reden einzulassen. AVir wählen aus
den zwölf Reden <lie Rede für den Kiinig Dejotarus und
die für Ligarins aus, und wenden uns zunächst zu der
zuerst genannten.
Sogleich in g. 8. hat der Uebersetzer das in den
Zusammenhang wenig passende affectum beibehalten, wo-
für bessere Handschriften das angemessenere und von
Benecke genügend gerechtfertigte ufßictum darbieten.
In demselben Paragraphen werden die Worte : Per dex-
ternm istam te oro 7wn tarn in Itellis nee in
pioeliis, quam in prnmissis et fide ßrmiarem, übersetzt:
Bei dieser deiner Rechten bitte ich dich , die sich in
Versprechungen und im H'orthalten noch' suvertussiger
als in Kriegen und in Schlachten bewiesen hat. Blan
sieht leicht ein, dass «lurch diese Uebersetzung der Feld-
hcrrnruhm Cäsar's ungebührlich in den Hintergrund ge-
drangt wird. Durch die richtigere Auffassung des n07i
tum in der Bedeutung non aden , ?iicht eben, würde die
Uebersetzung dem lateinischen Ausdruck naher gekommen
sein. g. 9. hat der Uebersetzer die schlechtere Lesart:
Cum facile exorari , Caesar, tum semel exorari soles,
statt der an der ersten Stelle allein richtigen Lesart:
orari, ohn:- zu bedenken, dass das yrtciVe o;-ajj gar keine
liibliche Eigenschaft, deren Ernähnung man hier docli
nothii endig erwartet, sondern vielmehr ein Beweis von
Schwache ist. |g. 10. verletzt der gleiche Ausgang
haben .... haben, <ler durch die lateinischen AV'orte
keineswegs geschützt wird, wie denn überhaupt der ganze
Satz: Is rex versati ziemlich schleppend ver-
deutscht ist. §. 14. wird der Ang<lruck Exercitum . . .
suis tectis et copiis sustentavit wiedergegeben : Er hat
das Heer in seinen Orlschafte?t und mit seinen Mund-
vorriithen i^erpßegt; obgleich schon Matthiä angedeutet
hatte, dass unter Copiae die aus 2 Legionen und 100
Reitern bestehenden Hülfstrnppen , welche Dejutarus dem
Domitius gegen Pharnazes sandte , zu verstehen seien.
In demselben Paragraphen wenlen die AVorte : Quae in
eitm partem accepta sunt zn frei übersetzt: Was so
wnlil aufgenommen wurde. Schleppend ist die Ueber-
setzung der Worte: omnium gentium atque omnis viemo-
riae clarissimum lumen ilurch : die glänzendste Erschei-
nung, welche alle Völker und alle Zeiten aufzuiceiseu
gehabt. ^. l(j. ist der Uebersetzer wiederum der schlech- ,
tercn Lesart tectior gefolgt , die er dann willkürlich ge-
999
1000
nnj durch behutsamer rerdeiitsrlit , «eJrlie Beilcu<ung
das lateinische Wort nie j^clialit hat. Zivar niiiiiiit Orelli
lue Lesart leclinr mit fdl^eiidiii Worten in Schutz: non
nialigiiae callidilatis reprehcnsiii inest in hoc vocabulo;
ged eat nietapliora |)etita a jjladiatorihus , qui uti <lebenl,
contra irlns ailier>ariurnni sese tejrunt. Conf. Phil. 13;
aber Jeder .-ieht ein, dass diese Beziehung viel zu fern
lag, als dass sie <leni Zuhürcr der Hede hatte sogleich
in den Sinn kommen können. Das einzig richtige rec-
tior wird von den besten Codd. geschlitzt und ist auch
von Benecke und Keiiili. Klotz in den Text aufgenommen
worden. JJ. 17. ist e balneo iiiiiibersetat geblielieii , »ie
denn fitierliau|it ilas Wiirtleiii biilneuti: eigene .Schicksale
)P der l ebersetzung erfahren, da es g. 4'J, wahrschein-
lich durch einen Fehler lies Setzers, mit Land übersetzt
ist. Ebenso ist <las Wörlciieii i/ii ^ welches ilanii naher
bestimmt wird durch die iiachfoigeiideii AVorte in eo ipso
loco , unbeachtet geblieben, nach dem A'organge Orelli s,
«ler jenes für ein (ilosseni hält. Die riclitige .iuffassnag
dieser Stelle findet man bei Reinli. klotz. I. Band.
Vorr. S. 79 und 8U. In demselben Paragraphen hat der
Uebersctzer iu den Worten: Et^r, meltercules , Caesar,
inilio , cum est ad me isla causa delala, l'hidippuin
tnedicum , servum regium , qui cum letalis tnissus esset,
ab isto adulescenle esse corruptam , liac sum suspicione
perculsus : medicum indiceni suburnavit; finget videlicel
aliquod crimen veneni ; den Satz: Phidippum medicum
.... esse corruptum, von suspicione abhangig sein las-
sen , ohne Anstoss zu nehmen an dem mehr als külinen
AVechsel der Construction. Der Accus, mit dem Infin.
schliesst sicli vielmehr als Apposition an das Wort causa
an. 1^. 18. werden <lie Worte: Quod igilur et cunari
occutlius , et rfficere caulius potuit , übersetzt: Was er
also nicht bloss verb rgener, sundern auch gesicherter
hätte beginnen und ausfuhren können, statt: H aa er
also sowohl verborgener liillle beginnen , als auch ge-
sicherter hätte ausfuhren können. %• 10. wird die in
den Worten : An Dejularus .... dimisit exercitumt
liegende komische Aiispieiung auf eine Stelle des Tereiiz,
durcli die A'erdolmetschiiiig : Entliess etwa Defularus . . •
seine Schaarf gaiizlu b vernischt. |g. '.'U. erhalt ein
im Original ganz aüi^eineiii gehaltener .Satz durch die
falsche Lebersetziing di's Wortes homn »lurch König in
iler Uebersetzuiig eine ganz fremdartige specielle Bezie-
hung. ^. 2-1. sind ziiei>t die Worte: Domilium niiufra-
gio periisse , sodann der ganze Satz: Qui autem Domi-
tio poterat esse nmicus, i/ui tibi esset inimicusf iinübcr-
setzt gelilielien. g. ,'(). iolgl der L'ebersetzer wiederum
der gewiibiilichen Lesart : Omnes sunt in Mo rege regiae
virtutes , . . . sed praecipue singularis et admiranda
frugalitas , ohne den Widerspruch zu bedenken, in
welclicn er mit sicii selbst ger.'lth, wenn er j^leii b dar-
auf die Frugalitas aus der Zahl der königlichen Klgen-
schaflcn zu scheiden dnri li die Worte dos Originals ge-
nothigt wird. Schon Patrii ins sah das Richtige, indem
er regiae ans dem Texte lerbaiiiite. JJ 'J\). hat der
Uebersctzer die >\'ürte: quod et ipse ardthat studio ipsius
belli, et patri sali'^Jaciendum esse aiLitrabatur , ver-
ileuischf : tf «(7 er sowohl selber von Kriegslust entbrannt
war, als auch meinem Jäter Genüge leisten zu müssen
glaubte, ohne den Begrid' des Krieges näher zu bestim-
men, was iloch im Lateinischen durch den Beisatz ipsius
geschieht. Ju demselben Paragraphen erhalten die Worte:
Felix isla dutnus , quue non impunitatem soluni adepta
sit , sed accusandi eliam licentinm ; calamitosus Dcjota-
rua , ilnrch die Uebersetzuiig; Giücicliche Familie! die
nicht bloss ungestraft bleiben, sondern auch nach Will-
kür anklagen darf! Unglücklicher Dejotarus! einen
fremdartigen sentimentalen Anstrich. §. 3'.^. ist coenabat
durch xoar nliersetzt. JJ. .<3. macht der Uebersetzer ohne
Notli aus einem Satze zwei, indem er die AVorte : te
invidiose lijrannum exislimari wiedergibt durch: Du
seiest verhasst , geltest für einen Tyrannen. A'on einer
flüchtigen Ansicht der Worte: Nonne intelligis , Caesar,
ex urbanis malevolorum sermunculis haec ab istis esse
collecta'i zeugt die Uebersetzuiig: Merkst du nicht, Cä-
sar, dass diess jenen Leuten aus den Stadtklütschereien
einiger Uebelgesinnten zusammengebracht worden ist?
^. 34. finden wir vicloria durch das ungewöhnliche Ob-
sieg ausgedrückt, ji"!. 37. ist senatus durch Staat über-
setzt, dagegen «lic Worte populi Romani ganz unbeach-
tet geblieben. §. 40- wird ipsa (nämlich inisericordia)
matt durch diess, statt «lurch von selbst, wiedergegeben,
obgleich die letztere Bedeutung ans «lern Zusammenhange
eich als die einzig richtige ergibt.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Leipzig. Das Programm zur ölTenllicben Prüfung der
IVicdlaiscbnle am 19. und 20. März enllialt den Lehrslundenpbn
dieser AnsLill fnr das Soiumcrbalhiabr 18.T9 (tl S. 8) und die
F.inUdnnssscbrift zum üedeactus .nin 2. Mai, den Eilltcn Bericht
der Nicolaiscbiile von Ostern 18.^8 bis Ostern 1839 von dem
Reclor iin.l Professor Nobbe. Die Scbide zaiilt t04 Schiller,
5 luvii^cii die Dniversitat (2 mit der I., 3 mit iler II. wissen-
scli:illbclien Censur). .'\n die Stelle des seit Ostern 18,% aiis-
Setretem-ii 2. Mallieniatikcrs Dr. Hüls sc trat der Dr. H. Th.
Kiiline aus Welliclien l'Ci Weimai. Die bectionen des I. Ad-
juncti'ii Otto, der durch lüngwicrigc Krankheit gcnotbigt wurde,
«eine Lelirslunden auszusetzen, winden dem Candid. A. Fr. Mü I-
ler aus Kibeiistock ühcrtragcn. — Zur Keforniationsfeier am
18. Mai schrieb der Rector Nobbe: Anaicctcn zum Leben
Heinricli iles Frommen (46 S. 8), und der Reclor der Thomas-
schnle Dr. (Ictifr. S t q 1 1 h a ii in ; Die Tlioniasschnle zu Leipzig
nach dem albiiäbliclicn Kiitwjclichinssgaiiijc ihrer Zustande, ins-
besonibTC ihres Uiitcrricbtswesens (100 S. 8). Das Piogranim
dfssilbeii zum Ostcrexamen der Thomasscliidc handelt: de per-
sun 1 Raccbi in Ranis Aristoplianis, additis diionim Aiistoplianis
et Si.pliüclis loconiiii vindiciis (32 S. 4.)- Nach den beigefügten
Srbiiliiacliricbten lutra;;! die Gesamnilzalil der Schiller 194, Zu
Micbaelis lialte kein Abgang statigefondcn , dagegen sind zu
Ostern 13 (7 mit dem I ', 3 mit 4lcm 11 , 3 mit dem III. Zeug-
nisse der Reife) zur Universität abgegangen,
Kreuznach. Zu den öffcnll. Piüfungcn und Rodiiibiingcn
der Zö^liiiijc unseres Gymnasiums am 20. und 21. Sept. lud der
Direclf.T Dr. Karl II off me i s t e r ein. Das Progiamm ciitliall
Meletematum Aristdtclioruin spec. I De Ritteri censiira Pnctlcac
Aristüloliae brevis disputatiu von dem Oberlehrer Dr. 11. Knebel.
Das Gymnasium zahlte im \crwichcncn Sommer l42 Scbüler.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Freitag f 18. October
18 39.
Nr. 125.
Cicero's auserlesene Reden. In neuer worfjfetrcucr
Ucbrrsetziing und durch Einleitungen und Anmer-
kungen erläutert.
(Beschluss. )
Doch wenden wir uns jetüt zu der Rede für Ligarius.
Wälirend wir an zahlreiclien Stellen der Rede für De-
jotarns die Nachlässigkeit des Ucbersetzers rügen mnss-
tcn, können «ir dagegen nicht umhin, dem Ucbersetzer
in der Rede für Ligarius im Allgemeinen das Lob grös-
serer Sorgfalt und Genauigkeit zu ertlieiien. Doch trifft
auch hier den Uebersetzer der Tadel, dass sich derselbe
ohne eigene Prüfung der Lesarten stets der vulgata
knechtisch angeschlossen hat. Vielleicht hat den Ueber-
setzer das Urtheil fou Reinhohl Klotz, der Bd. I. S. 75
der Vorrede die Kritik in dieser Rede eine fast boden-
lose nennt, von sellisfständigen Forschnngei! abgeschreckt.
§. 8- wird redunddie durch das Futurum übersetzt;
§. 13. »erden die Worte: iji noslium fletum irrumpes?
ungenau wiedergegeben durch: Willst (du) tinscr Schluch-
zen tmterbreclien ? wo doch Benecke bereits den richtigen
Sinn der Stelle durch die Erklärung andeutet: Omni
ratione impedies, ne quid noster fietus proßciat. §. 16.
werden die Worte: nnlle misereri , zu speciell ausge-
drückt durch: vom Begnadigen abhalten wollen- In dem-
selben Paragraphen hat der Uebersetzer den zweigliede-
rigen Satz: Ilaec nee hominis, nee ad hominein vo.v est:
willkürlich in einen eingliederigen zusammengezogen durch
die ^'erdentschung: Diess ist nicht eine Aeusserung, die
ein Mensch gegen einen andern thun darf. |g. 17. sind
die Worte: quin admiratus sis, nicht übersetzt und da-
durch der ganze Satz lerstümmelt worden. JJ. l'J. ist
das im Original nur i'innial stehende 'Wort dignitas ohne
Aoth durch zwei Worte übersetzt worden, einmal durch
Würde, sodann durch Rang. %. 26. ist in der Ueber-
setzung a te unmittelbar mit cognovissem , statt mit lau-
dari verbunden und dadurch <ler Sinn der Stelle entstellt
worden, g. 30. hat der Uebersetzer durch das AVürt-
chen wie vor den Worten: =« einem Vater, die Kraft
des lateinischen Ansdrncks geschwächt, g. 31. sind die
Worte: Sed video tarnen, apud le causas .... valere
plus, quam preces, ab iisque te inoveri maxime, quoruni
justissimum videus dolorem in petendo, ungenau folgen-
dermaassen übersetzt: Indess sehe ich doch, dass die
Gründe der Bitten bei dir mehr gelten , als die Bitten ,
Und dass du dich vo/i denen am ersten erweichen las-
sest , in deren Bitten du einen gerechten Schmerz tcahr-
nintinst.
Doch wir wollen die Aufmerksamkeit der geehrten
Leser dieser Zeitschrift nicht länger ermüden. Wir
glauben iinseren Bericht über die lorliegende üeber-
setzung um so eher abbrechen zu dürfen, als aus dem
bereits von uns Bemerkten sich unser oben ausgespro-
chenes Urtheil, dass die Uebersetzung zahlreiche Spuren
tadelnswerther Flüchtigkeit an sich trage, als ein durch-
aus begründetes herausstellt. Schliesslich können wir
nicht umhin , nochmals den Wunsch auszusprechen , dass
der Uebersetzer, falls er eine Verdeutschung sämmtlichcr
Reden Cicero's beabsichtigen, oder eine neue Ausgab©
der vorliegenden Reden besorgen sollte , sich mehr um
die Kritik des Texfes und um die Erklärungen der Com-
mentatoren bekümmern wolle, als dieses in der benrtheil-
ten Ucbcrtragnng geschehen ist. Dass aber dem Ueber-
setzer keineswegs die Fähigkeit, eine tüchtige A>rdeut-
scliung zu liefern, abgehe, erhellt aus der nicht unbe-
deutenden Zahl derjenigen Stellen, welche mit Gewandt-
heit und Genauigkeit in's Deutsche übertragen sind.
Druck und Papier iler vorliegenden Uebersetzung sind
trefflich; der Preis jedes einzelnen Bändcliens (ö Silber-
groschen) ist fast beispiellos niedrig gestellt.
Trzemeszno im Juli 183'J'
Fried'-ich Schneider.
Ueber eine lehrreiche Eigenthümlichkeit
des Tacitus.
Aufmerksamen Lesern des Tacitns hat es nicht ent-
gehen können, dass der grosse Geschichtschreiber ein
besonderes Streben zeigt, seinem Style IMannichfaltigkeit
zu geben bei aller Gedrungenheit und Kürze, und diese
seine Eigenthümlichkeit ist auch von den Gelehrten,
welche sich über die A'orzüge und Eigenheiten des Hi-
storikers verbreitet haben, nicht unbemerkt geblieben.*)
AVcniger beachtet ist das eben dahin einschlagende Va-
riiren von Würterformen und Wörtcrarten, oder sein©
häufige Verbindung verschiedener Würterformen und Wür-
*) S. Bötlichci- de slili T.icit. vaiclatc p. LXIX srjq. Id.
de vita, scfiptis et stilo Tacili comment. p. 18 sqq. Bachii
p!-o!egg. de scrmonis varietate T. H. p- LXl sqq. (seiner
Ausgabe des Tacitus).
1003
1004
IcrardMi odrr piiizolnor AVortor und Plirasrn mit •janzeis
Üi'it/Pii , /.. Li. Vüii A<lj<'('tivi-ii und ilrni Alilaliio und Ue-
liitivo (jualitatis; von der l'r.'ipnsitiiin ad mit pinrni Aciu-
sativ null di-iii Dativ: »oni (ienifiv Fnt. pass. und dem
Datir des Uerumlii ; inu der Präposition ob mit pineni
Arrasatii' und dem Cipuiliio Fut. jiass. oder mit quia und
nt und einem ganzen Satze u. s. w. Eini;;e Beispiele
jiiüjten diess klarer uiailien. Aiindl. 1, 3- abiilendae majfis
injaniiae ijuani cupidine probandi imperii aut iliffnuui
ob Imperium. 4- Tiberium ^eroucm tnatunun auuis,
Speclalttm bello sed velere at(]ue insita Clamliae familiac
Superbia. 1. fahi ac festi.iantes vultuqae compositn.
ibid. fuere pnuca et sensü modesto. ibid. tamjuam ve-
iere repuilica et (Oiiiiguus imperaudi. 8. primores «ivi-
tatis sdijiserat [ lieredes | pleroscjue invisos sibi sed iac-
tantia gluiiin\i\if ad postcros. ibid. senem priueipem,
longa potenlta. 9. socordia per libidines. 1:{. di-
vilem, prutiiptuni, nilibus egregiis et pnri famii publice.
22. nulluni ob srelus sed lya/« utilitati le^ionuni euusule-
banius. 3ö. saevuiit vtiilii{Uf moris. öti. acta ma^is quam
per formidiiiem. öS. neque ob praemiuni sed ut nie per-
fidia e.\so|iaui. II, 1. re}fem cjuanivis ^eiitin Arsacidarum
Ut exlernum aspernabantur. ibid. liaud periiide nostri
metu quam fidei popuiariuui diffisus. (i. ob faeiles ap-
pul.suü accipiendimine cnpiis et trainittendum ad bellum
opportuna. V4. ut »redatur novissimum ac sine lerris
niare. 'Zb. endem virtule, pari f'erocia et veliiti aucli
linmero. 3li- lensuit, in quiiiijuennium maj,'istratuum co-
milia hubeiida ul(\ne le^ionum legati ■ — iam tum praetores
deslinarcntur; princeps duodeeim eandidatos in annos singulog
nominaret. 37. uec. ad invidiam ista sed conciliaiidae
misericurdiae refero. 43- igitur liaec et de Armenia —
apud patres dissernit nee posse molutii Orientem nisi Ger-
wauiei sapientia cnmpuni. ibid. Tiberiiis ut proprium et
»ui sanguinis Dru>um Onebat. 4ü. cum a Clienis(;is Lan-
gobardisque p/o antiquo derorc aut reeenti liliertate et
«ontra tiugendae dominalinni eertaretur. ßJ. illicicns
Geruianos iid discordias u?que fraeto iam !\laroIi(iduo us-
«jne in exitium inninterelur. TS. iiieusat (irrniauicum
tuxus et xuperbiae seque pulsuui euram exrr« iüis
repelivixse. 03. arrus additi — niui insiriplioiie rerum
gealarum ac mortem ob rem publieam obiiaae. Noch
einijje Stellen aus dem XIII. liuciie : 4. concitiu et e.r-
empla — — memoraiit uequi- iuvcnirnn armis «iiilibus
aut ili>me>(i<is liisrordiis iniOulnm^ iiulla odia — ajfferre-
a. supplicationes et — — veatem principi triumphalem
»{quc ovans urbem iniret e(jigiest\ue — — eeusucre.
VI. ob reienteni gloriam et inclinutione quadam. 1 1. testi'
fiiundo — — vel iactandi ingenii. 12. Odaiia nobilis
et pruliilatis spectulue. Itj. sibi supremuni auxilium
ereptum et parrieidii exemplum io(elli{;ebat etc. etc.
Was erkennen «ir hieraus? I) G'eH isse jjramniatische
Formen sind gleich andern grammatisclien Formen «der
besonderen Wortern und Phrasen oder Satzconstru« tioneu.
2) K» gibt fol^lii li aucli eine Synonymik grammatischer
Formen tbeils unter sieii, theijs mit Wortern, tbeils mit
Sat/.construrtiouen. Das ist aber eine Partie, neb he in
QDserpn Grammatiken, selbst in den neuesten deutschen,
noch |:ar ni< ht beriirksichtiget und angebauet worden.
Lud (iocii würde dieselbe a) nicht nur zur gcnaucreo
Bestimmung der Bedeutung grammatischer Formen und
Satzconstruttionpn dipnpu , sondern b) auch der Stvlistik
ungemein forderlich werden, c) dem üebcrsetzeuden die
H ichtigsten Dienste leisten, und d) zum Verständnisse und zur
Erklärung eines solchen .Schriftsteller», wie Tacitus ist, der
gerade jener oben augegelieneu Eigenthümlichkeit so sehr
huldigt, lilieraus crspriesslich sein. Wir bitten daher die
Grammatiker, diesem Theile der Sprachenlehre künftig
nicht mehr ihre Aufmerksamkeit zu versagen.
Heff-ler.
De appositione in Graeca lingua Commentatio. Scripsit
Dr. Fr. Melitlinrn. In dem vom Direct. Dr. klopsch
herausgegebenen Einladungsprogramm zur Prüfung
im evangel. Gymnasium zu Glogau. IVIicIi. 1838- 4.
(s. I - 1,^). ■
Wie viel zur Vervollkommnung einer Wissenschaft durch
gründlich und umsichtig geschriebene Moiiographieen bei-
getragen werde, liegt am Tage und ist namentlich auf
dem Felde der Grammatik durch zahlreiclio Beispiele
bestätigt worilcn. Wenn nun ein Mann, wie Herr Dr.
IMehlhoru, dessen Name auf dem Gebiete der griechi-
schen Grammatik sich einen so ehrenvollen Klang er-
worben hat, und der mit so sorgfältigem und umsichtigem
Studium eine solche Einsicht und Schärfe der Beurthei-
lung verbindet, sich solchen Arbeiten unterzieht, so kön-
nen dieselben wohl nicht anders, als gewinnreich und
willkommen für die AVissenschaft gpuannt werden. Diess
thun wir denn auch in Beziehung auf diese zwar kurze,
aber gehaltreiche Abhandlung, in welcher der Verfasser
die in unseren Gramm ifiken , wie er selbst sagt, etnas
stiefmütterlich behaiuielte Apposition zum Gegenstande
einer besonderen Untersuchung gemacht hat. Als Zweck
derselben gibt er au 1) in der Kürze die Grunzen des
Gebietes zu bestimmen, und sodann 2) den 31issbraucii
und die falsche Anwendung zu zeigen.
In Hinsicht nun der Stellung der Ap|iosition im Sy-
steme der Grammatik tritt Hr. 1>1. Kühner'n bei, welcher
sie unter das Attribulivverhaltnlss rechnet. „Denn, sagt
der A'ei fasser, da das Attribiitivverhiiltniss im weiteren
Sinne darin iiesteht, dass ein Begrifl durch einen andern
entsprechenden Begrifl' einfach , d. h. ohne AVrmiltelung
einer Partikel oder eines Verbs bestimmt wird, so ge-
schieht diess auf ilreifache VVeise entweder durch die
Apposition, oder durch eigentliche Attributiou, d. h. Ad-
jecfiva, oder durch beigefügte Geiiilive. Lud zwar schlies-
seu sich die Adjectiva am mc-isten an die Forin ihrer
Siibst. an ; die Genitive als schon zu dem bestimmten
Zwecke gleichsam zubereitete Furnien behalten diese
Gestalt, und die Appositiva behaupten sich in ihrer
Selbststäiuligkeit." So wahr dieses ist, so betrifft es doch
nur das Aeusserliche und lasst eine genaue Bestimmung
über das Wesen der Apposition um so mehr vermissen,
da eben daraus theils das > erb.'illniss derselben /u den
ver»aiidteii Wortverbindungen, iheils der Umfang ihre«
Gebrauches nnd die Befiigniss, mit welcher Hr. M. die
Anordnung derselben in gev^isscn F,'illen ab« eist, sich
ergeben uiusste. Nun ist aber die Apposition eigentlich
1005
1006
ilas Uiiij;ekelir<e <lr>r AHributioii, inilpiii durch letzforo
ciiiciii Uegriire gewisse Slcrkiiiale l>cigo|pgt «crdpii, uiiil
zivar eiitnedpr so, tiass derselbe durch die Verliiiidiing
der ftlerkmale mittelst der Copula erst construirt »vird,
Oller die in ihm enthaltenen Theiliorstellmigcn geradezu
mit ihm verbunden werden (z. ü. fjiyai; Xai öeooi; y.CfX
ißniuir/MC, dvim). Bei der Attribuflon findet also ein
«vnthetisclies Verfahren statt, bei der Apposition dajfejjen
ein anah tisches. Denn in dieser werden ans einem als
fertig und als ein Ganzes bcd ichteten Uefjriffc die Theil-
. Vorstellungen noch besonders lierausgezogen, und in jenem
gleichsam nachträglich hinzugefügt, welches geschieht,
nm entweder alle oder einzelne in einem besonderen
Falle besonders in SJetracht koniineiide flj« rkniale hervor-
zuheben, oder auch nm das dnn h die Einwirkung der
librigen A\ Drfe eines Satzes modilicirte Verliiiltniss eines
BegriUVs deutlich zu machen. Hieraus erklärt sich, warum
in der Regel das appositice AVort demjenigen, dem es
als Erklärung dient, nachgesetzt wird. Aeusserlith ge-
nommen, beruht also die Attribution auf einer syiitakti-
Bchen, die Apjiosition dagegen auf einer parataktischen
^ erbindung der Begrifl'e , und Apposition im weitesten
.Sinne sollte man daher jedes A'erhaltniss von Begriffen
nennen, bei welchem durch die parataktisrhe l'erbindung
der oben angezeigte Zweck erstrebt wird. Da nun die-
jenigen Reiletheile und Sprarhfornien , welche dem attri-
butiven ^Verhältnisse dienen, zugleich auch in das Ver-
Lähniss der Apposition treten (noin. subst. , adject. , pro-
iiom., genit. und praeposit.) , so wird durch jenen Zweck
bestimmt und meistentheils auch durch die .Stellung an-
gedeutet, ob ein solches Wort im attributiven oder ap-
positiven Verhältnisse stehe; und da ferner nicht bloss
einzelne Begriffe, sundern auch ganze Sätze zu jenem
Zwecke verwenilet werden, so ist auch das Asyndeton
zur Apposition im weitesten Sinne zu rechnen, wie die-
ses von Bcrnhardy wiss. S. S. 54. ganz richtig ausge-
sprochen ist. Mithin ist, streng genommen, das Adjectir,
welches hinter dem Subst. steht, ebensowohl in Apposi-
tion {dv})Q dl/Pik), als das Substantiv («i/^o ßuaiAei'^),
i;nd das Adjectiv, welches aia Ende des ganzen Satzes
die Summa lies vorher Gesagten zusammenfasst, wie z, B.
Eiirip. Ilec. -JQ. y.aUiii; na() ävögl OorjyJ, TTarpioo)
Sivvi, TQOtfuTaiv, oj; rrg ^Tiiodo^, ij'r^a/tijv rakoic.
An die Adjectiva schliessen sich von selbst die Participia
an, sowohl in ihrem gewöhnlichen Gebrauche, als im
Asvndeti.n nach OVTUJ u. dergl. ; ferner die Präpositionen
mit ihren Casus, wenn sie hinter dem Subst. gesetzt zur
Entwickelung der an demselben befindlichen Zustän.le
•J'enen, wie z. B. Arrian. Exp. Alex. IV, ]<), 8. y.al Vuo
Tjy 'Oi;i'äQTOv nai^ Tvao'Jevui , iv u>oa yuy.oi.', 'Pv)-
^uvij üvoua.Tl. Hieraus diirffe sich ergeben, erstlich,
dass die Apposition von weiterem Umfange ist, als ihr
unsere Grammatiken gewöhnlich einräumen, und dann,
dass Hr. Äl., wie wir weiter zeigen werden, auch den
ihr zugestandenen schwerlich mit Recht noch mehr ge-
schmali'it hat.
Hierauf erwähnt Hr. M. zuerst diejenigen Fälle, wel-
che in der Mitte zwischen dem Atlributivierhällnisg und
der Apposition stehen, d. h. wo Substantiva mit Subst.
verbunden sind, oder Adjcctiva (Participia, Pronomina),
frei von den Regeln der Congruenz , im Genus und Nn-
nierus mehr dem Sinne folgen. In Hinsicht der ersteren
wrweist Hr. IM. auf seine Anac ri-ontca |). I.'j4 so. Wir
bedauern, diese Schrift jetzt nicht zur Ilanil zu haben,
vermissen aber um so mehr die Frage, welches der bei-
den Subst. als zu dem anderen in Apposition stehend zu
belr.ichten sei. Da nun in dieser Verbindung gewohn-
lich das zweite Subst. zu dem ersteren, wie Species zum
Genus sich verhält, mithin ein analytisches Verfahren
stattfindet, so wird dadurch, wie durch die Stellung das
zweite als das appositiie bezeichnet, und es weicht eben
darin die griechische Sprache von der deutschen ab ,
welche letztere beide Begriffe durch die Zusammensetzun<T
zu einem einzigen niacht, und zwar dem bestimmenden
den bestimmten voraussetzt, wie in den von dem Verfas-
ser angeführten Beispielen: oix, Zft.Too^ r= Eberschwein,
Of's (t/kAos z:: Fettschwein, igi]i; Zi'(>zoi; =:= Ringadler etc.
Wo aber in den seltneren Fallen das speciellere Wort
dem generelleren vorantritt, wie in xavQuto ßoüq,
uacpoÖekov Xeiuujva, .i'xi'i/;;^ oifiog, fiduzir y.öoav etc.,
da findet eigentlich gar keine Apposition statt, sondern
das erstere Substantiv steht rein adjectivisch , wie es denn
meist solche Subst. sind, die ihrer Natur nach als Ad-
jectiva einer Endung betrachtet werden können , wie
'Bk'krjv, 'Et't.ä-i und die übrigen von Lübeck. Paralip.
p. 329 — 388 erwähnten.
Zu den üebergängen von der einfachen Apposition zu
ganzen erklärenden Sätzen , uimI zwar zu ilenen der hv-
potaktischen Ar« rechnet der Verfasser diejenigen Satz-
Lildnngen, in welchen nach ilen ^''ergleiclinngspartikeln
Ws, U)mt£Q , r-addn£Q, olov die Structur des Casus
obl. desjenigen ISomens, auf welches die Vergleichung
sich bezieht, beibehalten wird. Allein hier, scheint es,
hätte ein Unterschied gemacht werden sollen zwischen
den Fällen, in welchen ein Begriff gerailezu mit dem
andern gleichsam identificirt wird, und jenen, in denen
zwei an sich verschiedene Gegenstände bloss in Beziehung
auf eine zufällige Lage durch die Vergleichung neben-
einander gestellt werden. Der erstere Fall, wie z. B.
Od. 8, KiO. Toö vuH, dsov uj^ TioTiöne^' avörj ist
unbedenklich zur Apposition zu rechnen, der zweite da-
gegen ist Wühl richtiger eine Aftracticin genannt worden.
Denn hier werden eigentlich, wie gesagt, zwei an sich
ganz verschiedene Gegenstände gedacht, wie auch das
häufig nach der ^'ergleichungspartikel stehende y.cti an-
deutet, und die Ziisammenstelinng derselben in Bezie-
hung auf eine ihnen gleiche Lage durch ein Verbnm ,
entweder tivai oder das wiederholt zu denkende Verbum
des Satzes, vermittelt, wesshalb ebenso gut der Nomin.
als der dem anderen G'liede der ^'erglciihnug entspre-
chende cas. obl. stehen kann. Thuc. \\ 99. dhKa tovc
vi](nanaq re Ttov dvdoy.TOVi ujotxsu Vfj.di; xui etc.
y, 44. vojiiCovTiq -TiuAif TS acflot (ftXlav üttu Tca-
kaioi) yat öi^fioyoaroi'iiiiviji' vxtttiu v.at aviol etc.
Schon die rejati'e IVatnr der Vergleichniigspartikeln stellt
diesen Fall unter die Attraclion lier Rclativa, und wie
man 2._ B. ovy alvui oiöv oe uvöua auflöst in ovy.
ai'vui uvöoc. oiog av ti, so dort uianeg i'iiac:::iioa7tSQ
iiiltt; iöTS. Die gleiche Verkürzung findet daher auch
in Verglcichungssatzcn nach »y statt, in denen der Unter-
loo:
1008
scLicd von der Appo.siiion sich noch deutlicher heraus-
»feilt: II. a, 260. ';d>; yuo ttot eyuj ■/.al dpsioaev
TJeTEo y'uTv üvöpaaiv ojui) rcra. Plaf. Synip. p. 206 A.
w; ovdev ye ukko ioui> ov eoüjoiv ari^oionui 5; rov
dyaSov.
Einverstanden ist Rec. mit dem Hrn. Verfasser, «cnn
dieser p. ö zu der asvndetlschcn Bpexeg'ese auch die Dis-
jnncfivsiltze mit }j — i; , oder >; allein vor dem zweiten
Gliede, in Fra<jen , Bedenten und Ermahnungen rechnet,
d. h. die Beiiciitnns; lies i'j z^ ii oder Tloririov iJinpfnct,
und beide Satzglieder als von dem vorhcrffehenden Ver-
buni nnabh^n^ig befrachtet. Indessen schuicrig nnd proble-
matisch blellit die .Sache noch immer, tlieils «ej^en der
leichten und liaiifi-jen ^'er» pcliselun<j von i; und £/', theils
weil sich doch Stellen finden , in welchen sich entweder
in der Form der Sätze selbst, z. B. in dem Modns, oder
in der Beziehnn<j der Gedanken ffesfen jene Annahme
Bedenken erheben. Man miisste daher silniintliche Stel-
len, in denen sich ij — ij findet, zusammenstellen und
durch die kritische und grammatische Vcrgleichnn^ der-
selben zu einem sichereren Resultate zu gelangen suchen,
als man bis jetzt gewonnen hat. Cf. Spitzner ad II. II,
349. Hr. 31. sagt p. '> A. fi. er kenne nur 3 Stellen bei
Homer, in denen /y :zi£/ oder 7ror£(>oi' zu stehen scheine:
Od. II, 138. dtX ciys f-ioi töSs eizt, xal droextuii;
•/MTCLkctov , ij y.ai AakoTTj avrip 68uv uyyekoi sk^u),
övguoof/)-, II. 9, 111. 6(fQa ■/.ai'Ey.xvi^ e'trreTcu, 17
■y.cu i^tuv 8uQv ^taheTac iv Ttakdfirjcnv; und II. y, 215.
ITtBi ov rroLvUL'^o;, oi<8' dffUouUZüEnv:;, ;; y.a\ yevEt
Virrepo^ ycv. In den beiden letzten Stellen sei ohne
Zweifel cl y.ae zu schreiben, welches in II. '/, 215. schon
Spitzner in den Text aufgenommen hat. AVill man dieses
Boch zugeben, obgleich in beiden Stellen ei bei den
Grammatikern keine Gewahr hat, und sie so verschieden
aind, dass ans y, 2I.'i. niclit auch auf 9, llt. geschlos-
sen werden kann, so hangt doch mit der letzteren wieder
II. JT, 243. 0^0« Y.di'E/.TUio Etcff.Tai , ij öa '/.cd oiot;
irciorr^xai not.EidCziv i'jueveooz 9£ndiTv)v, rf 01 röre
y^Eioli ä.uTlTot ua.ivoviV , ötitot' /.. r. Ä. zusammen,
wo man entweder dem <f die hypotaktische Bedeutung von
El oder -ruTEoov einrSunien, oder es ebenfalls in f/ ver-
andern niuss. Denn als selbstständigen Satz lassen sich
die Worte i; oa — ^eoutkdv wegen des Conjiinctiv Eni-
OTIjTCtc nicht fassen. Dass hier aber eine Disjnnction
stattfindet, thut Nichts zur Sache, denn «ill man in die-
sen ij — 7' iKicIi ;-l!)i.yai u. dcrgl. gelten lassen, so ist
auch k<-ine Nnthwendigkeit , das ciiifarlic V in Zweifel
zn ziehen, indem ilas ziveite (ilied der Disjnnction als
contradicfnrischer Gegensatz ); oü^ v; ut, \i. dergl. leicht
snpplirt werden könnte. Aber die Frage hangt auch so-
wohl mit dem Spracligebranche , besonders der iModi, im
Ganzen , aU auch mit der ethischen Bcschanenheit jeder
einzelnen Stelle so genau zusammen, dass amli diese
Hlomeute bei der Knlschcidnng anfs sorgfaltigste in Be-
tracht gezogen Her<ien müssen. Zweifelhafter sriieinf
Hrn. 3!.'s Aendernng Od. II, 13^. .'/ Xfr, nach Od. a,
2ft.5, wo nach Thiersch (st. p. l')4 soll es wolil y. 323
hcissen) ei' y.iv u dvi'r gelesen wird. Deim ilort ist /.(/X
vor AaEOTrj nicht wohl zu entbehren, und die folgendea
Nebensätze konnten gerade sehr leicht Veranlassung zur
Auslassung des zweiten Gliedes der Disjnnction werden.
Uebrigens steht nach den Worten dTQEXEujg ya-rdkE^OV
in unseren Texten ebenso El ;;, als lj — ij. Vergl. Od.
S, 487. o, 383. II. w, 407. 3SÜ. und ei ohne /) Od. k.
371. «, 2U7. aber mit dem Indicat., also in anderer Be-
deutung, als die Stelle Od. II, 13,S. forderte.
(Beschluss folgt.)
Persoual-Clironik und Miscellen.
Paichim. Das Ostern d. J. ausgegebene achte lieft der
Scluilscliilfteii des Grosslierzogl. Fiiedricb - Franz -Gymnasiums
(6ö S. 8) bietet, eine vom Diicctor Zclilicke vcriasste Ab-
handlung ȟber das Homerische Epillieion des Nestor, oypos
'Axaiöiv, und verwandte /t^örterx (48 S.). Als Resultat der
Auseinandersetzung hat der Verf. selbst am Schlüsse Folgendes
hingestellt: »Oinoi ist mit sehr geringen Ausnahmen im Homer
überall abzuleiten von dem Stamme oq zu onai oder Sorvta und
bat die bedcutung Inlewegungsctzer. F,s wird gebrauclit l) von
Personen, und zwar a) wenn die Tiiätigkcit erst anheben soll,
und heisst dann Anreger, Anordncr, vielleicht auch Regicrer;
b) wenn die Thatigkcit schon begonnen hat, und heisst dann
Antreiber, Aulseher bei der .\Tbeit. 2) In Beziehung !m( Sachen
wird es nur gebraucht vom Winde, der das Meer oder die
SchifTe m Bewe^iiing setzt. Durch Zusätze bekommt es aber
daim sehr luiufig die Bedeutung, dass ein solcher Wind ver-
standen werden muss, welcher die Schiffe zum Ziele, ihrer Fahrt
treibt, also ein günstiger Fahrwind ist; und da dieser Gebrauch
so häufig ist. so ist diese Bedeutung auf das AN'urt auch ohne
alle Zusätze übertragen und ihm in der spateren Graeität verblie-
ben. In den Compositis aber nimmt das Wort die reflexive
Bedeutung an, einer, der sich bewegt oder geht; also iTilovfoq
einer, der daneben, dabei gelit; unovQO^ weggehend; iri'koVQOi;
in die Ferne gehend^ oder vielmehr gegangen, i\. i, entfernt ;
in/nimo; und mtXimnaoq mit anderer, aber deich immer mit einer
Dehnung derselben Slanimsjlbe , zurüchgchend ; ^urnvqoq, mit-
gehend, Begleiter , imd endlich rioocoi/fi; hingehend. — OuQov
und oi'»()5 haben, von demselben Stamme abgeleitet, die pas-
sive Bedeutung: das Bewegtwerden , aber so, dass der Baum,
über vetchen die Bewegung sich erstreckt , zugleich mit ver-
standen wild." Die schwierigen Worte bei Soph. Philoct.
V. 6S(). Herrn. iV' uinöi );»■ nyocoi'f o? , ovx i/wv /Stiaii' werden auf
folgende Weise gedeutet: wo er selbst ein tlingeher war, d. Ii.
die Gange, die für ihn nolhwendig waren, selbst thun musste.
In der Stelle bei Cic. in Verr. IV, 57: Quid? ex aedc Jovis
religiosissimuni simulncrum Jovis Imperatoris , quem Graeci
Urion nominant. wird das angelochtene Imperatoris v-rlheidigt.
Es wird für niiiglich gehalten , dass Cic. den Zdi; ovQint; ohne
Weiteres für den anordnenden . also gebietenden Jupiter ge-
nommen nnd durch ihn den boknnnlen kapitolinischen Jupiter
Imperator (Liv. VI, 29. Cic. in Verr. IV, 58.) wiedergegeben,
also die eigentliche Bcrleuttmg des Xiiq oÜQini; zwar verfehlt,
aber doch immer eine Ucbersctzung gegeben habe , für wclclic
er einen Grund aofidiren konnte.
Jena. Dr. Christian Eduard Langethal ist zum ausser-
ordentlichen Professor in der pbilolugisclicn P'acidtiit der Uni-
versität ernannt worden.
Ldinc. Der rpiiesc. Prof. Jacob Pirona ist zum Prof.
der lalein. und griecb. Philologie und Geschichte am Ljceum
ernannt worden.
Zeitschrift
für die
AI terthii ms wissen Schaft.
Sonntag, 20- OctoLer
1839.
Nr. 126.
De appositione in Graeca lingua Commentatio, Scripsit
Dr. Fr. Mehlhorn.
( B e s c h 1 11 s s. )
Jedenfalls aber waren diese Satze, wenn sie als para-
faktische zu fassen sind, wie die asyndetische Epexegesc
überhaupt, in das Bereich der Apposition sellist zu zie-
hen, nicht in das Gränzgebiet derselben zu verweisen,
wie es der Hr. Verf. thut. Indem er hierauf zur eif;ent-
lichen Apposition übergeht, und die gewöhnlichen For-
men derselben weglasst, ertvahnt er zuerst die appositio
partitiva, d. h. diejenige, durch welche das Ganze und
die Theile in demselben Casus neben einander gestellt
werden, und belegt die verschiedenen Fälle derselben mit
gut gewählten Beispielen, unter denen jedoch auch solche
nicht hatten fehlen sollen, in denen bei zweifacher Par-
tition derselbe Casus dreimal gesetzt ist, wie II. A. , 11.
'A%aioiaLv bl fiiya aShog iiifjak' iy.aoroj xafjShj.
V, 44. Touia^ de TQouoq atiot; i'7ri/kv&e yv/'a tva-
axov. Hierauf folgt die Appositio distributiva, d. i. wenn
ein Ganzes vollständTg in seine Theile zerlegt wird, dann
die Apposition der Infinitive , tlieils zu Pronomincn, theils
zu Substantiven. Für beide begnügt sich der Verfasser
auf die in Grammatiken und Commentaren gegebenen
Beispiele zu verweisen, und nur einige von eigenthüm-
licher und besonders interessanter BcschafTenheit hinzu-
zufügen. Hätte er ein näheres Detail eingehen wol-
len, so würde er leicht noch Manches haben hinzu-
fügen können , wie z. B. dass manchmal zu einein rela-
tiven Satze , der sich auf etwas Vorhergehendes bezieht,
noch ein accus, c. inf. als Epexegesis folgt , ein Sprach-
gebrauch , der mitunter verkannt worden ist, z. B. in
der vielfach besprochenen Stelle. Fiat. Symp. p. 183 f).
TO bt oiixai ujd' Ix^i' ovy dTcl.ovv eaiiv, oTicoli
dQX^ii ^kix^iji oi'iis y.aXuv livcu avrb xa&' avio
oiiie aio-xouv etc. , wo Stallb. mit Bast ovy 'i Klam-
mern schliesst. Aber ÜtzXovv heisst nicht sine ulla cx-
ceptione verum, sondern was unbedingt und absolut sicli
selbst gleich nnd dasselbe ist. Nimmt man nnn an, was
der Zusammenhang fordert, dass zu ovy '^'^kovv horiv
als Subject TU e^av zu denken ist, so beziehen sich ilie
Worte UTISQ — sXs%dtj eben auf den Ausspruch ovy
aitkoiv iOTlV, und das folgende OVTE y.aXui' — ul'tS
aiOXQOV steht als Epexcgeso zu dem relativen Satze.
Denn zo s^vv ovy äjlkoüv iarcv ist ebenso viel als
TO SQäv avTo xad'' avro ovre xaköp i<rTiv ovxe
aioxoöv. In ahnlicher Art bezieht sich p. li-SS C. « Sri
TT^oi-ciTaxTai rfj fxavriy.fj, innry.u-^TEiv toi'q "Eoiorai;
y.al t'arplvsiv, das relative ä auf den Inhalt des Vor-
hergehenden, der ganze relative Satz aber wird noch
dnrch die folgende Apposition erklart. Eine Frage ist,
wie der Infin. zu betrachten, der epexegetisch bei gan-
zen Redensarten steht, wie z. B. Eur. Med. 139fi. (fi-
kiov ■x(^yC,u) OTuf^iaroi TTaldvjv ■7TQog:TTi>i;atT9cft. Fiat.
Symp. p.' 207 A. ei'nsQ rov äyadov iavnp eii'cci dci
fgaii eOTi'v. Xen. Anab. V, 4, <». Ti r;nujv 8Er,(jE(T&£
1Ql'}<ruadui (Bernhardy'S. 363 f.); ob als eine Art Ac-
cusativ der Beziehung (wie bei adj. z. B. Soph. Fhil. S48.
Ev8Qaic)]s — kecaireiv), oder als Apposition, sei es par-
titiver Art oder zur Angabe des Zueckcs, oder als At-
traction. Rec. entscheidet sich für das letztere , so dass
der Inf. als unmittelbares und eigentliches Object ile»
Hanptverbums, das Obj. des Infin. aber als von dem ihm
näherstehenden Hauptverbnni attrahirt zu betrachten ist,
eine AVendung, wozu der Grund in der dem attrahirten
Object beigelegten Wichtigkeit entweder für den Gedan-
ken an sich, oder für dessen Verli/iltniss zu einem Gegen-
satze liegt, wie Thnc. I, 50. oi Kuolvihoi tu a/.dcfij;
U£V Ol'X ilkxOV — TTpOC ÖS TOl'i dv^OCHTTOVi bTOU-
Tiovro cfovEÜciv 8te/.i:ktovTEi jldk'LOV }] C,U}yoELV.
Hiermit verwandt ist die ebenfalls epexegetische Ap-
position eines Snbst. bei einem pronom. demonstr. oder
relat. Diese nur berührend , handelt der Verf. sodann
p. 9 f. von der Apposition eines abstracten Subst. zu
einem anderen ihm unähnlichen BegrilTe, bei welcher
häufig Genus und Numerus nicht übereinstimmt, wobei
bemerkt wird, dass, obgleich im Präilicate ilicses häufig
geschehe, dennoch in der Apposition es der Reile immer
,,singularem qncndam colorem" gebe. So richtig diese
Bemerkung ist, so würden wir doch die Apposition dem
Prädicate nicht durch ein „dennoch" entgegengesetzt,
sondern vielmehr auch hierin jene aus diesem abgeleitet
haben. Denn es b.Tuht oHenbar auf derselben Vorstel-
lung, wenn ich sage: Helena war das Verderben ihres
Vaterlandes, und: Helena, das Verderben ihres Vater-
landes. Jener color aber des abstracten Frädicates hat
verschiedene Gründe. Denn bald wird dadurch die per-
sönliche und absichtliche Thätigkeit des Individuums bei
der im Frädicate oder in der Apposition bezeichneten
Wirkung ausgeschlossen, und nur die Vorstellung des
Sachlichen oder Gegenständlichen gegeben (wie im Deut-
schen: N. ist ein Zeuge und N. ist ein Zengniss), bald
1011
1012
die in der Apposition ausgedri'irkfe Eiffenscliaft gk>iclisam
coDsanimirt und mit dem Sulijecte sollist idrntificirt (z. B.
Soph. Phil. 622. }j xeii'Oi, t) TTcioa fiknfji^ , hi' e/'g
'j-/j(n/oi'C ojiioasv nelnaz avekth'), bal<l das Einzelne
znm CoUectivbegriffe vereinigt (wie Thiic. III, 9S. ctTie-
darov de — toooitoi /ilr to Ttkij^og y.a\ r;X/y.!a jJ
atTlj) , bald anrli in der Apposition das Resultat iler im
vorhcrjfeiiaiinten ^'erbnm bezeichneten Ilundlun;; hinge-
stellt. Wenn z. B. II. k, '21. es heisst iijiOQiv iuty.ihsc,
ä^TS KooYiviV iv ricfci arrntizs ^ xlonc ii£oö^ü)V äy-
9unj:ic)V, so heissen die Regenbogen nicht selbst Zei-
chengeber, sondern Zeichen, uelchc Zens eben dnrch
das (xrroi^ny gibt, also ist rioaq als Resultat fou
0'cy,uii;e zu betrachten, wie dieses II. p, 548. durch
Tsuai itiiisyai noch ileutlichcr gemacht und unseres
Erachtens von Kühner g. ,',()|i. i. richtig erklärt ist. Und
nicht anders kiinnen «ir auch die p. 10. angeführten
Beispiele verstehen : Enr. !\Ipd. 195. Or. 717. Heracl. 920.
llerc. (ur. 32'2. nicht desshalb , weil t/i///C, diu nicht
rem in cnnspeetu positam bezeichnen könne, gondern «eil
die in der Apposition enthaltene Bezeichnung nicht der
Person an sich , sondern erst in Folge der im Satze aus-
gesprochenen Handlung zukommt. So ist Uerc. f. .'322.
diuatuy diuv gewiss nicht unmittelbare Apposition zil
T£/.pa , sondern erst ilurch die Vermittelniig von (/^ii'ioj-
jUii., so dass dieses A'erbum und jenes Object gleichsam
einen Begriff bildete, eine Analogie, auf welche Hr. M.
gelbst wiederholt hindeutet.
Mach kurzer Eriiähnung der Apposition des Genit. zu
pron. posspss., und der Apposition zu einem nicht nament-
lich genannten SuUjecte kommt nun der Hr. Verf. p. 10.
zu demjenigen Punkte, den er am ausfülirlichsteii bc-
Landelt, der .Apposition eines \omens zu einem ganaen
Satze. Er tadelt zuerst 31atthia, welcher g. 4 }2 , ö.
([p- «04- zw. A. ) den iVoniinativ nui- stattfinden lässt,
„wenn das Verbum des Flanptsatzes ein Passivum oder
Jutransitivum ist." Denn diess streite mit Stelleu wie
Aesch. Ag. 23'3. tx} t^ SiTj'o ysvio-i^at 9vyaTQu;, tto-
i.iuojy noor/äi). Eur. El. 231. Sidui^iovuiiii;, i^iiaDuy
\öir,TU)v f.öyoiv. Allein sowie man häufig in anderen
Fallen bei Erklärung der Casus zu einer Synesis seine
Zuflucht nehmen muss, so wird man es auch hier dür-
fen, wenn anders auch dieser Gebrauch der Casus auf
einfache und ursprüngliche Grundlagen zurückgeführt wer-
den soll. Als» verstehen wi. jeuc Stellen so: icAl/ i)i!-
oui ifiyaTiua(y.{/.e7tf)iiiouoita/)äoojyiÄi>, und: et'()ac-
iiuveiv as — Xlyin fundon ijd. /■.i'>yv)v, so d.iss das Glück
nicht an sich eine Belohnung, snnilern mittelhar als Wir-
kung de» suljeciiren Thuns des Wünsiheuden erscliriiit.
■\Vir treffen hier in der That in Flinslcht des Sinnes s.ll.st
mit Hrn. .>!. zusammen und »eichen nur in der Art,
wie die.ser gefunden wird, v.in ihm ab. Olme Ziiellel
hat er Recht, wenn er Knhner's Erklärung, \iel<her
jenen Arcus, von einem zu supplirenden t.iy<i>, abhangen
lasst, als nnstattli.ift abweist, Ijernhardv aber, wenn er
auch si<li dunkel auxinickt, begeht doch nicht den Cir-
tel in der Erklärung, dessen der l\r. \,-d. ihn zeiht.
Denn offenbar will ilerselbe sagen, die Slrucfur der Ap-
position im Acrns. gehe daraus hervor, Aass sie ein te-
»onderea Ubject zum Hauptverbum bilde (also nicht un-
mittelbar zum eigentlichen ergänzenden Object des Haupt-
verbum gehöre) und als solches eine beurtheilende IVeben-
bestiinmung, einen subjectiven Beisatz enthalte. Alleia
die Undentlichkeit liegt darin, dass man nicht weiss, ob
das redende oder das handelnde Snbjpct gemeint ist; in
jenem Falle, welchen der Ausdruck „beurtheilende Ne-
benbestiinniung" anzudeuten scheint, ist die Erklärung
falsch, da gerade durch den Arcus., wie es Hrn. 31. 's
Erklcirui\g richtig angibt, die in der Apposition bezeich-
nete Erscheinung nicht in den Gedanken des redenden,
sondern des hamlelnilen Subjects gelegt wird.
Hr. M. nun verwirft p. ll. die ganze Annahme eines
Accusativ, iler als Apposition zu einem ganzen Satze
' stehe , und lasst bloss den Nominativ gelten. Denn alle
hierher gehörige Beispiele uiit Ausnahme derer , welche
ein Abstractum in Apposition haben (warum aber werden
diese ausgenommen, da sie doch, wie oben gezeigt, nach
Sinn und Structur ganz in dieselbe Analogie gehören?)
enthalten entweder ein Nomen gen. nentr. , welches aber
so gut Nominativ sein könne, oder seien anders zu er-
klären. Das ist nun aber eben die Frage, ob sie anders
EU erklaren sind , und wenn ilie Neutra als Nominative
gefasst werden können, so folgt daraus nicht, dass sie
überall so gefasst werden müssen. Bis daher also sind
wir noch nicht weiter gekommen. Nun meint aber der
Hr. Verf., der Nominativ in der Apposition bedeute: id
qnod est, der Accusativ: quod sit oder ut hoc sit vel
fiat, und nennt diesen Accusativus einen iinalis, wobei
er sich theils auf die Aehulirhkeit mit Accnsat. wie ^li-
QlV, TTODtya, duJOBCcv und den diesen sinnverwandten
Numinibns aion'a, notvijv, dfiotfiijv, ftioüör etc.,
theils auf den sonst häufigen Gebrauch des acc. linalts
beruft. Allein wir fürchten sehr, dass man so auf die
Sandbank einer petitio principii gerathe. Denn was will
Hr. M. dem entgegnen, iler die Existenz eines acc. tin.
gar nicht anerkennt, sondern behauptet, dass y^aolv u.s. w.
nrsprüiiglich selbst appositive Acciisative gewesen (also
prolianila probandis probantur), dass der Begriff des
Zweckes im Arcus, an sich gar nicht liege, sondern die
Falle, welche man unter diese Kategorie zu stellen pflegt
(wie etwa Kühner §. 549 a. b.), nach anderen Analogicen
zu erklären seien? Was wird am Enile auch damit er-
reicht, als dass man einen Casus von der übrigen Con-
structioii der Worte gleichsam losreisst, der mehr im
Geiste der griechischen Sjirache als ein integrirender
nnd invo|\irter Tlieil derselben zu betrachten ist? Und
nenn der Nominativ id quod est bedeutet, würde man
dann nicht diesen Casus >itaU des Accus, verlangen müs-
sen, nenn, wie sich leicht erweisen lasst, auch im Accus,
ein (|nod est, (uit, erit gedacht werden kann ? z. B. Eur.
Phoeii. II 4^. BTrijv r7i:' dnioii yiyai oKijv iiul.tv (ftQUiv
fWxXoioiv i^arnn-Tcdnac, ßd^Qotv, rTioruiav tjjuiVi
ola 7lCiniTac TCot.li. Der Sinn dieser Worte an sich
erlaubt hier ebenso wohl ({uoil erat indiciuin, als quod
esset. Wer möchte alier behaupten, dass es in jenem
Falle iToyoia geheissen haben müsste? Diess, dünkt
uns, ist IJeweis genug, dass die Erklärung des Accus,
und seines Unterschiedes vom Nomin. auf eine aiiilere
Grundlage gebaut werden müsse, als welche der Hr. >"crf.
ihr gibt.
1013
1014
Nach niiserem Dafurlialleii nämlich hat Ma<(hiä in
der Sache selbst vollkominoii Recht, mir dass er sie nicht
sowohl an ilie äussere Form, als vielmehr nn das innere
Wesen and den eigentlichen Sinn des Gedankens hätte
liniipfen sollen. Mit andern Worten: Der Kuminativ steht
als Apposition eines vorher genannten Zustandes, der
Accus, dagegen als Erklärung einer Ilaniilnng, wobei es
in keinem von beiden Fällen auf die äussere Besrhafl'en-
heit der Worte, sondern allein auf den Sinn ankommt,
d. Ji. darauf, ob das Subject, von welchem etwas ausge-
sagt wird, als leidentl oder als handelnd gedacht wird.
Da nun die Griechen sich zu jeder Handlung , auch der
intransitiven, ein Object denken, welches entweder der
Begriff der Handlung selbst {du/.tiv ddy.l.on) , oder das
Resultat derselben ist {iiuyKTHai fiujl]v), ila sie auch
ferner metonvniisrh das absiractum statt <les concretum
brauchen: so kommt es, dass man in jeder besonderen
Handlung den allgemeinen Begriff des Schaffens, Thuns,
also den eines gewissen Resultates, sei es als subjectiven
Zweck, o<ler als objective Folge darbte, und die Bezeich-
nung desselben im Casus des Objects entweder einem ein-
zelnen Verbum oder einer ganzen Reilensart hinzufügte.
Die lateinische Sprache hat auch diesen Gebrauch, wie-
wohl in sehr beschränktem Maasse, und fast nur bei
concreten Objecten. Wenn z. B. Curt. 3, 11, 7- sagt:
Darius curru sublimis eminebat, et suis ad se tuendum,
et hostibus ad incessendum ingens' incitamentum , so ent-
hält die Apposition nicht <las Urtheil: Darius erat inpens
incitamentum, sondern: Darius curru sublimis eminens
oder (juod D. c. s. eminebat, ingens incitamentum erat,
und mithin steht die Apposit. im Nominativ. Suet. Calig. |(i.
Decretum est, ut dies — Parilia vocaretur, velut argu-
mentum recens conditac urbis. Auch hier ist argumen-
tum Nominativ, obgleich die Apposition sich als Z\»eck
denken lässt : ut velut argumentum esset, weil eine pas-
sive Constrnction vorherging, ohne Andeutung eines per-
sönlichen Schaffens. Und dauach sind alle übrigen Bei-
spiele bei Ramshorn Gr. S. ^90- zu beurtlieilen. Falsch
also nennt Heindf. Horat. Saf. 1, 4, 110- die Worte
niagnum ilocumentum einen Accusativ. Das könnten sie
sein, wenn sie zu nonne liiles gehörten, und die Vor-
stellung des Beweises in die Seele des angeredeten Sub-
jects gelegt wäre. Allein sie sind der erklärende Zusatz
des Dichters und enthalten das Urtheil: Albi quod male
vivit lilius quodque Barrus inops, inagnum documentum
est. Und so verhält es sich auch im Griechischen. Neh-
men wir z. B. die oben angeführte Stelle Eur. Phoen.
1148. Qnd denken wir uns, dass bloss das Bild des Rie-
sen selbst auf dem Schilde des Kapaneus eine Andeutung
des Theben bevorstehenden Schicksals genannt würde,
so nuisste es heissen: iizi^v yiyai^ — i.roiuia Uta aii-
aSTCtt ■jToKtq, obgleich man auch hier übersetzen kann:
Stil- Andeutung. Allein es heisst VTvövoiav , weil die
Andeutung aus<lem, was iler Riese thut, genommen wird,
und es ist ganz einerlei für den Casus, ob man dieselbe
als objective Folge der Handlung ((|Uod erat), oder als
subjective Absicht fasse (quod esset). Der Gedanke ist:
y/yai; fTl liju"/; ähp' noKiv trftos, iwöroiuv rroiov-
[.lei^o^ etc. Demnach wird sich nun leicht ergeben, warum
io einigen Stellen die Apposition im Nominativ, in an-
deren im Acrnsativ steht , und wo ein Neutrum als Noinin.
oder wo es als Accusat. zu nehmen. Also Eur. Heracl.
71. Hei. 9'!-!. Troad. 4.Si|. (wir brauchen absichtlich die
von dem Hrn. Verl, angeführten Beispiele) steht der No-
niiii., weil im Hauptsatze passive Verba stehen, d. i. «eil
die Apposition nicht das Resultat einer Thätigkeit be-
zeichnet. Aber II. ö, IVKi. öv TIC; ölOreiocii; ifint ev —
Tifj fihv xAtoq, äjffit ()i Tliixhjq sehen wir Acciisative,
obgleich auch wir Inquentis Judicium verstehen. Denn
gesetzt, es stünde statt JltrOu^ KvTtr, , so würde es doch
kurtijv heissen, gerade »vie es Eur. Orest. Il()3. heisst
'El evi]v xTuvojfni' , Mertkeu) krniji' niy.(jut', nicht
weil dort ein beabsichtigtes Resultat gemeint wird, son-
dern weil dieses Folge einer Thätigkeit ist. Denn aurh
als nbjectires Urtheil würde es heissen: 'Kktvrv Ixriiver,
ßlivikEu) Xi'ttijv nty.fidv. Eur. Hec. I|58. to loio9iov
dt, nftfxa Trijfta.Toq, tt) iiov , ii^itqyuciuvTO öaivd- ist
U^^jia in unmittelbarer Beziehung zu ii;ttuy('(TavTO ge-
dacht, Accusativ, aber es kann Nominativ sein, weil, da
die Apposition deni Hauptsatze vorangeht, dieser einen
anderen Ausdruck erhalfen haben kann, als ii elcher An-
fangs im Sinne lag. Eur. Pleom. V IS. ZiCpiouv nvoai^
m.if.üaa.v^OQ, h oL'Qnvu) y.nkkiOTOv y.eKüdijfia. Auch
hier sieht Hr. M. den Nominativ. Aber gesetzt, es stünde
y.l/.HÖo^, würde es wohl heissen Xakkiazug y.t/aöoi;!
Nein, sondern y.dk/latuv y.tt uÖov, denn es ist gedacht
i.T7i; I aavroQ y.akktOTa y.sKa'oovoav inn ivcxif, d. i. /jr-
nti'ojv ijioiijas y.dXl.iatov y.cXaöov. (Noch auffallen-
der ist Soph. Anl. 859. tipc'.fOac. dl.ytlvoTÖ.Tui; Eiioi
/^iS'JlllVai, JXUTQUi T()!7rÖklXTT/V oiy.TOv , wo fu£Qifj.vai
Genitiv, oixTOV Apposition zu dem Satze iipavaat; —
/-HO. ist ^z Ipavoai £>tir/;(7«c oiy.rov.)
W\r könnten es hierbei bewenden lassen, da sich
schon aus den angeführten Beispielen ergibt, worin unsere
Meinung von der des Hrn. Verf. abweicht, und wo uns
ein Nomin., wo ein Accus, der Apposition stattzufinden
sclicint. Indessen da wir schon oben darauf hinwiesen,
dass nicht sounhl die äussere Form der .Sätze, als der
Gi-danke selbst in Betracht komme, so müssen wir noch
einige Beispiele berücksichtigen, die aussenlem leicht als
Beweise gegen die aufgestellte Regel, dass die Apposi-
tion zu einem passiven Satze im Nomin. , zu einem acti-
veii im Accus, stehe, geltend gemacht werden könnten.
In Eiirip. Iphig. T. 14.')(5. muss , wie es jetzt schon von
Hermann geschehen ist, das Romma nach ktio'-. gestri-
clieii lind nach uttoiv gesetzt werden, denn dieses Wort
stellt gar nicht in Apposition, sondern als unmittelbares
Obji'ct zu iu(jTU'^7j, gleichsam den Namen des Fes-
tes bezeichnend. Aehnlich verhält es sich mit i^ii-
TSi'ilv ajroira AIcest. 7., wo ebenfalls äjluiva un-
mittelbar von drjTfi'lilv regiert wird. Herub. 1074. ge-
hört kvuac, dviiTToiv if-U'.c nicht zu auayliov öareujv
%' eunKl]o9ui , obgleich es auch in dieser Beziehung,
weil jene Worte als Handlung gedacht sind. Accus, «äre,
sondern zu doivuv TidtntvO',. Iphig. T. 143'' — H4-'.
ist (i.vttlpvyiiti; nicht Apposit. zu dti'Cj i-}.3' OfJlOfrK;,
sonst hätte der Nomiii. stehen müssen, sondern zu den
vorhergenaunten Handlungen e^rteitlpujv, diuji\ Dagegen
ist Heracl 40 )• T(j07iaid r iy^Quiv xat ^ö/tl aujii]-
Qia. ohne Zweifel Nouiinatir, mau mag nun übersetzen,
1015
1016
u< rincamus faosfcs, oder (piibus relui« efficifiir, af via-
cantur ho^tes, ilenn es «erden vorher Zustände genannt
TTÖktg T ev oTtkoii , crcfdyiä d-' äarrijxev, 9oii7roKei-
Tat S' äa-TV. Hei. 77. toJö' av süoroXip rceToii} ditö
Kavaiv si'y.oi-; edaiSi dv ^lUi y.6oiji ist ein prägnan-
ter Ausdruck für urCoKauatv eiy.ov; ct^ikaLOa^ oder
£}.afjl~ civ itui'oraa. Oft beruht dieses auch auf einer
DIetonvmie, denn «ie man sagt ^"^avS/'v d^ävarov, ftOQOV,
go kann im Accus, auch ilic Todesar*, Strafe, und selbst
das Verbrechen gesetzt werden. Aber Hippel. 815- W
ßiaicu-: 9uyoi'o' ävoTuu rf rsi'Wpood , aa^ x^Q^i ^'^"
kaiOiia iis/.sa;, «eiche Stelle Hr. M. S. 14 unter die
wegen des Genus ziveifelliaften .Stellen rechnet, halten
wir xdkuiOua für Nominaf. und beziehen die Apposi-
tion auf die angeredete Person selbst. In Herc. für. 57-
TOlovxov dvü o ui 71 o 10 IV )) di'ircQa^ia, );^ fj.ii-jtod'' ,
oixtq y.di ^isau>i ti'noi'^ £uo' ■> 'f'/o' » <pi}.cov skiyxov
dÜievScOTaTOi" hatte die Apposition im Nominativ gleich
nach öviTToi'.iia stehen können, dann «are das Unglück
überhaupt und in jedem Falle die sicherste Probe der
Freunde genannt; nach ti; iiiJTtOTe — Tlixoi konnte gar
nicht it.iyxoi stehen, obgleich man übersetzen kann:
welches — sein würde, .■jondern ^'Ä£y;j^or ist das Resultat
des vorigen Satzes, weil der, welcher iu's Unglück ge-
räth, darin die Probe seiner Freunde macht oder erhält,
folglich ist es = )':-• f^ti'jTioxe Tv/u)v cfik'jji' tkeyxov
Ttoioiro oder I.d[j0l, ähnlich wie iti der oben genannten
Stelle Soph. Ant. S'JU. Und in gleicher Weise Längt
Oed. T. ti()3. tLey/iiv mit rcevdov zusammen, was viel-
leicht nach dieser Zusammenstellung Hr. M. nun nicht
mehr hart finden wird.
Doch genug. Das Gesagte wird mehr als hinreichen,
theils unj zu zeigen , in wiefern unsere Ansicht von dem
locas qnaestionis von der des Hrn. Verfs. abweicht, theils
nm die nöthigen Beweise zur Erläuterung derselben zu
geben. Die Anwendung auch auf andere Stellen wird
sich leicht ündcn. Nicht unerwähnt dürfen wir lassen,
dass in den Anmerkungen noch manche schätzbare Be-
merkung über einzelne Stellen oder Ausdrücke enthalten
sind, «ie A. 7. über Tliuc. I, H, wo Hr. M. seine frü-
here Erklärung dieser Stelle rechtfertigt, und Tliuc. I, 1.
Y.ivrTi^ —— dvttouJTUDV , welche Worte er jetzt etwas an-
ders fasst; A. 10 über itd/.iava bei Zahlwörtern, durch
non plus quam, iion minus quam erklärt, und A. IMüge
der Hr. Verfasser, den wir mit aufrichtiger Hochachtung
grüssen, aus recht bald mit nicht minder interessanten
Früchten seiner Studien beschenken! Sammer.
Bcinerkun;^en \on Konrad Schwenk.
Bekker. Anecdot. Graec. I. p. 271.
Auf der angeführten Seite der von IJekker cdirten
kti;. öijTOo. lesen wir: Kioy.ujip : 6 ine vo'xa yatfiiu-
Suüillvo-. Diese corrumpirte Stelle ist ohne Zweifel
durch das Wort rr«lJOroy/V/. herzustellen, denn es enthält ge-
nau die erhaltenen Buchstaben, nämlich [7Cu]i o[i ]'>[/']'(^i
die Erklärung des Kerkops selbst aber als Tii.voi'gyo^
ist richtig. Jlesijch. Ki oy.uj'i/;^ , 7lol/.i/.ot ^ ttov/JOuI,
Ttcivovoyoi. Ferner erklärt Hesjrh. v.i.iy/.vimC^ovxi:,,
xaradTrujvTSi, und xsgxojTtcov, Soklcov, Ttovtjotjjv,
yjiTaonojrTior, y.nyoi'Qyajv, wo xaraOTTUJVTCi; sie als
kajTVOöt'Vai bezeichnen soll, welche Erklärung aber sehr
zu bezweifeln ist, da xaxaOnav in diesem Sinne nicht
das vulgäre Wort ist, dessen sich der Ausleger bedienen
konnte. Es steht zu vermuthen, dass yaraoil u)VTe<^ ver-
derbt, und dass dnarav in diesem Wort enthalten sei,
denn als Betrüger finden wir die Kerkopen erklärt Bek-
ker anecd. Gr. I. p. l'.j(). Ktgyojip: 6 öeivoi dltarij-
oai und Etym. M- s. v. Keoy.uynr,; — y.egy.cuTteg ks-
yovTcu Ol d:raT£iijii'€q. Die Erklärung von xaraOTiav,
welche wir bei Hesvchius lesen, dass es vom Ziehen de»
Speichels gebraucht werde, konnte in keiner Weise an-
gewendet werden. Bedenklich bleibt es freilich, dass
xuraOTldv sich in zwei verschiedenen Glossen findet, und
sollte es daher durch diesen Umstand wirklich vor dem
Verdacht einer Corruptel geschützt sein, so würde die
Erklärung IMeiboms, welcher es detractare übersetzt, zu
beachten sein , wenn es auch in diesem Sinne nicht ge-
bräuchlich ist. Eher aber als xaTP.onuv würde xara-
yskav passen und selbst xaraxciivs/v. Dass der Name
der Kerkopen diese Wesen als geschwänzte bezeichne,
geht aus dem Namen der Heuschrecke, welcher von glei-
cher Abkunft ist, hervor, da diese nach dem Legestachel
benannt ist. Dieses Thierische machte sie auch geeignet
für das Drama und veranlasste die Sage, welche sie nach
den Pithekusen versetzt und Allen werden lässt. Unter
den ihnen beigelegten Namen findet sich ollenbar, wie
schon Maussac zu Harpokration und die Interpreten za
Hesi/chius sahen, ein falscher, nämlich Andulos , statt
dessen Kandulos richtig ist, wiewohl die bessere oder
ursprünglichere Form lütndolos gewesen sein mag, wie
dieser Name bei Hest/chius zu lesen ist, denn es stimmt
diese Form besser mit Kandaules überein, womit sie ver-
wandt ist. Kandolos oder Kandulos hiess ein Kerkope
wegen Lvdien niid bezieht sich wahrscheinlich auf des
Herakles Aufenthalt bei Omphale, wie der Name Atlas,
welcher auch wahrscheinlich minder gut, wenn nicht
Alles trügt, auf des Herakles (Jang nach den Hesperiden-
äpfclti sich bezieht. Die Namen Sillos und Triballos
scheinen ilinen als hiihnenden und neckenden erst gege-
ben worden zu sein wegen ihrers Charakters in dem
Drama. Dass ihre I\Iutter eine Okeauide gewesen, hat
schwerlich eine Beziehung auf ihr Wesen, sondern soll
wahrscheinlich nur das Lokale ihrer vermeinten Herkunft
bezeichnen , und hierzu konnten mehrere Veranlassungen
sein, z. B. wenn sie in dem Abentheuer des Herakles,
als er die Hesperidcnäpfcl holte, auftraten. Ihre Mutter
Meninonis scheint sie als asiatisch zu bezeichnen, denn
Älemiion repräsentirt in den griechischen Fabeln, wie
schon seine Abkunft von Eos deutlich zeigt, den Osten
von Asien, und demnach würde sie in die Sage von den
lydischen Ccrcopen gehören. Die Namen Olos und Akle-
mon können nicht als richtig gelten nnd sind entweder
aus Kandolos und Akmon, oder aus Passalos und Aknion
verderbt. Warum jedoch die Namen Passalos und Akmon,
Pflock und Amboss ihnen gegeben worden, lässt sich
nicht errathen.
(Beschluss folgt.)
Zeitschrift
f ü r die
AI terth ums Wissenschaft
MitUvoch, 23. Octoher
18 3 9.
Nr. 127.
Bemerkungen von Konrad SchwenJc.
(Beschluss.)
Sophokles. Philoct. 186 flgg.
ßc'.Qet-
a 8' ct^vQonxofWi
oiiiuiyä^ VTTfjyeiTai.
Das AVort VTloyeivai gibt in dieser Stelle keinen
irgend genügenden Sinn, wesshalb Hermann vn' 6~j[£ixc'A
in den Text anfnahm , nogegen sieh aber AVunder er-
klärte, indem er sagte: .^.iSonilum tion posse dici a ge-
mitu alicuiifs ferri, nemo non intelligit." Hermann'»
Conjectnr kann aurli versfanden werden: der Srliall ver-
breitet sich, seliuebt hin, erregt durch bittres Jammern,
nnd dieser Sinn ist nicht nnpassend. Dass es aber so
rcrstanden werden könne, lässt die Sprache zu, denn der
Schall, welcher unter dem bittern Jammern des Philokte-
ies sich verbreitet, ist der Schall, vveldier durch dieses
Jammern erregt wird. 3Iir schien es immer, dass man
VJTO ^Eirat lesen miisse, und es scheint mir auch jetzt
noch so, denn )[tc-) wird von Scijall und Stimme gebraucht,
so dass es heisst: weithintöiiend ergiesst sicli der laute
Schall noter seiner bittern Wehklage, d. i. erregt durch
seine bittere Wehklage. Da es griechischer Sprachge-
brauch ist zu sagen. Schall derWebklagc, so kann auch
gesagt »erden: Schall durch Wehklage erregt.
Pfiiloct. 416.
Als Philoktet, nachdem er schon den Tod des Achil-
les vernommen, auch von dem Tode des Ajas hört, so
sagt er zu Neoptolenios, »vie, ist dieser auch todt? Neop-
tolemos antwortet, er ist lodt, worauf Pliüoktct, in Klage
ausbrechend, sagt: aber der Tvdidc und der untergescho-
bene Sisyphide sterben nicht, und diese sollten doch niclit
leben. Hierüber sagt Hermann: „qui reprehendernnt So-
phoclem, quod quaedam in hac fabula negligentius scrip-
sisset, quuni vituperarent, quae non erant vifiiperanda,
praetermiserunt illud , quod jure notari poterat. Nani si
Lic Diomedem et Ulyssem rectius periisso dicit Pliiloctc-
les, facit, quod quodanimodo repugnat reliqnae tragoe-
diao: in qua quum et ipse nbique malorum suorum au-
ctores Atridas et Ulyssem fuissc dicat, neque Ulysses
Diomedem sibi socium foisse in exponendo Philocfeta
narret, non potest non male habere spectatorem lectoremre
fabulae ira illa in enm virnm, cujus nnllam fuisse cnl-
pam ex eo debet conjicere, quod illc non est usquam in
consilli istius inventoribus commemoratus." Diese Be-
merkung nahm AVunder auf und hielt sie demnach für
recht und selbst für geeignet, um Schülern mitgetheilt
zu werden. Doch kann der vorgebrachte Tadel den Dich-
ter nicht treffen , sondern ist nur aus mangelhafter Auf-
fassung dieser Stelle hervorgegangen. Durch die Dolo-
neia trat Diomedes mit Odyssens zusammen als listig,
wie denn beide unter dem besondern Schutz und deif'
steten Leitung Athene's ihre Tliaten unternehmen. Jene
Gleichstellung dieser beiden Helden, als der Listigen
unter dem Schutze der Göttin der Weisheit, wird von So-
phokles in dieser Tragödie befolgt, und es wird von dem
durch Odvsseus angestellten Manne später gemeldet, Dio-
medes und Odvsseus seien nach Piiilokfet ausgefahren,
um ihn nach Troja zu holen. W.'ire nun Diomedes nicht
als listig angenommen gewesen, so würde diess Zusam-
menwirken desselben mit Odysseus, welches fingirt wird,
ungehörig sein, und hätte er nicht dem Philoktetes da-
für gegolten, so hätte die Angabe, Diomedes nebst Odys-
sens seien nach ihm ausgesandt worden, um ihn zu holen,
ihm auffallen und nnwahrscheinlich sein müssen, so dass
er der Angabe des Meldenden nicht hatte unbedingt trauen
können. So aber, da er dem Philoktetes für listig galt
und dieser ihn schon vorher verwünscht, ist die nach-
folgende Meldung eingeleitet nnd ihre unbedingte Glaub-
würdigkeit von Seiten des Philoktetes motivirt. Immer
finden wir bei Sophokles, welcher Nichts unmotivirt lässf,
wodurch seine Tragödien den höchsten Grad der Voll-
kommenheit erlangt haben, dass das, was znr Motivirnng
dient, sich wie von selbst ergibt und an der Stelle, wo
es erscheint, in dem natürlichsten Zusammenhang steht.
So auch hier; als Philoktetes vernommen, Achilles sei
todt, dann weiter, auch Ajas lebe nicht mehr, drängt
ihm das Bedauern über- diese Helden, welche ihm dem
Helden als wahre und echte Heroen hoch stehen, die
traurige Betrachtung auf, dass die edeln Helden, welche
nur ihrer Kraft vertrauen, sterben, die Listigen aber nnd
die Schlauen von keinem Verderben betroffen werden,
woran sich die Verwünschung derselben knüpft, indem
er sagt, diese Männer sollten nicht leben. Dass er der
Atriden in diesem Zusammenhange nicht gedenke, ob-
gleich er sie bittpr hasst, ist natürlich, denn sie gelten
ihm nicht als Schlaue, sondern als Könige, welche, ihre
Gswalt schiijde raissbrauchend, ihm Unrecht gnthan ha-
1019
t020
ben. Demnach konn<e er sie mit Odysseus nicht im Ge-
gensatz zu Achilles und Ajas nennen, nenn er niclit za
den Schlauen eine neue Gattun;; lier ilini V'erhassten fü-
gen Hollte. Diese Gründe niiijjen «ohl l»ci unliefange-
ncn Freunden antiker Poesie, welchen es gelingt, eine
Sophoklelsrhe Tra^üdie als ein Ganzes aufzufassen und
Heu Organismus aller Tlieile im Verh.'iltniss zum Ganzen
zu begreifen, hinreichen, um die beriiiirtc Stelle gegen
den Tadel llermaun's zu schützen.
Philoct. 448.
xai Jiuji TU f-iev ziavui'ijya y.ut TtaKipTpißn
■Xai'poi'o' dvaoroicfuvTii et' AiSuv , ra de x. r.X.
„Schol.: TTaf.n'ipif^ir T£T(ji^i^eva Toiixaxulq' oojCov-
Oir i^ ./löov 70t'; e7riTpi:t Tui.; y.ai öo/.eQoi<<;. Recte
»iiiit Gedikius respici Sis_v|ihum , qui ex Orco in vitam
per duluni reversus est; do quo id ipsum (v. (i.'4) com-
mcraoratur. Itaque si Ulixem Tl'avovuyov, Tiiersitam
propter ejus in dicendo contumaciam Tlii.Ktvrpitjlj dicere
pniandus est." Ilerui. Diese Kote hat AVnniler als rich-
tig aufgenommen. Da TiaktvTpifjiJi nicht die conluinil-
cia , «eiche Thersites in dicendo an den Tag legt, be-
deuten kann, sondern bloss das Durchtriebene, Schlaue
bezeichnet, so kann diess Wort schlechterdings nicht auf
Thersites gehen, insoiveit er vorlauter Schwätzer iiar,
sondern er müsste als durchtriebener Mensch damit be-
zeichnet sein. Es ist aber ein besonderer Rückblick auf
ihn gar niclit nöthig, denn Fliiloktet sagt: Nichts Sclilech-
tes geht unter, sondern »ird von den Göttern geplli'gt,
ja, sie lassen sogar die Schurken und die Durchtriebenen
gerne aus dem Hades zurückkehren (ii ie Sisvphus), Mäh-
rend, »as gerecht und gut ist, hinunter muss. Wir sehen
hier, dass ilie Detrachtung, nie die Guten untergehen
und die Srhle< hten vom Tode verschont bleiben, ihm das
bedeutendste IJeispiel dieser Art in das Gedaditniss ruft,
»elches ihm freilich schon wegen des ihm besonders ver-
hassten Odysseus nahe lag, nämlich das des Sisvphus,
dem es vergönnt war, nieder auf die Obernelt zu kom-
men, nachdem er gestorben n ar. Die Ausdrücke JKj.vuruya
nnd 7lu/.n rpiriij gehen allein, ohne Anspielung auf sonst
wen, nur auf den Sisyphus, in der bekannten Weise,
da89 , no von Einem in allgeineiiicm Ausilruck geredet
«ird, der Plural gebraucht wird. Nur darin treflen nach
Pliiloktet's angedeute-tein Sinne Sis\plius, iler IJösewicht
von durrhtriebeneui Wesen, und der genaltige, nie um
das ^Vort verlegene Schn.'ltzer Tbrrsites zusammen, dass
sie schlecht sind und dass das Schlechto nicht leicht ver-
gebt.
Philoct. 753.
Als Neoptolemos den jaminernilen Philnktetes fragt,
welch neues üebcl ihn plötzlich ergriffen habe und zu
dem Stöhnen zniiigc, sagt Philoktet
' a- ' '
oioj , üj xey.vov
Kcnptoleoios sagt weiter ti 5' toxtv ; und Philoktet er«
wieilert Ul09' , UJ rrai. Hierauf folgen die Worte tI
niji ; oi'y. oida und dann die Worte des Pliiloktet, noj-
Ol/. oioJu; Hermann, dessen lieinerkung Wiiniler an-
iiimiiit, sagt: nosli, sr.ilicet iilceris nie doloribiis rru-
ciari. Dciude iterum inlerrugans Neoptulemus idrinquc
responsum oio9 v},irui, fereng, ad haec verha respoo-
det ot'x oida. Id autem mirans simnlque indignans Phi-
loctetes, 7T(o^ ovx oiai^a; Ex his neressarin consequitnr,
^erba ri oui , quae a Neopfolemo pro fi eori oot dicta
usui repugnant , Philoctetae esse tribuenda, accento non
inclinatu, quid tili? i. e. quid tua refert, scilicet expli-
catius mala mea enarrari. Quae est oratio irritati inter-
rogatiüiiibus, quae nihil ad dolorem allevandum couferunt:
qiiae aegerrime ferunt, quos dolor aliqni cruciat. Diese
Erklärung ist nicht annehmbar, denn Phlloktetes, wel-
cher gegen Neoptolemos die freundlichste Gesinnung hegt
und Rettung von ihm erwartet, sucht nur seinen Frageu
aus/uweichen dadurch, dass er ihm sagt, er wisse es ja,
was ihn schmerze. Würde er nun hinzufügen: Was liegt
dir dran? Was geht's dich an? so nürde er ihm eine
Grobheit sagen, welche ilein Philnktetes, dem theilneh-
mcndeii Jüngling gegenüber, von welchem er so viel er-
wartet, ztiziitrauen, uns Nichts berechtigt. Dass Schmer-
zen zu mancherlei Ausbrüchen veranlassen, ist bekannt,
doch nicht bekannt ist es, dass sie den edeln 3Iann ge-
genüber einem theiliiehinenden edeln i\Iaiine zur Grobheit
bringen. Auch bietet wirklich Sophokles in keiner sei-
ner Tragödien, in welchen wohl Scencn des Zankes vor-
komnien, durchaus nichts Achuliches dar, und es ist
daher diese Auslegung als ganz ungeeignet zurückzuwei-
sen. Die AVorte ri OiiL können wir, da sie in Philoktet'u
Alunde keinen passenden Sinn haben, nur dem Ncoptole-
nids zutheilen und müssen es nm so melir, als es son-
derbar wäre, wenn Neoptolenios die Grobheit Ti 001;
unberücksichtigt liesse und bloss, ohne wenigstens ein
begütigendes Wort der Theilnahmo zuzufügen, ooy.uida,
antwortete. Auf die Worte oLa9a u'i Ttai, antwortet er
Ti oldu oot; ovx oida.
Philoct. 716.
XerOOMV d' oTTOv yvoii] a-raTov iig vdujQ
äei 7i()0^erujjia
Hermann sagt: ksi'OOujv et\; i'doiQ non circumspicicns,
quaerens aquam ; scire enim dicitur ubi inveniret; sed
desiderii describendi causa dictum est, quemadmndum
solenius intueri in illiid, undc salutem et praesidinm
gperamus. Hierauf folgt eine seltsame Erklärung von
npoiivciiiK'., welche aber Wunder mit Recht zurück-
weist, n elcher erkl'lrt: sed seinper ad aquam stagnan-
tem, ubi quid ejus nosset, accedebat, in eam intuens.
Qiiod intuitiis autem in aquam illain dicitur, ea re aqua
illum, sicuti alios vino (tf. 715. öi /^'l/d ut'voxVTOV
7lu}fia.T0s l']o9l] dexiiTSl ■/oovip) delectatum et gavisum
esse sigiiificatur. Dass diese vermeinte Freude in den
Worten liege, l.'isst sich nicht behaupten, und sie durch
künstliche Auslegung hineinlegen, ist nicht gerathen.
Xtl'oai/v ei Tt heisst auf oder narli etwas sehen , Und
daher Keöoaiov (ttccov Cl'i i'do/p , örrou yvoii] , 6.t\
nQO-^i'fdiua, nach stehendem Wasser sehend, wo er er-
blicken möchte, ging er immer hinzu. Dieses stehende
Wasser fand er nicht immer an der n.'imlichen .Stelle,
sondern miissto es, so denkt sich der (Jhor die Sache,
gurheu, wo es sich durch Tliau oder Regen gesammelt
hatte.
1021
102»
Lafeiiiische Schnlfraininatik von W. Weissenlorn.
(Eiseuarh 1838). ♦)
Zweiter Artikel.
Der Verfasser erkennt selbst (Vorrede S. IV) an,
dass für «lie Anordnung des Stoffes Vieles gewonnen wer-
den würde, wenn, wie zuerst Ag. Denary vorgeschlagen
(vergl. Pntt etymol. Forsch. II, <70), zwischen Formen -
und Satzlelirc eine Bedentungslehre in die Mitte träte,
wie sich dieses Jedem aufdrAngen mnss, der mit klarer
Einsicht das Feld der Grammatik heliant; docli i^lauht
er, dieses dürfte erst dann niiiglich sein, wenn die nr-
sprüngliche Gestalt nnd Bedentnng der Formen noch ge-
nauer, als bisher, erforscht »i<'ire. Die Sprache erscheint
eigentlich überall nur im Satze, und so ninss die eigent-
liche Sprachlehre eine Satzlehre sein; aber, um diese
fehürig darstellen zn können, müssen zuerst die Ele-
mente, aus denen der Satz sidi aufliaut, gehörig be-
trachtet sein, und zwar 1) in Bezug auf die äussere
Formbildnng; '}) in Hinsicht der Bedeutung, welche ilie
Sprache eben diesen Formen beilegt. Nun sind beson-
ders zwei Arten iler Formbildnng zu unterscheiden, I) die
zur Bildung von Worfstäinmen ; 2) die Abbiegung von
diesen AVortstämmen. Die erstere ist keines« egs so be-
stimmt in ihrer ursprünglichen Bedeutung mehr nachzu-
weisen, und die sp.'itere Zeit hat hier vielfach die En-
dungen in einander überspielen lassen. Kanu nun auch hier
die Bedeutnngslehre Einzelnes fest genug stellen , so ist
doch eine ganz befriedigende Lösung nicht mehr zu geben;
es war demnach ein arges 3]issverstandniss , wenn neu-
lich, wenn wir nicht irren, von Hase in der Jenaer Li-
tcratnrztg. unter Bedeutungslehre gerade dieser Theil
der Wortbildung verstanden norden. AVichtig für die
Satzlehre ist hier besonilers die ünterscheiilung der Be-
deutung der Reiletlieile und der einzelnen Arten in den
einzelnen Redetlieilen selbst. AVichtiger und genauer zu
bestimmen, als ilieser erste Theil der Bedeutungslehre,
ist der zweite, welcher die Bedeutungen <ler Flexionen
behandelt. Insofern aber auch ilie Partikeln für die
Bindung des Satzes in sich und mit anderen Sätzen sehr
wichtig sinil , hat auch ihre Bedeutung die granimatischo
Bedeutungslehre nachzuweisen. So bilden sich für diese
folgende Abschnitte: I) Gebrauch der Wortarten — des
Äoniens ( der verschiedenen Arten desselben ) und des
A'erbums. 2) Gebrauch der FIcxionsfornien , Formen des
Körnens und des Verbnms. 3) Gebrauch der Partikeln.
Wie sehr hierdurch die Satzlehre erleichtert wird, ist nn-
läugbar. Denn geht man, wie es gewöhnlich geschieht,
gleich zur Satzlehre, so niuss man dort die Capitel aus
der Bedeutungslehre erst nachholen, wodurch <!ie klare
Einsicht sehr gestört wird. Doch wir wenden uns zur
vorliegenden Syntax, die im ersten Abschnitte den ein-
faclien Satz behandelt in drei Capiteln : 1) Verbindung
Ton Subject und Pradicat, \>) das attributive, 3) ilas ob-
jeetive Satzverh.'iltniss. Attributiv nennt der A^erf. nach •
dem bekannten Gebrauche neuerer Grammatiker das,
was einem Gegenstande schon beigelegt, schon mit ihm
verbunden gedacht und dargestellt wird (S. 221) — besser
*) Vei-^l. den eisten Art. J,.h.-. 133S. Hvlt 6.
dnrfln es wohl lieisspn , was mit dem Gegenstände »or«
bunden gedacht, nicht von ihm ausijesagt wird — nnd
unterscheidet drei Arten, auf welche das Attr. darge-
stellt wird: 1) durch ein Particip oder Adjectiv , 2) durch
den Genitiv eines Substantivs, A) durch ein .Substantiv
in Apposition. Object ist der auf eine Thätigkeit, sei
sie <lurch ein A'erbum oder durch ein Adjectivnm ausge-
drückt, bezogene Gegenstand, und es kann diese Bezie-
hung 1 ) eine innere sein, die der Ursache unil AVirkung,
Oller 2) eine äussere, die des Ortes und der Zeit. Zun»
Ausdrucke beider dienen die Ailverbia und die ("asns,
von denen zur inneren Beziehung der Gen. , Dat. und
zum Theil iler Accus., zur älisgereu der Abi. und zum
Theil der Acc. gebraucht werden. Für die äusseren
Verhältnisse, und übertragen auch für die des Grundes
nnd iler Absicht , treten auch Präpositionen ein. Es wird
nun das objective .Satzverliältniss nach den drei Wortarten,
die objectiv bestimmen können, dargestellt: l)dasSub8t.
und Pronomen als Object. (Gen., Abi., Are, Dat.. —
Anhang über das pron. reflexivuin), „') das A'erbum (Inf.,
Siipinnm , Gerundium), 3) <las Adverbium (Ort, Zeit,
Art und AVeise, Bestimmtheit der Aussage, Frage), AVir
haben mit Absicht das ganze Gerippe der Behandlung
des eiiifaclien Satzes dargestellt, da auf diese AVeise sich
am besten ergibt, inwiefern die Anordnung zweckmäs-
sig genannt werden kann. Zuerst fällt es auf, wie hier
der Genitiv an zwei ganz verschiedenen Orten behandelt
wird, dieser llcbelstaiiil würde schon schwinden, wenn
in einer Bedeutungslehre das Wesen des Gen. dargelegt
wäre, so aber, wie die Sache jetzt steht, ist eine solche
Zertheilung nur zu missbilligen. Ein zweiter Uebelstand
ist, dass die Lehre vom pron. reflcxivnm an einer Stelle
untergebracht werden miiss , wo sie nicht hinpasst, das
ist die Folge der irrigen Eintheilung des Gesauimtge-
bietes der Syntax, die oft zu sonderbaren Dingen treibt,
«ie wir neulich, wenn wir nicht irren, in Keim's grie-
chischer Syntax einen Schliissabschnitt fanden , der das
enthalten soll, was in den vorigen Abschnitten nicht un-
tergebracht werden konnte! Die Lehre vom Gelirauche
der Pron. im einfachen Satze hat die Bedeutungslehre
im Abschnitte über den Gebrauch der AVortarten abza-
haiideln. Drittens wird die Lehre vom Gebrauch der
Tempora und Modi im ersten Capitel ,,Verbindnng vou
Subject und Prädicat" abgelianilelt , wohin sie gar nicht
gehört; auch hier würde der Uebelstand schwinden durch
eine vorhergnliende Bedeutungslehre. Es ist merkwürdig,
wie man bei der Satzlehre, die im AVesen des Satze»
begründete, einfache Anordnung übersehen konnte. 1) Das
eiiif.iche Subject, aus einem oder mehreren Nominibus
bestehend. 2) Das einfache Prädicat in seiner A'erbindung
mit dem Subj. 3) Erweiterungen des Subj. durch die
ad ninalen Casus und Ad), oder Partie, mit oder ohno
nähere Bestimmungen. 4) Erweiterungen des Prädicats
durch die adverbialen Casus und .Adverbia. AVas die Lehre
von den Casus betrifft, so haben «ir die Grundzüge un-
serer abweichenden Ansicht neulich in der Schrift: „Die
Decliuation der indogermanischen Sprachen nach Bedeu-
tung und Form entwickelt" (Köln 1839.) niedergelegt;
eine weitere Ausführung derselben, die nicht schwierig
ist, würde an diesem Orte zu weit fuhren. Ucbrigen»
1023
1024
branriien wir wohl nicht erst zu hcinerken, dass ilas hier
gegeu Ifeissenliorn's Aimriliiuiig Gesaiic nicht allein von
dieüPin, sonilcrn von lioicu niMioren Granimatiivern gilt,
welche Becker's Grnudsätzon gpfiiljjt sind. Am nieistea
können wir uns noili mit «Icr Anordnung Billrotli's rer-
staniligrn, ol)i;loich «ir aiiih hier im Einzelnen .'Manches
aDdpr.i iviinsrhpn. Wir erlauben uiiä nun nlx-r die ße-
haudlnng' des einfachen Satzes bei \V. noch einijfe be-
sondere üemerkunjen. In jedem Satze muss nach §. 152.
als dritter IJcslainitlieil die Copula sich befiiiiien, eine
Bestimmung, die durcli die ful^-ende Anmerkunj zum
Theil aiif^'eliuben ii ird. Da» Pr.'iilicat ist l) ein ^'erbum.
Dem >'erl)um kommt an und für sich weder Numerus,
noch Persunliczeiclinun^ zu und diese fehlen ihm daher
auch in maurlien S|)rarhen, wofejen sie in <len am mei-
sten ausgebildeten ihm beigegeben sind, um die {genaue
Verbindung von Nomen und Verbum zur Einlicit des
Satzes darzustellen. Es finden sich aber auch in diesen
selbst Falle, in denen diess nicht gescliieht , nämlich
da, wo dem gewohnlichen Ausdrucke nach der histo-
rische Infinitiv steht; hier werden Nomen nnd Ver-
bum bloss neben einaniler gestellt ohne Uindungsmittel;
die Phantasie aber fasst beide als engverbunden zu-
sammen, wodurcli diese Art der Satzbildung lebendi-
ger ist. So stellt sich die Sache wohl klarer und rich-
tiger dar, als hier §. ISS. 2) das Pr.'idicat ist ein Ad-
jectivuni, wo man gewöhnlich sagt, das verbum subst. sei
ausgelassen. • Dieser Fall ist dem vorigen ganz analog.
Wir können es demnach niciit billigen, wenn es S. 195
nntcr der Ucberschrift „Ellipse des Subjects und der
Copula'" heisst: ,,\Vie im verbum finitnm eigentlich die
Copula nicht angeileutet wird (?), so kann au<h die sclbst-
stAndigc, esse, fehlen, wenn sich die Verbindung von
Subject und Prädirat von selbst ergibt." Diese Con-
strurtioii wird eigentlich da angewandt, wo der Redende
lebhaft und mit der grüssten ßestlmnitheit spricht. Es
bleibt uns nun nur noch der Fall iibrio;, wo die Copula
sich finden soll. Wir erklären Siitze, wie: Cicero magnus
erat orator, Cicero als f^ronser Redner war, so dass magnus
orator eine Art Apposition ist, erat aber die ursprüng-
liche Bedeutung hat, wobii ni<^ht zu läugnen ist, dass
dag Verb, subst. hier seine Bedeutung allniählirli so ab-
stumpfte, dass es fast nur als Bindemittel erscheint, ob-
gleich diese Bedeutung keineswegs ihm eigen ist. — Za
der Lehre von der Bezieliuiif^ des Prädicats auf das Sub-
ject könneu wir einer sehr klaren nnd sorgfältigen Schrift:
„Syntaxis cnnveoienliae der lateinischen Spra.-.lie von W.
Füisting" (.>liinster ISjli) Erwälinnug tliuu, in ileren ge-
nauere AVürdijfung wir hier nicht eingehen können. <^. l.ifj.
A. .'} bemerkt W., einige Collectiva, wie di(? \'ölkerua-
men , ferner niiles, eques , hustis , homu, selten andere
Personennamen brauche der Lateiner abweichend vom
Deatschen im Singular. Hier war hinzuzufügen, dass
io diesem Falle aus der ganzen Masse ein Einzelner
herausgenommen und als Stellvertreter aller Einzelnen
gleichsam abstrart hervorgehoben n ird, wie ö "ilhio'COi;
der Mensch, cigpiitlirli ein einzelner, bestimmter Mensch,
aber auch der 31eiisch im Allgcaicinen, die i\lcnschen-
art. Ebenso steht das Ab.stractum, wo wir die conrrcten
Personen setzen, wenn das Persönliche ganz verschwin-
det und sie nur insoweit, als sie in ihrer Verbindung
eine besondere Thätigkeit erstreben, einem besondern
Geschäfte sich hingeben, betrachtet werden. Hier liegt
der Grund immer klar vor; nur muss mau sich hüten,
hier zu tief in jedem einzelnen Falle gehen zu wollen,
wie es Bernhardt/ in seiner griechischen Syntax oft ver-
sucht hat. 1^. lt)2 heisst es, das Prädicat könne nicht
fehlen, werde aber doch zuweilen nicht ausgedrückt, wo
es leicht ergänzt werden könne. Wir läugnen solche
Auslassungen gradezu. So in dem angeführten Beispiele:
Cupio scire, quid sentias. Egone? ist keineswegs sen-
tiam zu ergänzen, sundern es wird bloss das Ich in Frage
gestellt, natürlich in Bezug auf das Vorhergehende, aber
damit ist noch keine Auslassung gegeben. Weiter wird
bemerkt, zu einer objeetiven Bestimmung werde zuwei-
len das Verbum hinzugodacht ; aber in quid multa? haec
alias wird keineswegs etwas hinzugedacht, ebenso wenig,
wie im Deutschen in: Wozu viele Worte ^ DieSS zu
einer andern Zeit. Hier eine Ellipse im Deutschen an-
zunehmen, winl sich der natürliche, durch kein gramma-
tisches Vorurtheil geblendete Spraclisinu nie anschicken.
Wir könneu einen einzelnen Gegenstand als solchen an-
schauen und diese Anschauung mittlieilen wollen. ^VenIi
Jemand etwas Wunderbares gesehen hat und uns cntgc-
genruft, ein Wunder ! wenn die, welche lange nach dem
Anblicke des Landes sich gesehnt, ausrufen, Land, Land!
ähnlich, wie es bei Sophnkles heisst, ovgoc, ovooc, so
wird hier der nüchternste Grammatiker und der schlimmste
Ellipsenjäger doch nicht den gar nicht gedachten Satz
ergänzen wollen. Sage ich haec alias, so sdiaue ich
den Gegenstand als bestehend an in einer andern Zeit;
frage ich quid multa, so frage ich, ob eine Ursache zu
entdecken sei zu vielen Worten. Nur auf diese einfache
AVeise lassen sich aucli viele andere Erscheinungen deu-
ten, wie der Inf., der im Griechischen zuweilen statt
des Imperativ stehen soll; der Inf. ist nur ein Ausruf,
als welcher jedes Nomen stehen kann.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Clironik und Miscellen.
F r c i b e r g. Zum diessjaliri^en Ostcrcvinicn schrieb der
Coli. IV. Dr. Bcnselcr: Mclaraorpliosi's critica'i ad Plnt.ircluini
ctncnJandum. 16 S. 4 Der Bestand <ler Scliiiler war am Ktidc
des .1 ihres 115, zur Universität gingen zu Ostern 4. 1 mit der
(.. die übrigen mit der II. Ccnsur. In Fol','e gri.ssercr Unter-
stiilziing aus Stiatscasscn wurde das im Jalir ls36 von dem
llector crricbtete Progymnasium im August 18,58 als 5. und 6.
Cl.issc mit dem Gymnasium verbunden, und die früher aiisser-
ordcntliclien l.cbrcr G. J. Ilofmann als Matheinalicus, und
Dr. C. W. Dietrich als Hauptlehrer der V. Classe definitiv,
und der Schutaintscandidat A. Tli, Brause als Collaborato»
angestellt.
Halle. Der bisherige aussi-rord. Prof. Dr. L. A. Solinke
ist zum ordcull. Prof, in der pbilolog. Facullät der Univer-
sität ernannt worden.
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaft
Freitag j 25. Octoher
1839.
Nr. 128.
Lateinischu Schulgrammatik von W. If'eissenl/orn.
(Forlsetz ungf.)
Bpi der Toii §. 164 an folg;eii(len Lehre vom Gebrauch
der Tempora und Modi, können wir eine neuere Schrift
von Fritsc/i ,, Kritik der bisherijfcn Tempus- und Mo-
duslehre" (Frankf. ISoS, als erster Thcil einer „Kritik
der bisherigen Grammatik und philologisrhen Kritik")
nicht ganz mit Stillschweigen übergehen. Hat der Verf.
auch im Einzelnen sehr häufig gegen die bisherigen Gram-
inatiker Recht, so beruht doch seine Hauptargumeutation
und sein neues System auf Verviechselung naheliegender
Begriffe ; dabei begnügt er sich meistentheils ganz mit
dem bisher von den Grammatikern aufgesammelten i\Ia-
lerial, da doch eine Unternehmung, wie die ihm lor-
schnebende, sclbststcindige Sammlung erforderte, endlich
ist der etymologische Tlieil, auf dem er fusst, äusserst
schwach. Dabei verkennen wir nicht, dass der Arbeit
auch so ihr Verdienst bleibt, können aber in der Haupt-
sache nur unsere abweichende .Ansicht aussprechen. Der
Verf. sieht in ilen Zeiten eine Dichotomie, die auf räum-
liche Verhältnisse sich beziehen müsse, und unterschei-
det nur Zeiten des mit dem Redenden Zusammengestellt-
aeins, zu denen auch das Futurum (werdende Gegenwart)
gebort, und Zeiten des von ihm Abgeschlossenseins —
diess Süll der durchgreifende, äusserst wichtige Unter-
schied sein. Dem ^'erf. ist hierbei entgangen, dass ein
zwiefaches Zeitverhältniss durch die Sprache ausgedrückt
«rerden muss, wobei es gleichgültig für die ausgebildete
Sprache ist, ob beide ursprünglich schon in der Form
ausgeprägt gewesen. Die Handlung kann entweder als
mit dem Subjecte verbunden, mit ihm zugleich bestehend
gedacht werden {ich habe geschrieben — Ich und das
Schreiben werden als in der Vergangenheit verbunden
dargestellt), oder als früher mit ihm verbunden, für ihn
vergangen {ich hatte geschrieben — das Schreiben war
für das Ich vergangen in der Vergangenheit), oder als
später mit ihm verbunden, als für ihn zukünftig {ich werde
geschrieben haben — das Schreiben wird mit dem Icli
verbunden sein in der IVrgangenlieit). Zweitens kann
aber auch die Handlung von dem Iledendcn selbst in
einer dreifa( lien Beziehung aufgefasst werden, als für ihn
gegenwärtig, vergangen oder zukünftig. Hiernach bilden
sich folgende 9 Zeiten: 1) Gleichzeitigkeit in der Ge-
genwart, praesens, 2) in der Vergangenheit, perfectum,
3) in der Zukunft, futurum. 4) Vergangenheit in der
Gegenwart, imperlectum, ')) in der Vergangenheit, plus-
quamperfectum , 6) in der Zukunft, futurum exactum.
;) Zukunft in iler Gegenwart, datnrus sum, <S) in der
Vergangenheit, daturus eram , 9) in der Zukunft, datu-
rus ero. Die letzteren drei haben sich im Lateinischen
nicht besonders ausgebildet, w esshalb sie auch nur peri-
phrastische Formen erhalten haben. Kun kann aber auch
die Handlung ohne Beziehung auf den Standpunkt des
Redenden aufgefasst werden, und so müsste es drei Aoriste
geben; da aber ilie .Sprache diesen Standpunkt anzuge-
ben nur bei solchen Handlungen, die für das Satzsub-
ject bereits vergangen sind, unterlassen zu können glaubte,
so bildete sich nur ein Aorist, der der Vergangenheit,
für den im Lateinischen die Form des Perfectums ge-
braucht ward. Vgl. meine oben angeführte Schrift S. 39-
Dag'egen findet sich bei W eissenborn noch die Scheidung
in tempora absoluta, welche die Thätigkeit auf die Zeit
des Redenilen, und relatiia, welche sie auf andere Er-
eignisse bezichen ( S. I'.lß). Diese Unterscheidung ist
durchaus irrig; denn ebensowenig, als in nioriar , si non
vcniet das Sterben als zukünftig in Bezug auf das Kom-
men gedacht iiird, eben so wenig wird in dixi, ut mihi
ignosreret das Verzeihen in eine temporelle Beziehung
zum Sagen gesetzt. Ueberliaupt bezeichnet kein Tempus
die Beziehung zweier Handlungen zu einander, wie man
diess so oft hineingelegt hat, sondern nur, wie oben be-
merkt, das Zeitverhältniss ziiisrhen Nomen und Verbum
vom Stanilpnnkte des Redenden aus betrachtet. In die-
ser Hinsicht befinden sich gute Bemerkungen in der Schrift
von Fritücli, auf die wir verweisen. Nicht billigen kön-
nen wir es, wenn es g. 167. A. h heisst, „da die vollen-
dete Thätigkeit gewiss sei, so stehe das Perf. auch wohl,
um künftige Dinge als gewiss darzustellen." ^'ielmehr
stellt der Redende in diesem Falle das, was eigentlich
noch geschehen soll, in der Lebendigkeit seiner Einbil-
dungskraft als schon eingetroH'en dar. AVir wenden uns
nun zu den Modi. Frilsch unterscheidet drei Modi, den
Indicativ, den der Anscbauung, der Erscheinung, ilen
Conjunctiv, den des Gedankens, der ^"orstellung , den
Imperativ, den des Gewollten, des Begehrten. Auch beifihm
spukt das mit Recht von Hermann zurückgewiesene Vor-
urlheil , der Opt. im Griech. sei der Conj. der histori-
schen Zeiten — ein seltsamer Irrthum, der am schla-
gendsten iliirch die Formation widerlegt wird; denn der
Conj. verlängert den Tempusvocal {ktyo/-iCf Xiyioj^ev),
wogegen der Opt. ein t einfügt (kiyoiuev). Vgl. nieinr
1037
1028
griech. Gramm. Wir sehen keinen Gninil ron <ler Er-
klärnn^ der Moili, des Ind. als des der Wirkliclikeif,
des Conj. und 0]it. als der iler Mirklirlien und gedach-
<en Müglichkoit, des Imi[>. .tIs des des AVniiselics abzu-
gehen. Vgl. meine obei]genann<e Schrift S.48. Fritsch
glaubt dieses dadurch zu «iderlegen, dass er bemerkt,
das Verhältui-s iler llliiglicIiLeit «erde in der Sprache
auf andere Meise ausgedrückt. Aber, sage ich (juid fa-
ccrcm , SU wird dem Ich das Thun als möglichem eise
xukoniniend gedacht, eine Beziehung, die auf keine an-
dere AVeisc, durch keine andere Form dargestellt «er-
den kann. (Juid facere jiossum wäre : welche FiiltigJceit
habe ich in liezitg auf das Thun^ AVcnn Fi-i/sth S. '2S
lueint, in ilem Satze: dulent fortasse et aiiguntur sei nicht
Ton AVirklicIikeit, sondern nur von IMoglichkeit die Rede,
so kann diese IMcinung nur auf eine ollenbare Begrills-
reriiechsliMig sich stutzen; das Schnicrzempliuden wird
allerdings als Wirklichkeit dargestellt, doch zugleich mit
dem Zweifel, da die Behauptung der Wirklichkeit nicht
ausser allen Zweifel gesetzt ist — zwischen der ange-
nommeneu, aber noch bezwcilelten Wirklichkeit nud der
blossen 3Iügliclikeit ist noch ein grosser Unterschied. Wir
»■erw eilen hierbei nicht langer, da wir hier nur immer
ähnliche 31issferst<'indnisse aufzudecken haben würden.
Darin hat Fritsch entschieden Recht, dass die Modi nur
die Art, wie der Redende die Tliiitigkeit auffasst, nicht,
wie sie wirklich ist, darstellen — was man leider zu
oft übersehen hat — , aber seine AViilerlegung der oben
angegebeneu Bedeutungen der 3Iodi ist ganz verfehlt,
und seine Definition weicht auch im Grunde ron jeuer,
recht verstanden, nicht .sonderlich ab. Ivehreu wir nun
zu AV. zurück, so stellt dieser neben die geuaunfen drei
3Iudi noch den conditionalis , ilcr ein Angenommenes,
dessen Verwirklichung nicht erwartet wird , bezeicliue.
Besser w.lre hier geradezu der ganze griechische Opt.
herübergenommen , der eine ohne Beziehung auf das
Wesen des Subj. bloss subjectiv angenommene flliiglich-
keit bezeichnet. — Von jj^. 100 an wird von der Be-
schafTcnheit des einfachen Satzes gesprochen und zwar
werden hier unterschieden die Affirmatioii , die Negation
und die Frage. Wir kiinnen dieses keineswegs billigen,
auch die Erklärung der Frage als des Schwankens zwi-
schen Affirmation und Negation nicht anerkennen. Der
negative Satz behauptet eben so bestimmt, als der affir-
mative; der Lntersihied besieht nur darin, dass im erstem
daj Pradicat verneint wird. Beide sind beliauptender Art,
wogegen die Frage schwankenil und uugewiss ist. Wie
bei den negativen S.'itzen W. mit Recht die unterscheidet,
in welchen nur ein einzelnes Wort, und die, in welchen
der Nerv des Satzes, das Prüdicat negirt wird, so hätte
auch unterschieden werden sollen die Frage, in der ciu
einzelnes Wort, und die, in welcher das Pradicat in
Frage kommt. A'ergl. Quid dfcani?, wo nur das If^aa
ungewiss ist, und nuni negare audes? ?ieben den Sat/eii,
in welchen das l'rSdicat bestimmt behauptet wird, sei es
als wirklich, oder als miiglicii , oder als gewünscht , oder
2) in die Frage fallt, niusstc ilritteiis hier noch die ora-
tio oblii]iia angeführt werden, welche das Pradicat nach
der Ansicht eines Andern dem .Subj. beilegt. Hier, nicht
weiter unten, fast am .Schlüsse der ganzen Santax war
ihre cigentliünillche Stelle, wo denn freilich die oratio
obliijna der /usaminengesetzten Satze erst bei diesen be-
handelt werden konnte, jij. 2U(), Ö- wird bemerkt, aus
dem Gebrauche von nos für ego erklare sich der alter-
thümlichc Ausdruck mcritii, praeseutc nobis, eine Erklä-
rung die wir keineswegs billigen können. Wo, fragen
wir, zeigt sonst die Sprache, dass ein einfaches mit dem
einfachen Nomen verbundenes Adj. sich nach dem Sinne
des Nomens, nicht nach der Form desselben richtet?
Absente, pracsente sind hier oHenbar nach Art der Prä-
positionen gebraucht, wie clam, coram u.a. Was gleich
darauf (S. 2'-'7) sich findet, dass die Dichter bei zwei
A<ljec(ipeii eine I Vertauschung der Beziehung eintreten
und zuweilen ein Attribut statt auf eine Person auf einen
Zustand derselben beziehen sollen , ist wenigstens niclit
klar genug ausgedruckt, um ein sehr gangbares fllissver-
•sfandniss zu vermeiden. Die Sprache kann nicht will-
kürlich die Formen mit einander vertauschen, siedrückt
immer den Gedanken ganz, wie er erscheint , aus. Dich-
ter pflegen aber gerade oft eine ganz andere Beziehung
des Adj, sich zu denken, als ivie die Prosa. So wird
man in Prosa sagen regina demens ruinas parabat; dem
Dichter aber ist es. hier mehr um die Ausmahlung der
ruinae zu tliun, in denen sich gerade der Sinn der Kö-
nigin spiegelt, und er setzt daher sehr bezeichnend de-
mentes ruinas. Die Lehre vom Gebrauche der Epitheta
bei den römischen Dichtern ist ein Gegenstand, der trotz
seiner überaus grossen Wichtigkeit bisher gar zu wenig
bearbeitet worden ist. Wie viel ist hier im Einzelnen
noch zu thun ! Wir erwähnen nur. eiiien Punkt. Wenn
ein Noiu. mit einem Gen. und jeder von beiden mit einem
Epitheton verbunden steht, welche Stellung wählt dann
der Dichter? Die Erörterung dieser Frage auf Horaz
allein beschrankt, wiirde Stolf zu einer interessanten Aus-
führung werden. Mir geben nur ein paar Beispiele aus
den Oden: I, 31, 3 f- opimae Sardiniae segetes feraces ,
II, .], t.'i f. breves (brevis?J flores nmoenac ( amoeuos ? )
rosae, III, 4, 15 f. arvum pingiic huniilis Torcnti , das.
3 t f. urentes arenas litloris Assiirii, III, 3, fi. fulmi-
nantis magna manus Jovis (Jovis manus?j, das. 2j f- La-
caenae adulterae famosus liospes u. s. w. Die neueste
Zeit hat uns in Bezug auf den Gebrauch der römischen
Epiker eine sehr fönlernde Schrift gebracht; wir meinen
das /leissig und mit grossem Geschick gearbeitete Buch
von Prof. Jacob (in SchulpJ'oita) ,, cjuaestiones epicae"
(lfs39). §. 2()3. Anin. wird bemerkt, dass, obgleich der
atfributire Ausdruck durch ein hinzutretcmles Adj. und
einen Genitiv sehr nahe liegen, sie doch dadurch ver-
schieden seien, dass im Gen. immer ein selbststaiidiger ,
nur für ileu einzelnen Fall attributiv gesetzter Begrid',
im Adj. die bleibende, unselbstständigc Eigenschaft er-
scheine. Dieses scheint uns nicht bestimmt genug ge-
lasst. Der Gen. bezeichnet zwei Gegeiistamle als zusam-
mengehörend, wie domus regis das Haus des Kihiigs ,
wogegen das Adjectivnm den (iegeiistand von einer be-
stiinnitcu Seite, von einem IMerkniale , einer Eigenschaft
aus betrachtet, wie domus regia das Haus, das als ein
künigliches sich darstellt; im ersteren Falle wird der
Gegcustand durch einen andern, mit dem er in A'erbin-
dung sieht, von den übrigen unterschieden, im andern
1029
1030
goll nicht sowohl eine Uiiterscheidiinff gtaüfiiKlcn, als von
dem einzelnen Gi'fjensfando eine Kiijenseliaft hervorge-
hoben wird. Hier li.'itic gleich angeknüpft »erden sollen,
was §. 204 A. 2, 3. folgt. Die F<'ille, in n eichen im
Lat. ein Adj. steht, wo im Dcntsclien gewöhnlich ein
Gen. sich findet, waren genaner anznfiihren nnd zn schei-
den; sie linden sich meistens nur bei nom. propr. nnd
bei Personennamen. Die ^ ergleichnng mit dem griechi-
schen Sprachgebranche, der vielleicht anf (len lateinischen
Einfluss gehabt, wie der lateinische so oft auf den deut-
schen, wo man es kaum mehr ahnt, würde hier sehr
lehrreich gewesen sein. L'eberhanpt dürfte eine klare,
wohlgeordugetc Vergleichung des beiderseitigen Sprachge-
brauchs sehr nützlich sich erweisen, ein Lob, das »ir
einem Versndie dieser Art von lleidclbera, „Lehre lom
einfachen Satze u. s. w. " (Bremen 1837) nur sehr be-
dingt geben können. — AVas ^. '.'04. A. l. gesagt wird,
CS werde zuweilen bei dem ^'erh<iltniss des Vaters zum
Sohne oder zur Tochter das lieziehungswort nicht hin-
zugefügt, ist nicht deutlich genug ausgedrückt. Diodoriis
Timarchidi heisst der Diodor des Timarchides l das l'er-
hc'iltniss des Sohnes zum Vater ist in dieser Verbindung
gar nicht bezeichnet und wird bloss von uns hinzugedacht.
Fälle, wie Ilectoris Androniache, durften hier nicht feh-
len. Die Ableitung der Bedeutungen des Gen. aus f/cr,
dass er einen tii.'itigen Gegenstand darstelle, können wir
nJtht billigen. AVir linden ganz und gar keine Verschie-
denheit der Bedeutung in maiorum inventa und corporis
dolores; ebenso wenig im erstem, als im letztern Falle
soll die Thlitigkeit dargestellt werden , sondern nur das
Zusammengehören, die \'erbindung. Vergl. meine mehr
genannte Schrift S. 4ß IT., 10 I f. Ebenso wenig siinl
wir mit der Unterscheidung eines passiven Genitivs (§.211.)
einverstanden, wie wir es überhaupt missbilligen, wenn
man, um liie Bedeutung eines Casus zu erklären, diese
aus einem Satze herleiten will, wie bonos petitur, hono-
ris petitio; der Satz drückt ja eine ganz andere Bezie-
hung, als die Casusform aus. g. 215. A. 5. genüg* uns
mehr, was Billroth g. 144. A. 3- sehr gut bemerkt
hat. Oppiduni Antiochiae, ein Beispiel aus Cicero, das
nicht felilen dnrfic, heisst die Stadt von Antiochia, nicht
als ob Anliochid die Stadt in sich schlösse, sondern so,
dass A. selbst den Begriff ,S'<«(/< bildet. AVas weiter A. 6.
folgt, auch der Gen. oder Abi. der Beschaffenheit können
als Apposition betrachtet werden, scheint uns irrig. In
Charisins multarum orationum, Lentulns scnectutis extre-
mae ist keineswegs vir oder homo hinzuzudenken, son-
dern das nom. propr. steht zu dem Gen. in demselben
Verhältnisse, wie in vir mitis ingenii ; der Mann und
seine .Milde, Charisius und seine viele Reden, Lentulus
iitid sein Alter »erden in derselben Zusammengehörigkeit
gedacht. Was den Unterschied zwischen ihic, ille und
iste (§. 221.) Iietrifft, so haben diese nirgendwo eigent-
lich räumliche Bedeutung, sondern diese wird höchstens
von nns hineingelegt, nnd sie bezeichnen nur die Art,
wie die Gegenstände von dem Denkenden als seinen Ge-
danken näher oder ferner liegend aufgefasst werden. So
heisst hie, qui adest, Crassus nicht der mir {körperlich)
nahe seiende, gegenwiirlige Crassus, sondern der meinen
Gedanken ganz naheliegende ; dieses den Gedanken Nahe-
liegen kann freilich im einzelnen Falle in dem wirk-
lichen Wahesein begründet sein. Was die Formen der
Indcfinita (jnac und qua nebeneinander betrifft, so hält
AV. g. 223. A. 1. ijuac für die ältere, qua für die neuere
Form, während man gewöhnlich quae zu quis, qua zu
qui z^ihlt, gerailo umgekehrt aber Billroth S. 2(i3 f.
verfährt. AVir stimmen am liebsten AV. bei, so dass qua
häufig adjertivisch da steht, wo auch qua© am Platze
wäre, nur mit dem Unterschiede, dass qua leichter ist,
woher es auch gerne an si, num n. a. sich anschmiegt.
j\ach A. (j. das. soll aliquis , nicht quis nach si , nisi,
sin, ue in Nebensätzen stellen, ,,wenn zugleich das Da-
sein berücksichtigt oder ein Gegensatz gedacht wird.''
AVir möchten den bezogenen Gebrauch des aliquis und
quis mit dem des deutschen iri^end einer und einer ver-
gleichen (wenn einer oder irgend einer, dass nicht einer
oder irgend einer'); crsteres hebt hervor, dass es auf die
eigenthümliche Beschaffenheit nicht ankomme, sondern
jeder, wie auch immer beschaffene Gegenstand der Art
genüge. So wird in si est aliqui sensus in mofte prac-
i'larorum virorum keineswegs atigedeutet, dass die Em-
pfindung wohl stattfinde, sondern ilass jede, wie auch
immer beschaffene Empfindung, wie gering sie auch im-
mer sein möge, gemeint sei, in si aiiqnid Pompeius,
inultum Caesar remisisset durch aliquid nicht der gerade
Gegensatz hervorgehoben, soiwlern, wie unbedeutend auch
immer das hätte sein mögen , was F. nachgegeben hätte.
$5- 228, 7 wird sestertium nicht, wie es gewöhnlich der
Fall, als jVomen Collectivum erklärt, sondern richtig be-
merkt, dass sestertium eigentlich Gen. sei, abgekürzt aus
niille sestertium , den man aber irrig' als Neutrum gc-
noiiimcn. Es gehört dieses zu den Abnormitäten der
Sprachen, von denen ich einige in meiner AVortbildung-
S. 187 f. zusammengestellt habe. Aehnlich sind auch
die später aus den Ablativen hervorgegangenen Städte-
iianien, wie Urbesalvia, Trallibus, Curibus, worüber Lo-
beck paralip. gramm. graec. p. 144. Vgl. Becher ansf.
deutsche Gramm. I, 22 j. Dass ebenso auch sestertium
im Sing., statt centena niillia sestertium, entstanden sei,
nicht durch ein ausgelassenes pondus, scheint unzweifel-
haft. AVir wollen uns in unseren Bemerkungen beim
driften Cap. etwas kürzer fassen, da »vir eine vollstän-
dige Darlegung alles dessen, worüber wir verschiedener
31ciiiung sind, nicht unternehmen können. Von dem
eigentlichen Abi. als Casus des Woher wird hier der
Locativ und der lokative Ablativ syntaktisch geschieden,
worüber wir der Kürze halber anf Michelsen's ,,Ueber-
sicht des Studiums der lat. Gramm." verweisen, wo gerade
diese Neuerung bei fl'eisseniorn besonders hervorgeho-
ben wird. Die Grünile, welche uns abhalten einen eige-
nen Locativ anzunehmen, da gerade der Dativ der eigent-
liche Casus des Wo ist, werden sich aus unserer genann-
ten Schrift ergeben , auf die wir hier verweisen müssen.
Der Acc. stellt dem Abi. geradezu entgegen, er ist des-
sen gerades Gegenfheil (Vgl. a. a. O. S. 4.jf.), und wir
können mit AV. nicht übereinstimmen, wenn er .S. 303
nur den Acc. in äusserer Beziehung dem ALI. entgegen-
gesetzt glaubt, g. 2.SÖ. A. 1 heisst es, bei ilen Komi-
kern und Nepos werde erga auch in feindlicher Beziehung
gebraucht, wodurch mau leicht in den Irrthuni geführt
1031
1032
urerden küniiie, rrga iiphine hier illc Bodriiiun^ von
contra an. Kr^a bczeirhnrt ci^piitlirh das Iliiiätreben
auf einen Punkt hin, ohne zu bestimmen, ob dieses
freundlirher oder foinilliclier Art ist. Der Gebrauch
.iteiltc aber die Sache so, dass es meistentheils nur im
erstem Falle gebraucht ivard, tvodurcli aber der andere
nicht gfanz ausgeschlossen naril. In der Pr.'iposition —
diess niuss man festhalten — üffft weder das eine noch
das andere, «enu auch wir immer eins von beiden hin-
zudenken. §• 2SS. A. o Herden die Ausdrücke ante
diem mit beigefügter Zahl und den Idus, Calendae oder
Nunae so erklärt, dass ante zu den letzteren ei;i;entlich
«fehöre, wie ante die (]narto Idus für die (juartn ante
Idus, eine Erklärung, die durch die neueren Gramma-
(iken durchgeht, iler man aber nur darum Eingang ge-
statten konnte, »eil man an einer anderen, besseren ver-
zMcifelte. Ante dies ist ein Ausdruck, der fast zu einem
Worte zusaihmenschuiolz in dem Sinne der Tag vorher \
»o ist also ante 4lie quarto Idus am vierten Tag.? vorher
(Vorher- Tage) in Bezug auf die Idus. Gevtohnlich fin-
det sich der Zeitaccusativ diem. Aus dem Gesagten er-
klären sich auch Ausdrucks» eisen , »vie in ante diem
tertium !Nonas ; ganz abuorm sagte man, indem man den
Acr. ante diem adverbial fasste, auch ex ante diem. Die
l'ermuthung, dass pro in dem Ausrufe vielleicht aus per
oh entstanden sei {§. 'i''*). A. 3), verwerfen wir ganz
«lud gar; mögen das gewiihnliche und das betheuernde
per ursprünglich dasselbe gewesen sein oder nicht, ein
pro konnte eich von beiden bilden, wie auch im Griecb.
Uu-0 (vgl. zieo i. Tiao-d^ Trp-o-ri , 7io-6g). Dass das
pro des .Ausrufs den Vocal lang hat, ist sehr natürlich,
da wir im Ausrufe gewöhnlich zu dehnen pflegen. Das
liber die ursprüngliche Bedeutung des Dativs Gesagte
bitten wir mit unserer Schrift .S. 44, I 10 f. zu verglei-
chen. Wenn §. 2VIS. A. 2 behauptet wird, von den
Dichtern werde auch wohl geradezu der Dativ für den
Acc. des Ziels gesetzt, so hätte liier doch auf die ver-
ächieilene VorstelliingSHeise in beiden l'i'illen aufmerksam
gemacht werden sollen; orco dcmissus ist liinal/gesilndt
»0 daHS er im Orkus ist; es wird also hier das erreichte
Ziel der Bewegung aufgefasst. S. a. a. (). S. .3'l ff. lieber
den Unterschieil des Inf. vom Abstractum (§. .iVi.) das.
.S. :22. Den Are. mit dem Inf. erklärt W. mit Becker
so, dass sowohl der Inf., als auch der Are. als Objecte
vom 1'erbum abhängig seien — eine Deutung, die unter
anderen auch in Kiiliner's griechische (irammatik über-
gegangen ist und ilort mannichfache Irrthümer hervorge-
bracht hat. Diese Erklärung wird auf das Schlagendste
durch Falle widerlegt, wo der Air. mit dem Inf. nicht
als Objecf, sondern als Siibject steht, wie in constat ad
salutem rivium leges es<e inventas, wo weder der Inf.,
noch der Acc. von constat abhängig sein küiinen. Diess
hat richtig Uilli nth (S. JOi) erkannt, der den Acc. als
Acc. der Beziehung zum Inf. gehörend, darstellt. Ulan
hat auf sonilerbare AVeise zu erklären gesucht , wie eg
komme, dass auch, wo iler Inf. Subject ist, das Nomen
■tatt im >'om. im .Are. stehe; alle derartigen, unglück-
lichen Versuche die grundfalsche Berkerscho Erklärung
des acc. cum iiif. zu stutzen, zeigen sie um so deutlicher
in ihrer Unhaltbarkeit. Die Beispiele, die W. g. 31t).
A. 3 beibringt, sind anders, als er glaubt, zu erklären.
Facturum, nupturum, esse oratuin sind Infinitive, zu ver-
gleichen mit dem Supiniim, und daher ist hier an keine
Uebereiiistimmung in Hinsicht lies Geiins nud Numerus
zu denken. So illi polliciti sese facturum ouinia, sie ha-
ben verspi-ochen das Thun von Allem in Bezug auf sich;
facturum ist keineswegs Acc. von facturus, sondern Acc.
des neutralen Inf. facturum. Am sonderbarsten erscheint
noch der Acc. beim Inf. esse, wie esse piicrum, dasSein
in Bezug auf die Wesenheit eines Knaben ( §,. 3'2ü ).
Eine Auslassung des esse ist nie anzunehmen (das. A. 2),
wie in dccumas vcndendas rensuerunt sie machten einen
Beschluss in Bezug auf den zu verkaufenden Zehnten.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Erlangen. Den 28. August d. J. fand die Preisveithei-
Inng bei der König). Studicnanstalt statt: die Einladung an
Gönner und Freunde der Jiigendbildnng erfolgte diuch ein Pro-
gramm, welches den Jahrbericht von der gedaclitcn Studicnan-
stalt enthalt und eine Abliandbing des Prüf. dT diiltcn Classe
lies Gymnasiums, Hrn. Schäfer, über die Aufgabe dos Ucber-
setzi'iis. Der Hoctor der Sliidicnanslalt ist der als Pbilolog be-
kannte und geehrte Dr. J. L. C.W. Dödcrlcin, zugleich ordentl.
Prof. bei dcrK.Univcrsit.il. Die Studicnanstalt böslelit aus dem
Gyni nas i II Ml , bei «elcbcin ausser dem Rccior aclit Lehrer
angestellt sind. Prof. Schiifer, Lehier der .1. Classe^ Prof.
/iinniermann, Lehrer der 2. und 1. Classe, Prof. Glasscr fiir
die Mafhemalik , Puchta, Repetent bei dem tlieol. Ephorat
und Privatdocent , fiir Religion, Hofniann, Licent. der Theol.
und Repetent bei dem theolog. Ephorat, ITir Gescbiclite und
hebräische Sprache, Iliipfclu, für die französische S|prachc,
Lcikaiif, für Gesang, Küster, für die Zcicbnenkiinst. Bei
der lateinischen Schule .sind sieben Lehrer angestellt.
Dr. Rücker, Lehrer der 4. Classe, der zugleich den Religions-
unlcrricbt irlheilt, Dr. Seh niid l , Lehrer der 3. Cl., Dr.Bayer,
Lehrer der 2. und Dr. Cron, Lehrer der 1. Cl., Lcikauf und
Küster wie oben angegeben, und Scluillehrcr Geislcr für
Kalligraphie. Das Gymnasium hat dermalen .33 Schüler , die
lateinische Schule 60. — Die Abhandlung, weiche das Programm
enthalt, ist von dem Sohne des verdienstvollen Prof. Schäfer
in Ansljach, der ganz in die Eusstapfen desselben in Hinsicht
der Wissenschaft geirrten ist, mit Gelelirsaiukcit und Gründ-
lichkeit ausgeschmückt, und vorzüglich gegen die Abhandlung:
S e hie icr in a che r über die verschiedenen Methoden des L'eber-
setzcns (vorgel. den 24. Jan. 181.3. .-.bgcilr. in <lcn Abb. der
phil. Classe der K. Akad. der Wissenschaften in Berlin 1816.
S. 143 — 172) gerichtet : worüber der Verf. des Programms be-
merkt, dass sie Grundsätze und Resultate enthalte-, zu welchen
den Verf. der Gang seiner Untersuchung geleilet habe, die so
aiiflallnnd und unnatürlich wären, dass die Abhandlung als einer
von den vielen Deweisen gelten könne, wie selbst scharfsinnige
und consei[uentc Denker, wenn sie einmal in einer bestimmten
Praxis befangen wären, und diese systcinalisch rechtfertigen
wollten, ihr Verstand den Liebesdienst der 'rriigschlüsse nicht
zu versagen pflege. — Docji Satis.
Zeitschrift
für die
AI terth LI ms wissen Schaft.
Sonntaffy 27. October
18 39.
Nr. 129.
Laieinisclic Schulgranimatik von IV. Weissenborn.
(Bosch In SS,)
Was §. 321. gpsagt ist ron der üinwandlung einer
activen Structur eines verbum lU-ilarandi in eine passive,
häUen wir liclicr weggewiinsrht ; ilurrli solche Bemer-
kungen wird, nie man täglich sehen kann, die Einsiclit
in das AVesen der Sache nicht gefördert und meistens
nur dem todten Regelkram und einer leeren Manipula-
tion Vorschub geleistet, die zu bekämpfen die heiligste
Pflicht der neuern Grammatik ist. Gerade der Verf.
wird uns diese Bemerkung um so weniger verübeln, je
mehr wir überzeugt sind, dass er stets bestrebt ist, über-
all freie und tiefe Einsicht zu verbreiten. Das über das
Supinum und Gerundium Gesagte übergehen «ir und
bemerken nur, dass hier das hinzuzufügen ist, was wir
oben zu g. 3l(). A. .{ gesagt haben, g. 331. A. 1 heisst
es, beim subst. Objecte würden Gegenstände auf die
•Thätigkeit bezogen, beim adverbialen nicht. Das Ad-
verblum bezeichnet, wie beschallen die Handlung ist,
gibt der Handlung die genauere Art und Weise zu, mo-
diiicirt sie, wogegen beim subst. Objecte nicht die Hand-
lung selbst uiodilicirt, sondern nur angegeben wird, mit
welchem Gegenstände die Handlung in Berührung ge-
kommen. So heisst diligenter scribere sclireiben auf eine
/leissige H eise; es geht dieses in eine/i Begriff über,
wogegen summa diligentia scribis, du übst die Handlung
des Schreibens mit allem Fleisse ; es wird der Fleiss als
an der Handlung des Schreibens sich erweisend darge-
stellt. Was g. 34lJ. von der Ellipse des Beziehungs-
wortes gesagt wird, können wir nicht billigen. Selbst
in Di meliora (nicht sc. dent, sondern ihr Glilter, Bes-
seres ! bloss als Ausruf), Di istos (nicht sc. perdant, sondern
«Ar Gatter, auf jene los, ähnlich, wie etwa nach Korn!
zurück! a. s. w.) ist keine Ellipse anzunehmen, auch
nicht in sprichwörtlichen Redensarten, wie fortes furtuna,
für Starke das Glück. Am allerwenigsten gehurt ilas
Beispiel manum de tabula hierhin.
Der zweite und letzte Abs<liiiitt behandelt die Sjntax
des zusammengesetzten Satzes. Hier werden zwei Arten
der Satze unterschieden, 1) beigeordnete, die in ihrer
Würde einander gleich und nur <lazu nebeneinander ge-
stellt sind, um sich zu erweitern und zu beschränken, und
2) untergeordnete, wo der eine ein noiliwendigcr Be-
standtheil des andern ist, und demnach werden zuerst
Hie beigeordneten , dann die untergeordneten behandelt.
Wir können nicht zustimmen. An die erweiterten Sätze
schliessen sich ganz natürlich die Sätze an, wo ein ein-
zelner Thell — nur nlclit das Prädlcat, das nie umschrie-
ben werden kann — zu einem ganzen Satze sich erwei-
tert. Diess ist die höchste Stufe des einzelnen unver-
bundenen Satzes. Nun können aber auch mehrere ein-
zelne einander beigeordnet , zu einem Ganzen verbunden
werden, wonach es denn kaum mehr bezweifelt werden
kann, dass zuerst die untergeordneten, dann die beige-
ordneten .Sätze zu bebandeln waren. Ein von Becker
herrührendes Vorurtheil treffen wir leider auch hier,
nämlich, dass die Conjunctionen immer Sätze verbinden
sollen und Satze, »vie Caesar et Pompelns venerunt auf-
zulösen sein sollen in Caesar venlt et Ponipelus venit.
Ich habe selbst früher «lieser anmassend auftretenden
Ansicht in meiner lateinischen Gramm. Eingang gegeben,
und muss sie ilarum jetzt um so entschiedener verwerfen,
je klarer mir das Irrige derselben geworden. Das Subj.
kann aus so vielen Theilen bestehen, als man will; es
kann so vielen Gegenständen dasselbe Prädirat gegeben
werden, als der Denkende gerade mit demselben verbun-
den sich denkt. Ebenso können einem Subjerte mehrere
Prädicatc zugegeben, auch eins gegeben, das andere
verweigert, u. s. w. werden. Diese verschiedenen Prä-
dicate und Subjecte können ohne Weiteres nebeneinander
gesetzt Oller durch Conjunctionen mit einander verbunden
werden. Diess liegt in der Sprache offenbar vor und
Becker's Ansicht ist ein um so schädlicheres grammati-
sches Vorurtheil, je einllusjrelchcr seine Lehre überall
werden zu wollen scheint. Wir wollen keineswegs einem
so scharfsinnigen Forscher als Gegner gegenüberstehen,
einem Blanne, dem auch wir so mannichfache Anregung
verdanken — aber das Irrige müssen wir um so mächti-
ger abwehren, je mehr es das Ansehen hat, als wolle
die Becker'sche Theorie bei Vielen in einen todten Sche-
matismus verfallen. >ach dem Gesagten ergibt sich auch,
dass die Conjunctionen zuerst insofern betrachtet werden
müssen, als sie einzelne Wörter, nicht ganze Sätze mit
einander verbinden — diese Abhandlung der Conjunctio-
nen gehört zur Bedeutungslehre. Der Verf. betrachtet
die beigeordneten Satze l) in copulativer Verbindung,
'^) im adversativen A'erhältnisse , 3) im disjunctiven , wo-
bei besonders die disjunctiven Fragesätze behandelt sind,
4) im ursächlichen. Die disjunctiven Sätze hätten von
den copnlativen nicht so sehr gesondert, jedenfalls aber
gleich nach ihnen behandelt werden sollen, da sie eigent-
1035
1036
lirh nur eine nrgatirc Copiilatlon ciiiliaHcii , indom das
Eine oder das Andere als cin<rc<pnd «jeilarlit wird. Bei
der Eniälinunj; der socfenannfen Fi^nr tr i)it'. Svoiv
(g. 344. A. 3) hätte lier Unfersiliied der ■»'orsfelhinnf
ZH'iscIicu dem deufsc iien nriil lateinisclien Sprarln;el)raU(lic
genauer liermr^pliubi'n »erden sollen. Sajjt der Römer
piratae ra(itii iijiie , so iiill er dieselben Personen nach
den Leiden Arten ihrer Lrscheiniing uns lebendig vorfüh-
ren — sie sind Sceninber und znjjleicli Gefangene — ,
»ojegen im Deutschen gefangene Seeräuber das Gefan-
geusein nur als etivas Untergeordnetes, als ein Acbenzng
erscheint. Wir sagen die Lunge der Zeit, indem «ir
bloss die L.'inge hervorheben und nur zur genaueren Be-
stimmung den Gen. beifügen , der Römer dagegen lon-
ginquitas et dies die Liinge imd die in ihr verlaufende
Zeit. Ve , nicht verwandt mit vel , sondern gleich dem
indischen va (|^. 3.j8, 4), bezeichnet Beides als den Ge-
danken gleich naheliegend, so dass der Redende Keinem
den ^'orzug gibt; hier können nun der AVirklichkcit nach
entweder Beide oder Eins als bestehend gedacht werden
— eine Andeutung des letzteren Verhältnisses liegt kei-
neswegs in iler Conjuuction. Demnach ist zu berichti-
gen, was W. sagt: „Oft aber ist die Andeutung der
Eutgegenstellung so schuach, dass wir es kaum von quo
unterscheiden können." Im Gedicht der arval. Brüder
lesen wir nc ve luer vc marniar; gewöhnlich theilt man
at> ncve luerve niarmar, erklärt luerve als Acc. für luer-
vem (nirgends anf der ganzen Inschrift fehlt sonst m),
und marniar als Voc. für 3Iars. Ich deute mit voller
üeberzenguug ne luenive, nioriemve , so dass die alte
Spraclie das ve vorsetzte, g. .'J(jl. A. 1 ist die einfache
Sache die , dass nam häufig auf einen nicht ausges()ro-
chenen , dem Redenden aber klar vorschwebenden Ge-
danken sich bezieht — eine Bemerkung, die wir auch
sonst iu der Sjwache vielfach zu machen haben. 3Iau
denke an den Gebrauch der 31iittcrsi)raihe bci_/rt, also,
denn a. s. w. iSam steht so auch häufig in der Frage,
wie unser denn- AVir gehen nun zu den untergeordne-
ten Sützen über, die der l'erf. unterscheidet in Attribu-
tiv-, Objccfiv- und Snbjectivsätze , und bei den Objec-
tivs.'Kzen werden besonders bebandelt Acrusativsatze (I. er-
gänzende, und zwar der Wirkung, Folge, Absicht, des
Inhalts und Gruiiiles, indirecte Fragsäfze, II. bestimmende,
uml zwar der Verglcichuug, iler Zeit), Ablativsatzo (der
Zeit, der Bedingung, der Coucession). Eine besondere
Behaudlnng der üubjectsätze sucht man vergebens. Am
ungezwungensten sind die Satze zu theilen in .Substan-
tiv-, Adjectiv- und Adverbialsätze. Die leichteste Erwei-
terung zu einem Satze ist der Adjectiv- oder P-elativsatz,
der aber auch, »vie das Adjectivum selbst, zum Siibstan-
tiviim erhoben werden kann. Dann folgt der Siibsfantiv-
satz, bei dem die Untcrscheidunj; in Siibject- und Ob-
jectsatz nutzlos ist; freilich muss die Satzlehre auch
dessen A'erwenduiig zum Objecto nachweisen, aber ein
eigenthümlirher Unterschied ist hierin keineswegs be-
gründet. .Subjectiisatze werden auch da gesetzt, wo die
spatere Zeit häufig, wenn dieser Satztheil sich nicht zu
einem }>atzc erweitert hat, einen Casus mit der Präposi-
tion setzt. Die Vcrgleirhungssätzo ■rehören aber nicht
zu dea Substantiv-, sondern zn d*u Adverbialsätzen, zu
denen auch noch die der Art und Weise zu zälilen sind.
Wir möchten diesen ganzen Abschnitt gern mit weiteren
Bemerkungen verfolgen, aber der unserer Benrtheilung
gestattete Raum beschränkt uns, da der Stoff uns unter
der Hand schon angewachsen ist, auf Einzelnes, g. 39l. A.
wird bemerkt, oft scheine uns der Coiij. im Relativsätze
bloss gebraucht, um die Abhängigkeit desselben darzu-
stellen, da er doch eigentlich ein aus dem Wesen des
Subj. im IFaiipfsatze abgeleitetes , vom Redenden bloss
vorgestelltes Älerkmal bezeichne. In Beispielen, wie au-
dite litteras, «juas miserit, drückt der Coiij. die Meinung
des Andern aus, wie Briefe, von denen ihr glaubt, glau-
ben niüsst, dass er sie geschrieben. Ebenso (|uando Si-
cilia frumentum , qiiml deberet (nach eurer Ansicht) non
dedit? Richtig wird der Gebranch des Conj. und Ind.
nach sunt, qui n. A. |^. .>y2. erklart; nur hatte bemerkt
w erden sollen , dass darum sich bei Dichtern so häufig
der Ind. findet, weil sie in ihrer lebendigen Darstellung
den im Relativsatze ausgespro( heuen Fall als wirklich
bestehend sich vor Augen zu stellen pflegen. Sehr bil-
ligen wir das |^. 395. A. 1. Gesagte. Es ist ein Punkt,
auf den mau nie genug aufmerksam machen kann, dass
nir.n du- fremde Sprache n:cht nach der Vorstellung der
fllutfersprarlie auffasse ; die fremde Sprache drückt ver-
schiedene Beziehungen oft gar nicht aus, welche die
IMnttersprache hervorhebt, und umgekehrt. Gerade nur,
indem mau hierauf sein ganzes Augenmerk richtet, kann
man den Genius der fremden Sprache in sich anlnehnieu.
Nach einem Perf. folgt zuweilen auch das Präs. oder Pr*rf.
Conj. (1^. 3 IS. A.), ersteres, wenn die Handlung des JVeben-
Batzes als eine gegenwärtige , letzteres, wenn sie als
eine in Vollendung übergegangene und als solche factisch
vorhandene dargestellt wird. Ut bezeichnet an sich nir-
gends den Nebensatz als Wirkung, Folge, Absicht (§.404 A.),
sondern stellt nur das irie dar, wie etivos gescliehcn
könne, und muss dalier i.iit dein Conj. verbunden werden.
S. 40S. wäre die Sache wohl deutlicher so gestellt, dass
der erste Satz mit ut einen zu tantuni gehörenden Abi.
(taiitum co) vertritt, während der zweite ein Folge-
satz ist. lij. 413. wird die Constrnctiou nach den A'erbis
des Fiirclitens erklärt; wir fassen die Sache jetzt so.
Vereor , iit veiiiat heisst ich fürchte, wie er kommen möge,
d. i. ich halie keine Ilofliiung, dass er irgendwie kom-
men werde; vereor, ne veniat, icli fürchte, wie er nicht
kommen möge, d. i. ich habe keine HofTiiung , dass er
irgendwie nicht kommen werde. Doch, wir brechen hier
ab, d.i die Erörterung der Punkte, die wir uns noch
angemerkt haben, zu weit führen würde. Das fcdgi'ude
Capitel handelt von der oratio oblicjiia, die beiden letzten
von Ellipse , Pleonasmus und Anakoluth, endlich von der
Wort- und Satzfolge. Was das Letztere betrifit, so scheint
uns vor Allem darauf besondere Aufincrksainkeit gerichtet
«crilen zu müssen, was in der Sprache dem Gefühle der Alten
selbst für eine Inversion galt. Wie bedeutsam w irkt in der
Muttersprache oft eine Inversion auf uns! Indem wir eine
solche in der fremden Sprache übersehen, geht uns häufig die
ganze Kraft einer Stelle verloren. IVatürlicIi gehört dieser
Punkt zu den schwierigsten und feinsten Theilen iler Sprach-
crkenntniss und unr sorgfältiges Anschmiegen und Ilinlau-
schciij nicht stolzer Rcgclzwang, der über die ganze
1037
1038
Graiiimafik so viel Unheil gebracht, kann zu einem giin-
gtigcii Erfolge fiihrcn. Hier bcdiirftcn wir vor Allem des
tiefen Sprachblikes eines If. V. Hwnbohlt nnd des sin-
nigen liineinlebens eines üissen , dessen iiihaltsehHero
Forschntigen leider noch zu «enig gok:iiinf, «enn auch
genugsam bekannt sind. Als IJeig/iliin sind gegeben die
Anfangsgrunde der Metrik, die kalenderrerhnung und
Abbroiiafuren (die wir etwas ueitlauliger, besonilers in
Bezug auf Inschriften, geuünscht hatten). Das Ganze
beschlitsst ein sehr vollsi.'indiges Register, welches das
Buch zum Nachschlagen besonders geeignet macht. Druck
und Papier sind zu loben.
Wir haben in unserer Relation nur solches hervorge-
hoben, in Hcichem «ir anderer Bleinung, als der Verf.
sind; aus diesem wird sich leicht ermessen lassen, wie wenig
man noch im Ganzen an eine ganz feste Constitution der
lateinischen Grammatik denken kann, die noch viele
Forschungen Einzelner durchlaufen niuss, ehe sie zu einem
liestinimten Abschlüsse gelangen kann. Nichtsdestoweniger
begrüssen wir die sorgfältige Arbeit des sehr verdienten
Verfs. mit wahrer Freude, da sie uns den jetzigen Stand
der lateinischen Grammatik vollständiger und klarer, als
irgend eine andere vorführt. Die neueren Forschungen
sind überall Heissig benutzt und der Verf. fügt diese nicht
als tndten Stoff zusammen, sondern dnrchilringt sie mit
lebendiger, das ganze Gebiet überschauender Klarheit.
Und so müssen wir allen denjenigen, denen der Fortschritt
der Wissenschaft am Herzen liegt, diese Grammatik als
die wahrste Vertreterin des neuesten Standes derselben
dringend empfehlen. Besonders wird sie für den Lehrer
ein nncntbehrliches Handbuch sein, wenn wir sie auch als
eigentliche Schulgrammatik, wie Eingangs bemerkt, nicht
anerkennen kimnen. Nur einen Mangel wünschten wir in
einer neuen Ausgabe gehoben, wir meinen das vollige
Fehlen von Nachweisungen , wo die benutzten neueren
Forschungen zu iinilen sind, eine Zugabe, die dem ^'erf.
ebenso leicht, als vielen seiner Leser, die selbst mitfor-
gchen müchten , erwünscht sein würde. Miige der Verf.
noch lange mit gleicher Rüstigkeit der lateinischen Gram-
matik seine Studien zuwenden, überzeugt, dass Viele
seinen Bestrebungen dankbar folgen «erden. Sollten ihm
unsere Bemerkungen nicht ganz unrichtig erscheinen , so
würden wir uns um so mehr freuen, auf ein so treff-
liches AV'erk aufmerksam gemacht zu haben, dem wir die
beste Aufnahme aller Orten schliesslich wünschen.
Bonn. //. Däntzer.
Griechische und Römische Inschriften.
129.
Bulletino dell' Inst, di Corrisp. Archeol. 1836. S. 105-
Bruchstücke einer Tafel von Bronze, gefunden in der
Nähe von Guardia.
IL
OL. El
tAETORE. /
ITVM. QVO. DE. EA
ICTATORE. CONSVLE. I.
VIAE. RAVSSA. NON. POST.
O. ^'VIT
Nicola Palma, welcher diese Inschrift nebst gelehrten
Bemerkungen ilazu mittheilt, haito schon früher aus eini-
gen Andeutungen gefolgert, dass ausser der von Rom
nach den Abbruzzeu führenden via Salaria es dahin noch
eine öffentliche Nebens*rassc gegeben habe. Zur Unter-
stützung dieser Vermuthung gereicht allerdings jetzt vor-
liegende Insclirift, aus deren Fundort weitere Bestim-
mungen rücksichtlich des Zugs dieser via Raussa längst
dem Fluss Vomano gefolgert werden. Gewiss gegründet
ist eine nachträgliche Bemerkung von dem Herausgeber
des BuUetiiio , dass die Inschrift ein Bruchstück einer
G'csetztafcl sei, und es wird danach vermnthet, dass in
der fünften Zeile die auf Monumenten dieser Art übliche
Formel, dicintor coiisiil ptaelnr magister equilum ceitsor
aedilis tril/iintis plebis quaesloi- vti-., natürlich in den ge-
wöhnlichen Abkürzungen, Platz gefunden haben. Dürfen
wir annehmen, dass die vierte Zeile nicht iu genauer
Copie vorliegt, so ist die Vermuthung gestattet , dass sich
hier die Formel quod ea de re ßeri placuit , de ea re
universi ita censuere (.Q. E. D. R. F. P. D. E. R. V. I. C.)
vorgefunden habe.
130—139.
Folgende zehn Inschriften sind im Veronesischen bei
Gelegenheit der Ausniiftelung von Ueberresten eines lUi-
ncrventempels aufgedeckt und Bull. a. a. O. S. 141 edirt.
MINERVAE. AVG.
PAPIRI
THREPTVS. ET PREPVSA.
V. S.
L. D. D, ü
Ist schon früher herausgegeben worden, was S. 142
nachgewiesen wird.
PT „NERVAE
C. OC...A...IVS...L. VITVLVS
DOM CF MARIVS
ISP I...1
XII RO
CV O
Borghcsi, welchem wir einige Bemerkungen zu diesen
Inschriften verdanken, vermnthet hier wohl mit Rech
die Erwähnung eines cenlurio spectaculorum.
IVL
PIE -v SVA
MINERVAE. i V. S. L. M.
MINERVAE
AVG
C- DOMITI
VS. MAXI
MVS. V. S.
L. M.
1039
1040
MINERV
AVG
P. GAVA
RASIVS
PROCVL
V. S. L. M.
PRO. C. AVEVSXrO. C. F. SEVERO
RVFRIA. P. V. SliCVNDA MATER
3IIXERVAE. V. S. L. M.
Sicher mit Borghesi AVFVSTIO zu lesen.
L. lARIOVIDIVS. C. L.
CATO. V. S. L. M
AIANV. SVA PiiSOT ...
RE]> . . .
O
C. POBLIC
POßLI
RVA
L.
Fragment eines Bronzetäfelchens, wie auch die fol-
scnile Inschrift.
.... IVS.M. F. RAL . .O AE . . . . 3 . . . FILIA. M. D. D. L.M.
Die Scklusssig-lc soll wohl heisseu : monumentum de-
dicavit libens merito.
P. FAAMVS. M. F
C. MASVRIVS. C. F. SABIN VS
P. CVTIVS. P. F. BIBVLVS
L. AEAHLIVS. C. F. MALO
FANORVM. CVRATORKS
EX. PECVMA. FANATICA
FACIVVDVM CVRARVxNT
IDEM«iVE. PROBARVNT
Die Erwähnunj von curalores eines fanum oder tem-
[ilurn ist niclits Aioucs, nocli Uiicrlilarliches ; dagegen
sind curatores fanorum ungcHrilinlicIi , und Borj^licsi ge-
steht, damit nichts Anderes lergloichen zu künnpu, als die
deren Incumbcnz auch die sonstigen heiligen Gebäude
im Gebiet von Verona gehurt hätten. Auch iler Ausdruck
pecunia f'anatica ist neu , aber verständlich.
Nicht weniger interessant ist die Erwähnung eine»
C. fllasnrius Sabinus, der augenblicklich an den bekann-
ten Juristen dieses Namens erinnert, was auch Borghesi
nicht entging, welcher ausserdem noch bemerkt, dass,
wenn wirklich beide fiir eine und diesellie Person zu
halten seien, was jedoch mit Gewissheit nicht bcliauptet
werden könne , diese Inschrift einen Schluss auf die
uns bis jetzt unbekannt gebliebene Vaterstadt des Juristen
Blassurius Sabinus ziehen lasse. A'crona kiiniie um so
sicherer dafür angenommen werden, als wenigstens iTlas-
surius kein geborner Romer gewesen sei. Schade, dass
uns die weiteren Mittel abgehen, die zur Evidenz der
Identität beider Personen erforderlich sind, und lassen
wir hier diesen Gegenstand um so passender fallen, als
bekanntlich die Unterscheidung der beiden Juristen, Alas-
surius Sabinus unter Tiberius, von welchem die soge-
nannte Schule der Sabinianer ihren Namen herleitet,
nnd des e^was später lebenden Cuclius Sabinus, trotz
der ausführlichen Behandlung dieses Gegenstandes von
Kämmerer Beitr. zur Geschichte des Römischen Rechts I, 8
immer noch einiger Controvers zu unterliegen scheint.
F. O.
IUI viri fanorum auf einer <ii'r Inschr. bei Fabrclti
■3\U
.\r. 112. und Nr. 'J'l7. Da es ferner kaum glaublich,
dass für das an sich unbeileutendc ileiligtlium iler Mi-
nerva, wozu das iMonnment gehörte, ein \^>^stand von
vier Curatoren besti-llt gewesen sei , .so wird dieser Ti-
tel von Borghesi mit curatores aedium sacriirum für
gleichbcdeutiMiil gcfasst , und zwar so erklärt, dass die-
ser Vorstand eigentlich die für Ueberwachnng der llci-
ligthümer in l'crona bestellte Behörde gewesen sei , zu
Personal-Chronik und Miscellcn.
W i 1 1 !■ n !i e rg. Die Abhandlung zum Scbulprogrammc des
hiesigen Gjninasiiuns , Ostern 1839, schrieb der Conrector und
zweite Oberlehrer Ferd. Wilb. Wensch: Lexici Pliniani speci-
men , pars II. 15. und mit den Schuhiachrichten ,30 S. 4. üiess
speciinen enthalt aus den Briden des jüngeren Plinius, — nicht
wie die Philol. und Padagog. Jahrbücher von Jahn wiederholt
Tcrkündigen , aus der IN.ilurgescIiichte des alleren und dem Pa-
negjrikiis , der mit Recht hineingezogen ward , die Artikel von
acanthus bis auf adeo. Es ist zu wünschen , dass der sorgfäl-
tige Hr. Verf. mit oder ohne Ausgabe der erwähnten Schriften
des Plinius nach dioscn Proben uns bald das ganze LeNicon
gebe. Alis den Schuliiachrichlen ist zu erwähnen : dass aus in den
vorigen Jahren ersparten Ueherschüssen den Oberlehrern We lisch,
Deinhardt und Dr. Rattig durch Kescript vom 2. Oct. 1838
Gratificatioiien zu 60, 50 und 40 Rlhlr. verliehen wurden; der
zweite dersellicn ist zum Rcndanten des Gymnasiums mit einer
jährlichen Remuneration von 40 Rtlilrn. hidiern Orts vorge-
schlagen. Die Anstalt halle im Sommer 18.58 V27 Schüler, im
Winter darauf 129. Ostern 18.39 waren 13 akademische Abi-
turienten, von denen 12 das unbedingte Zcugniss der Reife cr-
hielleti, einer ilas naniliche bedingt. Von ihnen nahmen 6 in
iiircnllichen Reden und Vorträgen den 21. Mai 1839 von der
Anstalt Miscliied. Im Soniniei hallijalire 18.W liesiichten die An-
st.ilt 129 Sclitiier, ,ils 20 in Gl. I.; 23 in Gl. II.; 29 in Gl. IM.;
35 in Gl. IV. ; 22 ni Gl. V. Zwei Primaner sollen Michaelis
1839 zur Universität gehen und haben bereits den schriftlichen
Theil der Prüfung gemacht. Zu den übrigen Lehrgcgenständcn sind
auch seit dem Sommer 18.38 gymnastische Uchungen unter spc-
ciellcr Leitung des Gandidaten des Prcdigtanits Leutz gekom-
men. F. S.
Berlin. Der ansserordcntl. Professor Dr. M. O h ni ist zum
ordentl. Prof. in der philosophischen Facultat der Universität
ernannt worden.
Zeitschrift
für die
AI tertliu ms Wissenschaft.
Mittwoch, 30. Octoher 18 3 9. Nr. 130.
iE7 !• Jfe f r« f* ff t* ff*
Den geehrten Herrn Milarljcifcrn an dieser Zeilsrhrift, welche der Versainnilimij zu 31annlieim an-
gewohnt haben, sowie den übrigen o-eehrten Theilneiuiiern an derselben und allen Freunden dieser Blatter
glaube ich folgende Eridarung schurdi«;- /.u sein. .„ ,,
Eine von mir an diese Gelehrtcnversauimlung gerichtete Bitte, der Zeitschrift für Altertliumswissen-
schafl als ihres Organes sich bedienen zu wollen, hatte die Folge, dass in der vorbereitenden bitzinig
am 3». September Herr Geheimerath und Professor t'ointhnr Dr. C'reuzer sich mit starken \\ orten gegen
die Erfüllung dieser Bitte und gegen mich, als jetzigen Kedacteur der Zeitschrift, aussprach. Die (.runde,
aufweiche er sich hierbei stützte, lagen Iheils in einem jüngst in dieser Zeitschrilf abgedruckten Aiüsatze,
worin ein meuchelmörderischer Jngrijf auf die badischen Gelehrtenschiilen enthalten gewesen sein soll, und m
dem Umstände, dass ich, der gegenwartige Iledacleur, kein eigentlicher Fhilolog sei. Bei dieser Ge-
legenheit erklärte sich der Hr. Geheimerath ferner dahin, dass ich ihm an der rrolvT^Qayuoaiw)] zuleiten
schiene. Auf die Nachricht von diesen Aeusserungen wandte ich mich an den Hrn. Geh. Rath selbst mit der
Bitte, es möge ihm gefallen, mir die Worte, deren er sich in Mannheim bei dieser Gelegenheit bedient,
mitziitheilen. Statt aber meine Bitte zu erfüllen, hat mein ehrwürdiger ehemaliger Lehrer. Hr. ür. Creuzer,
mir selbst bei einer Durchreise die Ehre seines Besuches gegönnt und sich mit mir verstandigt, ohne sich
jedoch der einzelnen Worte noch vollständig erinnern zu können, welche er am UO. Sept. ges|)rochen hatte.
Er hat es eingesehen, dass ich die Verhaltnisse dis badischen Gelehrtcnschulwesens und die Ste lung
des Verlassers jenes Aufsatzes zu demselben nicht kennen konnte, tnid blieb nur dann verschiedener
Meinung mit mir, dass er es für unpassend erklarte, Aufsätze der Art überhaupt und namentlich anonym
abdrucken zu lassen, wahrend ich auf das Jedem zustehende Hecht der Gegenrede und Widerlegung hin-
wies, wesshalb ich nicht zuo-eben zu können erklärte, dass solche AngrilTe meuchelmörderische 7a\ nennen seien.
Ferner hat der Hr. Geheimerath eingesehen, dass ich mich durch Uebernahme der Redaction durchaus
nicht in die Reihe der Philologen einzudrängen beabsichtigte, dass mich vielmehr bei dieser Uebernahme
nur der Wunsch leitete, eine von meinem seligen Bruder begründete und mit vieler Liebe und grossea
Opfern fortgeführte Zeitschrift nicht untergehen zu lassen, nnd dass ich mich hierbei nur als -rizrw«^
dessen bc^trachtet wissen will, was die gelehrten Herren Älitarbeiter beitragen.
Endlich hat es der hochgeehrte Mann erkannt, dass der Vorwurf der nolinXQayuoffvvi] mich nrclit
treffe, nachdem ich ihm den Irrthinn benommen, als sei ich auch Redacteur der Allgemeinen Ivirchenzei-
tung und des Theologischen Litcraturblatles, nachdem ich ferner ihm gezeigt, wie mein Amt. mit welcliem
keine Seelsorge verbunden ist. mir die Möglichkeit lasst, den grösseren Theil meiner Zeit zu AVisscn-
schaftlichen Beschatrtigungen zu verwenden, wobei ich ihn auch davon überzeugte, dass die lleilaction
dieser Zeitschrift für laich'nur mit Blühe und Zeitaufwand, aber mit durchaus keinem pecuniären Vortlieiie
verbunden ist. j j- 'x •♦ i vf
Zu gleicher Zeit hat der Hr. Geheimerath so freundliche Gesinnungen gegen mich und die Zeitscliritt
an den 'J'ag gelegt, besonders auch dadurch, dass er mir einige Wünsche hinsichtlich ihrer Fortsetzung
mittheilte, und hat diese Gesinnungen noch durch den Wunsch . einen von ihm schon langst eingesanaten
Beitrag recht bald abgedruckt zu sehen, und durch die Erklärung, wenn jener Aulsalz über die uaai-
schen Gelehrtenschulcn nicht in der Zeitschrift e.'scliieuen wäre, so würde er selbst aiil das wärmste tur
die Erfüllung meines Wunsches gesprochen haben, in solchem Grade bethätigt, dass ich mich hiermit
vollständig beruhigen zu können glaube, wenn ich es auch bedauern muss, dass auf diese >V eise ein
schon von meinem seligen Bruder gehegter inniger Wunsch unerfüllt gehliehen ist.
Indem icli zu der Mittheilung des Vorstehenden mich verpflichtet glaube , erneuere ich an alle Herren
Mitarbeiter die ergebenste Bitte, mich fernerhin .so gütig wie bisher bei Fortsetzung der z.eitsciirui
unterstützen zu wollen. ^ r^ , r,.
Darmstadt, 2L October 1839. Dr. Karl Zimmermann.
1043
1044
J. F. W. Burchard, Prof. am GTmnasium zu Mindm,
Lateinische Schulgraininatik für die unseren Gyin-
nasialrla^sen, Nelist lleliiiiigslieisjiieleii zum Uobpr-
setzpii iii's L.iteiiiisrhe uuil oiiicoi LrseburLe. Vierte
Auflage. Berlin lS3S. 8.
Wie die Ausarbeitung, so hat die Deurtheiluiig eines
Srhulburlics ihre eigenthiioilichen Sc InvierigkritiMi. In
Leiden F.'iMen wird neben der h issensrhafilirhen Uefühi-
gunj aurh eine geuisse %'ertraulheit mit dem praktischen
Bedürfnisse des Kreises erfunlerlich , für »elilicn das
Schulbuch berechnet ist, ja, ein ganz irerochtes Urtheil
fibcr die Brauchbarkeit eines Schulbuches lässt sicli häufig
erst nacli längerem Gebrauche desselben geben.
Hält ferner die Beurtheilung lurnehmlich den wissen-
schaftlichen Standpunkt fest, so kann sie leicht unbillig
gegen ein Buch erscheinen, das in seinem Kreise mit
Rutzen gebraucht «ird, und es können selbst die gerech-
testen Ausstellungen, welche vom wissenschaftlichen Stand-
punkte aus gemacht «erden, ilailurch beseitigt zu sein
scheinen, dass man diesen Standpunkt für die Beurthei-
lung abweist.
Geht man hinwiederum einseitig vom praktischen Ge-
sichtspunkt ans und glaubt von diesem aus der Walirlieit
etwas vergeben zu dürfen, so kommt man leicht dahin,
mit dem angeblichen praktischen Bedürfnisse selbst ver-
fehlte, den Fortschritt zum Besseren hemmende Erschei-
nungen in Schlitz zu nehmen. Dem Ref. scheint das
Gerathenste, zwisihen beiden Wegen die i^litte zu halten,
nämlich die Forderung der Wissenschatt dahin zu be-
schränken, dass nirgends die VVahrheit verletzt sein dürfe
aber auch keiner praktischen Rücksicht zu Gefallen von
dieser Forderung et»as nachzulassen.
Für das vorliegende Schulbui h erweckt es ein gün-
stiges ^'ornrtheil, dass es bereits in der vierten Auflage
erscheint. Bei der grossen Zahl von Elementaruerken
dieser Art, welche die neuere Zeit enfstehen sah, wird
es jetzt einem Schulbuche weit schwerer, als frnherhin,
eine Reihe lon Auflagen zu erleben. AVlc- nun auch vom
Slanilpiiiikte der Wissenschaft aus das llrtheil sich ge-
stalte, so scheinen mehrere Auflagen immerhin das Zeug-
niss für ein Schulbuch abzulegen, dass es den Bedürf-
nissen seiner Zeit entsprach.
Ion dem («'ruudsatze ausgehend, dass die Fassung der
gramm. Regilii der AValirheit keinen Eintrag thun dürfe
haben wir an dem vorliegenden Lehrbiiche allerdings
manche Ausstellungen zu machen. So sieht Ref. niclit
ein, wesshalb §. | . li als Ilauchzeichen von den Conso-
nanten ausi;pscliieden ist, da es sich doch zu den be-
stimmten artic iilirten Spiranten f, v, s nicht anders ver-
hält, als der indifferente \'ocal a zu den Diflerenziriiii'reii
desselben e , i , o , u , y. — Statt A. .j. kategorisch zu
sagen: „c sprich wie z vor e u. s. w." und ,,ti sprich
vor einem Vocal wie ti" sollte es, um sich nicht in AVider-
sprurh mit einer späteren Berichtigung zu setzen, heissen:
spricht man. — Ohne uns in eine Widerlegung der «ij. 2.
nach Becker gegebenen Eintheilung der Wiirfer in' Be-
griffs- und Bestiinmungswiirter, unter welchen lelztereu
jedoch die Iiiterjertioneu sich seltsam ausnehmen, einzu-
lassen, eriiiiieit Ref. zu 4, dass die Fassung: „Jedes
>omen hat 1) ein Geschlecht G. masc. (ein. neutr., 2) eine
Einheit und Mehrheit, 3) im Lat. 6 Casus" auf die Vor-
stellung führt, dass 1) und '2) für jede Sprache gelte. —
Bei der ^. 7. gegebenen übersichtlichen Bestimmung des
Gen. Sing, der 3. Decl. aus dem Noni. lässt sich, sosehr
Ref. die übersichtliche Zusammenstellung an und für sich
billigt, dennoch fragen, ob man nicht besser die Sache
umkehren und zeigen sollte, wie der Nom. aus dipin Gen.,
oder vielmehr aus dem Thema entstehe. Was hilft es
z. B. zu wissen, dass es im Gen. is , idis, edis, edis,
itis, etis, etis, dass os otis und oris hat, wenn man
doch für jeden einzelnen Fall das Wörterbuch zu Rathe
ziehen muss? fllit einem Worte, die Tendenz, die übri-
gen Casus aus dem ^oin. zu bilden, ist eine irrige und
erfolj^lose, weil nicht nur der ^iom. nicht, wie man an-
zunehmen scheint , das erste Gegebene war, sondern aus
ihm gerade die den übrigen Casus zu Grund liegende
Form sich schwerer erkennen lässt, als umgekehrt aus
der letzteren die Form des Nom. Während in den übrigen
Casus die vocalisch beginnenden Endungen das Thema unver-
ändert liessen, äusserte das consonantische s, welches im
]\om. Sing, der 3- Decl. bei 31ase. und Fem. hinzutrat,
wofern nicht das AVort auf eine liijuida endete, auf die
Form des Thema einen benierkenswerlhen Einfluss. Zun-
genlaute wurden vor diesem s nach euphonischen Ge-
setzen aiisgestossen; aus dem Thema at, id, ed etc. mnsste
im Aoin. as , is , es werden. Zudem schwächte sich bei
mehreren Wörtern vor dem ausfallenden Zungenlaut, so-
wie vor Gaumenlauten das i zu c ab. Themen, die auf
eine licjuiila endeten, nahmen (wie im Griech. q und
tlieilweise i) das s gar nicht an. Neutra endigen, wie
im Griech., auf das reine Thema, daher halec, Caput,
nur dass auch im Lat. kein AVort regelmässig auf einen
Zungenlaut ausgehen darf, dieser also, wo er das Thema
schliesst, abgeiiorfen werden muss: lar. Auch n wird
im Neun, nach o abgeworfen (wie im Sanskrit), ohne
Zweifel, weil es im Auslaute einen zu unbestimmten
nasalen Laut halte, der sich nur zwischen zwei Vocalen
zu einem bestimmt artikulirten n gestaltete. Doch Ref.
kann hier nicht diese ganze Lehre ausführlich behandeln;
er wiillte nur aufmerksam machen, wie sich wohl nach
eiiphoiiischen Gesetzen die Bildung des Nom. aus dem
Tlienia , nie ht aber umgekehrt der Gen. u. s. w. aus dem
Nom. begreifen und ableiten lässt. Wenn nun aus einer
Uebersicht, wie sich der Nom. in den Gen. verwandelt,
für das praktische Bedürfniss iloch nichts Sicheres ge-
wonnen wird, so würilc durch das umgekehrte AVrfahrcn,
welches das Thema voranstellt, und aus ihm den Neun, ent-
stehen liesse, jedenfalls die Einsieht in die Sache geför-
dert, dabei aber auch jeder bei der jetzt gegebenen Ueber-
sicht resiiltirende Nutzen ebenfalls erreicht werden. —
§. 14. dürfte die Rubrik „Einige verändern im Plur. ihre
Bedeutung" richtiger wegfallen, da sich die scheinbare
Veränderung, sobald man die Sache genauer nimmt, ganz
natürlich ergibt. — Bei §. IS. Nunieralia fällt auf, dass
der llr. Yrrf., der doch s'onst Zunipt folgt, für lüOO an-
gibt: „nrille oder millia" (!), für JOdO „bis inille (noch
dazu eiic'ss voranstellend) oder duo millia " — Die Ein-
theilung des A'erbiinis g. '.'(». in Verba neutra, die einen
Zustand, keine Thätigkeit, z. B. stare, sedero und V. artiva,
die eine Thätigkeit ausdrücken, wie irc, scribere, findet
1045
Ref. weder in einem praklischen Bedürfnisse , noch in
der Natnr der .Saclie hcjjriindet. Die Sviifax kennt kei-
nen Unterscliied zwischen jenen V. neutris und diesen
intrans. Die ers<ercn können so gut «ie die letzteren
ein Passiv haben, oder dem Activ ein übject Lei^jeben.
5 Wissenschaftlich betrachtet schliesst der Degrifl einer
Thätigkeit den eines Znstandes nicht ans; wo das Object
fehlt, erscheint vielmehr die Tli.'itigkeit nur als Zustand
lies Subjects. — Fiir die ISildnng der Tenipp. \i erden
§. 'J'2- zuerst die Regeln angegeben, «ie vom Ind. Praes.,
Perf. , .Suj). , Inf. Praes. Act. die übrigen Verbalformen
durch Anb^ngnng der entsprerheniien Endungen gebildet
werden können; da aber diess niclit klar sein kann, be-
vor man weiss, an uas diese Endung^en anzuhängen sind,
so sollte, «ie es auch die N.i(ur der Sache erheischte,
zuvor und zwar am zwerkm.'issigsten noch vor ]^. 8-, wo
von dem verschiedenen Charakter der vier Coiijugationen
die Rede ist, von dem einfachen und dem erweiterten
Stamme gesprochen worden sein, welchem sich die En-
dungen anschliessen. Der Hr. ^'erf. gibt diess aber erst
als Zweites. ^laInentlich dürften, sobald der Knabe in
die sog. anomale ^'erbalbildung, il. i. in die auch im Lat.
noch vorhandene starke Conj., welche durch innere ^'er-
änderung; <les Stammes, nicht durch bloss üusserliche Zu-
sätze die Ilauptästc des Verbalstaninies entwickelt , ein-
geführt werden soll, um die Vorstellung einer bunten
Regellosigkeit zu entfernen, einige Andeutungen über den
Stamm und ilie haupts.'iclilichsten Arten seiner Eriveiterung
kaum zu umgehen sein. Es l/isst sich nicht 1,'iugnen, dass
der Hr. Verf. durch die S. 72 II. gegebene Venheilung
aller lat. Stammverba in verschiedene Classen einen be-
merkenswerthell Schritt getlian hat, das regellose Aggregat
in eine Ordnung zurückzuführen ; dennoch erscheint auch so
noch Manches vermengt, «as zu trennen, Anderes getrennt,
was zu vereinigen war. Ref. beschr.'inkt sich hier darauf,
der Eintheilung des ^'erfs. wenige Bemerkungen beizufügen :
I. Kl. Perf. auf i
1) theils ohne AVeiteres, theils mit Verwandlung oder
blosser Verlängerung des Stammvorais (die zwei
lefzteron Abtheilungen verdienten besonders heraus-
gehoben zu «erden) ;
2) mit Ausstossung eines m oder n vor dem Endbuch-
staben des Stammes;
3) Verba mit Reduplication.
II. Perf. auf si
1) mit blosser Anhängung an den Stamm des V.
2) mit Ausstossung eines Zungenburhstabeus ;
3) mit Ausstossung eines Gauinenbuchstabens;
4) mit Verdoppelung des s im Perf, Sup. ssum, stum.
5) psi haben (diese waren unter 1, aufzunehmen);
(i) xi haben einige A'erba auf ho, uo, vo, dessgl. ilie
meisten auf c, et, g, qu. Sup. xum auch ctum. (Auch
von diesen gehörten alle mit Gaumenlaut endigende
zu 1.) im Gaumenlaut konnten diejenigen angeführt
werden, welche im Perf einen Gaumenlaut anneh-
men, ohne im Präs. einen solchen zu haben.
III. Perf. auf ui
1) die meisten auf uo (vo, veo). (Diese gehörten unter
I. 1., das Sup. utum aus uitum zusammengezogen,
kann natürlich keinen Unterschied begründen) ;
in4f)
2) viele, deren Stamm auf eine liquida ausgeht. Sun.
a) itum, b) tum. (Die liijuida ist hier niclit unwe-
sentlich; sie hat auf die Annahme des u vor der
Perl. -Elldung keinen Eiiiflnss, es koninit ni , wie
die folgenden Abtheilungen zeigen, auch nach Lip-
pen-, Ganinen-, Zungenlauten vor. Andererseits
umfassen auch die mit einer li(|uida ausgehenden
Stamme Verba nach der 1., 2., 3. und 4. Conj.)
3) mit andern Stamnieiidungen nach der ], Conj.;
4) nach der 2- Conj.;
5) nach der j{. Conj. (Statt auf die angegebene AVeise
2., 3., 4-, -T. zu trennen, wäre es wohl wichtiger
gewesen, zu zeigen, wie das Perl, ui bei jeder der
vier Coiijug. vorkommt.)
IV. Perf. auf vi I) avi, 2) evi, 4) ivi , 4)l)vi, ö) "ü,; ^
deren ursprüngliche Präseiisform zum Theil verloren
gegangen ist. (Hier sind Fälle, in welchen das v
wUrzelliaft ist, wie in caveo, fivco mit solchen ver-
mengt, wo es zur Form des Perf. gehört, wie in
deleo u. s. ».).
Um auch noi h die Syntax zu berühren , welche bei
der ßcstiininung des Bik lies für Anfänger ganz kurz von
S. 102 — 128 aligehandelf ist, so begegnen «iraiich hier
zuweilen eijicr FaJisung der grammatischen Regel, welche
zum Irrthum verleiten kann. So miiss ^. 4li. 2- die An-
gabe „(las durch Apposition hinzugefügte Siibst. richtet
sich nach seinem dornen bloss im Casus, sowie i^. 47. 4.
,,A>'enn das iNonien lies Prädicats ailj. ist, so richtet es
si( h nach dem .Subj. im Num., Gen. und Casus, «rnn
es ein Snbj. ist, bloss im Casus" und die ähnliche Be-
stimmung III g. 48., «o von den Verben mit einem Act-.
des Subj. und des Prädicats die Rede ist, 3Iissierstäiid-
iiisse veranlassen. Sagt man auch wohl : philosophia ma-
gister vitae ? Warum drücken wir uns also nicht lieber
so aus, dass die Regel nicht als willkürliche Laune, son-
(lern als natürliches (iesetz der Sprachi? erscheint J Was
einem Andern beigelegt wird, muss sich, soweit es nach
Numerus, Genus, Casus abgewandelt werden kann, nach
demjenigen richten, dem es beigelegt wird? Hiiizufü<'-eii
könnte man: das Subst. als Prädicat steht im Plural, wenn
es entweder auf ein Subj. das seiner Form und seinem
Begriffe nach Plural ist, oder in der Art auf mehrere
Singularsubjorte bezogen wird, dass es jedem einzelnen
zukommt; im Singular aber, wenn es den mehreren .Subj.
ziisauimen zukommt. — ,g. .iiQ. ;'). „Der Gen. steht zur
Bezeichnung der Auswahl aus mehreren oder des Theils
(Gen. partit.)". Richtiger hatte der Hr. Verf., um iWiss-
verständnisse zu verhüten , diesen Genitiv mit Zumpt als
Ausdruck des Ganzen bezeichnet, aus welchem etwas
herausgehoben wird. Ferner sollte ,'J. „der Gen. steht
lieini Aoiii. und Acc. der Meiitra einiger Pron. und .Adj."
vielmehr ausgedrückt sein : bei dein ^dni. und dem lon
keiner Prä|)osition abhängigen Airnsafiv. elc. .An(h bei
(i., wo die Constriiction von interest und refert besprochen
wird, entfernt sich der Hr. Verf. mit Unrecht von Zumpt.
Statt nach diesem mit einenimal anzugeben, die Sache
woran einem etwas liege, werde niclit durch ein Subst.
sondern dun h einen Satz, nämlich den .\cc. r. Inf. oder
ut, oder eine indir. Frage ausgedrückt, sagt er in der
llauptregel: dio Sache, woran etwas liegt, wird durch
1047
ut mit dem Conj. oder andere Coujiinc<ionen ausgedrückt"
und A. 2. „Wenn die Sache, woran etwas liegt, im Deut-
schen (liirrli Siibstantiva aiisjjedrückt wird, so müssen diese
m verwandte '\'erba aiif^jelöst und entweder in den Infi-
nitirus gesetzt, oder mit ut und dem Conjunctiv construirt
«erden." — l'nrichtijj ist 4}. .')!. der Abi. auf den Aus-
druck des ."Mittels oiier Werkzeugs beschränkt; es niusste
mit Zum(it auch die Ursache, der Grund genannt werden.
Der Abi. dient hier, wie in gleichem Falle ilor griech.
Genitir, zur Angabe des Ausgangspunktes, des unde.
Diese Grundbedeutung des Ablativs, der Entfernung, des
Ausgangspunktes ist aber ganz übergangen, obwohl sie
einer Menge von Erscheinungen unmittelbar zu Grunde
liegt. Die Präposition a, de, ex dient immer nur zur
deutlicheren Exposition des sclion im Casus an und für
sich liegenden Verhältnisses. — Die Lehre von den tcmpp.
und ihrer Folge könnte, wie Ref. meint, präciser und
richtiger gegeben sein, ohne desshalb an Verständlichkeit
zu verlieren. Freilich lässt die Grammatik von Zumpt
in diesen Partieen am meisten Klarheit und Präcision ver-
missen. Für's Erste ist es gewiss unrichtig, von einer
doppelten Bedeutung des Pcrf. auszugeiien. Vielmehr be-
zeichnet dasselbe überhaupt, (vie der griech. Aor. im Indic,
die i/i der l'ergangenheit adgeschlossene, vollendete Hand-
luci;; iinil bildet ilon Gi':;ensatz /.um ImpcTl., sofern letzteres die
HaiiJUiiis aU nocli uiwollendete , im IVerden be^riß'ene dir-
stelit. Wie fremd der lat. S|iraclie selbst diese doppelte Bedeu-
timg des Pdf sei, beweist schon der Umstand, dass selliit da,
wo wir das Pcrf. als Haiiptteinpiis aiifTassen, der davon abhän-
gige Nebensatz insgcin.in das Imperf Coii] bat. — ■ Sobald nun
aber ein besonderer Nachdruck, auf die Follendang der Hand-
huig gelegt wird, tritt eine Be/.ielumg auf den Staiid|iiiiikt , die
Gegenwart des Sprecheiideir ein, und was sonst als bistor. Tem-
pus erscheint, erscbemt nun als Haupttempus. Der Gebrauch
des griecb. Aor. gebt liier dem des lat. Per!', ganz parallel. Auch
der aus Zumpt heriibergenommeue Satz, dass das Perf Conj.
nur die Vollendung in der Gegenwart bezcichue, erweist sich
als unriclilig, wenn wir die unter gewissen Bedingungen rcgel-
massig eintretende Construction von ut mit Perl. Conj. in Fol-
gesätzen beachten, uo.l nur in sofern ist dieses Perf. Conj. jenem
als Iluiptlempiis betraclitelen Perf Indic. ahulicb, als eben lieide-
raal lue Abgcsclilossenlieit lind Vollendung der Hiiidlung nach-
driicklicher hervortritt Es tritt aber dis Pcrf Conj. dadurch
nicht aus der Krzalilung heraus. Von den nun folgenden ein-
zelnen Regeln ist 1) »bei der Erzählunq von Han.lluiigen aus
der vergangenen Zeit, wo man im Deutschen gewöhnlich das
Jmperfeclum ijcbrauclit, setzt man im Lat. das Pcrf Indic, bei
Conjunclionen aber, die den Conj. regieren, das Imperf Conj.«
falsch und wird nur einigermaassen durch 2) bericliligt, wo der
Gebrauch des lal. Inipe.l. angegeben wird. Die dritte Uegcl:
»In Hauptsätzen folgt auf ein Praesens wieder ein Praes. ii.s. f;
in Nebensätzen aber muss auf ein Perf. Ind. des Hauptsatzes,
wenn Conjunclionen einirclen , die den Conj. regieren, das
Imperf. Conj. folgen« ist durchaus verfehlt. — §. 54. 5. ist es
wolil zu eng gefasst, wenn gesagt wird, quiim zr als in der Er-
zählung habe <len Conj bei sich, wenn die von ipium abhän-
gige Hanlluii:; als Grund liir die Handlung des Njclisatzes au-
gesehen werden könne. Diesem gemäss würde niclit selten der
Ind. ecselzt werden, wo ilic lal. Sprache dennocli den Conj.
erfordert. Vielmehr sollte gesagt sein . wo die Hau lliiug des
Haupt- und Nebensatzes im Zusainmeiihani^ mit eiuauder ste-
hen, mit einander verknüpft sind, siebe der Conj ; denn der
Conj. druckt im Lat., wie auch sein Name andeuten soll, die
innere Vcrkniinfung des abbän^igeu Satzes mit dem regiereuilen
aus, wrjber es d.mn unter \nderm auch kommt, diss quum
causale den Conj naili sich li it. — §. 56. linden wir den Abi,
abs., wie leider in manchen Schulbüchern, irrig aiil den l'"ill be-
1048
schränkt, wo der Nebensatz ein vom Hauptsatz verschiedenes Subj.
habe. Da sieb über das Mehr oder Weniger bei einem Buche der
Art kaum rechten lasst , so unterdrückt Ref, was er in dieser
Hinsicht zu erinnern hatte, um noch einige Worte über das der
Giammatik beigegebene Uebiings- und Lesebuch hinzuzufügen, —
Die Uebuugsbeispiele zu den Regeln der Grammatik entsprechen
allerdings ihrem nächsten Zwecke, jede durchgegangene Regel
auch sogleich anwenden zu lehren, und dadurch die theoretische
Eiiisiclil klarer, lebendiger zu machen dagegen sind sie, da
sie sich zum grösseren Tbeil nur auf eine bestimmte Regel be-
ziehen, wo denn die Uebersicht schon anzeigt, welche Construc-
tion zu walilcn ist, für eine Prüfung, ob auch der Schüler der
vorgetragenen Regeln am rechten (Irte sich zu erinnern und
dieselben dann anzuwenden weiss, weniger berechnet. Von die-
sen Ucbungsbeispielcn ist ein doppelter Cursus gegeben , jeder
für 2 Classcu (VL u. V.) berechnet, so dass der zweite, für ein
zweites Semester bestimmte Cursus ganz dasselbe Pensum be-
handelt, wie der erste. Diese Einriclitung mag in localen Be-
dürfnissen ihren Grund haben ; an und für sich ist dem Ref.
die Zweckmässigkeit einer solclien Rcpetilion des gleichen Pen-
sums nicht klar. — Das Lesebuch bietet, den rebungsbeispielcn
entsprecliend , für Cl. VI. in beiden Cursen Beispiele zur For-
menleiue und zu §. 47. 5. 6. der Syntax (doppelter Nomin. bei
lieri etc und Construction von dicor, trador etc.); für die V. Cl.
in dem 1. Cursus Fabeln, Etwas aus der Mythologie und Er-
zählungen; in dem 2. Cursus Einrichtung des Weltgebäudes,
aus der Naturgeschichte, Erzäbliingen. Angehängt ist ein Wör-
terbuch. Da solche Wörterbücher, um ihrem Zwecke zu ent-
sprechen, sich aller Kürze bedeissigen müssen, so wird die Wahl
des entsprechenden deutschen .\nsdruck.s eine um so wichtigere,
aber aucli schwierigere Sache. Je mehr man beobachten kann,
wie die zuerst eingeprägten Bedeutungen, seien sie auch noch so
einseitig, aus Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit lange aus-
schliesslich beibehalten werden, und wie schwer es spater hält,
eingewiir/elle irrige Begrilfe wieder auszurotten , um so grössere
Sorgfalt miiss man anwenden, gleich Anfangs die richtige Bedeu-
tung dem Geilachtnisse darzubieten. Natürlich kann keine Rede
davon sein, nur diejenigen Bedeutungen, welche gerade im Lese-
buche vorkommen, aufzuführen; dann müsste man solche Wör-
terbücher als durchaus scliädlich verwerfen — Durch die fol-
genden Bemerkungen, die sich jedoch nur über die 3 ersten
Buchstaben erstrecken, wünscbt Ref den Hrn. Verf auf diese
Seite seines Buches aufmerksam zu machen, um bei einer fol-
genden Aullage wünschenswerthe ßeiicbtigungen eintreten zu
lassen. — «adeo hingehen« richtiger: herangehen, nadhuc nochit
besser: bis hierher, bis jetzt, um die Vieldeutigkeit des Noch zu
vermeiden. >i adversus widrig« richtiger: zugekelirt. » aequus
billig, günstig« die Grundbedeutung gleich sollte nicht über-
gangen sein, uairuiis der Verwandte« (durch Heirath). amburo
nicht iiverbrennen« sondern: ringsherum anbrennen, oder auch:
versengen, nau etwa, ob« diess kann nur vom späteren Sprach-
gebrauch gelten, nach dem Gebrauch der goldnen Zeit: oder?
Ausdruck der Gegenfrage, nanceps zweifelhaft«, vorauszuschicken
war: (doppelküpllg) doppelt, »arrepo hervorkriecben« richtiger:
herankrieclien. careo nicht »Mangel an etwas haben« sondern:
etwas iiiclit haben, entbehren, »ccriio seilen« besser: erkennen,
circiimstrepo nicht »umflattern« sondern: umrauscben. »civitas
die Stadt, der Staat« r.: das Bürgertbum, die Bürgerschaft, »clarus
berülimt« besser: hell, angeschen, »cognatus der Verwandte«
(dtireh Geburt). So sind auch in der Grammatik die dem La-
teinischen beigesetzten deiitsclien Wörter öftei mit entsprechen-
den zu vertauscben. Zu is, ea, id würde Ref nicht »derselbe«,
wenigstens nicht dieses allein gesetzt haben, da es zu leicht
einen falschen Gebrauch in Fallen veranlasst, wo idem stehen
moss. Beim Perf. amavi sollte nicht stehen: »ich habe geliebt etc.
(oder ich liebte etc.)« sondern: ich liebte, ich habe geliebt. Für
prout ist 5. 4_> wie für ut, Uli, sicut, veliit nur die Bedeutung:
tvi'e, gleichwie angegeben; für qimnvis, licet, etiaiusi, wie für
quainqiiam die Bedeutung: obgleich^ wenn gleich., bei quum
fehlt die Bedeutung : wann.
Heilbronn.
Bäumlein.
Hierzu die Beil. Ut. 2.
Zeitschrift
für die
AI terth LI ms Wissenschaft.
Freitag f 1. November
18 39.
Nr. 131.
Die Interpolationen der Ipliigenia in Aulis des
Euripides ,
zniammengcstellt von IV. Dindorf.
I.
ArAl\IE3mQ]S.
'EyivovTO Ai'jSa OEOTtddt rpei^ 7Ta(i9evotf
50 (Jioißrj KkvTatf^vijoroa r', iftij i;indoQOC,
'Ekivr Tf TaVTlji oi ra o-pwr' uikßicr^svoi
f4vijaTiJQ£i >jk9ov 'EkXädu^ veavlai.
Sctvai ä' ditsiKal xal -xax dkhjkmv (povoi
^vvioTaff, oöTii firi Xäfjoi ri]v ■yia^divov.
55 t6 Ttgäyfia S' äiiöoioq slxs TuvSägeu) itargi,
Sovvai TS f^iij Sovi'cd te , tiji; rvpj^ öttw;
iiipnfT uQiara, y.ai viv eior,kt}6v rads,
ogxoug arin'üipat d£i;idq t£ mif^ißakfiv
fxVTjdTiigac, äkkijkotoi, xal di eunrvouiv
60 OTtovSd; xad^sivai y.ä-jraQoiaaadai tÜös ,
OTOv yvvij ytvoiTO Ti'vdaptq y.ögij,
TUVTVi OVVa^VVElV , £{ Tlg EY. ÖÜllUJV kaßüjv
oi-fiino xüv T exovT anoiSoirj ktxovi;,
v.dKiGxQarsvcyEiv xai y.aTaoxdipeiv ■no/^iv
65 'ßkhjv öftoi'Jig ßä^ßagoy 9' uttKojv fiha.
e-TTc't d' ixtOTui&ijo-civ, eö öe tiujc ytpiuv
v-n:ijk&ev ai'ioui TvvSäoeoii nvy.vrj (ppEvl,
didwa iktadai ^ryarol i^vtjarijgojv eva,
OTOV ■jTvoal cf8Qot£v 'AcpgoötTiji cplkae,
70 j; d' cike^', djQ ye fifjitOT viqekev kaßeiv,
Mevskaov. ekduiv o ix (pgiiyvjv 6 Tag ^eag
y.givag od\ vjg ö i^iv9oq dvdgujuvn' ix'^'i
Aaxe8a.tiw^'\ dvdijgoc f^tv fuidrow OTok^,
Xgvarifi xE ka^tTtgog, ßagßugij) jfA.<ö)?M«n,
75 fowv igviaav vi~iet Etavagitdaai;
'Ekivi^v TtQui iöi;c ßut'oTa^/i, ixSrjfiov kaßcijv
MevtKaov 6 8e xadt' Ekkdö' oiöxQi'jaag Ögöf-wj
ögxoL'z nakaioi'i TvvdagEu} ^lagxi'gETat,
vjL. ygrj ßoi-9eiv roiatv i]dixinj£voti;.
80 xoi'niEvdEv ovv 'Ekhjvei; äi^uvTE^ öog),
TEi'xi/ kaßövTSq, (TTEvu^og' AüklSoQ ßädoa
ijxovcri TfjaÖE, vavoiv doTtlaiv Sf öfxov
t-rrrroig TS Tiokkoh o.guu.oiv x r;ay.)^ji£ioi.
■xdfis vigaxov y dvay.ra MeveLeu) X^gi-v
85 siKofTU, ovyyoruv ys. ■vdtiuifia da
dkkog TU uj<f£kl dvx Sfiov kaßsiv tÖSe.
ij^goiouivov öe y.aX tvvE^'vvjioi OTgarov,
1
ywv
jusa^' dxkout jfpwjt/fi/o« y.ax' Avkiöa.
Kakxai; ö' ö /läfvcidcrogla y.£xgi]iiivoi^
90 dvEiksv 'I(fiylv£iav i^vsonE/g' tyd)
Agxsiitdi 9voai xij tÖö' oi/.ovOi] tteSov,
yat nkovv -v iasat^at ya\ yaxaay.aifdg 0gv
9voa<n, fu") ^i<oaoi ö' oi-y. sivat xdÖE.
y.kvv)v 8' syu) xaox', ög^lo) y.i^giyf^axi
95 Tak9i'ßiov iiTTov ntdvx d(pi£va.i otoutov,^
üi<; ovnox uv xkdq ^vyo.xtgu. -ATavfiv tur-v,
ov 8ij ft' ddEkqioQ -KÜvTa ngoacfigt/jv koyov
i:7r£tcr£ xh'juai östvd. y.dv öskiuv nTvxaiq
ygdipai STiEftipa ■Ttgog ödnagxa xi)v Ejiriv
100 nsf^nrstv '/xikksi dvyaxig' lüq yctfiov^ifvrjv,
x6 T* dilu)i:a Tdvögoq Eyyavgoi'/iEvot;,
(TV^tirkEiv T 'Axaioi§ ovvsy! ov ^skoi ksytav,
Ei fit) nag' i'juvjv Eioiv ii; 0diav ksx^i'
nEi&u) yug Ei'xov ri'pSs Ttgug 8djiag-x' sut^v,
105 ^pEvöi] avvdipac d/Kfi TTug^tvov yci/iov.
(wvoi 8' 'J-ia.imv i'auEv w; ix£i '^dös
Kdkxci?, 'OövaoEL's, MEvskswc, d'. ad' oii z«Xw?
iyvwv xöx, av9ig uErayoücfui y.akojg irakiv
ig ti-vSe Sikxov, i}v y.ax' Evtpgövijq axidv
110 kiovxa xal ovvdovvTd /.i eioEiSsg , yigov.
dkk' tia viijgE/ Tuaö' inioxokdg kaßuiv
■gog "Jgyoc. d öt xh.Ev^E öikxog ev TVxvxaig,
(jy(i> (fodo-uj (TOI ■:tüvxa xdyyEyga/tuiva'
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köyij) (fOi _ _ _.
■maxog ydg aiMX'P ^°'' '^ sf^oig doj-ioiaiv ti.
0EPAnS2N.
115 ksye y.ai ai'juaiv, ha y.aX ykmoorj
avvTova xoig aoig ygdfi}ia.aiv avSui.
XOPOI.
171 'Axaiojv r/TguTidv o'jg y.axtSoiuav
'Axo.tiüv TS ■jikdrag pav<j/z6goi<i
ijtdsojv, oi'i i.Ti Tgoi-
av Ekdxatc ;^/Ä/ÖJ'«y<J<i;
175 TOI' ^av9uu Msvikaop
äutxEgoi TtorrEig , , ,
kvETtovo 'Jya-inuvova t sv'xarglSav
OTskksiv snl xuv EkEvav,
aV Ei'gojxa öovay.ojgocfov
180 ndgu ö ßovy.ukog dv fkaßs,
Scäoop xdi 'Acpgodixai,
Öt'ettI y.gijvaiatvi Sgdoon;
1051
"Hoa UaÜ.dfii t eptv iptv
v.axtTdov S'e Si'' vitarrs owiSgui
Tov Ot'Keojq Tekafjiöröi re yovov.,
TOi^ ^akuinvoiii aiicpavov,
195 no(i)Ttaif.aüi> T £^i daxon;
Tieooujv }i]öotiti'oi'q ;Uop-
Cfaioi TCot.vnKoy.oi^,
JJaKauijSeä d\ öv rixe irai'c, 6 Ilooti-
Säpoi , ^louijöeci &' ij-
200 öoyai.: dloy.ov xsxaoi;un'ov,
öv'"'» Ouiiiu ßgoioiat,
TDV anu vrjaaiujr t öptujv
AafoTa tÜ/.ov, äun fit JSi-
205 (jea, y.äk/.iOTov 'J-j^uiiov
Tov iodveuüv re rxodoiv,
}.aiU.'i-Qoduöuov 'Axil'-i]0.,
TOV u OtTi^ Tty.e y.ai
XiifJUJV fvfrroißCTfj;,
210 fiöov alyiaXoiai
naod re y.ooxakaii; Sqouov e/ovra ovv onkoig'
auikkav d' STlovtt nodoif
nooc OQua tI:tqü>oov
215 it.iarrajv Tieoi v/y.ag.
ö dl fiKfoifkaras eßocxT
Eufii]}.oi 0eoiiT/döai,
II) y.a/JJoToiK tduuav
Xpi'OOÖaidäktorq aioftiotq
220 nv'iiMvq y.ivToii) 9fivo/Jtvovg,
Tooq fitv fiirjuiK ö'/ior;,
kevy.oariy.Tin Tgfj[i tjukioin;,
TOVZ d' ttU> OilÜOffÜgOl'q,
(/.VTr,(ift!; y.C'.uiaioi ögö^oiv,
225 TtVQourgixcti, noröyat.a b' vjto ocfVQo,
noty.i/.oöioiiovciH- oiq lapeTräkkeru
Ilijkeiöag ovv ürrkuicri TUfj o.vTvya
230 xai ovQiyyac dguaniuiQ.
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1052
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Tujv lioiioTujv 6' v7ikio/j.a, Tiovriag
Tttvxijy.ovza rijag ei'döfuav
255 a^i/uii'oto/v eoTokiof^svag'
Toiq dh Kuöfiog ijv
•ygvasov öpdy.ovx syujv
diiffi vadjv y.ögvfißa' ,
ytijcTOi d' 6 yijyevijg
260 ugx^ vdiov oxgaxov'
0)(jiyt8og t' dno ySovog'
Aoy.gdiv de xoind' i'oag dyujv
vavg ijk9' Ot'kiujg xöy.oc xkvToiif
Ogovtud' iy.kiTTujv -jTÖkiv,
265 £y- Mcy.r;i'ag öl xug Kvy.ka)ni,ai;
naig 'ArgeMg tTTSftiTS vaiißdrag
vau)v ey.axov i}9(joicrfi.£voiig.
olv 8' dSskcfdg r,v
xayug , a'jg <fikog cpikip,
270 rag cpvyovaag fjuka^QO.
ßapßdgojv ydgLv ydi.iviv
Ttgdtif 'Ekkui v'jg kdßoi.
ix livkov 8e Ä^iirrooog
Fegi^viov xaxsiööf^iuv
275 TTgiifivag m]/ut Tavoönow oQoiv,
Tuv Trdgoixov 'Ak(fEÖv.
Ah'tdvnjv 8 6 SoJäexa orökot
rauh' ijoav, cov dva^ Fovvevg
ugyE' xiuvSe 8' av nekag
280 "Uki8oc, 8iivdiTTog{g,
oi'c Eiitioig oJvö/iaLs nag keuig'
E'vgvxui 8' dvairai TU)v8e'
kfi'xijgexiiov 8' ".^gii
Tdcfiuv vyev, wv ß/ey>]i
285 dvaaae , (fiikivjg köyevfxa.
Tag Eyn'uSaq kinujv
VKdovg vavßdicui; dTTgoacpogoiK.
Ai'ug 8' ö Eakafjivog £wgo(fog,
8£^iov yegac, ngug xb kaiov ivvayi •
290 xdJv doouv üigi^iti rxkdxaKriv
to-fdiaiOL (rt'fiTikiyujv,
bujdtx' cvaxgocfundxaiat vavai-v cu^.
uiov y.al vavßdiav
'■ '^■'',':''i "'"''''-""?. "'■■' ••'"-'•scliobrnon Verse 17t— 184 treten die ecliten Verse des F.iiripides wicdciiitn in iliicn na-
tiirliclien .lunli jene niclif Moss geistlose, sondern in zwei PiiuLlen so"ar vüIül' gedankenlose Inloriiolalinn geslcileii
^iisaiumenlian;: ,
Jiiinlov Ultimi nttQUXxtur xfiifiaOor j1v}.{do; hvXfui;
J'.UijCzinv du: yiviiuTuv y.O.ouoa , ntiivno(ii}iior
Xii).x(au , nii>.iv i/iy.r , nftoXtitova', uy/uihnv vSnxiar TQOfhi/ t«; ylumi; 'Anil^oüau^.
7io/.v/>vinv i)j iiiil.aoq 'ylQT^uuyot ij''-vOor oiiofif'rtt.
<^otr[oomnu ntcjy)' ijii:r ulo-/v"if rio&uhl, '
uanCäui ffjviiu r.ui xf.iolui ünAoyögouj Juruüv Oih
tV.oi/0 innwc ■» vyj.ov HioOut.
1053
295 siduuav ksojv
ij) tu; £t 7i()ooc(^/i6crec
ßapiduQOvq ßdpidai;
vuaxov uvY. änoioerai,
300 iv9äd olov eiSöfiav
vdiov nÖQevf^ia,
TU Se xar o'i'y.ov^ xKvovöa Ov)X6yov
ME NE AI OS.
354 «i? S' avo'kßov eJx^i of-tf^cc ovyxi'Ol^v tf, ^ij vBtSv
364 oji (fovsvg aüxiri ^fjar^oq on]i iaei fiäkiaiu ys.
414 — cfikovi
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jrrEAOs.
uj UaveXktjrojv üvat
'AyäuSfivov, ijxu) irctidä aui Tr,v aijv äyoiv,
rjv 'Jcpiyh'eiav tijv6fj^ai;ag iv Öuiiotg.
^nvirn d' of^iaoTEi, ar;i AkvTamvtjaTQCii Sifxa;,
xai nats 'O^sarijq, ujots rfpy^f'//'," iömv,
XQÜvov nakaiuv dujfidiojv iy.6}]fiui wv.
dkK v'ji (.lay.oav eveivov, e'cqvtov naqa
x()i;vijv dvai\ji'<xouai ^ijkvnoi'v ßwitv,
avial TS 'jiujkoi x ' ii dt keitxojiojv y\^']^
y.a9eiii£v atJräs, oi? ßopdg yei'OuiaTU.
i'yt/j öi Tigud^ouui; ö>;s -^aQaoy.ii'iji xdgiv
iy/.uf niiicoiai yuQ argarug, Taxstu öe
öiTj^s (fi'jf^t] iidiba oy\v d<fiy^ivi]v.
TTOi d' e<; 9iai' üfitlM; ioxiiai dgö/ncu,
ar;v Tcaid' uuojq i'öujcnv. oi ö' ei'daifiove^,
iv ndai yXeivul, y.v.i TisgißXf.Tczui ßguro/q.
Xiyoi'cri d'i i'f^svaidi t;?, r, ri TrgdootTai ;
1] TCväov ixv)v di'yaTQui Ayui^iiufiov ävai;
Sxijfi/cre Traiöa; rutv ö' uv iJAnvoac, rdÖS'
'AgriuiÖi -TTQOTekiCuvat Tr,v vaäviöa,
AvkiSoq dvucroTj. jtg viv ui;£TuL nuzs;
dXk' £ca , Trdiil TOKjid ' i^dgx'^v xavd,
aT£(fav(H'09i: Xodra, xid au, MavsXsuyc, dvat,
vfxlvniov £l'Tg£7rtC£ , xa\ xard artyiK
XujTug ßudoihij y.ai rcoSatv ioTuj y.rvrroi'
(fuj'i ydg Tud' i;y.£i fiaxdgtov rij :xugdivii).
ArAMEMNi2N.
£7T?jv£a'. dXkd (TT£ix£ dujfidzuiv eau)'
rd d' äkk', ioüaijg vf/i Ti'X'lii loi-cai xa/.ujc.
460 Oi' <ri'P£Ta avv£xuiq- an ydg Ion iij7iio<;.
MEISEAAOI.
500 dkl! ig jt£To.ßukdc r,k&ov duo dsivuiv kuyuiv.
tiy.öi ■Rinuvi^a- tuv öjaö^ev 7v£<fi>/.öxa
10:4
arigyajp fUTinEoov. nvSgoc, ov xaxov'xQÖvcot
■Toiüide , jfo/Jöy«/ Toiai ßtkzi(Txots dai.
ragax'j y ddEkcfuiv rig äi 'igojTct yiyvexai,
7lk£ov£i;iav xe doj/jdTwv üninTVoa
510 rotdvöe avyyiviiav dkkijkojv -Riy.gdp,
(Fortsetzung folgt.)
Sandiuniallion.
1) Sanchuntathon's Pliöiiizisrlie Gosrliirhtc. Narh Her
griecliisclidi üparlicitiiiif; lies Philo «oii Hvlilos in's
Deii<srlip üherselzt, Blit einer Vurndo [des Dr.
J. CltiSHeii zii Liilierk]. Liil>erk, l.S3'> In «1er
von Rliuileii'Kchen lliicliliaiiilinng. XVI n. 9S S. 8-
2) Der neiirntderkte Sfinc/iu?iialhnn. Ein Briefwerhsel.
Herans<;egelien lon Sclimidt von Lübeck. Altona
bei Karl Aue. tSSS. 4+ S. 8-
3) Aelteslc und alte Zeit. Fragmente. Tom Verfaeser
des 31agiisanis('lien Kuropa. I, 1, Zu Sanclinuiatlion.
I, 2. Der letzte i)ru»usziig. 31il einem llebersichts-
Kflriclien. *) Hannover. In Coiiiniission der llel-
wing'scjien HofLn« lihandlung. 183S- lüt) S. gr. I2.
Bei dem grossen Aufseilen, iielilies die angeblirhe
Wiederauflindung der pliilonisrlien Uebersetzung des San-
clianiiillion in ganz Europa geniarlit hat, ist es fast zu
verivnndern, dass in diestn Blättern bis jetzt dieser Ge-
genstand gar nielit berührt worden ist, und es scheint
daher um so angemessener, einer kurzen Uebersicht der
nach der Herausgabe des VVagenfeld'sehen Sanehunia-
thon **) über denselben erschienenen .Schriften hier Raum
zu geben, je weni^jor gerade diese S<'!irifteu bei der
plötzlich erkalteten Tlirilnahme an der immer noch rath-
»elhaften und jedenfalls interessanten literarischen Er-
scheinung ilem grfissiTcn Publikum bekannt geworden
sind. AVas dem Erscheinen des griechischen Textes voi-
herging , kann dabei als ni/inniglich bekannt vorausgesetzt
werden, da nicht bloss liferarisihe Zeitschriften aller
Art, sondern auch die politischen Blätter Deutschlandi*
es sich angelegen sein lies>en, ihre Leser darüber mehr-
fach zu benachrichtigen. ♦**]
Nr. 1. gibt eine getreue und fliessende Uebersetzung
des griechischen Textes und erfüllt damit vollkommen
-"') Die 7,weile Alitbciinng des ersten Il.llcs l^nn ihres bell -
rogcncn StolVcs wegen in dieser Bcoithcilung nicht beriicV-
siclitigt werden.
**) Sanchunialhoiiis Histoiiarnm Pboeniciae libros IX , grae-
ce vcrsos a Fhilone Byldio, edidit lalinaqne versione
donavit F. Jf'agetifeld. Bieinac, 1837. Ex officiDa Car.
Schi'inemanni. »05 S. 8.
***) Als selbslstandige ScJirifleii sind hier nur zu erwähnen;
Sanchuntathon's Urgeschichte dtr Pliuiiizier in einem
Auszöge aus der wiederanlscfondenen Handscinift von
Philo's vollständiger Ucbersciznn?. Nelist ßpinerUnngeii
von Fr. /fa^enßlJ. Mit einem Vorwoite vom Ur. G. F.
Gj-oK-fciid H:\nnovcr, Hahn. t8.36. — "nd : Die Sancliu-
nialli'oiiisclic Streitliage nach ungedruckten llriet'cn gewüi-
digt von C. L. Gioujend. Hannover, Hahn. 183Ö.
1055
1056
den Zweck iIcs ^'crfassers, das {;rnsso PiiMiknin mit
dem Gegeiistaiiile «Ips IKorariscIieii JjtrrKrs iiorli jjoiiaiier
lipkaiint zu niarlien , als iliesps iliircli den Aiisziit; des
Hrn. Wagenfeld Riliiiu ^esclielicn war. Wenige Anmer-
kuiigeo, grüssfeiidieils jenem Auszuge entiiommeii, gehen
zugleich die noflidiirfligsfe Erklärung der ivichtigsjen
geogra[)liisrIieii und iiistorisrlieu IVanieu. Das Einzige,
was Ref. au der Ueborsefzung tadeln könnte, ist die ei-
gcnniaciltige ßeiiaudlung einiger Namen. So «ird aus
dem ' .IduriKißva'i immer ein AlidnnHibnas , aus dem
^t]iia.oov~ (in der lat. Uebersctznng und in Wagenfeld's
Auszuge Demaroon) ein \)einarun und aus iVIclkalax dem
Mäniler ein Solin des Miinäos.
In der '\'i;rrede gibt llr. Dr. (blassen einen kurzen
Bericht ülier den damaligen Stand der Streitfrage, sucht
die vor dem Erscheinen des griechischen Textes vorge-
brachten äusseren A'erdachtsgriinde durch die Annahme
za entkräften, dass Ilrn. W. die Handschrift auf eine
andere, als die erzählte Weise zugekommen sei, und
dass er bewegende (iriindc lialie, diese, wie das Ms.
eclhst geheim zu lialten ; er stellt daim , um den durch
Hrn. Hofrath C. ü. Jliiller ♦) aus Wagenfeld's Angabe
über den Lhnf.ing des .11s. gezogenen ^'erdachtsgrund zu
licseitigen, die ."Möglichkeit auf, da.ss Hr. W. eine Ab-
schrift einer älteren Handschrift besitze, und sucht ferner
zu beweisen, dass Hr. W . der Verfasser des griechischen
Textes nicht sein könne, einmal, weil es nicht glaublich
45ei, dass ein deutscher Gelehrter mit derjenigen Ivennt-
iiiss des Griechischen, wie sie die Abfassung des Duclieg
voraussetzen lassen miisste, gerade von der grammatischen
Seite **) , welche unsere heutige (j vmnasialbihlung am
meisten zu beriicksichtigeu pllegt , so zahlreiche UUissen
gegeben haben sollte ; daim, weil er Um. W. die Schlau-
tcit nicht zutraut, eine Periode, deren enger Zusam-
menhang ohne Zweifel ist, in zwei Sätze zu trennen,
eine hesiodische Stelle mit einem offenbar lächerlicheo
Fehler abdrucken zu lassen und einen gänzlich unbe-
kannten Dalas seinen übrigen Fictionen hinzuzufügen.
Schliesslich stellt er die allerdings wichtige Frage auf,
wie es zugehe, dass Eiisebius, der doch eleu philouischen
{Sanchuniatlion in Händen gehabt zu Jiaben versichert,
Viber die Lebenszeit des Sauchuuiathon icn Dunkel ge-
blieben sei, und sie bis lor den trojanischen Krieg, ja,
bis zu IMuses hinauf nicke, während man in dem Wa-
genfeld"s<hen .Sancliuniatlioii mit leichter IMülie den un-
»> irlerleglii hen Beweis fmile, dass er in der Ulitte des
sechsten Jahrhunderts vor Christo gelebt lialie?
Der Verf. von Nr. •>• kleidet die ganze Streitfrage
in einen Briefwechsel ein; auf die .S|)raclie lässt er sich
wicht ein, weil er in derselben nicht Kenntniss genug
besitzt, wesshalb er auch bei seinen l'ntersuchungcn nicht
des grichis« hen Textes sich bedient, sondern der so eben
besprochenen ilcutschen L'ebersetzung; der Inhalt allein
ist CS, der ihn von der Unecbihcit des Wagenfeld'schcn
*) Gült, geh Anz. 18?.7. S. 5i4.
**J Vcrgl. MiiHer in den Gölt. s'l. Anz. IS.'?, S. 51.3 und
Cijsicu in der liier besprochenen Vorrede S. XII.
Sancliuniathon überzeugt. Im Wesentlichen ist es Fol-
gendes, was er demselben vorwirft:
1) Das philonischc ^'orwort passt nicht zu dem gan-
zen Werke, sondern nur zu dem ersten Buche, auch
würde, wenn die adit letzten Bücher des Sanchuniathon
nicht ähnlichen Inhalts gewesen wären, wie das erste,
Kiisebius deren ^'erfasscr nicht einen Theologen genannt
haben; die von Eusebius angedeuteten Lücken sind nicht
im Sinne und Tone der übrigen Vorrede ausgefüllt, son-
dern mit sichtbarer Rücksicht auf die neu angefertigten
acht Bücher hineingeflickt worden ; der ersonueue Schluss
des Vorwortes ist wahrhaft schülerhaft. *)
2) Philo , den übrigens der Verf. mit dem Philo Ju-
dacus verwechselt , agirt in dem ersten Buche als Re-
ferent, nicht als Uebersetzer , er spricht in der oratio
übliqua, wo man oratio directa vcrninthen musste. **)
3) .Auf eine höchst ungeschickte Weise wird die von
Eusebius cifirte .Stelle vou den Schlangen angebracht.
41 Aus dem AV'agenfeld sehen Sanchuniathon erfahren
wir die ganze Lebensgeschichte des Sanchuniathor. , über
welche die Alten unbegreiflicher Weise nicht unterrich-
tet sind. ♦*♦) '
5) Ganz gegen die .4nalogie .inderer Geschichtswerke
ist in i\vin AVagenfeld'sclien .Sanchuuiathon die frühere
Geschichte weit ausführlicher, als <lie dem Verf. näher
liegende. Die chronologische Genauigkeit in der Reihen-
folge und in den Regierungsjahren der Könige ist gar za
genau und der Erlindnng leichter, als der Tradition.
ti) Der dritte König inB_>blos, Syd^k, ein Zeitgenosse
Abraham's , soll nach Sanchun. HI, 4. aus Tyrus her-
stammen, das bekanntlich ♦♦*») ilamals noch nicht exi-
stirte. Alle übrigen, vom Verf. vorgetragenen Verdachts-
gründe <>ntbeliren alles Gewichtes, da sie entweder ge-
radezu auf Älissverständnissen beruhen, oder doch ihre
Dichtigkeit sich mit leichter fliühe zeigen lässt. Denn,
wenn der ^"^erf. S. 2J aus Sanchun. 1', 9. einen bvblischeii
Felilherrn O/calatlion , der unter König Hierbas, also vor
JMoses gelebt haben und vor seinem berühmten Sohne
Kusabas gestorben sein soll ^ herausdeutet, so hat er
offenbar die Worte spiuioc r,v i] %uJQa TTokvv youvuv
im Eingange des Capitels und <lie ausdrückliche Erwäh-
uung der Belagerung vou Tvrus am Ende desselben über-
sehen , und damit verschwindet der ganze „wunderliche
und widersprechende 31ickmack.
(Bcschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellcn.
Kaiern. llr. Ilofialli Dr. Tliicrscb in Mcincben hat das
Rittcikrcuz des k. nicdcri. Löwenordens eib.illen.
*) Vcrgl. Möller in den Gütt. gel. Anz. 1837. S. 511.
*') Vcrgl. Mtdicr in den Gölt. gel. Anz. 18.37. S. 509.
***) Vcrgl. Classcn in tlcr Vorr. zur deutschen Uebersetzunj
des Sancbun. S. ,\VI.
"") d b. nach der gewi.linlicben Angabe bei Joseph. Ant.
jnd. VIII, 3, I. und Justin. .Will, 3, der indess schon
Jusua 19, 29. widcrspiiclit.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Sonntas; , 3- November
18 39.
Nr. 132,
Die Interpolationen der Iphigenia in Aulis des
Eiiripides ,
zusammeogestellt von JV. Dindorf.
(Fortse tz unij.)
AFAMEMNQN.
ovy.ovv Söxsi viv otuw' iv 'Agyeloic fitooiq
}i.et;eti' a Käk^a^ ^ea-cfar Ji;tjyijoaTO,
530 y.üfx, cJc VTiioTijv dvfta, xära ip£i<8ouai,
'Aqtsi^uöi dvaeiv oq Svva^^daai; örpardf,
öe KÖifi dnoxTeivavTag, 'A^yetovi; v.uqi]v
acfa^ai y.sXei'osi. ymv ^pö^ 'AqyoQ, ey.(fvyu),
skdovTSi ai'Toig TEix^aiv Kv/kuiTcLoi^
535 cÄvaQndaovoi v.al y.aTaOxdipovo-t yijv.
ToiavTa tä^d nr;uai. tu rdkai iyuj-,
(uq tJTroQij/uat Tpo(,- 9s(Jp zd vvv tÜös.
£v jj.01 (fi'ka^ov, ß/cfikeuji, ävd arQU-rdv
540 l^d9rj, TiQLv AtdTj iraid i/-ii]v Ti^oa^dj Xaßiov,
WS £;r' ekaxi^OTOtq öay.Qvoig Ttgaacroj xay.ujg.
i'fxslq TS oiytjv , ui ^evai, q}vkd.craeTe.
XOPOI.
574 iuoksc,. Vi nd()ii, jj ts av ys
ßovxokoq dQyivvaig ivQdffijq
'ISaiaiq iiaou fxoaxotg,
ßaoßuQa ovQii^uiv (pQvyiujv
avkojv 'Okvimuv y.akd.j.wiq
fxif-iijfjiaTa -Kvsiuiv.
580 ei'9i/Koi de TQtcpovro ßost;
üzs ae xoLatq e/jetvs &£u>v,
ä 0 'Ekkuüa nijxivei
ikewavzodicüjv nd.ooidiv
oouojv , ou zag J^/.evai;
585 s'^ dvzujTtuii ßki(päQoiaiv
ioojza deöuixciQ,
epujTi d' avruc. £7VTod&tj(;.
o^eveoii iQig 'Ekio.Sa aui> 8opl vavoi t' uyei
£s" Ttsoyafia T^olaq.
590 /w i'oL
fxEydkai^ fueydkujv evSai/xavlai.
zijv zov ßaaikeioq
iSeT 'IqiyEveiav, ävarroav iui]V,
Ztjv TuvddoEoj VE Kkvzaiuir.rrrOHV,
595 w? EX ^icydkvjv eßkanzij-^aa'
e-jii z' Ei'^ajyEig ijxovo-i zv%aQ.
SeoI y Ol XOElOlTOVi o'i Z Ökß0(fl6QOt
TOtg oi'y Ei'öaqiocri 9razuiv.
(TTvi/uEv, Xakxiöog Ev.yova ^QE^^axa,
600 z})v ßaarikEiuv 8e^ojfi£9' oxujv
äno , jit;; a<fiakEoajq inl Tr,v yaiav,
äyavuix; 8s xsqoiv f^takav.fj yvuifjT],
/j.)) zaijßtjcrrj veuicttI fiokov
T(5 ixksivuv zEXvov '/iyafxE^vovog,
605 |U7;5e &ÖQvßov /jij8' syTthj^iv
zaic, 'AQys'iaig
^sivai ^sivaiq 7rap«/oj/t«v.
KA YTAI3INIU TPA.
''Ogvtda ^sv zuvS' a'icriov -KotovfiEda
tÖ ffoV -VE XQi]'^^ov xai koyuiv Evcftjfxiav
sk7il8a 8' EX"» TLv tu« sn E(j9koi<riv yäfxoic,
610 TrdQE/fAi vvi.i(fayü)y6g. dkk' öxtjudTojv
S^CU TtOQEVEd' UQ (fEQUl CfEOVug y.OQTj,
v.ai TTEj-tTTEz' Ei /j,£ka&Qov svkaßovf^Evat.
(TV 8', ui zsxvov f-ioi-, kstTCS TTojktxovg öxovg,
dßQov zidsloa xuikov do^svEg 9' dfta.
615 vuEtg 5f, vsdviSsg, viv dyxnkai<; mi
Ss^ao9s xal irooEvaaz' e^ 6xi]fxdzuiv.
xai f^toi X^QÖ? ■^'S ev86zvi a-zijolyfiara,
&dxoL>g d-Kijvi]c, WC dv ExktTTUj xaktSg.
ai S' sg zu itgöodsv azr,z£ TTok/xwv Ü^vyuji/,
620 (foßEQov ydo dTta^äuv&ov ofifia -Kwkixov
xai nalSa z6v8e, zov Aya/usfAvovog yovov,
kdCvad', 'OoEazijv Izi ydo eözi vijmog.
TEy.vov, xa9sv8£i(; vrojkixiij dafisig ox'P ;
'iyEio dS£k(frig scp' vftsvaiov svzvxio'i'
625 dv8()dg yd^ dya&ov xr;8oc avzoc, irrd^kog cor
hjipEi, z6 zijg Ni^07j8og iaö^Eov ysvog.
E^rjq xd9ijoo 8ei'q6 ^iov Troddg, texvov,
TTQog ui]ZEo', 'IcfiysvEta, nay.uolav 8s fie
^EvaioL zaiaSE TthjaUt aradstcra 8dg,
630 xai 8Eii^o dl) TiaxEQa TtQOoEiiiE oov (pikov.
KDITEJSEIA.
J} fifJTEo, i'TToSoafAoi'od y, oQyioSrji 8t [ii^,
TlQug oxEova -KazQog azEQva zdfju -nooaßakut.
syui 8e ßovkof,iai zd ad oxsqv, w ndzEg,
imo8oafxoi>aa, itoocrßakEiv 8ia XQOVov.
no9ü} ydo oi^i^ia 8n aöv. öpye<j9?]q 8s ,u>;.
1059
KA YTAIMJSHSTPA.
dXk', lu rey.rov, XQiö' cfikoTtdruiQ S^ dei TTot* et
(xaktaxa Ttaldojv xdSvS' eyoi '-rexav.
1060
/^w9oi räö' f? dv^QojTTovg
800 ijveyxav Ttagu y.aiQov ukktug.
mirEisEiA.
652 oi'x otS' o <fTji, ovy. oida, (piXrar ifioe TtdreQ.
ArA]\TEMNi2N.
avvera keyovaa ^äkXov eii; olxTov (^ äy£i<;
mirENEiA.
dovvsTÜ VW sQovfiev, ei oi y eixfgavuj.
ATAßlEMNnK
TtaitaT. tÖ Ccyäv ov odcvof ob 6' ^vsoa.
JdiirENEIA.
664 fiaygdv y aTtaiQSiq, m -jidreQ, "kiituiv sfAt.
ArA3JEßI]\.QN.
ig ravTuVi w &vyaTBQ, ov &' ijy.eig oai -KaxQi
KPirENElA.
668 olv /UT/rpi nXevoao' i' fiovij TtOQEvOOfiai;
ATAMEßlTSßN.
fiopi}, fiovvidela d-na Trarpo^ xai f4t]T£Qog.
XOPOI.
773' üeQyaf^ov Se 0pvyujv Ttokcv
Kaivovc tzsqI TcvQyovi;
775 y.vy.'l.uioai "Aqil (forlai,
Ka/uoröuovi v.ECfiuLuq
ondaag, nükia^a Tpolaq
TiiQOag y.ardy.gui Ttökiv,
&)ja£t y.öoag noLvvXavzuvg
780 ddfiaxoü ts Ilotäfxuv.
« de Aioq EKiva yöga
no'ki'-^l.uvTOQ, ioiirai
Tlooiv nQoktnovaa.. fiij-c efxoX
785 fxriT ifjoiat tty.vvjv Tiy.von;
ikTi'ig döe noT ikdui,
(UOLv o.i 7toki-j(,Qi'0oi
AvSai y.ai 0Qvycjjv ukoxot
OTr.aovai nao inrioii
790 fJtvdeiaai zäh' ig dkktjka^'
zu; uoa fi cvrckoy.ufiov y6[xa<;
eQVfxa öay.ovötv dvvaaq
Ttargldog ökkvjiivai; ärcokoTCSi;
did Oi, Tuv y.i'y.ruv öokixavxBvog yovov,
795 iiy j; ffdxii; irvi'.oc,,
tÜ5 ö irty.sv Aijöa
ÖQvi9c ■JTxauivvj
Aioc; 6t ül.kd%9ij StfAUi, ii"^'
iv dikrois Ruftiaiv
AXIAAEYS.
r, öeiva rkäcra v.oiy. ävexrd Trap^fVoj,
i^ar^iacrza d' w? dvd^i' yri^iaofievi^.
eyu) xav.tciToq ijv ä(>' 'Agyeluiv dvy;Q,
945 eyuj -yo fJijöev, Mevekeiug ö' ev ävÖQäoiv,
v'jq oL'Xi Uijkivii, ükk' dkdazoQog ysyiog,
e'iTTEQ (fovei'oEi rovjuov uvofj.a oijj ttöosi.
fia xov öl vyQUiv xufxdzujv TsdQafi/iivov
Ni]Qea, (fvzovQyov Oezidoi;, ij f^i iyEivazOt
950 oi'X dlpezai aijg dvydzQoi; 'Ayaf^efivcjv uva\,
ovo Big dxpav x^'9 ' uxrze TtQoaßaksiv -RenkoK;'
jj SiTtvkog iazai Tiükiq, ooiOfta ßaQßdquiV.,
oSev TTecpvy.aar ol avQaztjkdxai ysvoq,
0dta 8s xoi'ßöv x oüöafiov yeykijotzau
955 -yrixpovi 8e 7iQoxvxa<; x^9^'<ßdi x' ivd^^exai
Kdkxaq 6 ^idvxiq. tI<; öh fidvztq eor ävijQf
6q ökiy dkijdfj, Ttokkd öe ipei'öv keyei
ri'X^^JV özav du fii; tvxVi ^loixEzai ;
ov zujv yufxvjv Eitazi, fxvQiai yogai
960 di]Q(uai kiy.TQov Tovf-iov, eiQijTcu töSe'
dkk' i'ßgtv £Z rj^iäg vß^ia' '/lyun^ivcjv äva^'
XQ'jV S' avxov alxeiv xov^ov uvo/^t e/-iov Ttd^a,
^tjpufta iraidog' i) KkvzaiiivriOZQa Se fxoi
fidkioz' aneiadii dvyazep i-y.Sovvai noOEi.
965 iöuiy.d TCLV 'Ekkijcrir, £i irpog 'Iktov
iv Tvjö' ixaf^ivE vöoxoq' oi'x ijpyov^tsy dv
ro y.oivov av^etv lov ^et' iozgazEvufxip.
vvv 8' ovdfv eifii tihqÜ y£ zoig ozpaztjkdraigt
£v Ei'fiaQEi' te dpäv ZE yal f^ii) 8oav yakcßg,
970 zdx' EtcTEzai ari8i](iog, ov tcqXv ig Wgvyag
ekSsh', (fövov y.)]kicriv a'tfiazog XQO-^^t
£t TIS (U« zi)v oijp dvyazEQ £i;atp))a£zat.
dkk' -iiovxo.Qe' ifEog Eyot necpip'd ooi
fieyiOzog, oi'x ajv dkk' of^icug yEvi'^aofiai. ■
KA YTÄIMNIUTPA.
995 ti fn) itaQovoi^i zavxa zEv^o/nat oeSev,
AXIAAEYS.
£1 yaQ zo XQVi^"^ ETXiirEz , ov zovfiuv ^^(»fwf
XujpEiv ixEi 7«? xoL'zo zi]v au>ztjQiav.
xdyui z' dfjEtiojv irpog (fikov yEvijoof^ai,
1020 OzQUzög z' dv ov /ts/^ipaizö fi, eIxo. -jr^dy/jaxa
kEkoyiOjUvüjg ■jrpaoaoiui ftdkkov ': odEvEi.
yakioq öe y.QarSivziov cirpo; ijSovijv (fikoiq
ooi z dv yivoLxo ydv ifxov X"^?^S xdÖB.
KA YTAIMNIIS TPA.
1162 ondviov 8i dijpEvu avSpl zoiavzijv kaßEiv
öd^aQxa' (fkavqav ö' ov ondvtg yvvai^' EX^iy-
(Beschluss folgt.)
1061
1062
iSanchiiniathon.
(Beschluss.)
S. 36 rilgf <1er Verf., dass Sanchun. III, 17. von einem
Judas' die Rede sei, der zu des Königs Jabis Zeit, also
etwa 200 Jahre vor Moses, aus Aejjvpten flüchtet. In
der angeführten Stelle aber uird diese Einwandernng'
ausdrürklirh in die Zeit des sidonisrhen Kiinigs Kislon,
als in Bjblos kein König herrscl-to (nm 1500 vor Chr.),
gesetzt. — Wenn ans diesem Capilel ein Verdarlitsgrnnd
gescliiipft werden sollte, so wäre es die gleiih/.cilige Er-
w.'ihnnng eines Sotni/ron, eines Stammvaters der Samariter,
deren Manie erst in der Mitte des zehnten Jahrhunderts
Tor Chr. aufkam (l Kön. Ifi, 24.).
Dass der König der Juden Salomo durch den grie-
chischen Namen Eirenios bezeicliuet wird , kann unmög-
lich ein Verdachtsgrund gegen die Echtheit der philoiii-
schen Uebersetzung sein. Ein Anderes" wHre e.s freilich,
wenn Sanchnniathon selbst ihn so genannt hätte.
Der angebliche chronologische Widerspruch in Bezug
auf die Gründung der Stadt Jrad, den der ^'erf. S. 73
Hrn. Wagenfeld vorwirft, findet seine Erledigung in 4 Mos.
21, 1. und Josua 12, 14. Schon die ileufsche Ueber-
setzung unterscheidet geflissentlich zwischen Arad (im
Süden von Palästina) und Aiados (im nordlichen Theile
von Phünicien). Die Discrepanz , welche der Verf. S. oU-
in der Erzählung von der Gründung der Stadt Ben/tos
(Sanchun. I, 5. und VIII, 7-) finden will, möchte gleich-
falls keinen erheblichen Verdachtsgrund abgeben.
Somit ist die Summe desjenigen, was der Verf. von
Nr. 2. zur Verdächtigung des AV'agenfeld'schen Sanchn-
niathon dem von seinen Vorgängern Aufgestellten hinzu-
gefügt hat, nur sehr gering zu nennen, und e* bleibt ihm
fast nur das Verdienst der klaren und lebendigen Dar-
stellung.
Während die ^'erf. von Nr. 1. und 2. entweder von
der Unechtheit des neuen Sanchnniathon vollkommen über-
zeugt sind , oder doch den gegen die Echtheit desselben
erhobenen Zweifeln alle Gerechtigkeit widerfahren lassen,
nimmt der ^^erf. von Nr. 3. nicht allein von demselben gar
keine Notiz, sondern bemüht sich sogar, die Ueberein-
stimmung der chronologischen Angaben des neuen San-
chnniathon mit lienen des Berosus und Manetho bei An-
nius Viterbiensis , der Chronicies of Eri von O'Counor *),
nnd endlich auch lies Menander , Josephus, Eusebius und
des alten Testaments, nicht nur im Ganzen, sondern auch
im Einzelnen zu beweisen. Schon aus diesem Streben
geht deutlich hervor, dass Glaulen und Phantasie dem
Verf. höher gilt, als Kritik und L'rtheilskraft ^ indem
die Letzteren den Ersteren so zu sagen nur als Relief
dienen. Grosse Belesenheit lässt sich dem >'erf. durch-
aus nicht absprechen; allein er versteht es nicht, die
Materialien gehörig zu sichten, nnd ist präoccnpirt von
dem Glauben an Skjthismus des Phönikeii, wie des eu-
ropäischen Gaelen. So vereinigt er denn die heterogen-
sten Dinge zu einem schönen Ganzen und weiss mit be-
') In dem zweiten Hefte der Fragmente (Hannover, 18.^8.
232 S. gr 12.) gibt der Verfasser einen .ihilnick dieser
Annalen mit gegenüberstehender deutscher üebersclzung.
wuudernswerther Geschmeidigkeit Eusebius und O'Connor,
Ilerodot und Wagenfeld, Josp|)hu9 und den Annius von
Viterbo, Justin und das alte Testament, ja, selbst Mexi-
kanische Chronologie und Ptolemäiis friedlich zusammen
zu paaren. In <ler Etymologie huldigt er durchaus den
Principien des l'orkänipfers für irische Alterthnmsknnde
und Sprachforschung, Sir AV. Bethaia, der kürzlich noch
so glücklich war, in der irisch - phönicischen Sprache
den Schlüssel zu linden zur Erklärung punischer *) und
umbrisrlier Inschriften. Er scheut sicli nicht Ta pra-
ll ane (Div- Jiucanaf die Insel des Ravnna) durch Ta
liier, Foras, VJ'iid durch's Wasser, Binn, äusserste
Spitze zu erklären; er deutet das Wagenfehrsche Ma-
zattrisa in Mass-ur-eis-a Berg der Menge des ge-
icattigen KlementarJ'euers ; tMe Inii/rclui/cine/i heisscn ihm
Im-ear-raig- cin-i (sprich Imirraglcini) die Inseln
des Volks des Frühlingsliitnmels, Inseln des ewige»
Frühlings , und man liat also sehr unrecht gethan, wenn
man diese Aauien aus dem Hebräischen erklären «tollte.
Dass Algarbieti , dessen arabischer Ursprung bisher all-
gemein anerkannt war, aus dem Irischen ^llg-ErLe ?M
erklären sei, wird gewiss Vielen neu sein, ebenso die
Ableitung der griechischen Ländernamen - Endungen in
-1« nnd -xi\ aus dem Irischen iatli und ce (sprich ia
und ke) und die Erklärung des psoudosanchuniathoni-
sclien Namens des Salomo, Eirenios- den man wohl mit
Unrecht für eine Gräcisirung des hebräischen Namens
gehalten hatte, durch Eir-inn oder Eir - ainn , d. i.
freundliche Gemüthsart oder ehrenicerther Freund. Knrz,
bei dem Lesen von Nr. 3. fällt Einem unwillkürlich bei,
was Wachlcr in der Ersch - nnd Gruber'sclien Encvclop,
ly, p. 184 über Annius A'iterbiensis urfheilt: ,,Die Ge-
lehrsamkeit Nanni's ist gross , aber unverdaut und be-
schwerlich verwirrt; so viel Mühe auf Vereinfachung und
A'erdeutlichung der Zeitrechnung verwandt wird, so dun-
kel und ohne Einheit im Einzelnen ist sie. 3]it Namen
werden etymologische Spiele getrieben. Alles lauft dar-
auf hinaus, die Celten als Italiens Urbewohner in histo-
rischer Vollwichtigkeit, und den Noah als Janus Xct'
tumnus geltend zu machen. Die Anführungen aus alten
Schriftstellern, besonders aus dem älteren Plinius, sind
häufig, enthalten viele Unrichtigkeiten und Nanicnent-
stellungcn." r — (/.
Lucian's Traum, Anacharsis, Demonax, Timon, dop-
pelte Anklage unil wahre Geschichte. Für den
Schulgebrauch mit Einleitungen und erklärenden An-
merkungen versehen von Dr. Friedr. Gotth. Schöne.
Halle 1838.
Wenn in den vorigen Jahrhunderten die Schriften des
Lucian auf Schulen »eniger gelesen zu werden pflegten,
als es in den letzten Dccennien der Fall gewesen ist, so
lag der Grund davon theiis in der Zurücksetzung, wel-
che der griechische Sprachunterricht überhaupt auf ge-
lehrten Schulen erfuhr, tlieils in der Aufeindung, welche
sich namentlich von Seiten der den Unterricht leitenden
*) Veigl. die beisseüde Anzeige derselben in der Zeitschrift
für die Kunde des Morgeul.mdcs , 1, S. 408.
1063
1064
Theologen gc^cn Liirian als angeblichen Feind und Spöt-
ter des Christenthunis erhob; ilenu seine nicht überall
pchtcl.issisclic Gräritat »ar für jene Zeiten kein Ilinder-
uiss, ihn auf .Sihnlon zn le^en, da man keinen Anstand
nahm, die viel schlorlitere Gr«cit<'it des N. Testaments
eifrig zu stndiren. Daher ist es denn auch zu erklären,
warum selbst noch in dem verflossenen Jahrhundert so
äusserst »enig dafür geschehen ist, durch zweckmässige
Ausivahl Liicianischer Sdiriften diesen Schriftsteller für
die Schule zuganglicher zu machen. Um so erfreulicher
ist es, dass in den letzten Uecennien, seitdem die BiU
düng iler Gyninasialjugend in die Hände der eigentlicheo
Philologen nbergeganj^en ist und die engherzige und ein-
seitifife Beurtheilung und Auffassung des Alterthums einer
allseifigercn und unparteiischen immer mehr Platz ge-
macht hat, solche ^'orurtheile verbannt sind, und man
trotz alles Eifers der llyperortliodoxen und Pietisten
unserer Zeit zu der Ueberzeugung gekommen ist, dass
auch eine zweckmassige Auswahl aus Lucian's Schriften
unserer Jugend unbeschadet ihrer Religiosität und Sitt-
lichkeit in die Iland gegeben werden könne. Nanientlicll
bat Lehmann durch mehrere Einzelausgaben Lucianischor
Schriften sich ein wesentliches Verdienst um die Ein-
führung dieses Schriftstellers in die Gymnasien erworben,
und lue freudige Aufnahme und gebührende Anerkennung,
welche seine Leistungen fanden, veranlasste mit und nach
ihm andere Gelehrte, Sammlungen aus Lucian's Schriften
für den Sch'ilgebrauch zu veranstalten. Mit Recht hält
<lesshalb Hr. ür. Schöne p. VI es für iinnöthig, bei der
jetzt allgemein anerkannten Urauchbarkeit des Luoiau
für die Schullecfüre, seiner Sammlung von dieser Seite'
besondere Empfehlungsgründe beizugeben; wohl aber
glaubt er sich darüber rechtfertigen zu müssen, dass er
nach dem Erscheinen mehrerer treulichen Arbeiten ähnlicher
Art, namentlich von Pauly und Jakobitz, deren Verdienst-
lichkeit er gebührend anerkennt, eine neue Sammlung
Lucianischer Schriften an's Licht treten lasse. Diese
Rechtfertigung hat er in der gründlich durchdachten
Vorrede so genügend gegeben und ilariii so viel Treflen-
des über die Leetüre der classischen Schriftsteller auf
Schulen überhaupt und des Lucian insbesondere gesagt,
dass wir es nicht unterlassen können, die Hauptgedanken
liorvorziiheben , ziiinal sie praktisch von der grössten
'W'ichtigkeit simi und für Lehrer und Schüler höchst
beachtenswcrthe Fingerzeige enthalten. Die Ausgabe ist
für Geübtere berechnet, etwa für Secundaner zur öffent-
lichen, für Primaner zur Priv.itlecfüre, und soll abwech-
selnd mit Xeiiophon's Schriften — ilie wenigstens in den
Preussischeii (iyinn.asien zur llauptlectüre iler beiden ober-
sten Classen bestimm' sind — dienen, ein Wechsel, der
gewiss in mehrfacher Uezichung für den Schüler er-
spriesslich ist, indem er dadurch theils .auf die wesent-
lichen Unterschiede der altattischen Diction von der spä-
teren liellenischen hingewiesen , theils zur ^^-rgleichung
zweier als .'\Iensclieii und Sclirillsteller so ganz verschie-
dener Charaktere, ivie Xenophiin und Lucian, geiiöthigt
und dabei zugleich in den ganz rersihicdenen Geist und
die verschiedenen Sitten und Bestrebungen verschiedener
Jahrhundorte des Alterthums in den mannichfachsien
Richtungen eingeführt wird. Dabei ist auch nicht zu
besorgen, dass der .Schüler die Leetüre des Lucian gegen
die lies Xenophon zurücksetzen oder vernachlässigen
werde; im Gegentheil möchte eher der umgekehrte Fall
eintreten , da Inhalt und Form der hier ausgewählten
Schriften des Lucian der Aull'assungs- und DarstcUungs-
wcise der modernen Zeit weit näher steht, als die echt
antike Form der Xenophontischen Schriften; namentlich
bietet sich in d^n Inhalte derselben so Vieles , was der
jugendlichen Phantasie viel mehr zusagt und durch Witz
und Satire reizt, als die edle Einfachheit und unerreich-
bare Grazie des Xenophon. Soll nun aber der Schüler
die Schärfe der Satirc und die Feinheit des Witzes in
den Schriften des Lucian nach allen Beziehungen ver-
stehen und den rechten Genuss und Nutzen aus seiner
Leetüre ziehen , so gehört dazu allerdings auch eine
gründlichere und methodischere Erläuterung, als zu man-
chem andern sprachlich sogar schwierigeren Schriftsteller.
Dabei gewährt der geringere Umfang der Schriften Lu-
cian's den nicht geringen Vorthoil, dass der Schüler ein
leicht zu übersehendes Ganze vor sich hat, dessen An-
lage und innere Construction , Zweck und Bedeutung er
unter Anleitung des Lehrers leichter erfassen kann und
dadurch erst ganz der biblenden Kraft der Alten inne
wird und wahrhaftes Interesse für ihre Leetüre gewinnt.
Mit Recht wird daher p. VIII ilie verkehrte Unterrichts-
methode gerügt, nach welcher ,,die alten Classiker haupt-
sächlich als Material zur Einübung des grammatischen
und lexikalischen Wissens gebraucht werden, während
der sachliche Stoff, wenn nicht ganz bei Seite geschoben,
doch sehr lückenhaft und desultoriscli behandelt, von
vielen Dingen zwar Etwas, im Ganzen aber nur eine
planlose und fragmentarische Kenntniss vereinzelter No-
tizen und von einer Menge innerer und äusserer Verhält-
nisse des Inhalts , deren Berücksichtigung nicht .allein
zu einer wahrhaft gedeihlichen Leetüre, sondern auch des
Zweckes harmonischer Ausbildung willen nothwcndig ist,
oft gar Nichts beigebracht wird." Eine solche dürre und
geistlose Erklärung der Alten kann freilich nur da statt-
finden, wo der Lehrer entweder selbst nicht in den
Geist des Alterthums eingedrungen ist, sondern an der
äusseren Schale der köstlichen Früchte desselben mit
grammatisch - lexikalischer Gelehrsamkeit sich zerarbeitet,
ohne d(Hi inneren Kern zu finden , oder wo es ihm an
Eifer unil Liebe fehlt, sich in den sicheren Besitz einer
so umfassenden Kenntniss des Alterthums zu setzen, wie
sie zu der allseitigen und lebendigen Interpretation der
Alten erfordert wird.
(Fortsetzung folgt-)
Personal-Chronik und Miscellen.
G rcifswal.l. An die Stelle des am 12 .Fchriinr d. J. ver-
sUirhinen Oiclinirius von Quinta, Hiii. Oberlehrers D. Za oder,
wurde /ii Oilcrn der bislicrii;e Ordinarius von Sexta, Hr. Colln-
borator VokcI, und an Hessen Stelle zti Michaelis der Schul-
amts-CandiJat Hr. Dr. Reinhardt erwählt.
Zeitschrift
für die
AI t er th ums wissen Schaft.
Mittwoch j 6. November
1839.
Nr. 133.
Die Interpolationen der Iphigenia in Anlis des
Eurijtidcs ,
zusammengestellt von W, Dindorf.
(Beschluss.)
aixoq -xTaruiv, ovx dlXoc,, ovo' dkXrj %*?'>
roiövSe f^iicr^ov xaTctk/Trcuv iCQoq tovq Bö^ovc.
1180 £TT£i ßpaj[£tag TtQocpdaFAxx; idsi j^iovov,
scp i] er' eyu) y.aX TCaideg al ksXeii^i/nsvai
Ö£i;öfj£&a Ö£^tv i'v 0£ Si^o-crdcu xq£v')v.
jMj; S))Ta TiQog ^fc/jr pifT* ävayxdcr?]^ fjWf
xay.rni y£vEa&ai Tte^i 0£ fiiJT avi6(; jivy.
£t£V •
1185 9vcr£iq Se Tr;v TtaiS'' tvd-a Tivaq ev^aq, £Q£ti\
xi 001 xaT£v^£i zäya^ov, ocpdQmv xhxvov,
vuarov irovijouv o'i/.od^£v y aioxomo, luiv; ^
aJX £/^£ Sixatoi' äyadov ivxtadai tI Goi;
ij xao dowirovc, xoiq &£oug 7jyotfi£9-' o.v,
1190 £1 Toioiv avdei'xatßiv £v (pQovijOouEv.
ijxojv 8' £Q"^4oyoq TtpoaTTSoijg xly.voiai Goic,;
dkk' ov dijU/c aot. T(5 8h xcte TTQOoß'Ktip£xai
naidojv 0, £av avxah' 7roo!}£ji£voi xiävrjq xivd;
xavt' i]l.9ov i'jSi] 8id köyutv. ;} ay.ijWXQa aoc
j.i6vov 8ta.(fi£Q£tv y.al OTQUxtjXaTftv oe Sei,
UV XQiji' Siy.utov Xoyov iv 'A^yEioK; XiyEtv,
ßovk£a&', Axatoi, -jrXEtv 0Qvyü)v inl x^ova;
y.\r]QOv xid£a9£ nat8' oxov 9av£iv ygeujv,
£v lOuj yaQ r,v Too , aLku lo; er £i;aio£Tov
acfdyiov TTa^ao-xEiv ^avalaaiat iraida Oijv,
1] MsvihEuiv TTou iinroui 'Eoiiiovijv y.xavrtv,
* ^ \ ^^ .^ f^ ^ r «>5 ' ' '' * ' \ y
ov:i£Q xo npayji ijv. vvv o £yuj fuv r^ xo Oov
ouiQovOa k£xxQov nai8uc, vcrTemjaofiai,
f]8' i^aiiaQTuucr, vTTÖxQocfov vEolviSa
^■KUQzrj y.o^iiQovo', £VTi'%i]i ysvijaexaf.
TOVxojv^ajjE/ipai [i Et tc fti) xuküjq kEyu)'
£1 8' Ev kikEyxat vuii jJ-i] 8ij ys xrdvrji;
xi]v Tr,v xE xdj^ijv Ttal8a , y.aX oojcpqujv tOEi,
1195
1200
1205
ArAMEMTSS2N.
fXEfXIJVE 8' 'Acf^oSlTIJ T/C 'EkkiJVUJV (TTQa-Vtp
1255 TtkEiv «3; tdyiöxa ßa^ßdomv etii %96va,
■Kuvoal XE kEXXQOJV äpTtayd^ 'Ekktjviy.üiv
Ol xdq iv "AqyEi -Ka^bEvovz, xxEvovcn fxov
i5jUac TS y.d/iE, dEOcpax' Et kvdo) 9euz.
ov ßlEvskEojq fXE y.axa8t8ovkv)xai , xtxvov,
1270 ovo' fn\ xo xeIvol' ßovköuEvov Eki]kv9a
dkk' Ekkdg, i] Sei, xdv 9£kui yäv ^ii) ^ikcu,
Si'crai öE xovTov 8' ijacrovEq Y.a9ioxafiEv.
sksvdEQav yd.Q Sei viv, ooov ev aol, xsy.vov,
xd./io\, y£V£a9ai, fiijSe ßaoßägoiQ i'Tto
1275 'Ekhpaq ovrag kixTQa ovkäadai ßia.
AXIAAEYS.
1410
1415
1420
1425
1430
tÖ SEOiia^Eiv yäo dTokiTTova, ö Gov xparti,
E^Ekoyiffo) T« j(}i-jOxd Tdvayy.aid xe.
fiäkknv Se Xexxqvjv (tcSv Tioboq, [/ EiaEQXexai
£<; xr;i' cpvoiv ßkiipavxa' yEvvaia ydg eI.
OQa S' • syoj ydp ßovkoiiai a EvEoyExEiv
kaßsiv t' t? o'ixovq' äydofiai x', i'axcu Oexic,
El f^ii] OE Ou'iOüj Aavd'ibatcn Sia fK'X']?
Ekdtöv d9Qi]Oov , ü ddvaroi; Seivuv xaxöv.
KDirENEIA.
Xsyo) xdS'. ov8iv ovSev EvkaßovfiEvi^.
Tj Ti'vSaotq Ttaic, Sid xo Oujf/ dgxEi fiayai;
dvSpiov TtdEioa xaX cfövovc,' ov S', oj ^£V£,
(U?) 9vi)0xE 8i' Eii£, ^nS' äjroxxEivrjg xivd.
ea 8e adjoal j^i EkkdS , r^v Svvvj^Eda.
AXIAAEYS.
w kij^i uQioxov, ovx EXO) ^po? roi'T Exc
kEyE/v, ETtEi (TOI xäSs SoxEi- yEvvaia yap
^povEii;- T(' ydg xdkrj9£q ovx Eiitot xio, äv ;
o/j-ujc 8' i'aiog ys xdv jusxayvoli/i; xaSe.
ö3; ovv av EeS7J<; xdit' e/^iov kEk£yu£va,
£k9Mv xd8' onka 9tjoo/jai ßojuov nskai;,
(üq ovx idocov o', dkkd y.uikvau)v 9av£iv.
XQi'jOEi Se xal (TV xoiq e^ioiq köyou xu-X^i
oxav -Ttikag crijq (pao-yavov SEoi^g 'tÖTjg.
ovxovv sdauj 0 dcpgoavvrj xrj ofj 9uvEiv
£k9u)v Se ovv oTtkoti; xoiirös Ttooc, vaov 9£US
xapaSoxriOu} ar^v exei itapovcriav-
WirENEIA,
1436 jUT/'r' ovv ys xdv a-ov nkö^a^ov EXXE^iyg TQixö<i-
1067
1068
ArrEAOs.
TTfo; TUVTa ^tij ipai'crr^ ti^ './(jyeluiv i/iov.
151)0 c/'/y rr«pftw ydo dioi-ii ci'xaoöivji.
jounvT ekiie- nai ö ii^üiißijcrcv x/u'lüu
eL'tpl'XtCCl' TE xdocTijV T>]i -Trao^EVOlf.
orä» S' tu füao) TakSi'ßiog, y} xö8' r,v fieXov,
ei'cfi'itUcv dveiie Kai atyr^v OToariff
lö65 K((k~/«-i tV 6 ftavT/^ fg xavovv xoi'orXaTov
e^i-y.sv di;i' X^'i" (fdayavov (y:Tuaag
xo'Keciiv eaui^ev, x^ära t 'iartiptv y.ö^iji.
6 Trati ö' ö Tlijkeojz iv y.i'xho ßfufiuv dtäg
kaßtov xavouv i^oe^s xtfivißü'i y' öfxuv.
töTO e/.tie d', w zZ/Ws "AoTEftii dijpoxrore,
TU kapTTOüv eiki'ijoova' iv ti'(f(j6vrj cpcioi,
Se^at TU 9t!iia -vöä' ü ye aoi 8u)(joi<ui9a
ßToaroq T '.^xaiojv 'AyacLiftviuv dvai; iP' ö^avy
axguvTov aiuu xaXXtJiU(jl^£uoi' degvg,
1575 xat ödi yeviodai nkoiv veüjv dii'uova,
Tooiui T£ nigyaii i^ektlv ?•('"? öogi.
£5 yiji' ö' 'ATotidai TTÜg a-TOMTdi r' iacij ßkiTcmv.
IfQU'i de (fdoyuiuv Xaßwv e7r)jvl;utOy
Kuiuui' T i7Tif}xo7iti&', i'va Tlkr.ttttv dv
1580 ifju\ 6a T uhyoi ur /.'.ixpov siarjei Cfgev),
y.ufTTtjV vevevy.uji' duvj^iu 8' i]v OAffvi]!; ügdv
nki-yi]i; y.TVTiov ydg ttuc tic ijaßeT' o.v outfoiq,
Tip' TTagDevov 8' ovx eiöev oi> yiji; n'air^r.
ßoa 8' iegei'i, d-:i:a<; 8' 6TCi:xf]0S OTgo.TO';,
1585 änkitxov eioiSovrag ix d-edjv xivoc,
(fdou, Ol' ye fti-8' dgut^tävov Tcioxiq, ■Kagijv.
eka(fog yao doTiaigova ixen: enl X'^^'^'-
i8£iv fjeyioxtj 8/a7ifj£7irjg re t:i]v deav,
r,g aiftaxi ßu>uu<; iguivex' dgöijv xTji; i^eov.
1690 xdv Ttn8e AakxoLi TicSg 8oxei^; xfdgujv Icfi],
Ol X018' 'Axaiviv xotgavoi xo/i'ou crxgaxov,
öoaxf. ttlvÖE dcoi'av, rjv rj 9 eis
nguLdt]x£ ßutuiav, i}.a(fov ogtiöguuov ;
xani:v ud/.coTa nTs ydgrji doxäCtrut,
1595 Wi; I.UJ fxidvTj ßtDjjdv evytvai (funu>.
r,8iuji xs xovT edäi^ajo, xaX Trkovv oig/ov
di8üjoiv i'jiiiv 'Ikiov r' iniSgo/^tdi.
jrpo; Tavxa Ttdi; xig ^dgao^ aige vavßdxi;q,
X^dgei te ngui; vaiiv • (u<; ijutga Tijöa Sei
1600 tjnüvxaq >judi Avki8oi; xulkoug fAvxuvq
Aiyuiov oidiw. dtuTTagav. ärral 8' ditav
y.u.Ti]vd QayMJi}t] i>v^t' iv 'Il(fcdaxov cf'Kuyi,
TU -iiodof^oo' r^i'^aiV, tös ri'x'Ji ruoTov oxgaxd;.
ntfATxei 8 'Aya^iunijv u ujiTTe 001 (fgäaai xd8e,
1G05 kiyeiv 9' üiiuiai; i/. Üauiv fuui(ju<: xuuai
xui 8üi:uv t.oxau dcfifiTov xu9' Ekl.d8a.
tym Tiagujv de xcu to ii(j(/,y^i ugimiiyuj'
L-:tuic, ou(ftJig aoi -ngdi 9eol^ dcfn'jiTuto.
Ttiji; 8' djfu/gae xui nöaet na.^ttc, xdkuv
1610 dnuo(j8u/.>]ta. 8b ßgoxotg xd xviv yton,
aruiCovoi y' o('^ Cfikuvo/v' ijuau ydg id^c
davovaav aide xui ßkäriovouv nuiSa oi^v.
XOPOS.
cö; ij8oiiai xot tuPx' d/ovoaa' dyyil^ov
^ujv 8' iv ifaoiai odv ^iveip (fgd^t/ li/.oi.
KA YTAIMNin TP A.
1615 w TTul^ 9auiv Tot' xlenj-ia yeyovag;
Titiji ae 71 gotrti.T(fj ; TTcjq 8a (ff);
nnganudeiodat tuv(t8£ fidcijv fji'9ovg,
djg 000 navdoi'i kvygov Tiai'irulfiav;
XOPO^.
xai iti)v 'Ayafxsfjivuiv dva^ uteixei,
1620 xovaS' avxou<; exu>v not cpgd^eiv jivdovg.
ATAMEMNÜN.
yvvai, 9tyaxgdg avay' iikßioi yEvoifieS-' äv
axft y"-g dvxvti; iv daou üiiikiav.
Xgi] 8e oe kaßoöonv zürda ftooxov venyevfj
aiet'xfiv -yrgot; or/.oi'i' löq GxgaxoQ -irgoqiTkovv ood.
1625 y.ci X"^ig^' ;f(>0''« ya xö^iu 001 jioDfScfdeyuaxa
Tgohjdev iaxac. xui yavocxü aoi y.akißq.
XOPOS.
Xntgo)V, 'ArgaiSi], yijv i/.ov <J)gvyinv
XnigiDv 8' eTrapijy.a,
xdkkioxa uoi axvk' dno Tgolac, ekmv-
3Iplirrre df-r hier als iiiiprlit hczoirlinpfon Stpllon
sind liproit« von anderen Rritikerii als solrlie erkannt
Hürden: ivorüber das Näliere aus den neueren Ausgaben
einstueilen zn ersehen.
Ans einem zueiten, ebenfalls nnerlifen Proloy — wip
auch für Rhesus zwei unerhfe Prolo^je vurlmnden »aren —
sind die ron Aeliau N. A. 7, 3U- aus iler i|)Li;:fenia lies
Euripides angeführten (loa Artemis gesprochenen) Verse
enfnoinmen ,
"Et.acfov 8' 'Axctiujv x^Qdiv äv9ijnvi (fi'kaiq
xtgovncruv , r,v <Trfiai;avT£i; ai'Xijaovöl ar,v
ocfd^aiv dvyuiegu.
Lurian''s Traum, AnacJiarsis, Demonax, Timon, dop-
pelle Anklage und uahre Geschichte. Für den
(ichulgebrauch mit Einleitungen und erkl/irendcn An-
merkungen versehen von Dr. Friedr. Gulth. Schöne-
(F ort se tz HD g.)
So oft aucii sclinn anderweitig diese verkehrte und
geistlose iuterpretafionsneise gerügt ist, so kann sie doch
gerade in unserer Zeit des Kampfes zuischen Humanismus
und Idealismus nicht oft und hart genug gerügt iverden,.
da sir- es gerade ist, «elilie di-n (iegnern der classischeu
Philologie die geDilirlichsfeii AVaflen in die Hilnde gibt.
Denn auf diese Art niuss dem .Schüler die Lust und Liebe
zum Sluilinm der Alti'n von vorn herein verleitet «erden;
die Jugend kann sich unmöglich mit dem Wüste gram-
matischer, lexikalischer, synon> niischer Gelelirsanikeit,
nil( leiTcm Cifatenvvcsen und fragmentarischen antiquari-
schen iNotizen befreunden; in der Zersfückelung einer
solchen statarischen Leetüre geht ihr iler Ifeberbliik über
da.« Ganze verloren, und <la ihr aus dem grossartigen
Geiste und Leben dos .ilterthums keine Stärkung bei so
10G9
1070
fei«««ilt(>ii<ler BosrUaftigfiing- zuflic.ist , so ersrlilalR sie
uikI wird gleicli^Hltif; fc^^fii <lie Alfeii, deroii liolu-r AVertli
ihr iiifi /.IHM Bewiissfseiii gpkoiniiicii ist; ilalior ilie trau-
rige Erfiiliriuig, (lass viele, selbst (;iitc köpfe, froh sind,
von dein Kiide der Schulzeit auch die liceiidiguiig; ihrer
Beschäftigung mit den Alten datiren zu können. Das
wurde getviss in »i eit geringerem Grade der Fall sein ,
wenn "on fri'ih an srhon Bedacht darauf geiiouiinen « i'irde,
in dem so liürhst empfänglichen jugendlichen Gemi'ithe
eine liegeisterte Liel.e zu den Alten zu erivecken, wel-
che über Schul- nnd ÜHivcrsit.'itsjahrc hinausreicht, was
dadurch gefordert «erden wird, dass man sie durch ilie
Leetüre zwerktnässig gewählter Schriften unter der Lei-
tlrng geschickter und classisch durchgebildeter Lehrer
allmählich nnd je nach dem iMaasse ihrer geistigen Kraft
und Bildung scilistdenkend in das innerste Leben nnd
Treiben des Alterthums einführt. Darum gibt auch Hr.
Dr. Sihiine ilen Ziveck der vorliegenden Ausgabe (p. ^^III)
Lestiurnit dahin an , „dass er nicht ein IMaterial zu bloss
sprachlichen fjese- und Erklärungsiibnngeji habe geben
wollen, sondern zu einer Lectüre , die methodisch auf
den Zu eck hingerichtet sei, zu einem, soweit es fi'ir diese
Lnterrichtsstufe passe, gründlichen unil zusammenhängen-
den Verständnisse des Schriftstellers ebensowohl in ma-
terieller als formeller Hinsicht anzuleiten." ' Zu diesem
Bchufe gibt er zuerst p. l— l-l- eine allgemeine Kinlei-
tnng über Lucian's Zeitalter, Leben nnd schriftstelleri-
sche Thätigkeit, welche, mit Benutzung der vorhandenen
llülfsmittel, in gedrängter Kürze. Alles enthält, was für
den Leser nutliig ist, nni ein anschauliches ßild von dem
Geiste des Zeitalters, in welchem unser Schriftsteller
lebte, von seiner literarischen Thätigkeit unil seinem eigen-
thümlichen Charakter zu geben. Die Lectnre selbst soll
nun dazu beitragen , das im Allgemeinen entworfene Bild
im Einzelnen praktisch zu veranschaulichen und zu be-
wahrheiten; und der Hr. Herausgeber hat gerade die
vorliegenden Stücke gewählt, weil er sie für ganz beson-
ders geeignet hielt, die Hauptrichtungen in <len literari-
schen Bestrebungen des Lnciaii, sowie seine eigenthüm-
liche Denkweise zu charakterisiren. Wir können dieser
Auswahl nur unsern Beifall schenken, namentlich da aus
dem ersten Buche der wahren Geschichte der fiir die
Jugend anstiissige Abschnitt, C. '2'2 — '-'H , ausgemärzt ist,
was ohne IVnchtheil für das ^Vrstän<lniss des Ganzen be-
quem geschehen konnte; freilich hätten dann auch im
Demonax die beiden noch anstössigeren Stellen C. 15
und 17 , in denen auf Päderastie Bezug genommen wird,
weggeschnitten werden sollen, was ebenfalls keine Stö-
rung des Znsammenhangs hervorgebracht hätte. Ausser
dieser allgemeinen Einleitung ist aber jedem Stücke noch
eine besondere beigegeben, über welche sich iler Herr
Heransgeber p. XI folgenderniaassen erklärt: ,, diese Ein-
leitungen haben ilie zweifache Bestimmung, erstlich Hier
den jedesinalip,en Inhalt alle Saclierliiuterun^en voraus-
zuschicken , ohne welche ein vollständiges Verständniss
der Sclirift für <len Schüler gar niclit möglich ist, zwei-
tens über die eigenthümliche Behandlangsweise und Ein-
kleidungsfiinn , sowie iilter die besonderen Tendenzen des
Schriftstellers die nöthige Einsicht zu eröffnen , um so
das Allgemeine, was die Gesammteinleilung gibt, in den
besonderen Anwendungen weiter naehziitveisen oder er-
gänzend zn vervollständigen. Auf diese Weise wird der
Schülei' gleich gehörig orientirt nnd mit einem xtiSam-
menllilngenden lleberblicke über die Hauptveihällnisse
ausgestattet in die Sache eintreten." Gerade diese spc-
riellen Einleitungen sind es nun aber, welche ilem Buche
einen ganz besonderen Werth geben und vor Allem dazu
dienen, den oben angedeuteten Hauptzweck der l-ectüre
der alten Classiker auf Schulen zu erreichen. Sie sind
mit einer ausserordentlichen Sorgfalt und (lenauigkeit ,
mit gründlicher Kenntniss des Alterthums und namentlich
des Zeitalters Lucian's in seinen feinsten Beziehungen,
dabei ohne alles eitle Prunken mit todter Gelehrsamkeit
und mit stetem Hinblicke auf eine gründliche nnd allsei-
tige Erfassung der jedesmaligen Sclirift gearbeitet, so
dass sie nicht nur für den Schüler unentbehrlich, son-
dern auch dem Lehrer höchst willkommen sind , da er
hier in klarer Uebersicht das zusammengestellt findet,
dessen HerbeischalFung in solcher Fülle, Gründli<'hkcit
und Gediegenheit ihm oft nicht ohne vielen Aufwand von
Zeit un<l IMühe möglich sein dürfte, .So gibt di(^ Ein-
leitung zum Traume zuerst in gedrängter Darstellung deu
Inhalt der Schrift an, stellt dann die Erzählung des
Traumes selbst in das rechte l'erhältniss zu der Dich-
tung des Prodikus bei Xeno|)h. !\Iemor. II, 2, 21 etc.,
leitet daraus die ^'erschiedenheit der Darstellungsform
bei beiden Schriftstellern ab, zeigt die Angemessenheit
der Erfindung iler Ausführung und des Tons bei Lucian,
soivie den vt ahrscheinlichen Zweck, den er bei Abfassung
des Scliriftrhens hatte. Dabei ist der Ausdruck so zweck-
mässig und treffend und mit so sorgsamer Rücksicht auf
Erklärung des Textes gegeben, dass eben in der Einlei-
tung die beste Erläuterung und Anweisung zur zweck-
mässigen tlebersetzung der schwierigeren Stellen liegt.
Ein Gleiches gilt von den übrigen Einleitungen , unter
denen die zum Anacharsis S. 37 — (ii sich ausführlich
über den Zweck und das Wesen der griechischen Gym-
nastik verbreitet, deren Ausführlichkeit der Hr. Heraus-
geber p. XII besonders rechtfertigt. Am dankensiverthe-
sten ist aber unstreitig, was in den Einleitungen zu dem
doppelt Angeklagten und der wahren Geschichte gegeben
ist, weil hier Slaterien berührt werden, deren genaue
Kenntniss in iler Regel weniger verbreitet ist, und über
welche die gewöhnlichen antiquarischen Lehrbücher wenig
oder gar Nichts geben, nämlich über die Form des Pro-
cesses in den römischen Provinzen zur Zeit Liiciaiis,
S. 179 — 194, und über die Enfstehiing iler mährchen-
haften Wundersagcn und Lügenerzählungen unter den
Griechen, S. 2!l — 2.')ö , welcher Gegenstand mit einer
seltenen Genauigkeit nnd Gründlichkeit und auf eine
höchst interessante Weise behandelt Ist, so dass wir die-
sen Abschnitt für den werlhvollsten und gelungensten des
ganzen Buches erklären möchten. Gerade für diesen
Abschnitt bedurfte es der S. XII eic. gegebenen Recht-
fertigung am wenigsten, da sich der Hr. Verf. dadurch
gewiss den ungetheilten Dank aller seiner Leser erwer-
ben wird.
Der Text srhliesst sich meist an den der Lehmann'-
scheii Ausgabe an, nnd es ist sehr zu bedauern, dass die
Jakobitz'sche Ausgabe noch nicht so weit gediehen war,
1071
1072
dasä «Irr IFr. Ileraiisff. sie li.'l«e zum Grunile legren kiiii'
neu; nur für den Traum, «len Timon und die »alire
Geschiclite liefet die Jakobifz'srlie Rerension zum Grunde,
und in diesen Sdlcken bleibt für die Kritik des Textes
«enig zu «ünsclien iibri<j. Eiifentlichc Kritik des Textes
hat der Ilr. Ileraiisj. , als fiir den Zweck eines Srlinl-
buclies dieser Art unjjehörijj , ausgesclilosscn und nur hier
und da eine kurze Rechtfertigung seiner Abiveicliuug roii
der A'ulgata gegeben.
Was die Zugabe erhl'drender Aitmerkungen betrifft,
so sind «ir ganz mit den vom Herausg. S. XIII ff. an-
gegebenen Grundsätzen einverstanden. Die Anmerkungen
sollen ,,in das ^'crständniss der Worte und des Einzelnen
einführen, insoweit diess zur Vorbereitung für den Un-
terricht des Lehrers oder beim Privatgebrauche zur Un-
terstützung des eigenen Nachdenkens des Schülers nüthij
erscheint." Desshalb wollte der Ilerausg. in den An-
merkungen auch nur so viel geben , als nöthig erschien,
dem Schüler bei dem Streben nach richtiger Uebersetzung
und Auffassung des Sinnes zu Hülfe zu kommen, deu
Ideengang anzudeuten, die dunkleren Beziehungen oder
Geilanken unter einander aufzuhellcu und das zu er-
gänzen, was Lexikon und Grammatik dem Schüler gar
nicht, oder ungenügend bieten. Zu loben ist dabei das
Streben nach Kürze, Deutlichkeit und Bestimmtheit in
der Abfassung der Anmerkungen, und die Vermeidung
aller für den Schüler unnützen Citate, die noch so man-
che Schulausgabe der Classiker entstellen. Dass das
Ulaass der Anmerkungen gegen das Ende des Buches zu
immer sparsamer wird , rechtfertigt der Ilerausg. damit,
dass er die Leetüre der einzelnen Stücke gerade in der
Reihenfolge beabsichtigte, wie er sie gestellt hat, und
desshalb bei dem Schüler späterhin schon eine grössere
Fähigkeit zur Auffassung dcsSiunes und zur Losung mancher
Schwierigkeiten voraussetzte. Wenn «ir dieser Ansicht
unsern Beifall auch nicht versagen können, so mochten
wir doch die Anmerkungen zu der wahren Geschichte
fast etwas zu spärlich finden; und wenn sonst auch im
Ganzen das rechte .^laass in <len Anmerkungen gehalten
sein dürfte, so möchten wir den Hrn. Ilerausg. doch
noch auf Einzelnes aufmerksam machen, wo er ilen von
ihm selbst aufgestellten Grundsätzen nicht ganz treu ge-
blieben ist, oder in der Erklärung nicht das Rechte ge-
troffen zu haben scheint, und nehmen dazu die drei
ersten Stücke der Sammlung.
Somn. 1. Dvi y.ui S lÖ et c.l T O. ,, Durch y.lCi wird
die Unentschicdenheit der Frage verstärkt: was auch,
teas nur, (jnid tandem?" Wir finden hier die Beiloul nng
des y.ai in der Frage für das \'erständniss des Schülers
zu schwankend und ungenau bestimmt; viel zweckmässi-
ger wäre Ilermann's Erklärung zum Viger. p. 8}7 oder
Bremi's zu Uemosth. Phil. I. §. 4(i. gewesen, und auch
die Vergicichuiig des y.cij mit tainlem ist wegen der \'^er-
schiedenheit der Grundbedeutung beider Partikeln misslich.
EbenrI. S. 2} wird in den Worten ÜtV O (f£ (J (H V dsl
To yiyrouevov fälschlich cifA zu rö ycyvi'incviiv ge-
zogen, da es zu uxocfe^ujv gehört; es müsste dann to
«£i ytyi'ö/isvov gesagt sein. C. 2- wird tsj^dtj tVqö-
X^tQOV e^ovaa tijv XOQl]yiav erklärt als ,,eine
Kunst, die einen bequemen Erwerb gebe." Hier scheint
die Uebersetzung des Bnurdelot. „quae paratam opem
ferret" den Ilerausg. irre geleitet zu haben, da doch
schon Jacob, Micjllus richtig übersetzt: ,,quae minori
sumtu et instrumento egeret", und Lehmann „expedito
sumtu parabilis." Der zweite Punkt der Untersuchung
im Rathe der Freunde und Verwandten des Lucian war
nach C. 2- ,, welches die beste, die am leichtesten zu er-
lernende und einem freien Manne geziemende Kunst sei,
deren Erlernung keinen grossen Kostenaufwand ver-
ursache, dabei aber einen ausreichenden Erwerb böte;
denn auf den vorletzten Punkt musste man sehen , weil
der Vater seines geringen ^'^ermögens halber nicht riel
auf die Lehrzeit des Sohnes verwenden konnte, und
eben desshalb musste man auch darauf bedacht sein,
dass er sich seinen Unterhalt selbst verdienen könne.
Vergl. C. 1. TO. 8 ijuETEoa fiiy.Qa tE Etvai xai ra-
y^Eidv Tiva tijv ETitxovpuiv aTtatTEiv. — to fiEv ■jtqiö-
Tov EiJdvi av avToc, exeiv ra d^xovvTa Ttaga rfjq
Ti:X'''i]i z«' fJnjueTi oi/.öfjtroi; Etvai. Da nun y^opi-jyia
die Kosten zur Ausrüstung und Einübung eines Chors
bedeutet, so ist es hier passend auf die Kosten übertragen,
welche die Erlernung einer Kunst verursachte. So be-
deutet auch in der aus Anachars. 3.5. angezogenen Stelle
%ni)l]yn>. nicht geradezu- /'o/vrt/A, sondern Herbeischaffung
des Brennstoffes. Dass die Kunst einen bequemen , oder
vielmehr ausreichenden Eriuerh geben müsse, drücken
die nebenstehenden Worte 8/aoxif zov Ttöoov ans. —
Ebend. yvojftijg y. cd e iiTt et ot ac. Diese Genitive hat
Rost in der 5. .Auflage seiner Grammatik richtiger er-
klärt, als in der 4., auf welclie der ^'^erf. noch verweist.
Vergl. aiehlhorn in Zeilschr. f. Alterthumsw. 1,S37. S. 879-
C. 4. ,,ris dient, wie tjuidam, hei Adject., unbestimmten
Zahlwörtern unil Adverb, zur Hervorhebung des Begrifles
dieser AVörtcr, je nach dem Zusammenhange thcils ver-
stärkend, thcils schwächend." So nach Kühner JJ- 033, 4,
allein Tig kann seiner Natur nach nicht die Kraft ver-
stärkender Hervorhebung haben , da diess dem Wesen
eines Pronom. indef. widerstreitet. Richtiger gibt die
Regel unstreitig Passow s. v. Tii nr. 4. Matth. §. 487, 4.
exlr. —
(Beschluss folgt.)
Persoual-Clironik uud Miscellen.
Lcydon. Hier erschien: Disp. littciaria de enii lul.itionc
aliquot l'icciiinn oral. Cicer. p. M. Cae/io Hiifh, (|ii.ini praes.
Joa. Bake ad publ. iliscrptnt, propos. llenr. VnUcnlio\'en , jur.
ntr. caiid. Leyd. 6. ILigcnl)erg 18W. Amsei' <lcm eigenen
Wcrtlic der Besonnenheit und üriindliclikcit (imlcn sich S. 64
— 99 die Lesarten der l-ejdcner Uandsclirillcn und S. 200 —
203 die cniend.itiones Joa. Baku. Selbst die Tbcscs S. 109
zeigen den Zögling eines tiicbti^'cn Unlcrriclits. — Von unserem
Pcerlkamp steht eine neue vcrniehric Auflage seiner Ausgabe
der Odun des lloratius zu erwarten , worin er die gesen seine
Kritik, erschienenen verschiedenen Ii^inwendiingen zu widerlegen
suchen wird.
Zeitschrift
für die
AI terth LI ms Wissenschaft.
Freitag f 8. November
1839.
Nr. 134.
Lncian's Traum, Anacharsis, Detnonax, Timon, dop-
pelte Anklage und wahre Geschichte. Für den
Schulgebrauch mit Eiuleitungen und erklärenden An-
merkungen versehen von Dr. Fiiedr. Gotth. Schöne.
(Bescliluss.)
C. 10- extr. Ledurfto die Wendung oüy. it'g fiu-
y.oa,V ae ÖtSatOf^iui einer Erläuterung, da weder
die griechischen Lexica, noch die Grammatiken von Rost
nnd ßnttmanu , auf die der Ilerausg. sich nur bezieht,
etwas geben. Cf. Auach, G- ovx ity f.iay.odv ii^ y.ul
avTOi io?]. Anach. 18. tu Sh öXt.a Eiq, batsgov
Slöd^rj j.ie. Hoogov. ad Vig. p. 596. Malth. p. 1146 e.
Steph. thes. Vol. III. s. v. eU p. 296- cd. noviss. —
C. 16- y-ciiiE und so fast überall, wo Kßt Krasis bildet;
allein das Jota subscriptum fällt richtiger weg. Matth.
g. 55. p. 125.
Anach. 1. ist 'j[Qirjna st. '/olaf.ia zu accentuiren,
wie überall zJ/Tfiuivai: statt ^rfiujvai; cf. Lobeck ad
Phryn. p. 674; ebenso wohl richtiger duvEfio^ mit, als
ohne Koronis, wie der Herausg. stets schreibt. — Ibid. 9.
ist Ti Eythaaaz (nach Rost'.s Uebersetzung) ganz falsch
»vicdergegebcn ,,Mariim mussi du lachen?" der Begrifl
«1er Köthigung liegt durclians nicht im Aorist. Viel rich-
tiger erklärt diese Wendung Kühner g. 443, 1. u. 3- —
Ibid. 10. ist a:o}.i> mit oiy.Tf;iouVT£q za verbinden, wie
Pauly Ihut, nicht mit TtoÖTeoov, wo es ganz mi'issig
wäre; ,,valde cos miserati." — C. 16. wäre v.u.\jr öbov
trellender mit via et raticme verglichen, und zu 017.0-
liiii' in den Worten lUV yc.Q Trikuv f.ioc dcfcksTv üi-
■/.odr:V 'eSoi;ev eine Bemerkung nach Paulv's ■\'organgc
uöthig gewesen, da hier die berücksichtigten Gramma-
tiken Aichts geben; dadurch hätte zugleich ivÖodev und
^/.coa9ln c. 20. seine Erläuterung gefunden. — C. 17.
Der doppelte Accusafiv bei ojCfcKfiv ist durch die Ver-
gleichüug der Constr. von c'.ycdht Tro/ii'u Tivu um jVichts
deutlicher gemacht; viel einfacher wäre auf Rost §. 104
A. 7. verwiesen; vgl. Kühner ji^. ÖÖS, b. extr. — C. 18.
Iiätfc die Wendung ijv äqa nicht mit Stillschweigen über-
gangen sein und t'i — iniriölij mit Paulv, iler Parallel-
steilen zu die.-icr Constr. aus Lucian nachweist, bei der
Uebereinstininning iler Codd. aufgenommen werden sollen.
— C. 21'. olov Tt Lv ijuiv ey.äoToi sorev >) ipv'/i,-
C'nbegreiflichenvcise verkennt i!er Ilerausg. die Betleu
tung des Sv l]niv t/.iirixii}, die schon Paulr mit Verwei-
isung auf Malth. §. 302' a. Anui. (cf. Kühner §. 509.)
richtig erläutert; Iymcttu} kann auf keine Weise Dativ,
commodi sein, noch statt dessen grammatisch richtiger
i/.üoTOV stehen, wie in der Anmerkung behauptet wird.
Der Gedanke ist ja ganz einfach dieser: „Die Bürger
sind in der Stadt dasselbe , was in einem Jeden von uns
die Seele", nämlich das erfülleiido, ordnende, handelnde
Element. — C. 23- -rriöai dürfte nicht zweckmässig
durch Fussschelleii übersetzt sein, da der Knthurnus,
welcher darunter verstanden wird, keine Aehnlichkeit
mit unseren Fussschellen bietet. — C. 25. ist die Er-
klärung des Gcnitivs in äj.ir/t.; rot) (puvl.OV als parii-
tiver Genitiv nicht genau; er ist abhängig von dem a
privat, in UH/yt^ und es liegt der Begriff der Trennung
und Absonderung zum Grunde; desshalb mnsste statt auf
Rost g. lOS, I. A. 2, auf g. lOS, 4. a. verwiesen wer-
den. *Cf. Kühner §. 513 , 4. Matth. g. 339. Härtung
Casuslelire p. 16. — C. 26- war die Form tvSißov bei-
zubehalten, da die andere evöiSoiv als in Codd. be-
gründet sich nicht nachweisen lässt. Cf. Jacobitz. —
C.27. ist es vielleicht nicht uothig, £v ßoa%Ei ron dem
Räume zu verstehen, was sonst nie der Fall ist, son-
dern wie gewöhnlich von der Zeil. Solon scheint näm-
lich mit den Worten -„y.c.t fu)v yai Sqouiy.ovi; Sivai
day.oiusv avvov^ , f ? i'.r,y6q re biao/Mv ä^iCovreg
y.cd tq, xo tv ßoaxEt cöxi'raTov y.nvcfiCovTC.;'-'' aaf
die doppelte Art des Laufs, den St'avLoq und öÖKi^O^
boduoi hindeuten zu wollen; bei ilem letzten war der
Hauptzweck die Ausdauer im Laufe (io, ilijy.o^ Staoysiv)
zu erproben, bei dem erstercu die Schnelligkeit, indem
es nur darauf ankam, die Bahn einmal hin und zurück
in kürzester Zeit (sv ßouXEi) zu durchlaufen. — C. 28.
ist lue attische Form Eyxekeoi mit Paulj und Jacobitz
beizubehalten.
Demouax C. 3. verdienten die AVorte (fojrr,)' r£ Y.aX
yvm^i-v y.t/.oOfiljiiLvo) eine Erläuterung mit Hinweisnng
auf die in den Substantiven liegende Paronomasie. —
Ebendas. ist die Auseinandersetzung über die Partikeln
d'/Xd ydQ nicht klar genug; namentlich sieht man nicht
ein, inwiefern die ßegründungspartikel yö.o den Nach-
druck der Adversative vorstärken sollte. Richtig wird
zwar das Lateinische sed enini , at enini zur Verglci-
chung gezogen; allein hier verstärkt enim ebenso wenig,
wie \yd.o 1 sondern zeigt an, dass iler ailversative Satz
zugleich einen Grund enthalte, warum eine natürliche
Folge des Vorhergehenden, welche sich erwarten liess,
nicht eintrat. Demnach ist der Gcdankenzusammenhaug
1075
1076
in rorliegcniler S<ellc foljjrndcr: Ohsflcirli Demonax mit
den vorhprgriiaiiiitPii Philosophen zusammen leble, und
darin für ihn ein Impuls zum Studium der Philnsnpliie
gejfeben sein konnte," so war diess doch nicht der Fall;
flenn ihn trieb eigene Lust und Liebe zur Philoso-
phie n. s. w. — C. 4. möchte der Sinn der Worte
Ttoirraiz ai'vr^ocfo^ eyertro x«i -vdji' nXsl-
Otojr i ui: uVTjT o „er war mit den Dichtern vertraut
und wusste die meisten derselben aus» endig" schwerlich
Fon dem Schüler verstanden werden, da die Lexica nicht
das hierzu Erforderliche bieten, und eine andere falsche
Erklsruiig^ihm gar zu nahe liegt. — C. 5- ist mit Ja-
cobitz üiv , was in der l'ulgata hinter Tl£Co^ stand, gleich
nach ctTraoiv zu stellen, sowie denn überhaupt gerade
im Pemonax der Text an vielen Stellen eine Abänderung
nach Jacobitz's ^'organge nüthig macht. Daraus geht
dann zugleich hervor, dass o.Tiaai nur zu önudlcifvog
gehiirt, nicht zugleich zu den beiden Endverben, wie
der Herausg. meint. — In den durch Präpositionen ge»
hildeten adverbialen Wendungen llttija Ttokv, t7l\ iiiiy.l-
OTOV , irr 6/Jyov, i:; ftuyoäv u. s. w. vermisst man
Conseqnenz in der .Schreibart, indem sie bald getrennt,
bald verblinden geschrieben werden. A'ergl. Dem. 1, 4»
5. 6- Anach. '>. (i. Somn. 10. u. s. w. Sehr sorgfältig
ist in diesem Punkte Jacobitz. — Das über die Redens-
arten navToiov yiyp£o!}ai C. ß. und novrarsviiv et-
QT^flp (iesagte (worüber überdiess zu vergleichen war
Mords ad Isocrat. Paneg. g. t'^I.) ist, nach dem 8. XVI
von dem Herausg. aiifgesfellfen Grundsatze, ungehörig,
da Passow im Lexikon ganz dasselbe angibt. — C. 7.
dagegen bedurfte i7l£odlo.reivüiitvoi einer Erklärung,
ila die von Passow im Lex. gegebene „sich übermässig
anstrengen" uiigenügenil ist. ^ergl. über öiaiiii CrrSiU
in der vorliegenden Bedeutung Schaef. ad Piut. fliarcell.
14- Lucian Prometh. h. Hcsyrh. StaTi/i Serital = /JtfjuioV'
fidai, (fi/oreiy. findet, coli. Dem. 11. Toaxi'T^ioov rj
y.UTo. ir^v havToi) Ti(joiüoeoiv ü^Xf^oyi^oaxo. — C. 8.
hält der Ileransg. utSeiu^ mit Gessner iind Lehmann
für das ^entr. und fin<let den Gegensatz in arri:i dcittS
cu tr/.i>ni.\ allein richtiger nahm es schon Obsopneus
und Beiin für das Ulasc. Lehmann selbst erkennt ganz
richtig, dass es unpassend sei zu sagen, Demonax habe
fjir sich Nichts nötliig gehabt, und will desshalb -ttuo'
al'Kuiv ergänzen; allein diese Ergänzung ist ganz uii-
nöthig und iler Sinn eben der von Lehmann geforderte,
wenn Ol devd^ als 31asc. gefasst wird ; der Gegensatz
liegt dann in Cfi/Mi;: „Er bedurfte keines Andern, half
aber seinen Freunden. '■'■ — C. <l. hätten die Worte
I :t (tv oyiir cf; naToidl tu. >t [ c ^u O. »nhl eine
Erklärung vcrilient, ila die von Lehmann und seinen ^'or-
gängern gegebene nicht befriedigt; denn rJ. UEcrtui. ist
durchaus iiirht zz. jitiüiv};, noch bedeutet es mediocria
tributa, sondern die ganze Redensart heisst nichts An-
deres, als: ,,in allen rechten unil billigen Dingen dem
^'aterlandc helfen, seine Pflichten gegen das \'aterland
erfüllen." Vergl. Herod. Wl. 14.J. /OKOia 'Jihiic.iutq
iiTlovQyeiy nnd Plut. Rom. 14. lieber die Bedeuinng
von TU fjlTQia 8. Heins, und Graev. ad Ilesiod. Opp. et
DD. 30(i. Fischer ad Aeschin. Diall. Index s. v. /liioio^.
Das ist CS ja auch eben, wozu der Philosoph die auf-
rührerischen Bürger zu bereden suchen runssfe. — C. 10-
ist es nicht nöthig, zu ii:iOTaf^itroq zu ergänzen odoii, wie
aus Lob. ad Aiac. p. lOÜ cd. IL hervorgeht. — C. H.
wird zu TU an' ixclrov, wie Anach. '2(i. zu ex ■jtoaXov,
ergänzt youvov , da exlivov und irokXou offenbar Neu-
tra siiul ; solche Ergänzungen führen den Schüler nur
irre und bringen ihm schiefe Vorstellungen über die Na-
tur der Ellipse bei. — C. l'>. wird die Antwort des De-
monax 6o)^e/C dem Leser nicht ganz verständlich werden,
da in den Bemerkungen Nichts davon gesagt ist, dass
Phavorinus eiu spailo war. Ein Gleiches gilt von den
Worten C. 14. df nvt>(cyö(>ag xaKfj, oiuj7njco/Liat,
die wenigstens der Schüler bei der Privaticetüre nicht
verstehen möchte. — C. 19. stellt Jacobitz in 'Oiüjpa-
TOv ans Codd. ilen Spir. aspcr her, w esshalb gar nicht
zu zweifeln ist, dass <ler röm. Name Honoratus darunter
zu verstehen sei. — Die zu dTiaidßVTOV^ C. 28. ge-
gebene Bemerkung ergibt sich von selbst als müssig, wenn
mit Jacobitz du alötl'TOjQ nach Codd. gelesen wird. —
Dass die ßdgßciQOl von den Mysterien ausgeschlossen
waren, konnte aus Isoer. Paneg. g. 157- bestimmt er-
wiesen werden. — C. 41. ist die Bedeutung der Worte
y.ai Kj V uoußaxov keineswegs dunkel, wie der
Herausg. meint, nnd die Lesart unbedenklich richtig;
schon die wörtliche deutsche üebersetzung gibt mit glei-
cher Bitterkeit den richtigen Sinn: „Diess trug vor dir
ein Schaf und war ein Scliaf." — C. 44. extr. lies ilÖT)
st. iSiT. — C. 4.T. hätte eine Sacherklärung nicht fehlen
dürfen , da das von den bisherigen Erklärero (s. Leh-
mann) Angeführte iliirchaus ungenügend ist; denn es ver-
langte ebensowohl die Antwort: Xdoujv (i£ iöaxsv, als
oia iVri ay.i/.ojr to/c yeuotcriv enier/.iDi yiyvitai eine
gegenseitig passende Erläuterung. — C. Ö5- will der
Herausg. jfj (ftoii mit ^ ffooi' verbinden, was weder der
Sinn, noch die ^'ursfellnng erlaubt; denn Epictet hält
CS (ür Pflicht des Philosophen, sich zu verheirathen ,
damit er statt seiner einen Amiern (nämlich einen Sohn)
iu der AVeit zurücklasse. So übersetzt ja auch Lehmann
ganz richtig „ut alium (alteruin) pro sc rerum uaturae
relinquat."
Wie zu den drei ersten Stücken könnten wir auch
zu den drei letzten eine Anzahl Bemerkungen hinzufügen,
die auf das, was der llr. Herausg. entiveder übersehen,
oder verfehlt, oder nicht ganz in Angemessenheit zu den
aufgestellten Principien ausgeführt hat, Bezug nähmen;
allein »ir sind der Ueberzengnng, dass der gelehrte Hr.
Herausg. solche kleinen Mängel bei nochmalger genauer
Prüfung leicht entdecken und bei einer neuen Auflage
von selbst beseitigen w ird ; nnd eine solche wüiisclien wir
dem Buche, das wir den Schiilmannern nicht ilringend
genug zur Einführung empfehlen können , da wenige
griechische .Schriften sich einer so zweckmässigen und
in ein gründliches .Studium des Alterthnms einleitenden
Bearbeitung (ür die Schule zu erfreuen haben. Ja, nicht
bloss der Schüler liiidet vielfache Belehrung iu dieser
Ausgabe, sondern auch' der Lehrer niannichfache Anre-
gung zu weiterem Nachilenken, und iu dieser Beziehung
leistet sie geraile das, was sich so selten vereinigt findet,
dass die Bearbeitung des Ganzen sich durchaus in der
Sphäre des Schülers halt, ohne dadurch an Nutzen und
1077
1078
Interesse für den Lehrer zu verlieren. AVir können es
ilcsshalb auch nur billigen, ilass der Hr. Ileraiisf. sich
der deufsohen Sprache zur Erläuterung bedient hat; denn
in lateinischer Sprache geschrieben «lirde namentlich der
trefflichste Theil des Buches, die specialen Einleitungen,
«•on dem Schiiicr nicht gehörig verstanden, oder noch
öfter gar nicht gelesen werden, Hahrend sie so gerade
sein Interesse für die Schriften des Lucian erst rocht
erregen und fesseln. AVir scheiden mit der grössten Hoch-
achtung von dem gelehrten Herrn Herausgeber und Hiin-
schen , dass ihm seine amtliche Stellung fllusse verstatten
möge, auch andere classisclie Schriften des Alterthuujs
in gleichem Geiste für die Schule zu bearbeiten.
Druck und Papier sind recht gut.
D. J.
Bruchstücke aus dem Leben des Sexlus Julius
Frontinus, Aon A. Dedeiich.
(Fortsei zung aus Nr. 107.)
§. 8. Hat Frontinus auch de acie homerica
geschrieben ?
Man hat lange Zeit geglaubt, Frontinus hätte auch
ein Werk de ncie homerica geschrielien (s, Polenus g. l(i.)
und dafür folgende Stelle Aelian's ( de ordinib. instit.
eap. 1.) angeführt: Kcä ■jr£(ii t);§ y.aS-' ''Ojiii;^oi' (d. i.
Homeri tempore) TaxTiy.rji; iriTVXOf^tev (TvyyQacptLOl
SrQazoxLf.i re 'Epfieia «ai (p () ow iv (i) , riß y.u&'
r;uO.C l'7iaTlX(jj ävdfji. Allein diese Annahme beruhet
lediglich auf der falschen Lesart 0()OVTivin , an ilereii
.Statt Ang. 31ai Praelat. ad Fronton. p. LXV. aus dem
Cod. Ambros. (si)»ie vor ihm schon Gesner) hergestellt
hat 0(juVTU}vi. Richtig bemerkt IMai, dass Aelian of-
fenbar zivisrhen Frontinus und Fronto einen Unterschied
mache, und beweiset, dass die Apposition r;;; y.ud Ijnäx
l-TT a.T lY.tJi dl>d(ti ni<ht auf den loni Aelian in der A'or-
rede genannten Frontinus, «elcher unter der Herrschaft
des Trajanus gestorben sei, sondern auf den berühmten
Redner Froutu bezogen «erden niüsste. Dass Frontinus
kein solches Werk, sowie überhaupt nicht über griecliische
Taktik geschrieben hat, dürfen wir mit grössfer Gewiss-
heit aus der an den Kaiser Hadrianus gerichteten Vor-
rede Aelian's srhliessen, aus «elrher wir folgende Steile
entheben: Ensi öc , rot 9tiii) 7iaT(jl auv NiQova
crvf^ßakuiv , iraou 0QOVTivtp, tojv eTTiat-iuov viiari-
zwj', £v WoQf^iiatc, i)/iioo:i rivag ö/SToiipa, du^av
iiz£vEyy.a(.itvii} nsoi Ti^vtv xoii noXtiioi; eiiTic/rjiav ,
oviißakujv T üvdoi, tiuov oiy. ümituvc. ajiüiöi-v
k](ovTa et'i; ■vr^v ■na.Qa roi^ Ekki^ai Tt9cojo)jj.iivijv
(Md9i]cnv jjoi;äf/ijv ovy. in nsoKfooviiv ri;; xuiv
raxTiy.uiv ovyyQaffijc, ovy. av anovödCeadat naoä
0QOVTivii) duy.ojv uiTi]v , thiQ Tt ■^f.ioov iSuy.ti t)~^
Pv)f.tai/.r,i öiaTäi;Cajg Tl£oiE/£lv ai'Tr,v. ,,Kachdem
ich aber, mit deinem göttlichen Vater Nerva zusammen-
treffend, mich einige Tage zu Phormiä bei Frontinus
aufgehalten hatte, einem der ausgezeichnetsten Consularen
und durch seine in den Kriegen gemachten Erfahrungen
hocLberühmtcn Planne, und in meiner Unterredung mit
diesem Manne gefunden hatte, dass er mit nicht gerin-
gerem Eifer diu griechische Taktik (als die römische)
studirte; ila fing ich an j nicht mehr meine Arbeiten über
die Taktik zu verachten, «eil e^ mir einleuchtete, dass
Frontinus nicht so viel Studium darauf vcr« enden würde,
wenn die griechische der römisclien nachstände." — So
die Vulgata. Aber ich kann nicht umhin, meine Zwei-
fel dagegen zu erheben. Erstens passen die Worte xi~)
]S£(jova ar/itii'.} ojv nicht im Munde Aelian's, indem
dieser schwerlich mit ^erva auf so vertrautem Fuss ge-
standen hat, dass er in so freunilschaftlichem Tone liätto
sagen können „bei meinem Zusammentreffen mit Äerva."
Zweitens ist die Wiederholung <les ai'ii/ja/ ujv , einmal
in der Bedeutung des ,,ZusammentrelIens" und dann de»
,,sirh Besprcchens", anstössig. Mai citirt die Stelle so:
[Eni Ö£ xo) $£ui) naroi oov NiQuia, frrji/SuKdv Tiaou
0()OVTIKJ} — £V 0. r,ii. T/r. dltvoiijta etc. und über-
setzt: Sub diro autem patre (avo) tue Nerva, congressus
dies ali.juot Phormiis cum Frontino. Höchst fehlerhaft:
denn ,, unter der Regierung des Nerva" heisst £7ii iVc-
QOva^; dann ist at'ftfjoJ.vjv ttuou 0(>ovTlrft) ungric-
chisch; ferner ist die Constrnction des Satzes gestört;
endlich paSst iiT£i d£ am Anfange des Satzes gar zu gut
in den Zusammenhang der Gedanken, Ich möchte fol-
gende Emendation vorschlagen : EtisI dt, £nl zuv dtiov
TiarQoq (jov Neoovui;, iiuoa 0oovtivin- — - diixQiipa,
doiav — iu7r£tgutp , ar/ißc.kcjv t£ tu) ävSoi. (vqov
etc. ,,?Jachdem ich aber, unter der Regierung lies Aerva,
mich einige Tage bei Frontinus zu Pliormiä aufgehalten
und in der Unterredung mit diesem Manne gefnndeu
hatte, dass er u. s. »v." NtyOVUi oder IStQ^a^ steht
in den Büchern, wie icli aus Gesner's Aelian ersehe,
nicht JSeoovu.
Hütte Frontinus nberhau|)t ein Werk über die grie-
chische Kriegskunst geschrieben , so konnte Aelian an
diesem Orte dessen Erwähnung nicht übergehen; und
<l:e Annahme, ein solches AVerk sei vorhanden gewesen,
bebt das Interesse der den Aelian ermunternden Unter-
redung mit Frontinus völlig auf.
Die ganze Vorrede .Aelian's ist hochwichtig für dio
Grösse der Wirksamkeit, die das Stndinm des Frontinus
auch auf seine Mitwelt ausübte, und für die grosse Ach-
tung des fllaimes bei den Schriftstellern und Gelelirten
seiner Zeit. Frontin hatte ausgezeichneten Fleiss auf die
römische Kriegskunst verwendet. Aber fern von aller Einsei-
tigkeit im w issenschaftlicheu Treiben (vgl. de agronim quäl,
in der Einleitung: Omniiim enim liberalium stuiliornni ampla
niateries est etc. I , hatte er auch die Kriegskunst anderer
Völker und besonders der G'rierlien stuilirt ; für die der Grie-
chen war er begeistert und trug diese Begeisterung auch
auf den Aelian über. Aelian beabsichtigte ein AVerk über
die Kriegskunst der Griedien. Allein Anfangs wurde er
durch die Stärke und Erfahrung der Römer in ihrer
Kriegskunst, die ihm fremd war, mit AViderwillen er-
füllt gegen die Kriegskunst iler Griechen, welche, wie
ihm dünkte, in den Hintergrund geschoben und für das
Leben unnütz geworden sei , seitdem die Römer mit
ihren taktischen Grundsätzen niid Erfahrungen aufgetre-
ten wären. Nachdem er aber mit Frontinus zu Phormia
eine Unterredung von einigen Tagen gehabt, nahm er dio
1079
1080
Arbeit mit erneutem Interesse und Eifer wieder auf;
«lieser Unterredung verdankte Aclian es, dass er sein
Werk ausführte, und rerdanken wir es, dass wir ein
■Werk Aeliau's i'ilier griechische Taktik lesen.
§. 9- Des Fronlinus Aufenllialtsorle unier Domilian
nach dem Anfange des dacischen Krieges.
Alle drei im g. 7. genannte Werke sind unter Do-
initian's Regierung aligefasst worden , ungefähr vom Jahre
S40 an. Was Frontin über diese Gegenstände bisher
gesammelt und gedaclit hatte, konnte er jetzt, naclidcm
nach dc'm Anfange des dacischen Krieges der Neid ihn
Tom Kriegsschauplatze verdrängt hatte, in ruhiger Müsse
nrdneu und vollenden. Dieses that er thcils zu Rom,
thcils und besonders auf seinen Gütern. In Rom, wo
Doniitian mit unerhörter Grausamkeit wüthete , wollte
er nicht der Zuschauer so vieler Hinrichtungen und Ver-
bannungen der ausgezeichnetsten .'Männer sein (s. Dio
LX.VII), und lebte in stiller Zurückgezogenheit an der
Lerrlichcn Küste bei Anxur (oder Terraciiia) , am Villen
reichen campanischon Ufer bei Bajä, und im äussersten
Süden von Italien bei Rheglum; dort auf seinen Gütern
nflegte ihn sein Freund 3Iartialis zn besuclien und mit
ihm den 3Iusen sich hinzugeben. So singt DIartial X. 33
in einem Epigr. ad Frontinum:
Anxuris aeijuorci placidos. Frontine, recessus,
Et prnpius IJaias litoreamijue domum.
Et quod inhumanae, cancro fervcnte , cicadae
Non nurere ncmns ilumineoscjuc lacus,
Dum colui , doctas tecum celebrare vacabat
Picridas. Nunc nos niaxima Roma terit etc.
Zu V. 3 und 4 vergl. Plin. H. N. XI. 27 : At in Rho-
gino agro silent omiics (cicadae): ultra Qumen in Locrcnsi
canunt.
Mitunter jedoch hat sich Frontin auch in Rom auf-
gehalten, wie aus Plin. Ep. V. 1. hervorgeht. Plinins
xieht in einem Erbschaftsstreitc den Corellius und Fron-
tinns zu Rath. Adhibui, sagt er, in consilinm duos,
quos tnnc ciytas nostra speclatissimos habuit , Corellium
et Frontinum. Ilis circumdatns in cubicnlo meo scdi etc.
Dass dieser Streit in Domitiau s Regierung falle, schliesst
Polenas (J5. 18-) mit Recht aus den Worten: Apparcbat
iudicii dies: cohacredes mei componero et transigere cu-
jiiebant, non dlffidentia rei, sed metu temporum, vere-
liautar , quod videbant miiltis accidisse, iie ex centum-
virali iudicio capitis rei exirent.
Frontin war also, nach des Plinius Zeugniss, auch
anerkannt als ein .Mann, der im Besitz ausgezeichneter
Rerhtsgelelirsamkeit war. Dem Pighius (Aniial. Rom.
T. III. p. tjlO) gilt er als ,,iurisprudentia clarus", dem
Catauäns (ad Plin. Ep. IV. 8.) als ,,snnimus inriscnnsul-
lus." IJeide lialien bei diesem ürtheilc wohl an den
Brief de» Plinius godüclit, vielleicht auch an die Priitura
urbana des FrnntiiMis, sowie an den jurisfisclien Tlieil
seiner Schrift de Aqtiaed. — Catanäus fährt nach den
oben angeführten ^V()rtcn fort: Secundo interdnm respon-
dit ( — was Cn«piiiiunns zu Cassiod. an. S'J !. nach-
schreibt — ), und man (namentlich Scriverius, Polenus
jj. l'J.) hat nicht begreifen können, was diese Worte
bedeuten sollten. Sie erklären sich ans dem Brie^'e de»
Plinius, und ihr Sinn ist: Frontin hat dem Plinius Se-
cundus , welcher ihn in Rechtssachen zu Rathe zog, za-
weilen geantwortet, d. h. rechtlichen Bescheid, Rath
ertheilt.
(Fortsetzung folgt-)
Persoiial-Clironik und Miscellen.
Holland. Durch Pb. W. van Heusdc's Tod, den er
auf einer Ferienreise im Sommer 1839 zu Genf fand, hat unser
Land einen herben Verlust erlitten. Er gehörte der alten Schule
von Hemsterhnjs , RuhnUen uiiil ff^jttenbach an und hmter-
lasst bei seinen Schülern, Freunden und Kennern der Wissen-
schaft im fn- und Auslände ein gesegnetes Andenken, durch
Thatigkcit, wisscnscliaftliches Streben, vielseitige BdJung und
Humanität des Charakters bcgriimlct. Vielfache Anregungen für
seine LanJäleute waren ilmi ein Bedürfniss und eine Aufgabe
des letzten Theiles seines reichen Lebens. — Sicherem Verneh-
men nach werden seine »Briefe über das Studium der Philo-
sophie, insbesondere in unserem f'aterlande und unserer Zeita
(Ülreclit 1837), von Ihrem gelehrten Liiidsmanne Friedeniann
in Nassau in's Deutsche übersetzt. Hoffentlich wird derselbe
zur Beleuchtung einzelner Punkte, sowohl literarischer, als na-
tionaler, ErliiLiterungcn beifügen, wie er bereits zu dem Aufsalze
von J. Gcel in Iliier Zcitschr. v. J. 1838- Monat Juni. Nr. 74.
und 75. nüber den gegenwärtigen Stand der altclassischen
Philologie in Holland <t gethan hat. Denn allerdings hatte
Heusde zuletzt eine etwas abgeschlossene Kicbtung behalten,
um nicht zu sagen, eine einseitige, und wir Holländer, wie Bake,
Gcel u. A. gezeigt h»ben, bleiben doch nicht eben alle hinter
der Zeit zuri'ick, wenn wir auch, nach unserer beil.ichtigen Ei-
genthiimlichkeit , dem Strome erst eine Weile zusehen, che wir
nms ihm anvertrauen. Da Heusdc's Philosophie wesentlich auf
alle Literatur basirt ist, worauf unsere ganze höhere Bildung
ruiit, so wird diese Schrift zugleich einen Begriff von unserer
Methode dieser Studien geben kuinien, und wir zweifeln nicht,
dass die llebersctzung, mit Anmerkungen für die studircnde Ju-
gend Deutschlands versehen, nach ihrem protreptischen Charakter,
auch auf die unsere zurückwirken kann. Wir werden dann viel-
leicht eine ebenso nützliche Sclirift erhalten , als eben aus
Scliulplorta vom Prof. Jacob erschien, welcher Niebnhr'a
»guten [{ath an einen jungen Philologen«, mit allerlei Excnrseri
erläutert, besonders herausgegeben hat. Ucberall in Europa ihut
es Notli, dass die Jugend bei dem Vielerlei, das sie jetzt|ZU er-
lernen hat, aufrichtige Hauptansichten von Wissenschaft und
Leben gewiesen wird, die allerdings nicht ohne Philosophie und
Pliilolosic gewonnen werden können , wenn wir auch nicht
langncn wollen, dass man einige Schritte weiter gehen mnss,
als Itcusde eben ging, \ind , nach seinem Standpunkte und
seinejn \ orgerücktcn Alter, gehen konnte.
Hcrzoglh. Nassau. Das Herzog!. Vesordnungsblatt v. 19.
Oct. enthalt folgende Veränderungen im Personal der Gelehrten-
scliidcn des Landes : »Sr. Durchl. der Herzog haben gnädigst
geruht, den Rector Muth von Wiesbaden, unter Krtbcilung des
Dicustcharakfers als Prof., an das P.ailagogium zu Hadamar, und
an dessen Stelle den Prof. Lex von Weilburg an das Padag. zu
Wicsb. zu versetzen. Höchstdicsclben haben sodann den Com.
Menkc zu Had.imar und den ausscrord. Prof. Krebs zu Wcil-
hurg zu ord. Profi', ajn Gymnasium zu ernennen, den Prorcctor
Brau n von lladajnar nach Dillcnburg, den ausserord. Prof. C u ntz
vou Weilb. als Pror. nach Hadamar, den Conr. Schniidtborn
von Wies, nach Hadamar, den Conr. Belli nger von Dillcnburg
nach Wie»l).. den Conr. Ilanlc \on Dillcnl). als Conrcct. nach
Wicsl). zn versetzen, den Candidatcn der Philologie Spie ss zum
Collabor. zu Dillcnburg zu ernennen nnd den Prorcctor da.?clbst
zu pinsionircn geruht.«'
Zeitschrift
für die
AI t er thu ms Wissenschaft.
Sonntag j 10. November
1839.
Nr. 135;
Bruchstücke aus dem Leben des Sextus Julius
Frontinus, von A. Dederich.
(For (so tz u n j;.)
ß. 10. Des Frontinus zireite.s und dril/es Cnnsulal,
Der Name des Frontinus, welcher walirscliciiilicli
dreimal Coiisul gewesen ist, so oft als unter den Kaisern
die Ehre des Consulatcs ülicrtragen werden konnte, hat
in di'n Fasten das iMissgeschirk gelialit, jedesmal entwe-
der verdorben oder iiUergangen worden zu sein. Auch
die Zeugnisse der Schriftsteller sprechen nichts Bestimm-
tes ans; so dass das Geschick an ihm für das \'erlot,
iiim nach seinem Tode ein IMonument /u setzen (Plin.
Ep. IX. 19.), sich gewissermaassen geräclit hat. Erhalten
sind ihm jeilocli die ausgezeichnetsten Elirentiiel: Aelian
nennt ilin einen der entOiuoi inaTixal , Plinius (Ep.
I^'. S.) „princeps vir", dem im Augurat zu folgen, er
sich zur Ehre macht; und nur principes civitatis viri
konnten die rura aquarum erlangen (Frontin. de Aquaed. 1.).
üass Frontinus zum zweitenmal das Consulat bekleidet
hat, sagt uns ausdrücklich sein Freund fliartialis , wel-
rher (X. 4.'s, '2(1.) singt:
De INomentana vinum sine laecc lagena,
Quae iis Frontinu consule prima fuit.
Betrachten «ir diese Stelle näher. Es heisst: ,,aHS No-
nientanischer Flasche, der ersten, die unter Frontin's
zweitem Consulate gefüllt worden." Warum bestimmt
IMartial das Alter und die Güte des AVeins von Frontin's
Consulate her? Das ist keine geiiühnlirhe Rechnung.
Wahrscheinlich hat IMartial seinem geschätzten Freunde,
als dieser zum zweitenmal Consul wurde, einen Schmanss
gegeben und dazu manche Flasche alten guten Weines
gefüllt. Den Gästen hat der Wein damals geschmeckt,
und da er jetzt zu einem neuen Gelage einladet, erinnert
er die Gaste, von denen nämlich mehrere auch an jenem
Gastmahle Theil genommen zu haben scheinen, an den
Trank, der ihnen damals so gemundet, und weckt ihre
Lust zur Theilnahme an dem neuen Gelage dailurch,
dass er noch einige Flaschen von jenem köstlichen Weine,
den er damals gefüllt, auibewahrt zu haben vorgibt. —
Wann Frontin aber dieses zweite Consulat bekleidet, lässt
sich aus Martial's Epigramm nicht bestimmen.
Aber es wird behauptet. Frontin sei dreimal Consul
gewesen, das drittemal Cos. Ordinarius nebst Trajanus
im J. 8.53 u, c. , und zwar von Polenus ( §. 23 s<l'l-)»
Job. Bapt. Morgagnus in einem Briefe an Polenus (§. 24 sqq.),
und zuletzt von Schultz. Dieselbe [Meinung hatte auch
Hier. Aorisius (Consul Epist. p. 59) vertheidigt; aber
später nahm er sie zurück und legte dem Fronto drei
Consulate bei , wie uns Antonius Pagi (Crit. in Baronii
Annal. T.' 1. p. 94. bei Polenus §. 23.) berichtet. Diese
Gelehrten, insbesondere IMorgagnus und Schultz, behaup-
ten, der im J. 850 in den Fasten des Onuphrius Panvi-
niiis als Cos. sulTectus genannte M. Cornelius Frouto
(iteram Cos.), ebenso derselbe in den Fasten zum J. §53
als Cos. Ordinarius genannte Fronto (tertium Cos.), sei
keine andere Person, als unser Frontinus; ja, der voa
Diu Cassius (LX^'IH. 1.) aufgeführte Fronto Cos., der-
selbe mit dem vom Plinius (Pauegjr. 6ü sq.) gefeierten
ter Cos., sei unser Frontinus.
Den ausgezeiclineten Ruf als ter Cos. hat Fronto,
oder gar Dl. Cornelius Fronto, besonders ilem Onuphrius
Panvinius zu verdanken. Dieser sagt (Comment. in Fast,
ad an. 850): AI. Cornelii Fronlonis Dio in Nerva et
Iladriano, et Julius Capitiilinus in IMarco nieminerunt.
Quos post occisum Domitianum fuisse refernnt, und eben-
daselbst (ad an. 853): Liber Cuspiniani Traianum III
et Fionlonein edit, Fasti Graeci Traianum II et Pon-
tianum, Cassiodorus Traianum IV et Frontonem, omnes
nienilose hoc anno Consuics edunt. Sunt enim TraianUS
III et Fronto III Consules , ut es antiquis lapidibus et
Plinio in Panegvr. coiistat ; qui refert, Traianum, quam
tertium Consulatum iniisset, duos Consules secum de-
signasse, qui et ipsi tertium Consules essent. Quorum
primns fuit, nt rectp Cassiodorus scripsit, Fronto. Hie
est M. Cornelius Fronto, o;ator nobilissimus , de quo ia
vita Itlarci Jmp. J-uIius Capivolinus, Macrobias et Plinius
in Epist. saepe meminerunt, eumque Jaiiuin Frontonem,
v.t credo, vocat Plinius, q:ii iteruni Consul fuerat sab
Nerva, primum sub Domitianu Cos. suflcctus. Altcrius
vero tertium Consulis, qui 'al. Blartii iniit, nomen ob-
scurum est. Subiicitque Plinius horum utrumque alterum
Consulatum sub IVerva gessisse. Quare Frontonem, quem
sub Ncrva Consulem refert Dio , ilerum Cos. feci. Alter
autem facile esse posset Pompeius Collega etc. Diese
Ausstellung enthält ein merkwürdiges Gemisch von ganz
verschiedenen Personen und Verhaltnissen, welches sei-
nem Verfasser allen Credit raubt. — Wer war denn der
Fronto , der gleichzeitig mit Frontin lebte und mit ihm
verwechselt worden sein soll?
Gleichzeitig mit unserem Frontin lebten mehrere Per-
1083
1084
soncn mit Namen Fronto. Zuerst ist zu nonnon der
iFrcund ili'S iMartialia, von dipseiii (Epigr. I. 5(')-) bosun-
geii nii< ilcii AVortcii : Ciarum inilitiap Fronto foffaeque
dccuj. Zu <lipspr .Stolle bouu-rkt >'ic. Perot(us Coriiurop.
p- Hiüö : „Dieser Freund «los Blardal sei Julius Fronto,
der Bruder des Julius (iratus , DIilit,'ir(riliun unter ütlio,
iler bis zu den Zeiten Doiiiitian's gelebt Ii.'Kte , ilerselbo
mit dem gelehrten und die Die hter begünstigenden Fronto
lei Juienalis Sat. I. 12." Das «i'irc dann ja der bei
Tacitus (Hist. I. 20.) genannte Julius Fronto, tribunus
vigiluni, dessen Bruder Julius Gratus bei Taritus (Ilist.
!• 26.) praefectus castrorurn ist. Dieser Julius Fronto
könnte seinem Alter gemäss »ohi bis in die Zeiten Tra-
jaus gelebt Iiabcti. Cousul nennen aueh einige Ausleger
deu Freund des Martial; aber ohne .4utorit.'it. l'nd ge-
setzt, er li.'ttte damals noch gelebt ( — woher Perottus
die ^Narbricht hat, er habe nur u.-^tjue ad Duniitiani tem-
|)ora gelebt, «eiss idi nicht — ), so wird er doch nir-
gends nicht einmal Cousul, gescinvoigc ter Cos., genannt;
und TOM allgemein gehalteneu Lobspriicheu, «ie der des
lUartial , aus Gunst und Frennctschaft hervorgegangen,
kann kein entscheidendes Zeugniss für hohe Berühmtheit
genommen «erilen; sie passen im IMunde des Dichters,
der seine .'Schmeicheleien nicht nach dem «ahren Ver-
dienste alm.'igt, auf die griissten Hlänner, wie auf unter-
geordnete Geister. Uebrigens hat dieser Frunto, beson-
ders »cnu der rom Jurenal besungene fllusenfreund der-
selbe ist, eine .'lutTallende Aelmlichkcit mit Frnntin, von
welchem IMar'.ial auch singt (X. öS): doctas tecum celc-
Irare racabat Pieridas.
A'erschieden lun diesem, aber ebenfalls gleichzeitig
mit Frontio und Ptinius Serundus, ist Fronto Calius,
als ein geivandter rnusarum patronus von Plinius (K)p, VI.
IJ. und IV. ').) gerühmt. Dieselbige Person schi'int zu
sein der lom Dio im Hadrianus (LXIX) genannte Cor-
nelius Fronto, ein 31ann von grossem Ansehen, »velcher
als äarhvialter zu seiner Zeit den ersten Rang behaup-
tete. Dio zahlt ihn den bedeutendsten fllAnnern unter
lladrian bei, nennt ihn aber nicht Cicisnlaris ; erscheint
auch unter Tr.-:jan zu jung ge» eisen zu sein, als dass
dieser Kaiser das dritte Consulat mii ihm gefheilt haben
könnte; ausserdem Kürde Pli-iius dessen ehrenvoller ge-
dacht haben, wenn er auch nur einmal Cousul gewesen
■Kare.
Es lebte damals .-".u^h der gro.'s.fe Redner 31. Corneliu»
Fronto, der Lehrer derl^'^iiser Autouinns und Verus ; aber
dessen Cousulat fäll' in eine »iel :<patere Zeit. S. Forcellin.
i.V. Fronto, und -Aug. Ttlai. Praef. in Fronton. — INoch « e-
jiiger gehört hierher der Conaul Fronto, dessen Sohn,
ein Urenkel des grossen Redners, auf der Inschrift bei
Onuplirius Panvinius Comuient. in Fast, id au. 850.
W IT sehen, dass keiner der genannten Frontone für
nnscre Sache die Probe half, obgleich Martials Freund
die nächsten Ansprüche auf den erforderlichen Rang
machen konnte. Aber ej fuhrt ja Dio im T-crva (LXVJ5I. J.j
»inen Consul Fronto auf, als Ralligeber des Kaisers
Kerva? L'nd wird in deu Fasten denn nicht auch ein
Fronto als Cos. Ordinarius mit Trajanus im J. y'jj er-
mahnt? Die angezogene Stelle des Dio ist dio einzige
Gewähr für einen Cousul Fronto unter Neria. Allein
sie ist nnsicher , und schon Ciispinianus (s. Polcnns §. 27)
will an ilessen Statt den Frontinus gesetzt wissen; und
in des Cusjiinianus Fusstapfen sind Alorgagnus und Schultz
getreten, in der That harmoniren die ^Verhältnisse des
rom Dio genannten ConsuLs und dessen Standpunkt nntcr
Kerva ganz mit unserem Fronlinus. Es sas^t nämlich
jener Cousul zu Nerva : ,,E3 ist schlimm, einen Impera-
tor ( — er meint den Domitian — ) zu haben, unter ii el-
cliem Niemandem zu handeln erlaubt ist; aber viel schlim-
mer ist es, wenn Allen Alles erlaubt ist." Das ist die
Klage über Domitian's Neid gegen thatkraftige Slauner ,
wovon viir, in Beziehung auf unscrn Frontin, oben ge-
redet haben. Vergleichen wir diese Angabe, nach wef-
cher der Consul als Ptatiigeber des Kaisers auftritt und
die Abänderung in dessen V^erfügnngeu bewirkt, mit der
]Na(hri(ht Aeliau's (s. §. f-.), ilass Frontinus den Nerva
nach Phormia begleitet und sich mit ihm dort eine Zeit-
lang als Freund und Raihgebor aufgehalten; so bleibt e»
fast unzivcifelhalt, dass bei Dio unser Frontin herzustel-
len sei. Selbst lassen sich Aeliau's Worte, wenn er den
Frontin einen der (Tlioiniot l'TtCiTt'/.ol nennt, ohne gros-
sen Zwang dahin deuten, dass Frontinus gerade damals,
als er den Nerva begleitete, das Consulat bekleidete,
um! zivar sein zweites, wclehes ihm eben anf den Titel
inioiiuo^ V7VUT/XIJ-; Anspruch lieh. Erinnern wir uns
hier daran , dass Frontin schon einmal Consul gewesen
und fliartial diesen seinen Freund wirklich bis Cos. nennt;
und dass dieses doppelte Consulat ihm erst ein Recht gab
anf den Titel prineeps civitatis vir, als welcher er nach
seinem ziieitcn Consulat vom Ncrva zum Wassercurator
eriiiililt wurde. Ueberhaupt stimmen alle folgende Le-
bensumstände so schön in diese Ansichten, dass wir nicht
umhin können, den vom Dio genannten Consul wirklich
für unseren Frontin zu halten.
Blit nocli grösserer Bestimmtheit L'isst sich die Ver-
wechselung der Namen Fronto und Frontinus in den
Fasten nach »eisen. Die Fasten <ies Prosper, die fehler-
haftesten von allen, und aus ihnen Cassiodorus , nennen
als Collegen des Trajanus den Fronto; allein die Fasten
des Anon\nius bei Ciispinianus, die bei weitem den ^'or-
zug haben, bieten deutlich den Namen Frontinus (s. Po-
Icnus ^. 24.), und der Name I'ontinus in deu Idatiani-
srhen Fasten ist kein anderer , als Fronlinus. Es uaro
dann hier nur zu erganzen: Frontinus III.
So tritt nun also der gefeierte Consul Fronto von sei-
nem bisherigen ScJiauplatze al) und nberlasst seinen
ehrenrollen Rang unserem grossen Frontinus. Dieser ist
einer von den vom Plinius (Pauegyr. (jU »'P(. ) s« hoch
gepriesenen Ehrenmannern, die Nerva mit dem ziveiten
und Trajanus mit dem dritten Consulate gi'sehmückt hat.
Als Nerva im J. «4') im September ilen Thron bestieg,
nahm er sogleich mehrere Reformen vor, that aber IN'ichts
ohne den l\:\ih der vorzüglichsten iManner lies Staates,
wie Dio erzahlt; unter Anilcrm befahl er die Anklagen
wegen Verachtung der römischen Staatsreligion und wegen
Begünstigung des Christenthnnis , die unter Domitian so
vielen IMenscIien da» Leben gekostet und Veranlassung
zu grossen Lnruhen gegeben hatten, weil Keiner vor der
Anklage des Andern sicher ivar, zurückzuiveiseii, nach-
dem der Cousul Frontinus ihm die Aeusseruug gothan
1083
1086
haue: ,,ps sei schlimm, einpii Kaiser zu Laben, iinfer
«Iciii Ä'ipiiian<lciu zii liaiidciii crlaiil.t sei; aber viel scltliiii-
iiicr nocli, Honii Allen Alles erlaubt H.'iro." Hieraus,
sowie ans ilcr AliscIialTun^ aiiilere^ iMissbrancIie, «obei
Keria sich des Käthes iler ausgezciihnefsten Hlänner,
lianiendich iles Frontiiius, bediente, und «oniit IVerra
nicht erst bis ins folgende Jahr geivartet hat, dürfen
wir den Schluss machen, dass Frontin schon im J. 84",
gleich nach dem Regierungsantritt des Nerva, das zweite
Consnjat, n?inilich als Cos. siiilectns, erhalten hat. Po-
lenns und Schnitz behaupten zivar. Frontin sei im J. cSöO
Consnl geworden (was Onn|)hrins auch von seinem Froiito
annahm), im ii;inilirhen Jahre, in welchem er C'urator
aqnarnm geworden, so dass, wiePolenns ( ij. 'j 1 .) glaubt,
Kerva zu einem Amte das andere hinzugefügt liJitte ; oder,
wie Schultz meint, Frontin nur einige 31üiiate Consul
gewesen sei. Allein dagegen spricht erstens , dass der
altersschwache ]\erva nicht bis iu's folgende Jahr gezögert
liabcn wird, diejenigjcn tüchtigen fli.'inner, die vor des
Doniitianns Tyrannei sich in den Schatten der Einsam-
keit zurückgezogen hatten, zum Heil des .Staates wieder
öllentlich in >Virksanikeit treten zu lassen als seine
Freunde und Rathgeber , unter deren Zahl uns Frontinus
vorzugsweise vom Dio hervorgehoben wird. Und zweitens
ist Frontin im J. 850 schon im flionate Juli als Wasser-
curator .eifrigst mit den Messungen der AVasscrmenge be-
schilftigt, wie er selbst de Aquaed. Art. 74. erzählt;
hatte also aller Wahrscheinlichkeit nach seine cura
aqnarum , da er iloch nicht gleich nach dem Antritt sei-
nes Amtes sich an's 31essen begeben konnte, schon mehrere
Alunate lang verwaltet, ja, vielleicht nicht lange nach
dem Anfange des J. 800 angetreten. 'Als Consul beglei-
tet er den Kaiser nach PhorniiS; im Jahre darauf wird
er Curator aqnarnm und bleibt es, bis Trajanus ihm das
dritte Cousulat überträgt im J. S.j.'j.
l'ebereiustinimend mit den übrigen Anszeichnungen ,
mit denen Pliiiius den Frontin schmückt, sind die Lobes-
crhcliungen, die er ihm in seinem Panegyricus zu Theil
»erden lässt , als derselbe als Cos. Ordinarius College des
Trajanns wurde, im n.'inilichen Jahre, in welchem Pliniiis
selbf,t Cos. snlfectus geworden war. Man konnte glauben,
des Plinius Worte (Cap. 60.): „liellorum islud sociis
olini, periculorum consortibus, parce- tarnen tribnebatnr;
quod tu singiilaribus viris ac de te quidem bene ac forti-
ter meritis praestitisti , sed iu log/i merilis" passten nicht
auf Frontin, der ja durch Tliaten und (»efahren im Kriege
«ich besonders ausgezeichnet hatte. Allein man erwäge
den richtigen Sinn der Worte: „>'icht wegen Kriegstlia-
ten erhielt Trajanns das dritte Co.isniat, sondern wegen
der Verdienste , die sich beide lAJiüiiier um den Trajanns,
um die ^ erwaltung des Staates während der. bisherigen
Regierung Tiajan's , erworben haben"; nnd bedenke da-
bei, dass Frontin seit dem J. S.}9 keine AVallcn mehr
geführt, sunilern bis zum J. 853, also 14 Jahre lang,
theils seinen .Stildien obgelegen, theils, seit dem Tode
des Doniitianns, seine Thäligkeit ausschliesslich dem In-
teresse des Staates geividinet hat. Die ausserordentliche
Sorgfalt und Wachsamkeit beider 3]änner („Utriusqiie
cura, utriusqiie vigilantia obstrictns es, Caesar": sagt
Plinius) war so gross, dass Trajanus ihnen, die neulich
das zweite Consulat (nnpcr Cnnsulatum alternni ) vom
IVcrva erhalten hatten, nun das dritte Con.'iulat übertrug.
^>:pcr, d. i. vor vier Jahren; woran nicht anzustossen
ist, ebenso wenig als an den vom Plinius gleich darauf
gebrauchten Redensarten : utrinsque adhiic ocnlls paullo
ante dimissi fasces oberrabaiit eic. Ja, ganz ausgezeichnet
passt , was Plinius (Cap. (iÜ.) sagt: ,,i\cnipe eiiim hi sunt,
quos Senatns , quum puhlicis sumtibus minuendis Optimum
quemque praeficeret, elegit, et quidein prinios" auf un-
seren sparsamen Frontiiius, welcher, der Lnkosten wcgen^
sich ein Hlonument zu setzen verbot (Plin. K]). 1\. l!^),
nnd als Wassercurator durch gewissenhafte Rcgiilirung
der Einkünfte, worum der .Staat unter Doniitian's Regie-
rung betrogen worden war, sich Verdienste erworben Lai
(Frontin. de Aqiiaed. Art. 1 18.).
.Sämmtlichc Senatoren freuten sich über die glnckliclie
Consulnwalil so sehr, als ob jedem von ihnen selbst die
Ehre zu Theil geiiorden wäre. Plin. Panegvr. cap. f)2.
Wer war denn der von Plinius so hoch gepriesene
College des Frontiiius im dritten Consulate ? IMan kcinnte
an den Froiito denken, wovon wir oben gereiiet haben.
Allein lassen wir diesen ISamen ganz fallen, weil dio
Autorität dafür gar zu ilürftig und unsicher ist. V^ielleicht
ist es Pompe/US Culleg/t gewesen, welcher, nach de»
ünuphrius Panvinius Angaben, zuerst unter Doniitian Cos.
Ordinarius, dann unter Nerva Cos. sulTectus anstatt des
Publicus Certiis war.
§. 11. Frontiiius Curator aquarum unter Nerva. Seins
Schrift de arjuue duclibus uröis Rui/iae.
Frontiiius, welcher unablässig bemüht war, sich mit
allen Kenntnissen, die jedem tüchtigen Staatsbeamten und
Feiilherrn der dumaligen Zeit notliig waren, auszurüsten,
hatte die iliui übertragenen Verwaltungsgeschäfte im Kriege
um! im Frieden jedesmal zum Gegenstande tiefen Nach-
denkens und grünillicher wissenschaftlicher Studien ge-
macht. Daraus waren seine bisherigen Schriften hervor-
gegangen. Als jN'erva ihm im J. 8.JU unter dem Consu-
late des Nerva und Wrginius Riifns die cura aquaruni
übertrug (Frontin. de Aqwaed. Art. 102.), ein .4nit, zu
dessen Verwaltung immer nur principes ciiitatis viri für
würdig gehalten wurden , befolgte er denselben tjJrniid-
satz. Wie iu früheren Geschäften, so hielt er es auch
jetzt für das Erste und Wichtigste, zu kennen, was er
übernommen halte (nosse , quod suscepi. Art. f.). Denn
ausser dieser Keniitiiiss (sagt er .4rt. 2-) gibt es keine
zuverlässigere Grundlage für ilie Führung eines Geschäf-
tes; ohne sie kann nicht entschieden werden, was zu
thun, was zu lassen ist; und für einen leidlichen Mann
gibt es keine »o entehrende Sache, als ein übertragenes
Amt nach Aniveisnng von Gehülfen zu verrichten. Dess-
halb schrieb er inter initia administrationis (Art. 2-) das
merkwürdige Buch de aqiiae ductibus urbis Romae. In
andern Schriften, die er nach 6elb.ittliätiger Erfahrung
und Kenntnissnahino abgefasst hat, hatte er den Nufzcu
seiner Nachfolger im Auge ; diese Schrift, vielleicht auch
den Nachfolgern nützlich, sollte vorzugsweise zu seiner
eigenen Unterweisung uud Richtschnur dienen, Desshalb
hat er Alles , was zum gesainmten Wasserleitungsweseu
gehört, zusammengetragen, geordnet und einer Denk-
ios-;
1088
•clirift einverleibt, die ihm zum Iiisfrunieni und Grund-
rijs seiner Aduiinistration dienen stillte (Art. '2.).
Beim Alltritte seines Amtes entilerktc er Naelilassif-
keiten und ^'ergelieu aller Art in der Uislierii^en \'er-
n'altnn<r sotvohl ron Seiten der Wassercnratoren se!l)st,
als auch insbesondere von deren Uuterlieaniten, die sieh die
l'nknnde ihrer Curatoren zu Nutze zu niaelien f;e»usst
hatten. Kr führte eine neue Ordnunj; in diesen Ziieig
der römischen Staats» er« altunj ein. Weil der »i i» hti{;ste
Tlieil dieses Amtes in der Erhaltung der Gerinne be-
stand, genügte es seinem Kifer nicht, alle Kinzelhcitcn
derselben an Ort und Stelle in Augenseliein zu nehmen,
gundern liess sieh sogar (irundrisse der Leitungen nia«lien,
SU dass er auch ZHischen vier AVändcn alle Kinzelheiten
vor seinem ülirke hatte und mit sich zu Uatlie gehen
konnte. Eine 31cnge bisher stattgehabter Alissiiräuche
stellte er ab. Um ilem Untersclilagen des AV^assers von
Seiten der ge» innsüchtigen Beamten vorzubeugen, stellte
er bei jeder Leitung neue {Messungen an , entdecl.tc die
bisherigen Betrügereien in der Verausgabung des A^ assers
und führte eine regeiuiässlgere uuil gerechtere V'e.'lhei-
|ung des Wassers ein. Eine grosse Zahl unerlaubter
Rohren hob er auf und vermehrte die Wassermengo
zuni Xutzeu der Bürger; er vermehrte die Zahl der AV'as-
gerschlösser , Wasserhäuser, Wasserkünste und Becken.
Einkünfte von Grundstücken im Bereiche der Leitungen,
,)ie bisher unterschlagen worden waren, gab er dem Staate
«jeder. Durch Benutzung des überfliessenden Wassers
(ru" er bei zur Reinlichkeit der Strassen und zur Rei-
niiiunu- der berüchtigten Luft. Mehrere (icHässer machte
er klarer und trinkbarer. Er hielt streng auf die Hand-
habung und gewissenhafte Befolgung der Wassergesctze.
Eine so strenge DiseiiilLn führte er ein, dass hei Unter-
suchungen der Gerinne, wobei die Curatoren last gesetz-
lich ihre Lictoren bei sich haben miissteii , seine ihm
vom Fürsten gegebene Autorität die Stelle der Lictoren
vertrat. Insbesondere war seine Sorgfalt auf die Instand-
haltuu" der Leitungen verwendet: deren Zustand war
nnter seiner Cura blühend, so dass er, wenigstens zum
Thcil auch in Beziehung auf seine Bemühungen, sagen
konnte; ,,Wird man mit den so vielen nützlichen AVuu-
derbauten so vieler AVasserleitungen die massigen Pyra-
miden oder sonstige unnütze, obwohl durch den Ruf ge-
feierte Werke der (iriechen vergleichen wollen?" —
Und dieses Alles schreibt er grcisstentheils nicht sich,
sondern seinem treulichen Kaiser Nerva zu (f. JJ. .'). (in.).
Frontin's glänzende A'erdienste um das Wasserleitungs-
wesen hier weitläulig und in systematischer Ordnung zu
entwickeln, halie ich für unnöthig erachtet, tia seine
Schrift über diesen Gegenstanil nur wenige Bogen füllt
und Jeiler, in dessen Interesse ea liegt, sich leicht eine
Ucbcrsiclit dieser Verdienste aus der Schrift selbst neh-
men kann.
Polenus ( §. .35 sq, ) behauptet, dass Frontin sich
diese Verdienste nur theilweisc unter der Regierung des
Äerva erworben hätte: nach dem Tode des Aierva, im
J. 801, in welchem der neue Kaiser Tr.ij.iiius ihm li in
Küln Mar, habe Frontin seine eifrige, unter ,\eria uir-
gcnommcnc Untcranchnng der Gewässer fortgesetzt und
Einiges nocli unter Trajan g'cthan , z. ß. was er Art. 74«
erzähle : uniuscniusquö aquae copiam — tota dcinccps
acstate durantem cxploravi. Namentlich gehöre das ia
den Artt. «S. 89. 92- 93. 94. Erwähnte der Zeit Tra-
jan's an. Auch Art. 87. bezieht er anf den Trajanus
und hält also den an diesen Stellen genannten Nerva
nicht für den M. Coccejus Aery», sondern für den Ncrva
Trajanus.
J>lit Recht entgegnet ihm Heinrich: „Non inagis un-
quam Imperator Ulpiiis Traianus dictus est Nerva, quam
linp. Cocceius Nerva Tiaiaiius est appcllatus." Wenig-
stens würde der genaue Frontin, wenn er in seiner
Schrift bis zu den angegebenen Stellen den Coccejus
Nerva, und von da ab unter demselben und mit gleichen
Prädicaten ausgeschmückten Namen Nerva den Trajanus
llätte verstanden wissen wollen, auch in der Bezeichnung
der beiden Personen einen Unterschied gemacht haben. —
Art. 87. liest Heinrich ,,ad Divum Nervain Imp. usque",
und bemerkt ilazu gegen Polenus: ,, Durch obige Aus-
mittelung ward der wirkliclie Etat constatirt, wie er bis
auf \ervn war. Jetzt f<dgen die ,.provi(lentia diligen-
tissimi Principis (Nervae)" gemachten Verbesserungen.
So kann nun also der hier erwähnte Nerva Imp. durch-
aus gar kein anderer sein, als eben Nerva. Das zeigt
ja auch der ganze übrige Zusammenhang. Durch jene
neuen Messungen unter Nerva wurde „veluti nova acqiii-
sitio aquarum'' gewonnen, Art. 77, und eben das wird
bloss wiederholt Art. 87: quasi nova inventione fontium
arcrevit. Wie kann nun der hier genannte Nerva ein
anderer sein, als jener? Vorher war ja überall nur
die Rede von Untersuchungen, Vorarbeiten; die Veran-
staltungen unter Nerva folgen nun erst. — Was die von
Polenus angeführte Stelle Art, 87. anbelangt, welche so
zu restituiren ist: Ac ne metu aestatis ant siccitatum in
taiitum a vcritafo eos rccessisse crcdam , obstat, qnod,
ipso actis mensnris Julio nienso , lianc uniuscuiusquo co-
piam, qiiac siipra scripta est, tota deinceps aestato du-
rantem cxploravi : so spricht iMIes für die Annahme, und
ist es ganz natürlich, dass dieser flionat Juli, sowie der
ganze Sommer dem Jahre SOG angehöre ; weil diese
fllessungen von grösster Wichtigkeit waren und nicht ins
folgende Jahr oder gar auf folgende Jahre konnten bin-
ausgeschobcu werden.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Potsdam. Am 17. August c. beging d.is hiesige Gynina-
sium das Fest seines lOOjaluigeii Bestehens durcli eine Rede
und Gcsangfeierlicbkeit. Der üiiector Uigler b.itle die Be-
hörden und das Pnl)likuni dmcli ein Progiamni dazu eingeladen,
vvclclies eine Abhamlliing des Direclnrs über Gymnasial- und
RealbiKhing , sowie eine Geschichte der Anstalt vom Professor
Schmidt enthalt.
Berlin. D.c Königl. Socictät in London hat den Geh.
Regiciungsrath , Prof. Dr. Bocckh zu ihrem Ehreumilgliede
ernannt.
Zeitschrift
für die
Alterthumswisseiiscliaft.
Mittwoch. 13. November
18 39.
Nr. 136;
Bniclislücke aus tlein Leben des Sexlus Julius
Frontinus, von A. Dederich.
(Beschl uss.)
Einen Hauptgrund zu seiner Belianpfiing scheint Po-
lenus genommen zu haben aus ilem Anfang des Art. 88:
Sentit hanc cnram Imperatoris piissimi ^ienae Principis
stii regina et domina orbis (Roma urbs) in dies, quae
ferrarnin dea consistit, cni par nihil et nibii sceundiim
in Vergleichung mit den Versen Älartial's Epigr. XII. 8:
Terrarumqne Dea gentiumque Roma,
Cui par est nihil et nihil serundum,
in welchem Epigr. des Trajanus Tapferkeit gefeiert wird.
Poleniis bemerkt zu dieser Stelle: „Froiitin, welcher, um
den Trajan zu loben, die Stadt Rom lobe, hätte seine
AVurte von dem gleichzeitigen ihm befreundeten Dichter
cutlebnt, welcher gleichfalls, um den Trnjan zu besin-
gen, Rom besungen hätte." Das Epigr. des Martialis, in wel-
chem Trajan aus Schmeichelei iuvenis (ein rüstiger Mann)
genannt iiird, scheint geschrieben worden zu sein unter
den Kriegsri'istungen gegen, die Dari, die im vorletzten
Verse unter dem Namen Getae aufgeführt »verden , also
im J. 852 oder 853 ( — am Schluss des J. 853 zog Tra-
jan in den dacischen Krieg — ); und in dieser Zeit hätte
Frontiu vor der Edition seiner Schrift die Averse seines
freundes wohl noch einschalten können. Allein schon
dem Lipsius erschienen die Worte ,,quae terrarum dea
consistit, cui par nihil et nihil secuiidum" rer<l,'iihfig,
welcher de J>lagnit. Rom. I. 2. sagt: Vereor, ut allituui
hoc adscriptumve aliena manu sit; gravis atque eruditiis
reliquus Frontini stilus non probat aut amat lasciiiam
poetarum. Und Heinrich bemerkt zu diesen AVorten:
Eiicienda sunt, e .Martiale allita priuuim in ora rodicis.
31it Recht; ans folgenden Hauptgründen: den ersten hat
Lipsius angegeben; zweitens würde Frontin die Verse
doch getreu entlehnt haben; drittens ist in den Phrasen
domi/tft ovbis und terrarum dea eine dem bündigen Fron-
tin fremde Tautologie enthalten ; endlich schmeckt con-
sistit nach Spätlatein.
Soviel ich habe erforschen können , wird des Tra-
janus nur an einer einzigen Stelle der Schrift gedacht,
und zwar mit dem foWen '^nmcn Imperalor Caesar Sierra
Traiatiiis Augustus , am Schlüsse des Art. 93. Aus die-
ser ist aber keineswegs die Folgerung zulässig, dass auch
in den umstehenden, in welchen IVerva genannt wird,
Traianus gemeint sei. Dass Art. 88. Nerva zu verstehen
sei , lehrt schon der Zusammenhang. Die vielen Veran-
staltungen des Frontinus nämlich sind nicht alle bei
Lebzeiten des Nerva vollendet worden, sondern zum Theil
erst nach dessen Tode. Der Reweis davon liegt im Fu-
turum seriliet, und .\rt. 93. veniet. „Es fühlt, heisst
es in der ersten Stelle, die grosse Sorgfalt des Nerva dio
Stadt Ronv von Tag zu Tag, und noch mehr wird sie es
fühlen, wenn die Zahl der Schlösser, Wasserhäuser,
Künste und Becken gewachsen ist." Und an der zweiten
Stelle: ,,Er (N'erva) hat die Möglichkeit erkannt, aucli
die Mängel des Neuen Anio zu beseitigen (exdndi posso
vidit) u. s. w. Die so glückliche Eigenschaft des Was-
sers, welches in allen (iahen der Marcia gleichkommen
(aequaturae) , an Fülle aber ilieselbe übertred'en wird
(superaturae), wird an die Stelle jenes garstigen und trü-
ben Wassers treten (veniet)." Es mag noch eine oder
die andere vom Froiitin ertvähnte Anlage erst nach deux
Tode dea Nerva fertig geworden sein ; allein wer vermag
diese ausfindig zu machen? So viel ist aus dem Zusam-
menhange gewiss, dass an all den genannten Stellen die
^Veranstaltungen (lern Nerva zugeschrieben werden.
Polenus geht noch weiter, indem er (|§. 22.) be-
hauptet: „Frontin habe seine Schrift gleich nach dem
Antritte seines .Amtes begonnen; aber nach dem Tode des
Nerva habe er »veiter daran gearbeitet und sie vollendet.
Edirt {'^. 36.) habe er sie im J. 852, in welchem der
Kaiser Tr.ijan von Köln nach Rom gekommen sei." Da-
gegen bemerkt Heinrich, dass diese Behauptung mit der
eigenen Erklärung Froiitin's (in der Einleitung) ganz un-
verträglich sei: und stellt folgeiuleii Satz auf: „Frontiu
entwarf seine Schrift gleich beim Beginn seines Amtes,
edirte diese aber, und zwar vermehrt, erst unter deni
Nachfolger Trajan, als dieser von Köln kam. Der Ein-
gang Art. 1—3. wurde als Prologus erst bei der Her-
ausgabe vorgesetzt, wie die Sprache allenthalben zeigt.
Ganz am Schluss der Schrift spricht Frontin aber nocli
im Präsens, als fortwährend auch unter Trajan thätiger
Curator. Er blieb es also noch unter diesem. Solch«
officia curatorum waren keine niagistratus und nicht an
eine bestimmte Zeitdauer gebunden (vergl. Brisson. v.
Curator, nr. 14. „Cnr.atores operuni"). D.is zeigt die
Reihe der Curatorum aquae bei Frontiu Art. 102."
Reden wir zuerst von den l'ermehrungen, welche die
Schrift nach dem Tode des Nerva erfahren haben soll.
Heinrich zieht dahin vornehnilich drei Stellen: den Schluss
1091
1092
Aes \ri. 03 I «las ganze ^Vrzcicliiiiss <Icr Curaiurcn Ari,
10'2, uiiil ,,iiis<itia Diii Aervae" Art. IIS; von der ersten
(»pricht er die (ieHJsslieit aiis, loii den beiden andern
nur die Miiglielikeif. ^Vas die erste Stelle betrillt, s» ist
nicht daran zu ztieifeln, dass der ^anze Sihliisssatz „Ilaec
<am felix propr. etc." vom Verfasser nach dem Tode des
?ferva ein;;es< lialtet ist. ,,Printeps noster, — sa|;t dar-
über Heinrich, vita exclndi posse vidit. Die Hichtigo
Verbessern»^ sollte aber, so «ar sein AVille, erst vom
Kachfolger, der noch in Köln »ar, ansgefiilirt »erticn,
«1er nun zum erstciimal mit allem Pomp erHähnt ivird,
novns auctor Imperator etc. Fronlin hatte es äu( den
Trajan abgesehen, nicht soivohl nm ihm zn schmeicheln,
sondern nm ihn fi'ir die Sache zn gewinnen und seinen
Ehrgeiz zur Ansfijhrnng der noch unvollendeten Arbeiten
aiizufenern. Die Schrift nnrde nun eine Art ßegri'issung
für den neuen Imperator bei seinem Einzüge in Rom."
Praescriienle titulo {ansiait praescriptuio, PriSsens statt
Perfcct; von h elcher Parficipicnvcrwechselung si< h oft
Seispiele zeigen) ist, ronform mit veniet , aufzulösen
ilurrh et'lilulus praescrihet. — Die IMoglichkcit , dass
«lie z»eite Stelle nach IVerva's Toile eingeschaltet sei,
lässt sich zMar nicht widerlegen, aber auch nicht be-
gründen. Eine solche I>logliclikeit liess sich auch auf
andere Stellen überfragen; aber iMöglichkeit ist noch weit
Ton Wahrscheinlichkeit, und 'Wahrscheinlichkeit noch
weit von Genissheit. Was die dritte Stelle anbelangt,
so ist die spätere Einschaltung nicht eTnraal wuhrscheinlich.
„Die Einleitung (Art. t — 3-)» — s-*»' Heinrich, —
ist bei der Herausgabe vorgesetzt worden, wie die Sprache
allenihaUien zeit;»." Hören wir den Znsammenhang der
aus dieser Einleitung hierher bezüglichen AVorte. ,, Alles,
was zum A^ asserleilongs» pscn gehört, habe ich zusarii-
mengetra^en , geordnet ui.d in diesen (d. h. vor mir lie-
genden) Commentar gebracht, um ihn, den ich unter
den Anfangen meiner Anvtsverwaltung geschrieben habe,
zu meiner Richlschniir zu gebrauchen. Denn da mein
angeboruer Eifer mich in jedem mir übertragenen Amte
2ur Lust und Liebe an der Sache treibt, und ich nun
(nunc, d. i. gegenn.'irtig, wo ich dieries scljreibe) durch
die Wahl des .\ena AVassercurator bin, s» halte ich
es au. h in diesem Amte (was ich jetzt führe) für's Erste
iind Wichtigste, zu kennen, was ich auf mich genom-
men habe.'' Daraus kann man doch nnr auf folgende
Thalsachc srhliessen: Der Prolog ist geschrieben, nach-
ütm das AVcrk fertig war, und zwar noch bei Lebzeiten
!Nerva'».
Die Möglichkeit, dass Frontin den Schluss (Art. 130.)
unter Trajan geschrieben haben könnte, liesse sich viel-
leicht aus den Worten In rcli(]uum vero «pfo etc. her-
leiten. Allein da die vorher in diesem Artikel erwähn-
ten Tliafsachen füglich in Nerva's Lebzeit f.illen kiiunen,
warum denn nicht aurlt die hinzugefügte Drohung.'' (ie-
radezu abl.'ingnrn l.'tsst sich freiliih die i\!ögli< hkeit nicht,
da sehr wahisclif inlicli Frontin auch nach dem Tode des
>erra seine rura aquarum bis zu seinem dritten t'onsu-
late fort);esetzt hat; eine Sache, die sich aus zwei Grün-
den si hliessen lasst : erstens aus dem Umstände, ilasg
Frontin , der erst unter Trajan sein Werk cdirte, keinen
Iiiachfol^'er als Carator nennt, — was er docL gcthan
Laben würde, wenn er sein Amt nicht behalten hätte;
— und zweitens ans dem Vcrzeichniss der Curatoren ,
aus welchem hervorgeht, dass, wennFronfin uns sämmt-
lichc Curatoren vor ihm genannt hat und nicht der Staat
manchmal vielleicht auch ohne Curatoren gewesen ist,
deren Amt (als ein nur quasi magistratus Art. 9'l-) nicht
an eine bestinmite Zeitdauer geknüpft war, indem einige
ein, andere zwei, andere drei, andere sogar zehn, eilf,
ja, drei und zwanzig Jahre lang ihr Amt verwaltet zu
haben scheinen. Aber positive Gründe für die AbfassuBg
des Schlusses unter Trajan sind nicht vorhanden. — •
Ueberhanpt lässt sich mit völliger innerer Gevvissheit nur
von dem Schlusssatze des Art. 93. sagen, dass er unter
Tr.ijau's Regierung eingeschoben sei. Hatte Frontiu hei
dem Tode INerva's die Schrift nicht schon fertig gehabt
(ohne vielleicht gerade die letzte Hand angelegt zu haben),
so n ürde er an mehreren Stellen Gelegenheit gesucht
und auch gefunden haben, seinen neuen Kaiser TrajaD
zu fi'iern.
Zum Schlüsse führe ich folgende wichtige Worte
Froiitin's an. Art. 88: j^Es entgeht mir nicht, dass ich
meiner Schrift die Anordnung der neuen Verausgabung
schuldig bin; allein da ich das dahin Gehörige schon an
die Vermehrung angeschlossen habe, so mnss man be-
greifen, dass das nicht vorgetragen werden könne, bevor
es vollständig erledigt ist." Diese Worte sprechen für
die Abfassung der Schrift unter Nerva und für meine
Dehauptung, dass nach dem Tode des Nerva die Schrift
^lusserst wenige Veränderungen erlitten hat. Die syste-
matische Anordnung der neuen Verausgabung hatte er,
als er unter Nerva schrieb, nicht eingeschaltet, weil die
Sache noch nicht abgeschlossen, noch nicht von ihm völ-
lig auf's Reine gebracht war; und er hat sie auch nach
dem Tode des Nerva nicht eingeschattet, obwohl er «ie
seiner Schrift schuhfig zu sein glaubte.
Ueberdiess war Frontin ein so gewandter Geschäfts-
mann und fertiger Schriftsteller, das» er die kleine Schrift
mit IMnsse in dem Jahre seiner Cura unter Nerva vollen-
ilen konnte. Hat er ja in derselben grüsstentheils Ge-
gebenes zusammengetrag-en und in ein geordnetes Ganze
gebracht. Hat er ja die viel umfassendere Schrift de
agrorum (jualitate auch in kurzer Zeit geschrieben iinil
unter Domitiau's Regierung drei bedeutende Werke her-
ausgegeben.
Leber die Zeit der Herausgabe der Schrift stimme
ich, wie ich schon angedeutet habe, mit Poleniis und
Heinrich überein, die nämlich geschehen ist im J. 852,
in welchem Trajan als Kaiser nach Rom kam.
§. 1'.?. Ist Fro7itinua auch Proconsul in Asien getcetenf
Eine zu Sinyrna aufgeliindeno Münze ( s. Polenns
^. 38 sipi-) stellt auf der einen Seite ein bärtiges Haupt
dar, mit der Ln.schri/t: 0P ÜiM/'JlNOC ylNi) V
(0ooVTllvo~' dl/t)vJTCiTO^); auf der Rückseite ein anf
dem Wasser eines umgestürzten lieckens sitzendes Frauen-
zimmer, mit der Cmschrilt P/H /J/iXOC, und auf der
Rasis ZMYP. Ein. MIPTOY. Welche Inschriften
Spon erklärt: Frontinus Proconsul a Smjrnaeis snb Prae-
fectura (ciiiusdam) iMuti. Den Kopf liat man für den
des Froutinus gehalten, z. B. Polcnus , gestützt auf d'eS'
1093
1094
Jalc. Gronoviiis AiiforiiSt; allplu <Ia ilorselbc hürilg hi ,
die Römer aber erst iiiifor Haiiriaiius sicli <loii liart haben
Brachsen lassen, lialtcn ihn die 3Icis(cn fiir den Ivojil des
JiipKer oder de» Herkules. Eiidlirh bezeugt Oudeudorp
(Piaef. ad Front. Strateg;.), auf der illunzc stände niilit
0PONTLJl\OC , smidcrn ganz deulliili 0POiX-
TE1NS2 , und h;ilt es somit fiir ents« liieilen , dass der
Kopf nirht der <Ics Frontinus sei, sondern des Jupiter,
oder, weil kein Abzeichen des Jupiter darauf erkannt
würde, des Herkules, «elciier zu Snivrna verehrt «urile.
— ^Vic dem auch sei, eine dem Frontinus Proros. von
den Sniyrnaern geividmete IVIitnie berechtigt, obgleich
andere Zeugnisse fehlen, zu der ^'crniutliung, dass Fron-
tinus nadi seinem dritten Consulatc, also im J. 8545 '"
Asien Proconsul genesen sei, und dass er, wie man aus
der Wasser ausströnienden Nymphe scliliessen kminte, sieh
dort vielleicht ebenfalls ^'crdieusto um das AVasserwc»en
erirorbcn habe.
§. I.3. Des Frontinus Augural und Tod.
Nach des Plinins (Ep. IV- 8.) Zeugnis« ist das letzte
Amt, welches Frontinus bekleidet hat, das eines Augur
gewesen, in welchem ihm Flinius nachgefolgt ist. Da
dieses Priesteramt auf Lebenszeit erthcilt wurde (quod
sacerdotium non adimitur viventi. Pliu. 1. c), ist die
Sterbezeit des Frontinus so weit bestimmt, dass wir wis-
sen , er sei vor der Ernennung des Plinius zum Augur
gestorben. Das Jaiir aber, in welchem Plinius Augur
geworden, ist nicht genau bestimmt; es L'isst sich durch
Combination, nur ungefaiir angeben, Plinius sucht eine
Ehre darin, dass er im Auguratc dcj- Nachfolger des
Frontinns, eines princeps vir, geworden; und da sein
Freund Arrianus ihn in seiner Gratulaliou daran erin-
nert, dass auch Cicero, den gerade Plinius in seinen
wissenschaftlichen Bestrebungen zum Vorbilde genommen,
Augur gewesen sei, fährt er darauf in seinem Briefe
fort: Sed utjnam , nt sacer<l(itinm idem et consulatum
miilfo efirtui iunior, quam ille, sum consecutus, ita senex
«altem ingeninm eins aliijua ex parte a*se<jui possini.
Hierin sind nns ilie ^Vorto uiulto ctiam iunior quam ille
fsr. Cicero) fiir die Bestimmung der Zeit, in welcher
Plinius Augur geworden und also Ftontiu gestorben ist,
von grosser Wichtigkeit. Cicero wurde Consul in seinem
43. Lebensjahre, Augur im Ö4. Plinius aber war Con-
«ul im J. 803? und ist, soweit die Forschungen über
seine Geburtszeit mir bekannt siud, im sechsten Jahre
der Regierung des Nero, also, da dieser im J. 807 den
Thron bestieg, im J. 8!3 geboren; er wäre demnach als
Consul 40 Jahre alt genesen. Die Worte inulto iunior
wäreil also nur von drei Jahren zu verstehen. Nehmen
vir nun, da Plinrns diese Worte wahrscheinlich vorzugs-
weise auf das Augiirat bezieht, an, er sei als Augur
nngef/ihr fünf Jahre jünger, als Cicero gewesen, also
49 Jahre alt, so wäre er Augur genesen im J. S)i2.
Demnach wäre Frontinus, dem Plinius im Auguratc nach-
folgte, entweder im nämlichen Jahre, oder im J. SOI,
also ungefähr in der Mitte der Regiermigszeit des Kaisers
Trajaiius gestorben.
Frontin hatte, wie Plinius (a. a. O.) erzählt, nieh-
»ere Jahre nacheinander (per hos coutinuos annos) au
dem Tage der Auguren - Ernennung den Plinius nnier
ilie Priester gezählt, gleichsam als ob er ihn in seine
.Sd'Ue erwählte. Wie riele Jahre hier zu verstehen 'sind,
lässt sich nicht sagen ; zuverlässig aber ist Fronfiu meh-
rere Jahre hindurch Augur gewesen.
Fron(iii war Cos. snirecfiis zum erstenmal im J. S26.
Nehmen wir an, er sei damals 40 Jahre alt gewesen, so
ist er geboren im J. 786 unter den letzten Jahren der
Regierung des Tiberius. Ist er im J. 8()l gestorben, so
wäre er !,'_> Jahre alt geworilen. Jedenfalls lässt sich
annehmen, dass er das hohe Alfer von einigen 70 Jahrea
erreicht habe.
Wie Frontinus nnter des Domitianus Tyrannei s^fn
Andenken schriftlich zu verherrlichen nicht nagen iliirffc,
so wollte er auch kein steinernes fllonumentum auf sein
Grab gesetzt wissen. Iinpeiisa monimeiiti supervaeiia est,
sagt er"(nie uns Plinius Ep. IX. 1!). berichtet); memoria
nostri durabit, si vita nieruimus." Plinius findet ( — fähr<
Schultz fort — ) dieses Benehmen Frontin's taileliisnürdig,
obwohl er sich scheut, es auszusprechen, da seinem Ge-
fühle die Grösse der Gesiuiiuiig darin nicht entgehen
konnte. Dass nicht der Stein es sei, der uiLsterblirh
mache, darin hatie Froiitin doch wohl Recht, und wenn
Plinius andererseits mit Recht das Benehmen des Ver-
giiiius Riifus, der die grosse Tliat seines Lebens auf dem
Grabdenkmale in Kürze zu verieithnen befahl, als wür-
dig, menschlich und mild loben durfte, s« vertlient docl»
nicht weniger Anerkennung, dass Einer bezweifeln mochte,
ob sein Thun auf (Jnsterblichkeit Anspruch habe. Statt
dessen bezüchtigt Plinius ihn eines versteckten Stolzes,
der den Ruhm um so eifriger suche, je mehr er ihn
zu verachten schien, einVornurf, den die Aeiisseriing in
unserer Schrift (de Aijuaed. 101.) über die Lieferen be-
stätigen könnte, den wir aber durch die Reinheit nml
OHcnheit, die Frontin überall zeigt, für völlig widerlegt
halten. Plinius hatte ein feines, liur zu feines Gefühl.
Kleinliche Ruhmsucht beherrschte ihn so sehr, dass sie
Hauptmotiv seiner gesainmten Thätigkeit war, und machti»
ihn unfähig, der stillen Grosse Froutin-'s Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen."
lOdiOKAEOYS AL4I. Sophodis Aiax. Edidit
ex exemplaribus optimis et analectis emendavit ei
illustravit fnnnms Apitzius, Ph. Dr. et AA. LL. M.
Berlin bei Havn. 1839. XX und 12() S. 8.
Acta Senjiiiarii philologici Heidelbr-rgcnsis. FasticufusI,
Soplioclis Aiax, Elerfra , Oedipus Rex emendatae
et illnstratae ex codicibus Palatinis XL et CCCLVL
Edidit C. L. Artystrr, Ph. Dr. Heidelberg bei Mohr.
1839. VIII und 109 S, 8. 16 Gr.
Das Buch des Hrn. Dr. Apitz gibt in der V'orrede
meine curas novissimas aus der Bcurlliclliing von Herrn
Waiuler's Rerension des Lobeckischen Aiax, da Hr. A.
diese Beurtheilimg erst nach dem Abdruckt- seiner Ana-
leeten erhalten hatte; sodaun folgt ilcr Text des Aiax,
Bnd auf diesen die Analecten, in der IManier, die au»
des Verfassers Trachinierinnen und Phoeiii.'sen bekannt
isti Iiierauf ein deutsch geschriebenes Urthcil des Ueno
1095
109G
Dr. Zarliariae über das Wier der Ilaiuläcliriftoii iir. 40.
oöli. l',' I. und zulo(zt Addeiida und Corrigcüda , iiplist
«•iiHT rprglei( lienden Tabelle der Vcrszahlen in Urunck's,
iiiciiior und Lolu-ck's Ans[jal>e.
Die ziveitc Srlirift enthalt, nächst einer kurzen Vor-
rede von Um. Dr. Kavser, die bis auf die geringsten
Kleinigkeiten angegebeiieu ^'ariaiiten des zwar schon von
Hrn. liiitlie , jedmh nicht volUtAndig und nicht ganz ge-
nau rerglicheneii Codex nr. 40., der jedodi von keinem
liPäondereii Wertiie ist, mit beigefügtem Urtheilo und
anderen Bemerkungen zum Aiax von Hrn. Fischer, zur
fctcctra von Hrn. ZIckedrath, zum Oeilipus von Hrn. Ebner.
>'eu sind darin einige Scliolien oder vielmehr Glossen
zum .\iax uiul dem ersten Theile der Elekfra , sodann
die in der >'orrede mitgeflieilteii Exccrpte Sojihokleischer
1'erse aus ilen Hamlsciiriften nr. 3 Mi- und 14U.
Da das Wesenduho beider üiicher in Bemerkungen
über einzelne Stellen besteht, so ivird es geniigen, zur
IJeurtheilung ebenfalls über einige einzelne Stellen einige
>Vorle zu sagen. Dei der bestrittenen Erklärung des
zweiten »rses im Aiax, TtEiQciv x'lv i'/^9uujv än:iuOCU
iiiocjuil'ur, meint Hr A[iitz, «eil davon die Rede sei,
ul ipsum /liiicein investigel, müsse nstoav von i)i]ou)!ii'
rov abli.'ingen, von TTtitjuv aber wiederum o.ona.nai xiv
i-/9oi')V. Allein es kommt hier nicht soivohl auf das
lioslein invesligare an, als auf das Aufsuchen jeder Ge-
legenheit, einen ^'ortheil über den Feind za gewinnen.
Wenn das Einfachste und Natürlichste i'iberall das Wahre
ist, so gehurt Tttindv tiv tydooji' «(i7ra5«i zusammen,
und diese Worte hangen von itjj^ujfieiov ab. — V. 33.
will Hr. A. y.ovx tj^o) nudaiv uzov fiir ■/.oi'y. i/w
VTUV uadiiv neiimen, non Ititieo a quo disciim. Aber
«lass iliese Worte so umgestellt werden könnten , hatte
Lewicseu werden müssen, was dem Verfasser nicht ge-
lingen wird. Meine Erklärung, quacrit cuius hominis
ease facinus iltud dient, halt er für an sich verwerflich,
in4lem er fragt, unde enim facinus illud? Die Ant»
«ort ist leicht: aus tu (5t. Denn Ulysses wundert sich,
welcher 3]enscli eine solche Niederlage unter den Heer-
«len angerichtet haben könne, und wird zweifelhaft, ob
die Angabe, dass es Aiax gewesen, wahr sei. — V. 77.
meint Hr. A. werde rlic Rede der Athene von dem üljs-
«cs unterbrorlien , wie auch Hr. Fischer annimmt, und
man müsse mithin das Fragezeichen nach STl iu den
Worten lies tivsses setzen: 7louoi}£v' oC-ii Ctriu) üd' r,v
— Oz/. i'/ßoui '/£ 7'j)d£ jüvöoi xa) ravi'P tri; AVas
BoU aber diese Frage des Ulysses bedeutenl Eine Erklä-
rung gibt Hr. A. trcder von den Worten der Athene,
noch von der Frage des Ulysses. iMeinte er (und da«
war wohl sein Gedanke), Athene wolle sagen, 7r()(jot}cv
oi'y. dvv.it od 1]V duiVüi;, so konnte LIvssc» wohl da«
erwiedern, was er antwortet: fragen aber konnte er das
nicht. — V. 121. kiioi/.xtiou) 8t vir övoxrjruv 'fiiTtw^t
xalrcSQ uvxfi. Öu^iuvij. attamen nie miseret /liacis
miseri, quam quam inimicus est. Frustra G. Her-
mannus, ul comma pnst viv positum defende/et , hoc
eruil : miteret me /liacis, qui , ut ait ininiicua, at
mit er tarnen, ideoque miseratione dignus est. Hr. A.
ui'irde das nicht geschrieben Laben, trcnu er bedacht
hatte , dass bei «einer Erklärung nicht vip stehen kCnnte,
sondern es iTtoiy.islouj dl tuv 6vOt1]VOV heissen müsgtc.
— V. 169. Oinnes Codd. aiyvTiiuv iiiud. exhiLent,
neque est cur o' aut ö ijiferciua. Debet potius corrigi
quam lenissime /tnyuv aiyvniujv, ut ante nos Schnei-
derus vidit. Sic. Eur. Hippol. 161. T« öi<iTQUX(/) yu-
vaiy.ajv, q. l. allegat Hernh. Sijnt. p. I5Ö. iMiyav CU-
'fV^tujv ist gar kein (»riechisch, oder vielmehr ein in
jeder Sprache falscher liegrifl , und sehr befremdlicli ist
CS, wie Hr. A. die völlig verschiedene Stelle aus dem
Ilippolvtus , dergleichen man sehr viele zusammentragen
könnte, als Bewei.s anführen konnte. — Ich übergehe
Anderes, wogegen sich gegründete Einwendungen macheu
licssen, und wende mich zu \. 279, wo, von ganz ent-
gegengesetzten Ansichten ausgehend, Hr. Fischer sowohl,
als Hr. Apitz diöoixa f^ii) 'y, i)£oü ■:^hjyij Tti ijxot in
Schutz nelimen , iler Erstere , weil der Chor befürchte,
es könne ein Unglück geschehen; der Andere, weil hier
nicht ne veniat , sondern ne venerit gesagt werden solle.
Beide irren sich. Da deöo/xu der Bedeutung nach Prä-
sens ist, verlaugt die .Syntax den Conjunctiv. Hr. Apitz
aber hat nicht bedacht, dass ja eben i;X7J venerit bedeu-
tet, indem jjy.ä) bekanntlich veni , adsum heisst. — Die
Conjectur des Hrn. A. V. 317. y.nl /iiitso' ukk' ;} fioioa
TUV (fiiravTci il y.aSeiksv kann nicht angenommen wer-
den. Nicht nur ist der Gedanke, ac matrem meatn pa-
tremque aliud quam Jatum suslulit , etwas ganz Fremd-
artiges und den Alten Unbekanntes, sondern auch et»vas
in sich AVidersprecIiendes, ila ja auch der Toil in dem
gemeinsamen durch den Aiax bewirkten Untergange der
Stadt, welcher das ük'kü sein soll, der fioiou anheim-
fallt. Zu ahnlichen Bemerkungen würden mir die Ana-
lecten des Verfs. noch reichliclien Stoll geben: doch bre-
che ich hier ab, weil ich öfter Stellen berühren mnsste,
in denen Hr. A. gegen mich streitet. Auch aus dem,
was ich angeführt habe, wird erhellen, dass, wie sehr
auch sein Fleiss zu loben ist, er doch nicht imuicr be-
dachtig genug urtheilt und indem, was die Sprache und
die Gewohnheit fordern, nicht ganz sicher ist.
(Beschluss folgt.)
Persoual-Clirouik und Miscellen.
Anfrage, die Briefe von Hemsterlmys an Lcderlin betr.
In der neuesten Aus.5.ibc von Tib. Hemslevhiisii orationes et
epislolac (Wcillnir^' l!S39) bemerkt Hr. Obcrsclnilialii Dr. Frie-
de mann über ilic Briefe an Lcderlin p. 160: casu itiiipio
factum est, ut sei o inlellißfrein — seplein priores epistolas ad
Lcderliniim datas oliin jaiiijam editas fuisse a nescio t/un S.,
qui plus quam vi^itili stsc liuheve affh mavil ad pmfessorem
.-Irgeiitorntenscm scriptiis, in Mcuselii liurreo ('/lis lorisch -Ute-
rarisch-bihtioi;rapliisches Mas,a:inJ T. I 11. et I'IIL p.i02 sqq.
fCItemnil. 1794). Sollte dieser S. nicht Sejhold sein, welcher
frülicr Rector in Ciicbswcilrr (Biscbwcilir) im KIsass, später vom
J. 1706 — IS04 Prof. der Eloquenz in Tiiliint-en war? Während
seines Aiifentballs im EIs.tss j;ins j.i ancli der hanilscbriftliclie
App.irat Lcilrrlin's zum Tlieon in den Besitz Scjbolirs über.
Wrc ilann die in Hede stehenden Briefe in die Hände des ver-
slorlienen Pfarri rs M. II arpp recht in Ersingen, frülicr in
Kiisleidiiiqcn , Dekanats Tiiliin^cn, gekonimcn sind, ist nach
zeitlicben und örtlichen Veilihllnisscn leicht /.n erklären. Von
Harpprecht aber erhielt sie die Gymnasialbibliolhck iu Ulm.
Zeitschrift
für die
AI terth ums Wissenschaft.
Freitag, 15. November
18 39.
Nr. 137.
SO0OKAEOYS AIAI. Sophorlis Aiax. Edidit
ex exemplaribas optiitiis ci analectis cmendavit et
illusfravit Joannes Apilzius, Ph. Dr. et AA. LL. M.
Acta Scmiiiarii pLilologici Heidclbergensis. Fasticuliis I.
Sopliorlis Aiax, Elerfra, Oedipus Rex emendatae
et illustratae ex codiciliiis Palatinig XL et CCCLVI.
Edidit C. L. Kay sei-, Ph. Dr.
(BescliI ass.)
Von den drei Mitgliedern des Heidelberg;er philologi-
sclien Seminars sind die Bemerkungen des Hrn. Zickcn-
Hrath die ki'irzesten , die ausfiilirlichsten aber die des
Hrn. Ebner. Hr. Fischer theilt zu Y. 58, ivo der Co-
dex limiTtieiv mit darüber geschriebenem wr hat, eine
Conjectur des Hrn. Kayser, die er unbedenklich aufneh-
men mochte, mit: 6z ükXoT alj.oa tinUTVtiv Otqu-
Ttjkaziuv. Doch ist äkkoas OroaTijkariiji' zu befremd-
lich gesagt, als dass man geneigt sein könnte beizustim-
men. — V. 151. hat der Codex evTCSlOra mit der Glosse
evno6i;u)Tta.. Mit Hülfe dieser Glosse sucht Hr. Fischer
SVTTtOva zu vertheidigen. Wahrscheinlicher würde es
<locli gewesen sein, diese Glosse für die Erklärung von
fViunu zu halten. — V. '22.1, will er lesen: o'lav edijkujOi'.q
arioo^ U(i^o7log äyycklav, cum trocltiiica basi post di-
iavibum^ cui respondet spondnica (spondiaca) in antistrnpha
bnsU. cf. Track. 845- et 856- ed. Dindf. 18311, ubi post
diianibum in stroplia tribrnchijs dactijlnin antegreditur ,
in antistri'pha spondaeus fspondeus ). Mit jener un-
sicheren nnd nicht unverdorbenen Stelle lasst sich eine
solche Rcsponsion nicht beweisen. — ^'.427. TTooy.tlTat.
Havc discrepitnliam Hotitius vel ma.vime notare debuit,
ijuum llermannum id suis oculis in cudd. legisse dubi-
temus. Warum bezweifelt das Hr. Fischer? Ich habe
«liess in zHei Handschriften mit meinen Augen gelesen,
und in einer andern hat es Im. BekUer gefunden. —
Wenn Hr. Zickendrath iu der Electra V. 85H. die AV'orte
tivdac, da vrolov in Schutz nehmen wollte, hätte er doch
bedenken sollen, dass , wenn auch uvÖac ein poetisches
M ort ist, doch die ganze Phrase prosaisch klingt und
in dieser Gestalt wenigstens nicht vom Sophokles sein
kann. — Im Oedipus V. 181. will Hr. Ebner die dori-
sche Form 9avaracf6ga mit Pindars areuavuifO^U'.v ,
rechtfertigen. Aber Pindars Dorismus kann nicht zur \
llichtschnur für die Tragiker dienen. —
V. 233- ti 8' av (T/uiiri'acads, xai rti; rj <piXov
öeioac, dTTuitree zoi'iiog ij ■^avcoC zö8s,
a 'y. Tujvdc ö^äouj, xaCza ^qij yXveiv e/uov.
Hier schreibt er von der Lesart CCTIUJOT^: Conienctivum
praetuendum esse nemo nnn videt. Vielmehr wird Jeder-
mann der entgegengesetzten Meinung sein, da nicht ijVt
sondern et vorhergeht. Oedipus enim ilicit: si fjuis forta
Sit , qui meum edictum neglii^al , quod tarnen fore non.
spero. Wenn das der Sinn der Worte sein sollte, müss«
len Optative stehen. lam cum h. V. coniunctivus reci'
piatur , in antecedenti quoque a/0}Tli^a£o9£ in (Ttumri-
aijre mutandum erit. Da die Praemissen nicht zuge-
geben werden können, kann es auch der Schhisssatz
nicht. — V. 252.
i'fAt'v Sl ravra tcuvz' iziOxiJTiTuj zekih'
VTtsp T iftauzoi) zov dsoü ze zrjqSs ts
yi]i lud' äxcxQnuji y.ddiujg ecp^aQ^evr^i^.
Hier hat der Codex iric^öe y£. Egregia lectio , quam
miror ab Hermanno non esse receptam. Sensus hie est;
viiiv — Tcketv, vjitQ z' EuavTov zov dtov ZE, meo
et dei iussu (alius sensus in tijrfp esse nequit) ; verbtt
T/;^ de yc yij^ — icpdatjutviji caussnm iussi indicant^
cum hnec terra tarn impie perdita sit. Optime igitur
parlicula yt, quae non coniungenda sunt, li. l seceinit;
iiam v-jTlo cum ri;," dh yiji i(ptia.(>itl:Viji coniungi nequit.
Auch hier sind nicht nur die Prämissen unrichtig, und
daher der Schluss falsch, aondern durch das ys h ürde
auch der ganze Gedanke schief werden. Oedipus hatte
soeben sich selbst verwünscht, wenn in seinem Hanse
der Thafcr oder ein Mitwisser gefunden würde. Folglich
ist CS ungegründet, ilass v^io z' Sfzavzov Tuu deoii Ta
nur meo et dei iussu bedeuten könne, sondern es mnss
vielmehr bedeuten, um meiner und des Gottes willen:
d. h. um meiner willen, damit ich selbst frei von Schuld
erscheine, und um des Gottes willen, damit dessen .Aus-
spruch nicht unerfüllt bleibe. Mithin fällt nun auch da»
weg, dass Cilio nicht mit Tr,ciiE yr,i; verbunden werden
könne: denn es heisst nun, und um des so schmählich
heimgesuchten Landes willen , damit dieses von der Pest
befreit werde. T,:-8e y£ yi]^ '"'ib' dv.üü^nti y.!'.'Jiu>g
Erfi^agubilji kann nicht geschrieben werden, weil, nena
das Unglück des Landes als Grund angeführt werden
sollte, ys wegfallen müsste, indem .dessen Hinzufügnng
den Grund schwächen und als eine Aebcusac he bezeich-
nen würde: civitate quidem sie afflictu. — V. 537. führt
1099
1100
Hr. Elmpr, um dio des Rhy^IiDins wegen vornorfene
Lesart idair tiv £V Efiot zu reclitforiigeii , drei Siclleu
des Aris<oj)lianes und zwei des Eiiiijjides aus den Phoe-
iiissen an. Aileiu was in dem kölnischen Trimefcr und
iu dem <ragisihen nach der 89. Olympiade erlaubt ist,
leidet keine .Anwendung auf diese Tragödie des Sopliocles.
— V. 13U4.
dk'K' ovo' isiSetv
Sivattai a, i^tkwv ttoIX ärBoeadai'
0£ x^t/.ojv. Hermannus o idck'Mv, ut anapaestis cott'
i'enientius, praelulit. (juae nulla caussa est. Codd.
lectio prneferenda est, ijuia pronomen personale ad an-
iecedentia pertiuet. A> ie dieses ein (jirnnd sein kiinne,
lässt sirli nirlit begreifen, ^ ielmehr küniite man ja aus
diesem Grunde die Elisiun für um so annelimli( her an-
sehen. Uobrigens liudot mau ja selbst das orthiitunirte
as elidirt.
Dem , was die drei genannten 31ifglieder des Seminars
gegeben liaben, sind hier und da Anmerkungen von dem
Herausgeber Hrn. ür, Kayscr untergesetzt, die von fleis-
sigem Studium zeigen und manilies Bearlitensuertho ent-
Lalfen, l<ii berühre hiervon bloss die zum Oedipus V. (i(i4.
Torgesriilagene Veränderung jeuer vielbesfrittcneu Stelle,
die Hr. Kavser so lesen will:
aü.d fiot diKudpiji yäi ■jtÖvoq
TQi'x^i ipv^äv , rdd' el y.ay.oJi y.axd
rroo^dipfi TOK Tiu.kai tu. Troui y£ ocfipv.
Und in der Antistropha:
ö^z ifiuv yär CfD.uv Lv Ttürou
uKvovoav y.UT üodov ovo/oai;,
y.ai rvv ö' eti-xouiTOi;, ce öiva, ylyvov.
Dieser Conjectur aber stellen ausser der kühnen Aende-
rung yü^ növü.: statt yü (fdiiuiOU, erstens die Spon-
deeu entgegen, mit denen in der Strophe d<T zweite,
und in der Antistrojihe der dritte l'ers anfangen ; zwei-
tens das ganz ungew ühnli« he Metrum des dritten Verses,
zumal da ilieser nach der hergebrarhten Lesart in der
Strophe das iMetrui.i hat, w clches sehr häufig als S<hluss-
vcrs der Strophen gebrauiiit wird; drittens endlich das
dem Sinne nac li unnofhige, in dem Versmaasse aber hiichst
harte und widrige yr. Aus diesen (jrtindeu kann die vor-
gesrhlagenc Veränderung nicht angenommen werden.
Gottfried Hermaftn.
t'ommentationes de Iuris (juibiisdam veterum scrlptorum
aut dilficilioribus aut aliijua de rausa meuiorabilibiis.
Particiila prima, iu qua de Sophoelis Oedipo C'o-
loneo dispiitarc instituit //. Kunlinrdt , phil. ür.
srholae Catharineae Lubeeensis Professor emeritus.
Lübeck bei Asthenfeldt IS-jS- XI. \ und 84 S. S.
Diese Schrift ist dem Hrn. Director Eggers und dem
gesammten Lchrercollegio des Gymnasiums zu Altona bei
dem Jubelfeste dieser A^.stalt gewidmet. Der Verfasser,
der weniger wegen herann ilienden Allers, als wegen
Krankheit und Abnahme der Sehkraft des einen Auges
freiwillig sein Amt niedergelegt hat, hesrhaftigf sich,
Mcnn er von .Schmerzen frei ist, mit seinen Studien auch
fartw.'ihrenil. Eine Frucht davon Ui die vorliegende
Schrift , iu welcher Hr. Prof. Kunhardt nicht sowohl
seine Bleinungen, als dio Gründe, warum er diese oder
jene Erklärung vorziehe, die Art und Weise, wie er zu
manchen Zweifeln gekommen sei , zugleich aber aucli
seine Gedanken über Constructionen , die mehrere Deu-
tungen zulassen, sowie auch IJemerkungen .'isthetisrher
Gattung darzulegen beabsichtigte. Diess hat er mit gros-
ser Uescheidenheit und in einem guten, lliessendcn und
angenehmen l'orfrage gethan. Seine Schrift enthält viele
schätzbare IJemerkungen und Erläuterungen, und auch
wo man Bedenken tragen dürfte, ihm beizustimmen , gibt
doch das, was er sagt, Veranlassung zu weiterem Nach-
denken und genauerer Prüfung. In einigen Stollen scheint
Hr. K. sich Schwierigkeiten selbst geschalTen zu haben,
wo entweder keine waren, oder die vorhandenen mit
leichterer Hülfe beseitigt werden konnten. Da er vor-
züglich auf meine Ausgabe Rücksicht gencmimcn hat, will
ich ebenfalls die Verszalilen dieser Ausgabe angebend über
solche Stellen einige Worte sagen. V. 74. kann nicht,
wie Hr. K. meint, ÜQÜjrzci in den Worten üo' av Xi-
yu)fjiEv , nciviy üoojuca '/J^o/iEv.^ mit kii;oi4£v in dem
Sinne von ea cuncta dicemus videnti verbunden werden,
da }.Lyllv riYO, nur bedeuten kann de aliquo oder in
aliquem dicere. — V. 331. scheinen Hrn. K. sehr grosse
Schwierigkeiten in folgenden Worten zu liegen: J'S iW.
oi dvqdh}joi TQOcpat. Olzi. ); Tiji;öh yMfioü ; lEM.
diKiwQOV T if^iov TQi'rijg. Allein in der Frage des
Oedipus ist nichts Ungereimtes. Mit dem aj 6i'C'i9)jOl
TOOCfUi meint Ismene, indem sie den Vater und dio
Schwester in ihrem elenden kümmerlichen Zustande er-
blickt, nur: o ein elendes Leben führende. Da nun
Oedipus fragt, ob sie ihn und die Antigonc meine, in-
dem er wohl ahnet, dass sie auch wohl sich sell>st mit
bezeichne , bestätigt sie das und zählt sich auch mit dazu.
— V. 3 33.
Ol. Tty.i'uv, Ti d' ijkdsi; ; I. vi), tiwveq, TTQOfxijdia.
Ol. 71 üitoH -TTudoKJi; I. yai Xuyoiqy, aürdyyekoc.
Hier verniuthet Hr. K. , Oedipus wolle mit Tlüihjiai zu-
gleicli auf einen Wunsch seiner Siiline und des Kreon
hindeuten, die sich nach seiner Rückkehr sehnten. Allein
das müsste nicht nur ausdrücklich gesagt sein, sondern
CS ist auch di'ui Zusammenhange entgegen, der hier nur
au die Sehnsucht der Ismene zu denken erlaubt. —
V. 817. kann allerdings das von mir aufgenommene 7r(j(>^
Si statt Tloog y£ bestritten werden: doch hätte Hr. K.
das yf nicht als unstatthaft verwerfen , sondern vielmehr
vertheidigcn und nicht die Vermuthung aufstellen sollen:
[lanTvoonai roi'sS' oia av noui rorg (flKoi'i
Ol' diTc.uclfjit (ji\i(aT'' i-v o' eXin Tcozi,
da er nicht nur zweifelte, das» oia so wiederholt wer-
den könne, sundern auch Ol' nicht durch TT (> lang werden
kann. — Bei V. 830. hat sich Hr. K. versehen, indem
er meinte das v/jii' dv tl'l] TTJvÖE y.n/oii^ e^uydv könne
zu dem Chore gesagt sein, was durch V. 87'.). ausser
Zweifel gesetzt werde. Aber dort sagt Kreon mit Recht
liioü.d- lim, da siMUB Dienerschaft abgelrefen ist. Dass
diese Diener jetzt noch da sind, und zu ihnen das t'lliv
dv tili -y.aifio^ gesagt werde, zeigt die ganze Scenc, und
ausdrücklich V. 8Ö1. Diese Diener führen die Antigono
fürt, und dann erst ist Rreou allviu, — V. 9b>i'
1101
1102
^aveiv davuvTiuv ö' oiötv ukyoi ünrexai.
Es kann iiidif zii^pgel)pn »rnlcii, «lass dvinic. liior animi
uudaciam liedoiifo; auch iiirlit, »vas gesagt wird: de ira-
cuiidia eiiim et ulciscendi , qua Creon flap;iabal, cupidi-
tate i/c/ftK' iiileUigi iiequit proptered fjuod sine tn-liculo
profertur. Der Artikel «tiirdo auch vom Zorne uiiriclitig
sein. Dass aber i^Cf^OQ den Zorn bedeute, zeigen dio
folgenden Worte, davovivir i) oi'öhv ukyoq laiTErai.
— Ob wj; io den Worten V". 1U54. ojv y.cu %(JVoia
yXi]i, iTii "/kiuoaa ßsßuy.iv 7tQOi;^ö}.ojv Ei'jiok'znöilv
auf nuTVtca oder auf xiXl] "der auf ih'nzoioiv in den
vorliergchcnden Worten Ol' nojvtui (Tl/iru TtSljVOVVcal
riki: 9vaTOiir/v gelie, darüber kann gestritten werden. Hr.
K. bezieht es auf TCOTiiai. Dann ist aber chis y.(a doch
«cnigstens matt. Denn es lieriorzuheben , «ie Hr. K. zu
tliun scheint, indem er sagt: deiiide maius ctiam (y.ai)
hcneßcium praestant morlalibus, ipsae docenles Eumol-
pidas 1 dürfte sich schwerlich rechtfertigen lassen. —
lieber \, 1077. "ird Hr. Iv. «olil bei nochmaliger Be-
trachtung sich überzeugen, dass w^ in {\i^n AVorfen w^
-TiQUinaTUi xi uoi yiuj/^ta nirlit ut , sondern 7iiim be-
deuten ninss. — V. lOSti. ist die Coiijectur y.ooiaaoa
gegen das Versmaass. Dem Verfasser war nicht bekannt,
dass Hr. Wunder und Hr. AV. Dindorf tojoijaaaa lesen,
was Jeder derselben als aus seiner Coiijcctnr von dem
Andern in den Text aufgenommen angibt. — \. 1 108.
sagt Hr. K. von den AVorfen criv iroiUii yu() y.cu '/^ä.Qic.:
mihi (jiiidem X'^Q'> fdiarum (oiiecliüo, ut diciint, sensu),
TCÖdoi aulcm pntris esse videtur, sive, ijuod reclius
etiam fortasse est, et -ttoSov et "/uotTa, ad utrosque
simul , tarn ad virgines quam ad patrem referre pussu-
mus , ut universe dicant: gratam sifc iucundum esse
cuique desidernnli rem et personam desideiio expetitam
propter id ipsum, qiiod eam desideraverit, qnnre' seiungi
nnn posse nuSov a ictoiri. In dem letzfern Falle würde
der Artikel wegl. leihen müssen. Allein der Sinn kann
hier kein anderer sein als: wir gewahren gern, was wir
selbst wiinschen. — A'. 1 l.'i4. Auch hier dürfte Hr. Iv.
sich wohl bei genauerer Betrachtung iles ganzen A'erhält-
nisses sowohl, als der AA'orte überzeugen, ilass TCmq b\
iiichf richtig gesagt sein würde, und m r/ä ui'/. evi y.liVii
xaxuiv i:vvoiy.ug von dem Theseus nicht ein angemes-
sener Ausdruck für xu'Jaoui ist. Nicht aber kann ipTlv
geschrieben werden, weil diese Elision nicht erlaubt ist.
— V. 1189. kann, »ie auch Hr. K. selbst gefühlt hat,
xd r OV y.C'.y.cji; £i'(}ljllii' tQya »vegcn des xE nicht
geschrieben werden: auch würde mau hier wohl eher
|U>'- als OV erwarten. — V. 13,Sn. verthcidigt Hr. K.
scharfsinnig iiaxif^ia.Clj'cov als Gegensatz von otßeiv :
doch hatte er nicht ro/or<5' icfvxov , was jedenfalls matt
ist, sondern vielmehr oi' TVCfkov 71'aT^og xotuiö' e(fli-
xov vorschlagen sollen. — Mit Vergnügen wird man
übrigens besonders die Bemerkungen lesen, in denen der
A'oifisser thrils auf die dichterischen Sehönheiten auf-
merksam macht, theils über das spricht, was nach mo-
dernen Ansichten anlfallend erscheinen kann. Möge
ihm Herstellung seiner Gesundheit zn Theil werden,
nnd er mit Heiterkeit auch über Stellen anderer Schrift-
steller, wie der Titel Seiner Schrift erwarten lasst, seine
Üenierklingen mitzulheilen im Stande >eln.
Gottfried Hermann-
Vcnuischle Aiifsäfzc. Von J. F. Lindau.
Homer IL /, 5«
Die gelehrte nnd wohlgeschriebene Abhandlung iri
nnserm Schulprogramnie (Ostern 18311) unsers durch seine
Bearbeitungen des Aeschylns, sowie durch seine gedie-
gene Schrift, Einleitung in das Studium der griecli.
Mythologie. Iterlin 1^26. und durch andere in die Alter-
thumsnissenschaft schlagende Abhandlungen um dieselbe
wohlverdienten Hrn. Gj nin. - Dircctors Prof. Dr. Lange,
worin als Probe einer verheissencn neuen Ausgabe der
Iliade eine Kritik des Textes des ersten Gesatiges ge-
boten wiril, beginnt mit Besprechnng der oben bezeich-
neten Stelle, oiiDVoiai XE Ttüat. Es wird ilarin die
Zenodotische A'ariante Sana anstatt rräoe S'^n''" unbe-
gründete oder schlecht begründete Angriile alterlhümlicher
wie neuerer Kritiker siegreich in Schutz genommen, unil
als wohl allein richtig gegen ilas allerdings, wenn zu
O/diVOiai bezogen , unstatthafte Ttuoi hervorgeiioben.
Denn wenn die Anhanger des Aristarch als Gegner des
Zenodot weiter keine Gründe, als die im Programme aus
Alhenaeus I, 21. und Eustalhius I, p. 1<). angeführten
zur A'criverfnng von öo.iTa, als dass es nur vom Mahle der
Menschen in Homer gebraucht werde , vorbringen, so sind
sie im Prograninic hinreichend widerlegt, sowie auf der an-
dern Seite dort genügenil nachgewiesen ist, dass nirgend
weiter bei Homer sich zu olvjvoiai ein so massiger Zu-
satz, wie Tzocri, vorfindet.
Allein mit diesem, wie man einräumen tnuss, relati-
ven Siege scheint uns doch die Sache nicht abgemacht
zu sein. Denn wenn auch obiges Ergebniss der negativen
Blethode der Aristarchianer zur Rechtfertigung von lidoi
als misslungen zu betrachten ist, so scheint iloch so viel
daraus hervorzugehen, dass öaixa nicht altere Lesart
als rraai war, weil man doch vernünftigerweise nicht
begreifen kann , warnm dem sonst so ansprechenden ,
wenn gleich nicht nothwendig nOthigen dutxa das unpas-
send scheinende -rrdai substituirf sein sollte. Sind uns
nun keine positive Gründe zur Rechtfertigung von andere
ans der Aristarchlschcn Schule überliefert worden, so
scheint es fast au.-gemacht, dass Aristarch die Lesart
Tldai nach rein diplomatisch - historisi hem Principe ia
Schutz genommen, vielleicht mit A'orbehalt, in Handschr.
einmal noch etivas Besseres oder für diess rraae eine
angemessene Erklärung zu finden. Keins von beiden scheint
erfolgt, nnd daher spater jener, wie oben gezeigt ist,
inisslungene A'^ersucli eines indirertcn Beweises für die
Echtheit des Tluae entstanden zu sein, wobei es auch
Fr. A. Wolf, dessen A%>rlesungen über die Ilias wir lei-
der nicht gehört, weil er zn unserer Zeit nur über die
Odjssee gelesen, wie es scheint, hat Iiciveuden lassen.
Hatten wir in heiterer Gesellschaft diese Streitfrage,
wie es scheint, mit Recht auf diesen Punkt gestellt, so
kamen wir bei spaterer Betrachtung, veranlasst durch die
1103
1104
in Homer schon ainffsprocliene Ansicht des AUerthums,
welche sich in tlrn, yoivoi tu yijoac , yoircj; oder
ouoiui 6 Tlükluo^ off(Mil>art, auf den Einfall, mit auf-
fallend leichter Aeiidcriingjlicss uiu)votoi TS nuat ent-
weder in oii:)'(u'; T i li ioa oder in oiioroioi t STV'
iaci umzuschreiben, Anfangs mit dem beschränkteren Sinne,
<lass Helden und Gemeine der Grierhon ohne Unterschied
die ()|)fpr d.cses durch die llnlliätijfkeit des Achilles so
gof^lirliih jjoHordeneu Kampfes geworden. Indem wir
aber die Stelle, so gefasst, nachher mit II. k, 3JH. nnd
u, 4j(). verglichen, erweiterte sieh unsere Ansicht der-
selben , und «vir bezogen nun das vorgeschlagene £.tI loa.
auf die gleidien Vcrlusfe beider kämpfenden Parteien.
Kä stellt Hdlil nicht zu Irtiigiicn , dass das Verderbliche
von Achilles leideiisrliaflliclier Nichttheilnahme am kämpfe,
die den Achaiern gleiche V'erluste mit den Troern zuzog,
was im nnigekelirten Falle weniger zu fürchten stand,
auf sidrlie Weise mehr hervorgehoben und der Held des
Gedichtes, wenn gleicii negativ, mehr verherrlicht wird,
nicht zu gedenken, dass unsere ganze Stelle hier als
Resume obiger späterer Stellen der lliade, insofern diess
beiderseitige Bliilvergiessen als durch göttlichen Ratli-
.-rhluss bewirkt erscheint, nnd als kiirzgefasster Haupt-
inhalt dieses Dicliterweikes zu befrailiien ist, was denn
keinen Ziicifel an der Ei litheit des Eiiigansjes der Ilias,
wie man sowohl hierüber, als über den Eingang der
Odvssee geäussert bat, ziilasst.
Räumt man nun aber die Richtigkeit dieser unserer
Ansiciit der Stelle ein, so ist damit auf einem von uns
tielbst nicht gcahneten Umwege die freilich, wie bis
jetzt interpuiigirt wird, seltsam gestellte Lesart llani^
in welcher L:ii loa in der zweiten von uns gegebenen
Bedeutung steckt, gerettet — ein für uns ausser andern
Gründen auch darum erfreuliches Ergebiiiss, als, was
in Aristarchs wii- Wulfs Seele dunkel vorlag, auf solche
Weise entwickelt , ihren kritischen Takt rechtfertigt, uel-
<'heni Ergebnisse man durch ein Komma oder Kolun nach
et, ohne dass der gefundene Sinn von nraoi dadurch
leide, zu Hülfe kumnieii darf, um so eher, als laut ilem
Programme diess von griechischen Kritikern schon vorgo-
Kchlagfii ist, ohne 3Icldung jedoch , wie es scheint, in
»velclicMn Sinne sie dann dies» udal genommen wissen
wollten in iiuOL ziiui d' ecü.eÜTo ßovh:.
Zur griechischen Musik.
In unserem Aufsätze zu PI. Timaeiis in diesen BI.
>r. 4'). April l.SJ'), hatten wir, «eiiii gleich nicht ganz
deutlith, gezei(.'t, dass in den: Ausdrucke l)!". :i in l: der
Beweis für die Kenntniss der (iriccheii lon der llurmonie
liege, insofern ja Harmonie Gleichzeitigkeit sich ent-
sprechender Tiine verschiedener Stimmbereiche bezeich-
net: daher denn im ölU ■JTkvri:, wie es am ani,'efri!irfen
Orte angegeben ist, eigentlich schon drei verschiedene
Stiinmberei» ho geliiirt werden, sowie in der Angabe der
Tonart einer !\Ielodie ileren zwei, wiewohl diess nicht
niithitendig ist, aber auch Gleiclizeitigkeit mehrerer Töne,
Ȋhreiid sonst in der .Melodie nur Folge vun Tiiiien vcr-
■lomuieu wird. .41so nur für den Fall der Angabc der
Tonart einer Hlelodio ist man berechtigt, sich des Aus-
druckes, meloilischer Accord zu bedienen, da sonst der
Ausdruck Accord immer schon den Begrifif von Harmonie
in sich enthält. Hatten « ir ferner gesagt , dass 8lu
iraouiv «las Solfeggio und Öii öla irarrmv Aichts weiter
als ilas Solfeggio hinauf und zurück bezeichneten, so
müssen wir jetzo Letzteres ilahin berichtigen, dass St^
Sia naOOiV zwei aufeinander folgende Octaven bedeuten
und den Umfang der menschlichen Stimme absolut be-
zeichnen sollte. So genommen, entspricht theils dieser
Ausitruck , diatonische Tonarten genommen, vollkommen
jenen zwei und dreissig Zeiten oder kurzen Sjiben als
Maximum iler Verslänge bei llephaesfion , worüber wir
in unserer Abhaiiilliing über Aeschvlus in diesen Bl. ge-
handelt haben, indem diese zwei und dreissig Kürzen
durch zwei dividirt sechzehn Längen oder ganze Töne,
also zwei übervolle Octaven geben: thcils liegt für die-
sen Sinn obigen Ausdruckes ein zwar indirecter, aber
doch immer historischer Beweis in dem Umstände, dass
die Franzosen den Umfang iler m. Stimmen mit ihrem,
wer weiss wann, aber h ie es scheint, iliirch Ueberliefe-
rimg in ihre Sprache aiifgenominenen Diupanon bezeich-
nen, das freilich nicht so absolut, wie dli diu 7raoi-JV,
sondern nur relativ jedes Einzelnen wirklichen Stimm-
umfang ausdrückt.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Altena. Am 1. und 2. Oct. ist hier die sechste Versamm-
lung noidilcutscber Scliiilrnanncr in dem grösseren Hörsaale des
It. Chrisliui Olims gehalten worden, wozu sich von den Lchran-
st.iUcn zu ARona, Hamburg, Lübeck^ Kiel, Emden, Eulin, Glück-
stadt, Harburg, Meldorf, Katzeburg, Sclileswig, Stade, Wismar,
und ausserdem aus einigen Gcgemlen Holsteins, im Ganzen gegen
80 ordcntl. und ausscrordenll. Mitglieder eingefunden hatten.
Hr. Director Dr. Eggcrs, R. v. D., eröffnete die Sitzungen' des
Vereins, n.iclulcm aru vurlicrgehenden Naclimillage die erste
freunilliclic liegri'issung der Mitglieder im Rainvillc'scben Garten
stattgefunden halte, mit einer Einiciluiigsrede , worin er seine
innigen WiinscUc fiir d,i i l'erncrc Bestehen <les von den schönsten
Zwccl\Cn geleiteten Vereins aiisspiacli. Demnächst wurden von
den anwesenden Scluilnunncrn , Prof Dr. Claasseu von Lii-
bcck , Director Dr. Eggers von Allona, Director Dr. Kraft
von H.iiiiluiru, Conrcctor Dr. Liibkcr von Schleswig, Professor
und Piüctor Dr. McycT von Eutin, Gjmnasiallclirer Dr. IVöl-
ting von Wismar und Prof. Dr. Petersen von Hainbiirg Vor-
trage gehalten, deren dem Leben nnd Wirken iIcs Scliiilmannes
nahe liegender, wiclitigci' Inhalt zu maniiiclilalligcn Verli.md-
luiigcn und lebhaften Erörterungen Anlass gab; auch wiinlen
aus eingesandten Abli.mdlungeii der llerien Prof. Dr. Kunbardt
in Lübeck nnd Diicclor Dr. Krüger in nraunscliweig Miltbci-
liingcn in der Versanimlung gemacht. Grosse licfricdignng ge-
wahrte auch den Theibiehmern der ihnen durch die Gewogen-
heit der Besitzer zugestandene Zutritt zu ilen Meisterwerken
Tliorwablsens, die in dein Garten des Um Elalsralhs Donner,
li V. D. , aulgcslelll sind, und zu der Insectensanindung des
Hrn. Sniiinler. Am Millage des ersten und Abend des zweiten
Tages vereinte die Gesellschaft sich zu einem frohen gemcin-
schaltlichen Mahle in der Tonhalle. In der Scblusssitzung des
zweiten Tajcs ist zum üilc der nächsten VersanmiUing Lübeck
und Hr. Director Jacob dis.lbsl zum nächstjährigen Vor-
st.indc gewiihlt.
Zeitschrift
für die
tertii ums Wisse oscJiatt.
Sojintagj 17- Novemher
183 9.
Nr. 138,
Vermischte Aufsalze. Von A. F. Lindau.
(B e s c h 1 11 s s.)
Bei dieser Gelescnheif müssen ivir auf den Artikel
i7t£otjo\aToL in Pusaow's griccli. Wörterbuche (Aiisg-.
1826) aiifnicrksam machen, der, «enn er etwa siiäter
rieht anders abgefasst ist, dnrtli seine Dunkelheit falsche
Vorstellung erregen niuss. Jedes Tetrachord nämlich ist
eine rafliiiirte, also später erfundene Ileducfion des gleich-
artigen Polvcliords. Blithin niussten die Töne der höheren
Octaven gegrilTen, <lnrch resp. \^erkiirznng der gegebenen
Saiten, «eiche Verkürzungen, wie heute, in ihren Di-
stanzen am Griilbrete angegeben waren, ausgedrückt wer-
den. Diese Töne nun hiessen V7iEoßo}.aioi , ohne wel-
clie das Tetrachord schon zur Angabe der ersten Octave
nicht fertig werden konnte. Es war also in Cdur, wenn
C der Tjooc'kunßo.vüiicroc, oder Generalbass war, C"
schon ein v^cOtjoLaln^ auf einem Polvchord, wie unser
Flügel heissen darf: -nie viel eher also früher liegende
Töne auf dem Tctracliorde.
Steht nun, nm zum Früheren zurückzukehren, die
Bedeutung der vier Ausdrücke, 8ia Tl:<T(Sdov}i' , Sia
navT£, ölu Ttaoojv und 6ti öia iraaojv, wie es doch
scheint, fest, nnd zwar hindeutend auf Analogie der
griech. 3!usik mit der neueren, so stünde noch, was
freilicJi das Schwierigste ist, die Kenutniss ilirer Infer-
vallenlchre im Einzelnen und ihrer Tonarten zu ermit-
teln. Dass aber anrli diese l'artieen mit der neue-
ren Musik zusan)meiifie!en , L'isst sich sclion daraus ab-
nehmen, dass sich jenes musikalische Fragment zu Piii-
dars erster Pjth. Siegeshymne als 31clodie ohne Austoss
singen lässt , wahrend man es auf der anilern Seite nicht
als neueres 3Iachwcrk betrachten darf, da neuere fllu-
siknr, z. 15. der seel. Zeller, denen wir es zu einem
gewissen Behufe mitgetheilt, es fremdartig fanden und
nicht wussten, welcher neueren Tonkunst sie es unter-
Merfen sollten. Indem wir nun liier zum letztenmal an
vorurtheilsfreie neuere IMusiker und Coinpositeurs unsere
frühere Aufgabe wiederliolen , mit Beibehaltung des ans
dem Alterthunie überlieferten Metrums jenes Pindarischen
Stückes, in vveldies IMefrum die sonst gute dentsche
tJebersetzung von Fr. T/iiei seh ohne bedeutende Schwie-
rigkeit aufgelöst w erden kann , jenen ninsikalischen Rest,
welcher hinter der grossen Ausg. des Pindar von üuechh
abgedruckt ist, nicht als Fragment, sondern als voll-
ständige Blelodie der nnisonen Strophen und Aniistroplien
des Chors, indem die den gleichen wiederkehrenden
A'erscn der Sirophe entsprechenden Tonreihen der ge-
gebenen Melodie wiederholt werden, und als Thema zu
Aariationen, welche der Dichter, der ohne Zweifel dio
Melodie selbst abgefasst hat, dem Gesangmeisfer des
Königs Hieron zu erfinden überliess, zu betrachten, lind
ziiar, die Melodie oder das Thema in zunächst liegen-
der neuerer Tonart genommen, die Variationen darauf
so auszuführen, dass die vier ersten Epoden, deren
ahnliche metrische Anklänge mit der Strophe uns eben
auf die Idee von musikalischer Variation brailTten, von
vier verschiedenen Solostimmen, die fünfte ihnen gleich-
metrische Epode dagegen vierstimmig vorgetragen werde,
so dass die ganze Composifion sich unserer Contafe nähere,
die sich davon nur durch ihre Recitative unterschiede —
indem wir also diese unsere Aufgabe bescheidcnst wieder-
liolen, erlauben wir uns auf der andern Seite, es für
eine der Akademie der Künste würdige Aufgabe zu er-
klären, einen in jeder llinsiclit dazu befähigten Ton-
künstler eigens in der Absicht nach Griechenland zu
senden, um an Ort und Stelle mit eigner lebendiger An-
schauung die dortigen Volksgesänge, die nach dem Zeug-
nisse gültiger Reisebeschreiber, z. ß. ScIiüiiiVulders, nocli
das Gepräge alterlliümlicher Theorie an sich tragen sol-
len, wofern nicht etwa der Umstand getäuscht hat, ilass
den Neuhelleneii , besonders des Festlandes, dio Moll-
tonarten eigen sind , was ihnen aus der V^ermischung
mit den Slnven geblieben ist, aufzulassen, um daraus
dio praktische Ausfüliriing jener Theorie zur Erklärung
und zum Verständniss der .Schriftsteller über griechische
3]nsik, was die sonst gehaltreichen historischen Werke
von Kiereirelfer , v. If'tnierfeld, Hand, geschweige For-
kel, iiodi nicht leisten, zu entnehmen. Dass aber selbst
dann bei der einmaligen Gewöhnung unseres Ohrs;
an neuere Musik noch lAlanches, wenn nicht dunkel und
zweifelhaft, aber verständig ungereimt erscheinen wird,
lässt sich denken, um so mehr, da ja der zart empün-
dende Piaton so wenig von Gewohnheit bestochen war,
dass er im Gesjiräche Philebus (S. 56. 07. von den Worten
ovY.ovv [lenTK fiii' ■:tov /^ovmy.ij rroojTOv a. a. w.)
sich über die Sicherheit der Tonkunst seiner Zeit zwei-
deutig auslässt, wohl schon ahnend, dass Raum und Zeit
nicht in jeder Hinsicht commensurabel smd, wie die mehr
berechnende, als empfindende Tonkunst der Gricchsu ver-
meinte.
1107
II08
Zu einigen Stellen des Plularch und Diudor.
Auf ^'oraiilassuiig von des Hrn. Sin/enis Bciirdicilunj
einer kritisclieii Abhaiidliiiij; seines gelelirten Freundes
Hrn. Kranei's in >r. 14. ilieser ßl. IS 5'- crlanl)eii «ir
nns zu einigen dort liesprixhenen .Stellen obengenannter
Schriftsfeller folgende ^larIlllenle^!iUllj;■en.
P/iocion's Lei. c. 2. y.uiroi dov.uiaiv oi öijfioi f^dX-
^ov iii TO«'^ üyaDoi'i; ii;i<ßoiCcti' , ucav doxoiaiv sv-
Tv^i'^'-, i^u rjoayftdtvyv ftsyakvjv xal ^rva/jecu?
inaipouivor oviifiaivst fii: toinavzlur. S» Stephimus
mit der Aldina, nährend die Juntinfi mit \Ve^las.snng
von Öoy.i'lofv g'ar ivTC/oiotv liefert, «orans, was in den
jetzigen Tcxleu stellt, ebenfalls mit Weglassnn;;- icin Öo-
xvjoii , lieihke erst hinein^ebraclit bat. Was I!r. Kianer
hicrg-epeii vorfjesehlagen und «ofiir Ilr. Sinlenis sieb er-
klärt bat, sebc uiau a. a. O. Irren uir uns aber niebt,
so «ollte PIntareli safjen : Deuidk raten pllegcn, wann sie
allein durch sich (»ieHohl sie doch nur als fjeteilete
Organe tb.'itig ivaien) gii'irklich zu sein s^laiiben, neilsie
sich von grossem Erfolge zu llciibniulb rerleifen lassen,
alsdauu sich gegen verdienstvolle .^länner ans Eifersucht
tibemiüthig und undankbar zu benehmen. Dem gemäss
scheint uns nur ztiiscben öo'/.uioiv und si'VVj[£Tv , «as
■negcu iler Aebniichkeit von e v t v inüglich «äre, ein
ClVTol ausgefallen zu sein, was «ohl nicht geschehen
wäre, «cnn das nicht unbedingt nötbige ec'Uruii dabei
gestanden hatte.
C. ."). Indem «ir der beiden Gelehrten Erklärung von
SVTV/jUtuOi in den Worten iTil '/ororoli li' cfXijiincn
unbedingt billigen, olme dass uns das von Hrn. Sinlenis
vorgeschlagene iü^vooilu".!! sonst missliele, »erfen ivir
die Frage auf, ob in dem uflenbar pleonastisrhen ypi]-
Otocc , souie in dem, «enu auch jenes nicbl der l''all
wäre, nicht weniger unschicklichen i-rri nicht i'tivas An-
deres hierher passendes, nenn auch nicht ebenso niilhi-
ges Bpitbet zu l.uyiK stecke? AVie, wenn wegen des
auf \ nrhergehcndes bezüglichen öinO'Oi der Schriftsteller
yui ej i.uyui i;j/ iiii'/tipii ruig ei ii>-j(ijiitior u. s. iv.
geschrieben ba(te, so dass mau das folgende t'/U)V mit
einem wiewahl auflösen mi'isstc 1 Di man sieht nicht
ein, «arnrn die selbst guten llejdiken gerade heilsam
«ein sollten, unil wenn man sagen wollte, dass yorozuic,
mehr zu d/ciioljiic.ir/ gebore , so sieht man wiederum
nicht ein, warum l'l. nicht bei.le Würter neben einander
gestellt haben sollte, nicht zu gedenken, <lass öiavaij-
fiura, «enn sie lieilsam waren, jenes Zusatzes von ^onavu
nicht bedurften.
C. 'J. AVenu wir gleich bei ÜTloy.pVilTÜiievov , wofiir
man aber Uli uy.QlVüllEVOV erwarten sollte, das, in ein-
seitiger Uedcutung genommen, vielleicht den ersten .Ab-
schreiber zu uillkiirli« her Aenderung in uTXß/.urrrc, die
doch eine uirenbare und fiir l'bukiun weniger ehrenvolle
Ucbcrtreibiing enthält, verleitete, ebenso, wie Andere,
Anstoss nehmen, so kiinnen iiir doch die gethanen \'i r-
fichlage nicht billigen, ebenso wenig wie den Umstand,
dass man ilas Gl'V«X(>'/rf<, welches einestheils <lieser .Stelle
mllein sein wegen der bekannten Construction des simplex
v.QUTtiv, die höchstens ein durchgängig personelles Passiv
aulasst, unrichtig gebildetes Dasein in den WürterbücLcru
verdankt, unangefochten liess, da doch das so nahe lie-
gende oi'VCy.Quiti hier recht an seiner Stelle wäre, um
so eher, als in dem Laufenlassen der Schwatzer und
Unnützen kein Gewaltgebraurben sichtbar ist.
Nikias Leb. c. 18. Was über die >Vorte an dieser
Stelle, ut'de CfvKay.ljv ilion;ßa.io y-dHaoäv von Frem-
den , wie von unsern Geleh.'teu , gesagt und für das hier
sinnlose it(ti>ap(ii' vorgeschlagen ist, sehe man a. a. O.
AVir dagegen meinen, Plntarch habe sagen wollen, das»
Kikias in der Zuversiebt, dass Syrakus sich binnen eini-
gen Tagen aus iNotb ergeben müsse, nicht nur von der
gemeldeten Annäherung des Gylippos keine Notiz, son-
dern auch üier/i/iiipt , d. h. .TUch für andere Fälle, keine
Sicherbeitsniaassregcln genommen hatte, und so licsse
sich d.is anstössige y.udi'.pui' leicht und mit hohem Grade
von Sicherheit in y.ii.ih'.7iav verbessern.
^Vas endlich die dort besprochene .Stelle des Diodor
XF, Hl', betrifft, so lautete sie vor Wesseling und seinem
Nachfolger Eichslüdl, welche bloss üacu d' VTl'ljpyov
diy/.iJJTTOl geliefert, mit fllehrercn so: üoai d' l'-jvrpyov
iyyojpivc y.ai dinXvycai (al. Siitl-onzoi , öug^f^cuvoi)
xai cfpovpa^ iyuvaui nspaixäs, ßin npuidyujv tnu-
Xlöpy.tl. Vergleicht man nun diese Worte mit den nächst
vorhergehenden , so sieht mau doch ohne grosse Schwie-
rigkeit, ilass die eyyuioiut , d. h. die Städte der L.indcs-
ingeboreneu , den griech. Ivolonialstädtcn an der ivüste
entgegenstehen, also eine Bezeichnung, wie diyLvrxTULy
die noch dazu die Renutuiss der griech. Sprache nicht
ausschliesst , wenn man das Wort nicht in ligürlichem
Sinne nimmt, unnotbig ist, während der Zusatz, dass es,
wie jene griechischen Koloniecn, auch Secstäilte waren,
unerlässlich scheint, da ja dem Kimon mit seiner blossen
Seemacht und in Ermangelung zu grosseren Unterneh-
mungen landeinwärts nüthiger zahlreicherer Landungs-
truppen, als er mit sich führte, nur mögli(-h itar und
daran gelegen sein konnte, die Perser ganz von jenen
Küsten zn vertreiben. Denn iler Handstreich, von wel-
chem im folgenden Capitel die Rede ist, konnte nur durch
List UEid unter begüiistigung von Nacht unil ISebel ge-
lingen, und war es dabei mehr auf Beute und .Schrecken,
als auf Eroberung von Terrain , das er ja auf die Lange
aus obigen Gründen doch nicht hätte behaupten können,
abgesehen. Hat nun der .Schriftsteller kurz vorher die
Seestädte mit dem gewöhnlichen 71 ((^>a'JaK('.iTivjr be-
zeichnet, warum sollte er hier nicht zur Abwechselung
des Ausdrucks, x«l ör, Tlkujtni, und versteht sich See-
städte (oiler Seefahrer) gesagt haben? Diess ör,, das ja
nicht immer ironisch ist, zugesetzt, um, wie wir vorher
andenleteu, die .Absichten des Kimon als aus wohlbe-
kanntem Grunde beschränkt darzustellen.
Zur Literat iir des Cornelius Nepos.
1) De C. Nepote. Disserlatio inauguralis, quam in
Caesarea litterarum uniiersitate Dorpatensi ad gra-
duni Doct. Phil, rite obtinendum conscri,-/sit Alphon-
sus //'«/i'cAj , Lithuaiius. Dorpati Liionornm. Tvpis
J. C. Schüumanni , t^pographi acad. löj^- ^'HI
und 55 S. 8.
1109
2) De aucinre vitarum , quae siib iioniinc Cornelii
Nepoti.s foniiittir , Qiiaostiniics critiiai,'. Srripsit
6'. E. F. Liebeikuehnius - l'uhlmannittnus , pliil. Dr.
Ci)iiiiiiPii(a(io iiidicio (ird. Phil. Joiiciis. priiiiario
pracmio oriiafa. Proiliit Lijisiac in libraria Wiif(i-
giaiia. 1837. X und tö'J S. S.
3) De Com. Nepolis vifn et scriptis roinnienfa<lo.
Srripsif J. Theodurus Liilkenhus , pli. Ur. IMona-
storil apiul Fridericum llrgciislicrg. 1838. IV und
10+ s. s.
'^Vl)!ll liier keine Srlirift des rlassisdien Alforfhiims
sind dio Ansirlifni <!rr Gelelirten sjelliiiUcr «jeivesen,
;ils über die Jö Bii)f;ra|ilii<en , uelilie <je\ii)lii)!irli unter
dem Tifel : Cornelii Kepofis vitae exrellentiuni inipera-
toriini lierai;s;;eg;el)cn «erden. In der ersfen Zeit der
AViederanf» eckiin^ der AVissrnsiliaften hielt man in L'i'her-
einstiniinnnn' mit den Ilandsrhiiften den Aemilins Pruhtis
fiir den Verfasser nnd sah diesen geni.'iss dem Anfange
der Praefatii) als einen Zeitgenossen des Aitiens an, liis
llieronymus Magills in einem Codex hinter der vila Han-
iiihalis das berürhtigfo Epigramm; A'ade über, nosiri
fato mcliore niemento etc. entdeckte und sieli veranlasst
fand, den Probiis in das Zeitalter des in jenen A'crsen
eriirthnten Kaisers Theodosins hinabziiriicken. Das Un-
Jiallbare dieser Annahme, Melches schon Oherlim Gifa-
ilius angedeutet, zeigte bald darauf der grosse Z>/o«^s!ms
Laiiibinus in der trefllic^lien A'^orrede zu seiner Ausgabe
des Kuclips von 15(i9, und nannte zuerst den Cornelius
!Nepos als den Verfasser der vitae. Seine {iriinde, «el-
rlie meistens aus der Sprache und den im IJuclie selbst
vorkommenden Winken und Seitenblicken auf ilic Zeit
iler Ablassung hergenommen sind, Haren so überzeugend,
dass die nieisten späteren Herausgeber ihm beitraten und
seit dem Anfange des 1 7. Jahrhunderts sogar <ler !Nauie
<ies Probiis , welcher geHöliiilich mit de;n des C Nepos
»erblinden »urde, von den Titeln der Ausgaben verschivand.
l^achdem so die Frage für immer beseitigt schien, nahm
nach einer 'Wail'enruhe von mehr als 2IIÜ Jahren der
JI5adenser G, F. Rinde in seinem berühmten Saggio di
IUI Essame eritieo per resfitiiire ad Em. Probo il libro
de vit. Exe. Inip. rreduto rommiinimente di Corn. Nepote
■\'enetia 1818. 8-, übersetzt von M. Diet. Hermann.
Wien 1819. 8., den Streit wieder auf und suchte, ge-
stützt auf die Auetoritat der Handschriften und auf das
seilen eriviihnte Epigramm, <larzutliun, dass Probus, des
Theodosins Zeitgenosse , die Biographieen unter <ler fllaske
des Corn. Neüos geschrieben habe, als die echten iles
jVepiis bis auf die vi(a Attiri und Calonis bereits verloren
gegangen waren. Diese sonderbare Annahme «usste er
mit so scharfsinnigen, wenn auch oft sophistischen Grün-
den zu unterstützen, dass nicht wenige Gelelirten den-
selben huldigten; ja, ein deutscher Schulmann, Julius
Held, ging noch einen Schritt weiter, indem er in sei-
nen Pnilegonu'nis ad vitam Attici. Vratislav. l(S2f). (»gl.
Allg. Schulz. II. Abth. 182S. Nr. 52.) nicht nur die 23
vitae cxc. imp. , wie Rinck getlian hatte, sondern auch
die vita Cat. und kii. für unecht erklärte. Anch C. F.
Ranke sprach in seiner, wegen der sorgfältigen Unter-
suchung über des N'epus Leben, schätzbaren , aber leider
1110
unvollendeten Abhandlung: de Äep. vita et scriptis. Queil-
lihiiurgi 1,SJ7. dem Nepos die vilas exe. imp. gänzlich
all. Bald jedoch erstanden ^^-rfechter der Lanibin'schen
.Meinung, namentlich linrdili in seinen tredlirlien Aoten
zur Praefatio der von ihm besorgten Staverenschen Aus-
gabe von 1820, vor Allen aber der um ilen Cornelius
sehr veriliente Dü/ine , welcher zuerst in einer besondereu
.Abhandlung: de vitis exe. imp. Cor. IVepoti , non Aem.
Probo attribueiidis. Zi«»e 1S27. (vergl. d. pädag.-philol.
Lit. 151. zur Allg. S<m^. n. Abth. 1,S27. Ar. 34. p. 30t
— 304), hernach in der schätzbaren Einleitung zu seiner
Ilelmst.'idter Ausgabe des C. von 183*> dem Cornelius
sein Eigeiitliiim zu vindiciren suchte. Jcdoi h waren von
beiden Gelehrten noch nicht alle Scliii ierigkeiten und
Einwürfe der Gegner gehoben und widerlegt, welche
der Lanibin'schen Ansieht entgegengestellt werden können.
Um so erfreulicher ist es, dass die Frage auf's ISeue
von drei Gelehrten einer genaueren Prüfung unterworfen
und durch <lie vereinten !5emüliungeii derselben, beson-
ders aber durch Lieljerkilhu's Schrift, nun endlich so
weit gebracht worden ist, dass sie im Ganzen für ent-
schieden angesehen werden kann. Um die Zeitfolge zu
beobachten , beginnen wir mit einer kurzen Darlegung
dessen , was iler Lette Walicki zur Losung der Frage
beigetrageu hat.
]\r. t. In der V^orrede spricht W. von seinen Ilülfs-
niitteln nnd beklagt es, dass er weder Rinck's Schrift,
noch deren italienisch geschriebene Widerlegung von
liehen (Mailand 1.S19) habe benutzen können. Aiirh
Ranke'S Abhandlung kam ihm erst nach Ijeemlignng sei-
ner Arbeit durch Vermittelung des Dekan Fr. Neue z«
Gesicht. Die im Ganzen correct und in anregendem
Tone geschriebene Abhandlung zerfallt in 5 Abschnitte:
T. Do vero libri , qui sub nomine C. Nep. venit, aurtore
rruendo (von p. 1— l4); 11. Vita Cornelii Nep. (von
p. 14 — 19); 111. Interior operis, quod C. Nepoti ad-
scriliitnr, cognitio ( p. 19 — 3'»); IV. Institutum , quod
aiictor in conscribendis vitis habuisse putandus est; b) sti-
lus. Brevitati studet. — Erasmi iniquum de C. IVep.
iudirium refellitur. — Fides historica C. Aep. — Fon-
tes (p. 40—51); V. C. Nep. opcra, 1) deperdita, 2) falso
supposita (p. 51 — 55).
Im ersten Abschnitte stellt W. den Thathestand des
Streites zuerst im Allgemeinen fest, indem er sowohl dio
Gründe fiir, als gegen die Echtlieit der vitae angibt.
Jedoch hat er sich bei Anführung der ,'iusseren Grüu<le
für die Echtheit einen auflallenden Irrthum zu Schulden
kommen lassen, wenn er behauptet, der Name des Ae-
milins Prolins finde sich nur in einigen Handschriften
als Ueberschrift. War ihm Rinck's Schrift auch nicht
bekannt, so durfte er nur die Note Bardili's ed. Staveren.
T. 1. p. 2. nachlesen, um sich zu überzeugen, dass alle
llaiidschriften die vitae ex. imp. einstimmig dem Aemi-
lius Probus zuschreiben. Unter den inneren Gründen
der Echtheit, welche W. theils aus dem reinen echt
lateinischen Stile, theils aus dem Inhalte der Prae-
fatio im Allgemeinen und der Erwähnung des Atticus
insbesondere, welche sich auch im Leben des Cato
findet, theils aus den häufigen Hinweisungen des Au-
tors auf seine Zeit, welche alle auf das Ende der
1111
1112
römisclion Republik sclilicssrn lassen, horjjcnommcn liat,
macht er mit Hecht auch den gleitend , il^iss kein späte-
rer tieschichtsclireibcr, \y\e l'lutarch , Diodur ii. A.,
sondern nur altere, nie Thuc_vi!i<!es, Tiniacns, Theo-
pompus n. A. von ihm envühnt «erden.
Im II. Abschnitte über das Lehen des C. N. sintl
keine neue Resultate gewonnen ; in BetrelT des Geburts-
jahres pdichtet W. IlelJcn bei, welcher dasselbe inner-
Iialb der Hier Jahre des 7. .Fahrhunderts V. C. setzt. —
Ira dritten Absclinitte , welcher sowohl dem Umfange,
als dem Inhalte nach der bedeutendste sein müchtc, wi-
derlegt W. die Ansicht von C. Barth, als habe Probus
die vitae exe. inip. aus einem grosseren Werke des C.
Kepos ausgezogen, recht gut durch Anführung von Stel-
len, wie Lys. c. II. 1; Epam. c. IV^. fin. , Ale. c. II.
flu., Timoth. IV, •2; Pelup. init. und Dat. I, 2; er gibt
jedoch zu, dass Probus, der das Buch aus einem grös-
seren Werke des TVepos (de viris illustribus) nur abgc-
schrielicn, einzelne .Stellen interpolirt habe. Was die
Reihenfolge der vitae betrifft, so nimmt W. zwar mit
Titze an, das dieselbe ursprünglich eine andere und
zwar nach "Völkerschaften geordnete gewesen sei; jedoch
stellt er über die Art und Weise der Aenderung eine
sonderbare Vermuthung auf. Das jetzt vorhandene Buch
soll aus 3 oder 4 Büchern des C. ^iepos in willkürlicher
Ordnung von Probus zusammengesetzt sein; isii ersten
%vären die Athcniensischen Feldherrn, im z-.veiten die
Spartanischen und Thcbanischen, im dritten die berühm-
ten Barbaren , im vierten endlich ilio Konige enthalten
gewesen. Doch huren wir ihn selbst weiter sprechen:
„Horum (libroruni) partem nos possidere niaiorein puto:
et quidem Atlienienscs qui cxplicabat librum integrum ;
eius qui Spartanos aliosque Graecos coniplectebatur , par-
tem qiiandani, terlii denique, qui in barbaris erat oc-
cupatus, fragmenta in Hamilcare, Eumene, Datamc. "
Das üuslattliafte dieser Annahme hat schon Lieberkühn
1. I. p. 84 si]. gut widerlegt. — Das Fragment de regi-
bus erklart W. für ein Machwerk des Probus, welcher
aus .Vrbeitschcn das ganze Buch des iVepos, welches auf
die drei Bücher der Fcldlierrn gefolgt sei, niclit ab-
schreiben wollte und desslialb nur einen kurzen Auszug
gemacht habe. Dieser ^'erinuthung widerspricht schon
der .Scbluss dcg dritten Capitels de reg., welcher durch-
aus nicht von einem Epitomator herrühren kaim. Ebenso
ivenig können wir der Meinung AV.'s beipflichten, dass
den berühmten Feldherren griec/iische nnd rümische //e-
roen in einigen Büchern vorhergegangen seien. Denn
al)gc<ehen von der .Stelle de reg. e. 1. init., welche da-
für spricht, dass die vitae der Könige vor den l'eldlierrn
erzählt worden sind, wissen wir nirgenilswoher , dass
Ä'epos auch Heroen zum Gegenstande seiner Biographieen
gemacht habe, sodann müssen wohl die griechischen,
wie die römischen Könige noch zu den Heroen gez.'lIiU
werden. — Da die lila Catonis in den Handscliriften
iald vor, bald nach der vita Atfici steht, so halt sie W.
nicht, wie man gewöhnlirli und mit Recht annimmt,
für einen Theil des lib. de historicis Ronianis, sondern
rermuthet, dass sie in einem anderen A\crko des >'cpos.
nnd zwar in den Büchern exeniplorum p;elegentlicli ein-
gestreut gewesen sei , wie bei Cie. Academ. prior, init.
sich eine ähnliche Aotiz über den L.ucullus linde. Das
Endresultat der Untersuchung spricht W. p. 3'J mit fol-
genden Worten aus: Libellum C. Nepotis , quem nunc
tractamus, ex reccnsione quasi Acm. Probi nos habere:
delectum igitur, ordipcin ac singularum vitarum disposi-
tionem Probo isli deberi: idque ab eo ipso his verbis
confirniari : „corpore in hoc nianus est genitricis avique
nieaque (sie!)": singula auteni scri|)la praeter iragmcn-
tum de regibus, quod fortassc Probi sit , purum putum
Cornelium rcdiilere. — Die beiden folgenden Abschnitte
glauben wir um so eher übergehen zu können, da die
hier behandelten Fragen mehr angedeutet , als zu Ende
geführt- sind , und wenden uns sofort zur Ucurtheilung
von iVr. 2., der bei weitem bedeutendsten unter den
drei Schrifiuii.
(Fortsetzung folgt")
Personal-Chronik und Mise eilen.
Meissen. Die Eiuladunssschrilt zur J3lirc.';fcier ilcs Slif-
tnngst.Tges der dasigcn Lanilesscbnle — den 3- Juli' — cnÜKilt
eine Abbandlnng des Prof. Wiin<ler: disqiiisiliu de supcificie-
lius, cjiinc continentur acfju.ilionibus bis: nix- + ny- ■ — z^
r= f= et \- — ny^ + a Z = O. (eine Lösung der vor 6 Jah-
ren von der Jablonowsliisclien ücscllsclialt in Leipzig ge-
stellten , aber unbeantwortet gebliebenen l'reisaulgabe. .^6 S. 4.
mit einer lithograpliiiten Figurcnlalcl) und den Jabrcsboiicbt
des Uect. und Prof. Bacimgnitcn -Crnsius. 24 S. Da bei dem
giossca Andrang zur AolnaliuiL' die stiftungsniässigc Anzahl der
Alumncnsttllcn .nicht ausreicbte, so liat das Ministerium des
Cullus in diesem Jahre 7 Schülern überzählige Koststellen cin-
gerauuit, so dass sie Jer Reihe nach in die zunächst erledigten
Koslstcllen einincken. Der Coctus bestand am Schlüsse Aes
Scbuljabics aus 123 Schülern ; zu i\Iicliaclis 1838 waren 10, und
zu Ostern 1839 7 auf die Universität gegangen, 8 mit. dem
ersten , 9 mit dem zweiten Zeugnisse der Reite. — Im iVIonalc
Juli machte der Professor Dr. Flügel im Auftrage der Lon-
doner Translation Comuültce eine wissenschaftliche Reise nach
Paris.
Brandenburg a. II. Das Micliaclisprogramm des lau-
fenden Jahres enthalt eine Abhandlung des Professors und
Piorcctors M. W. Ileffter de Zenodoto cinscpic stndiis llo-
mericis. Der Veif. gebt die s))äiliclicn Kaclirichtcn über das
Leben des berühmten Grammatikers durch, dessgl. die verschie-
denen Ansiebten neuerer Gelehrten über diesen oder jenen ein-
zelnen Punkt. Hieran scbliesst er die Frläuterimg der Ver-
dienste des Mannes um die llomcrisclicn Werke und zeigt, in-
dem er die sogenannten Zcnoiloteisclien Lesarten zum ersten
Ruche der Iliade durchninnnt, dass dieselben in den meisten
Fallen verdienen in den Tc.\t aufgenommen zu werden. Er trifl't
darin bauptsächlich mit dem Director des Gymnasiums in Ocls,
Dr. Lange, zusammen, dem liearbeiter einer neuen Recen-
sion der Homerischen (jcdicbtc, der vor einem balben Jalirc
in einem Programme (Obss. critt. in lliadis lib, I.) viele jener
Lesarten als die alleren und echten vcrtbcidigt bat. — Zu den
angegebenen Drnckleblern vermisst man noch den sinnstörenden
p. 9 lin, I. fuerunt statt defuerunt.
Göttingen. Am 3. Septemb. Abends hat Oltfr. MiiMcr
die dasigc Hochschule verla.fsen und mit einem hiesigen jimgcn
Maler seine Reise nach Griechenland und Italien angetreten.
Zeitschrift
für die
AI terthu ms wissen Schaft.
Alittwochj 20. November
1839.
Nr. 139.
Zur Literatur des Cornelius ^kcpos.
(Fortse tz iiiiff.)
Nr. 2. Diese Srlirilt ist licriorjfcganffpn aus einer
im Jalire 1S33 'o" ''<'•' pliilosoptiisclieu FacuKat zu Jena
ges<cll(en Preisaufgabe: „io verum anctorem carum vi-
tnrum , quae sub nomine C Neputis circuniferunlur ,
acinratins inquiratur", für «leren Lösung Liel/erkühn-
Puhlmann den ersten Preis criiielt und siili dadureh ver-
anlasst fand , die Untersuchung über Nepos zu eriveiteru
nnd narli 3 Jaliren in der jetzigen Gestali herauszugeben.
Die Schrift ist in drei lJi'i<her eingetheilt; lib. l. han-
delt luni Leben und den Schriften des C. Nep. (p. 1
— 34); lib. n. <lc auetore vitarum, qnac vulgo C. Nepoli
aduidicantur , sciitentiae virorum <ld. in rensurani vocan-
tur; praeniissa est brevis de fatis libclli historia fp. 3') — 67);
das llf. liucli endlich ist überschrieben: corpus vitarum,
quod Kepotis nunc sub nomine venit , argnmentis cum
cxternis , tum internis Cornelio Nepoti vindicatur (von
p. t)S — 17'.)). — liei i\om ersten Theile der Untersuchung
hatte Lieb, schon tüchtige Vorarbeiter an Held und
Ranke, die er jedoch so benutzte, dass er sich überall
ein selbsfständiges Urtheil zu bilden suchte. Was die
Bestimmung des Geburlsortes betrifft, welche fast allein
auf der unbestimmten Angabe von Plin. II. N. III, IcS.
(Padi acrola Mepos) berutit, so veruiift er die drei Mei-
nungen früherer Gelehrten , welche entweder Verona
(Hostilta), oder Nnvum Contum, oder endlich Parma (wie
Held proleg. p. 4 sqq.) dafür ausgeben, und stellt ver-
mittelst einer scharfsinnigen Combination aus 2 Stellen
ile.s Jüngern Plin. Kp. III, 6. unil IV, 28. (Herennius
Severus , r. dortissiujus, niagni aestimat in bibllotheca
sua ponere imagines municipum tuoruvi , Com. Nepotis
et Tili Cassii'''', in welcher Stelle Lieb, mit den meisten
Codd., den Cod. Alilinns ausgenommen, Tili Cali liest),
nnd mit Heranziehung zweier Stellen des Cicero: Ep.
all Div. XV, IG. nnd ib. ep. 19, sowie einer Stelle des
Quiiitil. J. O. X, 1, 124, in welchen Stellen ein Catius
als Lpicurcus und als Insuber vorgeführt wird, die Ver-
niuthung auf, der von Plin. genannte Tit. Catius sei
dieser Insuber, und folglich auch sein miiniceps Nepos
in derselben Gegend nnd demnach wahrsiheiiilich zu
Mailand geboren. So scharfsinnig und geistreich diese
Combination auch sein uiag , so fehlt ihr doch die volle
Beweiskraft, da erstens die Codd. bei Plin. 1. c. in der
Sciireibung des Namens sehr schirankcn [Titi Aiii, Catii,
Tijtii, Cattici), soilann das Praenonien in den 3 Stellen
von Cir. und Qiiintilian nicht angegeben ist; dazu kommt,
dass in drei Fragmenten aus den chronicis des Nep. bei
TertuUian. Apolog. c. 10, Lactant. I, 3- und bei Minu-
cius Felix mit INepos immer ein Cassiua oder Cassias
Severus zusammen genannt wird, welcher wirklich den
^'ornamen Titas geführt (man vergl. (iuintil. X, t, 1 Ifi.
nnd Hiihr's rüm. Literaturgesch. S. 485 u- f- not. 11).
Könnte nun nicht dieser Cassius, iler besonilers als Red«
ner berühmt war, auch bei Plin. I.e. zu verstehen seini
Da mau übrigens auch von diesem Cassius die Lebens-
umstände nicht kennt, so mochte die ganze Sache für
immer problematisch bleiben, Bedauern müssen wir,
Weiehert's ausgezeichnetes Werk über den Cassius Par-
niensis nicht zur Hand zu haben, wo sicher aiiih dio
fragliche Stelle bei Plin. berührt wird, da viele Erkh'ircr
den Tit. Cassius dort für den Paruieusis, deu Älürdoc
Ciisar's, halten.
Sehr llcissig sind dio Xotizen über die verlorenen
Schriften des Com.: die Chronic. II., welche mit Hecht
gegen Ranke's Behauptung von den //. e.vemplorum ge-
sondert werden, sowie über die Bücher de viris illustri-
öus zusammengestellt und über ihre ursprüngliche Be-
schalTenheit mit Benutzung der aufbewahrten Bruchstück»
bearhtens» erthc ^'ermuthungen vorgebracht. Besonders
hervorzuheben ist die Untersuchung über die Chronica
(von p. 13 — 18)» für deren Herausgabe narh Ranke's
Vorgang (1. I. p, 35), besonders narh Catull. Carm. I, 1,
nnd carm. 52. das Jahr /Oti ü. C. oder 50 vor Chr.
Geb. angenommen wird. Ueber ilie innere Einrichtung
und Anordnung der chronica verwirft Lieb, ^'osscn's An-
sicht, welcher die tres rhartas bei Catnll. I, 1. von
loovoq ä6)]}.o>;, /tvthy.üs und lOTOOiy-o^ versteht, und
vermulhet selbst, Nep. habe aU Epochen l) die Zeit vor
Roms Erb., 2) von Roms Erb. bis zur A^crtrcibung der
Könige, 3) von Vertreibung <ler Könige an aufgestellt
und die auswärtigen Begebenheiten und literarhistorischen
Momente an Facta aus der romischen Geschichte ange-
knüpft. Diese Ansicht lialten wir nicht für wahrschein-
lich, da sich Nepos, wie wir aus Solin. Polyhistor, c. 1,
wissen, in der Zeitbestimmung nnd Anordnung der Facta
hauptsächlich an yipollodor's in komischem (d. h. iam-
bischcni) ^'ersmasse geschriebene 4 Bücher 'j^oo.iy.u ge-
halten, wie Lieb. p. 17 selber anführt, und demnach
woli! auch 'lessen Epochen: die Eroberung Troja's , den
Piückzug der Hcraklidcn, die erste Oljmpiade etc. zu
1115
1116
Grunde jji'ifgt hat. Mail vprj;!. Heyne zn Apnllod. T. I.
p. 4üit uml 411. Wie ^'cpns ^li^■^sp Kjiorlipii mit iler
röni. Gc.i« liir)i<e in Verbiiitliiii'; »obraclit , Iflsst sirli iiarh
den « ctiiijoii UeberMeiliselii iiirht prinitti-ln ; ilocli silieiiit
ailä «Irr »itliligeii .Stelle l)ei A. üelliiis >. Att. Xl'll, 21.
mit griKscr ^V;^llrsl■lloilllir^lk^it horv(irziij;ehpii , ilass die
Zeittafeln des Cornelius svntlironistlscli geordnet »laren,
60 dass dea liistorisilien Faitis und IVotixen i'ilier die
liiteratiir Lei den (iriechen iiack den einzelnen P^pochen
ejitspreehende Punkte ans der rOm. Gescliirlite gegen-
überstanden. 31an 8. ausser den zwei von Ijicb. ange-
führten Stellen au» I.'ieiukr's rüm. Getchichte U. I. S. ,5'l f.
Addi. 15'.' (nicht löU) und S. 208, noch S. 27Ü (2- Ausg.
oder 2f 8. 3- Ausg.).
Bei der rntersurliung über die //. de vir. iUustrihus,
als deren Al.fAssnugszeit na« h dem Fragment des ('o<l.
GueK.rb. bei IJardili T. 11. p. 405 mit grosser Wahr-
srheiiilirhkeit das Jahr 43 a. Chr. angenommen nird,
marht L. gi'geii ileld's und Uanke's Eiiioi'irf,- , d.iss in
den Fragmenten ans diesen Uüchern nirgends griechische,
euDilern nur roiiiisihe F<-Idlierrii er» filmt »iirden, die
trcllrnde lieiiierkung, dass man i"iber die beri'ihmteii Hlän-
ner unter den Griechen zablreii he »nd trefl'liche Werke
der Griechen sellist n.-tchschlagen kuniite, «as bei den
rumisriu'ii nicht der Fall Har; ausserdem sei die Stelle
bei Gell. IN. A. XI. über A. Albinus »ahrscheiiilich aus
dem üiiclie de historicis Graecis genommen. Ausser den
//. exeiiijilorum (r> I3ii<her), «oriii nach L.'s .lleiiiung
einzelne Gischichten und merk» ürdige Aeusserunpen zur
Aachabmung und LSclehrung aufgestellt waren, führt L.
nur noch ein linch, ijuo dUttngitil literatum ab erudito
(Snet. de ill. Gramm. I, 4.) als dem ISepos ziigebiirig
an; eine besondere ISriefsiinmlung des Aepos an Cicero
(vgl. L.irtant. üiv. inst. 111, 15, Kl. n. iMacrob. Saf. II, t,
KO das zweite Ijuch dieser Briele angeführt «ird), «ei-
che Walicki und Lütkenhus annehmen, will Lieb, nicht
gelten lassen, sondern glaubt, die Kr>v.'tlinung derselben
liezoge sich auf Briefe des ^iepos, welche in einer ver-
lorenen .Sa:ninliing von Cireroiiianischen Briefen beilauGg
eingeschaltet genesen (p. 27), eine Annahme, die wohl
sdiMerlich Beifall linden möclite. Besonders lesenswertli
ist ilas Büd, welches am Schlüsse Avi erstcu Buches
p. Xi f. von Cornelius Nepos cntitnrfen wird.
lui zireiteii ßuc/ie, \ielclii>s ^ur Vermeidung mancher
■\Viederb. düngen füglich mit dem ilritten hatte verbunden
•»ier<len können, werden nach V'or.iusseiidung einer ge-
drängten Geschichte von den Schicksalen der vilae exe.
imp. (von p. 35 — 39) die verschiedenen Meinungen der
Gelehrten über dasselbe in 3 Classen eingetheilt und der
Reihe nach genürdigt. In die erste Classe setzt Lieb,
diejenigen, weh he das Buch in das Zeitalter des Thco-
dosias verweisen und den Probus als V^■rfasser annehuieii,
■WOZU er besonders den lliero/ii/mun Miigius iinrl den Ba-
denser Rinck rechnet. Die sehr gründliche Wiederlegung
ron IliiK k's nnhr scliarfsiiiniiieii und blendenden , als
haltbaren Gründen müssen wir unseren Lesern selbst
nachzusehen überlassen, da ihre Wiederholung uns zu
■weit führen würde. Nur so viel wollen wir bemerken,
dass Lieb, mit Reelit Kiiick's AVillkür tadelt, welcher
in dem mclirgenannteu Epigramm die zwei letzten V'ersc:
Corpore in hoc nianus est genitori» aviqiie nieaeqne Feli-
res , dominnm «juae meruere nianus (so liest Lieb, rich-
tig, ohne Interpiinrtiun nach meaeqne), weil sie sich
mit seiner Ansicht, dass Probus der Verfasser der vitae
sei, nicht wohl vereinigen lassen, für untergeschoben er-
klärte : denn dieselben sind theils ganz im Tone <ler vor»
Jiergehenden 1'erse geschrieben, tlieils hängen sie am h dem
■ Sinne nach, wie das wiederholte dnminua zeigt, enge mit
dem Uebrigen zusammen. In Bezug auf diese berürh-
tigfeii Verse macht ausserdem Lieb, die trefTeiide Bemer-
kung, vtorauf auch Ref. schon vor längerer Zeit gefalleo
ist, dass dieselben eine elende Nachahmung lies Aiifanu;«
von Ovid'* Epistol. ex Portio: Parre , nee invideo, sin»
me über ibis in urbem — Vnde , sed incullui et ij. «.
seien und von einem Menschen herrührten , welcher
durch Ueberreichiing der zum Theil mit eigener Hand
geschriebenen vitae beim Kaiser Theodosius »ich eiu
besseres Schicksal erwirken wollte. Dass ein solcher
Mensch, welcher mit einer gewissen Furchtsamkeit iinil
erniedrigenden Demuth auftritt, die von Freiheitssinii
und Vaterlandssinn beseelten Biographieen nicht hab«
schreiben können, darin stimmen wir vollkommen Lieb.
bei. \\"\c aber Lieb, bei dieser richtigen Ansicht über
das V^erbältniss des Probus zu unseren Biographieen den-
noch Rinck's Ansicht billigen konnte (p. ,'i(). Not, 2.),
welcher den Probus besonders nach Aason. Episf. XVII.
ad Probum (nicht XVI) für den berühmten Praefectii«
praetorio erklärte, uiuss uns um so mehr befremden, da
Rinck, wenn er in seinem Buche S. 1!) sagt: „Ausoniiis
schickte dem Probus das von Nepos gesdiriebene JahrbiicL
als eiu Muster, nachdem er sich bei seinen eigenen
Schriften richten könnte" sich eine «ITenbare 'JVrdrehun»
von Ausouius Worten erlaubt hat, welche also lauten:
„Apologos Titiani et Nepotis Chronica quasi alios apo-
logos , nam et ipsa instar sunt fabularum, ad nobiliialem
tuaiii niisi gaudens atque etiam glorians fore aliquid, quod
ad institiitionem (iiorum sedulitafis meae studio coiifera-
tiir." Die Worte ad institiitionem tnoriim liei«seii doch
wohl iiiilits Anderes, als: zur Erzieltung der Deinigea ,
deines Si>fines, wie sich auch aus dem mit der Epistel
verbundenen (ledichte zur Genüge ergibt; mau vergl. ilie
Worte: — gnatiis tiiHS suescat peritis fabiilis siinul io-
cari et discere. Dazu kommt noch der nicht iiiiuichtige
äussere Grund, dass dieser Pfaef. praetnrio nicht .temi-
lius , fiondern Sexl. Pelronius hiess. IMaii »ergl. über
Probus, welcher mit den Olirbrii und Aiiicii zu den an-
gesehensten und reichsten Familien seiner Zeit gehörte,
Schtosser's universalhist. l'ebersicht eir. III, 3- S. If)?-
Doch kehren wir nach dieser Abschweifung wieder
zur Sache! Zur zweiten Classe rechnet Lieb, sodann
iliejenigen, weh he den Probus für einen E|)itomator hal-
ten, wie Casjiar liarth und theilweise Prof. liiihr in
seiner röm. Literaturgeschichte §. IS', und der Zürcher
II. Meyer (cf. Zeitschrift lür Alterlhiimsu iss. J. 1S3Ö.
Nr. 13(J 'i , welcher letztere jedoch die Abfassung des
Coinpeiiiliums in's zueile Jahrhundert versetzt. Der drit-
ten Classe »rerden diejenigen beigezählt, welche, wie
Jul. Held (cf. Proleg. p. 21 sqq.), von Nepos und Pro-
bus absehend, weder das Alter, noch den Verfis-ier de*
liuchs naher bcstiuimcu. Ilicrher gehurt auch C. l'- Rani;«
1117
1118
(vprgl. die anjlrf. Abh. p. 411); indpsspn »oll tlicspr Ge-
lehrte nach Lieberkiiliii's ^'ersiclieriiii;; ((i. (id), drr es
aiis seinem eij;:eiieii IMumle geliort liat, seine friiliere
Bli-iiiiing ziiriirk^'eiiommen haleii iiiiil jetzt ilie Sciiiiiiit-
liclieii vitas fiir eclit halten. Es «.'ire, iK'il.'iiifl^ bemerkt,
zu M linschen, das« auch Ilr. //eW sich ijfl'entlirh über
geiiie jetzige Ansicht erklaren miichte, da er gewiss nicht
seine in einer Jugendschrift v<ir[;ebrachten oft sophistischen
Behauptungen wird festhalten iiiillen. — AVollteii »vir die
trefTende AViderlegung L.'s von iiarth's Ansicht (p- 47 — 50),
fuvvie die Zurückweisung von Ileld'S Ans« hnldigungen
gegen C Nepos, die sich p. 52 — (i4 bei Lieb, findet,
Schritt vor Schritt verfolgen, so nuisstcn viir zu »leitl.'iufig
«erden; auch ist schon in der ylllg. Scilulz. von 1S2'^,
Abth. II. AV. 52. das Unstatdiafte der Held scheu Ansicht
in der Ilauptsaclie nachgewiesen.
Unter den ^'orgängern seiner Ansiclif nennt Lieb, mit
Recht Diihnt »egen der olien genannten 2 .S< hriften und
Walicki; doch halte er auch H'irdili'» Emahiiung lliun
müssen, «elcher sich mit geringer IJeschränkung in den
Koten zur Praef. ed. ütnveren. 1820 «u derselben 31ci-
nung bekennt.
Wir gehen jetzt zum dritten und letzten Abschnitte
über, «elclier den Ilaiiptkern der Untersuchung enthalt,
müssen uns jedoch in der Angabe des reichen Inhalts
auf eine kurze Darlegung des von Lieb, eingeschlagenen
Weges beschranken.
Die Beweise , dass die jetzt Torhandenen vitae dem
Com. Nepos, dein Zeitijenossen des Afticni und Catiill,
zuzuschreiben seien und einen Theil eines giiissereii Werkes
de viris illustribus ausgemacht haben, theilt Lieb, in
äussere und innere. Obgleich naiulich alle bis jetzt ver-
glichene Codd. den Namen Aeinilius l'robiis an der
Spitze tragen, so findet sich deich nach IliineL's eafalog.
lihrorum mscr p. 9l)l^t und ' <J5 "u einem Toletenser Cod.
die Ueberschriff : Cornelius Nepos, curla a Sulustio
Crispo, in zwei aiiileren, die aus dem 14. Jahrhundert
stammen, einem Toletenser und Ulaclrider: Cornelii Nepo-
tis vitae und C. >iep. de viris. Vergl. Lieb. p. 6M, A. l.
Dazu kommt, dass die vitae Cat. und Attici, »»eiche in
den rodd. einstimmig dem C. Nepos zugeschrieben »ler-
dcii , fast immer mit den übrigen vitis verbunden sind;
endlich noch , dass auf der letzten Seite des cod. Arleiiii
die inerk»»ürdigen Woi (e stehen; Complelum est opus
Aemilii l'robi Cornelii Se/jn/is, »»eiche Lieh, übersetzt:
„des Probua Werk des Cornelius." nichtiger miichtrn
indessen diese Worte, »velc he offenbar die Uneiitscliie-
(lenheit des Abschrc-ibers , ob er das üiich dem Coriiel.
oder dem Probus beilegen soll, verratlieii, durcli ein er-
gänztes sive ihre Erklärung (inden. — Unter den inneren
Gründen stehen voran 1) Stellen ans den vitis selbst,
»voriu der Schriftsteller sich als Feind der Alleinherr-
schaft und »Carmen A'crelirer der Freiheit zu erkennen
gibt: llilt. 111, (i; Dion. IX, 5; Milt. VIII, ;{ ; Timol.
I. . ti. a. ; ?) Stellen, ». io illilt. VI, 2; Ages. IV, 2,
E:im. 1 IM, 2 und 3; Epani. X, 3, »»eiche saivimtlich
auf eine Zeit hindeuien , wo die republikanische ^'erfas-
sung sich ihrem Uiitiigange näherte (p. 7' — 72). Dann
folgen o) Stellen, welche offenbar darauf lundeuten, dass
die vorliaudcucn vitae zu eiuciu grosscrcu AVerke des-
selben Autors pelWirt haben: Praef. am Ende; Ifann.
c. \1II. extr., Dion. lli, '.'. und de reg. zu Auf. Diese
IJcweise erhalten noch griissere Evidenz, »»enn man auf
den Plan und Z»«eck Rücksicht nimmt, »»eichen der
Verf. bei der Ausarbeitung seiner vitae befolgt hat. Hier*
über handelt L. von p. 87 — 100, und dieser Absrhnid
möchte init dem folgenden (p. 101 — ll^i), »»orin der
lieiveis geführt »lird, dass die Schreibart in den 22 vitii
niit derjenigen , »velche in den allgemein als echt gcl-
tendeu Blographieeu des Catu und Atticus sich liiidei,
durch»» eg übereinstimme, mit die vorzüglichste und be-
Ii'hrenilstc Partie der ganzen .Schrift ansinachen. Da»
Endresultat der ersten Untersuchung wollen wir mit L.'»
eigenen Worten angeben : ,,^ idetiir iiobis libellus eum
fere in finem compositus esse, ut Ilomani, rerum liisto-
ricarum riidiores, de snmmorum vir. personis ac vita pau-
ris docerentur, ita qiiidein, ut cjuae ad lertorum'ingenium
atijiie doctrinaui apta essent, beiie eligerentiir , maxiine-
qiie ea oiniiia traderentiir seduliiis, c]Uae ad ciiilem prae»
staiitiam omnesqiie »irtiites, ijiiales tum ciiem optimum
queniijUP decebant, commeiidandas farereiit", »vonach er
mit Dähne's und .Fleisches -Ansicht (vergl. dessen Schrift :
de eo , (jiiod in C. Nep. vitis faciendum restat Franc, ad
fll. 1802- p. 12) im Ganzen üliereinstiinint.
In der nnn folgenden Untersuchung »lürdigtL. zuerst
des Nep. Sc-lireibart im Allgemeinen, macht dann in
Kürze auf die kuiistliise, aber nicht ungefällige Art anf-
Hierks.'im, wie Nepos seine .Sätze und Perioden baut;
endlich beleuchtet und rerhtfcrtif^t er weitläufig einzelne
Wc'irtcr und Ausdrücke, die besonders von Kiiick und
Held als unclassisih angegriffen «ordeii sind, und z»var
so, tiass immer die vitae Cat. und Att. als Basis der
Vergleichilng für die übrigen benutzt »Verden. Indem
»lir diesen an guten Bemerkungen über die Classiiitat
einzelner AVörter reichen Abschnitt übergehen, iiolleii
»vir unseren Lesern die anziehencle Bemerkung L. s nicht
vorenthalten, dass in einem Fragin. bei Lactant. Dir.
inst. III, 15, 10. die dem Nep. eigi-n(hüinlirlie Nach-
lässigkeit der Wieilerholiing desselben ^Vortes auffallend
wiederkehrt: mngistram tilae — viliie perfectricem —
magistros vivendi — rivere , und in einem >ehr kiizrii
Fragment aus Pliii. IL N. l.\, 3!'. 2 Süt/.e hiiitereiiiaiider
mit dem Praen. Itic anfangen (p. | ^4 vergl. mit p. 32).
Ebenso geistreich, »venn gleich nicht erwiesen, ist die
von L. aufgestellte ^'ermutliiing, dass melirrre der bei
Nepos von alten Grammatikern j.rc.taclc.l(eii Ausdrücke
gallische Prot inzialismen sein möchten, wie die Consfr.
von non dubito e. ace. r. inf., »velche sie li besonders auch
bei Livius und Plin. dem J. findet, reversus est, celari
r. dat., deuli, circumveliens (auch bei Li»-.), contra en,
inipraesenlinrum und endlich temporitrius , das auch bei
Pliniiis vorkommt.
Nach dieser »richtigen l'iiterstii liiing über die Sprache
des Nep. gebt L. zum letzten, am anslührlic listen be-
handelten Be»ieise über, worin er über die Quellen-, wel-
che in den »itis exe. imp, benutzt sind, in der Absi«li<
bandelt, um danach über den historischen Werth der
fiiographieeii ein Urtheil zu begründen und so einen neuen
Beweis für die Echtheit derselben zu gewinnen. Bei
dieser Untersuchung standen dem Verf. srhuu tüchtige
1119
1120
VorarleKon zu Gpl>o<e; «ir incinrn zwei Holländisrlie
AbhaiuUiiiincii, wolrhe l)ciilc iinfcr ilem Titel: Discitiisi-
tio iritica de fonlilius et aucloritate C. Sepolis , ilio eine
aiu-tore /{. //. Ei/sso/iio If'icliers IH'2S zu (iirüiiiii;feii ,
«lit- amicro aiut. Hiaeli/ Dclph. Hat. 18 ..'7 prsrliioiicn ;
über das Leben des Alcibiades ausserdem noch ein Werk-
eben , »veldies aus einer von der iihilosopliisciien Facultat
iler Universit.'it zu Rostock auf^ojjebenen Preisfrage lier-
vorge-'au^en ist: De C. SejiDtis Alcibiiide quaestiones
critt. et bist. Seripslt U'ig^ers. Lips. lSo3. Doch iiiüs-
gen «ir Lieb, das Zeugniss geben , dass er seine Vor-
•'än^er mit Selbstständigkeit benutzt und ihre Ansichten
mehrfacli berichtigt hat. Er schlagt hierbei mit Rerht
den von Iliseli/ schon befolgten AVeg ein, dass er bei
»einen Untersuchungen soiiohl liber die Quellen des Ne-
|)os , als auch über die historische (ilaub« lirdlgkeit der
an"efiilirten Thalsachen die geivolinliclie Reiheiifoiaje der
vitae zu Grunde legt , wogegen Wiehern ohne Rücksicht
auf die Ordnung der einzelnen vitae in seiner Schrift die
Quellen des Xepcis chronologisch aufführt und unter jedem
Geichichtschreiber die einzelnen Stellen der vitae angibt,
welche ilaraus genommen sind, viodurch der Gebrauch
des Buches sehr orschwcrt wird. Es kann nicht unsere
Absicht sein, die Resultate dieser historischen Unter-
suchung einzeln durchzunehmen, zumal da vi ir in einer
«ueben erschienenen Abhandlung: Quaesliones lii^loiicae
in C. Nep. vitas <juae vnigo inscribuntur exe. im[). Part. I.
Colon. Agripp. tvpis Schmitzii. USoO. über diesen (iegtn-
»tand wenigstens Über die 4 ersten Ciograpliieen vollstän-
dig auseinander gesetzt haben. So sehr wir nun auch
bedauern, dass wir Ij."« Schrift bei unserer Arbeit nicht
benutzen konnten, so viürden wir doch in der llaupt-
eache au unseren Ansichten Nichts geändert haben, da
wir iu den Grundsätzen , wie des Com. historische Glaub-
würdigkeit zu beurtheilcn sei , mit Lieb, nicht überein-
«timmen können. AVenn er n.'imlich von den zu einem
bestimmten Zweck der Belehrung geschriebenen vitis des
C. nicht die A'ortrefflichkeit eines Historikers vom ersten
Rang verlangt, nie diess Rinck und Ileld ihun, so schlagt
er doch ohne Zweifel die Glaub» ürdigkeit des N. zu boih
an und geht absichtlich darauf aus, die Stellen, wo iler-
selbe lon den beglaubigten Zeugnissen aller anderen
Schriftsteller abueicht, in Schutz zi. nehmen, wobei
denn gcwölinliih der Ausweg, Nep. habe andere, ver-
loren gegangene Quellen benutzt, zu Hülfe gerufen wird.
So versucht L., nm nur einige Beispiele anzuführen, die
argen Irrthümer zu Anfing der vita IMilt. , wo oll'enbar
der allere 'Milliades, der Sohn des Kvpselus, mit dem
Blaradiüiiier , dem Sohn lies Ciiiioii , verwechselt ist und
ilie Art und Weise der Einuahme von Lemiius falsch
erzählt wird, durch eben dieses abgenutzte Ilülfsmittel
zu rechtfertigen. Mag auch Com. bei dieser Erzählung
den llerodol nur oberlladilich , oder gar nicht benutzt
haben, so ist doch kein (irund aiizunehmeu, dass Kpho-
ruH , welchem er in der Erzählung der Einnahme von
Faros nachweislich gefolgt ist, ebenso geschrieben habe,
da in demselben Falle sich doch wohl irgend eine Spur
dieser Abweichung hei einem Spateren erhalten haben
Hürde. Und waruia sollen wir denn den Com. einer
iwicbea ^i'aclilassigkcit nicht für fähig halten, da wir
nachweisen klinnen , dass er auch da, wo die von ihm
oft wortlich benutzten (iuellen, besonders Thucydides,
noch vorhanden sind, wie im Leben des Themistokles
und Paiisanias, olleiibarc Versehen und Irrthümer began-
gen hat! Ebenso wenig können wir Lieb, beistimmen,
wenn er \\t. Thein. c. S. die Worte : cum ijuo ei hospi'
tiiim ftierat mit Thue. I, 13ü. dadurch in Üebereiiistim-
uiiiiig zu bringen sucht, ilass er das Plusqnamperf. /"uera/
auf eine äusserst gekünstelte Weise so erklart: ,, es habe
zwischen Adniet und Them. früher zuar hospitium be-
standen, sei aber, aus einer Ursache aufgelöst ivordcn."
l'^ergl. meine .Abhandlung zu der St. p. 1(j mit der Anm.
Auch iu der vita Pausan. c. 3- möchte Corn. von dem
A'orivurfe, dass er Aen ersten in\i\ zweiten Aufenthalt
des Pausanias im Hellespoiit gegen Tliucvdides Zeugniss
veruechselt habe, durch den Ausweg L.'s nicht gerecht-
fertigt sein, noch auch können caji. V, 1. die AVorte in.
ilinere niit dem griecli. Original (Thiic. J, lo4.), v»o iu
TTJ ödif) steht, durch L.'s neue Erklärung iu Einklang
gebracht werden, dass Her an der St. für Slrrisse, üf-
fentlicliev Jfeg gesagt sei, da ilic für diese Bedeutung
angeführte St. bei Liv. X-WI, 10. viel zu allgemein ist.
Im Gegentheil stimmen wir Mosc/ie's' Aiisiiht (Do co ,
quoll in V. N. fac. restat p. 19) vollkommen bei, wel-
cher den C. hier eines Trrthunis beschuldigt,« der auf-
fallender Weise aus ihm fast in alle neuere Geschichts-
bücher, sogar in fliaiiso's Sparta übergegangen ist, ein
Beweis, dass in der Stolle des Nepns kein Unbefangener
das iter anders, als für Reise, Rückweg geiiomnien hat.
AVir brechen hier ab, nm noch einige AVorte über
den lateinischen Ausdruck des A'erfs. zu sagen. Dagegen
liesseil sich, sowohl was den ganzen Satzbau, als einzelne
Ausdrücke betrilft, manche Ausstellungen machen; so
steht p. I.V gegen d. E. : argumentum repefatur pro Ne-
pole vitarum auctor (sie!) efficiendo; p. 47 ist amoliri
pasB. gebraucht; p. H: lange mullo actatem prorogarc;
p. '22 und noch einmal: repeliendttm. Oeftcr sind un-
zulässige griech. Constructiimen gebraucht, wie p. 46 J
Quae diceiiili genux iu vitis obtinens accusavit; p. 89!
Qiiiie patriam adiiiverat f. ijuiius etc. — Auch haben sich
viele Druckfehler eingesrhlicheu; ausser dem 3 Seiten
einnehmenden Verzeichnisse sind uns noch als besonders
störend aufgestosseii : p. 2)i Z. 2 müssen nach philoso-
phiani die \Vorte liefiliieijiie vilue eingeschaltet werden;
p. 57, Z. 13 V. u. 1. adliibilos f. adhitos; ebend. 3, 2
V. u. omillere f. ommitl.; p. 7(i steht zweimal Cni f. fine;
p. 128, Z. 8 V. o. 1. I'eriegete f. Perlergete; p. 140 Z. 5
V. o. 1. l'roclidiH f. Pr.icridis und ebend. Z. 10 v. u. ist
der Titel von Wigger's Schrift so zu berichtigen: de C.
Kepotis Alcil/iade (j. critt. etc. — Jedoch ungea« htct die-
ser Fehler gegen die Sprache, sowie dir von uns im
Einzelnen gemachten, wie wir glauben, nicht unbegrün-
deten Ausstellungen können wir diese Schrift jedem Freunde
der röm. Literatur bestens euijifehlen , da durch dieselbe
eine sehr schwierige Frage, welche so lange die fielehrten
entzweite, in der Hauptsache endlich zum Abschluss ge-
bracht ist, wenn auch über einzelne Punkte, z. 15. ob sich
in dem als echt bewiesenen IJuche Interpolationen finden^
was L. laiignctj die Untersuchung noch nicht geschlossen
sein inöibte. ~ (B es ch 1 uss f ol g t.)
Z e i t s c li r i f t
für die
Altertliiimswisseiiscliaft.
Freitag, 22. November
18 39.
Nr. 140;
Zur Literatur des Cornelius Nepos.
(Bescliluss.)
Gellen wir ciidllrli zur Anzeige von Nr. 3- über, so niuss
CS uns zuerst mit Roclit uuiidern, wie nach LielierLi'ihn's
Schrift (lerscllje Gegenstand notlinials einer weitläufigen
llntersuoliung unter« orfen werden konnte, da die Acten
im Ganzen als geschlossen hetrachtct werden dürfen. Dazu
kommt, dass der Verfasser von Nr. 3. den Plan seines
Buches so angibt: „Consentaneum esse mihi visnm est,
omnia iudicia at<jue testimonia deligere atque coniungere,
saepc etiam (id verbuiii (zu ergänzen: repetere!), qnae
inde a priniis tcmporibus us(jue ad nostram aetatem apud
gravissimos scriptores de C. Nep. optimc invenircntur ,
atque ea , quae minus dilucide ab iis exnosita cognovis-
sem , pro lirilius illnstrare. — Aliorum VV. DD. dispu-
tata audacter impugnando viam plane novain mihi aperire,
non meum esse iudicavi." So sehr nun auch eine solche
Bescheidenheit im Urtheilen zu loben ist, so wenig kann
dabei die Wissenschaft gefördert «erden, wenn nicht
eigene Forschung und selhstständiges L'rtheil hinzukom-
men. Diese zwei nuthwendigen Erfordernisse zu einer
gründlichen Untersuchung der Art können wir aber dem
vorliegenden AVerke nur in beschränktem .Uaasse zuspre-
chen, da es grösstentheils nur eine allzu iveidiiiifige Com-
pilatinn ist aus BardilCs Noten zur Praef. T. I. ed. Stav.,
aus Rinck, Diihne und Lieberkiilin. Die Ansichten die-
ser A'orgiinger werden in der Regel «örtlich, und z»ar
im Texte seUist angeführt und füllon häufig ganze Sei-
ten. Am meisten ist Dühnes Einleitiuig zu seiner Ifelmsf.
Ausg. von 1830 benutzt, »velrhe Lütk. nur einmal an-
führt, ungeachtet er ganze Stellen mit geringer Aen-
derung, ja, fast den ganzen Gang <ler Untersuchung
aus ihm entlehnt hat. Damit unser Urfheil nicht unge-
recht erscheine, so vergl. man C. I. ^. 3. bei Lütk. mit
Dähnes Einl. p. XIV, feiner g. 6- mit D. 1. c. p. XV
— XVII, welche fast «örtlich übersetzt sind; ausserdem
C. II. §. 5. über den Zweck der vitac mit D. 1. c.
p. XXIA^ sq. coli. p. XLV; Lütk. p. 94 sq. mit Dähne's
Einl. p. XXIX, L. p. 95 n. f. mit D. p. XXXV.
Kann nun auch dies?r Zusammenstrlliing das Lob des
Fleisses nicht abgesprochen «erilen, so vcrmisst man an-
dererseits die erforderliche Genauigkeit im Einzelnen:
denn abgesehen davon, dass dieseRien Stellen oft z«ei-
bis dreimal wörtlich wiederholt, dass aus den vitis selbst
schon Beweise hergenommen werden, che noch die Echt-
heit derselben erw iesen ist, finden sich nicht wenige falsche
Ci(a(e, so dass es scheint, Lütk. habe sie vorher nicht
im Original nachgelesen. So wird z. 15 p. IS auf l'lin.
lib. V, c. III. (sie!) verwiesen, wobei Jeder an den al-
teren Pliiiius denken muss ; gemeint ist aber l'lin. Epist.
V, 3, 6; p. 24 citirt Lütk. diesellie St. so: l'lin. V, 3!
Nach diesen mehr allgemeinen nemerkuiigeii «ollen
«ir sehen, was rler Verf. im Einzelnen zur Weiferfüh-
rung der Untersuchung geleistet hat. Die ganze .Abhand-
lung zerfällt in '2 Capitel, von welchon cap. I. in H Pa-
ragraphen von dem Leben des N. ,- das zweiie in 8 Ab-
sclinittcn vnn seinen Schriften handelt. Im ersten Cap.
finden sich wenige eigene Ansichten, indem Lütk. ge-
wöhnlich der Meinung Lieberkühu's beitritt. Als Gc-
liurtsjahr des N. nimmt er das J. 90 v. Chr. Geb., als
Todesjahr 30 an. Was den Geburtsort des C. betrifft,
so findet er zwar unter den 4 verschieileueii jAIeinungeii
darüber die von Lieb, als die auMehmbarste, bemerkt aber
mit Recht, dass die Sache .Tis fliangel an üafis niemals
ganz entschieden werden könne. — Im zweiten Abschnitte
wird zuerst das schon fiekannte weitläufig wiederholt,
ohne dass Ltk. selbststSndige Urtheile aligibt. Nur über
die Chronica wagt er eine eigene Verinuthung, indem
er sich über Ihre Anordnung im Gegensatz zu Lieberk.
so ausspricht: ,,Itaqiie equidem opinor, opinor iiiquam ,
primum librtun chronicorum exferarum gentium , alteruia
romanas et tertium graecas res praeclare gestas auiplexum
esse." In i^. 3- verwirft er mit gutem Grunde ilie von
Dähne in der Einl. 1. c. p. X\, Anm. 37. vorgebrachte
Conjectur, dass in der St. des Suefon de ill. Gramm.
1. I, c. IV: Cornelius qnoque in libro, quo distinguit
literatum ab erudito etc. für quo quodam zu lesen sei,
da die folgenden AVorte diess schon nicht zulassen. —
Die Untersuchung über die von Nep. erhaltenen Frag-
mente, welche Lieh, so sorgfältig beiuitzt hat, sind von
Lütk. ganz unbeachtet geblieben, weil es ihm, wie er
sagt, „nou magni momenti niateria visa est (!)." In §.4.
wird die Gesclii.hte der Ivritik, «eiche die 25 vitae bis
jetzt erfahren, zusammengestellt und ilie verschiedenen
Ansichten der Gelehrten aufgezählt und zu:n Theil wider-
legt, wobei er sich fast ganz an Dähne uiiil Lieberk.
angeschlossen hat. Unter den Bekäinpfern der Echtheit
führt Ltk. auch ((i.) Hermann und Heinrich Meyer an,
ohne jedoch anzugeben, wo diese Männer ihre Ansicht
ausgespi-cobcn haben. Ueber ersteren vergl. Lieberk.
1. c. p. 6 j 5 "0 "^s heisst: „Hermaiini mentioncm faccro
1123
ilicKur prngrammafis D.'ilinl.iiii roiisor in diario Allg'em.
Srlitilz. II Abtli. Kr. .H. J. INJT. " o(r. ; H. Meijer's
Ausiilit fnidft sich in der Zeilschr. für /llterl/iuinnir. v.
J. ISS). i\r. l.Sd. SVas dir Prrson iles l'rol.us l.flrifft,
so vernirft Li'itk. mit lloclit Rinik's und Liebrrkülin's
Wciiiiino^ ^ als sii dariinlcr der lirri'ilinife Prai-f. jiraoforio
zu VI t>(p1ii'ii. A\ <'nn pr alior zum l5pHcise anf einen
lurtim Tilziaiuie intrndnrfinnis verweist, der so l>efinnt:
„Haer anfi-m (|uiim de Acmilii Prnlii npera milii statiienda
esse virleantnr, diiiti V. G V. Rintkii seiitentiam iion
proliare jiossnm", so sieht Jeder, dass diese A^ orte nicht
Ton Titze herrühren können, dessen liuch srjinn 1813
crsrliienen ist, «»«(e-jen Rinck erst im J. 1SI8 anftraf.
Es s(')ieint daher, dass unserem A'erf. die Collertaneen
in ronfnsinn ^'ernthen sind : denn die fra<;lichen Worte
stehen hei Ihtrd'di Tom. I. ed. Staver. p. CW. not. der
Praif. — Den in ^. 5. fnr die Eclitheit der vitae ge-
fi'ihrlen Oeiieis können' wir um so mehr libergclien , da
er bei Lieb, sntiohl vollsiandiijer , als scharfer }felie(ert
ist; nnr liemerkeii »ir, dass »lir Li'itk. nicht heistininien
Jkönnen, nenn er p. ~'.i nnd p. |S4 ge^jen Bardili (Praef.
p. CIL) belian])tet, ilass die vorhandenen vitae <lurch
Pridins gar keine Interpolationen erfahren h/ltten. Da-
gegen rem eisen wir vorläufig nur über die ohne Zucifel
jnterpoliite Stelle der vit. Tliem. c. X. von <len Grab-
niSlern des Themistokles anf unsere vorher erwähnte
ALIiandluiv^ S. 18 «"/. , da «ir den ausfiihrlichen Beweis
spater zu fuhren gedenken.
Die [rntersuchung liber die Sprarlie des C. , worin
Lieh, so Treffliches geleistet, ist von Li'itk. nur ober-
flaihlich berrlhrt; ebenso unzulänglich ist das, was i'iber
die lides histnrira gesagt wird. Wir müssen daher unser
Endnrtheil dahin aussprechen, dass durch Herausgabe
dieser Schrift weder der Wissenschaft ein besonderer
Gewinn erwachsen, noch auch die Anschafl'ung von Lie-
lierkiihirs lin( h entlir'lirlich gemaclit norden sei, da nieli-
rere nicht unwichtige Punkte entiieder ganz ausgelassen,
oder doch nur nnvollsf.'iiuijg behandelt sind. — Die Sprache
des ^ erfs. ist etwas steif und ohne I'lnss und bekommt
durch die überall in den Text verwebten fremden Lappen
etwas Bunt;, heckiges. Dagegen ist der Druck des Buches
g^ut unil das Papier splendid zu nennen.
3Iünstereifel. /. Freudenhers.
Vcriaisclitc .Viifs;'i(/,c.
mitgcthcilt von Wilhelm Dindorf.
Ton dem Prolog der Chuephoren des Aeschvius sind
in ilen bis jetzt bekannt genordenen Handschriften nur
die zwölf Iclzton Verse enthalten, die klel.iere Hälfte
des «ian/en , d;e d.i beginnt, hü Orestes den Chor der
<'h"cphoren gewahr wird, i'u, xi yjtrjia i.n'<yr,(j)-^ x/i;
TTOtt' r,d' üfD^yvoii II. s. »V. Die vier ersten V'erse des
Stiirkes und den Anfang des fünften haben die Heraus-
geber ans der Anführung des Aristophanes in den Vrü-
Bchen \. tl3>-. entnommen; zwei andere etwas spater
foljeude,
1124
(feoui Ss nXoy.atiov 'Ivä^j^uj ^QEZxiifjiov ,
Tuv öevTfooi' dt Toiiöe n'ev9i]Ti[Qiov ,
hat der Scholiast zu Pindarus erhalten zu Pyth. 4, 145.
Hierzu kommen gegenwartig noch zwei, doppelt beglau-
bigte Verse, in welchen Orestes den Grund angibt, warum
er erst jetzt dem ermordeten Vater die scluildigen Opfer
kindlicher Pietät darbringt,
oi) yaQ TTUüujii vHiwi;a öor, nurfQ, ftoQOV
oid' i!;iTtnu x^^'Q i^' ty.tfUQn vt/.oov.
Die let/.teren Worte berühren einen aus mehreren Stel-
len der Alten bekannten Gebrauch, der aus den Worten
des Euripidcs deutlich wird, Suppl. 772.
(cKK eiev, uoüi yeiQ an aririaaq ve-xooiq
'.^/öov TS itoXna; ixxif'J Say.oi'(jp(j()Vi,
(f'ikovq TTQuaavödjv, löv XfKsi^^iivoq zäkas
ioi-i^ia yj.uu).
Alcesf. 7()7.
t) S' ex Söj^iüjv fftßijx£v oi'S' ecfinjroLnjv
orS ei:iiiiva X^io, dTToifiuH^wv ifii;v
SioTiotvav , i) fAoi Trdcrl x' oiy.ixaioiv i]v
Jene neuen Averse des Aeschvius aber werden zugleich
als Entschädigung für die in der Iphigenia in Aiilis an-
gerichtete Verwüstung dienen können, unil zwar als eine
mehr denn hinreichende Entschädigung. Denn da Ari-
.stophanes in den Fröschen, wo die Poesie des Euripides
gegen die des Aeschjlus abgewogen wird , der Aleinung
ist, dass, wenn man in die eine AVaagschalo den Euri-
pi<les mit seiner Frau, seinen Kindern, seinem Haus-
freunde Kephisophon und seiner ganzen Poesie setzte,
in die andere hingegen zwei Verse des Aeschj'lus lege,
das IJebergewicht auf Seiten der letzteren sein werde,
so w ürde , nach diesem Verhaltnisse, schon ein einziges,
bisher unbekanntes Wort des Aeschylus, dergleichen noch
manche zu Tage zu fördern sein werden, geeignet sein,
als Aeqiiivalent zu dienen für einige Hunderte pspudo-
Euripiiieischer , oder, wem das zu glauben belicht, Eu-
ripideischer Verse.
n.
Der Prometheus des Aeschylus ist unter allen Stücken
dieses Di< hters das am wenigsten verdorbene. Die ge-
ringeren, leicht zu erkennenden Fehler des handschrift-
richeii Textes sind, wenn auch nicht alle, doch zum
grössten Theil durch die Bemühungen älterer und neue-
rer Kritiker beseitigt, wahrend in der , glücklicherweise
nicht grossen Anzahl solcher Stellen, in welchen das
Wahre weniger auf lUr Oberfläche liegt, das umgekehrte
'A'erhaltniss stattfindet : wie ich für jetzt an zwei .Stellen
des Chorgesanges F)'2-\ — .'jliO. zeigen will. Die erste
Strophe desselben schliesst mit ilen Würfen
l^iljd' öXiloijil koyoii,
uK^ä fioi xod' iufdroi
y.o.l fii^rrox' üx-cay.sii] ,
Die .4ntistroplie hingegen
/^r,Va yUQ Ol' TOOUiUJV
i'öia yvojfirj rrjßit.
OyaxoL'i dyav^ Il^oitij^ei'.
11?5
1126
So vielfarlic Vcrsai-Iic auch jjpriiarlit worden sin«?, ilpii
in ifiici , rinfin oflriiljarpn (iliisscMi lies von Apsflirliis
gpliraiiclifon Kiiillieton , liogeiiilon Frliler zu beseitigen,
SU liat (loch keiner die wahre Lesart getroffen,
av(uvv) yvuiiin oißEi.
AvTOVdlSi ein, »ie dnhi'vovQ , «ahrscheinlich erst von
Aeschvlus znui Behuf dieser .Stelle, und zwar sehr pas-
send geliildetes Ailjettit um , mit «leliheni das von den
Äeuplatonikern gelirauclite .Sulistaufiium aölOVOL'i Nichts
als die jiussere Aehnlichkeit j;rmcin hat.
Aicht weniger missinngen sind die Conjecturen, durch
welche man die Schlussversc der zweiten Stroplie,
akauv yh'Oi eiirTf:To8iOii£vop ; otJore
tav zliui äouoviav dvaruiv na^ti;iafjt ßovkat,
mit den entsprechenden der Antistrophe,
iüraTi yäiitov , öre ruv önoTUTgiov iSvoK;
uyayci'lloiovav TciQiov öaiiaora y.ono/iy.Toor,
in Ueberein.itininiuii;; zu Iiringen gesucht hat. Auch hier
entfernen sich die \'or»clil;igc der Kritiker ziemlich «eit
von der ursprünglichen Lesart,
uIxiMV yivui in:T£:Tod/(7utuur; olrruTS Siaro'jii
t<j.v zJtü^ uüuuviuv diiöoujv rzaQttiuai ßuir.at.
IIL
Einer der schönsten Chorgesänge des Sophocies, im
Oedipiis .luf Kolchos, 6(i8 — 719, ist noch immer durch
eine plumpe Interpolation eines Absclireibers entstellt in
«leu fersen 7UÜ — 7U2.
o räds i^äk/ei ulytora ;^w'p«,
yKav/.ai, Tratdoxoucfov (fvLKuv i'l.äaq-
TU uev T/c oi're psaodi oire '/i/ju
oi-itmvu)v dkivioiEi 7teoou(;.
Dem dritten dieser l'erse entspricht in der .antistro-
phe 715.
TToioTutcri TatarSs y/riauq ciymaig.
Es leuchtet ein, dass der Fehler in der Strophe zu
suchen ist, worüber von mir in den Anmerkungen Fol-
gendes bemerkt »vurile „oiTt veuoui] Scribendum oit **.
Excidit enim rocabulum, <juod a rocali incepit et trochaei
niensuram habuit, cui grauimaticus aliijuis rfaoö," snbsti-
tiiit, ut iu locis ad r. 47Ö. indicatis. oi'dlv ii'aoui B. V.
OiTS PiO^ T." Erst später ist es mir gelungen, das
fehlende Ailjectirum zu ermitteln, welihes kaum ein an-
deres gewesen sein kann, als das aus Tlieokrit Ivekaniite
r,ijOi, das auch von Seiten des Sinnes passender, .tIs
vtaooi ""<! i'£OC hier ist, wo nicht sowohl die Jugi-i.d
an sich, als die Fülle jugendlicber Kraft der moralischen
Kraft des Alters entgegengesetzt «ird. Es ist demnach
mit .4nwenduug der Dorischen Form zu schreiben
TU fiiv T<§ o'uif dßoi oi'ie yijgci. —
In der .anderen Stelle desselben Stucke.«, V. 475.
oic'i vtagu^ vsoTioy.v) uaikifi ßal.uiv
scheint mir jetzt VFat.oüs das Richtige zu sein , was
durch rcagd^ erklürt «urde, wie vtnl.r-:. in 6 (tt'^i'.Tt
uorr/o; bei Mcaiider ,41exipli. 3ÖJ>. von dem Scholiasten
durch vsaoa wiedergegeben wird. ü.isselbe echt At-
tische M'ort vtut.r; liegt auch iu einem ^'erse des Eu-
ripideg verborgen, AIccst. 10'3, wo in den IFandschrifteo
gelesen wird,
■jttvDii TTiTiet , oiSs veoLala
dov:itt ■/^iig yinuiy.ojv ,
was ebenso sehr gegen das Svlbenmaass der Strophe, wio
gegen den Sprachgebrauch verstösst, der pio/.aia nur
als Substaiitivum, nicht als Adjectivuin anerkennt. Ohne
Zweifel schrieb Euripides Ol dt rla/iji öoiTlti '/ii^
yi'vaiy.üiv , unil selbst der Grammatiker, von welchem
violuia, ein bis in «lie spätesten Zeilen des Mittelalter»
gebrauchtes AVort, licrriihrt, dürfte dasselbe nicht als
Adjectivuin betrachtet, sondern vielmehr als Glossen) zu
der vom Dichter gebrauchten limschrcibuiig rial.tjc, %iip
beigeschrieben haben.
IV.
Die handschriftliehen llülfsmittel zur Kritik des Eu-
ripides sind bekanntlich von sehr ungleichartiger Be-
schaffenheit und für die sieben ersten Stücke nebst Rhe-
sus und Troadeu von weit grösserer Bedeutung, als für
die zehn übrigen, von wehhen man bis jetzt nur einige
papierne, nicht über die ."Mitte des vierzehnten Jahrhun-
derts hinansgeheiide llaiulsclirjften kennt, die sich genau
genommen auf zwei reduciren, eine Florentiner (^Flor. Q.
bei Matthiae, früher von ^ ictorius verglichen), aus der
einige andere uiiinittelbar abgeschrieben sind, und eine
Vaticaiiische 2S7. Diese zu ei Handschriften aber sind
wiederinii einer einzirjen fast gleich zu achten; sie wei-
chen seilen iiiid meistens nur in iinwe^entlichen Dingen
von einander ab. Beide stammen offenbar aus einer nicht
viel älteren Handschrift ab, <Ieren .Schriftzüge an vielen
Stellen bald ganz, balil halb erloschen gewesen seil»
müssen, woraus sich die Fehlerhaftigkeit und Lücken-
haftigkeit so vieler ^'ersc erklärt, deren Verstellung den
Kritikern oft gelungen, oft auch missluiigen ist. Ein
einleuchtendes Beispiel für die Richtigkeit jener Annahme
bieten, unter vielen anderen, die 1 erse im Cvclo|)S dar,
vio der Chor der Satyrn im Einverständnisse mit Odvs-
seiis , den Folvphcmus iu die Höhle zu locken suchi
V. ülü— 516."
y.al.ov bui^uf.aiv ötSoQy.uji
y.o.kuv ix-itgd /nekdiluvjv
*** <flt.tt T/i,- riuä^.
Li'yvo. d' äuiisi öi'.i'a aoif
'Jiuüci. •/ vji Ttgina vcucfa
dgnoiguii' iOij>9iv uvroviv.
Dem zweiten Verse fehlen ilie beiileii ersten .Sviben, an
deren Stelle y.ukOV aus dem Anfang des vnrhergehendeo
Verses wiederholt ist; dem ilrilteu fehlen die drei ersten
Sviben. In der flJitte des vierten Verses waren die.Schrift-
y.ü^e der älteren Handschrift zwar noch nicht ganz er-
loschen, aber doch schon so unkenntlich, dass iler Ab-
schreiber nichts Besseres, als das siiinlose uiuiii daia
herauszulesen vermochte. Der Corrector , dessen sich
Aldns bei seiner .Ausgabe bediente, niai hte daraus mit
einer leichtsinnigen, durch das voraustilieude / / /fj/a ver-
anlassten Interpolation, kvyyo. d ouiitiu data, was
wenigstens riimiu hätte fieissen müssen. Ettias klüger
war der Schreiber einer Pariser .-ibschrlft, der iu dnuci
1127
1128
da«, auch uti Virforiiis erratliPiic l'frixini äiJinvll er-
kniinfc-, «Itj.'f^'oii il.is fi'hlcrliafle bnia rrur yoüa '/^ £Ü;
nnlienihrt licss. Eine gpiiauorc Eriw'iijiiiig; ilcsteii, was
liiiT gcsaf^t AI erden konnte und miisste , fiilirt sehr bald
;uif die riclitisje Lesart,
}.i'j(va (V äiiuivei ■rraXai ouv
'/nö'- oj'/, uii Ttgeiva vviicfa
In der alteren Hanilsrlirift waren im ersten Verse ivahr-
sclieinlicii nur folgende Scliriftztije zu erkennen
AYXNA J AMMEI yUIIOiV.
«orans öcti". geinailit «nrde, um weiiijjsiens ein Grie-
cliisrties Wort zu bekomtiien. Kin geringeres, ebenfalls
aus falscher Lesun;; lier>org;e<;angeiics \^ersehen bieten
in demselben Gcsanje die Worte v. 49'.). dar, Cpil öe-
uriuu Tf tnv^uv yhbavijc iywr hrnloac, statt enl
öiuvioioi T diiio^. D.is merkmirdigste 13eis[>iel aber
golelies unbehutsamen ^'erfalirens bei dem Abschreibeu
älterer Handschriften enthalten bei Enripides die ^'erse,
mit «elclieu ein in lieler Hinsicht interessanter Chorfe-
san^ in der Helena schliesst, 136(i — 1 <(")S , wo der Ab-
gchreiber aus den halbcrlnscheneu Zn>{en der Hand-
Schrift, die ihm vorlag^ ^ füllenden Unsinn herausbuch-
stabirt bat,
ev de riv äfiaotv
vrreQ/juhs oel.äva
j.ioo(fa iiovov i^üysiq,
der sich zu den klaren, einfachen Worten des Dichters,
über die ich andcrsivo Veranlassung haben werde zu
sprechen, ungefähr so rerli.'ilt , wie TiO^ yeKoiOTO.TOV
'/.UTliJOV in dem Raiennatischcn Scholion zu Aristo])li.
PI. l!o'). bei Iiuernizzi zu der wirklichen Lesart der
Handschrift TliJU-i yiiKoiza xou d£UT(jui'.
V.
In einem früher in dieser Zeitschrift mifgetheilten
Aufsätze (Jahrgang 1836, 1. Heft, S. T-) habe ich auf
die von den Abschreibern bisiveilcn verdunkelte Optativ-
eniluiig oiv statt Ofiil aufmerksam gemacht und zu den
bi>lii-r aus .Aufiihrungen der (irammatiker bekannten zivoi
Uelegen , dem einen aus Enripides, ileni andern aus kra-
linus , einen dritten gefügt ilurch Herstelhing der u.Tliren
I.,ps3rt idotv i'duiv mv y.uimQ (od' dTUjilSvo^ bei So-
phiicles .Aj. 384. Hierzu kommen jetzt noch zwei, gleich-
falls von den .Abschreibern interpolirte Stellen des Enri-
pides, die eine in dem I5ruclis(iickc des Ercclithcus bei
dem Redner Lvcurgus p. KiU, 28-
knylCouat dh TioKka, Ttooixa /liv TToKiv
ovy. äv t:iv akl.tjv rijode ßcKriu) f.aßsiv,
uo /.aßotv zu schreiben ; die andere in den Troadea
yjö- Tov r' ciyyirjrtiuvoav ydv' Ivviii) vavra -TTuvTdi,
«o H. .Steplianus mit seiner Coniectur vuleadai «olil dag
rechte Vcrbum traf, nicht aber die rechte Form ,
rav z' dyyioT£vov(rav y'Xv
Joilloi VUioiV TTÜVTiii.
Tl.
Der Anführung des Gallen in seinem Ilippokratischcn
Worterbuche verdanken wir ein bedeutendes Bruchstück
aus den ^lancOS^c des Aristoplianes — das erste in
meiner Sammlung p. 529 der üxf. Ausg. — in «elchem
ein in den Schulen der Rhetoreu gebildeter Jüngling
seinem alten Vater mit den Worten droht
'Jl /iijv t'o(j)g (Ji> y.aTCi^kryijojj nß y^Quvii),
worauf der Letztere erwiedert,
TU y.aTUTrXljyyiajj toüto Trotpa Ttov ^t]ZUQU>v,
Statt y.UTUTlXijyijOr^ setzte Brnnck y.azairXc'.yt'jriEi , eine
Verbesserung, die von Porson und von mir selbst gebil-
ligt und vielleicht von keinem Leser dieser Verse je bc-
zueifelt wurden, aber dennoch falsch ist. In beideu
Stellen muss y.aTailkiyijirei geschrieben werden, von
einem bisher unbekannten Compositum y.UTO.itKioOEOdui,
welches eigentlich das Ueberholen im Laufen oder auch
das Miederrennen bedeutet, von Aristoplianes aber auf
die Ucberlegenhcit in sophistischer Fertigkeit angewen-
det worden ist. Ein besonderes Interesse erhält diese
Verbesserung noch dadurch, dass sie zugleich eine dun-
kele und sehr verdorbeue Glosse des He.sychius in das
klarste Licht setzt, zu deren Aufklärung die Heraus-
geber des Lexikographen soviel als jNichts beigetragen
haben, y.aza:Tkyyjii]oii: zu ßi^fia naiaJlXi'jyf.ta /.£-
yovai. TU ovv xuto.^ijoui f^iCTuyuvzci änu ziov y.v-
ktu^ihmv y.al toic, nuai y.arcuoeyuvTUjv ovToji (faal
y.avay-oaTijd^sli (y.aTaxoaTij!}ijoet Perger). Jetzt, nach-
dem die Beziehung auf die Stelle des Aristoplianes von
mir nachgewiesen ist, ergibt sich von selbst die Verbes-
serung der ganzen Glosse, xaT aTlXiyil a C I : TU ßijj.ia
nrkiyfia Xiyui'Ol. tu olv y.azauXti;£l (oder r.aTankl-
^aa'^ni) fUTayoirsc djiu -tujv y.vl.iOf.iivo)v xac TOlg
TTuol -y.aTO.TQsyovTow uL'Tiog cfaai y.azaxQazijdr^asi.
(Beschluss folgt.)
Pcrsonal-Clironik und Miscellen.
Dü.sscldoif, den 17. Sept. Der J.iiircsbcricht i'ibcr das
hiesige Gviimasiini) in dem .Schuljahre 1838 — .S9 enthalt von
clcni\.ith"r,lisc!!en Helisiunslohrer J L Von den Driescb eine
(lisjtiitatiit ih: natura ac. raUonc terliae Jesu Christi tentalioiiis.
Oiclin.iiiiis dti- I'rinia war im verllossencn Jalirc Professor Dr.
llildchra nd, der Secuiida siip. Prof. Dr. Cronie, der Sc-
ciinda inf. Oberlehrer (Irasliof, der Torlia Oberlehrer llonig-
111 an 11, der Quarla Dr. C a p elliii a n n, der Quinli Lehrer
Hfl II, der Sexta Lehrer .M c n n. Ansier dem Director Dr. I''r.
Wiillncr, dem Oberlehrer Dr. Hülstetl, den Lehrern Prof.
Brewer und Schmidts, den bciilen Relii;ioiislclirern Von den
Dricscli und Consisloriabatli Prof. Bodde waren noch die
Scluilaiuts-Candidalen H. li o n c , Fr. P. Peters, M. Marco-
wil/, und Dr. Boyniann an der Anstalt beschaftii^t. Die An-
zahl der Schiller betrog 2.^8, wovon 2.3 innerhalb des Jahres,
unil am Schlusec 25 Primaner als Abiturienten ausschieden.
Halle .3. Ang. Ilenle leierte dieUniveriilät den Geburtstag ihres
erliabenen Erliallcrs in der aKadeniischen Aula um 11 l'br durch
eine liede des Prof. Dr. .Meier iilier Sinn und Bedeutung des
Solonischen Gesetzes, was bei bür;;erlicbcni Zwist Partei zu
nehmen befahl.
Zeitschrift
für die
AI terthums Wissenschaft.
Sonntage 24. November
18 39.
Nr. UU
Vermischte Aufsätze,
miigetheilt von Wilhelm Dindorf.
(Bcschlass.)
VII.
Eins der räthsclLafiesten VcrderLiiisse haben die Verse
des Kraiinus erlitten, «elclie der Scholiast zu den Worten
des Aristuphanes f. 354. anführt, zai- vvv (f'1]0i, 8ia
Tov Kkctadivi} iyevovTO yi'vaiy.eg. ovroq öe ml.y.ivaL-
öeia SiaßakXeTai. roiirov öe o'iq yiivuiy.tC,6ii£vov
oi'x 'AQiatoffävijc, StnßäkKet fAovoc, äkka y.al Rqu-
■Tti/oq liv IIvTivTj, ksyuiv oi'TOjg- „kijosic, Ix^'^- yQO-(p'
avTui iv enetaodup- yeXoio^ iöTUi KkeeaSivjj xv-
ßsi'iDV £V T7J Toij y.OtXkoi'Q CXf/f." TOVTOV lÖOL'CiCU ,
(prjaiv, ai ISatfhkca f/^ yvvalv.a;, iiersfioQcpviaav eav-
TCtq. In der Rarennatischen Handschrift fehlt dieses
Scholion: die Venctianische stimmt mit <ler gewöhnlichen
Lesart üherein, und ebenso Suidas unter dem Worte
Kketfr9§vuvi; , nur mit dem Unterschiede, dass bei ihm
die Handschriften you(fu)v ai'Tov oder aöriß oder aÖT
geben. Einen Theil des Wahren traf Bentlcy, als er
verbesserte ,
ki]Q£ii ij^üjv yekotoi taiai KkeiaStvtjc y.vßevmv
kv TTjde T7J y.äkkovq äv.UTJ.
Die Haiipfschivicrigkeit liegt aber in den Worten yQa(f
uvzoi (oder ccL'TOv) tv EiteiaoSlip , über «olche nnr
sehr verungliicktc Conjecturen anderer Kritiker vorliegen.
Die Worte kijoEig i^wv yekoto^ earac Kkeiodiviiq
y.vfisi'Uiv zeigen deutlich, dass der erstere Sprecher, des-
sen AVorle der Sclioliast nicht für nöthig craclitetc an-
zuführen , den Kiisthenes in einen Spieldnbb (ein xv-
ßsiov) eingeschrieben haben wollte. Diess findet der
andere Sprecher abgeschmackt und thut den Vorschlag,
den Klisthenes an einen andern Ort zu verweisen, der,
wie die Worte des Scholiasten errathen lassen, kaum ein
anderer, als ein Bordell sein kann. Dort, meint der
Sprecher, werde ein in der Ulüthe seiner Jahre stehen-
der Mann wie Klisthenes sich besser amüsiren, als in
der langweiligen Gesellschaft alter abgelebter Herren im
Spielclubb. Nach dieser Feststellung des Sinnes mw!
Zusammenhanges der ganzen Stelle fällt es nicht schwer,
auch die Worte des Dichters herzustellen,
kiTQSti; ix^iv yekoioi; iavai Kkeirri^eii;(, xißeivju
£v TTjds TTJ y.ä.kkovi ay.ftTj' y^äcp aiiruv i/OTtode (j).
Die vorhergehenden Worte^ des ersteren Sprechers mögen
ungefähr so gelautet haben,
Tuv Kkeia&Evij d' eyuj yoäcpui tov kctov £v v.vßEUo.
Hierauf antwortet der Andere, gleichsam parodirend, rtiii
iv aZOÖCiip , einem jetzt nur aus dieser Stelle nachzu-
«eisenden Substantivum, wie auch itOQi'oßoOxsior , irat-
()£eOV nnd jihnliclic nur aus einzelnen zum Thcil nocli
nicht einmal in den Wörterbüchern angemerkten Stellca
bekannt sind. Ja, selbst y.vߣtov kennen wir nur aus
einer einzigen Stelle des Redners Aeschines, aus der es
in mehrere Glossen der Grammatiker übergegangen ist..
Der Ort selbst ist wahrscheinlich kein anderer, als der
unter dem Namen Oxt()a(f£iuv bekannte, wodurch xvßEid
und TTOgvEia für geistigen, wie für körperlichen Genass
gesorgt war. Ans «ierselben Scene der Pvtine ist, wie
bereits mehrere andere Gelehrte bemerkt haben, der von
dem Scholiasten des Aristophancs zum Frieden v. 691.
angeführte Vers entnommen ,
'YrSoßokov 8' OTtoaßiio-ag ev rolc, kv^votai yoüipaf.
VIII.
Eine metrische Merkwürdigkeit ist die Auflösung des
sechsten Fiisses in einem Senare der Frösche des Ari-
stophancs I2ü3.
xal yuiöäj^iov y.ai hjxv^iov y.ai 9vkay.iov
£v rui(; iafißEioiai — .
So leicht und natürlich diese Regelwidrigkeit sieh hier
erklaren lässt, so grundlos und abgeschniarkt würde die
Anwendung derselben in dem Fragment des Eubulus sein
bei Athenaeus 2. p. 63 D ,
x«7fu yuo oü Y.avkoiaiv oüSt otkcfuD
oüö' lEpocrvkoii; y.ai itiy.oaiq TCUQO^ifyi
ßokßoiq, t' kfiuvTov xooräaajv ikijkvda'
ä 8' i; t' eöo}öi}v -iroiöxa y.ai qoj/^uji; dxfxi^v '
xal TTooq vyuiav, ncivra xavz £ÖaivD[.iijv,
yoiag ßÖ£tov £cp9uv äaökoiy.ov /.uya,
dygoyoj/./öv x£ y£vvty.6v, öiiTa ÖELcpuy.ia
dkinaara tqiu.
Man braucht nur ilie sechs ersten, sprachlich und metrisch
in der IManier der Tragiker gehaltenen 'Wrse dieses
Bruchstückes durchzulesen, um die Dissonanz des elend
zusammeiigestoppelfen siebenten Verses zu eniplindcn, der
in ilieser Gestalt wolil einem Abschreiber oder auch dem
^'erfasser der Epitome, nicht aber einem ^'crskünstlcr wio
1131
1132
Giibiilus foniigpii kouiiic. Icli habe iliosc Stille bDrcits
in iler Aiinierkung zu Arlstopliaiips in der Ausgabe von
' 183Ü als verdorben Lezcirliiie* , und es bleibt mir nur
noch übrig, die wahre Legart herzustellen,
äynoy.ujkn'iv TS Ö£k(f<ii({/ov yepvtxuv,
orrrä d' uKi^aora r^ia.
'.fy.ooy.ojk/ov öekcfäy.siov , wie dy.ooy.vjkiov i'eiov in
anderen Stellen der Komiker.
IX.
Das elegisrhe Brurhstiirk des Ilermesianax bei Athe-
naeiis p. .')i|7. 598. gehört unter die seh» ieri[jcren Auf-
gaben der Conjertnralkritik, deren Lüsung nach vielfachen
Versuchen nur unvulistäniiiä; zu erreichen und an einigen
Stellen, «ie der lürkenhafte V. 59- b^l-, ohne bessere
Landschriftliche Hiilfsmittel überhaupt nicht mOglich ist.
Wie die Sache jetzt steht, haben wir uns ausschliesslich
an die Vonctianische Handschift zu halten, die bei aller
ihrer Fehlerhaftigkeit doch die schatzbare Eigenschaft
liat, dass sie, von Verbesserungsversuchen der Abschrei-
Ler oder Grammatiker gänzlich verschont, einen nur
ilurch unschuldige Versehen entstellten Text gibt, der
oft weit verdorbener scheint, als er wirklich ist. Einen
Bemerkens» erthen Fall der Art enthalten die Verse über
«las Liebesverhältniss zwischen Mimnernius und Nanno
(35 — 40), welche in der llnidschrift so geschrieben
stehen, jedoch ohne Abtheilung der A'erse :
ßflfiveQfioq de, TOI' T-di'V ös ihoiio ■Jiokkuv dvaTXac,
ijXov y.ai /^akay.ov tivevu' dzio ■juvTCtfjerQOf,
y.aitTO fAiv Navvovq, Tto/.iwi Ö' ertl Ttokkclx/ kujro}
xvtjfjujdck y.ujuoi'i; olzs o-vvsSaftvij
ijS' ijx^^^ ^' Eo^ößiov Tov di'ißaovv ov8l (I)eoexkt;v
e-/9ouv juKJiJaai x oiav i-riiöit^v 'int].
Die grösste Schwierigkeit liegt offenbar in OvvS^aßvv,
welches man durch mancherlei unzulässige Aenderuugen
zu verbessern bemüht gewesen ist ; und doch ist die
ilandsclirift gerade hier ganz fehlerfrei und bedarf nur
der richtigen Lesung des Geschriebenen, die ich vor
zehn Jahren in einer Anmerkung zu Georgius Svncellus
vol. 1. p. +;)1. kurz angedeutet habe, jetzt aber ausführ-
licher rechtfertigen will:
y.aitxo f^tv ISavvui'^, Ttoktoj iV fnl Tvokkuy.i kuinp
y.vijUVjdtii xoiuorg tv'/c ai'v 'Eiauvrj,
rjxtfee d' 'Euj^tußtov zun du fiaovv ijöe 0eQixkrjv
iyßoijv niariraq rot' dvizreiilpsv tnr.
AVer dieser Examjas gewesen , und in welchen Verhält-
nissen er zu fllininermus oder auch zu Nanno gestanden
hat, gehört unter die Dinge, die sich nicht errathen
lassen, wie wir auch über die zunächst erwähnten Hcr-
mobius und Pheredes bo wenig wissen, tiass wir selbst
ihre Namen nur aus dieseui ^'erso kennen. Allem An-
scheine nach war es ein Freund des üichters und bildet
insofern den Gegensalz zu den beiden Mebenbulilern
«lesselben. Ein .Mann dieses Namens wird als ^'ater des
Thaies erwähnt und ist demuacli ein Landsuiann und
Zeitgenosse des Mimnermus, denn Exa4nva3 lebte zu Milet,
Mininermus zu kolophon. Der iVame des Examvas steht
bei den Griechiscüeu Schriftstellern , die dusseii geden-
kcn, stets im Genitiv und in der dritten S^lbe mehrmals
mit liem Iota geschrieben , woraus sich die irrige An-
uaiinie eines Examios gebildet hat, welche so allgemein
verbreitet ist, dass ich mich nicht erinnere, den Nomi-
nativ je irgendwo richtig geschrieben gefunden zu haben.
Die Stellen selbst sind folgende , Stephanus Bvz. unter
dem AVortc ßlitjjTOZ, Schol. Piaton. p. 4LH). I5ekk. Diog,
L. I, 22. und 2 '• Chronic. Pasch, p. l4.}. Georg. Svncell.
p. 213 C. Suidas unter dem Worte Oakijq. &uKr,g 6
/iaiiiov im Anhange zu Arsenius p. ,573. der Ausg. von
Walz. Oaklj^ Ei;afH'koi' bei einem Grammatiker in
Boissnnades Anecd. t. p. 144. Die einzige .Spur eine»
Nominativus 'ßi:f'.in'ac findet sich in der Armenischen
Chronik des Eusebius p. 327. der Mail. Ausgabe, Thaies
Examilae Milesius , was in Examyae zu ändern ist. Ein
dritter 31ann des Namens Examyas ist vielleicht in dem
verdorbenen i!;afiViU'i bei Themistiua or. 23- p- 384 B.
zu suchen,
l'rber die übrigen unbedeutenden Aenderuugen in den
Versen des Ilermesianax ist nur Wenige» zu bemerken.
J\.vtj/^iuj9-ti(; wollte Blomfield in -st/utwi^f/i; verwandeln:
allein der Gebrauch des Wortes y.viifJOVcrdai ist durch
die üebereinstimmung mehrerer Glossen des Hesjchiu»
über jeden Zweifel erhoben, Kilj/jov/ucu, Kvij^0)9iivat,
Kvijnvjoai, 'Ey.vi]HovvTO , zJtexvijjjioaaTO , E^exvj}-
fiovio. Was die Bedeutung des Wortes betrifii, so kann
es mit öiaxvaleo^ai verglichen werden und hat dem-
nach ungefähr denselben Sinn, wie der generellere Aus-
druck ■:Tok}.a nuSeiv v. 25 und 31, womit die von He-
sjchius in allen jenen (ilossen gegebene Erklärung Cfdd-
g€o3ai sehr wohl stimmt. Dass in oix^ i na*'h der Ge-
wohnheit der Handschrift zu urtheilen, nichts Anderes,
als f//£ liegen kiinne, hat Schweighäuser richtig be-
merkt. Die Partikel )']8' vor ijxdss scheint ein am llande
bemerkt gewesenes iiöt zu sein, welches zur Verbesse-
rung des im Texte durch Versehen geschriebenen ov5e
dienen sollte. Auch Casaubonus , der die Lesart der
Handsi lirift nicht kannte, verbesserte Letzteres in r;de.
Die Ionische Form des Imperfectum ijx^'^^ '"" ^X^^*
ist mit den lleroilotischeu 'i^l££ und iveixBC von tipui
und ivr/o) zu vergleichen. 0£pixk>JV in demselben
Verse veränderte Casaubonus in 0io£y.kov , wahrschein-
lich weil ihm nur diese Form des Namens, und zwar
aus ilem Homerischen Verse bekannt war, Dli^oiovii ÖS
(Jiioey-kor liijoUTU, rlyrovo; viöv. Allein wie man-
che andere Namen der Ait bald nach der zweiteu, bald
nach der dritten Derlinatiou gebildet werden, z. B. .h-
Suuy.ko^ 'AiSQoyhjQ, Jioy.kui ^loy/.i^c, "I(fixkoc 'I(fi-
X/.;;C, Ild-ifjoy.koc II('.rooy.h;c , so ist neben (JHQlyko^
auch 0£oty.ki]i im Gebrauch genesen. Ein alfer Atti-
scher König (hfnry.kr; wird von den Chronographen nn<l
in der Parischen Cliriiiiik ernähnl; ein späterer Archont
(ühmp. 119, |.) Min Diodor und Dionvsiiis; ein Soldat
in einer Altischen Inschri/t bei Hoeikh. vol. I. p. 302.
0OLVU)V (l)£ufyki(/i'<; in einer Teiiiscben Inschrift vol. 2.
p. 270, .SU. Ich habe daher mit blosser >'erbesserung
des Accentes Ipiinxf.r,^ geschrieben: eine dem Zeitalter
des Hermesianax nicht fremde Form des Arciisatiis, über
die noch einiges in den gangbaren («riiuimaliken nicht
Bemerkte zu sagen wäre. Die Schlussworte roi' dvc-
11,13
1134
Ttefi^sv eiti] hat schon Schwcighaiiser verbesserf und
richtig erklart.
In Lncian's Schrift Il'fxTCoatov ij Aaui^cu c. 41.
wir»! dem Grammatiker Histiaeus ein fon den Gasten mit
Gelachter aiifjfenoramcnes geistloses Ilochzcitsepigramm in
den niand gelegt,
77 o'irj TT 6t «p* i]ye 'jQinTcuvsrov ev ^EyägoK;,
ö/a Kkeav^lg ävaon ir^scpeT ivdvxtojq,
TtQo'vyovara itaaäwv dkkävjv iiaQS^evixäajv ,
•Aoiooutv -ciji; Ki'däfjrjq, ijd' ai nji; JSekijvrjq.
vvu(f>i£, Y.o.l ft" bh )raioi, v.QaTiQtiivx(jdrtarE b(fijßu)V^
xQiaauiv Ni^Tjui, xat &iitöog Ttaldug.
äftue^ S' avd Vfiiv roinov daka/iiji'ov ijivov
:zi<d6v £.t' d/icfOTir^o/.; Tiokkclx/^ dooftiiJa.
Hätte Liirian dieses E[)i;;raniin so geschriclieii , so würde
er dadurch xtvar jenen Grammatiker, bciläulig aber auch
«ich selbst ladicrlich gemacht haben. Es ist ufienliar,
dass l'^erstosse gegen ISinn , S|irache und Sylbenmaass,
wie die hier vorkommenden, nicht dem Schriftsteller, son-
dern nur dem Abschreiber beigemessen »»erden können,
>vas auch ilie Herausgeber »venigstens zum Theil einge-
sehen haben , ohne jedoch die beiden Hauptfehler — die
»"erkehrto Gedankenfolgc im vierten Verse, die nach der
A''erbesserung von Guyet r,d' afia Tr;g 'Ekivi]^ nur noch
mehr hervortritt, und die Zerrüttung des S^lbenniaasseg
im fünften A'erse — zu beseitigen , so leicht diess auch
war,
'// o'iq -JTOT ccg 'J^taraivSTOV iv layJ.ooiai
dia Kkiavdio, uvaaa ergiCfsr' €vdi>yJujq,
nQOi'youa' äkkd.o)v naadviv Trqpt^err/.aojv
XQecraoji' Tijq 'EkevTj/; ri8' tpaiiii Ki>dipi]q.
vvfA(fi£, y.ai Ol' dt X^'-'Q^ y.go.TiOTe reuiv oi<vi(prßu>v,
xoiaaujv JV/Qijoq y.al Oixiöoq -Kuidoq etc.
V, 1. // o'i'r] steht schon in der Florentiner Ausgabe,
jedoch als Ein Wort gesclirieben jjohj. Die Anspielung
Hilf Hesiods 'Iluiai bemerkte du Soul. Die nächsten
Worte noT du r,ye '.loKTiutvnxnv sind von einem AI)
Schreiber interpolirt, der nicht begriff, dass sich der
V^erfasser erlaubt hat, die erste Svlbe von \loi(rvaiviTOV
lang zu brauchen; eine Freiheit, dergleichen nicht »venige
in den Epigrammen der späteren Zeit vorkommen. V. '.>.
ÄAf«r^i; ein nur aus dieser Stelle und einer ohne »»ei-
tere Erklärung hingestellten Glosse des Snidas, Kkeov-
^ig: (jvoiin \ft]kvy.oi> , bekannter Eigenname. Den me-
trischen Fehler des dritten l'erses hat schon Gujet durc ii
Umstellung der Worte gehoben. hriaTEouh' im fünften
Verse ist Pfuscherei eines Abschreitiers, der t£WJ', »vas
vielleicht in tSuujv verdorben »»ar, für die Endung eines
Adjectivum ansah und daraus ygaTSQUiV machte, durch
das daneben stehende y.QdTlaiE veranlasst.
XI.
In einer der königlichen Bibliothek zu Kopenhagen
zugehörigtMi Ilandsrhrilt des Hippiikratcs (iiiilet sich hin-
ter dem üuy.oi lifjruv.udToi':; ein atijjeMicher inoui
OQXog 'Inn oyodruvi,t\en ich vor einigen J. ihren in einem
Ton Hm, C. G. Kühn verfassten Einladuugsprugramm zu
einer medicinisclien Doctordispnt.ition bekannt gemacht
h.il.e. Da diese Schrift nur «eiligen Pliilologen zu Ge-
siilit gekommen sein dürfte, auch meine Bemerkungen
dort nicht ganz vollständig niitgetheilt sind , so wird eg
Liebhabern solcher Kleinigkeiten nicht unangenehm sein,
das Ganze hier »»iederholt zu sehen, und z»rar zuvör-
derst, »vic es in der Handschrift lautet, aVTUV iv
d^iidvioiot fiiyav Utov ailv iuwa ufwvui, u>? ou
T/va ^eivov dijKijoof^iai dvfga vovaulv, ovte xiv iv-
Si']uütv ökoffuua ifiya rekvjp , ovts rtg iv 8vjqoi<;
f.ts' TtaQaißaa-iTjv dksyetvijv ixvekieiv nciotis y.al
dvsQi (fäoiic'.y.a Souvai kiiyQu, TtcVrfp y.axoTijra 3v-
fiocf^OQOv oISev önaC,eir , dkK ocriac, ufv X^'V^^i
7T(Jug &eüv de'ioaz ixuiv y.axa navra kay/niwv y.ttva
fiijao^ai ifjSeiv untQ aoJnv dviQU d^ijott, nooovvmv
TrdvTSni 6kfj/6S(OQOV vyfhjv. Hieraus sind mit leich-
ter Mühe folgende nenn 1'erse herzustellen,
Ov Tuv iv dxQÜvxuiai fiiyav dibv aiev iüvTa,
ov T£ Ttvu ^eh'oiv Si]ki]aoj-iai dvÖQa voaovvva
oüre Tiv ivSijiiujv, ökocfwi'a igya Tiktiiov,
OVTE Tti dv bu'igoiQ, uE TiuQaifjuohjv dkEycivijv
iy.TtkiEtv TTclfJEiE y.at dviot cpdofiay.a SoTvai
kvyQa, TUTCEO y.ay.ünjTu ßtocf!}oooi' oiÖEv ÖTtd^Eiv,
dkk' öoiaQ ftlv X'^'(f'^i EXuiv v.ajd Tidtra kayiof-iov
liijaof.iac EfjÖFtv y.Eiva TuntQ aoov üvioa itrjoEi,
Ttoooi'pojv nüvTEaoiv vyEiijv 6kßtüöv)oov.
Im seclisten Verse könnte man geneigt sein, den proso-
dischen \'erslos3 in y.(i.Y.UT)jTa ih iiu(f96ooi- auf Rech-
nung des späten Dichters zu bringen, »vas ich jedoch
für weniger »vahrscheinlich halte, als die leichte Aende-
rung ßiocfduoov. Die abgeschmackte Angabe, welche
Hippokrates als IVrfasser dieser l'erse bezeichnet, ver-
dient keine Berücksichtigung. Es leuchtete mir beim
ersten Lesen ein, dass der Verfasser ein sehr später sei,
der seine Verse wahrscheinlich einem alteren Dichter
nachgebildet h.i'be: eine Vermuthung, »veldie zunächst
durch die Verse des Theoguis 793- 794-
Mi'^TE Tivd tEi'vuiv Si^kEi'fuEvog Eoynuot kvyQoIg
fii'/TE TIV ivöi-ftoiv , dkku diy.c.tüi iti'jv,
veranlasst wurde nnd bald ihre volle Bestätigung bei
Galen de Antidotis 2, "• fand , »vo der Anfang ans Helio-
dor's 'AnokvTl/.d Jlnoi JSiv.ouuxov angeführt »vird:
Ov ud TUV iv Tfiiy.y.Ti tiqtjvv ^tuv , üv fia zuv vipoü
Hiktov (TTtEiQOVTa dEoi^q, CfaEolfißuorov avyijv,
oii fid ÜEuiv oy.ijiiTOL'XOV vuEQ^avia Kouvituva,
OVTE fiE tk; öwQoiai Ttaoijyaysv ov&' vti' dvdyyijt;
oi'xE x^'-oiv (ftkiTji ETEoo) yav.d v£ii.uu ünioTinv,
dkK uolai uiv xi''^<^-i *■? ijipa kc</iiouv d.Eioa,
xae y.uy.irjg d/jdkvvTOv txi'J xctru Trdvra küyia/.itiv.
Vergleicht man diese Stelle mit unserem Epigramm, so
wird es höchst wahrscheinlich: dass der siebente Vers,
in »»elchem die Handschrift die AVorte Ttgoq itEi'V dti-
oag eingeschaltet, aus zwei Versen zusammengeschmolzen
sei, die vielleicht so lanteten:
d'/k' üaiui jilv lEioag ig T]Eoa laii7i(jov dliouc,
y.ai y.a/.irs diioAi vtov ixov y.azu ma ra /.oyiofiov.
denn das unmctri.^che TTQOg 9e<jv gehurt oücubar dem
Abschreiber au.
1135
xn.
Dio Griechischen Eigennamen sind unter den Hän-
den der Abschreiber den vielfachsten Entstellnngcn aus-
gesetzt Genesen , deren ^'erbeüseriing niclit immer so leicht
und so sicher ist, «ic in nachstehenden drei Fallen,
die ich von vielen der Art, welche die neue Bearbeitung
des Stephauischcn Thesanrug bringen wird, hier miftheile.
Von den Scholiasten zu Homer II. /7, 718- (Eustath.
y. 10S.3, 1.) und zu Apollonius I, 9 15- "ird bei Erör-
terung Samothracischer 3I)then ein Schriftsteller 'A9^}]-
ino)l' cilirt, der offenbar derselbe ist, dessen Herodian in
der Schrift -nEoi fiovijgov; Af^ffWs gedenkt p. 10, 2,
wo unter den'>'amen auf y.MV xajvro^, Jl^l^vaxoJV o
■tu. ^auoi^qäy.ia ygätpa^ genannt wird. Da nun aber
dieser >Iann nicht zu gleicher Zeit 'Ai^l]viuiv und A9l1-
vu/.U)V goheissen haben kann, so fragt sich , welcher
von beiden Namen der richtige ist. So viel ich sehe,
sind beide falsch, und es muss ein dritter iSame vermit-
telnd eintreten, der in die von Herodian angegebene
Declination passt und von dem sich mit Wahrscheinlich-
keit annehmen lasst , dass er zu wiederholtenmalen in
'A'^VViiov verdorben worden sei. Dieser ist kein ande-
rer, als 'A^liviy.ujv , der in allen jenen Stellen herzu-
stellen ist. Einen 3Iann dieses Namens kennen wir ans
einer auf Chios gefnndcuen Iiischriit bei Boeckli Corp.
Inscr. 2, p. 201. Der Komiker 'A9i]vui)v iv Sutiö-
^oativ-, welchen Atlienaeus 14. p. 660 E. nacli Jnba
(ohne Zweifel in der Schrift 'OnaiUTl]T£i) citirt, dürfte
auf einer ^^erwirruiig bcrnhen , über welche es nicht an
«ahrschcinliclien Vcrmutliungcn fehlt.
In einem Epigramm der Anthologie von unbekanntem
Verfasser (14, IS«.)
JSr/.uQETi] TTai^ovaa ovv ijKr/.iujTia'. :rlvTC
üji- iiyjv '/.uovuiv Kküx anoQf.v ru tqitov
■y.al ^UTTCfoi To TiraoTOv u. g. w.
haben die Herausgeber den fchlerliaften Namen KkliT
iiiclit aufzuklaren vermocht, so nahe auch das Wahre
lai- K/.iid' iTl'Ooev als KKtldi nöotv. Wie der Name
der Sappho aus der Familie der Lesbischen Dichterin
entlehnt i<t, so auch KaCi,;. Kkii^ "i'lmlich wird von
Siiidas als Tochter lier Sappho genannt und von der
Dichterin selbst erwähnt in dem ihr mit Rcciit zuge-
uchriolienen Fragment bei llepliaostion p. 'JÖ- Denselben
Namen fiilirle ilie Muttor der Sapplio nach dem Verfasser
des Epigramms vor den Srbolieii zu Pindarng p. S, wo
die durch den \'crs gebotene Ionische Form Jiklj^dos
steht. —
Eine bedeutendere ^'^erderbniss hat der Name Aaki-
d'j; r;;^ Kto/.vooJa.q, 'joanno.xiv.r^Q, in den .Scholieu zu
Hom. II. .i"', 483. erlitten. Es srlieint mir klar zu sein,
iasi diese gelehrte Dame keine andere ist, als ' A'/cü.Vk^
i; KiQxvoui.a youu/iaTty.i-, bei .Vthenaeus 1. p. 14 D,
I« AvuyKfJug verdorben bei Suidas.
1136
Personal-Chronik und Miscellen.
Weimar. Zur licrkönimlichen Feier des Andenkens an
Herzog Wilhelm Ernst, den Stifter des Weimarischen Gym-
nasiums, hat dieses Jahr eingeladen Dr. Karl Pause, Gross-
hcizoglicher Professor der Geschichte imd deutschen Literatur
an dieser Anstalt und Fiirstl. Schwarzburg- Sondershauscu'scher
Lcgalionsr.Ttli, durch ein in deutscher Sprache geschriebenes
Programm: iilcf die Entwichelung im So/tltocleischen Pkilüctet.
Diese Abhandlung , welche in Form eines Sendschreibens an
einen jungen Gelehrten abgefnsst ist (der Hr. Verfasser selbst
hat ihr die Ucbersclirilt gegeben: offenes Missii,' an einen jun-
gen Gelehrten) macht aufmerksam auf einen Fehler , ilcn So-
pliocles begangen haben soll dadurch, dass er gegen eine Hanpt-
regel der dramatischen Kunst, um dem Spiele ein Ende zu ma-
chen, in der Person des Herakles einen dcus ex machina herauf-,
oder vielmehr hertmtcrbcscliworen habe; sucht aber den grossen
Dichter durch die Behauptung zu rechtfertigen , dass der vcr-
nicinllichc dcus ex machina gar nicht Herakles , sondern Odys-
scus gewesen seij der nach dem Fehlschlagen friihcr versuchter
KunstgrilFe zuletzt zu dieser Vcrkleidimg seine Zuflucht genom-
men habe. — An demselben Tage beging die Stadt Weimar die
Jubelfeier der öOjährigen Amtsthätigkcit Seiuer Excellenz des
Staatsniioisters F'ieilierrn v. Fritsch, welchem auch das Gyra-
nasinm seine Huldigungen und Glückwünsche darbrachte in
einem lateinischen vom Director des Gymnasiums, Consislorial-
ralh M. Gernhard abgcfassten Schreiben, welches den Titel
führt: Viro illustrissimo de litteris et tie republica longc meri-
tissimo Carola Guilielmo de Fritsch, libcro baroni etc., solem-
nia muncris publici semisaecularia die XXX mensis Octobris
anni 1839 celebranda piis votis pro salute nuncupatis gratula-
tur Gymnasium Guilielmo -Einestinum, interprele Augusto Golt-
hilfo Gernhardo. Viniariae, typis Albrechtianis. P.
England. Bei den Ausgrabungen, die jetzt in der Lon-
doner City thcils in Abzugs- Canalen , thcils zu andern öffent-
lichen Raulen stattfinden , stösst man häufig auf Reste römi-
schen Mauerwerks — ein Besveis, dass das alte Londinium, wie
einige alle Geographen angeben, auf das rechte Ufer der Themse
(das jetzige Souihwark) beschränkt war. Bei der Führung eines
Canals in der Thanies - Street fand man neuerlich die vollkom-
men erhalleucn Reste einer römischen Mauer von dem festesten
Material, und in der Queensstrect , 15 F'uss tief, einen zier-
lichen Mosaikboden ; ferner Münzen , Grabschriften etc. Daj
Anliqiiaiiuiu in der GnilJhall ist dadurch in letzterer Zeit viel-
fach bereichert worden.
Ncustrclitz. Durch den Tod des Lehrers Groth sind
folgen<le Verändenmgon bei dem Grossherzogl. Gymnasium
Caroliuum zu Johanni dieses Jahres veranlasst worden : der Dr.
Theod. Ladewig wurde zum dritten Professor, ilcr (iynmasial-
lehrer Rudolf Werner zum vierten, der Dr. Karl Scheibe
zum fünften und der bisherige Hülfslchrcr Leo Milarch zum
sechsten Lehrer belördert.
Gotha. Dem Hrn. Prof. Wüstemann ist die Bear-
beitung einer neuen Ausgabe von Dindort's Satiren des
Horatius angetragen, die derselbe auch angenommen hat.
Marburg. Hr. Prof. Hermann daliicr hereitct für die
Hallischc Bibliothcca Latiuoruni scriptorum eine Ausgabe des
Persius vor.
Berichtigungen.
6. 1057. V. 58t. ruHii .9fw>'] 1- ^iiuft *«■;»
S. inSS. V. 619. noltyMr] I. nodiy.m:
5. lO.'iO. V. 637. Twi<S') I iwiii' ooovi.
6. 1065. V. 1207. »wi^i^l 1. im, ^ij.
V. 1208. x»> Tiii'l 1. T»;» oi>.
Zeitschrift
für die
AI t er thu ms wissen Schaft
Mittwochs 27. November
18 30.
Nr. 142»
K. D. Hiillmann, Handelsgescliiclite der Griechen.
Bonn, niarcus 1839- VIII und 272 S.
Es ist erfrculicli, den riihmliclist bekannten Gcscliiclit-
gchreibcr des mittelalterlichen Stadtewescns neuerdings
dem Alterthumc zugewandt zu sehen. Es ist keinem Zuei-
fel unterworfen, dass gerade die Ifandelsgescliichte der
Griechen und Römer, einzelne kleine Gelegenhcitsschrif-
ten abgerechnet, so gut wie verlassen i»ar. Um so mehr
nuiss man dem Verfasser vorliegender Schrift Dank wis-
sen, dass er die vielen Nachrichten, welche sich bei den
alten Schriftstellern zerstreut finden, glücklich zu einem
Ganzen verbunden hat.
Der Verf. hat sein Werk in zwei Zeiträume getheilf:
in die frühere Zeit bis zu der n\akedünischcn Umgestal-
tung des Grosshandels und in das makedonische und
riimische Zeitalter. Der erste Zeitraum zerfallt dann
wieder in drei Theile. Der erste Theil, nachdem in der
Einleitung Einiges über Seeräuberei und Scliillfahrt vor-
ausgeschickt ist, beschäftigt sich mit der Industrie und
dem liinnenhandel. Auf S. 38 — 55 sind die Hauptsitzc
des griechischen Kunsttleisses genannt. S. 65. halt Ilüll-
mann die Darstellung bei Xcnoph. de vectig. HI, 2. „Wenn
fremde Kaufleutc bei uns keine Rückfrachten nelimen,
sondern für ihre AVaarcn die Zahlung im Gcldc fordern,
so haben sie ihrcij Vortheil dabei ; denn überall , wo
sie dieses wieder ausgeben, erhalten sie Aufgeld" für
verfehlt, indem er meint, dass Athen sich vor IJaarzah-
lungcn gehütet habe, um für ilen Handel mit den rohen
ScvthenvOlkern immer baar Geld zur Hand zu haben,
liedenken wir aber, welche Masse attischen Geldes, be-
sonders Didrachmen und Tetradracliuien von den Römern
in Makedonien und Rleinasicn erbeutet wurden (Liv. 34,
h'l\ 37, 4t); 39, 5.): so mag Xenophon immer Recht
haben. Die Handelsbilanz mit den Scvthen mochte im-
mer durch Austausch attischer Kunstprodnktc aufrecht
erhalten werden. Der zweite Theil behandelt dcji aus-
wärtigen Handel, zuerst den griechisch - phönikischen ,
dann den mittelländischen (levantischen) und den ponti-
schen Handel, Den S. 76 durch Rückschlüsse vom
Mittelalter auf das Alteithum angedeuteten Handelsweg
von der Ostsee bis zum 31it(elmeer haben neuere Müiiz-
fundc in Ostpreussen (Zeltschr. für Alterlliuiiisw. 1839'
iSr. ^3. S. 4l(j.) bestätigt. \on diesen Küsten wurde
der Bernstein nach Griechenland geführt, sowie unter
dein Elektron, welches von den Rhigäen kam, wahr-
scheinlich Piatina zu verstehen ist. *) Unter den bedeuten-
deren Donaustädlen taucht noch Siscia (Eszek) auf (vgl.
Z. f. A. Nr. 4-'. S. 336). Auf S. 114 «• folgt eine
ziemlich vollstän<lige Aufzähinng aller Orte des Mittel-
meers, mit denen die Griechen Handel trieben, sowie
alle jemals von Griechen angelegte Pilanzstädte von den
.Säulen des Herkules bis zu den Küsten Kleinasicns.
Dem pontischen Handel ist ein eigner Abschni(t gewid-
met. Bei S. 144 über die thrakische Pentapolis kann
Ref. auf seine Abhandlungen in dieser Zeitschrift ver-
i.eisen (J. 1837. Heft ')• und 1839. Nr. 24. S. 191)-
31it Recht ist dargethan S. I.j4, dass unter jjlßkoi \iei
Xenophou Anab. VII, 5, 14. nicht Bücher, sondern Per-
gamentblätter zu verstellen sind. l*'ür die spätere Zeit
möchte auch noch Athens Handel mit Bihlsäulcn zu er-
iiälinen sein ( Cic. ad Ailicuni 1, 8; Fhilostratus vit.
ApoUonli 5, 7.). Athen musstc es wahrlich weit in
der Bildhauerei gebracht haben, wenn es die 36'l Bild-
säulen des Demetrius Phalereus in 30 Tagen verfertigen
konnte (Dingen. Laert. f), 5. sect. 75.).
Der dritte Theil (S. tö5 — 196) bespricht die Han-
delsverfassung, die Beaufsichtigung des Handels, Be-
schränkung der Handelsfreiheit, den Betrieb des Seehan-
dels, das Bankgeschäft und die völkerrechtlichen Ver-
hältnisse (Proxeiiien, Svmbola) und schliesst mit einer
Anmerkung über Maass und Gewichte. S. lt)3 ist jedoch
zu zweifeln, ob der öllentliclie Kaufmann zu Epidaninos
(Poletes), welcher den Handel mit dem Innern III_Nriens
besorgte , aus einem angemassten Alleinhandel herzuleiten,
sei. Vielmehr scheint die cigcnthüinlichc Lage der Stad£
an den Gränzen des hellenischen Gebietes, rings von Bar-
baren umgeben, eine wachsame Aufsicht <ler Regierung
erheischt zu haben. Die übrigen Anordiinngen iler Stadt,
da hier auch die Beamten nicht jährlich wechselten,
stehen dieser Annahme nicht entgegen.
Im zweiten Zeitraum , im makedonischen und rüini-
scheu Zeitalter werden zuerst <lie hinzugekommenen morgen-
ländischen Waaren erwähnt, wozu namentlich Seide, Baum-
wolle , Edelsteine aus Indien und Murrhin (Fhisssp ifli) ,
Gewürze , Melabathrou (Betel) gehören. Bei den Haii-
dclswegcn Hesse sich noch S. 219 sainmt den Stapel-
pläfzen Apollonia, Thessalonlch, Enos , die Egnatischo
*) Cckannilich fnnlcn sich an beulen Abhangen des Ural
Scipcntinlager , in welchen Pialina anjjctrollcn wird(Dio-
nys. Pciicsct- 315 — .il9>
1159
1140
Strasse von .A{i(illiiiiia liis zum Ileliro!; Iiinziirii^en. Diese
8lrasse «nrdr l>esoinl«-rs lieiiiifzt, «ciiii ilie Elision die
SrliifTTilirt auf dem a^aisclieti Hleere iiirht grsfa(tr'en
(Cir. all Attiriim H, S; Pli"- eji. It), '<>()); ihre Lange
lielrn-j narli Stralin ed. Casaulionus t/iS?. 2'.^3 g- 53J romi-
srlic .Meilen. ^ on S. '2(S — '23.1 ist der indiseli - a»v|>-
tisclie und von „• {.5 — 23~ «It indisrli-aral)'srlic Grossliaiidel
Ii-llier endiirkel*. ^'ach Fliilostrat. Apullonii vi(a 3, !•
durften nur Lastscliifl'e nnil keine Krieijsscliifl'e das rothe
Hleer belahren. Dann fnl^'en die Lan<l»e»e lon Indien
zum Foiitus iiber Seleucia .S. 2J7 — 243 und über iiaktra
a. 243 — 252. Alle diese Handels» ege haben durch die
neuesten Zeitereignisse ein besonderes Interesse };e»o«-
iien und »erden den Leser vnrliejjender .Schrift beson-
«lers anzielien. Am Schlüsse folgen nucli drei Abhand-
luug;en über die Handelsstädte Rhodos, BTzantiiim und
Delos und Puteoli. Bei Delos .S. Ji,), not. 3. liesscn
sich auch noch Ciccro's rühmende AVorte über Delos
(Cic. pro lefje 31anilia c. IS.) anführen: „Delos ohne
Blauern fürchte nicht die Seeräuber, »ährend das mäch-
tige Rom vor ihnen in bestSndiifer Furcht schwebe " —
Das Ganze scliliesst ein vollständiges Register. Möchte
es dem jjefeierfen Verfasser gefallen , auch eine Ge-
schiihte des romischen Handels, welcher in der vorlie-
genden Schrift nur gelegentlich erwähnt ist, zu liefern.
Wismar, im August 1839.
Dl. C. C. H. Burmeister.
IlaoadoEoyQd(f,oi. Srriptores rerum mirabilium Graeri.
Insunt ( Aristotelis) niirabiles auscultationes; .Vnti-
goni, .Apollonii, Phligontis historiae niirabiles; Mi-
chaelis Pselli lectiones mirabiles; reliqnorum ejus-
dem grneris scriptorum deperditorum fragmenta.
Accedont l'hlegontis Wacrobii et Olvn.piadum reli-
qui.ie et Anonymi tractatus de nuilieribus etc. Edidit
Antonius Westermnnn Pli. Dr. Litt. Gr. et Rom.
in Lnivers. Lips. P. P. O. IJriinsvigae. Sumtum
fec-it Georgius Westerniann. Londini apud Black
et Armstrong. 1S3Ü.
Der Hr. Prof. W. gehört zu linsern fleissigsten phi-
lologischen Schriftstellern. Bei der Ausdehnung, die er
seinen Sfuilien ge^^ebeii hat, ist es nicht zu verlangen,
dass er die behandelten Gegenstände immer bis in's Ein-
zelnste durchdringe. Am wenigsten machen wir es ihm
zum Vorwurfe, dass er die Paradoxographen , die nicht
eben zu der erfreulicheren Erscheinung des Alterthums
gehören, nicht mit derjenigen Sorgfalt behandelt hat,
M-elche in der Regel nur mit einer besonderen Vorliebe
für die .Sache verbunden ist. Auf der andern .Seite wäre
es billig gewesen, Schriften, die vermöge ihres Gegen-
standes viel Insinniges enthalten, von niaiK lien sinnstö-
renden Entstellungen des Textes zu befreien. Auch
Dru(kr-hler finilen sich nicht seifen. Z. B. p. (i(,, 3.
iixuti)ai. — p. 12'), 29. u't.iou^ für o/uaaa^ —
p. .jii. 2. ßtatjxr.vut. — 17), b.^uvajr^^ctvui. — p. 75,
20- fehlt zwischen iit^oiuiv und «,' hl die Interpunktion.
— p. 218, 2I- heisst die Gemahlin des Amphiaraus
'Eoitfi't.rj. Dcrgleichea eatscLuldigt die Entfernung des
V. vom Druckorte. Andere Fehler der Arrentaation
und Interpunktion hingegen kommen auf ilie Rechnung
des Verfassers, welcher die FeJiler früherer Ausgaben
übersehen hat; z. B. mehrmals Qltpai für öilpai. —
p. 214, !()• yoii'TTiöi. — p. 215, 2n. y.ot'liuvaav für
y.Qvßovoav. — p. HO, 17- steht ein sinnstörendes Komma
zwischen fvpioy.OVTa und 7J ou}.i}.omuT£Z; p. 204, o-
zwischen Tiaiaiic und y.ovoot^.
mit A'ergnügen dagegcu können »ir die buchhänd-
lerisclie Ausstattung des Werkes musterhaft nennen. Wir
erinnern uns nicht, ein so schön gedrucktes philologi-
sches AVcrk, das aus einer deutschen üfficin hervorge-
gangen, gesehen zu haben. Es erklärt sich das daraus,
dass der \'erleger <ler Bruder des A'^erfassers ist, und dass
Fr. Vicweg und S. den Druck besorgt hat.
Die Einrichtung des Buches ist folgende. Zuerst redet
der l'erf. von den llülismitteln , die er zur Herstellung
des Textes benutzt hat. Dann folgt eine literarbistori-
sehe .\bhaudlung über die Paradoxographen, so»ohl die
erhaltenen, als die nur durch Fragmente oder Anführun-
gen bekannten. Diese A'orrede, deren Verdienstlichkcit
wir gern anerkennen, hat 53 S.
Es folgt ein kurzes Verzeichniss aller in den ver-
schiedenen Paradoxographen erwähnten Schriftsteller ,
dann die Paradoxographen selbst, p. 1 — 223- Die
Behandlung ist rein kritisch; auf Erklärung hat der Vetl.
sich nicht eingelassen, viele sehr dankenswerthe Citate
abgerechnet, welche die Stellen angeben, wo dieselben
Gegenstände behandelt sind. Es würde unstreitig der
Verf. sich ein A^-rdienst erwerben, wenn er dem Texte
einen Commentar nachfolgen Hesse, der sich mehr auf
das Sachliche, als auf die Sprache beziehen nuisste. Es
würden ihm gerade darin tüchtige Vorarbeiten zu Gebote
stellen.
Den Anfang der Paradoxographen macht die des Ari-
stoteles Namen führende Schrift n£oi 3ai\uaOiU>v äxoi-
alidxvjv. Diese Sammlung wunderbarer Gt schichten aus
der Natur und dem Menschenleben ist zwar grösstentheil»
aus Schriften des A. geflossen , rührt aber sicherlich
nicht vom Aristoteles her, wie jetzt allgemein angenom-
men wird. Hr. W. hat natürlich die Bekker'sche Re-
cension zu Grunde gelegt, auch den ganzen kritischen
Apparat der B. Ausgabe wieder abdrucken lassen. Wess-
halb er aber, statt der von B. gebrauchten Bezeich-
niiiigeii der Handschriften, andere gi'wählt hat (gewiss
ein mühseliges und unerfreuliches Geschäft), gestehen
wir nicht einzusehen. Hr. W. hat es versucht, diese
Haiidsi lirifteii in Familien eiiizutheilen , wobei ihn vor-
üi'iglieh die abweichende Anordnung einiger Capitel ge-
leitet hat. Auch hat er sich bemüht, nachzuweisen,
welche Handschriften B. ganz und welche er zum Theil
verglichen hat. B.'s bekannte Schweigsamkeit macht
dergleichen Untersuchungeii notliweiidig. Es ist in der
That hart, dass die mit Hypothesen viel geplagten Phi-
lologen au einem lebenilen Zuiiflgenossen die Conjectnral-
kritik üben müssen. Selbst li.it der \eri. zum Pseiido-
aristoteles nur 2 Aldinen rerglichen , worüber er sich so
rcrnehmen ISsst: Praeferea adjeci lectiones duarum Al-
dinarum, quarum prior prodiit 1495 f. altera 1551- S.
Quarum lectionum conquireudarum fateor me niinis ru-
1141
1142
riosain fuissc, cum iypographii-a qiioque vitia reccperim j
hcd inox aljcci liaiic siipprvacuaiii opi-insKaieiii.
AVcsciilliflie Al)Uoi<liuiigcii vom IJckkcr'scIirn Texic
koniincn, soviel wir bemerkt haben, iiirht vor. Der
Verf. selbst sagt «lariiber: Iii hoc (tieiii Texte B.'s) eg»
quoquc paiiris cxcrptis siibsistcniliim mihi esse diixi. In
mehreren Fällen, glauben wir, wäre eine Abweichung
rathsam gewesen. Rec. hofft für einige seiner Vorschläge
clor Zustimmung auch «les ^'crfassers gewiss zu sein.
Uobrigcns wird weder Hr. \S'., noch der verständige Leser
es für einen Tadel halten, wenn Ref. zeigt, wie durch
Conjoctnralkritik mehrere Stellen mit ziemlicher Sicher-
heit sich verbessern Hessen. Denn bei allen Conjecturen
ist das Gluck mit im Spiele, und wenn man zuweilen
hört, diess oder jenes habe sehr nahe gelegen, so meint
Rec, dem Einen liege das , dem Andern Anileres nahe.
Mnr das hätten wir gewünscht, dass bei ganz sinnlosen
Stellen der Verf. die Leser gewarnt hätte.
Dahin gehiirt p. 21, 1. c. 73. (74.). Die Rede ist
von ausgegrabenen Fischen, ovfißai'vstv Se 710TS dva-
^ijQaivotisviuv Tujv )[uj^iojv xard r/vag ^oopovi
avOTikkea^ai xard yiji; , cira fiäkkov dvatijQCttvo-
^svTjii, ötdjy.ovrei rtjv vy^toti^za Stis&at si<; rr^v
v'Kt]Vi C'Ta l;ijoa[vo/uvij(; Stufievtiv tv "vrj iy.(^iadi ,
mqneg rä ev rni'g (fujXnuii; Siaov.ovvxa. Unstreitig
hat der Compilator Bvecrdai tt'g riiv iki'v geschrieben.
P- 7, 17. wird von der Bereitung eines berauschen-
den Getränkes aus Honig nnd Wasser bei den Illyriern
gehandelt. ÖTaf de tu XijQia i^xt^/iipCDOt , iduiQ ini-
Xeovtei; sipouat tv klßtjri , lujq dv h.kliiT] tu ijßtov,
eireiTa sig y.egdu/a e^xeo-VTet; y.a\ ijuinca TCoh\crav-
Tsg Ttdsaaiv eii aap/daq. Heyne liielt die Worte fw?
ap ixkl-TTTj TO i:/.t/oi> für einen hinauszuwerfenden Zu-
satz, veranlasst durch die vorhergehenden \Vorte iioQ av
iy.ki.ny tu t^ulOl'. Doch der Sinn ist offenbar: Sie fül-
len die Rrnge zur Hälfte, damit beim Gähren Nichts
durch das lleüertreten der Flüssigkeit verloren gehe.
Diesen Sinn erhält man, wenn mau iniiöed für iju/otCC
schreibt: halbvoll.
P- 8, 19- 2G. (y5-) (faci de xal toi'; Xdkvßaq h
Tivi intuy.iiuivuj avTUi'q vi^aidiui tu XQf'^'OP Ovii-
Cfooeiodat Tiaoa. rcksiüvwv. diu öij y.ai Toog ep Totg
uezukkoig dvanx'^oiaip, o'jc iur/.sp. Die Worte iraod
nkeiurwp sind ohne Sinn; in einigen Haiidsciiriften
steht mo'i 7lketülO)V , welches ebenso unverständlich ist,
aber, wie Rec. glaubt, der richtigen Lesart näher steht.
Es ist zu schreiben: neo/nksy j^iiuiv. Denn dass von
Mäusen die Rede ist, macht das zunächst rorhergehemle
(c. 25.) wahrscheinlich ip rpd(j'jj Tt] Pljau) kiyejui
rot's fj.i<q TOP aldijoop eadi'eip.
Sehr verdächtig scheint uns auch p. 11, I. (c. 34.)
^^ ^^ -<^/arap« zij vijoiji klyoval Tipa elpai eizTrpo))';
eig }jp eav XTipcuOt xt'rQap, htßaköpiti; ü dp ede-
koiai, 'ilpovat. Für t/pu eiinpoi'jf hat die Vulgata
TiPtg yijv. Das Richtige scheint Ttpu 671 ijp.
^P. 2.=i, 12. (84-) f//;öt 7i}i]9oi avoToaffh £:t' at-
Tiup iui TTjp prjoop yiolag ti''X>/- e^' cltoIp hat schon
Heyne für verdorben gehalten. Wahrscheinlich ist uu -
Tüjp zu schreiben. Denn obwohl in dein ^^irhergehen-
dcn nur die Behörden vou Karthago gcünnnt sind, so hat
doch eaVTüip in der Bedeutung von rivium suorum nichts
Aiill'allendes. iiri]) vÖuiv , worauf Jemand leicht verfallen
könnte, ist weniger passend, weil sich leicht ein falscher
Kebenbrgrin damit verbindet. Es ist allein von Kartha-
gern die Rede.
P- 33, U. (103.) (faal xdq EttQijPuiouq p,;aovg
y.iio&ai fiev ip ttj 'Icukia usqI tup nuiji\^up tTi
avTtjg Tijc, üxgag , ög xti-vui -ngu tuv ■JT^toTHTTTüjy.d-
Tog xonov xai diakaf^ßdpopTog xuig y.üknutg top
TS TtSQltXOPTa Tr,P KvfMTjP V.ai TOP dltlklJCpUTa TIJV
Iloaetdojpiup xukoL'f^itPijp. Richtig hat Salmasius die
Worte og xenai crpw hinausgestosscn ; am h toi g y.ük-
■jTOvg für den Dativ gesetzt. Es ist aber ausserdem auch
8uikt](fUTU zu tilgen. Denn was soll /.ojUug dlfiktj-
(fuig -Tip' nuoeiöujp/ap bedeuten? Offenbar hat Jemand
in den Worten tuv ti)p JluoeidujpiuP das fehlende Par-
ticip (Tlfp/i'^jjüvrrt) falsch ergänzt.
P. 34, 7. (lO.'J.). Es wird die seltsame Meinung er-
örtert, dass der Istros, in 2 .Arme sich »pallend, durch
den einen in den adriatischeu Meerbusen , durch den an-
dern in's schwarze Meer sich ergiesse. Dann folgt:
aijfiiiop ÖS ov fiupop iv TO/'g vpp y.uigoti lojody.a/jiv,
dkka y.ai eni tujp d(}X(dtijp /.lukkop, oiop za iy.ei
dnkvjTU Cipai. Aus dem Folgenden geht hervor , dass
gerade das Gegentheil von dem Gesagten die Ansieht des
Verfassers ist. Daher schrieb Casaubonus zoi^' tu sy.ii
ftrj UTlkuiTU eivai. Den Zügen der überlieferten Lesart
ist folgende Emend.ition gemässer : fiukkop olüp T£ ,
exEtpa irkioTa e'trut. Zu oiup TS ist an» iiDQuy.aiup
Öqüp zu ergänzen. ey.Sipa aber für illa loea ist weder
in Prosa, noch in Versen ungewöhnlich.
P. 3fi, 22. würden wir für uoyapu d siq — dqyavu
oiQ unbedenklich in den Text gesetzt haben.
P. 57, 17- Tovg b' dp9oiPTag y.ai ßoaxvp tipo.
XQOPOV. Es ist xaru ß(juxi'p zu schreiben.
Es folgen 3 Schriften ähnlichen Inhaltes von Antigo-
nns aus Karystus, Apollonius und Phlegon aus Tralles.
Nur ein einziger Codex aus Heidelberg hat sie uns er-
halten. Derselbe ist von Bast neu verglichen. Die Re-
sultate der Vergleichung enth^ilt der kritische Brief Bast's
an Boissonade. Paris 1805.
Antigonus p. 70, II. ijdtj Sh dtsikfjifdat. Sehr, si-
kijqdue. diakafißdpllp wird vom Einfangen der Thiere
nicht gebraucht. — 75, 11- iPa (idbiop. Sehr. ^aup.
P. 78, 16. hcisst es vom Aristoteles tu yovv Tid.pza
rxsddv sßdoui;xui'ia TTSgl avTujp yaraßißh^Tae ßi-
pop yal Ttagddo^op ly. re tovtujv y.ai tvjv dk/.iop
STlldgausip. Der Herausgeber meint, dass nach dpu-
f}TQF.(fSa9a.l eine Lücke sei. Nach unserer Ansicht ist
die Stelle zwar corrupt, aber nicht lückenhaft. TlQug
Tljv mtSTSoav sy.Koyin' heisst: im Vergleiche mit meiner
Sammlung. Er sagt also, wie ihm m ohi ansteht, .Ari-
stoteles habe die Sache genauer genoninien, als er selbst.
Der Fehler liegt in dem Worte tniTluil/l' , wofür int-
Tluki^g obiter zn schreiben sein mochte. Sicher aber ist
O.VT'U in «i'T/; zu verwandeln.
1143
1144
P. 82, 20. si' Sh T(i) aujuari tv}V ät/^puijroyv
yiieaOai oJov iöv^ovc fir/.pov;. xoviovi; 81 eäv -vii
y.svti'jöTj , i:i^£Q%Ea9aL (fdeioaq, v.ai iäv rii idorj, eig
ruOrua tovto liiTrlriTen', w^rrfo 'Jkvuaiu)vi tu» (fv-
ciyj^> y.ai 0£oe/.i''r)ii t(!) l'roäp.^ Hr W. schla;;* für
tüi> Tl^ iäorj £/'■; Folgendes vor: eav vyuäoTj Tt;. Bast
srliriel» vüorna toitio mit Weglassung des ei^. Beide
l'eranderniigen sind iiniiötliig ; dagegen niüclite ixmVirf/j;
Aem grierli. Spracligehranch angemessener sein. Der Sinn
ist: AVcnn man der .Sache ihren Lauf lasst , so arfet sie
in eine Krankheit aus. TW (fi'Cilxi/) liat Menagius iu
ttifj'/.'it verwandelt. Leichter ist kvpr/.ip.
P. S3, 15. TOVTO Liev ovv tv uy.oij re v.ai (f£Qo-
(dvTj Tili y.ai Ti'apipycDq x^ tov c-rtyriaiiuaroi ^oUi
ftaoTtnic. y.ctodai. Der Sinn muss dieser sein: Die
Aiicti>rltafcn (für die obige Angabe) sind das Hörensagen
iin<l jenes Epigramm. Daher ist «oIil so zu verbessern
rovTov f^itv ovv ev äxorj ts y.ai — ov (für yai)
TTC'.psgycui Tij tov inr/pafi^aro; TiioTei i) f^iap-
rvpia y.eiöd-u).
P. 85, 19. y.aTayodcfEir. Sehr, y.axayoäqu.
P. 88. 13. Das Fragment aus dem Toxotides <lc9
Aeschjlus :
äSujv Tttti äyvaii; -TTao&evoi^ yuiiijXivjv
'/.iy.Touiv äoxei fii) ßkcf^iudrujr peTrtt ßokr,
geheint uns so emcndirt ircr<lcn zu müssen:
f^iäXt.öv TLi äyvaii, —
}.'ty.Tpviv za-:T£tvi) ßX. q. ß.
Darauf fülirt der Gegensatz, welchen die 2 folgenden
ans derselben Stelle des Dichters entlclinten l'erse ent-
halten:
vEd(; yvvaey.og ov /^te /Atj^kddtj tfXtyuiv
o(f9a\fioc didoo^ i'^Tig tj yeyeviuvi;.
P. 8!>, 10- iiißal.'Kovat]i. Sehr. e/tßaXoi'arji;.
P. 91, 21. führt Antigunns ein Fragment aus Phi-
loxeniis an. Man hat diess Fragment in der Voraus-
setzung, es seien Hexameter, eniendirt. Daher schreibt
rionn auch Hr. W. dasselbe so:
aiTo'i yao fiid ric'pvdrjnov '*'*
'j^nvQopoffviv iiii(f£o)v ii'O(i)* 9a}.af(ujv.
J)a wir 08 aber aller 'Wahrsrhoiiilichkeit nach mi< lyri-
Bi'hen RliWhmen zu thiin liabon, S(i kann man alle auf
jene Hvpotliese gebaute Enieiiilatioiien von vorn herein
lerucrfen. Vielleicht ist nur ca'toI im Anfange verdor-
ben, wofür aiyij oder avcij geschrieben werden kann.
Denn vom Eakchischcn Fcnerglanz oder dem Geschrei der
ll3akchanten wird hier die Ilede gewesen sein.
P. 101, 5. möchte die richtige Lesart (olgende sein
f/j T'J.^ zdjv uüiivjv y.ath'yidotti ^fo/zoi««?.
P. 107, 10. ist für öcaavQi^öpTojp — dtaavgöi'rojv
zu schreiben.
P. 115, 15. Für nayoiiivov ist >; ua-)(,ÖLaiov za
schreiben.
Phlegon, ein Zeitgenosse des Kaisers Hadrianus, hat
mit seinem Zeitalter den Geschmack für das Gcspcnsti-
grlie oder Dilmonisch - AVunderbare gemein , welchem
der Kaiser seihst seinen Liebling Antinous geopfert ha-
ben soll.
P. 122, 21. TtaQay.aXvj Toivvv i'fia.^, TTokiTa^
ovTag eiiov, tov fA>: rapÜTTEad^ai. — Sehr. noKi-
rag oyiai; if^iuvrov, ^uj t.
P. 123, 29. rnrepi ti)v dpotv tov TlpaToq. apö/g
ist nicht gerade widersinnig; wenn es aber verdorben
ist, so ist y.ddapotv der ^''ermuthuug des Verfassers kvOlV
vorzuziehen.
P. 124, 18. ß^ovrai. Sehr. ßtovTUi.
P. 125, 4. o'vvSA ifxijv yECfaXijV XItcol aiujp, ovds
vv KaVTa
Guii-iaTog ijCfdvr/.ev fxeke' äy.pna, ksiTTs 81 yaiav.
aiuiv ist unverständlich. Die Rede ist von einem Gc-
spenste, welches ein Kind bis auf den Kopf aufgefres-
sen, dann aber verschwand. Daher schreiben wir A.(7r£
daijwiv.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Kassel. Die 295 deutschen Gymnasien mit etwa
3300 Lcbrern und 55,000 Schillern kosten, nach den Angaben
des ., Statist. Handb. der dcntscben Gymnasien" (2. Bd. Kassel
1839) jahrlich über 1,800,000 Thlr. , mit den Progymnasien ge-
gen 2 Millionen, wovon auf Preusscn die Hälfte kommt. Die
noicldcutsclicn Gymnasien haben im Ganzen einen höhern Etat,
als die siiddcutschen. Die höchste Einnahme eines Gymnasiums
ist 45,400 Thlr. In Preusscn beträgt der Aufwand der Gclchr-
tenschiilen (die Progymnasien mit eingerechnet) den 51. Thcil
der Staatscinnabmc, in Baiern den 77., in NVürlcmberg den 49.,
in Hannover den 42., in Kurhessen den 74., in Darmstadt den
112. Für Unterricht überhaupt gibt der Staat in Baiern den 28.,
in Baden den 45-, in Kurlicsscn den 23., in Darmstaill den 60.
Thcil jener Ausgaben. Aeiisserc Ehrenbezeugungen, als Titel
und Orden der Gymnasialhlirer, findet ninn mehr im Südwesten
und Nordosten von Deutschland, als in den übrigen Landern.
Der Besuch dir Gymnasien lasst eine Abnahme dcullicli erken-
nen. Die Bealschidcn, über welche das Buch manche Kotir
enthält; mehren sich nach Zahl und Werlh. Die zwanzig deut-
schen Lniversitälen, mit Ausschluss der österreichischen, haben
durchschniltlich 11,250 Studenten.
nildburghausen. Dr. Kiessling hat mit dem Monate
Juli ilioscs Jahres die Direclion des hiesigen Gymnasiums nie-
dergelegt TUiil an den Dircctor Dr. Slürcnburg abgegeben.
Dr. Kiessling hat einen anderen Wirkungskreis als Consistorial-
ralh niit dem speciellen Relcrale für d.is gesanuntc Schul- imd
Unlerrichtswesen erhallen. Dirrclor Slürcnburg hat zu seinem
Amtsantritte eine kurze Abhandlung »de verbis arcessendi et
acccrsenJi II geschrieben.
Frankreich. Die Gesellschaft der Alterlhumsforscher der
Norniandie hat bei dem Dorfe Manoir, wo früher eine rcirai-
sche Heerstrasse von Bayenx nach Bac du Port lief, einen Mci-
Jcn/xigcr aufstellen lassen, der das getreue Abbild des alten,
vor zwanzig Jahren aufgefinulcnen römischen Mcilcnzcigcrs ist,
welchen Kaiser Claudius, im Jahre 46 nach Chr. Geb., daselbst
errichtet hatte.
Breslau. Der bisherige Obcrlebrci- am hiesigen kathol.
Gymnasium, Dr. Heinrich Kriihl, ist zum Direclor des Gym-
nasiums iu Leubschütz ernannt worden. — g —
Zeitschrift
für die
Altert hu ms wissen Schaft.
Freitag j, 29. November
18 39.
Nr. 143.
üaoadoiioycX'CCOl. Soripfores rernin nilrabilium Graeci.
EJidit Antonius W estermann Ph. Dr.
(Beschluss.)
P. 133, 17. Phlegon führt eio langjes Sh'iclt an aus
einem der zahlreichen sihylliiilschen Orakelbiiclier, wel-
che schon zu Angnstiis Zeiten exislirlen ; bis zum Ha-
ilrian mag noch viel hinzugekommen sein. Auch ilieses
Orakel ist wahrscheinlich erst zu Hadrian's Zeiten an-
gefertigt worden, da die letzten "Worte desselben, wenn
auch sehr verdorben, Beziehungen auf die Zeiten Ha-
drian's durchsdiinimern lassen. Der Text des Orakels
hat sehr gelitten und ist an mehreren Stellen ofienbar
lückenhaft. Herr W. hat es daher ganz aufgegeben:
Totum Carmen tntius visnm est intactum rclin(juere. Ganz
ist er diesem Vorsätze nicht treu geblieben, indem er
einige Verbesserungsvorschlage gemacht hat. Der Anfang
lautet :
oöaa TiQa y.al ocrGa Ttadij^ccra Sa/^iovog ataiijq
i'avos ifioQ Xvoei, rdd' hü (fgcoiv a'i'xE voijoTjq,
"Pajf.ti] sfj Ttiavvoi;.
Diese Worte sind nur leicht verdorben. Hinter aiöi^q
ist ein Komma erforderlich; denn mit iOTO'i beginnt der
Nachzatz. Die letzten Worte aber sind so zu schreiben:
Qujf^j] irj Tiiavpog.
in bezieht sich anf /crrd$. Sibylle vergleicht ihr Ge-
dicht mit einem Gewebe. Vergl. p. 139, 17- Icrrüi £//M
niovvoi. Dass Rom angeredet sei, davon findet sich
keine Spur. Ob öaoa TBQU TE y.al zu schreiben ist,
lassen wir dahingestellt, daifAMV aiai] ist gleich atorj
P. 134. V. ."). und 6. sind völlig sinnlos ; offenbar ist
etwas ausgefallen.
V. 14. schreibt Hr. W. iTtv^ouevag, wie nns scheint,
richtig für eTtEv2ou.lvi]v. — V. 18. für ainai avre.
Doch auch so bleibt etwas Falsches übrig, da nvQog
u.ak€QOio TldsvitüV kaum zu vertheidigen ist, so wenig
wie die Auslassung einer Verbindungspartikel.
V. 24. ev TiaiQo. ev^^^iadiuv fiiiivsiv noks/wv zpa-
riovToi
h}9ijv'EkXiivea0t ksoeTv nokeuji te y.ai avri/g.
Die £rw<ihnung der Griechen ist aulTallemi , da das
Orakel angeblich a. 125 'or Chr. in den sibyllinischen
Büchern gefunden ward, also auf Zeiten eich beziehen
musste, in denen die Römer von den Griechen Michts
mehr zu besorgen hatten. Das Subject von jit^ivEtv ist
Pcrsephone; daher sind die Worte TröXsuii TE y.ul av-
rfjg unverständlich. Denn wie können die Römer wün-
sclien, dass die Griechen der Persephone nicht gedenken
sollen? Ferner, worauf kann sich TlökEOJS beziehen?
^'iclleicht ist zu schreiben:
hj&i]v 8' Ev OTiji^Eaai tteoeTv 7coXsfAov y.ai dvTijq —
eine Anspielung auf die friedlichen Zeiten des Hadrianu«.
V. 26. Das Orakel befiehlt, einen Schatz , bestehend
aus Geld und Schmucksaoheu an den Ort, wo die sibyl-
linischen Bücher aufbewahrt wurden, zu schaffen. Diese
Gaben aber sollen der Proserpina und den heiligen Bü-
cliern gemeinschaftlich gehören. Das bedeuten die Worte
iGiiii GVfifjiy.rov düjQOV ßuoikifidi y.oi'or^. Dabei ist
nichts Auffallendes, da die sibyllinischeu Bücher ihr
priesterliches Collegium hatten. Danach ist die sehr ver-
dorbene Stelle 26 — 28 zu emendiren:
QrjOavQov 8' etbqoi yai TtaQ^Evoi £v9a cfEgovTuiy
lOToj ^EionajEL vvf.i<fdcifiaTa Troixlka asfivijv
nXoL'Twpi y.oa-fAEiTO OTTojq ox^oirjOi v.uy.olai.
Die letzten Worte hat Xylander glücklich so hergestellt:
öiroji; oxEOtg i]ai nnyoioi (vielleicht richtiger xaxoio).
Die ganze Stelle würde Recensent so schreiben:
d^i]oavQov 8e y.ÖQoi xae TCaQ^ivoi ev9a cfEQÖvTOjv
loTip üEtoTtayEi, yal i< cf da jxara Tior/.ika, OEf^ivi]
y.ai IDvovxuiviöi y.öGfjiov, unvjg cry^iai'; ijOi ya.y.oio.
Das yal vor IlkovTOjplSt ist auch.
135, 3 — ö- sind, wie es scheint, lückenhaft. Es ist
fast, als wäre ein Vers um den andern ausgefallen. Es
ist von Opfern die Rede, welche nur von Glaubigen dar-
gebracht werden sollen; die übrigen sollen ausgeschlossen
werden. V. G-
"kanWQOti E'tfxaat y.oOfU]TOvq ^iEioi.7roi{xevoq,dqrig
ijfj.aTiu) Ttiavpoi ßadg d^TEfiog avToi ü 8' eazai,
oaaoi T akkoi öfiov niavvoi VM-za zax^x'ö' tacL-
firj yuQ dTTiazötfiXog 9voiatai dvr,Q 7taQE?TEo9uj-
10 itw 8' £i/i^' dvof^aoTov EJiinkExo (pwze Td8' e^Seiv
voi'iviOTOi yardSatrov exeiv dvoiav^yard 8' avTrj't .
uoTtq UV r^itEiiQUiv ;ifp;;CT|Kwj^ iSqk; ig t68' ixt^rai,
OEjxvov 00/fjov üuaxca ^(ETEkdETU) ev &voiaioiv,
n^ocfiQovEiog ßioixois inl niova /ut^pia xavaag
lö alyüjv ■jraXl.Evxuiv vidirjv ccräp o't'darE TtdvTEi'
hoaeodoj 0oißov nattjova xpara jtvxdaaag,
ixTijpEg ntmovTEi onuig Xvalijq dxdxoio.
1147
1148
Für das sinnlose ijuario) ist «ohl vi^nazUii zu schrei-
ben; auch hier verglciclit Sibylle ihr Orakel mit einem
Gewebe. Für ctoiftioq ist n(JTUl.lOi zu schreiben,
und uS' für 6 d'. — V. 10- und 11. sind so zu cmen-
direu:
e^uj d', hifti v9/4i^Tov (so schon Xyl.) iTiin'\(TO
cfioTi Tcid' e()d£iv
ov ZiOTcöy y.ai üdanov lieiv 9volav , /.ata. S'
avh'jv.
Ironisch «ird den Ungläubigen geboten t^uj y.ai udat-
TOV S'j(^Blv 9iaiav, d. h. sie sollen ganz ausgeschlossen
werden, ail.r, bedeutet den Tempelhof. — Die letzten
Worte ÖTUJi kvOi'l'i cty.a'/.oto sind so zu emcudircn uTlux;
Xi'Oi; i^ai xa/.oto.
y. 20- viivsTtf a'i'ue ysvei TTQgcpeQiciTeQai moevt kaoi'g.
Richtig hat Xvl. a'i' y.e und wo' evi kaoiq. Ausserdem
aber ist die felilrnde Verbindungspartikcl zu erganzen:
i'l.lVtTv 5*. Hach Kcioii ist ein Punkt zu setzen. Denn
das Folgend« bMJeht sich auf etwas Anderes , wie es
scheint, auf einen von den Cumanern zn errichtenden
Tempel mit einem Uilde der Ilere , wo dereinst ein ge-
waltiger Herr Opfer verrichten werde. Die Worte sind
folgeudo :
21 y.ai vtiauiv vaavai ti)v ävrniakuiv ovav a'uw.
ov doKuj nkhd ßia Kvfiaiöa 7VQÜ(fQ0V£q avvai
vdocru/vrac affipijg ßaaikij'töo^ otg iri^efTai
iv 71'aroiotai vojaoc; "Jd^ai ^oaixjv re -/.ar oiy.ov.
Für cwxcu ist wohl avii zu schreiben. Die Cumaner,
früher Inselbewohner (Cuma war ja eine Kolonie von
Chaicis), erobern im Gegensätze zu ihrer früheren Lage
(acrc) in Campanien, Die folgenden Vorso emeudiren
wir so :
vdaatuvrai, ötiAviJQ ßaatJ-ifido^ ol!5 e Tt&evruiv
SV ■:zazgioic!i v6f*ori "JJoai ioavov t£ xai oJ/.uv.
Es folgen die Verso 26 — p. iiS, 1.
it;ei d', äv nv^ototv efioii; rdSs ndwa zi'9tjvTai,
osfworuziiv ßaaiUoaa» iTisK^r^i; ev ^voiatotv
£v TxotXui ■^QÜvip au Tür £(f iiazbQov ö(; y.iv elf
ui'zoii
vr,(fu).ä y.£v (3s$«5 öaui i'jjjCQai cig sviavzüv.
Der Sinn verlangt folgende Aenderungcu:
ii;£i ö' au fivifotatv ii.ioig räÖE Ttävra Ttid^Luvrai
^ oder Ttidtjal
iv TtolXtp y,^6vu) au tot i(f' vare^ov, oj xev in'
avzoif
vij(fa).d y.Ev Qt^aq oaai TJfuioai £/; eviainuv,
cr£fxvoza,zi;i/ paaDuaoav t.Ti/.Sj oiv duoicuaiv.
Die Verse 3 — II. scheinen lückenhaft. Dem Ilec.
wenigstens ist es nicht gelniigen, über den Sinn in's Reine
zu kommen. Nur die letzten Verse lassen sich mit ei-
niger Wahrscheinlichkeit emendiren:
— — i'jßog dv ik&Tj
^/'/" '/.Q'^^^i udl.a y.Etvog iv (/) TTore raXXa v£uyvr)
rguj;dr^zE /M.vo£i Oty.ay.uiv, u'nu Ö' 'Ekl-aöog ky yi^g.
avTug cov fj£Taßuoav LnozovvEiq olyooEvaai.
•Rec. schreibt: ip ijj noTB Tukka veoyvij^ T(jv)g
Äjj TOI jzavod —
Iladriau , der Ilalbgriechc, wird sehr passend so be-
zeichnet. Der letzte >^ers ist eine Anrede an den Gutt,
der die Sibjllo in prophetischen AVahnsinn versetzt. Da«
her ist für oov — -nui' zu schreiben.
P. 138, 26. Tov nuQ avzoii; tivu dvaögayjjvui
kuCfov. Sehr. Tiöv.
IMicIiael Psellus TTfpl TtaQudo^uJV ävayvo)0(xuTv)V
erscheint hier zum erstenmal vollständig. Psellus war
ein gelehrter Uvzantiner des H. Jahrhunderts.
P- 1485 4. Psellus redet vou dem Alimos des Epime-
nides , wozu das Recept geliefert wird, yai u Kaußä-
rujv tovzo d.anog £(p' jj/^ugag irokkag ÖiantTQijasiev
dkvjcözazog. Sehr. dcaxapT£(t>jo£t£u dkvivuzdzajq.
144, 18. Cfvjvacrxtnv. Sehr, (pmvaaxfxrv.
145, 24. Für tj^voTroiUQ vemiuthct Ilr. W. unzwei-
felhaft richtig io^voTtoioq. Dagegen ist für v7C£Q0giuiV
nicht i'j[lo(fL"jji' , sondern vnsguyyujv zu schreiben.
Weiter oben steht ßvgOOÖEVTiyfj OUVOXij. Beide Wör-
ter sind verdächtig.
Sotion. p. 190, 22. kiiivi] — /; (f£(i£t y.aXduuw
Tlkijdog. Sotion redet von einem See in Lydien Tala ,
bei Strabo Coloe. Das Rohr desselben sollte, sobald
Slusik am Ufer gemacht wurde , dorthin tanzen. In der
niitte befinde sich ein Rohrkönig, den mau mit Uindeii
schmücke und dann wieder abziehen lasse. Bei Strabo,
der des tanzenden Rohres mit ein Paar Worten erwähnt,
I*. 13. p. 621), steht y.akdd^uvg für y.akdfiovg. Da nun
aber in vielen Ausgaben des Strabo neben xakaSovg
das Wort rcldi'jy.ovg steht, so glaubt der Verfasser es
sei von Affen die Rede, nicht von Rohr, und emendirt
y.akkiag. Allein was zuerst Strabo betrifft, so kann
das Wort 7lt9i-yovi; aus dem Folgenden, wo von Affeu
gehandelt wird, sich hierher verirrt haben. Betrachten»
wir aber die Sache selbst genauer, so spricht schon das
Local (ein See) gegen die Affen. Ferner die AVorfe
yui uiffov avzior iva, üv y.akovoi ßaoikta\ endlich
die Worte iragayivEZUL ii zTJv rj'uva , was dem Zu-
sammenliaiige nach nur bedeuten kann: Sic kommen aus
dem See ans Ufer. Da wir es einmal mit AVnnderu zu
thun haben, so kommt auf etwas melir oder weniger
Ungerereimtheit ISichts an. Auch glaubt Rec. jene«
Wunder wenigstens zum Theil aufklären zu können. Aus
Sotion selbst (c. 3U. p. 18'.), 20.) geht hervor, dass der
See Coloi' schwimmende Inseln hatte. Ulan brauchte
also nur unter Wind zn musiciren, um das Röhricht zu
locken.
Phlcgon. p. 202, 3. Sagt Sibylla , Apollo habe sie
endlich gctötltet. na&tuiv öl yazoui'joug ükouv yijg.
Für das unverständliche y.aTOiy.r,oag ist wohl yaranklj-
Oaq zu schreiben.
P. 202, 6. ^>vxy — *'S diga niazev^eiaa. Dio
Vulgata hat TTtazif^Eicra. Beides scheint falsch. Viel-
leicht diay.i]9£ioa.
P. 203, 22- WS Si xat avzoig. Der Zusauimcn-
haug erfordert uvzüg.
P. 206, 7. Für d-JTVf}zdvT£g schlägt Hr. W. aTTO-
OTlikavicg vor; gewiss richtig. Wesshalb er aber Tta-
Oni'.vuv.zoc, für ■jruoidvav.zug in den Text gesetzt hat,
gesteht Rec. nicht einzusehen.
1149
1150
P. 206, 16. Ein Orakel der Pv<hia auf (I!o Einsetzung
der olympischen Spiele bezi'i^iich :
(Zrvo;) xoi) zqiotoq jth ifiQÜoaro y.aX 9iro tijtijv
Iltioo^, v.ai fzeiu rüvös Ilekoip ore 8)j}iovvaiav
'EÜJda —
Fi'ir Öiuiüvvaiav vcrmuihet Ilr. W. ör, Xa^cv uiav.
Abgesehen ron iler Verschiedenheit der Schriftziiffe , ist
diese Enieiidation auch nejjen des Sinnes zu verwerfen.
Nur etua rom Peloponnes hi'iite gesagt werden können ,
dass er dem Felops zugefallen sei. Das Richtige ist:
ore dh l^iöXev atav,
207, 14. Ein Orakel, welches auf den olympischen
Gottesfrieden sich bezieht:
Tr,v uvTUJV ^vea'Js irdrgav, 7ioXeji(JV d' dnixioOe
xonodixov (f/Xlai ijyoii/uevoi Ekh'jVEaotv ,
eav UV weviaiTijq, tk9r] (piköcffjoiv ivtavTÖq.
Der Sinn verlangt cl'T uv fi'ir loz' av. Das Letz-
tere würde bedeuten, dass der Goftesfriedo fortwährend,
mit Ausnahme der olympischen Festfeier, bestehen solle.
207, 21. Ein anderes Orakel, welches von der Einfüh-
rung des Kranzes vom wilden Oelbaume für die olympi-
Rclico Sieger handelt:
TcfiTS jijjksiov y.aQTtuv fii) 9tji; eut vlxij,
dkKa Tuv dygiov di^tCf/Tiifei y.uoitojSij ikactSv,
og vvv dfitfe^STai ksitToiaiv v(fd.o^iari dijdxvi]Q,-
Ist ekatViV richtig, so ist das Object auch hier
XCCgTtov. Wer wird aber die Frucht des Oelbaumes
allein zu einem Kranze gebrauchen ; und wer yuQilOV
XaQTloiöij sagen? y.a()7l6v für corrupt zu halten, ist
kein Grund vorhanden , zumal da der Anfertiger des
Orakels an die Aepfel der Atalante gedacht zu haben
scheint. So kann also ekaidjv nicht richtig sein. Es
ist ikaiov zu schreiben. Dass der Oelbaum hier statt
eines Zweiges vom Oelbaume steht , wird Niemandem
auffallen.
217, 23. heisst es von der Artemisia ETCearQdxEUOE
T(J} IleQOTj. Der Sinn erfordert ovreOTQdTtvoe.
A. Emjitrius.
Personal-Clir onik und Miscellen.
Schleswig-Holstein. An den Gclcbrlenschulen ilcr
Herzosjthümer Schleswig und Holstein sind um Ostein 1839
folgende Progiarnnic und Gelegenheitsscliriften erschienen :
1) Altena. Aosclijü Choiphori, Soplioclis Eiiripidisque Elcc-
tra , ideni aigiiinriituni tiactantcs, inter se coniparatae a F. 1'".
Feldmann, Phil. Dr., Gyninasii Reg. Magistro. 30 S. 4. Die
Abhandlung hat zwei Abschnitte. I. Qiiomodo argumentum ilhid,
quo fabulae nostrae continentur, ante tragicos sit Iraclatiim.
II. Aeschjli trilogia quid efficiat ad cctcravum fabniarum com-
paralionem. 2) Flensburg. Probe einer neuen l'eberset/.nng
des Horaz , nebst einer biogr.nphiscbeu Skizze des Dichters
von J. S. Strodtmann, Subrccior. Im Vorworte (p. I— VI)
wird kurz über tlic neueren Uebeiscizungcu der Horaziiclien
Dichtungen und die Schwierigkeiten des Gegenstandes gespro-
chen ; sodann (p. VII — XX.X) folgt Horaz's Leben, mit Gründ-
lichkeit behandelt. In diesem Abschnitte ist besonders zu be-
achten die Untersucliuug der Frage: Halle Horaz ein Landgut
in Tibur? St. verneint diess und veimuthet , der Dichter habe
als Gast oft in Tibur, besonders l)ci Maccen, verweilt, oder
er hatte auch ein Dcvcrsoricm oder eine Habilalio in Tibur.
Uebersetzt ist das zweite Buch der Oden. A) Hader sieben,
riirenrettuiig des Lucius Annacus Seneca gegen die Angriffe
Carl Ilolfmeister's von P. V o I <) u a r d s e n , Conieclor. Abthei-
lung II. 27 S. (Abth. I. ist als Ostcrprogr.inim 1838 crscbienen).
Die hier rejiciiten Aiigrilfc auf Seneca finden sich in der be-
kannten Sciuilt Iloniiieisters ,, die Weltanschauung des Tacilus."
— 4) Husum. Vermnthungon über die Tendenz des 10.37 in
der Nicolaisclien Buchhandlung zu Berlin erschienenen revolii-
tioiiären Socrates , nebst Anileulungen über des Socralcs Stel-
lung zur Demokratie von \). J. Beudixcn, Kccior. 72 S. 8.
Hierin ist enthalten eine gründliche Widerlegung und zum Tbcil
geschmacklose Pcrsillage der jetzt fast berüclitigten Scliiift.-
..Die Athener und Sokrales, die Gesetzlichen und der Revolu-
tionär von P. W. Forch liani me r. " Berlin 183.3. 8.
5) Meldorf. Dissertatio qua oratiimem quartam in Catilinam
nmi esse a Cicerone abjudicandani ilemonstralur anct. C.uW.
H. Kolster, Phil. Dr. et Schöbe Meblorficae Corir. 29 S. 4.
Bei dieser meisterhaften, schön geschriebenen Abhandlung ist
zu bedauern, dass die neueren Untersuchungen über die Echt-
heit oder l'ncchtbeit der vieijen Calilinarisehcn Rede nur wenig
berücksichtigt sind. — 6) Ren dsb u rg. D. A. F. Nhsenii de
vitis, quac vidgo Cornelii Nopotis nomine feruntur contia Lie-
berkuehnium — Poblniannianum aliosque disputationis parti-
< ula prior. 10 S. 4. — 7) Schleswig. Commcntatio gram-
nialica de appositionc von J. P. A. Jiingrlaiisscn , Rctlor.
S. S. 4.
Leiden. S. M. der König halte den verstorbenen Profes-
sor R e u v e n s auf dessen Vorstellung beauftragt mit der Aus-
gabe der auf dem hiesigen Niedcrl.indischcn Museum für Alter-
Ihümer benudlichen Monumenten. Zur Erreichung dieses Zweckes
wurden die erforderlichen Pressen und Alles, was übrigens zu
einer vollständigen Stenographie gehört, für diese Unternehmung
angeschafft. Unter der unmittelliarcn .Aufsicht ilcs Herrn Pro-
fessors übten sich auch zugleich zwei junge Kunstliebhaber
seit einigen Jahren im Abzeichnen der alten GrgenslUndc der
Kunst und brachten dieselben über auf Steinplallen mit lo-
benswerllicr Treue und Genauigkeit. Der Tod des Herrn Prof.
Reuvens, ein unersetzlicher Verlust für die Wissenschaft der
Archäologie, konnte auch für dieses Unternehmen nicht
oiinc Einduss bleiben; es wurde zwar unterbrochen, aber
keineswegs vereitelt. Herr Dr. C. Lee man s hat von Sr.
Maj. dem König den ehrenvollen Auftrag erhalten, das Werk
fortzusetzen, welches von Prof. Reuvens vorbereitet war, und
womit derselbe schon einen Anfang gemacht halte. Dr. Lee-
m a n s hat also einen Pruspectus herausgegeben für eine Sub-
scriplion auf dieses Werk , welches herauskomnicn wird unter
dem Titel : E^yptUche Mnnunienle des niederländischen Mu-
seums Jür yillertliiimer , hciausi^egeben auj Befehl der Uegie-
riing. Die erste Liderung war dermalen schon bis auf den
Tc\t abgedruckt und enthält 14 Abbildungen , in einem ge-
druckten l nischlag , worauf eine Ansicht von dem Saale der
grossen Egyplisclien Monumente des Museums. nDie erste Lie-
ferung,« — sagt Dr. Leemann am Schlüsse dieses Prospectus,
— »enthält die doppelle Pa|)ynis - Rolle« (Nr. 65 der Sammlung
Anastasy). Dieses in seiner Art einzige Manuscript , ist für die
Kenutniss der Alt - Egyptisehen Sprache äusserst interessant.
Prof. Reuvens hat es näher beschrieben in seinen Letlres d
Mr. Letronne. Eine getreue Abbildung desselben war also
wohl sehr zu wünschen. Kach diesem Manuscripte werden noch
einige Papyrus -Rollen folgen, sowie man sie schon auf Stein
gebracht hatte, ehe die Maassregeln für eine neue Anordnung
der Egyptisehen Monumente getroffen waren. Man ist schon
mit der Anfertigung eines neuen Katalogs bcfchäfligt : und so-
bald derselbe fertig sein wird, werden auch die Abbildungen
folgen , und zwar soviel möglich in der nänjlichen Ordnung,
welche in dem Katalog angegeben ist. — In dem Prospectus
sind, unter Amlerem, folgende Bedingungen gcjtellt: M.in wird
sich soviel möglich an den Katalog halten, nach einer Aus-
wahl der ■wichtigsten Gegenstände, oder auch solcher, deren
1151 1152
Inschriften auf einige neue 0(1er wichtige Umstände nnl beson- und Coplischen Papyrus- RoUen wird in 8. gedruclit werden,
dere Kfcbnisse hinweisen; A. Monumente in Beziehun;; auf ohne dass jedoch^ die Subscribenten werden verpflichtet sein,
Relisiou'nnd Cultus; B. Moniimcnle, welche das gcscllschaft- jenen anzunrhmrn.
liehe Leben betreffen- C. Leichen- und Grab Monumente. — Hudolstadl, Am 25- September wurde an unserem Gym-
Die Beschreibiiu" wird in Holländischer, oder auch du- die- nasium ein actus disputatorius gehalten. Die auTgcstcllten Tlic-
ienioen , welche solches verhn:;en, in Französischer Sprache sen waren: I. Convivium Platotiicum unius ari;uriRnti vinculo
ab'elasst sein • lahrlich sollen nicht mehr, als 50 Abbildun- arctissime connexum et summa arte compositum ist. II. Pbilo-
"en herauskommen, in gross t'olio, auf Imperial Velin, schwarz, sophorum geniis anliquissinium est. III. Pericics non habcndu»
"cen den Preis von 75 Cents. — Der Text der Griechischen est belli Peloponnesiaci auclor.
A n h ü n ff i g n m ff.
Schon an meinen Bruder wurile von den verschiedensten Seiten aus die Auffordcrnng' gesfellt, der ZcKschrift für
die .4lterthiinis>vissenschaft , statt der rein philologischen Tendenz, »vclclie sie von Anfang an befolgte, mehr eine
solche Rirlitnng zu geben , dass sie als Zcitsciirift für die gelelirten Schulen im Allgemeinen gelten könnte. Auch
ge-'en mich sind, seit<lem ich die Rcdaction dieser Zeitschrift ul)ernommen habe, dieselben .4nnordcrungen vielfach
uiederhult worden. Sotvie aber mein Bruder sich nie hat entschliessen können , diesen Anmuthungen nachzugeben,
so kann auch ich es durchaus nicht über. mich geuiunen, die bisherige Einrichtung und Tendenz der Zeitschrift
fur AlterthumsH-issenschaft abzuändern. Zum Beweise meiner Bereit» illigkeit jedoch , diese Zeitschrift für die
Fol^e auch den Gymnasien im Allgemeinen nützlicher nnd interessanter zu machen, beabsichtige ich, vom
Jahre 1840 an ein wöchentliches Beiblatt erscheinen zu lassen unter dem Titel:
Beiblatt zur Zeitschrift für die Alterlhumswissenscbaft.
Die Zeitschrift für die Alterthumswissenschaft erscheint fortwährend in wöchentlich dreiNumern, nnd an ihrer
Einrichtung wird durchaus nicht das Geringste geändert. Sic bleibt ausschliesslich der klassischen Philologie ge-
iridmet und dient derselben durch Abhandlungen und Recensionen. Das Beiblatt dagegen soll dem Interesse der
Gymnasien in ihrem ganzen Umfange gewidmet sein und theils .Abhandlungen, theils Recensionen das Gjmnasial-
wesen betreuender Schriften, theils Nachrichten über den jetzigen Zustand des Gjmnasialwesens enthalten. Dasi
freilich eine wöchentliche Aumer für diesen Zweck mit der Zeit nicht hinreichen wird, sehe ich wohl ein. Allein
es ist diess der erste Anfang und soll ein Beweis sein, wie gern ich bereit bin, eine Zeitschrift, die ich redigire,
möglichst allgemein nützlich zu machen. Den geehrten Herrn Mitarbeitern, die ja grösseren Theiles selbst an
Gymnasien wirken, glaube ich durch diese Beigabe nichts Unwillkommnes zu bieten, und den Hrn. Gymnasiallehrern im
Allgemeinen möchte wohl ein solches Blatt eine erwünschte Erscheinung sein. AVas aber diejenigen Herrn rtlitar-
beiter und Leser betrifft, welche nicht an Gymnasien angestellt sind, so stehen sie doch durch ihre gelehrte Rich-
tung diesen Anstalten durchaus nicht so fern, dass ihnen eine Beigabe in der beabsichtigten Weise unangenehm
sein könnte.
Indem ich diess zur Kenntniss der geehrten Mitarbeiter und Leser dieser Zeitschrift bringe, füge ich an alle
Gymnasiallehrer die ergebenste Bitte bei, mich zur Hinausführung des angedeuteten Planes durch geeignete Beitrage
gütigst in den Stand setzen zu wollen,
Darm Stadt, 29. Noicmber 1839. Dr. Karl Zimmermann.
MJa die Erweiterung der Zeitschrift für die Alterthumswissenschaft durch Hlnzufügung des oben erwähnten Beiblatte»
nicht ohne bedeutende >'ermebrnng der Kosten statlliiiden kann, so werden es die Herren Leser nnd Mitarbeiter
gewiss billigen, dass ich den Preis der Zeitschrift für 184u von (i Rthlr. oder 10 fl. 4S kr. auf 7 Rthlr. ,S Gr.
oder li fl. 12 kr. erhöhe, welche unierhaUnissmassig geringe Erhöhung man übrigens als einen Beweis erkennen
wird, wie bereitwillig ich meinerseits die gute Absicht der Redaction zu unterstützen und dadurch den vielfach
geäusserten Wünsrhrn der Leser entgegenzukouinicn strebe.
Bei Gelegenheit ilieser Zeilen, bitte ich diejenigen Herren Mitarbeiter, denen ihr Exemplar der Zeitschrift
nicht regelmässig zugekommen sein sollte, um gütige Benennung der Buchhandlung, durch »reiche in tlcr Folge
das Exemplar expcdirt werden soll, damit anangeuelime Stürangcn und 't'crzögerangcn inüglichst vermieden werilen
küunen.
Die Vcrlaß^sldirhhatidlung
von C. W. Leskt.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms Wissenschaft.
Sonntag j 1. Decemher
1839.
Nr. 144
Finden sich im Altertliuine Spuren des Boomerang?
oder:
Über die Wiirfwaffen aclys und cateia.
01)i(;e Fragte ist nach einem Berirhie in Poggendorff's
Annaieii der Physik und Chemie , Band XLV. Sdick 3-
(183^. jVr. 11.) p. 474 sq. in der irländischen Akademie
aufgestellt und von Samuel Ferguson in einer im Jahre
183y dort gehaltenen archaoloifischen V'orlesung behan-
delt worden. Deutsche Philologen «erden zwar jene
Trage ebenso, wie das in obigem Journal auszugsweise
initgetheilte seichte und oberflächliche Räsonnement des
Herrn Ferguson zuriickiveison, aber die von ihm lierbei-
{fezogcnen antiquarischen Gegenstände scheinen einer neuen
Untersuchnng um! Beleuchtung um so mehr zu bedürfen,
da die llauptgenährsuiänner Lipsius (Poliorcet. lib. IV.
«lial. IV. ) Salntasius ( ad Trebell. Poll. Claudium cap.
XIV.) und Turnebus (Adrers. XXX, 2I-) leicht darüber
hingleiten.
Der Bumerang ( Bnomeraiig) oder Keili ( Kilee) ist
eine australische Wurfwaffe, die, obwohl schon von ei-
nigen früheren Reisenden, z. B. vom Capitän King, be-
schrieben, doch erst seit 1837 näher bekannt geworden
ist und als ein interessantes mechanisches Problem die
Aufmerksamkeit der iMathematiker und Physiker auf sich
gezogen hat. Der Bumerang ist ein flaches Stück Holz
Ton hyperbolischer Gestalt, etwa drifthalb Zoll breit,
auf einer Seife ganz eben, und auf der anderen schwach
gewölbt. Von einem Ende zum anderen ist er in gra-
der Linie ungefähr drilthalb Fuss lang, und die Mitte
dieser Linie hat von der 3Iitfe des Instrumentes, oder
«lern Scheitel der Hyperbel, etwa einen Fuss Abstand.
Gehörig geworfen beschreibt er einen Kreis, kehrt um,
kommt (ruf den Werfenden zurück , geht sogar hinter
ihm fort und sucht abermals umzukehren , ehe er zu
Boden fällt. *)
•) Weitere Beschreibung der Bewegung dieses sonderbaren
Insliunicntcs sehe ni.in in der angcndiitcn Schrift nacli.
Dass das Ganze keine P'alu-I ist, dafür biirgt der Name
PoggendorfTs , wclcber bemerkt: uAls ich in diesem Som-
mer einige Tage in Dublin verweilte, wohin Swan Hiver
einige Buincrangs gesandt hatte , hatte ich Gelegenlieit,
den Gebrauch des Bumerang durch eine im Werfen des-
(clben geiibte Person aus eigener Anschauung kennen zu
Nachdem die Professoren Mac- Cullagh und Lloyd in
der Künigl. Irländischen Akademie in Bezug auf Mecha-
nik diese Sache näher beleuchtet hatten *), glaubte Samuel
Ferguson in einer am '>'2- Jan. 1838 in derselben Aka-
demie gehaltenen Vorlesung den Beweis liefern zu kön-
nen, dass die Eigenthümlichkeit jenes Instrumentes aucli
der cateja und aclys der romischen C'lassiker zukomme,
und die letztere wahrscheinlich einerlei sei mit der uy/.L'ijj
der Griechen.
Es heisst in dem dort mltgethoilten Auszuge der Ab'
handlung:
,,Die Hauptbeweise für die cateja liegen
1) in dem ihr von Silius Italicus beigelegten Epi-
theton panda und 'J) i« der von Isidor gep,ebenen
Beschreibuijg , in der es heisst : si ab artifice mit-
talur, rursum redit ad cum , qui misit.
„Die Hauptbeweise fiir die aclys bestehen
l) in der Identificirung der aclys und cateia bei
Servius ad Aen. VII. 730. 741., 2) in einem von
Valerius Flaccus VI. S)[). aus ihrer halbmondför-
migen Gestalt gezogenen Schlüsse, und 3) in einer
Angabe des Sidonius Apollinaris , welcher , indem
er sich , wie es scheint, auf diese Waffen bezieht,
sie als JVurfwaff'en beschreibt: quae feriant bis,
tnissa semel.
„Auf die Identität ron aclys und dy/.i-Xi] ist zu
schliessen aus ihrer etymologischen l ericandtschaft
und aus den Angaben des schol. von Eurip. Orest.
lernen, und ich muss gestehen, zu meiner grossen t^eber-
rascliiiug; denn die Bahn des unter stelcni Heruniwirbeln
erst horizontal dahinfliegenden, dann raseli auf'steigen-
deu und wieder zuriickkehrcnden Instrcmientes ist so selt-
sam und nach der Kicbtnng des Windes und anderen
Zufälligkeiten beim Wurf so mannicbfaltig, dass man sich
schwerlich , ohne es gesehen zu haben, eine ganz leben-
dige Vorstellung davon machen kann. In Dublin ist der
Bumerang bereits so gemein , dass er in L.adcn als Spiel-
zeug verkauft wird. Die Australier gebraueben den Bu-
merang, wie man mir sagte, mehr um Vügcl aus einem
dabinziebcndcn Schwärme zu erschlagen, oder um den
Feind , ehe man den Wurfspiess nach iiim wirft, in Vcr-
wirruii" zu setzen, als um damit nach einzelnen entfern-
ten (icgcnstanden zn ;;iclen , was auch fast unmöglich
scheint. Daher ist der Bumerang den Australiern auch
ein Ersatz für Boqcn und Pfeil, welche sie niclit kennen.«
*•) Im Phil. Mag. Vol. XII. p. 329 bat ein ungenannter Ge-
lehrter eine vollständige Theorie des Bumerang zu geben
versucht.
1135
11 56
1479. dyv.vKai tu d/.uvTia cirro vor irrijy/.v-
Am aujensrlieiiilirlislpii ist <lpr IMissgrilF lies Herrn
Fcrgiisou , »iciiii er in <|pr uyy.ikl der (irioclion eine
krumme Waffe siirli(. '.lyy.Lkt^ ist lirkaimtlitli der an
der Hütte iler AViirfnalFe angebrachte Riemen, mit wel-
chem sie rort;;e-ii'liiuinjren »ird, das amriituai der La-
teiner, i] kafj)) lov ay.ovxiov. Die Griechen unter-
scheiden dy.uvTia ra ei; dyytAijs uml to. tv. itinoc,
d(fltn(ra. Dann lirzeichnef das >V'<)rt auch die Mitte
des ^Vurfgpsrhiisses, »<> der Riemen anjjebrarht ist (Pi)l-
lux: TU ufouv TOI' dogo.TOi dyy.i'k}^ y.al tu igyov
ivayy.vtJZtadai , v»rgl. auch Pollnx 1, l3ii.) und dann,
pars pro toto , das ganze Wurfgesilioss ; daher die üfters
vorkunmiende Erklärung: tldoc, ä/.üvziuv , Knstalli. p.
344, 13- p. •'■lU), 3Ö. lind die für solche Wallen gleich-
falls übliche Benennung utaayy.L'Kuv. Es »iirde jener
Riemen dyy.it.r genannt, weil er einer Schlinge glich;
alle ähnliche Schlingen und Ocsen werden von den
Griechen dyy.vl.ai genannt, z. B. an den Schiffen die
Bänder, durch welche das Ruder gesteckt wird (wozu
vorzüglich eiserne Haken uy/.ui, (>'///n;i dienten) ; daher
zu erklären Enrip. Iph. Taur. 14US.
dtj.o- £>i ,77.£zr«f itavfj'iTTiv dyyi'kai q,
d. h. andere banden Stricke an die Ruderüsen, um so
das Schiff an das Land zu ziehen.
Die daron abgeleiteten Verba evayy.lXtilfOt^cil (kvayy.v-
kulndai) und ötu.y/.vkiZ.l.n'&cu [dlay/A'XeiQ&ui) bezeich-
nen d:is Hinein<fre'\(pn oder das Z)«rcAgreifen durch jene
Schlinge , lim «las Gesclioss fortzuschleudern. Hesvch.
erklart es durch ivf^'oai Tuig dayTi'kui's rai^ dyy.v-
kai^, cf. Ol id. 31ctam. XII. 321. inserit amento iligi-
tos , — nee plura moratus in iuvenem torsit iaculum.
Es war diess für jene AVaffe das feststehende Commandu-
nort für: macht euch fertig (Xenoph. Anab. V, •> , 12.
IV, 3, L'S.), daher die Grammatiker es auch erklären
avTt TUv' tTOltiov eivui. Dass die Griechen dann jene
Verba auch mit einem Objectaccusatii- d.y.uVTtuv verban-
den^ kann nicht befremden. Wenn an der von Ferguson
angefülirten Stolle des schol. ad Eiirip. E^ijyyvkioHui
richtige Lesart ist, so lieisst 1.71 ay/.Lt iCeodai dort: das
Gesthoss mit einem Sihwungriemeii versehen, was jedoch
bei Xenoph. Anab. IV, 2, 2>S. und Dioilor. XIV, JT.
durch ivaywl (Kl) bezeichnet wird.
Ebenso willkürlich ist Ur. Ferguson mit den lateini-
schen Wörtern aclis (advs) und cateia (cateja) verfahren,
üb er arivs etymidogisch mit «yxrA»; zusajiiinenstellen
durfte, ilarüber wollen wir nicht streiten — auch Turnebus
Advers. XXX, 21. leitet arlis von dyv.vki) (z::z dy.üi'ctuv)
ojler vielmehr von einem Deminutiv dyyi'/.L ab; da in-
des« cateia ein gallisches oder germanisches Wort ist, so
könnte vielleicht der Name der ähnlichen, gleichfalls
ausländischen AVaffe aclys auch fremdläiidisclicn Ursprungs
tein *) — aber durchaus iliirfte er nicht seine irrige
•) Man könnte es fiir ein Deniinulivnni b.illcn von dem >,i-
inen cimr anderen Rcrm.ifiisclicn W.iirc, welche Sniil.is
üyywH; nennt: üy/oiyti;- /TnxUQtu (Joyaici Jluf« ^piJjj-oi;.
Euslatliiuä. Jj-j^wi. (^viil-o üyyov') üdoi Ai'i^uxotfQuyyiy.ov.
Da jenes üyyotr das deutscliv Haken zu sein icoi-ini , so
Vorstellung von der dyy.vXii auch auf die aclvs übertra-
gen. Es lässt sich nicht im entferntesten eine Aehnlich-
keit der aclys mit dem Bonierang nachweisen. Denn
die Eigendiümlichkeiten jener AVallc, welche Servius ad
A'irgil. andeutet, sind von ganz amlerer Art.
lieber die besonderen Eigenschaften der aclvs,und
cateja finden wir bloss bei den alten Grammatikern einige
Motizen. Mach Ihnen sind es Wnrfwaffen der gallischen
und gerinanischei) A'olker, die mit Hülle eines längeren
Riemens nach der Entsendung wieder zurückgezogen wer-
den konnten. Leider aber finden sich bei den übrigen
Schriftstellern des Alterfliiims keine deutliche Angaben,
die man denen, welche die Glaul>w nrdigkeit jener Gram-
m.itiker bestreiten möchten, entgef^enstellen könnte. Doch
wir wollen jetzt die einzelnen im Alterthunie zerstreuten
iVofizeii hier sammeln und tlieils die .Stellen, wo die
Wörter aclvs und cateja sollen vorkominen, tlieils die-
jenigen, wo nach unserer Meinung von jenen Waffen die
Rede ist, hier behandeln.
Bei Virgil Aen. VII. 730.
teretes sunt aclides illis
tela , sed haec lento mos est aptare llagello.
erklären Turnebus unil de la Cerda das flagelliim einfach
durch ameutum, und aclis durch iaculum amentatum.
Auch Nonnius rap. XIX nennt die aclis bloss ein iacu-
lum breve. Es lässt sich nicht läugnen, dass ein Dich-
ter für amontum wohl füglich flagellum sa^en konnte,
mithin wäre aptare flsgello so viel als tvayv.vkuv bei
Xenoph. Anab. IV. 2, 2iS. und Diodor. XIV, 27. Aber
die übrigen Erklärer des Virgilins folgen dem Servius,
welcher bemerkt : aclides sunt tela quaedam anti(|Ua, ade«
ut nee usijiiam conimemorentiir in hello. Legitur tarnen,
(Jiiod sint clavae cubito semi^ factae eniinentibus hinc et
hinc acuminibiis quibnsdani: quae ita in lioslem iaciun-
tui- relig/ttae loro vel Uno, ut peractis vulneribus pos-
sint redire. Der folgende Zusatz: piitatur tarnen esse
teli genus, qiiod per flagellum in immensum iaci potest,
beweist freilich, dass Servius keine zuverlässige Kund«
von der Sache hatte, und es läge somit der Argwohn
nahe, dass die ganze Angalje nur eine fabelhafte Traili-
tion sei , die auf einer falschen Relation von dem länge-
ren ainentiim der Wurfgeschosse der Barbaren beruhe.
Denn auch das amentnm scheinen die Römer zuerst an
den Wurfspiessen der Griechen und Barbaren gesehen
zu haben.
L'ebrigens ist die Sache an sich nicht unglaublich,
denn wohl lässt sich bei jenen rohen Kriegsvölkern eine
solche (lewanilfheit voraussetzen, dass sie ein Wiirfge-
»choss mit Hülfe eines Riemens künstlich wieder auf-
fangen uikI von Neuem absenden konnteii. Ich erinnere
miih irgendwo gelesen zu haben, dass die italienischen
Banditen die Fertigkeit besitzen, aus der Ferne Jeman-
den mit einem Dolche zu verwunden, den sie an einem
Kiemen fortschleudern und schnell zurückziehen. Auch
der Zweck leuchtet ein, ilenn tlieils wurde durch <las
Zuräckzicheu des vermuthlich mit Widerhaken versche-
ist vielleicht tra;;ida eine wörlliclie Ucbcrsetzung von .iclis,
da ja auch tragula gewöliiiiicli von Iralia, der Haken,
abgeleitet wird.
1157
nen fioscJiossps pino iloppoho Ver« uniliinjj niiiglicli, iJipils
ilic «liirrh ili-ii niaiif;«'! an Eisen *) gpliolciif üfkononiic
erreicht.
Ans <len übrigen Stellen, »o arlys vorkommt, kUui-
lieh Trel.ellius Pollio Cland. r. XiV, der unter ilen
Waffen, die einem Kriegsobersteii als Ehrengeschenke
zn;;etlieilt waren, dnas laiiceas herciileanas, aclides duiis,
falccs duas mit aufzählt, aus Sil. Ilal. III. 36'.'.
AcWde nee tenui pugnax instare veruto.
VIIJ. 552.
Arlydis usus erat factaeijue ad rura bipennis.
Val. Fl'acc. VI. W.
Nee procul albentes geniina ferit acivde parmas
und Sidonins Apolhnaris panegvr. ad niaiorianuni II, 8.
Enno rnit aclide fossus
lasst sich «enij; entnehmen. Es fragt sich bloss, wie
das bei Valeriiis Flaccus dabeistehende Epitheton gemitia
zn erklären ist. Höchst wahrscheinlich ist es auf die
do»/Jf/schneidige , der Pfeils]iitze ähnliche, eiserne Spitze
zn beziehen, denn Statins IV. nennt dreieckige Pfeil-
spitzen lergeiiiini , oder es ist von ilen beiden AViderhaken
an der Spitze zu »erstehen, welche bei den ^Vaflen der
Germanen sehr liblich waren. So sagt Agalhias von den
schon oben beriihrten und mit der aclis verglichenen an-
cones der Franken : brevia tela, qnae Franci anconas vocant,
in superiori ferro tanqnam hanii utrimque sunt et deorsum
vergunt. 31an vgl. auch Ä/pennes ui\A ötßoKic. der Germanen.-
De la Cerda ad Virg. dagegen vergleicht die oben aus
Trebellius Poll. angeführte Stelle duae aclides, und
meint gemina aclis sei so viel , als bina aclides. Ihm
schwebt dabei verniuthlich der römische Gebrauch vor,
nach ivelcheni zur UewalTnung des Soldaten zwei pila ge-
liörten, was VIrgil auch auf die barbarischen Völker
übertragt, cf. Aen. I. 313. VII. 68T. Vlll. (i61- XII. 1H5.
Zu einer anderen ^>rmu(liung könnten IVIünzen fähren,
auf denen (cf. Jar. Oiseli thesaurus nurtjismatuni Tab.
LXI, \>. XC, 7. CV. 2.) Wurfgeschosse abgebildet sind,
die oben und unten eine cnspis haben. Was aber Herr
Ferguson aus dieser Stelle herausgelesen haben mag, der
von „einem vnn Val. Flaccus VI. M'J. aus der halbmond-
fürmigen Ges alt der acbjs gezogenen Schlüsse" spricht,
kaim ich nicht absehen. Die ganze Stelle lieisst:
Nee procul albentes gemina ferit aclvile parmas,
hiberni qui terga Noae gelidumqiie secnri
eruit et tota nun audit Alazoua ripa.
lii diesen Worten wird ja doch nichts Anderes, als die
nördliche Lage jenes Volkes bezeichnet, welches den
Rücken des winterlichen Noas und den eisigen Alazon
mit dem Beile aufhauet (zum Belinfe lies Fischfanges)
und nirgends den Fluss rauschen hört.
Caleia kommt vor bei (icilius X, 25, wo es unter den
verschiedenen Arten von Wurfwaffen mit aufgezählt ist,
ferner bei ^'irgil. Aen. ^'11. 741.
teutonico ritu soliti torquere cateias.
Sil. Itah in. '277.
panda manus est armata cateia.
*} Tac. Gcrni. c. VI. Pie rcrniin mijue
j;encre teloiuni colligitur.
iipercst , siciil ex
1158
Val. Flacr. VI. R3
et puer e primo torquens temone cateias.
Servius bemerkt zu Virgil: cateiae sunt tela <;;il|ic.i, unde
et (eutonicnm ritum dixit. Cateiam qnidnni asserunt teil
genus esse fale, qnale acliiles sunt, ex niatcria quam
niaxime lenta, cubitus lungitndine, tuta fere davis fer-
reis illigata, quam in hosteni iaculantes lineis , quil/ua
eam adnexuerunt , reciprocarn faciehant. " Cateiae antem
lingua theodisca haslae dicnntur.
Isidnrus XVIII, 7. clava , qualis fnit Herculis, dicta,
quod clavis sit ferreis invicem religata, et est cubito ük-
mis facta in longitndine. Haec et rpteia , quam Dorca-
tius *) raiam **) dicit. Est enini genus gallici teli ex
materia quam maxime lenta, quae iacta quidem non longe
propter gravitatem evolat, sed quo pervenit, \\ nimia
perfringit. Quod si ab nrtißce 7nittatur, rursus ad eum
redit , qui niisit. Iluius ^'irgilins memiiiit : tentonico
ritu rett. L'nde et eas Hispani et Galli teutonas ***)
vocant.
Donutus ad Virgil: hi omnes imitati Teutonas mitte-
bant, telorum species, quae cateiae dlcehantur , erantque
hastae angusto et brevi ferro.
Papias : cateia lingua Persarum est sagitta harbulata
sive hasta, qua utebatnr Hercules; erat enim cum ügu-
lis catenarum , et quando eam proiii iebal , iterum cum
catennia retrabebat.
AVenn Papias in den eben genannten Worten die ca-
teja dem Herkules beilegt, so ist diess ganz in der Weise
-ler Alten, welche jede ihnen auffällige und merkwürdige
WalTe eine Herkulische nannten. Darum aber wird man
auch berechtigt sein, unter den bei Trebell. Poll. Clautl.
*) So ist mit bipsiiis zu schreiben statt Horatius Den Dor-
catiiis erwähnt Isittiir auch XVII, .H9
**) Lipsiiis Poliorc. IV, 4 p. 179. will statt caiam lesen ca-
vani , was, wie er sagt, in eiiiim codex sich Iin4ct Kr
vergleicht ilicss mit ileni bei Siliiis Italiens lier cateia bei-
gelegten Epitlipton panda, weil hohl nn<l krumm auf Kins
liinauslanfe. "Walirsclieinlicli bat rr durcli diese Bemer-
kung Hrn. Ferguson auf die unpliicklieben Spriingc gc-
liollen. Aber panda ist wohl mehr auf das zu einem
krummen Haken gebogene, lu llenbarclonartige Eisen an
der Spitze der cateia zu beziclien. Denn Sidnnius Apoll,
paneg. ad Maiorinnniu lib. IV. ep. 20. spricht von lan-
ceis nncatis. — W(dltf man cavam vei lliciiligen, sn könnte
man damit die Bemerkring des Hesjcbiiis in Verbindong
bringen: uvi.viziiv. uvlovc f/ovauv. SojoxhiQ di ujv
liyyuv triv /iitnoK»' uv).)!jniv ttutv , ii"d die kiiline Verniu-
Ibimg aulVlellen, dass die caleia bohl, ni.d in dieser Höb-
bing der Riemen geborgen gewesen sei, n.it welchem das
Gcschoss zuriickgezogcn wnril.', Griildiis hat statt caiam
vorgeschlagen caiam , am nacli-ten laue clavam zu con-
iiciren. Aber Salmasiiis ail Tr.l.ell. Pull. Claud. cap XIV
bat das caiam binrriclieiid vertlnidigl. Er sagt: Caja est
vetiis verbiiiii . quud liistem aiit clavam aiit baculum
significat , unde (ajnre pro verberarp dicebant veleris.
Er berult sich aof Fulgenliiis in libro de conlinentia Vii-
siliana . wo es heisst: nam apiid nntiquos cajalio iliceba-
tiir piierilis caedes, lind auf Plaiiliis in Cisteliaria : quid
lu aniicam times, ne tc maniilpa cajel ?' Cajaie igilnr est
verheraie et caedere 3 caja scilicet , 'quae fnstcni signi-
ncat.
'") Vulgo fculoiioi, ein cod. dps Lips. tpat.nnos. Obige rich-
tige Lesart bieten codd. Giid. 1. 2. Vgl. auch die unten
anzuführende Stelle aus dem Glossarium des Aelfricus.
1159
1160
i: XIV genannten lanceac herculeanac rafpjae zu ver-
stehen. Ja, man könnte sich versucht fühlen, bei So-
phocles Trach. 511, wo es von Ilerknles heisst :
() öf Jjay.-/iic'.g linu
r;Xde crah'vTova Oijßaq
TuSa y.ai kuy/^aq ^o-ttoImv ts Tivaoaujv
an jene lancea^. hercnleanas zu «lenken , znnial ila anch
<Icr Scholiast von einer Lanze lies Herkules spricht: acp
laTüuicu (ftjoi }.oyxi;v ix^i'' tov '/Joc./.Kiu , niiil Ile-
svchius s. V, av}<oj:Tt~; von der in Sophocles criviihnten
ij f^iay.ou Ko'jfl] [/loayXcoiKl] redet. Aber da, soviel
ich i»eiss, «eder auf ßilduerken, noch bei Scliriflsiellern
eine Lanze des Herkules vorkommt, so stimme ich lirunrk
bei , der roi« y.at /.oyj(Ui arcun» et sagitlas erklärt
nnil Eurip. Hercules für. IIUI. vergleicht, «o die- Pfeile
des Herkules t'/X'/ TlTEüujTU genannt werden. Und
zwar ist diess keine poetische Hyperbel, denn die Pfeile
der Parther und der Scvtlien, deren Zögling Herkules
in der Runst des Bojenschiessens ist, sind von so enor-
mer Grösse und Kraft, dass sie füglich Lanzen genannt
werden konnten. 31an sehe die Zeichnungen auf iMün-
zcu (cf. Oiseli thes. nuniism. XX, ().) und die IJeschrei-
bungen der Schriftsteller (bei Suidas »Verden die Pfeile
der Araber ä.vdoouij/.r, genannt). Darnni konnte auch
Aeschvlus Chocph. Irtl. das Entsenden der scvthischen
Pfeile durch i ^ irr ukks l v ßt/üj TtuKiVTOva ausdrücken.
Wenn aber bei Gellius IX, II. von einem Gallier,
der nbermüthig die Römer zum Kampfe herausfordert,
gesagt wird: «lux Gallorum vasta et ardua proceritate ar-
inisque auro pracfiilgentibus grandia ingrediens et manu
telum reciprocans incedebat, so möchte ich diess für die
Hauptstelle erklären, in »velcher sich eine ileutliche Spur
von dem Gebrauche jener Walle findet, denn das reci-
procare telum ist offenbar auf das Zurückziehen des
Wurfgeschosses zu beziehen , worin der Gallier vor den
Augen der Römer seine Gewandtheit zeigte. Servius
bezeichnete ja ebenso das Znrnikzieheu der cateia durch
reciprocam facere. V'ergl. auch reciprocare serrain, und
die von Varro de 1. 1. VI. 5. gegebene Erkl.'irung von
reciprocus: reciproca est, quum undc quid profcctuni ,
redit co. *)
Wenn es bei Ammianus Marcellinus XXXI, 7, 12.
heisst: barbariquc ut reparabiles scrnper et celere» in-
gentes rlavas in nostros coniicientes , könnte mau das re-
parabiles auf die clavas beziehen und somit an die zu-
*) Man könnte sich versucht riililrn, auch die bri Foslus
p. 229. cd Lind, aus Jer .\8trnba des Plaulus ciliilen
Worte:
quasi tollenonem aut pilimi graccnm reciproces plana via
in Vcrgleicli zu /leben. Aber e» lassl sich nicht jjut ab-
sehen, weiche Acbnliclikeit die Hi'wei;niig eines lininnen-
balkens, der j.v einen be-^omleren Stiilzpunkl vcrlanfjt ,
• mit dem Gange jener Waffe li.ii)en könne, ;iricli pilum
graecum zeigt, dass von der cnh-ia nicht iV\r Rede sein
kann. Ein «eiler unten anziifiilirendcj rragniriit des Ac-
cins reciproca lendens - tela ist von dem scytliischen Bo-
gen zu veislehcn, den Philoctet von Herkules bekommen
hatte.
rückgezogenen und immer von neuem entsandten cateiai
denken.
Die aus .Sidonius Apollinaris von Ferguson angeführte
Stelle ( panegvr. Jul. ^'alerio 3Iaioriano Augusto dict,
V. 402.) üeisst:
tum concitus agmino toto
in pugnam pirata coit; pars untre cavafa
iani dociles exponit equos, pars ferrea tcxta
concolor induitur, teretes pars explicat arcus
spiculaque infusum ferro latura venenum,
(pine feriant bis missa semtl.
Hier sind aber unter <leii spicula oflenbar die vergifteten
Pfvile zu verstehen, deren doppelte Wirkung, die me-
chanische und die dynamische, nämlich die A'erviundung
und die AVrgiftnng, dichterisch durch das bis feriunt
ausgedrückt ist. *) Kaum wird also Jemand hier mit
Ferguson an eine besondere Waffe denken, durch deren
Zurückziehen eine doppelte Verwundung verursacht wor-
den sei.
Das Wort cutejii, welches Dunatus Ars Gramm, III, \.
eine barbara lexis nennt, soll nach Servius der lingua
theiidisca , nach Papias der lingua Persarum angehören.
Aelfricus im glossarium saxonioum sagt: ,,categia i. e.
telum, zeijceor , an einer anderen .Stelle: dava vel ca-
teja vel teutona, aneij cynneij zeyceor i. e. genus teli.
jMacpherson in Critical dissertations nn thc Caledonians
und Bullet Dictionn. celtique II. p. 28(i- nennen es ein
celtisches' Wort. Nicolaus Specialis de rebus Siculis
VII. 5. sagt hie vero clavam rotans , quam Galli cateyam
vocant. Der Dichter Abbo, der in seinem lat. Gedicht
de hello Paris, öfter rateja gecraucht. erklärt es in dem
beigegebenen glossar. durch darilum, d. i. das latinisirte
le dard. Voss im Efymologicon vergleicht die in der
Geschichte des Mittelalters als Belagerungsgeschütz oft
genannte Katte. Genügender Aufschluss über die Ety-
mologie ist vielleicht in den nächsten Heften von GraH"»
althochdeutschem .Sprachschatz zu erwarten. Diefenbach
in der Schrift Celtica p. 118. verweist auf Armstrong,
Spcner Germ. lUö- Cluver. Germ. 324-
Schwerin. C. Wex.
Personal-Chronik und Miecellen.
Aachen. Das Programm des hiesigen Gymnasiums enthalt
eine Alilxndhing von Oberlehrer Dr. Oebeke, qnacstiones
floratianae fasc. I, worin mehrere Slellen der Oden iheils an-
ders erklart, thcils cmendirt werden (I, .3, 17 tö. \, 4. 19 sq ,
wo stn|ieb,int zu lesen sei, 1, 1 , 7, wo Irondcs vorgeschlaiien
wird, I, 12. .^3- 3ö— nobililatem fiir no!>ilc letnm — 1, ,S7,
21 sq. — reroeavit st reparavit;. Die Z.tlil der SchöliT betrug
am Sclibissc des Sclinlialires 257, von denen LS zur Univcrsiiät
entlassen winden Dem Candidat L. ICoerfer ward die Siell«
des verstorbenen Lehrers C Hicharz definiliv iibcrtragen.
*) Es könnte aucli die Eisensehaft der Pfeile ansedeiitet
sein, von der Die in relins I.iicidli contra Tigi-ancm IIb.
.XXXV .spricht: xal ^f tk nmu/iiiiu /uhnä xui 5u%{ttTa ,
Tcü; 1* yv-o uaCni 'dmha'tq f/oüji'TO xtii 7iQnt;tii xa* ^ff^ij-
finiror uiitäq , euffif tk (li).!}, nii ififtivui nij lolc ow/iko»',
»irf >.ui jS/>Ixo»to, tuyioTU StokXuvut , to J-KJ •TifOl' 011?/]-
^lov iVtoi; iyxaTtX^XnTito,
Zeitschrift
für die
AI terthu ms wissen Schaft.
Mittwoch, 4. Decemher
18 39.
Nr. 145.
IL
lieber -rö^a Ttaklvrova.
Ucber TuSa iraXivTOva hat sich in unseren griechi-
schen Würferbiichern und Coinnien<aren cm alter Irrthuni
fortgepflanzt. Alan sagt, der Bogen heisso -TzakivrovCi
ron der xurücksclinellenden Sehne. Weil aber diese Be-
deutung au drei Stellen, II. X, 459. Od. XXI, 11. 59,
nicht passen nollte , nahm man noch eine zweite Bedeu-
tung an: der aögespaKiite, ruhende Bogen. Passow ver-
«iichte beide Bedeutungen auf eine ziinickzufiihren , und
erkl/irte es: der elastische Bogen. Alle drei Annahmen
halte ich für falsch, denn selbst an den Stellen (11. VIII,
'2(t6- XV, 44305 "" "^s ''f"" zurückschnellende Bogen
heissen soll, ist diess auf jeden Bogen passende Epithe-
ton nidit zul,'issig, neil dort olfenbar eine besondere Ei-
genthümlirhkeit des Bogcns des Teukros (6 rot Truge
(J)oi/jOi ./TluKkujv) bezeichnet werden soll.
Tota TraXlvTuva, d. h. der Bogen, der eine
nochmalige (entgegengesetzte) Spamiung hat, ist der
•scjthische Bogen, der an beiden Seiten noch einmal auf-
wärts gebogen ist, durch welclie doppelte Biegung die
Spannkraft bedeutend erhöht wird. Noch bis auf deu
Jieutigen Tag haben die Bogen der Baschkiren diese
AVindung, und die Sehne ist nicht an den Endpunkten der
ersten Windung, «o bloss eine Kerbe, in welcher die Sehne
lauft, angebrariit ist, sondern an dem Endo der ansiiärts
laufenden Homer befestigt. Auf alten niünzen, auf denen
der Bogen des Herkules, oder auch parthische Bogen
dargestellt sind, findet man ganz dasselbe, nur mit dem
Unterschiede , dass auf den antiken Darstellungen in der
JVlitte des Bogens , wo die beiden Theile desselben zu-
sammengefügt sind, die sogenannte regula tiefer einw,'lrfs
liegt, was eine nochmalige Rrümmung des Bogens zur
Folge hat, auf welche Krümmung aber das TraKiVTOVov
sich nicht bezieht, denn die regula liegt bei den unge-
wöhnlich grossen Bogen der Parther und Scvtlien nur
darum mehr einwärts, damit der Arm, der den Bogen
hält, nicht zu sehr ausgestreckt werden muss.
Die richtige Erklärung ist schon bei Eustathius an-
gedeutet, p. 375, 8. TovTO öh doy.si itaga rtf) 'Hoo-
duTo) oxiil'/v ix^^' kiyiov yug {VH, 6vt.) oii tu^c.
TTakiVT uva '.-/gäßioi d^ov, Öidvjaip virovosiy, w-;
Ol' Tlclv XUtOV ÜTltw; TrakliTOlÜv iCTtV, aKkr). TU
ii'i nXeov o^/o-oj ry dveaei *) gai/n/jov fitvov
*) Bei diesen Auädrücken liegt die Vorstellung von einem
xal olov ^aftagov/iievop , ÖTCoea itoWa ev xoii
ti^viy.oii; rüioi^ (faiviTai ei'g in y.ai vvv. P. 712, 10.
7iaKiVT0va öh öoy.si (.ihv atia.vxa üvai xa rot«-
'HgoöoroQ öe tTiicmjcraq r/vi tdvsi nakiwova ro^a
i/ovTt, vTreßaXs voeiv fiij TCäv zotov Ttakivxovuv
liittL üizkvji;, uKku y.vQiox; xal /läkiaxa xo y.ax'
EiriTua i V £ fjTT aktv xstv o fiev ov , v'jg y.ai üvtuj
y.l'y.koxigtg yiyvEai^ai, r, y.ai olkkuji (pgäcrat, tu Sit i
doixega fiigii xkivö/^iEvoVy uji cpaariv oi Tzakaioi.
Schol. Bekkeri: Jt akivxova' eii TOViziöO} xei-
vouivujv , (löog de xo^eiag.
Hesychius: ■Tzakivxova' ÖTIta^UTOva , 7j inl
9üxEga TEivoitf.va.
Ebenso deutlich ist die Beschreibung bei dem Ma-
thematiker Hcro Ctesibii im Eingange seiner ßEkoixuLia.^
nur beilürfen die Worte einer kleineren Emendation.
B'aCöf4Evo/ ydg ii^anucixikkEiv 8i avxojv (vulgo
Sia Tojii) uEit^ov Tt ßikoi; y.ai iiii itkEiova xönov,
avxa j.iEiL,ova ettoIovv y.ai xovg ev uvrotg xuvovc^
kiyoj d); xui EX xuiv üy.oajv y-dfilp sig, tovt'
EOTiv xu<i ex xajv y.EguTUjv OxokiuTijxac. *)
ex ToiTOv Se ovveßaivE ö vctt eedojq xafnzx ufxe-
pvjv ai'xoiv f^ie/^oi'Oi 8vväuEu)Q öeia9at j; t);^ yivo-
HEviji; ö.nu xv,L, letoug EktEVt^. **)
Bei Athenaeus X. c. Sü. p. 454 C. wird die Gestalt
des scvtliischen Bogens passend mit einem .S lerglicLen.
Denn die Buchstaben des Namens SH^E Y^u werden
»on einem dygäf^tuarog so beschrieben:
ygacpijg 6 TtgoJTog ijv fiEaö/^icpakoq xiixkog-
ögdoi xE xavöveg ei^vyvifievoi 8vo-
}l y. V t) i x lij xo xui;u) to xqIxov r,v irpoi;-
£ fx cp e Q E c.
ganz fjcwolinlicbcn Bogen zmn Grunde. Ein solcher wird,
wcnij er rulit, :ibi,'cspannt ist (üviai(;)< einer grailen Linie
gleichen, und wenn er gespannt ist (inlcuaiq) in allcii
seinen Tlieilcn einwärts gebogen sein, aber der scythische
Bogen mit seinen auswärts gehenden Hürncrn am Ende
ist sowolil bei der liiiaii;, als de» inlvaatq an seinen End-
punkten noch auswärts gebogen.
*) So, glaube icii, nuiss man eraendiren statt axh^gnTtiruf ,
was in den üüciiem stebt. Vergl. Plutarch im Crassus:
U7ti> Toioif y.Quif.iöiv xui /if/dXoiv xui i'; oi!oAtoT7;Tt trj^
XK/cctj:; i,t'uyxiia/ir'iov lö ßii.Oi unoaTelhiiToiv.
**) lieber die Vorkclirnngon zur Spannung der grosseren
Bogen sicfee die Stellen bei Schneider ad .Xenopb. Auab.
IV, 2, 28.
1163
1164
Hier iliirftp Ciacronins unil Giiller ail Tliiirvcl. I. r. fi.
nicht an die spSfprc Gestall <les Sij;iiia C (lenken, son-
dern es ist ^ ;;enieint, freilirh alier in der Gestalt, wie
es auf den alten Insrliriften sich findet (^) *) , tvobei
man norli hinzudenken miiss, dass licini Selinellsdireibcu
die siharfen Ecken sich nntvillkiirlicli ahrnndeten. Deut-
lich pellt diess hervor aus den beiden anderen loii Athe-
näus ebenilaselbst anfefi'ihrten Variationen desselben Cuch-
«tabenspieles , in »eichen der liucbstabe ^ mit einer
gewundenen Locke verglichen ivird:
tqi'tov de fjoOToi'^ö: tiq (ijs; elXtyusvoQ.
und Toizov ö tkr/.ro} lioOTOVX'P ■^ooit/Kfieot-:.
Bei den alten Gec>;;raphcn ist es herkömmlich, die
L'fer des Pontus Euxinus mit einem scvthischen I5og;en
7U vergleiclicn , cf. Strabo II. c. 5. p- Ut'l. Tauch.
Amniiaiius x'Warcelliniis lib. XXII. r. 12. (cap. VIII. JJ. 10)
und c. JS. (cap. S. g. 37.) Pomponius IMela I, l'J.' §. 6-
Val. flacc. lib. IV. '
al(jue hac Europam curris anfractibus nrget,
hac Asiam , Sovthicuni specie sinuatus in areum.
Doch kann uns diese jNotiz Nichts nützen « ila »vir
Jiüchstens umgekehrt die Vorstellung der Allen von dem
Pontus Euxinus daraus abnehmen künnlen. Bemerkens-
werth sind bloss bei Slrabo die Worte : ti]V 8t küiTihv
'{ioiy.ivai) tiü y.ioaTt ruu T6i;ov diTri-v eyovii xjjv
B7Viatoo(fiT,v. Die ziemlirh schwer zu verstehenden Worte
des Ammianus an der zHcilm Stelle: id adnionenles,
quod cum arcus omninm gcnlium llexis curventur hasti-
]il>us solhici soli vel parthici circnmductis ulrinique in-
Irorsus pandis et palulis cornibus eli'igiem Innae decres-
rentis ostendnnt , uiedietalem recla et rolunda rej;nla di-
videnle kannten eher eine dem Bisherigen ivi(l<Tspre-
chende lurslellung erwecken; denn die Worte bekommen
erst dann einen Sinn, wenn die Hürner des Bogciis einem .^
gleichen, h eiche ilurrh eine regula verbunden sind - --; dann
fehlt aber gerade das Charakleristisehe des scTlhischen
Bogeng, die aus» Art» gehende Krümmung am Ende der
Hürner, und die unuesentliclie, die Ivrümmung nach der
regula hin, »are als besonders bedeutsam hervorgehoben.
Ich halte mit Spanlieim die Stelle für verderbt.
Die Stelle bei Terentianns Maurus p. 23bO' Putsch,
uervis niollibus invirem
iunrlus in teretcm slruem ,
reu Partlius solet aut Scjlhes
arrus cornibus extimis
levem nedere liiieam.
scheint sich bloss auf die materiellen Beslandtheile des
Bogeng zu beziehen, keineswegs aber auf die Gestalt
desselben, wie Valesiiig meint.
Einen solchen scvthischen Bvgcn bat Herkules. .Apol-
lun. Rhod. I. yy3-
'Jloay.kujq, 05 dt; ocpi Tiakivzovo v aitpa xa-
vvaaao,
rö^ov eiTaaravTegovi nikaoe ^dovl.
*) Für obige Frasje ist es iiiclil von Bedeutung, d.iss die
iir-prüni;liche Gestillt des Buchslabcns die iiingedrclitü {^)
war. Wenn Olliicd Mfillcr F.triisk. p. 307. jenen Vei-
ijeicli bei Atlicnarus aid eine andere Gestalt des Sigma Z
bciicbt, welche aus dein pbiiniziscbcn Sain entstanden
ut so kann ich ihm hieiiu nicht beistimaien.
Soph. Elcrtra v. 5I1. ö 6h Bav.X^iai dno ijk^e
7t akivT u V a üijfia^ t ü i: a — Tivdoaiov.
Darum sagt von ihm Tlieocrit Xllf, ."j.ö. Mdivi-
T/OTi kaßujv soxäii-^ia rdta, und darum gibt ihm
Lycophron Alex. v. öQ. einen Scvlhen Teutarus zum Leh-
rer in der Kunst des Bogenscliiessens :
TOi'^ TsiTctoeiui^ fjoiicokav 7i cf:gviiiaoiv.
Schol. ad Tlieocrit XIII. 5ü. t](or,TO Si 'Hffuy.kijq
Tok ^y.i<9i/.o/i T6i;oii , diöciyj*: /'; iraga zivoc £yv-
dov TevTaooii , oiq laTooii 'J/oüdu)oo; y.(ü Kalli-
uaXo;. Cf. Tzelzes all Lycoplir. 1. I. p. ;-J4i). ed. Müller,
Eudocia in Violefo p. 210- ed. Villois. Apollo.!. II, 4, (-).
Diesen Bogen des Herkules hat nun auch Pliiloctetes,
von dem es bei Accius in einem aus dessen Pliilocteteg
(cf. Servius ad Aen. IX. ()22.) bei Varro de liiig. lat
VI, .5. (VII. g. 50. ed. O. M.) erhaltenen Fragmente hcisst :
Reciproca teudeng nervo equino coucita
tela
wo reciprocus den doppelt gewundenen Bogen bezeichnet,
mit demselben Worte wird von Laberius apud Tcrtull.
Pall. I. dag ähnlich gewundene Hurii des Widders be-
zeichnet, indem er den Widder reciproci« oriiis nennt,
Alan vergl. hiermit auch Homer Iliad. IV, 105 1 "" »■<>"
dem aus den Hörnern eines .Steinbocks zusammengesetz-
ten Bogen des Pandaros die Rede ist. Wenn aber Varro
zu jenem Fragmente des Accius die Bemerkung macht:
reciproca est, quum unde quid profertnin , redit eo , so
erhellt, dass auch er die oben getadelte Vorstellung von
den Tui;u Tvakiv-Tova hat, welcher Irrthum sich auch
bei Turnebus findet, der bemerkt: cum arcu» teii-
ditiir , sagitta ad nos versus trahitur, quae mox , dum
niittitiir in eam partein, unde trahebatur, redit, iilquc
est quod reciprocum appellat.
Und so ist gewiss auch bei Homer der Bogen des
Teiikros , des Dolon und des Ulysses ein solcher scvthi-
sclier Bogen und nur aus diesem Grunde -Tiakivcovov
genannt.
Derselbe Bogen mit seinen gewaltigen Pfeilen i>t ge-
meint Aesch. Choeph. löV». dvri) ^y.vttijc rä v i-.v ie-
Qoiv TTakivTova — ßekij 'n in dkku)v.
Leider habe ich bei dieser Abhandlung Wiukeiinann
Geschichte der Kunst P. I. c. 3- p. 98 s. 1(32. nicht
benutzen können.
Schwerin. C. H e.V.
De aoristi Graecorum vi ac potcstate. • — Auetore
Fritschio, Dr. — Frankfurt, bei Sauerlander, lS3ti-
Herr Fritsch ist der Meinung, dass alle Gelehrte,
welclie sich bisher mit der Griechischen Grammatik be-
schäftigt haben , in Betreff des Aorist's von alten argen
Irrtliümeni befangen gewesen seien, und beabsichtigt in
dieser Abhandlung diess zu beweisen und endlich den
wahren Begriff dieses Tempus an das Licht zu stellen.
Im ersten Abschnitte, »elcher überschrieben ist; De
aoristo , qiii absoluta tcmporis forma perliibetiir, be-
hauptet Herr Fritsch, dass weder in Hinsicht auf die
etvmologische Bildung, noch auf den Gebrauch des Aoristes
ein Grund vorhanden sei, deubclbeu, wie man gctban
1165
1166
iialic, für ein nlsolutes Tempus zu liaHen, rlelinclir zeig-
ten Leide ileullicli, d.iss er ein relatives sei.
Üass von iler Efvnmlogie hier Wenig oder gar NicLls
zu jje« innen ist, liejjt am Tage; denn erstlieli sind sol-
<'lie Aualvsen immer hOc'ist unsiclier und fansi hcnd , und
man kann mittels ihrer licrausdrehen, was Einem gerade
beliebt'; sudann steht zu bedenken, dass freilich sich
einiges Gleiche mit den relativen Zeiten in der Forma-
tion des Aoristes linden mi'i-sse, da er ja auf jeden Fall
ein Griechisches Tenipns ist, wie die relativen Zeiten
auch; endlich haben doch die Aoriste gerade so viel Ei-
genes tu ihrer ISildnng und von den relativen Zeiten
A'erscliiedenes , nni eine BegrilTsmodilicatiiin erwarten zu
lassen.
Nicht giinstiifer für die fragliche Sache ist das Rc-
saltai der Untersuchung liber den Gebrauch des .Aoristes.
Denn es bestellt in nichts Anderem , als dass Hr. Fr.
sagt II. 13,50: aÜ-Tj f.tii> yo.() lyuiy ov ÖEidta -/si^ag
('.a'iToug Tfjüjujv, o't fisya reix^s i''^toxa'ceßi]aav
üfxiktp, könnte das ii'jTepy.aTißijoav im Deutschen mit
^'^oss auch durch sich stürzten übersetzt werden. — So-
dann führt er einige Steilen an, in denen Aoriste, Im-
perfecte und Präsentia nach iler bekannten Griechischen
Weise gemischt vorkommen, und wir stehen bis jetzt auf
dem alten Flecke.
Den zweiten Abschnitt hat Hr. Fritsch: De aoristi
signilicatinne überschrieben , nach ziemlich befremdlicher
Logik, da man schwer begreift, wie usus unil sigiiifica-
tio getrennt werden mögen. — - Hr. Fr. wenigstens hat
es nicht vermocht, sondern, sowie er bcini usus schon
von der significatio gesprochen, so spricht er hier fort-
während bei der significatio auch voni usus. Sogleich
innerhalb der ersten Zeilen dieses Abxhnittes heisst es
ausdrücklich in Betrefl' der Kühner'schcn JJ. 441, 1, 6.
und 44 }. j\ote : In his interim consistemns et indagare
stndebinius, num lingna coniirmet, (juod docetur a gram-
maticis. — Dem gemäss bringt er aus Herodot 2 , 'J.
Idigende Stelle bei: Ol ÖS Alyunttoi , 7T(jiv ntv 1]
(I)ffuiuTi/()v (jcfiiujv ßo.aiksi) a ai, ivöuiQov tojv-
TOt'C TVQojTovg yfvso^at tvüvtüjv ävi^Qojjcujv intidi)
dl 0a.iJf.uTixo!; ßuotkeiJoai; ijdshjcrs siöevai, o'i-
Tivc-i; yevoi'aro nouiroi uv^^ajnuji/, dno tovtov vo-
inQovoi 0(ji<yai 71 oore^or: yEvttrifai iwvToiv, tojv
("is a.t.kiov iiijVTOUg. — Hier soll nämlich nach seiner
Meinung dieses ßaoiksvoui und ßaaiKsicrai die bis-
herige Ansicht vom Aorist gänzlich umwerfen , und ihn
als relatives Tempus erweisen, indem Psanimetirh offen-
bar jene Untersuchung angestellt habe, icührend er luhiig
getvesen sei.
Der Verfasser thut sich zwar viel auf dieses Beispiel
zu Gute und widmet ihm auch eine ganze Seite unnützer
Worte, die seinen Triumph verkünden sollen; gleichwohl
können wir diesen Enthnsiasmns nicht theilen.
Ilr. Dr. Fr. meint Kihtig geworden sein, konnte viel-
Ichlit Jemand ßucriKtvoag erklären wollen, und da
wissi' er freilich nicht, was er antworten solle; indessen
wollte er die Sprache selbst antworten lassen, und damit
citirt er Herodot 2, 137, wo ßuaikerovTOi '.Jpvaiu;
die Aethiopier einen Einfall thun , unil Cap. 127, wo
Chcops soll 50 Jahre ßaoiXevaai, was doch nicht heis-
sen k5nne : j^ls /Intjsis König wurde, und: Cheops sei
!<>i Jahre lang König geworden- — Auch wir konnten
bloss die Sprache reden lassen und Hrn. Fr. Stellen
entgegensetzen, wie Homer II. u, 114:
oxEthog, ö; a-(jij' iiiv [101 vizkoyexo xai y.aiivevacVf
J)cov iy.iiiQOuvT ei'TEi^tov äuovEEodai.
Herodot 6, 90: iviiCQi]öav x«i Töc igu y.al rip Ttökiv
TuTca ce 7Tonj<ravTfq ini tox d/'kuc vijoonq ärd-
yuvTO — und ihn mit seinen Worten fragen, nie er
Angesichts solcher Beweise sein hartnackiges Vorurthcil
festhalten könne, da Agamemnon doch nicht zurückkeh-
ren sollte, indem er zerstörte, noch die Perser bei He-
rodot zu andern Inseln absegeln konnten, während sie
noch die Stadt verhraniiten. — Diess ist der gewöhn-
liche und regelmässige Gebranch des Aoristus, unri wenn
die Sache damit abgemacht werden könnte, nur Stelle
gegen Stelle zu setzen , hätten wir ein Bedeutendes vor
Hrn. Fr. voraus. — Doch Hrn. Fr. 's Stelle steht diesem
allgemeinen Gebrauche gar nicht entgegen, und was ihm
so widersinnig vorkommt, ist dennoch das Wahre, wie
»ielleicht auch er bald erkennen wird.
„Bei allen Participialconstructionen ", sagt der treff-
liche Buttmann §. 144. Aimierk. 7. S. 410. (der Aus-
gabe von 182'J.) ,, liegt eigentlich eine Zeilbeziehung zii
(irunde u. s. vv. Allein hier ist oft eine andere Ansicht
möglich, als die uns geläufige, und so kommt es, dass
wir bei den Schriftstellern öfters das part. aor. finden,
wo H Ir das part. praet. erwarten , nnd umgekehrt."
J>aOLl.e6v) heisst ich übe Handlungen eines (iaaiKev^
(s. Buttmann S. 2'J3. §• 110, 3, a.). Demnach ist ßa-
oiKti'iDV entweder, als wirkliches Präsens, Einer, wel-
cher irgend eine bestimmte königliche Handlung übt,
oder als uneigentlirhes, bleibende Zustände und Gewohn-
heiten ausdrückendes Präsens, Einer, welcher königliche
Handlungen übt, i. e. zu üben pflegt, i. e. ein König.
HuaikElfrac, aber ist Einer, welcher königliche Hand-
lungen geübt hat, sie aber zn üben steht in der Regel
dem zu, welchen man einen König nennt, nnd die ein-
zelnen königlichen Handlungen, welche der Mann geübt
hat, waren ein fortwährendes Königwerden, so dass er
als ßaa/ksi'oag nur gewissermaassen mitten im könig-
lichen Wesen und Walten ist. — Ja, selbst wenn er
sich nnr erst als ßaotkei^ dargestellt oder einmal als
solcher gerirt hat, ist er ein ßarriksvouc, und, wenn
er seine Sache gut versteht, damit im Ueiergange in
das ßaOl) Sl'eiV begriffen, wie Pa.-sow im Lexikon die
ganz gleiche von Hermann zu ^'iger S. 774. Not. 2'^4.
(zweite Ausgabe) behandelte SIelle Herodt. 1, 14: Y\'yr]q
öi TUQavvEvcraq «Vri' rf//i/'f v niaAh;iinTa f; zhi.cpoi«;
Ol'/, ukiya — richtig erklärt, nachdem Hermann ebenso
richtig übersetzt hat: regnnm occnpavit et misit.~ Diese
unsere Erklärungsweise wird demjenigen besonders ein-
leuchtend sein, der sich in jene Zeiten des Alterthnms
und noch nicht, wie heute, gcortlneter Erbfolgevorhält-
nisse zn versetzen weiss, wo der König war, welcher
zugegriffen hatte. Ein ßaaikevaaz ist also gleichsam
der, welcher (nach der Thronerledignng) gekönigt bat;
das Volk sah es nnd mochte es , nnd so ist der ßa.Ol-
f.EiGac ein ßcoit ii'Q- — Nicht anders sind ilie von
Buttnianu a. a. O. beigebrachten oQ:;ui und ox^UTljyy;-
iir7T
I1G8
Ößj („als Arcliimt, aU FcI<lliPrr") zu fassen, niid er be-
merkt ffanz wahr, ilas« das part. jiraes. liier die eigciit-
>iclie Handlung des V''erl>i lu-zcicliiieii würde; Rost alier
und kiilinor sajjeii iiiclits Allicrnes, wenn sie äo^Ui; als
Peifectuoi erklären (R. 5$. 117, 3. ^- S- 675, J-)-
Hr. Fr. sclieiiit alter weder Rost, noch Hermann
T.uat Viger, noch selbst Bnttmann beim Partir.ip verglichen
XU haben. Hatte er diess gethau , würde er beim An-
Llifk der se begriffsverwandtcn a(j^aq, crToarijyijcla(;,
iVoavvCL'Oa^ wenigstens stutzig geworden sein und sein
ßafiü.Evaa-: mit etwas geringerer Znrersicht beurtheilt
Ilaben, oder, im entgegengesetzten Falle, wenigstens
lieber die genannten mit aufgefülirt haben , als Xenoph.
Hell. 5, 4, 44; 45= oi ulv ovv jickraarai ukiyoL uv-
T«j Ol n'gojToi, cpoßiji^gvrec avTovc, erpvyov oi de
iTcnst.; av i/Js xovco eiöuv , eSiödX'^iJoav i'Tid tlüv
cf e vyi'ivz uiv e7ii9tu3ai avroii' oi de fiio9o-
(foyui, TovTov yevousvov, TTavTeg tcpvy o v eml öe
(ftvyovTci äffly.ovTO ■nQuc xovc, OTckUa^ riüv
i^cOTTteojv, y.dy.etvoi ...£ (fv y OD , — «eiche Stelle er
iu der Ansicht beibringt , dass man nur den ersten besten
Griorhoii aufschlagen dürfe, um sich von der relativen
Bedeutung des Aoristes zu überzeugen.
Allerdings zeigen diese Xenophontischen Stellen von
der nur hineintappenden Verfalirmigsweise des Verfassers;
denn Xenophon erzählt erst schlechtweg , dass die Vor-
hut der leichten Schildträger geflohen sei, i. e. sie
hal>en sich auf die Flucht begeben, und wahrend sie
ßohen, kamcu die Reiter auf den Gedanken, nachzu-
setzen, und nach Phubidas Falle sind alle Si'ildiier ge-
flohen, d. Ii. alle Soldner begaben sich auf die Fluclit,
und wie sie im Fliehen bei deu Schwerbewalliieten der
Thespier angelangt sind, sind auch diese geßohen. —
So erzählt Xenophon, und wir begreifen nicht, was Hr.
Fr. in dem itpvyov Relatives sieht? — (f£i'y£ir heisst
ja nicht entfliehen] die Handlung des Fliehens, d. li. des
sich auf die Flucht Begebens , Flucht Suchens , des die
Handlung der Flucht AusiUeiis, ist vollendet, sobald die
Leute nicht mehr stehen, sondern laufen, und während
dessen kann Allerhand geschehen, was den Aoristus Nichts
angeht und Hr. Fr. nicht begreilt. ■ — Uebrigens konnte
ja auch der (jeschiclitjischreiber ilie Thatsache der Flucht
vorläufig als abgemacht hinstellen und sodann, was da-
bei geschehen war, erzählen, wie Griechen und Latei-
ner regelmässig erzählen. — Hätte Hr. Fr. in den Viger
gesehen, statt in den ersten besten Griechischen Schrift-
kteller , so würde er wenigstens scheinbare Beweisstellen
liabe aufführen können, die aber alle ihre Erledigung
linden, weua raau nur nicht au der gemeinen, zufällig
substitnirten deutschen Vocabel häiigeu bleibt, sondern
die allgemeine Anschauung, welche dem Worte zum
Grunde liegt, wohl erwägt, so z.H. bei Diodor XI, 31.
(Viger S. 770-) y.di yivvuia)Z dyiovioufievoi Tio'/J^ovi;
v.Ptil.E TU}V f'jjjjvuiv , wo Hermann bemerkt: nun oc-
cidit post pugnam, sed in pugna, aber dann erst voll-
ständiges Licht iiird, wenn man an die einzelnen Kämpfe
und dio -inatrengungcu denkt, die dem Tüdlen voraus-
gehen: sowie der tUdtliche Streich geführt ist, ist ein
dyjiV für diessmal geschlossen. — AVir fügen noch fol-
gende Stellen bei , durch die Hr. Fr. sich in seiner
Meinung entweder befestigen, oder wo möglich durch
richtige Interpretation eines Andern belehren lassen mag:
Homer. IL 13, 413; 445: (XSv^aTO fxay.Qov avoac.
Ebenda«. Vers 318, 351 —352- 563. 582. II. 21, 115.
Jacob's Elementarbuch der Gr. Spr. 1. S. 84. 101. (elfte
Ausgabe): yskdoag ee7i£ — Tii-töjv — — evTj^i]-
Qi] a aw a 18 wv tov 'yiky.tßiadijp y.o.i tt^otts/itio-
uEvov , ov 7raQijk9ev ovS' ii;sy.Ktv6v. — Vielleichi
findet auch Herr Fr. einmal Cftovijcrai, dQtarSvaai,
TVQOjTEVOag , evdoxifiijiTag in ähnlicher Art, wenn er
nicht mehr auf das Geradewohl aufschlagt, wie er nach
seinem (ieständnisse diess nicht allein selbst bisher ge-
thau hat, sondern uns auch zumutliet, und wovon wir
und er die leidigen Folgen büsseu müssen.
Ehe wir weiter gehen, scheint es angemessen, auch,
an die lateinischen participia, namentlich der neutralia
passiva und der deponentia : ausus , gravisns, solitus, na-
tns u. s. w. zu erinnern, die nur, nachdem sie den
Weg durch den Aoristus genommen haben, zu Perfectis
werden, wofür die Lateiner keine besondere Form haben.
So heissi denn reri : berechnen, urtheilen ; der Aorist:
ich habe berechnet, geurtheilt , folglich: ich meine, bin
der Ansicht. — ^'ergl. Weissenborn's lat. Gramm. S. 210,
der unter andern folgende Stellen anführt: Tac. Hist.
2, 96 : In hunc modum etiam ViteUius apud milites dis-
seruit Praetorianos, nuper exauctoratns, insectatus Cic.
Pliil. 2, 5, 12- >^irgils Georgica 3, 4'J. Interea longnm
cantu solata laborein arguto coniux percnrrit pectine
telas. ibid. 1, 293- Cic. Tusc. 3, 22 : Repens adventus magis
aliquanto conturbat, quam exspectatus. Dieser Gebranch
geht noch weiter, als diese Beispiele vermuthen lassen,
wie .Stat. 4, 7, 45- zeigen mag:
Tu tuos parvo memorabis enses,
Quos ad Eoum tnleris Orontein
Signa (renatae moderalus alae
Castore dextro.
Das Virgilisclie Weib arbeitet offenbar, tcährend sie singt,
und Maximus bei Statins trug das .Schwerilt, während er
lenkte, leitete, befehligte. — Hält nun Hr. Fr. auch so-
lata und moderatus für relative Tempora? — Seine 18.
Note (S. 14) lässt diess wirklich vermuthen; was wird
er aber dann mit den Stellen anfangen, wo das Latein,
partic. aoristi act. und passivi in der ganz gewühnlichen
Art steht, wie in:
Ita locutus tacuit et consedit. — Haonibal in insidia»
ductum sustulit?
Ueberlassen wir ihm das selbst; das Virgilische Weib
aber arbeitet in der That als eine durch Gesang sich
getröstet habende, zu welcher sie immer wieder auf's Neue
wird, so oft sie den Gesang t-rncut ; sie ist also nach
aller Wahrscheinlichkeit fortwährend beim Arbeiten ge-
tröstet , wenn sie die Pausen nicht allzu lang macht,
oder lieber immer singt.
(Fortsetzung folgt-)
Zeitschrift
für die
AI terthu ms Wissenschaft.
Freitac;, 6. December
18 39.
Nr. 146.
De aoristi G'raecorum vi ac potcstatc. — Auctorc
Fritschio, Dr.
(F o r t s c f z u n äj.)
Kbciiso Mar IMaxiiniis bei Statius, als er «las ScliwcriU
trug, ein Gelenkthabender nml «lie signa gelenkt worden
seiende, nml somit, fi'ir einige Zeit wenigstens, »olil
aneli gelenkte , sobald er sein Comniando oder seine
Funrtiunen als Lettker angetreten liatte ; und da er diese
fortwälirend « ird erneuet haben und die sin;na dailiircli
fortwälireiul im Zustande der Ordnung geblieben sein
werden, war er in der Tliat ein Conimundeur , ein nio-
(lerator , so»vie Psammetich als ßdcr/'Kst'oi'X.g ein (jUciiLel'C.
— So oft er einmal als moderator fungirt hat, ist der
Act des moderari geschlossen und er ein mnderatus, wie
das arbeitende Weib ebenso oft eine solata ist, als sie
Trost im Gesänge gefunden hat.
Nachdem Herr Fritsch in der angegebenen Weise
seine .Ansicht von der Relativität ,des Aoristus vergeblich
zu begriiiKJen gesucht hat, wendet er sich zur Bekämpfung
des von liuttmann dem Aorist beigelegten liegrilles des
Momentanen , uufl «ir miissen offenherzig gestehen, dass
wir unseren Augen nicht trauen wollten, als wir die
stumpfen Waffen erblickten, womit hier liuttmann bevi.'il-
tgt werden soll. — Wir sind (est überzeugt, dass kein
mittehnässiger Tertianer dio schone Begriilsentwickeliiiig
Lei Buttmann ^. \'6'^ , 4. so plump niissverstelien wird,
als Ilr. Fr., der sich berufen glaubt, nicht allein die
griechische Sprachlehre zu relormiren und die bedeu-
tendsten Denker in diesem Theil der Wissenschaft alt-
gläubiger Gedankenlosigkeit zu zeihen, sondern auch der
ganzen philologischen Welt die Sollise zu sagen: Ubi est
certa adprnbatio , veram esse sententiam a Buttinanno pro-
nnntiatam ? — Deest omnino. Svilicet ne re<[niritur ijui-
dem a nostratibus, quasi ea res manilesta sit et confessa
(S. 8.).
Hr. Fr. denkt nämlich stupender Weise, Buttmanu
habe geglaubt, dass der Aorist wirklich und allein von
Handlungen und Ereij^nissen gebraucht werde, die einen
Moment dauerten, wie etwa der Schall durch den Tritt
anfeine Knallerbse; das denkt Hr. Fr., nachdem Butt-
manu Nr. [>■ ge/iagt hat: „der Aorist lässt die gegenwär-
tige Zeit ganz aus den Augen, versetzt uns in die Yvt'
gangenheit und erzählt so nach einander das Gcsclie-
Lene" u. s. w. „Aber mitten in der Erzählung miissen
luweilen die Umstände, unter welchen damals die Sache
geschah, erwähnt werden; diess geschieht durch das
Iniperfect." — — ,,Wer sagt uiy.ov i/iy.odofujxa, denkt
sich das Haus als noch bestehend; sagt er or/.oäüuijOa ,
so lasst er diess wenigstens- unbestimmt" (Anmk.). —
Nr. 6. „Durch das Obige ist also der Aorist auf das
Momentane in der Vergangenheit , hauptsächlich in der
Erzählung, festgesetzt: wniei es sich von seltjüt versteht^
dass diess ?iichl auf das wirklich und eigentlich Mo-
mentane eingeschränkt ist, sondern dass der Vortragende
sich dessen für Alles bedient, wvvon er sich, nebst dem
Geschehen, immer gleich auch die Vollendung dazu denkt,
oder was er als momentan darstellen will, — So weit,
und zwar klar und verständig, Buttmanu. — Was fhut
nun Hr. Fr., ihn zu widerlegen 1 — Er fuhrt Stellen an,
wo Dinge durch den A<irist ausgesagt werden, welche
theils ausdriicklich 50 und mehr Jahre gedauert haben
sollen, theils längere Zeit gedauert haben miissen, als:
Herodf. 2, 137. 1, 62. Xenoph. Hell. 3, 4, 22. Od^ss.
7, 275: o.i)Td() eyojye vij}(6u£vo(; toös kaiTj^ia äterixa-
yov , u(fQa ,i<£ yriüj i/fiirtorj iit/.ftooii cptpo)v dve-
jiog re y.ui iduxj. — Älcint denn llr. Fr., ßutfmann
habe eine fixe I<lee vom Aoristus gehabt und dio Alten
nur im Schlafe gelesen , ilass er den auf allen Seiten fast
in jeder Zeile vorkommenden Aorist nicht bei Zahlen
und ^Verhältnissen sah, die lange Zeit brauchten; und
dass er in .Monomanie nur immer für das ruck- und
stossHeise Geschehende .iiige hatfe? — Soeben wurde
von ihm tfi/.uÖuuiioa angeführt: glaubt denn Hr. Fr.,
Buttniann erst sagen zu müssen, dass man ein gutes Haus
nicht In Jahr und Tag, geschweige im Nu bauet ^ —
Solange es Philologen gibt, ist kein Gelehrter so schmäh-
lich missverstaiideii worden, als gerade dieser ebenso
scharfsinnig bestimmende, als deutlich vortragende Mann.
BiittinaiMi spricht ja von keinem eigentlichen Äloment ,
den der Aorist bedeute, sondern von einem gedachten ,
von einem .Aloment der Dars'ellung und yluffassung ;
der Aorist stellt die Sachen schlechtweg als geschehen,
vollendet hin und lässt sie nicht vor unserer Seele ge-
schehen und ablaufen, was das Imperfect tliut. — Der
.•Vorist roncentrirt die mehr oder weniger lange Linie
des Geschehens auf den Punkt des Geschehenseins, ohne
Andeutung, dass ilas Geschehene noch besteht, oder nicht
mehr besieht. Diese Concenirirtheit nun nennt eben Butt-
mann einen Slomenf; es ist demnach ein nur formaler !Mo-
ment, und Recensent schämt sich, einem Alaune diess erst
sagen zu müssen; wie sehr diess aber iiolhig sei, wird fol-
1171
1172
gcnder Passiis bei Hrn. Fr. zur fieiii'ijje zeigen (S.')): Si Xeiio-
plioii iiarrat (»'gl. Butdnaim a. a. O.): u/.iyaii da i OICIJOV
ijfilnaii tilraoti rv y.ai :ia(it]V u y.iujv lö'jji de roi'i
(fuvia^ ittöoaiie y-c.t y.aihKäy.iei arzuv^, s<atui nequit
raiiPin ad iiiterfer<orom prosilire et (usqiie) allatrare ita,
ut cum iioii ailspiciat. ISihiloiiiinus videndi nutio per
anri:><uui pxjircssa est, h. r. per eam forraam , «jua qiiod
teiiiporis iDoir.piito fit sijjiiificari opiiiaiifur. — Suixlerliare.s
Zeu^! — idoji^ lieisst: als der Hund die 31ürdcr erhlickt
/ifitle: dieses ErLlicktlidtien ist abjcesclilosscii , so(\ic der
Hund dii? .Alörder zuerst gesehen hatte; dasstMlc Erliiickt-
liabea ist die AVranlassUM;; des Hervortau/'ens, und mehr
«ill der Srliriltstcller niifit sagen; dass der Hund die
Mörder uoc h fnrtviülireud angesehen liabc , ist uahr-
scheinlirh , aber für di'u tOrz.'ihlcr und Leser Neben-
sache, die vom .Srhreibendcu gar niilit in Betracht ge-
zogen »lurde, da das Anl)ellen die Hauptsarhe ist; denn
der Hund li.'itle die IMörder Jahre lang ansehen und her-
vorlaufen künnciij ohne das Anbellen wäre die Entdetkung
nirlit erfolgt. — Kriilicken und Heriorlaufen sind deni-
uacli bhisse ^'orlsnfigkeiten , die der Schriftsteller, um
für die Hauptsache H-ihn zu gewinnen, als abgemacht
hinstellt; diese Vorläufigkuiten hätte derselbe so als ab-
gen)aclit hinstellen können, wenn sie auch Stunden lang;
gedauert h.'itIcQ.
A\ enn eju Fixireii mit den Augen i'on ' Seiten des
Hundes hätte erzählt »erden sollen, woran Hr. Fr. zu
denken scheint, so wäre die Sache eine ganz andere;
dinn stände aber auch der Aorist nicht, oiler wenigstens
iiiclit üjiiie y.u&i'ka.y.ry^o-e und auf jeden Fall ein ganz
iiideres ^'erbiim, etwa ei^lfi/.iTlitl' , d:iuliki:i£lv ^ und
zwar nicht vor SiadgauE , sondern bei y.a9i'}.('.y.TH ,
so dass iSviv noch, dabei sein konnte: iöuiv öe r. (f.
ft. y.o.l y.c(9. htSXsnujv. — Da nun der Aorist ilas
blosse Geschehensein schlechtweg ausdrückt, und durch
ihn häufig Hanillungen , welche erst geschehen sollen,
als schon f^esthehen in Gedanken anticipirt a erden, so
ist er offenbar ganz geeignet, um wir/dich 31<imentanes
zu erzählen; und nenn ein Hund nur einmal anbellt,
und ein .Schriftsteller will dies« erzählen, braucht er
natürlich den Aorist, ohne dass diese Tempusform das
anhaltende Bellen ausschliesst , welches ausdrücklich im
Imperfect liegt. — Soll diess durch licn Aorist erzählt
werden , so bedarf es einer ailrerbialen oder adjecti-
vischen Nebenbesfimmung ; wenigstens wenn angedeutet
werden soll, dass der Hund auffallend lang bellte und
sich gar nicht zufrieden geben wollte, wurde der Schrif-
stellnr, wenn er sdileclitweg den Adrist setzte, es sich
selbst ziizus< hreibeii haben, wenn der liegrill des anlial-
tenden Bellens rom Leser nicht genug als etwas hier be-
sonders Wichtiges beherzigt würde. — Nächstens wird
\mu Hrn. Fr. auch Zumpt vor die Katechese genouKnen
werden, weil er jj. '){){). die Pharsalischo Schlacht nur
einen Augenblick <laueru lasse, und Cicero wird der .Sottise
beschuldigt werden, dass er OfT. 1, C. 13, init. dem Kugnlus
zumuthe , bereit» während des Aithimmens ( nt i enit )
über die Zurückbehaltung iler Gefangenen zu räsonniren.
— Da Hr. Fr. so oberflächlich verfährt und «o wenig
im Stande ist, solche leichte gramniatisrhe Dingo zu
beurlhcileiij künncii wir uns nicht wundern, weuii er
Buttmann nicht versteht, \\a die Sache etwas feiner ist.
— §. 137, 4. soll dieser wnndersani sich selbst wider-
sprechen, wenn er y.('.!}i'Xäy.nj<je als mnmeiilan fasste
und Not. 5- vom Aorist lehrte, dass er ein Pflegen be-
deute; Hr. Fr. sah nämlich nicht, dass Uuttmaun i\r. 4.
von einem Pflegen in der Vergangenheit spricht: flliXiov
ijad-/£ iivä-; y.uswv et'y.öai , und Nr. 5. von einem Pfle-
gen überhaupt , von einer gewc'ihnlichen Erscheinung in
der Welt, von einem aus der ^Vrgaugenheit abstrahirten,
für alle Zeiten geltenden Pflegen; jiiyguv TltaiOiia
äve'/n'Ttoe y.ai diskvcre TTÜvra, „ein kleines Versehen
zerrüttet und vernichtet oft Alles wieder." — Das Pfle-
gen des Iniperfccts besteht in einer Wiederholung einer
Thatsache von Seiten einer und derselben bcstinimten
Person oder Sache , das Pflegen des Aorists in einer
Wiederholung einer Erfahrung überhaupt an verschiede-
nen Personen oder .Sachen. — iMit einem Worte, beim
Imperfect liegt das Pflegen in dem diesem Tempus in-
härirenclen üegrilTe der Dauer, beim Aurist nicht im
Tempus, sondern in einer in der Vergangenheit oft wahr-
genommenen Stiche ' }eties gibt ein besonderes, auf eiuea
besonderen Fall bezügliches oder doch das Allgemeine ajs
ein Uesouderes darstellendes und auffassendes .Pflegen :
II. 8, !^bb. It, ll3j »o denn auch der .'\or. stehen kann,
da dieser alle Präterita zu vertreten seiner allgemeinen
Natur nach geeignet ist: II. 13, 243- 300.; das Pfle-
gen aber, welches der Aorist ausdrückt, ist ein . all-
gemeines. — Was CS nun auf sich haben möge, wenn
in BetrefF der von den Grammatikern und insbeson-
dere von Kühner dem Aorist zugeschriebenen Bedeutung
der Vergangenheit, und hinsichtlich dessen, was dersel-
be über die modi oblicjiii lehrt (^. 441 , 1- 44.% 1.),
Hr. Fr. fragt: quis non sentit pugnantia hie doceri (S. 10)-
darüber wird wohl kein Leser ungewiss sein, vielmehr
wird es nach dem Bisherigen jeder in der Ordnung fin-
den , dass Hr. Fr. im Gegentheil in seiner eigenen Lclirc
sich selbst widerspricht.
W^'^hreIlcl er nämlich S. 1',' verlangt, dass der Aorist
überall eine und dieselbe Bedeutung haben soll, und
zwar die einer relativ vergangenen Zeit (wie es schon
aus den Uebersetzungen und Erklärungen griechischer
Stellen und der ^'ergls-ichuiig mit dem Imperfect zu ver-
niuthen ist) , soll er nach S. 10- 15. l(i. in ilen uiodis
obliqiiis eine verschiedene haben und im Icnperat. und
Conjunctiv im Futurum, und im Optativ jede Zeit mit
Ausnalinie der Gegenwart bedeuten; in der LS. Note aber
und S. 1.') wird ihm der Zeit- und \'erbal begriff im In-
finifivos und Participium gänzlich abgesprochen. Ausser-
dem gibt Hr. Fr. über diesen schwierigen Punkt nicht
viel mehr von sich, als eben diese Widerspruche nebst
jener Frage, und führt dann einige Stellen an, die be-
weisen sollen, dass der Aorist im Conjunctiv, Optativ u. s. w,
keine absolut vergangene, sondern eine relative Zeit
sei. • — Diese Stellen begleitet er dann bisweilen mit ein
paar kurzen ^Vorten, aus denen hervorgeht, dass er nicht
Griechisch denken, daher aucli das absolute Präteritum
nicht dann sehen kaiin,^ so z. B. Hom. II. KS , l'.KSi
ukk' cuniii^ enl räcpoov iu)v Tfjvjeaai cpaiijih, wozu
bemerkt w ird (Imperat.) : Llii in hoc, loco praeteriti ratio
dilifestit? — Antwort: In der griechischen Auffassungs-
1173 1174
und Dpiikwcisc , die bis»veilcn rhias rascli ist, <l.iss Ily- ffpineiiit, wenn sie doii Aorist in liczciclinpfer AVoisc zu
perhorecr nirht soglpicli folj^pn kftiiiipn ; narli ilicscr licisst bpsilirpilicn snchtpii; haben sie liistieilen in Kiirze de»
PS eijjenflicli : habe dich gezeigt; ilenn die Sailie liat fiir Ausdrncks narli Analogie des Ilorazisclicn Tnr^'idus Al-
dcn , »iplclier es lieisst, Kile, die Analogie al>er findet piniis lana nive ronsjiuit Alpes so gesproi Iumi, als f.'indpu
Hr. Fr. liei Buttmann 4}. 137. Anniprk. (i. Annierk. 1|. sie iliesc Scliattiriingen des UegridVs alle im ^VeseM des
Jj. I3S. Anmerk. , wo es unter Anderm bei Aristoplianes Aorist's, so rpeliiieteii sie auf Lpser, die lilicriiaiipt et-
lantet: cp^ntc , y.ni ■jreTtoaievctl , sage es, und es wird was versteliou könntpn , und ivelclie sonderlieli cum grano
ausgeführt sein, statt werden. — Zumpt s Lat. (iranini. sali» vers(ün<len ; so z. It. Ilerinann ad Vig. p. 773? wenn
J?. .527. niit Aiunerk. I. und §. 511, "o wieder unter er sagt: rem cito tran.^enntem (iraeoi per aoristum signi-
Anderni Cirero sagt: Hoc sine ulla dubitafiune ('<infirn\a- firant, quuni haec propria sit tis aiiristi.
verim, cloqnentiam esse omnium reriiin diHirilliinam „das Wie wenig damit gewonnen wird, oder vielmehr wie
möchte ich ohne alles Bedenken behauptet haben", statt wenig iler Aorist erkannt und wie falsch viele stellen
behaupten; und: quae causa fuerit, mox videro „werde der Alten werstanden werilen wurden, wenn die (iram-
ich bald gesehen haben", statt sehen. — Auch uns ist niatiker sich mit der Oflenbarung des ]Ierrn Fritsch be-
diese Art, obschon sehr eingeschränkt, nicht fremd: gni'igen wollten, i.mss jeder einigerniaassen Kitn<Iige
H. : Es ist doch eine schiine .Sache, wenn man sfndirt sogleich einsehen. — So will Ilr. Fr. im AVideisprnche
hat. K. : Das möchte ich doch nicht immer gesagt mit dem, wa« er bei den modis oblinnis vorgefragm, die
haben; Mancher w.'ire besser ein Handwerker geblieben. von Kühner j^. 44 '» 3-, aus Xenoph. Cvrop. '.', t, i. an-
H.: Ich bin doch neugierig, was aus diesem Tractat geführte Stelle: ti oiv, erfij 6 Kt'UOi;, oi' y.ai t;'i'
Neues herauskommen wird. K.: Nun, wir werden es dl'iauiv iKii:äi; {(Ol; — '-ly.uuS St'-, tjfi] ö I\vu.ti'>i>rc,
ja bald gesehen haben. — So muss Hr. Fr. anschauen, — ohne AVeiteres im Deutschen und Lateinisclien iiber-
und er wird bei Plat. A. Sorr. p. 24- C : KttQUOOj^lUl setzen: AVarnm erzahltest du mir nicht schon? cur non
y.ai vutv änidei^ai, und bei Hom. Odyss. 12. 156.: mihi narrab.is? — (S. 17 — l!)) oiler, mit einem neuen
dkX ifjeuj UEV eyuiv, 'Iva siödrsg ij XS dcivM^iev >; AVidersprnche : narrasti; denn S. 1 8. Z. (i. v. n. wird
y.sv dX£vaf.t£i'Ot l}auarov y.ni Kr,oa Cfi'yo/ficv, die irfuvi^auv bei Plat. A. S. p. 22, 15- f- >isi s'mt ül>er-
Fragen sich ersparen können: Num id, qnod conor, iam se-iet. — Hr. Fr. begreift also nicht, dass er so nur
praeteriit et perfectuni esti Nonne potius incipif? — Griechisch mit deutschen oder lateinischen AVürtcrn
Nonne mortem etTugimus fugieudo vel iluni fugimus , an spräche. — Deutsche und Lateiner müssen eine solche
illud effugere iani transiit, antequam fugiamusl (S. 10.) Frage durchaus eigentlich nehmen, wodurch etwas völlig
Denn es heisst eigentlich: Ich will es sagen (was Kirke Ungehöriges in ilie Verhältnisse der .Stelle käme : Kyaxares
uns geweissagt hat), damit wir entweder wissend gestor- dachte gar nicht daran, es dem- Kyros nicht sagen zu
ben, oder als Tod und Verhängniss. vermieden habende wollen, und Kyros bedient sich bloss einer formalen
geflohen sein mögen, d.h. sterben oder vermeidenil ent- Frage nach griechischem Sprachgebrauch, wflfirend wir,
rinnen. Der Grieche denkt aber ganz richtig; denn eher wie Kühner ganz richtig bemerkt, an ihre Stelle eine
können sie nicht entronnen sein, als bis sie den Tod dringliche Aufforderung setzen.
vervtiedeii haben. Welch' ein Unsinn wurde herauskommen , wenn mau
Was Hr. Fr. nun dagegen vorbringt, dass der Aorist die Steilpu bei Matthiä g. 503, C. und IJuttm.uin g. 137.
eine schnell vorübergehende Handlung und eine Wieder- Annierk. (i. wörtlich und eigentlich nehmen wolile! —
holung einer Tbatigkeit bezeichne (Kühner §. 441, 4. Dann muss Hr. Fr. auch oirr9x'. oiv u daüoa:' (Butt-
442- Not. 2. 44fj 3.), können wir füglich hier nnbe- mann p. 446) wörtlich übersetzen: ,,Weisst du nun was
Bücksichtigt lassen, ila Alles schon im Obigen seine Ab- habe gelhan', oder vielmehr : „TArt/e" , mit einem eigens
fertigung gefunden hat, indem das hierher Gehörige tlieiU dazu geschafleiien relativen Imperativ; nnil T(.'5? ö uv;
bereits ausdrücklicli. besprochen wurde, theils damit wi- mit: Cur non? — Dass d<jch Wolf das nicht w usste
derlegt ist, was wir über den Begriff i\es Aorist's nnil und sonderbarer AVeiso Plat. Crit. cap. 6. ex(r. : Est
der ihm beigelegten Bedeutung des IMomentanen ange- ita-, übersetzte!
deutet haben. — Der Aorist an sich selbst enthält frdi- Auch in Betreu des .Aorists und Tmperfccts mit .leni
lieh keine andere Bedeutung, als die der absoliilen Ver- Begriff eines Beabsichtigten, aber nicl't ivirklich A oll-
gangenheit. — ■ Sowie er keinen wiiklic/ien Moment be- br.ichten hätte ilr. Fr. besser getlian, Rost's (ir.im-
zeichnet, sonilern eine Tbatigkeit von beliebiger Dauer, matik J5. 1 I(i , Annverk. 5- (ii.) nachzuschUgnn , statt mit
und nur etivas als ein Momentanes darstellt, eben weil vielen \Vor(eu. Nicht* zu sagen und eine falsche Stelle
er die Dinge schlechtweg als geschehen auffasst, so be- anzuführen (S. I >i. 14). — Dann würde er aucli gesrbeii
zeichnet er auch eine AViederholung und ein rasches haben, dass- die Grammatiker nicht incoiisequent waren
Vorübergehen nicht durch sein Wesen^ sondern die Gram- nnd bereits auch dem Praesens diese Bedeiitiuig lieileg-
matiker wollen damit nur die Verhältnisse bezeichnen, ten. — Dass nl)er .\eiioph. Hell. .'), 4, 21- nicht hier-
unter denen er gebraucht wurde, was, namentlich in her gehört, siebt ein Kind ein, da keine Syliie dasi-lbst
einer todten Sprache, llieils an sich wiclitig ist, tliells von einem Beal>sichtigten, aber nicht VoUbractitcn, M)nileru
im Vergleich mit der Muttersprache und dem Laieini- der ganz einfache und natürliche Satz grlesen wird:
sehen, wo- sich im Einzelnen mancherlei Abweichendes „Die Ephoren riefen den Sphodrias znrüik nnd klagten
herausstellt. — Das haben die- von Hrn. Fr. verlachten ihn als todesivürdigen \'erbrecher an (Indi :i ilin <(ir (ie-
Clrammatiker , 'Hermann, Mattliiä, Buttmann, Kühner rieht);, der aber fürchtete sich und crscliii n iiuhl; nnd
1175
1176
oll er gleit h <]cr ^'oiladiiiig nullt Folge geleisicf lia«e,
iiiirilc pr «loci« liisgcs|)r<i( hm." 'Wo ist denn da von ci-
noiH lonatns inaiiis ^\\c Rcdo! c<na «eil S])liodrias niiht
gckomnipu ist? — 310111(1011, das hat ja mit der uirk-
Iu!i vollbrachten Thalsarlic iler Zuiücklierufung und der
in Ivester Foriii aiigeslollten Lndutif; und Anklage nicht
das (ieringste zu schallen. — AVeiir. sie gerufen hatten
und tlocli nicht gerufen, angeklagt und doch nicht ange-
klagt, dann gehörte die Stelle hierher, so aber macht sie
dein Scharfsinne eines Alamies, der Ilerinann nidcrlegen
■Hill, nicht eben Ehre und beiieist, dass Herr Fritsch
selbst einen conatiis inaiiis gemacht.
Post tot discrimiiia reriun sinil mir mit S. 14 endlich
auf dem Punkte angelangt, wo uns Hr. Fr. den von
Allen bisher verkannten Hahren KegriH des A.orist's zil
u^cbeii gedenkt. Seine Deliiiitioii lautet: Alle Aorist-
fornien bezeichnen eijie Handlung dergestalt, dass ihre
Ausilehiinng nnil ihr Uinfaug, oder was sonst noch von
ihr ausgesagt werden kann, nur versc/iwiegeti wird. Wir
sigeii Nichts davon, dass man aus der Definition nicht
sieht, oh der Aorist ein Tempus der ^'ergmgenheit oder
der (iegcnwart oder der Zukunft sein soll, und fragen
bloss: AVarum denn nur verschwiegen und verscliioie-
rrgil i — Davus giim non üedijius! — Nicht enthalten
sind sie im Aorist, un<l das heisst ehen , er bezeichnet
eine Handlung schlechtweg, so dass er für alle Präterita
stellen kann: und wenn er jede Nchenbpziehung aus-
schliesst , triflt diess auch die Relativität , die ihm Hr" Fr.
dem von den Griechen selbst erfundenen Namen und allem
Ilerkoinmcn zum Trotze zur Last legen will; das gewal-
tige Parturiren aber oiidigt mit dein wohlbekannten ri-
dicuhis mus — einem Resultate, welches selbst die freund-
schaftliche Anzeige im Rheinischen IMnseuin fiir Philologie
5. 4- S. 6l9 — 'iA , trotz allen zärtlichen Worten, aus-
zusprechen nicht umhin gekonnt hat.
Es folgen nun in diesem Abschnitte noch einige Bo-
iiierkungen liber Infinitiv, Particip, Optativ, Imperativ
und Coiijiinctiv des .Aorists, die wir schon oben berührt
haben. Hr. Fr. bestätigt hier, d-iss er keine Ahnung'
einer griechischen AuU'assnng hat. — Rlerkwürdig ist
wieder die Logik , wonach er schliesst, dass eine Aorist-
lorni desslialb nie, um eine gegenwärtige Zeit auszudrücken,
gebraucht worden sei, weil er keinen Umfang und keine
Dauer bezeichne. .S. 15. — Narrisches Zeug, er bc-
zeiihiiet keine Gegenwarf, weil er eine icrgangenc Zeit
he/eii hnet.
Im dritten .Abschnitte: N'onniilla do usu tempori»
aoristi , will Hr. Fr. die Ansicht der Grammatiker prüfen,
xonach sie glauben, dass der Indicativ des Aorists die
Gegenwart und die Zukunft ausdrn< ke , oder wie der
Hccenseiit im Rhein. IMnseiim erzählt, hat er „leiriesen,
dass der Iiidicaliv niemals die Bedeutung des Präsens
oder Futurs enthalten könne."
Unseres A\ issens gibt es heute keinen Grammatiker,
der noch an die alte plumpe Eiiallage im eigeutlicheu
Sinne gl.-iiibtc, wenn es ni( ht der gedai htc Rereiisent ist,
den er-t Hr. Fr, eines Besseren belehrt zu haben scheint. —
Auch führt Hr. Fr. keinen an, «Icr die A'ergangenheit
für die Gegenwart hielte, sondern im Gegentheil die
Herren Kühner und Hermann, welche beide lediglich
davon sprechen, dass von deu Griechen in gewissen Fäl-
len mittels de» Aorists etwas als vergangen dargestellt
zu werden pflege, was von uns, nach unserer Denk- und
Sprachweise, als gegenwärtig bezeichnet wird, und e»
kann nur bloss davon die Rede sein, ob die Art richtig
sei , wie sie sich diese Erscheinung erklären, nach welcher
durch A'ergangenheit und durch Gegenwart im Allgemei-
nen eine logische Gleichheit erzielt wird. — Wenn nun
Hermann Eur. Med. 272. i/jTOi' mit cdictum volo , ijvEOU
mit nivirruc, f^w erklärt, so will er damit nicht sagen,
dass im Aorist der Begriff von volo oder fijfw liege , son-
dern er giebt das breiter, was der Aorist kürzer gieht ,
wie immer verfahren werden muss , wenn man nicht mit
Hrn. Fr. sich begnügen will zusagen, der Aorist ist der
Aorist und linüv heisst: ich sagte, wir aber sprechen
ich sage, ohne nachzuweiseu , nie beide Theile recht
haben kJinnen. — Das hnhen Hermann und Kühner gc-
tlian und zwar ganz richtig: bei sich oder anderwärts
bat derjenige bereits etwas gesagt, welcher tiTlov statt
}Jyo) braucht, ehe er es ausdrücklich aussprach oder da
aussprach, wo er eben sinov setzte (vergleiche Butt-
niann 3,S7. Anmerk. 9). — Hr. Fr. hat aber Hermann's
und Kühner's Sinn "ar nicht gefasst, wie man schon daraus
deutlich sieht, dass er sie eines Widerspruches mit sich
selbst zeihen will, den Ersteren , weil er nach der Er-
klärung mit volo noch das Particip und ijfw nachschicke,
den Letzteren, weil er im Aorist ein auf die Gegenwart
bezogenes Urtheil finde.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Athen. Uoler den neuesten Ausgr.Tbungen von \\iclitig-
keit iicliiirl eine Victoria in Hoclirelicf vom (cinsicn Styl, wel-
che «obl zu der Kcibe von Vicloricii gebort haben könnte,
die auf der B.iliostr.idc vor dem Psikctciiipel standen. Noch
bfdciilendcr durch Eiycnllininlicbkeit des Styls , «io durch gute
r.rbaltung ist ein anderes Kiirzlicli in der Nahe des alten Pra-
si;i gcliindines Maniiorwcrk. Es ist die Figur eines Kriegers in
naciicni Relief, so wolil erhallen , dass nur ein kleiner Thcil
lies liarlcs tclilt. Die l''iü;ur ist t'anz '"' Profil, die Fiisse vor
ein.mder scsctzt , Haupt , Brust und Beine sind gewappnet, und
die Hand h.ilt eine Lanze. Der Slyl alinclt dem der iigincti-
scluu l'itinrcn , n;ilicrt sitli jedoch iiiclir der VoUkoinmcnlicit.
Man lienurivl zablrcii bc Spuren von Farbe, z. B. anf dem Har-
nisch , der von dunkler Farbe ist, ein Maandcrornanienl, auf
den Schultern einen rollicn Stern, auf der Brust einen ähn-
licbin mit einem Liiwcnkopf. In einem Streifen unter der
Figur stellt die Inschrift:
j:prON AP^STOKAJßOi'
und unter dem Picdcslal
API2TIO?fO^
Gehören diese beiden Insclirifteu zusammen, so heissen sie:
..Ein Werk des Aristokles , Sohn des Aristion. « (Bullet, arch.
Juni.)
Baden. Professor J. Keck ist zum Prof. am l.ycciim zu
Baslalt ernannt worden.
Zeitschrift
für die
AI terth ums wissen Schaft.
Sonntag j 8. December
1839.
Nr. Ul,
De aoristi Graecoruin vi ac potestate. — Aucfore
Frilschio, Dr.
(Beschloss.)
Herr Kühner sagt §. 443, !• •' Die Sprache der Tragi-
ker bedient sich öfters der Aoristform als eines emphati-
schen Ausdrucks eines Urtheils, welches zwar auf die
Ciegenwart bezogen wird, aber von dem Sprechenilen als
ein in seinem Innern schon , längst begründetes und be-
festigtes dargestellt werden soll."
Man sieht leicht, dass Herr Kühner nichts Anderes
meinte, als der Aorist diene für Prüäcnsurtheile ; Hrn.
Fr. aber impunirt das Wort bezogen dermassen, dass er
stracks dabei an seine liebe Relation dachte. — Herr
Kühner spricht ja von der Beziehung, in welcher die
Zeit zur Gegenwart des Sprechenden, nicht von der,
worin das Pradicat zu einer anderen Handlung steht,
worüber Hr. Fr. das Nähere aus Becker's Schnlgrammatik
J^. 2l'l. sehen kann. — Dass aber Hermann'« zwiefache
Erklärungen auf Eins hinauslaufen, liegt am Tage, wenn
Jemand nur ein wenig denken kann. Uebrigens durfte
Kühner bloss lehren: Besonders ,,die Sprache der
Tragiker-' {%. 443, I.), wie Rost §. llfi. Anmerk. 4;
ilann hatte er ganz Recht; denn wenn Hr. Fr. diesen
Sprachgebrauch für sehr allgemein hält , irrt er : er be-
schränkt sich meistens auf gewisse Formeln : t9c(VitCioU,
naoißav (Trachin. .^OQ.) r,o9rjv, irr-^veoc. , von denen
Reisig jenes mit schön ! diese mit 6rav ! erläutert, indem
liier ein ge\i isser Elfer des Thuns ausgedrückt sei, als
wäre CS schon geschehen; ,, Ja , ja, schon; es ist schon
gelobt", daher denn auch in Fragen der Aufmunterung:
Warum habe ich's nicht gethan { — Es sollte schon längst
geschehen sein.
Ganz und gar nicht hierher gehört die von Hrn. Fr.
beigebrachte Stelle aus Plat. Apol. S. p. 'i'2. B. C ; denn
da ist das scpavijanv rein historisch von der Zeit zu
verstehen, wo Sokrafes die Prüfungen anstellte ; und das»
sein Urtheil jetzt noch gilt, liegt zufällig in eler Natur
der Sache. — Auch ist ja (faii'foih'./ nicht so i lel , als
doy.cir, sondern Sokratcs will sagen, die Dichter zei|;-
ten sich so, stellten sich so dar, erschienen mir so: wer
denkt ilenn da an ein Präsens? — Gleichwohl ist aber dle*e
unglücklich gewählte .St;'l|p das ganze Neue, «as Hr. Fr.
zur Erläuterung des besprochenen Aoristgebrauchs bei-
bringt. — IVir haben diesen ganzen Punkt bereits oben
berührt.
Was aber eigentlich Hr. Fr. mit der Abhandlang
über die Fntnrbedeutung des Aorists (Kühner j§. 44o, 2-)
bezweckt hat, ist auf keine Weise abzusehen. Nimmt
man von der Kühner'schcn Erklärung alles hier Unwe-
sentliche weg, so bleibt, als Kern derselben, soviel als
unbestrittene Wahrheit, dass der Aorist zur Bezeichnung
zukünftiger Ereignisse diene, welche sich der Sprechende
aus irgend einem Grnnile schon als geschehen denke. —
Diese Erklärung gefällt Hrn. Fr. nicht, und doch ent-
hält die seinlge, welche oben mit andern Worten das
gibt, was in der Note Hermann sagt, durchaus nicht«
Anderes; das nur ist neu, dass wir wieder erfahren, der
Aorist bedeute, was er bedeute; dann wird versichert,
olle Volker hihinten so das Präteritum brauchen, wie
H- 4, ItiO: „denn wenn der Olympier auch nicht gleich
es vollendete (sie), so wird cr's doch spät (er) vollenden,
und schwer (dann) büssten sie"; nameiitlldi wäre dieser
von den griechischen Grammatikern als ein besonderer
und wunderbarer ausgegebene (vcndltatiir) Gebrauch beim
deutschen Volke in geivissen vom Verkehr noch nicht
corriinipirten Provinzen herrschend. — Welche Provinzen
mögen das sein, wo die ehrlichen deutschen Bürgers-
und Bauersleute zu so lebhaften Wendungen organisirt
sind? — Das wissen wir nicht, sonilern nur so viel, dass
solcher Gebrauch eines Präteritums für ein Futurum Im
Deutschen höchst iingewühnlich ist und äusserst selten
einmal eine wörtliche Uebersetzung aus dem Grieihischen
möglich sein dürfte, dass Hrn. Fr. 's Uebersetzung der
Homerischen Stelle mit ilem iiiconseqiienten Einschiebsel
dann auflallend, ohne denselben unileutsch und uner-
träglich erscheint, dass die griechischen Beispiele die-
ser Art selbst nicht eben häufig sind, dass Hermann
ganz Recht hat, wenn er diese Redeiveisc für andere
Sprachen kaum ausilrü( kliar findet, und ilass es mithin
von einer schwer begrelflli hen Kurzsiciitigkelt oder einer
lädierlichen , sich mit dem Ruhme neuer Entdeckungen
neissbrennen wollenden iveckheit zeigt, wenn Hr. Fr.
sich über alle bisherige griechische Sprachforscher
lustig macht, weil sie in diesem Gebrauche des Aoristes
etwas BemerkensKerthes und Besonderes gesehen hätten,
und diese .Ansicht damit widerlegt glaubt, wenn er sagt,
es sind ganz gewöhnliche Aoriste, und dann ein paar
Stellen nach seiner Art mit einem Imperfect übersetzt,
obgleich dadurch für uns ein ganz anderer .Sinn heraus-
küuinicii niuss, z. B. Herodt. 2, 30= '.Irz'u bt Tavo.g
[f,.; Tcö/./u. TTAtujiJ iv ioii) yoöiip ukhn r.l^Eic ig ruvc.
1179
yfi'Touü'/.ovq, iv oaoiTisp et 'Ey.effuvTivr^i y/^-^Si £i
Ttjv iirTOUToXtV Tüjv jli^tözov, — no Hr. Fr. oline
AVeKercs dnlmetsclit : ^"^oii dieser -Stallt «irst du
in derselbigeii Leu zu den Aut. kommen, in neicher
du — — — zu der !M. der .Aetli. kamst. — Jeder
Deuf.scbc, und »eun er .iiif deni iinndsriick, in der Eifcl
oder in der 31iinster'sclicn Heide uoLnfe, ninss das kamst,
wenn er diesen Satz auüser dem Zusammenhange hürt,
jnissrcrstclien, und im Zusammenhange kann er im glück-
lichsten Falle seinen Sinn nur orrathen.
Ilr. Fr. gesteht selbst, die Gebildeten sprachen frei-
lich nicht SU ; nun also, wird seine griechische Gram-
matik fnr seine entlegenen Provin/ialen geschrieben?
wenn nicht, so würden die Grammatiker schon desshalb
verständig handeln , dass sie solchen Gebranch aufstechen,
nnil Hrn. Fr.'s Tadel und Gelächter bleibt unüberlegt.
— An das Scurrile grunzt es, «enn Hr. Fr. sich stellt,
als »renn er soeben in einen von einem jungen Illiteraten
jüngst empfangenen lirief blickte und da folgenden Satz
lese: „ AVahrscheinlich wird derselbe auch mit Ihnen
darüber sprechen , und ilaniit sie doch nicht unvorbereitet
liiervon waren, «ollte ich es Ihuen erst schreiben." —
Uebrigens hat der junge Briefsteller unstreitig in der
Schnelligkeit des Schreibens die Pünktchen weggelassen,
■Hie das ja sehr oft geschieht.
Natürlich hält Hr. Fr. auch die Aoriste, wo wir mit
Pße§en übersetzen (auf die er in der durch die ganze
Abhandlung sich ziehenden rcrum confnsio noch einmal
kommt, so dass der K.ühner'sche Paragraph zweimal aus-
geschrieben wird S. II. 10. Not.) für sicco pede zu über-
gehende Dinge, ob er uns gleich kein Uebersetznngs-
periculum rorgemacht hat. — Die Kühncrsche Regel
(§. 44'.>, 1.), die er verstümmelt mitthcilt, wird nebeu-
lei mit einem (!) widerlegt.
Hr. Fr. übersetzt also den schon oben besprochenen
Satz aus Dem. Olvnth. II. (Buttmann §. 137. Anmcrk. 5.
Aufl. 13.): iiuijuv Tzraiouc. üvt-io.iiiaE y.ai 8itKvaE
jlavxa, fülgenderniaassen : Ein kleines Versehen zer-
rüttete und vernichtete Alles wieder, — was Jeder-
mann auf einen bestimmteti historischen Fall bezichen
muss. — Allerdings können auch wir das Präteritum
hier setzen, aber gewiss in tausend Fällen einmal ohne
ein oft, immer, gi-iröhnlich, wie die Lateiner auch häufig
diese Gracismen durch saepe , plerumque mildern (Iforat.
Od. 3, 2'.», 13— le.); """1 «lieser Gebrauch durfte mit
Fug und Recht von Buttniann ein besonderer genannt
werden. — Sehen wir doch Hrn. Fr. selbst oben ein
dann einflicken, und wenn wir jetzt seine in Kühner'»
Hegeln eingeschobenen Parenthesefragen auf ihn selbst
appliciren: unile hoc dann consequitur (p. 18.)? ubi est
huius pronunciati adprobatio? onde verum id esse intelli-
gilur ? (p. 1')-), wan kann er antworten? Nichts; so we-
nig, als wenn wir ihn fragen, wie er dazu komme, S. IS
für die Erklärung von ecfui rr.av Plat. Apol. p. '22. B. C.)
an ilen ,,ncxus orationis partium zu appelliren, da er im
Augenblicke vorher uns eingeprägt hat, wir könnten den
Aor:»t immer richtig verstehen, wenn wir ilie relatJonea
logicas eines pronunciati , qnae ex sentcntiarum nexu
hauriuntur, nicht beacLteu würden (S. 18)? — oder wie
1180
es zugehe, dass er S. 19. Sophoc. Philort. 1434. rro'i
■Ragrjveoa auf einmal mit: Ich wollte dir doch rathen
explicirt, nachdem anf der vorigen Seite Hermann wegen
seines edictum volo von ihm chicanirt worden ist? —
Und, um's Himmels willen, ist denn' in : Ich wollte dir
doch rathen, statt: Ich will dir doch rathen, dieses:
Ich wollte, ein Indicativ? — Das ist ja ein Optativ mit
üv: dv TTaoaneoaifu.
Was aber die Sprache in dieser Schrift anlangt, so
ist dieselbe anniasslich und kindisch, weitschweifig, ver-
worren, ungelenk, unbestimmt, zerfahren, unlateinisch
und fehlerhaft. — Es fehlte schon immer nicht an Be-
legen für den bezeichneten Charakter dieser .ibhandlungj;
wir beu eisen ihn jedoch noch ausdrücklich mit folgen-
den Stellen: S. 4. spricht der Verfasser von weitverbrei-
teten und verjährten Irrthümern geistvoller und sehr ge-
lehrter Philologen, die er aufdecken und widerlegen wolle,
und die Kühner'schc Grammatik wird beiläufig novis in-
veulis fcre destituta genannt. S. 5: Nimirum hereditarin
jnro traditum est, et contra dicentis usus vocem non per-
ceperunt docti homines , ijui talia proferre snstinuerunt ;
cet. — Ibid. : Quam hacc adversa fronte pngnant! quid
vcteres Gracci dicerent, si 'talia audirent! nämlich Sätze
von Buttniann unil Matthia. S. 7: saneqne mirum vide-
tur et praestringentem traditae corroborataeqne opinionis
vini demonstrat, quod ejusmudi loci nouduni ullius ani-
mum adverierunf. — Ibid.: Linguae modo jus suum con-
cedatur et ejus potius audiamus vocem, quam ut (alsis
grammaticoruni praeceptis eandem constringi permittamns!
— S. 11: Repetitionis quoque significatio aoristo humane
conceditur ict, — S. 12: Haec distinctio , profecta ab
Hermanno , et deiuceps a Disscnio cum laude mcmorata,
quam vana sit et paucis exeniplis sinistre observatis et ex-
pensis fundata, vel ex uno Homeri loco II. XI, 54S'
intelligitur. — Ibid. : Quanta est hacc commisccndi libido!
nämlich Hcrmanni. — Ibid. : Non dubitavit Ilermannus
vim faccre linguae mauifcstasquc tcmporis impcrfccti for-
ma» pro aoristis venditare.
S. 14 : Ex iis, quae adhuc disputavinius, cum intcllexe-
rimns ei ipsa lingua graeca duco edocti simus , gramma-
ticos nnllo jure atquo nonnisi obscrvationibus et paucis
et sinistre institutis innixos ducuissc cet. — Ibid.: Sed
hoc adeo non intellexerunt grammatici, ut cet. — S. 18:
Ilermannus — aliud agcng cet.
S. 7 : Duo igitur testes ex nno loco contra gramma-
ticos prodeunt. — At vero (hoc aliquis obligatur) illud
ßaarLeuoat et ßacrtkevaaq nun quidem est Gernianicnn»
„Künig gewesen sein", neque magis ,, König sein", re-
gnare, cet. — Quid huic honiini respondebimus ! Nam si
dubitationis ab eo niotae ranitas denionstrari neqiiit, vetu«
doctrina habebit, quo se tueatur, et hoc convellcudac
pericnlum doctrinae de aoristi sigilificalioiie traditae fru-
stra feci, — (Ja widil!) u. s. w.
V^)n solchen selbstgefälligen , zähen , schlotterig aus-
getretenen Gesprächen und Selbstgesprächen, Fragen,
Antworten und Exclamalionen, in Anderer Sätze höhnisch
und oberflächlich bequem eingeschobenen Frage- und
Ausruflingszeichen und possierlichen Ecce » »iniinelt die
ganze .\bliaiidlung , die wirklich beinahe nur an» Autoren-
1181
1182
siellon und solchen burlesken, zeHicrsrhivcndpudeij Fra-
gen besteht: Quo fundaniento iiititiir ? «jtiibus argunientis
adprobata est? num ex forn)a — cct. , an ex H3U cet. ?
Sans comparaison , unsere Vorfahren nullten an den fie-
len Fragen — keinen glilckljchen Geisteszustand er-
kennen. —
Nach diesen Proben des Tones und des Siyla einige
Belege der Latinität. — S. 5: Cni anotatio nppensa est.
— S. 7: Ita<ine ßaoiXeioa; non converias „Künig ge-
wesen seiend", sed „König .seiend, regnans." — S. 14:
Queinaduiodum de Aiace Kiihnerus dicit, eum cre-
didisse, idem de Agnmemnoiie dici potest , eum — — ■
opinatuin esse. — S. lö: Conscctariiini est, tarn infinitt-
»lun, quam participiuni, — usurpari tot. — S. 18:
Sed jam pridein ea, ((uac de enallagc tempornm gramma-
tici docuerunt, ccdere deiuissent leriori ifli doctrinae.
— S. 19: Si loci reperinutur, in qiiibas Io(jni>n(li usus
Germanis nonnisi praesens concedit, eo Graeci aoristi
natura commutari iie(|uit. — Ibid.: ludicatirns aoristi,
nt ubifjiie, sie quorjue in locis ex Ilomem ad vjndirandam
fntnri signiliatioueui prolatis suani potcstatcin tenet: et si
qnando ad disignandam actionem, qiiae toijuenti fntnra
est, nsurpatur is usus innititur eodein percipiencii modo
(sed iniersa ratione) , quam si actio praeterita per prae-
sens , quod rocant hietoricum , exprimitur ; et (juomoilo ,
qiti loquilur in hoc usu , feinpus actionis praeterilae
tamquam praesens animo adspicit, ita in illo tempus fu-
turum quod praecedil futurae actioni respicit^ unde haue,
tamquam praeleritam apparere oportet (?!) — n. s. w,
• Dass man mit einem solchen Denker und Stylisten,
wie Hrn. Fr., nicht über : sustineo proforre , locus cita-
tus (ß. ;)) , Gogitatioucni omissam supplere (S. (i) , au-
tumo statt dico cet. (S. <)) — aoristi nuUa forma ad
jiracseiis tempus exprimendum atWuhit^ est, u. s. w.
rechten dürfe, versteht sich von selbst.
Nacli Allem dem, was wir gesehen haben, können
irir nicht anders, als die Dissertation des Hrn. Fr. für
das üocnnient eines sehr unglücklichen herostralischcn
(Jelebritatsprnrifiis und Windninhlenkampfes erklären, und
zwar in Betracht ihres schnöden Tones gegen bedeutende
Blanner , mit grosser Indignation.
Hr. Fr. hat auch nicht das mindeste Neue gebracht,
nicht einmal soviel, dass wir zugeben könnten, die ge-
wöhnliche Darstellung der bisherigen Sachen in den
Grammatiken wäre für einen Schnlknalicn verfan;;lich. —
In keiner fehlt es an Verwahrungen, «ie sie z. ß. Thiersrh
§. 291, 3, ()• Annierk. gibt: Alan darf nicht glauben,
dass der Aorist für sich in solchen Fallen ein Pßegeit
ausdrücke. Die Griechen stellen die Sache als früher
einmal geschehen dar, denken also hier ganz anders. —
Pflegen wird durch (fiiMv^ Juigetv, e&iKilv ausgedruckt.
— AVir haben schon bemerkt, dass Hr. Fr. der Rosti-
schen Grammatik gar nicht gedenkt, und »vir möchten
fast aiiuehmeii , sie sei absichtlich ignorirt, weil Hr. Fr.
»ah, dass nach ihr die Nutzlosigkeit seiner Abhandlung
gar zu sehr in die Augen falle. — Da Hr. Fr. laut sei-
nem Buche über die obliquen Casus (sie) ein enragirter
Freund <ler neuen deutschen Grammatik ist und von
dieser Methode für die griechische Wuuderdinge erwar-
tet , könnte man es ihm 'lelleicht zu Gute halten, das.«
v\ Hermann, Bnttniann, ftlatthia, Thiersch, Kühner n. s.w.
für Wirrköpfo halt und sie bekämpfen zu müssen meint,
obschon zu verwundern ist, dass der Letztere so wenig
Dank bei ihm gefunden hat; dass er aber selbst seineu
eigenen IViusageten, dessen Auseinandersetzung der abso-
luten und relativen Zeitformen er S. If». Not. 21- aus-
drücklich eine trefliirhe nennt, dass er Hrn. Herling
selbst verb'isst und eine Abhandlung richtet gegen das ,
was er in derselben Abhandlung preist, das ist zu bunt
nnd geht über die sittlichen und logischen Bcgrifle iler
gewöhnlichen IMcnschen zu weit hinaus, als dass »vir es
fassen könnten.
Denn Herr Heiling erklart in den citirten nnd be-
lobten Paragraphen (Synt. I. |g. H2 — ll.j.j ausdrück-
lich, wie folgt: „Selbst der griechische Aorist, eine in
die Gegenivart einer Erscheinung abge,srh!o.ssene, momen-
tane Vergangenheit bezeicbiiend, behalt im Imperativ nur
die Beziehung des Augenblicklichen bei."
Wie nuter allen diesen Umstanden der Verfasser der
Anzeige im Rheinischen Museum für Philologie 5 , 4.
S. fity — 24. es veraii4>»orten »volle, »venn er unter andern
artigen Dingen meint, dass Hr. Fr. wisse, was er wolle,
nnd nicht allein seine IMcinung auf eine anständige AVeise
ausgedrückt habe , sondern dass auch gegen seine Lati-
nität nichts Erlielliches sich ein»renden lasse, maa; er
selbs-t beim heiligen Geiste der Wahrheit verant»vorten,
Ou -. n.L.v.
Pelasgisclier Glaube und Homers Verhältnifss
zu demselben.
Prcller's trellliche Untersuchungen über Demeter und
Köre heben mit Recht den Gegensatz heraus, der zwi-
schen der Homerischen Persephone, als der furchtbarci»
Herrscherin im Reiche des Todes ^ und der Köre, dera
lieblichen Kinde der Demeter, stattfindet, und nehmen
darum eine Conibinafion der einen A'orstelluiig mit der
andern an, »velche zuerst Hesiud in die Mythologie ein-
geführt habe S. 11. 17.
So wenig ich diese Thatsachen in Abrede ziehen
will, so »venig kann ich andererseits glauben, dass »vir
hier auf ganz verschiedene Quellen des religiösen Glau-
bens geführt werden S. 14, dass mit einem Worte Heiner
noch reiner Repräsentant eines hellenischen, vom pelas-
gischen verschiedenen Glaubens , un<l dass Elemente des
letzteren erst nach Homer — el»va seit Ilesiod — in den
hellenischen Glauben übergegangen seien.
Ich will einen gewissen Gegesisaf/, des Hellenischeu
zum Pelasgischen keinesivesfs laugnen; er tritt aus dem
Verhältniss des Glaubens und der Götterdienste der rcia
hellenischen S(ämme zu dem der jielasgiscii-helleiiiselien
deutlich genug hervor, ich bin auch mit Preller der
Ueberzeugung, dass diese vorhelleniscben St.'iuinie inslie-
soiiderc Naturdienst hatten , dass daraus , natiienllirli u\s
das ÜebrTiviegen des Hellenismus pelasgischeu GUuben
zurückdrängte, ein geheimer Dienstsich bildete, «lo vor-
her offener Cultus stattgefunden hatte: aber ebenso wenig
1183
1184
mJ.rhfe ich lanjiien , «lass die«- Elemente pelasgischen
Glaubens bereits in Homer eingedrungen waren, ja, das8
31ehreres, uas Homer und dem Hellenismns eigenthüm
lirh scheinen kfinnte , obne Zweifel dem pclasgischen
(ilaiiben angelifirt.
üass den honiorischen Gedichten nicht alle Ulystik,
deren (Juelle Preller in dem pelasgisclien Glauben findet,
•jradehin fremd sei, ist schon von Andern an dem Wjthus
von Jasion Od. V., fJ/ilF. uacligen icsen worden, und auch
Preller kann nach S. 2Ü7 vgl. mit S. 279 „die Allegorie
nimmt in dem Ulaasse zu, als die Mvstik um sich greift"
dieser Annahme kaum entgegen sein. Wenn sodann der
nnsfische Charakter der Demeter, « ie Preller S. 6, nach
uieinem Dafürhalten, mit Recht annimmt, darin beruht,
dass Perseplione die Tochter <ler Demeter wird, so kann
selbst in dieser Beziehung dem Dichter nicht alle Kennt-
niss lies Mystischen al>ges[)roclien (Verden. Dass nämlich
Homer die Persephone als Tochter der Demeter kennt,
las.-t sicli bei Vergleichiin^ von Od. XI , 2 1 7 niit H. XIV,
326 und Od. V, 125 ü. kaum in Abrede stellen. Ferner
hiidcn sich ja alle «Ichtigere Gegenstände des \atur-
dienstes bei Homer wieder, ausser Demeter: Zeus , Hades,
Persephone, die Erinnyen , die Stvx ; nur sind sie nicht
mehr eigentlich Äaturmächte, nicht mit der Natur iden-
tisch, sondern idealisirte , menschenähnliche Wesen, die
einem gcivissen Kreise der Aatur vorstellen.
Fürs Erste gehört sicher das ganze Gebiet der etho-
nischeij AVcscu nicht allein, noch vorzugsiveise dem
Hellenismus an, sondern ist ein wesentlicher Theil pelas-
gischen Dienstes. Es ist aber hier vor Allem nöfhig,
die Homerischen Begriffe von dem Reiche der Cnterwelt,
namentlich der Persephone festzustellen. IMit Recht fin-
det zivar Hiflter in der Kritik des Prcller"schcn 'Werkes
(s. diese Zeitschrift lS,'-i8. Nro. 7U. 71.) in der Etymo-
logie der Namen , wofern dieselbe anders klar genug ist,
eine vornehmliche Quelle für Feststellung des Begriffes
der Gottheit: aber wenn er selbst TlcocriCfövii nicht so-
wohl ,. die Würgerin , die durch den Tod Verderben-
Lriiigeiule " als die das Verderben Tödtente oder den
Tixl Vernichtende nennt, so widerlegt sich doch eine
solrlic EtviiKilogie zu deutlich durch alle sonstige Be-
iiennungen und ^'orstollungen , die sich an den Namen
Persephone knüpfen. Nicht nur führt sie das Prädikat
inuivr), die Schreckliche, II. l.\, 4.^7- Slit). Od. X, 491.
534. XI. 47., wogegen die Prädikate dyavt'j Od. XI,
213. 22fi. 6'i5. äyvr, Od. XI, 38li. über unsere Frage
Nichts aussagen, sondern sie ist allenthalben nur die
furchtbare Belicrrscherin der Untern elt. Sie seniiet dem
Oil_\sseUs die Schatten und zerstreut sie Od. \I, 2 t i-
22t)« 3S5., sendet die Schrecknisse der Unterwelt Od. XI,
ti.33 ff., verleiht allein dem Teiresias Besinnung Od. X,
494 ff., erhört mit Hades den Fluch, den Aeltcrn gegen
ihre Kinder aussprechen, und schickt zur Vollziehung
desselben die f^rinnven 11. X, 454 — 57. Öfi'l — 72- (ileiches
Wesen hat Hades; er ist OTV/fgÖi II. VIII, 368-,
<'.itlt}.r/n^ 7Jd' '■/.dduaOTfj', und darum itsujv tyßtazoi
o.'iit.vTutv II. IX, 158. SO- Zwar muss bei Homer, der
die ganze Gütterweit zu Einem Svsleme abschioss, dessen
Spitze nnd Einheit Zeus war , auch Hades dieser Einheit
sich fügen, und so wendet sich, seltsamer Weise Jl. ^',
39ö. der Beherrscher der Unterwelt Hülfe suchend zu
den Himmlischen und wird von Päcoii geheilt. Indessen
noch liegt der fllvthe von der Dreitheilung der AVeit
11. XV, 187 fl. die Ansicht von einer gleichen Berorli-
tigiing mit Zeus zu Grunde, und der Name y^sv^ xuTuy-
xfoi'/O^ II. IX, 457. weist uns auf dieselbe Vorstellung
hin , dass Hades in seinem Reiche ebenso unbeschränkt
gebiete, als der Xtv^ ui'(ju>tu(i auf der Oberwelt.
Wenigstens tritt der dritte Bruder , Poseidon, wie er den
Olympischen Göttern angehört, weit mehr in ein wnter-
geordnetes A^erhältniss zu Zeus, als Hades, er besitzt
factisch keineswegs die gleichen Rechte , wie der hiuiin-
lische Zeus , wird auch von Homer nicht mit dem Namen
Zeus geehrt. — Und wie die unterirdischen Mächte
überhaupt in feindseligem Gegensatze zur Oberwelt und
zu deu Menschen gedacht werden, II. IX, 158 — 59.,
wie die Unterwelt als eine finstere, freudenleere Od. XI,
488. 11. voll Entsetzens und schreckender Bilder Od. XI,
633 — 35. überhaupt die ganze JSf/.via vorgestellt wird,
so heissen namentlich die Eriniiyen, die Dienerinnen
des Hades und der Persephone OTVyegai 11. IX, 454.
ijeooffoiTU, duelXixov ijtoq exovira II. IX, 571. 72-
Es sind Verbrechen an der Pietät, die sie ahnden, näm-
lich der Pietät gegen die Götter durch Meineid II. 111,
27'^!. XIX, 2ßO. durch Verletzung des Gastrechts Od.
XVll, 475, ferner gegen die Aellern und die au ihre
Stelle tretenden älteren Geschwister II. IX, 454 fl.
.'»79 ff. XV, 204. Od. II, 135. XI, 280. Weil sie das
l'erderben der Menschen wollen, geben sie ihm schlimme
Rathschläge in den Sinn II. XIX, 87. (in dieser Stelle
die Erinnyg als Dienerin des Zeu<l za fassen, ginge nicht,
da sie diess nirgends sonst bei Homer ist; vielmehr, was
die Moira und Zeus als Lenker des Geschicks thun,
thun die Erinnyen als Lust am Unheil) Od. XV, 234.
Achill «oll seinem Verderben nicht entgehen, darum darf
sein Ross Ihn nicht warnen II. XIX, 418. — Die Erin-
nven sind ferner die A^ollstreckerinnen der Flüche, sie
sind diese selbst in Wirksamkeit tretend II. XXI, 412.
Od. XI, 2^0. Auch die sogar für die Himmlischen
furchtbare Bedeutung der todtbriiigendeu Styx kennt Ho-
mer II. VllI, 3H8. (11, 7.58.) XIV, 27l' ff. XV, 37-
(y.a-veifju/uevov) Od. V, 1S5 f.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Elberfeld. Dem Programm, womit zu der öffentlichen
Piüfiiiis der Zöglinge des Gyinn.isiuiiiu der Piolcssor und pio-
\i>onbClic Diri-ctor Dr. J. K. L. Hantscbke einlud, ist statt
iKi wissctiscliafllicben Ablimirlluiis eine Scluilrede beiscgebeu.
Die .\iizahl der Schüler betrug im verflossenen Souimersenic-
ster 133.
Rom, 3. Anglist. Durch Wegräumiins; des Schuttes eines
unliMi2*t eingestürzten Nonnenklosters sind scliätzb.iie Ruinen
eines 'rempels des Nerva (iiacli Andern des Mars L'ltor) sicht-
bar gCAorilen.
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenschaft.
ÄlitUvochj 11. December
18 39.
Nr. 148;
Pelasgischer Glaube und Homers Verhältniss zu
demselben.
(Fortse tz unjj.)
Es sclieint mir nun nicht zwcifellia«, dass diese Vor-
•tcllungcn von der icriiassten, ftirclitbaren Gewalt der
unteren Machte hervorgegangen sind aus dem Entsetzen
vor Tod und Grab und vor den scliaucriichen Tiefen
der Erde. Wie sich i!er natürliche fllcnsch des heitern
Hininiels über ihm erfreut und gerne im Strahl des
himmlischen Lichtes lebt, so erregt ihm die Tiefe, das
Grab, das sich unter ihm ülFnet, Grausen und Entsetzen.
3Iit dem Lichte, dem Himmel über ihm fühlt er sich
verwandt, er fühlt die Segnungen des Himmels, aber
mit Schauer erfüllt ihn die geheimnissvollc IMacht, die sein
Leben unerbittlich zurückfordert. Beerdigung der Todten
war unstreitig alte Sitte (vgl. Wachsrauth hell. Altcrthumsk.
11, 2- 7^0 Thuc. I, 8. Aelian V. H. VII, 19. War völlige
Beerdigung nicht uiüglich, so bewarf man die Todten
mit Erde. Ael. V. H. V, 14. Selbst ho Verbrennung
der Leichname üblich war, setzte mau doch die Gebeine
des Todten iu einem Grabhügel bei I!. XXIII, 245 f.
2J6- XXIV, 797 fl. Od. XII, 13 11. vcrgl. mit XI, 72 fr.
— Wies ja die Jfatur selbst, indem sie den Körper iu
Staub verwandelte, den Menschen daraufhin, den Leidi-
nam der Erde zu übergeben. Daher denn der uralte
(ilaube, dass die Erde ein Recht auf unseren sterbliclien
Theil habe. So kam der Mensch zu dem Glauben au
das Walten finsterer 3Iächte im Schoosse der Erde , deren
Kanb einst der- Mensch werde, die, was einmal ihnen
Tcrfalleu sei, nicht wieder zurückgeben, eifersüchtig auf
ihre Hechte sich um keiiis ihrer Opfer betrügen lassen,
die mit den Himmlischen hadern, wenn diese das ewige
Recht der Llnterirdischen zu verkürzen, wenn Kunst ihre
Herrschaft zu beschranken versucht, ja, die gierig, wie
auf ihre Beute, auf iMenschenleben lauern. Es sind diess
Alles Ausdeutungen der unerbittlichen Gewalt des Todes
und so nahe liegend, dass sie auch in dem Glauben an-
derer Völker wiederkehren. Der Scheol der Hebrficr
wird im Ganzen in gleicher Weise geschildert Jes. ^',
14. Habac. II, ,j. Jes. XIV, 9 fl'. vergl. mit der Nsy.vla
der Odyssee. — Auf diesen Glauben nun, dass die un-
terirdischen l>Iäc]ite ein Recht auf die Gestorbenen haben,
Soph. Anfig. 1072. Lvs. Epit. §. 7. gründete sich die
heilige Pflicht , die Todten der Erde zu übergeben, und
sofern ohne Erfüllung dieser Pflicht die Geschiedenen,
ausgeschlossen von der oberen, nicht aufgenommen von
der unteren Welt, unstat nnd ruhelos umherschweifen
inussten, ward es heilige Pflicht auch gegen die Gestor-
benen, ihren Körper zur Erde zu bestatten II. XXIII,
72 ff. Od. XI, 52, wozu selbst das Bewerfen mit Erde
genügte , wenn nur der Todfc vjio X^ovög war. — Galt
aber dem sirmlichcn Menschen das physische Leben als
ein so hohes Gut, so schien, wer sich gegen die heilige
Ordnung der Natur verfehlt liattc , unwürdig, das er-
freuliche Licht des Tages zu sehen; uuwerfh der l'er«
bindung mit den Menschen oder den himmlischen Mach-
ten , ihres Schutzes verlustig verfiel er den 31ächfeit
der Unterwelt. Daher die Gewalt der Erinnjen über die
Verbrecher, ohne dass jene ursprünglich als üieneriuueii
einer sittlichen Ordnung erschienen. Da aber bei nochi
geringerer Ausbildung des sittlichen Bewnsstseins ausser
den Pflichten gegen die Gottheit nur noch die Pflichten
in den heiligsten ^'crhalfnissen der 3Ienscheu, in dem
Fainilienverbaud anerkannt wurden, von PIlirhteu gegen
den Mens<heu als solchen aber keine Rede war, so ward
denn auch ursprünglich ein au Fremden verübter Mord
nicht als Verbrechen betrachtet , der Mörder überhaupt
verfiel den unteren Machten nicht, sondern das Leben
eines Menschen ward nur dann als heilig betrachtet,
wenn sich der iMcusch als iXiTiji; unter den Schutz der
Götter gestellt hat. Einen schlagenden Beleg für die
Richtigkeit der obigen Auffassung der Lnferwelt gibt auch
der bei der St)X geschworene Eid. Dieser Schwur ist
darnm für die Götter so heilig und unverletzlich, weil
sie bei der verhassteu , todbringenden Qur'lje sich selbst
zum Tode verfluchen, falls sie einen fMeineid schwören
würden. — Unstreitig erscheint hier die Macht lies To-
des und der Unterwelt noch als eine sclbststandige , un-
abhängige gegenüber den Himmlischen.
Dass nun alle diese Ansichten Bestandtheilo des pc-
lasgischen Glaubens waren, dürfte sich ebenso leicht er-
weisen lassen, als es klar ist, dass sie ursprünglich auf
die unversöhnliche Gewalt des Todes sich beziehen und
diese abstractc Gewalt zu concreten Wesen erheben. —
Der Dualismus, der auch bei Homer in dem (ilaubeu
an die fllaclit der lliniiiilischeu einer- und an die .flacht
der Unterirdischen aiulcrerseits sich kund thut, ist im
Glauben lier Griechen und der Römer tief gewurzelt,
durchgreifend. *) In der That, der älteste Glaube der
*) Wir können sagen , es hl unter gewissen MoUificalionen,
1187
1188
Grierhrn koiin<o mir einen Uiiall-iiniis, «ioaorli ilie von
ihnen stets fcsffclialtenc Z>i eitlieiliiiig in olere oder
iiimnilisriic iinil nnleririlisclie ilLicIite licueist (o/ i'.no)
«ind Ol yarii) Aesdi. Clioeph. Iti). a.3uvaT<ii unii Ol
i-TTO yciiuv Eiim. yi2. incro/ mul jlUniai Again. SU.
Siippl. 'ib- oitjaviot uiiil -ji^^hivtOl Pla<i> <Ir lej;g. VII f,
p. 8'2S-)' Besonders dentlirli tritt jener Dnalisnins in den
Cumenideii des Aeschllos lienor, einer Diehliin;;' , die
«len A'olks(;lauben in seiner vollen Tiefe erf.isst nnd liir
die gejjcn»;irf i^e Untcrsnrlinng von liesonderer Bedentung
ist. In entschiedenem («egensatz erseheinen hier Hie
oberen Götter, dnrrh Apollo, den erht hclienisrlien, ver-
treten , nnd die Mächte der Unterwelt; es ist eine tief
in ihrem Wesen hegnindelc Feiudsi liaft, «elclie sie ;;egen-
einander anssjirei lien, es sind i;anz en(f;enenge.<etzte IVichte
und Anspn'iilic , w elclie sie p;eltend machen ; die Unterirdi-
schen berufen sicli auf ihr älteres Hecht, nennen sich
die Aeltercn , die Olvnipier ein neues Goltergeschledit
Eura. 145. 157. ni7. 4(i9. 6' 17. 773. — nnd nur der
^Veislieit nnd Unparteilichkeit der Athene gelingt es, die
Bcliroff sich entgegengesetzten Ansprüche zu schlichten.
'^Venn sich aber die Unterirdisclicn die Aelteren, die
Olvnipier die Jüngeren nennen, so geht doch ivolil das
hervor, dass jene im Volksglauben von jeher ein wesent-
liches Element bildeten, und dass das System der Ilinim-
lijcheii, wie es seit Homer nnd Hesiod erscheint, dem
'\ olksglaiiben als etwas Neues galt. — Die Erinnvcn sind
nnn bei Acschvios ebenfalls zunächst nicht im Dienste
einer sittlichen Ordnung, die nur von den Himmlischen
ausgehen konnte und die Eriunven im Einklang mit jener
erscheinen lassen miisste , sondern sie sind iVaturniächtc.
Darum heissen sie Kiml.T der ?iacht 312. 394. n. a.,
sind lüstern nach 31ens< lienblut und freuen sich, den
Verbrecher zu erhaschen, »lie das Raubthier sich seiner
Heute freut, 244. 2.j4. 294 — "5. Gegen die ganze Er-
scheinung der Erinnven bei Aeschvios können nun aber die
einzelnen Stellen Nichts bett eisen, in welchen sie im Dienste
einer sittliclien Idee zu stehen scheinen. Sie zeigen uns
indem die elliisclieii Gcgiiisal/.c nn die Stolle ilor iirsprtin;;-
liclicn blossen N.iliiigc« aheo treten, wo denn auch iiiciit
mehr von einer ViTsiiliiuin;; des Dii.ilismin , somleni nur
von ilir liiterwerfung der einen Gewalt unter die andere
7,ur Hirsli-rninf; ilir riiiilieit ilie Rode sein kann , oiii all-"
peiiicin iiion~clilicl>er. Der Volksglaube, der iliiicli J.ilir-
fjiisendo hin. niil «.Iclion Rchgionon er iiberbaoct iiiul
üherkloiilol «■.■nl. ii iing, sich nicbr ähnlich bloibl , als
man drnt^cn sollte , liiihl notli in unironi chiislliclion
Deutselilind iiioliiere Parallelen zu jonoin allgriociiisclipi!
Olauben. Nücli in dem clirislliclxn VulKsglaulien sin i-
ten sich , wie einst Loi Aescliylus . Hininiol und llollo
fUel) tun die Menschen (man vori;!. von allen deulsclion
Dichtungen das Pragnient lUuspiili , von doii in Me.-,loii
Göthc's Faust;; und wie einst die Erinn.vou . so lauern
noch jetzt <^^c Geisler der Hölle, wie sii' •!. n Sierl.liclioii
lieriickon, in ilire Heirscli.ift horiil'erzielion koniion Wie
die Eriunven einst des Verbrechers sich hcni iclilmton ,
so licss aiicli unter uns ■ .ir nicht liii-cr Zeit i.cu:li ■), r
Volksglaube ausgozoiehncto Verbrecher vani Teufil hob n
Kodlich ist der einmal acisgesprochone Fluch noch immer
eine -eholninissvolle. finster wirkende IMailil. Audi un-
sere Grspeiiäler sind noch imnior der Schilderung ahn-,
lieh, welche Homer'i ISixl'Ik von den Schatten der Un-
terwelt entwirft.
lifichstens ein Streben, die rohen Natnrgevi-altcn in ethi-
sche zu veredeln. 15ei llesioil ist der ursprniiglicho
Dualismus iioih mehr, als bei Homer zurückgetreten,
indem ilas System *) Alles zur Einheit zu beviältigen
suchte. Daher »erden auch die Eriunven in die grosse
Göttergeucalogie eingereiht, und ihr Ursprung wird ans den
von der Erde aiifgenoininenen Ulutstropfen des verstüm-
melten l'raiios hergeleitet Tlieog. I,S 1 il'. Andererseits
will ich iiicIit in Abrede zielten, d.iss bei Ilesiott neben
seinen Naiiirabstractionen und <len (iesrhtipfeii der dii h-
terischen Phantasie Elemente des vorhellenisrhon Glau-
bens, welche bei Homer kürzer berührt sind, ausführ-
licher behandelt werden. So erhält zwar die Styx auch
ihre Stelle in tiein genealogischen System, sie wiril al»
Quelle unter den Tiichtern des Okeaiios genannt, dessen-
ungeachtet treten ihre ursprünglichen, ileni Localdienst
in Arkadien entlehnten Züge bei Hesiod deutliclier her-
vor, als bei Homer. Weil sie vornehmlicher Gegenstand
des alten Naturdienstes war, wird sie die vurnehmsto
aller Okeaniiien genannt Thcog. 3IH ) und viährind die
Thatsarlie , dass ihr Dienst und die Scheu vor ihr neben
dem Glauben an Zeus fortbestand 3^9 fl. , «laliiii umge-
deutet wird, dass sie zuerst sich dem neuen Herrscher
angeschlossen habe, unil man nach 3S(i. aniiehmrn muss,
dass sie mit ihren Kindern bei Zeus wohnt, hat sie nach
775 (T. dem alten Glauben gemäss ihre Behausung mit
Hades und Persephune im Tartaros, fern von den Himm-
lischen; endlich wird von ihrem Wasser, das auch öoxoi
hei.sst, gesagt: ii t' ix 7itT(jiTg xaraksltieTai i;kißdroco,
v>\iljt-i^q 7)S(). , und es wird sofort die ganze verderbliche
Bedeutung dieses Wassers für die Götter geschildert 7V(2 fl.
Wie sehr stimmt nun aber Alles diess zu dem arkadi-
schen Lucal und den Vorstellungen, <lie dort von dem
Wasser der Styx herrschten. Bei Herodut II, 74. erseheint
der Eid bei diesem Wasser als eiu besonders heiliger;
das Wasser selbst schildert er mit den Worten: i>du>o
(ili'yor (faivöiuvov ey. ntTgijg OTCcCi/ ti^ äyy.o', Strabo
VHI, S. sagt: -jitoi 0EV£ov d' iori xai tu y.uLovitsvuv
^nyoi i'i^too kiftüdiov ö^eSgiov iöuTOi, voftiCdue-
vov Uoov. Pansanias endlich, dem wir die ausführlich-
ste Beschrelbiiiig verdanken, VIII, 17, 5- ""d 18, 2.
sagt an letzterer Stelle: Tu ÖE i'dojQ TO dno joO
y.()r/.ivoi Tuv TTupd rijv Niovayoiv axdCov if-inimei
fttv 71 oujTuv ig ziETQav vipijf'ijv, ^i£l:ek&up de 6ta
Tiji 7itroa~; i^ tov Kq».öii> itozauov ydcsiot. Üuvu-
rov de vo iSojg cpeoti tovto y.a'i dv^ov'mi) y.o.l
ufjj;) Cu)i;) 7i(i.vrl, -Allein nicht nur llesiod's Beschrei-
bung liegt der arkadische Ciilt zu Grunde, auch ilio
Präiücatt , die Homer der Stjx beilegt, setzen, obviohl
au Anschaulichkeit und Ausführlichkeit der Schililerung
Hesiod's nachstehend, doch die localoii lVrliältnis.se Ar-
kadiens voraus und erklären sich ans diesen am genü-
genilsteii. So erinnert schon Pausaiiias bei .Anführung
der Stelle Od. \, 1(S4 iX. „y.ui TO /.('.xLitjuf^icvov 2V('-
') Wie «oni.; dieses System in dem Vfliksgl.iulion lag . i>t
t'iir sich klar. Die gan/e iilior Zeus liinaulgoliondc tionea-
Ingic i.-l nur olieii angi^rlzt; in llranns, iKr naiüilicli
Vater der Zeit ist, «iiJerliolt sich mir uer in-in migiiclu-
Ecgriff des Zeus.
1189
yo^ /'öwp" Tavro. iitv f>i) i:xuii]aiv v'tc. av iöviv ii
■xo vSojo iiji SrvyoQ OrdCov.
Wie Hir aber in Bozieliiin? auf dir Si\x Iloiiipr jfaiiz
im l'jiiiklam; mit loraloni ^ia(llr(lipllsfo linilcn, ja, soiiie
VorsU'lliingoii am srliicklirlistrii mir luid-r der Voraiis-
setziiiij;' Ulis rrklilroii kOniicii, dass sie aus ilirspiii Localriilt
heriprfpg;aiif;eii sind, so \irisl uns seine (jaiize Stiiilde-
run^ der rlithonisrhen JM.'irhli- auf alten Maturdienst liin,
nelrlien «ir denn ancli naimiitlicli in den (jlejjendeii noch
antreffen, deren Betolkeruiij; lor/.ngsM eise aus pelasgisrlieii,
lilicrliaupt vorhellenisclien .Stfiniinen liestaiid.
Um mit Arkadien zu lirffiiinen , dessen Bewohner aFs
Pelnsger, als Reste der ältesten A'()lkrr?tiiii:ine Grierhrii-
Jaiids hetrarlitet »urden, Herod. I, 1 +(i. lliko.oyo'i If,
171. l'III, 7o. ntTÖ-/;i(n'lc Stral.o IUI, ,S. Paus. V|H,
1, 2. lerjfl. W.arhsniutli hellen. Alterthniiiskuiidc Jl , ',',
128. Preller U. u. K. H.'j, so ist die Iirili-e «Juelle
Styx nicht die rin/i-re .Spur chthonisclier Ileili;;thiimer.
Persephone genoss in Arkadien unter dem iSaiiieii der
/Jinrycoivct. , d. i. der Herrscherin im Twiltenreiclin , die
»orziijflichste ^^ereliruiij,' Paus. VIII, Jfl , 7. »nd f. ;V7.
namentlich |^. (i. — Em lleiligthum der Mii.viai , d. i.
der Eriiinven , fand sich l>ei iMe^alopolis; nahe dahei ein
ICrdhiigel, wo Orestes nach der Sage in Raserei versetzt
waril (eine andere Gegend ,/xr, wo Orestes gewesen
sein soll, und die Kunieiiiden einen Tempel halten) Paus.
V'IIf, 34, I. '..'. In dem Aroanischen (Vehirge war eine
Dohle, in welcher sich die rasenilen Tochter des Priidis
aufliiellen, von wo sie in die Stadt Ivnsoi gehracht und
im Tempel der Artemis geheilt wurden. Kiii herühnites
Todtenorakel war zn l'higalia Paus. 111, 17, 8. Endlich
scheint hierher auch der C'iiltiis «ler .Jrnijr^JQ 'Eolvi'Vi
zu Thelpnsa Paus. ^'III, 2.3, 2. und der Mekc.iva zu
Phigalia Paus. VIII , 42. zu gehören. Doch kann ilie
Begriindiing ilieser Ansicht erst unten , »vo von der De-
meter zu sprechen ist, gegeben werden. — Wollte m.Tii
einwenden, dass d.is voll Paiisaiiias beschriebene Arkadien
nicht, mehr das alre, urspningli« he, dass der Dienst der
cdtlionisctien Wesen erst mit den Eleusinien dahin ge-
bracht worden sei, so würde man einen wesentlichen
Unterschied, der zwischen den Eleusinien und den in Ar-
kadien oder sonst vorhandenen Spuren eines besonilcren
Tiiltus der niiterirdisclieu >Vc>rii stattfindet, übersehen.
^Vahrenil in ilen Eleusinien die eigentlichen IMäilife der
Unterwelt keine Stelle haben, von einem Dienste des
Hades, der Erinnven, von Localitäten, deren Namen auf
die -Unter« elf hinweisen, keine Rede, Persephone da-
gegen in den Eleiisitiien eben nicht mehr Persej>hi>iic,
sondern die Köre ist , besteht in Arkadien iler C'ultns
der iinterirdischeu Mächte als sohlier, ilie Persephone
wird als /jEaiioii a verehrt, das Chthonisrhe erscheint
noch als ein Furchtbares, nnd ilas Local selbst erinnert
durch seine JVanien an die l'nterwelt. Odenbar lassen
si( h diese Erscheinungen, auch abgeselen, dass für die
Ss V X ilie ältesten Zeugnisse vorhanden sind, nicht allein
aus den Kleusinien ableiten; sie setzen einen alten C'nl-
tus iler chthonischen Wesen voraus.
We-tlich von Arkailien nnd nicht weit von Phigalia
finden nir in einer Lamlscliaft , die von ilem alten St<ini-
me der Kaukunrn bewohnt wor, ein ttulpU'i .4öov v/uoj-
1190
Ufvov v-Ku May.lOTUov , gegen Norden den Berg Mivdt],
<l.ilM'i Sagen von der flliiithe , ;i) ui'ihvot'Oi nuÜti.y.riv
iini ' /dar yLV(iiii.vijv Strabo VIII, r. .;., weiter nördlich,
in der N.'ihc der trip!i\ tischen Städtchen Ihpana und
T\panra, den in den Alpheios sich ergiesseinleu Ache-
ron , ü dt '.Ixt^JtDV y.aTO. tijv -nftui; t()v ''yiÖr^v
oh.tivTtjTa 'MVüiLiucrTUi iy.TtTifir^Tai yu(j (ii) ocföSoa
ra TS T/^;^ z/i;7"7f(J«s /f'-' ■vijc Kooti^ iioa ivrcSihi.,
y.ai ra tou' Jöov .Strabo ebend. — Von der Verehrung
des Hades bei den Eleern spricht Paus. VI, 2,5, 3. So
jung die Sage sein mag, welche iliese Verehrung ii>
Verbindung mit dem Epos und den .Sagen ton Herakles
zu bringen sucht, so setzt doch diese An!. inipfung eben
einen älteren Localcult voraus,
Oesdic h von Arkadien zu Hernuone , in einer von
den Drviipern bewohnten (.'egend, liiidet sich, jedoch
schon in wesentlicher Verbindung mit iler \'erchrung der
Demeter und mit AIjsterien , ein Cult der chthonischen
flächte. Paus. II. 3ö,.'l. Klymenos und Chtlionia, seine
Schwester, (d. i. Hades und seine Schwester-Gemahlin
Persephone) gründeten nach der Sage den Tempel der
Demeter, d. h. der Cultus iler Demeter ging aus dem
Ciiltus der chthonischen Wesen hervor. Sichtlich ist der
Name Kkrnfio^, Ä&ov!t', alt, die Umdeutiing in men.<!ch-
liche Wiesen, wie die Erzählung von der Aufnahme der
Demeter jung. Dass aber die Chtlionia eigentlich nnd
ursprünglich Persephone war, geht nicht nur ans ihrer
^Vrbiiidnng mit Hades, gegenüber der Demeter, sondern
auch aus der Art des Festes hervor, das ihr zu Ehren
begangen ward. Es fiel dasselbe in die Zeit des Som-
mers, d. i. in die Jahreszeit, wo mit dem allniäliliclieii
Verschwinden der Vegetation das Hinabgehen iler Per-
sephone gefeiert ward (Prcller S. 121 f.) und hieranf
hatte denn auch die von den Herniioneern KomosandaloB
genannte, von Pausaiiias als Hvakiiitli gedeutete Blume
Bezug. Für das höhere Alfer des eigentlich thtlioni-
schen Dienstes gibt auch das Lural Zeugniss, indem
hinter dem J'empel der Chfhonia ein Platz des Khnie-
nos ist, wo sich ein Erdschlund befindet, durch welchen
Herakles zur Oberwelt wieder heraufgestiegen .sein sollte,
ferner ein Platz des Pluton , unil ein dritter, Acherii.
sischer See geiKinnt ^. ~.
Die Erinnven sehen wir unter dem Namen der Eii-
meniden zu Keryneia in Acliaja »iid zn Sikyon verehrt.
Das Heiligthnin am ersteren Orte sollte Orestes gebaut
haben. Wer von iilutsrhuld bellec !• t , oder iiberliaupt
als Verbrecher dasselbe betrat, ward alsbald durch di«^
von den Erinnven gesendeten Sc brecknisse in Raserei
versetzt. Paus. V'll, 2.), 4. Zu Sikvoii leierte man den
Eumeniden alljährlich ein Fest. Paus. H, II, 14. —
Desgleichen hatten die Erinnyen unter dem Namen der
Enineniden auf atlisrhein Gebiete einen Tempel bei
Kolunos .Sopli. Oed. ('. 4'-'., ferner unter dem Namen
der ^ifivCA Dem. adv. iVlid. g. ll.i. Paus. I, 2> • fi. ,
d. i. der zu Scheuenden (vergl. iuuoßot ihc.l .Soph. Oed.
C. 39- und /jCiot Ttiioi ydt'niot Acsch. .Snppl. 2')- )
zwischen der .\kropoli3 ond dem Arec^pag. Paus. I, 2'",
H. »ergl. l'l , 2.J , 1- Aesch. Euin. 8.>'). vergl. Müller'^
Eonieniden .S. I "9. Einen Altar halten .sie unter dem
gic-ichcn Namen zu Phlya. Paus. I , 31 , 2.
1191
Eine Verolirung der UiWerirdischen zeigt uns auch
da3 beriihnite Orakel des Troplionios zu Lebadea. Herod.
I, 46. Vni, 134. Paus. IX, 39, 4. So rathsclhaft die
Erscheinung dieses Troplionios ist, und so schwierig es
Bein diirftc , die rcrschicilcneii Sagen, die sicli an diesen
j\anien kni'ipfen, zn conibiniren, so ist doch seine chtho-
iiisrhe Bedeutung ausser Zweifel. Die Art des Orakels
seilst Paus. IX, 3',l, 4 fi'. Plut. de geni« Soor. 21. 22.
Ariitoph. Nnb. 504 niit den Scholien spricht dafiir, da
CS in den Tiefen der Erde ertheilt wird, ancü «eisen
uns die >anipn Zlli Tooffüjv/Oi Strabo IX, 2, 2.
.Inpiter Trophonius Liv. XLV, 27 oder Zei'^ ßaOlXevi
<1. i. Delierrscher der Unterwelt Pliit. am. narrat. I.
Diüd. X^', 5.3 rergl. Paus. IX, 3^, 3-, sowie die £"0-
y.lia, die Paus. g. 2. Liv. a. a. O. zur Seite des Tro-
plionios, oder die 0ijoa=i KoQjj , die Paus. §. 3. z'T
Seite <le> Zeli fic'.OlKevi erscheint, entschieden auf ei-
nen Dienst der Unterirdischen. "Eoy.iwa füllt ihrer Be-
deutun;j nach mit 'Ooy.Oi-, Orcns, zusammen; 0/-OU heisst
Fersophiine als die Jagd Machende , und es dürften in dic-
Beii beiden Kamen Sr,oa und 'Eoy.fva ursprünglich nur
«iic beiden Seiten der i« der Unterwelt waltenden Macht
liczeirhnct sein, wonach sie einerseits dem Leben der
Sterblichen nachstellt, andererseits die Gestorbeneu ewig
gefangen halt; wesentlich sind 'EqY.vvu und Q)'joa., wie
ToiXftiJvfo; und Zsii ßaaiXevi; identisch. — Bemer-
ken«« erth ist, dass nach dem Schol. zu Arist. Xub. 504
Troplionios aus Elis nach Lebadea gekommen sein soll,
nach Plut. quacst. gr. 39. aber Lebeadcs und Elenther,
LSühne Lvkaons, die an dessen Vorbrechen gegen Zeus
nicht Antlieil nahmen, nach Böoticn flohen, und dass
xwischea den Arkadern und Lcbadeern Isopolitic statt-
findet.
Endlich begegnet uns ein chthonischer Cult bei den
Thesprotern. Hero<lot nennt V, 92 ein Todtenorakel
lici den Thesprotern, in der Kühe des Flusses Acheron ;
l'ausauias kennt daselbst I, 17, 5 ausser dem Flusse
Acheroii eine t.iuvt] 'Aytoovala und Kor/.vro^, i>bu)Q
<J.T! (1^ ! 'tTCTOv: ferner erwähnt er IX, 30, 5 eine Sage,
»las» OrpboHs, um Euridikc am der Unterwelt zurück-
zuholen, zu dem Aoni«n in Thesprofien sich begeben
Jiabe, wo seit alter Zeit ein Orakel bestehe; Plinius
endlich erwähnt bist. not. IV, 1. in Epirns einen locus
Aornus et pesfifera avibns exhalatio.
Es kann weiterhin die Frage f ntstehen . ob nicht der
Ziti Au(fi'0Tt0^ der .Miiivcr, der Zir^ Avy.lUo^ in
Arkadien und der Xbi^ iSIill.r/iu. zu Athen in «liespg
(icbiet zu ziehen eind und ursprünglich die in der Un-
ier» elt v»aheiule .Ma<ht, den Zivi, y.araydövio^ be-
zeichnen.
31iillfr hat in «einen Enmenidi-n S. 139. den Zeus
Laplivctio« und .Meilichios in der That so aufgefasst, je-
iloch den Zeus überlLiiipt S. 147 als über dem Ganzcu
und detseu Gegensätzen ualtcud, ziigleicli in chthnuischer
und in himmlischer Bedeutung genumnien.
Es ist auch nicht zu lAuguen, dass die von IMüller
£;C;;cbcne Dcutanj des Nauieus Ao.(fldTtui 5)der Er-
1192
greifende, Verschlingende" auflallend an die ^'orstellun-
gen erinnert, welche man mit der unterirdischen Alacht
verband , und auch die von Ilerodot VII , 1<J7 berich-
tete Sage, nach welcher Athamas, indem er geopfert
werden sollte, von Kvtissoras , dem Sohne des von Atha-
mas getodfeten Plirixo?, geret(et wird, Zeus desshalb ilen
Nachkommen des Rytissoras grollt, und nun aus diesen
jedesmal der Aeltcste, falls er ilas l'rvtaneioii betritt,
{geopfert wird, stimmt zu der Vorstelluiifi;, dass sich die
Unterirdischen keinen Sterblichen, der ihnen verfallen
ist, also hier den .Atliainas, den Verbrecher gegen sein
eigenes Geschlecht, entziehen lassen, ohne Ersatz dafür
zu nehmen. Dennoch erregt gegen diese Fassung Be-
denklichkeit, dass .Athamas nacli Ilerodot eigentlich zum
ßeinigungsopfer besfiinnit ist, wesshalb denn, da dieses
verhindert wird, fortw/ihrend auf dein Lande ein iiiarrfia
lastet. Pansanias erzäJilt ferner IX, 34, 4. und I, 24, 2,
Phri.\os und Helle hätten sich, als sie geopfert werden
sollten , auf einem von Zeus gesendeten Widder mit gol-
denem ^'liesse gerettet. Es fragt sich darum, ob wir
nicht in diesem Cultus des Zeus Laphvstios lediglich eine
Spur des in ältester Zeit bei den oberen Giltteni üblichen
Menschenopfers anzuerkennen haben. 31it dem Fort-
schritte der Humanität, oder durch den Einfluss eines
civiliäirferen Stammes «nrde dann etwa dieses Menschen-
opfer dahin beschränkt, dass mau die Aeltesten des Ge-
schlechts der Athamantiden nur in dem Fall zum Opfer
brachte, wenn man sie über dem Bc<reteii des Prvta-
neions, des heiligen Mittelpunktes für die Nation, betraf,
im AUgemeineii aber an die Stelle des Menschenopfer»
den AVidder treten liess. Dazu kommt, dass im Zusam-
menhange dieser .Sagen kein anderes chthonisches Wesen,
auch keine Localität erscheint, deren Namen an dio
Unterwelt erinnerte.
(Fortsetzung folgt-)
Personal-Chronik und IMiscellen.
Miinsle reifrl. Noverubcr. P.is Programm zu den Hcrbst-
piiifiingen dis dorÜKcn Köni^l. Gwnnasii ist begleitet von einer
Al.handlnn:; des Olicrlohrers Fre n d e 11 her g: Quaesliones liisto-
rJc.nc in Com. Neputis vilas. Part. I. Vlll und 26 S. ö. , in
welcher derselbe, nachdem er in der Vorrede seine Ansiclit
über den Verfasser , über d:is Vcrlialtiiiss des Acndlins Probus
zu dem Bnclie, über ilcn bei der Abfassung veifolglen Plan
vürsclrajen und ein .illgeoiciHCS l'rlbeil über <lie fidcs des Cor-
iielitis gelallt bat. die 4 vvHcn reldlicrrn in Bezug auf die
Quollen, aus welcJien die ^olizen über ihr Leben von Com.
gcscliüplt, «nd die Sorgfalt, mit wolclier dabei verlahren wor-
den, jgriiau dnrcbgebt und rücksiclillicb ihres liiaorisclien Wci-
tlies iieiirtlieilt. — Wälinnd des Scbidjabrcs i^l \oii dortigen
lA-hrern erschienen: ftospatt, die denlsclic Kiinigswabl bi«
auf ilire Fcststelbing dtireli <lic goblene niillc. Bmin. Habicht;
und I) 1 Ilcn btirger, Syulakllsclic Bcif pieisamüduns zu Butl-
luann's (jriecb. Gramiiiali'k. Ebendas. — Den ordenll. Lelircrn
Dil le 11 biirger, 1' r e 11 d c n b c r g imiP Rospjlt ist nnlec
dem 14. März d. J. das Pradical 0 b c r I c li 1 C 1 viiliclicn wot-
dfn. Die Scbülcrzabl war 69.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms Wissenschaft.
FreitaSj 13. Decemher
18 39.
Nr. 149.
Pelasgischer Glaube und Homers VerliäÜniss zu
demselben.
(Fortsetzung.)
Aarh der Dienst des Zev^ ylvxaioi führt Menschen-
opfer mit sich Paus. VIII, 2, 1 , und wie bei dein ulu-
(f'VOTLOQ, das Betreten des Prytaneions, so ist hier das
Betreten des dem jlv/.uioi geweihten Raumes verderli-
licli. Der Betretende verliert seinen St-hatten , er ist in
Jahresfrist des Tudrs Paus. Xlll, 38, 5. Kach Plutarch
ijuaest. gr. 39- wird, «er freiwillig das Heiligthum des
ylauvOTtO^ betritt, gesteinigt, »er unwissentlich, nach
Eteutherä geschirkt. ^och zu Pausanias Zeit brachte
man auf der Spitze des Lvkaon Geheimopfer, bei denen
CS, nach den Andeutungen des P. zu schliessen, nicht
geheuer zuging. — Indessen schon der Altar tTCi Trj
(jL/.oa. TTj dvuJTUTvi TOV OQOLc; , «enn man auch an
der Bedeutung des Kamens yliy.uioq Lichtgott zweifeln
»nllte, hindert in ihm den Herrscher der Untemelt zu
erkennen; auch war das Ttutvo-i des LykAos von den
Strahlen der Sonne beleuchtet; sonst könnte der IVIangel
des Schattens nicht als ein Scvuc erwähnt werden.
Sprechen aber hier gewichtige Griinde gegen die An-
nahme eines rhthonischoii Dienstes, obwohl Manches den
Anschein eines solchen haben kann, so dürfte auch, was
bei dem Laphystios auf einen y^evi y.a.Taj[9oviOC hinzu-
weisen scheint, seine Beweiskraft verlieren.
AVas den Zcvq Mlifu](/og betriflt, so konnte man von
IMi'iller's sciiarfsiiinigen Combinatiuiien in den Euineniden
S. 138 — 147 sich bestimmen lassen, in Zens eine ur-
sprüngliche Doppelnatur, die hiininlische und die chtlio-
iiische zu erkennen, oder etwa eine Verwandlung des zu
Athen ursprünglich verehrten Hades zum Z, Mctkiyioi
anzunehmen, und man küiinte sich hierfür die in dem
Schol. zu Lucian. Tinion §. 7. enthaltene Angabe, dass
mau die Diasien iinxo. arvyvoDjiOi begangen habe, be-
rnfen. Aber auch hier scheinen die Gründe gegen eine
solche Auflassung überwiegend. Einmal ist der Beiname
LiSlLiyiO'i, wie schon Preller S. 246 A. 10. erinnert hat,
nicht schlechthin Prädicat der chthonischon SL'ichte , so-
dann scheint die Beziehung des zJiuc y.ujötov auf das
bei Todtcnbeschworungen übliche Opfer schwarzer Schafe
Od. X , 524. 527. XI, 32 fl'. Lncian. Äeryom. §. 9. Paus. I,
34,3- '•gl. Müller Eiim. S. 144 A. 14. immerhin zweifelhaft.
In den Stellen, welche von einem Jtij^ y.ujdiov spre-
chen, nämlich Phrynichos bei Bckkcr Anccd. I, p. "■
änoölo7rou7ieio9ai , Snidas s. y. Eust. zu Od. XXII,
p- 1935. endlich den Schollen zu Arist. Nub. 407- und
Lucian. Timon g. 7, welche die ^laata erklären, ist
nirgends davon die Rede, dass es ein schwarzer Widder,
oder dass es überhaupt ein schwarzes Schaf gewesen sei,
das zum Opfer erforderlich war, während doch die Stel-
len , die von einem den Todten gebrachten Opfer han-
deln, eiu schwarzes Opforthier, und nicht gerade einen
Widder verlangen. — Sodann können wir auch keine
Beziehung auf die Mordsühne erkennen, die von Müller
angeuummeu wird. — So scheint es denn vielmehr ein
j^fi'S dTtOTQÖTCCUOi zu sein, in dessen schützende Hut
man sich begibt, indem man durch Reinigungen sich
derselben würdig macht. Das zeigen denn auch die
Schollen zu Platon's Gesetzen IX. Bekker p. 120. 4-
dnuöio7[on-j:r,<j£Lc. T«s" dTior,T(ju(puq t«5 yiyvofxha<;
v:iu TOV dTTOTQOTTcuoi' ^10?, ötu tö y.a^uiubadai
T« detvä- )'; T«; dnoTiotmo.i ngoi xou itooqzQO-
■Jtiuov ^la, y.al otovei yaDdoasi; y.ae ikaoiiOi'q.
Schol. zu Cratyl. Bekk. p. 29. 11- duobto^oUTTeiO^ai
(fO.ai xo UTiUToe^Sa'Jai (in activeai Sinne, wie T()i-
Tiioi^ai öfter) TOV ■jTQo^rpoTraiov zJla y.ai otovcl
y.adaliJEO^aL tu SeivÜ. Dazu stimmt auch ganz die
Bedeutung des Wortes äTtoSiorTOUTTEiul^at durch eine
dem Zeus zu Ehren veranstaltete Procession Unglück von
sich abwenden, sowie die Srholicn zu Aristophanes und
Lucian. An drei >Vendepunkten des Jahres und der
Witterung, an den gegen Ende des Anthestcrion fallen-
den Diasien, also im Beginn des Frühjahres, denn im
Skirophorion, in der Gluth des Sommers und am Ende
des Mämakterion , zu Anfang der Winterstürme, flehte
man zu Zeus — doch gewiss dem Himmlischen, der hier
ja ganz in seinem eigentlichen Wesen erscheint — dass
er verderblirlie Witterung abwenden möge. Wenn wir
endlich bei Snidas die jVotiz lesen, dass es nicht nur
der Zeus Meilicliios, sondern auch der ^^T. Ar);i5/0S war,
welchem der AVidder geopfert wurde, so müssen wir es
natürlich finden, dass man sich mit der Bitte um Ab-
wendung von Uebeln vornehmlich an den Schutzgoft des
Hauses und ilcs Besitztliumes, den Penaten, der in jedem
Hause so zu sagen seine Kapelle hatte Athen. XI, p. 473-
wandte. A'ergl. Creuzer Symbolik II, 521. Das Wid-
deropfer erinnert an den 'ßoili^:; KrjlUCfUOOq zu Tana-
gra, von welchem man dort erzählte, V)q O EQ/.liji
acficriv (J.7toT(jiipai vöouv Xotiiuidij tceoI to xEi-yo!;
yoiuv TlEoCEVtyy.ujv Paus. IX, 22, 2, scheint aber in
1195
1196
den früheren Zeiten nicht üblich gewesen zu sein, da
«vedcr bei Thuc. I, 12ti, "» 'on den Diasien, noch bei
Xcn. Auab. VII, 8, 5, "O von dem Zsvi MeiK'Xlo^ die
Rede ist, dessen Envahnniig geschieht, erstorer vielmehr
geradehin läugnet, dass man Thiere geopfert liabe , bei
Xeaoplion dagegen nnr das bei Reinigungen libhche
Sch»eiiieo[)fer eriv^hnt «ird. Auch diess kann zum Bc-
Hcis gegen die ciitlionisclie Bedeutung Aieses yiti-^ ßlsi-
'l.t/tui dienen, da »ir unter letzterer Voraussetzung auch
annehmen müssten, dass das Widderopfer wesentlich zum
Ritus gehört liabe.
In die bi-iherigen Erörterungen ist absichtlich der
cleusiuische Cultus der Kooij nicht mit hineingezogen
«ordeu, «eil es uns hier vornehmlich auf diejenigen
Cultc ankam, die das Clilfionische mehr in seiner ur-
sprünglichen Bedeutung erhalten haben. — Es geht nun
aber aus dieser Zusammenstellung so viel hervor, dass
ein Dienst der nnterir.lischeu Alüchte seit der .'lltesten
Zeit in Griechenland einheimisch »ar, und dass «vir ihn
namentlich in den Gegenden finden, ivelche die ^Vohn-
sitze vorhellenischer Stämme waren. Sollte sich indessen
noch ein Zweifel über das Alter dieses chthonischen
Dienstes aufdrangen, obwohl diesen l'orstellnngeu sclion
ihre innere Natur die früheste Cnlturperiode Gileilien-
laiuls anweist, so legen die verwandten Begriffe des rö-
misrheii Glaubens Zeugniss für ihr Alter ab. So ist die
römische devotio nur eine selbstständige Fortbildung die-
ses Glaubens an die furchtbare Macht der Unterirdischen,
denen das Sterbliche verfallen ist. Liv. ^'JII , ß. 9» X,
2'3. 29- Auch hier haben die Unterirdischen und die
Erde (ex una acie imperatorem , ex altera excrcifum
Diis Manibus matriqiie Terrae deberi Vllj, 6.) durch
irgend welche Schnld oder Ursache ein Recht auf Men-
schenleben erhalten, aber man kann sich mit ihnen durch
Ersatzopfer gleichsam abfinden , man kann durch be-
stimmte Formeln, mit freiwilliger Selbstaufopferung ver-
bunden, grösseres Verderben von den Seinen ab-, auf die
Feinde wenden; denn da sie keine sittliche Ordnung
lertreten, sondern rohe Naturgewalten sind, so gilt ihnen
jedes Menschenleben gleich. AVir begegnen also hier
ähnlichen Vorstellungen, wie sie die Geschichte von Admet
ilarbictei.
Auf den dualistischen Gegensatz zwischen den chtho-
nischen und himmlisclien Wesen weist ausser der Thei-
lung der Götter In Superi und Iiiferi auch der IVamo
Vejovis (^'edjovis) Vedius. Dass mit dii-sin Naiiieii nur
ein und dieselbe Gotilieil, nämlich der /if.vc, y.a.ii'./dö-
VtOi bezeichnet werde, ist wohl ausser Zweifel. GcUius
V, 12. betrachtet ihn als Gegensatz von .(upiter , was
denn auch iliirch die untrennbare Partikel ve bezeichnet
ist. .So stellt Gellius a. a. O. überhaupt die segnenden
und dii- scliädlichen Gottheiten einander gegenüber „nam
deos cjiiusdam ut prodessent, celcbrabaiit , ijuosd.im ut no
obessent , placabant, und unter die Letzteren stellt er
^'■■jovis.
Bei solcher Uebcreinstinimung der liomerisrhcii ^'or-
stelluugeii mit dem, was wir als Ueberreste eines alten
chthonischen Cultus und Naturdienstes betrachten nn'issen,
dürfte ileiin die Ansicht, als ob nomer Repräsentant eines
reinhelleniscbcu GlaubenR sei, und erst nach ihm die reli-
giösen Begrifle der vorhellenischen Stämme in den erste-
ren aufgenommen worden seien , kaum noch als haltbar
erscheinen. Pelasgische, überhaupt vorhellenischc Stämme
waren es, von welchen Homer diese Vorstellungen über-
kam , die auf einen dualistischen Natnrdienst zurück-
führen, und es ist bei ihm kaum ein Anfang gemacht,
diesen Dualismus , dessen Gegensätze im Ganzen noch
unvermittelt neben einander stehen, zu versöhiiri^, ein
Anfang, der bei Ilcsiod in gleicher Weise fortgesetzt er-
scheint, Ilomer's nnd Hesiod's Genealogicen erstrebten
eine Einheit des Glaubens und des Güttersystems , die
wir unmöglich als das Früheste zu erkennen vermögen ;
aber die Versöhnung der ursprünglicbeii Gegensätze war
bei dem jonischeii Dichter eine mehr ausserlich bewäl-
tigende; eine tiefere Versöhnung, «eiche die Gegensatz«
als solche aufzuheben suchte, ward in der alten lieimath
der pelasgischen Stämme durch das iMvstcrium der Köre
versucht.
AVir haben bisher von der Verehrung gesprochen,
welche die Nachtheile der Natur durch ihre Schrecken
dem Menschen abnöthigten, und wenden uns jetzt zu ihrer
Lichtseite, welcher der 31ensch mit einer freudigeren
Regung^ mit den Gefühlen der Dankbarkeit seine Hul-
digung weihte.
Wir gehen hier von der Nachricht ans, welche He-
rodot II, 52. 53. nach Dodonäischer Tradition über den
ältesten Glauben der Pelasger gibt. \Eth'OV , sagt er ,
■jrävTci TtQUTEQOV Ol nekaoyol i>£Oiai ixsvxöficvot ,
w? i'yty fy /lo)Su)vij oiSa äxoi'Oag i-Jiv)VV[ili)u d' ui'S
ovvufia iiixoLEvvTo ovöevi avvsuiv ov yu^ uxijy.us-
adv v.u). i}iou(; ds ■wooiovvCna.oav acfsa^ Ützo tov
ToioLTui', ort y.öofiu) 9evT£q t« TidvTa Tr^r^yj^aia
y.ai TTunug voito.^ £«;fov. exsirev öe vouvuv nokkov
ötc^ü.dofTOi i~vitovTo h. -vT^q. j4iyvxtov d^ny/xiva
Tel oüvöuara tujv ^slSv tojv dkktuv , zJeovraov de
VOTCOOV Tlükkip £7Tv9oVTO. 'AUl [ItTU ^pOI^OV fJfO//-
OTvoidCoVTO Tl£Qi Tuiv ovvuudxvjv iv /Jü}dv')Vr]- TD
ydo öl/ iiavTifiov touto vevouiOTni j/uyaiüracDV
TOJV iv ''Ei'Xi]OI. '/.(^i](rTijoiu)V fivai, y.aX r,v tuv jQorOv
toPtov J.IUVVOV. STtei u'jv ixpya-TijpidCovvo iv ttj zJui-
Scji'77 Ol Ili/u'.oyol , £1 uvikujVTai r« ovvdf^w.Ta tc
äi^o TUiV ßaotjd(ju}v yy.ovra, dvEl}.£ to i^iavTiji'op
yoo.a^ai. dno /i£v Öi) tovtov tov xC'''''^'' i^nov
rotat oi'vö.iiuat tojv ^ediv X9^'^l't>'0i. iraoa ön flt-
Laayiov "Ek~ki]ve<; itESv^avio vov((jnv iv3Ev Öi
iyevSTo ixacnog tÜjv i>£w>, iJ're ö' d£i trrav no.v-
Tfi;, öyoioL tc Ttv£g tu e'iöta, uvx ijitKJTiaTo jii/ot
ov -JT^Kjjiw t£ y-al X^'=i "^s ehi'£tv koyoi. 'Iloioöov
yuQ y.dj. 'OuijQov r{kmi]v TeTQC.y.oaiotai i-rtoi öoy.kv)
fiii' TQEoth'TEQovc, ytvia^ai, yal oi'< ■^/•.caat- uutoi
öi linrt ul 7roti'jaavT£g thoyovlijv "Ek'hjoi zai xo:ai
9 £0101 Tuc, inajvi'jdaq öovre^ y.al Ttj-iai; ts y.ai xtX'
vui öii:i,(')VTE(; y.ai Ei'ÖEa avTuiv oi/jnjvavTEi.
Vi\T haben hier drei Perioden des griechischen Glau-
bens; zuerst den cinfaihen Glauben an namenlose- gött-
liche Wesen als Ordner der Welt — rein altpelasgischer
Glaube; dann eine liestiuimtere Eiitwickelnng zum Poly-
theismus, ohne Zweifel Piisonification verschiedener Na-
tnrkräfle , so jedoch, dass die Natnrkraft und die Gott-
heit nach pclasgisther Anschauung als identisch gesetzt
1197
1198
war«! — eine Reform, ilie durch ausländischen, nach
HeroHot's Meinung äjjY|)tischen Einfluss veranlasst und
von Doilona aus, aus dem lieiligcn IVIittrlpunkt der Pe-
lasffcr , gnfgphcissen wurde, vielleicht weil man sie ge-
schclien lassen musste — ; endlich ein geordnetes Gotter-
svsfeni durch genealogische Verknüpfungen zu Stande
gebracht — als deren Sch<>])fer Ilerodot Homer und
Hcsiod nennt — die Götter, Ideal- 3Ienschen , sind von
der Natur getrennt , jeder steht seinem bestimmten Kreise
vor. In diesem Glauben, <!er mithin in einer Reihe
natnrgcmässcr Entw ickclungen den Schluss bildet, be-
ruhigte sich im Ganzen der Geist des hellenischen Vol-
kes, so jedoch, ilass allerdini^s durch jiclasgische oder
thrakischc ( Orpheus ) Elemente und den Einfluss der
Philosophie thcils im Einzelneu «eitere Enfivickelungen
lind Umbildungen veranlasst, tlieils auch allnifihlich eine
neue Richtung des Glaubens vorbereitet wurde, welche die
ganze in heiterer Objectivität hingestellte Götterwelt IFo-
mer's zu destruireu begann.
Herodot's Nachricht, dass von Anfang an die Pelas-
ger nur überhaupt GOtter ohne bestimmte Namen »erehr-
ten, findet ihre Bestätigung auch durch das, was wir
von dem Dienste der Kabiren wissen. Der Zusammen-
hang des letzteren mit altpelasgischcm Glauben ist aus-
ser Zweifel; vergl. llerod. II, ftl. Paus, IX, 25, 6-, wo
I]f:ko-oyij (Personification der Pelasger) den Dienst nnd
die Mysterien der Kabiren wieder herstellt. Zugleich
weist uns aber auch diese Nachricht, da sie von dem
Stamme der KabirJier als ursprünglicher Pfleger des
Kabirendicnstes spricht, den Pelarge nur erneuerte, dar-
auf hin, dass dieser Kabirendienst nicht ursprünglich pc-
lasgisch war. Die KufjlQUioi sinil aber ohne Zweifel
identisch mit den rscfl'oaioi und den KaSflEioi, (vergl.
des Pausanias Angaben a. a. O. mit denen des Ephoros
bei Strabo IX. c. )., jener lässt die Kabiräer, dieser die
Kadmecr durch die Unternehmung der Epigonen verdrängt
werden) den zn Theben angesiedelten Phöniziern Herod.
V , öi- Nehmen wir nach der bei den Griechen herr-
schenden [leberlieferung (vergl. auch Ephoros bei Strabo
a. a. O.) an, dass die Erbauer der Kadmea Phönizier
waren; ist der Name Kadmilos , Kadmos mit dem Kabi-
rendienste eng verknüpft, so können «ir uns allerdings
auch der Annahme nicht entziehen, dass die Verehrung
der Kabiren ein ursprünglicher phöiiizisilier Cultus war,
der dann auf dici pelasgisi he I3evölkernng überging. Auch
ist die weitere Erzählung des Epliorus und das Vcr-
hältniss, in nelchcni einerseits die Pelasger, andererseits
die ans der Verbindung mit .4rneern hervorgegangenen
Biiotier zu dem Orakel von Dodona stehen, mit jener
Behauptung, dass es Phönizier waren, »velche die Kadmea
und Tlieben anlegten, völlig im Einklang. AVährenil des
Kampfes um den Besitz des Gebietes schicken nämlich
sowohl die Böotier als die Pelasger an das Orakel zu
Dodona, und die ersteren sind nach erhaltenem Spruche
der Ansicht, yno/Conevijv Tut; Ilslaayoii Tr,i> iroo-
cpijviv diu TO rrvyyerl;; uixo); (rc}.fii\ auch wird den
Böotiern zu GefaHen das priesterlidie Gericht, das für
die Pelasger nur ans Frauen bestand , zur Hälfte aus
IVläuncrn zusammengesetzt, endiicli den Böutiern allein
2U Dodona der Sprich der Gottheit durch i>Iänner or-
thcilt. Wir sehen also hier den fremden Stamm in ein
eigenes Vcrhältniss zu dem pelasgischen Orakel zu Do-
dona treten. Einerseits ersdieint das Orakel als ein ur-
sprünglich fremdes, feindliches, weil es ein pi'lasgisches
ist, anderersei;! gehen, uie diess auch aus Paus. IX,
20, (}. erhellt, die Fremilen eine Verbindung mit dem-
selben ein , und das Orakel lasst sich , um nicht des
Einflusses auf den ausländischen Stamm verlustig zu
gehen, selbst einige Blodificatioiien zu Gunsten desselben
gefallen.
Es scheint nun, dass, während die Kadmeer oder
Kabiräer verdrängt waren, Pelasger sich Thebens be-
mächtigten, mit der Herrschaft zugleich die Heiligthümer
Thebens übernahmen und, mit den Kadmeern sich ver-
mischend, einen eigenen, später unter dem Namen der
tyrrhenischen Pelasger bekannten pelasgischen Zweig
bildeten, welcher als Gründer der Samothrakisclieii M\ste-
rien betrachtet ward , Herod. II, 5(. Wir nehmen ilem-
nach zwar mit Müller an, dass die Mysterien der Kabi-
ren von Theben ausgingen, betrachten aber, der herr-
schenden Ueberlieferung folgend , einen von den tvrrhe-
nisfhen Pelasgern unterschiedenen, phönizischen Stamm
der Kadmeer als Gründer Thebens und des Kabiren-
dicnstes.
Der Name Kußiigoi selber, aus dem GriechischeB
nicht zu erklären, findet seine natürliche Deutung in
einem semitischen "1^135, welches als Nebenform von
T'SSj "''* welchem ohne Ziveifel auch 'T'^3 uiiil ^^nn
verwandt sind , angenommen »Verden muss. Demgemäss
bezeichnet der Name Kabiren , gleich dem hebr. ^j^ und
C'npN» nuf überhaupt die Mächtigen, Grossen, was ja
auch nach der Fassung der Griechen nnd Römer die Be-
deutung des Namens ist; sie heissen (Varro de ling. lat.
IV, 10) deui övvaTol , dii magni. Wenn man aber
überhaupt die Kabiren , d. i. die höchsten Mächte der
Natur, noch ohne bestimmte Namen vere'irte , so ist diess
einerseits vollkommen mit Herodot's Nachriciit von den
namenlosen Gottheiten der Pelasger im Einklänge, an-
dererseits erklärt sich hieraus, wie weder die Zahl der
Kabiren, noch welche besondere Gottheiten unter ihnen
gemeint sind, hinlänglich feststeht ; »vie vielmelir hier der
verschiedenartigsten Auslegung je nach dem lokalen Be-
dürfnisse freier Spielraum gelassen war. Unter Anilerm
scheint man aber die Kabiren namciifiich auch als Z»ei-
heit, d. i. als männliches und als «eibliches Wesen ge-
nommen zu haben. Varro sagt nämlich a. a. O. „Terra
(d. i. Ceres nacli der späteren Bedeutung), ut Samofhra-
cum initia docent, sunt dei magni et ii (juns dixi multeis
nomlnibus. Nam neijue tjuas Ambracia ante portas sta-
tuit, duas virileis spccies aheneas , dei magni, neque ut
volgiis putat, ii Saniothraces dei, i]ni Castor et Pollux,
sed hi mas et fcmina; et ii quos augurum libri scriptos
habeilt sie Divi potes, et sunt pro illcis <jui in Samo-
thrare d^eue di'Viiio}.^^
Ohne uns ferner in die Frage einzulassen, wie iveit
Ilerodot Glauben verdiene , wenn er die Reform der zwei-
ten Periode gerade auf ägyptischen Einfluss, die der
dritten auf Ilomer und Hcsiod zurückführt, so meinen
1199
1200
wir doch, dass es die hürhste Unlilligteit seia würde,
um einer von ihm geäusserten irrigen Ansicht willen,
die er ansdnicLlirh nur als seine Ansicht gibt , das zu
verdächtigen, was er über die älteste Periode des griechi-
sclien Glaubens als Ueberlieferung gibt^ Er berichtet
über den frühesten Glauben der Pelasge'r nach den Tra-
ditionen, die er von ilen Priesteriiincn zu Dudona , also
an dem uralten Heiligthume der Pelasger vernahm. Ver-
langen wir eiu besseres Zeuguiss ! — Aber, dieser äl-
teste Glaube der Pelasger, wenn er keine besondere
Gütternauicn kannte , kannte also auch den Zeus noch
nicht; und doch hängt das Orakel zu Dodona und der
Glaube an Zeus unzertrennlich zusammen. Ist es nicht
eiu 'Widerspruch, wenn die Pelasger bei dem Orakel des
Zeus anfragen, ob sie die bestimmten, von den Barba-
ren überkommenen Giittcrnamen gebrauchen sollen i —
Ich glaube, der AVidersprucli wird sich lösen , wenn wir
die eigentliche liedcutung des Namens Jisi'i erwägen.
Die Pelasger, sagt Herodot , nannten die Götter dtoi,
oTi y.öou''i divTCg TU Tiuvra nQtjyfiara zal ndoaq
vouug elyov. Auch diess berichtet Herodot, wie e»
geheint, nicht als eigene Meinung, sondern als Dodonäi-
sche Tradition, AVie man aber auch von dieser Etymo-
logie denke — und sie lässt sich wohl rechtfertigen ,
■wenn man sich erinnert, welche Geltung in früherer
Zeit die Begriffe Sm/i, deo/iog, die alle demselben
Stamme G£ und demselben Ideenkreise angehören, ge-
Labt haben — so muss Herodot die Idee wenigstens,
die dieser Name ausdrücken sollte, in der Tradition zu
Dodona vorgefunden haben, weil er bei seiner sorgfäl-
tigen Scheidung eigener Ansichten von fremden Angaben,
sicherlich nicht so geradehin gesagt haben würde: deoi'i
öe rroo^ovvüfxuac.v offta^ /.. t. /.. Also der altpelas-
fische Glaube verehrte die Götter als die, von welchen
alle Ordnung «er AVeit ausgeht. — Nun musste es sich
aber schon der einfachsten üeobachtung aufdrängen, wie
in dem Himmel die Ordnung für das ganze physische
Leben des Menschen gegeben uud mit der Ordnung des
physischen Lebens die des ethischen nahe verknüpft sei.
Diess uiusste vor Allem einem ackerbauenden A'olke , wie
die Pelasger waren , klar geworilcn sein ; ein solches
inusstc nothwcndig in dem Himmel seine Ordnung uud
seine Lebensregel finden. — Der Himmel, persönlich
gedacht Zil(;, war die uralte, vornehmlich zu Dodona
verehrte Gottheit der Pelasger. Iliad. XVI, 233 f. betet
Achill:
Zcü uva, ^ojSvjvaii , IlE/.aoyr/.ä ,rrkö9i valuiv
/dvibu')vr<; i^sdeujv Övoxnutouv
vergl. Od. klV, 327 fl". Acsch. Prom. 828 «• Straho
VII, c. 7.
Es bedarf kaum der Erinnerung, wie sich alle Vor-
stellungen, welche der Glaube der Griechen an den Na-
men Zcc^ knüpft, soHohl diejenigen, die ihn als Natur-
gottheit, als diejenigen, die ihn als obersten Gott aner-
kennen, in der Jdec des Himmels vereinigen. — Him-
mel unil Tag. das üium — war das Gebiet des Zeus.
Die Etvniologie zst hiermit vollkommen im Einklänge.
Der Zusammenhang de» Namens Zivi, ^LUi mit Divum,
diom, dies, mit den Sanskritischen Themen diw (coelum,
aer) dju (dies , coelum , aer) dina (dies vergl. das etrus-
kische Jina-Zeu») u. s. w. liegt am Tage, und im Griech.
selbst ist die Grundbedeutung dieses Namens in den Wor-
ten ÖltneTiji, dloTtSTi^i noch sichtlich. jdiF mit per-
sönlicher Endung, da der Himmel in Zeus persönlich
wird, ist ^lF~, welches ganz organisch (durch Verwand-
lung des iF in in und dann in £ti in das äolische ^£f ;
überging. Der Anlaut d verwandelte sich unter dem
Einflüsse des folgenden t in C, wie äQLCll)\.Oi'rzdoid)jkog,
Co(Jxdd£c für öoftyMSeg, Herod. IV, 11)2. Ob i^eüi,
<leus, wie von den Sankritischen Themen deva, devl
(dea) ausser Zweifel ist, auch hierher gehören, oder ob
die von Herodot angegebene Ableitung die richtigere sei,
lassen wir unentschieden. Sicher gehört diog, öia zu
demselben Stamme. Verehrten nun die Pelasger einfach
die ordnenden 3Iächte des Himmels, so konnte dieser
allgemein gehaltene und noch in seiner eigentlichen Be-
deutung verständliche Name kaum als besonderer Eigen-
name gelten; ohnehin schloss seine allgemeine Bedeutung
besondere himmlische Götter, wie sie das spätere System
hat, aus. Sollte endlich noch ein Bedenken wegen des
von Herodot gebrauchten Plurals übrig bleiben, so würde
sich auch diese durch die folgende Erörterung erledigen.
AVas bisher über die Ableitung und ursprüngliche Be-
deutung des Namens ZfVi gesagt ward, schliesst sich an
die herkömmlichen Ansichten in der Art an, dass ein
AViderspruch hierin kaum zu fürchten ist; aber das Ge-
sagte soll uns den Uebcrgang bahnen zu einer neuen
Auffassung des AVesens der Demeter , welche eher AVider-
gpruch erfahren dürfte.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen,
Berlii!. Aus einem unlängst erschienenen Programm Dr.
Bergks, welcher ausser einer Abhandlung »Coniiuentatio de
prooemio Empcdociis « die Chronik des JoachiMisthalschen
Gymnasiums enthalt , ergibt sich, dass die Anstalt im verflos-
senen Jahre iru Wintersemester 1838—39 von 300, im Soin-
nierscmester von 200 Scbidern besucbt winde; 28 Schiik-r gin-
gen im Laufe des Jahres zur Universität ab. Auch der Dircctor
des Friedrich- Wilhelms- Gymnasiums, Spill ecke, hat ein
Pro"ramm ausgegeben , welches ausser einer lateinischen Ab-
handlung Prof. U li leinann's, cbcut'allä die Schulriachricliter
cnlliiilt, nacli welchen im Laufe des Sommersemesters 1383
Schider die drei vereinigten Anstalten, das Fr. -Willi. -(iymnasium,
die r.eal- und Elisabctliscbule besuclit haben. Von diesen be-
fanden sich 397 im Fr. -Wdh. - Gymnasium , 620 in der Real-
schule und 366 in der Elisabeth -Anstalt. Zur Universität sind
zu Üslern uud Michaelis c. 2i Schüler abgegangen.
Stuttgart. In dem Kunstblatte zum Morgcnblattc Nr.93.
steht ein interessanter Aulsatz von P. W. Forchhamnier
»I eher das Tullianum und den Carcer Mamcrtinus nebst eini-
gen Thesen über Roms älteste Geschichte und Topographie.
Mit Grundriss und Durchschnitt«, worauf wir hiermit die Leser
unserer Zeitschrift aufmerksam machen.
Gotha. Am 2. Nov. c. beging der Prof. der Mathematik
am hiesigen Gymnasium, Fr. Krics, die Feier seiner SOiahri-
gcn .^rnlsfühning. •
Zeitschrift
für die
Aitei thiimswissenschaft.
Sonntasj. 15- Decemher
18 3 9.
Nr. 150.
Pelasgischcr Glaube und Homers Vcrhältniss zu
demselben.
(Forlsef z u n ^.)
AViedcrlioleii »vir uns aber zuvor dio Resultafe der
bisherigen Untersucliung'. — AVir halten, wie die Na-
tur der sihliclifen Beobachtung eine doppelte Seife dar-
Lietet , eine IVaiht- und eine Lichtseite, so bei den äl-
testen Bewohnern Griechenlands einen Dualismus des
Glaubens gefunden, der diese beiden Seiten der Natur —
anfiinglich als unversöhnliche Gegensätze — anerkannte
und beiden seine Verehrung weihte. Wir haben ferner
gefunden, wie sich die untcrirdisclie Macht in eine dop-
pelte spaltet, männlich und weiblich genommen wird,
und wie diese bci<len Hälften der Einen Naturmacht wie-
der durch die Namen, welche das innigste Verhältniss
gleicher Personen bezeichnen, als Gatten oder als Bru-
der und Schwester (zu Hermione Paus. II, 3ö 5 3 vergl.
oben) verbunden werden. — Ivüiinte es uns befremden ,
wenn auf gleiche AVeise audi die Himnielsmacht in ein
männliches und weibliches Wesen sich theilte?
Die Griechen kennen für die Gottheit , welche der
Römer Ceres nannte, einen doppelten Namen, JnuijTro
und Jl^dj; der erstere ist bei weitem der gewöhnlichere,
auch in dem homerischen Hymnus vorherrschend , iler
letztere findet sich verhältnissmässig in wenigeren Stellea
h. in Cer. 47. 211. 4')2. Soph. .4n(ig. 1120, Eurip. Helen.
1343- Suppl. 'Ü'O. Aristoph. Pluf. Tilö, namentlich in den
Orphischen Hymnen XXIII, XXIX, XXXIX, XL,
LI, welche jedoch auch den Namen Demeter gebrauchen,
ferner in dem den Phigaleern ertiieiltcn Orakel Paus.
VIII, 42 , 4 >ind sonst. Ohne Zweifel wurde der Name
/ii]HljT)o darum Viblicher, weil dio herrschend gewor-
dene Vorstellung von dem Wesen dieser Gottheit eben
den Beo;rilI der Mutler hervorhob. — Vergleichen wir
Leide Namen mit einander, so erscheint z//y/</;r;^p offen-
bar zusammengesetzt und nach seinem ersten Bestand-
theilc eben die Wurzel enthaltend, die uns in zlnuj nach
Ablösung der Endung o) übrig bleibt. Dass wir also in
/il]Uj den einfachen , eigentlichen, in ^iniljTIlo den da-
von abgeleiteten, eine Eigenscliaft ihres Wesens beson-
ders hervorhebenden Namen vor uns haben, ist eine ganz
naheliegende Folgerniig.
Was ist nun aber die Bedeutung der Wurzel ////
und des Namens iJrw?
Man hafte sich bi.shcr bei dem Glauben beruhigt,
/JVjjujrijo sei =2 F?] fojriio , und sich dabei, was dio
Idee betrifft, auf den seit den Orphikern aufgekommenen
Begriff der zfniitiTjjo , was das Spra<hliche betrifft, auf
das Dorische da berufen. PrcUer s Untersuchungen ha-
ben, wenigstens für mich, dio Haltlosigkeit dieser Ab-
leitung in jener doppelten Beziehung auf genügende Weise
dargethan , und je sorgfältiger die Sache von Preller er-
örtert ist, um so weniger ist es nöthig, eine zueite Be-
weisführung su liefern. Ab<"r was wir an die Stelle der
antiquirten Ansicht stellen sollen, darüber scheinen sich
jene Untersuchungen nicht so klar geworden zu sein, ja,
an manchen Stellen scheint Preller die alte Ansicht mit
gewissen IModilicationen beibehalten zu wollen. Er be-
trachtet nämlich Demeter als Erdboden S. TiS. 24'?. 354,
als fruchtbaren und zur Ordnung anregenden Erdboden
S. 277. Dagegen erheben sich aber von Seiten des
Sprachlichen die alten Bedenken. Sollte inilessen zJljf^tl]-
Tijfi, was an sich nicht ohne .«inalogie wäre, für ^i^uo-
nVjXl]Q stehen (von Öljuoi, dessen Bedeutung Erdboden
mindestens problematisch ist), so müsste man statt zJljuj
den Namen ^niioj erwarfen. Ueberdicss wäre die Trauer
der Demeter sinnlos , denn da das Saatkorn nur dem
Culturboden anvertraut wird, so wäre ja Köre, solange
die Erde das .Saatkorn birgt, bei der Mutter und ver-
liesse dieselbe, wenn die Saat aus der Erde aufsprosst.
Diess ist aber völlig gegen den Glauben und den Cultus
der Griechen. Einen Gegensatz zur tieferen Erde kann
Demeter auch darum nicht darbieten, weil schon die
leicht mit Erde beworfenen Leichname ÜTVU yßovd'i sind.
Alle diese Vergleichnngen der Demeter mit der Erde
gehören, wie Prcller am besten selbst dargethan hat,
einer sj)äteren Periode an, da Demeter bereits yßoviCi
geworden war. — Für die Ableitung von dljui (nach
kretischem Dialekte die Gerste) zu welcher Preller S. 317-
o(tS. hinneigt, scheint zwar der Umstand zu sprechen,
dass Demeter bei den Svrakusanern ^iTio liiess (Athen.
III, p. 109), aber Bedenken erregt gegen diese Etymo-
logie (heils, <las'; Demeter sich doch nicht lediglich auf
die Cultur'der G'erste bezieht, thcils dass die Benennung
der Gottheit nach ihrem Geschenke oder Ehrenamle dem
Charakter der ältesten Zeit schwerlich angemessen ist.
Das, was der schlichten Anschauung als Produkt, nicht
als schöpferische Kraftsich darstellte, verehrte die älteste
Zeit sicher nicht als göttliches Wesen.
Die klare Parallele zu ^fj^aJT)jQ ist Diespiter. 3Iir
1Q03
1204
Srlieiot nAmlirh /Jtj (als SuLst. gen. f. Zlrjoi) wie ^£115
zur AViirzel ditv zu gehören. Der Abfall des Digamma
kommt auch sonst, unil namentlirh bei Wörtern, die zu
dieser Wurzel gehören, vor, öioi =1 dirus) ebenso die
Gunirung des i. So im Sanskrit d^va (deus) dT-v'i (dea);
im Griechischen ^ij, d(;Äo,', dijv , (5;;oOs. Der Guni-
rung des i geht die Verstärkung durch Wriddhi parallel,
indem der Partikel dr^ die verstärkte Form öai , dem
z//' in /Jru), zJijiinljO <las adjektivische dai^MV ent-
spricht , »»ie im Sanskrit sich regelmässig (Bojip. gr.
reg. 647. 6^-.) dai»a (divus) ableitet. Die hier versuchte
Et>mologie findet aber eine entschiedene Bestätigung in
der röniisihen Dia oder Dies (für unseren Zweck ist
beides gleich) als Gattin des Coelus Cic. de nat. deor.
III, 2'-. -^5. Dass Dia zu Rom einen uralten , von den
Arralisclien Brüdern best>rgten Cultns hatte, dass dieser
Cultus sich ganz besonders auf den Segen des Acker-
laues bezog, ist aus IMarini's Untersuchungen ülier die
Arvalisclien Brüilrr (vergl. F'orrellini s. v.) bekannt, und
die ^'ergleichung mit der Ceres und Deo liegt so nahe,
dass lue Identität beider schon verschiedentlich ausge-
sprochen «orilrn ist. ^'ergl. Creuzer zn Cic. a. a. O.
In ähnlichem Sinne sagt ^'arro I^'. r. 10. Principes dei
Coelum et Terra — in Latin Saturnus et Ops. Terra
enim et Coelum, nt Samothracum initia docent, sunt dei
magni, und behauptet dann, dass diese göttliche Z»ei-
Leit männlich und Heiblich sei.
So Herden wir denn auf die Annahme geführt, dass
nach dem einfachen Glauben der pelasgischen Zeit in der
Ober-, »le in der Unteruelt der männlichen I\lacht eine
«eibliihe zur Seite stand; dem /icni entsprach Aic ^jru),
dem Coelus die Dia oiler Dies, dem Diespiter die
zlr^U) xro; und wir dürfen letztere ursiirünglich wohl in
ahnlichem Sinne nehmen , in welchem Zeus bei Humer
^ari-g üvbuujv t£ itsojv re Tieisst, nämlich als die
nohlfhätig segnende IVIotter Aller , die darum so leicht
in die Pia, die naiimyrtioa , die magna mater über-
ging oder wirklich mit dieser ursprünglich identisch war.
Diese wohllhatige Himmelsmacht ist es denn, welche
dem ."\lcnsihen Cultur des' Bodens, Ordnung des Lebens
gibt. Denn ist die nährende Frucht nicht ein Geschenk
des Himmels, entspriessend niid gedeihend unter seinem
Einfluss, unter Licht und Regen? muss sich nicht die
Ordnung des Lanilbaues nach der unveränderlichen Ord-
nung des Himmels fügen? — Aul diese Vorstellung von
dem Wesen der ^rvt führen auch die Beinamen /'/./!-
','I^ijU, n(/.u:i(/.i ut , (Dorffiiorr.; (die Reife herbeiführend
h. in Cer. gewöhnlich in ^'erbinilung mit uy/.ciödmoo^
hA. V.i'2- 4').'. bei Kallimachos h. in Cer. !:>.'. führt
Demeter gelbst die vier Jahreszelten herauf), alles Frä-
duate, welche sich mit den sonst versuchten Etvino-
logieen schwerer vereinigen lassen. Nun begreifen wir
auch, wiefern im Muhus (h. in Cer. .VVi — .'i4.) , wie
in der Idee das Aufsprossen der Saat zusammenfällt mit
dem Wiedersehen von Mutter und Kind ; denn Perse-
plione kehrt zur Mutter zurück , wenn sie den dunkeln
Krilgriiiid verlässt und das Llilit des Himmels erblickt,
dem sie von da an als aufsprossende Saat angehört.
Ehe wir indessen den nun gewiinneneii liegriff der
Demeter anwenden, um uns daraus die Bedeutung zu
erklären, die in dem Mysterium von der Demeter UDiI
Köre lag, wollen wir für die oben hingestellte Behaup-
tung, dass die oberste Himmelsmacht als weiblich, wie
als männlich aufgefasst, diese so getheilte aber wieder
durch Gatten - und Geschwisternamen zur Einheit ver-
knüpit ward , und dass dieses Verhältniss insbesondere
7wisrlien Zeus und Demeter stattfand, einige weitere
Belege anführen.
In dem gemeinen hellenischen Glauben steht dem Zeos
als Himinelskönigin Hera zur Seite, nicht als Maturgolt-
heit, ausser bei den Orphikern , suiiileni in ethischer
Eigenschaft als hera , die Herrin, Gebieterin, die Frau
des Hauses, und sofern als Vorsteherin des ehelichen,
häuslichen Lebens, w esshalb sie denn durchaus nicht
mit der zJl^fiijCIJQ 3£<JfiOCfüoOs zusammenfällt, obwohl
auch diese über dem ehelichen Leben waltet. Lokal
war der Cultus der Hera in Verbindung mit (dem Ne-
meüschen) Zeus bei den Argivern Paus. II, 24, 2. IV,
V7, 4. — Bedeutsamer aber ist für uns hier , dass zu
Dndona als crvviau^ des Zeus zlliovi] (verlängerte Form
von zlin) verehrt ward Dem. in Mid. p. 5U. §. .^3.
Strabo VII, c. 7. Schiuss. Auch II. V, 370- erscheint
DInne als Gemahlin des Zeus. Nach i'Müller's Archäol. der
Kunst. 1. Aufl. S. 445 linden sich auf Münzen der Epiroten
die Köpfe des Zeus und der Dione zusammen, auf IMünzen des
Pyrrhos neben Zeus die Himmelskönigin, oliiie Zweifel
auch Dione. - Die Ei'oiunii , die zu Kreta unter dem
Namen 'Ek\ü)Ti<; verehrt ward, scheint keine andere
Göttin gewesen zu sein, als Demeter, da letztere zu
Lebadea wirklich den Namen Eüuujni] führte Paus. IX,
3'l, 3, ein Name, der gewiss in gleichem Sinne zu neh-
men ist, wie wenn Zeus £i'pvo7ir}C: heisst. Der Name
'Ekko}Tl(; endlich weist uns zu den ElCkoi oder ^ifAoi
nach Dodona. — Wie man aber auch von letzterer Ver-
niuthung denken möge, so ist doch gewiss die Behaup-
tung , dass jene römische Ackergöttin Dia , die zu Do-
dona verehrte ^Jiüji'lj und ^ijuj , die Schwester und
Gattin des Zeus, eine und dieselbe Gottheit seien, in
welcher die höchste Himmelsmacht als weibliches Wesen
aufgefasst %»ard, nicht zu gewagt, um so weniger, wenn
wir, wie jene Dia über die Zeit des Hellenismus hin-
aufreicht, wie jdluJVl] eine dodonäische Gottheit ist, so
auch den Cultus der Demeter vornehmlich in pelasgischen
Niederlassungen (Herod. II, 171, Wachsmuth hell. Alter-
thumskunde II, 2. S. 12M. iW. Preller D u. K. S. 18.
147, besonders über die ^"erbreitung der Thesmophorien
S. 3i7 H.), sowie in den Mysterien linden, in welchen
sich altpelasgischer Glaube erhalten hat (Müller Orchom.
S. 4.')l. 4f)3. 4fi2. Haupt de rel. Cabir. Zeitschrift für
die Alterthumswissenschaft 1 8 <4. Nr. |4.5— l46. §. 13).
Unter den Lokalculten will ich ausser den von Prel-
ler erwähnten nur noch dessen zu Phlius gedenken, wo
Demeter und ihre Tochter einen Tempel auf der Akro-
polis hatten. Paus. II, 13, 3- Di«" Verehrung der De-
meter steht aber im Zusammenhaiigo mit den Sagen von
der (irüiMluiig der Stadt Paus. II, 12, 5, ist demnach
ohne Zucif.l sehr alt. Zugleich linden wir zu Flilins
als Ilauptciilt den der GaiiMiieda nach späterer Unideu-
tiiiig gebe. Paus. II, 12, 2. und 13, 3. Während nun
der Nauie l'afVfjtjÖU Beiname der Gottheit war , uu-
1205
1206
ter welchem dieselbe ronieliiiilirh verehrt ward, hat
uns Strabo VIH,, c. 6- <leii Namen zlia erhalU-u , der
uns wieiler auf zlijo) zuri'ickfiilirt.
In Verbimliin^ mit Zeus erscheint Demeter, wie Prel-
ler S. ',M}7. ausgeführt hat, als Vorsteherin ({riechisrher
Nationalrersammlungen zu Aegion in Arhaja Paus. VII,
24, '2, wo ~ den INamen {Ztri) Oiiayi'fjto^ und (zJli-
fl1]Tt^Q) IluvaXO-ia gewiss die gleiche Bedeutung zu-
kommt. Aehnliche Beziehung hatten ohne Zweifel zu
Theben, überhaupt in BOotien und in Thessalien die
Namen Zsvc , 'O^oKciloc, und zJnfUjTijo 'OfioKioin
(Suidas 8. V. OiiuKuiiuo) y welchen zu Ehren das Fest
der Homoloen gefeiert ward. Vergl. Böckh Staafsh. d.
Ath. II, S. ;i,T8,ff. Ohne über die zweifelhafte Etjino-
liigie dieses Wortes entscheiden zu wollen, welches nach
Istros von öiioXuv im äo\. Dialekte = ölioioijT/y.ur ya\
tipijVlyuv sich ableiten würde, erhellt doch au« dieser
Etymologie selbst, dass Zeus und Demeter als ^'orstantle
frieillicher Nationaliersammhingen diese Namen geführt
haben müssen. Auf dasselbe weist uns die bei der Am-
phiktyonenversammlung verehrte z/;;U);Trp :-/iHf/y.rtoi't^
Herod. VII, 2(10. Zweifelhaft ist es aber, ob auch in
dem Eide der Heliasten bei Zeus, Demeter und Posei-
don (nach der bei Dem. in Timocr. g. 13 1. angeführten
Eidesformel und nach den Anileutungen bei Eustathios
liiad. XV, 3h.), oder Athene (in demselben Sciiolion),
oder Helios (Bekk. Anecd. j). 443.) Apollon (Dem. ad
Calliop. §. 9.) Demeter als Vorsteherin von ^'olksver-
eammluiigcn genommen ist, indem die dritte fiottheit eine
solche Beziehung nicht wohl haben kann. Nach Preller
hatte Demeter zu diesen Versammlungen im Grunde nur
eine äusserliche Beziehung, weil dieselben nämlich nach
der Aerndte gehalten tiurdeii. Daraus würde sicli aber
wohl als natürlich ergeben , dass bei solchen Versamm-
lungen unter Aiiderm auch der Demeter Opfer gebracht
werden, aber nicht, dass sie zur Seife des Zeus als
Vorsteherin der Versammlungen erscheint. Liesse sich
diese Eigenschaft nicht leichter ans ihrer Bedeutung als
llimmlischc Macht herleiten, wie auch Zeus als hiichste
Himinelsmacht über den Künigen und allem Gemeinwesen
waltet?
Durch die bisherige Erörternng glaube ich nun zwar
die über das ursprüngliche Wesen> der Demeter ausge-
sprochene ^'ermiitliuiig nicht zur Evidenz gebracht, wohl
aber auf einen zirmlichen Grad von Wahrscheinlichkeit
erhoben zu lialien. — Ich glaube, dass unter dieser Vor-
aussetzung auch erklärlich wird, wie in dem IM>sterinm,
welches tue Todesgottin als Kuoi] der Demeter feiert,
so freudige Hoffnung nefli re li^i TUU tj'ul' TlKiVTlji;
y.ai ruu aüunuVTuq aiutvoi (Isoer. Paneg. g. '2!^.)
liegen konnte. — Es war das der Glaube, der die
Schrecken des Todes nberviand , der Nacht in Licht
und Tod in Leben verHanilelle.
Unversöhnt standen vordem die 31ächte der Unterwelt
und die IMächte des Himmels einander gegenüber; beide
von dem Menschen verehrt , der sich von beiden abhängig
fühlte, von jenen in grauser Furcht vor ilirer menschcn-
hassenden, nnerbittlirhen Gewalt; vor diesen im freudi-
gen Gefühle der Segnungen des Himmels , dem er Acker-
Lau und alle Lebensorduuiig verdankte.
Aber solange diese überall wiederkehrenden Gegen-
satze in der Nativr und im menschlichen Leben unermit-
telt, unversöhnt für die religiöse Ansicht neben einaniler
stehen, kann das Leben nicht zur Einheit, nicht zur
wahren Freudigkeit gelangen.
Da ward von dem Glauben an die himmlischen Mächte
die Furcht vor dem Tode überwunden; das geheimniss-
volle Wirken unil Webeu der Naturmächte im Schnosse
der Erile ward erkannt in seinem innigen Einklänge mit
der ewigen, segensreichen Ordnung des Himinels, dio
Göttin des Toiles verlor ihre .Schrecken; sie verwan<leltc
sich in das liebliche Kind der menschenfreundlichen,
mütterlich segnenden Himmelsinacht.
Führte Persephone gerade in den Eleusinien den Na-
men Kuüij , so können wir den Grund hiervon nur darin
finden, dass eben in diesen Mysterien die furchtbare To-
desgöttin zum Kinde der himmlischen Mutter und selber
zu einer dem Himmel Entstammten verklärt ward. Es
war also diese tiefe, wahrhafte Versöhnung der Mächte
der Unterwelt mit denen des Himmels, es war die Auf-
hebung jenes Dualismus im Glauben durch Aufhebun"-
der Gegensätze und Vereinigung derselben zu wirklicher
nicht bloss, wie noch bei dem Dichter der Iliade, schein-
barer Einheit, es war die Verwandlung des Todes in
Leben, was man in den Eleusinien feierte; und Hand-
lung sowohl als Rede (ra duvniiva y.al tu keyuiuia)
bezog sich auf dieses Mysterium.
Znm bedeutungsvollen Bilde dieser Verwandlung ward
die Saat; denn auch sie »lird der Erde, der ^'erivesung
übergeben , um zu neuem Leben hervorzugehen. Sie
ward das Symbol der Köre; vom Tode geraubt und von
der Unterwelt, der allaufnehmeuden , aufgenommen, ruft
die Sehnsucht und die Liebe der himmlischen Mutter
aus dem Schoose der Erde sie wieder hervor; doch nicht
für immer; in ewig sich nieilerholeiidem Wechsel bringt
sie von den drei Zeiten des Jahres die eine in den Tie-
fen der Erde zu ; kehrt im Frühjahre zum Lichte de»
Himmels, zur Mutter zurück, um die übrige Zeit des
Jahres bei ihr zu verweilen, bis die Zeit naht, wo sie
aufs Neue in die Tiefen der Erde hinabsteigen niuss.
In dem Mythus vom Raube der Köre wird jene tiefste
und schönste Ideo in dem Glauben der Griechen zur
Geschirlite — zu einer Geschichte, in der sich das stete
Loos der Sterblichen spiegelt, die in ihren Grundzügen,
wie sie der homerische Hymnus gibt, echt menschlich
empfunden ist. Das liebliche, jugrnillich - frohe Kind
«in! mitten unter seinen heitersten, unschuldigsten .Spie-
len , umgeben von Blumen un<l den Freundinneu der Ju-
gend , die Beute des To<les. Trostlos sucht die Mutter
allenthalben das geliebte, einzige Kind; ihr ist, sie
müsste über der Erde noch finden, was bereits die Erdo
birgt. Aber ihre HoHnung täuscht sie nicht "anz , die
ewige Ordnung des Himmels gibt ihr das geliebte Kind
zurück ; es war ja ein himmlisches Wesen und ewi>r
das Ihre. '
Idee und Mythus entsprach den tiefsten Bedürfnissen
und Erfahrungen des menschlichen Herzens; darum er-
hielten die Mysterien, die beides zur Anschauung zu
bringen suchten, so hohe Bedeutung, so allgemeine Au-
erkeiinung.
130"
1208
Im ZusimmeiihaniTe mit «lein Mysterium von der
Pcrsephotie als iler Köre »1er Deo, die nun in ganz be-
souijprcm Sinne ^ijUi]Tro geixirden war, stand <lie im-
mer ilurtligreifenilere Vcriianilliing der unterirdischen
IMäditp in woliltliiitijTe , der ciiisen Ordnnnj; der llinimli-
gchen dienende Wesen. — ]Nun reicht die 3Iacht des
Zeus, dessen nadirliclistes Gebiet das üiuni «ar, in die
Unter» elt hinali; denn ntan erkennt den Einfluss des
Himmels, die Einwirkung von Licht und Regen auf die
Thatis;keit der in iler Erde schluninierndeii Kräfte, man
orkeant den Zusammenhang der in der Tiefe Haltenden
Äaturkraft mit der Ordnung des Himmels; Hades ist
der !Macht des Zeus untergeordnet und gehorcht dessen
Befehle h. in Cer. 3- »• 34!». 35'^>. ; die Ordnung des
Zeus ist es, «elrhe das Kind dem Tode dahingiLt , aber
auch aus dem Tode zurückruft. Plutou, dir Ueuahrer
der unterirdischen Schätze, ivird zum Reichthnmgeber
Hesiod. 0()[). et dies 4li.'), zum Wolilthäter der Menschen;
denn der wahre ßeichthum, der Segen der Aerndte wird
von den »Mächten der Unterwelt lieraufgesendet. — Ja,
auch der Tod, der die Seele von den Banden des Kör-
pers erlost, der zur Ruhe bringt das unruhige, stürmi-
sclie Leben, der Führer wird zu besserem Dasein, hört,
fiir die Weiseren wenigstens, auf, ein Feind des mensch-
lichen Geschlcclites zu sein, er wird sein Wohlthäter.
So erscheint Plutou bei Plato de legg. VIIF, p. S28.
in öl y.ai zu rujv yßov'uov y.ai üoov~ ah d^eor; ovoa-
viovz i^ovouaoitov y.al to tujv rouroig £7iouii<ujv
Ol' ioiiur/.rsov , d/j.a yunoiaiiov iv ri/i Ukovrojvoi;
fnvc T(/i Sutdey.aTiijy.aTu rui> vunov ÜTtodiöövraq,
y.ai Qv dvaye.oavTeov Tiokeuiy.oTz civdouiiioti tov toi-
ovTov deöv, äkkd TiuijTiov uj^ ovza dal riß tojv
dv^oujTCtw yevei ö.oiaxov Koivtavia ya.Q ipLiy^ yai
crvjuuTi Öiat.i'o-ettj; ovy. %<jtiv rj y.oeiTTuv , «3," lyoj
(fctii^v UV OXui'Srj kByviV — welche Stelle einen deut-
lichen Beleg gibt für einen ursprünglichen, unvermittel-
ten Gegensatz der Unterirdischen und der Himmlischen,
und für dessen Versöhnung.
Pluton unil die Erinnven werden nun Diener einer
gittlii'lien Ordnung, jener erscheint als hüclister Richter
der Todten Aesch. Eum. 2t>3; fliese verwandeln ihre
Menschen verfolgende >iatur; sie ahnden zwar noch fer-
ner das Verbrechen , aber als ethische Mächte und im
Dienste des Zeus Soph. Aj. 13. 'S!( ü. ; mit den oberen
Göttern versöhnt, tierden sie zu Wohlwollenden {Einif:-
viÖ£') Segnenden (vgl. den Schluss von Acschylos Eu-
meniden.
Diese Verwandlung musste da sichtbar werden, wo
die rhthnnischen Götter Verehrung genossen, und im
Allgomeiiirn tragen auch die (später noch bestehenden
chthunisclien Culte Spuren einer solchen Umwanillung au
sich. Am ilcutlichsieu liegen diese Spuren bei den arka-
dischen vor.
Dass in Arkadien der Dienst der unterirdischen .Mäch-
te eiaheimisril war, haben wir oben gesehen. jVeben
demselben und häufig in Verbindung mit ihm bestand
nach Pausanias Schilderung ein ausgebreiteter Demeter-
dienKt. Es ist aber vornehmlich die chthonische Deme-
ter, welche in .Vrkadien verehrt ward; von der z]. deO-
fiocföooi findet sich nur eine bestimmte Spur zu Phe-
neos Paus. V^lII , 15, 1, wo jedoch die Verehrung der
&£(juia über die Zeit der elcusinischen hinaufreicht. Als
chthonische Göttin erscheint sie unter Anderem zu Aka-
kesion in Verbindung mit der Despöna Paus. VIII, 37,
1 ff. ferner zu Thelpusa als J. 'Euivvvg oder ^lovffla
VIII, 2.'), 3 ff. zu Phigalia als 3Iska/vu VIII, 42.
Preller hat S. 14+ ff. nicht nur auf die Sonderbarkeiten
und Ungereimtheiten der von Pausanias berichteten Le-
genden aufmerksam gemacht, sondern auch mit grossem
.Scharfsinne darznthun gesucht, wie die iMyfhe von der
Vermischung des Poseidon und der Demeter und von dem
daher entsprungenen Rosse Areiou vom böotischen On-
chestos und der tilpossischen Quelle nach dem arkaili-
schen Oiikä und Thelpusa übergetragen worden sei , in-
dem die Pr; , aus welcher Antimachos den .Areion ent-
springen lasse, zur Demeter und diese sodann in die
Erinnys der Thebais verwandelt werde.
(Bescliluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
■ R u lii. Aus A.ssisi winlj unter dem 3. Octobci- goscbiicbcn :
jiDcr ^clclirlen Welt wird eine N.icbriclit iiber ilic liier aiifge-
cli'cktcii L'eberreste des allen IMiiiervciitemprls von Korinthischer
Ordnung von Interesse sein. Als man d.TS Pflaster des heutigen
Pliit/xs, auf welcbeni er einst gestanden hat, aulliob, kam eine
Lnge prächtiger Travertinblücke zum Vorscbcin. Auf beiden
Seiten derselben gehen Stufen ans, welche, zuerst in grader
Richtung fortlaufend, dann aber winkelrecht gewendet, mitein-
ander zu einer schmalen Fläclic fl'ihrcn, von welcher man auf
mehreren Stufen , die zwischen den sechs Säulen des Prostylos
angebracht waren, in den jetzt von modernoin Bauwerk einge-
nommenen Pronaos gelangte. Nach diesem hat'inan den antiken
Fiissboden mit länglichen Tafeln, von einem weissen Kalkslein
ausgelegt, 24 Palmen unter dem heutigen entdeckt. Die Ans-
dcluuing desselben zu messen war man durch die Häuser, wel-
che darüber erbaut sind, verhindert. In einer Entfernung von
,^0 Palmen vom Tempel seihst wurde ein steinerner Würfel
von 22 Palmen Grundlinie mit schon verzierter Base auf einem
Sockel stehend entdeckt , auf welchem eine 12 Palmen breite
und 4 Palmen hohe Tafel in grossen und gut geformten Cha-
rakteren lidgende Inschrift zu lesen gibt: Gal. Tcttienus. Par-
dalas. et, Teltiena. Galene. Tetraslylum. siia. pecunia. fecerunt,
item, simidacra. Castoris. ct. Polliicis. ftliinicipibus. Asisinatibus.
Don. Dl der. Et. De<licalione. Ejiultim. Decnrionibus. Sing. XV.
Sexvir. XIII. Pleb. XII. dederunl. S. C. L. D. Zur Seite schei-
nen Piedeslalc gestandeu zu sein , welche die lüldsaulen des
Kastor und Pollur getragen haben mögen. Die Namen Gaiene
und Tettienus kommen in Inschriften von .\ssisi h.äiifigcr vor.
Die Aiis^ralnin^en hat <Ier Architekt Charles Famin, Pensionair
der Französischen Akademie, mit obrigkeitlicher Bewilligung
unternommen und leitet dieselben noch fortwährend.«
Rastatt, den 8. t)ec. S. K. H. der Grossherzog haben
den huchverdienten Nestor der badischen Scliuliuanncr , Dr.
Loreyc, Director des Lyceums zu Rastatt, zur Anerkennung
seiner langjährigen und treuen Verdienste, gnädigst zum gehei-
men Rilh zu ernennen gernlit. Die~e in einem der wiirdi;,>sten
seiner Mitglieder dem gcsamniten Schiilstande unseres Vaterlan-
des crHicsenc Ansjeichnung ist ein neuer lieleg des hoben In-
teresses, das der edle Fürst für wahres Verdienst und für das
Aulbliilicn unseres vaterlandisclicn Schulwesens hegt.
Druckfehler: In Nr. 149. S. 1200, Z. 3. v. o. 1. Tina st. Jina.
Zeitschrift
für die
Alterthumswissenscliaft.
Mittwoch, 18. Dccemher
18 39.
Nr. 150.
Pelasgisdier Glaube und Homers Vcrhälfniss zu
demselben.
(Beschluss.)
Mir scheint im Geffentheil diese A. Eqivvvq, , sowie
<lie ji. M i:\aiva nur e\n Versuch zu sein , eine iir-
spri'iiif liolie rhthonische Maclit, eine Eriunvs zur Deme-
ter unizn)>il)ien. Name und Costiim, in welchem die
rhthonische Demeter in dem Cult'is zu Thelpusa nnii
Phigalia erscheint, sind ebensowenig dem sonstigen We-
sen der Demeter recht angemessen , als sie sich aus ei-
ner üebcrfragung der hüotischen Erinnvs völlig erklären
lassen. Demeter hört hier auf, die hiuimlisclie Göttin,
die Gemahlin des Zeus zu sein; die Namen Euiwi'^
und ßlcKn/va werden nothdürftig in Zusammenhang mit
dem Ünihcrirreii der Demeter nnd ihrer Trauer um die
Tnchtcr jjebraclit, wahrend sie «loch unmittelbar auf ein
anderes Gebiet hinweisen. Das Uild, welches Pausanias
von der fliekaiva entwirft, ihr schwarzes Gewand, die
.Schlangenhaare, der j(tTUjl> noöljori; vgl. Strabo 111,
c. ,'). gegen En<le, Diog. Laert. Mened. Cvn. ^'I, (i, ihr
Aufenthalt und Cultus in einer Höhle pas.ien jedenfalls
weit besser für die Erinnvs, fiir welche sich auch die
Fackel eignet, mit welcher sich die zJ. J^OIVVV'^ zu
Theljiusa erscheint. Was aber das Pferdshaupt und die
Wahne betrifft, so verdient diese Vorstellung im Zus.im-
menhange mit dem Mythus über die Geburt des Areioii,
der nach dem Schol. Vict. zu II. XXIH, 34ß von ilea
späteren Epikern als Abkömmling des Poseidon und ei-
ner llarpjie, von den Kvklikern als Abkömmling des Po-
seitlou und der Erinnvs betrachtet wird , ferner über die
Entstehung des Pegasos aus der Vermischung Poseidons
mit .ler iMedusa (Hesiod. Theog. 27S- ff.), endlich über die "
Absian\mung der Rosse Achill's von der Harpvie l'odarge
II. XVI, l.*)!», von welcher nach Stesichoros Fragm. I. die
Rosse der Dinskureu abstammen , erwogen zu werden.
In allem dem haben wir wohl nur Variationen einer und
derselben Grundvorstellung zu erkennen, welche das Ross
von ungestümmen und unheimlichen dämonischen Wesen *)
abstammen Hess. So wenig also dieser Grundvorstellung
nach Demeter b«i der Entstehung des Rosses betheiligt
") Poseidon ist in manclien Hezicbiingcn , namcntlicb .ils
"Ircnioq , eine su sonderbare Eiscboiiuiiig, dass man ii:cln-
raals auf den Gedanken hingefi'iiirt wird , ob niclit aiicii
er ursprünglich /.u den clillionisclieii Wesen gehört licibe '
ist, so wenig firnlet der Ursprung jener Vorstellung eine
vollständige Erklärung in den thcbnnischen .Sagen und
dem Verh.'ingniss , das die Labdakidenfamilie verfolgte.
Demnach scheint vielmehr jene z/. \Erttvvvi und I\Ie~
ku.iva. von Anfang an und eigentlich eine unterirdische
JMacht gevvesen zu sein, ein Glied in den) über Arkadien
verbreiteten chthnnischcn Cultus. Als dann Arkadien aus
seiner früheren Abgeschlossenheit , die das Altcrtnümliche
so lauge bewahrte, mehr und mehr heraustrat, insbeson-
dere als es sich durch Epaniinondas zu politischer lie-
deutung emporgehoben sah, da machte sich auch mehr
und melir ilas IJedürfniss geltend, die religiösen Vorstel-
lungen in Einklang zu bringen mit dem gemein-helleni-
schen Glauben. Woher konnten nun jene clithouischen
Culfe ihre Umbildung erhalten , hellenisirt und hamani-
sirt werden, als aus <len eleusin;schen 3Ivstcrien? Haften
doch diese recht eigenflich die Bestimmung, das nächt-
liche Grauen der unterirdischen Gewalten und die Schauer
des Todes zu überwinden, dem Tode und dem Fürsten
des Todes die Macht zu nehmen, ihn der ewig walten-
den Ordnung <les Himmels zu unteriveri'en nnd so zur
Wülillhatigen , menschenfreundlichen .Macht umzuwandeln.
Von diesen Mysterien aus musste denn die wohlthätige
Reform des altarkadischen Glaubens an die chfhonischen
Mächte vorgenommen werden, und an Unibildnern fehlte
es in jenen Zeiten nicht, vgl. Paus. H' , 1, 5- Daher
finden wir in Arkadien an so vielen Orten Heiligthümer
der cleusinischen Demeter; zu l'heueos Paus. VIII, 14, 8;
zu Thelpusa '2,0, 2; zu Basilis 29, 4; zu Megalopolis 31.
verbunden mit Mysterien, welche Nachahmung der eleu-
sinisehen waren, ol, 4. und 14, 8; überhaupt aber ist,
«o Demeter nnd Korc o<ler die grossen Göttinnr-n neben
einander verehrt werden, zu Tegea äij 3- Trapezus
29, 1. Pallantion 44, b der Einfluss des elensinischen
Glaubens nicht zn verkennen. Diese Umbildung hielt
aber natürlich nicht überall gleichen Schritt, und ein
Beleg einer auf halbem Wege stehen gebliebenen Umge-
stalfimg , wo «lie neuen Elemente die alten nicht völlig
bewältigten, ist die Koivvvi zu Thelpusa und die J/i'-
Kaiva zu Phigalia.*) Die Mythe vom Raub ist auf
äusserliche, zum Theil abenteuerliche Weise an die
Namen ßQlvvi'i und MtKuiva g'eknüpft, aber sie ver-
*) Ein Zeugniss für die Eincuenni!; des Cultus zu Pliigalia
und die Umbildung der ItWlutya in die z/i,oj liegt aucli
in 42, 4.
1211
1212
iiior!i<e (las grausenhaftc Dilil ilcr letzteren nicht zur
liiinmlisrben Gottin zu rcruanileln. — WossLalb «iillte
man aber ilie 'Jiptvvi'^ iiiilit liclier zur Koor , soiiilorn
zur Demeter umgestalten? Ohne Zueifcl , weil der alte
arkadisrlie Glanlie ilie Kriiinvs nnil die Pcrseplione oder
Despiiiia 711 lirstlninit aiisoinauderliielt , nnd weil in die-
sem die Des/iii/iu als TocIiUr der Erinivjn und des Po-
aeidon c^all , ein (ilanlie, der sein Aiialognn in der von
Apollodur 1, ,j , 1. erhaltenen (ifnealugie findet, «onach
Prrsephono die Toihter der Stvx ist. Freilich nennt
Pausanins die Despüna gcradeliin eine Tochter Poseidon's
nnd der Demeter 20 , 5. 37 , (i. 42, 2- aber nur darum,
weil er in der Erinnvs die Demeter erkennt. ^ Der ar-
Icadisciie Glaube, ui-lcher eigentlich eine Erinnvs ver-
ehrte nnd diese mit Poseidon rerband 2f) , 4., musste
natürlich die Eriiinys als IMntfer der Despüna nennen.
AVic «eniij der Name Demeter urspriiiiglicli «ar, erhellt
auch aus Paiisanias selbst, wenn er "Jj , 4 sagt: örroi
^t Oiiiiöu^ y.ai «." zlijia-T^oi ri;,' Aovoloi tu
o.yaKiia livui votiiCovai , fiarata ioTojaav vTitiKi--
(fUXt^. Also »Var der Aanie Demeter nur Deutun}(, auf
keinen Fall so fest, »ie der ilerErinnys, dem zn Liebe
man ja, «ie Preller erinnert, zu der unfjereimten Er-
zählung seine Zutliulif iialiiii, «onach Demeter , die Toch-
ter suchend, von Poseidon missbraucht «ird nnd nun erst
lon diesem die Tochter gebiert. Was endlich den Areiou
betrillt, so läugneten die Phigalier 42, 2- dass Deme-
ter ein Ross geboren habe, die Despöua, beliaiipteten
sie, sei iiir einziges Kind ; auch dicss «olil in dem Stre-
ben, den alteiiilieimischen Cult mehr in Ein'klang zu
bringen mit den Vorstellungen von der Demeter und dem
JIvthus von dem Raube, in «elchem Demeter ii'ir ein
einzio;es Kind hat. Zu Thelpusa dagegen liess man von
der Demeter neben der Despoiia noch den Areion ab-
stammen 2Ö , 1. unstreitig «ohl ans dem (iniiide, v*oil
der lokale Glaube von der Entstehung des Rosses aus
der Erinnrs und Poseidon zn festgewurzelt und unaii-
greilbar war. Auch ist neben gleicher Saj^e die l'eberein-
stimmung ilcr Namen Onchestos und ünkcion, Tilpliiisa und
Thelpusa wohl nicht zufällig, da wir zudem .■'chon bei
einem andern rhthonisrlien Cult Böotiens auf Arkadien
hingewiesen worden sind. Endlich ilarf niclit übersehen
werden, wie auch an Delphi »ich der Name Poseidon's
anknüpft. Das Qrakel, entschieden ein chthonisches ,
wesshalb es auch vnn einem Drachen bewacht ward Paus.
X, 6, 3, bis Apollo es in IJesitz nahm, aber selbst
dann seine ursprüngliche Natur nicht verlaugnend *j , ge-
hiirte anfanglich der Erde und dem l'iiseidtm an Paus.
X, ö, 3.
Kehren wir nun zu der Frage zurück, in welchem
Verhältnisse lloiner zu dem Mysterium von der Köre
steht, so haben wir bereits gesehen, dass, li.'ingt anders
das .Mjsteriom von der Auflassung der Perscphone als Köre
der Demeter ab, wie die vorangehende Untersuchung er-
"^ Obwohl Apollo nur Prophet seines Vuteis Zeus ist Aescli.
Eum. 19, so kommt doch Begeisterung und Orakel .lus
dem Erdschluod empor. Ganz anders zu Oodona. Hier
cri.,,.1 des /.u, Orükel, i,. i^u!,^ in'ix6>i„in ü.l. XI V, 32.':).
vgl. Hcrod. 11. 5J. Sliaho VIJ, c.?.' '
wiesen haben dürfte, Iloincr nicht ganz ohne Kenntniss
desselben ist. .Mit dem Charakter der homerlsch<-u Ge-
dichte, welchen allerilings eine mvstische Riclilu/if; durch-
aus fremd ist, steht diess nicht im AViilerspnicIi. Die
Kunde von der Perseplione als Tochter des Zeus und der
Demeter ist ganz ansserlicli aiifgenoinmen , wie denn
überhaupt Demeter dem Kreise der bei Iluiner tliJitigen
Gotter ferne steht, und auch der pelasgische Zeus als
fremdartiges Element in seinem Gedichte sich darstellt.
AVolleu wir indessen zu hellenischer fleligion nur das-
jenige rechnen, was eigentlich in dem Glauben der Hel-
lenen zu Ilonier's Zeit wurzelte und lebte, so kann die
Verehrung der beiden Göttinnen in ihrer mystischen Ver-
bindung [toii> i}£Oh') nicht in der Weise zum helleni-
schen Glauben gerechnet werden, wie die Verehrung de.s
Zeus, der Here , Athene u. a. Gottheiten, die lebendig
handelnd bei Homer auftreten. — Tiefere Natnran-
schaunng war der hellenischen Periode, die Homer re-
pr^sentirt, fremd. Der heitere , leichte, auf die .Aussen-
welt gerichtete und die sinnliche Erscheinung so treu
nnd lebendig aiida.ssende Sinn der Jonier , wie er sich
unter asiatischem Himmel entwickelte, musste von selbst
die tieferen Ideen, die ihm der Glaube <ler V.'iter über-
lieferte, umgestalten zum heiteren, menschlichen Mythus.
Wie die Gölter mehr und mehr als geistige, mcnschen-
illiiiücho Wesen erfasst wurden, nnd der 3Iensch mehr
und mehr seine Herrschaft über die Elemente geltend
machte, so mnssten auch die Gotter als Idealmenschen
gefasst , von der Natur geschieden , ihre Herren nnd Vor-
stehi^r werden. — Indem endlich die jouische Gesammt-
nation ans so versrhiedenartigeii Bestandtheilen gemischt
war, (Herod. I, 14(i) und daher eine ftlannirhfaltigkeit
angestammter Götterdienste neben und unter einander be-
stand , so musste man natürlich dahin gedrängt werden,
aus dieser Mannichfiltigkeit eine Einheit zu schaden,
welche denn auch bei Homer nnd noch systematischer
bei Hesiod vollzogen erscheint, so dass, was sicher
Schöpfung der jonischen Gesammtnation war, von Hero-
dot den Dichtern zugeschrieben wird, in welcheu zuerst
diese Reform des Glaubens sich aussprach.
Demeter konnte in diesem neuen Glauben kaum an-
ders denn als \'orsteherin des Ackerbaues (II. V , ,jO().
XIII, 32','. XXI, 7b) gefasst werilen, Gemahlin des
Zeus inus>te sie zwar der Ueberliefernng wegen bleiben,
.ibiT ihr ganzes Wesen trat gegen den Becrrilf der Hera,
die nun zur Seite des Zeus erscheint, zurück.
.So hat denn Jonien und sein Dichter allerdings pe-
lasgische Religion aufgenommen, aber dieselbe seinem
Charakter gemäss verwandelt.
Heilbronn. ff- U^umlein.
Arcliaeologie.
1) Zur Gallerie der alten Dramatiker; Auswahl unedir-
ter (iriechiseher Thongefiisse der Grossherzoglicli
Badischen .Sammlnn;]; in Karlsruhe. Mit Erläute-
rungen von Dr. Fried- Creuzer. IMit <) litliogra-
phisclwn Umrissen. Heidelberg bei C. J. Winter.
isay. 130 s. 8.
i2i:3
1214
2) Vasenbililer. Iforausjfogolipii iiiid erklärt von Otto
Ja/in. Ilamliiirff, IVrtlifS, Besser und Mauke. l.Sol).
4U S. 4. und 4 Tafeln.
Die erste der beiden genannten Schriften müssen wir
um so mehr h illkommen heissen , als sie uns nirht nur
eine Reihe interessanter Vaseiijjemalde zur Renntniss
bringt, sondern damit auch die INacliricht verliindet, dass
<lie Originale dem waiulelbaren Kreisläufe des lv^ll^tllan-
dels entzogen «orilen seien und in einer deutschen Re-
sidenz ihren hleihenden Sitz gefunden haben. AVir er-
fahren aus dem kurzen Vorworte, dass der (irossherzog
von Baden dureh seinen GesehaftstrSger am riimisrhen
Hofe, Herrn Rittmeister Blaler, eine ansehnliche Zahl
bemalter Geftisse und anderer Antiraglien aufkaufen liess,
die ZHar für jetzt der Bescliaunng des grossen I'ublikunis
noch nicht ausgestellt ist, in naher Zukunft aber in der
neuen, ihrer Vollendung nahen Geniäldegallerie ihre pas-
sende Stelle finden «ird. Das vorzüglichste Prachtstück
dieser Sammlung, die grosse, 4'/.> Palmen hohe Amphora
ans Ruio mit Orpheus in der ünterivelt und Bellerophon
als Ucberwinder der Chiniaera, ist den Freunden alter
Kunst bereits durch die Abbildung in den Monumenti
inediti dell' Instituto archeol. Vol. II. Taf. 49. und ,50.
und die Erklärung des Hrn. Dr. E. Braun bekannt ge-
worden, daher es in dieser Schrift des Hrn. Cr. liber-
gaugeu ist: dagegen macht er ein zwar nur halb so gros-
ses, aber in Beziehung auf das Interesse des Gegenstan-
<les, ivie die Feinheit der Ausführung gleich vortreff-
liches Gefäss zum JMittelpunkt seiner Beschreibung. Es
ist diess eine 'J'/^ Palmen hohe , aus derselben Fund-
grube hervorgegangene Hydria mit dem Urtheil des Paris.
Auf diesem Bilde erblicken wir nicht bloss die auf den
zahlreichen Darstellungen dieser Scene fast einstimmig
" :e(lerkehrenden Figuren des Paris mit den drei Göt-
tinnen und dem fllercurius, sondern unser Künstler hat
die grossen Aaturgottheiten , Zeus, Helios, Klymene, die
Tochter des Okeanos und der Tethys, die Gattin des
Helios un<l von ihm Blutter des Pliaethon und der He-
liadcn, niid Eutychia , alle durch beigeschriebene ISamen
sicher bezeichnet, in Verbindung mit der Handlung ge-
setzt, und dadurch das Urtheil des Paris als eine Be-
gebenheit vorgestellt, wobei die grossen Naturniächte und
Weltregeuten als urtlieilende Zeugen auftreten und
gleichsam, wie in der Tragödie, den Chor bilden. Auf
dem Halse des Gefiisses, über Paris ist das Brustbild der
Eris, die durch ihr Schlangenhaar und ihre kalte, ver-
bissenen Grimm verkündigende fliienc auch ohne Ueber-
schrift als Göttin der Zivietracht zu erkennen sein würde.
Dadurch , dass sie gerade über dem P;iris angebracht ist,
wollte unser Meister , oder vielmehr der Maler des Ori-
ginals, das unser Vaseninaler copirte, andeuten, dass
Paris sein der Aphrodite günstiges Urtheil ohne sein
Wissen und Wollen den AVillen der Eris vollziehe, in-
dem die Folge dieses IJrtheils, der trojanische Krieg,
ihrer Hache unzählige Opfer darbringen wiril. Durch
diese Composition tritt unser Bild in die Reihe derjeni-
gen Malereien, die als Werke der neueren ausgebildeten
griechischen Kunst aus Anschauungen der scenischen
Uarstellungen der attischen Bühne hervorgegangen sind,
während die ältesten und älteren Vascnbilder den ein-
facheren Erzählungen des epischen Gesanges zu folgen
pflegen: um! eben die Kachu eisung des Znsammenhanges
der alten Bildwerke mit den Werken der alten Dichter,
vorzügli« h i\vr dritmutischeii , ist ein Hauptgesichtspunkt,
den unser gelehrter Inferprete bei dieser Schrift verfolgt
und darum auf dem Titel andeutet. Auf ilem unteren
Fries dieser Paris- Vase ist ein zahlreich besetzter, aus
.sechszehn Personen bestehender Dionysischer Thiasos.
In der IMitte .steht Dionysos, nackt, die Chlai.iys über den
linken Arm geuorfen, der sich auf den Thyrsus stützt:
vor ihm tanzt eine reizende, mit dem reichgestickten
Lydischen (letvand (ßc'.ircraoa) bekleidete Jungfrau , von
unserem Herrn Ilorausgebcr richtig als Ariadiie bezeich-
net: ein Satyr bläst die Doppelflöte und eine Bacchantin
schlägt das Tympanum: um diese Gruppe herum bewe-
gen sich zwölf andere Frauen, tlieils in ruhigen, theils
in bacchantisch aufgeregten Stellungen. Der Künstler
hat hier unterlassen, die Personen durch jNamen zu be-
zeichnen, wie er es bei dem Hanptbilde gethan , daher
hat es Hr. Cr. versucht, jeder einzelnen einen jNamen
zu geben. Obwob.l er hierin dutchgängig den Charakter
jeder Person und die auf entsprechenden üarstellun''-en
lorkoniinenden Namen zu Ratlie gezogen hat, so müssen
wir doch seiner eigenen Erklärung beitreten, dass damit
Nichts mehr, als A'ermnthungen gegeben werden können:
denn wie willkürlich <lie alten Maler mit diesen Namen
umgingen, und wie wir bei jedem neuen Funde durch
bisher unbekannte Namen überrascht werden, werden wir
weiter unten aus Veranlassung eines von Hrn. O. Jahn
edirten Gefässes sehen. Machte es doch der Altmeister
der griechischen Malerei, Polygnot, ebenso, von dem
Pausanias aus Veranlassung einer Gruppe aus seinem
grossen Gemälde in der Delphischen Lesche sagt, er
habe nur Einen Namen aus der Odyssee genommen , die
anderen selbst geschöpft*): warum sollten seine Nach-
folger, denen wir so manche Composition auf unsern
A'asen verdanken , auf diese Freiheit der Namengebunff
verzichtet haben? Wir verweilen daher auch nicht länger
bei <ler Untersuchung über die verschiedenen Namen der
Personen, »eiche an unserem Thiasus Theil nehmen,
und bemerken nur, dass acht derselben als Bacchantinnen,
vier, die je zwei und zwei in abgesonderten Gruppen
stehen, als Gratien und Hören bezeichnet werden. So
passend es erscheinen muss, die Gratien, welche als
Kinder des Dionysos und der Aphrodite oder des Dio-
nysos und der Nymphe Korouis bezeichnet werden, bei
unserem Dionysischen Aufzuge zu finden , so veranlasst
uns doch der Umstand, dass eine dieser Frauen (ur. 14.)
in der gesenkten rechten und aufgehobenen linken Hand
einen Faden hält, an die Moiren zu denken. Dass auch
diese ihre Stelle bei dem Dionysischen Reigen fanden,
sehen wir aus dem Chor der Mysten, den uns Aristo-
phanes in den Fröschen mit echt plastischer Kunst vor
die Augen führt. Da heisst es r. 430. der Dindorfischeu
Ausgabe :
'') Paus. X, 23, 3. y.ui /lovov loviov rö oroiia ix lij? Iv'OSva-
aitii ctoiijofwi; 'i/mOt' xüiv dj v.).)mv, iiial äay.iir, iü orniiuTK
oviiSr,xii' «üiög o IJoi.vyioiioq. veryl. mit 2G, 2.
1215
12If)
■/^(oodjuiv ii -TTokvööoöots
Tuv xfitregov rporror,
Tui^ y.akhj(09t^r<xTov,
rr«i'CoiTfi, ö»' okßiai
ßlo loat tvvdyov rrtv.
In tlemsclbon Cliorlicilc finden «ir iiiich «lip frrflenJe
Besihreiliiinff fiir <lic mit ziirikkiji'sclilajjenpm Kii|ifp und
aufgerissener linker Brust in «il.lein Tanze sich betvo-
jende liarchantin (nr. 7.)» «e'"i es v. 40h. heissl :
z«i yuQ 7Ta(jaß}Jipai tl /uscQay.iay.iji
viv ör, y.areidov, v.ai iw.)' si'7t^uouji:ov,
atuniuaroiu-:
1 1 T VI V i 0 V .T UQ a ij ö a yivTOc, t ir9 i uv n o o-
y.v ipav.
Uer genieinsiliaftliche Punkt, in »elcliem lieiile Jiceueii
znsaninientrell'i-n , ist die Vermahlung, unfeu des Diüii\-
sos mit der Ariadne, oben des Paris mit der Helena,
was die unmittelbare Folge von seinem Ürtheilsspruelie
ist: und damit ist auch die Bestimmung des Gefiisses ge-
funden ; sie iiar n.'imlich eine lloihzeitgabe, und so reiht
sieh die Karlsruher Paris -Vase nicht nur durch ihre
Bestimmung, souilern auch durch die Trefflichkeit ihrer
Ausführung und Erklärung an die von E. Gerhard un-
längst bekannt gemachte Archenioros- Vase und an die
pr.'ichtige, vom grossen E. Q. V'isconti selbst erklärte*),
]Volancr - Vase des Grafen Pourtales - Gorgicr, »vorauf der
Kampf des Theseus mit der Amazone Hippolvte darge-
stellt ist.
Wir übergehen die Taf. 2 — fi, "eiche sSmmtlich
Darstellungen ans dem Uionysisehen Kreise enthalten
und von unserm Herrn Erklärer als Vorläufer für die
Erklärung des auf der Paris-Vase abgebildeten 'l'hiasos
behandelt »vorden «ind, sowie das auf Aphrodite und dio
Adonisgärten sinnig gedeutete Bildchen auf einer Leky-
thos, die ebenfalls aus Ruvo stammt, um noch einen
Augenblick bei Taf. \). zu veriveilen, die iius die Ab-
bildung einer Svrakusisch-Griechischen Lekythos ilarhie-
tct. Eine weibliche Figur steht an einer Quelle , deren
Strahl aus einen» LOweiikopfe hervorgeht; sie fällt <len
Wasserkrug, den sie vor der Quelle auf den IJoden ge-
stellt hat. Hinter der Quelle, unter einem Baume ver-
borgen, liegt ein Kriegej- knicend im Hinterhalte mit
vorgehaltenem .Schild nnil Lanze.
Hr. Cr. erblickt iu diesem, durch keine sonstlier be-
kannte Merkmale ausgezeichneten Bilde den Minelaus
.im Brunnen IVlesseis , im Hinterhalt gegen .Andrumarhe.
Zu dieser Deutung leitete ihn vorzüglich die gleichna-
mige Tragödie des Euripides v. fjGii. ff. Andrnmaclie
war bei der Zcrstörnn^r Troja's dem Pjrrhus, Sohn des
Achilles, als Siegesbeute zugefallen, sie mnsste als Scla-
vin sein Lager theilen und wird von ihm IMutter des
Wolossns. .Später aber hcirathct Pyrrhus die Tochter
des Menelaus und der Helena, Hermione. Diese ist
arguühnisch gegen die frühere Beischläferin ihres Ge-
mahls, sie drohet ihr den Tod und ruft ihren Vater
Menelaus von Sparta zur Hi^lfe herbei. iVIenelans macht
wirklich einen Versuch, <lie Audromachc heimlich zu
tollten ("Eurip. v. 43 versrl. mit v. .j(iü), niid dazu mag
der einsam liegende Brunnen, wo diese lieroische .Sdavin
zu bestimmter Stunde täglich Wasser holle, die erwünschte
Gelegenheit geboten haben. Hier also legte sich Mem-
laus in den Hinterhalt, wie wir ihn in unserem Bilde
sahen, während Andromache ganz arglos ihren Wasser-
krug füllt. Als der unmittelbar darauf folgende Moment
ist dann zu denken , dass Andromache iu das nahe Hei-
liglhnni der Thetis ilieht, wie es Euripides darstellt.
^Vir betrachten diese Deutung als ein Meisterstück von
arciiüologischcr Diiinatinn ; wie wir es überhaupt als
ein glückliches testirn , unter welchem diese neue Sainm-
Iniig in's Leben tritt, betrachten, dass sie gleich bei ih-
rer Entstehung einen so scharfsinnigen und gelehrten
Exegcten gefunden hat. Wie einst Alexander der Gr.
den Achilles beneidete, dass er an Homer einen so treH-
lichen Herold seiner Thateii gefunden habe, so darf
manches altbegründete, reich ausgestattete 3] useiim jen-
seits und diesseits der Alpen diese noch kleine Samm-
lung um einen Erklärer beneiden, dem seine tiefen Stu-
dien in den Sprachen , Gebräuchen und Religionen der
classischen Völker in der Kunstesegesc einen lieneidcns-
werth sichern Takt verleihen.
(BescLluss folgt.)
*) S. Antiqiies du Cabinet di
de etiles pjr Tli. Pancfka.
Comic de Pointalcs- Onrcier .
Paris IÖ,^4. Tab. 35 um! .m
Personal-Chronik uutl Mise eil ca.
Tunis, 10. Octohcr. Der dciitselie NiiniiMiialikor Herr
H üii c ucg i;c 1- liat eine trciriiclic Sammlung kartbasiscliei-, pii-
nisclipi' , roiiiisclier iinil vaiulalisclier Miinzen an den Fürsten
von l'"i'irstenbi'.r^' abgeseiulet. Diese Samndung ist die rciclisle
uiiil voltsländig.'ite iluer Art und Jiat HiTrn Ilulienegger eine
scclisjälirige Arbeit gekostet. Sie rntliiill die fast vollslänill-c
Folgen der Medaillen aus ilen drei Epochen des karthagisclieii
Reichs, von der tyiischen Kolonie bis auf S ipio , von Cäsar
und .August bis auf Gcnsericb , und endlich von Genscrich bis
auf den Sarazenen Hassan , der im Jahr 69ü nach Chr. die da-
mals noch liliiliondc Sl;)dt auf immer /cistörtc. Die Medaillen
sind in (iolil, Silber und Erz und von ausgewählter Erballung,
viele, besonders die iMiniscbrn, sind Uiiica und von Mionnit
nicht hesclirielieii. Die Legenden der letzteren .sind, nebst
einigen Inschriften, die Nnzigcn Documcnte, die uns von Kar-
thago iibrig sind. Herr üobencgger besitzt noch 14 pnnischc
Inscluiffen und eine grosse Zahl römischer , die bis jrt/.l noch
nicht bekannt gemacht sind.
n om. Das ßnllellino des arcbaologisclien Instituts vom
Juli cnlli.alt ein erlanterndes Vc-r/cicluiiss diu- seit IS.'^j von
Cades unter Aufsicht des Instituts licrausgegcbencn Gemnienab-
driickc. Es sind sechs Centiirien, die sii li ebenso sehr durch
interrssante Gegenstände, als durch KiinslHevth auszeichnen.
.lena. /nr Feier des DoctorjuI>ilaunis unseres ehrwürdigen
Eiclisl.iilt erschien von Seiten der Mitglieder des philologischen
Seminars ein Gbickwnnschungsschreibcn mit einer Abhandlung
von K. A. H. Heiinburg, viuiin uduseiilur de luco cjciodam
in Taciti \iNi Agticolae.-
Zeitschrift
f ü r die
Alterthumswissenschaft.
Freitas:, 20. Dccember
1839.
Nr. 152.
x\ r c li a e 0 I 0 g- i e.
(Bcschliiss.)
2. An iliese Schrift lies riiliinliekrAiiztcn Vetera-
iioii reilioii ivir «lie Erstliiij;sg;ilie des Hrn. O. Jahn , der
sirh's, « ii' "ir lioffcn, zur Ehre rechnen wird, in sol-
rher Gesellschaft anf^'efiihrt zu »erden. Die von diesem
jnnffen Gelehrten beschriehenen Gefässe stammen ans
denselben Fnndgruhcn , nie <!ie der Karlsrulier iSamni-
Inn^. Auf der ersten Tafel erblicken wir Orestes- in
Deljjhi. Die Scene , wie der »on den Furien ierfo!;;fe
Orestes im Heiliuthunie zn Delphi bei dem sühnenden
Gotte Apollo .Schutz sucht, ist mehrfach, auf ^'asenbil-
«lern ilargestellt , jedoch auf jedem mit besonderen Mo-
dificalinnen. Sehr einfach ist die Darstellung auf der
von Tliorlacins bekannt ^emacliten Kopenhagener \ ase, »lo
übrigens Hrn. J. das Sendschreiben liöttiger's, das Sillig
in den Opnscula p. 42 j — 28 nebst beigegebener Abbil-
«Inng <les GemAhles bekannt gemacht hat, entgangen ist.
Orestes ist an den Stufen di'S Dreifusses neben dem
Ouiphalos niedergesunken, und die Furien dringen mit
Sc hiangen nnd Faiki'lu auf ilui ein , aber Apollo gebie-
tet ihnen mit bedeutiiugsvollem Winke, dass sie sich sei-
nem Schilt/dinge nicht nähern. Be«egter ist die Hand-
lung auf dem Halse eines Berliner Gcfasses. *) Orestes
unifasst <len Ompha!os, vor ihm sit/t Apollo auf dem
Dreifusse und «ehrt mit ausgestreckter Kechfe die anf
Orestes eindringende Furie ah; auf der anderen Seite
flieht entsetzt die Pvthia und eine andere junge Frau,
die Hr. J. , abweichend von Hrn. H. Roehette und Ger-
hard für eine Hieroiiiile erkh'irt. Auf der von Milliii
(G. .^I. CLWI. (i2 i) bekannt gemachten und auf der
^'atic.iiiischen ^'ase kommt zum .'•chutze des Orestes noch
Athene hinzu. Eine spätere Seene stellt eine ^'ase be:
a. Roehette (Mon. ined. t. 38) vor, wo bereits Orestes
entsühnt ist und das in der Scheide ruhende Schnenlt
dem Apollo weiht. Zu diesen fünf bisher bekannten
Darstellungen kommt nun die sechste, auf einer dem
Coiiinel Lambert! in Aeapel gehörigen, aus Ruvo stam-
menden Vase, womit uns Hr. J. bekannt macht. Das
Eigenthümliche dieser Darstellung besteht vorzüglich
darin, dass hier statt der Athene die Schwester des
Apollo, die Artemis in kurz geschürztem Jägergewande ,
mit zwei Spiessen in der Hand, zwischen zwei Hunden
S. Gerhard Berlin's anf. BiUlw.
lOO.i.
aufgeführt ist. Hire Anwesenheit darf um so weniger
hefreuideii , als auch sie in ilem Delphischen Tempel ein
uraltes Heiligthiim hatte.*) Auf der Rückseite des Ge-
f/isses befindet sich eine heitere Bacchische Scene , die
ebenfalls abgebildet ist.
Taf. II. stellt den Kampf des Theseus mit dem Mi-
notanr vor ; die Darstellung bietet übrigens nichts Neues,
ausser die Form ulPlllAA für den Namen Ariadne.
Dagegen bietet die Rückseite des Gelasses einen reich
besetzten, in üppigem Sonnenlichte schwärmenden Dio-
nvsisclien Thiasos vor, <ler durch die über jede der Per-
sonen gesetzten Namen ein besonderes Interesse gewinnt.
Den Mittelpunkt bildet JlONY^iOl mit der IPHNll;
um sie her sehen wir anf einer Seite drii.Satvr ITYyl-
AO^ mit der Mänade nOAYIJPlTH, auf der an-
deren den Satvr 2' l'ßA^ mit der l'.P.iTS2. üeber
dieser Scene befinden sieh noch ilrei Personen in halber
Figur. niNYlSH (Hr. .1. liest LANYIIII von
yavoc) leiht ihr Ohr den Einflüsferniigen eines alten
Satvr's, der in der Inschrift I'J YA l'Tli2 iS genannt ist,
von Hrn. J. aber , mit Rucksicht auf die Verwandtschaft
der Centauren und Satvren E YP YflSiN geXesen \\\tA.
Hinter ihnen schlagt ein geflügelter Genius ( fl 0& OS)
das Tvmpanon. — Durch den Stvl der Zeichnung noch
vorzügliclier, nnd durch die beigeschriebenen Namen nicht
minder interessant ist die Rückseite des folgenden Ge-
fäs-ies, wo wir den Dionvsos mit der Bacchantin 0 YQNH^
den S.ityr SIMOI mit der Bacchantin AlSiNHim Ge-
spräche erblicken. Die zum Theil neuen Namcu des
bacchischen Gefolges gebe» Hrn. J. Veranlassung, die
bisher auf Vasenliihlern bekannt gewordenen Namen bar-
ehischer Thiasoten zusammenziistelien. Er giebt zu dem
Eiiile eine kurze Beschreibung samintlicher dahin ein-
schlagenden, mit Beischriften versehenen Gemälde und
zieht daraus zwei alphabetische Verzeichnisse aller weih-
liciien und männliciien Namen, die uns als eiee sehr
dankensuerthe Beigabe erscliienen unil jedem folgenden
Eiklärer ähnlicher Scenen unentbehrlich sind. Mit Recht
stellt er die reich ausgestattete Scene auf der Lambergi-
sdienVase*»), in deren Mittelpunkt OflSPI ilem J\0-
NYSOS den Fruchtkorb reicht, in dieser Zusaminen-
stellong üben an. Alle Namen darauf sind leicht ver-
ständlich; nur einen, der über einer Nvniphe steht,
•) lliuil. Sic. F..\c. Vati. Wll. 2.
•*) r!ci I,,il.oulr 1, Üj. Gcili.'.ul Aiilike tlildw. nr. 17.
1319
1220
JS2ßf, findet unser Erklärer noch immer rätliselhuft.
l'ns selbst ist ratlisclhaft, «ie lio(fig-er Herr, in bii. p. 4().
auf ilen Geilaiiken kommeii konnte, dieser Aame lialie ur-
spriiii»Ii(li J'^ YIS O MUl ^elieissen , denn bei dieser Re-
stitution ist auf die erlialteneu , klar ausffedrückteii üisrli-
staben gar keine Ri'irksirlit ;;enomnien. Seitdem «iraber
wissen, dass JJS2j.\/I niiiit bloss der Name für die flliit-
ter des Barilins , sondern auch für baerhische Nvniplien
ist, so nehmen «ir keinen Augenblick Anstand, der ge-
nannten Nymphe diesen Namen zu vindicircn, und glau-
ben , dass unserer C'onjecfur wenigstens der Vorunif der
Kühnheit nicht gemacht «erden könne.
Auf Taf. 111. bietet uns Ilr. J. die Abbildung einer zwar
Tcrstünjmelten , aber doch aus den Fragmenten noch wohl-
crlialtenen Darstellung. Eine Fran, ^lllNII, also He-
lena, steht zwischen zwei Kriegern, iu der gesenkten
linken Hand h.'ilt sie die Oenochoe, in iler rechten, die
fehlt, hielt sie ohne Zweifel eine .Schale. Sie wendet
sicli links hin gegen den jungen Krieger Diomedes, der
Gekränzt, den Petasus zurückgeworfen, in der rechten
Hand ziiei Speere, in der linken das Schwerdt trägt.
Der andere Krieger, den die l'erstüuimelung gm stärksten
<raf, ist ebenso ausgerüstet, aber sein Name, von dem
nur die Endbuchstaben EIO übrig sind , führt zu kei-
ner .4ufkl,'lrung über die Scene. Unser Herr Heraus-
geber denkt natürlich zuerst an den gewöhnlichen AVallen-
gelahrtcn lies Diomedes, an Odysseus, und meint, die
Aenderung ron EIO in E IC wäre nicht gerade
gewaltsam, nur hält er diese Form des ^ lür be-
denklich, er möchte daher lieber Ejl () lesen, uvd
^OEJSEAO^, den Wagenführer und \\ all'enfreund des
Diomedes, herausbringen. .Allein was wäre für die Er-
klärung des ganzen liildes gewonnen, wenn der zweite
Krieger Odvsseus oder Sthenelos hiesse? Hr. J. weiss
selbst keinen Berührungspunkt des Diomedes niit der
Helena, als dass er zu ihren Freiern gehört habe, und
äussert daher, obwohl schüchtern, die ^'erniuthüng, ob
er nicht etwa auf unserm Gemälde den Korb erhalte.
Ww wollen diess auf sich beruhen lassen und uns au
die Inschrift halten. Die erhaltenen Züge führen uns
von selbst darauf, diese Ell EIO zu ergänzen. Hr. J.
■wird uns fragen, wie kommen aber Epeios und Diome-
des zusammen? Davon lesen wir in der Iliade Nichts.
AVir antworten, das i^t auch gar nicht nöthig, unil be-
rufen uns auf den oben angeführten Vorgang Polvgnot's,
der sich in seinen Conipositionen Nichts weniger als
ängstlich an die Erzählung der Dichter band, sondern
viele seiner Gruppen nach eigener Erlin<lung, oder we-
nigstens nach Traditionen, die schon dem Paiisanias nicht
mehr bekannt waren, bildete. — AVir wolleii nun aber
etwas näher auf dar. erwähnte Gemälde Polvgnot's ein-
gehen. Nach Pausanias X, 2.5, 'J. war auf der rechten
Seite der Del[ihischen Lesrhc die Zerstörung Troja s und
die Abfahrt der Hellenen {"J}.i6g TS i.aLüf/.vhi. v.cü clnö-
:i).OL'i u E/ }.ljv(j)v) dargestellt. Unter anderen war dar-
unter auch eine Gruppe von ßriseis , Diomede und Iphis,
welche die Schönheit der Helena betrachteten. Der Perie-
got >rhildert das c. 4. yu^ijrai <5f avTij re i; 'E/Jun
y.ai LvQVtiÜTiji Ttkijoiof tuv bl Odt'Ooiojg iivui
■jTaivai Se Ilki/.Toa xai IJavi'^akls, y fiiv ttj E'Ktvij
naQtairf/.ev , // dt inaöti ti]v Snanoivav i) 'JJkly.TQa.
8id(fO(}a di^ y.ai Taira tu örof^iara Ofiijooi; ttisro
it/ Ikulö/ , fj y.ai 'Ekivijv xai ioixrag üjj.ui> rf] Ekivij
TcIq doi'kui; ini tu Ttr/og ■-invoitjxtv. Sollte nun,
möchten wir fragen, das Gelüste, das vvunilcrvolle AVeib,
für die so vieles Blut der Helden geflossen, zu sehen ,
nicht vor der Abfahrt gekommen sein? Diomedes und
Epeios hatten den ganzen langjährigen Kampf mitge-
macht und hatten sich noch am Ende in den Bauch des
von Epeios gezimmerten Pferdes eingeschlossen. Von
Diomedes sagt es Trypliiodor v. 473, von Epeios Virgil
Aen. 'J, 2()4. Epeios war ferner in dem Gemälde Po-
lygnot's dargestellt, wie er die lAIauer einreisst. Paus.
2G, 2. Auf unserem A'^asengemälde nun glauben wir sie
zu erblicken, viio sie der Helena das Lebewohl sagen
und von ihr den Abschiedskranz erhalten haben. Sie
sind schon ganz zur Abfahrt gerüstet und haben den
kriegerischen Helm mit dem Reisehut vertauscht, ähnlich
wie Nestor bei Polvgnot c. 23, II- dargestellt war:
eygaips Öi y.ai Neotooa Trj xecfakij t£ inixSLUsrov
■jTikov y.ai iv Trj %£ioi boQV ijovTa. Auf dem Haupt
tragen sie Kränze, sei es als Zeichen des Sieges, oder
dass sie gerade im Begriffe sind, den Göttern ein Opfer
für glückliche Meeresfahrt zu bringen. — Doch genug
hiervon. Nachdem wir uns so lange bei diesem Gemälde
verweilt haben, bemerken wir nur noch, dass Taf. IV.
Poseidon und Amymone darstellt: auf der A^orderscife
verfolgt er die Jungfrau , auf der Rückseite schlägt er
mit dem Dreizack an den Felsen, um ihr AV'asser zu
gewähren.
Zum Schlüsse bitten wir Herrn Jahn, uns auch fer-
ner mit ähnlichen Forschungen zu erfreuen und unsere
geringfügigen Bemerkungen als einen Beweis der Auf-
merksamkeit, mit der wir sein Schriftchen gelesen haben,
wohlwollend aufzunehmen.
Tübingen. Chr. (Vulx..
Uraiios, Kronos und Zeus im Kampfe um den Ilerr-
scherdiron. Nach der Mesiodisclien Tlieoo;onie.
Man ist gewohnt, bei dem Thronwechsel des Uranos,
Kronus und Zeus an neptunische oder tcllurische Revo-
lutionen zu denken, die der geordneten Bildung und
Gestaltung der Erde vorhergegangen wären. A'ergl. Creuz.
Symb. II, 440. Dieser Annahme lässt sich aber bei ge-
nauerer Untersuchung nicht beistimmen. Der sinnliche
niensch verliert sich in kein Philosophem; er geht nicht
über die Gegenwart, das Sichtbare hinaus, seine fllytho-
logie dreht sich zunächst um Verkörperung der festen ,
unwandelbaren Ordnung der Dinge in der Natur, sodann
um Personilication und historische Fixirung periodisch
wiederkehrender Erscheinungen in der physischen und
uächstdem in der ethischen AVeK. Ferner lässt sich
jene Ansicht mit der Sage von den AVeltalteru durchaus
nicht in Einklang bringen. W.ihreud Kronos der Gott
des goldenen Zeitalters ist, unter dem die IMenschheit
in einem ewigen Frühling, im vollen Genuss eines glück-
lichen sorglosen Lebens sich bcfaud, soll er hier einer
1231
1222
Zeit aiiSPliOrpii , wo die Natur iinrli lein« tvaic Ordnung
iiihI Gestalt hatte. Welcker Tril. p. 95 lilsst daher diese
Ansieht mit Recht fallen. Er glanht, „der ifanze Dy-
iiasticenivcehsel sei nur geiiiaclit, nni Personen und VoT-
stcUungcn verschiedener Art zu einem (ianzen zu ver-
einbaren und znfilllig entstandene theologische AVidcr-
sprüche poetisch aufznhehen; Ur.inos und Zeus seien in
der Religion zuletzt doch nur Einer, Kronos alirr zu
keiner Zeit statt des Himmels «der des höchsten AVesens
verehrt »orden." Allerdings nicht! Indess anch seine
Itleinung ist im Ganzen wenig befriedigend.
Der Throntvcclisel , wobei <ler Ivämpfer um des Zeus
Thron, Tvplion, nicht übersehen uerilen darf, uas frei-
lich nur zu oft geschehen ist , scheint vielmehr auf den
Wechsel der Jahreszeiten zu gehen. Doch zum Ver-
ständniss des Ganzen müssen wir die Genealogiecn über
die Bildung der Welt nnd die feste Ordnung der Dinge
voranschicken.
Als Grundwesen alles Seins werden betrachtet : ,Y«oc,
rata, und der TccoraQüi;. Diese Ursubstanzen waren
Anfangs ungeregelt und ohne alle Ordnung. In diese
wurden sie gebracht durch die verbindende Kraft des
£gog. Er ist eine unbekannte, unsichtbar it irkende
Gottheit, derselbe, scheint es, den Ovid. fllet. I, '2\-
Deus et melior natura nennt, oline seinen Namen zu
kennen v. 32: quisquis fuit ille J)eoruui. Aus dem
^ao^ entstand die Finsterniss Eotfio^, die schwarze
JSi't; aub der i\'(!^ der ^Jfß^ijg und die IlfiHQU.*) Die
Talu. darauf gebar aus sich den Ol'^avoQ, die hohen
Berge (die uns freilich in der wenigstens interessanten
Schrift von A. Soetbeer verloren gehen) und den /Zoi'rOs.
Nun ist es ein grosses fliissverstilndniss von Creuz. Symb.
JI, 427, wenn er aus dem Umstände, dass Hesiod den
Püiitos von dem Okeanos Iflsst geboren werden, folgert,
der Dichter h.'ltte manche Jiltere Begrifl'e und Ueberlie-
ferungen z«ar treulich wiedergegeben, sie aber nicht
ganz mehr verstanden. Aus der tudten Masse geht die
organisirte AVeit hervor. Die bis jetzt genannten Schö-
pfungen sind ohne schaffende Kraft. Ans ihnen k«tin(c
sich die belditc Natur, die Titanen viil ihren Geschwi-
stern und Kindern, erst herausbilden. Statt des todteu
Pontes also, der diovySTOv nicht ohne (irund heisst**),
gebiert die FatU den leltensjtendenden SJyeavö;. S<hi)n
der Scholiast z. v. 13?. hat das Richtige gelesen: ovTOi;,
sagt er, tuv 'S2y.ECivuv TijQ dakd.riaiiQ d/aoTekkei. 6
'iiy.savog , (pijolv, 6 Tr;v Ttoiöii^ia Tra^e'/ojv ttj yrj.
reyovsu ouv tioojtov tu üoij v.iil i] ^tikacrcra, j.t/mo)
ßooyT)<; ij öoöoov ij ukXrji; rivuq TrotÖTtjrog oioaviai
irrt tr,v yijn yavofiivi^c- f^ieru Tuvra Öt t(j> ovtjav(f}
evvij^sicra tj yT] i;otc(TO v.ai ßuEysaiiai y.ai v.aoTxo-
(footiv. — Die Ge selbst erleidet darauf mit ihrem Ge-
mahl üranos illetaniorphosen , in<lem sie libergelieu in
die Titanen und Titaniden, die Erdenhinder, mit gleichem
•) Gerade sn nitslelit hei den Hcbiacrn das Tai^eilicht, dir
Tag, -|^j^ Gen. l, 3. vor der Sonne, dem andern "j-iv
ibid lö. Das bemerkt anch K.nnne Mylhol. p. 14.
**) JJorTo;, llO.uyoq, &ü).v.aau, v.li; haben das Epitheton
UTOÜ/tTO^,
Rechte Lh'anionen v. 4fil. genannt. Ebenso heisst Kou-
VO^ Oi'oitviöii^, wie die Cyclopen v. 50L'. Der Name
kommt von T/Ttua, die Erde, in alter, vielleicht thes-
salischer Sprache. Diod. Sic. III, .O/. V, (id. Tizuv
ist eine .abgekürzte Form für TlTai'ajv , wie '-iK/.naiojv,
'I'L/.uuv; .liyaiv)v, yliydv; 'Ko/iaiüjv,'£giiäi.' S. Eu-
stath'. z. II. p. 138, 8. Vergl. VVeltk. ad Alcman. fr.
p. 1. not. I.
Der Himmel ist in steter Bewegung. Schol. ad v. 132.
ü yuQ ui'oavoq deiXivtjTcii; iun. Ovid. Met. II, 70:
Adde, (jiiod assidua rapitur vertigine coelum. Die Ti-
tanen Js.oios, ligeto^, 'Ymotuiv und 'la-jrsxuc, sind nur
Bezeichnungen des Himmels und scheinen die verschie-
denen Bewegungen desselben auszudrücken. Schon der
Scholiast hat daran gedacht, wahrscheinlich nach guten
Vorgängern. Aoioq, <las Himmelsgewölbe, kommt von
yoia , einem antiniachischen Worte : y.oUc aijuaivEl -xvv
aCfatQUV, ij yoiiatq Tragu './vrif^id-yo). Etym. M. S.V.
Das bat anch Schwende in unserer Zeitschr. III. .fahrg.
IX. Heft p. 949. vermuthet. Dahin gehört y.olac • i>
crzooyyi't-Oi XI9o4 b. Suidas. Desselben Stammes ist
auch das Adjectiv y.oiXoc, (? Coelus, coelum). KnuTuii
V. y.otU). 'luT[£TUs (<lie Etyniologio des Scholiasten ver-
dient keiner Berücksichtigung) von iäitxu) vgl, y.()Tt£TOi
Tl'TltTog,, TTayeröq, isrüc,. Bezeichnungen der Erde
sind die Titaniden: Oeia^'PcUi, Ohili, flhriiu(rivr,
0uißi], Tij^i'^. 0s;a statt diu, wie iJeia statt fjia.
So auch Etym. M. p. 449, 15: öeia aijf.tai'v£i Tt)v iir-
TEoa Tfji; OEh'jvtji y.ai tov ijXloi'. IJaou t];v dtav
ytyovs 9iEia xai Tiaga oovc.tQentv Seia. y.ai yap
ui'Ti] eaxiv a.hia rij^ i}sa<; y.ai tov Ocoyoeiv luiüt;.
Das Himmelsgewölbe (Koio;) bewegt sich am Abend
verbindet sich mit der leuchtenden Tochter des üranos
und der Gaia, Phöbe ; vollendet seinen n.'ichtlichen Lauf
als AfjfioQ, heirathet die Dunkelgüttin Eurybie, des
Pontos und der Gaia Tochter, wandelt am Tage empor
als IzTCoilüV , der Theia vernuililt , nnd sinkt am Abend
nieder als 'IlfXEZO^, sich mit der Diinkelgottheit Klv-
mene (vgl. Creuz. Symb. II, 756.), des Okeanos und der
Gaia Tochter, verbindend.
Wahrend Phöbe dem Koios auf Erden die Dunkelheit
(Leto) gebiert, bringt sie am Himmel den Sternen"!nnz
(Asterie) hervor. Die weitkräftige Eurybie gebiert dem
Herrscher Kreios den Asträus, Pallas und Perses , im
Grunde nur eine Person, wie zum Theil schon richti"
der Scholiast bemerkt v. 376: AoToatöv rc Tr,v
ykvEijiv Tujv aOTouw TI dLl.avT a , tijv xivriy/r av-
Tun'. Nur den Perses scheint er nicht richtig zu fassen.
Er bezieht sich einmal auf den Untergang, sodann aber
auch auf den Aufgang, uodurch er wieder zum Asträng
wird. Durch diese Wechselbeziehung erzeugt .Asträus
die Sterile, und mit der Eos die Winde Zepinros, ßo-
reas und Nutos und den Morgenstern Heosphorns. Perses
wird mit der Asterie A'ater der Hekate. Die Theia ge-
biert dem Hyperion den Helios, <iie Selcne und die Eos.
.lapetos heirathet die Okeaninc Klvmeiip, welche ihm
den Prometheus, Epimetheus , Atlas und Menölius >re-
biert. Den Prometheus halte ich für das Feuermeer am
Himmel bei untergehender Sonne. So erklärt sich auch
sein Feuerraub. Bei Eurip. Jon. 445. (vergl, Weick.
1'223
1224
Tril. f. 71) 1111(1 Apolln.l. I, A, {]. Oiiit rr siatt des He-
nli3«tu« zHr Geliiirt der Athene den llünimersciila;;.
üer l'ranos und die Gaia erschalFen ferner die Cy-
clopeu: Brontes, Sieropes niiil ArQos. Der Name Ki-
y./.ujil' ist sehr dunkel. Warum sollte der Blitz rund-
iider eiiiäui^if; Iieis>en ? Das ji.isst auf Sonne und !Mond
eUeiisu gut und muh l>esser. l>aher auili Olkljvii xv
}{/ (.'iii' l>. Parmenid. (Clemens Alex. 5. p- 7Ö2.) Der Xaiiie
trägt ein alterlliiimliches Gepräge und hatte sehr «ahr-
si heiiilirh irgend "eiche Beziehung auf das Wesen des
Blit/es, auf die durch das Zitterlidit hewirktc Kreishe-
«e-'un". Des.-halb mag Zeiio beim Srhnliasteii z. i. I.j'l.
»lolil Recht haben: Z(vvn> Öt (fVOiy.U)tiQV)i; Tai iyy.v-
Des üraiios und der Gc Kinder sinil ferner die He/cu-
toncheiren: Kottos, Brittreos und Gyes, die mit einem
liieratischen Manien Briareos 'iiiil einem profanen Aegaon
(II. a, W.i, 4(14) lieissen. Briareos, Aegäon und G\es
uiaciit Schol. Apoll. I, 116- und nach ihm Eudor. p. U|.
7.U Einer Pers<Mi. ^'er-l. Ilevii. Obss. Apoll. I, 1, 1.
Weicker fisst die Hekatonihciren in der Tril. p. IjO
jjeiviss richtig als Eiu AVesen, den Regen zusammen,
lud zwar gehen sie zunächst auf den Getcitleiiegen.
Was die Etymologie hetridt. so liegt hier noch .'Vlaiiches
im Dunkeln. Adrro^ leiten Kanne 31vt!iol. p. 23. not-
und Hermann Uelier das Wesen und die Behandlung der
."Mythologie p. 84, ileiien Creuz. Svmb. II, p. 4^9 nicht
«ider>pricht , von /.OTTf/v äol. statt xo^rrf/l' (lat. cutere)
ab. Welcker's Ilerleitung a. a. O. p. 149- f"" y.OTOi;
hat am ivenigsten für sich. Richtig führt Bultmann im
Lexil. I. p. „'.50 den >iamen auf das Dorische y.ocTn,
y.oiTO^, Kopf, zurück, nie denn auch der Eos Gemahl
Kephalos , »leHolil 211 ganz, lerscliiedener Bedeutung,
ruin Koj>f seinen Namen ii.it. Ebenso rirhdg ist Kanne's
und Buttinaiin's Ableitung des Namnus /(.'//; >on yriov.
Der Erstere bemerkt a. a. O. „Fl'iov war auch ohne
Jota, ilalier yuu/.or, dfi(fiyr)jfli, yvi'jTiji. Aber FitjC,
iler llekatuncheir , hiess auch Fvil^^, wie die falsche
Lesart Fiyr^ *) beweist." Fviuv geht nun aber be-
sonders auf die untern Glieder , Knie nnil Fuss («ergl.
'.4u(r<iyir,tli) und der l l)]C passt somit lollkonimen zum
fiütZOC,. Briareos lässt sich sodann ohne %»aiig vnu
Händen und Schulfern, dem eigentlichen Sitze der Starke,
erkläreii. Diese kindisch - iiaiie Vorstelluiif; i>t echt
lolkjthnmlich. t>inil sie doch v4in Theileii des Körpers
Hekatonclieiren genannt! Und so mag denn aus alter
.Sage mit herühergeiiuuimen «eiu der erklärende Zusatz
r. 150 ff.:
*) Furfi ist die allein richtige Schreih.ni , und es bclVcmdcl,
wie ßiiKiiuiin mit Bcnll. /'. Hur. Od. Il, 17. 14. neben
jft'ij,- noch die vulgare Form ilul.leii kann. I'ryr,-; ist ein
_ — , rill,:; ein 1/ — und alle .Slclbii , die licntl. .1 .n O.
hcibiingt , erlordiTn einen v— ; i" 'jliifiyutjui; i^t v auch
kurz, und, was allen Zwcitel hell. Apollndur und eiuijjc
Coiii. det Ilcsiod haben die richtige Form.
TV}v ty.axov [itv X^^Q^i o-'H wfiutv aTocovro
arzkaaToi, -Aecfctkal ÖS iy.doTO) iievTriyovTa
tt oJftMv iitecfvy.uv äiii arißagoiai f^ieXea-
aiv. *)
Auch führt KoTTOq in der Titanumachie v. 054. das
Wort beim Zeus.
Nach dieser Etymologie üegt in keinem der drei
Namen eine Ilinwcisnng auf den Regen. Der Name
Briareos ist iliiiikel und unbestiniint , und lielleicht eben
desswegeii hieratisch ; dagegen niuchtc Aegäoii, der Was-
sermann, profan erscheinen. **)
Hiermit nun ist die Schöpfung der belebten Natur
gegeben. Vergl. die Oiidische Beschreibung. DieseNa-
tur allein würde hinreichen. Alles aus sich zu erschalTen,
iveiin ein ewiger Frühling unter Kronos , dem Gotte der
Zeit, herrschte. Aber nachdem er, der mit der schiipferi-
s< hell Natur selbst in's Leben trat, wesshalli ihn der Slv-
tliiis zum Titanen macht, vom Throne gestossen, und
.liipiter uns vier Zeiträume, ein Jahr, geschaffen, (Ovid.
.llet. I, IIS. spatiis exegit quatuor annum) ist die Natur
eiiieiii AV'echsel , dem AVechsel der Jahreszeiten iiiiter-
worfeii; es wechseln in der Herrschaft Uriinos , Kronos
und Zeus, den sein Gegner Ti/phon nicht vom Thro-
ne stürzt.
.Alle seine Kinder, die Titanen, Titaniden, Cvclope'i
und Centimanen, also die schalfende Natur, schloss üra-
iios , der todte Winter, in das Innere der Erde ein und
liess sie nicht zum 'l'orscheiii kommen. Darüber seufzen
sie und rächen sich auf Anstiften ihrer fllutter Ge. Als
iler ^'ater herannaht, der Liebe mit der Ge zu pflegen,
entmannte ihn Kronos mit einer .Sichel und warf die
.Schaainglieder von der Erde in die See. Die Bluts-
tropfen aber, den irtirtnen , bef'ruclilenden Regen, fing
die (i'e auf, unil aus ihr wurden die Giganten, Erinven
und Melischeii Nymphen geboren.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik uud Mi«cellen.
HrLin^-en. Zu dem S. 10.52. über die lüesi^c Sludicii:iii-
stall Gcnililcten filmen wir noch die llinweisonj; auf ilic dem
Jalucsbciiclitc von lÖ.U beigi'gebene AblMiulluni; von K. Sclia-
f e r bei: i l ober (tio^rapbiccii iibeibaiipt und Hie Pbit.ircbisclicii
insbesondere, als Gnindla^e des ersten liisloriscbeii ünlorriclits.«
*) Inbegreiflicli ist, wie Sortbecr diesen Vers gegen den
foi::eiideii ioyvi; '*. i. A. uns lassen küiiiitc.
**) So fins man "bei den Hebiar-rn schon Inili a:i , das A.is-
spircben des Namens fT)lrj"i für eine F.ntlieiliguns dessel-
ben zu hallen , und sprach statt dessen Adonai ; oder
mannannle ihn ilcu Gewaltigen, Macliti,?('n, 'PX- Kbenso
sagen gölllicbe Erscheinungen iliien Nunien entweder gar
niclit , oder in Urnsoliieiliiingcu 1. Mos. .H2, .30. Ricblcr.
l.\, 18. Jos. ,5. 14. lä. Dl« G(inrrs|iraclio der Griechen
scheint eben Umscliri'ibuiigeii luiil üiideiitlicbkeilrn /.n
heben, verul II. 20, 74, 2, «13. Od. 10, 30ä. (mit Ovi.l.
Met. XIV. 2f)i.) 12, 61.
^^ yian bittet das lorige Blatt mit Nr. 151 zn bezeichnru.
Zeitschrift
f ü r die
AI terth LI ms Wissenschaft
Sonntag, 22. Decemher
1839.
Nr. 153.
Uranos , Ivronos und Zeus im Kampfe um den Hcrr-
scherdiron. Nach der Hesiodischen Tlieogonie.
(Beschl uss.)
Kronos nun ist es, der tliose Hnnillun^ vollbringt.
Der Zeifgott führt vom Toil zum Leben. So ist er aucli
nnr Vermittler. Selbst Sohn des Uranos ivird er Vater
dos Zeus und von ihm bald wieder in Fesseln gelegt und
iu den Tartarus ge\vnrfcn , nährend Gaia und Uranos
noch mit Rath und Hülfe deui Zens zur Seite stehen.
Seine Herrschaft also dauert nicht mehr, wie im ewigou
Frühling, ununterbrochen fort. So auch fesselten die
italischen Völker jedes Jahr bis in den zehnten Monat
ihren Saturn , und Aehnlichcs weist von anderen Jahres,
güttern Creuz. Symb. II, 215- nach; der Saturn wurde
gelöst an seinem Feste , den Saturnalien. Allem Ver-
inuthen nach bezieht sich diese Fesselung und Lösung
auf Schliessung und Eröffnnug des Jahres.
Die Blutstropfen also fing die Ge auf, und nach Ver-
lauf der Zeit, rxSQmko^Evujv ivicwTiSv, gebar sie die
Erinyen, Giganten und Hlelischen Nymphen.
Die 'Epn'ijg, die hier ohne Zweifel physisch zu fas-
sen sind, da sie in ethischer Hinsicht Töchter der Eris
hiessen £Qy. 803 (hei Aeschylus Töchter der Nacht, s.
Schol. Lycophr. v. 40(j. vgl. Heyn. Apollod. übss. ad. 1,
1. 4), die den fünften Tag jedes Monats nmherirren ,
den Horkus zu rächen, sind ge.viss nicht, wie der
Scholiast und selbst Neuere wollen, von SQt^ oder epcc
benannt, was sich aus der Etymologie nicht rechtfertigen
lässt, sondern voa eQiri'U} zürnen, wie schon Paus. l'III,
p. 649 will. Dazu vergleiche man die Artemis Brinio.
Der Name Fiya^ lässt sich seiner Etymologie nach
schwerlich mit yij in ^'erbindung bringen. Man muss
rielmohr eine der äUeren Sprache überhaupt beliebte,
vollere Form, ririlMI {yäuj) voraussetzen. Vgl. die
Artemis Eileithyia.
Die ]\vfi(f'ai MeXiat , die Eschen-Nymphen , wobei
Esche, wie Creuz. Symb. II. p. 431- meint, collectivisch
•teht, bezeichnen wohl die wilde Baumfrucht, im goldenen
Zeitalter Speise der Menschen (vgl. Ovid. Met. I. v. 104 (f.).
Sie auf Fruchtbarkeit der T/iiere und Pflanzen zn be-
ziehen, ist ebenso falsch, wie des Scholiasten Zusammcn-
Etellung des Namens Mekia mit fuj'ka =z -j-gößaTu)
Di Erinyen, Giganten und Melischen Nymphen wären
somit die von selbst, ohne Saat, aus den blossen Bluts-
tropfen des Uranos fprosseude Nahrung, die cibi nnllo
cogcnte creati, die Frucht, die, wie es tpy. 117. heissf,
nuter Kronos tr^fpf ^eldojpug üpuVQa AüZOfidTI] -Jvok-
)mv t£ y.ai r/.(fi^(jvov.
Die abgeschnittenen Schaamtheile des Uranos trieben
lange in der See herum, bis endlich aus ihrem Samen
die schaumgeborno Aphrodite hervorging (Thoog. v. 19011.)
Sinnreich wird diese pliönizische Gottheit (bei ApoUod.
I, 3. 3, Tochter des Zens und der Dione, wie bei
Homer, vgl. Schol. II. V, 374. und wie die Kretensischo
Mythe erzählte, s. Diod. V, 72.), die auf Kypros und
Kythere vorzüglicli ihren Sitz hatte, in die griechische
Götterreihe als Blüthen- und Frühlingsgotlin ") gezogen.
Zuerst kam sie zur heiligen Kythere. Hier absichtlich,
und Kv9i']poiai Ci]9£oiaiv EllXi^x' (v. 190. s(j.) kommt
gewiss überein mit CaQiiji; vmo v.ev^eni yutijg, wie es
von Zeus V. 483. heisst. — JJQog ist eine bekannte Ab-
leitungsendung. Dann kommt sie nach Kvnpog von
■^vnpt^oj Mühen. Unter ihren Füssen entsteht das saut-
los sprossende Kraut no/'lj. — Leicht finden auch "Ego^
und ''I/lCQog im Frühlinge ihre Stelle, wenn man sie
nicht für eine zufällige Zugabe des Dichters, oder mit
Neueren für eine fremdartige Beimischung halten will.
Die lockere, mit Regen getränkte Frühlingserde wird
nnn geackert und besäet; Peia {ÖEuj)**) gebiert v. 453
dem Kronos dio'^öri'«, ztlJitljrijQ niuV'IIplj , (]en'/iS)J^,
Evvoalya/Oi und yievg, welche nur eine Metamorphose
der Tilanen sind. Auch die Hestia ist eine Erdgöttin,
woran AV^elcker Tril. p. 97- nicht daclitc. Man findet
eine ^r/njzvo 'Eortuvxo!; und eine Proserpina nnter
dem Namen j^^doviaEoTta bei Sophocl. Oeil. Col. 1727.
Einige nannten die Erde Hestia (Tim. Locr. p. 97. D.)
*} Dieselbe Bedeutung hatte die .iltrömische Venus, woi iibei-
L. Döderlein Zeitschr. f. A. W. II. Jahrg. III. Ilelt p. 315,
nachdem er den Waincn Venus von uv&üv abgeleitet, bc-
nierkl: ,,Die enge Beziehung der altrömisclicn Venus zur
Bliitbe imd zum Frühling ist aus dem Anfang des Liicre-
liiis bekaunt genug und wird noch bestätigt durch Varro
R. R. I , 1. adveneror Mincrvara et Vencrcm , quaium
unius pvociiratio oliveti, allcriiis hortoium. Und L. L.
IV, 3. Viualia rustica diciintiir a. d. XII. Kai. Scptciubr.
quod tiun Vcncri dicata acdes et horti eins tutcl.ic as.
'sigiuntiir ac tiiin sunt feriati olitorcs. Aber mehr als
Alles beweist die Stelle bei Festus s. coquus : Naevius co-
(juus, inqiiit, edit Ncptunum , venerem j ccrercni, Signi-
ficat . . . per venerem olera."
•*) So auch Cfiryslpp b. Schol. 3. v. 135 .• 'Pila, r H (/(flgoir
1227
1228
S. Creuz. Syrab. .II. p. 635. Bfi Virg. Aen. IX, 2ö'\
bemerkt Servius zu den Worten Canae l'eslae : ^'eiiera-
bilis, an<i(juae. Ipsa enini antiqiiissiina üca est. Terra.
Kronos aber rersrlilang alle seine klniler. Nur den
Zeos brachte Rhea auf ein Orakel des üranos und der
Gaia nach dem gedungenen Feltlande, Kreta (K()r,Tiji;
[y.eoüvvfui] f> -rriova Ökiiuv), damit er nicht von sei-
nem ^'ater gefressen «lirde. Nach seiner Geburt nahm
ihn die Gaia auf und verbarg ihn bei der Aacht in
einer Hohle Cf'.i'^/r,' i to y.ei'ifeo/ yahjC, auf dem wal-
digen Aegaeus. Schnell wuchs er heran und hatte bald
Kraft genug, seinen Vater Kronos mit Hülfe der Gaia
zu zwingen, die verschluckten Kinder mit dem statt sei-
ner verschluckten Steine wieder von sich zu geben. Den
gab er zuerst zurück. Es geht derselbe höchst wahr-
scheinlich auf den sich verhärtenden Erdboden. Auch
Agiauros (die Helle), Tochter des Kekrops, vielleicht
keine andere, als ihre Schwester oder IMutter Herse
(Thau), wird bei Ovid. Met. II, 819 ff. in einen Stein
verwandelt, hei Hvgiii. fall. t()b. (cfr. Pausan. p. 4l.)
stürzt sie sich mit ihren Schwestern Herse und Paudrosos
in's Meer. Zeus befestigt daher diesen .Stein auf der
weiten Erde in llvSu} *) , <lem stillstehenden, in Fäul-
iiiss übergehenden Sumpf land. Achulich tüdtete Apollo
die Schlange Rvduyv mit seinen Pfeilen.
Zeus entthront nun den Kronos. Hierüber entstand
ein harter Kampf mit den Titanen. Nämlich als nach
Entfernung des Kronos die Titanen nicht mehr von selbst
sprossen und reifen lassen können, so treten sie als Feinde
ihres Herrschers auf. Sie wollen nullo cogente schaffen,
widersetzen sich also dem zwingenden Zeus, dieser aber
befreit die Cyclopen, die Blltzgötter v. 501 ff-i mit denen
er herrscht: ein Zeichen des Frühlings und Sommers;
dann mit seinen Geschwistern die Centimanen v. 626,
mit denen ihm Sieg verheissen war von der Gaia. Er
nur und seine Geschwister kämpfen mit Hülfe der Cy-
clopen und Centimanen vom Olymp herab gegen die Ti-
tanen, die auf dem Othrys streiten, der nur lies Olym-
pus wegen, des einmal bekannten Göttersitzes, erfunden
zu sein scheint. Zeus al)or besiegt die Titanen und
legt sie in den Tartarus, d. Ii. er hat die Saat zur Reife
gebracht.
Aber kaum hat er die Titanen besiegt, so gebiert
die Fciu mit dem Tartarus ein anderes, feindliches Un-
geheuer, den Typhon. Seine hundert Schlangenköpfe
blitzen von feurigen Augen und si.hiessen schwarze Zun-
gen hervor. Er brüllt wie ein Slier nnd Löwe, heult
wie ein Hund und zischt so fürchterlich , dass dieBerge
davon erzittern. Dieser Typlion stritt mit dem Zeus um
die llerrsdiaft und hätte den Sieg davon getragen, liJitte
ihn nicht Zeus mit dem Blitze zerschlagen nnd in den
Tartarns geworfen (v. 820 — 8üS.). Nämlich zur Zeit
der Aeriidte, in den Hundstagen, «1er olujoc, wenn der
Sirius brennt, erheben sich die Passatwinde, die vierzig
Tage Wehen nnd der Aerndte gefährlich werden unil das
Werk des Zeus zu vernichten drohen. Das ist eben der
') Lniiiiltelbfir vom Yeiburi
Kkuiöiii u. a.
iliilikl, wie Ifn&o'i, Kilo'},
TyphoH. Von ihm stammt das ävEfiUiV fjivog vyQüv
äivTinv V. SrO, die unbes(immteii und stürmischen Winde:
eine sehr deutliche Uezeichnung des Herbstes! Wenu
die Plejaden und iler Orion untergegangen, dann, befiehlt
Hesiod. ioy. 620 ff., soll man nicht mehr schiffen:
y.al TÖTS f/ijy.in vijus ixciv ev\ u'i'voTii -ttuvtvi,
yi]v 6' EQydZeo^ai fi£}ivi]fievoq, w$ ae xeKeviu.
i>rja d' in' ijneiQOü eoöoai, jrvxacrai rs Xi9otai
ndvTodsv , ocpQ la-^tua dvs^oji'nivoi vy^ov
d e V T Ol V ,
XsifUtoov Ei;£Qvria(;, 'iva ja; ttv^tj /lioi außpoc.
Als nun die seligen Götter, die Kruniden, die Geier
der Aerndte, ötuT^^uti iäujv v. 633. 664. den Kampf
um die Aeniter mit den Titanen bestanden, wurde Zeus
König der Unsterblichen. Anders gestaltet sich zuerst
die Natur.
Wie die Taia und 'Peia ihren Gatten gefährlich
wurden , so droht auch dem Zeus Gefahr von seiner
ersten Frau, der verschmitztesteu der Göttinnen und
Menschen, dem Wasser, der 3/^Ttc, des Okeanos Toch-
ter. Aber als sie die Athene gebären wollte, verschlang
er sie auf ein Orakel des Ura;ios und der Gaia, welche
ihm propiiezeito , dass tlie ß/i)iig ihm sehr kluge Kin-
der freliären würde, die ihm Gefahr brächten (wie
ihn denn auch das winterliche Nass wieder vom Throne
stürzt), zuerst die Tritogeiieia Athene. Nachher gebar
er sie aus seinem Haupte. Der Himmel nämlich trock-
net den Erdboden ans und schaflt daraus die Wolken ,
den regnerischen Acther. \-lth]V)] trillt dem Namen nach
mit Aiih]o zusammen, nur ist dieser der klare, heitere,
die Athene der unbeständige, trübe, wie er sich vorzüg-
lich im Herbst, dem inae(jiialis auctumnus zeigt. Nach
dieser Ansicht erklärt sich auch die Feuer- und AVas-
sernatur iler Athene. Abgesehen von ihren fllUhen,
mögen hier nnr einige ihrer Beiwörter stehen. Sie heisst
'J9i\vi: , ylMvy.umti, uKec; sodann 7'otToy£ve/a , wie
Triton, Amphitrite , die Zitternde, von den Wellen her-
genommen, inTTiU u. s. w. Somit wäre die Athene,
Zeus Tochter, eigentliche Herbstgottheit. — Ausserdem
aber zeugt Zeus mit der Lcto den Apollo und die Ar-
temis, die wohl in die Aemtcr des Helios und der Se.
lenc treten, v. 9(8. Der Kronide Poseidon aber zeugt
mit der Amphitrite, des Nereus und der Okeaninc Doris
Tochier, den Triton.
Das Wesentlichste aber im Herbste sind die Segnun-
gen der Aerndte. Diese wird nun weitläufig nnd man-
nichf.iKig ausgedrückt durch die Geburten aus der Ver-
einigung des Himmels und der Erde oder dem nahrung-
gj)endeiii!en Wasser.
Mit der Olftli, der gerechten Erde, oder wie man
den Namen erklären will, zeugt Zeus die Uuren: El'vo-
////;, ^ix/; und E/'uijflj Fruchtgöttinnen, air tpy
v'joaiorai y.axadvijiuiai ßgorotoi; aussenlem die fllö-
rcn hlvidv'j, Aäxsoii und 'Jtqotioc,*), ans dtdovai
*) In ethischer Bczichnns sind die Mören und Kcrcn pc-
paait, Kinder der Naclit olmc Vater. Diesen ciiifaclirn
Grund 8.t1i Klausen Rlicin Mus. III. Jahrg. 3. Heft p. 460,
ebenso weiii;; ah die fiiihcrcn Kritiker Wolf u. Ä., die
1229
1230
OvnxoTi äv9ov')Ttotatv tx^iv dyadüv re y.axuv re. —
Die Okpaninc Eiirjiiomc gebar dein Zeus ilie Cliariien:
AyXaii], EixfQOtTVVl] uiul 0akl}i, deren Bedeutung
bekannt ist, die Uenieter die J'erse|i!ioiie, die IMnenio.
«yne die 31iisen, die andersno auch TJirliter des Uranos
lind der Gaia , Huiii. II. II, 49- unil Tlieog. v. 7(i,
scfilcchthin des Zeus heisseii. Mit der Ilere zeugt Zeus
Hie Blütliengcittin Hebe, den Fruchtgutt Ares, ilann die
llitli^ ia. Ferner gebiert die Ilere den Ilephästos (aus
dessen Saaiiien in anderer Sage £reclitlieus hervorgeht).
Merkwürdiger Weise sind hier des Ares und der Aphro-
dite Sühne Pliobus und Deinios ertväliiit, »as von einem
Missverstandnissc lierriihrt. Mit der Maia zeugt Zeus
den Hermes, mit der Seinele den Dionysos, mit der
Alkraene den Herakles, den i<h hier auch für einen
Fruchtgott halte*), ivas auch der Name und seine iiach-
herige Vermählung mit der Hebe emplielilt.
AVie Ares die Aphrodite, Herakles die Hebe, so liei-
rathet Ilephaestos die Agiaia, Dionysos die Ariadne
(^avdj; und i)u}toij), die Creuz. Simb. II, llT. als
Persephone - Aphrodite nachiieist. Mit Dionysos hafte
sie den Staphylos geboren. Es sind iliess Verbindungen
von Aerndte- und Saat- (Frucht- und IJlüthe-) Gott-
heiten, «ic man denn im Herbst auch wieder säete. **)
Bonn, im April 183). Dr. Funcke.
Lateinische Srhulgrammatik von JV, H. Blume, Dircc-
tor d. R. A. zu Brandenburg. 2. Aufl. Potsdam,
Rifgel 1839. 280 S. s-
Eine Schulgrammatik, «eiche erscheint mit Ansprü-
chen auf Eigrnthümlirhkeit der Anordnung, Auswahl um!
sprachlichen Form des Stolles , ist in unserer mit Refor-
men der Methode vielfach beschäftigten Zeit wohl der
Beachtung werth ; zumal wenn sie von einem Manne ver-
fasst ist, dessen Schulbücher schon seit längerer Zeit
sich weiterer Verbreitung erfreuen. Alle bisherige Re-
forniversuclie zerfallen in zwei Hauptarten : einerseits
völlige Rcaction gegen die wissenschaftliche Methode der
Grammatik und Aufstellung einer einseitig praktischen
Einübnngsmethode der Sprache; andererseits eine niüg-
lichst durchgreifende l'ereinfachnng iler Regeln dnrcl»
veränderte Anordnung und strenge Auswahl des Materials.
Dass in den ersteren Versuchen <las gerühmte Heil nicht
zu finden sei, dass diese Reaction mit dem ganzen Zweck
und Wesen unserer höheren Bildungsanstalten nicht in
Einklang gebracht werden könne, hat mehrjährige viel-
fache Prüfung wohl hinlänglich gezeigt; mit Recht sieht
man daher auf ileni andern Wege, den auch der Verf.
vorliegender Grammatik eingeschlagen hat, zu dem er-
wünschten Resultat zu gelangen.
Herr Bl. beschränkte sich vor sechs Jahren in der
ersten Aullage dieser Grammatik auf die Formenlehre;
hat aber in dieser 2. Auflage die Syntax mit aufgenom-
men und zwar „wissenschaftlicher geordnet und ausge-
führt, als III den gctvöhnlirhen (?) Schtilgranimatiken ,
aber desshalb auch einfacher und klarer", wie er selbst
sagt. Eigenthümlichkeit in der Formenlehre hat der
Verf. dagegen hauptsächlich in der Vcrtheilung der Pensa,
der Klarheit und Genauigkeit des Ausdruckes, in der
Auswahl und Beschränkung des StolFes unil in einer für
das Menioriren sprachlich bequemen Fassung gesucht.
So richtig nun der Verf. diese Eigenschaften als Ziel
einer guten Schnigrammatik erkannt hat; so wenig wird
mau dieselben in ihr mehr, als in andern finden und es
scheint, als ob der Vvr(. sich nicht Zeit genommen hätte,
die von ihm selbst als nothwendig bezeichnete Durchar-
beitung der Grammatik durchgreifend iu allen Einzel-
heiten vorzunehmen: denn Veriesserungen sind meist nur
in einzelnen Regeln zu finden *) ; die Eigenthüuilichkeif
der Eintheiluiig, die Auswahl und Behandlung des Stof-
fes ist grossentheils unzweckmässig zu nennen ; der Fort-
schritt, der durch diese Grammatik in der Methode ge-
macht ist, möchte daher nur ein unbe<leuteiider sein,
und das Verdienst des A'^erfs. mehr in der Andeutung,
als in der Durchführung der richtigen Methode be-
stehen.
Erstens ist die Abgränzung des hier gegebenen Lehr-
stoffes im Ganzen eine unpassende. Die Grammatik soll
bis Secunda (inclusive) beim Unterricht zu Grunde gelegt
werden; allein dazu ist die Syntax zu dürftig , wie schon
daraus erhellt, dass auf 92 Seiten gewöhnlichen Druckes
das nöthige Material der syntaktischen Regeln gar nicht
zusammengedrängt werden kann; es müssten denn, was
nicht geschehen ist, in gedrängter Kürze alle Regeln
bloss als äusserliche Erscheinungen hingestellt und ohne
alle Erläuterungen ihres inneren Zusammenhanges ge-
geben sein. Eine Schnigrammatik muss doch für den
Schüler nicht bloss das, was iu der eigentlichen gram-
matischen Stunde vorkommt, enthalten, sondern auch das,
was er beim Ausarbeiten der Exercitien oder gar freier
Aufsätze nnd bei der Vorbereitung oder Wiederholung
der Leetüre bedarf. Wenn nun ferner die Grammatik
schon für Secunda kaum ausreicht, so müsste dem Schü-
ler für Prima eine neue Grammatik in die Hände ge-
geben werden , die ihm ganz unbekannt sein würile und
in der er sich , bei den in dieser Classe schon sehr be-
schränkten eigentlich grammatikalischen Lehrstunden, nur
sehr langsam orientiren lernen könnte.
Zweitens ist die A'ertheilung des Lehrstoffes in be-
stimmte Curse eine Eigentliünilichkeit, auf die der
Verf. grossen Werth legt, missglückt. Es ist allerdings
recht gut, wenn der Schüler sowohl bestimmt weiss, was
die Verse 304—906. ausscheiden wollten. Soetbeer be-
halt sie eigentlich nur seiner stiopbischcn Symmetiic we-
gen bei
**) Veigl. Creuz. Symb. II, 220.
•**) Hesiod, /gy. .^81 sqq.
ID.rliaSdiv AiXuyiyemv iniTM.ofiivuiiiv
AityioO^ Ujtr^xov' «gÖTOto ii Svoofnvdtw,
') Dass der Vcrf auf solclie Einzelheiten zu grossen Weilh
legt, eikennt jn.in daraus, dass er z. B. die Lclire von
2 statt 5 Enilnngcn der zweiten Dcciination ausser dem
gehörigen Orte (§. 12) noch an zwei Stellen licrvorbebt
(Vorrede S. III und S. 69) und an der letzteren mit einer
polemischen Anmerkung, die für eine Scbulgramnialik
höchst unpassend ist.
1231
1322
er zu Icrnpii hai, als auch ilieses gleich heisaramcn hai
und iliirch Bcmerkiiiigen, ilie ihn noch Mclits aiijohen,
niüo-lichst «ciiiij gcslört wird. Allein dieser ganze Nutzen
verschwindet, wenn in die einzelnen Thcile zu viel auf-
"enoninien ist, so dass man oft auslassen oder übergehen
miiss und wenn zu viel Erläuterungen gegeben sind, die
volil der Leiirer machen, aber der Schüler keineswegs
auswendig lernen soll ; ein Fehler, den die meisten Lehr-
hnclier in der für die unteren Classen bestimmten For-
menlehre theilen: das Material muss den Schülern mög-
lichst kurz gegeben sein : die Erklärung muss er durch
Aufmerksamkeit in den Stunden sich aneignen, nicht
durch sein noch selten verständiges Lesen zu Hause ler'
nen sollen; die Erklärungen, die der Anf'iiiiger gelernt
hat, hat er selten eigentlich verstanden. — Die vorlie-
"■endc Gran)niatik zerfällt nun in ö Curse, deren drei
erste die gesanimte Formenlehre, die beiden letzten die
Syntax umfassen. Es ist aber nicht möglich, den ganzen
Reichthum der Formenlehre in den drei unteren Clas-
sen zu absolviren , und es muss dalier bei dieser Ver-
tlicilung entweder Vieles, was erst in die oberen Clas-
sen (Tertia mitgerechnet) geliiirt, ausgelassen, oder in
diese drei Curse auch viele Einzelheiten aufgenommen sein,
welche für die unteren Classen nicht gehören und daher
in ihren Cursen iiberlliissig sind. Letzteres ist nun hier
meist der Fall. .So sind die Regeln über Quantität ein-
zelner S\lben für Quinta überflüssig; was liilft es auch,
■ivenn sie lernen, dass die Endsylben a, e, is , us kurz
sind , und erst in der folgenden Ciasse die zahlreichen
Ausnaluncn von diesen Regeln? Ebenso überflüssig ist
für Sexta und Quinta die Accentlehre ; die Aufz/ihlung
von Nebenformen der Dcclination wie ingcni (für Quinta
als voraugustisch bezeichnet! S. 34), wie a und as in
der dritten Declination griechischer AVorfe, curru für
cnrrui ; in den tienusregeln die Aufzahlung zahlreicher
Feminina griechischen Ursprungs (lecvtlius, abyssns u. s. w.)
auf US, oder gar Conmiunia, wie grossus, faselus ; ^'erba
defi-ctiva, wie ansim, faxim. Was soll all dergleichen
für einen Sextaner oder Quintaner? Wenn er in diesen
Classen nur das Regelmässige tüchtig und geläufig lernt ;
die einzelnen Unregelmässigkeiten machen ihn nur con-
fus. Was liat nun aber gar Alles der Quartaner zu ler-
nen , wenn man da alle Einzelheiten der Formenlehre
mitnehmen will! ."Man sehe nur S. (i'i und (io beispiels-
halber das Verzeichniss d>,'r Iletcroclita für diese Classe:
sencctus und seneeta ; pubes , Genitiv pubis un<l puberis,
consortio und consortium, penus mit 3 (ienitivformen und
den Nebenformen penn und penuni u. s. w. Manclics
davon verlangen wir selbst von dem Primaner nicht, dass
er es wisse. Dass aber trotz dieses Ueberflusses doch
manche ndthige Elnzcllieiten , die wohl in allen anderen
Grammatiken stehen, sich nicht finden, davon unten. —
Es kann wohl kaum bezweifelt werden, dass die ^''oll-
ständigkcit der granimatisi hen Regeln, die wir auf solche
Weise erstreben, der Erlangung von Sicherlieit und Fer-
tigkeit in der Anwendung des Gelernten hemmend im
"Wege stehen. So werden z. B. die Genusregeln von
Sexta bi» Tertia 3 — 4 Jahre lang gelernt und tviedcr-
holt , und wie geringe Sicherheit wird in denselben er-
reicht. Wie viele ^'ocabeln werden aber bei diesen Re-
geln schon in VI. oder V. als Ballast mitgegeben, die
dem Knaben für's Erste noch nie vorkommen, die er
also immer wieder vergisst (lien, ren, uilo, cudo, mugil,
Pflanzennanien, griechische Worte u. s. w.). Ebenso bei
den Casusregeln , mit dem vollständigen ^'erzeichniss der
A'erba irregularia u. a. dergl. Selbst, wenn man durch
die darauf verwandte Zeit die gewünschte Sicherheit er-
langte, würde man doch gestehen müssen, dass dadurch
für die Befreundung mit der Sprache wenig gewonnen
wäre, und dass man durch Verwendung dieser Zeit auf
Satzbildung weit mehr gewonnen liabcn würde; denn
durch solche Uebungen w ürde der Knabe früher vor weit
schlimmeren nicht selten bis Tertia hinschleichenden Feh-
lern bewahrt, als: A'crwcchselung von Object und Sub-
ject. Passiv und Futurum, fehlerhafter Verbindung des
Subjects und Prädikats, der Conjunction und des Modus
und dergleichen. Zur Einübung der vollständigen Ge-
nus- und Casusregeln habe ich eine tabellarische Dar-
stellung derselben am bewährtesten gefunden, die bei
allen schriftlichen Arbeiten zu brauclien der Knabe ge-
lehrt werden muss, so dass er nach und nach die Regeln
einzeln durch öfteres Durchsehen sich aneignet und zwar
fester, als durch noch so oft wiederholtes Auswendigler-
nen; wie bald merkt er sicJi nicht z. B. diejenigen Re-
geln, bei denen nur wenige Ausnahmen stehen, und welche
daher in der Tabelle auf eiuem kleinen Räume zusammen-
gedrängt stehen. Freilicii muss aucli hier Alles weg-
bleiben, was man zur Amcendung niclit brauclit, z. B.
AVorte, die ausnahmsweise ein anderes Genus annshincn,
gewöhnlich aber in der Regel bleiben.
(Beschluss folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Pompeji. Man war in den letzten Monaten mit Aus-
grabung der Casa di Apollo am Ende der StraJa di Mercurio
bcschliltigt luul hat den Garten schon aiilgedeckl. Auf eine
der Uinfassiingsmauein siebt man ein lioskct gemalt , fast in
orientaliscbcr Art; davor siebt eine Fontaine mit kleinen Was-
serfallen lind Spielereien, eine andere mit einem Fischbehlilter
steht in der Mitte des Gartens, Eine Reibe Pilaster, mir heri-
lichem Laubwerk von der stliönstcn Sciilptnr geschmückt, tru-
gen verschiedene kleine Köpfe, Büsten und Doppcltbcrmen aus
Marmor und hielten die kleinen Netze oder Gitter, welche den
Garten schlössen. In einem Winkel fand man in Gegenwart
des Thronfolgers von Russl.ind ein Depositum von Sculpluren ,
das walirschcinlich wahrend einer im Hause vorgenommenen
Reparatur entstanden war. Damnler befanden sich ein kleiner
Genius, mehrere Vasen und Reliefs, zwei männliche Köpfe, der
eine den Scipio Africauus , der andere den jugendlichen Vitellius
darstellend. Rechts vom Garten ölTnct sich das Sacrarium, von
Säulen gcscbiniicUt, die mit Bildern von Blumen, Figuren, Thie-
ren aller Art in Mosaik bekleidet sind. Die Ilausk.ipellc hat die
Form eines Halbkreises, in dessen Mitte die Nische für die
schützende Gottheit ist; die Wände bekleiden ilie scliönstcii
Mosaiken, z. B. Achill von Ulysses erkannt ; derselbe das Schwerdt
gegen Agamemnon ziehend und von Minerva zurückgehalten ,
und die Gralien. Ein kleines Gemach hinter dem Sacrarium
scheint ebenfalls Gemälde von Bedeutung zu enthalten.
Zeitschrift
für die
t er tli ums wisse 11 Schaft.
Mittwoch, '25. Deceniber
18 39.
Nr. 154
Lati'iiii.srlic St luil°raiiiiiia(ik von W. H. Bluwe, Dirpf-
for (I. R. A. 2(1 15raiulpiil)iii;j.
(BCSC. ll I II SS.)
Drillexs. Der griissfe Ui'l)ds4aii(l aber ist der, dass
das ,, Kp^jcIh erk " nicht vereinfacht, nicht in eine zum
flleMioriren sprachlich lieqiiciiie Fassung geliracht ist,
Sündern im «.iie>;'entheil durch Erläutrruno'eu und Ueduc-
tiiiijen , hesondcrs in der Foriiienlelire , ven ielfAlli;jt und
aller Ueliersrhaiilic likeit hcr;inlit ist. So ist z. li. in der
Sviifax die für den .Schiilcr so lirauclibaro Rpg;el über
die ^'crba: niedenr, patrocinor u. s. w. liier S. ^!1(|. in
drei Regeln zerfällt und mit allgcmeinerrn I5pj;ri(rsde-
ductionen, die doch alle auf den Dativus comniodi zu-
riickspführt wprdpn müssen , znsammenijestellt. So ist die
Lehre vom Genitiv S. 2I4II. änsscrlich vereinfacht durch
Zurückführung auf drei Hauptarten : den tjpnif. subjec-
tivus, partitivus und objec(ivus ; aber schwerlich mochte
dem Schüler, zumal dem Tertianer, klar »erden, «ie
der Genitiv der Eiifenschaft , des Wertlips , der Apposi-
tion pin snbjecfiver Genitiv sein könne. Noch weit mehr
aber zeigt sich die überllüssige Opilmtion gerade in dem
für die unteren Classcn bcstininiten ptiniologischen Theile,
für welche doch besonders eine kurze übersichtliche Dar-
stellung' des einzuprägenden .T'laterials niithifj und alles
Beiwerk stiirend und verwirrend ist. So für Sexta
die ganze Theorie der ÜPclination S. 24 und 2Ö \ die
Hehandinng' der 4. und 5- Dpclination als Zusamnienzie-
hunj iler dritten; die ^'orbemerkungen zum Adjectiv
S. (iti und (i7. *j So für Sexta und Quinta 7 Seiten
^'orbemerkung'en zum ^'erbum (S. 94 — lOU) und hinter-
her noch N Selten (S. lll - 1(> und 120—23); Alles
bloss zur regelmässigen Conjugation. AVie der Verfassi'r
schon für Sexta die 4. und ö- Declinatiou als ciiie zu-
*) Z. B. Ni-, 4:. ,,Olt über wird ilie Verbindung <les Ailj. c-
tivi mit einem Subitontiio nicht von vornlicicin voraiis-
gesot/.t und so scblrcblweg ansgcspiochen , sondern erst
im Denken und Spncbcn vollzogen, z. B. Gott ist all-
niäcblig u. s. «." P«s für Sextaner! Oder für Quin-
taner S. 112. ,,Dio Eiitstclning des ni statt cvi ist so zu
erklären: v und u vcrlialten sich wie j und i. D.ibir
b.ild d.is n consonanliscbc , baM das v vucalische Naliir
annimmt. Indern nun in den nieislen Veibis der 2. Con-
jugation der Cbarakicilaiit e vor vi aus-sestossen und so die
Endung vi iiiclit an den weicheren Vcrbaistanim rnone.
sondern unmittelbar an die cousonantisch auslautende
Wurzel (nion) gehängt wird, entsteht nionvi ~ nituiui.«
sammengeziigeiie dritte , und die dritte Conjugation als
eine svnkopirte darstellt; so erlässt er auch den Anfän-
gern die Ueduetion aller einzelnen FJnregelinassigkeiten
nicht, z. 13. extremns aus exterriuius, velle aus vellere,
faxim von faxi z= feri und dergl. Alle solche Deduc-
tiiuien kann der Lehrer wohl mündlich machen, taenn er
Zeit hat, und icu es gerade zweckmässig scheint; aber
dass sie als ,, Regelwerk ' hingestellt werileu zum Ans-
wendiglernen ist keine \'preinfachung und keine Zurück-
führung der Regeln auf eine sprachlich bequeme Form.
Ebenso wenig, als wenn iler Sextaner statt zweier Arten
der dritten Ueclination (>'om. PInr. auf es und a) sieben
Arten lernen niuss, um gleich die vprschiedeneii \'erän-
dernngen iles Stauiines im Nominativ kennen zu lernen,
was ihm gar Nichts hilft, denn er »veiss doch auch dann
noch nicht, ob /.. IJ. corpus im Genitiv oris, eris oiler
uris hat, wenn er auch wirklich weiss, ob es ein Neu-
trum ist oder nicht. Dem Sextaner muss so , wenn ihm
nicht der Genitiv jedesmal gpgpbpu wird, die dritte Dec-
linatiou als ein unergründliebes (ievvirre vorkommen.
Ueberhaupt, wenn na<h \'orrede S. IV ,,der dem Ge-
dächtnis« in Masse zugelulirte Stoff Inr den Schüler nur
als ein zufällijges Aggregat von Willkürlichkeiten er-
scheint''; so helfen wir dem nicht diir( h eine Anordnung
nach künstlichen Principien ab, sondern durch vorlitußge
A'erniinderiing des Stofles, wie bei der dritten Declina«
tion durch vorläufige Hinstelinng <les Genitivs als etwas
Gegebenpii. Denn so wenig ein junger .l'lensch die sy-
stematische Einthcilnng einer Bibliothek verstehen und
behalten würde, auch wenn wir ihm dabei gleich Bücher
ans jedem Fache der Wissenschaft -zeigten; so wenig
behält ein Sextaner oiler Quintaner eine solche systema-
tische Eintheilung von der Casiisbildiuig der dritten Decli-
nation, solange er noch nicht hinreichende Bekanntschaft
mit den dazu gehörigen Vocabelu hat, uiiil diese lernt er
grösstentheils erst bei Gelegenheit des üeclinirens.
Viertens. In der .Syntax ist ilie Einfheiliiog in die
Lehre vom einfachen und zusammengesetzten Satze und
die des einfachen wieiler in die vom nackten und be-
kleideten Satze weder praktisch, noch vom Verf. conse-
quellt durchgeführt. Nicht praktisch, weil durch dieselbe
.ilanches getrennt wird, was besser beisainrneiisfelit, z. B.
die Tempus- und die I\Ioduslehre, die nun in beide .4b-
theilungen vertheilt sind. Dazu kommt noch die Scliwie-
rigkeit einer scharfen Trennung, die auch der ^'erfasset
nicht zu überwindeil vermochte und daher incongeqiient
1235
1236
Hiirde. So sirlirn ilic Sflfze ni!( ut, quo«! u. s. w. in
der Lplire toiii oiiiraciieii Satze, da er sie iiiclit tom
Arciisativ r. Iiifin. und diesen wieder nielit vom blossen
Infinitiv trennen «ollle. So ist der Conjiinctivus potcn-
tialis, dubitatiins , njitafims seiner äusseren Erschei-
nung narh in der Lelire lum einfarlien Satze heliandelt;
da er dorh seinem inneren Wesen zufolge in die Lelire
Tom jusauinienfesetzten Satze gehurt, «eil er nach der
urspriMi^licIieu (ledankenforni von einem ^'erbo dnbitandi
oder optandi abhängt; oder in Sätzen wie: terum omnia
librnter conininnicareni consilia ein conditionaler l'order-
satz zu ergilnzen ist. Auch die Lehre von Lebereinstim-
mung der Relativa mit ihrem Substantiv (S. 194- 5-) ge-
hört nicht in den ersten Tlieil. — Uelerliaupt hat diese
der neueren Methode der deutschen Graniniatilc entnom-
mene Eintlieilung und Behandlung der Syntax meiner
Meinung nach etwas ileni Geist der alten Sprachen Fremd-
artiges. Wenigstens wird bei diesen der Auffassung eines
jungen IMenschen so schon durch den antiken Charakter
fernerstehenden Sprachen gewiss mit Unreclit die alte,
nach den äusseren Spracherscheinungen gemachte Anord-
nung der Regeln umzu.'indern gesucht in eine mehr aus
Principien der Sprachphilosophie abgeleitete. Eine sol-
che mehr philosophische Behandlung kann wohl dann
von Nutzen sein, wenn der .Schüler (las rohe Material
der Sprache schon hinreichend kennt, wie in der Mut-
tersprache; aber nicht in einer fremden, deren regelmäs-
sige und unregelmässige Erscheinungen ihm überhaupt
noch unl)ekannt oder ungelänlig sind.
Endlich sind fünjtcns den eigentlichen Mängel und
Unvdllsländigkeiten nicht wenige. So ist z. 15. der Man-
gel eines Index ein sehr wesentlicher, zumal bei der
für einen Schüler nicht besonders überschaulichen Ein-
tlieilung der Syntax: es kann unmöglich Ernst des ^"^erfs.
sein, tiass er dailurch den Preis nicht erhöhen wollte;
die Erhöhung hätte ja höchstens 1 Sgr. befragen; ebenso
unbedeutend wäre die Zugabe der metrischen Ilauptlehren
gewesen ; sie kann aber gar nicht bis Secunda entbehrt
werden; soll der Lehrer dirtiren oder noch ein Buch
daneben haben? Ersteres ist zeitraubend. Letzteres noch
kostspieliger. Auch die Lehre über Wortbildung fehlt
ganz, ausgenommen die Zusammensetzung der Verba mit
Präpositionen. — Trotz der Vollsländigkeit und relativen
Ucberladung der Formenlehre fehlt hier doch vieles Ein-
zele, was der .Schüler nicht eutliehren kann, wenigstens
nicht beim Nachschlagen. Wir wollen hier beispielshalber
nur die (»enusregeln nehmen : ila fehlen als Ausnahmen
ludens, tridens , torrens, adeps, repres, quincjuatrus;
lepio und concio wird der Scliülcr für masculina halten,
»eil er sie xe/ien kann. Ebenso hat an mehreren Stel-
len der Verf. bloss alliremeiii {jesagt , es gebe da auch
Ansnahnien , ohne dieselben .lufzuzählen , z. IJ. bei den
Pllanzeii auf es und US , bei den Wörtern auf x und e»
mit waihsendem Genitiv und bei mehreren andern. Wenn
nun auch der ^'erf. mit Recht dadurch zu erkennen gibt,
dass ein l^ernen der vollst.'indigeu Genusregeln in den
unteren Cla-sen unzweckmässig sei; so muss doch an-
dererseits ein Schüler der oberen Classen dieselben Re-
geln vollständig in seiner Grammatik finden beim IVacli-
äthlagen, und der Verf. ist auch inconscqucnt , wenn er
z. B. die grierhlsrhen Feminina II auf Ds, oder SlascD-
lina 111 auf is dorh vollständig aufzählt. Indem der
Verf. die ganze Formenlehre in seine <lrei Cnrse hin-
einbringen wollte und keinen Raum sich liess für Dinge,
die für diese drei Curse überflüssig sind, aber doch
später nöthig sinil der Vollständigkeit wegen, kam er
bald zum Uebermass, bald zur Unvollständigkeit, und der
Lehrer würde bei dieser Grammatik bald auslassen, bald
zusetzen müssen. — Auch in der Syntax fehlt Vieles,
was in der (irammatik eines Serunilaners nicht fehlen
darf. Ich will hier beispielshalber nur den ^. 76. vom
Dativ durchgehen. Da fehlt: die Regel über Adjectiva,
<lie den Dativ bei sich haben, g^nz (wenn man nicht
die Bemerkung Nr. 8, <lass n"''"'" Uativus commodi bei
allen möglichen Verbis, Substantivis nndi Adjectivis stehen
könne" dafür nehmen will); dass amicus u.a. im Com-
parativ und Superlativ den Genitiv haben können; pro-
prius, similis, prope mit ihren Construrtionen ; bei invi-
ilere die Angabc, wie die Sache construirt werde; con-
venire, temporare, modcrari fehleti ganz ; ebenso incumbu,
illudo, despero , interdico: bei exuerc und induere die
genaueren Angaben über den Gebrauch und die Bedeu-
tung der verschiedenen Construrtionen ; bei nomcn mihi
est ist der Genitiv gar nicht erwähnt. Alle diese Dinge
muss ein Secundaner, ja, zum Theil schon ein Tertianer
in seiner Grammatik linden. Dass in demselben Ab-
schnitte der Dativ bei den V^erbis des Helfens und Nutzens,
der Feindseligkeit, des Schadens, der freundlichen und
feindlichen (icsinnung ganz getrennt ist vom Dativus com-
modi, <iass Decemviri legibus scribendis als Dativus com-
modi erklart ist, sind llcbereilungen , die dafür zeugen,
dass der ^Vrf. sich nicht Zeit nahm, alles Einzelne ge-
hörig durchzuarbeiteu.
Ich glaube, dass die hier gemachten Aussiellangen
hinreichen, ilas zu Anfang ausgesprochene Urtheil zu be-
gründen ; dass aber andererseits jeder Lelirer und zumal
jeder, der selbst eine Grammatik schreiben will, gar
manches Brauchbare und Beachtenswerthe linden wird ;
wesslialb um so mehr zu bedauern ist , dass die treff-
lichen Grundsätze, die in der Vorrede ausgesprochen
sind, nur bei Einzelheiteu und nicht durchgehcuds in
Anwendung gebracht sind.
Johannes v. Gruber.
De pailiciilaniin (inaliiiin apiid Graocos
coiistructioiie. *)
Enunciationem finalem , i. e. consilii quo quid hat
sive eventus quem actio quacdani habeat indicem, et eam
qua ipsuni illud quod fit exprimitur, etsi naturali quo-
dam vinculo inter sc coniunctae sunt, tarnen antiqnitus
sermnnis quidem copula nnlla connecti continerique soli-
tas esse, sed seorsim utrumquc per se constitisse, cum
per ge sit crcdibile, tum ipsa natura parficularum fina-
lium üstendit. Et Ul) quidem quo modo in coniunctio-
nem (ne) abierit, in commentatione de partf. negg. I.
*j \V;iriiiii ich diess rragineiit der Ocfreullicbkcit iibcr^ebc
und was darin Eiseiitbiuirlicbes und Neues ist , bedarf
hoilcullich keiner Auscinandciscl/.uus.
12;J7
1238
p. 11. cxposui. Cf. Thiersch. gr. gr. §. 330, 6. 7. 340,
not. 1. iNoijiie niagis abscoiiilita est ratio ccterariim par-
ticiilaniin wg, u:io>i, i'vtt , cicfoa, iniae ijiiuiri priiiio
(loinoiistratiiac fuissdit, post rclatiiao farfae «oiijuiigriiilis
ciiniiriatioiiibiis tinaliljus esse «ocixTuiit. Itaijiic iijs; sive
potiiis (1)^ priniuiii sie, dein proc lilirom fartuin ut i. e.
quo modo si';iiifiiaiit iileimjiie <lr lotiila ö:iu)C cxistiiiiaii-
duiii est (cf. IIartuiii(. «le lasiLus p. L'S'2)i pono h'U e
proiiouiiiie (leiiiuiistratiio i', is , natiim (Härtung. I. c.
p. 233.) priiiio (leiiionstratiium {ibi) , post ileiniiiii relati-
vuin {u&i) fiiit ') ileniqiie otiam ö(fpa, qiioil Ilartiiiigiiis
ex o — TtSua «lerivaliat (1. c. p. 233^, primo triindiu,
ileiiide quarido , doiiec , significaiit. Ciiiiis priinariac |io-
festatis etiaiu nunc iiiteniiiiitur nianifesfa »estigia. Cf.,
nt w^ praetereain , lliad. x, 12() sq.
a'A/J i'of^iep' y.sivovg 5i y.txijaoue^a ttoo TtnXdujv
iv (pvkdy.Eaa • 'Iva yäo o(fiv int(foc(dov ijye^t-
deadat.
Ibul. 6, 547.
ö 8' ö(fQa filv eikiTToSai; ßovq
ßöax iv IJs^y.ojTTj, öi^lviv änovoatfiv iovruiv
avTuo eitel x. r. A..
lam farile est ad intelligeiulum , quomodo illa adver-
bia conimictionum naturam induerint. Naui nt exeuiplo
rem osleuilaui, qui Xl-yo) , ivu c/'dij:; dicit, siva i'va pro
demoiistrativo est (ich rede: in diesem Falle — dann —
sollet du irnlil wissen) siic pro relatico (ich rede, in wel-
chem Falle du wohl wissen sollst), is, dum sigiiificat con-
sequpiis esse suae orationis, alter nt sriaf, idquc e suis
vei'bis pendere , nihil aliud quam ronsilinm quo loquatnr
indicat: dico , ut scias. Simul antem apparet coniunrti-
»um , qui eodem et modo et iure pro futuro positus est,
quo y.ul llOTt Tfc ei'llijaiv, OL'X 'iÖU)uai et similia nsur-
pavit autiquitas , iion esse e particula 'iva, aptum. Cf.
Tliiersch. lij. 341 , not. 1. 2. Item qui IXfyoi', 'iva £1-
be.ii]^ (ich redete; dann wüsstest du) dicit, optatiium
DOM propter particulam ant tcn)pus lerbi praeteritum, sod
quia liuiic rinem sirc efiectum orationis suae ut mentc et
cogitatione conceptum, non ut reapse futurum pronuuciat,
quo modo optatiius in oblique scrmone usurpatur: ou
yao aSiy.ijrrdvTujj' ocfujii iTTtOToaieüuiiv ol './p/.uöc-;.
Cf. Sclwieider ad Xenopli. Cf, .Scliiieider ad Xeuoph.
Hellen. VI, 5, 3fi. Ahrens couim. crit. de locis quilius-
dam Aeschjli ceit. p. 2S. Stallbanni ad Plat. Charniid.
p. tr)5 E. fllattliiae gr. gr. g. .J29, 3. Jahn. Jahrbb.
XIII, 14. p. 384 sq- Quod qui recusarent , deserere
arguerentur. Cic. Lael. X, 35-
1) '/m'etiani Odyss. *', .Sl.3.
al). dUnad-', im tiiyi xu&ivStJor h (fiXottiit,
iit; tita df'fina ßunn '
non tjuoiiiodu , sed iihi significare certiim est itcmque a
Sommeio contra Kiielincruni (gr. gr. §. 772. not i.) af-
firniatun) in Jalini Annall. XXIV, 2. p. 141. Quo loco
vir s.ijacissiuuis ctram caiiss.ini cur i'i« cum indicativo
futuri consociaii nulit bis verliis cxponit : itu drückt, wie.
quo eine anmillelbare Anschliessiur.,' und ßescUränkung
der Absicht auf die im Hauplwtze bezeichnete Hand-
lung au«,
§• 3.
Nenipe quae lex a Ua»esio vcl exrogitata e.st vcl
iterata , p.irticulas finales post ti-nipus piaeteritum cum
optatii'o , post praesen.i aut futurum cntn roniunc tiin coti-
strui , 81 u.sum et consuetndinem scripturuin spectas, verig-
siuia est; sin caussam et ratiouem regulae quaeris , tain
falsa vel potius tam nulla est, nt mirum sit quod nostra
«lemum memoria viris doctis rata Iiaberi desieiit, id quod
studio et opera doctissimurum virorum, inprimis Godo-
fredi Ilormanni (de emend. rat gr. gr. p. 210 ■'>qq. , ad
Viger. p. 71)0, ad .Soph. El. Wl. cett.), C. lleisigii (comrn.
crit. in Oed. Col. p. KjS sqq:) , Nitzschii (ad Hom.
Odvss. y, 7ü.) et Sonmieri (in Scebodii ISibl. crit. 1828.
INf. 9.3- p. 742 sqq.) effectum est. iVon niagis enim a
tempore verbi quam a particula pcnderc ullus modus
regive potest , sed qnicunque modus ponitur, ponitur ille
propter snam sibi innatam et propriau) vim ntque potesta-
tem, iicquo praeter hanc quidquam ad quod Veferatur
habet.
^" Kihilo tarnen minus illa regula usu scriptornm con-
firmatnr. Äempe res ita se habet. Notuni est coninnctivo
iil quod fieri potest h. e. quod si res ita tulcrint fiet
(possibilitatom obiectiiam sive realem diaicctici locant),
optatii'o autem rem quae lieri posse cogitatur (possibili-
fatem snbiectivam sive realem) indicari, illumqae moduni
semper ad ternpus futurnni refcrri, optafivum autem nul-
lius temporis esse priq)rium. Ex quo seqnitur in senten-
tiis finalibus cum finem quem quis reapse |>ossit assequi
coniunctivo indicari, optativo autem nihil nisi consilium
quod quis in mente habeat , non eliam illud , ßcri hoc
quod ille cogitat , siguificari. Itaque quoniam , quidcun-
que facimus , facimus eo cunsilio, ut finem aliquem as-
spquamur, necesse est, nisi femerarii voinmus habcri ,
nobis ad hunc finem ad quem tendimus perieniri possc
videatur; alioquin omittcre totam rem debebamus. Hinc
factum est, ut praegresso tempori praesenti aut futnro
coniunctivus poni soleaf. Quod contra quae praeterilo
teniporo acta perfectaque sunt, pleraque eventiim sunm
habiiernnt, ut, si consilium quod fuerit agendi qnaeralur,
i.im non cuniunetiro, quo res futura indicatur, sed ojita-
tivo cogitationis iudice ntendum sit. -) Itaque apud Ho-
merum (Iliad. K, 28!) sq- ) ' 1"° '"'"" Hcctor Troianos
impetnm in Graecos facere iubet, uf gloriam sibi pareot,
rccte coniunctivus ponitur:
ak}^ id-vi eXavvsTE fxiuvi'xai; tTiTiovg
icp9ifj.u>v jdavaiSv, iv VTli^Tt^ov £i'xf>g ägra^S'
erat enim illa gloria tum, quum Hector loquebatiir, im-
pctrabilis. At in libro quinto, ubi fliineria Oiomedi, is
ut gloriam sibi pararet, animos fecisse narratur, recte
optatirnm posuit poeta :
ivd-' av TvÖcISt] ^lOfvjSei' Uallai; 'JSi^.vrj
dioxf fiävog xal &d.p(rog, i'v iy.dift oq, uezd nauiv
'AoyeiuLOi yivoao iöe x'kioi eoifkov uqoito-
2) Die Wirkung einer vergangenen Handlung t»in gewöhn-
licli mit (lieser in die blosse Vorsicllimg , gleichsam aus
dir Wirklichkeit in die Gedankenwelt iuiück. Kii^scb J.t
12.i9
1340
quia in n.-irramla rc praeterita iil «olum spert.ire potnif,
niia iiipiite «juiiic roiisiliu Miiieria fgissct. Cf. iliail.
T, 347.
dk'K 'i^i Ol vty.TCio te v.ai dfxß^oaiijv epareiv^v
crrd^ov evi atij9ioor', oa fiij ^ivKuio^ 'iyiijTaf
coli, r, 352.
r, ö' 'Ax(^^~,t
vixrao kvl artj^eoGi y.ai dttßQOoiijv toaretvijv
OTci^', i'va [jij Uli' k/ttoi d-vsuTtr.i yoiva^' taoiTO.
lliad. tt, 20.
fjij 06, yioov , -/.otkrjoiv iyo) -Traget vr^vai -/.f/^tlv),
r; vvv dr.^LVOvr r, v(ri£t)uv avrii lufva,
fAi'j vv TOI ov x^^^'^t^V o^z';^ r?f"' 5^«' aiiiiua
9eoio.
roll. Plat. Civit. IIL p. 393 E. ö 51 './yaiüjtvwv ijyoi-
aivev ivTekköiufOii viw re dirdvai xai avi^ii fii)
ik^siv, fxi] ai'iiß To re aylijTtiQov xal tu tol< ihuü
<iT6Uuaza oi'x i-ji aox £ O oi. Cf. iMatthiae gr. gr.
$}. öiS-
§■ 5-
Perspe«-<a atitein legis Dawesiae caiissa et ratione si-
uiul iiitelli^itur, ijua coiitlitione al> illa reredi potiiorit
aut e<iaiii ilebuerit. Etenim iie «iiiid de praesenle histu-
rico «licam (liii. Maftli. g. 51^, 3- Kiilmer §. 773-
II. a.) ■*), optativo post tetiipus piUiesens locus datur
1) qiiaiido quis siguifii-are vnlt artioiiem non esso
enin ad nueiii lciidi<ur eientum habiturain. Sic enim
optat.vo quo res ad rogiiafioiiem refertiir uti (lebet. I<a-
que y.o.diZouul, ha 7lt9oiliip' <li<eret, qiii iani roii-
«iliiini suum irrilHin esse seiitiret. Cf. Reisif. Conim.
crit. p. IhS. At vcro quis umqnam Graecoruin ita lo-
cutus est? quis liodie dicit: consido ut scirem? ich setze
mich, damit ich iriisste'f Kam nemo s.tuus , si senserit
frustra esse quod a^'itet, iiiiii statim ipsuni coiisiliuni
ageiidi abiecerit. Liruerit sane illud de alio dicere:
y.u^iCiTui, ha rrvi^oizo vel y.a^ii^ij , ha iivi)oio,
qaom scinius aiit snspiramur euin iioii esse id quod spe-
rat audiluruui : seil primae personae quae afleruntnr ex-
empla aliam expiioatioiieni habciit. >'am qui frustra se
quid a;;ere sentit et dicif, is iam non ronsiliun) quod
nunc habcat , non liabet oijini amplius, sed quod liabue-
rit quum ad agendiiin accederet , sive , ut Rcisij;ii verbis
3) Oiifxl KiiliKT 5. IIA, 11. ilicit |)OSl iiii))erahviiin , con-
iuncliviiiii it iipl.i(ivimi uurisii >i^iiiiicatiuiic pr.icseiitiä
iiislnictos iiilerdiim n/italu-um siihiici, non s-ilis recte
dicluiii vidilnr. ISihil cnim refert, aorisline modus aliqui
an praescntis anleccdat, dum res sie co{;itetui', ut opta-
tivns adniill.itiir , neqiic , ut bis exemplis utar, doq jxni
Tijr /flQ" , iV« xiiaui/ii ant noiijaoi/tev tnuio , IW firj
yifyoi/iiOa ULigis rectum est qiiatn ftäaiiti löv Soiilon
Zr üfiiCioif yiioi%n aut Xoiftiv iv täoifuv. In Dcinoslli.
Pbibpp. II. e\lr. 1Ü5 ä' uv /itiun^ihj fiiiXiai uxqißm^ , fifi
yiimio, w niiiTf? &ial , quo locn Kübncio §. 7Tii. III.
post oplalivuiii cum particula üv coniunctum idrin modus
in sentcntia (iiiali sequi Visus est, iuni II. W'olliiis intil-
lenit vitIi.i ila esse construcndj; fii^ yt'rotio (uliiiam ne
ßat) lü; UV ilifua&ilr) /(. <(. Vid. j. 8.
utar, priorem cogitat consilii cogitationeni. Itaqne in
Aristoph. Ran. 24.
avxu^ ßäölQu) yai tiovio, tovtov d' ('X^h
i'vu LI)] TukaiTtotfj o IT u f^ujd' uiduq (fiOOl
Bacchus Xanthia aerumnas suas conquerente frustra se
consilium pedibus euudi cejiisse prolitetur, ita nt pro
u-/i'> rerte !Scbneiderus .id Fiat. Civ. T. IlI. p. 4lÜ C.
explirandi caussa ai'ißIßuOa iici Tuv üvov substituerit.
Cf. Reisig. I. c. p. Kill. Couii. in Aristopli. p. >V>. Si-
niiliter Plato iu Apol. Socr. p. 2i. A. i)ii dl) i<uiv T)jV
ijiijv 7T.kai>]i> e7itdeii;ac djOTieo ttüvovq, rtvuq nuvoijv-
TO^, 'ha f.tot y.ai dvektyy.Toq rj uavrsia ytvotro,
optafivum posuit , quia rem praeteritam (^cü^ t:TA.WK;j|U/;j')
cogitat.
Mota. Non potest eailein ratione optativus in Eurip.
El, 56 sqq. (iefeudi
7rjjyd(; Ttora^iai; fiExtQx^f^^'-
ov Sij Tt x&^'c^S f'S Tuaüvd' dq>/y/Lt£vi;,
dkk' vjg i'/jgtv d£li;üju£i> Aiyirr^ov iteoig
yöovq T äcpsiijh ald^EQ sie; f^ityav naigi,
praesertim quuni de re non iam praesenti, sed fatura
(p.i. 77 sq.) sernio sit. Hoc loco Uermanuo d(f£ü]V di-
cere Electra videtur, „quod erat quidem sortem suam
deploratura, sed praesentem lidens coniugem iam non
potest facere, tametsi id deiude facit, öl:ii;vjU(V antcm
qui^ indigno habitu in pul>licum progressa verc illud fa-
cit, ut dii Aegistlii crudelitatem videant." Quae mihi non
vidcntur probari posse. Nam etiamsi ceuceilamus, id quod
parum credibile est (ts. (i/.), Electram illa rerba con-
specto iam marito elocntam esse, tanien, ni falsa sunt
quae supra posui, optativo h. I. uti poefae non licuit.
Aeque hunc modnm aut Seidierus tuetur oxplicans ut
fundere possim, id enim wc o.v 0.(pvjit£V diritur, aut
iMattliiae, qui qunui iu gramm. gr. p. ',) l.j. eandem ra-
tioneui explicandi inisset {ut data oppni-tunitate querelax
fundum , id vero est ut querelas fundere possim), ad
Eurij). T. VIII. p. 406. optativo nescio quam optaudi
signilicationem coutiueri statuit (et ut hac opporlunititle
uiens querelas fundum, quod animus iuiet), aut
Sommer , qui consilium lamentandi nou tamquam ex ipsa
itiouc aptiim, sed tamquam mente et cogitatiune cuuceptum
pruuunciari <lixit, aut Thiersch , qui iu gr. gr. .342, fi.
Sojilioclem, quod iieT)]ki}ov dixisse sibi videretur, opta-
tivum dvay.ukovifoj^ posuissc putavit. — De Sophociis
El. 57. flloulvio assentiendum est optativum c participio
y.ey.(jVLiU£VOV pendcre. In Ilomeri Odyss. ja, 1ö6-
d.kl! tQEu) fA.£v eyujD, ha £iö(jT£g ); x£ 9uvu}/jev
i'j xev dkevdf^ievot 9avazov y.ai y.tjga (fvyoiixev
(Kühner §, 774.) (fvyvj/^i£v scribendum est.
(Fortsetzung folgt.)
Personal-Chronik und Miscellen.
Bonn. Dem Prof. in der pliilosopbi*cbrn Facullat der hio
sigen Cniversilat, Dr. lirandis, b.il der König von Griechen-
land das giddene HiUerkieuz des Erlöscrordcns verliehen.
Zeitschrift
für die
Altert hu ms Wissenschaft.
FreitaiTj '21 • Decemher
1839.
Nr. 155.
De particularuin finalium apud Graecos
constructione.
(Fortsetzung.)
§. 6.
2) Qnaiido quis consiliuni ex mcntc aliu« i. c. tam-
qiiam ab hoc cogitatnm proiiunciat. Cf. Reisig. 1. c.
p. 170. Hom. Oiiyss. ß\ 52.
Ol rca-vQOi, fitv £<; oixov cate^^iyaci vt£a&ai,
ly.aQiov, ojj; x c.vTuq ledvwa aiTO dvyaTQo.,
Suiij 8' if) x' id^ikoi y.ai ol y.s%aQiauivoi el.&oi.
^'ossiiis :
Jene streuben sich nnn, zu Ikarios Hause zu wandeln,
üass er selbst der Vater mit bräutlichcni Schatze die
Tochter
Gabe, welchem er wollt', uud wer gefällig ihm käme.
In Soph. El. 74« — 7Ö0.
y.ai viv izv^a yJavTSq sü^ug ev ßgaxEi
Xaky.vl /.ityiarov ocSf.ia cteiXalaq aTiudov
(fkQOvaiv ävd^Si; 0u)x£ujv Tfcay^dvot,
ontug naTQipag ri'fißov kyXö-xoi yßorüc.
Optativus positus est ex incnte illorum , qui cinercs alTe-
ruiit. Quodsi iy.'ka.yrj dixissct paoilago'^iis , non solum
iion significasset illud consiliuni a Phoccnsibus cogitatum
esse , jjoterant enim et alio cunsilio cincri's aflerre, scd
etiaui diibitationem de eventu liuius consilii , qiiac opta-
tiro adhaerct, nuUam iiidicassct, quiint tarnen in tanta
improbitale matris Aegisthique vcl maxinie lerendiim esset,
ne cineribus Orestis iusti lionores deuegarei)tur. Eurip.
Troad. 718- ed. Seidl.
y.av boag rü.b\ elg to y.oivov €V(f()avirg Cfikovg
y.ai TtuiÖa. Toi'öe Tta/Sug t/.9-oitpEiag av
TooUu nbyiOTOV vj(fi:k)-ji.i, 'iv o'i ■jtots
iy. oov yevüutvot vru/'dsg'lkiov nakiv
y.aroiy.laiia.v y.ai nöKtg yavoiv in.
Cf. quos locos Rcisigiiis attulit, Iliad. ij, 339, Pia*. Crit.
pag. lÜß. IJ., iilii nunc temere e duobna codicibus
t.SyuiitEV repositum est, et Plat. Civit. III. p. 410. C,
de quibus locis Somniorus in Jahni Annall. XXIV, '2.
p. 143- haud prubabilcm scntenfiam dixit. Vide et Ilcr-
'inannum ad Eurip. Hec. (jyG. et Iphig. A. 1181.
§• 7.
Eadem ex caussa optatirus iuterdum imperatiium se-
quiti;r, quum eveatns rci non c niente iubeutis, seil eius,
cni quid imperatur, cogitandüs est, sive quutn iubelur
aliquis eadem mente agere, qitae inest imperanli (Reisig.
J. c. p. 107.) Odvss. X, 3(1.
Tijlef^iax' " ö' «7« fioi y.dXcaov TQocpov EvqV'
y.leiap,
(icfQa tTtog e'(/roifit, tu [loi y.a.Taifvfitöv iOTiv.
Cogitat enim Ulixes Tcleinachum Eurycleac illud dictu-
rum esse, in quem fiiiem ipsa a patre arcesscretur : i\\^t^
äwQO, £171 V- Qiiod contra si iijzrnu/ scribis, ut Wolfius
et Ucrniannus edideruiit, non aliud Ulixes nisi cur ar-
cessi Euryrleam iubeat Telcmacho exponit. Cf. Herod.
'^'11, lUJ. de quo loco subtilis disputatio Ilermanni ad
Eurip. i^Icd. p. 3äÖ. exstat, ooa fii) fia.Tip y.öuTlog o
Xuyog 6 Ei^ijuai'oc, e'ii] (vide ne tibi ipsi videatur osten-
t'ulio esse). ' Tlieocr. Id. XXIV, 98.
yiijvt ö' ejtioöi'gai y.aSv-JitQTiQio agOEva-yotGov,
SvOLiEviujv aiEL xa9viT£oxEQOi (äg teXs^ücte.
nbi infinitivqs pro imperatiio est.
Aota 2. Non aliter explicatus est a Sommcro 1. c.
Oed. Cül. V. 7. 11.
OTfioov j.iE y.ä^tSgvöov u'jg nvdoiuE^a
assentiremque viro doctissinio, si TCvdoiltvv scriptum
esset aut pluralis ail unum Üedipodein referri posset.
Nunc eiim licuni pro corrnpfo habeo. Kam quod Som-
inerns mutata sententia nnpcr aliirmavit (in Jahni Annall.
XXIV, '2. p. 143)» quia non ex ipsa illa sessione coiise-
cuturom fuerit , ut coiiiperirot, optativum optando potius
quani indicando cventui iiiservire, sciliret in enuntiationi-
bus finalibus uptatiras vim optandi nullam habet.
§• 8.
3) Deniquo optatlrus ponitur, quum id ipsum, coi
adiuncta est consilii notatio, luontc tantum et cogitatioue,
non re et facto continetur. Nam si iucertum relinquimus,
futnrumne sit illud qiiod cogitationc ponimus, an non,
etiam finem ad quem penoniri piisse cogitamus optafivo
indicare debemus. Aeschvl. Enm. i. 297.
ekSof, y.XvEi ös y.uX n^öcmOEv wv 9£ug,
OTioj^ ykvoiTO Tvjvd' Ef^iul kvTiifJiog.
Theog. 881.
Eifjrivi] y.ai nl.oiJToq t yo i ttöKiv, ocpoa uez' akkojv
Cf. Theogn. 1115- Xcnoph. Cjrop. I, 0, 22. y.ai £1 öl;
Tueiaatg EjratvEti/ te oe Trokkoig, i/twj döiguv Aa-
1243
ßoii v.ai /.aTuny.si'c:; y.a\dc £(f' iyäiTii) avTuiv y.tv,-
aaio, lioTt re iirrrari^y.titi t'n;c üv z. r. }•. Vul.
llcrm. ad" Soph. Aj. UdU. Scharf, ad Dem. Phil. II.
I". 74, •.'>. Alalth. §. JI8, j. Thiorsih 342, 4. Bern-
h.ird. p. 4(17.
Qua in rp ravciiiliiin r»t iic forma orationis drcipia-
mur. Main opfatixiiii ciiiii parfiriila an ruiiiunrtiiiii , si
uihil iiiüi rrs fiidira iiiiiilpstiiij iiidirafur, ruiiiiiiutirus se-
qiiitiir. J'i iitvdiiiv ; i; oi'y. in'(rTt'iiit>a im ßani-
Äft's ',',"«C t'.Tiii/.Krai Tieoi rravTii-; uv Tioiroaizo, 'iva
yai Tuic uf ) an Ekki^oi (fäßoi rj i7i\ fjc.oi/ ta inyctv
flioartlt/i/; Xeii. Aiiali. II, 4i 3. iliiijue Krucger.
..\puil Platniipm (Apiil. S<i«T. p. 'iS. D.) ui'iiy.a, (pij<r\ ,
Titfi-aiiiv tir/.i-v tTitliiii Tif) (iSiy.uvvTi, i'va /üj ef^äSe,
uivoj y.c.TuyiKunTUi ziaocf. pi'i'O^t y.ooujrlcriv, a-/9oi
doni ovi , si nihil Ariiillos iiisi ut inoreroliir opfarel,
ciptdtitiis (hu III] ftivutm) poiipiidiis erat, sed ille per-
8iia>iis matiiro se innritiirum , eW\ iaiii ut rxteniplo mo-
riatiir optat , tamrii sir prrgit, iit noii quid optata niortp,
• pd quid rrapxr fiitura ai).sri'U<urus git e.\punat, ideoquo
rüiiiuiictivns a Plafone positus est.
§. 9.
Hae i|;itur rnnilitinncs .sunt et quasi cautiones, quibiis
post praesens aut futurum iiptalivu iocuR runredafur. Quae
sicubi nun ubtiiieant, aut srriptura vitiusa est, ut üdjss.
(/, 2Ö0.
Tov :ior i'/v)V irr/' r/'O? tvOOtkiioiO /jcknlpt];
ti^w T/J/. TJu/.vi, ha Liui /jtOTov moKiv ukcfo/..
(Thier.«ch. 34-, 3.), quo loro quin uKtfTj srribi debeat
e;o quidem nun dubito, aut sentrntia nun est finalis iie-
que p praptfresso »erb« apta , ut lliad. 3 , 512. Ö, 470.
In lliad. «//', 487.
jilav , li/'y.ui <x(jiocf, y.a/.ocfoaösi, ojj.a ti; Tiuvia
öevcui \/pycitjjv , uri (fort, ö re) xoc pdo^ f.oilv
ünijvij^.
diigd ii'v ]■ TOi'noSoi i£otÖu)uti}ov i]k '/Jßrrog,
i'arupa d '.iTpfiÖijv '.iyautixrova i^tiuuiv äuCf") ^
ÖTl-nüctpai npoalf' iTCTTn!- h-u yvoiiji dTOTii nir.
quod lliTiiiannMü in Opu»< c. i. p. 'Jss. lonitinctiiuni
yvini'i poni viiinri'it , reite quidem opinor Spilznerus iin-
probavit, sed »elleni ilixisset, quo modo iiptativus ilefendi
posget. Ig quitlem, si quid video, iion pr)test ad run-
ianrtivum 1 1 uidojjti ihiv referri , etiamsi liic iniperativi
locum (l.Kiii^(n) »ustinere videjtur , sed piT se piisitus
est ita , ut 'iva vim denionstratiiam (tum) liabeat (<f. ^. t).
Quamquani praevideo fore , qiii «ptaiidi imtioneni ab hoc
loro alienam ratus i'i/a yvoil^i X dllocivuiv ücribendum
esse renseat.
Queniadmoduni autem optativus etiam post praesens et
futurum de re cogitata ponitar , ita eonjunclivo etiam
post praeteritum de re futura locus datur. Atquc de
norist» quidem eo qui de re praeseuti est non opus est
ut dirafur, neque niafis post enunciationcni conditiona-
lem , in qua praeteritum de re praesenti ponitur, con-
iunctivus olfcndit; a/'roi iitv o.v dtiauvxi^ l(f£vyiT£ ,
fxt] 7(d'Jt]Ti Lys. XII, 9;3. ; sed praeterea
2244
1) qHUns ex obliqna orationc in rectam iransitur,
coniunrtii'us cadem ratinnc, qua post praesens histuricum
optativus , ponitur. Cuius transitionis memorabile cxem-
plum exstat io Andurid. de mjster. §. 4U. 13, £tTr£ii>
ovv Tov £v(fi;/wv Ott y.ahut^ noir,aeii;v ei'najv , y.ai
vvv ijy.tiv '/.Blvtüaai oi eii tiiv Aeuiyöpov oi'y.iuv, ti>'
1x61 (ivyykvri fifr tiiov 'Avi'^oy.iörj xai iifpoit; oh
öei. Sunt enim ipsa »erba Enphenii quae allerunliir :
iXdt h'n Ooyytvi]. Demosfh. de f. leg. 352, 17. §. oli.
de epistola Philippi : xai yap üi; ai'iTo; y.aTiy.uikiai;:'
ai'Toi'i ßovkuf^iivov^ int tui; Ttoktti; iivui y.al toi^
ögy.uv' dTtoKa^ißdpfif , iy£OTi , y.ai uj^, h'a avvöiak-
KÖTTüiaiv avTif) to:\ \^K{ig rrpo^ Toi'q 0apankiov<i,
y.nieo%Ev avTovg. p. 3ö3, 13- §■ 39, oi /üv '/«{/
'Aku'i, oi'<; 'iva ocvöia):} uiruicrt y.araaxt'v rfijoi joi'-
TUi'; xtX.: erat enim Philippus his verbis usus: y.UTl--
oXrf/.a avxovi, ha owdiakLuiiuxii. Cf. Poppo ad
Xenoph. Cvrop. III, 2, 27-
§•11-
2) Coniunciivus ponitur, quum actio quaedam ipsa
quidem praetcriit^ sed id quod conseqncns est praesenti
teniporc durat , vel potius qunm quis eventum quem actio
praetcrita praesenti tempore habeat, quam ronsilium quo
suscepta illa et peracta sit, indicare mavult. *) Ilom.
Illiad. E 127.
dxkl'v d' UV TOI du' ocfj^ak/iuiv hkop, i] Tiplv tTrijep,
ö'yp' £v y/yvujay.^i ijf^ih' 9edp ijöi y.al dpöpa.
Coniunctivus pueta utitur, quia adempta nebnia id
elTicietur, ut dignoscat deos hominesque Diomedes: rogiii-
turus est igitur in posteruni si qnis ei deus nbviam factu«
erit. Contra optativo posito Ilomerus id unum, quo cnn-
silio IVIinerva nebulam oculis ademisset, non item quo
eventu, signifiiasset , quo modo loquendi Plata in narranda
eadem re uti debuit: uiotteo xiii ^lOj-ll'ÖEi Cfljoi Tl^v
'Ai>i]V(7,p '' O/iijQOi cLtco i'jiv örp^akuoiv äcpekeiv tijp
äyki'v, ü(fp' tl< yiyv oioy.o i tjitev i^iov ijöe y.ai arö(Ht
(AIcib. II. extr.) Cf. lliad. t', 347. cum v, i^A. j! I2().
nävTEc, ö' Ovki'fxTtoio xaTijki^oiiep dvri6u}VTS<;
rijoöe /läxiji, h-a fjij xi fieia Tpiüeaai ■nä^'^aip
oriiegov
Ci. Ödvss. '/, 15. i, 23 sq. X', 93. 8\ 713. (Thiersch
342. r.) Aesch. Prometh. 4(v> (474 Bl.) Thuc. I, 73.
Reisig. Conjj, p. 212. Wunderl. in Aesch. p. 137. «q.
Quilius locis si quis aoristum vice periecti praeseutis fungi
existimabit (cf. -Schaefer atl Eurip. Phoen. öf>. Pors. ,
IVitzsch. ad Odjss. T. I. p. 14'l, 350. coli. p. 33. Küh-
ner, gr. gr. ^. 773. a.), non magnopere adversabor, modo
illud concedatur hanc vim in aoristo nun per se inesse,
sed eo ipso demum quod eventus rei praesens cogitatur
acceilere. Quamquam ne sie quideui illam ratiouem uti-
quc tufo sequaris. ISam etiam post impcrfertum , quod
perferto praesenti tam est dissimilo, quam quod maxime,
coniunctivus invenitur , ut Plat. Crit. p. 43. B. y.ai iici-
iijöii OS oi'y. i';yEtQOVy 'iva w^ i;6tOTa Öiuyiji.
4) Qiiüd rcrnli.ir.lj (»vnf. jr I. p. 401 , 52.) hanc rceiil.im
inifr iniia cnnuiiiMiti >ivr .irtitici:i u'iimniatlcoriiin rcfcil,
pariiiii ei|iMiU-rii coro iirqiu. iil .-p.'i.. ilii, qui fir.nei scr-
mouis accuralaiii notiliaui habeani , iii«gis curabuiit.
1 0 " \
1246
Heroil. 1, 185. exir. e n a i £ s de äfiCfürfon rarra,
tÖv TS TioTUfiuv oy.ohuv y.al ro üoiyfia nav iici-
lÖQ u TS noTafiUi ßoaSvTSQo^ Irj (sie enim pro inj
fcriLemlum est) -ttsoi y.aimag TToKkuc u.yvt'iisvuc y.al
oi -ttKooi soiot ayuAiul sg ^i}i> Baßvkutva, ly. ts
Toll' TTiöiov fxösxijiai TiSQioöoq njg Xlfivijq f^ax^r,.
Apol'uii. Khod. 1, 44ß-
TidToijq i^-i;tov, öcfo siTißaitjv
vijoq, iiyXeii] ös ööfiotq snitjdvTi Xi-jiTj-rat.
Hom. Ilia.l. i. 4y5.
aAX« as itaiSa , dsols ercisi/.sK 'J^'^ksv ,
TtotsvuVjV , 'iva fioi ttot' äs/y.in Aoiyup cifuwTji.
hya, in Eralosfli. §. 25- TIÖtIQUv Ot'VljyufJSftQ TOi'i
neksvovaiv nnoy.isivni ij dvTsksyss; dvttt-iyuv.
Iva f.n] ö.TC oäuv u) jisv (iit in rivis siinus nunc); 'iva
UV äic od dv i]T s. — Etr (o o-YSTkifiJvaTS tiuvtidv ,
avTSKiysg fxtv iva awasiaq, crivskaiilJavEi dt iva
alt oy.T sl voii; ct. Plat. Civ. V. p. 472. C. Arisloph.
Eijq. 893. Br. Deinile in Eiirip. Hec. 27.
X«« y.ravojv s/'i olöfi äkui
fisdfjx^ iv avTog y^QVauv sv öuiioti i X^j ■>
re potcrat quidem <le re non rerens perac(a, sed qnae
iani dudum arridisse narratur, perfcctiiin praesens poni ,
qu» loro , ut reite Ilcrmannus, nun tarn cnnsilium Poly-
inestoris indicatur quam possideri nunc ab eo aurum.
Xrnophun in Cvrop. II, 1,4. tL ot'v , iCflj 6 Ki/pog,
Ol' y.al t):v dvi'aiitp sks^dg ftoi — uiiujg siöurti
üiicpUTSoai; ti^ui; raura ßoikii'Uifis i} a, üiiui<; uv
UMlOxa dyujVlCoiftsi^a', ronliuirtivo usus est, non quo
sfSi;ag pro praesenti esset (Popp« ad Cvrop. p. 190.), sed
qiiia liaec interrogatio pro iniperatiio est (tf. Stallb. ad
Plat. Chann. p. 104. E. Kühner gr. gr. 444, 3-) nihil-
que Cyrus aliud quuui Cvaxarem ut de copiis hostinin
exponat adbortatur, plane ut verba V, 4, 37. Ti ovv,
scfr, cn labdra, oi'x't tu fj.sv rsl^rj (fvkay.ij sxipu
si:otijaaucv , üuviz uv croi owa rj yor,a\}ai dcrcfaküjig.
ü-jTijrav sie; avxa i^g nihil nisi cohortationem ad cus-
todicnda nioenia {(fvkuy.fi öyv(jüjfj,£p) fontinent , alio-
quin optativus (u-jiux; ßovksvoifjsdaif üJluji silj) poni
debebat.
§. 12.
'i) Itaquc quoniam optativus ad cogitationem refertnr
seniperquc dubitadonem de ii-ritate rei adniittit, con-
iunctiro ctiani tum utuntur Graeri , iuprimis histnriarum
scriptores, quuni aliquem eientum rei praeteritae neressario
ex ea cüiisecutum esse signitirari volunt. Memorabile
huius rei excniplum est in Acsrliinis Ctesiph. p. 422. R.
§. 27. B. irri yäo Xaiowvöov nfj-j^ovTug d^a^/ijkuSvuQ
WJVul, Ssvviaa (fiUvuvTin; iy.y.kijcrlaq uiioi/g iy(iaipe
ipr;<fioiia jdijf^ioGi^ivi]^ äyoodv noirjaai; tujv cfvkviv
o/.tpocfiooitjjvog dsvTS(/a ioxaiisvov y.al t^ittj, y.al
tittcatst iv T(/} ipijqiouaTi iy.doT}]^ toiv (fvkuiv
ikta9ai roi'C STitiut.rji) rnroiisvui x tujv tQyviv in'i r«
TSixt] y.ai runiag, y.al iiäka 6'ittoliq , tV r -Trü/.ii
iXV i''^ii'9i'vu auHiara, nao ujv l/ifkke tujv üvij-
t.UiiisvuiV kuyov dnukrHpcada.(. llic roniunctiviim
orator posuit, non ut rem durantem signilicaret , quae
Bremii sentcutia est ; sie euim etiam iti:}.}.St scribendum
erat; sed quia niinime omninm illad eiTici rngaiionc sua
volait aut rogitarit Deniosthenes , quod Arsrhines dicit
necessario ex ea «erutum esse; IX<>1 si scripsisset Aesrhi-
nes , qnod ex uno rodice malae no<ac Urkkerug inipru-
denter recrpit, ronsilium Deniosthenes, quod tarnen ille
non habait, indirasset. ')
S- t3.
Latissinie auteui patcre mihi ridetur hoc genns di-
rendi. Aani quod persacpe auditur coniuiirtivurn poni,
quia res praeterita tamqu.im praesens fingatur, sive quia
c narrationc rei praeterit.ic in desrriptionem rei praesen-
tis transeafur, '') id quai.io quam rim habet? num liiuit
quamcunquc rem praetentam sie narrare , ut, qunm de
eientu dicrndum esset, iaui non ilc re praeterita, sed
de re praeseiiti sernio esse viileretur? At quis credat
Graecos ila ad sensum rerti et pulrhri obduruisse, ut
virtuteni orationis prnniiscuo et indisrreto usu in riliuin
verterint? Sane enim virtns est orationis, rem praeteritam
sie narrari ar si roram ficret; sed habet id suas rautio*
nes. !Neque enim, npinor, qnacunqne in re pervertere
rationem temporuni licet; licet autem in re graviore,
quam velis paullo rividius enarrare. Itaqne nc arbitra-
riam quandam opinionem pro regula venditemus, illud
ubique prius quam roniunrtivum explices exquirendum est,
sitne ea res, quam scriptor refert, talis, quae alacritatem
illam narraiidi posrat aut admittat. Quod quamvis saep*
perambiguum sit ad iudicandum et difficile, tarnen neressn
5) De hoc j;inrrc dicenili viri docli in iiniver um consen-
tiunt, dissdiliunt in sinsiilis. CI. Tliiciscb. j;r. ^r- 342, v;
Dei- CtDijuncln' bezeichnet des Schriftstellers An-
sicht, der Optativ stellt die Sache als /Insicht der han-
delnden Penoit dar. Rost ^r. pr. 5- 122 not. 4. IJeber-
haiipl aher findet sich, icsnnders lei den Historikern,
der Conjiiiictii' nach den j-Ihsichlsparlikeln bei voraus-
gehendem Praeleritiuii haiifis, und gewöhnlich , wenn
der Zweck , welchen der Handelnde verfolgt, factisch
und benimmt angegeben wird , wahrend der Optativ in
dieser l^erhiiidung dann sieht, wenn der Schriftsteller
.'•eine eigene Jnsicht roii dem Zwecke einer Handlung
uiisspiicht. Mizsch .Til O.lyss. T. 1. p. l49 sq. Die
wirklich vorhandenen Beispiele der Art {Con'\ nach i'incni
liisloii.sclirn Aor. oder liii|il ) müssen so erklärt werden,
dass die iiingliche ff^irki'iig nur nljectiv angegeben ist.
Brrnh^iidy p. 401: der Coni. spricht eine nur mngliche,
der Opt eine bewiissle Folge aus. Somnier I. c. p. 743;
Der Unlerschied der beiden Modi beiuht Auf der An-
sicht, \'. eiche das Subject von der Beschaffenheit der
Möglichkeit (seiner MiMclif) hai. Beirncblet dasselbe
sie als eine solche , die sich als wahrscheinliche , ge-
wöhnliche , niiliirlielir Folge aus der Handlung ergibt.
ist etwas möglich und wahrscheinlich , so sieht ihr
Conjunctiv; wii d aher die Möglichkeit bloss gedacht
und vorausge.utTt als eine, die ge.^cbeheit ki'iinie , so
steht der Optaliv ohne Biicksiehl auf das vorbei gehend»
Tempus S-iiippc .1 \. n Mrnmr l" |, « nü,» tw y.a!r,r
yijnrcrtt, te ttifun^yy^nn, t)t;).nf , ti diu iuvir,r uiuionm.'
coniiinclivo ejj'ei lus .•■i-j.iiificalur liini/uum tn ipso actione
püsiiu> att/ue CT illa ip.-^u .iUrpensus ; oplalivus vero Inn-
ijuani 1.1 alii/ini . quae inest in subiecio , coi^itatione
pendens. G!. Kiihner gr. i;i. 773. b. , qiii lainen iliicrsa
miscct. '
Q) \id. Mattl 'ac pr. pr. p. 996. et iiiiprimis Poppe ad Xcn.
C^rop. 1«. i90. et Thiirjd. I, 1. p. l4l. 266.
1347
cii iniliri.1 qaacilam »cl c iiatnra ei gravitnfc rei vcl c
rrliqua forma orationis petita, qiiac srrijitiirem dcsrribere
riMii uiagis et repraeseiitarc quam iiarrare voluisse osfen-
(laiit , iiivcniaiitur: alioqiiiii cvitari noii jiotest quin aiit
(iraeci temerarii fuisse ot in liistorico gciiere diceiiili
iisum moduriim iiiiliscretum Iiabiiisse puteiitiir aiit ipsi nos
liliiiliiiem qiiaiiilam exjiliraniii pntiiis quam certain ratin-
tii'in secuti esse vidoamiir. Neutrum esse oxemjilis ducebo.
]ii Ilcroil. VI, 10(1. ^lut^cul' dt Tcv-TUiv 't/.dve(ja cü;
fAxi ^'iiOX'^'/- <> -^üih/jpog, iojv Tujv 'E()£Toitujv xa
rtnvJTa, (fQuCst rui^ i;y.ovai tujv '.13ijvaiu)v udvta
■tii. TiageufTU o(fi TiQr.'/fiura, tt o o iediei: o ts ärcak-
'/.arraea^ai acpsac sc zijv acfsrioijv, Iva /n] TTQoqctTiö-
f^iovTtif Ol St 'A&ijvatoi TUi'Tu Aidxi^'T] OL'fißov-
t.tvOCiVTl 7t £ ci^ o T T at y.. T. /.. traijsitioiicm e tempore
praetcrifo in praesens facfam esse tota confoniialiu ora-
tionis osiendit. Idem VIII, 76,. TUiOi öh (jj~, rriaru
syivtTQ TU dy^tki^tvTa, tovto fiiv t'g ti'/v vijaida
tljv 'Pi'ZTuKEiav fiiTatv ^alauirÖQ ts y.t.iiihi^v v.al
■Ti^i j'jTciioov -TTokkovi ruiv Ilcuaeuji' UTretj/ßaaavio ,
Toiixo de, ircsidi] tylvoino fteaui vv/.if.i;, dv^jov
HSV tÖ d:i' saTitoi^z y.iocii y.i<y.koLiftsvoc ■K()ui ti]v
^aix'.iitva, dvTjyoi- 6i ot djKft Tr,v Ksov t£ xcd tijv
KvvuauvQUv TSrayfiivoi, yaTS^ov ts fisXQ^ Mov-
vi'Tiis rrdvra tov noo^uuv xvai vvivoh zuivöa de
siisy.sv avi]yov tui; viiai;, iva er, Toiot r^kkijoi fn^os-
ifiyisiv e^y, d/X dnoku/^cpi^svTSi sv nj !Üakaf^itvL
lioitv riaiv TOjv srt' 'ApTS/Jicriip. Si coiiiuiictiio rem
praeteritam tamqaani praesentem ponerc voluissc existi-
nialur, ncque raiissam ullaia habiiit le^itimae strnctiirao
verborum inutaiidae et profec.to inepte mutavit, v.t qui
statim optativiim , quasi sn in urdiuem rcdiirere teilet,
adiecerit. At vero ille coniunrtito usus est, iit ctentum
rei certum et inevitabilem si^uificaiet : certum est enim
iiaves Graecoruni a barbaris circumventas clausasqni- non
potuisse tlam eirn;;ere ; optativus autem ronsiiiiim Prrsa-
rum indieat nun illud quideni certi eventus; pnteraiit enim
Graeci etiam circuiuventi furtiter pu;;nando vicfores eia-
dcre. Verte: .Sie zogen hinauf, damit die Griechen
7iicht entßiehen konnten und — l/eslnift iciird'en.
Contra quae statim adiecit i^ de Tl^v vijoida Tr,v 'I'vt:-
TULiiav y.aXiousvf<v ä^eSlßa^uv Ileooeuiv rujvöe
iht/.Ev, W5 , tafßj' yevijxai vavfxaxii], ivxavO^a fxd-
Kioxa itoiooutvvjv xuiv -re drdovjv xae xdiv
lairyidjv, sv yug öi) rröorp t;J; vavfAaylrjZ xijc fisX-
/.OLori saca^ai ixsixo i] vi;ang, i'va -rot^ f'^i^ 71 Sot-
TloiuiOt, xoii 6t öia(fiksloujai, si narralio rei
practeritae contiuuaretur, STtel ysvoixo — TtSQi'toir-
OUV — ölUff^StooiSV scribi oportuit; nunc illud ipsum
tTCluv '/ivrxai argnmento est Ilerodotum transitiune es
obliqua oratinne in rectam facta rogitata ducum reprae-
sentarc. (Cf. Tliucvd. I'I , 'JG. y.oX Ol jisv — iisra-
aii TS Ö7i/M)ii STTotovvxu xid tiiay.ooiovi koydöaq
xuiv ÖTzt.ixoiv i^sy.gtvav nQoxeoov, um vqXS ^lö^ii-
/.o; (fvyui; si; "/ivdgov, oTiog rojv rs 'EttittoIojv
fhjoav (fvtMy.eq y.ul r-v f; dü.o xt S i'tj, xayl jivv-
£OTujT£Q Ttaoayiyvojviat.) llcrod. IV, 139. ovxot
OCf
1248
UV STTsi x£ xi'jv 'Jarialon aigiovro yvvj[.nv, tdo^i
fCft TTQo? TaJry xdSs egya xe y.aX sttsu -noog^sivai'
xiji; fisv yscfvgijq Xyttv rd y.axd xovg ^xi'^ai; sövxa,
Xi'siv ÖS öoov xö^tvf^a s^ty.vssxai, 'iva x«l iroissiv
Ti öoy.sojöL Tiotsvvxsq fttjdsv y.al ol Ey.v^cu (11^81 v
nttQtnaxu ßiujfxsvoi y.dx ßorköfxsvoi dtaßijvat tuv
"lavfjov yaxu ri)v ytcpvpav. Nam cum in ponte »ol-
vendo occuparentur , non poterant non videri aliquid fa-
cere, sed ctiam sie dubium erat num Scvtliae pcriculum
traiiciendi facturi esscnt. Ib. IX, 5t. s; xovxov 8t]
xov jifwpoi' sßovXsvoaiTo fistavaaxfjvat, 'iva y.aX
vdaxi sx^aOi XQdo9at dcf^övoi, y.ai 01 ijtTihc crcpsai;
/()"; aivoiaxo y.. r. X. Cf. I, 1%. (Bernhard, synt.
p. 401.) Thucyd. III, 22. VII, 17. VIII, 87. (Poppo I,
1. p. 272). Euripid. Suppl. 205. sq. Deas nobis dedit
xQocptjv x£ y.apTTov yiirQSCfij y.dit ovgavov
orayuvai i'SgijXd^f vji; xd, x' sy. yaiai^ TQSCfrj
doÖT] xs vtjövv
TrovxoD xs vavcTxo\r;fia9' , uic; StaXXaydg
sxoi^iev dXXijXoiaiv , ujv itsvoixo yij-
i. c. deus nobis plurias dedit, quarum liacc est natura,
ut nutriant ferundentque ; idem nares dedit co cnnsilio,
ut honiines, ai vellent, etiam inaris commercio uterentur.
Homer. Iliad. w, 586.
SiKodi; 8' £y.xaXscrac Xovcsai y.sXsx' ducpl x' dXsitpai
vüocpiv dstpdcrac, oig fii) Ugiaiioq t'Soi viüv
f^nj ö j^tsv nxvi'/iivTj y.paSirj X'^^ov ov-y. sovaatxo
TTCiiSa i'Sujv, 'AxiXfji 8' öpivSsitj cplXov ijxoq
y.al £ y.aTay.xsiveis , zltos 8' dXixrizai scpsrf^idi
qao loco optatiiis cojritata Achillis continentur, coniunctiro
id quod poctae videbatui ex ca re necessario consequens
esse. Eurip. Hec. 1107. cd. H. 1
cdsiöa , jii] 001 TtoXs/iioi; Xsicp^sti ö rraii
Tpoiav di}(joiö7j y.al t,vv o lyi orj rxdXiv ■,
yvovzeq, 8' 'Jyaiol J^utvza IlQiaiiibuiv xiva
0gvyüjv ei nJav avdiq äpsio.v azaXov
y.äiisixa Qqjjxij^ TtsSia zQißoLEv xdS£ y.rX.
quo loco Pflugkius animadvertit coniunctivis usum videri
poetam , quod vereretur Polvmestor ne Troja restitucrc-
tur, optatiiis auteui, quod roniecturam facerct, liaud esse
dissimile veri Acliiros redituros. Rectc ; alterum enim,
quod coniunctivis expressit, erat sane qnod Polyniestor
vereretur; nam nihil erat magis consentaneum, quam re-
lictum post Trnjae cxcidium Polvdorum, Priami filiuni,
urbis restituendac periculum facturum; alterum autem,
quod optativis continetur, suspicionc tantum et coniectura
quatnvis haud improbabili nititur. Plat. Pbacd. p. 88. c.
söü/.ovv i'jiiui ii; d^iaziav y.azußuX£iv , /<;; ovSsroi
ä^toi shjfisv y.gizut 1) y.al xd Ttpdyfiaza aizu dziioza
j^, quo loco Bekkerus cum Ileindorfio refragantibus libris
Slfj posiicrunt: dubitationein nobis inieccrunt, ne non
essemus idonei iudices li. 0. ne non recte iudicassemus ,
ncquc, id quod deinceps amplius quacrctur, tota res eius-
inodi sit quae crcdi ncqueat (liernli. 1. c. Somoier 1. c).
(Beschluss folgt.)
Zeitschrift
f ü r die
Alterthumswissenschaft.
Sonntas;, 29- Decemher
18 3 9.
Nr. 156.
De pard'cularum l'inaliuin apiid Graecos
constnictione.
(B e s c. h 1 u s s.)
^ota. In tarn subfili discriminc moiloruiii non est
miriim, si inuKis locis ilurfuet iuiliciiim drquc rccta aiit
inlcrprefa<ione aut scri|)liira ilubitetiir, ut lliad. E, 568.
nsQi yuQ Sie Tcotftcvt Kavjv,
u!; Ti Tiäi^T], fxeya ös acfai; dTC o acf^kets novoio.
ei 6 59G.
"Ey.xofJi yaQ ol ^ffioq ißovlero y.vSo^ 6pei;at,
n^iuiuö^, i'va vijvai y.oQotvioi ihan/oai:. nvg
efjßdkrj ddava-rov, Osridoq ö' it^aicriov dgfjv
Ttucrav ETcr/.QijveiB.
«jiiani srriptiirani Niizscliiiis ad Od. T. 1. p. 150- Berii-
liard. sviit. p. 401. Thiersch. gr. gr. min. '2b'2 , 3- de-
fendiiiit, Ilcrniann. opp. I. p. 2S8., ciii de priore jjuideni
liifo Spitznerus (juoqiie assentit (cf. Thiersch. gr. gr. 342,
5.), opfativus nd9oi- iußakot ponendos esse iudicavit.
Qiiod qnidem iiidicium ego qnoque de altoro quidem loco ,
qni est libri qiiinti decinii, probabile dticü ; niluime cniin
iiicensin naviiim e favore Joiis per se ipsa consequi, nisi
il!e hiinc evcntuni rogitaierit , existimari potest (Kiilincr :
§. 774.); contra allcro loco T« 1)51 defendain , qiiia Graeii
Diaxinic post vcrba timcndi ex orntione obliqua in rectum
trniiseunt timorem ex natura rei haustum significantes
(Poppo Thuc. I. 1, p. 142. Kriieg. ad Anabas. I. S, 24.)
Kam qni öle /(); tt na^Ol dicit, is quid alter tiniuerit,
non item num idoneam ransam habiierit tiniendi, indirat,
at dt£ jU/; TI 7ic9lj si dicis qno modo res ad expericn-
tiam futuri refertiir, significas fnisse quod alter timeret.
Itaquc hiinc roninnctiiam apud Homcrnm rectc scquitur
optativns , qiiia , ctiamsi recidisset Menelaiis, nihilo tarnen
minus fieri potuit , ut Graeci Troiam expngnarent. De
Lys. XX, 13. otTTiq — y.axik.Ei;ev, 'iva fujÖEii; avTui 8id-
CfUQoq e'iTj Tojv öijfA.OTU)v, dkk' i'va ruv fisv ßovXu-
f^tevOV yQUlfTJ, El ÖE TUi fll) oloil X Et')], XCQi-
Co/TO, et 23- fi'Atro fiäkkov GvvEiSifvcu vfiag, 5V,
cf y.cd ßovkono v.u/.uq Eivai, f^o; i^fj cU'Toj , ükk'
ElOffEOOl TS Tai EtOCfOQUq y.al kElT ov Qy oii] iani
Srheibius monuit ut optatiii (y()a(fiOl-£^£ilj) reponercntur,
de aliis alii.
§• 14-
Consulfo primum cos locos comparavi , qaibus quia
roniunctii'us et optativos alteruaut, neccssariu sequitur,
coniunctiii post praeterita aliam caussam et ratinneni esse,
quam qnae ab alacritaie narrandi petatur. Nunc non
duliito ideni ile reliquis locis, quibus roniunctivus prae-
tcritum excipit, prouuiiciare , coniunrtivo aut
1) rem pracseiiti tempore duranteni exprimi (v. §, 11.),
aut
2) rem e natura actionis praeteritae ' necessario con-
sequentem indicari. Thucvd. IV, 1. y.al EaEßeßkt'-y.Eaav
df.'.a i's Tijv 'Prjyivu)v oiAoy.iJol navOTOo.Ttd, 'iva fxy;
ETrißoiJ&üjiJt TUl'i MEOOtjVioti coniunctivum pnsuit, quo
rem non a Locrensibus cogitatam , sed ut necessario ex
invasione consccutam (dövvara yuQ ijv Ev Tio ^apovTl
TOi'i vloy.out"; üfiinEodai) significaret; non enim id con-
silii agitarunt Locrenses, ut Rheginos ab auxilio Messe-
niis ferendo arcerent, sed ut letus odiuni Rheginoruni
rastandis coruni agris explercnt. Thucyd. I, Ü5. ^VV£-
ßüuksvE /HSV, ukvjV ■:tiVTa//.ooia)V , uvEfiov Ti^Qijaaai
Tuk ukkoii E/jikEiioai , ÜTioji; ettI nksov 6 critoi;
dvxio'pj non quid consilii habucrit Aristeus , sed quid,
si illi obteniperassent civcs , necessario consequuturuni
fucrit, narrat; nani fieri non potest quin in dilTicultate
annonae pauci diutius quam multi alantur. Cf. III, 8b-
cxtr. Dcmosth. Olynth. II. p. 2ä. $. 24. ti/.Ä' E/.eivo
9uv^dQvi, El Aay.Eduiijovioii fxEv tiute, o'j uvögsg
'./Sijvaioi, VTTEo TOJV 'Ekki]viy.ujv Siy.iüuiv dvTtJQUTS
y.ai Ttokkd ibUt. ■KkEovEXTijaai Ttokkdyiq itfuv E^bv
ovx iji^EkrioraTE, dkk' 'i'va 01 akkoc tv^üjOi tvjv 8t-
y.uioiV , TU V^ETEO aVTlijV ävijklay.ETE El'oCfE^OVTEg
y.al TCQOEy.ivÖvvEVETE otoo.tevouevoi, i. e. dass ihr,
auf dass die Andern zu ihrem Rechte kommen , eure
eigne Habe zusetztet ; erat enim hacc illorum certami-
nnni natura, ut iura Graecorum tuerentur et sustcntareut.
Cf. in Aphob. B. p. 83G, 2. cctt.
aut 3) quae sane alacrifas quaedam narrandi est, rem
praetcritani quasi repraescntari. Thucyd. I, 31- Ol de
KoQivt^ioi Tri'ddjxEvot Tai'Ta rjk&ov xai avToi ei;
Tai; '.49ijvai; TiQEaßevao^iEvoi, dnujq lurj öcfiai UQuq
Tij) K.EQY.voo.iu)v vu.vTiy.d) TU 'AxTiy.ov nQo^yevouEvov
euttÖÖiov yevijTat 9i:09ai tuv ndkE/xov tj ßovkov-
zat. Id. III, (i.^ V, 43. 45. VI, 73. V'lll, 82. 90-
Ilcrod. VII, 8. ZEQ!:;i]i — avkkoyov ETiiy.kijTov tujv,
ÜEQaEojv TU)v dotOTüJv ETloiEETO, i'va yriuuai te 7tv-
^7] Tai aCfEojv y-ui avTUi; i-v ndoi EiTti^ rd ^skei.
Franke.
1251
1252
Do r<iriiolii N'i'poli» «i(a ot .«<Ti|iti> riiiiiiiiditati<i. Scripsit
J.T/ieodoi US Liitkenhui, pliil(iM>jiliiac Ddctor. IMoiia-
§terii ap. Fr. Rpgfiisbprj US {«. IU4 S. y. *)
Bei iIpf Aiizpiifc iliosrr Aliliaiiillnii^, tioinit die Re-
il i< tum ilifspr Zi'ifsrlirift iloii Uiifpr/picliiipfpn beauftragt
liit, bi'tiiiilrt \\f( sirli eiiii^ermas.seii in Verlo^Tnlicit
iukI Häre olim- ilicseii Aiiffrajr iiliiiiiicr auf den Gedanken
i;ekiininien , derselbi-ii eine lilientliciie Heurtlieilnnj^ zu
«idrnen. Denn ila der A'erf. , «ie er sellist sagt p. 4.,
nirlit für eine eigene Ansieht über den behandelten Ge-
gen'itaiid »iih Kahn brerhen, sondern nur ilas ßeüte inn
dem, Has (ri'ihei gesagt, aiisn.'ihlen und znsaminenstellen
wollte, s<( kann lon itIkIiMi lieni iNiitzen, den sein IJiuh
der Wissenschaft geleistet, uirlit «ohl ilie Rede sein.
Denn das »ird er >elbst im Ernste liicht behanpten wol-
len, dass die Acten i'iber den Mepns bereits zu einer so
rer» irrten .Hasse angelaufen seien, dass ein Auszug des
Bisherigen Kediirfniss sei. Aber auch selbst das zuge-
geben, so ihuss Ref., so ungern er der Anspruchslosig-
keit und BescheideuliPit des AVrf. »ehe thun mochte,
doch seiner l'eberzcugung gemäss behaupten, um es milde
auszudrücken, dass dieser Auszug unbefriedigend ausge-
fallen. Denn «as den zu verarbeitenden .StoU' anbetrifft ,
so ist er bei der Ausiiahl desselben offenbar ziemlich
parteiisrh verfahren, indem er die .Ansicht derer , welche
die jetzt unter dem Namen des Nepos gehenden Lebens-
beschreibungen wirklich für ein unverdorbenes Werk des-
selben halten, zu denen auch der Terf. sich bekennt,
ziemlich iieitliiufig durchfülirt, die gegnerischen aber
meistens nur kurz andeutet, odiT auch ganz übergeht;
wessliaib wir ihm zurückgeben müssen, was er pag. (i(i.
oben von seinen Gegnern sagt. Denn das darf mau doch
»ohl mit Recht voraussetzen, dass er sich nicht hinter
den relativen Ausdruck einer Ausiiahl des Besten stecken
werde , indem die Meinungen der Gegner im Grunde
alle nicht viel taugten, da, wenn er diesen Auszug im
Interesse der AVissenschaft geben wollte, diese den An-
spruch an ihn macht, dass er von allen Ansichten das
an und für sich Beste mittheile, abgesehen davon, wcl-
rhen AVerth es haben mCigc im Verh.'iltnisse zu anderen
vielleicht richtigeren und gi-diegeneren. In Rücksicht
aber auf die Form, in die der A'erf. sein Werk einge-
kleidet, n.uss Ref. gestehen, dass es ihm selir schwer
geworden, dasselbe bis zu Kode durchznlesen, nicht wegen
seiner «ehr massigen Latinitat /ilenn die ist man heutigen
Tages so ziemli(h goiohnt, siebt Ret", auch nicht eben
als wesentlich an, ho für die S/irlie nur etwas geleistet
»■■t), sondern wegen der nnertr,'lgliclicii , aller Einheit der
Daretelliiiig entbehrenden , buntscheckigen ('omposition ,
wonach der Verf. seine Gewahrsm/inner meist in direrten
Reden einführt, die er wörtlich aus ihren .Schriften ab-
geschrieben, und so gleichsam in seinem A'orlrage sieh
alle Augenblicke von Andern ablitsen lasst; ja selbst, wo
er aas deutsch geschriebenen Werken entnahm , über-
') Wir Ibeilen den verehrten Lcaern diese von uns gewiinsclitc
Anzeige lull, wenn aocli Hr. (;\nMi.isi,illcliri'r Frcmlen-
b.TR in «.11 eni \rlil ei Zur I.iler.ihir <lcs Cornelius .\epos«
di.-«e Sclinlt cbcnlMI, schon b, riicl-irlili^l !,;it. Ks i.t
jeil.nf.ilh nicht oninleressani , zwei Geh Inten, die beiile
in neuerer Zeit iiher Nepos geschrieben liaben, über eine
unil dieselbe Sclnid zu vernehmen. Die Red.
scfzte er iu direeter Rede , -wie p. A[). 51. und 75 au»
Rink. Zum Theile mag dies« seinen Grund haben in der
übertriebenen Aengstlichkeit des Verfs. , zum Theile aber
auch gewiss nach des Ref. Ueberzcugung in dem Wunsche,
der .Abhantllung einigermassen Umfang zu verschaffen ,
worin Ref. durch die uiigcwühnlich splen<li<lc äussere
Ausstattung bestärkt wird. Darauf führen die dreimal,
einmal ganz (p. .{), zweimal zuni T/ieil (p. 6 und :j(i.;
hingeschriebene Ode des CatuU an Nepos, und das p. 14.
ganz mitgetheilte Lied des Ausonius an den Pacatus ,
während nur iler letzte l'ers desselben in Betracht kam,
und eine voltn halbe Seite ans Tac. Agric. c. 2 entnom-
men p. 70 , zunächst freilieb aus Daehnc's für Schüler
geschriebener Einleitung p. XLV. abgesehrieben , um
darzuthun, was jeder weiss, dass es unter einem Do-
niitiau, Tiber u. A. misslich mit iler Schreibfreiheit in
Rom ausgesehen habe, endlich eine p. 32 mitgetheilte
Stelle des llierunvinus, die schon p. 3.5 wieder aufge-
tischt wird. Oder man müsste eine grosse Taktlosigkeit
des Verfs. als Grund davon ansehen ; iinil dafür sprechen
alli'rdings ein Paar in ihrer Art possirliche Stellen; p. 63
nämlich, wo er Ranke's Ansicht bespricht, fügt er mit der
seltsamen Wenduug ,,si rero Lieberkuehnio fides habenda
est, ijuod noii dubitu" , hinzu, dass jener Gelehrte, wie
Lieberkühn eben berichte (in seiner Abh. über Nepos p.(i(ij,
jetzt seine Meinung geändert habe, und hält es dann noch
für nülhig, die directen Worte, mit denen Lieherk. diets
erzählt, und die 4 ganze Zeilen einnehmen, hinzuschreiben ;
und p. S4 wiederholt er eine p. 33 schon gegebene Stelle
aus dem Hieronymus mit der naiven Bemerkung: „Hie-
ronymi locum stipra quidein luudatum hie repelam."
Der Inhalt des Buches ist kurz folgender: Prooem.
p. 1 — 5. c. I. <ie vita; Hr. L. nämlich beginnt die Abhand-
lung mit dem, womit er billig scliliessen musste, nachdem
die L'iitersuchung über die Echtheit der sog. Lebensbe-
schreibungen des Nepos vorhergegangen ; er eonstruirt uns
das Leben von vorn herein nach denselben; |^. t. über den
Namen, §. 2- über seine Lei szeit (vor, Hährend und
nach Caesar's Dictatur), §. 3- Tode.sjahr (um 30 a. C),
§. 4. Geburtsort (iingewiss), §. .'). über seine geistigen
Vorzüge, Erziehung und Rildung , §. (>. wie und »u er
gelebt. Cap. J. über seine Schriften, i^. |. Chronica, über
die Hr. L. einmal einen eignen Gedanken ausspricht, die
Vermuthung nämlich, dass das I. Buch der Cliron. die
Geschichte der Barbaren, das '2- die römische, das 3- die
griecli. Geschichte umfasst habe. §. .i. vitae illustriiim
virorum und libri exemploruin. ^. .{. die Briefsaiiimliiiig
an Cicero, und die Schrift, quo distinguit litleratiim ab
eriidito , über die der Verf. wieder einmal eine eigene
Conjectur aufstellt p. 39, Nepos habe als praktischer 3Ieiiscli
die Pflichten der verschiedenen gesellschaftlichen Stände
zum Gegenstand seiner Untersuchung gemacht iiiiil sei
so zu einer A'ergleichung der grainmatisi h-Gelebrten (lit-
terati) mit den allgemein-Gebildeten (eruditi) geführt wor-
den; ferner über die angebliche Sej>aratbiographie des
Caesar, die Hr. L. p. 42 bedenklich findet. §. 4. u. ,';.
die vitae excellentium iiiiperatorum (p. 44 — l()4)i über die
der Verf. Nichts sagt, »as nicht weit besser bereits von
Lieberk. oder Anderen auseinandergesetzt wäre, »vas er
zum Theil auch selbst gefühlt zu haben scheint ; wenig-
■teng deuten Ausdrücke, wie p. ti2. „Quac ooinia ita re-
125?
1254
lollit Lipbork., Hl ciiliil addi possit", darauf hin. .Mi< iIimi
•fewtiliiilii'lipii Griiiiilrii wird aiirli hier die Aiictuntat der
Hdsrhr., die den Acmil. Prolms als XeTf. iicnnpii, lici Seite.
goscilioheii , was wir liier iilclit ansfi'ilirlicli widerli';,'cii
wolliMi, il.'i »ir rs lierrifs aiiderüwü zii thiiii gesucht lialx'ii
(in dciit l'ro^'r. tler Hendsb. (iel<'hrtciis<hult> v. Ostern IHJ')).
^iir das hier p. (> vewiinnene Kesiiltat, das.4 nMinlich der an
iler Spitze der Hdsrlir. als Verf. stehende Aenifl. Prohus
nolhtuenilis; ein Anderer sein müsse, als 4ler Prohus, »el-
elier jene hokannteii schlerhten \'er«e («ade, lilier, nostri
fatu nieliore nieinento ete.) gesrhiniedet hat, die sich in
einigen lldschr. linden, iniij;e hier |init kurzer Ueifügnn^'
der Gründe v iederholt wcr<len. ^^iiilich, wHren beide
Prnbus als dieselben Persiineu zu betrachten und naih
der [TeiKihiilicIieii Annahme die Auctori(;it des Aeniil. Priib.
erst aus jenen \'er.-.en au die Spitxe ili-r cixld. [;eki>ninicn,
woher dann |) iler Manie Aemilitts , Aa in jenen nur ein
Probns genannt wird; 2) <ler (Juistand, dass jene Dedica-
tiiMisierse an den Theudosins nur in sechs, und zwar der
ältesten Handschriften sirh linden , macht es unbegreiflich,
wie dii- Auctoriliit des Aeni. Prol). in alle übrigen lldschr.
ohne jene Verse sich einschleichen konnte, will man nicht
i.M einem zufalligen VVeglasscu seine Zuflucht nehuieu;
woraus hervorgeht, ilass Arm. Prob, früher au die Spitze
alter lldschr., als die poetische Dedicatiiin in jene sechs
gekommen. 3) INach dem Zeugnisse des llieronvm. (Magius,
der zuerst die ^ ersc fand, stehen sie hinler den Lebens-
be.-rlireibungen (in caice «odicis); welchem \'erf. eines
liiii lis oder wem, der gerne dafür gelten will, wird es aber
einfallen, seine Uedicatinu an's Ende, und nicht voran zu
setzen J 4) anih eine Uedication in Versen bei einem
trockenen prosaischen Werke scheint wenigstens für die
alte liiteratur etwas Widersprechendes; endlich fj) der
^'erf. dieser schlechten und fadeu Verse kann unmöglich
Verf. so guter Lebensbeschreibungen sein, konnte aber
desshalb auch gewiss nicht ilen Theodosius und die do(ti
so tauschen, dass diese ihn als den »irklichen ^'erf. auch
(irr vitae anerkannten. Der Verf. jener ^'erse ist ein Ab-
sihreilier >iami'ns Probus, der eine Copie der ritae, die
schon damals den Aeui. Prob, als Auctor au der Stirne
trugen, für den Theudosins besorgte, und nach vollbrach-
tem ^Verk froh, theils Scherzes halber, wie dergleichen
ja oft vorkommt, weil er zufällig auch Probus hiess, theils
um sich durch seine Jovialität und Schuieiclieieien in Gunst
bei dem Kaiser zu setzen, jene Dedicalion am Ende hin-
zufügte. Ist diese Ansicht, in Itücksicht auf deren Hei-
lere .^iotiviruug wir auf obiges Programm verweisen müs-
sen, richtig, so huflen wir, dass die Auctorität des Aeni.
Pr.iib. etwas mehr Halt gewonnen hat, unil künftig nicht
nieiir so leicht beseitigt werden wird, als es genohnlicli
üeschicht. Wir wicderholeu hier nun nicht ,Alles das
überhaupt, was wir in jenem Programme zur Unterstützung
der Ansiclit, dass die Lebensbeschreibungen ansgezeidnu—
ter Feldherren wenigstens niclit in der Gestalt, wie wir
sie jetzt besitzen, ein echtes, unverdorbenes Werk des
Nepns seien, und zur Widerlegung dessen, womit Lieberk.
die Ansicht, Aemil. Probus sei ein epitumator , abgewie-
sen h;it, beig'diraclit haben; nur über 'J ^i ebenfragen sei
es uns noch vergönnt hier Einiges hinzuzufügen , um die
«eni:;«tens ihrem endlichen Abschlüsse naher zu bringen;
wie CS zum Theil schon durch Lieberk. weit besser ge-
-schehen ist, als Hr. L. , über die Frage, ob die vitae
exccil. imperiilt. ein Theil eines grösseren Werkes seien,
und über die Reihenfolge derselben. — AVasjene anbe-
trifft, so hat Lieberk. p. 7t) sqij. schon Alauches richtiger
gesehen und vollständiger erörtert, als Hr. L. p. Ü[ gqn,
und namentlich Alosche'a und Daehne's Irrthümer p. /jj
glücklich »i<lerlegt. Nur begeht er den Fehler, die vi-
tae der griechischen Feldherren und der römischen ala
für sich nnabhangige liücher anzusehen, so klar auch das
Gegentheil erwiesen wird durch das Ende des Hannibal :
,, Sed nos tempus est huiu» libri facere finem, et Roma-
nnrum explicare imperatiires, quo facilius , collalis utro-
rumque /actis, qui viri jiraeferendi sint, possit judicari"',
worin der Verf. deutlich genug angibt, dass er unmittelbar
zu den Lebensbeschreiliungen der römisch. Feldherrn fort-
gehen und diese neben die griechisch. Lebensbeschrei-
bungen zur ^^■rJ;leichung stellen, und also nicht als an-
aihängig f'ir sich stehendes Ganze' betrachtet wissen will.
Damit stimmt das Ende der praefatio: „et in hoc expo-
nemus Uiro de vita excellentiuin imperaturum, womit der
Verf. beide Partieen der griech. und rüni. vitae als Ein
sasammengehönges Buch, und kurz vorher in den Worten :
„magnitudu voluminis prol. il. et" als Einen Band (Rolle)
erkennen lüsst , wahrend Lieberk. durch seine Ansicht
gezwungen wird, sich p. .Sli die durch Nichts gerechfer-
tigte Ellipse excell. imperat. Graecorum zu erlauben. Das»
aber in der praef. „ hoc libro " etwas Anderes heisst, als
in jener Stelle des Hannib. ,,huiiis libri", indem hier nur
ein Theil von jenem versfantleii wird, darüber wird sich
Niemand wundern, der bedenkt, was der Römer Alles
über nennt, rf. Bremi zu Lysand. 4, 'J. So viel steht
also fest : die Lebensbeschreibungen berühmter Feldh. bil-
deten Ein AVerk , das in 2 Abtheiluugen zerfiel (die griecli.
nndröm), iiiid die praefatio gehört zu dem gnn^e« Werke,
und nicht hatten die röm. vitae noch etwa ein besonderes Vor-
wort. Demnach bezieht sich auch die magnitudo voluminis
auf dies g«/(3:e Werk, und unbegreiflich ist es , wie man es
hat »'erkennen können, ilass im antiken Sinne diese vitae,
wenn man die röm. sich ebenso lang denkt, als die jetzt
noch vorhandenen gricch. , zusammen eine grosse, bedeu-
tend» Rolle ausmachten (cf. Epauiin. s. 4.), und wie noch
Lieberk. p. 7'J sich verleiten lassen konnte, eher an eine
parva magnitudo zu denken. Erinnere man sich doch nur
au Tac. Dialog, L'Ü , wo Cicero s Reden für M. TuUius
und .'\. Caeciiia imme/isa Volumina genannt «erden, und
an soiclie Stellen überhaiipt , aus denen klar ist, von wie
geringem Umfange im Verhaltniss zu unseren jetzt gedruck-
ten Büihern die Volumina iler Alten waren. Nep. .4tt. iti
n t die lli Bücher der Briefe Cicero's an Atticus H\ Vo-
lumina ; Cicero's Tiiskiilaiien bestanden aus ebenso vi^len
vnlumini/jus , als Büchern (Cic. Tusc. .'i , '.\ , (,.); .(nstiii.
piaef. nennt ilie 44 Bücher der Gescliiibte di's 'l'iogns
Volumina, endlich Pliii. Epist. .3, .j. erzählt, si'iii Olieim
habe ein AVerk von 1 l'iii iiern Hegen ihres l'iiifiip"-s in
,s-. (■/(.>• Volumina gethei.'i Ins allem dem wird «lerli hiiilang-
luli klar sein, dass im ^^er;;!!'!! he mit ileiii, ii as man ge-
wöhnlich in ein Volumen 2!iisaiiiiiienzufa>seii iilicMe, die
vitae ausgezeichneti-r Feldherrn einen sehr lieileutendeii
Umfang hatten. la , Ref. wagt geradezu die liehaiiptuiig,
dass durch diesen Umstand die rüm. Leliensbeschreil/ungen
uns verlnren gei^angen sind, weil schon die griechischeu
allein eine geitöhnlicho Rolle völlig anfüllten, und da-
durch beide Partieen früh getrennt wnrdeu.
1353
1256
Fragt man nun aber weiter, ob diese vifae ausgezeich-
neter Felilliorrn «ieilernm r.a ilem bokaniifen Werke des
>o()OS (lo liris illustribiis gehüreii, »oraiis^csetzt natürlich,
ilass er ihr Verfasser sei, so frlaiibcn wir »enigsfeiis dar-
tliiiii zu kiiniieu, dass jene Aunalime, die auch Lieberk.
bat, nicht erident eriiiesen ist. Ziin.'ichst kuninien hier
die Worte aui Endr der j)racf. „festinatio, ut ca exjili-
ceni, quae exorsus siim" in Uetracht, iu denen ea , qiiae
cxorsus sum von Lioberk. p. 7(i und Hr. L. p. 82, wie
früher von Mosche, auf diejenijjen vitae virornm ilhistrium
liezogen wird, die bereits den iinsriffoii voranjfofiangen
tiäreii. Dem widerspricht alier schon der Besjrilf von ex-
«rdiri, welches immer den ersten Beginn bezeichnet; auch
sieht man nicht ein, wie der Bcfjriff von explicare dazu
pa>>t. da man vielmehr erwartet, ut ail fiiiem perducam,
«f perficiam oder Aehnliches; denn explicare heisst hier
otTenbar nichts Anderes, als Hannib. 13 fin. ,, Romanornm
explicare imperafores", und an unzähligen anderen Stel-
len. Leberdiess mnss doch jeder eingestehen , dass der
1 crf. gar zu dunkel angedeufet Ii.'itte , was er »ollte.
Vielmehr geht ,,ca, quac exorsus sum" auf das Unter-
nehmen des ^'crfs., die vitae excellcnt. iniperatt. zu schrei-
ben, anf das gleich naclilter genannte pnipositiim, welches
noch in seinem Geiste lag, dessen Ausführung aber an-
dererseits bereits durch die V^orrede begonnen , da diese
als integrirender Theil des Werkes seiist mit galt, und,
■wie das Endo deutlich zeigt, nicht, wie unsere Vorreden
heutigen Tages, erst nach Vollendung des ganzen Werkes
geschrieben ward. Dass diess der richtige Sinn dieser
Worte sei, ergiebt sich becondcrs deutlich aus der fast
ganz gleichen Stelle Pelopid. 1,4., wo es heisst; Felo«
pidas hie, de (juo scribere exorsi sumus , obgleich vom
Pelop. selbst und seinem Leben noch gar Nichts gesagt ist
(denn die Anfangsworte: ,, Pelopidas , Tiiebaiins, magis
hisloricis, quam vulgu notus" können kaum für mehr als
eine blosse üeberschrift gelten) , sondern nur einleitende
Bemerkungen vorausgeschickt sind, die aber schon zur Le-
bensbeschreibung des Pelop. selbst niitgerechtiet «erden.
Wenn ferner Lieberk. p. 76 meint, in den folgenden \\ Or-
ten: et in Ijoc exponemus lil/ro de vita exe. inip. sei iu
hoc mit grossem Nachdrucke lorangesetzt , so kann man
das allenfalls zugeben, obgleich es nicht nothwendig ist;
jedenfalls aber liegt dann doch nicht darin, dass andere
Bücher im Gegensätze zu diesem gedacht wevden sollen,
ivel( he 7iiil ihm zu Einem grösseren Ganzen gehören, son-
dern nur andere Bn<Jier überhaupt, die der Verf. auch
geschrieben hat. Wenn aber endlich Lieberk. p. 77 und
Hr. L. p. 8.3 nach Bardili's Vorgange noch die .Stelle
Dion. 9, 5. ,,Hic, sicut ante saepe dictum est, quam iu-
visa sit singularis potentia — cuivis facilc hitellectu fuit ",
anführen als Beweis , dass diesen Lebensbeschreibungen
schon andere vorangegangen seien, die eng mit ihnen zu-
sammengehorten , weil dieser Gedanke nicht saepe , son-
dern nur Einmal (Dion. 5, ^.) vorher in diesen viti«
vorkomme , so scheinen sie mir auch darin zu weit zu
gehen, zumal da dieser Gedanke, was sie übersehen ha-
ben, vorher schon mehrmals wenigstens in ähnlicher Weise
vorgekommen ist. Denn was wird IMilt. 8- Anderes als
eigentliche Ursache der Verurtheilung des Slilt. angege-
ben, als eben der Hass und die Furcht der Athener vor
der Tvrauni»? cf. Them. 8,1., wo von derselben Furcht
vor der Alleinherrschaft die Rede ist ; sotvie man gewiss
mit vollem Rechte alle Stellen hierher ziehen kann, wo
von dem Ostrakismus als einer gegen Tyrannis schützen-
den Riassregel gesprochen wird; cf. Alcib. 7, 3. „time-
batur — ne tyrannidem coneupisceret. " — Demnach liegt
gar keine Nothwendigkeit vor, anzunehmen, unsere Le-
bensbeschreibungen seien ein Theil eines grösseren Werkes
überhaupt (nur dass allerdings die Partie der ausgezeich-
neten 7(/;/i«sc//. Feldherren uns verlorengegangen); an und
für sich ist diess freilich ziemlich gleichgültig; doch müs-
sen wir dcsshalb dagegen Einrede einlegen. <laniit man sich
nicht voreilig eine vielleicht falsche Vorstellung von den
vitis illnstrium viror. des Nep. mache, und, weil es etwas
Scheiu für sich hat, sich nicht gar bestechen lasse, daraus
umgekehrt einen Schluss auf die Auetorschaft dieser vitae
zu ziehen gegeu den vcrstosseueu Aeniil. Probns.
In Rücisiclil ^luf die zvvcile liajje, iibcrdie Reihenfolge der
vitae, schlichst Hr. L. sich p. 85 sqq. sn Liebcik. p. 81 sijq. an,
der gewiss mit vollem Reclile die hergebrachte Ordnung gegen
Titze's imd Walicki's Neuerungäversiichc (Feldbausch's geringere
Acndeningen in seiner Ausgabe, Heidelberg 1828. hat er uiibe-
rücksicbligt gelassen) in Schutz gcnomnien hat, indem sich in
ilinen eine chronologische Folge kund gibt, «die natiirhch sei
bei einem Schriltsleller, wie Ncpos, der da Chronica geschrieben
habe.« Wir .sind der Meinung, dass die Chronologie für einen
jeden historisclicn ScbriftsteUer ein nalürliches Anordnnngsprin-
cip ist, uuil für den Verf. dieser vit.ic um so mehr, da sie Ein
Gan7.es bilden sollen, wcsshalb sie auch in Ein Buch vereinigt
wurden (ganz anders verhalt es sich z. B. mit den vitis des Phi-
tatch), und, was damit zusammenhangt, weil sie so kurz sind
und dadurch ein besseres Licht erhallen mussten, dass diejeni-
gen Feldherrn, die zu Einer Zeit gelebt , und deren Lebensver-
hältnisse in einander grellen, neben einander gestellt wurden,
indem sich dadurch eine zusammenhängend fortlaufende Kette
von Begebenlieiten, und gleichsam eine Geschichte ergab. Indess
findet die hergebrachte Reihenfolge nicht bloss ihre Vertheidi-
gung in rationellen Gründen, sondern auch llieilwcise \venigstens,
was Lieberk. unbemerkt gelassen , in Beziehungen , die in den
vitis selbst hier und da von dem Verf. ausgesprochen werden,
und die wir daher kurz zusaninienstellcn wollen. Dass Milt., Tlic-
mistocl. und Arisli^l. in dieser Ordnung aufeinander folgten, würde
Jeder ohne Weiteres zugeben, ist aber auch angedeutet durch die
Worte quo damnatus eiat Milliades, Them. 8'. niid durch Ari-
stiil. 1. Icstiila illa, womit auf Them. 8. init. hingewiesen wird,
und Arisliil. .i. fin. post annuiii quartum, quam Themistocles erat
expulsiis. Ilass Ipliicrat.. Chabr. , Timotheus sich auf einander
folgten, zeigt Tinioth. 4. »Ilaec extrema fuit aetas inipcratorura
Atheniensium , Iphicratis , Chahriae , Timothei etc.« Chabrias ,
Leben stand aber auch vor dem des Epaniinond. cf. Epam. 4.
Cliabriain, de (juo supra nientiimem fecimiis; und Epaminondas
vor dem Pelopidas, cf. Pelop. 4. "siciit supra docuimiis, Epa-
minondas donii qiiietus fuit«, folglich war es falsch, wenn Titze
den Pelop. vor jenen stellen wollte. Lysander ferner hat mit
Recht einen früheren Platz, als Agcsil. Cf. Agesil. 1. «Ly^iuilro
snirragaule, hominc, ut ostcndimus iupcn, factioso ctc«, die vita
rcgmn einen fridieren , als die des Haruilc. und Haunili. cf. de
Regg. .S. »non praelerire Ilamilcareni et llannibnlcm « p^ndlich
dass Hannib. der letzte von allen war, zeigt das Ende desselben t
xSed nos tempus est huiits libri facere finemu ctc , wesshalb
nicht, wie Titze will, Ditames der letzte sein kann. Wichts aber
steht der Annahme im Wege, d.iss Dataui. noch dem Abschnitte
»de Regibus« wirklich ur.spiünglich voiaugegangcn ist, und nicht
etwa, wie Titze meint, nebst Ilamile. und Hannib. nachgefolgt
sei, da in dem Abschnitte »de Regibus' selbst auch die persi-
schen Könige, also Barbaren, mit den Griechischen vereinigt
werden, cf. de Regg. 1. init , und also hatte Lieberk. nicht den
mindesten Grund, Anstost zu nehmen an den ersten Worten im
Dataines: »Veiiio nunc ad fortissimum virura, Biaximiquc con-
silii omnium harlurorum.
Rendsburg. Dr. A. F. Mssen.
——————— Hierzu die Qeilagc Mr. 3-
Register
Zcitisclirift für die Altert li ums wis-scnscliaft 1839.
Die Zahlen bezeichnen die Seiten.
yiachtn. Gymnasium das. 1160.
Jeschjrlus. Agamemnon. 67 stj 623. De Agamemnonis can.
tico teitio. 632. Conjectanea in Siipplices. 878. 881. Pro-
log der Clioeplioren. 1123. Prometheus. 526. 1124.
j4ßica. Alrtierthünicr das. 984.
Ahrens : Emendalioncn zu Theokrit. Id. 28. 29. 197.
Aix. Piiapusstatuc das. 608.
Alexandria. Die Besclireibung der dortigen Burg. 377. 385.
Das Museum das. 8.57. 865. 873.
Alschefskj- in Berlin: Ueber die kritische Behandlung der Ge-
schichtsbücher des Livius. 855.
Alterlhümer und Alterlhumskunde auf den Ruinen von Kar-
thago. 7. Verein zu Ausgrabungen im Kreise St. Wendel.
127. Die Zahl der Centurien seit der VcrünJeriing der Ser-
vianischen Centurialvcrfassung. 137. 145. Römische Civitäts-
rechte in der Wcttcrau. 144. Der römische Wachtthurni bei
Rossdorf. 144. Römerlagcr bei Inhaiden. 144. Eine anlikc
Bronzestatiie in der Glyptothek zu München. 192. Alf. bei Ett-
lingen. 200. Grabkammer in Toscanella. 264. Poseidon, He-
rakles , Hermes auf der Thunfischwartc in einem Vasenge-
malde. 333. 337. Alterthümer in Croatien. 336. Altcrthti-
nier bei dem Dorfe Keratia. 344. Grab vor der Porta Pia
zu Rom. 360. De capitis poenae causis et sanctione. 376.
Ueber die Beschreibung der Burg von A!f;^andria. 377. .385.
De Hippodromo olympico. .392. Fuml römiseber Münzen in
Preussen. 416- Beschreibung eines Onyx zu Trier. 440.
Eine gallische Goldmünze. 440. De Romanoruni reipublicae
inter Siillam Cacsarenique forma. 448. Zu Pompeji und Cuniä.
608. Priapusstatue bei .'\ix. 608. Ausgrabungen bei Torre deli'
Anunziata. 616. bei Narbonne. 616. Bruchstücke ans virgi-
lisclien Alterthümern. 638. 641. Alterthümer bei Weingarten
unfern Bonn. 664. 792. 952. Museum von Alterthümern aus
Herculanum uml Pompeji in Roltordam. 800. De saccrdoli-
bus Graecorum. 840. De lege Rubria. 840. Antikes Grab
bei Monterone. 848. Das Museum zu Alexandria. 857. 865.
873. Alterthümer in Africa. 984. bei Bonn. 992. in Lon-
don. 11,36. in Frankreich, 1144. Museum Tür die?, in Ley-
den. 1150. Ueber die Wurfwaflfen aclys und caleia und die
roiu nuUi'Tovcc. 1153. 1161. Ausgrabungen in Athen. 117(3.
in Rom. 1184. Ueber das Tullianum. 1200. Alter Mincrva-
lempel das. 120S. Ausgrabungen der Casa di Apollo in Pom-
peji. 1232.
Altana. Veisanimlung von Gelehrten und Schulmännern das.
1104.
Ankündigung. Friedemann: Die Bildungsanstalten (ur Gym-
nasiallehrer. 296. Ank. einer Gyninasialzeitung. 1151.
Annaberg. Gymnasium das. 976. '
Ansbach. Gymnasium das^ 168.
Aphthonius. Ueber dessen" Beschreibung der Burg von Ale.ian-
dricn, 377. 385.
Apitz: Analecta ad Sophociis Ajacem. 297. 305.
O. F. L. Appel in Cassel. 296.
Arendts in Bonn. 808.
Aristophanes. De persona Bacclii !n ranis. 384. Bruchstück
aus den Dailalcnsibus. 1128. Ran. 1203. 1130.
Aristoteles. Ueher dessen Poetik. 560. De teleologiae Arlslo-
telicae linearaeiitis. 576. Mcictemata Aristotelica. 1000.
L. Arndts zu Bonn. 224. 424.
Athen. Ausgrabungen das. 1176.
Athenaeus. Bruchstück» des Hermesianax bei dcms. 1131.
T. Pomp. Atticus. De ejus annali. .33.
Altius. Symbolae Atlianae. 292. 409- 417.
Augustae hisloriae scriptorcs. Obscrvationes crit. in cos. 632.
Bach in Schaffhausen , jetzt in Ohrdruff. 80.
ßach in Fulda : Quaestiones elcgiacae. 680.
Baden. Universitäten das. 272. Gelelirtenschulen das. 755.
761. 840. 864.
Bdumlein : Pelasgischer Glaube und Homers Verhaltniss zu
demselben. 1182. 1185. 1193. 1201. 1209.
Bahr in Heidelberg. 968.
A. A. J. Bake zu Leiden. 168.
Bamberger: Einige Verbcsscrungsvorschläge zum Chorgesange
in Euripides Helena. V. 1124 ff 357. 36l. Conjectanea in
Aeschyli Supplices. 878. 881.
Bardoni in Pavia. 640.
Baroli in Pavia. 640.
Baumgarten-Criisius : De Fabricii vita et scriptis. 496
Bautzen. Gymnasium das. 976.
Becker: Observationcs in seriplorcs historiae Augustae. 632.
Bcß:irderunu,en und Ehrenbezeigungen. Appel. 296. Arendts.
«08 Arndts. 224. Bach. 80. Bahr. 968. Backe. (68. Bar-
doni. 640. Baroli. 640. Bellenghi. 424. Biel. 975 Boeckh.
1088. Böhmer. 840. Bomhard. iü8. Brandis. 1240. Brauns.
528. Brill. 168. Brüggemann. 464. Bruns. 640. Chaly-
bäus. 224. Creiizer. 576. Curlh. 855- Dieffenbaeh. 880.
Dillenburger. 1192. Dingelstedt. 296. Dirichles. 712. Dom-
merich. 296. voti denVriesch. 640. Duille. 400. Eichstädt.
359. Elsperger. 168 Erdmann. 840. Flatt. 112. Fölsing.
856. Freytag. 360. Freudenberg. 1192. Frommann. 288.
Fürchlenau 296. Gerlach. 464. Göschen. 880. Gottschick,
856. Haase. 176. Jlalm. 992. I/enke. 992. Keck. 1176.
Kirschbaum. 40. Klausen. 2b0. König. 176. Köpke. 856.
Köster. 472. Krahmer. 456. Krejssig. 496. Kiuhl. 1144.
Lange. 856- Langenthai. 1008. Langhelm. 904. Leeuwcn,
168. Lindemann. 928. Loreye. 1280. Lücke. 232. Maran.
344. Matthisson. 656. 888. Metzger. 40. Moser. 604.
Movers. 6l6. Müller. 296. Müller. 488. Mühling. 616.
Nögerath. 560. Ohm. 1040. Otto in Eilangeu. 616 Paulus,
6t5 Pernicc. 256- Petersen 004 Pi-trettiiti. 6+0 Pinona.
1008. Plu}neis. 16S. Pott. 320. Puischin^. 952. />V(/«-
/••■nning. 280. 6l6 Beinhardt. I0'j4 liitichl. |76 344.
flosfiall. ll'ia. Bosset. 40. Saiifhc. 8lG. Schmieder. 96.
Schmiilt. 86Ö. Schöne. 960. ScAii». 904 .9c/(h(i/.. 290.
Seebeck. 856. Seebode. 72. Sohnkc. 1024. Surint^ar. 168.
Theremin. 603. Thiersch. 1056. 7'/oi,'e. 616. riic/i. 640.
Vschold 640. l'ngchniig. 832. If'aninr. 832. IfVisy. 808.
Il'eisimiuui. 344 Iferner. 280. //'i«. 528. fVissowa.
464. 640 Z»/»;.«. 856
/i,;j</i.riM ; Telicr den revolutionären Socrates. 1150.
liniseler in Fieiliiirg: Mclaniorplioses criticae ad Plutarchum
i-iiicntlanJiiin. 1024.
Hersk in Kiilin: De prooeniio EnipeJoclis. 1200.
HiTÜn. Universität das. 720. Gjmnasien dai. 855. 1200.
Biskiba in Wien. 800.
/*iV/ in Annaberg. 976.
A'. .P. ßocA in Leipzig. 232.
Jti'cckh. 1083. Leber die Inschriften der ScIiilTswcrftc und des
Sccarscnals zu Atbcn 232.
ll-hmer in Bresl.iu. 840.
ni'itrher: Livii de rebus Syracusanis capita. 496.
finmiiaid 211 Ansliacli. 168-
/>',./i;i. l'niver.sität da». 24. 424. 672. 968. 991. Gj-miasium
• las. 2S0. 992.
Fl anili'uburg. Gyn)nasiiim das. 1112.
Brandts in Bonn. 1240.
hraiins zu CasscI. 528. 864.
Hietlau. Gymnasium das. 672.
//'. G. ßii« zu Leiden. 168.
liiü^gemann zu Konitz. 464.
lirüg^emann : De attis dialecticac , qua Plato sibi viam ad
«ciinliam vcri luunivit, forma ac ratione. 576.
liiückner: De Xenophontis Hellen, üb. I. et II. animadTers.
m. 401.
Pruns in Verden. 640.
Pitchbinder in N.iuniburg. 648.
Bnchegs,er in Freiburs- 760.
ßurchaud : De lege Rubiia. 840
('•. J. .1. Burmclster zu Eutin. 440.
Biirmeister: Ueber den Handel der griecliiscbcn Städte zur Zeit
des Kaisers Hadriau 190. Zur älteren Gescbicbte der Sla-
ven. 207. 309.
Büilner zu Potsdam. 552.
L'arriere : De tcleologiae Arislotelicae lineaiuenlis. 576.
t'astel. Gymnasium das. 266.
l'akrius Calo. 340
Celicn. Zur Gcscliichte ders. 199.
Chalibäus zu Dresden. 224.
Chlebus: De Luciano pliilosoplio. 5/6.
Chfirilos. Fragment iless. 280.
Cicero. Meletemata in libros de g'oria. 219. 225. Pracht-
ausgabe seiner Werke in deutschen Ucbersetzungen. 264.
Ueber die CaliLlnarischen Reden. 840. 1150. De emendalione
aliquot locorum or. pro. M. Caelio Rufo. 1072.
Coburg. Gymnasium das. t3f;. 688.
F. Creuzer in Heidelberg. 520.
(Uoaticn. llterlliümer d.is. 336.
Cuma. Ein kleiner Tempel das. 608.
Curth in Berlin. 855.
fjbulski: De hello civili Sullauo. 576.
Lfederich: Bruchstücke aus dem Leben des Frontinus. 833
841. 849. 1077. 1081. 1089.
Delbrück: Ueber die Rolle, welche Aristonhanes im plaloni-
scheu GaBlmrilil spielt. 424.
Deninslhenes. Die Urkunden in der Rede vom Kranz. 537.
545. 55.i. 561. 569. 577. 535. 593. 699. 705. 713. 799. 801.
809. 817. 910. 921. 929. 937. 945. 953. 961.
riialektiker. 163. 169.
Dieffenbach in Berlin. 880.
Dillenburg. Gymnäsnim das. 3i3.
Dillenbur^er in Münstereifel. Il92.
71.'.. J~../". 1%:.. I.,. 1...: j .
Dillenbiir^er in Münstereifel. Il92.
Vindorf: Die Interpolationen der Tphigenia in Aulis des Eu-
ripides. 1049. 1057. 1065. Vermischte Aufsatze. 1123. 1129.
Dingelstedt in Fulda. 296.
Dia Chrjsoslomus. Aiinotationes in ejus orationcs. 476. 481.
Diodorus. Zu einigen Stellen dess. 1107.
Dirichlit in Berlin. 712.
Dödcrieiii : De Sophoclis Ajace. 660.
J. G. Dölling: Die zweite Sylvc des Statins. 368.
a. Vohrn in Mcldorf: Kleon. 784.
F. A. Dommerich in Cassel. 290.
Dorpat. liiiversität das. 96.
Dresden. Kreuzschule das. 976.
von den Driesch in Düsseldorf. 640.
Drnjsen: Zur Geschichte der Gelten. 199. Die Urkunden in
Demosthenes Rede vom Kranz. 537. 545. 553. 56l. 669.
577. 585. 593. 699. 705. 713. 799. 801. 809. 817. 910. 921.
929. 937. 945. 953. 961.
Düntzer: Symbolae Mliame. 292. 409. 417. Ueber den Nu.
tzen der Erkenntniss der Wortbildung auf Gymnasien. 373.
Duille in Oestieicli. 400.
Dultlinger in Freiburg. 760. ^
Düsseldorf. Gymnasium das. 1128.
J. H. C. Jbggers in Altona : De particula cum. 784.
Eichslädc : De Juris consullnrum alque Philologorum <li>cordi
saepe concordia. 208. Sein Jubiläum, 359.
Eisenach. Gymnasium das. 808. 896.
Eiber feld. Gymnasium das. 1184.
Elegici poel. Quaeslioncs clegiacae. 680.
St. Elsperger zu Ansbach. 168.
Empcdiicles. De ejus prooemio. 1200.
Ennius. De Enn. Annalium fragmentis a Merula auctis, 664.
Epigraphik. Monumentum Ancyranum. 752.
Erdmann in Halle. 840.
Erlangen. Studienanstalt das. 1032.
Elllingen. Alterthümcr das. 200.
Elfmologieen, lateinische. 102. 310.
Euri/iides. Beiträge zur Kritik und Erläuterung der Helena.
1. 9. 201. 209. Einige Verbcsserungsvorscblage 7,um Clior-
gesangc in der Helena. V. 1124 ff. 357. 36t. Beitrag zur
Erklärung und Kritik desselben. 482. 489. 497. De Hecuba.
784. Viudiciac Euripidcae. 808. Die Interpolationen der
Iphigenia in Aulis zusammengestellt. 1049. 1057. 1065. Cy-
clcps 510. 1126.
JL' abricius. De ejus vita et scriptis. 496.
I'alxoner zu Barth. 480.
Feldnianii ; AcSchyli Cboephori, Sophoclis l'uripiJisque Elec r.i
idcm argumentum traclanles. 1149.
Firnhaber : Beiträge zur Kritik ijnd Erklärung der Helena de»
Eiiripides. t. 9. 201. 209.
Flalt in Stuttgart. 112.
/. C. Flügel: Plutarchi Phocion c. I-III. 296.
Fulsing in Berlin. 856.
Forberg zu Coburg. 136. Ueber eine Stelle des Mencieinu d.'.
Plato. 688.
Forchhammer: Ueber das Tullianuni. 1200.
Franke. De particularum finalium apud Graccos constiuclioue.
1236. I24I. 1249.
Frankreich. Griechische Litcraturdas. 521. 529. Alterlhü-
nier das. 1144.
Freiherg Gymna». das. 1024.
Freiburg üni\ersität das. 80. 392. 706. Gymnasium das. 76it.
Freudenberg: Quaestiones historicac in Cornelii Nep. vilas.
1192.
Frej-tag in Bonn. .360.
Friedemann : Die Bildungsanstallen für Gymiu»iall«hi«r. 296.
Fritz in Freiburg. 760.
C. Frommann in Jeni. 283.
Fiomherz in Ficiburg. 760.
Fioiilinus. Bruchstücke aus seinem Leben. 833. 841. 840.
1077. lOSl. 1089.
Für>ien<tu in C«ssel. 296.
FuUla. Gvinn.isi..in d,-is. I52. 328. 680.
F. I'h- Funcke- Djs Gesclileclil des Phodys nnd der Kelo
nach Hrsiodus. 29. Uianos, Kronos und Zeus im Kampre
um den Herrscherthron. 1220. 1225.
Cra/ij zu Berlin. 464.
Geel: Onderzoek en Phanlasir. 248.
Gemmen. Beschreibung eines Onyx zu Trier. 440. Ueber ein
Onyxgclass zu Berlin. 560. GenimenabJriicUc unter Aufsicht
des nrchaoloj;ischcn Instituts zu Rom. 1216.
Geographie. Ucber den Fucincr See. 856.
Gerl'er : Ueber Horal. Od. 1. 28. 423.
Gerlach zu Brnunsberg. 464.
Geinhard in \\eimar De Taciti Agricola 2. u. 16. 456. De
Plafonis rfp. 8, 1. 4. 5. 544.
Geschichte. Die Zahl dei- Cinlurion seit der Veränderung der
Servianischen Centuviatverfassung. i:i7. 145. Leber den
H.indel der griechischen Städte zirr 7eit des Kaisers lladriau.
^190. Zur Gescliichle der Gelten. 199. Zur älteren Geschichte
der Slaven. 207. De rebus Indicis. 280. De Roraanorum
reipublicae inier Sull.nm Caesaremque foinia. 448. Urkunden
lur Geschichte Griechenlnnds. 560. De hello civili SuUano.
576. De coloniis Romanoruni. 776. Rleon. 784.
Giessen Gyuinasium das. 528.
J, Gililcmcister : De rebus Indicis. 280.
Glogau. Gymnasium das. 8.
Goeschen in Berlin. 880.
Görlitz. Gymnasium das. 736. ,
Göttingen. Die gelehrten Anzeigen das. 144. Universilät das.
400. 720.
Goltschik in Berlin: Apollinis cullus undc ducendus sil. 856.
Gnlha. Gymn.isiuui das. 72.
Grammatik. De appositione in lingna gracca. 8. De inconmiö-
dis quibusdani et vitiis in Zuniptii graniinalica latina. 80.
L'eber den Nutzen der Erkenntniss der Wortbildung aul Gym-
nasien. 373. De particida cum. 784. Vom Cicbrauche der
Partikeln nisiwnisi. 976. Die Optativform oic st. ot/». 1127.
De appositione. 1150. De particularum linalium apud Grae-
cns constructione. 1236. 1241. 1249.
Griechenland. Urkunden zu seiner Geschichte im Mittelaller.
560.
Gröbcl in Dresden; Quaesliones Plinianae. 976.
Gymnasien , Lyceen u. s. w. Aachen 1160. Annaberg 976.
Ansbach 168. Baden 755. 761. 840. 864. Bautzen 976. Ber-
lin 855. 1200. Bonn 280. 992. Brandenburg 1112. Breslau
672. Cassel 296. Coburg 136. 688. Dillcnburg 343. Diis-
«ehlorf 1128. Dresden 976. Eise nach 808. 896. Elberfeld
1184. Erlangen 10.^2. Kreiberg 1024. Freibiirg 760. Fulda
152. ,328. 680. Giessen 528. Gloiiau 8. Görlilz 736. Gotha
72. Hailaiuar 40. 343. Hamburg 840. Kreuznach 1000.
Leiden 168. Leipzig 384. 1000. Magdeburg 776. Mcissen
49ü. 1112. Miinslercifel 1192. Mlihlhausen 392. Naumburg
632. 64,S. Nassau 1080. Neustrclitz 1136. Pfoita 96. Plauen
.368.928. Potsdam 904. 1088. Rendsdurg 688. Rinteln 184.
RudoKtadt 104. 784. 1152. Russland 1. 64. Schwerin 4ö.
Sondershausen 423. Speyer 992. Stuttgart 688. Verden 640.
Weilburg 40. 343. 880. Weimar 80. 544. 692. 1136. Wies-
baden 40. 343. WiUenberg 1040. Zeitz 32. Zittau S60.
Zwickau 952. Ueber Gymnasien im Allgemeinen. 1144.
E. K. Habicht in 'Biickeburg. 872.
Hadamar. Gymnasium das. 96. 343.
Halle. Universität das. 1128.
Halm in München. 992.
Handschriften der Anthologie von Conslanliuus Cephalas. 464.
Fr. Hasse zu Greifswald. 176.
Htcker in Freiburg. 760.
M. tV. Hrffttr: Ueber die Beschreibung der Burg \on Alexan-
dria. 377. 385. Ueber eine lehrreiche EigeDlhiinilichkcit de«
Tacitus. 1002. De Zcnodolo. 1112.
Heimburg: De loco quodani in Taciti vitac Agricolae. .HiO.
1216.
Heldmann zu Regensburg, 360.
Hemslerhusii orationej et epistolae. 432. Anfrage über JCiiie
Briefe. 1096.
Henke zu Halle. 344.
Hermagoi as. 872.
G. Hermann in Leipzig: De Hippodrome olympico. 392. Ue-
ber Herrn Welkers neueste Ausfalle. 729. 737.
A'. Fr. Hermann in Marburg: Ucber die platonische Zahl
Republ. 8, 540. 872. De idea boui apud Platonem. 872.
De reipublicae Platonicae temporibus. 872.
Hemdes Alticus: Ueber einige Epochen seines Lebens. 977.
985. 993.
Herodotus. Ueber dessen Geschichtswerke. 193.
Herzog : De particularum nisi et ni significalione. 576.
Hesiodus. Das Geschlecht des Phoikys und der Kelo nach
demselben. 20. Uranos, Kronos und Zeus im Kampfe um dcr>
Herrscherthron. Nach dems. 1220. 1225.
Hesjchiiis. 623.
lYin" Heusde in Genf. 928. 1080.
Heyse : Ueber einige Epochen im Leben iIcs Herodet AltiCus.
977. 985. 993.
C. Hinkel: De variis formis doclrinae moralis Peripateticoruni.
872.
Hinrichs: De oralionis a Cicerone Nonis Decembribus in Se-
natu babitae consilio. 840.
Hippocratis nomine rjuae circumferunlur scripta. 376. <7j»:o?
'Inn. 1133.
Hoblyn in England. 464.
Homerus. De tiritatc Homerica. 424. De Codice, qui Odys-
seam cum scholiis conlinct. 848. Ueber twTvcfi. 992. Lebet
einige spriclilwörllieh gefassle Redensarten bei Homer. 993.
Ueber das Fpilhelhon des Neslor ovQoq 'Aj^iuwr. 1008. H-
I, 5. 1102. De Zeiiüdoli sludiis Ilomericis. 1112. Homer»
Veihällniss zum pelasgischen Gliuben. 1182. 1185. 1193.
1201. 1209.
Horatius. Quaestiones Horatianac. 184. Trias quaettionuDi
Horalianarum. 280. Leber die Ode 1, 28. 423. Saf. 11, 2,
23. 623. Od. l, 20. 623. Probe einer neuen Ucbers. desi.
1149. O"afsliones Hör. 1160.
Högg in Ellwangen: L'eber die Nothwendigkeit , den lat. Ele-
mentarunterricht zweckmassiger cinzuriehlen. 456.
Pli. Humpert: De civitate Homerica. 424.
F. Jacobs : Annotationes in Dionis Chrysoslomi orationes. 476.
481. Griechische Literatur in Frankreich. 521. 529. Zu Lo-
cians Timon. 767.
Jeep in Wollenbültel : Emendationes Vellejanae. 896-
Jena. Universität das. 752.
C. Hiling in Mi iningen. 72. 432.
Inschriften. Griechische und römische. 51- 57. 455. 457. 465.
516 1037. Die Inschriften der Schiffswerfte und des Secar-
senals zu Alben. 232.
Jiingkhausen in Schleswig: De appositione. 1150.
S. Ji-ahn: Trias quacstionura Horationarum. 280,
Katthnff zu Münster. 192. 800.
Kanipmann: Res niililares Plauti. 672.
Karthago. Nachgrabungen aul den dortigen FuioeD. 7.
Keck zii Raslall. 1176.
Keratia. Gr.-.b^telc das. 344.
Kiessling in Hildburgbauscn, 1144.
Kiew. Universität das. 224.
Kirschbaum in Wrilburg. 40.
Klaussen in Bonn. 280.
K. P. Kleinen. 344.
Klemm zu Chemnitz. 5tO.
Knebel : 7.av Kcnntuiss der Quellen des Pliuius. 95. Melcte-
mala Anstotelica. 1000.
K'ildcr: De vcterum scriptonim usu in eDunciationibus verbo
adlirmanlibus , rc ucgantibiis. 952.
Kochen ans WiUter. 224.
A'')/i/i,' in K.irlsiuhc. 176-
K. Kopke in Berlin. 855.
Kiister zu Kiel. 472.
ff. II. Kohlev in Meldurf: l'cber die 4. Cicer. Bede gegen
Calilina. 1150.
Kopisch: De Aescliyleae Ägamcinnonis canlico tcrtio. 632.
f. A Kopp zu Boppard. 632.
jy. Kosrgarlcn ans Hamburg. 280.
P/i. A- ll-\ Krahnier zu Marburg. 456.
Krämer in Berlin : Ueber den Fuciner See. 856.
Kreizner: De privatis discipulonim stiidiis etc. 343.
Kreuznach. Gymnasium das. 1000.
Krf issig zu Meisseu. 496.
Fr.'Kries in Gotba. 1200-
Kruhl in Breslau. 1144.
Kunst. De intcritu operiira arlis statuariae apud reteres. 960.
Zur gricchiscbcn Musik. 1003.
J^ange in Berlin. 856.
Langethal in Jena. 1003.
I.an2,hclm in Hadersleben. 904.
Lateinische Sprache. Lafeiniscbe Etymolopieen. 102. 310.
De particularum nisi et ni significalione. 576.
A. van Leeuwen zu Leiden. 168.
Leipzig. Nicoluiscbule das. 1000. Tbomasscbule das. 384.
Lersch : Beiträge zur romisclien Litcralurgescliiclite. 99. 338.
Die Dialektiker. 163. 169. Bruchstücke aus virgilischen Al-
terthüniern. 638. 641.
Leyäen. Gymnas. das. 168. Museum s.Altertbümer das. 1150.
2.1/idau.' Zu Piatons Timaeus. 313. Beitrag zur Erklärung und
Kritik des Euripides. 482. 489. 497. Vermischte Aufsätze.
1102. 1105.
Lindemann in Zittau. 928. De interitu operum artis statuariae
apuJ vetercs. 960.
Literatur. Beiträge zur römischen Literaturgeschichte. 99. 338.
Griechische in Frankreich. 521. 529.
Livius. De rebus Syracusanis capita. 496. Ueber die Chrono-
logie dess. 625. 6.i3. Ueber die krit. Behandlung dess. 855.
Löschke iu Bautzen ; Vom Gebrauche der Partikeln nisi und si.
976.
London. Ausgrabungen das. 1136.
Loreve in Rastatt. 1208.
Lucas in Bonn ; Philologische Bemerkungen. 992
Luciunus. De Luciano philosoplio. 576. Zum Tiinon. 7G7.
Symposion c. 4l. 113.3.
Lücke in Goltingen. 232.
l'lagileburg. Gymnasium das. 776.
Mannheim. Gchlirtenversammlung das. 704. 962. 976.
./. Maran zn Prag. 344.
Marburg. Universität das. 16O.
Matthiae : De Ennianorum Annalium fragmcntis a Merula aa-
ctis. 664.
Matthiae in ^anmburg. 648.
Matlhisson in Bricg. 656. 880.
Mehlhorn. Dessen Abhandlung de appositionc in lingua grae-
ca. 8.
Meissen. Landesschule das. 496. 1112.
Metzger in Hadamar. 40.
Monterone. Antikes Grab das. 848.
Moser in Königsberg in Pr. 504.
Movers in Bcrkum. 616. 848.
Mühlhauten. Gymnasium das. 392.
Mühlig in Bamberg. 616.
.Miiller in Cassel. 296.
/. Miiller in Halle. 488.
*■, O. Müller in Götlingen. 1112.
Münscher in Hanau : De Romanorum reipublicae inter Sul-
lam Caesarcnique forma. 448.
Münsiereifel. Gymnasium das. 1192.
Münzen in Preusscn. 4l6. Eine gallische Goldmünze. 440.
Samndung karthigischer , römischer etc. 1216-
Mythologie. Das Geschlecht der Phoikys und <ler Kcto nach
Hosiod. 29. Ueber die Gorgoncnfabcl. 560. Apollinis cultuj
und.- diicondus sit. 856. Heber die spindeltragenilen Göt-
tiunen. 992. Pelasgischer Glaube u' ' Houifrs Vcrhaltniss zu
demselben. 1183. 1185. 1193. 1201. iJranos , Kronos
und Zeus im Kampfe um den Hcrrschercmon. 1220. l'^25
F. A. Nuke zu Bonn. 280.
Narbonne. Cireus das. 616.
Nassau. Gymnasien das. 1080.
Naumburg. Domschule das. 632. 648.
Neapel. Ausgrabungen bei Torre dell' Anunziata. 616.
C. Nepos. De vitis, quae ejus nomine feruntur. 688. Quac-
stiones in ejus vitas. 1192.
Neuslrelilz. Gymn.isium das. 1136.
Nissen : Ueber das Geschichtswerk des Herodot. 193. De viliis,
quae C. Nepotis nomine feruntur. 688- 1150.
Nitzsch : De sacerdotibus Graceorum. 840. ^
Nögerath zu Bonn, 560.
(Jlibarius: Bemerkungen über Tibull. Eleg. I, 7. 17. 18. 80.
Oebeke : Quaesliones Horatianae. 1160.
Ohlert in Königsberg in Pr. 968.
Ohm in Berlin. 1040.
Aurelius Opillius 339.
Orion : Dessen Apophlhegmala. 991.
F. dann : Griechische und tömisclic Inschriften. 51. 57. 455.
457. 405. 516. 1037.
Otto in Erlangen. 616.
Paldamus: De Sophociis Oedipo Col. V. 540. 672.
l'anse : Uobcr die Entwickclung des Sophokl. Philoklet. 1136.
Paulus zu Heidelberg. 6I6.
Perlcb in Froibnrg. 760.
Pernice zu Halle. 256.
Persius. Codex dess. in Montpellier. 616.
Peter: Die Zahl der Centurien seit der Veränderung der Ser-
vianischen Centuriatverfassung. 137. 145. Ueber die Chro-
nologie des Livius. 625. 633.
Petersburg. Akademie der Wissenschaften das. 96.
Petersen in Meldorf. 904." Hippocratis nomine quae circum-
feruntur scripta. 376.
Pelrettini in Padua. 640.
Pforta. 96.
Philosophen und Philosophie. Die Dialektiker. 163. 169. De
variis lormis doctrinac nioialis Peripateticornm. 872.
Piderit : De Hermagora rhctore. 872.
Pirona in Udine. 1008.
Plalo. 7.VI Plalons Timaeus. 313. Doctrina de dco Platonico
et chrisliana. 384. Ueber die Rolle des Aristophancs im
plaf. Gastmahl. 424. De rep. 4, 5. », 1. 544- Ueber die
dramatische IS'atur der plat. Dialoge. 560. De artis diaiccticac,
qua Pliito sibi viam ad scienliam veri munivit, forma ac ra-
tione. 576. De anachronismo absurdissimo , quem Plalo in
Rep. componenda admisisse visus est. 576. De mundi priu-
cipiis secundum Platoneni. 632. Verdeutscliung des Timains.
632. Ueber eine Stelle des Menexenus. 688. Ueber die Zahl
Republ. 8, 546. 872. De idea boni apud Platoncm. 872.
De reipublicae temporibus. 872.
Plauen. Gymnasium d.is. 368. 928.
Plautus. De punieac linguae rcliquiii in Plauti Pocnulo. 45.
Sccna Pl.uitina a Ritschelio cmcndata. 056. Res militarcs
Plauti. 072. De vetcrilnn PI. inlerpietibus. 992.
Plinius. Zur Kenntniss der Quellen desselben. 95. Quaeslio-
nes Plinianae. 976. Lexici Plin. «pcc. 1040.
Plularchus. Uobor einige Stellen dess. 105. Phoeion 1 — 3.
296. Metamorphoses crit. ail PI. emendandum. 1024. Zu
einigen Slclb.n dess. 1107. Ueber seine Biographiceu. 1224.
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Jg. 6
Zeitschrift für die
Alterthumswissenschaft
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