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Full text of "Zeitschrift für die Alterthumswissenschaft"

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PUUCHASED  Füll  THE 

L/\/\'ERS/Ty  Of  TORO?<TO  J  1P,I\ARY 

FP.OM    IHE 

CÄNÄDA  COUNCIL  SPECIAL  CRANT 


FOR 

ART 


Zeitschrift 


für  die 


Alterthumswissenschaft. 


Begründet 


]>•  M/wdtvig  Cht'ialitm  Xitntnertnann. 


In  Verbindung  mit  einem  Vereine  von  Gelehrten 


fortÄCSetzt 


^^^Ä^ft^ää 


JRari  Xinttnertnann , 

D.  der  Theologie,  Grossherzoglich  Hessiscliem  Hofprediger. 


Sechster    Jahrgang 

1  s  3  a 


Darmstadt, 

Druck     und     Verlag     von     C.    \V.    L  e  s  k  e. 


pH 

7 


Vorbericlit. 


Bei  dem  Beginne  des  sechsten  Jahrganges  dieser  Zeitschrift  kann  ich  nicht  umhin,  einige  wenige 
Worte  an  die  Herrn  Mitarbeiter  und  Leser  vorauszuschicken.  Es  ist  vor  Allem  ein  Wort  des  Dankes, 
welches  ich  aussprechen  zu  müssen  glaube.  Nicht  ohne  mannichfache  Besorgnisse  unterzog  ich  mich 
der  Fortsetzung  dieser  gelehrten  Blätter,  nicht  ohne  mannichfache  Besorgnisse  bat  ich  nach  dem  Tode 
meines  Bruders  in  einem  Rundschreiben  vom  23.  August  die  verehrten  Herren  Mitarbeiter  um  die  fort- 
währende gütige  Unterstützung  eines  Unternehmens,  welchem  der  Selige  seine  ganze  Kraft  und  Thätigkeit 
mit  sehner  Uneigennülzigkeit  und,  nach  dem  Urtheile  Sachverständiger,  mit  dem  glücklichsten  Erfolge 
für  die  Wissenschaft  gewidmet  hatte.  Allein  ein  grosser  Theil  dieser  Besorgnisse  schwand ,  als  von  allen 
Seiten  die  aufmunterndslen  Schreiben  einliefen,  die  ebansowohl  von  der  Achtung  und  Liebe  gegen  den 
Verstorbenen  Zeugniss  ablegten,  als  sie  gegen  mich  ein  Vertrauen  aussprachen,  dessen  mich  immer 
würdiger  zu  machen  mein  eifrigstes  Streben  sein  wird.  Zugleich  gaben  mir  die  an  mich  gelangten  Briefe 
die  angenehme  Gevvissheit,  dass  die  Herrn  Mitarbeiter  auch  fernerhin  diese  der  Alterthumswissenschaft 
ausschliesslich  gewidmele  Zeilschrift  durch  die  thätigste  Theilnahme  zu  unterstützen  bereit  sein  wollen.  Und  so 
drängt  es  mich  denn,  für  das  Alles  und  für  die  mancherlei  freundlichen  Winke,  die  mir  geworden  sind,  den 
herzlichsten  Dank  auszusprechen  und  damit  die  vertrauensvolle  Bitte  um  die  gütige  Erhaltung  dieser 
freundlichen  Gesinnungen  gegen  diese  Blätter  und  ihren  jetzigen  Herausgeber  auch  bei  der  eingetretenen 
Veränderung  zu  verbinden. 

Diese  Veränderung  ist  aber  das  Zweite,  was  ich  in  der  Kürze  erwähnen  zu  müssen  glaube.  Die 
Hellsehe  Buchhandlung,  in  deren  Verlag  bisher  unsere  Zeitschrift  erschien,  ist  durch  den  Tod  ihres 
Vorstehers  in  andere  Hände  übergegangen.  Daher  hat  die  C.  W.  Leske'sche  Buchhandlung  dahier  den 
Verlag  von  dem  zweiten  Seraester  1838  an  übernommen.  Dieselbe  wird  es  sich  zur  angelegentlichsten 
Pflicht  machen,  auch  unsere  Biälter,  wie  die  andern  Zeitschriften,  welche  in  ihrem  Verlage  erscheinen, 
immer  auf  den  bestimmten  Tag  erscheinen  zu  lassen  und  so  schnell  als  nur  immer  möglich  die  rückstän- 
digen Helle  nachzuliefern.  Das  Publicum  kann  sicher  hoffen,  dass  im  Laufe  der  bevorstehenden  Oster- 
messe alle  noch  nachzuliefernde  Hefte  in  seinen  Händen  sein  werden.  Die  jetzige  Verlagsbuchhandlung 
hat  übrigens  wie  den  Verlag,  so  auch  die  Verbindlichkeiten  gegen  die  Herrn  Mitarbeiter  und  Abnehmer 
erst  mit  dem  Julihefte  des  Jahrgangs  1838  übernommen.  Alles  Frühere  hat  auf  sie  keinen  Bezug,  und 
mögen  sich  desshalb  die  Herrn  Mitarbeiter  an  die  Heil'sche  Buchhandlung  oder  an  mich  wenden,  der  ich 
das  Nöthige  zu  besorgen  gern  bereit  bin. 

Um  ferner  vielen  früher  an  meinen  Bruder  und  nun  auch  wiederholt  an  mich  gerichteten  Wünschen 
zu  entsprechen,  wird  die  Entrichtung  des  Honorars  an  die  Herrn  Mitarbeiter  vom  Jahre  1839  an  halb- 
jährlich stattfinden. 

Alle  Briefe,  Sendungen  etc.  bitte  ich  von  nun  an  durch  den  Commissionär  der  C.  W.  Leske'schen 
Buchhandlung,  Herrn  Mittler  in  Leipzig,  oder,  wem  es  gelegener  ist,  durch  Herrn  Streng  in  Frankfurt, 
unter  meiner  Adresse  an  mich  gelangen  zu  lassen. 


Und  so  inö"-e  denn  der  Zeitschrift  mit  dem  neuen  Jahre  unter  den  neuen  Verhältnissen  eine  neue 
bessere  Zeit  anbrechen!  Rodacteur  und  Verleger  werden  das  Ihrige  dazu  beitragen.  Möchten  nun  auch 
die  Herrn  Jlitarbeiter  ferner  das  Ihrige  thun  und  midi  so  schnell  als  möglich  mit  gediegenen  Arbeiten 
erfreuen!  Möchten  sie  namentlicii  auch  durch  3Iittheilung  geeigneter  Miscellen  mich  in  den  Stand  setzen, 
diese  Rubrik  in  der  Folge  reichhaltiger  ausstatten  zu  können,  als  bisher. 

Dürfte  ich  schliesslich  noch  eine  ergebenste  Bitte  beifügen,  so  wäre  es  die,  dass  es  den  Herrn  Mit- 
arbeitern n-efallen  mön-c,  ihr  Slanuscript  so  leserlich  als  nur  möglich  einzurichten,  damit  dadurch  dem 
Corrector  sein  mühsames  Amt  erleichtert  und  die  Gefahr  möglichst  vermieden  werde,  Druckfehler  stehen 
zu  lassen. 

Darmstadt,  2.  Januar  18S9. 

Dr.  Karl  Zimmermann. 


Indem  ich  das  von  Herrn  Dr.  Zimmermann  vorstehend  in  Bezug  auf  die  Uebernahme  des  Verlags 
der  Zeitschrift  für  Altert humswissenschaft  Gesagte  bestätige,  wiederhole  ich  nur  noch  die  Ver- 
sicherung, dass  ich  alles  Mögliche  aufbieten  werde,  um  nicht  nur  die  von  1838  noch  rückständigen  Hefte 
baldio-st  vollenden,  sondern  auch  den  laufenden  Jährgang  immer  pünktlich  auf  den  Tag  liefern  zu  können, 
wodurch  sowohl  den  resp.  Herren  Mitarbeitern  die  Ermunterung,  Ihre  Beiträge  schleunigst  abgedruckt 
zu  sehen,  "-egeben,  als  auch  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  nichts  Veraltetes  geboten  werden  soll. 

Wenn  in  dem  Innern  Wesen  dieses  Blattes  aiich  keine  Veränderungen  getroffen  werden ,  so  wird  es 
hoffentlich  doch  allseitige  Zufriedenheit  finden,  wenn  ich  demselben  ein  schöneres  äusseres  Gewand  gebe, 
indem  ich  es  von  1839  an  gleich  meinen  übrigen  Verlags- Journalen  auf  besserem  Patent-Papiere  er- 
scheinen lasse,  ohne  jedoch  den  bisherigen  Preis  ton  6  Thirn.  oder  10  fl.48kr.  für  den  ganzen  Jahrgang 
zu  erhöhen.  Zudem  soll  noch  am  Schlüsse  eines  j^den  Jahrgangs  ein  General  -  Register  gegeben  werden, 
um  das  Nachschlagen  und  den  spätem  Gebrauch  der  Zeitschrift  zu  erleichtern. 

Darmstadt,  den  2.  Januar  1839. 

C.  TF.  I^eske. 


Zeitschrift 

für   die 

Altertliumswisseiischaft. 


Mittwoch,  2.  Januar 


18  39. 


Nr.  1. 


Euripides  Helena. 

Betträge  zur  Kritik  und  Krkllirtini'   dieser  Tragödie. 
Von  C.  G.  Firnhaber. 

1.     Veber  die  Compositi'on  der  Tragödie  Helena. 

Seitdem  Aug.  Willi.  Schlegel  seine  Verdamniungsur- 
theilc  über  verschiedene  Sii'ic-ke  des  Earipides  ausge- 
sprochen hat,  ist  es  zu  den  Pflichten  eines  jeden  Her- 
ausgebers gerechnet,  das  ihm  anvertraute  Product  der 
Euripideischen  Muse  nach  Kräften  von  den  Vorwiirfen 
zu  reinigen.  AVir  dürfen  uns  desshalb  nicht  wundern, 
wenn  wir  die  Vorreden  der  beiden  letzten  Herausg,  «Ter 
Helena  *)  auch  diesem  Streben  gewidmet  sehen,  zumal 
da  Schlegel  speciell  auf  diese  Tragödie  RücKsicht  genom- 
men hatte.  Wir  wollen  zuerst  die  Urtheile  der  eben 
genannten  Herren  zusammenstellen  und'  dann  versuchen, 
aus  ihnen  einen  richtigen  Haltpunkt  zu  gewinnen. 

Schlegel  hatte  im  Allgemeinen  ausgesprochen,  die 
Helena  sei  eher  eine  Komödie,  als  Tragödie  zu  nennen; 
Pflngk  weist  den  Aamen  einer  Komödie  ohne  Weiteres 
zurück,  vertheidigt  aber  keineswegs  manche  der  Lächer- 
lichkeit beschuldigte  Scenen,  kommt  jedoch  zu  dem  Re- 
sultate, es  sei  die  Helena  eins  jener  vom  Euripides  neu 
eingeführten,  zwischen  Tragödie  und  Komödie  gleichsam 
die  Mitte  haltenden  Stücke.  Hermann  enthalt  sich  einer 
allgemeinen  Bezeichnung,  lüsst  aber  die  Helena  dasselbe 
Schicksal  mit  andern  von  ihm  herausgegebenen  Stücken 
des  Euripides  theilen,  indem  er  sie  für  nicht  gerade  die  beste 
Tragödie  erklärt,  (jiiod  nee  gravis  metus  in  ea,  nee  magna 
miseratio  invenitur.  Es  wird  nöthig  sein,  hier  eine  ge- 
drängte, jedoch  genauere  Inhaltsangabe  des  Stückes  fol- 
gen zu  lassen,  als  wir  sie  bei  den  Herausgebern  gefunden 
Ilaben. 

Ein  von  der  Helena  gesprochener  Prolog  setzt  den 
Zuhörer  so-  ziemlich  an  fait.  Man  hört,  dass  Helena  in 
Folge  des  bekannten  Wettstreites  der  GiUtinnen  un;l  nach 
der  Absicht  des  Zeus,  welcher  Griechenland  durch  einen 
Krieg  habe  von  der  reberfüUe  der  Menschen  befreien 
wollen,  dem  Paris  ob  i'hrer  Schönheit  zugesprochen,  dass 
dieseruach  Sparta  gekommen,  dass  sie  aber  auf  Juno 's  Ver- 
anlassung vom  Hermes  geraubt  worden,  Ja;is  dann  dem  Paris 
an  ihrer  Statt  ein  ihr  ganz  gleichendes  ei'öojXcv  gegeben  sei. 
Hermes  habe  sie  in  eine  AVolke  gehüllt  und  nach  Aegjpten 

)  ed.  Pflugk.  GoLhae  1801.     Godofr.  Hermann.   Lipsiae  1837. 


zu  dem  keuschesten  aller  Menschen,  zu  dem  Proteus  ge- 
führt, aber  die  Verheissung  zugleich  gehoben,  sie  werde 
noch  einst  mit  dem  Menelaos  gemeinschaftlich  Sparta  wie- 
der bewohnen,  und  ihre  Unschuld  dann  gerechtfertigt  sein. 
Sie  habe  nun  treu  dem  Gatten  fortgelebt,  allen  Versu- 
chungen Trotz  geboten,  die  namentlich  seit  Proteus  Tode 
ilir  von  dessen  Sohne  Theoklymenns  gemacht  würden.  In 
dieser  Absicht  wende  sie  sich  auch  jetzt  zum  Grabe  des 
Proteus,  um  Schutz  zu  finden  gegen  die  stets  neuen 
Heirathsantrage  des  Herrschers.  Teucer  erscheint ;  er 
kommt  vom  Trojanischen  Kriege,  von  seinem  Vater  ver- 
slossen;  sein  Erstaunen,  als  er  plötzlich  die  Urheberin 
aller  seiner  Leiden  vor  sich  sieht,  veranlasste  ihn  za 
Verwünschungen  gegen  die  Helena,  «gcffe"  die  von  ganz 
Griechenland  Gchasste",  und  erst  nachdem  er  seinen 
Irrthum  eingesehen,  beginnt  der  Dialog  bis  l(i4,  welcher 
dar  Helena  die  Kunde  bringt  von  Menelaos  A^erschivun- 
densein,  von  ihrer  Piutter  Tode,  von  all  dem  übrigen 
ilirem  Hause  seither  widerfahrenen  Unglücke  ,  das  er  als 
eine  Folge  der  Flu.ht  aus  Sparta  darstellt.  Die  Folge 
dieser  MittheilungeE  ist  der  uneüdliche  .Jammer  der  Helena, 
dfin  sie  ihren  treuen  Gefährten  ,  dem  durch  ihre  Klagen 
herbeigelockten  Chore  ausspricht,  sich  der  ganzen  Uner- 
niesslichkeit  ihres  Unglücks  erinnernd,  wie  sie  Alles  nun 
erlebt:  die  Mntter  todt,  die  Brüder  nicht  glücklich,  die 
Tochter  einsam  verwaist,  der  Gatte  von  den  Wellen  ver- 
schlungen, sie  selbst  von  dem  Vaterlande  fern,  bei  aller 
Welt  im  schmählichsten  Rufe,  ohne  Hoffnung,  je  wieder 
die  Heimath  zu  sehen,  von  den  verhassten  Nachstellun- 
gen des  Theoklymenos  verfolgt.  Tritt  doch  ihre  Unschuld 
nach  klarer  vor  das  Auge  des  Zuschauers,  nun  er  er- 
fährt, dass  sie  selbst  noch  in  Sparta,  gerade  als  sie  der 
Athena  opfern  wollte,  vom  Hermes  hinweggenommen, 
sie  also  durchaus  nur  das  unschuldige  Werkzeug  der 
Göttin  sei.  AVas  sie  im  Ivrischen  AVechselgcsange  aus- 
gesprochen, das  wiederholt  sie  bis  305  in  einfacher  Rede, 
in  welcher  sie  wiederum  das  Resultat  gewinnt,  wie  sie 
das  unglückseligste  AVeib  sei:  das  Leid  ist  zu  gross, 
immer  neu  schildert  sie  es,  das  AVeib  kann  es  nicht  in 
der  Brust  verschlicssen,  sie  sucht  Trost,  aber  auch  der 
Chor  weiss  ihr  keinen  zu  geben:  er  sucht  nur  die  Nach- 
richt des  Teucer  zu  lerddchtigen,  bittot  sie,  wenigstens 
nicht  eher  sich  den  Klagen  zu  überlassen,  als  sie  von 
der  allwissenden  Theonoe,  der  Schwester  des  Theokly- 
menos,  die  gewisse  Nachricht  gehört  habe.  Der  AVech- 
selgesang  be-;iiint  von  Neuem,  doch  dient  der  Klage  jetzt 


der  UmsUnil  znin  Thema,  dass  Hellas  so  Vieles  leide  um 
ihre  ScliOiiheit,  dass  sie  gerade  in  dem,  was  andere  Frauen 
so  l)0),'lü<-ke,  ihr  (  n^Miirk.  finden  niiisso ,  dass  KallisJo's 
und  Anderer  Leiden  da^je^en  nur  gering  seien.  Sie  ver- 
lassen gemeinscisaftlirli  die  Biiliue ,  nui  die  Scherin  um 
Aulsrliluss   zu   liilten. 

So  (ritt  mit  V.  3^()  IMenelaos  auf,  voll  des  bei  Enri- 
pides  ihm  stets  gegebenen  Stolzes  und  ungeniessner  Kitel- 
keit.  Er  erzählt,  «ic  er  nach  langen  Irrfahrten  nun 
seine  Flotte  zerschellt  gesehen ,  «ie  er  kaum  die  Helena 
"■erettet,  »vie  er  von  der  Koth ,  von  Hunger  und  dem 
fühlbarsten  Mangel  ge(|nalt  «erde,  kaum  seine  Blossen 
bedecken  könne  und  sich  gezivungen  sehe,  Hülfe  zh 
suchen  für  sich  ninl  seine  Grf/ilirtcn ,  die  er  mit  seiner 
Ton  Troja  heimgeführten  Helena  in  einer  Hohle  verboN 
gen  habe.  Er  wendet  sich  in  dieser  Absicht  nach  d«(r 
Thnre  des  Palastos ,  klopft,  es  erscheint  eine  Alte  und 
es  beginnt  ein  Dialog,  der  den  Hlenelaos  in  einem  pitd- 
jablen  Zustande  erscheinen  lässt,  indem  er  von  der  Alt* 
nicht  wenig  verspottet  nnd  ihm  angedeutet  wird,  wie  ir 
Hülfe  nicht,  wohl  aber  viel  Unaiigeneliines  erwarten  künnk, 
•wenn  er  nicht  schnell  sich  wieder  entferne.  Er  erfährt 
iniwischen,  dass  im  Hanse  die  Spartanische  Helena  sei, 
die  Tochter  des  Zeus:  Stoff  genug  zu  einem  SelbsfgJ- 
sprache,  das  er,  nachdem  die  Alte  sich  wieder  entfenit, 
484  beginnt,  freilich  nur  noch  eine  grössere  Ratlilosir- 
keit  daraus  ziehend.  Indess  der  Entschluss  zu  bleibe«, 
den  Theoklvm.  abzuwarten,  steht  mit  seiner  eitlen  Idep, 
dass  Jedermann  au  seinem  Uiif;lücke  den  innigsten  Al» 
theil  nehmen  werde,  in  zu  engem  Zusammenhang,  (äs 
dass  er  Um  nicht  haite  ausführe-i  sollen.  Indem  kelrt 
der  Chor  zurück  nnd  mit  ihm  di»  Helena,  welche  din 
Trost  erhalten,  dass  IMenelaog  noch  lebe  und  bald  kori- 
men  werde.  Nach  Weiterem  hatte  sie  nicht  gefragt;  als 
Furcht,  dass  die  Antwort  ihr  mit  enem  „Nein!"  al[e 
Hoffnung  zernichte,  hatte  sie  die  Fiige ,  ob  iMenelaks 
dann  mit  ihr  vereint  glücklich  sein  werkle,  nicht  gewaj;t 
nnd  eilt  wieder  zu  ihrem  alten  Sitze.  Mcnelaos  erblickt 
sie,  sie  flieht  ihn,  weil  sie  ihn  für  ein  Werkzeug  dU 
Theoklvm.  hält,  er  ihr  nach,  und  es  beginn^;  eine  Erkei- 
nungssceiie ,  die  dadurch  einen  eigenen  Anstrich  erhall, 
dass  Helena,  statt  den  Gatten  in  ihre  Arme  eilen  tIu 
sehen,  es  erleben  muss,  dass  er  fern  von  ihr  bleibj, 
durch  keine  Worte  überredet  werden  kann,  seine  recht 
massige  Gattin  anzuerkennen,  ja,  schon  zu  seinem  fit 
forteilen  und  die  Helena  in  dem  Schmerze  lassen 
nun  gar  von  dem  eignen  Gatten  verschmäht  zu  werded, 
als  zur  rechten  Zeit  noch  ein  Bote  erscheint  mit  der 
Nachricht  von  der  wunderbaren  Himmelfahrt  des  riötDl  ni), 
■wie  es  beim  ^'ersclnviiiden  noch  gerufen,  dass  die  annt 
Helena  so  unschuldig  alle  Sclimalinngen  erdulde.  Abei 
mitten  in  der  Rede  verstummt  auch  'er  ob  des  Anblickt 
der  Helena  und  eilt  schnell  von  daiinen,  Strafe  für  seine 
Reden  fürchtend,  sich  selbst  der  Dummheit  besi'hiil<lirriMH|. 

Indess  sind  alle  Zueifel  nun  dem  Menelaos  genoin- 
men:  er  preist  den  Tag  glücklich,  der  ihm  sein  Weib 
n-iedergibt,  sie  nmsclilingt  ihre  Lust  in  sel'ger  Freiiile, 
nach  so  langer  Trennung:  Tliränen  «einen  sie  <ler  Freude, 
nicht  der  Trauer  iiielir.  Die  Anfklarnng  beginnt  „nicht 
zu  Paris  Ehebette  flog  der  Kahn,    nicht    flog    die  Liebe 


e   rechU 

:'l'd(l))_<B> 

;n    will, 


hin  zn  nnrechtmässiger  Ehe  —  nein!  an  des  Nils  Ge- 
stade brachte  mich  iler  Sohn  des  Zeus.  Ein  Opfer  war 
ich  iler  Kvpris ,  doch  Juno  war  die  Retterin."  O  Un- 
glückselige ruft  der  Gatte:  es  ist  die  Anknüpfung,  dass 
von  Neuem  sie  ihr  Unglück  darstellt,  dem  iVIenelaos  das 
noch  Unbekannte  mittbeilt:  bald  aber  im  Interesse  das 
Zuhörers  von  dem  Chore  durch  die  Hinweisung  auf  das 
Glück   der   Gegenwart  unterbrochen   wird. 

Jetzt  kommt  der  Bote  wieder  zum  Vorschein:  ihn 
treibt  die  Neugier  herbei  :  denn  sichcrliih  waren  »lie 
Liebkosungen  zwischen  Helena  und  Menelaos  ihm  seit 
Troja's  Falle  etwas  sehr  Neues.  Als  er  von  seinem 
Herrn  Alles  gehört,  bricht  seine  Frende  Unumwunden 
hervor,  ilie  Freude,  dass  die  Gattin  seines  Herrn  nun 
unschuldig  sei,  er  keiner  Frevlerin  gedient  habe.  Mit 
Innigkeit  ruft  er  sich  in's  Gedächtniss  zurück,  wie  er 
bei  der  Hochzeitfeier  mit  dem  Viergespanne  rennend  die 
Fackel  getragen,  wie  sie  damals  als  glückliche  Gattin 
dem  Gatten  gefolgt  sei,  und  in  Erinnerung  der  vielen 
Mühseligkeiten,  die  er  nnu  vergeblich  erduldet,  einen 
Grund,  wie  überhauj)t  die  Unternehmung  gegen  Troja 
hat  begonnen  werden  können ,  nur  in  den  dazu  rathen- 
den  Weissagern  findend,  begiunt  er  das  Institut  der 
IxavTiti^  zu  verspotten,  naiv  die  Ansicht  aussprechend, 
yvuj/tij  Ö'  doioTi]  /uavT/g  i'j  t'  svßuvXia,  und  verlasst 
dann  die  Buhne  mit  dem  Auftrage,  den  in  der  Höhle 
zurückgelassenen  Freunden  das  ^'orgefallene  zu  melden 
und  sie  aufzufordern,  am  Gestade  sich  bereit  zu  halten, 
des  Kampfes  gewärtig  zu  sein  und  Mittel  zur  gemeiu- 
samen  Flucht  ausfindig  zn   machen. 

So  beginnt  7b0  von  Neuem  das  Gespräch  zwischen 
den  beiden  Gatten:  zuerst  mit  wenig  Worten  um  Mene- 
laos Schicksale  sich  drehend  (die  Erzählung  lehnt  Menel. 
ab  —  auch  liier  iin  Interesse  der  Zuhörer},  dann  aber 
auf  das  sich  wendend,  was  jetzt  zunächst  ihre  Sorge  sein 
inusste.  In  der  £r»ägung,  dass  an  Hülfe  und  Rettung 
kaum  zu  denken  sei,  bricht  die  Helena  in  den  Ausruf 
aus  „/''A.J^£>  £■;  OCfaya^]-^  flieh  vor  dem  Theokljmenos, 
dessen  Absichten  du  im  Wege  stehst:  sie  wiederholt  es, 
(peiiyEl  selbst  da  noch,  als  sie  ihn  versichert,  dass  Treue 
sie  ihm  stets  bewahrt,  stets  in  dem  Gedanken,  es  sei 
unmöglich,  dass  sie  gerettet  werden  könnten.  Menelaos 
selbst  zeigt  sich  rathlos  dabei,  zwar  meint  er,  nur  mit 
den  Waffen  in  der  Hand  werde  er  sterben,  doch  hat  er 
nicht  <lcii  rechten  Mnth:  nur  der  Hoffnung  leben  sie  noch, 
CS  «erde  ihnen  ilie  Theonoe  Helferin  sein  und  der  ge- 
genseitige Schwur,  mit  einander  zu  sterben,  sich  durch 
keine  Macht  trennen  zu  lassen  ,  beschliesst  recht  schön 
eine  Scene ,  welche  von  Enripides  mit  vorzüglichem  In- 
teresse  unverkennbar   gearbeitet  ist. 

Die  Theonot;  erscheint,  ihre  Sehergabe  hat  ihr  die 
Ankunft  des  Menelaos  verkündet:  sie  will  ihn  sehen, 
bedauert  ihn  zwar,  aber  will  sein  Erscheinen  dem  Bru- 
der melden:  in  meiner  Hand  liegt  es,  dich,  wie  JCjpiis 
will,  zu  verderben  oder  dich  zu  reiten  nach  Junos 
Wunsche.  Die  Helena  iinisrhlingt  ihre  Kiiiec  und  fleht 
in  langer  Rede  um  Hülfe!  Es  fordert  deine  Rechtliehkcit, 
dein  gestorbener  ^'ater  ivürde  das  dem  Fremden  (gehörige 
Jieransgegeben  haben,  willst  du  die  gerechten  Absichten 
deines  Vaters  den  ungerechten  deines  Bruders  nachsetzen? 


Ich  soll  iliii  wieder  verlieren,  «leii  ich  eben  erst  wieder 
crhalteu?  ich  soll  in  dem  Unjjlüeke  bleiben,  soll  meinon 
Namen  nie  wieder  von  den  Verläunidungen  gereinigt  sehen? 
O!  folge  deinem  Vater:  es  ist  der  Kinder  höchster 
Rnhni.  —  ."Menelaos  redet  anders,  er  kann  ein  Weib 
nicht  anflehen,  drum  wendet  er  sich  zu  dem  Grabe  und 
flehet  zu  dem  Schatten  des  Proteus.  Dann  aber  macht 
er  den  Kntscliluss  kund ,  dass  fllann  gegen  IMann  er  mit 
dem  Theoklymcnos  fediten,  sein  Weib  sich  noch  erkämpfen, 
dass  Beide  sie  vereint  sterben  wollen.  Theonoi-  folgt  der 
inneren  lieberzeugung:  sie  will  die  Ankunft  dem  Bruder 
verheimlichen,  so  gebietet  es  ihr  die  eigne  Rechtlichkeit, 
so  will  es  das  Recht:  Sucht  eure  Rettung  euch  nun  selbst 
und  flehet  zu  den  Göttern,  zur  Kjpris,  dass  sie  euch 
beschirme. 

Jetzt  beginnt  die  neue  Berathung:  die  List  ist  erson- 
nen: die  Helena  hat  sie  erdacht:  IMenelaos  soll  selbst 
in  der  IMaske  eines  gewöhnlichen  Arhäers  den  Tod  des 
Menelaos  lerkünden:  dann  will  Helena  zur  Todtenfeier 
vom  Theoklymenos  erbitten,  was  zur  Flucht  nothig  sein 
kann;  so  wollen  sie  fliehen  —  sie  und  alle  Genossen 
des  IVlenelaos.  Helena  verlasst  nach  einem  Gebete  die 
Bühne,  um  Trauerkleider  zu  nehmen,  IMenelaos  bleibt. 
Es  kommt  ein  Chorgesang,  welcher  zur  Aufgabe  hat, 
theils  die  Unschuld  der  Helena  darzusfellen ,  tlieils  das 
äaaCfSt;  der  Menschen,  woraus  nur  allein  das  Unglück 
des  Trojanischen  Kriegs  entstanden  sei. 

Als  Theoklvmenos  1165  auftritt,  bemerkt  er  den  Me- 
nelaos niclit,  hat  aber  schon  gehört,  dass  Griechen  an- 
gekommen seien,  und  scliliesst  aus  dem  von  der  Helena 
verlassnen  Grabe ,  dass  sie  bereits  cutflohen  »ei.  .Schon 
ruft  er  seine  Knechte  herbei,  den  Flüchtigen  nachzu- 
jagen, da  erscheint  in  verabredeter  Trauer  die  Helena: 
sie  verkündet  den  Tod  ihres  Gatten,  Menelaos  bestätigt 
Alles,  es  ist  eine  Sprache,  voll  von  Hinterlist  und  Zwei- 
deutigkeiten: die  List  wird  erreicht,  zum  Pfände  hat 
Helena  ihre  Hand  eingesetzt,  bereitwillig  gibt  für  solchen 
Preis  Theoklvmenos  Alles,  was  sie  zur  Toiltenfeier  ver- 
langen, verheisst  dem  Menelaos,  als  dem  Verkündiger 
einer  ihm  nicht  unangenehmen  Nachricht  Belohnung  und 
macht  ihn  zum  Anführer  des  zum  Behufe  der  Todten- 
feier auszurüstenden  Schiffes;  sie  gehen  in's  Haus,  um 
Alles  in  Bereitschaft  zu  setzen.  Es  beginnt  ein  Cliorge- 
sang,  dessen  njiheren  Zusammeiihaiig  mit  dem  Stücke  die 
letzte   leider!    corrumpirte   Strophe    nicht  ergründen  lasst. 

Es  nähert  sich  Alles  der  Entscheidung:  Thconoe  hat 
ihr  Versprechen  gehalten:  Menelaos  hat  die  bessten  Waf- 
fen sich  genommen  und  sich  gerüstet:  froh  verkündet  es 
die  Helena,  da  will  Theoklymenos  sie  noch  einmal  ab- 
bringen von  ihrem  Vorhaben;  bleib  du  bei  mir,  bittet 
er,  ich  fürchte,  du  könnest  dich  aus  Sehnsucht  und 
Trauer  um  deinen  frühem  Gatten  in  die  Wellen  stürzen! 
Sie  bleibt  aber  ihrem  ^\)rhaben  getreu,  macht  ihn  gauz 
sorglos,  verspricht  eine  gute  Gattin  ihm  nachher  zu  sein, 
er  geht  zurück  in's  Haus,  die  Anstalten  zur  Hochzeit  zu 
trcflen:  Menelaos  und  Helena  verl.Tssen  die  Bühne:  ilem 
grossen  Unternehmen  gehen  sie  entgegen  ;  der  Chor  fleht 
ihnen  in  einem  schönen  Gesänge  den  Segen  und  den 
Schutz  der  Götter  herab  I 


Da  erscheint  ein  neuer  Bote,  ruft  den  Theoklymenos 
nnd  erzahlt  in  einer  schönen  Rede  die  Flucht  der  Helena: 
wie  sie  das  .Schill'  bestiegen,  die  übrigen  Griechen  her- 
beigekommen seien,  wieder  Stier  dann  wohl  geschlachtet, 
aber  dem  Pontios  und  dm  Nereiden,  wie  dann  der  Kampf 
im  Schifl'e  begonnen,  IMenelaos  überall  mit  kräftiger, 
umsichtiger  Hand  gekämpft,  Helena  durch  begeisterte 
Worte  den  Muth  angefeuert  habe:  zuletzt  die  Segel  ge- 
lichtet seien  zur  Fahrt  nach  Griechenland.  Mit  aller 
Wuth  braust  der  Tyrann  auf:  schon  will  er  sie  gegen 
seine  Schwester  richten,  weil  sie  ja  ihm  die  Flucht  ver- 
schwiegen, schon  kann  er  von  dem  thätigen  Chore  nicht 
mehr  zurückgehallen  werden,  da  erscheinen  die  Dios- 
ruren ,  verkünden  die  Flucht  ihrer  Schwester  als  mit 
Zustimmung  der  Götter  geschehen  ,  beruhigen  die  Wuth 
und  der  Chor  beschliesst  das  Stück  mit  seinem  alten 
Refrain:  Sonderbares  ist  doch  viel  im  Leben,  die  Götter 
regieren  doch  die  Schicksale  der  Menschen  ganz  gegen 
Erwarten! 

Diese  üebersicht  der  einzelnen  Scenen  setzt  wenig- 
stens das  ausser  allen  Zweifel,  dass  das  Stück  im  Stande 
sein  konnte,  die  Gemüther  zu  spannen:  sie  zeigt  nns 
zugleich  die  dramatische  Kunst  des  Euripides,  wie  er  so 
schön  die  eine  Scene  in  der  vorhergehenden  jedesmal 
vorzubereiten,  die  eine  ganz  ungezwungen  aus  der  andern 
alizuleiten  weiss,  wie  das  Interesse  an  den  handelnden 
Personen  nie  sich  verliert,  und  die  Zei<hnung  der  Cha- 
raktere eine  so  umsichtige,  durchaus  coiisecjuent  durch- 
geführte, Interesse  erregende  ist,  endlich  wie  unmöglich 
der  so  behandelte  Stoff  zu  einer  Komöilie ,  nach  gewöhn- 
lichem Sinne  genommen,  gestempelt  werden  kann.  Wen- 
den wir  uns  nun  zu  den  Vorvvürfen,  welche  man  der 
Composition  des  Stückes  gemacht  hat,  um  daraus  einen 
Stan<lpunkt  für  diese  Dichtung   zu  gewinnen. 

Da  stimmt  man  zuiürderst  darin  überein,  es  für  tho- 
ricbt  zu  halten  ,  wenn  man  au«  dem  laetus  traguediae 
eüitus  einen  Schluss  ziehen  wollte.  Genug  Irrthümer 
hat  in  dieser  Beziehung  das  Ende  der  zweiten  Hypothe- 
sii  vor  dem  Orestes  verbreitet,  welches  mit  den  Worten 
Ti'ioa  TQayo)dia  oüfiqujvov  tvct  v.al  xö  jtioQ,'  fx 
}J'ili]q.  yuo  a^ySTai  y.a.i  sie,  Xi'Tti/v  TsXevTo.  über  alle 
Tragödien  den  Stab  bricht,  welche  ein  heiteres,  das 
Gemüth  des  Zuhörers  recht  zufrieden  stellendes  Ende  haben. 
AVie  würde  nach  solchen  Kriterien  die  Eiiripideische 
Tragödie  bestehen  können!  Es  ist  das  eine  jedenfalls 
unüberlegte  Idee  gewesen,  die  für  keine  grosse  Bekannt- 
schaft des  Verfassers  mit  unserm  Dichter  spritfit.  Doch 
lassen  wir  das  und  wenden  uns  zu  den  haud  paucis ,  quae 
iufra  fragoediae  graiitatem  jaceant,  bei  Herrn  Pflugk 
pracf.   y. 

Er  meint,  der  7li0.  Vers  mache  einen  recht  fühl- 
liarcn  Abschnitt:  da  fange  die  Action  an,  ihre  Lebhaf- 
tigkeit zu  verlieren,  langweilig  zu  werden  und  sich  um 
die  einzige  Absicht  zu  drehen  die  Theonoe  zu  gewinnen 
und  den  Theoklymenos  zu  betrügen.  Auüserdem  nehme 
der  Chor  von  hier  an  weit  weniger  Antheil  an  dem  Ver- 
laufe des  Ganzen,  vielmehr  schweige  er  nur  oiler  sauge 
ganz  heterogene  Gedanken  dazwischen.  Wir  müssen  das 
bestreiten,  wollen  es  vielmehr  jedem  Leser  anheimgeben, 
ob  er  den  Abschnitt  entdeckt  habe.       Was   im  Allgemei- 


8 


nen  die  Tortsei/.nti';  des  Ideenjau'^s  be<riin,  so  liegt  ia 
uasercr  obigen  Kiiarratio  noLI  ticiiou  der  Reneis,  dass 
derselbe  ein  ganz  uatiiiliclicr  ist.  Die  Fülje  des  Wie- 
Herfiudeus  niusste  nach  der  ersten  Freude  die  .Sorge 
sein,  wie  mau  siiU  retten  kiinne:  die  Einsicht  der  He- 
lena gab  an,  dass  ohne  Iliilfe  der  Tliconoi-  eine  Ret- 
tang unmöglich  sei:  die  Folge  daion  «ar  der  Versncli, 
dieselbe  /.a  getiinuen:  danach  munstc  der  Plan  kommen, 
den  Thcdklvmenos  zu  betrügen:  s»  folgt  in  dem  natür- 
lichsten (iange  das  Eine  aus  dem  Andern.  Der  Vonvurf 
des  Hrn.  Ptlugk.  kann  also  hiichstens  einzelne  Sceneo, 
nnmiiglich  einen  ganzen  Tlieil  treHen;  einzelne  Scenen 
■ind  etivas  zu  lang  ausgedehnt,  höchstens  dürfte  so  der 
Vorwurf  lauten,  den  Mir  dennoch  nur  auf  die  eine  be- 
schränken niiichten ,  wo  sie  die  verabredete  List  mm 
■»■irklich  auf  den  Künig  anwenden.  Hier  ist  der  Dialog 
allerdings  etwas  matt  geworden,  aber  er  hebt  sich  bald 
■wieder,  wie  das  in  jedem  Stücke  ,  nicht  Lei  Enripides 
allein,  voi kommen  kann.  Wie  man  den  andern  Sceuen 
Lauheit  der  Action  vorwerfen  kann,  namentlich  bei  der 
schönen  edeln  Haltrmg  der  Helena,  ist  uns  nicht  klar 
geworden.  Vielmehr  stimmen  wir  dem  Lobe  bei ,  wel- 
ches Hermann  der  Relation  des  Boten,  wie  auch  d$n 
Reden  gibt,  welche  die  Theonoc  erweichen  sollen,  uad 
übertragen  dasselbe  auch  auf  die  andern  Scenen. 
(Beschluss  folgt.) 


Persoual-Clirouik  und  Miscellen. 

Na  ob  t;  rab  II  ngcn  auf  den  Ruinen  von  Karthago.  Der 
bciltiscbe  Obribt  Greni/iVfe  Tcmp/e,  bekannt  ilincb  seine  aicli^o- 
logischen  und  geo^rapliischen  Forschungen  in  der  Berbei-fli  (s.  Jm- 
scn  Excwsions  in  tlie  Mediterrancan ,  2  Bde.  London  18», 
rec.  A.  L.  Z.  1836,  Nr.  100),  schürte  sich  im  ISovember  1837, 
nach  seiner  UücKIvehr  von  Constanline,  nach  Tunis  ein,  im 
in  dorlijcr  Umgegend  auf  den  Ruinen  Karlhago's  Nacbgrabijn- 
gen  in  einem  grossen  Maasstabe  zu  veranjtallen.  Sein  ßo^ltier 
■war  Hr.  Falbe,  ehemaliger  dänischer  Consul  in  Tunis,  der  mit 
ihm  in  wissenschaftlichem  Interesse  den  Zug  nacli  Conslanlipe 
mitgemacht  und  sich  schon  in  frülierer  Zeit  durch  die  Iler^iis- 
gabe  eines  Planes  der  Ruinen  von  Karthago  (s.  A.  L.  Z.  18», 
Kr.  137)  um  die  Alterthumskunde  Verdienste  erworben  hatie. 
Nach  den  neuesten  Nachrichten  ist  Sir  G.  Templc  in  Malta  ak- 
gckommen  und  scheint  seine  Nachgrabungeil  bei  Tunis  bc 
digt  zu  haben.  Leber  das  Resultat  seiner  Arbeilen  enthalt 
Zeiton!»  von  Malta  folgende  Details:  ,.Die  Nachforschungen  ucs 
Sic  GretiK'ille  'J'em/ile  wurden  durcli  interessante  Entdcckuiigtn 
belohnt,  unter  deren  Zahl  wir  folgende  erwähnen:  In  den  liii- 
nen  des  Tempels  \on  Ganatli»)  oder  Juno  Cülcstis,  der  g 
Schulzgöttin  von  Karlliago.  fand  er  ungefähr  700  Miin 
■wie  verschiedene  Gegenslunde,  ans  Glas  und  Thon 
Aber  die  merkwiirdigste  und  vielleicht  unerwarteste 


,  der  grossin 

ilünzen,    si- 

lon    gcforni. 

seiner  Eni- 


*)  Soll  wohl  lieisscn  7anaj/i,  denn  Ji^jJ*  (lies:  J^JJ?.  Tanitb) 

ist  die  einheimische  Benennung  und  Sclireibung  der  weiht 
liclien  Gottheit  in  Karlliago,  welche  die  Römer  .Tun^ 
Cocioslis  nennen  (S.  Gesc«.  Monumm.  Thoenic.  S.  llSir), 
und  auf  welche  sich  mehrere  in  den  Ruinen  jenes  Tcroi 
pels  gefundene  Inschriften  beziehen  (s.  ebcnd.  S.  10211% 
Die  aufgcrmidenen  Münzen  mögen  zu  dem  Schatze  dei 
Tempels  gehurt  haben. 


dcckungcn  war  die  eines  am  Meerufer  gelegenen  Landhauses, 
welches  15  Fnss  lief  iriiler  der  K'Je  begraben  war  Acht  Zim- 
mer davon  wurden  gänzlich  gereinigt,  und  ihre  Form,  ebenso 
wie  ihre  Ausschmückung  beweisen,  dass  dieses  läudliche  Lust- 
scliiass  Eigenthum  einer  reichen  und  mächtigen  Person  gewesen 
sein  muss.  Die  Mauern  sind  bemalt  und  der  Vorhof  mit  präch- 
tiger Mosaik  gepflaslert.  *)  Lclzlere  ist  in  demselben  Sfjle, 
wie  die  Mosaik  von  Pompeji  und  Ilerkulanuni.  Sie  stellt  eine 
grosse  Verscliiedenheit  von  Gegenständen  dar.  wie  Meergotthei- 
ten beiderlei  Geschlechts,  Fische,  Seepflanzen,  ein  Schiff,  des- 
sen Vei'dcck  mit  tan/.enden  Frauen  bedeckt  ist;  Kriegergruppen 
stehen,  die  Tänzerinnen  bewundernd,  um  dic::ell)en  her.  An- 
tlere  Mosaikslücke  stellen  Löwen,  Pferde,  Leoparden,  Gazellen, 
Eulen.  Reiher  und  andere  Vögel  .nller  Art  vor.  Jn  den  ver- 
schiedenen Gemachern  sind  menschliche  Gerippe  aufgefunden 
worden.  Man  k.inn  annehmen,  dass  dieses  die  Reste  von  Krie- 
gi  rn  sind,  weleiic  bei  der  F.rstijrmung  des  Schlosses  getödtet 
wurden.  Sir  Gieiwillc  Temple  hat  auch  in  einem  anderen 
Hause  verschiedene  höchst  interessante  Mosaiken  entdeckt.  Sie 
stellen  Gladiatoren  dar,  welche  in  der  Arena  wilde  Thiere  be- 
kämpfen. Heber  jeder  Figur  ist  ein  Name  geschrieben.  Auf 
einem  andern  Theile  der  Mosaik  sieht  man  Pferderennen  und 
M.mner,  welche  junge  Rosse  bändigen.  Der  Raum  unseres 
Rljlles  erlaubt  uns  nicht,  weitere  Details  zu  geben;  aber  wir 
hoffen  ,  dass  Sir  Grciwillc  Temple  selbst  seine  wichtigen  Ent- 
deckungen baldigst  publiciren  wird."  {Augsb.   Allg.   Zeit) 

Nach'trag.  In  Nr.  61,  S.  503  dieser  Bialter  v.  J.  1637 
wurde  Miindi's  neueste  Schrift  über  ,,die  deutsche  Prosa"  mit 
Bezug  auf  seine  Urtheile  über  Alterlbnmsstudien ,  besonders 
über  Cicero,  Tacilus  und  deutsche  Classiker  für  die  höhere 
Jugendbildung,  gesprochen  und  Manches  daran  getadelt.  Hier- 
mit kann  das  neueste  Urlheil  von  A".  Giickow  verglichen  wer- 
den ,  in  den  Jahrbüchern  der  Literatur.  Erster  Jahrg.  (Hamb. 
1839)  S.  93  f.  ,,  Dieses  Buch  bietet  einen  wissenschaftlichen 
Gewinn  nicht  dar.  Keine  schwinkende  Frage  der  Gelehrsam- 
keit, keine  neue  Wahrheit,  ist  durch  diese  nnfruchtbare  Arbeit 
festgestellt.  Der  historische  Theil  ist  den  Handbüchern  ent- 
nommen, der  theoretische  bietet  nicht  die  geringste  Ausbeute 
dar.  Der  Styl  einiger  deutscher  Schriftsteller  wird  mit  jenem 
leidlichen  kritischen  Talente,  das  wir  dem  Verf.  nicht  nehmen 
wollen,  skizzirt,  an  seinen  Maximen  und  Erfahrungen  über  die 
innere  Natur  des  Styls  findet  sich  nicht  einmal  der  Versuch, 
auf  solche  hinauszukommen.  Statt  dessen  schildert  M.  die 
grosse  Bedculnng,  die  in  der  neuern  Prosa  liegen  solle;  den 
Varnhaviischen  entnervten  Styl  setzt  er  über  den  durch  und 
durcli  JHiui/ii'cn  eines  Heine,  den  «r  in  diesem  Buche  fast  nicht 
7.U  kennen  scheint.  Den  Dichtern  in  verbundener  Rede  ver- 
kümmerter, auf  Kosten  seiner  weltbcfrcienden  Prosa,  den  Ruhm, 
den  sie  sieh  in  Deutschland  neuerdings  durch  die  genialste  Be- 
handlung der  Spraehc  zu  erwecken  wussten.  Er  trat  mit  der 
Ansicht,  dass  die  Mission  iler  Literatur  lediglich  in  der  Poesie 
liece,  immer  deutliclier  hervor  und  verrieth ,  was  jetzt  schon 
kein  Geheininiss  mehr  i.-l ,  dass  sich  alles  Uebergewicht  in  der 
Literatur  nach  der  Seite  hinwerfen  müsse,  wo  er  und  farnÄage« 
ihren  klassischen  Styl  schrieben!" 

Wlb^.  Fr. 

Glogau.  Das  Hcrbstprogramm  enthält  eine  Abhand- 
lung des  Herrn  Oberlehrer  D.  F.  Mehlhorn  ,,De  appositione 
in  iingua  graeca  "  Dann  folgt:  Fortsetzung  der  Nachrichten 
von  dem  hiesigen  evangelischen  Gymnasium  in  dem  Schuljahre 
von  Michaelis  1837  bis  1838  verfasst  \  on  dem  Dircclor  Herrn 
D.  F.  D.Jilnpsch.  Der  erste  Abschnitt  enthält  die  Lchrvei- 
fassung  des  Gymnasiums  in  dem  abgelaufenen  Schuljahre.  Die 
Schnlerzahl  beträgt  gegenwärtig  232. 

*)  Prospcr  Jlqitilanicus  Cde  promitsinnihus  diiinis,  Opp.  II, 
p.  186  ed.  Paris.)  redet  von  einem  kostbaren  Pavimeut 
im  Hofe  des  Tempels  der  Dea  coclestis. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  t  er  tliu  ms  wissen  Schaft. 


Freitag f  4.  Januar 


18  39. 


Nr.  2. 


Euripides  Helena. 

Beiflüge  zur  Kiitik  iiml  F.iVlaning  dieser  Tragüdie. 
Von  C.  G.  Firnhader. 
(BescliI  nss.) 
Was  nun  al)er  ilon  C/ior  betrifft,  so  ist  der  Vorwurf, 
<len  man  den  Eurij)i<|pisrlion  Cliiiren  macht,  fast  stereo- 
typ geuorden.  31aii  liat  auch  liierbei  zu  oft  geurfheilt, 
ohne  gehilri»-  zu  nnfersnclieu.  In  der  Helena  stinunen 
alle  Herausfeber  übcrein,  der  Chor  sei  nachlässig  vom 
Dichter  behandelt,  er  verwende  seine  Gesänge  auf  die 
Ansführniig  von  Themen,  «eiche  mit  dem  Snjet  des  Stü- 
ckes nicht  entfernt  zusammenhingen.  Verweilen  wir  da- 
bei euen  Augenblick.  Der  Chor  erschien  im  Anfange 
von  dem  L'ngliicksinfe  der  Helena  herbeigernfen:  er  klagt 
mit  ihr,  voll  überströmender  Theiluahmc  sucht  er  Trost 
und  gibt  den  Rath ,  zur  Seherin  zu  gehen.  Darauf  fast 
allein  beschriiiikt  sich  seine  Thätigkeit  vor  v.  .'!()();  nach 
dieser  Zeit  singt  er  noch  drei  antistrophisclie  Gesänge 
und  nimmt  in  der  letzten  Scene  lebhaften  Antheil  genug, 
als  er  den  Theoklvmenos  abhalten  will  von  seinem  Vor- 
haben, fast  lebhafteren,  als  er  im  Anfange  des  Stückes  ge- 
zeigt hatte.  Hier  würde  der  Vorwurf  also  nur  die  Ciior- 
gesänge  treffen.  Da  kann  der  mittelste  allerdinj;s  den- 
selben zu  verdienen  scheinen,  jedoch  lässt  die  Verstüm- 
melung der  leizten  Verse  dieses  Gedichts  nicht  zu,  ein 
Urtheil  darüber  zu  fällen.  Er  behandelt  das  Unglück  der 
Demeter,  als  sie  der  Tochter  Ranb  erlitten:  wie  es  vom 
Zeus  gemildert  sei,  an  die  Stelle  der  Traner  wieder  die 
heitere  Nacht  getreten  sei:  die  Anwenilung  auf  die  Lage 
«ler  Helena,  die  über  ihrem  Haupte  nun  auch  den  Stern 
der  Hoffnung  aufgehen  sieht,  liegt  nicht  fern,  Kvpris  ist 
an  beiden  Orten  die  Urheberin:  sie  ist  an  beiilen  Orten 
aber  auch  die  iielfenile  und  schützende  Gottheit.  Was 
wir  bei  diesem  Chorgesange  äusserer  Gründe  wegen  nicht 
mit  Gewissheit  sagen  wollen,  das  kann  bei  den  andern 
beiden  geschehen:  sie  stehen  im  bessten  Zusammenhange 
mit  dem  Ganzen.  Es  konnte  nur  bei  dem  ersten  lt07  sq. 
ein  Zweifel  aufkommen:  betrachten  wir  ihn.  Er  steht 
in  genauester  Verbindung  mit  der  letzten,  ihm  voran- 
gehenden Scene.  Die  Helena  hatte  eben  auf  ihr  grosses 
bereits  crtran;enes  Unglück  die  Bitte  um  endliche  Hülfe 
an  die  Gölter  gegründet:  —  der  Chor  singt  zuerst  von 
dem  Unglück,  was  Helena  schon  erduldet,  und  lässt  sich 
dabei  weiter  über  den  vom  Trojanischen  Kriege  herbei- 
geführten Jammer  ans.      Mcnelaos    vieljähriges  Leid  war 


eben  als  Grund  dargestellt,  dass  die  Götter  endlich  gnä- 
dig seien:  —  der  Chor  redet  von  den  i>lülien  der  Heim- 
fuhrt, die  er  hat  erdulden  müssen;  daran  knüpft  sich  bei 
ihm  eine  Betrachtung  über  ilie  Gottheit,  noch  näher  be- 
wirkt durch  Helena's  letzte  Worte  des  Gebets  an  die 
liypris  £1  8'  ija9n  fiero/a  etc.,  die  er  aber  darauf  hin- 
ausfuhrt,  die  Götter  in  Schutz  zu  nehmen,  die  Schuld 
des  geschehenen  Krieges  nicht  der  Gottheit,  vielmehr 
der  Unweisheit  der  Menschen  zuzurechnen,  aber  auch 
die  Helena  zn  rechtfertigen.  Wollte  man  diess  für  un- 
gehörig erklären,  so  würde  man  denselben  Vorwurf  jeder 
Scene  machen  müssen,  wo  die  Dichtung  von  dem  spe- 
ciellen  Falle  zu  der  allgemeinen  Betrachtung  übergeht, 
wie  oben  die  Rede  des  Dieners  über  die  fidvieii,  und 
die  dabei  stattfindende  Einstimmung  des  Chors.  Endlich 
aber  lie-^t  in  dem  Gesänge  noch  die  wiederholte  Aulmun- 
terung,  Acn  Worten  der  Gottheit,  die  noch  nie  gelogen, 
zu  vertrauen,  also  Hermes  Verheissnng ,  dass  sie  noch 
glücklich  sein  würden,  der  Helena  wieder  in's  Gedächt- 
niss  zu  rufen.  AVir  können  desshalb  nichts  Ungehöriges 
entdecken,  vindiciren  vielmehr  dem  Chore  die  Statthaf- 
tigkeit, wie  wir's  an  andern  Orten  in  der  Medea  und 
Alcestis,  in  der  Androm.  und  den  Heraclid.  gethaa 
hiben.  —  Hermann  praef.  XV  meint:  Chorus  —  in  fine 
fabillae  praeter  exspectationem  fortis  in  defendenda  Theo- 
noa.  Sonderbar!  Während  der  Eine  den  Mangel  an  Theil- 
nahine  rügt,  findet  der  Andere  die  Theilnahme  selbst 
unverhofft.      Der  Chor   blieb  —  nach   unserer  Darstellung 

stets    tliätig.     Soll   Hermann's    Vorwurf    etwa    auf   die 

Vertheidigung  der  Tkeonne  anspielen?  Aber  wen  kann 
es  wundern,  dass  der  Chor,  der  Freund  der  Helena, 
diejenige  in  Schutz  nimmt,  welche  zur  Rettung  das  Meiste 
beigetragen. 

Ehe  wir  zur  quaestio  de  moribus  pcrsonarnm  gehen, 
müssen  wir  Hermann's  Vorwurf  berücksichtigen,  den  er 
in  der  praef.  XIV  mit  den  Worten  ausspricht:  nee  gravis 
metos  in  ea,  nee  magna  miseratio  inveiiitur.  Nam  Helenae 
querimoniae  —  partim  tumidiores  et  doctiores  partim 
languidiores  et  frigidiores  sunt  —  in  Menelao  autem  prae- 
ter detritam  vestem  et  squalorem  —  nil  est,  quod  specta- 
torem  ejus  misereat.  31etus  autem  nusquam  magnus: 
quippe  nee  praesens  ullum  periculum  neque  in  futuris 
nisi  ex  casu.  Soll  der  Umstand,  dass  einige  lyrische 
Wendunfjen  tumidiores  etc.  genannt  werden,  die  Wir- 
kung haben,  dem  ganzen  Stücke  die  miseratio  abzuspre- 
chen 1  Wohl  schwerlich!  Aber  wir  befinden  uns  auf  einem 


11 


12 


Fehle,  «o  ilie  subjecfive   Ansicht  nur  zu  si-lir  ihre   Thä- 
tigkeif   zeigt.      Jedenfalls    ilarf  nicht  von   einzelniMi   AN  oii- 
tlnngen,     «lenen    iloch    hiichstens     die    ohi^i'    bezeicliming 
gegeben   «erden   kann,  der  Scliliiss  gemacht   »»erden,  das 
Stück    gebe    zur   niiseratio  keinen  Anlass.     Die  Stielte  Idoibt 
stets   dieselle:    das   Leid    der  Helena   ist   grnss,   es  veri;rüs- 
sert  sich   Aiifaiigs    mit   jeder   neuen  Sccne  ;    so   haben   »vir 
es   in  der  obigen  Enarratio   geschildert.      .Alideid   mit   ihr 
empfindet    der  Chor;    es    dreht    sich   um    ilire  Leiden  die 
ganze    Handlung,   alles   Uelirige    ist    nur     .Nebensache.    — 
Aber   dennoi  h    kann     man     auch    nicht    hiugnen  ,    dass   mit 
dem  -Vultreten   der  Theonoe  aucli   die   Haltung  des  IMene- 
laos    eine    solclie    »»ird,    ilass    sie  die    regste  Theilnaliiue 
einQösst.      .Sehen    »»ir   nach,    »i  ie   Euripides   die    Il.iii[if[)i'r- 
son   des   Sliicks   gezeichnet  hat.      Ihr  erstes  .auftreten  zeigt 
eine    ruhige,    durch     die    L«nge     des    Ijngliicks     be»irktc 
Ergebung:    erst   nach    der   Lugliuksbotschaft  des   Teucer, 
nach   ilem  neu   gehorten  Leide  zeigt  sie  eine  Leidcnscliaft, 
die    sich     bis    zur    A  erz»»eiflung    steigert,      ohne    des    io- 
nern   Grui'deg    zu    ermangeln.       Das    »veibliclie    Herz    ist 
treu  geschildert:    es    kiiiin   nidit  aufliören   zu   klagen,    es 
muss   alle    Tröstungen   von   sich    »»eisen:     klagt  sie    ja   ge- 
nug  auch   sich   selbst,     ihre   Schüiilieit   an:    der   Entsclilups 
2a  sterben   kommt  nicht   uiiverhollt,   es   ist  die  letzte  .Stufe 
ihrer   leideoscliartlicheii  .Stimmung.       Mun    kommen  aller- 
dings  '.i  Yerse,   auf  »»eiche   Hermann's  Bezeichnung  "frigi- 
tlinres    zu    passen  scheint:     in    dem  Augenblicke,    ivu    sie 
den   A'orsatz  fasst ,  sich   zu   tonten,  spricht  sie  —  v.  298 
Tiüii  ttci.vuii.1    UV  oip  y.aiMii;  ; 
daxi'-^otiSi  /uiv  ayjfJi/ai  utTuooioi 
xdv    Toioi  dui'kui;  övo'loSTiti  vü/jiCsra/ , 
0(fayai  d'  kyuvoiv  siytvts  ti  y.ai  y.uJMv. 
Aber    »vir    bedürfen    hier    nicht    einmal    des  iMittels,    »v»s 
Härtung    in    geiner    Vorrede    zur    Iphig.    in  Anlide  p.  ^ 
anräth  —  des  Uuiversalmittels,    die    A'erse    frisch    <larayf 
los  zu  streichen  —   »venu   »vir    auf  Alles    gehürig    achten 
und   den   nachfolgenden    A'ers   oiiiy.tjuv   d    ü   y.ut(jti~;  aM 
6.71  uKt  üto.i   jjiijv   nicht   unberücksichtigt  lassen.    Dass  die 
schone,    auf    ihre    .Schf)nheit     »lohl    nur    in   AVorteii    ge|n 
verzichtende    Helena    den   Wunsch    hat,    auch    y.f'./.o'jc,   iu 
sterben,    wäre    verzeihlich ;    sie   thcilte   das   mit  allen   ähn- 
lichen  Charakteren   <les  Eiiripides;  aber  hier  ist  die  AVa^l 
einer  Todes»«cise   überhaupt  ihr  Ziel,  wie   man  so   oft   b(i 
£uripide8    ilie   —    freilich   ebenso  oft  frilschlich  als  \>'uiis<^ 
gefasstc    Frage    liest.       .Sterben    «ill    ich,    sagt   sie,    es   i(t 
das   besgte!      Aber    »»ic   fang   i<h's   an!     Sich    zu    erhfiiigifi 
gilt   für   so   Duschön   —   ein  Dolchstich   tif4re   edel    —    iloc|i 
die    Zeit    drängt. "       Wer     linilet     darin     ettvas    frigiduin! 
Aber   freilich    darf  man    die  A'erse    nicht   für   eine  .Alliand- 
lung   über   die     Icii  litesle   Art   von    der    Welt    zu     komiiieu 
halten,   sondern    nur   für   das,    »vas  sie  sind    —    eine    kurze 
£r»iagung,    zu    Helcher   Todesart   sie   durch   die    Umstände 
getrieben   werde.      Härtung  meint  freilich,    schon   in  dem 
bald   folgenden   Gesänge   ,J5J  1 

(foviuv  aiujQTjua  , 

ditx  l)i:iii-i;  oijiiouai 
den   Grund  dafür  gefunden  zu  haben,    dass    Helena    oben 
dasAufliängen  für  so  unschön  unmöglich  habe  halten  können: 
aber  darauf  lässt  sich  leicht  er»»iedcru,  dass  sie  eben  zur 
Wahl  dieser  Tudesweise  sich  gezKQogeu  üieht. 


Aach   dieser  Digression    fahren   »vir  fort,  die  Haltung 
des    Charakters    der   Helena    zu    betrachten.      Bei    ihrem 
zweiten   Auftreten   »vird   ihr   ein  neuer  Kummer  zu  Theil, 
ungleich   herber,  als  aller  frühere,  sie  findet  den  Gatten, 
er  kennt  sie   nicht,  verschmäht  sie,   hält  sie  für  ein  Trug- 
bild :    so    »vird    sie    auch    loii    den    (flkrcrtj/^    verlassen. 
Endlich    Freude    des    Wiedersehens,    sie    gibt    sich   ganz 
den  Emprindungen  einer  Gattin   hin:  erst  im  Gefühle  des 
(ilücks    tritt    die    Furcht    »vieder    heran:      »»as    hilft    das 
AViedersehen ,  sie   muss   ihn  ja   »vieder  verlieren,   er  »vird 
ein   Opfer  der   Grausamk<-it   des   Tyrannen,   sie  eine  Beute 
desselben   sein:     in    <lem    grossten   Sfchmerze    ofFenbart    sie 
die  edelsten  Gesinnungen  :   nur   für  den  Gatten   ist  sie  be'^ 
sorgt,   »vill  seine  Flucht;  selbst  das  Misstrauen,   »vas  IVle- 
nelaos  in   ihre   Treue  setzt,    schivächt    ihre  Liebe    nicht, 
sondern    bringt    nur     den     »viederliolten     heiligen    Sch»»ur 
herior,   nur   ihm,   e»vig   ihm  anzngehüren.     Hat  diess  Leid 
keinen    Anspruch   auf  das  IVIitleid  des  Zuhörers  ?   Hat  diese 
edle    Gattenliebe    nicht   einen   tragischen   Charakter?      Uns 
scheint   es,    als   müsse   die    Helena   bereits   das   grösste   In- 
teresse  bei  Allen  er»veckt  haben;   der  Zuhörer   ist  für  sie 
eingenommen,     uii»»  illkürlich    treibt  sie   sein   Mitleid    zum 
Uass   gegen   denjenigen,   der   allein   dem   Glüike   der   »vie- 
dervereinigten   Gatten   entgegensteht        Ist    auch   die   Ilofl- 
uung     gegeben,     sie     »verde     gerettet     »Verden,     erscheint 
die     Helena     nicht     immer     noch    von    Furcht    gepeinigt? 
hat     der    Dichter     nicht     so     manche    Mittel     angeivaiidt, 
den   Zuhörer    noch     in     furchtsamer   Spannung    zu    halten  ? 
Wir     ver»»  eisen     nur    auf    die     letzte     Scene,      ws>     Theo- 
kluiienos   noch  Alles  aufbietet,  die  Helena  von  der  Theil- 
nahme  an  der  Todtenfeier  abzuhalten.     Selbst  noch   beim 
Beginne    der    Erzählung    des    Boten    bleibt   es   noch   unge- 
»viss,    ob   Helena    »virkliih    (.'erettet    ist:     und    »vie   vortreff- 
lich   itir<l   sie   noch   hier   durch   ilen  Muml   des   Bolen    ge- 
schildert!   AVir  »»iederholen  es,  mit  dem  grossten  Interesse 
musste  der  Zuhörer  dem  Ausgange   des  .Stücks    entgegen- 
gehen!   Wir  »vollen   e»  auch  Jedem   zu   beuitheilen   über- 
lassen,   ob    nicht    durch    die    ganze   Action   hindurch  sich 
stets  die  Befürchtung  ziehe,    es    »verde    Herines  A'^erheis- 
suiig   nicht  eiiitreHeii,    (d>   nicht   »vie    in    der    Helena  so    in 
jedem    Zuschauer    Furcht    und    lloHnuiig  stets   ab»vechseln 
musste,    und    die    Ungetvissheit,     »»ie    die    Sache    ablaufen 
sollte.      Hatte   doch   die   Helena  auch   nicht  den  Mnlh  ge- 
habt,  nacli   dem  endlichen  A'erlaufc  aller  Mühen  des  Gat- 
ten  die   Theonoe    zu   fragen   vgl.  ,')3''). 

.Allerdings  ist  Ilermann's  Ansicht  über  die  .Zeichnung 
des  Menelaos  richtiger;  auch  »vir  erkennen  in  ihm  erst 
dann  eine  tragische  Haltung,  wenn  er  zum  gemeinsamen 
Tode  den  Sclnvur  der  Helena  gibt.  In  quo  tarnen  nihil 
admiratione  digniim  iion  praesente  periculo,  sagt  Hermann; 
jedoch  bleibt  doch  inlm<^r  die  Girfahr,  dass  sie  trotz  aller 
List  dennoch  nur  im  frei»»illigen  Tode  Heil  finden  wür- 
den. Aber  allerdings  hat  das  erste  Auftreten  des  Mene- 
laos einen  lächerlichen  Anstrich;  »vir  setzen  hinzu  auch 
die  Erscheinung  des  ersten  Boten,  und  in  getvisser  Be- 
ziehung auch  ilie  .Scene  mit  der  Thürsleherin.  ,  Die  Per- 
son des  Teucer  versucht  Pflugk  auch  »»olil  nur  vergeblich 
von  dem  A'or»viirfe  zu  reinigen,  iinnöthig  und  überflüssig 
zu  sein.  IVüthig  »var  nur  eine  Person,  »velche  der  He- 
lena dasjenige   verkünde,   »voraus   ihr  hauptsächliches  Leid 


13 


14 


ernächst.  Das  häiie  ihr  joder  Andere,  seihst  die  Theo- 
noa,  sagen  koiiiicii  —  denn  diese  gibt  j.»  auch  nachher 
die  Antwort  und  hatte  damit  weit  mehr  für  ihren  Bruder 
als  •'egcn  denselben  in  liezug  auf  seine  Absichten  ge- 
wirkt —  ;  der  Gang  des  Stücks  erforderte  nur,  dass 
Helena  die  ganze  Grösse  ihres  Leids  erfahre,  und  zwar 
von  einem  Griechen,  der  gleichsam  die  Ansicht  Grie- 
chenlands über  die  Helena  repräsentire ,  denn  auch  der 
Teucer  gilt  ihr  nur  für  vaviai  A/iUMV  TlQ.  Die  Hin- 
einflechtung  der  Schicksale  des  Teucer  bleibt  etwas  Ucber- 
ilussiges.  Wie  viel  einfacher  wäre  es  gewesen,  »venu 
Euri|)ides  durch  den  Chor  h,'it»e  die  Unglücksbotschaft 
verkündigen  lassen,  welche  derselbe  konnte  als  ^ijoa^ta 
finotjäoOL'  TlXärai  von  einer  neu  geiaubten  ünglücks- 
gefahrtin  gehiirt  haben.  Poterat  somno  moncri,  meint 
Hermann;  aber  dazu  waren  der  betrübenden  !^achrichtcu 
wohl  zu  viele.  Der  Traum,  der  ihr  verkündet,  dass  die 
niutter  todt,  die  Brüder  fort,  der  Gatte  von  den  AVcUen 
verschlungen,  die  Tochter  jungfräulich  alternd,  sie  selbst 
Gegenstand  des  allgemein!.tcn  Hasses  sei,  wäre  wenigstens 
ein  recht  Janger  gewesen!  In  der  Iphig.  Tanr.  ist  er 
kürzer. 

Nach  diesem  Allen  dürfen  wir  zu  der  Frage  überge- 
hen, ob  das  vorliegende  Eurijjidoische  Stück  eine  wahr- 
hafte Tragödie  sei,  oder  ob  es  sich  der  Komödie  nähere. 
Da  scheint  es  uns  gewiss,  dass  wenn  je  eine  Euripidei- 
sche  Tragödie  den  Vorwurf  verdiene,  es  iliese  sei,  dass 
man  sich  aber  auch  hier  sehr  in  Acht  zu  nehmen,  von 
einzelnen  Scenen  auf  das  Ganze  zu  schliessen,  vielmehr 
die  Vorsciirift  K.  Fr.  Heruiann's  in  seiner  unten  anzu- 
fülirenden  Disputatio  pag.  ii  ut  in  existimanda  illorum 
pui'tarum  arte  non  singulorum  modo  lororum  ornatns  atque 
convenientia,  verum  etiam  totius  actionis  institutio,  tenor 
adf|ue  certum  (juendani  fiuem  pocticum  relatio  spectari 
debeat  zu  beherzigen  habe,  und  nicht  vergessen  dürfe, 
wie  weit  im  Allgemeinen  die  Tragödie  des  Euripides  von 
der  des  Aeschvlus  verschieden  sei.  So  viel  bleibt  sicher, 
die  Person  der  Helena  zeigt  überall  einen  echt  tragischen 
Charakter,  wie  ihn  <lie  IMedea,  die  Andromache,  die 
Hecuba  in  den  gleichnamigen  Tragödien  zeigen:  um  die 
Hauptperson  aber  dreht  sich  bei  Euripides  Alles:  Ver- 
nachlässigungen des  tragischen  Elements  bei  den  Neben- 
personen lässt  er  sich  leicht  zn  Schulden  kommen,  Bei- 
spiele davon  liefern  der  Hercules  in  der  Alcestis ,  und 
hier  der  Ayytt.Oi^,  der  treue  Gefährte  des  Menelaos. 
Er  erscheint  völlig  in  komischer  Gestalt,  so  dass  er  an 
die  treuen  durch  ihre  Einfalt  das  Publikum  viel  ergötzen- 
den Bedienten  in  Rainiund  sehen  Schauspielen  der  neueren 
Zeit  erinnert.  Es  musste  ein  lächerlicher  Moment  sein, 
wenn  er  athemlos  herbeirenut,  das  Verschwinden  des 
ildfvXoi  meldet,  in  die  alten  Klagen  über  vergeblich 
gehabte  Mühen  ausbricht  —  und  mitten  in  der  Erzäh- 
lung plötzlich  wie  versteinert  erscheint  beim  Anblicke 
der  Helena,  ganz  kleinlaut  abbricht  und  sich  schnell 
zurückzieht.  Es  ist  das  in  kurzer  Frist  das  dritte  Stau- 
nen, welches  die  Helena  zu  Wege  bringt;  Anfangs  geht 
es  beim  Teurer  noch  gut  ab,  die  Verwunderung  des 
Menelaos  beim  Erblicken  der  Helena  war  schon  scherz- 
hafterer Art,  hier  aber  wird  der  Schreck,  den  ihr  An- 
blick  dem  armen  Boten  einüösst,   wirklich  Sf  asshaft.    Und 


kommt  er  nun  von  seinem  Schrecken  zurück,  aus  seinem 
Schlupfwinkel  hervor,  spielt  er  nicht  ganz  und  gar  den 
einfältigen ,  aber  gutuu'ithigen  Oestreichischen  Philipp, 
der  sich  nun  vor  Freude  über  die  Unschuld  der  Helena 
nicht  zu  helfen  weiss  und  in  seinem  freudigen  Eifer 
selbst  ein  Wörtclien  über  das  Institut  <ler  uüvriK;  wagt  ? 
Durch  den  3Iund  der  Einfalt  redet  auch  hier  die  reinste 
Wahrheit. 

Zu  einer  Nebenperson  rechnen  wir  auch  den  Meiir^- 
laos  ;  7iach  der  Erkennungssccne ,  wo  also  sein  Schicksal 
zn  eng  mit  dem  der  Helena  zusammenhäiigt ,  als  dass  man 
seine  Rolle  eine  jNebenperson  nennen  könnte,  gewinnt 
freilich  seine  Erscheinung,  wie  schon  gesagt,  eine  ganz 
andere  Haltung.  Sein  Auftreten  ,  sein  ganzer  Anzug 
musste  lächerlich  sein:  sagt  er  iloch  sell'st,  dass  er  si(  h 
uur  mit  den  ixßökai^  des  Schiffes  umhüllt  habe,  hält 
ihn  doch  seine  eigene  Gattin  nach  seinem  Anzüge  für 
einen  Räuber,  fürchtet  er  sich  doch  selbst,  sich  vor  den 
HJeuschen  blicken  zu  lassL-n.  Seine  Worte  sollen  du- 
Kleidung  bei  dem  Zuschauer  vergessen  macheu,  darum 
prahlt  er  ganz  übermässig,  redet  gern  von  seinen  Hel- 
(lenthaten,  will  gar  zu  gern  sehen  lassen,  dass  er  ein 
liplj/oc.  sei,  und  zeigt  es  zu  deutlich,  wie  unangenehm 
ihm  seine  Kleidung  ist.  In  der  Scene  mit  der  Thürste- 
licrin  spielt  er  nun  vollends  eine  klägliche  Rolle:  der 
grosse  Menelaos,  er,  der  noch  eben  so  gewaltig  renom- 
niirt,  wie  Penthens  in  den  Bacchis,  inuss  sich  mit  einem- 
Bial  von  einem  alten  Weibe  nicht  bloss  aufziehen,  neini 
sogar  anfassen  lassen  und  himmelhoch  um  Gnade  bitten, 
manches  Wahre  liegt  darin:  der  vom  Unglück  getroffene 
Hohe  wird  sich  schwerer  in  die  Lage  des  Elends  zu  fin- 
den wissen,  als  der  Arme:  gewiss  ist  aber,  seine  Erschei- 
nung musste  manches  Lächerliche  darbieten,  wenn  wir 
auch  ganz  seine  Charakterlosigkeit  bei  Seite  lassen,  in 
welcher  er  sich  dem  eignen  Geständnisse  nach  befindet 
(vgl.  418).  Die  Scene,  wo  er  seine  Gattin  anzuerken- 
nen zögert,  haben  wir  oben  schon,  vom  Standpunkte  der 
Helena  aus,  beurtheilt;  der  Zuhörer  ist  zu  sehr  mit  dem 
Leid  der  armen  Gattin  beschäfftigt,  als  dass  er  über  die 
Weigerung  des  Menelaos  lachen  kann.  Ueber  die  ganz 
ähnliche  Scene  in  der  Alcestis,  wo  Admet  die  vom  Her- 
cules aus  der  Unterwelt  herbeigeführte  Gattin  nicht  an- 
zurühren wagt,  redeten  wir  in  dieser  Zeitschrift  18H7 
>'ro.  öl  pag.  421;  ausserdem  ist  noch  in  der  Electra  die 
Scene  zu  vergleichen,  wo  sie  durchaus  sich  sträubt  und 
mit  Hand  und  Fuss  sich  wehrt,  <leu  Bruder  selbst  da  zu 
iiDiarmen,  als  sie  ihn  bereits  erkannt  hat  (5fiU  sq.),  und 
im  Ion  die  Weigerung  desselben,  den  Xulhus  für  seinen 
Vater  anzuerkennen  (510  sq.);  die  letztere  Scene  hat 
allerdings  einen  komischen  Anstrich,  namentlich  als  der 
Ion  seinen  neu  erhaltenen  Vater  selbst  dazu  zwingt,  alte 
Jugendsünden  zu   bekennen  (.■)45  sq.). 

Nach  diesen  Bemerkungen  kommen  wir  zu  dem  Schlüsse, 
dass  die  Euripideische  Helena  —  wenn  das  Aristotelische 
Wort  über  metus  und  miseratio  gilt  —  allerdings  An- 
sprüche auf  den  Namen  einer  Tragödie  habe,  dass  wir 
aber  dennoch  nicht  in  Abrede  stellen  können,  wie  auch 
dieses  Werk  die  Spuren  der  üebcrgangsperiode  in  eine 
andere  Zeit  an  sich  trägt,  indem  es  Scenen  aufweist, 
welche    wegen    der  darin  herrschenden  Komik  unmöglich 


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die  al<e  Trajüilic  sirli  url.iiibt  liabrn  würde.  Die  von 
Hermann  in  iler  pracfatio  ziisainmpii^es<pllteu  Fragiiiciite 
So()liokleisrlier  Sli'icko  liessellipii  Sujel's  bringt  derselbe 
in  die  Kalejjoric  der  Safvrspiele :  will  man  darans  den 
Schlusj  ziehen,  wie  in  älinliolien  Füllen  wolil  sonst  ge- 
scheiten ist,  dass  nnser  Sliirk  ein  (ileiches  jeivesen  sei, 
■o  haben  wir  der  Ansicht  schon  oben  «idersproclien; 
weit  annelimlirlier  würde  wohl  die  Idee  scheinen,  dass 
diese  Trasfödie  den  vierten  Platz  in  einer  Tctralog^ie  ge- 
funden  liabe,  wie  das  in  Bezn»  anf  die  AIcestis  durch 
das  von  W.  Diiidorf  in  seiner  Oxforder  Anso;al>e  ans  dem 
Valiranns  niit^ellieilte  Frai;nient  der  Ilvpotliesis  nnzivci- 
felhaft  wird.  Wir  enthalten  uns,  unsere  Ansichten  liber 
die  .Sophokleischen  Fragmente  auszusprechen,  soviel  die- 
selben auch  von  den  Hermaiinschen  abgleichen.  Hat  doch 
erst  neulich  ein  Ueispiel  g'ezeigt,  wie  über  die  Znsani- 
menstellunji^  Euripideischer  den  Ocdipus  Coloneus  betref- 
fender Fragmente  drei  der  bcdeutentlsten  fllanner  so  gam 
verschiedener  Ansicht  sind,  wir  meinen  Wcicker  in  die- 
ser ZcitschriTt  is:}4  p.  371»  sq.,  G.  Hermann  ibid.  1837 
p.  79 J  sq.  und  K.  Fr.  Hermann  in  seiner  disput.  de 
discriminc  artis  ac  temporis,  quoSophocles  afque  Euripides 
Ocdipi  fabulam  tractassc  videntur.  Auch  würde  einScIiluss 
von  Snphocles  auf  Euripides  stets  problematisch  bleiben, 
für  unsere  Abhaudlun:;  also   keinen  Gewinn  abuerfeii. 


Henr.  Feassner  (ordeMtl.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Har 
nau):  De  antiquorum  nietrorum  et  melorum  discrimine. 
Hanov.  I.S'JIJ. 
Fast  scheint  es,  als  solle  das  früher  von  den  meisten 
Philologen  vernachlässige  Studium  der  i>Ietrik  jetzt  mehr 
und  mehr  bearbeitet  werden,  und  wohl  könnte  man  sich 
xa  der  HoUnunj  berechti<jt  glauben,  dass  diese  Wissen- 
schaft auf  diese  Weise  zu  einem  ebenso  festen  Bau  null 
«u  eben  solcher  ^'ollendiing  grebracht  werden  wurde,  wie 
es  der  Grammatik  der  alten  Sprachen  durch  die  (gemeinsa- 
men Bestrebun;(en  so  vieler  ausgezeichneter  (ielelirteil 
schon  seit  längerer  Zeit  geglückt  ist:  wenn  nicht  gorad« 
der  Ausbildung  der  ."Metrik  so  bedeutende  und  fast  nirhi 
za  uberHältigcnde  Hindernisse  im  Wege  standen.  Zu 
denselben  gehört  vor  Allem  der  Mangel  an  einer  alten 
Schrift,  welche  uns  die  kunsttheoric  «Icr  Alten  auf  eine 
Weise  darstellte,  dass  über  die  Principien  derselben  keio 
Zweifel  und  Streit  mehr  obwalten  könnte;  aber  gesetzt 
auch,  wir  halten  eine  solche,  so  bleibt  noch  immer  die 
Frage,  ob  sie  zu  dem  philologischen  Zweck,  nämlich  zu 
der  Behandlung  der  alten  Dichter,  stets  genügen  wurde, 
oder  ob  sie  nicht  vielmehr  nur  einen  Beitrag  zu  der  Wis- 
seaschaflslchre  der  Alten  darbieten  könnte,  ohne  indesg 
snr  metrischen  Herstellung  der  Chorgesange  immer  genü- 
gende Allleitung  zu  geben.  Bei  der  Beschaffenheit  der 
üeberlirferungen  von  antiker  Metrik,  welche  wir  durch 
die  Grammatiker  (z.  B.  Hephaestinn)  erhalten  haben, 
müssen  wir  aber  die  Hoffnung  aufgeben,  etwas  Entschei- 
dendes in  iler  Herstellung  der  antiken  Metrik  leisten  zu 
können ,  wenn  nicht  noch  wichtige  Fragmente  gefunden 
werden  sollten;  vielmehr  sind  wir  hierbei  fast  ansschiicss- 
lich    auf    das   Lesen    der    Dichtwerke    selbst    angewiesen 


und  müssen  aus  diesen  durch  Verglelchang  der  verschie- 
denen Anwendungen,  welche  sie  von  den  Versarteu  in 
ihren  Gesangen  gemacht,  der  Licenzen,  die  sie  sich  er- 
laubt, der  grössern  oder  geringern  Strenge,  mit  wel- 
cher sie  die  Responsion  in  der  Strophe  und  Antistrophe 
beobachtet  haben ,  das  Wesen  der  Versarten  sowie  der 
ganzen  metrischen  Betrachtungsweise  zu  erkennen  suchen. 
Nachstilem  schadet  aber  der  Fortbildung  <ler  Metrik  be- 
sonders auch  die  grosse  Spaltung  unter  den  Gelehrten 
über  die  Behandlung  derMetia,  wo  an  eine  Vereinigung 
zu  gemeinsamer  Förderung  nicht  zu  denken  ist.  Denn 
während  die  Einen  (nach  Hennanns  Vorgange)  die  Ver- 
gleichung  der  Versarten  in  den  Dichtern  selbst  zu  ihrem 
HauptgeschälTt  machen  ,  Andere  nach  Böckh's  Weise  ge- 
wisse allgemeine  Regeln  niid  Gesetze  aufstellen,  nach 
denen  sie  die  Verse  kritisiren  und  behandeln;  hangt 
eine'  dritte  Klasse  mit  fast  andächtiger  Gewissenhaftigkeit 
an  den  Worten  der  Ueberlieferuug ,  die  ihr  als  Orakel 
gelten,  und  beschäffligt  sich  einzig  mit  Darstellung  der 
Ansichten  der  alten  Grammatiker  in  einem  systemati- 
schen Ganzen,  ohne  diess  sonderlieh  oder  mit  grossem 
Nutzen  und  Erfolg  auf  die  Verse  der  Dichter  anzuwen- 
den. Da  sie  nnu  hierbei  hauptsächlich  auf  die  Musiker 
(Aristides  Quinctilianiis,  Aristoxenus)  angewiesen  sind, 
so  ist  es  natürlich,  dass  die  musikalische  Betrachtung 
bei  ihnen  auch  Grundlage  des  Ganzen  und  Hauptsache 
wird,  und  in  dieser  Hinsicht  kommen  sie  mit  Apel  über- 
ein, der  .aber  das  Verfahren  der  Grammatiker  ganzlich 
verwirft  (Metrik  B.  I,  p.  .{7 —40).  Hierzu  gehört  Herr 
Dr.  Geppert,  dessen  Abhandlungen  über  den  Glycon. 
Vers  und  über  da£  Verhalten  der  Hermannischen  Theorie 
der  Metrik  zur  üeberliefernng  Ref.  in  den  früheren  Jahr- 
gängen dir  Zeitschr.  f.  A.  W.  lS3ß,  Marzh.  Nr.  .V>  und 
1817,  Marzh.  Nr.  33 — 33  angezeigt  hat).  Einigerinassen 
ist  hierher  auch  der  Verf.  der  vorliegenden  Dissertation 
zu  zählen,  dessen  Bestreben  iniless,  da  es  von  vornehmer 
Geringschätzung  gegen  die  früheren,  sowie  von  dein 
lächerlichen  Eigendünkel,  Alles  besser  wissen  zu  irollen, 
als  Andere,  frei  erscheint,  nicht  anders  als  rühmend  an- 
erkannt werden  kann,  wenn  anch  Manches  von  dem,  was 
er  aufstellt,  noch  nicht  als  ausgemacht  und  abgemacht 
zu  betrachten  ist.  Seine  Arbeit  rerdient  es  indess  mehr 
bekannt  zu  werden,  als  diess  bei  Doctordissertationen  in 
der  Regel  der  Fall  ist,  und  darum  sei  es  vergönnt  die 
Hauptpunkte  derselben  anzuführen  und  zu  besprechen. 
(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

P  .1  r  I  s.  Ein  vom  Minister  des  ölTenllicheii  üntenichts 
(Saivandy)  iinl<:rzcicli(ietei-  Berdil  l'o  rdeil  .säniinl.liclic  Biblio- 
tbekcii  und  Kiinslsaiurnlungon  Fiinkrcicbs  zur  Einsemliin;; 
ibier  Citalogc  und  Doubiciten  an  die  Abtiieilnoa  ilcr  scienlif. 
lind  litcrai'.  An;;clc3enhcltcn  des  gi-nannlcn  MiniUciii  auf.  Die 
Calaloge  sollen  dort  mit  den  jalirlieh  ,  im  Monate  Januar, 
niichjnliefernden  Veizciclinissen  noiier  Erwerbungen  niedergelegt, 
die  Double. tcn  aiidenv(Mlig  vcrfbeill  und  iLiUie  Iheils  durch  Siib- 
scriplioncn  ciokuinmi'iidc  Werke,  tliclls  PiiMicationen  des  Mini- 
sterii  u.  s,  w.  in  Tausch  gegeben  werden.  Die  Anstalten,  welche 
dieser  Anfiorderncig  nacli/ukommcn  versäumen,  bleiben  von  den 
Begiinsligongen  des   Ministerii  ausgeschlossen. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  t  er  tliu  ms  wissen  Schaft. 


SoTintaSj   6.  Januar 


18  39. 


Nr.  3. 


Fcussner:     De  inetrorum  et  inelonim'  discriiniiie. 
(F  o  r  t  s  e  t  z  u  n  !^.) 

Als  Hauptzweck  seiner  Abhaiulhing  gibt  Ilr.  Fenssiier 
in  der  Vorrede  selbst  an,  zu  beweisen,  dass  nach  den 
übereinstimmenden  Zeuejnissen  der  (iran\mafiker  und  Mu- 
siker sowohl,  als  früherer  Schriftstellrr  zwei  Arten  der 
Verse  zu  unterscheiden  seien,  deren  erstere ,  jitifju  T£- 
t.tlU  oder  TluihftlXTCi  nur  die  einzeilige  Kürze  und  die 
zweizeilige  Lsnge  gebrauchen  und  strengere  Gesetze  be- 
folgen, die  anderen  aber  fy.ujka,  (jvif/ioi,  jusf^nj  auf 
freiere  Weise  dein  musikalischen  Takte  zufolge  kürzere 
oder  längere  Svlben  (also  au<  li  die  von  Apel  angenom- 
mene, von  Hermann  und  Biirkh  verworfene  dr<>izeitige 
Länge)  gebrauchen.  Zugleich  nimmt  er  dal)ei  Veranlas- 
sung, die  Ansicht  Apels  von  der  T'^erliingerung  der  langen 
Sylbe  zur  dreizeitigen,  die  Ansicht  IVIeibom's  von  der 
wahren  Beschalfenlieit  des  trocliaeus  urthius  unil  seman- 
tus ,  sowie  die  Behauptung  Apels,  dass  die  alte  IMusik 
den  Takt  gehabt  habe,  aus  den  Stellen  dei  Alten  zu 
beweisen  und  gegen  Hermann  und  Böckh  zu  vertheidigeu. 
Es  liegt  ausser  den  Gräuzen,  »eiche  dieser  Anzeige  ge- 
steckt sind,  jeden  dieser  Punkte  ausführlich  abzuhandeln, 
und  wo  Ref.  entgegengesetzter  [Meinung  ist,  grünillich  zu 
widerlegen;  Ref.  wird  sich  dalier  begnügen,  die  Ansichten 
des  Verf.  darzulegen  un<l  die  wichtigsten  Beweisstellen 
anzuführen,  damit  unbefangene  Beurtheiler  sich  davon 
unterrichten  und  sie  prüfen  können,  er  selbst  aber  wird 
nur  einige  wenige  Einwendungen  machen  und  einige  Be- 
merkungen   hinzufügen. 

S.  ö  und  t)  beginnt  Hr.  F.  damit,  Stellen  ans  den 
Grauimatikern  und  Scholiasten  anzuführen,  welche  über- 
haupt beweisen  sollen,  dass  die  Alten  auch  andere  Län- 
gen als  zweizeitige  gekannt  haben ;  doch  gehören  einige 
der  hier  angeführten  Stellen  nicht  hierher,  weil  sie  mehr 
rhetorisch  die  zum  Aussprechen  der  Silben  erforderliche 
Zeit  bctrefl'en,  z.  B.  Diouvs.  Hai.  de  composit.  verb. 
cap.  15,  welcher  den  Aufangssvlben  der  Wörter  oiioC, 
Poöo^,  XqÖiIOZ-,  OToöffO^  ungleiche  Kürzen  zuschreibt, 
wovon  er  den  Grund  nur  in  iler  Häufung  iler  Consonan- 
ten  suchen  kann,  da  die  Beschaifenheit  des  Vocals  die- 
selbe ist  und  auch  durch  Position  nicht  verlängert  wird, 
was  auch  die  Stelle  aus  dem  Scliol.  zu  Hephaestion  p.  läO 
Gaisf.  (16  t  ult.  der  Leipziger  Ausgabe)  beweist,  welcher  der 
Syibe  vj^  eine  Länge  von  2'/5  Moren  zuerkennt,  von 
denen    2    auf   das    w    und    '/^    auf   das   O  koninicn  ;    71  dv 


yäo ,  fährt  er  p.  IG'J  ed.  Lips  fort,  avLlCfuivov  tt'/e- 
lai  iyfiv  ijUtOl'V  y^oaior.  Hiernüt  stimmt  auch  Pris- 
cian  übereiu  p.  b~'2-  Tempus  syllabae  accidit  unum  vel 
dno,  vel  etiam,  ut  quibusilam  placet,  unum  semis  et  duo 
semis  et  tria  —  unum  semis  in  commnnibus  syllabis  — 
ut  lacrimne;  dno  et  semis,  qiiaudo  post  vocalem  natura  lon- 
gam  una  sennitur  ronsonans  ut  sol ;  tria,  quando  post 
vocalem  natura  longam  diiae  coiisoiiantes  sequuntur,  vel 
una  duplex  ut  mons,  rex.  Tanieu  in  metro  necesse  est 
unamqnainque  svllabam  vel  uniiis  vel  duorum  accipi 
temporum.  Von  diesen  Stellen  gilt  daher  auch,  >vas  Hr. 
Fenssner  gleich  darauf  selbst  eingesteht:  noniinlli  a  mera 
argutia  profecti  esse  videntur.  Die  Stellen  aus  Dionys. 
Halic.  de  conipositione  verborum  c.  17  und  c.  '.?(),  welche 
von  der  Arsis  des  epischen  Dact\lii-s  und  des  cyclischen  .4na- 
pästen  handeln  (welche  die  Rhythmiker  /io(rj(L'i:eoav  njs 
rekli'ai  iic.y.uä^  nennen)  enthalten  nichts  Neues,  da  ja 
auch  Hermann  (El.  p.  i21,  JtiO)  und  andere  Metriker 
die  Irrationalität  der  Aisis  anerkennen  und  aus  derselben 
ihre  Hiiauflöslichkeit  herleiten;  und  überhaupt  beweisen 
sie  Nichts  für  die  dreizeitige  Länge.  In  Bezug  auf  diese 
kommen  ilaher  nur  noch  drei  Stellen  in  Betracht:  Arisli- 
des  Quinctil.  p.  ,J2  sqq.  der  von  dem  youvu^  ef^O-XIOTog 
spricht  und   so   fortfährt : 

at'vStTOi  ÖE  ioTi  yoövo;  6  Siaioeio^ai  di'V(qici'o;. 
Tovxuiv  dh  ü  itiv  biii\a.niu)v  iorl  roT'  tt^ojtov  übe 
Tp/Trkaoi'ujv^  6  öi-  TEToanKnnivjv  j^ujoi  yufj  tetqu- 
doi  TlQuij/Ahv  ü  öi'^/ir/.oi;  y^nvoo,  und  Marc.  Capella 
p.  19 1,  der  dasselbe  sagt;  aber  eine  grosse  Frage  bleibt 
es  hierbei,  ob  diese  Stelle  so  unbedingt  für  die  drei- 
und  vierzeitigo  Sylbe  spricht,  als  der  Verf.  zu  glauben 
scheint;  denn  Aristides  redet  nur  vom  yoovoq  üilhil/.dC, 
der  die  Arsis  oder  Thesis  eines  71  ov;  oudiir/.u^  aus- 
macht, dieser  ist  nun  aber  nicht  immer  einsylbig,  son- 
dern zweisilbig,  wie  die  Thesis  des  Dactylus,  die  Arsis 
des  Creticus    und    des    Jonicus    a    minori    (im    Sinne    der 

alfen  Jletriker  — v  \   —  und   L'V  \ );  denn  so  versteht 

ja  Hr.  F.  auch  S.  7  und  8  den  Ausdruck,  wo  '  er  sogar 
den  Anapäst  den  yoüvo^  oidiir/.oi  (den  Takttheil)  der 
anapästischen  Dipodie  nennt.  .Somit  wäre  auch  diese 
Stelle  beseitigt,  bei  welcher  Hr.  F.  noch  die  Auslassung 
der  für  ihn  so  »vichtigen  Worte  ö  ÖE  jotTlkaoiuiV  in 
der  Anführung  bei  Böckh  de  m.  Find.  p.  22  rügt;  und 
nur  Marius  1'^ictor.  p.  2481  wäre  noch  übrig,  den  auch 
Apel  als  beweisend  für  seine  Ansicht  von  der  dreizeitigen 


19 


20 


LAiige  aiifulirt  (Bil.  I,  '\'orre<lc  p.  12 1:  A<1  haer  miisiri, 
(]ui  toiiipurum  arbitrin  svllabas  rnmiiiittiiiit ,  in  rhvtliinicis 
uiudiilatiuiiibiis  aut  Ivriris  raiitioiiibiis  per  cirriiitiiin  loii- 
gius  cxtriitar  pruiiiiiiliafionis  lani  Imig'is  longiorcs ,  (^iiain 
nirsus   per   icirrcptiiiiioin    broi  ioros   brciibus   priiforiiiif. 

liidoss  ist  ilio.»s  iiii'br  librrliaiipt  eiii  Ufiveis  dafür, 
ilasÄ  die  .Musiker  liri  der  Cuiiipositioii  hrisrbcr  (i<"s.'iii;jp 
dcii  Längen  und  kiirzcii  nicht  genau  ihre  nieOische  Ein- 
und  ZHeizeiligkeit  beivahrf  haben;  als  ein  ununistiiss- 
liilier  BeHeiss  für  die  dreizeiti>(e  Lange  kann  sie  immer 
noch  uiclit  gelten,  ila  hierzu  auch  die  Nach»  eisung  ge- 
hört, da-s  eine  solche  Länge  in  drei  kurze  SUlien  auf- 
gelöst »orden,  oder  ilass  sie  iui  paeon  primiis  den  drei 
kurzen  .S\lben  gleichgeltend  vorgekommen  sei,  und  man 
somit   denselben   zuui    yci'o^   i'ooi/   habe    rechneu   können. 

S.  r  erii.'ihnt  hierauf  Ilr.  F.  den  oft  nicht  beachteten  Un- 
terschied zuischon  youro:^  oiliiiiy.ds  "nd  yooiu^  usior/.oi 
oi\eT  y  itn  u^  it'ji  Ol'/?  c.fjc'^v ,  deren  letzterer  <lie  L;lngo  , 
einer  Mvibe,  ersterer  aber  die  Lauge  eines  Takttheils  be- 
zeichne, der  die  Arsis  «der  Thesis  eines  rhythmischen  Fusses 
sein,  also  auch  mehrere  Selben  umfassen  ktinne;  euii^ 
sehr  ri(  lilige  Bemerkung,  die  lief,  schon  oben  gi'gen  die 
Be«  cisfiiliigkeit  der  angezogenen  Stelle  aus  Aristides  an- 
wandte. Hr.  F.  knü])ft  selbst  hieran  seine  Argumentation 
für  die  Ansicht  .Meiboms  (ad  Aristid.  p.  'Jli  )  von  dem 
Schema  des  Orthius  und  Trochacus  semantus,  «eichen 
derselbe  vier  lange  .Svlben  zur  Arsis  und  zwei  lauge  zur 
Tliesi«  gibt,  nährend  Hermann  und  Bockh  (d.  m.  P.  p.  J  >) 
statt  ilessen  nur  zwei  lange  Svlben  ron  4  und  8  IMoreu 
in  ihnen  linden  »ollen.  Seine  Gründe  gegen  diese  Ansicht 
sind    folgende: 

I)  sei  der  yguvoi  ov^iity.O^  von  der  STlbenlange  zu 
unterscheiden  und  könne  recht  wohl  aus  mehreren  Svl- 
ben bestellen;  aus  der  Angabe  der  Grammatiker,  der 
fr.  semantus  bestehe  aus  einer  achtzeitigeu  Arsis  und 
lierzeiligen  Thesis,  folge  daher  nicht  nothvvcndig,  dass  ' 
er  nur  aus  zivei  S\lben  von  dieser  ungeheueren  L<inge  l 
bestehe;  '  | 

V)  aus  der  Benennung  der  beiden  fraglichen  Versfüsse  ; 
als  11.  doivdfiDl  folge  nicht,  dass  sie  nur  einfache  zivei-  ) 
s\lbige  Trochäen  und  Jamben  sein  müssten  ;  da  Aristides 
selbst  sage  (p.  o.j  s<|'l-j;  doi'vi^tcui  (ölthioi)  oi  i:vi 
ykiii  lui^ty.jj  yo:j)iiivui ,  v)^  ui  TSiuäoi'iio/  (Daci\li-ii, 
Aiiapaesten)-  nvi't^lrui  dl  ui  hv.  öuu  ysvujv  ij  iy.  nl.iiü- 
vvtv  oivtotuizti,  (j'j;  oi  dv)öty.o.ai]jiut  (z.  B.  der  Bac- 
cliius  a  iambu,  Bacchius  a  trochacu  u.  a.  Arist.  p  3  7) 
niy.iui  dt  ui  noit  fjtv  tl^  '/^ouvuvq,  :iuie  dt  (ii 
eil  i'i/o/ ,"  cvc/t  Oliflüt ,  fji  ui  ii;ur,):ni)i  (Choriambus, 
Antispastus  u.  a.j.  .Au<  h  führt  Aristides  unter  den  ii.ot  i- 
>ltciifi  «ler  daktylischen  Gattung  nicht  bloss  den  einfachen 
Proceleusniaticus  (I*vrrlu(hiu>) ,  soudcrn  auch  den  dop- 
pelten vv   tv  an; 

3)  sage  Aristides  ausdrücklicli  von  dem  semantus  (p.  ',-), 
er  verdoppele  die  lUanz  (il.  h.  die  Arsen  nach  iieuerrm 
Sprachgebrauch),  könne  also  nicht  eine  einsvibige  Arsis 
haben;  und  p.  !IS  erkläre  er  auch:  oi  i)t  (/tj'Jtut  /.('.i 
oriid.VToi  dm.  tu  ui  tuvu.Ci iv  iitr/notcirui^  ijyoiz  iloud. 
yutai  £/';  d.ti(/)ua.,  «odurch  ebenfalls  ein  mehr  als  zwei- 
svlbiger  Fius  angedeutet  »erde.     Auf  die  Stelle  bei  Alar- 


cianns  Capella  p.  l!).j,  welche  von  octo  primis  positioni- 
bus  und  elatio  quatuor  brevium  bei  dem  troc,h.  semantus 
spricht,  legt  der  ^'f.  mit  Recht  kein  grosses  Gewicht,  da 
dieser  .Schriftsteller  öfters  ungenau  ist;  indess  zieht  er 
aus  den  eru ahnten  .Stellen  und  Gründen  den  Schluss,  d.iss 
jenen  beiden  Wrsfüssen  eine  .\rsis  von  vier  langen  und 
eine  Thesis  von  zwei  langen  .S\lbeu,  dem  OTuvd£i(j\ 
dnfoi'i  aber  (dem  Hermann  Elem.  p.  1.S  eine  vierzeitige 
Lange  zur  Arsis  und  eine  gleiche  zur  Thesis  giebt)  eine 
.Arsis  von  zwei  langen  Sjlben  und  eine  gleiche  Thesis 
zukomme    analog    dem     duKuPi     und     dinhuiig     TTQUXf- 

kei'OiinT/xöi;  l'V  u.  «'(I  vr.  fim-h  führt  er  p.  U  zu  Ende 
einen  Vers  aus  Pindar  (Ol.  IL  str.  v.  4  Bkh.)  an,  in 
welchem  nach  seiner  Ansicht  ein  orthius  von  sechs  langen 
Svlben   einer   jambischen   Reihe    vorhergehen    soll. 

.S.  t  .'  spricht  Hr.  F.  von  dem  Eiiifluss,  welchen  die 
Geiiiütlisstimmung  des  S|)rechendeii ,  sowie  die  Beschafi'en- 
hclt  iler  Svlben  in  ihrer  Aufeinanderfolge  auf  die  Yer- 
läiigeriing  der  eigentlich  nur  zweizeitigen  Länge  haben, 
wobei  er  sich  auf  Diouys.  de  compos.  verb.  cap.  20  '""- 
ruft,   und   knüpft  hieran   die   Behauptung  (p.    13): 

vetercs  distinxisse  iluo  versuum  genera,  temperatnni 
aleruin,  altorum  fervidum;  temperatum.  geiius ,  in  (juo 
svllabae  vulgari  siio  siniplici  et  iliiplici  teii;pore  nietrum 
suum  comploaiit,  versusque  a  praefinito  modo  iiunquam 
recedant,  neque  varicnt,  unde  dictum  esse  fitiijov  TtKEtuv 
i.  e.  metriim  perfectum  sivc  simpliciter  fj.£r(JOV  et  Uoitjj-ia, 
his  vocabulis  strictiore  sensu  usurpatis.  Fervidum  genus, 
in  quo  svllabae  consueta  mensiira  taxatae,  legitima  rhiithnu 
intervalla  plemmque  non  cxpleant ,  sed  ad  ca  explenda  a 
rhythmopoeia  et  ductus  rhvthmici  opc  in  diversas  alias 
niensuras  sint  iiiodulandae,  appellatum  esse  modo  (ji'9iioi, 
modo   LitXuq,  modo  y.uika. 

Die  i^tcllen,  auf  welche  Hr.  F.  seine  Ansiclit  begrün- 
det, sind   nun   fol^enile  : 

Boissonade  Anecd.  Gr.  III,  4.'hS  (nach  Aufzählung  der 
Lyriker)  Mtki]  dt  tu  iv  ainuiq  (sc.  icoo^ijyoQEvdti) 
rjxoi  diu  TU  aTZu  züiv  Tcktiotv  ä(fiatotioi)a.i  fAtxQotv 
(y.ai  yuo  i}fi£ig  tu  dio  tujv 'TtKsiujv  dcfuioovjAEi'a 
[iSiouiv  iitf.n  y.uKui'utv)  —  —  di'vaTui  dt  y.ai  diu 
ro  y.ooLiia  i/'/di)  y.ai  fitkni;  öuiüvvfuoi  kijtoBar  y.ai 
y.ujtii  dt  üiioiioQ.  irtiiöi)  //;)  TtLsiüv  toxi  fitroov. 

Aristid.  (juinctil.  p.  32   (nicht    31,   wie   S.  14   bei  Hrn. 

F.   angegeben   ist):    iit/.o;  (i.   e.   utlxodin)    [^itv  vuEizai 

-  fittu  (jp'Jftou  ftuvuv ,  Wv"  i7ii  Tujv  y.fjuuuuTujv  y.ai 

u')kv)v  —  ^idfiuq  de  ftETu  /itloig  iv  y.ujhoii;'  (.itru 

e  i.i^tvx;  iiüviji  tTii  tujv  iiotijiiÜKov  fjtra  Titukaoiit- 

rji  iii  oy.gio<.ii)is   utuv  raii   ^utra.duv  y.c.i  tividv  toi- 

Tfijv    (ut'li..    VTloy.g.    erklärt    Hr.   F.    artificiosam    decla- 

mationem). 

Dion.  Ilalic.  de  compos.  verhör,  c.  l.j  dialj  u.iTtt  y.ai 
ßiia%tia  ovif  atiij  ßgaytiaq  yai  ^ay.iiu.  fiay.gdi,  y.ai 
oÜtc  Tijv  airijv  iytr  dvvaiiiv  ovt  iv  kuyo/<;  ip/kuig, 
ot't'  iv  nuit'^iiaOLv  ij  fiikioiv  diu  üiü^/ivjv  tj  fitTgujv 
xaTtoytrao/iivoiQ  ndoa  fiixi.ytia  y.ti.i  naaa.  no.y.na 
(hier  findet  Hr.  F.  in  d.  Wortstellung  einen  Chiasmus, 
indem  sich  ijrihi.  auf  iit/..  und  iitTO.  auf  noilju.  be- 
ziehe). 


y.u)A 


•21 

Dion.  Hai.  1.  1.  cap.  25  TTw;  ygäipsTat  Xe^i?  äfie- 
TQog  utioia  y.ahi)  nonjuaTi  i}  iitksi,  xai  TCuji  nonjf^a 
ye  i)  f^ükoi  niC,ij  Xetsi  y.akTJ  TCa^aJihjo/ov. 

Id.  de  aduiir.  vi  Dem.  cap.  50,  p.  1110  Rpiske  xai 
övö/^ara  y.eiTai  ttj  xoiavTij  ki^it  fdronv  y.ai  /akoi; 
(zum  Verstäiidniss  füge  ich  die  vorhergehenden  Worte 
hiuzn:  i)  fxsv  Ufioia  nafiakaußävovoa  lUToa  y.ai 
6i>9iioi<g  rerayfiEvuvi  li'rs  xatd  oti/ov  ehe  vmxu. 
Ttfoioöov ,  T]V  xakui'Ot  ol  /^tovoiyoi  arQOffijv  ynTrsira 
Ttäkiv  Toig  avzoiq  Qv9fioti  y.ai  fxsTootc,  eni  tojv  ai'- 
Tuiv  aTi'xiov  v  neQiodujv ,  «c  ävitorQocfovq,  6vof.ia- 
Qovat,  Xowuevi]  y.ai  tuj  o^ij^aTi  tooku  rijg  y.ara- 
ayei'tji;  dno  riji  ägxiji  f'ix9'  ^oiT  TskouQ  iTQoßui- 
voi'Oa,  euuSTgöi  t  eori  y.ai  eöäv^iiog  y.ai  6v.  y..  t.  k.). 

Longin.  proleg.  in  Heph.  p.  \.i\)  Gaisf.  (p.  148  der 
Leipziger  Ausgabe):  £T/  toiviv  8ia(pE0£i  ^vdj^iov  ro 
itSToov,  i]  t6  ftsv  läroov  TieiTi^yÜTaz  i-/£i  ror;  Yoö- 
vovg,  /laxpöv  ts  y.ai  ßoaxvv  y.ai  zov  [tETu  rovruiv 
Tuv  y.otvov  xukovfisvov ,  oq  y.ai  avTog  tiuvtioq  f^a- 
x'joz  eort  y.ai  ßoaxi'i'  ö  öt  ÖL'f^fl6g  tu;  ßovkezai 
eky.ei  roi's  '/oovovg,  TTokkaxic;  yovv  y.ai  rov  ßpa^fv 
Xpövov  lio/it  f^iaypov.  Hieranf  führt  Longin  noch  die 
Stelle  aus   Aristophan.   Nubes  an  : 

TTUTSpOV    TieQl    fXSTQUlV    ij    Tlfpi  ijTWV,    IJ   TCFoi  Öt'^UWV, 

um  siu  zeigen,  dass  auch  die  alten  Dichter  diesen  Unter- 
scliied  gekannt  hatten;  und  Hr.  F.  bemerkt  ilazu  p.  Ki, 
es  könne  hier  unter  pv^iiuiv  ,  schon  weil  es  im  PInrali 
stehe,  nicht  der  ductus  rhythmicns  oder  das  Tempo  ver- 
standen  «erden. 

Mar.  Victor,  p.  L'4S(i.  Inter  pedcm  (nietricuni  intell.) 
et  rliTthmuni  hoc  interest,  quod  pcs  sine  rhytlinio  esse 
non  potest,  rhvthmus  autem  sine  pede  decnrrit:  non  enini 
gradiuntur  niele  pedum  mensionibus,  sed   rhythniis  iinnt. 

Id.  p.  2492.  Ex  quibus  (pentasvllabis  et  hexasvllabis 
pedibus)  magis  mele  et  rhjthmi  lyricorura  modulorum, 
quam  metra  formari   poterunt. 

Id.  2494.  Carmen  autem  lyricum  quum  metro  snh- 
sistat,  potest  tarnen  videri  extra  legem  metri  esse,  quia 
libcro   scribentis   arbitrio   per   rhvthmos   exigitur. 

31all.  Theo'l.  p.  5-  Si  qua  autem  apud  poetas  lyricos 
aut  tragicos  quispiani  repererit,  in  quibus  certa  pedum 
collocationc  neglecta  sola  teniporum  ratio  considerata  sit; 
uieininerit,  ea  —  non  metra  sed  rhvthmos  apptllari 
oportere. 

Diomed.  p.  464.  Sed  neque  rhythniis  neque  metris 
oratorem  uti  decet,  ne  uon  ilicere  sed  carnien  canere 
videatur. 

Quinctil.  IX,  4,  45  — .00.  Sunt  et  illa  discrimina, 
quod  rhythniis  libera  spatia  metris  finita  sunt;  et  his  cer- 
tae  clausulac  illi  qnomoilo  coeperunf,  cnrrunt  usque  ad 
Hexußokljv  id  est  transitum  in  aliud  genus  rhythnii  ina- 
nia  quoquc  tcmpora  rhythmi  faciliiis  accipient ,  quamquam 
h.iec  et   in   metris  accidunt. 

Aus  diesen  Stellen  können  Uubefaiigene  selbst  sehen, 
dass  auch  hier  «ieder  Älanches  herbeiirebracht  ist,  was 
nicht  eigentlich  zur  Sache  gehört  und  keinen  schlagen- 
den Beweis  giebt;  denn  der  Unterschied,  den  Dionys.  in 
den  beiden  ersten  Stellen  zwischen  noiipiu  und  fxikoq 
macht,   ist   wohl  nur  der,   dass  erstcres  ein  zur  Recitation 


22 

bestimmtes  Dichtwerk  (nnd  diess  lag  ja  dem  Rhctor  am 
niichstcn  zum  l'ergleich  mit  der  Schönrednerkuiist),  letz- 
teres dagegen  einen  mit  IMusik  zu  begleitenden  (besang 
bezeichnet.  Sehr  wenig  Geuicht  ist  wohl  auch  auf  die 
Stelle  ans  Longinns  zu  legen,  zumal  da  derselbe  gleich 
vorher  den  allgemeineren  Unterschied  zwischen  ui'toov 
lind  Qvi>fi<'tq  so  festsetzt,  dass  ersteres  nur  die  Syibe  zum 
Gegenstand  und  Stofle  (/'Ar)  habe,  letzterer  aber  auch 
ohne  Worte  h'  ypOTt/i  bestehen  könne;  also  olPenbar 
unter  p/.'Ai/o's  das  Zeitierhaltniss  zwischen  Arsis  nnd  The- 
sis,  Aufschlag  nnd  Niederschlag,  nnd  unter  3Ietrnm  die 
bestimmte  Aufeinanderfolge  langer  unil  kurzer  Svlben  nach 
einem  bestimmten  rhythmischen  Verhältnisse  versteht;  und 
wenn   Longinns  die  Stelle  aus  Aristoph.   IVnb.    ()3,s    Dind. 

TTOTepn  Tifui  uergojv  /}  iif.pi  tiiuiv  v  oc^fiojv 
anfuhrt  tind  Herr  F.  desshalb  auch  diess  auf  seine  Mei- 
nung angewendet  wissen  will,  weil  von  ii/:TOiijv  und 
urDf^lulv  (nicht  vom  Singularis)  ilie  Rede  sei ,  so  irrt  er 
ebenfalls,  da  Socrates  dort  nur  die  Wissenschaften  der 
Bletrik  ,  Rhythmik  und  Grammatik  meint,  wie  das  Fol- 
gende zeigt.  Auch  die  Stelle  aus  Dionys.  de  admir.  vi 
Deinosthenis  beweist  wohl  deutlich,  dass  itero/i  und 
piiifiui  zusammen  zur  Versbildung  angewendet  werden. 
Darum  ist  die  Frage  über  die  Verschiedenheit  der  //t- 
Toa  und  '.■«''/;  noch  nicht  ausser  allen  Zweifel  gesetzt, 
um  so  mehr,  da  Hr.  F.  nur  wenig  zur  Erläuterung  hin- 
zugesetzt hat,  und  besonders  über  die  Gattungen  der  zu 
den  j.itii>ntg  Tikdu/'  zu  zahlenden  Versarten  viel  zu 
fr:igeu  übrig  lässt ;  denn  er  bemerkt  nur:  ad  id  genus 
onines  rite  facti  iambici,  trochaici,  dactylici,  anapaestici 
pertinent;  wobei  es  zweifelhaft  bleibt,  ob  auch  die  in 
den  Chorj;esängen  enthaltenen  Jamben  und  Trochäen 
hierhergehören  sollen;  wahrscheinlich  aber  rechnet  er 
hierher  nur  die  ganze  Scenen  bildenden  Trimeter  und 
Tetrameter  y.aia.  arijuv  hierher,  nährend  er  die  Chor- 
gcsAnge  zu  den  iitKtoiv  und  Xiokoig  rechnet.  Indess 
«äre  hiermit  nur  der  alte  Unterschied  zwischen  den  zur 
Declamation  und  den  für  Gesang  und  Instrumentalbeglei- 
tung bestimmten  ^'erseu  bezeichnet,  und  dass  durch  das 
hinzugetretene  musicalische  Element  eine  Verkürzung  oder 
1  crlängernng  über  die  metrischen  Granzen  hinaus  oft 
niithig  gemacht  »vurde,  wird  Jeder  gern  zugestehen,  der 
nicht,  wie  Hr.  Dr.  Geppert,  in  den  Choriamben  nnd  Jo- 
nicis  nur  '/,  Takt,  in  den  jambischen  und  trochäischen 
Uipodieen  nur  '/,  Takt  erkennt  und  so  die  Uebereinstim- 
niung  der  metrischen  und  rhythmisch- musicalischen  Fusse 
überall  statuirt,  welche  selbst  die  Alten  nicht  immer  an- 
erkennen (».  dessen  Verh.  der  Hermannischen  Theorie 
der  Metrik  zur  Ueberlieferung  p.  2.j.  3S).  Indess  kön- 
nen die  Worte:  i'j  öl  pvi^iiog  t^xsi  jovq  ;fpoi'o(',"  y.ai 
:i Dkktxy.iQ  Tt)v  ßgo.%tv  iioiei  fiuy.ouv  auch  bloss  auf 
die  Verlängerung  einer  kurzen  Sylbe ,  wenn  dieselbe  in 
der  Arsis  steht,  bezogen  werden.  Was  indess  die  Bedeu- 
tung des  ^Vortes  zc}/«  anlangt,  so  ist  dem  \(.  eiitgan- 
j;i'i!,  dass  scliim  jMeibom  die  verschiedenen  Bedeutungen 
liesselben  gekannt  hat;  denn  er  sagt  zu  einer  für  Hrn.  F. 
Ansicht  nicht  unwichtigen  Stelle  des  Aristides  p.  2R, 
'/'■  11:  y.ai  unujg  ro/,"  iitv  y.aruj  (sc.  oijittioig  Noten- 
zeichen) ro:  yinKa.  y.ai  tu  iv  raig  ujduig  f.i£Oav/uy.a 
1^   ^u.a.  y.'joL'uaTu ,  TOii  de  ätxu  zag  ojdug  x*^Qay.itj- 


23 


n 


oi^ouev,  auf  der  1').  Seile  ilcr  Vorreilc  zum  rrs<eii  Baud 
gciuer  MusiLer  Fulgcmles: 

Quid  hie  cula  siiit,  iion  pu(o  nlli  in  nipiiteiii  veiiissp. 
Graecis  quideoi  poetis  <aiii  roiiiitis  ac  «ragiris  ijiiani  Ivri- 
ci»  pro  parle  versus  colon  accipiüir,  de  quo  vidc  iiotas 
ad  Aristid.  p.  j;;!.  »runi  Arisfides  p.  '^2  v.  S  et  12, 
hoc  vocaliuluni  usurpat  pro  raiitileiiae  quadam  parte,  quae 
aola  caiitu  ar  rh^tlinio  miislat.  Scieiidum  itaquc,  inusi- 
cos  qui  modos  cuiiiiiediarum  faciebant,  non  taiitum  ver- 
»ibus  eos  acroiiiniodasse,  sed  etlani  posuisse  inpriiiiis  line 
actuuiii  et  sceiiaruni  ut  taui  spectatores  quam  aifores  re- 
ireareiit  atque  liis  etiam  ad  alia  separaiidi  fempus  <on- 
eedereut  (so  erklart  er  nämlich  fj.£OavKluv  nach  Eusta- 
thius  ad  II.  A.  ö48:  v.ooTnu  tl  /Liern^r  tiJs  ai'kiji  uv- 
Kovucvuf  ,  "o  er  r/;;   W'S/J,-  zu  lesen  (orsdil^gt). 

Unter  ■/ai}Ia)V  verstehen  die  (Jraniniatiker  (Aristid. 
p.  56,  .Mar.  Victor,  p.  ',>4y7,  Atil.  Fortunat.  p.  L'GSÖ, 
Putsch  Hephaestiou  p.  1 1()  ed.  Gaisf.  (eineu  Thcil  des 
aus  drei  oder  lier  !Melris  bestehenden  Oii'/^o^,  der  aber 
aus  ganzen  ^'ersfiissen  bestehen  müsse;'  Atilius  Fortuna- 
tiauus  führt  au: 

defpcisso  videt  sua ; 
während  sie  unter  /.üiiuu  einen  Verstheil  verstehen,  der 
auf  einen  unvollendeten  Fuss  ausgehe;  daher  ist  wohl 
auch  bei  Aristides  .  Quinctilianns  a.  a.  O.  p.  56  Z.  18 
statt  y.ui  fiiioojv  vielmehr  y.uitua  oder  y.oitfjiUTiuv  zu 
lesen:  roitojv  d'e  tu  ulv  £/.  dvoif  /itTQOjy  ty  iciure- 
Kii  vMtMV  xa  de  iy.  fäiQov  y.al  To/tiji  ij  fxtTQov  y.ai 
couviv ,  rj  iy.  :jaadjv  tuiuJjv  j;  üvanuhiv  i/.  zuuijq 
y.ai  (ikxoov  y.u'i  utTijajv  «eil  bei  der  gewöhnlichen 
Lesart  der  Satz  unvollendet  erscheint.  Indess  ist  unter 
y.iHl.OV  wohl  auch  ein  durch  die  C'isnr  gebildetes  ^'ers- 
glied  zu  verstehen,  welches  nicht  auf  einen  vollständigen 
Fuss  endigt,  denn  3Iarius  ^'ictorinus  (a.  a.  O.}  sagt 
selbst:  Alinsive  auteui  etiam  comma  dicitur  colou ;  uad 
fuhrt  als   Beispiel  eines  coli  an: 

Arnia  virumque  cano. 

Da  nun  die  Grammatiker  die  kürzere  Xßra  Gvdxr.na, 
xusamnienbaiigendcn  'V'erse  der  Lyriker  und  Sceniker 
(in  den  Cliiirgesangen)  als  abgerissene  Thcile  der  or/;)fOi 
betrachten,  so  nannten  sie  diese  nun  überhaupt  (a  poti- 
or! parte)  y.ijjiu,  gleichbeiieutend  mit  fut.lj  ('ergl.  die 
oben  angeführte  Stelle  ans  Boissonade  Anecd.  Graec), 
.So  ist  viohl  der  Aanie  des  Paroemiacus  daraus  entstan- 
den, dass  man  ihn  für  ilen  letzten  Theil  des  epischen 
Hexameters,  wie  derselbe  durch  die  cacsura  penlemi- 
ineres  abgeschnitten  wird,  ansah,  in  dem  ja  h/iulig  all. 
gemeine  Gedanken  [uaooiitiu)  ausgedrückt  werden,  /,  B. 
ttw  yco  y.ouxu'  i'iori  iiiyiOTDv. 
xDV  yuo  yiiü.To:.  lox'  ivi  umo  (Od.   1,  .3t9).  — 

S.  18  spricht  Hr.  F.  zunächst  nun  von  den  Melri» 
im  engeren  Sinne  und  gibt  als  charakteristisch  an  ,  mit 
Bezug  auf  die  erwähnten  Stellen  bei  Longinus  und  I)io- 
medes,  dass  sie  nur  die  zweizeitige  Lange,  die  einzeitige 
Kürze  und  die  dnppclzritige  Sylbc  angewemlet  hatten, 
denen  eine  bestimmte  unteranderte/eitdancr  angewiesen  ge- 
wesen sei;  hierzu  bemerkt  er,  dass  auch  sie  wegen  dieser 
beständig  sicli  gleichbleibenden  Länge  und  kürze  gleichen 
Takt    (im    Sinne    der     Neuem)    gehabt    haben;    wogegen 


wenigstens  kein  innerer  Grund  spricht,  da  das  Mass  bei 
ihnen  ganz  gleich  ist;  liesse  sich  indess  gegen  das  gleiche 
Taktsysteni  bei  den  lyrischen  Gedichten  und  Chorgesän- 
gen etwas  (begründetes  einwenden,  so  würde  natürlich 
auch  jene  Behauptung  zurückgewiesen  werden  müssen. 
Von  ilen  letzteren  indess,  den  iiS/.eo/  und  yjöko/^  ,  wie 
er  sie  nennt,  behauptet  er  nun  S.  Ui:  etiam  versus  huiug 
generis  quod  carmina  ad  cantum  musicamque  modulatio- 
iiem  facta,  id  est,  carmina  lyrica  coniplectitur ,  illam 
l)cdum  rhythmicorum  aequalitatem  eoruinque  intcrnam 
arscus  theseosque  constantem  rationem  habuissc ,  quem 
tactnm  nunc  vocamns  atque  in  ea  re  antiquam  musicam 
non  differre  ab  hodierna.  Er  widerlegt  also  die  Ansicht 
Biickh's  und  Ilcrmann's,  der  auch  Iloirmann  in  seiner 
AVissenschaft  der  Metrik,  Leipzig  liS3ö,  beigepflichtet 
habe,  und  lindet  es  unwahrscheinlich,  was  der  Letztere 
aufstellt,  dass  nur  die  einzelnen  rhythmischen  Perioden 
sich  in  Strophe  und  Antistrophe  entsprochen  und  gleichen 
Takt  gehabt  hatten,  weil  der  beständige  Wechsel  eine» 
solchen  Taktes  es  unmöglich  oder  schwierig  gemacht 
habe,  ut  ductus  rhythmicus  tarn  accurate  et  servaretur  et 
perciperetur,  ut  si  vel  minimo  spiritu,  ut  Cicero  ait,  titn- 
batum  sit,  tota  thcatra  reclamaverint ,  musicumque  vel 
histrionem  exturbaverint.  Die  A^ernunftgründe ,  welche 
Hrn.  F.  für  seine  Ansicht  zu  sprechen  scheinen,  ver- 
spricht er  an  einer  anderen  Stelle  und  zu  anderer  Zeit 
zu  geben;  hier  begnügt  er  sich  damit,  die  Namen  anzu- 
geben, welche  die  Alten  für  den  Takt  als  einzelnes  In- 
tervall  gehabt   haben  sollen,   nämlich  (jv9^tOi;,  TTOl'g  ()V&- 

/jiy.üi;  (Gegens.  7rot~s  ftExQiv.oc,)  710VQ,  dt  ai]fj.aivErai 
Qvdiiöi,  ax'Jiia  öi'^iir/.öi' ,  o/.  TXoSixüv,  rhythmu», 
numerus,  pes  rhvthmicus,  percussio ,  percussionum  modi, 
jntervalla  aeqnalia)  und  einige  Stellen  anzuführen,  in 
welchen  die  Alten  ofl'enbar  vom  Takte  oder  von  etwas 
diesem  sehr   Achnlichen  reden.      Hierher  rechnet  er: 

Aristol.  probl.  XIX,  22  p.  919  ed.  Bekk.  z/m  Ti 
Ol  TCoKLol  f-iulXav  äfiovxe^  xuv  Qv9nov  au)CovOi 
(Takt  halten),  ;}  oi  üXiyoi;  tj  oxt  uutXov  iq  Iva  ijye- 
fxuvu  ßtdnuvoi  y.ai  ßauvxiQov  üo%uvrai,  v'iqxs  (taov 
xov  ((Vxoi'  Tvy^uvot'Oi;  aber  nicht  mit  Unrecht  bemerkt 
Hr.  F.  selbst  von  dieser  Stelle,  es  sei  nngewiss,  ob  hier 
von  einzelnen  Versfüssen  oder  Kolis  oder  Perioden  die 
Rede  sei;  denn  wenn  Mehrere  zusammen  singen,  so  ver- 
steht es  sich  von  selbst,  dass  sie  die  einzelnen  Versglie- 
der zu  gleicher  Zeit  anfangen  müssen  und  dazu  bedürfen 
sie  des  Taktschlägers,  auf  welchen  sie  sehen. 
(Beschluss   folgt.) 


ror.soiial-Clirouik  und  Miscellen. 

Bonn,  a.Jan.  Die  Gcsammtzalil  der  Stmlirendcii  bclanll  »icb 
auf  7til  ,  nanilicli:  in  dc'r  evangelisch  -  llieoloijisclicn  KaciiUat 
Inländer  52,  Ansllin,lei  33 ,  zusammen  85;  in  der  katliolisch- 
tlieolocisclicii  Kaciilliit  liilaiulcr  110,  Ausländer  5,  zu.,animen 
115;  in  der  jnristiscbcn  Faciiltat  Inländer  .2:0,  Ausländer  38, 
zusammen  258;  in  ilir  niedicinischen  Faeiillat  Inlinder  128. 
Ausländer  15,  zusammen  (43;  in  der  pliilosopliisclicn  Kacnllal 
IniandcrO«.  AnslänJcr  3'.',  zusammen  i.W.  linmalrikiiliilc  Stn- 
.liieiidc  731. 


e  1  t  s  c 


i  f  t 


für   die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch,  9-  Januar 


18  39. 


Nr,  4. 


Feassner:     De  metrorum  et  tnelorum  discrimine. 
(Beschluss.) 

DioD.  Hai.  de  adniir.  vi  Dem.  5-  48  (oichf  cap.  47» 
wie  Herr  F.  angibt)  p.  1102  Rsk.  (fEQS  yaQ ,  et  Tiq 
ajdaii  rj  v.qoi<^aoiv  doyävvjv  t6  y.akLiarov  ivTeivaq 
fiekog,  övi^i^Qi'  ^iijösva  TCoiiJTai  Xoyov  Ea9'  ottojq  äv 
Tig  ävdöy^oiTO  Ttjg  xoiaviiji;  /.tovor/.iji;;  Hr.  F.  erklärt 
diess  so:  wenn  Jemand  die  schönste  Melodie  anstimmte, 
aber  keinen  Takt  beobachtete ;  doch  ist  hier  wohl  die 
Bedeutung  von  evTEivu]  falsch  aufgefasst,  indem  es  mehr 
componiren  ('acconiuiodare  übersetzt  es  Reiske)  heisst,  wie 
mau  Qv^j^mii  xai  f^iezQuii  Evxtiveiv  sagt,  vergl.  Heind. 
ad  Plat.  Phaed.  p.  ()0  D.  Noch  wichtiger  ist  aber  der 
Zusatz,  den  Hr.  F.  Rieht  hätte  weglassen  sollen;  denn 
Demosthenes  fährt  so  fort:  ri  de,  ei  XOVTUJV  UEV  äiiCfO- 
TEQojv  TiQOvo)]i}eii]  fx£TQi'uji,  fiBvot  8'  eni  Tijg  aviijq 
ueKipöia^ ,  y.ai  t  uj  v  avTojv  öv9ftiJjv  ovdiv  uv 
£ ^  ai^kccT  T  oj  V  Öl'Se  TT  o  i  y.iXkcov,  ag  ov^'  of.ov 
8ia(f&EiQ0t  TU  dyadov,  Wan  kann  dem  Verf.  nur 
dankbar  sein,  dass  er  jene  Stelle  angeführt  hat,  da  gleich 
das,  was  die  darauf  folgenden  Worte  enthalten,  die  besste 
Widerlegung  der  (Apel'schen)  Takttheorie  gibt,  indem 
sie  ganz  deutlich  beweisen ,  dass  bei  der  Verbindung  ver- 
schiedener Versarten  (z.  B.  der  Daktylen  und  Trochäen, 
der  Anapästen  und  Jamben)  eine  Einzwängung  beider  in 
die  gleiche  Taktzeit  nicht  für  nothwendig  gehalten  wurde, 
sondern  dass  vielmehr  eine  Abwechselung  in  der  Länge 
und  dem  Verhältnisse  der  Arsis  und  Thesis  im  Rhyth- 
mus dem  beweglichen  Geiste  der  Griechen  angenehm 
und  selbst  nothwendig  erschien,  während  ein  fortlaufen- 
des Einerlei  (wie  in  unserer  Eiutheilung)  schon  in  der 
Länge  eines  einzigen  Gedichts  ihnen  ermüdend  und  un- 
schön erschien.  Die  Verkämpfer  der  Takttheorie  behan- 
deln diejenigen,  welche  der  gewöhnlichen  Ansicht  fol- 
gen, als  wenn  dieselbe  überhaupt  alles  Gleichmässigo 
in  den  Rhythmen  wegläugnen  wollte,  aber  das  wider- 
stritte ja  schon  dem  Wesen  des  Rhythmus,  der  ja  eben 
in  der  Beobachtung  eines  wiederholten  gleichmässigen 
Verhältnisses  zwischen  Arsis  und  Thesis  besteht,  und  die 
von  Apel  sogenannte  taktlose  Theorie  unterscheidet  sich 
eben  nur  darin  von  der  seinigen,  dass  sie  den  AVechsel 
( (.'.eraßakt] )  des  Verhältnisses  schon  am  Ende  eines 
Versgliedes  oder  y.ajkov  gestattet;  während  die  Apel'sche 
eine  bestimmte  Taktlänge  annimmt,  in  welche  sie  belie- 
big   die    verschiedenartigen  Versfüsse    eines  Sjstems   eiu- 


zwäDgt  oder  diesem  Streben  zu  Liebe  dieselben  willkür- 
lich anders  abtheilt.  Darum  ist  auch  auf  die  weiter 
unten  von  Hrn.  F.  angeführten  Stellen  (Dionys.  de  admir. 
vi  Dem.  cap.  7  nicht  47,  p.  971,  Z.  5.  Reiske,  Kor. 
Carm.  IV,  fi,  35.  Quinctil.  Inst.  IX,  4,  bl-  4,  ll4. 
139.  XI,  3,  108.  Mar.  Victor,  p.  2521,  2541)  we- 
niger VVerth  zu  legen,  weil  sie  nicht  von  einer  durch' 
gehenden  Gleichmässigkeit  der  Takte  reden  and  wohi 
auch  mehr  von  Hrn.  F.  angeführt  worden  sind,  um  den 
Gebrauch  der  Ausdrücke  percussiones ,  flgurae  pedales, 
nodixä  oxi'jficcoa  zu  zeigen.  Auch  Augustin.  de  Mus. 
IV,  10,  pag.  395  D.  ed.  Xyland.  spricht  eher  von  einem 
abwechselnden  Numerus:  articnlatim  varios  efilcere  na- 
meros.  Mit  Unrecht  führt  Hr.  F.  die  Stelle  aus  Aristid. 
Quinctil.  p.  41  an,  wo  derselbe  von  dem  Verfahren  der- 
jenigen spricht,  welche  die  Rhythmik  von  der  Metrik 
trennen  und  ein  gewisses  Ganze  yon  Zeitmoren  fz.  B.  10) 
in  eins  oder  zwei  der  drei  rhythmischen  Verhältnisse 
bringen.  Schwieriger  ist  aber  die  Stelle  bei  Aristoxen. 
Eleni.  harni.  p.  34  zu  behandeln,  welche  Hr.  F.  ganz 
iu  seinem  Siime  erklärt,  wie  seine  in  den  Parenthesen 
fegebenen  Erklärungen   beweisen. 

Aristox.  p.  33  ov  Sei  de  dyi/oeiv ,  ort  i]  Tijg  iiov- 
aiy.ijg  aüveon;  d/ia  ixevovtÖi;  rivoq  y.ai  yivovf^uvov 
kaiiv  —  p.  34  nakiv  ev  roii  Ttegi  Qi'9i.ioLii;  nokka 
Totav&'  ooüjuEv  yivöfteva.  Kai  yd^  uevovxoi  xov  ko- 
yov ,  y.a^'  uv  diojoiarat  xd  yev}]  (die  TaktgescLIech- 
tcr,  y.'iaov,  ()mkda!ov  rjiiiökiov)  xd  u£yEi}i]  vdvEixat 
tcSv  noöuiv  öiu  xi]v  t;J;  ayojyij^  di'i'Uf^iiv  a)  (die  Dauer 
der  Takte  ändert  sich  vermöge  eines  langsameren  oder 
schnelleren  Tempo's  F.)  y.a.i  xuHv  n£ye^o)v  uEvovxuiv 
d.vouoiot  yivovTUl  Ol  nuSl^  b)  (bei  unveränderter  Dauer 
weichen  die  Takte  durch  verschiedene  Zertheilung,  Tact- 
gliederung,  Koloratur,  von  einander  ab),  y.ai  iivTO  xo 
icsyE&o^  TlüSa  övvaxai  y.ai  oi'Lryiav  c)  (veluti 
d  d  **  w  J  J  J  *'*  eadem  magnitudo,  sed  illud  pe- 
dem,  hoc  syzygiam  valet),  dijkov  öe,  öxi  y.ai  ai  xojv 
öiuioeOTCDD  y.ii't  ayjjnäxwv  (dvofxoi(')X)]XEi  oder  y.i- 
vtjOEtq  glaubt  Hr.  F.  ergänzen  zu  müssen)  TVe^i  fuefov 
XI  uEyE&oi;  yivovxar  yadukou  de  eiJiEtv,  rj  ^lev  qv^- 
finiToiia  Ttokkdi  y.ai  TvairodaTiag  y.tvijoetg  y.ivtixai, 
6i  8e  TCüöeq,  oJc,  arjfxaivöued^a  xovi;  ^v^fxooi,  änkai 
xe  y.ai  xd^  avxd.^  dei  (sc.  xivfjriEti  y.ivovvxai ,  der 
Komponist  gestattet  sich  innerhalb  der  Takte  mannichfal- 
tige  Bewegungen,  das  Grundmass  der  Takte  hat  einfache 
und  stets  unveränderliche  Bewegung).      Wenn  auch  Mei- 


27 


28 


bom  diese  Stelle  nicht  recht  erklart,  inticui  er  als  Bei- 
spiel für  die  erste  Behauptung  a)  ilic  Vernandluiig'  des 
Dactvlns  in  den  Spomlcus,  oder  Prorelcusmaticus  an- 
[iihrt  (da  doch  hierdurch  ffar  nicht  die  Grösse  oder 
iMorenzalil  jjc'indcrt  «ird),  für  die  z«eite  alicr  h)  den 
Dactvlus  und  Anapäst  znsauinicns(ellf ,  und  für  die  dritte 
c)  als  nur.;  den  Jonirus  a  niinori  mit  der  ^^•rbindnng 
des  Pvrrhichius  und  Spondeus  vergleicht ;  so  ist  dodi  auch 
noch  gar  sehr  die  Frage,  ob  die  Erklärungen  des  Hrn. 
F.  durchgangig  zulassig  sind;  denn  aus  den  AusdrückeD 
y.lll'osii  konnte  man  ebenso  gut  schliesson,  dass  Aristoxe- 
nus  von   Abiiechslung  in  der  L.inge  der  Takte  spreche. 

Ausserdem  fülirt  Hr.  F.  noch  zur  ^'ergleichung  eine 
Stelle  aus  der  Itluthniik  des  Aristoxenus  an,  ferner  die 
srbou  oben  erwähnte  aus  Dion  Hai.  de  ailniir.  vi  Dem. 
cap.  öü,  die  aber  wenig  zur  Erklärung  und  noch  weni- 
ger zum  Beweise  für  seine  Behauptung  beitragt;  endlich 
noch  Cic.  do  orat.  III,  4S  und  Uuinctil.  inst.  orat.  IX, 
4,  äö,  welche  von  aequalibus  intervallis  reden,  und  geht 
hierauf  p.  2()  unt.  zum  Beweise  seiner  zweiten  Beliaiip- 
lung  über,  dass  die  Alten  in  den  melischen  (jediclitea 
die  Svlben  beliebig  langer  oder  kürzer  gemacht  hatten, 
je  nachdem  es  der  Gang  des  Rhythmus  verhingt  hatte, 
was  er  meist  wieder  durch  die  zu  Anfange  seiner  Dis- 
sertation angeführten  Stellen  aus  Longinus  (proleg.  ad 
Heph.  p.  l.VI)  3Iar.  Victorinus  (p.  24,Sl,  2483,  ;.'4S4), 
Srhol.  ad  Heph.  (p.  löü)  beweist.  Als  Beispiel  führt 
er  den  Vers  aus  Pindar.  Ol.  HI,  ep.  V.  2  au  und  thcilte 
ihn  so  in  fünf  gleiche  Takte   ein: 

drpey.iji  'JEk  \  Xavod/y.a;    yhecfa  \  quiv   Ai  |  rujf.og 
dvi-o  I  iipöffiv, 
deren  jedem  er  die  Länge  von   ^/,   Takten  zuschreibt,  so 
dass  also   in  dem  Spondeus  (seinem  3-  Takte)  jede  Lange 
einem  '/,   Takte   gleich    ist. 

Znm  Sdilusse  führt  Hr.  F.  noch  eine  Stelle  aus 
Euclid.  Introd.  Harmon.  p.  1.'2  an,  in  welcher  das  Wort 
TOll  für  das  lange  Auslialten  der  Stimme  auf  einem  und 
demselben  Tone,  also  für  diese  ^'erlangerung  der  S\lbe 
gebraucht  wird  ;  und  fügt  noch  hieran  die  Bemerkung, 
dass,  nach  Aufhebung  der  Modulation  (des  taktniassigen 
Vortrags),  die  meisten  lyrischen  Gedichte  der  Prosa  ahn- 
lich würden,  was  anch  Cicero  (orator.  c.  05.  §.  1S3) 
lind   iMarius    Victorinus   (p.   2jl)   sagen. 

Ref.  ist  weit  entfernt,  neue  Ansichten  aus  allzugros- 
ser  Anhangliciikcit  an  das  ül>liche  System  ohne  weitere 
Prüfung  verwerfen  zu  wollen;  noch  weniger  ist  er  aber 
geneigt,  diesell)en  ohne  weiteres  anzuneiimen,  wenn  sie 
nicht  durch  gewichtige  Gründe  gestützt  werden;  er  kann 
daher  nur  bedauern  ,  dass  Hr.  F.  die  Vcrnunftgrüiide, 
■welche  ilini  für  die  Taktlheorie  zu  sprechen  sclieinen, 
nicht  einmal  summarisch  angiebt,  sondern  .ilio  tempore 
et  loro  verspricht  (S.  ^;(l);  holi'entlich  wini  dalier  Hr.  F. 
bald  eine  grössere  Arbeit  erscheinen  lassen,  in  <ler  er 
seine   Ansichten   weiter  darlegt  und  fester  begründet. 

Es  sei  nur  noch  erlaubt,  einige  allgemeine  Benier- 
kangen  hinzuzufügen,  weldic  vielleicht  am  geeignetsten 
<iud ,  die  gewöhnliihe  aus  der  Herniannischen  .Schule 
geflossene  Ansicht  von  der  .Metrik  mit  den  Forderungen 
der  Taktthcoric  in  Einklang  zu  briugcu. 


1)  Der  Rhythmus  ist  zunächst  nur  ein  arithmetisches 
Verhaltniss  der  Arsis  und  Tliesis,  welches  durch  mehr- 
malige AViederholung  einen  angenehmen  ,  aber  zugleich 
auch  bedeutungsvollen  Eindruck  auf  das  Ohr  machen  soll ; 
hierzu  legt  er  nun  einen  Ton  von  beliebiger  Länge  {'/^, 
'/,  oder  '/.j  Takt)  als  Einheit  (yrjovoi  iKc.^lOToc,)  oder 
Mass  für  die  Theilc  zu  Grunde  und  kann  nun  in  dem 
yi;V0S  lOov  Zweiachtel-,  Zweiviertel-  oder  Zweizweitel- 
takt, in  dem  StnXooiov  aber  Dreiarhtel-,  Dreiviertel-, 
Sechsachtel-  oder  Sechsvierteltakt  werden,  je  nachdem 
der  Dlusiker  wegen  iles  Charakters  seines  Gesanges  einen 
jener  Takte  zur  Ulasseinheit  macht.  Wird  nun  eine  lanj^e 
Sylbe  in  der  Arsis  aufgelöst  (und  zwar  in  zwei  kurze 
Sylben),  so  hat  jede  der  beiden  aufgelösten  Sylben  die 
Hälfte  der  Länge,  welche  der  nnaufgelösten  Sylbe  zu- 
kommt, also  kann  der  Trochäus  mit  aufgelöster  Arsis 
folgende  Gestalten  annehmen: 

n  l    Ct  c    r?  r    p>  P 

Hätte  man  die  lange  Arsis  stait  in  zwei,  in  drei  oder 
vier  kurze  Sylben  aufgelöst,  so  würde  diess  die  den  ein- 
zelnen .Svlben  zukommende  Zeit  unverhältnissmässig  ver- 
kürzt und  (im  Vergleich  mit  den  Kürzen  der  Thesis) 
den  Rhythmus   gestört  haben. 

2)  Aber  nicht  immer  mag  das  Versinass  anch  genau 
selbst  die  Gattung  des  Taktes  bestimmt  haben;  so  konnte 
es  ja  recht  wohl  vorkommen,  dass  Jamben  oder  Trochäen 
(besonders  die  epitritischen)  gleiche  musikalische  Länge 
in  Arsis  und  Thesis  erhielten,  wie  wir  diess  ja  noch  bis- 
weilen bei  Chorälen  sehen. 

3)  Endlich  konnten  aber  auch  in  der  musikalischen 
Composition  einzelne  lange  Svlben  und  Wörter,  welche 
besoncicre  Bedeutung  und  Wichtigkeit  in  der  Rede  hat- 
ten ,  durch  die  Tuvn  einen  längeren  Ton  erhalten,  als 
ihnen  dem  gewöhnlichen  ductus  rhjthmicus  zufolge  zukam. 

4)  Alles  diess  aber  gilt  nur  für  die  lUKoTtoü'a  und 
durchaus  nicht  für  die  metrische  Bedeutung  der  Sylben; 
metrisch  genommen  hat  jede  Svlbe  entweder  die  geringste 
Lange,  welche  im  gewöhnlichen  Sprechen  den  Vocalcu 
£  und  o  gegeben  zu  wer<len  pflegt  (d.  h.  sie  ist  kurz), 
oder  sie  hat  die  doppelte  Länge  (sie  ist  lang)  und  kann 
in  letzterem  Falle  auch  in  zwei  kurze  aufgelöst  oder  statt 
zweier  kurzen  auf  einander  folgenden  gesetzt  werden  (z.  B. 
in  der  Thesis  des  Dactylus).  Die  Metrik  stellt  nun  die 
Schemata  der  versehiedenen  Versarten  (die  Anordnung 
der  langen  und  kurzen  SWben  in  denselben)  auf  und 
gielit  zugleich  an,  an  welclien  Stellen  (den  rhvthmisch- 
indifl'erenten)  eine  lange  Sylbe  statt  der  kurzen  (odei- 
umgekehrt)  stehen  kann.  DieProsodik,  als  ihre  Dienerin, 
giebt  die  Gesetze  an,  naih  welchen  den  SWben  der  ein- 
zelnen AVörter  Kürze  oder  Länge  zukomme.  In  Jedem 
metrischen  Schema  uher  kiinuen  stiill  der  langen  Syllie 
nur  zwei  kurze  Sijllien  Hubstiluirt  iccrden  (wenn  nicht 
die  Länge  eine  irrationale  ist,  wie  bei  den  cyklischeii 
Anapästen  und  den  Dactylen  des  epischeu  Versmasscs 
Uionys.  de  compo».  verb.  ca|).  17  ,  oder  wenn  der  ernste 
and  "ruhige  Charakter  der  Versait  nicht  die  Auflösung 
der  den  ^'eisfuss  beginnenden  Arsis  verbietet,  vgl.  Aristid. 
Uuinctil.    do    musicu    üb.  II,    p.    97:    iviv    di    Qv'Juuiv 


29 


30 


vöuxanSQOi  n'i  üno  i^loeuiv  TiQoy.aTCtOTiXkovTSi;  rrjv 
Oldvoiav.  Dieser  Erfabrungssatz  «ird  durrh  alle  Verso 
«1er  Alten  liestiUif^  und  ist  somit  «ohl  als  strenges  Ge- 
setz beobachtet  worden. 

In  diesem  Sinne  kann  also  von  einer  dreizeitigeu 
Lange  nicht  die  Rede  sein,  wenn  dieselbe  dreimal  so  lang 
sein  soll,  als  die  neben  ihr  stehende  Ki'irze.  Ueberhaupt 
müclite  CS  doch  auch  noch  sehr  in  Frage  zu  stellen  sein, 
ob  die  einzelnen  Aeusscrungen  so  später  Musiker  durch- 
aus auf  die  metrische  Praktik  der  Tragiker  anzuwen- 
den sind. 

Breslau.  Hermann  W eissenborn. 


Das  Geschlecht  des   Phoikys   und  der  Ivelo   nach 
Hesiod. 

Eine  loytbologlsche  Dciiliiiig  von  Dr.  F.  Ph.  Funcke. 

Eine  der  interessantesten,  zugleieich  aber  auch  räth- 
selhaftcsten  Gottergenealogieen  bildet  die  des  Phorkys  und 
der  Keto.  Uebcr  den  Sinn  der  Fabeln  ist  viel  vermuthet; 
aber  es  ist  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen,  eine  genügende 
Erklärung  zu  finden.  Je  einfacher  und  ungekünstelter 
dieselbe  ist,  je  mehr  die  einzelnen  Details  sich  auf  eine 
Gesamuifiction  zurückführen  lassen,  desto  wahrscheinlicher 
und  haltbarer  ist  sie.  Unsere  ganze  genealogische  Ver- 
kettung lässt  sich  mit  wenig  Schwierigkeit  von  dem  gross- 
artigsteu  und  imposantesten  Naturphänomen,  das  zu  ver- 
schiedenartigen, beim  ersten  Anblicke  unerklärlichen  Fic- 
tionen  Anlass  geben  musste ,  deuten.  Bei  Darlegung 
meiner  Erklärung  kann  ich  nur  dem  Dichter  selbst  fol- 
gen, indem  er  die  ganze  Schöpfungsgeschichte  naturge- 
mäss  vorgetragen  hat. 

Die  AijTUj  gebiert  (Thcog.  v.  270)  dem  0üQXVi;  die 
Gräcn,  die  von  Geburt  grau  sind,  die  IlKfoijSoj  ei'TTS- 
Tlko^  und  die  'Ewü)  y.goy.öncTiXoQ,  Znior  ein  Wort 
über  die  Verwandtschaft  der  Aeltern.  Sie  sind  Kinder 
des  Pontos  und  der  Gäa  (Theog.  237  sqq.)  und  ver- 
schwistert  mit  Thaumas  und  Enrjbie.  Daher  man  sie  zu 
flieergottern  machte:  Thaumas  die  personificirten  3Ieer- 
wunder  ,  0uoy.L'\  die  Yorgebirgo  und  Kuppen  oder  dun- 
keln Meeresabgrünile,  Kijcu)  die  Blasse  der  im  Grande 
des  Meeres  hausenden  Ungeheuer.  Und  Enrybic  ?  diess  ist 
sehr  dunkel.  —  Meiner  Vermuthung  nach  haben  diese 
Götter  ursprünglich  eine  andere  Bedeutung  gehabt.  Thau- 
mas halte  ich  für  den  personificirten  Gott  der  Tages- 
helle,  *)  Eurybie  für  die  Gottin  der  nächtlichen  Finster- 
niss.  Beide  als  selbsständige  Gottheifen  zu  betrachten, 
scheint  um  so  weniger  bedenklich  ,  da  ja  Hemere  selbst 
als  etwas  Positives,  ohne  den  Helios  Bewirktes  in  un- 
serer Theogonie  erscheint.  Zur  Eurjbie,  als  Göttin  der 
nächtlicheu  Finsterniss ,  passt  v.  239. 


*)  Mit  der  EU-ktra  zeugt  er  v.  265  sq.  die  Iris,  die  Har- 
pyifn,  dii-  Acllo  und  die  Okjpeto,  Wolken,  die  ilon 
Winden  folncn.  Achnlicli  gebiert  die  Eos  v.  376  dem 
Aslräus  die  Winde. 


EvQvßlrjV  t'  ddafjavTog  ivl  (pQeal  d^vfxov  ex»i - 
oav.  *) 
v.  375  sqq.  gebiert  sie  dem  Krios  den  Stcrnenhinmici 
Kqio)  ö'  Ei'ovßiij  Tiy.TEv  (fiküxijxi  fiiyetoa, 
'AoTQaiov  T£  fieyav,  Uukkuvva  re ,  6ia  dedvjp, 
TIsQGijv  {^'  y..  T.  X. 

Zwischen  Tageshelle  und  nächtlicher  Finsterniss  lie- 
gen als  Extreme  am  Abend  um!  Morgen  das  Grau  und 
Dunkel,  deren  personificirte  Gottheiten  sind:  (Däoy.v;. 
(weiss,  grau,  wie  noch  der  Name  sehr  deutlich  zeigt) 
und  Kl]TO).  Was  der  Name  eigentlich  bedeute ,  ist  noch 
ein  Räthsel.  Er  scheint  allerdings  mit  yiJTOg  zusammen- 
zuhängen, dem  in  der  Meerestiefe  hausenden  Ungeheuer, 
woher  die  Bedeutung  das  Dunkele  gar  wohl  fliessen  kann. 
—  Aus  beider  Verbindung  nun  gehen  die  beiden  Gräen 
(mehr  fingirte  erst  die  entstellte  spätere  Sage),  d.  i.  Mor- 
gen- und  Abe7iddiimmerung ,  hervor.  IliCf(j>jd(u,  wobei 
(fcoeiv  zu  Grunde  liegt  —  ijÖv)  ist  Suffix.  Ewai  Inundona, 
die  in's  Meer  taucht.  Phorkys  und  Keto  erzeugen  dann 
die  Gorgonen,  die  ich  mit  AVelcker  und  Scliwcnck  (vergl. 
auch  Creuzer  Symb.  und  Mjth.  T.  JI,  p.  434 1  für  ilen 
Mond  halte,  iFiewohl  bedeutende  Forscher  dieser  Er- 
klärung nicht  beitreten.     Der  sterblichen   3Iedusa  aber 

TTa^sXe^aro  KvavoyaiTiTi;, 
ev  fxakayiii  ke/itujvt,  y.ul  uvSeoiv  eiaoivoiai, 
wie    es    seheint  auf   Sicilieu,     wo    der    Mond    in's    Meci 
taucht. 

rrjc,  8'  oTs  Si)  IlsQaevgxecfaXijv  (in£8stQOTÜi.a]0Ev, 
k^E^oQE  X^voüvjQ  T£  nayuq.  y.ai  Hrjyaooi  lUTioq.  **) 
Perseus  ist  nun  höchst  wahrscheinlich  der  Sonnenheld, 
wofür  ihn  schon  Viele  gehalten  haben,  der  den  Mond 
gctödtet  und  als  Goldschwert  (Sonne)  hervorstrahlt.  Der 
Iljjyuaog  i'miog  nun,  so  räthselhaft  er  auch  erst  erschei- 
nen mag,  lässt  sich  doch  mit  geringer  Mühe  vom  Mos- 
genihau  verstehen ,  der  als  Nebel  sich  sammelt  und  in 
die  Hohe  steigt  zum  Regner  Zeus,  und  ihm  Blitz  und 
Donner  bringt,  wie  diese  im  Gewitter  verbunden  sind. 
So  passen  vollkommen  die  folgenden  AVorte  vom  Pegasus : 

X    w  fiev  dTtoTiTcl^Evog,  irgoXiTTojv  xi^öva  ^ujtsqu 

fir^kvjv , 
ixer'  eg  d&avätovq,  Zi]vd<;  8'  ev  8tt)/jaai  vaisi, 

ßQOVTjjv    TE    OTEQOm^V    TS    CfEQVJV    zJfi'    fMITTlOEVTl. 

Die  Sonne  aber  zeugt  mit  der  Kallirhoe ,  des  Okeanos 
Tochter,  den  ri/Qi'ovevg  d.  i.  den  Tag,  den  Tiinenden 
von  ytmvüi  im  Gegensatz  zur  Nacht,  die  schweigend  ist, 
silens ,  Ovid.  3Iet.  IV,  84.  Die  Dreitheilung  von  Tag 
und  Nacht  ist  alt.  Vgl.  II.  XXI,  Itl.  X,  251.  Sein 
Hund  aber  ist  0()9QUi,  d.  i.  worauf  der  Name  schon 
deutlich  hinweist,  der  Morgenhiind.    Er  steht  dem  Abend- 


*)  V,  456  wird  dem  Hades  ein  rtjXifi;  tjioq  zugcsclirieben. 
V.  764  dem  öäraTo;  eine  oiSr,Q(ri  r.Qaä(t\  und  ein  yüXr.ior 
Tjioo  t'TjAf^?  h'  ar-rjO-faoii', 

*"'f)  Die  beiden  folgenden  Verse  hat  man  wubl  keinen 
Grund  einzuschlicssen ,  da  der  Diciilcr,  des  Sinnes  der 
ursprünglichen  Fabel  unkundig,  sie  sehr  wold  seihst  hin- 
zufügen konnte. 


31 


32 


liuad ,  dem  Kerberos  des  Hades  euigegea  *).  Herkules 
Utdtei  ihn  dTa^u'ü  iv  i-eoüevri ,  weil  es  aui  Abend 
geirbab.  lieber  <leu  ßovy.ül.oi  Ei<ovciu>v ,  der  zu  viel- 
deutig ist,  enthalte  ich  mich  für  jetzt  einer  bestimmten 
Erklärung. 

AVir  gehen  nun  unmittelliar  zu  den  folg'enden  Gebur- 
ten der  Kcto  über ,  denn  die  ist  unstreitig  v.  295  zu 
aappliren  ,  nirlit  3Iedusa.  Sie  liaugen  mit  den  vorherge- 
henden aufs  genaueste  zusammen.  Wie  der  Dichter  n;ini- 
lich  den  Ursprung  des  Tages  nivtliologisch  beschrieben 
hat,  so  fährt  er  nun  fort  die  Entstehung  der  Nacht  zu 
schildern.  Andere  Erklärungen,  selbst  von  berühmten 
Gelehrten,  lasse  ich  theils  der  Kürze  »vegen  ausser  Acht, 
theils  aucli ,  «eil  sie  nicht  natürlich  genug  erscheinen, 
und  dem  %'orhergelienden  nicht  entsprechen. 
Die   Kcto   also   gebiert  nun   ein 

dy.Ko  rcit.uioov ,    a.iii-j(uvov ,    ovdnv  eoixoi 
&vrTOii  clvSouiTioii;,  ovS'  d^aväzoiai  ^eoiai 
arcij'i  evl  ytMWvoio.,   9-eiijv  y.gaTeQÖcpQov  'ExiSvaV 
mttav  fiii>  VL'uf'jV  ei.r/.ujTtiSa,  xakkiTiagT^ov, 
Tjuiau  S"  avTE  TteKutgov  öffiv,  ösivov  ve  tdyav  rs 
TtoixiXov ,  uiurrsrijv,  oa^tiji  Czu  XBi&eai  yai'iji 
h'^a  de  Ol  ai:eoi  eoii  y.äroj  y.otkTj  vTtu  TTizoTj, 
rrjkov    dx'   d^uvÜTiuv  rs    ^stüv    bvijrüiv    r'    dv- 

&QU}TCU}V. 

61/9'  dpa  Ol  ddaaavTo  9£oi  yXvra  dojuara  vaiELV 
T]    ö'     tpvv'     eiv    'Agi^oioiv    vTtd    x^öva    LiyQij 

'Eyidva , 
ä9dvaxoi  vü^iCfTj  xai  dyi'jgaioi  ijuara  'tüvra. 
A.  i.  die  personificirte  Dunkelheit  gebiert  unten  in  dea 
Höhlen  der  Erde  eine  Echidna,  schwarze  Dünste**), 
die  sich  schlangenartig  emporwinden.  Die  Echidna  steigt 
von  den  Tiefen  der  Erde  aufwärts  bis  zum  Himmelsge- 
wölke,  daher  sie  gedoppelt  erscheint.  Oberhalb  der  Erde 
ist  sie  eine  schwarzäugige  Nvniphe,  unterhalb  aber  ein 
Ttikuigoi  ocf'l^.  Sic  ruht  zusammengewunden  in  dea 
Hohlen  aud  erhebt  sich  nicht  mit  eigener  Kraft.  Sie 
verbindet  sich  mit  dem  Winde,  Tvphaon  ,  der  sie  empor- 
treibt. Mit  ihm  gebiert  sie  den  Morgen-  und  Abenclhund, 
was  ganz  zu  unserer  Erklärung  passt ,  ferner  die  Hydra, 
A.  i.  das  aus  den  Poren  der  Erde  zur  Nachtzeit  hervor- 
quellende >'ass ,  das  die  Jfor^  ,  die  Erde,  nährt.  Wir 
hatten  somit  die  (hauende  Krde.  Diese  gebiert  die  Xi- 
uoioa  die  Nacht,  wie  Gcryon  dreiköpfig  Tlvtovaav 
duaiiiay.erov  ttTo,  öeivuv  —  :Ti'g6i,  juvoq  ai^oiiB- 
voto ,  was  auf  die  Sterne  geht***).  Die  bethaute  Erde 
bildet   einen    Strom  yei/Aagoi.     Daraus  scheint  yiuaioat 

*)  Hund  kann  als  Diener  gefasst  werden ,  und  so  passt  er 
zum  ßovxo).ot;  wohl.  Der  erjfc  Anlas»  zur  Fiktion  dej 
Hiiiiclrs  nia?  «ticr  wolil  die  Iilee  gegeben  lialipn,  das» 
Tag  und  Nacht  aus  ilirrn  Häusern  abwechselnd  aus-  und 
ein;;elien  (vergl.  v.  750  ff),  so  dass  der  Hund  als  Thor- 
hütcr  7.U  denken  wäre. 

**)  Die  2Vi/{  entstand  v.   125  aus  sq.  Xüoi;  und  ''£Qtf}of. 
'")  Die  Sterne    als  nächtliches   Feuer  nocturni  ignes  sind  bc- 


die  Ziege,  gemacht  zu  sein  als  Symbol  der  Nacht,  ^'orii 
ist  sie  ein  Löwe,  aber  ein  jfapoTOs  ,  was  nicht  ohne 
Bedeutung  ist,  worauf  Creuzer  in  ähnlicher  Beziehung 
Svnib.  II,  425  aufmerksam  macht.  Es  ist  zwar  dunkeln 
Ursprungs,  scheint  aber  mit  yuguJV  zusammen  zu  hängen. 
Der  Liiwe  wird  bei  Pausan.  II ,  !()•  2  »'om  Ilypnos  ein- 
geschläfert. Unten  v.  327  wird  er  von  der  Chimäre  und 
dem  Orthros  geboren  ,  vom  Herkules  aber  getodtet.  Da« 
ist  ziemlich  bezeichnend  und  Liiwe  «lürfte  Symbol  der 
Sonne  sein.  Der  doaxinv  in  der  Chimaera  kann  ver- 
schieden gedeutet  werden.  Arn  besten  wohl  lässt  er 
sich  als  Wächter,  der  auf  den  Tag  lauert  {ÖEgysoi^ai), 
fassen. 

So  nun  hängt  Alles  wohl  zusammen.  Der  Morgenthau 
(jt)]yanoi)  und  die  Morgensonne  {BeKkegutfövTtj^,  wie 
ich  erklären  zu  können  glaube)  vertilgen  v.  325  die  Chi- 
märe. Auch  Bellerophons  Kampf  mit  dem  Pegasus  in 
spätem  Mythen,  d.  i.  die  Sonne  mit  dem  aufsteigenden 
Nebel  ist  somit  deutlich  genug  erklärt. 

Unmittelbar  vor  Sonnenaufgang  tritt  plötzlich  eine  an- 
gewöhnliche Kälte  ein.  Diess  scheint  der  Mythus  durch 
die  Sphinx  zu  bezeichnen,  auch  eine  Tochter  der  Chi- 
maera und  des  Orthros.  aCfiyyu}  zusammenschnüren, 
zusammenpressen,  was  bei  der  Kälte  der  Fall  ist. 

Als  jüngster  Sohn  der  Keto  und  des  Phorkys  wird 
V.   334  der   öeivu^   ÖcpiQ  genannt: 

öi  egeuvtji  xeu^sai  yairji  — 
Tieigaoiv  ev  fi£ydkoii  TTay^güasa  fifjka  (pvkdaös/, 
A.  i.  der  Drache,    der  die  goldenen  Aepfel  der  Hesperi- 
den  (des  Sternenhimmels)  bewacht. 
Köln,  10.  Juli  1837. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Am  10.  Novembei-  wurde  im  Gymnasium  zu  Zeitz  "ein 
Redeact  zum  An<l'enken  Luthers  vor  einer  ansehnlichen 
Versamnilun,;  gehalten,  7ai  welcher  der  Rector,  Prof.  M.  Kiess- 
ling  eingeladLMi  und  der  Subrector,  D.  Hoclie  eine  Abhandlung 
„Beitrag  zur  Choragrapiiic  von  Thessalien"  gesehrieben  halte. 
Einsender,  von  jeher  ein  warmer Theilnehuier  an  Scbulfcierlich- 
keiten ,  die  das  Andenken  verdienstvoller  Manner  der  Vorzeit 
und  der  Gegenwart  zu  erneuern  oder  in  unauslöschlichen  Zügen 
mitzutheilen  zur  Absicht  haben,  und  der  Jiigendbildung  zu- 
gleich einen  schönen  und  reichen  Stoff  zur  N.iliruiig  darbieten, 
bemerkte  mit  Wohlgefallen,  wie  die  jungen  Redner  aus  sechs 
Rlusseir  .sich  theils  in  dem  noch  kleinen  Kreise  ihrer  Gedanken 
und  Gefiihle  in  wohlgrwählten  Gedichten,  aber  mit  Leichtigkeit 
und  Sicherheit  zu  bewegen  wussten  ,  wahreml  Andere  sich  in 
eine  höhere  Sphäre  erhoben  und  in  seihstgcarbeiteten  Reden 
und  Gedichten  ,, Luthers  Einfluss  auf  Nationalliteratur  und  wie 
man  das  Andenken  grosser  M.anner  würdig  ehre"  schilderten. 
Das  Fest  selbst  sihreibt  sich  vom  Reformationsjubelfeste  1817 
her  und  ist  si'itdem  ununterbrochen  jährlich  gefeiert.  Ein 
hocliwitrdiges  Doincapitel  in  Zeitz  aber  hat  sich  durch  ein  Ca- 
pital von  1(X)  Tlilrn.  um  die  Anstalt  Verdienst  erworben,  von 
dessen  Zinsen  Biiclier  an  würdige  Schulcr  vertheilt  werden. 
Möchte  der  Geist  dieser  Gesinnung  sich  imiiier  weiter  verbreiten 
und  das  Nützliche  mit  dem  Schönen  verbunden  werden! 


Zeitschrift 


für   die 


Alt  er  tliums  Wissenschaft. 


Freitas-j   11.  Januar 


18  39. 


Nr.  5. 


De  annali  T.  Pomponii  Attici. 

De  hisforiae  conscribenilae  arte  veicrum  his  tempori- 
biis  C.  L.  Bluinius  et  llermannus  Ulrici,  duumviri  doc- 
tissinii,  quaesiveriiiit,  quorum  ille  id  potissimum  egit,  ut, 
quod  Roniaiiorum  in  vita  publica  patres  inter  atque  ple- 
bem  fuisset  discrimeii ,  id  iiitcr  liistoricos  quoque  inter- 
cessisse  demoiistrarct,  hie  magna  diligentia,  magno  acu- 
uine  scriptores  Graecos  pariter  est  atque  Latilios  per- 
secutns. 

1,^5  lam  Blumius,  rereor,  ne  praeconcepta  ductus  opinione 
judicia  fecerit  numero  nou  pauca,  quae  apertum  est  im- 
probanda  esse.  Ita,  nt  unnm  certe  afferam  exemplum, 
quüd  Sullam  dixit  in  Couimentariis  suis  talem  sese  prae- 
»titisse,  qualls  fuisset,  ')  id  non  videmus  quoraodo  conci- 
liari  cum  iis  possit,  quae  sunt  ab  antiquis  scriptoribus  de 
libris  illis  prolata.  Ex  his  enini  intclligitur,  Sullam  po- 
tissimum id  spectasse ,  ut  adversus  criminationes  adver- 
«ariorum  se  purgaret,  rerunique  suarum  gloriam  laude 
omniuni  aequalium  superiorcm  seque  ipsum  omnium  esse 
hominum  fortunatissimuin  ostenderet.  ")  Bluraio  igitur 
multo  consideratius  Schlosserus  V.  D.  pretium  Commeu- 
tariorum  ita  constituit ,  ut  ex  ratione,  qua  edendos  illos 
Sulla  LucuUo  tradidisset,  colligcret,  fidem  eorum  histo- 
ricam  cöercendam  esse.  ')  Neque  teniere  fecisse  Baehrius, 
vir  diligeutissimus,  putandus  est,  qui,  quid  de  sententiis 
a  Blumio  velut  de  Q.  Fabio  Pictore,  de  L.  Calpurnio 
Pisone  Frugi  ,  de  M.  Tercntio  Varroue  propositis  judi- 
caret,  simpliciler  significaverit  intcrrogaiidi  signo  posito. 
Conf.  Baehrius  libro,  qui  inscribitur:  Geschichte  der 
rßmischeu  Literatur.  ZHcite  Aufl.  p.  346.  349.  3.J3. 
Videtur  autem  Blumius  propterea  nonnuuiquam  a  recta 
via  aberrasse,  quod  partim  fragmenta  historicorum  exa- 
minare,    partim  testimonia,    quae   de  iis  in  veterum  libris 


t)  Conf.  lib.  ciii  litiiliis  est:  Einllung  in  Rom's  alte  Geschiclile 
pag.  182:  £in  Mann  \'on  so  ausicrordeiitticliein  Cliarak- 
ler,  der  im  Leben  über  Alles  sich  weggesetzt  hntte,  um 
sein  Ziel  -u  erreichen,  wird  sich  in  seinem  IFerke  ge- 
wiss ohne  Scheu  gegeben  haben,  wie  er  war, 

•i)  Conf.   Plut.   Sul.  cc.  4,  5,  23,  .=45. 

3)  Conf  UniversaUiist.  Uebersicht  iler  Grscliicte  der  alten 
Well  vol.  II  pait  I  p:ij;.  54t  :  Gelegentlich  wollen  wir 
bemerken,  dass  nach  dem,  was  Plutarch  iiber  die,  /Irt 
sagt,  wie  Lucullus  zur  Bedaction  sollte  gebraucht  wer- 
den ,  der  historische  iVerth  jener  l)enh<.yürdigkeiten  et- 
was niedriger  angeschlagen  werden  nniss,  als  man  fast 
zu  thun  geneigt  sein  würde.     Coui.  Plut,  Lucu),  cap.  4. 


scriptorum  exstanf ,  accnrate  inter  se  conferre  neglexerit. 
Apertum  est  igitur  iis,  quae  modo  dixiuuis,  non  acta  esse 
oum  acturum ,  qui  de  scriptoribus  rcrum  Ronianarum 
quaerere  post  Bluinium  denuo   velit. 

Sed  de  multis ,  qui  res  Romanas  scriptis  illnstrarnnt, 
potissime  ad  Atticum,  equitem  eruditissimum,  attendere 
iiobis  placuit,  cujus  de  doctrina  neque  Cornclium  Nepo- 
tem ,  neque  recentiorum  homines  temporum,  qua  par  erat' 
diligentia,  exposuisse  videremus!  Ejus  autem  de  erudi- 
tione  honorificentissime  judicare  ut  alia  nos  cogunt  ita 
singularis  illa  auctoritas,  quam  Cicero  ei  tribuit.  Quo 
puiin  viro  ut  suorum  librorum  Aristarcho  ille  usus  est, 
is  necesse  est  band  vulgari  fuerit  doctrina  ornatus.  Nam 
niisit  Cicero  scripta  sua ,  antequaui  ederet ,  ad  Atticum, 
qui  suum  de  iis  Judicium  pronunciaret,  quod  ipse  est 
jiostea  secutus.  Conf.  Cic.  ad  Att.  I,  ep.  19,  §.  10,  XIII, 
cp.  22,  §.  o,  quo  postremo  loco ,  Scripta  nostra,  inquit, 
7iusquam  mala  esse,  quam  apud  te:  sed  ea  tum  foras 
dari,  qumn  utrique  noulrum  videbitur.  Conf.  ad  Att.  IV, 
0().  5,  «5.  1,  XIII,  ep.  16,  g.  2-  I^a  absolutes  Attici 
liortatu  libros  uum  mittendos  ad  Varronem  esse  ceuseat , 
ex  amico  quaerit  XIII,  ep.  18-  Cujus  diligentia  et  res, 
An  qaibus  Cicero  disseruerat,  et  verba,  quibus  fuerat 
usus,  spectavit.  Intelligitur  hoc  ex  Cic.  ad  Att.  VII,  ep. 
■ii  §•  10,  nbi  is  errorem  ab  Attico  notatum ,  quo  in 
Piraea  pro  simplici  Piraeum  scripserat,  emendari  jubet 
Atticnmque,  quasi  grammaticum,  rogat,  ut  C,i]Tl]l-ia 
solvat ,  sintne  ötj/iol  oppida  dicendi.  Similitcr  Atticus 
Oiceroni  suasit,  ut  in  locum  verbi  sustinere,  quo  grae- 
cum  £Kk%siv  reddidisset,  inhibere  substitueret.  Neque 
probavit  Atticus,  quod  amicus  Graecum  /(  a  9  ij  y.  O  v  Of- 
ficium dixcrat.  Conf.  ad  Attic.  XVI,  ep.  14,  §•  3.  Sed 
quamqnam  eum,  qui  Dicaearchum,  ')  Peripateticuni  lu- 
culentissimum,  diligeret,  qui  Phaedri,  =■)  Epicurei  nobi- 
lissimi,  disciplina  gavisus  esset,  qui  Antiochi,  ")  Acade- 
mici  clarissimi,  diligens  auditor  fuisset,  in  philosophia 
rudern  fuisse  non  est  credibile;')  tamen  historicas  ille 
disciplinas  siugulari  est  amore  amplexus.    Hoc  ut  ex  epis- 


4)  Cic.  ad  Attic,  II  ep.  I,  §.4,  ep.  16,  §.  3.  XIII  ep.  .-^O,  §.3. 

5)  Cic.  de  Finn.  I  c.  5,    V    16.    V  c.  1 ,    J.  3,   de  Legg.  I, 
cap.  20,    §.  53,   ad   Famm.   XIII  ep.   1,    §.5. 

6)  Cic.  de  Legg.  I  c.  21,   §•  54,  de  Finn.  V  c.   I,   §.   1. 

7)  Corn.  Nep.  cap.   17:     Principum  philosophorum    ita  per- 
cepla   habuit  praecepta ,   ut  iis  ad  vila  '"   ■ 
ad  osieniationeni,  uteretur. 


idan 


iö 


36 


lolis  a  Cicerone  ail  Attiruiii  ilatis,  Ha  ex  vila  Attici  a 
Coriiclio  »pole  scripta  rognos«-i<ur.  Cirero  eiiim  aiiii- 
iniii  tum  poti^silmuIl  «onsuluit,  ijiuiin  <lc  relms  historiris 
ainl.igeret  ■)  velut  XII,  ep.  2i,  SJ-  'J-  Nep"s  autnn 
cap.  18  liaei'  «le  Attic«  tradit:  Muris  etiain  majoium 
summus  imitator  fuit  antiquilatisque  amator :  ijuam  iideo 
Jiligenter  habuil  cogiiilnnt,  ut  eam  lotam  in  eo  rulumint 
tj-posueril.  quo  maf;istralus  ordinacit.  Sulln  enim  lex, 
nei/ue  pa.v  .  neque  Lellum ,  neque  re*  illuslris  est  pnpttli 
Romaiii,  qutie  non  in  eo  suo  tempore  sit  jtntatu:  et, 
quoJ  Jifficillimuinfuil,  sie  familiarum  ori.^i/iem  subtexuit, 
ut  ex  eo  clarorum  virorum  propasj^ines  possimiis  cogrios- 
cere.  Ftcit  hoc  idem  sepatatiut  in  aliin  libris :  ut  M-  liruti 
rogalu  Juiiiiim  familiam  a  stirpe  ad  hunc  aetntem  or- 
dine  enumeravit ,  nolans,  qui,  a  quo  oitus ,  quos  hoiio- 
les ,  guiliunque  tempoiibus  cepisset.  Pari  inodo  Mnrcelli 
Claudii,  MareeVoium;  Hcipionis  Cornelii  et  Fabii  Maximi, 
Fubiorum  et  .Lmiliorum  quoque  :  quibus  librin  iiiliil  polest 
esse  duicius  iis,  qui  nliquam  cupiditatem  hubent  notiliae 
clarorum  virorum-  Altigit  quoque  poeticen :  credimus, 
ne  ejus  espers  esset  suavitatis.  Namque  versibus ,  qut 
fionore  reruiiique  geslarum  ampliludine  ceteros  Romani 
populi  praexlilerunt ,  exposuit  ita,  ut  sub  sinquloru7n 
imasiiiibus  Jacta  niagistratusque  eurum  nnit  niiiplius  qutf 
ttrnis  quiriisie  versibus  descripserit:  quod  vix  credendum 
sit,  taiitas  res  tarn  breviier  potuisse  declurari.  Est 
etinm  unus  liber,  Gruece  con/ectus,  de  cottsulatu  Ci' 
ceronis. 

De  bis  libris  ileiiicpps  iliii.screuius.  Priiniiui  igidir  ile 
oo  libro ,  Uli  priiiiuin  lociiui  in  scriptoriiui  Attici  rc(  en» 
sione  Nepos  assignaiit,  cxpoiipiiiiis.  Fuit  illc  Aiiiialig 
iiisrriptus  °)  et  Ciceroiii  (le«li(';Uus.  Hoc  coiistat  ex  Cic 
Brut.  c.  3t  §■  lo,  ubi  Cicero,  iiitprroj(atus  a  üruto« 
ijnis  sibi  Atlici  über  quasi  jacciiti  saliitriii  attiilcrit,  li.iec 
(licit:  All  mihi  potuit  esse  aul  gratior  ulla  salutatio,  aut 
ad  hoc  tempus  aji.ior,  quam  illius  libri ,  quo  me  hie 
(  Atficns)  nff'atus  .  quasi  jacentem  excilavit.  Ouibus  icr» 
big  statiro  adjicitur  Bruti  scuteiitia  liaec  profereiitis:  Nempe 
eum  dicis,  quo  isie  omnem  reriim  memoriam  breriler,  et, 
ut  mihi  ifuidem  visum  est,  {lerdiligenter  complexus  est. 


H)  Iden)  fccisje  Cacsarcm  i|t;oi|iic,  IVopos  lostatm  cap  'JO, 
§.  v;  Cic  ad  All.  XVI  ep.  lA  c.  Iiaic  >Crilii(  :  Jideo 
itudio  hiiluriae  ,  —  incredibili'.tr  enim  nie  enmiiinset  lua 
cohortaliii  —  tjnae  quidetn  iicc  insiiiui  nee  efßci  imti'st' 
sine  tua  ope.  —  Ceteruiii  cur  Ncpit;  locn  vila  Allic. 
c.  16.  y  l  Ifctionrm  omavit  imilaiidain  in  ordiiim'it  c(  n- 
icain  ,  e\  hac  i|i5a  pcispici  comiufiilalionc  poirst.  Ceiic 
ratio,  ijiia  nrnavit  liirii  Bretüius  voluit  ,  iiiliil  [iroliat. 
Quod  cuiin  iisitatum  Jr  bac  ic  vcrbuuj  esse  oinare  dixit, 
id  alii)  ci  erat  exrniplo  dpiiiiuistrandurii ,  ipiain  quo  usus 
est  Corii.   Nep.  vita    Tbem.  c    2,   §.  3 

9)  Cic.  ad  Atlic.  XII  ep.  ?S.  j.  2:  Quilnn  ConsiiUbiis  Car- 
neades  et  ca  le^atio  Jlomam  veneiitj  scriptum  est  in  ttto 
annali.  Ccmf.  Ncp.  vit.  Hnniiib.  cap.  LS  ■  l  A-Ciiniu>  \'c- 
dianus  in  Cic.  oral,  in  l'ison  c  1 ,  §.5  (Cic.  »pp.  ed. 
Orcl  vol.  V  p.irl.  II.  pag.  13/.  Nunreni  sin^'iihii  cur  sit 
.Mlicos  iu  inscriplioiie  usus,  riocet  Cic.  Orat.  c.  34.  §.120 
uno  Ut/ro  Atttcuui  diccni  annnrnm  septint^entottirn  me- 
moriam colliiiasse  Erraut  igiliir  Vo.tsius  de  Iliflt.  !„nll. 
el  Baobrius  I,  I.  pag.  H5l  Atticiiui  scribcntc»  Annalis 
icripsiue. 


Ilic  liber  quando  scripfus  .sit,  quaniloquo  editus,  rol- 
ligi  ex  Cic.  Brulo  licet.  Hoc  eiiiui  dialogo  quod  Atticus 
pofissimum  Cicerouis  de  republica  libris  iinpulsum  se 
alque  iuceiisnni  esse  ad  veterum  annaliuni  memoriam  com- 
prebeiulendam  fatetur,  iiidc  efluitur,  libruni  non  posse 
coeptum  e.sse  ante  annum  708  u.  c. ,  quo  verisimilo  est 
CiieroncDi  illos  lihros  fora«  dedisse  (Coiif.  Uaebrius  1.  I. 
p.  (i15)'  Keqne  anno,  quo  Cicero  suos  de  lcj;ibus  librosi 
qui  seculi  sunt  quaestiouem  de  republica  institutam,  At- 
lici .\iinalis  stalui  polest  ^el  scribi  copptus  vel  editus  esse. 
£orum  enim  lib.  I,  cap.  2  quuni  Attirus  abesse  hi.storiam 
a  literis  Latinis  pronuuciet,  eanique  a  Cicerone  maxiuio 
flagitari,  quo  caiu  tr^^taute  eilici  po«fie.,  ut  ia  hoc  etiaiii 
genere  Graeciae  nihil  cedant  Romani  ;  nonne  verisiiiiile 
est,  Ciceronem  ea  opportunitale  grata  Altico  referendi 
usurum  fuisse,  si  scriptus  ab  amico  Annalis  eo  tempore 
fuisset?  Sed  nihil  hujusmodi  remnneralionis  iu  Ciccroni.i 
illis  libris  reperilur.  Quum  vero  Annalis  non  sit  a  Ci- 
cerone menlio  facta,  nisi  in  iis  literis,  qnae  demuin  post 
annum  700  scriptae  sunt,  velut  ad  Alt.  XII  ep.  23,  l^-  2, 
Orat.  cap.  34,  g.  120,  de  Tinn.  II,  cap.  21,  §•  <i7, 
circa  medium  annum  709  u.  c.  divulgalus  ille  esse  vide- 
tur ,  praesertim  quum  a  Cicerone  inter  lileras,  quibus  se 
quasi  jacentem  (propter  Tulliae  filiae  mortem)  excitafuui 
esse  gralo  animo  fatetur,  Atlici  quoque  liber,  lamquani 
omniutn  gravissimus  refer.ilur  Brut.  c.  '.\.  Necesse  est 
autem,  pauMo  ante  Ciceronis  Brntum  Annalis  vulgatiis 
fuerit.  Cicero  enim  Brut.  c.  4,  JJ.  l.j,  recentissinia  hujus 
libri  memoria  commotus,  remuneratiim  ab  ipso  iri  Alti- 
cum  pollicclur,  si  non  pari,  at  gralo  tarnen  nnmere  (Conf. 
de  hoc  loco  Zimmerm.  Ephemni.  an.  1838,  p.  I7li.). 
Jam  anno  704  Annalem  suum  Atticuni  in  manibus  habuisse, 
fortasse  licet  suspicari  ex  Cic.  ad  Alt.  ^'I,  ep.  t,  Jj-  8. 
Verlia  haec  sunt:  Irascatur ,  qui  volet :  patiar.  lo 
ynp  ei  iiit'  if^ior,  praesertim  quum  sctl  libris  tamquam 
praedibus  me  ipsum  obstrinxerim ,  quos  tibi  tarn  valdn 
probari  gaudeo;  e  quibus  unuvi  iaiuoizov  requiris  de 
Cn.  Flavio ,  Anci  F.  Ille  vero  ante  decemviros  non  fuit: 
quippe  qui  aedilis  curulis  fuerit,  qui  magistralus  tnultis 
annis  post  decemviros  i/islitutus  est.  ^lepotis  cerle  locus, 
aun.-ili  AfticMui  dicentis  ni.Tgislralus  ordiga.sse  ,  Asconiique 
Pe<liani  testimonium,  exstaus  iliud  in  Orell.  Cic.  opp. 
ed.  vol.  V,  pari.  2,  pag.  7(i ,  probabilem  reddunt  eoii- 
jecturani,  etiam  Cn.  Flacci,  qui  fastos  pubiic.asset  et  actio- 
ne«  priuius   edidisset,   Atticum   ralionem   habuisse. 

(Quibus  causis  commotus  ad  hi.<itoriam  adumbrandam 
animum  appulerit,  incerlum  est,  Probabile  tameu  videlur, 
praeter  jucunditatem ,  quam  ipsa  afTerrel  literarnui  trada- 
tio,  non  levissimi  momenti  fui.sse,  quod  bistoriae  inajornm 
vel  eos,  quos  minime  pulaveris,  ignaros  videret.  Hujus 
ignorationis  luculenlum  exstat  testimonium  apud  Cic.  ail 
Attic.  VI,  ep.  1  ,  $5-  '  ''"ec  referentem :  Scipio  hie  Me- 
tellus  proavum  suum  iiescit  censorem  non  fuisse.  Sed 
nescire  proavum  suum  censorem  7ion  fuisse,  turpe  est: 
praesertim  quum  post  eum  consulem  nemo  Cornelius,  illii 
vivo ,  censur  fuerit. 

De  alia  nos  causa  cogitarc  locus  Brut.  e.  \b,  §.  ()2 
sinit,  ubi  ('irero,  laudationibus  rerum  llomanarum  hislo- 
riam  factaui  esse  meudosiorcm  dcclaraturus,  haec.  dicit: 
Mulla  enim   scripta    sunt    in    eis,    qaae  facta  non  sunli 


37 


38 


fahi  triump/ii,  plures  vonsulnhn ,  genera  etiam  falsa, 
et  a  plel/e  transitiones ,  quum  liomines  humUinres  in  iilie- 
num  ejusdem  norninis  infunderenlur  genus.  Haec  mcii- 
dacia  qiii  <ollpre  de  historia  roiiatus  est,  quiim  magisfra- 
tiis  ad  siiiini  quemqiie  aniiiim  referret,  et  vere  gestos  ha«d 
dnbie  a  macistratilms ,  qims  niajonini  posteri  inontiti  essent, 
«lisreriieret;  is  proforto  rette  diri  a  Kepote  poterat  iiia- 
pstratiis  ordinasse. 

Libri  quae  indoles  fiierit,  perspicitur  ex  Cic.  Brut, 
r.  3,  iibi  Cirero ,  postquain  Bniti  se  et  Attici  literis 
rerreatnm  di>it,  iiiterr<i«;atiis  a  Briito,  de  qno  libro  At- 
tiri  rojjitaret ,  eiini  laiidat,  quo  hie  oiniieni  rerum  me- 
inoriain  breviler  et  perdiligeiiter  ooniplexus  esset.  IVliranti 
»pro  Attiro,  libnini  illum  habere,  qiiod  Cireroiii  aiit 
iKiviiiii  aut  taiito  iisiii  posset  esse,  respoiidcf:  Il/e  vero 
et  nnva  mihi  quidem  tiiulta  {attulit) ,  et  eiitn  utilitalem, 
quam  requirebam ,  ut ,  exjilicatis  ordiniius  temporum, 
11710  in  conspectu  ovtnirt  viderem:  quae  qumn  sludiose 
tractare  coepissem,  ipsa  iiiilii  tractutio  lileiaruni  saluta- 
ris  fuit.  ürat.  c.  34,  Jj.  I'JO  autem  diritiir  Atfitus, 
cnnstrvatis  notatisque  temporihus ,  nihil  quum  illustre 
praetermilterel ,  annnrum  septi/igentoiutn  niemoriam  ■uno 
lifiro  colligasse.  Ilis  locis  rflicitur,  suiiimain  libri  lan- 
dein ronspicuam  in  diligentia  fuisse ,  qua  qiiaesiiisset, 
singnlae  res  memorabiles  quibiis  essent  annis  et  a  qnibns 
gestae.  Ad  hanc  diligrntiani  admirabilis  acressit  veri 
ainor ,  quo  factum  est,  nt  ab  ea  historiae  tractandae  ra- 
tione  prioribus  rerum  Romanarum  scriptoribus  fere  Omni- 
bus <'<>uiuuini  abhorreret,  qui  jure  rhetoribus  solum  atque 
poetis  fonresso  usi  essent,  in  bistoriis  ementiendi,  utali- 
quid dicerent  argutius.  Ilujus  rei  testis  est  gravissimus 
Cicero  Brut.  c.  1U,  §.  42  usqne  ad  |^.  44,  ubi ,  post- 
qnam  Tlieniisfoclem  pariter  atque  Coriolanum,  quum  cives 
e'^re-jii  fuissent,  populi  ingrati  pulsos  injuria ,  se  ad  hostes 
contulissc,  conatumque  irarundiae  suae  morte  sedasse  pro- 
nuticiavit,  his  utitur  verbis:  S'am  etsi  aliter  est  apud  te, 
/illice,  de  Coiiolatw,  concede  tnmen  ,  ut  huic  generi  mor- 
tis potius  assentiar.  At  ille  ridens ,  tun  vero ,  inquit, 
arbitratu:  quoniam  quidem  concessum  est  rhetoribus  emen- 
tiri  in  hialoriis ,  ut  aliquid  dicere  possint  argutius.  Ut 
enim  tu  nunc  de  Coriolano ,  sie  Clitarchus,  sie  Strato- 
cles  de  Thtmistocle  ßnxit.  Nam,  quem  Thacydides  ,  qui 
et  Atheniensis  erat,  et  summo  loco  natus,  sum?nusque 
pir  et  paullo  aetate  posterior ,  tnntum  mortuum  svripsit 
et  in  Attica  clain  huinntutn,  nddidit ,  fuisse  suspicionem, 
venenn  sibi  conscivisse  mortem:  hunc  isti  äjunt ,  quum 
taurum  iinmolavisset ,  excepisse  sanguinem  patera,  et  eo 
poto ,  mortuum  concidisse.  Hanc  enim  mortem  rhetorice 
et  tragice  ornare  poluerunt :  Uta  mors  vulgaris  nullam 
prnebebat  materiem  ad  ornatum.  Conf.  efiani  de  Legg.  1, 
^-  ^■i  %•  8  quo  ex  loco  Atticiim  perspirimus  parnni  fidei 
haliuisse  iis,  quae  essent  de  Romulo  et  Remo  circumla- 
tae,   narrationibus. 

Utruni  res  sit  Romanorum  solum  an  aliorum  qnoque 
populorum  libro  suo  persecutus,  possit  dubium  videri. 
lllud  enim  probare  loci  videntur,  quales  snnt  Brut.  c.  4 
et  5,  Nepot.  c.  18,  hoc  efluere  verba  a  Cic.  Orat.  c.  34, 
§.  1'20  et  a  Com.  iVcpote  vit.  Hannib.  cap.  13  prolata. 
Oratoris  enim  loco  Cicero  de  iis  disputans  literis,  in  qui- 
bus    sit    futurus    orafor    instituendus ,    Cognoscat ,    inquit, 


rerum  gestarum  et  memoriae  veteris  ordinem,  maxime 
scilicet  nostrae  civitatis:  sed  et  imperiosorum  populorum 
et  regum  iltustrium:  quem  Inborem  nnhis  Attici  nostri 
tevavit  labor :  qui  conservatis  notatisque  teinporibus  nihil 
quum  illustre  praetemiitteret,  annoitim  septingentnrum 
memorium  uno  libro  coUigavit.  INam  rrrba:  quem  lubo- 
rem  nobis  Attici  nos-Iri  levavit  labor,  propter  locum,  quem 
tenent,  uon  viilentur  ad  solam  historiam  Romanorum  re- 
ferri  posse  ,  sod  spectare  ad  integram  sententiam  praece- 
ilentem.  Neque  Vossius  de  Histt.  Latf.  dubitavit  dicere, 
Atticum  non  solum  de  rebus  Riimanonim ,  scd  etiam  de 
externis  egisse ,  eandcmqne  sententiam  Bhiniins  quoque 
seqnitur.  '")  Sed  nt  reliquorum  etiam  populorum  ratio- 
nem  habuerit  Atticns,  tamen  perexigua  ea  fuerit,  qunni 
velinde,  quod  septingentorum  dicitur  annornm  memoriam 
libro  suo  comprehendisse,  itaque  haud  dubie  ab  nrhis 
origine  initium  operis  cepit,  intclligatur ,  Romanos  potis- 
simuni   fuisse,  qaorum   ille  historiam  illustrare  vellet.  ") 

Quodsi  recte  concessimus,  Atticum  in  pnmis  quideui 
res  Romanorum  notasse ,  neque  tamen  prorsus  silenti« 
praetermisissc  historiam  aliorum  populorum,  eorum  scili- 
cet, quibuscum  Romani  rationem  aliqnam  habuissent,  it.i 
tamen,  nt  secuudarinm  solnminodo  locum  iis  concederet: 
farile  intelligitur,  qui  fieri  ijotuerit,  «t  Atticns,  qui,  qni- 
bus  Consulibus  Carneades  et  ea  legatio  Romam  venisset, 
hl  Annali  scripsisset,  idem  causam  legattonis  sileret.  '"J. 
Neque  minus  causa  est  aperta,  cur  Atticns,  qni  diversam 
esset  ab  aliorum  narratione  scriptorum  sententiam,  eam- 
(|ne  veriorem  de  Coriolani  niorte  in  Annali  secutus,  refel- 
lere  eos  neglexerit,  qui  de  Themisfoclis  niorte  falsa  retn- 
lissent.  Conf.  Brut.  1.  1.  Aeqne  perspicunm  est ,  cur, 
Corneüo  teste  vit.  Hannib.  c.  13,  Hannihalis  mortem  in 
libro  suo  respexerit. 

Neque  vero  solum  res  ingignes,  quae  ad  rempuLlicaui 
proxime  pertinercnt,  sed  etiam,  quae  ad  literas  spectarent, 


10)  Diess  Werk  enthielt  eine  kurze  Darstellung  aller  Weltbe- 
gebcnbeiten  der  sieben  letzten  Jabrluiiulertc.  Besonders 
veibieitele  es  sich  über  alle  Gegenstände  der  lömiscbcu 
Geschichte. 

11)  Quod  ii;iti!r  Atticns  de  Lcgg.  I,  c.  3  a  tua  Ciceroneiu 
aclate  scribcndae  bistoriae  exurdium  capcre  dcbere  di.\it, 
lioc  non  ita  est  intclligcndum ,  quasi  Atticus  sibi  ip^i 
haue  esse  sententiam  sequendani  piitaverit,  sed  ita  ut  Ci- 
cero statnatur  iis  verbis  indicare  voluisse,  conäilitim  suunif 
quci  de  siio  consiilatu  scrihere  ipse  vellet,  aliis  quoqiie 
huiiiinibus  probari.  Ceterum  Ciccronem  bomines  cum 
ipso  in  dialogis  dispiitantes  nonnunH|iiain  eas  piofcrre 
sentenlias  jussisse,  qiias  nunquam  protulissent ,  pcrspici- 
tui-  vel  e\  ratioue,  qua  eoriim  esse  sententiae  occurren- 
diim  arbitiatiis  est,  qui  neg.issent,  in  iis,  i|ui  in  libris 
Ciceronis  disputarent ,  enrum  rerum  scientiam  liiisse^  de 
quibiis  dissei-eretur.  Hos  cniin  honiines  nihil  aliud  dicit 
nisi  sibi  vidtri  non  solum  vii'is,  sed  etiam  niorcuis  irwi- 
dtre  Conf.  de  Finn.  II  c.  2,  5- '•  —  Sed  Alticum  vere 
suasisse  Ciceroni ,  ut  bi^toiiain  scribeict,  docemur  ad  Aft. 
XVI  Cji.    1,1  C.   §.  2. 

12)  Cic.  ad  Alt.  XII,  ep.  2,^,  §•  2:  El  ut  scias  me  ita  do- 
lerc ,  ut  non  jaceum:  quibiis  Consulibus  Ciirneades  n 
en  legatio  Jioinam  i'Cneril  ,  stripluin  est  in  luo  annali. 
Hae.c  nunc  cjuaero ,  quae  causa  fuerit.  Similes  quaes- 
tiones  aiuico  proponit  Cicero  ad  ,\tt.  Xlil,  epp.  4,  §.  1. 
5,  Ö,  §.4,  30,^.3,  32,  §.3,  33,2-3.  XVI,  cp.  l3  c. 


39 


40 


«ao  eam  libro  pcrsccutum  €jsc,  ")  discitiir  ex  Cir.  Brut, 
<■•  IS)  ^-  72,  qiii  Atficum  rcfcrt  de  anno,  <juo  Liiins 
primus  fabulnm  doniit,  ab  Ac.cio  disseusisäc.  Res  suis 
temporibus  gestas  uotaveritne  Afticiu  uec  ne  ignorainus. 
Quod  enim  Cicero  scptiiigentorum  cum  aiiiiorum  incmo- 
riam  libro  suo  couiprchendissc  dicit,  hunc  nunieruni  nemo 
nou  videt  rotuudum,  qui  dic-itur,  esse.  Jam  vero  si  suo- 
rum  quixjuo  res  tcinpurum  cxpojucrit,  rem  ita  instituisse 
arbitrandus  erif,  ut  res  gestaa  simplicissime  nutaverit, 
ucque  suum  ipsius  de  iis  Judicium  reiationi  iu<crposuerit. 
Alia  enim  rationc  nou  pofuit  noii  indij^nationem  vel  Cae- 
«ariaiiorum  vol  Pnuipejanorum  in  se  couvrrtere.  At  cau- 
tioreni  eum  fuisso ,  quam  qui  potcntlssimorum  houiiuum 
atram  bilcm  moreret,  ut  Cornelius  Xepos  auefor  est  lucu- 
leotus ,  ita  ex  iis  coustat,  quae  Cicero  de  Attico  in  cpi- 
■tolis  judiravit. 

Scd  longe  verisimilius  est,  a  suis  cum  temporibus 
cousi^naudis  abstlnuisse,  si  qnidem  is  fuit,  qui  tempori 
serriendum  pntarct ,  '*)  et  de  republica  silere  quam  queri 
niallet.  ").  Acque  repue^uat  huic  conjecturae  ipsius  Aftici 
iadoles,  qui  in  rebus  dubiis  et  obscuris  illustraudis  magis 
sibi  placuerit  quam  in  iis  narraodis;  quae  certae  essent. 
oninibusque  uotae.  ^eque  dubitamus,  quin  scribeudi  ffe- 
QUs,  quo  eum  usum  esse  mox  ridebiiiius,  ma^is  arromo-i 
datam  fuerit  ad  res ,  quae  ante  suam  aetatem  accidis.scnt^ 
quam  ad  eas,  quae  suis  temporibus  gestae  essent ,  expoi 
nendas.  Accedit  Nepotis  testimouium  antiqiiitalem  ab 
Attico  Bcribcntis  uotatam  fuisse. 

Quod  atfinet  ad  srribendi  genus ,  quo  usus  est,  bre< 
ritati  eum  singulari  studuisse,  Cicero  testatur  Brut.  c.  3> 
Neque  dubium  videtur ,  quin  Cicero,  quoil  Brut.  c.  75, 
J5'  2(32  7ji7ji7  esie  in  historia  pura  et  illtistri  brevitate 
dulciut  dixit,  Attico  ut  se  assentiri  signiCcaret,  dixerit, 
.Sectatus  autcm  in  omnibus,  quns  scripsit,  libris  Iiistorici 
argnmeuti  cximiam  est  simplicitatem  diccndi  remotamqup 
ab  omni  ornitu  oratorio.  Coustat  hoc  ex  Cic.  ad  Att.  II, 
ep.  1,  qua  ille,  quid  de  libro,  quem  Atticus  de  Ciccro- 
n\a  cnnsulata  scripserat,    sentiret,    bis  indicat  verbis:    Si 

13)  Videtur  igilur  paullo  latius  extcndissc  Atticus  Annalis 
fines,  quam  vulgo  eos  patiiisse,  Ulrici ,  V.  D.  1  I.  p.  253, 
vetcres  aucloics  secutus,  statuit,  annalibus  dicens  solum 
rerum  ilUiiliiiim  narrationem  coiiiprcbcnsam  ,  actis  diuruis 
alias  res  consiiinatas  fiiisse.  Illustres  aiitem  praccipue 
fuisse  res  gt-str-s  populi  Romani  et  claiorutn  ejus  viroiiim. 
At  stitom  atqur  prugressus  tum  artium,  tum  llterariitn , 
morum  descripliones  populonim  et  viroiiim.  qui  res  ;:es- 
(issent.  nisi  m  priniis  l'uissciil  illi  inemorahiles,  iitpotc 
res  Ipvioris  motnenti  ab  historiac  fiiiibus  e\clusas  fuisse. 
—  ^firum  profecto  esset,  si  Atticus.  literarurn  quiim  La- 
tinarum  tum  Graecarum  perqnain  t;nariis  atque  studiosiis, 
hujiis  floctririac  niillum  in  suo  liliro  docura'cntiim  cdidis- 
«et.  Conf.  Cic.  Brut.  c.  26,  ?.  99  et  Cnrn.  Ncp.  _  1„. 
stitissc  antcm  Aiinaliuin  yctcruni  vestigiis  co  est  putniidus, 
quod  clarorutn  virorum  populi  Roroani  singularem  liahnit 
rati'pni'in.  Quod  qunm  aliundc  cognoscitur  ,  tum  e\  Cic. 
de  Kinn.  II,  c.  21,  §.  67  verbis  bis:  Nunc  qunniam  liaec 
nos  tractare  coepimus — supi>editabit  nohts  Attitus  nns- 
ter  Je  thaauris  suis,  (\uos  et  t/uantos  viros!  Conf. 
praSlcr  Ncpoteni  I.  I.  eliam  Asconius  Pcdianus  ^vol.  V, 
pari.   2,   pag.   13  cd  Orrll.). 

14)  Cic.  ad  Altic.  XI,  ep.  24,  §.  5. 

15)  Cic.  Brut.  c.  3,  j.  10  et  cap,  42,  §•  157. 


laum  (librnm)  ante  Icgissem ,  furiitum  me  a/js  te  esse 
diceres.  Quanitjuiim  tua  illa  —  les^i  enim  Hbenter  — 
horriduLa  mihi  atque  incompta  Visa  sunt:  sed  tarnen  erant 
ornata  hoc  ipso,  quod  ornamenta  neglexerant :  et,  ut 
mulieres,  ideo  l/ene  olere,  quia  nihil  olebant,  videbantur. 
Quae  simplicitas  uescio  an  ab  ipsa  illa  seutcutia,  quam 
de  uotione  et  fine  historiae,  signißcatam  illam  a  Cic.  Brut. 
c.   11,   auimo  conceptam  h.abebat,   prufecta  sit. 

Oninia  igitur,  quae  de  Anuali  prubabiliter  dici  posso 
videntur,  uno  in  cunspectu  ponentes  librum  illum  statui- 
mus  non  diserie  scriptum  fuisse,  sed,  neglectis  omnibus 
ornamentis  oratoriis,  res  iudicasse  potius  quam  fuse  ex- 
posuissc ,  omniaque  complexum  ea  esse ,  quae  in  rem- 
publicam  Rouiauurum  visa  essent  alicujus  momenti  fuisse, 
accurate  delinitis  temporibus,  quibus  siugnla  accidissent, 
familiarumque  origine  apto  subtexta.  Haud  temere  igitur 
dixisse  Cicero  putandus  est,  qui  de  temporibus,  quibus 
singuli  cxstitissent  oratores,  quaereus  diligentius,  id  po- 
tissimum  Attici  se  exemplo  facere ,  deularaverit  Brut, 
c.  1(),  g.  74. 

Liber  utrum  morerif  legentium  approbationem  necne, 
ignoramus.  Videri  tarnen  possit  hoc  alterum  probabilius 
esse,  si  quidem  praeter  Ciceroncm,  Cornelium  Nepotem, 
Ascouium  Pedianum  vix  reperitur ,  qui  eum  comniemora- 
vent.  Sed  praestat  fortasse  statuere,  libro  illi  idem  acci- 
disse,  quod  niultis  accidero  nostrorum  temporum  videmus, 
ut  a  muitis  ille  usurpatus  sit,  a  ncmiue  laudatus.  Quod 
profecto  non  est  mirandum ,  si  quidem  nullaui  liabuerit 
a  sermone  commendationem,  magisque  aptus  iis  fuerit, 
numcru  paucioribus,  qui  accurata  rerum  uti  investigatioue 
mallent,  quam  orationis   blandimentis  captari.  "') 

Scribcbam  Tremesnae  meuse  Septembri  exeunte  a. 
MDCCCXXXVIII.  Fridericus  Schneider,  Dr. 

lö)  Conf.  Bliimius  I.  1.  Das  IFeik  scheint  zu  sehr  labellen- 
inassii^  a^earheitet  gewesen  zu  sein,  als  dass  es  einer 
verlireitcun  Aufnahme  sich  erfreut  hätte ,  als  dass  es 
<,>ielleicht  auch  nicht  bald  von  genaueren,  oderweilläu- 
ßs,eren  verdrängt  worden  wart:.  PVenis,stens  c-eschiehl 
seiner  späterhin  kaum  Erwähnung.  Conf.  etiain  Schlos- 
»eius  lihii  laudati  vol.  11,  pait.  J.  pag.  559  >'t  560,  qiiam- 
quain  V.  D.  iniqiiiiis  jiidicare  de  Attico  videliir  .scribens 
liacc :   SeiKC  histnrischen  Arbeiten  sind  übrigens  ,  wie  es 

''  scheint,  bloss  .Irbeiten  eines  vornelimen  Ulannes,  der  mit 
'  der  fVissenschaft  spielt  Es  sind  genealogische  und 
historische  Notizen  von  den  vornehmsten  Römischen  Fa- 
milien, und  andere  .Arbeiten  einer  auf  Curiositatcn  ge- 
richteten Forschung. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

HerzoRthum  Nassau.  Am  25.  Sept.  starb  der  Prorect. 
SncU  am  Ucrzogl  Pada:jOgio  zu  Wiesb.idcu,  Sobn  des  ehe- 
maligen Obcischulrathcs  Sucll,  seit  lingeier  Zeit  schon  krän- 
kelnd, aber  treu  und  willig  in  seinen  Amtspflichten,  und  darum 
her/.licli  bedauert  von  Allen,  die  ihn  kannten.  —  Der  gcpriifte 
Candidat  der  Philologie.  Dr.  Hossel,  Verfasser  einer  zu  Güt- 
tingen  gedruckten  Abhandlung  de  Sacratis  doctrina,  ist  an  dem 
Padagog  /.u  Wiesbaden  als  Collaljorator  angestellt  worden,  — 
Der  Collaboralor  Kirscbbaum  ist  in  gleicher  Eigenschaft  von 
dem  Padagog  zu  lladaniar  an  das  Oymnasinm  zu  Weilburg  ver- 
setzt worden,  und  an  seine  Stelle  zu  Hadamar  trat  der  geprüfte 
Candidat  der  Philologie  Metzlet. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  wisse  11  Schaft. 


SoTintagj  13-  Januar 


1839. 


Nr.  6. 


Qiiinii  Iloratii  Flacci  opora  oiniiia  ad  opfimonim  lihro- 
rum  fidem  cdita.  Lipsiae,  sumptus  fccit  Geurgius 
Wigatid.     16.     S.  343.  (6  Gr.) 

Es  ist  wohl  kein  .Schriftsfeiler  des  Alferfhums,  der 
sich  einer  so  allgenU'inen  l^erbreiliiii;;  und  einer  so  gros- 
sen Veri'ielfältitfnng'  durch  den  Druck  erfreute,  als  der 
gute  Horaz.  >iicht  leicht  tritt  eine  Hlesse  ein,  die  niclit 
neue  Ausfjaben  dieses  Autors,  nach  äusserer  Form  und 
innerer  Einrichtung  fiir  die  versehiedenartitfsten  Zwecke 
bearbeitet,  zu  IMarkte  briichte.  Wenn  nun  gleich  diese 
mannichfalti^eu  Ausgaben  nicht  immer  den  Zweck  hallen, 
noch  auch  dazu  geeignet  sind,  neues  Licht  über  die  Kri- 
tik und  Erklärung  des  Dichters  zu  verbreiten,  so  müssen 
sie  doch  für  die  Freunde  der  Alferlhumswissenschaften 
in  sofern  eine  freudige  Erscheinung  sein,  als  sie  ihnen 
die  fortdauernde  Anerkennung  verbürgen,  welche  dieser 
vortrefl'liche  Schriftsteller  bei  allen  Standen  und  bei  Per- 
sonen von  jeder  Altersstufe  findet.  Als  besonders  nützlich 
aber  muss  es  erkannt  werden,  wenn  die  Buchhändler 
durch  diese  indrustrielle  Betriebsamkeit  für  das  Bednrf- 
niss  der  studirenden  Jugenil  sorgen  und  ihr  Abdrücke  in 
die  Hände  geben,  die  sich  durch  Kritik,  Correctheit, 
Wohlfeilheit  und  gefällige  .4usstattung  empfehlen  und  zur 
Leetüre  einladen.  Auch  Hr.  IVigand  scheint  bei  der 
gegenwärtigen  Ausgabe  dieses  Bedürfniss  im  Auge  gehabt 
zu  haben,  und  Ref.  muss  gestehen,  dass  er  in  mehr- 
facher Hinsicht  ilen  oben  aufgestellten  Bedingungen  ent- 
sprochen hat.  Denn  das  AVerkchen  en-.pfiehlt  sich  durch 
ein  gefälliges  Aeussere ,  besonders  durch  eine  scharfe, 
gcliwarze  Schrift  auf  sehr  feinem,  weissem  Papier,  so  dass 
sie  selbst  ein  schon  getrübtes  Auge  ohne  Beschwerde  wird 
lesen  können.  Auf  der  andern  Seite  aber  schi'int  er  sein 
Büchelchen  mit  einem  fast  stiefvaterlichen  Sinne  in  die 
Welt  geschickt  zu  haben.  ^'irht  einmal  ein  Tanfzeug- 
niss  hat  er  ihm  mitgegeben  ;  denn  auf  dem  Titelblatte 
fehlt  sogar  die  Jahreszahl.  Doch  möchte  diese  Vernach- 
lässigung noch  eher  zu  entschuldigen  sein,  als  der  Man- 
gel eines  V'orworts,  aus  dem  man  den  Herausgeber 
des  AVerks,  den  Zweck,  welchen  er  im  Auge  gehabt, 
den  Plan  ,  den  er  befolgt,  und  die  Recerision,  die  er  zum 
Grunde  gelegt  hat,  ersehen  könnte.  Hätte  daher  Ref. 
nicht  anderuärts  aus  sicherer  Quelle  erfahren,  dass  iler 
Herausgeber  dieses  kleinen  Horaz  der  Sohn  des  Hrn. 
Prof.  Obbariils  in  Rudolstadt  wäre,  der  gegenwärtig  in 
Leipzig    Philologie    studirt    und    also    seine    philologische 


literarische  Laiifbahn  aus  wahrhaft  ki;iilliclier  Sympathie 
gerade  mit  Heransgabe  des  Schriftstellers  begonnen  hätte, 
durch  dessen  Bearbeitung  si(h  <ler  Vater  einen  so  weit 
verbreiteten  Namen  erwiirben  hat  ,  so  würde  er  bei  die- 
ser Anzeige  das  gelehrte  Publicum  über  manche  PuiM:te 
im  Dunkeln  lassen  müssen,  über  welche  er  ihm  nun  die 
nöthige  Aufklärung  geben  kann.  Hr.  Theodor  Obbarius 
hatte  allerdings  eine  kurze  Vorrede  geschrieben,  in  wel- 
cher er  sich  über  den  Zu  eck  seiner  Arbeit  erklärte  und 
seine  Grundsätze  in  Absicht  der  kritischen  Behandlung 
des  Textes,  so  wie  der  vorgenomnieneii  Veränderungen 
und  Verbesserungen  in  Rücksicht  der  Iiiterpunction  zu 
rechtfertigen  snchfe.  Dieses  Vorwort  sollte ,  nach  dem 
Wunsche  des  Hrn.  Obb ,  nebst  der  Vita  Hoidlii  von  Sue- 
ton  dem  Texte  vorgedruckt  werden;  aber  Hr.  U'igand 
liess  Beides  weg,  »eil  er  besorgte,  das  VVerkchen  möchte 
<ladurch  zu  sehr  vertheuert  werden.  Diese  Besorgniss 
halle  ihm  der  Taiichnitzische  .Stereotypenabdruck  beneh- 
men können,  der  nur  S  Gr.  kostet,  ob  er  gleich  wenig- 
stens die  er\i ahnte  Lebeiisbesclireibiing  eiitlialt.  Daher 
haben  wir  allerdings  Ursache,  dem  Hrn.  Uigand  wegen 
dieser  grossen  Sparsamkeit  einen  Voruurf  zu  machen, 
und  hegen  die  Hollnniig,  dass  er  sich  bemühen  werde, 
künftig,  bei  einer  neuen  Auflage  seines  Horaz,  die  wir 
wünschen  müssen,  da  sein  VVerkchen  sonst  für  den  Schul- 
gebrauch sehr  ziveckmässig  ist,  allen  diesen  Mangeln 
scuhlisermassen  abzuhelfen.  Dann  möge  er  auch  nicht 
vergessen,  den  einzelnen  Seiten  des  Buchs  die  noch  feh- 
lenden und  so  höchst  nöfhigen  üeberschriften  z^i  geben; 
denn  diess  ist  ein  Mangel,  iler  den  (iebrauch  desselben 
gar  sehr  erschwert.  Auch  möge  er  die  Anzeige  hinzu- 
fügen, dass  das  Büclielchen  mit  Stereotypen  gedruckt  sei ; 
und  wenn  er  dieselben  zuvor  von  allen  Fehlern  und  Män- 
geln gereinigt  hat,  dann  wiril  er  durch  diese  Notiz  die 
Käufer  um  so  mehr  anlocken,  als  sie  in  dieser  .Art  des 
Drucks  eine  Verbürgung  für  die  Correctheit  des  Textes 
linden. 

Wenn  wir  nun  gegründete  Ursache  haben,  dem  Ver- 
leger von  diesen  Seiten  einigen  Vorwurf  zu  machen,  so 
freuen  wir  uns,  dem  Hrn.  Herausgeber  das  Lob  erthei- 
len  zu  können,  dass  er  in  jeder  Hinsicht  seine  Schuldig- 
keit gethan  hat.  Soweit  wir  nach  der  äussern  Gestal- 
tung und  innern  Einrichtung  des  Buchs,  sowie  nach  den 
aus  den  oben  angedeuteten  Quellen  gesi  höpften  Nach- 
richten schliessen  können,  hatte  Hr.  Obb.  die  Absicht, 
eine    Schulausgabc     zu    liefern,     welche     den    Horaz    wo 


43 


44 


niiiglich  iu  seiner  nrspriiiijjliohen ,  von  allem  Freinilar(i»en 
gereiuigien  Gestalt  darstellen  Hiid  niitliiii,  mit  Eiitfeninug 
aller  bis  auf  unsere  Zeit  (Teniaeliten  Conjeiluren ,  bloss 
die  Lesarten  eiitJialten  sollte,  »elelie  <iie  Handschriften 
und  ältesten  üüclier  darboten.  Diesen  Plan  verfolgte  er 
mit  so  strenger  Consequenz,  dass  er  sieh  nur  da  gegen 
eine  ninthniassiiilie  Verbesserung  nat  Iigiebig  zeigte ,  wo 
die  alte  Lesart  enfiieder  sinnentstellend  «ar,  oder  den 
Gesetzen  der  Latiuit.'it  «iilerspraili.  Jedoch  geschah 
diess  nur  selten  und  immer  mit  iler  ge»  issenhaftesten  ^  or- 
»irht,  z.  B.  Epod.  4,  S.  »o  die  lieiitl.  \'erbcsscrnng  6is 
trium  ulnarum  statt  des  unlateinischen  iis  ter  uhtarum 
aufgenoninien  «urde.  Er  sclieint  sich  daher  hierbei  be- 
sonders die  Jahnsihe  liearbeitniig  zum  .MustiT  genoiiiiiien 
zu  haben,  die  bekanntlich  dasselbe  Priucip  befolgt.  Am 
meisten  «eicht  er  von  der  Horiug'schen  Jlecension  ab, 
durch  welche  sich  leider  viele  fremdartige  Lesarten  be- 
sonders in  die  Schulausgaben  eingeschlichen  haben,  durch 
welche  die  ürgestalt  des  Iloraz  verwischt  wird.  ^\  enn 
es  nun  sowohl  für  ilie  jungen  Studirenden,  als  fiir  den 
allereu  Freund  und  Verehrer  des  ^'eiiusiners  ebenso  an- 
genehm ,  als  «ichtig  sein  mnss,  hei  seinen  Studien  eine 
Ausgabe  zu  benutzen,  die  durch  kritische  Berichtigung 
dem  Originale  so  nah,  als  miiglich  gebraclit  ist,  so  müs- 
sen «ir  ilas  Bestreben  des  Ilru.  Herausgebers  um  so  mehr 
loben,  als  er,  nach  der  durch  sorgfältige  Prüfung  er- 
mittelten BeschaUenheit  des  Buches  selbst  zu  urtheilen, 
nicht  mit  jugendlicher  Leichtfertigkeit,  sondern  ausge- 
rüstet mit  den  nülhigen  Sprach-  und  Sachkenntnissen  an 
diese  Arbeit  ging  und  bei  der  Ausführung  selbst  die 
crfonlerlichc  Ruhe  und  Besonnerilieit ,  iNüchteriiheit  und 
Schärfe  des  ürtheils  und  eine  Sicherheit  des  Tactcs 
zeigte,  die  man  bei  jungen  Gelehrten  nicht  immer  zu 
finden  gewohnt  ist.  Denn  überall  gibt  er  ein  rühmliclies 
Streben  nach  Selbststän<ligkeit  und  halt  sein  Ziel  so  fest 
im  Auge,  dass  er  sich  durch  keine  Autorität  ans  seiner 
Bahn  bringen  lassi.  Um  so  mehr  müssen  wir  ihm  die 
Freude  gönnen,  recht  bald  eine  neue  Auflap;e  seines 
Horaz  zu  erleben ;  denn  bei  seinem  Eifer  für  die  ^nie 
Sache,  und  bei  seinen  schonen  Kenntnissen  wird  er  ge- 
wiss Alles  tliun  ,  um  bis  daliiu  seinem  Büchclchen  durch 
Ausscheidung  alles  Fehlerhaften  die  möglichste  Vollkom- 
meüheit  zu  geben  und  so  ein  Schulbuch  zu  liefern,  das 
allgemeine  Empfehlung  verdient.  Zu  diesen,  dem  Werk- 
clicn  noch  anklebenden  Fehlern  rechnen  wir  die  weiii- 
geu  Druckfehler,  welche  sich  hin  und  wieder  finden, 
z.B.  Od.  III,  2o,  l'l.  molliiil  st.  motlivil;  Epod.  l  T,  .')(). 
Parlumrjus  st.  Pactninejus.  Auch  in  der  Intcrpuiiction 
haben  sich  einige  Fehler  eingeschlichen,  die  der  Auf- 
merksamkeit des  Hrn.  Oii.  sicher  nicht  entgehen  wer- 
den; z.  B.  Od.  1,8,  10.  steht  hinter  vilat  ein  Frage- 
zeichen statt  eines  Koninia's,  wogegen  dasselbe  Od.  I, 
12,  ö.  hinter  deum  fehlt.  Ebcuho  steht  es  Od.  I,  'JS,  (j. 
fälschlich.  .\uch  mnss  Od.  II,  lo,  Itl.  das  rjiie  hinter 
timet  gestrichen  werden,  wogegen  Od.  III,  2,  5-  das  et 
Linter  rfipo.ilas  Döring  oline  hinreichenden  Grund  gestri«  heu 
Latte,  mit  Recht  wieiler  aufgenommen  worden  ist;  denn 
die  zwei  Begriffe,  die  ohne  et  in  einen  zusamnicnfliessen, 
lassen,  getrennt  gedacht,  <las  Bild  des  tapferu  Jünglings 
viel  starker  hervortreten. 


Uebrigens  hat  der  Ilr.  Herausgeber  der  Intcrpunctiou 
grossen  Fleiss  gewidmet  und  dadurch  so  mancher  Stelle 
den  wahren  Sinn  wiedergegeben,  der  durch  die  verfehlte 
Abtheilungsart  anderer  Herausgeber  verschoben  war.  So 
hat  er  Od.  II,  lli,  l'l  patriae  wieder  mit  exsul  verbun- 
den und  dadurch  die  Kraft  der  Stelle,  die  einzig  und 
allein  auf  dem  schiiuen  Gegensatze  beruht:  Wer,  der 
das  Vuterla.nd  flieht.  Hiebt  auch  sich?  —  erhalten. 
Ebenso  ist  Od.  III,  lli,  :V2.  sorte  beatior  richtige  wie- 
der mit  dem  Vorhergehenden  verbunden  worden.  Nor 
dadurch  ,  dass  man  den  Gracismus  dieser  Stelle  verkannte, 
konnte  man  auf  die  unglückliche  Idee  kommen,  diese 
Worte  mit  dem  Nachfolgenden  verbinden  zu  wollen. 
Und  so  hat  er  überall  mit  vieler  Umsicht  die  Interpunc- 
tiou  berichtigt,  wo  es  der  Sinn  erforderte;  z.  B.  Sat.  I, 
3,  S).  hat  das  Fragezeichen  hinter  dicatur ,  welches 
Döring  gesetzt  hatte,  einem  Punctum  Platz  machen  müs- 
sen ;  flasselbe  ist  auch  in  derselben  Satire  v.  12S  ge- 
schehen, wo  das  sinnentstellende  Fragezeichen  Döring« 
einem  Semikolon   hat  weichen  müssen. 

Ausserdem  hat  der  Herausgeber  den  Dialog,  den 
Iftjraz  so  oft  ganz  unerwartet  eintreten  lässt ,  nicht  nur 
durch  die  nöthigen  Anführungszeichen  bemerkbar  gemacht, 
sondern  auch  ileu  Wechsel  der  Personen  im  Gespräche 
durch  besondere  Zeichen,  fast  wie  in  der  Baxter-Gesner'- 
schcn  Ausgabe  angedeutet.  Dadurch  hat  er  mancher 
Stelle  ihr  gehöriges  Licht  gegeben  und  besonders  den 
iungeii  Lesern  das  Verstehen  des  Dichters  erleichtert. 
So  hat  er  z.  ß.  den  Dialog  der  angeführten  Stelle  (Sat. 
I,  3,  l-M) —  133-)  «lurch  diese  Zeichen  ganz  richtig 
geordnet  und  gegen  die  falsche  Auffassung,  zu  welcher 
die  Döring'sche  Interpunction  Veranlassung  gib^,  ge- 
sichert. Ref.  »vünschte,  der  Ilr.  Heraasgeber  möchte 
auch  bei  Sat.  I,  9,  43  —  48  denselben  richtigen  Tact  be- 
wiesen haben.  Hier  hat  er  nämlich  die  ganze  Rede  dem 
garrulux  in  den  3Iund  gelegt,  da  sie  doch  wohl  mit  ileii 
Worten:  paucorum  —  Sfiiiae  durch  das  Eintreten  des 
Horaz  unterbrochen  werden  musste.  Er  hätte  hier,  nach 
der  Meinung  des  Ref.,  unbedingt  der  .Ansicht  seines  ver- 
ehrten Vaters  folgen  können,  der  den  Dialog  dieser  Stelle 
in  der  Zeifschr.  für  die  Alterthunisw.  IU.  Heft  1835 
so  trelTend  geordnet  hat,  dass  man  ihm  seine  Zustim- 
mung nicht  versagen  kann.  Uebrigens  hat  Hr.  Obb.  liier- 
durcii  deutlich  bewiesen,  wie  er  selbst  gegen  <lie  Autori- 
tät des  Vaters  seine  Selbstständigkeit  zu  behaupten  suchte. 
Angeiiehiu  war  es  auch  dem  Ref.,  als  er  Od.  II,  20,  7- 
<las  so  viel  bestrittene  dilecle  durch  dieselben  Anfüh- 
rungszcichcu  dem  Äläcenas  als  Ausdruck  freundschaft- 
licher Gesinnung  gegen  den  Horaz  zugetheilt  fand. 
Diese  Erkläruugsart  ist  übrigens  niclit  neu;  schou  Utz  — 
(Uebersetziing  der  Werke  des  Iloraz.  Anspach  l/'S,").)  — 
übersetzte:  „ich,  den  du,  Mäceii ,  Freunrf  nennest."  Spä- 
ter erwarb  iler  Dr.  Kieser ,  damals  Student  in  Jena,  jetzt 
der  »ackere  Cidlege  des  Referenten,  dieser  Ansicht  die 
Zustimmung  Eichsliidts ,  der  sie  auch  iu  einem  Programme 
lobend  erwähnte.  Ebenso  folgten  hierin  auch  Jahn  und 
Braunhard;  und  in  der  That  möchte  es  auch  wohl  der 
einzige  Ausweg  sein,  um  sich  den  Schwierigkeiten, 
welche  das  quem  vocas  verursacht  ,  zu  entwinden. 
Ucbriguns  leidet  auch  der  Spracligcbiauch   und  die  Natur 


45 


46 


des  fraglichen  Wortes  auf  diese  Ansicht.  Denn  da  di- 
lectus  eigentlich  ein  Auserkorner  heisst,  das  Hecht  aber, 
sich  Jemanden  aiisziiivähleii,  dem  man  Liebe  niid  Freund- 
schaft schenken  will,  eher  dem  Hohem,  als  dem  Nie- 
derem zusteht,  so  «ürdc  Horaz  eine  ebenso  grosse  ün- 
Bchicklichkeit  begangen  haben,  wenn  er  den  IMarenas 
dilecte  genannt  hätte,  als  wenn  wir  uns  erlauben  wollten, 
einen  hochgestellten  Herrn  im  Laufe  dos  Gespr.'iclis :  „mein 
Lieber,  mein  Bester"  anzurcilen.  Eher  würde  care 
Maecenas  passen,  das  auch  Od.  I,  2(1,  ö-  stellt,  wie- 
wohl es  auch  hier  Bentlcy  ohne  Noth  in  clnre  verwan- 
delt hat;  denn  Caritas  ist  mehr  gemiithlicher  Ausdruck 
einer  ehrfurchts\ ollen  Gesinnung,  wesshalb  auch  Cicero 
die  wahre  Gesinnung  gegen  Götter,  Vaterl.ind  und  Ael- 
,  tern  damit  bezeichnet.  Diess  Alles  entwickelt  Diiderleiii 
trefflich  in  seiner  lat.  Synonymik  Thl.  IV,  p.  ^17  11'.  Er 
stützt  sich  besonders  auf  eine  Stelle  des  Plinius  (epist. 
9,  .").),  wo  dem  Worte  diligere  durch  einen  scharfen 
Unterschied  seine  wahre  Bedeutung  angeniescu  wird. 
Flinius  schreibt  dort  an  seinen  Freund  Tiro:  ^,humani- 
tatis  praecipua  pars  est ,  honeslissimum  quemque  com- 
plecti ,  atfjue  ita  a  minoribus  aiiiari ,  ut  simul  a  pi-inci- 
pibus  diligare.^^  Gierig  setzt  hinzu :  „  illud  ex  impetu 
animi,  hoc  ex  judicio  proßscitur.^''  Diligere  setzt  also 
eine  vorhergegangene  Reflexion  übei  die  Würdigkeit  einer 
Person  voraus,  ehe  man  ihr  seine  Freundschaft  schenkt. 
Eine  solche  Reflexion  aber  uird  sich  lier  Geringere  gegen 
den  Vornehmern  nicht  erlauben.  Mithin  konnte  wohl 
Maren  den  Horaz  dnrch  ,,rfi7ec?e"  anreden,  aber  nicht 
wohl   umgekehrt. 

Noch  muss  Ref.  in  einigen  Beispielen  zeigen,  wieder 
Hr.  Herausgeber  auch  in  der  Wahl  einzelner  Lesarten 
seinen  Plan,  den  Text  des  Dichters  soviel  als  möglich 
auf  die  Handschriftrn  und  ältesten  Bücher  zurückzufüh- 
ren, mit  strenger  Consequenz  verfolgt.  So  musste  Od.  I, 
2.  39  das  neue  Marsi  dem  alten  Mauri  weichen.  Die 
Mauren  werden  von  Horaz  nirgends  als  Feiglinge  darge- 
stellt; sie  waren  ja  furchtbar  durch  ihre  Wurfspiesse 
(Od.  I,  ■>■!,  •>)■  Ebenso  liest  man  Od.  I,  (),  !8  wie- 
der das  alte  und  einzig  echte  sectis,  statt  des  unrichti- 
gen strictis,  bei  dem  die  Interpreten  nicht  beachteten, 
«lass  Horaz  denselben  humoristischen  Gedanken  auch  Od. 
I,  9,"  24  und  II,  12,  26  durch  digiln  male  pertinaci 
nnd  facili  saeeitia  ausdrückt.  Den  Mädchen  ist  es  ja 
bekanntlich  mit  ihren  Kämpfen  gegen  die  Jünglinge  kein 
grosser  Ernst;  daher  kämpfen  sie  mit  aigesc/inittenen 
Nägeln.  Od.  I,  23,  Ö  hat  sich  der  Hr.  Herausgeber 
durch  die  ebenso  sinnreiche,  als  angemessen  scheinende 
Conjectur  Bentiey's  nicht  blenden  lassen,  von  der  Vnl- 
gata  abzugehen.  Er  lässt  ferner  den  beginnenden  Früh- 
ling von  beweglichen  BliHtern  erschauern  j  «lud  wer, 
der  Dichtergefühl  hat,  sollte  diesen  Ausdruck  nicht  höchst 
gewählt  und  eines  Lyrikers  würdig  finden'?  —  Was  mau 
aus  der  Naturgeschichte  entnommen  hat,  um  den  alten 
Text  zu  verdächtigen,  lässt  sich  tiieils  noch  bestreiten, 
theils  möchten  wohl  solche  Bemerkungen  ebenso  wenig 
geeignet  sein,  dem  Lyriker  bei  der  Wahl  seiner  Bilder 
■  und  Gleichnisse  die  Hände  zu  biiulen,  als  sie  den  Fabel- 
dichter abhalten  können,  ein  hungeriges  Füchschen,  sei- 
ner   Natur    zuwider,    in    einen  Mehl-  oder  Frachtkasten 


kriechen  und  sich  daselbst  sättigen  zu  lassen.  Ans  die- 
sem Grunde  mag  auch  wohl  Hr.  Obb.  Epist.  I,  7,  29 
dem  vulpecula  seine  alten  Rechte  wieiler  eingeräniiit  ha- 
ben. Od.  I,  27,  19  wurde  die  alte  Lesart  labiirabaa 
mit  Recht  wieder  hergestellt.  Sie  ist  stärker,  als  labo- 
ras ,  weil  sie  einen  ans  der  Vergangenheit  in  der  Ge- 
genwart fortdauernden   Zustand   bezeichnet. 

Od.  III,  14,  ll  hat  eine  doppelte  Berichtigung  erfah- 
ren. Einmal  ist  die  sinnwidrige  Conjectur  virüin  exper- 
tes  verworfen  worden,  sodann  hat,  um  den  wiilrigen  Hia- 
tus in  male  ominalis  zu  tilgen,  die  Lesart  der  ältesten 
Bücher  male  nominatis  wieder  Aufnahme  gefunden.  ReL 
billigt  Beides.  verba  male  nnminuta  entsprechen  dem 
griech.  öurntiviiiu  und  bezeiclineh  recht  gut  Worte  von 
übler  Vorbedeutung.  Denn  sehr  ri<  htig  bemerkt  Döring 
zu  Sat.  I,  3,  25  „male  etiam  de  eo,  quod  grave  et  malt 
ominis  est,  ut  male  tussire  Sat.  II,  öj  11)7."  Hier  be- 
zeichnet male  offenbar  einen  Husten,  der  auf  eine  nahe 
.4iiflösung  hindeutet.  Möge  es  nun  auch  gewöhnlicher 
seil},  verba  male  ominata,  als  nominata  zu  sagen,  so 
wird  doch,  nach  Bentiey's  Versicherung',  diese  Lesart 
durch  einen  grossen  Theil  der  Händschriften,  sowie 
dnrch  die  ältesten  Ausgaben  geschützt;  und  da  sie  einen 
ebenso  regelwidrigen,  als  lästigen  Hiatus  entfernt,  so 
verdient  sie  gewiss  den  Vorzug.  Denn  ausser<lem  findet 
man  iin  Huraz  nur  noch  einen  Fall,  wo  die  Elision  beim 
kurzen  Vocale  vernachlässigt  würde,  Epod.  12,  -iö  ,,  O 
ego  infelix,''^  wo  aber  die  eintretende  Cäsur  den  Hiatus 
verzeihlicher  macht;  wiewohl  ßentley  auch  hier  dem 
Missstande  durch  non  felix  abzuhelfen  suchte.  Diese 
Abänderung  findet  sich  auch  in  unserem  Bnchelchen  , 
was  Ref.  nicht  billigt.  Beide  Redeweisen  sind  nicht 
gleichbedeutend.  Infelix  drückt  den  höheren  Grad  des 
Unglücks  aus ,  in  welchem  alle  Kräfte  zur  Abhülfe  ge- 
lähmt sind ;  non  felix  bezeichnet  bloss  eine  theiliveise, 
relative  Beschränkung  derselben.  Es  kann  Jemand  non 
felix  sein,  ohne  deshalb  infelix  zu  sein.  Unsere  Stelle 
erfordert  diesen  höheren  Grad.  Orelli  liest  in  der  obi- 
gen Stelle  male  ominalis,  weil  beide  ^Vorte,  wie  bene 
und  male  dicere ,  auch  getrennt  geschrieben,  nur  einen 
Be5;riff  bildeten,  wodurch  der  Hiatus  gehoben  würde. 
Ref.  vermisst  in  diesen  Fällen  die  Analogie  und  kann 
dcsslialb  nicht  beistimmen. 

Auch  Od.  IV,  8,  17  hat  sich  der  Hr.  Herausgeber  ^ 
weder  durch  Bentiey's  gewaltige  Entrüstung  über  den 
unglücklichen  Verfertiger  dieses  Verses,  noch  durch  Dö- 
riug's  verführerische  Conjectur  zu  einer  Abweichung  -von 
seinen  Grundsätzen  verleiten  lassen.  Er  hat  weder  sti- 
pendia  geschrieben,  noch  auch  <leu  Vers  durch  irgend 
ein  Zeichen  verdächtigt.  Ist  sonst  die  Ansicht,  welche 
Ref.  von  dieser  Stelle  gefasst  hat,  richtig,  dann  ist  die- 
ser Vers  unentbehrlich  nothwendig  nnd  von  Horaz  in  wei- 
,s('r  .Absicht  beigefügt  worden,  um  die  antithetische  Form 
dos  Satzes  auf's  kräftigste  heriorzuheben.  Man  macht 
<!iiU  Verse  einen  doppelten  Vorwurf,  deu  der  vernach- 
lässigten Cäsur  und  den  eines  unverzeihlichen  Anachro- 
nismus. Das  Erste  muss  zugestanden  werden,  weil  offen- 
bar die  Hauptcäsur,  gegen  die  Regel,  die  erste  Sylbe 
von  dem  Worte  Carlhaginis  abschneidet.  Indess  sollte 
mau  desshalb  nicht  gleich  den  Vers  ,    oder   wohl  gar  die 


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48 


ganze  Stollr  für  niitorjjpsrlicilipii  orlJarm.  Audi  tlpin 
Horaz  koiiiito  ilie  ."Mriisclilirlikcit  licgp^nrii ,  von  eiiK-iu 
LIeiiioii  .Srliliiiiiincr  lieralleii  zu  nerdrii.  Kunntp  iiih»  ihm 
diess  Oll.  I,  I,s,  Ki  «erzcilioii,  »o  er  in  «lein  \V<)r(e 
perliiridior  ollViiliar  (IimiscIIkmi  Fclilor  hojfi'hf,  inilfni  er 
hier  ■■liiMilalls  ilie  (".'isiir  hinter  die  Svlhe  per  fallen  Iflssf, 
»aruni  «ill  man  ihm  nitht  hier  anch  Marhsiih*  srhenken? 
Ja,  er  halte  hier  nieht  einmal  iijithi«;,  diese  >'a(li»ifht  so 
sehr  in  .Aiisiirueli  zu  nehmen.  Denn  zu  dem  Cäsnr- Ver- 
sehen veranlas>te  ihn  in  diesem  ^'erse  der  A.Tme  C«rr- 
ihngi/iis;  und  der  unheu^samen  Form  der  iNanien  inus.s 
hekanntliili  oft  die  ffrosste  (äeschiekliehkeit  der  Wrskiinst- 
ler  «eilhen.  Ueherdiess  hearlitet  aueli  Allans,  das  Vor- 
bild tiii'l  .Cluster  lies  Horaz  in  diesem  Kh>thmus,  die  Cä- 
siir  nur  iieni>;.  Daher  nimmt  es  auch  unser  Diihter  in 
dem  .Aleriisehen  ^'ersmasse  selh.st  nieht  so  5;inin  damit, 
z.  15.  Od.  I,  :i7,  14.  !>',  «4,  17.  Aber  auch  das  Ztveite, 
der  ^'orHurf  des  Zeiti  erstosses  u  ird  sieh  dureh  eine  rich- 
tige Auffassung  der  ganzen  Stelle  leicht  erledigen.  Um 
den  allgenieineu  (»edanken -.  „erst  ilanu  erlangt  ein  ver- 
dienstvoller .'Mann  durch  grosse  Thateii  einen  ueitverbrei- 
teten  Ruhm,  «enn  sie  von  einem  Dichter  besungen  wer- 
den,"' —  recht  anschaulich  darzustellen,  individiialisirt 
ihn  Horaz,  indem  er  sich  ilurch  die  Phantasie  einen  Hel- 
den schallt,  den  er  nach  Afrika  versetzt  und  mit  Tliaten 
ausschmückt,  nelche^  auf  den  höchsten  Rnhm  Ans|irucll 
geben.  Dazu  ȟhlte  er  die  Thaten  <ler  beiden  .Scipionen, 
«eil  sie  vor  allen  gross  und  merkiviirdig  Haren.  Ref. 
glaubt  aUo,  dass  sidi  v.  1,S,  l't  die  AVorte  ejus,  i]ui  — 
rediit  auf  keinen  der  beiden  Scipionen  beziehen,  sondern  dass 
sie  ein  vom  Horaz  fmgirtes  und  in  iler  Idee  aufgefasstes  Sub- 
jert  bezeichnen,  und  findet  in  dieser  Ansicht  den  Schlüs- 
sel zur  Lo«ung  aller  der  .Schnierigkeiten ,  «eiche  sich 
die  Interpreten  dadurch  selbst  schallen,  ilass  sie,  beson- 
ders dun  h  die  ErHaliiuiiig  der  ("alabrischen  Ges.'iiige  ver- 
leitet, jene  \Vorte  durchaus  auf  den  ,'iltern  Scijiio  bezie- 
hen zu  nii'issen  glauben  und  nun  in  ^  erlegeiiheit  kommen, 
wie  sie  ihm  auch  die  incendiii  Carlliugi/iis  beilegen  sol- 
len. Es  ist  diess  Folge  einer  T/iiischuiig,  die  um  so  leich- 
ter und  verzeihlicher  ist,  als  man  sich  die  angegebenen 
Data  nicht  leicht  denken  kann,  ohne  sich  zugleich  ihrer 
so  allgeiiieiii  bekannten  Urheber  zu  erinnern.  Alleia 
diess  lag  nicht  in  der  Absicht  des  Horaz,  er  wollte  viel- 
mehr, der  Leser  sollte  bei  diesen  historischen  .^lumeutcn 
von  aller  persoiill<  hen  lieziehung  auf  ihre  Urheber  alistra- 
hiren.  IVIainhem  niiichte  es  vielleicht  als  etiias  AViiler- 
spreehendes  erscheinen,  einem  erdichteten  Subjecte  wahre 
Thatsaihen  als  Pradiinte  beilegen  zu  «ollen.  Aber  warum 
»ollte  man  nicht  wirkliilie  liegebenheiten  idealisih  fassen 
und  sagen  können:  «enii  auch  ein  durch  Afrika's  Besie- 
gung  ausgezeii  hneter  Held  den  Haniiibal  libervruiMlen  und 
C'arthago  verbrannt  hatte,  .so  iiiirde  er  dadurch  doi  h  nicht 
mi  berühmt  werden,  als  ilnrrh  ein  behibendes  (iedicht?  — 
Uiiil  so  fasste  Horaz  diese  Data  wirklich  auf;  denu  er 
führte  sie  ohne  alle  Nameiibe/eiclinung  auf  und  in  einer 
»o  unbestimmten  .Allgr'meinheit,  als  »venu  er  sie  der  Ein- 
bililiiiigskraft ,  und  iiii  bt  der  (lesc  hiclite  eiitiiomiiien  hatte. 
Er    wählte    aber    unter    allen    ISeispicIen    der    («es«  hiclite 


gerade  ilie  Besiegnug  Hannibals  nnd  die  EinäscLerang 
("arthago's,  und  zwar  beide  zugleich,  theils  weil  sie  sich, 
so  verbniiilen,  durch  ihre  Ciriisse  und  Wichtigkeit  eigne- 
ten, den  (iegensafz,  die  Gedichte,  in  ihrem  libervviegeu- 
den  Werihe  nnd  Einllusse  auf  den  Ruhm  ihres  Gegen- 
standes desto  kraftiger  hervorzuheben,  theils  weil  sie  ihm 
einen  schicklichen  Stoff  gaben,  dem  er  die  nüthigen  Far- 
ben entnehmen  konnte,  um  ebenso  die  einzelnen  Theilc 
seines  Satzes  gehörig  ausschmücken,  als  dem  Ganzen  ein 
gleichmassiges  Colorit  geben  zu  können.  Daher  machte 
er  seinen  Helden  zu  einem  liesieger  von  Afrika,  und  ilie 
Gedichte  überhaupt  bezeichnete  er  nun  al»  die  Calabri- 
schen  Gesänge  des  Eniiius.  Dass  aber  Horoz  jene  histo- 
rischen iMonieiite  bloss  allgemein  und  ohne  alle  persön- 
liche Heziehuiig  wollte  gefasst  wissen  ,  geht  schon  daraus 
hervor,  dass  er  auch  die  v.  15  erwähnten  Ehrendenkmale 
in  gleicher,  bezugloser  .Art  aufführte.  Sehr  richtig  be- 
merkt daher  rtlitscherlirh  zu  diesem  Verse:  senitiitiii 
generaliter  proponi  n  pnelil  putnnda,  quum  publice 
Scipiu7ii  positi  monumeiiti  null(f  extet  memoria. 

Fasst  man  nun  die  ganze  Stelle  nach  dieser  Erklä- 
rung auf,  so  wird  sie  folgenden  ganz  natürlichen  Sinn 
geben:  „nicht  Ehremlenkmale ,  nicht  Thaten,  wie  die 
liesiegung  des  furchtbaren  Haniiibal  und  die  Zerstörung 
Carfhago's,  verherrlichen  den  Ruhm  dessen,  der  sieh  durch 
Uesiegniig  Afrika's  einen  Namen  erworben  hat,  glänzen- 
der, als  Gesänge,  wie  die  des  Ennius."  So  treten  allo 
Theile  des  ganzen  Satzes  in  ihre  richtigen  Verhaltnisse, 
ohne  dass  sie  von  irgcnil  einer  Seite  Veranlassung  zu 
einem  Vorwurfe  des  Anachronismus  gegen  iinsern  Dichter 
geben  könnten.  Sollte  Horaz  wirklich  selbst  Veranlas- 
sung zu  iliesem  I\Iissverstandnisse  gegeben  haben,  so  könnte 
es  nicht  anders,  als  durch  die  gedrungene  Kürze  der 
Darstellung  geschehen  sein.  Allein  der  Dichter  wollte 
die  kernige  Kraft  des  schönen  Satzes  nicht  durch  breite 
AVortfülIe  schwachen;  auch  mochte  er  wohl  nicht  ahnen, 
dass  man  ihm  je  aus  iMissverstandiiiss  einen  so  groben 
Verstoss  gegen  ilic  Geschichte  zutrauen  könnte. 
(Bcscliluss   folgt.) 


Personal-Chronik  uud  Miscellen. 

Schwerin.  Das  zu  Michaelis  183S  erschienene  Pro!;ramm 
des  Gyninasii  Kridcrici.ini  enthalt  folgende  vom  Oberlehrer 
Fr.  Reilz  vcrfassle  Abhandliiu^  „Bestand  und  Bci'nlkerungs- 
verhaUnisse  des  GrosslierzogthiiDis  Meeklenhurc;  -  Schwerin,'^ 
Ein  Beilrag  zur  Statistik  des  l'alerlandes,  2A  S.  4.  —  Im 
Laufe  des  Soninieiscmcstcrs  18.37  hatte  das  Gymnasium  140 
Schüler,  von  denen  am  Schlosse  des  Semesters  22  und  bis 
Ostern  1838  13  abgingen;  Aiiri^cnommcn  wurden  in  diesem 
Schuljahre  49,  so  dass  das  Gyiiiiiasium  in  diesem  letzten  Se- 
mester 154  Schiller  zählle,  uänilich  Kl.  I.  16,  Kl.  II.  27,  M.  HI. 
A.  31,  Kl.  III.  B.  39,  Kl.  IV.  41.  Zur  Univcrsitht  wurden  die- 
sen Micbiielis  4  Schiller  cnll.issen.  —  'Zur  Feier  des  Gcburts- 
laRcs  S.  K.  H.  lies  Gros.>herzogs  Paul  Friederich  und  zu  der 
bIcIi  anschlieiscnden  öllentliclicn  r.ntlassiing  der  Abiturienten 
schlich  iler  Dircclnr  Dr.  \Ve\:  De  piiiiicae  linguac  rdiquiis  in 
l'laiiti    Pocniilo  epistolu  ad  G.   Gcscniuni  24  S.  4, 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft, 


Mittwoch,   16.  Januar 


18  39. 


Nr.  7. 


Quinfi  lloratii  Flacci  opcra  oiniiia  ad  op<iinornm  libro- 
mm  fidrni  edita.  Lipsiae,  siiniptus  fecit  Georgiui 
Wigand- 

(Ocschluss.) 

Die  Annahme,  dass  Horaz  ein  fing-irtes  Subject  anf- 
gefülirt  und  jjcivissermassen  n>it  der  Wirklichkeit  in  Ver- 
bindung gesetzt  habe,  darf  wohl  kein  Bedenken  veran- 
lassen, da  eine  solche  Fiction  an  sich  in  dem  Begrifl'e 
der  Dichtkunst  liegt  und  unserm  Dichter  auch  sonst  nicht 
fremd  ist.  So  denkt  er  sich  Od.  Hl,  II. ,  2')— ,J2. 
ebenfalls  einen  Geliicter  über  das  fruchtbare  Afrika  und 
stellt  dem  eingebildeten  Glücke  desselben  das  wirkliche 
Glück  des  Landlebens  in  vollem  Uebergeivichte  entgegen. 
Ueberhaupt  hat  diese  letztere  Stelle  mit  der  unserigen 
die  grosste  Aehnlichkeit  und  kann  durch  ihre  analogen 
Verhältnisse  der  gegebenen  Auslegung  zur  Rechtfertigung 
dienen.  Was  man  sonst  noch  hier  und  da  an  diesen  Ver- 
sen zu  bekritteln  hat ,  scheint  unerheblich  zu  sein. 
Das  unpoetische  ejus  findet  sich  Od.  III,  II,  S. 
und  niuss  dort  trotz  aller  kritischen  Vorschläge  geduldet 
tverdeo. 

Referent  findet  in  dieser  Erklärnng  den  einzigen  Aus- 
weg, um  unserer  Stelle,  auch  ohne  eine  Abändernng, 
einen  klaren,  natürlichen  und  nngezwungenen  Sinn  zu 
geben  und  besonders  den  guten  Horaz  gegen  den  Vor- 
wurf zu  sichern,  etwas  Unsinniges  gesagt  zu  haben.  Da- 
tier trägst  er  auch  kein  Bedenken,'  seine  Ansicht  hier 
mitzutheilen  und  den  Gelehrten  zur  Beurtheiiung  porzu- 
legen. 

Sat.  I,  t,  4  fimlet  sich  das  gewöhnliche  annis.  Ref. 
half  die  Lesart  annis  für  richtiger.  Handschriften  kön- 
nen Wühl  bei  iler  Wahl  zwischen  so  kleinen  Wörterchen, 
die  sich  in  ihren  .Schriftzügen  so  ähnlich  sind,  weniger 
entscheiden.  Hier  kommt  es  mehr  auf  den  loglsclien 
Zusammenhang  der  ganzen  .Stelle  an;  und  der  scheint 
für  armis  zu  sprechen.  Horaz  stellt  hier  Hlenschen  auf, 
deren  Lage  zwar  an  sich  recht  vortlieilhaft  ist  und  auch 
gute  Aussicht  auf  Gewinn  gewährt;  »nr  dass  sie  mit  ge- 
wi.ssen  Unbequemlichkeiten  verbunden  ist ,  deren  sie  gern 
entledigt  sein  mochten.  Diesen  Z_weck  wünschen  sie 
durch  eine  Vertauschung  ihrer  Lebensverhältnisse  zu  er- 
reichen; thoricht  zeigen  sie  sich  aber  bei  diesem  Wun- 
sche ck-sshalb,  »veil  sie  nicht  bedenken,  dass  sie  mit  dem 
beabsichtigten  Tausche  wieder  andere  Unannehmlichkeiten 


iTÜrden  übernehmen  müssen.  Indess  sie  wünschen  den 
Tausch,  und  die  Unannelinillchkelten  ihrer  Verhältnisse 
sind  auch  alle  von  <ler  Art,  dass  sie  mit  dem  Tausche 
aufhören  würden.  Der  Kaufmann  hat  Nichts  mehr  vom 
Meere  zu  fürchten,  wenn  er  ein  Soldat  wird;  der  Ad- 
vocat  kann  ungestört  schlafen,  wenn  er  ein  Bauer  wird, 
und  der  Bauer  ist  als  Stadtbewohner  der  mühsamen 
Wege  zu  seinem  Anwälte  überhoben.  Nun  sollte 
man  ,  nach  einer  gesunden  Logik  ,  erwarten  ,  auch 
den  Soldaten  müsse  irgend  ein  Üebel  drücken,  das  ei 
ablegen  könnte,  wenn  er  zum  Kaufmaiiiisstande  über- 
ginge. Aber  kann  man  wohl  zu  dieser  Kategorie  die 
Last  der  Lebensjahre  rechneu?  Könnte  Ulm  diese  Irgend 
ein  Tausch  abuehmen ,  oder  würden  sie  nicht  vielmehr 
mit  ihm  in  jedes  andere  Lebensverhältniss  übergehen? 
Diese  Ungleichheit  in  den  einzelnen  i>Iomenten  wäre  ofl'en- 
bar  ein  logischer  Missgriff,  dessen  sich  Horaz  nicht 
schuldig  machen  konnte.  Nimmt  man  aber  an ,  dass  er 
nicht  atinis ,  sondern  armis  schrieb,  so  Ist  jedes  Miss- 
verhältiilss  beseitigt.  Die  Last  der  Wallen  drückt  den 
Soldaten  nicht  mehr,  wenn  er  ein  Kaufmann  wird; 
aber  ilie  Last  der  Jahre  kann  er  bei  keinem  Tausche 
ablegen.  Sie  sind  die  jedem  Stande  und  jedem  Lebens- 
verhältnisse  eigene   und   bleibende  Bürde. 

Referent  könnte  zwar  diese  Gelegenheit  benutzen, 
nm  sich  noch  über  manchen  den  Hnraz  betreffenden 
Punct  auszusprechen;  aber  er  bricht  hier  ab,  um  die 
Gränzen  einer  Recension  nicht  zu  überschreiten.  Er 
glaubt  genug  gezeigt  zu  haben  ,  was  an  diesem  kleinen 
Horaz  zu  loben,  oder  zu  ta<leln  sei.  Das  Büclielchen 
ist  jetzt  schon  gut  und  für  seinen  Zweck  brauchbar; 
wird  es  aber  noch  mehr  werden,  wenn  ihm  der  Herr 
Herausgeber  seine  verbessernde  Hand  noch  ferner  weihen 
wird.  Und  nicht  nur  diess  möge  er  thnii,  sondern  auch 
fortfahren,  die  Bahn  mit  Elfer  zu  verfolgen,  die  er  be- 
treten hat.  Er  hat  an  dem  Beispiele  seines  verehrten 
Vaters  ein  herrliches  Ziel,  dass  ihn  aufniiiiitern  iiinss  zu 
dem  Bestreben,  sich  bei  der  gelehrten  Welt  einer  glei- 
chen  Anerkennung   würdig  zu   macheu. 

Sondershanscn. 

Fr.    Gerber. 


51 


52 


(iiicchisfhe  und  lüiuisclic  Inscluifteii. 
i.l. 
An  iler  >%)rilrrspitr  der  Pr()[)\l«pii  eines  Tempels  bei 
Dabot,  einem  Aosvptii-rlien  Flecken;  aus  Salt's  Papieren, 
uiitgetbeilt  lun  Prokescli  Eriniierunjjen  aus  Aegvpten  und 
Kleinasirii.  Daneben  in  Hieroglyphen  die  Mamcn  des 
Ptiileni.'ios    und    der   Klmpatra. 

iiii:p  j}  i^LiEo^  nroAEM . . . 
Ai^::i:n:£  kaEüu atpa^ 

KU  1  JAriKO:^  0/::!.K\  0JAO  . . 
PO\  III.  II  K./J  }■}' 

Nach   Prokeseh's  ans   unzähligen  Inschriften  .'ihulicher  Art 

zu  rechtfertigenden  Ergänzung: 

VrifQ  riaoi'fjm;  lltu/euaiov  y.ut  i^aat- 
)jaar;  KkaoTaioa^  roi  fiaaikeioi  a.dtk(frji 
y.ai  yi'var/.oi  deuiv  Cf/Xuinjrcj- 

QV}V  loiöi  v.a.t  Ol'VVCOti  i^ioi;. 
3Iit  Sicherheit  kann  angenoninien  werden,  dass  auf  dem 
Steine  JJ.I:£JA/-J(JI  steht.  O  wurde  feilsch  statt  ß 
gelesen,  « ie  auch  Z.  4  in  — (Jüjv.  Uebrigens  wird  hier 
Pfoloni.'ios  ^  I  Philometor  gemeint.  Vgl.  eine  ganz  ähn- 
liche Inschrift  bei  Lctronne  Recherclics  snr  l'histoire  de 
TEgypte   S.    30. 

62. 
Lnter  einer  Büste   im  Kiinigl.   3Inseum    zu    Berlin,    nach 
Gerhard  Berlin's  antike  Bildn.   T.   I,   S.    IJl,   jVo.  307. 

Aur.    Itlonninae  z^z  filiae    :::;    dulcissim.  :^  parent. 

fecerant.    ::=    Alexander.    Aug.    Lib.  z^  et  =  Vm- 

bricia.  Ammia 

Vix.  au.  XVIII. 
Dieses  Monument  gewährt,  um  mich  der  Worte  des 
Herausgebers  zn  bedienen,  „einen  sprechenden  Beleg  für 
die  Lnmiiglichkeit ,  viele  auf  uns  gekommene  Ularnior- 
bililnissc  richtig  zu  benennen;  darum,  weil  sie  Bildnisse 
unberühmter  Verslorbenrr  und  nur  zu  (leren  ^'erherr- 
lichung  in  ihren  Grabmalern  aufgestellt  waren."  Inhali- 
•thwere  Worte  für  alle  Diejenigen,  denen  es  so  leicht 
wird,  erhaltene  Portraitköpfe  aus  blossen  vermeiutlicheu 
Aehnlichkeiten  zu  taufen.  Der  Name  Monnina  scheiut 
überhaupt  ein   bisher  ganz   unbekannter  zu  sein. 

(i3.  *) 
Mai.   Coli.  no».   Vat.   T.   V,  S.   9,   Ko.  3:    „lanuae   m 
cathedrali  tenipl»  crux  argcntea." 

'/  Die  Absieht,  bei  dieser  nun  schon  seit  niclircrcn  Jaliicn 
diesen  Blutlern  einverleibten  epii^iaphiaclien  Uebeisiclit 
wcnigslenä  in  Bezug  auf  die  Kntdeckung  bisher  uiibc- 
kannler  l.itrinisclier  Inscliriflen  einige  Voll»t;iudi»koil  zu 
errciclien  ,  lässt  es  riitlillcb  rrschcinen,  .lucii  vnn  sulciicn 
Monumenten,  die  clirislliclier  ISe/.ii'liung  sind  {ind  uicli- 
renlhcils  dem  Mitlclaller  aiigeliiiren,  das  Uedccitcndcrc 
juf/.unelimfn.  Manche  bi-hcr  unbekannt  ^iblichcne  Icliei- 
rcsle  ilie>er  Gatlring  licfcit  un»  die  von  Anj;  Mai  im  luiif- 
len  Bande  seiner  Colleclio  nova  Vaticaii.i,  im  J.  i^3l 
erschienen,  mit^'cllinlle  Samniliing  ..Clirisllicliei-  Inscliul- 
ten",  der  er>l(;  Veiiuch,  diese  eine  Classc  der  Kpigraiiliik 
fiir  sich  bildrnJen  Monumente  zu  einem  vüllstandi^eu 
ijanzen  /,n  vtreini'^cn.  Nicht  vom  hekannteu  Herausgeber 
•  Iba  riibit  d  c>r  Sammbinq;  her,  sondern  von  «iact.inn 
Marini,  dem  vielleicht  uidehrtestcn  und  umfassend^leu 
Kenner   «cnigslcns   Jcr   iatcinischco   Epi^raphik  des  vcr- 


ToTno   10  9biov   oti'Lov  BdoSai  /Lteu  irsxry- 
vc.ro, 
E(ftaov  de  dfjX^i'Tiji  (»•  c.)  loaoy.  TCükaiüidsiOav 
avexnhiiasv. 
'O  dyioQ  'Joj.  6  deuköyoi. 
'O  dy/og  Mtxf'-ij^- 
'O  dyiui  rutjQiifk. 

Mai:  „.  .  .  Mariiiius;  qui  etiam  cogitat  de  Barda  cae- 
sare  Mcephori  Phocae  pareute ,  quem  hanc  dignitatem 
obtinuisse  dicit  circa  an.  CMLX^'I.  Sed  cnim  haud  video 
quin  pari  iure  rogitarc  possimus  de  Barda  caesare  actate 
Photii ;  imnio  vero  de  Barda  quovis  non  caesare  sed  pri- 
vato  incertae  aetatis  liomine  et  artifice." 
(i4. 
Ebendas.  S.  2fi ,  ^o.  1 :  „  Lesinae  iu  Zophoro  absi- 
dis  veteris  templi." 

Qnos.  sotiat.   fidei.   meritum.   quos.   gloria.   caeli. 

eorporib.   pausant.   sacro.  sub.  tegmine.  templi. 

Priniianus.   item.  Firmianusq.  vereiidns. 

fortis.  Alexander,   simul.   et.  Tellurius.   almus. 

martyrin.   clari.  Lesinae.   tutamina.   gcntis. 

Orcnt.  pro.  populo.   Dominum,    et    mala,    ciinta    (s.   c.) 
repellant. 

Ebendas.   S.  31,    No.   3=    „Romae   in    arcu,    de    ima- 
gine  Petri." 

lanitur  hie   caeli   est,    fidei   petra,    culmen  honoris, 
sedis  apostolicae   rector  et  omne  decus. 

66. 
Ebendas.   S.  32,    No.   1:    ,, Romae   iu  basilica  g.     Se- 
bastiani." 

Hie   habitare  prius  sanetos  eognoscere  debcs, 

iinmiiia   quisquc   Petri   Pauli   pariterque   requiris; 

discipulos  oricns   misit  quod  spunte   fatemur. 

Sanguinis   ob  meritum  Christum   per  aslra  secuti 

aetherios  petiere  siuus  regiiaque  piorum. 

Roma  suos  potius   meruit  «lefendere  civeg. 

llaec  Damasus  vestras  refera't ,  nova  sidera  ,   laude». 


wiciirnoii  Jaluhiindeits ,  dessen  Werk,  bisher  in  der 
lid)ii<itliek  des  Vatikan  aulbewalirt,  jetzt  von  Ang.  Mai 
redigirt  und  mit  Anmerknugin  versehen,  an's  Licht  tritt, 
nie  Mittlieilung  dieser  mit  dem  sorglalligslen  Fleissc  aua- 
geiiilirtcn  Arbeit  mujs  jct/.t  um  so  wichtiger  erselicinen , 
als  sie  /.u  einer  Zeit,  «o  nticli  sehr  viele  jetzt  verschwun- 
dene Monumente  vorhanden  waren  und  benutzt  werden 
koiintpu,  und  zwar  von  einem  Manne  initcrnommen  wor- 
den, dessen  ausgebreitete  Kmutniss  aller  der  olt  seihst 
nur  iiocli  iiandscliiifllieh  vor  baiideuen  Quell  ii  ilic  relativ 
grüsste  Vollständigkeit  erwarten  lasst.  Und  so  ist  es  ge- 
kommen, dass  mancher  Ueberrest  hier  zum  Vorscheiu 
kommt,  der  langst  zerstört  zu  sein  schien,  nun  aber  durch 
gewissenhafte  Aiirmcrksamkcit  dein  Unteigatig  für  ininuT 
entrissen  worden  ist  So  wenig  unmittilliare  Bezicliuni: 
nun  iliese  Denkmäler  auf  das  classische  Allerthum  ^luch 
haben,  so  wird  man  doch  eine  Auswahl  der  beileu- 
lendercn  von  denen,  die  jetzt  zum  erstenmal  gedruckt 
rrsclieinen  ,  hier  an  ihrer  Stelle  linden.  Der  Literatur, 
der  Historiker,  oder  wer  sonst  bemiiht  ist ,  das  Altcrthiin) 
in  der  Totalital  siiner  Erscheinung  aufzufassen  ^  wird  auch 
diese  Spathluiinn  einer  scliüiiern  vergangenen  Zeit  nicht 
unbeachtet  lassen- 


53 


54 


67. 
Ebcndas.  S.  :^2 ,  No.  3:    „Roinau  in  ecclesia  s.    Lau- 
reiifii  extra  inuros." 

Haec  est  aeterno  florens   et  grata  iuypiitiis, 

sanguinc  <jiiae  fuso  piilchra  tropliaea  tiilit. 
Ibant  ut  sererent  qiiae   .semina  pulchra  ferebant, 

et  lachryinis  fleiitcs   iniinaducre   genae. 
Nunc  de  messe  suis  portaiites  farra  luaniplis 
laetitia   rccieiint  se  comitante  nova. 

68. 
Ebendas.  S.  34,  No.  2: 
Cultores  doniini  Felix  pariterque  Pliilippns 
hie  virtute  pares   conteuipto  principe   niumli, 
eternamqiie  petiere  domum   regnaqiie  pioriim, 
sanguine  qiiod  proprio  XPI  meriiere  Coronas. 
Hi»  Dauiasus  supplex  voluit  sua   reddere  rota. 
Der  Verfasser    dieses,    sowie    des    aus    S.   32,    No.   1 
ansgchobenen  Epigramms   ist  der  bekannte  Biscliof  Dama- 
sus.    In  beiden,  dcssgleichen  auch  in  einem  andern  S.  35« 
No.    3    findet    sich    die    metrisch    unregelmässige    Phrase 
regnaque   Jjiortttn ,    wofiir    ich    nicht    mit    Mai    an    diesen 
drei    Stellen    regnumque    piorum    bessern     müchte.       Den 
Plural  regiia  halfen  die  christlichen  Dichter  für  geeigne- 
ter als  ilen  Singular  zum  Ausdruck  des  Begriffs   der   Un- 
endlichkeit   für    das    himmlische    Reich    Gottes.       Daher 
öfters    regna    coelestia ,     wie    z.    B.    bei    luvencus    Hist. 
Etang.    I,    ö52-      Das    angehängte    (jite  kann  aber   in  der 
Prosodie  dieser   Zeit  als  Fulcrum  zur  Verlängerung  einer 
kurzen    Sylbe    wohl   gebraucht   werden.      Zunächst  gehört 
hierher   die  Bemerkung,    dass  gerade   dem  Damasus    Ver- 
nachlässigung der  alten  Lat.   Quantität,     an    deren   Stelle 
Berücksichtigung  des  Lautes  und  des  Accentes  ist,  vorge- 
worfen   wird.       Vgl.    Bahr    Christliche    Dichter    und    Ge- 
schichtschreiber Roms  S.  29. 

69. 
Ebendas.   S.  35,  No.  1,   ans  einer  Handschr.  des  Klo- 
sters IVeuburg  aus  dem  eilften  Jahrhundert. 

Tempore  «|U0   gladius  secuit  pia  viscera  matris, 

egregius  niartyr  contenpto  principe   mundi 

etheris  alta  petit  Christo  comitante   beatus. 

Hie  tibi  sanctus  lionor  semper  laudestjue  nianebunt. 

Care  Deo, -ut  foveas  Damasum,  precor  alme  Tiburti. 

70. 
Ebendas.  S.  30,    ^o.    \,    ans  derselben  handschriftli- 
chen Quelle,  und  gleich  wie  das  vorhergehende  Epigramm 
vielleicht  vom   S.   Daraasus    verfcitigt. 

Olim  sacrilegam  quam   misit  Graccia  turbani 

martyrii   meritis  nunc  decorata  nitet. 
Q.   medio  pelagi  votum   miserabile  fec. 

reddere  funerea  dona  nefanda  lovi. 
Vpoliti  sed   prima  lides  celestibus  armis 

respuit  ins^nam  pcstifera  lucem. 
Quem  monachi  ritu  tenuit  spelunca  latentem 

Cliristicolis   gregibus   dulce   cubile   parans. 
Post  hunc   Adrias   sacro  mundatus   in  auine, 
et  Paulina  sua  consociata   viro. 
Die    beiden    .Siglen  v.  3    sind    rjtiae    und  fecit  zu  er- 
klären.     Die   ^'^erlängernng    einer    kurzen  S^  Ibe   vor  dem 
Einschnitt  iu  funeiea  v.  4    kehrt    im   letzten    wieder  ^lud 


wird  bei  Dichtern  des  3Iittelalters  fast  ohne  Anstand  fiir 
eine  völlig  erlaubte  Sache  angesehen.  Vergl.  zu  Vitali» 
Blesensis  eclog.  S.  XV.  V.  (i  ist  wahrscheinlich  zu  er- 
gänzen pertifeiamque.  v.  7  hat  die  Handschr.  spelunca. 
71. 
Ebendas.  S.  82,  No.  1,  .,in  throno" ,  wie  Mai  sich 
kurz  ausdrückt,   im  Lateran   zu  Rom. 

Aula  Dei   haec  slmilis  Synai  sacra  iura  fercnti, 
ut  lex  demonstrat   hie  ijuae   ("uit  edita  (juondani. 
Lex  hinc  cxivit  mentcs  (juae  ducit  ab   imis , 
et  vulgata  dedit  lunien    per  climata  secli. 
riavius   Constantius   Felix   V.   C. 
magister   utrinsque   militiae  pa- 
tricins   et  con.   ord. 
et  Padusia  eins   inl.   foemina 
voti   compotcs  de  proprio  fecerunt. 
Es    ist    Mai    entgangen  ,    dass    die    ganze    Snbscriptiou 
unter  den  metrischen   Epigrammen  sich  schon  bei   Grnter 
S.   1076,  2  findet,  mit   einigen   Abweichungen,      Es  fehlt 
nämlich    daselbst    Constantius ,     was   jedoch    ebendaselbst 
als  in  einer  Abschrift   bei  Panvin.   de  Basil.   Rom.   befind- 
lich   nachgetragen  wird.     Ferner  bei   Gruter  CONS.   und 
FE>1INA.       Das    Consulat    dieses    Fl.    Constantius    Felix 
wird  auf  das  Jahr   tl8l    bezogen,   wo   er   im   Orient  zum 
Cüllegen  den   Flavius   Taurus   hatte. 
72. 
Ebendas.    S.   91,    No.  2:      „Romae    olim    in     basilica 
Liberiana   supra  niainrem  portam   opere  vermiculato.'- 
Virgo  Blaria  tibi   Xystus  nova  tecta  dicavit 

digna  salutifero   munera  ventre  tno. 
Tu  genetrix  ignara  viri,  te  denique  feta 

visceribus  salvis   edita  nosfra   salus. 
Ecce  tui  testes   uteri   sibi  praemia  porfant, 
sub  pedibusque  iacet  passio   cuique  sua, 
Ferrnm  tlamma   ferae   fluvius  saevumque   venenum: 
tot  tamen    has  niortes   una  Corona  manet. 
Zu  testes   bemerkt  Mai:    „Martyres  scilicet,  qui   cum 
suis  insignibus   circumstabant  in  pichera." 

73. 
Ebendas.   S.   93,  No.   3:     „Romae    in  ecclesia   Arme- 
uioruni  s.   Mariae    Aegyptiacae. " 

A  irginis   in   variis  radiat  domus  alta  fignris, 

quae   Dominum   castis   visceribus  tenuit. 
Cuius  aniore   pitis  Steplianns  cnm   coniuge   fretns 

cum   geminisque   pium   quod   nitet  dixit   opus  , 
Nobilis   ingenuHs  doctissimus  integer  almus 

aethereum   est   et  crit  culmen   is   Ansoniae. 
Praesulis  octavi  nunc  tempore   iure  loannis 

templa  dicanda  Dei  plena  favore  pio. 
Lt  simul  angolicum  tencat  super  actiiera  thronnii« 
sicque   sui   pulcrum   seminis   imie   genus. 
Nat,  Domini  H.   31.   F. 
74. 

Ebendas.  S.   94 ,   No.    1 ,   an  demselben   Orte. 
Hoc   dudnm  fuerat  faiium  per  tempora  prisca 

constructum  Pliocbo   mortiferoque  lovi. 
Quod  Stephanus  vcteri  purgavit  stercore  iudex 

atque   decora 

Von  Interesse   für  Romische  Topographie. 


55 


56 


Elipiiilas.    S.    9<t ,     >o.    2 :     ,.  Pcrusiac    in    portirii    t. 
Petri." 

Mrmniiiis   Salliisfiiis  ^ 

iialiiiiiis   Diniiins  VS 
basilirani   saiirtorii 
an^clorum   frrit   in 
qua  sppelliri   non   licet. 
7(i. 
tlbriiilas.   S.    III,   >o.   3:     Zu    Rom     in    der   Basilica 
lies   li.    Paulus    «or    der    Stadt,    iiarh    einer    Palatiiiischen 
Handsilirift. 

Tbeodosius    copit,    perfcrit   Onorins   aiilaiii 
dortiiris   niuiidi   sacrntani    c<)r|)ore    Pauli. 
Plaridiae    |)ia   uirns   operis    deiiis   ouiiie    patoriii 

■jaiidef   pontificis  studio   spleiidcre   Leoui-'s. 
Perseqnitur   dum   rasa   Dci  ,   fit   Paulus   honoris 

vas,   sed    elertnm    jjentibus   esse    prohat. 
Vore   Dei   fis   Pelri    l)ei   petra,   minien   honoris 
aule    relestis    splend:ir    et   omne   derus. 
Die    nezeirhnnii^   pia    mens    ist  vielleicht    nicht  ohne 
Absicht   lon    Placidia,   iler  Tochter   Theoilosius  des  Gros- 
sen,   genfililt    norden,    da    rou    ihr    an    die     kaiserlichen 
Frauen    wieder    den    Ehrentitel    piue  /elices    annehmen, 
«ie    nach     einer    Bemerknng     von    Eckhel    Docfr.    Mnm. 
T.  VIII,  S.   17(). 

77. 
Ebendas.   S.    III,   fio.  l:  „Neapoli   in  castro  .S.  Salva- 
toris,    nunc    castello    dcll'   Ovo."      Aus    einer   Handschrift 
de-    päpstlichen    Archivs.  ^ 

3! 


ABB. 


riERl 


IVS 


SIT 


Maio   Abbd»  ßeri  iussit.      Darunter   zur    Erklärnni;: 

Uuisquis   in   hoc   templo   steteris,   quod   liuiplia   refundit, 
aspi<'e   <juale   decns    hie    Ma^o    contulit   abbas 
Petro   spu   Paul»   lai'obo   vel  Bartholouieo, 
>ir    .Steplianu   priniü    levitac   seu    lanuarin, 
Martino    .Stephaiiocjiie    papae    Blasio   Dariai-ijiic . 
Baptistae,    En<rep!o(|Ue ,   Crisanto  riielitus  alnm. 
(laudia    cui    Christus   et   donet.      Dicito    hat. 
Zur   ErkUrun^r  iler    Worte    ijuod    limplia    refundit    (gehört 
die  Bemerkung,   das»  der   Ort  von   den  Hleereswellcn   nm- 
spühlt  wird.      Die   Mittelsvlbe   in   Jacobus   wird    hier    kurz 
gebraucht .     wie     in     einem     andern     Epijjramin     i'licndas. 
S.    1(14. 


78. 
Ebeiidas.   S.    lü.*),    No.   'J :    „Romae    in   arru   ecdesiae 
8.   Laurenfii   extra  moeiiiu  operc   mnsivo." 
Dcmovit   Dominus  tenebras,   ut   luce   creata 

his  (|U(indaui  tenebris  sie  modo  fiilgor   inest. 
Au5;ustos   aditus   vencrabile    corpus    liabcbat 

huc   ubi    nunc  populum   loui^ior   aiila   capit. 
Erula  planities  patuit  sub   montc   rccisu, 

estque   remota   jjravi   niole   ruina   minax. 
Praesule   Pelagio   martvr   Laurentius  oliui 

tenipla  sibi  statnii  tarn   pretiosa   ilari. 
Mira   lides   gladios   hostiles   inter   et   iras 

pontificem  meritis   haec   celebrasse  sais. 
Tu   modo   sanctoruni   cui   cresccre   constat   honores , 

fac  sub   pace   coli   tcmpla  dicata   tibi. 

79. 
Ehendas.  S.    170,  No.    1:    „Romae  in  SS.  Martini  et 
Silvcstri.      Aus    handschriftlichen   Quellen;    das    Fehlcndi- 
zum   Theil   von   fllai   ergänzt. 

Baliien  quae   fragilis   suspcndunt  corporis   aestom  *) 

et   reparant  vires,  quas   labor  afficerit; 
quae    constricta   gelu,    validis   aut   solibus   usta, 

adiiiixtü   latici   membra   lifjuore   levant. 
I'examur   causa  propri«   iiostroque  quod  angit 

vulnere;  balinea  hinc  dicta  fuissc  reor. 
Tu  tarnen  ista  magis  cautus  servare  memento 

grex  sacrate  Deo   corpore   mente  ßde. 
Cui   bellum   cum   carne  subest,   quae   et  vicfa  resurgit, 

quam   cohibere   iubat ,   si   refobere  paras. 
Lubrica   ne  sensus  rapiat  turpetque   boluptas, 

eflera   ne   menttm   luxuries  stimulet. 
Ebria  neu   vino,   dapibus   neu   viscera  cruda 

dissolbat,  lluxo   corde   labanle ,  gula. 
Sobria  sed   casto   fovcant  tibi  membra  liquore; 

et  quaes   .   .   .   quod   mcdeare  iterura. 
.   .   .   inibc  ue  parta  rcuicdia  caru  .   .   . 

...   vi  torvos  aljfct   .    .   . 
Non   nostris  nocet  ofl'iciis,   nee  culpa   labacri. 
Quod   sibimet  ^enerat  lubrica  vita   nialum   est. 
In  dem   Einschnitt  jedes    Pentameters    finilet  sich   als   A[i- 
theilungszcichen   das   bekannte  Blatt. 
80. 
Ebend.as.   S.    180,    No.   4:    „Romao   in   s.   Clementis." 
Aus  handschriftlicher  31ittheilung. 

AovTooiq  devoLoiOL  adv  .  .  . 

evia  oQaveui  yevijrai 

Ttai;  aQulujiAi  ivoi;  x 

So  verstümmelt  und  zugleich  sinnlos  copirt ,  dasa  man  jetzt 
nicht  einmal  mehr  mit  Zuverlässigkeit  vermuthen  kann, 
ob  wir  Verse  vor  uns  haben. 

(Beschluss  foli;]t.) 


')  Ilirr7,ii  bcniPikt  M.ii;  „Locurioiii  in  un/ivnjere  aestum 
iisuip.ivcr.ll  M  .^iircliiis  Caesar,  eaiii(|iic  rcprehenclcbat 
ut  vitiosam  Krönte  ,iJ  M.  Cacs.  üb.  IV,  cp.  3-  ed  Rom 
p.  99.  Nunc  eccc  eins  loculionis  aliud  (.•xempluir,  in  sakli 
i'leganto  pocta  Chrisliunu  " 


Zeitschrift 


für   die 


Alterthumswissenschaft. 


Freitas  3    18-  Januar 


18  39. 


Nr.  8. 


Griechische  und  römische  Inschriften. 

(Beschluss, ) 
81. 
Ebendas.  S.  181,  No.  3=  „Roinae   in  ambone  basilicae 
vaticanac." 

Aon  honiinum  censura  Deum  ,  noii   temporis  ulla 
aeias  aiit  cleri    sinodus  presrriplio   niilla, 
seil   Deus  elecfis  pafribus  ilum  praofuit  orbis 
uinbra  sacrata  Petri  lalet  aogros  salvere  niorbis. 
Haec  capitis  ratione  sui   orbisqiie   niagistra 
clerus   et  ccclesiae  pendet  status  oninis  ab   ista. 

82. 
Ebendas.   S.    195,  Nr.   3,  zu  Rom. 

Felix  VI  continuis  bene- 

ex  consule  ord.  ficiis  vestris 

senus  vest.  pro  optulit 

83. 
Ebendas.   Nr.  4:  Handschriftlich. 
Te  duce  Venerius   rapidas   comiiiiscuit   ira», 
atque  vesana  nimis  iniinici  viria  vicit. 
Castiile  tii  di^nus  jirestas  cultoribiis    ista. 
Tibi   Servatiis  ofTert  niunera  supplex. 

Ebendas.  S.  224,  IVo.  1:  „  Romae  in  S.  Mariae 
transtiberinae." 

Digna  licet   nequeam  offerre  praemia  donis 

famulis  sed  propria  vota  quaeso  domina  libeiis 

suscipe  ut  fundi   Puliaui   oninem  portionem 

mihi   ^eneraliter  perfinentem   cum  vinei- 

»   et  terris   erga  seriem  documeutoriim 

eins  Veliterno  siti  territ- 

orio,  niiliario  XXV.  Domus  haec  sancte  sem- 

per  virginis  et  Dci   ^cnitricis  Ma- 

riae  quae  Caiisfi  vocatur.     Haec  ie 

hereditate  possideat  qnam  quis- 

qnis   ex  eins  conditione  pri   .   .   . 

liquo  modo  ipsam   inien  .   .   . 

nis  tempore   ultricem  sit  .   .   . 

variam   -j-    fenesto 
Mexuisnaie  Tpemma. 

Von  den  drei  letzten  Worten  sagt  Mai:  „Ego  heic 
lego  graece  jevl.odu),  fiat  (am  Ende  der  vorhergehen- 
den Inschrift  steht  ßat,  fiat).  Infra  antem  latine  me 
e.xuis  nave?  deniquc  graece   dQtufio.V'- 


85. 


Ebendas.   No.   2:   „Romae   in  S.  Clementis." 
•j-  Hisracliticus  Deo  offerebat  populus  ruri 
aliiis  quidem  aurum,  aling   namque  argentam 
quidam  quoque  aes ,  quidam  vero  pilos  caprarum 
Infclix  antem  ego   Gregorius  primns    pbr  almae 
sedis  apostolice   huiusqnc  titnli   gerens 
curam ,  ac  beati   snppremus  cliens  Clementis 
offero  de  tuis  haec  tibi   XPE  thesauris 
temponbas  sciss  Zacchariae  presnlis  summi 
per  martjrem  et  scm  parva  munuscula  tnum 
dementem,  cnius  meritis   merear  delictis  carere 
atque  ad  beatam  aetcrnam  ingredi  vitam 
Aisti,  qnantnm   liabes,   regnum  ralet  caelorum 
Suscipe   hos  Dne   velut  minuta  viduae  queso 
teteris  novique  testanicntoriim  denique  libros 
octateucbum,   regum ,  psalterium  ,  ac  profetarum 
Salomoneni ,  Esdram  ,  storiarnm  ilico  plenos 
Require   svllabarum   lector   seqnentiam   hanim 
Am  Ende  jeder  Zeile  befindet  sich   das   bekannte  Zei- 
chen   des  Blatts.      Dergleichen    Donationen    an    Schriften 
des    alten    und    neuen   Testaments    finden  sich  auch  noch 
in    manchen    andern  Inschriften    erwähnt,    z.  B.   S.  218, 
No.  2  der  Sammlung  von  IMai. 

86. 
Ebendas.   S.   242,  No.   1:  „Romae  in  mns.   vatic.  pes- 
simis    litteris    repertus    lapis    in    Castro  Arci    in  Sabinis." 
Dieselbe  Inschrift  auf  S.   259,  3. 

Imp.    Caesari 

Caio  riavio 

Constantio   pto 

felici  augusto    .   . 

do  Curium  sahino 

mm 

D.  N.  JVI.  Q.  E. 
Hinter  augusto  fiel  or  (ordo)  aus. 

87. 
Ebendas.  No.  2:  „Cordubae  ad  puteum  S.  Zoili." 

Imp.   Caes  .   .   . 

Fl.  V.   Constant  .   . 

P.   F.   invicto  aug.   .    . 

Octavius  Rufus  .   . 

P.  prov.  Baet. 

D.  \.  M.  Q.  ejus. 


69 


60 


Dil-     J»ililus.«formcI ,     wie     in     ilrr    vorlior^'cli<-ii(leii     lii- 
I  tirifj  ,   Icileutet   devotui   numini  maiestatique  eins. 


Elieiidas. 
niariiiiirea.'' 


•S.   'J45,   >o.    1:     ,,Ruiiiac   in   Capitolio   liasi» 

3Iagiin   et   invirto 
imp   Caos.   C.   Val.   Aurel. 
Cuiistaiitiiiu   pio    Tri. 
invirto   an^.   pontif.    inax. 
trib.   pottst.   COS.   III.   P.   P.   proc. 
D.   K.   corpus   corarionim 
iua<;iiariorum   solaiariorum 
devoti   iiuiiiini   maiestatiq. 
eins 
auf  der  linken  Seite 
deilicatae 
kal.   ian. 
DD.  KN.   Deucletiano  III   et 
Alaximianu   coss 
cnraate   Tliessio  Serundo   P.  C. 
corariorum 

Die  Insclirift  ist,  was  dem  Heransgeber  entging,  schon 
mehrmals  edirt  worden,  s.  Grut.  S.  283,  1,  aber  mit 
Abweichungen,  wesshalb  sie  jetzt  nach  genauer  Alischrift 
des  Steins  hier  wieilerholt  zu  werden  verdient.  IVament- 
lich  ist  jetzt  solaiariorum  (soleariorum)  als  richtige  Les- 
art anzuerkennen.      In  andern  Exemplaren   heisst  es  sonst 

.S'ALÄIARIORV.M,  auch  SOL1ARIORV3I ,  und  noch 
ander«.  Der  Diplithoiig  ai  statt  e  aus  Verwandtschaft 
der  .Ausspräche  beider  zu  erklaren.  In  den  andern  Ab- 
schriften steht  CORIARIORVM,  was  wohl  nur  eine 
Verbesserung  statt  des  freilich  fehlerhaften,  aber  gewiss 
auf  dem  Originale  befindlichen  CORARIORViM  sein  mag, 
sowie  auch  JiOLEARlüRV.M ,  was  eine  Abschrift  dar- 
bietet. 

89. 
Ebendas.  S.  2-50,  No.  2:     Parmae   ad   fores  basilicae 
S.   Mariae  della  Steccata ,    in  columnac  fragmento  ,  litte- 
rii  »oA'ut  barbaricis." 

D.   IV.   Imp.   Cae».   Fla 

Constantino   P.   F. 

victori   aug.   pont 

ifici   maximo   trib. 

potcstaa   X.\.III.    imp.   XXH 

cons.   VII.    P.   P.   procos. 

rerum   umanarum  opti 

mu    principi    diri 

Constanti   filio 

U.   R.    P.    nato 
Die  Siglen   in   der   letzten   Zeile:    iono    rei    puiticae . 
wie   häufig  auf  Kaiserinschrifteii  dieser  Zeit. 

90. 
Ebenda«.  .S.  260,  Xo.  (j:  „Augiistau  Taurinurum.-^ 
Valentiui- 
ano   et  Fl.    Valeuti  felicii- 
«imis   aagg. 


91. 
Ebendas.   S.   2l)t,   Xo.    1:     „Romac    in   Capitolio   .    .    . 
basis  inarniurea,  nunc  dissecta." 

auf  der   linken   Seite 
DN    Constantiu 

auirusto 
Alemmius    Vitrasias 
Orfitus   V.  C  praef.   urb. 
iiid.   sac.   cogii.   iter. 
D.   N.   M.   (1.   eins 
curante   Publiliö 
Caeionio   luliano   C.   V. 
auf  der   ersten   Seite 
Dedicata   IUI   idus   inart 
imp.   doniiiio   N.   Gnrdiano  aug. 
et  M.   Acilio   Aviola  cos. 

per 
Q.  V'etrurio  Felicissimo    elec 

QQ 
C.  lulio  Evrangelo  et 

Marcio  Crysostora. 
T.  Aurelio  Eutychcie 
curatoribus 
P.  Aclio  Eutychetc  lun.  L.  Traian.  Arab. 
C.   Annio  Basiliden.   C.  lulio   Tertnllo. 
Den    leeren    Raum    in    der    zweiten    Hälfte    der    Inschrift 
füllt  das  Bild   einer   zweihenkligen   Vase    aus. 

92. 
Ebendas.  S.  263,  No.  1:    „Marsalac." 
Imp.   Caeiari 
D.   >.   Valentini- 
ano  pio   felici 
semper  augustu 
31.    Valerius 
Quinctianus 
V.  C.   cons.  P.  S. 
clementiae 
pietatique   eius 
semper   dicatis- 
gimus 

dcvotus 

93. 
Ebenda*.  S.  366,  No.  5:   „Apud  Sentinate»  in  columna 
posita  pro   foribus  Caesauriorum." 

DDD.  N.  N.   Valenli 
et  Valentiniano  et 
Crassano  bunis 
felicissimis  triun- 
fatoribus  sem- 
per auggg.   bono 
reip.   natis 
CXLI. 
aui   der   Rückseite   ist   nur   noch   zu   lese« 
FLXCIÜF 
SEiMP.  AVG. 
B.  R.  N. 
CXLI 


61 


«)'> 


Crassano ,  aiiffeii»rh«>inlich  statt  Gtatiano ,  und  ücxieht 
sich  auf  die  Zeit,  aln  dieser  mit  Valens  und  ^'alciitiiiiauus 
das  Reich  tbeilte, 

94. 
Bbeiidas.   S.   '2~0 ,    No.   5:     „  Arelate    in    colnmna,    in 
aedibus   domiaae   Vallensis." 

Salvis  DD.  NN. 

Theodosio   et 

Valentiniano 

P.   F.   V.   ac  trinm     .     . 

seinper  auf.   XV 

cuns.   vir.    inl   .   .    . 

Auxiliaris  prae  .  .   . 

praeto   .   Gallia   .    .    . 

de   Arelate   nia    .    .   . 

miliaria   poni   s    .    .   . 
M.  P.  I. 

9.^3 . 
Ebendas.    S,   283,    IVo.   2.       Zu    Rom:    „  Basi»    prae- 
grandis." 

FI.   Stilicboni   inlustrissimo  riro, 
magistro   equitum  pcditumt^ue, 
comiti   dnuiesticoruni,  tribun»   praetorialiu, 
et  ab   ineunte  aetate   per   grailus  claris- 
siniae  militiae  ad   columen   ginriae 
sempiternae   et   rejjiae  adlinitatis   evecto , 
progenero  divi   Theodosi ,   rouiiti  divi 
Theodosi   augusti   in   nmnibus    bellis 
ailque   victoriis,   et   ab   eo   in  adfinitatem 
regiam   cooptato ,   iteniqne  socero   D.    N. 
Honori  augnsti,   Africa   consiliis   eius 
et  provisidne  liberata ,  ex  S.  C. 

96. 
Ebendas.  S.  290,  No.  3:    „Marsaiae." 
Cureti  vivas. 
Pro  raeritis  cximiae  lenitatis 

et  benignae   administrationi.« 
strenuo   et  praedicabili   iudiri 
domino  Zenofilo 
V.   C.   corr.  prov.  Sicil. 
Die   letzte    Zeile:    viro    clarissimo    correctori   provinciae 
Siciliensis. 

97. 
Ebendas.    S.    291,    No.     1.       Auf    einer    Maroiorbasi« 
zn  Rom. 

Saturninio  Secundo  V.  C. 
praesidi  prorinciae   aquitanicae, 
magistro   memoriae,   comiti   ordi- 
nis  primi,  proconsuli   Afrirae,  item 
comiti   ordinis  primi   intra  con- 
sistoriuni  ,   et  quaestori ,  jjraef. 
praetorio   iterum,   ob  egregia 
eius   in   rem  publiram  merita 
DD.   NN.   Valentiniauus  et 
Valens   rictores  ac  triumpfa- 
tores  seraper  augusti 
statuam   sub  auro  consti 
tut  locarique  iusserunt. 


9s. 

Ebendas.   S.    J!)I,    No.   3:     „  Roniac    in     S. 
Ostionsi. 

inilnstria   cnniprobato 

achio    \'V.   intra  palatiii    comitatus 

di   hir    inter  ceteras  administrafio- 

Cnnstantiiio   aiig.    in    urb.    Roma 

paiiiae   set    et   Sfciliae   per   annos   XX 

ministrabit   etiam   post   hacc  ab   endem 

ussionem   et  cnmpulsioiipm   ranonirc 

e   de   Canipania   urbi    Romae   ministratur 

«de   probinriaruni   rem  sibi    iniunctam 

»itate   fideliter  egit 

Auf  der  andern   Seite 
Naeriae   Cerelliae 
Sabinae   prudcntis- 

sinie   puplle 

Sjmmachi   \.   P. 

filiae 

familia   urbana 

aere   conlato 

merit. 


Pauli 


99. 

Ebendas.   S.   292,    No.    1.      Zu   Rom    auf    dem   Forum 
[|es  Trajan   ausgegraben. 

honoreui 

is   hono- 

um   guber- 

bis   a  tyrann- 

oni   dedit  consul- 

\      .      .       aetatis  anno  ailep- 

odosio   et  Valeotiniano  augg. 

rnis  nullo  ambitu 

/.      .      .      .       s  factus  quantum   re- 

ebatur  auxit   gloriam 

egis  laborantibus  ad   d- 

•      .      .      ' a  senatu  mandafa   legatio- 

tunissimam  testatur  efTect- 

digna  maioribus  suis   et  prorsus 

s  oratio  tum   adfatus  sarer  af- 

.      ostulati  sub  quae  ordo  sublim i 

omanus  alteram  ei   statuam   dec- 

"        certantibus  po{)osccruMt  ta- 

dentissimis   clementibusque    princi- 

celeritate  delatam  ut  petitio   illu 

ficio  praeventa    credator 

F.  O. 


Fr.  Panzerbieter ,  scriptio  de  Fragment orum  Anaxagorae 
ordine,  >]einingae  1836.  22  S.  4- 
Diese  kleine  Abhandlung  des  bereits  durch  scioeii 
Dillgenes  Apolloniates,  Lips.  1830,  um  die  Geschichte  der 
Philosophie  verdienten  Verfassers  ist  mitgetheilt  als  Ein- 
ladungsschrift zum  cxamen  solenne  in  gymnasio  Bernbar- 
dino  !>leiningensi ,  Septbr.  IS3G,  instituendum.  Nach 
der    Ijebcrschrift    ist    die    Hanptabsicht    darauf  gerichtet. 


63 


64 


die  Onluungf  3uszunii«rlii ,  in  «-elcher  die  von  Siinplicius 
crhalliMieii  Bru(listiii-l..p  des  Anax.iforas  ursjirünglich  auf 
einander  geM'^t  sein  niiicliten.  Allein  auch  die  andern, 
natiirlii'li  siili  anreihenden  Fragen ,  über  Text  und  Lehre, 
sind  nicht  unberiicksichtift  geblieben.  Vorauf 'flehen  die 
Fragmente  selbst,  p.  5  —  '■,  mit  ziemlich  vollständiger 
Variantensammlnng  und  Bemerkung  der  jedesmaligen 
Kumer  in  der  Sehaubaeh'sehen-  und  Siliorn'schen  Bear- 
beitung derselben  Fragmente.  i>Iit  Beeilt  sind  hier  viele 
Stellen  weggelassen,  namentlich  Nr.  \),  10,  l'J,  !,■?,  15, 
Iti,  74,  2Ö ,  unil  zum  Tlieil  Ar.  5  «ler  Sehaubaeh'sehen 
Bezeichnung,  «eil  sie  n.'imlieli  weniger  Fragmente  des 
Anaxogoras,  als  testimonia  über  seine  Lehre  sind,  oder 
uur  Modificationen  der  von  Simplicius  aufbeHahrten  »irk- 
lirhen  Fragmente;  darunter  auch  einige  Stellen,  die 
Schaubacli  dem  Conimcntare  des  Simplicins  in  Aristot.  de 
coelo  nach  der  liebersetzung  von  Moerbeke  entnommen, 
deren  «ahrer  Text  nun  in  der  von  Brandis  besorgten 
Scholiensanimlung  zum  Aristoteles  zu  finden  ist,  un<l  bis 
auf  unbedeutende  Ab«  eichiingcn ,  die  «ir  hernach  be- 
merken (i  ollen,  derselbe  ist,  »ie  in  den  entsprechenden 
Stellen  des  Cominentars  zur  Physik.  —  AVir  bespredien 
zunächst  die  Behandlung,  «eiche  der  Text  erfahren  hat, 
«m  hernach  auch  des  zweiten  Theiles  der  Abhandlung, 
über  die  Wiederherstellung  der  ursprünglichen  Reihen- 
folge ,    mit   einigen   Worten   zu    gedenken. 

^'on  Schorn  «eicht  Hr.  Panzerbieter  besonders  hin- 
siclitlich  des  Dialektes  in  diesen  F^ragnienfen  ab,  nie 
«eit  er  herzustellen  oder  nicht.  Schorn  und  lor  ihm 
auch  Schaubach  hatten  den  ionischen  Dialekt  soviel 
uiüglich  hergestellt.  Der  Verf.  halt  dieses  für  unziveck- 
niässig.  ,,Ali  ionica  dialecto  in  fragmentis  restituenda 
prorsus  abstinui  ,  non  ijuod  putarem ,  Anaxagoram  plane 
ita  scripsisse  ut  a  Siniplicio  traditum  est,  iiam  Sinipli- 
cium  in  ca  rc  uegligentissime  egisse  ipsc  demonstravi, 
ad  Dil  g.  Apoll,  c.  2.^,  sed  (juod  incertum  esse  videba- 
tur ,  num  hi  sciptores  in  omnibus  plane  iisdem  verborum 
forniis  usi  fuissent,  cjuibus  llerodotus  aut  Hijijiocrafes, 
quorum  exeniplum  in  corrigendo  imitandum  esset.  Nam 
ut  unum  hoc  afferam,  (juod  Simpl.  fr.  4  (Schaub.)  prae- 
Let  1-et.lov ,  id  a  vulgari  certe  lonieorum  oratione  alie- 
num  est;  sed  (]ui$  est,  qui  hac  sola  de  causa  faUum  esse 
coDtendat  ?  3Ialui  ergo  Anaxagorac  orationem  umnino  ta- 
lem  proponere,  qiialis  a  Siniplicio  exhibetur,  ita  tarnen, 
ut,  ubi  in  eodein  fragmento  bis  aut  ter  repctito  scmel 
Jonicam  formain  praeberef,  eam  praeferrem."  —  Da  ist 
nun  wohl  das  über  die  Form  t'jSKu)^  (iesagte  etivas 
eilig  geschrieben,  denn,  abgesehen  vom  Homer,  lindet 
sie  sich  ja  aucli  bei  llerodot  IV,  4() :  4'>  cod.  Sancropt., 
an  beiden  .Stellen  von  .S(  liHeigli.'liiscr,  fiaisford  unil  Bahr 
anfgeiionimen.  Aiirh  im  üebrigeii  dürfle  jenes ,  Priiicip 
nicht  gebilligt  «erden.  Wenn  beim  Siinplicius  in  den 
niitgetheilten  Fragmenten  selbst  deutliche  Indicationen 
niiid  ,  ilass  der  Dialekt  in  seinen  Hauptformen  der  ioni- 
sdie  war,  nur  dass  dessen  .Spuren  sehr  häufig  durch  Fjin- 
«irkung  der  y.oii/i^  verniisi  hl  sind,  warum  sie  nicht  überall 
herstellen?  .Sicher  ge«  innen  diese  Fragmente  nicht  we- 
nig dadurch  an  altcrthümljcher  Farbe  niid  jener  ionisrh- 
iiaivcn   L'rsprünglichkcif ,   die   sie  auch   in  der  Coustructiou 


so  h<iafig  beivahrt  haben.  Jedenfalls  ist  es  verkehrt,  die- 
ses (ieschafft  der  Wiederherstellung  immer  nur  auf  ein 
und  dasselbe  Fragment,  wie  der  Vf.  « ill ,  zu  beschrän- 
ken, als  wenn,  was  an  der  einen  Stelle  der  Schrift  rich- 
tig ist,  an  der  andern  unrichtig  sein  könnte.  Ja,  selbst 
wenn  man  sich  bloss  auf  den  einen  Anaxagoras  mit  die- 
sen Beobachtungen  und  Wiederherstellungen  bcsehränken 
wollte,  so  würde  man  fehlgreifen;  sondern  hier  kOnnen 
die  Fragmente  des  Diogenes  von  Apollonia ,  Anaxagoras, 
Melissus,  mit  der  nolhigen  Caufel  wegen  der  epischen 
Sprache  und  Prosodic  auch  die  des  Parnienides  und  Em- 
pedokles  aus  demselben  Gesichtspunkte  beurtheilt  werden; 
der  Jonismus  ,  den  Simpl.  in  dem  Fragmente  des  Dioge- 
nes be«ahrt  hat,  kann  auch  für  die  Stellen  des  Anaxa- 
goras gelten  und  iu  denselben  wieder  hergestellt  wer- 
den n.  8.  w.  Freilich,  was  die  INorm  des  Herodot  und 
Ilippokrates  (Heber  diesen  vgl.  Petersen,  Hippocratis  d. 
aere  ,  aquis  et  locis  praef.  p.  XI  sq.)  betrifft,  so  ist  mit 
grosser  V  orsiclit  zu  verfahren.  Wichtig  ist  in  dieser  Be- 
ziehung die  Ucbcrliefcrung  bei  Diogenes  L.  II,  3  über 
Anaxinicnes,  was  vom  Anaxagoras  u.  s.  f.  mit  gelten  muss, 
y.i~/o)!Tai  ykujoorj  lüSt  üjiKrj  y.ai  ÜTi£QiiT(p,  was  bei 
Hühner  irrig  übersetzt  wird,  usus  est  Ionica  oratione 
simplici  et  minime  fncata  (Ritter,  Gesch.  d.  Philos.  I, 
S.  2 15.  „Er  schrieb  in  jonischer  3Iundart,  einfach  und 
ohne  Weitschweifigkeit").  Das  Richtige  gicbt  die  Be- 
merkung des  Hermogenes  über  den  Dialekt  des  Hecatäus, 
de  gen.  dicendi  II,  12  Tri  diaXe/.Citj  de  dy.pazi/j  ladt 
y.ai  ov  jiiiiiyuiin]  ;^o;^ffa«f j;o5  ov8e  v.aja  cuv  IJpo- 
ÖUTOV  noiy.i'/^Tj.  Also  ein  Gegensatz  zwischen  der  las 
des  Anaximencs  und  Hccat/lus,  d.  h.  wohl  überhaupt  der 
Literatur  von  Milet,  als  dem  damaligen  Hauptsitze  der 
Wissenschaften,  und  der  las  des  Herodot,  der  aus  den 
Provincialisuien  seines  ^'aferlandes  Manches  aufgenoninien 
haben  mochte;  obgleich,  wie  man  sich  diese  |W/s'S  im 
Einzelnen  zu  denken  hat,  oh  mehr  die  Formen  oder 
mehr  die  Wörter  und  ihre  Bedeutnilgcn  betrellend,  schwer 
zu  sagen  sein  mochte,  üeber  die  Jonismen  des  Hecatäus 
(meistens  aus  den  Fragmenten  der  et«a3  verdächtigen 
TtioiodoQ  yiji)  s.  Klausen  Hecat.  Miles.  fraginm.  p.  37, 
wo  aus  Cramer  Anecd.  Oxon.  V^ol.  I  hinzuzufügen,  tadl 
für  iadt  p.  207,  20,  jU^iETQea.Tai  p.  257,  31,  ^.£w's 
von  einem  Individuum  p.   265,  9  sq- 

(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

.St.  Pc  tc  r  s  bn  lg,  5.  Jan  Auf  Veranlassung  des  Ministers 
der  Volksaiifkhriins  lial  So.  Majestät  der  Kaiser  erlaubt:  1)  je- 
dem der  Ober- Gymnasien  von  Wilna  ,  Grodno  ,  Bjclostok  und 
Minsk  jhbrlicli  1000  Btibrl  Silber  verabfolgen  zu  lassen,  um 
davon  uiibcniitleiten  ,  fleissiijcn  Zöglingen  j.alivliclic  Stipendien, 
bis  zur  neeiidigting  ihres  Cursus .  und  ?\v,ir  nicht  weniger  als 
25  und  nicht  mehr  als  50  Rubel  Silber  zu  verabreichen;  2)auf 
den  Universitäten  Peterslnirg,  Moskau,  Chtirkolf  und  Kasan  fünf 
Kronslellen  zu  bilden  für  die  besten  Schüler  des  Wcslrcussi- 
scbeu  Lehrbcziiks.  die  von  der  Regierung  eine  jährliche  Unlci- 
stützung  von  500  Rubel  lianknoten  erhalten. 


Zeitschrift 

f  ü  r    (1  i  e 

AI  terthumswissen  Schaft. 


Sonntag,  20.  Januar 


18  39. 


Nr.  9. 


Fr.  Panzerbieter ,  scriptio  <lc  fragmenf ornm  Anaxagorae 
ordiiie. 

(Bcschluss.) 

Wir  gehen  znm  Einzelnen  über ,  wo  zunächst  einige, 
hin  und  wieder  eingeschlichene  üngenauigkeiten  zu  be- 
merken sind:  I.  Schreibe  eovra  für  eovTa.  II.  Sinipl. 
hat  ö  di^Q  xui  6  ait}}jQ.  IV.  hat  TiavTOjv  ■/^qij^cx.tiov. 
Auch  hätten  die  Aenderungen  Schorns  genauer  angege- 
ben werden  sollen ,  z.  B.  Fr.  1  hat  Simpl.  nach  der 
Aldina  öfuov  XQimaza  TCavTa  i]v.  Das  vom  Vf.  auf- 
genommene TCavra  jfpiy^ara  hat  Schorn  gegeben.  Eben- 
ao  sind  Frg.  VI  die  Worte  oiöev  8cux(jtveTai  övöi 
ciTtoXQi'pSTal  erepov,  in  der  Aldina  bloss  oi'dev  drco- 
y.QivETai,  und  Schorn  gicbf  (aus  cod.  D)  ovötv  ärro- 
XQivETUi  oi'Ö£  diav.oivSTai.  Doch  dieses  ist  weniger 
richtig ,  zumal  da  der  Vf.  aus  dem  Texte  selbst  nur  eine 
Nebensache  macht.  —  —  Für  Frg.  1  bemerken  wir  aus 
Simpl.  de  coelo  f.  145  und  149,  Scholl.  Aristot.  ed. 
ßrandis  p.  bi'2-  513  diese  Abweichung  in  den  Eingangs- 
worten, 'Ofiov  yQi'j^iaxa  ijv ,  dneioa  nävra  y.ai 
7tki)9og  y.ai  filX(j6rijTa.  Hernach  gab  Schorn  aus  Simpl. 
phys  fol.  8  a  und  3-3  b  aus  cod.  D  efSijkov  für  das  ans 
ib.  fol.  33  b.  gewöhnlich  aufgenommene  ci'dtjXov ,  wel- 
ches auch  Hr.  Panzerbietcr  beibehält.  Allein  auch  de 
coelo  fol.  145  steht  £vö)j}.OP ,  und  wie  dieses  also  äus- 
terlich  weit  besser  bezeugt  ist,  so  ist  es  auch  nach  der 
Bedeutung  das  passendere.  —  Es  folgt  eine  Stelle  bei 
Diog.  L.  II,  6,  die  schon  Schaubach  (Fr.  1")  nur  mit 
Bedenken  für  ipsa  rerba  des  Anaxagoras  hält,  Schorn 
aber  ganz  weggelassen  hat.  dämlich  während  Simpl. 
aus  dem  Anfange  der  Schrift  (^Ava^.  ktycuv  du'  dQplS- 
Bestimmter  de  coelo :  ylvai;.  d.QiofiEvoq  tov  Gvyy^äfJ.- 
/uaro<;)  die  vollständige  Auseinandersetzung  giebt,  wo 
weitläufig  von  dem  Zustande  der  Dinge,  ehe  der  vov^ 
sie  ordnete  und  schied,  die  Rede  ist,  so  dass  de»  voL>g 
erst  viel  später  unil  in  anderen  Fragmenten  gedacht  wird, 
scheint  Diogenes  zu  sagen ,  dass  gleich  ilie  ersten  AVorte 
das  spätere  Eintreten  des  uoS^  indicirt  hätten:  Hül'Ta 
XQ^]fxaxa  i]v  6^00-  elra  vovg  ill^cov  aind  öts/.öo- 
fj.rjCi£.  Da  ist  nun  ohne  Zweifel  das  Wahrscheinlichere, 
dass  dieses  nicht  ipsa  verba  lies  Anaxagoras  sind ,  son- 
dern nur  die  auf  eine  kurze  Formel  gebrachte  Summa 
der  Lehre  des  Anaxagoras  ,  zumal  da  diese  Formel  unter 
ausserordentlich  verschiedenen  Abweichungen  vorkommt, 
•  .  Schaabacb  p.  66  »9.    Wenigsten«  ist    dieses    der  grade 


und  entschiedene  Weg,  wahrend  Srhaubach  p.  129  und 
Panzerbieter  auf  einem  Umwege  Einiges  an  jenen  Wor- 
ten zu  retten  suchen ,  jener ,  indem  er  annimmt,  die  Worte 
nävra  XQlj/^iara  u.  s.  w.  wären  mehr  als  einmal  in  der 
Schrift  des  Anax.  vorgekommen  und  einmal  hätten  sich 
die  Worte  eiia  vovg  u.  s.  w.  angeschlossen ,  Hr.  Pan- 
zerbietcr, indem  er  sagt,  sollten  die  AVorte  auch  ver- 
kürzt und  entstellt  sein ,  so  wäre  doch  immer  noch  so 
viel  Echtes  und  Ursprüngliches  an  ihnen ,  dass  sie  für 
einen  Rest  der  wirklichen  Anaxagoreischen  Darstellung 
angesehen  werden  konnten.  Wie  dem  sein  mag,  eine 
neue  Variation  jener  Formel  findet  sich  bei  Simpl.  d. 
coelo  f.  145  keyei  ydp  uti  rjv  ö^oii  ituvra  xptj/uaTa, 
vovg  6e  avxd  SiayQivaq  öuxöofjtjoe,  wodurch  die  Ver- 
mnthung  des  Verfs.  bestätigt  wird,  dass  bei  Plutarch  pl. 
pb.  I,  3  für  8i)jo£  zu  schreiben  ist  öliy.ptve.  —  Fr.  3 
Schaub.  verbindet  Hr.  Panzerb.  mit  Fr.  4,  weil  sie  bei 
Simpl.  phjs.  fol.  8  a  und  33  b  unmittelbar  verbunden 
lorkonimen  und  weil  die  Rection  von  x^tj  öoxeiv  durch 
beide  Sätze  zu  gehen  scheint.  Auch  Simpl.  d.  coelo  fol. 
l4y  stehen  die  Sätze  in  unmittelbarer  Verbindung,  xac 
ijöovaq,  *)  xae  ^Qo/di,  xai  dv9Qoj7iovg  ov^Tiayij- 
val  u.  s.  f.  In  derselben  Stelle  findet  sich  das  bessere 
ivsivai  statt  des  von  Schorn  vorgezogenen  Iv  dvai  auch 
bei  Simpl.  d.  coelo  I.  I.  Dass  aber  die  Schlussworte 
üibs  yuQ  —  TiJ}  iztgip  to  erefiop  nicht  von  Anaxa- 
goras sein  sollten,  will  Ref.  nicht  einleuchten,  wenn 
auch  in  der  Parallelstelle ,  Simpl.  phjs.  fol.  8  a  die 
Worte  rovTUiV  de  ourw;  s^ovtujv  x.  t.  X.  gerne  auf- 
zuopfern sein  mögen.  —  Fr.  8  ist  noch  Einiges  zu  ver- 
bessern. So  ist  wohl  für  xai  dvexcukvsv  avTop  rd  avfi- 
lis^tyi^iava  zu  schreiben  xai  dv  exuiXvev.  Hernach  hat 
Simpl.  xai  tiqvItov  dno  tov  Ofxixgov  rjp^aro  ne^t- 
^lofjtjaai,  inei  de  nkelov  negixaQei,  xai  neQixiogjj- 
oei  snmkeov.   Der  Verf.  nimmt  vor  snei  de  eine  Lücke 


*)  Ueber  dieses  Wort  s.  Panzerb.  Diog.  Apoll,  p.  64;  Phi- 
lippson  vXti  uv&^ain,  p.  205;  Brandis  Gescb.  d.  Philos.  I, 
p.  252.  Bei  Anaxog.  fr.  3  und  Diog.  Apoll,  fr.  64  mit 
jffoiij  zusammengestellt  bedeutet  es  olFenbar  eine  sinnlich 
wahrnehmbare  Eigeusclialt  der  Körper.  Geschmack  ist 
die  Bedeutung  auch  Xenopli.  Anab.  II,  3,  16  ivTttv9K 
x«t  tÖv  iyxitfcikov  Tou  ffoivixoq  nQonov  ffctyov  ot  ar^aitütai, 
ji«t  ot  no).Xoi  i&uv/taaav  to  ti  fl3o<;  aai  Trjv  idiOTTjtu 
T^;  jjSovij^.  Es  hat  dieses  Wortes  zuerst  die  Erlegung 
eines  bestimmten  Sinnes ,  erst  später  «lie  Erreguoj;  der 
Sinne  überhaupt  bezeichnet. 


67 


68 


au;  Alliiere  haben  auf  Anderes  gerathcn.  Das  Lcirli<es(c 
ist,  fiir  ircei  de  zu  schreiben  i'Xfnci'  (bei  Ilerodof  für 
£71  eiTu)  lind  für  :i!pi](vjoii  zu  schreiben  n  ruif/ujoee , 
„der  i'ors  fi"S  niit  der  ümschiting;ung  bei  AVeiiijjeni  an; 
hernach  beiieijte  er  31obrcs  und  wird  immer  mehr  be- 
wegen.'- —  Forner  können  «ir  dem  ^  erf.  nicht  bei- 
l)flichteii,  wenu  er  ;;  dt  Keof/^ujQljaii  ai'T)jh:iuil](3£ 
a.Ttjy.riini  o^cf  der  andern  Lesart  <U'{ij  vorzieht.  Der 
Zus.inuiu-nban;^  ist,  zuerst  bewegt  der  voi-^  die  Dinge, 
liernach  nbcr  bewegen  sich  die  Dingo  ron  selbst,  dio 
Umdrehung  ron  seiist  (ij  TlSur/^vjijljOt^)  bewirkt,  das8 
sich  die  Kiemente  und  Kbrper  weiter  gclieiden  und  von 
einander  absetzen.  So  bei  Uesiod ,  avtu^  (/in  iJ  £'/. 
y.C(fa'r.i  yKcw/.iol.ida  Toiroytvcinv  sc.  £r</.r£,  und 
Avlinliches  s.  Hermann  d.  prunum.  at'rt>{,  opnsc.  I, 
p.  .■51os>'14-  —  Passend  ist  die  Aenderung  in  den  .Sc'iluss- 
worten  des  Fragmentes  örfl' für  dcuj,  woraus  >Scliaiiiiach 
und  Sehern  otcuj  gemacht  haben:  ureaj  ilketocu  Ivi, 
rauTU  evdi-f.oruTU  Iv  E/.uaröv  tan  y.ai  /;y,  ob- 
gleich wegen  des  ravTa  noch  besser  wäre  öxsoiv  TiXsi- 
«la  svt. 

So  viel  von  dem  Texte.  Was  den  Hauptpunkt  belrilTt, 
die  Ilerslellung  der  Ordnung  und  Folge  der  Stellen,  so 
gesteht  Ref.,  aus  allgemeinen  Gründen  zu  sehr  gegen 
Versuche  der  Art  eingenommen  zu  sein,  als  dass  ersieh 
hatte  kiinnen  befriedigen  lasseu.  Wir  sind  hier  ganz 
Ton  .Simplicins  abhängig;  so  müsstc  denn  vor  Allem  erst 
ausgemacht  «erden,  in  wieweit  Simplicins  seine  Steileu- 
sammlung  aus  dem  Originaliverke ,  oder  ob  er  sie  nicht 
vielmehr  lediglich  aus  zweiter  Hand,  etwa  durili  Ans- 
zügo  des  Theiiphrast,  überkommen  liat;  eine  Ansicht, 
■welche  bei  weitem  die  wahrscheinlichere  ist.  Es  wäre 
zu  wünschen  gewesen,  dass  Hr.  Panzeub.  diese  Frage 
einer  ausführlichen  Erörterung  unterworfen  hätte.  Dazu 
kommt  die  Willkür,  mit  welcher  Simplicius  ilie  Stollen, 
welche  er  ausgeschrieben  hat,  wie  Karten  mengt  und 
bald  in  der  einen,  bald  in  der  andern  A'crbinduug  aus- 
spielt. Bestimmterer  Indicatiuncn  gibt  es  zu  wenige, 
eiuuial  die  Worte,  ä^X'^uevoi  TOi'  oi'yyguf/iinTOi  /^*- 
yti,  'üfjov  itüvia  '/^o/j^iura  /..  t.  k.  und  Fr.  S  die 
Worte,  iv  nuvtl  yoQ  naviui  fxoioa  iviortv,  ajone^ 
iv  cuiOt  7louoltn>  i^ioi  )Jkiy.TUt ,  nämlich  eben  zu  Aa- 
fang  der  Schrift,  so  dass  man  nur  g.inz  im  Allgemeinen 
fiber  den  Gang  der  Untersuchung  urtheilen  kann:  Zuerst 
war  lun  der  chaotischen  Miscining  aller  Dinge  die  Rode, 
später  vom  K;r,-  und  der  tlieils  durch  ihn,  theils  durch 
die  Umdrehung  von  selbst  bewirkten  allmaiilichen  Scheidung 
nnd  Cüucresrirung  der  Dinge.  Für  das  Weitere  sind 
wir  ant  die  zweidenlige  Formeln  des  Simplicius  tküiv, 
fACr  ij/Jyu,  tnaytl  und  dergl.  angewiesen.  Hesündcrg 
erwünscht  wäre  eine  Andeutung  darüber,  ob  zuer.sf  von 
den  allgemeinen  Principien  als  solihen,  hernach  von 
ihrem  \  <)rliaiideri..,cin  in  den  einzelnen  Dingen ,  wie  diese 
von  jenen  abzuleiten,  gehandelt  wurde,  oder  ob  liei<les, 
da»  .4llgemeine  und  das  Particnlärc  durch  einander  be- 
sprochen wurde;  allein  eine  solche  Andeutung  fehlt 
gänzlich,  liloss  mit  inncrn  .Merlimalen  soll  man  sii  h  also 
zurtchllinden.  Allein  die  iniiern  .Merkmale  vermögen 
sehr  wenig,  sobald  sie  eines  festen  Substrates  von  ,'iiig- 
seren  entbehrcu. 


Ich  erlaube  mir  diesen  Bemerkungen  noch  einige  2>ei- 
leii  im  üetrelT  der  Couiectanea  non  reiectanea  von  Hr. 
Bergk  Xo.  64  d.  Ztschr.  18  i7  anzuhängen,  wo  unter  Anderem 
auf  die  von  mir  'No.  18  dcss.  Jahrg.  mitgciheilteu  Vcrmu- 
thiiiigcn  über  Allgemeines  und  Einzelnes  der  Einpedoklei- 
schen  Fragmente  Rücksicht  genommen  ist.  Ich  bekenne 
grüsstentlieils  eines  Besseren  belehrt  zu  sein  (die  Rich- 
tigkeit der  Einendation  i!il:iKf/i7ia/a  v.  324  bestätigt  sich 
dadurch,  dass  zu  gleicher  Zeit  auch  Emperius  darauf 
gekommen  ist,  Act.  fac.  Gr.  I,  2,  p-  35H  sq. ;  die  Form 
fiuiti!  für  /JC'Ah/oii  *)  wünschte  ich  durch  Analogieen  be- 
stätigt) ;  glaube  indessen,  was  die  Verse  39  fl".  betrifft, 
auf  meinen  Bemerkungen  wohl  bestehen  zu  können.'  7f 
f^iei)  iV  m.ig  besser  sein,  als  das  Bekker'sche  }'u!V,  aber 
in  dem  folgenden  Verse  ist  doch  wohl  auf  jeden  Fall 
;;'t)i  zu  lesen.  Für  den  Zusammenhang  muss  allerdings 
die  von  Hrn.  Bergk  a.  a.  O.  ausgeschriebene  Stelle  ent- 
scheiilen,  Arist.  Phvs.  A'III,  1.  Blachen  hier  die  ein- 
leitenden AVorte  y.n>iio9ai  /liv  orav  i]  (fikia  u.  s.  w. 
die  Voraussetzung  nothw endig,  dass  Aristoteles  noch  an- 
dere als  die  von  ihm  wirklich  citirten  Verse,  und  zwar' 
dass  er  geraile  diese,  welche  Ilr.  B.  mit  jenen  combiuirt, 
im  Sinne  hatte,  so  bin  ich  widerlegt;  allein  jene  A'oraus- 
setzung  scheint  mir  keineswegs  ~uothwendig.  Aristoteles 
spricht  von  dem  Gegensätze  zwischen  üiviiai^  und  i]PE- 
f.ii(i ,  wie  Enipedokles  diesen  fasse;  y.t'vi:0/s  setze  er, 
wenn  die  Dinge  entweder  von  der  Liebe  in  Eins  verbun- 
den, oder  wenn  sie  vom  Streite  wieder  in  die  Vielheit 
zersetzt  würden,  ijoefJi'a  dagegen  in  den  Zwischenmo- 
menfen ,  wo  die  Dinge  von  der  einen  Form  der  Bewe- 
gung in  die  andere  übergehen.  Die  Verse  nun,  welche 
darauf  mit  der  Formel  t.tyuiv  ovrujg  angeführt  werden, 
entsprechen  jener  Einleitung  genau.  Die  Empedoklei- 
sclien  AVorte  ij  lusv  £v  —  ii(i:iEdoi  uüov  entsprechen 
den  Aristotelischen  V.ivitad^ai  —  i^  tvuQ,  die  beiden 
folgenden  Verse  ij  Öe  dlakkuooovTUi  (Bekk.  xaS'  dk- 
küonuvru)  y.uia  y.vy.kov ,  den  AVorten  ijpe/jeiv  öe  — 
^ouvuii.  Zwar  werden  0ikla  und  JSi:iy.OQ,  nicht  aus- 
drücklich genannt,  und  in  den  A'^ersen,  welche  nach  Hrn. 
Bergk  voraufgegangen  wären,  ist  allerdings  von  ihnen 
die  Rede;  allein  diese  inusste  Jedem,  der  nur  irgend 
von  Einpeilokles  wusstc,  von  selbst  einfallen,  und  an  wie 
vielen  Stellen  Uiag  noch  ausser  jenen  Versen  von  ihnen 
die  Rede  getvescn  sein.  Es  ist  also  nicht  nothwendig, 
ausser  den  voli  Aristoteles  citirten  A'^ersen  noch  andere 
hinziizudenkeu,  und  es  ist  nicht  in  der  Art  des  Aristo- 
teles, wenu  CS  nothwendig  wäre,  sie  wegzulassen.  AVas 
das  oojujg  betrifft,  so  ist  die  von  Hrn.  B.  angeführte 
Stelle  V.  H3()  zu  zweifelhaft,  um  als  Analogie  dienen  zu 
können;  überhaupt  ist  der  Satz  „sofern  Eins  aus  Vielem 
wird  und  wiederum  A'ieles  .aus  Einem,  in  sofern  haben 
die  Dinge  keine  Ruhe,  soiern  dieser  AVeclisel  aber  einen 
gewissen  Uebergang  aus  ilem  einen  Zustand»  in  den  an- 
deren  voraussetzt,    in  sofern  sind  sie   immer    abwechselnd 


*)  Die  einjigc  OewHtir  ist,  soviel  ich  weis*,  IHeaycli.  v, 
ftulhti;  fiüa-ijoi^  konnte  wold  in  /i^^jj  coriiiiiipirt  werden, 
da  die  Endung  aj?  in  den  Msc.  gcwölmlicli  weggelassen 
wird.  Hast  Coinmont.  palaeQgr.  p.  82J. 


09 


ro 


eine  Zeit  lang  unbeweglich  *)  ;  <lieser  Satz,  sage  ich,  ist 
nicht  soivohl  eine  Folgerung  aus  dem,  wcklieii  IJ.  ror- 
hergeheii  lässt :  „Dieser  AVechsel  dauert  immer  fort, 
liald  vereinigt  die  Liebe  Alles  in  Eins,  bald  zerstreuet 
der  Streit  das  Eins  in  Vieles,"  sondern  nur  eine  neue 
Bestimnuiiig,  eine  «eitere  Explication  und  Anwendung 
des  dur<  li  das  ganze  Gedicht  gellenden  und  gewiss  sehr 
oft  ausgesprochenen  Grundgedankens.  —  Auch  was  Hr.  B. 
gegen  meine  Ansicht  von  der  allgemeinen  Beschairenheit 
der  besonders  von  Simplicius  bewahrten  .Stellen  des  Emp. 
sagt,  hat  mich  nicht  «iberzengt;  doch  verspricht  er  dic- 
»en  Punkt  ausfiihrlicher  zu  besprechen.  Dass  gewisse 
Stellen  und  Sentenzen  in  dein  Gcilichte  des  Empcdokles 
wiederholt  vorkommen,  ist  zu  augenscheinlich,  als  dass 
es  mir  hatte  verborgen  bleiben  können ;  in  jenem  Auf- 
satze, Xo.  18  d.  Zeitschr.  ,  wollte  ich  besonders  darauf 
aufmerksam  machen ,  dass  in  den  Fragmenten  des  Emp., 
80  wie  sie  gegenwärtig  vorliegen,  wiederholt  dasselbe 
Stück  zweimal,  aber  in  einer  ursprünglicheren  und  in 
einer  epitomirten  Gestalt  vorkommen,  wie  besonders  in 
den  beiden  Stellen,  wo  einmal  die  Elemente  mit  den 
mythisehen  Namen  des  Empedokles  und  in  der  anderen 
mit  den  gewöhnlichen  Namen  der  Prosa  und  des  gemei- 
nen philosophischen  Vortrages  genannt  werden.  Diese 
Veränderungen  (Interpolationen  habe  ich  sie  nicht  genannt 
und  durfte  ich  sie  nicht  nennen)  scheinen  mir  einmal 
wegen  der  beigefügten  Beispiele,  zweitens  wegen  der  be- 
sonderen Art  von  Ueberlieferung,  welcher  wir  diese  Frag- 
mente verdanken,  noch  jetzt  sehr  wahrscheinlich.  Dass 
Simplicius  namentlich  nicht  die  vollständigen  Schriften 
der  Philosophen,  deren  Fragmente  wir  ihm  verdanken, 
sondern  nur  Auszüge  aus  denselben,  besonders  vom  Theo- 
phrast,  vor  sich  hatte,  ist  auch  die   Ansicht  von  Braiidis. 

Uebrigens  freue  ich  mich,  dass  die  schonen  Fragmente 
des  Empedokles,  für  welche  Sturz  noch  so  viel  zu  thun 
übrig  gelassen  ,  die  Aufmerksamkeit  eines  so  geübten  und 
scharfsinnigen  Kritikers  auf  sich  gezogen.  fllochtc  es 
Hr.  Bergk  übernehmen,  dieselben  vollständig  zu  bearbei- 
ten, da  er  bisher  (^Zeitschr.  f.  Alterfhumsw.  1815,  No.  iß; 
Act.  soc.  Gr.  I,  1,  p.  20i  S{j(j.)  nur  einzelne  Stellen 
Lerausgegriffen  hat. 

Kiel.  /.  Preller. 


*)  So  verstellt  wenisjstcns  Aristoteles  die  Steile,  man  könnte 
aber  zweifeln,  ob  mit  Recht.  Die  Coniectur  icyJitjToi> 
wollte  icli  nicht  unbedingt  verwerfen;  in  dem  Znsamnicn- 
hange  der  Eiklaruns  des  Aristoteles  aber  schien  mir,  und 
scheint  mir  nocli  jet/.t  j[>!;i');ros  das  Bessere.  Da  Empedokl. 
Ti).iovu  äiuXluanoiTtu,  i'uaiv  sagt,  warum  sollte  er  nicht 
auch  ixlvrjioi.  lür  «i!^j7;ik  sagen?  Wahrscheinlich  hatte  er 
ein  aiulpies  Wort  aus  dem  Voriiergegangencn ,  was  wir 
nicht  i'iliersehen  können ,  im  Sinne.  Hr.  Bergk  verstellt 
die  Stelh:  anders,  als  Aristoteles,  nnd  nach  seiner  Er- 
klärung würde  allerdings  üxipijToy  besser  passen. 


Anmerkungen  und  Randglossen  zu  Gritchen  und  Rii- 
tnern  von  J.  H.  Voss.  Herausgegeben  von  /Ihrtt- 
1mm  Voss.  Leipzig  183(j.  Verlag  von  Immanuel 
Müller.     IV  und  2U4  S. 

Nachdem  Hr.  A.  Voss  schon  im  krcnznacher  Herbst- 
programni  vom  J.  1832  die  Randglossen  des  Vaters  zu 
den  zwei  ersten  Büchern  der  Virgil'schen  Aencis  bekannt 
gemacht  hat  (vergl.  A.  Seh.  Z.  II.  .4blh.  Nr.  I.Ob'.  1S3o), 
so  übcrgicbt  er  jetzt  nnter  obigem  Titel  nicht  nur  die 
Warginalien  zu  den  zchcn  übrigen  Büchern  der  Aeneis, 
sondern  auch  ,  was  sich  noch  ausserdem  von  Anuierkiin- 
gen  und  Randglossen  zu  griechischen  und  rönii.srhcn 
Klassikern  in  dem  Nachlasse  des  l'aters  vorfand.  Vos.s 
halte  nämlich  die  Gewohidieit,  beim  Lesen  und  Erklären 
der  Alten  da  ,  wo  er  anstiess  und  das  Richtigere  gefun- 
den zu  haben  glaubte,  seine  Ansichten  entweder  zwischen 
die  Linien  des  Textes  oder  an  den  Rand  zu  schreiben, 
oft  auch  bloss  durch  ein  Frage  -  oder  Ausrufungszeichen 
seine  Meinung  über  die  Erklärung  Anderer  anzudeuten. 
Bei  der  Zusammenstellung  dieser  Bemerkungen  hat  e.s 
sieh  der  Herausgeber  zur  Aufgabe  gemacht,  „au  der  ur- 
sprünglichen Fassung  (  mit  Ausnahme  kleiner  Berich- 
tigungen nnd  Nachweisungen  in  der  Parenthese)' Nichts 
zu  ändern  und  selb.st  solche  Bemerkungen  und  Ansichten 
aiirznnehmen ,  die  cntiieder  das  Resultat  einer  augen- 
blicklichen ,  später  nicht  wieder  erwogenen  Eingebung 
w.iren,  oder  die  bei  dem  gegenwärtigen  Standpunkte  der 
Wissenschaft  als   überflüssig  erscheinen  können." 

Um  den  Leser  vorläufig  mit  dem  Inhalte  nnd  Um- 
f.iiige  des  hier  Dargebotenen  bekannt  zu  machen,  theileii 
wir  das  Inhaltsverzeichuiss  vollständig  mit:  A.  Griechen. 
I.  Homer.  1)  Beitrage  zum  Commcntar  der  Ilias  (l  — 
4i);  2)  Randglossen  zur  Ilias  ( — p.  48) ;  .3)  Randglossen 
zur  Odyssee  ( — 71);  4)  Notae  criticac  ad  Odysseac  lib.  1 
( — 78);  ö)  Randglossen  zu  Hymnen  ( — 7!l)  ;  IL  Hesio- 
(lua   ( — 8'-');  HL  Pindar's  erster  pythischer  Chor  (— 9ä)i 

IV.  Sop/wcles    nebst    einem  Briefe    von  Heyne  ( —  104); 

V.  Jristo]j)kanes  ( —  11  ^ ))  ^  I-  Apollonius  Rhodius  ( — 1 19); 
VII.  Plalon's  Vertheidigung  des  Sokratcs  ( —  151); 
VIIL  Theokrit  (— 1')4);  IX.  Bio»  (—  1%);  X.  Mo- 
schus ( — 198).  H.  Römer.  I.  Virgil.  1)  Aeneis  ( — 24.')); 
2)  Culex  (—248),  .'5)  Morctum  (— 050);  4)  Copa 
(—2,02).  IL  Horaz  (—2.07);  III.  Properx  (—262); 
IV.  Ovid  (—21^));  V.  Catull  (  —  267,);  VI.  Livius 
(— 2H9);   VIL  Cicero  (-292);   VIIL   Tacitus  (—294). 

Wenden  wir  uns  nun  zur  näheren  Würdigung  dieser 
so  reichen  Gabe ,  so  müssen  wir  vorerst  dem  Hrn.  Her- 
ausgeber den  gebührenden  Dank  zollen ,  dass  er  den 
schriftlichen  Narhlass  des  Vaters  noch  zur  rechten  Zeit 
der  Vergessenheit  entrissen  hat,  da  es  an  und  für  sich 
schon  von  nicht  geringem  Interesse  ist,  über  schwierige 
Stellen  der  alten  Schriftsteller  die  Ansichten  eines  Man- 
nes kennen  zu  lernen  ,  „von  welchem  nach  dem  Urtheile 
Niebuhr's  (Vorr.  zur  röm.  Gesch.)  eine  neue  Aera  des 
Verständnisses  des  AKerthunis  anhebt,  und  der  Homer 
nnd  Virgil  so  verstand  und  auslegte ,  als  wären  sie  nur 
im  Raum  von  uns  getrennte  Zeitgenossen."  Dazu  kommt, 
dass  sich  in  den  hier  mitgetheilten  Sprach-  und  Sacher- 
Ivlärnngen  Vossens  gewohnte  Schärfe  des  L'rtheils,   sowie 


l 


72 


seine  früudllchc  imd  vip|sei<ig;e  Gelehrsamkeit  inannich- 
farh  lie«älirt  findet.  Was  indessen  den  vom  Herausgeber 
befoljjfen  Grundsatz  betrifft ,  alles  Vorgefundene  ohne 
vorherffehcude  Sichtung  und  genauere  Prüfung  abdrucken 
SU  lassen,  so  können  »ir  uns  um  so  »eniger  damit  ganz 
einverstanden  erkliiren,  als  die  samuitlirhen  Randglossen, 
gowielauih  zum  Tlieil  die  Anmerkungen,  ursprünglich 
nicht  zur  oH'entlichen  3Iittheilung  bestimmt  «aren  und 
schon  der  Form  nach  sich  nicht  alle  dazu  eignen  dürf- 
ten. Prüfen  >vir  ferner  den  wissenschaftliclien  Gehalt  des 
Gegebenen,  so  kiinnen  wir  nicht  verliehlen,  dass  neben 
dem  vielen  Schätzbaren  und  auch  jetzt  noch  AVerthiollen 
doch  Manches  sich  vorfindet,  was,  da  es  anticjuirt  ist, 
die  Wissenschaft  wenig  oder  gir  nicht  fördert,  Einiges 
sogar,  was  Voss  selbst  bei  näherer  üeberlegung  gewiss 
als  irrig  zurückgenommen  haben  würde.  Dass  die  grös- 
»ere  Anzahl  der  Anmerkungen  sowohl,  als  der  Rand- 
glossen schon  in  früher  Zeit  abgefasst  ist,  kommt  hier- 
bei im  Allgemeinen  weniger  in  Anschlag,  da  Voss  ,  was 
»ich  auch  hier  an  vielen  Stellen,  die  er  viel  später  aus- 
führlicher besprach,  leicht  darthun  Hesse,  erst  nach  all- 
seitiger Erwägung  der  Gründe  sein  Urtheil  zu  sprechen 
und  von  dem,  wofür  er  sich  einmal  entschieden  hatte, 
nicht  leicht   mehr   abzuweichen  pflegte. 

Zur  näheren  Begründung  unseres  ausgesprochenen  Ur- 
theils  glauben  wir  am  zweckmässigsten  einen  Abschnitt 
aus  den  Bemerkungen  zu  Homer  und  l'irgil  wählen  zu 
können,  einestheils  weil  keine  Schriftsteller  von  Voss 
fortwährend  so  sorgfältig  gelesen  und  gepflegt  wurden, 
als  gerade  Homer  und  der  schon  seiner  gelehrten  Rich- 
tung nach  ihm  geistesverwandte  ^'irgll;  anderentheils  weil 
Hie  Beiträge  zu  diesen  beiilen,  mit  alleiniger  Ausnahme 
derjenigen  zu  Tlieokrit ,  tlie  umfangreichsten  sind.  Ueber 
den  'Werth  des  für  die  übrigen  Schriftsteller  Geleisteten 
werden  wir  uns  meist  auf  eine  allgemeine  Würdigung 
beschränken. 

Indem  wir  die  Beitrüge  zum  Commentar  der  lliat 
(lib.  I  nnd  lib.  II  —  v.  '^O.J)  übergehen,  da  sie  erst  vor 
wenigen  Jahren  im  |.  Bande  der  kritischen  Blülter  von 
J.  H.  Voss,  lierausgegeben  von  A.  ^  oss  abgedruckt  nnd 
seitdem  von  den  Erklärern  Homer's ,  wie  von  Spitzner, 
KügelsOach  u.  A.  die  wohlverdiente  Berücksichtigung  ge- 
funden haben,  wenden  wir  uns  zu  Nr.  'J ,  den  am  Rande 
fler  Clarke- Ernestischen  Ausgabe  beigeschriebenen  Rand- 
glossen zur  Ilias,  deren  Abfassungszeit  nicht  angegeben 
ist,  und  wählen  gleich  das  ztveite  Buch,  um  den  Lesern 
eine  Probe  von  Vossens  kritischem  unil  exegetischem  Ver- 
fahren zu  geben,  indem  wir  das  ^'erhäliniss  seiner  An- 
sichten zum  jetzigen  .Siandpunkte  der  Uomeriscken  Kritik 
kurz   andeuten. 

Zu  diesem  Buche  (von  v.  203  au)  werden  im  Ganzen 
jsn   22   Stellen   Bemerkungen  mitgetlicilt. 

Zu  V.  Jis,  schlagt  Yous  oi'Voy.iDj^ure  vor  statt  der 
altüberlieferten  Lesart  ovvuyirj/.OTi  ,  welche  Wolf  und 
Spilxntr  beibehalten  haben.  .Man  vgl.  die  trellliche  Ab- 
handlung Buttmann's  in  der  ausfülirl.  (i'ramm.  I.  Th. , 
p.  3W,  welcher  mit  A'orgleichung  von  iti-f^ui/.a  statt 
nininy^a.    die    alte    Lesart    durch   (JuistcUung  der   Aspirata 


rechtfertigt.  Zu  t.  256  will  V.  nach  ayoQrvti^  ein 
Fragezeichen,  wodurch  indessen  der  Stelle  nicht  aufge- 
holfen wird.  Der  ganze  Vers  mit  den  zwei  vorhergehen- 
den ist  unecht  und  scheint  von  einer  früheren  Recensiou 
herzurühren,  worin  sie  gleich  nach  v.  4'.)  folgten.  Vgl. 
Sagelsl/ac/t'a  Anmerkungen  zur  Ilias.  Nürnberg  18.34  zu 
«1er  St.  —  Zu  T.  267  gibt  V.  i^  vTiaveaiij  statt  i^v- 
:Tai'6ör)'y,  wie  Wolf  und  .Spitzner  haben  ;  zu  v.  283  „oöyfl'," 
was  ebenfalls  schon  bei  Wolf  steht.  —  v.  287  liest  V. 
aus  Conjectur  ii>d(iÖ'  miOTti'xovTei;  statt  der  Vulgata 
ezt  OTtiy.,  welche  W.  und  Sp.  mit  Recht  beibehalten 
haben.  Das  er/  drückt,  wie  Niigelsdach  zu  der  St.  rich- 
tig bemerkt,  die  Dauer  ans:  „als  sie  noch  auf  der  Reise 
hierher  begriffen  waren."  Cf.  Od.  IV,  351.  73b.  — 
v.  293  liest  V.  ovTtep.  Schon  bei  Wolf.  —  v.  342  ha* 
V.  ydg  tTlitaa';  Wolf  und  Spitzner  yap  p'  {TT.  — 
V.  373  steht  bei  Tf/J  die  Erklärung  ovTioQ  „aus  dem 
Etym.  31."  Zu  v.  401:  „9uvaiuv  z£";  schon  bei  W. 
und  Sp.  —  Zu  V.  426  wird  statt  der  vulg.  iiin  sipavTSQ 
das  richtigere  duTteio.  vorgeschlagen.  —  v.  45 1  verweist 
V.  wegen  des  Dat.  sy.uOTtp  statt  des  Gen.  passend  auf 
II.  XI,  11.  —  V.  .534  will  V.  statt  TW  6'  ('./.la:  ztjjp 
ö  uttct;  ebenso  v.  .345,  was  indessen  dem  Homerischen 
Gebrauche  von  a^«  widerstreitet.  —  v.  582  liest  V.  rich- 
tig  (l)ü(jiv  TC  statt   0aQr/V,  cf.  Sp.   zu  d.  St. 

Zu  v.  ti28  schlägt  Y.  statt  der  Lesart  aller  Hand- 
schriften üv  xiy.xE  vor:  ov  izr/.re.  Den  Grund  dieser 
Aenilerung  erfahren  wir  in  den  Anmerkungen  zum  Hymnu» 
un  die  Demeter  zu  v.  8,  wo  er  ebenfalls  0t'Xfiöl]g,  (IP 
ici/.TE  currigirt  und  zwar  aus  dem  metrischen  Grund- 
satze ,  dass  bei  vorhergehendem  Choriamb  oder  AIolosi 
der  dritte  Päon  im  epischen  Hexameter  rhythmischer  sei. 
31an  vgl.  dagegen  die  Einwendung  Spitzner's  zur  II.  l.  c, 
welcher  bemerkt,  dass  nach  diesem  Gesetz  ötäy.E  7nial 
aus  der  Ilias  herauscorrigirt  werden  uitisste.  Gerade  wi» 
hier  steht  r/xff  H.  XI,  224. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Gotb.T.  Dem  Regierrmgsblatlc  vom  II.  Jin.  1839  zulol;;« 
bab«n  Sc.  Ilcrzof;!.  Durchlaucht  ^'i.aliijst  geruht,  ilcn  Dircctor 
des  Gyninasii  Casiiuiriani  zu  Coburg,  Cnnsistorialratb  D.Gott- 
fried Secbode  znm  Director  nnd  Lehrer  am  Gymnasium  zu 
Gotha  (an  die  Stelle  des  verstorbenen  Fr.  W.  Döring)  mit 
dem  Pradicate  als  Consistorialrath  zu  ernennen.  —  Joachim 
Dietrich  Gottfried  Seebode,  ein  durch  .^cinc  ,, kritische 
Bibliotliek  für  das  önterriclitswoscn,"  sowie  durch  seine  , .phi- 
lologischen Jahrbücher"  sehr  gcsch.itzter  Philolog  ,  ist  1792  z» 
Salzwedel  geboren  und  wurde  ah  Privalducrnl  zu  Göttingen  im 
J.  I8l3  zum  Rector  des  Andreaneums  in  Hildosheim  berufen. 
Seit  cinim'n  Jahren  stand  er  dem  Gymnasium  zu  Coburg  vor 
und  wird  nun  den  alten  Glanz  des  Gothaischcn  ilurch  die  Br- 
vühnithcit  seines  Namens  ,  durch  die  Kraft  und  Umsicht  scinrr 
Obirleilnng  und  durcb'sein  anerkanntet  Lehrtalent  wieder  auf- 
frischen! S<//. 

Meiningen.  .\ni  20.  Nov.  18,^S  ist  D.  Caspar  Ihling  r,r- 
storbcn,  pensionivler  Reelor  und  Pmfes.sor  am  hiesigen  Gynina- 
lium  an  wdcheju  er  30  Jahre   lanc  alj  Lehrer  thilij  {;c«cscii   ist. 


Zeitschrift 


für  die 


Alt  er  thums  wissen  Schaft 


Mittwoch,  23.  Januar 


18  39. 


Nr.  10. 


Anmerkungen  und  Randglossen  zu  Griechen  und  Rö- 
mern von  /.  H.  Voss.  Herausgegeben  von  Abra- 
ham   Voss. 

(Fortsetzung.) 

Zu  V.  661  schlägt  V.  vor:  XQUCfe  y'ev  mit  Verwei- 
sung auf  XXI,  279»  »vas  uns  besser  scheint,  als  die  von 
Wolf  aufgenommene  Conjectur  des  Barnes:  TQaCfrj  SV 
U£y.  Man  sehe  über  diese  active  Form  mit  intransitiver 
Bedeutung  Bultmann's  ausführliche  gr.  Sprach!.  IL  Bd., 
p.   241  f.   und  Matth.  gr.   Gr.   §.   252. 

V.  672  tilgt  V.  mit  Recht  hinter  'AykdiTji;  das  unnütze 
9'.  Zu  V.  681  liest  V.  richtig  (auch  W.  und  Sp.)  ISüv 
av  xovg^  —  Das  zu  v.  687  beigeschriebene  „  J^  TV 
Ocptv"'  soll  wohl  heissen  o;  ri  OCfiv,  wie  der  Venediger 
hat.     Das  allein  richtige  ojr/;  ocfiv  haben  VV.  u.  Sp. 

Zu  v.  697  will  V.  statt  AfTQuii''  1  tjöS,  was  AV.  und 
Heyne  haben,  'AvTQiiiva,  lös.  —  Die  Gründe  dieser 
Aendernng,  welche  durch  den  Venediger  Codex  bestätigt 
wird,  gibt  er  zum  Hijnmus  an  die  Demeter  v.  190,  S.  6U. 

V.  709  gibt  V.  statt  der  Vulg.  nödeov  8e  f.liv  — 
710&SOV  ye  lutv,  welches  er  auch  im  Hymnus  an  d.  Dem. 
V.  432  empfohlen  hat.  Spitzner  folgt  ihm  mit  Recht.  — 
V.  795  der  Vorschlag  TtQOqtCfirj  statt  HErscfi]  ist  unnöthig. 
Endlich  ist  TToksog  zu  v.  811  zu  verwerfen.  Der  Cod. 
Ven.  hat  immer  TtöXiog  und  ausserdem  kommt  die  Syni- 
zese  TTÖkiog  auch  II.  XXI,  567  und  Od.  VIII,  561 
vor.  Vergl.  Spitzner  zu  d.  St.  und  Thiersch  gr.  Gr. 
§.  149,  3. 

Die  unter  Nr.  3  folgenden  Randglossen  zur  Odyssee, 
sowie  die  Notae  criticae  ad  Odi/ss.  lib.  I  (Nr.  4)  sind 
noch  in  Otterndorf  vor  1782  geschrieben  und  ungleich 
ausführlicher  und  bedeutender,  als  die  Randglossen  zur 
Ilias.  Bei  der  Beurtheilung  derselben  fassen  wir  die 
Marginalien  zum  ersten  Buche  und  die  notae  critt.  ,  die 
einzige  lateinisch,  und  zwar  in  recht  bündigem  und  cor- 
rectem  Latein  geschriebene  Abhandlung,  welche  wir  von 
Voss  besitzen ,  zusammen  ,  da  mit  w  enigen  Ausoahnien 
das  in  Nr.  3  Bemerkte  in  Nr.  4  nur  weiter  ausgeführt 
wird. 

Zu  V,  1  wird  mit  Vergleichnng  des  ganzen  Geschlechts 
der  von  rpeiToj  abgeleiteten  Wörter  bei  Homer  noXi'- 
TpoTTos  erklärt  durch:  vielgewandl,  viel  hin  und  herge- 
worfen und  mit  Od.  XVII,  5U  iroXvTlkay/.Tog  vergli- 
chen. Passend  wird  für  diese  Bedeutung  noch  der  Grund 
gehend    gemacht,    dass    die    folgende    Wiederholung    des 


Itaik'kd  nicht  gut  wäre ,  wenn  sie  nicht  das  vorhergehende 
irokvTQOTtoq  erklären  sollte.  Vergl.  II.  V,  63;  XI,  475; 
XII,  482.  —  Zu  V.  10  wird  zu  den  Worten  eint:  y.ai 
ilUlV  das  Schol.  angeführt;  v.  51  ,,8ujfj.aTa  statt  Scu- 
iiaai."  —  Zu  V.  65  wird  BTTena  nach  TTujq  als  blosso 
Verstärkung  durch  tandem,  deinde  erklärt.  Vergl.  Com- 
ment.  zur  II.  I,  122  —  24  und  Virg.  Ge.  III,  70.  Voss 
gesteht  selbst  zu,  Aasß  in  der  ganz  ähnlichen  Stelle  II. 
X,  243  die  Bedeutung  demnach,  dann  zulässig  sei;  aber 
auch  an  unserer  Stelle  behält  enEixa  seine  ursprüngliche 
Bedeutung  und  bezieht  sich  auf  das ,  was  Minerva  kurz 
vorher  erwähnt  hat.  Gewöhnlich  geht  ein  Bedingungs- 
satz mit  ei  voraus,  wie  II.  IX,  437  und  in  der  angef. 
St.  ans  II.  X,  welcher  im  Nachsatze  durch  llTeixa  dem 
Sinne  nach  zusammengefasst  wird.  Man  vergl.  Nitzsck 
zu  dieser  St.  nnd  Hermann  ad  Vig.  p.  783,  Nr.  239- 

V.  93  schlägt  V.  statt  d'  £(;  SttÜoxtjv  als  sanfter 
nnd  poetischer  vor:  8e  ^TC.  mit  ausgelassener  Präposi- 
tion. So  auch  Nilzsch.  Vergl.  dagegen  Od.  li,  214, 
was  V.   selbst  anführt. 

V.  95,  xksoi  eodköv  wird  richtig  auf  Telemachos 
bezogen. 

V.  115  wird  doaöfABVoq  gegen  Ernesti  gut  erklärt: 
„toto  animo  cogitans."  Zu  v.  147  — 149  wird  der  im 
Texte  des  Eustathius  und  einer  Wiener  Handschrift  nach 
149  folgende  Vers  ]Su'i^}]oav  8'  üqa  Ttaatv  STiaQ 
^dfiBvoi  8£'!r<xeooiv  mit  Recht  aus  dem  Grunde  ver- 
worfen, weil  EnuQX^oi^at  überall  (z.  B.  II.  I,  471; 
IX,  176;  Od.  III,  338;  XXI,  272)  den  Begriff  der 
Wiederholung  habe  und  die  Freier  ihren  Schmaus  erst 
anfingen.  —  Der  von  Herodot  in  der  vita  Homeri  erhal- 
tene 154  Vers  vom  Sänger  Phemios  wird  mit  Barnes  als 
nothwendig  in  den  Text  aufgenommen;  nur  will  V.  statt 
TTapa  UExd  lesen  und  vergleicht  XXII,  331»  —  Zu 
V.  168  will  V.  für  die  Vulg.  (ft]Oiv:  (fTjÖlv  oder  (f^ 
füv  EkEVOEodai.  Dagegen  vergleiche  man  Od.  IX,  35; 
VII,  321;  II.  IV,  160,  VII,  117  und  VIII,  15a,  in 
welchen  Stellen  Ei'TlEp  oder  £17C€Q  nai ,  wie  hier,  mit 
dem  Indicatir   gesetzt   ist.  ^  ^ 

V.  203  macht  V.  für  ovxE  £Xl  den  Vorschlag  oixoc 
EXl  wegen  des  im  vorhergehenden  Verse  schon  gebrauch- 
ten oiixE  XI.  Dasselbe  thut  Wolf  in  der  letzten  Ausg. 
—  Zu  V.  204  wird  die  Ansicht  Ernesti's  ,  als  habe  He- 
sychius  s.  v.  bkoiiaxa  diese  Stelle  berücksichtigt,  ver- 
worfen und  die  Glosse  des  Hesychius  entweder  auf  IL 
XXII,    4G8,   oder  Hymn.    in  Apol.   129   mit    Recht   be- 


75 


76 


•iogeu.  —  V.  234  liest  V.  itatt  iler  Vulg.  :  ßdi.oviu ., 
die  AVolf  beibehalten  hat:  i^ÖKovto  ,  welche  Form 
Hesych.  durch  kßovkovTO,  iliovKcvauvTo  erklärt.  Da 
,'lutj.ea9at  in  der  von  Eustath.  angegebenen  metapho- 
rischen liodcutiing  vom  Wiirlelspiele  schon  wegen  der 
Medialform  unslatchaft ,  und  ebenso  die  von  Hcur.  Ste- 
phanuj  gegebene  Erklarnng  £v  i^fU'3  /j^^^Af ö^«^  nicht 
za  erweisen  ist,  so  stimmen  wir  dem  Vorschlage  Vossens, 
welcher  auch  durch  einzelne  Ilaudschriften  bestätigt  wird, 
lei.  Vergl.  Buttmunn's  Lcxilog.  I,  p.  28  —  31  und 
Thiersch  grierh.   Gr.  §.   168,   12. 

>.  249  sclilagt  \.  für  dovcirni  vor:  (iov£to9cii ,  als 
abhängig  von  Sivarat,  „weil  das  eistere  eine  heimliche 
Neigung  zu  dem  Jawort  vermuthen  liesse;"  ein  Grund, 
■der  mehr  scharfsinnig,  als  wahr  sein  möchte.  —  v.  255 
erklärt  V.  ci  yup  durch  utinam,  AVie  uns  däucht,  nimmt 
man  die  AVorte  besser  als  Bedingung  für  denn  wenn,  -.vie 
Od.  XVm,  366;  II.  XX,  26;  XXIII,  344,  da  nach 
den  eingeschobenen  Zwischensätzen  der  Bedingungssatz' 
V.  26Ö  wieder  aufgenommen  wird,  worauf  endlich  v.  266 
der  Nachsatz  mit  TtuvTSi  y.'  (üY.vnoQOi  ysvoiazo  /..t.K, 
folgt.  —  Zu  V.  274  —  76  setzt  V.  nach  avuiyßi  ein 
Coiuma  und  lässt  den  Accus.  iiVTEoC.  davon  abhangen. 
Wir  linden  hier  ein  wahres  Anakoluth,  veranlasst  durch 
den  eingeschobenen  Satz  ni  Ol  d-vjxui  —  £(poo/Aa.Tac, 
und  halten  uns  an  [der  Erklärung  Enstath's ,  ilass  der 
Dichter  ü:cu:i£tübov  oder  etwas  Aehuliches  im  Sinne 
gehabt  habe.  Man  tergl.  Aitzsch  zu  d.  St.,  welcher  II. 
11,  681  citirt;  3latth.  gr.  Gr.  §.  298,  Nr.  3  (2.  Ausg.) 
lind  Thiersch  gr.  Gr.  p.  3'Ji)  (2.  Ausg.).  —  Zu  v.  320 
erklärt  V.  mit  V'ergleichung  der  liierhcr  gehörigen  Stel- 
len der  alten  Lexicographcn  das  so  vielfach  gedeutete 
nvoTata  durch  dv'  ö:vuta,  d.  h.  durch  die  Oeffnung 
der  Decke,  durch  welche  der  Rauch  ging,  und  bemerkt 
3!iir  Begründung  dieser  Bedeutung  richtig,  dass  der  Be- 
griff von  öliVrari)  die  .Inführnng  des  Gegciisiandes , 
durch  welchen  Athene  flog,  nuthwendig  erheische.  Für 
dieselbe  Erklärung  hat  sich  auch  Nilzsch  entschieden.  — 
Zu  V.  337  steht  die  richtige  Bemerkung,  dass  ydo  wie 
anser  ja  in  Causalsätzeii  für  i:tf/c)ir;  gebraucht  werde. — 
V.   370  wird   y.a/.ov  richtig  erklärt  durch  angenehm,  wie 

IX,  3.  —  Zu  V.  373  wird  statt  tu'  viiiv:  iv'  vnmv 
als  wohlklingender  vorgeschlagen.  Wolf  hat  die  Vulg. 
behalten. 

V.  383  »ird  für  lovbl  ahc'  vorgeschlagen  tov  b'  avx\ 
«j5  schon  Wolf  hat,  mit  Verweisung  auf  IV,  641; 
X^IH,  283.  — ■  Auch  die  zu  v.  38'.)  angegebene  Lesart 
findet  sich  schon  bei  Wolf.  —  Zu  v.  3<)2  bemerkt  V., 
da»s  yo.q  die  Bedeutung  von  ov  verstärke,  wie  unser 
denn,    doch,  ja,    mit  Bezugnahme    auf   Od.   VIII,    löi); 

X,  202;  XIX,  591.  Narh  unserer  Meinung  ist  diese 
Bedeutung  von  'fuo  durchaus  nur  nach  Fragwörtern  an- 
zunehmen ,  und  an  unserer  St.  behält  yo.o  seine  ursprüng- 
liche Geltung,  da  es  den  Grund  des  im  vorhergehenden 
\exs  frageweise  ausgednirkten  Gedankens  angibt.  Daher 
fallt  .luch  V<is:iens  Tadel  gegen  Fischer  ad  Plat.  Apol. 
.Sotr.  p.  '.S  b  weg,  wo  Vosi  nach  vvv  dt  —  ov  yu.o 
fOxiv  d«-ii  Gedankenstrich  tilgen  will.  Bei  vvv  dh  ist, 
wie  Fischer  richtig  erkannte,  eine  Aposiopesc  anziinch- 
jucn.      Mau    vergl.    MnKh.    gr.  Gr.  §.   607    «ml  §•  015 


cxtr.  —  Zu  v.  402  vcrtheidigt  V.  OtClV,  wie  auch  Wolf 
liest,  gegen  das  eingeschwärzte  aocotv.  —  Bei  v.  404 
will  V.  diiOQÖaioEi' ,  'Idd/.i^^  y' eti  lesen;  W^  hat  dai 
Fut.  ohne  ye.  Endlich  wird  v.  423  die  Conjectur  Er- 
nesti's:  tTtci  od.  ot£  tarVEoos  >jk&£  f.  inl  —  mit  Ver- 
weisung auf  Od.  XII,  270;' XV,  228;  XVII,  296,  301; 
XIX,  35   niit   Recht   zurückgewiesen. 

Mit  üebergehung  der  Randglossen  zu  Hesiodus  (Nr.  II), 
der  ziemlich  zahlreichen  Bemerkungen  zu  Aristophane* 
(Nr.  V), welche  sich  grossentheils  auf  die  Abtheilung  der 
Chöre  beziehen  ,  und  der  zu  Apollo7jius  Rhodius  (Nr.  VI) 
mitgetheilten  Lesarten ,  heben  wir  noch  besonders  hervor 
die  Anmerkungen  zu  Tlieokritus,  von  welchen  die  zur 
6.  nnd  I  I.  Iilvlle  schon  früher  in  der  Ausgabe  der  Vossi- 
schen Gedichte  von  1795  gedruckt  sind.  Sie  bilden , 
namentlich  diejenigen  zu  den  drei  ersten  Idyllen  einen 
sehr  schatzbaren  Beitrag  zur  Erklärung  dieses  Dichters, 
da  sie  sich  besonders  in  den  Sacherklärungen  über  My- 
thologie, häusliche  Alterthnmer,  Botanik  u.  A.  mit  der- 
selbeu  Gründlichkeit  und  Gelehrsamkeit  verbreiten,  wo- 
durch der  Conimcntar  zu  l'^irgil's  Belogen  so  sehr  aus- 
gezeichnet ist.  —  Von  Moschus  (Nr.  X)  ist  nur  die 
zweite  Idylle  ctivas  weitläufiger  conimentirt;  zu  den 
übrigen,  sowie  auch  zu  Bion  (IVr.  IX),  -sind  nur  Vor- 
schläge zu  Texfesänderungen  gegeben.  —  AVas  den  Werth 
der  unter  Nr.  III  und  IV  aus  dem  deutschen  Museum 
1777,  St.  l  und  1778  St.  3  wieder  abgedruckten  Ab- 
handlung über  Sophocles  Oed.  Col.  v.  1556  — 78  »luil 
der  Ueiersetxung  von  Pindw's  erstem  Pythischen  Chor 
betriirt,  so  beurkundet  die  erstere  zwar  viel  Scharfsinn; 
allein  im  Verhältniss  zur  jetzigen  Kritik  des  Dichters 
behauptet  sie  nur  relativen  Werth,  da  seitdem  G.  Her- 
mann nach  besseren  Handschriften  den  ganzen  Chor  in 
kritischer  und  metrischer  Rücksicht  festgestellt  hat.  Von 
grösserer  Bedeutung  ist  auch  jetzt  noch  die  Lebersetzung 
von  Piiidar's  Pyth.  I,  welche  Heyne,  an  welchen  die- 
selbe nebst  einer  vollständigen  Erklärung  brieflich  ge- 
richtet war,  in  seiner  hier  abgedruckten  Antwort  mii 
Recht  s(  htvungreich  und  meisterhaft  nennt  ,  obgleich  die 
metrische  Anordnung  des  Ganzen  nach  den  ueucrn  Lei- 
stungen von  Boeckh  und  Dissen  sich  nicht  mehr  behaup- 
ten  kann. 

Schliesslich  hätten  wir  noch  Einiges  zu  sagen  über 
die  ans  dem  deutschen  Museum  1776,  St.  10  wieder 
abgedruckte  Uebersetzung  von  Sokrates  Selbstvertheidi- 
sung,  wriche  zwar  nur  uncigentlich  zum  Titel  des  Buches 
pasht,  aber  dennoch  eine  sehr  dankenswerthc  Zugabe  ge- 
nannt werden  kann.  Wenn  dieselbe  auch  die  Schleier- 
machcr'sche  Uobertragung  in  Beziehung  auf  wörtliche 
Treue  und  strenges  Anschliessen  an  ilen  Urtext  nicht 
erreicht ,  so  i'ibertrill't  sie  dieselbe  in  Hinsicht  auf  künst- 
lerische Nachbildung  in  Ausdruck  und  AVciulungcn  und 
wird  dcsshalb  den  mehr  gebildeten,  als  eigentlich  gelehr- 
ten Leser  »oUkommen  befriedigen.  Die  zu  Si  Stellen 
hinzugefügten  Anmerkungen  sind  grösstentheils  gegen 
Fischer  gerichtet  und  beurkunden  überall  Vossens  Schärfe 
des  lirthcils  in  der  Wahl  der  Lesarten  und  richtige 
Auffassung  des  Platonischen  Dialogs,  wenn  sie  auch  nach 
dem  jctzi5;en  Standpunkte  des  griechischen  SpracJistu- 
diams    iiiclit    alle    goniigeu    können.      Zum  Belege  diese» 


77 


78 


Urthfils  wollen  wir  ciiiisfe  Beispiele  anführen.  Gleich 
in  der  ersten  Kote  zu  p.  17  cxtr.  Stcph.  verwirft  Voss 
mit  Recht  das  xrt/  Tor  ETtl  tlov  TQcmsQdjv ,  was  auch 
Stallbaum  tliut.  Pag.  IS  C  zieht  er  richtig"  mit  Forster 
üreXvoj^  nicht  zu  iiei(>d.xca,  sondern  zu  ifiij/njl'.  — 
Die  von  Y.  zu  p.  20  C  vorgeschlagene  Interpunction , 
nach  .toayuazcuousvov  ein  Punctum  zu  setzen,  ist  nicht 
lu  billigen:  Voss  hat  hierbei  den  nicht  seltenen  Gebrauch 
von  STIEITCC  nacli  vorhergehendem  Partiripium  gänzlich 
rerkaunt.  Man  vergl.  nur  Buttmann  s  gr.  Gr.  §.  144, 
Aum.  6  und  Matth  gr.  Gr.  §.  obO.  —  Der  zu  p.  22  ge- 
machte Vorschlag,  dvckiyy.io.;  zu  trenne«  in  av  tk., 
ist  genial  zn  nennen;  indessen  lässt  sich  die  Vnlgata  gut 
Tcrtheidigen,  da  in  ihr  eine  stärkere  Ironie  liegen  uiiichte. 
Vergl.  Stallbaum  zu  d.  St.  —  Pag.  25  D.  liest  V.  mit 
Recht  statt  des  unpassenden  cjOtS  £v  ftCD  syvojy.ai: 
ujOtS  OV  lilv  fy.,  weil  av  mit  dem  folgenden  tycu  i^i — • 
contrastirt.  Ebenso  schützt  mit  Recht  Voss  die  Vulg. 
p.  36  D.  fiä/.Xov  ouTOji;  ws"  gegen  Förster,  indem  er 
eine  Vermischung  zweier  Constructionen  annimmt.  — 
Wegen  der  unrichtigen  Auffassung  von  yug  y.a  p.  38  B. 
verweisen  wir  auf  das  oben  zu  Ilom.  Od.  I ,  v.  392 
Bemerkte. 

Wir  kommen  jetzt  zur  zweiten  Aitheilung  des  Wer- 
kes, deu  Anmerkungen  und  Randglossen  zu  Römern, 
wobei  wir  uns  dem  oben  bezeichneten  Plane  unserer  Rc- 
cension  gemäss  auf  die  Bcurtheilung  der  Randglossen  zu 
P'irgil'S  Aeneis  beschränken,  welche  Voss  der  Heyne'schcn 
Ausg.  V.  1788  —  S'.l  beigeschrieben  hat.  Da  die  Bemer- 
kungen zu  den  zwei  ersten  Büchern  in  d.  A.  Seh.  Z. 
II.  A. ,  Nr.  I^o,  1833  schon  angezeigt  sind,  so  theilen 
wir  die  Marginalien  zum  dritten  Buche  mit,  indem  wir 
unser  Urtheil,  tvo's  nötliig  scheint,  in  Kürze  hinzu- 
fügen. > 

V.  4  Desertas  terms ,  welches  Heyne ,  und  mit  ihm 
Jahn,  als  Gegensatz  von  Jlium  superbum  für  „Länder 
nimmt,  wo  die  Trojaner  neue  Wohnsitze  gründen  ninss- 
ten,"  erklärt  Voss  durch:  ,, vom  Dardanus  verlassen"  und 
bemerkt,  dass  die  AVorte  ans  dem  dunkeln  Orakelspruche 
entlehnt  seien.  Diese  Erklärung  findet  sich  bei  Servins, 
und  auch  Wagner  glaubt  sich  bei  derselben  beruhigen 
zu  können.  —  v.  12  „gnato  für  nato.  So  schrieb  En- 
nius."  AVagner  behält  die  vulg.  Vgl.  dessen  Qnaest. 
Virg.  XXXVIII,  1  extr.  Tom.  IV.  —  v.  GL  Zu  Dare 
classiius  ausfrox  bemerkt  V.,  dass  der  Dichter  sich  da» 
Begelfertigc  Schiff  mit  Leben  und  Empfindung  denke,  wel- 
ches den  Wind  forttert.  Cf.  IV,  417:  vocat  iam  carba- 
gus  auras.  —  v.  (Vj  Stant  arae  —  Ilevne's  Erklärung, 
arae  stehe  für  ara,  wird  verworfen  und  mehrere  Altäre 
angenommen  mit  '^'erweisung  auf  Ecl.  V,  (iH.  —  Zu 
V.  75  „Prius  Arrjuitenens  statt  piiis  Arcitenens,"  Nach 
Vorgang  von  Burniannus  soc.  ad  Antli.  lat.  I,  p.  4(10; 
die  vulgata  wird  durch  die  Handschriften  geschützt  und 
mit  Recht  von  Jahn  und  Wagner  befolgt.  —  v.  8t  will 
V.  lauru  statt  lauro  gegen  die  Auctorität  der  Handschrif- 
ten. Nur  Charisius  I,  109  hat  —  u.  —  v.  10()  „Uries 
statt  urbis"  wird  durch  Gell.  XKI,  19  gesichert.  —  Zu 
»•  111  wirrt  Heyne's  Tadel  gegen  Catrous  mit  einem 
„yvoj&l    asavcov"    zurückgegeben.     —     Aohnlich     wird 


V.  123  der  Vorschlag  H's.,  nach  vacare  ein  Komma  zu 
setzen,  was  allerdings  zn  missbilligcn  ist,  mit  albern! 
abgefertigt.  —  v.  127  verwirft  V.  H's.  Erklärung  der 
AVorte:  crehris  —  frela  concita  terris  als  Sporaden,  und 
versteht  darunter  ,,  unruhige  Strömungen  zvvischen  den 
nahe  liegenden  Inseln."  —  Zu  v.  löä  wird  H's.  Anstoss 
bei  ad  tua  limina ,  dass  er  durch  ad  cubiculnm  erklärt, 
durch  die  Bemerkung  beseitigt,  dass  Aeneas  die  Bild- 
nisse im  Hause  gehabt,  die  Götter  selbst  aber  ihm  von 
Apollo  gesendet  würden,  bei  welchem  sie  eben  jetzt  ge- 
weilt hätten.  —  Zu  v.  108  bemerkt  V.  gegen  H. ,  welcher 
a  quo  mit  Dardanus  verbinden  will,  „es  beziehe  sicli 
anf  beide,  aber  der  nächste,  Tithonus ,  werde  nur  ge- 
nannt." Dasselbe  meint  auch  wohl  Hevne,  aber  freilich 
hat  er  sich  nicht  präcis  genug  ausgedrückt.  —  H's.  Er- 
klärung von  V.  180  sq.  wird  dein  Cerda  vindicirt.  —  Zn 
v.  241  verdammt  V.  H's.  Erklärung  zu  volucres  pelagi: 
■„ex  alto  advolant"  d.  h.  von  der  Hölie  des  offenen  Meeres, 
und  versteht  „von  oben"  mit  Vergleichung  von  225. 
Ebendaselbst  rügt  V.  mit  Recht  H's.  Tadel  des  Virgil'- 
sclien  focdare,  welches  auch  Wagner  durch  Vergleichung 
von  Ov.  Met.  VIT,  84")  schützt  und  durch  crnentare  er- 
klärt. Man  vgl.  noch  Ov.  Met,  III,  522,  wo  sangnine 
dabei  steht.  —  v.  263  „En  statt  et"  wird  durch  die 
besten  codd.  bestätigt  und  ist  von  Jahn  und  Wagner  be- 
reits aufgenommen.  —  v.  267  schreibt  V.  Diripere  statt 
^/cripere  gegen  die  Auctorität  der  besseren  Handschriften 
mii  Verweisung  anf  I,  211,  wo  indessen  Wagner  wegen 
dfs  dabeistehenden  Abi.  costis  auch  rferipcre  schreibt. 
Hiiigekehrt  will  V.  zn  II,  109  (/ecedero  lesen,  wo  di»- 
ceilerc  sowohl  durch  die  Codices,  wie  durch  die  Bedeu- 
tung gesichert  ist.  Man  vgl.  über  dis-  und  de-  Wagner'.t 
:Vnte  zu  A.  I,  211.  —  v.  268  ist  mit  Recht  fugimus 
(die  Lesart  des  cod.  Med.  n.  a.)  der  vulg.  „ferimur,^'' 
die  esne  Glosse  von  erslerem  zu  sein  scheint,  vorgezogen. 
So  anch  Wagner,  v.  301  wird  mit  Recht  statt  des  mat- 
leii  tum  aus  dem  cod.  Med.  quum  empfohlen  ,  was  auch 
Jahn  und  Wagner  aufgenommen   haben. 

V.  327  möchte  die  aus  Noiiins  genommene  Erklärung 
von  servitio  enixae:  „uns  zum  Sclavendicnst  anstrengend" 
nicht  zu  billigen  sein  ;  enitor  vom  Gebähren  wird  öfter 
absolut  gebraucht.  —  Zu  r.  .341  wird  Ecqua  tarnen  gut 
gegen  H  s.  Bedenken  vertheidigf,  indem  sich  das  tarnen 
auf  pner  beziehe:  hat  er,  obgleich  noch  ein  Kind, 
doch  .  .  .,  «ie  Bei.  I,  2^:  sera  tarnen.  —  v.  347  wie- 
derholt Voss  des  Heinsius  Vorschlag:  multum  lacrimae 
statt  lacrimas.  Dagegen  vgl.  Jahn  ad  h.  1. ,  welcher  pas- 
send auf  Prop.  H,  20  (Bnrm.  10),  7  verweist.  Multum 
steht  hier,  wie  öfter  sogar  in  der  Prosa,  advcrbialiter 
u.  lacrimas  fuudit  ist  .als  Ein  Begriff  zu  fassen  für  lacri- 
jiiat.  —  v.  354  streicht  V.  in-  gegen  die  Codices.  — 
V.  .35.^  beseitigt  Voss  H's.  Einwand,  dass  die  Becher  schon 
genannt  seien  ilnrch  die  Antwort,  ilass  pocula  auch  Trank 
heisse,  —  v.  3ftO  liest  Voss:  „  Qui  tripoilas  Clarii  et 
lanrttg."  Auch  AVagner  hat  das  vom  Cod.  Med.  gebotene 
Lturus  aufgenommen,  aber  das,  wie's  scheint,  eingescho- 
bene et  zurückgewiesen.  —  Zu  v.  369  vvirft  V^.  Heyne» 
lUissversfändniss  des  Servins  vor.  Ebenso  rügt  er  H"s, 
freilich  unpassende  Bemerkung  zu  r.  .38.i  „Vj'a  tni'««," 
wozu    Voss    ui'ytiio    SvaiArjci/O    und  yüfiog  dya/^Os  '*•"- 


79 


80 


gleicht.  —  V.  404  erklart  V.  velaie  richtig  als  Inip.  3Ie- 
dii.  —  T.  435  uiatht  V.  den  guten  >'orschlag  pro  statt 
des  prosaischen  prae,  «elches  auch  Jahn  und  Wagner 
rerschmahen.  —  v.  4S4  „honore  statt  honori."  'Wagner 
zu  A.  St.  hat  honori  hiiil.'inglich  lertheidigt,  inilcm  er 
za  honori:  »estiuiii  ante  dictaruni"  ergänzt.  —  Der  Vor- 
schlag at  statt  et  V.  5311  ist  iinnüthig;  dagegen  v.  595 
„et  statt  ut"  auch  von  Wagner,  der  es  durch  et  quidem 
erklärt ,  aufgcnummen. 

«■•  (309  „quae  deinde,  poet.  fQr  q.  tandem."  Diese, 
auch  zu  V,  741  u.  a.  St.  gemachte  Bemerkung  über  den 
Gebrauch  von  deinde,  »elcheu  Jahn  und  Wunderlich 
noch  verkannten  ,  indem  sie  deinde  zu  fateri  ziehen  wol- 
len, finden  wir  vollkommen  richtig.  Zwar  behält  das 
deinde  meistens  seine  ursprüngliche  Geltung:  dann,  dem- 
nach noch  bei,  wie  XIJ ,  8St>:  Quae  nunc  deinde  qiora 
est?  etc.  wo  man  es  durch:  quuni  res  ita  sc  habeant 
tuqae  ensera  recnperaicris  erklaren  kann,  unil  II,  h91 : 
Da  deinde  amilium,  wo  es  sich  auf  die  vorhergehenden 
Kedingungeu  v.  H9il:  si  pietate  nieremur  bezieht,  und  es 
entspricht  so  vollkommen  dem  griech.  tlieiTa,  wovon  wir 
oben  zu  Od.  I,  v.  (iö  gehandelt  haben;  allein  bei  ^  irgil 
findet  sich  die  eigentliche  Bedeutung  bisweilen  so  abge- 
schwächt, dass  es  offenbar  für  das  angehängte  nam  oder 
tandem  gesetzt  ist.  Zur  Bestätigung  dienen  Stellen,  wie 
A.  ^,74l:  Quo  (/eiVi(/f  ruis?  etc.  und  IX,  781 :  Quo  deinde 
fagam,  quo  tenditis?  inquit,  wo  es  Niemanden  einfallen  wird, 
deinde  mit  inquit  zu  verbinden.  Wagner  zu  A.  I,  195  erklärt 
deinde  in  den  angeführten  Beispielen  weniger  richtig  durch 
iam ;  Hand  im  Tursell.  T.  II,  p.  247,  n.  4  hat  diesen 
Gebrauch  von  deinde   gar  nicht   berührt. 

Zu  y.  618  wird  der  Abi.  Domus  —  cruentit  verthei- 
digt  durch  Vergl.  von  r.  688-  Man  vergl.  auch  Wagner 
zu  A.  IV,  517:  mola  manibusque  piis,  wo  er  umständli- 
cher über  diesen  Gebrauch  de»  .\blativ's  handelt.  —  v.  621 
Mttzt  V.  richtig  nach  ulti  ein  Komma ,  statt  dessen  AVag- 
ner  noch  ein  Punkt  hat.  —  v.  (jfH)  H's.  Anstoss  an  den 
Worten:  ea  sola  voluplaa  etc.  wird  gut  gehoben;  i'ibri- 
gens  hat  schon  If'eicherl  de  vv.  injuria  susp.  p.  77  das 
Richtige.  —  V.  (i84  sqq.,  welche  neuerdings  AVagner  für 
unecht  und  aus  Randglossen  zusammengeflickt  hält,  er- 
klärt Voss  befriedigend  durch  folgende  Umschreibung: 
„Hingegen  warnt  des  Hei.  Geheiss  ,  zwischen  Scylla  und 
Charvbdis  sei  beiderlei  Weg  (an  dieser  oder  jener  vorbei) 
auf  der  Scheide  des  Todes,  wenn  man  nicht  gerade  hin- 
durch lenke;  darum  wird  beschlossen,  wieder  zurück  in 
die  Bucht  zu  segeln,  um  nicht  dorthin  getiicben  zu  wer- 
den. Aber  zu  gutem  Glück  webt  uns  der  Wind  von  jener 
gefahrvollen   Stelle   her." 

'•  70'i  Immania  ßuvii  nimmt  V.  mit  Dorville  zusam- 
men, dessen  Erklärung  er  auch  billigt.  —  v.  708  will 
Voss  mit  lleinsins  actis  statt  actus.  .Mit  Recht  vcrfliei- 
digt  Wagner  actus;  cf.  dessen  Quaest.  A'irg.  IX.  Actis 
ist  offenbar  von  den  Abschreibern  licm  tempestatibus  ac- 
conimodirt  worden.  Kndlich  wird  v.  7|7  H's.  Aiistos» 
an  dem  zwischengesetzten  divom ,    welches    auch  AVagner 


gut  vertheidigt ,    durch    eine   allzu    beissende    Bemerkung 
abgefertigt. 

Obgleich  wir  jetzt  die  unserer  Recension  gesteckte 
Aufgabe  gelöst  hätten,  so  wollen  wir  noch  die  unter 
Mr.  II  folgenden  Randglossen  zu  Iloraz,  und  zwar  die 
gegen  Ileindor/  gerichteten,  einer  kurzen  Prüfung  unter- 
werfen. 

Gleich  in  der  ersten  Bemerkung  zu  p.  52  der  Hein- 
dortischeii  Ausg.  v.  1 14  führt  Voss  gegen  die  dort  auf- 
gestellte Lehre  über  num ,  dass  es  bloss  da  stehe,  wo 
eine  verneinende  Antwort  erwartet  werden  könne ,  zwei 
Stellen  aus  lloraz :  Sat.  I,  6,  36  und  II,  6,  53  an; 
allein  beide  beweisen  Nichts  dagegen,  da  in  der  crstercn 
num  nach  quacrere,  also  bei  einer  indirecten  Frage  ge- 
braucht ist,  in  der  anderen  aber  nicht  num,  sondern 
num  quid  steht,  tvelchen  Fall  Heindorf  ausdrücklich  aus- 
genommen hat.  —  ICbenso  wenig  können  wir  A'^ossen  bei- 
stimmen, wenn  er  zu  p.  169,  v.  lg  gegen  Heindorf's 
Behauptung  A''irgil  Bienenkampf  citirt  (gemeint  ist  doch 
wohl  Ge.  lA'^,  67  sqq.),  da  in  dieser  Stelle  der  v.  67 
abgebrochene  Fallen  der  Rede  v.  77  durch  ergo,  da» 
unserem  also  entspricht,  wieder  aufgenommen  wird. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Weimar  1838.  Zur  diessjährigen  Gedäcbtnissfeier  seines 
fürstlichen  Stifters,  des  Herzogs  Willielm  Ernst,  lud  das 
Gymnasium  durch  ein  Programm  des  Prof.  Putsche  ein,  wel- 
ches den  Titel  tiihrt:  de  incuiiimodis  quibusdani  atque  vitiis  in 
Zninptii  sjramraatica  latlna  animadversis,  imprimis  §5.  538—545. 
Viniariac,  lypis  Albrccbli,  typogr.  aul.  MDCCCXXXVlll  (24  S. 
in  4  ),  worin  der  Verf.  zuvörderst  einige  Unvullkommenbcilen 
und  Mängel  der  Zunipt'schen  Grammatik  im  Allgemeinen  rügt, 
dann  besonders  die  Zumpt'sche  Lclire  von  der  Conjunction  quin 
bekämpft  und  in  den  dieser  Lehre  von  Zumpt  gewidmeten  Para- 
graphen nicht  allein  Unklarheit  und  Verwirrung,  sondern  aueh 
Wirlerspruch  und  ofl'enbaren  Irrthum  nachzuweisen  sucht,  zu-, 
letzt  aber,  und  zwar  in  deutscher  Sprache,  eine  neue  Fassung 
der  liicrber  gehörigen  Regeln  beifügt. 

Riidolstadt.  Herr  Professor  Obbarius  hat  im  Namen 
der  Professoren  des  Gymnasiums  dem  Hrn.  Gcneralsuperinten- 
denten  D.  Zeh  zu  seinem  am  17.  Sonntage  nach  Trinitalis 
slatlgcfundcncn  20jährigen  Amtsjubilaum  in  lateinischer  Sprache 
Glück  gewünscht  und  zugleich  kurze  Bemerkungen  übcrTibull. 
Eleg.   I  ,  7 ,   17.  18.  beigelügt. 

Frei  bürg,  30.  Dec.  Nach  dem  so  eben  ausgegebenen  . 
amtlichen  Verzeichnisse  der  Studirendcn  an  der  hiesigen  Uni- 
versität beträgt  die  Gesanimtzahl  derselben  in  dem  Winterse- 
mester 346,  und  zwar  Tlieologcn  ;  84  Inlander  und  16  Auslän- 
der; Mediciner,  Pharmac.  und  Chirurgen:  77  Inländer  und  '26 
Ausländer;  Juristen:  85  Inländer  und  10  Ausländer;  Philosophen 
und  Philologen:  36  Inlander  und  12  Ausländer;  Ausländer  im 
Ganzen  61-  (M.  J.) 

Sc  ha  ff  hause  n.  Der  hiesige  Gymnasialdirector  D.  Bach 
hat  den  liuf  als  Superintendent  und  Consistorialrath  in  seiner 
A'atcrstadt  Ohrdruff  an  des  verstorbenen  Gutbier  Stelle  erhalten 
und  angrnonuiicn.  wird  aber  erst  nach  Ostern  1839  an  den  Ort 
seines  künftigen  Wirkungskreises  abgehen. 


Zeitschi'ift 


für   die 


Alt  er  thu  ms  Wissenschaft. 


Freitag  y  25.  Januar 


18  39. 


Nr.   11. 


Anmerkungen  untl  Randglossen  su  Griechen  und  Rö- 
mern Ton  /.  H.  Voss.  Herausgegeben  von  Abra- 
ham   Voss. 

(Beschluss.) 
Zu  S.  182  y.  3!)  scheint  V.  mit  Heind.  nur  ziceiVcrso- 
uen  anziinelimen ;  hesser  möchte  ivulil  mit  Braunhard  und 
Kirchner  nach  .Julius  ein  Komma  zu  setzen  sein,  sodass 
von  Horaz  drei  Personen  genannt  waren.  —  Zu  S.  203 
scheint  V.  die  bekannten  8  Verse  vor  dem  Anfange  der 
8.  Satire  fiir  echt  zn  halten;  allein  die  von  ihm  gegebene 
Auskunft  möchte  «ohl  nicht  ganz  befriedigend  sein.  Das 
fatale  ut  redeam  dringt  uns  immer  mehr  die  Ueberzeu- 
gung  auf,  dass  diese  Verse  eher  vorgesetzt,  als  dass  sie 
von  Anfang  da  gewesen  und  erst  später  abgetrennt  wor- 
<len  wären.  Dazu  kommt,  dass,  wie  Heind.  richtig 
bemerkt,  mit  Neinpe  ein  ganz  anderer  Ton  beginnt. 
Vossens  Bescheid  auf  Heindorf 's  Frage:  „»vorauf  ut 
rtdeam  illuc  zu  beziehen  seien"?  „Auf  sein  vorin^es 
frtheil  von  Lucilius,  das  man  übel  nahm,  Sat.  IV^" 
ist  nicht  ausreichend.  —  S.  2Ö0,  Z.  2:  die  von  Voss 
zum  Schutze  von  latraverit  statt  lucertiverit ,  h  ie  Beutlei 
und  Heindorf  wollen,  beigebrachte  Stelle  aus  Cic.  de 
orat.  II,  50,  220  ist  gut.  So  auch  die  Horaz.  Stellen 
bei  Braunhard.  —  Zu  Sat.  II,  S,  4  zieht  V.  das  gewähl- 
tere da  statt  die  vor,  welches  leicht  aus  einer  Glosse 
entstehen  konnte.  —  Wir  brechen  hier  ab  und  mit  Uc- 
bcrgehung  der,  soweit  wir  aus  einer  kurzen  Verglei- 
cliung  eutnehmeh  konnten,  beaclitungswerthen  Randglos- 
■en  zu  Properz  (Nr.  III),  welche  im  Jahre  1811  ge- 
schrieben sind,  sowie  der  Vorschlage  zu  Ovid's  Meta- 
morphosen (Nr.  IV^),  die  laut  der  Vorrede  schon  Bolhe 
in  seinen  Vindiciis  Ovidianis,  Göttingen  1818,  bekannt 
gemacht  hat,  und  zu  Catull  (Nr.  V),  heben  wir  noch 
besonders  die  Etnendatinnen  zu  Livius  hervor,  welche 
«ich  auf  B.  XXI  bis  XXXIX  beziehen.  Mehrere  Vor- 
schlage zu  Livius  sind  schon  von  It'alch  in  seinen  Emendat. 
Livian.  Berol.  I8lö  benutzt,  um!  mit  Recht  hat  noch  neu- 
lich Kreyssig ,  wolil  einer  der  ausgezeichnetsten  Kenner 
dieses  Schriftstellers,  im  Meissener  Progr.  1837:  Mele- 
temat.  critt.  Spec.  II,  worin  des  J.  Lipsius  Noten  zu 
Liv.  1.  XXI  aus  der  Wolfenb.  Bibliothek  mitgetheilt 
werden,  auf  einen  Theil  dieser  Tcxtesänderungen ,  wel- 
cher schon  friihcr  in  Wiedeburg's  humanist.  Magazin 
Vol.  IV,  Part  IV,  p.  289  —  9Ö  erschienen  ist,  die  Freunde 
des  Livius  aufmerksam  gemacht.  —  Die  kurzen  Rand- 
glossen   zu    Cicero   (Nr.  VII)  ,    welche  sich  meistens  auf 


Stellen  in  den  Orati.  seil,  beziehen,  und  zu  Tacilus 
(Nr.  VIII)  enthalten  manche  Vorschläge,  welche  auch 
jetzt  noch  Berücksichtigung  verdienen. 

Nach  diesen  Andeutungen  glauben  wir  unser  zu  Au- 
fang  dieses  Berichts  abgegebenes  Urtheil  hinlänglich  ge- 
rechtfertigt und  zugleich  durch  die  Mittheilung  von  Pro- 
ben den  Leser  in  den  Stand  gesetzt  zu  haben,  den  VVerth 
des  Buches  selber  zu  würdigen.  Wenn  wir  hierbei  nicht 
umhin  konnten,  an  nicht  wenigen  Stellen,  bes.  in  dea 
Randglossen ,  Vossens  Ansichten  unsere  Beistimmung  zu 
versagen,  so  hatten  wir,  weit  entfernt  von  ungeziemender 
Tadelsucht,  einzig  und  allein  das  Interesse  und  die  jetzt 
geltenden  Forderungen  der  Wissenschaft  im  Auge,  und 
wir  müssen  daher  beim  Schlüsse  dieses  Berichtes  wieiler- 
holt  erklären,  dass  durch  eine  zweckmässige  Auswahl 
bei  den  Randglossen  sowohl,  als  bei  den  Anmerkungen, 
und  durch  gänzliche  Ausscheidung  der  Stellen,  worin  sich 
Voss  in  herbem,  ja|,  oft  schneidendem  Tone,  namentlich 
gegen  Heyne,  auslässt,  sowohl  die  Brauchbarkeit  des 
Buches  erhöht,  als  auch  die  Anschaffung  erleichtert  wor- 
dcu  wäre.  Indessen  können  wir  ungeachtet  dieser  Aus- 
stellungen das  Buch  um  so  eher  den  Freunden  des  Al- 
terthumes  empfehlen,  als  das  minder  Probehaltige  durch 
das  viele  Treffliche  und  Gediegene  hinlänglich  aufgewo- 
gen wird  und  selbst  die  Irrthümer  eines  Mannes,  wie 
J.  H.  Voss,  besonders  für  jüngere  Philologen  belehrend 
sein  können. 

Druck  und  Papier  sind  sehr  gut;  nur  ist  zu  bedauern, 
dass  sich  eine  so  grosse  Anzahl  von  Druckfehlern  einge- 
schlichen hat.  Ausser  den  vom  Herausgeber  angezeigten 
fielen  uns  noch  auf  p.  43  (fäoiv  ze  st.  0  ci  (j  1 1>  re; 
ib.  öq  TV  st.  os  Ti;  p.  172  si'd'  ays  st.  e /'  d'  dye 
u.  ebend.  s'i'Ö'  st.  st  d' ;  p.  208  (med.)  Nesio  st.  Nescio; 
p.  211,  Z.  11:  Ö3S  st.  633;  p.  229,  Z.  18  Nisius  st. 
Sisut, 

J.  Freudenberg. 


Die  Sprachphilosophie  der  Alten,  dargestellt  an  dem  Streite 
über    Analogie    und    Anomalie    von    D.    L.    Lersch^ 
Privatdocenten  zu  Bonn.  Bonn  bei  H.  B.  König  1838* 
(204  S.  8.)- 
Mehr  als  je   wendet  sich  die  Forschung  in  der   neue- 
sten   Zeit   den   alten    Grammatikern    zu,     eine    Richtung, 
derjenigen  zu  vergleichen,    welche   jetzt    die  spätere   ma- 
kedonische   Zeit    Griechenlands    ebenso  fleissig,    als  um^ 


83 


81 


«ichtig  aiifzaliellen  sucht.  liii  ilio  liclfarhon  gramniali- 
«cbcu  aiierdota  der  iicupsten  Zeit  zu  liljorgolioii ,  vorsiiclilen 
sich  Classen  uiul  Geppert  an  «Iit  .'lltcsfpii  grlcihisclien 
Grammatik,  Parlhey  iiiiil  Klippel  bes<  hoiiktoii  uns  mit 
Schriften  nlier  ilas  alrxanilrinischc  3Iii^<"nMi  ,  und  iliiipn 
srhlip.iät  sidi  Ritsclil,  (liT  ^M^  schon  früher  ilnrch  seine 
Abhanillnii-;  <ie  Ori>  ei  Orione  »eriillichlet  ,  in  seinem 
Briefe  „liher  die  alexandrinischen  UibliotheLen"  an,  nicht 
2U  gedenken  der  L'nlersnchiingen  ührr  .4risliircli .  Krates 
und  andere  beriilinite  Grammatiker.  Uer  \'erf.  der 
hier  zn  beurtheilemlen  Schrift  greift  in  dieses  Geliiet 
riibmlirlist  ein,  und  »ir  verdanken  ihm  die  Ilervorhelmng 
eiur«  <icr  HicIitigsteH  l'uiikte  der  Grammatik  der  Alten, 
auf  den  bisher  nur  ausnahmstveisp  Rücksicht  genommen 
«Orden,  der  aber  hier  als -ein  von  Anfang  bis  zu  Ende 
die  (irammatiker  durchziehender  Faden  auf  gescliickte 
Weise  nachge«ieseu  und  verfolgt  «ird.  AVir  ge«  innen 
aus  der  Schrift  also  eine  neue  sehr  «ichtige  Thatriache, 
die  in  die  Literaturgeschichte  herüliergeuommen  werden 
uiufs ;  hierbei  fehlt  es  auch  nicht  au  interessanten,  tvich- 
tigeu  Einzelnheiten,  »ie  »ir  sehen  »erden.  Die  Schrift 
ist  au»  einem  sorgfältigen  vStudium  hervorgegangen,  und 
man  sieht  es  ihr  an,  dass  sie  niiht  auf  uühlfeilc  Weise 
aus  Kegistern  zusammengeholt  ist.  Dabei  müssen  wir 
fleui  Verf.  danken,  dass  er  uns  uiclit  die  unangenehme 
Mühe  marht,  durch  alle  AV'indungen  der  Untersuchung 
uns  niitzusrhieppen ,  was  freilich  Einige  als  die  wahre 
wissentchaftliche  Gründlichkeit  preisen,  dass  er  nicht 
alles  Kinzelne  auf  das  feinste  ansspinnt  und  es  bis  zur 
Spitze  treibt,  ilass  er  nidit  Alles,  Wichtiges  und  un- 
wichtiges, auf  gleiche  Weise  behaiulelt,  sondern,  mehr 
auf  das  grosse  Ganze  beilaclit,  nur  jeden  Punkt  sn  weit 
ausfühlt,  als  es  für  dieses  nothig  ist.  Eine  vollständige 
Zusanimenstelinng  dessen,  uas  von  den  Alten  für  die 
Tlieorie  der  Grammatik  gelhau  »orden,  hat  man  also 
hier  nicht  zu  erwarti'u;  dafür  ist  aber  die  Hauptseite 
derselben,  insofern  sie  im  Streite  über  Analogie  und 
Anomalie  liegt,  fast  ganz  erschöpft,  wenn  auch  einzelne 
nahe  verwandte  tntersuchungen  zur  Seite  geschoben  wer- 
den mnssten.  Zuerst  versuclit  der  Verf.  die  verschiede- 
nen alluic'ihlich  siih  aus  einander  entwickelnden  Ausdrücke 
für  Analogie  und  Anomalie  bei  den  Griechen  nachzu- 
weisen. AVir  beuierkeu  hierbei  ,  dass  der  Verf.  ilen  Be- 
griff iler  uo'Jo'Ci^i  nur  im  engern  Sinne,  wo  er  freilich 
iUt  Analogie  entspricht,  genommen  hat  (S.  ,'')),  ohne  auf 
den  weitern,  der  auch  zu»  eilen  in  Betracht  kommt,  auf- 
merksam zu  machen.  Oo!>OTlji  ist  in  diesem  .Sinne  die 
Sj>rachrirhtigkeit,  gleichviel,  ob  sie  durch  Analogie  oder 
Anomalie  bestimmt  »ird.  Dieses  ergibt  sich  /..  U,  aus 
Plat.  Crat.  p.  .■if34  D:  uij  dvvauui  nttoifijvui  w;  dXXn 
Tl.;  uo^i/ii;  tivoiuixo;  ij  ti'vlh.y.ij  y.c.)  niiol  nyiu, 
A.  i.  es  gibt  keine  andere  Sprachrichtigkeit  (gewiss  nicht 
Artalugie),  als  l  ebereinknnft  und  .Satzung  (die  Ueberein- 
kunft  ist  gerade  das  der  Analogie  Entgegengesetzte,  die 
i^rOi:).  Ebenso  ist,  wenn  Krattjln»  ebendort  p.  ;3S.l  A. 
behauptet,  lii/oiiuTOi  üolhin^ta  tivai  f.y.üortj)  toIv 
untijjv  (fioit  7li(fv/.ii(>.ti,  offenbar,  <lass  er  die  .Sprarh- 
richtigkeit  als  eine  von  Natur  gegebene  (^ffvoil  —  Ana- 
logie), nicht  bloss  durch  1,'rLiereiukunft  gesetzte  (,v/c/(/  — 
Anomalie)    behauptet,     was    ein    völlig     ideniischer    Satz 


».'Ire,  wenn  ug^OT)j^  die  analngische  Bildnng  hezeirlinen 
sollte.  Der  Kiatylos  ist  überschrieben  nt(j'i  (ivouarojv 
oottuzijTO^,  nicht,  weil  in  ihm  über  die  Analogie  die 
Rede  ist,  sondern  weil  er  die  Frage  verhandelt,  ob  die 
Sprachrichtigkeit  eine  Sache  der  Uebereinknnft,  der  (te- 
wohuheit,  oder  der  Katiir,  der  Analogie  sei.  Für  die- 
sen »eitern  Begriff  von  uoifor)  ;  .spricht  auch  die  vom 
Verf.  S.  4G  beigebrachte  Stelle  des  Diogenes,  in  der  ge- 
sagt wird,  in  Bezug  auf  die  ooiiuci'i  lasse  sich  nicht 
annehmen,  dass  Satzung  {ol  vonui)  den  Dingen  die  ?Ja- 
men  gegeben.  Oq3o;  k(i','(»g  ist  die  rickfige  Rede,  von 
der  Einige  behaupten,  sie  sei  (fiOll,  Andere,  sie  sei 
ifioei  bestimmt.  Vergl.  Diog.  Laert.  Zen.  (iÜ.  Im  en- 
gern Sinne  aber  wird  opdug  koyu;  und  öoflorr^  von 
der  durch  Analogie  bestimmten  Sprachrichtigkeit  ge- 
hraucht. Nicht  anders,  als  wie  mit  der  opttoTrc;,  scheint 
CS  sich  auch  mit  der  öüdoi^n  fia ,  beim  A'^erf.  S.  19,  zu 
verhalten,  ilie  Quinctilian  recta  lociitio  nennt.  Prota- 
goras  glaubte  sicher,  wie  hier  nachgewiesen  ist,  die 
6p\^0£7ltia  sei  durch  Analogie  zu  bestimmen.  S.  7  ver- 
niirthct  der  Verf.  bei  Charisius  statt:  Analogia  est  iv 
avf^inKoy.rj  u.  s.  w.  ' AvaKoyla  eoxiv  oi'/mk.  sehr 
wahrscheinlich.  Nach  der  Entwickeliing  der  technischen 
Ausdrücke  geht  der  AVrf.  zu  den  Philosophen  über,  wo 
wir  aber  der  am  Eingänge  geäusserten  A'ermnthung,  der 
Keim  des  .Streites  über  Anologie  und  Anomalie  habe  in 
den  Gegensätzen  der  Lehren  vom  Fliessenden,  AVcrden- 
den  und  Stehenden,  Seienden  gelegen,  nicht  bestimmen 
können.  Die  philosophische  Betrachtung  nnterschicd  über- 
haupt schon  frühe,  inwiefern  die  A'orstelinngen  des  ftlen- 
scheii  etwas  von  .Aussen  in  ihn  Hineingekommenes  oder 
etvtas  aus  ihm  selbstthätig  sich  Entwickelndes  seien  (vgl. 
die  Lehre  des  C/iri/sij)j)ns  S.  41)),  und  dieselbe  Frage 
konnte  auch  bei  dem  Ausdrucke  der  Gedanken  den  Wor- 
ten nicht  ausbleiben  ,  ja,  die  Sprache  scheint  selbst  A'^er- 
anlassung  gegeben  zu  haben,  diese  Frage  auf  die  Vor- 
stellungen überzutragen,  wie  ja  die  ganze  Logik  der 
Griechen  au  die  Sprache  sich  angeschlossen  hat.  Vergl. 
Stern  ,,(«rniidlegUiig  z.  Sprachphilos."  .S.  '2\)  ff.  Genü- 
gend behandelt  werden  ilarauf  Heraklit,  Demokrit ,  Pro- 
dikos, T/ieramenes  ,  Prolitgoras  ,  Hippias  ,  worauf  So- 
kr/tles  nach  Aristoplianes  (in  den  AVolken)  folgt.  Unter 
der  (iij^hniK  ovuficicviv  bei  Prodikos  können  wir  nur 
mit  Jf'elcker  die  Lehre  vom  richtigen ,  bestimmten  Ge- 
brauche der  AViirter  verstehen,  wobei  es  zweifelhaft 
bleibt,  ob  Prodikos  der  Analogie  oder  der  Anomalie 
folgte,  wenn  auch  das  Erstere  wahrscheinlicher  sein  mag. 
Auch  Sokraies  ,  meint  der  Verf.,  sei  in  den  Streit  über 
die  üuituTIJi  verwickelt  gewesen,  und  es  scheint  dieses 
uns  ganz  unzweifelhaft.  Sokrates  kann  in  diesem  Punkte 
nicht  ganz  ohne  IVlitwirkung  gedacht  werden,  soll  anders 
der  Spott  des  Komikers  treffen.  Was  den  eigentlichen 
Zweck  der  Wolken  betrifft,  so  ist  diesg  immer  noch  ein 
unaufgeklärter  Punkt;  mir  scheint  der  Komiker  hier  die 
verderbliche  Alles  crgreifcudo  AVirkung  der  Sophistik  zu 
schildern,  die  auch  selbst  den,  welcher  am  heftigsten 
gegen  sie  kämpft,  den  Soknites,  halb  ergriffen  habe.  In 
Bezug  auf  die  öpitanjc;  cuiv  trifjjv,  die  beim  Aristoph. 
ilem  Eurip.  beigelegt  wird,  glauben  wir,  dass  angedeutet 
werden  soll,    die    Stücke    des  Euripides    seien    zwar  fein 


85 


8G 


«ml  flcrkenlos ,  iip<<  iin<!  pla<f  ,  alior  kraftlos  und  vrr- 
«rlrlilirliciid.  Die  fül^oiulcii  Alisrliiiiffp  liaiidflii  iilirr 
Pt/lhagoias,  Krali/los,  Ilermogenes  niirl  I'lnton ,  Aristo- 
teles^ Ejiihir,  ilio  Mei;ari/^ei,,  die  iS'/oi'Äfr,  und  ziilrfzt 
liier  Helleriis7nos  iinil  Anomalie.  Besoiider.s  aufmerksam 
«ird  l)eim  Jünli/los  oif  z"ei  Reihen  von  EfTmolojjieen 
geinaeht,  von  denen  die  eine  von  Wörtern  des  Fliessens, 
«lic  andere  von  AVörfern  des  Sei?is  abgeleitet  werden, 
pewiss  mit  tiefer  Ironie  darauf  liindentend,  dass  man  in 
die  Etvniologieen  Alles  liiiieinirge  ,  geHühnlirh  seine 
ei;;enen  Ansichten.  AVas  iiher  das  pvthagoriiisrhe  Kle- 
mmt im  Kralylos  gesagt  «ird,  scheint  uns  nicht  hegriin- 
di't ;  «Ir  sehen  in  dein  li  tu  uvofiaTa  Tiuiuiv  u.  ä. 
(im|iositor  hei  Varro)  Aiisdriicken  nichts  Anderes,  als, 
«as  sonst  heisst  ai  nvjcnii  i'V^gtmioi  oi  Th1^|lflOt 
II'  (ivo/ietTf ;  fi'ir  den  |iAthagor.'iiscJien  Äamengeher  lie- 
gen keine  weitere  Anzeirheü  vor.  In  dem  korrupten 
()  Ilai oaiog  dorc  lulioc,  möchten  wir  nicht  mit  dem 
1  erf  S.  44  den  Beinamen  ö  zIv^aolTOi  sehen  (liber 
die  Form  könnte  kein  Zweifel  sein.  S.  Loheck  Parali- 
piiniena  gramniat.  graer.  p.  430),  sondern  lesen  um  so 
sicherer  ü  Ijarpa/oi  (?)  ö  TIldayuQdO^ ,  als  die  ihm 
zngesrhriebene  Lehre  wirklich  pAthagorSisch  ist.  Beim 
Hellenismos  niuss  ,  wie  hei  der  ufjdvrijC .,  ein  «eiterer 
liegriff,  d.  i.  das,  was  der  hellenische  Sprachgebrauch 
hilligt,  und  ein  engerer,  d.i.  das,  was  analogiseh  richtig 
ersiheint,   betrachtet  werden. 

Die  zweite  Abtheilung  wendet  sich  zu  den  CJramma- 
tikern.  Wenn  der  Verf. ,  der  sehr  richtig  iy.doonc.  und 
(ito^xfvjOiii;  trennt,  in  der  Andeutung,  dass  Zenodot 
der  erste  S/opi^oirtjc:  gewesen  sei  ,  einen  Einfluss  des 
Streites  i'iber  Analogie  und  Anomalie  bei  diesem  sieht, 
so  lüsst  er  sich  durch  die  W  ortiihnlichkeit  zu  weit  fort- 
rcissen.  Kur  m  engerer  Beziehung  entspricht  die  ü^^ö- 
Tl'^  der  Analogie  ,  wodurch  wir  aber  gar  nicht  befugt 
sind,  tu  blOQiluiaiQ  wieder  an  die  Analogie  zu  denken. 
Der  6{j9os  "Of^l^^iog  ist  der  richtige  Text  des  Homer, 
und  Jeder,  der  diesen  auf  eine  durchgreifende  Weise 
herzustellen  sucht,  wie  zuerst  Zenorfo«  that ,  heisst  ^«op- 
i^iuii^i^  er  liefert  eine  ß/ooitvjoig.  *)  Zenodot  mag 
viel  aus  eigener  Macht  nach  dem  späteren  Sprachge- 
hranrbe  geschlimmbessert  haben,  aber  gewiss  nicht  nach 
der  strengen  Analogie.  Ueberliaupt  nimmt  der  Verf., 
wie  es  uns  scheint,  ohne  gehörige  Begründung  an,  nach 
der  Analogie  habe  man  ganz  neue  Formationen  in  die 
Sprache  hineingebessert ;  behauptete  man  auch,  eine  Form 
müsse  nach  der  streirgen  Analogie  anders  lauten,  so  ist 
doch  kein  sicheres  Beispiel  vorhanden,  dass  man  eine 
solche  Neuerung  einzuführen  wagte;  nur,  wo  mehrere 
Formen  vorhanden  waren,  eine  altere  und  eine  neuere, 
wählte  mau  nach  der  Analogie  aus.  Bei  Aristophanes 
•S.  öiS  ff.  wird  darauf  aufmerksam  gemaebt,  dass  er  nicht 
bloss  dem  Sprachgebrauche  nachging,  sondern  auch  oft 
der  sprachlichen  Analogie  den  Vorzug  gab.  Bei  Aristarch 
widerspricht  der  Verf.  dem  Berichte  des  Geilius ,  dass  er 
summa  ope  dvat.oyiuv  defensitavit,  und  sicher  ist  es  nach 
Varro  p.  12()  und  den  Untersuchungen  von  Lehrs,  dass 
er  zuweilen  dem  Sprachgcbrauchc  Recht  gab,  aber,  dass 

J  ^Vergl.    Aristo!.^  jif^ji    ooqimtiyMi/    i>.f-/x<"*    '*  ■     oloy    xiti    i6y 
Üfir,qov  dioü&oovrui. 


diess  vorzüglich  bei  Eigennamen  ges<  heben  sei,  wie  hier 
S.  (  ()  f.  au.«  J'tirro  gefolgert  wird,  kiinnen  wir  nicht  zu- 
geben. Sieht  man  die  Stellen  des  l  arro  unbefangen  an, 
so  folgt  daraus  Nichts,  als  dass  Krates  ihm  einige  No- 
mina entgegengehalten  auf  ijQ,  die  theils  nach  der  drit- 
ten, theils  nach  der  ersten  Declinatieii  giirgen,  und  zwar 
wählte  er  hierzu  Eigennamen.  Arislarc/i  aber  war  weit 
entfernt,  diese  zu  verwerfen,  vieil  sie  Eigennamen  seien, 
sondern  er  sagte,  nur  die  Nomina  seien  gleich  und  ann- 
lijg ,  die  im  Nom.  niui  Ync.  libereinstinimfen.  lind  das 
■sdieint  gerade  der  Hauptpunkt  der  aristarchix  hen  Lehre 
gewesen  zusein,  dass  er  bestimmte,  welche  AVörter  wirk- 
liih  gleich  niiil  daher  nach  derselben  Weise  abzubiegen 
seien.  Starr  die  Analogie  durchzuhalten ,  konnte  übrigens 
kanui  Jemandem  einfallen,  und  die  Eigennamen  mögen  in 
dieser  Beziehung  schon  frühe  eine  besondere  Ausnahme 
giliildrt  haben.  Auf  jene  genaue  Bestimmung  der  wirk- 
li<  h  gleichen  Wörter  geht  auch  Aristarch's  Scheidung  der 
einfachen  und  zusammengesetzten  bei  Charis.  I,  p.  93. 
Die  folgenden  Erörterungen  über  Krates,  noch  einige 
A/iiilogetiker,  Techniker  und  Empiriker*)  sind  gründlich 
und  fleissig  und  bieten  uns  zn  abiteii  henden  Benierkungen 
keine  '^'eranlassung.  fllaii  freut  sich,  den  zerstreuten  Stoff 
so  fasslich  und  leicht  bearbeitet  vorliegen  zu  sehen,  und 
stinimt  den  zusammenfassenden  Bemerkungen  über  die  Ent- 
wickclung  des  S'rcites  in  Griechenland  gern  bei.  Vieles 
konnte  der  ^'etf.  hier  nur  berühren,  doch  niöihteu  »ir 
zweifeln,  dass  ihm  ein  Ilauplinonient  entgairgen  sei.  Wir 
finden  uns  nur  zu  einem  kleinen  Beitrage  in  Stand  gesetzt. 
Von  Trypho  wird  eine  Schrift  ntoi  Tiji  tv  iiovoavy/.d.' 
ßoii  diuKoyiai  erwähnt.  Hiermit  verbindet  Lobeck  a.  a.  O. 
S.I21  dieNotizdesSchol.zull.  V,  \{i'iXaiuiiSe  (fijotv  ovy. 
iiiaiiv  Totqötoi'KLcLßoti{\.iiovuai'Kkc'i.^uii;)dvukoyiav. 
Bei  den  Römern  werden,  wie  bei  den  Griechen,  die 
Ausdriicke  für  Analogie  und  Anomalie  vorausgestellt.  Wir 
wundern  uns,  dass  der  Verf.  hier  und  bei  den  Griechen 
nicht  auf  den  gleichen  Gebranch  der  Wörter  (fvaii  nnd 
9io/g,  natura  und  positio,  bei  der  Quantität  der  AVörter 
aufmerksam  gemacht  hat.  Vgl.  Ritter  elem.  gramm.  lat. 
124.  Die  in  dem  folgenden  Abschnitte  „Begründung  des 
Streites  in  dem  Zustande  der  ältesten  poetischen  Litera- 
tur" aufgestellte  ^'ermuthung,  dass  nämlich  die  älteren 
römischen  Dichter  Formen  nach  der  Analogie  umgebildet, 
können  wir  nach  dem  oben  Bemerkten  nicht  billigen.  Die 
Stelle  des  J  arro,  wo  er  als  einen  Theil  der  alten  Gram- 
matik die  Darlegung  bezeichRet,  tjuemadmoduiu  qnodqne 
poeta  verbum  confinxerit,  quod  declinarit,  wo  wohl  quod 
mit  Spengel  und  Müller  zu  streichen  oder  vielleicht  quod- 
quo  zu  lesen  ist,  hen  eist  Nichts  ;  der  Ausdruck,  dass  die 
Dichter  die  Wörter  gebildet  (abgeleitet)  und  abgebogen, 
ist  nicht  von  einer  dem  einzelnen  Dichter  eigentbümlichen 
Behandlung,  sondern  vom  älteren  dichterischen  Gebrauche 
überhaupt  zu  verstehen,  nicht  anders,  als  p.  3  qnae  sunt 
iu  consuetudine  apud  poetas.  Der  Sprachgebrauch ,  dass 
man  das  von  dem  Gewöhnlichen  Abweirbeude  denen  als 
eigenthümlieh    zuschreibt,    bei    denen    man  es   findet,    ist 

*)  S.  78  wird  Hie  unter  dein  Namen  Dionjsios  T/irax  gehende 
Grammatik  iirig  als  dessen  Werk  betrachtet,  da  sie  ja 
viel  später  ist.  Vergl.  Göttling  ad  TheoJos.  p.  V  sqrj. 
und  Scböiuann  im  Grcifswalder  LeclioDsyerz.  Sonimcr  1833- 


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nicht  auffallend.  Wir  kiinncii  dilicr  auch  kein  Geivicht 
auf  Prise,  p.  6',)2  legen:  seil  PLiiitus  hoc  ijiionue  sccan- 
ituni  analü^iam  declinarit,  da  ja  dieser  selli^t  p.  S'IO  bei 
einem  alxveichenden  Gebrauche  vom  mos  aiitiiiuiis  spricht. 
Wir  geben  zu,  da^is  die  Dichter  neue  iiihlungen  machten, 
weil  sie  neuer  Wörter  bedurften,  glauben  aber  nicht, 
<IaM  lio  eine  gangbare  Form  verworfen  und  dafür  eine 
analogere  gebildet.  Hierauf  <leulen  die  S.  !(){  angeführ- 
ten Stellen:  Bei  l'arro  p.  13')  ist  declinatio  im  »eiteren 
Sinne  (p.  t  Iti)  und  besonders  von  der  Ableitung  zu  ver- 
«tehen.  Die  veterum  liccntia  bei  Charis  I,  p.  U4-  i^^t  die 
freiere  Formbilduiig  der  alteren  Zeit  überhaupt ,  «o  der 
Sprachgcbrancli  sich  noch  nicht  so  streng  lixirf  hat.  Die 
S.  104  ff-  folgende  Xachtveisung  solcher  selbstgeschaffe- 
nen ,  nacli  der  Analogie  verbesserten  Formen  beiveisen 
iS'irhts.  Die  Formen  praecipitis  n.  s.  w.  scheint  erst  die 
•pätere  Zeit  versucht  zu  haben,  als  man  in  praeieps  ebenso 
wie  in  biceps,  triceps  caput  sah  *)  ;  sie  sind  als  Abirrun- 
gen zu  betrachten.  Praecipitare  selbst  kann  für  praeci- 
pitis ganz  und  gar  Nichts  betveiscn,  als  dass  dieses  vor 
ihm  existirte.  Auch  ilas  über  den  Acc.  herem  Gesagte 
halt  nicht  Stich.  Ob  die  Casus  obliqui  von  heres  alle 
dem  \om.  gleichsvlbig  gebildet  «orden  seien,  kann  man 
bezweifeln;  es  mlichte  sich  herem  zu  heredem  verhilten, 
wie  suiv  zu  egiöa  (d.  i.  eoiS-v,  hcred-m).  ^'ergleicht 
man  aber  das  V'erhi'iltniss  von  merx  zu  merces,  so  ist  auch 
eine  Form  heres  heiis  nicht  zu  verwerfen.  Bei  iter  iti- 
neris,  worauf  der  Verf.  besonders  Gewicht  legt,  ist  doch 
wohl  kein  Zweifel,  dass  auch  ein  Stamm  itiner  neben 
iter  roriianden  war,  und  wie  können  wir,  wenn  nun  wirk- 
lich ein  Nomin.  itiner  vorkommt,  diesen  als  irrige  Bil- 
«lung  behandeln?  Es  verh.'llt  sich  hiermit,  wie  mit  iecnr, 
iecinoris  und  iocinor,  iocinus.  Noch  weniger  beweist 
das  aus  Ennius  Bei^eiruchle  (hebern,  wie  herem,  solui, 
das  ja  auch  Calo  gebrauchte,  und  die  vielen  Adverbia 
auf  iter).  Wer  überhaupt  das  freie  Schwanken  zwischen 
der  zweiten  und  vierten  Declination  geliörig  bedenkt  (vgL 
besonilers  penns,  penum,  penu  und  Schneider  S.  471  f.), 
der  wird  bei  scnati  und  exerciti  gar  nicht  anstossen.  Bei 
den  Formen  reddibo,  exsugebo  u.  a.  deutet  der  Verf. 
auf  das  Richtige  hin;  nur  ist  hier  nicht  an  ein  Ummo- 
ileln,  sondern  an  freie  Auswahl  unter  vorhandenen  For- 
men zu  denken.  Dass  endlich  sciscicli  bei  Afraniu» 
irirklich  bestehende  altere  Form  war,  scheint  über  allett 
Zweifel  erhaben.  Nun  vergleiche  man  noch  Varro  p.  79: 
„qaodsi  poctice  in  carmiuibns  servaoit  multa,  quae  prisca 
essent." 

Der  folgende  .ibschnitt  „Charakter  der  bcginnendca 
Grammatik"  macht  auf  die  frühen  Anfange  der  Gram- 
matik, die  mit  Recht  als  bedeutend  dargestellt  werden, 
und  besonders  auf  die  übersehenen  Glossograplicn  auf- 
merksam; er  schliesst  mit  den  Ansichten  des  Lukrctius. 
Naher  liegt  die  Behandlung  des  l'arro  S.  117  ff.  Dem, 
wa»  über  das  siebente  Buch  geffagt  ist,  stimmen  wir  im 
Allgemeinen  bei,  nur  glauben  wir,  dass  am  Schlüsse  noch 
kurz  die  Verba,  .Adverbia  und  Conjunctionen  behandelt 
würden-,  dafür,  dass  er  diese  habe  fallen  lassen,    spricht 

•)  Die  aus  f^arro  vom  Verf.  angeführten  Formen  tcrlici-psos, 
quarticepsos  sind  durch  Müller  mit  Recht  wcg^eschilTt. 
S.  diese  Zeitschr,  1834,  S.  220  f. 


Nichts.  Die  aus  p.  I2S  beigebrachte  Stelle  bezieht  sich 
darauf  nicht.  Vgl.  p.  123:  <]Uod  ad  vocabulurum  huiu» 
generis  exempla  pertinet ,  mulfa  sunt  reliqua ,  sed  eadem, 
quac  dicta  ad  iudicandum  s.atis  sunt.  In  B.  VIII  hai 
der  Verf.  richtig  erkannt,  dass  p.  1.J7  und  138  vollkom- 
men entsprechen  den  drei  ersten  in  B.  VII  erörterten  Punk- 
ten (vgl.  .S.  120  f.);  wir  wundern  uns  aber,  dass  ihm 
entgehen  konnte  ,  dass  die  Worte  p.  138  >'on  ijuod  aiunt 
bis  p.  140  negant  den  vierten  dort  behainiciten  Punkt 
betreffen,  indem  die  dort  berührten  Einwürfe  verkennen, 
die  Analogie  wolle  nur  ex  duobus  similiter  declinatis  simi- 
lia.  1'^gl.  p.  1(3.  Dann  folgt  die  Behandlung  der  ge- 
nera  p.  140i  der  numeri  p.  142  und  der  casus  p.  144, 
wobei  gelegentlich  auch  substantivische  Zahlwörter  (beim 
Verf.  S.  12(),  Z.  11  steht  sinnstürcnd  Zeitwiirter)  und 
die  Casus,  welche  von  verschiedenen  Wortern  ganz  gleich 
oder  von  gleichen  verschieden  lauten ,  berücksichtigt  wer- 
den, lieber  B.  IX  finden  wir  weiter  Nichts  zu  bemer- 
ken, ebenso  wenig  über  den  Abschnitt  „^iigidius  und  Gni- 
plio.'''  Bei  Ciixar  wurden  die  Fragmente  der  Schrift  de 
analogia  vollständiger,  als  gewohnlich,  gegeben.  Wir 
bemerken  nur,  dass  fr.  III  statt  XI  litteras  sicher  zu 
lesen  ist  XVI  litteras  (vgl.  Schneider  S.  3  f-)  S.  134, 
Z.  14  V.  u.  ist  nnm  und  Z.  7  Fragezeichen  zu  setzen  — 
was  sicher  nur  Druckfehler  ist.  Ebenso  ist  S.  135,  Z.  14 
validissimam  zu  schreiben.  Was  über  Cicero ,  Didi/mos, 
die  augustinische  Zeit  und  Quinctilian  gesagt  wird,  über- 
gehen wir.  Die  zweite  Abtheilung,  welche  die  spateren 
Grammatiker  behandelt,  könnte,  da  mcistenthcils  die  schon 
dagewesenen  Ansichten  sich  finden,  meiir  zu  einem  Gan- 
zen verarbeitet  sein.  Wir  bemerken  nur,  dass  über  den 
S.  1Ö7  genannten  Papirius  auf  die  S.  180  angeführte 
Stelle  des  Prise.  I,  p.  55(1  verwiesen  werden  konnte. 
Eine  wcrthvolle  Zugabe  bildet  die  Sammlung  der  Frag- 
mente von  des  Plinius  Itbri  dubii  scrmonis^),  die  eine 
eigene  Bearbeitnng  erfordern  dürften.  S.  181,  Z.  8  steht 
gewöhnlich  in  V  pcnultima  syllaba ,  wo  wohl  ultima  er- 
fordert wird  ,  wollen  wir  anders  nicht  annehmen,  Plinia» 
habe  lateral-is  getheilt.  Fr.  4')  glauben  wir  die  Lesart 
non  etiam  per  e  richtig,  da  gesagt  wird,  venali  brauche 
man  et  de  hnmine  et  de  negotio.  Plinius  scheidet  ge- 
wöhnlich, indem  er,  wo  Formen  auf  i  und  e  sich  linden, 
die  letzteren  den  Menschen,  im  Gegensatz  zu  den  Sachen 
zuschreibt.  Und  so  lesen  wir  auch  sicher  fr  55  statt  in 
nomine  iure  nominis  (der  Verf.  vermuthet  in  omni  iure 
dominetur)  in  nomine  hominis,  indem  wir  iure  auswer- 
fen, das  nur  durch  Dittograpliio  iles  Schlusses  von  nomine 
entstanden  scheint.  Die  Schrift  beschliesst  ein  Register. 
Druck  und  Papier  sind  schon,  wie  wir  es  an  der  Ver- 
lagsbuchhandlung gewohnt  sind.  ^. 

')  Der  vom  Verf.  nbi;r!;.inscne  Zweifel  Freitnd's  (Lcxicon 
S.  XLV)  scheint  nicht  so  bedeutend.  D.iss  Plinius  im 
Scbroiben  seine  Regeln  stets  streng  befolgt,  ist  nicht  nü- 
thlg,  und  in  der  dritten  Sti'llc,  die  der  Verf.  viel  licbtigcr 
gibt  (fr.  16),  tadelt  PI.  wolil  nnr  die,  welche  clipens 
Schild  von  clno  .ibleiten ,  wobei  denn  auch  ein  Wider- 
spruch mit  dem  Fr.igm.  sich  ritulet.  Warum  soll  aber 
PI.  nicht  seine  Ansicht  geändert  liiben?  Wir  I^cmerken 
hier  noch  ,  das«  die  Schrift  des  Dichters  Pomponiiix  Se- 
citndus  an  den  Patus  Tliraseas  Cliar.  I,  p.  100.  vorgl. 
p.   lOl,  Qiünt.  VIII,  3)  auch  wohl  analogisch  war. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Sonntag,  27.  Januar 


18  3  9. 


Nr.  12. 


Viro  perillustri  Godofredo  Hermanno  praesidi  gno  diem 
natalem  a.  d.  IV.  Cal.  Decembr.  a.  MDCCCXXXVIH 

congrafiilaiiüir  Societas  Graeca  et  Rcäfium  Sciniua- 
rium  Pliilologinim  interprete  Eduardo  Jenicke.  — 
Iiisunt  observationes  in  Isaeuni.  —  Lipsiae  ijpis 
C.  P.  Mdzcri. 
Die  Zahl  derer,  welche  zu  Hermann'«  Schulern  im 
rngern  Sinne  sich  bekennen  ,  «elclie  sclion  dnrch  seinen 
Namen  eine  reiche  Fiille  der  liebsten  Erinnerungen  in 
«ich  geweckt  und  das  Herz  lebhaft  erwärmt  fühlen,  ist 
nicht  gering;  grösser  noch  ist  sicherlich  die  Anzahl  derer, 
■welche  den  Werth  wahrer  Pietät,  den  unschätzbaren 
W'erth  eines  innigem  Verhältnisses  zwischen  Lehrenden 
und  Lernenden  erkennen  und  die  Acusserungen  dank- 
barer Liebe  von  Seiten  der  Letztern  vollkommen  zu  wVir- 
digen  wissen.  Darum  kann  es  wohl  nicht  felilen,  dass 
Viele  schon  um  lies  Titels  willen  diess  Schriftchen  freund- 
lich willkommen  heissen  ;  es  kann  nicht  fehlen,  dass  die 
Mehrzahl  der  Leser  gern  dem  Wunsche  des  Verfassers 
Folge  leisten  und  Veranlassung  und  Zweck  wie  bei  der 
Leetüre  im  Auge  zu  behalten,  so  bei  der  Bcurtheilung 
in  die  Wagschale  zu  legen  geneigt  sein  werden.  Um  so 
erfreulicher  für  dieselben ,  um  so  ehrenvoller  für  Hrn. 
J.  muss  es  darum  auch  sein,  wenn  die  Observationes  In 
Isaeum  der  Kritik  gegenüber  eines  solchun  Schutzes  nicht 
bedürfen.  Und  sie  beilürfcn  desselben  nicht.  IL  J.  bie- 
tet uns  hier  auf  verliältuissmässig  geringem  Räume  der 
interessanten  Vermuthnngen  und  der  sciiarfsinnigen  Er- 
klärungen so  viele,  und  in  einem  so  anspicchenden, 
klaren  nnd  reinen  Gewände ,  dass  dieser  erste  1  ersuch 
alle  Anerkennung  verdient  und  zu  der  üeberzcugung  be- 
rechtigt, es  werde  diese  Gabe  dem  allverehrten  Lehrer 
iii  doppelter  Hinsicht  eine  vollkommene  Geburtstagsfreude 
bereitet  haben. 

Unterzeichneter,  der  für  die  Kritik  nnd  Erklärung 
der  Griechischen  Redner  immer  eine  besondere  Vorliebe 
hegte  und  bisweilen  eine  Mussestnnde  diesen  herrlichen 
Denkmalen  des  hellenischen  Alterthums  widmet,  verdankt 
diesem  Schriftchen  eine  ebenso  angenehme,  als  lehrreiche 
Ferienbeschäflftigung,  und  will  es  versuchen,  dem  Hrn. 
Verf.  sich  dadurch  erkenntlich  zu  beweisen,  dass  er  ihm 
einige  seiner  Ansichten  über  die  behandelten  Stellen  in 
der  Kürze  mittheilt.  Den  Vfei^  der  Oeffentlichkeit  hat 
er  dazu  gewählt  in  der  Voraussetzung,  dass  es  wohl  dem 
and  jenem  nicht  unlieb  sein  dürfte,  gelegentlich  von  einem 
Werkchen   etwas   genauere    Kenntniss    zu    erlangen,    das 


seinem  Charakter  nach  schwerlich  auf  dem  Wege  de« 
Buchhandels  zu  beziehen  sein  wird ;  und  dieser  letzte 
Umstand  wieder  veranlasste  ihn,  auch  dasjenige,  worin 
er  dem  Hrn.  Verf.  beipflichtet,  wenigstens  kurz  zu  er- 
M'ähnen, 

Aus  der  Rede  über  die  Erbschaft  des  Kleonymus  be- 
handelt Hr.  J.  folgende  Stellen;  §.10  vermuthet  er,  für 
lauid^lj  möge  Isaeus  iiQUjzrih]  geschrieben  haben.  Diese 
Emendation  empfiehlt  sich  nicht  iienig  dnrch  Leichtig- 
keit nnd  passenden  Sinn  ,  nnd  dürfte  vielleicht  bei  Eini- 
gen dadurch  noch  mehr  Gewicht  erhalten,  dass  sie  auch 
schon  von  einem  Anderen  aufgestellt  worden  ist,  wie  sich 
Hr.  J.  ans  meiner  Beurtheilung  der  Schömann'schen  Aus- 
gabe (Allgem.  Schulz,  n.  Abth.  Nr.  54,  p.  4J6  sqq.) 
überzeugen  kann;  doch  durch  den  Schreibfehler  eöwfjpi/?/ 
im  Cod.  Par.  kann  sie  schon  desshalb  nicht  unterstützt 
uerden,  weil  demselben  gar  kein  Ansehen  gebührt.  Ref. 
glaubt  noch  immer,  dass  £a(rj^ii  durch  seine  Bemerkun- 
gen a.  a.  O.  genügend  gerechtfertigt  sei.  — ^.  12-  Nach- 
dom Hr.  .T.  anerkannt,  dass  oi'de  7r£QtSids  durch  Klotz 
üuaest.  critt.  p.  8>>  gut  vertheidigt  sei,  nimmt  er  uoch 
Aiistoss  an  oi'äcvog  und  vermuthet  oi'dev  wj.  So  ge- 
ring die  Aendernng  ist,  so  wird  doch  diese  Conjectur 
nur  dann  Beifall  finden  können,  wenn  vorher  bewiesen 
ist,  dass  OL'dcVOQ  nicht  mit  TtSOiCiSe  verbunden  werden 
kann ,  sondern  auf  £DÖe£tg  bezogen  werden  müsste.  Da 
wir  nun  nicht  sehen,  warum  das  Erstere  nicht  möglich 
wäre,  80  halten  wir  auch  diese  Emendation  nicht  für 
nöthig.  —  §.  14.  Die  Lesart  der  Handschriften  :  oü^ 
oi'TU}^  trjj  da9£vd>v  8l(ty.£/u£vog,  wird  aus  dem  Cod. 
Paris,  (u'jg  cioi^£vwg)  verbessert  in  oüx  oürojg  da^svvjQ 
i)iay£iu£vog.  Wenn  nicht  vielmehr  Bekker  das  Rechte 
gesehen,  indem  er  t/j?  ci.a\}£vojv  für  ein  Glossem  hält, 
wird  Hrn.  J.'s  Vermuthung  wenigstens  der  Schömann'ü 
vorzuziehen  sein.  —  g.  21.  Das  schon  von  Hrn.  Schö- 
mann  wieder  hergestellte  uei  wird  gut  vertheidigt.  — 
§•  28-  fAOVOC;  soll  in  inuvovg  verwandelt  werden,  weil 
Kleonymus  nicht  der  einzige  genannt  werden  könne,  da 
ja  auch  die  Gegner  sie  der  Erbschaft  berauben  wollten. 
Hr.  J.  hat  seinen  Beweis  mit  möglichster  Sorgfalt  und 
Genauigkeit  geführt;  doch  hat  Unterzeichneter  dagegen 
zu  bemerken,  dass  der  Redner  auf  die  Gegner,  voo 
denen  sich  das  von  selbst  verstand  ,  natürlich  keine  Rück- 
sicht zu  nehmen  braucht,  und  nnr  den  Kleonymus  dem 
Kephisander  und  den  übrigen  Freunden  der  Gegner, 
welche  Diäteton  waren,  entgegensetzt;  er  hebt  also  her- 


91 


92 


vor,  »ie  Kleonviniis  unter  ileiien ,  uelrhen  ein  entschei- 
(lendrü  l'rllipil  zustAnil,  cli-r  einziffc  sein  würde,  der  seine 
Klienten  ausscliliesseu  «ollte,  wenn  daa  ron  den  (ie^nern 
vorgelirarlite  Teslanieut  als  gnllis  anerkannt  Hürde,  und 
das»  dipss  um  so  sonderbarer  ersriieinen  müsse,  da  Kleo- 
uymuj  {jeraile  immer  sieh  wohlwollend  ge^cn  sie  gezeigt 
h'alie;  ilarnm  würde  Ref.,  selbst  wenn  die  llandselirifteD 
zwisriien  nüiui  und  iiüuuUi  «alilen  liessen,  ^tjoKK  vor- 
ziehen; wie  viel  mehr,  da  sie  es  einstimmig  schützen. — 
§.  33.  oi'raj,-  :iuiiiv,  ujore  f^i-dt  köyov  vuokeiÜ'Ctv 
soll  vertheidigt  werden  durch  üemosth.  Phil.  III,  §.  t)7 
pro  ."Megalop.  §.  4,  wo  0)OJE  ebenfalls  mit  einem  Inf. 
Tut.  verbunden  ist.  Ob  aber  der  Gedanke:  Glaubt  ihr 
nun,  dass  er,  der  mit  uns  im  freundlirhsten  >'ernehmeii 
ktaiid,  so  handelte,  „dnss  er  Un$  alle  Hoffnung  ab- 
»chnitt'-''l  ob  dieser  Gcilanke  tuorf  mit  dem  Inf.  Fut. 
zulSsst,  das  scheint  doch  nicht  ohne  Gruod  bezweifelt  zu 
werden.  Besser  scheint  die  Emendatiun  lies  sonderbaren 
ui&i  }.ö'/'Oi'  geglückt  zu  sein,  wofür  iiljd'  okijov  vor- 
geschlagen und  durch  Berufung  auf  die  Varianten  zu  IV, 
§.  2(t  und  auf  Schaef.  zu  Demosth.  Tom.  V,  p.  408 
wahrscheinlich  gemacht  wird.  Da  uriuii  —  v7roK6ilp€C 
aus  dem  nicht  selten  corrigirten  Cod.  Q.  kaum  von  Isaeng 
Lerrühren  ilürfle,  so  ist  vielleicht  zu  schreiben  inokei-  ■ 
naiv.  —  §.  4ti.  Hinsichtlich  der  Richtigkeit  des  Textes 
stimmt  Hr.  J.  ganz  mit  dem  Unterz.  überein,  aber  über 
die  Erklärung  ron  ißovh'j^ljuev  ist  er  verschiedener 
Ansicht.  Ref.  stellte  a.  a.  O.  p.  434  die  Ansicht  auf, 
weil  ißovkljdl-f^ieii  von  der  in  dno^Vl'joy.uvTSC,  liegen- 
den nicht  erfüllten  Bedingung  abhängig  sei ,  hätte  es  ei- 
gentlich die  Partikel  uv  bei  sich  haben  sollen  und  könne 
dieser  nur  darum  entbehren,  weil  der  Satz  dem  vorher- 
gehenden, in  welchem  uv  schon  enthalten  ist,  coordinirt 
ist.  Ilr.  J.  dagegen  behauptet,  man  könne  hier  nicht 
den  Gegensatz  bilden  at  voluinius  ,  und  darum  dürfe  nach 
Herrn,  de  part.  üv  libr.  I,  c.  V> ,  p.  (j'2  diese  Partikel 
nicht  stehen.  Die  Bildung  de»  Gegensatzes  ist  im  Grunde 
wohl  Kichts,  als  eine  Art  Ilandirerksvortheil ,  und  die 
eigentliche  Entscheidung  muss  jedenfalls  der  Umstand 
geben,  ob  das  Verbum  von  einer  Bedingung  abhängt,  und 
wie  dieselbe  beschaiFcn  ist.  Nun  liesse  sich  allerdings  der 
Gedanke  so  fassen:  wir  wollten  doch  wohl  nicht,  dass 
nns  Andere  beerben  sollten,  im  Falle  dass  wir  stürben; 
dann  bezöge  «ich  die  Bedingung  nicht  üuf  den  Willen, 
sondern  das  Beerben,  und  da  müsste  ißuv}.lj9}^'luCV  nach 
Ilerm.  de  part.  uv  libr.  I,  c,  12,  p.  t)9  natürlich  ohne 
äi'  stehen.  AVcnn  aber,  »rie  es  die  Construction  zu  ver» 
langen  scheint,  duo'JvtjO'/.ovxti  mit  izßov).1]9l^Lif:V  ver- 
bunden werden  muss,  und  der  Gedanke  sein  soll:  wir 
würden  doch  wohl  als  Sterbende  nicht  etwas  Anderes  ge- 
wünscht Laben,  so  hängt  das  Wollen  von  einer  Bedin- 
gung ab,  die  nicht  eingetreten  ist,  und  da  sollte  i(jOV- 
Kl^\}rutv  üv  »tehen,  und  das  Fehlen  der  Part,  mussauf 
die  obige  Art  erklärt  werden.  In  diesem  letztern  Falle 
kann  man  auch  den  gewünschten  Gegensatz  bilden,  näm- 
lich: waren  wir  lor  KIconvmus  gestorben,  so  würden 
wir  doch  wohl  sterbend  nicht  Andere  aU  ihn,  uuseru 
Dach<<fen  Verwandten,  zu  Erben  gewünscht  haben;  jetzt 
aber,  da  er  vor  ung  gestorben  ist,  wünschen  wir  n..tür- 
lich    Andere.      Diecer    Gegensatz    geht    freilicli    die    Ue- 


weisführnng    Nichts     an  ;      das      ist     aber     auch     nicht 
nöthig. 

Aus  der  Rede  über  des  Menekles  Erbschaft  behan- 
delt Hr.  J.  g.  9  und  schlägt  für  ijitSidioaiv  ai'Trßyor: 
unoöitituOtV  ai'T(0,  eine  Emendatiou,  die  dem  Unter- 
zeichneten vor  Thvrwitt's  frciöiduioiv  ctvx^  den  Vorzug 
zu  rerdiencu  scheint.  —  JJ.  14.  oj?  £v  cpoovüvvtl  wird 
ähnlich  vertheidigt,  wie  von  Unterz.  in  den  Act.  S.  Gr. 
Vol.  II,  p.  105  stj.  —  §.  20.  TU  ovof^ia  hatte  Schöm. 
erklart:  tu  Ttjq  naQacpoooi'vtjg  övofia.  Hr.  J.  zeigt, 
dass  es,  nur  auf  yt'V)j  bezogen,  einen  recht  trelTendeu 
und  schönen  Sinn  gibt.  —  §.  22.  Während  die  Einen 
dv^QuiTlov^,  die  Andern  i>ud<;  herauswerfen  wollen, 
hilft  der  Verf.  durch  Emendatiou  und  ändert  viid.^  in 
uuoi'cug;  jedenfalls  eine  beachtonswerthe  Verbesserung. — 
§.  24-  I^s  wird  gezeigt,  dass  man  an  dem  epexegetischen 
TUL'  TCOlljaaai}ai  ohne  Grund  Anstoss  nahm.  —  §.30.  Zu 
Ws  TS  Öiiüfie^a  macht  Hr.  J.  die  vorzügliche,  beinahe 
über  allen  Zweifel  erhabene  Conjectur :  ty^  yP.  dl]  (üo- 
f.'-£9a.  Den  Ruhm  dieser  Entdeckung  aber  muss  Hr.  J. 
theilen^  denn  dieselbe  Emendation  wurde  auch  schon 
früher  einmal  von  einem  Alitgliede  der  Griech.  Geiell- 
schaft  gemacht,  wenn  Ref.  nicht  irrt,  von  H.  Sauppe. — 
§.  A').  Hier  nahm  Schöm.  eine  sehr  verwickelte,  oder 
richtiger  ganz  abgerissene  Construction  an ,  indem  er  die 
Worte  des  §.  37  ^uivTOi;  ^tv  etc.  als  die  eigentliche 
Fortsetzung  des  §.  35  abgebrochenen  Gedankens  betrach- 
tete. Der  Verf.  macht  nun  darauf  aufmerksam,  dass 
schon  oiiTOi  de  in  §.  35  die  nach  7loAA.(ij  TlXeiova 
durch  eine  Parenthese  unterbrochene  Construction  wieder 
aufnimmt,  sobald  man  nur,  wie  sich  von  selbst  verstellt, 
den  bessern  Handschriften  folgt  und  iyto  yuQ  ichreibt, 
statt  aus  dem  mehrfach  iuterpolirten  Cod.  Q.  cyo)  fxtv 
yup   eic.   aufzunehmen. 

In  der  Rede  über  die  Erbschaft  des  Pyrrhus  wollten 
Bekk.  und  Schoem.  §.  (i  yi'VUiy.öi  entweder  in  den  Nom. 
verwandelt  oder  entfernt  wissen.  Hr.  J.  vertheidigt  es, 
wie  auch  Ref.  in  den  Act.  S.  Gr.  V.  II,  p.  115.  — 
g.  17  soll  iiTf'  dvoiui  ctg  aürdg  durch  die  Erklärung 
dvoia  eis  Tiva  Z^  amens  amoris  impetus  in  aliquem  ge- 
rettet werden.  Auch  Ref.  dachte  einmal  so;  da  es  ihm 
aber  nicht  glücken  wollte,  irgend  eine  Bestätigung  dieser 
Erklärung  ausfindig  zu  machen ,  wurde  er  misstrauisch 
gegen  sie;  hielt  es  für  bedenklich,  ein  dtia^  keyöfXSVOV 
anzunehmen,  wo  eine  leichte  Verbesserung  einen  nicht 
weniger  passenden,  ja  vielleicht  noch  besseren  Gedanken 
bietet.  Denn  durch  Ctg  iaVTOVg  kommt  eine  keinesweg» 
raüssige  Beziehung  in  den  Satz,  und  die  avota  leidcn- 
gchaftlicher  Jünglinge  wird  nun  besonders  scharf  der  Be- 
sonnenheit gegenüber  stehen,  die  sich  von  dem  schon 
bejahrten  P^rrhus  erwarten  liess.  Ucbrigens  fällt  bei 
j'yT  dvoiag  et'i  avxüg  nach  der  obigen  Erklärung  auch 
auf,  dass  damit  nur  eine  Wiederholung  dessen  gegeben 
sein  würde,  was  schon  in  imdvfAl'jaavTtg  toiovtiov 
yvvaixvjv  und  «xparw;  ixavTsg  aüicüv  liegt.  Sollte 
ia  die  Lesart  der  Handschriften  vertheidigt  werden,  so 
iTürde  vielleicht  besser  iiTl'  dvoiag  äf^taftTCtveiv  ei'g  Tiva 
ronstruirt  und  erklärt:  aus  Unverstand  in  Beziehung  auf 
Jemanden,  in  seinem  Verhältnisse  zu  Jemand  einen  Feh- 
ler   begehen  i    also  t/j  ganz  allgemein  nur  die  Richtung, 


93 


94 


Beziehung  andeutend.  —    §.   28   findet  sirh  nach   nolhjj 
liit/.Xoi'   in  den   besten  Hanilscliriften   ?;,   und  dessgleic  hen 
^.  ','9  nach  711>}JM   Tlkf/uii    >]v.     Die  Herausgeber  ent- 
lernten   beides    als    ȟllif    unpassend.      Aber  wie  entstand 
die  Corruntel  ?  Folgen  «ir  der  ^'ermnthung  des  Hrn.  Verf., 
der    an    beiden    Stelleu    dv  dafür   einsetzt,    so  haben   »ir 
etwas  dem  Sinne  ganz  Angemessenes  und  zugleich  die  Spur 
des  Ursprungs  der  Verderbniss  gefunden.   —   §.  33  noXkio 
:i}Jov    Ti/Q.   h'js^ioc.  Tov  y.h](iuv  oiyycnui  at'ioiq  er- 
kl.'lrt  Hr.  J. :    Sonne  apparet,  tjuae   iani  dudnni   farta  esse 
testati    sunt,    tnulto   potius   proptei-  liereditati.1  petilionevi 
esse  coiinnenlos,   und  entfernt  dadurch  jeden  Yerdaiht  einer 
Verderbniss  in  der  hands«  hriftlichen  Lesart.    —   J5§.  55  — 
57.    Der  Ideengang  des   Redners  hat  hier  den  Erklärern 
maueherlei  Schwierigkeilen   gemacht.     Schon  Reiskc  stiess 
an   und   glaubte,    nur  dann   könne  ein  passender  Sinn   ge- 
«tunnen  werden,    wenn  man   §.   57   ovj  vor    ü(Jio}Myovoi 
tilge.      Bekk.   folgte  ihm   und  schloss  die  Negat.  in  Klam- 
mern  ein.     Hr.  Schom.   vertheidigte   dagegen   Of'jf.     Uiese 
^'ertheiiligung    erschien    dem    Unterz.  wohl   gelungen  und 
überzeugend ,    hat    aber    Hrn.   J.    doch    nicht    überzeugt. 
Allerdings    nun    kann    nicht    geläugnet    werden,    dass    die 
Schuld    davon    zum    Theil    an    Hrn.    Schöm.     selbst   liegt, 
welcher  die  AVorte:    yat  u'x;  dhjdij  Xiyoj  de.  übersetzt: 
„Sed  quo  cognoscatis ,    testivwniis    adoptionem   probatam 
esse,    ipsa  vobis  testinionia  proponam;"    denn  diess  kann, 
wie  Hr.  J.   mit  Recht    bemerkt,    weder    in    den    Worten 
füglich  liegen,  noch  passt  es  in  die  Argumentation.    Aber 
was  der  Verf.  bietet,   w  ird  schwerlich  Jemandem  genügen, 
da  es  ihm  selbst  nicht  genügte.     Er   gibt  den  Inhalt   der 
bezeichneten   ^^.  also  an:    „Apparet  enim ,  nisi  sie  (näm- 
lich ut  ex  concubina  procreatam)   habuisset  uxoiem,  cum 
Endio  disceptaturum  fuisse,    praesertim  quum  sibi  propo- 
guisset,    negare  adoptionem;    atque  ut  homo,    qui  caussis 
nescio  quibus  hoc  negaret,    falsi  testimouii   aecusavit,  qui 
tum  testati  sunt   [et  hoc  eum  fecisse  leget  scriba  ex  teati- 
moniis    allatis^.      Atqui    ctiam    illud    apparet,    concedere 
eum    iustam    esse    adoptionem ,    alioquin  hereditatem  vivo 
eripere    studuisset,    qnod    quum    non    ausi  sint,    timentes, 
ne  laberentur  caussa ,    illo    ipso    ostenderunt,    adoptionem 
non    esse    uegandam.  "      Zuerst    nun    begreift    man    nicht 
recht,  warum  Hr.  J.   einen  Theil  durch  besonderen  Druck 
ausgeschieden   und   in  Klammern  eingeschlossen,   und   was 
er  damit  beabsichtigt  hat.    Ferner  lässt  sich   nicht  erken- 
nen,    wie    er    die  von  Atqui   etiam  an  aufgestellten  Sätze 
im  §.  57  gefunden  bat.     Und  drittens  ist  mehr  als  zwei- 
felhaft,   ob    diese    Sätze    in    einer    passenden  1'erbindung 
mit  <\en\  hier  zu  führenden  Beweise  stehen.      Dass  Isaeus 
gesagt   haben    müsse,    lüg    oi'X    ö^tokoyouot    lijv    jov 
'Eiöiov  TCo/tjoiii  i'Tld  TOV  Ili'göoi'   yivtadai,    beweist 
der    folgende    Satz:     ov    yug    av    i'TlsgßuvTeg   juv 
T  eke  VTUiov  tov  o'iy.ov  ytysvrjfxevov  y.ktjQ  opäf^ov 
vntQ  TTji  yvvaiv.dg  tov  II v  q  ^  o  v  y.Li'iQov  kaxeiv 
T1]V    k}T^iv   TJ^/ujOav  OVTOl.      „Aber  das  ist  offenbar, 
dass  sie  die  Adoption  des  Endius  nicht  anerkennen ;  denn 
sonst    würden    sie  nicht  mit  Uebergehung  des  letzten  Be- 
sitzers   die    Erbschaft    des    Pyrrhus    verlangen."      Hätte 
Xenokles  jene  Adoption  anerkannt,  »o  musste  er  auf  die 
Erbschaft  des  Endius  seine  Ansprüche  stellen,    nicht   auf 
die  des  Pi/rr/ius.     Der  Ideengang  des  Redners  ist  in  der 


ganzen  Stelle  folgender:  Zuerst  stellt  er  den  Satz  auf: 
,,  Es  ist  «flenbar,  dass  Xenokles,  wenn  ihm  nicht  sein 
Weib  als  ein  uneheliches  Kind  des  Pjirrhus  verlobt  wor- 
den wäre,  noch  bei  des  Endius  Lebzeiten  von  demselben 
das  väterliche  Vermögen  seiner  Frau,  als  einer  in  ge- 
setzniässiger  Ehe  ton  Pyrrhus  erzeug(en  Tocliler,  iu  An- 
spruch geiiouimen  haben  würde,  da  er  ja  Kinder  von 
dieser  Frau  ha((e."  (Die  Ansprüche  der  Kinder  einer 
Erbtochter  auf  das  grossväterlichc  Vermögen  erloschen 
nicht,  selbst  wenn  ihr  Vater  durch  besondere  Rücksich- 
ten sich  abgehalten  sah,  dieselben  zu  verfolgen;  vergl. 
die  zehnte  Rede  und  aus  der  dritten  j^JJ.  50.  (  •').  ,  Er 
würde  diess  aber  nni  so  mehr  gethan  haben,  da  er  die 
Adoption  des  Endius  gar  nicht  anzuerkennen  bereit  war." 
Ann  gibt  er  die  Beweise  für  diesen  letzteren  Ausspruch. 
Der  erste  ist  enthalten  iu  vjg  dij  oi'l  üfiokoydjv  TIV)^ 
iTiioy.&nitxo  *)  lotq  fit^tuQzVQijyuaiv  ini  ttj  fitad^y.)j 
TOV  IliQ(jov  na()aylvliodut ,  und  da  er  sich  auf  ein 
ehemaliges  factum  gründet,  wird  diess  durch  ein  Zeug- 
iiiss  ausser  Zweifel  gesetzt  (y.ai  v'xi  äJr^äi^  —  M-IP- 
T i'PIA).  Der  zweite  wird  gegeben  ^.  5/  und  stützt 
sich  auf  das  gegenwärtige  1  erfahren  des  Xenokles.  §.  58 
enillich  kehrt  Isaeus  zur  Hauptsache  zurück  mit  den 
Worten  :  ot'xovv  dvo/'v  TU  itS(ja  UQOofjy.t  tij  yvvaiyi  etc. 
Nur  eine  Schwierigkeit  bleibt  nun  noch,  die  von  Hrn. 
Srhüm.  richtig  bemerkt  wurde.  Känilich  statt:  akki'- 
111  V  y.dy.Eivö  ys  ölXop,  erwartete  man  eher  SljkoL 
Doch  dürfte  desshalb  keine  Aenderung  iiöthlg  sein,  wenn 
man  berücksichtigt,  dass  durch  das  Vorlesen  des  Zeug- 
nisses die  Rede  unterbrochen  worden  ist.  So  haben  wir 
no(hdürftig  passenden  Sinn  und  Zusammenhang;  frei- 
lich nur  nothdürftig;  wesshalb  der  Verdacht  einer 
Verderbniss  von  Unterz.  keineswegs  als  beseitigt  betrach- 
tet wird.  Aber  so  viel  scheint  ihm  gewiss,  dass  ovy_  §.  57 
nicht  anzugreifen  sei.  Vielmehr  dürften  die  Worte  w? 
ö!]  oi'X  öf.tokoyiov  nujg  insoxijTiTe  für  neue  Ver- 
niuthungen  einen  bcachtenswerthen  Fingerzeig  geben.  — 
Hr.  J.  geht  zu  der  schwierigen  Stelle  im  61-  §•  weiter. 
Unterz.  hat  über  dieselbe  ausführlicher  in  den  Act.  S. 
G.  II,  p.  123  sqq.  sich  verbreitet,  leider  aber  bis  jetzt 
die  Ueberzeugung  behalten ,  dass  er  daselbst  ungleich 
glücklicher  im  Kiederreissen  ,  als  im  Aufbauen  gewesen. 
Er  befand  sich  eigentlich  in  einer  für  Hrn.  J.  gewiss 
recht  günstigen  Stimmung,  indem  ihm  eine  neue  bessere 
Erklärung  nur  erwünscht  sein  konnte.  Aber  er  vermochte 
den  Ansichten  desselben  do<li  nicht  beizutreten.  Hi.  J. 
übersetzt:  „Se  igitur  ab  illo,  <^vi  adoptione  heres  est 
{'.laQu  TOV  epTV^öfzog  sc.  Tiß  oiy.(p)  petitiunis  facultas 
deveniat  ad  illos ,  qui  litetn  de  possessione  intendere  vo- 
lunt  i.  e.  propinquos  {TOti;  y.aru  yipovg),  neve  alii  etiam 
non  propinqui  acquirere  studeant  hereditatevi ,  cuius  heres 
non  Sit  relictus,  propterea  iniöty.dCovxai  i.  e.  i«»  pe- 
tendae  hereditatis  coram  archonte  demonstrant  et  iur» 
suo  pelunt.'-''     Die  Bedenken ,  welche  bei  dieser  Interpre- 

*)  Die  Hanilschrilten  gi-bm  inia/.rim.t.  Pass  im  l,cx.  be- 
merkt zwar,  auch  das  Activ  werde,  nur  seltner,  wie  das 
Med.  gebraucht;  da  aber  bei  den  Rednern  ausserdem 
gegenwuitigen  sich  kein  Beispiel  zu  Gndcn  scheint,  trage 
ich  kein  Bedenken,  Reiske's  Verbesserung  anzunehmen, 
zumal  eme  dutcU  das  feilende  toTj  so  sehr  edeichteite. 


95 

tation  sich  anfdrinifpii ,  sind  in  tii-r  Kürze  ful-fcnde  :  1)  Man 
verniisst  den  Beivois,  dass  o  f  i.  rj'/Wi' absoint  jjosajjl  »er- 
den könne  filr  o;  iisrrx^  ^iji  oi'/.p  Tl'Diri^et'i.  'J)  -Nach 
der  gegebenen  Erklärung'  erwartet  man  Tor  yj.l'oor  rj 
f.ij^li  statt  TiC>i>  y.UjOuiv  cd  U-i;ci^.  ,i)  Ohne  allen  Ginnd 
werden  unter  oi  diKfiaßvTEiv  IjOvXÖuevoi  bloss  Ver- 
wandte, unter  Tlve^  bloss  Fremde  verstanden.  4)  Auch 
der  Ausdruck  yiyvscai  li  xivi  rraoä  tivu-  di'iifie  in 
der  angcnoniniencn  Be<lcuinny  einer  Besfafigunjf  bedürfen. 
.5)  Wie  soll  Jemanden  durcli  die  Kpidikasie  des  Erben 
die  Äjjt';  cntzopfen  »erdenl  )'.i;^/i  ist  ja  Airlits  weiter, 
als  die  eingereichte  schriftliche  Petition,  die  jeder  machea 
konnte  und  machen  nuisste,  »renn  aucli  schon  tou  dem 
präsumtiven  Erben  die  E|)idikasie  veranstaltet  «ar,  so- 
bald er  seine  vermeintlichen  Anspriiche  geltend  machen 
Hüllte,  (i)  Da  oi  uu(fiaßijT{iv  ßovLt'iiUvoi  und  Ttvkq 
nnmfiglich  so  geschieden  «erden  können,  wie  sie  der 
Terf.  scheidet,  so  würden  die  beiden  Satze  ///'  —  yiyvujv- 
TOLL  und  lo-j  —  TokiiujOl  bei  der  angenommenen  Erklä- 
rung von  yiyvca9ui  rivi  naoä  iivo^  nothwendig  zusam- 
menfallen. 

In  der  Rede  über  des  Nikostratas  Erbschaft  wird 
§.^7  das  schwierige  iiäy.i^  iVk^Etov  emendirt  i^Ey.li- 
pVjr9i;T0V ,  was  allerdings  noch  ansprechender  ist,  al« 
Schömann's  Cir/.c/oDoi'.  —  §.  13  tov  öh  CviiticuvoiTÖg 
ioTt,  wird  erkl.'irt:  „es  ist  Sache  des  Zufalls,"  d.  h.  es 
hängt  vom  Zutall  ab  und  kaun  nicht  vorgesehen  werden.  — 
§.  24  tciool  wird  gegen  Hrn.  Scliömanu;  der  avTOi 
vorschlug,  gut  verthcidigt. 

(Bcsc  hlus»  fo  Igt.) 


Zur  Kcnnlniss  der  Quellen  des  Pliniiis. 

Herr  Dr.  Cäsar,  welcher  im  Juniheft  der  Zeitschr. 
f.  .4.  W.  von  1S3S,  das  mir  so  eben  zukommt,  mit  Fleiss 
und  Gelehrsamkeit  die  Quellen  nachweiset,  aus  denen 
Plinius  an  mehreren  Stellen ,  in  denen  er  sich  auf  Hesio- 
dos  beruft,  geschöpft  habe,  sagt  in  Bezug  auf  die  Stelle 
üb.  X,  c.  H>J.  (Viros  avidiores  Veueris  hieme,  foeminas 
aestate  Ilesiodus  prodidit)  in  >'r.  65  (S.  5i2)  dieser  Blät- 
ter: „(diese  Stelle)  kann  aber,  wiewohl  ich  die  unmit- 
telbare Quelle  nicht  angeben  kaun,  doch  schwerlich  die 
Bekanntschaft  Hesiod's  (soll  heissen  :  des  I'linins)  mit 
diesem  Gedicht  (Hes.  Opp.  et  D.  ,')Bli)  beweisen,  da  die 
Stelle  nicht  einmal  genau  der  Hesiodischen  entspricht." 
Sehr  richtig!  Hcsiodos  sagt  nur  die  letzte  Hälfte  w>n  dem, 
was  Pliuius  ihn  sagen  lässt,  und  dieser  hat  also  wohl, 
wie  CS  solchen  Sammlern  öfter  begegnet,  einen  andern 
Gewährsmann,  der  sich  auf  Hesiodos  berief,  ausgeschrie- 
ben, und  Alles,  was  der  erstcre  sagt,  dem  letztern  zu- 
geschrieben. Aber  welches  ist  dieser  Gewährsmann?  Es 
i«t  Niemand  anders  als  Aristoteles.  Derselbe  berichtet 
die  von  Plinius  erwähnte  phvsische  Wahrnehmung  einmal 
in  der  Historia  Animaliuni  l'ib.  V,  c,  8,  aber  ohne  des 
Hesiodos  zu  gedenken,  ganz  in  der  Weise,  wie  Plinius 
davon  redet:  Jpy«  Öe  7i^ug  xrjv  ö^ä.iav  xiäv  uvi}o(jj- 


96 

TTo)V  TU  jitv  aooüv  Iv  T(!i  xfitnovi  ftutJMv ,  ru^bl 
dljKv  £l>  T(p  98Qei.  Pjiu  andercsmal  aber,  wo  er  zwar 
von  der  nämlichen  Erscheinung  handelt,  jedoch  wosentli<li 
nur  das  entgegengesetzte  Verhalten  der  beiden  Geschlech- 
ter zur  .Sommerszeit  im  Augo  hat,  Problem.  IV,  2(i 
(25.  Bekk.),  fügt  er  hinzu:  y.a^diieo  xai  6  tioujti)^ 
Xeysi  int  nS  Oxakrino,  und  setzt  dann  den  von  llrn. 
Cäsar  angeführten  Vers  bei.  Allein  hier  haben  sowohl 
Casaubonus  als  Bekker  bemerkt,  dass  statt  Ltysi  sich 
auch  die  Variante  JlaioSui  finde,  und  so  las  wahr- 
Bcheinlich  Plinius  in  seinem  Exemplar  des  Aristoteles 
und  legte  nun,  da  er  die  \otiz  aus  dem  Gedächtnisse 
niederschrieb,  «lern  Hesiodos  bei,  was  Aristoteles  an  der 
ersten  Stelle  gesagt  hatte.  Diess  konnte  ihm  um  so  leich- 
ter begegnen,  da  Ar.  wieder  in  Problem.  IV,  2!)  ['S-  Bekk.) 
den  Gegenstand  in  iler  nämlichen  Fassung  bespricht,  wie 
in  der  Hist.  Animaliuni.  Wollte  man  annehmen,  Plinius 
habe  in  seinem  Aristoteles  auch  nur  ö  uutljTi^g  ohne 
Jlai'ociog  gelesen,  so  hätte  ihm  der  Vers  als  ein  Ilesio- 
discher  bereits  bekannt  sein  müssen,  und  dann  konnte  er 
die  aufgezeigte  ^'erwechselung  unmöglich  begehen. 
Kreuznach  im  Januar  1839.  Dr.  Knehel. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

St.  Petersburg,  12.  Jan.  Unsere  Akademie  der  Wissen- 
schaften beging  vorgestern  ihr  1!2.  Stirtiiiigsfcst  und  mit  dem- 
selben den  solennen  Akt,  den  sie  seil  dum  Jahre  182G  an  ilie- 
sini  Tage  zu  bagelien  pdegt  Eine  zahlreiche  Versammlung  aus 
allen  Stunden  wohnte  demselben  bei.  Der  beständige  Secrelär 
der  AkiJemic  ,  der  wiikliclie  Staatsialh  Fuss,  verlas  den  Jah- 
rcslieiicbt,  in  welchem  er  eine  umständliche  Darstellung  vom 
Gesammtzuslandc  der  Akademie,  wie  von  der  wissenschaftlichen 
Tli:itigkeil  ilircr  Glieder  im  Verlauf  des  Icl/.ten  Jalircs  gab. 
Unter  den  bei  dieser  Sitzung  neuaufgenommeiicn  Elireniiiitglic- 
dern  der  Akademie  bemerkten  wir  von  Iiilamlern :  den  wirk- 
lichen Staatsratli  Adelung  ,  Director  des  unter  dem  auswärtigen 
Ministerium  siehenden  Orientalischen  Insliluts,  sowie  unter  der 
Z'ilil  der  Corrc-ipondcnlen  *ioA\  an  der  Universität  zu  Dorpat 
angestelltsn ,  jedoch  schon  im  zweiten  Jahr  hier  anwesenden 
und  mit  clcktro  -  inagnctisclien  Arbeiten  besch;itl"ligten  Professor 
Jakobi. 

Dovpat,  Am  2\.  December  beging  die  Universität  zu  Dorpat 
das  Fest  ihrer  vor  35  Jahren  gcscliclienen  Stiftung.  Cci  dieser 
(jelcgrnheit  trug  Professor  Bunge,  Dekan  der  Jonslen-Kacultät, 
einen  Bericht  über  den  Zustand  und  die  Wirksamkeit  dir  Uni- 
versität im  let«tverlaufeiien  akademischen  Jahre  vnr;  er  knüpfte 
daian  eine  biosrapliische  Skizze  und  Charakteristik  des  im  Fe- 
bruar vergangenen  Jahres  z'i  (liessen  veistorbenen ,  um  die 
Universität  Dorpat  sehr  verdienten  Professor  ("lussiiis  und  ver- 
offentliclilc  sodann  die  Preise,  welche  raelireren  Studirendca 
zuerkannt  wurden.  Nach  Beendigung  des  festlichen  Actes  ver- 
sammelten sich  die  Professoren  und  Studircnden  der  Rechts- 
Faciiltiil  im  juristischen  Hörsaale,  wo  die  fcierliehc  Aufstellung 
eines  Brnstuildes  des  Tcrstorbenen  Professor  Clossiiis  stattfand, 
das  seine  dankbaren  Schüler  vom  Maler  Hau  hatten  ausführen 
lassen. 

Sachsen,  7.  Januar.  Der  geistliche  Inspcctor  Schmic- 
,dcr  an  der  Landcsschulc  Pforta  hat  in  den  ersten  Tagen  des 
Januar  »eine  Stelle  niedergelegt  und  ist  nach  Wittenberg  als 
zweiter  Director  des   dortigen   Prcdigcrseminariunis  abgegangen. 


Z  e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 


für   die 


Alterthu  ms  Wissenschaft 


Mittwoch  y  30.  Januar 


18  39. 


Nr.  13. 


Viro  pprilliistri  Goilofredo  Ilprmaniio  prarsidl  siio  ilicm 
iiafalcm  a.  .1.  IV.  Cal.  Dc(  cinl.r.  a.  HIDCCCXXX^III 
coii;;ratnlniilur  Societas  Graeca  et  Rcpiiiiii  Soniiiia- 
riaiii  Pliiloloffiruiii  iiiterprcte  Edaardo  Jenicke.  — 
Iiisniit    obseriationcs    in    Isacni». 

(BcscLIuss.) 

ücber  lies  Philoktcmon  Erbsrhaff  g.  13  hatfe  Bckk. 
filr  Z(ia.yfia  TlQUTTOVXii  gpsrliriebeii  TiQuyiia  nXav ■ 
roVTli.  Scliom.  fdlgte  ihm,  bcn\crkte  aber  sehr  richtig, 
(iass  die  Worte  y.ai  oi'öe  ysiouivuv  ei;;en(lich  dazu  gar 
nicht  passen,  und  meinte.-  Isaeus  habe  sirli  hier  eine 
grosse  Uebereiliinjf  zu  Schulden  kommen  lassen.  Ilr.  J. 
auclit  nun  zu  zeigen,  dass  man  eine  so  auffallende  Un- 
achtsamkeit dem  Redner  nicht  Schuld  zu  geben  brauche, 
«enn  man  den  Handschriften  folge.  Dann  sage  Isaeus: 
„Rem  agunt,  sivera  esset,  impuilentissimam  ,  nemo  enim 
patris  errores  tarn  publice  profcrret,  ac  ue  factam  qui- 
dem,  id  quod  statim  docebo."  Da  sieht  man  nun  frei- 
lich nicht,  wie  sich  nemo  enim  etc.  und  ac  ne  factam 
(juidcm  zu  rem  agunt  Terhalten ;  oder  mit  andern  Wor- 
ten: es  scheint,  es  habe  Hr.  J.  7lQa.yua  in  anderem 
Sinne  bei  der  Apposition  ävaiSeia  i'TlSQßatXov  ,  und 
in  anderem  bei  ovSs  ySvuuEvov  genommen,  was  doch 
unmöglich  geschehen  kann.  TTQU.ytia  nuiss  in  beiden 
Fällen  das  angebliche  Verhältniss  znischen  Euktcmon 
und  der  Tochter  des  Pistoxenus  sein;  also  mit  Beibehal- 
tung von  TlQUTTOVTEg  hiesse  die  Stelle:  indem  sie  eine 
That  (Handlungsweise)  des  Euktemo  zu  Stande  bringen 
(durch  das,  was  sie  sagen),  welche  an  Unverschämtheit 
Alles  übertreffen  würde ,  aber  auch  gar  nicht  stattgefun- 
den hat.  —  §.  22.  £1  [u>}  Ovyiinooirj  tovtov  eiaax^i]- 
vai  stutzt  sich  bloss  auf  Z.,  die  übrigen  Handschriften 
scheinen  die  Vulgata  zu  haben :  tovtov  eÜv  f.ioayßrivai. 
Wenn  dem  so  ist,  so  dürfte  es  allerdings  zweckmässiger 
sein,  kdv  zu  emendiren,  als  auf  so  unsichere  Anctoritüt 
Lin  herauszuwerfen,  und  dann  wird  Hrn.  J. 's  Vermuthung 
TOVTOV  vibv  alaax^ijvai  Beifall  finden.  —  g.  51).  Hr. 
J.  vermuthet  v.ai  tovtoj  f^itv  ov  do/.£i  dia/.iaoTVQ  £  iv. 
Kühn  sicherlich;  richtig  kaum.  Schon  darum  muss  diese 
Eimcndation  missfallen,  weil  in  der  Piegel  nicht  der  Pe- 
tent selbst  die  StUfiaoTVg/a  einlegte,  und  namentlich  der 
schüchterne  Chärrstratus  das  gar  nicht  gethan  haben  würde, 
dana  aber  auch:  weil  ov  So/.et  den  Gedanken  matt  und 
schleppend  macht,  gegen  das  gehalten,  was  die  Hand- 
schriften bieten.      Wer  des  Ref.  Ansicht  Act.  S.  Gr.  II, 


p.  113  nicht  billigt,  wird  wenigstens  otöfi^  Sia^ciQTV- 
occ  unangetastet  lassen  müssen,  aber  bei  der  Eniendatiou 
eine  sehr  schwierige  Aufgabe  zu  lösen  finden.  —  §.  G2. 
Das  corrupte  y.ai  yug  ö  öov:;  xcd  6  Ö/ci^iiisvog,  v.a'i 
[KiOTVQOvotv  Ol  7varjay£vujt£voc  cmendirt  Hr.  J.  y.ai 
yuQ  OVTO^  6  Sovg  etc.  und  übersetzt:  „Etenim  hio 
dator  et  testator,  et  hoc  dixere  qui  adfuerant."  Es  bleibt 
noch  übrig  nachzuweisen,  wie  das  in  den  Zusammenhang 
passt,  was  man  wohl  mit  Recht  dem  Verf.  selbst  über- 
lässt. 

In  den  viel  angefoclitenen  Worten  der  Rede  über  die 
Erbschaft  des  Apollodor  §.  5  findet  Hr.  J.  keine  auffal- 
lende Anakoluthie,  da  ö  finv  jilvijOajv  —  vvv  Tioiijoä- 
jifvov  eine  Parenthese  bilden,  und  JEvTtokig  ovv  den 
abgebrochenen  Satz  wieder  aufnimmt.  Ref.  ist  derselben 
Ansicht.  —  ^.  7.  Auch  hier  stimmen  wir  ganz  bei, 
wenn  die  handschriftliche  Lesart  gegen  angebliche  Ver- 
besserungen geschützt  wird,  und  fügen  noch  hinzu,  dass 
Schümann's  Behauptung,  es  sollte  eigentlich  heissen  W5 
iavTOV  oVTa,  schon  dadurch  widergelegt  ist,  dass  das 
folgende  ävÖQi  t£  yevoutvip  uns  zwingt  TTCciSa  OVTU 
zu  verbinden,  nicht  aber  €TOS(pe  w^  hcWTOV  OVTCC.  Aber 
y.ouiC£a9ai  ist  gut  und  überzeugend  gesprochen.  — 
§.  8.  oTi  '^4Tio\k68u)goq  iriTrov&sv ,  6  dvT£VTtoi£iv 
i'ji;iov  TOi'5  iavTOV  £V£()y£Ti]navTaq  ist  gut  vertheidigt. 
—  §.  44.  Wen  Hermann  zu  Eur.  Med.  ed.  Elmsl. 
p.  330  sqq.  ed.  Lips.  überzeugt  hat,  wird  nicht  Anstand 
nehmen,  hier  mit  Hru.  .).  den  Handschriften  zu  folgen 
und   oi'Öl:   TOVTO)   äv  etc.   aufzunehmen. 

Dass  der  Druck  corrcct  ist,  versteht  sich  bei  dem 
Zweck  der  Arbeit  von  selbst;  Ref.  hat  nur  p.  8  i/'i'^''" 
und  p.  16  £^t]piniUjaov  bemerkt;  dessgleichen,  dass  die 
Latinität  sorgfaltig  beachtet  wurde.  Wenn  sich  dennocb 
einige  Ausdrücke  wie  nunc  teniporis  p.  1  und  einige 
weniger  präcis  gedachte  Wendungen  wie  p.  4  et  ipsß 
sciam  —  ficri  potuisse,  eingeschlichen  haben,  so  will 
das  Unterz.  weiter  nicht  urgircu.  Je  mehr  die  Sache 
selbst  die  Aufmerksamkeit  in  Anspruch  nimmt,  um  so 
leichter  schleicht  sich  in  die  Form  ein  kleiner  Makel 
ein,  ohne  dass  daraus  mehr  geschlossen  werden  dürfte, 
als  dass  man  eben  auch  sich  einmal  versehen.  Im  All- 
gemeinen gebührt  der  Sprache  des  Hrn.  Verf.  das  Lob, 
dass  sie  leicht  dahin  fliesst,  die  Idee  klar  und  deutlich 
dem  Leser  vor  dio  Seele  führt,  und,  ohne  ängstlich  jedem 
Steinchen  auszuweichen,  doch  den  klassischen  Mustern 
ziemlich  nahe  kommt. 


99 


100 


Wir  »ersitlKTii  ileii  llrii.  Verf.  unserer  frcumlsrliatt- 
lirbstcii  Il(irlin(  litiiiijr  iiiiil  « fiusi  Iii'ii  iliiii  zri  sciiii-ii  fer- 
luTeii  krilisi  lii-ii  und  r\cj;etisclicii  Ucmiiliuiigc-n  »on  Her- 
21-0   recht  gliicLliche  Erfulgc. 

G.  Meut:ner. 


Bcitr/ige  zur  röniisclicn  Literaturgeschichte. 

(For  (s  e<  zu  nij.) 
IV'.  Saiitra. 

Es  gibt  eine  eigene  Klasse  rüniisehcr  Graminaliker, 
deren  ^Virks.miLrit  uiui  I5e<lcn<iin^  hislier  nocii  niclit  in 
«las  ^'i'Löri;;e  l/l<lit  gesetzt  sind,  «eil  sie  einer  Zeil  an- 
geliürcu,  der  r.iaii  uoeli  gar  iiirlit  {;ranin)a<isrlic  Studien 
zuzusrlireiben  sich  geneigt  finden  kann,  £s  sind  diera 
die  glüsseniatoruni  serijitores,  uie  sie  Festus  nennt,  ron 
Varro  1.  1.  VI,  p.  02  Lezeirlinet  als  die,  qui  glossas 
«rripsernnt,  p.  S?S  <l"i  glosseuiata  *)  interpretati.  Aus 
der  ErHähnung  bei  Varro  gelit  hervor,  das«  sie  enfiveder 
gleichzeitig  mit  ihm,  oder  gar  vor  ihm,  inilliin  in  einer 
Periode  reger  literarischer  Tli.'itigkeit  gelebt  und  geschrie- 
ben. Zu  ihnen  uir  die  alteu  Historiker  Cinciiis  und  Cato, 
Ton  denen  es  31anrhe  gar  nicht  begreifen  können,  dass 
sie  grammatische  Studien  getrieben,  zu  ihnen  den  Aiire- 
liiis  Opilins,  der  mehrmals  bei  Varro  und  Festus  eitirt 
wird,  zu  ihnen  den  Aelius  Stilo,  roii  dem  sich  manche 
£tynioIugiceu  nachiiciscu  lassen ,  zu  denselben  auch 
Sajitra. 

Es  ist  unbegreiflich,  dass  der  Name  dieses  Schrift- 
•tcllers  weder  in  (umischen  Literaturgeschichten,  noch 
•elbst  in  der  neuen  Ausgabe  des  Forcelliui'schen  Lexikons 
aufgeführt  ist.  Und  doch  sind  die  Fragmente  aus  der 
Schrift  de  verborum  antiquitatc  dieses  Grammatikers  m 
reichhaltig,  dass  man  nur  einen  Index  des  Festus  aufzu- 
»chlagen  braucht,  um  gleich  eine  nicht  unbedeutende 
Auzahi  derselben  zu  erhalten.  Von  seinem  Leben  hat, 
ao  viel  ich  «veiss,  kein  alter  Schriftsteller  etivas  überlie- 
fert, allein  einige  Indicieii  sind  vorhandcu,  wodurch  wir 
•einem  Zeitalter  wenigstens  auf  die  Spur  kommen  kiin- 
Deii.  Das  älteste  Zeugniss  über  ihn  ist  bei  Quintilian, 
XII,  c.  10,  §.  16,  das  wir  nachher  in  der  Fragment- 
aanimluDg  selbst  näher  besprechen  werden.  Ein  zweite» 
Zcagiiiss  stellt  ihn  mit  den  ältesten  romisrhcn  Glossogra- 
pheii,  einem  Cincius  (dem  Historiker),  einem  Aelins  (Leh- 
rer des  Varro)  zusammen:  Gell.  N.  A.  VI,  lö:  „Nostcr 
autem  (amicus),  <jua  est  oinnium  reruin  vereciinda  nic- 
diocritate,  ne  si  Aelii  quidcm ,  Cincii  et  Santrac  dicco- 
<lum  ita  censuissent,  obseruturum  sese  fuissc  ait  contra 
perpetuaai  Latiiide  linguac  consuetudinein:  nequc  se  tarn 
iosignite  loriituniin,  absona  inauditaquc  ut  diccret."  Rückt 
ccbon  diese  Zusamineustellung  ihn  wenigstens  wahrschein« 
lieh  bis  vor  Cicero  hiuauf,  so  macht  endlich  ein  l'rag- 
meat  ans  seiner  eigenen  Schrift  dicss  beinahe  bis  zur 
Etideoz  wahrscheinlich.  Bei  >'onius  hcisst  es  nämlich 
»•  '•:    „Seplemfariam  ut  nultifariam.     Sanlra  de  verbo- 

*,    Ctljsspüiala    cikbirt    Quinlülan.    1,    g.     als    voce»    minu« 
usilila;. 


rum  antiqnitate:  In  (?),  quod  rolnmen  unum  nos  Iccfi- 
tavimus  et  postea  invenimus  septeinfariam  divisum."  Nun 
aber  wissen  wir  durch  .Sueton  de  illustr.  gram.  r.  2)  das» 
das  Pniiiciim  bellum  des  Mävius  auf  diese  AVeise  behan- 
delt worden  ist:  „Caius  Octavius  Lanipadio  Naevii  Puni- 
cnm  bellum  (commentando  notuiii  fecitj:  cjuod  iinicu  vo- 
lumine et  continenfi  scriptura  cxpositum  divisit  in  septcm 
libros."  *)  Aus  jener  Stelle  des  Jjueton  erhellt  aber 
auch,  dass  Octavius  Lampadiu  im  7.  Jahrhundert  nach 
Roin's  Erbauung,  etwa  zwischen  (i30 — ()(iO  gelebt  habe. 
■Wenn  also  Santra  sagt,  er  habe  früher  ein  Gedicht  als 
ein  Ganzes  gelesen,  das  er  nachher  in  sieben  Bücher 
getheilt  gefunden,  so  erhellt  \vohl,  dass  des  N.'ivius  Ge- 
dicht damit  gemeint  ist  ,  dass  er  daher  mit  Octavius  Lani- 
padio  gleiilizeitig   gelebt   haben   niuss. 

G'esrhrieben  hat  aber  Saiitra  de  verborum  antiquitate, 
und  wenn  an  einer  Stelle  auii(2uitatum  libri  von  ihm  erw.'ihut 
werden,  so  ist  das  wohl  nur  ein  anderer  abgekürzter 
Titel.  Jenes  Werk  de  verborum  antiquitate  war  n.'imlich 
in  Bücher  abgelheilt  —  das  dritte  wird  davon  eitirt  — 
und  durch  diese  Eintheilung  in  Bücher  konnte  es  nicht 
den  trockenen  abgerissenen  Glossarien  der  spätem  ?eit 
ähneln,  sondern  niusstc  mehr  jene  Form  einer  fort- 
laufenden Abhandlung  an  sich  tragen,  die'  wir  au  dem 
varronischen  Werke  de  lingua  latina  wiederlinden.  Aber 
ein  Glossarium  war  es  doch  dem  innersten  Kerne  nach, 
wie  schon  der  Titel  de  verborum  antiquitate,  d.  h.  de 
verbis  priscis,  und  die  erhaltenen  Fragmente  zeigen. 
Letztere  aber  bieten  besonders  zwei  hervorstechende  Ei- 
genthümlichkeiteii  dar,  einmal  die  eingewebten  literar- 
liistorischcn  Nachrichten,  dann  aber  die  auffallend  häu- 
fige Vergleichung  mit  griechischen  AVortern.  II;ilt  mau 
zu  dem  letzleren  Momente  noch  den  fremdartig  klingen- 
den Namen,  so  dürfte  man  sogar  einen  Schluss  auf  seine 
Ileimath  ziehen.  Allein  um  unsere  Darstellung  frei  von 
scliHankenden  Hypothesen  zu  halten,  begnügen  wir  uns 
hier  mit  der  Zusammenstellung  der  bisher  von  uns  aiif- 
gefundenen  interessanten  Bruchstücke,  wobei  wir  zuerst 
die   ohne   bestimuitc   Nachwcisuug  aufführen. 

A.    Literarhistorische. 

I.  Nonius  s.  v. :  „Septemfarlam ,  ut  multifariam. 
Santra  de  verborum  antiquitate:  In,  qtiod  volu- 
vie/i  unum  7ios  Icclitaoimus  el  poHtca  invenimui 
aeplemfariam  divisum.  " 

Statt  des  IN  Imüchte  wohl  NAEVI  zu  lesen  «ein; 
denn  ofl'enhar  eitirt  Nonius  hier  ganz  abgerissen. 

IL  Terentii  vita :  ..Santra  Terentium  exislimat,  ?i 
uiod»  in  scribendo  ailintiiribus  indiguerit,  nnii 
tarn  -Scipione  et  Laelio  nli  potuisse ,  qiii  tiinc 
adolescenluü  fuere,  quam  Sulpicio  <ia!lo,  Itiimiuo 
dncto,  et  qui  consularibus  ludis  initjuin  fer.erit 
fabularum  danilarum :  vel  Rl.  Fabio  Labennc  et 
Q.  Fopilio  consulari  utroqiic  ac  pocla.  Idco 
ipsnm  non  juvencs  dcsigiiasse ,  qui  se  adiuvisse 
dicerentur,     sed     viros,     quorinn     opcrain    et    in 


•)  Ver;;!.  Diintzcr    et   Lcrsch    de  veis-j,    quem  vücsut,    S«- 
turuio.     Boauae  1638,  p.  10. 


101 


102 


lidlo    et    in    otio    et    in    negotii!    pojmlus    sit    cx- 

perdis. " 
Aiirli  «lipse  Sfcllc  niiiclifc  in  '^'crliindnng'  mit  «lpr 
nl>i;(i-ii  ilas  ZiM(alt(T  zioniliili  fcststelU-n  ;  denn  ilic  dania- 
liifen  rüMiisi  lifn  \'eiliültiiissc  scheint  er  iingonipin  ffpuaii 
gekannt  zu  halirn;  znt;|pi<-li  spriilit  sie  andi  nieder  für 
ilie   freiere  Form  des   AVerkes. 

B.   Glossen, 

III,     Panlns  ex  Fesfo  s.v.:  „D«/iVi«nj  siipinnm  ait  ossc 

Anrelins,  Aelins  stiiltnu;.     Oscorum  quoiine   lingiia 

»ijjnflieat  insannni.      Sinilra  vero  Jici  putut  ijisut/i, 

quem  (iraeci  d  C  tkut  ov ,    id  est,  propter  cuius 

faluilulcm  quh  misereri  dcfieat. " 

Die    Reihenfolge,    in    der  Santra    hier    erselieint,    ist 

ebenso    hemcrkensiverth,     i^ie    die    Etymologie    aus    dem 

Griechiselien.        Beiiles    tritt    auch    licrpor    in    folgendem 

Fragmente  bei 

IV^.     Festus  s.  V. :  „Nuptias  dictas  esse  ait  Santra  ab 
eo,  qnod  iiymphneu  i\i.vefUiit  Grneci  andi/ui  yo.- 
(JOV  ,    i/ide    7iovam     nuptam    vt  uv     v  v  fi(f  ij  v. 
Coroilicins,  cjuod  nova  petaulur  cnniugia.      Cnria- 
<ins,  (juod  nova  ratio  (zu  lesen  paitio)  hat.    Aeiius 
et  Cincius,    (]uia    ilammeo    caput    uuLcntis  obvol- 
vatur"  u.  s.  \v. 
Panlns    in    der  eufsprechenden    Stelle  hat  die  Etymo- 
logie   dos  Santra  angenommen:    „Nnptam    a  (iraeco    dic- 
tam.      Uli    cnim    nuptam    appellabant   VcUV   Pl'itCfljV.^'' 
V.     Festus  s.   v.  :    „Oscilluin  Santra  dici  ait,  quod  os 
cille/it ,    id    est    inclineiit,    praecipitesque    aff'e- 
rantur.^'' 

Das  Wort  oscillcnt  habe  ich  in  nvei  Theile  aufge- 
lost nach  dem  Vorgange  von  Scrvius  zu  Virg.  Georg.  II, 
.')85:  „Uude  et  oscilla  dicta  sunt,  quod  in  liis  cillerenfur 
i.  e.  moverciitnr  ora.  ]Vam  cillere  est  movere:  unde  et 
f'urciUae  ilictae  sunt,  qiiibns  frnmeuta  cillentnr." 

VI.  Festus  s.  V.:  Quiiinalis  portfi  erwähnt  den  San- 
sra,  aber  die  Stelle  ist  so  verstümmelt,  dass  nur 
die  Burhstaben  in  Santra  pro  stehen  geblieben 
»ind.  Paulus  sagt:  „Quirinalis  porta  dicta,  sivo 
quod  ea  in  coUem  Quirinalem  itur,  sive  quod 
proxime  eam  est  Quirini  sacellum."  Letzteres 
scheint  die  Ansicht  unserer»  Grammatikers  zu 
cuthalten, 

VII.  Festus  s.  V.:  Querquera  —  —  Santra  eam  ex 
G.  .  .  .  Das  sind  die  wenigen  Reste,  aus  denen 
man  mit  Hülfe  von  Paulus  herausbringen  kann,  das.» 
Santra  eine  Ableitung  aus  dem  Griechischen  vcr- 
lucht  habe.  Paulus:  „  Qwez'i/Mc/'öm  frigidam  cum 
treniore  a  Gracco  v.aQY.a(ja  certum  est  dici,  undc 
et  carcer. " 

VUI.  Scaurus  de  orthogr.  p.  2250:  „Pulchrum  quam- 
vis  in  consuetudinc  aspiretur,  nihilominus  tamen 
ratio  exilitcr  c  enunciandum  et  scribendum  esse 
persuadet,  ne  una  omnino  dictio  adversus  latini 
ccrmonis  naturam  in  medio  adspiretur.  Quamvis 
Santra    a    Graecis    putet    esse    traaslatum,    quaii 


IX.     Charifl.  I,  p.    112:    „Orbi  pro  orbe ,    apud  Cicc- 
roiiem    de    Rep.    lib.    V    —   —    —    et  frcqucntrr 
Santra  ita  Inquntus,  ut  Pliniua  eodem  libro  sexto 
notat:   quia  cousuetudu   meliur,   iuquit'*   u.  s.  «•. 
Aus  dieser  Stelle,   verglichen  mit  der  des  (ielliusVI,   ir» 
ergibt  sich  ,  dass  Santra  als  bcilentcndc  Autorität  zur  Ent- 
scheidung grammatischer  Punkte  galt. 

Lib.  II. 

X.  Festua  s.  v. :  „J'ola  nuncupata  dicnntur,  qnae 
Consiiles,  Praetores ,  cum  in  pruvinciani  prolicis- 
cuntiir,  faciunt,  ea  in  tabula«  praesentibus  niultis 
referuntur.  At  Santra  lib.  II  de  verborum  anti- 
quitate,  satis  multis  nuncupata  conligit  non  de 
rerto  nominata  significarc,  sed  promissa  et  quasi 
tcstilicata  ,  circuuscripta  ,  receptaque  ctiam  in  voii» 
nuncupandis  esse  comenientius." 
XI,  Festus  s.  V.:  ,.  Reciniuvi  onine  vcstimenfum  qua- 
dratu:u.  hi,  qui  XII  interpretati  sunt,  esse  dixe- 
runt  vir  toga  mulieres  utebantur,  praetextum  claro 
purpureo ;  unde  reciniati  niimi  plauipiilcs,  qn.ini 
rem  ililigcnter  exsequitur  Santra  lib.  II.  de  anli- 
quitato  verborum." 

Lib.  IIL 

XII.  Interpret.  Mail  ad  Virg.  Acn.  V,  95=  •,,  Incertux 
Geniamne  loci  —  —  Sandra  de  antiqnitate  ver- 
boruiu  libro  III  ait;  .  .  .  dracones  genu  .  .  . 
accipi  pro  lacorum  gcniis,  idcoquc  loc  .  .  .  go 
bene  accipere  pii   ...•'• 

XIII,  Nonius  s.  V. :  ,,  Gcnialis ,  hospitalis.  Santra  de 
antiquitate  verborum  lib.  III:  Scis  enim  genia- 
les homines  ab  antiquis  appellatos ,  qui  ad  invi- 
iandum  et  lui-gius  apparandum  cibum  promtio- 
res  essent.^^ 

.'Vntiquitatum  libri. 

XIV.  Interpret.  3Iaii  ad  Virg.  Aen.  II,  171:  ,,Trilo- 
tiia  .  .  .  alii  in  Libya  esse  coniimiant.  Qnidam 
ctiam  paludem  interpraetantur,  nt  Santra  antiqui- 
tatuni  libris  .  .  .  &Qaiv  sit  (fOjjEiodo.L ,  et  Mi- 
nerva liominibus  in  procliis  metnm  iniiciat.^' 

Ich  habe  schon  oben  bemerkt,  dass  ich  diese  libri 
aiitiquitatum  für  dasselbe  Werk,  «ie  de  verborum  anti- 
quitate halte.  Uebrigens  bin  ich  zweifelhaft  ,  ob  in  iler 
dien  angeführten  Stelle  statt  paludem  zu  lesen  sei  Pal- 
ladcm  oder  Pallorcm. 

Bonn  im  Januar   1838-  ür.   Lersvh. 


Lateinische   Eljmologiecn   von  Konrail   Scinvcjick. 

Signum. 

Wie  geneigt  mau  sich  fühlen  möge,  Signum  :nit  dem 
griechischen  dci'/.o  zusammenzustellen ,  so  ist  diess  doch 
zu  gewagt,  weil  ein  anlautendes  d  nicht  mit  s  im  i.ifei- 
nischen  vertauscht  wird,  wesshalb  wir  signitm ,  da  s  iu 
latoiiiischeu    Wortern    anlautet,    welche    griechischen    mit 


103 


104 


ipD)  Voral  anlaiiifiiilcn  piiispredioii ,  dem  grierlil^rhcn 
{iy.viv  als  Tcnvauilt  ver-jlcii  lieri  «lürfen,  iiiul  als  deu  zu 
(jniiiilc  lirgeiulcn  lipjjrill'  «Im  <Irr  Gloiclilioit ,  Arliiilicli- 
koit  aiinrliiiipii,  so  «lass  siir«!/;«  zuerst  liilil,  Alihilil,  ilami 
Zeichen  hiess.  Ziiar  lint  nigillum  kurzes  i,  aber  diese 
Verkürzung  berulit  auf  dem  iiämlicJicn  VerLalliiiss,  »lel- 
chcs  iu  dicare ,  dicere,  dli'xciv  stattfindet,  sigtii/icare 
lieisst  <lemna('li  zuerst  durrh  ein  Hild  darstellen,  (liirrli 
rill  Ulld  aiisdri'irken ,  dann  im  Allj^enieinen :  ausdrtirken, 
kund  ^elien.  Ander«  steht  es  mit  inlaiitrnileni  sund  d,  denn 
tiiese  können  sich  entsprechen,  aber,  dass  sie  ineinander 
iiber;;ehen,  kann  man  nicht  mit  der  Sicherheit  beweisen, 
welche  für  die  Annahme  eines  solclien  Falles  erforder- 
lich ist.  Solange  dies»  nicht  geschieht,  mi'issen  solche 
"Wörter  als  rerschiedene  Ableitungen  ans  gleicher  AVur- 
zfl  gelten,  und  so  entspricht  zwar  mrdius  dem  gricchi- 
irfapn  uiooQ,  aber  nur  in  der  "Wurzel  mc  —  iii  — 
nicht  iu  der  Formation.  Dass  jedoch  7itesus  auch  im 
Jjateinischpu  exjstirie,  zeigt  das  neben  dem  beglaubigten 
viedidies  so  in  den  Gebrauch  gekomuiene  aus  mesidie» 
entstandene  meridies ,  dass  es  jenes  ganz  und  gar  ver- 
ilrängtc.  So  findet  sich  «eben  ad  auch  ar  aus  as  ent- 
standen in  arliter  u.  a.  m.,  man  könnte  meinen  ans  ads 
la  as  geuorden,  vielleicht  aber  bestanden  a-d  und  a-s 
lieben  einander  und  a  ist  die  eigentliche  Partikel,  zuerst 
«Icr  Partikel  apud  in  der  IJcdentung  gleich,  denn  s  und 
il  sind  Aniu'iugeLnclistaben  «ie  ,abs ,  praes  in  praesens, 
il.  i.  praes-ens,  da  ein  scns  nicht  existirfe,  und  sum ,  sim 
li'ir  esum,  esim  stehen,  »iellcicht  auch  praes-ul ,  cons-itl, 
e.e-ul  entweder  von  co  (Stamm  i)  «ie  ami-ulo ,  oder 
«onst  eine  Formation,  was  nidit  sicher  ist,  da  auch 
jnae-sul  u.  g.  w.  möglich  ist,  indem  salcre ,  woher  ga- 
liir  kommt,  auch  die  Bedeutung  des  Gehens  gehabt  ba- 
Leu  könnte,  d  aber  finden  wir  angeli.'ingt  an  Partikeln, 
xfd,  ergod,  anted,  an  Pronomina  im  Koniinativ,  Accusativ, 
Ablativ  id,  aliud,  quod,  quid,  med,  sed,  ipsod,  an  Snb- 
ütantiia  im  Ablativ,  Siceliad  fornd  u.  a.  m.,  au  Zeitwör- 
tern im  Jmperatir,  entod,  ducitod  u.  a.  m. ,  ohne  dass 
wir  es  erklären  können.  Einigemal  erscheint  d  als  cu- 
]ilioniscLes  Einschiebsel,  wie  iu  prodirc ,  aber  diess  Ein- 
>chiebsel  geschah  so  selten  in  den  uns  crlialtenen  Formen, 
und  muis  bei  der  Neigung  der  lateinischen  Sprache  zur 
Zusanimenziehniig  um  so  mehr  befremden ,  da  ja  z.  B. 
iitcht  proditium  'on  prodire  gebildet  ward ,  sondern  j/roe- 
liiim  pro-ilium ,  also  von  pro-ire.  Wahrscheinlich  ist 
auch  in  diesen  Fallen  kein  euphonisches  Vcrhältniss,  son- 
dern Uebcrrest  jenes  angehängten  d,  nach  welchem  statt 
pro.  prod  bestand.  Vielleicht  dürfen  wir  die  Entstehung 
des  angehängten  s  und  d  als  völlig  gleich  betrachten,  so 
Hass  sie  nur  als  Dialekte  neben  einander  stehen,  denn 
in  der  lateinischen  Sprache,  uio  sie  in  ihrer  ausgebilde- 
leu  Gestalt  erscheint,  ist  kein  einziger  Dialekt  durchge- 
führt, sondern  es  gibt  jiich  eine  jllischung  vou  Dialekten 
kund,  welche  friedlich  neben  und  unter  einander  beste- 
hen. Den  Grund  jener  angch.'Ingien  Buchstaben  können 
wir  nicht  bestimmen,  und  w.as  J.  Grimm  im  dritten  Thcil 
Jer  Grammatik  über  das  d  eagt,  ist  eine  Conjectur,    von 


weldier  er  selber  aussagt,  dass  ilir  Manrlies  im  Wege 
stehe.  Vielleicht  erzeugte  die  Art  Aussprache  der  End- 
vocalc  diese  Buchstaben,  vielleicht  aber  auch  nicht.  Wer 
kann  sagen,  warum  man  casno ,  poesiia ,  pesna ,  cesna  und 
selbst  scesna ,  lusiia,  dusmus,  casmcii  u.  g.  w.  sprach 
und  warum  sich  diess  s  wieder  meist  ganz  verlor? 
Rathen  l.'lsst  es  auf  ein  Vcrhältniss  der  Aussprache  der 
nächsten  Buchstaben,  aber  auch  nur  rathen. 

l'allis. 

Das  Wort  vallis,  Thal,  muss,  wenn  es  nicht  zusam- 
mengezogen ist,  von  einem  Stamm  vallere  kommen ,  wel- 
cher nicht  existirt,  wie  denn  auch  für  eine  passende 
Zusaniinenziehung  kein  Wort,  woraus  vallis  hätte  werden 
können,  aufzufinden  ist.  Dass  auch  ein  Stamm  v alere 
genügen  könne,  lüsst  sich  annehmen,  denn  so  finden  «ir 
gollus  oder  solus  neben  s  oiox  und  solidiis,  d.  h.  1  ver- 
L'ingeit  auch  den  vorhergehenden  l'ocal ,  sei  es  durch 
wirkliche  l'erdoppelung  der  liijnida  oder  an  und  für  sich, 
was  auch  im  Griechischen  gefunden  wird,  »vie  sattsam 
bekannt  ist.  Ebenso  wird  p  elo ,  pello,  palatium,  palla- 
tium,  c  clox ,  cello  (in  Zusammensetzungen^  u.  s.  w.  Ein 
valerc  aber  muss  neben  volere,  volvere  existirt  haben, 
denn  valva  setzt  ein  valvcre  voraus,  wie  denn  von  man- 
chen Wörtern  Stämme  mit  a  existirt  haben  müssen, 
welche  jetzt  mit  einem  andern  V'ocal  erscheinen,  denn 
Ableitungen  führen  bestimmt  darauf.  Da  volvere,  grie- 
chisch cXt/v ,  deutsch  wellan  (wälzen),  das  Drehen, 
Wälzen,  Wölben  bezeichnet,  so  könnte  vallis  das  Ge- 
wölbte bedeuten,  und  so  finden  wir  von  dem  völlig  iden- 
tischen Stamm  wellan  im  Altnordischen  völlr ,  r.ampws, 
und  AVall  bezeichuct  einen  Damm,  uamlich,  Feld  und 
Thal  sind  aufwärts  gewölbt  als  IViederung  zu  aufgehen- 
den Höhen,  und  ein  Wall  ist  eine  aufgeworfene  Erdwol- 
buug.  Für  vallus  und  vallum  aber ,  da  sie  den  Begriff 
der  Pallisaile  und  Vcrpallisadirung  haben  ,  darf  man  an 
den  Stamm  von  vallis  nicht  denken,  eher  für  valgus, 
einwärts  gebogen,  krumm.  Wenn  vallescit,  perierit  nicht 
verschrieben  ist,  muss  es  von  einem  von  vanus  gebildeten 
Diminutiv  vallus  kommen,  so  rallus  von  racns  (dio  Mög- 
lichkeit des  Adjectivdiminutiv  beweisend)  und  vallus  von 
vaniius ,  bellus  von  benus  u.  s.  w.  Dann  würde  vallescit 
völlig  gleich  dem  AVorle  vanescit  sein,  denn  was  Festua 
zur  Erklärung  sagt,  kann  durchaus  nicht  gelten. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

R  11  Jolstadt.  Hr.  Prof.  D.So  mm  er  hat  auf  den  26- Sept. 
einen  Actus  disputatorius  angekiindigl  und  die  Thesen  beigefügt, 
über  welche  disputirl  werden  soll.  Diese  sind:  1)  Latinos  ver- 
sus pnn^endi  cxcrcil.ilio  in  scliolis  nostris  non  oiuitlenda  est. — 
2)  Siniultas  inier  IMütoncm  et  Xcnophontcni  nulla  fuif.  —  3)  Pa- 
tria est,  iibicunqiic  bcnc  est.  —  4)  tlonos  alit  aitcs.  —  5)  In- 
ter  artcm  poclicam  et  pingendi  aricni  magna  est  necessituJo.— 
6)  Oiaculorum  anliqiiis  tcmporibus  apud  Graccos  magna  fuit 
vis  et  auclorilas. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthums  Wissenschaft. 


Freitas,  1.  Februar 


18  39. 


Nr.  14. 


Viro    Clarissirno    Friederico    Krmiero ,    Philos.    Dr. 

Gymiias.  Annabcig.    Pracceptori  S.  P.  D. 

Carolus  Sinleiiis. 

Quas  de  locis  nonnullls  Plutarchi  et  Dioilori  ad  ine 
dedisti  literas  in  Acturum  Sorietatis  Graecae  voluniiiie 
seciindo  p.  51  —  66,  "on  una  de  caussa  gralissimae  mihi 
fiierunt.  Etenim  scriptae  sunt  animo  in  uie  tani  benerolo, 
ut  facile  agnorerim  singularem  quandam  humanitateni 
tuam,  dortrina  autcm  et  ing'enii  acnniine  tanto,  ut  optima 
quaeque  ex  hoc  specimine  studioruni  abs  te  in  Plutarcho 
collocatorum  de  editione  ritac  Phocionis,  quam  paräs , 
augurari  liccat.  Quam  editionem  ut  quam  prinium  in 
lucem  edere  tibi  concessum  sit,  ego  et  mea  et  Plutarchi 
caussa  vehementer  opto ;  ego  enim  quam  vifas  Plutarchi 
omnes  edendi  in  mc  snsceperim  provinriam ,  plurimum  et 
mea  et  scriptoris  interesse  vidco,  ut  de  locis  non  paucis, 
qnorum  aut  sententia  incerta ,  aut  corrupfa  scriptura  est, 
aliorum  iudicia  cognoscam.  Ac  tu  quidem  tarn  praeclare 
de  aliquot  locis  commentatus  es,  ut  verani  ratlonem  pri- 
mus  ac  solus  videaris  perspexisse :  quo  magis  veliem 
dixisses  de  pluribus  tetigisscsque  etiam  nonnulla  ex  iis 
vitis ,  in  quibus  emendandis  ego  nunc  occupatus  sum. 
Quoniam  autem  tua  interesse  putasti,  ut  meam  sententiam 
de  locis,  qui  a  te  tractati  sunt,  cognoscercs,  statim  ad 
scribendum  me  dedi,  etsi  plurimis  muneris  et  studiorum 
negotiis  districtus,  auctis  illis  efiam  eo ,  quod  totus  ex 
operarum  arbitrio  pendebam,  qiilbus  lolumen  prinium  vi- 
tarum  typis  tradideram  exscribondum  ,  ut  noiinisi  tumul- 
tuariam  operam  in  perlustrandis  obscnationibus  tuis  collo- 
care  possem.  Placuit  autem  eo  online  de  sirigulis  dicere, 
quem  tu  ipse  es  sequutus.  Ac  prinio  quidem  loco  dixisti 
de  »erbis  in  rita  Phocionis  c.  II  his :  -/.aiTOi  doY.ovOtv 
Ol  äijfioi  iiäkAov  eeg  rov;  dyaüoii;  ii;i'ßo/'i^£/p,  örav 
doy.tSoiv  et'ri<x£iv,  i'Tzo  Tigayfidruiv  utyuKujv  knai- 
oo^spoi-  oi'fifiaivaL  äs  Tovvavxiov:  ita  Stephanus  cum 
editione  Aldina,  nee  est  ea  scriptura  plane  inepta.  Seil 
in  luntina  quum  scriptum  exstet  üxav  evzv/^aiaiv  omisso 
doinüotv,  Reiskius,  quem  sequuti  sunt  caeteri ,  edidit 
SVTU-)[(jjOLv.  Tibi  mira  scripturae  diversitas  ita  videbatur 
orta  esse  ,  ut  seniel  oblitterafis  ipsis  scriptoris  verbis  alio 
atque  alio  modo  quod  vitiosnm  esset  emendaretur ,  veram- 
que  opinabaris  Plutarchi  manura  restitiierc  scribendo  övav 
xvxutaiv  imo  noajiudTLuv  /u-ycikajv  iirai^öiuvoi. 
Bona,  quis  neget  ?  sententia,  sed  ut  tarnen  dubitem  in 
hoc  iudicium  concedere.     Warn  illa  quidem  scriptura,  ex 


qna  tuuni  elicuisti ,  nulla  nisi  editionis  Aldinae  codicisqne 
Palatini  no.  168,  nititur  memoria,  ut  admodum  credibile 
sit,  hie  quoque  factum  esse,  quud  alibi  saepissime,  ut 
errorem  pepererit  vox  eadem  modo  praegrcssa  et  per  os- 
citantiam  librariorum  rcpetita.  Alteram  autem  nt  ab  Reis- 
kio  correcta  est  Codices  tuentur  Parisini  tres,  quornm 
annotatas  habco  scripturas,  cum  libro  Monacensi  estque 
ad  sententiam  meo  quidem  sensu  tua  ratione  aliquante 
praestantior.  Nam  evTVj[iuQ.  notionem  plane  hie  requiro 
utpote  oppositam  verbis  Tvy^ui  —  Tt'j^/;  quae  praecedunt 
ac  propter  iil  ipsum  necessariam.  Accedit  qnod  verba 
VTto  ngayfidruiv  [AeyuXoiv  inat^ü^evot  plane  ex  con- 
snetudiue  scriptoris  sie  adiecta  sunt,  ut  id  signilicent,  quo 
efficiatur   illa   plebis   insolentia. 

Pergo  ad  locum  cap.  XXVIII:  ov  f.ilXQov  de  T(ß 
TCadsi  TiQoqedijy.ev  6  y.aiQog'  siy.ddt  yao  t]  cppovpa 
Boi]dQouta)voi  eigiix^t]  fjvOTtjoiojv  Övtujp  ,  i]  tov 
'Iay.%ov  i^  äoTtoi;  EkEvaivade  Ttt/inrovoiv,  ajore  riys 
reksTtj';    avyxi'^siaijg    dvukuyiC,eoi}ai    rovq   nukkoi'i 

VMJ    T«    TtQEoßl'TEOa     TUJV      dSlMV     yMt    TU     TCQÜiCpazC'-' 

TcakaL  fxav  yuQ  £v  Toi'g  d^tiaroig  tvTv/ijiiao/  r«S 
nvorr/.dq,  u^ien;  y.ai  (piuvdg  7taoay£v£(j9af  avv  e^— 
nkv/^ti  xui  daußei  tuiv  rruksfii'ujp  •  v^v  de  roi'g  av- 
Toig  leQot'i  TU  duoxeQeoTuza  nddij  tijc:  EkküSoi 
ilTloy.OTieiv  tovg  3tovg:  de  quo  quae  scripsisti  maximam 
partem  vcrissime  scripta  sunt  et  pridem  a  me  quoque  ob- 
servaia.  Aam  Anonymi  scripturain  fteyiOTOig  aTV^tJUCCOt 
qui  probant,  falluiitur  non  uno  modo.  Primum  eo ,  qnod 
codicis  scripturam  putant,  quae  coniectura  est  hominis 
non  indocti  quidem  ,  sed  llbrorum  pracsidiis  non  instructi. 
Tum  quod  nee  oppositionis  rationem  rccte  perceperunt, 
id  quod  etiani  Schaefero  accidit,  nee  de  veritate  rei  ac- 
curatius  cogitarunt,  quod  item  cum  aliis  quibusdam  com- 
niisit  Schaeferus.  Nam  qui  vel  aliquem  habet  usnm 
rerum  ab  Athcnieusibus  gestarum ,  cum  fugere  non  potegt 
couimemorari  hie  Bacchi  operam  Athcnieusibus  in  pugna 
Salaminia  praestitain,  de  qua  scriptorum  locos  collegi 
annot.  ad  ThcmistocI.  p.  103  sei».  lam  in  ea  re  tantum 
abest  ut  sit  quod  ueytOTOV  dTi'X>]ua  dici  possit,  ut  ne 
levissimum  quidem  dtl'Xrj^O-TOg  vcstigium  queat  reperiri. 
Recte  autem  tu  auiotoig  tueris,  quod  ego  olim  postba- 
bebam  elrganiisslmae  coniecturae  Gudofredi  Hermann! 
aiiaioig,  sed  nonnihil  displicent  verba  tua  haec:  „ho- 
rum  igitur,  quae  populi  ore  ferebantur,  memores  illo 
tempore  dicit  Athenienses  conquestos  esse,  quod,  quum 
olim  iis  purtentis    timore  perculsi  essent  hogtes,    nunc  in 


107 


108 


ipsi«  Elrusinus  ita  non  movprenüir  Alai-edones  ut  nihil 
ea  curaiiJes,  diis  non  proliilicnfibus,  tristissima  urbeni 
afficrrcnt  calaniifate" :  in  quibus  «juid  non  rccfe  cojjita- 
tuiu  Sit  ijise  viilrliis,  ulii  <iili};eiitius  ronsideraieris.  31ihi 
iotius  loci  ratio  hacc  vidolur,  ul  aurta  esse  dicatiir  «om- 
munis  onininin  nioestitia  eu,  quod  quo  tempore  olini  prae- 
rlarissinias  res  praeseiiti  deoruiu  opc  gessissent,  eodem 
nunc  summa  alTligcrentur  «alamitato,  ,,ut  diis  non  nolcu- 
iibus  secureque  drspertantibus  tanta  Gracciae  pernicies 
ingruisse  videretur,"  quae  postrema  Schaefrri  lerba  sunt. 
Ceteram  vide  ue  oppositiunis  ratio  suadeat  corrigere  VL'V 
d'  iv  loii  ai'Toe.;. 

Pluribns  oliuj  coniecturis  tentatus  est  locus  c.  V : 
öfjoicoi  de  TTioi  ror  0uy/.iu)voi  y.at  o  kuyoi  ijv  £7ii 
y^oi-OToi-;  eiTV/i;uaoi  '/.ut  ö/avoijuaoi  a<oTi;Qioi  nooq- 
Tav.Tf/.i-v  riva  y.oi  niarrouv  y.ai  änji^voTov  tyntv 
ßucf/^l  I  O'.iav ,  ex  quibus  una  commemoralione  digna  est 
quae  Friderico  Creuzero  ac  Schaefero  in  mentem  renit 
£.T/  ■^orOToTi  t  V  a  T  u/^1]  fi  ao  I.  Uubitanter  ego  olim 
defendi  vulgatam  scripturani  comparato  Stobaei  loco  Plivs. 
I,  7,  18:  "iSvioi^o-i  yao  i'xiTivoiäv  iivo.  :ju(>a  tov 
Saiuoviov  rviv  dvdtjo'jJiujv  ivioi^  £7ii  tu  ßet.iiov  i] 
£7ri  To  y^Eioov ,  y.ui  ilvai  (pavsooj^  y.ai'  aiWo  tovto 
TOi's  iitf  H'il'X^'^'  TOi'i  6  UTVXli<;,  quod  tu  probans 
locum  addis  Demosthcnis  er.  Olynth.  III ,  '21:  otd  ov- 
Tcu^  äcfoüjv  ord'  uri'X'Ji  i/iii ,  üj^ts  ßoi'keoitai 
a.mX'^aveo^al.  fiec  dubium  videtur,  quin  ei'ri'x'JI'cl 
dici  possit  dictum  hominis,  qui  acu  rem  tetigit,  ut  non 
tarn  ipsa  euiv/ljua  vox,  quam  coniuncta  ea  cum  yorOTog 
displiceat,  quod,  nisi  nieus  nie  sensus  fallit ,  dictum  est 
pleonastice.  Arcedit  quod  fizf/lif-  latioris  signifiiatio- 
nis  locabulum  non  satis  apte  rcspondet  alteri  ,  quod  est 
öiuvüi^ua.  De  utraque  re  tu  lellcm  cogitasses:  mihi, 
ut  hoc  addaui,  fuit  cum  Pliitarchus  scripsissc  vederetur 
£  L' 9  t  ö  olj  u  ao  l,  id  ut  dictum  esset  eo  modo,  quo  lerbo 
£v9vo6ljuuv£iv  scriptor   usus   est   in   Demetr.  XIV. 

Recte  tu  c.  IX.  enidoi'ijv  librorum  scripturani  reti- 
nendam  esse  doces  iiec  permutandam  cum  f::ui^/duiijl/, 
couiectura  Scliaeferi,  piterasquc  ile  simili  Schaefpri  de- 
creto  utiliter  conferre  G.  Hermaniii  aniint.  ad  Sopliocl. 
Oed.  Tyr.  p.  J'.i'>-  Sequilar  disputatio  de  loco  eiusilem 
vitae  c.  XU:  evouiv  öe  noudmoiv  u'iuvKi  luora 
xai  voooi'fTu  y.ui  dtooujfjvyueva  Öujgudo/.ia  tii  y.iv- 
bvvuv  itiyuv  y.uxtnxiy  y.ui  xivn  Aucpou  y_aoä&o^ 
fiudiia  jmv  iiKJi  Taufvag  tTitTitöojv  d7ioy.ot:ixt'iii£- 
vuv  y.aiutafivtv  otvfi/fp  iv  xovxin  y.ui  nvi  i/.ddxH 
TO  iiayinii)TUTov  xijg  örvuiituiq ,  quo  tibi  non  minus 
quam  plerisquc  interpretibus  corruptum  visura  est  vuiga- 
tum  t'.uoy.oi 'Jl  tuntvov ,  quod  exigua  saue  et  leni  niuta- 
tionc  corrigendum  putas  in  dzi  ouv cxdiilvoi.  .Sed  ne 
illud  urgeam,  quod  olim  quum  eadem  coniectura  ab 
J.  C.  I'luogelio  esset  proposita  obiicirbam,  iion  viilcri 
praesenti  tempori  in  hac  re  locum  esse,  ipsum  etiiini  ler- 
bnm  displicet  meo  sensu  minimc  aptum  de  collc  alveo 
torrentis  seu  vallc  a  planitic  separata  non  fossa  ho- 
Jiiinum  upera  ducta.  Ego  quod  olim  conicei  a7rw;fj'(>w- 
fjitvüv  probatum  quibusdam  non  tucbor  ainplius ,  sed 
propc  absum  ab  ea  sentontia,  umnia  sanissima  esse  hoc 
loco    verequc    dixisse    Schacferum ,   coliem    intelligciidum 


esse  a  campis  propinquis  ita  separatoin  per  alveum  pro> 
iundum  torrentis  a  monte  decurreiitis  ,  ut  a  planitie  con- 
spici  non  posset.  Nam  quod  tu  dicis,  fiuxisse  Schaeferum, 
quae  nee  Tamynis  nee  ullo  loco  esse  possent,  vide  ne 
aliter  iadicandum  sit  re  diligeutins  considerata.  Id  velim 
facias,  mihi  enim  nunc  non  vacat.  !Nam  eget  totos  hie 
locus  fortasse  accuratioro  tractatione ,  si  quidem  permi- 
rum  est ,  quod  ne  verbo  quidem  commemoratur  Phocio- 
nem  se  cum  Plutarcho  copiisque  eins  coniunxisse ,  quod 
fecisse  eum  apparet  ex  sequentilius ;  item  de  c.astris  mu- 
nitis,  quorum  infra  mentio  fit,  nihil  hic  additum  esse 
mirabile   est. 

Ilis  subiicis  duos  Diodori  locos,  in  quo  scriptore  emen» 
dando  quum  egn  quoque  olim  aliquant  operam  collocaverim, 
farere  non  potui  quin  eos  quoque  examinarcm.  Prior 
legitur  libr.  XVII,  30:  Xuoiöijuoi  8'  'A9rjVttio<i, 
dvijp  9ut'/.iai^onevoi  tir'  dvdQEtu  y.ui  öeivoxtjx/  ox^a- 
Tijyiug,  0VV60XOUXOJ0UXO  iiev  (])cXi7T7ro)  x<ij  ßaaiksi 
y.ui  nui'xujv  xujv  iTrixijöei'/tdTOjv  dfjx'jyo^  y.ui  ovfi- 
ßov}M;  yeyovüjQ  ijv,  ovvnpovkevs  (ita,  non  uf  abs  te 
scriptum  est  Ovviftovkevos  ,  legitur  apud  Diodorum ,  quod 
ipsum  quoque  alicuins  monicnti  est  in  hac  caussa)  ön  Tfji 
/Juoeiii)  X.  X.  k.  In  his  magnopere  te  ofTendit,  quod 
Charidcmus  dicitur  0/kiil7lij)  ovaxgaxsvnan^at:  pror- 
sus  eiiini  hoc  abhorrere  ab  eo  ,  qualem  noverimus  Chari- 
demo ,  vel  niaxime  a  Macedonum  partibiis  alieno.  Eadem 
olim  dubitatio  fuit  P.  AVcsselingio ,  sed  ut  nihil  mutaret. 
Tibi  vocabulnm  (llrkijlTloj  importunum  aliunde  huc  pedcm 
intulissc  videbatur  scripsisseque  Diodnrus  OvviOXQO,' 
xei'oaxo  xiij  ßuoikni  i.  e.  Dario.  Non  probem  hoc. 
Nain  et  lariatio  illa  ßuoil.Ei  —  ^Jnociiu  displicet  cum 
maxiine,  et  niniium  dicit  tua  illa  scriptura.  Quid  enimi 
Charidemum  vix  tum  in  Asiam  profectiim  omnium  eTll- 
iKÖfl'itazinv  participeni  fuisse  rrgi  Persarum  ?  Omnino 
nego  quicquam  esse,  cur  locus  de  vitio  suspectus  videri 
drbeat.  Nam  quod  Alexander  iiiter  alios  etiam  Charide- 
mum sibi  iledi  postulavit,  ostendit  id  quidem  inimicum 
eum  tum  habuisse :  eodem  tamen  olim  Philippuin  amico 
usuni  esse  nihil  omniiin  est  quod  impodiat  quo  minus 
statnamus.  Accedit  aliud,  quod  librorum  scripturani,  ut 
ego  sentio  ,  ostendit  verissimam  esse.  INiiniruni  sequuntiir 
apud  Diodorum  haec:  xo  filv  ouv  1l(>uixov  ö  ßaaiksvQ 
ovy/.uxsxdtcxo  xui^  keyuftivoii;,  jiexd  öi  xuvxu  xujv 
cpikojv  ■y£iivo.i6xt(iov  dvxemüvxiüv  xue  xov  Xuqi- 
ötiiiov  eii;  vii  uip  luv  dyovxutv  o  ri  r;}s  axQU- 
Tijyiui;  üotyexui  ti'XEiv,  onoji;  rolg  ßluxf.- 
düoi  iiituöiß  rijv  rikQaiiiv  i)  y  f  f.io  v  iav,  u  ftEv 
Xuyiöiinoi;  nuooQyiodu'g  xui  7iQOXt/()6x£()oi>  (ivFidi- 
ottc,  ri]v  fleooujv  d.vuvöoi'uv  inoirjaev  eni  nke/ov 
nooQy.öiput  xov  ßuaikiu  ro/;  köyutq:  quae  nego  ac 
peniego  ferri  possc  nisi  facta  in  praegressis  Philippi  men- 
tioiie.  Quid  enim?  nonne  prorsus  inepfi  fuissent  Persae 
isfi  regi  suo  persuasuri,  Charidemum  prodere  vclle  im- 
peniiiii  Alexandro,  IMacedonum  regi,  quem  coustaret 
Alexniidri  caussa  patrinm  relinquere  debuisse?  ea  ita 
demum  recte  sc  habent  ac  stare  possunt ,  si  quae  ratio 
olim  intcrcessisset  Charidemo,  cum  Macedonibus  signilica- 
tum  fuit.  Id  igitur  lit  relento  Philippi  nomine,  quo 
tandi  minus  possumus  carere ,  quod  ea  verba  ut  vulgo 
scripta  sunt  caussaui  contiiieut,  cur  illa  saaserit  Charide- 


109 


110 


mus,  ntpote  ex  illa  cum  Philippo  coiisnetiidine  benc  g'iia- 
rus   rerutn  IVIaceilonicarum. 

nielius  tibi  cessit  aKcrins  loci  emciulatio.  Eteuim 
libr.  XI,  33  librorum  «criptura  Laec  est:  roiovTOv  Öe 
TTSoai  TTjg  ^tü'/'Ji  kaßoi'OiTi  ui  jisvjEkhjveg  toi«; 
TtEaövrai  ett-atpav,  ovtuc,  TrXti'ovg  züJv  f^ivuiviv  öte- 
"kouEvoi  ÖS  Ttt  KäffVQU  y.ara  tov  tujv  OTouTtunujv 
äoi^l'.ov  rijv  Ttepi  tiov  äotOTiiiDV  y.oioiv  £7ioi)]aavio 
xal  XaQtridov  y.eke  i'a  avT  u  q  fy.oivav  d(>iOTir- 
Oui  noKiv  f^el'  SttÜ^tijv  ,  ccvSqu  8t  Ilavaaviav  tov 
ytay.sSamovlov  :  Charitideni  cjuuni  nemo  esset  qui  iios- 
aet ,  «juod  iure  ilicis  niiruni  esse  in  viro  tanta  illa  aucto- 
ritate ,  ut  <le  praemio  victoriae  liecrevisse  dictus  esset, 
verbum  hoc  corruptum  esse  intellexcrnnt  editores,  quo- 
rum  quod  Rhodomannus  coniecerat  y^aQtii  8of}.et<aai>'Tsq 
recepit  Liudoficus  Dindorfius,  quod  reete  dicis  iusto  citins 
fecisse  virum  doctissimum :  neque  enini  Graecoriim  exer- 
cituni  eum  fuisse,  qui  post  pugnam  illanj  gratiae  Sparta- 
norum  serviret.  Praeclare  tu  inlellexisti  in  corrupta 
librorum  scriptura  nomen  latere  Aristidis  eique  rei  fideni 
facis  coniparato  Plutarchi  loco  in  eins  vita  c.  XX :  iy. 
invTOV  Tüjv  A^rjVo.iv>v  tu  d()iOTCiai'  uv  TToaöiöuv- 
Tujv  Toii  ^nugitÜTUiq  uvSe  Toüitaiov  iaTuvai  ovy- 
^uiQoi'VTojv  sy.ci'voig,  na(i  ovbtv  av  ijk^fv  änokio- 
i^ai  TCc  TtQuyfAUTa  Tuiv  'EkKi]V(j)v  iv  toii;  ÖTrhoig 
dtaOTavrcov ,  li  fuj  nöXKa  nuoijyoovjv  y.cü  öiödoxtuv 
Toug  OTQaTijyoL'i  6  AQtOTtidtjq ,  fiükiOTa  Öh  Asv)- 
xoärt]  y.ai  Mi'QüiviSijv ,  eoxs  yai  owEurioe  ti)v  y.oi- 
Oiv  ecfsiiai  Toi^z,  'Ekkijai.  Certa  igitur,  ut  ego  arbi- 
tror ,  emendatiune  scribi  iubes  y.nc  .iptaTeiSou  y.  E - 
Xe  l'  0  av  T  o  c,  minus  enini  probo  alferam  rationem,  qua 
secundum  editioneni  Ilanoviensem ,  quae  y.ai  non  ante 
XaoiTt'öoi',  sed  ante  ty.Q/i/av  positum  habet,  scribi  posse 
e^istimas:  7teoe  tmv  doiaiEiuiv  y.Qtaiv  eti'oü'jOuvto 
'yiQiOTElöoii  y.eXEiaavTO.;,  y.ai  iy.oivav  d.^tarEvoai: 
nam  iudicium  de  praemio  victoriae  de  more  instituebatur, 
ut  in  ea  quidem    re   Aristidis  ojjera    necessaria  non   esset. 

Diodoro  quum  recte  nomen  proprium  videaris  resti- 
tnisse,    vereor    ne    non    recte    e\    Plutarchi    quodam    loco 


dvE^ETUi  aov  ÖEinvoivroi  fj'tv  w;  Kodooov ,  ui/.u- 
dofiOL'VTog  Se  u'j;  Aoi'xui'kkou ,  8iji.n]yoporvToq  d'ij- 
(Aiv  WS  Kd.TOjvoq;  Eadem  res  narratur  Luculi.  XL: 
vEov  Tivuq  Ev  Tj  ßovkrj  Xöyov  —  ina.'/iiij  —  i'tjeq 
evTEkE/'aq  y.ai  au}(fQoaiv)]i;  ötEkSovzo.;,  inavaCTaq 
o  Kdrcov,  ULI  TiavOTj,  ECfi],  au  itkoirviv  wc.  Kodo- 
OOs,  C,v)V  ö'  w;  Aovy.ov'kkoi; ,  Xsyvjv  öe  vjq  Kdrojv; 
additnr  autem:  evtoi  ÖE  tovto  ör^^vac  /iev  ovtojq, 
VUU  KaTVivoq  8e  ov  Ksyovoiv.  „lam",  ais,  ,,quun> 
per  sese  oifendere  possit,  quod  alio  loco  alins  dicterii 
illius  auctor  perhibetur,  quamquam  id  apud  Plutarchuni 
quidem  non  ita  mirum  videbitur  ,  hoc  tarnen  jure,  credo, 
inale  nos  habet,  quod  hie  sie  simpliciter,  ut  in  re  ccrta 
et  indnbitata,  ignoto  et  vix  latini  nominis  homini  haec 
tribuuntur."  Xon  videnlur  haec  eam  vini  habere,  nt 
locus  de  vitio  suspectus  esse  debcat.  INaui  Amnaei  illius 
ctüi  nobis  ubscura  memoria  est,    non    ncgabis  tarnen  fieri 


pniuisse,  ut  tum  esset  homo  satis  notus,  quamquam  nc 
est  quidem,  cur  homincm  hie  requiramus  illustrem;  Tic 
autem  prononien ,  quod  quis  exspe<(et  in  hominis  aliunde 
non  cogniti  commemiiratione ,  sris  in  eiusmodi  causia  haud 
raro  omitti.  Itaque  vulgatae  scriptnrae  suspectandae  ido- 
neam  caussam  equidem  video  nullam  :  in  tiia  quidem  ra- 
tione  nee  ycvva.ioq  tox  ambiguae  significatinnis  placet  et 
diplicet  Tii  prouonien  hie  quidem  primo  loco  positum. 
Quoniam  autem  locum  vitae  Catoiiis  tetigeras,  vellem  non 
praetermisisses  alius  rei  Observationen!,  non  alienae  ab 
eo  argumento  ,  qnod  tractabas.  Mirum  euim  mihi  accidit, 
quod  Crassi  in  coiiviviis  luxuries  hie  notatiir  fÖEtnvovv- 
To;  fjEV  lÜQ  Kpaaaoi'J,  cuius  alibi  laudatur  frugalitas. 
Sic  euim  de  eo  in  vita  eius  c.  III:  ev  8h  roig  8EiT[voig 
t)  iiEV  xkijoii  i]v  u')q  TU  Tiokkd.  8ijfiuTty.ij  y.ai  \a(u8)]q' 
1]  8  evTEkEia  Tijv  y.adaoiörrjTo.  y.ai  zijv  cftkocfpoai'vijv 
i)8iova  TOV  TiokvTEl.ouq  EiXE,  rl.  Luculi.  XXXVIII: 
vi  8e  TCEgi  TOV  Kpuooov  xai  IlofiTiijiov  ix^süaC^ov 
tÜv  Aovy.ot'Wov  Etq  ijSnvi^v  acfEr/oTa  y.ai  TroXvTt- 
y.Eta.v  avTOV.  Sed  de  hoc  similibusque  locis  dicam 
alibi. 

Recte  disputasti  de  natura  dativi  in  locis  quibusdam 
minus  recte  cum  ab  aliis  tum  a'Schaefero  aut  explicitif 
auf  sine  caussa  correctis.  Porro  de  verbis  vitae  Phocio- 
nis  XXIII  tanto  minus  tibi  accedere  dubito  quod  secun- 
diim  eamdem  rationem  cum  locum  in  exemplo  meo  pridem 
emendaveram.  Nam  quod  habent  libri :  öte  y.ai  (fa.OL 
Tijv  /J.EV  nökiv  skTTidoq  fiEyäkrjq  yEvo/uEvijv  £OQTdL,Eiv 
Ev('.yyE\ia  avvE-/iui;  y.ai  9v£iv  zoig  Qeoii;,  tov  8e 
0(i)y.i'ujva  Tipuq  Tovq  ikty^Etv  avTov  ßovXof(Evovg 
y.ni  Tivv^avoitEvovq,  ei  to.vt'  oi'y.  av  ij^eKev  atrcji 
niTzpdjf^at,  Tidvv  f^iEv  ovv,  %'^i  ßEßov'kEvrjdai 
8'e/.eivu-  y.ai  ird.ktv  (ikIadv  ett'  dkXoiq  Eva.yytXiiov 
ypaffOfXEVUiv  y.ai  (fSpoLiEvujv  d.TU  tov  aTparoUEduv, 
nuTE  dpa,  (favui,  navnofxEda  viy.vjvTEi;;  hoc  igitur 
ferri  non  posse  apertissinium  est.  Schaeferus  autem  quod 
E(fr  mutavit  in  Cfaial,  dicant  alii  quam  sobrie  ac  pru- 
denter  fecerit.  Veram  rationem  recte  dicis  demonstrare 
codicem  Palatinum ,  in  quo  ECfp  supra  vcrsum  est  addi- 
tum :  adiectum  enim  ab  eis  est,  qui  dcesse  opinabanfur 
diccndi  verbum.  Sed  recte  abs  te  observatum  est,  quod 
sequitur  (fuvai  etiam  ad  superiora  spectare.  Poterara 
ego  eis,  quae  olini  in  epistola  ad  Godofredum  Herman- 
niini  p.  XllI  sq.  <le  eo  verbo  a  librariis  male  addito 
disputavi,  plura  adiicere,  sed  nee  vacat  nee  opus  est. 
Diificilior  est  locus,  quem  deinceps  tractasti  ex  vita  JVIarii 
c.  XXVIII:  WC  8t  PovTikioc:  iöTooEt,  tu  jiev  ukXa 
(ftkuhj&i^i;  dviip  y.ai  yotjordi,  I8ia  8e  riß  Mapiui 
npogy.Eypovyi'ic,,  cpr/aiv ,  wc  yai  Tijg  EXTijg  etvxiv 
i'TruTEiai,  dayt'otov  tlq  tu;  (fikug  y.aTaßakuiv  nokv: 

de  quo  tu  ita:  verba  (fl]oiv  (/Je,  quoniam  u')i  iOTOpEt 
praecedit ,  uncis  inclusa  sunt  a  Reiskio  ctCorae,  delecta 
a  Leopoldo.  Schaeferus  v'jq  CfTjoi  scribi  voluit,  quod 
utique  probari  non  potest ,  siquidem  haec  verba  tum  ad 
proxime  praeceilentia  iSia  8t  T(p  ßfapiio  TTpoiy.E/.por- 
y.cijg  refercnda  essent,  ut  ipse  suas  cum  Mario  simultatc» 
narrasse  videretur  Rutilius,  qnod  apparet  quam  non  aptum 
sif.  Hermannus  quam  olim  in  Graeca  Societate  prutulit 
sententiam  eam  in  novissima  Vigeri  editione  p.  g^^'S  pro- 
posuit.      Recte   enim ,  quas  Schaeferus  somniantem  se  po- 


111 


112 


suisse  uncinas  dicit  [r;;;  fxr;;^*  exvxiv  v'Xaitiai\,  po- 
tas  esse  putarit ;  deleoila  euim  reiisuit  liaec  vcrba  iiiia 
cum  iiuportuiio  (fioiv ,  et  w^  —  ty.y.oococa  —  Laßetv 
ex  Dotiüsinio  graecac  liiiguae  iilioinate  explicanda ,  (juo 
cum  \.  w,"  öoy.ii ,  lö^  iu/y.e,  toi  (fi/'oi  et  siuiilibiis  gc- 
qaentia  ierl>a  ita  iiiiij^uiitur ,  ut  inliiiitivus  poiiatur,  quam 
verbum  fiiiitum  ilebiierit.  De  qua  rr  qiium  alii  cxplica- 
ruDt,  tum  ipse  llerinaiiiius  ad  ^  ig.  1.  1.  et  p.  744,  coli, 
p.  7ÖU  et  ad  Sophorl.  Traibiii.  r.  l'JL'S.  Quam  quidem 
ratiouem  ita  ego  pnibo,  ut  lerba  y.ai  r;v  txrr^  tTV^iV 
tTlureia^  dclciula  uou  reiiseam.  Queiiiadinotliini  enim 
eo  qaem  ipsc  Iloniiaiiiius  affcrt  p.  744.  Pseudti-Deinosth. 
loro  p.  I35H),  4  diiitur:  o  dl-  '/lyt-sra/  (favsouv ,  ort 
Sieoaj^fTO  pro  ö  da  yiyvfzai  (favsouv  ■,  iaujQuo  — 
ita  hie  quoquc  diiitur:  w,"  Povjit.KK  ioTO(j£i  —  tö? 
xai  Tiji  lyrri  iiiXiv  i'nuii i'u,;.^^  Fieri  potest,  ut  non 
rectc  iiitellexerim  mentem  tuam ,  sed  locus  Plutarchens 
at  abs  te  est  conformatus :  w^  dt  PuL'riLlo<i  ioTOQti, 
ra  fiiv  ä'/j.a  (fil.uKi-xh^i  dvi^o  y.a'i  XQtjOToq,  lÖia  de 
TM  Maoiv)  nooiy.ty.Quiy.u)^,  u)^  yal  rTji  ty.xr^i  ctv^bv 
VJlareiac:  "on  video  quid  coniiiiunc  habeat  cum  loco 
Demostheiiis,  qui  fertur :  yai  ra  ftiv  d).k'  cot/  TOi'rtav, 
tu;  ty.aaioi  i'/n  yfvjfii-v ,  oltcus  r:zokaußdiitii'  6 
8t  arraaiv  üuoiui^  xui.;  ovoiv  dvdQu'inoii  yeyti'ijTai 
(faveoov  (lOLio  ioci),  on  /;  uuao.  ziji.E/.Xö.doi  ap« 
f/.£i'd£gia  iv  Tui\  xuivde  xojv  ui^dftojv  (/'(/«/;  dieouj- 
Cixo:  cuius  gencris  loci  minime  rari  sunt.  Nee  possum 
ego  eam  structuram,  quam  tu  esse  vis,  concoqucrc,  non 
quod  orationem  ex  duabus  cnnflatam  constructionibus  in- 
tolerabilem  putcm,  qi-aüs  est  locus  abs  tc  in  annutatione 
allatus  ex  vita  Deniosdi.  XIX:  Xl'xi"  Sh  xls  w's  EOIXE 
öaitiuvio^  —  ItJuixlui'O^ui ,  sed  quia,  si  quid  video, 
illi  loquendi  generi  oratio  abs  te  conformata  uji;  Povxi- 
Ktoi  loxouei,  vj;  y.cü  xi]i  ly.uji  ixi^tv  rnaxii'ag 
prorsus  dissimilis  est,  ita  demuni  cum  ea  comparabilis, 
si,  quod  placuit  G.  Ilermaniio,  scribatur  w^  dt  Povxi- 
Kioi  lOxuQli  —  [wc]  ly.y.ijuvnut  (nam  alterum  cfj?  illa 
ratione  admissa  minime  tolerabile  iudico),  ut  infinitiTus 
non  iudicatirus  lequatur  post  particulam.  Ac  fateor  etiam 
hac  ratione  apud  Plutarchuni  quiilem  me  noiiiiihil  uflendi, 
nam  praeter  locum  ex  vita  Demo^tlienis  nullum  memini 
in  vitis  qui  sie  sit  comparatus ;  aliquanto  saejiius  srriptor 
ita  lucutüs  est  in  moralibus,  ex  quilius  niiiiiiulla  exempla 
attulit  C.  Fr.  Ucrmannas  in  speciui.  observ.  in  Pjiit.  de 
»uperstit.  p.  7  :  alios  scriptoreg ,  de  qiiibus  dixeruni 
Fritzschius  Q.  Luc.  p.  1()4.  Winclielmaiinus  ad  Platon. 
Euthyd.  p.  38.  Klotzius  quaest.  crit.  1,  p.  10  aliique, 
nunc  non  curo.  Quao  quum  ita  sint,  vide  ne  alia  ra- 
tione luco  succurcndum  sit.  Mihi  quidem  olim  in  mentem 
venit,  deleto  bi,  quod  est  ante  'Poi< xi/iix;  haec  verlia  re- 
ferre  ad  praecedentia  in  liunrmodum:  —  y.ai  y.aiiaxa- 
ö'ßts'f  Tov  MtxtKl.oy,  ujq  Pui'xi/joi  ioxOQri,  j«  ^Iv 
alj.a  (fi/.u'/.tj&i-g  ävi-Q  y.ai  ;(fp/;ör()s  ,  /'dia  öl  rüi 
Mapüti  jiQOiy.ixooiy.vjg  (fijoiv  w?  y.ai  rij^  ly.xTji; 
exvx^v  LTluxlio-i  —  .  Alio  tempore  (fijaii/  oj,-  corri- 
gebam  in  uj^  (fcai,  nunc  deniqoc  mihi  orta  est  suspicio 
ntrumqac  et  ioxoQei  et  (fitjoiv  uiq  ex  interpolationo 
profectam    esse    librariorum.      Quod    si    terum  eit ,    Pln- 


tarchns  nihil  scripsit  nisi  haec:  lüg  8e  PovxiklO^,  xa 
fiev  düa  (ftXahj9iji  ävijg  y.ai  xQ'Joxo^^  e'Sia.  8e  tw 
Mafjiti)  :igo;y.cxpoL!XU)i ,  y.ai  xijg  ly.xrjq  Ixi'xep  vTia- 
xiicis',  iu  quibus  quouiam  librarii  defectum  verbi  aegre 
ferrent ,  facile  illum,  opioor ,  ferendum,  v.  epist.  ad 
G.  Ilermannum  I.  1.,  quum  alius  ioxoptt,  ajg  (faoi  snp- 
plendae  oratiouis  caussa  ascripsisset ,  alius,  perrersa  deni- 
quc  diligentia  utrumque  coniunxit  alius.  Ex  hig  igitur, 
tibi ,  vir  doctissime  ,  aut  aliquid  aut  nihil  eligendi  libo- 
ram   inlo  }>otestatcm   relictam. 

In  iis,  quae  ileinceps  in  commentatione  tua  disputasti, 
recte  mihi  rideris  lapsum  memoriae  notare  Plutarchi, 
qui  quae  in  Phocionc  c.  XVII  tradidit  de  Fhociono,  in 
Demosthcne  c.  XXIII  rettulit  ad  Demadem,  recteque 
observas,  Plutarchum  haud  semel  rettulisse  ad  cum  virum, 
cuius  ritam  cummaximo  scriberet,  quae  aut  facta  ab  aliis, 
aut  facta  omnino  non  esseot.  Cuius  rei  aliquot  exempla 
poteras ,  petere  ex  iis,  quae  ad  Themistoclem  et  ad  Pc- 
riclem  commentatus  sum.  Hinc  ad  locum  Caton.  min. 
c.  XVII  progressus  in  i-erbis  :  övTOjv  dt  TlokkuJv,  o/g 
Si'kka^  ixsi'voi  aTToxxtivuoiv  üpöpaq  ly.  TTQoyQaffijg 
ixtQaq  iöujy.ev  ävd  /j.i'Qiag  diaxiXiai;  ÖQaXfJ-uq, 
ajiavxtg  fxtv  avxoix;  tue  evaytig  y.ai  ///öpoi'?  i^ioovv, 
dfivvaodut  8'  oi'dtii  ixokua  certa  emendatione  suum 
scriptori  restituis  scribendo  iy.  TCQoyQUCfiji  ytQa(i  tSuj- 
y.tD ,  comparato  loco  ex  tita  Sullae  c.  XXXI.,  ubi  de 
cadem  re  verba  sunt  haec:  TiQotypa.l^ie  xip  futv  —  diu 
oiöoavxi  xov  TipoyEyQo.fAfxtvov  Ci]fiiav  Tij<;  (fikav- 
9pu)7ilag  öpiLjUiv  davarov  —  rr/J  de  dnoy.xeivavxi 
ytpag  dvo  xukavxa  xtjg  ävdpoffovia'i.,  auv  öovXog 
dtanuxrv  y.av  naxtpo.  liug  ävi/.Tj.  Ex  quo  loco  etsi 
res  tarn  .iperta  est,  nt  nemo  iam  de  Teritate  emeudatio- 
nis  dubitare  possit,  tamen  ingenue  tibi  fateor,  me  quum 
in  emcndandu  illo  loco  laborarem  benequc  nossem  alterum 
istum  locum,  ut  sumus  omnes  interdum  acie  obtusiore, 
non  vidisse  quod  non  vidisse  nunc  abs  te  edoctum  pudet 
poenitetque.  .Sed  laus  alterius  loci  vitae  eiusdem  c.  II 
rectc  a  te  eniendati  mihi  tecum  communis  est.  Etenim 
decimus  hie  annus  est,  ex  quo  in  Societatc  Graeca  coram 
Hermanno  de  locis  Plutarcheis  cum  IMauritio  Ilauptio 
meo  disputang  verba  scriptoris  haec:  oiov  tlXi'XUH^  ^'J^ 
'Iia}dai  ü  nuis,  ouxug  toxiv  tl  8'  dvijp  ijv ,  fxiav 
oi'y.  dv  otj^ta  ipi^cfov  'Iftif  £i>  xip  8ijfj.ii)  ycveo9ai, 
omni  profecto  acumine  destituta  corrigenda  demonstrarem 
in  hanc  speciem :  Otov  evxi'XlJ^lCC  Xlj^  JxaXiai  OTl 
7r«/s  ovxus  eaxiv  ei  8'  ävijp  ijv  — :  idque,  nt  est 
apertissimum,  assensu  tuo,  qui  idem  vidisti ,  nunc  com- 
probatum  esse  gaudeo.  Restat  ut  incredulorum  in  gra- 
tiam  locum  afferam  Valerii  fliaximi,  qui  et  te  fugit  ncc 
mihi  olim  erat  cognitus,  communis  coniecturac  nostrao 
testimonium  gravissimuni.  Sic  enim  A'alerius  III,  1.  2- 
gratuleranr  nobis  Latini  et  socii  hutic  esse  tarn  partum. 
(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscelleu. 

Stuttgart,  1.  Jnn.  Se.  k.  Majestät  babx'n  di-m  Direclor 
ilrs  OljeistiiJicnritlis,  Prälaten  t.  Fl  a  1 1 ,  das  Konimenthurkren/ 
des   Kronen- Ordens  zu  verleiben  licrulil. 


e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 


für    die 


AI  terthums  Wissenschaft. 


Sonntag ^  3-  Februar 


1839. 


Nr.  15. 


Viro    ClarissimO    Fiiederico    Kranero ,    Piiilos.    Dr. 

Gyinnas.  Aniiaherg'.     I'raecjptori  .S.  P.  D. 

t'arolus  »Sinlcuis. 

(BeschJiiss.) 

Plurimnin  iiejotii  mihi  faccssiiit  locus  in  vifa  JficiaD 
t.  XVIII  sie  scriptus  in  libris:  6  Öe  JVlxiai  £L'i}vQ 
y.at  naiya  (pvaiv  imo  riji  Iv  riß  naoovxi  ^o)jajq  v.u.i 
<'.vXij^  dvaTs9aQ6iy/.uji,  (.lakiOTU  Sh  roiq  ex  Evoa- 
y.oraujv  Siakeyoiiivoii  v.rtvtfa  y.al  TttfiTtovoi  tCqui; 
f'.rTou  oGov  ovnui  xi/V  Ttokiv  Lvdiooa^ai  v.axa  avfi- 
fjäocti  vo^uQuiv  ovöbva  rov  PiiXinTiov  l.6yov  loxE 
TTQOQTiJJovvaq  ovöl:  (fv\ay.i]v  irconjOccTO  y.c.^a.Qav: 
poslrcmam  vocem  corruptam  esse  fllosi  Solano  faciie  con- 
ccsseriiiit  oniiies,  seil  (juoil  pro  y.u.^o.oav  scribi  vuliiii 
ioy^VQUV  probari  non  posse  faciie  apparuit.  Probaliilior 
ijuibiisilam  risa  est  P.  AVrsspliiig;ii  correctio  y.aox£(Juv 
ad  Hcrodot.  libr.  IV,  135  proposita,  et  sentcniiaiu  prae- 
Rtans  camdem  et  leiiiore  confecta  uiufatione.  Quam  qiii- 
ileru  tu  qiiod  falsam  dicis  propfcroa,  quod  Niiias  nnllas 
»mniiio  disposiierit  excubias  propter  nejligentiain  ob  res 
feliciter  gesfas ,  ut  nou  possit  <lici  non  satis  firmas  ac 
»alidas  disposuisse,  vide  ce  non  satis  rectc  dixcris.  ?Jam 
«•nmpara  mihi  locum  Tlnirydidis,  ex  qsio  hie  qiioqnc  sua 
Plutarchnm  hansisse  non  obscurnm  est,  libr.  VI,  104; 
u  Se  JSr/.iaq  ttu^Ö/aevos  cwxüv  nkeovxa  vTcegeide 
■tu  xX^dog  xcjv  vsüjv,  ÖTtSQ  y.al  oi  QovQioi  ena&ov 
y.al  o  ü^a^iiav  (fvXav./jv  nOETroiEixo:  conccdes, 
spero,  in  nio  particnla  significationem  latere  alios  tem- 
poris,  quo  aliquam  Gylippi  ratiouom  habuerit,  idqiie  con- 
iirmant  vorba  eiusdcm  scriptoris  libr.  VII,  1:  xa.l  EÖo^EV 
ttvToii  (xoiq  tteqI  rvlircTrov)  errl  xijg  'Ifisoag  uXeiv, 
dXXuig  xe  y.al  xuiy  'Avxiy.üjv  xeoad^uiv  veujv  ovtcuj 
TtaQOvGüiv  Ev  xüi  'Pijyi(i),  ug  6  Ifixiaq  oftujg,  Ttvv- 
davö^Evog  ai'vovq  ev  AoxQofq  slvat,  CLTtEaxEikEv. 
Itaque  alio  nomine  tibi  reiicienda  erat  AVesselingii  cor- 
rectio, quod  non  ita  difficile  fucrit.  Porro  displicet  tibi 
«juod  Coraes  interpretationem  sequutus  Amioti  restitnit 
y.axctiqovTOQ,,  quam  coniectnram  quod  sola  propemodum 
audacia  dicis  excellero,  ego  rursus  disscntio  sie ,  ut  cam- 
dem excellere  pntcm  bonita<e  scntentiae,  modo  ilton'jOaxo 
VI  plusquamperfecti  accipiatur  sie  :  nondum  excubias  dis- 
posuerat,  quo  tempore  Gjlippus  appülit.  Kec  puto  te  fu- 
Serc,  quam  praeclare  accommodatcqne  ad  usum  Plutarclii 
oninis  conforniata  sit  oratio  Corais  illa  emendatione. 
I',  ii7idom   tarnen    fatendum    est  nimis  reccdere  a  librorum 


srriptnra,  quam  quae  a  sobrio  ac  moderato  critico  in  or- 
dluem  vcrbornui  rccipi  dobuorit;  multo  facilius  tuuin  illud 
y.a9  ojpav  est  commrndaturquc  loco  Thucvdideo,  quem 
fortasse  sequutus  es:  sed  ccrtum  non  puto,  qunniam  mihi 
noscio  quid  in  ea  ratione  desidcrari  viiletur.  Itaque  sie 
scntio,  ex  iis,  quae  adhuc  prolatae  sunt  de  boc  loco 
conicctnrac  ,  luam  probabilitate  superare  ccteras ,  sed  nt 
non  abiicieiida  spcs  sit,  fore,  ut  probabilius  quid  cxcogi- 
tetnr.  Mihi  quum  nihil  nnnc  snccnrrat,  nc  plane  «(7i'/U- 
/joAo?  alioam,  dicam  de  verbis  quae  praeccdunt  in  co  ca- 
pi<e  his :  y.ai  yao  ivükE/g  f^iEOioxaPxo  y.al  nkoia 
iicaxa  aixüv  noXKa-xödev  E/q  tu  cxqo.xuueSuv:  qui- 
bus  quum  verbum  dcesse  manifestum  esset,  Solanus  post 
GxQaxoTtEÖov  addendnm  censebat  );Zf,  Reiskius  CKfixETU. 
Probabilius  ego  locum  mihi  videor  restituere  scribendo 
nakXaxöd^Ev  ijk9-Ev  Eig  tu  axQaxÜTCEdov.  Verbum 
ut  omitteretur,  terminatio   effeeit  vocabuli  praecedcntis. 

A  Plutarcho  itcrum  ad  Diodorum  transgressus  de  ver- 
bis disputasti  libr.  XI,  fiO:  TTkcvaag  ovv  ^itTU  TTavTog 
Tou  Gxukuü  TtQog  xijv  Ka.Qi'av ,  xu)V  naQa.9a.Xa.Txiviv 
nöXewv  öhai  j^ihv  ijoav  ix  xijg  'EkkäSog  dTtfpxiout- 
vui ,  xavxac,  na.QaXQijfta  awcniiOEv  d7CuGxi]vat  twu 
Iligavjv,  öaai  ö'  ünijoxov  ky%v')q(0L  y.al  (foovgac. 
lyovoai  IlEQaixaq,  ßia  UQugäyujv  ETrok/üoxEr.  haec 
scriptura  ita  comparata  est,  nt  ucmini  possit  offeusioni  esse. 
A  qua  tarnen  quum  libri  ita  reccdant,  ut  alius  scriptum  exhi- 
hcsit  diirXujTXOe,  alius  5/'7rA.ajroi,  alius  denique  8vC,TCko}TOt, 
quasscripturas  incredibile  est  ex  mcro  errore  ortas  esse,  nie- 
rito  locus  de  vitio  suspectus  est  visus  Wesselingio  probavitque 
eins  correctionem,  quae  est  StykoTTOf,  LudoricusDindorfius. 
Tibi  alitcr  visum  est  ncgastique  locos ,  quos  Wesseliugiug 
suae  coniecturac  firmandae  adhibuit,  ad  fidem  faciendam 
idoneos  esse.  Ac  sane  concedo  tibi  esse  cos  Iiaud  omni 
ex  parte  siniiles,  sed  ,nt  niininie  dubitem,  quin  vcl  in 
niaiori  corum  dissimilitudine  ita  dici  potucrit;  certc  quod 
tibi  placuit  uoa/  8'  vTciJQXOv  Ey^^ioioi  xul  dvoakujxo/ 
(fOOVQug  EXOvaai  HefJOlXug,  vereor  ne  vcl  propter  op- 
positionis  rationcm  neniini  sis  probaturus  prae  \Tcsselin- 
gii  ratione  docta  et  exquisita  et  propter  eam  caussam 
non  intcUccta  a  librariis  Diodori,  hominibus  iniperitissi- 
mis.  Nee  probem,  si  verum  fatendum  est,  tuum  de  ver- 
bis quae  praecedunt  iudicium :  in  quibns  de  Cimone  scripta 
haec  sunt:  uExä  ÖE  rauxa  f-iei^övcuv  nQä^£v)v  ä^ta- 
G^ai  diavoovuEvoq  xaTEirksvOEv  Etq  xuv  IlEi(iaiEa, 
y.al  TTQogXaßüfiEvoi  itlEiovq  x^nJQEig  xal  tijv  akh]V 
XOQi]yiav   ä^iuXoyov  icaQa.axEvaaä^Evog,   tote  fiEV 


115 


IIG 


iSiTXtfOsv  fX"^"  Todjoeti  öiay.oalai'  vörtoav  Se 
fiSTai'euipc'ue^o^  rraou  tvji'  Iini:v)v  y.at  töjv  cJ./.uiv 
ÜTCctviov  Tai  ihtäaai  ltX£  Tnuc/.ooidi:  »ir  liliri  trcs,» 
quos  soquutns  est  Diuilorfiiis,  cetcri  utKUi  d:iiiOa^, 
uiiilc  tibi  si<:  srripsisse  vidoliatiir  Diodoriis:  larEQUV  öe 
juf rrt:jf.w!/'ttU£toi  naou  riüv  liövojv  y.ai  tv>v  uKAatv 
ärtüvrwv  uA/.ct(;,  ra^  «rraoo;  tixe  Tptaxooiaq:  nairt 
quoll  umi^iisii  »crL.i  k^jv  ItoiViV  y.tt'i,  rasii  fardini  arbitror, 
uon  cousilio.  Et  nttMi  quitlem  iiitorprefari»  :  ,. praeter 
cas  ciuceiitas,  qiias  liabiiit,"  addiiquc  simul,  hur.  clliii  )iac 
ratione,  ut  ftETarreuÜ'catSvoq  noii  carcat  oUipcto.  Seil 
id  ipsuni  tanl  freqiieiis  est,  ut  uiirer  te,  »irum  doctissl- 
muoi,  ri-1  tniitilliim  ra  rc  potuissc  ufl'eiidi,  iniiiiis  miror 
in  lilrariis  JJiddnri,  quos  dubio  varat  eani  solani  ob  raus- 
«am  iiiulrstuni  istuil  il/j.cii  pcrrersa  scdulitale  supplci  isse, 
»rl  jiropti'fca  iiitcilcrabilr,  quod  nemo  non  id  sie  esset  iu- 
terprctaturns,  dureutas  illas  Cimonis  naves  non  ex  solis 
Athcuiensibus,  scd  aliunde  ciiam  fuisse  coactas ,  quod 
rcpugnat  rci  verilati.  In  his  igitur  Diodori  locis  quuni 
neu  possini  comprobarc  Judicium  tuum,  vcrissinio  inilii 
correxisse  lidcris  loruin  quem  postrcin»  tractasti  Plu(arclii 
couviv.  »oplem  sap.  p.  157.  l).  multis  illum  roniecturis 
teutatam.  Verla  sie  kabeut:  «p'  ovV ,  tffjlt  yO-l  TOD 
izaiQov  }^juiöv,  ^"o7.wvo;  Sh  ^Ivov ,  'ETCiiicviSt]v , 
unio^  Tt-  aTf;i^föi'^«i  rfJf  d/j.ojv  anitov  -j'-CKfiu,  rrji 
ä'  ci/jfjor  dvvdfiiüji,  iji>  i.öovijv  avxu,;  oi  1 1  iihjoi, 
f4iy.(juv  e/'i  TO  arü^ia  Kafijjävovca  t)tijfi£oci<0!v  c.vä- 
QlOTOV  y.ai  dditrivov;  frustra  adliuc  laborarnnt  in  vorLo 
jjdoi'I^D  corri^enilü  riri  doctissimi,  quo  omittendo  etsi 
possis  bonos  aliquot  iibros  sequi,  videtur  tarnen  non 
temere  inferri  potuissr,  sed  ob  id  ipsum  omissuni  esse, 
quod  idouea  seutentia  carcrct.  Optima  tu  restituisti  Ijv 
idujÖKv,  quod  confirmant  rerba  Ilerodori  apud  Pruclum 
Demetriique  apud  Diogcneui  Laertiuni. 

Habcs,  vir  clarissimc,  nieam,  quam  rogasti,  senten- 
tiam  de  locis,  quos  tractasti,  umnibus,  raptim  sanc  ar 
turbulente  persrriptam ,  scd  cuurtaiulo  in  lali  re  niliil 
proCci  et  aliorum  et  mro  ipsius  cxemplo  cdoctus  nialui 
rel  cum  crrandi  discrimii:e  cito  rcscribcre  quam  dillpreudo 
et  procrastinando  committcrc,  ut  tui  rerumque  fuarnm 
parum  vidorer  Studiosus  esse.  Ego  quidcm,  si  quid  pro- 
babiliter  disputasso  tibi  visus  fucro,  gaudebo  asseiiüu  tun; 
si  quae  secus,  tantum  abcst  ut  aegre  sim  lafurns  dissen- 
sum,  ut  nitro  cum  cxpostulem.  Ita  valc ,  vir  clarissime, 
et  quo  adliuc  fuisti  iu  nie  animo   esse  perge. 

Dabani  Serccstae  Anlialtioorum  ipsis  calendis  Octobri- 
bus  a.  aiDCCCXXXVUI. 


/?.  J.  F.  Henrichgen ,  om  den  Nygraeskc  eller  saakaldte 

Rpachliiisko    Udtale    af    det    Ilelleniskc    Sprog,    en 

critisk  Liidersögelse.   KjübenhaTn.    IcSili.    124  S.    4' 

R.  J.   F.  Ilenrichsen,    oni    de  saakaldtc  politiske   Vers 

hos  Graekerne.      Kjöbenharn.      1S3S-      81   S.     4. 

Beide   Abhandlungen  sind  als  Einladungsschriflcn  zum 

Examen  an  der  Akademie  2U  Soriie ,  an  welcher  der  \cyI, 

als  Lcc  lor  angestellt  ist,  ausgegeben.     Wenn  Ref.  es  übcr- 

uiniut    sie    anzuzeigen,    so  thut  er  dieses  weniger  in  der 

.Vbsifht   sie    zu    Lcarthcilou ,    als    das  deutsche  Publikum 


zur  Aufmerksamkeit  auf  die  Leistungen  des  d'inischen 
(iclclir<cn  aurzuforilrrn ,  dessen  Manien  aus  friilierer  Zeit 
unserer  Philologie  ja  hinl/hnlich  bekannt  ist.  Diese  Un- 
trrsiirliiingrn  sind  so  griiiiillich,  scharfsinnig  niid  umsicb- 
tig,  dass  sie  in  der  Lilcratiirgescliichte  der  beiden  Fra» 
gcii  über  die  Heucliliii'sche  Aussprache  und  über  den  po- 
litischen Vers  Epoche  luarlien  «erden.  Eine  Uebersetzung 
der  erstcreii,  loiii  Hrn.  Pastor  Friedrichseii  (früher  Rec- 
lor  zu  IIusiiiii),  liegt  bereits  zum  Drucke  fertig.  Zu 
der  zHcitcn  wird  sicli  hoirciitlicii  ebenso  bald  Ueber- 
setzcr   und   ^'ei'leger  finden. 

Als  Ref.  im  Sommer  lS3f>  '"  Kopenhagen  «ar,  gc- 
rietli  er  be:m  IJcsuclie  ilcr  dortigen  Philologen  in  citio 
Streitfrage  liiiu'in  ,  u  eiche  bei  uns  seit  einiger  Zeit  ziem- 
lich eingcsclilafeii  ist,  «.'ihrend  sie  für  die  d.'lnisclieu 
Schulen  und  Schulmänner  noch  bis  Jetzt  eine  Art  P.irlei- 
sachc  ist.  Jene  erste  Schrift  lli'iirichseiis  ,,über  die  Meii- 
griechisciie  oder  sogenannte  Renchlin'sche  Aiisspracho  der 
(jiriechischen  Sprache"  «ar  soeben  erschienen  und  man 
sprach  mit  grOsster  Lebendigkeit  dafür  oder  d.igcgen. 
Sie  ist  gegen  Hrn.  Prof.  IJIoch,  Rector  zu  PiocsLilcle, 
gerichtet,  «clcher  bekaiintlicli  seit  langer  Zeit  als  eifri- 
ger Verfechter  der  Reuchliirscheii  Aussprache  gewirkt 
hat.  In  Deutschland  ist  nur  die  ,,Pievision  der  von  den 
neuern  deiitsrhen  Philol.  anfgestr-llteii  oder  veTJheidigten 
Aussprache  des  Alfgriechischeii."  Altona  uiiil  Leipzig 
IS2t).  S.  bekannt,  wogegen  besonders  IVlatthiä  geeifert 
hat,  vergl.  Jahns  Jahrbb.  Vi.  V,  II.  4,  S.  411  f.  Ilr. 
Bloch  antwortete  auf  Matthia's  Gegengründe  in  Sech.  N. 
Archiv  f.  Philol.  und  Padag.  1829  Nr.  oS  -  40,  S.  149  ff. 
und  wurde  durch  diese  Polemik  ,  welche  heiliger  als 
gründlich  «ar,  iu  seiner  Ueberzengung  nur  noch  mehr 
bestärkt.  Er  sammelte  seine  (»runde  nun  in  3  Schulpro- 
granimen  :  „Laeren  om  de  enkelte  L^d  og  deres  Deteg- 
nelser  i  del  gamle  graeskc  Sprog,  historisk- kritisk  udvi- 
klet  og  begründet,  Kphg.  1S29  —  31,  welche  Programme 
Ilr.  Ilenrichsen  als  das  Hauptwerk  seines  Gegners  be- 
zeichnet, ,,da  sie  nicht  soviolil  Polemik  gegen  Anderer 
flleinungen,  als  eine  ausführliche  Darstellung  des  Rcuch- 
lin'scheu  Systems  enthalten."  Es  wäre  zu  wünschen,' 
dass  Hr.  Bloch,  wenn  -.loch  das  deutsche  Publikum  nun 
bald  die  Ilenrichsen'sche  Schrift  lesen  wird  ,  auch  für 
eine  deutsche  Bearbeitung  jenes  Hauptwerkes,  gegen  wel- 
ches Ilenrichsen  seine  Untersuchungen  besonders  gerich- 
tet hat,  sorgen  niiichtc.  Später  antwortete  Hr.  Bloch 
nochmals  in  einer  besondern  kleinen  Schrift:  „Zweite 
Beleuchtung  der  Blatthiü'schen  Kritik,  die  Au-ispr.  <le» 
Ahgriech,  betreffend,"  Altona  1.^32  IMatthia's  ausführli- 
<her  Recension  der  Revision  in  Jahns  Jahrbb.  XIII, 
4.  Heft.  Endlich  hat  er  durch  «eine  iBS.*}  herausgege- 
bene Kortfattedc  fuldstaendige  Skolegramniatik  i  det 
Graeske  Sprog  die  Resultate  seiner  Untersuchungen  auch 
in  die  Schulpraxis  eingeführt.  Ein  so  rüstigem  Streben 
nun,  Tprbufiden  mit  der  praktischen  Einwirkung  inner- 
halb seines  Rectorates,  konnte  nicht  verfehlen  Erfolge  zu 
finden ;  wozu  kam ,  ilass  Viele  durch  den  grossen  Auf- 
wand von  Gelehrsamkeit,  womit  Hr.  Bloch  seine  .Sache 
betrieb,  geblendet  wurden.  Es  erfolgte,  was  bei  solchen 
Streitfragen  die  schlimme  Seite  ist,  eine  grosso  Störung 
und  Confusion  der    gemeinen    Schulpraxis,    indem    einige 


117 


118 


Sciiiilcii  (las  Grircliisdie  rrasiniscli ,  aiidorc  neiijjriecliiscli 
(praclioii  und  iiocli  sprorlicii ;  ein  ^Scliisiiia,  wi-lclies  aiicli 
auf  (Ion  Luiversitafsuiitorf-iilit  im  (jirieiliisi-Lcu  vielfaltig 
itörniil   ciiiuirkfu   soll. 

In  sofiTu  halte  Ilr.  Hrnrirliscn  Lei  spineu  Untersu- 
rliuii|;i"n  zun.'iclist  «las  |)raktis(lic  Interesse,  diese  Augo- 
lejfeulielt  diirili  j;'riindli(lie  Rerision  der  Revision  wo 
niü^lirli  auf»  Heine  zu  brinjjen ;  uietvolil  er  auf  eine 
definitive  Erledijjung  des  Streites  »veder  zunächst  ausge- 
;,'angcu  ist,  noch  auch  ülierhaupt  dieses  für  den  eigent- 
lichen Zielpunkt  seiner  Untersuchungen  gehalten  wissen 
will.  Die  Veranlassung  zu  denselhen  gehen  zunächst  einige 
Aeusseruiigen  IJIorh's  über  das  Alter  des  arceutuirenden 
Verses  in  der  Griechischen  Poesie,  die  ihn  zu  genauerer 
Nachforschung  über  diesen  ^  ers  bestimmten  ;  »vio  denn 
die  Abh.  über  den  politisclicu  Vers,  obgleich  spater  her- 
ausgegeben, doch  eigentlich  die  altere  ist.  Die  Vorre<le 
zu  derselben  sagt  das  Weitere.  „Als  ich  nun  an  die 
(Quellen  selbst  ging,  fand  ich  bei  mehreren  Griech. 
Schriftstellern  nicht  »venig  Data,  welche  es  klar  machten, 
dass  dieser  Xers  einen  späteren  Ursprung  hat;  noch  ein- 
leuchtender aber  wurde  mir  dieses  Ergebuiss  durch  die 
Betrachtung  der  Geschichte  des  griechischen  ^'olks  und 
seiner  Spraclie,  wozu  dieselben  Studien  Anleitung  gaben. 
AVas  als  isolirte  Erscheinnng  untergeordnetes  Interesse 
liaben  musste,  bekam  nun  erst  Licht  und  Bedeutung  in 
Keinem  Zusammenhange  mit  der  Geschichte  des  \'olkes, 
der  Sprache  und  der  Literatur,  als  Glied  eines  grossen 
(iauzen,  und  ich  begann  meine  Alaterialien  zu  ordnen 
und  zu  verarbeiten.  AVahrend  solcher  Arbeit  aber  wur<lc 
ich  ilurch  natürlichen  Zusammenhang  allmählich  zu  einer 
anderen  Frage  hinübergezogen,  welche  in  der  letzteren 
Zeit  Gegenstand  lebhaften  Streites  gewesen  ist,  ohne  dass 
»ie  ihrem  Aufschlüsse  näher  gekommen  wäre.  Ich  meine 
die  Frage  über  die  Griechische  Aussprache,  welche  an 
und  für  sich,  gleich  der  über  <len  politischen  Aers,  zu 
ilen  weniger  wichtigen  Punkten  der  Alterthuniswisseu- 
•chaft  gehört,  aber,  wie  jene,  durch  ihreu  Zusammen- 
hang mit  andern  allgemeinen  Erscheinungen  einige  Be- 
deutung bekommen  kann,  und  dercu  eigentliche  Basis 
und  Ausgangspunkt  gleichfalls,  wie  es  mir  wenigstens 
»orkommt,  des  Volkes  und  der  Sprache  Geschichte  ist. 
Da  diese  Frage  für  den  Augenblick  ein  übervviegendes 
Interesse  hatte  und  übcrdiess  die  Frage  vom  Ursprung 
des  politischeu  Verses  zum  Theil  durch  jene  bedingt  war, 
beschloss  ich  bis  auf  AVeiteres  die  andere  Arbeit  bei 
Seite  zu  legen  und  zunächst  die  3Ialerialien  zu  verarbei- 
ten, welche  ich  beim  Lesen  der  späteren  Griechischen 
Schriftsteller  zur  Frage  über  die  Aussprache  gesammelt 
hatte  —  und  damit  die  allgemeineren  historischen  Unter- 
■uchangen  über  Volk  und  Sprache  zu  verbinden,  welche 
nach  dem  ursprünglichen  Plan  als  Einleitung  zu  den  Ab- 
handlungen über  den  politischen  V'ers  sollten  gegeben 
werden."  —  Wenn  daraas  nicht  allein  Veranlassung, 
sondern  auch  die  allgemeine  Fassung  der  beiden  Abhand- 
lungen entnommen  werden  kann,  spricht  sich  dieselbe 
Vorrede  über  die  nächste  Bestimmung  der  zuerst  heraus- 
gegebenen Schrift  folgendermasseu  aus:  ,, Angehend  einige 
Bemerkungen  über  diese  Schrift,  welche  mir  iuzwischca 
SU  Ohren  gekommen  sind  ,  benutze  ich  diese  Gelegenheit 


zu  bemerken,  dass  ich,  wie  auch  in  der  Abhandlung 
selbst  wiederholt  erklärt  ist  und  mir  die  ganze  Weise 
der  Untersuchniig  zeigt,  durchaus  nicht  habe  lieweisen 
wollen,  dass  die  Erasinische  Aussprache  die  richtige  und 
alte  sei,  sondern  ich  wollte  bloss  zeigen,  dass  ilie  IVeuch- 
linsclie  Aussprache  nicht  <las  von  der  Erasinischen  voraus 
bat,  dass  sie  historisch  auf  die  alte  Zeit  zurückgeführt 
werden  kann,  da  die  Grün<le,  auf  welche  man  sich  ge- 
stützt hat,  um  ihr  Alter  darzuthun,  keinen  Stich  halten. 
Üass  die  Erasmische  Aussprache  grösstenthcils  durch  Hv- 
piilhese  begründet  ist,  ist  wohl  wahr;  aber  nicht  weniger 
wahr  ist  wohl  dieses,  dass  die  Reuchlin'srhe  kein  siche- 
reres Fundament  hat.  —  Ich  habe  in  jener  Schrift  deo 
negativen  AVeg  eingeschlagen,  gerade  weil  ich  es  für 
nothwenilig  hielt,  dass  zuerst  allgemein  anerkannt  würde, 
dass  man  nicht  weiss,  was  man  glaubt  zu  wissen.  Erst 
wenn  der  falsche  Schein  historischen  Wissens,  womit  die 
Reuchlinianer  sich  zu  umgebe^i  gewnsst  haben,  ver- 
scliwunden  ist,  kann  die  Frage  über  die  alte  Aussprache 
auf's  Keue  als  etwas  Unabgemachtes  aufgenommen  wer- 
den, und  Meinungen  und  Hypothesen  können  dann  her- 
vortreten und  sich  mit  Gründen  geltend  machen  ,  aber 
nur  als  Hypothesen,  niiht  als  unumstössliche  Wahrheit." 
In  der  That  verhalt  Hr.  Ilenrichsen  sich  ganz  indif- 
ferent gegen  das  Materielle  der  Frage  und  beleuchtet 
dieselbe  eigentlich  nur  formell,  wie  sie  bisher  besprociieii 
sei,  wo  dann  das  Resultat  sehr  einleuchtend  wird,  dass 
man  von  beiden  Seiten,  aber  namentlich  Ilr.  Bloch  auf 
Seiten  der  Reuchlinianer,  mit  bede»tcn<|pr  Akrisie  und 
\Villkür  zu  AVerke  gegangen  ist.  Und  allerdings  ist  es 
bei  wissenschaftlichen  Verwirrungen  der  Art,  wie  diese 
ist,  allemal  das  Beste,  zunächst  bloss  negativ  und  skep- 
tisch zu  verfahren,  einmal  tüchtig  aufzuräumen,  damit 
der  Schlendrian  der  traditionell  von  Hinz  zu  Kunz  über- 
gehenden Citate  und  Betrachtungen  endlich  einmal  sistirt, 
und  der  künftige  Bearbeiter  gezwungen  werde,  vorsich- 
tiger zu  sein.  Allein  ich  weiss  nicht,  ob  Hr.  Ilenrichsen 
in  seiner  Skepsis  nicht  ein  bischen  gar  zu  weit  gegangen 
ist,  zumal  da  er  au  verschiedenen  Stellen  deutlich  durch- 
blicken lässt ,  dass  ein  temperirter  Erasmianisnius  doch 
wohl  das  Wahre  sein  möge.  So  hejsst  es  in  der  Schrift 
über  die  Reurhlin'sche  Aussprache  selbst  S.  6.  „Zwar 
trete  ich  hier  als  Gegner  der  Reuchlinianer  auf,  allein 
weder  denke  ich  irgend  eine  neue  Meinung  darüber  anl- 
zustellen  ,  wie  die  Griechen  in  der  besten  Zeit  ihre 
Buchstaben  ausgesprochen  liaben,  noch  möchte  ich  da» 
Erasmische  System  vertheidigen.  Auf  beiden  Seiten  ent- 
behre ich  sichere  historische  Data,  welche  das  Einzigste 
sind,  was  in  einer  historischen  Untersuchniig  etwas  gilt. 
Freilich  ist  es  nicht  wahr,  worauf  «lie  Reuchlinianer  sich 
unaufhörlich  berufen,  dass  die  Erasmianer  nichts  Anderes 
für  sich  haben,  als  Hypothesen  und  die  Analogie  mit 
der  Aussprache  der  neueren  Sprachen.  Vielmehr  glaube 
ich,  dass  die  historischen  Zeugnisse,  welche  die  literari- 
schen Denkmäler  der  alteren  Zeit  darbieten,  und  welche 
zum  Schlüsse  dieser  Abh.  angeführt  werden  sollen  (vergl. 
S.  112 — 1-4,  eine  Reihe  wahrlich  guter  Zeugnisse), 
viel  mehr  für  den  Etacismus,  als  Jür  den  Jotacismiis  spre- 
chen. Allein  dessenungeachtet  sind  diese  Zeugnisse  nicht 
ausreicfaeud ,    eine   bestimmte  Theorie  für  die   Aussprach« 


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süiiimdlclier  Biulistabpii  in  oiiier  <jeHisspn  Gofend  niid 
KU  einer  jcwisscn  Zeit  darauf  zu  ln'gTiiiulrn ,  und  uorh 
»icl  «cnigcr  ausreichend,  eine  desliiiititle  allgemeiiie  Aus- 
k|ira(hc  zu  liewcispu.  Es  kann  ffernc  sein,  dass  an.  der 
Krasniisclien  Aussprache  Zieles  irrijj  is< ;  ich  irciss  nicht, 
oll  and  iimiefern  die  Erasmische  Aussjiraclic  die  Aus- 
spraclie  der  alten  Ciriecheu  ist.  Auf  iler  andern  Seite 
bin  ich  iTcit  entfernt  zu  beliaujiten,  dass  die  Rem  liliii'- 
»che  Aussprache  in  allen  ihren  Theilen  falsch  sei;  es 
kann  g^ernc  sein,  dass  Einiges,  ja.  Manches  an  ihr  ist, 
•»as  mit  der  alten  Aussprache  lihercinstimnit ;  es  kann 
.-iiirJj  seil),  dass  in  der  !^eufriech)schen  Aussprache  nicht 
»iel  von  dem  Alten  lihrij  ist:  ich  gestehe  auch  hier,  und 
nicht  aus  l  nhckaiintschaft  mit  der  Sache,  sondern  nach 
Untersuchung'  der  historischen  Gründe,  «eiche  dafür  an- 
g-eführt  werden:  Ich  ireiss  es  nicht.  IVach  meinem  Da- 
fürhalten ist  die  Untersuchrjug  darülcr,  wie  eine  todte 
Sprache  ausgesprochen  -Horden,  solange  sie  im  IMnnde 
des  >  olkcs  leljte ,  immer  mit  so  vielen  zum  Theil  un- 
auflöslichen Sclnvierigkeifen  verbunden,  dass  das  Ilüchste, 
vn/u  man  es  im  Allgemeinen  bringen  kann,  ein  gcHis- 
ser  Grad  von  AVahrscheinlichkcit  ist.  Selbst  wenn  die 
I.eberlicferung  alter  Zeit  über  die  Aussprache  noch  so 
deutlich,  noch  so  niannichfaltig,  noch  so  ausführlich, 
noch  so  ansgedclii'.t  hinsichtlich  des  Landes  und  der  Zeit 
j»t  ,  überliefert  sie  doch  immer  nur  den  lodleii  Lriul; 
der  lebendige  Geist,  das  Organ,  womit  die  Buchstaben 
jjuügesprochen  wurden,  und  die  jVüancen ,  «eiche  der 
l-aut  in  verschiedenen  Wörtern  hatte,  sind  lind  bleiben 
verschwunden,  wenn  ein  /A'olk  selbst  verschwunden  ist." 
Diess  ist  Alles  recht  schiiu  und  klug;  allein  es  ist  nun 
einmal  die  piaktis.hc  >olhwendigkeit  da,  sich  für  die 
eine  oder  die  andere  Seite  zu  enischeiden,  nnd  jeder 
Einzelne  entscheiilet  sich  dahin  oder  dorthin ,  je  nachdem 
er  selbst  das  Griechische  spricht.  Da  ist  doch  wohl, 
wenn  nicht  die  volle,  distiiicte  Gewissheit  zu  haben  ist, 
«Hill  mit  jenem  ,, Grade  ron  Wahrscheinlichkeit"  vorlieb 
rii  nehmen.  Uixl  man  wird  sich  mit  einem  solchen  in 
demselben  Grade  leichter  begnügen  ,  als  man  sich  deut- 
lich macht,  dass  jene  lieslimtnte  allgemeine  Aussprache 
Griechenlands  in  der  besten  Zeit ,  welche  auf  historischem 
Wege  aufzufinden  namentlich  Hr.  Prof.  Bloch  so  viele 
niühc  angewendet  hat,  schwerlich  mehr  ist,  als  etwas 
Imaginäres.  Denn  sollte  es  bei  den  Griechen  jemals  an- 
ilers  gewesen  sein  ,  als  es  z.  B.  jetzt  in  Deutschland  ist, 
w'i  es  freilich  eine  allgeniciii  recipirte  Aussprache  der 
Gebildeten  gibt,  welche  sich  von  den  eigentlichen  Volks- 
•lialckten  scharf  unterscheidet,  deren  Allgemeinheit  und 
Einheit  doch  aber  in  der  Tliat  mehr  eine  imagin.'lre,  als 
reelle  ist,  so  dass  man  aus  der  IMenge  der  Gebildeten  immer 
mich  den  AVürtemberger ,  Sachsen,  l'reussen ,  mecklen- 
burger u.  s.  f.  heraushürcn  kann.  Ebenso  mag  es  auch 
in  Gfiechenlanil,  selbst  in  den  besten  Zeiten  der  Litera- 
tur, wo  die  Bildung  und  der  Geschmack  alle  seine  Ge- 
setze und  Impulse  aus  Attika  bekam,  zwar  in  thesi  eine 
.iligenicine  Aussprache  der  Gebildeten  gegeben  haben, 
al-  deren  Aormaltvpus  etwa  der  attische  Redner  zur  Zeit 
des  Ücmosthenes  nnzusehen  wäre;  nebenbei  aber  war  dem 
Chrjsipp  gewiss  noch  immer  seine  Abkunft  aus  Cilicien 
anruhören,    dem  Aristoteles    seine    Abkunft   aus  3Iace(lo- 


nien  u.  s.  f.  So  mag  «leun  auch  der  E  Laut,  der  sei- 
ner Katur  nach,  je  nachdem  er  mehr  oder  weniger  spitz 
g<-spri)chen  wird,  dem  7  Laut  näher  oder  entfernter  tönt, 
in  einer  und  derselben  Gesellschaft  zu  Athen  von  Eini- 
gen mehr,  von  Andern  weniger  dem  J  Laute  zu  gespro- 
chen worden  sein.  Aber  eben  desswegen,  iicil  ein  wirklicher 
Korniallant  für  ein  gegebenes  Zeichen  im  wirklichen 
Leben  gar  nicht  zu  fassen  ist,  sollte  man  auch  gar  nicht 
zu  scharf  nach  historischer  Gewissheit  in  dicseu  Dingen 
sireben ,  sondern  sich  au  einer  einigermassen  haltbaren 
Wahrscheinlichkeit  gerne  genügen  lassen.  Dabei  werden 
wir  dann  freiliih  in  mancher  Hinsicht  die  alte  Leben- 
digkeit der  Aussprache  ziemlich  verfehlen;  z.  B.  wenn 
wir  sagen,  das  7/  verhalte  sich  zti  E  wie  Si  zu  O,  Ci 
sei  derselbe  Laut,  aber  zu  3  J'r'O^'0/ gerechnet ,  so  wer- 
den wir  mit  unserm  deutschen  E,  wie  es  meisiens  ge- 
sprochen wird,  den  griechischen  E  Laut  vielleicht  nur 
mangelhaft  ausdrücken,  dessenungeachtet  aber  darin  Recht 
haben,  dass  wir  einen  E  Laut  wollen.  In  der  That  es 
ist  mehr  das  Abstractum ,  der  E  Laut,  welchen  wir 
durch  unsere  Aussprache  auszudrücken  streben  sollten , 
als  das  concreto,  <lieses  bestimmte  E  und  ;;  ,  wie  es  die 
Attikcr  oder  Griechen  aus  der  und  der  Zeit  sprachen. 
Bei  dem  wirkliehen  Ausdrucke  der  altgriechischen  Aus- 
sprache mit  der  nnserigcn  ■  jetzigen  wird  es  aber  wie- 
derum durch  keine  Theorie  zu  erreichen  sein,  dass  nicht 
die  l'roi  iiicialismen  unserer  Aussprache  rielfültig  ein- 
wirken; ^lie  z.  B.  dat  Latein,  wie  es  der  Sachse  .lus- 
spricht,  uiisern  norddeutschen  Ohren  hiiufig  völlig  un- 
verständlich klingt,  vollends  das  Latein  des  Engländers, 
des  Franzosen   eili  wahrer   Galimathias  ist. 

Sollte  durch  diese  Betrachtungen  angedeutet  werden, 
dass  ein  solcher  Standpunkt,  wie  ihn  der  \i.  angenommen 
hat,  der  Standpunkt  der  historisch-kritischen  Skepsis  für 
den  praktischen  Bedarf  ein  unzul/inglicher  sein  mochte, 
wie  ja  aber  einem  solchen  Bedarf  der  Verf.  auch  selbst 
nicht  hat  genügen  wollen  ;  so  ist  auf  der  andern  Seite 
als  ausserordentlicher  Vorzug  beider  lintersnchungen,  so- 
wohl der  über  die  Reuchliu'sche  Aussprache,  als  der  über 
den  politischen  Vers,  noch  die  reiche  Ausbeute  in  lite- 
rarhistorischer Hinsicht  hervorzuheben,  welche  des  Verfs. 
Studien  in  diesem  entlegenen  Gebiete  der  Griechischen 
Literatur  bisher  schon  gewonnen  haben  und  hodentlicli 
fortfahren  werden  an  den  Tag  zu  fördern.  Es  müclite 
Wenige  geben,  die  es  mit  Hrn.  Ilenrichsen  an  Kenntnis« 
dieses  Literaturgebietes  aufnehmen  könnten.  „Ulich  ver- 
driesst,"  sagt  er  in  der  Vorrede  zur  zweiten  Abb.,  „die 
Zeit  nicht,  welche  ich  auf  diese  Untersuchungen  ange- 
wendet habe.  .Ich  bin  dadurch  mit  der  späteren  Griechi- 
schen niiil  namentlich  mit  der  Byzantinischen  Literatur 
des  i\Iittelalters  bekannt  geworden,  welche,  wie  mager  sie 
auch  in  V^ergleich  mit  der  älteren  »ein  mag,  doch  nicht 
die  Geringschätzung  nnd  Vernachlässigung  verdient,  welche 
man  ihr  «llgemein  beweist.  Verschiedene  Punkte  in  der 
späteren  Griechischen  Literaturgeschichte  sind  noch  völlig 
dunkel,  manche  bedürfen  bedeutender  Berichtigung.  Eini- 
gen Beitrag  dazu  habe  ich  in  diesen  meinen  Abhandlungen 
gegeben  und  gedenke  ,  sobald  es  die  Umstände  erlauben, 
diese  literarhistorischen  Beiträge  fortzusetzen." 
(Fortsetzung  folgt.) 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


Mittwoch:,  6.  Februar 


18  39. 


Nr.  16. 


Fortsetzung  der  Recension  von  Henrichsen's  Schriften 
über  die  Aussprache  des  Griechisclien  und  den  po- 
litischen Vers. 

Wir  gehen  über  zu  der  genaueren  Relation  ül>er  die 
Schrift  om  den  Nygraeske  eller  saakaMte  Reuchlinske 
L'dtale.  Sie  zerfällt  in  eine  Einleitung  S.  1  —  lö  und 
3  Abschnitte,  S,  17  —  52,  52— 'J5,  95—124.  Die 
Einleitung  spricht  über  die  Geschichte  der  Frage,  Bloch's 
Forschungen  und  deren  31angelhaftes  im  Allgemeinen. 
Dieses  ist  tlieils  die  zu  rasch  angenommene  Voraussetzung, 
dass  die  Aeugriechen ,  so  wie  sie  jetzt  sind,  in  allen 
Stücken  die  echten  und  treuen  Nachkommen  der  alten 
Griechen  sind.  Conscijnenz  dieser  Voraussetzung  ist  die 
Rehauptung,  dass  die  Neugriechische  Aussprache  die  ein- 
zig richtige  und  die  echte  alte  sei.  Diesen  Theil  seiner 
Behauptungen  widerlegt  Hr.  Henrichseu  speciell  im  ersten 
Abschnitt,  S.  17 — 52.  Ein  Ztveites,  worin  Hr.  Bloch 
es  vielfältig  versehen,  ist  ein  etwas  sehr  unvorsichtiger 
Gebrauch  von  Zeugnissen  alter  Scliriftsteller.  Dabei 
kommen  dann  die  drei  Ilauptstücke  der  Akrisie  in  viel- 
fachen Exempeln  vor  :  bald  wird  aus  Stellen  geschlossen, 
was  gar  nicht  darin  liegt,  bald  werden  Autoritäten  und 
Schriften  zur  Sache  gezogen,  denen  keine  Autorität  zu- 
zuschreiben war ,  bald  werden  Stellen  und  Citate  tradi- 
tionell von  den  früheren  Bearbeitern  der  Streitfrage  zu 
wenig  vorsichtig  angenommen.  Hr.  Henrichseu  zeigt  sich 
seinem  Gegner  nicht  bloss  an  philologischer  Bildung, 
sondern  auch  an  Gründlichkeit  und  Genauigkeit  über- 
legen. 

S.  10 — IR  einige  Notizen  über  eine  Reihe  von  Schrif- 
ten, durch  deren  Pseudonjmität  oder  vermeintes  Alter 
»ich  Hr.  Bloch  hat  täuschen  lassen,  ihnen  einen  Respect 
zu  beweisen,  den  sie  durchaus  nicht  verdienen.  So  be- 
sonders die  von  Boissonade  edirten  Epimerismen  des  He- 
rodian,  die  erotemata  des  31.  31oschopuIus,  welche  Hr. 
Bloch  dem  Basilius  Magnus  beilegt,  tias  Lexicon  des 
Hesychius,  die  Scholien  zur  Grammatik  des  Dionysius 
Thrax,  die  Grammatik  des  Theodosius,  eine  angebliche 
Abhandlung  des  Goorgius  Chöroboscus.  Der  Verf.  macht 
nach  früheren  und  eignen  Forschungen  auf  das  gänzlich 
Unsichere  aufmerksam,  welches  an  diesen  Namen  und 
Schriften  haftet,  und  verspricht  zugleich  eine  eigene 
kleine  Abhandlung  besonders  über  den  Choroboscus. 

Der  erste  ylLschnitt,  mit  dem  I\lotto  „Tis  Greece, 
but  living  Greece  no  more"   beleuchtet  theils  nach  Zink- 


eisen, theils  nach  eigenen  Studien  die  Geschichte  der 
Griechen  von  der  IVlacedonischen  Zeit  bis  jetzt,  v^oran 
sich  eine  Geschichte  der  griechischen  Sprache  und  Aus- 
sprache anschliesst,  welche  dem  Verf.  eigenthiimlich  ist; 
nur  dass  ihm  theilweise  vorgearbeitet  worden  durch  Heil- 
maier,  über  die  Entstehung  der  roniaischen  Sprache  un- 
ter dem  Einflüsse  fremder  Zungen.  Es  wird  auf  die  ver- 
schiedenen, weitgreifenden  Modiücationen  aufmerksam 
gemacht,  welche  die  griechische  Nationalität  nach  ein- 
ander durch  IMacedonier,  Römer,  Gothen,  Slaven,  Fran- 
ken zu  bestehen  hatte.  Im  .Jahre  578  zogen  100,000 
Slaven  über  die  Donau  und  drangen  in  Griechenland  ein 
(»elches  schon  zu  Plutarch's  Zeit  so  schwach  bevölkert 
war,  dass  das  ganze  Griechenland,  wie  Plutarch  sagt, 
nicht  so  viel  Hopliten  hätte  stellen  können,  als  zur  Zeit 
des  persischen  Krieges  Megara  gestellt  hatte),  ohne  dass 
von  ihrem  Rückzuge  erzählt  wird.  Im  Jahre  589  sol- 
len die  Avaren  in  den  Peloponnes  eingedrungen  sein 
und  flenselben  208  Jahre  lang  in  ihrer  Macht  ge- 
habt haben.  Daher  heisst  es  beim  Constantinus  Por- 
pliyrog.  ■*):  Ttdoa  i)  '/,ujQa  yayovs  f^ccoßugog,  na- 
mentlich mit  Beziehung  auf  3Iorea.  Der  Verf.  lei- 
tet aus  jener  Zeit  her  die  allmähliche  Verschmelzung  der 
äKeren  Bevölkerung  mit  diesen  neuen  Ankömmlingen, 
wodurch  sich  „ein  neues  kraftigeres  Volk"  gebildet  habe. 
Religion,  Sprache  und  Sitten  beider  Elemente  hätten 
sich  schon  seit  dem  6.  Jahrb.  in  Eins  gebildet,  und  zwar 
so,  dass  die  reifere  Civilisation  und  Cultiir  ihre  IJeber- 
legcnheit  über  die  rohe  Kraft  bewies,  dagegen  durch 
das  frische  Volk  ein  ganz  neues  Lebee  in  die  alten  For- 
men kam.  „Ein  ganz  neues  Lebet  begann  seit  jener 
Zeit  in  Griechenland.  Schon  gegea  Ende  des  9.  Jahrh. 
finden  wir  in  einzelnen  Theilen  Griechenlands  Spuren 
von  Wohlstand  und  Industrie  ;  :U  Anfang  des  10.  Jahrh. 
liefert  Griechenland  einen  beaeutenden  Beitrag  zur  kai- 
serlichen Armee,  ein  Phänomen,  welches  in  der  späteren 
Geschichte  Griechenlands  <!twas_ganz  Neues  ist."  Doch 
kamen  fortgesetzt  neue  1  ölker  und  Herrscher  nach  Grie- 
chenland ,  besonders  zuletzt  die  durch  die  Kreuzzüge 
veranlassten  Fränkischen  Grafen  und  Barone,  welche  sich 
mit  Venedig  in  den  Besitz  Griechenlands  theilten,  wie- 
wohl diese  schon  die  neue  Zeit  vorgefunden  haben 
möchten. 


*)  Äehnliclie  Stellen  anderer  Autoreu  werden  citirt  S.  24. 


123 


124 


Zur  Geschichte  der  griechischen  Sprache  «inl  darauf 
bemerkt ,  wie  zuerst  das  3Iaccdonischc  und  Hellenische 
den  früheren  Zustand  der  Literatur,  wo  Attika  die  Regel 
der  Literalursprarlie  gab ,  niodificirte ;  w  io  darauf  die 
römische  Herrschaft  eiligen  irkt;  wie  cudlicli  besonders 
seit  der  '\'erlegung  der  Herrschaft  uach  Bvzanz  das  an- 
tik Griecliische  immer  mehr  erstickt  worden.  jjKh]V 
heisst  jetzt  nur  noch  der  Heide;  das  l'olk  nannte  sich 
Pionaiut ,  daher  der  Ausdruck  romaisclic  Sprache  u.s.  w. 
^'och  liieltcn  sich  die  Formen  der  alten  liihluiig  und 
wissenschaftlichen  Tradition  zu  Athen,  obgleidi  die 
Athenieuscr  selbst  1,'lngst  gegen  die  Wissenschaft  indif- 
ferent waren;  bis  Justinian  nun  auch  jenen  letzten  Rest 
der  alten  Zeit  vertilgte  und  Athen  ein  Verbannungsort 
für  in  Ungnade  gefallene  Grosse  wurde.  Als  allgemei- 
nes Resultat  seiner  Beobachtungen  stellt  der  Verf.  S.  31 
dieses  auf:  „dass  die  hellenische  oder  altgriechische 
Sprache  schon  frühzeitig  (gewiss  nicht  viel  spater,  als 
das  Lateinische)  auszusterben,  d.  h.  Volkssprache  zu  sein 
aufhörte  und  eine  Reihe  von  Jahrhunderten  hindurch, 
ebenso  wie  das  Lateinische  im  31ittclalter,  nnr  eine  Art 
von  .Scheinleben  behauptete,  dadurch,  dass  sie  als  kirch- 
liche Sprache  gebraucht  wurde,  im  Schriftgebrauch  von 
ilen  Gelehrten  und  zum  Theil  von  den  Regierungen  au- 
gewendet, nicht  bloss  ehe  die  Volkssprache  sich  so  weit 
ausgebildet  hatte ,  dass  sie  in  der  Literatur  hervortreten 
konnte,  und  ehe  sie  die  Hindernisse  überwunden  hatte, 
ivelche  ein  eingewurzeltes  Vorurtheil  ihrem  schriftlichen 
Gebrauche  in  den  AVeg  legte,  sondern  auch  lermittelst 
ihrer  einmal  erworbenen  Autorität  nach  dieser  Zeit  neben 
der  Volkssprache.  Ich  weiss,  dass  dieses  gegen  die  all- 
gemein angenommene  Hleinung  streitet,  welche  das  Aus- 
sterben der  hellenischen  .Sprache  und  wenn  nicht  den  Ur- 
sprung der  rumaischen  (neugriechischen)  Sprache  ,  doch 
ihre  Anwendung  in  der  Schrift  und  der  Couversation  der 
Gebildeten  erst  nach  der  Einnahme  von  Constantinopel 
?.etzt;  aber  sowie  ich  das  Hervortreten  der  romaischen 
Sprache  in  der  Literatur  mehrere  Jahrhunderte  vor  der 
Einnahme  von  Constantinopel  aufweisen  kann,  ebenso, 
denke  ich,  sprechen  auch  anuehniliche  Gründe  dafür, 
«lass  diese  .Sprache  in  der  gemeinen  Rede  lange  vor  ihrer 
Anwendung  in  der  Schrift  existirt  habe,  obgleich  man 
den  Zeitpunkt  nicht  angeben  kann,  wo  die  Sprache  der 
gemeinen  Rede  zuerst  einen  von  der  Schriftsprache  so 
verschiedenen  Charakter  bekam,  dass  sie  als  eine  ganz 
andere  .Sprache  betrachtet  werden  musste.  Dass  eine 
«lolche  Umbildung  nicht  plötzlich  ror  sich  gegangen,  liegt 
in  der  >atur  der  Sach«  und  wird  bestätigt  durch  die 
Analogie,  welche  von  de^n  Ursprung  und  der  Entwicke- 
jung des  Italienischen  und  der  andern  romanischen  Spra- 
chen in  den  Ländern  hergenommen  werden  kann ,  in 
welchen  die  alten  Einwohner  hiit  fremden  Volksstauimen, 
welche  sich  unter  ihnen  angesiedelt  hatten,  zusammen- 
schmolzen." —  Auch  blieb  eine  Rcaction  dieser  neu  sich 
bildenden  lingna  volgarc  in  Griechenland  auf  das  in  der 
Literatur  vorläufig  ausschliesslich  festgehaltene  Altgrie- 
chische  nicht  aus.  ,,Dio  Sprache,  in  welcher  die  By- 
zantiner des  b.  und  fj.  Jahrb.  schreiben,  ist  sehr  ver- 
schieden von  der  alten  y.oaij ,  die  wir  kurz  vor  und  nach 
Chr.  Geb.  finden.     Bcsomlcrs  ist  dieses  der  Fall  bei  den 


Historikern  -,  bei  den  Grammatikern  hielt  sich  die  Sprache 
wenigstens  zu  Anfang  etwas  reiner ,  aus  dem  einfachen 
Grunde,  )veil  sie  bestandig  mit  den  Denkmälern  der  al- 
ten Zeit  zu  thun  hatten  und  mit  Gegenständen,  wo  es 
leichter  war,  dem  alten  Typus  treu  zu  bleiben.  Man 
braucht  aber  bloss  die  Niebuhr'schen  indices  zu  den  zwei 
ersten  B.'indon  der  Bonner  Ausgabe  der  Byzantiner  durch- 
zugehen und  man  wird  Beweise  genug  finden,  dass  die 
Schriftsprache  von  der  alten  xotvij  ausgeartet  war,  und 
das  bei  Schriftstellern,  welche  bei  ihren  Zeitgenossen 
sowohl,  als  später  viel  jNamen  wegen  ihrer  Gelehrsam- 
keit und  schönen  Diction  haben.  Von  den  Schriftstel- 
lern, welche  in  diesen  zwei  Bänden  enthalten  sind,  leb- 
ten Priscus  und  Malchus  in  dem  5.  Jahrh.  ,  Petrus  Fa- 
tricius,  Agathias  und  sein  Fortsctzer  Menander  im  fi. 
Jahrh.  Bei  all  diesen  Verfassern  findet  man  Wörter  in 
neuen  Bedeutungen,  dem  INeugriechischen  ahnlich  ge- 
braucht, Composita  für  Simplicia,  grosse  Willkürlich- 
keiteu  im  Gebrauch  dei  Pronomina,  Pr.'ipositionen,  Ad- 
verbien und  überhaupt  Partikeln,  Auslassung  des  Artikcli 
und  Augments,  Confnsion  der  Tempora  und  Modi,  unge- 
wöhnliche Nominal-  und  Verbalformen,  Praesens  und 
Aorist  Participii  mit  dem  Hülfsverbum  elpai  anstatt  der 
Praeterita,  künstliche  Zusammensetzungen,  denen  ähnlich, 
welche  sich  im  Romaischen  finden,  epische  und  ionische 
Wörter  und  Formen  u.  s.  w. ;  ausserdem  eine  Menge 
unhellenischer  Wörter,  meistens  von  lateinischem  Ur- 
sprünge; endlich  durchaus  romaische  Formen,  wie  De- 
minutive ohne  deminutive  Bedeutung,  Gen.  rov  Mci- 
■  y.ikklj  f.  Ma-AiXl.ov  ,  Nomina  auf  iq  und  tv  f.  /o;  und 
lOV."  Dieser  Verderb  nimmt  je  länger  je  mehr  zu, 
woraus  man  mit  der  gegründetsten  Sicherheit  auf  immer 
grössere  Ausbreitung  und  Erstreckung  der  romaischeu 
lingua  Vulgare  schliessen  darf,  bis  diese  endlich  grades- 
wegs  in  die  Litcraturpraxis  zugelassen  wird.  „Die  erste, 
welche  von  Volksgesängcn  in  der  Vulgärsprache  redet 
und  Bruchstücke  daraus  anführt,  ist  Anna  Comnena  (du 
Cange  gloss.  praef.  p.  VI),  und  ganz  kurz  nach  oder  auch 
zu  derselben  Zeit  sehen  wir  die  romaischc  Sprache  in 
der  Literatur  mit  einem  vom  Altgriech.  völlig  rcrschie- 
denen  Gepräge  hervortreten.  Und  zwar  sind  es  nicht 
Leute  aus  den  untern  Klassen ,  deren  Namen  die  drei 
ersten  romaischen  Schriften,  die  jetzt  noch  zu  lesen  sind, 
tragen ;  sondern  es  ist  ein  Kaiser  nnd  ein  sehr  bekann- 
ter und  gelehrter  ^cisliicfier  llerr.^^  Jener  ist  Alcxius 
Comncnus  ,  dieser  Thcodorus  Ptochoprodromus;  jene  drei 
Schriften  sicher  aus  dem  12.  Jahrh.  Aus  dem  13.  und 
14.  Jahrh.  hat  man  dann  eine  bedeutende  Menge  romai- 
schcr  Schriften,  besonders  Ritterromane  nnd  Chroniken. 
Als  Beispiele  dieser  neuen  Sprache  gibt  Verf.  S.  34  11'. 
verschiedene  Bruchstücke  aus  romaischen  Gedichten  des 
12.  und  13.  Jahrh.  Für  das  Hauptingredienz  de«  Mo- 
dernen an  dieser  Sprache  hält  er  das  Slavische.  Die 
Slaven ,  massenweise  in  das  verödete  Griechenland  ein- 
dringend,  hätten  sich  in  Folge  des  Uebergewichts  der 
griechischen  Cultur  in  Verbindung  mit  dem  Christcnthum 
ilic  griechische  Sprache  angeeignet,  doch  nicht  ohne 
ihrerseits  ein  Bedeutendes  von  ihrer  Nationalität  auch  iu 
diese  einzumischen.  Gegen  Bloch's  Ansicht,  dass  da» 
Neugriechische    nichts    weiter   als    ein   wenig  raodificirtes 


125 


126 


AKsjriechisch  sei,  wird  dann  noch  bemerkt,  dass  man 
meistens  über  Neugriechisch  nur  nach  den  Schriften  de» 
Korais  und  ahnlicher  Autoren  urtlicile  ,  Mclche  sich 
nach  dem  Studium  des  Altgricchisclien  geb'ihlet;  «ieman 
nanventlich  jetzt  systematisch  darauf  ausgehe,  das  Neu- 
griechische der  Sprache  der  Classiker  wieder  näher  zu 
brino-en.  Der  wahre  Typus  des  Neugriechischen  sei 
vielmehr  in  Volksliedern  und  cihnlichcn  .Schriften  zu  su- 
chen ,  worauf  S.  3*5  verschiedene  Excerpfe  aus  solchen 
Quellen  zu  näherem  Vergleich  mit  dem  Romaischen  uud 
Altgriechischen  mitgetheilt  werden. 

Endlich  drittens  zur  Geschichte  der  Aussprache  S.  41  ff. 
Hier  fehlt  es  an  ausdrücklichen  Zeugnissen,  dass  zu  einer 
gewissen  Zeit  eine  gänzliche  Veränderung  der  Aussprache 
vorgegangen  sei ;  man  niuss  sich  also  mit  allgemeinen  Con- 
sequeuzen  aus  der  Geschichte  des  Volkes  und  der  Lite- 
ratur Lehelfen.  „Römer  und  Slaven  (um  bloss  die  wich- 
tigsten Fremden  zu  nennen)  sprachen  in  dem  romaisirten 
und  slavisirten  Griechenland  des  Landes  Idiom,  aber  sie 
sprachen  es  mit  Römischem  und  Scythischem  Organ.  Lehrt 
nicht  die  Erfahrung,  dass  eines  Kindes  Organ  sehr  stark 
afficirt  wird,  wenn  entweder  der  A'ater  oder  die  Mutter 
Ausländer  sind ,  selbst  wenn  die  Aeltern  die  Landessprache 
reden,  und  noch  mehr,  wenn  die  Umgebungen  des  Kin- 
des nicht  Eingeborne  oder  von  verschiedener  und  gemisch- 
ter Abstammung  sind?  Und  möchte  Ref.  hinzusetzen,  lehrt 
nicht  das  Missverhältniss  der  Orthographie  zur  Aussprache, 
wie  es  z,  B.  jetzt  im  Englischen  stattfindet,  dass  bei 
einem  gemischten  Volke  die  ursprüngliche  Aussprache 
der  Laute  und  Lautzeichen  auf  das  seltsamste  enstcllt 
«erden  kann?  Um  aber  recht  deutlich  zur  Anschauung 
zu  bringen,  wie  viel  Fremdes  auf  die  Griechen  eingewirkt, 
wird  dann  nur  Athens  Geschichte  im  Mittelalter  kurz 
durchgegangen.  Näher  die  Sache  angehend  ist  die  Be- 
merkung, „dass  die  Schriften  oder  Schrifttheile,  welche 
Warnungen  gegen  die  Verwechselung  gleichlautender  Vo- 
cale  und  Sylben  beim  schriftlichen  Gebrauche  enthalten, 
alle  anerkannt  von  sehr  spätem  Alfer  eind,  keines  he- 
treisslick  alter,  als  das  9- Jahrh. ,  dass  nach  dieser  Zeit 
dieser  Gegenstand  unaufhörlich  behandelt  werde,  während 
man  im  früheren  Mittelalter  oder  in  der  Alexandrinischen 
Zeit  keine  Spur  ähnlicher  Werke  findet.  Auch  in  den 
Handschriften  fänden  sich  die  Spuren  solcher  Verwechse- 
lungen seit  dem  9.  Jahrh.  (Es  würde  die  Sache  gewiss 
sehr  fördern,  wenn  dieses,  namentlich  die  Verwechselung 
des  c  und  ij  in  den  Handschriften ,  wie  früh  und  wann 
besonders  sie  vorkommt ,  spcciell  untersucht  würde).  Wie 
im  Neugriechischen  der  Unterschied  zwischen  at  und  e, 
zwischen  /,  jj ,  V ,  Ol  und  £i  nur  ein  orthographischer 
ist,  desshalb  nur  von  den  Gebildeten  beobachtet  wird,  so 
findet  sich  auch  in  den  Romaischen  Schriften  die  grüsste 
Willkürlichkeit,  die  auch  in  die  ältesten  Drucke  vielfäl- 
tig übergegangen  ist.  Merkwürdig  ist  auch,  dass  von  den 
Grammatikern,  welche  orthographische  Regeln  aufstellen, 
der  älteste,  Theognostus  aus  dem  9.  Jahrh.  (Gramer 
Anccd.  vol.  II)  als  dvriaxoixci  ausser  c  und  ui  bloss  v 
und  o/,  ferner  l,  EL  und  7y ,  endlich  o  und  w  unter- 
scheidet. Dahingegen  bei  Eustathios  Spuren  vorkommen, 
dass  i,  t] ,  it,  Ol  und  v ,  alle  in  den  einen  I-Lant  ver- 
schmolzen   waren.      Ebenso   acheint  es  eine  Veränderung 


in  der  Aussprache  anzudeuten ,  dass  bei  den  früheren 
Grammatikern  die  kurzen  und  langen  Vokale  als  dpTi- 
ÖTUC^a  betrachtet  werden,  also  wie  o  sich  zu  oj  ver- 
hält ,  so  das  kurze  l  und  v  zu  dem  langen  i  und  v, 
endlich  auch  £  zu  ij  (vergl.  Velins  Lcuigiis  p.  :>'214 
Putsch;  Marius  Victorinus  Ki,  p.  2473):  dahingegen  bei 
den  späteren  Byzantinischen  Orthographen  heissen  dvTi- 
(ixoi%a  £  und  Ul,  t  und  ij  und  ci ,   v  und  oi,  neben  o  und  tu. 

Im  Folgenden  S.  4ü  f.  wird  noch  die  Frage  bespro- 
chen, ob  die  Griechen  in  der  Aussprache  des  gemeinen 
Lebens  die  Quantität  beobachtet  oder  nicht,  welche  Bloch, 
der  überall  Altgriechen  und  Neugricchen  dieselbe  Aus- 
sprache haben  lässt,  consequent  verneint;  wird  ferner 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  Neugricchen  den 
Spiritus  asper  ganz  verloren  haben  ,  wälireiid  die  alten 
Griechen  nicht  allein  den  asper,  sondern  selbst  den  lenis 
hören  Hessen;  wird  in  Zweifel  gestellt,  ob  selbst  die 
Accentuation  der  einzelnen  Wörter  bei  den  Neugriechen 
so  völlig  die  der  Alten  geblieben  ist,  wie  die  Renchli- 
niaiier  anzunehmen  pflegen.  Schliesslich  noch  einige 
andere  Funkte,  wo  die  neugriechische  Aussprache  be- 
stimmt von   der  alten   verschieden  ist. 

Der  ziceite  Abschnitt,  S.  .52  ff.  enthält  eine  Kritik 
von  Bloch's  Lehre  in  Beziehung  auf  die  Vocale  ij  und  v 
und  die  Diphthongen,  vornehmlich  soweit  diese  Lehre 
sich  auf  Zeugnisse  der  Grammatiker  stützt.  Im  Eingange 
protestirt  Verf.  gegen  zwei  ganze  Klassen  von  Quellen, 
aus  welchen  Bloch  ebenso  wie  seine  Vorgänger  Beweise 
für  seine  Sätze  herzunehmen  pflegt.  Es  ist  diess  einmal 
die  Lateinische  Sprache,  sofern  in  dieser  Griechische 
^  W^örter  ausgedrückt  werden,  und  sofern  umgekehrt  in 
der  Griechischen  Lateinische  Wörter;  zweitens  die  Dia- 
lekte, wie  Hr.  Bloch  besonders  die  Elgenfhümlichkeiten 
dos  äolisch -böotlschen  Dialektes  für  seine  Sätze  in  An- 
spruch nimmt,  obgleich  er  sowohl  hier  als  dort  gegen 
den  Missbrauch,  den  die  Erasiulaner  mit  diesen  Quellen 
getrieben  haben ,  auf's  nachdrücklichste  geeifert  hat.  Nach 
genauerer  Erörterung  dieser  beiden  Punkte  ist  S.  61 
zncrst  von  der  Aussprache  des  £  die  Rede,  welches  Hr. 
Bloch  für  einen  Mischlaut  zwischen  £"  und  1  hält;  zu- 
gleich vom  Diphthongen  £i^  vom  ij\  von  den  übrigen 
Diphthongen ,  welchen  Herr  Bloch  in  seiner  Conse- 
quenz  sämmtlich  nur  einen  einzelnen  Vocallaut  zuge- 
stehen will  u.  s.  w.  Die  Stellen  der  Grammatiker,  älte- 
rer und  späterer,  werden  auf  das  gründlichste  beleuchtet 
und  dabei  Hrn.  Bloch  eine  Stütze  nach  der  andern  ent- 
zogen. Es  würde  zu  weit  führen,  wenn  wir  ausführlich 
darüber  referlren   wollten. 

Der  dritte  Abschnitt,  S.  95  ff.,  enthält  eine  Kritik 
der  übrigen,  besonders  der  älteren  historischen  Zeugnisse, 
welche  für  die  Reuchliuische  Ausspprache  angeführt  wer- 
den, und  schliesslich  auch  eine  Zusammenstellung  der 
wichtigsten  Zeugnisse  gegen  dieselbe  ,  beide  in  chronolo- 
gischer Folge,  a)  aus  der  Byzantinischen  Zeit,  b)  aus 
der  Romischen  Zeit,  c)  aus  der  Macedouischen  Zeit, 
d)  aus  der  classischen  Zelt.  Auch  diese  Abhandlung 
eignet  sich  nicht  zu  Auszügen.  Die  Akrisio  der  Rench- 
linlaner  in  den  meisten  Punkten  ist  ebenso  auffallend, 
als  die  umsichtige  und  scharfsinnige  Beleuchtung  dieser 
Stellen    durch    den    Verf.    zur    Vereinfachung   der   Frage 


127 


128 


wesentlirh  beHrajen  wird.  Im  Ganzen  hat  Hr.  Hen- 
rirliscii  «u  derselben  eine  ähnliclie  Stellung  eiiigenom- 
nien,  wie  Lobeik  zu  iler  von  den  IMmterien.  Möge  jene 
Arbeit  ebenso  fruchtbar  wirken,  als  diese! 

Ref.  gesteht,  dass  e«  ihm  auffallend  gewesen,  wie 
Lei  diesen  Verhandlungen  eine  Art  von  Quellen  to  gut 
wie  gani  vernachlässigt  worden,  welche,  vorsichtig  be- 
nutzt, manches  gute  Resultat  liefern  müssten.  Ich  meine 
die  >Vortbildungs-  und  Flexionslehre,  sofern  diese  von 
ilem  Gesetze  der  Euphonie  abhängig  ist;  obgleich  auch 
überhaupt,  je  nachdem  sich  bei  den  einielncn  Forniatio- 
iien  und  Flexionen  die  l'ocale,  Diphthongen,  Consonan- 
ten  fliehen  oder  anziehen,  demgeniass  auch  über  ihre 
Aussprache  einige  Schlüsse  müssten  zu  ziehen  sein.  Auch 
■ehe  ich  nicht  ein  ,  warum  man  sich  bei  solcher  For- 
schung der  Rücksicht  auf  die  Dialekte  ganz  enthalten 
Hollte.  Und  zwar  k<1men  wir  auf  diesem  AVege  in  die 
eigentlich  prodnctive  Zeit  der  Sprache,  deren  Aussprache 
fluch  nach  der  Hauptsache,  d.  h.  iu  den  Vocalen  unil 
Diphthongen,  dieselbe  gewesen  seiu  wird,  als  in  der,  ivo 
die  Buchstabenschrift,  Orthographie  und  Literatur  sich 
fixirte.  Besonders  lehrreich  aber  ist  auch  hier  die  Beob- 
achtung des  Gesetzes  der  Euphonie  ;  wol)ei  Lobecks  Abb. 
«le  praeceptis  <juibusdam  Grammaticorum  cuphonicis,  in 
den  Paralipomenis  Gr.  Gr.  P.  I,  ein  reiches  Material 
au  die  llanii  gibt;  besonders  §.  5  ff.  p.  20,  wo  von  den 
einzelnen  >  oralen  die  Rede  ist.  Z.  B.  wenn  Uerodian 
zu  11.  A.  80  sagt  yjori'  sei  gesprochen  für  '^ioSll,  iTCSl 
y.ay.u(fu)vuv  tan,  so  folgt  unmittelbar,  dass  n  und  Et 
verschiedene  Laute  waren.  Ebenso  bildete  man  nicht 
OTtcU ,  was  die  Analogie  forderte ,  sondern  OTtvi',  und 
ebenso  /.ii\;,  ■/j.i-'i.;,  (JrfiSio^,  yoifiCto,  was  bedeutungi- 
los  wäre,  wenn  ;;  ,  1  und  ic  dieselben  Laute  waren.  Man 
isprach/>op;^ifc,  aber  Jiooiiüq  und  so  in  ähnlichen  Fal- 
leu,  woraus  gefolgert  werden  kann,  dass  der  Diphthong 
ei  in  der»  Aussprache  leicht  mit  /  confunilirt  werden 
konnte ,  ;y  und  i  aber  ganz  verschiedene  Laute  waren. 
Man  vermied  Formen  wie  öeievg,  oy.siev^  diu  tiv  y.a/.O- 
(fOJViuu  T^;  tTCakhfKia^  tou  e,  welche  gar  nicht  statt- 
fände, wenn  st  ein  einfacher  I-Laut  wäre  u.  8.  w. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

St.  Wendel  (Rcgicr(mgsbciirk  Trier),  den  14.  Jan.  Jedes 
Streben ,  welches  dazu  beitragt,  das  Gebiet  der  Wissenschaft 
und  Kunst  zu  bcreiclicrn,  verdient  Anerkennung  im  Publikum, 
wenn  es  auch  zunächst  nur  für  einen  llrincren  Umkreis  seine 
gan^  besondere  Bedeutsamkeit  hat.  So  ist  in  unserem  und  dem 
Oltweilertr  Kreise  im  Jahr  1830  ein  Verein  Ton  Freunden  des 
Alterlbums  und  der  Geschichte  zusammensetrelcn  ,  der  es  sich 
zum  schonen  Ziele  setzte,  die  häufig  bei  uns  sich  lindenden 
Münzen  und  Altcrlhümer  aus  römischer  nnd  deutscher  Vor/.eil 
aufzusuclien,  die  zerstreuten  zu  retten  vor  dem  Untergänge, 
s;e  zu  sammeln  und  so  ein  hcim-itiilichcs  Museum  zu  gründen. 
Kin  kleiner  Anfang  hierzu  war  bereits  in  der  Zeil  gemacht,  als, 
unser  Land  noch  Cobiirgiseh  war,  und  die  Regierung  nntorstiitzte 
»ogar  diese  Absicht  durch  einen  kleinen  Fonds,  den  sie  zu  die- 
»cm  Zwecke  verwendet  wissen  wollte;  es  scheint  indessen,  als 
ob  die  Liebe  für  diesen  löblichen  Zweck  sehr  bald  erkaltet  si:i, 
ü.»    nicht    nur  Nichts   mehr   weiter   für  Ausgrabungen    geschah, 


sondern  das  Gesammelle  nicht  einmal  geschätzt  wurde.  DIess 
war  nun  um  so  mehr  zu  bedauern,  als  durch  rohen  Vandalis- 
nius  bei  Veränderung  des  Zweckes  desjenigen  Gebäudes,  worin 
Einzelnes  bewahrt  wurde,  diess ,  mitunter  sehr  werthvoll,  zer- 
stört wurde.  Bei  diesen  Anfangen  nnd  durch  jenes  beklugens- 
werthc  IVichtachtcn  sowohl,  als  durch  die  Gewisshoit,  dass  noch 
viele  Schätze  bei  uns  unter  dem  Rasen  der  kundigen  Hand  ent- 
gegen harren,  die  sie  an's  Licht  ziehe,  besonders  sogenannte  tumuli 
und  Schutthaufen  alter  Bauwerke  zur  Forscliung  reizen,  konnte 
es  nicht  fohlen,  dass  Freunde  der  AltcrlhiHuskunde  den  Antrieb 
zu  einem  Vereine  gaben,  wie  wir  ihn  jcLzl  besitzen  Wenn  auch 
mit  noch  sehr  beschränkten  Mitteln,  ging  der  Verein  rasch  an's 
Work.  ,,Der  Erfolg  lohnte  diess  Bestreben,  Vieles  wurde  zu  Tage 
gefordert  oder  dem  Verderben  entri^ssen,  und  die  in  St.  Wendel 
aufbewahrte  Sammlung  bereicherte  sich  durch  Ausgrabungen, 
Geschenke  und  Ankaufe  aus  den  Geldbeiträgen  der  Mitglieder." 
Schon  in  der  Jahresversammlung  am  7.  Nov,  1837  zeigte  es  sich, 
dass  die  Besitzthümer  des  Vereins  im  ersten  Jahre  seines  Beste- 
hens auf  eine  höchst  erfreuliche  Weise  gemehrt  und  so  werth- 
voll geworden  waren,  dass  der  Verein  sich  getrieben  fühlte,  dem 
thcilnelinienden  Publikum  Kunde  davon  zu  geben.  So  erschien 
denn  bei  Ritter  in  Zweibrücken  ein  sehr  elegant  gedrucktes,  56 
Seiten  haltendes  Schriftchen,  das  auf  drei  lithogr.  Tafeln  die 
gewonnenen  Antiquitäten  dem  Auge  vorführt.  Der  Titel  ist: 
,, Erster  Bericht  des  yereins  für  Erjorschuns;  und  Sammlung 
von  /lllerthiiinern  in  den  Kreisen  St.  Hendel  und  Otiweiler. 
Zweiir.,  gedr.  bei  G.  Hitler  183Ö-"  In  anziehender  klarer  Dar- 
stellung wird  darin  Nachricht  gegeben  über  die  verschiedenen 
Ausgrabungen,  welche  der  Verein  veranstaltet,  und  über  die  Re- 
sultate, welche  er  gewonnen.  Lehrreich  ist  diese  Darstellung 
schon  dadurch,  weil  sie  zeigt,  wie  und  mit  welcher  genauen  Auf- 
merksamkeit, mit  weleher  besonnenen  Berechnung  man  bei  den 
Ausgrabungen  verfuhr.  Allein  das  Interessanteste  dabei  bleibt  die 
sichere  Kunde  über  die  Art  der  aufgedeckten  Gräber.  Man  folgl 
mit  stets  wachsender  Theilnahme  der  Darstellung  und  ist.  am 
Ziele  angelangt,  höchst  befriedigt.  Auch  für  das  grosse  Publikum 
hat  diese  Schrift  Wichtigkeit ;  besonders  machen  wir  Freunde  der 
Alterlhümer  darauf  aufmerksam,  die,  das  dürfen  wir  fest  voraus- 
setzen ,  es  uns  Dank  wissen  werden.  INeun  und  vierzig  Gegen- 
stände sind  es,  welche  auf  den  Tafeln  gut  abgebildet  sind,  dar- 
unter mehre  wichtige  celtische  Münzen  ,  Bronzen  ,  Torso's  aus 
Stein,  Geräthe  des  häuslichen  Lebens  der  Alten,  Schmucksachen 
und  Waffen,  über  deren  Fundorte  das  Schril'tchcn  belehrt.  Den 
Scbliiss  des  Scliriftchens  können  wir  uns  nicht  enthalten  hierher 
zu  setzen.  ,, Schliesslich  noch  einige  Worte  über  unsere  Münz- 
sammlung, welche,  ausser  einer  Zahl  gallischer  Münzen,  meh- 
rere hiinilert  Stücke  römischer  enthält,  worunter  Familicnmün- 
7.en  aus  ilcr  Zeit  der  Republik,  Münzen  des  Triunivir  Antonius 
mit  der  Inschrift  der  4.,  8.,  13.,  14.  u.  17.  Legion  und  der  Rei- 
henfolge der  Kaiser  bis  auf  Valcntinian  und  Valens.  Viele  sind 
bereits  bei  ihren  Fundorten  namhaft  gemacht ;  unter  den  übrigen 
erwähnen  wir  noch  einer  ausgezeichnet  schönen  Goldmünze  von 
Titiis,  die  wir  der  Güte  eines  Mitgliedes  verdanken.  Der  Zweck 
unseres  Vereins  bringt  es  mit  sich,  dass  wir  weniger  auf  Ver- 
mehrung der  Samininng,  gleichviel,  wober  die  Stücke  kommen, 
bedacht  sinil;  sondern  dass  wir  zunächst  auf  den  Ort  und  die 
Weise  des  Fundes  blicken  ,  und  mit  Rücksicht  hierauf  nur  die 
in  den  Grenzen  unseres  Bezirks  entdeckten  aufnehmen;  so  kön- 
nen eines  Thoils  keine  nachgemachte  und  verfälschte  Münzen 
sich  einschleichen,  und  andern  Theils  wird  dadurch  ein  wich- 
tiges Moment  für  die  historische  Kunde  unserer  Gegend  gewon- 
nen. Ueberhaupt  wird  es  uns  auf  dem  betretenen  Wege  hof- 
fentlich albnablich  gelingen,  durch  fortgesetzte  Nachforschungen 
ein  immer  vollständigeres  Bild  der  Topographie  dieses  Landes 
während  der  llerrscbaft  der  Römer,  seines  Anbaues,  seiner  Com- 
municaliuncn,  sowie  der  Sitten  und  der  inneren  Geschichte 
seiner  Bewohner  zu  erlangen  und  Licht  übir  eine  Periode  von 
mehreren  Jahrhunderten  zu  verbreiten  ,  während  welcher  die 
Gegend  auf  hoher  Culturstufe  stand,  ohne  jedoch  hierüber  wei- 
tere Zeugnisse,  als  einzelne,  aus  einer  gewaltigen  Umwälzung 
gerettete,  im  Boden  verborgene  Reste  uns  hinterlassen  zu  haben." 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Freitag  j  8.  Februar 


18  39. 


Nr.  17. 


Beschlass  der  Recension  von  Henricksen's  Schriften 
über  die  Aussprache  des  Griechischen  nud  den  po- 
litischen Vers. 

Ich  gehe  zur  Anzeige  der  ztceiten  Schrift,  om  de 
saakaldte  politishe  Vers  über,  welche  gleichfalls  zunächst 
in  Opposition  gegen  Bloch  aufgenommen ,  hernach  mit 
besonderer  Berücksichtigung  Fon  Struve's  bekannter  Abh. 
über  denselben  Gegenstand  durchgeführt  ist. 

Sie  zerfällt  gleichfalls  in  drei  Abhandlungen:  1)  über 
den  Ursprung  des  accentuirendcn  Verses  bei  den  Griechen 
und  über  den  politischen  Vers  und  sein  Verliältniss 
zn  andern  Versarten  im  Mittelalter.  2)  Prosodie  und 
Metrik.     3)  Literatur. 

Der  Verf.  vermisste  bei  Struve  besonders  Bestimmun- 
gen über  das  Alter  und  die  Entstehung  des  Verses,  war 
überdicss  zu  diesen  Forschungen  gekommen  durch  die 
auüallende  Behauptung  Bloch's ,  der  accentuirende  Vers 
sei  bei  den  Griechen  etwas  sehr  Altes:  so  werden  also 
die  zu  dieser  Frage  gehörigen  Punkte,  besonders  gegen 
Apel  und  Bloch,  mit  grosser  Ausführlichkeit  besprochen. 
Von  beiden  sind  theils  ganz  ungehörige  Stellen  für  ihre 
Behauptung  angeführt,  theils  ist  mit  allgemeinen  Sätzen 
und  Aualogieen  gestritten,  die  sich  nicht  halten  lassen. 
Der  Verf.  stellt  dann  S.  13  die  These,  dass  der  accen- 
tuirende Vers  erst  ein  Product  des  Mittelalters  sei.  AVie 
die  alten  Sprachen  (juaotitirendc  zu  sein  pflegen,  so  sind 
die  neueren  accentuirende:  eine  Bemerkung,  die  oft  ge- 
macht ist,  wesswegen  Verf.  sich  auf  Madvig  in  der 
(dänischen)  Monatsschrift  f.  Litt.  0.  Bd.  S.  419  f.  be- 
zieht :  „dass  ein  Verhältniss  stattfinde  zwischen  dem  Ac- 
centuiren  und  Quantitiren  auf  der  einen  und  dem  gram- 
matischen Bau  der  Sprache  auf  der  andern  Seite ,  der- 
gestalt, dass  die  Sprachen,  welche  reich  an  ausgebildeten 
Flexionsformen  sind,  insgemein  quantitirende  sind,  da- 
hingegen die,  welche  diesen  Formenreichthum  grossen- 
theils  vermindert  oder  aufgegeben  haben ,  accentuirende 
sind."  „Diese  Bemerkung,  fährt  der  Verf.  fort,  finden 
wir  bekräftigt  auf  der  einen  Seite  durch  Beobachtung 
des  Sanskrit,  der  hellenischen  und  der  ausgebildeten  la- 
teinischen Sprache,  auf  der  andern  Seite  der  scandina- 
visch-  germanischen,  der  romanischen  und  der  neu- 
griechischen oder  romaischen.  Aber  wenn  ich  das  Neu- 
griechische oder  Romanische  nenne  ,  so  meine  ich  damit 
nicht  eine  Sprache  ,  welche  erst  in  dem  späteren  Mittel- 


alter oder  gar  nach  der  Einnahme  Constantinopels  ent- 
sprungen wäre,  sondern  eine  Sprache,  welche  die  eigent- 
lich lebendige  Conversationssprache  bei  Gebildeten  sowohl, 
als  Ungebildeten  in  dem  grössten  Theil  des  Mittelalters 
war,  dahingegen  die  hellenische  Sprache  schon  zeitig  auf- 
hörte Volkssprache  zu  sein  und  bloss  in  der  Literatur  zu 
leben  fortfuhr,  zuerst  allein,  später  neben  dem  Romaischen." 
Es  ist  dieses  die  Summa  der  in  der  ersten  Abh.  der 
ersten  Schrift  gezogenen  Resultate,  deren  andern  ThcII, 
das  ethnologische  Verhältniss  der  jetzigen  Griechen  zu 
den  alten  betreffend,  die  Vorrede  zu  dieser  Schrift  so  re- 
capitulirt:  „Eine  gewisse  Vorstellungsweise,  welche  nur 
zu  allgemein  ist,  sucht  etwas  Grosses  darin,  die  jetzigen 
Griechen  mit  den  alten  zu  identificiren ,  fasst  die  Conti- 
nuität  im  Leben  des  Volks  als  ein  Verbleiben  in  derselben 
Form  auf,  und  indem  sie  einräumt,  dass  die  klassische 
Literatur  mit  dem  Leben ,  welches  ihre  Basis  war ,  aus- 
starb, konmit  sie  dazu,  gerade  während  sie  die  Neugrie- 
clicn  in  der  Meinung  erhöhen  will.  Alles  bei  diesen  spä- 
teren Griechen  zu  einem  todten  Wiederkäuen  der  alten 
l  ebqrbleibsel  zu  machen,  ohite  ein  neues,  aus  dem  spä- 
teren Volksleben  ausgehendes  Element  der  Bewegung  und 
des  Strebens.  Um  so  nrtheilen  zu  können,  muss  man  ganz 
unkundig  der  Thatsachen  sein,  welche  Uebcrgang  und  Be- 
wegung bezeichnen.  Die  Betrachtung  dieser  Thatsachen 
bringt  das  wahre  Verhältniss  zur  Anschauung.  Das  ganze 
Leben,  bis  zur  Aussprache  hinab,  enf  fernt  sich  allmählich  von 
dem  Typus,  welcher  in  der  alten  Literatur  ausgeprägt  ist. 
Diese,  weil  sie  vielleicht  stereotypirt  war,  wurde  traditionell 
fortgepflanzt;  allein  dieses  ist  eine  todte  und  gleichsam  ab- 
sterbende Weise  des  Fortpflanzens.  Das  neue  Volksleben, 
welches  deutlich  in  der  Geschichte  hervortritt,  äussert  sich 
in  der  Literatur  zuerst  eingeschränkt,  schwach,  ohne  Muth 
und  Anspruch,  aber  die  Natur  und  Nothivendigkeit  der  Sache 
führt  doch  endlich  das,  was  dem  Neuen  entspriesst,  zum 
Siege." 

Sehr  lehrreich  ist  die  Art,  wie  der  Verf.,  nach  der 
allgemeineren  Betrachtung  über  das  geschichtliche  Ver- 
hältniss 'des  Accentes  zur  Quantität,  nun  von  S.  16  hi- 
storische Uebergangspuukte  von  dem  Quantitätsprincip  in 
das  entgegengesetzte,  das  accentuirende,  festzustellen 
sucht.  Er  kommt  so  zuerst  auf  den  Senar  des  Mittel- 
alters, worüber  zuerst  Struve  Genaueres  gelehrt  hat. 
Quantität  und  Accent  haben  sich  hier  zu  einer  Art  von 
Vergleich  entschlossen;  der  Vers  liegt  offenbar  auf  einem 
Gränzgebiete ,    wo    das    alte  Verh.    des  Accentes    zu    der 


131 


132 


Unantitat  in  iler  Metrik  in  «las  Eii<?pfenfcsp</te  iinizu- 
sihlafoii  aufiii^:  er  ist  «las  Prmluct  einer  l'cbcrjfaiigszcit. 
>ur  <la,  HO  ilio  Quantität  fiir  «las  Anffe  lionierklar  ist, 
«tir«l  sie  beobailitet ,  «1.  Ii.  «la,  «o  ein  lanjjer  \<nal  (i;,  w) 
[teschrieben  steht,  oder  ein  üijilit luinjf ,  un<l  wo  «He  Po- 
«ition  einwirkt.  Uie  Voeale ,  für  «el«he  die  Schrift 
keine  Doppelzeiclieii  «1er  L.'infe  und  Kürze  hat,  t'.,l  und 
/',  werden,  wenn  keine  Position  stattfin«le( ,  ganz  will- 
kürlirh  als  ancipites  gebraucht,  selbst  wenn  sie  «leu 
Cirrunillex  liaben :  man  hatte  damals  das  Gefühl  nnd  die 
'l'radition  der  alten  Quantit.'itsgesetze  schon  bis  auf  jenes 
I>]inJmum  verloren.  —  .So  «las  Wesentliche  «ler  Resultate 
Struvc's,  welche  Hr.  Ilcnrichscn  theils  bestätigt,  theils 
j;enauer  specilicirt  und  erweitert.  Struve's  Resultate  sind 
fowohl  hier,  als  rncksichtlirh  des  politischen  l'erses  nicht 
so  genau  uud  zuverlässig,  als  «lie  des  ^'erfs. ,  weil  die- 
ser eine  bei  weitem  grossere  Reobachtungshasis  hatte. 
Wahren«!  Struve  nur  wenige  Schriften  studirte,  hat  Heu- 
richscn  mit  seltener  Ausdauer  eine  ganze  Blasse,  soviel 
er   irgend   erreichen   konnte  ,   «lurchgemacht. 

Die  besprochene  AVillkür  im  Gebrauch  der  ancipites 
tiudet  man  schon  beim  Genrgios  Pisi«les,  einem  im  3]it- 
telalter  so  angesehenen  Dichter,  «lass  man  ihn  selbst  dcpi 
Enripides  an  «lie  Seite  setzte.  Er  lebte  in  der  eisten 
Hälfte  des  7.  Jahrh.  ,  ist  übrigens,  bis  auf  jene  Zeichen 
des  Verfalls,  noch  ein  ziemlich  künstlicher  31etriker. 
„.Nach  dem  9.  Jahrh.  wird  man  nicht  leicht  irgend  ein 
jambische«  Gedicht  finden,  wo  die  proiodischen  und  me- 
trischen Gesetze  der  Alten  streng  b(M)bachtet  sind."  — 
S.  20  folgt  eine  Aufzahliiiig  der  Dichter  und  Ge«lichte, 
nach  welchen  ^'erf.  diesen  Senar  des  Mittelalters  studirt, 
un«i  einige   Proben. 

Der  Senar  ist  der  gewolinlichste  Vers  in  seiner  Art, 
aber  nicht  der  einzige,"  rieluiehr  beweisen  drei  Stiiche 
in  der  lulgürsarnmlung  4^r  Anacreontea  (vergl.  S.  'ii 
beim  1  erf,^  ,  «lass  aucli  auf  die  Cumposition  in  andern 
Rhythmen  diese  Confusion  des  Alten  und  des  jNeuen  ein- 
zuwirken anfing.  Bei  ^ö  iMelilhorn.  .j9  Bloeb.  sind  die 
\  erse  quantitircnde  ,  aber  «lie  Prosodie  ist  dieselbe, 
welche  in  den  späteren  Jamben  herrscht;  ce,  l  uu«l  v  sind 
nach  Gutbeflmlen  lang  oder  kurz;  und  immer  findet  sieb, 
ein  Hauptgesetz  des  politischen  Verses ,  welches  auch  der 
Senar  mit  diesem  gemeinschaftlich  hat,  der  coustante 
Acccnt  auf  der  vorletzten  SUbe.  Die  beiden  übrigen 
(/.»)  nnd  A^  Mehlh.)  sind  weder  nach  Quantität,  noch 
nach  Accent  geschrieben  ,  sondern  bloss  nach  abgezälilteii 
{>  Sylben ,  and  «las  Einzigste,  was  beobachtet  wird,  ist, 
dass  auf  der  vorletzten  S\lbo  des  Verses  jedesmal  ein 
Accent  zu  stehen  kommt.  —  Auch  der  Hexameter  de» 
Iflittelallem  folgt  denselben  Gesetzen  ;  vergl.  ^'erf.  S.  22- 
.Sind  dieses  gleichsam  Präludien  des  ausschliesslich 
nach  dem  Acccntuationsprincipe  gebauelen  Verses,  so  wird 
dieser  selbst,  namentlich  sein  Grund-  und  einziges  Schema, 
der  politische  Vers,  nicht  viel  jünger  sein.  Der  Verf, 
verrauthet,  dass  er  in  «ler  Literatur  zuerst  eine  Stelle 
bekam  durch  die  gemeine  Kirchenpraxis.  Eins  von  den 
ältesten  Lloss  accentuirenden  Gcdichtcu,  welche  auf  uns 
gekommen  sind,  ist  wieiler  ein  .Stück  der  Anakreunti- 
schen  .Saminlang,  d  Melilh. ,  welches  sich  auch  in  der 
PalatiniacUcu    Ilaudschr.    fiu«let.      „So    viel    ist    indessen 


sicher,  dass  der  Gebrauch  dieser  Verse  in  griechischen 
Gedichten  vor  «lern  11.  Jahrh.  nicht  sehr  ausgebreitet 
gelvesen  ist;  aber  besonders  vom  Ende  des  11.  Jahrh. 
an  sin«l  sie  liäulig."  AVegen  des  vielfachen  Missbrauchs, 
den  mau  mit  dem  Namcu  des  politischen  Verses  getrie- 
ben, wir«l  bemerkt,  dass  dieser  immer  catalectischer 
Tetrameier  ist,  das  Versmaas,  auf  welches  sich  die  bloss 
acceutuiremle  Poesie  des  Mittelalters  beschränkte.  INur 
«lieser  catalectischc  Tetrameter  wird  von  den  Byzantinern 
selbst  der  politische  ^'ers  genannt;  keineswegs  gibt  es 
einen  politischen  Senar,  Hexameter  u,  s,  w. ;  ja  selbst 
in  neuerer  Zeit  heisst  politischer  Vers  bei  den  Griechen 
ausschliesslich  derselbe  Tetrameter.  Er  war  ruu  den 
Gelehrten  im  höchsten  Grade  verachtet,  in  welcher  Bez. 
der  Verf.  S.  24  eine  sehr  sprechende  Stelle  des  Maxinios 
Planudes  zu  Ende  seines  grammatischen  Dialogs  bei  Bach-, 
mann  Anecd.  II,  p.  98  anführt.  „Dennoch  sieht  man 
besonders  aus  «len  Aeussernngen  lies  Tzetzes,  dass  dieser 
Vers  zu  seiner  Zeit,  was  auch  die  Literaturgeschichte 
Lestätigt,  so  in  Mode  gekommen  war,  selbst  in  «ler 
Schulpoesie,  dass  auch  die  Gelehrten  ihn  den  kunstmäs- 
sigen  Gattungen  vorzogen,  und  obgleich  Tzetzes  in  der 
That  einige  Vorliebe  für  diesen  Vers  zeigt,  welcher  auch 
weniger  als  der  kunstgerechte  seiner  Geschwätzigkeit 
Fesseln  anlegte,  will  er  doch  gerne,  dass  man  glanben 
soll,  er  habe  sich  gegen  seineu  Willen  dem  Geschmack 
und  der  Mode  der  Zeit  gefügt."  —  Der  Name  ist  ab- 
zuleiten von  TTok/TlXOs  in  «Icm  Sinne  von  „bürgerlich, 
allgemein,  populär",  im  Gegensatz  zu  der  gelehrten, 
kunstgerechten  Versification ,  worüber  unter  Andern  da 
Cangc  gloss.  med.  et  inf.  Latinitatis  v.  politicus  ausführ- 
licher gehandelt  hat.  Verf.  vermuthet  mit  Wahrschein- 
lichkeit, dass  dieser  Name  von  den  Gelehrten,  nicht  von 
dem  ^'olke  ausgegangen  sei,  wahrscheinlich  zu  der  Zeit, 
wo  jene,  diese  Art  von  Vcrsilicatiou  zwar  noch  gering- 
schätzend,  dennoch  anfingen   sie   gelbst   zu   gebrauchen. 

Die  zweite  /i/jh.,  S.  !>/— 54,  über  die  Prosoilie  uud 
flletrik  des  politischen  Verses  schliesst  sich  unmittelbar 
au  Struvc's  Abb.  über  den  politischen  Vers  der  Mittel- 
griechen, Hildesh.  1S28'  Es  wird  zuerst  ein  Auszug 
aus  derselben  gegeben  und  dann  folgen  Paralipomena, 
worunter  manches  sehr  Bedeutende.  Es  ist,  wie  schon 
bemerkt,  besoinlers  «lie  bei  weitem  grössere  Beobachtungs- 
basis des  '\'erfs. ,  welche  seinen  Sätzen  einen  bedeutenden 
Vorzug  sichert.  „Im  Ganzen",  äussert  er  sich  selbst 
über  sein  Verhältniss  zu  Struve,  „haben  diese  Unter- 
suchungen zu  einem  Resultate  geführt,  welches  von  dem 
Struie's  nicht  abwich;  nur  in  einzelnen  Theilen  glaube 
ich  auf  Eins  oder  das  Andere  aufmerksam  gewonicn, 
welches  .Struve  gar  nicht  besprochen  hat."  —  Die  be- 
deutendste Abweichung  wird  S.  35  if.  besprochen.  Struve 
behauptet  nämlich,  dass  nur  im  ersten  und  fünften  Fasse 
des  politischen  Verses  der  gewöhnliche  Jambus  mit  Tro- 
chäen und  zwar  bloss  mit  Trochäen  abwechsele.  Wo 
»ich  eine  Abweichung  fand,  da  wurde  corrigirt.  Herr 
Henrichscn  bemerkt,  dass  das  Gewohnliche  dieses  sei, 
dass  jene  Regel  aber  bei  weitem  zu  eng  gefasst  ist,  in- 
dem sich  eine  ölcngo  anderer  erlaubter  Abwechselungen 
un«l  Freiheiten  findet,  die  Struven  entgangen  sind.  So 
linden  sich  auch  im    zweiten  Fusse  Trochäen,    Spoudoen 


133 


134 


(iia<i'irlich  im  Sinne  «los  arcentuireiiilcn  Verses),  Pvrr- 
liicliieii;  gleichfalls  im  <lii(teii  Fuss  TrooJiäeii  und  Spou- 
«leeii  u.  s.  w.  Diese  Beobachtungen  fnnlet  man  auf  das 
ausführlichste  exemplificirt,  S.  35  —  42,  wo  sich  .'ihn- 
liche  Beuliachtungcn  in  Beziehung  auf  die  romaischo 
Poesie  anschliessen.  Die  übrigen  Erweiterungen  und 
Berichtigungen  der  Struvc'sclicn  Regeln  betreffen  den 
Gebraucli  der  Partikeln  als  ancipites,  das  "Vorherrschen 
des  Jambischen  Rlivthmus  (Verf.  ist  der  Bleinung,  dass 
es  auch  trochiiische  ])olit.  "V^erse  gegeben)  ,  den  constan- 
ten  Accent  in  der  Mitte  und  zu  Ende  des  Verses  und 
«cheinbare  Ausnahmen,  wobei  viele  Eniendationen  (hier 
hat  Boissonade  gut  vorgearbeitet ;  doch  nicht  in  Bez.  auf 
den  Accent  in  der  Mitte),  vorkommende  Abweichungen 
von  der  normalen  Accentlchre  ,  wie  denn  in  diesen  Ver- 
sen besonders  die  lyy.lioii  einen  merkwürdig  wciien 
Spielraum  hat;  ferner  die  Cäsur,  den  Gebrauch  der  Sy- 
nizese  (S.  44  —  ÖO)  und  andere  Freiheiten  der  Elision, 
Ccntraction  u.  s.  iv.  Der  politische  ^'ers  hat  nicht  we- 
niger, aber  auch'  nidit  mehr,  als  15  Selben  in  metri- 
scher Hinsicht;  wo  mehr  Sjlben  vorkommen,  da  sind 
Sjnizesen  anzunehmen;  welche,  wie  die  Enklise,  ein 
bei  weitem  grösseres  Gebiet,  als  in  alter  Zeit  hat,  und 
noch  weiter  endlich  in  den  romaischen  Gedichten  (S.  49) 
um  sich  greift.  Schliesslich  (S.  53)  noch  ein  Paar  Be- 
merkungen über  den  Reim.  Wie  der  Käme,  so  ist  auch 
die  Sache  von  der  romanischen  Poesie  in  die  romaische 
übergegangen. 

Die  dritte  Ablt.  über  die  Literatur  des  politischen 
Verses,  S.  55 — Sl.  Die  Abh.  wird  eriiffnet  mit  ein- 
leitenden Bemerkungen  über  die  Geistesarmuth  des  grie- 
chischen fllitfelaltcrs  ,  wie  schon  zur  alexandrinischen 
und  römischen  Zeit  der  Gegenstand  ohne  alles  Verhält- 
niss  zur  poetischen  Form  zu  sein  pflegte,  noch  mehr  aber 
dieses  bei  den  Byzantinern  der  Fall  war.  „Im  Mittel- 
alter wurde  es  Mode,  Alles  zu  versificiren  ,  selbst  das 
ganz  Triviale  und  Trockene;  in  der  Versification  bestand 
die  ganze  Kunst,  sonst  wurden  die  Gegenstände  aufgana 
prosaische  und  systematische  AVeise  abgesprochen.  Be- 
sonders gilt  das  von  den  hellenischen  Schriften,  welche 
in  dem  politischen  Versmass  abgefasst  sind  ,  von  welchen 
höchstens  einige  wenige  von  religiösem  Inhalt,  nament- 
lich Hymnen  und  Gebete,  den  Kamen  von  Gedichten 
verdienen;  die  andern  dichterischen  Productionen  sind 
äusserst  matt  und  dürftig,  Lobgesänge  auf  Kaiser  voll  von 
Schwulst  und  ekelhafter  Schmeichelei,  fllit  einer  glei- 
chen Vorliebe  vurde  der  politische  A^ers  zur  Behandhing 
wissenschaftlicher  Gegenstände  angewendet,  zu  Compen- 
dien  und  dürren  Verzeichnissen:  die  meisten  helleni- 
schen Schriften  in  dieser  Versart  drehen  sich  um  Theo- 
logie, Jurisprudenz,  Historie  und  Antiquitätenkram,  Rhe- 
torik, Grammatik  und  äbiiii<'hen  Inhalt.  Von  dem  poe- 
t. sehen  Werth  solcher  Schriften  kann  gar  nicht  die  Rede 
sein;  selbst  der  wissenschaftliche  Werth ,  welchen  die 
meisten  von  ihnen  haben,  ist  nur  untergeirdnet;  einzelne 
sind  von  Wichtigkeit  als  gelehrte  Sammlungen,  worin 
Ueberbleibsel  aus  der  alten  Zeit  enthalten  sind. 

Dieses  stimmt  wenig  mit  dem",  was  die  Vorrede  sagt, 
die  Byzantinische  Literatur    werde  über  die  Gebühr  ver- 


nachlässigt. Allein  auch  hier  ist  es  nur  das  starre  Fest- 
halten am  Alterthum,  welches  den  Tod  in  seinrm  Innern 
hatte  und  tödtend  wirkte.  Diese  gelehrten  l'ebcrlicferer 
des  Alterthums  bewegen  sich  in  einem  ewigen  Einerlei 
von  traditionellen  Kofizcn  (denn  Ideen  kann  dergleichen 
nicht  heissen)  ,  welche  sich  neben  der  Jugend  der  Zeit, 
welche  das  Christcnthnm  und  <iie  frisch  auf  den  Schau- 
platz getretenen  slavisch  -  germanischen  Kationen  des  Mit- 
telalters bilden,  wie  die  Blätter  des  vorigen  Jahres  neben 
den  frischen  des  jetzigen  ausnehmen.  Und  auch  der  By- 
zantinischen Literatur  fehlt  es  nicht  ganz  an  solchen  Zei- 
chen einer  neuen  Jugend,  wiewohl  diese  mehr  durch 
äussere  Entwickelung  der  kräftigeren  und  geistigeren 
Stämme  des  romanischen  und  germanischen  Europa's,  als 
von  Griechenland  und  Constantinopel  selbst  genährt  wurde. 
Es  sind  dieses  die  byzantinischen  Ritterromawe,  aufweiche 
der  Verf.  im  Folgenden  besonders  aufmerksam  macht. 
„Von  nicht  geringem  Interesse  dagegen  ist  die  populäre 
romaisrhe  Poesie  im  Mittelalter  nicht  bloss  in  sprachlicher 
Hinsicht,  sondern  auch  von  Seiten  des  Stoffs  und  der 
Behandlung.  Besondere  Aufmerksamkeit  verdient  die 
Reihe  von  Ritierrnmanen ,  welche  diese  Literatur  gegen 
das  Ende  des  Mittelalters  und  in  den  zunächst  iolgendeii 
Jahrhunderten  hervorgebracht  hat.  In  diesen  Ritterro- 
iiianen  finden  wir  das  Ritterwesen  und  die  romantische 
Liebe  des  Occidentes  wieder,  in  mehreren  sogar  die  in 
den  westlichen  Ländern  so  oft  besungenen  Personen  nnd 
Abentheuer.  Das  Auffallende,  welches  diess  Phänomen 
beim  ersten  Hinblick  haben  konnte,  verschwindet,  wenn 
njaii  bedenkt,  wie  viel  Verkehr  zwischen  dem  westlichen 
Europa  und  dem  byzantinischen  Reiche  gleich  vom  Beginn 
der  Kreuzzüge  stattgefunden.  Doch  ist  es  vornehmlich 
seit  der  Zeit,  da  die  Frauken  zum  Besitze  des  byzanti- 
nischen Reiches  gelangt  waren,  der  Fall,  dass  der  Ge- 
schmack am  Ritterwesen  und  die  Erzählungen  von  den 
Fahrten  und  der  Liebe  der  Ritter  sich  bis  nach  Grie- 
chenland fortpflanzten.  Selbst  von  den  byzantinischen 
Kaisern,  welche  nach  dem  Untergange  des  fränkischen 
Kaiserthums  regierten,  wurden  mehrere  ritterliche  Uebnn- 
gcn  und  Sitten  (z.  B.  das  Turnier,  der  Ritterschlag)  auf- 
genommen, was  gegen  das  übrige  römisch  -  byzantinische 
Ilofwesen  sonderbar  abstach.  Allein  die  romaische  Rit- 
tiTrom.inen  -  Literatur  blühete  nicht  sowohl  in  Constanti- 
nopel selbst,  als  in  den  verschiedenen  fränkischen  Be- 
sitzungen, welche  rings  umher  in  Griechenland  verbreitet 
waren,  und  in  diesen  fränkischen  Besitzungen  erhielt 
sich  der  Geschmack  für  diese  Literatur  selbst  noch  ge- 
raume Zeit  nach  dem  Untergang  des  byzantinischen  Reiches. 
Unter  den  venetianischen  Besitzungen  muss  besonders 
Kreta  als  die  Stelle  genannt  werden,  wo  die  Ritterpoesie 
nach  der  Eroberung  Constantinopels  blühete.  Obgleich 
nun  diese  Literatur  ihre  eigentliche  Heimath  nicht  in 
Griechenland  hat,  sondern  aus  dem  westlichen  Europa 
dahin  verpflanzt  war,  so  ist  doch  kein  Zweifel,  dass 
Vieles  in  den  griechischen  Bearbeitungen  oecidentalischer 
Sujets  localen  Ursprungs  ist;  kaum  gehören  auch  wohl 
alle  in  den  romaischen  Romanen  behandelte  Sujets  dem 
Occident,  sondern  es  ist  wahrscheinlich,  dasö ,  nachdem 
der  Geschmack  für  das  Ritterabeniheuer  sich  einmal  in 
Griechenland    aijsgebreitet    hatte ,    einzelne  Dichter  auch 


135 


136 


uriginelle  Sioffo  in  dcrselbcu  Manier  behandelt  li.ibcn; 
ja,  es  könnte  sein,  »lass  eins  oiler  das  andere  iS'iijft  >on 
ilenen,  welche  von  franzüsischcn  und  italienischen  Dich- 
tern behandelt  wurden ,  ursprünglich  nach  Gricclienland 
gehören.  Hier  ist  nicht  die  Stelle  zu  einer  weitL'luligiTen 
lintersnchung  des  Verhältnisses  awischen  den  romaischca 
und  occidcutalischcn  Ritterroinanen,  wozu  ich  auch  nicikt 
die  nöthijen  Kenntnisse  und  Data  besitze.  Die  mcistea 
der  griechischen  Ritterromane  liegen  noch  unedirt  in  den 
Bibliotheken;  besonders  bewahren  die  Bibliotheken  za 
Paris  und  Wien  viele  Stücke  der  Art.  Es  steht  zu  hof- 
fen, dass  jetzt,  da  das  Interesse  für  die  >'eugriechen, 
ihre  Sprache  und  Literatur  lebendiger  wird,  diese  älte- 
sten Denkmäler  der  romaischen  Literatur  allmählich  wer- 
den au's  Licht  gezogen  werden.  Aber  es  wird  schon 
eine  verdienstliche  Arbeit  sein,  wenn  Einige  von  denen, 
welche  genau  bekannt  sind  mit  der  franzosischen ,  spa- 
nischen und  italienischen  Ronianliteratur  und  Zugang  za 
den  grossen  Bibliotheken  haben,  ivorin  sich  gedruckte 
und  nngcdrackte  romaischc  Romane  linden ,  diese  letzten 
genauer  untersuchen  wollten,  Inhaltsicrzeichnisse  und 
Proben  von  ihnen  mittheilen  und  ihr  Vcrhältniss  zu  den 
occideutalischen  Werken  derselben  Art  untersuchen  müch- 
len.  Bisher  ist  nur  sehr  wenig  gethan,  diesen  Zweig 
der  Literatur  zu  beleuchten.  Selbst  Sinner,  welcher 
doch  Zugang  zu  der  reichen  Pariser  Bibliothek  hat,  hat 
sich  in  der  Vorrede  zu  seiner  Ausgabe  von  Couriers 
Longos  (Paris  1829),  worin  er  einige  IVotlzen  über  die 
griechischen  Romane  ans  dem  Mittelalter  und  der  neue- 
ren Zeit  gibt,  nur  auf  ein  dürres  Aufzählen  von  Titeln 
von  neun  Ritterromanen  nach  dem  Index  auctorum  zu  da 
Cange's  Glossarium  und  nach  Leake's  Researches  be- 
üchränkt ;  auch  Struve  hat  in  seiner  Abhandlung  über 
die  Romanen-  und  Novellen  -  Literatur  (bist,  und  litt. 
Abhh.  der  kiinigl.  deutsch.  Gesellschaft  zu  Königsberg, 
herausgegeben  von  Schubart,  3.  Sammlung,  Königsberg 
1834)  nur  von  Einem  Roman  ausführlicheren  Bericht 
und  Bruchstücke  mitgetheilt,  da  er  im  Uebrigen  auf  die- 
ielben  dürftigen  Quellen   eingeschränkt  war." 

Im  Folgenden ,  S.  Ö7  ff. ,  findet  sich  nun  ein  reiches 
\  erzeichniss  von  Allem  (soweit  der  l'^erfasscr  es  selbst 
nachsehen  konnte),  was  im  politischen  Verse  gesclirie- 
ben  vorhanden  ist,  mit  sehr  belehrenden  Notizen  über 
die  Schriftsteller.  Das  Verzeichniss  ist  chronologisch 
und  beginnt  mit  den  Schriftstellern,  welche  in  helleni- 
scher Sprache  geschrieben,  an  welche  sich  S.  77  als 
Anhang  ein  Verzeichniss  politischer  Gedichte  aus  der 
Zeit  nach  der  Einnahme  Constaniinopels ,  meistens  in 
romaischer  Sprache  anschliesst.  Es  genügt,  auf  iliesen 
Theil  der  Schrift  im  .4llgemeinen  aufmerksam  zu  ma- 
chen ;  er  wird  eins  der  besten  Ilülfsmitfel  zur  Tradilion 
der  griechischen  Literaturgeschichte  dieser  Zeiten  sein. 
Wir  bemerken  besonders  die  Notizen  über  Midiael 
Psellog,  S.  58  —  ÖU,  wo  jetzt  noch  Einiges  aus  Bois- 
»onade's  Psellus,  Norimb.  1838,  nachzutragen  wäre; 
über  Theodoros  Prodromns  oder  Ptoclioprodromos  (denn 
Verfaüser  erklärt  sich  für  die  Identität  beider  Zunamen), 


S.     63  —  65;    über    Joannes    Tzetzes ,     S.    05  —  68'-    da» 
Genaueste  ,  was  über  diese  Autoren  zu  finden  ist. 
Kiel. 

Preller. 


Personal-Chro  nik  uud  Miscellen. 

Rom.  Die  solenne  Vcrsnmnilinig  des  aiclidologisclicn  In- 
stituts zur  Feier  des  Wmkciniannsfestes  \viii<Ie  bis  ziim  8.  Jan 
d.  J.  verscliobcu,  da  der  Grossfiirst- Thronfolger  von  Russland 
derselben  beiwobacn  wollte.  Scbon  stundenl.m^  vorher  ballen 
Schaarcn  neugieriger  Römer  die  Zugänge  vom  Capitol  bis  zum 
Porticu;  des  Institiitssaalcs  besetzt ,  wo  piipstlicbes  Alililär  Hecke 
machte.  Bald  nach  3  L'hr  kam  der  hohe  Gast  und  wurje  von 
dem  (Icrmaligen  Institutsvorstande,  dem  hannover'schen  Mini- 
ster-Residenten V.  Kestncr  ,  und  dem  Institutssecrctar  D.  Braiiu 
empfangen  und  zu  dem  für  ihn  bereiteten  Ehrenplatz  im  Gnuidc 
des  Saales  geliihrt.  Ihm  zur  Seite  sass  der  berühmte  Cardinal 
Angelo  Mai  und  die  Personen  des  Gefolges;  zunächst  stand  die 
Büste  Winkebnanns  und  jene  des  Protcctors  des  Instituts; 
gegenüber  hatten  sich  die  Functionäre  des  Instituts  gereiht.  Ein 
sehr  gewiihltes  Publikum  füllte  die  Räume  des  Saales.  Nach- 
dem Herr  Minister-Resident  v.  Kestner  Sr.  k.  Hob.  für  die  Ehre 
des  Rcsuchs  gedankt,  wurde  ein  kurzer  Bericht  der  letztjährigen 
lustitutsarbeitcn  vorgelesen,  worauf  D.  Braun  einen  umfassen- 
den Vortrag  über  die  bisherigen  Leistungen  dieser  An'italt  hielt. 
Sofort  besichtigte  der  Grossfürst  die  sowohl  hinsichtlich  des 
köstlichen  Materials,  ah  der  'merkwürdigen  und  grossentheils 
einzigen  VorsLellungcn  ausgezeichneten  Schätze,  die  der  berühmte 
Reisende  D.  Forlini  aus  Bologna  in  einrr  von  ihm  cröiTncten 
Pyramide  Merors  gefunden  halte,  und  die  Sammlung  etrns- 
kischer  Pretiosen,  die  ihr  Besitzer,  H.  Campana,  hier  ansge- 
stellt,  und  begab  sich  dann  aus  der  Versammlung.  T.igs  dar- 
auf begann  der  gewöhnliche  Wintercirs  des  Instituts.  Ilr.  Ritter 
Canina  liest  über  römische  Topographie,  D.  Braun  über  römi- 
sche Miiseographie,  und  D.  Abeken  über  die  Geschichte  der 
Kunst  bei  den   Römern. 

Coburg,  IG.  Dccbr.  Der  Ilerzogl.  Consistorialralh  und 
Director  des  hiesigen  Gymuasii  Casimiriani,  D.  Sccbode, 
ist  nach  Gotha  berufen  an  des'  berühmten  seligen  Döring 
Stelle  und  wird  mit  dem  neuen  Jahre  das  Directorium  des  dor- 
tigen Herzoglichen  Gymnasiums  antreten.  Man  bezeichnet  ganz 
bestimmt  als  dessen  Nachfolger  den  seitherigen  ältesten  Profes- 
sor im  hiesigen  Gymnasium,  Forberg,  welcher,  wenn  auch 
nicht  literarisch  berühmt,  ein  Mann  ist  von  ungewöhnlichem 
Geiste  und  Muth  und  nun  die  gewünschte  Gelegenheit  findet. 
Beides  zeigen  zu  können.  Es  lasst  sich  mit  allem  Rechte  hof- 
fen ,  dass  die  seitherige  Frequenz  des  Gymn^sii  Casimiriani 
auch  künftig  nicht  geringer  bleiben  wird  ,  zumal  da  auch  die 
übrigen  Lehrer  der  Anstalt,  die  Professoren  Tromphcller, 
Eberhard  imd  Ahrens  sehr  beifallig  ihrem  Berufe  vorstehen. 
Immerhin  sind  die  Lehrer  einer  Anstalt  das  entscheidende  Mo- 
ment, und  in  dieser  Hinsicht  muss  Jedermann  anerkennen,  dass 
die  öffentl.  Prüfungen  neuerer  Zeit  höchst  erfreuliche  Resultate 
von  df.iv  Fortschritten  der  Zöglinge  und  dem  guten  Zustande  diesev 
Anstalt  geliefert  haben,  und  dass  bessere  Ansichten  nuJ  Einrich- 
tungen bei  derOberbehordc.  welche  den  rechten  Zweck  der  Lehr- 
anstalt im  Auge  hat,  stets  den  erwünschten  Eingang  finden.  Dazu 
liefern  auch  die  obern  Classen  der  hiesigen  Bürgerknabenschule 
oder  sog.  Latein.  Rathschule,  welche  als  Progymnasium  angesehen 
werden  können  und  einen  tüchtigen  Vorsteher  an  dem  Rector 
Dresse  I  haben,  meist  vorbereitete  Schüler.  —  Die  Gcs.immt- 
zabl  der  Zöglinge  in  den  drei  Classen  des  Ilerzogl.  Gymnasiums 
beträgt  gegenwärtig  G6,  und  zwar  inScIectall,  in  Prima  21,  in 
Secanda  34,    worunter   auch   mehrere  Auslander  sich  befinden. 

S. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


SonntaSj  10.  Februar 


183  9. 


Nr.  18. 


Die  Zahl  der  Centurfen  seit  der  Veränderung  der 

Servianisclien  Centuriatverfassung    kann  nicht  71 

oder  80  oder  193,  wohl  aber  kann  sie  373 

betragen   haben. 

Die  Erklarnnj  »on  Cic.  ile  Rep.  II,  22,  welche  ich 
vor  Kurzem  io  diesen  Blättern  dargelegt  Labe  ,  hält 
«ich  nur  an  die  Worte  der  secunda  inanus  und  an  wenige, 
bestimmt  vorliegende  historische  Thatsachcn,  gibt  aber 
doch,  wie  ich  zum  Schluis  derselben  angedeutet  habe, 
nur  dann  ein  ganz  genügendes  Resultat,  wenn  man  an- 
nehmen darf,  dass  die  Zahl  der  Centnrien  in  der  spä- 
tern  Zeit  mehr  als  193  betragen,  und  dass  das  Verhält- 
niss  der  Centurienzahl  der  ersten  Klasse,  welches  früher 
80:193  war,  seit  jener  Veränderung  sich  viel  ungünsti- 
ger gestaltet  habe  (etwa  eben  70  :  373).  Sonach  lässt 
sich  eine  Erklärung  nicht  wohl  mit  Schulze's  oder  Nie- 
buhr's  oder  Boner's  Ansicht  vereinen,  wonach  die  Cen- 
turienzahl der  spätem  Zeit  entweder  71  oder  gQ  (seit 
der  Erhöhung  der  Zahl  der  Tribus  von  31  zu  35  noth- 
wcndig  88)  oder,  indem  sie  der  Servianischen  Zahl 
gleich  blieb,  193  betrug.  Der  Zweck  dieser  Abhandlung 
ist  daher,  den  Beweis  zu  führen,  dass  diese  letzteren 
Zahlen  auch  abgesehen  von  der  Stelle  in  der  Republik  , 
welche  ich  dabei  ganz  ausser  Augen  lasse,  unstatthaft  sei, 
and  dagegen  die  Einwürfe  zu  heben,  welche  gegen  die 
Annahme  von  350  und  mehr  Centnrien  erhoben  worden 
sind.  Ich  bemerke  nur  noch  im  Voraus,  dass  ich  für 
die  Zahl  373  selbst  in  dieser  Bestimmtheit  keine  Ge- 
wissheit, sondern  nur  Wahrscheinlichkeit  in  Anspruch 
nehme. 

Die  Stellen  Liv.  XXIV,  7.  XXVI,  22.  XXVII,  6, 
wo  die  centnria  praerogativa  nur  durch  den  Namen  der 
tribns  und  durch  den  Zusatz  iuniorum  oder  seniorum  be- 
zeichnet wird ,  fcheinen  es  allerdings  wahrscheinlich  zu 
machen,  dass  jede  Tribns  nur  2  Centnrien,  eine  der 
Aelteren  und  eine  der  Jüngeren ,  enthalten  habe.  Na- 
mentlich aber  spricht  dafür  Liv.  I,  43,  wenn  man  da- 
ielbst  in  den  Worten  duplicato  earnm  (tribnnm)  numero 
centuriis  iuniorum  seniorumque  die  nachherige  Centurien- 
»erfassung  beschrieben  findet  und  also  annimmt,  dass 
aus  den  35  Tribus  die  doppelte  Anzahl  Centnrien  gebil- 
det worden  sei.  Sonach  hat  nun  auch  Niebuhr  die  An- 
sicht aufgestellt,  au  der  Zeit,  wo  nach  seiner  Meinung 
diese  neue  Verfassung  eingesetzt  wurde,  seien  aus  den 
31  Tribus  (denn  so  viele  bestanden  damal*  erst)  62  Cen- 


turien  gebildet  worden,  nnd  die  ganze  Zahl  der  Centu- 
rien  habe  also,  wenn  man  die  12  Rittercenturien  nnd  die 
sex  sulFragia  hinzurechne,  80  befragen.  Hiermit  stimmt 
nun  auch  im  Ganzen  Ch.  F.  Schulie  überein,  nur  dass  die- 
ser die  letzteren  18  Centnrien  nicht  besonders  rechnet, 
sondern  sich  die  Ritter  und  Patrizier  ebenfalls  unter  die 
Tribut  vertheilt  denkt.  So  erhalt  er  also,  indem  er  auf 
die  Tribuszahl  35  fusste,  70,  oder  vielmehr,  da  er  noch 
eine  Centurie  der  capite  censi  hinzufügt,  71  Centnrien; 
wiewohl  wir  diese  Centurie  füglich  gleich  von  vorn  her- 
ein bei  Seite  lassen  ktinnen,  da  sie  ganz  gegen  das  nun- 
mehr vorwaltende  Princip  der  Tribuseintheilang  ist,  in 
welcher  die  capite  censi  ebensowohl,  als  die  Locuplete* 
einbegriffen  waren:  daher  wir  auch  der  Kürze  wegen  in 
der  Folge  immer  nur  70  Centurien  bei  Schulze  anneh- 
men werden. 

Sofern  nun  aber  bei  dieser  Einrichtung  die  Klassen 
ganz  unbeachtet  bleiben  und  als  nicht  mehr  vorhanden 
betrachtet  werden:  so  stehen  ihr 

1)  alle  die  Stellen  entgegen,  wo  in  der  spätem  Zeit 
die  Klassen  als  noch  bestehend  erwähnt  werden ,  nämlich 
Cic.  Phil.  II,  §.  82»  wo  die  erste  und  zweite,  Liv. 
XLIII,  16,  wo  die  erste  Klasse,  Sali.  lug.  LXXXVI, 
wo  die  classes,  de  rep.  ord.  Ep.  II,  c.  8,  wo  die  qnin- 
(jne  classes  erwähnt  werden ; 

2)  widerspricht  Cic.  de  Legg.  III,  §.  44:  ferre  de 
singnlis  nisi  centuriatis  comitiis  noiuerunt.  Desrriptns 
cnim  populus  censu,  ordinibns,  aetatibus  plus  adhibet  ad 
«ulTragium  consilii,  quam  fuse  in  tribns  convocatus,  vgL 
§.  7.  Denn  worauf  sollte  hier  censu  (§.  7:  pecunia) 
gehen ,  wenn  auf  die  Klasseneintheilung  nicht  Rücksicht 
genommen  gewesen  wäre.  Denn  auch  das  kann  man 
nicht  einwenden ,  dass  Cicero  hierbei  nur  die  Zeit  der 
Decemvirn  im  Auge  habe,  da  er  gerade  die  Heilsamkeit 
dieser  Bestimmung  für  die  Gegenwart,  wo  die  Tribunen 
einen  so  verderblichen  Einflnss  gehabt  hätten ,  preist. 

Schulze  hat  auf  diese  Einwürfe  Rücksicht  genommen 
nnd  desshalb  zu  der  Annahme,  dass  das  ganze  Volk  io 
70  Centurien  eingetheilt  gewesen  sei,  noch  die  hinzuge- 
fügt, dass  in  jeder  Centurie  die  Ritter  und  Patrizier  so- 
wohl, als  die  zu  jeder  der  5  Klassen  Gehörigen  irgend- 
wie geschieden  gewesen  seien.  Allein  hierdurch  wird 
gar  Nichts  gewonnen:  denn  entweder  nehmen  wir  an, 
dass  in  jeder  der  70  Centurien  sonach  von  den  Rittern 
und  Patriziern  nnd  den  5  Klassen  abgesondert  abgestimmt 
nnd    da3    Resultat    dieser    7    Abstimmungen,    je    als   ein 


139 


140 


Ganzes,  besonders  gezShU  wordcu  sei,  und  dann  liabeu 
wir  statt  70  Centuricn  deren  4yO  :  oder  es  hat  die  Stimme 
eines  Ritters  ebenso  viel  «ie  die  eines  Patriziers,  und  des- 
sen Stimme  ebenso  viel  nie  die  eines  Bürgers  <lcr  er- 
sten, zweiten,  dritten,  vierten  oder  fünften  Klasse  ge- 
golten ,  tind  die  fllchrbeit  der  Stimmen  inucrlialb  der 
zwei  Theile  jeder  Tribus  hat  die  2  Stimmen  der  2  Centu- 
rien  ergeben,  dann  ist  jener  Untersrlticd /.»ischeu  IViltcrn, 
Patriziern  und  den  einzelnen  Klassen  so  nichtig,  dass  da- 
von <lie  Rede  gar  nicht  sein  kann,  und  dass  man  die  Rück- 
sicht auf  den  census  auch  hier  als  ganz  beseitigt  ansehen 
muss.  Es  entstellt  dann  nur  bei  der  Sduilzeschen  An- 
sicht noch  das  besondere  Bedenken  ,  dass  auch  die  ordi- 
nes  hierbei  als  ganz  unbedeutend  und  unnesentlich  er- 
scheinen. 

Ä'un  lässt  sich  aber  ferner  3)  selbst  die  Stelle  Liv. 
I,  43  1  worauf  diese  Ansicht  ganz  vorzüglich  beruht,  nicht 
mit  ihr  vereinigen.  Denn  abgesehen  von  den  verschie- 
ilcnen  später  zu  besprechenden  Erklärungen  dieser  Stelle, 
so  lässt  sich  nicht  begreifen,  wieLlvius,  wenn  die  Klas- 
sen jetzt  bei  der  Ccnturicnverfassung  gar  nicht  mehr  ia 
Betracht  kamen,  entweder  irgend  hätte  voraussetzen  kön- 
nen,  dass  sich  Jemand  über  die  veränderte  Zahl  der  Ccn- 
turien  verwundern  würde,  oder,  wenn  er  diess  voraus- 
setzen wollte ,  nicht  viel  kürzer  und  tredender  hätte 
sagen  sollen,  dass  der  Grund  in  der  Aufhebung  der 
Klasseneintheilung  zu  suchen  sei. 

4)  Sprechen  dagegen  auch  innere  Gründe.  Der  Un- 
terschied zwischen  den  Ccnfuriat-  und  Tribufconiitien, 
welcher  z.  B.  von  Cicero  an  der  oben  angeführten  Stelle 
der  Gesetze  als  ziemlich  bedeutend  angeschen  wird,  er- 
scheint bei  dieser  Annahme  als  äusserst  gering.  Er  re- 
ducirt  sich  nämlich  auf  den  Unterschied  zwischen  den 
Seniores  und  Juniores,  wozu  bei  Niebuhr  noch  die  18 
Centurien  der  Ritter  und  der  SufFragia  hinzukommen. 
Ja,  sofern  die  Cenfuriatcomitien  sich  durch  einen  mehr 
■iristokratischen  und  timokratischen  Charakter  von  den 
Tributcomitien  unterscheiden  müssen:  so  wird  jener  Un- 
terschied ziemlich  dadurch  wieder  aufgehoben,  dass  die 
praerogativa  durch  das  Loos  bestimmt  und  nur  aus  den 
tribus  entnommen  wurde:  wobei  man  nicht  übersehen 
darf,  dass  die  Stimme  der  ])raerogativa  in  der  Regel  die 
Entschcidupg  gab,  s.  de  Divin.  1,  Cap.  45.  pro  fliur. 
Cap.  18.  pro  Plane.  Cap.  20,  und  dass  die  Centuriae 
ianiorum  ebenso,  wie  die  der  scnioruni  zu  dieser  Auszeich- 
nung gelangen  konnten,  s.  Lir.  XXIV,  7,  XXVI,  22. 

So  viel  über  die  80  und  70  Centuricn  Niebuhr's  und 
.Schulzens. 

Eine  andere  Ansicht  hat  namentlich  Boner  verthei- 
digt,  und  diese  ist  es,  welcher  Orclli  (Exe.  zu  Phil. 
U,  33,  Cic.  Oratt.  seil.  18)6)  gefolgt  ist,  und  welcher 
auch  Gerlarh  sich  anzuschliesscn  scheint.  Nach  dieser 
ist  die  Zahl  der  Centurien  unverändert  geblieben,  da- 
gegen ist  die  Zusammensetzung  derselben  eine  verschie- 
dene :  sie  bestehen  nämlich  aus  den  18  Centurien  der 
Ritter  und  der  (i  sufFragia,  und  aus  175  Centurien, 
welche  aus  den  Tribus  und  Klassen  so  gebihlet  sind,  dass 
jede  Tribus  2  Centuricn  der  ersten,  ebenso  viele  der 
zweiten,  und  eine  der  dritten  Klasse  enthält.  Oder  die 
zweite  Klasse  hat  nur  35  Centuricn,    und    es  wird  dann 


noch  die  ricrte  mit  35  Centuricn  hinzugefügt.  So  we- 
nigstens Orelli.  Bonerdenkt  sich  die  Zusammensetzung  auf 
eine  andere  Art,  die  aber  schwerlich  Beifall  erhalfen  wird. 
Diese  Ansicht  stützt  sich  besonders  auf  diejenige  Er- 
klärung von  de  Rep.  II,  22,  wonach  an  derselben  nur 
die  gegenwärtige  Centuriafrerfassung  beschrieben  sein  soll. 
Allein  selbst  wenn  wir  von  dieser  Erklärung  ausgehen, 
so  enthält  jene  Ansicht  doch  einen  bösen  Punkt,  über 
den  eine  besonnene  Forschnng  schwer  hinwegkommen 
wird.  Es  wird  nämlich  dort  eine  Centurie  erwähnt, 
„quac  ad  summum  usum  urbis  fabris  tignariis  est  data": 
diese  Centnric  dürfen  nun  diejenigen,  welche  jener  An- 
sicht folgen,  nicht  mitzählen,  und  Orelli  sagt  daher, 
sie  sei  dort  nur  „dicis  causa"  mit  aufgeführt:  obgleich 
daselbst  ausserdem  nach  jener  Erklärung  ausdrücklich 
gesagt  sein  würde,  dass  die  reliqua  multitudo  ausser  den 
89  Centurien  der  ersten  Klasse  10+,  nicht  105  Centu- 
ricn zähle.  Sonach  dürfte  auch  diese  Annahme  unstatt- 
haft sein,  und  ich  brauche  kaum  noch  zu  erwähnen, 
dass  auch  Liv.  I,  43  widerspricht,  wo  es  heisst,  das» 
die  jetzige  Centuriatverfassung  nicht  mehr  ad  institutam 
a  Servio  Tnllio  summani  passe,  d.  h.  doch  wohl  nicht 
mehr  dieselbe  Zahl  der  Centurien  gebe ,  wie  unter  Scr- 
vins  Tnllius.  *■)  Auch  ist  das  ganze  System  sehr  will- 
kürlich, wie  man  sich  schon  daraus  überzeugen  kann, 
dass  ebenso  gut  die  fünfte  Klasse  allein,  als  die  vierte 
und  fünfte  als  aufgehoben  angesehen  werden  kann.  Am 
wenigsten  hätte  Gerlach  dieser  Ansicht  beistimmen  dür- 
fen, da  dieser,  allerdings  mit  gutem  Grund,  aus  der 
Stelle  Liv.  XXIV,  11  die  Ansätze  für  die  spätem  5 
Klassen  herausfindet. 

Es  bleibt  sonach  nach  meiner  Ansicht  Nichts  übrig , 
als  dass  wir  zu  der  .Annahme  zurückkehren ,  wonach  jede 
der  35  Tribus  10  Centurien  und  zwar  ron  jeder  der  5 
Klassen  2,  eine  der  seniores,  eine  der  juniores  enthalten  habe, 
wonach  also  die  5  Klassen  350  Centurien  zählten.  Da  nun  aber 
hier  die  Ritter  und  die  sex  sufFragia  noch  nicht  gezählt  sind: 
so  füge  ich  von  diesen  noch  IS  Centurien  hinzu  und  end- 
lich schliesso  ich  noch  aus  de  Rep.  II,  22,  dass  auch 
die  5  Centuricn  der  fabri,  cornices  etc.  später  beibehal- 
ten worden  seien,  so  dass  also  die  Gesammtzahl  der 
Centuricn  sich  auf  373  belaufen  habe.  Indcss  kommt 
es  bei  meiner  jetzigen  Beweisführung  auf  diesen  zweiten 
Theil  meiner  Annahme  nicht  an ,  da  ich  nur  zu  beweisen 
habe,  dass  die  Zahl  der  Centurien  350  und  darüber  habe 
betragen  kUinieu. 

Es  stehen  aber  dieicr  Annahme  folgende  Grunde  ent- 
gegen. 

Erstens  scheinen  die  Stellen  zn  widersprechen,  wo 
die  praerogativa  ccnturia  lediglich  durch  den  Namen  der 
Tribus  und  durch  den  Zusatz  innlorum  oder  scniorum 
(z.  B.  Aniensis  iuniorum)  bezeichnet  wird:  fofern  es 
scheint,  als  müsste,  wenn  in  jeder  Tribus  nicht  2,  »on- 

*^  Boner  sucht  diese  Stelle  dadurch  mit  seiner  Annahme  lu 
vereinigen,  <l.iss  er  huncordincm.qui  nunc  est,  nicht  auf  die 
ganze  spätere  Ccnturiatvetfassuuf;,  sondern  nur  auf  die 
erste  Klasse  deutet:  eine  blosse  Nothhiilfc,  welche  schon 
der  Ausdruck  ordo  nicht  ziiliisst,  zumal  derselbe  kurz 
vorher  zum  Sclilnss  von  Cip.  42  von  der  ganzen  Cen- 
turialvcrfassung  gebraucht  ist 


141 


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•lern  10  Centnricn  waren,  ancli  die  Klassen,  wclclier  illo 
nraerogativa  anschürte,  licsfiiiiint  «erden.  Allein  diess 
Bedenkm  »ird  dadurch  gehoben,  dass  nach  Salhist.  a.  a.  O. 
die  praerogativa  nur  aus  der  ersten  Klasse  gewählt  wer- 
den konnte:  denn  wie  h'Me  sonst  C.  Gracchus  ein  Ge- 
set?:  vorschlagen  können,  dass  dieser  Vorzug  in  Zukunft 
aufgehoben  werden  sollte?  —  GöUliiig  (Hermes  XXVI, 
S.  123)  nimmt  an,  dass  der  Xanie  praerogativa  die  5  Cen- 
turien  der  iuniores  oder  scniorcs  der  durch  das  Loos  be- 
stimmten Tribus  umfasse.  Allein  abgesehen  von  dem 
snätcr  zu  führenden  Beweise  ,  dass  die  Centarien  jeder 
Klasse  iiacli  einander  stimmten:  so  wird  diese  Annahme 
schon  durch  die  Stelle  Cic.  pro  Plane.  §.  49  widerlegt: 
An  tandem  una  ccnturia  praerogativa  tantum  habet  aucto- 
ritatis  etc.,  wo  es  ja  bestimmt  gesagt  ist,  dass  die  prae- 
rogativa  nur  eine  Centurie   gewesen  sei. 

Ein  zweiler  Einwurf,  welcher  von  Xicbnhr,  R.  G. 
B.  3,  S.  3^)1,  erhoben  worden  ist,  scheint  bedeutender 
zu  sein.  Wenn  man  nämlich  diesem  glauben  muss ,  so 
kann  ron  unserer  Ansicht  gar  nicht  die  Rede  sein,  da 
ihr  die  pinsisclie  Unmöglichkeit  im  Wege  steht.  Seine 
AVorte  lauten  näuilidi  so  :  die  ünzulassigkeit  dieser  Mei- 
nung erhellt  zunächst  aus  der  physischen  Unmöglichkeit 
der  Sache.  Die  römischen  Wahlversammlungen  konnten 
nicht,  wie  englische,  auf  mehrere  Tage  hinausgezogen 
werden;  sie  ninssten  in  einem  Tage  beendigt  sein  oder 
wieder  von  vorne  beginnen.  Sie  mussten ,  wie  alle  öffent- 
liche Handlungen,  mit  Sonnenuntergang  beschlossen  sein 
und  begannen  doch  wohl  nicht  vor  Tagesanbruch.  Dann 
blieben,  wenn  der  Fall  eintrat,  den  Cicero  so  anführt, 
dass  er  gar  nicht  unerhört  sein  konnte,  dass  man  bei 
einer  bestrittenen  Wahl  alle  Centurien  stimmen  lassen 
musste ,  an  einem  mittleren  Tage  gerade  2  Minuten,  um 
die  Stimmgebenden  »iber  die  Stege  zu  lassen  und  ihre 
Stimme  anzunehmen.  Diess  ist  geradehin  undenkbar: 
wobei  ich  nicht  verkenne,  dass  seit  dem  Cassischen  Ge- 
setz auch  S8  Centurien  Mühe  haben  mochten  ,  fertig  zu 
werden  ,  da  auf  jede  noch  nicht  völlig  10  Minuten  kom- 
men:  aber  schwieri"'  ist  nicht  unmöglich.  Es  konnte 
noch  hinzugefügt  werden,  dass  häufig  noch  ein  beson- 
derer Aufcuthalt  entstand ,  wie  bei  den  Abstimmungen 
Liv.  XXIV,  8  —  9.  XXVI,  22,  wo  im  Verlauf  Reden 
gehalten  werden  und  im  letztern  Falle  die  praerogativa 
nicht  nur  zweimal  abstimmt ,  sondern  auch  eine  au«ser- 
ordentliche  Berathung  mit  den  seniores  hält. 

Auch  Gerlach  hält  diese  Annahme  um  dieces  Grun- 
des willen  für  unzulässig  (S.   41). 

Um  diesen  Beweis  der  physischen  Unmöglichkeit  ge- 
nügend zu  finden,  muss  man  sich  die  Abstimmung  der 
einzelnen  Centurien  in  successiver  Ordnung  und  etwa  in 
folgender  Weise  geschehen  denken.  Das  Volk  versam- 
melte sich  auf  dem  Campus  Martins  in  bunter  Ordnung 
und  vernahm  die  Anrede  des  bei  den  Comitien  den  Vor- 
sitz führenden  Consuls:  denn  mit  einer  solchen  wurde 
die  AVahl  eröffnet.  Hierauf  wurde  die  praerogatira  durch's 
Loos  bestimmt  und  ging  über  den  pons  in  das  saeptum 
oder  ovile.  Beim  Hinweggehen  bekam  ein  Jeder  durch 
die  diribitores  seine  Täfelchen,  welche  in  dem  sog.  ta- 
bnlarium  fabricirt  wurden  —  so  viele  Candidati,  so  viele 
Täfelchen ,  —  und  beim  Heransgehen  gab  er  sein  Täfcl- 


chen  (oder  wenn  der  Magistrat  aus  Mehreren  bestand, 
seitio  Tafclchen)  und  damit  seine  Stimme  ab;  diese  Ta- 
fclchcn  wurden  nun  im  Beisein  der  Custodcs  gezählt 
(diese  Custodes  waren  von  den  Candidaten  selbst  gewählt 
und  bezeichneten  die  Stimmen,  welche  ihr  Candidat  er- 
hielt, durch  Punkte),  und  der  Candidat,  welcher  die 
IMelirzahl  der  Stimmen  eriialtcn  hatte,  wurde  ausgerufen 
(rcnunciabatur).  So  suerst  mit  der  Praerogativa,  und  so 
auch  mit  den  sämnitlichen  übrigen  Centurien,  welche 
nur  in  dem  Falle  nicht  alle  zur  Abstimmung  kamen, 
wenn  sich  die  Majorität  eher  ergab:  wo  es  dann  möglieb 
war,  dass  nur  eine  über  die  Hälfte  der  Centurien  zur 
Abstimmung  zugelassen  wurde. 

War  der  Hergang  dieser:  so  ist  allerdings  eine  phy- 
sische Unmöglichkeit  vorhanden,  aber  nicht  allein  bei 
373  5  sondern  auch  bei  88  Centurien ,  und  ich  behaupte 
mit  Bestimmtheit,  dass  das,  was  Niebuhr  nur  schwierig 
nennt,  dennoch  ganz  unmöglich  ist.  Denn  auch  hierbei 
bleibt  doch,  was  vor  Allem  hervorzuheben  ist,  die  Zahl 
der  abstlnmienden  Bürger  dieselbe,  und  wenn  wir  also 
durch  die  Annahme  von  88  Centurien  allerdings  für  jede 
10  Minuten  gewinnen,  während  bei  373  Centurien  diese 
10  Minuten  sich  bis  zu  2  Terringern  würden:  so  wird 
dieses  etwas  geringere  Mass  der  physischen  Unmöglich- 
keit, welches  gleichwohl  noch  immer  gross  genug  ist, 
dadurch  wieder  bedeutend  vermehrt,  dass  nun  in  joder 
Centurie  circa  fünfmal  mehr  Stimmen  abgegeben  und  ver- 
zeichnet und  abgewogen  werden  müssen.  Auch  ist  es  mir 
ganz  undenkbar,  dass  das  Volk  sich  t2  oder  nur  8  oder 
t)  Stunden  wird  auf  dem  Platze  haben  halten  lassen. 
Dazu  kommt,  dass  es  Phil.  II,  §.  82,  nachdem  beschrie- 
ben ist,  wie  die  erste  Klasse,  die  suffragia,  und  dio 
zweite  Klasse  abstimmen  (diess  ist  nämlich  Niebuhr'g 
eigene,  nach  meiner  Ansicht  ganz  richtige  Erklärung 
dieser  Stelle),  heisst :  „quac  omnia  sunt  citius  facta  dixi." 
Hätten  diese  Centurien  (wenigstens  also  ziemlich  die  Hälfte 
sammtlicher  Centurien :  nach  !Niebuhr  sämmtlichc  Cen- 
turien) nur  3 — 4  Stunden  gebraucht,  um  ihre  Abstim- 
mung zu  vollenden ,  und  so  viel  Zeit  würde  bei  der  suc- 
cessiveu  Abstimmung  unumgänglich  nothwcndig  gewesen 
sein:  so  Ȋre  es  doch  wahrhaftig  eine  mehr  als  rhetori- 
sche Hyperbel ,  wenn  Cicero  sich  so  hätte  ausdrücken 
wollen. 

Diese  physische  Unmöglichkeit  ist  also  nicht  der 
Einwand  gegen  die  Annahme  von  373  Centurien,  sondern 
gegen  jede  Annahme  ,  welche  mit  der  Voraussetxung  Ter- 
knüpft  ist,  dass  die  Abstimmung  auf  die  obige  Weise 
und  in  successiver  Ordnung  geschehen  sei :  man  müsste  es 
denn  für  möglich  halten ,  noch  ziemlich  w  eit  unter  die 
Centurienzahl  70  herabzusteigen. 

Jedenfalls  muss  also  der  Hergang  ein  anderer  gewesen 
sein,  als  der  oben  beschriebene.  Welcher  ist  es  aber 
gewesen?  Ich  stelle  mir  ihn  folgendermassen  vor; 

Das  saeptum,  oder,  wie  es  bemerkenswerther  Weise 
meisteniheils  heisst,  die  gaepia  waren  so  geräumig,  dass 
sie  das  ganze  Volk  fassten.  Sie  hatten  einen  besondern 
Ein-  und  Ausgang,  vielleicht  für  jede  Centurie,  wenig- 
stens aber  für  jede  Tribus  (im  letzteren  Falle  masste  für 
die  Rittercenturicn  und  die  sex  suffragia  besonders  ge- 
sorgt  sein).      Nachdem    also  die  praerogativa  abgestimmt 


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und  das  Resultat  dieser  Abstimmung  bekannt  gemacht 
worden:  8«  schritten  sämmtliche  Centurien  oder  in  dem 
anderen  Falle  die  Ritter  und  die  35  Tribus,  letztere 
iiach  der  Ordnung  der  5  Klassen  und  der  seniorcs  und 
iuniores,  zu  gleicher  Zeit  liber  die  pontes  (auch  von 
diesen  sprechen  Cic.  de  Legg.  III,  C.  17  und  Festus 
■.  V.  sexagenarius  in  der  Melirzahl) ,  erhielten  beim  Ein- 
tritt in  ihr  saeptum  ihre  Stimmtafeln  und  gaben  diese 
heim  Ausgang  wieder  ab,  wobei  dann  durch  die  Custo- 
des  das  Resultat  der  Abstimmung  gezogen  wurde.  Hier- 
auf wurden  die  Centurien  und  zwar  zuerst  die  Rit- 
tercenturien ,  dann  die  der  ersten  Klasse,  dann  die 
auffragia,  dann  die  der  4  übrigen  Klassen  nach  einander 
aufgerufen  (vielleicht  traten  sie  hervor  und  in  die  Nähe 
des  tribunal ,  wo  der  Vorsitzende  Consul  sass)  und  einer 
der  zur  Centurie  Gehörigen  hatte  das  Ehrenamt,  das 
Ergebniss  der  Abstimmung  seiner  Centurie  zu  verkündi- 
gen (rennnciare).  Das  Resultat  der  gcsammten  Abstim- 
mung (die  ^Majorität  der  Centurienstimnien)  wurde  endlich 
durch  den  Praeco  verkündigt,  und  hierauf  die  Versamm- 
lung durch  den  Consul  geschlossen. 

So,  nachdem  auch  die  leges  tabellariae,  die  Ballotage 
eingeführt  worden.  Vorher,  solange  die  mündliche  Ab- 
stimmung beibehalten  wurde,  mag  der  Hergang  derselbe 
gewesen  sein:  nur  dass  die  rogatores  in  den  einzelnen 
^»aeptis  herumgingen  und  die  Stimmen  abfragten.  (Vgl. 
fiber  die  mündliche  Abstimmung  Schulze  S.  260  tT.), 

Für    diese  ganze  Ansicht    sprechen   folgende  Gründe: 

1)  Wenigstens  für  die  Saepta  der  Cumitia  tributa  war 
auf  dem  Campus  Slartius  ein  Raum  eingerichtet,  »elcher, 
gross  genug,  um  das  ganze  Volk  zu  fassen,  viel  zu  gross 
gewesen  wäre ,  wenn  sich  darin  immer  nur  einzele  Tri- 
bus  eingefunden  hätten.  Diess  geht  aus  ad  Att.  IV,  16, 
14  hervor:  Nam  in  Campo  Martio  saepta  tributis  comi- 
tiis  marmorea  sumus  et  tecta  facturi  eaque  cingemus  ex- 
celsa  porticu ,  ut  mille  passuum  conficiatur.  Cicero  will 
diess  nämlich  mit  Oppius  zusammen  im  Auftrage  des 
Cäsar  ausführen.  Sonach  hatten  die  Saepta  der  Tribut- 
comitien  den  Umfang  einer  römischen  Meile:  konnten  sie 
also  wohl  einen  andern  Zweck  haben,  als  das  ganze 
Volk  aufzunehmen?  und  wenn  diess  in  diesen  Comitien 
der  Fall  war,  ist  es  nicht  wahrscheinlich,  dass  es  eben- 
«o  in  den  Centnriatcomitien  der  Fall  war?  Auch  hat  dies» 
schon  Manutius ,  de  comitiis  (Graerii  thes.  I,  p.  525)  so 
angenommen. 

2)  Folgende  Stelle  pro  IVIil.  §.  41 :  comitiis  in  campo 
qnoties  potestas  fuit!  cum  ille  (Clodius)  in  saepta  irru- 
pisset ,  gladios  destringendos ,  lapides  coniicicndos  curas- 
»et,  dein  subito  rultu  !>Iilonis  perterritus  fngciet,  —  wo- 
bei es  wenigstens  zweifelhaft  ist,  ob  die  Rede  von  Tri- 
but- oder  Ccnturiatcomitien  ist  (wiewohl  mir  der  Be- 
weis, wenn  für  die  einen,  mit  ziemlicher  Sicherheit  auch 
für  die  andern  geführt  scheint),  diese  Stelle,  sage  ich, 
wird  nur  dann  deutlich,  wenn  man  sich  das  ganze  Volk, 
nicht  einen  kleinen  Tlieil  desselben  in  den  Saeptis  za- 
Bammen  denkt.  Eine  gleiche  Beweiskraft  liegt  nach 
meiner  Meinung  in  der  Stelle  pro  Muren.  §.  67:  ei  gla. 


diatoribus  vnlgo  locus  tributim  (datu*  esset),  —  contra 
legem  Calpurniam  factum  videri.  Das  tributim  (welches 
übrigens  ganz  ähnlich  auch  an  vielen  andern  Stellen 
steht ,  die  ich  nicht  aufzuführen  brauche)  setxt  nämlich 
voraus,  dass  das  Volk  tribusweise  aufgestellt  ist:  was 
wohl  nicht  anders  geschehen  konnte,  als  in  den  saeptis. 
(Sofern  übrigens  an  dieser  Stelle  bestimmt  von  den  Ccn- 
turiatcomitien die  Rede  ist:  so  dürfte  man  sie  als  Be- 
weis gebrauchen  können,  dass  nicht  die  einzelnen  Cen- 
turien, sondern  die  Tribus  jede  ihr  Saeptum  gehabt  hät- 
ten. AVahrscheinlich  wurden  dieselben  saepta  auf  dem 
Campus  für  Tribut-  wie  für  Centuriatcomitien  gebraucht.) 
Endlich  konnte  Ovid  Fast.  I,  53  nicht  wohl  sagen:  po- 
pulum  includere  saeptis,  wenn  die  saepta  nicht  zur  Auf- 
nahme des  ganzen  Volkes  nach  seiner  Eintheilnng  in 
Tribus  oder  Centurien  (populus  tributim  et  centuriatim 
descriptus)  bestimmt  war. 

(Beschluss  folgt.) 


Perspnal-Chronik  und  Miscellen. 

Darmstadt.  Das  ioi'ben  in  unsere  Hände  gekommene 
erste  Heft  des  zweiten  Bandes  von  dem  ^, Archiv  für  Hessische 
Geschichte  und  Alterthumskunde.  Herausg.  von  D.  Steiner" 
Darmstadt.  Leske.  1838.  enthält  mehrere  Abhandlungen  und 
Miscellen  ,  welche  in  unserer  Zeitschrift  Erwähnimg  verdienen. 
Hierher  gehören:  1)  ,, Römische  Civitätsrechte  in  der  Wetteriu 
von  Hrn.  Hofiath  Steiner."  Auf  eine  Inschrift,  die  1603  bei 
dem  Flecken  Altenstadt  gefunden  wurde  *),  stützt  der  Verf.  die 
Annahme,  dass  in  der  Gegend  von  Altenstadt  eine  Civitas  be- 
standen liabe.  2)  „Der  römische  Wachtthurra  bei  Rossdorf." 
Von  dem  Geometer  Hrn.  Wagner.  Dieser  Wachtthurm  wird 
beschrieben  und  eine  in  seiner  Nähe  gefundene  Münze  erwähnt, 
welclie  auf  der  Hatiptseite  mit  einem  weiblichen  Kopfe  versehen 
ist  und  die  Umschrift  hat:  LVCILLAE  AVG  ANTONINI  A. 
Auf  der  Kehrseite  befindet  sich  eine  stehende  weibliche  Figur 
mit  ausgestreckter  Hechte  und  einem  Stabe  in  der  Hand.  Am 
Rande  stehen  getrennt  die  Buchstaben  N  .  .  .  V,  rechts  von 
der  Figur  ein  S  und  links  ein  C.  Der  Verf.  verweist  die  Münze 
in  die  Zeit  zwischen  161  —  180  nach  Chr.  Hr.  Steiner  fügt  in 
einem  Nachworte  einige  Bemerkungen  über  die  römischen  Weh- 
ren bei.  ;<)  ,,Rümcrlager  bei  Inhciden  in  der  Grafschaft  Solms- 
Laubach."     Von  Hrn.  Pfarrer  Eich. 

Gattingen,  den  13.  Jan.  Mit  dem  1.  Januar  d.  J.  sind 
die  Göttingen'schen  gelehrten  Anzeigen  in  ihr  zweites  Jahrhun- 
dert getreten.  Die  Redaction  derselben  hat  nach  einigem 
Wechsel  im  Anfange  Ilaller,  1747  bis  1753;  Michaelis,  1753 
bis  1770;  Heyne,  1770  bis  1812;  Eichhorn,  1812  bis  1827  ge- 
führt, und  jetzt,  seit  1827,  der  Geh.  Justizralh  Heeren  in 
Verbindung  mit  Hofrath  und  Bibliothekar  Benecke. 


»)  Die  Inschrift  ist  folgende; 

JN.  H.  D.  D. 

GENIO 

COLEGl 

IVVENTVTIS 

CONSAT  ET  PRE 

TEXTATO  COS. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthumswissen  Schaft. 


Mittwochs,  13.  Februar 


18  39. 


Nr.  19. 


Die  Zahl  der  Centurien  seit  der  Veränderung  der 

Servianischen   Centuriatverfassunj;?    kann  nicht  71 

oder  80  oder  193,   wohl  .iber  kann  sie  373 

betragen  haben. 

(B  esc  hin  SS.) 

3)  AVilre  nnr  Ein  Eingangs  und  Ein  Ausgang-  gewesen, 
thirch  «len  alle  Centurien  hätten  himlurclipassircn  müssen, 
so  hätte  es  nur  eines  Custos,  oder,  um  mich  so  auszu- 
lin'ickcn ,  nur  eines  Comitc  von  Custodc^  bedurft.  Aus 
«1er  Stelle  aber  in  Pison.  g.  IJ. :  ad  eum,  cui  priniam 
comitiis  tuis  dedcras  tabulam  pracrogatirae ,  geht  hervor, 
dass,  während  sich  die  Candidaten  überhaupt  ihrer  Freunde 
zu  dem  Amte  der  Custodcs  bedienten,  es  als  eine  beson- 
dere Freundschaftsbezeigung  von  Seiten  des  Candidaten 
galt,  als  Custos  der  pracrogativa  angestellt  zu  werden: 
CS  niussten  also  auch  vor  den  übrigen  Ausgängen  solche 
Cnstodes  für  die  übrigen  Centurien  stehen.  Dass  diese 
Stelle  so  zu  nehmen  ist ,  lehrt  eine  andere  aus  der  Rede 
post  reditum  in  senat.,  JJ.  17,  die  ich  sogleich  gebraucht 
haben  würde,  wenn  diese  Rede  nicht,  obwohl  nach  mei- 
ner Meinung  ohne  hinlänglichen  Grund,  der  Unechtheit 
verdächfigt  worden  wäre.  Sie  lautet :  Tu  miscricors  me 
alfinem  tunm ,  quem  tuis  comitiis  praerogativae  primum 
custodem  praefeeeras ;  jedenfalls  kann  man  sie,  selbst 
wenn  die  Rede  unecht  ist,  als  eine  Erklärung  der  obi- 
gen Stelle  ansehen,  die  der  Declamator,  da  er  die  Ver- 
Lältnisse  noch  vor  Augen  hatte,  am  besten  und  sichersten 
verstehen  mnsste.  *) 

4)  Ein  besonderes  Gewicht  lege  ich  auf  die  Stelle 
des  Fcstus  s.  F.  Praerogativae:  Praerogativae  centuriae 
dicnntur,  wi  docet  Varro  rerum  humanarum  1.  VI,  qnae 
rns  .....  Roniani ,  (jui  ignorarcnt  petilores,  faciliiis 
eos  animadvertere  possent.  Verrius  probabilius  indicat 
esse,  nt  cum  essent  designati  a  pracrogativis,  in  sermo- 
nem  res  veniret  populi  de  diguis  indigoisve  et  fierent  re- 
leri  diligentiores  ad  sufiragia  de  his  ferenda.  Hieraus 
geht  hervor,  dass  die  praerogativa  besonders  desswcgcn 
eingerichtet  war,  um  den  vom  Lande  hereinkommenden 
Tributen  durch  deren  Stimme  einen  Fingerzeig  zu  geben, 
■wie  sie  selbst  zu  stimmen  hätten,  und  um  ihre  Aufmerk- 
samkeit  auf   die    vorzüglichsten   Candidaten    hinzulenken. 


*)  Nach  Plin.  IL  N.  XXXII,  2  setzte.  Anguslus  900  Custodcs 
ein  (ad  custodiendas  cistas  suffragiorum  in  comitiis). 


Dicss  wäre  unnothig  gewesen,  wenn  die  Centurien  nach 
einander  abgestimmt  hätten  und  wenn  sonach  jede  nach- 
folgende Centurie  sich  die  Abstimmung  der  vorhergehen- 
den, und  die  letzten  Centurien  sich  die  aller  vorherge- 
henden hatten  zum  Muster  dienen  lassen  können.  Da- 
gegen erscheint  jener  Grund  vollkommen  triftig  und  wohl- 
berechnet,  wenn  man  annimmt,  dass  die  übrigen  Cen- 
turien zu  gleicher  Zeit  abstimmten  und  nur  die  praero- 
gativa allen  voranging.  Es  mag  dann  auch  nach  der 
Abstimmung  der  praerogativa  eine  kleine  Pause  gestattet 
gewesen  sein,  um  dem  Volke  Zeit  zu  geben,  sich  über 
die  Candidaten  zu  besprechen.  *) 

Was  den  besondern  Umstand  betrifft,  dass  einer  aus 
jeder  Centurie  das  Ehrenamt  gehabt  habe,  das  Resultat 
der  Abstimmung  zu  verkündigen:  so  wird  dieser  durch 
de  Orat.  II,  g.  260  bewiesen:  quod  aiunt  Maluginensem 
illum  M.  Scipiouem,  cum  ex  centuria  sua  renunciaret 
Acidinnm  consulem.  —  In  Betreff  des  Vortretens  der 
einzelnen  Centurien  zur  Abgabe  ihrer  Stimme  möchte 
ich  fast  aus  der  Stelle  Liv.  XXVI,  22:  datum  secreto 
in  Ovili  cum  his  coUoquendi  tempus,  den  Schlnss  ziehen, 
dass  das  Ovile  zu  diesem  Gebrauch  bestimmt  und  dass 
diess  der  Raum  in  der  Nähe  des  Tribunals  gewesen  sei, 
ivo  die  Centurien  einzutreten  pflegten ,  um  ihre  Wahl 
zu  verkündigen.  Wenigstens  scheint  daraus  mit  Bestimmt- 
heit hervorzugehen,  dass  das  Ovile  ein  besonderer  Raum 
in  den  Saeptis  gewesen  sei.  Freilich  ist  Serv.  ad  Virg. 
Ecl.  I,  34  entgegen,  wonach  saepta  und  ovilia  gleich- 
bedeutend waren:  wcsshalb  auch  Manutius  angenommen 
hat,  dass  ovile  den  ganzen  Raum,  saepta  die  einzelnen 
Abtheilnngen  desselben  bezeichne. 

Ich  habe  mir  nun  noch  die  Aufgabe  gestellt,  die 
wichtigsten  über  die  Centuriatcomitien  handelnden  Stel- 
If  n  erklärend  zu  behandeln  und  dadurch  meine  Ansicht 
von  der  Zahl  und  Zusammensetzung  der  Centurien  und 
von  dem  Hergang  bei  ihrer  Abstimmung  zu  befestigen. 
Ich  spare  mir  aber  die  Lösung  dieser  Aufgabe  für  eine 
zweite  in  Kurzem  zu  liefernde  Abhandlung  auf,  welche, 
ob  sie  sich  gleich  immer  auf  das  in  dieser  Abhandlung 
Bewiesene  zurückbeziehen  wird,  doch  insofern  ein  Ganzes 
für  sich  bihlet,  als  sie  eine  Uebersicht  der  schwierigsten 


*)  Ueber  die  ähnliche  Stelle  Pseudo-Asc.  zu  Cic.  Act.  I. 
Vcrr.  §.  29  werde  ich  in  dei  zweiten  Abhandlung  zu 
sprechen  haben. 


147 


148 


Strllcii   über  diesen  Gefjenstauil   enthäK   und   uodnvendifer 

"Weise    aueser    dem  bisher  zur   Sprarlic   Gebrachten    noch 

manche  andere    hierjier    gehorijje    Fragen  berücksichtigt. 

Meiniugen.  Peler. 


,M.  TuUii  Ciceronis  Epistolae  selectae  CXC.  Für  den 
Schnlgebrauch  bearbeitet,  mit  historischen  Einlei- 
tungen und  erkL'ircnden  Anmerkungen  versehen  von 
Karl  Fr,  Süpfle,  Professor  am  Lvceum  zu  Karlsruhe. 
Karlsruhe,   1836- 

Ob  Cicero's  Briefe  überhaupt  auf  Schulen  gelesen 
«erden  sollen  und,  wenn  die  Lerfüre  derselben  für  zu- 
lässig erkannt  «ird,  welche  Aasivahl  bei  derselben  ge« 
troflen  werden  müsse,  da  die  Briefe  natürlich  schon  ihrer 
Blenge  wegen  nicht  alle  gelesen  werden  können  ,  das  sind 
Fragen  ,  welche  schon  oft  und  schon  in  früheren  Zeiten 
von  denkenden  Lehrern  nicht  bloss,  sundern  auch  von 
Gelehrten  gestellt  und  erörtert  worden  sind.  Tlieils  der 
l'nif.ing  antiquarischer  und  geschichtlicher  Kenntnisse, 
welche  das  Verstfindniss  derselben  erheischt,  thciU  die 
moralische  Festigkeit,  die  der  Blick  in  eine  vielbewegte 
und  thatenreiche  Zeit  erfordert,  diente  denjenigen  zur 
Waffe,  welche  gegen  die  Benutzung  der  Briefe  für  die 
Bildung   der   Gymnasialjugend   geeifert  haben. 

Es  ist  nicht  nöthig,  hier  eine  detaitlirte  Mittheilung 
über  den  Gang  und  die  Resultate  dieses  ziemlich  stillen 
und  schonenden  Kampfes  zu  geben.  Jeder  Gelehrte, 
welcher  sich  für  Cicero  intcressirt,  jeder  Schulmann, 
welcher  selbstständig  seinen  Weg  geht,  kennt  Martyni- 
Laguna's  wohlgemeinte  Opposition  (Praefatio  z.  8.  Ausg. 
der  Briefe),  sowie  Matthiä's  (Pracfat.  z.  Ausg.  der  Epistol, 
seil.)  Gegengründe;  erinnert  sich,  wie  schon  früher 
Gessner  in  dem  zu  Göttingen  im  J.  17,3ö  geschriebenen 
Universitätsprogramm  (s.  Opuscul.  P.  1,  p.  4ö  etc.),  Böt- 
tiger (in  dem  zu  Leipzig  im  J.  1780  erschienenen  An- 
tritlsprograuim,  wieder  abgeiiruckt  in  den  Opusc),  und 
Wciske  (in  s.  Ausg.  der  Epist.  seil.  Braunschweig  1796) 
bestrebt  gewesen  sind,  die  Nützlichkeit  der  Briefe  aus- 
einander zu  setzen  ,  hat  sich  mit  dem  bekannt  gemacht, 
was  neuere  Herausgeber  zu  Gunsten  derselben  anfuhren^ 
und  weiss,  dass  man  gegenwärtig  so  ziemlich  übereinge- 
kommen ist,  eine  sorgfaltige,  wolilbeniesscnc ,  zweck- 
mässige Auswahl  der  Briefe  sei  für  Schüler  mittlerer 
Klassen  nicht  nur  statthaft,  sondern  auch  belehrend  und 
bildend.  Aber  das  Prinrip  dieser  Auswahl  war  lange 
streitig,  so  diss  Böttiger  sich  über  das  ^'^erlangcn  und 
Verfahren  derer,  wclclie  nach  dem  Vorgänge  des  Casc- 
lius  behaupteten,  sciigendas  et  excerpenilas  esse  taiitum 
ea»,  quae  familiari  filo  orationis  et  epistolis  ])roprio  scriptae 
easfnt,  bestimmt  erklart  und  die  eigentlich  politisclien 
nicht  aosgcscliiossen  wissen  will;  Andere  aber,  wie  3Ial- 
thia  bemerkt^  nur  Aufklarangen  für  Cicero's  Lebensgc 
schichte,  wieder  .Vndere  nur  geschichtliche  >otizen  in 
den  au<;;ewähltcn  Briefen  darbieten  wollen.  JMatliiiä 
selbst  huldigte  einer  allseitigcrcn,  aber  auch  unbestiuini- 
tcren   Ansicht   nnd  waiilte ,  wie  er  sagt,  diejenigen  Briefe, 


quae  prae  ceteris  dilucide,  eleganter,  copiosc  scriptae 
cssent,  sive  res  ea  aetate  gestas ,  sive  sententias  de  vita 
et  publica  et  privata  rcgenda  explicarent.  Der  neueste 
vor  dem  Eingänge  dieser  Anzeige  genannte  Herausgeber 
einer  Auswahl  Ciceronischer  Briefe  bekennt  sich  zu  einem 
itrengeren  Principe:  er  begehrt,  dass  die  Briefe  nach 
der  Zeitfolge  geordnet,  sodann  diejenigen  ausgewählt 
werden  sollen,  aus  welchen  die  Schüler  zunächst  von 
Cicero  selbst,  sodann  Ton  seiner  Zeit  und  endlich  von 
den  Blännern,  mit  welchen  er  als  31ensch  und  Bürger 
in  Berührung  kam,  ein  treues  und  lebendiges  Bild  er- 
halfen können ,  und  diess  nicht  etwa  bloss  aus  den  sog. 
Epistolis  ad  Diversos,  sondern  auch  aus  den  ad  Qaintum 
fratrem  und   ad   Atticum   geschriebenen. 

Es  sei  erlaubt,  hier  eine  kurze  Weile  stehen  zu 
bleiben  und  einen  Rückblick  auf  die  verschiedenen  Mei- 
nungen zu  werfen ,  deren  soeben  gedacht  worden  ist. 
Wenn  man,  wie  bemerkt,  bei  abweichenden  Ansichten 
in  einzelnen  Punkten  darüber  einig  geworden  ist,  dass 
eine  zweckmässige  und  sorgfältige  Auswahl  der  Ciceroni- 
schen Briefe  für  die  mittleren  Klassen  der  Gelehrten- 
Echulcu  wünschenswerth  und  einilussreich  sei,  so  liegt 
iliescr  Vereinigung  etwas  Gemeinsames  zu  Grunde,  die 
Berücksichtigung  n^inilich  eines  bestimmten  Bedürfnisses 
jener  Klassen  in  Erlernung  und  Erfassung  der  lateini- 
schen Sprache.  Dieses  Bedürfniss  aber  kann  wohl  kein 
anderes  sein,  als  dass  die  Schüler  neben  den  historischen 
Schriften ,  mit  welchen  sie  in  der  Regel  in  diesem  Bil- 
duiigskreise  theils  erst  Bekanntschaft  machen,  flicils  die- 
selbe fortsetzen,  auch  eine  andere  Gattung  des  Styles 
kennen  lernen,  wodurch  ihre  sprachliche  Bildung  in  so- 
weit an  Umfang  und  Sicherheit  gewinnen  kann,  als  die 
Capacität  der  Altersstufe,  auf  welcher  sie  stehen,  über- 
haupt verträgt.  Am  deuilichsien  hat  sich  diese  Tendenz 
bei  Matthiä  ausgesprochen  und  auch  frühere  Gelehrte 
gehen  von  ihr  aus,  wenn  sie  auch  damit  pädagogische 
Anforderungen  nnd  Behauptungen  verbinden  ,  deren  Be- 
rücksichtigung sich,  insofern  sie  sittlicher  Natur  sind, 
von  selbst  versteht.  Nach  dieser  Ansicht  können  und 
sollen  somit  alle  Briefe  ausgewählt  und  mitgctheilt  wer- 
den, die  nach  Inhalt  und  Form  für  das  angedeutete  Bil- 
dungsstadium  passend  sind.  Durch  <lirse  Bestimmung 
aber  wird  ebensowohl  jede  weitere  Eintheilung  und  Ah- 
theilung  der  Briefe  ülierllüssig  gemacht,  als  alle  andere 
Rücksichten  vor  derselben  zurücktreten  müssen:  lediglich 
die  GestuKung  und  Bewegung  der  lateinischen  Sprache 
in  den  verschiedenen  Beziehungen  und  Modificationen 
des  epistolarischen  Styls  soll  der  Schüler  kennen  lernen 
und  auf  seine  sprachliche  Ausbildung  einwirken  lassen. 
Weiter  ist  auch  Nichts  nöthig.  Denn  was  soll  es  heis- 
sen  ,  wenn  man  die  Forderung  aufstellt:  ein  vierzehn- 
jähriger Knabe  soll  durch  Vermittelung  dieser  Briefe 
den  Charakter,  ,,das  ganze  Sein  nnd  Wesen"  eines  welt- 
geschichtlichen Mannes,  wie  Cicero  gewesen  ist,  die  In- 
iKvidualitätcn  berühmter  Zeitgenossen,  ja,  die  ganze 
Zeit,  in  der  jener  und  diese  lebten,  anschauen,  betrach- 
ten und  erkennen  lernen?  Doch  wohl  nichts  Anderes, 
als:  ein  Knabe  dieses  Alters  soll  plötzlich  die  Beobach- 
tungsgabe, den  Scharfsinn,  das  Urthcil  und  die  Combi- 
uatiouskraft   eines  Mannes  annehmen. 


149 


130 


Bis  zu  welcher  Hiihe  will  man  ilie  Treibliaiispfleffe 
unserer  Jugend,  ilie  sich  leider!  in  so  vielen  Producten 
der  ij.'idagotrischeu  Kunst  unserer  Zeit  kund  thut,  noch 
bringen?  Älit  einer  grossen  Quantität  Allerlei  einheizen, 
mag  zwar  schnell  warm  machen,  aber  ob  die  Gesundheit 
dessen  dabei  gewinnt,  der  in  dieser  erhitzten  Atmosphäre 
athmen  soll,  ist  eine  andere  Frage.  In  einer  Tertia  sttll 
nicht  bloss,  so  will  man,  die  Kenntniss  der  classischen 
Spraclien  bis  zu  einer  gewissen  grammatischen  Einsicht 
und  Festigkeit  gedeihen  —  was  man  vernünftiger  Weise 
erlieischen  kann,  —  nein!  das  Substrat  dieser  Bildung 
soll  zugleich  auch  den  Stoff  abgeben,  nicht  etwa  für 
eine  aligemeine,  übersichtliche  Kenntniss  dieser  oder  je- 
ner geschichtlichen  Periode,  nicht  bloss  für  die  anregende 
und  erhebende  Kunde  ciiler  und  grosser  Thaten  dieses 
oder  jenes  Mannes  —  sondern  dafür ,  dass  alle  sittliche 
Oscillationcn  und  Verirrungen  einer  argen  Zeit,  jede 
Blosse,  jede  Mischung  in  dem  Charakter  eines  politisch 
hin-  und  hergeworfenen  Individuums,  das  ganze  Thun 
und  Treiben  einer  grossen  Anzaiil  öffentlicher  Charaktere 
neben  einzelnen,  im  Grunde  sehr  wenigen,  grossartigen 
Zügen  und  Bildern  ,  im  A'orbeigehen  nicht  bloss,  sondern 
genau  und  gründlich  betrachtet  werden;  denn  wie  konnte 
sonst  ein  lebendiges  und  treues  Bild  entstehen?  Man 
«ende  nicht  ein,  dass  ja  die  Schüler  auch  in  dem  ge- 
schichtlichen Unterrichte,  den  sie  geniessen,  dergleichen 
zu  hören  bekommen  und  zu  betrachten  angewiesen  wer- 
den; denn  ist  der  Unterricht  für  diese  Stufe  von  der  Art, 
wie  er  sein  soll,  so  wird  er  sich  der  Beschränkung,  die 
er  sich  auferlegen  muss,  wohl  betrusst  sein  und  bleiben. 
31an  sage  nicht ,  scharfer  Blick  und  pädagogischer  Tact 
könnten  mit  leichter  Mühe  diejenigen  Briefe  wählen, 
welche  jener  Tendenz  zusagen  und  entsprechen ,  jegliches 
Zuviel  in  ethischer  und  intellectucller  Hinsicht  aber  aus- 
schliessen ;  denn,  will  man  die  ausgesprochenen  Inten- 
tionen wirklich  ausführen,  so  ist  solche  Richtung  nicht 
nur  äusserst  schwierig,  sondern  auch  unmöglich  ;  man 
setze  nicht  den  Gemeinspruch  entgegen,  dass  ein  Zweig 
des  Gesammtunterrichts  dem  anderen  in  die  Hand  arbei- 
ten müsse;  denn  dieses  „in  die  Hand  arbeiten"  kann 
doch  nur  einen  vernünftigen  Sinn  haben ,  wenn  es  von 
der  allgemeinen,  formalen  Ausbildung  verstanden  wird, 
und  dicss  vermag  der  einzelne  Unterrichtszw  eig  eben  nur 
dann,  wenn  er  gründlich  für  sich  und  um  seiner  selbst 
willen  gehandhabt  wird.  Oder  soll  die  Pfennigmethode 
auch  in  unseren  Gelehrtenschulen  Platz  greifen,  in  jeg- 
lichem Unterrichte  Jegliches  erstrebt  und  erreicht  wer- 
den? Davor  bewahre  uns  der  Genius  der  classischen  Bil- 
dung, die  nur  dann  eine  echteist,  wenn  sie  immer  mehr 
nach  Innen,  nicht  nach  Ausseu  treibt  und  wirkt,  ihr  Heil 
nicht  in  dem  Quantum,  sondern  iu  der  Qualität  des  Wis- 
sens  findet. 

Aber  wozu  diess  Alles?  Erstlich,  damit  wir  Grund 
und  Boden  gewinnen  lür  die  nachfolgende  Beurtheilung 
der  Schrift,  mit  der  wir  es  zunächst  zu  thun  haben; 
sodann,  weil  wir  glauben,  es  könne  nicht  oft  genug  ver- 
sucht werden,  der  Fieberhitze  einer  gewissen  inodernen 
Pädagogik  entgegenzuwirken;  endlich  damit  vielleicht  auch 
von  dieser  Seite  eine  erneuerte  Bewegung  zu  allseitiger 
Erörterung  dieses  Gegenstandes  im  Allgemeinen,  wie  im 


Degonitercn  !n  Bezug  auf  die  Ciceronischen  Briefe  gegeben 
werde.  Leid  thut  es  uns,  wenn  wir  dem  Süpfic'schcn 
Buche  seiner  Tendenz  nach  den  dargelegten  Vorwurf  ma- 
chen müssen,  da  wir  überzeugt  sind,  «ler  würdige  Verf. 
desselben  habe  die  beste  Meinung  bei  dessen  Herausgabe 
gehabt.  Dass  er  aber  selbst  deutlich  gefülilt  habe,  ein 
Plan,  wie  der  seinige  ist,  gehe  über  den  Gesichtskreis 
und  das  Yermögen  des  bezeichneten  Alters  hinaus,  zeigt 
schon  der  Umstand ,  dass  er  sein  Buch  zugleich  für  die 
Schule  und  den  Privatgebrauch  gcreiftcrer  Schüler  be- 
stiuimt,   worüber  wir   weiter   unten   sprechen   werden. 

Haben  wir  mit  dem  Gesagten  die  Principienfrage 
kürzlich  erledigt,  so  können  wir  nun  das  fragliche  Buch 
nach  seiner  innern  Constructinn  untersuchen  und  zu- 
nächst danach  fragen ,  wie  es  sich  mit  der  jenen  Grund- 
sätzen gemäss  getrofienen  Auswahl  der  Briefe  verhalte. 
Zuvor  müssen  wir  jedoch  von  der  Polemik  Notiz  nehmen, 
welche  der  Herausgeber  gegen  die  31afthiä'sche  Samm- 
lung ausübt,  um  die  seinige  als  zeitgemäss  zu  rechtfer- 
tigen. 

Er  tadelt  an  jener  1)  die  allzugrosse  Zahl  der  Briefe 
au  den  Atticus  ;  'J)  die  Aufnahme  einiger  Briefe,  welche 
für  die  Jugend  nicht  ansprechend,  nicht  bildend  seien; 
3)  die  gänzliche  Ausschliessung  der  Briefe  an  den  Tre- 
batius;  4)    die   Beschaffenheit  des   Textes. 

Ueber  diese  Ausstellungen  müssen  wir  uns  einige  Be- 
merkungen gestatten.  Eine  sorgfältige  Zählung  liefert 
das  Resultat,  dass  in  der  Süpfle'schcn  Ausgabe  nur  acht 
Briefe  an  den  Atticus  sich  weniger  befinden,  und  eine 
genaue  Vergleichung  zeigt,  dass  das  Verdienst  zweck- 
niässigerer  Auswahl  nicht  immer  auf  Seiten  de»  jüngeren 
Herausgebers  war,  wiewohl  man  hinwiederum  nicht  be- 
greift, warum  Matth.  aus  dem  XI.  und  Xlf.  Buche  auch 
nicht  Einen  Brief  aufgenommen  hat ,  während  sich  bei 
Süpfle  aus  demselben   fünf  finden. 

Der  zweite  Vorwurf  lässt  sich  allerdings  als  begrün- 
det nachweisen  und  man  wundert  sich  oft,  wie  Matth. 
veranlasst  werden  konnte,  diesen  oder  jenen  Brief  einzu- 
reilien;  allein  derselbe  Vorwurf  lässt  sich  auch  der 
Siipfle'schen  Collection  machen  und  wird  wohl  von  kei- 
ner ganz  ferne  bleiben,  da  es  immer  eine  sehr  schwie- 
rige Aufgabe  bleiben  wird,  aus  einer  Anzahl  von  ohnge- 
falir  yOU  Briefen  eine  allseitig  befriedigende  Auswahl  zu 
treffen,  selbst  wenn,  wie  Böttiger  wünscht,  mou  nisi  a 
viro  harum  rerum  peritissimo  susceptus  sit  hie  labor. 
IMit  der  dritten  Anklage  muss  man  sich  ohne  Zaudern 
einverstanden  erklären,  und  Briefe,  wie  z.B.  der  VIII., 
X. ,  XL,  XVIL,  X^'III.  an  Trebatius  hätten  füglich 
von  niatth.  anfgenommen  werden  können.  In  der  Tex- 
tcskritik  sind  wir  zwar  durch  Orclli  beträchtlich  weiter 
gekommen ,  aber  wir  wollen  noch  einige  Jahre  warten, 
und  ein  folgender  Herausgeber  wird  dann  dasselbe  Argu- 
ment gegen  Hrn.  Süpfle's  Text  für  sich  in  Anspruch 
nehmen,  ilas  dieser  gegen  31atth.  gebraucht  hat:  wir 
stehen  hierin  eben  noch  immer  auf  unfestem  Boden. 
Vergl.  den  Streit  über  das  Alter  und  die  Auctorität  des 
Cod.  Medic. 

Von  diesen  Seiten  lässt  sich  also  eine  neue  Ausgabe 
ausgewählter  Briefe  gegen  Einreden  nicht  sichern.  Eine 
bessere  Rechtfertigung    gewährt   die  weitere  Einrichtung 


151 


152 


des  rorlioffendcn  Buches,  welclic,  so  cnf  sie  wenigstens 
der  Alllage  nach  mit  iler  besprodieuen  Toiidcnz  zusam- 
menhängt, dennoch  recht  fiiglicli /'«r  siV/'  lietrachtct  wird. 
Dieselbe  bestellt  1)  in  einer  gescliii  h<lichcn  Einlfitung 
über  Cicero's  Leben  und  seine  Zeit;  2)  in  spccielleii 
£iuleitungcu  zu  den  einzelnen  Briefen.  Jene  ist  in  zehn 
Abschnitte  getheilt,  nach  welchen  die  ausge«.'lhltcii  Briefe 
geordnet  sind.  Dieselbe  geht  von  Cicero's  Geburt  aus 
und  schliesst  mit  seinem  Tode  ,  ■»voran  sich  eine  allge- 
meine Charakteristik  des  beriilimten  Mannes  reiht,  deren 
Kern  iu  der  Behau])<uiig  entlialten  ist,  das  Gemütli  habe 
in  ihm  rorgeherrscht  und  Vaterland  und  Jiiilnn  seien 
die  beiden  Angeln  geivesen,  um  die  sich  sein  ganzes 
Sffcntliches  Leben  bewegt  habe. 

Offenbar  ist  der  Gedanke,  eine  solche  und  dergestalt 
geordnete  Einleitung  den  Briefen  vorauszusenden,  an  und 
für  sich  ein  glücklicher  zu  nennen ,  sobald  die  Ausfüh- 
rung' sich  innerhalb  gewisser  Schranken  hält.  Denn  ist 
das  Buch  zunächst  für  Uliitclclasseu  bestimmt,  so  darf 
der  jugondiiclie  Blick  in  diesen  Vorhallen  der  Leetüre 
weder  durch  allzu«  eite  Räume ,  noch  durch  Anhäufung 
univcsentlishcr  oder  fremdartiger  Gegenstände  ermüdet 
und  abgezogen  «erden.  Vielmehr  ist  der  Zueck  einzu- 
halten, dass  der  junge  Leser  die  bedeutendsten  und 
charakteristischen  Begebenheiten  und  Verhältnisse  aus 
dem  Leben  des  Mannes ,  den  er  auf  diese  Weise  noch 
vor  den  vertraulichen  Dokumenten  seines  innern  Lebens 
kennen  lernen  soll,  bestimmt  und  klar  auffasse  und  dem 
Gedächtnisse  überliefere ,  damit  er  im  Stande  sei ,  wäh- 
rend der  Lcctürc  selbst  sich  nicht  nur  den  gesammten 
Inhalt  des  jedesmaligen  Abschnittes,  bei  dem  er  verweilt, 
genau  zu  vergegenwärtigen,  sondern  auch  au  die  voran- 
gegangenen Perioden  mit  Leichtigkeit  anzuknüpfen.  Diess 
laiin  aber  nur  erreicht  werden,  ivenn  die  Schranken  so 
eng  als  möglich  gezogen  werden ,  weil  nicht  nur  schon 
das  nothwendige  Material  dieser  Einleitungen  ziemlich 
bedeutenden  Linfanges  ist ,  sondern  der  Schüler  auch , 
wie  bereits  angedeutet  worden,  noch  mit  einer  besonderen 
Einleitung  in  die  einzelnen  Briefe  zu  thun  bekommt, 
wodurch  seine  Erinnerungskraft  für  persünliclie  Beziehun- 
gen  noch  mehr  in  Anspruch  genommen    wird. 

Die  .Süpfle'scho  allgemeine  Einleitung  umfasst  58 
enggedruckte  Seiten.  Bis  der  ScJiüler  zu  dem  zweiten 
Abschnitte  gelangt,  von  wrUliem  an  die  Briefe  aus  den 
drei  rcrschiedenen  Sammlungen  erst  beginnen,  hat  er  10 
Seiten  biographischer  Aotizen  von  Cicero's  Geburt  bis 
zu  seinem  Consulat  in  das  Gedächtnis«  aufzunehmen. 
Schon  in  diesem  ersten  gewissermassen  präparatoris(  hen 
Abschnitte  ist  aber  3Iaiichcs  besprochen,  was  höchsten» 
nur  angedeutet  werden  durfte,  z.  B.  über  seine  orato- 
rische  Ausbildung,  seine  erste  canssa  publica,  die  (Juä- 
stur  in  Sicilien,  die  Verrinische  Sache.  Ganz  uiiniithig 
jedoch  sind  die  meisten  Anmerkungen ,  in  welchen  über 
antiquarische  Gegenstände  oft  weitläufige  Mitllieiliingen 
gemacht  werden,  so  über  die  feierliche  Jlandluiig ,  durch 
welche  der  junge  llünier  die  toga  virilis  erhielt:  über 
die  drei  Arten  der  Comiticn  f3!)  Zeilen)  ,  über  «len  Ae- 
dilig  curnlis,    über    die    damals    übliclicn    Kunstgriffe  bei 


Bewerbungen  um  das  Consulat:  Gegenstände,  welche  der 
Schüler  entweder  aus  dem  geschichtlichen  Unterrichte 
bereits  kennen  gelernt  hat  oder  noch  kennen  lernt.  Und 
wie  der  erste  Abschnitt,  so  die  folgenden.  Ueberall 
manches  Breite,  AVcitschweifige,  Ueber/lüssige,  z.  E.  über 
die  lex  agraria,  über  Clodius  Einschleichen  in  Cäsar'g 
Haus  am  Feste  der  Bona  Dea  ,  über  Brutus  und  dessen 
Grundsätze,  über  die  Sänften  der  Homer  ti,  s.  w.  (Be- 
sonders zu  tadeln  und  höchst  unpädagogisch  ist  folgende 
Anmerkung  S.  15:  „Schade,  dass  wir  wegen  eine/' Stelle 
diesen  ganzen  Brief  (ad  Attic.  I ,  Kj)  nicht  in  unsere 
Saninilung  aufnehmen  können."  Das  heisst  doch,  dem 
Schüler  tlie  !Mase  auf  die  Worte  stossen ,  um  deren  wil- 
len der  ganze  Brief  vorenthalten  wird.  Oder  »ergass 
der  Herausgeber,  dass  er  es  mit  Schülern  zu  thun  hat?) 
Der  ganze  sechste  Abschnitt ,  in  welchem  Cicero  als 
Proconsul  in  Cicilien  dargestellt  wird,  konnte  gedrängter 
und  übersichtlicher  gegeben  werden;  ebenso  der  neunte: 
Von  Cusars  Ermordung  bis  zu  dem  Triumvirate  des 
Ant. ,  üctav.  und  Lepid.  Billigen  muss  man  es,  dass 
zuletzt  ein  Abschnitt  über  Cicero"«  Briefe  überhaupt  an- 
gehängt ist  und  um  so  mehr,  als  der  Lihalt  desselben 
sehr  zweckmässig  ist. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscelleu. 

Fulda,  vom  4.  Februar.  Heute  feierte  das  hiesige  Gym- 
nasium da»  Andenken  an  den  Schüpfer  des  deutschen  Schul- 
wesens,  JIrabanus  Maurus  und  die  von  ihm  vor  mehr  als 
tausend  J.ilircn  unter  Karl  dem  Grossen  gestiftete  Schule  zu 
Fulda.  IVacli  einem  von  samratlichen  Schülern  gesungenen 
Chorale  eröffnete  der  Direclor  des  Gymnasiums,  D.  Bach,  diese 
Feier  mit  einem  Gebet  für  das  Gedeihen  der  seiner  Leitung 
anvertrauten  Schule,  dass  Gott  unser  theurcs  Vaterland  und 
unseru  geliebten  Fürsten ,  Jen  Begründer  und  Erhalter  der  gc- 
genwiiitigcn  Gyninasialordnung,  beschützen  und  bcschirmcu, 
dass  er  die  dem  Gymnasium  geordnete  Obrigkeit  durch  den 
Geist  der  Gerechtigkeit  und  durch  das  Licht  der  Weisheit  er- 
leuchten müge,  zum  Heil  und  Frommen  Aller,  die  da  arbeiten 
im  Wiinber!;c  des  Herrn  ,  Lehrender  wie  Lernender.  Darauf 
spr.ich  der  Primaner  Schwank  über  das  Leben  und  Wirken  c\es 
llrabanus  Maurus,  wozu  ihm  der  Stoff  in  einem,  von  dem  Di- 
rector  bei  seinem  Amtsantritt  lierausgegebcnen  Programm  : 
.,llra]ianiis  Maurus,  der  Schöpfer  des  Deutschen  .Schulwesens," 
geboten  war.  Ausserdem  traten  noch  andere  Schüler  mit  decla- 
jnatorischcn  Versuchen  auf,  abwechselnd  mit  vierstimmigeD  Cho- 
rälen unter  Leitung  des  Gesanglclirers  Henkel. 

Rom.  Zu  den  vielen,  in  Rom  bereits  befindlichen  Museen 
von  Kuiistschatzeii  des  Alterthums  ist  in  diesen  Tagen  noch  ein 
neues  gekommen.  Der  Fürst  Borghcse-Aldobrandini  bat  n.imlich 
die  Sauiinbing,  die  seiner  Familie  bereits  seil  bängerer  Zeit  ge- 
hört, durch  neue  höchst  wertlivollc  Ausgrabungen  bereichert 
und  jetzt  die  in  acht  Zimmern  aufgestellten  Mosaiken,  Statuen, 
Büsten,  Basreliefs,  Urnen  und  Vasen  dem  Publikum  zur  Ansicht 
eröffnet.  Es  befindet  sich  darunter  eine  im  Jahre  1S35  aufge- 
fundene antike  Mosaikarbeit ,  Kampfe  von  Fechtern  untereinan- 
der, und  von  J.igern  mit  wilden  Tbiercn  darstellend,  ein  Werk, 
das  vielleicht  einzig  in  seiner  Art  ist ;  ferner  mehrere  ausgezeich- 
nete Statuen,  die  in  Sabina  ausgegraben  wurden,  namentlich 
eine  Juno,  \ier  Musen,  ein  Dichter,  den  man  allgemein  liir 
TyrtinH  halt,   und  eine  Faun- 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terth  ums  wissen  Schaft. 


Freitag,  15.  Februar 


18  39. 


Nr.  20. 


M.  TuUii  Ciceronis  Epistolae  selcctae  CXC.     Für  den 
Sfhnigebrauoh    bearbeitet,    mit  historischen   Einlei- 
tungen   und   erklärenden  Anmerkungen  versehen   von 
Karl  Fr.  Süpfle,  Professor  am  Ljceum  zu  Karlsrahe. 
(Forts  et  zun  g.) 

Wenden    wir    uns    nun    zu   den    ausgewählten    Briefen 
selbst,    so    finden    wir    für  den  ersten   Abschnitt  nur  vier 
JJriefe    aasgewshlt,     sümmtlich    an    Attious     geschrieben, 
«US   den  Jahren  tiS5 ,    <iS(i   inid   ftS8      Bewerbung  um   die 
Prätur,  eifrige   Thätigkeit  für  Pompejus   Ruhm  durch  die 
Rede    de    Pompeji    imperio    und    für    eigene    rednerische 
Bedeutsamkeit,  rastloses  Streben   nach   dem  Consulat  cha- 
lakterisiren    fortschrittweise    diese    Jahre.       Aber  nur  die 
beiden    letzteren    Briefe    erwähnen    im    Vorbeigehen    Ci- 
cero's    öffentliche   Verhältnisse,    namentlicli    seine   Bewer- 
bung  um  das  Consulat,   die   beiden  ersteren  berühren  ver- 
schiedene,   wenig    interessante    Verhältnisse.       Höchstens 
können   sämmtliche  Briefe   dazu  Veranlassung  geben,    die 
Beziehungen  Cicero'«  zu^Atticns  schon  jetzt  deutlich  her- 
vortreten   zu    lassen  ;    dazu    hätte  aber  sogleich  der  erste 
Brief  des  ersten  Buches  um   so  füglicher  dienen   können, 
als  er    über    die  Bewerbungsangelegcnheit   ungleich   mehr 
iMithalt.     Hatte   übrigens   der  Verf.   der    einmal  vorhande- 
nen  Anlage   zu  lieb    nicht    für  jeden  Absclinitt   briefliche 
Dokumente   beibringen    wollen,    so    würde    er    besser    so- 
gleich  mit  den  Briefen   des  zweiten  Abschnittes   begonnen 
und   für  dieses  Beginnen  keiner  besonderen  Rechtfertigung 
bedurft  haben.      Im   Gegentheil   würde   es  als  ein   Beweis 
von   Umsicht    und  Tact    erschienen    sein,    mit  Briefen   zu 
liegiuuen,    die    charakteristisch    und    für   die   Periode,    zu 
der  sie  gehören,   von  Bedeutung  sind,  obgleich   nicht  alle 
in  diese  Abtheilung    aufgenommen    sind,    die  Licht    über 
dieselbe    zu  verbreiten  vermögen.     Dagegen  hätte  der   an 
«ich  sehr  interessante  Brief  an  Marcus  Cicero   billig  wcg- 
gelassep  werden    können    und    zwar    aus  folgenden  Grün- 
den:   l)  hat  er  bloss  die  Form  eines  Briefes  und  ist  eine 
vollständige     administrative    Abhandlung;     2)    ist    er    als 
solche    für    Schüler    mittleren    Alters   ungeniessbar,    weil 
er   über    ihren    geistigen  Gesichtskreis    weit    hinausgeht ; 
3)  sollte    schon    seine  Länge    ihm  den  Eingang  verwehrt 
haben;    denn    was    neben    andern    Schwierigkeiten    auch 
noch    den    Mangel    der    TJebersichtlichkeit    darbietet,    ist 
wenigstens  in  mittleren  Klassen  nicht  branchbar.      Kostet 
es    doch    schon    Mü.'ie ,     nicht    gerade    schlechten    Köpfen 
einen  Brief,    wie  z.  B.    den    an    Luccejus    geschriebenen 


So 


(V,  12)    fasslich    und    überschaulich    zu    machen, 
viel  über  die  ersten  Abschnitte. 

Je  verwickelter  aber  das  politische  Leben  Cicero's 
wird,  je  complicirter  seine  Verhältnisse  mit  Männern  der 
verschiedensten  Farben  ,  desto  reichhaltiger  wird  die 
Sammlung,  desto  erheblicher  ist  Aufnahme  oder  Nicht- 
aufnahme eines  Briefes.  Daher  nimmt  auch  in  Herrn 
Süpfle's  Ausgabe  die  Seitenzahl  der  einzelnen  Briefab- 
srbiiitte  in  dem  Grade  zu,  als  wir  geschichtlich  vorwärts 
schreiten,  und  während  die  ersten  vier  Abschnitte  im 
Durchschnitte  1'2  Seiten  einnehmen,  verbreiten  sich  die 
folgenden  über  ,'{0 — 40  Seiten,  die  beiden  letzten  über  7U. 
Der  achte  Abschnitt  diene  zu  näherer  Betrachtung.  Der- 
selbe enthält  die  Briefe,  welche  während  Cäsar's  Herr- 
schaft bis  zu  dessen  Ermordung  geschrieben  sind:  ein 
Zeitraum,  »velcher  in  jeder  Hinsicht  für  Cicero  wichtig 
und  bedeutungsvoll  gewesen  ist.  Auf  der  einen  Seite  die 
plötzliche  frie<lliche  Umgestaltung  seiner  Verhältnisse 
durcli  Cäsar's  unertvartete  Milde  und  Gunst,  die  AVieder- 
aiikiii'ipfung  unterbrochener  freundschaftlicher  und  gesel- 
liger Beziehungen  und  Verbindungen,  die  erneute  Hin- 
gabe an  wissensi  haftliche  UeschäfTtigungen  und  Studien; 
auf  der  anderen  die  ungewisse  Lage,  in  welcher  er  lange 
Zeit  schwebte  und  in  welcher  er  sich  offenbar  von  der 
schivächsten  Seite  zeigte,  die  Krankungen,  die  er  durch 
seinen  Bruiler  erfuhr,  die  häuslichen  Ucbelsfände  seiner 
geliebten  Tochter  und  seine  eigenen  ;  die  bitteren  Ge- 
fühle, welche  Cäsar's  Glück  und  Grösse  in  seinem  Innern 
erregte;  die  immer  wiederkehrende  Erinnerung  an  die 
ehemalige  Blüthe  der  Republik,  endlich  TuIIia's  Tod, 
das  Alles  gibt  diesem  Abschnitte  und  besonders  einzelnen 
Theilen  desselben  ein  Interesse,  wie  kein  anderer  hat, 
und  man  sieht  sich  veranlasst,  Abeken  beizustimmen, 
der  behauptet,  was  allgemeines  Interesse  betreffe,  möch- 
ten die  Briefe  des  Jahres  708  alle  übrigen  übertreffen; 
denn  es  finden  sich  aus  demselben  IS  Briefe  vor,  „gröss- 
tentheils  an  Personen  gerichtet,  die,  an  sich  bedeutend, 
eine  Rolle  iu  dem  grossen  Schauspiele  spielten,  welche» 
uns   das  damalige   Rom   bietet." 

Von  diesen  4S  Briefen  nun  ist  gerade  die  Hälfte  in 
den  achten  Abschnitt  aufgenommen  worden  ,  und  einer 
nähern  Prüfung  kann  es  nicht  entgehen,  dass  Hr.  Süpfle 
die  interessantesten  und  gehaltvollsten  ausgewählt  hat. 
IN'nr  wäre  zu  wünschen,  dass  noch  einige  andere,  wie 
z.  B.  9,  7  an  Varro,  9,  17  an  Paetus ,  6,  5  an  Cac- 
cina,  4,    15    an  Plancus    und    von  den    fast    -10  Empfeh- 


155 


156 


lnngsschrcibeii  wenigstens  einige  <lieils  «lunU  ilie  iManiirr, 
an  die  sie  goricIiU-t  sinil,  tlicils  cliirfh  Geiiaiiiltlieit  und 
Feinheit  des  S)_\lcs  ausgezeiclinete ,  zugelassen  worden 
wäreu.  Dass  die  "J  diesem  Alsilinittc  zngoluirigin  Briefe 
an  Atliius  aligciviesen  worden  sind,  ist  n\ir  zu  billigen; 
sie   berühren    nur   unwiclitige   (legenstüude. 

Leber  die  erklärenden  .Annierknngeu  hat  sich  der 
Verf.  in  der  Vorrede  ebenfalls  ansges|irorlien  und  be- 
merkt, dass  er,  ausgehend  von  dem  Grundsat/c,  eine 
Schulausgabe  solle  lediglich  einen  gereinigten  Text  ent- 
halten, nur  da  sich  zu  Anmerkungen  entschlossen  habe, 
wo  „die  Textieränderuiigen,  die  Eigennamen  und  llin- 
weisungen  auf  gewisse  persönliche  Verhältnisse,  durch 
welche  «las  Lesen  der  üriele  nicht  wenig  erschwert  werde", 
dazu  nüthigten  und  auch  der  Zweck,  dass  das  13uch  dem 
Schul-  und  Privatgebranche  zugleich  entsprechen  möge, 
dazu  aufforderten.  Kritz,  Ramshorn  und  Xluta  seien 
ihm   Führer  auf  diesem   Gebiete   gewesen. 

Ref.  kauü  ilic  Vorsicht,  »telche  der  Herausgeber  bei 
der  roninientarischen  Ausstattung  seines  Buches  angewen- 
det hat,  vorerst  nur  loben  und  ist  mit  ihm  überzeugt, 
dass  das  oidiv  u'/ui  nirgends  gewissenhafter  ausgeübt 
wenlen  sollte,  als  in  der  Schule  und  in  Allem,  was  für 
diese  bestimmt  ist.  Ein  Conimentar ,  bestimmt  für  Schü- 
ler von  12  —  14  Jahren,  enthalte  Kichts  ,  als  was  diesel- 
ben in  den  Stand  setzt,  bei  der  hauslichen  Vorbereitung 
ohne  besondere  Hindernisse  ihr  Pensum  sicli  im  Allge- 
meinen klar  zu  machen;  ^Nichts,  als  was  der  Lehrer 
während  des  Lhiterrichts  als  bereits  erkannt  roraussetzen 
nud  als  Grundlage  zu  weiteren  Erörterungen  benutzen 
kann.  Anders  gestallet  sich  die  Sache,  wenn  bei  Bear- 
beitung eines  Autors  der  Blick  nach  irgend  einer  Seite 
hin  über  die  Schule  hinausgeht,  Privatzwecke  berück- 
sichtigt, höhere  Altersklassen  in's  Auge  gefasst  werden. 
Die  Anforderungen  wenlen  beilentendcr ,  die  Quelle  der 
Erklärung  muss  reichlicher  tliessen;  Vieles  musy  zur 
Sprache  gebracht  werden,  was  bei  einem  Schulhoche 
ruhig  der  Intervention  des  Lehrers  überlassen  werden 
kann.  'Während  z.  B.  in  einem  solchen  von  Kritik, 
streng  genommen,  durchaus  nicht  die  Rede  sein  kann, 
darf  in  jenem  Falle  davon  nicht  ganz  geschwiegen  wer- 
den, sind  wenigstens  bedeutendere  kritische  Erscheinun- 
gen zu  berühren  und  zu  verdeutlichen.  Sollen  nun  aber 
Leide  Tendenzen  verfolgt ,  beide  zufrieden  gestellt  wer- 
den, dann  tritt  jene  L'nglei<  bbeit ,  jenes  Schwanken,  jener 
Zwiespalt,  kurz,  jene  Zw  itlergcstaltung  ein,  von  der 
Ref.  bereits  bei  Anzeige  des  Lippert'schen  Conimeotars 
über  Caesaris  bell,  gallic.  *)  gesprochen  hat,  die  überall 
eher  zu  fluiden  ist,  als  in  den  Stätten  der  wissenschaft- 
lichen Bildung.  Kann  selbst  in  den  gevrohnliclien  Ver- 
hältnissen des  Lebens  Niemand  mit  gleicher  Kraft,  noch 
weniger  mit  gleichem  Erfolge  zwei  Intentionen  verfolgen, 
80  ist  diess  noch  weit  weniger  möglich  auf  rein  geistigem 
Gebiete.  Ein  Zweck  ordnet  sich  dem  andern  fast  unbe- 
merkt unter,  ein  Element  fangt  ohne  Weiteres  über  das 

*)  Bei  dieser  Gelegenheit  erlaubt  sich  Ref.  zu  bemerken, 
djss  sich  in  die  berüliile  Anzeige  eine  Menge  Druckfeh- 
ler und  Auslassungen  eingescbliclicn  lial,  ohne  dass  die 
Becicbligung  derselben  Jjij  jcUt  erfolgen  Lonnlc. 


andere  zu  herrschen  an.  Diese  Erfahrung  hat  Hr.  Süplle 
zum  Theil  schon  in  der  Einleitung  gemacht;  er  macht 
dieselbe  in  noch  höherem  Grade  bei  den  Anmerkungen. 
Betrachtet  man  nämlich  den  Commentar  bloss  für  diu 
Schule  bestimmt,  so  verwundert  man  sich  sogleich  über 
das  Missverhältniss,  in  welchem  bei  den  grauiniatischeu 
und  sonstigen  Schwierigkeiten,  welche  mancher  Brief 
darbietet,  die  Anzahl  der  Anmerkungen  zu  den  Seiten- 
zahlen des  Textes  steht,  besonders  wenn  man  der  Aeus- 
serung  des  Herausgebers  sich  erinnert,  es  solle  in  einem 
Jahrescurse  „  möglichst  Viel  "  gelesen  werden.  Sodann 
sieht  man  nicht  wohl  ein,  warum  denn  stets  auf  Rams- 
horn's  Grammatik  und  nicht  vielmehr  auf  die  Zumpt'sche 
oder  Schulze'schc,  die  offenbar  nicht  bloss  deutlicher  und 
brauchbarer,  soiulern  in  den  Schulen  auch  üblicher  sind, 
verwiesen  wird.  Auch  erscheint  es  doch  als  eine  zu  hohe 
Forderung,  dass  der  junge  Leser  den  Hinweisungen  auf 
Kritzen's  Ausgabe  des  Sallnst. ,  und  auf  Klotzen's  Com- 
mentar über  ilie  Tusculana  Folge  leisten  solle,  da  er 
wohl  schwerlich  diese  Bücher  schon  besitzen,  auch  sei- 
ner Bildungsstufe  nach  keine  besondere  Notiz  von  den- 
selben nehmen  kann.  Cornelius  Nepos  und  Caesar  siud 
die  nächsten  Anctoritäten  für  dieses  Alter,  wenn  Cicero'» 
Briefe  selbst  nicht  zureichen.  Endlich  dürfte  es  mit 
Recht  getadelt  werden,  dass  die  citirten  Stellen  nicht 
ausgeschrieben  sind.  Nicht,  weil  dadurch  dem  Schüler 
Blühe  erspart,  sondern  weil  dessen  Aufmerksamkeit  mög- 
lichst auf  einem  Punkte  festgehalten  werden  soll,  ande- 
rer Rücksichten  zu  geschweigen ,  muss  man  diess  wün- 
schen. Behält  man  aber  bei  näherer  Betrachtung  des 
Commentars  das  in  der  Vorrede  ausgesprochene  Bekennt- 
niss  im  Auge,  das  Buch  solle  „Schülern  von  \h  — 17 
Jahren  zum  fortgesetzten  Studium  dienen",  so  fällt  be- 
sonders die  nicht  geringe  Anzahl  von  Anmerkungen  auf, 
welche  allgemein  Bekanntes  von  Neuem  besprechen. 
Dazu  gesellt  sich  die  Beobachtung,  dass  für  manche 
Sprachcigenthümlichkeiten  Cicero's  die  Belegstellen  nicht 
zahlreicher  beigebracht  sind,  auch  nicht  auf  mehrere 
Schriften  desselben  und  auf  tüchtige  Commentarc  darüber 
verwiesen  ist,  sowie,  dass  das  antitjuarische  Element 
der  Briefe  bei  deu  Erklärungen  nur  sehr  spärlich  be- 
dacht wird. 

Diese  Bedenklichkeiten  gegen  die  exegetische  .Aus- 
stattung  des  Buches  lassen  sich  mit  leichter  iMuhe  recht- 
fertigen. Der  Hr.  Herausgeber  vergleiche  gefälligst  noch 
einmal  z.  B.  den  53.  Brief  an  den  niemmius,  von  dem 
er  selbst  nach  Cicero's  eigener  Aeusserung  prädicirt,  er 
zeichne  sich  durch  den  feinsten  Ton,  durch  grosso  stj- 
listische  Kunst  und  besonders  «lurch  einen  höchst  zarteu 
Eingang  aus:  er  vergleiche  denselben  mit  einigen  Be- 
merkungen seiner  Vorrede  und  frage  sich  dann,  ob  er 
denselben  mit  Recht  ohne  jede  Anmerkung  lassen  konnte. 
Die  specicUc  Einleitung  allein  kann  doch  wahrlich  nicht 
allen  exegetischen  Apparat  ersparen,  und  Ausdrücke,  wie 
cum  Patrone  Epicureo  mihi  omnia  sunt;  wie  et  jani  a 
Phacdro  —  tra<titus  mihi  est;  wie  abjecisse  illam  aedi- 
iicatiunem  ;  wie  rationem ,  «juani  sequitur  in  philosophia; 
oder  Wörter,  wie  sie  in  dem  Satze  Honorem,  oflicium  — 
tuenda  esse  dicit,  zusammengestellt  sind,  bedurften  doch 
wahrlich  besonderer  Berücksichtigung.     Das  wird  un«  uui 


157 


158 


«o  fühlbarer,  wenn  wir  in  einem  anderen  Briefe  eine 
Bejnerkuiig  über  die  vigiliao  der  Römer  lesen,  in  einem 
anderen  i'iber  for<asse  cniui  „freilich  werden  sie  vii-lleidit 
uder  doch  vielleicht  werden  sie"  (was,  beiläufig-  gesagt, 
eine  falsche  Erklärung  ist),  in  einem  drit<en  über  adirc 
—  meniini  und  den  Cnfersrhied  über  den  Inf.  Praes. 
ton  dem  Inf.  Perf.  u.  s.  w.  Der  lleissige  3Ianutius  hat 
über  jenen  Brief  ausser  einer  Einleitung  von  fast  z«ei 
Seiten  fünfthalb  Seiten  ( ron  je  2  Coluninen  )  Anmer- 
kungen ,  die  freilich  für  unsere  Zeit  zum  Theil  überflüs- 
sig sind. 

Der  Brief  an  den  Marius  (VII,  1),  den  Manufius 
ausser  einer  Einleitung  mit  fast  8  Seiten  Anmerkungen 
ausgestattet  hat,  viird  mit  11  kurzen  Anmerkungen  ab- 
gespeist, unter  denen  sich  folgende  finden:  Aesopus,  ein 
sonst  »on  Cicero  hochgeschätzter  (noster) ,  damals  aber 
ausgedienter  (sie!)  tragischer  Schauspieler;  craterarnm 
ist  beglaubigter,  als  die  Lesart  cetrarum;  in  aliqua  pngna) 
in  quavis  pngna  scenica.  Orelli.  Protogeni)  des  Ulariiis 
Vorleser.  Dagegen  wird  der  Scllüler  »ederanf  die  Aus- 
drücke:  ex  quo  tibi  Stabianum  perforasti  et  patefecisti 
niisenum  (statt  IVlisrnum  wird  bekanntlich  fheils  die  Les- 
art sinum,  theils  Sejanum,  theils  in  Miscnum  scenam 
vorgeschlagen ;  was  hier  nach  Orelli  conseqnenterHeise 
zu  erwähnen  war),  hingewiesen,  uoch  darauf,  was  sci- 
licet  vor  Sp.  Alaecius  wolle  (Orelli  hält  das  Wort  für 
verdächtig),  noch  wird  er  auf  das  Wortspiel  in  dem  dop- 
pelten honoris  raussa  und  auf  die  Bedeutung  von  in  sce- 
nam redire  und  de  scena  decedere  aufmerksam  gemacht, 
lieber  adparatus  und  die  bald  darauf  aufgezählten  Be- 
standtheile  desselben,  über  nae  tu,  über  oscos  ludos, 
über  den  Unterschied  von  athletae  und  gladiatores,  über 
oleum  et  operam  perdere,  über  die  veiiafiones  bei  den 
grossen  Spieleu,  über  die  Beziehung  von  artem  desinere 
fiudet  sich   kein  erklärendes  Wort. 

Anf  gleiche  Weise  hat  der  Herausgeber  mit  seiner 
exegetischen  Unterstützung  in  sehr  vielen  Briefen  auf 
eine  oft  unbegreifliche  Weise  gekaigt,  während  er  au 
andern  Orten  unnöthig  freigebig  war ,  und  gerade  durch 
diese  Ulischung  von  Sparsamkeit  und  Aufwand  gezeigt, 
dass  er  nicht  mit  sich  im  Reinen  war,  wie  viel  oder  wie 
wenig  er  in  den  Anmerkungen  geben  sollte,  was  wie- 
derum nur  eine  nolhwendige  J'olge  des  Unistandes  ist, 
dass  er  immer  zwei  verschieileiie  l'crhältnisse  und  Klas- 
sen von  Lesern  vor  dem  Auge  Latte,  Jüngere  und  Ael- 
tere.  Allein  selbst  da  müsste  er  seinem  Wunsche,  dass 
möglichst  Viel  gelesen  werden  sollte,  eifriger  in  die  Hände 
arbeiten.  Oder  ist  er  der  BIcinung,  ein  Knabe  werde  in 
der  That  ohne  Weiteres,  nur  von  zwei  unbedeutenden 
Anmerkungen  unterstützt,  den  Brief  an  Trebatius  VII,  6 
auch  nur  im  Allgemeinsten  verstehen  i  Manutius  liefert 
sechs  Seiten  Erklärungen  dazu;  wiederum,  das  ist  kein 
Zweifel,  mehreres  Ueberllüssige ,  aber  geiviss  auch  mit 
^  Recht  durch  die  Ausdrücke  zu  mancher  Nachweisung 
veranlasst.  Der  Brief  an  Coelius  (2,  10)  ist  zwar  ver- 
Tcrhaltnissmässig  sorgfältiger  bedacht;  aber  wie  Vieles 
sah  auch  hier  einer  Berücksichtigung  entgegen.  So  durfte 
«.  B.  der  Ausdruck  tanta  res  tautae  gratulationis  nicht 
ohne  Weiteres  und  auf  die  blosse  Auctorität  Ortlli's  hin 
durch   die    bekannte   Stelle    Cicero's    Cato    major   c.  21  j 


§.  78  tot  arfes  iantae  stientiac  erklärt  werden,  da  A7o/a 
in  der  annotatio  critica  zu  dieser  Stelin  und  Roth  in  dem 
Excurs  über  den  metonymischen  Plural  in  s.  Ausg.  de« 
Agricola  sich  für  den  Koni.  Plural,  entschieden  haben 
Ersterer  auch  die  von  Orelli  beigebrachte  BeHcisstelle 
de  üflic.  I,  c.  (),  §.  19  mit  Recht  als  unbrauchbar  zu- 
rückgewieseu  hat.  Bei  der  Stelle:  ex  quo  rereor,  ne 
idcm  eveniat  in  meas  litteras,  durfte  nicht  bloss  die  Va- 
riante in  meis  litteris  erwähnt,  sondern  musste  auch  der 
Unterschied  der  beiden  Aus<lrurksweisen  genauer  und  mit 
Herbeiziehung  erläuternder  Erscheinungen  und  Stellen  er- 
klärt werden.  Auch  über  die  Ellipsen:  Hiccine  est  ille, 
qui  urbem?  quem  senatus?  nosti  cetera  hätte  füglich  eine 
Erklärung  gegeben   werden  sollen. 

Selbst  in  leichteren  Briefen,  wie  z.B.  7,  10  an  den 
Trebatius  ist,  finden  sich  Erscheinungen,  welche  dem 
jüngeren  Schüler,  der  die  Ausgabe  gebrauchen  soll,  deut- 
lich gemacht  werden  müsssn,  wenn  er  ohne  besonderen 
Anstoss  sich  den  Brief  übersetzen  soll.  So  »ird  er 
schMerlich  durch  sich  selbst  die  ironische  Uinweisung 
auf  die  fraternitas  Aeduorum  verstehen;  über  den  Safa 
qui  ncque  in  Oceano  natare  volueris,  neque  specfare  es- 
scdarios,  quem  antea  uo  Andabatam  quidem  defraudare 
poteramus,  sowohl  in  sachlicher,  als  sprachlicher  Hiu- 
sicht  nähere  Auskunft  suchen  und  selbst  über  das  fut. 
cxact.  in  der  Schlussstelle  aus  Terenz  vorläufige  Beleh- 
rung wünschen.  Doch  genug  damit.  Wir  wünschen  dem 
Hrn.  Verf.  durch  die  angeführten  Belege  unsere  Ansicht 
nur  deutlicher  darzulegen  und  derselben,  wie  sich's  ge- 
bührt, die  nüthige  Begründung  zu  geben.  Zum  Schlüsse 
wollen  wir  noch  einige  Bemerkungen  über  die  gramma- 
tischen Erläuferungen  machen,  damit  auch  über  diesen 
Funkt  unsere  Meinung  hervortrete. 

Wenn  S.  99,  1.  bei  der  Stelle  de  rapublica  quid  ego 
tibi  sübtiliter?  gesagt  «ird;  „das  Auslassen  von  Verben 
wie  schreiben,  sagen  und  dergl.,  ist  in  Cicero's  Briefen 
in  Folge  der  Kürze,  der  Eilfertigkeit  oder  des  AfTects 
sehr  häufig.  Ebenso  gewöhnlich  bleiben  in  den  Briefen 
da,  wo  der  Sinn  durch  die  übrigen  Worte  deutlich  ge- 
nug ist ,  die  Verben  der  Bewegung,  gehen  ,  kommen,  eilen 
und  viele  andere  weg;  z.  B.  Farn.  VII ,  4 :  in  Pompeja- 
num  statim  cogito  (seil,  proficisci)"  ,  so  dürfte  der  Schü- 
ler leicht  auf  den  Gedanken  kommen  ,  als  ob  diese  El- 
lipsen eben  nur  in  den  Briefen  vorkommen  ,  während 
doch  alle  Schriften  Cicero's  voll  davon  sind.  Die  Erklä- 
rung dieses  Sprachgebrauchs  selbst  aber  hätte  bestimmter 
sein  und  allgemeiner  begründet  «erden  sollen,  sowie 
auch  zu  der  gegebenen  Beweisstelle  wohl  uoch  andere 
zu  fügen  waren,  damit  iler  Lernende  ein  vollständiges 
Bild  von  dieser  Erscheinung  in  sich  aufnehmen  könne. 
Die  Briefe  an  den  Atticus  strotzen  von  solchen  Ellipsen, 
und  wie  zweckmässig  wäre  es  gewesen,  wenn  gerade  die- 
ser Umstand  benutzt  worden  wäre  ,  um  die  Sache  genau 
zn  erklären.  —  Unmöglich  konnte  Seite  122,  1  in  der 
Stelle  commcmoratio  posteritatis  die  Bemerkung  genügen : 
„erklärt  Ramsh.  S.  939  durch  posteritas  commemorans 
i.  e.  quae  commemorabit  ea ,  quae  tu  scripsisti";  denu 
einmal  ist  diese  Erklärung,  sowie  sie  gegeben  ist,  un- 
statthaft, vcrgl.  die  instructive  Parallelstelle  pro  Archia 
c.  XI,  §.  29  5  Südann  musste  gezeigt  werden,  nie  Cicero 


159 


loO 


ein  GedopppHe»  als  ^'»Taiilnssunj  r.n  soiner  Bi<le  hin- 
«pllt :  1)  <las9  «lie  ^Nachwelt  spiner  mviihne,  comnipmo- 
ratio  piistoritatis,  die  spiiiem  Geiste  bereits  rorsihivebt ; 
5?)  liass  ihm  schon  bei  seinen  Lebzeiten  ilie  weiter  auf- 
gezählten  Vortheile   zu   Theil   würden. 

Die  Anmerkung  H  zu  dorn  Briefe  an  den  Lurrejns 
(ad  Farn.  V,  12)  S.  1J4  artus  —  actiunes]  „artioiies 
sind  die  mannichfaltijen  unemarteten  Handluni^en  oder 
Sic«nen  im  Drama,  oder  ohne  Bild,  die  Lel>enss('hirksule ; 
artiones  die  HaDillun<(en  als  Aeusserung'eH  der  Selbsttli.'i- 
tigkeit  bedingt  durch  Kntschli'isse,  Plane  (eonsilinnim) , 
b-o«ie  durch  die  Zeitumstände  (teniporum).  Ich  «lirdo 
die  Stelle  etwa  so  übersetzen:  denn  dasselbe  (Drama) 
enthfllt  maanichfaltigc  Sreiien  und  eine  reiche  Handlung 
in  Folge  der  eigenen  Entschliessungen ,  sowie  der  Zeit- 
Oinstäude."  Diese  Anmerkung  wird  «eder  dem  Scliiilor 
deutlich  genug  sein  und  genügende  Auskunft  aber  den 
Sinn  der  Stelle  geben,  noch  sich  Ton  Seiten  des  Sprach- 
g^ebrauches  hinlänglich  rechtfertigen  lassen.  Welche  IJe- 
lieatung  artus  als  terminus  tcchnicus  habe,  zeigen  die 
bekannten  Stellen,  in  welchen  das  Wort  noch  rorkommt. 
cf.  Freund  im  Lexicon.  Es  ist  unser  ,,Acf",  „Aufzug" 
lind  Cicero  deutet  damit  auf  die  rerschiedenen,  merkBür- 
digen  Abschnitte,  Perioden  seines  Lebens  hin;  actiones 
et  rnnsiliorum  et  lemporum  dagegen  —  denn  mit  actiones 
»ind  diese  Genitivi  zunächst  zu  rerbinden  —  sind  die 
einzelnen  Handlungen,  die  einzelnen  Sceuen  in  iliesen 
Abschnitten  (multa^yue  actiones),  sowie  dieselben  durch 
den  Conflict  seiner  Plane  mit  den  Zeitrerhältnissen  her- 
vorgerufen worden  sinil.  Schon  Wielaiid  hat  ilas  Nich- 
tige gesehen  und  übersetzt:  „denn  dazu  fehlt  es  hier 
nicht  an  einer  grossen  !\lannichfaltigkpit  von  Acten  und 
Scenen,  die  entweder  durch  die  Sellislthatigkeit  der  lian- 
ilelnden  Personen  oder  durch  unerwartete  Zufälle  herbei- 
Sefuhrt  werden."  —  Wenn  in  demselben  Briefe  zu  der 
Stelle  uiultorum  —  et  clarorum  virorum  gesagt  wird:  et 
hat  hier  nicht  nur  anreihende,  .sondern  verstärkende, 
hervorhebende  Kraft:  und  zwar,  so  weiss  der  Unterrich- 
tete allerdings,  was  damit  gesagt  werden  soll,  der  Schü- 
ler aber  wird  leicht  zu  der  irrthümlichen  .\nsiclit  vei  lei- 
tet,  als  ob  die  Copula  an  und  für  sich  diese  Bedeutung' 
habe.  Mus»  man  sich  nun  auch  beim  lJuterri<lite ,  es 
geschähe  mündlich  oder  (lurch  Bücher,  hüten,  durch 
subtile  Bestimmungen  die, Einsicht  in  die  Sache  zu  er- 
schweren, so  erfordert  doch  diese  hinwiederum,  dass 
nichts  Halbwahres  gesagt  werde,  und  das  geschieht  in  der 
Regel  bei  Bestimmungen,  wie  die  vorliejfende  ist.  Eine 
j-de  Partikel  hat  neben  ihrer,  wenn  der  Ausdruck  er- 
Uubt  ist,  generellen  Bedeutung,  die  ■/..  IJ.  bei  et,  (|uc  , 
ai'|ue,  ac  darin  besteht,  dass  iliesc  Partikeln  copulatuae 
»ind  ,  auch  noch  ihre  eigeuthümliche  Beziehung,  die  bei 
den  genannten  in  der  Art  und  Weise  liegt,  irie  diesel- 
ben verknüpfen.  Diess  mus»  dem  Schüler  ein  für  allemal 
deutlich  gemacht  werden.  Kommt  dann  der  Fall  vor, 
wo  wir  uns  genöthigt  sehen,  bei  der  ücbersetzung  einrr 
•olchen  Partikel  durch  irgend  einen  Znsatz  der  Deutljrli- 
keit  zu  Hülfe  zu  kommen  ,  so  ist  der  Grund  davon  go- 
nau  nachzuweisen,  nicht  aber  die  Sache  dadurch  zu  er- 
ledigten, da«s  man  sagt:   et  oder  que  hat  hier  explicative 


oder  adversative  oder  restrictive  Kraft.  Denn  der  Grund 
liegt  nicht  in  der  Partikel,  sondern  ist  entwe<ler  ein  lo- 
gischer oder  rhetorischer.  Niemand  wird  z  B.  behaup- 
ten, dass  et  in  unserer  Stelle  etwas  Anderes  sei,  als  die 
Copula,  welche  hier,  wie  sonst,  zwei  disparate  Begrille 
mit  einander  verbindet.  Cicero  droht  sein  eigener  Bio- 
graph zu  werden  und  rechtfertigt  diese  Absicht  durch 
Hinweisuiig  auf  Andere  ,  deren  Anzahl  gross  ,  deren  Ruf 
bedeutend  war.  Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache ,  das» 
das  zweite  Epitheton  den  Aussehlag  gibt,  da  nicht  die 
Quantität,  »üiiilern  die  Qualität  dieser  Männer  in  Betracht 
gezogen  werden  kann,  jene  erst  Gewicht  erhält  durch 
diese.  Dem  Römer  genügte  es  nun,  die  beiden  Prädicate 
einfach  neben  einander  zu  stellen  uud  höchstens  dem 
zweiten,  wie  hier  geschieht,  einen  accentnellen  Nacli- 
di'uck  durch  die  Stellung,  d.  h.  durch  das  Einschalten 
zweier  minder  bedeutsamer  Wörter  tameii  cxemplo  zu 
geben.  JVir  markircn  das  innere  Verhältniss  von  mul- 
tortim  und  clarorum  gewöhnlich  durch  ein  „und  z«»«;'". 
Die  Copula  et  spielt  also  bei  der  ganzen  Sache  gar  keine 
Rolle,  und  es  erscheint  als  üngenauigkeit,  derselben 
eine  solche  zuschieben  zu  wollen.  Ref.  erwähnt  dieses 
Punktes  desshalb,  weil  man  nicht  nur,  auch  wenn  man 
nur  das  Register  eines  und  des  anderen  Commentars  auf- 
schlägt, über  den  Rcichthuin  an  Bedeutungen,  welche 
diese  schlichten  Partikeln  haben  sollen,  erstaunen,  son- 
dern sich  auch  rerwundern  muss ,  dass  die  Einsicht  in 
die  Sprache  dem  Lernenden  auf  diese  Weise  noch  mehr 
erschwert  wird  ,  als  es  nur  zu  oft  geschieht.  Nicht  nur 
schwankt  der  Schüler  immer  und  immer  innerhalb  eine« 
solchen  schaukelnden  Partikelsystems  hin  und  her,  son- 
dern verliert  auch  durch  diese  Grundlosigkeit  Lust  und 
Eifer  und  wird,  was  die  Hauptsache  ist,  niemals  zur 
nCthigcn  Verständigung  über  die  Charakterverschiedenheit 
der  alten  Sprachen  uuil  der  Muttersprache  gelangen,  wäh- 
rend er,  von  vorn  hereiu  einfacher,  aber  deutlicher  Weise, 
Btid  zwar  von  Beispiel  zu  Beispiel  geleitet,  auf  Verhält- 
nisse, wie  das  besprochene  ist,  aufmerksam  gemacht,  nach 
iind  nach  von  selbst  zu  der  Erkenntniss  gelangen  wird, 
welche  bedeutende  Kraft  und  Einfachheit  des  logischen 
Bewusstseins  der  Römer  vor  uns  voraus  hatte,  da  wir 
durch  besondere  additive  Bestimmungen  das  innere  Ver- 
hältniss deutlich  macheu  müssen,  wo  jener  an  den  ein- 
fachsten Verknüpfungen  genug  hatte.  Auf  uragekehrteni 
Wege  verfällt  der  Schüler  zuletzt  sogar  in  den  Wahn, 
eine  Sprache,  in  welcher  ein  so  kleines  Wörtchen  wie  et 
mit  einer  solchen  Menge  von  Bedeutungen  belastet  ist, 
iei  doch  eine  recht  dürftige  und  kraftlose  und  stellt  da- 
mit dieser  Sprache  dasselbe  tcstimoniuin  paupertati»  au», 
wie  das  in  der  Regel  gegenüber  der  hebräischen  Sprache 
selbst  von  Gelehrten  zu  geschehen  pflegt. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  MLscellon. 

Marbufjj.  2.")  Deccinbcr.  In  dem  (;e?enwartl?en  Wintcr- 
Sfime-iter  bedndcn  sich  auf  hiesiger  Universität  245  Stndirenile  , 
darunter  214  Kurhcsseu. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Sonntage  17-  Februar 


1839. 


Nr.  21. 


M.  Tallii  Ciceroiiis  Episfolae  seleciae  CXC.  Für  den 
Schiilgcbraiicli  bearbeitet,  mit  historischen  Einlei- 
tiinjen  und  erklärenden  Anmerkung;pn  rersehen  von 
Karl  Fr.  Süpfle,  Professor  am  Lvceum  zn  Karlsruhe. 

(  B  escliluss. ) 

Eine  ähnliche  Halbuahrheit  nnd  ITalb^cnanigkeit  fin- 
det sich  auch  in  der  folgenden  Aumerkuiig:  cupiditas  — 
festinutionis.  „Diese  Stelle  gehört  zu  den  Fällen ,  ho 
das  Appositionstvort  als  specieller  Beg^riff  dem  llauptworte 
als  Genitiv  beigefügt  wird.  Das  Wort  cupiiiitas  findet 
»eine  Erklärung  oder  Begriffsbestimmung  erst  durch  festi- 
nationis  :  jene  Begierde^  jiiimlich  meint  Eile.  S.  Rauish. 
•S.  286  c."  Cicero  sagt  aber:  „damit  du  dich  nicht  wnn- 
«ierst,  dass  ich  jetat  so  sehr  und  auf  so  weitläufige  Weise 
in  dich  dringe,  so  »visse,  dass  mich  jener  Drang,  dessen 
der  Anfang  meines  Briefes  eruähnt  (ardeo  cupiditate  in- 
rredibili,  iiomen  ut  nostnim  scriptis  illastrctur  tuis),  der 
Drang  nach  Vorwärts  dazu  antreibt;  denn  ich  bin  feuri- 
gen Charakters."  Nicht  also:  „meine  Eile"  treibt  mich 
an,  sondern  „der  Drang,  den  mein  Vorwärtsstrebeu  er- 
regt." Für  die  Einsicht  und  die  Bildung  des  Schülers 
ist  solche  Bestimmtheit  in  der  Erklärung  höchst  noth- 
wendig,  die  Anmerkung  selbst  aber  im  Grunde  überflüs- 
»ig.  —  Ebenso  überflüssig  sind  aber  auch  Bemerkungen, 
wie  die  S.  Sl  A.  7.  zu  ep.  1.  lib.  1.  ad  Q.  Frat.  be- 
findliche: „Per  mihi,  per,  inquam,  gratum]  eine  Tmesis 
oder  Diacopc.  Vergl.  Fam.  3,  .5:  per  fore  accommoda- 
lum.  Cic.  Cluent.  1  :  altera  pars  per  mihi  brcvis  fore 
lidetur";  denn  der  Schüler  erhält  durch  dieselbe  keine 
Verdeutlichung  des  Falles.  Weiss  er  noch  nicht,  was 
eine  Tmesis  ist ,  so  lernt  er  das  aus  dieser  Aimierkung 
auch  nicht,  sondern  muss  erst  eine  Grammatik  aufschla- 
gen; weiss  er  es,  so  ist  die  Bemerkung  für  ihn  ver- 
schwendet. Auch  ist  hier  nicht  die  Tmesis  als  solche , 
Eouderu  die  rhetorische  Gestaltung  derselben  das  Wich- 
tigere. So  ist  auch  Anmerkung  1  zu  den  Worten  des- 
eelben  Briefes:  Etsi  non  dubitabam ,  qoin  Iianc  cpistolam 
mnlti  nuntii ,  fama  deniquc  esset  ipsa  sna  ccleritate  su- 
()eratura  etc.  sehr  nnnöthig  nnd  gewährt  durchaus  keinen 
Nutzen.  Denn  was  ersieht  der  Schüler  aus  dem  Zusätze: 
„Auch  ad  Quint.  Fr.  2,  3,  2  steht  denique,  wie  hier, 
schon  nach  einem  Giiede :  omnia  maledicta,  versus  deni- 
que.  —  Ebenso  Verr.  2,  51,  127."?  Doch  nichts  Ande- 
res,  als  dass  denique  öfter  diese  Stellung  einnimmt;  warum? 
aber  und  in  welcher  Bedeutung  ?  wird  ihm  nicht  deutlich. 


Nun  sagt  aber  Hand  in  seinem  Tnrsellinns  Vol.  II,  S.  267, 
dass  denique  auch  gebraucht  werde ,  wo  anf  ein  Nomen 
oder  auf  tnehrere  ein  weiteres  per  gradationem  folge , 
und  dass  sodann  das  Adverb  denselben  Begriff  habe,  wie 
afque  adeo ,  und  bringt  als  Belege  für  seine  Behauptung 
bei:  Plaut.  As.  2,  2,  56.  Cic.  p.  Quint.  16,  51.  19,  62 
unsere  und  die  citirte  Stelle  ad  Q.  Fr.  Cicero  in  Verr. 
5,  27,69.  2,  23,  55.  Terent.  Ad.  3,  4,  51.  Hec.  4,  4, 
U5  sqq.  Das  musstc  der  H.  berücksichtigen  und  dem 
Schüler  den  nöthigen  Aufschluss  über  diese  Erscheinung 
crtheilen. 

In  dem  Briefe  ad  Fam.  V,  5  kommt  die  Stelle  vor: 
Sin  autem  ingrata  esse  sentiam,  non  committam,  ut  tibi  ipsi 
iiisanire  videar.  Hierzu  bemerkt  der  II.:  „Man  könnte 
hier  beim  ersten  Anblick  der  Stelle  ipsi  zur  Hervorhebung 
von  tibi  erwarten,  und  die  meisten  Ausgaben  vor  Orelli 
lesen  auch  so.  Allein  ipse  ist  hier  nnd  in  ähnlichen 
Stellen  als  betonter  Suöjectsnorninittiv  vollkommen  rich- 
tig, zumal  da  auch  im  vorhergehenden  Satze,  Quae  ego 
si,  —  das  Subject  besonders  hervorgehoben  ist.  Selbst 
in  solchen  Stellen,  wo  Gegensätze  vorkommen,  findet 
sich  dieser  Nominativ:  vergl.  ep.  111.  Anm.;  ferner  Fam. 
4,  13:  quum  ceteris,  tum  mihi  t^se  displiceo.  Ibid  1,  1 
zu  Anfange:  ceteris  satisfacio  omnilms,  mihi  ipse  nun- 
quain  satisfacio.  (xMit  Unrecht  empfiehlt  Orelli  in  der 
Anm.  zu  dieser  Stelle  ipsi.)  In  allen  diesen  Stellen  ist 
nicht  das  Object ,  sondern  das  Subject  nach  dem  Sinne 
des  Schriftstellers  hervorgehoben.  Vergl.  ep.  12,  7."  — 
In  der  zuletzt  angezogenen  Stelle  heisst  es:  Quid  est 
enim  negotii,  continere  eos ,  quibns  praesis,  si  te  ipse 
cuiitineas?  und  der  H.  setzt  hinzu:  „ipse  steht  hier  ohne 
alle  Variante,  obwohl  man  nach  der  gewöhnlichen  Regel 
der  Grammatik  ipsuni  erwarten  könnte,  wie  es  auch  in 
der  ganz  ähnlichen  Stelle  pro  1.  Man.  13,  3S  heisst: 
ucque  enim  potost  exercitum  is  continere  imperator,  qni 
se  ipsum  non  continet.  Man  denke  sich  aber  den  Satz 
in  folgender  Form:  facile  contineri  possunt  ii,  quibns 
praesis,  si  te  ipse  rontineas,  und  man  wird  ipse  auch 
grammatisch   nicht  mehr  auffallend  finden."  —   Kurz  zu- 


vor heisst  es  in  demselben   Briefe:    Ac    si    te    i 


pse 


vehe- 


nientius  ad  omnes  partes  bene  audiendi  excitaris;  non  nt 
cum  aliis,  sed  nt  tccum  jam  ipse  certes  etc.  ;  und  in  der 
dazu  gehörigen  Anmerkung  lesen  wir:  „und  sogleich 
nachher  tecum  —  ipse ;  vergl.  die  Anm.  zu  ep.  8,  3."  — 
AVeiss  nun  der  Schüler  nach  allen  diesen  Citaten,  warum 
in   diesen    Stellen    ipse    steht?     Gewiss    nicht,   trotz  des 


103 


164 


«onilerbaren  IHiltel»,  ilie  artive  Construction ,  welche  hier 
eben  ein  wesentliches  31tinieiit  ali!;il)< ,  ohne  AVeitcres  in 
eine  passive  zu  verwandeln.  Dass  der  Siil)jectslie^riff  da 
sich  geltenil  mache,  wo  der  iViiin.  steht ,  wird  dem  Schü- 
ler von  selbst  fühlbar;  aber  iroher  es  küuinie  ,  dass  der 
Rümer  sagt:  Tu  quoniaui  renipublicam  nosque  conservas, 
fac  ut  tc  ipsum  diligentissiuie  custuilias  (Lib.  IX.  Ep.  XIV) 
und  doch  auch:  si  te  ipse  contineas,  folglich  bei  einer 
und  derselben  Beziehung  den  pruuoutiuellen  Ausdruck 
wechselt,  das  miiss  dem  Lernenden  deutlich  gezeigt  wer- 
den. ♦)  —  Der  Brief  an  den  fllariiis  (VII,  1)  enthält 
die  Stelle:  Quodsi  tarn  facilein  populum  haberem,  quam 
Aesopus  habuif:  libentcr  niehercule  artem  dcsincrem  etc. 
IFr.  Süpfle  bemerkt  zu  den  letzten  Worten:  „die  Ver- 
biudung  eines  Accusativs  mit  dcsinere  fallt  hier  sehr  auf 
nud  gehört  sonst  nur  den  Dichtern  und  spätem  Prosaikern 
an.  Es  lasst  sich  zwar  annebnieu,  Cicero  habe  in  dieser 
kraftigen,  lebhaften  Stelle  sich  zu  dem  dichterischen 
Sprachgebrauche  hingeneigt;  indessen  glauben  Andere, 
es  sei  ein  Infinitir ,  wie  excrcere,  zu  ergänzen,  wie  viel- 
leicht Acad.  2,  2ö,  5(1:  dcsine  eummunibus  locis  (seil. 
uti).  Eine  solche  Auslassung  eines  leicht  zu  ergilnzeu- 
den  Infinitivs  findet  »ich  auch  in  der  Stelle  Cicero 's  Fani. 
9,  2'2  :  Socraicm  ßdiius  docuit  noliilissimus  fidicen,  wo 
canere  supplirt  werden  niuss.  Auilere  endlich  lesen: 
dcsererein,  nas  jedoch  Orelli  ausdrücklich  verwirlt."  Ein 
Blick  dagegen  auf  die  Parallelstellen  bei  Suet.  Tib.  c.  36- 
ExpulU  et  mathematicos ,  sed  deprecantibus  ac  se  artem 
desituros  promittentibus  »eniam  dedit;  und  in  Gellii 
Noct.  Attic.  16,  2  cum  jaui  grandis  natu  artem  atfilelicam 
Jesiiiset  zeigt,  dass  diese  ganze  Anmerkung  in  so  weit 
überflüssig  ist,  als  artem  desiucrc  offenbar  als  phrasis 
solennis  von  dem  ,, Aufgeben  einer  Kunst"  gäng  und  gäbe 
war.  Was  die  Construction  anbelangt,  so  findet  sich, 
allerdings,  wie  das  Lexicon  zeigt,  der  Accus,  nur  noch 
bei  Dichtern :  aber  welcher  Casus  sollte  denn  der  übliche 
und  gemässe  sein?  doch  nicht  <ler  Ablativ,  für  welchen 
Freund  nur  ein  Beispiel  und  zwar  bei  Cicero  aufgefun- 
den hat?  ATcrden  nicht  auch  alle  Verba  coraposita  mit 
de,  deren  simplex  eineu  transitiven  Begrifi'  hat,  regel- 
mässig mit  dem  Are.  construirt^  —  Doch  diess  sei  die 
letzte  dieser  Bemerkungen,  aus  welchen  der  Hr.  Heraus- 
geber mit  leichter  31ühe  nicht  nur  ersehen  haben  wird, 
dass  sein  Buch  einer  tbeilweiscn  Ucberarbcitung  wohl  be- 
dürfe, sondern  auch,  dass  Kef.  dasselbe  mit  Aufmerk- 
samkeit betrachtet  nnd  mit  Lnparfeilichkeit  zu  würdigen 
versucht  hat. 


Die   Dialekliker. 

eine  bisher  unbeachtete  pliilosopbisclic  .Sekte. 

Die   Dialektiker    zählt   Dian    gewöhnlich    in    der    Ge- 
ichichte    der   Philosophie    entweder    zu    den    Megarikern 


•)  Ref.  hatte  die  Absicht,  die  von  ihm  durch  sor^jfiltise 
Untersuchungen  gefundenen  Resultate  über  den  iiiannich- 
faclicn  «ystemotifclien  Gebrauch  dieses  Prononiinis  l;ier 
mitzutiieiieo.  Allein  die  Reichhaltigkeit  des  StnlTrs  ver- 
weist dicic  Milthciluog  anf  eine  andere  CJcle-ciiluit. 


oder  Stoikern.  Das  Erstere  hat  einigen  Halt  in  dei 
Kachricht  des  Diogeu.  Laert.  II,  10.  §.  lüli:  ß/fjaoi- 
xoi  iiQOiijyogEiiovTO,  eir  iQioTf/.oi,  hctcouv  di  t)iu 
XsxTixoi ,  oöi;  ovTtuq  ujvöuaoe  Trpwro;  llioviaio^  u 
Kao^ij^^övioi,  8ia  zo  tiqoi;  iguhijo/v  y.ui  uTiüy.Qi- 
aiv  Toi's  kuyoi'Z  öinzidfodai.  Allein  bemerken  wir 
hier  ,  das»  dieses  die  Privatmeinung  eines  einzelnen 
Schriftstellers  gcwsseu,  der  sie  wegen  ihrer  dialektischen 
Behandlung  der  Philosophie  also  nannte.  Die  zweito 
Meinung,  welche  die  Stoiker  dafür  hält,  kann  sich 
stützen  auf  die  Bedeutsamkeit,  welche  ilie  Dialektik  in 
der  stoischen  Philosophie  behauptete,  wodurch  sie  in  sehr 
natürlicher  Uebertraguog  Lehrer,  Betreiber  der  Dialektik 
genannt  werden  konnten  und  wirklich  oft  genannt  wer- 
den. Alleia  der  Ausdruck  Dialektiker  findet  sich  ausser- 
dem noch  m  einem  zweifachen  Sinne  gebraucht,  einmal 
in  einem  ganz  allgemeinen,  worin  er  einen  mit  Schlüssen 
und  dialektischen  Spitzfindigkeiten  sich  abgebenden  Phi- 
losophen bezeichnet,  ohne  Rücksicht  der  Schule,  derer 
angehört,  —  dann  in  einem  ganz  besonderen,  worin  er 
ein  Mitglied  einer  eigenen  philosophischen  Schule  bedeu- 
tet, die  weder  mit  den  Megarikern,  noch  mit  den  Stoi- 
kern etwas  gemein  hat.  In  dem  ersten  ganz  allgemeinen 
Sinne  braucht  Cicero  das  ^Vort  sehr  häufig,  z.  B.  orat. 
3'J,  ll.'i:  ,,Dispntandi  ratio  et  loquendi  dialecticorum  sit, 
oratorum  aiitem  dicendi  et  ornandi."  Acad.  II,  30,  97, 
w"b  von  Epikur  die  Rede  ist,  iler  die  Dialektik  gan.« 
hintansetzt:  „Cum  hoc  igitur  dialectici  pugnent,  id  est 
Antiorhus  et  Stoici :  totam  enim  evertit  dialecticaui." 
Hätte  hier  Cicero  das  W^nrt  als  Bezeichnung  einer  in  sich 
geschlossenen  Schule  gebraucht,  so  hätte  er  kein  id  est 
hinzugefügt.  In  ähnlichem  .Sinne  Cir.  Fin.  iV,  19.  Top. 
12,  63.  14,  56.  So  erwähnt  auch  tiellius  XVIII,  13,  7 
einen  „dialecticus  e  Piatonis  diatriba'',  so  versteht  Ter- 
tnllian  adv.  haeret.  c.  7:  „^'iderint  qui  Stoicum  et  Pla- 
tonicuni  et  dialecticum  Christianismiim  protuleriint."  dar- 
unter ein  mit  aristotelischer  Philosophie  gefärbtes  Chi- 
stenthum,  indem  er  kurz  vorher  den  Aristoteles  als  Ei- 
finder  der  Dialektik  aiigegebeu  hat.  Ebenso  scheinen 
bei  Sextus  Enipirikus  VIII,  g.  «13,  '.)!>,  H\X,  112,  wo  al< 
solche  Philun  und  Diodoros  Cronos  angeführt  werden,  iji 
öcuk£XT/y.oi  ein  ganz  allgemeiner  Ausdruck  zu  sein. 

Dasjenigo  aber,  worauf  es  hier  vorzüglich  mir  an- 
kommt, ist,  zu  beweisen,  dass  die  Dialektiker  eine  spe- 
ciellc  philosophische  Sekte  bezeichnen,  deren  bisher  in 
ansern  Handbüchern  der  Geschichte  der  griechischen 
Philosophie  noch  keine  Erwähnung  geschehen  ist.  Am 
klarsten,  glaube  ich,  wird  diess  hervortreten,  wenn  wir 
genau  die  zweifelhaften  Stellen  von  den  gaur.  sickern, 
worin  .sie  vorkommen ,   scheiden. 

Zu  den  zweifelhaften,  aber  doch  Aufmerksamkeit  ver- 
dienenden gehört  Plutarch.  Quacstion.  Plafon.  X:  Tol'TU 
(di;iüjiua)  Ö'  i:~  uvüfiaxoi  xal  ^ijfiazog^  ai'i>laz}jxei>, 
u)v  zu  filv  nzujoiv  Ol  di-aXey.Tixoi,  zu  dt  xaztjya- 
QllfJ-O,  xaLovOlV.  Geleitet  durch  die  gangbare  Ansicht, 
welche  bloss  Stoiker  oder  Meg-jriker  in  ihnen  sieht, 
glaubte  Classen  de  gram,  gracc.  primordiis  p.  50  hier 
die  .Stoiker  als  solche  annehmen  zu  müssen,  welche  das 
Hauptwort  Ttzujaig,  das  Zeitwort  yazijyuQrjfia  genannt 
halfen.     Darin  besfafigfe  ihn    die   Nachricht    bei  Apollo- 


1G5 


166 


nios  «le  consirnrt.  I,  8,  <lass  die  Sloikcr  den  Infinitiv 
{tijUCI.  nannten,  «las  Vcrbnm  finiium  aber  -KaTri^o^r^^ta 
oder  oi^ißcti^ia:  "Ana^  yuQ  e/.sivo  tOTi  Stakaßeiv 
cü;  nuv  dnaoiiiKfaTov  ovojita  sari  (>»/|M«t(>s,  et  ye 
y.ai  Ol  änd  t;Jc  ozoai  avro  fitv  xal.oi>ai  ^ij^ia,  to 
de  Treptnarei  ij  ypücfst  y.an;y(j(iiji4a  ?}  ovjtßafia  yai 
in  T«?  änd  tovtojv  tyy.Xiaen;.  Allein  ich  mochte 
doch  darauf  aufmerksam  macheu ,  dass  die  Dialektiker 
das  fanze  Yerbum ,  die  Stoiker  aber  diejenigen  Formen 
des  "t'crburas,  «rlchc  einen  selbstständigen  satzförmigen 
Charakter  («ie  7l£^7iarii)  haben,  ein  yarijyi/pijfia, 
einen  Ausspruch,  oder  öf^z/^efia  genannt  haben.  Da  nun 
aber  y.a.Ti^y6Qj^f.ia  und  Oi^ißafia  von  den  Stoikern  als 
gleichbedeutend  gesetzt  worden,  so  wird  es  nothig  sein, 
hier  nüher  zu  erörtern ,  was  sie  unter  Olf^ßcifia  ver- 
standen haben.  Vielleicht  wird  dann  der  angedeutete 
Unterschied  sich  schärfer  herausstellen ,  vielleicht  aber 
aucli  verschwinden.  Die  vollständigste  Erörterung  dar- 
über ist  bei  Animonios  zu  Aristotel.  de  intcrpr.  p.  104  f- 
(ed.  Brandis):  Td  yarijyo^oL'fievov  ijroi  6vöf.iaT0<; 
yaTjjyopeizai  ij  TtTujoeoig,  y.al  tovtcdv  txarsQov 
i'jTOi  Ttkeiöv  iariv  «j;  v.ari^yoQOi'yevov  vmI  fiera 
Tov  imoy.sti^evov  avrapyeg  TtQuq,  ysveoiv  drrofpuv- 
öfw;,  /}  eXkmtg  y.ai  7igood?jy.?]g  ripog  öeöuevov  ngcg 
TU  Ttks/ov  Tionjoai  y.aTjiyoQov(.i£vov.  uv  f^ip  ovv 
övöfiazög  Ti  y.aTi]yoQTjSlv  änucpavatv  noirj,  xarij- 
yöpi^fia  xae  avfißafia  nag'  avTotg  6vo^v.QiTai  (oij- 
f^iaivsi  yuQ  ä^tcfu)  zaviöv),  lüg  ro  nspinazei,  olov 
Eujygäiijq  nsptTiaxEi'  uv  öe  TtTv'jaeaig,  TtaQaovf^i- 
ßajxa ,  ajoapsi  7capay.iifj£vov  riß  ofLißä/jaTi  xai  uv 
oiov  TTapay.arijyÜQijiKa,  (üg  ex^t  zo  fxezafAtXst,  olov 
Ev)y.Q(ir£i  /.teTafiekei. 

1)  Nach  Ammonios  also,  oder  vielmehr  nach  Porphy- 
rios  ,  den  jener  benutzt,  nannten  die  Stoiker  arfißaaci 
denjenigen  eiiijachen  Satz ,  der  aus  Snbject  und  Verbnm 
besteht,  so  dass  das  Subject  im  Nominativ  (o);o»c.)  steht. 
Damit  stimmt  i'iberein  Prisrian  X^'III,  p.  1118:  „Et 
scicndnm,  quod  has  quidem  conSli'Ucliones ,  qnae  per  no- 
minativum  absolvuntur,  Stoici  d^iojjiaza  vel  aij-ißdijaza, 
id  est,  digiiitatcs  vel  rongrnitates  vocabant,  ut ,  ego 
Priscianus  scribo,  Apollonius  ambiilat,  Cato  pbilosopha- 
tur."  Bei  Apolluuios  geht  nun  der  satzfürmige  Charakter 
des  Olf.ißafxu  etwas  zurück;  es  tritt  mehr  als  blosses 
verbnm  finitnm  auf.  Yergl.  de  construct.  I,  8:  Siyexai 
Ol  dnu  zrg  OToäg  niiu  ^uv  (den  Infinitiv)  y.aXovOl 
pijfia ,  TU  öl  ncQinarii  tj  ypdcfii  yaTijyÖQijfia  ij 
avfißaßia,  y.al  izi  zag  ottu  zoi'tvjv  lyy.Xioeig.  Diog. 
Laert.  VIT,  47,  §.  64:  '£"07/  öi  zu  yari^yopt^jna  ,  zo 
Y.axo.  zivog  d.yoQev6;ievov ,  ij  npa.y^io.  ot'vzaxzdv 
Tifpi  Tivog  ?y  zivwv  (u'jg  oi  Ticue  'Jnokködojgöv  (fa- 
o'vj  1]  ksxzov  skX/TTig ,  avvzay.zov  öpd?]  nzujoei  Tigtig 
d^iMiiazog  ysveaiv. 

2)  nnoaavfißajju  aber  nannten  die  Stoiker  nach 
Amnionios  denjenigen  einfachen  Satz,  der  bloss  aus  einem 
rerbura  Impersonale  und  einem  Subject  in  einem  obliquen 
Casus  besteht.  Priscian  fasst  das  7rapaai'/.ißaiua  auch 
als  Satz  auf,  hat  aber  darunter  fälschlich  einen  solchen 
verstanden,  der  ans  dem  Subject  im  Nominativ,  einem 
Verbnm  transitivum  und  dem  Object  besteht:  „lUas  vero, 
qnibus  transitiones    ab    alia   ad    aliam  fiunt  peTBonam,   in 


qnibus  neccsse  est  cum  nominalivo  etiam  obtiqtiam  ali- 
quem  casum  proferri ,  Ttagaoi'f^ißd/iaza  dicebant,  hoc 
est,  mina«  quam  congrnitates,  ut,  Cicero  patriam  gcrvat.** 
Priscian  h.->t  seine  Autorität  missverstanden.  Apolloniof 
nämlich,  der  zwar  hier  mehr  das  Satzfürmige  anerkennt, 
hebt  es  in  mehreren  Stellen  ganz  ausdrücklich  herror, 
dass  die  Eigenthünilichkeit  des  Tfagaavfjßafju  darin  be- 
steht, dass  kein  Nominativ  vorhanden  ist,  und  dass  das 
Verbum  ein  Impersonale  ist.  Vergl.  de  construct  III,  32: 
Ol'  fttjv  Toig  ngoyeifdvotg  zu  zoiovzov  ovvBazi-  fit- 
zufälei  yciQ  Sioy^dzei  yai  izi  (.ältt ,  zfjg  öpittjq 
oi'  ovvovat]  g,  Öio  xal  Tzapaoifjßdfiaza  aizd  ixd- 
Xcoav  oi  dnu  r/;;  ozodg,  zwv  dkkwv  gijfidzenv  yazet 
zag  ovfißaivovaag  diadioejg  rcag  avzoig  avfißafid- 
r(ov  UQogayoQevojjevutv  ij  xai  izi  xazrjyogijudziav. 
Daher  halte  ich  es  für  ganz  sicher,  dass  bei  Ap'ollonios 
de  pronom.  p.  406  (ed.  Wolf):  insl  /.lezd  (trjf^iuzog  rj 
oi'vza^ig  zijg  evds/ag  oiaa  oidmoze  ukdyiov  dva- 
öt%tzai,  X'^gig  £1  fJij  £711  züjv  0£0>;^t£ia>/ilvojv  ovf^- 
ßufidzwv  xai  nagaov^ißa^idzwv  itagd  ToigSzMixoic, 
kiyoj-  6£  TOV  ^uksi  xai  fi£za/.(ek£/.  die  Würfer  av/x- 
ßaiiaTUJV  y.ai  gestrichen  werden  müssen. 

3)  Allein  ein  solcher  einfacher  Ausspruch  ,  der  an« 
Nominativ  und  Verbum  besteht,  kann  auch  logisch  un- 
vollständig sein.  Ammonios:  Kai  Ttdkiv,  uv  ^i£V  TO 
Toi"  övüfAUTog  xaTTjyoQov^£vov  8f)jzat  Trgogttijy.rj^ 
TTzüjOfojg  övof^aTog  zivog  Tigog  zu  Tioifjoat  diröcfav- 
oiv ,  ikazzov  1]  xazrjyÖQijfia  kiyETat,  ojg  i^fi  zo 
(f'ik£i  y.ai  TO  £vvüii,  olov  tlkdzojv  (ftk£i'  roizu) yct(t 
:igoaz£9£v  zu  ziva,  olov  /Jiaiva,  Tioi£l  wgiauevrjv 
diücpavatv  zijv  ükdzojv  ^lojva  CfikfT.  Ist  nämlich 
in  einem  solchen  Sätzchen  das  Zeitwort  transitiv.  So 
niiiss  zur  Vervollständigung  des  Gedankens  ein  Object 
hinzutreten.  Ist  das  aber  nicht  der  "Fall,  bleibt  der 
oblique  Casus  ans,  so  ist  der  Satz  mangelhaft,  er 
heisst  ikazzov  ?}  ai'^ißa^ia  oder  ikazzov  ?;  y.azrjyü- 
prtia,  minus  quam  congruitas.  Priscian  hat  diesen  Aus- 
druck minus  quam  congruitas  also  offenbar  falsch  ge- 
braucht; Apollonios  aber  erwähnt  ihn  in  den  betreffenden 
Stellen  picht;  dagegen  können  wir  ihn  doch  aU8  demsel- 
ben ergänzen  ,  indem  die  - 

4)  Form  eines  Satzes  bei  ihm  sich  findet,  nekhe 
ikazzov  Tj  iragaoi'ußaiio.  heisst,  aber  doch  wie<ler  et- 
was verschieden  von  Ammonios  ist:  Av  ÖS  zu  zijg  TVzuj- 
ocojg  xazijyoQoi'fiEvov  y,  t6  8£6fj£vov  izifta  ovv 
zaxdi]vai  Ttkayia  Tizmaii  Tigug  zu  noiijaac  uniHfav^ 
aiv,  fkazTov  1)  TragaGvftßuiia  ktyszui ,  ajg  ix£t  zo 
jtUsi,  olov  Sujxgazet  'AixißidSuvg  jjik£i.  Nämlich 
I.O)ygaT£L  f^iikfi  ist  ein  Ttagaat'fißa.jua,  allein  keia 
vollständiges,  denn  das  Object  fehlt,  um  welches  Sokra- 
tes  sich  bekümmert.  Ohne  dasselbe  ist  der  Satz  man- 
gelhaft. Anders  hat  die  Sache  Ammonios  aufgefasst, 
und,  wie  mir  scheint,  richtiger,  de  construct.  III,  32: 
Kai  zb  fx£v  d7iagziL,ov  zijv  dtdvoiav  7ragaavfAßa/.ta, 
kiyu)  zo  fxikei  Sujxgdz£l  —  diesen  Satz  hält  er  also 
für  vollständig,  —  TO  8£  £kk£mziy.6v  ikavTov  rj 
7C agaov  f^ißafia,  k£yu)  81)  zu  f^ikBi  xai  fA-ezaiiiket, 
Vergl.  Diogen.  Laert.  VII,  47,  g.  63. 

5)  Priscian  endlich  fügt  noch  ein  davfjßafia  hinzu. 
Will,  p,  ttl9i  ;}Qnando  vero  ex  duobus  obliquis  con- 


167 


1Ü8 


ütf actio  üi,  ccdvuffauai a ,  id  est.  inronjrnitatcs,  «licc- 
liaiit,  iit,  placp(  mihi  rcniri>  ad  tr,  awe  uoiniiiiliiis  ipsis 
taiituin,  seil  rerbis  hoc.  exigeiitibus."  Diesen  Ausdruck 
M'eiss  ich  aas  griechischen  Urammatikern  nicht  uach/u- 
wcisen. 

Fassen  wir  das  Gesaj(o  zusamnipn,  so  ist  y.dTiyo- 
ptjUCt  und  Ofuliaua  bei  den  .Stoikern  identisrli  (ob- 
gleich Diogenes  Laertius  ^'11,  47.  {J.  64:  Tujv  dl  Y.a- 
zr^'/OQruaTojv  rä  u£v  iart  ocufidiiaxa,  olov  ro  öia 
rCSTOUi  TT/.siv,  was  »icli  mit  den  übrigen  klaren  Zeug- 
nissen ein  für  allemal  nicht  reimen  lässt) ,  Ot'ftttMia 
aber  erscheint  meistentheils  als  Salz  in  seiner  grössten 
Einfachheit.  Da  unn  aber  die  Dialektiker  nach  jener 
Stelle  des  Plutarrh  das  ganze  V'erbum  ein  xari  '/üoiua 
genannt  haben  ,  da  ferner  die  Stoiker  offenbar  y.aTiyo- 
1)1  na  bald  in  einem  weitern  als  Satz,  bald  in  einem 
eugern  Sinne  als  Zeitwort  gebraucht  haben  —  Diogen. 
Laert.  VII,  47,  §.  64:  (  K aTryoorjuara)  öoSä 
f^Ei>  ovv  soTi  Tct  ovvzaaaüueva  f^ud  roJv  tt/m'/imv 
Trrujacuiv  ttoo;  y.arrjyoQi] fiaro^  yeveaiv  olov 
\ly.OVCt,  'Oon,  ^lahtyercf.t  —  da  auch  Diogenes  Letz- 
teres als  davvi^STOV  y.arryooi-ua  definirte:  so  müssen 
wir  freilich  gestehen,  in  der  Benennung  des  Verbums 
den  Unterschied  zwischen  Dialektikern  und  Stoikern 
nicht  bis  zur  Evidenz  haben  bringen  zu  können.  Ich 
möchte  aber  doch  daran  erinnern,  dass  es  unmüglicb  ist, 
ra  beweisen,  dass  die  .Stoiker  je  das  Hauptwort  TtToHoig 
genannt  hätten,  wie  doch  Plutarch  von  den  Dialektikern 
.lussagt,  sondern  es  steht  fest,  dass  sie  TCTviat^  nur  iu 
der  Bedeutung  von  Casus  gebraucht  haben.  Denn  was 
riassen  p.  51  dafür  anführt,  beweist  nur,  dass  die  Stoi- 
ker in  den  Streitigkeiten  über  die  Casus  mit  den  Peri- 
patetikern  den  .Ausdruck  oodi]  TVTuioi^  nach  ihren 
Nprachphilosophischen  Principien  zu  erklären  suchten. 
Hier  also  wäre  eine  bedeutende  Differenz;  und  nun  eile 
ich,  die  ganz  sichern  Beweisgründe  für  die  Existenz 
einer  selbstständigen  philosophischen  Sekte  unter  dem. 
Namen  der  Dialektiker  beizubringen. 

I.  Plinius  hatte  ein  grammatisches  Werk  unter  dem 
Titel:  Libri  dubii  serraonis  —  dessen  Fragmente  sich 
in  meiner  Spracliphilosophic  der  Alten.  Bonn  1838.  vor- 
finden —  geschrieben.  Es  mnss  dasselbe ,  wie  das  var. 
ronische  Werk,  einen  philosophischen  Charakter  gehabt 
haben;  denn  Philosophen  geraile  polemisirten  dagegen 
vorzüglich.  Vergl.  Plin.  Nat.  IFist.  prol. :  „Audio  et 
Stoicoi  et  Dialeclicos ,  Epicnreos  qaoL|uc  (nam  de  gram- 
niaticis  semper  exspectari  )  parturire  adrersns  libellos, 
quos  de  grammatica  edidi.  Hier  erscheinen  sie,  wie 
auch  Ilarduin  einsah,  und  wie  joder  unbefangene  Leser 
einsehen  muss,  offenbar  als  getrennt  von  den  Stoikern. 

II.  Ebenso  kommen  sio  vor  bei  Priscian  II,  p.  ,',74; 
„Partes  igitur  orationis  sunt  sccundum  Dialeclicos  duae, 
nnmen  et  rerbum,  quia  hae  solae  ctiam  per  se  roniunc- 
tae  plenam  facinnt  orationcm ,  alias  autcm  ))artca  svnca- 
tegoremata,  hoc  est,  consignificantia,  appcllabant."  Hier 
sind  die  Dialektiker  wieder  handgreiflich  von  den  Stoi- 
kern rorschieden,  denn  gleich  nachher  wird  von  Priscian 


erwähnt,  dass  die  Stoiker  fünf  Redetheile  ansetzten,  ejn 
Umstand ,  der  sich  auch  sonst  durch  andere  Zeugnisse 
bestätigen  lässt. 

III.  Diogenes  Laertius  prooem.  c.  13,  5.  19:  'Ay.a- 
Sijuai'xijg  f^dv  oiv  rij^  äftxaias  TVQoeari]  Ilkärujv, 
rij?  ^söijq  'Aoyeoikaoi,  riji,  veag  Aay.vSi^q-  Kvqij' 
vai'xijg  'AoiarnTJtoq  ö  KnQtjvaio^  'Hkstayijg  0aidioi> 

6  'Hkeiug,  ßlsyuQiy.ijg  Ei>yXci8i]i  Meyüoevi, 

Ai akey.TCxtJs  KXeirö ixa^oi  KagxijSöv  10 ;,, 
IleoiirarijTr/.fji  'AQ/aroTthj^  Stayetoin/q,  ^ruj'iy.ri 
Zl]VU)V  KlTT/SU^.  Hier  haben  wir  also  ein  classisches 
unabweisbares  Zeugniss,  dass  es  eine  dialektische  Sekte 
gab,  die  weder  mit  der  megarischen,  noch  mit  der  stoi- 
schen zusammenhing,  ja,  deren  Stifter  selbst  genannt 
wird.  Letzterer  ist  daher  einer  näheren  Beachtung 
werth. 

(Beschluss  folgt.) 


Person  al-Clironik  und  Miscelien. 

Marburg,  den  22.  Jan.  Der  um  das  Stiidiuiu  der  allen 
und  neuen  Sprachen  hochverdiente  Veteran  unserer  Landesuni- 
versität.  an  welcher  er  seit  dem  Sommer  tSlO  lehrt,  Hi:rr  Karl 
Franj  Christian  Wajncr,  geboren  zu  Hclmstadt  am  18.  Kov. 
1790,  feierte  am  heutigen  Tage  das  Fest  der  Eriuucrting  an 
die  ihm  vor  funf/Jg  Jahren  von  der  Universil.it  Helmstadt  ho- 
noris causa  crtheilte  philosophische  Doctorwürde.  Am  Vor- 
abende bezeugten  ihm  die  hiesigen  Studirenden  ihre  Theilnahmc 
ilurch  eine  Musik.  Am  frühen  Morgen  überbrachte  ihm  der 
Prorector  Julius  Müller  das  gnädigste  Ernennungsrcscript  zum 
Geheimen  llofralhe.  Der  akademische  Senat  hess  ihm  durch 
eine  Deputation  ein  von  ilem  Professor  Karl  Friedrich  Hermann 
geschriebenes  Festprogramm  (Inest  spicilegium  annolationimi  ad 
Juvenalis  Satiram  IM  )  mit  seinen  Glückwünschen  überreichen. 
Zwei  .\bgeordnete  der  philosophischen  Facultat  händigten  ein 
ihm  zur  JubeUeier  von  iler  Universität  Göttingen  ,  wo  er  seine 
Laufb.ihn  als  akademischer  Lehrer  begann,  ausgefertigtes  Doc- 
tordiplom  ein.  Der  Stadtrath  liess  ihm  durcli  zwei  seiner  Mit- 
glieder ein  Festgedicht  überreichen.  Am  Abend  bcwirlhcten 
die  Amtsgenossen  und  näheren  Hekannlcn  des  Jubilars  densel- 
ben bei  einem  einfachen  Mahle  und  freuten  sich  der  Heiter- 
keit des  noch  so  kraftigen  und  unermüdlich  thätigen  Greises. 

Leiden.  Der  Magistrat  dieser  Stadt  hat  beschlossen, 
die  hiesigen  lateinischen  Schulen  aufzuheben,  und  an  deren 
Stelle  ein  Gymnasium  zu  stiften  ,  wonach  ,  neben  dem  Unter- 
richt in  ilcm  Lateifiischcn  und  Griechischen,  auch  der  in 
den  lebenden  Sprachen  und  in  den  Anfangsgründen  der  Hclirii- 
schen  Sprache  soll  ertlieilt  werden.  Als  Lehrer  bei  diesem  Gym- 
nasium sind  ernannt  zum  Rector  A.  A.  J.  Bake,  jetzt  Bector 
zu  Lceuwarden,  zum  Prorector  W.  H.  D.  Suringer,  jetzt 
Praeccptor  zu  Leiden,  zum  Praeceptor  W.  G.  P  Iu  y  gers.  jetzt 
Conrector  zu  Delft,  zum  Praeceptor  in  den  lebenden  Sprachen 
VV.  G.  lirill,  jetzt  Lector  iu  der  deulsclien  S|)rachc  hei  der 
hiesigen  Universität.  Mit  dem  Unterricht  iu  der  Mathematik 
ist  i>rc)visorisch  beauftragt  A.  van  Lceuwcn. 

Bayern.  Der  Rector  und  Professor  D.  Bomhard  andern 
Gymnasium  zu  Ansbach  ist  seinem  Ansuchen  gemäss  von  den 
Geschäften  des  Rectorats  enthoben  worden  und  hat  Titel  und 
Rang  eines  Schulraths  erhalten.  An  seine  Stelle  ist  der  Prof. 
D.  St.  Elsperger  zum  Rector  am  Gyniuasium  zu  Ausbach  er- 
nannt worden. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Mittwoch,  20.  Februar 


18  39. 


Nr.  22. 


Die  Dialektiker, 

eine   bisher  iinbeachlete  philosophische  Sekte. 

(Beschluss.) 

Kleitomachos  war  aus  Kartliago  gebürtig  {Kagy^tiSu- 
vioi  bei  DiogeB.  Laert.  IV,  10.  Athen.  IX,  p.  402. 
Poenus  bei  Cicero),  lebte  et»va  um  150  vor  Christi  Ge- 
burt, hiess  Anfangs  Asdrubas  unil  trug,  seinen  Mitbiir- 
gcrn  wahrscheinlich,  Philosophie  in  puniächer  Sprache 
Kir.  Er  war  vierzig  Jahre  alt  ,  als  er  nach  Athen  kam 
und  daselbst  den  Karneades,  das  Haupt  der  neueren  Aka- 
demie, hörte.  Er  lernte  Griechisch,  wurde  der  vertrau- 
teste Hansfreund  des  Letzteren  und  ein  so  fruchtbarer 
Schriftsteller,  dass  er  nicht  weniger  als  400  Bücher  ver- 
fertigte. Die  Menge  seiner  Werke,  seinen  ungeheueren 
Fleiss  würdigt  auch  Cicero  (Academ.  II,  ti,  16),  welcher 
ferner  (Tuscul.  HI,  22,  54)  berichtet,  dass  er  nach  Zer- 
störung seiner  Vaterstadt  eine  Trostschrift  an  seine  ge- 
fangenen Mitbürger  gerichtet  habe.  Auch  an  Lucilius, 
den  Satireudichter,  richtete  er  ein  Buch,  aus  dem  Cicero 
Acad.  II,  32  Einiges  über  die  Ansichten  der  Akademie 
niittheilt.  Ebenso  scheinen  alle  Berichte  bei  Cicero  über 
Karneades  aus  den  Werken  des  Kleitomachos  zu  sein; 
denn  ebendas.  sagt  er :  ,,ExpIicavi  paullo  ante ,  Clitomacho 
auctore,  «juomodo  ista  Carneades  diceret.  "  11,45,  137: 
„Legi  apud  Clitnniachnm,  quum  Carneades"  u.  s.  »v.  Und 
Diogenes  Laert.  berichtet  ,  dass  die  Lehren  des  Karnea- 
des erst  durch  ihn  bekannt  geworden.  Nach  «lemselben 
Diogenes,  der  in  seiner  kurzen  Lebensbeschreibung  zu 
vergessen  scheint,  dass  er  ihn  in  der  Vorrede  als  Stifter 
einer  eigenen  Schule  hingestellt  hat,  war  er  Partei- 
ganger in  <len  drei  Hauptschulen ,  die  damals  blühten , 
der  Akademie,  Stoa  und  Peripatetiker,  allein  vorzüglich 
gilt  er  doch  als  Schüler  des  Karneades,  gehörte  mithin 
der  neuen  Akademie  an.  Als  alleiniges  Tlanpt  derselben 
»teilt  ihn  dar  Athen.  IX,  p.  402 "•  Kkeiroiiaxo-;  yovv 
I)  Ka^x'J^fJ^iog,  oi'öcvoi;  ösi'reooi  tüjh  dito  tTs 
rsai  Av.a8i]f^iF.iaq  v.azu  t))v  dsojQiav  ojv.  Cicero  hin- 
gegen fügt  ihm  de  orat.  I,  11,  45  noch  den  Charniada» 
und  Aeschines  hinzu.  Vergl.  Scxt.  Empir.  Pyrrhon. 
Hypot.  I,  1,  §.  3.  Adr.  Mathem.  II,  g.  20.  IX,  1,  g.  1. 
Kleitomachos  aber  legte  es  nun  darauf  an  ,  sich  von  der 
Akademie  zu  trennen  und  in  schulmassig  abgeschlossener 
Originalität  als  Haupt  neuer  Jünger  zu  erscheinen.  Dar- 
auf deutet   schon  der  Ausspruch    des  Karneades   bei  Cic. 


orat.  16)  51)  Kleitomachos  sage  dasselbe,  was  er,  nur 
mit  andern  AVorten,  Charinadas  dasselbe  mit  denselben 
Worten.  *)  Durch  diese  scheinbare  Differenz ,  vielleicht 
auch  durch  eine  gesteigerte  Vorliebe  zu  spitzfindigen 
Schlüssen,  deren  einige  von  Sext.  Empir.  IX,  -g.  182 
mitgetheilt  »verden,  geschah  es  nun,  dass  einige  Geschicht- 
schreiber ihn  wirklich  zum  Gründer  einer  neuen,  von 
der  Akademie  sich  ablösenden  Innung  machten  ;  und  diese 
sind  es,  wie  ich  gar  nicht  zweifle,  welche  Priscian  und 
Plinius  dialectici  nennt. 

Dass  nämlich  die  bei  Priscian  keine  Stoiker  sein  kön- 
nen, geh;t  aus  den  oben  angegebenen  Gründen  hervor; 
dass  sie  aber  auch  keine  IMegariker  sind,  zeigt  wieder 
der  Umstand,  dass  sie  zwei  Rcdethcile  annehmen.  Das 
konnten  die  Megariker  wenigstens  theoretisch  unmöglich; 
denn  sie  nahmen  an,  stsqov  icegov  fi)]  /.ari^yaoeia^ai. 
Vergl.  Prcller  historia  philosophiae  ex  fönt,  locis  con- 
texta.  Hamburgi.  1838,  p.  182  sq.  Ein  nanjyöpt^fta 
durften  sie  also  nicht  in  der  Sprache  behaupten.  Ihnen 
blieb  Nichts,  als  das  nackte  einfache  Hauptwort  übrig. 
Nun  passt  aber  jenes  Annehmen  von  zwei  Redetheilen 
trefflich  zu  dem  Znsammenhang  der  Dialektiker  mit  der 
Akademie.  Plato,  das  Haupt  der  Akademie,  hatte  nur 
zwei  angenommen;  solche  Dogmen  wechselten  nicht; 
zwei  behielt  auch  die  neuere  Akademie  und  der  aus  ihr 
hervorgegangene  Kleitomachos  nebst  seinen  Anhängern 
bei.  So  rundet-  sich  also  hier  der  Beweis  zur  vollstän- 
digen in  sich  geschlossenen  Harmonie  ab;  und  es  käme 
nun  darauf  an  ,  zu  untersuchen,  welche  eigenthümliche 
Ansichten  der  Stifter  und  sein  Nachfolger  Philon  voji 
Larissa  entwickelt  habe. 

Bonn.  D.  L.  Lorsch. 


Caroli  Friderici  Hermanni ,  profcssoris  Marbnrgensis 
progymnasmatnm  ad  Aristophanis  Eijuites  schcdias- 
mata  tria.  Marburgi ,  sumtibug  Christiani  Garthe. 
MDCCCXXXV.  VI,  32,  4S  und  34  S.  kl.  4. 

Herr  Professor  Hermann    in   3Iarburg    hat    in    diesem 
Bändchen    drei    Abhandlungen    vereinigt,    von    denen   die 

»)  Vielleicht    wurde    durch    diese    Absicht    auch    sein    Werk 
^ejH  aiqiasiiiv    hervorgerufen,    woraus    bei    Diogen.    Laert. 
II,  8.   §.  92  angeführt  wird,    dasi  die   Kyrenaiker   Physik 
I        und  Dialektik  fur  unnütze  Dinge  gehalten. 


171 


172 


errfe,  «He  In'pr  in  sehr  er»oifer<pr  Gestalt  erscheint,  zu- 
erst vor  ilem  Index  lectiimiim  de»  Soiiiiiiers  l^'i,');  die 
zweite,  «eiche,  nie  die  drille,  iiiiveraiidert  {Tclilielieii  ist, 
zur  Geliiirlj^fcier  dos  Kurfürsten,  die  dritte  znr  Gehiirts- 
fcier  des  Kiir|irinzen  »itrc-jcnten  von  Hessen  erschienen 
war.  A'ielfachc  Nachfragen,  di-ren  sich  dieselben  fort- 
wahrend zu  erfreuen  hatten,  haben  den  Hrn.  >'erfasser 
zu  dieser  neuen  Auflage  beivosjeu  ,  für  ilie  ilini  alle  die 
nur  dankbar  sein  kliunen,  die  »vissen,  «eiche  Uereiche- 
rungen  der  >Vissenschaft  gerade  in  solchen  l'nivcrsit.'its- 
gelegenlieitsschriften  oft  iiie<lergelegt ,  und  zugleicli  er- 
fahren haben,  wie  schwer  dieselben  meist  zu  erlan- 
gen sind. 

Die  einzelnen,  auch  einzeln  jiaginirtcn  Abhandlungen 
sind   überschrieben: 

I.  Disputatin  de  iniuriis,  qaas  a  Clconc  Aristophaues 
passns   esse  trailifur. 

IJ.  Dispntatio  de  ecjuitibus  Attici»  (in  acht  Ab- 
schnitten ). 

III.   Disputatio  de  persona  ^'ieiae  apud  Aristophancin. 

Die  Ilauptstellen  ,  welche  der  ersten  Abhandlung  zu 
Grnn<le  liegen,  sind:  Acharner  V.  ;V77 — SS.',  üU'J  K. 
und  ^'espen  V.  !'J84  —  91,  das  Resultat  derselben  aber 
ist  folgendes:  Die  in  den  Achartieru  erwähnten  Vorf.'illc 
haben  nicht  den  .aristophaues  personlich,  sondern  i\en 
Kallistratos  befrolleii  ;  die  in  den  Wespen  cr«ähntcn  sind 
später  als  die  .Aufführung  der  Kitter  zu  setzen,  über- 
haupt aber  hat  Aristophaues  in  ilen  Rittern  den  Kleon 
nicht  wegen  einer  besonderen,  personlichen  Beleidigung, 
sonderu    um    des   allgemeinen   Besten    «illen   angegridcn. 

Zu  einer  Beurtheilung  dieser  Abli;indlung  im  Einzel- 
nen ist  es  nOthlg,  die  gleichnamige  des  llrn.  Professor 
Fritzsche  in  seinen  Quaestinnes  Aristophaneae  I,  p.  301 
his.^Ilj  zu  rergleichen.  Letzterer  sucht  ausser  manchen 
guten  Lehren,  die  er  gelegentlich  und  mit  ziemlich 
Lüi  hmüthiger  IManicr  „seinem  Freunde"  Hrn.  Professor 
Hermann  zu  hiiren  gibt,  nachzuweisen,  das»  dieser  seine 
Absicht,  die  Zeugnisse  der  Alten  gegen  neuere  Hypo- 
thesen zu  vertheidigen ,  durchaus  verfehlt  habe,  dass  die 
Stelle  in  den  Vespen  sich  gleichfalls  auf  den,  in  Folge 
der  Babvloiiier  von  kleon  erhobenen  Process  beziehe, 
dass  Aristophaues  die  Acharner  unter  seinem  IVanien  auf- 
geführt habe  und  die  Ritter  ihre  l'eranlassung  in  den 
persönlichen   Anfeindungen   des   Kleon    hätten. 

Schon  bei  einer  ersten  Leetüre  lasst  sich  nicht  ver- 
kennen, dass  die  Abhandlung  des  Hrn.  Professor  Her- 
mann weit  klarer  und  einfacher  ist  ui,i<l  sich  viel  genauer 
an  den  Gegenstand  der  Untersuchung  hält,  als  die  seines 
Gegners. 

Wir  wenden  uns  zuerst  zu  der  .^llc  in  den  Vespen 
V.  12S4—  91,  welche  Hr.  Professor  Hermann  S.  lö 
fulgendermassen  erklärt:  „Sunt  ijiii  me  dixerint  post 
E'juitiim  commissionem  Cleonis  .ve.\ationibns  defatigaliim 
in  gratiaui  cum  ipso  rediisse ,  (jnia  in  proxima  fabula 
illi  peperrissem;  sed  eins  facti  in  ipso  j)opulo  culpa  est; 
cur  enim,  si  reilere  me  Cleoni  nullet,  pntrocinium  meum 
3usci|>ere  supersedit,  adeoijne  risit,  cum  ijisius  causa  pul- 
sarer,  id  tantuin  curans,  erquid  ridiciili  mihi  in  aiigustiis 
cxcideret  ?  Hoc  ego  quum  vidisscm,  satius  duxi  paulis- 
pcr  facicin    mntare    vidcndique    materiam  aliunde  circuni- 


spicere;  quo  facto  nie  subito  a  populi  favore  indignissime 
destitutum  intellexi."  So  wir<l  im  letzten  ^'erse  nnter 
der  jfuodi:  das  Volk,  unter  der  O.HTielMi  Aristophanes 
selbst  verstanden  und  die  ganze'.Stelle  auf  die  Wolken 
bezogen,  deren  .Stofl'  er  gewählt  habe,  nicht  weil  ersieh 
mit  Kleon  versöhnt,  sondern  weil  er  bei  dem  ^'olke  keine 
Hülfe  gegen  die  von  Kleon  nach  Aufführung  der  Ritter 
erlittene,  im  Einzelnen  jedoch  unbekannte  InbiU  gefun- 
den habe  ,  und  dann  .sei  auch  noch  den  Wolken  auf  eine 
unverdiente  >Veise  der  sicher  gehofl'te  Siegespreis  abge- 
sprochen ,   «orübcr  der  Dichter  so   oft  klagt. 

Die  Beweisgründe  für  diese  Erklärung  sind  folgende: 
1)  Die  '\^espen  fallen  so  viel  später,  al.«  die  Babvlonier, 
und  die  betredenden  Worte  in  den  Vespen  sind  von  deiiea 
in  den  Acharncril  so  verschieden,  dass  es  keineswegs 
nötliig  ist,  sie  auf  ilenselben  ^'orfall  zu  beziehen,  wie 
denn  auch  schon  der  .Scholiast  zu  dieser  Stelle  zu  der- 
selben  ^Meinung   hinneigt. 

'2)  Kleon,  der  für  die  Babvlonier  so  sehr  Rache  zn 
nehmen  strebte,  wird  die  Ritter  nicht  nngerügt  haben 
Lingehen  lassen. 

,J)  Vers  \_i\)\  kann  sich  nicht  auf  des  Aristophaues 
^"^erhältniss  zu  Klcou  beziehen,  denn  dieser  kann  nach 
V.  1051  II.  nicht  Hohl  mit  dem  schwachen,  einer  Stütze 
bedürftigen  Weinstooke  vergliche«  werden,  noch  wird 
Aristophanes  eingestehen,  den  durch  treulose  Künste  ge- 
täuscht zu  haben,  dessen  Bekämpfung  er  anderwärts 
(Vespen  V.  lOiO.  Frieden  V.  T.VJ)  eine  herkulische  Ar- 
beit nennt;  zninal  sich  dieser  Vers  so  leicht  auf  die  un- 
billige Beurtheilung,  welche  die  M'olken  vom  Volke  erfahren 
hatten,    beziehen    lässt. 

4)  Lüsst  sieh  nicht  nachweisen,  dass  Aristophanes 
dem  Kleon  wirklich  jemals  geschmeichelt  habe,  <lenn 
das  Wort  !:i/!h^/./oa  hat  diese  Bedeutung  bei  Aristopha- 
nes nirgends;  nur  das  liegt  darin,  dass  der  Dichter  den 
Anfeindungen  des  Demagogen  scheinbare  Ruhe  entgegen- 
gesetzt und,  weil  er  beim  Volke  keine  Hülfe  fanil ,  für 
seine  Komik  sich  einstweilen  andere  Gegenstände  zur 
Zielscheibe  gewählt  habe,  «as  er  doch  erst  nach  Auf- 
führung der  Wolken  sagen  konnte.  Aber  eben  desshalb 
sagten  diese  der  Menge  weniger  zu,  weil  der  Dichter 
au  Kleons  .Stelle  einen  Sfoll'  von  «eniger  allgemeinem 
Interesse  gesetzt  hatte,  der  seiner  .Meinung  nach  für  den 
Staat  nicht  minder  wichtig  war,  aber  das  (ierü(lit  einer 
Versöhnung  mit  Kleon  bei  Böswilligen  wohl  veranlassen 
konnte  (Vespen   V.    l()3(i  ff.   (i2   f.   Wollten  \.   ,j46  fi'-)- 

.'i)  Da.ss  dergleichen  Gerüchte  iii  der  That  verbreitet 
waren  ,  beiveisen  die  ersten  Worte  unserer  Stelle.  Nach 
Hrn.  Professor  Fritzsche's  Ansicht  mü.ssten  diese  Annähe- 
rungsversuche an  den  Kleon  zwischen  die  Bab\  lonier  und 
Ritter  fallen,  dem  aber  « idersprechen  die  in  ilie  !Mitte 
dieser  Zeit  fallendrii  Acharner  bestimmt  genug;  vielmehr 
hat  Aristophanes  in  ilieser  Zeit  Versuche  des  Kleon,  ihn 
filr  sich  zu  gewinnen  ,  zurückgewiesen  (Ritter  Y.  472  fl- 
Vespen  V.  t03(i)-  J^s  traten  also  diese  Gerüchte  ein, 
als  Aristophanes,  nach  den  Rittern  wiederum  von  Kleon 
angegriffen  ,  in  seinem  nächsten  Stücke  von  ihm  schwieg, 
und  ilarauf  (y.uTU,  wie  Hr.  Professor  Hermann  durch 
Belegstellen  nachweist,  in  der  Bedeutung  einer  unwilligen 


173 


174 


Frage)    lialie    (las  Volk    dieses    neue  Stiifk  mit  «o   unver- 
dienter  Kälte   behandelt! 

Referent  nitiss  si<  h  mit  dieser  Beweisfiilirnnjf  voll- 
kommen einverstanden  erklaren  und  eine  «esentliclie  För- 
derung der  betreffenden  Fra^^en  darin  anerkennen.  >Vir 
missen  nnn ,  dass  Kleon  narh  Anfftilirunj,'  der  Uahjlonier 
einen  Process  erhob,  anf  den  »vir  weiter  unten  zurück- 
kommen «erden;  riass  Aristoplianes  darauf  die  Ritter 
unter  seinem  Namen  schrieb  und  ihm  Kleon  darauf  per- 
sönliche üngelegnnheiten  verursachte;  dass  dann  aber  der 
Dichter,  weil  er  sich  hier  vom  1  olke  zu  «cnig-  unter- 
stützt glaubte,  die  Wolken,  ohne  auf  den  Kleon  darin 
vorzugsweise  Rücksicht  zu  nehmen,  schrieb  und  hier  nnn 
von  dem  Volke,  welches  noch  mehr  solche  Scenen,  wie 
die  in  den  Rittern  vorkommenden,  sehen  wollte,  zu  sei- 
nem grOssten  ^'erdrusse  nicht  recht  anerkannt  wurde. 
Von  welcher  Art  aber  die  Unannehmlichkeiten  waren, 
die  Aristoplianes  nach  Aufführung  der  Ritter  erlitt,  wird 
sich  wohl  weiter  nicht  ausmitteln  lassen,  denn  schon  der 
Scholiast  weiss  nicht,  ob  er  darunter  eine  gerichtliche 
Verfolgung  Oller  blosse  Drohungen  und  Anfeindungen  zu 
verstehen  hat;  und  auf  die  Verninthung,  die  Hr.  Pro- 
fessor Hermann  auf  das  Wort  (i.7lEÖeiQÖfi)jV  ( Vespcn 
12S(l  iu  Verbindung  mit  Frieilen  V.  734  f.)  gründet,  dass 
nämlich  Aristophanes  oder  sein  Chorführer  auf  Kleon's 
Betrieb  für  ein  zwischen  den  Rittern  und  AVolken  ge- 
gebenes Stück  „mit  Ruthen  gestrichen"  worden  sei, 
möchte  Ref.  noch  weniger  AVerth  legen  ,  als  es  der  Hr. 
Verfasser  schon  selbst  Ihut.  ISur  darin  scheint  uns  der 
Hr.  Verfasser  einem  unnöthigen  Zweifel  Raum  zu  lassen, 
dass  er  (  S.  17)  sagt,  vielleicht  seien  die  zweiten  An- 
grilTe  des  Kleon  schon  vor  Aufführung  der  Ritter,  um 
ehen  den  Dichter  von  derselben  abzuhalten,  vorgefallen. 
Er  Tcrgibt  iladnrch  seinem  ganzen  bisherigen  Beweise 
mehr,  als  nöthig  ist.  Wir  glauben,  dass  Kleou  in  Folge 
der  Ritter  selbst  den  Komiker  anfeindete  und  zwar  wahr- 
scheinlich ,  da  er  iu  <lenselben  nicht  namentlich  vorkommt, 
und  auch  sein  Gesicht  in  der  Larve  nicht  nachgebililet 
war,  nicht  auf  gerichtlichem  AVege ,  denn  ein  o/.oj^t/^iu- 
TtOV  (V.  1289)  konnte  Aristophanes  ja  wohl  auch  antlern 
als  gerichtlichen  A'^erfulguiigen  entgegensetzen.  Jedoch 
müssen  wir  hier,  ehe  wir  weiter  gehen  können,  noch 
die  Einwürfe  <les  Hrn.  Professor  Fritzsche  berücksich- 
tigen. Dieser  erklärt  unsere  Stelle  folgcndermassen  (S.,30')): 
.,Sunt  qui  dixerint,  me  cum  Cleone  iu  gratiam  rediisse 
(nempe  actis  Babyloniis)  ,  quo  tempore  ille  minaci  actione 
sua  nie  percnlit.  Sod  simulatqne  ab  amicis  nie  desertum 
vidisscm,  blanditiis  honunem  reconciliarc  dcbiii.  At  vero 
»ibi  iinpositum  esse,  meque  indutias  taiitum  inodo  depa- 
cisci  Toluisse ,  id  Cleon  non  ita  niulto  post  ex  Equitibiis 
meis  hisque  ipsis  Vespis  perspicere  plane  potuit",  ohne 
jedoch  die  Bedeutung  „blanditiis  reconciliare"  in  Elllifij- 
y.lfja  nachzuweisen,  ohne  zu  zeigen,  wie  Aristophanes 
sich  des  Kleon  jfaoa^  nennen  könne  in  einqr  Zeit,  wo 
er  dessen  Friedensvorschläge  zurückwies,  noch  sonst  die 
entgegengesetzte  IMeinung  eigentlich  zu  «ideTlegeii,  denu 
er  sagt:  „quae  ne  diligenter  refellam  ainore  viri  egregii 
atque  singularis  impedior"  (S.  304),  als  ob  es  schlimmer 
sei,  gründlich  widerlegt,  als  aus  lauter  Freundschaft  mit 
dürren,  absprechenden  Worten  abgefertigt  zu  werden! 


An    die  Worte    des    Srholiasten    zu   Vespen  V.    1291! 

„ill'i;(ficiaTO  yun  o  K'kimv,  firf/.tTi  diiv  y-ujumöla^ 
£71  i  dtcLTQojv  Etiii.yEo'Jai ,  on  di)  iivcjv  Trau/wTUjv 
■JutiTac.  irt/jonrov'-''  knüpft  Hr.  Professor  Fritzsche 
einen  Excurs  über  jene  Psepliisinata  über  das  iiij  uvo- 
IKcaci  y.uJU'pdriv ,  doch  gesteht  Ref.,  nicht  recht  ein- 
zusehen, was  derselbe  für  die  vorliegende  Frage  ent- 
scheiden soll.  De?'  Scholiast,  von  dem  diese  Worte  her- 
rühren, hat  die  Aristophanischen  Averse  allerdings  auf 
den  ersten  Process  bezogen,  aber  den  letzten  derselbeu 
keineswegs  wie  Hr.  Professor  Fritzsche  erklärt,  sondern 
er  scheint  unter  der  'jfaot/.t  eben  jenes  Psephisma  zu 
verstehen,  durch  welches  Kleon  sich  gesichert  glaubte, 
aber  die  Unzulänglichkeit  desselben  erkannte,  als  der 
Komiker  durch  die  Ritter,  in  denen  Kleon  weder  na- 
mentlich, noch  als  Porträt  vorkam,  dasselbe  umging; 
welche  Erklärung  an  sich   freilich   ganz   werthlos  ist. 

Ref.  glaul)t  diese  Stelle  und  die  Argumentationen 
des  Hrn.  Prof.  Fritzsche  nnn  auf  sich  beruhen  lassen  zu 
kiiiineu  und  geht  zu  der  noch  wichtigeren  Stelle  iu  den 
Acharnern   über. 

•  Ganz  gegen  allen  Zweifel  gesichert  wäre  Hrn.  Pro- 
fessor Hermann's  Erklärung  der  Stelle  in  den  Vespcn, 
wenn  es  unerschütterlich  fest  stände,  dass  der  erste  von 
Kleon  erhobene  Process  gar  nicht  den  Aristoplianes  per- 
sönlich, sondern  nur  den  Kallistratos  berührt  habe  oder, 
was  dasselbe  ist,  dass  Aristophanes  die  Babylonier  und 
Acliarncr  unter  dem  Namen  des  Kallistratos  ohne  alle 
eigene  Theilnaliine  liabe  aufführen  lassen.  Natürlich 
tritt  dieser  Bleinung  Hr.  Professor  Hermann  bei,  das 
Gegentheil   vertheidigt   Hr.   Professor   Fritzsche. 

Es  ist  diess  gewiss  eine  der  kitzlichsten  Fragen  zur 
Geschichte  des  Aristophanes,  und  Ref.  glaubt  kaum,  dass 
das  Verhaltniss  zwischen  Aristoplianes  und  Kallistratos 
bei  dem  Mangel  ganz  bestimmter  und  ausdrücklicher 
Nachrichten  jen'.als  zu  voller  Klarheit  wird  gebracht  wer- 
den können.  Für  ein  ganz  eigenthümliches  möchte  man 
CS  nach  dem  davon  Bekannten  halten  und  doch,  falls  es 
so  wäre,  würden  dann  die  alten  Erklärer  nicht  Ausführ- 
licheres davon  berichtet  haben?  Doch  soll  hier  nicht  die 
Streitfrage  selbst  entschieden  werdvii  ,  sondern  wir  wen- 
den uns  sogleich  zu  Hrn.  Professor  Hermann's  Darstellung 
derselben.  Er  stützt  sich  zunächst  auf  die  bekannten 
Stellen  (Ritter  V.  513-  Wolken  V.  ,J3f).  Vespen  V.  1018. 
1029),  aus  denen  schon  Dindorf  und  Ranke  nachgewiesen 
haben,  dass  zuerst  zu  den  Rittern  Aristophanes  sich  als 
■A^erfasser  bekannt  habe,  was  ollenbar  durch  den  Scho- 
liaslen  zu  Vespen  V.  1US4  unterstützt  wiril,  wenn  er 
sagt,  dass  Kallistratos  von  Kleon  vor  die  ,jO('Ä;y  gefor- 
dert sei,  woraus  nothwendig  folgt,  dass  auch  in  den 
Acharnern  (V.  377  ff.)  Kallistratos  als  sprechende  Person 
zu  denken  ist.  Die  Frage  schien  somit  entschieden,  al.s 
Fr.  Ritter,  Fritzsche  und  Hanow  sie  von  Neuem  auf- 
nahmen und  dahin  beantworteten,  dass  nur  die  Daitalen- 
ser,  vielleicht  auch  noch  die  Babjlonier,  keineswegs 
aber  die  Acharner  unter  fremder  Firma  gegangen  seien, 
(.'egen  diese  Behauptung  erhebt  sich  hier  also  Hr.  Pro- 
fessor Hermann  und  zwar  mit  sehr  guten  Waffen.  DasB 
die  Frage  über  die  Bahjlonicr  und  Acharner  nicht  ge- 
trennt werden  kann ,  steht  wohl  trotz  Hanow's  Einspruch 


175 


176 


gioi  fest.  Hr.  Professor  llermaDii  «iderlegf  nun  zunächst 
den  Ein»vanil,  ilass  Aristoplianos  überall  nur  von  einem 
frcniiler  Sorgfalt  iil>er»elienen  Drama  s|ire<lie;  in  ileu 
Wqlken  (Imt  er  es,  «locli  liegt  in  der  Stelle  keiiiesHrgs, 
da.««  es  nur  einmal  geschehen  sei ;  in  den  ^'es|ieu  sind 
mehrere  Stucke  bestiuiint  genug  angedeutet  durch  den 
Plural  STinoiai  71  olljraii;  dass  diess  hei  den  IJabvlo- 
niern  Kallistratos  war,  uird  mehrfach  Leaeiigl,  dass  es 
hei.  den  Daitalensern  Philonides  «ar,  ist  «enigsleus  sehr 
»ahrsrheinlirh ,  denn  llr.  Prof.  Hermann  liat  unserer  IMci- 
nung  nach  ganz  Rerhl,  auf  die  Worte  hei  dem  anonvinus 
nto'i  y.v)ii(-)(^u>.i  (p.  XIII,  \)  l\.  Dindf.j  nicht  soviel  Ge- 
ifirht  als  Kanke  zu  legen,  da  das  unniittelliar  auf  die- 
selben Folgende  so  «enig  AVahrheit  hat.  Dass  aiier  die 
Arharuer  ilen  Namen  eines  Dichters  an  der  Stirne  tru- 
gen, iler  zum  ersten-  oder  zweitenmal  auftrat ,  iveist  der 
Hr.  ^'erf.  deutlich  genug  aus  V.  (Vi.S  (I.  nach,  ebenso, 
dass  die  •  komischen  Uehertreibungen  V.  (i4ö  ß-  »"r  von 
einem  schon  seit  lauger  als  einem  Jahre  bekannten  Dich- 
ter gesagt  »erden  konnten,  wenn  sie  nicht,  »vie  der  rea- 
len, so  auch  der  |ii>etischen  Wahrheit  und  alles  Witzes 
entbehren  sfillten;  braucht  doch  der  Athenische  Gesandte 
(y.  80)  vier  Jahre,  um  bis  zum  persischen  Könige  zu  ge- 
langen ,  und  der  Ruf  des  Dichters  hätte  schon  in  einem 
Jahre  ilort  wirksam  sein  können?  \'^on  Aristophanes  aber 
wissen  wir,  dass  er  keinesfalls  eher  bekannt  war;,  rom 
Kallistratos  kann  diess  wenigstens  nicht  nachgewiesen  wer- 
den ,  vielmehr  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  Aristopha- 
ues  für  seine  ersten  Arbeiten  einen  mangelhaffeii  SlöaO- 
■/.a/o^  gesucht  haben  wird,  da  er  sie  eben  wegen  seines 
noch  unbekannten  jVamens  einem  andern  gab  und  ^Volken 
V.  530  weist  entschieden  darauf  hin  ,  dass  derjenige,  der 
des  Aristophanes  Erstlinge  beim  Publikum  einführte, 
»venu  auch  nicht  selbst  Dichter,  doch  ein  Mann  war, 
dem  man  eine  werthe  Arbeit  gern  anvertrauen  mochte 
und  der  schon  Erfahrung  in  den  betrefFenden  Verhält- 
uisscn  besass.  Hr.  Professor  Hermann  vergleicht  diess 
Verhaltniss  mit  denen  der  Redner,  die  ja  auch  oft  für 
Andere  gearbeitet  und  ihre  Arbeiten  Männern  zum  Eigen- 
tham  übergeben  hätten,  die  selbst  nie  eine  Rede  hatten 
tbf^ssen  kimneii.  Diesen  ^'ergleich  mnss  Ref.  verwerfen; 
von  den  Rednern  war  es  bekannt,  dass  sie  nm  bestimm- 
ten Sold  Reden  für  andere  Leute  ausarbeiteten,  und  Nlc- 
iiiaud  hielt  desshalb  den,  der  sie  sprach,  für  den  Ver- 
fasser, noch  verbarg  sich  der  wahre  \'erfasser  hinter  dem, 
der  die  Rede  vortrug.  Ganz  Recht  hat  aber  Ilr.  Pro- 
fessor Hermann,  wenn  er  daran  erinnert,  dass  erst  in 
der  nach -aristophanischen  Zeit  ein  eigentlicher  Schau- 
ipielerstand  sich  gebildet  habe ,  dass  in  der  Zeit  des 
Aristophanes  dagegen  Dichter,  dtdüo/.u/.Ui;  und  Protago- 
nist stets  dieselbe  Person  gewesen  sei,, wodurch  die  ver- 
inittelnilc  Erklärung  abgeschnitten  wird,  die  den  Kalli- 
stratos zum  bidssen  Schausjneler,  der  unter  Aristophanes 
gedient  habe,  machen  «ill.  Als  ein  deutliches  ISeispiel, 
vrie  der  d/öuo/.a'/.u^  und  der  Dichter  stets  für  dieselbe 
Person  gehalten  wurden,  führt  Hr.  Professor  Hermann 
den  7rgoay(j)u  an,  den  Viele  dem  Philonides  ganz  zu- 
»chricben;    dafür    spricht    auch,    dass  Aristophanes  weder 


in  den  Vögeln,  noch  in  den  Fröschen,  die  beide  Philo- 
nides aufführte,  wohl  aber  in  den  Vespen,  die  der  Dich- 
ter selbst  in  Scene  gesetzt  hatte,  seine  Person  erwähnt; 
um  wieviel  mehr  Grund  musste  aber  Aristophanes  bei 
seinem  ersten  Auftreten  Jiaben  ,  ganz  unbekannt  zu  blei- 
ben !  IJei  den  ^^ögeln  und  Fröschen  blieb  desshalb  seine 
Autorschaft  gewiss  nicht  unbekannt  und  Philonides  über- 
nahm nur  die  ^Verantwortlichkeit  dafür,  wie  etwa  heut- 
zutage der  Geraut  eines  französischen  Journals  für  die 
wahren  Verfasser  der  in  seinem  .Journale  enthaltenen 
Aufsätze  verantwortlich  ist.  So  gibt  denn  auch  Herr 
Professor  Hermann  selbst  zu,  dass  Aristophanes  sich  za 
den  Acharncrn  bekannt  haben  möge,  als  diesen  der  erste 
Siegespreis  zuerkannt  war,  ja,  er  findet  die  in  <lcn  Rit- 
tern (V.  512  f.)  angedeutete  ^'erwunderung  des  Volks, 
dass  er  nicht  eher  selbst  seine  Stücke  aufgeführt  liabe, 
mit  Recht  erst  dann  recht  erklärlich  ,  wenn  man  an- 
nimmt, Aristophanes  habe  sich  vor  Aufführung  der  Ritter 
zu  seinen  früheren  Stücken  bekannt,  welche  Stelle  Hr. 
Professor  Hcrn\anii  sehr  genügenil  erklärt.  Ferner  wird 
auf  den  Einwurf,  dass  Aristophanes  den  Kallistratos  un- 
möglich den  Angriffen  des  Kleon  habe  preisgeben  kön- 
nen und  dieser  sie  auch  schwerlich  auf  sich  genommen 
haben  würde,  ganz  richtig  erwiedert,  dass  man  sich  den 
Kallistratos  nicht  als  einen  Lohndiencr  des  Aristophanes, 
sondern  als  einen  Mann  von  eigenem,  selbstständigem 
Werthe  und  mit  Aristophanes  durch  gleiche  politische 
Gesinnung  verbunden  denken  müsse,  der  es  desshalb 
nicht  gescheut  habe,  die  Gefahren  eines  Stückes  zu 
übernehmen,  dessen  Siegespreis  ihm  im  günstigen  Falle 
ja  auch  zufiel.  Wenn  endlich  die  Gegner  des  Kalli- 
stratos besonders  darauf  ein  Gewicht  legen,  dass  die  Er- 
wähnung eines  Resifzcs  in  Aigina  (  Acharner  V.  653) 
auf  die  Persou  lies  Aristophanes  hinweise ,  so  finden 
sich  wenigstens  ebenso  gute  Zeugnisse,  die  jenen  Besitz 
dem  Kallistratos,  als  die  ihn  dem  Aristophanes  zu- 
sprechen. 

(Fortsetiung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellon, 

liresh;ii,  5.  Januar.  Ks  lieissl,  Professor  liilirhlsei  nnter 
vorlhciMiaftcn  Bedliigiingcn  n.ich  Bonn,  an  die  Sic  llo  des  vcr- 
sloibcncn  Nake,  benilen.  fici  seiner  verUallnissmassig  ungiin- 
sligeii  Slrlliiug  ist  zu  befcircblen ,  d.iss  er  dem  Rufe  folgen  wird. 
Sein  .M)gans  würde  die  Bernriing  eines  tiicbtigen  Pliilologen 
an  die  vor  Hitscid  von  Passow  bcl^leidcte  Stelle  dringend  nothis; 
nincbcn. 

K.irlsriihe,  '^1.  Jan.  Seine  königliche  Hoheit  der  Gi'oss- 
lierzog  haben  dem  hiesigen  Ljccuin  einen  neuen  Beweis  aller- 
hiiclistcr  Iluld  angcdeibcn  lassen,  indem  llöclistJiesclben  dem 
daran  augcstelllcn  Ralh  König  die  grössere  goldene  Civilverdiensl- 
medaillc  zu  verleiben  und  diese  Iiublvollc  Auszeichnung  mit 
einem  buchst  schmeichelhaften  Handichrciben  zu  begleiten  ge- 
ruhten. 

Greifs wald.  Der  bisherige  Privat -Docent,  Licentiat  der 
Theoloi,'ic  f'riedrich  Hasse  dahier,  ist  zum  ausserordent- 
lichen Professor  in  der  Ihcolögischen  Facultät  der  hiesigen  Uni- 
versit.it  ernannt  worden. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthumswissen  Schaft. 


Freitag  j  22.  Februar 


1839. 


Nr.  2: 


Caroli  Friderici  Hermanni ,  professoris  Marburgensis 
profymnasmalum  ad  Aristophanis  £(j[aites  schedias- 
niata  tria. 

(Foriietzuni^.) 

Das  ResuKaf  Ton  Hrn.  Professor  Hermann'«  Unter- 
sachung^  ist  also:  in  den  Rittern  nnd  auch  sonst  hat  Ari- 
stophanes  mehrfach  darauf  hingedeutet,  dass  er  mit  die- 
sem Stücke  zuerst  unter  seinem  Namen  aufgetreten  »ei; 
die  Babylonier  und  Acharner  sind  oft'enbar  unter  gleichem 
Namen  aufgeführt;  nirgends  findet  sich  ein  entscheiden- 
der Grund,  dass  diess  des  Aristopbanes  Name  gewesen 
sein  müsse,  sondern  jede  Angabe  passt  gleich  gut  auf 
den  Kallistratos  ;  die  ganze  Sachlage  und  die  bedeutend- 
sten Zeugnisse  sprechen  dafür ,  dass  beide  Stücke  unter 
des  Kallistratos  Namen  gegangen  sind ,  wenn  auch  Ari- 
stophanes  ans  seiner  Verborgenheit  hervortrat,  als  die 
Acharner  gesiegt  hatten;  Kleon  konnte  also  auch  nach 
Aufführung  der  Babylonier  nur  den  Kallistratos  vor  Ge- 
richt fordern  und  somit  war  Aristopbanes  nicht  durch 
eine  ihn  persönlich  trelfende  Anfeindung  zu  den  neuen 
und  stärkeren ,  in  den  Rittern  enthaltenen  Angriffen  ver- 
anlasst. 

Auch  mit  diesem  Resultate  ist  Ref.  schon  längst  voll- 
kommen einverstanden ;  ob  aber  Aristopbanes  bei  seinen 
ersten  Stücken  ein  so  strenges  Incognito  behauptet  habe, 
dass  iu  dem  neuigkeitssüchtigen  und  schwatzhaften  Athen 
der  wahre  A'^crfasser  so  bedeutender  Stücke  gar  nicht 
bekannt  geworden  sei,  das  möchten  wir  doch  fast  be- 
zweifeln; doch  dem  sei,  wie  ihm  wolle,  dass  die  Baby- 
lonier und  Acharnei  beide  öffentlich  uuter  des  Kallistra- 
tos Namen  gingen,  und  dass  dieser  es  war,  der  von  der 
ßoiik}]  fast  verurtheilt  worden  wäre,  weil  er  in  Gegen- 
wart der  Fremden  die  Stadt  verspottet  habe ,  scheint  aus- 
ser Zweifel.  Ob,  wenn  des  Aristopbanes  Name  schon 
vor  Aufführung  der  Acharner  unter  der  Hand  bekannt 
XU  werden  anfing,  Kleon  nicht  schon  damals  auch  gegen 
ihn  intriguirt  und  ihn  vom  Fortschreiten  auf  der  einge- 
schlagenen Bahn  zurückzuschrecken  versucht  hat ,  das 
kann  höchstens  ein  Gegenstand  unserer  Vermuthungen 
«ein  und  hat  mit  seinen  poetischen  Leistungen  Nichts  zu 
(chaffen ;  z.  B.  die  yoa(fij  t£via<i ,  von  der  der  Scholiast 
zu  den  Acliarnern  (V.  378)  einigermasscn  unklar  spricht, 
kann  gegen  den  Kallistratos  nicht  gerichtet  gewesen  sein; 
denn  diesen  belangte  Kleon  öiL  ttviov  TtuoövTUJV  Ti;v 
TTuktv  y.ay.tui  tXstf  ;  wenn  aber  Kleon  irgendwie  Kunde 


von  dem  wahren  Verfasser  der  Babylonier  erhalten  hatte, 
so  könnte  er  ihn  vielleicht  durch  jene  Anklage  unschäd- 
lich zu  machen  gesucht  haben.  Dass  unter  dem  oxoifx- 
naziov  (Vespen  V.  l'.^89)  dag  Citat  der  bekannten  Ho- 
merischen Verse  zu  verstehen  sei ,  ist  wenigstens  durch- 
au(  unerwiesen;  möglich  auch,  dass  diese  Anklage  es 
war,  die  Kleon  nach  Aufführung  der  Ritter  gegen  den 
wahren  Dichter  erhob  und  von  dem  Scholiasten  nur  mit 
dem  früheren   Process  vermengt   worden   ist. 

Wir  müssen  aber  noch  zusehen ,  wie  Hr.  Professor 
Fritzsche  seine  Ansicht,  dass  Aristophanes  die  Acharner, 
also  auch  die  Babylonier  unter  seinem  Namen  aufgeführt 
habe,  vertheidigt:  er  findet  das  durch  die  Didascalie  be- 
stätigt, doch  heisstesda:  sötöa/dij  dia  Kakki  o  T  Q  d- 
Tov;  in  dorn  folgenden  xai  TTpiijTog  ijv  kann  Ref.  mit 
Hrn.  Professor  Hermann  höchstens  finden,  dass  Aristo- 
phanes nach  zuerkanntem  Siegespreise  hervortrat.  Wenn 
Hr.  Professor  Fritzsche  ferner  in  den  Worten:  ov  {KXeujvo) 
y.uTaTSfiüj  yw  loioiv  linxtvoiv  nox  t';  v.aTzv^axa. 
(Acharner  V.  301)  eine  vorläufige  Ankündigung  der  Rit- 
ter findet,  so  ist  uns  das  noch  zweifelhaft;  Aristophanes 
kann  damit  auch  den  schon  in  den  Acharnern  (V.  6  f.) 
erwähnten  Streit  der  Ritter  mit  Kleon  gemeint  haben 
und  die  Ritter  zu  weiteren  Angriffen  haben  ermnthigen 
nnd  ihnen  seinen  Beistand  im  Allgemeinen  haben  ver- 
sprechen wollen;  denn  dass  der  Dichter  den  Plan  zu  den 
Rittern,  die  sich  so  vielfach  auf  die  allernächste  Ver- 
gangenheit beziehen ,  schon  ein  Jahr  vor  ihrer  Auffüh- 
rung entworfen  gehabt  habe,  ist  kaum  glaublich.  Wenn 
Hr.  Professor  Fritzsche  ferner  darauf  einen  Werth  legt, 
dass  die  Scholiasten  die  Stellen  der  Acharner,  wo  von 
dem  Processe  die  Rede  ist,  aof  die  Person  des  Dichters 
beziehen,  so  bleibt  das  auch  ganz  richtig,  wenn  Kalli- 
stratos officiell  als  Dichter  galt.  Wenn  Hr.  Professor 
Fritzsche  meint,  ein  solches  Frenndschaftsstück ,  dass 
Kallistratos  die  Anklage  des  Kleon  auf  seine  Schultern 
genommen  haben  solle,  liesso  sich  nicht  denken,  so  ist 
das  wenigstens  kein  philologischer  Beweis,  und  wir  haben 
schon  oben  gesagt,  dass  er,  mit  Aristophanes  durch  glei- 
che politische  Gesinnung  verbunden,  auch  wohl  für  die 
Sache  seiner  Partei  stehen  konnte^  auch  von  Acharner 
^  •  628  f-  haben  wir  schon  oben  gesprochen  und  begrei- 
fen nur  nicht,  woher  Hr.  Professor  Fritzsche  so  bestimmt 
weiss,  dass  Kallistratos  keine  andere  Aufführung  vorder 
der  Aristophanischen  Stücke  geleitet  habe  and  ein  blosser, 
unbedeutender    Schanspicler    gewesen     sei.       Ueberhaopt 


179 


ISO 


erlaubt  sich  Hr.  Professor  rrKzschc  cinijc  liedculeiule 
CirkelscLli'issc,  venu  or  z.  B.  sagt  (S.  ;il3)  :  „Iiic  quo- 
<j»c  (Acliariicr  V.  (iö'j)  iiiiice  loqiii  dcljct  Arislopliaucs, 
«jucm  crudclitcr  Cleo  iusocfatiis  erat",  und  doili  sull  diess 
erst  daraus  erwiesen  werden,  dass  nicht  Kallistratos,  son- 
dern Aristophanes  die  Acliarner  aufgeführt  Labe;  fast 
Alles,  was  Hr.  Professor  Fritzsche  für  Aristophanes  au- 
fiihrt,  kann  mutato  nomine  ebenso  gut  für  den  Kallistra- 
tos  spreclien,  so  z.  B.  das  Milllcüriirhe  »riverfcn  und 
Anerkennen  der  Zeugnisse  über  den  Besitz  auf  Aigina, 
wo  Ilr.  Professor  Fritzsclic  den  Scholiasteu  als  „certissi« 
mnm  auctorem"  anführt,  während  er  an  einer  andern 
Stelle  Toii  ihm  sagt:  „Aloxandriui  conieclura  est  opinan- 
tis  aut  sununum  argumentantis ,  non  rebus  nixa  professio 
Jiistorici  ueijno  plus  habet  lidei ,  quam  prima  quacquc 
coniectura  nostris  capta  temporibus."  lief.  Hciiigslens 
w  üsste  nicht,  dass  der  Srlioliast  der  Acharner  so  viel 
glaubwürdiger,  als  der  der  Vespea  sei.  Die  alten  Er- 
klärer haben,  wie  ihr  mehrfacher  AViderspruch  zeigt, 
von  diesen  Sachen  selbst  wenig  gcwusst,  wir  dürfen  also 
aurh  die  Entscheidung  nicht  von  ihnen,  sondern  nur, 
und  das  ist  besonders  das  l'erdicnst  des  Ilru.  Professor 
Hermann,  von  einer  verständigen  Auslegung  des  Dichters 
selbst  erwarten. 

Endlich  bemüht  sich  noch  Hr.  Professor  Pritzsche 
«lie  Stellen  wegzaschaffeu ,  die  dafür  sprechen,  dass  die 
Ritter  das  erste  von  Aristophanes  unter  seinem  Manien 
aufgefülirte  Stück  sind.  Ritter  V.  512  versichert  der- 
selbe schon  in  seiner  Abhandlung  über  die  Daitalcnser 
ganz  richtig  dahin  erklärt  zu  haben,  dass  die  AVorte 
xa^'  iuviov  bedeuteten,  Aristophanes  sei  hier  znni  er- 
stenmal selbst  als  Protagonist  aufgetreten,  und  denselben 
»Sinn  findet  er  darin,  dass  .\ristonymos  und  Ameipsias  den 
Dichter  darüber  verspotteten,  dass  er  für  Andere  arbeite, 
(.Aristoph.  Vita.  p.  XV III,  LSDindf.).  Was  Letzteres  be- 
trifit ,  so  heisst  „Andere  für  sich  spielen  lassen"  dock 
wahrhaftig  nicht  „für  Andere  arbeiten-,  und  was  Erstcres, 
so  musste  Hr.  Professor  Frifrsciie  seine  Auslegung,  welche 
«lie  natürlichste  nicht  ist,  genügend  belegen,  wenn  man 
ihr  beitreten  soll.  Die  Stelle  in  den  Vespeu  (V.  1020  IT.) 
bezieht  Hr.  Professor  Fritzsche  auf  die  Babvlonier,  denn 
da  habe  Aristophanes  den  Kleon  zuerst  augegriilen.  Das 
ist  ja  aber  eben,  was  bewiesen  werden  soll,  dass  er 
selbst  und  nicht  Kallistralos  dort  als  Angreifer  aufge- 
treten sei !  Besonderes  Gewicht  legt  Hr.  Professor  Fritz- 
sche anf  die  Worte: 

ToiovTou  (dvjv  Ttpag  ov  (fi-aiv  öslaa;  /.ara- 
Scooodo/.ljoai  (Vespen  V.  1036).  AVir  glauben  aber 
oben  gezeigt  xn  haben,  dass  gerade  nach  Aufführung  der 
Ritter  das  (jerücht  entstehen  konnte,  Aristophanes  habe 
sich  dem  Kleon  zu  nähern  gesucht,  welchem  fjcrüchte 
er  nun  hier  widerspricht ;  wie  aber  Hr.  Professor  Fritz- 
sche übersetzen  kann:  „negat  poeta  se  dona  f/ei/isse",  be- 
greift Ref.  nicht,  da  öuiooöoy.Eiv,  sowie  y.azaöü)(juöo- 
AHiv  bei  Aristophanes  stets  heisst  „Geschenke  atinelimen-'^ 
Die  ganze  Schilderung  des  Kleon  aber,  besonders  die 
Worte:  (fj)vijv  ö'  ti/iv  yaoäöoaq  ükt^oov  riToy.i/ag 
weisen  recht  deutlich  auf  die  Ritter,  in  denen  er  uns 
gerade  so  vorgeführt  ist.  Fast  wörtlich  stimmen  mit  die- 
ser Stelle  übercin  im  Frieden  die  Verse  762  fl->  die  Hr. 


Professor  Fritzsche  als  ganz  entscheidend  für  seine  fllei- 
iiung  in  Anspruch  nimmt ;  die  wörtliche  Uebercinstim- 
mung  lässt  auf  gleiche  Beziehung  schliessen,  und  wenn 
Hr.  Professor  Fritzsche  anführt,  nicht  in  den  Rittern, 
sondern  in  den  Babyloniern  habe  Aristophanes  für  die 
Insulaner  gestritten,  so  erscheinen  die  Inseln  iu  der 
Stelle  im  Frieden  doch  nur  nebenbei;  wir  rcrweisen 
ihretwegen  aber  auch  auf:  Ritter  V.  170  If. ,  834,  839, 
vielleicht  ist  auch  V.  9ö()  auf  die  Erpressungen,  die 
Kleon  gegen  dieselben  verübt  hatte,  zu  beziehen,  l'espen 
V.  lUlS  bezieht  Hr.  Professor  Fritzsche  bloss  auf  den 
Philonides ,  den  wichtigen  Plural  erlooioi.  Tlonjrat^ 
ignorirend.  Auch  das  Scholion  zu  Vespen  V.  lÜlti  und 
der  Biograph  ( p.  XVIII,  lg  Dindf.  ),  versichert  Herr 
Professor  Fritzsche,  sprächen  ganz  für  ihn,  wenn  man 
Bci<ies  nur  recht  erkläre,  diese  Erklärung  selbst  aber  zu 
geben,  hat  er  nicht  für  gut  befunden.  Auch  iu  den 
Wolkeu  ( y.  530  f. )  finden  wir ,  wie  schon  oben  be- 
merkt, nicht  notluveudig,  dass  nur  von  einem  Stücke  die 
Rede  ist,  und  ebenso  wenig  mit  Recht  führt  Hr.  Professor 
Fritzsche  die  W  orte  aus  den  Excerpten  TtEoi  y.ajU(»diaQ 
(p.  XIII,  9  II-  Dindf.)  für  sich  an,  welche  Worte  über- 
diess  wenig  Glauben  verdienen,  da  sie  gleich  mit  dem 
Irrthum  beginnen,  Aristophanes  habe,  sein  erstes  Stück 
(die  Daitalenser)  durch  Kallistratos  (statt  durch  Philoni- 
«Ics)  aulführen  lassen. 

Wir  haben  in  dieser  Anzeige  der  ersten  Abhandlung 
des  Herrn  Professor  Hermann  einen  unverhältnissmflssig 
grossen  Raum  gewidmet,  theils  weil  hier  die  Meinungs- 
verschiedenheiten eine  besondere  Berücksichtigung  er- 
heischten, theils  weil  die  Gediegenheit  derselben  der  vor- 
nehmen Oberflächlichkeit  seines  Gegners  gegenüber  um 
so  erfreulicher  und  deutlicher  hervortritt.  AVir  beschrän- 
ken uns  bei  den  beiden  andern  Abhandlungen  vornehm- 
lich auf  eine   gedrängte   Angabe  ihres  Inhalts. 

In  der  zweiten  Abhandlung  de  cquitibus  Aiticis  be- 
spricht der  Hr.  Verf.  die  bisher  in  der  That  auffallend 
wenig  beachtete  Stellung  des  Ritferstandes  in  Athen,  um 
dadurch  das  rechte  A'erständniss  für  die  Ritter  des  Ari- 
stophanes zu  gewinnen;  er  verfolgt  seinen  Zweck  in  ge- 
wohnter klarer  und  einfacher  Darsfellungsweise  auf  ganz 
historischem  AV'egc;  nachdem  er  die  AVerfhlosigkeit  der 
betreilcnden  Abhandlung  von  Larchcr  berührt  hat,  zeigt 
er,  dass  der  Ursprung  der  Ritter  in  die  vor -solonische 
Zeit  zu  setzen  ist,  und  die  solonischen  Ritter,  wie  de- 
ren ganze  A''erfassung,  nur  eine  zeitgemässe  Reform  des 
Althergebrachten  waren.  Sehr  scharfsinnig,  wenu  auch 
noch  nicht  vollkommen  gesichert,  ist  die  A''ermiithung, 
dass  die  7ievTuy.oaiOfUdlLtvoi  des  Solon  aus  den  reich- 
sten und  bedeutendsten  Bürgern  aller  Stände  gebildet 
seien,  dass  die  Silreg  den  früheren  8l^i(lovoyOiq,  die 
^Cuyirai  den  ysuifWQOis  des  Theseus  entsprachen,  dass 
also  die  ilCTteii  die  Stellung  eingenommen  hätten,  welche 
früher  die  ci''7iaT()ld(U  iune  hatten,  dass  also  hier  der 
Xamc  der  Ritter  einen  bürgerlichen  Stand  ,  nicht  bloss 
einen  Theil  der  Truppen  bezeichne,  und  dass  diese  Bc- 
dentnng  des  AVortes  /.TTTC/i  ihren  Ursprung  vielleicht 
schon  vor  Solou  habe.  Ferner  weist  der  Hr.  A''crf.  nach, 
wie  seit  Solou  streng  unterschieden  w«rden  niuss  zwi- 
schen dcu  Bürgern,  welche  dcui  Ritterstaudo  angehörten, 


181 


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niiil  denen,  welche  Reiterdicusfe  tliaten,  denn  diess  iha- 
feu  weder  alle  Mitglieder  des  Rittorsfaiides,  noch  diese 
anssrhiiesslich.  Vielmehr  wurde  die  Rciferci  nach  den 
Phvleu  jahrlich  neu  gewählt,  und  zwar  nicht  ohne,  aber 
auch  nicht  mit  alleiniger  Rücksicht  auf  den  Census;  so 
entstand  ganz  natürlich  auch  der  sprachliche  Unterschied, 
nach  welchem  iKTt£vetv  oder  iTTTiea  dvai  „Reiterdienste 
ihuu",  zi]v  irtnaöa  reXciv  ,, durch  den  Census  zum  Rit- 
terstandc  geliüren"  bedeutete,  und  das  AVort  ilCTtai;  über- 
haupt vom  Ritterstando    ausschliesslich    gebraucht  wurde. 

Im  vierten  Abschnitte  kommt  der  Hr.  Verf.  auf  die 
Aushebung  zum  Reiterdienste ,  welche  ausschliesslich 
von  den  Hipparchen  jedes  Jahr  von  A'eucm  aus  allen 
Bürgern  aller  Stände,  die  körperlich  tüchtig  waren  und 
Vermögen  genug  besasscn,  um  ein  Pferd  zu  halten,  be- 
wirkt wurde,  jedoch  der  Bestätigung  des  »Senats  unter- 
lag. Die  Geliülfen  der  Hipparrlieu  waren  die  Phylar- 
chen.  Hieraus  folgt,  dass  die  llipparchie  kein  militäri- 
scher Posten  ,  sondern  ein  bürgerliches  Amt  war  und 
mit  der  Strategie  durchaus  nicht  in  Verbindung  stand; 
es  war  diess  um  so  nothwendiger,  da  die  Hopliten  nur 
auf  den  Kriegsfall  zusammenberufen  wurden,  die  Reiterei 
aber  zur  Verherrlichung  feierlicher  Aufzüge  stets  bei 
der  Hand  sein  musste  ;  die  Macht,  welche  die  Hipparchen 
hierbei  über  die  Reiterei  ausübten ,  vergleicht  der  Herr 
Verf.  mit  der  Macht  der  Choragen  über  die  Choreuten  ; 
beider  Beamten  waren  stets  zwei ,  wahrscheinlich  um  so 
einen  AVetteifer  zu  höchster  VerroUkommnung  unter  ihnen 
stets  rege   zu   erhalten. 

Von  der  Art  der  Aushebung  selbst  nun  sagt  Xeno- 
phon  (Hipparch.  I,  9  f.):  lovg  ^uv  iTiTriag  drjXov  ort 
yM.9eaiuvaL  öel  xara  toi/  vof.iov,  zovq  dvvanoTd- 
Tovg  y.al  %Qi'jLiaoL  xai  Gujjxaoiv  ?}  si^äyovra  ei<; 
Siy.aari]oiov  ij  TCEÜ^ovra'  iyoj  ös  ol/Liai  eig  /.ihv  t6 
Sr/.aaTi'jQiov  rovrovg  slgay.viov  dum,  ovi  fti]  f/^- 
äyiav  dv  rig  8iu  y.eQÖoq  doy.oii]  tovto  TCoieiV  y.al 
yoLQ  Toig  ijTTOv  övpaj.uTotg  ei>9vg  dv  shj  d7roaTpo(f)i}, 
ei  jji)  TOL'S  SvvaxMTÜzovq  u'qcutovi;  dvayydi^oig, 
entweder  durch  richterlichen  Ausspruch  oder  durch  Ueber- 
redung  seien  die  Reiter  nach  dem  Gesetz  zu  gewinnen. 
Es  fragt  sich  nun,  von  welcher  Art  hier  das  gerichtliche 
Einschreiten  war.  Es  konnte  sich  etwa  ein  Bürger  wei- 
gern bei  der  Reiterei  einzutreten  und  desshalb  des  Un- 
gehorsams beschuldigt  werden ;  dagegen  führt  der  Herr 
Verf.  aber  an  ,  dass  die  Hipparchen  wahrscheinlich  auch 
die  Jurisdiction  über  die  Pvitter  gehabt  hatten  ,  hier  also 
Anklager  und  Richter  in  einer  Person  gewesen  wären  ; 
doch  ist  diese  Jurisdiction  der  Hipparchen  nur  A^ermu- 
thung:  wichtiger  ist  daher  der  Einwurf,  den  der  Hr. 
A'erf.  aus  der  AA'ortstellung  bei  Xenophon  entnimmt,  nach 
welcher  das  £tg  diy.aaTijocov  si^dysiv  als  das  Gewöhn- 
liche, das  Tteldetv  als  Ausnahme  erscheint.  Sehr  viel 
AA'ahrscbeinliches  hat  daher  die  A^ermuthung,  dass  auch 
hier  eine  8la.8iy.aaia  stattgefunden  l*abe  ,  dass  die  Hip- 
parchen eine  Anzahl  Bürger  zur  Reiterei  bezeichneten, 
und  dass  es  diesen  dann  freistand,  an  ihrer  Stelle  andere 
als  durch  Vermögen  und  Körperschaft  passende  vorzu- 
schlagen, worüber  dann  wahrscheinlich  dieselben  Richter 
zu  entscheiden  hatten,  denen  diess  bei  den  durch  die 
Strategen  verthcilteu  Xrierarchiecn  und  andern  Liturgieen 


oblag.  Diese  Meinung  unterstützen  auch  die  letzten  von 
Xciiophon's  oben  angeführten  Worten,  wo  jedoch  die 
Conjectur  des  Hrn.  A'crfs.,  OL'8a/u(jji;  für  iüÖi'g,  unniithig 
scheint,  da,  wenn  man  mit  Camerarius  nit  im  A^ordcr- 
satze  einschiebt,  der  nothwendige  Sinn  ganz  vollkommen 
gut  entsteht.  AV^as  der  Hr.  A'erf,  noch  zur  weiteren  Be- 
weisführung, dass  der  Reiterdienst  wirklich  als  eine  Art 
Liturgie  betrachtet  sei,  anführt,  künnen  wir  hier  im 
Einzelnen  übergehen ,  doch  wird  es  wohl  für  einen  Je- 
den,  der  es  nacJilicst,  ganz  überzeugend  sein.  Diejeni- 
gen aber,  die  durch  Ucberredung  gewonnen  wurden, 
scheinen ,  w  ie  der  Hr.  Verf.  weiter  unten  f  S.  39)  aus- 
führt, solche  gewesen  zu  sein,  die  gesetzlich  nicht  dazu 
gezwungen  werden  konnten ,  z.  B.  solche  Söhne  aus  li- 
turgischen Familien,  die  noch  unter  der  Gewalt  ihrer 
A'ater  standen,  also  ohne  deren  Einwilligung  die  Kosten 
des  Reiterdienstes  nicht  bestreiten  kounfeii ,  oder  durch 
ihr  Alter  noch  von  allen  Liturgieen  frei  waren. 

Nachdem  so  der  Hr.  A^erf,  die  Functionen  der  Hipp- 
archeu  und  nanientlicli  auch  hier  den  Ritterstand  und 
die  Reiterei  als  etwas  durchaus  nicht  Znsammenhäu- 
gcndes  nachgewiesen  hat,  wendet  er  sich  im  sechsten 
Abschnitte  zu  dem ,  was  der  Senat  in  Betrefi"  der  Reiterei 
zu  thun  hatte.  Es  hatte  dieser  durchaus  Nichts  mit  der 
Aushebung  zu  schaffen,  sondern  erst  die  vollständig  ge- 
ordnete und  einexercirte  Reiterei  war  seiner  Prüfung, 
duy.ifiaoia,  unterworfen;  wer  hier  nicht  bestand,  wurde 
alsbald  ausgestossen ,  oder  es  w  urde  wenigstens  sein  Pferd 
verworfen,  oder  endlich  er  wurde  zu  verdoppeltem  Exer- 
ciren  angehalten;  es  geschah  diess  durch  eine  Art  Revno 
oder  Manoeuvre,  bezog  sich  also  nur  auf  das  Milifär- 
wesen,  keineswegs  wie  der  Römische  Census  auf  den 
bürgerlichen  Zustand  der  einzelnen  Reiter ,  über  welchen 
letzteren  nur  das  gewöhnliche,  aus  dem  A'olke  gewählte 
Gericht  entscheiden  konnte.  Es  zeigen  diess  besonders 
die  beiden  Reden  des  Lysias  gegen  Alkibiades,  wo  es 
unter  Andern!  (I,  S)  ausdrücklich  heisst:  zov  vunov  y,E- 
kEvovros,  edv  tiq  a8oy.iixa.0T0Q,  iirTtEvrj,  dTifzov 
Civai;  hierdurch  unterscheidet  sich  diese  8oy.l/.MOia, 
die  von  dem  Senat  vorgenommen  wurde,  von  jener  der 
öfl'entlichen  Beamten ,  die  auf  den  bürgerlichen  Zustand 
derer,  die  geprüft  wurden,  sich  bezog.  Es  hatte  der 
Senat  aber  die  8oy.liia.Oia,  der  Reiterei  als  A'erivalter 
des  Staatsschatzes,  da  nach  Xenophon  (Hipparch.  I,  19} 
jährlich  etwa  vierzig  Talente  zur  Ausrüstung  <ler  Reiterei 
zugeschossen  wurden,  wodurch  indessen  derselben  höch- 
stens das  Futtergeld  geliefert  werden  mochte,  und  immer 
noch  viele  bedeutende  Ausgaben  blieben;  auch  ein  Han;!- 
gcld,  y.aTa.OraOtq,  erhielten  die  ncuausgehobcnen  Rei- 
ter zu  ihrer  Equipirung,  doch  waren  sie  verpHichtet,  diess 
wiederzuerstatten,  wenn  sie  den  Dienst  vor  der  Zeit  ver- 
liessen  ;  wenigstens  scheint  uns  diess  vom  Hrn.  A'erfasser 
gegen  Böckh  (Staatshaush.  II,  206.  Corp.  Inscr.  I,  p.  119) 
ganz  glaubhaft  durchgeführt.  Die  Dauer  der  Dienstzeit 
scheint  für  die  Reiterei  keine  andere  gewesen  zu  «ein, 
als  für  das  Fussvolk ,  nur  mit  dem  Unterschiede ,  dass 
sie  vielleicht  ein  Jahr  um's  andere  vom  activen  Dienst 
frei  waren ,  und  dass  AA'ahl  uiid  8oy.liiaaia  jedes  Jahr 
von  Neuem  eintrat,  wahrscheinlich  im  Anfange  des  Früh- 
jahrs,   wo    (nach    Scidlcr    de   tempore    ipo    primum   acta 


^183 


184 


est  Antigona  p.  LXXVl  ed.  Herrn.)  die  mil!<nri«chen 
Beamten  ihr  Amt  antrafen,  oder  aber  mitten  im  Sommer 
mit  Beginn  des  Attisrhen  Jahres.  Zu  den  Dienstpflich- 
ten der  Reiterei  gehörten  niirh  die  Festzüge  am  Zeus- 
(est,  welches  auf  den  eilftea  Tag  des  IMunycliion  fiel,  an 
den  Panathenaien  und  wahrscheinlich  auch  au  andern  Festen. 

Die  Zahl  der  Ritter  belief  sich  in  den  ältesten  Zei- 
ten ,  wo  sie  mit  den  iSaukrariern  zusammenhing,  auf  96« 
nach  der  Bestimmung  des  Kleisthenes  auf  IdO,  aber 
etwa  ieif  Anfang  des  pelopnnnesischen  Krieges  auf  1000, 
oder  mit  Einschluss  der  berittenen  Bogenschützen  auf 
1200;  denn  wenn  einige  Grammatiker  (z.  B.  Schol.  Ari- 
stoph.  "Equ.  V.  6'i4)  geradezu  von  1200  Rittern  sprechen, 
so  erklärt  diess  der  Ilr.  Verf.  für  eine  V^erwechselung 
mit  den  vom  Archon  Nausinikos  Ol.  C ,  3  zu  Feststel- 
lung der  Vermögenssteuer  und  der  Liturgiecn  eingesetz- 
ten Svmmorieen,  die  in  der  That  1200  Bürger,  und 
unter  ihnen  wohl  die  meisten,  wo  nicht  alle  Ritter  he- 
fassfen.  Hier  zeigt  sich  nun,  besonders  aus  dem  Falle 
des  Prnnapos  bei  Isaios  (de  Apollod.  heredit.),  dass  durch 
die  neue  Steuergesetzgebung  des  Nausinikos  in  den  Ver- 
hältnissen der  Reiterei  Nichts  geändert  wurde,  und  mit 
Recht  betrachtet  diess  der  Hr.  Verf.  als  einen  besonders 
schlagenden  Ben  eis  ,  dass  die  Reiterei  mit  dem  von  So- 
Ion  eingesetzten  Rifterstande  Nichts  als  den  Namen  ge- 
mein hatte;  eher  konnten  seit  Nausinikos  die  Begriffe 
Rifferstand  und  Reiterei  in  einander  übergehen ,  da  die 
rerschiedenen  Bürgerklassen  durch  den  Census  nicht  mehr 
streng  auseinander   gelialten   wurden. 

Nachdem  so  der  Hr.  \er(.  eine  klare  und  gesicherte 
Darstellung  von  der  Attischen  Reiterei  gegeben  und  ge- 
zeigt hat,  dass  sie  mit  der  Solonischen  Ritferklaiso  durch- 
aus nicht  gleichzuslelleu  ist,  wendet  er  sich  zu  dem 
Aristophanischen  Ritterchore.  Dass  wir  uns  unter  diesem 
Chore  nicht  die  Solouischen  ,  sondern,  wenn  dieser  Aus- 
druck erlaubt  ist,  die  factischen  Ritter  zu  denken  haben, 
und  dass  sie  ebenso  schon  von  den  Scholiasten  angesehen 
worden  sind,  begründet  der  Hr.  Verf.  durch  die  Erwäh- 
nung der  Tausendzahl  (Ritter  V.  22.5),  der  awei  Hipp- 
archen (V.  242,  vergl.  d.  Schol. ,  dass  übrigens  die  bei- 
den hier  genannten  Männer  wirklich  Hipparchen  waren, 
dürfte  nach  Wolken  V.  351  und  Vögel  V.  44  ff.,  vergl. 
den  Schol.,  sehr  zweifelhaft  sein),  ilirer  äusseren  Zier- 
lichkeit, wie  sie  sich  von  Jünglingen  aus  den  reichsten 
Hausern  wohl  crwarteu  lässt  (V.  5S0,  vergl.  Wolken 
\  .  14  f.,  Lvsisfrata  V.  5til),  ihrer  Hcldenthaten  (V.  5<)()  f.). 
Nun  fragt  es  sich,  wie  diese  nicht  bürgerliche,  sondern 
rein  militärische  Macht  irgend  von  Einfln.ss  im  Staate 
sein,  wie  sie  habe  anklagen  oder  verdammen  können, 
welche  Rolle  sie  überhaupt  bei  Verfolgung  des  kleon 
gespielt  habe?  Dass  die  Ritter  (nach  Suidas  p.  1805)  da» 
Recht  Strafen  zuzuerkennen  gehabt  hätten,  ist  offenbar 
erst  aus  der  Aristophanischen  Stelle  (.4chariier  V.  ft  ff,) 
unil  aus  der  Analogie  der  Römischen  Ritter  gemacht. 
Die  gewöhnliche  Ansicht  von  der  Stelle  i.st,  dass  die 
Riffer  den  Kleon  der  i)v}tj()bir/.ia  angeklagt  und  zur 
^Viedcrerstattung  gezwungen  hätten  ,  wogegen  freilich 
Hr.  Prof.  Hermann  mit  Grund  erinnert,  <lass  die  Ritter 
als  ein  geschlossenes  Ganzes  son.st  nur  da  erwähnt  wer- 
den,   wo  entweder  von  Festzogen  oder    von  Steuer-    und 


Finanzsachen  die  Rede  ist  (Polyb.  XVI,  25,  5.  Demosth. 
adv.  Timocr.  p.  732,  (>.  Xen.  de  vectig.  VI,  1).  Er  selbst 
stellt  folgende  Erklärung  auf:  „Als  zu  Anfang  des  pelo- 
ponnesischen  Krieges  die  Bewohner  des  flachen  Landes 
in  die  Stadt  flüchteten,  waren  es  die  Ritfer  allein,  welche 
die  Stadt  vor  Angriffen  und  die  Umgegend  vor  Plünderung 
schirmten  (Thucvd.  II,  22.  Xen.  Hipparch.  VII,  4);  da- 
mals nun  konnten  bei  der  grossen  Furcht,  die  alle  Ge- 
müther beherrschte,  die  Ritter  leicht  Alles  erlangen, 
was  sie  einmüthig,  wenn  auch  ohne  gesetzliche  Befugniss, 
verlangten;  ferner  scheinen  sich  unter  den  höhern  Stän- 
den schon  damals  besonders  gegen  die  Sykophaiil.-n  und 
Demagogen  die  Klubbs  gebildet  zu  haben ,  die  später 
den  Umsturz  der  Demokratie  herbeiführten ,  und  dass 
namentlich  die  Ritter  diesen  Verbindungen  nicht  fremd 
blieben,  darauf  deuten  theils  des  Kleon  Beschuldigungen 
bei  Aristophanes  (Ritter  V.  235  f.,  452,  475  fi. )  hin, 
theils  lässt  es  sich  daraus  schliessen,  dass  dieselben  später 
eine  Hauptstütze  für  die  Macht  der  dreissig  Tyrannen 
wurden  ('Xen.  Hellen.  II,  4,  2  und  24).  Demnach  sind 
die  Ritter  in  jeneui  Processe  über  die  fünf  Talente  nicht 
als  die  Ankläger  ties  Kleon  zu  betrachten,  wohl  aber  als 
die,  die  durch  ihr  Ansehen  die  Sache  der  Ankläger  ganz 
besonders  unterstützten  und  zur  Entscheidung  brachten; 
ob  sie  dazu  durch  ihre  antidemagogische  Gesinnung  allein, 
oder  (nach  Schol.  Eq.  V.  225  f.)  dnrch  besondere  von 
Kleon  erfahrene  Beleidigungen  getrieben  wurden,  ist  nicht 
mit  Gewissheit  zu  bestimmen,  wohl  aber,  dass  Aristo- 
phanes seinem  Stücke  ihren  Namen  gab,  um,  wie  er  es 
auch  ausdrücklich  sagt  (V.  510),  seine  Uebereinstimmung 
mit  ihren  politischen  Ansichten  und  die  Hoffnungen,  die 
er  im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Reichen  (V.  223)  a"^ 
sie  setzte,   offen  auszusprechen." 

(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Rintetn.  ClironiL  des  dortigen  Gymnasiums  vom  J.  1838. 
Das  Lclirer-Collegium  des  Gymnasiums  besieht  am  Schlüsse  des 
Jahrs  1838,  ausser  dem  Director,  Consistorialrath,  Prof.  D.Wiss, 
aus  den  ordentlichen  Lehrern  D.  Bodo,  D.  Schick,  D.  Fuldner, 
D.  Schmitz,  D.  Kohlrausch,  D.  Kysell,"  D.  Weismann,  und  den 
ansserordentl. ,  Zeichnenlehrer  Stork  und  Musiklehrer  Volkniar. 
Die  Zahf  der  Scliülec  war  im  Duichschnilte  Hundert,  von  wel- 
chen etwa  die  Hälfte  einheimische,  drei  Achtel  andere  Kurhessen, 
ein  Achtel  Auslander  waren  und  sechs  mit  dem  Zeugnisse  der  Reife 
zur  Universität  entlassen  wurden.  Namens  der  Anstalt  erschienen 
lolsendeüeleKenheits-Schriften  :  l)von  dem  Director  Quacstionum 
Horatianarum  libellus  Vlll.niit  den  Schulnachrichtcn47S.8.  2)  zur 
Feier  des  landesherrl.  Gehurtstaijes ,  bei  welcher  der  Director  eine 
Rede  hielt  super  Hassiae  principibus  de  re  scholastica  bene  meritii, 
vom  D.  Midier,  welcher  nachher  an  das  Gymnasium  zu  Cassel  ver- 
setzt worden,  über  die  franz.  Sprache  als  Thcil  des  Gymnasial  Unter- 
richts, 22  S.  4.  3)Thcses  de  annivcrsario  sacroruni  emendatorum 
elGymnasii  inaugurati,  4  S.S.  4)  Einladung  zurP'eier  des  Jahres- 
wechsels, bei  welcher  Schiller  selbst  ausgearbeitete  Reden  vortru- 
gen de  monumcntis,  in  magnorum  virorum  nicmoriani  hodie  poni 
solitis,  de  magno  victoriae  l.ipsiensis  momenio  post  (juartam  sac- 
Culi  parlcm  rccolendo,  über  die  fdealisirung  der  Vergangenheit,  und 
über  den  Wechsel  der  menschlichen  Schicksale,  ebenso  Gedichte, 
der  Weg  zum  Leben,  Arminii  monumentum,  rcrum  fragilitas  und 
l'elcvation  de  l'amcaDicu,  und  verschiedene  Tonstücke  aufgeführt 
wurden.  Das  Kurfürstenlhum  hat  jetzt  an  seinen  sechs  Landes- 
Gymnasicn ,  ausser  den  sechs  Dircclorcn,  zwei  und  vierzig  ordent- 
liche, vierzehn  ausserordentliche  und  sieben  llülfslebrcr. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  Wissenschaft, 


Sonntag,  24  Februar 


1839. 


Nr.  24. 


Caroli  Friderici  Hermanni ,  professoris  Marburgensis 
progyiiinasinatum  ad  Aristophanis  Ei^uites  scheilias- 
luata  tria. 

(Beschlass. ) 

Üiilaiigbar  isi  diese  Erklärang  durch  inneni  Zusam- 
ineiihang  und  Ucbereiiistimmung  mit  den  Zeitverhältuissen 
in  hohem  Grade  ansprechend,  und  Ref.  trägt  kein  Be- 
denken, dem,  was  der  Hr.  Verf.  über  die  Stimmung  der 
Ritter  gegen  Kleon  im  Allgemeinen  und  über  die  dadurch 
hervorgerufene  Anerkennung  von  Seiten  des  Aristophanes 
sagt,  beizutreten.  Weniger  gewiss  ist  ihm  aber  doch 
das  auf  den  einzelnen  Fall  des  Processcs  Bezügliche;  da 
Hr.  Professor  Hermann  selbst  sagt,  die  Ritler  hätten  da- 
mals ^'^ieles  auch  ohne  gesetzliche  Befugniss  durchsetzen 
können,  so  ist  auch  denkbar,  dass  der  Scholiast  recht 
berichtet  ist,  dass  sie  in  corpore  oder  in  ihrem  Namen 
die  Hipparchen  als  Ankläger  auftraten,  wenn  zumal  das 
Verbrechen  des  Kleon  irgendwie  den  Rittern  zum  Nach- 
theile gereichte,  wenn  z.  B.  Kleon  die  Verminderung 
<ies  Tributs,  die  er  den  Insulanern  versprochen  und  wo- 
für er  jene  fünf  Talente  empfangen  hatte ,  dadurch  hätte 
bewirken  wollen,  dass  die  vierzig  Talente,  welche  die  Ritter 
(s.  oben)  jährlich  aus  der  Staatscasse  bezogen ,  vermin- 
dert oder  gestrichen  würden,  oder  wenn  Kleon  den  Rit- 
tern eine  Zurückgabe  ihres  Handgeldes,  der  xaraör«- 
ö/si  zugemnthet  hätte,  wovon,  wie  Hr.  Professor  Her- 
mann (S.  31  f.)  nachweist,  einige  Fälle  vorkommen. 
Gewiss  sind  diess  nur  Vermuthiingen  ,  und  Ref.  gibt  sie 
nur  als  solche,  erlaubt  sich  aber  auch  die  Meinung  des 
Hrn.  Professor  Hermann  über  diesen  besonilern  Fall  nur 
als  eine  solche  zu  betrachten,  während  er  sich  nochmals 
mit  dem  vollkommen  einverstanden  erklärt,  was  der  Hr. 
Verf.  über  die  Bedeutung  der  iTTTieii  bei  Aristophanes 
und  ihr  Verhältniss  zu  Klean  und  das  des  Aristophanes 
zu  ihnen  sag-t,  den  Hauptwerth  dieser  Abhandlung  aber, 
und  wahrlich  keinen  geringen,  in  der  erschöpfenden  Be- 
handlung findet ,  die  ein  bisher  zu  wenig  beachteter 
Theil  der  Attischen  Alterthümer  in  derselben  erfah- 
ren hat.  — 

Nachdem  der  Hr.  Verf.  in  der  oben  besprochenen 
Abhandlung  gezeigt  hat,  in  welchem  Sinne  Aristophanes 
die  Ritter  als  Chor  eingeführt  hat ,  beabsichtigt  er  in  der 
dritten  Abhandlung  de  persona  Niciae  apud  Aristophanem 
auch  die  andern  Personen  derselben  Komödie  einer  ge- 
naueren Prüfung  zu   unterwerfen.    Hier  ist  nun  zuerst  der 


AVursthändler  nur  ein  verzerrtes  Spiegelbild  dem  Kleon 
gegenübergestellt,  welches  ihn  „noch  n\i  Frechheit  über- 
bietet und  das  wahre  Wesen  derselben  unumwunden  aus- 
spricht" (Rötscher,  Aristophanes  und  sein  Zeitalter, 
S.  176  )j  keineswegs  aber  darf  in  demselben  eine  be- 
stimmte historische  Person  gesucht  werden;  eine  Ansicht, 
die  Ref.  stets  getheilt  hat;  doch  dürfte  man  desswegen 
immer  noch  einzelne  Züge  als  bestimmten  Personen  ent- 
lehnt annehmen,  und  Ranke's  Ansicht  (commcnt.  de  vita 
Ar.  p.  401  ff.)j  dass  durch  den  Namen  Agorakritos 
(V.  12.57)  an  den  gleichnamigen  Schüler  des  Pheidias 
erinnert  werde,  nicht  so  unbedingt  verwerfen,  obgleich 
wir  weit  entfernt  sind,  zu  behaupten,  dass  die  ganze 
Person  des  Wursthändlers  ein  Bild  dieses  Künstlers  sei. 
Demosthenes  ist  durchaus  nur  Nebenperson,  aufgeführt 
wegen  der  Vorfälle  mit  Pjlos,  die  in  dem  ganzen  Stücke 
eine  so  grosse  Rolle  spielen,  und  so  wenig  scharf  cha- 
rakterisirt ,  dass  über  ihn  weiter  nicht  viel  zu  sagen  ist, 
als  dass  er  offenbar  einen  Gegensatz  zu  seinem  Mitsklaven 
machen  soll. 

So  bleibt  nur  Nikias  librig,  das  Haupt  der  Optima- 
len, die,  wie  Aristophanes  (Ritter  V.  223)  klagt,  aus 
Furcht  und  Trägheit  die  gemeinsame  gute  Sache  im  Stiche 
gelassen  hatten,  Nikias,  der  zwar,  wie  ihn  Hr.  Professor 
Hermann  mit  einem  Kunstausdruck  der  Römischen  Ko- 
müilie  bezeichnet,  auch  nur  eine  persona  adventitia  sei, 
d.  h.  nur  in  dem  Anfange  des  Drama  auftritt,  aber  doch, 
theils  wegen  seiner  historischen  Bedeutsamkeit,  theils 
wegen  der  besondern  Sorgfalt,  mit  der  ihn  Aristujjhanes 
sichtlich  geschildert,  eine  ,  ausführlichere  Besprechung 
verdient.  Sehr  richtig  bemerkt  der  Hr.  Verf. ,  dass  es 
zwar  die  Haupiabsicht  des  Dichters  in  den  Rittern  sei, 
den  Kleon  in  seiner  ganzen  Schändlichkeit  darzustellen, 
dass  er  aber  bei  seinem  höheren,  politischen  Standpunkte 
die  Schwäche  und  den  Stumpfsinn  der  Gegner  des  De- 
magogen um  so  weniger  habe  ungerügt  lassen  können, 
da  eben  diese  Fehler  es  dem  Kleon  möglich  gemacht 
hätten,  einer  solchen  Stellung  im  Staate  sich  zu  bemäch- 
tigen; er  vergleicht  damit  die  Wolken,  in  welclien  anch 
die  schlechte  älterliche  Erziehung  gerügt  wird  als  der 
Grund,  auf  den  tue  Irrlehrer  ihr  Werk  haben  errichtea 
können;  die  Rolle,  die  hier  Strepsiades,  dieselbe  spiele 
dort  der  Demos,  beide  seien  der  Besserung  bedürftig, 
aber  anch  fähig,  und  zu  dieser  beizutragen,  nicht  nnr 
auf  die  eigene  Sicherheit  zu-  denken  und  das  üfFentlirho 
Unglück  mit  eitela  Klagen  zu  verfolgen  ,  sei  die  Schuldig- 


187 


188 


keit  jedes  türhiigcu  Biirgors.  In  »licscni  Sinne  also  ninss 
denn  anrh  Kikias  herliallcn,  der  dem  Klcon  sogar  sei- 
neu allbeHflhrteu  niilifilrisclion  Riilim  aus  furclitsamer 
Nachjfiebigkeit  aufgeopfert  liatte  (Tliucjd.  IV,  '2i^)  und 
nberli.uij)«  eine  unzeitige  Abneigung  gegen  den  Krieg 
und  alle  Tlieilnahnie  an  üirentliclieii  Gesrh.'iften  zeigte. 
flr.  Prof.  Hermann  kniipft  hieran  eine  Erläuterung  ver- 
schiedener Aristophanischer,  den  Nikias  betrell'enden 
Stellen  (Ritter  V.  31',  Vi.gel  V.  Iiö7,  361,  Fragni.  IMi 
Dinilf.),  die  wir  jedoch,  da  wir  mit  derselben  vollkom- 
meu  übereinstimmen,  liier  übergehen.  Ebenso  Viber- 
gehen  wir  einen  hier  eingeschalteten  Excurs  gegen  Sü- 
verns  Abhandlung  über  des  Arislophanes  rijQaq,  »elchem 
Stucke  Hr.  Professor  Hermann  alle  politische  Beziehung, 
also  auch  die  Einführung  des  ISikias  abspricht,  «orauf 
«ir  vielleicht  bei  einer  andern  Gelegenheit  n.'ilier  ein- 
gehen können,  und  eni.'ihneii  nur  noch  die  gelegentlieh 
ausgesprochene  AVrniuthung  des  Hrn.  Verfs. ,  dass  unter 
Aer  Person  des  Philokleon  in  den  '>"espen  der  Demagog 
Eukrates,  der  durch  Kleon  von  den  Staatsgesch.'iftcu  ver- 
drangt zur  Betreibung  eines  bürgerlicheu  Geschäfts  zu- 
rückgekehrt   »var,   zu    verstehen   sei. 

Aristophanes  hat  den  beiden  Sklaven  in  seinem  Stücke 
die  Kamen  Kikias  und  Demosthenes  nicht  selbst  beige- 
legt; wie  der  Hr.  \eri.  meint,  «eil  es  unpassend  ge- 
wesen sei,  freie  Blänner  als  Sklaven  aufznlühreii ,  wie 
Ref.  meint,  weil  er  überhaupt  in  dem  ganzen  Stück  die 
wahren  Namen  der  Personen  verschwiegen  hat  und  ge- 
wiss auch  den  Kleon  nur  als  llacfXc.yujv  namhaft  ge- 
macht hatte  i  namentlich  sind  aber  die  Masken  im  Pro- 
log streng  durchgeführt;  desshalb  ist  auch  die  Conjectur 
des  Hrn.  Verfs.,  den  Aanu^n  UiKoi  (V.  55  wie  V.  lUßH) 
in  Tli'ilUi  umzuivandeln ,  unbedingt  anzunehmen.  Die 
wahre  Bedeutung  jener  Sklaven  aber  kann  keinen  Augen- 
blick zweifelhaft  sein.  Die  Aengstlichkeit  des  jVikias 
und  zugleich  seine  Hinneigung  zum  Lakonismus  hat  der 
Hr.  Verf.  sehr  gut  nachgewiesen  da,  wo  Nikias  denver- 
steckten Rath  des  üeberlanfens  (V.  21  IT-)  oder  den  Tod 
des  Themistokles  zu  wählen  (V.  83  f.)  gibt,  und  hat 
zugleich  darauf  aufmerksam  gemacht,  wie  in  jener  gan- 
zen Stelle  die  Euripideischc  Art  zu  sopliistisiren  Icicher- 
lich  gemacht  wird.  Grösserer  Uebereiustimmung  wegen 
mit  dem  Folgenden  und  deu  Charakteren  der  SprecLcn- 
deo  selbst  ordnet  nun  der  Hr.  Verf.  Vers  10 —  l8  fol- 
geoderuiassen : 

dll.  y.ui  ISI.  fui  /J.i>  /iv  fiv  fxv  /iv  fio  fiv  /w  ur  jtii  [iv. 
AI.  Ti  y.ivi'iJÖiJiiy  äJJ.v)^;  00/.   i/'>T]v  Cijcctv  nva. 

ov)iiuHav  vijiv ,  aKLa  fiij  -/.Kätiv  in; 
JH.  xiq  ui'v  yevoiz   dv;  kiye  oi>.   JSJ.  ov  fiip  ovu 
fiot  kiye, 

iva   1^'  ixäyvj(iai.     z///.    ua    tov   '^ircüKku) 
'yuj  f^ev  dv, 

d}X  eme  9aooojv,  eha  v.dyta  doi  (fQuata. 
ni.  dkK  oi'y.  evt  f^oi  rb  doirre'  ttcJ;  du  oiv  Ttoxs 

ihütii  UV  o.i'iu  dijTu  Y.oiiÜJtvoi:[r/.(~)Q; 

Ttojg  äv  Oll  flu i  Ati;iU'.g  dfil  yjji)  kiycii'; 
Gegen  diese  Auordnang  hat  sich  G.  Hermaun    (in  dieser 
Zeitachr.   1837»  Heft  5,  >r.  0',')    erklärt,    und    wir    ver- 
wcisrn   ü/ritt   aller    weiteren   AiLsführung  auf  die   treuliche 


Anordnung,  die  dort  den  Versen  10  —  3()  zu  Theil  ge- 
worden nnd  für  Ref.  wenigstens  ausser  allen  Zweifel  ge- 
setzt ist,  und  der  auch  gewiss  Hr.  Professor  Hermann 
seine  Zustimmung  nicht  versagt,  da  sie  seine  ganze  Auf- 
fassung des  Mikias  und  Demosthenes  nur  unterstützt,  ja, 
auf  derselben  beruht  und  sie  wesentlich  fördert.  Nur 
sehen  wir  nicht  ein,  warum  G.  Hermann  das  von  dem 
Scholiasten  und  dem  werthvollen  codex  Laiireutianus  1  . 
bei  Dindorf  gebotene  fj(j[reTTa:;  (V.  3-')  gar  nicht  be- 
rücksichtigt; der  Sinn  dieser  l'erse  aber  in  Bezug  auf 
die  Religiosität,  mag  es  nuii  eine  wahre  oder  vorgebliche 
sein,  und  den  Aberglauben  des  IN'ikias  ist  von  Hrn.  Prof. 
Hermann  auf  eine  höchst  anschauliche  ^Veisc  klar  ge- 
macht worden.  Wenn  derselbe  dagegen  die  Stelle  ^'er"i 
85  IT.  so  erklärt,  dass  nicht  sowohl  dem  Demosthenes 
Trunksucht,  als  dem  Nikias  eine  zu  grosse  Nüchternheit 
damit  vorgeworfen  werden  solle,  so  kann  Ref.  dem  nicht 
beitreten  ;  es  fehlt  dem  Bilde  des  Demosthenes  im  Uebri- 
gen  so  sehr  an  positiven,  charakteristischen  Zügen,  ilass 
man  ihm  diesen  einen  nicht  auch  noch  absprechen  miiss, 
nnd  wenn  dem  Nikias  (V.  gy  f.)  seine  übergrosse  Nüch- 
ternheit v<irgc>vorfeu  wird,  so  muss  man  bedenken,  das» 
das  eben  von  dem  trunksüchtigen  Demosthenes  und  nicht 
von   einem   unparteiischen  Zeugen   geschieht. 

Der  Hr.  ^'erf.  weist  nun  weiter  nach,  wie  Nikias 
fortwährend,  auch  da,  wo  es  darauf  ankommt,  den  Kleon 
anzugreifen,  sich  gleich  bleibt,  wie  er  so  froh  ist,  den 
Wein  unbemerkt  gestohlen  zu  haben  {\  .  10t),  mit  wel- 
cher Furcht  er  an  die  Enfwendung  der  Orakel  geht 
(  V.  111  f.),  wie  er  sich  endlich  aus  der  gefährliclieii 
Gesellschaft  <les  Wursthäiidlers  entfernt  unter  dem  Vor- 
waiide,  den  Kleon  zu  beobachten  (V.  154).  Nun  fragt 
es  sich,  ob  Nikias  nach  diesem  Abschiede  noch  wieder 
zum  V^irschein  kommt  oder  nicht?  Er  erscheint  aber 
nach  Diiidorfs  Text  noch  V.  ,'34  u.  3;y  —  3'^l.  A  priori 
lässt  sich  allerdings  von  dem  Charakter  des  iMikias  und 
der  Art,  wie  er  sich  fortmacht,  nicht  erwarten,  dass  er 
ohne  dringende  Nothnendigkeit  den  Schanplats  des  Kam- 
pfes wieder  betreten  wird,  und  so  nur  konnte  tieni  Ge- 
setze des  Kratinos  (^7lC(Jt  /.uifivid.  XV'l,  15  Dindf.  l, 
dass  nur  drei  Schauspieler  zugleich  redend  auftreten  soll- 
ten ,  Genüge  geschehen.  Dass  der  Hr.  Verf.  die  Versi: 
3l<)  —  321  dem  Nikias  ab-  und  dem  Demosthenes  zu- 
spricht, kann  man  nur  billigen,  ebenso,  dass  er  di« 
von  Ranke  (de  vita  Ar.  p.  3it9  i)  dem  Nikias  noch  wei- 
ter zugeschriebenen  Verse  nicht  anerkeuut;  denn  dass  iti 
nSQt  xuv  Nl/.iav  (Schol.  v.  482)  die  Partei  und  nicht 
die  Umgebung  des  Nikias  sind,  ist  durch  deu  Spracli- 
gebraiicli  klar  genug.  So  bleibt  nur  noch  \.  234,  den 
Hr.  Prof.  Hermann  und  mit  ihm  G.  Hermann  am  ange- 
führten Orte  dem  Wursthändler  in  Aeu  Mund  legen, 
gegen  alle  Handschriften,  deiicu  Ref.  hier  jedoch  Recht 
zu  geben  geneigt  ist:  Nikias  hat  gesagt,  er  wolle  sii  h 
auf  die  Lauer  stellen,  uud  wenn  er  diess  auch  nur  tli.it, 
nm  sich  davon  zu  machen,  so  ist  es  doch  seine  Schul- 
digkeit, den  Verbündeten  das  Nahen  des  Feindes  zu  mel- 
den, Lei  dem  ihm  aber  vor  allen  Dingen  die  eigene  Ge- 
fahr einfällt  {uiiiOL  y.uy.odoJ.fiu)V);  der  Wursthäudler 
will,  ohne  erst  durch  unnöfhige  Worte  des  Klcon  Auf- 
merksamkeit   auf  sich  zu    ziehen,    die  Flucht    ergreifen. 


1«9 


190 


Mikias  kann  bei  diesem  Ausrufe  seinen  Ilinicriialt  für 
einen  Angenblick  verlassen  haben:  Halirscheiiilicli  aber 
rnft  er  von  der  Seile,  wohin  man  iliu  abgehen  sah,  her- 
vor ,  ohne  auf  der  Biihno  zu  erscheinen  ,  nesshalb  denn 
auch  Klcon  im  Folgenden  bloss  den  üenjoslhenes  und 
den  'Wursthäridler  anredet.  So  kann  diese  Zivigrhenrcilc 
kaum  als  ein  naQUyoijryiJf^ia  angesehen  ii erden,  und 
Aristophancs,  der  die  Rolle  des  Kleoii  «spielte,  kann 
aut'h  so  noch  die  Nebenrolle  des  Aikias  recht  gut  damit 
irrbunden  habeii. 

Hiermit  ist  also  die  Erscheinung  des  Nikias  in  den 
Rittern  abgeschlossen  und  nesshalb  ihn  Aristophanes  über- 
haupt und  vvesshalb  er  ihn  gerade  so  geschildert,  vull- 
koniuien  klar.  Nicht  die  politischen  Ansichten,  \io\\\ 
aber  die  Absichten  fielen  bei  Aristophanes  und  Nikias 
vielfach  zusammen;  beide  sollten  den  Frieden,  aber  jener 
Afhens,  oder  richtiger  ganz  Griechenlands  vregen ,  wie 
diess  ans  dem  Frieden  deutlich  genug  hervorgeht ,  dieser 
seinetwegen,  denn  so  geradezu  Spartas  wegen  möchten 
«ir  mit  Hrn.  Prof.  Hermann  nicht  sagen,  wenn  wir  gleich 
darin  ganz  mit  ihm  übereinstimmen,  dass  INikias  einiger- 
massen  iakonisirt  habe.  Nikias  und  Aristophanes,  beide 
waren  Gegner  des  Kleon,  jener,  weil  er  zu  denen  ge- 
hörte, von  denen  Euripides  sagt: 

Ol  okßioi 
ävojfpskeig    rs    7ik{/Mvu)i/   t'  iQcao    dei,    dieser, 

weil  er  zu  denen  gehörte: 

TQiüJv  St  iio/pojv  ij   v  f^iioo)  cvjCsi  noksi?, 
y^üofuov  (f'ikäoooi'O    ovxiv    v.v  tÜ^t^  nvKiq, 

Kleon  aber  zu  denen: 

oi  b'  ovx  ix°^'^^?  '^f'"  OTto.viCovTec.  ßioi' 
dctvoi,  pr/LioiiSi  tw  (fdüiui  ntiiov  iä(JOi;, 
yl.vjooan;  nvvi^nvjv  TiQOOTaivJv  (fijluvf^isvoi. 
Snppl.  240  ff. 
So  gehörten  also  Nikias  und  Aristophanes  im  Wesent- 
lichen doch  zu  verschiedenen  Parteien,  denn  auch  von 
Aristophanes  wird  mau  ,  ebensowenig  als  von  irgend  ei- 
nem Griechen  sagen  können,  dass  er  über  allen  poli- 
tischen Parteien  gestanden  habe;  ob  aber  Hr.  Prof.  Her- 
mann den  Nikias  in  dieser  ganzen  Abhandlung  selbst 
nach  dem  Sinne  des  Komikers  nicht  etwas  zu  tief  ge- 
stellt und  seine  bürgerlirben  Tugenden  etwas  zu  wenig 
anerkannt  hat,  darüber  .dürfte  mau  no<h  rechten  können  ; 
jedenfalls  erscheint  doch  >ikias  als  ein  ernstlidier  und 
von  Eigennutz  freier  Gegner  des  Kleon,  der  ihn  nicht 
wie  der  Wursthiindler  dnrdi  hi ;  uoicidliioilai  (V.  12U(i) 
stürzen  «ill,  auch  wird  der  Frieden  vom  Jahre  4L'I, 
.seiu  Werk,  vom  Diihter  als  ein  sehr  erfreuliches  Ereig- 
niss  im  Frieden  begrüsst.  Wenn  aber  Hr.  Prof.  Hermann 
noch  schliesslich  fragt,  «esslialb  «olil  Aristophanes  nir- 
gends <leu  Reichlhuiii  des  Nikias  erwähne,  so  scheint 
uns  die  nächstliegende  Antwort,  dass  Wikias  bei  seiner 
Lebens-  und  Sinnesart  für  sich  zu  wenig  auiTallcndcu 
Gebrauch  lon  seinem  Reichtbum  machte,  als  dass  er  zu 
einer  komischen  Erwähnung  desselben  veranlasste  und  die 
grossen  Summen,  die  er  nach  Plutarch  (Nie.  3)  auf  Cho- 
rcgiecu und  dergleichen  «andte,  boten  doch  selbst  nach 
PlutarcL's  Auslegung  seiner  Beweggründe  dazu  nur   einen 


sehr    eiiifernten  Anknüpfungspunkt    an    das  dar,    was  der 
Dichter  sonst  gegen  ihn  aufstellt. 

Diese  Anzeige  ist  uns  unter  den  H.'lnden  zu  einer 
Ausdehnung  angewachsen,  wie  wir  sie  Anfangs  durchaus 
nicht  beabsichtigten;  möge  man  daraus  auf  den  reichen 
Jnhalt  der  besprochenen  Abhandlungen  schliessen,  deren 
Einzelnhciten  alle  hier  zu  erschöpfen  unmöglich  ist. 
Sollte  es  bei  dem  trefflichen  Klange,  den  der  Name  des 
Hrn.  Vcrfs.  in  der  philologischen  Welt  hat,  und  bei  der 
Zeit,  die  seit  dem  Erscheinen  des  Wcrkrhens  schon  ver- 
tlosscu  ist,  überhaupt  noch  nöthig  sein,  auf  dasselbe  auf- 
merksam zu  machen,  so  können  wir  Allen,  die  sich  für 
diese  Forschungen  interessiren,  versichern,  dass  sie  die 
vortreffliche  Methode,  die  darin  herrscht,  ebenso  sehr 
anziehen,  als  die  Resultate  befriedigen  werden. 
Meiningen.     Im  September   1S38- 

W.  A.   Passow. 

\ 


Leber  den  Handel  der  griechischen  Städte  zur  Zeit 
des  Kaisers  Hadriaa. 

So  verschiedenartig  auch  die  Frage  beantwortet  wer- 
den mag,  ob  die  Regierung  der  Kaiser  Trajan ,  Hadriau 
und  der  Antonine  für  die  Menschheit  eine  glückliche  zu 
nennen  sei,  so  unbestritten  sind  doch  die  grossartigen 
Schöpfungen  in  dem  Bau  von  Tempeln,  in  der  Anlage 
von  Landstrassen,  Wasserleitungen  und  anderer  den 
Verkehr  der  Menschen  begünstigenden  Bauten,  welche 
nur  mi*  den  ausserordentlichen  einem  Kaiser  der  Römer 
zu  (iebote  stehenden  Mitteln  vollführt  werden  konnten. 
Merkwürdig  ist  es  aber,  dass  die  Schriftsteller  der  Kai- 
ser darüber  schweigen  ,  während  sie  in  der  Aufzählung 
ihrer  Laster  so  vollständig  sind.  Dafür  aber  reden  die 
Schöpfungen  der  Kaiser  noch  nach  Jahrhunderten  selber 
zur  Nachwelt.  Es  vergeht  fast  kein  Jahr,  dass  man 
nicht  eine  Inschrift  aufgräbt,  welche  einen  Kaiser  als 
den  Erbauer  eines  Tempels  oder  einer  Landstrasse  feiert. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  verwandten  die  Rö- 
mer auf  die  Landstrassen  und  deren  Sicherheit.  Schon 
Cäsar  sorgte  für  die  Sicherheit  der  röm.  Ranflente  auf 
der  Strasse  von  Oberitalien  nach  Gallien  {Caes.  B.  G.  3,  1). 
Der  grausame  und  wollüstige  Nero  erbaute  die  herrliche 
Landstrasse  von  Apamea  bis  Nikäa  in  BitJivnien,  von 
welcher  kein  Schriftsteller  redet  (Berghans  Aniialen  1838 
in  Sapiers  Reise  in  Kleinasien  S.  33(')-  So  erbaute  der 
Kaiser  Trajan  eine  Landstrasse  von  Aquileja  ans  nach  dem 
Innern  von  Illyrien,  wahrscheinlich  nach  der  Donau  zu 
und  eroffuete  mittels  der  Kolonisation  Dariens  einen  zwei- 
ten Jasonsweg  vom  schwarzen  zum  adriatisrheu  Meere. 
Dieser  IJandelsweg  erforderte  aber  wegen  der  Menge  der 
umwohnenden  feindlichen  Völker  bedeutende  militärisch« 
Streitkräfte,  so  dass  er  unter  Trajans  Nachfolgern  bald 
aufgegeben  zu  sein  scheint. 

Eines  besondern  Schutzes  scheinen  sich  die  Städte 
Griechenlands,  vorzüglich  die  Städte  Joniens,  Bithjniens, 
an  der  Propontis    und    am   schwarzen  Meere    vom  Kaiser 


191 


192 


Uailriaii  erfreut  zu  lialipn.  Der  |ioiitisclie  Hamlol  mit 
eiiij^psalzenen  Fischen  (ctfur/oi  rruvr/y.oi  Atlienaeus  3» 
p.  ll'l)  war  ichon  zur  ßlüthczcit  Atiioua  beilcutRiid.  Die 
IJyzaiitier  triebca  den  Fang  der  Thuiifiüche  damals  srlion 
im  Grossen,  wie  iu  neuerer  Zeit  die  Ilolläuder  den  He- 
riiigsfaug-,  Atlienaeus  III,  p.  1214-  Zu  Trajans  Zeiten 
var  Bvzauz  s«  blühend,  dass  der  Ilauptmann  einer  Legion 
dort  seinen  Sitz  nahm  Plin.  ep.  10,  82-  Noch  mehr 
aber  scheint  der  Handel  der  Städte  des  östlichen  Grie- 
chenlands und  des  westlichen  kicinasicns  sich  gehoben 
zu  haben,  als  der  Kaiser  Iladrian  durch  die  Gründung 
Tun  Adrianopel  dem  Handel  nach  dem  Innern  IMakedo- 
iiiens  und  Italiens  eine  festere  Richtung  gab.  Wegen 
der  Stürme  konnte  mau  nicht  zu  jeder  Zeit  das  äg.'lische 
Hleer  befahren;  ein  Landweg  war  also  sehr  er»vünscht, 
zumal  wenn  er  die  Entfernung  bedeutend  abkürzte.  Nun 
führte  zwar  schon  zu  Cicero's  Zeiten  eine  3Iilitiirstrasse 
ruu  .ApoUonia  zum  Ilebros,  allein  diese  Landstrassc  *) 
«ar  eben  zu  Cicero's  Zeit  so  unsicher,  dass  man  sie  gern 
»ermied  (Cic.  1,  Phil.  3  :  Quum  Brundusium  iter(|ue  illud 
tjnod  tritum  in  (rraeciam  est  non  sine  causa  vitavisscnj 
aud  de  prov.  Cons.  2  ut  ria  illa  nostra  quae  per  Mace- 
doniam  est  Dsque  ad  Hellespontum  militaris  non  solum 
excursionibus  Barbarorum  sit  infesta,  sed  etiam  castris 
Thraciis  distincta  ac  notata).  \un  war  aber  nach  Lir. 
3S,  40  der  Weg  vom  Hellespont  bis  zum  Hebros  gerade 
der  unsicherste;  von  der  [\lündung  des  Ilebros  führte  der 
Weg  durch  griechische  Kolonieen  und  hatte  keine  Gefahr. 
(Hoc  omne  per  Graecorum  colonias  pacatumiter  fuit).  Durch 
die  Gründung  von  Adrianopel  ward  nicht  allein  diese 
.Strasse  noch  sicherer,  sondern  es  konnten  auch  die  Waa- 
ren  von  Apollonia  am  schwarzen  Meere  unmittelbar  zun) 
Hebros  gelangen,  ohne  dass  sie  den  Stapelplatz  zn  Bv- 
zanz  berühren  durften.  Nach  einer  zu  Olbia  gefundenen 
Inschrift  (bei  Boeckh  Corp.  Inscr.  II,  Fase.  1,  Nr.  2UV.) 
waren  bei  dem  jonischen  Handel  folgende  Städte  bethei- 
ligt: Albiopolis,  Hcraklea,  Fanos,  Tom! ,  Milet,  Cher- 
»onesos,  Nikomedia,  Bvzanz,  Prusa,  Istros ,  Kjzikos , 
Bosporos,  Nikäa,  Amasia,  Olcssus,  Kallatis ,  Apamea, 
Tvra  und  Sinope.  Denn  alle  diese  Städte  hatten  Bürger 
in  Olbia  zum  Betrieb  des  Handels  dort  wohnen  (oiV  £/.£- 
8t]uovv  Ol  ^evoi).  Auf  Kaiser  Hadrian's  Antrieb  be- 
Bchrieb  Arrian,  als  Statthalter  zu  Kappadokien,  den  Pe- 
riplus  des  schwarzen  Meeres,  östlich  von  Sebastopolis 
bis  Trapeznnt  and  westlich  ron  Sebastopolis  bis  Bjzanz. 
Zur  .Sicherheit  gegen  feindliche  Anfalle  ward  Trapczunt 
mit  festen  Mauern  umgeben  und  der  Hafen  verbessert. 
Arriau:  periplu».  maris  Euxini  p.  12't.  Durch  die  Stadto 
Trapczunt,  Amasia,  Sinope,  Hcraklea  ward  der  Handel 
rillt  Odessos  vermittelt  (Diod.  20,  112),  welches  der 
ilauptort  der  thrakischcn  Pentapolis  war  und  mit  Apol- 
lonia, Kalatis,  Tomi  und  Mesambria  in  Verbindung  stand. 
Daneben  stand  der  Kaiser  Hadrian  mit  den  Königen  der 


Die  Gelcgenbeitssclirift  der  Tübinger  Universität  bei  Ge- 
legenheit der  Göttinger  Jubelfeier:  de  via  Egiiatia  war 
mir  aicbt  zur  Hand. 


Bosporancn  im  besten  Einvernehmen,  wie  die  Inschrift 
bei  Böckh  Nr.  210S  f.  beweist.  Durch  diese  Fürsorge 
des  Kaisers  Hadrian  mochte  es  geschehen,  dass  nicht 
nur  die  St.'idte  am  schwarzen  Meere,  sondern  überhaupt 
im  östlichen  Griechenland  von  neuem  aufblühten  und  ihn 
mit  Recht  ihren  Gründer  nannten.  Nach  Pausanias  |, 
18,  6  hatte  jede  Stadt,  welche  den  Kaiser  Hadrian  als 
ihren  Gründer  betrachtete,  ein  Standbild  des  Kaisers  für 
den  Tempel  des  olympischen  Zeus  zu  Athen  geweiht. 
So  finden  sich  auf  Inschriften  die  Namen  folgender  .Städte: 
Sebastopolis  (Böckh  C.  J.  No.  342),  Abydos  (No.  331), 
Aegina  (No.  332),  Amphipolis  (No.  333),  Bphesus  (No.  Vir,), 
Thasos  (No.  33ii),  Keramus  in  Karlen  (No.  337),  Kyzi- 
kos  (No.  338),  Milct  (No.  33S  a.),  Sestos  (No.  343). 
Alle  diese  genannten  Städte  verkünden  mit  den  grössten 
Lobsprüchen  die  Verdienste  des  Kaisers.  Bis  zu  den 
Streifzügen  der  Gotheii  und  Scythen  im  J.  2J8  und  250 
scheinen  auch  diese  Städte  sich  ungestört  des  Handels 
erfreut  zu  haben.  Aminian.  Marcellin.  31«  ö-  Zosimus 
1,  32. 

Wismar  ,  November  1838' 

D.  C.  C.  H.  Burmeisler. 


Personal-Chronik,  und  Miscellen. 

Uli  neben,  26.  Jamnr.  Seit  Ivurzera  ist  die  vom  Könige 
in  Rom  angekaufte  antike  Bionzeitatue  (IVr.  30}  in  der  Glypto- 
thek uml  zwar  im  Saale  der  Bron/.en  aufgestellt.  Es  ist  eine 
weibliche  Figur  mit  kurzem  Vcnnelkleidc  (Stola)  mit  einem  wei- 
ten und  grossen  Mintel  (Palla),  der  in  der  Höbe  der  Brust 
umgeschlagen  und  iiber  diese  in  einen  Wulst  gewickelt  durch 
den  linken  Ann  festgehalten  wird.  Allgemein  stimmt  mau  dar- 
in überein,  dass  ilieses  Kinstwerk  in  die  fri'iliere  Raiscrperiode 
gehöre  und  eine  Her  besten  GewandTiguren  des  VIterthums  sei. 
und  nauientlicli  der  Guss  von  einer  iinübertrelTlicIicn  Vollen- 
dung der  Technik  zeuge.  Weniger  iiboreinstimincnd  ist  man  in 
Bctreir  der  Erklärung  derselben  ;  und  wenn  Einige  eine  Miner- 
va, Andere  eine  Penelope  darin  seilen,  so  bezeichnen  sie  wiederum 
Andere  als  Bildnissligur  einer  Kaiserin;  in  keiner  Annahrae  in- 
dess  ist  die  Bewegung  der  Arme  und  llaude  —  beide  sind  halb 
erhoben,  die  rechte  verwandt  und  als  ob  sie  einen  Faden  oder 
sonst  etwas  Feines  durch  die  Kinger  zöge  —  besonders  berück» 
sichtigt.  Den  besten  Aufschluss  würde  der  Fundort  geben,  und 
dahin  sollten  sich  die  antiquarischen  Forschungen  wenden.  Sic 
wurde  1834  in  iler  zerstörten  Sla.lt  Viilci  ausgegraben  und, 
nacbdeii)  sie  eine  Zeit  lang  Im  Grc.'orianischen  (etruskisclicu) 
Museum  des  Vaticans  gestanden,  durch  V'ermittelung  des  Gene- 
ralsecretars  und  Bildhauers  W.igner  für  <leii  König  von  Baiern 
um  11,000  II.,  eine  verb.dtnlssniissig  sehr  geringe  Summe,  an- 
gckauli.  Der  Kopf  ist  neu  und  iiacli  dem  von  Tlionvaldsen 
verfertigten  Mo  Icll  ge^oisen.  Interessant  ist,  dass  sich  eine 
antike  Wiedcrliiduug  der>e1bcii  Statue,  jedoch  in  Marmor,  bei 
dem  Kunsthändler  Depoletli  in  Boin  befindet,  an  der  aber  iCopf 
und  Arme  ergänzt  sind. 

Münster,  20.  Januar.  Unsere  Ahademic  bat  in  diesen 
Tagen  durch  den  Tod  des  D.  KaltlioflT,  eines  ausgezeichneten 
Spracbkenners  und  vorzüglichen  Orienlalislen  ,  einen  empfind- 
lichen Verlust  erlitten,  der  so  bald  nicht  wieder  ersetzt  werden 
dürfte.  . 


Z  e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 


für    die 


AI  tertliu  ms  Wissenschaft. 


jMittwochj  27-  Februar 


1839. 


Nr.  23. 


l'ebcr  (las  Gcscliiciilswerlv.  des  Ilerodot. 

Ilfit.  2,  l?.'i,  >vo  or  (Ion  h  uiiderbareii  Bau  «1er  Pvra- 
iniile  «los  Clioops  schildert,  sagt:  ,,Ks  findet  sicli  aber  in 
Agvptisclier  Sclirift  auf  der  Pyramide  terzeiclinet,  wie 
ncl  auf  I{etti<fc,  Ziviebeln  und  Knoblauch  für  die  Ar- 
beiter lerivaudt  ivurde  ;  und  sofern  ich  7nich  recht  gut 
erinnere  fo'j'  tut  €v  tmivijOi.>(Uj,  «as  der  ÜDliiietsrher, 
der  die  Sclirift  las,  mir  sagte,  IdOO  Talente  Silber  seien 
dafür  bezahlt  »vordeu  u.  s.  iv."  lldt.  führt  hier  ofl'enbar 
die  AVorte  u'j^  tut  tv  utfivrrs^ai  zur  Uestatigung  jener 
fast  unglaublich  scheinenden  Geldsumme  an ;  es  fragt 
»ich,  ivaruni  er  nicht  vielmehr  auf  seine  Collectaneen 
verwies,  in  die  er  diese  flierkuürcligkeit  sofort  einge- 
tragen habe,  und  welche  ja  bei  dem  Leser  weit  mehr 
filauben  finden  müssen,  als  sein  Gedäclitniss  ?  Oiine 
Zweifel,  weil  er  die&c  Angabe  nicht  in  denselben  auf- 
gezeichnet hatte.  Also  selbst  Zahlen,  ja,  solche,  die 
ihm  sogar  an's  Wunderbare  zu  grSnzen  und  desshalb  nm 
«o  bemerkenswerther  schienen  ,  und  durch  ilie  seine 
Glanbenswürdigkeit  am  leichtesten  in  Misscredit  kommen 
konnte,  schrieb  er  nicht  gleich  auf,  sondern  verliess  sich 
auf  das  trügerische  Ged.'lchtniss.  Denn  mit  Recht  schlies- 
8en  wir  von  dieser  Stelle  auf  mehrere,  h.'itte  er  nur  dies- 
mal die  sofortige  Aufzeii  hnnng  aus  Verseilen  oder  nnter 
der  Menge  der  das  griechische  Auge  in  Staunen  setzen- 
den ägyptischen  Sehenswürdigkeiten  vergessen,  so  hätte 
er  gesagt:  ,,fch  habe  es  freilich  leider  vernachlässigt,  die 
Summe,  welche  der  Dollnietscher  nannte,  in  meinen 
Collectaneen  anzumerken,  aber  ich  erinnere  mich  der- 
selben noch  sehr  genau."  Oder  yvill  man  etwa  sagen, 
gerade  wegen  ihrer  Merkwürdigkeit  habe  er  diese  Summe 
nicht  aufgezeichnet,  da  sie  sich  ohnehin  hinlänglich  ein- 
geprägt habe  ?  Gewiss  nicht  bei  einem  so  bedächtigen 
Forscher,  wie  Herodof.  31it  Recht  also,  deucht  mir, 
schliesst  man  weiter,  dass  er  ihm  selbst  äusserst  bemer- 
kenswerthe  Zahlangaben  sich  nicht  gleich  aufschrieb ,  er 
es  bei  gewohnlichen ,  bei  tienen  ein  Paar  Einer  nnd 
Zehner  mehr  oder  weniger  oft  denselben  Glauben  fin- 
den würden,  noch  weit  eher  unterlassen  habe;  was  seine 
Bestätigung  durch  mehrere  Widersprik  he  findet,  die  sich 
in  Zahlangaben  bei  ihm  zeigen.  So  erzählt  er  J  ,  t7.j 
von  den  Pedasiern,  wenn  ihnen  ein  Unglück  bevorstehe, 
wachse  der  Priesterin  der  Athene  ein  Hart,  diess  sei 
schon  iTteimal  vorgekommen;  8,  104  wiederholt  er  das- 
selbe  und  sagt  nur    zweimal;    ferner  4)   18  sagt  er,    die 


S'/.vSaL  ycop'/ot  wohnten  nach  Norden  elf  Tagereisen 
weit  zu  Schür  den  Uorvsfhenes  hinauf  längs  diesem 
Flusse,  aber  4,  53  nennt  er  nur  zehn  Tagereisen.  AVio 
sollte  der  genaue,  bedächtige  Herud<it,  wenn  er  diese 
Angaben  in  seinem  Souvenir  aufgezeichnet  hatte,  nicht 
nachgeschlagen  haben,  uin  seine  Leser  vor  Irrthümeru 
zu  bewahren?  Diese  Widersprüche  können  also  nur  als 
Gediichlnissfehler  angesehen  werden.  Abgesehen  nun 
davon,  dass  llerodot's  Glaubwürdigkeit  dadurch  einem 
Jeden  bedenklich  werden  müssfe,  fragen  wir  zunächst 
für  unseren  Zweck:  IMuss  nicht  unser  Glaube  darau, 
dass  er  Collectaneen  überhaupt  gehabt,  wankend  werden, 
wenn  er  nicht  einmal  Zahlen,  ein  Punkt,  in  dem  man 
sich  bekanntlich  am  wenigsten  auf's  Gcdächtniss  verlassen 
kann,  darin  verzeichnete?  AVie  ,  wenn  er  also  aufseineu 
Reisen  gar  kein  Tagebuch  führte  (er  erwähnt  es  nir- 
gends), nnd  sein  ganzes  AVerk  im  A^ertrauen  auf  sein 
Erinnerungsvermögen  abfasstc?  Beispiele  von  solcher  Ge- 
dächtnisskraft sind  im  Alterthume  nicht  ungewiihnlich, 
besonders  in  früherer  Zeit,  da  das  stete  Mitsichführcn 
eines  so  bedeutenden  Schreibmaterials,  wie  es  für  die 
reichen  Beobachtungen  eines  Ilerodot  erforderlich  war, 
auf  den  weiten  Reisen  unbequem  und  umständlich  sein 
nuisste.  Dafür  scheinen  ferner  die  inannichfachen  AA^ie- 
derholungcn,  die  siijh  in  seinem  AV'erke ,  auch  ohne  Ci- 
tation  der  früheren  Stelle,  also  uniewusst ,  finden  (cf. 
2.  B.  oben),  zu  sprechen.  Denn  hatte  er  Collectaneen, 
so  musste  er  sich  ja  bei  jedem  Punkte,  den  er  bereits 
in  seiner  Gesichtsdarstellung  abgehandelt,  diess  durch 
ein  Zeichen  anmerken,  um  nicht  dasselbe  aus  A^ersehen 
mehrmals  vorzutragen.  Hieraus  scheint  sich  auch  zu  er- 
geben, was  von  seinen  assyrischen  Geschichten  1,  184 
zu  halten  sei:  er  vergass  späterhin  sein  früheres  A''er- 
sprechen,  sonst  hätte  sich  zur  Erfüllung  desselben  am 
Ende  des  dritten  Buches,  Uo  er  die  AViedereinnahmc 
von  Babylon  durch  Zopyrus  berichtet,  allerdings,  w  io 
Jäger,  (iisputationes  Ilerodoteae  duae,  p.  15  richtig  bc- 
merkt,  eine  passende  Stelle  gefunden;  denn  dass  er  noch 
nach  dem  Ende  des  neunten  Buches,  wo  er  schon  ganz 
und  gar  in  die  griechische  Geschichte  hineingekommen 
war,  beabsichtigt  habe,  von  Assyrien  zu  sprechen,  ist 
nicht  denkbar.  Und  wie  soll  man  sich  endlich  verschie- 
dene Rechenfehler  in  ganz  einfaihen  Exempelii  bei  ihm 
erklären  ,  »vShrend  an  den  meisten  Stellen  seine  Rech- 
nung durchaus  richtig  ist,  als  dadurch,  dass  man  an- 
nimmt,    er    habe    aus    dem    Kopfe    gerechnet     nnd    sich 


195 


19G 


tlabei    iiiKuiiter    rorsclieii.       rf.     i.    B.     die     Ausleger     zu 
3,   9\ 

SuUtoii  diese  Fnl^^erniigen ,  die  «ir  liier  zur  allge- 
meiiien  Priifiinjr  vorlegen,  ri<  litig  sein,  so  «lirde  sieh 
daraus  mit  >'ii(li«eiiiligkeit  die  >'irlitij,'keit  der  heriirh- 
figfeu  <>lMii|iisi  heil  \'oi  lisiiiig  ergelieu,  die  an  sirli  lri><z- 
ihrer  beredten  ^'erllieidiger  doch  immer  sehr  |)rek?«r 
bleiben  nird,  mag  man  vun  Lurian's  Artion  für  eine 
Ansicht  haben,  welrlie  man  uill;  in  dem  übrigens  drei 
Punkte  entsthiedeii  falseh  sind,  I)  dass  Jlerodot  selbst 
sihon  sein  Merk  in  neun  Uiieher  getheilt  habe;  'i  dass 
er  mit  seiner  fertigen  Geschichte  aus  Tarine  nach  (irie- 
clicnland  geki  mmeii ,  und  'S)  alle  neun  Ijucher  zu  Olym- 
pia vorgelesen  habe.  Denn  eine  solche  Zersfofziiiig  des 
^'afrrs  <ler  (jcsciiidite,  nie  man  sie  jener  ^'orlesiiiig  zu 
Gefallen  annimmt,  bleibt  immer  ein  bedcnklii  her  Schritt, 
eine  sehn  er  zu  verantii  ortende  Impiel.'lf.  Die  Ejiijoden- 
sucbt  unseres  Schriftstellers  bietet  dazu  einen  nicht  recht- 
mässigen ^'orivand  dar;  denn  sie  ist  nicht  eine  zufällige, 
sondern  eine  leirusste ,  "ie  die  AVorte  4,  30  loo^^i-- 
■/.ui  yoQ  dij  uoi  6  t.oyoi  ei;  ('O'/ri  tdiCrro  klar  zei- 
gen ;  er  «ar  des  Interesses  seiner  Leser  gewiss,  und 
Landhabt  diese  Weise  mit  solchem  Geschii  k ,  dass  bei 
aller  iMannichfaltigkeit  doch  sein  Haujitthenja  feststeht. 
Ebenso  falsch  ist  die  Uebertragung  der  ganz  üiissetlichen 
Lloss  zum  liehuf  des  bequemeren  Citirens  (wo  ein  allge- 
meines t/j^  y.at  TTQOTfoov  iiui  tiQizni  oder  (  T  frj  ü)- 
dl  TOV  Koyov  iiviptr^v  eTTOltjnä/iljv  nicht  a!i>znrei- 
cheu  schien)  von  ihm  angewandten  Eintheiinng  des  Wer- 
kes in  koyul  auf  ilie  innere  lieschafl'enheit  und  Eiitste- 
hungsvveise  desselben.  Wie  soll  man  sich  ferner  ein 
nachheriges  Einschieben  späterer  geschichtlicher  Data  in 
dem  früher  abgefassten  AVerke  oder  Theile  des  A\'erkes 
Torstellcn.^  zumal  solcher,  wie  die  meisten  sind,  die  für 
die  Darstellung  des  Ganzen  durchaus  unwesentlich  sind? 
■wenn  er  z.  B.  7,  233  erzahlt,  „Xerxes  habe  den  The- 
banischen  Feldherrn  Leoiitiailes  brandmarken  lassen", 
«nd  dann  hinzufügt:  „den  Sohn  des  Leontiades,  Eurv- 
machos  hätten  lange  nachher  die  Plataeer  getöiltet  als 
reldherrn  der  400  Thebaner,  die  im  Anfange  des  pelo- 
ponnesischen  Krieges  Plataeae  eingenommen  hatten";  so 
ist  diess  ein  Zusatz,  der  auf  den  Zweck  der  Erzählung 
par  keinen  Bezug  hat  und  eben  daher  dem  Hdt.  sp/iter 
gar  nicht  mehr  eingefallen  wflre.  Dergleichen  sind  Ein- 
gebungen des  Allgenblicks  ;  indem  er  jenes  von  Leontia- 
des erz.'ililte,  fiel  ihm  ein,  dass  diess  der  Vater  jenes 
Eiirvmachos  sei ,  nnd  fügte  es  so  hinzu,  Alan  »ende 
nicht  ein,  Hdt.  sei  nun  einmal  ein  solcher  Ueberkritzler 
von  allerlei  für  die  Darstellung  ganz  iinwesentliclieu 
Punkten  gewesen  und  habe  dergleichen  gellissentlich 
genuc/it  bei  spaterer  l'eberarbeitiiiig.  Dazu  sind  ilie  gi«. 
legentlichcn  Erwähnungen  spaterer  Zeiten  zu  selten,  ab- 
gesehen davon  ,  dass  eine  solche  l'eberarbi'ituiig  kaum 
denkbar  ist  bei  einem  Schriftsteller,  (Irr  das  Ganze  micli 
nicht  entworfen,  der  über  der  l'ollendung  dcsseliicii  hin- 
Btarb ,  wie  das  abrupte  Ende  des  neunten  Bucbrs  eiit- 
ecbieden  beneist,  wenn  man  nicht  aiinchiiien  will,  die 
Lnst  habe  gefehlt,  das  vorgesteckte  Ziel  zu  vollbringen. 
Und  angenommen ,  lldt.  habe  das  erste  Buch  schon  vor 
461)  vor  Chr.,  als  in   welchem  Jahre  die  olvinpisrhc  Yor- 


lesiing  gehalten  sein  soll,  geschrieben  gehabt,  und  das 
übrige  erst  nach  4'.'f)  (ein  Kieigniss  aus  diesem  Jahre 
schon  3,  KiO:  ilie  .Stellen  9,  73.  3,  15-  und  1,  130, 
die  sieh  nach  Dahlmann  noch  auf  die  Jahre  413  nnd 
4(I,S  lieziehen  sollen,  sind  von  Krüger,  Leben  lies  Thu- 
«MÜdes  pag.  25  sqij.  mit  entschiedenem  (ilücke,  als.  vun 
jenem  falsch  gedeutet,  abgewiesen)  verfasst ,  so  dass  also 
ein  Zeifranm  von  wenigstens  30  Jahren  zwischen  dem 
erstereii  und  spateren  Theile  des  >\erkes  läge;  inüsste 
sich  nicht  in  demselben  eine  verschiedene  Farbe  des  Stvis, 
wie  in  der  Deiikw  eise  zeigen  ?  Wovon  nirgends  eine  Spur  ; 
vielmehr  überall  dieselbe  Sprache,  dasselbe  Gepräge  be- 
jalirlen  Ulannesalters ,  reifer  Erfahrung,  gediegenen  L'r- 
theils,  tiefer  Gemüthsruhe;  kurz,  das  ganze  Werk  er- 
scheint  nie   in  einem   Giiss  geschrieben. 

J>as  AVerk  des  llerodot  steht  hier  in  einem  gleichen 
A'erhaltiiisse ,  wie  das  des  Thucydides;  und  doch  ist  es 
bei  der  früher  allgemeinen,  aber  entschieden  falschen 
Ansieht,  dieser  habe  schon  wahrend  des  pelopoiiiiesisclieii 
Krieges  sofort  seine  Bücher  ausgearbeitet,  INieniandem  in 
den  Sinn  gekommen,  aiiziinelimen ,  er  habe  die  ziemlich 
häufigen  Beziehungen  auf  spätere  Ereignisse  erst  nach 
beendigtem  Kriege  eingeschoben,  cf.  Krüger  pag.  73. 
Blan  sieht  auch  beim  ersten  Blick  auf  solche  Stelleu , 
wie  abgeschmackt  eine  solche  Annahme  wäre,  da  sie  von 
der  Art  sind,  dass  man  nicht  begreift,  was  den  Schrift- 
steller hatte  bewegen  sollen,  sie  spater  einzuschieben. 
Thiicvdides  schrieb  seine  acht  Bücher  Geschichte  nach 
Kiüger's  unwiderleglicher  Darstellung  in  Einem  Jahre 
nach  Beendigung  des  Krieges  (pag.  (jg)  (dass  er,  wie 
Krüger  meint,  bereits  gegen  das  Ende  der  04.  Olympiade 
gestorben  sei,  könnte  man  noch  durch  eine.  Stelle  des 
Tliuc.  selbst  bestätigt  finden  8,  (iS ,  wo  er  sagt,  Anti- 
phon habe  >oii  Allen,  die  zu  seiner  (lies  Tliuc.)  Zeit  ge- 
lebt ( rcJV  fie^o/i  ifiui),  auf  den  Tod  angeklagt,  am 
besten  sich  vertliei.digt ,  woraus  man  schliesseii  konnte, 
er  habe  den  Process  des  Socrates  uiclit  mehr  erlebt); 
ebenso  silnieb  ilerodut  sein  Werk  nach  dem  Jahre  420, 
in  ebenfalls,  wenn  auch  nicht  so  kurzer  Zeit,  ohne  Cül- 
lectanecu  [inuftviuhiTu)  vor  sich  zu  haben,  in  einem 
Alter  von  etwa  (lU  Jahren  (484 — 424),  Gerade  das  Ge- 
präge dieses  bejahrten  Älannesalters  trägt  sein  Werk 
überall,  aber  keineswegs  das  des  volligen  Greiscnalters, 
wie  es  nach  Dahlmann's  Annahme  pag.  4/,  erst  nach 
seinem  77-  Jahre  habe  er  geschrieben,  sein  mi'isstc. 
Vielmehr  zeigt  sich  neben  jener  reifen  Erfahrung  und 
Bedächtigkeit  noch  eine  gewisse  Frische  und  Fröhlichkeit 
lies  Genlüths  und  eine  bedeutende  Kräftigkrit  des  L'r- 
theiis  Dass  er  um  diese  Zeit  geschrieben,  scheint  auch 
eine  äussere  Bestätigung  dann  zu  rinden,  dass  verhält- 
nissinas-iig  die  meisten  späteren  Geschichtsdata  um  das 
Jahr  4,'.')  fallen  (Dahim  p.  41  —  4'..'),  iu  die  Gegenwart 
des  Schreibenden,  wie  es  natürlich  ist.  Auch  kann  er 
iiiiht  zu  lange  mehr  in  den  peloponii,  Krieg  hineinge- 
Icbt  haben,  da  verhaltnissinässig  desselben  n  enig  JCmah- 
nung  geschieht.  Er  erlebte  also  wohl  uorh  etwa  diu 
ersten  zehn  Jahre  desselben,  womit  Dionjs.  Ilalic.  de 
Thiic,  jnd.  G )  e,  5  2U  stimmen  seheint;  o  d  Akt'/.O.it- 
i/aooets  Jloödozoq,  yeuufiei'a.;  6Uyv>  71(jut£()ov  züiv 
Ufior/Mi',   nuofXTeiiai  de  iiix^}    f^y  üe'koTiüvPij- 


197 

fiiaVMV,  <I.  li.  iii<lit:  Ms  zum  pcloiioiiii.  Kriojjc  extlusive 
oder  iiirliisivc,  süiidorii  bis  in  den  peloj).  Krieg  hinein, 
etwa  bis  zur  Mitte  tlesselien. 

AVas  Ilerodots  Aorlesmigon  zu  Olvnipia,  Atlieii  iiml 
Korinth  aiibclriilt ,  so  sdlleu  «ir  uns  vor,  dass  er  bei 
«einem  Aufeiitliahe  in  Cirieelienland  allerdings  an  den 
benannten  OrU-n,  wie  nad'irlieli  ,  A'ielcs  von  seinen  bis 
dalli«  gemachten  Reisen  erz.'ililt  und  in  lebemliger  Hede 
vor  einem  um  ihn  »ersanimcKen  Publikum  voigelragen 
Iial>c,  iiar.li  Art  der  Sophisten,  die  wie  (iorgias  iölaani- 
deii;ili  maehten  Ol'vüvit^  ziu'i  vlutc.  Plat.  Ilii)]).  inai. 
pag.  282,  b.,  und  wie  Ilippias  ans  Elis  in  Olympia  iu 
jeder  Art  des  Vortrags  sich  zeigten  Cie.  de  Or.  3,  32, 
12(3.  127.  und  wie  ebenderselbe  die  d  (j  XUl  o'koyiuv 
in  den  Städten  iimherreiseiid ,  vortn-gen  Plat.  IIIpp.  mai. 
pag.  285,  «l-  Solche  öffentliche  A'ortrage  des  Ilerodot 
»urdeii  spater,  da  man  ja  sein  geschriebenes  "Werk  vor 
»ich  liegten  liattn,  in   Vorlesungen  umgedichtet. 

Nissen. 


Emcmlationen    zu     Thcokrit. 
1(1.  XXVIII  iiiui  XXIX. 

Unter  den  Theokritischen  Gedichten  gehören  Id.  XXVIII 
und  XXIX  gewiss  zu  den  vorzüglichsten ,  jenes  durch 
idyllische  Lieblii  hkeit,  dieses  durch  anscliauliche  Dar- 
stellung des  niiglücUIiihen  Liebhabers  in  dem  (j'rade  der 
Trunkenheit,  der  nuch  interessant  und  poetisch  ist.  Aus- 
serdem sind  beide  Gedichte  noch  merkwürdig  dadurch, 
dass  sie  nach  dem  Zeugnisse  des  Sclioliasten  und  der 
Sprache  selbst  im  Aeolischen,  d,  h.  im  Lesbisch  -  Aeo- 
lischen  Dialekte  geschrieben  sinil,  ausser  den  Fragmen- 
ten des  Alcacus  und  der  Sappho  unil  wenigen  Inschriften 
die  einzigen  Denkm.'iler  desselben.  Indess,  solange 
man  auch  schon  den  Aeolischen  Dialekt  dieser  Gedichte 
anerkannt  hat,  so  fehlt  in  den  Ausgaben  doch  noch  viel 
an  der  reinen  Herstellung  desselben,  und  mit  Recht  hat 
Seidler  im  Rheinischen  Museum  1829,  p.  1  N()  auf  eüie 
Anz.ili!  VOM  Stellen  aufmerksam  gemacht,  in  denen  die 
richtige  Acolische  Form  aus  ileu  Ilaiilscliriften  noch  nicht 
aufgcrnommen  ist.  Ich  könnte  die  Zahl  noch  vermehren, 
wenn  ich  nicht  vorzöge,  das  meiste  rein  Dialektische  auf 
eine  vollständige  Behandlung  des  Aeolischen  Dialektes 
aufzusparen,  die  ich  im  Laufe  dieses  Jahres  zu  liefern 
gedenke.  Jetzt  will  icli  nur  einige  A'erbesserungen  des 
bisherigen  Textes  mittheilen ,  bei  denen  meistens  der 
Sinn   bedeutend   betheiligt   ist. 

Id.  XX>'III,  V.  2  ist  (lie  alte  Lesart  yvvd.lil  vön^ 
oi'/.OKfSKtioaiv  au:;  i'l.nßuKo;  ohne  Sinn;  die  neuem  Aus- 
gaben haben  meistens  ywuti^tv  novo:;  geschrieben,  n'&cli- 
dem  Schott  novo;  in  einer  Handschrift  gefunden  haben 
wollte.  Indess  auch  iiierau  haben  Einige  mit  Hecht 
Anstoss  genommen  und  Conjecturen  ver^incht.  Doch  ist 
es  übcrllüssig,  in  eine  nähere  Kritik  einzugehen,  da  die 
wahre  Lesart  wohl  mit  Evidenz  aus  den  Varianten  bei 
Gaisford  sich  ergibt.  Es  haben  nämlich  für  oiy.(i)(f£- 
t.esooiv  ao;  der  Cod.  Mediol.  oiy.ujcpeKiarTaatoi ,  Paris. 
olxuxpEXia  aalaiv ,  2  Vatt.  ol/.vxfeXiouiaiv  und  o/zo- 
(feXai  Oatoiv  ,  wonach  mit  Sicherheit  so  zu  lesen: 


198 

rkavy.U';,  w  (f.i}.(,oty  dXuy.uia,  StIigov'A9avdai 
yi'vaii;tii  vöo;  ot/.üjcpeXiai  aloiv  tTii'-tioXo;, 
„0  Spindel,  Geschenk  der  Athene  für  Weiber,  deren 
Sinn  der  Häuslichkeit  beflissen  ist,  folge  tms  gel runt  clc. 
—  Das  Adjertivnni  oiyviCfeKlj^,  wenn  es  wirklich  nur 
aus  dieser  Stelle  geschöpft  ist,  wäre  demnach  aus  den 
Lexicis  zu  streichen. 

In  V.  y  ist  ilie  Form  JSiy.iia^  als  Adjcctivum  von 
ISiy.iac,  gegen  alle  Analogie;  das  wahre  Ntyiüag,  steckt 
in  der  Lesart  von  4  Handschriften  viy.ia  doct;  für  J\c- 
y.ieaq  ei^.  Es  ist  nämlich  Nr/.iuia  (akoxoi) ,  wofür 
nach  bekanntem  Aeolisniiis  Niy.iaa,  ganz  richtig  von 
ISiy.ia;  abgeleitet,  ganz  wie  iu  einer  Tliessalischen  In- 
schrift C.  J.  iir.  17()U  das  Patronvniicum  fJt'wro/rfait/o.; 
IloXsiiaoxtSaio;,  von  /7oAfji/«p;^/(5a?  und  iu  dem  liuc- 
otischen  nr.  Iä74,  1578  Knl.hijo:;,  latiiivifju; ,  Aui- 
OT/ijog  durch  Boeotische  ^Verwandlung  von  ui  in  ;?  für 
KaXhuiu;  von  KaXXiag  etc.  liueckh  erklärt  die  Ictzteu 
Formen   unrichtig  C.  J.   I,  p.  723,  b. 

In  T.  13,  14  ist  die  alte  Lesart  £/'<;  äxigag  ut'S  h; 
üegyuji  —  öo/iovi;  (seit  H  Stephanns  ddfwj;).  Die 
neuem  Ausgaben  haben  alle,  wie  es  .scheint,  ohne  lianil- 
schriftliche  Aiictorität  ä.y.iiju»;.  Allein,  soiiie  von  Seid- 
ler mit  Recht  aus  den  Handschriften  der  Aeolischc  Ac- 
cusativ  dviioig  hergestellt  wird,  müsste  es  amh  f'/j/xii; 
und  digyo/;  heissen.  Jedoch  ist  vielmehr  die  Lesart 
von  drei  Ilandschnfteu  dboyuj  aufzunehmen  und  zu 
schreiben : 

ov  yag  et;  äyigai  ovo'  ig  digyoj  y.sv  kßol.h'tjicft 
ÖTvdaai  es  öd/ioti;  äfitieTtga^  elaat  äno  x^ovö;. 
Im  letzten  Verse  habe  idi  nocjji  öriadai.  {ni[eT  ÖTldaoai) 
geschrieben,  weil  die  fehlerhafte  l'erdoppelung  in  OTTTvd-- 
oat  gar  nicht  vom  Averse  verlangt  wird,  ausserdem  das 
Aeolische  afii^ETtga;  für  df.ieiigug  aus  dem  cod.  Paris, 
restituirf. 

In  Y.  24  ist  die  alte  Lesart:  XEivo  yug  ri;  ioEuu) 
n  OTidiijv ,  wofür  seit  Brunck  aus  der  Aldina  geschrieben 
wird  uuii  Tij).  Indess  ist  tu)  hier  weirig  gefällig',  zum^l 
in  der  Arsis ;  auch  ist  nicht  71  urit^i'il' ,  sondern  das  ge- 
wöhnliche 7igo;ihv)V  Lesbische  Form;  endlich  deutet 
die  Variante  des  -cod.  rtlediol.  und  Vat.  TlooEt'öujv  auf 
weitere  Corrnptel.  Bcrgk  im  neuesten  Hefte  des  Rhei- 
nischcu  Museums  VI,  |,  p.  40  verwuthet,  nicht  mit  ge- 
wohntem Glücke,  y.ijvo  yug  ri;  iget  o\  uj  :ioriöaii , 
und  bemerkt,  dass  auch  G.  Hermann,  ich  weiss  Dicht 
«o  und  wie,  eine  Emendation  versucht  habe.  In  der 
liolinung,  mit  diesem  nicht  wieder,  wie  es  mir  früher 
auf  eine  unangenehm  auffallende  Weise  ergangen  ist,  zu- 
sammenzutreffen ,  emendire   ich  : 

xijuu    yug     ttg    egei    To'jTiog  t'öwv  o',  'H  fiiydi.u 

xdgiQ 
öojgn)  ^iv  okiyij) ,  nuvra  de  Ttuard  tu  Trag 
Cfikojv. 
Die  Corrnptel  entstand  leicht  aus  Missverständniss  der 
Dorisch- Aeolischen  Krasis  von  zo  SlTo;  in  zu'jrco;  (cf. 
vi^  V.  1?)  ;  TIUUTU  ist  nach  den  Handschriften  für  r/- 
liüvra.  geschrieben  ,  weil  diese  Formen  bei  ilen  Aeolcrn 
entweder  gar  nicht  contrahirt  werden  ,  oder  doch  wenig- 


199 


200 


»teus    nach  Dorisrlicr    AVoisc  «f  in  r^.      Ucbor  ilic  Ver- 
läiifpruiig  von   tl'f   habe   ich  aniU-rHärts   gesprochen. 

1.1.  XXIX,  V.  5,  G  tu  yuQ  ijuiOf  lä;  Coia^  i/w 
^r  TUV  OiU'  idfav,  lasst  sich  mir  scJiwiorig  erklären, 
«esshall)  auch  Brunck.  r«.;  0«s  töta^  corrijfireii  «ollie. 
AVuesleiiiann  erklärt:  liiit  ex  Ina  forma  i.  c.  per  <c ; 
«Heia  mau  liei;rpift  nicht,  «ie  der  Accusativ  ilas  bedeu- 
ten kann,  und  bei  IJernhardi  M.  S.  p.  108,  den  er  ci- 
firt,  finde  ich  nichts  Aehuliciies.  Allenfalls  könnte  man 
einen  Arcusatic  der  AVirknng  herausdeuten:  die  Hälfte 
meines  Lebens  teil  so,  dass  Dein  Anblick  ihr  Leben  ist. 
Vlleiii  (las  »i.'ire  diicli  ein  sehr  künstlicher  Ausdri/ck,  za- 
inal  fiir  die  trunkene  Oilenherzi^keit.  Ausserdem  ist  i^/J  ' 
keine  Aeolisclie  Form;  es  mi'issic  vielmehr  C«'  heissen, 
wie  "/ll.ui  cf.  Aeue  ad  Sapph.  p.  30;  aber  auch  dieses 
ist  nicht  «-ahrscheinlich  «cgcn  Ct»;;^  v,  20.  —  Die  rich- 
tige Lesart  hat  ein  cod.   Vatic.   erhalten: 

rö  yvLo  ijuiov  itii  CoTa<;  ix"^ 
Zä  reu  oui>  iöiav  tu  ö£  }.oi7iuv  airoA.ETO. 
J)ie  Präposition  ötci  lautete  nän)lich  bei  den  Aeolern 
s«,  wie  C«  oVt'/Ätvi',  Cd  Vf'/.TUi  bei  Joann.  Gr.  im  Hort. 
A«h  f.  L>44,  a  cf.  Et.  M.  407,  18.  So  findet  sich  jetzt 
nur  noch  in  Coinpositis  La£f  eio.iictv  .Sapph.  '>'2.  fi.  für 
'"»iff.li^unrv,  so  ivie  Sapplio  nach  Ann.  Ox.  IV,  323,  27' 
äucIi  ZüfjC'.TOi  für  öidcjaroc  sagt;  endlich  Ale.  '_',  31. 
f.atao:  Cäörl.ov  für  blät^ifKov ,  «elches  man  noch 
nicht  richtig  verstanden  zu  haben  scheint.  Es  hängt  mit 
f^wör/ ,'  oiial  zusammen  und  heisst  zerrissen.  —  Der 
^inn  unserer  Stelle  ist  demnach  ganz  einfach :  die  Half  te 
meines  Lebens  habe  ich  durch   deinen   Anblick.  ^ 

In  V.  2'>  ist  die  alte  Lesart:  lilKu  TCtoli;  Ültakui 
rnouu.TO^  Oc  Tisdcoxouai,  ohne  3Ietrum  und  Sinn.  In 
den  andern  Ausgaben  ist  meistens  die  Conjectur  von  Ca- 
sanbonus  aufgenommen  df.K  aTtoit.  Allein  der  Sinn, 
den  Wucsteniann  angibt  :  ego  ori  tuo  firmiter  adhaerebo 
i.  e.  tibi  addictus  ^ro,  lilsst  sich  nolil  kaum  herausbrin- 
gen. Denn  ÜJTcÜmv  arölia  mnss  doch  «ojil  im  eigent- 
lichen Sinne  vom  zarten  I\Iunde  und  Kusse  des  geliebten 
Knaben  verstanden  «erden,  und  dann  ist  ein  scheinender 
■Widerspruch  in  cirroi^  und  neStoyouctl.  Die  Iland- 
kchriften   haben   Tiioi\  danach  lese   man: 

a/./ä  ncg'  ü:ic.Koi  aiüiiaroq  ae  TtiÖEpyoi^iat, 
A.  i.  ich  gehe  dir  nach  deines  zarten  Mundes  vegen. 
Das  aeolisch  clidirte  nco  verdoppelt  in  der  Aussprache 
so  gut  sein  o,  "  ie  in  TlKjijoyoc,  bei  .Sapph.  fr.  ()'.l.  — 
Im  folgenden  ^'erse,  bemerke  ich  noch  beiläufig,  ist  das 
viel  angeforlitcne  viiluodtjV  vollkommen  unverderbte 
Aeolischc  Form  für  diunvrodivc'.l  mi  Sinne  des  Im- 
perativ. 

Ilfcld.  //.   L.  Ahrens. 


der  fiescliiditc  der  ^Nachfolger  p.  r)49  er«ahnt,  auch  dort 
die  Plinianischc  Stelle  angeführt  «orden  ,  nach  «elcher 
bereits  Kassander  gegen  sie  gek/impft  hat.  'Wahrschein- 
lich ist  eine  beib'iufige  Aotiz  über  sie  ans  dem  Cheriones 
des  Komikers  Knliij)pns  nodi  .'ilter.  !Nach  Atben.  IUI, 
p.  34(i  c.  erz.'ililte  in  dieser  Komiidic  ein  IMacedonischer 
Befehlshaber  unsinnige  Ucbertreibungen  von  einem  gros- 
sen Fisch:  «eun  er  eingefangen  sei,  in  seinem  lini- 
fange  grösser,  als  die  Insel  Kreta,  so  kämen  die  um- 
«olinenden  l'illker  SivSoi's  (sc.  2ivTOl<i  v.  Step.  l!yz.  V.) 
Aiy.iat's^  ^IvySuviovs ,  Kpavaoig,  fiacfloig,  iiiiil 
fällten  Holz  tinuTav  ßuaiXsli  eij-'i]  zuv  fnyav  i'y^üt^ , 
dann  «erde  ein  ungeheueres  Feuer  angemacht  u.  t.  w. 
Der  Andere  antivortete  darauf: 

l'l'XQOV    XOVTl 

naroai  qvaiiiv,  Mic/.i?iujp  c'.qx'J^v 
oßlvvv  KikTOii  uij  X(joqy.eL'07jg. 
Es  scheint  nicht  glaublich,  d^ss  diess  von  dem  Pcrscr- 
kiinig  gesagt  sei ;  ebenso  « cnig  mochte  ich  mit  Hleinecke 
qnaest.  Seen.  111,  p.  1 4  an  den  König  Gervunes  den- 
ken, vielmehr  scheint  unter  diesem  Kansen  der  gewaltige 
König  selbst,  von  «rem  jener  Ma'/.i8u)V  dQ%(jjV  spricht, 
niaskirt  zu  sein.  Und-an  «en  könnte  man,  «enn  ein  Ula- 
cedonischer  Grossthuer  so  von  seinem  Könige  prahlt  und 
dabei  die  eben  genannten  A'ölker  als  dienstbar  er«ahnt, 
au  «en  könnte  man  anders  denken,  als  an  Alexander? 
Und  zwar  « ürde  jener  Kreis  von  Völkern  ,  der  in  den 
Sintern  und  IMvgdoniern,  Thraeier  und  Blacedouier;  in 
den  Kranaern  iiahrscheinlich  die  Athener  erkennen  lässt, 
ohngefalir  ilie  Zi'it  des  Stückes  erratlien  lassen;  nach 
dem  Jahre  330  «ürden  geiviss  Perser,  Bieder,  Inder  u.  s.  «. 
nicht  fehlen  dürfen;  man  könnte  praeter  propter  das  Jahr 
dieser  Komödie  auf  332  bestimmen.  Aber  um  liiesc  Zeit 
Sassen  die  Gelten  noch  am  adriatischen  Hleere  und  schick- 
ten von  dort  aus  33'J  3"  Alexander  eine  Gesandtschaft 
an  die  Donau;  damals  fragte  sie  der  König,  «as  sie  am 
meisten  fürchteten?  er  meinte,  sie  «ürden  ihn  nennen; 
sie  aber  sagten  :  dass  der  Himmel  einfalle,  aber  Freund- 
schaft mit  einem  Helden,  « ie  er,  zu  schliessen,  «nnsch- 
ten  sie  sehr  (Ptolemäns  bei  Sirabo  VII,  p.  82  cd.  Tauch.). 
Sollte  sich  nun  obige  Antwort  aus  Epliippus  auf  irgend 
eine  andere  Fassung  dieser  Anekdote  beziehen?  —  We- 
nigstens an  eine  viel  spätere  Abfassung  des  Geryones 
darf  man  auch  darum  «ohl  nicht  denken,  da  Epliippus 
schon  vor  300  Komödien  aufführte.  Uebcr  die  Form 
Geryones  si^U  Geryon  (tergemini  vis  Geryonai  Lucret. 
V,  28  und  ter  amplum  Geryonen  Horat.  2-  C.  XIV.) 
s.   Hluseum  crit.   II,  p.   258. 

Joh.  Gast.  Droijsen. 


7m\-  Gcscliichle  der  Cciten. 

Dass  die  Cellen  schon  geraume  Zeit  vor  ihrem  gros- 
ien  Einfalle  iia<h  Macedonien  und  (iriedienland  den 
Lttndero    im  Süden  des   Ilämus    gefährlich   «arcn,    ist  in 


Persoual-Chronik  uud  Miscclleu. 


Ebnung     des    Bodens    um 
Kurzem   ein    römisclicr 


F.  tili  n  gen.    tO.    Februar.      B 
die   Spiiincrci    in   EKlinpen    wurde 
Altar  mit  4  zicmlicli  «oblctbaltcncn  Figuren   nfebjt  einigen  Uu 
tcrslückcn   .iiil(;elundcn. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  t  er  tli  11  ms  wissen  Schaft. 


Freitag,  1.  März 


18  39., 


Nr.  26. 


Eiiripirics  Jlelcnfl. 

Beitrüge  zur  Kritik,  "luul  F.ikl.iiiuiL;  dieser  Trngiidie. 
l''on   C.   G-.  Firnhaler. 
2.     Krilih  des  Textes. 
a)  Die    Angriffe    Harinng's    in    der  '\'orro(le   zur  Ipliig. 
in  Aal.     (Erlangen   1837). 

Ohne  uns  mit  einem  allgemeinen  Urtheile  über  «lioss 
merktriirdige  Bncli,  dessen  Zweck  is<,  unzaliligo  Inter- 
polationen im  Euripides  iiaclizinvcisen ,  jetzt  zu  befassen, 
wollen  wir  hier  nur  diejenigen  Stellen  in  n.'iherc  Erw.'i- 
gung  zielien,  welclie  Hr.  Härtung  in  jler  Helena  für  in- 
terpolirt  lialt:  es  wird  freilicli  schon  hieraus  erhellen, 
wie"  willkürlich  der  eben  bemerkte  Gelehrte  verfahren 
ist.  Es  scheint  uns  liohe  Zeit  zu  sein,  einen  Damm 
gegen  die  WUlkürlichkeiten  zu  bauen,  die  man  seif  einem 
Quinquenninm  in  der  Kritilc  der  Tragiker  Nwahrnehmen 
kann:  niclit  allein  dass  mau  unzälilige  Conjecturen  cin- 
KUschiic'irzcn ,  einzelne  Worte  zu  venh'iclitigen  sucht ,  der 
individuellen  Bleinung  werden  ganze  .Sätze,  Reihen  von 
l'ersen  zum  Opfer  gebracht.  Es  ist  eine  gar  verführcri- 
Bche  Sache,  man  kann  bei  einer  sohhcn  Kritik  einen 
grossen  Aufwand  von  Scharfsinn  und  Gelehrsamkeit  zei- 
gen, man  gibt  sich  damit  den  Anschein,  als  habe  man 
längst  die  erste  Stufe  verlassen,  auf  welcher  man  noch 
Liebe  zeigte  zu  dem  Ueberliefertcn  und  dem  alten  Worte 
anhing,  dass  die  Verthcidigung  einer  haiidschr.  Lesart 
bosser  sei,  als  ein  Dutzend  Conjecturen.  Sicht  man  das 
Verfahren  einer  Partei  der  jetzigen -pliilologischeu  Welt, 
go  weiss  man  wahrlich  nicht,  wohin  es  führen  wird,  und 
CS  kann  der  Zeitpunkt  dann  nicht  mehr  fern  sein ,  wo 
wir  nicht  melir  Euripideische ,  «lurcli  Handschriften  und 
alte  Editionen  uns  -  überlieferte  Worte,  sondern  ein  («e- 
uiisch  von  wer  weiss  was  für  Ausgeburten  einer  nach  den 
Regeln  alter  und  neuer  Kunst  richtender  Scliulweisheit 
haben.  Die  Unruhe  im  politischen  Leben  geht  zu  Ende, 
fangt  man  nun  an,  in  der  alten  Literatur  das  Bestehende 
zu  Unterst  und  Oberst  zu  kehren  i  Freilich  scheut  man 
sich  nicht,  auch  hier  die  Polizei  zu  vcrdilchtigcn  und 
sie  mit  dem  wegwerfendsten  Hohne  zu  , behandeln:  wagt 
CS  doch  Hr.'  Härtung  selbst  über  Goftfr.  Hermann  p.  15 
den  Stab  zu  brechen,  weil  dieser  Gelehrte  Stellen  zu 
vcrtheidigen  wagte,  die  vor  dem  Ilichterstuhle  der  un- 
gcmesscDstcn    Willkür    allerdings    keinen    Stancl    halten  : 


das  soll  uns  aber  nicht  abschrecken,  offen  unsere  An- 
sidifen  über  derartige  Angrillo  zu  Tage  zu  legen ,  mag 
dann  auch  von  uns  gesagt  werden,  was  Härtung  in  Be- 
zug auf  Hermann  sagt,  vix  tarn  tenue,  tani  vitiosnm,  tarn 
ineptum  absnrdumcinc  invcniri  potest,  quod  ille  non  Eu- 
ripide  dignnm  esse  conservandumque  et  roncinnandum 
statncrit:  ist  das  Urtheil  über  uns  ebenso  willkürlich, 
wie  über  Hermann,  so  werden  wir  darüber  ganz  ruhig 
sein ! 

Der  erste  Angriff  geht  auf  v.  744  bis  760;  scrhszelin 
l'ersfi  sollen  gestrichen  werden.  Es  sind  diejenigen, 
welche  oben  in  der  Enarratio  von  uns  berücksichtigt 
worden  ,  mit  denen  der  Diener  des  Mcnelaos  auf  die  Man- 
tik  losgeht.  Der  (Jhor  stimmt  mit  einigen  Worten  der 
Ansicht  (\es\4yys}-'ko<;  bei,  auch  diese  finden  keine  Gnade 
vor  Hrn.  Härtung,  denn  er  erklärt  Alles,  was  in  den 
Scliriften  des  Euripides  gegen  die  Meinung  des  Volks 
über  Götter  und  götlliclie  Dinge  vorkommt,  für  unter- 
geschoben, von  den  Philosophen  an  den  Rand  geschrie- 
ben und  nachher  in  den  Text  gedrängt  und  gezwängt. 
Seine  Beweisführung  lauft  darauf  hinaus:  Enrip.  kann 
nicht  über  dieselbe  Sadie  Zweierlei  sagen:  er  kann  nicht 
lienfe  Unglauben,  morgen  Glauben  zeigen:  spricht  er  also 
an  andern  Stellen  über  die  göttlichen  Dinge  mit  Ehr- 
furcht, so  kann  er  nicht  anders»  o  mit  Leichtsinn  darüber 
reden.  Hier  müssen  wir  zuerst  gegen  den  ganzen  Schluss 
protestiren.  Wenn  ein  Tragiker,  überhaupt  ein  Drama- 
tiker redet,  so  redet  nirlit  er,  sondern  die  Personen  bei 
ihm:  nnzähligemal  würden  wir  einen  Gedanlven  dem 
Euripides  verdenken,  der  uns  in  dem  Munde  der  von  dem 
Dichter  dargestellfen  Person  wohl  zusagt:  wie  ver- 
schieden sind  zum  Beispiel  die  Ansichten  über  die  He- 
lena in  seinen  Stücken,  je  nachdem  von  ihr  der  Menclaos, 
oder  Orestes,  die  Andromache  oder  llermione,  die  Hc- 
cuba  oder  Tyndarus  oder  der  Chor  redet.  Wer  desshalb 
den  Dichter  der  Inconsequenz  und  Unbestimmtheit  an- 
klagen wollte,  würde  sehr  Unrecht  thun.  Andere  Bei- 
spiele machen  das  noch  deutlicher.  Wenn  der  Dichter 
über  Staatsverhälfnisse  redet,  so  gibt  er  seinen  Personen 
natürlich  verschiedenartige  Ansichten,  denn  nur  daraus 
entwickelt  sich  der  Dialog:  Sophocles  gibt  daher  dem 
Kreon  ganz  andere  Grundsätze  ,  als  dem  Haemon  und 
dem  Chore  in  der  Aniigone:  Euripides  eutivickelt  nn 
Demophon  ganz  andere  Ideen,  als  im  Koprcus.  Ver- 
schiedenheit der  Ansichten  in  Bezug  auf  Ehe  kehrt  ge- 
nug bei  ihm  wieder:  wie  ganz  anders  urtheilt  die  Me.lea 


203 


204 


«larillier,  als  iler  Jason;  die  Antlromache  anilirs  ,  als  die 
Ilennione:  wie  vcrscliiedeii  sind  die  G'edanken  in  der 
Lrnst  des  Adnietus  von  denen  des  Eunielns,  nie  li«lt 
bald  Einer  Ehe  nnd  Kinder  fiir  ein  (iliick,  l>ald  ein 
Anderer  fiir  ein  Liij;lii<  k.  ^Vollte  man  also  den  Sililiiss 
jnaehen  ,  »eil  Enri|>.  von  einer  Saelie  liier  so  geredet, 
so  kann  er  dort  nirlit  anders  reden,  so  hcisst  das,  ^'e- 
radezu  es  dem  Dirliter  nnniüj;licli  machen,  einen  Dialog 
lu  geben.  L'nuiü;;lirli  kann  der  Dichter  fiir  alle  seine 
"Worte  verantivortlirh  gemarlit  »t erden:  das  ist  gerade  die 
Vortreiriiclikeit  desUi<hters,  die  Charaktere  ganz  getreu 
zu  schildern;  sind  die  Charaktere  nur  in  sich  treu  ge- 
•childcrt,  so  ist  Alles  gut.  Enrijjides  gibt  die  fllensihen, 
wie  sie  sind:  die  ^Vallrheit  darf  er  nicht  verletzen,  l'n- 
«ahrscheinlichkeiten  flieht  er:  aber  freilich  nach  Hrn. 
llartuiig's  conseqnent  durchgeführter  ."Meinung  würde  Eil- 
ripides  vor  den  Ilichterstuhl  gestellt  sein:  da  er  nicht 
mehr  vor  einem  Zuchtpolizeigerichte  erscheinen  kann,  so 
streicht  man  ihm  Alles,  was  nicht  in  den  Kopf  passt: 
man  wird  nnivillkürlicli  au  die  fllenzcrsche  Sache  der 
ueuern  Zeit  erinnert. 

AVenden  wir  dicss  auf  die  verdäi  litigten  A'orse  der 
Helena  an,  so  oitisstc  nnsers  Erachtcns  Ilr  Härtung  be- 
neisen, dass  die  Worte  in  dem  ■Munde  des  Boten  un- 
möglich seien  ,  dass  mau  sich  einen  Menschen  seiner 
Klasse  gar  nicht  so  philosophirend  denken  könne:  das 
fi'eilich  »iirile  ihm  sehr  schwer  geworden  sein :  es  nmchto 
.Menschen  der  Art  genug  geben,  «eiche  bei  so  eüatau- 
feii  ISeispielcu  von  lliizulüiiglichkeit  der  ftjantik  den  allen 
Kiihlerglaubeu  aufgaben,  »»enigstens  einen  Zweifel  aus- 
zusprechen sich  niclit  scheuten.  W  ird  damit  schon  der 
allgemeine  Glaube  aufgehoben,  nenn  ein  Bote  eine  solche 
Ansicht  äussert?  Wird  die  Lojalilt'it  der  guten  Bürger 
angegrilTen,  wenn  Göthe  in  seinem  Egmont  den  Schnei- 
der lose  Worte,  wie  Freiheit  und  (ileichheit  etc.,  im 
Munde  führen  lüsst  ?  und  hier  meint  lir.  Härtung,  noD 
tulisset  theatrum  Atheniensinm  tragoediam  tarn  fastidiose 
de  divinatioue  disserentein  !  Es  ist  wirklich  ein  abet- 
theucrlicher  Gedanke.  Der  ganze  yiyytko^  ist  so  vor- 
treülich  als  ein  guter,  alter,  treuer^  einfältiger  Diener 
Tom  Dichter  geschildert,  dass  kein  Athenienser  hierin 
»ird  die  Ansicht  des  Eurip.  ge«  ittert  haben,  und  keiner  sich 
dadurch  wird  von  seinem  allen  Glauben  haben  abbringen 
lassen.  Freilich  rümpfen  auch  wohl  in  nnseru  Tbcalern 
gewisse  Leute  ihre  Aasen  über  Göthe'schc  AVorte:  hat 
sich  dadurch  jemals  der  Dichter  zu  andern  (iedankeil 
verleiten  lassen?  Zeloten  aber  werden  ehenso  gut  im 
alten    Athen,    wie    im   neuen   Europa   das  Theater   nu'idcu? 

Worauf  stützen  sich  Hrn.  Ilartungs  Verdanimungs- 
gründc  weiter?  Incpte  haec  disputantur  a  iamulis.  adstau- 
tibos  tarentibusciue  doniinis:  also  das  Sc  litt  eigen  der  He- 
lena und  des  Eurip.  macht  diese  >Vorte  zu  ineptiis?  Wen» 
wir  die  Sache  luiii  umdrehen  und  es  dem  Euripides  zum 
Verdienste  anreclinen,  das»  er  nur  den  ungebildeten  Al- 
ten so  hat  reden  lassen,  der  also  höchstens  eine  niedere 
Klasse  repräsentiren  konnte,  dass  dagegen  Helena,  die 
gebildete  Königin,  den  besten  Glauben  zur  T lieonoi-  zeigt, 
was  will  Hr.  Härtung  dagegen  sagen?  Wir  denken  doch 
auch,  dass  die  beiden  Leute  ganz  Anderes  jetzt  zu  tliiin 
hatten,    als  sich  in  Widerlegungen    eiiizuii.-'seu:    oder   ist 


Hr.  Härtung  einer  derjenigen  Rigoristen,  welche  in  der 
allen  Tragödie  keine  lebhaflc  Gestikulation  und  freie 
Action  deiiken  können,  ohne  zu  beben,  hier  also  der 
Ansicht  sind,  dass  Helena  nnd  31eneIaos  ganz  steif  da- 
stehen und  die  AVorte  des  altklugen  Dieners  vernehmeu} 
AVir  glauben  das  nicht,  werden  aber  noch  tieiter  unten 
Gelegenheil  haben,  hiervon  zu  reden.  Hier  nur  noch 
die  Fraije  ,  tias  Ii<'itte  denn  BIcnelaos  oder  die  Helena 
den  Gedanken  des  Alten  entgegensetzen  sollen  !  Ist 
nicht  das  Factum  ivirklich  ein  der  i^Iantik  den  Stab  bre- 
rhendes  ?  Hören  wir  aber  weiter:  absurde  haec  inscruntiir 
ci  fabulae ,  in  qua  taiitae  sanctitatis  vales  Theonoi'  celc- 
bratur.  >un  erhellt  aber  erstens  schon  aus  dem  übigen, 
dass  der  Schliiss  falsch  sei  „weil  in  der  Theonoe  ein 
gefeierter  vates  dargestellt  tvird ,  so  kann  der  Bote  niclit 
über  die  vates  das  ^VrdammungsurtheLl  sprechen",  denn 
der  .lyyELOi  bleibt  stets  nur  eine  einzelne,  auf  die 
übrigen  handelnden  Personen  eiiillnsslosc  Ansicht ;  von 
ihm  aber  sehen  wir  kein  A'ertrauen  zu  der  Thcoiioi-  äus- 
sern ,  »velche  er  ja  gar  niclit  kennt,  und  thite  er's ,  so 
würde  uns  selbst  das  nicht  auffallen.  Es  gibt  Charaktere 
dieses  Standes,  die  iver  tvciss  wie  vorurtheilfrel  einmal 
denken  und  reden ,  aber  von  A'orurtheilen  gleich  tviecler 
heimgesucht  werden,  sobald  sie  im  gleichen  Falle  auch 
Landein  sollen.  Ztveitens  aber  ist  der  A^ergleich  zivi- 
sclicn  der  Theonoö  und  denjenigen  ^luvisic,  ,  wovon  der 
Alte  redet,  ein  von  Hrn.  Härtung  ganz  willkürlich  ge- 
zogener. Der  Unterschied  zivischen  beiden  Parteien  ist 
sehr  gross ;  darauf  führt  die  das  ürtlieil  des  Boten  gut- 
heissende  Anttiort  des  Chors  —  cfer  hier  überhaupt  beim 
Ucbergaiige  von  einer  Sceiie  zur  andern  nacli  scenischen 
Grnndsiitzeu  gar  nicht  fehlen  kann;  —  allerdings  könnte 
der  Chor,  der  oben  selbst  den  Rath  ertlieilte,  zur  Tlieo- 
noe  zugehen,  und  in  der  Erscheinung  des  iMenelaos  jetzt 
die  Sehergabe  dersellien  walirncbuieii  niusste,  sein  ür- 
tlieil nicht  so  abgeben,  ivenn  er  nicht  ztvischen  den  ge- 
wiihnlichen  f^KiKii^  und  der  Tlieoiioc'  unterschiede.  Sie 
ist  ihm  V.  317  ;;  xa  ndvc  STiiOtacai ,  rfji  nuiiici^ 
lSl](jr()o-;  S'/.yuvoii  v.äotji,  und  von  ihr  halte  auch  der 
Zuschauer  eine  audere  Jclee,  naehdeui  gleich  Anfang» 
Helena  ton  ihr  r.  13  gesagt:  zu  dtia  yäo  T(C  T  övra 
y.ai  fäkl.ovTWiTdiiT  tj:iroruTo  Tigoyovui'  i.ußov  aa 
'  I\' i;  {I  f  o)  g  r/jU«5  ncioa.  A'ergl.  die  Worte  der  Dios- 
ruren    1()47;  ij   vhdi  A'iiojjdoQ  iy.yqvoi  y.üoi^. 

Endlich  aber  betveisen  noch  andere  (iründe,  dass  an 
Vernichtniig  dieser  Verse  gar  nicht  zu  denken  sei.  Ein- 
mal ,  «eil  kciiiestvegs  au  dieser  einen  Stelle  nur  Euripi- 
lies  so  redet.  Auch  sonst  legt  er  seinen  Personen  tadelnde 
Acusserungen  in  den  [Mund.  AVir  wollen  liier  nur  an- 
führen Phoeii.  77:^:  Toi  fxtv  ydp  )}äiii;  £i  koyoi'i  üifi- 
i-exui  (sc.  Tiresias),  eyu>  Öh  ii%vi]v  ^avriy.iiv  ifiSfA' 
tpdf4i^p  ijölj  Tlfjog  uvTov,  'caozi  ftut  uafKpu:,  ixciv  — 
und  ilippol..  lUö>i:  Toii  ö'  iTlhc»  y.doa  (fo/TOjUTai 
öuvii  nül.k  iyü>  %ainiiv  liyuj;  an  beiden  Stellen  sind 
es  die  AVorte  der  leiiienscluifllichen  Herrscher,  die  zu 
einem  gewissen  Grade  des  menschlichen  Uebermuths  ge- 
kommen sind;  man  hat  sie  bisher  nie  ihnen  streichen 
wollen,  "weil  man  einsah,  dass  derartige»  sich  selbst 
stürzt.  AVenii  nun  Hr.  Härtung  dort  die  Verse  dem 
Charakter   der  Kcdcndeu  zu  gute  hält,   warum  .nicht  eine 


205 


206 


floirlic  LllipralKat  auch  liier?  Oiler  will  er  ilort  aiidi 
Blreirlipii  ?  Fcriior  al>er  fällt  «lie  gfaiizc  An.s<liiil(Ii;(iiii)j 
r.usainiiicii ,  da  siIkiii  Sopliorles  iia«  h  dem  Zi-iigiiissi-  «los 
Stralm  \1V,  j).  ti4.>  (s.  Ilrnii.  |)rarf.  X^'ll )  in  seiiipiu 
Kt  tvi:^  (tn  ciiiro/;  \>rMo\ten  .Stcickp  eine  Anfeindung; 
<I.T  iVlaiitik  gej;elien  liaffe:  kiyfl  d'  UVTO  ^uCfOvJSji 
IV  Iwlir;  dncuTi'joei  w;  fifia(>iicvov  inj  diiodavsiv 
orc.i  yjiiiTTOVi  tc.fiov  /läiTli  'itoni'xj;-  Wnrfc,  die 
auf  den  Stririf  ziiisclien  Kalihas  nnd  iMoiisiis-pelieii  ,  der 
.»llerdings  viel  (irlegenlieit  darliof,  iiber  die  Unfelilliar- 
keit  der  iiovifl^  ein  spottend  W'itrt  zu  sagen.  Was 
liier  dem  Sii|)!ioclcs  fcstattet  werden  inuss,  das  sollten 
«ir  liei  einem  gleichen  Sdid'e  dem  Enripides  nicht  ge- 
gfatten?  iVach  diesem  Allen  kipiiiien  wir  in  diesem  ersten 
Beispiele  der  lernichtenderi  Kritik  Hrn.  Härtung  nicht 
liei^^liniiiien  ;   sehen   wir   die    übrigen. 

Die  Scene  zwischen  den  Gatten  nnd  der  Theonoe 
V.  855  —  1U30  hat  bei  Hrn.  Härtung  besonderes  Unglück 
gehabt;  er  bringt  wirklich  die  Summe  von  zwanzig  Ver- 
sen heraus,  die  unter  seinem  Messer  fallen  iniisscn :  bis- 
her hatte  keiner  an  der  Integrität  derselben  gezweifelt, 
aber  die  Kritik  des  Hrn.  Härtung  ist  unbarmherzig.  Zu- 
erst streicht  er  v.  892  und  893.  Ridiculum  est,  (juod 
Theono^,  cum  iiiitio  nihil  aliud,  quam  ut  ipsa  salva  tu- 
tacjue  sit ,  prospexerit ,  postmodum  se  pietatem,  rebus 
ceteris  posthabitis  omnibus,  iinice  colere  et  respicere  tarn 
Diagnifice  gloriatnr.  Delendi  igitur  sunt  versus  intcm- 
pestive  additi 

rinoövx^  otiij;  er  toi' itür'<(Offfy.XüJg  '/'' v 
Der  Schliiss  Iiält  keine  Probe,  denn  l.'icherlicli  kann  das 
utimiiglicli  sein ,  wenn  eine  ücliwester  anfänglich  dem 
Bruder  nur  gehorchen  will,  nachher  aber"  durch  ilie 
Redekraft  zweier  .Menschen  zu  einem  andern  Entschlüsse 
gebracht  wird.  Es  ist  ilas  allerdings  eine  Aenderung 
iler  urspriiiigliclien  Absicht,  die  wir  aber  beim  Enripides 
sehr  oft  antreflen,  überall,  wo  er  in  seinen  Dichtungen 
die  Hercdfsauikeit  —  wir  meinen  so  eine  gewisse  eloqucii- 
tia  fiirensis  —  Triumphe  feiern  lässt.  IMaii  denke  nur  an 
Tliesens  dem  .4drast  gegenüber  in  den  Supplices.  Lächer- 
lich wurde  man  das  nennen  können,  wenn  Theonoe  ohne 
Weiteres  von  der  einen  zur  andern  Ansicht  überspränge, 
hier  aber,  wo  es  zwei  rtJenschen  darauf  anlegen,  sie 
7Aim  IMitleid  zu  bewegen,  und  so  gewichtige  Gründe  für 
ilirc  ISitten  beifügen,  kann  von  Lächerlichem  nicht  die 
Rede  sein.  Theonoö  steht  der  Helena,  trotz  des  langen 
Beisammenseins,  noch  immer  fern:  sie  steht  ilem  Bruiler 
weit  näher,  als  der  Frenidcn  ,  hat  ihr  keine  .Mittel  bis^t 
her  gezeigt ,  dem  Unglücke  zu  entrinnen ,  keinen  Trost 
gegeben,  nein!  sie  an  den  Grabhügel  ungehindert  (liehen 
lassen.  Alles  dem  Schicksale  überlassen:  sie  begünstigt 
dalier  ursprünglich  nur  die  Absichten  des  Theoklyinenos. 
Bei  dem  Charakter  dieses  Le(ztern  kann  man  sicherlich 
auch  annehmen,  dass  er  dem  Befelile,  sie  solle  ihm  die 
Ankunft  des  IVlenelaos  melden  ,  Drohungen  beigefügt 
haben  werde,  die  er  am  Ende  tles  Stückes  wirklich  aus- 
führen will,  und  die  zum  mindesten  der  Schwester  wür- 
den das.  Leben  gekostet  haben.  Sie  hat  ihtn  auch  das 
Versprechen  gegeben,  denn  sonst  würde  er  sie  nachher 
nicht  immer  eine  TCQOÖovau  nennen  können.    Nun  kommt 


sie  ans  dem  Hause.  Wesshalbl  um  den  A'orsatz  unauf- 
gefordert anzukündigen,  dass  sie  schweigen  wolle?  Aber 
sie  hat  ja  das  Andere  versprochen!  Nein!  sie  spricht  es 
selbst  ans,  sie  ist  noch  iinschlüssig,  was  sie  tbiin  will: 
dennoch  trägt  das  dem  Bruder  gegebene  Versprechen  den 
Sieg  davon  —  aber  die  Worte  zeigen  es,  wie  selbst  iir 
dem  Befehle,  die  Ankunft  dem  Herrscher  zu  melden 
noih  Unscliliisiigkeit  herrscht.  *)  VnA  das  soll  lächer- 
lich sein?  Könnte  ferner  vernünftiger  AVeise  der  Dichter 
beide  Gatten  so  inständigst  flehen  lassen,  würde  nicht 
aller  Grund  zu  den  U)()  Verse  langen  Reden  schwinden, 
wenn  Euripides  die  Seherin  schon  geneigt  geschililert 
hätle?  Erhalten  diese  Reden  iiiclit  erst  dailurch  ihren 
iniiern  Grund,  dass  die  Theonoe  den  Anschein  hatte, 
doch  dem  Bruder  zu  folgen?  Und  nun  sehe  man,  wie 
so  augenscheinlich  iler  Dichter  den  nacliherigen  den  Gat- 
ten günstigen  Entschluss  der  Theonoe  als  das  Resultat 
einer  durch  die  geführten  Reden  bewirkten  Uebcrzcugnng 
dar.stcllt;  es  kann  kein  ürtheilsspruch  vor  Gericht  sosehr 
auf  die  angehörten  Gründe  basirt  sein,  wie  hier  der  edle 
Entschluss  <lcr  Seherin.  Sie  ist  sich  ihrer  innersten  Ma- 
tiir  erst  wieder  bewusst  worden,  aber  Alles  erst  in  Folge 
der^  geführten  Rede.  'Eyu)  7l£(piXU  T  evoeßeiP  y.al 
t'juvko^cu  beginnt  sie  —  Helena  hatte  901  gebeten  xtw 
ei'atßetav  f^u)  Ttood^og  zrjv  oi'jV  tTotC,  nnd  Menelaoi 
973  von  ihr  evoeijOp;  TTarpci-  /.on'aooj  (fuiiioav.  Si> 
ist  Vers  für  Vers  vom  Euripides  als  ein  aus  ilen  voran- 
gegangenen Gründen  gewonnenes  RrsiiKat  gescliildert. 
Mau  vergl.  v.  999  mit  915  s(j. ,  v.  lOOl)  mit  917,  921, 
v.  1001  mit  9.58  und  993,  v.  i()02  mit  923  n.  s.  f.;  vor 
.Allein  sehe  man,  wie  sie  auch  erst  durch  die  Heleua 
üliirredet  wird,  lieber  dem  Vater  als  dem  Bruder  zu 
geliurclien:  da  war  ja  für  sie  ein  Conflict:  Beiden  war 
.sie  Gehorsam  schuldig,  aber  Jenem  den  grösseren:  v.  1018 
mit  9l8.  Darum  lassen  wir  die  Worte  im  Texte, 
können   sie   fngüch    gar    nicht   entbehren. 

Es  folgen  (i  A'erse  aus  der  Rede  der  Helena  903  — 
'KIS;  prinium,  heisst  es  pracf.  3l,  orationi  Helenac  qua,«!! 
ilii  de  ionis  non  de  vila  servanda  ageretur,  iueptus  all- 
qiiis  sententiarum  veuator   inseruit: 

fuoei  yäp  6  Scu^  ti)v  ftiav,   r«  y.tijru  dl 
y.xäo^ui  xekii'et  näwa^,  oi'x  fj  do7iaydi. 
iuTtoi  d'  6  TiXovToi  aöt/.üi  Tiq  vjv. 
y.oivui  yuQ  soriv  oöpavo^  naaiv  /rlooroig 
xai  ya!  ,  ivii  XQi]  ^w'/(«r'  dvuTiXij^uvfieuovi 
TakküiQia  1.11]   ' X^iv  fiijö'  dcfai^etoUat  ßia. 
Zuvörderst    gehört    das  Leben   auch   zu  den   bunis,    es 
würde   also,     was   von   diesen   passend   ist,    auch    auf  jenes 
passen.      Wir    wollen   aber   mit   diesem  Liini  urfe   uns  nicht 
begnügen,     da    Hr.   H.   viclleii  iit   unter    boiiis   nur   Glücks- 
güter  verstellt.      Helena    bittet,   rette    ihn!   gib   nicht  deine 
CiOißeia    hin    an    den    Bruder,    um    scliiiüden    Gewinnes 
willen:    ^o.u/ta^    :iovi~oui    y.adl/.ov^  üjvovittir.     Die 
obigen  A'erse   geben  dalier  keineswegs    nur  von   dem   ötu- 
oovl,  sondern  auch  von  dem  j^uoicai^  etc.  den  Grund  an. 

*)  Vergl  Herin.inn  za  der  .Stelle  ,,nu!l.i  ablt,  r|ooniam  vi- 
ilcnl  Helcnain  ainic  oranleni,  ne  se  peidot  Theonoe.  ' 
L'ehrijjiiis  ist  ibeViili;.  auch  st^tlbift,  insofern  nur  dann 
djs   riisclilüssigc  bei  dem   Vorsatjc  ai.fliüil. 


>07 


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Bcitlci  geht  in  ciiianJcr  über.  Sowohl  ilcr  ^loril  dos 
IMcuclaos  «.'ire  döiy.ov,  als  auch  ilrr  gc»al(s,ime  llaiil»  der 
Ilolriia,  emllich  auch  der  »rrath  der  Tlieoiior  ,  »veifhcii 
«liesellic  an  ilirem  ^'afer  Icgehea  «i'irde.  AUos  iliess 
K  i'irdo  aiicli  eine  i'Ji'a  genannt  «erden  künncn,  und  wenn 
die  Theonoi'  Getiiuns  halber  den  !\Ienelaos  verricihc,  so 
würde  inaH  aucli  von  ihr  sagen  können  ov  TU  y.Tljra 
y.rclzai,  sowie  dasselbe  aniJi  auf  den  Tlicokivni.  gehen 
l;ann,.ircnh  er  die  Helena  raubt.  Auf  die  beiden  ersten 
"t'erse  passt  also  das  ^'erdannnungsiirtheil  gar  niclit!  ^>  enn 
Hr.  Härtung  unter  bonis  nur  Glürksgiiter  verstand,  wie 
e.<  den  Anschein  hat,  so  inusste  er  diese  beiden  crätcil 
^'erse  ganz  aus  dem  Spiele  lassen;  erst  der  dritte  hat 
das  AVurt  ö  :i).OLTOi;  aber  was  zwingt  denn,  den  TlKov- 
1O3  gerade  von  klingender  Münze  und  liegenden  Grün- 
den zu  verstehen  i  31an  kann  noch  an  ganz  andern  .Sarlien 
reich  sein;  iler  Tlieoklvui.  z.  B.  TtKoviSi ,  wenn  er  die 
Helena  wirklich  errungen  hat:  aber  weil  dieser  nXouTOi 
ein  «fVxo,  w.'ire,  so  muss  er  ihn  lassen!  Was  ist  da 
iiiejiluni  ?  Sieht  man  nicht  aucli  den  3  folgenden  A'^crsen 
«riion  am  Schlüsse  an,  dass  es  auf  das  ,!>/«  wieder  hin- 
auskommt, womit  es  begonnen  hat?  Passen  cndlicii  nicht 
gerade  solch  allgemeine  Sentenzen  hier  ,  »ro  die  Helena 
eine  .Seherin  überzeugen  will?  Auch  hier  können  wir 
also  Hrn.  Hartuog's  A'crdachtsgründe  nicht  theilen, 
(Bps  chl  nss  folgt.) 


Zur  /iltcrcii  fiosdiidite  der  \Siaven. 

Es  sind  w  ieilerholte  3Icinungftn  über  das  Alter  der 
81a>cn  in  Kuropa  aufgestellt,  ob  die  Slavcn  schon  in  äl- 
tester Zeit  iu  Europa  wohnten,  oder  cr.-t  während  der 
A  i/lkerwanderung  einwanderten.  Bestimmte  jVaclirichtcn 
in  der  Geschichte  felilcn,  oder  finden  si<h  erst  aus  spä- 
terer Zeit.  Da  bleibt  nur  sicher  ilas  einzige  Mitfei,  za 
untersuchen,  ob  nicht  sonstige  Spuren  sich  erhalten  haben. 
Li!-  bieten  sich  besonders  als  gute  Denkmale  die  von  den 
Griechen  und  Ilümcrn  erwähnten  Orts-,  Volks-  und 
Kigcnnanieu  dar.  Lassen  sich  diese,  wenn  sie  aus  kei- 
ner Sprache  yu  deuten  sind,  mit  Leichtigkeit  aus  dem 
SiaMschcn  erklären,  so  ist  schon  grosse  Wahrscheinlich- 
keit, wenn  nicht  Gcnissheit,  für  die  älteste  Heimafh 
«1er  .Slaven  gev.onnen.  l'reilicli  ist  aber  eine  solche  Un- 
tersuchung schwer  und  kann  ich  mich  gegenwärtig  erst 
auf  Vermuthnngen  besclK-änkon.  .Soviel-  es  mir  möglich 
\iar.  habe  ich  mich  in  ilen  Besitz  des  .Sprachmaterials 
allei  slavischen  Mundarten  zu  setzen  gesucht,  aber  immer 
fehlt  noch  viel.  Für  das  Altrnssische  ist  >iestor  meine 
einzige  Quelle;  die  »om  Herrn  Legationsprobst  Stephan 
Sabinin  mir  empfohlene  Sammlung  von  -Urkunden  in  alt- 
russischer  Spra<he,  3Ioskau  1814,  sowie  die  Arten  der 
arch.'lulogischen  Expedition,  Petersburg  1837,  konnte  ich 
nicht  benutzen,  oliglcich  gerade  in  diesen  Urkunden  für 
die  alte  .Sj)rarlie   der  Sarmatcn  viel   enthalten  sein  mag. 

Schon  J.  Gr^mm  in  der  l'orrede  zur  serbischen  Gram- 
matik, S.  II,  >otc  'J ,  forderte  zu  einer  solchen  Lntcr- 
»uchnng  auf:  „doch  rcrdicntcn  die  uomina  propria,  welche 


auf  römisihen  in  Illvrien  und  Sarmatien  gehauenen  In- 
srriptioncn  sich  darbieten,  von  einem  gelehrten  Slavisten  kri- 
tisch zusammengestellt  und  bearbeitet  zu  werden.  Die  .Wög- 
lic/iheil,  y\,  Jf'a/irsclieiiilichkcil ,  dass  jene  früjioreii  lll\- 
rier  und  Sarmaten  schon  wirkliche  Slaveu  gcivessn, 
läugnc  ich  nicht."  Der  neueste  G'eschichtsforscher ,  der 
diese  Frage  von  neuem  berührt,  Hr.  D.  Franckc  (Dariens 
Alterthümer,  AVismar  1836,  S.  '2'.i  uiul  in  dem  unverän- 
derten Abdrucke  iu  „zur  Geschichte  Trnjans ,  (iustruw 
liSJI,  S.  ISi")  hat  diese  AValirscheinli<  iiLcit  wieder  iu\s 
Gebiet  der  3]öglichkcit  versetzt.  „[Möglich  ist  es  aller- 
dings, ilass  zu  den  Zeiten  der  Römer  schon  Slaven  iui 
eigentlichen  Darien  gefunden  worden,  allein  wahrschein- 
lich ist  es,  dass  bei  dem  vorkommenden  Ausdrucke  „sar- 
matisch"  Darien  in  seinem  »eitern  Sinne  gedacht  wird, 
wo  es  denn  auch  einen  Theil  der  am  Pruth  und  östlich 
von  demselben  wohnenden  Sarmaten  oder  Slaven  umfasste. 
Die  Ortsnamen  als  auch  Eigennamen  in  Darien  ,  welche 
von  dem  letzteren  Gelehrten  gelegentlich  erwähnt  wer- 
deu ,  sprechen  aber  für  die  Meinung  des  Hrn.  J.Grimm. 
Ich  will  eine  kurze  Erklärung  der  sarmatischeii  Warnen, 
wenn  ich  sie  so  nennen  darf,  aus  dem  weiten  Gebiete 
zwischen  der  Donau,  den  Alpen  und  Karpathen  ver- 
suchen, welche  gelegentlich  durch  eine  Erklärung  illy- 
rischer Kamen  vcrnielirt  werden  soll. 

1.    Darisch-sarniatischc  Namen. 

Pomponius  Mela  3,  5  sngt  von  den  Scythcn,  dass  sie 
Belcac  genannt  würden  ,,Inde  Asiae  confinia  —  Sc^thici 
populi  incoliint,  fcrc  omnes  etiam  in  ununi  Belcae  appel- 
lantur."  Diess  ist  das  Slavische  veliki  die  Grossen,  ^vo- 
durch  sich  die  slavischen  A  ölkerschaften  gern  auszeichne- 
ten:  Grossfürst,  Grossnow  gorod,  Schlözer,  Nestor  p.  85.  109. 

Coloiiia  t'erneiisis,  Francke  Alterthümer  S.  14 fl'.  Tr.njan 
S.  1()(),  w(i  Hr.  Francke  richtiger  Tsiernensis  nach  der 
Inschrift  schreibt,  vom  Slavischen  czerny  schwarz,  wel- 
ches sehr  häufig  in  slavischen  Ortsnamen   vorkommt. 

Bcrsüvia,  (Sickler  alte  Geographie  S.  97,  die  ältere 
Ausgabe)  Warsovia,   AVarschau,   AVarsow. 

Sornum,  eine  Schanze,  bei  Francke  S.  9  ""d  S.  1,03, 
vielleicht  vom  Slavischen  tern :  Dorn. 

Ziridava ,  Francke  S.  8  "nd  S.  161,  rom  Slavischen 
sir,  Käse. 

DtAOgelia,  Franckc  S.  9  «i'l  153,  von  dina  die  Melone. 

Clepidava,  Sikler  S.  30  "nd  100,  »om  Russischen 
chljeb,  Brod. 

N'tpoea,  Francke  S.  23  »nd  172,  vom  Polnischen 
napoic,   tränken. 

Dubrcin,  ein  Persouepname.  Ebcnd.  S.  19  und  107, 
vom  Slavischen  dabro ,  der  Gute. 

Sandava,  Sickler  S.  98,  entspricht  den  slavischen 
Ortsnamen,  Sandau,  Schandan,  Saudow. 

Druielis,  cbend.  S.  98,  »om  Russischen  drowa,  Holz; 
oder  ist  vielleicht  Diibetis  zu  lesen,  von  diib,  die  Eiche? 
(Vgl.  Dubitz,  Dubno  und  andere  slavische   Orte). 

Diese  Erklärungen  ergeben  sich  mir  leicht,  ob  sie  aber 
die  richtigen  sind,  kann  erst  entschieden  werden,  wenn 
in  diese  Dunkelheit  mehr  Licht  gebracht  sein  wiril. 

Uurmeiiler. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  wisse  11  Schaft. 


Sonntag,  3-  März 


1839. 


Nr.  27. 


'  Euiipides  Helena. 

Beiträge  lur  Kritik  uiul   Ktkluruny   dieser  Tragüdie. 

Von   C.   G.  Firnhader, 

(  B  e  s  c  li  I  ti  ä  g, ) 

Ans  der  Rede  des  Menclaos  streicht  Herr  Härtung 
paf.  43  zuerst  vier  Verse  950  — 953  und  dann  noch  zwei 
991  —  {)'2  ;  er  kann  es  nicht  leiden,  wenn  Hlenelaos  liier 
sich  dafür  entscheidet,  dass  auch  den  edlen  Mann  die 
Thräne  nTcht  entehre ,  wenn  er  überhaupt  diese  Frage 
aufnimmt  zur  Ueurtheilnng.  Grnnd  dafiir  soll  sein,  dass 
in  hac  ipsa  tragoedia,  qua  dcdecere  virum  fortem  lacri- 
mare  decrevit  interpolator ,  £uripidcs  paene  muliebriter 
lacrimare  fccit  IVIenelaum  suum.  Hier  holfte  man  doch 
wenigstens  nun  eine  Schilderung  des  IVIenelaos ,  wie  er 
in  diesem  Stücke  erscheint,  zu  lesen;  denn  klar  ist's, 
wenn  Menel.  auch  sonst  in  seinen  Worten  und  Handlungen 
inconsequent  ist,  so  fallt  die  ganze  Argumentation  der 
Hartung'schen  Krit.k.  Hoffentlich  brauchen  wir  nur  auf 
unsere  obigen  Ansichten  zu  verweisen,  um  bestätigt  zu 
sehen  ,  dass  Euripides  in  dem  31enelaos  eine  Charakter- 
losigkeit wenigstens  im  ersten  Theile  des  Stückes  dar- 
stellt, dass  seine  ganze  Haltung  aber  in  diesem  zweiten 
eine  andere  geworden,  er  also  an  diejenigen  Empfindun- 
gen nicht  pedantisch  gebunden  ist,  welche  er  oben  zeigte, 
mochte  er  nun  dort  standhaft  sein,  wie  v.  451,  oder  in 
Thränen  schwimmen,  wie  v.  4ö5.  Nnn  aber  geht  aus 
Hrn.  Hartung's  Argumentation  die  Ansicht  hervor,  dass 
unmöglich  hier  JVIeaelaos  sich  gegen  die  Thränen  aus- 
sprechen könne,  wo  er  sich  nicht  gescheut  habe,  Thrä- 
nen zu  Tergiessen.  Gerade  als  wenn  in  Iphig.  Aul.  451 
der  Agamemnon  unmöglich  sagen  darf  iyoj  yäo  iy.ßa-, 
}.Siv  fiiv  cddovi-iai  öäy.gv ,  weil  er  wirklich  Thränen 
nachher  vergicsst,  wo  IVIenelaos  sagt  a  dlt  ödOc/jv  e/.- 
(^ät.ovT  iöcov  öäxgv  477.  Dann  mnss  Hr.  Härtung  ja 
aber  auch  v.  948  OiT  uv  Say.gvoai  ßlecfaga  verdam- 
men! Das  ging  freilich  nicht  so  leicht,  weil  da  ein  hal- 
ber Vers  fehlte  und  der  andere  Theil  des  Verses  zur 
Begründung  des  ersten  Gedankens  in  Mcnelaos  Rede 
nicht  fehlen  kann.  Man  sieht,  mit  welcher  Willkür  hier 
verfahren  ist.  Es  ist  nicht  ein  einziger  triftiger  Grund 
vorhanden,  die  Ycrse  zu  verdächtigen:  aber  dem  armen 
interpolator  wird  Alles  aufgcbiirdet.  Ganz  unverständlich 
sind  uns  aber  die  Worte  omitto,  quam  tnrpi  ostentatione 
libi  plaudat  Alenelaus  haeccc  diccns  (991) 


ri  xavra;  öayQvoig  ig  tu  9ijXv  TQSTTvfxevog 
iKsetvoi;   ijv  (uvj  jiuKkov  ij  ögaaTt^giog. 

(So  schreibt  Hr.  Härtung). 
AVie  kommt's  doch  nur  auf  den  guten  Declamator  an  . 
und  kein  Menscli  wird  eine  turpis  ostentatio  verspüren. 
Warum  denkt  sich  Hr.  Härtung  hier  einen  Bramarbas! 
Was  zwingt  ihn  dazu?  Werden  jene  Worte  vom  Schau- 
spieler bescheiden,  aber  festen  Willens  gesprochen,  so  ist 
alle  Prahlerei  fern  ;  der  Zusclianer  hört  dann  nur  am 
Scliluss  denselben  Gedanken  noch  einmal,  den  er  zum 
Anfange  der  Rede  auch  vernahm:  ganz  nach  dramatischer 
^V'cise.  Will  man  aber  von  dem  Tt  tuvt  noch  eine 
passendere  Erklärung,  so  denke  man  sich  nnr,  dass  den 
Helden  trotz  seiner  Worte  dennoch  die  Thränen  über- 
mannen wollen,  wie  das  Eurip.  in  Iphig.  Aul.  451  ancli 
darstellt.  Wenn  man  beim  Euripides  doch  mehr  anf 
derartige  Bühnenkunstgriffe  achten  wollte!  Wie  ganz  an- 
ders würde  es  so  oft  mit  der  Kritik  stehen,  wenn  dem 
griechischen  Texte  vom  Dichter  Bemerkungen  für  den 
Schauspieler  beigefügt  wären!  Man  denke  nur  an  die 
Aengstlichkeit ,  mit  welcher  Shakspeare,  Victor  Hugo, 
Bluliere  aus  Grundsatz  die  kleinsten  Bemerkungen  für 
den  Schauspieler  nicht  scheuten,  und  wie  selbst  grosse 
Schauspieler,  wie  Talma  und  die  3Iars  es  gern  saheu, 
wenn  der  Dichter  so   viel  wie  möglich  vorschreibt. 

Die  Theonoe  soll  nach  Hrn.  Hartung's  p.  31  ausge- 
sprochener Idee  vier  Verse  (IU13  sq.)  ihrer  Rede  missen, 
welche  ueque  cum  prioribus  neque  cum  posterioribus  co- 
haerent.  Wir  wissen  nichts  Anderes  darauf  zu  erwiedern, 
als  dass  Jeder ,  der  die  Verse  richtig  versteht  (vergl. 
^'alcken.  diatrib,  p.  57)  den  besten  Zusammenhang  linden 
wird,  wenn  er  will.  Endlich  aber  gönnt  Hr.  Härtung 
nicht  einmal  dem  Chore  noch  die  zwei  Verse,  mit  wel- 
chen derselbe  diese  Scene  beschlicsst:  chorus,  cui  erat 
taccndum,  frigidissimam  sententiam  alieuissimo  loco  iu- 
tcrponit  v.   1030 

ovöstg  TtOT  £VTi'xi](liv  sxSty.oi  yeyujg 
iv  Tii)  dr/.aio)  d'  eLni'dsg  aujxijQiaq. 
Hier  weiss  man  doch  nun  wieder  nicht,  warum  der  Chor 
durchaus  schweigen  soll:  ein  solcher  Befehl  ist  ja  ganz 
modern:  wir  denken,  der  Chor  hat  vollkommenes  Recht 
hier  mit  einzusprechen,  so  gut,  wie  er's  996  that.  Wo 
ist  weiter  die  frigiilissima  sententia?  An  und  für  sich 
ist  sie  es  unmöglich,  höchstens  in  Bezug  auf  diese  Stelle, 
auf   deu    locus   alienissimus.     Da   saheu  wir  schon  eben, 


211 


212 


«lass  iliT  Clior  ilrr  einzige  A'crniittlpr  zu  sein  \i(\egt  zivi- 
gclieii  den  eiiizcliieii  Sceiieii,  also  ist  der  loriis  passciul ; 
uatiirlicli  »inl  er  das  nie  mit  einer  fri^idissima  sontenda 
sein,  au<li  liier  nl<li(:  ilie  Gerechtigkeit  hat  den  Sieg 
in  der  Seele  der  Tlieonoe  davon  gelragen  :  d^ r/.o i l^ 1 1 Sv 
civ  tl  itr  ä:t  oiiujooj  hatte  sie  gesagt:  «ie?  ist  da  der 
Gedanke  im  iMnndc  des  Chors  nicht  sehr  scli(>n:  „der  Ge- 
rechte nnr  hat  auf  Gliick  Anspruch,  der  Ungereclitc  hat 
es  nie  erhalten"!  Es  ist  ein  schöner,  preisender  ^fach- 
riif  an  die  fortgehende  Theonoe ,  ein  AVort  des  Trostes 
ist  es  zugleich:  „helahre  Aiclits  von  deinem  Bruder,"  ev 
Ty3  ör/.ai<j>  ek7ii<)ei;  aujirgiaq.  Es  kann  kaum  ein  pas- 
•senderrs  >V'ort  gefunden  «erden  ! 

Die  i'ilirigcn  (von  2518  "'ir  oben  die  Rede)  von  Hrn. 
Härtung  licrücksichtigten  Stellen  der  Helena  sind  mit 
gleicher  AViUkiir  verurtheilt  worden  ;  wir  können  sie  um 
so  eher  übergehen,  als  nicht  eiinnal  der  geringste  Schein- 
gruncl  der  Verdammniss  dabei  ausgesprochen  ist,  wie  das 
wenigstens  bei  den  obigen  der  Fall  war.  Nur  v.  276 
TO.  ßuoßäovjv  yuo  öoT'ka  ndvca  n'Kijv  ivo;  erhält 
noch  den  Grund  „nullo  nexu  cum  reliijuis  cohaeret."  AVir 
'legen  den  Zusammenhang  vor,  die  Stelle  gehört  dem 
ersten  Acte  an,  die  Helena  zählt  ihre  Leiden  dem  Chore 
auf  und  beurtheiit  sie  zugleich:  Ich  bin  im  biiscn  Rufe, 
obwohl  unschulilig  —  das  ist  eben  das  Harte,  unschul- 
dig der  Acrdaninaiiss  anheimzufallen!  AVeitcr  rissen  mich 
die  Götter  aus  der  Heiniath,  brachten  mich  zu  fremdem 
Land:  hier  bin  ich  Sdavin ,  ich,  die  Freigeborne  — 
denu  Alles  ist  hier  Sciave,  nur  nicht  der  König !  Eud- 
lich  ist  mir  auch  der  letzte  Anker  der  Hofl'nung  gebro- 
chen u.  s.  w.  \\\t  haben  durch  die  Gedankenstriche 
angedeutet,  in  welchem  ycrhilltnissc  die  Satze  stehen. 
Helena  konnte  sicher  den  Einwurf  des  Chors  erwarten, 
'wie?  du  nennst  dich  Sciav,  du,  die  du  die  Gattin  wer- 
den solkest  des  Theodymenos ,  von  der  es  abhängt,  in 
den  yuuui^  mit  demselben  jiöv  y.ay.uiv  dTraXKc'.ya? 
(294)  zu  finden  :  solcli  einem  Einwurfe  entgegnet  sie  hier 
kurz  den  verdachtigten  A'ers,'  wie  sie  es  nachher  v.  294  sq. 
ausii'lbrliclier  thnt,  weil  eine  andere  Gelegenheit  sie  wie-' 
der  auf  das  Thema  führt.  AVir  kommen  also  auch  hier 
zu  dem  nnsers  Era(  htens  gerechtfertigten  Schlüsse,  dass 
die  Angrifle  des  Hrn.  Härtung  auf  der  grössten  AVillkür 
1)erulien  ,  werden  aber  sehr  bald  Gelegenheit  haben, 
unsere  ausgcsprocheucn  Ansichten  darüber  ausführlicher 
darzulegen. 


Svmbolas  ad  emendandum  et  illustrandum  Philostrati 
librum  de  Titis  Sophistarum  in  medium  attnlit  Al- 
bertus Jahnius,  Bcrnas  Hclvetius.  Bcrnac  ,  Inipenais 
C.  A.  Jennii,  Filii.      WDCCCXXXVII. 

Aidit  lci<lif  konnte  Jemand  durch  die  Erschelnnng 
dieser  Schrift  angenehmer  überrascht  worden ,  als  Rpc, 
der  seit  mehreren  Jahren  mit  den  V.  S.  tie:i  l'lnlostrat 
sich  beschäftigt  und  nun  im  Begrill'  steht,  ilie  Resultate 
«einer  Studien  dem  gelehrten  Publikum  niit>;uilieilen. 
Sie  kam  in  seine  Hände,  als  iler  Abdruck  des  aus  22 
."Manusrripten  berichtigten  Textes  bereits  bis  zu  der  vitii 
des    Heruicigcnc»     gediehen    war,     doi  h     konnte    er    noch 


einige  sehr  trefTende  Conjecturen  des  Herrn  Verfassers 
benutzen.  Auch  wird  der  Leser  die  für  die  Erklärung 
unseres  Autors  wichtigen  Bemerkungen  in  dem  Commeu- 
tar  zu  den  V.  S.  wieder  linden.  AVir  beschränken  uns 
hier  auf  die  Erörterung  der  Stellen  ,  welche  Herr 
Dr.  Jahn  anders  aufgefasst  hat,  als  sie  nach  unserem 
Dafürhalten  aufzufassen  sind. 

P.  t.  ed.  Ol.  4^0.  1.  1.5.  soll  folgendermasseu  gelesen 
werden:  d  de  iy.iivoL  rag  e()ojTijoeiq  i'nuy.a.'ji'fi£vui, 
xarn  Ofiiypu  njj  ^ijTovf^iivoi  nuoißißdCovTeq  oviiui 
cfuoi  ytvu'iayeiv ,  zauta  ö  nuLaiui  aofftarijc;  o'jq  si- 
doji;  }.iyet ,  für  y.ai  ra  af^iixou  y..  r.  X.,  was  in  latein. 
Uebersetzung  so  wiedergegeben  wird:  quae  anteui  illi 
adiersns  inferrogatinncs  per  insidias  agentes  ad  rem  quae- 
sitam  minutatim  respondendo  perdiicentes  uondiim  sc  di- 
cunt  cognoscere  etc.  Auf  jeden  Fall  müsste  es  doch  y.ui 
xard  ofi.  heissen,  da  tu  i<7ioy.a9?jadaL  rag  tgui- 
Ti]a£i<;  und  rö  zar«  ouiy.Qa  toI  ^ijTovfiEvu)  TTQog- 
ßlßui^ClV  verschiedene  Dinge  sind.  Jenes  darf  man 
aber  nicht  so  verstehen,  wie  Hr.  Jalin  meint  ndversua 
inlerrogationes  per  insidias  agere,  oligleich  das  A'orbnm 
mit  dieser  Construction  häufig  vorkommt,  sondern:  in  intcr- 
rogationibus.  Philostrat  spricht  von  den  verfäirglichen 
Fragen,  die  z.  B.  Sokrates  und  andere  Philosophen  sei- 
ner Schule  an  ihre  Gegner  richteten.  Die  Construction 
ist  dieselbe,  wie  Y.  A.  VIH,  p.  32.5  icpeoncov  Tlju 
tQtDri  rjiv ,  welche  AVorte  Rec.  schon  in  den  lS3t  her- 
ausgegebenen jNotis  criticis  ad  Philostr.  A'it.  Soph.  ange- 
führt hat.  Es  bedurfte  daher  nicht  des  Umweges,  «1er 
hier  eingeschlagen  wird:  <licuntur  autem  philosophi  insi- 
diose  agere  adversus  interrogantes ,  quando  illis  non  sta- 
tim  respondendo  sentcntiaui  suam  explicant,  sed  ilTO/^TJ 
tanquam  insidiis  usi  ipsi  interrogantes  cum  interroganti- 
bns  agnnt ,  quae  quidem  Socraticorum  ratio  fuit.  Das 
Folgende  ist  allerdings  so,  wie  es  in  den  alten  Ausgaben 
steht:  xai  tu  auiy.od  T(/}  Ci^TUVjdv<o  TTooißtßdCov- 
Tig,  corrupf  und  passt  nicht  in  den  Zusammenhang, 
aber  in  der  vorgeschlagenen  Aenderung  ist  die  Ellipse 
des  Objectes  (etwa  TOVi  diukeyo/iivoi'i  oder  etwas  iler 
Art)  äusserst  hart.  3Ian  lese,  wie  3  vorzügliche  Hand- 
schriften geben:  y.cu  tu.  o/iixpa  tüjv  U^roi'jitiimv  ttqo- 
ßißd^opTl  g,   so   ist  Alles   klar  und   richtig. 

P.  11.')  werden  im  Anhange  die  Worte  besprochen 
p.  4>S4. 1.  2:  Aiox'V)]i  öh  ot'z  dv  iiot  doy.Ei  iioeaßf-v- 
<su.i  nuou.  Poö/oit;,  d  fuij  nuj  tyiyvotoy.Ev ,  ei  pi]  y.ai 
'.4i)i'/vi]0iv  avTU  ioTioi'ddxe/.  A^alesius  schlug  vor  eyi- 
yvf'io/.ov  und  statt  npeaßevaa/  zu  lesen  naidnvout. 
Das  gewahrt  nur  eine  scheinbare  Erleichterung.  Der 
Schlüssel  für  das  A'crständniss  dieser  durchaus  nicht  ver- 
derbten Stelle  liegt  in  der  seltnem  Bedeutung  von  yi- 
yviöoxo).  Freilich  wäre  es  eine  Abgeschmacktheit  zu 
sagen,  dass  Aeschincs  etwas  geachtet  haben  sollte,  was 
er  gar  nicht  kannte.  Nun  ist  aber  jenes  A^prbum  hier 
von  der  Ansüliung  der  .SopliistiL  gebraucht,  wie  unten 
p.  .5U()  von  Isokrates  bemerkt  wird:  avTug  di;  otn."  uv- 
Aui'i  iyiyvuiry/.Bv  übte  üKko  ti  Tuiv  iv  ßuvavaoig. 
Dass  Aeschine»  erst  in  Rlindus  sich  mit  Sophistik  be- 
fassfe,    sagt  »enrgsfens  Philostratus  ausdrücklich  p.   481- 

P.    tS.  Ed.  Ol.  l.   4  l4   hrisst   es  1.  19  von    den  Wagern: 

u'yw  ydi)  Liiifiu'.^ot  ai  iiiv  ol^  d<favvji  öfjvioi  t>}v 


213 

fit:  h.  (faveoov  öüi;ap  tov  deiov  y.nTclvovntv  ov 
tiovl.öiiCvoL  öoy.Etv  iiaQ  ai'rov  SvvnnSai.  Hr.  Dr. 
Jahn  iiliorspi/.t :  iiiaffi  piiim  vim  diviiiani  tribtiiint  saoris , 
c]iiil>us  priiatim  oiKTaiilur ,  mngficis,  publirain  vero  de  <li- 
>iiiitat(>  oniiMoiHMii  <i>lliiiit,  rnm  vidcri  iioliiit  ab  ra  nacti 
(«SP  notriitiaiii ,  iiiniiruiii  (jiiaiii  in  sacris  »»tentant  divinaui. 
\\arnin  nkht,  «io  es  der  (Gegensatz  tI]V  8i  —  V.axa- 
ii'uvaiv  icrlaiij;te:  in  sacris,  (juibiis  privatim  oporanüir, 
di'os  imooant}  Dip»e  Iniprprplatiou  hat  freilich  der  Verf. 
im   Index  p.   92   vprmirfen.      Wenn    hier   der   Lesart   iivt- 

>>ei'ana(;  —  'Xatq  Moi'oa/g  die  des  cod.  Gud.  '2ö  und 
Parisin.  t6!'()  i'ii.  —  fäq  ß/oraac,  entgegen jjpstpllt  wird, 
so  bernlit  das  auf  einem  Aberkennen  der  gewöhnlichen 
Constrnction ,  die  anch  Philostrat  libcrall  beibehält.  Jene 
Handschriften  gehiiren  übrigens  nicht  zu  den  vorzüglich- 
sten, selbst  die  sehr  alte  Par.  16U(i  verdankt  in  den  V.  S. 
ihren  Ilaiiptwerth  den  Yerbesspriingen  zweiter  Hand, 
üiess  beililufig.  Dass  man  in  vorliegender  Stelle  ItTI- 
^; laCovOl  nach  Hpsychius  s.  v.  und  der  Glosse  des  rod. 
Par.  I(i96  erklilrpn  müsse:  enr/.c.XovvTUl  tu  xfliuv, 
erhellt  hiiilfinglich  ans  der  Vergleichnng  mit  der  V.  A. 
y,  30.  212  euiifeiaaaQ  ö'  6  '.Jjiokkvjuioq  nß  \6yvj 
,,/ieii^'  £(fij ,  KaniTujku  —  cfvlnTta  Geavruv  fibv 
TOVTU),  oeavT'p  fin  tuitiiv.  Wie  hier  rif.  Koyip  zu- 
nächst von  iiii  abhängt,  so  oben  ütg  a.(favüjq  Öoajoi 
ebenfalls. 

P.  2ö.  Ed.  Ol.  501.  I.  2S.  Gerraloiq  —  ttciq  oJ; 
aysoujXidt,  y.c'.i  dy.onTog,  y.a'i  ra  tvqavvr/.a  kv  o'i'vo) 
nnoibuZsTd.l.  Auf  Oleanus  fälh  eine  harte  Anklage: 
locum  rorruptum  Ol.  per  summam  socordiam  non  sointn 
non  cor^igere ,  sed  etiam  interpretari  ansus  est.  Tu  vjto- 
OTiyai  istas  tolle,  vprbatjue  y.ai  dygarog ,  in  quibus 
niPnduni  latet,  in  xara  y.guTog  commuta ,  cjnae  emen- 
rtatio  longe  est  certissima.  Es  ist  Hrn.  Dr.  Jahn  ent- 
gangen, (la«s  schon  Boissonade  die  Correctur  y.ai  y.ou- 
TOs'  in  dem  Par.  Ki  r(i  billigte  (s.  Notices  des  niss.  de  la 
bil.liotheijue  du  Roi  T.  XI,  p.  II,  >i(i).  Wir  können 
uns  mit  diesen  Aendernngen  nicht  befreunden:  äy.oaroc, 
kommt  gerade  wie  hier,  p.  610  vor:  tov  yc'.o  naTowov 
TCtMi'Tuv  ßo.di'v  ai'TU)  Tiaoctdoit tvTa  y.aTedanävvocv 
Ol'/.  £s  innoTQOCfiag  oöbe  ig  l.eiiovQyiac^  d(f'  vw 
Y.ai  uvof^id  ioziv  a(jaai}at ,  dXK  ig  dy.QUTOV,  y.cu 
traioor;  etc.  Plut.  .AIcib.  c.  IS.  uia  (ft)et  (floctv 
ä/.oato-  d.yokaoiv)v  viuiv  aU  vßoiv  ty.  itatöiu;  vnv- 
qerjufitl'cov.  Man  vergleiche  .Schäfers  'Note  zu  dieser 
Stelle.  Pelop.  c.  l().  tov  'J(jy^iav  du ayayo'jv  av^ig  £/," 
dyoarov  TToliv  y.nriftakE  y.ai  Tuii  7iC()i  ti/jv  yvvcu- 
v.iiiv  k\niai  8mia.ibuyo)yii  tov  nörov.  Das  Adjecti- 
vnni  substantivum  bezeichnet,  wie  das  Lateinische  mernm, 
Völlerei,  y.axa  y.ouTOg  ist  auch  wegen  der  Tautologie 
mit  dTTOvSaCsTac  nicht  zu  empfehlen  ;  auch  darf  man 
nicht  vergessen,  dass  y.odro;  gewöhnlich  ein  kräftiges 
resthalten  ausdrückt  un<l  in  der  Regel  in  bonam  par- 
tem  verstanden  wird.  AVas  dyi-Odjyiu  sei,  erklärt  man 
sich  am  besten  durch  folgende  Stelle  in  der  V.  A.  II, 
2''^)  8''.  fiETai;v  8e  irivuvTEg  im-iodyovio.1  dyeov)- 
yiaq    ei:/y.ivdi'voi'g    ycu    ovy.    i^oj    tov    anorSü^dv 

Darauf  iverden -mehrere  gefährliche  Kunststücke  mit  dem 
Bogen  angeführt  Ti  üavvt/.u  iv  otvvi  ist  wohl  auf  das 
^  ortrinken   zu   beziehen. 


21* 

,T'  P'^'  ^''"  **'•  ^-'■^*  T^'^XvitL  fjvij^ojg  ovte  st'oiv, 
ovT  ^  UV  yivotvTO  f.ivi)/iij  fiiv  yuo  d/ö<oai  Te-/vng 
avTi]  de  ddiöuy.Tog  xai  ot'de/icu  t^xvtj  di  onöq.  eoci 
yd()  7iXeoi>ly.T>jiia  cpvOEojg  i)  r/T,-  aöuvdxov  iliv^hC, 
fioiQa.  ov  fdu  dv  iioTE  i^vijTa  voinodih]  tu  av 
i>(tum£ia,  ovt  uv  öiday.vd  d  ifid&o/iev  et  /li)  iivi'if.iij 
awemuhrevETO  dvdooijioig.  In  diesem  Texte  habe 
ich  nur  ovöe  /i/e/,  in  ovötmil  und  das  fehlerhafte  floipa 
in  i^wioa  verändert.  Ilr.  Dr.  Jahn  verlangt,  dass  uui- 
Qug,  und  'd&d.vara  für  dvijzd  geschrieben,  und  d  vor 
i/xdi>uuiv  ausgelassen  »erde.  Die  ausführliche  Note  zu 
der  Stelle  si-hliesst  mit  den  AVorten  :  .Sic  nobis  videmur 
emendassc  locum  mendosissimum.  Codil.  mss.  si  adsti- 
pulentnr,  vehementer  laetabimur;  sin  minus,  liaud  prae- 
clare  de  iis  sentiendum  crit.  \Vir  wollen  sehen.  Olea- 
rins  hat  schon  Einiges  in  der  vulgata  der  frühern  Aus- 
gaben berichtigt,  wo  er  fand  :  oi'  yuo  d.v  noze  {K  l>.  x. 
avt^QOjRiva ,  oi'd'  uv  dtÖuy.iu  £fid9o/i£v ,  et  nv/j/uv 
ÖwenoXirSliZO  dvSpumoeg.  Die  Zusammenstellung 
der  verschiedenen  modi  vo^lO&iiij  und  iiiäi^ü/uev  in 
coordinirtcn  Sätzen  ist  ungrammatisch.  Diess  hätte  dem 
Hrn.  A'^erf.  nicht  entgehen  können,  wäre  er  nicht  in  der 
Meinung  befangen  geivcsen,  dass  Ovi^TU  aus  d.ddvaxa 
verdorben  sei.  Lesen  \vir  so  (dßdvaxa),  dann  ist  der 
Znsatz  üvdh  Siöa/.TU  u  e/tiddo/uv  allerdings  nicht 
verständlich.  Aber  Olearius,  dem  wieder  ein  ungerechter 
A'^iirwurf  gemacht  wird,  hat  jenes  Relativuni  nicht  einge- 
schoben ,  sondern  er  fand  es  in  seinem  codex  S.  vor. 
Das  gibt  er  zwar  nicht  ausdrücklich  an,  aber  es  erhellt 
aus  der  A^ergleirhung  mit  den  übrigen  Mss.  erster  Klasse, 
zu  welcher  S.  gehört,  wie  auch  aus  seiner  Bemerkung: 
relativum  u  omissum  erat,  quo  tamen  forte  carcrc  pos- 
simus,  die  er  nicht  gemacht  hätte,  wenn  es  seine  Con- 
jectur  gewesen  wäre.  Es  ist  durchaus  unentbehrlich,  die 
Negation  fiij  aber  ganz  gegen  den  Zusammenhang,  anch 
fehlt  sie  in  den  vier  besten  Manuscripten,  des»glcichen  iu 
vielen  andern,  nur  A'at.  (j4  und  Par.  Ki'lii  haben  in)  ron 
zweiter  Hand,  nnil  nur  in  dem  cod.  S.  ist  diese  Correc- 
tur in  den  Text  selbst  aufgenommen.  Der  (iedanke  nun, 
dass  die  menschlichen  Dinge  durch  das  Gedächtniss  nu- 
vergänglich  sind  ,  und  ohne  dasselbe  nichts  Lehrbärcs 
gelernt  werden  kann,  ist  kein  so  schwieriger  Satz,  dass 
ihn  selbst  „obfnsi  ingenii  nionachns"  nicht  verstehen 
und  daraus  den  Jedermann  unbegreiflichen  hätte  machen 
sollen :  dass  ohne  Hülfe  des  Gedächtnisses  die  mensch- 
liche Natur  nie  für  sterblich  gehalten  worden  wäre.  Las- 
sen wir  d.d(i.vct.TU  für  ifviTC.  gelten,  so  gewinnen  wir 
doch  keine  richtige  A''erbindung  iler  Sätze :  ,, das  Gedächt- 
niss kann  nicht  durch  irgend  eine  Geschicklichkeit  und 
Kunst  erworben  werden'',  denn:  „das  Gedächtniss  sichert 
die  Unsterbli.'hkeit  menschlicher  Thaten,  und  ohne  das- 
selbe kann  Nichts  erlernt  werden."  Mithin  genügt  die 
vorgeschlagene  Emendation  auch  von  logischer  Seite  be- 
trachtet nicht.  Der  platonisirende  Schriftsteller  will  viel- 
mehr sagen:  „nur  grosse  Geister,  denen  n/  suve/.xijua. 
(fVOSv)g  beigelegt  wird  ,  sind  mit  dem  Gedächtniss  be- 
gabt, welches  die  höchsten  Ideen  in  klarer  und  lebhaf- 
ter A''oislellnng  zu  bewahren  vermag,  vor  deren  Seele 
Nichts  als  i)/du-/l)  tritt,  sonilern  als  di>it.:nJljrJig.  Eine 
iivhiw   iu  diesem   Sinne   ist  ge»  iss  tcd/tic'.Z  f  O  J ,    und  »äru 


215 


216 


»ie  einem  jeden  rn  Theil  geworden,  ti  nviiut]  (SvvciTO- 
/.ITtl'lTU  cipi^pwTOii ,  ilaiin  «»i'irilc  nie  an  «Icr  Uns<erb- 
lirliLrit  des  niensililiclicn  A\  csoiis  grz'tei(i-l( ,  norli  das 
/ii  ErLcnnriuIe  für  Irhrbar,  il.  Ii.  fiircliias  nur  auf  dem 
Wege  des  üntcrritL(s  Errcicliliares  gclialfcn  worden  sein. 
Hinsichtlich  des  letztem  Satzes  erinnere  ich  an  Fiat. 
Men.  81-  c.  d.  i)  >l'i](ij  äi^üvaiöi  t£  oiaa  y.ai  Tiok- 
käy.ci  yeyoi  via  —  oi'y.  eariv  o,  tl  vi'  ftiftaihjy.ev,  aiE 
'/ao  Ti'ji  (fiaeiui  üridoiji  ovyyei'ut'(;  Oi'ö/;^,  y.ae  fu- 
naOiy.viai  r;J^  4'i'X'>Ji  ÜTavTC  uiölp  y.uiKvei  tv  f^io- 
i-  Ol  dl  auvi'Oi^  iv  T  a,  ü  ö  i)  fi.  ä  9  ijaiv  y.akoioiv 
{lu9o(jjxoi  Takka  :iävTa  avcuv  dvevoiiv  —  und  e: 
Ol'  (fijiu  S t S  a  ■/ 1';  f  ihai ,  likk'  dv  c!./.ii/ij  a  iv.  Die 
Hauptstellc  ist  aber  Phaodr.  24'J  extr,  Tiuoa  iilv  dv- 
i^pairtov  ^i'j(.>/  (fvoct  Tf^tarac  tu  uvxa  ij  oi/.  av 
iki^iv  ei'i  tÜSe  tu  CvJov  ,  dvauinvi']oy.ioi^(i.i 
t)  i  y  TiüvSe  iy.sivaoiöäSiov  dTrdoTj  uii^  oaai 
(igaxiojq  £iöoD  TUTe  jdy.ii,  oi'&'  ai  devoo  ntouvoai 
fdi  aTi'x'jOav,  uiire  vtto  tivujv  öj.tikiv)v  ini  xo  äör/.ov 
touTiüfievdi  ki'jdrv  o'jv  tote  iiSüv  lEQÜiv  tyi/v,  6k/- 
yai  8t)  ketTiovTHi,  «/;  to  TJji  i^xvi';/ij;g  iy.a- 
V  oi  ^  TT  up  ,'  O  T I  V.  In  dem  Sinne  sagt  Apollonius  von 
Koincm  früheren  Dasein:  lT[ll8>]  döotov  l'jv  fi.oi  iy.Eh'O, 
oi.iya  uiiOL  iiiiii>ijfua.  V.  A.  III,  23,  11 S-  Zu  iler 
("on^troction:  ov  —  voii/o^si'n  —  El  nvi]ur  övvErrokl- 
TCtixu  d-fi^gi/jTl'oii  dient  als  paralleles  Beispiel  V.  S. 
4sy.  Toi-  ÖS  \4dput.iov  (Mss.  TovTi  ö.  A.)  Enaiiu^ 
üi'  EÜj  (ms.  ti'tj  üv)  ti  ßaoit.Evi  uiv  StEtfipEto  d.Tiu  tov 
iouv  (nis.  duu  TOV  i'aov  8.)  Trpog  6v  E^ijv  d.noy.zEvat. 

P-  1'26-  Kd.  Ol.  ft'ii.  uEkerrj  fiukkov  ij  ^vijiirj  ^ov- 
f i/J.CfüTE^.  So  schrieb  zuerst  Ol.  aus  der  öfters  anije- 
fülirten  Handschrift  statt  ^l'l>E//jjX'JTEg.  Aach  Hrn.  Dr. 
Jalin's  Ansicht  soll  aber  i;vPEtktj(fÜTEq  aus  i;i'VElk}^x^' 
ili  und  diess  aus  der  richtigen  Lesart  tt'i'f/Ao;^(>rf^  oder 
txUlktyÖTE^  entstanden  sein.  Gerade  umgekehrt  ist 
sl'fEektjCfOTE^  das  richtige,  die  schlechtem  Ms.  haben 
it'Vfif.'f/oTE^,  die  genohnlicli  noch  fclilorliafleren  Aldinae 
und  Jiiiitinae  tl'Vll1 1  ~/i)TEi.  IV/inilich  mit  dem  Gctlatht- 
niose  itt.l.iyouEii ,  mit  der  iiE/.errj,  dem  Studium  niid 
eifrigen  Nachdenken,  ivkkaußüvuuEV.  Die  Stelle  p.  579 
Tuvir;  Ey.Oidouii;!;;  t]8ij  t;;c  i'TTOÜEaE'jji;  uvi'jyr]  i;i>vE- 
kltUTO  kann  um  so  weniger  hierher  gezogen  werden,  als 
«ie  den  bessern  (^lellcn  zuf'dgc  heissen  niuss :  TUiii^q 
f.y.8.  tjöij   T)]i  i:iuOtoLuii  (ävi'jiiijv  ^i:vtl.il:;azu. 

P.  4i).  Ed.  Ol.  53(1.  I.  7.  7Tki}ptatv  ioiioii  ez  tijv 
iyEivov  ((tt.uoo(fiav  d((Tj/.Ev.  Die  Variante  y.c.Oi^y.Ev , 
welche  nur  bei  Suid.  s-  v.  lon'ov  vorkommt,  jnochU-  wohl 
nicht  der  Lesart  aller  Handschriften  und  Ausgaben  d(fij- 
y.ti  vorzuziehen  sein,  zumal  da  an  einer  andern  Stella 
des  Suiilas  s.  v.  TitSjVCO  auch  iliess  steht.  Schon  IJois- 
jtonade  hat  in  einer  Kote  zu  den  Heroicis  p.  (iOO  darauf 
aufmerksam  gemacht.  Jenes  y.u9r,y.E  verleitete  den  Ver- 
fasser auch  p.  5S7  I.  9.  y.al  y.udiinv  ö'e  inl  tu;  i^av- 
tiuoivjTi pc^  Twv  I i'Ji!)v  an  eine  Aendernng  in  y.c.OiEi^ 
zu  denken.  Das  ^'erbiim  yathivo-l  wird  von  Sophisten 
gebraucht,  die  sich  in  einen  AVettkanipf  einlassen,  davon 
kann  hier,  wo  Hadrianus  nur  Kathedervorträge  h.'llt, 
keine    Rede    »ein.     y.aihujv    ist   ein    blosser  Druckfehler 


der  Ansgahc  von  Morelli,  der  sich  auch  in  die  von  Olea- 
rius  eingeschlichen  hat.  Alle  Editionen  und  alle  3Iste. 
haben  y.aiiuw. 

P.  ()1.  Ed.  Ol.  583.  1.  3.  ab  ima  und  584  1-  2.  be- 
dient sich  l'hilostrat  zweimal  des  Verbi  kuftßdvovTat. 
von  kleinlichen  Tadlern  des  Rhetor's  Aristitles,  die  sich 
nur  an  einzelne  Ausdri'ickc  hielten.  In  diesem  Sinne 
ist  dasselbe  gewiss  nicht  zu  verwerfen,  vergl.  p.  578- 
Ey.Cfvkov  ÖE  (U'Tov  (hj/iaTog,  o'jc;  iii  öpyij  din(fvy6v- 
TOi  kafjofiEvog  ö  'Ait(fty.}Sjs  eU.  V.  A.  I,  1>I.  27. 
kaßufiEvoi  EavTov  ö  EivoPyoi  olov ,  Ecpij ,  lo  Seol 
ETludop.  Sollte  an  allen  diesen  Stellen  £71  iKaitßdvouEV 
corrigirt  werden? 

P.  120.  Ed.  Ol.  609.  1.  1.  hat  Rcc.  schon  in  den 
Kot.  crit.  die  richtige  Lesart  }';pfxijVEVOE ,  statt  der  ver- 
kehrten vulgata  ep/nji'Ei'Oai  gefunden,  sie  wird  vom  Vat. 
64  und  Par.  1696  (ex  correctlone)  bestätigt.  Gewalt- 
samer ist  die  hier  gemachte  Emendation  EpfiriiEvOa^ 
7toiy./}.vjTUTa  Ekkijvojv  dpiOTO.  y.al  lyvvj  y.ai  £Ta^£. 
Vor  apiOTa  steht  im  Texte  Nichts,  die  Unterscheidung 
Ttoiy.ikojTara  und  upiora  ist  nichtssagend,  und  durch 
das  Participium  EpfiTjVEiaa^  entsteht  eine  schiefe  An- 
sicht der  Sache,  als  ginge  die  IpfzrvEi'u  der  ypdiO/^ 
und  Tui;iii  vorher.  Was  gegen  unsere  Aenderung  vor- 
gebracht wird:  ista  emendatione  verbis  Eyvuj  y.ai  ETat;e 
sua  adverbia  non  resiituuntur  hat  wenig  auf  sich;  Tioi- 
y.lkcjTaTC.  kann  reclit  gut  auch  auf  Erfindung  nnd  An- 
ordnung bezogen  werden  ,  nnd  in  einem  31eisterwerk  muss 
sich  ja  Alles  dnrchdringen ,  was  die  Theorie  scheidet. 
Die  geflissentlich  nachläi-sige  Wortstellung  darf  hei  Phi- 
lostrat Niemanden   irre  machen, 

P.  78-  Ed.  Ol.  6l2.  1.  9.  TU  dvaytyvujaaöfiEi'a  t£ 
y.äi  kEyofiEva  TTaka/ozEpa  üvtu  ij  veiij  yE  iv9i<iitj- 
dl'lVUl.  fliit  reicher  Bclesenheit  sucht  Ilr.  Dr.  Jahn  seine 
Conjectur  notJViXEoo.  zu  vertlieidigcn.  Man  sehe  auch 
das  unten  p.  139  Angeführte,  worunter  selbst  eine  Stelle 
aus  der  \.  A.  ^"I ,  p.  260-  tu  nakaiu  lü/^i/na  y.ai 
nokiujxrpa  rj  yiyvumy.Elv  avTU.  Doch  scheint  sie 
nicht  uiibew eislich  zu  ^in.  Der  einfache  Gedanke  ist, 
dass ,  um  solche  Ideen  vorzubringen,  es  eigentlich  einer 
längeren  Erfahrung  bedürfe,  als  der  Jüngling  Herniokra- 
les  haben  konnte.  Vortrefflich  aber  ist  die  Emendation 
p.  79-  Ell.  Ol.  618.  1.  16.  ovTE  iv  ^akdiTtj  für  oiie 
£v   OExxakiu. 

(Deschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Mise  eilen. 

Jcn.i.  Den  neuen  l.ections -ICitnlo;;  Iicvorwortet  Eitlistiidt 
(der  bercils  70  Piuümicn  ilciii  jcdcsiiialiscn  Index  voranRe- 
scliickt  li.ll)  indem  er  ilcn  StiHliieiulen  jenes  diciniii:  ii)  7io>.v- 
xtUaimnv  i'n'('t>.<iii<(i,  pieliosisiiimini  siiiiiptiiiii  Iciupiis  esse  auf's 
Neue  einscliihlt  iinil  .iiicli  bei  den  vielen  Zerslrcuuii^'cn,  welche 
die  scIkiöc  Sormiicizclt  um!  Jcna's  rci/,cndc  (icgcnil  in  so  rci- 
cliein  Maasc  darbeut,  zu  einer  weisen  und  gewissenhaften  Zeit- 
anwendung  criiialint.  Das  Proicctorats  -  Piogiamm  von  Eicbsladt 
lianiU'lt  „de  Jurisconsulloiiini  atquc  Pliiloiogorum  discordi  eaepe 
concordia." 


Z  e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 

für    die 

Altert  Im  m  s  w  i  s  s  c  ii  s  c  li  a  f  t. 


Mittwoch,  6.  jMärz 


1  8  3  9. 


Nr.  28. 


S^iiibolas    ad    pniPiiilandiim    et    illiisfrandum  Philostrati 
libnirn  de   Vitis  S(i|)liis<aruni    in  mellium  aUulit  Al- 
bertus Jahniiis,  IJernas  Helvotins. 
(  B  e  s  c  I>  1 II  s  s.  ) 

P.  f)23.  Ed.  Ol.  I.  4.  lesen  wir  eine  vielbesproehene  nnd  »on 
mehreren  Gelehrten  anj^efochteiie  Stelle:  hrCEOTUf^u^-iv 
atiov  y.u'i  nuQit  nüvTa  xijv  köyov  öici'uujv  ii  ar- 
TUi'  Tov  L'duTo^,  Y.ai  eoujTijaeii  iv  uvto}  oxEva^ 
noioi'usvoi.  Hr.  Jakobs  corrigirte  iavTov,  und  Hr. 
Dr.  Jahn  fiel  auf  dieselbe  Eniendation ,  ohne  die  ?iote 
von  Hm  Jakobs  zu  kennen,  s.  p.  89.  Indess  Rer.  ge- 
steht, Haniaker  einst  Unrecht  gethau  zu  haben,  wenn 
er  dessen  Erklärung';  per  totani  urationeni  infcrens  verba 
adversus  cum  rlepsvdrae  missbilligte.  Denn  ötiiijüj , 
welches  rerniöge  seiner  Composition  mit  öia  den  Genitiv 
regiert,  heisst  dissero:  rergl.  V.  A.  VIII,  12»  35~' 
ii.  d'  ovTivi  i'oTS  diei/ti,  8tslaujv  diu  rfjg  UQOfj^ij- 
rir:V)Z  etc.  Die  Constriiction  £5  Tiva  SlSi^Clv  wird  ge- 
rechtfertigt durch  V.  A.  VI,  10,  239.  irraSi)  öi:]£t  ii 
rravragkoyoi't;  zt  JvötSv  y.ai  i(jya.  Dass  diei'iJSiv 
iuvTOV  TOV  LÖC.Tog  in  dieser  metaphorischen  Bedeutung 
gesagt  werden  könne,  mochte  so  leicht  nicht  zu  enveiseu 
sein,  wenigstens  geht  das  ans  lledeusartcn ,  wie  6lll(j6iv 
öuy.Tvkof  9loai  noch  nicht  hervor.  Auch  das  ist  un- 
richtig, dass  y.ai  ror  uaoa  :iuvia  überflüssig  sei.  Der 
Kaiser  unterbrach  den  Sophisten  bald  (y.ai)  durch  hä- 
mische Bemeriuingen ,  bald  durch  dazwischen  geivorfene 
Fragen. 

Eine  vorzügliche  Verbesserung  lesen  wir  p,  82  zu 
Ed.  Ol.  f)28.  ö  S'  au  tov  i-avTOv  Xöyov  zeuj^  i'/.o- 
fia.vovvTU  ey.ökaaev.  Die  ganz  sinnlose  Vulgata,  der 
alle   Handschriften   beistimmen  ,   ist   V/.OUEVOi'VTa. 

Indem  wir  unsere  Flerension  hiermit  schliessen,  er- 
lauben wir  noch  auf  die  reichhaltige  Sammlung  von  anec- 
dotis  aufmerksam  zu  maclien ,  aus  welchen  viele  Proben 
hier  mitgetheilt  werden,  und.  die  Hr.  Jahn  unter  dem 
Titel  anecdota  Wonacensia  herauszugeben  gedenkt.  Be- 
.«(mders  wichtig  scheinen  unter  iliesen  <lpr  Comnientar  des 
Oljmpiodor  zu  Plato's  Gorgias,  und  die  Schrift  des  !>Iicli. 
Glycas  TVEQt  ÖqSÖtijtöi;  Ol'VTi'.^ivjg  zu  sein.  Auch 
dürfen  wir  von  dem  Ilrn.  Verfasser  eine  berichtigte  Aus- 
gabe des  Eustath.  Antiochenus  Tieoi  evyaOTQiuvihiiv  er- 
warten, sowie  eine  neue  Bearbeitung  des  Platonischen 
Symposiums  und  ein  auctarium  zu  Tim.  Lex.  Plat,,  zu  wel- 
chen Unternehmungen  wir  ihm  aufrichtig  Glück  wünschen. 


P.  S.  Unter  den  vom  Rec.  benutzten  Handschriften 
befindet  sich  auch  die  jetzt  zum  erstenmal  vollständig 
niitgetheilte  A'aticana  epitome,  aus  dem  coli.  Uli.  bomb, 
saec.  13,  von  welchem  die  codd.  Pal.  ll3.  Flor.  PI.  LIX, 
37.  Neap.  St.  Joann.  Carb.  4.Ö  Abschriften  aus  dem  15. 
Jahrhundert  sind.  Der  Epitomator  hat  seinem  Excerpt 
aus  den  \  itis  Sophistarum  noch  zwei  Stücke  über  De- 
mosthenes  lind  Philippus  angehängt;  letzteres  steht  in  der 
\'orrede  zu  der  neuen  Ausgabe  p.  XV,  ersteres,  aus  den 
zwei  Lebensbeschreibungen  von  Reiske  Or.  Gr.  IV,  145 
gezogen,  möge  hier  einen  Platz  finden,  da  es  häufig 
bessere  Lesarten  darbietet,  als  der  von  Reiske  gegebene 
Text. 

.JrjuoaSivi;^. 
/tevTtoy)  XotTTov  d7T£ußi]icu  Tip  naiavtei  xai^o^. 
y.ai  ft)j  lioi  xo.ktni'jiT];  cJ  9cia  xecpah)  öeurefioi 
miTouevoi,  ijöiaji  ö.u.TJooi  uvtvv  ti:iov  ii  yu.^) 
dti  Tilh^bhi  llyctv ,  avTug  ov  oavTip  ravTijv  Tt]i> 
Til^iv'  noui'^ivijoa;-  ^ujöaiioi'  rrj  vE.öiijxi  tujv  Ijiyt- 
ihi  Twv  ^ijfMTwv  intöiSdvi  atavTov  ^a]8t  äf.ivi^TOii 
öijTOoi/.ciju  ovy^aj^djv  ijcißijval  Tw'g  ooig.  kiyezai 
i)i]j^iuo^ivi]i  oicuj  TUi  iaiooiai  ttovy.cöiöoo  tyuEfxa- 
ilijy.ipai,  ujOTE  y.aeiaiji  ziji  iy  d^i'jvaii  ßißktü9ijy.r]i, 
y.ai  ovyy.aEioujv  TtSv  ioTOQiuiv  avTOV  fxovov  aTioiivr-- 


uovEvaai  naoujv  xai  aÜTiog  avrug  iiEvayQacfijvai 
änoXXodoiovj   dh   y.ai    cfOQfjtvjvi  öiy.a^ouEpoii,    ijko. 


(f/h'7inoL>,  y.ai  cpvyövTOi  neu»  uiirjva/oii  (f<a<*  ^^^9 
'J9i]vaiovi)  iTiuvov/dEii  vji  kaßwv  jiao  avcov  XQ\' 
iiaxa,  X(>(i>£/?  £7Ti  7ii:vti'jy.ovTa  to.).a.vToii^Eqi'yEv  iii 
\ayivav .  voteoov  8\  ucfEia}]i  ainj)^  jiji  nüKtv)i 
iiavijX^Ev.    E^amj^Eii    dh    Tino    lif.e^nvSuov ,    oh. 


TOV  Kaoayoonoiiiiov  avzov  w;  o/'z  ÜTro^avot,  aTti- 
yoivavo  oti  ovcE  vTio/.p/vöiuvoi  ijotoaq  fioiTioTe, 
ovTE  vuv  TtEiSujv.  yai  i^eldojv  tov  ie^ov  'f»  f^ 
HidvT}  aitu  Tii)  ^avaTii)  niwv  (fäofiay.ov  La  nokkoZ 
avTiß  noöi  TovTO  y.aTEayEvaofiivov  d-xtt}ai'£v.  Et- 
y.öva  ÖEavrov  tOTVOav  ddtjvaiot  iv  Tiß  y.£ga}iEiy.ij. 
y.ai  'h-.thi^a^av  zdöe.   ECtsq  ioi]v  yvuii^ri  ^uj^^v  Sq- 


219 


220 


ftöa9Bve?  £0X^5  ov  nor  dp  h't}.i';iviv  ijf^tEv  ä^vq 
/jay.söojv.  BTii  ftoax<,'>  ös  Ötaß/.t-^Eiq  fxeioa'/Mp  TÜiv 
evytvuiv  w?  eooiv  ai'Tov  naorjTrouTO  avToU  zijv 
nagi'  avruv  ä.(fti;iv.  7iaoi-y.okov9ei  uütvj  tqiu  äiiag- 
Ttjuara.  tujv  ts  yug  oxot^tiiov  ovy.  kroavononi  zo 
p,  Tuv  T£  ujnov  diuy.TU}^  dp^toc/e  y.ai  itoorßoi'jifpoi 
c^f'TTrf  rrg  öZ6«/'ew^.  xae  nüvTa  xuira  idaaro . 
fiEidiai  ncüxiiui  iiip  t'idQOs  aiTor  yovöi'/.oii  (Wtop 
lißgiOEv  ioTacfavu>uivov  iv  tw  Oexiioir}  y.al  ö  8i]- 
uoo^ipi;:  6oyia9si<;  y.aTCx^'poTÖvijae  toT  jtcit)iov. 
Aaßujp  Ö£  naö  aiToiJ  Öintooi^epi/i  TQioyif.iu^  Soa- 
XUO-i  y.advcfi-y.aTO  ri^v  nuo  airov  8iy.iv .  y.a'i  öiuo- 
Ttl.Tj  TOP  dvUl'Kip  Toat\uaToi  iii  doiiop  (sie)  ndyov 
ygailiäiiivciq  doyiQtop  hc.ßujv  öteki'aaTo.  y.al  xoii 
i'/^ootg  a(foo/iijv  TtaoEOXi  kiyttv ,  ort  dau  nji;  y.c- 
(paXi;^  f'.Top/tfro.  dTCod-avovavQ,  avrov  Tijg  i^i'ya- 
Tooi;  ijv  ii'xE  tiuvi-v  et<;  eßöüuvv  ijittQap  xov  7ilvi}ovq 
TCiDüiuvo^  dvi]oi'jo9ai  (fihiTinov  i-nu  rravnaviov , 
fj,ET}-ii(fiaouTO  y.ai  to?;  i^eoi"^  id-fos,  (fnvcoov  nonj- 
oa^,  Ott  Tt]v  y.oivi-p  iüzv'X'^'-^  ETiiTQoodep  Tioiceccu 
T/J^  töca^  oviicfonu^. 

Derselbe  HerJlivolle  Codex  onfhali  ausserdem  noch: 

Fol.  1  —  10.  (lUtMOTodiov  eziazolai  tQujziy.ul  tui- 
paxi'o)  ZIVI  y.al  yi  vaiy.i. 

11 — 1^)-  nolifivjvo^  aocfiGzov  y.uyoi  8vo  dvziSty.oc 
dvotp  Ttazeooiv  Kipaiyeiaou  ze   y.al  Kakhudxor. 

19  —  2!).  IJoi'xlov' 31/hjotoi! 'IXXovorgi'ov  tteoI  zwv 
SP  Ttcuöein  Sia'Laui^id VT vjp  cocfiuv. 

29  —  88.  ^toyEvovi  -dbceoziov  ßloi  (fikuaüfff dp. 

88  —  89-  Alujytjtiaza.  ziva  nsfjl  zliovvoiov  zou  zv- 
qÖ.ppov  y.al  \4K{^dvöoov  zov  utyukov. 

99 — 114.  lojdpvov '.^PTCoyivjg  ÖQyu.io'i.oyia  izkqa 
6.gyaio}.oyia,  yoovo'Loyia  d.Tlu  'loßiuvou  tvji  ' lov- 
Xiavov  ßunit.loq. 

119  —  229.  Aikiapov  Ttot/.lh]  iozoQta —  tieqI  ^ujwv 
idiozrjzo!;. 

Ist  es  erlaubt,  narli  dem  Auszn^c  der  V.  S.  (Fol. 
S')  —  99)  einen  Srlilns^  anf  das  Cc!)rijje  zu  inarlien ,  so 
durfte  dieser  Codex  für  die  Kritik  des  Diogenes  L.iortias 
»nd  des  Aelian  keine  fferinje  Anslieufe  feben.  Dass  er 
für  die  der  Philostraf Isclion  Uriel'e  von  AVichtigkcit  ist, 
weiss  Referent  aus   eigener  ErfaLriing'. 

Dr.  Kayser. 

Meictemala   in  Ciccronis   de   Gloria   libros   .sciipsit 
Fridericiis  Schneider,  Dr. 

De  tempore,  quo  libri  de  Gloria  scfipti  sunt. 

Priusquam  de  arguniento  librorum  disscramiis,  neccsse 
e«t  nt,  quo  illi  tempore  coni|>ositi  sint  et  qua  nientc  ad 
eos  litteris  niandando.'i  Cfccro  aggrcssus  sit,  exiioiiannis. 
Quae  quaestio  tantnni  abest  ut  inutilis  sit  aestinianda,  ut 
Diaxinie  debcat  neres-aria  judicari.  Ccrtum  est  enim  ali- 
ler scripturum  Ciceronem  de  Gloria  tempore  fuisse,  quo 
mliil  putaret  fama  melius  esse,   ')    alitcr  cundcm  de  ea- 

i)  Cic.  ad  Auic.  Xlil,  20. 


dem    re    srripsisse,    quam    famam    cognovisset    e    penersa 
vulgi  opinioiie   dependere   Gloriam  non   in  virtute ,    scd   in 
rebus  extcrnis,   velnt  diiitiis,    inagistratibus,   iniperifs  po- 
Dentis.  ")     Srripti  anteni   duo   de   Gloria    libri    sunt    annu 
70^)   u.   c.   missiqno   ad  Atticum    a.   d.   W .   Non.    Quiuctil. 
ejusdem   anni ,     nt  Carolus   Ueierus  ad   Cir.   de   Oft.   II ,  9 
duruit.      Reipublirac    status    eo    tempore  fuit  miserrimus. 
Spcs   enim,    qua   Caesarem    eonjurati   interfocerant ,    omuis 
ad   irrituni    cecidit.       Aam    Anfonlus    necessario    ille    cum 
Caesarc   necandus,    sciliret  respublita  ut  restitueretnr ,  si 
restitui  omiiino  Ilomanis  potuisset,    integer  mansit  impor- 
tuna  Hruti   tlenientia.  ^)     illi  aufeni  et   consilium  Caesarj« 
"iieeem   uiciscendi,    et  animum   e.i ,  quae   iilem   institiiisset , 
senandi   fnissc,   quamquam  ^initio   certe    ne   Cicero   quidem 
suspicatus   est  Antonium  arbitratus  epularuw  tnagis  riitio- 
iiem  habere  quam  viali  quidquam  cogilare  ,  '')  tarnen  non 
ita  niulto  post  Caesaris   iiiterfectionem  rognitum  est.    Iure 
igitur  Cicero   doluit  non   uua  cum    libcrtate    rempublicam 
recuperatam    esse,    meritoquc    scripsit    ad   Attic  XIV,  (): 
■  Quid . .  miserius,  quam  ea  itos  iueri,  propter  quae  illum 
(Caesarem)   oderamus  i    Etiamiie    cunsules    et  tribunos  pl. 
in  bicnniutn  ,   quos  ille  voluil?  NuHo  ?nodo  invenio ,  qtiem- 
admodiun    possim    TT  okl  zeve  0  da  c.      Nihil    enim    tarn 
0  ü/.o  f/.o  v,  quam  z  v  Q  avv  oy.T  u  v  o  V  <;    in  ruelo  esse, 
il/ranni  facta  defendi.   ')      Eadcni    inente    profccta    sunt, 
quae  ad   Uiv.   XU,   1   extant,    Laercc :     Vi  udhuc  quidem 
actum  est,  no?t  regno ,  sed  rege  liberati  videmur:  i/iler- 
fecto    enim   rege,    regios    omnes    7tulus    tueviur.       Neque 
vero    id   solum,    sed   etiam,    quae   ijise  ille,    si   viveret, 
}ion  faceret ,    ea    nos    quasi   cogilata    ab    illo  probamus. 
Nee  ejus  quidem  rei  ßnem  Video.    Tabulae  figuntur :  im- 
munitales    dantur:  pecuniae  viujrimae   describuntur ;  ex- 
sules  reducuntur:  senatus  consultu  falsa  refcruntw :   ur 
tantumiitndo  odium  illud  hominis  impuri  et  servitulis  do- 
lor   dc/iulsus    esse     videalur ,     respublica    jaceat    in     iis 
perlurbationibus.   in   quas   cam  iüit  coiijecit.      Qui  laetati 
Caesaris  nece  esscnt,  iis  mors  violcnta  imminebat.  ")   Quum 
lioniines    pessipii    summos    magistratus    gerunt,    quum    t_v- 
ranni  satellites   in   iniperiis  sunt,     ii,   qui,   Ciceronis  certe 
judicio  ,    orbis    terrae    custodiis    non  modo  saepti,    verum 
etiam  niagni    esse   debebant,  tautummodo   laudantur  atque 
amantur,  sed  parictibus    se   rontinere   coguntur. ')    Meliur 
quidem    rernm    conditio    esse   ridebatur,    quum    Dolabella 
graiissimis    poenis    iniquum   tvranni  amorem  alTecissct,   ') 
pntabatqne    Cicero    tantani     esse     securitatem     ortam ,     ut 
Brufo  jam  vel   roronam  aureani  per  forum  ferre  liceret;  ■') 
sed   lianc,  opinioncm  stabil!   fundamento  destitutam  fuisse_\. 
jam   inde   ellicifur,   quod   idem  Cicero   cpistola  liaud  mullo 
post  illam  scripta   '")  se  existimarc  signilicat,  minore  pc- 
riculo    contra    iicfarias  Caesaris    partes    vivo    tjranno    dici 

2)  Tose.  IV,  c.  31. 

3)  rUt.  viU   Bculi   c.   IS. 

4)  Cic    a,l  Alt.  XIV,  3. 

5)  .MV.  9  et  tO. 

ü)  .1(1  Altic.  rp.  1.^,  üb.  XIV. 

7J  a.l  Alt.  ep.  5,  lib.  XIV. 

8)  ad  Att.  ep.   Ij,   lib.  XIV. 

9)  l(j,  XIV. 
10)  17,  XIV. 


•2'2i 


222 


piiüiisse  qnain  co  uioriu».  Quae  qimm  ita  cssont,  nun 
tpiiicrn  Atticus  Epiciiri  niciiiioiieiii  fccit  et  2)'''""""'''>rc 
ausiis  est  fn)  7r  oXlT£vea&ai.  ")  Har  toinporum 
iniseria  noii  miriim  rst,  Ciccronom  nimis  furo  si-iisisso 
«encctiitis  niolestias,  id  quod  ipse  fa<c(iir  ail  Afticiiiii  op. 
21,  lili.  S.IV  srriliciis:  Lrgendus  mihi  siiepius  est  Ciito 
majiir  ad  te  missus.  /Ivutrinrein  enim  me  seneclus  fncit. 
Stomachor  oiiinia.  Sed  mihi  quidem  fj  e  Ij  i  ujt  ai.  J'i- 
derint  juvenes.  Arrodebaiit  alia,  qiiae  Citcroiiis  aiiiniiim 
ppitlirbarciit,  inefus  belli  livilis,'-)  nira ,  qiias  in  co 
partes  sequi  optiimiiii  forct.  '■')  Suspicio,  rem  ad  cae- 
dem  et  erun  quidem  pinpiiiquam  sjiectitre,  ")  in  dies 
auc<a  fiigiciKliqiic  ncci-ssitas  magis  porspecta  est.  .  Legi- 
nius  ciiim  ad  Alf.  XV,  cp.  20  liaoc:  Quod  ais,  extrema 
quueditm  jam  itomines  de  republica  loqtti  et  eos  quidem 
virus  bonos:  ego ,  quo  die  aiidivi  illum  liirnnnum  in  con- 
cioiie  Clarissimum  lirum  appellari  ,  subdifßdere  cuepi : 
posteii  veio  quam  tecum  Lanuvii  vidi  noslios  tantum 
spei  habere  ad  viveiidum,  quantum  accepissent  ab  An- 
tonio, desperavi.  Jtaque,  mi  Altice,  fortiter  hoc  velim 
accipias ,  ut  ego  scribo.  Genus  illud  interitus  ,  quo  cau- 
sae  cursus  est,  foedum  duces  et  quasi  deniinciutuvi  710- 
bis  ab  Antonio.  Kx  hac  na.va  e.rire  cunstitui,  tton  ad 
fugam,  sed  ad  spem  mortis  melioris. 

Hoc  igitur  reniui  statu  Cicero  diio  ")  de  Gloria  libros 
scripsit ,  in  quibus  coinponendis  cum  occupatum  jam  op. 
21  ad  Att.  XV  vidcinus ,  ubi ,  quod  scribat,  quiim  ab- 
solverit,  so  Attico  inissurum  esse  poUicetur.  Ejusdein 
libri  cp.  14  liaec  extaiit:  His  litleris  scriptts ,  me  ad 
Gvvvai;€l.g  dedi:  quae  quidem,  vereor ,  ne  miniata 
cerula  tua  pluribus  locis  notandae  sint:  ita  sum  f^i  £z e  uj- 
Q  o  g  et  7nngnis  cogitalionibus  impeditus.  "')  lidcm  libri 
ep.  27,  lib.  XV  ad  Att.  conimemoraiitiir  et  itiissl  esse 
op.  2,  lib.  XVI  ad  eundcm  dicuntnr.  Legiiiius  cniin 
Laec:  de  Gloria  misi  tibi.  Custodies  igitur,  ut  soles: 
sed  notentur  eclogarii ,  quos  Salvius,  bonos  auditores 
nactas  ,  in  convivio  dumtaxat  legat.    Mihi  valde  placent : 

11)  20,  XIV.  , 

12)  22,  XIV. 

13)  3,  XV. 

14)  IS,  20,  3,  XV.  -  . 

15)  de  officiis  II,  c.  9,   5.  31. 

16J  Hiinc  locura   quo  jtirc  Wielandus    ad   Ciceionis  de  officiis 
V  libros  rctnlcrit  iioii  video.     Oniniiio  liaec  ipsa  verb.i   nes- 

cio  an  ^^  ielandiis  male  ccpeiit  ita  cxpressa  :  .\ls  ich  mit 
diesem  Sclneiben  feilig  war,  liclirte  ich  zu  meiner  An- 
torschaft  ziirück  ,  wiewohl  ich  freilich  fürchte,  du  möch- 
test (wenn  ich  dir  dieses  mein  neuestes  Wcrkclieii  zu- 
sende) an  manche  Stellen  deine  rolhen  Wachssliickchen 
anzuheften  haben.  So  schwebend  zwischen  Himmel  und 
Erde  ist  jetzt  meine  ganze  Seele  und  durch  Gedankin 
an  grosse  Diugc  für  Werke  der  freien  Müsse  unbrauch- 
bar gemacht.  Quibus  hanc  subjecit  annolationem  (vol. 
VI.  p.  348).-  Dicss  findet  die  Nachwelt  nicht  und  die 
Wachsstiickchen  allein  werden  dem  Welke  seinen  hohen 
Werth  nicht  erst  gegeben  haben.  Palet  enim  ex  ioto 
Terborum  nexu  maxinicquc  ex  vcrlio  lereor  Ciceronem 
suspicalum  esse  muUa  in  his  libiis  Atlicum  rcprehensuium 
esse,  quae  niutala  vellet  utpole  ab  homine  scripta  nia;;- 
nis  curis  distraclo.  Cerula  enim  miniata  locos,  qui  mi- 
nus probarentur,  notitos  esse  couslat  ex  ep.  11,  lib.  XVI 
ad  Atticuin. 


mallem  tibi.  Idem  opnscuhiin ,  sed  rotrartatiu.s,  et  qui- 
dem doy^i:Tt:i(jv  ipsum  erebri.s  loeis  incnicadim  ipfcctiim 
cninniunicatuni  brcvi  post  cum  .Vtfio  est,  ut  ciiustat  ex 
ep.  3,  lib.  X^'I  ,  qua  Atlirus  jubelur  librum  in  marroco- 
lum  tralatum  arcano'  convivis  suis  legere;  sed  hilaris  et 
bene  acceptis ,  ne  in  Cieerunein  stomacbuni  erunipaiit, 
qiiiim  siiit  .Vttieo  irati.  Eoiundem  librurum  meiitiu  fit 
cp.  ü  ad   .Alf.   lib.   X'^'I. 

De  fontibus  liorum  librorum. 

Cicero  quamqiiam  libros  ad  philosopliiam  pertincnfe« 
liaud  paucos  edidit,  fanrcn  vix  ac  ne  vix  quidem  niiiis 
est,  quem  alios  scriptores  non  secutns  composnprif.  Sunt 
autem  libri  illi  ita  eomparati ,  ut,  quae  maximc  exem- 
plaria  ob  oculos  sibi  versata  ossent,  aut  ipse  faferefur, 
veluf  de  Officiis  dispufans  ad  Panaetil  sese  compusuissc 
oxeniplum  pronunciavit ,  de  Consolationc  Crantorem  a  se 
oxpressum  esse  declaravit,  de  Republica  Piatonis  se  in- 
stitisse  vcsfigiis  non  iicgaiif;  ")  aut  ut  facüc  opera  in- 
telligi  possenf,  quoruin  ex  riiulis  liorfulos  suos  irrigasset, 
id  quod  factum  in  Tusculanis  dispufationibus  est,  in  quag 
illc  mnifos  locus  Cranforis  libelli  de  Lucfu  cditi  recepit. 
Quod  igitur  in  aliis  libris  feeit ,  id  in  Iiiscc  eum  neglexisse 
non  est  vcrisimile.  Videfur  autem  Thcophrastus  in  pri- 
niis  fuisse ,  quem  in  his  sequerctur.  Ejus  enim  libro 
Tilgt  inaivov  Ciceronem  usuni  esse  probabiliter  eonjccii 
Cai-oliis  Beierns  ad  Cic.  de  Off.  II,  c.  9,  g.  31  (vol.  II, 
p.  64).  Quem  virum  sagacissinium  miraniur  silentio  prae- 
termisisse  duo  Volumina,  quae,  feste  Diogenc  Laerti<i, 
lib.  V,  c.  2  (ed.  Taucbn.  I,  p.  227)  ,  idem  Thcophrastus 
'.KQi  (flXoTlf^ii'ag  foras  dedit.  Hos  enim  libros  Ciceroni 
non  ignotos  fuisse,  ex  ep.  3,  üb.  II  ad  Aft.  intclligifuri 
Praeterea  qui  recordatus  fuerif,  Ciceronem  hanc  fere 
liam  iniisse  ,  ut  divcrsas  philusnphorum  scntentias  intcr 
sc  conferret,  atque  ex  iis ,  quas  ad  rerifatem  proxime 
accedere  ceuseref ,  probaref;  is  non  dubitnliit,  quin  Cicercr, 
ut  Theophrasti  Peripatetici  libros  adhibuit,  ita  Academi- 
corum  quoque  et  Sfoicorum  et  Epicureorum  plaeita  re- 
spexerit.  Sfoicorum  cerfe,  Chrjsippi  dico  et  Diogenis, 
senfenfias  quasdam  de  Gloria  propositas  de  ITiuiLus  lib. 
III,  c.    17,  g.  57  attulit. 

De  argumenta. 
LiLros  de  Gloria  scripfos  dialogi  formant  retulisse 
quamqaam  rerfum,  quod  sciam,  argumentum  non  exfat, 
tarnen  aduiodum  verisimile  ei  vidcbifur,  qui  Ciceronem 
meminerit  in  libris  ad  philosophiam  spectantibus  secutnni 
esse  Socralicum  morem  contra  alterius  senfentiam  disse- 
rendi.  (Tusc.  I,  c.  4.  Arad.  II,  g.  7—9).  IS'eque  de- 
sunt  hujus  rei  vcsfigia  in  ipsis  Lorum  librorum  reliquiii» 
obvia.  Festus  enim  de  verb.  sigiiif.  (vol.  II,  part.  1, 
p.  195-  Corp.  Granimaf.  Laf.  ed.  Lindem.)  haec  iradit: 
Oppidorum  originem  optime  refert  Cato  Cicero  libro  1 
de  Gloria  eanique  appellatiojiem  usurpationem  appillatam 
esse  existimat ,  quod  opem  darent,  adjiciens,  ut  imitetur 
inertias  Stoicorum.  Ilaec  verba  duplici  possuiil  ralioue 
expediri ,  aut  ut  Cafo  in  Originum  quodani  libro  han« 
Tocis  illius  dcrivandae  viam   iniisse  a  Cicerone  dictus  sif, 

IT)  Couf.  Plinii  II.  K.  Prael'al.  (vol.  I,  p.  27  ed.  Taucbn  ). 


O'J.J 


2 '2  4 


ant  II*  Catoiipm  Ciroro  In  suis  libris  «lispnl.nifcni  Ji-iI.<Se 
ütatiinliir.  Qu.ie  altera  ratio  nia{;is  placct,  (jiiam  (jnae 
[iriiiKi  loro  a  iioliis  est  proposita ,  quam  iioii  essei,  riir 
Fi'stiiä  Catoiiis  lianc  opiuidiiciu  ox  Circronis  potius  quam 
ox  ipsiiK  Catoiiis  scripiis  atl'errct;  nisi  forte  jfraiiimaticiim 
»u<pi<-pris  liaiir  ctMiiolojfiaiii  iiii-ptain  jiiilicas,«p  -siiiiiiKiue 
ipsiiis  jii((inoiii,  scilicrf  iif  iiiajoreiii  ei  aucloritatcMn  i-oii- 
ciliarct,  Cicerouis  tprbis  proimnciasse.  Arcedit  aKorum 
ar^'uiiiootum  ex  A.  Gollio  illiiil  rppetitiim.  Ilic  eiiiiii 
lil).  X.^',  c.  (i  X.  A.  nianifpstiim  crroreni  <lici<  a  Cicerone 
coimniss"m  in  liiscp  liliris  pssp ,  qiii  Hoiiiprici  llertoris 
rprlia  qnapilani  Ajari  <rilniissct.  EJusniuili  autcm  me- 
iiioriap  lapsiis  non  duliiuni  pst,  quin  in  <iial(ij;ls  pofiiis 
quam  in  alio  srriptoruin  genere  Iniiim  liabrat;  sai'piiis- 
(|i|p  Cifpro  in  aHVrpiiiIis  Honipri  niaKime  locis  iipgligpiitpr 
rrrsatus  est:  velut  Tose.  I,  c.  'J(i ,  §•  tiö-  M  ,  >■•  '-•% 
Jf.  4'l,  <le  Divin.  II,  c.  .'30,  §.  ()3.  (Juiirt  antcm  nioilo 
si;;iiiliraviinus  Cafoiipin  ilisputasse  in  liis  Ciceroiiis  libris 
ridpri  ,   iil  qno  jure   dictum  a  nobis  sit   iiifra  vide!)iinus. 

Qiiaerentps  de  indole  herum  librorum  par  est  priniiiin 
de  proipmiorum  ratioiie  dissercre.  Jam  qui  opfra  ali- 
quot Cirpronis  pliilosoplia  peripgerit,  is  facilc  conccdet, 
prnopmiorum  partem,  louje  inaxiinam  i(a  romparatam 
PSSP,  uf  cum  ipso  libroruin  argunipiito  non  arcte  cohae- 
rpaiit.  Naiii  in  iis  fere  omiiibus  Cicero  id  egit,  philoso- 
pliiae  Studium  ut  ant  cnnimcndarct  populnribng  suis,  aut 
di-fpiidpret  ab  iniquis  eoruin  rriniiiiatinuibus ,  qui  riro 
graii  indijnum  esse  contenderent  pliilosopliiap  oppram 
dare.  Talern  rarioneni  proopniii  iiis  libris  propositi  fiiisse 
»prisiniile  est,  quum  alias  fieri  rix  potuerit,  ut,  quod  in 
Aradeniiro  tertio  fuissct,  eodeni  prooemio  libros  de  Gloria 
»criptos  Cicero  ornaret.  Lc^'imus  enim  ad  Atticum  X^'I, 
ep.  (i  haec  rerba:  de  Gloria  librum  ad  te  misi:  at  in  eo 
prooemiiim  est,  qund  in  Arademico  tertio.  Jd  evenit  ob 
eam  rem  ,  guod  hnbeo  volunitn  prooemiorum.  Ex  eo  eli' 
gere  soleo ,  (juum  aliijuod  a/<  y/p  a  fiuu  inslilui,  Ilague 
jam  in  Tusculano,  qui  non  inetninissem  me  abusum  isto 
prooemio,  conjeci  id  in  eum  lihrum,  quem  tibi  tnisi. 
Quum  autem  in  navi  legerem  Academicos,  agjiovi  erralum 
meum.  Ilaijue  statim  novum  prooemium  exaravi ;  tibi 
misi.      Tu  illud  desecabis  ,  hoc  agglutinabis. 

Quo  ordine  singiilac  sesp  partes  librorum  exceperint 
in  taiita  fraginentorum  paucitate  ronstitucre  vix  licet, 
^'erisiniile  est  tarnen  eum  locum ,  quo  de  oppidorum  ori- 
j;ine  expositum  esse  a  Festo  diritur,  non  lalde  rpuiotun» 
ab  inilio  fuisse.  AIctoniug  enim,  cui  dp  exsiho  S(  ribpiiti 
non  dubitamus  quin  dun  liapc  de  Gloria  volunniia  ob 
(jrnlos  »ersata  fuerint,  de  honoribus  <oiitpmiiemlis  pxpli- 
raturus  p.  90  (cd.  iMenckeiiii)  prapcipit  naturam  rerum 
lulisse  aliquando  ,  ut  homines  vngnntes  per  agros  nutla 
cerlti  sede  fruerenlur,  tantumque  liabercnt,  quanlum  au- 
darin,  et  corporis  viribus  per  cuedem  ac  vulneru  aut 
rapere,  aut  tueri  possenl.  Sed  qui  primi  consilin  atque 
judicio  excelluisaent.  eos  comperta  humani  ingoiii  vi, 
i/uae  docililulis  et  virlulie  capax  esset,  et  laudis  cnpidi- 
täte  infammarelur ,  dissipatos  in  societatem  vitne  con- 
tfocaste,    easque  ex    tetrii  illa  immanilate  et  horrida  in 


cultaque  rila  nd  humanilutem ,  mansueiudinem  et  j'usli- 
liam  rrii(hixii:e.  Dein  dornest ica  Ulis  ipsis  commoda 
peperisse ;  eosque  in  coelum  quendam  congregasse ,  quem 
Cicitatem  appellasxe.  l'osiremo  illiberale  arbitrantes , 
ut,  quae  (inimalia  omnium  rcruni  r.rcellentia  reliquis 
prnestari/il ,  illa  ijisa  digna  dinnicilia  non  habercnt  suo 
imperio  suaque  ri/lute ,  eosdcm  ijisos  homines  proxiniia 
domicilüs  juiixisse ,  hisque  plane  Urbium  nomina  impo- 
suisse ,  et  deinceps  conjugiis,  litlerarum  vocuwque  com- 
muniiine  conciliasse.  His  sciiientiis  quod  Alcvoiiius  sta- 
tim addit,  non  sine  dirino  aliquo  numine  naturam  ho- 
minum  generi  quiindam  honoris  cupiditatem  ingenerasse , 
non  tcnipro  iiubis  vidcmur  suam  scdcm  Festi  illi  Inro 
vindicassp. 

(BpscJiIuss   folgt.) 


Person al-Clironik  und  JMisCellen. 

Ivirl.  Am  9.  Febr.  (laf  Iiipr  .ms  Atlipn  die  Kacliriclit  von 
dem  Tüiln  des  Doctars  Aitliiir  Koclinn  aus  Wüster  ein.  Oic-rr 
aussezcicIulPte  joiigc  Pliilulo;;  hell  sieb  seit  andcrlballi  J.iliien 
in  Griechenland  auf,  vorzugsweise  mit  arcliäolojjiscluii  Foisbiin- 
gen  bescbiiffligt ,  die  eine  reiche  Ausbeute  versprachen.  Ein 
iNcrven(u  her  bat  nach  l.ingMicrigeni  Kr.inkpnlager  seinem  Lehen 
im  noch  nicht  vollendeten  -23.  Jahre  am  1.  Janii.ir  ein  Knde 
gemacht.  —  Sein  literarischer  Nacblass  wird  iiolFcntlich  fi'ir  die 
Wissenschaft  nicht  verloren  gehen. 

Berlin.  Des  Königs  Majestät  haben  den  bisherigen  ans- 
serordentlicbcn  .Professor  Dr.  Ludwig  Arndts  in  Bonn  2um 
ordcntliclun  Professor  in  der  juristischen  Facultät  der  Univer- 
sität zu   Breslau    zu  ernennen    gejruht. 

Dresden.    Der  Professor  C  lia  lyb  aus  dahier  hat  einen  Ruf 

als  ordentlicher  Professor  der  Philosophie  nach  Kiel  erhalten 
lind  sich,  dem  Vernehmen  nach,  bereit  erklart,  demselben  zu 
füllen. 

Kassel,  22.  Januar.  Sc.  Hoheit  der  Kurprinz  und  Mit- 
regenl  haben  dem  ordentlichen  Professor  der  griechischen  und 
rooiischen  Literatur,  Dr.  Carl  Franz  Christian  Wagner 
zu  .Marburg,  das  Prädical  ,,  Geheime  Ilofrath  "  zu  verleiben 
geruht. 

Kiew,  10.  Febr.  Wie  man  liöit,  soll  auf  allerhöchsten 
Befehl  die  hiesige  l'iiiversität  aus  gewissen  Gründen  für  ein 
Jahr  suspenJirt  werden. 


Druckfehler  -  Anzeige. 

In  die  Beccnsion  des  If'igand'schen  Iloraz,  Nr.  6  und  7 
18^19  dieser  Zeilschrift,  haben  sicli  einige  Druckfehler  einge- 
schlichen, die  ich  hiermit  berichtigen  will. 

Nr.  6.  p.  42.  Sp.  2.  Z,  27.  st.  sculdigermassen  1,  Schuldiger- 
massen, 
,,     „  p.  43.  Sp.  1.  Z.  35.   nach  SelbstständigUil   fehlen  die 

Worte:   ru   erkennen. 
,,     ,,  p.  44.  Sp,  2.  Z.  1.  (v,  u.)  St.  leidfit  I.  /eilet. 
„     ,.   p.  4K  S|i.   2.   Z.   13.  St.   JJoro-  I.   Jlcraz. 
,,     7.  p.  49.  Sp.  1.  Z.  15.    fehlt   hinler  dea  Worten:   fndfi 
sich  das  Wort:   auch. 
Sondershausen.  fr-  Gerler. 


Zeitschrift 


f  ü  r    die 


A 1 1  e  r  1 1 1 II  m  s  w  i  s  s  e  n  s  c  li  a  f  t. 


Freitair  j  8.  März 


18  39. 


Nr.  29. 


Melotcmaia    in   Ciccrniiis   de   Gloria   libros   sciipsit 
Frideiicus  Schneider,  Dr. 

(Bcsc  h  1  iiss.) 

Quam  autrm  ratioiicin  seqnondam  esse  in  dispuiatio- 
nibus  putaret ,  Cicero  <le  Repiilil.  I,  c.  24,  §.  3S  deila- 
ravit,  iibi,  ingreiliar-,  iiHjiiit,  in  disputatioiiem  eu  lege, 
qua  credo  omnibus  in  rebus  disserendis  ulendum  esse,  si 
errorem  velis  totlere,  ut  ejus  rei ,  de  qua  quaeritur,  si 
nome?i  quod  slt  convcnint ,  explicelur ,  quid  declarelur 
eo  nomine:  quod  si  convenerit ,  tum  denium  decebit  in- 
gredi  in  sennonem:  nunquam  eniin,  quäle  sit  illud,  de 
quo  disputabitur ,  intelligi  polerit ,  ?nsi ,  quid  sil ,  fuerit 
intellectum  prius.  ")  Haue,  viaiu  his  (juo(jue  librjs  Cice- 
roncm  iniisse,  ut  per  se  probabile  est,  i(a  certiim  reildi- 
liir  Ilieronjnii  testiiiKiuio  Couimeiit.  ad  ep.  ad  Galat.  IIb. 
VIII,  r,  (),  Tom.  YII,  p.  ölS  (ed.  Vallarsii)  haec  re- 
fcreiitis :  Quitntas  habeat  dcfiniliones  et  signißcfitiones 
gloria,  et  philosnphorum  innumerabiles  libri ,  et  Cicero- 
nis  duo  Volumina,  quae  de  Gloria  scripsit,  indicio  sunt. 
Coiisciitaiieiim  est  autciii,  Ciceroiiciii  diversoriiiu  philoso- 
phonim  iliiersas  de  liat  re  seiiteiitias  iuter  se  coniparasse 
carunujiie  qiiac  sibi  maxiiiic  platcret ,  probassc.  Qiiae 
qualis  fuerit  licet  in  frajjtneiitis  iioii  sit  certis  verbis  ex- 
pressnm,  tarnen  colligi  ex  iis  potest ,  qiiae  eadem  de  rc 
aliis  scriptis  siguilitavit,  velut  Tusc.  III,  c.  '2,  ubi  de 
crrorum  causis  exponens  his  cerbis  usus  est:  Cum  .  .  ■ 
parenlibus  redditi ,  dein  mngistris  traditi  sumus ;  tum 
ita  variis  imbuimur  erroribus  ,  ut  vanitali  xeritas,  et 
opinioni  confirmatue  ?tatura  ipsa  cedat.  Accedunt  cliam 
poetae:  qui  cum  viagnnm  speciem  doctrinac  sapientiue- 
que  prae  se  tulerunt ,  audiußlur ,  legunfur,  ediscuntur , 
et  inhaerescunt  penilus  in  menlibus.  Cutn  vero  eodem, 
quasi  viaxumus  quidam  viugisler,  populus  atque  omnis 
undique  ad  vitia  consentiens  multitudo;  tum  j'lune  infi- 
cimur  opinionum  pravilate,  a  naturnque  desciscimus:  ut 
nobis  optumam  wagistram  invidisse  videanlur  ,  qui  niliil 
melius  homini,  jtihil  magis  e.vpetendum  ,  nihil  praestan- 
tius  honoribus  ,  imperiis  ,  populari  gloria  judicaverunt , 
ad  quam  fertur  optumus  quisque ;  veramque  illam  ho- 
nestatem  expeiens,    quam    una  natura  viaxume    inquirit, 

Id)  Siinilia  Icguiitiir  de  Oratorc  I,  §.  209,  U.  §.  108,  de  Fin. 
Jl,  5  3  de  Üf  I,  §.  7.  Oiitnis ,  quae  ratione  siisciiniur, 
de  aliqua  re  instilutio,  dcbet  a  defmidonc  projiciici , 
Ut  iiiuUisatur  j  ijuid  sie  iJ ,  de  quo  diijiuutur. 


in  summa  inanitate  versatur ,  consectaturque  nullam 
eminentem  effigietn  (virlulis),  sed  adumbratam  imaginem 
gloriae.  Est  enim  gloria  solida  quaedam  res  et 
expressa,  non  adumbrata:  ea  est  consentien» 
laus  bonorum,  incorrupta  vox  bene  Judican- 
tium  de  ex cellente  virtute:  ea  virtuti  resonat  tam- 
quam  imago.  Quae  quia  recte  factorum  pkrumque  co- 
mes  est,  non  est  bonis  viris  repudianda.  lila  autenit 
quae  se  ejus  imit  atricem  esse  vult,  temer aria 
atque  inconsiderata ,  et  plerumque  peccatorum 
vitiorumque  laudatrix  ,  fama  populär is ,  simu- 
latione  honestatis  formam  ejus  pu  Ich  ritudi - 
nemque  corrumpit-  Qua  caecitate  homines,  quum 
quaedam  etium  praeclara  cuperent,  eaque  nescirent;  nee 
ubi,  7iec  qualia  essent,  funditus  alii  everterunt  suaa 
civitates,  alii  ipsi  occiderunt.  Conf.  Tusc.  V,  c.  15  et 
c.   16. 

Sed  licet  probabile  sit,  Ciceroncm,  qui  tofam  de 
Gloria  qnaestioneni  sno  operc  absolntaui  esse  vellet,  de 
aniore  Gloriae  omnibus  iiominibus  innato  disputasse,  '*) 
iufer  vcraui  Gloriam  et  falsani  distiuxisse,  de  ratione 
Gloriae  coniparandae '  cxposuisse ,  de  utilitatibus ,  qua« 
afferref,  dixissc;  tarnen  quum  non  omnium,  quos  tractä- 
tos  esse  in  his  libris  pronunciavimus ,  locorum  indicia  in 
fragmentis  extent,  eos  soluni  persequi  nobis  visum  est, 
quos  Ciceroncm  spectasse   frajmenta  elficcrent. 

Ut  igitur  de    aliis    rebus  Cicero    disseruit,    ita    silen- 
tio  non  praetermisit ,   h'.)n)ines  Gloriae   ita  studere,   ut  vel 
pust  mortem  se   nobilitari  Tcllent.   ^'^)       Quam    seutentiam 
paucis  eam  verbis  jam  Tusc.  I,  r.    15   constrictam   ut  uou 
ncgicctam    in    his    libris    esse    suspicemur,    comnio?et  no» 
A.   Gcllius  jam   supra  laudatus  ,    qui   lib.   XV,  c.   6  testa- 
tur    in    sccuiido    de   Gloria    libro    scriptum    fuisse:     Apud 
eundem   poetum    (Homerum)    Ajax    cum  Hectore   congre- 
diens  depui;nnndi  causa  agit ,  ut  sepeliutur ,    si  sit  forte 
victus:  decluratque,    se  teile,    ut   suum  tumulum  multit 
etiam  post  seculis  praetereuntes  sie  Inquantur: 
'      Hie  Situs  est  vilae  Jam  pridem  lumina  linquens, 
Qui  quondam  Hccloreo  perculsus  concidit  ense.       . 
Fabilur  hoc  aliquis;  mea  semper  gloria  vivet. 

Jam  qui  non  oblitus  sit,  Ciceroncm  versus  orafioni 
adraiscentcm    studiose    sui    populi    poelis    usum    esse    et, 


19)  Alcyonius  certc  de  hac  re  quaeii.im  proluüt. 

20)  Mutavimus  pauUuIum  ordincm ,    cnicin  Cicero   tenuissc  vi- 
detur,  omnia  ut  faciliorc  iu  coxispcctu  puucreums. 


227 


228 


qnnm  hi  ilefircrcii<  ,  muUa  vprtlsse  dp  Graecis :  -')  is  non 
iiiiprubaliit  ronjecturaiu ,  Eiiiiii  tjtioijue  icrsus  noiissinios 
in   lios  liliros   rerpp<os   fulssc: 

Adsjiicite,  0  cires ,    senis  F.inii  imnghii'  fonnam 
Hie   vo'trum  piiii.iil  ritii.riima  facta  palrum 
et  hos:      .\>/ho   nie  Inriumis   decorel ',   iiet:  funera  ßeltl 

Faxit.     Cur^   vutilo   riru'  per  ora   virum. 
Coiif.   Tusr     I,   r.    15,   SJ.   34. 

»nue  liiiigp  reiiiotus  al)  lils  illc  lorns  fiiissc  viilefiir, 
qiio  ilpos ,  qiii  publice  colerpiitur,  hoiniiirs  ftiisse  Cirrro 
roiitpiiilit.  Cujus  roi  teste  utiiiiur  gravissiiiio  Lactantio 
lili.  I,  c.  15,  5J.  2  3;  ijuem  loiuni  iiojjloctuni  a  CicerDuis 
opernm  pcliforilius  «iiinlLus  nos  prinii  rpsppxliniis.  Huic 
auteni  uniteiitiae  ut  liauc  potis.siMiiini  sedeui  viiidiiemus , 
farit  Tiisc.  lorus  moilo  allatus.  Hi>c  rniiii  Cicero  onini 
jain  aiiticjuitati  de  auiiiiüriini  iiniiiortalilate  persuasum 
fuisse  iuile  rollegif,  qund  iiisi  iiisituin  priscis  hominibus 
fiiissef,  esse  in  niorte  seiisum ,  necjiic  cxcessu  vitae  fiin- 
ditus  iii<erire  hoiiiiiipin,  iii)m  maxiiiiis  ingeniis  praediti 
iier.  ian(a  cura  coluisseut  sepulcroruin  raeriinoiiias ,  nee 
vidlaias  <am  pxpiabili  relijioiie  sanxissent  ;  et  iiide,  quod 
(icri  vix  poluissef,  nt  liri  aniinis  altissiinis  in  prriculis 
et  laboribiis  livpre,  quam  »ilaui  utiosam  «legere  niallent, 
nisi  nieiitibiis  eoruni  quasi  seculiiruni  quuddani  au^urium 
fufurorum  inhaesisset,  quo  se  vcl  inortuos  putareut  lan- 
dein attiujjerp.  Versafus  igitur  Ciipro  in  libris  de  Glo- 
ria similiter  fuerif,  ati|ue  est  in  priniii  Tusc.  versatus, 
^luriaeqac  Studium  ab  imuiortalitatis  persuasione  repe- 
tierit.   ") 

Scd  ad  reliqnos  locos  transeamus.  Priniiini  auieni  ille 
est  ronsideraiidus ,  qui  est  de  discriniine  verao  gloriae  et 
falsae ,  de  quo  Cicero  disputaret  necesse  fuit.  Jain  om- 
niuni  maxime  vulgi  faniain ,  quae  exteruac  rerum  speciei 
potiiM  adhaereret,  quam  iiiternaMi  earum  iiidolem  investi- 
garef ,  Ciceronem  coiiteninendam  putasse  quum  Tusc.  II, 
r.  26  et  III,  «".  2  efficiunt,  tum  jioruni  fragnieiita  libro- 
rura  declarant,  inter  quae  liaec  referuntur  verba:  Sta- 
tuerunt  aereant  lenenam.  "'j  llaec  quo  üiut  coiisilio  a 
Cicerone  prolata  docet  nos  Lacfantins  lib.  I,  c.  2)',  {J.  3, 
tibi  Roniaiiurum  religiones  ut  inanes  perstricturus  eos  di- 
rit  vel  meretrices  diiiuis  honoribus  alFecisse.  ^'erba  ejus 
liapc  sunt:  Rninuli  nuirix  I.upa  honoriöus  est  /iß'ecta 
riivini».  Et  ferrem ,  si  animal  ipsu7n  fuisnet  ,  cujus 
figuram  gerit.  Auetor  est  Lihms  ,  Larenlinae  esse  siinu- 
Incrum  et  quidem  non  corporis ,  sed  mentis  ac  morutii. 
Fuit  enint  Fiiusluli  uxor,  et  ob  corporis  vilitate'ii ,  Lupa 
inter    pasiores,    id   est,    nurelrix    nuncupata   est,     u/ide 


21)  Tu3C.  II,  c.  11,  S  20. 
-22)  Sunt  fortasse,  quibus  lioc  minus  probaliililer  dichirn  vi- 
deatiir ,  uegautibus  »cilicrt  Ciccionciii,  cpi.i  cssrt  iiigcnii 
uberlatc  ,  i'jii>l>  ni  rem  fadem  prorsiis  ratio:ie  IracUtiiniiu 
fuissr.  Quoiuiii  de  Cicerone  vpinio  ul  ipjj  Cicermii  lio- 
norifici  Pil,  ita  non  firnialur  scriptis.  qn.ie  eodcni  lere 
alque  liosce  iibros  tempore  foras  dcdit,  Consol.iliiirjcin 
dico,  Tusculanas,  Caloncin  Majorem.  Nerpie  lemcrc  Wic- 
landus  vol.  V,  p.  34ä  (epist.  Cic.)  scripsil:  Cici-ru  liiiig 
in  seinem  jan/en  Leben  nicht  so  stark  nn  dem  Glauben, 
da^s  ilcr  nienscbllclie  Geist  gollverwandtcr  und  also  titi- 
verganslichcr  Natur  sei,  ah  jetzt. 
23)  Seciiti  suaiuj  semper  Icctioncin  Orcilio  probalam. 


eliani  Lupanar  dicilur;  exemplum  scilicet  Atheniensium 
in  ea  figiiranda  lioiiiani  secuti  sunt,  apud  quos  ineret  rix 
quaeda  nt  nomine  Leaena,  quunt  tyrannum  oc- 
cidisset;  quin  n  e  fn  s  erat  si  in  ulacruiii  con^titui 
ineretricis  in  teniplo,  a  n  i  in  a  lis  e/'figieiii  po- 
suerunl,   cujus   nninen  g  c  re  f/Ht.  '') 

Acceduiit  alia  duo  fraginrnta,  quorum  unum  Diiime- 
de.s  .senavit  lib.  I,  p.  378  hoc:  O  iiiiseruiii  vel  potius 
ainenteni,  de  quo  necesse  erat  pejus  existiniare  eov,  qui 
ploserunt ,  quam  eos,  qui  non  ptoserunt;  ")  alleruui 
Cliarisius  adulit  liocce:  //;  Tusculiinuni  mihi  nuncinfian- 
iur  gladiiitorii  sibili.  Quae  verba  nescio  an  sint  ad  rem 
siniilem  ei  rpferenda,  quam  Cicpro  ad  Attic.  pp.  I't, 
lib.  II  n.irrat  bis  usus  verbis:  Populi  sensus  maxime 
theiitro  et  speclaculis  perspeclus  est.  Saiii  gtadiatori/ius 
qua  dominus  qua  advocali  (seil,  ad  plaudenduni)  siliilis 
concisi :  ludis  Apollinaribus  Diplnlus  tragoedus  in  noslruin 
Pompejuin  petulanter  inrectus   est  : 

Nostra  iniseria  tu  es  Magnus  —  — 
niillies  coaclus  est  dicere.  —  Caesar  quum  venisset  iiiur- 
tuo  plausu ,  Curio  fitius  est  insecutus.  Huic  ita  ptau- 
suni  est,  ut ,  salca  republica ,  Poiiipejo  plaudi  solebat. 
Tulit  Caesar  graviter.  Literae  Capuain  ad  Pompejuin 
volare  dicebanlur.  Inimici  erant  (Caesariani)  equilibus , 
qui  Curioni  stantes  plauserant :  hostes  oinnibus.  Oninlno 
teneniiuin  pst,  eani  soluntmodo  laudem,  quam  honiineü 
nobis  honesti  tribuant,  magni  faciendam,  contra  Paiu 
abuminandani  esse,  qua  homines  furpes  nos  all'iciant.  Hoc 
postreuium  Cicero  exeniplo  illustraturus  non  dubitanius, 
quin  verbis  usus  sit,  quae  ut  Ciceronis  ab  llicronyinu 
allata  non  cnnstat  ail  quus  libros  pcrtineant.  Sunt  autem 
liaec :  Caesar  quum  quosdam  ornare  voluit ,  non  i/tos 
honestavit ,  sed  urnamenta  ipsa  turpavit.  -'')  Jam  qui 
neget,  eo  usque  audaciae  Ciceronem  progrcssuHt  esse, 
ut  tarn  accrbe  de  Caesare  juilicaret ,  eum  nobis  licet  ad 
locus  nuinern  non  pancos  ablegare ,  quibus  Cicero  est 
Tchomentissime  in  Cacsarem  invectus;  velut  de  OIF.  I, 
c.  lll,  §.  2{)  Caesaris  notatur  temeritas ,  qui  omnia  jura 
divina  atque  liumaua  pervertit  propter  cum,  quem  sibi 
ipse  opinionis  crrore  fiuxerat,  principatuni.  EJusdcin 
libri  c.  14,  g.  4.i  liaec  extant :  Videndurn  est,  ut  en 
liberalitate  utamur,  quae  prosit  amicis ,  ?toceal  nemini. 
Quare  L.  Sullae  et  C.  Caesaris  peouniarum  translatio 
a  j'ustis  doniinis  ad  alie/ios  non  debet  liberalis  videri. 
tiihil  eni'ii  liberale,  qaod  non  idcm  Justuin.  Lib.  Jl, 
<•.  7,  45.  2.{  C.  Caesar  t;  raunus  nuniinatur.  Xcquc  niinu.K 
acriter  idem  castigatur  lib.  II,  c.  24,  §.  84,  "hi  haec 
legimiis :   Tanta  in  eo   (Caesare)  peccandi  libido  fuit ,  ut 

24)  Leacni  aniica  Arislogitonis  fiicrat,  qni  Hipparcbiim,  Pi- 
Mar.iii  filiiini,  lyranniiiii  occi.lit,  iilcoqiic  coiijiirationi» 
sosprctam  llipiiias,  aller  lilnis  Tisisliati ,  cniilclitcr  enc- 
cavi(.  Snbl.ilis  lyrannis  linic  tamquain  binc  iiieritac 
AlbenicDses  leacnaiii  aencat»  posuctunl.  Paiison.  Allic. 
p    20,   21   (cd.  Lipsicns.  lib.    I,   c.  2:<,   §.    1    cl  2).    Ccllav. 

25)  Sic  lere  locus  cum  Orcllio  nuitatidii»  viiletnr,  qni  viliuxi 
sie  le^ilur  in  codicibiis:  0  miscriuit  t'el  potius  aiiienie/n, 
de  quo  nccesic  erat  />ejus  e.risli'iiäre  eos,  quod  erant. 
quam   eus  ,   qui  non  plndere. 

26)  Huic  .scnicntiae  Caridi  Bcieri  snasu  in  fragmcntiv  bornm 
librorum  lociim  Orclli  qucquc  assiijnavit. 


229 


230 


hoc  ipsu'ii  eiiin  deleclaret ,  peccare,  etianiai  causa  non 
enget.  Jiiiiiio  lil>.  III,  r.  (i,  ^.  Vi  Cicero  Cacsaris  iiifor- 
fpi'tidiiPlii  a|)cr(o  prohaiis  liouestiim  esse  toii(pii<li( ,  <_vrau- 
iiiiiii,  «iiiii  quo  iiiilla  iioliis  sit  sorietas,  iiecare;  a<<nie 
hoc  oniiie  gciiiis  pcstifcrum  a<<juc  iiii{>iuiii  ex  lioiuiiiiim 
ritiniiiiiiiilato   oxtcriniiiaiuliim   esse. 

(Jiioil  ijfidir  Attiro  rosfanfi ,  ut  orafioiiem  ijiiasi  a  Brufo 
lialiitain  in  /yramiiiin  o|)(iino  jiire  caesiim  srriberet,  [iro- 
iniserat  pp.  3,  lil'.  XV,  liac  <le  re  siiam  sc  seiitciitiam 
«leclaradiriiin  qiiideni  esse,  seil  alio  modo  et  U-iiiporc; 
liiiir  promisso  iiesrio  an  in  liliris  (jiiiiiii  ile  (iloria  tum  ilc 
Ofluiis  srri[itis  ex  parte  quidem  stctorit.  <iiiae  si  reite 
a  iiiiliis  roiijiciiiiitHr ,  facile  explirari  lorns  potest ,  qiii  est 
ad  A»(ic.  ep.  f),  IIb.  X^'I  liirre:  Nunc  aiidi,  qiiod  pluris 
et  <piaiii  omtiia.  Qiiintus  (Uiiinti  fratris  filiiis)  fiiit  iiie- 
cuiii  dies  coiiipltires  :  et,  si  ego  ciipereiii,  ille  vel  plures 
/iiissel :  sed,  quniitiini  fidt,  incredibile  est,  ijiiain  ine 
in  omni  genere  detectarit:  in  eoijne  nia.viiiie,  in  quo 
ininiiiie  snlis/iicieiat.  Sic  eniin  cominotiis  est  tofiis  et 
scriptis  m  eis  qiiibiisdntn,  qua  e  in  man  Uns  habe- 
b  a  III,  et  assidiiitate  orationis  et  praeceplis,  ut  ttili  nniino  in 
reiiipiiblicaiii,  qiinli  nos  voluinus,ftttiirus  sit.  Jam  tcmporum 
rati<ineni  qiiod  attiiiet,  niliil  obstat,  qiiomiiiiis  horiim  de 
(jloria  librorum  vim  a  Cicerone  si-inilicari  stafnanius,  qiiac 
rn  redierit,  ut  doininatiis  oniniuni  reriim  maximam  in 
iuvidiam   adduceretnr. 

Sed  qnuni  alii  lioniines  alils  ex  rebus  Gloriam  qiiae- 
rant,  qunm  sint  qui  bellicain  laudem  civili  longc  superio- 
rem  esse  jtidiceiit,  quam  alii  ciiilejn  maxinie  optandam 
esse  arbitrentnr,  qniim  non  desiiit,  qni  snmmam  -i^loriam 
a  studio  litterarnm  proficisci  putent ;  a  rerisimilitndinc 
non  abhorret  singulas  has  senteiitias  Ciceronem  deinceps 
examinasse.  Videniur  aatem  nobis  jure  rontendere  posse, 
in  his  certe  libris  a  commendanda  bellica  laude  ma^is 
quam  alio  tempore  Ciceronem  abstinuisse  Caesaris  uiaxime 
odio  comniotnm.  INam  in  lib.  1,  c.  ^2,  JJ.  74  de  Off. 
haue  opinionem,  qua  plerique  arbitrentnr  res  bellicas 
majores  esse  quam  urbanas,  niinnendam  esse  declarat. 
Sed  qnamquam  nejjari  nequit,  liornm  librorum  magnam 
partem  versatam  esse  in  contemnenda  fania  popnlari,  qnae 
caera  plerumquc  esset;  tamen  non  licebat  Ciceroni  alte- 
ram  quaestionem,  quae  est  de  vera  Gloria,  silentio  prae- 
tcrmittere.  Quam  si  neglexissct,  de  conteintu  Gloriae 
potins  quam  de  Gloria  hosce  libros  inscriberet  nccesse 
erat.  Ilujus  auteni  quaestionis  qunm  certum  iudicinin  in 
fragmentis  non  extet,  ile  ea  nobis  licet  |)auii»  absolicrc. 
Conipertum  autem  ex  lib.  II,  r.  9,  §•  il  de  Off.  habe- 
iix'is,  quibus  rebus  sunimam  Gloriam  constare  Cicero  vo- 
Inerit  dicens:  Suniinn  et  perfecta  gloiia  constat  e.v 
tribds  his:  si  diligit  iiiultitudo:  si  ßdem  habet:  si  cum 
ad'iiiratione  quudani   honore  dignos  piitat. 

Sed  Laec  hactenus.  Plura  de  liisce  libris  proferre 
non  audemus,  qui  cerfioribus  simus  vestigiis  destitnti. 
Hoc  unum  tamen  adderc  liceat,  oinnia,  qnae  de  fama 
niuhitudinis  despicienda  Cicero  dissernerit ,  egregie  intloli 
ronienire,  quam  Catonum  quum  IMajoris  tum  IMinoris 
fuisse  consfat.  Utrumque  enim  paritcr  fuisse  judiciorum 
incuriosum,  quae  de  sc  vnigus  facerent ,  veferes  scriptores 
t<<5(antur.  ^')      jNeque    repugnat  librorum    horum   argumeu- 

VT;   Piul.    Vit.   Cat^   Maj.   c.    19  et  Cat.   Mio.   c.   ö.  9     l'J. 


tum  conjecturae  nnstrae ,  qua  suspirati  sumns  ad  Thco- 
plirasti  maxime  excniplar  Ciceronem  sc  romposuigse. 
Tlieoplirastus  euim  et  Cicero  id  certe  pariter  eccuti  sunt 
ut  disce<Ientes  a  vulgi  opiuiune  vitam  pnblicam  non  an- 
teponerent  vitae  in  littcrarum  studiis  occupatae.  Conf. 
Cic.  ad  Attirum  II,    10. 


J.  Marquordt ,   C^zikus  und   sein  Gebiet,    Drei  Bächer. 
Mit  einer  Charte.     Berlin   1836-      8. 

Diese  verdienstliche  Arbeit  reiht  sich  den  zahlreichen 
31(iiiographieen  an,  welche  neuerdings  liber  die  verschie- 
ilcnsten  Gegenden  Griechenlands  siud  geliefert  norden. 
Sie  haben  das  Angenehme  zugleich  und  Nützliche,  dass 
sie  die  allgemeinen  Formen  des  hellenischen  Lebens  und 
Strebens  «ie  in  einem  31iniaturbilde  und  in's  Detail  con- 
centiirt  zur  Anschauung  bringen.  Man  findet  da  in  be- 
sundern  .\btheilnngen  Topographisches,  Historisches,  Ar- 
<  bäologisches ,  Literarisches,  jedes  soivcit  es  diesen  be- 
sondern Staat  betrifft,  mit  einer  Ausführlichkeit  und 
Genauigkeit  beliandelt,  «ie  sie  eben  nur  die  locale  Ein- 
heit der  Beziehungen  veranlassen  zugleich  und  lebendig 
machen  kann.  Dass  der  ^'erf.  sich  Kyzikus  gewühlt  hat, 
uird  Jeder  ihm  ddnken,  der  sich  für  die  Gescliiclife  der 
(jsflichen  Griechen ,  namentlich  der  politischen  interessirt. 
IvTzikus  »ar  das  Lübeck  des  Pontus  Euxinus  ,  wenn  sich 
dieser  in  seiner  Wichtigkeit  für  den  Handel  der  alten 
Welt  mit  der  Ostsee  zur  Zeit  der  Hansa  vergleichen 
lasst.  Heraklea  und  Sinope  konnten  sich  nicht  mit  ihm 
messen,  auch  Byzanz  nicht,  ehe  es  Constantinopel  wurde. 
Seine  Lage  «ar  eine  der  günstigsten:  Der  Rhetor  Ari- 
slides  an  einer  vom  ^'erf.  S.  83  angezogenen  Stelle  ver- 
gleicht sie  mit  der  Ivorinths.  In  <ler  Propontis  gelegen 
verband  sie  Aen  Pontus  und  den  Hellespont,  das  Binnen- 
uiid  Aussenmeer:  Alles,  «as  /«ischen  Gades  und  dem 
Pliasis  hin-  und  herschifffe,  niusste  bei  Kyzikus  vorbei: 
so  horten  denn,  «ie  Aristides  sagt,  die  S(hifffahrer  ans 
den  verschiedensten  Gegenden  nicht  auf,  vorbei  und  herum 
und  hinein  oder  herauszusteuern.  Die  31ilesier  liatteii 
deu  jfli'icklichen  Gedanken,  sich  hier  festzusetzen. _  Es 
«ar  hernach  unter  lydischer,  persischer,  atheniensischer, 
sjKirtaniächer  Botm.'issigkcit,  ward  aber  seit  ungefähr  <5/ 
autonom  und  seitdem  je  Isuger  je  mehr  blüliend,  so  dass 
es  selbst  den  Glanz  der  Mutterstadt  Milet  überstrahlte. 
IVoch  unter  deu  Rümern  »var  es  höchst  bedeutend ,  und 
als  Hanilelsstaat  konnte  es  sich  mit  Rhodos  messen. 
Spuren  seiner  Existenz  lassen  sich  noch  bis  tief  in's  Mit- 
telalter hinein  auffinden:  dann  versinkt  sein  Andenken 
in  den  Schutt  und  die  Barbarei ,  welche  seit  der  Tnrken- 
herrschaft  sich  dieser  Gegenden,  des  vieljahr'igen  und 
frühesten  Schauplatzes  griechischer  Bildung  uud  Industrie, 
bemächtigt    haben. 

Der  Verf.  handelt  im  ersten  Buch  S.  1  —39  von  dem 
Gebiete  von  Kyzikus.  Er  benutzte  von  den  neueren 
Reisebeschreibungen  Leako's  Asia  minor  (London  1824), 
dessen  Charte  von  Kleinasien  auch  der  vom  ^'erf.  beige- 
legten Charte  des  Gebietes  von  Kyzikus  und  der  näihsten 
Umgegend  zu  Grande  liegt.      Neuerdings  geben  die  Denk- 


231 


232 


würtligkeifen  von  Prokcscli  (S<ii«gar<  ISSf),  3  Bde.) 
J^Iaiirhcs,  «as  zu  bpiiutzen  «äre.  Im  Ganzen  aber  ge- 
Liirt  jener  Laiidstrirli  liis  jelzt  zu  <leu  niibekaiiii<cs<en 
Tlicileii  ^  orderasiens.  Die  j,'rosse  Uiisiclicrhcit  der  (ic- 
fTCud  bescliränkt  die  rnfersnc-liiin!;  des  Reisenden  auf  die 
jtestlic'lie  Ki'isle,  niid  selbst  iTcake  gesiebt,  dass  die 
Küslc  der  Propoutis  weniy;  niebr  ,  als  ein  nnbekanntes 
Land  sei.  Etwas  besser  indessen  steht  es  um  die  näch- 
sten Umgebungen  von  Kyzikns,  n.'imlicli  die  JI.ilbiMsel, 
auf  deren  südlielicr  Seite,  ho  ein  kiinstlielier  Istbmns 
i>ine  Bnukc  zum  I'estlandc  biblcte,  die  Stadt  gebaut 
«ar.  AVenigstens  Prokesrli ,  dessen  Berichte  aber  Herr 
IMarijuardt  leider  noeli  nicht  hat  benutzen  kiiiincn,  be- 
schreibt diese  Localitaien  zicmlicli  ansdiaulich  ,  a.  a.  O. 
111,  S.  2G4  ff-  Kr  kam  ron  der  Secscite  ,  sah  von  dort 
Küdlich  ron  der  kvzikanischen  Halbinsel  den  Uerg  Adra- 
itea,  „ron  breiter  Grundlage  zu  breiter  Holie  anfstei- 
gend'-  ,  und  ztrischen  diesem  und  den  15ergen  der  llalb- 
in-cl  über  die  Landenge  ans  »leiter  Ferne  den  Ida  licr- 
vorscliauend.  Er  umfuhr  die  Halbinsel  rom  nordöstlichen 
Vorgebirge  bisArtaki,  nach  ivclchem  Orte  jetzt  gewühn- 
lich  die  ganze  Iialbinsel  heisst.  Dieselbe,  sagt  er,  zeigt 
»ich  als  eine  Eergmassc,  die  lon  Snden  nach  IVordcn 
zu  zwei  Spitzen  sich  hebt  und  dann  steil  in  die  See  ab- 
füMt.  Die  östliche  Küste  wird  durch  eine  Reihe  freund- 
licher und  ivohlangebauter  Hügel  gebildet.  Prokeseh 
fuhr  mit  einer  Ruderbarke  in  5  Stunden  loni  nordüst- 
Iidicn  Vorgebirge  bis  zum  nordwestlichen,  von  diesem 
Li.-  zum  si'idwesllichcn  in  2  Stunden;  endlich  lon  diesem 
bis  Ariaki  in  ^/,  Stunden.  Die  Halbinsel  bat  nach  ihm 
gegenwärtig  16  Ortschaften;  der  Haupfort  Arfaki  ist  von 
tiüO  türkischen  und  800  griechischen  Familien  (?)  be- 
wohnt. Die  Einwohner  nähren  sich  vnni  Seiden-  und 
AVeinbau,  Getreide  erzeugen  sie  nicht  hinlänglich.  Er 
libcrsah  die  Strecke  von  Artaki  bis  zum  Isthmus  von 
einem  südlich  von  Artaki  in  den  I\]eerliuscn  vorgreifen- 
den Hügel.  „Breit  unil  tief  geht  der  liusen  nach 
dem  schmalen  Istimnis  ein,  über  den  die  See  und  die 
Spitze  von  Panormus  schauen.  Sanft  hingebreitet  und 
reich  mit  Oliven,  ."Maulbeerbäumen  und  Beben  bepflanzt, 
»tcigen  die  rcicbbetvJisserten  flachen  Hügel  zwischen  Ar- 
taki nnd  dem  Isthmus  zu  dem  kahlen  Gebirge  auf,  wel- 
ches die  aiittfi  der  Halbinsel  bildet.  —  Er  fand  an  der 
Küste  viele  Reste  byzantinischer  Bauwerke.  Die  Stelle 
des  alten  Kvzikus  liegt  I '/j  Stunden  von  Artaki.  „Kaum 
ihre  Spur  ist  Hichtbar,  die  Reste,  die  sie  weiset,  ge- 
Lliren  ihren  spateren  Zeiten  an."  Doch  scheinen  die 
•Spuren  der  Stadtmauer  an  iler  westlichen  und  nordlichea 
Seite  sich   gut  verfolgen   zu   lassen. 

Ausserdem  bemerkte  P.  die  Spuren  einer  AVasscr- 
leitung,  die  sich  in's  Gebirge  hinein  verloren.  „Mit 
grosser  3Iühc  wand  ich  mich  durch  dicht  verwachsenes 
Gesträuch  ostwärts ,  um  den  höchsten  Punkt  nach  ilicser 
.Seite  zu  erreichen,  und  stieg  dann,  als  ich  die  mirdliche 
Lmmauerung  der  Sta<It  nicht  mehr  fand,  in  df-r  Richtung 
des  Isthmus  almärfs.  Diese  ganze  Strecke,  hinger  als 
eine  halbe  Stunde  und  ebenso  breit,  zeigt  liier  nnd  da 
nicht  zu  deuteudc  Trümmer,  darunter  gehören  diejenigen, 


wcKhe  Pokocke  das  Theater  nnd  den  Circus  nennt!  Der 
Fall  nach  dem  Isthmus  ist  fast  gleichförmig,  nur  die 
Ruinenhaufen  unterbrechen  denselben  wie  llügelspitzen. 
Die  Ausdehnung  der  Stadt  war  sehr  bedeutend.  Der 
ganze  Fl.'ichenraum  derselben  ist  jetzt  mit  AVeinfcldern 
bedeckt  ,  welche  durch  Mauern  aus  Trümmer  zusanimeu- 
gereiht  oder  durch  breite  und  schwer  durchdringlicho 
Hecken  abgeraint  sind.  Die  Natur  wuchert  über  dem 
verweseten  Kjzikus.  Die  Höhe  zeigt  den  schönsten 
Ackerboden,  die  Tiefe  Sand.  —  Die  Trümmer,  welche 
dem  Isthmus  zunächst  liegen,  sind  gleichfalls  undeutbar; 
ein  Paar  Thurmreste  lassen  ein  Thor  verniuthcn.  Ein 
Vorsprung  der  Ummaucrung  weiset  die  wahrscheinliche 
Gränze  der  Stadt  nach  dieser  Seite.  Der  Isthmus  ist 
jetzt  nicht  über  GOÜ  Schritte  lang.  Morast  und  Sand 
und  eine  geringe  Strecke  von  Gärten  bilden  denselben. 
Von  den  beiden  Dämmen  Alexanders,  die  au  der  Stelle 
des  heutigen  Isthmus  gestanden  haben  dürften,  ist  keine 
Spur  sichtbar.  Ebenso  w  enig  Lisst  sich  genau  der  Umfang 
der  beiden  Häfen  angeben.  Ich  bin  so  ziemlich  der 
Meinung,  dass  darunter  überhaupt  die  innere  Bucht  öst- 
lich und  westlich  am  Isthmus  zu  verstehen  sei."  Es  ist 
unterhaltend,  aus  diesen  Bemerkungen  die  ans  den 
Stellen  der  Alten  und  Turner,  Pokocke,  Sestiui  ge- 
schöpfte Darstellung  des  Vcrfs.  zu  vervollständigen.  Wa» 
den  Doppelhafen  betrifl't,  so  ist  ohne  Zweifel  an  die  bei- 
den Buchten  östlich  und  westlich  vom  Isthmus  zudenken, 
die  eigentliche  Rhedc  aber  war,  wie  gewöhnlich  bei  den 
Griechen,  durch  Molo's  gesichert  und  konnte  durch  vor- 
gezogene Ketten  versperrt  werden,  wie  man  aus  den  vom 
A'erf.  S.  12  f.  gesammelten  Stellen  sieht.  —  Artaki, 
das  alte  'yJ(>ro.'/.lj  ,  dessen  Hafen  nach  Steph.  B.  s.  v.  nur 
8  Schiffe  fasste  (Prokeseh  S.  2üß  „der  Hafen  hat  hin- 
längliche Tiefe  und  guten  Ankergrund  ,  aber  er  ist  klein. 
Ein  Jnselchen  liegt  <larin,  an  dessen  Nordseitc  man  noch 
Reste  eines  alten  Uferdammes  sieht  u.  s.  <v.),  war  eine 
sehr  alte  Stadt,  Anfangs  die  Kebenbuhlcrin  von  Kyzikns, 
dann  dieser  unterworfen  nnd  zuletzt  wie  eine  Vorstadt 
derselben,  s.  Mar(juardt  S.    1(5  f. 

(Beschluss  folgt.) 


Pcrsoual-Chronik  uud  Miscellen. 

Berlin.  In  Her  Gesamiiit-Sitziinft  der  Akademie  am  3t. 
Januar  gab  Herr  Böckb  eine  Uebersiclit  seiner  Untersuchungen 
über  die  von  Hcitu  Piofcssur  Dr.  Ross  zu  Allicn  im  Jiliie  1830 
derAkaileniic  niilgelbeiltcii  Inscbiilten  der  Scliiirswcrlle  und  dcj 
Sec-Aiscn:ils  von  Allicn.  (Vcrgl.  Mon.ilsbericlit  der  Akademie, 
Octobci-  IS.iü,  S.  62,  und  J:inu.ir  18.'i7 ,  S.  4).  Die  Arbellco 
des  Herrn  Böckh  über  diese  luschriftcu  werden  bald  im  Druck, 
erscheinen. 

Leipzig.  Der  Privaldoccnt  Dr.  K.  E  Bock  ist  zum  am- 
serordenllichcn  Professor  ernannt  worden. 

Hannover.  Der  Consisloriatialb  Professor  Dr,  Lncka 
in  GuUingcn  ist  zum  wirklichen  Mitglicdc  de«  Coiu.  iu  Hanus- 
■ycr  ernannt  worden. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft 


Sonntag,  10.  März 


18  39. 


Nr.  30. 


/.  Marqutirdt ,   Cyzikiis  und  sein  Gebiet.    Drei  Bücher. 
Mit  einer  Charte. 

(Beschlnss.) 
Im  zteeilen  Buche  S.  39  —  92,  wird  in  4  Kapiteln  «lio 
Geschichte  von  K'vzikus  behandelt.  Für  die  ältesten  Eiii- 
u'ohner  der  Gegend  gelten  die  Dolioncn,  nach  denen 
lange  die  Landschaft  mit  besonderem  Namen  benanirt  »unle. 
Wohin  diese  ethnologisch  gehörten,  dürfte  schwer  zu  be- 
stimmen sein.  Zu  ihnen  kamen  aus  Thessalien,  von  den 
Aeolern  vertrieben,  pelasgische  Ansiedler,  welche  der 
Sage  nach  den  ersten  Grand  zu  dem  nachmaligen  Ryzi- 
kus,  das  auch  von  einem  ihrer  Könige  diesen  Aamen  haben 
sollte,  legten.  Die  Sagengeschichte  dieser  ältesten  Periode 
ist  vielfaltig  mit  der  Argonautensage  verschlungen.  Nach- 
mals scheint  auch  die  sogenannte  äolische  Wanderung  neue 
Ansiedler  in  diese  Gegenden  gebracht  zu  haben ,  obgleich 
der  V^erf,  nicht  zugebeti  will,  dass  sie  auf  das  vormile- 
sischeK)  zikus  Einfluss  gehabt  hätten.  In  der  That  scheinen 
diese  Abfalle  des  Idagebirges  das  Eigenthum  der  ans 
Hellas  verdrängten  pclasgischen  .Stamme  geblieben  zu  sein, 
welche  seit  der  Zeit  des  Priamidenreiches  ziemlich  zahl- 
reich und  in  rerschic^ienen  Stammen  hier  und  auf  der 
benachbarten  europäischen  Küste  gewohnt  haben  mochten, 
da  sowohl  Pclasger  selbst,  als  auch  Tvrrhencr,  Kauko- 
nen, Drvoper  (Dryops ,  einer  der  Söhne  des  Prianiiis) 
genannt  werden.  —  Die  milesische  Kolonie,  «elcher 
Kvzikus  seine  historische  Bedeutung  verdankte,  fällt  un- 
gefähr Ol.  10,  und  scheint  sich  ,  wie  Verf.  S.  .50  f.  glaub- 
lich macht,  durch  wiederhohe  .Supplemente  aus  der  Mut- 
terstadt mehr  und  mehr  festgesetzt  zu  haben.  Die  \er- 
fassniig  und  politischen  Schicksale  sind  denen  der  übrigen 
asiatischen  Jonier  parallel.  Erstere  war  wegen  der  mit- 
telbaren ^Verwandtschaft  mit  Athen  in  vielen  .Stucken  (It 
atheniensischeu  ahnlich.  .So  finden  sich,  wie  auch  in 
ftlilet,  die  4  sogenannten  ionischen  Phvien ,  doch  nebi'ii 
diesen  noch  zivei  andere;  so  ward  der  Rath  in  Prvtanicn 
eingetheilt  u.  s.  w.  Die  zunehmende  Blüthe  von  Ivvzi- 
kus  datirt  sich  besonders  seit  der  Zeit,  wo  die  Repul>lik 
iu  Athen  durch  Timotheus  ein  neues  Gedeihen  gewann. 
Kyzikus  vertrieb  damals  die  persische  Besatzung,  wurde 
durch  Timotheus  in  die  neu  gebildete  Symmachie  Athens 
aufgenommen,  trat  aber  bald  darauf  (zw  ischen  .i.55  und 
.S56)  wieder  ans  derselben  aus  und  war  seit  dem  Antal- 
cidischen  Frieden  vernichtet,  namentlich  Milet  sank  immer 
tiefer.  Aber  dieselbe  Combination  von-  Umständen  ,  wel- 
che die  Matterstadt  niederwarf,  sollte  der  grössten   ihrer 


80  Ptlanzstädte  höchst  förderlich  werden.  Alexanders 
kurzes  Regiment  half  weiter.  Die  Verwirrungen  nach 
seinem  Tode  schadeten  wenigstens  nicht.  Später  stand 
Kvzikus  in  nahem  Verhältnisse  zu  Pergamum  und  seinen 
Königen  und  theilte  mit  diesen  die  durch  die  Feindschaft 
mit  Macedonien  und  Freundschaft  mit  Rom  bedingten 
Bedrängnisse  und  Vortheile.  Hier  wäre  zu  wünschen  ge- 
wesen, dass  Verf.  die  zwischen  dem  bithynischen  Könige 
Prnsias  und  Attalus  und  Eumenes  auf  Anregung  der  Feinde 
Roms  vorgefallenen  Streitigkeiten  genauer  verfolgt  hatte. 
Sie  griffen  wie  in  die  Verhältnisse  der  übrigen  Städte  je- 
ner Gegend,  so  auch  gewiss  in  die  von  Kyzikus  ein,  des- 
sen Gebiet  wenigstens  sicher  damals  wiederholten  Zerstö- 
rungen ausgesetzt  war.  —  Unter  der  römischen  Herrschaft, 
welcher  es  die  Rettung  iu  einer  Belagerung  des  Mithri- 
dat  durch  Luculi  verdankte,  war  Kyzikus  erst  libera  civi- 
tas  und  wurde  noch  dazu  mit  einem  bedeutenden  Theüc 
Rlysiens  beschenkt.  So  kennt  es  Strabo.  Unter  Angust 
aber  und  Tiberius,  wo  man  sich  wiederholt  einfallen  Hess, 
wider  den  römischen  Stachel  zu  locken,  ging  die  Frei- 
heit wenigstens  verloren.  Doch  blieb  der  Flor  des  Han- 
dels und  gewandte  Schmeichelei  brachte  von  den  Kaisern 
mancherlei  Auszeichnung  und  ^'ergünstigung  ein,  wie  be- 
sonders mehr  als  einmal  die  Würde  des  Ncokorats  mit 
den  dazu  gehörigen  Einrichtungen,  woran  die  vorhande- 
nen  Münzen   von  Kyzikus   vielfach   zu   erinnern  pflegen. 

Im  dritten  Buche  S.  O.")  ff.  wird  in  4  Kapiteln  erst 
vom  Cultns,  dann  vou  den  Festen,  dann  von  den  Wer- 
ken der  Kunst  und  endlich  vou  den  Schriftstellern  au« 
und  über  Kyzikus  gehandelt.  —  Der  angesehenste  Got- 
tesdienst war  der  der  Kybele  ,  welcher  wegen  der  Nach- 
barschaft mit  Phrygien  in  diesen  Gegenden  ausserordent- 
lich früh  verbreitet  wurde.  Schon  Herodot  erzählt  vou 
den  Orgien  der  Grossen  Mutter  von  Kyzikus.  Sie  wurde 
verehrt  unter  den  Namen  der  Dindymenischen  und  Pla- 
kienischen  u.  s.  w.,  welche,  nach  phrygischeu  Bergen 
bestimmt,  wahrscheinlich  gewisse  Eigenthftmlichkeiten  de» 
Rituals  bezeichneten.  Vor  Allem  gefeiert  war  die  Göt- 
tin auf  den-,  kvzikanischen  Dindymns,  welcher  Berg  nach 
der  Göttin,  nicht  diese  nach  jenem  benannt  ist.  Ihren 
Tempel  sollten  die  Argonauten  gegründet  haben.  —  I"" 
teressant  ist  ferner  der  Dienst  der  Adrastea,  s.  b.  Verf. 
S.  1(13  ff.,  der  eigentlich  mehr  nach  Mysien  als  nach 
Kyzikus  gehört.  Mit  Recht  bestreitet  Verf.  die  ursprüng- 
liche Identität  der  Nemesis  und  Adrastea.  Erst  Anti- 
machns  leitet  die  griechische  Nemesis  aus  der  Ebene  am 


235 


2;{6 


Acscpuä  ab,  ciu  Diclitcr,  «olclicr  dor  Tlipokrasie  seiner 
und  ilcr  folgenden  Zeit  vielfach  Vorsrhub  leistete.  Der- 
selbe Antiuiachus  spricht  von  einem  Reinige  Adrastos,  wcl- 
I  her  der  Göttin  den  >'anicn  gegeben.  Das  ist  der  mytho- 
logische Schlendrian;  auch  der  Verf.  iiininit  an,  dass 
jener  Kunig  erst  aus  dem  Streben,  der  Göttin  einen  hi- 
storischen Anhalt  zu  geben,  entstanden  sei.  Eine  andere 
Etymologie,  zuerst  bei  Psendo- Aristoteles  de  .'Mundo,  ist 
ilic  Tiaoa  TU  dffiy.Toi  y.ae  (cva7Tui>QCiaTOi  ehat.  Der 
1"erf.  ist  der  .4nsicht ,  dass  diese  Ableitung  des  ^\ drtos 
„nicht  von  den  Grammatikern  erdacht,  sondern  aus  dem 
bestimmten  Ueivusstseiu  der  Sprache  genommen  sei.''  Er 
fuhrt  dafür  die  Ausdrücke  9£afiui\^dQaaTSiaq,  6(f&aX- 
itos  Adouareiai,  Trooay.vvilv  ti)v  '.iSodoTnav  an 
und  findet  ,,eine  mcrkivürdige  Analogie"  in  dem  Sicili- 
schen  Gott  Adranus.  lief,  gesteht  ,  dass  er  weder  eine 
Verwandtschaft  zwischen  diesen  beiden  Gottheiten,  dorn 
Adranus  und  der  Adrastea  aufzufinden  weiss,  nocli  er- 
sieht, iuH  icfcrn  jene  Redensarten  der  fraglichen  Etymo- 
logie zur  Stütze  sein  könnten.  Dieselbe  möchte  vielmehr 
von  den  Stoikern  erdacht  sein,  der  wirkliche  Grund  des 
?iamens  aber  in  localen  oder  proi  inciellen  Anlassen  3.1y- 
siens  gelegen  haben,  wie  die  Manien  der  vorderasiatischen" 
Gottheiten  meistens  ganz  locale  ßeziehungen  haben.  Die 
Adrastea  ward  schon  in  der  Phoronis  genannt  und  zwar 
neben  ihr  die  idaischen  Daktylen  als  ihre  Diener,  wor- 
aus auch  der  ^"erf.  folgert,  dass  die  Adrastea  nichts  wei- 
ter, als  eine  besondere  Figurafion  der  Grossen  Dlutfer  sei. 
Diese,  als  allgemeine  Naturmacht,  zunächst  in  der  Form 
des  producircnden  und  nährenden  Erdbodens  angeschaut, 
Latte  die  Anlage,  eine  Scliicksalsgotthcit  zu  werden,  in 
Folge  derselben  Ideenverbindung,  welche  bei  den  Grie- 
chen aus  der  Gäa  eine  Themig  gemaciit  liat.  Die  Grä- 
cisirung  des  Dienstes  und  namentlich  die  Identification 
mit  der  Nemesis  brachte  diese,  Anlage  vollends  zur  Aus- 
bildung, —  Ucber  die  Nemesis  spricht  der  Verf.  sehr 
umsichtig  S.  H.i  f.,  nur  findet  Ref.  sich  von  dem  Re- 
.sultate  nicht  angesprochen,  dass  n.'imlich  die  griechische 
Nemesis  nichts  weifer  sei,  als  die  besondere  Hyposfasi- 
rung  einer  einzelnen  Eigenschaft  an  der  phrygischen  Ky- 
bcle ,  woraus  es  sich  zugleich  erkläre,  dass  Nemesis  und 
Adrastea  so  früh  verwechselt  worden.  Ich  halte  die 
Nemesis  lielnirhr  für  einen  echt  und  ursprünglich  grie- 
chischen Uegriff,  die  Personificirung  des  diiov  (ft^ouc- 
(iOV  1  wie  llerodot  es  zu  nennen  pflegt.  Bei  Homer  ist 
viueaii  bloss  abstractcr  RegrifT.  IJci  Ifesioil  ist  sie  zu 
einem  allegorischen  Wesen  geivordcn ,  wie  die  danialigo 
Diclitnng  in  dergleichen  Personillcationen ,  wie  yUdv')<i,, 
JSciicOli  u.  s.  f.  besoiulrrs  productiv  gewesen  zu  sein 
scheint.  In  derselben  Redeutung  ers<  lioint  sie  beim  .Sfa- 
sinus  iu  der  bekannten  Genealogie,  Helena  sei  eine  Toch- 
ter der  Nemesis.  Später  bildete  sich  der  Cult  zu  Rhani- 
nus,  Paträ,  »ielleicht  auch  zu  Acgina ;  derselbe  ist  weder 
alt,  noch  verbreitet,  noch  aus  dem  Volkcgiauben  her- 
vorgewachsen ,  sondern  mehr  die  Folge  einer  Reaction 
iler  mythischen  Poesie  auf  den  öffentliciicn  Gottesciienst, 
ebenso  wie  in  den  Culten  der  Ga,  Theniis  und  ähnlicher 
Wesen.  Nun  hiess  es  nicht  mehr,  Helena  sei  Tochter 
der  Nemesis  ,  sondern  sie  sei  Tochter  der  Nemesis  von 
Rhamnus.     So  denkt  auch  der  Xcri.  sich  die  Gcsthichto 


dieser  Combinationen  ;  dahingegen  Wclckcr  Zcitschr.  f.  A. 
18i4.    S.   32    der  Meinung    ist,     schon    der    Dichter    der 
Kyprien   liabc  die   rhamnusische  Nemesis  gemeint.    „Dasg 
er    nicht    an    die    abstracto   Nemesis    des   Herodot  dachte, 
die    bei    den  Spateren    eine    so    grosse  Rolle    spielte,     ist 
über  allen  Zweifel    gewiss:"     eine   Ansicht,    die  »ins  mit 
den  allgemeinen   mythologischen  Bildnngsgesetzen  in  AVi- 
dcrsprnch  zu  stehen  scheint.      Von  dein  Verf.   weiche   ich 
darin  ab,   dass  er  niclit  bloss   die   Adrastea,   sondern  auch 
die   Nemesis    aus    Vorderasien    ableiten    will.      Sie    findet 
sich,  sagt  er,   besonders  auf  Münzen  der   klcinasiatischen 
Städte.      \\o\\\ !   aber  dieses   ist  Folge   erst  der  Identifica- 
tion   der  Adrastea    und  Nemesis,    welche  dem  Cultc   der 
letztem   besonders  in  jenen  Gegenden  sehr  förderlich  wer- 
den mussie.      Und   so  sind  auch   alle    die  andern  Gründe, 
welche  der  ^  crf.   für  seine  Meinung  beibringt,  nur  unter 
der  ^  oranssctznng  von   Gewicht,    dass  die   Nemesis  schon 
vor   ihrer  Identification    mit    der  Ailrastea    in     Asien    ver- 
ehrt worden,    was   im  Allgemeinen   unwahrscheinlich  und 
historisch   gar  nicht   zu  beweisen  ist.     A'ielmehr  selbst  in 
Griechenland  scheint  die  Nemesis   zu  einem  Cultc  gekom- 
men   zu    sein    nur    in  Folge    der    ideellen   Verwandtschaft 
ihrer  Beileufung  mit  der  der    asiatischen  Adrastea,   denn 
diese   wurde   ursprünglich   zu  Rhamnus  verehrt,   nicht  Ne- 
mesis.     So   dass    also  diese    als  Cultusgöffin    in    der  Tliat 
nichts  Anderes    ist,    als   Ucbersefzung    der    auslandischen 
Gottin   ins   Griechische,    wobei    man  den    durch    die   epi- 
sche  Poesie    mythologisch  präparirten  Begriff    der  Neme- 
sis zu  Hülfe   nahm.       AVaren  aber    beide   Gottheiten    ein- 
mal  combinirt,  so  musste  griecliischer  Gedanke  und  grie- 
chische  Phantasie  jener  asiatischen  Gottheit  sehr  bald   zu 
einer  Bedeutung    und  mythologischen   und  plastischen   In- 
dividualitat verhelfen,    welche  sie  vorher  in  diesem  Grade 
schwerlich   gehabt  hat.  —  S.  119  f-  spricht  der  Verf.  vom 
Cultc    der    Demeter    und   Persephone    in  Kyzikns.       Man 
feierte     besonders    die     letztere     in    sogenannten     Anaka- 
lypterien,     wie      sich    denn     auch    Kyzikus    rühmte,    ein 
Ilochzeitsgeschenk    an  das  Demeterkind    vom   Vater  Zeus 
zu    sein ,    und    natürlich    auch    der    Schauplatz    des  Rau- 
bes.     Auch  sonst    feierte  sie    die  Sage.      Als    die    Gigan- 
ten   durch     vorgeworfene     Felsen    den    Lauf     des     Rhyn- 
dacus    hatten   hemmen   wollen,    da  habe   Persephone,    für 
Kyzikus    fürchtend,    diese    im    Meer    festwurzeln    lassen, 
woraus    die    Insel    Besbicus    entstanden    sei    (Steph.  B.   r. 
Jieatjiy.Ui),    eine  Art    von    geologischer  Mythe,    zu   v»el- 
chcr  man    viele   Analogiecn    iu  Grimm's  deutcher  Mytho- 
logie  finden   kann.   —    Ferner  S.    t2fS  ff.    »on    Apoll    und 
Artemis,    deren   Cult  theils   dnrch  die   Nähe   Zelea's,  aufi 
welchem   der  lycische  Apoll  stammte   {Avyia^  alter  Name 
der  Gegend   liei  Zelea),  flicils   mit  der  Kolonie  ans  31ilet 
nach    Kyzikus    verpflanzt    wurde.       Letztere    brachte    den 
didymaisclien   Apoll,    welcher  UQ^r/ytrijC,    der  Stadt  »var. 
Ferner  verehrte  man  den  Zeus,  die  Athene,  den  Diony- 
sus ,   Poseidon  u.  s.   w.  ;    die   beiden  letzteren   gewiss  vor- 
zugsweise   und    am    meisten    praktisch ,    da   Weinbau  und 
Schilffahrt  der  Bevölkerung  am  meisten  Beschäftigung  und 
Einkommen    gegeben   haben   wird.    —      Unter  den  Festen 
findet  man    ausser  den   bemerkten    das   ionische   Mafion.il- 
fcst    der    Apalurien,    die   Lcnaen    und   Anthesterien  ,     und 
eudlicli    die  pojitischcn  Feste ,     wie    sie   spater    besondere 


237 


^38 


in  Asien  viel  gefeiert  wurden,  wo  mehrere  S<«i(lte ,  z.B. 
Kvrikus,  Sinyrna  und  Ephcsus  in  gemeinschaftlicher  Feier 
nicht  sowolil  die  Giitter,  als  sich  selbst,  Asien  und  ihren 
Wühlstanil  feierten.  Ferner  mehrere  Feste  zu  Ehren  der 
Nübilitäten  Roms,  ivelclie  sich  am  die  Stadt  verdient  ge- 
macht oder  auch  ihr  schädlich  «erden  konnten,  «io 
Lucull's,  Hadrian's,  Caracalla's ;  vgl.  S.  137  f.  —  S.  I4(i,f. 
Ton  den  Baniverken,  der  Kunst  nnd  den  Künstlern  in 
Kyzikus.  Bekannt  ist  der  von  Attalns  11.  seiner  Multer 
AiioUonias  zu  Ehren  zu  Kvzikus  errichtete  Tempel ,  in 
ivelchem  19  S.'iulenreliefs  {aTlXontvü/.ia)  in  allerlei  my- 
thologischen Beispielen  die  Pietät  des  Sohnes  gegen  die 
Blutter  zugleich  rühmten  und  anempfahlen.  Eine  Bc- 
iclircibung  derselben  ist  in  einer  Reihe  von  Epigrammen 
enthalten,  welche  in  der  Anthologie  bei  Jacobs  zu  flnden 
»ind.  Im  Alterthum  war  besonders  berühmt  der  Tempel 
des  Iladrian,  der  mit  ausserordentlicher  Pracht  und  in 
ungewöhnlich  grossen  Dimensionen  aufgeführt  war,  so 
dass  Einige  ilin  zu  den  Wundern  der  Welt  rechneten. 
Die  von  Aristiiles  gehaltene  Einweihnngsrede  steht  in  sei- 
nen AVcrkeu  Vol.  1.  p.  380  Dindorf.  Uebcrall  scheint 
Kyzikus  eine  sehr  schöne  Stadt  mit  vielen  prachtigen  Ge- 
bäuden gewesen  zu  sein,  wie  der  Rcichthum  im  Bunde 
mit  dem  Frieden  sie  in  einer  grossen  Stadt  von  selbst 
erzengen.  Die  oeci  Cyziceni  und  Triclinia  Cyzicena  hat- 
ten ihren  IVamen  in  der  Architectnr  und  lassen  vcrmn- 
then  ,  dass  auch  in  der  Ausstattung  der  Prirathäuser 
Wohlstand  und  Praclitliebe  sich  zur  Schau  trug.  — 
S.  165  f.  über  die  Schriftsteller  ans  und  über  Kyzikns. 
—  Die  Literatur  blühete  in  den  Städten  am  Ilellespont 
nicht  minder  früh  als  in  Jonicn  ;  man  denke  nur  an  Ari- 
steas  von  Prokonnesua ,  Charon  von  Lampsacus.  Auch 
der  älteste  Schriftsteller  über  Kyzikus,  zJino%oq  oder 
/JlfiKoXOi  war  aus  Prokonnesus  ,  dem  jetzigen  Ularmora, 
einem  Staate,  der  wie  Artake  erst  in  der  späteren  Zeit 
»on  Kyzikus  verdunkelt  wurde  und  seit  der  Zeit  Philipps 
Tou  Macedonien  ihm  unterwürfig  war.  Von  diesem  Schrift- 
steller .handelt  Verf.  S.  163;  im  Folgenden  mit  einer 
besonders  verdienstlichen  Abhandlung,  S.  1()4 — -169  »on 
dem  Rhctor  und  Historiker  Neonthcs  von  Kvzikus,  dessen 
Lebenszeit  in  die  Zeit  fällt,  wo  in  Folge  der  Freund- 
schaft mit  Pergamnm  Wohlstand  und  Bildung  der  Kyzi- 
kancr  wohl  in  der  Blnthe  stand ,  der  aber  als  Schrift- 
«fcller  ,  obgleich  producfi»  und  sicher  auch  elegant  (er 
•war  aus  der  Schule  des  Philiscns,  der  zu  den  Isokra- 
tikern  gehörte)  doch  nicht  für  zuverlässig  galt  ,  s.  PIu- 
tarch  Quaest.  Sympos.  1 ,  10,  2.  —  Weniger  namhaft 
sind  die  übrigen  Schriftsteller  aus  Kyzikus,  bis  auf  den 
Ketzer  Eumoniius,  über  den  die  Dogmengeschichto  zu 
referiren  hat. 

Wie  Ref.  dem  Buche  vielfache  Belehrung  verdankt, 
so  wird  gewiss  jeder  Leser  dasselbe  mit  dem  Gefühle 
der  Verpflichtung  gegeu  den  Verfasser  ans  der  Hand 
legen.  — »•  Zu  bemerken  ist  noch ,  dass  von  demselben 
ausser  den  gewöhnlichen  Quellen  auch  einige  Inschriften 
benutzt  sind  ,  deren  Mittheilnng  er  der  Liberalität  Böckh's 
verdankte. 

'      Kiel.  L.  Preller. 


lieber  die  Oi'cHen  des  Zonaras. 

Der  Mönch  vom  Berge  Athos,  wenn  wir  dem  Andreas 
Thawet  trauen  dürfen,  ♦)  einst  Grossdrnngarius  und  er- 
ster kaiserlicher  Gelieimschreiber ,  beginnt  seine  Chronik 
welche  von  Erschafliing  der  Welt  bis  auf  das  Jahr  lUS 
herabreicht,  mit  einer  gespreitzten ,  zum  Theil  höchst 
auffälligen  Vorrede.  Die  Entschuldigungen  über  sein 
Unternehmen  gränzen  an's  Faselhafte;  wir  dürften  sie 
ganz  übergehen,  wenn  sie  nicht  ihn  selbst  und  den  ge- 
lehrten Zustand  seiner  Zeit  so  trefl'lich  charakterigirten. 
Zonaras  geht  davon  aus,  als  ob  jedes  profan- wisseii- 
schaftlicho  Thun  nur  ein  geschäftiger  Mnssiggang  sei 
und  desshalb  seine  Arbeit  ihm  nicht  unverdienten  Tadel 
zuziehen    könnte.       In    dieser    Befürchtung    wälzt    er    die 

ganze   Schuld    seines  Müssigganges  auf  seine  Freunde   

als  die  eigentlichfen  Verführer  (p.  1  sq.  ed.  du  Fresne 
du  Cange  Par.)  —  in  der  That  eine  originelle  captatio 
bcnevolentiae.  Seine  wirkliche  oder  affectirte  Abhängig- 
keit geht  so  weit,  dass  er  sich  nicht  einnial  getraut, 
scibstständig  ein  historiographisches  Prinzip  aufzustellen: 
die  guten  Freunde  müssen  ihm  darüber  eine  lange  Vor- 
legung halten  nnd  vorschreiben,  wie  er  die  Sache  anzu- 
greifen habe,  wie  nicht.  Hierbei  kommen  einige  nicht 
verwerfliche  Aeusserungen  vor,  im  Ganzen  ist  aber  da» 
Resultat  wunderlich.  Sämmtliche  genera  historiae  con- 
scribendae  und  alle  bisherige  Historiker  werden  gleich- 
sam über  die  Achsel  angesehen,  und  als  ob  Zonaras  der 
erste  wahre  Geschichtschreiber  werden  sollte,  wird  für 
ihn  ein  Idealprincip  ausfindig  gemacht,  das  im  Wesent- 
lichen auf  compendiiise  Fülle  hinauslauft.  Demnach  hät- 
ten wir  denn  ein  fllnsterbild  von  ihm  zu  erwarten  (pag. 
2 — 4).  Und  was  finden  wir?  Eine  nach  unseren  Be- 
griffen mehr  als  schülerhafte  Pfuscherei,  ein  Zerrbild 
echter  Geschichtschreibung.  In  Wahrheit,  des  Zonaras 
Freunde  konnten ,  wofern  sie  von  Fleisch  und  Blut  waren, 
keine  schiefere  Wahl  treffen,  oder  —  wofern  nur  er- 
diditete  Repräsentanten  seiner  eigenen  Gedanken,  keine 
hohlere  Arroganz  doeumentiren.  Freilich  fehlt  Anstands 
halber  ein  gewisses  Sperren  und  Zieren  nicht,  ehe  die 
unablässig  ihn  Bestürmenden  (  Ol  8s  fl£  vvttovtSs 
üiy.  ävieoav)  das  ersehnte  Jawort  Iriumphirend  em- 
pfangen ;  allein  auch  das  ist  eben  nnr  Affeetation  (s.  p. 
4  D.  —  p.  5  B.).  In  letzter  Instanz  gesellt  sich  ein 
neues  Motiv  hinzu.  Der  Mönch  will  nicht  nur  der  Quä- 
lereien überhoben  werden,  sondern  hofft  auch  durchsein 
Beginnen  eine  Lasterschencho  für  seine  schwache  Tugend 
zu  gewinnen,  ein  Mittel,  um  unnütze  Gedanken  und  Be» 
gierden ,  schmutzige  und  citele  Sorgen  zu  vertreiben 
\Li'9v^i]Geu}v    re   (pavXvjv  v.ai  koyio^iojv,  ....  tujp 

710V1JQÜJV     £v9v(J.l']0£V)V,     ....    Slä    TE     TolvVV     Tl)v 

iv.  T(jtjv'(fi}MV  TTo.QÜdtj^iv,  y.c'A  Siu  Tr]v  tiov  Qiua-^ 
^lüv  i)  VMi  i.iaralo)v  }M'/ioudjv  ü-:ioci6ßyGiv  TtQoom'cc^ 
yov  eavTov  rrJ  cnovbdaiiari.  S.  überhaupt  p.  5),  in 
der  That  herrliche  Beweggründe  zur  Gcschichtsclireibung. 
Doch  lassen  wir  das,  um  auf  das  ganze  Werk  selbst  und 
dessen  Quellen  einzugehen. 

*)  Dass   das   iv    ri^alSi,   l,öiaTü,f,(yoi;  (Zon.  p.  471  D)   dagegen 
streite,   wie  Du  Cange  (pracl.)  meint,  kann  bei  der  NnUir 
^    jener  Localilät  nicht  für  ausgcm.Tcht  gellen. 


239 


240 


Selieo  sehen  wir  das  Studierzimmer  eines  Gclelirtcn 
80  blicherkahl  ,  »ie  das  des  Zonaras.  Sollen  wir  ihn 
desshalb  bedauern  oder  ankläffen  ?  Konnte  er  nlili*,  »ie 
er  wollte,  oder  wollte  er  nirht  ,  wie  er  konnte?  —  Der 
hierauf  beziifflirhe  Tlieil  des  Prociniiunis  (p.  5  ö ;  !>•  9  D; 
cf.  p.  4ri  C.  D.)  trSirt  fauz  den  Charakter  einer  Elegie. 
Der  Verfasser  beklagt  sich,  dass  er  fern  von  den»  Trei- 
ben der  ^Velt  und  fern"  von  den  reichen  Schätzen  der 
Bibliotheken,  in  der  bittersten  Arniuth  dasitze,  besi^hrfinkt 
auf  wenige  Ilillfsmittel.  Also,  von  allen  Gütern,  »eiche 
die  Hebel  einer  gelehrten  Autorschaft  bilden,  ist  ihm 
nur  Eins  zu  Theil  geworden  —  die  Einsamkeit,  und 
dieses  eine  Gut  wird  für  ihn  gerade  das  schlimmste 
aller   üebel.   *) 

Es  gibt  nicht  leicht  einen  Autor,  der  wie  Zonaras 
einen  so  trelFlichen  Probierstein  der  Kritik  abgäbe,  und 
znglcich  einen  so  lebendigen  Beweis,  wie  leicht  man  in 
«lern  Urtheile  über  den  Werth  eines  Jjchriftstcllcrs  irren 
könne,  folglich  wie  behutsam  man  darin  zu  Werke  ge- 
hen milsse. 

Mag  e»  paradox  klingen,  dennoch  steht  es  fest:  Zo- 
naras taugt  jetzt  nur  darum  Etwas  für  den  Historiker, 
weil  er  als  Historiker  ^Nichts  taugt;  sein  Verdienst  ist 
Verdieustlosigkeit,  sein  AVerth  ein  Zufall.  AVaren  die 
wenigen  Quellen,  aus  denen  er  geschöpft,  alle  und  voll- 
ständig vorhanden,  so  dürften  immerhin  die  Codices  des- 
selben, bis  auf  die  wenigen  Blätter  des  letzten  Abschnit- 
tes, wo  er  als  Augenzeuge  spricht,  und  welche  demnach 
einen  scibsfst.'indigeren  Werth  haben,  unangetastet  blei- 
ben; die  Arbeit  der  Herausgeber  würde  mebr  als  Zeit- 
vergeudung sein.  '*)  Das  Schicksal  aber  waltete  anders, 
und  wie  beim  Justin  und  manchen  anderen  erhaltenen 
Autoren  sowohl  des  Alterthums,  wie  des  31ittelalters,  so 
«ard  auch  hier  die  Mete  zu  einem  nicht  unerheblichen 
Gewinn. 

Rechnen  wir  den  besagten  letzten  Tlieil  des  Werkes 
ab,  so  ist  Zonaras  nichts  weiter,  als  ein  Abschreiber, 
und  als  solcher  zeigt  er  sich  denn  auch  namentlich  durch- 
weg in  den  ersten  zwei  D.'ittiieilen  oder  in  den  ersten 
zHülf  Büchern  nach  Du  Cange's  Eintlieilitng,  auf  deren 
nähere   Untersuchung   wir   uns   hier   beschränken  wollen. 

Drei  Principien,  welche  sich  auf  die  Methode  bezie- 
hen .  und  welche  Zonaras  offen  als  solche  in  der  Vorrede 
ausspricht,  müssen  dem  (^icllnnfnrscher  al^  leitende  Ge- 
sichtspunkte dienen:  1)  Er  übergeht  meist  die  Abwei- 
chungen der  Autoren,  um  niclit  sein  Werk  zu  sehr  an- 
/.uschwcllen  Cp.  (i  A).  2)  Er  folgt  seinen  Quellen  wört- 
lich (p.  (i  B).  3)  In  den  eigenen  Zusätzen  arcnmniodirt 
er  sich   dem  Stvie   der  jedesmaligen   Quelle    (p.   fi   C). 

Da  die  Inhallsanzeigc  der  A'orreilo  (p.  6  S(j(i.)  ausser 
der   Anfübruug  der   Bucher    der   heiligen  Schrift   nnil   der 


)  Auch  dies«  könnte  Anlass  gehen  ,  seinen  Aiifcnlliall  auf 
dein  Alhos  zu  l)czHcif»»ln ;  doch  war  gewiss  die  klnstcr- 
Iicho  Bibliotlick  daselbst  nur  im  thcologisclien  Faclie 
reicbhalii^'. 
'»)  Unter  solchen  Umstanden  rechtfertigt  sieb  dalicr  .inch 
das  von  Pcitz  bei  den  Annales  Metensc»  und  anderen 
Cbronikco  angewandte  Vcifalircn. 


Antiquitäten  des  Jusrphus  keine  direkte  Aufklärung  über 
die  Quellen  de»  Werkes  gibt:  so  mag  hier  gleich  di« 
Untersuchung  der  einzelnen  Bücher  folgen,  an  welche 
sicli  die  allgemeineren  Resultate  am  natürlichsten  an- 
knüpfen  werden. 

Die  'Quellen  des  ersten  Buches  (p.   13  —  70). 
A  on   der  Schöpfung  bis  auf  Saul's   Tod. 

1)  Josephus  Antiqq.  L.  1 — Xl  incl.  2)  Die  Bücher 
des  alten   Testaments.      3)  Die   Chronik   des  Eusebius.   *) 

Den  Josejihus  citirt  Zonaras  selbst  p.  16  C  fcf.  Jos. 
I.  1,  3);  p.  17  A  (Jos.  I.  1,  4h  p-  18  D  (Jos.  I.  3,  1)} 
p.  19  C  (Jos.  I.  3,  5);  p.  19  b  (Jos.  I.  3,  9);  p.  21  A 
(Jos.  I.  6,  1);  p.  23  B.  C  (Jos.  I.  13,  2);  p.  26  B.  C 
(Jos.  I.  20,  2-  21,  1);  p.  33  D  (Jos.  II.  lo;;  p.  35  B 
(Jos.  II.  14,  6);  p.  36  A.  B.  C  (Jos.  II.  16,  4.  III.  1, 
1.  2.  in.  >,  6);  p.  42  A  (Jos.  IV.  4,  2);  p.  45  A  (Jos. 
IV.  8,  48);  p.  4(1  D  (Jos.  V.  f,  |6);  p.  50  A  (Jos.  V. 
4,  2);  p.  64  D  (Jos.  VI.  10,  3).  Die  heilige  Schrift 
oder  einzelne  Theile  derselben:  p.  14  C;  p.  15  C;  p. 
16  A;  p.  26  D;  p.  33  D;  p.  36  A;  p.  42  A;  p.  45  A; 
p.  46  D. 

Vergleichen  wir  den  Einfluss  dieser  beiden  Quellen, 
so  stellt  sich  Folgendes  heraus :  Josephus  ist  unbedingt 
und  durchgehends  des  Zonaras  Haupl/ührer ;  denn  man 
muss  sich  wohl  hüten,  ihn  nur  da  als  dessen  Quelle  zu 
betrachten,  wo  er  ihn  namhaft  macht ;  unendlich  oft,  auf 
jeder  Seite  seines  AVerkes  ,  schreibt  er  ihu  wörtlich  aus, 
ohne  ihn  zu  citiren,  z.  B.  p.  17  Cz:::Jos.  1.2,  1  u.  s.  w. 
Das  A'erhältniss  lässt  sich  j^eiiauer  dahin  bestimmen,  dass 
Zonaras  nicht  sowohl  der  Bibel  gefolgt  sei  tnit  Hinzu- 
zieltung  des  Josephus ,  als  vielmehr  dem  Josephus  tnit 
Hinzuziehung  der  Bibel.  Daher  ist  der  Gang  seiner 
Darstellung  völlig  nach  dem  Cluster  des  Erstercn  zuge- 
schnitten, und  daher  kommt  es,  dass  er  meist  zunächst 
die  Erzählung  dieses  Autors  vorträgt  und  dann  etwa  erst 
eine  abweichende  Meinung,  z.  B.  p.  45  A ;  p.  46  D; 
ja,  er  beobachtet  diess  sogar  auch  bei  solchen  Punkten, 
wo  er  nicht  de.m  Josephus,  sondern  der  entgegenstehen- 
den Angabc  beipflichtet,  z.  B.  p.  26  C:  Tairä  (pnOlD 
ö  'loiai^nu;.  IlidavojiEQOv  dt  ireoi  ruvruiv  i)  ßißkoi 
ioTOoei  Tiji  revLOCoji.  Zuweilen  jedoch  adoptirt  er 
auch  ohne  Weiteres  den  Bericht  der  h.  Schrift  und  be- 
merkt nur  hinterdrein  des  Josephus  Abweichung,  z.  B. 
p.  64  D.  üeberhaupt  darf  man  nicht  jh  Abrede  stellen, 
dass  er  die  Bibel  fleissig  und  redlich  mit  Josephus  ver- 
glichen ;  diess  beweisen  sowohl  diejenigen  Stellen,  wo 
er  aus  jener  etwas  mittheilt,  v?as  dieser  übergeht,  wie 
p.  33  b  aus  der  Genesis  (cf.  Jos.  II.  10),  als  auch 
solche,  in  denen  er  Abweichungen  detaillirt,  z.  B.  p. 
45  A ,  oder  Angaben  des  Josephus  mit  der  Bemerkung 
beibringt,  dass  dieselben  in  der  h.  Schrift  sich  nicht 
fänden,  wie  in  dem  folgenden  Buche  p.  llü  D. 
(Fortsetzung  folgt.) 

*)  Wie  liier,  werde   ich   bei    den   meisten  Abscliiiillcij    plficli 
vorweg  die  criniltcllen  Quellen  namhaft  niaclicn. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  teithu  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch  j  13.  März 


18  39. 


Nr.  31. 


Ueber  die  Ouc'len  des  Zonaras. 

(Forlsetzun  jj.) 

Den  EusebiuB ,  welchen  wir  io  den  späteren  Abschnit- 
ten so  häufle^  zu  Rathe  gezogen  finden,  henntzt  Zonaras 
auch  schon  in  diesem,  jedoch  ohne  ihn  zu  nennen,  z.B. 
p.  19  A.  Hier  zählt  er  von  Adam  bis  zur  Siindnuth 
2242  Jahre  nach  Eusebius  (Chron.  L.  post.  Exord.  c.  5- 
fin.  cl.  L.  I.-  XYI.  8  sq.  ed.  Mai.  et  Zohrab.).  In  dem 
Texte  des  Josephus  dagegen  (Antiqq.  I.  3,  3j  lesen  wir  : 
2656  Jahre;  wo  jedoch  jetzt  unmassgei>lich  nach  einigen 
Handschriften  y^ikiviv  für  bioxikioiv  zu  substituiren  ist, 
da  jene  Lesart  durch  die  Angabe  des  mit  den  Josephischen 
Werken  so  vertrauten  £usebius :  secundum  Hebraeorum 
iiumerum  anni   MDCLVI  (1.   c.)   bestätigt  wird. 

Der  Ausspruch  des  Theologen  Gregorius  (p.  14  B) 
ist  eine  sehr  beiläufige  Anführung  und  darf  zu  keinen 
Folgerungen  Anlass  geben.  Ebenso  wenig  das  Citat  des 
Berosns,  des  Hieronymus  und  des  Mnaseas  (p.  19  C), 
weil  es  nur  aus  Joseph.  I.  3 ,  6  herübergenommen  ist. 
Dagegen  gibt  dasselbe  uns  ein  Beispiel  von  der  groben 
Unwissenheit  und  Nachlässigkeit  des  Zonaras.  Josephus 
nennt  nämlich  den  Mnaseas  ohne  Epitheton  und  gleich  hinter- 
her den  Nikolaus  von  Damaskus  (7fpwiifM0S  öAlyt'TtTloiü 

y.ai  Mvaa  £  a  g  de,  xai  akXoi  Ttkeiov^' 

y.ai  JSiy.6l.aoq  8s  6  .dafxaay.tjvoq  .  .  .);  Zo- 
naras, vielleicht  mit  den  Augen  sich  auf  die  folgende 
Zeile   verirrend,    macht  aus   beiden   eine  Person:     leouj- 

vv^iov  Tuv  Ai'^vnztov ,    do, Y.al   tuv    an u 

idafJ,aaxov  Mv  aoEo.v.  So  haben  wohl  sämmtliche 
Codices,  und  wenn  dieselben  auch  Eine  Familie  aasma- 
chen, so  lehrt  doch  die  Art  der  Zusammenziehung,  dass 
diese  von  keinem  Copisten  herrührt,  Mnaseas  aber,  den 
Josephus  auch  L.  I.  contra  Ap.  c.  23  citirt,  war  von 
Patara  oder  von  Paträ  gebürtig,  (cf.  Voss,  de  hist.  Gr. 
p.  134  sq.). 

Die  Quellen  des  zweiten  Buches  (p.  70  — 116). 

Von  Sauls  Tode  bis  zur  Eroberung  Jerusalems  durch 

Nebukadnezar. 

1)  Josephus  Antiqq.   VII  — X.  9.    2)  Die   h.   Schrift. 

Den  Josep/ius  citirt  Zonaras:  p.  83  C  D;  p.  84  A.D 

(aus  ihm  den   Dius   und  Menander,   cf.  Jos.   VIII.   5,   3^; 

p.  86  B;  p.   109  C;  p.   HO  D  (cf.  Jos.  X.   1,  4,  woraus 

auch  die  Erwähnung  des  Herodot  entlehnt  ist);  p.  111  A 

(cf.  Jos.  X.  1,  4-  d,  hieraus  den  Berosas.      Dnrch  diess 


Citat  des  Zonaras  fällt  anf  die  nur  scheinbar  verdorbene 
Stelle  des  Josephus  ein  bedeutendes  Licht,  was  dessen 
Herausgeber  sämmtlich  übersehen  zu  haben  scheinen). 
Die  h.  Schrift  wird  eitirt :  p.  83  D ;  p.  84  A ;  p.  86  B ; 
p.    HO  D. 

Die  Quellen  des  dritten  Baches  (p.   116 — 169). 

Von   der  Eroberung  Jerusalems    durch  Nebukadnezar    bis 

auf  den  Tod  des  Cjrus. 

1)  Josephus  Antiqq.  X.  9  bis  zum  Ende  des  Buches. 
2)  Die  h.  Schrift.  3)  Thcodoret.  4)  Plutarch.  5)  Xeno- 
phon.      6)  Herodot. 

Das  dritte  Buch  zerfällt  seinem  Inhalte  nach  in  zwei 
Theile,  welche  sich  da  abgränzen,  wo  die  Geschichte 
der  Perser  beginnt,  p.  146.  Hiernach  richtet  sich  natur- 
gemäss  unsere  Untersuchung. 

Erste  Hälfte    (p.  116  —  146). 
Bis  auf  den  Tod  des  Tobias. 

Von  p.  116  — 119  B  sind  Josephus  (Antiqq.  X.  9  in. 
— 10,  5)  und  die  Bücher  der  h.  Schrift  des  Zonaras 
alleinige  Führer.  Dagegen  lässt  er  bei  der  Erklärung 
von  Nebukadnezars  Traum  p.  Il9  B  —  p.  121  B  den  Jo- 
sephus ganz  bei  Seite  liegen ;  denn  dieser  geht  nicht  nur 
auf  keine  Interpretation  der  Daniel'schen  Traumdeutung 
über  die  Reiche  der  Erde  ein,  sondern  theilt  nicht  ein- 
mal die  Deutung  selbst  vollständig  mit ;  vielmehr  schliesst 
er  mit  der  Herrschaft  des  vierten  Reiches,  welches,  dem 
Eisen  gleich,  die  römische  31onarchie  bezeichnet ,  ab; 
xac  TO.VTIJV  akh]  naiau  zi]v  ioxiv^  üfxoia  aiSi'j^ip, 
y.ai  y.Qarijoei  Si)  Ei'i  anav  8ia.  rfjv  tou  atötjQOi) 
(fi'atv,  ehai  yuQ  avTi)v  oveööoTSQav  Tiji  rou  %qv- 
OOV  y.ai  tOV  xaky.OV  (Jos.  1.  c.  cf.  Daniel,  c.  II.  40)- 
Die  Absicht,  wesslialb  Josephus  den  Rest  der  Prophe- 
zeiung verschweigt,  betreffend  den  Stein,  der  Eisen,  Erz, 
Silber  und  Gold  zertrümmert  und  eine  ewige  Herrschaft, 
die  des  Christenthums  andeuten  soll  (Daniel.  IL  41— 45), 
liegt  klar  am  Tage.  Sicher  sah  er  nicht  in  dem  Steine 
das  Sinnbild  des  damals  eben  erst  aufkeimenden  Christen- 
thums oder  überhaupt  einer  geistigen  Weltherrschaft, 
sondern  hätte  von  seinem  Standpunkte  aus  ihn  nur  anf 
eine  materielle,  irdische  Macht  beziehen  können.  Dann 
würde  er  aber  die  Vernichtung  des  römischen  Reiches 
haben  prophezeihen  müssen.  Und  was  hätte  Rom  dazu 
gesagt  und  das  llavische  Haus,  dessen  Schützling  er  war? 
Aus  dieser  Verlegenheil  konnte  nur  Schweigen  ihn  retten ; 


243 


244 


aHein  eine  Uuierlassuugssiinde  wollte  er  gerade  auch 
nifht  begehen,  um!  so  sucht  er  denn  anf  eine  höchst 
charakteristische  AVcise  allen  Anfechtungen  durch  eine 
plötzliche  feine  "Wondung  zu  entschlüpfen.  ßöljkvjae 
dh  y.ai,  sagt  er,  rreni  ror  ki9ov  ^avtijkoi;  rtp  ßuai- 
Kei'  a}JJ  euoi  /u<y  oix  eöo:^s  tovto  lavoQeiv,  tu 
nao!;'Ki>6iTa  y.ai  tu  yeysvij^Eva  ov'/yoä(fEiv  ov  r« 
uitJMVTa  öcflikovTl.  Und  nun  vcrHcist  er  kurz  die 
AVissbegicrigen  auf  den  Daniel  selbst  (X.  10,  4  fi»-)*  — 
Ganz  anders  macht  es  natürlich  der  3Iöncli  des  zivülften 
Jahrhunderts,  obgleich  der  Umstand,  dass  er  die  Prophe- 
zeiung gerade  da  unterbricht,  «o  Josophus  sie  schliessf, 
hinlänglich  darthnt,  dass  er  bis  dahin  noch  immer  nur 
diesen  vor  Augen  hatte  und  dessen  Plane  folgte.  Zona- 
ras  erklärt  zunadist  die  vier  weltlichen  Reiche  auf  die 
bekannte  Art  für  das  assyrische,  das  modisch  -  persische, 
das  maccdonische  und  das  römische;  hierauf  geilt  er,  mit 
Ilinzufiigung  des  Restes  der  Prophezeiung  aus  Daniel, 
zu  dem  Symbole  des  Steines  über  und  wendet  es  mit 
Ausfülirlichkeit  auf  Christus  und  dessen  Stiftung  an.  Ist 
nun  aber  der  Inhalt  dieses  Abschnittes  ivirklicli  einer  der 
wenigen  selbstständigen  Zusätze,  wodurch  Zonaras  gleich- 
sam fremdes  Eigenthum  iuterpolirt?  Zwar  deutet  er  nicht 
im  entferntesten  eine  besondere  Quelle  an  ,  auch  ist  der 
schrtftstellerische,  sowie  der  absolute  AVcrth  des  Ein- 
schiebsels nur  gering,  da  in  seiner  Zeit  jene  Erklärung 
gäng  und  gäbe  war,  während  auch  die  unserige  sie  schon 
aus  seinen  ^'orgängern  vollständig  kennt.  Dennocli  ist  er  ' 
auch  hier  nicht  einmal  unabhängig,  sondern  erborgte  das 
"Wesentliche  aus  einem  Schriftsteller,  den  er  in  den  er- 
sten 12  Blichern  niemals  nennt,  aus  Theodoret's  Commen- 
lar  zum  Daniel,  obgleich  nicht  durchaus  wörtlich  und 
nicht  ganz  ohne  eigenes  Räsonnement.  Genauere  Vcr- 
gleicliung:  Zon.  p.  119  B  —  C  med.  aus  Theod,  Comm. 
in  Dan.  c.  II,  v.  31  — 33.  Opp.  omn.  T.  II.  P.  II.  cd. 
Schulze  p.  1089  sq.;  ed.  Sirm.  p.  563- —Zon.  p.  119  C 
med.  —  l:)OB  fin.  n.ich  Theod.  p.  lO'JÖ — 1099  (die  po- 
litischen Ausführniigen  über  Rom  sind  meist  eigener  Zu- 
satz ,  aas  der  Lectürc  abstrahirt;  desshalb  verweist  er 
auch  p.  120  A  auf  die  üo^ruiu  ov/yauuiiara ,  was 
nicht  mehr  bedeutet,  als  ob  er  sagte:  Das  weiss  Jeder, 
der  die  römische  Geschichte  kennt,  der  den  Dio  oder 
einen  ähnliclion  Historiker  gelesen).  —  Zon.  p.  120  C 
—  p.  121  A  lin.  nach  Theod.  p.  1092  sq.  5  aus  dem  auch 
die  anscheinend  selbstständigcn  Citate  der  Schriften  des 
alten  und   neuen  Testaments  sämmtlich  cntlolint  sind. 

Von  p.  121  B — p.  124  D  fin.  schreibt  Zonaras  wie- 
der wörtlich  den  Josephns  (X.  10,  Ö  —  11,  7)  ab ;  selbst 
der  Uebcrgang:  öoa  de  jutt  öki'yop  ü  yloni'utto^ 
py.sivoi  CVlKivtOV  CZEQOV  (p.  121  D)  ist  ganz  nach  Jos. 
1.  c.  §.  G:  öt.iyii)  dh  voxtoov  xqÖvii)  nd/.iv  öp«  ycrä 
TOvq  vniovs  o  ßaoi}.Ei:q  oipiv  iitoav;  Daniel  hat 
dnrchaaa  keine  ähnliche  Aeusscrung.  Kur  bei  Gclogen- 
Leit  der  Traumdeutungen  ergänzt  er  neuerilings  seinen 
llauptführcr  aus  Daniel  c.  IV.  Xamcntliih  cilirt  er  den 
Josophus  p.  122  D;  und  aus  ihm  den  Berosus ,  Megasthe- 
nes,  Diokics  «ml  Philostratus ,  den  Verfasser  Indischer 
und  Phönicischcr  Geschichten  (cf.  Jos.  X.  11,  1).  Das 
ni'<;  1)  ioTOOta  •laol.övy/.a  (p.  121  C)  weist  auf  IVieinand 
anders,    als   Josephus   (X.   10,  5)    und    Daniel    (c.  111). 


P.  124  A  hat  Zonaras  einige  Angaben  über  Cyaxarc» , 
die  sich  weder  beim  Josophus  noch  im  Daniel  finden. 
Er  sagt:  ciai  öt  o't  y.c.Ta  tijv  VLy.Ta  ixsivijv,  y.a9'  iju 
Tuv  doTQayakov  jov  ypucpavTct  i9co.oaro,  (fuoi  xai 
Ti)v  nükiv  aigeOijvai.,  yd/.stvov  ävcuQedijvai.  Meto. 
8e  ti)v  Tor  jJaßvkiovoi  ükujoiv ,  ü  IIoocptJTiji  ^a- 
vtijk  naQu  /iaitEiov  xov  3[i]öov,  o;  y.ai  Kvu' 
Sd (,'!;?  aj  V  (j  fia  0  T  o ,  y.ai  fn-T(j uÖEkcfOQ  i]v  tov 
lü'oov,  vio^  ü)v  'Aarväyovg  tov  ßaoikEvöavrog 
Mijöujv,  f/s  MijSk'.v  faTi']vcy.TO,  y.äi  ndai-q,  i'j^iovto 
TlLUj^.  Zonaras  muss  hier  also  einen  andern  Gewährs- 
mann haben;  die/\'ermuthung  führt  uns  wieder  anf  die 
Commentarc  zum  Daniel.  Und  in  der  That,  wir  linden 
im  Theodoret  (in  Daniel.  VI.  p.  GIß  ed.  Sirm.,  p.  1173 
ed.  Schulze)  dieselbe  Angabc;  ohne  Zweifel  hat  ihn  Zo- 
naras also  auch  hier  benutzt.  Zwar  beruft  sich  Theo- 
doret selbst  bei  jener  Behauptung  auf  Josephus;  doch 
fehlen  bei  diesem  (X.  11,  4)  einige  Momente,  besonders 
der  Name  Cvaxares. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Centralmuseum  rheinländischer  Inschriften.  Von  Dr. 
Laurenz  Ltrsch,  I.  Cöln.  Mit  zwei  Lithographicen. 
Bonn    bei  T.  Habicht.     1839.     \Ul-  "ud  72  S.  8. 

Es  ist  ein  achtungswürdiges  Unternehmen,  dessen 
Anfang  hiär  vorliegt.  Der  Verfasser  hat  sich  vorgesetzt, 
in  dieser  Sammlung  „Alles  zu  vereinigen,  was  aus  den 
ältesten  Zeiten  (d.  Ii.  den  Zeiten  Römischer  Herrschaft) 
uns  Inschriftliclies  hier  unten  am  Rheine  in  und  zwischen 
den  grossen  Städten  verblieben  ist."  (Vorrede  S.  "II.) 
"\^or  zu  grosser  Ausdehnung,  namentlich  auf  die  christ- 
lichen Alterthümer,  die  nicht  zugleich  für  die  Geschichte 
von  Bedeutung  sind ,  dürfte  er  sich  zu  hüten  haben. 
Dagegen  kann  dem  Streben,  überall  nur  das  noch  wirk- 
lich Vorhandene  nach  eigener  sorgfältiger  Anschauung 
zu  geben,  und  lieber  minder  vollständig,  als  unzuverläs- 
sig zu  erscheinen,  Billigung  nicht  vorsagt  werden.  Von 
den  wichtigsten  Denkmalen ,  die  zugleich  künstlerische 
Bedeutung  haben ,  gibt  er  Abbildungen.  Nur  so  ist  ei- 
gentliches ^'crsläiidniss  derselben  zu  bewirken,  und  ob- 
gleich sein  Hauptaugenmerk  die  Inschriften  sind,  dürfte 
die  Nothweiidigkeit  künstlerischer  und  antiquarischer  Er- 
läuterung sich  im  Fortgange  der  Arbeit  immer  klarer 
herausstellen.  Ferner  ist  zu  wünschen ,  dass  die  Samm- 
lung nicht  bei  Cöln,  Bonn,  Aachen,  Trier  und  Mainz 
stehen  bleibe,  sondern  allmählich  den  ganzen  Bereich 
des  ehemals  Römischen  Rhcinufors  von  Basel  bis  zu  den 
Meeresküsten  umfasse.  Dabei  muss  möglichst  genaue  Er- 
mittelung des  Fundortes  der  Inschriften,  Grabsteine,  Zie- 
gel u.  s.  f.  ein  Hauptziel  sein.  Denn  eine  Menge,  ja, 
die  grössere  Zahl  dieser  Inschriften  gewinnt  allein  durch 
den  Ort  Werth  und  Bedeutung  für  die  Geschichte,  und 
ein  glücklich  gefundener  Legionenstein  hat  schon  oft  be- 
denkliche Zweifel  golöset.  Dass  die  Arbeit  selbst  nie 
abgeschlossen,  sondern  stets  Neues  hinzukommen  werde, 
liegt  in  der  INatur  der  Sache  begründet,  und  gewiss  ist 
bereits    Grosses    gewonnen,    wenn    erst    wisseuschallliche 


245 


246 


Beliandlnn?  iliesem  in  der  Regel  sowohl  von  den  Kansi- 
keuneni  vcrschuiälilcn,  als  von  den  Gelehrten  libersehc- 
uen  Felde  am  Niedcrrheine  sich  mit  Theilnahme  zn- 
weudct. 

Ur.  Dr.  L.  theilt  seine  Saninilungf  der  kölnischen  In- 
schriften in  I.  Zur  Geschichte.  II.  Zur  Religion.  III.  Der 
Mafronendienst.  IV.  Grabinschriften.  V.  Kleinere  Denk- 
mäler, yi.  Christliche  Inschriften.  Dass  an  dieser  Ein- 
theihing  logische  Ordnung  nicht  besonders  zu  rühmen 
«ei,  fiillt  in  die  Augen,  da  Nr.  III.  offenbar  eine  Unter- 
abtheilung  von  Nr.  II.  ist,  und  die  Legionensteine  unter 
Nr.  V.  doch  den  Grabinsdiriften  nicht  nachstehen  soll- 
ten. Indess  ist  die  Behandlung  der  Inschriften  selbst  im 
Ganzen  sehr  zu  loben.  Klar  und  bestimmt  »vird  die  Ge- 
stalt der  Inschrift,  meist  auch  der  Schriftzüge  (da  hätte 
es  mehrmals  der  Abbildungen  bedurlt)  angegeben,  keine 
Vernmthung  in  den  Text  genommen,  uie  es  (nach  Orelii's 
Vorgange  im  Corp.  Inscript.  lat.)  durchaus  nur  zu  billi- 
gen ist,  und  durchgängig  mit  Sachkenntniss  und  Mässi- 
gnng  erkliirt.  Denn  fteilich  muss  der  Erklarer  ähnlicher 
Dunkelheiten  von  vorn  herein  dem  AValiii  entsagen ,  Alles 
lasse  sich  aufliellen.  Für  den  Philologen  gibt  es  kaum 
eine  schuierigere  Talentprobe,  die  immer  auch  den  Cha- 
rakter mit  berührt,  als  die  Erläuterung  solcher  Bruch- 
stücke ohne  allen  Zusammenhang.  Beleuchten  wir  nun 
das  Einzelne,  so  ist  der  geschichtliche  Gewinn  freilich 
kaum  erheblich.  Nur  eine  entschieden  historische  In- 
schrift (Nr.  1)  hat  sich  zu  Köln,  der  einst  so  berühmten 
Colonia  Claudia  Agrippina ,  geftinden,  und  zwar  eine 
verstümmelte,  die  jetzt  in  der  südlichen  Mauer  derPeters- 
kircke  eingeft'igt  und  auf  verschiedene  AVeise  ergänzt 
worden  ist.  Sie  erwähnt  der  Herstellung  eines  einge- 
stürzten Gebäudes  unter  Kaiser  Theodosius  (also  zwischen 
392  —  94)  ;  der  Name  des  Gebäudes  ist  ausgefallen.  Man 
hat  acdem  Mercuri  (sehr  mit  Unrecht  in  dieser  Zeit)  ver- 
muthet,  ebenso  turrim,  Dr.  Düntzer  eine  statio  für  den 
comes  domesticorum.  Wer  mag  entscheiden?  —  Ein  X 
«ei  der  Schlnssbuchstabe,  versichert  Herr  Dr.  Lorsch. 
Deutet  das  auf  Portam  ?  —  Konnte  man  den  Fundort 
angeben,  so  liesse  sich  eher  eine  Verniuthung  wagen; 
denn  die  Kirche  St.  Peter  liegt  von  dem  Thore  der  Rö- 
mischen Colonia  (dem  südlichen)  freilich  noch  ziemlich 
entfernt. 

Dagegen  tragen  wir  gar  kein  Bedenken ,  die  Zahl  der 
geschichtlichen  Inschriften  zu  vermehren  ,  durch  das 
Bruchstück  einer  Säule  ans  Sandstein,  bei  Köln  gefunden, 
das  unter  Nr.  51,  S.  51  vorkommt.  Vergleicht  man  mit 
demselben  die  Inschriften  bei  Orelli  Nr.  1036  und  (da 
diese  nicht  unverdächtig  ist)  besonders  Nr.  1037,  so  lässt 
üich  'wohl  nicht  zweifclu ,  dass  dieses  Bruchstuck  folgen- 
dcrmassen  zu  lesen  sei ; 

M.  AnnIO  FLORIAno 
pIO  FELICI  IN 
viCT.  AVG.  POnt. 
mAX.  TRIB.  POTesf. 
P.  P.  PROCOS. 

Florianns,  der  Bruder  des  Kaisers  Tacitus,  bemäch- 
tigte sich  nach  seines  Bruders  Tode  der  Herrschaft  (276 
n.  Chr.)  ,  wurde  jedoch  nach  kaum  zweimonatlicher  Re- 


gierung zu  Tarsus  von  den  Soldaten  erschlagen,  die  sich 
jetzt  zu  Probns  wendeten  (Fl.  Vopisc.  Florian,  r.  1.  in 
Script,  hist.  Aug.  Vol.  II,  p.  20..'.  Bip.).  Inschriften  von 
ihm  sind  daher  eine  grosse  Seltenheit,  und  Orclli  1.  c. 
sagt,  dass  es,  mit  Einschluss  jener  zweifelhaften  zn  Pe- 
rigueux,  nur  zwei  gebe.  Diesen  ist  also  die  Kölner  nun- 
mehr als  unbezweifelt  dritte  anzureihen,  die  zugleich 
einen  Blick  in  Köln's  altere  Geschichte  in  einer  der  dun- 
kelsten Epochen  verstattet. 

Unter  den  religiösen  Inschriften  sind  vier  (Nr.  2,  3,  4,  5) 
dem  Jupiter,  zwei  dem  Mercurius  (dem  Hauptgott  bei 
Galliern  und  Germanen  —  Caes.  B.  G.  VI.  1/.  Tacit. 
Germ.  9-)    gewidmet,    nämlich  Nr.  7  und  8-   (vielleicht: 

MERCVRIO  der  Beiname  des  3Iercnrius  Cissonius 

CISSONIO  anch  bei  Orelli  1406,  wie  Hr.  D.  L. 

L.  ARIstiVS  hereits  anführt. 

SENensIS      (oder  SENnianVS) 
V.  S.  L.  M.)      (Vergl.  Nr.  30.) 

Zwei  Inschriften  (4  und  5.)  sind  dem  Genius  loci,  eine 
(f).)  Dcae  Semclae  et  sororibus  eius,  zwei  der  Dean<i 
(Nr.  9,  10.  dieselbe  Form  st.  Diana  bei  Orclli  1453. 
1462.  1546.) 5  ''''"'  (HO  Soli  Serapi  (identisch,  wie  bei 
Orelli  1890  und  1891.  vergl.  Macrob.  I,  20),  eine  (12.) 
Diti  patri  et  Proserpinae ,  eine  (13-)  Honori  et  Vavori 
(statt  Favori ,  wenn  es  nicht  Labori  heissen  muss ,  wie 
jSr.  07.  vivas  statt  bibas  steht,  nach  romanischer  Weise), 
eine  (14.)  Forfunae ,  eine  andere  Famae  (15.),  endlich 
eine  (16.)  der  Pferde-  oder  Maulesel  -  Göttin  Epona 
(Orclli  1793.  1794.)  geweiht.  Der  Kreis  dieser  Gott- 
heiten zeigt  sich  auffallend  beschränkt.  Kaum  ist  zu 
bezweifeln,  dass  gerade  gegen  Altäre  und  ^'otiistcine  der 
besondere  Eifer  christlicher  Zerstörer  sich  gewandt  habe. 
iSchr  merkwürdig  sind  dag"egen  mehrere  den  Mriti'one/i 
gewidmete  Inschriften,  im  Ganzen  acht  (Nr.  18  —  2505 
mit  räthsclhaften  Beinamen.  Dass  unter  diesen  Matronen, 
gewöhnlich  drei  sitzende  Frauen  mit  Füllhörnern  und 
Früchten,  wie  eine  Abbildung  eines  dieser  Steine  (S.  25) 
sie  zeigt,  weibliche  Ortsgöttinnen,  Nvmphen  (also  dem 
Hasser  verwandt)  zu  verstehen  seien ,  deutet  Hr.  D.  L. 
nach  dem  Vorgange  Banier's  (i^Iemoires  de  l'Acad.  des 
luscript.  T.  VII.  p.  34)  u.  A.  richtig  an,  vermag  jedoch 
jene  höchst  wunderlichen  Namen:  Matrouis  Axsinginebis, 
^I.  Afliabus ,  M.  Hamavehis,  M.  Aumenaienis,  Nersihc- 
nis  (M.),  Vallamnehiabus  u.  a.  nicht  zu  erklären.  Dass  sie 
nicht  Lateinisch  sind,  fällt  in  die  Augen,  ob  Gallisch 
oder  Germanisch,  ist  schwer  zu  unterscheiden.  Wer 
kennt  jetzt  noch  die  ältesten  Namen  der  Orte ,  Bäche, 
Berge  und  Quellen  in  der  Ciegend  von  Köln  und  Jülich, 
wo  diese  Steine  gefunden  sind?  —  Ebenso  wenig  ist  aus 
Dlginibus  (Nr.  27.)  etwas  zu  machen.  Ob  nicht  Nr.  28- 
von  einem  Privatgeschäfte  handle,  statt  von  einer  Gott- 
heit, fragt  sich  sehr.  Die  Phrase:  ex  imperio  ipsius,  die 
an  das:  ex  imperio  ipsarum  auf  fast  allen  Matronen -In- 
schriften erinnert,  kann  nicht  allein  entscheiden.  In 
sprachlicher  Rücksicht  verdienen  die  Endsilben  eins , 
enis,  abus  gewiss  Beachtung,  oh  nun  aha  (Wasser,  Fiuss, 
Graff.  Alth.  Sprachschatz  I,  S.  HO)  oder  eins  andere 
deutsche  Wurzel  darin  verborgen  liegt. 


247 


248 


Besondere  Wichtigkeit  hat  »ieis  die  Erw-ähnung  der 
Legioaen,  Cohortcn  und  Ala  mit  ihren  Beinanieu.  Es 
kommen  in  Kiilu  vor:  Leg.  I.  3Iinerria  (38.  3ü.  6t.), 
II.  Parth.  (520,  VI,  Victrix  (9.  23-),  X.V.  {(]0.\  XXI. 
Rapax  (31.).  XXII.  (30.),  XXX.  Ulpia  Victrix  (7-  33. 
53.  ß2.),  über  deren  verschiedene  Stand<£uarfiere  Herr 
D.  Lersch  aus  Inschriften  und  Geschichtschreibern  das 
Nötbigste  beibringt.  Besser  »vird  sich  dieser  Thcil  der 
Römischen  Kriegsgeschichte  aufklaren ,  irenn  erst  alle 
Denkmäler  dieser  Art  an  beiden  Rhcinufern  gesammelt 
und  gedeutet  sind. 

Kicht  ohne  Schwierigkeit  ist  Nr.  34.  die  Inschrift 
eines  Sarkophage.')  aus  Sandstein,  wahrscheinlich  (s.  die 
Urkunden  bei  L.  S.  39)  1589  ausserhalb  des  Wejerthores 
r.a  Köln   gefunden: 

APOLLONIAE  VICTORINAE  BESSVLA  .... 
VALGASMAIERI.  DEC.  ALAE.  FIDE  VINÜICIS 
COMVGI  CARISSI.MAE  MEWORIAH  QVEM 
ROGAVIT  FECIT 

Nicht  zwar  an  dem  Beinamen  der  Ala  iida  rindex, 
der  Hrn.  D.  L.  aufzufallen  scheint,  mochten  wir  Anstoss 
nehmen,  wenn  auch  eine  solche  .41a  nicht  weiter  vor- 
kommt, denn  bekanntlich  erhalten  auch  Cohortcn  und 
Alae ,  nicht  bloss  Legionen,  dergleichen  Bezeichnungen, 
r,.  B.  Coh.  XIIII.  vindex  (Orelli  340B.),  Ala  Flavia  pia 
Jidelis  (Orelli  3409-),  Coh.  I.  fida  (Orelli  3404.),  wo 
Orelli  und  bei  ihm  3Iarini  zu  vcrgl.  T.  II.  p.  92.  Auch 
den  spätem  Gebrauch  des  memoria  für  monunientum  haben 
Forcellini  und  nach  ihm  Hr.  L.  bereits  nachgewiesen, 
wiewohl  quem  eher  ein  Verschen  des  Steinmetzen  für 
^uam ,  als  eine  absichtliche  Geschlechtsveränderung  sein 
möchte.  Desto  merkwürdiger  sind  die  vorkommenden 
TVamen,  die  gewiss  deutschen  Klang  haben.  Anch  ist 
das  nicht  zu  verwundern  bei  einem  Denkmale  aus  Con- 
stantinischer  Zeit,  wo  deutsche  Hulfstruppen  überall  in 
den  Heeren,  namentlich  bei  der  Reiterei  standen.  Mag 
nun  der  Name  Bessnia  vollständig,  oder  in  Bessulanos 
zu  ergänzen  sein,  immer  wird  man  dabei  an  des  Ausonios 
gelieble  Sclavin  Hissula  denken  müssen,  die,  wie  er 
selbst  (Idyll.  VII.  i. —  4)  sagt,  an  den  Quellen  der  Donan, 
jenseits  des  Rheines  zu  Hause  war,  also  aus  den  Gegen- 
den, wo  Rumer  und  ileutsche  Jahrhunderte  lang  im  Kampfe 
Jagen.  Enthält  ferner  Valgasmaieri  das  Nomen  paternnm 
der  Bessula,  wie  nicht  unwahrscheinlich  ist,  so  drängt 
sich  hier  noch  entschiedener  deutscher  Laut  uns  ent- 
gegen. Valgas  kann  mit  felga,  die  Felge  ( s.  Graffs 
Althochd.  Sprachscliafz  HI.  S.  5ü4),  maieri  mit  mahbari, 
der  Macher  ((iralT  II.  (j49)  zusammenhängen,  also  viel- 
leicht Felgenmacher,  wenn  man  nicht  gar  an  Volk  and 
Maier  denken  will.  Ob  Bissula,  Bessula  auf  Bizan,  Biz  (Biss) 
(etwa  ein  liisseU )  zurückzuführen,  ob  es  mit  Basa  — 
Base  (Gratr  III.  S.  215)  verwandt  sei,  bleibt  dahinge- 
stellt. .4uf  die  Arsulana  Germanilla  ,  vielleicht  eine 
Deutsche  aus  Hirsel  (bei  Bonn)  hat  schon  Hr.  D.  L. 
aufmerksam  gemacht  (S.  43) ,  dem  es  jedoch  entgangen 
ist,  bei  Nr.  40.  Secundinir)  Sevcro  Nccotoreto  (?)  .Secun- 
dinius  Adventus  fratri  etc.  an  die  Inschrift  des  berühmten 
Denkmals    zu    Igel    bei    Trier    zu    erinnern,    welches  der 


Seenndiner  so  augenfällig  gedenkt,  sowie  auch  in  Xanten, 
an  der  Donan,  an  der  Saar  nnd  sonst  diese  bedeutende 
Familie  erwähnt  wird.  Vergl.  Joh.  Hugo  Wyttenbach, 
Neue  Forschungen  über  die  Rom.  Alterth.  im  Äloselthale 
von  Trier,  Trier  1825.  8.  S.  80  f- 

Unter  den  Bruchstücken  S.  50  wird  Nr.  43  sich  wohl 
auf  einen  Fronto  beziehen,  der  ein  Vir  Consularis  war. 
Ebenso  möchte  S.  62  die  kleine  Inschrift  auf  einem 
Trinkgefässe  zu  lesen  sein:  ames  felix,  oder  ames  me, 
da  dergleichen  Wünsche  sich  zu  entsprechen  pflegen , 
nnd  amo  le  vorherging.  ^ 

Nicht  ohne  Absicht  haben  wir  dieser  kleinen  Schrift 
besondere  Sorgfalt  gewidmet ;  denn  es  ist  in  der  Thai 
an  der  Zeit,  für  die  vaterländischen  Alterthümer  ausser 
dem  Sammlerfleisse  auch  Geist  und  Kenntnisse  aufzu- 
wenden. Dass  Köln,  des  edlen  WallraJ^  hochgeliebto 
Vaterstadt,  den  Anfang  machte ,  war  billig,  und  so  bleibt 
uns  nur  der  Wunsch,  das  Werk  mit  der  Liebe  und 
Aufopferung  gefördert  zu  sehen  ,  mit  welcher  jeuer  edle 
Forscher  es  zu  seiner  Zeit  begonnen.  Dass  eine  wissen- 
schaftliche Abhandlung  über  die  Kunst-  und  Alterthums- 
schätze  des  nach  ihm  genannten  Museums  zu  Köln,  das 
auch  die  meisten  der  hier  besprochenen  Inschriften  um- 
fasst,  eine  der  dringendsten  Forderungen  an  die  Gelehr- 
samkeit nnd  den  Geschmack  seiner  Mitbürger  sei,  ist 
allgemein  anerkannt.  Dass  Hr.  D.  Lersch  sich  diesem 
C-"danken  nicht  abgeneigt  fühle,  möchte  man  aus  dem 
VC  liegender  Schrift  beigegebenen  Steindrucke  der  herr- 
\\ci\-.n  Medusa  schliessen,  die  mit  den  Inschriften  durch- 
aus Nichts  zu  schaffen  hat  un<I  ursprunglich  aus  Rom 
stammt,  aber  nichts  desto  weniger  die  llauptzierde  de» 
Wallrafianums  zu  Köln  ist  und  bleibt. 

Coblenz,  »lärz   1839- 

Professor  Dr.   Deyckt. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Leyden.  Ilr.  Prof.  und  Oberbiblioth.  Geel  daliicr  hal 
im  vorigen  Jahre  eine  Sammlung  von  Aufsitzen  und  Vorträgen 
unter  dem  Titel:  ,,Onderzoek  en  Phantasie"  herausgegeben, 
wclciie  allerlei  literarische  Gegenstände,  z.  B.  das  Dclpliisclie 
Orakel,  d.is  Lustspiel  der  Griechen  etc.  betreffen.  Von  ihnen 
wird  im  Laufe  des  Jahres  l839  eine  Auswahl  in  deutscher  Ueber- 
setzung  unter  dem  Titel:  j.l-'orschung  und  Dichtung  auf  dem 
Gebiete  der  älteren  und  neueren  Literatur  erscheinen.  Darunter 
anch  des  Verfs.  früheres  „Gesprek  op  den  Drachen/eis,"  wel- 
ches die  klassische  und  romantische  Poesie  behandelt  und  leb- 
halt an  die  verstorbenen  Professoren  Heinrich  und  Näkc  in 
lionn  erinnert,  deren  Personen  man  in  den  fingirtcn  Theilneh- 
mern  des  Gespräches  zu  erkennen  meint.  l'iir  die  deutschen 
Leser  wird  es  zugleich  eine  Probe  holländischen  Humors  sein. 

Holland.  Die  Urtheile ,  welche  Tbiersch  in  seiner 
neuesten  Schrift  über  die  holländischen  Universitäten  fallt, 
haben  allerlei  Entgegnungen  dortiger  Journale  hervorgerufen. 
Einiges  davon  gibt  bei  uns  Brzoska's  pädagog.  Bibliothek 
(Halle  1S;58)  in  Uebersetzungcn  zura  Vergleich.  Anderes,  wa» 
das  Journal  de  la  llaye  enthält,   fehlt  noch. 


Z  c  i  t  s  c  li  r  i  f  t 


für    die 


A 1 1  e  r  1 1 1 11  ni  s  w  i  s  s  e  1 1  s  c  li  a  f  t. 


FreilaiT,   15.  3Iärz 


18  39. 


Nr.  32. 


Uebcr  die  Quellen  des  Zonaras. 

(Forts  et  zu  ni;.) 

Der    Absclinitt    von  p.    124  D  —  p.    138  C    iiicil.    ent- 
halt die  l'isionen   und  Reielafionen  des  Daniel.    Jpsopliiis 
(S.  X.  11,  7)   bcnihrt  diesellien   «ioiler  nur  ohonliiii ;   (ior 
IMönch  innsste  uatiirlirh  ein   grosseres  Woli]<jefaUen   daran 
finden.      Seine  Hauptquelle   ist  Daniel   c.   VJI  — IX.    Nur 
die   in  diesen  Kapiteln  enthaltenen   Gescliiclite    tlieilt  Zo- 
uaras  ausführlich   mit;  die   übrigen   deutet  er  bloss  dnrch 
Hinweisunj  auf  das  liurh   des  Propheten   an   (p.  I3S15.  C). 
Bei   der  genauen  Interpretation    alier  Einzelheiten   hat  er 
wiederum    den   Commentar    des   Thcodorct' (s.   p.    1  lliO — 
i'iö'l    cd.    Schulze)    zu    Rathe    gezogen.       Zivar    erwähnt 
Zonaras    gerade   ihn   nicht,  sondern  sucht  vielmehr  durch 
uiannichfache    anilerc    Citate    eine    grosse  Belesenheit   zu 
aifectiren ;    er    nennt    den  Plularch  (p.   127  A),    den  Die 
Cassius  (p.   127   C),    den  Polybius   (ibid.),    mehrere   ein- 
zelne   Schriften    des    alten     und     des     neuen    Testaments 
(p.    134  A.  B,    p.   135  B)   und   ilen  Josephus  (p.    136   B) ; 
ausserdem     scheinen     Ausdrucke     und     Wendungen  ,     «ie 
iOTOQEiTai   (p.    125  D)    und    a'iq   öt    rtpsg    Iotoooloiv 
(p.    127  A)    auf   besondere    Quellen    zu    deuten.      Aliein, 
abgesehen   von   der  Anführung  des  Dio  und   des  Polybius, 
welche     nur    eine    ganz    allgemein    gehaltene    lliniieisung 
auf    deren    AVerke    überhaupt    ist,    von    keinem   grosseren 
Gewicht,     als    der   oben    besprochene    Ausdruck    äo'icüa 
avyyQÜfiiiura,    —    ergibt    sich    höchstens   das  Citat  des 
Plutarch    als    selbstständig;    die    übrigen    sind  sammt   und 
«ondcrs   erborgt.     Man   sehe  die   n.'ihere   Yergleirhung: 
Zon.  p.   125   A  —  B  flu.    ist  nach   Theod.  p.    119U  sqq. 
„       p.    125   B   fin. —  D   fin.  aus  Plut.  Artax.   c.    Hj. 
„        p.    126  A  —  127  A  nach   Theod.   p.    11V)2  sqq. 
■»        p.    127  A  mit  dem   unvollst.'indigen  Citate:    wval 
ya.Q   6   XaiQoivivq ,    ist    eine   wördiche  Entleh- 
nung   aus    Plut.   Alexand.   c.   77  /in.  ;    auf  diesen 
geht  auch  das  u'jq,  df  TlvEQ,  ioxuQOvaiv. 
,t        !'•    127  A  med.  —  129  B  med.    nach  Theodor,  p. 
1 195  —  1201 ,  mit  jenen  beiläufigen  A'ervveisungen 
auf  Dio   und  Pohbius; 
„       p.    129  B    med.  —  132  C    med.    n.ich    Theodor. 
p.    1212 — 12J0,    mit    einigen    Ergänzungen    aus 
eigenem  durch  Lcctürc  des  Plutarch  und  des  Jo- 
sephus  gewonnenen  Wissen. 
M        p.     132  C    med.  —  138  B    med.    nach    Theodor. 
p.  1237  —  1252  cl.   p.  1225.     Die    hierher  ge- 


biirigen  Citate  aus  der  heiligen  Sdirilt  p.  134  A.B 
nnd   p.   135  B   sind    genau   aus   Theod.   p.   1241  sq. 
und  p.    1244    herübergenomnien.      Ja,   nicht  ein- 
mal  die   Berufung  auf  Josephus  p.  t3(iB   ist  eine 
unmittelbare,  sondern   (liesst  ebenfalls  aus  Thcoi!. 
p.    12411.      Diess     ist   nicht    zu   verwundern;    denn 
sie    bezieht    sich    auf    eine    Angabe    dessrlben    in 
den    späteren  Büchern,    die    ihm    noch  nicht  »or 
Augen  lagen. 
Mühsam  etwas  vorweg  aufzusuchen,   ist  nämlich  durch- 
aus  nicht  des  Zonaras  Art;    er  glaubt  schon  genug  zu  tliun, 
wenn   er   hier    und    da    einer   Curiosiiät   halber   einen   aus- 
serordentlichen Weg   einschlägt,   den    er   nicht   die  Absicht 
hat    anderwärts    weiter    zu    verfolgen.      Dahin  gehurt  nun 
auch    die    Abschweifung    über    die    persische     ov.CKfUvaiq. 
p.    125  B  fin.  —  D   fin.,    HO   jenes  laiooEirai   erscheint, 
übrigens    aber    kein    Gewährsmann    genannt    wird.      Das» 
die  Beschreibung    aus    dem   Arfaxerxes  des  Plutarch   ent- 
lehnt   sei  ,    bemerkte     ich    oben    schon ;    auch    Du  fange 
nahm    es    wahr  (s.   T.  II.   not.   bist.   p.   9.      Diess   ist  bei 
ihm   ein  seltener  Fall).       Die   Abweichung,   dass  Zonaras 
t]en  Mithridates,    den   er  nicht  namhaft  macht,    14  Tago 
martern  lässt,    während   Plutarch    von     17   Tagen  spricht, 
kann  keinen  Ausloss  geben  ;  sie  ist  auf  verschiedene  Weise 
erklärbar,    vielleicht  sogar  absichtlich.      Plutarch  seiner- 
seits   hat  hier    ohne  Zweifel    aus  Ktesias    geschöpft,    den 
er    im    Artaxerxes    durchgängig    benutzt    (cf.    Heeren    de 
fonfib.  Plut.   p.   ')4  sqq-)'    """"    ^"'''   ""*    Hinzuziehung 
einiger  andern   Uuellen,   wie   namentlich  des  Dinon. 

Schliesslich  bemerke  ich,  dass  zwischen  Zonaras  und 
Ilippol}tus  Martyr  keine  Beziehung  obwaltet,  wie  aus 
einer  Vergleichung  mit  dem  Fragmente  des  Letzteren 
erhellt,  welches  in  dem  Werke:  Daniel  secundum  Scp- 
tuaginta,  Romae  1772,  p.  95—  122  abgedruckt  ist;  da- 
gegen  mag  Hippoljtus  leicht  eine  der  Grundlagen  de* 
Theodoret  gewesen  sein. 

Von  p.  138  C  med.  —  p.  l4fi  A  enthält  die  Geschichte 
der  Judith  und  des  Tobias.  Kein  bestimmtcs-Citat  kommt 
vor.  Josephus  theilt  darüber  gar  Nichts  mit;  daherkam 
es  auch  wahrscheinlich,  dass  es  Zonaras  früher  am  pas- 
senden Orte  vorzutragen  vergass.  Nun  flickt  er  es,  seine 
Versäumniss  bemerkend,  aller  chronologischen  Ordnung 
zum  Trotz,  an  einer  ganz  unpassenden  Stelle  ein  und 
führt  den  Nebukadnezar  noch  einmal  lebend  vor,  nach- 
dem er  ihn  schon,  dem  Gange  des  Josephus  gemäss, 
hatte    sterben    lassen    (p.   122  D).      Die    Quellen    diesei 


251 


252 


Antiang-irls  sind  iiad'irlirh  <lio  Biirlipr  Jiidiili  und  Tubias, 
lind  ztvar,  >iip  piiip  l'crjjlcirliini^  K-lirt  ,  die  ;»lli-inigpii. 
K»   ist   ein   «örtliclips   Kxcerpt. 

Zweile  Hül/Ie  (c.  lö  — fin.  j).  I4ü— Kl't). 
Die  pprsisrhe  (iesrliii-hle  bis  auf  don  Tod  des  TArns 
Bianirnflirli  «erdpu  anjfpftilirf :  1)  Xonopliou  p.  I4fiB 
(<f.  <^r..p.  I.  •.',  3):  p.  Itl4  D;  p.  16S  ü.  1>)  Horodnt 
]..  1,4  ü;  p.  108  D;  p.  Ifri  A.  3)  Jospphus  p.  I(i4  D. 
Boi  dipsrni  .Alisihiiittp  lofjf  Zonaras  zum  erstenmal  den 
Josephus  auf  längere  Zeit  bei  Seite.  Des  Cvrns  Ge- 
»rhirhte  ersclieint  ilini  zu  interessant,  um  sie  in  seineu 
Uniiersalliistorisrh  sein  sollenden  Annnlen  ebenso  leirlit 
fibefiielien  zu  iliirfen,  HieJoseplius  in  einem  AVerLe,  das 
liloss  die  jiidisclie  (leschirlite  belianilolt.  Er  »vill,  «ie 
sein  sclir  niilii.-.torisrlies  Bekennfniss  laiitet  (p.  146  A), 
durcli  seine  Darstellung  die  Walirhaftijjlveit  der  Proplie- 
,zeinn!;en  liiier  ilen  l'nlerganij  Assvriens  denioijstriren. 
Aber  iielclietn  (iewalirsmanne  sollte  er  folj^en  ?  iScIion  die 
ältesten  SeliriflsteHer  »iehen  ober  den  Eroberer  bedeu- 
tend ron  rinander  ab.  Den  Kt<'sias  kannte  er  nirlit  ;  den 
Herodot  uollte  er  niclit,  und  so  (irl  seine  Wabl  auf  den 
ronianliaften  Xenojihon,  er  »aril  sein  einziger  Führer; 
der  ganze  .Absrlinitt  ist  nur  ein  Excerpt  aus  der  Cvropä- 
die.  Diirli  hören  wir  ihn  selbst!  Am  Schlüsse  der  Dar- 
stellung sagt  er  (p.  IttS  D,  im  A):  „Das  nun  erzählt 
Xenopbon  lon  r\rus.  Aber  der  Halikarnassier  Ilerndot 
sagt  liber  des  Cvrns  Erziehung  und  Tod  und  über  dessen 
ganzes  Leben  andere  Dinge,  \i eiche  «lurehzugehen  wohl 
zu  lang  »are.  Und  mir,  der  irh  ein  Compendium  der 
Gesiliirhlp  verfasse,  ziemt  es  nicht,  eine  weitschiclitige 
Abhandlung  zu  geben,  sondern  ich  habe  meinerseits  das 
Glaubuür<ligere  geschrieben.  'Wem  es  jedoch  beliebt, 
auch  das  zu  vernehmen,  was  \on  Herodot  über  ihn  ge- 
schrieben ward,  der  wird,  dessen  Werk  zur  Hand  neh- 
mend, dasselbe  in  ilem  ersten  Buche  finden,  dem  er  den 
Kamen  der  ersten  der  Musen,  den  der  Klio,  vorsetzte." 
Abgesehen  von  dem  in  den  letzten  Worten  steckenden 
literarischen  Irrthume,  bemerken  wir,  dass  er  zwar  ivirk- 
lich  in  den  Ilcrodot  ein  wenig  hingeblickt,  aber  dem 
Xenuphnn  der  griinseren  Gliiuiieürdigkeil  ires^en  ilen  1  or- 
«ug  gegeben  habe,  ftlag  sein!  iVlir  will  es  indessen 
»rheinen,  als  sei  seine  Wahl  auch  eben  ihirch  das  an- 
ziehende Moment  der  Xeiiophoirfischen  Romantik  und 
durch  die  .Scheu  vor  mühevoller  ^rrgleirhnng  motivirt 
worden.  Genug,  er  beginnt  mit  rlem  ziveiten  Kapitel  des 
J.  But'hes  des  Xenophon  und  endigt  mit  dem  siebenten 
Kapitel  des  ^III.  Buches  und  einer  kurzen  Inhaltsanzeige 
lies  achten  und  letzten  Kapitells.  Die  specielle  (Jontrole 
wird  Jeder  leicht  führou  können  über  diese  —  Cyropädie 
ru   niiniature. 

Die  Zusätze  sind  ganz  unbedeutend  :  p.  148  B  sagt 
er:  „Cvaxare»,  der  auch  Darius  genannt  ward."  Das 
hat  er  ,  wie  wir  oben  gesehen  ,  aus  Josephus  und  Theo- 
«loret.  Ibid.  schaltet  er  bei  der  Aufzahlung  der  den  As- 
svrern  unterworfenen  Völkerschaften  die  Hebr.'ier  ein, 
und  andere  ,'lhnliche  Kleinigkeiten.  P.  I(i4  ü  ist  durrh- 
.lus  wörtlich  aus  Xenophon  (I.  c.  VII.  .O,  7—  \h)  ilber 
die  Belagerung  Babvlon's ;  weil  derselbe  aber  den  FluKS 
rfieser  Stadt  nicht   benennt,  so    uiaeht   er  die  Einschaltung: 


EiCfoariji,  oi'to;  ioriv  ,  cJ?  'HquÖOtoz  lorogti'.  Das 
ist  das  Einzige,  was  er  aus  diesem  entnimmt.  Ihn  eines 
AVortes  willen  kann  man  aber  nicht  von  Hei!-,;(zniig  spre- 
rhen;  deti  Zusatz  hatte  er  ja  auch  ohne  Ilerodot's  Au- 
torität macheu  können.  P.  lt)4  D  setzt  er  den  I\ameii 
des  Königs  —  Baltasar,  den  Xenophon  ganz  verschweigt, 
aus  .loseplins  hinzu,  ohne  dass  er  desslialb  nöthig  hatte, 
den  Le<z(i-ieii  »ieder  einzusehen,  da  er  die  Materie  unter 
Josephus  Führung  schon  in  dem  vorhergehenden  Abschnitte 
behandelt  hatte.  Er  weiset  selbst  daranf  zurück  (c  f.  Jos. 
X.    It,   4.    Zon.    p.    123). 

AVie  verhalt  es  sicli  schliesslich  mit  denjenigen  .Stel- 
len, HO  Zonaras  sich  das  Ausehen  eines  belesenen,  au» 
vielen  Bücliern  forschenden  Gelehrten  gibt?    z.  B.  p.  152  B: 

TU  er  1(1  nodjTui  (faan;  p.  Kiö  D:  ä7iofivi;/ioi'£L'e- 
zal  ibid.  Xtyeiai;  p.  l(j8A:  }.iy£Tni.  Der  Schein  zer- 
rinnt, nenn  man  ihm  nahe  tritt:  Es  sind  nur  entlehnt« 
Phrasen  und  Wörter,  ebenfalls  dem  Xenophon  (IV.  2,  3U- 
VIII.   2,    14.   A'III.   2,   lö-   yill.   (i,   VUj   angehürig. 

Die  QueUcn  des  vierten  Buches  (p.   Iß9 — 2lö). 

l'om  Tode   des  Cvrus   bis  auf  Anliochus   i'>£o^   und  Simon, 
den  Bruder   des  Jonathan. 

1)  Josephus.      2)    Herodot.      3)   PIntareh.      4)   Arrian. 

\nn  p.  16')  A  med.  —  D  fin.  Hier  kehrt  er  zum 
Josephus  zurück,  ohne  ihn  zu  citiren  ,  und  stellt  nach 
ihm  (XI.  c.  1,  1  — c.  3)  das  Verhaltniss  des  ("yrus  und 
Cambyses  zu  den  Juden  dar,  und  zivar  Wort  für  Wort 
abs(  hreibeiicl ,  nur  dass  er  dem  Cambvses  7  Jahre  bei- 
legt ,  H.'ihrencl  Jesepbus  nur  (i.  Diese  Abweichung  er- 
klart sich  daraus,  dass  Zonaras  im  Folgejiden  den  Hero- 
dot ronsultirte  und  ihm  also  die  .Stelle  unter  die  Augen 
fallen  _  musste,  wo  dieser  (III.  (-iii,  2)  die  Regierungs- 
daucr  des  t'ambvses  auf  7  Jahre  ,  5  Monate  angibt;  da- 
nach c-orrigirte  er  nun.  —  Die  Magierherrschaft  und  de» 
Darius  Thronbesteigung  berührt  Josephus  nur  ganz  oben- 
hin (lib.  l.  e.  3,  I);  dagegen  meint  Zonaras  (p.  169  D): 
y.(ü  UV  dt  y.c.i  Ti)v  neoi  tui'tohi  d/ijyi^aiv  7iuiijoao9at 

fv  iniTOUrj.  Und  nun  legt  er  denn  den  Josephus  noth- 
nials  bei  Seite,  um  von  p.  170  A —  173  B  den  Herodot 
(HI.  ()4— (>^)  zu  excerpiren.  Er  fallt  hierbei  gleich  in 
eine  Incoiisecjuenz ;  denn  wahrend  er  früher,  dem  Xeno- 
phon folgend,  den  Bruder  Aes  Cambyses  Taiiaoxares  ge- 
nannt, nennt  er  ihn  jetzt  fortwahrend  nach  Herodot 
Smeriles.  Dieser  plötzliche  Widerspruch,  in  den  zu  ge- 
ratlien,  seine  Unwissenheit  nicht  voraussehen  konute , 
zwingt  ihn  jetzt  zu  einleitenden  Worten  ( p.  1 /(J  A): 
„Cambyses  hatte  einen  Bruder,  welchen  Xenophon  Ta- 
naoxares,  Herodot  aber  Smerdes  nennt."  .Sonst  citirt  er 
«Ich  Herodot  nicht  »veiter-,  das  Exceipt  ist  aber  wieder 
völlig  wortgetreu.  V>  ie  jämmerlich  (las  ^'erfahren  des 
Zonaras  ist,  zeigen  auch  fi^rnere  Inronsec]uenzen :  p.  l6UD 
halte  er  nach  Joseph.  XI.  2,  2  den  Cambyses  SV  /Ja- 
uu.OVAO  sterben  lassen;  jetzt  erzählt  er  (p.  170  C.  D) 
dessen  letzte  Augenblicke  noch  eiiiinal  nach  Herodot,  und 
lässt  ihn  mit  diesem  im  syrischen  Ekbatana  sterben. 
Doch  hierion  genug.  >ur  der  Schein  seiner  (Gelehrsam- 
keit ninss  auch  hier  vernichtet  werden;  denn  die  prun- 
kenden Phraseu:   oi  uiiv  orv  cpuai  und   oi  öl  Lll'juioi' 


253 


251 


iJvci  (fO.Ol   (p.    175   A)   sind   mir   aus  Hcriiil.   lil..  1.  c.  S? 
licriiliorgfolioU. 

Von  |).  IT'i  B  — p.  1S3  B  nird.  —  Dir  jiiilisclip  f/o- 
Hiliiclih!  lon  ünriiis  llvstaspos  bis  auf  Ali-xaudcr  ;  Mort- 
licli  aliprsrlirirben  aus  Jüsophus  von  (lom  Punkte  an,  «i> 
ir  (ilion  Halt  ^euiailif ,  (I.  h.  vnu  XI.  r.  3  —  <••  8,  4. 
>auii'iilli<li  «ird  dorsclbe  anjfpfülirt  p.  17(i  D  (rf.  Jos. 
AI.  5,  V).  —  nie  AlnvcirliuiigtMi  sind  uiihedeufond  ,  «ic 
X.  B.  dass  er  p.  182  ü  den  Solin  des  Joannes  Joad  nennt, 
■i/ilirend  Joseplnis  XI.  7,  '1  Jaddus  oder  iiaili  anderen 
Iliiidsrlirirteii   Joaddus   srlireibt. 

Von  p.  18  i  B  Ined.  —  p.  1<.)7  B.  —  Die  Gesrliirhie 
Alexanders  des  Grossen.  Nach  seiner  geHöhnlicIien  Art, 
ilie  «ir  nun  schon  kennen,  sajjt  Zonaras  beim  Einlange : 
i.7/:/  bl  jiiti'av  TuP  '.■ike^äfdodi'  Y.ul  ö  xiji,  ioiuoin:; 
'/M'/ogrunuiijrai,  y.aXdv  y.at  r  o  vt o  v  xai  nuätti^ 
TF.  y.ai  TU  i'j^ij ,  yai  üi^ef  z«x  Ttviov  t,cpi' ,  yMT  iui- 
dp()jii)i>  öiryijaaot^aiy  y.ai  ovrujg  avd^cg  iiravaya- 
yei'v  Tov  Avyov  n()6<;  tijv  avvex^io-v.  „Und  um  so 
inelir,  füjjt  er  hinzu,  «eil  er  nach  Jerusalem  kam  u.s.  «." 
(AJan  sieht,  nie  er  selbst  die  jüdische  Geschichte  in  dem 
ersten  Theilc  seines  Werkes  als  (Mittelpunkt  setzte)  „und  weil 
er  sciltst,  wie  Josephus  erzählt  (hiermit  respicirt  er  auf 
Jos.  XI.  8,  b),  ein  gi>t(lii  lies  Trauinffesicht  deutete,, was 
wir  im  weiteren  V^erlauf  der  Erzählung,  nach  der  Ge- 
schichte Aiexauilers,  melden  werden."  Nun  beginnt  er 
das  eijfentiiche  Thema  mit  der  Herkunft  des  Helden,  und 
da  ihn  Josephus  hier  verlässt,  so  wjililt  er  sich  einen 
neuen  Führer,  den  er  jedoch  nicht  nennt.  Es  ist  aber 
kein  anderer,  als  Plutarch ;  denn  der  Anschein  lielfor- 
echender  Gelehrsamkeit  ist  wieder  nur  ein  Reflex  der 
Plutarchischcli  Darstellung.  Er  epitomirt  gleichsam  die 
fremde  Quellenforschung  nicht  minder  wie  die  Erzählung 
der  Thatsaehen  selbst.  JVlan  sehe  nur  zu: 
p.  183  C:  ^vdivsrai  ist  ausPlut.Alex.  2.  T.IV.  ed.  Reiske. 
p.  „  „  Keyexai  8s  „  „  „  '„  c.  3. 
p.  189  D:  /aropo^ff/l'  „  „  „  ,,  r.37.  (eine  Angabe, 
Beute  betrefl'end  ,  welcher  Diodor  widerspricht). 
p.  1'l4C:  keyernl  ist  aus  Plut.  Alex.  c.  (i(). 
p- 19(3  CD:  elq  fjiv  uuv  ö — köyoi;  ovTog.  ereooi;  Sh 

ej;f/.  —  (paoi  8s  rti^sg ol  8t  7cksioijg  —  cpaai 

ist  aus   Plut.   Alex.   c.  7ö.    76   7/. 

Eine  vollständige  Vergleichung  wäre  liberflnssig.  Ge- 
nug, wir  haben  im  Zouaras  einen  kleinen  Plutarch;  nur 
dass  er  zuweilen  die  Reihenfolge  <lesselben  ändert.  Z.  B. 
p.  188  C,  enthaltend  den  Ausspruch  der  ülympias,  den 
Plutarch  schon  c.  3  mittheilt.  —  Abweichungen  sind  sonst 
nicht  vorhanden,  ileuii  dahin  dürfen  wir  es  schwerlich 
rechneu,  wenn  er  p.  l'Jo  B  <lie  Breite  des  Ganges  zu 
1)2  Stadien  berechnet,  während  Plutarch  c.  (i2  nur  von 
32  spricht.  Da  er  durchaus  keinen  Antor  weiter  vor 
Augen  hat  und  dem  Plutarch  hier  Wort  für  AVort  folgt, 
so  beruht  die  Verschiedenheit  sicher  auf  einem  Schreib- 
fehler oder  auf  einer  Corruption,  sei  es,  dass  diese  in 
dem  von  ihm  benutzten  Alanuscript  des  Plutarch  vorhan- 
ilcn  war,  oder  dass  sie  einem  späteren  Absc;hreiLer  bei- 
zumessen ist.  Die  Angabe,  womit  Zonaras  schliesst 
(p.  197  A):  ksySTUl  ÖS  X.  r.  )..  ist  das  einzige  Nicht- 
Plutarchische  im  ganzen  Abschnitt;  die  Stelle  stimmt 
grosseutheils     wörtlich    mit  Arrian  VII.  27;    vielleicht  ist 


es  eine  Reminiscenz  oder  (liessi  aus  einer  in  dem  von 
ihm  gebrauchten  Codex  des  Plutarch  gefundenen  Raiid- 
liemerkung  eines  glossirenden  Lesers,  denn  wir  dürfen 
nun  einmal  dcu)  Zooaras  niiht  viel  zutrauen;  d.iss  er  aber 
gar  um  dieser  einzigen  Bemerkung  willen  eine  besondere 
(Quelle  zur  Hand  genommen,  wird  man  noch  weniger 
glauben.  Den  Schliiss  des  Plutarch  c.  77  fanden  wir 
si  hon  früher  (p.  127  A)  mitgetheilt;  wahrscheinlich  hat 
Zcniaras   erst  jetzt   diese   Stelle   ilort  nachgetragen. 

Von  p.  197  B  —  p.  21.'),  oder  bis  zum  Ende  des  vier- 
ten Baches.  —  Von  den  ^Verhältnissen  Alexanders  zu  den 
Juden    bis    auf    des    Antiochiis   i^fOs    'Piid    durch    Trvplioii. 

Äaeh  seinem  Besuche  bei  Plutarch  beriipft  hier  Zo- 
naras von  Neuem  den  Josephus  (cf.  XI.  ^■,  4 — \III.  7), 
den  er  .auch  einmal ,  bei  Gelegenheit  der  .Septuaginta , 
nennt  (p.  2ÜU  C.  rf.  Jos.  XII.  2,  12).  Die  verschie- 
denen Ansichten  hierüber  iiiussteii  dem  illoiiche  geläufig 
sein,  und  so  kann  es  uns  nicht  wundern,  wenn  er  uaeii 
dem  Berichte  des  Josephus  noch  einen  anders  lautenden 
hinzufügt,  nämlich  den  genugsam  besprochenen  des  EpU 
phanius,  der  im  vierten  Jahrhun<lert  schrieb,  wonach  je 
2  und  2  von  den  72  Interpreten  in  abgesehlosseiieu  (le- 
inächern  die  Uebcrselznng  zu  .Stande  gebracht.  Er  nennt 
jedoch  ileii  Epiphaiiins  nicht,  sondern  sagt  ganz  allge- 
mein: srsoul  de  —  (fani.  Natürlich  bedurfte  er,  um 
ilergleicheii  zu  melden,  keiner  bestimmten  Quelle;  es  sind 
Zusätze  aus  der  Totalität  seines  VVisiens.  —  Dass  Zoii. 
in  diesem  Abschnitte  auch  ilie  h.  Schrift,  und  nament- 
lil  li  die  -Bücher  der  Makkabäer  benutzt,  möchte  ich  be- 
zweifeln; seine  Nachrichten  gehen  alle  und  meist  wört- 
lich  in   die   des  Josephus    auf. 

Die  Quellen  des  fünften  Buches  (p.  2t5 — 260). 

A'oii  dem  Tode  des  Antiochus   i^sog  bis  auf  den  Tod  des 

Ilerodes. 

Das  Ganze  ist* aus  Josephus  XIII.  7  —  XI'II.  8^4. 
Er  citirt  denselben  p.  223  A:  raviiju  (fijoiv  ö  Iwaij- 
7t  u^  Sv'Pujinj  x>saoaot)a/ ,  nämliclr  den  goldenen  VVein- 
stock  von  SOO  Talenten  Werth,  den  Aristobul  dein  Poin- 
pejus'  schenkte.  Zmiaras  begeht  aber  wieder  eine  grosse 
Nachlässigkeit,  denn  Josephus  (XIV.  3,  1)  sagt  das 
nicht  voll  sich  selbst,  sondern  es  sind  die  direct  an- 
geführten Worte  des  Strabo.  —  Ferner  citirt  er  ihn 
p.  241  D  (cf.  Jos.  XV.  %  2).  Auch  da,  wo  er  unbe- 
stimmte citatorische  Ausdrücke  gebraucht,  steckt  Josephus 
dahinter,  z.  B.  p.  217  C:  ktyetat  X.  T.  k.  cl.  Jos.  XIII. 
10  3;  p.  218  B:  ksysvut  y.  r.  k.  cl.  Jos.  XHI.  10,  7; 
p.  242  D:  rtvsi  8s  cpaai  cl.  Jos.  XV.   10,  4. 

Die  Quellen  des  sechsten  Buches  (p.  2ü0 — 313). 
Vom  Tode   des  Herodes  bis  zur  Zerstörung  von  Jernsalem. 

P.   260   C p.    291    ß    ist    entlehnt    aus    Jos.    Antiqq. 

XVII.  8,  4  — XXfiU.  Namentlich  angeführt  finden  wir 
ihn  p.  267)  »*'»  Zonaras  das  Zeugniss  (lesselbeii  (XVIII. 
3,  3)  über  Jesus  Christus,  mit  Angabe  des  Buches  der 
Antiquitäten,  bi-ibringt.  Für  unsern  Zweck  ist  die  Ent- 
scheidung der  Frage,  ob  jenes  Zeugniss  echt  oder  unter- 
geschoben, von  keinem  Einfluss,  dass  es  jedoch  mindesten» 
schon  im  vierten  Jahrhundert  in  den  Maiiuscripten  des 
Josephus  gelesen    wurde,   ist  aus  der  Anführung  des  Eu- 


•Jö:> 


256 


sel)iiis  (Hisi.  Pcrl.  I.  r.  (I  )  ll.ir.  Boi  dipspr  Gflc-icn- 
Jirit  niarlit  aber  Zoll,  norli  riiir^c  Ziis.'K/p.  Die  iMcrk- 
»1  lirdigkcit  iliT  .Sai  !ip  lir;uliti>  es  mit  siili ,  tlass  sii'  all- 
•;rini'iii  iu  ilor  Clirisloiilicit  Ix'SjirocIic'ii  uurdc  ;  aiidl  Zun. 
iiiiHstc  ilnlier  .^l.iiiflies  ilanilirr  vorrioiiiiiipii  und  gi'lrseH 
)iahpii.  ^iiüuirhr  liosrlir.'iiikt  pr  sicli  iiiclit  auf  die  blosse 
HJi<l!ieiluiitf  ,;V?if»'  Zeugnisses,  auf  dessen  A\  ichiigkei^  er 
.■»ehiin  in  der  Einleitung  (p.  9  A)  anfnierksam  jeinaeht 
halte,  sondern  fiilirt  p.  „'(j;  ü  und  p.  21)8  A.  ß  ein  noch 
nusfiihi  lii  heres  desselben  Autors  an,  und  anar  ans  dessen 
Kcde  an  die  Ilrllenen  ,  deren,  «ic  er  iiinzufiijjt ,  auch 
der  li.  Joannes  Daniasceiius  in  seinen  Parallelen  jfedenke. 
liipser  Srhriftstelier  des  achten  Jahrhunderts,  einer  der 
lJef,riiniler  der  systematischen  Theologie  und,  wie  seine 
.'i(j  ul.C'.ia  fjH.onoCfi/.a  beueisen,  mit  den  jibilosoidiischen 
.Systemen  ziemlich  vertraut,  nahm  jederifcit  ijje  allge- 
uieiuu  Aufmerksamkeit  des  theologischen  Publikums  in 
Anspruch.  Auch  Zon.  beschäftigte  sich  mit  ihm  und 
«chricb,  « ic  «ir  aus  der  Angabe  seiner  .AVerke  erscheu 
(s.  Du  Cange  pracf.)  eine  !Z:t/yy;;ff;^  xuiv  '.IvaOTC.oiniDV 
V.i'.luvujv  Tviv  TOv  Juuao/.i-vor.  So  «aren  ihm  ilenn 
auch  <lesscn  iegu  Xuoä/.t.rLU  zur  Hand  ,  «lie  ebenfalls 
dogmati'iciien  Inhalts  sind.  Leicht  künntc  desshalb  <lcr 
'^'erdadit  entstehen,  dass  das  OV  Y.al  ftveiav  ntTVoirTCU 
eine  trügerische  AVendung,  und  das  Ganze  nur  ein  Pla- 
giat aus  dem  Daniasi  enii*  sei.  Diess  eriveist  sich  jciloch 
»Is  ungegrünilet ;  ilenii  die  Stelle,  ivelche  Zoll,  ans  jenem 
philosophischen  Aoyoc  recitirt,  findet  sich  z«ar  bei  Joann. 
Dam.  Opp.  omn.  ed.  Par.  T.  II.  p.  75Ö,  wird  aber  sfiU- 
«chneigeud  dem  Uischif  i>Ieletius  vindicirt  (rot"  üy/ov 
Mel.Ciiov  £7r'loy.ö:iov  '.4vcioXiiuz);  dagegen  thcilt  Da- 
iiiasccnus  gerade  an  dem  Ottc,  tvclcheu  Zon.  im  Sinn 
liat  (I.  c.  p.  7S't:  'lujorzov ,  CZ  zoü  'köyuu  zur  dua- 
'i'jOaiii(ei'0!!  v.ajc.  ID.UTüjvog),  einen  ganz  aiuleren 
Abschnitt  der  bctreireiiden  Schrift  mit.  Das  bedeutendere 
Fragment  derselben,  itelches  Huschel  aus  Italien  erhalten 
und  in  seiner  Ausgabe  des  Pliotins  (p.  923)  zuerst  abgc- 
driickt  hat  (es  steht  auch  im  Jos.  cd.  Havcrkamp.  T.  II. 
!'•  Hüj,  beginiit  mit  dem  Inhalt  des  ßruchsfiickcs  bei 
Joanii.  Dam.  p.  "SO,  <lann  folgt  ein  sonst  unbekannter 
Theil,  hierauf  der  Inhalt  des  Bruchstiickes  bei  Zon.  I.  c. 
und  bei  Joann.  Dam.  p.  7ÖJ,  und  endlich  «ieder  ein. 
unbenutztes  Stiiik  als  Schluss.  Nun  ergibt  die  Verglei- 
chuug,  dass  die  AVorte  des  Zon.  vollkommen  mit  dem 
Originaltexte  übcreiiistininien  ,  die  des  Damasrcnns  aber 
fast  durchgängig  iiindifi(irf  sind;  mithin  ist  Zon.  augen- 
bilieinlich  'auf  das  Original  selbst  zurückgegangen  und 
hat  1011  dem  tmgel/liclt  Josephischen  Antiplatoiiisuius  eine 
unmittelbare  Kunde  gehabt;  denn  mit  Recht  gilt  die  Schrift 
:i£oi  xuT  :iavT<Ji  oder  TJlrji  r;;;  rur  Tiavco^  uiric.q 
für  unecht,  obgleich  die  Herausgeber  des  Fragments  den 
>'anicn  des  Joscphiis  nicht  getilgt,  und  die  des  Letzleren 
die  Aufnahme  nicht  lersagt  liabcii  (vergl.  u.  A.  Ilocschel. 
ad  Pliot.  1.  c.  ;  Th.  Ittig.  Prolegom.  ad  Joseph,  v.  fin. ; 
adn.  ad  Joann.  Dam.  1.  c.  p.  r,Sl)).  Daher  war  .sie  auch 
mrher  den  Exemplaren  des  Josephus  nicht  angehaiif;!,  so 
dass  Zon.  sie  sich  aiideriieitig  verschallt  haben  iiuiss; 
denn  einmal  hatte  dann  auch  £usebins  sich  gewiss  dieses 
zweite»  Zeugnisses    h.'Ji'ieot,    und    andererseits    würde  sie 


dann  auch  in  den  heutigen  Codices  sich  finden.  Dem  Dainan- 
cciius  mag  übrigens 'die  Täuschung  verziehen  »erden;  da 
aber  bald  nach  ihm,  schon  im  nennten  Jahrhundert,  die 
Aliliaiidliiiig  durch  Pliotins  (bibl.  cod.  4cS)  für  unterge- 
schoben erklart  wurde,  so  ist  es  wieder  ein  Beweis  von 
Unwissenheit,  wenn  Zon.  dessenungeachtet  nicht  den 
geringsten  Zweifel  dagegen  liegt.  Und  doch  war  Photius 
so  beriihmt.  Zon.  selbst  kennt  und  nennt  ihn  als  histo- 
rische Individualität  (L.  XVI.  T.  IL  pag.  lül  D  sij.). 
Uebrigens  scheint  in  Betreff  jenes  literarischen  Findlings 
die  Stelle  des  Zoii.  bisher  meist  unbeachtet  geblieben 
zu  sein. 

Ferner  wird  Jospphus  cifirt  p.  271  A  über  Joann(^s 
•den  Täufer  (cf.  piaef.  p.  9  A.  Jos.  XVIII.  5,  2)  und 
p.  290  B  über  die  .Steinigung  des  Apostels  Jacobus:  'iu 
ainoi';  rot;  'Juioiior  yjjijoonai  öijuurst  (cf  Jos.  XX. 
9,  1);  das  könnte  Zon.  bei  jeder  Phrase  sagen;  auch  da 
gilt  es,  wo  er  mit  anschcinenileni  .Selbstwisscn  auftritt, 
wie  p.  271  D:  kiyerfti,  aus  Jos.  XVIII.  5,  3-  p.  287  C : 
'ktyarai,  aus  Jos.  XX.  7,  2. 

Ich  erwähne  noch  einer  Abweichung.  Zon.  berührt 
im  sechsten  Bnche  durchgehends  die  Kaisergeschichte, 
aber  nur  aus  dem  (iesichtspuiikte  der  jüdischen  üeschichte, 
so  dass  auch  hierin  Josephus  ihm  genügt.  In  den  fol- 
genden behandelt  er  sie  eigens  und  ausführlich  nach  Diu 
Cassius.  Da  geschieht  es  denn,  dass  er  einige  Verbcs- 
sernngen  ans  dem  Dio  in  sein  Excernt  aus  dem  Josephus 
stills«  li«  eigend  liincintragt.  So  gibt  er  z.  B.  p.  2/6  B 
die  llegierungsdauer  des  Tiberius  nicht  nach  dem  Letz- 
teren (XAIII.  G,  10),  aus  dem  er  doch  »alle  übrigen 
Worte  entlehnt,  auf  22  Jahre  ö  Monate  .3  Tage,  sondern 
nach  dem  Ersteren  (Lib.  ii'S.  fiii.)  auf  22  Jahre  7  ölonat« 
7  Tage  an.  Nur  so  ist  diese  Abweichung  zu  erklären; 
denn  dürfte  mau  aucli  aus  dem  Grunde  an  eine  Corrup- 
tion  im  Josephus  denken,  weil  dieser  im  zweiten  Buche 
de  hello  Jud.  c.  8  sechs  Monate  angibt  (cf.  Ilcland.  ad 
Aiitii]q.  I.  c),  so  darf  man  doch  sicher  nicht  die  Angabe 
des  Zon.  hineincorrigiren  wollen.  Uebrigens  ist  wohl  za 
beachten,  dass  <ler  jüdische  Krieg  vor  den  Antiqq.  ge- 
schrieben wurde  und  Josephus  inzwischen  anderer  Meinung 
geworden  sein  konnte.  Man  ersieht,  welche  ausserordent- 
liche Behutsamkeit  es  erfordert,  bei  Autoren,  die  in  eiijem 
Verhältnisse  stehen,  wie  Zon.  und  Jos.,  den  Text  dpi 
Einen  durch  den  des  Anderen  zu  ronstatiren.  AVie  sehr 
würde  mau  fehlen,  wollte  man  hier,  gleichviel,  ob  den 
Josephus  nach  dem  Zonaras,  oder  Diesen  nach  Jenem 
andern,  wie  verfänglich  auch  der  .Schein  sein  mag;  oder 
wollte  man,  um  ein  anderes  Beispiel  zu  nehmen,  jene 
oben  besprochene  Stelle  des  Zonaras ;  Tuv  dlio  ^ln/ia- 
OV.ov  Miianlav  nach  Josephus  corrigiren;  denn  die  phi- 
lologische Kritik  hat  nur  danach  zu  forschen,  wie  der  Autor 
schrieb,  nicht,  wie  er  Iiätte  schreiben  sollen. 
(F  o  r  1  s  e  t  z  u  n  g  folgt.) 


Persoiial-Chrouik  und  Miscellcn. 

Halle.  Dem  ordentliclien  Professor  in  der  juristischen  Fa- 
cidtat  der  T'nivcisit.il  im  Halle,  Dr,  Pcrnice,  i»l  das  PradUat 
eines  Gclu'iinen  Jiisli/.ratlis  beigelegt  worden. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  t  er  tliii  ms  wisse  11  Schaft. 


Sonntag  j  17-  März 


18  39. 


Nr.  33. 


Ueber  die  Quellen  des  Zonaras. 

(Forts  et  znnsf.) 

Jnseplius  hat  bekanntlirli  den  Inhalt  der  Antiquitäten 
von  XII.  5  an  bis  zu  Ende  früher  schon  in  seinem 
Werke  de  bell.  Jud.  summarisch  als  Einleitung  behan- 
delt, von  Lib.  I.  1 — II.  14-  lih  bemerke  nun  als  durch- 
aus bestimmt,  dass  Zonaras  nicht  etiva  diese  Einleitung, 
gondern  eben  jene  Bücher  der  Antiquitäten  gehörigen 
Ortes  excerpirt  hat;  eine  genaue  l'ergleichung  beweist 
CS.  Erst  mit  dem  folgenden  Abschnitte  legt  er  die  An- 
tiquitäten bei  Seite  und  nimmt  zum  erstenmal  den  jüdi- 
schen  Krieg  zur  Hand. 

Von  p.  291  B — p.  312.  Der  jüdische  Krieg  vom 
zwölften  Jahre  des  Nero  bis  zur  Zerstörung  Jerusalem», 
oebst  einem   Anhange. 

Es  ist  ein  sehr  kurzes,  aber  meist  wörtliches  Excerpt 
aus  Joseph,  de  bell.  Jud.  bis  zu  Ende  des  Werkes ;  Zo- 
naras citirt  diesen  jedoch  nicht.  Dagegen  ertappen  nir 
ihn  wieder,  wie  er  Zeugnisse  aus  Josephus  herüber- 
schmnggelt.  Z.  B.  p.  207  D:  \h'iF.xai  8h  Toui;  ex 
t;;5  7iuL£uJs  öcd  rviv  TriKcSv  exy.o/Jia9£i>Tai;  y.al 
^Kfievrai;  pexoovg  tüjv  diroocuv  yeviod^ai  fivQiadag 
e^ijy.ovra,  rdjv  de  ak\(jjv  üva^evQCTov  elvai  rov 
a.Q>9iiov.  Tov  f^iev  rot  oirov  ro  f^iköiiivov  TtQadT]- 
vcu  TokavTOV.  Woher  diese  Kunde,  erfahren  wir  aus 
Jos.  V.  13,  1  •■  nf.Ta  öa  tovtov  diaÖQctvreq,  Ti'ok- 
koc  TÜJV  £7r / aij fiiov ,  zag  naoaq  tujv  djtöoojv 
vey.Qujv  OTT t^yyekkov ,  ^ivotäöag  k^ijyovxa  dia  nov 
TTvkcoi/  sy.Qt(frjvcu.  twv  de  dkkojv  dvs^evQExov  i-tvai 
TOV  ägidiiov.  —  y.al  tov  uev  alxov  t6  [.leTQOv  Ufta- 
^ijvat  xukdvTov. 

Die  Abweichungen  sind  unbedeutend  und  leicht  er- 
klärlich. Wenn  z.  B.  Zonar.  p.  2^)i  C  sagt:  „Vespasian 
habe  die  Stadt  Jotapata  belagert  tTli  TCOOagdxovxa 
ijjKf^Jo:?",  so  geschieht  diess  nur  der  runden  Zahl  wegen. 
Nach  Jos.  HI.  7,  33  dauerte  ilie  Belagerung  über  47  Tage 
(cf.  III.  8,*9).  —  Wenn  er  ferner  p.  297  D  sagt:  fua 
yuQ  vvy.xi  vkIq  Tgiax'^'ovi  dvaax'o^ijvaf  avvißij , 
Jos.  V.  13,  4  «lagegen  :  f^iia  yovv  dvaayia9i]aav  vi'XXi 
TTQog  diaxi^'org ,  so  steckt  sicher  eine  Flüchtigkeit  oder 
eine   Corruption   dahinter. 

Noch  ist  vom  Anhang  zu  reden.  Nachdem  nämlich 
Zonaras  p.  31 2  C  mit  einem  Kxcerpt  aus  dem  letzten 
Kapitel  des  letzten  Buches  (VII.  H)  die  Geschichte  des 
Krieges  absolvirt,    erwähnt  er  in  einem  Zusätze  von  we- 


nigen Zeilen  des  jüdischen  Aufstandes  unter  Aelius  Adria- 
nus,  mit  der  Bemerkung:  .7io<  ojv  ev  TOi'g  iÖt'o/;  TO- 
TTO/s  iacO(Ji;9lja£xa/ ,  nämlich  in  der  Kaisergeschichte 
Lib.  -XI.  p.  584  D  sq.  Wir  werden  s|)äter  von  den. 
(luellen  dieses  Buches  sprechen;  erst  nacli  der  Ausar- 
beitung desselben  hat  er  wohl  den  hier  in  Rede  stehen- 
den Zusatz  eingeschoben.  —  Eiullich  folgt  p-  312  C.  D 
ein  kurzer  Uebergang  zum  siebenten  Buche.  Er  lautet: 
'Pujftaiujv  de  iivi]o9£ia)]<;  rijs  ioxogiac,  ■,  xul  xovxntg 
xgdiog  dvadeiievi]i  dijxxijrov,  dvayxaiov  navxujc. 
cäteiv  y.ai  didü^ai  i}  avauvijaai  Tovq  cvxevtoiievovi 
xoL'TOi  8t}  TU)  aL>yygdfi[iax/,  xiveg  te  oi'Pvtjiaiou 
y.ui  üdev  toi'tujv  e^vog  oi'veaxijTo  ei;  aQXijq^  xat 
nü9ev  T}}v  xkijaiv  eo^e,  xal  Ttai  Ttokixeiaiq  eXQi]- 
oci.TO,  y.al  oi'a/s  TV^aic,  evexvgae ,  xal  otiojj  tiqov- 
X(>i\i£v  ei'i  evdainov'tag  dxuöxijxa,  ujg  fUitgov  xi'gisv- 
oui  xiji  oi'xoi'iievijg  ÜTidaijg,  xal  to  xgdxog  xaxa 
ndvxiov  axeSuv  dvaSijaua^af,  xal  öniag  ßaa/kev- 
itlv  et;  dfjxfjg,  elg  doiaxoxgaxeiav  ijxoi  Aiy.xaxoqia^ 
xal  'Ynaxeiag  ^exeneae,  xal  eig  /Jr^fioxoaTeiay  av- 
9tg  uexijvexxo,  elra  sig  fiovac/iav  dTca.vth]kv9e. 
'Pijxeov  (A.01  Toivi'v  xal  itegi  xovxujv,  xal  8njyi;reov, 
a)i;  evov ,  enixeftvovTi  xo  ukdxog  Tijg  Siijyijrsevtg,, 
xal  xi]v  j-iaxgijyoQiav  ovaxekkovxi ,  i'v  eiev  evacvoTixa 
XU  Tijg  laxogiag,  xal  ti}v  tüjv  irr/övxwv  ravxa  uvr]- 
fnjv  f.u}  8ia(pei''yoi£v.  Bei  diesen  letzteren  Aeusserungen 
hat  Zonaras  das  räsonnirende  und  rhetorisch- declamatori- 
sche  Element  der  Quellen  im  Sinn,  die  er  zu  excerpiren 
sich  anschickt,  und  welches  er  auch  schon  in  der  Ein- 
leitung getadelt  und  zu  vermeiden  versprochen  hatte. 
Die  Quellen  des    siebenten,    achten    und  neunten  Buche» 

(p.  213—471  fiu.). 
Die  römische  Geschichte  von  Aeneas  bis^  auf  die  Zer- 
störung Carthago's  und  Corintli's. 
Zonaras  nennt  nur  ein  einzigesnial  seine  Quelle  (denu 
der  beiläufig  citirte  Ilerodot  p.  330  D  ist  nicht  zu  rech- 
nen), nämlich  den  Plntarch  p.  459  B.^  S.onst  gebraucht 
er  nur  Ausdrücke,  wie  p.  314  C:  xiveg  8e  (fuai;  pag. 
316  A:  exegog  Se  köyog  ex^L\  p.  320  C:  keyeraii 
p.  321  B:  ol8a  /uiv  olv  xal  exegd  Tiva  .  .  .  siqt]- 
utva.  —  dki:  aixdg  xot  iTi9avu)xeQi!j  edefiijv,  pag. 
322  C:  (faaiv;  p.  324  B;  keyexdt;  p.  327  A:  keyexai 
ydg  xal  dfiCföxiga;  p.  328  B:  Cfaoiv;  p-  148  C:  ke- 
yexai; p.  349  B:"o(irw  ntv  xavxa  nagaSeSoxai^  ye- 
veodai;  keyexai;   p.  355  C:    keyexai;   D:   oi  ixev  — 


259 

cfaoin,  Ol  Si  — ;  p.  360  C:  iox6(jrjTai ;  p.  3ii3  B: 
Ol  LUV  ovruj  (faoiv  —  oi  öt — ;  p.  390  D:  /.lyerat; 
p.  395  B:    u><;  t)  (ft'}iii]  keyet;  p.  410  A:   tjei  ^t  Ao- 

•  Da$s  Zoiiaras  in  ilieseiii  grossen  AlisflinHio  viele  Quol- 
len benutzt,  »ie  Heiiiiaruü  ad  Dion.  praef.  §.  !;{  iiieint, 
daran  ist  ^ar  nirlit  zu  denken;  das  närp  einem  Zonaras 
eine  viel  zu  romplirirtc  Sache  genesen  ,  er  geht  einfach 
und  gerade  und  liberlässt  die  gcknininiten  und  saueren 
Wege  Anderen.  Wenn  er  p.  47 1  C  sagt:  rd  lUV  uiv 
(ilxoi  xoiti  :it:iijayiilna  Pio/uaiuii,  ßißf.iov  ti'Xo)v 
Tiov  näf.ai  ravcu  ioTOQijodfzcuv  aoxuiu>i>  diÖQujV 
ey.tidtv  ii;iili-(fn.  y.LiTiTiiTuiirv ,  xid  nj)  oiy/^ctniiitTi 
TOVTio  iiitil£l'/.i'. ,  so  sehe  ich  niclit  ein,  »aruni  diess, 
^ie  Reiniarus  »ill,  fi'ir  die  Henutzung  vieler  Autoren 
sprechen  soll;  es  passt  vollkonimen,  auch  wenn  Znnaras 
nnr  ztrei  benutzt.  Lud  in  der  That,  die  (juellon ,  aus 
denen  allein  er  den  ganzen  vorliegenden  Absclniilf  ent- 
ooinnien,  sind   nur  znei:   Diu  Cassius   und   Plutarch. 

Namentlich  ist  nicht  an  eine  Benutzung  des  l'id_vbiu8 
und  Appian  zu  denken ;  denn  obgleich  Zonaras  sie  ritirt, 
woraus  eben  Reiinariis  seine  ^'crninthung  schöpfte  ,  gu 
«ind  diess  einerseits,  «ie  wir  an  den  gehörigen  Orten 
nachge»  iesen  oder  nachweisen  «erden,  Scheincitate,  and 
andererseits  nennt  er  dieselben  auch  nicht  einmal  in  un- 
serem Abschnitte,  »odurch  allenfalls  die  Vermnlhung 
hätte  ein  grösseres  Gewicht  bekon\nien  können.  Ueber- 
diess  spricht  noch  ein  allgemeiner  Grund,  <len  wir  unten 
in  Betracht  ziehen  werden,  durchaus  fiih  die  Mchtbe- 
nntznng  des  .Appian.  Wenn  aber  Reiniarus  glaubt,  durch 
die  A\  orte  p.  (j:  ix  nu/j.oiv  fiii-llADV  rct^  IcjTUfjiaq 
sgc'.viOd luvo^  seine  Itleinung  bekr.'lftigen  zu  können,  so 
weiss  ich  vollends  kaum,  «vas  ich  dazu  sagen  soll.  Spricht 
denn  Zonaras  an  dieser  Stelle  nicht  g.inz  klar  und  deut- 
lich von  seinem  gesammten  Werke?  Keineswegs  bloss 
»on  dem  in  Rede  stehendeu  .Abschnitt.  Das  Ttdt.Kuiv 
darf  nicht  aus  seiner  Beziehung  herausgerissen  und  dann 
willkiirliih  gefolgert  werden.  An  jener  Stelle  ist  es 
alleriliiigs  begründet:  denn  im  Ganzen  mag  Znnaras  doch 
ein  Dntzeud  Bücher  gebraucht  haben,  was  einem  Litera- 
ten seines  Gelichters  schon  viel  däiichte;  p.  471  aber, 
wo  er  nur  von  unserem  Abschnitte  redet,  li.it  er  sich 
wohl  gehütet,  einen  solchen  .Ausdruck  zu  behaupten,  und 
sagt  nur  g.inz  unbe>tiinmt  und  vorsichtig:  /jV/y/.r'ji'  ziyviv. 
Um  iliess  aber  sagen  zu  dürfen,  braucht  er,  diess  sieht 
Jeder  ein,  nur  zHei  Werke  benutzt  zu  haben,  zumal  da 
der  .Aiiiilruck  auch  die  einzelnen  Abtheilungen  eines  und 
desselben  AVerkes  bezeichnen  kann.  Ich  darf  es  dreist 
aossprechen,  oline  die  uiierniessliclien  ^'erdiensfe  Rciiiiar's 
schmälern  zu  «ollen,  dass  tlerselbe  diesen  Punkt  sicher 
nicht  mit  vo'der  Einsicht  behandelt  hat;  ja,  ich  tliiie  es 
nothgedrungen ,  damit  der  grosse  Name  des  Behaupten- 
den iiidit  eiii.-r  irrdiümlichen  Behauptung  ^'orschiib  leiste. 
\>ir  H.illen  iHiii  die  Lntersuchung  an  die  beiden  ge- 
nannten   Qucljen,    l)jo    und    Plutarch,   anknüpfen. 

I.  Dio.  Da  diejenigen  seiner  Bnilier,  «eiche  mit 
den  vorliegenden  des  Zonaras  gleichen  Inhalts  waren, 
verloren  sind,  und  der  Letztere  ihn  nicht  ein  einzigmal 
citirt:  s»  könnte  die  Sache  bedenklich  scheinen.  Allein 
ein   indirectes   Verfahren    hilft  aus;    nämlich   dio   >'crglei- 


260 

rhnng  mit  den  hier  und  dort  erhaltenen  Ueberresten  des 
Dio.  Das  Resultat,  welches  wir  vorannehmen,  ist:  Bei 
weitem  ilie  meisten  Kragmente  finden  sich  im  Zonaras 
wörtlich  »ieder  und  gehen  gleichsam  in  ihn  auf.  Es 
mag  genügen,  einige  Beispiele  auszuführen  und  auf  die 
übrigen   zu   verweisen. 

Zon.  VII.  p.  32Ö  B:    Tiß  Se  yap  nkuvraj  x^uifie- 
pog    (seil.  Tarquinius)    dcft/deoTt(jov,    aiveoii    IS  '/.ai 


du)v  ly.Eivov  iniifjornicv  y.ai  riji  ßaot/.ii'ag  ncTti- 
ariVTO.  zz  Dion.  fragm.  ex  Collect.  Const.  Porphyr,  in 
Exrerpt.  Peir^sc.  p.  570,  fr.  '22  ap.  Reim,  ort  TaQyj- 
v((>i  nkuvTo)  y.ai  ovvtaet ,  y.ai  tvxQantkia  nokKrj 
ncvraxoit  y.ara  yiugov  xpc^l'^foc,  uvraj^  tuv  Mdp- 
xtüu  diti)if/.tv,  u)Oi£  xai  ig  zovq  eünaxfiidaq  y.ai 
ig  Tijv  ßovkijv  vn  aviou  y.uTaXax^iivcut  argunjyog 
T£  nukkdyig  änodeix^ijvat ,  xae  jijp  iuiiooneiav 
tÜ)v  naidoiv  avxuv  xal  rrg  ßaaiXtiug  iiiOTSviHjvai. 
—  Zon.  p.  3'i'J  C :  inei  6i  lüg  rvfjavvtjaiuv  nage- 
oytid.oaxo,  Tuvg  dt'faxandrovg  xojv  ßovKevriSv  y.ai 
xiiiv  dif.viv  ai'kkafiljuvojv  ixxivvvev,  oig  fJhv  ahiav 
eiXiv  inevtyxsrv-i  (pavcf/uig  dvuiQuiv,  ovg  öe  kd^ga, 
Eviuvi;  de  ye  y.ai  vneonigiCev  y.  r.  k.  =■  Dio  Exe. 
Peir.  p.  5T3,  fr.  23  ap.  Reim.  OTi  6  Tagy.i'vcog,  STiei 
ixuiüjg  utq  xai  dy.üvxojv  Tugaw/jaotv  nagsoxeva- 
oc'.xo ,  Toig  övvaxiüiaiovq  ngujxuv  jinv  zdiv  ßov- 
kcvTÜjv,  meira  y.ai  tiov  dki  oiv  oi'Akaiißdvujv ,  Tlok- 
Kovg  fiev  (favigojg,  olg  ye  aixiav  xivd  {i'-igeuij 
iiucvsyxeiv  iöoparo,  nokkovg  de  xai  kddga  anex- 
jivvve,  y.airivag  vnegu'}gii^ev  y.x.X.  Dio  selbst  schöpfte 
aus  Livins  I.   49   und   Dioiiysius"  Hai.   IV.  42. 

Damit  jeder  Forscher  sich  überzeuge,  dass  ich  nicht 
aus  einigen  Uebereinstinimiiiigeii  urtheile,  führe  ich  noch 
folgende   Stellen   zur   ^'ergleichung  an  : 

Zon  VII.  p.  332  D— 333  B  =  Dio  Peir.  p.57(i  fr.  24ap.  Reim 
„       „    p.  .34.0  D— 346  A  =:  „      „     p.578fr.27 
„       „    p.  364  B 
„       „    p.  355  B 
„       „    p.  36  J  D 

„  VIII.  p.  367  C 
„  „  p.  368  A 
„  „  p.  368  B. 
„  „  p.  369  A 
„  „  p.  373  C 
„       „    p.  379  B 


C 

fin. 


IX 


38'  B 
380  C 
391  A 
394  B 
40(1  D 
4U2  C. 
403  B 
4U6  B 
415  B. 
421  A. 
421    B 


fr.  28 

Dio    ürsin.  fr.  141 

»     fr.  143 

„       Peir.    fr.  36 

„      Ursiu.    fr.  144 

,,        fr.  145 

fr.  39 

fr.  146 

fr.  147 

fr.  9 

fr.  43 

fr.  148 

fr. 

fr. 


Peir. 

Ursin. 

Vales. 
Peir. 

Ursin. 


D  .     = 


Peir. 
Ursin. 
Vales. 


149 
45 


fr.  151 
fr.   12 


p.  427  B 


=  „   Peir. 


Vale». 


6 
48 
50 
54 

lö 


261 


262 


Zon.  IX. 


p.  428  C 

= 

Dio  Peir,  fr. 

56  ap.  Reim. 

p.  4H0  B.  C.  D 

zzz 

„      fr.  68  sq.   „      „ 

p.  435  B 

= 

Vales,   fr. 

17  „     „ 

p.  435  D 

z=. 

„        fr. 

18  „    -„ 

p.  435  D.  436  A 

1= 

Peir.   fr. 

60  „     „ 

p.  436  B 

■HZ 

„        fr. 

61  „     „ 

p.  43,S  C 

:zr 

„         fr. 

65  „     „ 

p.  439  C.  D 

=: 

,,        fr. 

66  „      „ 

p.  44(i  D 

— 

Ursiii.   fr. 

157  „      „ 

p.  451  A.  B 

— 

Peir.   fr. 

68  „      „ 

p.  452  D 

■=z 

„        fr. 

6't  „      „ 

p.  454  B 

■^z 

„        fr. 

:o  .,    „ 

p.  457.  B 

■ — 

„        fr. 

73  „      „ 

p.  458  D.  459  A 

= 

„        fr, 

74  „     „ 

p.  460  B 

= 

„       fr. 

7()  „      „ 

p.  4HG  C.  D 

r:: 

Ursin.  fr.  Kil  sq.  „      ,, 

p.  464  D 

— 

Peir.    fr. 

77  „      „ 

p.  470  B 

= 

ürsin,    fr. 

lh5  „      „ 

Die  Entdeckungen  neuerer  Zeit  dienen  nur  dazu,  im 
Zon.  immer  mehr  den  Di<>  zu  entln'ilien  und,  «o  bisher 
-nur  Vermuthunf,  wenn  anrh  zuversiclitliciie  ,  statthaben 
konnte,  die  rollkoninienste  (ienissheit  zu  srhalFeii  ;  man 
vergleiche  nur  Mai's  ^ov.  Coli.  II.  p.  139 —  l9'i  mit 
Zon.  p.  324  —  817  C  fin.  Fast  jede  Seite  liefert  schla- 
gende Beweise,  welche  der  gelelirte  Italiener  nicht  un- 
beachtet lässt.  Z.  B,  p.  139  VI  cl.  Zon.  3-'4  C  ;  pag. 
143  sq.  XII  cl.  Zon.  p.  3  11  B.  C;  p.  144  sq.  XIIl  cl. 
Zon.  p."  339  C— 340  C  med.;  p.  146  XIV  cl.  Zon. 
p.  340  C.  .341  D;  p.  147  XV  cl.  Zon.  p.  34J  D;  p.  148 
XVI  cl.  Zon.  p.  .343  C  med.;  p.  -148  sqq.  XVII.  XVIII 
cl.  Zon.  p.  143  C  med.  —  U4  B ;  p.  löO  XVIIII  tl. 
Zon.  p.  344  B;  p.  lö'»  XXVII  e.l.  Zon.  p.  35)  C;  p. 
1()5  XL  cl.  Zon.  p.  31.(1  A;  p.  1()S  XLIIII  cl.  Zon. 
p.  3i.8  B;  p.  17t  sq.  XLVIII  sq.  cl.  Zon.  p.  372  A.C.  D 
und  so  fort.  In  der  .Sammlung  iles  Planudes  und  dem 
florileg.  vatican.-s.  besonders  ebendaselbst  p.  52^,  631,  .533 
cl.  Zon.  p.  300  D  —  ,3(il  B.  So  sehen  wir  die  Intervallen 
in  unserer  obigen  Vergleichung  mit  den  in  den  Ausgaben 
des  Dio  vorhandenen  Fragmenten  sich  nach  und  nach 
füllen. 

Hierzu  kommt  nun  aber  noch:  Wenn  man  den  Zo- 
uaras  in  diesen  Abschnitten  mit  Livius  und  Dionysius  von 
Halikarnass  vergleicht,  so  findet  man  eine  ungemeine  und 
fast  durchgehende  Aehiiliciikeit  in  den  Angaben,  minder 
in  den  AVorten.  Die  Sache  steht  augenscheinlich  so  : 
Dio  wählte  in  den  ersten  Theilen  seiner  Geschichte  jene 
beiden  Historiker  zu  seinen  vornehmsten  Geuährsmän- 
nern  *),  schmolz  aber  deren  Worte  mn  und  setzte  aus 
Beiden  zusammen,  ivic  man  aus  der  zweiten  oben  aus- 
führlich gegebenen  Stelle  ersehen  kann;  Zonaras  andrer- 
seits schrieb  nun  den  Dio  aus;  dalier  kommt  es,  dass  er 
mit  den  Fragmenten  desselben  icörtlich  'ibereinstinimt, 
wo  diese  uns  aber  verlassen,  wenigstens  häufig  mit  den 
thaisächlichen  Angaben  jener  beiden  Autoren.  Auf  diese 
Weise    werden    die    Aehnlichkciteu    mit    ihnen   ein   neuer 


•)  Einen  Bcitras  zu  der  Bewcisliihrung-,  dass  Dio-  den  Dio- 
nysius iieniilzt,  gibt  unler  anderen  neueren  Enlileck linken 
das  Fragment  IV  dos  Dio  in  Be^kcr's  An.-cd.  I,  p.  1.S3,  S 
cl.  Dionya.  V,  34.     S.    Niebuhr    R.  G.   I.  p.  010  n.  l;'l9. 


Beweis,  dass"  Zonaras  bei  weitem  mehr  noch  den  Dio 
benutzte,  als  wir  durch  blosse  Confrontation  darzuthun 
im  Stande  üind.  Ganz  so  «ie  in  jener  zweiten  niitiretheil- 
ten  Stelle  (p.  3?il  B.  C)  zeigt  Zonaras  öfters  eine  Ver- 
schmelzung der  Angalien  des  Livius  und  Dion\sius  und 
wie  jene  sich  als  dem  Dio  angehürig  ergab,  so  werden 
wir  auch  alle  ähnliche  als  sein  Eigenthum  erkennen 
müssen.^  An  ein  Zurückgehen  des  Zonaras  selbst  auf 
jene  beiden  Si  hrif(.sfeiler  ist  <i.ibei  nie  zu  denken.  So 
ist  nun  auch  sicher  das  Citat  des  Ilerodot  über  den  Mi- 
lesischen  Thrasybul  bei  Gelegenheit  der  Verfahrungsweise 
des  Sextus  Tarquinins  gegen  Gabii  (p.  33(|t  D),  aus  Dio 
entlehnt.  Livius  I.  ,')4  macht  jene  Vergleichung  mit  Thra- 
sjbul  gar  nicht,  und  bei  Dionysius  IV.  ,^(i  ist  sie  zwar 
vorhanden,  aber  Ilerodot  nicht  genannt.  Dio,  eben  ana 
Beiden  schöpfend,  setzte  gewiss  auch  die  Quelle  hinzu, 
aus  der  Dionysius  die  jiarallele  Thatsachc  entnahm  ♦). 
Zudem  hat  Zonaras  augenscheinlich  keinen  römischen 
Schriftsteller  benutzt;  einerseits  citirt  er  keinen  einzigen, 
und  dann  führt  uns  auch  liie  Untersuchung  selbst  da 
jederzeit  auf  griechische  Quellen,  wo  er  römische  hätte 
zu  Rafhc  zielien  können  und  müssen,  wofern  er  irgend 
auf  Bedeutung  Anspruch  machen  wollte;  so  in  der  Kai- 
sergeschiclite.  üeberhaupt  lässt  es  sich  mit  Grund  vor- 
aussetzen, dass  er  das  Lateinische  gar  nicht  verstanden. 
Auch  den  Dionysius  citirt  er  nirgends ,  während  er  den 
Dio  sonst  gar  häufig,  nur  nicht  in  diesen  Abschnitten, 
erwähnt.  Ueberdiess  ergibt  sicli  die  IVichtbeniitzung  des 
Er.steren  ans  solchen  Stellen,  wo  derselbe  mit  I>io  gerade 
im  Widerspruch  steht  und  Zonaras  dennoch  des  Letzte- 
ren Angabe  und  Worte  fiat.  Dionysius  sagt  z.  B.  IV.  42 
von  Tarquinius;  ,, Nachdem  er  den  besten  Theil  des 
Senates  durch  Hinrichtung  oder  ewiges  Exil  bei  Seite 
geschafft,  schuf  er  seiist  einen  anderen  Senat  und  setzte 
seine  Freunde  in  die  H'ürde  der  Ausgetretenen  ein.'-" 
Dio  dagegen,  die  Angabe  des  Livius  I.  49:  Patrum  prae- 
cipue  nunieru  imminuto,  statuit  nullos  in  Patres  legere 
vorziehend,  sagt  (fr.  23,  2):  XöX  tovtov  to  y.()driOTOv 
TJ'jq,  ßuu'kfjq,  xai  Tijq^  tnndSog  änavü},uioev  oüd 
dvTiy.adioxT]  to  Ttaoänav  eg  avTovi  dvTi  tÜjv  äuoK- 


vfuvaii'  ovdiva.  /uoBio9ai  ts  ydo  vito  TravTog  rov 
ijfiov  iniazEVE,  y.ai  zd  zekij  h.eiva  dodevlazara 
iv.  zi^i  6kiyuvS()(unlai;  notijaui  LTiedif-iei.  xai  zijv  ye 
yEonvaiav  xae  xazaXvaat  TiavzeXojg  i:i£isi()rjGev. 
Wer  erkennt  nun  nicht  ein  Excerpt  aus  dem  Dio  in  den 
AVorten  des  Zonaras  p.  32-  D:  y.ai  oi'zuj  zo  yodziazop 
T)jg  ßoL'/Sji  y.ai  zijg  iTiTidöoq  dvdXtjjne,  fuoeiadai  zt 
vTio  nuvzoq  zov  ö/jfiov  iniazeve.  zJiu  ovdt  dvzty.a- 
itiazij  TO  TtaQUTio.v  dvzi  zuiv  ditokhvfitpuiv  zivdq, 
dkXd  y.ai  zi]v  yc^ovaiav  xazaXvaai  iia.vzekü)<;  iiti- 
X£iQi]aa<;,  ovcp.  dvzstatjytv  f?  aijz>}v  ovdeva  jc.  r.  ^.? 
II.  Plutarch  —  als  zweite  Quelle  des  siebenten , 
achten  und  neunten  Buches.  Zonaras  citirt  ihn  einmal, 
IX  p.  459  B:    6  i)£  ntMvzuQXoi  dx9i]vai   Kiyti    zöv 

Ilsgoea   TiQoi;    zov   Aiidktov ,.  ndvirj   d.zi- 

libTazOV.        Dass    dioss     Zeugniss     direct     aus     Plutarch 
(Aemil.  c.   26  ed.  Reiske  T.  II)  entlehnt  ist,  wird  durch 


*)   D.iss    Hie    röiniscbe    Anekdole    ans    der    giiecbiscbcn   ent- 
sprang, ist  längst  crkanni,   s.   ^leb^lhr  I,  p.  290  ed.  3. 


26; 


264 


«lie  Wortiibereinstinimanj  lie« lesen:  wäre  es  aus  Dio 
gestohlen,  so  »iiirde  <lio  Oirtioii  viel  freier  sein.  Ge- 
liraucht  hat  derselbe  siilier  den  Pliitarch,  allein  eben 
ein  furax  und  plagiarins  »lar  eriiirhf,  und  die  Pliitarchi- 
schea  Lappen  veruerfe  ich  jiiit  Kciniar  (ail  Diüu.  pracf. 
§.    12—14)  als  ein   FlirliHerk  der  librarii. 

Aber  tcie  gebraucht  Zonaras  den  Plutarch  ?  —  Seine 
Grundlage  ist  olTenbar  Dio;  nach  ihm  bearbeitet  er  den 
Zug  der  Ereignisse;  sowie  er  aber  zu  der  Wirksamkeit 
einer  berühmten  Individualität  gelangt,  deren  Lebensbe- 
schreibung im  Plutarch  enthalten  ist,  so  benutzt  er  die- 
selbe, wofern  sie  sich  in  seinen  Händen  befiiulet ,  um 
die  Dionischen  Umrisse  zu  fiillen.  Auf  dieselbe  lienier- 
knng  ward  ^'alesius  geführt  (ad  Exe.  Pcir.  p.  Ö7'S  ed. 
Reim.  fr.  'J8) :  Solef  Zonaras,  ubi  in  alii^nam  liistoriam 
incurrit,  quae  a  Plutarcho  rcfertur,  relicto  Dione,  Plu- 
tarch! scrinia  compilare.  Plutarch  dient  ihm  gleichsam 
zur  Ausstopfung. 

Nähere  Beleuchtung. 

Gleich  den  Romulus  linde  ich  stark  beniitit:  denn 
dass  an  keine  mittelbare  Entlehnung  aus  Dio  zu  denken 
ist,  versteht  sicih  von  selbst,  da  sieh  nirgends  in  den 
Ueberblcibseln  seines  Werkes  der  Charakter  einer  so  jäm- 
merlichen Abschreiberei  kund  gibt.  Gleich  die  Erzäh- 
lung des  Zonaras  p.   3(4  A.   B.  C:    Tuu  '.iiioi'kioi'  roi- 

vvv    ibia (fvKai covxa  lautet  bei  Plutarch. 

Rom.   c.   3'  4  fast  ganz    ebenso:    ' Anovkiov    öi:    vcluav- 

TOJ Cfv'La.TTOVTa.       Dionysius    H.    L    '7ö  sqq. 

erzählt  die  .Sache  zum  Theil  anders,  mit  anderen  AVor- 
ten  und  bei  «eitern  detaillirter.  —  Fälirt  man  nun  von 
dem  angegebenen  Punkte  mit  der  Vergleichuiig  fort,  so 
stiiäst  man  «ehr  häufig  auf  Plutarrhisches  Eigenthum, 
wobei  der  Pomp  der  Ausdrücke:  tOTOooiOl ,  ffC.ai  u.  s.  w. 
wieder  in  ^Nichts  zerfallt.  Die  Benutzung  des  Rumulns 
zieht  sich  durch  von  p.  314  b's  p.  320  D.  Ich  mache 
nur  noch  auf  einige  Ueberciustimmungen  aufmerksam: 
Zon.  p.  314  D:  ytvoiiiviji  —  uoi{jav  =  Plut.  Rom.  7. 
„     p.  315  B:    6  ö'e  0aLaTuv}.og  —  negiy.afvTrcuv 

=  Plut.  Rom.  8. 
5»    p-  316  C:  y.Tiodeioiji  —  u'jvouaaev 

=  Plut.  Rom   13. 
11    p.  316  D:  k/.axbv  —  7t^oai]yÖQtvov 

=  Plut.  Rom.   13. 
M     p.  320  A:  Ol  ulv  011/  TTo'f.koi  —  iiteoyJ.iT: iv 

=  Plut.   Rom.   21  sq. 
(Z  :  i:t7tioiv.    Fl. :  7raTor/.iv>v) 
«     P-  320  C:   TuvTijv   de  rtjv    enojvniiäjv   (fccol   — 

KvQivov =  Plut.  Rom.  29. 

„     ibid.     Kiyerai  —  dffuviodijvat 

=  Plut.   Rom.   20  cxtr. 

Den  Numa  benutzt  er  von  p.  3J0  —  p.  323  B.  s.  z.  B. 

Zon.    p.    320^  D :     ßaaihevio^ai    —     aioc&^vai    top 

a.<)/iovxa =  Plut.  Num.  2. 

1»     P-  321  A:    (lEXEoinov  —   yivuucvov 

=  Plut.  Kum.  2  fin. 
(Dionysias  11.  57  erzählt  die  .Sache  anders,  und 
wieder    anders    Livius    I.    17.      Beider    Angaben 


nahm  sicher  Dio  auf,  den  Zonaras,  wenn  gleich 
dem  Plutarch  nachstellend,  doch  fortwährend  zur 
Hand  hatte;  desshalb  fügt  er,  nachdem  er  auch 
liier  einzig  und  allein  den  Plutarch  ausgeschrie- 
ben, die  Worte  hinzu:  oiSa  fUV  ovv  y.ui  }  x £ Q  ä 
riva  TCEol  rijs  xoiavxiji  c/oij/iiva  ccqxvS^ 
äkk'  ai'Tui  xüj  71  ti}  av  (ox  i  (>  ut  iSe/njv.  — 
Man  hüte  sich  übrigens,  der  lateinischen  Ueber- 
setzung  'von  Hieronvinus  Wolf,  welche  auch  Dtt 
Gange  neben  den  Text  gesetzt,  zu  trauen.  Ganze 
Sätze  des  Zonaras  sind  ausgelassen  und  andere 
dagegen  aus  dem  Lirius  eingeschoben ,  —  ein 
entschieden  tadelnswerthes  Verfahren,  wie  apo- 
diktisch auch  Wolf  es  vertlicidigt :  Qu! ,  sagt  er 
in  der  Praef. ,  interpretem  hujusmodi  salebras 
sine  ullo  sententiae  detrimento  vitantcm,  vel  ne- 
gligentiac,  vel  malae  fidei  accusant :  suam  vel 
inscitiam  et  judicii  inopiam ,  vel  morbum  animi 
et  nulla  de  causa  maledicendi  libidineni  produnt). 
Zon.  p.  32-'  ü :  ifjyexac  —  äoid^tüv  =  Plut.  Num.  18. 
(Diese  Stelle  hat  eine  besondere  Wichtigkeit,  in- 
sofern sie  Dinge  enthält,  die  nicht  zur  Sache 
gehören  und  deren  Zusammenstellung  subjectir 
ist,  dennoch  aber,  Geringfügigkeiten  abgerech- 
net, wörtliche  Uebereinstimmung  bietet). 
Zon.  p.  323  B:  &vyaxt()a  —  ÜTio^tutcuvüf^iavoi 

=  Plut.  Num.  21  fin. 
Von  Tullus  Hostilius  bis  auf  Publicola"  verlässt  ihn 
Plutarch;  desshalb  folgt  er  von  p.  323  B  —  p.  336  B 
dem  Dio.  Wir  haben  die  Uebereinstimmung  dieses  Ab- 
schnittes mit  den  Fragmenten  des  Letzteren  oben  darge- 
than.  Nur  Einiges  scheint  im  Voraus  aus  dem  Plutarch  . 
herübcrgenommen  oder  später  nachgetragen  z.  B.  p.  325 
D   cl.   Plut.   Public.    17. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Rom.  In  Tosc.indla  h.it  man  eine  grosse  Grabkainmer 
mit  20  bis  30  Sarkophagen  sorgfältiger  Arbeit  aufgefunden  ;  auf 
einem  ilersclbcn  soll  der  Untergang  der  Niobitlcn  dargestellt 
sein.  In  Ccrveteri  sind  GoUsachen ,  nnler  Anderem  schöne 
Halsbinden,  /.nm  Vorscbein  gekommen,  uml  vor  den  Mauern 
von  Rom,  zwischen  Porta  San  Lorcnzo  und  Porta  Pia,  hat  der 
spanische  Bankier,  Graf  Lozzano,  in  der  Vigna  Argoli  eine 
unvcrseliric  Grabkanimcr  mit  drei  Sarkophagen  aufgefunden , 
von  denen  der  eine  die  Orcstcide  ,  der  andere  den  Untergang 
der  Niobiden  und  rin  dritter  mehrere  ornamentale  Gegenstande 
daislrlll.  Die  beiilcn  ersterwähnten  Sarkophign  liefern  reich- 
halligc  überraschende  Details  und  ziehen  die  Aufmerksamkeit 
der  Kunstfreunde  und  Allerthnnisforsclier  besonders  auf  sich. 

Leipzig.  Als  ein  für  deutsche  Literatur  und  Wissen- 
schaft sehr  zeitgomasses  Unternehmen  erwähnen  wir  der  Pracht- 
ausgabe von  Cicero's  s  ininitlichcn  Werken  in  dcntscben  Ucber- 
tragnngen,  unter  Mitwirknng  von  Strombeck,  Jakobs, 
Droysen,  Znnipl,  \Ve  sie  r  nia  p  n  u.  A. ,  herausgegeben  von 
D.  Rcinliold  Klol,z,  worüber  der  Verleger,  Carl  Focke,  di« 
Subscriptionsanzcigc  erlassen  hat. 


Zeitschrift 

f  ii  r    die 

Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Mittwoch,  20.  3Iärz 


18  39. 


Nr.  34. 


1' 

Kch 


I 


IJctjer  die  Ouollen  des  Zonaras. 

(För  <s  et  zu  njj.) 

Von  p.  3:^6  C   —   p.  .i.37  C   bildet    der   Puölicola   die 
(rrniiHlaffe ;  vergl.   p.^SiüC:    OVCO^  oi'V  f^iovoq  —  ü(fifjy.S 
ciji  dljfif/)  mit  Pliit.  Public^,  U\ 
p.  337  A:  -^   hnavTOV  mit  Plut.  Public.   12. 
„      „     B:  ))v  8'  iv  ^ußivoi<;  —  /.axiKuCiv   mit  Plut. 
Public.  2!. 
(Hier    eine    Probe    von    der   Kunst    des  Zonaras! 
PliitarcU   sagt:     ocoficuog    pf-'V'?/    S7i  icpuvi)  'i, 
koyoo    8eti>(jTljTl    TVqujtsvojv;    Zonaras    lässt 
nur   die   beiden  Epitheta   ilire   Platze   wechseln), 
ji.  337  t' :    yai  tov  äij^iuv  —  i(fi    ökov   ivuwiüv   mit 
PI.  Pub!,  y  j. 
Von   Publifola's  Tode   bis  auf  Camillus   (p.  337   D   — 
3Ö2   A)   ist  nur    Die    die    Quelle;    denn  auch   der  Ab- 
<t    p.   342   C    —    p.   344  B ,    der    des    Coriolan    C(e- 
srliichte    enthält,    zeijft    nicht    nur   keine   Wortähiilirhkeit 
mit   Plutarchs    Coriolanus,    sondern    sogfar    in    der    Sache 
selbst     viele    iModilicatiunen     und    Abweichungen.        Viel- 
leicht   fehlte    in    dem    unvollständigen    Manuscripte,     das 
Zunuras  vor  sich    hatte,    auch  diese   vita,    so   dass   er  auf 
Dio   sich   beschränken   musste.       Hierher  gehörige   Ucber- 
einstimmungcn     siehe    oben.       Nur    ein    Beispiel    von   Ge- 
dankenlosigkeit!  Während   er  p.   337  A   den  Marcus    Va- 
lerius   einen  Bruder  iles  Publicola  genannt  nach  Plutarch, 
nennt    er    ihn   jetzt  p.   339   A    nach    Dio    einen    Gentilen 
desselben.      Mit    Recht    klagt    ihn    hierüber    iXiebuhr    an 
(T.    1.   p.   599.   n.    1197  ed.   3).      Wenn  Zonaras    mit    der 
nvyytvtia   eine   falsche  Vorstellung  verknüpfte,  so  mochte 
nach  seinem   Sinne    zwar    der  Widerspruch  nicht  vorhan- 
den  sein;  allein   dann   ist  es   Unwissenheit. 

Von  der  ersten  Dictatur  des  C'amillus  bis  auf  dessen 
Tod  (p.  3ä2  A  — p.  360  C)  zieht  er  beide  Autoren  Heis- 
sig  zu  Rathe.  J>lit  dem  Dio  verglichen  wir  ihn  schon; 
die  Benutzung  von  Plutarch's  Camillus  bezeugen  unter 
anderen  folgende   Stellen: 

p.  3.52  ß:  äkoi'aiji;  8e  r;J?  Ttökewi  —  TeXevTiJaat  := 
PInt.  Camill.   5  fin. 
(Dahingestellt  lasse  ich,  ob  die  gleich  hierauf  fol- 
gende Abschweifung  über  den  römischen  Triumph, 
bis  p.  354  A,  ans  Dio   geflossen ,  oder  ein  selbst- 
ständiger Zusatz  sei), 
p.  354  A:  ö  Ti^og  0akioxov(;  —  ävexujpioev  z^  V\ui. 
1.  0.  9.  10.  '      ' 


Diese  Stelle  gibt  ein  interessantes  Beispiel,  wie  Zo- 
naras die  Angaben  beider  (Jui-Uen  änsserlich  mit  einan- 
der verwebt.  Leider  ist  das  Fragment  des  Dio  (L'8  ap. 
Reim.)  nicht  ausgedehnt  genug,  um  das  Ganze  zu  über- 
sehen und  den  Zonaras  bis  in  dii-  geringsten  Einzelhei- 
ten zu  controiiren:  indessen  gibt  die  Vergleichnng  mit 
dem  VoTliandeiien  einen  partiellen  Beleg  für  die  Behaup- 
tung, dass  Alles,  was  in  den  hier  besprochenen  Ab- 
schnitten nicht  ans  Plutarch  ist,  dem  Dio  angehöre. 
Zergliedern  wir  die  Stelle:  'O  TTQog  (DoXia/.ovq  Uot.e- 
jHo;  (Worte  des  Plutarch)  jjvüyxai^e  xi^^iaoxov  '/'/;- 
(fiad^ijvat  aVTüV  (aus  Plut.  zusammengezogen,  oder  au» 
Dio)  y.al  aviovq  jilv  iviv.ijoav  ftaxeodutvot  (muth- 
niasslich  aus  dem  nicht  vorliandenen  Theil  der  Erzählung 
bei  Dio).  IloXiopy.ovvT£<;  de  nökiv  avrujv  ^ovfxvijv, 
0ak£oioi>g  uJvoiiarjf.tevi]v  (aus  Plut.),  ov8ev  iji'vov 
(vielleicht  Worte  des  Dio  oder  auch  eigenes  durch  die 
Saihe  selbst  bedingtes  Einschiebsel).  OvTUj  yo.Q  Tljz 
TiokioQy.ics  Ol  r;/5  iiüksuji;  -/.aTE(f'QÜvovv  (aus  Plut.), 
oj;  y.cu  Tovi  naidaq  a'rujv  na.ou  tu  Teiyj]  imQiTa- 
T)j(jovTai  ueta  Tov  diöao/.äkov  y.ai  "/L'f-ivaoousi'ov^ 
(füiTclv  (aus  Plut.).  Kdv  ÜTiEaTranv  ri/g  itolioQ/.iaii 
(sicher  nach  Diu,  selbst  wenn  die  Worte  des  Fragmen- 
tes: TCU'TT]  n(joo/.uih'jnEvoi.  öieiQißijaav  echt  und 
nicht  vielmehr  als  Uebergangsworte  des  Excerpators  zu 
betrachten  sind),  £1  /-iijri  avußithp.Ev  (aus  Dio).  Ov- 
Toi  juo  6  öiSuOy.cikoi;  ini  iovkei'ojv  roiq  Ttokna/q 
(aus  Plut.),  }'j  d/'ögyijv  Ttva  i'j  xipSovg  sknidi  (wört- 
lich aus  Dio),  j'jfxeoag  £yuaT>j<;  etTjys  tovi;  iiaiöai^ 
£711  t6  TElxoq,  iyyvi;  ro  itouiiov,  xat  EiiJjyEv  ai9/<; 
aiiTOvq  yvf.ivaaaߣVOvg  £i'9-ri  (wörtlich  aus  Plutarch). 
T£kog  de  £ii  Toog  UQüCpikayog  tujv  Pvjuaiaiv  £ve- 
ßak£v  aTcavTag,  y.ai  äy£iv  exekEvos  TTgog  to"  ,  "Z 
liikkov  (wörtlich  ,aus  Plut.).  Kai  TTapciOTUj  aVTO» 
(nach  Plut.)  nddav  £i7I£  naoadidpvai  rfjv  nokiv  dm 
TUJV  nuidtüv  (wörtlich  aus  Dio).  '£y£ivoq  de  Ö£lvov 
To  £Qyov  7)yijadft£i/og  (aus  Plut.)  y.ai  doSTTJ  cpijoag 
iöia  lov  f^ieyav  OTQUTijyuv ,  atX  ovx  dkkoToia  ya- 
yiä  QaQÖouvra  XQijviu  OT(iUTEv£iv  (aus  Plut.),  7rpo£- 
ixa^a  yv^vaj&ijuctt  /iih  rov  SiSday.akov,  y.ai  8£0inJ- 
oai  rag  yf/'p«S  uui^sv  (ans  Plut.  und  Dio),  TOii  Se 
xaiai  Qdßöoi'i  SoPvat  yai  fidarr/ag,  ivu  xavraiQ, 
TOV  TTQodÖTt^v  dijauvreq  yai  TUTtTOvreq,  £/g  Tt]v  no- 
kiv ikavvojot  (aus  Plut.).  Tujv  Se  TTokixuiv  di^xi 
yvovTojv  xijv  ngoöooiav,  ÖQOf^og  i]v  eni  t«  xei'/i^ , 
y.ai  &Qi]voc,  dvÖQVJv   te    yai  yvvar/.ujv  (ans  Plutarch). 


267 


368 


OiTci  Se  Stav.snuvüiv  avTiov  (cipfoiip  WpikIiiiii;,  d.-i- 
iliirdi  bediiiff,  ilass  er  vorher  ciii  tciiipiLs  ruiitiiin  anstatt 
lies  Pliilarrliisrlicu  Gciiif.  alis()I.  gesetzt)  n  onil'^yuv  Ol 
7luiÖ£i  yiiiiov  TOP  diSüo/.a)  ov  (aus  l'lut.) ,  u7l6Q 
idoi'TfS  ol  (JialJoy.oi ,  v.ai  nudoiTti;  u:ivis  iytvcTO, 
^sgoiTcg  Srtfror^  iUekovrai  tv)  I\ctiitiX}jj)  nuoeöo- 
aav  (exr.  ans  Plut.  und  Dio),  r)^v  i^ttuv  dyani~oat 
n'Qu  Tiji  i/ci  i^Eoiii^  <)iä  jijv  rir/.uiuoii  rv  uiTor  ki- 
yoiTf,"  (aus  Pliit. ,  die  Bezieliiing  der  Rede  vielleicht 
nirht  ohne  Riirksiclit  auf  üio  inodificircnd).  Ä^rji^uaia 
Ol  V  /.U:jv)i> ,  y.ai  oicioäiicvoi,  dvSX'^joroiv  (ans  Flut., 
für  OTlEtac'.itCio;  liat  dieser  (f/'/Jup  ihluivo^).  —  An 
anderen  Orten  sind  i'ibrigcns  die  Angaben  und  AVorto 
beider  Quellen  so  in  einander  gearbeitet,  dass  man  sie 
nicht  mehr  gehörig  zu  scheiilen  vermag.  —  AVcitcr: 
Zun.  !>.  355  A:  ol  öt  Eioui'iiaioi  Fakdrcu  —  dia- 
0100)01  =  Plut.  1.  c.  15.^ 
„  p.  oö.j  B:  y.ai  TTpog —  ei:ediSovTo  ist  «icdcr 
aus  Plut.  1.  c.  17  lind  aus  Dio  fr.  141  ziisani- 
niengesetxt,  doch  nimmt,  wie  oben,  jener  den 
ersten  Hang  ein. 
Vom  Tode  des  Caniillus  bis  auf  die  Eroberung  Co- 
rinth's  und  Carthago's  oder  bis  zum  Ende  des  nennten 
Buches  (p.  360  C  —  p.  471  C)  erscheint  Dio  als  die  aus- 
schliessliche Quelle;  denn  meine  Muthmassung,  Zonaras 
werde  über  den  Tarentinischen  Krieg  (p.  36815  —  378  D) 
den  Pi/rrhus  des  Plutarch,  über  «len  zweiten  Punischcn 
( p.  405  C  —  p.  443  D )  dessen  Ftibius  Mnximus  und 
yiarcellus ,  über  den  Rlacedonischen ,  über  Cato  und  Na- 
bi^  (p.  443  D  —  p.  44')  B),  dessen  Flnmininus  und  Cato 
major.,  endlich  über  den  Krieg  mit  Perseus  (p.  455  D 
—  p-  460  B) ,  dessen  I'aului  Aemilius  zu  Grunde  gelegt 
}iaben,  fand  ich  bei  der  %'ergleicliung  nicht  bestätigt. 
Es  ist  dasselbe  l'erh.'iltiiiss ,  wie  beim  Coriolan  ;  die  gc- 
wühnlichc  A>'or(ahnlichkeit  fehlt,  und  nicht  nur  der 
ganze  Guss,  sondern  auch  thoils  die  vielen  Abivcichnn- 
gen  und  selbst  Gegensätzlichkeiten  in  der  Erzahlungs- 
weise,  thells  die  Verschiedenheiten  in  der  .Anordnung 
der  Thatsachen  bezeugen  einen  anderen  Ursprung.  Unter 
die  .Abweichungen  gehört  auch  in  Bezug  auf  den  Fabius 
3Iii.rinius ,  dass  Ziinaras  den  magister  ecjuituni  durchweg 
nur  Ruins  benennt,  nach  Dio's  Vorgange,  währeinl  um- 
gekehrt Plutarch  durchweg  ^linutius  sagt  ;  in  Bezug  auf 
den  Miircellits  sehe  man  z.  B.  die  Abweichung  p.  4'>.')  D 
t-I.  Plut.  I.  <-.  t>).  Dass  der  Paiiliia  Aemilius  des  Plu- 
tarch durchgängig  benutzt  sei,  li;ilte  wohl  einen  .Schein 
für  sich  ;  denn  Ztinaras  citirt  ihn  gerade  in  dem  betref- 
fenden Abschnitte,  wie  wir  oben  i;ahen ,  und  tlieilt  des- 
sen AVorte  mit  (p.  4ö9  B  d.  Plut.  I.  c.  'J6).  Allein  bei 
einem  Autor  wie  Zonaras,  der  factisch  und  grunds.'ifzlich 
seine  Quellen  wörtlich  ausschreibt,  ist  Nichtübereinstim- 
mung der  Wr>rte  schon  ein  hinb'inglicher  Beweis  der 
Nichtbenutzung;  und  nun  macht  eben  hiervon  die  ann-e- 
zngene  Stelle  die  einzige  Ausnahme.  Dagegen  zeugen 
Inr  den  Dionischen  Ursprung  aller  sonstigen  Theile  die- 
ses grossen  Abschnitte«  die  nachgewiesenen  vielen  und 
anffallendcn  l  f.bereinstimmungen  mit  dessen  Fragmenten. 
Es  könnte  daher  Belb,t  der  Verdacht  entstehen,  jenes 
Citat  sei  ans  Dio  enllehnt ,  was  an  unil  für  sich  um  so 
weniger    uuHahrsckciultch    wäre,    als    Dio    den    von  ihm 


vielfach  benutzten  Plutarch  mehr  als  einmal  namentlich 
anzog,  wie  wir  diess  aus  den  unzweifelhaft  echten  Frag- 
menten 38  und  133  ersehen.  Doch  ist  einerseits  dio 
Ucbercinstimmung  mit  Plutarch  zu  genau  und  verräth 
eben  mehr  die  strenge  Manier  des  Zonaras,  als  die  freiere 
Behandlungsweise  des  Dio,  der,  wie  jene  Fragmente  dar» 
thun ,  selbst  da,  wo  die  Nennung  des  Namens  ihm  ein 
Recht  zur  AVörtlicIikeit  gibt,  seine  Quelle  nur  matt  durch 
die  umgewandelte  Diction  hindurc  hschimuiern  lässt  (cf. 
Reim,  praef.  JJ.  13);  überdiess  aber,  sind  gleich  ilie  dem 
Citate  zunächst  vorangehenden  und  folgenden  Stellen 
sicher  aus  dem  Dio  gezogen  ,  so  scheint  doch  das  hier- 
hergehörige, von  fllai  entdeckte  Fragment  Nov.  Coli.  II. 
p.  .546  zu  beweisen,  dass  im  Dio  selbst  jenes  umfang- 
reiche Citat  nicht  vorhanden  gewesen  sei.  Steht  also 
auch  im  Uehrigen  die  Nichtbenutzung  des  Plutarchischeu 
AemHius  fest,  so  werden  wir  doch  wohl  glauben  müssen, 
dass  Zonaras  ihn  um  dieser  vereinzelten  Stelle  willen 
durchmustert  habe.  Immer  aber  bleibt  es  seltsam,  dass 
wir  gerade  da,  wo  er  ihn  namhaft  macht,  erst  einen 
l^erdacht  gegen  die  ilirectc  Benutzung  zu  überwinden 
gcnöthigt  sind,  und  dass  dagegen  dieselbe  gerade  da  klar 
am  Tage  liegt,   wo   er  ihn   nicht  citirt. 

Während  also  in  dem  vorhergehenden  Abschnitte  über 
Camillus  der  Text  von  Plutarchischeii  Phrasen  wimmelt, 
ist  Alles,  was  man,  jenen  Punkt  abgerechnet ,  in  diesem 
grösseren  wahrnehmen  dürfte,  ein  äusserst  spärlicher  und 
schwacher  Schimmer  Plutarchischer  Ueberliefcrnng,  den 
man  eben  als  solchen  auf  Dio  zurückzuführen  nach  ilcni 
Gesagten  nicht  anstehen  wird.  So  haben  wir  denn  wie- 
derum hier  einen  Beweis  von  des  Zonaras  Bücherniangel 
oder  von  seiner  Lässigkeit,  und  dürfen  überzeugt  sein, 
dass  auch  der  verlorene  Scipio  des  Plutarch  nicht  in 
seinen  Händen  oder  wenigstens  nicht  unter  seinen  Quel- 
len war.  Zugleich  aber  gewinnt  nun  die  ganze  Darstel- 
lung dieses  Zeitraumes  von  CamiU's  Tode  bis  auf  Car- 
thago's Fall  eine  grosse  Bedeutung  und  Autorität  als  Er- 
satz für  die  verlorenen  Bücher  des  Dio,  —  ein  sowohl 
wörtliches,  als  umfangreiches  Excerpt,  111  Foliospalten 
füllend.  Doch  wollen  wir  damit  den  Falconeu  nicht  das 
Wort  reden  ;  denn  ein  Auszug  aus  einem  Autor  ist  immer 
noch  nicht  der  Autor  selbst.  Unser  Resultat  aber  ist 
um  so  folgenreicher,  je  mehr  wir  in  neuester  Zeit  über 
Dio's  (hicllen  aufgeklart  worden  (s.  Wilmans  de  fontib. 
et  auctor.  Dionis  Cassii.  Berol.  1S3(>),  über  die  auch 
ich  anderwärts   Einiges   beibringen   werde. 

Der  Schluss  des  neunten  Buches  (p.  471  C.  D)  ent- 
hält die  Fortsetzung  der  in  der  Einleitung  begonnenen 
Elegie.  Zonaras  klagt ,  dass  er  die  Zeiten  von  der  Zer- 
störung Corinth's  bis  auf  die  Kaisergeschichtc  nicht  er- 
zählen könne.  „Aber  beschuldige  mich  Niemand,  sagt 
er,  desshalb  der  Geringschätzung  oder  des  Leichtsinns 
oder  des  Ueberdrusses ;  denn  nicht  freiwillig  lasse  ich 
das  Werk  halbvollendet,  sondern  aus  Mangel  an  Büchern, 
die  jene  Zeiten  umfassen.  Ungeachtet  meiner  Forschun- 
gen und  Erkundigungen  konnte  ich  sie  nicht  aushndig 
machen,  sei  es,  dass  die  Zeit  sie  zerstörte,  oder  das» 
diejenigen,  welche  ich  mit  der  Nachsuchung  beauftragte, 
da  ich  selbst  v:cS(j(')rjlüq  und  fern  von  der  Hauptstadt  auf 
einer  kleineu  Insel    lebe,    sich    nicht    gehörig  darum  bc- 


26y 


270 


mühten  a.  s.  iv, "  Er  Tccmlet  sich  iinii  zur  Raiserge- 
schiclifc  mit  dem  Versprochen:  f^ir/.od  Tiva  TlooÖlfjyi;- 
oa(jt}('./.  Wir  seilen  als»,  dassZoiiaras  nicht  einmal  s.'imnit- 
liclie  Volumina  des  Dio  in  H.'indeii  liatfe,  worans  Rcimar 
folgert:  euin  (seil.  Uioncm),  iit  alibi  ,  ita  iu  his  tempo- 
ril)iis,  qnae  a  Lcllo  Piinico  ter<io  ad  Ponipejnm  pertiii- 
^unt,  jani  olim  hiatiis  ingentes  habtiisse  (pruef.  ad  Dion. 
§.  14.  ef.  Du  Canjje  ad  Zou.  p.  9),  —  noch  die  auf  die 
ausgelassene  Zeit  bezüglichen  Platarchisclien  Biojjraphiecn 
der  Gracchen ,  des  ftlarius,  Sulla,  Sertorius,  Lncullus, 
Crassus;  woraus  zugleich  ersichtlich  ist,  dass  er  die  vita 
des  Pyrrhus,  als  welche  mit  der  des  JVIarius  eine  Paral- 
lele bildete,  nicht  benutzen  konnte.  Wiiiie  nun  aber  Zo- 
oaras  bei  dem  rorbesprocheuen  Abschnitte  in  der  That 
mehr  Quellen  (jehabt,  als  den  Dio  und  Plufarch,  «ie 
lleimar  p.  XXI  tv.'ihnt,  etwa  den  Appian  und  Aehnlichc, 
so  wäre  es  doch  wahrhaft  seltsam,  wenn  sie  insgesammt 
liier  dieselbe  Lücke  gehabt  h<itten.  Von  Polvbius  und 
Dionysins  kann  diess  Argnment  freilich  nicht  gelten,  da 
ihre  Werke  überhaupt  nicht  über  dcii  dort  behandelten 
Zeitraum  hinausreichten. 

Die  Quellen  des  zehnten  Buches    (p.  472  —  545  C). 

Von    der    Ausbildung    des    Priucipafes    bis    auf   den    Tod 

des  Augustus. 

Die    Einleitung    eröffnet     ein     durchaus     wortgetreues 

Excerpt  (p.   472  —  491   D)    aus    dem  Pompejus   und   dem 

Caesar  desPlutarcL,  ohne  dass  die  Quelle  genannt  wird. 

Zur  Uebersicht. 
p.  472  A:    vioq  81  — i^.   480   A:    9Qiäußotc, 

aas  Plut.  Pomp.  1—46 
p.  4S0  A:  IiToSeiag  —  &dkaaaav  „    „        „    50 
p.  480  B :  xai   u)V);to  —  /.araßi- 

ßhjro  ^     .     .     .    .    .  ^„    „    ^   „    46 
(Znsatz:  tva  de  ^iij  Seg  tu  avtb.  ioTog^jrat,  ev  ToTg 
TTSQe  Kaiaagog  r«  Xoinu  roii  Iloixnr/iov   eigiioerai, 
TTJ  iKQi  äy.eivov  ovvei.titi7rTOVTa  ioTogia). 
p.  480  C:   ois   Tai'rijq^  inißij  —  i^.  485  D:    eSiur/.e  dl- 

Tuv   nofnri'fiov  aus  Plut  Caes.    12  —  48. 
p.  486  A:  6    öe   Tilo/oD  — p.  487  D:    oi'tuj  idv  iy.ii- 
devdlj    ÜOflTT.   aus  Plut.  Pomp.   73  —  80  med. 
p.  487  D:  oi>   7roXh,!j  —  idO  A:    KaiacQ    eqn]   xakst- 
09ia  ans  Plut.   Caes.  48  —  60  med. 
(Zusatz :   iki'ysTo   6e  Kaiaao  —  oi  t/.sivov   änö- 
yovoi). 

p.  490  B:  irooöiövTwv  öi  — p.  491  D:  tov  noKsuiov 
Ilo^n.  aus  Plut.   Caes.  60  —  66  fin. 
Zusatz :   p.  491  D :    6  jabv  ovv  tdioi  —  p.  492  C  : 

Beiläufig  bemerke  ich,  dass  bei  einer  Textrevision 
der  Plutarchischen  vitae  die  Zuratheziehung  des  Zonaras, 
die  man  bisher  leider  unterlassen,  eine  nicht  zu  verach- 
tende Ausbeute  gewähren  würde.  Dass  Zonaras  p.  474 B, 
den  Plutarch  Pomp.  c.  17  genau  ausschreibend  ,  Oppins 
setzt,  während  wir  bei  dem  Letzteren  selbst  Appius  oder 
Pius  (HletcUus)  lesen,    gehört    zu  den   Unbedeutenheiten. 

Von  p.  492  C — p.  505  D  nimmt  er  ausschliesslich 
den  Dio  vor,  ohne  es  anzuzeigen;  dann  arbeitet  er  von 
p.  505  D  —  p.  544  D  anfanglich  den  Brutus  und   später 


den  Antonius    des  Plafarch    in    die  Dionische    Grundlage 

hinein.      Der   Cato    minor    und    der    Cicero  des   Lctzleren 

sind    durchaus    nicht    gebraucht.      Folgendes    znr   Leber- 

sicht : 

p.  492  C:  y.ae  6  fitv  oi'ro)  0(f('.ye/Q — p.  494  H:  /o)}- 
fj.axa  aus  Dio  44,  20  bis  zu  Ende  des  Buches. 
Zonaras  citirt  zwar  den  Octavins  p.  493  B  :  0J5 
fiin'üy.rd.ß/oi  '/(jäcfst  —  w^  d'hegoi.  Das  ist 
aber  ebenfalls  nur  wörtlich  aus  der  berühmten 
und  schwierigen  Stelle  des  Dio  44,  35   entlehnt. 

p.  494  B:  'O-ATÜßioi  dh  rätog—p.  5U5  D:  yal  a/la 
iyivEio  aus  Dio  45,  1—47,  40.  Gleich  zn 
Anfange  dürfte  für  y.ai  Iliag  nach  Dio  Kcwiiag 
gelesen   werden. 

p.  505  D:  'Ev  öi  Tij  ßla.ycdovla  —  p.  506  A:  diivüv 
nach  Dio  47,  40  fin.  Jedoch  sind  einige  Zu- 
sätze herübergeholt  aus  Plut.  Brut.  c.  39.  Man 
sehe:  iv  öl'  Ty  ßlaycö.  Ttcgi  ru  argaTuriedov 
TOV  Kaoolov  jiiKioocti  rs  irokkal  aviv  ~i£- 
Qitaxov,  y.ai  iv  tio  y.u9aoaiii)  tuv  OTC(fa.xov 
(aus  Dio)  ai)T<o  y.a.TsaxQaii^livov  6  ucißöou- 
Xoq  Ttgoqijveyy.E  (aus  Plut.),  y.ui  h  noiniTJ  tivi 
naig  JSi/jjv  Cf.ioujv  (ans  Dio)  '/gvoijv,  üXtodt'' 
aag  (ans  Plut.)  insas  (aus  Dio)  n.  s.  w. 

p.  506  A:  Toi)  de  vcov  Ko.iaagog—C:  oxoTrug  hob 
Dio  47,  41.  Nur  der  letzte  Satz:  ejli  X6(fov 
dpE-/^ujg)ja€v  Ixovva  rrgug  ro  nebiov  o/.oTidi, 
ist  aus  Plut.  Brut.   43   hinzugefügt. 

p.  506  C:  i'7roro7i>;öas  — p.  50S  C:  dni^avs  ist  theil« 
aus  Dio  47,  46  med.  bis  zu  Ende  des  Buches, 
theils  aus  Plut.  Brut.  43  —  53.  Hier  citirt  auch 
endlich  einmal  Zonaras  (p.  508  B)  den  Plutarch 
(s.  Brut.   51)   und   den   Dio   (s.   47,  49). 

p.  508  C:  7V£Qt  ijg  —  p.  509  A:  rpavijvaL  aus  Plut. 
Brut.  13.  Zonaras  citirt  wieder:  lOTÖoi^ot 
UXovTC'.QXog. 

P-  509  A :  TW  f^iiv  ouv  Bqovtio  —  noogidevio  au.« 
Dio  47,  49  fin. 

p.  509  B:  y.ai  6  filv  Bgovroq—  p.  528  D:  dia/.et- 
LUVOV  aus  Dio  48,  1—51,  lO.  Einiges  ist  aus 
Plutarch's  Antonius  herübergcnonimen  ,  z.  B. 
p.  512  D:  refiecv,  etnvjv,  ei  ßoikono  to 
TTQVuvi'^oiov,  y.ai  dnonkEPaai  cl.  PInt.  Anton. 
32;  p.  527  C:  ;;  iy.ßuKovOij  cl.  Plat.  1.  c.  74; 
p.  528  A  —  D  med.  über  den  Tod  des  Autonins 
ist  ebenfalls  nicht  ganz  nach  Dio  51  ,  10,  son- 
dern verändert  und  ergänzt  nach  Plut.  J.  c.  77- 
78.  79.    .  _       ^     ^ 

p-  528  D  med.:  eig  Se  tijV  KktoTTargav  —  p.  531  A: 
ä:ley.Tetvev  zusammengesetzt  aus  Plut.  Anton. 
79—88  init.  und  Dio  51,  11  —  15  fin.  Zon. 
citirt  hier  p.   530  A  den  Letzteren    (s.   51,   14)- 

p.  531  A:  Kaiüag  öe  top — eysvovro  aus  Dio  51. 
16 — 23.  Nur  die  Angabe:  nupeyo/.no9lJ  — 
ßga-/'ov/  ist  nicht  sowohl  ans  Dio  1.  c.  21, 
als  vielmehr  aus  Plut.  Anton.  87. 

p.  531  C:  y.ai  6  Kgdoooq  —  p.  544  D:  (7Te/gd9tjf}av 
aus  Dio  51,  23 — 56,  45  med.,  wobei  Znnara« 
die  Rede  des  Dio  übergeht  und  nur  eine  kurze 
Inbaltsanzeige   gibt. 


',>T1 


27? 


l'lut.irch's  Biograpliieon  der  Kaiser  sind,  «vir  cR 
tiliriiit,  i^sr  nicht  in  soiiiru  Iläiuleii  •^cwcsun:  liclleiclit 
Haren  sie  schon  damals  bis  auf  Galbit  und  Otlio  \orlo- 
reii ;  lipniifzt  liat  /?r  diese  Letzteren  wenigstens  nicht  (s. 
»eiter  nnten);  und  dussello  1,'isst  sicli  auch  ron  dem  Au- 
^nstitit  um  so  zuversichtlicher  voraussetzen,  als,  anderer 
Gniiide  niclit  zu  gedenken,  die  «enigen  üillerenzen  zwi- 
schen Zouaras  und  Dio  meist  selir  geringfügig  und  leicht 
orkl.'irbar  sind;  z.  B.  p.  ä3'2  B :  Ti}v  Cidckcfijv  avciO 
(d.  i.  dem  Agrippa)  Tljv  O/.raßlav  ovv(;'y/.irit  —  ciu 
31issverst;iiidniss,  das  er  mit  Xiphiliu  theilt;  Dio  öoi  l 
sagt  aösl.(fl!^)]v  und  meint  die  lllarcella.  —  p.  ,')3  5  C: 
t-v  '')  0UVfJrai'/.(/;  or/.et ;  Lei  Dio  53,  t'5  lesen  wir: 
Rnmulus.  Selbst  dem  genauen  Reimar  scheint  diese  Ab- 
weichung entgangen  zu  sein;  nach  der  Ann:vJinic  des  Al- 
terthnms  war  übrigens  Beides  richtig,  und  da  Zonaras 
die  (feschichte  des  Rnmuluj  noch  frisch  im  Gedächtniss 
haben  musste,  so  ist  die  Modificalion  um  so  weniger  auf- 
fallend; ilennoch  könnte  mau  auch  an  Corrupticn  den- 
ken. —  Dio  sagt  54,  )0:  vvy.Tcoo  i^  ti^v  noLtv  i^s/.o- 
luni^'^■  ;  Zonaras  p.  ÖJÖ  A  setzt  hinzu:  6  y.al  Tiokkäy.ti 
ijiuii'Oi,  y.al  einov  rov  daisu;  y.ai  e:i'aviujv ,  Iva 
f^trdciü  '^>yj-i]'>Ji  £11'.  Dieser  Zusatz,  der  zwar  im  Dio 
vorkommt,  aber  an  einer  anderen  Stelle,  scheint  zu  be- 
weisen, dass  Zonaras  neben  dem  Dio  hier  auch  den 
Xiphilm  zur  Hand  gehabt;  denn  in  Jessen  Auszüge  fin- 
den wir  an  dem  nämlichen  Orte  dieselbe  Phrase  mit  ge- 
ringer Aenderuug  (cf.  Reim,  ad  Dion.  1.  c).  —  Zonar. 
p-  öj7  A:  t/xajv,  hn  iiij  biu.  ratirui  yo/.ä^oivTO 
(y  uj/.ä^uiVTO  ap.  Du  Gange)  ävdouircoi  —  eine  Er- 
gänzung der  Worte  Dio's  (64,  23  med.):  y.oiiia^evra 
Cvvxoii'iijvaL  iry.ii-i  I  nsv.  Die  Anfangs  von  mir  gehegte 
Ansicht,  dass  Erweiterungen,  wie  sie  diese  und  die  mei- 
sten der  noch  anzuführenden  Stellen  zeigen  ,  aus  Plu- 
tarch's  Augustus  geflossen  sein  mocliteii,  glaube  ich  nicht 
hinlänglich  begründen  zu  können  und  bin  jetzt  vielmehr 
geneigt.  Alles  der  heutigen  Lückenhaftigkeit  des  Dio  zur 
Last  zu  legen.  —  p.  ö37  C:  y.ai  ö  /}(jovaoi  y.a.'i  oi 
(jiju/.svTui  Ttei^i/oei:;  X'nova:,  it.aliov ,  dijiiooiu  to 
7ltVx}ij^  TCoiijOavTC^.  Diese  Angabe  dürfte  ans  einem 
Missverständnisse  bei  Benutzung  des  Dio  54,  35  fin.  her- 
geleitet werden.  —  p.  531)  A:  /tfr«  rof  Tov  Tr/oavov 
ttavuTOV  —  findet  sich  nicht  bei  Dio  55,  9  med.,  ge- 
hört aber  wahrscheinlich,  sowie  das:  T(J}  S'  ('.(fsin^ 
iTii  —  ijoDijOav  UTlCvre^,  einer  Lücke  an  (s.  Dio  55, 
9  lin.).  —  p.  539  B:  Tiöv  .ioiiEviuiv  Ök  —  7tati  vo- ' 
/JiCoucvoi  —  ein  höchst  bedeutender  Zusatz;  bei  Die 
55,  11  init.  finden  wir  nur  die  Phrase:  rov  dl  Ficiov 
fSzukivrüi  Ci;  tov  jiQog  ylouiviov^  :i<j}.£/iov.  Imles- 
«cu  nimmt  auch  hier  Ileiniar  eine  Lücke  an,  oder  .sieht 
vielmehr  in  Dio's  AVortcn  dio  Zusamnienziehuug  eines 
Abschreibers,  was  er  durch  ein,  wie  es  scheint,  liierlicr 
gehöriges  Fragment  aas  den  Exe.  Peir.  zu  erli.'irten  sucht, 
sowie  durch  den  Umstand  ,- dass  alles  A''orhcrgebeiido 
and  >achfolgendo  beim  Zonaras  gauz  wörtlich  aus  Dio 
entlehnt  ist.  Dagegen  liesse  sich  zwar  cinii  enden,  <l.-iss 
einerseits  zwischen  jeneni  Fragmente  um!  der  Stille  de» 
Zonaras   nicht    der    leiseste   Anklang    herrscht,     und    dass 


wir  ja  anch  sonst  liänfig  die  Bemerkung  gemacht,  nie 
Zonaras  eine  Plnt.irchische  Stelle  zwischen  zwei  Dionischu 
einschiebt;  aliein  jenes  Fragment,  Jiur  wenige  Zeilen 
lang,  könnte  von  dem  excerpirenden  Zonaras  gerade  über- 
gangen sein,  und  Anzeichen  für  die  Benutzung  einer  an- 
derweitigen (Jiie)le  in  (liescm  zuletzt  angegebenen  Ab- 
schnitte über  Augustns  kommen  eben,  so  wenige  und 
Hiissliclie  Punkte  abgerechnet,  gar  niclit  vor.  Dass  aber 
im  55.  Buche  des  Dio  und  iu  den  folgenden  überhaupt 
viele  Lücken  und  Zusamnienziehungen  sind,  kann  durch- 
aus nicht  geläugnet  werden;  schon  Xvlander  (ad  Dion. 
p.  55li)  hat  CS  dargethan,  und- ich  verweise  uur  auf  Zan. 
p.  ö40  ß:  TruQu  öl  Tui^  ßkujaiv  tly.ooi  b()a%nvjv  <> 
^iiv)v  (fijoi  TU  -/ovrioiv  a/Xaooeo&ai  voiiioiif.  - 
als  auf  einen  am  meisten  in  die  Augen  fallenden  Beleg  ; 
denn  das  Gesagte  finden  wir  bei  Dio  55,  12  nicht,  wäh- 
rend er  im  zunächst  ^'orhergelienden  völlig  mit  Zonara» 
übereinstimmt.  Es  ist  klar:  das  Exemplar,  das  Zonaras 
Lenutztc,  enthielt  mehr  als  dio  unsrigen  ;  und  nicht  nur 
vom  55.  Buche  erst  möchte  ich  diess  gelten  lassen,  son- 
dern auch  schon  vom  54.*)  Die  gleiche  Bewandtuiss  hat 
es  mit  Zon.  p.  539  D:  ÜTieLSdiv  —  izüvoonjOag  d. 
Dion.  55,  11:  övvifil]  öl  £v!}i'^  und  vielen  anderen 
Stellen,  worüber  man  den  Rcimar  consultiren  mag,  der 
in  dieser  Beziehung  mit  seltener   Genauigkeit  verfährt. 

Von  p.  544  D :  'J:^v  de  toj  —  p.  545  C  oder  bis 
zum  Ende  des  Buches  ist  ein  Zusatz  über  die  Geburt 
Christi  ans  Enseb.  hist.  ecci.  I.  5-  9,  «Icn  er  selbst  ci- 
tirt,  im  Vergleich  mit  dem,  was  er  p.  543  C  über  dio 
Regierungsdauer  des  Augustus  nach  Dio  gesagt,  welchen 
er  durch  die  AVorte :  xard  tujv  af.i.viv  andeutet,  und 
mit  einer  Stelle  des  Lucas,  den  er  wieder  namhaft  macht. 
(Fortsetzung  folgt.) 


Personal- Chronik  und  Miscellen. 

Karlsrulie,  l.').  März.  Dmcb  eine  Rek.inntm.ncliung  des 
Grossli.  Ministeriums  vom  18.  Febr.  wird  fol},'erdc  Ucbersicbt  der 
Sludircncleii  aiil'  den  Landcsiiiii vcrsitälen  llcidelberf;  upd  l'rei- 
buri:  i/n  Wintcriialbj.ilire  18'"/, n  vprüffentlicbt.  Hiernach  stii- 
dirten  im  genannten  Wintcrlialbjabrc:  a)  auf  der  Universität 
HcidclbiTs; :  Theolosen  22:  18  Inländer,  4  Ausländer;  Juristen 
288:  08  Inländer,  220  Ausländer;  Mediciner  168:  58  liil.iiider 
110  Ausländer;  Kameralisten  und  Mineralogen  05:  48  Inlämlcr. 
17  Ausländer;  Pliilosoplien  und  Philologen  40:  21  Inländer. 
t9  Ausländer.  Im  Ganzen  583:  2l3  Inländer,  370  Ausländer; 
b)  auf  der  Univcrsiläl  Firibuis:  Theologen  102:  79  Inländer. 
23  Ausländer:  Juristen  103:  89  Inl.lndcr.  t4  Ausländer;  Me- 
diciner, CbirurRen  und  Pliarniazeuten  104:  78  Inländer.  26 
Ausländer;  Philosophen  und  Philohisen  40:  29  Inländer,  11 
Auslander.     Im  Ganzen  3W:   '2*.i  Inlander,  74  Auslander. 


*)  Mai, säst  I,  c.  p.  197;  E\in  (»  XXXVl)  Dionis  libros  us- 
i]uc'a<l  LIV  a|iint  esse  intcgros  eriuliti  ,  ciii  tanien  adfir- 
niationi  sine  dubio  deiogare  fidcm  licet,  fpioniam  Di«, 
fantopere  tamque  varic  in  codicibus  vexatus  apparet. 
Dcindo  libios  a  I.V  ad  LX  passim  adhuc  mulilos  esse 
videiHus. 


Zeitschrift 


f ü  r   die 


Alter  thu  ms  wissen  Schaft. 


Freitag,  22-  Mär. 


1839. 


Nr.  35. 


Ueber  die  Quellen  des  Zonaras. 

(Forts  eizii  nsf.) 

Die  Quellen  des  elften  Buches  (p.  545  C  —  p.  592  D). 

Von  Tiberius  bis  Antoninus. 

üas  Ganze  ist  ans  Dio  L.  57  init.  —  L.  69  flu-  Mit 
den  ansrhciiieiiden  Zusätzen  verlifilt  es  sich  ivic  oben 
X.  B.  p.  548  B,  was  bei  Dio  57,  16  fifi-  heute  verniisst 
wird;  über  p.  557  sq.  s.  Reim,  ad  Dion.  59»  25  fin- 
Ein  schlagendes  Beispiel  ist  aber  p.  558  ü  :  ovTio  — 
sdoittjSij.  Diese  ist  in  den  Codires  des  Dio  (59»  28)  in 
wenige  Worte  zusammengcfasst.  Kun  ist  jedocli  ein  Frag- 
ment in  den  Exe.  Peir.  670  vorhanden  und  von  Reimar 
schon  am  gehörigen  Orte  eingeschaltet,  welches  mit  Zo- 
naras vollkommen  i'ibereinstimmt.  Ebenso  p.  564  eil. 
Exe.  Peir.  p.  014.  ap.  Reim.  60)  31.  Vergleiche  über- 
diess  p.  557  B.  C.  D  mit  Nov.  Coli.  II.  p.  204  sq.  — 
und  pp.  565  D.  566  A  mit  Nov.  Coli.  p.  'MS  sq. 

Vom  61.  Buche  an,  wo  die  Codices  des  Dio  abbre- 
chen, haben  wir  die  Vergicichung  mit  Xiphiliii's  Excerp- 
ten  angestellt.  Sie  genügen  vollkommen,  die  umfassende 
Benutzung  auch  dieser  verlorenen  Bücher  darzuthun ;  sie 
waren  für  Zonaras  gewissermassen  die  einzige  Quelle. 
Da  versteht  es  sich  denn  auch  von  selbst,  dass  Anfüh- 
rungen, wie:  axSQOl  8i  jQä(fOVai  u.  s.  w.  wieder  nur 
Affeetation  sind. 

Nachlässigkeiten  im  Abschreiben  kommen  natürlich 
öfters  vor,  sie  sämmtlich  zu  berühren  ist  nicht  meine, 
sondern  des  Commentators  Sache.  Hier  nur  ein  Beispiel, 
p.  568B:  ö  ÜSev^/.a-;  iitagy^o  c,  vjv  tov  öoovcfOQi- 
y.ov  y.ai  ö  Hovtiöoo,  ÖtSdoy.  a}.o<;  tov  IViQojvoi. 
Diese  Absurdität  hatte  natürlich  Dio  nicht;  doch  waren 
bei  ihm,  wie  aus  Xiphil.  61,  3  hervorgeht,  die  Worte 
»o  gestellt,  dass  ein  Unwissender  sie  freilich  missver- 
stehen und  verdrehen  konnte,  nämlich:  u  r£  ^Evt'/.aq 
y.ai  ö  Jioi'oöog  cpgovt/iojTatui  te  y.ai  dvvarojiaTOt 
. .  . . .  6    fitv   yciQ    snuQxoi   ....    ö    de   ötdäayat.oc, 

X.    T.    K. 

Am  Ende  fast  jeder  Regierung  hängt  Zonaras  eine 
Relation  über  die  Verhältnisse  der  Christenheit  an,  — 
eine  Art  kirchlicher  Statistik  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  die  Succession  der  Bischöfe.  Diese  ist  jedesmal  aus 
der  Kirchengeschichte  des  Eusebius  gezogen.  Ein  Bei- 
spiel sahen  wir  schon  am  Ende  des  10.  Buches  beim 
Tode  de»  Aogustas.     Wir  finden  deren  ferner: 


Nach  der  Geschichte  des  Tiber,  p.  552  A  —  D  v.  fin. 
aus  Euseb.  I.  10.  II.  2  (den  Tertullian  hat  Zonaras  nicht); 
nach  der  des  Cajus  und  Claudius  p.  567  C  —  p.  568  A 
med.  =:  Euseb.  II.  11.  13 — 15  (ans  ihm  sind  die  Zeug- 
nisse des  Josephus,  Lucas  und  Justinus  31artyr  entlehnt); 
über  die  Christenverfoignngen  unter  Nero  p.  570  A  = 
Eus.  II.  26.  III.  2)  mit  geringer  Modification) ;  nach 
Domitian  p.   5^2  sq.  =z  Eus.  III. 

Genug,  Alles  was  auf  das  Chrisfenthnm  sich  bezieht, 
ist  aus  diesem  Autor  entnommen.  S.  noch  p.  591  D  äq. 
dl.  Enseb.  IV.  c.  4  sqq.  Das  Citat  des  Justinus  Martyr 
ist  ebenfalls  aus  c.  10  extr.  und  c.  11.  —  Zuweilen  sind 
Eusebius  und  Dio  in  einander  gearbeitet^  z.  B.  p.  587  A 
—  p.  588  A  eil.  Euseb.  IV.  c.  1  sq.  III.  c.  32  sqq.  und 
Dio  (Xiphil.)  68  ,  32  sq.  Nur  den  Ersteren  nennt  Zo- 
naras ,  den  Letzteren  finden  w  ir  versteckt  in  dem  y,ai 
6  Evatßioq.  Auch  da«  gelehrte :  LÖq  dl:  TivEg  Xeyovöc 
ist  wörtlich  aus  Dio.  Uebrigens  aber  citirt  Zonaras  auch 
diesen  an  verschiedenen  anderen  Orten  des  Abschnittes, 
wie  p.  590  C  (cf.  Xiphil.  69,  15). 

Wir  müssen  einige  besondere  Punkte  besprechen. 

Zonaras  sagt  p.  558  D;  tov  ö'  ev  'JsQOOoXv/JOtg 
vaov  eis  oiy.iiov  ieqov  ftedtjQjioCeTo  (seil.  Cajos), 
ha  zlioi  iriKfuvov^;  veov  ^^tji^iaTiCrj  Fdiov.  Reimar 
(ad  Dion.  59,  28.  §.  276)  scheint  zu  glauben,  er  habe 
das  aus  dem  Philo  (de  legat.  ad  Cajnm  p.  S04  ed.  Turneb. 
p-  731)  abgeschrieben;  quae,  sagt  er,  assnit  Zon.  toti- 
ilcm  verbis  ex  Fhilonis  loco  petita  sunt.  Schon  vor  ihm 
Dil  Cange  ad  Zon.  not.  bist.  p.  21:  quod  hausit  Zon.  e 
Pliilone.  Dem  ist  nun  aber  nicht  so.  Allerdings  sind 
CS  zwar  die  AVorte  des  Philo  ,  jedoch  nicht  unmittelbar 
aus  diesem  selbst  entlehnt,  den  er  nie  vor  Augen  ge- 
habt, sondern  nur  wieder  mittelbar  ans  Eusebius  (bist, 
ercl.  II.  (i).  Im  Josephus  steht  die  Notiz  nicht,  was 
auch  dessen  Abkürzer  Zonaras  bemerkt.  Wer  kann  nun 
aber  unter  so  bewandten  Umstanden  stetem  31  isstrauen 
ivchren?  Sicher  verhält  es  sich  ähnlich  mit  den  Citaten 
aus  Appian:  p.  575  D  und  p.  584  D.  Beide  sind  ohne 
Zweifel  aus  Dio  herübergetragen;  von  dem  Ersteren  wer- 
den wir  nachher  sprechen;  das  Letztere  betrifft  die  Or- 
thographie z/c/zf'-s  1]  ^ay.ui';.  Dass  der  genaue  Dio 
diese  philologische  Bemerkung  macht  und  durch  das  Zeug- 
niss  des  sicher  von  ihm  häufig  benutzten  Appian  unter- 
stützt, ist  weit  glaubwürdiger,  als  dass  Zonaras,  der  den 
Appian  sonst  durchaus  nicht  gebraucht,  um  dieser  unbe- 
deutenden   Bemerkung    willen     ihn    aufgeschlagen    haben 


275 


276 


sulltc,  »veun  er  ilim  aucli  »virklicli  zugänglich  genesen 
«arc,  «as  doch  aus  früher  angegebenen  Griiudcn  als  un- 
wahrscheinlich sich  ergab.  Uebcrdiess  ist  die  ganze  Pe- 
riode, in  deren  flliUe  die  Notiz  steht,  in  der  That 
irörtlich  aus  Dio  (cf.  Xiphil.  (iS «  G).  Ebenso  ist  ohne 
den  geringsten  ZHcifcl  das  Citat  aus  dem  Philostratus 
im  Leben  des  Apollonius  von  Tjana  (Zon.  p.  fjS'2  A)  ein 
aus  Dio  gestohlenes.  Dass  wir  es  bei  Xiphilin  nicht 
finden,  bcneist  Nichts;  denn  alle  Citato  werden  ron  ihm 
ausgelassen.  Dagegen  ergibt  sich  bei  einer  Vergleichung 
mit  demselben  (ö7,  17.  18)  sowohl  alles  Vorhergehende 
und  Nachfolgende,  als  auch  die  in  Rede  stehende  Er- 
zählung selbst,  Satz  für  Satz,  ja  fast  Wort  für  AVort, 
als  ein  Plagiat  aus  dem  Dio.  Danach  hege  ich  die  Ue- 
berzeugung,  dass  auch  das  zweite  Citat  aus  dem  Philo- 
:9tratus  (p.  öS'3  B:  ü  0tköor(jaroi  sv  TO/i  ßiui^i  tüjd 
oocftOTojv  dieygäipaTO  A.  i.  27  p.  546  c.  d)  aus  Dio 
herzuleiten  ist.  Wie  sollte  Zonaras,  der  nicht  einmal  die 
allgemeinereu  Werke  gehörig  benutzt,  seine  Angaben 
aus  Specialscliriften,  aus  ganz  fernliegenden  literarischen 
Abhandlungen  mühsam  zusammengesucht  haben!  Andrer- 
seits hatte  Dio  diese  Anekdote  vom  Schatze  des  Atticus 
gewiss  nicht  übergangen  (Xiphilin  gibt  übei;  Nerva  ein 
höchst  mageres  Exccrpt  (ig,  l  —  3),  und  den  Namen  des 
Gewährsmannes  um  so  eher  angeführt,  als  die  Erzählung 
ton  äusserst  wenigen  Schriftstellern  überliefert  worden  zu 
.sein  scheint;  unter  denen,  die  wir  besitzen,  ist  Philostra- 
tus, so  viel  ich  weiss,  der  Erste.  Hierzu  kommt  wie- 
«lerum ,  »lass  alles  Voranstehendo  und  Folgende  theils 
aus  Dio,  theils  aus  Eusebius  ist.  Dieser  Letztere  aber 
schweigt,  und  so  erscheint  Jener  nothwcndig  als  der  Be- 
raubte. Dass  Diu  beide  Werke  des  Philostratus  benutzt, 
*eigt  sich  schon  aus  Reimar's  Zusammenstellungen  in  den 
Noten  hinlänglich.  Zonaras  aber  beweist,  dass  das  in- 
«iustriOse  Handwerk,  mit  fremden  Federn  sich  zu  schmü- 
cken und  eine  erborgte  Gelehrsamkeit  mit  grosssprcche- 
lischcr  Afl'ektation  zur  Schau  zu  tragen,  nicht  erst  eine 
Erfindung  der  Neueren  ist. 

Der  .Abschnitt  von  der  Empörung  des  Vindex  bis  auf 
den  Untergang  des  Vitcilius  (p.  67Ü  B  —  p.  576  C  med.), 
welcher  für  den  Verfasser  ein  besonderes  Interesse  hat, 
und  dessen  specicile  Betrachtung  erst  die  vorliegende 
Abhandlung  veranlasste,*,)  ist  ebenfalls,  Geringes  aus- 
genommen, aus  Dio  (03,  22  —  65,  22)  entlehnt.  AVich. 
fig  ist  es  in  dieser  Beziehung,  dass  Zonaras  den  Vindex 
Cajus  nennt;  denn  Dio  ist  in  der  That  der  einzige  un- 
ter allen  alten  Schriftstellern,  der  demselben  diesen 
Beinamen  gibt.  Zonaras  citirt  auch  p.  575  A  den  Dio 
(cf.  (j5 ,  S).  Eine  eigentliche  Vergleichung  würde  hier 
7.U  weit  führen;  ich  verweise  nur  auf  Reimar.  Dass  Zo- 
naras übrigens  den  Dio  selbst,  nicht  den  Xiphilin  cxcer- 
pirt,  wird  durch  die  vielen  Stellen  dargethan,  wo  er 
ausführlicher  spriclit,  als  Xiphilin,  oder  die  dieser  ganz 
übergeht.  S.  z.  B.  p.  570  D :  tliTouiviov ;  Xiphilin 
63,  27  deutet  diesen  nur  durch  das  ü/.Luvi  an.  Doch 
scheint  auch  die  Benutzung  des  Xiphilin  sowohl  aus  frü- 

*)  Die  anfängliche  Bpstimmiing  derselben  als  Anbang  zu  einer 
Geschichte  jenes  Zeitraumes,  rausstc  ilires  Umfangei  we- 
gen aufgegeben  werden. 


her  Gesagtem,  als  daraus  hervorzugehen,  dass  ihre  beider- 
seitigen Auszüge  oft  Wort  für  Wort  übereinstimmen,  z.  B. 
p.  572  B.  cl.  Xiph.  64,  ü;  sie  müssten  denn  Beide  gerade 
an  solchen  Orten  den  Dio  nicht  eigentlich  abgekürzt, 
sondern  abgeschrieben  haben.  —  Nur  Einiges  zieht  Zo- 
naras wieder  aus  dem  Josephus ,  den  er  auch  citirl 
(p.  575  A  und  C) ,  Einiges  aus  dem  Eusebius,  ohne  ihn 
zu  nennen  (p.  575  D.  cl.  Euseb.  bist.  ecci.  III.  8?  5); 
die  A'erweisung  auf  Appian  dagegen  (p.  575  D  :  TOVTOV 
öe  XQ^]'^l"^^'  l^'fHVTjTa/  y.ctt  '^Inniavoi,  iv  T(/>  cixodriii 
öei'Tioi/j  koyo)  Tt]g  laTOQiag  avzov  [PojLiai'y.ijg)  scheint 
mir  wieder  aus  Dio  entnommen  zu  sein.  Eusel>ius  we- 
nigstens hat  diess  Citat  nicht,  und  dass  Zonaras  gerade 
nur  dieses  Buch  des  Appian  in  Händen  gehabt,  ist  un- 
wahrscheinlich. Doch  dürfte  er  auch  die  Bemerkung 
als  Randglosse  zu  Dio  (66,  1),  Eusebius  oder  Josephus 
gefunden  haben.  —  Den  Galba  und  Otho  des  Flntarch 
hat  Zonaras  so  wenig  wie  dessen  übrige  Kaiserbiogra- 
phiecn  benutzt;  denn  gerade  die  Stellen,  die  wir  im  Xi- 
philin nicht  finden  und  von  denen  man  also  muthmassen 
dürfte,  dass  sie  aus  Plutarch  wären,  finden  sich  auch 
bei  diesem  nicht  z.  B.  p.  570  C.  p.  572  A  ;  daher  miiss 
man  auch  bei  ihnen  einen  Dionischcn  Ursprung  voraus- 
setzen, und  dass  Xiphilin  sie  nur  übergangen:  sowiu 
die  bei  dem  Letzteren  ebenfalls  fehlende  und  auch  sonst 
nirgend  vorkommende  Angabe  des  Zonaras  p.  571  D  (über 
dio  Sklaven)  sich  jetzt  durch  A'^ergleichung  mit  dem  Frag- 
mente: ÖTi  Tivhi  Z.  r.  A..  (Nov.  Coli.  p.  216)  bei  eini- 
ger Combination  als  Diouisch  ergibt. 

Die  Quellen  des  zici'iljten  Buches  (p.  592  D  —  p.  64»). 
A'on  Antoninus  Pins  bis  auf  den  Tod  des  Maximinus. 
ücber  Antoninus  (p.  592  D  —  p.  593  D)  sind  die 
Quellen  offenbar  Xiphilin  und  einige  Fragmente  des  Dio 
(s.  Xiph.  70,  l  —  4  fin.  und  Reim,  ad  11.  cc.  und  snX 
71  ,  32  fin.  g.  130).  Die  Sache  hängt  wohl  so  zusam- 
men:  In  den  Exemplaren  des  Dio  war  eine  Lücke,  die 
nacli  Xiphilin's  Angabe  sich  über  Antoninus  Pius  und 
den  Anfang  der  Geschichte  i'es  Älarcus  erstreckte;  Xi- 
philin füllt  sie  durch  einige  Angaben  ans  Eusebius  und 
Quadratns  aus.  Dieselbe  Lücke  fand  nun  auch  Zonara» 
in  seinem  Dio;  desshalb  schrieb  er  die  wenigen  Notizen 
des  Xiphilin  wörtlich  ab.  Jedoch  fanden  sich  in  seinen« 
verstümmelten  Exemplare  noch  einige  Fragmente  vor, 
welche  in  dem  des  Xiphilin  nicht  vorhanden  gewesen 
sein  müssen,  weil  dieser  sie  weder  mittheilt  noch  verar- 
beitet, auf  die  aber  Dio,  wenigstens  auf  eins  der»elben, 
augenscheinlich  anspielt  (s.  71 ,  32  fin).  Sie  beziehen 
sich  auf  die  Lücke  im  Anfang  des  Marcus  ;  der  unwis- 
sende Zonaras  jedoch  bezog  sie  auf  Antoninus  Pius  und 
schob  sie  unter  die  Notizen  des  Xiphilin  hinein:  p.  593  B  : 
UV  /njv  üid  zovTO  —  ißiäoaro ;  C:  tovtuv  'kiysrai 
—  y.c/.TuKtuTcdvciv;  D:  n^Qi  xuvtov  tov  avTOV.fiä- 
Topo^  —  ■/.axaUUTlävui  rüde.  Alles  Uebrige  ist  au» 
Xiphilin,  was  Reimar,  so  viel  ich  weiss,  weder  aus- 
spricht noch  andeutet;  ei  kann  aber  nicht  anders  sein; 
denn  wenn  auch  Zonaras  in  seinem  Dio  das  finden  mochte, 
was  Xiphilin  70,  1-  2  fand,  so  könnte  doch,  was  dieser 
c.  3.  4  aus  eigenen  IVIitteln  selbstsfändig  zusammenträgt, 
nicht  im  Zonaras   so  wörtlich  sich  wiederfinden  —  ohup 


277 


278 


Benutzung'.  ?i»f  ilcii  Euscbius  hat  ancli  Zonaras  zur 
Hand  und  cxcorpirt  ihn,  ohne  ihn  namhaft  zu  machen, 
in  dem  kirchengeschichtlicheu  Anhange  p.  594  A  —  C. 
Tgl.   Eu9.    IV.    10  S(jq. 

Aus  gleiilicn  Gründen  ist  auch  der  Anfang  vom  Mar- 
cus Aurelius  p.  594  C,  «eil  er  würtlich  mit  Xiphiliu 
ubnreinstinimt,  im  Dio  aber  fclilte,  notlnt  endig  aus  dem 
Ersteren  (71,  1  «l-)-  ^"*  l'^erlaufc  nimmt  man  jedoch 
an  einigen  Ertveileruugcn  und  an  mehrfachen  Citatcn  aus 
Dio  (p.  595  C.  D.  p.  596  A.  p.  607  D.  p.  Ö08  A  [cf. 
Xiph.  75  5  13])  walir,  dass  Zonaras,  sobahi  die  Lücke 
ergänzt  war,  auch  « iedcr  den  Dio  selbst  zur  Hand  nahm. 
Er  benutzt  ihn  ununterbrochen  bis  p.  619  A  (cf.  Xiph. 
L.  '/ 1  —  SO  hu.);  beiläufig  nur  den  Eusebins  in  christ- 
lichen Dingen:  p.  59Ö  D,  p.  597  B,  p.  600  D  sq.  (tf. 
Eus.  V,  9  sqq. ),  p.  6 IG  C  — p.  (iV-i  A  (cf.  Eus.  VI. 
1  sqq.),  p.  618  A  (cf.  Eus.  VI.  21).  Witten  in  der  Ge- 
schichte des  Alexander  Sevcrus  verlässt  ihn  Dio,  und  er 
ist  genüthigt,  sich  nach  einem  anderen  Führer  umzusehen, 

Vou  p.  619  A —  p.  648:  von  Alexander  Sevcrus  bis 
auF  Masiminuä,  Licinius   und   Conetantin. 

Wer  ist  nun  dieser  neue  Führer?  —  Nicht  die  er- 
müdenden, oft  fruchtlosen,  Forschungen  ivill  ich  initthei- 
len  ,  sondern  «io  im  Bisherigen  nur  der  Mühe  Ergebuiss. 
Der  vorliegende  Abschnitt,  ivie  schon,  obgleich  in  gerin- 
gerem Maasse,  die  zunächst  vorhergehenden,  sondert  sicli 
in  zwei  wesentliche  Bestandtheile:  ilie  politische  und  die 
Kirchen- Geschichte.  Für  jeden  folgt  Zonaras  Einem 
Hauptgeivährsmannc ,  hier  dem  Euscbius,  dort,  wie  mir 
scheint,  dem  anonymen  Forfsetzer  der  Geschichte  des  Dio 
bis  auf  Constantin ,  ans  »elchcm  uns  Mai  in  der  Nov. 
Coli.  II.  p.  234  —  246  einige  Excerpte  gerettet  hat. 
Während  ich  nirgend  bei  theilweise  oder  vollständig  vor- 
handenen Autoren,  wie  Dexippus,  Eunapius,  Zosimus, 
Malalas ,  Cedrenns,  das  Chroniken  Paschale  u.  s.  w.  eine 
directe  Qucllenbeziehung  auffand,  zeigen  sich  hier  merk- 
würdige Spuren  und  überraschende  Ucberein^stimniungen 
in  Angaben,  die  bei  dem  jetzigen  Bestände  der  Qucllen- 
litcratur  für  diese  Periode  als  entlegen  und  isolirt  gelten 
dürfen.  So  sagt  z.  B.  Zonaras  von  y^emiliau  p.  628  D  : 
dva^^ijdeii  Öe  ovtuji;  avTuy.odvcüQ ,  iTTeaTeikc  zrj 
ovyy.hjTip ,  eTtayyEkkufispo^,  wj  y.ai  tijv  QQ(/.y.i]v 
cütaUkä^SL  ßa^ßdoviv,  y.al  y.axa  IleQ.adSv  ey.OTQC- 
xevaEzai ,  y.al  Tiävra  TiQÜ^et  y.al  dyojviaErai  oig 
OTQattjyuq  avzujv,  ti]V  ßaoiksiav  rrj  ysQOvala  ya- 
xakiTlojv.  Dies»  ist  eine  vereinzelte  Notiz.  Nun  finden 
»•ir  die  Quelle  in  einem  Fragmente  des  Continuator  Dio- 
nis  (/.lEiu  ^Jiojva  fjxkoydl  iws  Kvjvaxa.vtivov  1.  c. 
p-  234):  Ott  yli/ak/avuq  dpuyooev&els  ßaaiksvg 
syQacpe  Ttpoi  rijv  aöyxhjxoii,  oxi  xijv  ßaotkdav 
i'uiv  naxaki/^iirdpo),  y.dyui  ö  cx^arijyoq  v/ncxnoog 
Jtavxaxov  dyojvH^o/jai.  Ferner  Zon.  p.  635D:  iirsk- 
^uvx£q  de  zaiq  'A&i']vaii  (d.  i.  die  Scjthen  unter  Clau- 
dias II.),  eikov  avzuq.,  xa.l  avvayayövzeg  ndvxa  zu 
£v  T7;  uÖ'Kel  ßtßkla,  xavöat  zavza  ijßovkovzo.  EJq 
ÖE  Ti;_  zajv  oi'VExujv  naQ  aCxotg  doxovvzujv  diiEi^t,E 
rovg  öj^tucfvkovg  zoii  iyxEiQiJi-iazog,  (pdf-ievog,  löq 
TtEQi  xavxa  oi  'Ekktjvsg  daxokovjiEvoi ,  7tokEj.uy.wv 
d/j-skovocv  EQyv}V,  xal  ovzajq  EvxEiQUizoi  yivovrai. 
Dasselbe  lesen  wir  im  Anonymus  1.  c.  p.  240 :  OXl  TÜiu 


2y.ii&vjp  ETtl  KkavSiov  zd<;  '.A&ijvaq  ekövrujv  y.ai 
owayayüvzmv  ndvza  ja  ßißkia  yal  ßovkijdivrviv 
y.avaai,  akkoq  zig  ip  aizolq  (f()öp//ioi  tlpai  po/^i- 
^ü/uEpog  iyujkvac,  klywv  vzi  tieqI  xavxa  oi  Ptu- 
fiaioi  oxukdC,ovxEi  nokljiov  dfiEkoCoi.  Die  Abwei- 
chung 'Pvjjiuioi  für  'EkhjVEg  ist  äusserst  unbedeutend ; 
im  ursprünglichen  Texte  kann  sogar  Beides  gestanden 
haben,  wie  denn  auch  der  Verfasser  gleicli  in  den  fol- 
genden Worten  eine  Anwendung  des  Erzählten  auf  dio 
Athener  und  die  Riirner  zugleich  macht.  —  Endlich 
vergl.  noch  drittens  Zon.  p.  636  B.  C:  AvQlfkiavoi  6l 
xTji  i]y£[^iupiai  ETtfßißijxojQ  Pcdju/.hdp,  ijqexo  rovg 
EP  zEkii,  önuiq  ßaoikEi'sip  xq^'^p-  mp  f'S  Ecttep  avzut 
v'jg'Edpßovkii  ßuoikeuaat  yakojg,  XQvaöj  oc  Ö£i 
xal  aiSi]iii;>  nEoicfoai;ai  davxop,  xaxu  filv  xtSv  kv- 
710VPZWP  y.EX'Ji/fJi'pop  o/Ö)Jqii),  zovg  da  ys  dEQUTievov- 
zaq  ;|foi'öw  d/iEißöjiEpop.  'Og  iiqvjzoi;,  ojg  kEyszat, 
zijg  olxEiai;  zavxijg  ö.Tnüpaxo  avfißovhjg,  fiEz'  ov 
nokv  Jov  atS}]Qov  itEloaDBig  —  mit  dem  Continuator 
1.  c.  p.  24l  sq. :  öxi  Aii(Ji]ktavbg  ßaaikEudag  y.al  ovp- 
ayayuiP  Tid.pxo.g  xohq  £p  köyip  ip  'Paßcpvr;  ßovkijv 
inocEiXo  TTiijg  X9'}  ßaatkcvEtp  ai'xop-  ißovkExo  yd.^ 
fiEzd  ddvazop  KkavSiov  e^  ojp  etiquzzep  [AEii^ajp 
EXEipov  faiPEa9ai-  Etg  §h  zmv  ix  zijg  ovyxhjzov 
lijTEv  a.vi(ß'  kap  dEkrjg  xakiSg  ßaoekevaai  XQVcSiu 
y.al  oiSijQoi  oavxop  öxvQUiGop-  xo.zd.  ftsp  ziop  kv- 
novvruip  oe,  aiöi'jQV)'  ngog  öe  xovq  d-E^aTtEi'opzag, 
Xpvacjj-  y.al  TTQojzog  xijg  xo.xijg  avftßovhjg  zavztjg 
o.vzog  6  ovf.ißovk£vaag  diri'jkavOEv. 

Sind  nun  alle  politische  Nachrichten  des  in  Rede 
stehenden  Abschnittes  auf  diese  Quelle  zurückzuführen, 
so  steigert  sich  der  Werth  durch  die  Gewissheit,  dass 
derselben  glaubwürdige  Primärschriften  zu  Grunde  lie- 
gen. So  sehen  wir  gleich  von  da  ab,  wo  Dio's  Nach- 
richten abbrechen  (der  Satz:  Eixa  KaTtll'aö oxiap  Ö  'Aq- 
tu^eqS,!]^  ovxog  gvp  zoig  tlt^aatg  y.axEx^Exs ,  xai 
ijukeuQXEl  xijp  JSiotßlP  scheint  noch  dem  Dio  anzu- 
gehören, obgleich  ihn  Xiphilin  übergeht),  durch  des 
Zonaras  Darstellung  einen  Ilerodianischen  Schimmer  hin- 
ihirchblicken;  man  vergleiche  nur  p.  619  A  —  p.  620  A 
med.  mit  Herodian.  VI.  4  —  9  fin.,  und  auch  das  Weitere 
bis  auf  die  Zeit  Gordian's  III.  (p.  622  D)  mit  dem  Reste 
des  Herodianischen  Werkes.  Doch  darf  man  nicht  etwa 
iu  diesem  Letzteren  eine  unmittelbare  Quelle  des  Zona- 
ras finden  wollen,  weil  dessen  Erzählung  nicht  völlig 
darin  aufgeht,  weil  im  Guss  der  AVorte  nicht  hinreichenile 
Anklänge  sich  zeigen,  und  weil  endlich  Zonaras  zuwei- 
len abweicht  oder  über  Dinge  in  Zweifel  ist,  über  die 
ihm  Herodian  Aufschlnss  gegeben  liätie.  So  nennt  er 
den  Mitregenten  des  Maximus  nicht  Balbinus ,  sondern 
Albinus  (p.  621  sq.)  und  schiebt  gleich  darauf  zwei 
Kaiser  in  die  Geschichte  ein,  die  niemals  existirten 
(p-  622  C):  ßlExd  zoi'zovg,  oi'fxlp  Ilofxnt^tapov  xipu 
qv*/y£yQdcpa.ai  zwv  PojfxaivjpeaxijXEpai  dgytjp,  za- 
XÜzo.xa  Ö  Ey.TTEUxciXEva.i  avzljg,  ojg  ep  övsioti)  ztjg 
i^ovoiag  dnokavoapza.  OvTtio  yuQ  ovo  TiaQEkyj- 
kvdspai  f-njvug,  y.al  azEQij9i)pa/  avzov  TtQog  z^j  /liop- 
aQXt'f/-  z«^"  ziJg  Cuitjg  dvaiQE&ivza.'  Tia^d  zipcov  St; 
y.al  Sid  zi'pa  alxia.v,  fiij  EvQijy.ujg,  itatiEaiojTrijaa  y.al 
avTog'  [AEif  öp,  üovTikcov  d.pxcioaxdfjvc-i  Bakßipov 


279 


380 


iotögrjöav.  Kai  utxQov  xr  xdy.itvov  t/;5  avra^X'f^i 
ditoyEvaäiuvov  (iiti  rptai  ydg  injoiv  avToj  tijv  dg- 
^i'-v  Tif.Qiyodcfovoiv)  dvaioed^ijvai  xdxeaop,  apri 
x.aTaXaßövTO^  ix  Aißir^  FoQStavov ,  ö?  ixei,  tag 
röi]  uoi  ioöi';i}tj ,  ■XQoavtj'i'ügsvxo.  Offenbar  hat  Zon. 
hier  einen  Chronisten  zur  Hand  («eichen,  \ieiss  ich 
nirlit),  <len  seine  Unwissenheit  nicht  zu  benutzen  ver- 
steht. nouTrriavfig  ist  eine  'Wrunstaltung  von  Ilov- 
TTirVOg,  und  Pnpienus  identisch  mit  Blaxinius;  ebenso  ist 
IIovTrk/o^  eine  Abiveichung  ffir  KKai'öiog  (oder  Clo- 
dius,  oder  Cacilius.  S.  ^'ictor  Caes.  26,  «obei  eine  Ver- 
einigunf  mOg-lirh),  und  Balbinus  identisch  mit  Albinus. 
Diese  Y'crdreluingen  konnten  auch  schon  in  jenem  Chro- 
nisten vorhanden  und  bei  der  Kürze  verfänglich  sein. 
Dass  über  diesen  Zeitpunkt  bei  den  Späteren  Verwirrung 
geherrscht,  beweist  das  Chron.  Paschale  ( vergl.  auch 
Zosim.  p.  1 7  ed.  Oxon. ,  no  ein  Sabianns  oder  Sabinia- 
nus  erscheint).  Die  Beziehung  der  Angabe  des  Zun.  auf 
den  Consul  Ponipejanus  Civica  (Da  Cange  not.  hist.  p.  25) 
ist  ein  gezwungener  und  völlig  eiteler  Rettungsversuch. 
Jedenfalls  stehe  ich  an,  die  Y'erwirrung  auf  den  Contia. 
Dionis  selbst  zurückzuführen,  der  ohne  Zweifel  wie  Ile- 
rodian  auf  3Iaximns  und  Albinus  oder  Balbinus  unniittel- 
bar  Gordian  III.  folgen  liess.  Wenn  gleich  daher  diesem 
Zon.  das  3Ieiste  verdanken  mag,  so  will  ich  nicht  in 
Abrede  stellen ,  dass  er  auch  sonst  hier  und  da  einen 
oder  den  anderen  der  Chronisten,  deren  Werke  damaU 
in  Jedermanns  Händen  waren,  verglichen  haben  könne, 
wesshalb  ich  auch  Quellendeutungen  wie:  «ig  u  EvOS' 
(jio;  iarocjei,  X  ai  d/.Koi  di  rivs.;  r  vj  v  avyyga- 
CfeviV  (paoiv  (p.  620  B)  in  diesem  Abschnitte  nicht 
immer  für  trügerisch  halte  (cf.  p.  621  D,  p.  622  C.  D, 
p.  623  A,  p.  627  D,  p.  636  0,.  p.  644  B).  Dahin  ge- 
hört nun  wohl  zunächst  die  Chronik  des  Euscbins  selbst, 
die  Zon.  sicher  auch  jetzt  noch  zu  Rathc  zog,  wie  die 
Anführung  über  des  Claudius  Regicrungszeit  p.  636  B 
cl.  Euseb.  Canon,  p.  3')2  ed.  IMai  et  Zohr.  darthut;  denn 
in  der  Kirchcngeschiclite  erwähnt  Eusebins  den  Claudias 
gar  nicht,  so  dass  das  Citat  durchaus  nicht  falsch  be- 
zogen werden  kann.  Auch  im  kirchlichen  Tbeil  scheint 
Zon.  .Manches  aus  dessen  Chronik  vervollständigt  zu  haben. 
Leider  bricht  der  armenische  Codex  in  der  Chronogra- 
phie mit  Julius  Cäsar  ab;  <ia<is  Ensebius  die  Kaiserge- 
schichte  nicht  ausgel.tssen,  erhellt  schon  aus  dem  Prooem. 
c.  4  fin.:  tum  et  eos  (sc.  explirabo),  «{ui  post  Julium 
Caesarem  atquc  Augustnm  recta  serie  fuerunt  imperainreg; 
deniijiie  et  annuos  Consnles,  (jui  bis  iinpllciti  ^unt  (ed. 
Mai  et  Zohr,  p.  4).  Audi  vor  ilem  Beginn  der  Lücke, 
die  sich  selbst  auf  den  Anfang  des  Canons  erstreckt, 
hcisst  es  (c.  48j  p.  218):  jam  vero  operae  pretium  erit 
liig  attexere  Romanorilm  (]UO(jae  post  Jul.  Caesarem  im- 
peratorcs  etc.  Im  Canon  ist  die  Kaisergesihichte  zu 
dürftig  behandelt,  und  bei  der  Chronographie  können  wir 
nns  auf  die  Uebersctzung  des  Hieronvmus,  der  geflissent- 
lich aus  anderen  Srhriristellern  Zusätze  macht,  auch 
häufig  abkürzt,  nicht  mit  Gewisshcit  verlassen.  i\ach 
der  Beschaffenheit  des  Letzteren  zu  urllicilen,  hat  Zoii, 
in  diesem  politischen  Theile  de»  Euscbiug  Chronograpiiio 


nur  sehr  beiläufig  benutzen  können.  Die  Vergleichnng 
zeigt  anch  nur  eine  auffallende  Uebereinstimmung ,  über 
Diokletian's  Stolz  (s.  Zon.  p.  642  A  cl.  llieronym.  ed. 
Scalig.  Amst.  1658,  p.  47);  allein  gerade  hier  hat  Hie- 
ronvmus ohne  Zweifel  den  Eutrop.  (IX.  16)  bcrapft , 
wie  diess  anch  Scaliger  selbst  erkennt  (aniniadv.  p.  244). 
Nun  gibt  aber  dieser  in  der  Restitution  des  griechischen 
Textes  häufig  mehr,  als  Hieronynuis,  so  dass  die  Ver- 
gleichnng sich  erweitert.  Unter  den  Fragmenten  führt 
er  hier,  ohne  Angabe  der  Quelle,  ein  sehr  langes  auf, 
tibcr  den  Einfall  iler  Scythen  unter  Valerian  {omQöfiEva 
p.  85),  welches  mit  Zon.  p.  629  CD,  p.  63ü  A.  B 
fast  durch  und  durch  wörtlich  übereinstimmt,  nur  dass 
Zon.  eine  abweichende  Relation  mitten  hineinschiebt. 
Diess  Fragment  nun  hat  Scaliger  angenschcinlich  aus 
Georg.  Svncell.  (p.  381  »q-  ed.  Par.)  herübergenommen 
und,  da  weder  dieser  auf  Eusebins  Bezug  nimmt,  noch 
Hieronvmus  ein  solches  Detail  voraussetzen  lässt,  wie 
mir  scheint,  Ohne  irgend  einen  hinreichenden  Grund,  so 
dass  hier  Ensebius  nicht  als  Quelle  des  Zon.  erschei- 
nen darf.  ' 

(Bcschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  nud  Miscellen. 

Bonn.  Der  neue  Lectiunskatglog  entliält  ein  7.u  den  von 
Nake  1817  herausgegebenen  Fragmenten  desChörilos  bin- 
zugekommcnes  neues  aus  Scrvius.  Leider  verlor  unsere  Uni- 
versität am  12.  Sept.  den  Prof.  der  Eloquenz  und  MitJireclor 
des  pbilologiscbeu  Seminars,  Dr.  F.  A.  Nakc,  der  durch  Pünkt- 
lichkeit und  feine  Eleganz  seiner  Forschungen  sieb  einen  dauern- 
den iNamen  erworben.  Das  Seminarium  ging  durch  den  Tod 
Näke's  ganz  in  die  ITandc  des  Prof.  Wclckcr  über,  der 
schon  seit  He  in  rieh's  Tode  als  Mitciirector  in  dasselbe  getre- 
ten war.  Prof.  Klausen  hat  einen  Ruf  nach  Greifswalde 
erhalten  und  angenommen.  Als  Privaldocent  der  Staatswisseii- 
schaften  trat  Herr  Dr.  iuris  et  |ibilos.  W.  Kosegarten  aus 
Hamburg  in  bereits  vorgerücktem  Alter  aus  reiner  Liebe  zur 
Wissenschaft  auf.  Am  28.  Aug.  vertheidigle  Hr.  Dr.  Sig.  Kahn 
aus  Frankfurt  am  Main  seine  Inauguraldissertation  Trias  quae- 
stionum  Hor.itianarum  (S.  50),  die  über  die  Ordnung  der  Oden, 
die  Canidia  und  über  die  Liebschaften  des  lloraz  mehr 
geistreich,  als  wahr  spricht.  Am  8.  Sept.  erwarb  sicii  Hr.  Joh. 
G  i  I  de  mc  is  t  e  r  aus  Bremen  durch  Vertheidigung  seiner  dis- 
sertationis  de  rebus  Indicis,  quuniodo  in  Arabum  notitiam  vc- 
nerint,  pars  prior  (S.  lOtJ),  später  vollständiger  unter  dem  Titel 
.scriptoruni  Arabum  de  rebus  Indicis  loci  et  opuscida  inedita 
FasC.  I.  erschienen,  die  Doctorwiirde ,  wie  am  15.  Septenjber 
Hr.  Nik.  ndius  aus  Bremen  durch  seine  radiccs  |>racriticac 
(S.  24).  Das  Programm  des  hiesigen  Gymnasiums  enthält  einen 
Aufsatz  vorn  Director  Hrn.  Nik.  Jos.  Biedermann  über  die 
bekannte  Loriuser'sehe  Schrift  (S.  22)  Die  Anzahl  der  Schü- 
ler betrug  am  Anfange  des  Schul|ahres  189,  am  .Schlüsse  nach 
Abzugder  1,3  Abiturienten  l.')9  Hr  Jak.  Werner  trat  als  Lehrer 
ein  und  Hr.  Prof.  Dr.  Rcdcpenning  iibemalim  den  evange- 
lischen Religionsuiilerricbt.  Ausser  dem  Director  und  den  Gym- 
nasiallclirern  Prof.  Rr.  Schopcn  ,  Rrof.  Dr.  Lucas,  Dr.  Lessem, 
Dr.  Elshoir.  Oberlehrer  Doinine,  dann  Kanne,  Kneisel,  Nockcl. 
Zirkel  ,  waren  noch  die  Scbnlanitscandidaten  Quosseck  ,  Winter 
und  Dr  Longard  am  Gymnasium  beschäftigt. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Somitag,  24.  März 


18  39. 


Nr.  36. 


l'cbcr  die  Quellen  des  Zonaras. 

(Bcsclil  uss.) 

Alipr  ancli  n\i\\i  riiimal  STncelliis,  «enijjstcns  iiirlif 
oliiic  Eiiiscliränkniig;  denn  oligleich  Du  Caiioc  ihn  ohne 
WpKerps  für  eine  von  dessen  Quellen  im  Alljfomeinen 
aus^ili^  (praef.  ad  rof.  liist  ) ,  uneingcdeiik  des  Unisfan- 
des ,  dass  in  ihm  znm  guten  Theil  der  von  Zon.  siclicr 
teniifzte  Enscliiiis  verborgen  ist,  und  oligieich  bei  der 
jetzijfen  Lückenhaftigkeit  des  L/etzteren  die  ftlügliihkeit, 
dass  Zon,  einzelne  Eriveiteninsjen  aus  Svncellns  lieniber- 
g'chnlt,  nicht  aligclängnet  iverden  kann:  so  streitet  doch 
bei- der  fraglirlien  fjrzühlung'  sjegen  die  Benutzung  dieses 
Chronograplien  eben  die  von  Zon,  eingefloclitene  abwei- 
chende Relation;  mindestens  niiiss  er  diese,  die  er  vor- 
anstellt und  für  die  beglanbigtere  zu  halten  scheint,  an- 
derswoher Ilaben.  Da  aber  nberdiess  in  dem  überein- 
stimmenden Thcile  liier  v  ie  dort  sicli  dennoch  einige 
isolirte  und  nicht  unwesentliche  'Wendungen  finden,  so 
ist  CS  am  natürlichsten  eine  gemeinschaftliche  Quelle  zu 
muiiimassen,  die  beide  Relationen  enthielt  und  aus  der 
Jeder  nach  Delieben  Angaben  und  Worte  borgte.  Und 
diese  gemeinschaftlidie  Quelle  scheint  mir  keine  andere, 
als  der  Confin.  Dionis,  um  so  mehr,  als  der  genügsame 
Forschungsgeist ,-  sowie  die  Büeherarmuth  des  Zon.  so 
selten  wie  müglich  an  neue  Richtungen  und  Seitenwege 
zn  denken  gebietet,  und  liberdiess  jener  christliche  Ano- 
DTmus  als  ein  sehr  gangbarer,  lielfach  benutzter  Autor 
sich  darstellt.  Dass  er  mit  Joannes  Antiochenus  iden- 
tisch sei,  wie  Mai  muthmasst  (1.  c.  p.  234,  nr.  1,  vergl. 
jedoch  p.  247,  nr.  1),  möchte  ich  entschieden  bezwei- 
feln, jedenfalls  aber  auf  ihn  alle  sachliche  Ueberein- 
stimmuiigen  und  Ankl.'inge  zurückführen,  woldie  etwa 
z>?isrhen  den  Erzählungen  des  Zon.  und  denen  des  Dexip- 
pns ,  Ennapins,  Zosimus,  P.'ianins  ,  Cedrenus  und  über- 
haupt aller  derjenigen  Schriftsteller,  die  Zon.  durchaus 
nicht  unmittelbar  vor  Augen  gehabt  zu  haben  scheint, 
obwalten;  so  auch  die  interessante  Erwähnung  des  Mar- 
ens und  des  Severus  Ilostilianus,  die  er  nur  mit  Cedrenus 
gemein  hat.  Am  bemerkbarstcu  sind  naturgem.'iss  die 
Anklänge  an  Zosimus,.  und  ihrer  mehrere  finden  sich  in 
der  Thaf  im  f'ontinnator  Dionis  wieder  (s.  dessen  Frag- 
mente a.  a.  O.,  Mai's  Anmerkungen ,  wo  noch  IManches 
zn  ergänzen  wäre  ,  und  die  betreffenden  Stellen  im  Zo- 
simus). Völlig  unhaltbar  ist  die  Meinung,  welche  den 
Päanius    zur  Quelle    des    Zon.    macht.      Scaliger    hat  sie 


vielleicht  zuerst  ausgesprodipii  (aniinadv.  ad  llieronjm. 
p.  241,  244);  auf  ihn  stützt  sich  Du  Cange  (ad  Zon. 
praef.  p.  (i),  und  durch  Scholl,  der  gar  gleich  den  Eu- 
frap  substituirt  (Gesch.  d.  gr.  Lif.  111.  p.  247)  und  ohne 
Zweifel  aus  Du  Cange's  ^  orrede  schöpfte  ,  ward  der 
Irrihum  allgemeiner  verbreitet.  Das  einzige  speciellc 
Argument,  worauf  Du  Cange  fusst ,  ist  die  schon  berührte 
Stelle  p.  ti42  A:  o i q  ijiafjdii^  ü  ^loy./.ijTiavui  y.ai 
jilya  (foovi']Oaq,  ovy.8Ti  TiQoqa.yooeüeodai  naoa 
T ij s  fegovoiag  w;  noojiiv  i']vtiyEzo,  akf.a  nooqy.v- 
vtioduL  i3£GZiGe ,  y.cu  rdg  ia^rjraq  f.avTov  ,  y.ai  tu. 
vTtodjfiara  ■/'?f^O'J>  >f«'  kldoiq  y.ai  /ja  o  y  ä  o  o IQ 
lyöof^tiese,  V.o.i  il\.i  iovo.  tioKvt  tkeiav  rocg  ßa- 
nikiy.oic,  TC ag  aai] f^io li  Evt& ex o.  Ol  ttqujjjV 
yc'o  ßaaiXeeg  y.ard  rovg  vTtäTOvgTezifuijvTO, 
y.ai  rijg  ßaoiKsiaq  naoüarjuov  fiövov  it'/,ov  noQipv- 
(jOVV  TCioeßoLalov.  Hierzu  bemerkt  Jener  p.  27  not, 
bist.:  Faeanium  hir  exscripsit,  ut  alibi  saepe,  Zonaras; 
aHein  die  üebereinstimmung  liegt  nur  in  der  allbekann- 
ten Thatsache  und  ist  so  wenig  wörtlich,  ja  bietet  so 
niannichfache  Abweichungen,  dass  bei  der  knechtischen 
AVeise  des  Zon.  vielmehr  die  ISichtbenntzniig  daraus  ge- 
folgert werden  muss.  Bei  Piionius  lautet  die  Stelle  näm- 
lich (IX.  Ifi,  p.  17(i  ed.  Kalfiv.j:  ai'rög  TS  TTpujro; 
Ti]v  ßaot'uyj.v  ikijyayev  i'7iepoil'iai>,  y.a.ra  fti/.puv  tijv 
ikevdeglav,  tijv  'Pu)uaty.ijv  v'iOTiuvuuevoq,  xai  TTgoq- 
y.vvstoda/  Ttgoglra^sv  havTov  id/g/i  avTov  ßaaikt ojv 
Trjy.oivrJTCQOivyoQit;  Tiuii)invu)v  y.aiTitiiovi  k/i^ovi  TOiq 
TS  so9vnaoi  y.ai  toIc,  iTToöi'uaatv  ivijg/ioae-  ngücegov 
dh  t6  S/acfloov  TiJ';  ßao/kiyij.;  nc-Qißot.ijc,  dnu  rijg 
C'.kovQyiöog  ijV  nuvijc,.  Wir  wundern  uns  daher  nicht, 
dass  der  Irrthnm  mit  sich  selbst  in  Opposition  tritt,  dass 
Sraliger  mit  glücklicherem  Tacte  wirklich  gerade  hier 
eine  andere  (Quelle  muthmasst  (animaih.  ad  Hier.  p.  244), 
und  so  Du  Cange's  einziges  Argument  durch  den  einzi- 
gen Gewährsmann,  auf  den  er  sich  beruft,  selbst  para- 
lysirt  wird.  Dagegen  meint  Scaliger  (I.  c),  alles  Ucbrige, 
was  Zonaras  über  Diocletiaii  schreibe,  sei  von  ihm  aus 
Päanius  entnommen  (s.  Zonaras  p.  640  A  sqij.  Pacan, 
JX.  13  sqq.);  doch  es  verhält  sich  hiermit  in  der 
That  nicht  anders,  wie  mit  Du  Cange's  Beispiel:  einzelne 
thatsächlichc  und  desshalb  zum  Theil  wörtliche  Ueber- 
einstimmungen ;  dagegen  bei  Zon.  eine  Menge  von  Er- 
iieiternngen  im  Detail  und  meist  abweichende  Diction. 
Der  Punkt,  worauf  sich  Scaliger  ausserdem  stützt  (an. 
p.  241:    TakÜTIjv    eum    [sc.    Carum]    vocat   Zonaras    ex 


283 


2S4 


Paraiiio,  quem  ad  verbiiiii  snp|ieiiiinioro  scquidirj  ,  hat 
iiiilit  ilis  geringste  Bc«ciscskraft,  iiiiil  librriliess  die  be- 
ziiglidieii  Stellen  Zun.  p.  63S  !-• »  Pacaii.  I.V.  12  iiiflit 
eine  eiitfornte  Aeliuliclikeit.  Alle  «eilore  A'erj;lei(liuii- 
geii  fi'ilirrn  iuimcr  wieder  zu  demselben  llesultale;  beide 
Werke,  schon  in  ihrer  qiianlitafiven  Anlage  so  ganz,  ler- 
srhieden,  stehen  diircliaiis  in  keiner  direeten  Ik-ziehnng 
zu  einander.  31an  sieht  nohl,  Zon.  benntzt  einen  Autor, 
desRen  Krzähliingen  mit  denen  des  Eutrop  eine  geuissc 
Quc!lenvernandlsihaft  haben,  aber  nicht  die  Lcbersetzung 
lies  Kutrop  selbst;  und  immer  »lieder  »ird  die  \'ermutiiung 
auf  den  detailreiclicn  Anonymus  zuriickgefulirt.  Wie  sehr 
sich  dieselbe  bei  Allem,  »u  es  auf  Entscheidung  au- 
kommt,  d.  h.  bei  entlegenen  Angaben,  und  soweit  die 
spärlichen  Exccrpte  reiclien  ,  beiiährt,  will  ich  schliess- 
lich noch  durch  einige  IJeispielo  erhärten  :  Uebcr  des 
3]acrinus  Fussiibel  Aov.  ("oll.  II.  p.  235  cl.  Zon.  p.  032 
C;  über  den  Tod  des  Quintus  iu  Emcsa  p.  239  rl-  Zon. 
p.  ti  13  B  (dass  ßalistas  beim  Contin.  nicht  ^erwähnt  wird, 
ist  Schuld  des  Edogarius;  angedeutet  ist  er  aber  in  den» 
y.ai  drj-ui  c.V  t  o  i0;  über  den  Tod  lies  Carinus  p.  244 
cl.  Zun.  p.  63U  B  (s.  auch,  obgleich  dicss  Beispiel  über 
die  uns  gesteckte  Granze  hinausliegt,  über  Constantin's 
Absicht  die  Residenz  nach  Sardica  zu  verlegen  p.  24ü  d- 
Zon.   L.   XIII.   3   init.   T.   II.   p.   (i  B). 

In  <leni  kirche.igeschichtlicheu  Thcil  folgt  Zon.  fast 
ausschliesslich  dem  Eusebius ,  den  er  auch  mehrfach  ci- 
tirt  (p.  ti20  ß,  t)23  B,  (i27  A,  (  3fi  B,  044  B).  Siehe 
Zon.  p.  ()2Ü  A  med. —  D  med.  cl.  Eiiseb.  bist.  ecd.  VI, 
21,  2 —  '.'8  lin.  (die  Notiz:  /.ai  ^iauötavo,;  lloooo'kv- 
jiiujl!  scheint  fast  aus  Svucellus  p.  3J8  ed.  Par.  entlehnt ( 
denn  iu  der  Kirchengeschidite  «les  Eusebius  \I.  10  lesen 
»ir  lundiui,  in  der  armenischen  Uebersetzung  seines 
Kanons  p.  IN 7  (jordianns.  Dennoch  schöpfte  »ohi,  su 
scheint's,  gerade  hier  Syucellus  selbst  aus  Eusebius  ;  IMai 
und  Zohrab  (I.  c.)  haben  in  ileni  aus  ihm  entlehnten 
griechischen  Text  ^C'.oölc.voi  beibehalten,  ebenso  Sca- 
liger iu  den  ooiZufi.  p.  84.  Uic  Abweichungen  machen 
jede  Entscheidung  unsicher))  ferner  Zon.  p.  023  A  —  C 
fin.  d.  Eus.  II.  ecd.  VI.  23-  2l  —  31  (hiernach  miichte 
*iei  Zon.  durchweg  (pn^j/aio^  fiir  0/.afjiaiiui  zu  schrei- 
ten sein,  obgleich  diese  Verschiedenheit  auch  sonst  be- 
steht); Zon.  p.  (,24  V  cl.  Euseb.  VI.  33;  Zon.  p.  026 
<".  Ü  cl.  Eus.  VI.  3j.  i'l  (wo  der  neue  Bischof  lon  An^ 
tiodiia  (Ih'/j'iK,  nicht  0}.(ilj[ai/(j^  'geuauiit  wird;  danach 
wäre  auch  Zon.  p.  (i3l  B  zu  corrigireu.  Die  Erwäh- 
nung lies  ('vprian  findet  sich  bei  Eusebius  nicht  im  Zu- 
saiiiinenliange,  sondern  \'II.  .5;  Zon.  schiebt  ihn  ein, 
nennt  aber  ebenso  wenig  wie  Eusebius  dessen  Machfol- 
ger.  Die  Diatribe  gegen  Origenes  p.  026  ü  ters.  liu, 
—  p.  020  D  ist  selbststaiulig);  Zon.  p.  ()20  D  — 027  C 
med.    d.    Eus.   VI.   43.   44;     Zon.   p.   029  ß.   C    cl.    Eus. 

VI.  3'l.  VII.  2.  3.  5.  0;  Zun.  p.  G31  ß  d.  Eus.  VII.  14 
dl.  VI.  3.-J.  VII.  28;  Zon.  p.  034 'D  me.l.  _(i3,-,  A 
»ers.    fin.    cl.    Eus,    VII.    '^7 —  {it;   Zon.    p.  (i30  C    d.    Eus. 

VII.  .30;  Zon.  p.  Oi«)  B  med.  —  040  A  med.  cl.  Kus. 
^11.  31.  30  «in.  .12;  Zon.  p.  04J  A.  B  cl.  Eus.  >III. 
2  sqq.  —  Der  ausgedehnte  Schluss  des  zwölften  Buches 
von  p.  tl40  B— 04s  fin  ,  die  lleihefolgen  der  Bischof.» 
von   der  Zeit   des  iMarcellinus  un   enthaltend,  findet   weder 


in  der  Kirchengesdiichte,  noch  in  iler  Chronik  des  Euse- 
bius, wie  es  scheint,  ihren  Halt;  die  Quelle  ist  wegen 
des  vicibehanddten  Gegenstandes  nicht  mit  Gewissheit 
anzugeben.  Dass  übrigens  Zon.  die  Kircheugeschichto 
des  Eusebius  auch  bei  politischen  Ereignissen  zu  lialhe 
zog,  beweist  p.  044  B,  woilurch  zugleich  ausser  Zweifel 
gestellt  wird,  dass  der  Appendix  l  wirklich  als  ein  inte- 
grirender  Theil  des  achten  Buches  auch  damals  galt; 
denn  auf  seinen  Inhalt  bezieht  sich  das  Citat  des  Zon., 
uuil   dieser   gibt  das   achte   Buch   ausdrücklich   an. 

Ich  reihe  noch  einige  aphoristische  Bemerkungen  in 
die   vorstehende    Untersuchung. 

Lateinische  Autoren  hat  Zon.  nicht  benutzt.  Daraus, 
dass  er  die  Zeit  von  den  Gracchen  bis  auf  Cäsar,  aus 
Mangel  an  Büchern,  wie  er  sagt,  übergeht,  ersieht  mau 
mit  Gewissheit,  dass  auch  die  griechische  Uebersetzung 
des  Sallust  von  Zenobius  oder  Zenodotus  ihm  nicht  zur 
Hand  war;  ebenso  mussten  ihm  ausser  Appian  aus  die- 
sem Grunde  auch  Posidonius,  Juba,  Diodur,  Nikolaus 
Damascenus,  Justus  von  Tiberias  und  viele  Andere  man- 
geln, der  endlosen  Reihe  der  Specialschriftätcllcr  gar 
nicht   einmal   zu   gedenken. 

Die  Arbeit  des  Zon.,  als  eine  Art  von  Lehrbuch  auf 
blosse  Abschreibcrei  und  Zusammenstellung  busirt ,  ist 
schon  desshalb  an  Bedeutung  für  die  AV  isscnsdiaft  ebenso 
nichtig,  wie  Taiisenilc  von  Compendien  der  neueren  Zeit. 
Jedenfalls  küuncn  wir  nach  dieser  Section  der  ersten 
zwölf  Bücher  die  singularis  ernditio  nicht  finden,  welche 
Du  Cange  (praef.)  an  ihm  lobt;  Zon.  ist  wegen  seines 
zufälligen  relativen  Wcrthes  in  seinem  inneren  und  ab- 
soluten _  noch  immer  bei  weitem  überschätzt  worden. 
Nicht  wenig  trug  hierzu  auch  ili«  Vorliebe  bei,  welche 
die  Editoren  so  gewöhnlich  für  ihren  Autor  hegen.  Dies,* 
zeigt  sich  unter  Anderi>m  auch  in  Du  C.mge's  durchaus 
schiefer  und  mit  ^Vidersprüdlen  angefüllter  Apologie 
(s.  praof.)  gegen  die  richtige  Behauptung  des  Gerardus 
1  ossius.  I'jiii  Princip,  das  man  häufiger  aufgilit,  als  an- 
wendet, kann  in  keinem  Punkte  als  rechtfertigendes  31«- 
tiv  vorgeschoben  werden.  Zur  Zeit  der  beiden  ersten 
ilerausgcber  war  die  historische  Wissenschaft  noch  nicht 
iai  .Schwünge  ;  sie  selbst  waren  mehr  Philologen  als  Ge- 
schichtsforscher, und  man  ilarf  es  ihnen  daher  nicht  allzu 
hoch  anrcchuen,  wenn  sie  eines  Zonaras  eonatum  egre- 
pium  atqrte  iustitntum  praedariim  preisen,  in  ihm  zu 
finden  lernicinen,  was  dessen  Freunde  in  ihm  suchten, 
und  ihn  mit  L(d)sprüdicn  überhäufen,  denen  wir  vom 
heutigen  Standininkte  aus  auf  das  entschiedenste  entge- 
gentreten müssen,  ohne  Besorgniss,  dass  uns  die  orato- 
rischen  Blitze  trellen  könnten,  welche  Ilieroiiyinus  AVolf 
gegen  die  morosos  und  obtrectatores  schleudert  (iu  der 
praef.  zu  seiner  Edition).  .Sein  Eifer  ist  rühmlich,  seine 
Worte  schön  und  an  sich  wahr:  inorosoruni  tero,  ruft 
er  aus,  et  obtrecfatorum  querelas  atquc  aciileos,  quis 
Iiominuiu  deoruinve  dfugiat  ?  ([uibiis ,  iiisi  quod  ipsi  fcce- 
runt,  nihil  placet.  Nur  schade,  dass  sie  auf  den  simius 
Diuiiis,  um  mit  IMai  zu  sprechen,  gerade  auf  den  Autor 
keine  Anwendung  linden,  auf  »eichen  er  sie  anzuwenden 
so  ausführlich  bemüht  ist,  —  als  der  würdige  Patron 
eines  unwürdigen  dienten;  seine  Liebe  ist  mehr  ofliciell 
als  gerecht.      Unser   Urtheil  aber ,    das  die  reiu  ubjective 


2«5 


286 


Ueti-achtuiic;  zur  innersfon  Ueberzeii{,'iiii{;  liililetc,  tliirfeii 
■lio  clirjstlirli  besclicidciicii  AVortc  nicht  mehr  iiiiistiiii- 
iiieii,  mit  ilciica  Zoiiaras  das  Werk  seiner  Müsse  schlicsst. 
(T.  II.  p.  311.) 

Die  Gelehrsamkeit,  »•eiche  das  dem  Zonaras  ziipe- 
schriebeiic  Lexikon  zur  Sihau  tr.'igt ,  ist  ebenfalls  nur 
eine  beschränkte  zu  nennen;  auch  hier  ist  aus  ein  Paar 
Büchern  ein  neue»  zusauiuienfjetrajfcn.  "^Vir  begntigcu 
uns  eine  Bemerkung  Blai's  darüber  mi<zuthcilen  (Nov. 
Coli.  II.  p.  5(i(i):  ijuanujuam  Zonaras  ■  in  liistoria  sua 
simius  Diouis  fuit,  nihil  ille  tarnen  ex  hujus  historia  ha- 
bet in  Icxiro,  qnod  ex  Suidae  potius  proniptnario  snm- 
ptum  iion  videatur.  Quaniobrem  vel  Icxici  auctor  nou 
«st  Zonaras,  rcl  is  certo  ante  Icctum  Dioncm  lexicogra- 
phus  fuit. 

Bei  einer  neuen  Ausgabe  der  Anualcu  des  Zonaras 
bleibt  noch  erstaunlich  viel  zu  leisten.  Mit  Zmcrsicht 
dürfen  »vir  erwarten,  dass  der  Herausgeber  derselben  für 
das  Bonner  Corpus  Bjz. ,  der  rühmlichst  bekannte  und 
thätige  Dr.  Finder,  sich  ein  unvergängliches  A^erdienst 
um  ihn  eriverben  werde.  Ein  sorgfältiger  Comnientar 
ist,  nicht  minder  wie  eine  behutsame  Constitution  des 
Textes,  eins  der  Haupterfordernisse.  Du  Gange  frei- 
lich erklärt  einen  genauen  Commentar  über  die  Einzel- 
Leiten  für  überflüssig  (praef.  ad  not.  bist.)  ;  bei  solcher 
Ansicht  kann  es  uns  aber  nicht  wundern,  wenn  er,  we- 
nigstens beim  ersten  Tlieil,  für  das  kritische  und  histo- 
rische rtlomcnt  so  wenig  oder  vielmehr  Nichts  leistet.  Er 
hat  keine  vertraute  Bekanntschaft  mit  seinem  Autor  ge- 
schlossen, und  wenn  er  daher  gar  einmal  einen  kritischen 
(jirilf  versucht,  so  ist  es  gewöhnlich  ein  Fehlgriir.  Da- 
hin geliiirt  es,  wenn  er  dem  Zonaras  zuversichtlich  einen 
Philo  und  P.'ianius  als  Quellen  andichtet,  wo  derselbe  in 
Wahrheit  ganz  andere  Schriftsfeller ,  wie  die  Kirchcn- 
gescliichte   des  Eusebius,   benutzte. 

Bringt  man  nun  eben  in  Anschlag,  wie  wenig  die 
bisherigen  Herausgeber  dieses  Feld  der  Forschung  be- 
rücksichtigt, und  wie  sie  sogar  durch  Verkennnng  der 
Kriterien  und  hierdurch  veranlasste  MissgrilTe  nur  dazu 
beigetragen,  dasselbe  zu  trüben  und  zu  verwirren:  dann 
<lürfte  »obl  die  zum  erstenmal  nnternommenc  Sichtung 
eines  von  den  Historikern  bis  auf  die  neueste  Zeit  herab 
meist  ganz  vernachlässigten  oder  ohne  Urlheil  gehaiid- 
habten  Autors  nicht  als  unnüt<!  erscheinen,  noch  Leistung 
und  Ausbeute,  wie  gering  sie  auch  sein  mögen,  völlig 
verschmähet  werden.  Nach  ^Vollständigkeit  rang  ich  nicht; 
auch  berührte  ich. selten,  was  dem  eigentlichen  Zuecko 
fern  lag.  Unzählige  philologische  un<l  historische  Be- 
richtigungen mussten  künftigen  Herausgebern  und  Ge- 
scliichtschreibern  überlassen  bleiben;  ich  meinerseits  durfte 
nur  andeuten,  nicht  durchweg  cou)mentireu. 

Berlin.  Dr.   Ifilh.  Adolph  Schmidt. 


II  giudiziu  di  Pariile  rapprcsentato  sopra  tre  monn- 
menti  inediti  publicati  ed  illustrati  dat  dott.  Emilio 
Braun.     Edizione  altera.      Parigi ,    Didot   1838.    L. 

In    dieser    kleinen    gehaltvollen    Schrift,     welche    ur- 
sprünglich   ein    Gratulationsprogramm    zur    IIuchz«itgfeier 


des  Hrn.  Prof.  Ritschi  war,  und  ilanii  in  etitas  ler.in- 
derler  Gestalt  dem  Publicum  übergeben  ist  (daher  edi- 
zione altera)  Jiat  l\r.  Br.  drei  bisher  noch  nicht  bekannt 
gemachte  iMonumente  ,  welche  das  Urtheil  des  Paris  dar- 
stellen, herausgegeben  und  kurz  erkl{irt,  eine  A"ase  von 
Unvo,  ein  Basrelief  aus  der  A'illa  Ludovisi,  und  ein  Re- 
lief in  Knochen  gearbeitet.  In  der  Einleitung  deutet 
Hr.  Br.  an,  dass  diese  Arbeit  nur  als  der  Vorläufer  einer 
anderen  unifass"nden  anzusehen  ist,  «eiche  die  znhlrei- 
cbf!:  filonunicnte ,  die  diesen  Gegenstand  darstellen  — 
und  er  gehört  zu  denjenigen,  welche  die  bildende  Kunst 
in  allen  ihren  Zweigen  am  häufigsten  behandelt  hat,  ohne 
dass  wir  überall  nur  Repliken  eines  berühmten  Kunst- 
werks begegneten,  wie  diess  bei  manrlien  Gegenständen 
z.  B.  dem  Raube  der  Proserpina  der  Fall  ist  —  zusam- 
menstellen und  ordnen  wiril,  so  dass  man  an  diesem  Bei- 
spiel den  Entwickelungsgang  der  Kunst  von  ihrem  An- 
fange bis  zum  Verfalle  verfolgen  kann.  Sihon  auf  dein 
Tlirono  des  Ani^kläischen  Ajiollo  (Paus.  III.  18,  Vi), 
wie  auf  dem  Kasten  des  Kvpselos  (Paiis.  V.  ((',  5),  »ar 
das  Urtheil  des  Paris  dargestellt,  Vorstellungen,  die  wir 
auf  Vasenbilderu  alterthümlichen  S(_\ls  wiederzuerkennen 
um  so  weniger  anstehen  dürfen  ,  da  eine  derselben  auch 
den  Abschied  des  Amphiaros  ebenso  dargestellt  zeigt,  wie 
ihn  Tansanias  am  Kasten  des  Kvpselos  beschreibt,  wäh- 
rend dagegen  das  erwähnte  Knochenrelief  im  Stvl  die 
aulfallendste  Aehnlichkeit  mit  den  vor  kurzem  von  A.  Mai 
mit  diplomatischer  Genauigkeit  bekannt  gemachten  Mi- 
niaturen znm  Homer  und  Virgil  zeigt.  AVir  gehen  nun 
zu  dem  Einzelnen   über. 

I.  Die  Zeichnung  des  im  Bnllett.  1836  p.  16.5  ff- 
kurz  beschriebenen  Vasenbildes,  welche  Hrn.  Br.  durch 
P.  Lnviola  mifgetheilt  worden  ist,  nur  eine  fluchtige 
Skizze,  ist  mehr  geeignet,  eine  ungefähre  Vorstellung  zu 
geben,  als  die  Vase  in  ihrer  ganzen  Pracht  dem  Be- 
schauer vors  Auge  zu  führen,  die  sich  durch  mehrere 
Eigenthümlichkeiten  auszeichnet  z.  B. ,  dass,  die  Flügel 
der  Eroten  vergoldet  sind  ,  wie  auf  ilcm  Gemälde  bei 
Piiilostr.  Im.  I.  (i.  In  der  Mitte  sitzt  Paris  {.JAEEIN- 
JPO^)  in  reicher  plirvgis(  her  Traiht,  neben  ihm  Hegt 
sein  Hund  ;  er  hält  in  der  Linken  eine  Art  Sceptir  ,  in 
der  Rechten  den  Apfel,  welchen  er  im  Begrifl"  ist,  der 
Aphrodite  zu  geben,  denn  zu  ihr  wendet  er  sii  li  hin, 
und  von  den  beiden  anilern  Göttinnen,  die  zur  Linken 
stehen,  ab.  Zwei  Eroten,  welche  Hr.  Br.  (nach  Luc. 
ü.  D.  XX.  15)  Eros  und  llimeros  nennt,  sind  thätig, 
der  Aphrodite  den  Sieg  zu  gewinnen;  indem  der  eine 
vertraulich  sich  auf  Paris  stützend  ihm  verführerische 
AVorte  ins  Ohr  flüstert,  scheint  der  andere  beschäftigt, 
ihn  auf  die  unwiderstehlichen  Reize  der  Göttinn  der 
Schönheit  aufmerksam  zu  machen.  Bemerkenswerth  ist 
die  verständige  Gruppirung,  vermöge  welcher  Aphrodite 
als  die  Siegerin  in  diesem  Kampfe  ganz  von  den  übrigen 
Göttinneu  getrennt  ist.  Auf  der  einen  Seite  steht  llere 
(  IIPA),  in  stolzer  Haltung,  indem  sie  mit  der  Linken 
das  Scepter  erhebt,  mit  der  Rechten  einen  Zip'el  des 
Krcdeninon  erfasst,  welches  von  dem  mit  einem  Kranze 
geschmückten  Haupte  auf  die  Schultern  fällt  ;  die  Herr- 
scherin des  OIvmpns,  die  dem  Ilirteiijünglinge  die  Herr- 
schalt über  Asien  verspricht,     ist    vortrefllicb  rharakteri- 


■2s: 


288 


dirt.  Neben  ihr  sichi  Atlieiie  {J&U?\  IIA) ,  mit  Helm 
uuil  Aiffis,  in  kriegerisclior  SU-lliing,  in  der  Rerliten  den 
ScIiiUl,  in  der  crJioLeiien  Linken  den  Speer  gefasst,  .sclieinf 
sie  fegen  Paris  vorzutreten  und  ihm  IMaclit  und  Ruhm 
der  SValTcn  zu  verspree Iien.  Dieser  aber  wendet  sich  der 
Aphrodite  zu,  «elclie  auf  der  eiiti;egenge.setzt(Mi  Seite  die 
Gruppe  sthliesst  {  A0POJITH)\  in  ruhiger  Haltung 
sitzt  sie  da,  in  der  Reclitcn  das  Srepter  haltend,  ihrer 
Schünheit  bcHUsst,  ihres  Sieg;  geitiss  blickt  sie  mit  ver- 
fiilireriscliem  L.'icheln  auf  den  Richter,  dem  sie  den  seli- 
gen IJesitz  göttlicher  Stliiiiiheit  zusagt.  ZMisciieu  ihr 
und  Paris  steht  Hermes  ( Il^PJfH^),  ruhig,  ohne  An- 
theil  zu  nelinien  an  dem,  was  vorgeht;  indess  ist  er 
vielleicht  niciit  ohne  Absicht  neben  Apliroilite  gestellt, 
da  «ir  ihn  audi  anderweitig  den  Paris  zu  Gunsten  der- 
selben stimmend  finden,  s.  Millingen  A.  U.  31.  l.  17' 
R.  Roclietle,  M.  X.  p.  2B1.  (iegeniiber  der  Aplirodito 
wird  die  Gruppe  geschlossen  durch  eine  sitzende  weib- 
liche Figur,  welcho  man  der  Stellung  und  dem  Platze 
nach,  den  sie  einnimmt,  für  eine  Localgottheif  zu  hal- 
ten geneigt  wSre,  wenn  nicht  die  Beischrift  dagegen- 
gprache.  liber  ihrem  Haupte  nämlich  liest  man  K  1  Y- 
ßlEMI,  das  offenbar  verschrieben  ist  fiir  KA  YMENH, 
wie  auch  de  Witte,  cab.  Etrus^uc  p.  12'),  n.  2  bemerkte. 
Unter  den  sieben  mythologischen  Frauen,  die  diesen 
INamen  filhrten ,  zieht  Ilr.  ßr.  die  seit  IFomer  (II.  y, 
l44  f.)  vielfach  erwähnte  Dienerin  der  Helena  hierher, 
welche,  von  Paris  mit  nach  Troja  geführt,  naclihcr  von 
den  siegreichen  Griechen  wieder  gewonnen  wurde  ;  vgl. 
Paus.  X,  26,  1.  Ovid.  Her.  X^'I,  257.  X^'II,  207.  Dict. 
Cret.  I,  3.  V,  13.  Er  glaubt,  dass  diess  eine  Ilindeu- 
luug  auf  die  als  Lohn  verheisscnc  Helena  sein  solle, 
indem  es  an  die  durch  neuere  uivthologisclic  Forschun- 
gen lieransgestcUtc ,  so  häufige  Erscheinung  erinnert, 
dass  eine  Eigenschaft  einer  Gottheit  gleichsam  aufgelöst 
und  verkörpert  als  eine  neue  mythologische  Person  auf- 
tritt, sowie  durch  die  Aeltern ,  Kinder,  Angehörigen 
einer  mythologischen  Person  die  Eigenschaften  derselben 
bezeichnet  werden.  Oder  am :li ,  man  könne  annehmen, 
dass  Klvmene  geradezu  für  Helena  gesetzt  sei ,  w  eiche 
Erklärung  mir  noch  ansprechender  erscheint.  Dass  ge- 
rade auf  Vasen  öfters  statt  des  Namens  ein  Beiwort  ge- 
setzt wurde,  das  die  Person  bezeichnet,  ist  unzweifel- 
haft, man  sehe  die  Beispiele,  welche  Welcher,  HjP" 
Rom.  Stud.  p.  30Ö  f  Bullrlt.  1833.-,  p-  löO  f.  und  nach 
ihm  R.  Röchelte  niem.  sur  Atlas  p.  5S  f-  gegeben  hat. 
Gewiss  ist  y.LviJ.Lvr  für  die  Helena  ein  passendes  Bei- 
wort; ja,  wenn  man  erwähnt,  dass  Kli/i/ienos  den  Hades 
liezcirhnct,  und  dass  auch  Klymene  in  manchen  IVIvtlicn 
dieselbe  Beziehung  hat  ,  dürfte  man  vielleicht  die  \et- 
muthung  aussprechen,  dass  dieser  Name  hier  gewählt 
«ei,  um  das  Verderbliche  dieses  dem  Paris  gebotenen 
Geschenks  anzudeuten.  —  Oberhalb  dieser  Figuren  sehen 
«ir  auf  einem  zweiten  Plan  noch  vier  andere  :  gerade 
über  Paris  erscheint  Kris  (EPIS),  von  weh  her  aus  dio 
Büste  sichtbar  ist,  schadenfroh  auf  ihr  AVcrk  herab- 
sehend; über  dem  Haupte  der  Aphrodite  sind  zwei  ge- 
fallig grnppiitc    weibliche  Figuren,    von    denen    die    eine 


sitzend  einen  Kranz  flicht,  während  die  zweite  in  der 
Linken  den  schon  gewundenen  Kranz  hält,  indem  sie 
sich  auf  die  Schulter  der  andern  stützt,  über  beiden 
ist  I'J  }r }  AI  .1  geschrieben,  offenbar  dienen  beide  zur 
liezeichniing  des  Sieges  der  Aphrodite.  *)  Hr.  Hr.  be- 
merkt ilabei ,  dass  ahnüche  \anien  und  Figuren  ähnlicher 
Bedeutung  nicht  seifen  auf  ^'asen  sind,  I  führt  als  Bei- 
spiel die  Choronike  beim  AVettstrcit  des  ThaniTras  (M.  J. 
ilel  Just.  H,  1.  XIH,  vgl.  Ann.  VII,  p.  237)  und  di» 
Apule  auf  einer  noch  unedirten  ^'ase  an,  die  den  Turnus 
darstellt  (vgl.  Bullett.  1S34,  p.  lliö  ).  Diesen  beiden 
Frauen  gegenüber,  oberhalb  der  Klunenc,  sitzt  Zens 
(Efiyyj,  das  Haupt  bekränzt,  das  gestickte  Gewand 
ist  auf  die  Hüften  hinabgefallen  und  lässt  den  Oberleib 
bloss,  in  der  Rechten  hält  er  den  Scepter,  in  der  Linken 
einen  Ziveig;  Hr.  Br.  vermuthet,  dass  Zens  hier  weni- 
ger als  Lenker  der  Welt,  denn  als  Preisvertheilcr  darge- 
stellt sei,  indem  er  an  die  Statue  des  Pliidias  erinnert, 
welche  in  der  einen  Hand  den  Scepter,  in  der  andern 
die  Nike  hielt  (Paus.  V,  11,  1).  Auf  eine  sehr  anfal- 
lende AV  eise  erscheint  rechts  der  Wagen  des  Heliof: , 
dessen  vier  Rosse  nur  zum  Tlicil  sichtbar  aus  den  Wel- 
len aufzusteigen  scheinen  ,  geführt  vom  Sonnengotte  selbst 
(IlAIO^),  der  auch  noch  durch  eine  mit  Strahlen  ver- 
sehene Scheibe  bezeichnet  ist.  Hr.  Br.  erinnert  an  das 
Frontispiz  des  Parthenon  ,  wo  man  im  linken  Winkel  nur 
die  Köpfe  der  Sonuenpferdc  lieriorragen  sieht,  um  den 
Sonnenaufgang  zu  bezeichnen,  fügt  aber  hinzu,  dass  es 
schivierig  sei,  eine  Ursache  anzugeben  für  die  Erschei- 
nung des  Helios  bei  dieser  Scene,  dass  es  indessen  nicht 
erlaubt  sei,  eine  Willkür  hierin  zu  finden,  da  auch  auf 
dem  folgenden  Basrelief  Helios  gegenwärtig  ist.  W^enn 
ich  mich  nicht  irre,  ist  Helios  a.uch  auf  einer  Vase  bei 
Dnbois.  IMais.  introd.  ])1.  CXX  beim  IJrtheile  des  Paris 
zugegen.  Das  einfachste  scheint  es,  mit  Hrn.  Br.  anzu- 
nehmen, CS  solle  dadurch  das  Anbrechen  des  auf  die 
Hochzeitsfeier  folgenden  Tages  angedeutet  werden:  nach 
Lucian.  I).  D.  Mar.  5  find  das  Urtheil  am  Tage  nach 
der  Hochzeit  statt,  eine  Anspielung  darauf,  dass  Eris 
den  Apfel  von  dem  der  Obhut  des  Helios  anvertrau- 
ten Baume  gepflückt  habe  ,  worauf  Hr.  Br.  hindeu- 
tet, scheint  mir  dagegen  gezwungen  und  zu  weit  her- 
geholt. 

(Bes  chl uss  folgt ) 


Personal-Chronik  und  Miscellou. 

llostoek.  Die  bicsipc  tlicologische  FacultUt  lial  dem  Pro- 
fessor c\lraordinarins  der  Tlicolopic  in  Jena,  Hm.  Cail  From- 
ni  ann  ,■  wie  Ci  in  dem  unter  dem  5.  März  ausgefertigten  Diplome 
licisst,  ,.propler  eriulitloncm  tlieolojicani  scriptis  probatam  egrc- 
i;iaMU|iic  docciuli  faciiltatcni "  die  llicolocisclic  Doctorwiiidc 
honuii^   raiiui   cill.cill. 


")   .\ur  einer  Vase  bei  D.   Dorn  ml   Hebt  man  eine  sitzende 
wcildi-cbe  Fi^jur,    hinicr    ilir    eine  .Stele    mit  der  Insclirift 


Zeitschrift 

für    die 

AI  t  er  tliii  ms  wisse  11  Schaft 


Mittwoch^  27.  März 


18  39. 


Nr.  37. 


11  giinlizio  (li  Paridc  rapiircsontato  snpra  tre  raioiiii- 
iiiouti  incditi  piiblicali  cd  iiliistrati  dat  doft.  Eiiiilio 
Braun-     ifidizioue  altera, 

( 15  e  s  c  li  1 II  s  s,  ) 

II.  DiospR  Relief  silieiut,  seit  Winchclmann  (Mon. 
Iiicd.  II,  p.  IStt)  es  priiahnt  hat,  keine  «eitere  Beriick- 
siclitigimg  gcfiiiulei^  zu  haben,  und  wir  sind  Hrn.  Braun 
fiir  die  liekanntniaclning'  desselben  um  so  grosseren  Dank 
schuldig',  <la  die  herrlieliAi  Kunstwerke  dieser  l^illo  so- 
gar dem  Bestliauer  seit  einer  Reihe  von  Jahren  nur  sehr 
siimer  zug.'inglirli  sind.  Es  befindet  sich  im  zweiten 
Saale  des  Casino  in  die  Wand  eingelassen,  ist  von  sehr 
guter  Arbeit  und  vortrefl'licU  erhalten,  indem  nur  die 
Figuren  in  der  recliten  Ecke  gelitten  haben,  besonders 
die  Nymphe,  indessen  ist  das  Vorhandensein  von  keiner 
zu  liezweifeln.  Es  ist  schwer  zu  sagen,  wclciics  der  ur- 
sprüngliche Zweck  dieses  Reliefs  gewesen  sein  mag, 
denn  fiir  einen  .Sarcopliag  scheint  es  nicht  nur  zu  gut 
gearbeitet,  sondern  anc!i  zu  gross  zu  sein.  Zu  bedauern 
ist  es,  dass  die  von  einem  geschickten  Künstler  gemachte 
Zeichnung  unter  den  Iliindeu  des  Lithographen  verloren 
hat,  so  <lass  die  Abbildung  die  Schiinhcit  des  Originals 
allerdings  nicht  ganz  wiedergibt,  holTentlich  wird  Hr.  Br. 
sie  bei  seinem  grösseren  Werke  durch  eine  gehiiigenerc 
ersetzen  können.  Auch  hier  nimmt  Paris  die  Mitte  der 
Coniposifion  ein,  umgeben  von  seiner  lleerde,  sitzt  er  im 
Schatten  eines  Baumes  in  weichlicher  Stellung  da,  die 
Linke  auf  den  Stab  gelehnt,  den  Kopf  mit  der  Rechten 
aufstützend,  und  aufmerksam  dem  geflügelten  Eros  zu- 
hörend, der,  vertraulich  die  Hand  auf  seine  Schulter 
legend,  ihm  verführerische  Worte  zuzuflüstern  scheint.*) 
Und  nicht  ohne  Erfolg,  denn  schon  erscheint  er  abge- 
wandt von  der  Frau,  die  züchtig  bekleidet,  die  Syrinx 
in  der  Hand,  neben  ihm  steht  und  mit  traurigem, 
ahnungsvollem  Blicke  ihn  ansieht.  Schon  Winckelmann 
hat  sie  richtig  erkannt,  es  ist  die  Nymphe  Oitione,  wel- 
che die  erste  Liebe  des  Paris  genoss ,  sein  Ilirtenleben 
mit  ihm  theiltc  und  nun  vermöge  ihrer  Weissagungs- 
kraft li-'ardien.  erot.  3.  Conen  b.  Phot.  p.  ISO  B.  AppoUod. 
III,  1.?,  (V)  alles  Unheil  voraussieht,  das  dieser  unselige 
Wettstreit  über  sie  und  den  Geliebten  bringen  wird.    Zwar 


*)  Anch  auf  einer  Gemme  bei  Zannoni  s''"-  di  Fir.  1.  22, 
n.  1  ist  Eros  in  derselben  Stellung  bcsciiaftigt ,  den  Rich- 
ter zu  Gimsteu  der  Apluodite  zu  stimmen. 


wird  von  keinem  Schriftsteller  Oiiione  als  gegenwärtig  bei 
dem  ürtheil  genannt,  bei  Ovii!(IIer.  V,  3ÜJ  sagt  sie  sogar 
ausdrücklich,  ut  mihi  marraati ,  allein  diess  wird  Nie- 
mand irren,  der  die  verschiedenen  Bedingungen  der  bil- 
denden und  der  Dichtkunst  erwagt.  Auf  einer  Erhöhung 
steheil  rechts  von  Paris'  die  3  Göttinnen,  auch  hier 
durch  Hermes  Aphrodite  von  den  übrigen  getrennt,  er 
mach^  ciAe  Bewegung  mit  der  Hand  gegen  sie,  als  wolle 
er  sagen:  Seht  da,  eure  Siegerin!  Ifere  ist  kenntlich 
durch  Stephane  und  Scejiter,  Atltene  durch  den  Helm, 
wobei  sie  übrigens  ohne  WalFen  ist,  beide  drücken  linmutii 
und  Stolz  aus,  wahrend  Aphrodite  mit  einer  graziösen 
Bewegung  den  Schleier  hebt,  der  ihre  himmlische  Schön- 
heit verhüllte.  Auf  iler  andern  Seite  sitzt  neben  dem 
Baum  erhöht  eine  bartige  männliche  Figur,  über  deren 
Bedeutung  Zvi  eifel  entstehen  könnte:  denn  während  man 
sie  für  eine  Ortsgottheit  zu  halten  geneigt  sein  möchte, 
dürfte  wiederum  die  Löwenhaut,  auf  der  sie  zu  sitzen 
scheint,  sowie  der  Umstand,  dass  sie  eher'  eine  Keule, 
als  einen  Scepter  in  der  Linken  zu  halten  scheint,  einen 
Herakles  erkennen  lassen.  Indessen  scheint  der  majestä- 
tische Ausdruck  des  Gesichts,  der  eigenthümliche  Haar- 
«urf,  der  Antheil ,  den  er  an  der  Handlung  nimmt,  so- 
wie die  Analogie  ähnlicher  Momerfe  keinen  Zweifel  zu- 
zulassen, dass  wir  hier  Zeus  sehen,  der  von  der  Höhe 
des  Ida  herab  dem  Wettstreite  zusieht.  So  werden  wir 
auch  wohl  nicht  irren,  wenn  uns  die  neugierige,  hastige 
Haltung  des  weiblichen  Kopfs,  der  bis  zum  Busen  neben 
Zeus  sichtbar  wird,  die  Eris  zu  verrathen  scheint.  Auf- 
fallend ist  die  Erscheinung  der  Artemis  neben  derselben, 
allein  die  schlanke  Gestalt,  wie  iler  Köcher,  macht  sie 
unzweifelhaft;  es  möchte  schwer  sein,  einen  bestimmten 
Grund  ihrer  Gegenwart  anzugeben,  allein  sehr  glücklich 
hat  Hr.  Br.  hiermit  die  Stelle  beim  Tansanias  in  Ver- 
bindung gebracht,  aus  der  allerdings  hervorzugehen  scheint, 
dass  auch  auf  dem  Kasten  des  Kypsclos  Artemis  gegen- 
wartig war  beim   Urtheil  des  Paris.   *)      Freilich    ist  da- 


')  Paus.  V,  19,  5:  "A/Fi  Se  xa\  'En/j^g  Trao'  ^AiitavSiiov  top 
ITinduov  Tck  >?*"?  xoi&ijaofurai  VTteQ  tov  xdXXoVf'  xac  i'üTiy 
inCynautnc  xai  royrot?. 

^Eotuta;  oS^  ^AX.e'idvSqia  Setxvvat  dtairtjy 
roi;  elSoCi  "Hfiay  xa\  '[A&uvSv  xa\  '^lipQodiri;i'. 
'A^T^uii    Si  ovx    olStt ,    fip'    01(0  Xoyo}    ■minvyaq  i/ovaa   fariv 
Ini.  TMv   touoir,    xiä    rrj  /ttr  St'iiü    xaTt'Xf^    ■nduSaXir,     rij   ai 
fTf„(t  Twr  %fiocöy  h'orTu.    Gewöhnlich  fasst  man  das   letzte 
als"  eine  besondere  Darstellung,  ich  glaube,  mit  Unrecht. 


291 


292 


Dii<  der  innere  Grnni]  noch  nirL<  anfgpfundon ,  allein  es 
ist  (lü(h  eine  alte  Trailition  für  ilirse  Uarsfelluii);  j,'c- 
Miiiineii;  uiiil  Ilr.  Br.  knüpft  daran  die  rirlitigo  ücnier- 
luii^,  dass  in  der  kiinst  ,  «io  in  der  Sprailie,  geivisso 
Eisriieinnnijcn ,  die  den  .'illesfen  Zeiten  anfjeliiiren  nnd 
dann  irr«isrht  >iurden,  pliitzlicli  oline  sirlitbare  IVsarhe, 
«je  "rjfanisrhe  nnd  nothn  endijje  Elemente  iiirder  licr- 
Tortreten.  —  Ac-lien  Artemis  ersriieinf  nnn  aueh  hier, 
aber  kleiner,  Helios;  oh^lcivU  der  31arnior  an  dieser 
Stelle  einijje  Besrhadi|;iin'ren  erlitten  hat,  so  ist  doch 
der  Sonnenjjott ,  der  auf  seinem  mit  4  Rossen  bespannten 
Hagen  im  rasrhen  Lanfe  daherkommt,  norh  dentlirh  zu 
erkennen.  l  nferlialb  der  znlet/.t  genannten  Figuren  sieht 
man  ilie  liegende  Figur  eines  Flussgottes,  der  sich  mit 
der  Rechten  auf  ein  Steuerruder  stützt,  während  die  Linke 
die  Urne  liält,  der  das  AVasser  entströmt;  Ilr.  Br.  nenn! 
ihn  Kehres.  Allerdings  heisst  so  der  Vater  der  Oinone 
-Lei  Apollud.  111,  12,  li.  Parthen.  crot.  3  n»d  Endoc. 
p.  32'.l  (denn  dort  ist  ;;  Oivujvij  ^y.itjQlJvoQ  dvyÜTI'Q 
1  crschrieben  statt  ;y  Ii.ißo.  ihy.,  sowie  etwas  weiter 
unten  (''.:i aydfina.  statt  änayyßiiOO.),  während  Andere 
ihren  Vater  nicht  nennen,  wie  Lycophr.  59-  Con.  b. 
Phot.  p.  ist)  B.  und  Orid,  der  sie  Her.  V,  2  Pegasis 
Oeiinne  und  r.  10  edilti  de  magno  ßuvio  nx/mpha  nennt; 
da  indessen  Parthenius  ausdrücklich  sagt,  er  habe  Oinone 
»on  ihrem  Vater  weg  auf  den  Ida  geführt,  so  ist  es  viel- 
leicht richtiger,  den  Scamattdros  in  dem  Flussgotte  z» 
erkennen.  ^cben  ihm  erscheint  noch  eine  jNvmphe., 
lilier  deren  nrsprüngliche  (Jestalt  sich  nichts  Bestimmtes 
sagen  lässt  ,  da  hier  der  i'Marmnr  am  meisten  gelitten  hat, 
indessen  ist  ihr  Dasein  8i<'her.  Ilr.  Br.  bemerkt  mit  Recht, 
das«,  so  sehr  man  sich  auch  fersucht  fühlen  möchte,  den 
Hainen  Kl^mene  vom  Vasenbilde  aul  diese  Figur  zu 
übertragen,  ein  solches  Verfahren  doi  h  nicht  raihsam 
sei;  er  glaubt,  man  kiiiiiie  in  derselben  eine  jener  N\m- 
phen  erkennen,  die  den  Paris  als  .Schäfer  geliebt  hät- 
ten. AV'ahrsciieiulich  hat  er  die  .Stelle  bei  Ovid  im  Sinuc, 
»o    Paris   der  Helena   schreibt   (Her.    XVI,    95   f.) 

Ncc   tantuni   regum    natae   petiere   ducumquc, 
Sed  Ä'wiiphis   etiani  ruraque  aniorijue  fui; 

iiidess  möchte  ich  darauf  kein  grosses  Gewicht  legen,  da 
dieses  »ehr  wohl  von  Oinone  allein  verstanden  werden 
kann,  und  eine  andere  Tradition  ist  mir  wenigstens  nicht 
bekannt.  Die  Nvmphe  aber  neben  dem  Flussgotte  wird 
um  so  weniger  befremden,  wenn  man  die  Stellen  bei 
Euripides  erwähnt,  Iphig.   Aul. 

ot'  iiTti  -/.orjvaiaioi  Soüoot;  Hon   UaLküdi  i'  Iq/v 
toiv  fioorfüq  ö.  KtTTot;  toytv,  und 
fÄi'jjioT   oJffiiKev  ruv  üi'.cfi  fjovol  ßav/.ÖKov   xoa- 
<fi6vT   'Al.i^avi)ooi'  oh.ioai  üixpi  tu  kevy.ui/  vöujfi, 
Ö9i  y.otjvai  Niuffvjv  y.tiviat  v..  t.  Ä. 

III.  Das  srhlechtgearbeite,  aber  interessante  Relief  an 
eiiieni  Hinge  aus  Knochen  stellt  zwei  Handlungen  dar, 
den  Augenblick  iler  Hochzeit  des  Peleus,  wo  Eris  den 
Apfel  hineinwirft,  und  die  .'3  Göttinnen  mit  Hermes; 
Apluodite.  diesem  zunächst  stellend,  ist  nur  mit  einem 
leichten  (^i-waiid  bekleidet,  ilas  nur  den  Rürken  bedeckt, 
uud   den    \'orderthcil    des  Körper»   ganz   nackt   zeigt,    mit 


beiden  Händen  fasst  sie  ihre  Haarflechten,  es  scheint 
fast,  als  sei  es  eine  ungeschickte  Nachbildung  jener  häu- 
fig vorkommenden  Darstellung  der  sich  die  Haare  trock- 
nenden Aphrodite  {Millin  G.  M.  XLIII,  175).  Keben 
ihr  steht  Alltene  niit  Helm,  Schild  nnd  Lanze,  dann 
folgt  Ilci'e  ganz  verhüllt,  in  der  Rechten  das  Scepter, 
neben  sich  den  Pfau.  Aphroditen  zur  Seite  steht  Her- 
mes, mit  Chlamvs,  Flügelhut  und  Kerükeion  ,  den  lin- 
ken Fuss  aufgestützt,  hält  er  den  Apfel  seiner  INachbarin 
hin.  Und  in  der  Tliat  spricht  Hr.  Br.  die  niciniiiig  aus, 
dass  Hermes  hier  an  der  Stelle  des  Paris  das  Richter- 
amt versehen  habe;  ich  glaube  diess  nicht,  denn  Hermes 
wendet  den  Kopf  von  der  Aphrodite  ab  und  scheint 
Paris  zu  fragen,  ob  er  ihr  den  Preis  zuerkennen  solle. 
Auch  liabe  ich,  als  ich  bei  Fassati  das  Relief  unter- 
suchte und  die  verbrochenen  Stücke  des  Rings  zusammen- 
setzte,  gefunden,  dass  an  dieser  Stelle  etwas  fehlte,  und 
gewiss  ist  auf  dem  fehlenden  Stücke  Paris  dargestellt 
ge»vesen.  Ilr.  Br.  erkennt  dieselbe  Scene  auch  auf  der 
Tazza  des  Xenokles  bei  R.  Rochelf  M.  J.  XLIX,  1; 
mir  scheint,  dass  man  auch  da  richtiger  eine  dem  Ur- 
theil  vorangehende  Scene,  etwa  eine  Unterredung,  wie 
bei  Lucian  ,  sehen  kann  ,  denn  « eder  die  von  Panofka 
Ann.  II,  p.  1S8,  noch  Lcnormnnt  cab.  D.  nr.  ü5  ge- 
gebene Erklärung  kann  ich  für  richtig  halten. 

Dieser  Auszug,  für  den  ich  auch  die  reichen  Samm- 
lungen des  Verfs.  benutzen  konnte,  wird  genügen  ,  auf 
die  Sihrift  aufmerksam  zu  machen;  es  würde  sich  für 
mich  nicht  geziejnen  ,  einen  31ann  zu  loben,  dessen  auf- 
opfernder Freiuulschaft  und  belehrendem  Umgänge  ich 
so  viel  zu  danken  habe.  Xur  den  \Vunsch  noch  sei 
mir  auszusprechen  vergönnt,  dass  der  Verf.  bald  ilie 
Müsse  finden  möge,  die  Andeutungen,  welche  als  das 
Resultat  tiefer  Studien  in  dieser  Schrift  niedergelegt 
sind,  auszuführen,  und  den  reichen  Schatz  von  Monu- 
menten mitzutheilen ,  die  er  dafür  gesammelt  hat,  und 
dass  er  nicht  zu  lange  zögern  möge  mit  der  schon  sA 
lauge  vorbereiteten  Herausgabe  seiner  Monumenti  inediti. 
Rom  ,  Januar   1839-  Ollo  Jahn- 


Ilcniici  Dtintzeri  syinbolae  Attiauae.  *) 

I.   Atreus. 

Antecjuam  de  argumento  fabulae  disputamus  ,  ipsa 
fragmenta  et  quid  de  iis  rclatum  sit ,  videamus.  Attiani 
Atrei  et  huiiis  ipsius  personae  verba  esse  seijuentia  Ci- 
cero  docct.  **) 

*)  Vide  qnac  seiipsi  in  bis  di.iriis  tH.iS  ,  5  sijrj.  Miilta 
sppiannn  de  Wclckeri  opera  in  si'iecis  tiai;icis  posila , 
linde  band  parviiä  in  onines  Roinmoriim  traijicos  rediin- 
d.ibit  friicliis,  qiiibiis  qciaiitiini  fieii  polest,  reatitucndis 
iaindiu  operain  dcdi  et  poslea  dabo. 
*•)  Ouac  vul;o  «  Cic.  Tusc.  IV,  36  adl'eruntnr,  minlnie  Airci, 
seJ  TpliiKcniac  Kiiniaiiac  esse  docni  in  Museo  Khcnano 
V,  p.  444  sq.  Ad  Alridas,  niiniuie  ad  Alreum  (cum  Biir- 
inanno,  Scriverio  cl  üolhio  p.  2«1),  rcfcicnda  sunt,- ipiae 
Quint.  l.\,  3  et  Diom.  p.  443  ex  inccrlo  poela  laudant. 


293 


294- 


I.   fleriim   Thyesles  Atveum  uttractum  advatit  : 
lleri/m  itim  ndgredilur  me  et  quietum  exsitscilat. 
Mitiiir  mihi  violes .   mi/ius   inisceiidiim   est  mnlum, 
Qui  illius    (tcerLum   cor   contundam  et  cimiprimam. 
De    ora<.   III,   5«,   219.    ^.  3  sq.    praeierra    le^oiiifiir 
de  iia<.   «1.   III,  2ß>  fi8    (ijill"   fiiiiostas   oiiiilas  fiatri   coiii- 
paraiis")   et   Tusc.   l\,  36,    77,   qui    locus   ab   oiiinihus    iio- 
glectiis  est  („Atrei  ,    eins,   qiii   ineditatur  pucnam   in     fra- 
treni    noram").      Attii    noinen   nun   landatnr.      V.    1.   verba 
.4lreu?n  atlractum   in   codd.   varic  tiirbata,  corrupia  vidcii- 
tur.      Lanibinus    eonierit    A.    altercntum.       Fort,     ad    me 
allrectatum  (luins  cod.   attrnctatum). 

II.    Qui  non  sat  habuit  coniugem  ille.ve  in  stuprum. 

III.  Quod  in  re  summa  siimmum  esse  periclum  nrbifror; 
Matres   coinf/uinii?'i  regum  ,   i'egiatii, 
Co/itiiminari  stirpetn,  admiscert  geiius. 

IV.  Addn   hi'ic ,   quod  mihi  portinto  caelestiim  pater 
Piodigium  ?nisit  regni  stabilimen   mei, 
Agtiüm  inier  pecudes  aiirea  clari/m  coma , 
Quem  dam  Thyenten  clepere  ausum  e  regia, 
Qua  in  re  adiutricein  coniugem  cepit  sibi. 

De  iiat.  d.  III,  27,  68.     De  fr.  II,  cf.  Iluschkius  de 
Auiiio  Cinibro  p.  44. 

V,   Proinde  Ita  parent  se  in  vita,    ut  vinci  ncsciaiU. 
Atrei  piacccptuMi  dicit  Cic.  Tusc.  V,   18>  52,  poetae 
nomine   oinisso. 


VI.  fiunquam  istatn  imminuam  curam  infitiandi)  tibi. 
Cio.    Pis.    33,  82,    ubi,     quo«!     cditores    oiniseruni, 

Asrouius :  „Prope  noiius  est,  quam  ut  indicanduni  sit, 
hunc  versuni  esse  Q.  Attii  poetae  et  dioi  a  Tliyeste 
Atreo."      Legeudnin  videtur   ab   Atreo  Thyesli. 

VII.  Ecquis  hiic  animadvertit?    Vincite. 

Attii  Cir.  Tnsc.  IV,  25,  55  liaec  rerba  ease  dicit 
et  ab  Atreo  prolata  de  orat.  III,  58,  217  (Legas  animadu. 
vücali  i   elisa). 

VIII.  Multi  iniqui  atque  infideles  regno :  pauci  sunt  boai. 
Cic.   Off.  III,  21,  84.      Multi  — boni,    inquit  Attius. 

At  cui  regne  ?  Quod  a  Tautalo  et  Pelope  prodituui  iure 
oLtinebatur." 

IX.  Oderint,  dum  metuant. 

X.  —  Natis  sepulcro  ipse  est  parens. 

Atrei  verba  esse  dicit  Cic.  Off.  I,  28,  97.  Prius  fr. 
praeterea  legitur  pro  Sext.  48 ,  102 ;  e  duobus  coustat 
creticis.  Cf.  Suet.  Calig.  30.  Sen.  de  dem.  I,  12-  II,  22- 
de  ira  I,   16. 


TLvestis  haec  sunt : 
XI.   Impius  hortati'tr  me  f rater ,  üt  meos  malis  miser 
Miinderem  natos. 
Cic.  Tusc.  IV,  36,  77  („audi  Thyestem"),    de   orat. 
HI,  58,  217. 


Cic.  Ofl.  III,  28,  102  („.-ipnd  Attiuni  fregislin  —  cui- 
quam,  qnamqu.nni  ab  inipio  rege  dicitnr  liuiilcnlc  (auien 
dicitur"),  29,  lOli  („iiam  illud  qnideni  7ieipie  —  cuiiiuam 
idcirro  recte  a  pocfa ,  quia,  quuni  fra<  (arcdir  Atreus, 
per.sonae  soriienduni  ftiit).  Alter  versus  e  qiiattuor  cou- 
stat baccliiis  (v.  do  i'oii  eliditnr,  sed  corripitur)'  .(oatines 
SarisLeriensis  de  nugis  ciirialium  VI,  JS  locum  Ennio 
tribuit  et  legit  cuiquam   fidem. 


Scquantur   fragmcnta,   quae   ex  Attiano   Atreo  adfernnt 
grammatici. 

XIII.  Simül   et    Pisaea  prae/niit  arrepta  ä  socru  pns- . 

sedit   suo. 
Prise.   VI,  p.   698  (p.   248  Kr.).      Cf.   locum    poetae   a 
Cic.   Tnsc.  III,   12  senatum: 

Ex  Tantalo  prognatus ,    Pclopc   natus ,    qui   qnon- 

dam  a  socru, 
Oenomao    rege,    Hippodamiam    raptis    nactus    est 
nupfiis. 

XIV.  Epuldrum  fictor,  scelerum  fratris  delitor. 
Prise.   IX,  p.   698    (p.  469  Kr.).      Delilor    a    delino 

descendit,  Prisciano  teste. 

XV.   Concoquit  partcm  vapore  flammam  tribuit  verubus 

laccrta  in  focos. 
Ita  verba  apud  Noninm  v.  lacerti  se  liabent.  ^'ossius 
et  Bothins  legunt:  c.p.vapnr  ßammue  Incerla  tr.  v.  i.  f., 
quns  seqnitur  IJergk.  in  I\lnf.  Rlicn.  III,  p.  82,  nisi 
quod  pro  tribuit  coniinit  stridunt  et  pro  focos  foco.  Nos 
Icniore  emendatione  ntiuiur.  V.  ßammam  e  Incerta  cor- 
riiptuin  videtur,  quae  ipsa  vox ,  quuni  librarins  eani  de- 
»idcraret,   addita   est.      Legimns  igitur  : 

Concnquit  partem: 
Vapore,  Lacerta  tribuit  yerubus   in  focos. 
In   focos   distribuit  lacerlos.     Cf.    Seil.  Tliyest.  7(i5  sqq. 

XVI.  Ae  cum  tyranno  quisquain  epulandi  grdtia 
Accütnbat  mensam  aüt  eandem  vescatur  dapem. 

Non  V.   vesci. 

XVII.  Egone  Argivum    imperium  tit/ingnm    aüt  Petupis 

digner  dotno? 
Cui  me  ostendam?   Quiid  templum  ndeam'l   Quem 
iire  funesto   adloquar  l 
Non    V.    digner.      Bothins    in    Mus.    Rlien.    V,  p.   2.5'' 
cum  Vossio  sine   iusta  caussa  Pelopia.    Pro  cui  Hlerc.  mm 
Sli'phano  quo. 

XVIII.  £^0  incipiam,  cotiata  exsequar. 

Kon.  V.  conatus.     Bothii    ergo   et  e.vsequor  facile   ca- 
rcnius. 
XIX.   Sed  quid  tonilru  turbida  torvo 
Concüssa   repente  aequiira  caeli 
Sensimus  sunerel 
Nov.  V.  sonere.     Cf.  similem  Attii  locum,  quem   dedi- 
iims  in  Zimuiermanni  diario   1838,  p.  54. 


E   rixa  Thvestis  et  Atrei :  ' 
^11.  Th.  Fregislin  fidem? 

A.  Neque  dedi,  neque  do  infidili  cuiquam. 


His  addimus  locnm  hucusque  neglectum,  Servii  ad 
Virg,  Aen.  VIII,  130:  „At  Maiae  filins  IMcrcurius,  ex 
quo  Arcades,  de  quibus  Evander ,  quod  Attins  in  Atreo 
pleuiug  refert."     Huc    pertiuere    suspicaraur    verba   ex    in- 


295 


29G 


rcrto  |U)cfa  Ijiiilata  a  Sciicca  Ep.  81  ei  Qniiif.  IX,  4, 
140,  ijiiac  A<(ii  essp  iam  Rufj^ersiiis  {^'.  L.  ^^1,  1}  i'on- 
icrit  (cf.   Gocllcr  ad   Cio.   Or.   p.   35U  sq.): 

XX.    En   im/iero   Aigis :  sciptra  mihi  liquit  Pelops, 
Qua  Punlo  ab  Helles  alque  ab  luniu  ?nari 
Urgelur. 

'  Pro  en  alii  codil.  e.r  s.  ecce.  Riifgorsius  of  Drlriiis 
coniecermit  rex.  llaoc  vcrha  Cicero  qiiocjue  icspiiit  (Or. 
49,  l()i):  .,Qu(i  Poiilo  ab  Helles  suporat  moduiii:  at  au- 
i-alus  arces  Culchontm  spleiididis  iioiniiiilms  illiiniiiiatug 
est  vprsiis,  sed  proximiis  iiiqniiiafus  insiiavissiuia  litfcra 
iiiiitiis  /rugifera  et  ferta  arva  Asiae  tenety  lila  aur. 
—  Coleb,  et  frug.  —  tcnet  forfasse  hos  versus  subscciita 
sunt.  Botliiiis  p.  L'S.5  vcrba  qua  Poiilo  ab  Helles  proprii 
fragiiioiiti  nuiiiinc  eiiiiiuerat,  qiiod  iure  mireris.  Atrpum 
Atta  jraiidein  et  incitatum ,  scd  diiriorem  paiillmn  et 
acerbiorem  fuissc  tradimt  Cicero  de  or.  III ,  [)S  et  Gel- 
lius  XIII,  2. 


Priorem  versiiin  ex  Aiinalibns  dcsuniptnm  et  sit  ad- 
dciidiim  esse  iiirelicissiiiie  stispiratiis  est  Pecrlkanip.  ad 
Iloratium  p.  108.  Cf.  tu  TavTc'ikeiuv  anifjiia  Euripi- 
dis  (Ipln'ff.  T.  iJSS)  et  Aeschvli  TavTakidui  (Ajf.  1409). 
Attii  faliulam  e  .Soplioclca  desiiintani  esse  iure  siio  sta- 
tiiit   WcliLer. 


Omnia  de  Attii  Atreo  relata  pleniora  et  accnratiora, 
quam  viiljo  Icguiitur,  dediiuus.  De  fabulae  argumento 
sagacissiine  nuper  AVelcker  disputavit  in  Ziiiimenuaiiiii 
diario  (l'^SS,  p-  224  SfI<l-)>  quoc"'»  maxinic  iinbis  coii- 
venit.  Tlivestes  adreiiit  Atrciim  tentaturus  paris  roiici- 
liaiidae  iioriüiie,  se<l  Atreiis  siispicax  est  quiimquc  a  servo 
audieril,  illuin  cum  Aerope  uxore  ,  quam  stupraverat  (cf. 
Eur.  EI.  720  sqq.  Or.  10J9  sq.,  Sen.  Tlijest.  222, 
239  sq.,  Or.  A.  A.  I,  327  sqq.),  consilia  iiiiisse,  illaui 
vinci  iubet  (fr.  ^'H),  fratri  autem  mala  meditafur,  dolos 
nrciipaiis  (fr.  X^'lII).  Enumcrat,  quae  fratcr  in  se  com- 
miserit,  uxore  rorrupta  (fr.  II,  Hl),  aureo  agiio  occul- 
tato  (cf.  .Sen.  Thjcst.  2:^0  sqq.,  Eur.  El.  719,  Ipliig. 
T.  .S13,  Or.  812,  998  il>.  Sfhol.  ad.  v.  800,  889)  — " 
fr.  IV  — ,  quum  sibi  rcgnum,  quod  iure  obtineat  (fr. 
XIII,  XX),  dcripere  studcat,,  et  cog-Kans,  fratreni  fa- 
cile  seditioncm  excitare  posse  (fr.  \,  ^111),  scelus  ma- 
chinatur  (fr.  I).  Dum  chorus  magna  cum  aiixictate 
rerum  eventum  exspertat,  tonitru  oritur  (fr.  XIX).  Fra- 
(res  ex  aedibus  cgrediuutur.  Tliycstcs  Atreum  inrusat, 
quod  sibi  iiilem  fregerit  (fr.  XII),  quod  summum  ucfas 
(ommiscrit  (fr.  XI,  XIV,  XV),  quae  Atreus  inridct 
(fr.  VI  ♦),  X.  Cf.  Wclcker  p.  226),  eique  populi  iram 
ininatur;  sed  ille  respoudet,  metu  et  vi  pnpulum  subi- 
{(pudum  esse  (fr.  V,  W).  Diras  fratri  iniprccatur  Tliyes- 
tes  discedens  (fr.  XVI,  X\'II).  Fortasse  chori  vcrba 
»unt,  quae  Cicero  de  nat.  d.  III,  38  et  Cliaiisius  p.  70 
c\  Aftio  adferunt,  a  Bottiiu,  AVüstemauuu  suadente  ,  ad 
Pclop-das  fp.  229)  relata: 
XXI.   Quiniim   Tantaliilarum  internecioni  modus 

Parelur  aut  (juaenam  ünquam  ob  morlem  Mi/rttli 
Poems  luendis  diibilur  »alias  siipplici?  Cf.  Sopb. 
El.   504  sqq.,   Eur.    Or.    1545   sqq. 


')  Si  in  Ascnnii  loco  nihil  iniit.induni  est,  coniiciamui 
oportet,  Thjc5loni  Atrco  ilicere ,  sliipiuni  Acioprs  sc 
nullo  modo  ncgirc.  Sed  melius  slaluiinus ,  Aliciim 
TUynsli,  ipiuin  accusanti,  dicerc:  ,,libcros  tibi  appoiui; 
vciuiu  loipicris." 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Nass.iu.  IN.Tcli  einer  vorliegenden  gedruckten  Anlündi- 
gung  des  licicbliänillcrs  Mejer  sen.  in  Br.innscbweig ,  scjl  Tun 
dein  Hrn.  Ohcrsclniirritlic  1""  r  i  e  il  e  in  a  n  n  zu  Wcilbiirg  im  KanlV 
des  J.  IS39  lül.cnde  nusfiilirliclic  und  fiir  das  IiöIutc  Unt^r- 
riclilswescn  seiir  bcdcnlendc  Aclensamnilnng  crscbcincn;  ,,/>ii' 
Bilduns,sanslaLlen  für  Gymnasiallehrer  in  den  voriügliclialin 
eurnjutisclicn  Landern.  Gesciiic?tte ,  Statuten  nnd  aiidere  Ur- 
hiiiuhn.-'  Uli.  I.  wird  die  pliilologisclirn  und  pädagogischen 
Seininaricn  der  Universitäten  und  ähnliche  Einriclitnngen  und 
Ansl.dU-n  Deutschlands  ninfassen.  Bd.  II.  wird  eine  dentsche 
Uclicrsotziing  von  V.  Consin's  Schrift  über  die  Koiiigl.  Franz. 
Nornialsclude  zu  Paris  gehen:  ,,Ecole  nnrmiile.  Reglements , 
Pro^rammes  et  riafiports.  Par.  1837.'-  Bd.  111.  wird  das  enl- 
hallen,  was  in  den  übrigen  Staaten  ilafiir  bestehet,  \n  Hulland. 
Dancinarl.  ,  Jüi^land ,  Nonvcgen ,  Schweden,  Husslund  etc. — 
Die  latciniäcben  Urkunden  bleiben  uni'ibcrsetzt ;  von  Urkunden, 
die  in  den  Lan<lessprachcn  erschienen,  wird  eine  dentscbo 
Uci)cisctzur.g  gegeben.  Zugleich  enthält  diese  Anzeige  die  wei- 
tere Kotiz  über  die  ,,Paranesen  f.  Studirendc''  ebcndosselbcn 
Vcrfs.,  wovon  ßd.  I.  in  2.  Atill.  kiirzlich  erschienen  und  in  die- 
sem Jahre  noch  erscheinen  Bd.  IV.  und  15d.  V.  (Bd.  IV.  Ablli.  I. 
ist  bereits  ausgegeben).  Nanientlicb  winl  Ijeiucrkt,  dass  Ucber- 
.sctztingcn  uns  englischen  und  französischen  neuen  Scbrirten  von 
V.  Co"us.in,  van  Ileusde,  N.  Lnndais,  B.  Peel,  M.  Rus- 
sell, St.  M  a  r  c  -  G  i  r  a  r  d  i  n  ,  T  e  g  n  6  r ,  W  b  c  w  c  1 1 .  W  y  s  e 
u.  A.  in  den  neueren  Heften  enthalten  sind. 

Cassel  im  März  1839.  Das  dicssjänrige  Programm  des 
hiesigen  Gymnasinins  enthält:  Pliitarchi  Pbocion.  Cap.  |. —  III. 
Spccinicn  editionis,  ijnaiii  |)arat  Dr.  .1.  C.  Flügel,  S.  I  —  23, 
darauf  folgen  Scbulnucbrichtrn  S.  2,')  —  63  von  dein  Dircctor 
Dr.  Weber.  —  Wälircnd  des  letzten  Scbnliahrcs  schieden  von 
der  Anstalt:  zu  Ostern  der  Zeichnenlehrcr  Ffanknch;  zu  Mi- 
chai'lis  der  Lehrer  der  neueren  Sprachen,  llülfslchrcr  Dingei- 
ste dt,  in  gleicher  Eigenschaft  nach  Fulda  versetzt,  und  der 
Auscultant  Dictcricb.  Der  Lehrer  der  Geographie  und  Na- 
turgeschichte, F.  F..  Lichtenberg,  seit  längerer  Zeit  durch 
Krankheit  am  Unterrichten  gebindert,  wurde  bis  zu  Wiederher- 
stellung seiner  Gesundheil  auf  Wartegeld  gesetzt.  An  die  Stelle 
der  Ausgeschiedenen  traten:  O.  V.  L.  Appel,  als  Zeichnenleh- 
rcr; Dr.  Müller,  IHilfslebrer ,  seit  Jan.  d.  J.  ordentk  Lehrer, 
für  neuere  Sprachen,  friiher  in  Rinteln;  F.  A.  Domnierich, 
als  Lehrer  der  Geographie  und  Naturgeschichte,  früher  in  Hanau, 
und  Dr.  FTirstenau  als  Auscultant,  früher  in  Mersfeld.  Mit 
der  Leitinig  der  neueingcrichlcten  Turiiübungen  wiinle  der  Can- 
tor  Schwaab  beauftiMgt.  —  Gehaltszniagrn  erbielli-n  DrMül- 
1er  bei  seiner  Refördening  znm-ord.-ntl.  Lehrer  200  lilhlr.,  Pfarrer 
Matthias  und  Dr.  Riess  jeder  100  Bthlr.,  Gcsanglehrcr  W  i  e- 
ganil  50  Bthlr.,  dem  Ausciiltanlcn  Dietcricb  wurde  eine  Grati- 
ficatiun  von  5()  Blhlrn.  ertheilt.  —  Die  Schülcrzabl  betrug  zu 
Anfang  des  Winirrsemestcrs  286  in  0  Klassen  und,  da  die  Quarta 
gelhcilt  ist,  in  7  Klassenzimmern.  Zur  Universität  gingen  zu 
Michaelis  3  .  zu  Ostern  5  Schüler  ab.  ~  Die  Gymnasialbildio- 
Ibek  erhielt  ausser  dem  jabrlieben  Etat  von  100  Rtblrn.  noch  einen 
besonderen  Zuscbuss  von  200  Rtblrn.;  zur  Anschairuug  dcsTnrn- 
apparats  wurden  ebenfalls  200  Bthlr    bewilligt. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  teithumswissen  Schaft. 


Fr  eitler,  09.  März 


18  3  9. 


Nr.  38. 


Analecia  ad  Sojhoclis  Aj;>cein.    Von  Dr.  Jpitz. 
(Fo  r  ts  e  t  z  11  n  jj.) 

V.  .'j')!.  'i^£o9i  jj,'  oiov  aoxi  v.vua  (foiviao.  vno 
liakrjz,  äficpifioofiov  y.L)0^€icui]  liiiigoiKlum  est  (dsriit^- 
iie  neqne  uiKfii)()Onov  US.  Aesrhvl.  Proin.  V12-  l'ätadc 
[i  Uta  :cuu;  ,^hüjv  tiÜoxm  i)fo:.  Ibid.  11  ,'9.  iouoni 
11'  vjc  iv.htv.a  .Tc-öy;.  Soph.  Trarh.  2'.'^.  Ibov  u 
avaiaQU-oriii  eroi  fi  o  xiooug  aori  Jiay.'/^sw-v  rno- 
nrQS(fv)v  ('.aikkni).  Aiitig.  94<>.  Xti'aosrs  —  tijv  ßa- 
o/kc/av  iioivi.v  Lo/Tii^v  uiu  uon-  o'iu)v  (i.vHotiiv  nuoy(i). 

V.  Zh^.  Olli  1  a)C,  eor/.ac,  ooda  fAUorvueiv  äyav\  Carc 
ne  Hernianiio  auctore  roiitenilas  Trath.  t23''.  dvijo  O'^  , 
w;  eoiy.sv  oi'  veusiv  siioi  Cf9ivovTi.  fioiouv.  Adliibe 
potins  Antif.  I'i70.  o'ifi',  w;  ioty.ag  Olpe  ti]V  öi/.ip 
i'öetv.  Praefprea  iiialini  cxarari  iia(JT.  äyav  Stjkoe 
f)  e  V..  T.  X.  (vg.  fUtQC.  ilyav.  difkoi  8l  x.  r.  A.).  Nempe 
dljkoi  Ö8  TOvoyov  s  Mi  äcfoovTtarajQ  ej((/  praeredentis 
dicti  raussaui  rontinet.  Quo  in  gencre  impriniis  apud 
Homermn  5t  usitatissiinuin  esse  Ijodie  satis  noiiini  est. 
Coufer  Eiir.  Plioen.  L>U5  ,  L>4H ,  5J5  et  Cic.  Cat.  M.  3. 
saepe  eniiii  interfui  rjuerelis  ineorum  aequalium,  pares 
autem  vetere  prnverlio  cum  paribus  facillime  congregan- 
tur,  quae  efc.  Apparet  siinul  w^  £oixa^  de  re  lera 
dictum  esse  ut  saepissiine,  iteinqiic  8  o  y.  S  i  i'  et  viileri 
iisiirpata  esse  animadvertiinus  ad  Eur.  Plioen.  417  et 
Caes.   B,   C.   I.   '>. 

V.  355.  8i]}.ot  8s  TOL'rtyov,  w;  dcpoovTtOTujQ  syst] 
(icfOOVTiorioi;  srholiastes  intcrpretafur  tiai>iy.rij^.  ,, Po- 
tins,  inquit  Nevius,  tu  soyuv  syst  dcfoovTiarioz,  i.  e. 
d/illjyavoj;,^'  Vereor  ut  recte  obloqnutus  sit.  Equidem 
dcf^OVziOTUX;  lysi  nihil  puto  aliud  significare  quam 
dffoovTtOTfi  (conf.  Thom.  M.  et  Phavoriu.)  sive  d.(poüv- 
riOTOi;  iOTi,  mente  caplus  est,  uti  Amor  dicitur  Theoer. 
X,  m 

V.  356.  /w  ytvoi  vc'.la^  domyov  rsxfc-?,  dl.iuv 
ug  eireßac:  il.ioauiv  n/.d.Tav]  Confer.  t.  565.  ivdktui 
ksoji.  Exppdita  verba  Hermauuus  fecit  impedita,  sie 
resoliens:  an  oq  ysvuq  v)v  domyuv  vaiaz  TSyva;, 
äl.tov  nkaro.v  ikiaotov  STlißtiQ,  0  qui  mihi  nauticae 
expeditionis  ndiiitor  navem  co/iscendisli,  remisque  pro- 
movisti.  IJenc  Pors.  ad  Kur.  Hec.  25H.  „cum  personain 
circumlocutione  sigiii'firant  Graeci,  quam  ritissime  ad 
ipsam  persoiiani  revertuntur."  Praeter  ea ,  quae  ad  Eur. 
Phoen.  8.^1  et  |  iOJ  altulinius,  compares  Aeschyl.  S.  e. 
Th.   173.     f^i'ji'     iv    svioiüi    (fik^    ^vvoixog   si'ijp    nu 


yi'vMy.iiy  yevsf    yQa.TOL'oa  ftsv  yii(j  x.  r.  /.. ,   se. 

V  y"^']-         ,  ,  ,       .', 

V.    3fi''.     ''*    TOI,    CS    TUI     IIDVOV    Oti  QO/At   Tldl^lLVVJV 

SKaoV.BOovi'^  Vix  potest  dubium  esse,  quin  nntf^iSViou 
ex  ßövov  aptum  sit  et  sigiiilicet  ivjv  SiiS.Ti  u/iiuivuu- 
TüJV  y.cü    ^C'.'  TToVTOiV,    ut   sclioliiistes   explicat. 

V.  3(i(i.  h>  dcpößo/q  fts  xhjooi  dtivov  ■/t()az\  iVoii 
erat  cur  interpretes  de  singulari  voris  itljuoi  signifira- 
tione  disreptareiit.  Ut  alibi,  ni  fallor,  semper  sie  liic 
qnoque  Hrutc  ferae  sunt.  Attendeiidum  eiiiin  est  So- 
pliiirlcm  peruiles  iion  simpliciter  'Jruaz,  sed  d.ifußot  i 
iiruciQ  dixisse.  Sunt  vero  d.ffoßoi  i^ljosg,  ut  ad  mo- 
ilum  poetanim  tragicornm  loqiiar,  (/A)lj(JtZ  ^ros: ,  siie 
nitht  zu  fürchtende  wilde  Thierc;  i.  e.  zahme  Thiere. 
fiaa  dissimili  modo  Euripides  dixit  Ilec.  |;).)(».  riqktiv 
(fi'yyoi;  et  Tr.  .^(ih.  iisi.aivav  aiyka.v.  Innuit  igifur 
Aiax  se   ne  in   feras  quidem,  sed   in  peeudes  saeiiisse. 

V.  371.  vTif/y.s  yui  Cfoüi'rooi'  ei]  Aidi-fur  pocta 
imitatus  esse  Hom.  II.  £.  440.  (foäCfo,  Ti8ti8i],  y.cd 
X<'Cso. 

V.  375.  SV  8'  e/ ry.eaai  ßovoi  y.ai  y.kvxoii  rrcoiov 
(Uitokloii  igspivov  alfi'  ^8nOa]  Quum  v.  VM).  vctt. 
Lb.  öksoag  exhibeant,  dubitari  posse  pufat  Hermannus, 
an  Tisaüv  seribeniluin  sit,  ut  id  cum  ailiU  ronstruatur, 
ruiusinodi  noti^inum  perturbationes  apud  tragicos  freqiieu- 
tissimas  esse  renset  At  earum  plurimae  nun  poetis,  sed 
Ilermanno  tribnendae  sunt,  leluti  r.  200,  quem  testatur, 
noiinisi   Uerniannus  perturbavit. 

V.  3T<).  in>  :ii'.i/^'  (J0(i)v.  dnävTtuv  t'  dei  y.axuju 
i')(jyavoi]  ExElinsleii  o])iiiione  aut  Trdv  9'  öoo'ju ,  aut 
dfldvTUiv  8  dl  i  legenduin  e-^i-  Illud  adscifit  Ilernian- 
nus;  ego  cum  aliis  nentruin  adiniltam.  Noque  Elnisleius 
immutasset,  si  .Sophorles  ö.ndvTiDV  omisisset.  .Scilicet 
talem  repetitionem  ex  praecepto  illius  aut  8k  dehet  exii- 
pere,  aut  it  praec  eilcre.  Sed  merani  vofis  repetitionem 
neutrum  posse  efflagitarc  sana  ratio  doeet.  Q"are  q"nm 
alia  mutationis  caussa  nou  ailsit,  -neque  TCav  &'  neque 
d.nciVTujv   8'  suffieienduin   est.       ^ 

V.  3>s4.  1801/11  viv,  y.ntttSQ  u)8'  dxojutvog\  Resar- 
riebat  Elinsl.  'i8oiu'  iju)  vtl,  VfloA  non  magis  vprisimile 
est  quam  Triciinii  \nyeaiam,  ■  idut^l  8lj  Viv.  Rectius 
coniecit  Hermannus  i'80/fJ.i  vlv  VUV,  sed  festiiiantius, 
puto,  recepit.  Probabilius  enim  videtur  i8onu  vi'V  viv, 
quia  ad  anteredens  Slv  T'O  9t(jJ  7l«s  '<"'  ytt.O.  Zcu- 
dögSTUi  accomniodatius  est.  Suasimns  hanc  emendatio- 
nem  ad  Tracli.   983. 


299 


300 


V.  386-  f.n;Sei'  tjey'  f'nT;^]  Föns  est  IIoiii.  Od.  /. 
28S'  Coiifor,  si  <aiifi  est,  Kooii.  praofat.  ad  Grejf.  Cor. 
p.  IX  et  Hriii.lorf.   ad   Plat.   Hipp.   3J.   34. 

V.  SOS.  otVf  yau  Oidif  ylio^,  ui'^'  ö.ueqUov  vt' 
ä^io^  /i}J-teiv  riv'  £/g  üiijoiv  dvdQo'iTiuiv']  Bliror  vel 
Tfevium  ad  i}£uji>  ylno;  praepos.  ei'i  rctralierc,  (jtiod 
si  scqiierctur,  mn'  fv'i  üueuiot\;  dvdpojnui.;,  iiou  iie- 
ccssarium  (v.  eiiarrat.  iiostr.  ad  Eiir.  Phocu.  2'M),  miiic 
vcro ,  ut  ita  diraiii,  impusüibilc  est.  Coniparcs  Eiir.  Ilel. 
'  34<l.  TTorega  Stu/.srai  cfäog  rei^p/TiTiä  r'  ächiui'  ig 
y.tkei'9-ü  t'  dorio'jjv. 

V.  405.  £1  TU  idv  (fdivit,  (fikot,  roiaö'  öitov 
neka^t  uo'joati  8'  ayouti  Tigoay.eiut^a,  na-;  öl  orpa- 
Tog  ötTakro;  äv  iie  XHqI  ((ov€L'Oi\  Haec  est  r<;.  scri- 
ptura,  quae  qiiomodo  aptc  eimcleari  possit,  (iiin  ij^iiaris 
ncsrio.  Nee  placet  adiiiudiim  qiiidquain  eoriiin,  quae  vv. 
dd.  protulermit.  Parum  eiiim  verisiniile  est,  qiiod  Eliiis- 
leiiis  rescripsit,  raÖE  6  öuDr ,  quainquam  aptiiis  esse 
cxistiiiio  TU  II  iv  —  Tuds  8'  quam  id  ,  qiiod  niiper 
LoLerkius  suasit  et  eins  eensor  (uniiers.  litt.  diar.  a.  Ifj.j?. 
nuin.  67-  p.  .33  i)  niirificc  extulit,  tu  /uev  —  Tioti  d' 
ac  ai  qua  es\  ubscuritas  iu  dirtioiic,  eaui  rel  Iiac  cor- 
rcctione  ex  parte  taiituin  tolli  noii  praetereundum  est. 
Äec  inag'is  eeiiseo  probaLile,  quod  Ilerniaiiiuis  TulüiOÖ' 
öuov  et  Nevius  To/';  d  öiiov  substituit.  lUe  eiiim  iu- 
comaiodam  seutentiam  iiitulit  et  hie  quo  taiidcm  modo 
vorba  expediri  velit,  vix  assequeris.  „Vide,  iiiquit,  ISuttm, 
exe.  de  partic.  8s,  in  Demosth.  31id.  p.  144.  loi;  uiioü 
ntkaq  est  cy.fivo/;  üiiov  nekui;  olai  vel  rip  l/.iiva 
jrikag  tiva.i.  ftlatth.  g.  .^Ö^*-  ann.  et  §.  jü,').  ann.  1.  2. 
to.  Ukv  et  TU.  bt  quae  .siiit,  res  ipsa  docet:  lila  laeta 
ci  spem  facientia,  Iiaec  praeseutia  mala."  Coiistat  sal- 
teui  eum  tum  omnibus  intcrprelibus  male  ei  av  (fuvcvoi 
ronjlutinasse.       Et    rectius,     puto ,     cmendaveris,    ei    tu 

flEV    (f'Jlvll,    Cfit.nt,    Tülv8'    OllOV    Tli/.Ug,     sc.    6vTU)V. 

Verum  videtur  niliil  corrigendum ,  sed  potius  sie  scriben- 
ilnm  esse:  it  tu  fiev  (fitivtt,  (fikot,  TUiod'  öuov, 
TTf/Mg  j^KvQaig  _^d'  äypaig  TCQoay.Eif^iei^a-  näg  Se 
arparog  y..  r.  k.,  ita  ut  a  TTag  8e  apndosis  incipiat. 
Etciiim  illa  rerba  iiou  coiisocianda  esse  cum  autcceden- 
tibns  rroi  zig  ovv  (fvyrj;  not  fiokujv  /lEuoj  ;  ex  eo 
facile  intelliges,  quod  liaec  ad  superiora  (d/.Lct.  ii'  ä 
^log  d't.y.iiKi.  iJEog  okESoiov  a/y.t'CEi)  spectant  ncc  ullo 
modo  eontinuata  sunt.  Quod  si  factum  esset,  nun  sim- 
plex  (/' ,  sed  El  y.c.i  vel  similc  legeremud.  Verte  autem, 
»I  lifiec  simul  Ulis  pereunt ,  ncque  utiu  cum  Ulis.  Item 
piJffE  Aeschvl.  Pers.  432.  oi'uu}yi)  8'  öiiov  y.co/.i'iw.aev 
y.axEi/^E  :i  it.ayiav  al.u. 

V.  4 19.  w  SxafidvSotot  yEiToi/sg  poai  eiHfpov.sg 
'Aoytioig,  ov/At'  äv8pa  inj  t6i^8'  tot^r']  £v(fpovE(i 
öoui  dixit  St)pbocle§  ut  Homerus  II.  y .  24{)-  Ocuov  Ev- 
(fpovc.  Perperam  ijitur  ElCfOOVtg  'ApyEioig  cum  sub- 
seqnentibus  coniunctum   et  fralatum   est,  faventea  Aii^ivis, 

V.  428.  oi'ioi  n'  dntipyEiv,  ovd'  önujg  Eut  kiyEiv 
EXUi\   Elmslcius,    scro   factus   Graecorum  praeceptor,  fru- 


tra  oib'  o.Tfu;  (w  aliquoties  efflagitarit.  Confer  Trach. 
I0.5S.  v.ov  Tuura  köyyjj  rcEÖiug,  ol9'  ö  yijyEuijg 
noard;  FiyduTojv ,  ovte  'Ji'joEiog  ß'o.,  ovit'  'E/J.dg, 
ovx'  üyt.ujnoog,  ov&'  öoijv  iyu)  yaiav  v.a9ainu>v 
i/.öurjv,  iÖQUOE  TCvi  et  Herrn,  adnolatt.  ad  Eur.  Med.  4. 


V.  430.  «/«/"■•  Tig  dv  nox'  ipsd-'  vjS'  iiiMvvfiov 
TOi>nuv  igi'voiOEiv  ovofia  zoig  ifjoig  y.axoig;]  Eius- 
modi  veriloquia  non  modo  in  pocsi  usitata  fueruut,  sed 
etiam  in  vita  communi,  ut  praeter  alios  Muretus  docet 
ad  Plat.  Polit.  I.  330.  B.  Quare  Sophoclem  magis  ex- 
cusaverim  quam  cullaudavcrim ,  nam  hie  nou  magis  quid- 
quaui  exqnisiti  subest  quam  v.  ,574  et  al.  Coufer  Fab. 
Quiutil.  Institutt.   Or.  V.   10,  31. 

V.  445.  urp  8'  avi'  '.JroEiöai  (fioTi  nt'.vrovQyiß 
CfQEvag  Ei:Qai:av\  Coutende  ArLstoph.  Acharn.  7.05.  dv- 
Spsg  TiQoijovkoi  tovt'  ETiQanaov  xa  uökEi,  ubi  serus 
Graecorum  magister  ,  ?nidim,  inquit,  tuv  Wokiv.  Non 
malnisset,  opinur,  si  huius  loci  et  aliurum,  ut  debebat, 
meminisset.  V.  Beruh.  S)ut.  p.  122  sq.  et  Vig.  p.  2'JO. 
y.  448.  y.Ei  f.iij  tÖ8'  dfiiia  y.ae  rpoEVEg  öidoToo- 
(fioi  yvv')fa]g  dnrji;av  xijg  f/z/Jc]  d.nEiQ^uv,  qnod  schol. 
conimemorant  et  nonn.  MSS.  habent,  videtur  ex  v.  70- 
huc  tralatum  esse,  sicuti  vitiosa  lectio  v.  (iöO.  og  xa 
8eiv'  in  IJ71'  E  ikij  a'  EjCij  ex  collationc  v.  312  prognata 
est.  Ex  mero  autem  scribarum  crrore  d.ltvtguv  (ab 
dnayoj)  ortum  est,  nisi  falsa  verbi  dn7]i;CiP  interpreta- 
tio  fuit,   quae   ex  v.   4ü.   exstitit. 

V.  45 !•  jJSij  fi'  in'  ai'Tofg  xeJq'  EnevxL>vovx' 
Ej.l)jV  EOCfljktv]  Aliquot  Cdd.  EnEVTEivovx'  et  Lb.  F. 
EnEvxii.'Oi'x',  notato  El  super  v.  Cett.  knEVTLVOVx' ,  qnod 
plerique  editores  temere  adspernati  sunt.  Utruni  librarii 
corruperint,  nou  ambiguum  est  et  Lb.  F.  opportune  de- 
clarat.  Verbum  EnEVXVVUJ  poeta  mntnatus  est  ab  Ilom. 
II.  d- .  374.  dkkd  av  (j-Ev  vvv  vüji'p  etcevtve  /AOjpvxug 
innovg. 

V.  453-  wör'  Ev  toioigSe  xeioag  aiftäigai  ßoTotg\ 
toioioSe  Uermaniius  pro  u)ÖE  positnm  putat.  Rectius 
Nevius  interpretatus  tarn  vilibus.  Haec  autem  signilicatio 
non  magis  quam  contraria  nativa  est,  sed  eam  lOloiOÖE 
omissa  sententia  relativa  adsciscit,  ut  Philoct.  1049.  ov 
yd()  xoiovzüjv  Sei,  xoiovxog  El/i'  iyio.  Confer 
Blusgrav.  ad  Eur.   Bacch.   070. 

V.  455-  y.EiPoi  8'  inEyyEkuioiv  EXTTEcpEvyÖTEg, 
£/j.ov  fiEP  ovx  Ey.6pxog\  Schol.  yp.  oiy.  Exopzog,  xö 
e yxkij fia  zijg  (fvyijg  uvtujp.  Inepte.  Efiov  ovy. 
EXovxog  significat  me  non  impediente.  Hom.  II.  ip  .  720. 
oL'x'  '()8voEug  dvpaxo  ocfijkai  ov8ei  xe  TCEkaoaut, 
oüt'  .fi'ag  8i'vazo,  xqc.ceqi)  8'  exep  'ig  '08voijog. 
Nolim  autem  id  illa  auctoritate  substitaere ,  quaniquam 
uon   incommoilum   est.      V.   ad    v.   68'.). 

V.  4.")8.  oaiig  iiicpapvig  9Eoig  Ex^aiQOiini,  fiiOEi 
8e  fj.'  'Ekki'jviDv  azpc.Tdg,  ex^^^  ^^  — 1  ''•  "•  f^'oov- 
.fiai  8e  ixf'  'E}j.i'jvv)v  axpazov,  ex^o/iüi  öe  y..  x.  k. 
Similitcr  Demosth.  Olynth.  UI,  35.  EY.EiPOl  Züipvv,  Oig 
ovy  EXUQi^ovli'  Ol  kiyopxEg,  ov8'  i  (plkovp  o.v- 
Tovg,  —  nEPze  fisv  y.ai  xExxaoay.opxa  sxi]  zujp 
'Ekkijvujp  £(}i;uv  iyövxujv.  Xenoph.  Cjron.  III.  f,  38. 
EtniE  jioi  —  nov  8ij  ly.Etpog  eoziv  ö  d.vijp,  og  övve- 
di'jga  j'jjuv  y.ai  0  v  fioi  jj-äka  iSöxEig  dccvf^ia- 
^eip  avxöv.  Hom.  Od.  /.  20-  ög  näai.  Sokoioiv 
dp9ouj7ioioi  /itkio  xai  /-lEV  y.klog  ovpavop  ixEi. 
(Virgil.  Aeu.  1,  383-  fama  super  acthcra  notus.)  Cie. 
Brut.  LXXIV,  258.  Sed  oiiuies  tum  fere ,  qui  nee 
extra  uibem  haue  vixerant  nee  eos  aliqua  barbarics  do- 
mcstica  iufuscaverat,  rede  loquebantur.     Divinat.  II ,   72» 


301 

148.      Quod  et  in  üs  libris  dictum  est,  qui  sinit  de  na- 
tura deoram,  et  hac  disputatione  n\  uiaxime  oginiHS. 

V.  460.  nörega  -Tpö,'  oiy.ov;',  vavkoy^oi';  ktitmv 
eÖQa^  fwvur^  r'  '.-iTpsiöag,  TreXuyog  Ah/aiov  ntqu)-^ 
Sic  vv.  clil.  pessime  e(lmit,  quasi  TtouC,  oiv.ovQ,  7Ci}\.ayo<i 
Aiycüov  7ie()ui  cohaercant.  Dele  coinma<a  et  TIQO^  oi- 
y.Ol'i  cum  X/7l'vJV  coniiingc,  siruti  Eiir.  Plioeii.  8'7-  iTTSi 
GE  fitjTij^  Ttaod-evujvcd;  ty.Xt'ietp  /ie9ij'/.s  /nkuß^oji' 
«5  S/iioeg  SO%c'.tov  ,  uLi  nonnulla  eins  generis  aiinotavi- 
mus.  Similifer  £Iaisleiiis  Enr.  llpracl.  5(1.  sie  corriipit: 
1(x>(jEt  (ri^  /-(u](i}{i^  tc.vt'  dviaxariOai  ae  %ur)  i/g 
'yipyoQ,  oü  V..  T.  k.  Lege,  ut  et  rei  et  liiigiiae  prorsiis 
est  conveiiicns  et  dudiiin  legit  Hcinclorfitis ,  ^uj(je/  Tt 
IJ.oj(i^eig  TCivr' ;  dvioTUO^ui  as  jpiy  «/?  'Agyac., 
ov  X.  T.  k.  Sic  Aristoph.  Plut.  683  et  al.  apud  Heiniif. 
ad  Plat.  Pliacd.   14'.). 

V.  476.  Ti  yuQ  Trag'  ij/xao  rioitsiv  exei  TCooq- 
9Eioa  y.dvaSRiaa  rou  yE  xaT^avet^v;]  Pro  y.dvci!}fiaa 
V.  1.  y.ävs9Eirsa  propterea  iiirecta  est,  quod  rov  y.aTxfa- 
VSiv  non  videbatur  ab  dvadliaa  regi  posse.  Bene  ple- 
rique  vr.  dd.  geiuiinum  xävadeioa  reslitueriiiif ,  sed  non 
item  inlerpretati  sunt.  Nam  quid  siLi  vnlt,  (juum  dies 
nihil  nisi  de  moriendi  necessilate  aut  addttt  alirjuid,  aut 
differatl  quo  niliilo  rectiiis  est,  quid  dies  lucri  aff'e- 
rens  vel  corrigens.  Imnio  nooodelao.  y.uvct'Jeioc-  unnm 
fere  ideinque  valcnt.  Verte  igitur  apponens  imponensque, 
zu-  und  aufsetzend ,  et  quod  sequentem  genitivum  atti- 
net,  adliibe  Oed.  II.  7(H).  jiÜ!^' ,  OVvty'  irjli  OOl  ßoo- 
TEiov  ovÖEv  ( nulliis  honio )  fiavTiy.ijc.  lyov  Teyvijq. 
Senteiitia  itaque  haec  est,  quid  habet  dies  diei  adiecta 
oblectationis ,  quum  addat  sugs^eratque  aliquid  mortis? 

V.  479.  ükL  i]  y.akwq  C,ijv,  ij  yakvj^  Te^vijysvat 
TÖV  EvyEP^  X'?'j]  Minus  apte  schol.  Ilermog.  p.  371.  r 
yuQ  y.akaj^  Cijf.  Non  raro  autem  yaQ  est  substitutum 
et  intcrduui  inculcatuiu ,  quod  infra  ad  v.  706.  docc- 
bimus. 

V.  Aß2.oi'öeii;  igsi  7ro!}\  ojg  vnüßhjrov  küyov, 
A'iai;,  EkE^aq,  dkkd  Tijq  oavrov  (fQEvöq]  Frustra  v.  d. 
Antig.  203.  (1.  y.ovSEii  Cfapyijg,  dkk'  ecfvye  riij  fii) 
EiÖEvai,  i.  e.  iiQoonoiovj^uvoq  fxi]  Eiöivai)  ex  cor- 
rectiono  Tldq  infersit,  nt  iam  b.  1.  declarat.  Ac  recte 
ait  Stallbauniius  ad  Plat.  Polit.  II,  9.  „loquendi  genus 
utriusque  linguae  scriptoribus  adeo  frequentatnm  est,  ut 
constans  ac  legitinium  videatur."  Confer  Beruh.  Synt. 
p.  458.  Huc  autem  malo  refertur  Tliucydid.  VIII,  66. 
dvvEkeys  oi-öeii;  eti  riov  dkkojv,  deSiioq  y.ai  öqiöv 
Ttokv  ro  ^vvEoriy/.oq,  naui  supplementum  eyaOTog  hie 
prorsns  supervacaneum  esse  facillime  perspicies,  si  sie  re- 
solveris:  ÖEÖiutq  y.ai  6()ojii  noku  ro  ^vvEOTiiyog  dv 
reKEys  y.  r.  k. 

y.  485.  r;;;  dvayy.aiaq  rvyijQ  oiy.  earev  oi'öiv 
fJ.ErL,ov  dvd^QüjTroig  y.a.y.üv\  Eustathio  praeeuute  inter- 
prctes  fere  omnes  de  captivitate  rogitarnnt.  Rectius,  ut 
patet  e  sequentibus ,  composuit  Nevius  v.  803.  KoÖotijt' 
dyayy.aiao,  tvV]Q,  et-  El.  48.  teOvi^x  'Oqeotik  e^ 
dvayy.aiag  xvyi^o,. 

V.  491.  ro  aov  kEyoq  i^iwijkSov]  Non  signifirat, 
quod  vult  Hermauuns,^  rd  aov  ki-yog  ^vvEkdovod  oui 
EOXOV,  sed  Eiq  TO  oov  kExog  tvviikdov,  ut  Thucjdid. 
I,  3.  dkkd  xai  ravrijv  xi)v  OT^arEiav  dakdoorj' i'jÖi] 


302 

nkEiui  xgv'iuEvoi.  tvvfjkdov.  Simplicitcr  Eur.  Phocu. 
831.  i)  Si  acvainov  kiyoq  ijkdtv.  llom.  Od.  i^/.  296- 
kiy.TOOto  naXa.iov  i^EOfiov  r/.ovru. 

V.  493.  ^  {ci'vrj)  ovv]]kkdx^i]i  iiioi]  In  nonn.  Lb. 
IMSS.  et  lemniatc  seholii  ijg  ovvEkk.  cxstat.  Prolium  est 
iitrunique  et  quuni  illiid  plerique  Cdd.  tueantnr ,  licet 
suspirari  i^c,  geniinata  littera  subsequeiite  ortuni  esse. 
Verum  vidctur  mihi  probabilius  T]  ex  emendatiunc  libra- 
riornm   exslifisse. 

V.  49ö._  i-ii'j  fi  diU'jOTji  ßätiv  dkycivijv  kafiElu 
Toiv  OLÖv  vre'  ijdoiuv,  %Etgiav  dcfEit;  r/v/]  Laur.  B. 
Bled.  r.  et  Laur.  A.  a  m.  pr.  ECfEtc, ,  quod  confirmat 
scholiastes  et  Suidas  videtur  legisse.  Nihilominus  non 
dcbebat  recipi,  quia  äff  e/t;  (relinquens)  apüas  est  et  com- 
munitur  sequente  explicatione ,  ti  yuQ  UüvTjq  Ov  y.ai 
TEkEVTijoaq  d^ffi^g,  tcu'ttj  vüiutU'  ydui  jTJ  rd^'  i)/.(EQa 
—  öovkiav  E^Eiv  rfjo(fi]v.  Eamdem  praepositionum 
confusioncm  deprehendimus  v.  290- 

V.  496.  El  yag  f^dvrjq  ai>  v.a.l  rEktvxrjOaz,  «9ys] 
ISoIo  quidem  dicendi  genus  sollicitare ,  sed  illam  novam 
Icctionein  nondnui  ab  omni  parte  cxploratam  esse  non 
possum  diffiteri.  Ilabent  quidem  El  ydg  pro  vg.  Ijv  yd.0 
plures  Lb.  H1SS.,  sed  x>d.v7]i;  av  yai  TekEirijoui;  d<f^g 
corum,  ni  faüor,  nullus  habet.  Srilicct  Laur.  B.  et  A. 
a  m.  pr.  tt  yag  dävEti;  —  TEkEvri'jOEii  suppeditant,  pro 
quo  hie  a  ni.  sec.  ddvrjq  —  TEkEVTljOTjg  offert.  Item  est 
in  Med.  r.  Et  yag — yo.e  TEkEvrijatiQ,  dcftig  (yg.  duiijg) 
et  in  nonn.  El  yag  davoiq.  Practerea  Aug.  B.  ci  ad- 
srripto  ijv  habet.  Quae  quum  ita  sint,  videtur  locus  aut 
oninino  transformandus  esse,  aut  lulgata  iectio  conser- 
variiia.  Si  quid  tribueris  illis  corruptelis,  proponam  El 
yv.g  da.voiQ,  av  y.ai  r  eLev  r  ij aat  e,  dcpsis,  seil  cen- 
seo  ego  eas  meras  librariorum   correctiones   esse. 

V.  501.  koyoti;  iünrojv]  Schol.  yg.  dziCujv  —  qua 
correctione  non  iudigenius.  AÜyol  sunt  Oyiöfi/iUra, 
vcluti  Trach.  263.  nokkd  ^Ev  koyoig  ETTEggodi/at  et 
al.  Vide  Markland,  ad  Eur.  Suppl.  565.  Ceterum  eon- 
tende    Hom.    Od.    v.    142.    TtgEotji'TaTOV    xai    dgiacov 

ÜTtf^/TjOtV    idkkElV. 

V.  516.  av  yäg  ^wi  nargiö'  TjaTUiOag,  Sogi,  yai 
j^njTSg'  dkki]  fioiga  tuv  (fvaavrd  te  y.u9ciktv"A/8ov 
da.vaaijiovq  Ot'y.ljTOgag]  Hoc  plerique  w.  dd.  rccepc- 
runt.  Ilecto  an  secus,  videbioius.  Omnes  Lb.  MSS.  et 
schol.  yai  /xjjT  £  g'  •  dkk'  ij  uo  ega  t  dv  (fvoa.vrä. 
f.1  £  X.  T.  k.  nisi  quod  Med.  /  ,  et  Laur.  B.  a  m.  pr. 
Tov  (fv  0  avT  a  te  et  August.  B.  dkkij  fioiga  ex- 
hibet.  Ineptos  seribas  Trazgid'  rjaTioaui  Sog/  yai  fii^- 
Ttg  conglutinasse  et  ipsum  dictum  docet  et  sequens  ^o 
vaaifAOvg  oiy.i'jzogaq,  eoque  facto  aeqne  male  f^E  pro  r£ 
iiivcctum  esse  ijnn  per  se  est  verisiuiile  et  illud  dnvaol- 
jiovq  oiv.i'jToguq  luculentcr  declarat.  Minus  autem  credi- 
bile  est  librarios  dkk'  l'j  ex  dkktj  fecisse,  quod  ut  pos- 
sis  nonnnllis  documentis  conlirmare,  longe  tamcn  proba- 
bilius puto  AAAII  ex  AAA'  H  procusum  esse.  Confer 
Srhaef.  Mel.  Critt.  p.  103  sq.  Adiersar.  nostr.  ad  Soph. 
Trach.  p.  22.Ssq.  Enarrat.  ad  Eur.  Phoen.  916  etSeidl.  ad 
EI.  249.  iiai\\xc  y.at  [n^xEg  dkki]  f^ioiga  y.x.k.  per  se 
iam  minus  commcndatnr.  Accedit  quod  ipsum  ennntiatum 
parum  placet.  Verissinie  enim  Hemianuus  ait:  „illud  qui- 
dem nimis  ineptum  est  in    vnigata  lectione ,    quod,    quun< 


M03 


304 


imtrr ,  quem  mag^is  roiispiitaiieiiin  erat  in  proplio  perirp, 
alio  fato  niurtiius  pprhilipntur."  Possiiiniis  (juiilein  atki^ 
iiuioa  iitfelix  fatum  iiifprprefari  vel  sie  ut  Opd.R.  priiic. 
(ö.'/v)  ör/.ti.t<dv  III-  Tdo'  (iyyi}.u)v,  TB/.va,  uKKijjv  äv.oi-etv, 
avTO^  (ni^  £/ 1  f.r^t'.)  rpsiiliorc,  spil  iitroijuc  miiil»  pareiites 
iioioi'.  mortui  diriiiidir,  qiii  «llii  <|pl>(!l>aiit  ((iniiiiiiiii  civium 
cladc  iiiferiissp.  I<l  aiifoiii  ainbiguo  iiiixlo  verbis  al.ll'  iioi^Ct 
iniliratiim  ps<p  fariluis  |ii>siipris  i|iiam  roiiiproliavpris.  Equi- 
ilein  oiiisiiiiiili  aiiil>i;;iiitati'iii  iioii  ilpfpiiilaiii,  naiii  qiii  uoiort. 
nioritiir,  iioii  pprit  cladp  aliqiia  ,  Pt  qiii  (lade  pprit,  iioii 
uoioct  moritiir.  Quaro  qiii  altnriiin  pro  altpro  usiirpat, 
non  amliigiip  itpd  poiifiisp  loqiiiliir.  Npque  vpro  lloniianiio 
Tprsiini    pxridi«3p    siispivaiiti    pqiiidpiii    asspiitior,    spd   ropono 

potiiis  /.iti  iii;rfo  «/,/■-'/;  fiohja  tov  cfvoavTti  rf^  xa- 
itfl/.tt'  Air^'ir  ^(ivaniuori  oiy.l'iouaq ,  i.  p.  oiiiiiino, 
ac  mntrein  meam  palremr/ue  aliud  quam  susfulit,  quo 
TpciiiPssa  terte  prodit  pareiitf»  siio»  cominuni  Tioiaiioriiin 
riadp  iiitprpmtos  pssc  et  pius  ralaniitatis  Aiaopm  auctorom 
fuissp. 

V.  S\9.  r/;  <5(;r'  eitoi  yf.voii'  uv  övri  oor  Tra- 
Toi;:    Ti;   n/.orro:;;     ev    out    nän'    hyvtys  aoiCouui] 

Possuiit  verba  iioii  iiirorrupfa  pt  intPiiectutn  r/';  71/ oi:- 
TOC  iion  sa(is  arronimi)da(iiiii  vjdpri:  sed  cavp  qiiidquam 
"  niiites.  I'lpiia  spiiti-iitia  liaer  est,  ii:;  ö/Jt'  fiioi 
'ivuix'  av  dvri  nur  Tlt.ocioi.  Quarp  malim 
roiiiina   pro   «ijfiio   iiiterrogaiidi   post   Tiaroii  appoiii. 

V..  y24.  or/.  fi.v  y^vou'  iit'  oi'Tui  eiyivi}-  <'.vi]q\ 
Sir  Lauf.  A.  B.  fllosq.  B.  pt  August.  B.  Lp^obatur  ovY. 
i'.v  yfvoiTi)  ~lo!>  Omui  sry.  dviju.  Suidai-  Cdd.  ovY 
o.i  ytvoii*'  iii'riii  —  v^l  oöiiwi  yhvon'-  cv  ohxoz,—^, 
vel  oiTTU)  yivnir'  (tv  '/..  c.  )..  Male  ex  vet.  scriptura 
li'olipfki  cpiisor  (uiiiverss.  litt.  diar.  a.  \K\~ ■  p.  .')34) 
re^rripsit  o /' z  üv  y'irnt^'  o  i<  r  t'i  :  TTot'  fi<'/tv\ji; 
ftvio.  quod  iam  anclor  Porsoiiiis  (prapfat.  ad  Eur.  Hpc. 
p.  X)  IIOII  probant.  Aptp  ailliibuit  Hprinaniius  Eur.  Suppl. 
4Ö'.  nloi  HIV  er'  ii.v  ytvoir  o.v  in/ioc.  ttii/./';.  Adde 
Ari-itoph.  Ar.  s,").  y.ai  noii  av  sri  yt-voiz'  o.i/  fvraxioi 
Tl'ut.lZ.  ütrol)ique,  inqiiit  Elmsluius  ad  Acbarn.  .'iDfi, 
t  n  fere  otiosum  est.  Et  liar  fortassp  opiiiioiip  durtoa 
pinendarit  (llpv.  of  Pors.  Hpp.  p.  ti7)  o  i' y.  o.  v  yevolT 
äv  urTOi  /..  T.  f..  Sed  si  Sopiiocles  pxarasset  yeiJOll' 
v.v  oi'/.Si}'  orroi  evysvijg  üvijo,  num  Eliiisjpius  dirto- 
rus   fuisset  poetam   oüy.etl  pro    a  l''  srripsisse  ? 

V.  rt'2r).  Aiaz ,  ifi-iv  o  av  oi'xcov,  cj;  y.dyoi, 
nofVt  Ssf.Otil'  «l]  R.PS  roiiiparata  «pparata  pst  idcoque 
yi'i.yoj  neque  y.diit  legiinus.  .Sic  iaiii  Hoiii.  11.  c  .  4/7. 
döri  Si)  y.ai  t6vÖ£  y:.vto'Jai  rco.iÖ'  iiiov,  i/t;  y.ai 
iyo)  TTfo,  äotTloEi  £(1  To'Dfini».  S\  res  rmnparata 
non  est  spparata,  male  pam  sijfiiis  .spparari  iioii  nioiiprem, 
ni^ii   tpI    hodie   hoc   in   genere   percari    i-iilerem. 

V.  .'){7.  ri  f)rr'  uv  ">;  £/.  tiüvö'  i>.v  uUfiLuifii 
iji;]  EldiUii  inrpiitiiin  r/  Ö  ij  T  ((.  d  u  lo  o'  € /.  T  il)  v  6  , 
rui  teinerarius  adilerp  possit  r/  b  o  iii  O  uv  u>  z  y..  T.K, 
(Oed.  R.  '■>)),  a  Brunrkio  pprperain  invertum  psse  hodie 
non  amlii^num  pst.  Bpiie  vv.  ild.  w;  iy.  riiiviS'  resti- 
tuprnnt  et  p\|iliriipriiii( ,  ut  res  se  nunc  hnicnl ,  secun- 
fluin  liiinc  reium  slalum  s.  quantum  quidem  in  linc  rerum 
statu  fieri  potesl.  Siinilitp.r  Thurjdiil.  |[,  i.  .'/.'/  öl-. 
o'j  i  !:  y.  co)v  düvctTiiiv  iroiiia  ijv.  VI,  70.  ol  de 
Svouv.öoioi    d9-ooto9^Evz£<i    iq    ti)v   'Eko}(iivijv    oSov 


xai  (jjgey.  rdiv  TT  agö  vt  vjv  ^vvxa^äfiEvoi  y,.  r.  A.. 
Confer  Advprsar.  nostr.  ad  Trach.  1077  et  Fritzsch. 
Quapstt.   Lurian.   p.    lyi). 

V.  ,)4l.  eoTiovri  (f.ioveii  ;}  kstet/iuivio  Xüyor;] 
köyor  keKeiunivOi;  est  ex  llennaniii  expliiatioiic  dicti 
nescius ,  sive  non  nudiens  neque  oitemperans.  Kt  dicti 
nesi-iiis  iiiillo  modo  ei  obtenipcrare  potest.  Quaru  qni 
dicti  nescius  i.  possit  esse  q.  non  obtemperans,  iiou  dispi- 
cio.  Valept  Kuyuii  Alkei/tucia^  niliil  aliud  quam  dem 
Aujtra^e  nicht  nachkommend  et  oniiiiiio  ait  Aiux,  venitne 
necne,   cui  dicis  f 

Y.  .j  j4.  iv  ciß  (fooviiv  yu(i  fujölv  i'jSioio^  ßiu^, 
TO  inj  (foovttv  yuQ  y.dor'  dviööfvuv  xay.uv ,  tiof 
TU  j^ci/of/f  y.ai  TO  kcnetodai  fj.äi^rii\  Versuni  medium 
non  ajfiiiisrit  Stob.  Spini.  L.VXVIII,  S\  eunique  .Sopho- 
cleuiii  quidpin,  sed  ad  prapredpiitia  adscriptuin  ex  mar- 
gine  in  illuni  lurum  irrepsissp  cpi'ispt  Valikenarius  (ad 
Eur.  Ilijijxil.  24  7)  idpiiiqiip  pluriiiii  \v,  dii.  approbant. 
Contra  lli-rin.iniiiis  arbifratur,  \prba  illa  egregie  huic  locq 
cuiiieiiire,  et  sie  eiiarrat,  ut  qunm  dixerit  Aiax,  igno- 
raiites  vitere  iuruiidissinip ,  ne  hoc  falso  dixisse  videatur, 
quia  maliim  taiiieii  git  igiioraiitia ,  in  pareutlipsi  aildat, 
natu  si  malum  est  ignorantiii ,  at  innoxium  est  malum. 
Spd  qiiis  rei ,  cuius  iiiillain  plane  mentioiiPiii  fecit,  ullain 
adipcit  pxplioatioiiem?  Quis  umquam  pro  eo ,  quod  dici 
dpbcbat,  y.uy.nv  iitv  eotl  TO  iii)  ((oiivtiv,  ul.Ka  y.uCft 
dvioÖLViiv ,  quis,  inquaiii  ,  dixerit  rö  ui]  (f^üvtiv  ya(j 
y.aox  dvijifivvov  y.ii./j'ii\  Quis  liapc  iprba  ad  pa,  quac 
fingi  possunt,  rptulerit?  Sunt  vero,  quum  non  possint  nisi 
ad  ea ,  quae  adsuni,  referri  ,  alisurdissiina ,  nain  ad  UV 
T'ji  (f'ijoi'liv  ydu  Ltljdiv  l)  Ö  /  O  C  o  i  fJ '  u  <;  qui  quadraut 
TU  jiij  (fuoveiv  ydo  xuor'  dvaibvvov  xayovl 
Neque  tameii  inera  siiniliuin  verborum  repetitio,  qunoi 
ea  ininiine  inusitata  sit,  me  potpst  permovere,  ut  versum 
iilum  iiidiK.tin  fei  für«  illa  extrudaui.  iNeque  in  eo,  quod 
Stoliaei  LI).  .'MSS.  puindoni  ninittiint,  inest  idoiiea  caussa, 
quia  quam  fariln  potuerit  excidere,  rcrborum  similitudo 
itucet.  Vt  vero  in  Lb.  .Sophoripis  legitur,  eum  non  posse 
legi  satis ,  piito  ,  declaravi.  Itaque  non  prorsus  sperno, 
quod  Suidas  (f.  Cn/ ui'v)  o  IFp  rt ,  TU  inj  (fouvliv  Öt 
y.(i.(tt'  dviodi'vov  y.ay.in'X  certe  viusmodi  parenthesis 
non  incommoda  est  et  yO-U  pro  bü  srribae  saepius  in- 
tulerunt.  Sed  longe  praestat  restituere  ,  quod  sine  dubio 
Sopliociis  est,  xo  in;  cfoiiviiv  y(i.(j  y.aijx  dvuibvvuv 
y.ay.vjv,  h.  e.  avev  ubvvijq  y.aY.ii)v.  Hoc  quam  sit 
appositum  ad  antecedens,  nemo  iiou  assequitur  nee  est 
cur  ego  expnnam.  Meqiie  abludero  dicendi  gcuus  pcrci- 
-pies  ex  Oe.l.  Cal.  7^ti.  Tlüt^li  öi  001  yay.u>v  uvarog 
TVivb'  d:iaÜMyßrj  yßovöz.  Ibid.  677.  dvi'fkiov  dvijve- 
fiöv  xF.  ndvtu)v  2"-'"J'i'0)V.  Ibid.  löU'-  (Kl.  1002.) 
ä  001  yi-oo)i  a-ki'7iu  xrjde  y.tioEiat  7iokn.  Trach. 
2^.  üoT/i  i]v  ihi.y.ijiv  dxatjßijc,  liji  i}iui.  Ibid.  247- 
(Oed.  R.  17U.  El.  23-'.)  Tuv  äaxonuv  '/uovov  —  tjjie- 
^vjv  dv  i;  ()ti>  itov.  ibid.  (i'll.  yä'Jir/.a  0Lifj7Txvi;ua' 
dkafineq  ij)  iov  y.olkiji  Ciyanxijio  biOQov.  Ai.  321- 
äipöffijxoQ,  i'tif.iDV  yjtyy.iiudriDv  i'jreoTtva^e,  xaiJQOi 
cJc,  /jOiyoJiifi'Oi;.  Insigiii  auteni  li.  1.  dociiinento  est 
vel  perversissima  et  manifesto  rorrupta  aliquo  modo  do- 
fcudi   posse   et  a   dortis.  viris   dpfendi. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


Sonnta",  31-  I\Iär: 


1839. 


Nr.  39. 


Analecta  ad  Sophoclis  Ajacein.    Von  Dr.  A^üz. 

(Forts  elznii!;.) 

V.  559.  Vticiv  ipt'X'}'^  drccf.Xajv]  Digna  sunt  qnao 
coniponanfur  Piiiilari  rcrba  ap.  Plaf.  Polit.  I,  5.  ykv/.ctu 
Ol  xuQÖiav  d  räkkoiaa  yijQOTQOffoq  awao^et 
iknig.    Hesych.  dzäkXei'  xQtcfEi,  xidijvei. 

V.  5ü3-  TOiov  TTvkcDQov  (fökaxa  Tevy.Qov  ducpi 
öoi  Xeitpu)  TQO(ffjq  äoy.vov  i^iJta ,  y.si  ravuv  ti]\u)- 
Tlbc,  oty^vEi,  öva^iEvviv  9ij()av  e;^wi']  Edcbaiiir  i^nray:', 
et.  Correctionem  Rciskii  et  Hennaiiiii  hiTTa,  y.ei  Laiir. 
A.  et  praeter  Suidam  (v.  TijKojllug)  scliol.  Rom.  conGr- 
mant  neque  <juisqiiani  in  «lubitini  vocabit.  SImilifer  v.  579- 
onines  Sophociis  et  Suiilae  Lb.  y.ai  dajfi'  dnay.rov  pro 
y.al  Siijua  nay.roi'  exhibeiit.  Suil  „illud,  inquit  Her- 
niannus,  anibigi  potest,  (fvKay.a  XQOCfiji,  an  TQOCf'lji; 
äoy.vov,  qnod  potins  vidctiir,  coniungeuda  sint."  Mihi 
videntur  potius  consocianda  esse  doy.vov  SliTTa  X£l 
%  avv  V  fijkunioii  o  i'yv  1 1.  Supr.  v,  342.  Tii'yoov 
xukaj.  nov  Ttvy.ooc,;  ij  tov  ei'aaee  ks  ijkar  ijo £  i 
XQ  ov  ov ;  Ceteruni  v.  l.  Tljkou^og  jiro  rtjkojTtui;,  quam 
scholiastes  memorat ,  eiusdem  est,  ni  fallur ,  qui  Cfoov- 
Qav  pro  dijoov  snbstitnit,  sed  siipra  ksijkuTljOei  inta- 
ctum  reliquit.  ?Iec  potest  TljkajTldii  nllo  iure  cxajjitari. 
Conipares  Trach.  8'>3.  rag  71  uka l  (f  d T  o  v  TlQOVoiaQ. 
El.  1104.  (Antig.  985.)  TTodcivijv  y.oivönovv  nagov- 
Oi'av.  Ai.  ST2.  ijfiuiv  ye  vaug  yoivönkow  öfii- 
ki'a'v.  Ibid.  1135.  xkeTiTiji;  yuQ  avxov  ipijffoTiocug 
eiiQidijg. 

V.  569.  Tskafiojvi  Ss/^si  fii]Tpi  x',  'Eoißoi'a  Af'/w] 
Lcgo  auctore  Schacfcro  EgiijOiav  keyio.  Similiter  pro 
littcra  V  iota  subscriptum  est  Aeschyl.  S.  c.  Th.  (i.jü- 
iiiuovviw)  öt  y.dora ,  IlokvvirAijv  (vg.  Ilokvvtiy.i;) 
ksyuj.  Confer  Antig.  32-  xoiaixd.  cpaoi  xov  dyaitdv 
Koiovxa  aol  y.dfioi,  keyoj  yuQ  y.diih^  y.ijov^avi' 
iXttv.  —  Horat.  Sat.  II,  8,  27.  cetera  turla,  tios,  in- 
quam ,  coenamus  avis. 

V.  571.  oji;  acpiv  yivijrai  yrjQoßoaxo?  siaasi,  ^ä- 
^Qiq  ov  (J.Vj(^ov<;  vJ^oiai  xov  xäxuj  &£0l']  Sic  pleriqne 
Lb.  i\ISS.  A'onnulli  fiej(pci  dv  vel  jl^Xot  habcnt;  item 
in  Suidac  Cd.  Leid.  (vv.  yijouT(joCfai  et  fU'XOi)  /"^XP''» 
et  in  cott.  (t^XQ'i  "*'  exstat.  Qütim  neque  fi£]^gii  OV 
neque  fit^oiq  dv  nietrum  admittat ,  Ilcrmannus  fiiXQti 
recepit  et  de  eo,  quod  omnino  f^dxQti  apud  poetas  tra- 
gicos  non  reperitur,    parum   soUicitus  animadvertit,     non 


esse  iillam  raussam,  quare  non  licuisse  üs  usurparo  eam 
verisimile  sit.  II.  e.  contenti  eslole.  Direndi  genns, 
quo  omnino  liruerit  poetis  tragicis  uti,  neque  Herniannus 
cxplorabit  neque  quisquam  alius.  üebemus  potius  in  eo 
exquirendo  arquiescere ,  quo  illi  «si  sint.  Hine  autcm 
facile  efleccris  ftiXQl?  non  Sopliorleiim  esse  :  nam  si 
omnino  iragicorum  fuisset,  illc  singularis  usus  rocis  no- 
tionis  frcquentissimae  permirus  esset.  Verum  non  modo 
lilXQlii  praesertim  ov  vel  dv  adiuncto  ,  nobis  olTcnsioul 
est,  sed  etiam  qui  sequuntur  fa'ioi.  Vocabulum  quidem 
tragicum  est  ncc  iufreqnens,  sed  jivxoi  xov  y.v.xu)  i^EOV 
si  omnino  poeta,  certc  tragicus  non  dixit,  Confer  Scbrad. 
Aiiimadv.  ad  3Iu3.  c.  19.  INiliilominns  autcm  non  deerunt, 
qui  id  elegans  censeant  et  sie  exquisitum,  ut  Luic  loco 
egregie  couveniat.  Sed  accedit  iwsupcr,  quod  /',  fjJOli^S 
xiXCiOl  perversum  est.  Dcbebat  dici  jivxol  avxovg 
y.r/ujOt,  ut  intelliges  ex  Hom.  II.  /.'.  4')1.  (f9ij  OE  XE- 
koq  duvdroio  xiX'Jf^iEvuv.  Aesrlivl.  Chocpli.  öl2.  Xl- 
XÜvEi  ÖS  viv  'Egiiiji,  sc.  ö  TtoLinaioi;.  Eur.  Hippol. 
1444.  y.at'  öaoojv  y.ixüvEi  f.i'  ijöij  ay.üiog.  Incert.  ap. 
Stob,  rioril.  p.  199.  nokkdy.i  öijioxijra  (fvyvjv  xai 
dovnuv  d.y.övxujv  EgXExat,  £V  0  oT/.ip  ^wioa  -/.i^Ey 
daväxov.  Simonid.  XCI.  öw/(«  nEv  dkkodanj  XEv- 
dic  y.övts,  iv  dt  OE  tiovtio,  K).£iai}£i>£<;,  Ev!;£ivv) 
fioig  ly.lXEV  davdxov.  'Quae  quum  ita  sint,  non  pos- 
sum  quin  illud  xdkkoi;  y.a/.ojv  vTTovkov  insiticium  esse 
cxisfimem,  ut  iam  Elmsleius  iu.'iravit,  qui  Laec  ait : 
,,Pcrhaps  it  «as  iuscrtcd  by  sonie  scrupulous  critic,  «ho 
thought  that  tlie  expression  yi^ooßooyoi  Ei'idEi,  in  the 
preccding  »crse,  required  some  qualification.  The  «ords 
f/§  dit  may  be  translated ,  as  long  as  they  live.  Com- 
pare  Oed.  T.  275.  Trach.  1202."  Mihi  videfur  fetus 
ille  histrionum  esse,  quos  multa  addidisse  nee  pauca  om- 
nino immutasse  satis  constat.  Vide  de  ea  re  accuratius 
disputantem   Valckenatium  ad  Eur.  Phoeu.    12*^6. 

V.  580.  y.d-Qxa  xoi  cftkoi/.Tioxov  yvvi]\  Lamentis 
mulierum  facile  Jiomiiium  miserationem  ctivimoveri  non 
Sophocles  h.  1.  dixit,  sed  Ilermannus  ,  male  reprehcn- 
dens  vg.  explicationem  ,  facile  misericordia  afficitur  mu- 
lier, iteniquc  aniuiadvcrtens ,  id  (fikor/.xov  vel  fftkotx- 
xioixov  poetam  dicturum  fuissc.  Quid  enira  est  discri- 
mims  inter  (fikti  oly.xov  et  (fikEt  oly.xiQEoduil  Minus 
accnrate  schol.  Ambr.  ad  Ilom.  Od.  b' .  184-  xaQXCt 
xoi  (flkoi/.TOV  i]  yvvi].  ^  Mox  v.l.  »goctv  pro 
dgiiviiv  videtur  aeque  ac  rQaV[iaxi  ex  explicatione  ex- 
stitisse.     Coufer  Hom.  II.  w.  722-    OxovÖEOdav   doi8i]V 


307 


308 


—  ef^prvtov.  AI.  C)'H.  ö^vtÖvovq  oiöug  9orjii']OBt. 
Ceifvnm  viilc  Bartli.  Ailversar.  XIX,  14.  p.  991  et 
XXIV,  9.  p.  11S7. 

y.  5yi>.  ov  '/.ärotadr,  iyii)   de.oi^  w?  ovölv  dgy.eip 

tili   6(fe//lij'C  eni]   i.  e.  ui>  y.aruio^',  ajg  f-yio  Öcui.; 

•  oöy.iri    üffiifjrri    i/iii    doy.£/v    ti;    iMiinis    aplc    vertit 

Hcniianiiiis ,    tiescisiie   Jion    tue   amplius    hoc  debere  diis , 

ut  tibi   opiliiler. 

y.  tot-  f/'w  6'  6  tXÜuujv  ncXutuq  äcf  ov  xqÖ- 
vo<;  'löaia  fuifii/w  keiuujiia  noia  fiijkvjv,  dvi'jQi^f^ioc, 
aiiv  tvvonia  yoüvo)  T()i';ifo//£to^]  Spcciosa  est  Ilcr- 
uianiii  coiilpctiira,  syuj  d  ü  zk.  Tlak.  dcp'  vv  ](().  'Jöutcc 
ftiuvo)  t-finuh't  ÜTtoiva,  jir^viijv  diij  o  /  l^fioi 
'/..  X.  /..  sed  sniiionfia ,  hl'ea  pratensia  praemia  ex- 
Specto,  mensium  innumeralilis,  iiiiiius  liiledir  vcrisiinilis. 
Quam  ob  coussaiii  prapferat  alitjuis  'JöaiU  fxiliput 
7.atuu'ivi  d'.ioiy.a  utjkujv,  dvi]  QtA>  fio  q  y..  r.  k. 
ita  ut  ke  f  /joj  V  t  a  pro  T  ö  7t  o  v  Q  kei  f^iu)vi  o  V  i  vt\ 
ke  t  fi  lijv  aq  dictum  et  uinvu}  co  nioilo  coiiiugatiim  sit, 
«jiio  Philocf.  145.  TÖnov —  ovriva  y.£iTai  et  Ai.  877. 
ye/.fiitov  —  (favlii.  Cmifer  Eiir.  Ipli.  T.  Ct'M.  ei'q 
d.vuy/.r^v  y.iiiaSa,  Honi.  II.  d.  27(i.  icpo.vij  —  eis  üöov 
et  Ai.  80-  £«  douoi'g  iievllv,  cuius  loci  noii  jiieminit 
Passovius  ad  Mus.  181.  rv  ö'  fdi'/jjaijs  uig  l^iiuo^  Tto- 
/.vcfoiTOi  iiiijv  £g  TtiLToida  fuiuatv. 

V.  618-  TU  TTQiii  '3'  soya  ^tooTv  — ]  Cdd.  yeoai  vel 
'/Eoniv,  littera  6  pro  o  suLstituta.  Contende  v.  439. 
ovo'  ioyo.  /liio)  2^>ot'i  d.Q/.iaaq  eiifjz.  Correxit,  ut 
vidctur,  Tricliiiius,  qui  pari  modii  v.  37'2.  euiendavit. 
Sed  hie  pluralis  lunnerus  pro  siiigulari  a  librariis  invec- 
tus   est,   siruti   Trach.    1047. 

V.  (j34.  y.oiiooojv  yao  'AiSa  xeijdwv  6  poöujv 
fjC'.TCi^  Nun  necesse  est  omnes  locos  exaequari ,  qiiare 
Eluisleio  Trag'  ' Atöa  (ut  Ocd.  R.  972)  saepius  rÜ'l.igi- 
taiiti  FF.  dd.  rcctc  adiersati  sunt.  Couipares  Iluni.  II. 
ll'  244.  etaoy.ev  aiid(;  eyujv  'Ai8i  y.evdoif^iat.  Antig. 
1241.  TU  vi'urfiy.d  js/.tj  ku.%ü)v  öeiXatoi  rjv  'Aiöou 
doiioi;.  Practerea  iiiliil  fere  iiiterest,  utruin  iidrav 
Jiro  odierbio,  au  pro  aicusatiro  nomiuis  iid.Tli  acripias. 
l  Iroqiie  significatur  voni^v  vuOov  fi  a  T  a  i  a  V  (Gorg. 
Ilcl.  Enc.  p.  l(Jü.  T.  ^III).  Sed  .idverbium  rommeuda- 
tur  quodam  moilo  r.  G2li-  vooovvxa  (fgevu^iörjin-;. 

V.  (i48,  y.oiy.  tax'  dekrixov  oi'öh]  Dicti  Arrhilodii 
{■/rn;uuxo)V  ält.nxov  oibiv ,  ovo'  dnu'jLioxov)  pars 
altera  exstat  Autig.  388-  Tangii  idem  Aristoph.  Lvs.  ^bü' 
1]  TiukK  dekn X   eveoxtv  iv  t'J  i^io.y.oip  ßi';>- 

V.  651.  y.ayuj^yag ,  öq  tu  dein'  iy.aoxegoiw  röxe, 
tiatfjj  oiÖi;oo;  vtq,  idr/l.üvih.v  axüiiu  ngu;  rijiqde 
xiji  yvvary.u^l  Et  ad  duraudum  ferrum  et  ad  niollien- 
dam  ßaff.ij,  sed  ea  divcrsa  veteres  usos  esse  non  farilc  nc- 
gaveris.  f/|(^il/ yöp,  inqnit  scLoliastc»,  ^ut.'Ju/.uv  rj'n'l.ov- 
rui  oiöi;gov  llvui,  i'l.o.kt)  fidmovoiv  ,  ei  dl  r,// )  um; 
vSari.^  lani  quuui  porta  uon  siguifieavcrit,  utran»  infcili- 
gat  ßutpiv  ,  potest  [ic'.ffij  oidrjgoq  oj;  aeque  ad  anfpcc- 
deus  atquc  ad  subsequeu»  referri.  ^idetur  vero  illud  lon- 
veuientiuä  et  ßfiCf^j  oii)igo;  ,  ojg  ilhkiv'Jtv  o  r  <>  ii  a 
-Too;  xijide  r;;s  yvyutyöi  minus  aptum  esse.  Adhibe 
IIoiD.  Od.  I.  3IJ2.  ojg  ö'  ix'  dv})g  x^ky.trg  nikiy.vn 
^iyuv  jjh   o/.iTtUQvov   iiv   vduxi   ipv/oi/}  ßänx]]  jit- 


yuka  idyovxa,  (fagiidadtuv  tu  yao  avxe  aiSi':- 
Qov  y£  y.guTUi  ioxiv  et  confer  Fac.  Excerpt.  ex  P!ut. 
»pp.  p.    17. 

V.  (),')fi.  tu;  av  kii^ta9'  dyvirsaq  fitd  uijviv  t'u- 
Qfiav  ii:akei'a(oucu  ^£«1«']  Srliol.  ii;/iki'£u)iiaf  q>v- 
kdEwjKci ,  kyyXivm.  Item  Hrsvrh.  ii,aki'i^u}uaf  cpv- 
kdt'oiita.  ^oCf.  A'iavxi  Maoxiy.  Omnes  '.Soplidclis 
Cdd.  £i;akEi'a(ijfUi.l ,  uisi  qund  in  nonnullis  .'^rtÄ.f('oo(/(U 
et  in  uno  £^a}.k(ot:oiin/  legitnr.  Hanc,  rorruptam  for- 
mam  lectionein  siuceram  prodere  ürunckins  non  tmierc 
iudicavit,  nee  nie  Iiabebit  adversarinm,  qui  Sopliocli 
£^akii;(ijfUU  restitnerit.  Sic.  Eiir.  IMiupn.  271.  oi'y. 
ly.CfOinOlv  solus  Photius  ronservaiit  et  scholiastes  retniif, 
cuius  annotafio  oi  VTI  oyQ  IT  ai  bin.  xo  övßly.au- 
QOV  ueraTlhdrTOVat  Ttjv  ke^lv  videtur  etiam 
h'C  non  aliena  esse.  „Vulgatuni  tarnen,  inquit  Blomf. 
Gloss.  ad  Arscliyl.  S.  e.  Th.  88,  defendit  Arcliilochi  lo- 
cus ap.  Scbol.  Nicandr.  Tberiac.  Fol.  34.  ed.  Aid.  duv- 
öguv  yuiuüö'  i:tnkevä.iiFvüq.^^  (iuasi  e^akv^vj^iai  do- 
cumento  dcstitutum  sit.  Eur.  El.  219  fl>yv  —  Wulxag 
y.ay.oiQyovi;  eiui  v^mf^iiv  TTodi. 

V.  672.  s^iOTCixai  be  vvy.xuq  aiavijq  xv/Xog  ttj 
KsvxoTtüjkui  (fSyyog  i]fUQa  Cfkeyetii]  Vg.  ataviji;,  ex 
vulgär!  corr.  Pari  modo  legebatur  Eur.  Phoeu.  1649. 
exk/TToiorc  x g  I  TT  X  i'x'j>  V  itui-vovQ  vcy.gdiii,  nbi  rgi- 
TIXL'XOL'Q  ex  plerisquc  jMSS.  reposuimus.  lllud  Ilerman- 
nUs  resrripsit  et  habet  Laur.  A.  Confer  Tibull.  I,  1,  27. 
Cauis  aestivüs  ovtus  vitare  sub  umbru  arborii  et  quae 
attulimus  ad  v.   176.   viy.aiq  dy.agitutxuv  ydgiu. 

V.  678.  i'il'f/'i  Sl  Ttcuq  ov  yvvjadf.i£a&a  owrfoo- 
VEiv;  iyu)  d' ,  iniaxni-HU  yag  dgxivtg,  öxi  — ]  >on- 
nulli  ri'.  dd.  iyoj  d'  STiioxaLiae  yao  d.gxiujg  coniungunt, 
quoll  ut  fieri  possit,  tarnen  non  necesse  est,  ut  dotet 
Stallbauni.  ad  Plat.  Apolog.  XXVIII.  Supple  ad  Syvt 
öi  ex  praeced.  yvvjoof^iai.  Simili  modo  v r  v  ös  sae- 
pissinie  nsiir|)a(um  esse  non  ignotnm  est.  Item  du  o)  C 
öi  apiid  Platonem  legitur  Parm.  137.  13.  p.  220-  Hdf. 
Sed  So|)h.  El.  1296-  oi^Tujq  d' ,  önio;  l-i>jx)jg  (je  fxij 
'TtiyvuJoExai  cpai8g(jj  ■ngoguirro) ,  pi/>v  eisKDovxoiv 
donoi'g,  liuc  non  retulcrim  ,  nam  repetitum  oi.uane 
futile  est. 

V.  689-  ei'voeip  S'  vfuv  «//«]  yg.  iTVEQfxtya 
Laur.  A.  yg.  fiixa  Laur.  B.  Mirarc  iusignem  veterum 
rriticorum  fcmpritatem ,  cuius  speciiiiina  mnita  liabcmiis. 
"Se  iis  motus  sanam  scripturam  attcntes,  cnvendiim  tibi 
maximopero  est.  l'ide  ad  vv.  273,  455,  501»  564 
et  al. 

(Fortsetzung    folgt.) 


De  Aristotele  Piatonis  Amico  eiusque  doctrinae  iusto 
censore.  Scripsit  Mauritius  Carriere.  Gottingac , 
ex    offic.    H.    C.    Seemann.      31DCCCXXXVII.   — 

70  S.  gr.  8. 

Herr  Carriere  «iderlegt  erstlicJi  die  bekannten  Er- 
zählungen lon  den  l-r.saclieu  einer  vermeintlichen  Feind- 
schaft z)vischen  Platon  und  Arislot^lei  als  abgeschmackte. 


309 


310 


liei  dem  anileriv.'ii  <s  Icuipsciicn  Edelsinne  beider,  liöi-list 
iinwalirseheiuliclic  Erlindiingeii  iniissifjer  Ki>j)fc  und  nei- 
discliei-  Sophi-ten  niid  zei|;t  im  Gcgeiitlicil,  dass  unter 
lieiden  fllännern  das  beste  ^'crnclinien  stattjfcfdnden  haben 
müsse.  Sudann,  da  man  ancli  ilen  l'mstand  als  einen 
Hol  eis  der  fllisshelliskcit  j;elt<^"''  ijcmarht  hat,  ilass 
Piaton  den  Aristnleles  weder  jemals  in  seinen  Dialojjeii 
envälmf,  nocli,  ob  er  gleich  <ler  tiiehtigstc  unter  seinen 
Scliiilern  «fciveseii  wäre,  /um  Aaclifoljjer  iu  der  Akade- 
mie bestimmt  habe,  bemerkt  der  Verfasser,  dass  sieh 
Sokrales  doeli  unmü^lich  mit  dem  Ifi.  Jahre  nach  seiner 
Hinrichtung"  geboreneu  Arisinteles  unterhalten  konnte  ; 
zum  Nachfolger  aber  habe  I'litlon  oflenbar  desshalb  sei- 
nen ^('ITea  Speuaippos  ernannt,  «eil  er  gewünscht  habe, 
dass  seine  Philosophie  selbst,  ohne  Modilicatiou ,  fortgc- 
lehrt  »erden  möchte,  «as  er  von  Aristoteles  nicht  habe 
erwarteu  können;  ilenu  dieser  «äre  sein  Nachfolger,  in- 
soferncr  die  Platonische  Piiilosophie  reriollkommnet  habe; 
daher  spreche  er  sich  denn  bei  Gelegenheiten  einer  Dif- 
ferenz, als  ein  selbstst.'indiger  Denker  und  «ahrhsitslie- 
bender  Manu,  «ohl  mit  Freimütliigkeit,  aber  nie  auf 
eine  feindselige  ^Veise  aus.  Um  diess  zu  beiveisen,  legt 
Hr.  Carriere  von  S.  20  —  (54  die  Lehren  des  Piaton  und 
Aristoteles  über  die  h  ichtigstcn  Gegenstände  der  Philo- 
sophie, und  die  Art,  wie  yiristoleles  über  Plulon  urthcit, 
übersichtlich   dar. 

Das  Scliriftchen  ist  mit  Scharfsinn  und  Gelehrsamkeit, 
Wärme  und  OUenheit  abgefasst,  und  vir  «ünschen,  <lass 
der  Verfasser  seine  Zusage  halten  möge,  wonach  wir  lou 
seinen  reifereu  K ruften  eine  ausführliche  Behandlung 
aller  dieser  Dinge  zu  erwarten  haben.  Nur  ratheu  wir 
ihm  ,  sieh  dazu  nicht  ivieder  der  lateinischen  Sprache 
zu  bedienen,  da  bei  der  Widerhärigkeit  solcher  Sachen, 
bei  der  eigenthümlichen  Ausdrucks»  eise  //ege/'s ,  zu  des- 
sen Schule  sich  Hr.  Carriere  bekennt,  und  bei  den  viel- 
seitigen Intentionen  des  Verfassers  es  durchaus  unmöglich 
ist,  hier  das   Genügende  zu  leisten. 

W.  77.  A. . .  Vi. 


Zur  älteren  Geschichte  der  Slaven. 

(Fortselzung   aus  Nr.  26.) 

II.  lUyrische  Namen. 

Schwieriger  wird  schon  die  Erklärung  illyrischer  Na- 
men, da  einerseits  durch  den  Verkehr  iler  Griechen  und 
Römer,  andererseits  durch  die  Züge  der  Kelten  die  ur- 
sprüngliche Gestalt  derselben  sehr  verstümmelt  ist.  Dazu 
kommt,  dass  kein  Herausgeber  der  alten  Geographen  die 
Orfsnamen  aus  diesem  Gesichtspunkte  berücksichtigt  hat. 
Daher  ist  die  Zahl  der  bei  den  Alten ,  besonders  bei 
Strabo  vorkommenden  Namen  sehr  gering ;  diese  lassen 
sich  dafür  aber  auch  leichter  aus  der  noch  jetzt  dort 
g'eredeten  Sprache  der  Slowenen  erkb'iren.  Bei  den  öst- 
lichen Völkerschaften  konnte  es  anders  sein,  da  ihre 
Berührung  mit  den  Romern  nicht  so  Läufig  und  erst  in 
den  spatesten  Zeiten  stattfand.  In  den  Sitten  des  Volkes 
möchten  sich  noch  bedeutendere  Spureu  für  die  slavische 
Abkunft  erhalten   haben. 


Fast  der  ganze  Küstenstrich  von  Triest  bis  Durazzo, 
in  einer  Ausdehnung  von  beinahe  SO  geographischen  illei- 
len,  war  von  Slaven  bewohnt.  Diess  zeigt  sich  aus  den 
slavisehen  Namen   der  l'ölker-  und   Ortschaften. 

Tergeste,  vom'  Slor.  terg,  Markt;  vor  dem  .infblnheu 
Aquileja's  gewiss  der  Hauptstapelplatz  der  westlichen  Sla- 
ven (Pomp.   Mela  2,  3). 

Pola,   vom   Slov.   pol,  die  Ebene. 

Istria,  vom  Slov.  is ,  aus,  dann  das  .'iusserste  Enile 
einer  Sache.  Is-tok  Ausfluss,  zusanimenliangend  mit 
Istros,  der  äusserste   Rand   des  adriatischen  Meeres. 

Luteum,  ein  See,  Strabo  ed.  Casanbon.  1587,  p.  217, 
vom   Allslav.  liig,   ein  Snmpf. 

Issa ,   Strabo  p.   218,  von   is,   die   .'iu.s.f erste  Stadt. 

Jadcra ,  am  adriat.  IMeere ,  vom  Slov.  jadren ,  ein 
Segel  (Pomp.  Mela  2,  3)- 

Taulaiitii ,  ein  Volk  in  der  Umgegend  von  Epidam- 
nos,  Thuc.    1,   24,  vom  Slov.   tul ,  der  Kücher. 

Taunisci,  entweder  von  tor,  Aucrochs,  wie  Auers- 
perger,    oder  von  torik,    ein  alter   Kriegsgott  der  Slaven. 

Bielphii ,  diese  sind  wahrscheinlich  die  Anivohner  des 
bei  Strabo  p.  217  erw/ihntcu  Ucrges  Albios,  dessen  Be- 
wohner cbcnd.  auch  Albicr  genannt  werden,  (bei,  poln. 
biala  altstav.   bei,   beal   weiss). 

Aus  diesen  wenigen  Andeutungen  möchte  sich  die 
AVah^scheinlichkeit  ergeben,  dass  die  Küstcnl.lnder  des 
schwarzen  und  ailriatisclicn  Meeres,  sowie  auch  der  da- 
zwischen liegende  Landstrich  nördlich  von  der  Donau  sehr 
früh  besetzt  ward. 

Burmeister. 


Lateinische  Etymologieen   von  Konrad  Scliwenck. 


sors,  tis,  das  Loos,  mnss  von  einem  Zeitwort  sererc 
kommen,  wie  fürs,  tis  von  ferere  (ferre),  mors,  tis  von 
niorere  (mori) ,  ars ,  tis  »on  einem  aus  Ableitungen  er- 
sichtlichen arerc,  fügen.  AVir  haben  diess  Zeitwort  in 
den  Bedeutungen,  zusammenfügen,  sficn ,  dann  hervor- 
bringen, veranlassen,  veriusaclien ,  und  es  fragt  sich  nun, 
an  welche  dieser  Bedeutungen  lässt  sich  die  des  AVortes 
sors  anknüpfen?  Da  serere  nicht  fügen  im  eigentlichen 
Sinne  heisst,  sondern  nur  zusammenfügen,  so  kann  der 
Begriff  der  Fügung  nicht  iu  sors  als  erster  Begrilf  liegen, 
doch  iu  der  abgeleiteten  Bedeutung  konnte  sors  das  "Vcr- 
anlassende ,  Verursachende  sein  ,  woran  sich  der  des 
Looses  als  eines  Bestimmenden  ,  ^Veranlassenden  knüpfen 
liesse,  so  dass  es  im  biiillichen  Sinne  wäre  id  quod  serit 
aliquid.  Wäre  sererc  (sero,  seriii)  eigentlich  ordinäre, 
so  wäre  sors  in  dieser  Bedeutung  leicht  davon  abzuleiten, 
oder  würde  serere  (sero,  sevi)  meist  in  deterius  genom- 
men, wie  Goerenz  will  (Cicero  de  legg.  I.  (i),  so  könnte 
sors  nicht  daher  kommen,  doch  Moser  bemerkt  richtig, 
dass  in  Cicero 's  Stelle  serendi  mores  von  sero,  scvi  kom- 
men muss,  dass  also  die  angebliche  Bedeutung  durch 
dieselbe  widerlegt  wird.  Ausserdem  ist  serere  aneinan- 
derknüpfen  und  säen  ein  Wort,  das  Säen  als  ein  Aniyu- 


311 


312 


dorrcilipii  <Iar>(pl1oiiil,  «olici  für  SfiPii  ilas  »rlmni  sao 
lum  Ergänzen  gi-braucht  «ard.  Am  «ahrs<licinli(  listoii 
ist  ea ,  dass  sors  von  sorore  in  der  ganz  sinnlichen  üe- 
«leutuii^  lies  llinHerfens  komme,  insufern  das  Sacn  citi 
Hinnerfen  ist,  « ic  im  Grierhisclien  nuf.oi  das  Loos  zu 
TldtJ.llv  «rh«in;en  gehört,  «eil  man  die  Loose  sehiiang, 
damit  sie  hinlielcu,  und  ein  gleiches  oder  ähnliches '\'cr- 
Lahniss  lasit  sich  fiir  sors  annelimen,  «icnolil  der  ?i'anie 
fiir  alle  ahgeändcrte  Arten  des  Loosens  gelten  niusste,  da 
man  mit  Aenderuiig  der  Sache,  solange  das  Ilauptvei- 
hahniss  blieli,  nicht  die  Benennung  änderte.  Sollte  je- 
doch nicht  das  Herab» erfen  (Herausfallen  exeidere)  der 
Lioose  aus  dem  Gefasse  mit  serere  Lezeiclinet  «ordcn 
sein,  so  könnte  auch  das  Hinein« erfen  (conjicere)  in 
den  Loostopf  damit  benannt  worden  sein,  « as  für  die 
Bestimmung  des  Stamm« orts  keinen  Unterschied  macht. 
In  dem  Sinne  des  Fi'igens,  Aneinandcrreihens  scheint  es 
ron  serere,  servare,  be«ahren  zu  kommen,  so  dass  zu- 
erst iler  Gegensatz  dessen,  «as  dissolutiim  ist,  damii 
ausgedruckt  «ird,  daher  aucli  serius  ,  der  Sc lavc ,  als 
der  Gebundene ,  Unfreie ,  denn  natürlich  ist  sen  us  auf- 
zulösen iu  ser  -  vus  und  servare  in  ser  -  vare  ,  wie  arvum 
zu  ararc  (arere)  gehört  und  larva  zu  lar,  die  Seele  nach 
dem  Tode  als  ein  höheres  Wesen  bezeichnend ,  «ie 
mancs  nach  meiner,  wie  ich  glaube  ,  nicht  unwahrschein- 
li(  hen  Ableitung  die  Seelen  der  ^'erstorbenen  als  fiäy.a- 
pfj  benannt,  nämlich  manes  aus  «lacnes  gebildet,  wie 
deni  aus  decni  ,  seni  aus  secni ,  quini  aus  quincni  ,  spina 
aus  spicna  u.  s.  w.  Eben  «eil  die  Seelen  der  A'erstor- 
Lenen  gemeint  sind,  ist  Lara  (Nebenform  von  larva) 
stumm,  welche  Stummheit  das  Blahrchen  erklart,  ganz 
in  der  Weise,  «ie  solche  Dinge  erklart  iverden.  Die 
Etvmologie,  «eiche  spasshaft  genug  ist,  gehört  vielleicht 
gar  Ovid  als  eigene  Kriindung,  wiewohl  auch  andere 
solchen  Witz  haben  konnten. 

tongere. 

Bei  Paulus  und  Feslus  lesen  wir:  tongere  nosse  est: 
uam  Praenestini  tongitionem  dicunt  notionem.  Ennius: 
Alii  rhetorica  longont  .  .  .  .  lo  ait  noäcere  esse  .  .  . 
tionem  dicant  pro  no  .  .  tius  doniinari.  Ennius  .  .  . 
tongeat  .  et  vincerc  .  .  videtur  significare.  Also  kennen 
■  bedeutet  das  Wort,  und  beherrschen,  besiegen  soll  es 
auch  bedeuten.  Zu  zweifeln,  es  sei  ein  lateinisches 
Wort,  ist  kein  vernünftiger  Grund,  und  da  die  lateini- 
sche Sprache  es  weiter  nicht  besitzt  in  den  überlieferten 
Resten ,  so  mag  es  allerdings  für  einzelnstehend  und 
ohne  Zusammenhang  mit  andern  lateinischen  Wörtern 
gelten.  Dessenungeachtet  mögen  wir  versuchen,  es  mit 
einem  bekannten  Stamme  in  Verbindung  zu  bringen,  da 
Bemühungr  n  der  Art  ,  wenn  sie  auch  nicht  gleich  bei 
der  ScliH  ierigkcit  der  Sache  zu  einem  sichern  Resultate 
iüKren,  doch  vielleicht  manchmal  eins  vorbereiten.  Keh- 
nieu  «ir  toiif^eo  als  das  Präsens  an,  so  dürfen  wir  auch 
annehmen,  das  o  der  torhcrgelicnden  Sjlbc  sei  durch 
LinUnt  ans  einem  andern  V'ocal  entstanden,  «ic  in  7no- 
ven ,  f'oveo-,  mnneo ,  soico ,  lorijueo ,  torpeo,  und  auch 
ohne    dieas    findet    der    Umlaut    des    V'ocals    statt,     wenn 


Ableitung  eintritt.  Da  sich  nun  (itngo  vorfindet,  ent- 
sprechend dem  Griechischen  diyyc.voj  ,  so  «are  es  wohl 
formell  möglich,  eine  Nebenform  tongeo  oder  selbst 
tottgo  dazu  anzunehmen,  und  sollte  die  Bedeutung  des 
Wortes  es  erlauben,  so  würde,  wenn  auch  keineswegs 
Gewissheit,  doch  Wahrscheinlichkeit  vorhanden  sein  für 
diese  Zusammenstellung,  tangere  bedeutet  berühren,  unil 
weil  •  nur  durch  Erreichen  einer  Sache  ihre  Berührung 
möglich  ist,  auch  das  Wohingelangen ,  «enn  nun  dies* 
auf  den  Geist  übertragen  wird,  so  kann  der,  welcher 
eine  Sache  im  Geiste  berührt,  7U  ihr  gelangt,  sie  auch 
erkennen,  verstehen,  hegreifen.  Z«ar  kann  die  Stelle 
bei  Cicero  (pro  Caecina  17)  si  ad  verbum  rem  volumns 
attingere  nicht  als  "Beweis  angeführt  werden,  denn  statt 
dieses  Ernesti  verdachtigen  attingere  hat  Orelli  Ana  dem 
Turiner  Palimpsest  nacli  Peyron  richtig  adjungere  auf- 
genommen. Aber  der  bildliche  Ausdruck  rem  acu  tan- 
gere, für  eine  Sache  genau  trell'en ,  spricht  dafür,  dass 
tangere  geistig  genommen  ,  eine  Sache  treffen  bedeuten 
könne,  mente  oder  animo  tangere  aliquid  würde  dem 
Gebrauche  von  assequi  ahnlich  sein,  z.  B.  conjectura 
aliquid  assequi,  denn  was  mau  erreicht,  berührt  mau, 
und  was  man  berührt,  erreicht  man.  Die  Bedeutung 
liberwindcu  und  beherrschen  Hesse  sich  auch  mit  dem 
Begriff  des  Berührens  vereinen,  indem  der  Begriff  des 
Erreicheiis,  Eriiischens,  Habhaftwerdens  iu  der  Mitte 
liegen  künnie,  wie  im  Griechischen  ipiiveiv  anrühren 
heisst,  im  fllcdiuin  aber  auch  erreichen,  erwischen,  er- 
halten ,  bedeutet,  tongeo  für  eine  A'ersetzung  von  gno- 
teo  (noteo)  zu  nehmen,  würde  wohl  seltsam  sein,  und 
doch  ist  es  noch  am  glaublichsten,  dass  diese  Versetzung 
stattgefunden  habe. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Rom,  7.  März  Den  21.  Februar  hielt  Hie  ruraisclie  Aka- 
demie der  Archäologie  ihre  pewiilinliclie  Sitzung,  in  welcher 
der  beständige  Sccrctär  Cavalier  A'isconli  die  Versammlung 
niit  dein  Verlost  eines  ordentliclicn  Mitgliedes,  des  bcriilinilen 
Architekten  Cavalier  Giuseppe  Vularlier  bekannt  macbte  und 
dessen  Biographie  vortrug  IJer  Präsident  Marcliosc  Conimen- 
datore  Lnigi  liiondi  las  hierauf  eine  Abhanilliing  wber  verschie- 
dene luskubirisclie  Allcrthiinicr,  die  im  verwicliencn  Hcibst,  bei 
den  von  König  Carlo  Fclice  begonnenen  und  auf  Bcl'ehl  der 
vcr«itt»cteri  Königin  von  Sardinien,  Maiia  Clnistina,  wieder 
unternoriinienen  Ausgrabungen  gefunden  wonlen.  Die  interes- 
santesten dieser  Allerlhuuicr  wurden  der  Akademie  Torgelegt 
und  bestanden  in  vier  Kigiiren,  Slukaturarbeit ,  Fragmente 
eines  gut  conservirlen  Triuni|)bzuges  des  Baccliirs ,  von  bedeu- 
tendem kiinstleriscliem  Wertlie  mit  Verzierungen  ,  halben  Fi- 
guren und  Sphinxen  in  Gold.  —  Zeichnung  eines  grossen 
Fu-sl)odens  von  Marmor  mit  Quadraten  von  rosso  anllco,  Scchs- 
uud  Dreiecken  von  Palombino.  —  Gemälden:  Ein  Kopf 
und  eine  halbe  weildicbe  Fisur.  Mehrere  Böcke  unter  einem 
mit  'fraubcn  und  Blattern  beliangcnen  \\'eiiistock.  Eine  trelT- 
liclic  Coiuposilion ,  eine  von  Cicero  erzählte  Bcgcbcnlicit  aus 
der  römisclien  Geschichte  darslcllcnd  ,  mit  drei  weiblichen 
Figuren. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  t  er  tli  II  ms  wisse  11  Schaft 


Aliilwockj,  3.  J/jril 


18  39. 


Nr.  40. 


Zu  Plato.Ms  Timaeus.     Von  Lindau  in  Oels. 

15s  ist  friiliprliin ,  «ic  in  einer  andern,  so  in  dieser 
Zeitsrlirift  zu  vcrscliiedcnen  Zeiten,  die  ich  »veiter  unten 
mit  Ziisrtfzen  angeben  »verde,  von  mir  erklärt  »vorden , 
(lass  icli  Alles,  »las  zn  »veiterer  Autklarnngf  oliiger  Schrift 
(leb  PI.  Oller  zu  Bericlitij^iing'  meiner  manffelliaften  Ans- 
jjabe  desselben  (iS'i'^)  >on  '"ir  oder  von  Andern  »vürde 
gefunden  sein,  zum  Behiifc  einer  bessern  Ausgabe,  »venu 
auch  nicht  durch  mi<  h  ,  in  dieser  Zeitschrift  absetzen 
»uirde.  'Wii  VcrgMiiijjen  kann  ich  jetzo  in  der  Erfüllung 
uieines  Versprechens  fortfahren,  und  z»var  so,  dass  ein 
M  irklicher  Geitinn,  \»enn  auch  nicht  für  die  Wissen- 
schaft, Hoch  für  das  ^  ersf«ndniss  dieser  dunkelsten  Schrift 
unseres    Philosoplien   daraus   zu    eniacliseu   scheint. 

Zuerst  müssen  »vir  also  an  unsere  Hejjlik  in  Seeinde's 
krit.  Biblioth.  ,  Juni  18.S0,  auf  Hrn.  K,  Fr.  Herinrin/i's 
Anzeige  meiner  Ausg'.  des  PI.  Timaeus  in  den  Hcjdelb. 
Jahrb.  Decemb.  1^2^  erinnern,  zu  deren  ^"^cri ollst.'indi- 
gung  noch  Folgendes.  Es  konnte  an  der  Stelle  im  Ti- 
maeus, »»o  von  der  ge/iesis  der  festen  Körper  ilie  Reile 
und  die  von  mir  in  einer  grössern  Anmerkung,  S.  37, 
behandelt  ist,  kanm  an  die  sogenannte  Delische  Aufgabe 
von  der  Dupliration    des   Kubus   ge<lacht    ii  erden.       Denn 

.     .  B  AC 

setzen   wir  in   A  —  C   AB  =  — ,  so  folgt  natürlich  nicht, 

AC^ 
dass   AB'  rz  ,  sondern   da  die  VVurzclscite   oder  Wur- 

zelliuie  des  doppelten  Kubus  von  AB'  nur  um  ein  be- 
trachtlich Geringes  grosser,  als  Aß  ausfallen  muss,  aber 
diese  »vissenschaftlich  bisher  noch  nicht  gefunden  und 
mit  Recht  für  irrational  erklärte  Unbekannte,  theoretisch 
nur  als  viertes  Glied  einer  geometrischen  Proportion  ge- 
funden »Verden  könnte,  wenn  gerade,  »veil  eben  diess 
vierte  Glied  unbekannt  ist,  die  beiden  mittlem  Pro- 
))ortionalen  ui<ht  auch  unbekannt  »vürcn  ,  so  folgt , 
dass,  »venu  ja  jene  Unbekannte  etiva  auf  empirischem 
A>  ege  gefunilen  »vare,  man  alstlann  erst  die  beiden  miit- 
lern  Proportionalen  aufsuchen  könnte,  indem  man  das 
Produkt  der  beiden  Factoren  in  beliebige  zivei  andere 
Factoren  auflöste,  nicht  um  die  schon  gefundene  Unbe- 
kannte erst  zu  finden,  sondern  damit  zu  fixiren.  Hieraus 
ergibt  sich,  dass  die  sonst  an  sich  richtige,  auf  unsere 
Stelle  bezogene,  geometrische  Arbeit  Hrn.  Büukh's  (Hei- 
delberg iSlU)  einmal  mit  der  Delischen  Aufgabe  nur 
entfernte    Aehulichkeit ,    gesch»veige    Zusammenhang  hat , 


sodann  aber  aui  h  ,  trotz  den  dort  angeführfeii  Auforii/ilcu 
des  Alterthums,  die  nur  das  iVlissierständniss  tlicilc:i, 
Nichts  zur  Aufhellung  unserer  Sd'lle  beitragen  kann. 
Denn  da  hier  von  Entstehung  des  festen  Körpers  über- 
haupt die  Rede  ist,  so  können  ja  die  beiden  mittlem 
Proportionalen,  zu  »»pIcIhmi  der  Punkt,  als  aus  »velrlieiu 
ja  der  genni,  Körper  den  Anfang  seiner  Entstehung  neh- 
men soll,  das  erste  Glied  <ler  Prop.  ist,  nicht  auch  sclmu 
Körper  sein:  das  »vare  ja  ein  DiitUel:  un<l  da  die  Ent- 
stehung dieser  mittlem  Körper  auch  erst  narhgeiviesen 
»»erden  müsste ,  »väre  es  zugleich  eine  petitio  principii. 
Es  ergibt  sich  also  aus  dem  eben  Gesagten  die  Richtig- 
keit meiner  a.  a.  O.  mit  Buchstaben  an  der  Figur  aus- 
geführten Erklärung  der  Tetraktvs  als  einer  Art  von 
(jualitativer  Proportion,  insofern,  ohne  Rücksicht  auf  den 
Begriff  der  Grösse,  iler  geom.  Körper,  gleichsam  im 
lMci<lel,  als  Komplex  von  Uimensionen  oder  Granzen, 
selber  nichts  Anderes,  als  intuitive  Abstractioii  oder  Syu- 
thesis  a  priori  oder  Begränzung  des  materiellen  Körpers 
ist,  in  Helcher  Begränzung  der  Punkt  als  Grflnze  ohne 
Ausdehnung  in  der  vom  Phllos.  beabsichtigten  ^'erglei- 
cliung  dem  iniponderablen  Feuer-  oder  \V,'irniestoff  ent- 
spricht, »vie  die  übrigen,  Linie,  Flache,  den  in  ihrer 
specifischen  Qualität  zunächst  folgenden,  Luft  und  >Vasser. 
Z»veitens  erinnern  »vir  au  uiisern  Aufsatz  zu  PI.  T.  in 
dieser  Zeitschrift,  Deeember  1834,  »voriu  »vir  den  fal- 
schen Ausdruck  i'TTifjtjf-fikrjUevoq  mit  dem  ri<  htigerea 
VTieoßolM.ioi;  vertauschen  müssen,  ohne  doch  damit  ent- 
schieden zu  behaupten  ,  ob  und  in  »vehher  der  alter- 
thünilichen  Tonarten  die  auf  i]em  Griffbrett,  »»elches  »lel- 
leicht  imtröliov  hiess,  höher  fallenden  Töne  so  zur  Bestim- 
mung eines  der  Akkorde  noth»»endig  »varen,  »»ie  der  71  oo^- 
)  ailßavÜlUKj;.  Nach  »ielem  Suclien  und  Fragen  sind  »» ir 
doch  am  Ende  in  Betreff  der  beiden  ,  von  uns  melodi- 
scher und  harmonischer  genannten  Akkorde  nur  zu  der 
ungefähren  Bestimmung  gelangt,  dass  dfä  TiadUOOJV 
nur    analog    ist    unserm  C   .   E   .   G   .   .    C",    so»vie    dlä 

7Til>Te   unserm  C C  .  E   .   G   .   .   C",   indessen 

doch  zur  ge»vissen  Ueberzeugung,  dass  den  Alten  die 
Harmonie,  »vas  wir  darunter  verstehen,  nicht  unbekannt 
»var,  wenn  gleich  ihre  Tonverbindung,  wie  es  scheint, 
mehr  mit  dem  ^'erstanil  arithmetisch  berechnet,  als,  wie 
bei  uns  ,  nach  dem  Gehör  ästhetisch  aufgefasst  sein 
mochte.  Diese  scheinbar  seltene  arithmetische  Bestim- 
mung erscheint  zum  Beispiele  in  der  Angabe  bei  Aristo- 
teles (Phys.  2)  3))    «lass    im    ölü    TTaOMV,    »velches   un- 


315 


31G 


M'rkciiiibar  unser  Solfei^gio,  s<i»ic  di:^  öla  TUtnioi'  Hin- 
auf- und  Zunirkgauf  <lpr  Scala  i»f,  die  Moli-  im  ^'or- 
iialtnissc  zur  livpale  stelle  «ie  2  '■  !•  ^'ergl.  «las  Sclio- 
liiMi  des  Pliilo/.oiios,  S.  .'JöO,  »as  «ir  denn  l)ckeniien, 
ebensoiveni;;'  zu  verstellen,  als  dessen  jetzt  siciicr  zu  sein, 
<il>  an  der  Stelle  in  Plat.  Rep.  IV,  S.  4-i.3  unser  Ureikl. 
C  ...(•..  f  damit  gemeint  ist,  «as  doch  kaum  auch 
analo^'er  AVeise  zulrillt,  oder  lilierhaupt  nur  ein  «illkiir- 
lich  dalier  eiilleliiites  Beispiel  gleirlicr  Entfernung  Ziieier 
von   einem   Dritten. 

Drittens  können  wir  hier  Hrn.  l'iof.  A'e^ig'S  (in  Bern) 
Programm  von  |  S.'iß  auffiiliren,  uoriii  er  gegen  Moi-gen- 
sterii  uiul  Sclilekrmacher  ualMscIieinliih  zu  maeheii  siieht, 
dass  »ir  in  PI.  iiiiehern  vom  .Staate  die  Ausführung  des 
dritten  im  Piuoemiuiii  zu  Tiniacus  Angeki'iiidigten,  alier 
sonst  nieht  ^'urliandenen  besitzen.  Sollte  er  sieh  auch, 
vv.as  anderswo  dagegen  einge»  endet  ist,  darin  geiirt  haben, 
dass  er  die  Zeilfolge  der  drei  Schriften  so  aiiiiininit:  Ti- 
maeus ,  Ilepublik  ,  Kritias,  so  doch  wohl  nicht  in  der 
Sarheiifolge ,  und  wir  sind  um  so  mehr  geneigt,  die 
Bücher  vom  Staate  für  eine  grössere  Ausführung  des 
wohl  Anfangs  in  kleinerem  Älasse  Projectirten,  so  dass 
der  Philos.  damit  zugleich  eine  reforniirende  Kritik  des 
Vorhandenen  beabsichtigte,  anzuerk(,-iinen,  als  sich  ebenso 
unter  den  für  unsicher  oder  geradezu  für  unecht  erklär- 
ten Plntimicis  ilic  meisten  als  schriftlich  liinterlassene 
Projekte  betrachten  lassen,  »eiche,  nie  sich  nachweisen 
Iftsst,  der  Philos.  späterhin  in  grössere  AVerke  mit  grös- 
serer Kürze  und  A'ollkommenheit ,  wenn  gleich  nur  ge- 
legentlich verarbeitete.  Der  einzige  sogenannte  llipparch, 
für  dessen  bezweifelte  Kclitheit  awch  schon  ein  altes 
Zeiigniss  spricht,  liesse  sich  wegen  der  mehr  als  eiiisci- 
ligeu  Analogie  zwisclien  dem  l'isistialiden  ilieses  Namens 
und  Peiiktes  als  ein  W  erk  des  .Schuster  Simon  betrach- 
ten,  wenn  die  Nachricht  Aa  Dioi^enes  L.  im  Lebern  ilcs 
.Simon  sicher  ist,  dass  Perikles  diesem,  wie  es  scheint, 
athenischen  Radikalen  damaliger  Zeit  eine  Pension  an- 
bot, wenn  nur  dieser  Dialog,  in  welchem  Sinne  man 
auch  wolle,  solche  Aufmrrksanikeit  jenes  geistreichsten 
Lsurpators  verdiente.  Dieser  Simon  muss  sich  vielmehr 
durch  einen  von  Piatun  ganz  entfernten,  geschweige  ent- 
lehnten Tom,  nie  etwa  derjenige  unserer  Dorfzeitung  ist, 
ein  eignes  Piililikuin  in  der  afhenischen  Volksmasse  gc- 
schail'en  und  so  die  Eifersucht  oder  Besorgiiiss  des  i-inst- 
weiligen  .Slaatsoberhaiiptes ,  dessen  Gewalt  von  der  allge- 
meinen .Meinung  bedingt  uar,  erre;;t  haben,  dass  er  ihm 
eine  Pension,  die  doch  wohl  des  Plebejers  .Stillschweigen 
eher,  als  seine  Belulinung  hc-z\i  eckte,  wiewohl  vergeb- 
lich, an/.iibielen  würdigte,  ein  Loos ,  das  den  heutigen 
St.  .Siinoiiisten ,  obgleich  aristokratischen  Ursprungs,  noch 
nicht   zu    'J'lieit    geiiorden    ist. 

Endlich  kommen  wir  viertens  auf  Hrn.  Rcctor  Slall- 
iaum's  zu  Li-ipzig  .April|irograinni  1837  zu  sprechen, 
vtoriii  er  mehrere  Siellen  des  Timaeus  ,  die  es  allerdings 
bedurften,  zu  beliai!clelii  gewürdigt  hat.  AVas  nun  die 
Tierte  Stelle,  S.  ,j.'i  .V.,  r;'^  r£  cai'rov '  (fi'aiuj^  ab 
71  toi  y.al  Tfji  duTtooL  betrill't,  e  natura  dico  ejus  u.  s.w. 
von  uns  übersetzt,  so  erkennen  wir  gern  an,  dass  unsere 
Ucbersetzuiig  davon  einen  ebeiisii  niüssigeii  Zusatz,  wie 
der  griechische  Text  mit,  oder,   wie  wir   uns  damals  dach- 


ten,  ohne   «('   Zli'il    enthalt,     und    dass    wir    uns   ilainals, 
weil   gegen  die   L'ebcreinstimniung  aller   Haiidsi  hrjfteii,   in 
diesen    beiden   so-selfsameu    AVörtcrii    Nichts    aiifznbriiigei: 
schien,   niit   unserer   einstweiligen  Uebersetzüng,   die    doch 
gerade   nichts  Störendes  oder  Entstellendes  enthält,   glaiib- 
fen   begnügen    zu    müssen.      Hr.   St.   theilt  nun   in  seinem 
Programni     zuerst    die    allerdings   interessante    Entdeckung 
mit,   dass  Sextui  Em/iiricus  an  zweien  Stellen,   in  Pyrrhon. 
llif/xili/p.  3,   24   und   Adveis.  Mathem.   I,    1.},  30'^,  diess 
7Z/'{;^   an  obiger    Stelle    nicht    hat,    wobei    freilich    uuans- 
niacht    bleibt,    wie    wiel    Hdsrhr.    S.    E.    vor    Augen    ge- 
habt,  und   ob   er  selber  es   dort  nicht   gefiiiideii  ,    oder    es 
erst  als    für    ihn   um  erständlich   hinaiisgrwurfen   li.it.      In- 
dessen  hat  Hr.   &i.    auf    diess   negative  Zeugniss   hin,    so- 
wie  auf  den   Umstand,  dass   Cicero   diese   Worte  so   über- 
setzt hat,   qiiod  esset  ej'usdem   naiurae  et   alleriuSi    aiige- 
nnnimen,   dass   diess    7icOt    erst   späterhin    wegen  des  neben 
ai'   sonst    beziehungslosen   Genitivs     in    den   Text   gebracht 
worden    sei     und    nach    Anleitung     des     Cicero     mit     dem 
falschen    CD     hinauszuwerfen,    dagegen     ov    lierzustclleii 
sei.      So    geneigt    wir    auch    sind,    den    Scharfsinn,    wel- 
cher    sich    in    dieser    Combinatinn     kund     gibt,     anzuer- 
kennen,  so   müssen    wir   doch,   abgesehen   von  uiiserm  oben  ' 
geäusserten   Zweifel   in  BetrelF  der   Ausdehiuing  des   UKfJi 
bei    Sextus    E.  ,    der    doch    das    ai',     weiches    eine    leise 
Entgegensetzung,   etwa   wie  unser  „auf  der  andern  Seite", 
ausdrückt,    beibehalten    hat,    ohne    dass   es    allein   Bedeu- 
tung  haben    kann,   die   Frage  thun,    was   denn    durch   diess 
uu,    «elches   nach   Cicero's    Uebersetzüng    eigentlich    ioci- 
uevov   heissen   müsstc,    für    den    .Sinn    der    Stelle   Beson-' 
dcres   gewonnen    uird,   das  nicht  schon    in   den    nächst   voT- 
hergelienden  Worten  f'.^  diicpuiv  iv  f-liov)  enthalten  wäre, 
während    unsere   Uebersetzüng,  e  natura  dico  ejus  u.s.  w. 
durch   die   Entfernung    der    gleichbedeutenden   Worte     iiji 
dul Qiöiov   u.  s.  w.  hinter  dem  ii;  dftffoiv  evf-ieao)   bes- 
ser  niotivirt  scheint;   um   so  mehr,   als  diess  ai<   liecjt   eine 
ebenso   absolut   schwebende  Bedeutung   dieser  Stelle   geben 
konnte,   wie  S.   24   in   den   AVorten,     zo   d'  av    Tieot    ilji 
UiüuvijOitni.    Ohne   nun   diess  o.v   Tliol,   mir   nichts,    dir 
nichts,     über   Bord    zu    werfen,    sind    wir    doch    der    llei- 
nnng,    dass    in    diesen    VVorten    mehr    gesagt    sein    muss, 
als    durch    unser    dico    oder    des  Cicero    esset    gesagt   ist. 
Piaton   kündigt  dort  in  den   nächstvorhergegangcnen   AVor- 
ten    i^i'ueonjauTU    iy.    xujvde    y.ai    lon/iöe  i(j6:i(jj  eine 
gewisse    IMethode    der     rtlischung    an.       Nun     könnte     sich 
diess    zwar    auf    die     AViederholiing    der    ersten   Mischung 
allein   beziehen:   allein  die  hinter  unserer  fraglichen  Stelle 
unmittelbar  lolgenden   AVorte,   y.al  y.ard   raura   u.   s.   w. 
weisen   zurück   auf  ein   in   unscrn   AVorten   enthaltenes   Er- 
gebniss   der   ersten   .Alischung,    ohne    welches    diese     AVie- 
derholuiig,    dass   er   es   so    zusaininensetzte ,    wahrhaft   anil 
wäre.       AVir   sind    demnach   der   IMeinung,    dass    Plato,   der 
vorher   i:v   flio(;)   gesagt,    in     unserer    Stelle    einem    i\4iss- 
vcrständniss    hat    vorbeugen    wollen,    als    wenn   das   tiöoc, 
ovaiui  die   Stelle    einer    mittlem  Proportionale    zwischen 
den   beiden  aiidi-rii    Naturen   eingenommen  hätte,   während 
CS   doch   als  Produkt   aus   den    beiden  Factoren,    wenn  auch 
nicht   extensiv,    doch     foriiiel    und    inti-nsiv    jeden   von    bei- 
den   Factoren   überwiegen    niusste,    was   sich    in   Zahlen   so 
darstellen  lässt:   einmal  die  Factoren  gleich  angenommen  : 


317 


318 


3  <  '1  ;>  :>,  odri-  iinglcicli  aiigfpiioiiiiin*" :  ?  <  i"i  >  -i . 
i)il<T  da  liier  von  ^'orl>iii<liiiig'  zivcior  antispasfischcii  iVa- 
tiiri'ii  zu  einer  die  Rede  ist,  mit  nietriscli  arithmetist lipii 
ZKiclu-ii:  ('  -^  >  --  —  l'  <  —  l-  Mit  lieibehaltiiii;; 
von  av  in  <i!)Ci!  anjfe^'cbener,  hier  passenden  IJedendiiif; 
«lirdeii  \iir  Tlipt  nur  in  UIQIOV  ver.'iuderu  ,  «elclies  mit 
iJdo^  verluindcn  soivolil  die  "Jeiliindun;;'  mit  dem  XoT- 
lierjjehendeu  herstellt,  als  aH(  li  das  folijende  y.aTil  Tavza 
iiio(i>'irt,  Hofiir  uian  auch,  h  en'u  gleich  ohne  Notliwcn- 
digkoit,  den  sonst  gar  nicht  luotivirteu  Einfall  dos  Ste- 
phanns, Hcnn  «ir  uns  nicht  irren,  y.acu  fß('rß  geltend 
niacheu  kann,  indem  ja  in  di'in  einen  der  nliigeu  Fälle 
die  heiden  Factoren  von  dem  Produkte  gleicli  üheruogen 
«erden.  Hierbei  ivollcu  »ir  auch  gleich  aufriclilig  be- 
kennen, dass  uns  ilas  tun  Hrn.  St.  na<h  Cicero's  Anlei- 
tung vorgeschlagene  alleinige  oi)  auf  diesen  desshalb  nicht 
uugliicklichen  Gedanken  gebracht  hat,  »eil  nun  in  dcui 
appositiven  Zuischensatze  tiji  TS  TavTOV  CfvaStüi  al 
:iCot()v  y.al  iiji  QuzIquv  der  Grund  zur  Autonomie 
der  Seele,  ivovon  «eitcr  unten  die  Rede  sein  vurd,  aus- 
gesprochen ist,  indem  auf  dem  gei\  isserniassen  assimilir- 
teu  tvEQOV  fusseud  die  Seele  als  Kraft  beide  Welten 
beherrschen  kann.  Dass  er  eine  zweite  Mischung  vor- 
nehmen iiiusste ,  liegt  in  der  sich  ividerstrebcuden  Natur 
iler  beiden  Speciliken,  daher  das  ßia  dort,  das  man  nicht  im 
Sinne  unseres  di/nrtmiscli  nehmen  darf,  sondern  «eil  er 
in  diesem  Falle  theils  andere  Agentien  nicht  an« enden 
durfte,  thcil»  auch,  «eil,  «ic  zu  Anfang  dieses  Ab- 
schnittes vom  Philos.  erinnert  vvordeu  ist,  die  Erschaf- 
fung der  Weltseele  derjenigen  der  ^Veltkörper  vorherging, 
er  also  von  dorther  kein  Agens  borgen  konnte.  Dass  er 
aber  bei  der  zweiten  Mischung  die  in  der  ersten  3]ischung 
schon  gewonnene  Substanz  »ieiler  hinzuthut,  ist  ganz 
dem  ^'erfahren  unserer  Chemiker  gemäss,  welche,  um 
die  Verbindung  zweier  specilisch  verschiedenen  Substan- 
zen zu  beschleunigen,  ein  früher  aus  deif  n.'iuiliclu  n 
Substanzen  s(  hou  Kr\  stallisirtes  hiuziilhun.  Möglich  also, 
um  no(  h  einuial  auf  Cicero  zuriickzukommeii ,  dass  er 
sowohl  ilas  ar,  wie  das  UHQI ,  aber  letzteres  vou  üv  zu- 
fällig getrennt,  vorfand,  und  daher  jene  beiden  AVörter 
als  ihm  so  uinersfändlich  ansliess  ,  wie  wir  ja  im  Ver- 
laufe unseres  Coinmeufars  zu  Timaeus  iluii  mehrere  Aus- 
lassungen nachge«  ieseii  haben  ,  verzeihlich  dem  vielbe- 
schäftigten Staatsmanne ,  der  nur  gewisse  Hauptsachen  iu 
diesem  Werke  als  neu  und  interessant  im  Auge  haben 
mochte. 

An  der  zweiten  von  Hrn.  St.  besprochenen  Stelle  des 
Timaeus  S.  37,  öio)  t'  äv  r/  tul'Tov  ij  y.ai  öiuc  üv 
CTloov,  wo  uns  mit  scheinbarem  Rechte  Unwissenheit 
der  Grammatik  aufgebiirdet  wird  ,  während  doch  sehr 
viele  gleichausgednickte  -Stellen  in  der  hier  geforderten 
Weise  im  Timaeus  von  mir  iibersetzt  worden  sind,  wird 
sich  s  zeigen,  dass  wir  die  in  diesen  Worten  enthaltene 
Bedingung  als  unstatthaft  absichtlich  nicht  anerkennen 
wollten,  ohne  doch  damals  an  dem,  wie  es  scheint,  hei- 
liggesprochenen Texte  zu  rühren,  «as  wir  aber  jelzo  zu 
unserer  Rechtfertigung,  sowie  zur  Derichligiiiig  der  gan- 
zen  Stelle    thuu    müssen.       Da    nämlich    iu    <leu    Worten, 

Clav   QÜaiav   ay.eduaxi]v   i/^oviöi   zivo^    ccfäiTijrac 


y.ai  urav  lifllolOTOl'  die  mit  Kedinguiig  verbiiiidene  Zcil- 
partikel  in  ilem  Objekte  der  Auscliaiiung  oder  der  Re- 
ilexiou  das  Sein  als  llatiptbedingung  beider  Geisti'^lli.'ilis- 
keiteu  ankündigt,  so  sieht  mau  gar  nicht  ein,  «ozii  dii' 
zucite  Bedingung  in  den  Worten  utm  x'  äv  il  iitinni 
11  u.  s.  w.  iiüthig  sei  oder  dienen  solle,  wenn  nicht  i't«a 
zur  Ab«echselung  der  Rede.  Dagegen  spricht  :ibcr 
der  Umstand,  dass  das  Objekt  in  diesen  letzten  Worten 
nicht  als  unbeslininites  ci  ausgesprochen  »erden  liiiifte, 
sondern  als  bestiuimtes  in  Bczieliung  auf  das  obigo^  //")' 
oy.EÖn.OTiJv  oder  dfiiolOiuv ,  \a:A  dass  üitp  und  'niic 
das  der  Seele  Rekaiiiitu  als  Maassstab  des  neu  zu  beob- 
achtenden und  damit  zu  vergleichenden  Objekts  bezeich- 
nen :  denn  sollte  Olip  und  üiov  auf  jenes  tjov  gehen, 
so  musstc  PI.  unuxi'ji!)  und  f/TZOTtjooi)  schreiben.  Die- 
sem zufolge  glauben  wir  die  Stelle  so  ändern  zu  lüiisseii: 
UTO)  T  ai'Tu  TC.i'ruv  y.ci  urov  c.'v  ert^oi  ,  so  d.iss 
mit  Hinauswcrfung  des  ;: ,  das  wohl  er>t  nach  V  erderbiiog 
der  Stelle  hineingebracht  ist,  <liese  Worte,  soiiio  alle 
folgende  mit  tvfißi'iveL  livctl  u.  s.  w.  iu  Verbindung 
stehen.-  Wird  nun  Hr.  St.  noch  auf  unsere  Ueberselziiiiu; 
so  zürnen,  zumal  wenn  wir  uns  gerne  fiigcn  und  das 
dicit  In  Judicat ,  sowie  das  bald  folgemie  Dictum  in  Ju- 
dicium verbessern?  Wird  Hr.  St.  noch  ferner  behaupten, 
dass  hier  von  Logik,  als  einer  ebenfalls  den  Kategorieen, 
aber  nicht  allein  unterliegenden  \Vissenschaft,  die  nicht 
den  Inhalt,  sondern  nur  das  Formelle  der  unmittelbaren 
oder  vermittelten  ürfheile  angeht,  nicht  bloss  inclusive 
die  Rede  ist,  während  wir  ihm,  wenn  es  uns  nicht  zu 
weit  führte,  nahweisen  konnten,  dass  vom  oben  anstehen- 
ilen  Sein  an  in  den  eben  verbesserten  Worten  die  Kate- 
gorieen der  Quantität  um!  Qualität  zugleich  stecken,  und 
die  ganze  Reihe  iu  TlüoyCtV,  «las  ja  ein  noieiv  lorans- 
selzen  lässt,  mit  der  Kategorie  der  Kausalifäit  schliesst,' 
mit  »elcher  die  Logik  gar  Nichts,  aber  wohl,  «ie  mit 
allen  übrigen,  die  Theorie  des  Erkenntnissvprmogens  zu 
tliun  hat?  Haben  wir  in  unserem  Comuientar  des  Aristo- 
teles hierbei  erȊhnt,  so  geschah  es,  um  anzudeuten, 
dass  wir  ihm  wohl  nur  den  schönen  Namen  KateL'urie, 
die  Sache  dagegen,  welche  PI.  als  schon  trivial  hier 
nur  andeutet,  dem  Scharlbliike  der  Eleaten  zu  verdan- 
ken haben. 

Komnven  wir  endlich  an  die  letzte,  an  Obiges  iiii- 
iiiittelbar  mit  den  AVorten  Küyo;  ("it'  u  yara  zui'röv 
u.  s.  w.  sich  anschliessende  Stelle  im  Timaeus,  so  müs- 
sen wir  freilich  über  unsere  frühere  Rcarbeitung  <ler- 
selbeu  jetzo  erröthen ,  jedoch  nicht  mehr,  als  Hr.  St. 
über  seine  jetzige.  Sogleich  das  yara  raüiuv  hier  zu 
besprechen,  welches  Hr.  St.  mit  piiriter  übersetzt  sehen 
will,  so  ist  es  nicht  wahr,  wie  sich  aüs  dem  Folgenden 
ergibt,  dass  das  Lrtheil  (welches,  beiläufig  gesagt,  hier 
gewissermassen  personificirt  für  Urtheilskralt  gesagt  ist) 
absolut  und  gleich  «ahr  «ird,  sondern,  wie  wir  der 
Deutlichkeit  wegen  breiter  durch  unser  ratione  ejusdem 
et  diversi  angeileutet  haben  und  wozu  der  platonische 
Zusatz  Tlüoi  TE  &di((tuv  eh'  u.  s.  w.  nöthigt,  bedingt 
ist  in  seinem  Grade  der  Wahrheit  von  einem  der  beider- 
artigen Objekte,  um  entweder  nur  Öüta  dkr^StjC,  oder 
f:ilOTljlili  zu  werden.  Demgemäss  wird  man  sich  wohl 
dazu  bequemen  müssen,    d^s    unstatthafte   ya(G    ravxov 


319 


;j3n 


iii  y.nru  r«  nvxo'v  »ilcr  AcIimIIi  lies  zii  verbessern.  Djesn 
L'rtlieiUkraft  liier,  »elciie  als  eine  und  die  n.'iuiliclie 
zivci  lerscliieilenc  Erjjelinisse  ji-  nach  <l<'n  (iogciisfrtnilen, 
ilie  sich  unter  einen  resnliriMiden  Be^friir  hrinjjen  lassen 
oder  nicht,  zu  Tage  bringt,  ist  in  Uezichnng  anf  diess 
d(>|i|ielte  lind  verschiedene  Krgebniss  vnn  Kant  zuerst  in 
rejiectirende  und  co/istitulive  Urtheilskraft  zerlegt  wor- 
den. Indem  « ir  nun  die  ganze  Stelle  jetzo  folgender- 
inassen  übersetzen:  Judicium  veio,  qttod  ratione  duoriim 
itloruiH  verum  ßeri  polest .  \Mveisum  illud  tspectans  mit 
Idem,  in  eo ,  (jitnd  a  semelipso  mnvetur  (d.  h.  in  der 
Seele)  lucile  dum  J'crtur ,  i/uu/ido  id,  quod  sensibus  per- 
cipitur,  speclaliit  et  ^  Diverai  ro/a  impeditri  i/i  eam,  ipiue 
illam  impediit,  animam  nunciuverit  ,  firmae  ac  rerue 
cum  fide  opininnes  existunl:  quando  contra  id,  quod  in- 
tellectu  percipilur,  spectat  atque  EJusdem  rata,  cursu 
liaud  impedilo  ea  indicaverit  ,  ratio  ac  scientia  neces- 
sario  absolcitur ,  machen  wir,  ila  die  Richtigkeit  der 
Sache  für  sich  selber  spricht,  zuerst  darauf  aufmerksam, 
dass  wir  Hrn.  St.  Begünstigung  der  andern  Lesart  tv)V 
für  V)V  neben  öoSu^  missbilligen  müssen.  Denn  wcna 
es  zur  Beobachtung  eines  Gegenstandes  der  sinnlichen 
.Anschauung  und  zur  Reflexion  darüber,  welcher  letztere 
Act,  des  Geistes  in  dem  früher  hier  vorgekommenen  dva- 
y.V/.t.Ouodai  «ohl  angedeutet  wurde,  kommen  soll,  so 
uiHss  ein  ruhiges  ^'^ern eilen  eintreten,  was  nur  durch 
die  Hemmung  des  Rades  der  sinnlichen  Anschauung 
milglich  ist.  Diese  Hemmung  nun  liegt  in  öoi^iiC,  uiv ^ 
iticlit  im  Liiifclurunge  mehr  be:;riß'en.  Wer  Irtsst  nun 
aber  diese  willkürliche  Memmuiig  des  einen  Gesaniint- 
urgans  eintreten?  Doch  wohl  nur  die  Seele  selbst,  deren 
Autonomie  kurz  vorher  in  den  Worten  8V  Toi  y.tvov- 
litviJ)  v<f>'  ai'TOV  vorbereitend  ausgesprochen  war,  um 
sie  hier  als  Urheberin  gedachter  Hemmung  mit  den  AVor- 
ten  iti  navaaoau  c.i'tuv  tijv  iL',  zu  bezeichnen  ,  wäh- 
rend die  bisherige  Lesart  Tlcloav  au  coli  keinen  vernünf- 
tigen .Sinn  gestattet,  und  Öiayysi/.rj  entweder  keinen 
Objectcasus  erfordert,  oder  ihn  aus  dem  obigen  ato^fj- 
ruv  leicht  erg.'lnzcn  lassf.  .Iliigen  die  diplomatischen 
Kritiker  über  unser  Verfahren  immerhin  Zeter  schreien, 
so  erkennen  wir  nun  in  der  so  gefassten  Stelle  ,  wenn 
aiicli  nicht  mit  Siclierlieit ,  die  Grundlage  zur  akademi- 
schen i:TO/>^,  jenem  Principe  vernünftiger  Skepsis,  doch 
denjenigen  Geistesait,  welchen,  zum  LInterschiede  von 
unbestimmter  Thätigkeit,  iv.'nys/a,  insofern  jedes  Organ 
in  gehlirigem  Stande  ist,  Aristoteles  mit  iiicjit  unglück- 
lii  heni  ,  aber  vielfach  selbst  lon  .\euerii  (s.  Krkerniaiin's 
Gespr.  mit  Giitlie,  Th.  2,  S.  I4'.l)  seltsam  gedeuteten 
Ausdrucke  ivTi/.iyCia  belegte,  welches  Wort,  wie  seine 
Bildung  zeigt,  Jfichts  weiter  bei  dem  Stagiriten  als  eine 
auf  ein  bestiinintes  Ziel  oder  einen  Zweck  geri(  litete  Tli.'ttig- 
keit  des  Anscliauungs-  oder  Reflexioiisvermögens  bedeutet. 
AVas  sollen  wir  schliesslich  zu  Hrn.  St.  Anmerkang 
über  das  an  dieser  .Stelle  jedenfalls  ungehörige  fity/OTl- 
V.OV  sagen,  die  in  Beziehung  auf  unsere  Stelle  gerade 
umgekehrt  lauten  iniisste  :  7tam  r  it  l.oy  l  ot  t  y.ii  v  non 
modo  est  7itentis  et  rationis  particeps  ,  sed  etiam  cogita- 
liile ,    und    zur   l'utcrstützuiig    dieser  Behauptung    wir<l   an 


das  Paradoxon  des  P.innenides ,  dass  Sein  und  Denken 
liins  sei,  «oinit  Platoii  fast  übereinstimme,  appellirt. 
Welch  eine  >'erH  iirrciilieit  der  BegriHe!  Gedachtes  auch 
für  Seiend  zu  hatten,  wofür  Piaton  von  Aristoteles  in 
seiner  Aletaplijsik  arg  genug,  aber  mit  Recht  mitgenoni- 
iiieii  ist,  ist  iloch  wohl  nicht  einerlei  mit  obigem  Para- 
doxon, ilessen  man  in  neueren  Zeiten  nur  einen  sonst 
trefl'lichen  3Iann  zeihen  könnte,  der  eine  Ansicht  Kants 
niissverstand ,  und  was  vom  teleologischen  Stanilpuukte 
aus  richtig  ist,  zu  allgemeinem  Principe  der  menschlichen 
Erkenntniss  erheben  wollte,  vermöge  dessen  er  nicht  nur 
die  .^löglichkeit  des  AVcA/jcAs  ,  was  in  jeder  Wissenschaft 
geschieht,  sondern  auch  seine  Wirklichkeit  von  der  Thä- 
tigkeit des  denkenden  Ichs  abhangig  machte.  Indem  wir 
auf  unsern  Coinmentar  zu  Tiinaeiis  verweisen,  wo  schon 
anderer  Zvteifel  über  das  strittige  /.oyiOriy.ov  angelnhrt 
sind ,  können  wir  unsere  A'er«  underung  nicht  bergen  , 
dass  ,  wenn  einmal  das  vorgeschlagene  KoyiOcDV  aus 
Jlangel  an  Autorität  anstössig  schien,  Hr.  St.  nicht  dar- 
auf gerathen  ist,  dem  folgenden  o.via.  zu  Liebe,  das 
doch  so  keine  gehörige  Beziehung  hat,  tu  LoyiOTiyuV 
in  T«  iM'ilOTiy.uv  zu  verwandeln,  wodurch  ja  allem 
Uebelstande  gleichzeitig  abgeholfen  wäre.  Da  aber  in 
den  Lexicis  ö.koytnroQ,  in  seinen  beiden  entgegengesetz- 
ten Bedeutungen  aufgeführt  wird,  so  kann  KojiOTUV 
nichts  .Sprachwidriges  enthalten.  Ganz  anders  verhält 
es  sich  mit  Jiai^liru^,  welches  wegen  der  Grundbedeu- 
tung von  TTUOXEtf  nicht,  sondern  dafür  nudl^Tlxai;  im 
Gebrauche  war.  Vergl.  Simplic.  zu_^Aristotel.  Phvs.  2, 
S.    ',ib~   a. 

So  viel  für  diessmal,  weil  das  üebrige  in  dem  Pro- 
gramm theils  keine  Beziehung  auf  unsern  Timaeus  zu 
haben  scheint,  theils  uns  unverständlich  war.  Indem  wir 
mit  einer  Art  von  Selbstverläugnung  Hrn.  St.  für  seinen 
vielleicht  gutgemeinten  Anstoss  zu  unserer  hiesigen  Erör- 
terung danken,  müssen  wir  ihn  doch  warnen,  sich  durch 
seine  sonstigen  \^er(lienste  um  Platoii  nicht  zu  ungerech- 
ten ^Verunglimpfungen  Anderer  verleiten  zu  lassen,  um 
so  weniger,  wenn  am  Endo  die  Leser  seiner  Programme, 
wozu  ja  auch  seine  eigenen  Schüler  und  Zöglinge  ge- 
hören, bedauern  müssen,  von  ihrem  gelehrten  Führer 
in  April  geschickt  zu  sein. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

BicsUm,  LS.  März.  Die  Wissenscliafl  erlitt  dincli  den 
am  lieiilipen  Morien  nach  drei»  lichenllicbem  Krankenlager  ci- 
folgleiiToil  des  ordeiitliciien  Prolossors  der  Staalswissenscliaften, 
Dr.  (In-  üeclitc  und  Fliiioso|iliie  ,  Johann  .S  c  li  ö  n  ,.  Redacteur 
dei-  Scbksisclien  Zcilong,  einen  liöcbst  einpfindlicbcn  Verlust, 
(".cl.oren  zu  LTn^'ciidoil'  in  Maliien  den  16.  Nf.vember  1802, 
lebte  er  seit  1Ö28  in  Breslau;  seit  cloiii  Juni  1S29  an  der  hie- 
sigen Universität  als  Privaldocent  ihatif;,  wurde  er  im  Dccembcr 
18.36  ?-nra  ordcnilichen  Professor  in  der  philosophischen  Facul- 
tat  befördert. 

Halle.  Der  bisbeiigc  aiuicroidcnlliche  Professor  Dr.  Po 1 1 
ist  zum  ordenllicbcn  Professor  in  der  pliilosophischep  Faculta» 
ernannt   worden. 


Z  e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 


für    die 


AI  t  er  t  li  u  ms  wisse  lisch  a  f  t. 


Freitag,  5.  .April 


183  9. 


Nr,  41. 


Demolrii  rlirioris  de  plmiidone  über.  Edidit  Francheus 
Goeller,  Ur.  Pliilus.  Prof.  Gvinii.  Colon,  ail  RIicii. 
Catliol.  Leipzig  bei  Cnoblocli  1S37.  XXXII  und 
216  S, 

Diese  Ausgabe  des  bekaiinien  Schriftchens  des  Dc- 
metrins  TVfQt  ioinjl'liag  ciitbält  erst  die  >'orrode  von 
Fisclier  nebst  den  dazu  geliörigen  l'rtbeilcu  des  Valesins 
und  Oerli.  Job.  VossiHs,über  den  ^'crfasscr  des  Schrift- 
rheiis,  dessgleidien  die  Vorreden  von  Schneider,  AValz 
und  dem  Herausgeber.  Die  der  friilicren  Ansgaben  Iiat- 
tcu  niclit  in  dieser  Vollständigkeit  abgedruckt  zu  werden 
brauchen,  da  man  gegenwärtig  dieselben  Gründe,  ans 
welchen  erhellt,  dass  der  Verfasser  dieses  AVerkes  nicht 
Demetrius  der  Phalereer  sein  kann  ,  an  mehreren  Stellen 
lesen  inuss.  Die  kurze  A'orrede  des  Hrn.  Prof.  Goellcr, 
von  Pfingsten  1830  datirt,  gibt  die  Hülfsuiittel  an,  deren 
■  ich  derselbe  bei  Besorgung  dieser  Ausgabe  bedient  habe. 
Sie  bestehen  1)  in  einrni  Exemplare  der  Aldina  der 
Griechischen  Rhetnren  (Venet.  läU8)  »  welches  Victorius 
auf  dem  Rande  mit  Varianten  aus  von  ihm  verglichenen 
Handschriften  versehen  hat;  2)  in  dem  von  l^irtorius 
eelbst  besessenen  Exemplare  der  von  ihm  besorgten  Flo- 
rentinischen  Ausgabe  des  Demetrius  de  Elocntionc  von 
1552;  3)  in  einem  Exemplare  der  späteren  Florenlini- 
gchen  Ausgabe  von  1594  mit  einigen  unbedeutenden  Raiid- 
beuierkungeu  des  jüngeren  Victoriiis;  4)  in  der  Ausgabe 
des  Morelli;  5)  in  der  des  Caseliuä;  6)  in  der  von  Fi- 
scher; 7)  in  der  von  Schneider.  Am  Schlüsse  der  Vor- 
rede S.  XXXII  steht  folgende  zur  Warnung  für  alle 
Gelehrte,  die  sich  mit  dem  Buchhändler  Hartmann  in 
Geschäfte  einlassen  wollen,  hier  wörtlich  mitzutheilendc 
Kachschrift,  wie  ans  Seite  215  erhellt,  vom  Oct.  183t): 
,,Ut  editio  ista  post  sex  demum  annos  prodiret,  factum 
est  insigni  perfidia  C.  H.  F.  Hartmanni ,  bibliopolae  Lip- 
siensis  ,  (jui  quum  mihi  seso  redemtorcm  eins  et  dnorum 
praeterea  libellorura  obtulisset,  Demetrium  iucditum  ia- 
ccrc  passns,  vix  tandem  post  tres  annos  restifuit  et  reli- 
quot  duos  libellos  ctiamnunc  retinct,  uialam  (idem  fru- 
■tratae  cditionis  et  intercepti  fructns  laborum  per  ininriam 
non  cum  praemio  utilitatis  sed  auimi  causa  illatam  cu- 
niulans," 

Zu  bedauern  ist,  dass'  die  Erscheinung  dieser  Aus- 
gabe, nachdem  sie  mehrere  Jahre  sich  verzogen  hatte, 
uiclit  noch  um  ein  paar  Hlouafe  langer  sich  verspätet  hat, 


damit  der  in  demselben  Jahre  erschienene,  das  Schrift- 
<  heu  des  Demetrius  enthaltende  neunte  Band  der  Rhe- 
toreu  von  Walz  bei  dem  Texte  und  den  AnmorknngcD 
hätte  benutzt  werden  können.  Der  Herausgeber  hat 
zwar  diesen  Mangel  durch  einen  langen  Appendix,  wel- 
cher die  Varianten  aus  der  AValziscIien  Ausgabe  nach- 
trägt, auszugleichen  gesucht,  aber  dadurch  ist  die  schon 
dem  ersten  Zuschnitt  nach  unbequeme  Einrichtung  dieses 
Buches  noch  unbequemer  geworden.  Der  Herausgeber 
hatte  nämlich  schon  ursprünglich  Text,  Varianten  und 
Anmerkungen  gesondert  hinter  einander  abdrucken  lassen. 
Zu  diesen  3  Theilen  kommt  nun  noch  jener  Appendix 
hinzu,  so  dass  man  in  jeder  .Stelle  4  verschiedene  Seiten 
aufschlagen  muss,  was  für  den  Gebrauch  liöchst  unbe- 
quemist. Ja,  diese  Unbequenilicbkelt  wird  noch  dadurch 
erhöht,  dass  sich  in  den  Text,  obgleich  mehrere  Car- 
tons  desselben  gedruckt  sind  ,  eine  Anzahl  solclier  Druck- 
fehler der  Scfcneider'schen  Ausgabe  eingeschlichen  hat, 
die  als  Druckfehler  niclit  oder  schwer  zu  erkennen  sind, 
namentlich  Auslassungen  von  AVörtern,  wie  die  in  den 
Corrigendis  auf  der  letzten  Seite  nachgetragenen  aus 
S.  88,  1)7,  143,  184. 

Gehen  wir  aber  von  der  äussern  Einrichtung  zu  der 
inneru  Beschaffenheit  über,  so  ist  zuerst  dankbar  anzu- 
erkennen, dass  Hr.  G.  i'en  oft  sehr  verdorbenen  Text 
in  einer  nicht  geringen  Anzahl  von  Stellen  theils  nach 
den  Handschriften  des  A'ictorius,  theils  nach  eigenen 
scharfsinnigen  A'erniulhungen  berichtigt  hat.  Der  Text 
in  vorliegender  Ausgabe  ist  also  beträchtlich  reiner,  ale 
in  der  von  AValz ,  welcher  sich  fast  überall  mit  dem 
Schneider'schen  begnügt  liat,  wo  dieser  niclit  entweder 
durch  Druckfehler  entstellt  war,  oder  ollenbare  mii 
Hülfe  der  neuern  Cüllationen  leicht  zu  hebende  Fehler 
enthielt.  Aber  auf  der  andern  Seite  ist  der  neue  Her- 
ausgeber in  der  Behandlung  des  Textes  mehrmals  viel  zu 
frei  gewesen  und  hat  sich  erlaubt  Aeiiderungen  nicht 
bloss  als  den  erforderlichen  Sinn  ungefähr  angebende 
Andeutungen  in  den  Anmerkungen  mitzutbcilen ,  sondern 
in  den  Text  aufzunehmen  ,  die  so  weit  von  iler  überlie- 
ferten Lesart  abweichen  ,  dass  sie  dadurch  das  Gepräge 
der  Verwerflichkeit    genügend   an  sich    tragen,    und    der 


Herausgeber   in   ihnen  den   nüchternen  Kritiker  ganz  vcr- 
läugnet  hat,     sowie  er  S.    143   TOUii   dilvuv   Tliju   7TTS- 

pvywv  cvio    Tioh-jOov  ii         "   *  "  '  "" 

yw^"   'v.vxnxou^oä.\iivoi 


Qvyujv  aüru   nohjaov  in  roii  didvQaußr/Mv  „nreQv- 

roiijoüiAevo;,    S.  172   ne^i    öl   oy.io^uua- 

Tujv  [tiv,   olov    eiAaoia.  zig  eaitv   i)   7«?   dvTideotq 


323 


324 


fi'rpaTf?.o^  in  Tieoi  8ij  axtuiifj.  uiv,  oJov  ri  i'j  ävri- 
\>£öis  ioTC,  joaavia-  i)  yd(j  ti/.aaia  svTfjamt.o;, 
S.  m    ev    TQtai,   Tikctret,    fuj/.t;/,    n'kaauaTi    in    iv 

TQini ,  ToajffTlJTl ,  filjy.ei,  nkaTl'njTl  rerHainloK  hat. 
Ulaii  rorfl.  aurh  S.  74.  Alior  auch  aligosehpii  von  s<>l- 
«lien  .Stollen,  in  ilonon  die  ^Vrilorliciiliolt  der  l'ulfjata 
ilen  Hrraiisfober  zu  so  vcr»  ogoiicn  Acndrrnnjjen  verleitet 
hat  (iiietiohl  «venigstens  in  iler  dritten  Stolle  diirohaus 
liein  (irnnd  Ha  war,  TlkuTft  in  TtKuzL'TiTi  verwandelt 
umzustellen,  soiuieru  nur  71  l.aOUP.Tt  in  T(ja)rt' r)  Tt  oder 
vielleicht  Tua]([i  Tili  zu  verandern),  hat  auch  ander- 
wärts offonliar  die  vorliegende  Ausgahe  sowohl  in  Hin- 
sicht auf  Kritik,  als  auf  Erklärung  nicht  die  Vollendung 
erhalten,  die  ihr  der  Herausgeher  hei  einer  Revision 
uach  einem  Zwischenräume  von  einigen  Jahren  würde 
haben  geben  können,  wenn  er  nicht,  wie  es  scheint, 
durch  das  ungünstige  Schicksal  des  Buches  bei  dem  er- 
sten Verleger  die  Meigung  da/u  verloren  hstle.  Es  fin- 
den sich  daher  theils  manche  entschieden  falsche  Les- 
arten, statt  deren  schon  die  richtigen  vorgeschlagen  waren, 
keibelialten ,  theils  umgekehrt  nnnötliige  ^'eranderungen 
»orgpiionimen  oder  vorgeschlagen,  theils  einzelne  unrich- 
tige Erklürungen  aufgestellt,  endlich  .'Manches  nicht  er- 
Iftiifert  oder  wenigstens  nicht  bewiesen,  was  einer  Jfir- 
lauterung   oder   eines   Beweises   bedurft   hAtte. 

Einige  Beispiele   der   ersten  Art  seien    folgende:   S.  t32 
heisst    es    gewöhnlich    oidd^    yi\o    tlv     iunvatuv    äöei 
noyti^dmi-'o;,   Schneider   aber  hat  schon  e/,dul    vernuithet, 
und    AValz   dieses   anfgenuuimen.      Unser   Herau.'geber  aber 
setzt   zu   Schneider's   Worten    ,,A'idetur    legendum   aöot" 
S.  7.")   hinzu:   ,,>lininie."    Er  glaubt  also   noch,   aV  könne 
mit   ilem    Präsens    des    Indicativ     verbunden    werden?      Ist 
dieses    nach    den    grammatischen   Untersuchungen   unserer 
Zeit   denkbar?   ^Vo(lurch   soll   also    das  „Ulininie"    gerecht- 
lertigt    werden?   Hieraus   erhellt   zugleich,     dass   der   Her- 
ausgeber S.   '2'.i')   in   den   Worten    ui'    fiiyvUTnc   Ulhrj   av 
die    von    allen    anilern    Gelelirten     für    verdorben     erklärte 
Lesart  mit   Unrecht    für  echt  hält.       (Als   Ausnahme   mag 
gelten  S.   '^.54    ayfÜuv    üv  y.d.i    /y    daä(fii(i  noij.aytuv 
i^eivOTiT^  tOTi,   da  dort  av   enge   mit  o/ldöv    verbunden 
werden  kann.)      S     l'ji)    in    den   Worten    ucuv   öiay.evijg 
Ti;  (foßtjii}j  ^  uiuv  Tuv  iitnvTCi   wj  öcfiv,  ist  Cfoßvifv 
von  Schneider    nach    einer    Conjeetur    statt    (fdßv    aufge- 
nommen,   unser    Heiansgebcr    aber,    versichernd,    es    sei 
diese     .\cnderung    nicht     nöthig,     hat     (fotirj    liergestellt. 
AVas  soll   es   aber  heissen,  den   Riemeti   wie  eine  Schlange 
ertchrecken'i    oder,    wenn   dieses    keinen    Sinn     gibt    und 
gesagt  werilen  miis.5,  sich   vnr  einem  Riemen  wie  vor  einer 
Schlange  erschrecken,    wie   beweist  Hr.   G.,   ilass   (foßeiv 
»o   viel   als   (foßfiöi^ai   bedeuten    könne?    S.    l48   tOrl   Ss 
Ti;   tbiuiq    ■/''■',">    ^uTffi/.ij    h.    luraßü'/jj:;,    ornv    vi 
ciTtoioa    iinußoJJ.rT(ii    y.ai     ojOtjso    iiiiaitiijoeiiv. 
So   die   Vulgata;    aber   Schneider,    den    Fehler    jUTavoi']- 
ntnv    nicht   verkennend,    bemerkt:     „Videtur   /Jttavoijan 
legendum."      Unser   Herausgeber   hat  w^rceoci  flFravur- 
Ollln   geschrieben.      Sollte   dadurch   der   Optativ    entschul- 
digt  werden,    so    war     wenigstens    (0^:1(0    li  getrennt    zu 
schreiben,     da    unsere    Grammatiker     von     Slephanns    an 
i't^Ttifi    ti    und    d);-nco£i    so    unterscheiden,     dass   jenes 
Kie  wenn  bedeutet,    dieses,    sowie    oiovei^    in    den  Sinn 


des  blossen  lo^ZSO  übergegangen  sei.  Aber  nehmen  wir 
aurh  jene  .Schreibart  an,  so  entsteht  aus  der  Goller'.-chen 
Lesart  der  Sinn:  wenn  sie  eine  Rede  ändert  und  wie 
(oder  gleichsam)  wenn  (si,  gesetzt  dass)  sie  bereuen 
wollte  (oder  sollte),  während  zu  sagen  ist:  leenn  sie 
eine  Rede  ändert  ti?id  gleichsam  bereut.  Griechisch  f.li- 
ravuijOT^.  S.  234  heisst  es:  t:iLi  dt  y.ai  nuKeoi  iiort 
xai  ßao//.£vot  yQä(fofjiu  eatwoav  TOiaviai  ui  iiii- 
azoXai  [iiy.rxw  ei;ijo/iei>ai  noq.  Ollenbar  nngramma- 
lisch,  da  ai  joiaitai  iTtlOTot.ai  gesagt  sein  niüsste. 
Vict.  und  Casel.  schreiben  also  richtig  IUI  ai'TO.l  statt 
roiai  rat.  Li  andern  Stellen  ist  die  >'eranderung  der 
Lesart  zwar  nicht  anderweitig  vorgeschlagen,  aber  ihre 
Aiotliwendigkeit  liegt  so  aiii  Tage,  dass  sie  unserem 
Herausgeber  bei  seinen  grainniatischen  Kenntnissen  nicht 
enfgehen  konnte,  wenn  er  die  Schrift  einer  sorgfältigen 
Revision  in  grammatischer  Hinsicht  unterworfen  liätte. 
So   muss   es   in   den    Worten   S.    'Jl    E:i{ö(}l7CTal    yUfJ    dk- 

h'jl.oii  ra  y.ujt.a  i(f''    £Ti(Jijj    tre^ov,    vj^TieQ    ev  Toiq 
Sia/.t) vf^iivotQ   koyoic;,    y.ai    änoki'jiavzeq    fxukig   av 
ivvui^^oluiv  y.ard  zu  reku^,    uzt    tu  kiyu^.tvov  71B- 
Qiuöuiiiv,    offenbar    ii'voi^deiiinv   heissen,    da  der  Op- 
tativ,  nicht  der  Conjuiictiv   erforderlich  ist.    S.  I<)S  ZQlij- 
(i£i;  :iou;eöuyori'TU    muss  nQo^sduy.uivTU    geschrieben 
v?erdeii,    da    ilas   Verbuin    erwarten   bekanntlich    TT^UiSo- 
y.av   heisst.      iMehrnials  ferner  ist   in   dem  Artikel   gefehlt, 
der     theils     einigemal     ausgelassen     ist,     wo     er    stehen 
muss,    tl(.eils   auf  eine   Weise   gestellt  ist,    dass  ein  Solü- 
risnius   entsteht.      Von   ersterer  Art  sind  die  Worte  S.  244 
7J  ii\  kvais  änkovaziijov  y.ai  X{nirjzuij^i:ia(i  oijj^iciuv , 
y.uddi£(j   i'j    doyaia    naoa  £ufn;v£ia'    d.jkui'y.oi  ya<i 
doy^tüui ,    wo    Ol   vor  doy^aioi  fehlt,     wie  aus  dem   vor- 
hergehenden   Tldoa    und    aus    S.   67    und    andern  Stellen 
erhellt;     dessgleichen   S.   2.J.T ,    wo    von     der   Stellung    der 
lloiiierischen    Worte    ÜTloJi   idov   alütMV    uCflv    die   Rede 
ist,    u/.k'    ui>i'    üv    o    kiyoiv    d£ivdi    ovioji    £du^£i  , 
oi'z£  6(ftQ  avTog,    wo    es  offenbar  oi<f£  6  ücfn;  avxui 
heissen    muss.       Falsch    gestellt    ist    der    Artikel    S.     23U 
'AoiOTurfliTi  yovv    löi  f^idkiata  £7iiz£Tei'}[ivai     Soy.fi 
Tov  zt'wiot'  iiiirizokiy.uv-  „tovto  öl  uv  y(ju(fO)  aoi*', 
Cfijoiv   „üi'i   ydp    ijv   hiiotot.iy.ov.''''     Hier    ist  Trnov 
eine   blosse   Conjeetur  von    Victorius;    in    den   Handschrif- 
ten  stellt   dafür   UVTOU.       Da    nun     zugleich    statt   u')i  an- 
dere   Bot  her    o;    haben,    so    ist    die   Stelle    so   zu   lesen: 
'AuincDcthji  yovv,  ös  fiäktaza   £:iizfi£t>xtvut  öoy.fi 
avzu;   zoP   ETTlOTokiy.oü  (qiii   ipse   maximc   natiiram  epi- 
stolae   assecutns   videtur),    „zoi'TU  di   ov   y(iaq'n   OUI'^, 
(fljoiv   oi'i   yui>   ijv  tllOTokiy.üv.      To  iuiazoi  i/.uv   be- 
deutet ohne  ein  .Substantiv    das    Wesen    der    Epistel.     In 
einer  Stelle   hat  Hr.   G.  sogar    zuerst  diese  solöke    Wort- 
stellung eingeführt,   wie   wir   unten   bei    tuv  üvov  ayQlOV 
sehen    werden. 

Andere  Stellen,  in  welchen  Rer.  mit  der  von  dem 
Herausgeber  gehandhabien  Kritik  nicht  zufricilen  sein 
kann,  sind  folgende:  S.  S  hat  derselbe  zwar  im  Text 
der  ^'ulgata  zoiauz)]  TIC,  av  £nj  ni'niourpij  y.ai  kuyuo 
ycdhiiio  ir,:i£i(jufi£vuv  ICuuc,  öiivüzijra  beibehalten, 
aber  in  den  .\nnierkutigen  emplielilt  er  statt  £onEI(jUfi£- 
VOV  die  stillechter  beglaubigte  Lesart  avaz£lkujJ£VOl>. 
Diese  ist  jedoch  entschieden  verwerflich,  da  £OT£ika^rjV 


325 


326 


im  passiven  oder   iiiiransKiven  Sinne,  also  s<af<  sOTulrv, 
ron    Dcnietrius    niolit    gcsajjt    «erden    kunn<e ;    es    nii'issfe 
also   wenigstens    oif^OTak/ifVOli   lieisson.       S.   25   '"   den 
AVorten  änva  nnfjöiwta  i'j  TOtQ  in'  «p//;?  —  ';   ro/'i; 
ini   Tekoi'i    haben    die    fn'ilieren  Herausgeber    das    erste 
j'l    TOi\    ans    dem    iiandsc  liriftlielien    dlj     TOi^,    wo    ö   aus 
dem  Sclilussalplia    des   vorliergelienden   Wortes  entstanden 
ist,   aufgefunden,  Hr.   G.  aber   hat    dafür     tjrul    TU!^  ge- 
setzt,   wozu   er,    da     viel   leichter  ij   als   fjTUl    in    dlj    zu 
verderben   war,   durch   das  sonstige  Vorkommen    der  Par- 
tikeln  )jTOl  —  7/   bei   Demetrius  offenbar  nicht  bcrerhti«[t 
war.    S.  35   zu  den  Worten   nivtHiOL'    Ön    (fi;oa^  at'TO 
Treotööov  fürjoi;    ov   öiai  y.ujKo/g   ti]i'  TceQioöov  ü(ji- 
C,llv   tof/.SV   wird   die  Bemerkung  Schueider's    ,,Ex  more 
Demetrii    srribendnm    öoiCsOitat    pnfo"    zweimal,   S.   75 
und   S.    100,    ohne    Erinnerung    wiederholt;    sie    ist  aber 
falsch.     'OgiCuoifai  heisst  definiren ,    z.  B.  S.   11,   173, 
öoiL.lll'    dagegen    degrünzen ,    wie    S.    t.      Vgl.   Rost  Gr. 
S.    113.   Anm.   3-     S.    36    ist    geschrieben:    ei'ot  ön   TEO- 
aaQEq  ol  ibikoi  jaoay.ziiQe^,  io^vuq,  [ityakoTTpS'.tijQ, 
ykacfi'pd; ,   i'^iivüi-    y.ai  ioinov  oi  iy.  tovtmv  fxiyvi'- 
jiiSl'O/.      Dazu   wird  gegen   die,   welche  Ao/7Z  0/ lesen,  die 
Bemerkung    gemacht,     wenn    es    so    geheissen    hätte,    so 
müsstc  der   Artikel  liinzuged'igt  werden.    Dieses   ist  falsch; 
denn    es    soll     nicht    gesagt     «erden    und    die   übrigen    aus 
diesen  geniisi  hten ,    gleichsam    als    wären    auch    die   eben 
genannten    Arten    der    Schreibart   gemischt,    sondern   und 
übrig  sind  noch   {und  dazu   kommen   noch)   die  aus  diesen 
gemischten.     S.   ,i(j   wird   nach  Schneider  gelesen:   (ögiiep 
dvi^iOTaxov  y.ai  dvriy.cioifov  ivavriaiTÜrvj    dij '    Öio 
xui    fiovovQ    dt'i)    ■/aoay.nl(id(;   tivec,    äi;ioi'atv    tivut 
roi'iovq.       Allein    statt   5/J "    äiu    y.ai   haben    die    Hand- 
schriften  entweder   di    i/)   dlj   oder   de   ö   öij.    ^  Es    ist  also 
mit  Aenderung  eines  einzigen  Buchstabens  ivuvTiü)TaTV)- 
diu   ÖIJ   zu   lesen,    da    8l6    Öl'i    eine    häufige   Partikelver- 
bindung   (z.  B.  Thuc.  I,   li«.   II,   4J)    ist.      S.    62    ist 
nach    Schneider    gedruckt;     y.ai     Ofirj^O^     öe    ewi    Tbu 
Kcy.Xajnog   dii  snat'i;ei  rijv  i'7i£(j/joki)i' ,  y.ai   snav- 
lövii   in    ai'Tijq  fo/y.iv.     Die  AVorte  y.ai  ina.viövTl  — 
eoiy.tv  fehlen  in  einigen  Handschr.,  in  andern  steht  fT*  ai'TOV 
statt    477     ai'TlJi;    ans    der   Vereinigung    der   beiden   letz- 
tern  Lesarten    entsteht    die    richtige  ezr'  aÜTliv ,    da  der 
Genitiv   durch  Weiidniigen   wie  sn  i  Xiov   nliiv   nicht  ge- 
nügend  zu   rechtfertigen   ist.      S.   53  steht  bei   G. :   n   ydg 
vfjooq,  rjv  dvexo/^itv,  dijhj  uev  y.ai  Trüouujd^tv  eoriv 
iipljki]  y.ai  xua'inia.     Die   Vulgata    ist    nJoGi  ijv  ixo- 
litVIJ    8t]h].      Statt   ijV   i~/Oliil>lj    haben   die    Handschriften 
entweder    ijv    exotilv,    oder    difX"l"^^>J  i    "der    dvCoXO- 
fitvi].     Daraus    hat    unser   Herausgeber    seine   Lesart  zu- 
sammengesetzt.     Aber   er   musste    erst   beweisen,   dass  An- 
tiphon,   dessen   Worte   hier  von  Denietrius  angeführt  wer- 
den,   oder    ein    anderer    Redner    oder    sonstiger  attischer 
Prosaiker    dvixeiv    für    das    einfache     'i-j[Etv    oder   oiy.ttv 
gebraucht  habe.     Dazu   kommt,    dass    die  Handschriften, 
in    denen    a.ii Xo ^iliv )]  oder  «j;£f /o/(f ^r;  steht,  das  vor- 
hergehende ;;i' nicht  anerkennen  ,   und   AiS EXO !M El\Il 
leichter    aus    I]m:XOMEN,    als    aus    HIS.INEXO- 
ßlElS    entstehen     konnte.      S.   59    ist    die    Lesart    xa  dt 
oxijiMva  tij;  ki^t'tig  iort  füv  xai  avTcl   avvdeaeui; 
II  eiöog  T<ji  yao  5e  r«  aürä  keyeiv  öi;,   öiKLoivia. 


I]    [Xavacpegovra   ij    dvdvTraXkdoaovTa,    SiaTarro- 
fiivo)    y.ai    fii;TaavvTl9lvTl    tory.ev    aufgenoinmen     und 
zur   Rechtfertigung    derselben    gegen    die   andere    zo    yuo 
dlj    gesagt,    nach     derselben    «aren    die   activen    Particinia 
diaiütroi'Olv    und     /iSTaoui^ifijyaaiv    (es  sollte   heissen 
fieTaai'vHtiow)    erforderlich    gewesen.       j\lleiii   dlazai- 
TUfXtP(j)    kann    das    Particip    des  Mediums  sein,    und   für 
iiezuOivrei^l  vzi   muss  man   bei   der   Lesart    rtJ   natürlich 
uCzaai'VZlihvzt    lesen,    wie    bei  Walz    steht.      S.   60  in 
den    Worten    nol-u    yuo     ovtu>    fuyaXuüzeouv ,    —    ;; 
UTieg   oVTUii;  l(fl]-  —  ovvijdwq  yu(t  tkt'yizb,  wird  es 
ydp    äv    heissj>n    müssen.      S.  (i2    wird    gewohnliih    y.ai 
a^sSov    dnat    rou    ßJioiojg    övofiaoi^ii'zog    ev    T<lji 
doufiazi    geschrieben.       Dass    Spctiia    von    der  Ilias  ein 
unpassendes     Wort    ist,     hat    der   Herausgeber   richtig   er- 
kannt; aber  anstatt  dafür   ypaiiiiaT/  ,   welches   in   andern 
Handschriften    steht,     nii<l     von    jedem    Buche     gebraucht 
wird    (s.    Steph.   Thes.    neueste    Ausg.   in  d,   W.),    aufzu- 
nehmen,   hat  er,    weil    die  Abschreiber  an   einer  andern 
Stelle    die    Wörter     yga/i/ia    uml    TTodyiia    ver«echseU 
haben,    auch    hier  nach   blosser  IMuthmassuiig  das   unpas- 
sende   ngayuazl    in    den   Text    gesetzt.      Z«ei    annehm- 
barere,   ilorh    nicht     unbedingt    iiothwendije     Coiijecturen 
linden  sich  S.   75-      Hier   ist  erstens   in   den  AVorten   eort 
yng    y.c.i   fitydXa   fxi/.Qmq   kiyovxa   dnfjinli;    Tcottiv 
^(/J  npdyfiuil ,   in   denen  .Sihneider   eine  grossere'^  Lücke 
vernuithele,    xi    nach   (inplTltg   hinzugefügt..    Iniless   fin- 
det  man    zi    bei    Adjectiven     nicht   selten    da    wegjfelasseu , 
\i()    man    es    hinzugesetzt    zu    sehen   «üiischt.      Man  sehe 
Mattli.    Gr.   S.   4'~!7,   ~.    uml    die    dort    gegebenen    Citate, 
dessgl.  Fritzscli   Quaest.   Luc.   S.  95   und   Poppo   zu  Thuc. 
Yl,   2U     So    hat    man    bei    unserem    .Schriftsteller    selbst 
S.    125   wieder   zi   als   ausgefallen   betrachtet,    wo   dieselbe 
Bemerkung    gilt.      Gleich    darauf    in    dem    Sätzchen    da) 
yiii   deivoi'i;    zivai;   tpaoiv ,  ojgTrep    yai  Osöiiuuirov , 
öiiva    ov    Se/vu}<;    ksyoüxa    ist  zu  Ende  \syuvzaq  ge- 
schrieben,   wie    man    nach  dem   Deutschen   erwartet.      Es 
ist  jedoch    bekannt,    dass,   wenn    beide    (ilieder   eines   ver- 
gleichenden Satzes   ein    gleiches  Prädicat   haben,   die   Grie- 
chen  dieses   nicht   immer   dein  Haup*gliede,   sondern  mehr- 
mals  dem    untergeordneten    mit   w^,f  6p  anfangenden,   «eiin 
dieses   das   nähere    ist,     anpassen,    ganz   «ie   sie    es   aniler- 
Härts     nach    einer    Apposition    sich     richten    lassen.      Dem 
Herausgeber  des  Thuc\dides    konnten  die    beiden  Stellen 
Thuc.  I,  82.  dviTiicpi^o'  ov  öooi  ojgnep  y.ai  ij/u/g  vn' 
.Kh]vaia}v    £7Tißovkei<öue9a   und  III,  67.    i)v  oi  i}yi- 
fiövei  togTCBo   vvv   v/ucig  y.ccfiakaiujoavxeg  ripog  toi\; 
tiuinavTai;  diayvtofiog   noiijano^f.   nicht  ans  dem   Ge- 
<läi'litnis9   entschwunden  sein,    und    sie    und   das   zu   ihrer 
El  läuterniig  Beigebrachte    mnssten    hinreichen,   vor  rasi  her 
.Aenderung    zu     «arnen.        .S.   \)\    li.nt    man   die    AVahl  ,    ob 
man    entweder    mit  andern   Heransgebern    \oyol    ö'   dvzi 
(hofiaxoq    zidciai  —  övoiia  S   dvzi   Koyou  oder  mit 
dem   unserigen   nvoiiU  d'   dvii  t.oyov  xi9cxai  —  }oyog 
de    dvzi    dvbiiaxos    lesen    will.       Rec.    möchte"  sich  für 
die   erste    Lesart   entscheiden.      Denn    Hr.  G.   ist   nach    der 
seinigen    1)   genöthigt    gewesen     in   dem   Xenophontischen 
Beispiele  Aiiab.  1,5,  2-  övov  dypiuv  (durch  einen  Druck- 
fehler   steht    ova.ypov)    zu    verändern,    nicht    nur   gegen 
die    Handschriften    des    Demetrius,    sondern    ^uch    gegen 


327 


338 


die  «leä  Xcnoplion.  Souic  aber  sicher  ist,  «lass  Xeno- 
plinii  öiOi  dyg/o^,  nicht  öj-aypo;  scliriob  (vcrgfl.  Cjr. 
II,  4,  20,  unil"  Plirvii.  S.  383  (■),  so  is<  höchst  iiiniahr- 
gchcinliih,  dass  Üemetriiis  iliiii  lc(/icro8  auf;;cliür<let 
Laben  sollte,  da  er  hier  sowolil  ein  IJcispiel  »oii  jener 
'W'endun'j  als  von  dem  ziisainrneiigeselzten  Worte  };ebeii 
will,  also  gewiss  die  Stelle  nicht  bloss  aus  dem  Ge- 
dArhtniss  citirt  haben  nird,  Meiiii  er  sich  der  '\Vorte, 
ouf  welche  Alles  ankommt,  nicht  fest  beii  usst  «ar.  Dazu 
komnit  '2)  dass  in  dem  folgenden  Beispiele,  in  dem  ge- 
niihiilich  TUV  ovayijov  steht,  unser  Herausgeber,  «eil 
er  die  aufgelöste  Form  herstellen  niusste,  und  tuV  uvuv 
TOV  äyoiov  als  zu  abivcichend  von  der  ^'ulgata  zu  schrei- 
ben unstreitig  sich  scheute,  den  Schriftsteller  durch  Tun 
tnov  (lyoiov  einen  Soliicismus  begehen  l/isst.  S.  108 
ist  ohne  Erinnerung  die  l'ulgata  y.O.i  V.Ctdot.OV  xo  tni- 
q^ajirfici  Toi^i  Tuiv  Tt/.oroiiijv  ior/.ev  entÖs/yiiciot, 
'/eiooti;  kiyio  —  xai  uoocfVQai^  jiXaTdaii-  oiöv  ydo 
n  y.eii  aiho  tov  kv  }Myoii  TiXorvoi'  oriisluv  toxi 
Lcibehalten ,  obgleich  entweder  yuu  gestrichen  oder 
•tatt  i)iov  das  demonstrative  TO/ÜVOC  gesetzt  werden 
uiass.  Eine  ganz  halllüse  Conjectur  findet  sich  zu  S.  119» 
tvo  zu  den  dunkelu  AVorten  unuiöv  XI  XO  tv  xrj  ziagoc- 
fiin  y.oouovitivov  VTieoov  bemerkt  ist,  vielleicht  habe 
der  Schriftsteller  statt  y.oOUOViiEVOV  v'lf.QOV  geschrieben 
»ricOOl  imouyy.uv.  Als  einziger  Half  für  diese  Con- 
jectur soll  dienen,  dass  statt  i'7l£pov  in  der  Handschrift 
des  HlorcUi  V'Ituuyy.ov  stand.  Und  doch  fuhrt  <ler  Her- 
ausgeber selbst  an,  dass  auch  in  einer  Stelle  eines  an- 
ilern  Schriftstellers  einige  Abschreiber  iimooyy.ov  statt 
des  seltenen  vi:cQOV  gesetzt  Laben ,  woraus,  wenn  diese» 
tioch  eines  Beweises  bedurfte,  klar  ist,  dass  Vll  £(juyy.OV 
nur  eine  Variante  zu  i<:cti>uv  ist,  also  mit  dem  vorher- 
gehenden ihm  ganz  unähnlichen  y.onj^iovfjcvov  Nichts  zu 
thun  hat.  Was  gewinnen  wir  auch  durch  diese  Verän- 
derung? Da  eine  Mörserkeule  an  sich  nicht  das  Bild  der 
Kleinheit  sein  kann,  so  w  ürde  ebenso  schwer ,  ja  schrt'e- 
rrr  zu  crkl.'iren  sein  ,  wie  eine  übergrossc  fllörser- 
Leule  sprichwörtlich  statt  einer  vergrösscrten  Klei- 
nigkeit habe  gesagt  werden  können,  als  wie  eine  her- 
ausgeputzte ]>Iörserkeule  statt  einer  herausgeputzten  Ba« 
g'atclle.  Wollte  man  aber  mit  Walz  an  das  Sprichwort 
VlTtgov  7Cl(iir,Tit()(f r  denken,  so  passt  dieses  theils  als 
das  lange  A'crueilen  bei  demselben  Gegenstände  bezeich- 
nend nicht  ganz  in  den  Zusanimeiihang,  da  von  dem 
öyy.ov  niQitjiui.iiv  und  eiiagmi/  <lie  Rede  ist,  theils 
würde  es  durch  iTllQoy/.ov  nicht  mehr,  noch  weniger 
als  durch  yaoiioviitvoii  angedeutet  werden  können  ,  viel- 
mehr für  dieses  etwa  y.vyJ.OL  iitvov  zu  lesen  sein.  S.  143 
hat  unser  Herausgeber  aus  <Icr  einzigen  Handschrift  des 
Qlorelli ,  die  wir  schon  als  eine  trügliche  rührerin  er- 
kannt haben,  TigoiujTlotp  statt  xönviv  in  den  Worten 
rdij  juvxoi  ix  hio  xüiiviv  ivxui<&a  iylvcxo  i)  XUQii 

aufgenommen.  Diese  A'eräiiderung  hält  Her.  für  durch- 
aus verwerflich.  Linser  Ilhelor  spricht  in  den»  ganzen 
Abschnitte  von  ilen  Quellen,  aus  welchen  die  Anmuth 
der  Kcilc  hervorgehe,  und  nennt  diese  Quellen  mit  dem 
e^ciiuhnlichcn    Kuiistausdruck    die    xüuoi.      So    Iiiess    e» 


S.  136  vvv  v.al  tovc,  xoXov?  JiaQaSei^ofiev,  dcf'  lov  o.'i 
'XaQixEq.  Diese  toTIOVi;  hat  der  Rhetor  daselbst  einge- 
theilt  in  xovi;  xij;  Ai'tf wc  und  xoii;  £v  xoti  Ttgdyfiaoi. 
Jeden  von  diesen  zwei  Tlieilen  zerlegt  er  dann  wieder 
in  Unlerabtheilungen.  So  gehört  zu  den  XUTIOI^  xiji; 
Aftfwc  'ler  ix  avvxofiiui,  ferner  ÖBVXEQO^  To'.TOi 
{xiji  kei;eios)  toxiv  dno  xijs  xätEoig  S.  139  und  so 
folgen  andere,  bis  dieser  Hanpttheil  S.  14.3  geschlossen 
wird  mit  ilen  Woften  ul  iiti  uvv  xoic.vxa/  ')(^a.C)lx£(i 
nag  cii'iag  xu^  Xii;f-ls.  Es  sind  nun  also  noch  übrig 
die  'laglxui  xoTlni  ui  iv  xut;,  ngdyfiaOl.  Ein  solcher 
ist  unter  andern  S.  142  Tiagd  ngo^doy.iuv.  Da  aber 
in  dem  dafür  angeführten  Beispiele  sich  zugleich  eine 
gewisse  (ivc.y.o)  uv^i'a  zeigt,  so  sagt  Demetrius,  es  sei 
hier  die  Anmuth  iy.  dio  xuTViov  hervorgegangen.  Die 
ganze  Abhandlung  über  die  xouoi  xiji;  Xc-gtxui,  wird 
endlich  S.  14.5  niit  den  Worten  ui  ßiv  ovv  yaxd  xi  v 
igi^ajpclav  x^'Q'^^i  xoaavxai  zai  o/ totto^  beschlossen. 
S.  172,  wo  die  Schneider'srhc  Ausgabe  a»5  y.o.i  xov  ol- 
vov  xuv  7i(/.gu](v&tvxci  iTtto%üvxa  IlijXec.  dvxi  Olvtioi 
liest,  und  die  Handschriften  iJltOX"iV  xU  haben,  ist  von 
unserem  Herausgeber  u)i;  y.u't  ö  xov  oivüv  Tjaga^i- 
Deixa  Clltoy.ui7lxu)V  Cfug  geschrieben  worden.  Gewist 
scharfsinnig;  nur  sieht  Ree.  nicht  ein,  warum  der  zweite 
Artikel  getilgt  ist;  auch  hatte  statt  in/oy.lüTVxajli  (fa^ 
näher  nach  deu  Handschriften  inioy.ioll'C'.i  vermuthet 
werden  können. 

(Becchluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscelleu. 

Fulda,  21.  Miirz.  Die  gestern  Naclimitt.^gs  in  dem  einf.icb- 
scliönen  Priifiin;s- Saale  de»  hiesigen  Gyninasiiims  stallbabcnda 
F.nllasiimgs-  iuk!  Versctzungs-Fciciliclikcit  bat  sachkundige  Zeu- 
gen sehr  bcfrieHI,;t  und  ergötzt  Zwei  lateinisclic,  ganz  frei  ge- 
hallene  Vorträge  von  abgebenden  Primanern:  „de  variis  artium 
sludiis"  und  ,,dc  stuilio  lilerarnni  rede  inslitucndo" ,  gcrcich- 
Icn  den  Verlassern  und  ihren  würdigen  Lehrern  unstreitig  zu 
grosser  Khre.  Einem .  ntir  bescbreilienden ,  zu  wenig  reilneri- 
sclicn  Vortrage  id>er  das  griecliiscbc  Theater,  oder  vielmehr 
über  die  griechischen  Biibnen-Gebäodc ,  folgte  eine  vorzügli- 
chere Hede  über  den  Ursprung  und  die  weitere  Ausbildung  der 
griechischen  Tragödie  von  dem  hierauf  Abschied  nehmenden 
Primaner  Joseph  Sclimiltdicl.  Hierauf  wurde  den  meist  für  dai 
Studium  der  Theologie  bestimmten  Abgebenden  das  Ideal  eine« 
christlichen  Seelsorgers  im  Geiste  des  Evangeliums ,  mit  Bezif 
hung  auf  die  Paulinische  Schilderung  (l  Tim.  3)  vorgestellt. 


BerichliVunffen. 


p.  175. 

„   177. 


2.  15 


muss  hinter  Acharner  ein  nicht  eingejclio- 
ben   werden. 

20  T.  0.   statt  mangelhaften  I.  nandiaften. 

6  und  5  V.  u.  wünscht  d.  Verf.  d,  Woirtc  iiund  hat  mit 
seinen  poeli.'ichen  Leistungen  Nichts  zu  schaf- 
fend  getilgt. 

3  V.  u.  hinler  iispricbt'i  ist  ansgefallcn  :  »wenn  sie  ülier- 
h.Tupt  statt  gefunden,  was  Ref.  jedoch  niclil 
für  binrciclicnd  beL;laubigt  hälL.« 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Sonntag,  7.  Jpril 


1839. 


Nr.  42. 


Dcme<ril  rlictoris  de  clocutione  über.    E(licli(  Franciscus 
Goeller. 

(  B  e  s  c  h  1 11  s  s. ) 

S.  170  ist  interpiinglrt:  y.ai  i]  KodiljTOi  TtonjTiy.i]  . 
(y.al  (fayijg  syxuj^iov  av  ävayv(j)  rii  iv  Toii  dow- 
Toti,  ToiovToq  Öi  WC  To  nXeov  xai  o  Kvvtv.oi  tqo- 
7tO(;-)  rd  ydo  de.  Diese  Art  zu  iiiferpuiigircn  aber 
wiirc  nur  möglich,  wenn  dv  dvayvm  T/i  bedeuten 
küMiiic,  kan?i  man  lesen,  das  heisst,  Hciin  dvayvoilj 
geschrieben  wäre.  AVeil  dieses  aber  nicht  zu  lesen  ist, 
80  war  die  alte  Interpunction ,  nach  der  die  Parenthese 
erst  mit  zoioviog  beginnt,  beizubelialten ,  und  av  als 
idv  zn  fassen.  Da  aber,  wie  der  Herausgeber  zeigt, 
die  Poesie  des  Krates  das  Lob  der  Linse  entliiclt  ,  so 
wird  statt  y.ai  zugleich  wf,  welche  Partikeln  auch  sonst 
verwechselt  werden,  zn  lesen  sein.  S.  177  i"  den  AVor- 
ten  TiXavta  }MkouaL  yä^  nd.vza  ol  zJojrjnc^-  öiÖtieq 
ovdl  exüjf^wjdoi'v  düjQiCovTei,  dWd  niAoiSq  i'jztI- 
y.lCov,  hat  Hr.  G.  TT/XQuig  nach  dujQii..  versetzt.  Es 
wird  aber  in  dem  ersten  Gliede  ebensowenig  erwartet, 
als  in  dem  zweiten,  ja,  nach  der  l'^ersetzung  würde  es 
vielmehr  arT/x/Coi TfJ  ,  als  iJtti'/.iCov  heissen  müssen; 
CS  scheint  also  in  der  Vulgala  zu  7tiy.0(Sg  ans  dem  Vor- 
hergehenden KaKoiUTSg  zu  verstehen  zu  sein.  Warum 
S.  189  in  ovvdeaiq  de  .  .  .  dvctTiatOTiv.i)  vmI  fiuXtara 
iur/.via  ToTt;  y.iy.XaOf^tevots  yai  doe/ivotg  fitTQoig, 
oia  [//«Ä/öro]  TU  Sujrdöeia,  das  zweite  fiakiara 
in  Hacken  eingeschlossen  ist,  h'isst  sich  nicht  ersehen. 
In  den  Anmerkungen  ist  ja  über  dasselbe  Nichts  erinnert, 
vielmehr  verniuthet ,  es  müsse  für  das  erste  uuXuy.li 
geschrieben  werden,  wiewohl  auch  diese  Conjectur  un- 
uOthig  ist.  Uebrigens  hat  der  Herausgeber  in  dieser 
Stelle  mit  Recht  das  Zeichen  der  Lücke  hinzugefügt, 
indem  er  y.axo^JjAog  als  ausgefallen  betrachtet.  Das- 
selbe Auskunftsmittel  hat  er  noch  an  einer  beträchtlichen 
Anzahl  anderer  Stellen  angewandt,  -/einigemal  jedoch, 
wie  Rec.  glaubt,  ohne  Grund.  So  ist  S.  2'2Ö  geschrie- 
ben; y.ai  kuoetg  av)[vat  öjioiai  .  .  .  .  ov  itgenovoiv 
iiltaTO/.aii.  AValz  hat  hier  gegeij  seine  sonstige  Behutsam- 
keit ÜTtoiat  weggeworfen.  Aber  avjvai  ist  eine  Conjectur 
TonTictorius  statt  t'axvcti,  welches  richtig  ist,  und  uns  von  der 
Lücke,  wie  von  der  Notliwcndigkeit,  öltoiai,  zu  streichen, 
befreit.  Der  Schriftsteller  hat  S.  223  erklärt,  desshalb 
hier  vom  Briefstil  handeln   zu  wollen,  eitel  eTlcCT0Kr/.6i 


■)[a(jaxTf/Q  Sehai  io%v6ri]TOi;.  Hierauf  hat  er  bemerkt, 
Artenion  halte  zwar  besondere  Anweisungen  zum  Brief- 
sfyl  für  nnnüthig,  da  mau  Briefe  und  Gespräche  auf  die- 
selbe Weise  schreiben  müsse  ;  es  sei  aber  diese  Meinung 
nicht  ganz  richtig,  weil  nicht  Alles  für  beide  Gattungen 
sich  eigne;  denn  die  Briefe  müssten  etwas  mehr  ausge- 
arbeitet sein  und  duldeten  bisweilen  eine  prunkvollere 
Rede,  wie  an  einem  Beispiele  gezeigt  wird.  Darauf  nun 
folgen  die  Worte  y.ai  kvoeig  io^voA,  önoiai  oi<  TJpf* 
Tiovaiv  eitlOloXaTq,  d.  h.  und  so  sind  auch  die  XvOEig 
dem  i(j%vdi;  xaoaXTl'jQ  eigen,  ohne  sich  jedoch  für 
Briefe  zu  passen.  Ebensowenig  nothwendig  ist  eine  Lücke 
S.  259  in  den  Worten  y.aiitn  iiOzi  TroXkayov  h.  Ttai- 
ÖidqiiaQafieii/y/^iev);^  deivüti]^  eiixfaivonivi]  ztg-  utov 
iv  zai;  yu)j^io)diaig,  y.al  nag  ö  Kvvty.og  zQunog,  wo 
der  Herausgeber  in  dem  letzten  Gliede  zoiovzog  al» 
ausgefallen  betrachtet,  jedoch  uiog,  das  übrigens  Icirliter 
als  zOlOL'ZOq  ausfallen  konnte,  aus  dem  vorhergehenden 
Sätzchen  sich  wiederholen  lässt.  Dagegen  dürfte  S.  6 
u  iL'v/oög  eine  Lücke  anzunehmen  sein ,  denn  dass  y^a.- 
üay.zijQ   ergänzt  werden   könne,    ist  nicht  bewiesen. 

Rec.  hat  sich  lange  genug  bei  der  \  rif  ischen  Seite  aufge- 
halten. Er  muss  nun,  obgleich  diese  bei  der  oft  verdorbenen 
Beschaffenheit  des  Textes  noch  nicht  erscliiipft  ist,  auch 
einige  Blicke  auf  die  erklärende  thuu  ,  die  jener  unter- 
geordnet ist.  Es  ist  schon  oben  im  Allgemeinen  bemerkt, 
(lass  Rec.  in  einigen  Stellen  die  Erklärung  selbst  nicht 
billigen  kann,  in  andern  aber  nur  die  Beweisführung 
ungenügend  erachtet.  So  ist  S.  24  zu  ö  6e  ZQUTlog 
zijg  eQjiijveiag  /^le/^u/ujuifOi  dvtii^soiv  ziva  n'kaviovzc 
tO/y.ev  nur  über  die  Varianten  fie/Ul^iljfievog ,  fimoi'fU- 
V(>i,  jUfjU/y/u't^os  S.  98  gesprochen.  Welchen  Sinn  der 
Herausgeber  den  Worten  gibt,  kaim  man  aus  einer  vor- 
hergehenden Anmerkung  schliessen,  in  der  es  heisst : 
Versus  poetae  ,  quem  affert ,  vagum  hominom  imitatur. 
Soll  aber  nXavojv  vagus  honio  sein,  so  war  anzunehmen, 
dass  das  Activum  hier  ungewöhnlich  im  intransitiven  Sinne, 
oder  statt  des  Medium  stehe.  Zu  S.  38,  wo  der  Rlietor 
sagt,  ei>  TQtal  Se  zo  f^ieyaKonoenei;,  biavoia,  lei:ee , 
zi~>  avyy.etadai  irQogcfOQcijg,  bemerkt  der  Herausgeber 
S!  tOl:  „Td  avyy.eiadai  Ji^oitfÖQujg  sirc  rectum  usuni 
luminnm  orationis  tractat  iude  a  S.  59-"  Aber  dass 
unser  Rhetor  unter  jenen  AVorten  nicht  bloss  den  rich- 
tigen Gebrauch  der  Figuren  versteht,  lehrt  er  selbst  in 
der  angezogenen  Stelle,  indem  er  schreibt:  zudepX>]- 
/.lara  zijg  }j!;eujg   saxi  fxev  y.al  avzd  avt'9e<S£vjg  xi 


331 


332 


ti^OC.       Er   prkl.'lrt    n\io    dip   Fijjiiroii    mir   au(  Ii    fiir    oinpn 
Tlicil     iler     0l'l\^iaii ,     ilrroii     aiidi-ro    Tlii-ilo     vr    ((Icirli 
iiaili    «Irii    oben    aiijcfiilirlcii     'Worten    aiifzii/.'ililrii     aiige- 
fan-fpii    hat.       %>r^l.   auch    S.   41,    4.S   11".       ForiuT   S.    4',', 
wo   iliT   Herausgeber    «Ich    Sinn     des    ganzen     Paragraphen 
anheben    »IM,   ist  so    gesprochen,   als   handele   der   llhefor 
rom     heroischen      1'erse.         y\lier      da<s     ü     ))üißoi     nur 
den      heroischen      oder     sponteischen     Fiiss     unil     Rhyth- 
mus   bezeichnet ,     ergibt   sich   theils   aus   den    lorliergehen- 
dcn   und   folgenden   Manien   7iaiu)V   (so   ist,   nin   dieses   ge- 
legentlich  zu   bemerken,    durchgängig    in   diesem  Biichcl- 
cheu   geschrieben ,  obgleich   die   Grammatiker    den   metri- 
schen  Fnss   und   ilas    lyrische   Gedidit    uaiv)p    accentuirt 
Hissen    Müllen)  und   ialißoz,  theils  aus   dem   angeführten 
lieis|)iele,    ilas   nur    einen   Tetrameter   bildet.      Das   ^V^)rt 
Ovvi'/^lji   ist  zweimal  auf  eine  Weise  erklärt,   die  Rec.  nicht 
billijjen   kann.      Mämlich   S.  98   ist   iuterpungirt  Etvo(pü)l> 
dt  „ijf  fkitt^''   (ft;oiv    ,,o   C!ro«r/;yo,"   ti)v   tov   ikeksv 
ävaßoroiv,  ijv  dveßua  6  OT^aTijyoi  ovvexüii  naoa- 
Ttun-OUi  ovöuari  y   soll    owi^iüi  öviif^ari  heisseu  na- 
tnrap     subsfantivi     conrcnienter.        Aber     ueder     beileutet 
oi'veyiüz    so    viel  als  Jitioan  /^ljoiaj<; ,    noch    ist  hier  von 
der    Bildung    von     Wörtern    aus     Substantiven    die     Re<le. 
-Nach   der   gewöhnlichen     Interpunction    wird    öci'f/cTs    "•• 
(n-tfiim.  gezogen.       In    diesem    Falle   soll    zivar   der   Dativ 
i)VUU(/.ti    nach    unserem    Herausgeber    von    iNichls   abliAn- 
grn    können,   allein   Truod.Tlutfiv  uiuuuti  bedeutet  rfurcA 
lins   (geschaffene)     IVort    nachbilden.       Unter    üi'Ojia    ist 
das    Verliuni    i/.lf.iCflP    zu   verstehen,   da  unserem  Schrift- 
steller    ^  erba     so     gut     als     ^ioniina     ovo  nur  u     heisscn, 
z.   B.   S.  4'.l.      Ferner  S.    IU2   in  den  Worten   (fvkaxTBO- 
^ai  fiipTDi  y.i'cii  z(u'cr,i  ru   (ii<viyi<;   soll    ro  ijvv£-j(^i(; 
du»    in  Begriffen    und   Bildern    Verwandte    sein.      Damit 
dieses   niöglii'h    sei,   sieht   sich    der  Herausgeber   genöthigt, 
(fvKutlCOxtui    durch    bewahren    zu  erklären,     v»ic   er  zu 
•S.   82  thut.      Es   bedeutet  aber  sotvohl  sonst,  als  nament- 
lich   auch    bei     unserem    .Schriftsteller    (z.   B.   .S.   B< ,   y.j) 
sich  hüten.     Demnach   wird   cu  rtwey^i^  lijz  äkkliyurj/ag 
sein    das    Sprechen    in    lauter    Bildern.      Ferner    zu  den 
Worten  S.    104   no/J.ayuv   dt  y.ai  to   nt-äyiov  fisi^uv 
rot    eiihoz    ist    behauptet,    zu    Trhu'/iov   bezeichne   die 
casus    obliquoü.       Aber    Demefrius    setzt    ja    hinzu  :     oiov 
.,()  i5e   yi/OHU]    t;v    o'jz    et'z  rd^   ra'^'f/g  tu)i/   E/}.ijvv)v 
k'.mvTUjv    y.ai    diay.oipöpTuiv'-'' ,   dvci    tov  dicvouvuro 
ekdoai    y.ai  dia/.ülpat.     Also   nicht  in  den  casibus  obli- 
quls    liegt    das    7ckdyiOV    (uelclie     andere   hatte   auch   iler 
Schriftsteller    her    der     gebrauchten   AV'endung    setzen   sol- 
len), sondern    darin,  dass   er,  statt  gerade   herauszusagen 
»i'e  gedachten   einzubrechen,  die  Umschreibung  gebraucht : 
ihr   Vorhaben  war    wie  das    von   Leuten,    die    einbrechen 
wollten.      Ebenso    sind   S.    I<)8    nl.ayuJrr^Tii    nicht  casus 
obliijui ;   denn    iu   dem  angeführteu  Beispiele  des  Xeiiophon 

y.ai  (III  TiJtt'^oiiz  ly/.ove  nou ;,-!:). lovrHLC,  dnd  JiDpiai 
^'S  Kil-ivio.v  Tfi.iiutv  iyovTn  rdz,  Ao./.ibamoviinv  y.ai 
ui'TOV  Kvnov  entsteht  die  Undeutliclikeit  nicht  aus  dea 
casibus  obliqiiis  an  sich,  sondero  aus  der  Art,  wie  sie 
nnter  einander  verllochteu  sind,  also  aus  der  nicht 
schlichten  und  geraden,  sondern  in  einander  jrewundenen 
Kede.  Ganz  verfehlt  ferner  ist  der  Sinn  des  .Schlusses 
des   113.  Paragraphen.      Hier  hat  Dcmcirius  gesajjt,   wenn 


auch    Thucydide«   einmal     dichterische   Wörter     setze,     so 
gebrauche   er   sie    ganz   anders.      Er   erläutert  dieses  durch 
das  Helsplel   von    71  ;;o/()(>/'( o," ,    welches  sowohl  bei  Homer, 
als    bei    Tlin< ydides    als    Beiwort    einer    Insel     vorkomme. 
Aber,    fahrt   er   fort,   6    lull)   £711   TUU   f^W/idovq    (als   epi- 
theto'i   ornans)    iypjjoaru    TtTi  ne(>io(Jl'Tog ,    6   öi    Goi'- 
y.t'öidijz  ojiDvutiv  Tovg  S/y.eXiujcai  y.aKuv  o'iirai  ti- 
li ui ,    yijz    öi'rag   fuui;   y.ai  ti£qi^(jijioi'  ,    y.ai    tuitu 
nuvia    n'na/i' —  oitvtq   ireouv  Atyiiv    doxei,    Öiöri 
ot'y  löz  ngiJi  fityidoi,  dkkd  Ti(jui;  öuöio  av  ai'ioi^ 
iX()ijoatu.       Die    letzten    Worte    übersetzt   unser   Heraus- 
geber (S.  117):   weil  er  7iicht  in  der   .4bsicht,   das  G'/o.ss- 
artige   (des  Dichters)  nachzualiiuen,  sich   des  vom  Dichter 
Gesagten   bedient,   sondern  gemäss    der  cniti^enialen   Den- 
Jcangsweise ;    da     doili    aus    <len    vorhergehenden     Worten 
sonnenklar    ist,    dass   die   letzten    bedeuten:    zceil  er  nicht 
mit  Hinsicht    auf  die   Grösse  Siciliens    (als    vocabula  or- 
nantiaj,   sondern   mit  Hinsicht  auf  die  Eintracht   (als  Be- 
stimmungsgrund   zur    Eintracht)     sich    der    Wörter    des 
Dichters  bedient  hat.      Das  Wort  mi^i'J^l'To;    war  näm- 
lich loiziiglich  geeignet,  die  Sikolioten  au   einen   wichtigen 
Grun<l    der    Eieitraclit    zu    erinnern.       (Alan    vergl.   Bauer 
zu   der  Stelle   des   Thuc.   IV,   fi4).      Nicht    billigen    kann 
au<li   Rec.   die  Erklärung  der  Worte  S.    1(>9  y.ui   iy.   TU- 
nov  (diacfioDcoiv).    ivi^a   f^nv   yt'.Q  ytkutrog   zkjvat 
y.ai  yao/TMu,  iv  aq.Ti'Q(i)  y.ai  £v  y.vjiKDÖiatz'  Touyip- 
dia  dt  yuQitai;  fiiv   nagakaußavsi  tv  nokkuiz-    Was 
soll   nach     unserem    Herausgeber    hei.ssen :    denn    wiihrend 
in    der    Komödie    und    dem    Satyrspiel  —  da    ist    in   der 
Tragödie.       Aber    dem    stehen    die   Partikeln    fiLV   —   dt 
entgegen,  auch  möchte  statt  ti'da  eher  ÖTOV  oder  inti  ste- 
hen  müssen.      Vielmehr   also    wird   sich   iv9a  fltv   —    tSi 
entsprechen,     nie     oft     in     ähnlichen     Eintheilungeo     das 
zweite   Glip<l     etwas    umgeändert   wird;    sv^a,    hie,   wird 
erklärt  durch  die   Epexegese  £V  oari(j(/)   y.ai   SP   y.coiKO- 
Siii.       In    dem  Sätzchen  S.    20-'    ijycfiürjl    yug    rd   O/;- 
jida  (twv  ööv}v)ioiyEv   v    dt-   dotjfitiwzui;   y.ai  fio- 
voiidi'^t;,  y.dv  fu/.ud  ?;,   ddi]kog,  doy.Ci,    ist  es  wunder- 
bar,  dass  der  Herausgeber  S.    141   fragt:   ,,(}uid   adi]koi 
udui  est?"    AVas    sonst,    als  ei»    unbekannter   Weg,  auf 
dem   man   leicht  sich   verirren   kann,   wie   in   einer  langen 
Periode   ohne   Einschnitte    und    Ruliepunkte  ? 

An  andern  Stelleu  fehlen  die  Erläuterungen  ganz, 
wo  man  sie  ungern  vermisst.  So,  wenn  Deuietrius  S.  49 
schreibt  (ivujiaza  dt  zgnyia  zu  ze  y.tyoaytiiQ  dvzl 
TOV  ßuüjv,  y.o.l  zb  gi]yvvji£vuv  dvzl  zov  (ftgofisvov  ■ 
Uli  ndnip  i)  Qui'y.i'did}]^  ■)[^gi']zat,  scheint  er  zu  leh- 
ren, dass  Thucjdides  v.ty.gayoiz,  und  g/;yvifirt()V  ge- 
brauche; Hr.  G.  also  musste  als  Herausgeber  des  Thucjd. 
anmerken,  dass  dieses  keineswegs  der  Fall  sei.  Aehn- 
licho  Nachweisungen  fehlen  auch  sonst,  z.  B.  über  Of- 
ZOloiiriK'.  als  sich  auf  Demostlienes  beziehend  zu  S.  92, 
über  die  Homerischen  Wörter  ai.^£  und  kd:i  zovzig  zu 
S.  '14,  wo  wegen  des  letztern  wenigstens  auf  S.  220  zu 
verweisen  war.  An  einigen  andern  Stellen  wünschte 
Rec.  den  Sinn  entwickelt  zu  sehen,  z.  B.  in  den  für 
ihn  dunkclen  AVorten  des  9.3.  Paragraphen  cpukäzTSodai 
fiivroi  driKu   ziHivai  za  Snikd   övuj^iazzt. 

Druckfehler  finden  sich  ausser  den  auf  der  letzten 
Seite    angezeigten    noch    mehrere  nicht    bloss  in  den  Ac- 


333 

reuten,  Iiiicrpundions-  und  ähnliihi-n  Zeitben,  z.  B. 
S.  il  Tioia  statt  noiä  {^U  liidefiiiitiini),  S.  91  f)i)i)t- 
7ll<()ög,   S.    l.il    TloVTiiat,   S.    18   ÖqÜocU   (als   Infinilii), 

s lern   ancli    in   einzelnen    Buchstaben,    z.    B.  S.  84   nii.(}- 

C/.ooUl'jV     statt     1taQ£AT(i07lTjV,      in     den     AnnierkiiniJen 

statt  li83  n.  a.  In  der  guten  Latiiiit.'lt  liat  Rec.  nur  an 
einiijen  aucli  sonst  unserni  Herausgeber  gebrauthliibcu 
Füfnien  und  Beileutuiigen,  als  prubabilissinuis,  speci- 
niina,  eväoyeta  plus  involvit  S.  143,  Anstoss  genommen, 

Pp. 


Poseidon,  Herakles,  Hermes  auf  der  Thunfischwade 
in  einem  Vasengcmälde. 

In  einem  Aufsätze  dieser  Zeitschrift  (1838,  Nr.  3^ 
S.  319)  stellte  Otto  Jahn  die  Verniutbung  auf,  der  Ge- 
genstand jenes  scbnarzen,  in  James  Christie's  ')  Bncbe 
gut,  in  fllillin  G.  ni.  PI.  I2.j.  Nr.  46ß  nur  skizzenhaft 
abgebildeten  Vasengeniäldes,  welches  den  Poseidon,  He- 
rakles, Hermes  auf  einer  Thunfischwarte ')  durch  Fisch- 
fang sich  vergnügend  vorführt,  sei  aus  einem  Epichar- 
mischen  Stücke  entnoninieu.  Als  Grund  für  diese  An- 
nahme gibt  Julin  an,  das  Bild  habe  ihm  immer  den  Ein- 
druck  einer    Parodie    gemacht. 

Dieser  Eindruck  konnte  nur  entivedcr  top  der  Eigen- 
thümlichkeit  des  Gegenstandes  oder  von  der  Eigenthüm- 
lichkcit   der   Behandlung   herzuleiten   sein. 

Um  von  dieser  anzufangen,  möchte  ich  behaupten, 
das   Gemälde    mache    keinen    anderen  Eindruck ,    als    die 


t)  J.  Christie  Disqiiis  npnn  Ibc  pninteil  Greit  vnses.  I.oiul. 
1825.  4.  PI.  12.  |i.  82.  In  Sirilien  aiisorpriihen  und  in 
Tbi)in;is  Hope's  liisitze.  Cliiislic's  Auslegun;;  ist  iliircli- 
aiis  t.ihcli. 

2)  Als  aunoaxonni.  Arislot  bist.  au.  4,  10,  4.  —  &vyvor!xo- 
TXfloi  Sjnesii  tpist.  Rescbieibiing  einer  Tliunliscli\v.irle, 
Uppi.m.  "llulieut.  3,  1)33  —  640.  —  Der  gcwülinlich  einen 
bi<  zwei  Fuss  biiigc  Fisch  crbalt  zuweilen  eine  die  MiMi- 
schenlänse  iiberstcigcncle  Ausdehnung.  Er  fül.rt  jetzt 
den  N.imcn  Sconibir  thjnnirs  Linn.  Blocli's  Nnt.  d.  Fische. 
Tb.  2.  Rorl.  1783.  S.  95  -  10+.  T.il.  LV.  -  Es  gab  Tliiin- 
fiselic  bei  Mispanien  (Opp.  Ilal.  3.  624  cf.  Juan.  Bapt. 
Suarcz  de  Sal.izar  ,  Granibzas  y  antigucdailcs  de  la  isla 
y  ciiidad  de  Caliz.  cii  Ca.liz.  1610.  4  lü).  1.  C.  7.  p.  72 
—  82),  bei  Massilien  (Opp,  I.  1,  625),  SiciUen  (ib.  627. 
Ael.  nat.  an.  I  j  ,  6.  Alli.n.  Dripn.  I.  Tom.  I.  p.  15), 
im  Tyniieniscb.u  Meere  (Opp.  I.  I.  029),  bei  den  Athe- 
naiern  fArisl  Eqii.  3l2  sq.),  bd  Tjros  (Poll  On  6.  10, 
63.  p.  602),  bei  njzaiitiiin  und  anilircn  spater  geli'geut- 
licli  orwabiiten  Orten,  also  im  ganz(n  n)lllcll^ll<ll^tllcn 
Meere,  sowie  im  Ponlos.  (Ael  nat.  an.  9,  42  15.5.  Tbiloslr. 
.'cn.  im.  1,  13.)  Aus  dem  schwarzen  Meere  konuncn  die 
Tlninfiscbc  im  Frübjahre  in  das  niillelbandisclie.  Ueber 
den  Fang  s.  Aristot.  1.  I.  Ca, uns  Notes  T.  II,  p.  793. 
IIoucl.  Yiiy.  pilt.  d.  Sicile.  T.  I.  A  Par.  17S2.  Fol.  PI  28. 
p.  44  sfj. ,  woraus  die  Schrift  The  compb-le  Angler.  I!y 
Sir  John  Ilawkins.  London  1792.  8  vervollständigt  wer- 
den kann.  In  Slcilii-n  pflegt  man  den  Tonnaros  anzu- 
wenden, der  mit  grossen  Kosten  aus  starkin  Netzen  rr- 
^richlet  wircb  ßcacbtungswcrtli  sind  Pliiloslratos  Worte: 
läiat  fiiv  out',  yMÜh  S.ii  lO.lnxoriui ,  /ivai'dt.  (In  der  Rc- 
schreibung  des  Tluiiifiscli..-r  cnllialttnden   Gonuildcs). 


334 

3Ii'lirzahl  der  übrigen,  die  in  der.sclbcn  Zeit  entstanden 
und  also  in  demselben  St^le  ausgefiihrt  sind.  Das  JSelt- 
sanie  rührt  nur  von  der  Vergleichung  mit  den  in  grös- 
serer Zahl  erhaltenen  Erzeugnissen  der  sp.'itcrcn  vollen- 
deten Kunst  her.  Betrachten  wir  z.  B..  die  in  Philipp's 
des  Guten  Zeit  entstandeneu  Gemälde,  so  erscheint  Co- 
stüm  und  Anderes  seltsam,  weil  wir  unwillkürlich  ihre 
Figuren  mit  den  modischen  der  neuesten  Zeit  zusam- 
menhalten. Dem  Hofe  Philipp's  des  Guten  hingegen, 
der  das  Modische  unserer  Zeit  noch  nicht  gesehen  hatte, 
kann  Alles  nur  ernst  und  natürlich,  kurz,  frei  von  irgend 
einer  Beimischung  iles  Lächerlichen   erschienen  sein. 

Erregte  aber  das  griechi.scho  Vasengemälde  jenen 
Eindruck  durch  die  Eigenthüinlichkeit  des  Gegenstandes, 
so  ist  auch  hier  Vorsicht  nöthig,  bevor  man  dasjenige, 
was  ernst  genommen  ist,  in  ein  entgegengesetztes  Gebiet 
hinüberzieht.  Die  Mehrzahl  der  Stellen  alter  Schrilt- 
steller,  worin  von  Statuen  der  Götter  gehandelt  wird, 
betrifft  Statuen  der  Tempel  oder  ihrer  Umgebung. 
Einen  solchen  Charakter  hat  mehr  oder  minder  auch  dio 
grosse  Zahl  der  erhaltenen  Statuen  des  Poseidon,  Hera- 
kles, Hermes.  Keineswegs  zeigen  sie  diese  Gölter  in 
derjenigen  A^^rrichtung,  welche  sie  anf  dem  Gestade  des 
A  asengeiiiiildes    unternommen    haben. 

Gelingt  es  mir,  darzufhiin,  dass  auch  die  üiigewöhn- 
lichkeit  des  Sujets  nur  scheinbar  sei,  so  wird  das  (ie- 
ni.'ilde  aulhören,  fortan  den  Eindruck  einer  Parodie  her- 
vorzubringen. 

In  Poseidon,  der  mit  der  Rechten  den  Dreizack, 
mit  der  Linken  einen  gefangenen  Fisch  hält,  dürfte  Jahn 
selbst  nicht  das  geringste  Ungewöhnliche  nachweisen  kön- 
nen. Bildsäulen  dieser  Art  konnten  an  denjenigen  Orten 
nicht  fehlen,  an  welchen  die  Fischer  ■*)  das  Ovvvuiou 
benannte   Opfer   darbrachten.    ^) 

Hinsichtlich  des  auf  dem  ai'OC'.y!;  ')  sitzenden  Hermes, 
über  welchen  Oppian  '')  eine  sehr  beachtungswerthe  Stelle 
darbietet,  führe  ich  folgende  Münze  von  Car/eia  in  Bä- 
tica  vor,  deren  ii  h  schon  in  meiner  Abhandlung  über 
die  Münzen  von  Hispanien,  Gallien  und  Germanien  ') 
gedachte : 

C.4R,TEI\.      Caput  innliebre  turritum,  ad   d. 

DD.  fliercurius  nudus,  pctaso  tectus,  in  rupe  sini- 
strorsus  sedens,  hämo  piscatur.  In  imo  cophinns.  *)  Aen. 
4V4.      Mus.    Güthan.  «) 


335 


336 


C.4RTEIA.     Caput    mulicbrc  <iirrl<nm;    ponc  fridcns. 
L.  3IIMVS 

lIiniR.   3Ierrurius 

P.  viBns 

in  littore  siiii§lrorsus  sedens  pisccm  hämo  capiuni  virga 
attrahit.      Acii.  ö-   '") 

IMüiizpn  von  Car(pia  ,  in  «leren  Nähe  der  BcTg  Kalpe 
la»,  cnlliahni  den  an<jeln(leii  Merkur,  weil  iii  der  Uoi- 
gegeiKl  eine  den  Heivoluiern  der  S<adt  nertlie  Bildsäule 
dieser  Art  sirii  befand.  Auf  Hlerkur  deutet  anrh  der 
<jelliij;elte  Caduceus  auf  Münzen  der  Hunter'schen  Samm- 
lung und   zu   Paris.    ") 

^lorLui'irdig'  ist  ferner,  dass  die  Münzen  von  Cartcia 
nicht  minder  Andeutungen  des  Kultus  der  beiden  anderen 
Gfjtter  mit  Ausscliluss    aller    noch   übrigen   enthalten. 

Neptuns  schöne,  mit  der  Reehten  den  gefangenen 
Fisrli  haltende  Hildsfiule  ist  auf  z»ei  £jrzmünzen  des 
fiotli.  Kab.  abgebildet.  '-)  Es  gibt  ferner  31ünzen,  die 
nur   den   Ivopl   dieser  Bildsfiule   zeigen.    ") 

Andere  Münzen  der  Stadt  enthalten  den  Kopf  des 
»inbiirtigen   Herkules  oder  nur  die  Keule.   '*) 

Den  Reit  lithuui  Carteia'ü  an  Thunfischen  hat  Strabon") 
hinlänglii  h   hervorgehoben. 

Einer  Hermesbilclsäule,  die  auf  einem  für  den  Fisch- 
fang günstigen  fjestade  errielitet  war,  weihet  ein  Fischer 
in  einem  Epigramme  sein  Geräthe.  ■^)  Dasselbe  thut 
der  Fisclier  Peison  in  dem  von  Philippos  aus  Thessalo- 
iiike  verfertigten  Epigramme  ")  und  in  dem  ähnlichen 
des  Tarentiner  Leonidas  dürfte  unter  «l'ßXropi ,  welchem 
der  Fischer  Diopiiantos  sein  Gerathe  weihet,  nur  Her- 
mes  zu  verstehen   sein.    '^) 

Nachdem  so  der  angelnde  Hermes  als  ein  im  Alter- 
thume  keineswegs  auffallendes  und  lächerliches,  sondern 
gewühnliclies  Sujet  sich  ergeben  hat,  bliebe  noch  Hera- 
kles übrig. 

Sollte  nicht  die  Carteia  benachbarte  und  oft  von  den 
Schriftstellern  wegen  ihres  Thunlischfanges  erwähnte 
Stadt  Gades  eine  Bildsäule  des  angelnden  Herakles  be- 
sessen haben,  da  ihre  in  nicht  geringer  Menge  erhalte- 
nen 31üuzen,  denen  wiederum  die  vonScxti''^)  entsprechen, 

Tab.  XV.  nr.  2.  p.  205.  M.  Hunt.  p.  82.  nr.  .3.  Mionn. 
I.  9.  nr.  54.  Auch  unter  den  Pasten.  —  Vcrgl.  Hülsten. 
not.  in  Stepli.  p.   160. 

10)  Flore?.   I.  Tab.   XV.   nr.  .S.    Seit.   Dcscr.  d.  med.  Isp.  p.  41. 
nr.  4.  M.  S.  I.  19.  nr.  101. 

11)  .M.   I.  9.  nr.  55.     Auch   unter  den  Pasten. 

12)  Vcirl.  Flor.  I.  Tab.  .\V.  nr.  1.  p.  2W  sq. 

13)  M.  I.  9.  nr.  59. 

14)  Tiniostli.   ap.    Sirab.   3.  p.   I40.     Florcz  Espanna  iagnda. 
Tomo  1\'.  cn   Madrid.   1752.  4.  p.  30. 

13)  Strab.  3.  p.   14j.  Gas. 

16)  Brunck  .\nal.  T.  lli.  p.   176.  nr.  128. 

17)  Ib.  T.  II.  p.  218.  nr.  22.  v.  7. 
1%)  Ib.  T.  1.  p.  220.  nr.  25. 

19)  Geseniuä,  Scriplurac  Pliocniciao  mouiiin.  P.  I.  Lipi.  1837. 
4.  p.  308.     P.  III.  Tab,  40. 


vornen  den  Kopf  des  jugendlichen  Herakles,  hinten  einen 
oder   zwei   Fische   führen?  ^") 

Micht  minder  dürfte  dieses  von  Kossai  sich  rermathcn 
lassen,  laut  folgender  Sfrabonischeu  Stelle:  ßleiu  Öt 
Ilonküjviui'  Küoaui  noki^  f^ir/.^tuv  inlg  rtji;  dakdr- 
Tijq'  eori  5'  ev  yokuo)  ßovvu(;  iipijköi,  icp  ov  ro 
Y.Ttaua'  VTioxeiTtti  ö'  'Jl^ay.keov^  kiiÄi]v  v.ai  Tikijaiov 
Xiuvo9ak(iTTa,  x(ti  Tictfid  riiv  äy.^av  riiv  vTteo  rov 
xöknov  dvvvoay.onniov.  '*') 

Ebenso  werden  die  Korkyraier,  für  welche  der  Aigi- 
nete  Theopropos  ungefähr  in  derselben  Zeit,  in  welcher 
das  ^^asengemülde  entstand,  arbeitete,  das  ergiebige  Ge- 
stade ihrer  Heimath  nicht  ungeschmückt  und  ungeehri 
gelassen  haben,  da  sie  sogar  den  fernen  Heiligthümern 
zu  Olympia  und  zu  Delphi  Beweise  ihrer  Dankbarkeit 
gaben.  '") 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

A  I  tertb  ii  nier.  Der  beriibmte  Altcrllmnisforscber  Nie. 
V.  Jenkovicb  bat  im  vorigen  Sommer  in  Croatien  eine  wich- 
tige Entdeckung  gemacht.  Man  fand  niinillch,  bei  der  ErölT- 
nung  mehrerer  steinernen' Särge  von  ftlmischcn  Kriegern  Theilc 
eines  Kästchens  von  Cedernliulz,  dessen  Ausscnscite  erb.ibene« 
Schnilzwerk  zierte,  welches  von  grünem  Roste  bedeckt  war. 
Auf  der  einen  Seite,  gerade  unter  dem  Schlosse,  sitzt  die  ge- 
panzerte Hnnia  ,  in  der  Rechten  eine  Lanze  und  in  der  Linken 
einen  Schild  haltend;  rechts  iiberreichl  Ihr  ein  Geninspaar  einen 
Siegeskr.iriz ,  über  dem  rechten  liest  man  die  Anfsclirilt  ,,Con- 
stantiiiopolis",  id)er  dem  zweiten  ,,Carthago",  links  sieht  man 
wieder  ein  Geniuspaar  mit  der  Ueberschrift  ,,Niconicdia"  und 
,,S1SC1A".  Der  obere  Raum  ist  in  drei  Felder  aljgethcilt:  in 
dem  ersten  sieht  man  die  Lieliesgütlin  In  reizender  Lage,  zwei 
Cnpido  naiiern  sich  Ihr;  in  dem  minieren  Räume  wurden  die 
Tbeile  einer  stehenden  und  liegenden  Gestalt  durch  den  Ort 
des  Schlosses  sehr  beschädigt;  die  Abbildung  in  dem  letzteren 
ist  jedoch  ganz  unkenntlich.  Auf  einer  anderen,  zienillch  un- 
versebiten  Seile  sind  die  Synibole  des  Weingotles  en  rellcf 
dargestellt,  nämlich  Trauben  und  Traul>inl)latler,  dann  Löwen 
und  Leoparden,  welche  andere,  zahme  Thierc  zeiflrisclien  ,  der 
Kampf  mit  den  Centauren  und  mit  einem  halb  n.cnscbliclicn  und 
li-ilh  vierfiissigen  Tbierc.  Ohne  Zweifel  war  SIscia  [Sjscia,  bei 
Slralxi)  das  heutige  Sissek,  eine  der  grösstcn  Städte  des  romi- 
scbcii  Reiches,  welche,  allein  Ihres  Handels,  der  Industrie, 
Bcvöllscrun^'  und  Tapferkeit  wegen  ,  mit  den  vorziiglichslcn  Städ- 
ten der  damabgen  Welt,  Konstantinopel,  Karthago,  Nikomedia, 
in  die  Reihe   neben   Rom  gestellt  weiden  konnte. 

20}  Vcrgl.  die  gelehrte  und  seltene  Schrift  von  J.  B.  Snarcz 
de  Salazar,  deren  Titel  Ich  schon  oben  mlllbeille,  und 
bluslcblllch  der  zu  Gotha  vorhandenen  Exemplare  meine 
Abb.  über  die  Münzen   von  Illspanlen. 

21)  Strab.  5.  T.  11.  p.  139.  Tzsch.  Hinsichtlich  Populonia 
s.  die  bald  nachher  stehende  Anmerkung. 

22)  Paus.  10,  0,  2.  Die  Münzen  enllialten  ausser  dem  Kopfe 
lind  der  Bildsäule  des  stehenden  Poseidon  auch  den  Kopf 
des  jugendlichen  Herakles  —  Ovyinaxnntlnt  auf  dem  Vor- 
gebirge bei  Populonia.  Sirab.  5.  T.  Ii.  p.  133  «ij.  Tzsch. 
Die  Münzen  der  Stadt  enthalten  ilen  Dreizack  des  Posei- 
don, den  Kopf  des  jiigeiidbchrri  IL  rakics  und  desselben 
Kcirle,  Bogen  und  Pfeile,  den  Kopf  des  Hermes  und  zwei 
Kerykelen.  —  &uy>oaxonüoy  auf  dem  Vorgebirge  dcsAni- 
moü.    Strab.   17.  p.  834.  Gas. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  tertli  ums  Wissenschaft. 


Mittwoch  j   10.  yfpril 


18  39. 


Nr.  43. 


Poseidon,  Herakles,  Hermes  auf  (Rm-  Thuiirisdwvaric 

in  einem  Vasengemaldc. 

(Bescliliiss.) 

Je  üliliclier  nun  der  Tlinnfisclifang  in  ilon  vprsclilc- 
«Icnstcn  Gegcmleii  des  ausgcdclinteii  niKtellaiuliscIien  Mee- 
res war,  bis  zur  Stadt  iiyzantion  hin,  deren  Blüiizeu 
Itckaniitlich  ebenfalls  mannichfaltige  Andeutungen  darbie- 
ten,^^) desto  zalilreicber  «erden  auch  die  Gestade  ge- 
wesen sein,  wcltlie  die  kunstliebcnden  ^'ölkcr  des  Alter- 
thuins  uiit  Bildsaulen  nach  Art  der  Figuren  des  ^^-jsen- 
gcmaldes  belebt  und   verschönert   hatten. 

Ist  es  mir  gelungen,  darzuthiln,  dass  die  drei  Figuren 
jenes  alten  Gemäldes  nicht  in  das  («ebict  der  Parodie 
hinübergezogen  werden  dürfen,  so  habe  ich  weder  den 
übrigen  Thei!  der  Abhandlung  Jalin's  irgendwie  angreifen, 
noch  seine  Nützlichkeit  für  noch  zu  erklärende  Vasen- 
geuiäldc  Itiugncii  wollen.  Den  Komikern  (le'r  späteren 
Zeit,  deiche  die  Gottheiten  an  Gastgelagen  schnianssen 
liesscn,  nm  sie  dem  Gelächter  preiszugeben,  werden 
die  Künstler  in  der  Wahl  entsprechender  Sujets  nnd  in 
Behandlung  der  diesen  noch  vorangehenden  Acte  auf  dem 
Fusse  nachgefolgt  sein.  '■")  Immer  aber  werden  solche 
Gemälde  mehr  den  späteren  Zeiten  angehören,  als  der 
früheren,  in  welcher  das  oben  behandelte  Vascngemälde 
entstand.  Sollte  Jahn  selbst  solche  Vasengemälde  der 
späteren  Zeit  unter  den  noch  nicht  cdirten  uns  nach- 
weisen, so  werden  wir  diese  Fortsetzung  seines  Aufsatzes 
mit  grossem  Danke  aufnehmen.  Lässt  aber  durchaus 
kein  Beispiel  einer  in  das  Gebiet  des  Lächerlichen  ge- 
zogenen Darstellung  angelnder  Götter  unter  den  Kunst- 
werken der  späteren  Zeit  sich  auffinden,  so  dürfte  dieses 
davon  herrühren,  dass  die  parodischen  Darstellungen  schon 
im  Alterthum  weniger  zahlreich,  als-  die  nicht  parodischen 
waren. 

Weil  aber  die  Bildsäule  des  angelnden  Hermes  auf 
dem  Gestade  zu  Carteia  selbst  der  späteren  Zeit  der 
Kunst  angehört,  dürfte  manche  in  dieser  entstandene  und 
auf  unsere  Zeit  gekommene  Bildsäule  des  auf  Felsen 
sitzenden    Hermes     im    Alterthume    die    Angel     gehalten 


J3)  Vcigl.  meine  Abhandlung  über  die  Thiakischen  Münzen 
in  Numismalisclic  Zeitung.     Wciscnsce   1838. 

24)  Die  den  Fischern  günstigen  Güllci-  zu  nennen,  wird  es 
2.  B.  in  den  'Ahtl^  des  Menamlios  nicht  an  Gelegenheit 
^efchU  liaben. 


haben,  mithin  das  Kerykeion ,  welches  man  jetzt  in  ihren 
Händen  sieht,  nur  von  den  Ergänzern  herrühren,  deren 
Kenntnisse  selten  über  das  Gewöhnlichste  hinaus  sich  zu 
erstrecken  pflegen. 

Um  wenigstens  ein  Beispiel  zu  geben ,  wie  ich  Bild- 
säulen dieser  Art  ungefähr  mir  gestaltet  denke,  verweise 
ich  auf  die  am  3.  August  1758  z«  Portici  gefundene, 
die  durch  »icHältigc   Herausgabe  höchst  bekannt  ist.  ") 

Also  abermals  ein  Beispiel,  wie  sehr  die  Griechen 
ihre  Gottheiten  harmlos  und  ungezwungen  in  irgend  einer 
keineswegs  mit  Beschwerlichkeiten  verknüpften,  sondern 
leichten  Verrichtung  begrillen  darzustellen  pflegten.  Möge 
ein  neuerer  Künstler  den  skizzenhaft  auf  der  IMünze  von 
Carteia  angedeuteten  Gegenstand,  wetteifernd  mit  dem 
zu  Portici  gefundenen  Kunstwerke,  durch  eine  Bildsaule 
von  klassischer  Wohlgestalt   uns   deutlicher  machen. 

Georg  lialligeier. 


Beiträge  zm-  römischen  Literaturgescliiclite. 

Nachtrag  zu  Nr.  IV. 

In  dem  Artikel  Santra  ist  mir  bei  der  Aufzählung  der 
literarhistorischen  Fragmente  eins,  das  ich  in  den  vor- 
aufgeschickten Zeilen  selbst  erwähnt  hatte,  dennoch  ent- 
schlüpft. Es  ist  diess  die  interessante  Stelle  bei  Quin- 
tilian  XII,  10,  worin  von  dem  Unterschiede  der  asiani- 
srhen  und  attischen  Redner  gesprochen  wird  :  „Et  anticjua 
qnidcm  illa  divisio  inter  Asianos  atqne  Atticos  fuit ,  cum 
hi  prcssi  et  integri  ,  contra  intlati  illi  et  inanes  habe- 
rentur:  et  in  bis  nihil  superflueret,  Ulis  iudicium  raaximc 
et  modus  deesset.  Qiiod  quid a in  ,  quoitcm  et. Santra  est, 
hoc  pulant  accidisse,  quod  paullalim  sermonc  Graeco  in 
proximas  Asiae  civitaten  inßuente  nondum  satis  periti 
loquendi  facundiam  concupierint ,  ideor/ue  ea,  quae  pro- 
prie  signari  poterant ,  circuitu  coeperint  enuntiare ,  ac 
deinde  in  eo  perseveraverint."  Auch  aus  dieser  rhetori- 
schen Erörterung  wird  der  antiquarische  Charakter  des 
AVerkes"  sichtbar;    zugleich    ist  es  bemerkenswerth ,    dass 


25)  Delle  anlicl.iti  di  Ercol.  T.  VI.  Tay.  29-.^2  p  13- 
121  Antiqu.  d'  Hercd.  T.  V.  a  Par.  1805.  PI.  MV.  \\  . 
Real  Mus.  ßorbon.  Vol.  III.  Tav.  XLI.  .\LII.  Die  Hcr- 
ausseLer  glaubten  alle  zusammen,  das  Stück  eines  Slabcs, 
welches  man  noch  in  der  rechten  Hand  der  ehernen, 
beinahe  lebensgrossen  Statue  siebt,  sei  das  Rcrjkcicn 
gewesen. 


339 


3+0 


es  nirlif  allein  röiiil-irlio  I^ltcrafiiri  crliäKinssc ,  soiiilciii 
aiiili  jrriocliisilie  beriilird' ;  jeilcuh  «ar  ilicss  «ulil  mir 
lipi  läufig. 

Allein    ausser    «lieser   Melle    eines    sii    nahe     lel  eiiileii 
Classikers     ist    mir    iinterilesseii    nnrli    eine    zweite    in    ilie 
Hand    jjef.illen,    die    jene     v<mi    mir   angenommene   Zei*l)e- 
ütinininn^   trellliili    Lesl.lti;;),   ii.'imlicli    beim    h.  Ilieruuvmiis 
prolnj'.    in   libriim   ile   scriptiiribns   orclesiast.    init. :     ,,I?or- 
taris    Dextrr,     ut    Tranijnlllnni   sequens   ecelesiasficus   seri- 
ptores    in    ordinem   dij;er.iu> ,    et    <jn(id    illc    in   enninerandis 
{^entilium   lilferariini    liris   feeit   illn.-tribns ,     e«;n    in    noslris 
fariam   —   —   —   Fecerunf  quidem  hoc   idcm  apnd   Grae- 
roä   Hermippus  peripatcticns ,   Antijjoniis  Caristins,  Satvriis 
«lortus   rir,   e(   I<in<,'c   omninni   doetissimns  Arisfoxenu.s   mn- 
siru--.        Apnd     Latinos     autem     A'arro,     Sftiitiri  ,     Nrpos, 
Hvginlis   et,   ad   cniiis   nos   exeniplum   provoeas,    Tranquil- 
liis.      Sed   nun  uica   est   illuriini   similis  conditio:   illi  enim 
liistorias   leteres  anualesqiie   replicaiites  podicrunt  qnasi  de 
)ng;pnti    prato     iion    parvani   optiscnli    siii    rorouam    texere." 
Diese    Stelle,     die    aiirh     in     niam  her    andern    Beziehung 
«irhti^T   ist,    zeigt   durch   die    Stellung   des  Santra  zu  isclien 
^  arr»    und    Xepos,    die     ollVnbar    clirouologiscli    ist,     dass 
er   der    cireronisriien    Zeit    angehört.       Alan    könnte    aber 
■inrh   noch   einen   andern  Schluss  daraus   ziehen.    Da  ii,'im- 
lich    Varro    ein    AVerk   de   poetis    ((iell.    I,   24),   INcpos   de 
liris    inln^trüius ,    Julius    Hvgilios    als    Vorsteher   der   pala- 
tinisrhen    iliblinthck     ohne   Ziieifi-!     ein    ithiiliches    A>'erk, 
)>uefoiiius   de    illiistribns   grauimalicis  geschrielien :   so   liegt 
die   ^'ermuthung  nicht   »eit,    dass    auch    Sautra    ein    rein 
literarhistorisches  AVerk    verfasst.       Kineo    sicheren    Aus- 
spruch  ivagc   ich   niclit  darüber   zu  thun. 

V.    Aurelius   Ojjillius. 

Ungpfahr  gleichzeitig  mit  Santra  muss  Aurelius  Opil- 
lius  gelebt  liabrn:  deiiu  er  «ird  schon  lou  Varrö  cifirt. 
Er  «ar,  » ie  uns  Suctoii  de  iiil.  graui.  6-  berichtet.  Frei- 
gelassener eines  (gleichn.-imigen)  Körners,  welcher  der 
•■pikureischeu  Pliiloso|>hie  zugethan  war.  AVahrsc  lieiiilich 
Mar  auch  unser  (iraminatiker  ursprnii;{lich  Anhänger  iler-- 
Silben  .Sekte;  allein  er  dürfte  leicht  zu  einer  andern 
Schule  übergegangen  sein,  indem  er  zuerst  J'hilosophic, 
hernach  Rhetorik,  zuletzt  (iratnmatik  vortrug,  welche 
i'eideri  letzten  Fieber  iienigstens  nicht  im  (leisle  und  der 
liichtung  epikureischer  Lehre  lagen.  In  der  Zeit  der 
in.-iri.inischen  L'nruhen  lerliess  er  Rom,  um  dein  lertrie- 
iienen  .Senator  P.  Rutilius  Rufus,  dessen  edle  und  gross- 
Lerzige  "\\'iirdc  alle  alle  .Schriftsteller  (Ovid.  Pont.  I, 
■),  ti.'^.  Sener.  de  benef.  VI,  3/.j  preisen,  in's  Exil  zu 
fdlgen.  In  Snivrna,  wo  er  ein  hohes  Aller  erreichte, 
arbeitete  er  mehrere  Werke  aus.  Hierion  ist  zuerst  eins 
liekaunl  iinter  dem  >anieu  i>lV,SAK,  welches  aus  neun 
I'iirhrrn  liPstan<l.  ^  ergl.  .Suetoii  :  .,Couiposuitque  lariae 
irudil^unis  aliquot  Volumina,  ex  quibus  noveui  uiiins  cor- 
poris, qui  quia  scriplores  ar.  poetas  sub  clieiitela  Alusa- 
ritm  iudicaret,  nun  alr-orde  et  »cripsissc  et  feiisse  se  ait 
ex  liirmero  divarun,  et  appellalione."  ^'ergl.  (ii'll.  I,  V'j. 
Einen  grossen  Tlieil  difsi-r  3]useu  scheinen  etvmologisi  he 
lirörlcrungen  gebildet  i,u  haben.  Dilrleniiir  nach  ileu 
.»rhallpiifn  Fragmenten  urthejleii,  su  erkannte  er  nit  ht 
1»  M;Ur ,    wie   Santra,    gricthis«  b.c   Wurzeln    au,    suuderu 


leitete  nielir  aus  einheimlsrhen  ab.  Auffillend  ist  an 
den  Dnichslücken  ,  dass  sie  sich  ineist  auf  etwas  IMedici- 
nisclies  oder  Laiidwirthschaftliches  beziehen.  Schon  die- 
ser In.sland  beueist,  dass  man  bei  l'lin.  \.  U.  X.WII,  7. 
unter  dem  daselbst  genannten  Opllins  ki-incu  zweiten 
Si  hriflslc'ller  dieses  INamens,  »ie  Forcellini  lex.  thut  , 
anzunehmen    berechtigt   ist. 

Ein    ziieiles   Werk    bilden    seine   I/i/lices  Plauti,     wie 
sie    bei     Gellins     IIJ,    '.].    heisseu.        Allein    ohne    Zueifel 
waren    in    (leinsell.eu    noch   andere  .Schriflslcller  als  Plautus 
behandelt,     olis(lion     freilich     A'erzeiclinisse    plautinischer 
Stücke    in    der  Masse,    wie   man   sie  damals  annahm,   schon 
iuinierhin   den    Umfang   einer   müssigen    Rolle    bilden  konn- 
ten,     lih   ,veriiiuthe,     dass     das    bei     Gellins    angedeutete 
Werk     einen     andern   Titel,    und     zuar     UlISAE    führte. 
A  ergl.   Siiclon  :     ,,IIuius    rognomen   in   plerisque  iudicibus 
et  tifulls  per   niiani   litteram  srripluni  aniniadverto:  verum 
ipse    id    per   duas   effert   in   parastichide    libelli,    qui    inscri- 
bitiir   I'inux."      Nun    kenneu    wir    aber  schon  die   literar- 
historischen    Uivc'.y.cg    der     alexanilrinischeu     Gelehrten; 
wir    wissen,    dass,  sie     nicht    allein    Titel,    sondern    auch 
Urtheile    über    ilie   Rangordnung    der  Dichter    enthielten. 
Als   einen   ähnlichen    Versuch   anf  dem    Gebiete   der   römi- 
srlien    Lileratur  seile  irh   den   Pinax  des   Opillius  an    nnil 
verntuthe,    dass   er  in   Versen   geschrieben   war.      .So   führt 
Gellius   aus    einem     ganz    .'ihnlichen    Werke   des   Sedigltus 
(de   poetis.   Gell.   XV,  '2-i-)   eine   ganze   Reihe  v<iu  fersen 
an,   worin   der   Verfasser  sein   Urtheil   über  den  Rang  der 
Hauptkouiiker  abgibt.    Auch  ans  dem  Werke   eines  Gram- 
matikers   Servius    — ■   der    »vohl    mit    Sennis    Clodius    bei 
Suetoii  ,    riaudius    bei   G'ellius   für   identisch   zu   halten   ist 
—   führt   {jellius  XA'II,    21.    zwei    Verse   an.     Suefon  aber 
erwähnt  aus  dem   Pinax  des   Aurelius   Opillius   eine  Para- 
stichis.       IlaoaaT/yig    ist    mit    öxooaT/xU   gleichbedeu- 
tend   und    bezeichnet   eine   poetische   Spielerei,    i  ermittelst    ' 
welcher    man    durch   die   Anfangsbuchstaben  inrlirerer   auf- 
einanilerfolgendcr    A'erse    einen    kurzen    Gedanken,      oder 
vielmehr   seinen   Xameii    und    seine   Autorschaft   gleichsam 
inschrifrlii  h   aussprach.       Solcher  Parastichidia   hatte  vor- 
züglich   der   Philosoph  Epicharmos   gemachl.     Vgl.  Diogen. 
Laert.  VIII.  §.78:  IlarjaOT/X/Siu   co^i  jtks'aTOig  Tuiv 
vTiouvi  uuTü}v  nfno'tijy.cv ,   oi;  öiaaacftt,  (in  ninoD 
eori   T(\   liiiyyoäfiuaTa.    Ebenso  waren  auch  sibyllinische 
S|)rüclie   geschrieben.      Ein    solches   Parastichidion    ist   uns 
aiirli   noch   von  Enuius    aufbewahrt    bei   Cic.   de   ilivin.   II, 
54.  §.  I  I  I  ,   wo   er   von   den  Sibvllinen  spricht:  „Non  esse 
antem  illud   Carmen   furentis,    quuiu    ipsuni'  poenia    deda- 

rat, tum   vero   ca ,  qnae   äy.oooclyi;  di<ilur,   qiiuin 

deincejis  ex  primis  versiium  litteris  aliqnid  coiineditur , 
ut  in  qnibusdam  Euniauis  Q.  E>'MVS  FECIT. "  Eine 
ähnliche  Parastirhis  hatte  auch  Aurelius  (ipillius  in  sei- 
nen Pinax  verwebt,  und  aus  diesem  Umstände,  verbunden 
mit  jener  Analogie  der  .indem  poetischen  Verzeichnisse 
romischer  Grammaliker,  mochte  ii  h  schlicssen,  dass  auch 
dieses    ^^  crk    iu   A'erseu   abgefasst    war. 

VI.    /  alerius    Cato 
war,   «ie   Einige   (bei   Sneton.   1 1.)  herichlelen ,  Freigelas- 
sener  eines   gewiss.-n    Diirsenus   aus  Gallien,    »ie    er   selbst 
iu  eiucui  lNÜIG>ATtO   übcrschriebcueu  Werke   behaup- 


3H 


342 


<p<o  ,  frpiffrLorpner  riimisciKT  Bi'irgor,  uml  als  Piiplll  zur 
Zeit  rlcr  siillaiiisrliPii  l'iirulieu  seiner  vätcrliclicii  Eil>- 
«cliaft  l)eraiilit  Horden:  „Ipse  —  —  iiigennnni  se  iiafnin 
alt,  et  pniiilhini  rrliriltini  eoqnc  faiiliiis  licentia  Siillani 
teniporis  cxufnni  patrinioniu."  Ich  fiilirc  die  \V^orte  Sne- 
(«Mi's  alisididii'h  iKirtlicIi  an,  nm  zu  zeigen,  wie  sie  gar 
iiiilit  der  geHohnlicIien  Annahme  entsprechen,  «eiche 
<larin  liegt,  unser  C'ato  sei  damals  seines  Landgutes  he- 
ranlit  worden.  M'ir  »lisseu  gar  nicht,  ob  dieses  ^'er- 
miigcn  in  Landgütern  oder  nur  in  stiidtischeu  Besitzun- 
gen, baarem  Gelile  und  allehfalls  Kunstuerken  bestand. 
Er  legte  sich  auf  die  damals  schon  in  Uoni  äusserst  be- 
lielrfen  grammatischen  Studien,  und  als  praktischer  Leh- 
rer erlangte  er  einen  so  bedeutenden  Ruf,  ilass  liele 
angesehene  Kömer  seine  'i'^ortr.'ige  besuchten.  Besonderes 
(jilück  machte  er  in  den  An»eisuiigeu  zur  Poetik,  so 
«lass  auf  ihn  ein  Epigramm  im  (iinge  war,  welches  den 
Reiz  seines  Vortrags  und  das  Fruchtbare  seiner  Anleitung 
mit  harmloser   Laune   berührte: 

Cato  gramniaticus ,  Latina  Siren 
Qui  solus  legit  ac  facit  poetas. 
Sei  es  aber,  dass  er  Bezahlung  für  seine  Vortrage 
anzunetimen  \ers(  limalite,  sei  es,  dass  er,  wie  so  nian- 
rher  Stubengelehrte  neuester  Zeit,  Ausgaben  um'  Ein- 
nahmen nicht  gleich  zu  halten  «usste,  wegen  seiner 
Schulden  grilFen  schonungslose  Glaubiger  sein  Tiisciilaiiuui 
an  und  boten  es  zum  ^'erkauf  aus.  Bei  dieser  Gelegen- 
heit scheint  Cato  seine  Iiidi^nalio  geschrieben  und  die 
uugliicLIicheu  ^'erliallnisse  seiner  Jugend  erwähnt  zu 
haben.  AVir  haben  uns  also  nuter  derselben  eine  prc»- 
«aischc  Klagscbrift  mit  eingefügten  biograpbisclieu  Nach- 
richten pines  gekrankten  oilentliihen  Lehrers  zu  denken. 
Auf  den  ^'erkauf  <les  Tnsculanums  gehen  auch  die  nieil- 
licben  Verse  des  Fiirius  Bibacnlus  ,  jiclclie  anfingen: 
„Calonis  modo,  Galic  ,  Tusculaniim  Toia  credifor  urbe 
venditabat,"  und  worin  er  seine  ^'erwunderuug  ausdrückt, 
dass  ein  so  vollendeter  Lehrer,  grosser  Grammatiker, 
ausgezeichneter  Dichter  alle  Schwierigkeiten  auflösen,  nur 
die  eine  schwierige  Stelle  nicht  aus  dem  \Vege  räumen 
könne.  Cato  zog  sich  in  ein  kleines  Hüttclun  zurück, 
«,o  ihn  bis  iu  sein  höchstes  Alter  etwas  Gemüse,  Alehl 
und    ein   paar    Trauben    nährten. 

Wenn  die  Lobsprü<he  ,  <lie  ihm  Furins  Bibacnlus 
ertheilt  ,  nur  zum  «rritlen  Theile  wahr  sind ,  so  haben 
wir  freilich  zu  bedauern,  dass  die  Zeit  auch  seine 
Schriften  wie  Staub  weggeiteht  hat.  Von  seinen  gram- 
matischen Schrifen  ist  uns  keine  Svllie  erhalten,  wenn 
nullt  etwa  das  ^Verk  de  lerbnriim  dillereutiis  ihm  zuge- 
hört, woraus  von  Isidor.  differeiit.  lib.  o|>.  p.  M4  B.  *) 
angeführt  wird:  „Aliud  est  amor  longc  aliudijiie  eupido ; 
deces,it  illico  alter,  ubi  alter  recessit;  alter  bonus,  alter 
malus."  Abgeseheil  davon,  dass  es  ganz  gegen  den  Geist 
des   alten    Cato,    der   die    griechischen    Rhetoreu    und    ihre 


*)  Icli  ciliic  nacii  Bnllu.iä  diatilbc  in  K' .  I'oicil  Catonis  Ccn- 
.snrii  scripia  (,.  2,js',  .!,i-  es  fiir  .-in  Werk  des  allen  C.ilo 
Ccnsoiiiis  liilt.  In  der  Ans-abc  des  Isi.lor  von  de  li 
Kisiir.  I'.uis  15bO  l.abe  i.  U  silnst  die  Stelle  niclit  fii..l,i, 
können. 


Bestrebungen  so  sehr  verachtetir,  dessen  Schriften  sieb 
alle  rein  auf's  Praktische  bezogen,  streiten  wurde,  Uli» 
terschlcile  einzelner  Wörter  aiif/cuspüren :  so  ist  auch  das 
anffalleiid,  dass  Niemand  sonst  iMclduiig  ilavoii  thut  wa.s 
bei  einem  solchen  iMauiie  gewiss  zu  erivarten  stand. 
Allein'  für  >'alcrius  Cato  würde  dasselbe  recht  gut  pas- 
sen. Schon  Lncilius  hatte  einen  Unterschied  znischei» 
(iipjditas  und  cupido  angegeben,  auch  liei  Plautiis  kuiii- 
iiieii.  mi'hriiials  cupido  und  amor  als  entgegengesetzt  vor. 
(^'ergl.  Nonius  s.  v.  cupido.)  Wie  natürlich  ist  es  daher 
bei  einem  lateinischen  Grammatiker,  der  sieh  aijcli  mit 
Lncilius  und  Plautus  beschäftigte,  dass  er  eine  solche 
Erörterung  gab!  üeber  Af\»e  Beschäftigung  mit  Lucilius 
haben  wir  ein  bestimmtes  Zengniss.bei  Sueton  •> :  ,,Lae- 
liiis,  Archelaus,  A'ectins,  Quinliis  PhiliKomns  laicilii 
satiras  familiaris  sni  (sr.  iegeiido  couimentaiidocjue  notas 
fecerunt):  ijuas  legisse  a[)ud  Archelaum  Pompejus  Lenaeus, 
apud  Philiiromuni  Valerius  Cato  praedicantur. "  Sei 
hier  praedicant  oder  praedicantur  die  richtige  Lesart, 
«ir  sehen  daraus,  dass  ^'alerins  Cato  Vorträge  über  die 
Satiren  des  Lucilius  bei  Philocomus  gehört  hatte,  umi 
können  dabei  kaum  zweifeln,  dass  er,  „qui  solus  legit 
ac  farit  poetas",  über  ihn  nach  jenen  A'ortr.'igen  schrift- 
liclie  Couimentare  hinterlassen  habe.  Ich  kann  miili 
cLiiier  auch  noch  nicht  für  die  Unerhtheit  der  bekaiinf<-ii 
acht  ersten  ^'crsc  in  Korat.  Scrm.  I,  10  entscheiden,  wn 
es    heisst: 

Lucili  ,  cjuam  sis  mendosus,  teste  Catone, 
Defeusoi  e  tiio  ,  perviiieam,  qui  male  factus 
Euiendarc  parat  versus. 
Sie  enthalten  ein  zu  bestimmtes  Resultat,  als  dass 
sie  erst  im  iMittelalter  nach  dem  ^'orbilde  jener  Stelle 
des  Suetoii  sollen  gemacht  worden  sein.  I\Jag  Iloraz  sie 
ans  Rücksichten  iu  spätem  Jahren  selbst  getilgt  haben, 
ja,  gesetzt  sogar,  dass  sie  von  einem  der  ällesten  Gram- 
matiker beigefügt  worden  :  so  müssen  sie  doch  auf  einer 
wahren  Thatsache  beruhen;  denn  diess  Herausgeben  und 
Emendiren  solcher  alten  Dichter  ist  ganz  im  Geiste  jenes 
Zeitalters.  So  hatte  kurz  vorher  LaKipadio  das  Jjellum 
Poenicuin  des  iSavius  iu  sieben  Bücher  abgethe.ilt  ,  ja 
auch  den  Eiinius  eigenhändig  abgeschrieben  und  emen- 
clirt.  IVrgl.  Froiito  epist.  ad  Antoii.  1(1.  Gell.  XVIJI,  5. 
Ausser  den  grammatischen  Abhandlungen  hatte  Cato 
auch  Gedichte  verfasst.  Seit  in  Alexandria  Dichter  uiul 
Grammatiker  in  einer  Person  aufgestanden,  pflanzte  sich 
diese  Richtung  auch  in  Rifm  fort.  Von  Cato's  Dichtun- 
gen wurden  besonders  zwei  berühmt,  wovon  eins  den 
Titel  LYDIA,  das  Andere  DIANA  trug.  Dass  das  Er- 
sfiTe  nicht  die  paar  Verse  sind,  wehhe  die  dritte  der 
virgilisclien  Dirae  bilden,  habe  ich  zum  Theil  schon 
früher  gezeigt,  tlieils  h  erde  ich  noch  iu  einem  eigenen 
Artikel  nachweisen,  wie  alle  Anschauungen,  Aussprüche 
und  Wendungen  nur  für  Virgil  als  einzig  uiüglichen 
Verfasser  sprechen.  Gegen  Cato  spricht  schon  der  be- 
deutende Umstand  ,  dass  seine  Lvdia  ein  grosses  dnn- 
keles  Werk  war,  wie  schon  der  Vers  des  Ticida  be- 
zeugt: 

Lvdia,   iloctorum   maxima   rnra,   liber. 
Zu    dieser    Eigenschaft    der    Dunkelheit    tritt    nun    auch 


343 

von  Ovid  bezeugt,  «lic  von  derben  SchildiTungeii  crulisilicr 
Art  hinzu.      Trist.  If,  433: 

Quid   rrferam   Ticidae,  quid  ■Nciiiini   rarmen,  apud  (juos 

llebdü   abcsl   oiiinis   iioiniilibiisquc   jiudor'? 
Cinna  (juoquo   liis  roinrs   csf,   Ciiuiaquc  procacior  Aiiscr, 

Et  Icvc  Cüriiifiri  parquc  Catoiiis  opus. 
31aii  merke  liier  auf  den  Ausdruck  opus,  der  «ie 
poemala  bei  Suetou,  liber^he'\  Tirida  ollenbar  auf  einen 
griisscrn  l'iiifang  Iiinueisl.  Scliou  darum  kann  auili  das 
Gedirlitrhcn ,  Lydia,  bella  puella,  Candida,  nicbt ,  wie 
AVernsdiirf  poef.  latin.  min.  Tom.  III.  p.  XLVII.  meinte, 
diesem  Cato  zugcbOren,  «ie  es  denn  aucli  silion  von 
Kieliubr  und  >;jke  als  neueren  Ursprungs  anerkannt  wor- 
den ist.  Wenn  aber  jene  Lvdia  kein  kleines,  sondern 
^reit  ausgesponnenes,  dureli  fllvtben  ohne  Zivcifel  gelehrt 
und  somit  liunkel  gcmarbtes  Liebesgediciit  des  Gramma- 
tikers Mar,  vas  liegt  nAber,  als  die  Annahme,  dass  die 
ylldr,  ein  Gedieht,  worin  Antimaehos  von  Rolophon 
eine  unglückliche  Aeig>ung  zu  einer  sehüncu  Ausliindcriu 
Lesungen  hatte  (Athen.  XIII.  p.  597)  *;,  >'orbiId  des 
römischen  Lifterators  war,  der  auch  durch  seine  Auflo- 
»nng  giammatiscber  l'robleme  ( solvere  quaestiones  bei 
Suetonj  als  ^iachahmcr  der  alexandrinischen  Lvrty.in  er- 
scheint. AVeiin  es  nun  vollends  sicher  wäre,  dass  dcr- 
sellic  Antimaehos  auch  eine  \lo  i  <iili  geschrieben,  wie 
eine  Stelle  bezeugt  —  worin  man  aber  Orßcüdo^  lesen 
will:  —  so  wäre  A'icT  Diana  des  Cato  ein  zweites  Bei- 
spiel einer  solchen  nicht  allein  in  HinsiVht  der  Form, 
sondern  auch  des  Sloffes  den  Alexandrinerji  sieh  ansthuiie- 
genden  Richtung.  Warscheinlich  ivar  das  römische  Ge- 
dicht ein  Carmen    venaticum. 

Bonn,    im  Februar   1839- 

L.  Lersch. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Nassau.  Zur  Aukiindigung  der  jabilichen  Fiiiblingsprü- 
limgen  in  den  Gelchrtcnschuleu  unseres  Laiulcs  siuil  lol^cude 
I'rograniuic  cischiencn  :  1)  Von  dem  thmiiasiuin  zu  Jf-'cil/jufg: 
de  privatis  discipiilorum  sludiis  ,  |>iivalir|iic  inprimis  vetcinm 
bCriplorum  Icctione  prima  in  lilcris  proficirndi  conditioiic  .itquc 
causa,  vom  Prof.  Kieiz ner.  S.  1 — 45,  und  Lcbrplan  und 
Nacbricblen  S.  40  —  64.  2)  Das  Gosamnilproi-ramm  der  drei 
Padai^ogien  zu  ll'iesLaJenj  Jhtiiamav  und  Villenhiir^  enthalt 
aulll.^  S.  dicScluiluacbrichtcu  und  liilgcndc  drei  Abbaiidlungcii: 
a)  von  Prorccior  Rottwilt  zu  Wiesbaden  über  Moliamined 
lind  die  Araber  bis  zum  Zerfall  des  Clialifales,  S.  3 — 23;  b)  Ton 
Cynrector    Mcncke    zu    Uadamar    über    Notbwendigkcit    und 


')  Vcrcl.  Plutarch.  consolat.  ad  Apolion.  c.  9:  xul  A*i/fm- 
■(Oi  o  ^oiiJti;;"  uno&uioüo)jq  yt'.Q  lijc  yvnaixn;  avinü ^üärjt, 
rrpo?  j^r  fj,ilnfji6Qyüiq  *(/f ,  TTC.Quyv&tor  ^ijq  /ürrfj?  c.vtJi 
iTio/r^ai  1^)'  iktynav  Tiji'  xu'/.ovjitrVir  ^tvSriV,  ilrmOinjaüiil- 
«•o;  T«;  ijoojiV«?  ovfiifOQt'it  1015  ö.U.orQlotq  xayn'iq  O.üx^u)  Tijy 
fduioü  Tintöiv  }.v7n,v.  UeJjrigens  braucht  das  Wort  Lydia 
teiue  Ucbeiset/.uug  von  ylvh;  zu  sein,  da  I-ydia,  wie 
Lcsbi.i ,  Deiia,  Cjnibia  u.  s.  w.  in  Hora  stehende  Naiueo 
fiif  griechische  Hetären  vaieo. 


34i 

MrlboJc  des  univcrsalbistorisclien  ünlerricbtes  auf  niederen  und 
bidiercn  GcK'brtenscbulonj  S.  33 — 77;  c)  von  Protcctor  Fische  r 
zu  l,)illcnbnrg  über  die  Versuclie,  eine  leicbleie  Methode  zur 
scbiiilb'ii  mu!  gründlichen  F.ilernung  fremder  Spracben  zu  er- 
finden ,  S.  b8— 107.  — Die  Zahl  der  Schüler  war  im  J.  1>n3S— 1839 
auf  dem  Gj-mnasiuni  z,u  \Veil])mg  in  Gl.  I.  a9,  H.  45,  Hl.  45, 
IV.  38,  zu»aiiiiiien  157;  auf  dem  Padag.  zu  Wiesbaden  Cb  I. 
:>0,  11.  -'().  III.  27,  IV.  28,  zusammen  95;  zu  Uadamar  Gl.  I. 
27,  II.  23,  III.  25,  IV.  IG;  zusammen  91,  zu  Dillcnburg 
Gb  I.  12,  II.  22,  111.  14,  IV.  13;  zusammen  Gl.  —  Aus  die- 
sen I'rograninien  ergeben  , sieb  folgende  bemerkenswrrtbe  Tbal- 
sacben  üljcr  die  Vermebning  der  Lelirmittel  im  ^'crllüsscnen 
Scbuliabrc.  Das  Gyuuiasium  crbiclt  600  fl.  für  die  liibbütlick , 
200(1.  für  den  phys'ikal.  Apparat,  30  11.  für  Gesang -Musikalien, 
1000  fl.  für  Erneuerung  der  Badeanstalt,  700  fl.  für  die  Appa- 
rate der  gyinnasliscben  Uebnngcn  ,  400  fl.  für  Instrumente  des 
Musikvercins  der  Gymnasiasten.  Die  Zahl  der  Peicipicntcn  für 
die  Gymnasial  -  Stipendien  des  katbol.  Centralkiicbcnlonds  für 
künftige  Tlioologcu,  im  Betrage  von  50  bis  100  fl. ,  betrug  24. 
Von  ricn  Pädagogien  erhielt  jedes  100  fl.  für  seine  Bibliothek 
und  ausserdem  nocli  33  U.  jedes  für  die  besonderen  Bedürfnisse 
der  didaktischen  Bibliothek.  Realisten  wurden  auf  den  Pädago- 
gien von  dem  gricchiscben  Sprachunterrichte  dispensirt  und  in 
anderen  Leclionen  beschäftigt.  Auf  dem  Gymnasium  llndcu 
äbniicbc  Dispensationen  statt.  —  Sicherem  Vcrnebmcn  nach 
ist  auch  zwischen  den  Gclebrtenscbulcn  des  Hcrzogtb.  Nassau 
und  des  Königreichs  Preusscn  der  Piogrammcnfausch  eingerich- 
tet worden.  —  Eine  Widerlegung  der  Ansichten  des  Herrn 
Tbierscb  über  das  Nass.  Schulwesen  ist  noch  nicht  erschie- 
nen, obgleich  Stoff  genug  dazu  vorbanden  sein  diirfle,  soviel, 
wie  im  (irrissbcrzogtbuin  liessen,  wo  kürzlich  der  Kanzler  Lin  de 
selbst  in  einer  ausführlichen  Schrift  (Giesscn,  hei  Fcrber)  die 
Darlegung  übernahm. 

Athen,  8.  Miirz.  Den  Altertbumsfrcundcn  ist  ncuurdings 
ein  interessanter  Fund  zu  Tlicil  geworden.  Am  Dorfc  Keratia, 
auf  der  Strasse  nach  Laurion  ^  fand  man  eine  Grabstele,  etwa 
acht  Fuss  hoch  ,  mit  der  Darstellung  des  Verstorbenen  im  Re- 
lief, eines  auf  seinen  Slab  gestützten  bebeliulen  Mannes.  Die- 
ses Werk  ist  von  strenger,  aber  sehr  wolil  verstandener  Zeich- 
nung und  kann  für  ein  Musler  des  Altattischen  Slylcs  gelten. 
Es  trägt  hinlängliche  Spuren  der  Bemaliing  an  sich  ,  welche  an 
erhobenen  Werken  der  alleren  griccliisclicn  Kunst  so  häufig 
angewandt  war.  Ucberdiess  ist  es  diircb  seine  Insclniften  wich- 
tig; ausser  dem  Verstorbenen  (Aristion)  ist  aucli  dei'  Künstler 
benannt,  wcichcj  den  in  der  Kunstgeschichte  wohlbekannten 
Namen   Arislokles   Irägt. 

Breslau,  16.  März.  Heute  verlässt  uns  Professor  Hi  t  sc  b  1, 
um  dem  an  ihn  ergangenen  ehrenvollen  Rufe  nach  Bonn  zu 
folgen.  Die  zabhciclien  Beweise  von  Liebe  und  Anerkennung, 
deren  er  sicii  während  der  letzten  Tage  seines  hiesigen  Aufent- 
haltes zu  erfreuen  hatte,  beweisen  hinlänglich,  wie  sehr  man 
diesen  neuen  Verlust  unserer  Hocbscbule  beklagt.  Sein  Abgang 
ist  um  so  mehr  zu  bedauern,  da  nach  den  bislierigen  F.rfabrun- 
geu  zu  scbliessen,  wenig  lloiTnung  vorbanden  ist,  ihn  bald  und 
genügend  ersetzt  zu  sehen. 

Halle.  Dem  ordentl.  Professor  in  der  juristischen  Fakul- 
tät der  Fniversität  daliier,  llofratb  Dr.  Henke,  ist  das  Prädi- 
cat  eines  Geheimen  Justizraths  beigelegt  worden. 

Prag.  Der  Professor  Johann  Mar  an  ist  zum  Prolcssxjr 
der  orientalischen  Sprachen  an  der  Universität  Prag  ernannt 
worden. 

F'rankfurt  a.M.  Der  Gymnasiallehrer  Johanne.i  Weis- 
mann.  bisher  Hauptlebrer  von  Quinta^  wurde  zum  Hauptlcli- 
rcr  von  Tertia  mit  dem  Professortitcl  ernannt. 

Liipzi;;.  Am  5.  Febr.  starb  dabicr  der  ausscrordeuthclie 
Professor  iiiid  Dr.  Med.  Karl  Fried.r.  Klciherl. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  ter  t  Im  mswissen  Schaft 


Freitag,  V2.  April 


1839. 


Nr.  44. 


Eclogae  siie  cxicr[)ta  e  variis  scriptoribiis  graccis.  In 
iisiiin  iuveututis  aiitujiiar.  litlerar.  sludiosae  «lispos. 
et  iiotis  iiistr.  Cai\  Passow  Dr.  Pars  I.  qiiae  roii- 
tiiiet  scriptores  oraf.  pedostr.  Jcnae,  siimt.  Fr.  l'rom- 
nianiil  i,S37.  XXXVIII  mid  264  S.  8- 
Es  hat  Hrn.  P.  nicht  gefallen,  uns  über  den  Plan 
iiiidZtvecL  seiner  Arbeit ,  und  was  besonders  vviiiischens- 
werth ,  aiith  fiir  den  Herausgeber  vielleicht  recht  nütz- 
lich ge.U'sen  «;ire,  über  die  Gründe  der  Einrichtnng, 
die  er  den»  liuche  gegeben  hat,  soivie  über  die  Art  und 
^Veise,  wie  er  es  gcbraiulit  wissen  will,  genügend  zu 
belehren.  Denn  die  Vorrode  beschäftigt  sich  fünf  grosse 
Seiten  lang  mit  einem  zu  dem  Buche  au  und  für  sich 
nur  in  sehr  entferntem,  zu  seiner  Einrichtung  aber  in 
gar  keinem  liezuge  stehenden,  jedenfalls  sehr  nnzueck- 
mSssig  hierher  gezogenen  (iegenstande,  der  überdiess  auf 
eine  ganz  ober/lach  liehe  und  triviale  '\Veise  behandelt 
wird:  mit  einer  Rechtfertigung  oder  Lobpreisung,  wenn 
man  su  sagen  soll,  des  Studiums  des  Alterthums,  na- 
mentlich des  griechischen,  gegen  einseitige  Enipfehler 
der  sogenannten  Realien.  Dann  folgen  erst  auf  der  letz- 
ten Seite  ein  Paar  AVorte  über  das  institutum ,  welches 
den  Herausgeber  in  ncriploribus  congregandia  et  notulis 
adspergendis  geleitet  habe.  Danach  hat  er  Dreierlei 
im  Auge  gehabt:  1)  er  hat  wollen  stufenweis  gehen  vom 
Leichteren  zum  Schwereren,  Brauchbares  liefernd  soitohl 
«1er  unteren  als  der  oberen  Bildungsstufe  (wenn  wir  aii- 
«lers  die  Worte:  „iuvenibus  in  publice  subsellio  ordinuni 
et  inferiorum  et  superiurum  scdentibus  discentibusijue " 
recht  verstehen).  Einiges  zu  sorgfältiger  Durcherklärung, 
Anderes  zu  kursorischer  Leetüre  bestimmt;  2)  er  hat 
wollen  das  Privatstndium  bei  den  „sua  diligentia  ad  al- 
tiora  in  diem  adspirantibus"  fördern;  3)  er  hat  »vollen 
in  jedem  Einzelneu,  das  er  ausgewählt,  etwas  Ganzes 
und  Vollständiges  geben,  besonders  zusammenhängende 
Abschnitte  aus  der  griechischen  Geschichte.  Sodann  wird 
uoch  gesagt,  dass  ein  AVortregister  als  „  uutrinientnm 
ignaviae"  verschmäht,  und  welche  Grammatiken  vorzugs- 
weise zu  Rathe  gezogen  seien,  uämlich  Matthiil  und 
Buttmann. 

Hiermit  ist  Nichts  weiter  angegeben,  als  sehr  im 
Allgemeinen  die  Aufgaben,  die  der  A^erf.  sich  gestellt 
hat,  und  Hr.  P.  scheint  gemeint  zu  haben,  dass  die 
Grundsätze  ,  nach  denen  er  jene  Aufgaben  gelöst,  keiner 
rechtfertigenden  Entwickelung   bedürften,    vielleicht   weil 


sie  den  allgemeinen  unveränderlichen  Princiiiien ,  nach 
denen  alle  solche  Aufgaben  zu  behandeln  sin<l ,  vollkom- 
men entsprächen.  Es  steht  iudess  zu  fürchten,  dass  er 
selbst  vor  der  Arbeit  es  versäumt,  sich  darüber  gehörig 
in's  Klare  zu  setzen,  und  nachher  dann  vor  dem  Wetz- 
stein der  Selbstkritik  sich  gescheut  habe,  den  er  bei 
der  Auseinandersetzung  unfehlbar  hätte  ansetzen  müssen. 
Denn  es  wird  sich  ergeben,  dass  mit  dem  blossen  Hin- 
stellen der  Aufgabe  noch  nicht  deren  richtige  und  zweck- 
mässige  Ausführung   gesichert   ist. 

Nach   den   obigen   Aeusserungen   Hrn.  P.'s   also   scheint 
das   Buch   für  den  gesanunten   griechischen  Unterricht  auf 
Gymnasien,    von    der    untersten    bis    zur    obersten   Classe 
bestimmt    zu    sein.      Wenigstens    dass    mit    der    untersten 
Stufe   begonnen    wird,    ist    der  AVahl    der  Sachen,    sowie 
thfiilireis»     der    Einrichtung     des    Kommentars     nach     mit 
Sicherheit   anzunehmen  ;    ob   aber   das  Buch  bis  zum  vollen 
Abscbliiss     der     G\  uinasialbildniig,     oder     bloss     bis    zum 
Ucbergaug   von   Secunda    nach    Prima    berechnet   ist,    lässt 
sich   aus   ihm   selbst   nicht   mit   Gewissheit   erkennen.     Zu- 
erst  nämlich    sind    Prngymnasmata  gegeben,   die    besonders 
paginirt   sind  ,    oder   vielmehr   die    l'aginirung  der    Vorrede 
f..rtführen     von    S.     XI  —  XXXVIII,     wie     als     ob    der 
Herausgeber    noch    erst    während    der   Arbeit  des   übrigen 
Theiles   darauf  gekommen    wäre,   sie  beizufügen:   einzelne 
,,aus    sehr    verschiedenen    Schriftstellern     zusammengetra- 
gene"    Sätze     zur     Einübung    der     ersten     Elemente     und 
Hauptstücke    der   Grammatik,    von   der  I.   Declinatiim   bis 
zu   den  A^erbis  contractis,   mit  Ausschluss  also   der  A^erba 
in    j^iL    und    der    Anomala,    in  VI   Abschnitte    eingetheilt. 
Sodann    folgt    das    eigentliche  Buch,     in    welchem    zuerst 
(S.    1  — 6)    aus    Stohaeus    Anthologie    Aussprüche    und 
kleine   Anekdoten   von    berühmten   Männern,   hierauf  (S.   7 
— 17)  Aesopische  Fabeln,   dann  (S.  17  —  39)  aas  Aelians 
l'ar.    Hist.    mehrere    Erzählungen,    aus    Achilles    Tatius 
die  Beschreibung  des    Gemäldes    vom   Raube    der   Europa 
(S.   40  —  4'-'),    aus   Longus    zwei    Stücke  (43  —  4S) ,    aus 
jlthenaeus   (49  —  54)     «lie   Hochzeit    der   Odatis    mit   dem 
Zariadres    und  die  Beschreibung  des  Prachtschilles  Hiero's, 
aus    Lucinntts    einige    Todtengespräche    und    drei    Stücke 
aus  andern  Schriften  (55  —  76),    aus  Pausanias    die   Er- 
zählung der  messenischen  Kriege  (77 — 96),  aus  Plutur- 
chus    Stücke    aus    den   A^itis  Lycnrgi ,   Solonis,  Aristidis, 
Themistoclis,  Cimonis  (97 — 117),  aus  Diodorus  Sic.  einige 
Abschnitte    aus  der  Geschichte    des  peloponnes.  Krieges, 
dann  Philipps  v.  Wacedon.  (118  —  139))  aus  Xenophon'a 


347 


348 


Hellen,  vier  Absrliniile  ans  «1er  Porioilc  von  der  Srliljclit 
bei  Ar^<is|)(if,iii)i  bis  zur  Sriilarlit  Iip!  IMniitiiiPa,  ilaiiti  ans 
•lor  Ciji opaed.  und  ilen  Memorab.  einige  Stiirkc  (14()  — 
173))  aus  Airianui  licr  Aliscliniftu  (173 —  l''l),  «laiin 
fol-jen  z»\ci  reiliicrisclie  .Sachen,  Lr/siae  itrrtl.  funettr. 
(192  —  '»'MS)  nnii  hucinfis  Areopniiitüus  (2UÜ  —  22»), 
zum   St'liliiss   endliili    l'lulun's    Ciiln/t. 

Jliprnai'li    ist   ollenbar,     «lass     <lic    Prn^^vninasniata   etiia 
mit    Ouartaiiorn,   «lie    liliri^en  Sachen   mit  Tertianern,   Se- 
cUDitancni     und     vielleiiht   Primanern    gelesen    ti erden  .inl- 
Icn :    nenigsteiiä    ni'irile   diess   so    ziemlich  auf  «lio  Kinrich- 
tunif   der   prenssischeu    (ivmnasien    passen.      Aber,    fragen 
wir    ^tiiiiäihst,    »arnm    hat   Hr.    P.   sein    Buch    nicht    in    be- 
stimmte  Cursn    getheilt?      )fir    würilrn    «ladiirch    erstlich 
über    «las    zHeifelhaft    (iebliehene ,     «ili    aPch     die    olierste 
Stufe   mit   berücksichtigt  sei  ,    in's  Klare    gekommen   sein, 
ziicitens   sicherer    wissen,    «eiche    Tlieile     wir    jciler    ein- 
zelnen   Stufe    anzuweisen    hahrn ;   Hr.    I'tnsoic   aber  selbst 
■»ürde     »ahrscheinlirh    deutlicher     sich     zum    I3ett  usstseiu 
gebracht    haben,    wie    er  erstlich  aiiszunflhleu  ,   sixlaunuie 
anzuurilnen    hatte,    nm   die  Aufgabe   des  stufeni» eisen  Fort- 
schreitens   in    einem  bestimmten    und  deutlichen  Aufsteigen 
»om    Leichteren     zum    Schwereren     auszuführen.        Denn 
zuerst    was    die    Auaicald    betrillt:    schon    die   Prog)niiias- 
iua(a    erscheinen     mitunter    ziemlich    flüchtig     aulgeraUt, 
mithin   aus   dem  Zitsammeuliange  gerissen,   wie  j).  X.W'III 
«ler   Satz    Ti   Ö£ ;   Ol    Inril'a   '/..    r.   k.    und    «ler    gleich    dar- 
auf folgeiHJe;  sthwierigere   nud  längere  Satze  neben  leich- 
teren   und    kürzeren,    wie   gleich   das  zweite    der   oben   an- 
geliihrten    Beispiele,     oder    p.     XXXll     der    acht    Zeilen 
lange  in  KvZr/.tjVUi  '/..  l.  L.,   p.    XXX \1  der  ebenso  lange 
als  schwierige   Satz   iyv}   üvdl   n^oQl'jy.siv  '/..   T.   A.      Das 
sin«!   Satze,    die   in   der   untersten   griechischen   C'lasse   gar 
iii<  ht    zu    gebrauchen   sind ;   und   sie    wAren    noch    eher   ein- 
Uiid    das    anderemal    zu    ertragen,     wenn    «lie    Anmerkungen 
dazu    ilnnach     eingerichtet   waren;    doch    vom   Commentar 
larhher.      Dann     im     eigentlichen     Buche,     welche    bunte 
Reihe    lon   Schriftstellern    ist  «las!     IVach    welclu'm  Princip 
oder   ans    welchem    Interesse   sind    «liese   alle  so  zusaninien- 
gestellt  *      Des     aprocldirlten    halber     kann     es   nicht  »ein, 
denn    es   stehen    mittelinassige   und    schlechte    Schriftsteller 
lieben  guten,    ein   Achillen  Tiitius,   Aeliitn^    Aihetüiits  neben 
jenen    Allikern    der    l>e>ten   Zeit.       Die    llücksiclit     auf  die 
Gesrliic/ite   kann    am  h    nur   einen    Theil    der   AVahlen  ,   na- 
mentiic  h     nicht    gerade   ilie    eben    l)ezeichneteii ,     bestimmt 
hilieii  .     denn    «lie    hislorischen   Abschnitte    gehen     erst   mit 
I'auxfini/in   an,   «'er    auch    schon   so    gut   als    Diodorits   einer 
Kntx  huldiguiig    bedarf,    wie   auch    Hr.   P.    bei    beiilen  recht 
wohl  gefühlt  hat  (cergl.  die  literarhistorischen  Einleitungen 
zu    beiden):    (iesehirhtsrrlernnng  «l.irf  ja  nicht  allein,    nicht 
einmal    lurzngsweise  das  sein  ,    was  bei  einem  s/irnchlic/ien 
IJuche    zu    bezwecken    ist.        Es    bleibt   Zweierlei    denkbar: 
erstlich   dass    den   Heransgeber    literurhiHtorhclie  (iesi(  hts- 
piinktc ,    oder   dass    ihn    das    Passende    und    Interessante  «les 
Jnlialls   bestimmt   habe.       AVas    aber    das   Ersterc   betrilTt, 
so    brauchen    wir     —    davon  abzusehen,     dass   «laiin    Anord- 
Jiung    und   Einrichtung    eine     ganz   andere    sein   musste    — 
«lie   Einsichtigen    nicht   erst    zu  belehren,   dass  lilernr/iisli>- 
riscli   wichtig   und   merkwürdig  i:\i\Achillei    Tuliiu ,   Al/ie- 
nüun    und  Cunsurteu  uur  l''ur«vheru  uud  Uulchrleu,  uicht 


aber  .Schülern,  am  allerwenigsten  Tertianern  —  denn 
für  «liese  ist  einigen  Anzeichen  im  Commentar  nach  der 
Ersterc  hier  gerade  berechnet  —  sein  kann.  Und  iler 
Inhalt  —  je  nun  in  Be/iehuiig  auf  diesen  hatten  über- 
haupt lielo  Auswahlen  glückliiher  gemacht  werden  kön- 
nen,  als   es   geschehen   ist.      Gcg lie  Sachen   ans  Aeliati 

wiilleii    wir   nicht   einmal   Etwas    erinnern  ,   ausser  dass  das 
If.  St.  71IU/  Tor  ^liuviaior  oikljoatiio^  tu  t(ov  i^lutv 
ziemlich    albern    und    nichtssagend    ist;   aber   «ler  Haub    der 
Europa    ton    Achilles  T.itius,   vollends  in  dieser   gi-sihraub- 
tcn    Form,     ist    für   IManner,     nicht    für   Knaben;    die   Lie- 
besgeschichte   aus   dem   Athenaus    würden   wir  am  h   nicht 
gewählt     haben,    nicht     etiia   aus    Prüderie,    sonilern    weil 
wir    darin    nichts    Bedeutungsvolles    lin«leii    können,     weiler 
filr  «len    Geist,    noch   für  das   Herz;   das   II.   St.   aus   dem 
Athenaus   aber   setzt   zu    specielle   Kenntnisse    des    .Schills - 
und    Schiflsbanwesens   voraus,    als   dass   «lie   B<-schreibiiiig , 
zumal   da  Hrn.  P.'s  Commentar   «lazu   auch   nicht  ausreicht, 
dem   .Schüler    eine    «leiitliche    Einsicht    in    das   Detail   der 
Einrichtung     «les     Prachtscliiffes     geben    könnte     und    ihn 
daher    nicht    langweilen    sollte.        Auch    aus    dem   Luciaii 
konnte  Interessanteres    und   Lehrreicheres    in   Hlengc   auf- 
gefunden  wenlen,   als   wenigstens  theilw eise  das  Gegebene 
ist,     namentlich    aus    «Icn    iMacrobiis    die    Anekdoten    \aii 
Literaten,     die    lange    gelebt    haben,    iiiid    die    kuriosen 
Todesarten,    «lie  sie   betrofl'en   haben.      Der  aus   Pausauias 
gewählte   /Vbschnitt    ist    eher    der   Art,    dass    man    wegen 
des   anzieheiiilen ,     für  jugendliche    Gemüther  gerade   sehr 
ansprechenden   Inhalts    in    Rücksicht   auf  die   .Sprache    ein- 
mal   eine    Ausiialime   statuiren    kann;    noch  weniger  Beden- 
ken    mag    bei    Arrianus     geltend     gemacht    werden,     schon 
der    historischeu    Rücksichten    halber,   «lie    Hr.  P.    zu    neh- 
men sich   vorgesetzt  h,-\tte  ,    nur   müssen   wir   diess   bemer- 
ken,  «!ass  lue    aus    ihm    in  .St.  I.    mitgegebene   ausführlicho 
Beschreibung   der   .Schlachtordnung,   (ür   den    Krieger    und 
Historiker    zwar    vou    AVertli,     do<  h     den   Schüler   ermüden 
uml    langweilen     wird,       ^'iel    bedenklicher    aber    ist   Diu- 
dorus ,    und    um   seine  Aufnahme    zu   entschuldigen,    genügt 
es  nicht,   wenn   Hr.   P.   sagt:   ,,l).   quidem   (juamvis  a   riri» 
dd.    satis    male     audiat,    —    qiinminus    prorsiis     rerederet 
dßl'i<lj(>/.oi,     nun    soliim    res    viilebantiir     memorabiliores 
bistoriae    graecae    vetare  ,    sed    «licendi    quocjiie    genas    ad 
cito   cursimquc    legendum    peridoneum."       Wer  soll   denn 
den    Diodor    kursorisch    lesen?     Doch     nicht    Secundaner? 
Und    um   «ler    Geschichte    willen  l      Es     gab    ja     doch    noch 
bes.sere    .Schriftsteller,   aus   den    denen  für  dieselbe  Periode 
passende    und    nicht    zu   schwere   Stücke   ausgezogen   wer- 
den  konnten,    üeberhaupt   drängt  sich   uns  noch  «lie  Frage 
auf,   warum    —    wenn   wir  anders   recht   vermiifhcn ,   dass 
das  Buch    für   alle  ünlerrichtsstufen    dienen   sollte    —   ein 
Paar    andere    Schriftsteller     übergangen    sind,     vor    allen 
Herodot.      Vielleicht    des   Dialekts    wegen  '.      Oder    behält 
sich   Hr.  P.  vor,  «liesen   ausser   und  nach   den  Eclogis   noch 
besonders   zu   lesen?     Hier   zeigt  sich   recht  deutlich,  wie 
gut   es   gewesen   wäre,   wenn   Hr.   P.   die   IMühc   einer  aus- 
führlicheren  Erklärung  über   ilcn   Plan   uud  Zweck  seine» 
Buches   nicht   gescheut   hätte. 

Ebenso  wichtig,  wie  die  Wahl  ist  die  Anordnung. 
Wenn  es  dem  Herausgeber  auch  nicht  gefallen  hat ,  be- 
stimmte   Abtheiluujjcu    für    die    verschiedenen    Stufen    zu 


349 


350 


marlicn,  so  dfirfr-n  wir  «lorli  anncJinion,  dass  «l.is  Rudi 
bis  /lim  Liiriaii  (inci  )  für  die  zni-itc  Stufr  von  iiiiti-i. , 
al-to  für  Tertia  bestiiniiit  ist;  «.-iiiz  si<  Iwrlicli  vi  «'iiissfciis 
Xus  TMin  L(iiii,'iis,  denn  l>i.i  dahin  fiiidi-ii  sicli  l''iii);<Tzci;;o 
fiir  die  Aldnfiin-r  scIm  irriftTiT  Fornicn  (z.  IJ.  <')/li/r:i- 
rai).  W'rhhc  R<-ilicnf<>l;;c  ist  dirss  al.pr :  Achilles  T<t- 
tius,  Loni^iis,  Atlieiii'iits  ,  J.ucinimal  IJ.llt  Ilr.  F.  don 
Tatiiis  iiiiil  den  Afhcnäiis  fiir  Irirlitor,  als  den  Liirian  ? 
Halt  rr  sie  liberlianpt  für  loiilit  gpnng- nnd  1,'pei^'nct ,  um 
von  Tcrtinnern  ffclesen  zu  werden  ?  Iiisl)es<)iiilere  f;i!it  es 
keinen  nnsitieklicheren  Gedanken,  als  diesen  Tniiu»  mit 
in  diese  Eklogeu  heniberziinelimen.  Ilr.  P.  sagt  «war, 
diese  „pirta  tabula"  sei  „et  roj,'nilu  di;,'Ma  et  intelleefu 
obvia."  Ja,  wenn  erst  das  jror/> ersiandniss  gefunden 
ist,  dann  fordert  die  Sache  weiter  keine  hohe  InirlH- 
geiiz;  aber  meint  Ilr.  P.  etwa,  bei  einer  so  affertirlen 
und  manirirten  Schreibart,  die  nicht  nur  in  der  Wahl 
des  Ausdrucks  ,  sondern  noch  mehr  in  den  VVortfiipungen 
und  Wortstellungen  gesucht,  gfeschraubt,  ja,  versrlirobcn 
ist,  sei  auf  jener  Bildungsstufe  das  Wortierständniss  so 
gar  leicht?  Liegt  etwa  das  Naturwidrige,  wo  es  sich 
auch  fand,  der  Begrifisfahigkeit  des  menschlichen  \er- 
standes  naher,  als  das  Naturgerechte!  Der  Herausgeber 
hat  das  selbst  auch  recht  gut  gefiihlt ;  denn  er  hat  im 
Couimentar  fast  immer  nur  mit  lexikalischen  und  deu 
.Sinn  der  Redensarten  erklärenden  Erläuterungen  zu  tliun, 
hat  aber  dessenungeaciitet  noch  >'ieles  dunkel  gelassen. 
Und  dann,  soll  denn  durch  diese  Lectüre  bloss  Wort- 
und  Formenkenntniss  beigebracht,  nicht  auch  der  Ge- 
schmack gebildet  werden  ?  Heisst  es  aber  deu  Geschmack 
bilden,  das  Verrenkte  und  abentlieuerlich  Gestaltete  ken- 
nen zu  lehren?  AVenu  Hr.  P. ,  um  schlimmen  Kiiillijssen 
vorzubeugen,  auf  alle  Verstösse  gegen  den  gnten  Ge- 
schmack hätte  hinweisen  wollen,  wie  er  einigemal 
gethan  hat,  so  würde  er  der  Bemerkungen  kein  Kndo 
finden  können  :  der  Fehler  liegt  in  der  Beriicksichligung 
des  Schriftstellers  überhaupt.  Theilweis  und  in  min- 
derem Grade  gilt  iliess  auch  von  Allienüus ;  namentlich 
ist  das  II.  St.  aus  ihm,  schon  aus  dem  oben  darüber 
Gesagten,  nicht  für  die  Untcrrichtsstufe  passend,  für  die 
CS  berechnet  scheint,  und  nicht  leichter,  sondern  schwe- 
rer, als  die  Luciauisclieu  Sachen,  also  das  stufenweise 
Aufsteigen  hier  wieder  nicht  beilacht.  Wenn  die  f(dgen- 
den  Stücke  nun  etwa  für  Secuudancr  und  vcrmuthungs- 
wcise  für  Primaner  bestimmt  sind,  so  kann  man  von 
dem  Gesichtspunkte  stu/enteeisen  Aufsteigens  aus  auch 
da  gegen  die  Anordnung  Eiuwendungen  machen.  Denn 
die  drei  zunächst  Folgenden  sind  jedenfalls  schwieriger, 
als  der  ihnen  nachgestellte  Xenophon  ,  besomlers  Pluturck, 
den  Rec.  höchstens  mit  sehr  geüblen  und  ganz  auser- 
lesenen SecHudanern,  besser  aber,  wie  es  wohl  auch 
meistens  geschieht,  mit  Primanern  lesen  möchte.  Oder 
ist  dieser  ganze  letzte  Theil  etwa  promisi'uc  für  Prima 
und  Secnuda  bestintmtl  Ulan  kann  zwar  auf  diesen  Stu- 
fen schon  ciumal  etwas  weniger  ängstlich  in  Abmessung 
der  grösseren  oder  geringeren  Schwierigkeit  sein  ;  aber 
zwischen  den  Stufen  selbst  findet  doch  immerhin  ein  »ehr 
merkbarer  Unterschied  statt,  namentlich  wenn  man  den 
neu  eingetretenen  Secundaner  mit  dem  Primaner  vergleicht. 
Auch  hier  also   wäre  die  Abthciiuug  in  bestimmte  Kurse 


von  entschiedenem  Nutzen   für  die  Erkennung  und  Festhal- 
tung  jenes    Unterschieds    gewesen. 

Wenn  aber  das  Buch  auch  fiir  die  oberste  Stufe  mit 
berechnet  ist,  ja  selbst  ohne  diess  anzunehmen,  drangt 
sich  mich  eine  andere  Frage  auf,  die  zwar  nur  etwan 
Aeiisserliches  betridt ,  dennorh  aber  in  Ueberleguiig  zu 
nehmen  nicht  nuitölhig  war.  Nämlich  ein  Stoff,  der  nicht 
mehr  Raum  einnimmt,  als  diese  XXI  II  und  '2V1  lialbe 
Druckseiten  —  denn  ziemlich  die  Hälfte  der  Seite  fallt 
jedesmal  dem  Conimentar  zu  —  »«Ute  ein  so  geringes 
Quantum  von  Stoß"  zur  Lectüre  für  deu  gesummten  Gviu- 
nasialunterricht  ausreichen?  Wie  viel  soll  da  auf  jede 
einzelne  Classe  konunen  I  Es  ist  ganz  klar,  dass  es  un- 
möglich ist,  mit  solcher  AVeiiigkeit  so  hauszuhalten ,  dai?s 
mau  nicht  alsbalil  genöthigt  sein  sollte,  Verbrauchtes 
noch  einmal  zu  gebrauchen,  eher  als  die  Classe»  in  dcii 
Mitgliedern  vollständig  sich  erneut  haben,  und  was  noch 
beachte nsweriher  ist,  eher  als  man  vor  der  bösen  Folge 
einer  öfteren  Wiederholung  derselben  Lectüre,  nämlich 
vor  Fortpflanzung  von  Uebcrsetzungs  -  und  Praparations- 
Manuscripten  durch  die  verschiedenen  Generationen  der 
Faulen  und  Dummen  hindurch,  sich  gesichert  glauben 
darf.  Namentlich  die  Progyninasmata  können  nnr  einmal 
gebraucht  werden ,  weil  sie  für  jede  Gattung  grammati- 
scher Formen  iu  der  Regel  nicht  mehr  als  einen  ciu- 
zigen  Abschnitt  von  Beispielen  darbieten,  von  denen  doch 
also  keiu  einziger  für  den  künftigen  Gebrauch  zurück- 
gelegt werden  kann,  wenn  eben  alk'  Gattungen  von  For- 
men durch  diese  Lectüre  eingeübt  werden  sollen.  Die 
oberen  Classen  aber  wieder  bedürfen,  zumal  wenn  ein 
Tlioil  des  vorgelegten  Materials  zu  kursorischer  Lectüre 
dienen  soll,  wie  Ilr.  P.  will,  für  die  Bedürfnisse  des 
Wechsels  eines  ^'«rrathes  von  Stoll',  der  zu  dem  für  die 
unteren  Classen  iu  dem  Verhältuiss  eine»  sehr  verviellal- 
ligfen    Maasses   stehen    mus». 

Hieran  könnten  wir  auch  die  Frage  knüpfen  ,  ob  e» 
fiberhanpt  in  oberen,  insbesondere  in  der  obersten  Classe 
sogar  zweckmässig  ist,  die  Schriftstellsr  durch  Excerpte 
uiiil  ans  Chres<<Mnathieen  kennen  lernen  zu  lassen  ;  wir 
wollen  sie  iniless  bei  Seite  liegen  lassen,  um  zur  Be- 
trachtung der  zugegebenen  Anmerkungen  zu  gelangen. 
Was  kann  ein  Conimentar  zii  einem  solchen  Buche  für 
einen  Zweck  haben?  Hr.  P.  hat  selbst  auf  den  Titel  ge- 
setzt: ,,in  usuin  iuventutis  antiquar.  litt,  studiosae  disp. 
et  notis  in&truxit  C.  P.";  darin  liegt  ganz  richtig  ange- 
deutet, dass  der  Conimentar  dazu  dienen  solle,  der  stu- 
diosae iuvent.  den  Gebrauch  der  gelieferten  Materialien 
zu  erleichtern:  auf  diesen  Zweck  miiss  also  Alles,  die 
Fassung  sowohl,  als  iter  Inhalt,  berechnet  sein.  Vieles 
nun  kann  man  allerdings  darauf  berechnet  nennen,  aber 
in  sehr  Vielem  hinwiederum  ist  die  richtige  Praxis  auch 
hier  verfehlt.  Diess  gilt  zuvörderst  in  Betreff  der  Fas- 
sung ganz  und  gar  von  den  Noten  zu  den  i'rogijmnas- 
mutis.  Hr.  P.  gibt  in  der  Vorrede  einen  grossen  Abscheu 
vor  der  Zugabe  von  AVortregistern  bei  solchen  Büchern 
kund;  eingeschränkt  auf  die  für  die  Geüileren  bestimm- 
ten Lesebücher  findet  diess  des  Rec.  volle  Beisfimmung, 
aber  auf  die  Anfänger,  überhaupt  auf  die  ganze  Schaar 
derjenigen,  die  es  noch  vorzugsweise  mit  der  Erlernung 
des  et^mologischeu  Thcilcs  der  Grammatik  zu  thuu  haben. 


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kann  rs  nicht  ausgedi-liut  ivcrilen.  Diess  mag  Ilr.  P. 
Iiinlerlier  au<li  cingcschon  liaboii ,  und  <ia  nun  liic  Pro- 
•;\ninasniata  tlorli  fiir  Anfiin^cr  liestinimt  siiul ,  so  liilft 
er  sich,  »vahrschpinlich  iini  fiir  ilas  Ganze  seiner  Ansicht 
«loch  niclit  iintrüii  h  erden  zu  müssen  ,  datliirch  ,  dass  er 
<leu  Commentar  hierza  aus  lauter  kleinen  aljiliabetisch 
geordneten  >Vorlreijisfern  Lesteheu  lasst,  deren  jedes  im- 
mer ein  einzelnes  Stück  alijjesondcrt  unifasst  und  ausser 
«leu  W(irll)eileiitunfen  auch  die  etymologisch-grammatische 
AuflOsun*;  tier  Formen  ,  die  jedesmal  noch  nicht  bekannt 
sein  kiiiinen  ,  enthalt.  Also  statt  eines  einzigen  haben 
»vir  nun  eine  stanze  Sammlang  '•on  Wortregistern  !  Nuu 
«las  mag  sich  von  iler  iSeite  niclit  gerade  als  unz«eck- 
mässig  erweisen,  uenn  die  Vokabeln  jedesmal  ausivendig 
ffelernt  »erden.  Aber  die  Bedeutungen  luid  Formenana- 
iTsen  sind  lateinisch  aufgeführt.  .Soll  das  eine  Erleich- 
teru/is:;  sein?  Ist  es  möglich,  dass  Hr.  P.  den  .Standpunkt 
und  die  Bedürfnisse  <ler  Schüler,  das  Maass  der  Arbeiten 
und  Leistungen,  ilie  er  ihnen  auferlegen  darf,  so  sehr 
verkennen  konnte'?  Er  bürdet  ihnen  ja  offenbar  eine 
duiijieile  Pr.'ijiaratioii  auf,  einmal  für  die  griechischen 
und  dann  «iedcr  für  die  lateinischen  Vokabeln.  Und 
ileiiiioch  «erden  sie  nicht  im  Stande  sein,  für  die  L'eber- 
setzung  und  das  Verstaiidniss  der  griechischen  Satze  das 
(jeiuigende  zu  Ir-isteii;  denn  wie  oft  Herden  sie  nicht 
von  der  lateinischen  \'okabel  sich  die  für  den  griechi- 
schen Text  ganz  unpassende  Bedeutung  aufzeichnen! 
Üeberdiess  reichen  blosse  Wortregister  für  diese  Stufe 
und  für  solche  Sätze,  «ie  sie  häufig  hier  vorgelegt  sind, 
gar  nicht  aus:  sie  bedurften  auch  aiiderartige  Erläute- 
rungen in  Betreff  der  AVortordnung,  .Salzfügung  u.  s.  w., 
von  denen  hier  keine  Spur  zu  sehen  ist.  Wie  viel  bes- 
ser wusste  Fr.  Jacobs  damals,  als  er  sein  Elenientarbuch 
verfasste,   das    Bedürfniss   der   Schüler   abzuschätzen! 

Der  Zuschnitt  und  ilie  Fassung  sind  es  nieder  zu- 
nächst, welche  «leii  Commentar  zum  eigentlichen  Buche 
zu  einem  nicht  geringen  Theile  geradezu  unbrauchbar 
machen.  Denn  wir  müssen  durchaus  erklaren,  dass  Hr. 
P.  keinen  schlimmeren  iMissgriff  thun  konnte,  als  den, 
dass  er  erstlich  Quarlanern  und  Tertianern  zutrauen 
konnte,  liitei/iisclie  Noten  zu  verstehen,  oder  auch  nur 
zumuthen,  dass  sie  sich  damit  hcruinplagen  sollten,  weil 
ihnen  «liess  alle  Lust  und  allen  Eifer  ersticken  wird,  so- 
«lann ,  dass  er  sie  ihnen,  und  nicht  bloss  ihnen  ,  sondern 
überhaupt  allen  denen,  die  aus  diesem  Buche  leruen 
sollen,  in  dieser  keineswegs  einfachen  und  populären, 
sondern,  wie  es  scheint,  recht  mit  Absicht  gelehrt -philo- 
logisch zugeschnittenen  Form  darbieten  konnte.  In  den 
ersten  Abschnitten  aus  dem  Stobaus,  Aesopus,  Aelianus 
nimmt  der  A'erf.  noch  einen  so  niedrigen  Standpunkt  an, 
«lass  er  ausser  der  Kenntniss  der  Dedinationeii  und  der 
gclaiiligsten  Formen  des  A'erlmm  barytonon  Nichts,  nicht 
einmal  Bekanntschaft  mit  dem  Participium  von  i/Ki  (cf. 
S.  J,  lll),  noch  mit  solchen  Aoristen  wie  löijltc'.vfrf.  S.7, 1) 
voraussetzt;  und  ilennoch  wird  Einem,  der  nicht  Set 
und  Tt  0 1 1' 0  t.  t  abzuleiten  weiss,  zngemuthet,  Fabricii 
hiilinlheca  Graeca  (S.  5) ,  Miireli  l'arr.  Lecit.  (S.  7), 
Euripid-  Eleclr.  und  Scholiaat.  ad  Aristoph.  Nui/j.  (S.  19), 


Reiz,  de  Acrent.  Incltn.  und  Achnl-  zu  vergleichen  ; 
ferner  schon  Ivenndiiss  der  römischen  Antiquitäten,  z.  B. 
des  römischen  Rechtsweseiis  genug  zu  besitzen  ,  um  sich 
in  Belehrungen  zurechfziilinden ,  wie  «lic  folgende  ist 
(S.  .S):  „iloulhoftia  vu.v  J'urensis ;  pr.  ciiim  dies  est, 
de  ijuo  convenit  inter  actorem  et  reiim,  vadimnnii  obeundi^''! 
Und  so  wird  es  iininer  gelehrter  und  philologischer,  je 
weiter  man  hinaufsteigt;  ininier  zahlreicher  kommen  die 
gelehrten  Citate  von  Achilles  Tatins  an  und  fast  aus 
allen  Weifgegenden  der  philologischen  Literatur  her- 
beigeschafft; Seidler  zu  Euripid.  ( S.  41),  Lübeck  zu 
P/iri/riic/tus  (S.  43),  Scliaej'er  und  Reisk.  im  ///(/.  zu 
Demosth.  1  liurmann  zu  l'/iaed.,  Reisig' s  C'onjectan. 
zu  Aristoph.  ,  Bissen  zu  I'indar.  ,  Drakenborch  zu 
Liv  etc.;  ferner  alte  (iramniatiker,  Scholiastcn  und  Lexi- 
kographen: Schal,  z.  Aristuph.,  Eustath.,  Phavnriii.,  Zo- 
tiar-,  Eti/mnlug.  M.,  Thom.  Mag.;  gar  nicht  zu  gedenken 
der  vielen  Verweisungen  auf  andere  griechische  und  rö- 
mische Schriftsteller  aus  allen  Gattungen ,  Dichter  und 
Prosaiker,  und  der  Menge  von  unnöthigen  Parallelstellen ! 
Und  diess  Alles  ist  innerhalb  der  für  Anfänger,  d.  h  für 
solche,  die  noch  die  Formen  erlernen,  oder  höchstens 
eben  erst  erlernt  haben,  bestimmten  Abschnitte  bis  zum 
Schluss  der  Luciaiiischen  Stücke  S.  7li.  Ausser  dieser 
Citatcngelchrsainkeit  ist  es  die  philologisirende  Vortrags- 
weise, «lie  Einen  beim  Lesen  des  Commentars  immer  an 
das  Handwerk  —  man  erlaube  einmal  diesen  Ausdruck  — 
erinnert,  so  dass  man  nicht  selten  zu  glauben  ge- 
neigt wird,  Hr.  P.  habe  junge  Philologen  gleich  von 
nuten  auf  für  die  künftige  Handhabung  einer  schuluia»- 
sigon  Comiiientationstechnik  anbilden  wollen.  Da  fehlt 
CS  nicht  an  hochtönenden  Terminis,  wie  Syncht/sis,  Pro- 
lepsis,  Epanalepsis  (schon,  S.  19),  Periplirasis ,  der  ge- 
läufigeren, wie  flietaphora,  Ellipsis  ,  zu  geschw eigen;  die 
Bedeutungserklarungen ,  die  grammatischen  Bemerkungen 
nähern  sich  dem  Anstrich  gelehrter  .Sprachbeobachtungen 
oder  haben  ihn  wirklich,  statt  dass  sie  sich  einfach  auf 
das  Bedürfniss  der  Stelle  besihränken  sollten;  die  histo- 
rischen und  antiquarischen  Noten  erörtern  das  Sachver- 
hältniss  nicht  ohne  Streben  nach  Erudition.  Die  unpo- 
puläre Fassung  wird  ein  Beispiel  erläutern,  welches  sich 
schon  zum  Aelian  (S.  21  ,  Absclin.  VI)  findet:  „Kofii- 
Cttv  .  oiy.  eifOTlV  ex  praecedentibus  adsciscere  seusns 
non  patitur.  alterum  igilur,  ut  fil  pro  solcmni  i/uadam 
in  oersione  verborum,  ex  eodem  illo  aJsumendum, 
vel  ex  prioribus  per  hyperbaton  repetendum  VdftoC, 
y.Eivai.''^  Wie  soll  eine  solche  Note  ein  angehender  Er- 
lerner des  Griechischen,  der  kaum  die  Verba  piira  kennt, 
verstellen?  Dergleichen  kommt  natürlich  mehr,  je  weiter 
das  Buch  vorrückt  (Beispielsweise  vergl.  man  nur  noch 
Luc.  1I[,  1.  p.  58  dio  Note  zu  tüvio  iy.aivo ,  noch 
mehr  zu  IV,  5.  p.  60  t/'s  To  ti'ov),  zu  Paus.  p.  80  ivvfil- 
Cti'  iivai,  p.  81  dväncuOTU  u.  dergl.  m.)  so  dass  auch 
zu  den  spätem  Stücken,  wo  der  Schüler  die  lateinische 
Einkleidung  wohl  eher  vertragen  kann,  doch  diese 
hochstrebende  und  gelehrte  Haltung  den  Comuienlar  über 
die  Sphäre  seiner  Bildung  und  Erfahrung  nicht  selten 
Linausrückt.  (Bcschluss   folgt.) 


Zeitschrift 


für    die 


AI  tertli  II  ms  wissen  Schaft 


Sonntag,   14  Jpril 


18  39. 


Nr.  45. 


Eclogae  sive  exrcrpta  e  rariis  scripfoiibiis  graecis.  In 
nsam  iiivcii'utis  aiiiiijiiar.  littcrar.  sluiliosae  dispos. 
et  notis  iiis<r.  Car.  Passow  Dr.  Pars  I.  quac  coii- 
tinet  scripiores  orat.  peilestr. 

(  B  e  s  c  h  1 II  s  s, ) 

Sehen  wir  jetloch  von  diesen  freilich  sehr  einfluss- 
reichcn  und  weifgreifendcu  Mangeln  der  Methode  ab  und 
betrachten  den  X'Tjnimentar  nielir  in  Rücksicht  auf  die 
Anlässe  und  Gegenstände  der  gegebenen  Erh'interiingen  , 
so  ist  allerdings  erkennbar,  dass  der  Herausgeber  den 
Zweck,  Erleichterungen  des  Verständnisses  zu  geben, 
nach  den  drei  Seiten  hin,  der  grauiniatisrhcn ,  lexikali- 
schen und  historischen  Interprctatinn ,  zu  verfolgen  und 
dabei  einen  gewissen  Sfiifengang  zu  beobachten  sich  be- 
strebt. Daher  würde  auch  in  dieser  Hinsicht  der  Com- 
nicntar  schon  zu  genügen  im  Stande  sein,  wenn  nur 
überall  das  Bcdürfniss  jjes  Erleichterns  mit  richtigem  Takt 
herausgefühlt  und  dessen  Befriedigung  mit  sicherer  Hand 
besorgt  wäre.  Aber  wahrend  in  grammatischer  und  lexi- 
kalischer Hinsicht  eine  ganze  IMengc  trivialer  Kleinig- 
keiten und  Einzelnheiten  mitgegeben  ist,  wovon  unten 
einige  Beispiele  werden  aufgeCührt  werden  ,  vermisst  mau 
bei  sehr  vielen  ^Veranlassungen  bei  weitem  nöthigere 
Aufklärungen,  die  das  Sinnierständuiss  in  ganzen  Gedan- 
ken und  zusammengesetzten  Gedankenfheilen  erleichtern 
sollten,  ganz  und  gar.  Beweise  liefern  alle  Stücke. 
Denn  z.  B.  beim  Stuhaeus :  ein  Anfänger,  dem  no.Ii 
für  alle  mögliche  Verlialformen  die  Themata  angegeben 
werden  müssen,  wird  auch  noch  Winke  verlangen,  um 
iu'  einem  Satze,  wie  S.  3,  St.  IV.  ziioysvng  ylzrty.ov 
civoi  iyy.a\.  y..  r.  X.  ist,  sowohl  die  Construction  im 
Ganzen  ,  als  im  Einzelnen  das  ^^erstänilniss  einer  Zusani- 
menfügung,  wie  vyitia;  luv  TTOlljT/y.ü^  aufzufinden;  er 
nird  sich  auch  nicht  zurechtfinden  in  dem  Satze  des 
folgenden  Stückes:  ^IltojviSlj:;  £QaJTIjl}£ii  X.  T.X.,  ohne 
«lass  ihm  Belehrung  gegeben  ist  über  das  syntaktische 
A'^erständniss  von  jjOi'}Mif.tljV  av  und  über  die  ßezieliniig 
des  Participialsatzes  y.aTiyvoyv);.  Ingleichen  wird  Einer, 
der  noch  nicht  weiss  oder  sclbstständig  auffinden  kann, 
«lass  cVi/.a  „caussn^^  bedeutet  (p.  3),  noch  viel  weniger 
«lie  eigenthümliche  Redensart  (pevysip  Tijv  Si'yjv  sich  zu 
deuten  verstehen.  Ebenso,  «enn  wir  eins  der  Stücke  für  Ge- 
übtcrc nehmen,  z.  B.  Pausaniits :  hier  bedurfte  die  harte  Fü- 
gung des  Satzes  S.  81)  II.  4. 3Ieaa>jvioii  Z'^"  oi'v  llktioi  — 


ß6l]9£lit  durchaus  einer  Erläuterung,  und  viel  schwerer 
wird  ohne  eine  solche  dem  Schüler  die  Auflösung  und 
das  "l'erständniss  der  Worte  ebendas.  HI,  2  sein:  i]fjav 
8s  xcii  aio9ia9(u  —  fdXXovTO(;.  Doch  der  Fehler 
liegt  nicht  bloss  in  einem  materiellen  IMangel,  sondern 
er  trifft  auch  hier  zu  gleicher  Zeit  die  Methode:  er  liegt 
in  beiden  gemeinschaftlich,  im  Uebcrgehen  der  richtigen 
Anlässe  zum  Erläutern  sowohl,  als  im  ^'erfehlen  der 
richtigen  AVeise.  Der  Commentar  ist  zwar  sehr  reich- 
haltig, in  vielen  Stücken  überreich:  er  enthält  eine  Menge 
Bedeutungserklärungen,  eine  grosse  Anzahl  grammatischer 
Noten  —  wobei  sich  ,  um  das  hier  beiläufig  zu  bemer- 
ken, in  Betreff  der  benutzten  Grammatiken  die  Inconse- 
quenz  findet,  dass  statt  des  Buttm.  und  Mattli.,  welche  die 
Sv^orrede  als  ,,polissini!im  in  partem  negotii  vocatos"  be- 
zeichnet, ebenso  häufig  Uernhardtfs  AViss.  Synt.  citirt 
ist,  und  bei  Veranlassungen,  wo  jene  nicht  minder  die 
nothige  Belehrung  darboten  —  ferner  eine  Fülle  von  an- 
tiquarischen und  überhaupt  Realnotizen.  Aber  durch 
diese  Koten  werden  in  der  Regel  nur  Einzelnlieiten  er- 
läutert. AVo  nun  die  Schwierigkeit  im  ganzen  Gedan- 
ken und  dessen  eigenthüniliclier  Zusammenfügung  liegt, 
da  mangelt  es  entweder  ganz  an  der  nöthigen  Erleich- 
terung —  wie  in  oben  angef.  Beisp.  —  oder  die  Hülfe 
wird  gleich  durch  itörlliche  Ueierselzung  der  Stelle 
dargeboten,  sowie  auch  die  Bedeutungserklärungen  ein- 
zelner Ausdrücke  meistentheils  nicht  ohne  Uebersetzung 
des  jedesmaligen  Wortes  davonkommen.  -Diess  nützt 
unserer  Ueberzeugung  nach  in  den  meisten  Fällen  weiter 
^Nichts,  als  dass  es  dem  Schüler  Gelegenheit  gibt,  ge- 
dankenlos hinzunehmen,  was  ihm  so  leichten  Kaufs  ge- 
boten ist.  Viel  zu  wenig  ist  dagegen  jene  weit  mehr 
übende  und  schärfende  Methode  gehandhabt,  vcruiitfelst 
Belehrungen  über  die  Structurverliältnissc  des  Satzbaucs 
und  vermittelst  Andeutungen  für  die  Auflösung  und  Er- 
kennung verwickelter  Wortstellungen  zu  selbstthätiger 
Erschliessung  des  Sinnes  anzuleiten  oder  auch  zu  nöthi- 
gen. Und  abgesehen  von  dem  jNutzen,  den  diese  Weise 
für  die  Bildung  des  Verstandes  hat,  ist  sie  in  vielen 
Fällen  sogar  für  den  blossen  Zweck  der  Erleichterung 
nicht  allein  erspriesslicher,  sondern  nothwendiger,  als  die 
Erklärung  aus  dem  ganzen  Satzbau  herausgerissener  syn- 
taktischer oder  phraseologischer  Eigenheiten;  und  in  der 
geringen  Rücksicht,  die  ihr  zu  Tlieil  geworden  ist, 
liegt  eine  Hauptsache,  dass  ungeachtet  der  Reichhaltigkeit 
des  Commentars  doch  oft  nicht  genug   gethan  scheint  für 


355 


35G 


<1,T<   Bdilirfiiiss  des   A'ors<;imliiissps.      DIoss  inaclii  sich   am 
fulilli.irsti-n     bei     srlm  ieri^eien    Scliriftstelleni ,     »ie    beim 
Achilles    Tati'is     iiiiil     «jaiiz    besonilers    bei     dem    in   seinen 
PeriodcMi    ni(  ht    selten    lan^   hin   sicli  dehnenden  und  durch 
tlriufnn^    von    nianiherlei    .Xebentverk    srhtver   und   dunkel 
ersehe  inenden    l'lularc/i ,    "ic     <lenn   Her.    aurli    iiiclir   als 
einmal    das    Lrlhcil    von    };eiilifeii     Srhi'ilern    (Primanern) 
vernommen     hat  ,     ilass    die     Leeliirc     des    Plutaich     ihnen 
nianiherlei    Seh»  ierijjkeiteu    darbiete.       üui    nur   ei/t    I5ei- 
sjiiel    anzuführen,    «vie    soll    ein    Schüler    —     und     tvalir- 
sdieiiilich  sind   liier  Secundaner  anzunehnieti    —   mit  den 
unzureichenden   Bemerkungen    p.    |UU  sich    durt    in    dem 
Satze  c.  4  zu   Anst. :   ididuoy.ui'  dt   TOi<i  Tlaidcti;  x.  t.  k. 
zurechtiinden  ?      Und    nun   bemerke  man   den   .4Lstieh:    zu 
demselben     Schriftsteller    sind    nuch    Dinjifp    eiklärt,    wie 
j).   UIÜ :  „orov,    veluti,    ul  exemplo  utar^^    p.    101:    „rw 
itiiov,    roinp.   TO    y.oLilTuv  snpra   Ael.   XXXII,  8"  (es 
heisst    nämlich    tu    ihiov    hier    einfach    ,,ilie    Gottheil", 
«as  jeder   Schiiler   von  selbst  findet)  ;   p.  10  I  '•    oj^Tieo    i.  q. 
saepius  lej(imus   oiuv,  velitt'^ ;   p.   'J',)    zu  den   Worten   au 
()'   alAiJ ,   dass  itv   für  luv   stehe,   wozu  sogar  <lie  Ueber- 
setzuiijf  gefugt    wird   „si  (jnis  sit    deprehensus";    oder  die 
iiiiiiothigiMi   Uemerkungen    p.    lüÜ  ,.,£udvi    i't  dojfijg,    ut 
alias   tt',;/),-    ix   Tluidiuv ,    formulae    ap.  Plut.   frequentis- 
üiiiiae" ,   p.    102   „aiiu    notandimi   quater   rejietitum   in   ca- 
dem   periodo",   dazu   eine    Parallelstelle    aus    Homer!      Ein 
Leser    des    Plut.    muss    auch    keiner    Xachweisung    mehr 
hedürfeii    über    tlvui    c.   genit.    und    ötartKiiv  c.   partic. 
(p.    H)5),    er    muss  sich   schämen  ,^    sich  sagen   zu  lassen, 
dass  tv    Ti    TDvxo    Tujv    y.alAiiv   heisst    „inter   miilta  alia 
liiina   unum    fuit"    (ibid.),    was    zugleich    eine    recht  gute 
Probe    geben    »ird,     bis    wie     weit    der   Herausgeber  seine 
Freigebigkeit  in   Beifügung  von  üebcrsctzungen  ausdehnt. 
^  Oll    Uebersetzungen    finden   sich   fast  auf  jeder   Seite  Bei- 
spiele,    in    der     Gegend,    aus    <ler    die     eben    angeführten 
Sachen    eiitnüminen    sind,     z.   B.   p.   98,   c.   2    v'iOTl    ui'iTC 
V.nioov   '/..   T.  Ä. ,    eine   L'cbersetzung ,    die   weder  richtig, 
iiorh   leicht    verständlich    ist:    ,,ut    neque    tempus  ,    nequc 
locus   correctore    atqiie    casfigatorc   peccantis,    alicuius   va- 
ciius   iisdeni   egerct",   denn   tfjy^uuv   gehört  nicht  bloss   zu 
■/iijoiov ,  sonilerii  auch   7U  y.at(jöv ,  ijsrfeOT  steht  gar  nicht 
Uli    Texte,   li.:iiiu'rito'Jul    aber   ist   mit    i(jjjiluv    in  einen 
Begriir  zu    lerbinden.      Aoch  schwerfälliger   ist  ilie  Ueber- 
setzung  p.  9  )  (CftiJicui    iig  fdijy.oi  —  ijllölbüvTUi)   und 
gewiss   nicht  geeignet,   dem   Schüler  Deutlichkeit  zu   ver- 
schalTen ;     zweckmässige    Erklär ungen     würden     hier    viel 
mehr   ausgerichtet   haben.     Dann    wieilcr   p.   IU3   {pi/.d.t  — 
Ulla    TW    voitioitaTi),    p.    1()4  {oi<)l:v(j; — üivn/.oi'v- 
iu)V,    ein    ganz    langes    Stück),    und    in    demselben   ^>r- 
liältniss  fort,    darunter    vieles    sehr  Triviales   und   Leich- 
fes,   wie   s<lioii   die   oben   angeführten    Beisiiiele    bevv eisen. 
Ciid    daneben    ist    dann   der    linerlänlertcn    .Schwierigkeiten 
liiie  Menge    übrig  geblieben,    bei    dem    Einen    weniger,    bei 
dem    Andern,     /..    B.     beim    Arrian,    mehr    sich     fühlbar 
machend. 

Es  Hürde  aiier  mitunter  vielleicht  nicht  einmal  so 
u'efühlt  weidcMi,  dass  eine  erleichternde  Btinerkiing  fehlt, 
wenn  llr.  P.  dem  Schüler  das  ^ersländniss  nicht  daduri  h 
iiorh  erschwert  hatte,  das«  er  im  Texte  und  aurh  in  den 
Aotcn  eine    äusserst    sparsame   Interpunction    angewendet 


hat,  zwar  nicht  conseqnent,  oft  aher  doch  so,  wie  es  in 
einem  Scliulljuihe  unserer  Ansicht  nach  gar  nicht  sein 
darf.  Der  Uec.  muss  hier  w  iederh<ileii ,  was  er  ander- 
wärts gesagt  hat:  es  heisst  das  Bedürfiiiss  einer  Schul- 
ausgalie  hartnäckig  verkennen  ,  wenn,  man  sie  streng  iiaeli 
den  Priiici|MPn,  die  ein  icissfnsclinftlic/ies  Buch  woh! 
befolgen  darf,  interpungirt  verlangt ;  De.ullichkeit  für  das 
Verstäiidniss  nach  dem  Standpunkt  von  Schülern  ninss 
vor  All<'m  zuerst,  dann  zum  zweiten  alle  damit  verträg- 
liche  Einfachlieit   beim  Interpungiren   erstrebt   werden. 

Einen    Grund    mehr,    um    die     lateinische   Einkleidung 
des   Commentars     in    diesem   Buche    nicht   zweckmässig   zu 
finden,    iiiiichte     leicht   auch    die    Betrachtung  der  stitinti- 
Schen   Seite   darbieten.      Denn    ilie   Latinifät,   die   sich  hier 
findet,     ist   keineswegs    leicht   und   plan   (schon   wegen   der 
vielen    Termini    technici),     nicht    selten    ziemlich   schwer- 
fällig   in    der  .Satzfügung,    überladen    und   gesucht.     Man 
vergl.    nur    die    literarhistorischen   Einleitungen,    nament- 
lich  zum   l'lutnrch   »iid  In ocr/il es ,  oder  jene  ücbersetznn- 
gen ,    von    denen   schon   eine  oben   würtlich   angeführt  ist, 
die  andere   (p.   9n)  aber  heisst:    „corpora   in   longiim  pro- 
ducuntnr,   quum  spin'lus  levilale  corporis  expedife  facile- 
que  cresceiitis  dticlus  sitrsum  J'erlur,  neque  vero  ciborutn 
copifi    in    profu/idum    IntuiiKjue    suppressus  viultum  com- 
moralur  et  occitpalur"' ;  ferner  Noten  wie  folgende  (p.  lüO) 
und    mit    folgender    Interpunction:     „Participia    verborum 
diversae   inter   sc    significationis  sine  coniuiictionis  vincnlu 
poiiuntur   ita   ut  ulferum   atque  prius   quidem,    quod   sepa- 
ratini     enuntiata     senteiitia    verbiim    finitum     esse    deberet 
(Hermann,     ad     Soph.     Oed.     Col.     17^)      noniini     sno    sif 
pruxinHini   atque   princijiale,   alterum   vero   vel    novi   aliquiil 
vel    latiorem    noininis     definitionem    adiungat",     die    auch 
Unsereins,    nicht    ohne    sie    einigemal     durchzulesen     und 
hier   und   da   nachdenkend    einzuhalten,    zu    fassen   vermag. 
Das    Gesuchte     zeigt  sich    besonders   in    einzelnen    .ausdrü- 
cken   und    deren  ungewöhnlicher ,   nicht  selten  ganz  sprach- 
widriger   Zusammenstellung,    z.    B.    p.   43 :     „ars    res    vel 
laiignidiores  excilftridi^^   und  ähnlich  p.  V14 :   „pron.   rt/'ro; 
orationis  viiii   egregie  e.i-cjVrt/",   p.  33 :  „quibiis  potissimum 
aculeis   usus  iilem  eff'uderit  (iiocia) ,   roniicias  etc.'',  p.  40: 
„vocis    frigidam    affectalinnem    arguere    vix    opus    crit"  , 
p.  79:   .■llhjvrjOi  c.  iota  depini^endum  est",  p.  \[)i:  ,,vox 
minus    honesta    h.  1.    videtur    sensu    violliori  cnnvertenda 
(der  zwar  althergebrachte,  aher  darum   nicht  minder  ver- 
werfliche    und    schon    von    so    Vielen    öllentlich     getadelte« 
Notenausdr.   seiisus ,    st.   significatio,    tritt    überhaupt    alle 
Augenblicke  auf),   p.    187:    ad    seinet    ipsiim    a//ire   f  ? )", 
p.  24l):    „verborum    conversionibus    popiilnm  ad   se   pelli- 
ccre  (soll   wahrscheinlich   heissen  :  durch  IVortverdrehun- 
gen,  da  doch  jene   Redensart  als  rhetorischer  oder  gram- 
matischer   Kunstausdriick    etwas    ganz   Anderes     bedeutet). 
Oder  die   Redensarten  sind,    wenn    auch   diircli   eine   Au- 
torität  zu   entschuldigen,    doch    wenigstens   sehr   entlegene 
und  einzeln  vorkiiminende,   wie  das  Plautinische    „in  aleam 
provocare'''' ,    welches    überdiess   Plantus    nicht    mit  einem 
sachlichen   Object,    wie  Hr.   P.   (oinnia    sua  p.   ^2) ,    son- 
dern  mit   einem     persönlichen    constriiirt,    oder   „a   primis 
discendi   incunabulis^'-,   wozu   Qiiintil.   (Prooein.   Jj.  (i)   und 
Cir.   (ürat.    |.S)    vorsichtig     ein    ijuasi    und     velul    hinzu- 
fügen,   llr.    P.    aber    nicht.      Endlich    auch   fehlerhafte 


357 


358 


Cons<rutli(>neii,  « ie  p.  42:  „sive  poeticis  quibusdam  as- 
suiii/is  sivo  viri/ji's  tlialer/is  parum  ciiraiiffs"  (soll  hier 
(urare  mit  «Irin  Dat.  constriiirt  sein,  odiT  wie  ist  der 
»Tiifaktisrhe  Ziisaiiimcnliaii-j  zu  iiehnicn  t)  ,  p.  1U2  aenti- 
niare  bcliaiidclt  wie  iiiilirare  mit  dopp.  Arcus.  .,  suos 
mores  ceteris  raiiilidiores  aestimat",  verweschselto  Con- 
HlnirtioiK-ii  ,  nie  p.  114:  „populus  in  memoriatn  revoca- 
tur  ?'('rum"  st.  popii/o  res  icvocrtiitur  ,  auch  falsche  For- 
ini'M  ,   «ic  p.   T2ti   cl.   Superl.   mnturrime. 

Wenn  wir  nach  allem  tliesem  nicht  im  Stande  sind, 
das  Buch  des  Hrn.  P.  in  der  Einrichtung,  die  es  jetzt 
liat,  seinem  Ztvecke  goliürig  entsprechend  zu  finden,  so 
hoilrn  und  ui'iuschen  «ir  um  so  mehr,  dass  Hr.  P.  die 
Vais  II.,  die  er  dem  Titel  nach  noch  herauszugeben  ge- 
denkt, nach  einem  verbesserten  Plane  einrichten  werde, 
dem  eine  weniger  bedingte  Empfehlung  dann  nidit  feh- 
len wird.  Es  ist  nicht  ohne  Rücksicht  auf  diese  Absicht 
des  Herausgebers  gescliehen  ,  dass  der  Rec.  diese  P.  I. 
einer  genaueren  und  ausführlicheren  Prüfung  unterwor- 
fen  hat. 

Die  äussere  Ausstattung  des  Buches  ist  zu  billigen ; 
nur  haben  wir  Accente  und  audere'Zeitheu  nicht  überall 
im  Drucke   beigegeben   gefunden. 

H.  Seh. 


Einige  Verbesscriin^.svorscIil;ige  zum  Chorgesange 
in  Eiiripides  Helena  v.  1124  f. 

AVic  sehr  ungeachtet  der  eifrigsten  und  selbst  zum 
Theil  mit  gifiuzendem  Erfcdge  belohnten  Oemühungen 
der  ausgezeichnetsten  Gelehrten,  souohl  der  früheren, 
als  ganz  besonders  der  neuesten  Zeit  die  Kritik  und  In- 
terpretation der  Heroen  des  griecliisclien  Trauerspiels 
noch  im  Argen  liegt,  und  wie  schlimm  selbst  derjenige 
unter  ihnen  wenigstens  grossentheils  noch  berathen  ist, 
der  von  den  ünbildeu  der  Zeit  weniger,  als  seine  gros- 
sen Vorgänger  gelitten  hat,  davon  hat  Hermann's  Aus- 
gabe von  Euripides  Helena  einen  leider  unumstüsslirhen 
Beweis  geliefert.  Mögen  gleich  die  Worte,  welche  er 
fast  zum  Ausb.'iugpschilde  seiner  Einleitung  gemacht  hat, 
dass  es  ihm  der  IMühe  wcrth  geschieiien,  ilieses  Stück 
lesbar  zu  machen  (ut  legi  sine  olTensioiie  haec  posset 
tragocdia),  Anfangs  einem  milden  Beurtheiler  scliroff, 
einem  strengen  ruliinredig  erscheinen,  so  wird  ihm  doch 
nach  einer  genauen  Prüfung  seiner  Arbeit  ein  Unbefan- 
gener den  etwas  starken  Ausdruck  leicht  zu  Gute  halten. 
Das  ürtheil  ,  welches  er  über  seine  Vorgänger,  nament- 
lich Mattliiä  und  Pflugk,  die  doch  auch  nicht  ganz  ohne 
Verdienste  sind,  ausspricht,  ist  hart;  aber  man  kann 
nicht  in  Abrede  stellen,  dass  erst  jetzt,  nach  Hermann's 
Arbeit,  an  vielen  Stellen  die  Corrnptel  au's  Licht  gezo- 
gen ist,  während  die  früheren  Herausgeber  sie  ganz  aus- 
ser Acht  licssen,  dass  die  Mehrzahl  seiner  sehr  vielen 
Vcrbesserungsvorschläge  schlagend,  und  alle,  wie  sich 
diess  nicht  anders  erwarten  liess ,  Proben  sinnreichen 
Scharfsinns  sind.  Auffallend  ist  es  freilich  sehr,  wie 
Hermann,  der  Andern  so  oft  den  Vorwurf  eines  zu  kecken 
Verfahrens  macht,    ohne   Weiteres  alle  seine  Emendatio- 


nen  in  den  Text  gesetzt  hat  —  es  mfichte  wahrlich  nicht 
schwer  (allen,  den  Beweis  zu  liefern,  dass  in  dieser 
Beziehung  das  Maass  von  ihm  überschritten  ist.  Doch 
es  ist  keineswegs  meine  Absicht,  eine  Kritik  seiner  Au.*- 
gabe  zu  liefern,  sondern  vielmehr  einige  Bemerkungen 
über  das  Chorlied  v.  1124  f.  mitzutheilen ,  zu  denen  ich 
grossentheils  eben  in  Folge  seiner  Ausgabe  veranlasst 
wurde  Ich  gebe  daher  zunächst  den  Hermann'scheu 
Text: 

Ei  rdv  ivavXetois,  vnu  dsvS^oy.öiioiq 
1125   f^ovoita  v.ai  däv.ovo,  i:viC,ov(juv  uvaßoüov>, 
ae  rav  doiöoTc'.TC.v 

oQvida  i^iik(i)f)op  äijdova  Say.Qvösoaav, 
eX^',  oj  dtu  i;oi'düi'  yeviwv  ike}u^of^iLva., 
dgijvoti;  e/io/^g  ^rveQyöi, 
1130  'EKivai  uikiovq  :i6povq 
Tov  'Jkiadojv  r'  dei- 
SoL'oa  öa/.Qi'öevia  nvvov 
'Axutwv  in  6  küyya«;, 

öl   tfAoXsv,   iiioKs,   Tredi'a  ßapßdoo)    7? Aar« 
1135   ÖS   'iÖQane  ^udia,  ^iikea  ngtaf-iiöaii  dyujv 
Aaxsöa/'/ioDoc,  dno  \ixha 
Oidev,  vj  Ektva,  nduiq  alvuyaf.ioi 
noj^maiaiv  'ylcpoodirag. 

' Ai>TiOT()0(fi]  a. 
IIuXXol  d'  'Ayaiüjv  ev  öupl  y.al  Trsrgiva/i; 
1140    Q/Ttaioiv  iy.nv£ÖoavTi<;  aödv  jAtkeav  i%uvoiv, 
Tokaivav  viv  dkoXMV 
y.ti()uvr£i    ii)ei()av    ävi'/.t(f.a     dt     idku^QU 

yetrai  • 
TtoXkovi  6e  irvQaevaaq  (pkoyiQov  aekag  d^- 

(fiQvvav 
Evßoiav  (11!  'Ayo-LiZv 
1145   [lovdy.ojTTo;  dvijg,  Tiirpaig 
Kaffi^üiotv  kußakojv , 
Aiya.iuiQ,  x    kväkoig  döktov 
dy.raig  domga  kdinipai. 

dlifiEva  5'  uoca  Mdkea,  ßa^ßagov  oiokuq 
1150    or'  iovio  Tiarülöoc,  dnonou  /£/^<ßrwj^  nvoa 
Ttgaq  ov  rigao.,  igiv  igiSi 
Aavaujv,  vecp(ka<;  enl  vava'iv  dycuv 
eiöuikof  hgav  "Hguq. 

"O  XI  ^eo;,  ij  f.a)  9eag,  ;;  rö  [xioov 
1155    xii  cpvniv  £g£i>vij(Sag  ßgoxiSv 
/laxgorarov  negag   evgev, 
6i  XU  i^culf  iqoga 
ÖEvgo   Y.al   abdlQ,   EV.ElGE 

y.al  Ttaktv  dvxikoyoig 
1160    nijöiovx'  dvEkniaiuii  xv^uig; 

m  zl/oq  tcpig,  tö  'Efii'ct,  duyaTijQ' 

Tlxavog  yag  ev  yökTtoii  OE  Aij- 

daq,  Exsy.vujOE  TTari/g.^ 

v.ax'  /axi;i^i/C  y.atY   Ekkaviav^ 
1165   ugööoxii,  d/iioxoq,  dö/y.oi;,  dSeog-  ovÖ'  sx^i 

xi  x6  aacfSi,  u  xi  noz'   e/j   ßgorotg. 

t6  xoi  dsiov  ETiog  dkadig  Evgov. 
'AvTioigoffi)  ß'. 

'A(fgovEg,    liooi  xdg  dgsrug  TrokEfxoj 

zr«öi>e,  öogog  dkyaiou  xe  koy- 


359 


360 


1170   ;^«<s  v.arai:avö^iivo(  ito- 
doi'i  daväiDV  dnaddÜs- 
ei  ycto  atu)J-a  y.piiei  viv 

Ktidiei  y.ur'  dvi^(jajnujv  TTÖkstg' 
1175   «  iJoiauiSo;  ydg  eTreXsv  daXduoiq, 
i^ov  8toodi!)Oat  Loyot^ 
odv  hoiv  ,  w  'Ekiva. 
vvv  ö'  Ol  uti>  Ai8a  ttikovrai  y.dxuf, 
r£ij(£a   Se,    (fKoyubi    ujovs  z//üs,^  ei^kavro 

1180  £T<  8e  Ttädea  Trauern  (feQSC? 
ev  ddi-ioti  Tid&eo/v  Tkioioiu. 
Die  Aendcruiigeii  Hennami's  bestehen  im  rolg-cnden, 
y.  113Ö  iit/Aoi'i  fiir  ueKta^,  «eil  sich  dicss  I5eiHort 
richtiger  auf  die  Leiden  der  Helena,  als  sie  selbst  be- 
ziehe, aiirh  so  für  den  Wohlklang'  besser  gesorgt  sei; 
»■.  1132  dflÖutoa  f'ir  deiöovoa,  sowohl  des  Bietruins, 
aU  des  Gedankens  wegen;  v.  1134  ör  etloXs  fiir  öq 
cnot.C  nach  einem  A'orschlage  des  Hrn.  Hoffmann  in  der 
•'riechischeu  Gesellschaft;  v.  1137  Oedsv  (ö  'EÜva  für 
oiüsi  Wj  ttLS  f  eine  Torfrcffliche  Emendation  Seidlcr's, 
».  1149  di.iiieva  8'  öoca  MaKea.  fiir  dkif^uva  »V  ö^ea 
iilhca;  y.  1151  toip  io/öi  hauptsächlich  des  flletrnms 
wegen  für  d/.k'  £oiv;  v.  1155  w;  cpüaiv  —  £Ö(jev  für 
t/  (Tri  oder  (fTJq  ei'Oüiv;  r.  115U  §£pQO  für  öeivc,  cijio 
auch  »on  Pflugk  aufgenommene  ^'^erbessernng  Dolirecs; 
r.  1104  y.ÜT  taxij9i;i  für  das  corrupte  yat  '('-X'}  <?'/ ' 
V.  1165  TTQoöoTii,  ditiOToq,  dör/.oq ,  ddeoc,  für  dSi-- 
y.d^  71  podoT/^  u.  s.  w. ,  theils  um  den  Anapiist  zu  An- 
fange des  Trimeter  wegzuschaffen,  theils  wegen  der  rich- 
tigeren Gradation  der  Adjcctiva;  v.  11(37  To  rot  ihüjv 
für  zu  dlOJV  sowohl  der  Sentenz,  als  des  fllctrnms  we- 
gen; V,  1169  d/.y.alov  re  für  dky.atov  des  Metrums 
wegen;  v.  1170  nüDov^  9avdxu}v  mit  Seidler  für  ito- 
voi'i  dvurüiv  ;  v.  1175  d  üpia/nöog  yä^  iTVf/.ev  d-a- 
iduoi:;  für  a'i  IliituniSoq  yui  ikriou  da/.diiovg; 
V.  1181  endlich  iv  d.3t.ioii  Ttd.di(j(v  aus  metrischen 
Gründen  für  di^fJu/g  Lv  Off^KfOpuiq. 
(Beschluss  folgt.) 


Person  al-Clironik  und  Mise  eil  eu. 

Jena,  27.  I'<I>r.  Wir  cnllclincn  für  unsere  Leser  Folgen- 
des den  ölTcnllicIim  l'lattetn.  Der  gcstriKC  T.ig  war  nns  ein 
holicr  Kcslta^.  /!alilrcicli  versamincllcn  sicli  Verehrer  nnd  Freunde 
des  Jubelgreises  Kiltcr  Dr.  Eichst  adt,  um  ilon  mit  Jiigcnil- 
feuer  gcriislclcn  Greis  i\i  sehen  nnd  ilim  zu  sagen,  cliircli  wel- 
che innige  Bande  der  Liebe  und  Dankbarkeit  sie  an  ilin  gcfcs- 
•clt  seien.  Den  ersten  Gross  brachte  dem  Jubilar  die  hiesige 
SchiitzengcsclUchalt  durch  eine  Morgcnniiisik  dar.  Zciclicn  der 
.Vncrkenniing  seiner  Vcrdienile  um  die  Wissenschaft  und  Pfan- 
<lcr  dor  Liebe  wurden  reichlich  und  mit  freudigem  Herzen  dar- 
eebracht.  Der  Cnralor  imserer  Universität.  Frhr.  von  Ziegesar, 
i'ibcrreichtc  dem  Ki.nige  des  Festes  eine  wcrthvolle  Dose  von 
dem  durchl.  Grosihei/.oge  yon  S.  \^'cilnar- Eisenach ,  mit  dem 
Nanicnszuge  des  Fiiistcti  in  Brillanten  gcfasst.  nebst  einem  hiild- 
v'.llcn    Handschreiben    dci    Grofshcrzngs ,    und   von   Seilen   der 


durchl,  Ilci'zSge  Ton  S.  Coburg  -  Gotha ,  Meiningen  und  Alten- 
burg den  ernesliniscbcn  Hausorden.  Der  akademische  Senat 
licss  dem  Jubilar  ,,sacerdoti  nnisarum  ,  in  quo  omncs  ,  qui  sa- 
piiint,  divinam  ingciiii  vini  admirantur,  spicndido  doctrinae 
cximiac  cxemplu,  ad  quod  iniit.indum  optinnis  quisque  suspicit, 
philologo  rclebcrrimo ,  qui  tutiiis  antiqnitatis  thesauros  perscru- 
talus  est,  acadcmico  oratori  eloquentissimo ,  ciiius  niirUicara 
artcm  vix  quisqnam  hodie  supcrabit,"  durch  den  Prorector, 
OberappclUlionsgcrichtsratli  Dr.  Giiyet  ,  und  zwei  Dekane 
eine  Volivlafel  überreichen;  der  Dekan  der  tlicnlogischcn  Fa- 
cultüt.  Geheime  Kirchcnralh  Dr.  liaunigartrn  .  Crusius ,  hän- 
digte ihm  das  im  Jahre  ISOS  von  iler  Universität  Rinteln 
erhaltene  F.luendoctordiplom  der  Theologie  ein,  der  Geh.  Rath, 
Dr.  Schniid  ,  Dekan  der  Jnristenfacultät,  das  juristische  Doctor» 
diplom.  Die  Leipziger  philosophische  Facultät  erneuerte  die 
vor  50  Jahren  verliehene  Doctorwürde  durch  ein  Ehrendiplom. 
Die  hiesige  philosophische  Facultät  liess  ihm  durch  ihren  De- 
kan, Dr.  Luden,  den  Aeliesten  dieser  Facultät,  der  Stadtrath 
und  die  Studentenschaft  durch  Abgeordnete  ihre  herzlichsten 
Gli'ickwimsche  darbringen.  Die  Mitglieder  des  philologischen 
Seminariums  sprachen  gegen  den  Jubilar,  Director  dieser  An- 
stalt, ihre  Verelirung  durch  eine  vom  Senior  derselben,  stud. 
tbcol.  Heimburg  aus  Wcnigcnauma  verfasste  Schrift:  De  loco 
cjiiodam  in  Tacili  i'ila-  /i'^vicolae ,  Jenac  1839,  aus.  Von  dem 
Älinisteriura  zu  Allenburg,  der  Landesregierung  zu  Coburg,  dem 
Oberconsistorium  zu  Allenburg,  den  Gymnasien  zu  Weimar  und 
Gotha  gingen  die  herzlichsten  Gliiekwünschungsschrcibcn  ein. 
Von  hiesigen  und  auswärtigen  Gelehrten  wurden  dem  Jubilar 
neue  Werke  gewidmet  und  eingehändigt,  so  von  dem  Gell. 
Consistorialrath,Dr.  Danz,  dem  Professor  Dr.  Succow  (De  cry- 
slallorum  densitatis  et  a.\is  principalis  inter  se  ratioue.  Jenac, 
Ilocbliausen  1839)  hier,  von  dem  Geh.  Hofr.  Jacobs  und  Prof. 
Wiistcmann  in  G(ilha  ,  von  dein  Piofcssor  Obbariiis  in  Rudol- 
stadt,  vom  Dr.  Seidel  in  Leipzig  etc.  Der  Conrcelor  Wagnei 
in  Dresden  sandte  ein  von  ihm  verfassles  herrliches  Gedicht 
ein,  und  selbst  aus  den  fernsten  Gegenden  kamen  die  mannich- 
falligsten  Beweise  von  Ilochachtnng  und  Anhänglichkeit  dem 
Jubelgreise  zu.  —  Um  12  Uhr  IMittags  versanmielten  sieh  die 
zur  Jubelfeier  anwesenden  fremden  und  hiesigen  Honoratioren 
und  die  gesammte  studirende  Jugend  in  der  geschmackvoll  ge 
zierten  akademischen  Aula  und  empfingen  dort  den  Jubilar 
unter  Trompeten-  und  Pankenschall  zn  einem  festlichen  Reile- 
acte.  Zuerst  trat  der  l'niversitatsbililiolhekar,  llofralh  Dr.  Gött- 
ling  auf  und  sprach  in  einer  höchst  geistreichen  Weise:  De 
EichstaJio  oiatnre.  Daraufhielt  der  Jubelgreis  selbst  eine  frelT- 
liche  Rede,  in  welcher  er  Alles  das,  was  ihm  während  seiner 
akademischen  Lanfbahn  durch  Gnade  und  Wohlwollen  zu  Thcil 
ward,  auseinandersetzle.  Um  2  Uhr  begab  sich  die  glänzende 
Versammlung  in  den  von  den  Frauen  hiesiger  Stadt  festlich  ge- 
sclinii'icklen  Rosensaal  zu  einem  fröhlichen  und  heiteren  Mahle. 
Die  Zahl  der  Anwesenden  betrug  112.  Die  Feier  dieses  scho- 
nen Tages  beschlosi  ein  dem  Jubilar  zu  Ehren  von  einem  Theilc 
unserer  studirenden  Jugeni!  veranslaltelcr  Fackelzug. 

Rom.  Das  neulich  gefundene  Grab  vor  der  Porla  Pia  zn 
Rom  wird  nun  von  dem  Eigentlüimcr  des  Weinberge»,  dem 
Grafen  Lozano,  vollständig  ausgegraben,  so  auch  das  alte  Ge- 
mäuer an  das  Tageslicht  gebracht.  Von  Inschriften ,  welche 
iibor  die  Zeit  ilcr  Erbauung,  sowie  über  die  in  der  Nähe  ste- 
henden Mauern  Anfschlnss  geben  könnten,  hat  man  bis  jetzt 
Nichts  uefundcu.  Der  Marchese  Mclchiorri  wird  darüber  seine 
Ansicblen  und  Muthmassungen  in  einer  kleinen  Schrift  bekannt 
machen. 

Bonn.  Dem  ordenll.  Professor  der  philosophischen  Facul- 
tät der  Universität,  Dr.  Frey  tag,  ist  von  dem  Könige  der 
Niederlande  das  Uitlcrkrcnz  des  jNiedcriaudiscIun  Lowcn-Oidenj 
verliehen  worden. 

Vilscck.  Am  25.  März  starb  dahier  J.  N.  llcldmann, 
Professor  an  der  k.  Sludlenanstalt  zu  Rcgensburg. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  wisse  11  Schaft. 


Mittwoch,  17-  yipril 


1839. 


Nr.  46. 


Einige  Vcrljesscningsvorscliliige  zum  Chorgcsaiigc 

in  Euripides  Helena  v.  1124  f. 

(Bescliluss.) 

Ich  liaLe  mir  <lie  Blühe  geg'eben,  alle  Aeiulerungcn 
aufzuzählen,  um  den  Leser  in  den  Stand  zu  setzen,  aus 
cliesom  I)pisi)iele  sich  ein  Urtlieil  üljer  die  Reichhaltig- 
keit an  Emendationeii,  «eiche  in  dieser  Ausgabe  vorlie- 
gen, zu  bilden;  in  einem  Cliorgesange  von  niclit  ganz 
(30  l'ersen  ist  iler  Text  an  lö  Stellen  verändert  worden, 
nie  oline  Grund,  nieistcntheilä  riclitig,  einigemal  jedoch, 
wie  es  mir  scheint,  entschieden  gegen  den  Znsamuicniiang. 
Letztere  Stellen  werde  ich  einer  näheren  Beleuchtung 
unterwerfen. 

S.  1149  bieten  die  Ilandschriiten :  ä/if^ieva  ö'  öo£u 
(Aid.  ooe)  luiXia,  ßa^ßü^ov  oroLäc,,  ute  au  tu 
TtciT^i'dog  dno;  TtQoy^si'iidruiv  Tcvoa  t£qu<;,  ov  rtgug, 
dkK  iQiv  /lavc'.tJjv  viCfikag  eiti  vavOtv  äyviv,  t'iduj- 
}.ov  icQUV  UoaQ.  Die  Abweichungen  sind  ganz  unbe- 
deutend, Flor.  1.  lässt  in  den  ^Vorten  UT£  ah  zu  das 
TO  weg;  Par.  E.  veCfikav,  ebenso  Par.  G.  und  Flor.  JI. 
jedoch  mit  übergeschriebenem  ai;.  Canter  verbesserte 
UT£  avTO,  welches  Musgrave  iu  das  riclitigere  (JT  tavTO 
verwandelte,  Heath  dnoTtQU  y^Eliiüzuiii.  Die  ersten 
"Worte  srlirieben  Tjrenhitt  und  Reiske  duXlov  ö.oxtQCi 
Kä^tilia;  öXifiEv  dv  ÖQea  f^ekca,  worauf  Matthiä, 
dem  die  Spätem  folgten,  die  ganze  Stelle  so  gab:  Ööklou 
d.OTtoa  käfidjag  dkijiev'  dv'  d(jea  uü.ca  ßaoßüoov 
OTokug,  öt£  ovto  TVciToiSoi  dnuTCnu  ■j[£ifj.üru)v  Ttvuä 
TtQug  ov  zioaq,  dkk'  egiv  zlavaujv  vtqekuv  tTci 
vavaiv  dyuiv,  eiÖiakov  iegov  'Ugag.  Mit  Redit  spricht 
Hermann  seine  Missbilligung  über  das  l^erfaliren  aus, 
einen  corrupten  Text  zu  emendiren,  wenn  die  voro-esrhla- 
geno  Aenderung:  nach  eigenem  Einverständnisse  den  Sinn 
dunkel  lasse.  Die  AVorte  eavTO  dyojv  verstand  Harnes 
Bild  sellist  PHugk  vom  Paris,  da  es  doch  nur  wenigen 
Eindringens  in  den  Zusammenhang  bedurfte,  um  zu  sehen, 
dass  weder  der  Ort,  noch  die  Zeit,  von  welcher  der  Chor 
in  .seiner  progressiven  Darstellung  des  durch  den  Raub 
der  Helena  veranlassten  Unheils  redet,  auf  den  Paris, 
sondern  allein  auf  den  Menelaus  passt.  Dieser  wurde  , 
•wie  aus  Hora.  Od.  III,  287,  der  Chrestomathie  dos  Pro- 
klus  nnd  dem  Euripides  selbst  Or.  322  bekannt  ist,  vom 
Vorgebirge  Malea  nach  Aegypten  verschlagen.  Schiin  ist 
daher  Herraann's  Verbesserung  Mükea  für  fxikea.  Den 
ganzen  Satz  überträgt  er  folgendermassen:  Meleae  autem 


mnntes  inhospitales  fucrc ,  quum  longe  a  patria  rejectus 
est  ventis,  qui  barbaro  vostifu  piilcriim  monstnim,  iiiancm 
rixarnm  Danais  caussam,  secum  durebat.  Es  ist  auffal- 
lend, wie  Hermann  die  Worte  ßaußc'.ouv  OTokug  un- 
angefochten lassen  konnte;  denn  wenn  gleich  das  Gefal- 
len der  Helena  am  asiatischen  Luxus  oft  genug  von  den 
Dichtern  erwähnt  wird,  wie  unpassend  geschieht  diess 
nicht  an  dieser  Stelle,  wo  von  des  Menelaus  mühevollen 
Irrfahrten  und  des  Triiggebildes  unheilschu  eren  Folgen, 
nicht  aber  von  dessen  Kleidung  die  Rede  ist.  AVenn 
man  den  Zusauimcnliang,  sowie  die  Stellung  des  Wortes 
ßc.pßdgoi'  in's  Auge  fasst ,  so  stellt  sich  der  Gedanke 
als  vorzüglich  geeignet  lieraus,  dass  der  Chor  den  Wene- 
laiis  beklagt,  weil  er  zu  Barbaren  verschlagen  sei.  Ich 
möchte  daher  mit  geringer  Aendernng  zu  lesen  vorschla- 
gen :  'Akifiiva  ö'  UQSa  ßldkea,  ßao ßuQ  ov  g  dkag 
ui  sovTo  narijibo;  ütjutiou  '/(inarajv  nioav.s.w. 
Klagen  über  die  Irrfahrten  des  Menclans  s.  v.  20/.  420. 
543-  -'Sl-  (nopS/iovg  dkua&ag  f-ivgiovg)  und  öfter. 
Da  es  einigcrmassen  störend  ist,  dass  zu  tairo  das 
Snbject  supplirt  werden  muss ,  so  könnte  man  vielleicht 
noch  richtiger  schreiben,  ßaoßuoovg  T  dki'.g  uÖ'  eav- 
TO  ,  mit  Hin«  eisung  auf  den  in  der  Scenc  gegenwärtigen 
Blcnelaus.  Im  folgenden  Verse  geben  die  Ilandschriiten 
iLuug  ov  rtoc.g,  d.k)'  Üqiv  etc.;  Hermann  schreibt: 
Ttoag  ov  Teuug,  toiv  icjtdi  de.  'A)-t-  ist  wohl  jeden- 
falls aus  metrischem  Grunde  falsch,  aber  ebenso  wenig 
kann  man  Hermann's  Aenderung  billigen.  Der  Chor 
redet  vom  Gebilde,  nicht  aber  von  der  eigentlichen  He- 
lena; er  schildert  das  bemitleidenswertlie  Loos  des  J\le- 
nelaus,  der  mit  einem  Trugl/ilde  so  weit  umhergeirrt. 
Es  ist  daher  ein  hier  durcliaus  ungehöriger  Gedanke, 
dass  der  durch  dieses  Trugbild  den  Daiiacni  veranlasste 
Streit  zu  dem  früheren  Streite  der  Freier  um  die  (uirk- 
liche)  Helena  hinzugekommen  sei ;  um  »o  ungehöriger 
ferner,  da  der  Chor  das  Unheil,  welches  die  Danaer 
betroffen,  feiert,  jener  Streit  der  Freier  aber  durchaus 
ohne  nnheilvolle  Folgen   geblieben    war. 

Zu  Anfange  der  ztvcitcn  Strophe  geben  die  Hand- 
schriften OTt  ^idi  ))  f-ü)  Biug^  I]  TU  iiEOov,  zi  (prig, 
iüevvi'aag  ßooTdju  jiay.oÜTC.TOv  TttQug  evpsi'i'.  Her- 
mann sagt:  Mattliiae,  quem  secuti  sunt  alii,  sua  ex  con- 
jectnra  zig  (ftoiv  cdidit,  conformato  ad  id  exemplum 
versu  antistrophico.  Ponunt  autem  illi  ßoOTCjv  in  se- 
quentis  versiculi  initio.  At  metra  eodem  etiani  v.  HCl  sqq. 
redennt:    ex    quo   apertum  est  secundum  strophae  versnm 


363 


364 


«liniolnim    psse    ianiliiruiii.      Kaqiip    ogo    (fi'oiv    scripsi   et      aus  «loiisolboii   zu   onfucrlen.    Ist  nun   hiermit  der  Zusaii 
eiocv,  quod   i<l   et   nictriim   [lostiilaret,    et   eiQCiv   librarii      nieiihaiig,     »ie   ich   nicht  zivoifclc,   richtig  angegeben,  ■ 


scripsisseiit  ,  postquain  Cfvaiv  in  y/yj  erat  nnifatuni. 
„Quill  deus  sit,  iiujuit,  aut  quid  uon  dous,  aut  quid  iutcrnie- 
diuui,  qui.s,  qui  uaturani  hoiniiiuin  ronsidcrai  erjf,  [xiütremo 
Luteiiiat,  si  quam  fortnita  siiit  quae  Diis  adscribuntur,  iutel- 
lexerit?"  Die  Aeiidcrung  des  (^7;j  iu  (fLOivhahc  ich  unbe- 
diugt  für  uiisslun^cii.  \\  ie  konwnt  der  Chor  zu  dem  an  und 
für  sich  und  besonders  an  dieser  Stelle  seltsamen  Ge- 
danken, dass  mau  ans  einer  Untersuchnng  der  mcnscli- 
lic/ie/i  Salin-  nicht  das  AVcsen  des  Göttlichen  und  jVicht- 
Güttlichcn  erkennen  könne;  in  «elchem  Zusamnienhango 
steht  iliess  mit  der  vorhergehenden  Schilderung  von  den 
Schicksalen  der  Danaer  oder  der  nachfolgenden  von  der 
ungerechten  Nachrede,  u  eiche  Helena,  die  Zeustochter, 
habe  dulden  müssen  ?  Auch  kann  mau  die  Hermannischc 
Euiendation  nicht  dadurch  in  Schutz  nehmen,  dass  mau 
/■Jouzciji'  etwa  mit  zii;  verbünde.  —  Es  ist  auffallend,  dass 
die   Herausgeber  gar  jVichls   über  den  Zusammenhanjr  die- 


ergibt    sich    daraus    die    Emendatiou    von    v.   1105.      31an 
schreibe  nämlich  : 

Ti'i  (fUTcv  eQevvijaao.  ßQovutv 
(laY.oüvaxov  neQcig  ec^cv, 
Zu  .'ihnlicheu  Betrachtungen,  wie   hier  der  Chor  aufstellt, 
sieht  sich  iler  Kote   veranlasst,    als    er  von  seinem  Herrn 
ilic   wahre   Geschichte   der  Helena  erfährt 
V.  729  oj  i^l"•/a^£(J,  ö  dioq  wg  scpv  tl  noiyßMv 

y.ai  dvqTsy.naoTov .  ev  de  rcoiq  dvaOTQicfet, 
ey.eiac  y.dy.ita'  ävatpe^uiv  sqq. 
und  V.  77ü 

dkka  Tui  r«  fidvT£o)v 
eceeSuv  töq  (pavk'  iori  yul  ipevöujv  nXea. 
Kak'iaq  yu^  oiv.  du    ol<8'  iaijfitjve  otqÜtiji, 
vecpihjc;  vire^  dvijaxovTUi;  ei^o^uju  (pAoug, 
ovo'  "Ekevog  sqq. 


SeSaiönkfuvoi  ijisi'ÖEai  Ttor/.iXocg  e^cmaTuivrt  iivdoi- 
XÖ-Qti  ö'  diiEQ  airavTa  xevxEi.  tu  uei'k/xa  9vaToiq, 
iiit(ftQoiija  rii-idv  y.(ü  dmatov  ifujöaro  Tfiarov  efj,- 


ser  Stelle  sagen,  welcher  doch  wahrlich  nicht  eben  klar  Wir  erinnern  in  Bezug  auf  die  Ansicht  des  Chors  noch 
vor  Augeu  liegt.  In  welcher  Beziehung,  fragen  wir,  an  die  herrlichen  Worte  des  thebanischen  Sängers  y.ui 
klagt    der    Chor,    dass    mau    das    Wesen    des    Göttlichen      TTov   TC  y.ai  puordjv    Cfdriv    VTlio    Tov  dXadjj  koyuv 

und   >li  lit  -  Göttlidien   und   dessen,     was   zwischen   beiden      s.t...^-  .j.  /    ,\.....'s ...i       _   •.-    „        ~      '     -^n 

liege,  nicht  ausfindig  machen  könne?  —  und  antworten 
ilarauf  folgendermassen.  Die  Geschichte  der  Helena  er- 
litt eine  doppelte  ^'ersion  ,  nach  der  einen  war  sie  selbst,  utvai'  ro7loA.kayjC.  *) 
nach  der  andern  nur  ihr  Bild  geraubt;  die  erstere  An- 
nahme «ar  einestheils  überhaupt  die  gewöhnliche  all- 
gemein verbreitete  Tradition  und  amierntheils ,  wenn  wir 
uns  auf  ilcii  Standpunkt  unseres  Chors  versetzen,  so 
niusste  auch  dieser  sie  als  solche  annehmen  ,  il.  h.  er 
musste  sich  die  ungerechte  Nachrede  als  jiock  (nämlich 
»or  der  llü(kkehr  der  Helena  in  <len  Pelopoimes),  als 
allgemein  veilireitct  denken.  Diese  doppelte  ^^ersion  des 
Helena  -  Mvtlins   hat   der   Chor   oflenbar   vor   Augen,    wenn 

er  am  Ende  der  Strophe  als  Resume  der  ausgesprochenen  des  Dichters',  als^die'Meinung  der  Menschen"  bezeichnen. 
Gedanken,  oder  als  Resultat  seiner  durch  die  Behand-  Diese  erblicken  unverhoHte  Kreuz  -  und  Quersprünge  von 
Ling    der   Helena    vou^  Seiten    der  Menschen    gewonnenen      ,|en    Göttern    verhängter    Schickungen,    weil    sie    nämlich 

durch  ihren  ungemessenen  Ehrgeiz  diese  ausserordent- 
lichen Begebenheiten  selbst  veranlassen,  und  anstatt  ihren 
Streit  in  (iüte  nach  dem  guten  alten  Rechte  zu  schlich- 
ten, im  Kriege  Ruhm  erwerben  und  „Todcsschnsucht 
stillen"   wollen. 

In  der  verdorbenen  Stelle  v.  1175  f.  ist  die  Lesart 
der  Handschriften:  a'i'  UotduHioq  ydq  eklTTOV  ifakd- 
fuoi'i.  Hermann  sagt:  Pflugkins  quum  sibi  nou  dubium 
esse  ait,  quin  pro  ai  scribendum  sit  oi,  quod  L.  Din- 
dorfio   placuerit,    vellem    alteruter    dixisset,    qui   sint   illi 


In  der  zweiten  Autistrophe  knüpft  der  Dichter  au 
die  im  Vorhergehenden  enthaltene  tadelnde  Bemerkung 
eine  zweite  Rüge  noch  ernsterer  Art  über  den  l'nverstand 
der  Menschen,  welche  dem  Gescliicke  Schuld  geben, 
was  sie  selbst  dnrch  ihre  Thorheit  veranlassen.  So  weist 
auch  dieser  Zusammenhang  darauf  hin,  dass  die  AVorle 
der  vorhergehenden  Strophe  05  r«  i^EcSv  igoon  öcioo 
y.al  ari)/g  Eycine  y.cd  Ttaktv  dvTikuyoic,  ttijSmvt' 
'.vsl'XiovoK;    Tl'yaig,     nicht    soivohl    die   eigene   Ansicht 


Leberzeugung,  aufstellt: 

ovS   l-^Ui 

TL^  TU  oa(fli,  ü  Tl  noT  ,  iv  ßQOToii. 

TU  TUI  deuiv  £Xoi  d/.ade;  ti'ouv. 
(fälschlich  wird  in  den  Ausgaben,  auch  in  der  hermanni- 
scheu  ,  u  Tl  TlUT  iv  fitiuroti  verbunden).  Der  .Men- 
schen Gerede,  sagt  er,  ist  unklar,  das  Götterwort  da- 
gegen habe  ich  als  wahr  befunden :  iler  Menschen  An- 
sicht ist  verworren  und  voll  AVidersprnche,  wie  kann 
mau   eine  Tochter  des  Zeus  ^Vrrätberin,  treulos,  nnhet- 


lig  nennen»   Der  Chor   oder  vielmehr  der  Di.  hter  benutzt      quos     hie     dici    Priamidis    terrae    reliquisse    existimarent 


schön  die  eigenthümli.  he  Lage  der  Helena,  vcrun')"-e 
welcher  sie,  die  Gotteslochter ,  dem  bösesten  Leumunde 
preisgegeben  war,  um  seinen  Zuhörern  zweierlei  an's 
Herz  zu  legen,  einmal  wie  viel  reiner  und  einer  (iöttin 
oder  Heroine  (darum  v.  1154  xi  tu  fiiouv)  würdiger 
die  von  ihm  befolgte  Version  des  Mythus  sei,  als  der- 
selbe in  der  gewöhnlichen  Tradition  erscheine;  sodann 
aber  deutet  er  eben  durch  dieses  Beis|)iel  daraufhin, 
wie  liel  der  Gottheit  nun  iirdige  Adrstelliingen  sich  über- 
haupt in  den  mUhischen  Erzählungen  fänden  und  wio 
umnöglich  es  sei,    sich    ein  klares  Bild  von  der  Gottheit 


Immo    nictrum    ostendit,    uon   dubium    esse,    quin    a    sit 

')  Noch  leichter  lässt  sich  allerdings  emendircn ,  wenn  man 
scbrcilit:  7Y?  f"!«'  iQiuyfjiui;  ßootöty  /lUxQurnroy  ziiiji'i 
iVQi'iy;  „Welclici-  S(c^il>licbo  riilwnt  sich  das  Wesen  des 
Götdichcn  und  Nicht-döltlicben  auch  diuch  nocli  so  weit 
getriebene  Foiscliung  zu  cr};riindcn  ?"  Wor.in  d;is  nu6iv 
auqifq  il'  ßiJOioXc;  und  rö  &tMr  »:10s  t'tl.u&iq  lUQOv  am  I'.nde 
der  Slroplie  sich  sh'<;l'falls  scholl  nnscliliesst.  Dagegen 
spriclit  dor  im  l\llllel,s;lie(lc  cntbaltene  Gedanke  von  der 
Uiiraiii.ition  der  Hclctia  für  die  im  Texte  aufgestellte  Ver- 
niuthung. 


365 


3G6 


siriI)Cii<liim.  Ipse  Pfliigkiiis  quiira  coiijofit  u'i  Uo/c.uiöo^ 
ya,-  ehaxov  i^uKiuioi'g  ,  quod  sigiiifio.ire  voliiit,  ijui  in 
Trojana  terra  occubuerunt ,  iioii  cofjitavil ,  oa  ierli;i  ii«- 
iiiiiii'ni  enrum  qui  auilissiMit  sie  arroptiiriim  fiiissc,  prao- 
sertiiu   ubi   ilf  Ili-Iena   spnno   csspt.     Milii  facilliniiim  visuin 

est,  a  n^iuLudui;  7«?  snekfip  daLÜ/ioig.  'yj  dicit, 
quas  modo  menioravcraf ,  truentas  rixas.  Sic  thalainos 
recfe  noniiriare  potuii,  quia  ob  thalanuim  Paridis  rixa  et 
bellum  cxstifit.  Caetenim  ,  iit  siiig'iilarr ,  tenoiiduin  est, 
iuiperfectum  lioc  ixeke ,  quoil  ego  qiiidem  memiiirrim , 
apud  tragicos  iion  invoniri ,  sed  taiitiiin  praescntia  Tcikciv 
et  raro  7ltX£o9al.  AVir  können  niilit  nnihin ,  zu  ge- 
stehen, dass  die  in  Vorschlag  gebrachte  Aciidcrniig  uns 
als  matt  erscheint.  Es  lässt  sich  «ohl  liel  leichter  und 
nach  unserer  Ueberzeugung  dem  Sinne  angemessener 
cmendiren,  indem  man  fiir  iK/rrov  fast  ohne  Verände- 
rung sklTt'  Ol'  schreibt.  Durch  die  Kachslellung  des  oü 
gcH-innt  die  Rede  sehr  an  Kraft  und  IVachdrnck;  be- 
kannt ist  die  Stelle  bei  Pindar  Ol.  VII,  8(i.  y.ac  Toi 
'/do  uii}oiaa<;  i^opTEi  o:ieQji  ävt^^av  cfkoyus  ov. 
Man  setze  daher  vor  v.  1175  ein  volles  Punctum  und 
schreibe:  "O  y.cü  ÜQ/a/jidog  7«;  tkiTr'  ov  dakcutoti;. 
„Daher  verliess  Eris  auch  des  Priamischen  Landes  Ehe- 
genu'icher  nicht."  Der  Sinn  dieser  AVorte  wird  dann 
durch  das  Folgende  ,  welches  abermals  einen  ueuen  Satz 
beginnt,  näher  ausgeführt. 

ituv  öioQdüjaai  köyotg, 

auv  £Qiv ,  0)  Ekivu, 

vvv  d'  Ol  /.liv  "AiÖa  jitkovrai  y./XTOj 

raixici  8t,  (fkoy/^to;  cJsrf  ^'o-;,  tnirsvTo 
(fkoi;  sqq. 
Durch  diese  richtigere  Verbindung  gewinnen  auch  die 
letztern  V'erse  bedeutend.  Denn  einestheils  ist  das  Asyn- 
deton ituv  sqq.  an  ilieser  Stelle  sehr  passend,  da  <lio 
AVorte  das  Resultat  der  in  der  Strophe  geführten  L'nter- 
SHchnng  geben;  andernthcils  «ird  dadurch  ein  nicht  ge- 
ringer Anstoss  der  frühem  Erklärungsversuche  beseitigt. 
Sehr  störend  nämlich  erschien  das  AVort  iolv  in  demsel- 
ben Satze  zum  zweitenmal,  nachdem  es  bereits  im  Haupt- 
sätze als  Subject  figurirt  hatte.  Nach  unserer  Interpunc- 
tion  stellen  sich  die  AVorte  als  ein  noch  einmal  kräftig 
ausgesprochener  Beleg  der  im  Anfange  der  Strophe  auf- 
gestellten allgemeinen  I5ehauj)tung  dar.  ,,Da  man  deinen 
Zwist,  o  Helena,  durch  AVorte  hatte  schlichten  können, 
sind  nunmehr  A'iele  in  des  Hades  Obhut,  zur  Aeste  stürmte 
dem  Blitze  gleich  die  Flamme,  Unheil  häufte  sich  zu 
Unheil.  " 

Braunschweig.  Dr.  Bamierger. 


I.  Phylarrhi  historiarum  fragmcnta.  Collegit  Johann 
Fried.  Luclit.  Lipsiae  sumptibus  Gull.  Laufer.  1836. 
XII   und    152  S.  8. 

II.  Phylarchi  historiarum  reliquiae.  Edidit  A.  Brueck- 
ner,  gymnasii  Suidnicensis  Conrcctor.  Uratislaviae 
apud   Georg.   Phil.  Aderholz.      1839.      51   S.    8- 

Als  Ref.   im  August  1835   zu  Grcifswald  seine  Disser- 
tation:    de    Phvlarchi    vita    et    scriplis   vcrtheidigt    hatte 


und   in    der    näclistfolgcudcn  Zeit    damit  beschäftigt  war, 
Phvlarch's   Fragmente   möglichst    vollständig    und    mit  den 
nötliigen   Commeiitareii   versehen,   nebst  Prolegomenen  über 
<!essen    Leben     und   Scliriffen   herauszugeben,     fand    er   im 
Frühjahr    ISofi   das  Liicht'sdie  AVerk   angekündigt.    Nach- 
dem Ref.   sich   überzeugt  hatte  ,    es  sei   dasselbe  so   gear- 
beitet,   dass    CS    ihm    nicht    gelingen    werde,     Phvlarch's 
Fragmente  vollständiger  «der   besser  bearbeitet  erscheinen 
zu   lassen,  so   stand   er  von  seinem  Unternehmen  ab.     Um 
so   mehr  wurde   er  aber  überrascht,    als    ihm   vor  mehre- 
ren  AVochen    das  unter  II.    genannte   Buch   von  Brückner 
in    die  Hände    kam.       Es     war    natürlich  ,    dass    er    es   in 
der   A'^oranssetzung   zu   lesen    begann  ,    Hr.    Br.    w  ürde    ent- 
weder   die   Anzahl    der  Fragm.   ansehnlich    vermehrt,   oder 
sonst    etwas    AVichtiges     liber    Plnl.    aufgefunden     haben, 
was  das  Erseheinen  seines  Buches  tiach   dem   Lucht'srhen 
rechtfertigte.      Ref.    fand    sich    aber    beinahe    gänzlich     in 
seinen  Erwartungen   getäuscht;  denn  erstens  ist  die  Samm- 
lung   der  Fragm.   nicht    nur    nicht  volls(andiger ,    sondern 
viel    mangelhafter,    als    die     Lucht'sclic,    und    dann    steht 
die    Brückner'sche     Abhandlung     über    Plnlarch's    Leben 
und   Schriften   ebenfalls   bedeutend    der   des   Hrn.   L.    nach, 
so   dass    Hrn.   Br.'s  Arbeit    fast    ganz    i'ibertlüssig    genannt 
werden  mnss,  und   derselbe  das   Lncht'sche     AVerk    olTen- 
bar  nicht  gekannt    hat,    was,    nachdem    bereits    fast  drei 
Jahre  nach    dem    Erscheinen    desselben    verflossen  ,    nicht 
wohl   entschuldigt   werden   kann.    —    Zur  Be^jrnndung  des 
Gesagten    möge    Folgendes     angeführt    werden:     Es    feh- 
len    bei     Herrn     Brückner     zwei     Fragmente     aus     Apol- 
lon.   Dvscol.   histor.    comment.   c.   14   und   18  ,     von   denen 
das   erste  ans  Phvlarch's    aihtem,   das    zweite    aus   dessen 
zivanzigstem   Buche   entlelmt  ist  (cf.    bei   Lucht  fragm.    16 
und  38);    1    Fragm.   aus  Laurent.  Lvd.   de  mensibus  pag. 
276     ed.    H.ise    aus    Phvlar»  h's    17.    Buche    (L.    fr.  35); 
Parthen.   Erotic.   c.    15   aus   Plnlarch's  lib.    15   (L.  fr.  34). 
A'ori    den    Fragmenten ,   bei   denen    nicht   bemerkt    ist  ,     ans 
welchem    Buche   Phvlarch's   sie    entlehnt   sind,    fehlen   fol- 
gende:  Plin.   bist,   natur.   A'III,  42   (L.   fr.   31),  Schol.   S, 
Maxim,    ad     Dionjs.     Areopagit.    ( L.    fr.    58),     Parthen. 
Erotic.    c.    25    und    31    fL.   fr.   60    und   8t;    wir    nennen 
nicht    auch    fr.  48,    weil    bei    diesem   im    Parthen.   c.  23 
Pli)larch's  INanie  wenigstens  nicht  ausdrücklich   angegeben 
ist),     Diogen.   Laert.   IX,    7,     115    (L.     fr.    6l),    Efwjiol. 
M.   s.   V.  Böanoooi   und    0vkdotoi   (L.   fr.  70  und   77), 
Ammon.     de    afTiu.   verb.  dill'.   s.   v.    y^KUf^iVC,   (L.   fr.   73), 
Phot.  lex.  s.  V.  oiy.oV(Jlv  üfftv  (L.  fr.  74),  Schol.  ad  Soph. 
Oed.   Col.   V.   39   (L.   fr.    76),   Schol.   ad  Aristid.  Panathen. 
p.  320  ed.   Dindorf.    (L.   fr.    79),    Schol.    ad   Piud.   >em. 
l\,  81  ,   collat.   Tzetz.    ad   Lvcophron.    Alexandr.    v.    175 
(L.    fr.   82),   Hvgin.   poetic.    astronom.   II,   40,   p.   412   ed. 
Alunrk.   (L.   fr.   83).       Ausserdem   fehlen    zu    dem  Fragm. 
aus    Sext.   Empir.    adv.    fliatheniat.    c.    12    (bei    Brückner 
p.    36)    zwei    Stellen,    in    denen    dasselbe    aus    Phvlarch 
ritirt    wird,    was    beim    Sext.    steht,     nämlich    Schol.    ad 
Eurip.   Alcesf.   v.   1   und    Schol.    ad    Pind.   Pjth.  III,  96, 
und   zum  Fragm.    aus  Plut.   Svmpos.     (bei  Br.  p.  45)  die 
Stelle    aus   Plin.    bist,    natur.  A'II,  2.      Ref.    würde    sich 
hierbei    kürzer    gefasst    haben,    wenn    er    nicht    geglaubt 
hätte,    zeigen   zn   müssen,    dass    die  IMasse  der    fehlenden 
Fragm.   nicht  etwa  in   einem  oder  einigen  schwer   zugSng- 


367 


3G8 


liclieii  Werken,  sondern  in  vielen  und  7.«ar  snlrlien  ent- 
lidltm  sei,  lue  uolil  fast  oliiie  Aiisiialiiitc  iii  jeder  (iirciit- 
litheii  Dililiutiiek  sieh  befmiloii.  —  WCiut  oiidliili  Herr 
lir.  [1.  4.3  sagt:  „Praeterea  tjui  tnenioraiitur  a[)uil  Plii- 
«archum  (Dem.  27  et  Huup.  <iu.  VII,  p.  702  D)  IMivlar- 
chi  alios  esse  (juam  hisforicum  apparct , "  so  gesteht 
Ref.,  weiii^'stcns  in  Betreff  der  Stelle  aus  Dein.,  die 
Gründe  niclit  aufjjefunden  zu  Laben,  welclie  Hrn.  Br.  zu 
diesen  Worten  beHOjjen  haben,  und  Legt  im  Gegentheil 
mit  Hrn.  L.  keinen  Ziveifel,  dass  das  von  Phitarch  I.e. 
Erzählte  aus  PhUarih,  dem  Historiker,   entlehnt  sei. 

Obgleich  nun  Hrn.  Br.'s  Fragmcntensammlung  im 
Vergleich  zu  der  Lucht'schen  sich  so  mangelhaft  her- 
ausgestellt liat ,  so  enthalt  sie  doch  auch  wieder  zwei 
Fragmente,  welche  Hr.  L.  nicht  aufgenommen  hat,  niim- 
lich  aus  .4then.  Üb.  VI,  p.  271,  h  und  üb.  XI,  p.  4ß2,  b, 
deren  erstes  aus  Pliyl.  üb.  '^'I,  das  zweite  aus  üb.  XXII 
entnommen  ist.  Dabei  verdient  bemerkt  zu  »erden,  dass 
diese  beiden  Stellen  weder  im  Index  zum  Athenüns  von 
Scluveighauser ,  noch  in  dem  der  Dindorf'stheu  und 
Tauchuitz'schen   Ausgabe  verzeichnet  sind. 

In     der    Anordnung     der     Fragmente     stimmen     beide 
Herausgelier   meistens   i'ibcrein,   nur  erhalten  einige  Frag- 
niente ,    die    bei   Br.   sedis   incertac   sind,    in    der    Lucht'- 
schen  Sammlung  durch  andere,   bei   Br.   fehlende  Stellen, 
in    denen    aus    Phviarch    dasselbe ,     als     in    jenen    erzählt 
wird,    und   in   denen    das   Buch   Phvlarch's   genannt   wird, 
ans  dem  sie   entnommen,  eine  bestimmte   Stelle.    So  steht 
«las  Fr.    ans    Plutarch.   Agis  c.   9    (Br.    p.   43)    bei  L.   in 
Phyl.   üb.   XV    wegen    Parthen.    Erotic.    c.   lö ,    und  das 
Fr.'    aus    Athen,  il ,    p.  44 ,  b    (Br.  p.  47)    erhält    seine 
Stelle    in    Phyl.   üb.   ^'11    nach    dem    von    Hrn.  L.    p.  61 
Gesagten.      Ferner    findet    man    das    Fr.    ans    Athen.  IV, 
p.   141   f.,   welches  mit  den  Wort<'n   beginnt:     0lkaoXO? 
il.  TT  TiVTt/Mtdi/.virrj  v.u.l  ri/.uorr  lüiv  locooiv^v  '/..r.X. 
Lei  Hrn.  L.   in   Phyl.  lib.  XV,  bei  Hrn.   Br.  in   üb.  XXV 
auf^i'fillirt.      Hr.    L.    fügt    zu    seiner    Rechtfertigung    und 
zur  Krkb'irung  jener  Zahl    des  Buches   kein  Wort  liinzn, 
Hr.   Br.   aber  sagt  p.   40  Folgendes:    Conjuncta  haec  om- 
nia   inter  se   »identur,    ut  vix  credibilr   sit ,     e   diversis   ea 
iibris    deprompta     esse.       Eo    enim     praedarius     elncebat 
Cleomenis   frugalitas ,    quo    majorem  tum  Spartanos    luxu- 
riam    invasisse    apparebat.      Legendum    igifur    fuerit  TtUfX- 
Ttrr  pro  TCfvci/.CK^r/.ttcrj,    et  Über  quintus  et  vicesimus 
intelligendns.       ("onfirmare     hoc     praeterea    et    tempornm 
ratio   et   ille  de   31nlliacil)us   locus  videtnr",   und,   wie  es 
dem   Ref.  scheint,   mit  vollem   Rechte.       Ueberhaupt  .iber 
sind    bei    der  Erklärung  jener  Zahl    drei  Falle   möglich: 
entweder  man    addirt    die   beiden    einzelnen   Posten  (jtev- 
re/.uibi'/.aTTj    —    ti/.oOlf.)    zusammen,    und    nimmt    an, 
das  ganze   Fragment  sei  aus  Phyl.   üb.   XXXV    entlehnt, 
wie    es    3Ienrsius,    .Miscellaii.    Lacon.    p.   48    und   Heeren 
de   Trogi   Pompeji   fonlibus  p.   233,    not.   a    gethan;    «der 
man    statuirt,    das   l'^ragment    bestehe    aus  zwei   Tlieilen, 
«leren  erster  in  Phylarch's  fünfzehntem  Buche,  der  ziieitc  in 
dem   zwanzigsten   gestanden  habe  ,    oder  endlich  man  ver- 
ändert   die    Zahl.      Gegen    das    Verfahren    von    Meursius 


und  Heeren  sjirechin  die  nnzweifelliaficn  Zeugnisse  «les 
Siiidas  niid  ilcr  Eiidocin  ,  nach  denen  Pliylarch's  Ge- 
MJiicIite  nur  2.S  liurlier  umfasstc ,  ferner  die  ungewöhn- 
liche ncj:ei<hnnng  iler  Zahl  35.  Gegen  die  ziveite  An- 
nahme spricht  li.iuptsachücli  der  Zusammenhang  der  ein- 
zelnen Theile  des  Fragments,  welche  so  eng  verbunden 
sind,  dass  eine  Trennung  nicht  gut  möglich  scheint, 
und  dann  würde  auch  Athenfius  in  jenem  Falle  nicht 
beide  das  Buch  bezeichnende  Zahlen  gleich  vor  beide 
Fragmente,  sundern  vor  jedes  einzeln  gesetzt  haben,  wie 
er  es  sonst  zu  lliuii  pflegt,  z.  B.  lib.  >'I ,  p.  261,  h., 
üb.  VIII,  p.  334  a.,  üb.  XIII,  p.  593  b  und  f.  Es 
bleibt  also  nur  der  dritte  Fall  übrig,  nämlich  die  Zahl 
zu  ändern.  Hrn.  Br.'s  Conjectur  (jisiiTtTTj  für  TliVlt- 
xaidcy.UT}])  rührt  nicht  von  ihm,  sondern  von  ScliHcig- 
hauscr  her ,  der  sie  im  Iiid<>x  zum  Athen.'ius  gemacht 
hat,  ohne  sie  jeiloch  zu  begründen.  Sie  wird  aber  durch 
Hrn.  Br.'s  freilich  mir  kurze,  aber  alles  hierher  Ge- 
hörige in  sich  schlieesende  Andeutungen,  die  Ref.  nur 
weiter  ausgeführt  wünschte,  beinahe  zur  Getvissheit  er- 
hoben. 

(Beic  blast  folgt.) 


Personal-Clironik  und  Miscellen. 

Plauen.  Als  Einladungsschrift  zum  feierlichen  Schulactus 
ciscliien;  Zur  Vermählung  des  Stella  mit  der  A'iolantilla,  zweite 
Sylvc  des  P.  Papinius  Statins,  übcrstlzt  von  J.  G.  Dülling, 
Rector  des  Gvmnasiuras.  Die  scbwierige  Aufgabe  einer  lesbaren 
Uebcrsctzung  des  Statins  finden  viir  hier,  wie  in  den  Leiden 
Progiaminen  von  löj7  und  1638  so  gewandt  und  so  glücklich 
gelöst^  dass  wir  den  Wunsch  nicht  unlenliückcn  können,  es 
niöclilc  dein  Hni.  Verfasser  gelallen,  wenn  nicht  sammtliche 
Dichtungen  des  Stalins,  doch  den  werthvollsten  Theil  derselben 
diesen  Vorläufern  folgen  zu  lassen.  Wir  bedauern  nur,  dass 
dcui  letzten  Programm  die  den  IViiliein  beigegcbenen  erklären- 
den lieiueikungL'U  fehlen,  und  zwar  um  so  mehr,  als  gerade 
bei  diesem  Schriftsteller  zuui  richtigen  Verstiindniss  gar  man- 
cherlei Andeutungen  erforderlich  sind,  welche  auf  befriedigende 
Weise  zu  geben  der  Hr.  Verf.  nach  den  friibcrcn  Proben  zu 
urtheilcn  in  besonderem  Grade  geeignet  scheint.  Deutet  etwa 
die  Klage  i'iber  Mangel  an  Raum  auf  Mangel  an  dem,  wodurch 
dieser  liaura  zu  gewinnen  war?  Man  sollte  es  hei  einem  Gym- 
nasium Sachsens  kaum  glauben,  da  ja  vor  wenig  Jahren  erst 
der  Staat  eine  Umgestaltung  der  Gymnasien  vonialim  und  wohl 
kaum  bezweifelt  werden  darf,  dass  er  denen  ,  die  er  bestellen 
liess,  auch  genügende  Hülfe  angcdcihen  lässt.  Allein  die  frü- 
heren Programme  waren  um  einen  ganzen  Bogen  stärker,  also 
lässt  sich  jene  Klage  kaum  anders  verstehen.  —  Aus  den  sta- 
tistischen Nachrichten,  welclie  p.  19  —  24  angehängt  sind, 
heben  wir  Folgendes  ans:  Das  Lclircrpcrsonal  blieb  im  Wesent- 
lichen unverändert,  wie  es  in  dieser  Zeitäclirill  vom  Jahre 
1835,  Nr.  91,  p.  736  angegeben  ist;  nur  trat  im  Juli  der  Di- 
reclor  des  Landschullohrer  -  Seminars,  J.  G.  Wild,  der  den 
Religionsunterricht  besorgt  hatte,  aus,  und  seine  Stunden  wur- 
den von  den  übrigen  Lclireni  übernoinmen.  Zu  Ostern  1838 
belanden  sich  in  den  6  Classen  des  Gymnasiums  68  Schüler, 
zu  Ostern  1839  aber  75.  Im  Laufe  des  Jahres  wurden  15  zur 
Universität  entlassen,  darunter  7  mit  dem  Zeugniss  I,  sowohl 
ia  wissenschaftlicher,  als  sittlicher  Beziehung. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Freitag  j  19.  Jpril 


18  39. 


Nr.  47. 


I.  Phylarrhi    historianim    fragmcnta.      Collegit  Johann 
Fried.  Lucht. 

II.  Pbylarchi   his<oriariim  reliquiae.     Edidit  A.  Hrueck- 
ner,  gjmnasii  Siiidniceusis  Conreclor. 

(Beschluss. ) 

Bei  der  Erklärung  der  Fragnienfe  haben  beide  Her- 
ausgeber natürlich  zunächst  das  Bedeutendste  von  dem 
mitgetheilt,  was  von  den  Interpreten  der  Bücher,  aus 
denen  die  Fragmente  entlehnt  sind,  bemerkt  worden  ist. 
Dann  aber  haben  sie,  der  eine  diess,  der  andere  jenes 
Erg^inzcnde  hinzugefügt,  und  gerade  in  dieser  Hinsicht 
möchte  Hrn.  Br.'s  Arbeit  noch  mit  dem  meisten  Rechte 
neben  der  Lucht'schen  bestehen  ;  denn  an  den  meisten 
Stellen  haben  dem  Ref.  beide  in  gleichem  Maasse  ge- 
nügt, an  einigen  mehr  Hr.  Lucht,  an  andern  mehr  Hr. 
Br.  ,  besonders  bei  der  Erklärung  des  Fragm.  ans  Athen. 
VIII,  p.  334  a.  —  Es  ist  noch  übrig,  darzuthun  ,  wie  auch 
in  der  Abhandlnng  über  Phylarch's  Leben  und  Schriften 
Hrn.  Lucht's  Arbeit  bei  weitem  der  des  Hrn.  Br.  vorzu- 
ziehen sei.  Ref.  möchte  sagen,  Hr.  Br.  Labe  nur  die  (auch 
noch  nicht  vollständigen)  Grundzuge  zu  einem  Gemälde 
gezeichnet,  welches  Hr.  L.  zu  einem  fast  in  allen  Thei- 
len  schön  vollendeten  Ganzen  ausgeführt  hat.  Diess 
stellt  sich  besonders  heraus,  um  nur  Einiges  anzuführen, 
in  dem  Abschnitte,  in  welchem  Beide  über  Phvlarch's 
Schreibart  handeln:  Hr.  Br.  ist  damit  in  wenigen  Zeilen 
auf  p.  9  und  10  fertig;  Hr.  L.  spricht  davon  p.  29 — 33; 
ferner  in  der  Beantwortung  der  Frage,  welche  Schrift- 
steller aus  Phvlarch's  Gesrhichtswerk  geschöpft  haben, 
wobei  Hr.  Br.  p.  16  —  18  nur  von  Plutarch  spricht, 
Hr.  L.  dagegen  p.  33  —  44  ausser  diesem  noch  besonders 
über  Trogus  Pompejus,  welcher,  wie  er  aus  dessen  Epi- 
toniator  Justin  sehr  wahrsclieiulich  macht,  im  XXV  — 
XXVIII.  Buche,  in  welchen  dieselben  Ereignisse  er- 
zählt waren,  die  Phylarcli  in  seiner  Geschichte  behan- 
delte, ganz  und  gar  dem  letztem  gefolgt  ist.  Aber  Hr. 
Br.  hat  nicht  allein  das  von  Hrn.  L.  ausführlich  Bear- 
beitete nur  kurz  angedeutet,  sondern  auch  Einiges  gar 
nicht  berührt,  was  nicht  fehlen  durfte.  Zunächst  näm- 
lich vermisst  man  unter  den  Schriften  Phjlarch's  die 
'Ay^aCfU,  sei  es  nun,  da-s  diese  ein  besonderes  ^Verk, 
oder  nur  ein  Theil  eines  andern,  etwa  der  iniTOiirj 
fJl'9iy.^,  gewesen.  Freilich  konnte  Hr.  Br.  diese  nicht 
aufzählen  ,  da  sie   nur   beim  Schol.   ad  Aristid.   Panathen. 


an  der  oben  genannten  Stelle  erwähnt  werden,  und  er 
diese  Stelle  nicht  aufgefunden  liat,  was  also  einen  dop- 
pelten Nachtheil  nach  sich  gezogen.  Ferner  liest  man 
zwar  auf  p.  h  sq.  Etwas  über  den  Anfang  und  das  Ende 
lier  28  Geschichtsbücher  Phjlarch's,  aber  Nichts  über 
den  Titel  dieses  Werkes,  über  den  wohl  kein  Ziveifcl 
obwalten  kann,  da  nicht  allein  Afhenäus  an  27  Stellen, 
sundern  auch  andere  Schriffs(eller  aus  Phylarch's  loTO^ici 
dieses  oder  jenes  Bnch   anführen. 

Schliesslich  möge  es  dem  Ref.  noch  erlaubt  sein , 
Einiges  über  einen  Gegenstand  hinzuzufügen,  den  er  in 
keinem  von  beiden  Büchern  erörtert  gefunden  hat,  der 
ihm  jedoch  gar  wohl  der  Beachtung  werth  zu  sein  scheint, 
vteil  er  viel  zur  richtigen  AVürdignng  und  Rechtfertigung 
Phylarch's  gegen  Poljbius  beiträgt.  Obgleich  nämlich 
soviohl  Hr.  L. ,  als  Hr.  Br.  die  ungerechten  Beschuldi- 
gungen des  Polybius  gegen  Phjlarch,  weiche  bei  crsferem 
!ib.  II,  c.  56  bis  (jl  incl.  gelesen  werden,  genügend  wi- 
derlegt haben,  so  geben  sie  doch  dem  Polybius  in  dem 
Recht,  was  dieser  ibid.  c.  (i2  und  tij  gegen  Phylarcli 
vorbringt,  und  zwar,  wie  Ref.  darzuthun  gedenkt,  mit 
unrecht.  PolUiius  nämlich  sc.'iilt  in  der  angeführten 
Stelle  gar  sehr  auf  Phviarch,  weil  er  gesagt  habe,  Cleo- 
uiencs  habe  in  Megalopolis  so  grosse  Beute  gemacht,  dass 
sie  sich  auf  (idOO  Taleute  belaufen  habe.  Dass  diess 
aber  nicht  »vahr  sei,  will  er  damit  beweisen,  dass  er 
behauptet,  man  könne  aus  dem  ganzen  Peloponnes  zu 
seiner  Zeit,  in  welcher  dieses  Land  offenbar  bedeuicnd 
wohlhabender  sei  ,  als  zur  Zeit  des  Clcoinenischen  Krie- 
ges, £^  uvTUjv  rdiv  iniTlKvJV  %<J}Q'tZ.  roiv  oujuotmv 
nicht  eine  so  grosse  Summe  zusammenbringen.  Diess 
werde  zur  Gev/issheit  dadurch,  dass,  als  die  Athener 
unter  dem  Archon  Nausinikos  (cf.  Bückh ,  Staatshaushal- 
tung der  Athener,  Tbl.  11,  p.  21)  nicht  nur  imijuv  il)v 
\lxTty.ijv  dnaaav,  sondern  auch  lUi;  oixiuq  u/tutuji; 
dh  xai  Tl)v  koinijv  uvoiav  schätzten,  dcnnock  to 
oünKUV  Tiiui/fm  r;;s  ä^iag  nur  5750  Talente  betra- 
gen habe. 

War  "auch  Ref.  selbst  früher  der  Ansicht,  dass  man 
in  diesen  Behauptungen  dem  Poljbius  unmöglich  einen 
Irrthum  zuniutlien  könne,  so  hat  er  sich  doch  jetzt  voll- 
kommen vom  Gegentheil  überzeugt.  Nehmen  wir  nämlich 
zunächst  einmal  an,  es  sei  wahr,  dass  bei  der  genannten 
Schätzung  das  gesamnite  Volksvermögen  Attika's  sich  nur 
auf  5750  Talente  belaufen  habe,  so  niüi  hte  diess  schon 
darum  keine    starke  Beweiskraft  für    die   liehauptung  des 


371 


373 


Pcihbius  in  BefrclT  des  Peloponnes  liabcii,    weil  <lcr  Pe- 
loponnes  ja  bekaniiteriiiasscii  arhfiiial  jjrösser  ist,  als  jfaiiz 
Attika.       Ferner    ist    zu    bemerken ,    dass    auf   der    einen 
Seite    bei   jener    attischen    Schätzung;    «cder    die    Staats- 
gfilcr,  noch  das  ^'erniiigen  der  .'Irniercii,  nn(er  Lfü  Minen 
geschätzten  Hürger  (cf.   Bückh  1.   c.  p.  ''/3)i   noch  das  der 
Metöken    (cf.   ibid.   p.    57)    mitgerechnet    wurde,    ^reiches 
Alles    die    rou  Polvbius    angegebene  Summe    nicht    nnbe- 
trächtlicli   erhöhen    würde    und    keineswegs   zu  i'ibcrschen 
ist,    wo    es  sich    um   ein  IJeiiteniaclien   handelt.       Ebenso 
wenig  ist  auf  der  andern   Seite   beim  Pcloponnes  zu  über- 
gehen,   dass,    wenn  Polvbius  ti;  acTuiv   tojv    errmXdJV 
sagt,    er    weder    das    baarc  Geld,    noch    auch    das  Vieh, 
einen  für  den  Peloponues   und   besonders  für  Arkadien  so 
bedeutenden     Gegenstand,     im    Sinuc     gehabt     zu     liaben 
scheint;  denn   zu   den   ixiTtt.oi^  können   beide   doch   wolil 
nicht    gerechnet    werden.       Allein ,     dass    Polvbius    einen 
grossen  Irrlhum  begangen  habe,  indem   er  als  AVertli  des 
gesammten  attischen   Volksrermügens  Ö750  Tal.  annimmt, 
ist   bereits  ausführlich  und  unzweifelliaft  dargethan  worden 
von    Bückh   I.   c.   II,    p.   21—28,    welche    Stelle  jedoch 
weder  Hr.   Lucht,  noch  Brückner  gekannt  haben.    Er  hat 
nämlich   gezeigt,  dass  das   gesammte  Volksvcrmögen  Atti- 
ka's  in  jener  Zeit  wenigstens  auf  30 — 40,000  Tal.  anzu- 
schlagen sei,  und   dass  jene  von  Polvbius  genannte  Summe 
nicht    das    ganze    Vermögen,     sondern     nur    ein    geringer 
Theil  desselben,  nämlich  das  in  die  Steuerkataster  einge- 
tragene  sei   (cf.   über  die  Art  der  Schätzungen   des  Solon 
und   Nausinikos,  Böckh  1.   c.   p.  28  ff.   und  p.   50  ff.). 

AVollte  man  hiergegen  behaupten ,  Polvbius  habe  dies« 
auch  gewusst  und  mit  dem  Worte  Tiiirna  eben  jenen 
steuerbaren  Theil  des  gesammten  Vermögens  bezeiclinen 
wollen,  so  lassen  diess  doch  weder  die  einzelnen  Worte, 
noch  besonders  der  Zusammenhang  der  ganzen  Stelle  zu. 
Ausserdem  ist  es  ja  auch  nicht  möglich,  aus  diesem  r/- 
imnia  die  Totilsummc  des  Vermögens  zu  berechnen,  da, 
■»ic  Böckh  dargethan,  in  den  verschiedenen  A'ermögens- 
klassen  der  steuerbare  Theil  des  '^^erniögens  verschiedet 
war.  >iocli  weniger  könnte  hieraus  auf  das  Vermögen 
des  Peloponues  geschlossen  werden  ;  und  gesetzt  auch,  es 
könnte  diess  geschehen,  so  würde,  «enn  man  mit  Böckh 
auch  nur  3u_4(),()00  Tal.  als  Werlh  des  attischen  Volks- 
vcrmögcns  rechnet,  Polvbius  hierdurch  das  Gegenthcil 
von  dem,  was  er  wollte,  seinen  Lesern  wahrscheinlich 
gemacht  haben;  denn  »ar  das  '\'ermögen  Attika's  so  gross, 
so  war  es  wohl  nicht  unmöglich,  dass  ans  dem  viel  grös- 
sern Peloponues  üOOO  Tal.  an  Beute  gewonnen  werden 
konnten. 

.Aus  dem  Gesagten  geht,  wie  es  dem  Ref.  scheint, 
liervor,  Pol_>biu*  habe  eben  nicht  zu  viel  Ursache  gehabt, 
dem  Plivlarch  in  so  bitterem  Tone  vorzuwerfen  zijv  ÜTCSl- 
oiav  y.o.'i  Ti^v  dyvoiav  ti]^  y.oii'iji  i.vvoia^  VTilo  xijq 
ryjv  'Li.'i.r^vr/.viv  Tioay/xdiüjv  xoo)jyiai  xai  SuvänEvjg, 
ijv  uuf.iora  Öci  riaod  rot^  inrooioyodcfoti  v:täo'/etv, 
noch  über  Phvlarch's  Erzählung  auszurufen:  uc");  ov 
Ttjg  uiyiCTi-i  äkoyiaq,  in  d'doy.iiinac,  ioil  ornfiov. 
Daher  verlieren  auch  die  folgenden  Gründe  des  Polvbius, 
selbst  wenn  sich  noch  weniger,  als  wirklich  der  Fall  ist, 
zu  ihrer  Widerlegung  sagen  liessc ,  alles  Gewicht.  Po- 
lvbius sagt  nanilich,    es    gehe    zweitens    auch    daraus    die 


Unrichtigkeit  der  Angabe  Phjlarch's  hervor,  dass  die 
Beute  aus  Mantinea,  welches  damals,  nach  Ph) iarch's 
eigener  Aussage,  die  bedeutendste  Stadt  Arkadiens  war, 
und  bei  deren  Einnahme  alle  Bewohner  in  Gefangen- 
schaft geriethen,  dennoch  auf  300  Talente  sich  belau- 
fen habe. 

Hiermit  stellt  Polvbius  einfach  eine  Behauptung  gegen 
die  andere;  ob  die  seinige  richtig  sei,  und  wesshalb  die 
Summe  so  gering  ausgefallen,  wird  sich  wohl  nicht  mehr 
ermitteln  lassen.  Zu  erinnern  ist  jedoch,  dass  auch  in 
Megalopolis  wenigstens  1000  Menschen  von  Cleomcues 
gefangen  wurden  ,  und  unter  diesen  zwei  sehr  xornehme, 
deren  Lösegeld  gewiss  nicht  unbedeutend  gewesen  ist. 
Cf.   Plutarch.   Cleom.   o.   24. 

Als  dritten  Grund  endlich  führt  Polybins  an,  Phylarch 
selbst  habe  erzählt,  dass  Cleomenes  zehn  Tage  vor  der 
Schlacht  bei  Sellasia  dadurch,  dass  Ptolemäus,  König  von 
Aegvpten,  ihm  die  Hülfsgeldcr  aufgekündigt  habe,  gezwun- 
gen worden  sei,  sobald  wie  möglich  den  Krieg  durch  eine 
Schlacht  zu  entscheiden.  AVenn  er  aber  zu  derselben 
Zeit  (/«r«  rofj  uvTOvi  Xß/poi's)  6000  Tal.  erhalten 
hätte,  so  würde  er  den  Ptolemäus  selbst  an  Reichthnm 
übertroffen  haben  ;  um  jedoch  den  Krieg  gegen  den  An- 
tigonus  ohne  IMühe  in  die  Länge  zu  ziehen,  hätte  er  nur 
300  Tal.   nöthig  gehabt. 

Dagegen   ist  zunächst  zu  bemerken,  dass  der  Zeitraum, 
welcher  zwischen   der  Einnahme  von  Megalopolis  und   der 
Schlacht  von  Sellasia  liegt,   nicht  so  gering  ist,  dass  man 
beide  Ereignisse    gleichzeitig    (z«r«    TOl'^  aiTOCJ    y.ai- 
po(  ;;)    nennen    könnte.      Denn    wie    man    aus  dem  Polv- 
bius selbst  entnehmen   kann,   ist   Megalopolis  von  Cleome- 
nes vor  dem   Beginne   des  Frühlings   erobert   worden.     Er 
sagt  nämlich  lib.   H,  c.   (J4,   Cleomenes  habe,  als  Antigo- 
nus   noch   in  Argos  liberwinterte,  plötzlich  seine  Truppen 
zusammengezogen,    um    einen  Einfall    in    das  Gebiet  der 
Argiver   zu  machen.       Da    nun  Megalopolis    schon  vorher 
genommen  war,   so  irrt  man   wohl  nicht,   wenn   man  letz- 
teres   Ereigniss    in    den  flionat  Februar    des    Jahres    222 
setzt.      Dass    ferner    die  Schlacht    bei    Sellasia    entweder 
gegen    das  Ende    des  Monats    Juli    oder    im  Anfange    des 
August    geliefert    sei,    ist    von    Hrn.    Professor    Schömann 
im    Index    scholl,   universit.   Grvpli.   1832  —  33,  p.   4  ge- 
zeigt   worden.       Hieraus    ergibt    sich  ,    dass   zwischen   der 
Eroberung  von  fllegalopolis  uiul   der  Schlacht  bei  Sellasia 
wenigstens   ein  Zeitrauu\  von  fünf  Monaten  liegt,  was  ge- 
wiss in   Bezug  auf  die   Ausgaben    nicht  zu    übersehen  ist, 
wenn  man,    wie   in  jener   Zeit  Cleomenes,    ein  Heer  von 
20,000  iMann  zu   uiiterlialten  hat.      Cf.   Plut.  Cleom.  c.  27 
cxtr.    —    Ohne    uns    bei    der    Angabe    des    Polvbius    vom 
Reichthnmc  des  Ptolemäus    aufzuhalten,    und    indem   wir 
«3;  ev  '.luoödii)  anführen,  dass'ihm  nach  Appian.  prooem. 
histor.  c.  10  sein  A  ater  Philadelphus  nnermesslichc  Reich- 
thümcr    hintcrliess,    und    er    ausserdem    nach   dem  Zeug- 
nisse   des    llieronym.   Sanct.    ad   Daniel.   XI    von    seinem 
Zuge    nacli   .Vsien    40,000    Tal.    mitbrachte,    wenden    wir 
uns  sogleich   zur  letzten   Behauptung  des  Polvbius,  dass, 
wenn  Cleomenes  nur  300  Tal.    bekommen  hätte,    er  den 
Krieg    gegen    den   Antigonus    bec|uem   hätte   in  die  Länge 
ziehen  können.      Wie   «alir   diess  sei,  kann  aus  Plutarch 
crscJicn  werden,  dieser  sagt  nämlich  (Cleom.  c.  23),  dass 


373 


374 


Cleomcnes  kiirz  vor  der  Eroberung  Ton  Megalopolis  ilcn-      Sprachen    zn     erfassen ,     isi    nothtvcnilig    eins    iler    ivirk- 

jenifjcn   Heloten  die  Freiheit  gegeben   habe,    «eldie  fünf  samslen  Mitfei    ilcr   Geistesbildung;    und   in  dieser  Bezie- 
Minen  bezahlen   konnten,    und    auf    diese   AVeise  habe   er      linng    «erden    die    alten    Sprachen    stets    die    Grundlage 

500  Tal.   erhalten.    Rechnet  man  hierzu  die   grosse  Beute  jeder  iüehtigcn  Bildung,    die   mehr  als   eine   rasonnirende 

aus  3Iegalopolis  (Plutarch  sagt  Philop.   c.   5   fin.   Cleonie-  AVeltbildung  sein   will ,   bleiben  müssen, 
nes  habe    Megalopolis    rcrlassen    XQijiUiTuiu    £VUOQl']aa.(;  Ohne   uns  hier  auf  die  Feinheit  der  Syntax  der  alten 

[.iSydXojp),  so  ist  klar,    dass  CIcouienes  auch  nach  Pia-  Sprachen  einlassen,   ohne  die  reiche  Fülle  ihrer  Flexions- 

tarch's  Angabe    «cit    mehr,    als  300   Tal.  besessen   habe.  formen  in  Beziehung  auf  Bildung    des   Geistes   betrachten 

Nichtsdestoivenigcr    gibt     derselbe     PIntarch     bald     darauf  zu   können ,   »enden   «ir   uns  zu  der  auf  Gymnasien  niei- 

(r.    27)   denselben    Grund    an,    wie    Phylarch,     wodurch  stentheils    zij    sehr    vernachlässigten     If'ortiildun".       Wir 

Cleomenes  gezwungen  sei,  jene  Schlacht  zu  liefern,   nani-  meinen    hier     unter    AVortbildung    nicht    jene     schwierige 

lieh    den  fllangel    an    Geld.       Daher    könnten,    besonders  AVissenschaft   des  Sprachforschers,  der  aus  den   mannich- 

wenn    mau    annimmt,    dass    Phylarch    bei    seiner    Angabo  fach  umgestalteten   AVortfornien   mit  zweifelhaftem  Erfolg-e 

von  6000   Tal.    nur    den    Werth    der  Beute,    die    sich    so  die  ursprüngliche  Bedeutung  und   die  Wurzel  aufzusuchen 

leicht  nicht    zu.  Gelde  machen    liess,    habe  angeben   wol-  hat,    sondern    die    sichere    Forschung,    wie  .aus  Stämmen 

len,    vielleicht  dennoch   beide   Angaben  Phylarch's  neben  neue  Stämme   und  aus  Verbindung    von   Stämmen   Conipo- 

cinander    bestehen.       Doch    es    werde  auch  angenommen,  sita   gebildet    werden,     mit    beständiger    Berücksichtiguno- 

Phjlarch  habe  sich   geirrt,    er    habe    übertrieben,    so  ist  des  Begriffs.      So   bildungsreiche   Sprachen,    wie   die  alten 

diess  doch   bei   »oitem  nicht  in   dem   Grade   der  Fall,  als  sind,  müssen   gewiss  auch   in   ihrer  AVortbildung  von   dem 

Poljbius   glauben  machen   möchte,    und  Ref.    hofft  durch  grössten  Interesse    sein;    entstehen    und    vergehen    ja    die 

das^  Gesagte    noch    mehr    die    Wahrheit    davon    dargethan  AVörter    im    Leben    der  Sprache,    das    sich   in  der  Wort- 

ztt    haben,    was  Hr.  Lucht    p.  29  sagt:     Phylarchus    fide  bildung  sicher  nicht  am   unwirksamsten  zeigen   wird,    lln- 
dignus  historicns  censendus  et  Polvbio  aecjuandus   est.  " 

Greifswald,   im  3Iarz   1839- 

/.   T/ioms. 


Ueber  den  Nutzen  der  Erkennlniss  der  Wortbildung- 
auf  Gymnasien. 

Der  Zweck  der  alten  Sprachen  auf  Gymnasien   ist  kein 
anderer,  als  an  den  frischen,  lebevollen  .Spracbgcbilden  den      Lateinischen    Sprache) 


Geist  emporzuheben,  ihn  zu  leiten  und  zu  pflegen,  dass 
er  sich  sonne  unter  dem  heitern  Himmel  des  grossen  Völ- 
kerduumvirats  des  Altcrthums,  des  schönen  hellenischen 
und  des  strengen,  gebieterischen  römischen  Geistes.  Ein 
Volk,  das  Homer's  Heldengesängen   entgegenjubelte,    das 


sere  Grammatiken  bieten  in  dieser  Beziehung  fast 
Nichts;  sie  gehen  von  der  Form  aus  und  bleiben  bei  ihr 
stehen  und  ihre  Betrachtung  ist  meistens  nur  auf  unwe- 
sentliche Punkte  gerichtet.  In  meiner,  lateinischen  Gram- 
ULitik  (Kursus  I)  habe  ich  für  die  untern  Klassen  eini- 
ges hierauf  Bezügliche  gegeben,  was  dem  Zweck  jener 
Klassen  gemäss  nicht  weiter  ausgeführt  werden  konnte, 
wie  es  im  zweiten  Kursus  geschehen  soll  (bis  dahin  ver- 
weise ich  auf  meine  wissenschaftliche  Wortbildung  der 
Dagegen    werde    ich    im     ersten 


Kursus  meiner  nächstens  erscheinenden  griechischen  Gram- 
matik gleich  nach  der  Lehre  von  der  Aussprache  die 
A\ortbildung  vom  Standpunkte  des  Begriffs  aus  abhandeln 
(eine  Stellung  der  Wortbildung,  die  ich  nicht  ohne  Bei- 
stimmung bewährter  Schulmänner  wähle).     Worin   besteht 


Pindar's  Siegeslieder,   die  mit  ihren   gewaltigen  Schwingen      aber    der  Nutzen    der  AVortbildung    auf   Gymnasien?     So 


das  Reich  der  Phantasie  durchfliegen,  als  Gelegenheits 
gesängc  mit  freiem  Geiste  auffasste  und  im  schönsten  Sinne 
sich  aneignete,  das  Aeschylos  erhabene  ideenri-iche  Dich- 
tungen mit  Begeisterung  vernahm,  während  ein  auserle- 
senes deutsches  Publikum  über  Göthe's  Faust  1  Th.  sich 
langweilt,  ein  Volk ,  dessen  ganzes  Sein  und  Leben  unter 
der  Obhut  der  Schönheit  stand,  wie  harmonisch  muss 
dieses  seine  Sprache  ,  gleich  einer  reichen  Rosenknospe, 
entfaltet  haben!  Und  auf  der  anilcrn  Seite  ein  Volk,  das 
Ernst  und  Biederkeit,  Besonnenheit  und  edlen  Stolz  zu 
den  ausgezeichnetsten   A'orzügeu    seiner  A'orfahren   zahlen 


viel  ich  sehe,  auf  zwei  Umständen,  einem  praktischen 
und  einem  wissenschaftlichen.  Der  praktische  Nutzen  ist 
der,  dass  der  Schüler  die  Bedeutung  vieler  Wörter  aus 
sciuer  Kenntniss  selbst  sich  construiren  kann.  So  z.  B.  das 
^yortdyajvo9cT£oj;  weiss  der  Schüler,  dass  alle  Vcrba 
auf  aoj ,  t'M,  uuj  von  Substantivis  abgeleitet  werden, 
ein  Satz,  der  leider  anf  Gymnasien  nicht  genugsam  her- 
vorgehoben und  bei  der  Lesung  von  griechischen  .Sätzen, 
sowie  beim  Üebersetzen  ans  dem  Deutschen  niclit  gehörig 
angewandt  wird,  so  muss  er  auch  hier  ein  zu  Grunde 
liegendes  Snbst.  annehmen ,   das  auf   Tlj^   oder  ro;  endige; 


durfte,    dem     ein    tiefer    Sinn    für    alles    Hohe    und  Edle  ist  ihm  nun  das   Wort   dyujvodETljg  auch  nicht  bekannt, 

einen  erhabenen  Blick  in  das  Leben    gewährte,    das    im  so    wird    er    doch    hierin    bald    zwei   Wörter    äyvjv  und 

Gefühle  seiner  Kraft   eben  diese  Kraft  nach  allen  Seiten  9£rijg  erkennen,  von   dem  letzteres  auf  de  (z/9r/ii)   hin- 

hin   wirksam    erweisen    konnte,    ein  Volk,    dessen   öffent-  deutet,    und    also    construirt    er    sich    die  Bedeutung  von 

liches    Leben    trotz    aller    Unruhen    und    Wehen    ein    so  äyvjvo — dlT/-;  und —  irerEUj  ah  Kampfstellei;   Kampf- 

schöner    Spiegel    der    menschlichen  Bestrebungen    und    in  Ordner  und   den   Kampfordnef  machen.     Fragen   wir  aber 

niesen  der  menschlichen  Geisteskraft   war,  wie  frisch  und  jetzt  einen  unserer  Primaner,   was   dyujvodiTtO}   sei,    so 

folgerecht,  wie  klar  und  bündig  muss  dieses  seine  Sprache,  wird    man    die  Antwort    erhalten,     es    sei  aus  dyvjv   und 

gleich  einem    mit    altrömischer    Würde    gcfasstcn    Staats-  dezeu)    zusammengesetzt.       Ebenso    ist     es    mit    naoöl- 

beschlusse,   gebildet  haben!   Solche  Sprachen  nun  in  ihrer  aidQv)  ;    der    gewöhnliche    Primaner    wird    uns  höchstens 

wahren  Wesenheit,  in  ihrem  Unterschiede  von  den  nenern  sagen,    es    komme    von    Ttav    (oder  gar  :raQa)   und  ^V/- 


375 


376 


aiäCo}  ,  weil  ihm  nicht  der  Satz  gehörig  eingeprägt  ist, 
dass  Verba  nicht  compunirt  werden  können;  weiss  er 
diess ,  so  wiril  er  TlaoürjaiäCu)  richtig  von  einem  Subsi. 
7T<iuöroii  und  dieses  tou  .Tai"  und  (ii]oii  ableiten.  Das 
AVort  OroUTOItfiov  wird  der  Schiiler  aus  oc^aiüi  un([ 
riiöov  sirh  mit  leichter  iMiihe  als  Heerfeld,  Lagerfeld, 
Lager  construiren,  ebenso  TloKluoy.tuj  von  TlokiU(J/.og, 
dieses  von   nu/ii   und   Stamm  eay.   einschliessen. 

Der  zweite  Antzeii  ist  der  wissenschaftliche,  die  rich- 
tige Auflassung  der  Worte,  an  der  noch  so  »iel  gelitten 
wird  ,  wie  ich  in  meiner  lateinischen  Wortbildung  gezeigt 
habe ;  man  Ueguügt  sich  mit  blossen  Uebersetzungeii,  die 
meistens  nur  dunkel  aufgefasst  werden,  man  fragt  nicht: 
wie  dachte  sich  der  (irieche,  der  Römer  dieses  Compo- 
situm, wie  ivir ,  welche  Auffassung  ist  dischterisclier, 
anscheinlicher  u.  s.  w.  ?  Einige  Beispiele  miigeii  hier  ge- 
nügen. Kt.VTOTOtoi  übersetzt  mau  ohne  weiteres  bogen- 
berühmt ,  obgleich  es  nach  den  Gesetzen  einer  gesunden 
Wortbildung  dann  roiroxÄtTOJ  heissen  müsstc;  die  rich- 
tige Erklärung  hat  zuerst  mein  Freund,  Hr.  Dr.  Kiesel 
in  Koblenz,  gegeben  (de  hvmno  in  Apoll,  homer.  üerol. 
'  ■'^■i'^1  p.  4  i,  nr.  rj2):  cjui  iulustrem  arcuin  habet,  quod 
leteruni  iiidoli  convenit,  qui  armorum  praedicare  soleant 
lirtutem.  ^e/ai()(iiu(tjl>  erklärt  mau  gottesfiirchtig, 
abergläubisch ,  indem  man  ai  für  ein  Einschiebsel  hält , 
da>  nun  einmal  nicht  erklärt  werden  könne,  während 
m.TU  doch  in  iiifjaor/vrooi;  (das  einzige  Wort  dieser 
Art,  soviel  ich  mich  erinnere,  das  richtig  erklärt  wird) 
liUi'iaaig  für  den  ersten  Theil  ansieht;  es  bedeutet  als 
Furcht  (8(ia/i,  das  einzeln  nicht  vorkommt,  wie  auch 
iti'rr^  u.  a.)  die  Güllcr  habend,  die  Götter  zur  Furcht 
habend,  ebenso  }j'oiuuj(ui  zur  Auflösung  die  Schlacht 
habend,  d/.s^idgtj ,  TigoSoaixouTioi,  üuf.Qaiyaiioii, 
ioiiipizEiXoi,  y.aitTieoiyoiwog,  efieuanrnji,  äe^iyvtoi 
II.  a.  Flexanimns  soll  bedeaten  flectens  aiiimos,  aber 
dann  müsste  es  llectaitimus  heissen ;  es  ist  gebeugten  Sinn 
habend,  was  von  dem  eigcneü,  sowie  von  dem  fremilen 
Sinne  gesagt  werden  kann ;  daher  oratio  ilexaniina  eine 
Rede,  zu  der  ein  gebeugter  (überredeter)  Sinn  gehört 
(gleichsam   als   Uiiterthan). 

Ein  IMissbraiich,  der  auf  Gymnasien  mit  der  Wort- 
bildung zuweilen  getrieben  wird',  ist,  dass  man  dunkele 
Formen,  besonders  im  Homer,  meistens  jeder  nach  sei- 
ner Art,  den  Schiilern  vorlegt  und  gar  bei  ihnen  mit  Er- 
findung einer  nenen  Etymologie  prunkt;  auch  auf  Gym- 
nasien mag  es  schon  gerathen  sein,  das,  worüber  maa 
nichts  Sicheres  weiss,  als  dunkel  uiiil  nngewiss  zu  be- 
zeichnen. Auch  hilft  es  dem  Schüler  ja  wenig,  wcna 
er  »eiss,  was  das  Wort  tüdeitkoi,  i r/.i'yt To^  lür  uinen 
Uriprniig  haben  könne;  die  allgemeinen  Gesetze  der 
Wortl>ililung  möge  dafür  der  Lehrer  gehörig  eiiiprägea 
nnd  bei  vorkommender  Gelegenheit  auch  zur  Anwendung 
bringen.  Schliesslich  möge  es  mir  erl.-inbt  sein,  hier 
eine  Probe,  die  Art,  wie  ich  die  Composita  in  meiner 
Ifriechischcn  Grammatik  (Kursus  I.)  bearbeitet,  anzu- 
führen: 

§.  18.  Was  die  Nominalcompositionen  betrifft  ,  so  kann 
1;     ein     .Nomen    ilnrch     ein    vorgesetztes  Siibst. ,    Adject., 


Adverb,  oder  eine  Präposition  näher  bestimmt  werden 
(  Determinativa )  ,  wie  tTCiTCailTlO  (überall  der  reine 
Sfainin)  Urgrossvater ,  dyi'i^eo  nahe  von  Gott,  aivü- 
htuVT  schrecklicher  l.öwe  (häufig  mit  Endung  lo,  la,  so 
dy.üuvi'<y.ciu),  dvöoöiu/ö  Mannjilngling  (ein  Jüngling, 
der  bald  3Ianu  ist),  6()Of.toyijoL'y.  Laußote.  '2)  Zwei 
oder  mehrere  Nomina  verbinden  sich  zu  einem  Worte, 
welches  zwei  oder  mehrere  Dinge  oiler  Eigenschaften  zu 
einem  Ganzen  zusammeufasst  (Copulativa) ,  so  TgaryeXa(fO 
Bockhirsch  (ein  Tliier,  das  halb  Cock,  halb  Hirsch  ist), 
kevy.U(ilkav  weisschwarz  (weiss  nnd  schwarz).  3)  Zahl- 
wörter verbinden  sich  mit  Subst.  und  bezeichnen  die 
Mehrheit  einzelner  gleichartigen  Dinge  als  ein  Ganze» 
(Collcctiva);  sie  erhalten  die  Endungen  tu,  tu,  u.  Vergi. 
öluutgia  ein  Zweitheil  (zwei  Theilej,  i'jutdujgäyio  Halb- 
panzer (ein  halber  Panzer),  Sif^ieöif^ivo  ein  Zweimedininos 
(zwei  IMedimnen).  4)  Präpositionen  mit  ihren  Kasus  bil- 
den .Adjectiva  ,  wie  im  Deutschen  unterirdisch  (Praeposi- 
tionalia) ,  wie  li au udoi;o  gegen  die  (gewöhnliche)  Mei- 
nung gehend,  iyy.ivrgo  ausser  dem  Centrum  befindlich 
6)  Ein  .Subst.  mit  einer  im  ersten  Gliede  des  Compos. 
enthaltenen  liesfimmung  wird  zu  einem  den  Besitz  be- 
zeichnenden Adjecfivum  (Possessiva),  so  yKiiy.vl}i<uo  sanft- 
sinnig  (der  einen  sanften  Sinn  hat),  goSodaXTvko  rosen- 
fingerig  (Finger  wie  Rosen  habend),  duCfiTlVQO  umher 
Feuer  habend,  ätivoao  keinen  (nicht)  Grund  habend, 
unergründlich,  dKitaitipto  zur  Abwehr  die  Luft  habend 
(In(tabwchrend) ,  cEgTliy.tgauvüQ,  zur  Freude  den  Blitz 
habend  (am  Blitze  sich  erfreuend).  Wenn  zwei  Wörter 
von  einander  abhängig  sind ,  so  wird  das  abhängige  als 
erstes  und  das  andere  als  zweites  Glied  des  Compos.  ge- 
setzt (Dependentia) ;  beide  Glieder  müssen  Nomina  sein. 
Vergl.  Cojygaffu  Thiermaler ,  yaorgiöovXo  Bauchsclave, 
/i£vl}£OixvfiU  in  der   Tiefe  wogend. 

Diess  genüge,  um  auf  einen  Mangel  aufmerksam  zu 
machen,  der  von  sehr  nachtheiligen  Folgen"  für  das  ganze 
Sprachstudium  ist.  Möge  man  des  Verfassers  Meinung 
nicht  übeldeuten,  wie  es  leider  guten  Absichten  so  oft 
geschieht,  wenn  sie  tadelnd  auftreten  müssen;  eine  feste 
Burg  ist  —  das  Vornrtheil  —  nur  zu  oft! 

Dr.  H.  Düntzer. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Leipzig.  Bei  Gelegenheit  der  Promotion  von  19  Doctoren 
der  Pliilosophie  und  der  GediJcbtnissfcier  Spohn's  erscbicnen 
von  dem  dcrmaligen  Dekan  der  philosophischen  Facultät,  Prof. 
Wilh.  \Vachsniutli,  zwei  Abhandlungen  :  De  capitis  pocnae  cau- 
sis  et  snnctionc.  I.  Apiid  Graecos  veleres  (t2  S.  4  ).  II.  Apnd 
Roinanoä  et  Gcrmanos  (14  S.  4.)  Unter  denen  ,  welche  vor  50 
Jahren  die  philosophische  Doctorwüide  sich  erwarben,  nimmt 
die  erste   Stelle    Hofrath  EichstUdt   in  Jena  ein. 

Hamburg.  Der  Index  Scholarinn  unseres  Gymnasiums 
liefert  fdlscnde  Abhandlung  von  Prof.  Dr.  Petersen:  ,,Hip- 
pocralis  noinine  quac  circumlcruntur  scripta  ad  teniporum  ra- 
tiones  ilispnsita.  P.  I  "  VIII  und  55  S.  4.,  eine  für  Philologen 
und  Airzle  gleich  wichtige  Abhandlung  ,  durch  welche  der  ge- 
lehrt.- Hr.  Verf.  zur  Schiichluiig  des  Streites  über  die  Echtheit 
der  Schulten  des  Hippokrates  das  Sciniyc  beitragen  will. 


Zeitschrift 

,    für    die 

AI  terthu  ms  Wissenschaft 


Sonntag,  '1\.  April 


18  39. 


Nr.  48. 


Ueber  die  Beschreibimg  der  Burg  von  Alexandria  bei  Aphflion.  progymn.  Cap,  12. 

Diese  Stelle  ist  für  ileii  Altertliumsftustlipr  jedenfalls  von  grossem  Interesse.  Sie  gibt  nirht  bloss  einen  wirli- 
ti^-cn  Beitrag  zur  Topographie  der  berühmten  Stadt  Alt-xaiulria,  die  norh  kciiiesivegs  ganz  anfgeklart  ist,  und  zur 
Geschichte  der  griechisch  -  ägyptischen  Baukunst,  son<lern  sie  bestimmt  und  beschreibt  auch  insbesondere  die  Lora- 
lität  und  äussere  Einrichtung  jener  weltbekannten  Bibliothek,  von  der  h  ir  leider  sonst  so  wenig  erfahren.  Aber 
sie  ist  nicht  ohne  grosse  Schwierigkeiten.  Schon  die  Sprache  ans  dem  Zeitalter  des  verdorbenen  Geschmackes  '  ist 
nicht  leicht  zu  verstehen:  der  affectirte  und  manerirte  Sf\l  des  Redekiiiistlers  widert  Jeden  an;  aber  bei  weitem 
schwieriger  ist  die  Aufklärung  des  Sachlichen,  theils  »eil  iler  Schriftsteller  nicht  ausführlich  genug  beschreibt, 
theils  weil  unsere  sonstigen  Nachrichten  über  den  Gegenstand  höchst  fragmentarisch  und  mangelhaft  sind  ,  theils  »veil 
von  Seiten  der  Alterthunisforcher  noch  zu  wenig  Aufmerksamkeit  der  Stelle  geschenkt  worden  ist.  "Hirt  in  seiner 
Geschichte  der  Baukunst  verweilt  gar  nicht  bei  der  Sache,  Andere,  wie  Simon  Magistrius ,  Sylvester  de  Sacy  und 
die  französichen  Gelehrten,  welche  die  Expedition  nach  Aegypten  mitmachten  nnd  die  Topographie  des  alten 
Alexandriens  zu  bestimmen  suchten,  «ussten  sich  nicht  anders  aus  den  Schwierigkeiten  herauszuwirkelii ,  als  wenn 
sie  annahmen,  dass  die  von  Aphthonius  beschriebene  Burg  das  Serapeum  wäre,  und  der  Schriftsteller  unter  uns, 
«eliher  <lie  Sache  zu  untersuchen  in  neuester  Zeit  am  meisten  Gelegenheit  und  Aufforderung  gehabt  hätte ,  wir 
meinen  Hrn.  Parthey  in  Berlin,  der  selbst  in  Aegypten  genesen,  springt  in  seinem  auch  sonst  sehr  mangelhaften 
und  oberflächlichen  Werke  ,,MÄer  das  /üt.randrinische  Museum^'  *)  schnell  über  den  Aphthonius  hinweg  und  weiss 
sehr  geschickt  nnd  sehr  bequem  dem  liegenden  Felsblocke  dadurch  aus  dem  Wege  zu  gehen,  dasS  er  sich  ohne 
Weiteres  den  Franzosen  auschliesst ,  vielleicht  durch  eine  hingeworfene  Aeusserung  des  Prof.  Dr.  Bernhardy  veran- 
lasst, der  jene  Beschreibung  des  Aphthonius  in  der  Hall.  Lit.  Zeit.  IS3.5,  IVr.  U4 ,  S.  V>^  nach  unserer  Meinung 
etwas  zu  vorschnell ,  „eöenso  holperig  als  unbrauchbar'-'-  nennt.  Sosolles  nicht  sein  und  bleiben:  dem  Deutschen  ge- 
ziemt nur  gründliches  Forsc.hen  und  Wissen,  und  so  mag  liier  der  Versuch  gemacht  werden,  mit  Beseitigung  jeder 
überflüssigen  Verniuthiing  die  oben  angeführte  Stelle  zu  erklären.  Dabei  bitten  wir  inständigst  jeden  Leser  dieser 
Blätter,  der  sich  für  ilie  Sache  interessirt  und  statt  des  hier  Gegebenen  Manches  besser  liefern,  Manches  berich- 
tigen kann,  solches  sofort  zu  tliun,  damit  künftig  der  Gegenstand  gar  keine  Dunkelheit,  gar  keinen  Zweifel  mehr 
zulässt.  Wir  geben  aber  zuvörderst  den  Text  nach  der  kritischen  Ausgabe  von  Walz  ,  daneben  die  wörtliche  Ueber- 
setzung  und   zuletzt  erklärende   Anmerkungen. 


'Ev.(fiQaoii  rijg  ev  '.4/  e^avd^iia  dy.^oTrükeuj^. 

yfi  tr/.oo7Tük£iQ  Sf  (loa  raii  nökeaiv  ei'g  y.oivi)v 
fisv  EOTaaiv  docfuksiav  •  itokauiv  yuQ  äytoai  jEyö- 
vaai-  TeixiCovrat  de  ov  f.iäkkov  'ecvtai  zotq  or/.ij- 
fiaaiv ,  1]  Tuq  Tiöke/c  TSiX'Covat.  Kai  rijv  filv  \ldi]- 
vaiajv  dxQÖnaXti'  fi£r>og\4&i]VMv  neQieikijtpe  xd>(^oc,- 
ctY.oav  bl  i)v  Al-E^avöooz  liji  uiy.iiui;  riÜErai  7iü- 
kio)^  oii;  TTgoqi^yüpevoip  it^yaorar  7r()6g  äy.QOv  yao 
socrjas  Ttokiujg  v.ai  yvrjOiyjTeoov  aihijv  iori  nouqet- 
Tieiv  dy.gönohv,  V^^f'  V  (fQOvtiv  ABrjvaioi  nuot- 
\aßov  t^ai  yaQ  (üde  nutg,  ujg  ü  koyog  öilittioiv' 
dxQa  T/g  i^avix^i  Ti)g  yijg,  iii'xQ'  ^£v  nokkoii 
Tt^oiovaa   et'g   i'^pog,  yakovjitvi]    öh   8i    df^epöre^ov 


Beschreibung  der  Barg  in  Alexandria. 

Die  Burgen  sind  allerdings  für  die  Städte  zu  allge- 
meiner Sicherheit  erbauet;  denn  sie  sind  die  Berge 
(Festen)  der  Städte;  aber  sie  werden  nicht  sonohl  selbst 
durch  die  Häuser  bewahrt,  als  sie  vielmehr  die  Städte 
bewahren.  Die  Burg  der  Athenienser  nun  hat  ringsum 
der  Ort  Athen  umgeben;  allein  die  Feste,  welche  Alexan- 
der für  seine  eigene  Stadt  bestimmt,  hat  er  gebaut  dem 
gemäss,  wie  er  sie  beuannt  hat.  Er  [hat  sie  nämlich 
gestellt  an  die  Spitze  der  Stadt,  und  es  ist  der  Sache 
angemessener,  sie  Burg  zu  nennen,  als  die,  auf  welche 
die  Athenienser  glaubten  stolz  sein  zu  können;  sie  ist 
nämlich    ungefähr  also   beschafl'en ,    wie  die  gegenwärtige 


*)   Wem  dieses  Urthcil   auffallend  sein  sollte,    der    lese  nur  mit  Al■flncrl^sanlkeit   iiinl  giiindli 
ßernhanly's  sehr  gerechtes  Urtheil  in  den  Berliner  Jahrb      Maiz  1838. 


her   Kritik   das   Rudi,    oder   vergl. 


379 


380 


äy.poxofiig,  oig  xe  si^  av.qov  enaiQExat,  v.m  oii  £7r 
äy.Qio    T£Tuy.Tcu  Tiökemg'    äöoi   öi:   e:ii    ravTiiv    ovy. 


räi  nQOiijyooiui  al  ööui  fiETußäkXovoiv ,  läq  sxovai 


{i-9a    8ie/.i^civ   d^iä^aii    äßarov    yki^ia^    yo.Q   inl 
■/U^ay.1  öiöuiOiv  del  to   fiaiQov,     vj^    ei;    skuxrovoi 
äyovoa,  y.ai  ctvayti  fiSTiujouTSpoi',  tvqjv  e/'^  iy.arov 
i]y.£iv  ov  kijyovaa'  nioag  yd^  dgi^fiov  TtkevTi)  ttoo^ 
evreXe^  £y.(fegovaa  iitr^ov  TTponökuiov  Öh  öiaöexe- 
rat  y.kniay.aq.  neijjiat;^   y.iyy.kiai  Trepiy.keiö/iepov  xai 
TezTagei  utv  dvf/^ovai  f^teytaxai  yiovtQ,  ööor.;  Ttav- 
ToSaTTcci   tTi i    f^iiuv    eüoSov    dyoiaaf    Tai;    de   8ii 
y.iooiv   eiiavexii    rig   oi/.og  /uergiac;    nooßnkkouevos 
y.iovag,  at  ^ooiuv  f^itv  ov-^'t  f^iav  Trap«;^««"?/,  nu^a- 
ßakköuevai  öe  rr  y.uTaayufj-TTapaTiETnjyaat  yua/jog. 
'Opocfi)  de  T(ß  o'i/.i!)  TCQoi'ftSev  eig  y.v/.kuv  :iaoa  6e 
TW    y.i'y.ko)   /nya   tvjv    övtcov    vTCo/iviiiia    TiiTtijyev 
eigiävTi    de    nacj     avTi)v   ti]v    dygönokiv    zerTugat 
^KevQUtg   itg  ;ft/7p05  t'oaiq  dirjgijTai ,   xal  tu  oxi//^a 
nkaioiov  Tvyxüvst  rov  fiijxavijfJciTog-  avki)  de  yard. 
fxeaov ,   neoioTi'kog'   y.al  rijv  f^iev  ai'ki)v  oroa!  8ia- 
öex«vraf    otouI    8e  i'aaig  öiaigoii/^ieiat    xioot,   xae 
fj.eTQov  airaig,   f/e9'  6,  ri  nkeov    ov%  «''"f'?!*'  ^<^" 
ßelv  ey.uOTij  öe  aroa  xekevra  TiQoq   eyxci.Qoluv  ere- 
Qav,    y.ai    ywjv    S/nki)    ngug    ey.aregav    ö/aigetrai 
OTodv,   Tijg  fjev  av  kijyovaa,  Tt]g  d'  au  Ttö.kiv  y.av- 
äg~/oi>oa.    Ttaoii)y.o8<iu)]VT(u    Se    aiyy.oi    tujv    otoujv 
svdo^ev,  Ol  uev  rauitta**)  yeycvijjuei'oi  TUig  ßi'ßkotg, 
Toig  (fikoTiovovotv   dve'pyuevot  (ftkoao(feiv ,  y.ai  tc6- 
kiv   üzaoav    eig   etovaiav    Ti]g    aoffiag  enaigovreg' 
Ol  8e  Tovg  Ttd/.ai  Tti.iav  i8gviuevoi  9eoL>g'  ooocpij  8e 
OToaig,    rjv  x9>"J'Ji    xaTeaevaöe   y.ai   xogviful  xioai 
yaky.ii)    uev    didriHoi'nyruevai ,   yovaiij  oe  avyy.ovit- 
Touevai.    Ii^g  uiv  oiv  arki-g  oi'x  eig  aiTag  o  y.oanog- 
dk/.o    fj.lv    yug  akkotg  i:v    to    de  rd  Ilegoiujg  iix^v 
ä^kijuara-    y.ai  jieoov   dvex^i  Tig  y.icuv,   ftijxog  fiev 
vTiigexovna,    xara8i'kov    de   itoiovaa    tov  ;^a>oof 
oünai   rig   nooßdg,   öiroi  itgoeioiv  iyvujxe ,   /u)  or^- 
fteiip   zrj   xiovi   Tiijv  68a')v  ;{pw7'ffo;-    y.ai  negiffavi] 
Ttoiti    xry  dxoönokiv    noog   yijv   te   xal  ddka.Txav 
ciQx<^''   oc   Tolv  üvTojv  ZTJ   Tijg  y.iovog  y.ogvcfTJ  negiE- 
orrjy.aat,    y.ai   Tzgiv    Ei'g   fieaijv  Stek^Eiv  tijv  avki]v, 
'idgvza.i    y.azaoxEvanna.     dLrjgrjjievov     ngög    ni'kag, 
öaui  Totg  nükui  Qeoig  6voiiö.C,ovxaf  Suo  de  ößekoe 
dveoxi-yaat  kidivoi  y.ai  y.gijvi]  zijg  tujv  IIc/ataxgaTt- 
dujv    o.nrivov   lyovoa'    y.o.t    zo  iia.ijfia  yiyovivc'mi- 
azov ,     z(ijv    xaKtay.EvaaävTvtv    eyov    zov    ugi9uöv 
iu07tEg    yug    evug    uvy.    dgy.ovvzog    eig   irobjoiv,    dn- 
fiiovgyoi   zijg  o/.tig  dxgonökevjg  ujcpDi^aav  eni  dexa 
Svo    Tcgogxeif^evof    xaxiövzi    de    t?;s   dxgoTrükeujg, 
Tij  (lev   üiiakog  Stadex^zac  X^Q^g  oradioj  Tigogeoc- 


')    Ich    habe    hier     das    CoJnma    weglassen    zu    müssen    ge- 
glaubt. 

**)   Diese    Form    zieht   \Nalz    voi-   in    den  AdJend.    \o\.   IX, 
p.  722. 


Beschreibung  sie  schildert.  Eine  Anhuhc  erhebt  sich 
aus  der  Erde,  bis  zu  einem  ziemlichen  M.iasse  in  die 
Hölie  anfsteigcnd  ,  [jeheisscn  aber  aus  zu  iefachcni  Grunde 
Burg  ( (ly.gitTl  i)/jg),  einmal  insofern  sie  sich  in  die  Hohe 
(uxguv)  erhebt,  sodann  insofern  sie  gebaut  ist  an  der 
Spitze  (<<X(Jw)  der  Stadt,  Die  Gänge  .iber  zu  ihr  sind  nicht 
gleich,  denn  liier  ist  es  G.ing,  dort  Eingang;  auch  ii'ech- 
seln  die  Gänge  ihre  Benennungen  ,  indem  sie  so  heissen, 
wie  ihr  ('harakter  ist;  denn  hier  kann  man  zu  Fuss  sich 
nahen,  und  zugleich  ist  es  auch  zu  Wagen  für  die  eiu- 
trelen  Wollenden  die  Strasse;  dort  aber  ziehen  oben- 
drein sicli  Sfulen  in  die  Höhe,  wo  zu  fahren  für  Wagen 
CS  unmöglich;  denn  Stufe  auf  Stufe  führt  immer  hoher 
aus  der  Tiefe  und  bringt  weiter  empor,  nicht  eher  endi- 
gend, als  bis  die  Zahl  auf  lUO  gekommen;  zuletzt  näm- 
lich   geht    d'i'S    Ende    der    Zahl    in    ciiii-     lundo    Summe    ans. 

Ein   Fropylaum    aber    nimmt    die  Stufen  auf:     es  ist  um- 
geben   mit    massig    hohen   Gittern  ,    und    vier  sehr  grosse 
Säulen  tragen   es    empor,    die    mannichfaltigcn   Gänge     zu 
einem   einzigen  Eingang  leitend,      !Nun    aber    erjiebt   sich 
auf  den  Säulen   ein   Saal  ,    massig  grosse  Säulen   zeigend , 
welche   zwar   nicht  bloss  eine    einzige   Farbe   haben  ,  aber 
übereinstimmend  mit  den  ^  erzierungen  sind  sie  als  Schmuck 
angebracht.       Das    Dach    des   Hauses    geht    oben    in    eine 
Kuppel    aus:     bei    der    Kuppel    ist    ein    grosses    Bild    der 
Welt    angebracht.      Wenn    man    aber    in   die    Burg  selbst 
eintritt,  so   ülfnet  sich  ein  einziger  (freier)   Platz  mit  vier 
gleichen    .Seiten;     und    die   Gestalt    des   Gebäudes    ist   ein 
längliches  Viereck ;    ein    mit    Galleriecn    umgebener    Hof 
befindet  sich   in  der  l\liite  ,   und   auf  den   Hol   folgen  Säu- 
lenhallen:     die  Säulenhallen    aber    werden    durch  gleiche 
Säulen    gebildet,    und    sie    machen  eine  Zahl   aus,    nach 
welcher    man  nicht  mehr    nehmen   darf.      Eine  jede  Säu- 
lenhalle    endigt    gegen    eine   zweite    schrägstehende,    und 
eine   Säule   gehört  immer  doppelt  zu  einer  jeden  der  bei- 
den Säulengänge,    indem    sie 'die  eine  sowohl   endet,    als 
die    zweite     wiederum   anfängt.       Angebaut  aber  sind   Ni- 
schen   innerhalb    der  Säulenhallen,    die    tlieils    dienen   zu 
Beliältern    für   die   Buchet  ,   den   Lernbegierigen    ollen   ste- 
hend  zum   Studiren  ,   und   die   gesammte  Stadt  zum  freien 
Erwerb   lon    Kenntnissen   aufmuntern  ,   theils   angelegt  sind 
zur  ^'erehrung    der    alten   Götter.       Ein   Dach   haben  die 
Hallen,   welches   mit   Gold   gedeckt   ist,    und   die  Capitäler 
der   Säulen  sind   zwar  von   Erz   gearbeitet,  aber  mit  Gold 
überzogen.       Der   Hof   nun    li.at   nicht   einen   einzigen   gan- 
zen   S(hniuck;    denn    das   Eine    war    so,     das   Andere   so; 
namentlich    enlhiclt    ein  Theil    die   Kämpfe    des  Perseus. 
Und    in   der   !Mi(tc   ragt  empor  eine  Säule,  an  Länge  über- 
ragend   und    den  Platz    kenntlich    machend.      Noch  nicht 
erkennt  Jemand,   wenn   er  geht,   wohin   er  kommt,    wenn 
er  nicht  die  Säule   zum  Zeichen   für   Wege   nimmt.      Und  - 
sie   macht    die  Burg    sichtbar    sowohl    zu   Lande,    als  zur 
See.      Die  Schöpfung  der  Welt  ist  am   Capitalc  der  Säule 
ringsherum    abgebihlet.       Und    ehe   man   in  die  Mitte  des 
Hofes    kommt,    ist  errichtet   ein   Gebäude,    was    versehen 
ist  mit    so    viel   Pforten,    als  nach  den    alten   Göttern   be- 
nannt   Herden    konnten.      Zwei  Obelisken    stehen    <la  von 
Stein,    und    es    befindet    »ich    daselbst    ein   Brunnen,    der 
noch  besser  ist,  als  der   der  Pisistratiilen.     Und  das  Wun- 
derwerk ist  unglaublich,  das  da  enthalt    die  Zahl    derer. 


381 


382 


zw;»  6  y.ai  rtß  T<j'igii>  yeysi'ljtai  xXiJa/^'  ttj  pe  ers-  «lie  «las  Ganze  angericlitct  Laben.  Denn  wie  >venu  ein 
po?  fiiv  SlTjpij/LUVuq  apöc  ünoia,  oi>  nQui^t'rjov  de  Einziger  nicht  g-oniigfe  zum  AVerke,  sielit  man  an  zwölf 
a)£(j6u£V0i;-  TU  fAv  Ölj  k«AA."oc  y.QSiicov,  1]  Xiyetv  Erbauer  ilcr  ganzen  Burg  In  Statuen  aufgestellt.  Steigt 
£/'  de  T/  na.Q£iTUl,J:V  nap£p9t;/.T]  yeyevijrai  daviia-  man  aber  hinunter  von  der  Burg,  so  folgt  hier  ein  cbe- 
TOJ"  Oii  ydp   oi'V.   i]V   eiTieiV,  nagal^skeinTCU.  «er    freier  Platz,    der    einer    Rennbahn     gleich    ist,    was 

auch  der  Name  «lieses  Platzes  ist,  dort  ein  anderer,  zu 
gleichen  Zwecken  passend  ,  aber  nicht  gleich  ausgedehnt. 
Die  Srhfinheit  nun  ist  grosser ,  als  dass  man  sie  be- 
schreiben kann;  »enn  aber  etwas  übergangen  ist,  ist  e» 
geschehen  zur  Vermehrung  des  Wunderbaren.  Dcnu 
was  nicht  möglich  war  zu  schildern ,  ist  übergangen 
worden. 


Aninerkiing-cii. 

1)  Dass  Aplithonius  bei  seiner  Beschreibung  hat  walir 
sein  wollen  und  sich  solches  zum  Grundsatze  gemacht 
habe,  geht  hervor  aus  den  vorhergehenden  Worten:  t/.- 
wgaC,ovTCt.q  de  öei  —  okaii  Ü7TOf(/iieiot}ac  xa  iy.cpgc.- 
(^6t(£va  irgäyflcCTa  ,  was  man  nicht  bloss  ron  Wortma- 
lerei zu  verstehen  hat.  ^'gl.  Doxopatr.  schol.  in  Aphthon. 
Vol.  II.  p.  5'Jö  cd.  AValz.  Es  kann  also  kein  Zweifel 
obwalten,  dass  A.  sich  an  die  Wirklichkeit  gehalten  hat 
und   dieselbe  treu   wiederzugeben   bestrebt  gewesen   ist. 

2)  Der  Redekünstler  treibt  sein  Wortspiel  im  Anfange 
mit  dv.goTToi.iq,  o.vmo.  und  dy.rjoq,  nas  im  Deutschen 
nicht  wiedergegeben  werden  konnte. 

3)  Dass  A.  ganz  unbezweifelt  die  Burg  \on  Alexan- 
dria und  nicht  das  Serapeum  beschrieben  hat,  erhellt 
deutlich  ans  den  Worten :  y.a}.oi>i^i£i/)j  öt'  d/KfOTSgov 
dxQOTtokti;,  oli  T£  £1^  dxQov  £7iaiQ£Tai  Y.ai  oig 
eir'  dy.Qv)  x eray.r a i  TtökEviq.  Jene  lag,  wie  wir 
aus  Cssar's  Geschichte  wissen,  am  grossen  Hafen,  also 
wirklich  an  der  Spitze,  am  nördlichen  Ende  der  Stadt, 
das  Serapeum  dagegen  im  Stadtviertel  Rhakotis  und  sehr 
wahrscheinlich  in  der  IMittc  desselben.  Jene  Annahme 
also,  dass  A.  das  Serapeum  geschildert,  ist  ein  für  alle- 
mal als  unstatthaft  von  der  Hand  zu  weisen  und  aus  die- 
sem Grunde  auch  der  Plan  von  Alexandria  bei  Parthcv 
falsch. 

4)  Die  AVorte:  üöoi  8£  £ni  xavTTjV  Ovx  i'oai  wer- 
den durch  das  Folgende  sattsaip  erläutert,  so  dass  gar 
kein  Zweifel  obwalten  kann;  sie  bedeuten:  der  Weg  bis 
hin  in  die  eigentliche  Burg  ist  seiner  Beschaffenheit 
(TtoiOTljTi  vgl.  Schul.  Doxopatr.  p.  528)  nach  sich  nicht 
gleich ;  bis  zu  den  Stufen  kann  man  ihn  gehen  und  be- 
fahren; dann  ist  er  aber  nur  zum  Gehen.  Der  Verf. 
spielt  zugleich  wieder  mit  den  Worten  ööug,  £ii;odog. 
Vgl.  den  anonymen  Schol.  p.  653  ?/  'iTQoy,£tfiiVl]  xr} 
dygo7iuk£t  dzguTrui  ngug  f.i£v  rovg  £pory,oi<vzai;  xrj 
jrok£t  ödoi  ioTi,  TTQog  öh  avxijv  xi)v  dygönokiv  £t<;o- 
8og,  oji  £1  xig  ögi'oaiTO  xi-v  /^ilv  ödov  iy.  xoü  öS£v£iv 
ml  xi]v  nö\tv  y.£xkija9cu  xi]v  de  £i'io8oi>  eä  xoü 
sigüvai  e/g  xrjv  dy.gonoXw.  So  hat  es  auch  Scheffer 
gefasst:  Puto  agi  non  de  viis  duabus,  nna  ab  hac ,  alia 
ab  alia  parte,  quasi  per  daas  vias,  duasque  partes  aditus 
patuisset,  sed  eandeni  riam  in  imo  quidem  fulsse  com- 
modam ,  tum  factam  abruptam ,  ut  iii  arcem  non  nisi  per 


gradas  eosque  centum  quis  potuerit  eniti.  Er  hatte  nur 
noch  dass  £ii;oSoi;  hinzunehmen  sollen,  wie  der  Scho- 
llast. Jenes  übersah  auch  Doxopater;  darum  vermuthete 
er  avoÖoC,  statt  t'i'ioöoq  (p.  52(S);  allein  das  ist  uunii- 
tliig,  obwohl  eigentlich  allerdings  drei  üdoi  zu  unter- 
scheiden sind:  die  Strasse  zum  Fahren  und  Gehen  (ääog), 
der  Gang  die  Treppe  hinauf  (ai^oöoj)  und  der  Eingang 
(ti'soöo;). 

5)  Uqiv  eii  exaxov  -ijy.eiv,  ov  kjjyovaa]. 
Diese  Treppe  auf  die  Burg  war  also  nach  der  Seite  der 
Stadt  zu  und  mag  einen  ziemlich  imposanten  Anblick  ge- 
währt haben,  obwohl  die  Höhe  der  Burg  als  Burg  dar- 
um eben  nicht  beträchtlich  gewesen  ist.  Denn  lUO  Stu- 
fen höchstens  zu  8  Zoll  können  nicht  mehr  als  05 
Fuss  ergeben.  Der  Hr.  Hofr.  Otfr.  Dlüller  In  Göttingen, 
dem  ich  meinen  Plan,  über  die  Stelle  des  Aphthonlus  zu 
schreiben,  mitthelltc,  und  den  ich  bat,  mich  mit  einigen 
Bemerkungen  darüber  zu  versehen,  was  er  auch  vermöge 
seiner  Leutseligkeit  und  seiner  freundlichen  Gefälligkeit 
gethan  hat,  vermuthet  dcsshalb,  man  müsse  im  Vorher- 
gehenden lesen  ut/g/  iitp  oi'  nuKkoc  y..  x.  k.  Indes- 
sen ist  bei  solchen  Grössen  der  IVlaassstab  doch  nur  rela- 
tiv; dem  Reilekünstler  konnte  die  Treppe  an  sich  wohl 
hoch   erscheinen. 

6)  TIg  OTt vXa.Lov  x.  r.  k.  Wie  hat  man  sich  hier- 
nach das  Propjläum  zu  denken?  Ich  gebe  die  schöne, 
aufklärende  Bemerkung  des  Hrn.  etc.  Müller:  „Die  6go- 
(flj  eii-y.l'y.kov  ngoek&oroa  ist  gewiss  kein  Giebel,  son- 
dern eine  Kuppel ;  danach  niuss  das  Ganze  construirf  ge- 
wesen sein,  etwa  so: 


383 


384 


u  sind  die  vier  grossen  Säulen,  b  die  •/.ly/jjdi:^.,  c  die 
öSoi  HtvrodttTiai  |» eiche  narh  meiner  Ansiclit  von  der 
Treppe  herkommen] ,  d  die  iüodo.;  in  die  innere  Barg, 
e  die  Säulen  des  oberen  Saales  (or/.of)  von  verschiede- 
nen bunten  Steinarien,  »orauf  das  Kuppeldach;  h  die 
Ringmauern  der  Akropoli.i.  Vielleicht  nimmt  man  aber 
besser  an,  dass  ausser  den  4  Säulen  noch  2  Eckpfeiler 
die   Ulauer  des   untern   Stock» erkes   trugfen." 

7)  llaod  T(o  y.i'xktp  —  ÜTiöji vtj fia  ireiri/ysv. 
Offr.  .lliiller:  „Das  i':i6uvi]ua  TUJV  üvTUjv  ist  ein  räth- 
selhafter  Ausdruck.  Ich  denke  dabei  an  einen  Fries,  der 
den  Zodiakus  u.  dgl.  darstellte,  unter  der  obern  Kuppel, 
und  schreibe  mit  niehrern  Codd.  TCSQt  Tip  Y.vxhtp ."■  Da- 
mit stimmt  i'iberein  der  Scholiast  (p.  654),  wenn  er  sagt: 
£i-/.6i  uiv  rreni/x^'^'  ^'  'Tto^  rrj  v.iyJm  tijv  6Qo<fi]v 
vxö/ivrua  y.ai  ötSao'/.uXioi'  TreQi  räjv  Öi^tujv  ,  oia 
7To}.}m  £v  toi.;  'ka.u~rooi;  öpoHucv  oi'y.odojnjiiaoi ;  doch 
denkt  er  bei   TU  ovTCi  an   die   itaac.oo.   ocoi'/sia. 

S)  Das  fnij(dviuia  war  ohne  Zueifel  das  Bauwerk, 
was  nun  im  Folgenden  näher  beschrieben  wird.  Es  stand 
mithin  auf  dem  -/rtjoui  und  hatte  wie  dieser  4  Seiten. 
War  es  auch  ringsum  vom  ^ujqoj  umgeben?  Stand  es 
frei  ?     Ohne  Zweifel. 

9)  Ai t.i]  de  y.axd  f-ieaov  iteg  10x11X0 (;'\.  Diesg 
Gebäude  ähnelte  also  ganz  der  Einrichtung  der  Häuser, 
der  alten  Römer,  wo  auch  ein  Hof  mit  Peristjlien  um- 
her und  in  der  iMilte  ein  Brunnen.  Vgl.  Vitruv's  Gesch. 
d.   Bank.    III.    Taf.    XXVI.    Fig.    VII.   u.   IX. 

Kl)  Kai  Ti)v  ulv  ai'kijv  OToai  öiaösy^ov- 
rai^,  d.  h.  die  uvf.ij  nsQi'oTi'kog  war  ausser  mit  ihren 
Säulen  (OTi/oi;)  auch  noch  weiter  hinten  mit  Säulen- 
hallen  umgeben,    dergestalt: 


et  cae  quoqne  aequalibus  disiinctae  columnis  ita  in  me- 
dio  dispositis,  ut  rieutram  in  partem  sint  nihil  quicquam 
deflexae.  Otfr.  Miiller :  ,,Das  ^tiQov  fisd'  üxi  X.  x.X. 
bezieht  sich  wohl  darauf,  dass  die  Alten  die  porticus 
theils  nach  der  Zahl  der  Säulen  neben  einander  (tetra- 
stichne  ,  pentaslirhoe),  theils  nach  der  Zahl  im  Ganzen 
(milliariae  bei  den  Römern  geht  wohl  auf  mille  colnm- 
nas)  bezeichneten  ;  lüÜÜ  Säulen  könnte  als  das  Höchste 
gegolten   haben." 

12)  Kiu)v  S/ttKi)  —  SiaiQ.  OTodv.]  Solche 
xiovSs  ^i"''   >"  ''^r  obigen   Figur,   z.   B.  a   und   b. 

13)  Tlaixpy.od.  öe  otjyoi  t.otoujv  ivdodev] 
Otfr.  IMüUer :  „Die  aijy.ovq,  t.  ot.  evdo9ev  wiirde  ich 
nur  an  die  hintere  oder  innere  Stoa  anbauen  ;  wenn  die 
Hallen  zu  KJOO  Säulen,  so  ist  Platz  genug  an  ei?ier 
Seite  fiir  diese  Bibliotheks-  und  Studienzinimer."  Diess 
steht  nun  freilich  nicht  im  Texte,  und  sollte  dieser 
Raum  zu  der  grossen  Menge  von  Bucherrollen  hinge- 
reicht haben?  ,,2i7TXoi"  [was  ich  durch  Nischen  über- 
setzt habe],  sagt  Otfr.  Miiller,  „sind  kleinere  Zimmer, 
cellae ,  wie  am  römischen  Atrium;  besonders  verbindet 
die  ägyptische  Architektur  gern  solche  oijxoe  mit  ofienen 
Hallen."  Schol.  p.  (i')5.  Sljy.ovq  xd  o/'y.ijfiaTCi  0J5 
leou  Xnyft,  weil  man  in  solchen  kleinen  Zimnierchen 
gewöhnlich  die  Hausgötter  verehrte,  selbige  also  als  Ca- 
pellen  benutzte.  Daher  auch  Aphthonius  kurz  nachher: 
ol  dt  Tot<c,  TTuLui  Tludv  idQVfu'uoi  dcov;.  Alan  sieht 
hieraus  gleichfalls  die  Aehnlichkeit  des  Gebäudes  mit  den 
Gebäuden  der  alten   Griechen   und'  Römer. 

14)  ßi;  i^ovaiav  t.  oocp.  stcuiq.  Vibersetzt  Pinzgcr 
in  Schulprogr.  über  Alex,  unter  d.  ersten  Ptolem.  (Lieg- 
nitz  l><>i."))  S.  \2  falsch:  die  ganze  Stadt  zum  ersten 
Range  (?)  der  AVeisheit  erhebt.  Dass  meine  Uebersetzunj 
richtig  sei,  erhellt  auch  aus  der  Erklärung  des.  Schol. 
p.  (J5j. 

(Beschluss  folgt.) 


avhJTrsQt  o 
ozvkog 


11)  Kai  i^itTGOv  avTuii,  fie9'  ö,  xi  nLeov 
oi'i  i'TT.  Latjfi'v.]  Schol.  p.  654  sq.  To  Se  fier(>ov 
ai'xai'i,  diffutSij  xatQ,  y.ioni,  fi£9'  u  itXtov  oöy.  koxi 
hufitiv,  ö  Vj  XU  iy.axov  tivai  Sift.ol  Sia  xo  xo?  doid- 
fxov  Tt/(iov  y.iu  xo  a'vdt;  u.vaTiobiCnv  ijfid;  y.ai  fii] 
7{oi)ß(a'vtiv  fiotSuouvxui  i]  tu  Tr/.ijtfu;  u.iviTTf.Ta(, 
vTiLO  aoi&iiuv  auxdi  cpaoy.utv  dvuf  ooa  dt  xcSv 
9r]}.r/.ijii'  dl'  lil.ov  kaußävei  xo  ovoua  xfjz  yiovoi' 
y.ai  ioTiov,  ön  /ui  äuoeviy.uto,  'i:oi.tuiv  iit.rj-i:Tai. 
Das  ai'xaiu  geht  aber  «ohi  vielmehr  auf  oiitai,  wozu 
auch  imouv  (Ausdehnung,  Grösse,  ainplitudo)  besser 
passt.  Schwerlich  hat  den  rechten  Sinn  Agricola  getrof- 
fen,   wenn  er  übersetzt:    eam   (aulain)  porticus   excipiunt, 


Personal-Chronik  und  Mi  sc  eilen. 

Lcip/,  ig.  Zu  iloi-  gcHÖhnlichen  Feier  des  Iclztrn  Tages 
im  J.ilue  in  dor  Tlioni.assclinlc  lud  der  Rector  S  t  .1 II  b  a  u  ni 
diircli  ein  Prou'r.iinm  ein.  In  wclclicin  eine  lalcinisclic  Rede 
cntlialliii  ist,  die  er  18.57  hei  derselben  Gelcgenlieil  seh»"«" 
hatte.  In  derselben  wird  die  Plalonischo  Lehre  von  Gott  mit 
der  clirisilichen  vcrgiiclien  (Docirina  de  ileo  Platonico  et  clni 
stiona  intcf  se  coniparatiirj.  —  In  dem  Einladiingsprogramm 
zum  Oblercxanien  bandelt  der  Rector  Stallbaiim  De;  persona 
Bacclii  In  Ranis  Arisiophanis ,  additis  diioruni  Arisloplianis  et 
Soplioclis  locoriim  viiicliciis.  40  (32)  S.  4.  Er  spricht  darin 
niclit  l)lo^s  iiber  die  Person  des  Bacchus,  sondern  auch  iiber 
die  seines  Dieners  Xanlliias,  und  nimmt  znletzt  Arisloph.  Ran. 
16.  gegen  I..  Dlmlorf  und  Si.pb.  Ai.  8.59-842  Br.  gegen  E.  Wun- 
der in  Sclintz.  Nach  d.n  licigefiigtcn  Scliulnacbriclitcn  wurde 
die  Anstalt  mit  Einsclihiss  der  Aliiimicn  von  194  Scliiilern  be- 
sucht; .leren  waren  3t  in  I.,  M  in  II.,  ?,(■,  in  III.,  37  in  IV., 
.38  in  V.  und  15  in  Vf.  Auf  die  Universität  gingen  13;  deren 
erhiiltcMi  7  die  erste,  3  die  zweite,  die  übrigen  die  dritte 
Cchsm. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  Wissenschaft. 


Mittwochs,  24.  Jpril 


18  39. 


Nr.  49. 


Ueber  die  Beschreibung  der  Burg  von  Alexandria 
bei  Aphthen.  j)rogymn.  Cap.  12, 

(ße  Schills  3.) 

15.  'Opocfi)  de  aroaig,  ij v  XQV^og  xare- 
oxeJßöf]  Doxopa<er p.  531.  clvTe  rov  s/TTsiv  ögocpi^ 
de  raiq  OToali  ex  ^Qvaov.  'Ogocpi)  de  raiq,  aroaic;, 
i]v  XQvodi  y.areönei'aae  eircev,  'iva  rov  iSiujvia^ov 
exifil'yrj.  „Die  öoocfl]  bestaml  hiernach  ivohl  ausTer- 
goldeten  Bronzcziegeln."  Otfr.  Bli'iller.  Aus  dem  Fol- 
genden aber,  wo  Apththonias  ausdrücklich  die  nogvcfal 
y.ioOL  als  ^akxtjj  j^tev  dedijf^iovQyfievaiy  ^QvOiß  8s 
avyy.QVTtTOfÄevat  beschreibt,  dürfte  abzunehmen  sein, 
dass  jene  Ziegel  aus  gediegenem  Golde  bestanden  haben, 
noraus  man  auf  die  Pracht  des  Ganzen  schliessen   mag. 

10)  Ti]q  /.lev  avKijg  y..  r.  k.]  Otfr.  Müller:  „Dass 
Aphthonius  jetzt  erst  das  Innere  der  Aula  beschreibt, 
beweist,  dass  die  oroai  und  aijy.oe  unmittelbar  daran 
stiessen ;  also  so : 


I  I    ö 


I  oi    I 


n  v  k  tj 


17)  Meaov  dvexet  rig  xiujv]  Hier  steht  doch 
dvex^'  offenbar  in  intransitiver  Bedeutung  und  ueöov 
ist  adverbialischer  Zusatz  für:  in  der  Mitte.  „Denn  was 
sollte  eine  Saale  tragen,  mitten  in  einem  offenen  Hofe  1" 
Otfr.  Müller.  Auch  sagt  der  Scholiast  erklärend  (p.  655): 
Kiuiv  TtQ  löraro  [xsyiGTTj.  Diese  Säule  ist  nun  schon 
von  Vielen  für  die  heutige  sogenannte  Pompejussäule  ge- 
halten worden.  So  sagt  z.  B.  Zoega  in  seinem  berühm- 
ten Werke  de  obcliscis  p.  607.  „Quam  olim  coniectu- 
ram  proposui  (Num.  Aegypt.  Imperat.  p.  307),  [colum- 
nam  istam]   esse  cam,  quam  in  acropoleos  enarratione  de- 


scribit  Aphthonius,  postca  variis  peregrinatouum  —  — 
relationibus  intcr  se  collatis  firmatam  rcperi  nee  de  re 
amplins  dubitandum  esse  arbitror.  Nam  et  edito  loco 
positam  produnt,  in  quo  stans  totam  perspicias  adiaccn- 
ccntem  regionem  cum  portubns  ac  lacu  nee  amplius  re- 
motaiu  ab  hodierno  oppjdo,  quam  ut  veteris  urbis  moeni- 
bus  inclusam  fuisse  putare  possis."  Zweifelhafter  drückt 
«ich  ösann  ans  (de  columna  Alex.  p.  330?  Not.  1.): 
„Suspicari  quidem  licet  candem  esse  columnam ,  quae  ab 
Aphthonio  progymn.  c.  12  in  descriptione  arcis  Alexan- 
drinae  his  vcrbis  commemoratur  xai  f-iedov  X.  t.  k.  Sed 
haec  ipsa  tarn  incerta  et  partim  obscura,  ut  non  facile 
audeas  ad  nostrum  monumentum  rcferre."  Unter  diesen 
Umständen  war  es  doppelt  Pflicht  für  Hrn.  Parthey ,  der 
selbst  in  Acgypten  gewesen  und  doch  wahrscheinlich  die 
Pompejussäule  besucht  hat,  die  Zweifel  zu  heben.  Aber 
auch  darüber  ist  er  hinweggegangen.  AVir  wollen  bei 
der  Gelegenheit  noch  auf  die  Nachrichten  einiger  arabi- 
schen Schriftsteller  hinweisen,  auf  die  Kefcr  (über  die 
Bibliothek,  welche  die  Araber  zu  Alex,  verbrannten. 
Freiburg  1819,  S.  11  ff.)  aufmerksam  macht.  Der  erste 
ist  ein  unbekannter  Geograph ,  der  im  Jahre  1067  nach 
unserer  Zeitrechnung  geschrieben.  Er  bericlitet:  „Der 
grosse  Palast  von  Alexandrien  ist  heutzutage  in  Ver- 
fall. Er  liegt  auf  einem  beträchtlichen  Hügel,  gerade 
vor  dem  Thore  der  Stadt.  Er  ist  500  Ellen  lang  und 
ungefähr  halb  so  breit.  Es  ist  davon  Nichts  mehr  übrig, 
als  seine  Säulen,  welche  noch  aufrecht  stehen,  und  sein 
Portal,  welches  sehr  fest  gebaut  ist.  Der  Säulen  sind 
mehr  als  hundert.  Im  nördlichen  Theile  dieses  Palastes 
befindet  sich  eine  sehr  grosse  Säule,  die  auf  einer  in 
die  Erde  gesenkten  Grundlage  ruht."  Diese  AVorte  pas- 
sen völlig  auf  die  Beschreibung  des  Aphthonius.  Die 
Araber  verbrannten  wohl  die  Büclier  der  Bibliothek  *), 
haben    aber    die    Burg    oder    die    damaligen    kaiserlichen 


'.*)  Wie  können  Gelehrte  oJcr  Geschichtsforscher  noch  jetzt 
an  diesem  historischen  Factum  zweifeln ,  nachdem  längst 
ein  White,  ein  Kefcr,  ein  Ticdemann  ,  ein  Langles ,  ein 
Joseph  von  Hammer,  ein  Silvester  de  Sacy,  ein  Gcsenius, 
ein  Buhle  u.  a.  sich  für  die  Wahrheit  desselben  ausge- 
sprochen und  die  Kritik,  eines  Gibbon  in  solcher  Bezie- 
hung langst  für  Hyperkritik  erklart  haben?  Auch  Ewald, 
der  treffliche  Kenner  des  Arabischen  ,  denkt  ebenso,  wie 
ich  durch  Briefe  von  ihm  weis«.  Und  diesen  Männern 
sollte  nicht  mehr  zu  glauben  sein,  als  oberflächlichen 
Nachsprecliein  Gibbon's? 


387 


388 


Gebaaile,  das  Schloss  von  Alcxandrieii  nicht  zerstört. 
Lud  so  konnte  diess  AVerk  «ohl  noch  nacli  400  Jahren, 
Mcnn  auch  nur  in  Ruinen,  »orhauden  sein.  Etwa  100 
Jahre  spater  schrieb  Edrisi  also:  „Einige  »ollen  wissen, 
auch  das  grosse  Gebäude,  ivolches  man  an  der  Südseite 
»on  Alexandrien  *)  sielit ,  habe  den  nämlichen  Schamer 
Ben  Scheddad  zum  Erbauer.  Seine  Säulen  und  Thür- 
posten  sind  heutzutage  noch  übrig.  Das  Ganze  bil- 
dete ein  längliches  l'iercck  **),  auf  dessen  beiden  kür- 
zesten Seiten  16  und  auf  den  längern  67  Säulen  stehen. 
Gegen  Aoriien  steht  eine  ausserordentlich  grosse  Säule, 
die  mit  einem  Knaufe  verseilen  ist  und  auf  einer  Basis 
von  Marmor  ruht."  Noch  ausführlicher  lässt  sich  Abdal- 
latif  (schrieb  I203j  vernehmen:  „Ich  habe",  sagt  er 
ebenfalls  aus  eigener  Auschnuung ,  „längs  der  Küste  des 
Meeres,  da,  wo  es  die  Mauern  der  Stadt  bespült,  mehr 
als  4(10  zerbrochene  Säuleu  gesehen.  Alle  Einwohner 
von  Alexandria  sagten  ohne  Ausnahme,  dass  diese  Säu- 
len um  die  Säule  der  Pfeiler  ***■)  herum  gestanden  hat- 
ten ;  allein  unter  der  Regierung  des  Saladin  von  einem 
Commandanten  in  Alexandria,  Namens  Karedsche  zer- 
schlagen und  an  diese  Stelle  gebracht  worden  wären, 
theils  um  das  Andringen  der  AVogen  gegen  die  Mauern 
zu  brechen,  theils  um  eine  feindliche  Landung  zu  ver- 
hindern. Auch  habe  ich  rings  um  die  Säule  der  Pfeiler 
schöne  Reste  dieser  Säulen  gesehen,  theils  ganz  erhalten,, 
theils  zerbrochen,  und  es  erhellt  aus  ihrer  Art,  dass 
sie  bedacht  waren,  indem  sie  selbst  das  Dach  trugen." 
Lauter    merkwürdige    Aeusserungen.       Und    wenn   er   nun 

liinzufügt:   „Und   ich  meine dass  diess   das   Wissen- 

scbaftshaus  sei,  welches  Alexander  baute,  als  er  seine 
Stadt  anlegte,  nnd  worin  die  Büchersamminng  war,  wel- 
che Amr'  verbrannte  mit  Omars  Erlaubnis's ",  wer  sollte 
da  nicht  noch  mehr  Glauben  gewinnen  ,  dass  die  Ruinen 
von  der  ehemaligen  Burg  hergerührt?  Weiss  einer  un- 
serer Leser  das  Gegentheil  darznthun,  so  tliue  er's.  Noch 
heutiges  Tages  ragen  (nach  Parthey  S.  :j4)  vier  antique 
Porphvrsäulea  aus  dem  Staube  der  Wüste  empor ,  nnd 
die  alexandrinischen  Franken  hegen  die  Ansicht,  jene 
vier  Säulen  hätten  zum  grossen  Bibliotheksgebäude  (folg- 
lich nach  Aphthonius  auch  ^ur  Burg)  gehört.  Wo  steht 
aber   nun   die   Pompejussänle? 

18)   Aoi^al  xvjv  OVTUJV.^      Otfr.  Müller:    „Diese 
upxai  T.   ÖVT.  am  Capitale  der  Säule  sind  sehr  rathscl- 

*)  A.vi[  det  Südseite  von  Alexandrien?  Aber  nach  unserer 
Ansicht  vom  allen  Alexandrien  lag  ja  die  Burs  aiif  der 
NortUeiu?  Diess  kliirt  sich  aus  Rillei's  Erilktindc  I. 
&  &6S  (2.  Ausg.)  auf:  ,,ln  dem  innersten  Winkel  des 
allen  Ilarens  haben  die  Sandriiasscn  sich  so  sehr  ani'e- 
häuft  gegen  den  Damm  Alexanders,  dass  hier  das  aiil'ge- 
schnUite  Terrain  sich  gebildet  hat,  auf  welchem  die 
jüni^ere  Tüihcnaiadt  Alexindria  erbaut  ist."  Also  die 
Türken  siedelten  sich  nördlich  von  dein  alten  Alexamirien 
an;  mtiirlich  inusste  nun  die  gegen  daj  alle  Alexandrien 
nöidlich  gelegene  Burg  dem  neuen  südlich  liegen. 
**)    Man    denke    hier   an    das 

Aphthonius.  Wie  idieccinstiinmcnd 
'**)  So  geheilten,  «eil  rings  um  sie  her  viel  kleinere  und 
zerbrochene  Säulen  oder  Pfeiler  zu  sehen  waren.  Ks  ist 
aber  doch  gewisi  keine  andere,  als  die  sogenannte  Pom- 
pejussaulc." 


xhilaioi'    »oü    fttixttvijftatoi    bei 
!nd   Beides! 


haft:  vielleicht  Ge  und  Okcanos  oder  dergleichen  Figu- 
ren, als  stützende  Figuren  unter  dem  Abacus  eines  ko- 
rinthischen Capitäls,  wie  man  an  römischen  Capitälen 
Victoricn  und  dergl.  findet."  Doxopater  und  der  unbe- 
kannte Scholiast  (p.  531  und  656)  erklären  es  wieder 
durch  rioauQa  OTOtxtia.  Der  letztere  sagt  namentlich: 
eixoq  de  y.ui  riov  OTotx^'Uiv  iiKfciasi^  xai  eiduiXa  7/}?, 
dtpog,  nvQoq,  vSaroi'  xavxa  yaQ  xd  övxa  ev  ratg 
y.£(pa.}dai  kska^evadai. 

1 9)  "JS (tDxai  xaxaaxEvaOfxa  Sti] qij ftsvov 
TiQu^  iii>'Ka(;,  uaai  xoiq  Tväkai  ^sotg  ovoud- 
foi^ra/]  Diess  Gebäude  war  hiernach  ein  Pantheon. 
Vergl.  Schol.  p.  656.  ätJiOfievo^  6  d^idfAui  i/f  tujv 
nakai  dsujv  —  —  Kaxu  xon  dQii^fxov  youv  cy.ei- 
vai  ai  ni'kac  tou  ie^ou  xov  kv  xij  dxQOTiöXei  dl 
dijf-uoi'Qytjvxai'  xai  ixuaxi]  aiJxujv  xi/i  övofiaxi 
kxh.h]xo  TOU  &£ov ,  0}  negi  xi)v  dQXrjv  dfptoaiutxo. 
Kefer  (S.  19)  hält  diess  Pantheon  für  das,  welches  Se- 
verus  erbaut  hat  (vergl.  Chron.  Pasch,  p.  497.  cd.  Dinil. 
Eutych.  Annal.  I.  p.  372)  ;  aber  er  irrt  darin ,  dass  er 
dasselbe  nach  dem  Gymnasium  versetzt,  welches  Severus 
gleichfalls  in  Alexandrien  anlegen  liess.  Anders  denkt 
hierüber  Otfr.  Müller.  „Jenes  Gebäude",  sagt  er,  halte 
ich  für  das  Tychäon,  das  bei  Libanius  (T.  IV.  p.  1113. 
ed.  Reiske )  und  Nicolaus  (Progymn.  T.  I.  p.  40S.  ed. 
Walz)  beschrieben  wird ;  das  offenbar  auch  nach  der 
Burg  von  Alexandria  gehört.  Die  Thürcn,  die  nach  dem 
ßlovöwiu  xifievoi  führen,  sind  die  nach  dem  Museion 
hingekehrten.  *)  In  diesem  Tychäon  standen  die  12  Göt- 
ter, üi  TluKai  \isoi  bei  dem  sogenannten  Aphthonius, 
zuerst  Ptolemaus  Sotcr  (wahrscheinlich  hatte  Philadelphus 
ihn  unter  den  12  Göttern  aufstellen  lassen).  Mitten  die 
Tyche  ,  von  welcher  die  Erde  bekränzt  wurde  ,  die  wie- 
der den  siegreichen  Alexander  bekränzte.  Auch  waren 
Bronzestatuen  der  späteren  Ptolcmäer  hineingereiht  (Ni- 
col.  p.  409.  2.5.);  sind  diess  nicht  die  Erbauer  der  Akro- 
polis  bei  Aphthonius?"  So  scharfsinnig  und  interessant 
diese  Bemerkung  ist,  so  stehe  ich  doch  an,  dieselbe  als 
wahr  aufzunehmen ,  eben  weil  das  Tychäum  neben  dem 
Museum  gewesen  ist  und  sich  das  letztere  odcubar  nicht 
im  Räume  der  Aula  befunden  hat.  Auch  wird  jener 
xifiSDOsf  >\aa  Tvxarop ,  von  Nikolaus  ausdrücklich  ev 
ueOo)  Tlj^  nokeojg  versetzt. 

20)  Kai  xgi}vtj]  Also  auch  in  dieser  Aula  war, 
wie   in   andern  Häusern  der   Alten  ,   ein   Brunnen. 

21)  y^s  xojv  n.£  lotax Qux löviv.}  Schol.  p.  656- 
Ol  ritia/oxQaxiöai,  01  eioiv  oi  ex  Ileiaiox^äxoy  x6 
yivog  ekxovxs^,  itijyijv  i8()vaavxo  ^epuuv^  i<diij(j 
dvieiaav  xai  ötetöei  xäVui  y.ai  fi£ye&et  ö/dcfOQop, 
Doxopater  p.  531  sq,  ne(ji  de  r;;s  ^«^j;  '.^dijvei'ojp 
y.pijvi;';  kiyei  6  Ouvxvöiötj';  (II,  1.5),  üxt  xu  uei> 
TtQuixov  cpavepojv  xuiv  nijyoiv  avnjg  uvodiv  Ka- 
kipöoi]  ujvoi^ä^sxo  voxegov  öe  'EvvtäxQoiwoi;^  rcüv 
TVQavvujv  oöxuj  xaxaoxsvaoavxMV  xai  xa  vvv  6t 
KaXki(Jö6rj  övoiidQeiai. 

*)  Es  beisst  nämlicb  bei  Wah  a.  a.  O.  p.  409.  xai  xaTu 
fi^aoi'  ai  niiXui  nuon  tiÜv  Movoöii'  üyovaui,  tifitroq.  Eine 
tVir  die  Localitat  des  Museums  nicht  uninteressante,  bi» 
jetzt  ganz  übersehene  Slellel 


389 


390 


22)  Kai  to  i}avkta  —  ÜQ/Sfiou.]  Doxopat. 
pag.  532.  Kat  TU  9avfJ.a  tovto  ,  cpt]Oi,  xaru  x6 
anevao^a  ;;  dx^oTtoXig  Keyö^evov,  oti  i-iu  ötxa  y.ai 
Svo  ßaoikiiov  sze'keaiovQyijdt],  dneOTSiraf  ämOTOv 
yuQ  TO  TtQoq,  ivoi  (aÖvov  TekeotovQyi'av  öujöexa  fioXiq 
i^apxeaai  ßaaiksii;.  Hiermit  stimmt  überein  Strab.  XVII, 
1.  §.  46.  (T.  VI,  p.  599)^  Tujv  ßaoiXeujv  exuorog, 
<oiZ£Q  Toi<;  xoivoii  dvadij/.iaai  n^ogecftkayctkct  Ttva 
xöofiov  ovTui  xal  oixi]atv  löia  ne^isßälXExo  ngui 
Taig  vnagxovaaii  x.  r.  A.  (die  Rede  ist  vom  Konigl. 
Palaste  TOlQ,  ßaoikiioii;)  und  Diodor.  Sicul.  XVII,  52. 
Ov  fiövov  6  '^Ai^avöfjuq  dkku  xal  oi  (xet  avTuv 
ßaaikevaapTEQ  AiyvnTov  ^lexgt  tov  xa&'  j'j/jdi  ßiov 
OY£Ödv  ditavxec,  noXvTekeoi  xaTaaxevali  Tjvttjaav  aihu 
xa  ßaoikeia.  Ist  diess  nicht  wieder  ein  sprechender 
Beweis  von  der  Glaubwürdigkeit  dos  Aphthonius? 

23)  KuTlovTi  ]  nämlich  doch  wohl  auf  der  dem 
ßingange  entgegengesetzten  oder  wenigstens  abgewandten 
Seite. 

24)  Trj  f^iEV  of.iakdii  X.  t.  A..]  Diese  Worte  klärt 
sehr  ffut  der  Scholiast  auf  a.  a.  O.       Tovto    8e    tiuEiv 

pOVf.ETai  ,    Otl    Tu}    XUTtOVTl    TIJ^    aXpOTTOKSOX;    TTJ    fAtV 

katcl  TVj[ov  öfiakug  8ia8t%ETat  ^rwgog  xai  eoixoji 
axadio)  xal  ovtuj,  xakov/jEvo^'  t^  öe  ÖEtta  ete^o^ 
8trjQi]iiEvo<;  f^ihv  Jtpog  ö/^ioia,  ijttujv  Se  riß  psysitEi. 
Das  Stadium  in  Alexandria  kommt  auch  bei  Pol^biu3 
vor  als  im  Brncbium  gelegen,  und  so  gibt  des  Aplifho- 
uius  Beschreibung  in  jeder  Beziehung  nicht  geringe 
Winke  zur  besseren  Bestimmung  der  Localität  der  Burg 
und   ihrer  Theile. 

25)  Fragt  man,  wann  Aphthonius  gelebt  haben  konnte  1 
so  antwortet  meines  Eraclitcns  am  vernünftigsten  Silvester 
de  Sacy  zu  Abdollatif.  p.  236.  Ce  passage  (er  meint 
die  Stelle  in  jener  Beschreibung  der  Burg  von  Alexan- 
dria) —  —  prouve ,  ce  me  semble  qu'il  ecrivoit  apres 
l'abolition  du  paganisme:  ol  ÖE  TOl's  TVdkai  Tlf-idv 
löovfXEVOi  dEovg.  II  dit  encore  un  peu  plus  bas:  tö^v- 
Tai  xaTanxEiaof-ta  8iT]pi]f.iEvov  tiqoi;  yrükaq,  öaai 
TOti;  näkai  i)Eoi<;  övo/^iä^ovrai.  Mämlich  diese  Stel- 
len bezeugen,  dass  die  Götter  jetzt  nicht  mehr  dort  ver- 
ehrt wurden.  Nun  geschah  aber  die  gänzliche  Abschaf- 
fung dos  Heidenthums  im  oströmischen  Reiche  und  na- 
mentlich im  entlegenen  Aegypten  unter  Kaiser  Theodosius 
ilem  Grossen  (•}•  395) ;  folglich  kann  Aphthonius  nur  nach 
dieser  Zeit,  etwa  zu  Anfang  des  5.  Jahrhunderts  gelebt 
haben.  Vergl.  Kefer  a.  a.  O.  S.  13,  Not.  hh.  n.  S.  14  f. 
Ffir  diese  Zeit  ist  also  Aphthonius  ein  höchst  wichtiges 
Zeugniss  für  das  damalige  Bestehen  der  alexandrini- 
schen  Bibliothek,  und  ilin  so  ganz  vernachlässigt  zu 
haben,  ist  ein  wesentlicher  Mangel  der  Parthej 'sehen 
Schrift, 


Brandenburg. 


Hefter. 


Socrates  nach  dem  Grade  seiner  Schuld  zum  Schutz 
gegen  neuere  Verunglimpfung.  Von  Dr.  Theodor 
Heinsius,  ordentlichem  Professor  am  Berlinischen 
Gymnasium  zum  grauen  Kloster  u.  s.  w.  Leipzig 
bei  Kollmann  1839.     64  S.  8. 

Der  politische  und  religiöse  Reactions  -  Fanatismus 
unserer  Tage  hat  sich  das  klassische  Alterthum  in  mehr- 
facher Beziehung  zum  vorzüglichen  Gegenstande  seiner 
giftigen  Angriffe  ausgewählt.  Man  will  die  Studien  der 
alten  Litteratur  aus  den  Gelchrtenschulen  wo  möglich 
verdrängen,  oder  sie  doch  entkräften;  man  greift  die 
edelsten  und  reinsten  Charaktere  des  klassischen  Alter- 
thums  an,  überhäuft  sie  mit  einer  Blasse  der  schwersten 
Beschuldigungen,  oder  sucht  doch  wenigstens  durch  pha- 
risäische Bekrittelung  ihre  bisherige  Geltung  zu  scwächen. 
Eine  solche  traurige  Erscheinung  ist  uns  in  den  letzten 
Zeiten  in  den  Angriffen  gegen  Socrates  entgegengetreten ; 
„denn  in  der  heidnischen  Welt  steht  Keiner  so  hoch, 
wie  er,  an  Einsicht  und  SeelcngrOsse.  Keiner  kommt 
ihm  gleich  an  Selbstbeherrschung,  freiwilliger  Entsagung 
und  Demuth ,  Keiner  an  Ergebung  und  Ruhe  in  der 
Sterbestunde."- 

Vorliegende  Schrift  des  Hrn.  Professor  Heinsius  hat 
nun  den  edlen  Zweck  ,  in  der  Brust  tüchtiger  Jünglinge 
den  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  fortgeerbten  Glauben 
an  die  sittliche  Reinheit  des  griechischen  Weisen  uner- 
schüttert zu  erhalten  und  die  alte  ungetrübte  Achtung 
zu  bewahren.  Er  bezeichnet  desshalb  seine  Aufgabe 
ilaliin,  zu  zeigen,  was  den  nun  eigentlich  von  diesem 
berühmten  Weisen  des  Alterthums  mit  Grunde  zu  halten 
SCI,  und  welches  Ergebniss  aus  den  darüber  geführten 
Untersuchungen  als  feststehend  für  die  Geschichte  sich 
ableiten  lasse.  Die  Schrift  selbst,  der  wir  von  ganzem 
Herzen   beistimmen,   xerfällt  in  /w/i/"  Abschnitte  : 

1)  Menschlicher    und    bürgerlicher    Charakter    des  So- 
crates ; 

2)  Socrates  als  Weiser  und  Lehrer; 

3)  Stellung  desselben   zu  seinen  Mitbürgern; 

4)  Anklage   und  Beurtheilung  seiner   Gegner; 

5)  Ende  des  Processes  und   Resultate    der  ganzen  Un- 
tersuchung. 

Die  in  1.  2.  und  3.  gewonnenen  Ansichten  und  Re- 
sultate kehren  vereinigt  in  4.  wieder,  offenbar  dem  wich- 
tigsten Abschnitte  der  ganzen  Schrift,  auf  welchen  wir 
desshalb  füglich,  ganz  besonders  unsern  Blick  wenden 
müssen. 

Socrates  fiel  als  Märtyrer  der  Wahrheit,  und  wir 
können  ihn  ohne  Bedenken  als  einen  der  Vorläufer 
Christi  ansehen,  der  bestimmt  war,  wenigstens  die 
Gelehrten  auf  ihn  vorzubereiten:  durch  sein  Leben  und 
seinen  Tod  ward  für  uns  Alle  ein  Reich  der  Gedanken  ' 
gestiftet,  in  welchem  wir  uns  mit  Wahrheit  und  Dcmulh 
bewegen  sollen.  Die  Vorsehung  hat  den  gewaltthätigcn 
Untergang  seines  Individuums  gewollt,  damit  das  Prinrip 
desto  entschiedener  durchdringe.  Daraus  folgt  aber  kei- 
neswegs, dass  man  der  Gesinnung  und  Handlungsweise 
der  Athener,  durch  deren  Gesetze  und  Gericht  er  fiel 
das   Wort   reden   darf. 


391 


392 


Die  Klage  gegen   ihn  war  eine  doppcHc  : 

1)  Läu^nung  der  S<aa<sgö«er  AtLcn's    und  Einführung 
neuer  CioOheiten  ; 

2)  Verfiihrung  der  Jugend. 

Auf  Leide  '\'erbrcchcn  war  durch  die  athenischen  Ge- 
setze der  Tod  gesetzt.  >'on  beiden  ■\'crbrcchcn  «ar  aber, 
man  müsste  denn  vor  Allem  den  l'crnuiiftgebrauch  als 
ettvas  Verbrecherisches  brandmarken  uoHen,  kein  3Iensch 
entfernter,  als  Socrates. 

Unter  seinen  Philosophemen  findet  sich  kein  einziges, 
das    die    Staatsgötter    ableugnet ,    und    wir    kennen    keine 
Aeuäscrung    von   ihm,    die    sie   verspottet,    während    eben 
die   Athener   solchen   Unfug  öIFcntlich  in  der  Komödie   zu 
dulden    und    zu     beklatschen    pflegten.       Im    Gegenthcil , 
Socrates    hatte    den   Göttern    oft  ror  seiner  Wohnung  ge- 
opfert ,    bei  festlichen  Gelegenheiten  auf  den  öffentlichen 
Altaren  und  vor  Aller  Augen,   so  dass    diess   Niemandem, 
am   wenigsten  seinen  Anklägern  ,    unbekannt  sein   konnte. 
Auch    empfiehlt    er    beim  Piaton    selbst,    den   Göttern   zu 
opfern.      Kurz  ,   überall   zeigt  sich  bei  ihm  Anhänglichkeit 
und   Achtung  für  die  Volksreligion   und  weise    Mässigung. 
Diese   spricht    sich    auch    in    seinem  Verlialten   gegen  die 
3Ivthülogic   der  Griechen  aus  ,   injlem   er  zwar   gegen   an- 
throuopatische    Vorstellungen    von     den    Göttern,     wie    es 
die    Vernunft    verlangt,     kämpfte,     aber     doch    die    alte 
Mvthologic    nicht    umstossen,   ja  nicht  einmal  allegorisch 
erklären  wollte.      Aber  freilich   war    er  der  Lehrer  einer 
göttlichen    Vernunft,     die    er    als    das     höchste    lebendige 
Priucip   und  als  Urheber  der  moralischen  Gesetze  für  die 
DIenschen    betrachtete,    wodurch    er    Religion    und  Moral 
unzertrennlich     vereinigte,     während     das     blosse,     rohe 
Heidenthuni    bei    der    Beobachtung    des    äusseren    Cultng 
stehen    blieb ,    den  Schein    und    die    äussere    Nebensache 
für   die  Hauptsache   nahm,    die  Moral  und  Moralität  ver- 
nachlässigte   und    gar    häufig    mit  Füssen  trat.       Socrates 
hat  die  Volksrcligiou    nie  angegriffen;    sein  Streben  ging 
nur  dahin,    sie   zu  veredeln  und   iiir  eine   für  die   Morali- 
tät   heilsame    Richtung    zu    geben.     Freilich  ein  Verbre- 
chen in  den   Augen    des   bethörfcn,    im  Vernunftgebrauch 
verkümmerten  Heiden ,   ein   Verbrechen   in  den  Augen  der 
Finsterlinge   und  Pfaffen   unserer   Tage,  da  der  selbstthä- 
tige   Gebrauch    unserer  A'^ernunft    der   gefährlichste  Feind 
des  Reichs    der  Finstcrniss    ist.      Man    kann  also  füglich 
die   Athener   etiva   bedauern   und   bemitleiden,    dass  sie  in 
der  Kcnntniss    ilcr    höchsten   AVahrheitcn    so   weit  zufück 
waren ,    nm    den   in  .Socrates  geöffneten  schönsten  Tempel 
der  Tugend  und  Wahrheit    so   blind   und   unvernünftig  zu 
zerstören  (wie  sie   denn   überhaupt  gar  viel  höchst  Unver- 
nünftiges  gethan  haben);    aber  wir   müssen   nns  fern  hal- 
ten   von    der    schlüpfrigen  Bahn    ihrer    in    letzter  Zeit  so 
sehr  und  so  lielfadi  vcrsucliten  Entschuldigung.    Schlüpfrig 
aber  ist  ganz  besonders  die  Bahn  Jener,   welche  die  Hand- 
lung   der    Athener    dadurch    beschönigen,    dass  sie   ihnen 
das  Bcwusstscin   unterschieben,    die   Vernunftrichtung  des 
Socrates  müsse   dazu  beitragen,    „die  vaterländische  .Sitte, 
V eiche    für    sie    die  Form    der    Sittlichkeit    war,    aufzu- 


lösen." *)  Denn  Nichts  ist  sittlich ,  was  nicht  streng 
vernünftig  ist,  und  die  wahre  Sittlichkeit,  die  allein 
Werth  hat,  bedarf  keiner  besondern  positiven  Form,  am 
wenigsten  einer  unverbrüchlichen.  Solches  Gerede  führt 
auch  in  unsern  Tagen ,  wo  man  statt  vernünftigen  Chri- 
stenthums  positives  Pfaffenthum  eiuzuschwärzen  sucht, 
zu  Finstcrniss  und  Geistessclaverei. 

(Bcschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Freiburg.  Nach  der  amtlichen  Vcrüffontlichung.  wie  sie 
in  diesen  Tagen  geschehen-,  studiien  im  laufenden  Wintersemc- 
stci-  ou  hiesiger  Universität  im  Ganzen  346  Akademiker,  von 
welchen  282  dem  Grossherzogthum  Baden,  04  dem  Auslande 
angcliüren.  Nach  den  Fachein  ihrer  Studien  sind  in  dieser  Ge- 
sammtzalil  100  Theologen  (16  Ausländer),  95  Jinisten  (10  Aus- 
länder) ,  103  Mcdiciner  (26  Ausländer),  und  48  Studenten  der 
Philologie  und  Philosophie  (12  Ausländer).  Nachtlicilig  auf  die 
Frequenz  der  Universität  wirkt  besonders  die  durch  den  Tod 
des  Geh.  Hofratlis  Dr.  Beck  entstandene  Vakatur  der  chirur- 
gischen Lehrstelle,  deren  glückliche  Wiederbesetzung  besonders 
durch  die  Ablehnung  des  an  ihn  ergangenen  sehr  chrvollen 
und  vorthcilhaften  Rufes  von  Seilen  des  Hofraths  Textor  zu 
Würzburg  gescheitert  ist.  Zum  bevorstehenden  Landtage  hat 
die  Universität  den  Curator  und  Regierungsdircctor  v.  Reck 
gewählt,  indem  derselbe  von  27  Stimmen  16  erhielt:  auf  den 
edlen  Freiherrn  Heinrich  v.  Wessenberg,  ehemaligen  Ver- 
weser des  Bisthums  von  Constanz,  fielen  8  Stimmen,  und  zwar, 
wie  man  vernimmt,  gerade  die  der  freisinnigsten  Professoren. 
Mmisterialrath  Zell  zu  Karlsruhe,  bei  vier  Landtagen  Depulir- 
ter ,  hat  nur  eine  einzige  Stimme  erhalten, 

Rastatt.  Den  1.  Februar  verschied  daliier,  nach  einc,r 
Krankheit  von  sieben  Wochen ,  der  Professor  der  Philosophie 
und  alten  Sprachen,  Dr.  Aloys  Winnefeld,  im  48.  Jahre 
seines  Lebens.  Die  Anstalt  verliert  an  diesem  gründlichen  Ge- 
lehrten und  wahren  Ehrenmanne  sehr  viel.  Ausser  einigen  ge- 
diegenen Schulprogrammen  hat  der  Verstorbene  Nichts  in  Druck 
gegeben,  da  ihn  seine  liebenswürdige  Bescheidenheit  und  sein 
reger  Eifer  für  das  Lehramt  in  Entfaltung  grösserer  schriftstel- 
lerischer Thäligkeit  hemmte.  Seit  zwei  Jahren  bekleidete  er 
zugleich  neben  seinem  ordentlichen  Lehramte,  die  Stelle  eines 
Mitdircctors  des  Lyccums,,  und  schon  seit  6  Jahren  die  eines 
Inspectors  der  höheren  Töchterschule  dahier.  Friede  seiner 
Asche! 

Mühlhansen.  Dem  Jahresberichte  über  das  hiesige  Gym- 
nasium, womit  der  Director,  Dr.  Christian  Wilb.  Haun  zu 
den  Prüfungen  am  21.  22.  23.  März  einlud,  ist  eine  mathema- 
tische Abhandlung  von  dem  Subconrector  Jul.  Alb.  Hartrodt 
«Versuch  einer  elementaren  Darstellung  der  Theorie  des  Gröss- 
ten  und  Kleinsten"  angefügt.  Das  Gymnasium  zählt  gegenwär- 
tig 102  Schüler. 

Leipzig.  Den  Lebensbeschreibungen  der  im  Jahre  1838 
bis  1839  creirten  Doctorcn  der  Philosophie  ist  vom  Prof.  und 
Conithur  Dr.  Hermann  eine  Abhandlung  de  Hippodrome 
Olyiiipico  (16  S.  4.)  vorausgeschickt  worden. 


*)  Auf  dieser  Bahn  wandelt  lleri  A  —  Sl  in  der  Zeitschrift 
für  die  Altcrthumswissenschaf't  ,  1637.  Utes  Heft.  Seite 
1104  srpi. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  t  er  tli  ums  Wissenschaft. 


Freitag,  26.  yipril 


18  39. 


Nr.  50. 


Socrafes  nach  dem  Grade  seiner  Schuld  zum  Scliufz 
<jco;eii  neuere  Vcruiigliinpfnng'.  Von  Dr.  Theodor 
Heinsius,  ordentlichem  Professor  am  Berlinischen 
Gymnasium    zum    grauen  Kloster  u.  s.   w. 

(Beschluss, ) 

So  «cnig  als  an  Socrates  selbst  der  ^'crnunftgebrauch 
Tadel  verdiente,  oder  als  Verbrechen  hafte  erklärt  «er- 
den sollen,  ebenso  durfte  ihm  daraus  kein  Verbrechen 
gemacht  »verden,  dass  er  Andere  zu  domselbeu  Vernuiift- 
gebranclio  hinzuleiten  suchte;  d.  h.  mit  aii<lcrn  Worten: 
auch  der  zweite  Anklagepunkt ,  f  erfiihru/ig  der  Jugend, 
ist  falsch.  Dieses  vorgebliche  Verderben  ilcr  Jugend  ivar 
nämlich  nichts  Anderes,  als  die  Entwickelung  derselben 
zum  Vernunftgebrauch  ,  indem  er  die  philosophische  Ent- 
wickelung  «Ics  gesammten  Geistes  als  die  wahre  Vollen- 
dung und  das  höchste  Ziel  menschlicher  Bildung  ansah. 
Diese  gedachte  er  als  fleilmitfcl  gegen  die  Gebrechen 
der  Zeit  (in  welcher  die  der  Demokratie  so  nüthige  Tu- 
gend von  den  Athenern  grossentheils  gewichen  war)  zu 
gebrauchen,  während  seine  bcthorten  Gegner  die  vorge- 
schrittene Zeit  auf  den  früheren  Stand  mit  Gewalt  zu- 
rückzwingcn  wollten.  Ganz  ungegründet  und  vom  Staud- 
punkt des  freien  menschlichen  Geistes  wahrhaft  schmäh- 
lich ist  <lesslialb  folgende  hierher  bezügliche  Bemerkung 
lies  Hrn.  ,7 — S2 '■  „Eine  Lehre,  welche  die  allgemeine 
menschliche  Tugend  und  Sittlichkeit  auf  das  Wissen  und 
klare  Erkennen  (  (f(>6li^a/i) ,  als  auf  die  wesentlichste 
und  nncrlässliche  Bedingung  gründete,  welche  dadurch, 
sowie  durch  eine  unermüdliche  Dialektik  Alles  zu  unter- 
suchen, zu  analysircn  trachtete,  und  dieses  als  Aufgabe 
für  jeden  .'Menschen  liinstellte ,  musste  bei  solchen  Jün- 
gern, die  nicht  dieselbe  hohe  und  zarte  Sittlichkeit  wie 
Socrates,  nicht  sein  Maass  und  seinen  Takt,  kurz  seinen 
Geist  hatten,  zu  einer  einseitigen  Verstandesrichtung,  zu 
einer  zudringlichen  Kritik  der  Personen  und  Verhältnisse, 
»venu  auch  ganz  gegen  den  Willen  des  Meisters,  führen." 
Diese  saubere  Expecforation  einer  leicht  zu  beschämen- 
den Sophistik  verdient  es,  auf  unsere  Zeiten  angewendet, 
mit  folgender  ganz  ähnlichen  des  nämlichen  oder  doch 
eines  gleichgesinnten  Illuminaten  zusammengestellt  zu 
werden:  ,,AVonigstens  ist  es  für  den  moralischen  Zustand 
der  meisten  einzelnen  Menschen,  sowie  für  die  Gesell- 
schaft im  .4llgemeinen,  gewiss  (gewiss?!)  viel  zuträglicher, 
nach  einer,  wenn  auch  sogar  unvollkommneren  Religion 
in  den  Schranken  feststehender  Sitte  und  unter  der  wolil- 


thätigen  Autorität  durch  Alter  und  ihren  Gehalt  ehrwür- 
diger Vorstellungen,  einlach  zu  lebcH  und  zu  handeln, 
als  kritisch  zu  prüfen  (wozu  ohnehin  doch  nur  Wenige 
die  nülhigen  Vorbedingungen  haben)  und  polemisch  zu 
streiten.  Es  zeigt  sich  darum  auch  von  Seiten  der  /cti- 
tlioliscken  Kirche  eine  grosse  gesetzgeberische  Weisheit 
und  eine  erleuchtete  Theilnahmc  für  das  Wohl  der  Mehr- 
heit darin,  dass  sie  zwar  der  geistigen  Bewegung  ein 
weites  Feld  lässt  (o  ja!),  dass  sie  aber  ilabei  mehr  als 
den  Verstand  der  Einzelnen,  welcher  in  freier  Entwick- 
lung trennt  und  auflöst  ,  das  vereinigende  und  erhaltende 
Princip  der  Autorität  und  Sitte   begünstigt."   *) 

So  grundlos  uns  von  dem  Stanilpunkte  der  vernünfti- 
gen Wahrheit  beide  Anklagen  gegen  Socrates  erschienen 
sind,  ebenso  erbärmlich  zeigen  sich  uns  seine  Ankläger, 
Sie  stehen  mit  ihren  Parteigenossen  als  verächtliche 
Menschen  da,  «lie  aus  persönlichem  Hasse  und  Sykophan- 
fie  als  religiöse  nnd  politische  Pharisäer  zur  Verfolgung 
des  Socrates  angetrieben ,  oder  höchstens  als  bethürte 
Anhänger  der  historischen  Unvernunft  dazu  bestimmt  wur- 
den. Einen  Melitos ,  diesen  erbärmlichen  und  ganz  fla- 
clien  Menschen,  oder  einen  Auylos  verthcidigen  wollen, 
lieisst  desshalb  den  Lobredner  und  Verfheidigcr  einer 
Zeit  machen  wollen,  deren  moralische  Schwäche  und 
Verderbtheit  auf  allen  Blättern  der  Geschichte  zu  lesca 
ist,  heisst  also  die  JFaltrIieit  selbst  verlelzeii-  Auch 
iliess  sei  für  Hrn.  A — ii  gesagt,  der,  leider  ausser 
Stand,  <len  Am  tos  ganz  zu  vcrtheidigen ,  an  ihm  und 
seinem  säubern  Treiben  wenigstens  den  Mann  von  Grund- 
sätzen   herauszuzaubern  sucht.     Macte   rirtute  tua! 

Baumstark. 


De  Xenophonlis  HeMen.  lib.  I.  et  IL 
auimadversiones. 

Hell.  I,  1,  4.  Codices  <juum  «aepius  varienf  verbornnj 
collocafioue,  fortasse  restant  ejusmodi  vitia  ttiam  ubi  con- 
sentiunt.  Sic  hie  scribendnm  videtur :  ßli'vdafJOQ  di, 
iv  Tf.iv)  &VUJP  T7J  'Adi]iia. ,  xaiiövjv  ti)v  ^üx'jV, 
ifjOtj&et  etc.  Aptius  enim  ad  sensnm:  ,,Mindarus,  <jui 
ad  Ilium  Sacra  Minervat    faciebat,  ubi  pugnam  conspexit. 


*)  Briefwechsel  zweier  prolestantischcr  Geistlichen  bei  dem 
L'eberditt  des  Einen  zur  katholischen  Kirche.  Freibuig 
1836.     S.  4. 


395 


396 


a«l  marc  fi-sfinabat" ,  cjiiam  „Miiidarns ,  qiii  roiispoxit 
pu^iiain  ,  dam  saira  faiit  IMiiieriae,  fcsdiiabat  ad  iiiaro." 
I,  1,  ö  i^  iojitlvuL'  siisiicctuiu  mihi  est.  Dorieus 
enim,  qiiiiin  äua  riisoa  (I,  1,  2)  llpllcspoiitiim  iiigres- 
SMS  esse  dicatiir,  fieri  »ix  pii<nit,  ut  (juod  aliquaiiio  jiosf, 
certe  pliiribiis  lioris  iii<erji'ctis,  e  Xriiopliontis  iiariatioiic 
iiifer  omiies  Atliciiieiisiiim  et  Laccdaenioiiioniiu  iiaraics 
copias  iiiituni  esse  proeliiim  fertur,  a  matiitinu  tempore 
incipcrct.  Etiam  Plutaiclius  Ale.  '1~ :  ÜX9'  öeihjs 
dyujii  ueyciko}  OVVU'XOVtO ,  omissa  matatini  temporis 
notatione. 

I,  1,  9  ^l:Vici  y.al  8(J)oU,  qiiae  verba  jiiro  defcndit  F.  A. 
Wolfius,  apiid  Pliitarchnm  quiiqnc  sunt  Ale.  27.  —  Apud 
Dindoniin  XIII,  4G  verba  ü  yao  0u^väßaC,oi  fioi- 
höiifvo^  ro/'s  Ao.Y.sdaitioi'ioii  vTtko  oiv  evty.dl.ovv 
ÜTro/.o'/i/adai ,  ßiaioieoov  8tijyo)v'tC£TO  TfQu^  rovq 
'Adrvaiijv^'  dfia  8e  y.cd  Tieot  zojv  f/s  0oivi'y.};v  d.rco- 
aTUKstoojv  vevjv  Toicty.oaiojv  eöidaiev  etc.  mauifestiim 
errorem  produiit,  quod  de  Pharnabazo  dieia  sunt  qiiae  ad 
Tissapherneni  pertiiieiit,  explicaiida  fortasse  illa  e  laciina, 
qua  iiitcrierint ,  qiiac  de  Tissaplierne  in  llellespnntiim 
profeeto  (radita  fuerint,  qiiamquani  de  capto  ctiam  Alci- 
Liade  ex  iis,  qiiac  mox  legnntiir  (XIII,  49  iiETSTtlfJ.- 
iL'avTO  Sl  y.ai  xov  '.-Iky.ißiädijv  iy.  Aiaßov  /n!}  ujv 
£(/£   vScSv)  nihil  tradidisse  Diodorum  credibile   est. 

I,  1»  14.  exeidlj  V}oniouvxo  „cum  ingressi  csseui 
portuiu  Parii,"  Ita  Schneider.  Sed  cur  Parii?  Immo 
Proconnesi ,  in  quam  jrj  "XooTSQCtic/.  venerant,  et  ubi 
Tuvxr^v  ri'v  i'-f^eoav  manserant. 

I,  1,  15.  rd  Ti/.oia  TTÜvra  y.ai  xd  m/.nö..  Sclinci- 
derus  y.ai  deleiuni  vult,  quia  Phitarchus  nunnisi  t« 
/.eriTU  71/. die.  coHimemoret.  Reclius  auteni,  si  tarnen 
tulleuda  hace  dissensiu  est,  apud  Phitarchuni  scripscris 
y.c'.i  rd  LeTtra  nkoia. 

r,  1,  16  sq.  Iii  descripfioue  proelii  ad  Cvzicuni  quam 
Schneidcrns  lacunam  statuit  ,  nulla  esse  videtur.  Plutar- 
(liHS  et  Diodiirns  quod  uberius  illud  exposuerunt,  CO 
tantum  aliquiil  efliccrefur,  si  ronspirarcnt  cum  Xcno- 
phouto  in  reliquis.  iSed  quum  in  aliis  quoque  locis,  ubi 
ropiosior  est  Xenopliontis  narratio,  magna  sit  divursi- 
tas  ,  ueque  lides  üiodori  ea  sit,  ut  continuo  pdssit  ex  eo 
Xenophon  corrigi,  nihil  videtur  ex  illa  vcl  Diodori  vel 
Plutarchi  ubcrtato  colligl  posse ,  nnilc  Xenopliontis  in 
supicioncm  breiitas  trahatur.  Verba  dTCtlt.ruuivaq  V7l' 
ui'XOi' ,  modo  ita  legantur,  neque  quod  Schneiderus  et 
Dindorfius  posuerunt  d:i  (>.txov,  codicc  tantum  E, 
pessimo  nmnium,  defensum,  signiflcaut  naves  ab  AIcibiade, 
non  a  portu ,  interclusas  fuisse;  quae  vero  sequuiitur 
7t/.iiuii  XC  7lo}.}.(jj  ij  TtnöxCoov  conimodani  explicatio- 
nem  inveniunt  in  aacto  Atlienicnsiuni  naviuni  post  Alci- 
biadis ,  Thrasvbuli  ac  Theramenis  adventuni  numero.  Ne- 
que cur  naies  omnes  Alcibiadcs  apud  se  in  Procooneso 
continuerit,  alia  a  Xcnophonte  caussa  aircrtur,  nisi  iie 
<iuis  navium  Atheniensium  mullitudintm  nuntiaret  Lacc- 
dacmoniis  (oTw;  l'r^ii;  iiuyyiit.T]  xtiii  nol.iitioii;  xu 
Tc'/.t^i^oq  TÜiv  itüjv  I,  1,  15).  Quid  quod  Diodorus 
quoque  XIII,  49  Athenicnses  Iradit  vv/.xo^  xi]v  xojv 
Äßiri^vüjv  nÜKiy ^TCaouTtt.ti'ouL  7tQU<;  tu  fii]  y.axa- 
vor/9iivut  TU  TiKijdoi  tujv  veujv  iino  tujv  rtoke- 
f.iiujv'i 


I,  f,  22-  Suspecfa  liaud  injuria  Koeppcnius  habuisse 
videtur  verba  y.ai  xijv  ösy.axr^v  e^i/.iyovxo  tujv  iy. 
xov  Ilin'XOV  Tlt.oiiuv.  Primum  enim  Chrysopolim  qiii 
ceperant  nou  ita  diu  ronimorati  ibi  sunt,  ut  ipsi  videan- 
tnr  portoria  exegisse,  undc  Diodorus  quoque  dicit  XIII, 
G4 :  xol'i  S'  ixi  xovxujv  y.axanxai^iiGi  noo^^ixa^av 
ösy.ÜTl'V  TToaTxeadat ,  deindc  snperllua  illa  verba  vi- 
dentiir  propter  Sty.axevxi'^Qluv  ,  quod  antecedit,  et  tiov 
ey.TlXeÖvxcJV  TlhoiojV,  quod  sequitur,  deniquo  etikeyov, 
quod  in  plurimis  est  et  optimis  codicibus,  neque  correcfum  in 
S^eXiyovxo  nisi  in  eod.  A,  emendatoris  cujusilam  manum 
inprimis  experto ,  librarii  magis  quam  Xenopliontis  esse 
videtur. 

I,  1,  31-  KaxijyoQi'^öa.q  8i  Tioaccfcovov^  iv  Aa- 
y.t8aiiiovi'Eoiio/.oait]C,  i^iaQTVQoi'vxo^y.vi'AaTvü'/^uv, 
y.ai  do'^rtj  xd  üvxa  Ktyeiv,  dcpiy.uficvoi  TCaod.  (Jiao- 
väßaCuv,  'CQtv  at'xijdai  ;i;o;y««ra  kaßuh',  Tra^cayevd- 
Cexo  Tpös   Tj}v   £5  ^vQay.oi'oag   y.ä9o8ov  ^ivoi'^  xe 
y.ai  xQnjoeig.     Ev   xovxo»   8e  ly/.ov  oi  8id8o-/oi  xviv 
Svoay.dvaiuiv  egß/ikijxop,  y.ai  Ttaoikafjov  xuc;  lar^ 
y.ai  XU   ax()nxei<nu.    Vix  explicabilem  hie  locus   dilTicul- 
tatem  objicit.      Tissapliernem    enim  quod   aceusavisse   dici- 
tur  Ilermocrates  Lacedacmone ,   integro  fere  anno  e  Thu- 
cvdide   (^'III,  85)  constat  ante   factum   esse.     Quo  si   cau- 
sam   explicari    dieat,     qua    Pharnabazi     ille    sibi    gratiam 
conciliaverit,    longius  hacc  petita  cxplicatio   fuerit ,    quuni 
et  plures    et    graviores    caussas   ex  ipsius  Xenopliontis  de 
liis   rebus  narratione   cogitarc  liceat,  quibus  gratiam  istani 
inierit,   quam  illa  fuit   inter  utrumque  satrapam  iniinicitia, 
cujus    in    prioribus    his    libris    nc    mentio    quidem    ulla    3 
Xenophontc  facta  est.      Supposititia    igitur  censemus  haec 
verba   habenila  et  adscripta   csso  ab  eo,  qui  Herinocratem 
c     Thueydide     nosset     Tissaphernis     apud    Lacedaeinonios 
accusatorem    exstitisse,    et    causam    inde    inveiiire  sibi  vi- 
derctur,    qua  Pharnabazus,    quippc   infestus  illi ,  tam  be- 
nigne   cum    cxccpissct.      Sunt    vero   etiam  in  reliquis,    in 
quibus  jure  uirendamus.      Juraveraiit  enim,    quum    demit- 
tcbantur  duces  Svracusani,  plerique  tricrarcharum,   revcr- 
sos    sc    in    patriam    rcvocandos  etiam  illos  curatiiros  esse. 
Hoc    ita    iain    nrgligitur ,    ut    copias    dicatur  Ilermocrates 
contraxisse  ,  quibus   iilum  a  civibus  reilit?;m  vi  extorqucret. 
Vere  id  euin  fccissc,    Diodorus    doret   uberius,    a  Xcno- 
phonte autem,    ut    qui  contraria  antea   narrasset,    nonnisi 
ita  tradi  poterat,   ut  quid   eum   movisset,  adjicercfur.    Ac- 
cedit  quod  iv   xovxiD  8k    ly/.uv  oi  8/a8oj(ut  etc. ,    quau 
verba  referri   non  possunt  nisi  ad  tempns   illud,   quo   Her- 
moerates, pccunia  a  Pharnacazo   adjutus,   coiiducebat  nii- 
lites,   non   congruunt  superioribus   illis  4,('i'/K<l'  (sc.   dutcs 
S_>racasanorum)    E(ui  dcfry.iivro    ui  d.vx'  i/.eivujv  TxQU- 
xryoi ,    nisi    quis    liic    scribcndum    existimat   d.cfi/.oivxo , 
quo  tollatur   illa  rppugnantia.    Vel  sie  tarnen  uiiruin  fuerit, 
quod  Ulileti  iiovi  ilucrs  copias  suas  assecuti  esse  dicuntur, 
quo  quemadniodum   illac  veneriiit,    non  traditiir.     Potera« 
autem   hoc  quoque   recipi  e  Thucvdide   (>III,  85),  IMileti 
Syracusanani    classem    tradifam   esse    refcrente.      Sat  pro- 
babiles,    puto,    caussae ,  quibus  Xcnoplionti  liaec    alijudi- 
ccntur.    —    Aliam    corruptae    ccrtc    Icctionis    suspicioneni 
mox   facit   (1,1,   .30)    «,"   ^i;OT(iv,    quo    ronfugisse   naves 
ab    Agido    rege    missae    dicuntur,     confugcre    autem    non 
potcraut,  quuui  ab  Athcnicnsibua  illa  civitas  tencrctur. 


397 


398 


I,  1,  30.  wj'  yao  iyiyvvxr/.e  loic,  iTruf/.caTnToi't; 
tuiv  TQ(ljodgj(ü)V  <luLi<o  nnm  dcfeiidi  possit  ai<rai:tinnis 
legibus,  Rclatiiuni  ciiim  rcferciiiliim  est  nun  ad  tujv 
Tonjodoxcn.,  sod  ad  toi-?  iTtuiy.sarÜTOvq.  Undo  srri- 
bendum  videtiir  ov^f  et  omittcndus  fortassse  articulus 
an(c  eitcety.EoräTovi;. 

I,  2,  1-  löq  uua  -Aal  irskTaaraTi  eaofiEvoig.  Hacc 
Tcrba  (juiiiii  frustra  cniondarc  siiidiiisscnt  viri  docti ,  vcl 
nekTitardi  eao/ncfoi'i  scrlLentcs  »el  XQ^Taünnvu^  pro 
inauli'Ols  f""!  3Ioro  Sclincideriis  snspccta  habetis,  unciä 
iiu'lusif.  Reinoiit  Dindorfius ,  safis  autein  non  esse  vide- 
tiir, iit  datii'iiin  rccte  statiiaiiius  hie  positum  esse  (v.  Mat- 
iliiae  Gr.  p.  1122).  INaiitas  eniin,  qiios  peltastas  Thrasjllus 
fecisset,   iiieptiini   est,   iteniin   peltastas   diri   fiitiiros   esse. 

I,  2,  18.  Praeter  ca ,  qiiae  Zeiiiiiiis  et  Selinciderus 
atfiilenint,  cumparandus  est  Tliiu-ydides  VIII,  3:  Agis 
rex  Lacedaeiiioinuriiin  XQartöitsvoi  dzi  ritv  Mr]Llu>q 
y.öXnov  OhaiiDv  re  y.atd  rrjv  iiaXaidv  ex^gav  lijg 
keiaq  xi]v  TiuXki)v  djcokaßujv  y^Qijiiava  i7CQd.i;aT0 , 
'/.cu  'Ay^aiovq  tov^  <T>9tu)xai  v.al  rovi  dkhtnq  xovq, 
zavTT]  OeooaXiiiv  vTTjV.ouvq,  ftej^Kfoitevojv  y.cd  dy.öv- 
X'jiv  xuiv  OeaaaXioi',  ü/irjoovi  xe  xivaq  rjvayy.anz 
öovvrii  y.cd  ^aij/iaxa,  y.at  ytixs^Exo  xovc,  ü/jr^ooi'i 
€•;  Küotvdov  f's  T£  xijv  ^vfiiiuj^inv  enctouxo  iiouc,- 
ayetv.  Hiiic  enini  intelligitiir,  qiii  factum  sit,  ut  Acltaei, 
ab  Ägide  soilicet  ad  inciindain  cum  Trachiiiiis  societa- 
tem  coacti,  Heracleenscs  in  bcllo  ill»  cum  Oetacis  de- 
serercnt. 

I»  2,  18.  Coryphasium  fere  idem  esse  qnod  Pvium 
Messeniae ,  recte  quidem  Scbnciderus  inonuit,  landaus 
Thucjd.  IV,  3,  Schul.  Aristuph.  Nub.  187  et  Pausan. 
IV,  36,  »cd  addi  poterat  Tluuyd.  IV',  41  et  explicari  , 
quemadinodum  occiipaveriiit  Hel')tcs  Maleani.  Cvtherae 
enim  insulae  Thucvdidcs  VII,  26.  narrat  Athenienses 
advorsum  castellum  exstruxissc  in  Laconia  (evdci  xo  Icguv 
Tov  'u'inükiaovoq  iaxiv,  ixeriioav  lO^iididi'q  xi  %ui- 
Qtov ,  'Iva  öl)  Ol  xe  E'ikoiei;  xolv  y(ay.eöa//uovi(ov 
avxüoE  (ii'xufiokvlai,  y.at  djia  Xrjoxai  it;  avxov  t/jj- 
7TEQ  tx  xfji  Ui/kov  d.gnayijv  rtuiuivxai.  Jam  quum 
alio  loco  Tliucydides  (IV,  53)  dicat:  Kv9tjQa  vijooq 
eoxii/,  irciy.eixat  de  xrj  Aav.uivr/.rj  y.axd  Bla}Jav, 
Pansanias  antcm  Apulliiiis  teinpluin  niemoret,  non  procul 
ab  illo  prumoiiiorio  situm  (III,  23,  2),  dubium  non  est, 
Helotes  per  aliquud  tenipus  31aleara  teuuisse ,  unde  ex- 
pulsi   Pyluin  petifissc  riilentur. 

I,  3,  8.  ut  Se  Konto!  oxQUxijyoi  OvvEy^u'ioijoav 
TtQOi  fJ^aoidijaZuv  vtieq  JCah/.i^ödvoi.  D''  Chalreilo- 
niis  igitur  cum  Pharnabaza  pacti  esse  Athenieusiiiui  dii- 
ces  dicuntur.  Seil  quae  mux  refcruutnr ,  non  ad  Chal- 
cedonios  pertinent,  quorum  caussa  Phariiabaziis  nee  vigiiiti 
talenta  dedissct,  nee  Icgatos  Atheniensium  ad  regem  de- 
duxisset,  quae  vero  de  Chalredoniis  decernnntur  (i'tTo- 
TEXeif  xov  Cfögov  Xaky.ijdovlov;  'A9tjvaioiq  etc)  ver- 
bis  introdiiciiiitur  yai  opzoDs  iSorSav  y.at  ckußov  naod 
0agpa/juCot<,  unde  verba  illa  vtiIq  JCakyiöui>oc;  nequc 
necessaria  nequo  suo  loro  pusita  iicc  nisi  per  iiiterpola- 
iionem  in  contextuin  venissc  videntur.  Dcfeiidendiim 
contra  pnto  Aaf.yi^doviotg,  quod  Schneiderus  in  (JhtgLic- 
ßa^U)  muiandum  ceiisnit.  Qui  quod  iiiprimis  uiiratur , 
Chalcedonios ,     qui   tributarii     iterum    Atheniensium    facti 


sint,  promittere,  hos  se  non  laesuros  hello  esse,  quam- 
quam  coiifirinari  videtur  loco  mox  sequente  (II  2  1.) 
ubi  praesidio  Atlieiiienses  Chalcedunem  teiiuisse  dicuntur 
urbs  noii  cdutinuo  tradita  est,  in  qua  Phariiai)azu3  ali- 
quaniulum  adhuc  moratus  fuedusque  juiixissc  cum  Alci- 
biade  dicatur.  Chaiccdon  enim  inter  eas  civitates  rcfe- 
renda  videtur,  qiiarum  et  Persao  et  Atheiiienses  sibi  im- 
pcrium  vindicareiit ,  ita  ut  ad  teinpug  quidem  statiiercfur 
tributuin  rursus  Athenieusibus  solvcnduni  esse,  at  rex 
tamen  simnl  percuntaiidns  videretur,  niim  in  posterum 
etiam  Athenieiisibus  eam  relicturus  esset.  Irrito  demnm 
legationis  successu  Chalcedonem  hi  copiig  suis  occupasse 
videntur. 

I»  3»  13.  Hie  quoquc  locus  in  interpulationis  suspi- 
cionem  trahendiis  videtur.  Nam  nee  missi  videntur  a 
Lacedaemoniis  legati ,  qiuim  alii  jam  apud  regem  Per- 
sarnm  cssent ,  quibus  niox  obviam  facti  sunt  Athenienses 
(I)  4,  2.),  nee  niitti  unquam  potueruni  qui  nominantur 
Pasippidas ,  Hermocrates  Syracusanus  atqoe  Proxenus. 
Pasippidas  enim,  classi  Lacedacmoniorum  pust  Aliudarum 
praefcctns  (I,  1,  32.  cf.  I,  3,  17.),  exsilio  multatus  erat, 
Hermocrates  autem  Syracusanus  pcriisse  dicitur  a  Diodoro 
(XIII, 75),  quum  reditumsuum  inpatriam  urbem  moliretnr. 
Seil  tttetPasippidaindicas  exsilio  jam  revocaium  esse,IIermo- 
cratem  vero  et  Proxenum  fratrein  non  Syrani-ianos  intel- 
ligi  scd  Laccdaenioiiios,  nullo  tamen  modo  defendi  possit 
7]dtj  <fEL'yu)v  ix  ^i'gay.ovaüjv. 

I.  4,  7.  'HQUs  xo  dkko  öxQaxÜTteSov  non  explicari 
potest,  nisi  si  statuatnr,  illos  legatos  et  ipsos  ex  Athe- 
niensium antea  exercitu  vcl  castris  profectos  esse.  Seil 
scribendum  fortassc  est  TtQoq  xo  'Adl]vaiuiv  OXoaxö- 
nsöav. 

I,  4,  13.  y.at  fiovo^  ÜTTijyyEkd-t^ ,  cüg  ov  Siy.aitoq 
(fi'iyot.  Ferri  non  posse  dwijyyEk^T]  jam  ab  aliis  intel- 
Icctum  est.  Quud  autem  a  Stephano  excogitatum  rece- 
perunt  Schneiderus  et  Dindorfius  dnskoyi'j^ij ,  magna 
et  ipsum  difTicultate  laborat,  quod  caussam  AIcibiades 
nonilum  dixit,  scd  dicturus  demum  est,  id  quod  I,  4,  20. 
(raditur.  Unde  deleto  hoc  verbo  scribendus  sie  esse  lo- 
cus videtur:  kiyovxEq  oi  /dp,  oxi  ujg  y.gdxtaxog  Eni, 
Y.ai  ov  diy.aiujq  (fivyoi,  ETltßovktväEiq  Se  etc.  Ail 
i7rißoi'kEl'9ciq  antem  snbaadiendum  est  (fivyoi,  non  eir, 
quod  Schneidero  placuit ,  ita  ut  anteceilcnti  ov  diy.aiojq 
respondeat.  —  Pro  aTTO  xov  xfjq  Ttoktojg  dvvaxov, 
quod  recte  negarunt  dici  potiiisse,  Weiskius  proposuit 
drro  xiöv  xijq  TrökEaig  ix  xov  dvvaxov ,  Schneiderus 
d.TVu  xijq  7iokEüjq  i^VVUXOV.  Intelligi  enim  hie  vnit 
uvxoq,  ita  ut  sensus  sit  „quum  et  suis  et  reipublicae 
npibns  valcret."  Quod  quamquam  eo  comniendatur ,  quoil 
Tf ,  quod  in  codicibus  est  post  xo ,  jam  habet,  qno  rc- 
feratnr,  tamen  et  omissio  partiripii  ovxoq  oflensioni  est, 
et  quod  jam  antea  adversarii  Alcibiailis  dilti  snut  minus 
illo  valnisse.  Scribendum  igitur  videtur  «Tu  xdjv  xijq 
TTokEvjg  w;  dvvaxov,  quae  facilior  certe  Weiskiana 
eniendafio  est.  Nee  obstarc  puto,  qnod  o'jq  övvaxuv 
veteres  grammatici  Ilellenum,  vjq  oiov  XE  Atticorum  esse 
perhibent. 

I,  5,  5.  ctvai  di:  y.ai  xug  avv9))y.aq  etc.  Cogitan- 
dum  videtur  de  iis,  quae  Lacedaemonioruni  qui  nuper  ege- 
rant  cum  rege,  pacti  erant  (I,  4,  2.)«    Tissaphernes  enim 


399 


400 


«Irachmam  promiserat.  Cujus  in  <er(io  focilere  cum  La- 
cedacmüniis  icto  (Tliucvd.  VIH,  5S.)  liaec  sunt:  Tfjoqijv 
dl  ini;  vaval  rai; '  viv  naouvoaig  Tioocufcovtjv 
nc.oFXitv  y.aia  rd  EtyyMiicva,et  Tliucyil.  VllI,  29: 
urvoi  neu  Tpo(fi;v,  uiarieo  i-xlarii  ev  Aa/.EÖaiuuvi, 
{•  doavurv  'AiTi/.rv-  Lejatus,  quem  Tissapherues  di- 
citur  a  ThucTilide  Hin,  5.)  Lacedaemonem  misisse, 
scilicet  vnioxvfi^o  TQOCfrv  7iuoti:£iv. 

15  9.  ferri  possct  quod  recepcrunt  Morns  et  Schnei- 
diTUS  ui§ev€Z,  nis'  aliam  lectionem  monstrareut  Codices. 
Itaquc  vel  AVolfii  ^il^öevf;  Ttvl:;  verum  videtur,  vel  quod 
nraestat  fortasse  pro|)<pr  lectionem  cod.  D.  ^ijÖe  tl  TiVEi: 
fii;Ö£ve;  uirtusi.     Mattlrae  Gr.  p.  906- 

I,  5,  19-   Tuv  öl  doyovxa  avxutv  /iuyoila,  uvra 

uli>    'Pödiuv,    ncUML    Öh    (fvyuöa    ii    'A9i;vcüu   xai 

Pudor    i'rro   'Adrvaiuyv ,    y.aTtil'ijffioaLUvujv    avTOv 

ddvaiov    Y.al   jüiv    i/.dvov  ovyytvdjv ,    noUTSvovxa 

nuu    ai'TOii,    ü.sijoavre;    dtfff/.u.v.     In    bis    primuni 

mihi  suspectnm  est  it  \19i;vvjl/.     >'am   ut  amplum  iiipri- 

iiiis  et   niaguum  Dorici  per  Graeciam  nomcn    fuerit ,    iion 

piito  taineu  cum  ab  Atlieuicnsibus  ciiitate  donatum  nedum 

ipsis  Atiicnis  versatum  esse,    qui   propter  generis  iiobilita- 

tem  ab   iuilio  iis  adversarius    exstitisse    videatur    (Boeckh. 

Expl.   Find.  p.   166)-      Caussa    iiiterpoiatiouis    quacrendam 

puto   in  seq.   v:[o  'A^ijvuiujV.     Similis  corrupfclae    argui 

»idcntur  verba  Tlol.tziuovza  TCao'   avTOii.     Quae  qiium 

refcrri    nou  possint  nisl  ad  Thuriorum  civitatcm,    et  lon- 

gius    famen    absuut    ab   illa ,    quae  antecessit,    Thuriorum 

commemor,itione  et  minus  accurate  conjuncta  cum  reliqnis. 

Ad    Thurios    enim    ita    tantum    referri    possunt,    ut    cum 

Tlä/Mt   dl   (fv'/döa  copulentur,    verba    ig'itur    71  u/Ml    de 

(fV'/dSa    —  noI.lxEVüVTC    TIUo     vatui^  antecedentibus 

ÖVTOL    ULV   'PoÖLiJV    respondeant.      Fieri    aulem    hoc    vis 

posse  vii'etnr,  quum  iiouuisi  Tiat.o.l  dt  (fvya.da,  ad  quod 

subaudiendum    est    övra,    quod  antca  lej^itur,    isti  övia 

ulv    Püdiov    rcspondere     possit.        IluklxeiüOVTa     TIUQ 

avxoii  igitur  ouiui  nexu  dcstituta  sunt  et  addita  videntur, 

ut  Diirieus  cur  Thuriorum   iiaiibns  praefuisset,   explirare- 

tur.     Fuit  autem  victor  adeo   in   ludis  Olympicis    JDorieus 

Tliurius    renunciatus    (Pausaii.  VI,    7,    2.)    cjusque  quam 

luculenta  fama  fuerit,  Pansanias  1.  I.   dorcf,   qui  de  murte 

Dorici     quae    tradit ,     Aadrotionem     Atthidis     striptorem 

testcm  facit. 

1,  5,  16'  Pro  AtuiV  non  dubito  cum  Schneidere 
Avoiag  ex  1,  (j,  30.  et  l,  7,  2.  acDiudoro,  quamquam 
i»  AvOUviai  habet,  reponcndum  esse,  eademijue  mos 
(I,  6?  160  «criptura  servanda  esset,  nisi  Archestrafi 
requiri  nomen  et  proelii  ad  Arginusas,  cui  non  iiiterfuit 
«olu»  cum  Conone  Arrhestralus,  dcscriptio  et  Lvsiae 
oratoris  (XXI,  8-  Bckk.)  locus,  a  -"\Ioro  et  Srhncidero 
laudatus,  argncrent.  Defcndendum  tarnen  ex  hoc  ipäo 
Lvsiae  loro  videtur  Erasiuidis  nomen.  Karrat  enim  ora- 
tor ,  triremis  snae  laudem  praedicans,  et  Alribiadeni  ea 
usum  esse  et  Archcstratum ,  denique  etiam  hoc  .'^Ivtilcuae 
mortno  Erasinidem.  ({uac  vero  cum  Conone  fiuTiiiit  na- 
vcs,  non  intcrfuerunt  proclio  ad  Arginusas,  qui  vero  in- 
terfuernnt  duccs,    non  diu  amplius,    quippe    niox  rcvocati 


Athenas,  peregrc  nianebant.  Unde  vix  compos  Erasiui- 
des  illiud  navis  fieri  potuit,  nisi  cum  Conone  una  Mvti- 
Icnae  fuit,  andc  cum  non  incredibile  est  in  ca  nave  cll'u- 
gisse,  quae  do  obsessa  urbc  Athenas  nuntium  dctulisse 
fertur  (l,  (i,  22.). 

I,  7,  1.  Vehementer  errat  Schneiderns  p.  fi2.  e  proc- 
lio  ad  Arginus.-is  dicens  reversas  esse  duodccim  illas  naves, 
quas  e  Lysia  XXI,  11.  cladem  patcat  ad  Acgospotamos 
ellugisse. 

I,  7,  2.  6  xov  dij/^iov  Tüxe  Ttooeaxry.iöi  iv  'A&i]- 
vai^.  —  Toi<  dijiiov  ileest  in  plerisque  codicibus.  Jie- 
que  tarnen  vel  pro  interpretaniento  habendum  vel  ita  ex- 
plicandum  est,  ut  Zeunius  ac  Schneiderns  fecerunt.  Nou 
<lubito  quin  siribendnm  sit  ö  rov  drjuooiou  xüxE  U'ooi- 
Oxl^y.oJi-  Aerarium  enim  publicum  tu  ötjuüo/ov  dici, 
gatis  ostcndunt  exempla  ab  editt.  Thes.  Sfeph.  v.  dt'fxu- 
OLO^  allata.  Et  conlirmatur  ca  emendatio  seqiientibus, 
quae  de  caussa  dicunfnr  Erasinidis.  6  Xüi>  örfiooiOL' 
7l(JO£OTry.ojQ  idem  videtur  fuisse,  qui  xauiai  vel  tTll- 
u£}.rxi;g  rrj;  y.uivr;  noo^ööov  vel  u  yiiouxovr^9EtC, 
£71 1  XII.  diHioota  yoruaxo.  dicitur.  ßoeckii.  Staatsh.  d. 
Atii.  I,  p.  177  sq. 

I,  7,  2-  •'^•l  explicanda  verba  xy^^  A£y.£\tiaC,  £711- 
ueLoviUvo^  quae  allata  sunt,  quum  non  sufficcre  vldean- 
tnr ,  legendum  fortasse  est  TOV  thujoiyoi-  i7llUi).0l- 
uivo;.  Boeckhius  enim  (Staatsh.  d.  Ath.  I,  p.  193.) 
quod  administros  fuisse  negat  theorici  ante  Euclidem 
archontem  ,  cornmque  antea  munere  solos  perfunctos  Hel- 
Icnotaniias,  non  ita  certum  est,  quin  publici  etiam  aera- 
rii  quacstores  dispensandae  theoricae  pecuniac ,  quae  dice- 
batur  ,  curam  habuerint.  —  Ceterum  Arolicdemum  aerario 
publiro  praefuisse  ,  e  loco  etiam  L}siao  colligi  posse  vide- 
tur in  Ale.  I,  §.  25.  oi'ro;  ydo  Ticii;  fth  vji>  Tto.o' 
'AoyEÖriKp  xo)  ykduujvt ,  oü/.  v'l.iyu  xojp  i'f.ttx£oujv 
vrpTjo^uivcp  etc. 

I-  7,  17.  ETTciociv  si  durius  videtur,  praestat  fortasse 
alii.-  cmendationibus:   fj£X£7C£loap. 

{Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Göttinnen,  den  8.  April.  Unsere  Univeisitats-Eibiiolbck 
hat  sicli  eines  neuen  Geschenkes  des  Königs  zu  cifreucn:  Cata- 
logus  cüdiciun  iiianusciiptoium  Oiicntalluni ,  qui  in  Museo  Dii- 
taunico  asservanlui-.  Pars  pciiiia.  Codices  Syriacos  et  Carsliiini- 
cos  ainplecfiiis;  Londini  liiiptnsii  Curatoruni  Mosci  Biitannici 
MDCCCWXVUI.  fül.  140  Seilen,  Der  Band  cnllMit  das  Vci-- 
zcicliniss,  den  Inhalt  niid  die  Besclireibuni;  von  TG  Codices, 
wovon  (j6  Syrische.  Es  ist  nach  der  Nachricht  des  Heraus- 
gebers, Jaine*  Forsliall,  fast  ganz  das  Werk  eines  deutschen, 
nur  zu  früh  verstorbenen  Gelelirten,  Friedrich  Rosen  (Sohn  des 
Hrn.  Can^leidircct'or  Balllioirn  Rosen  in  Detmold),  gewesenen 
Professors  der  orientalischen  Sprachen  und  besonders  des  San- 
acrits  an  der  London  Univcrsity. 

Oestreicb.  Der  Ehren-Domherr  von  Brixcn,  Joh.Dnille, 
ist  zum  Direclor  der  Gymnasien  in  Tyrol  und  Vorarlberg  ci- 
nannt  worden. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Sonntag  j  28.  Jpril 


1839. 


Nr.  51. 


De  Xenopiiontis  Hellen,  üb.  I.  et  II. 
aniinadversiones. 

(Beschluss. ) 

I,  7,  27.  Priinum  illud  constat,  pro  äv^oumoi'i 
gcribcndiira  esse  dv^QUiTtov  ,  quippe  quod  referendum 
utique  sit  ad  superius  Tivü  y.ai  oüx  uiziov  ovra ;  deiude 
dXyeivov  xai  üvujCfiXtq  esse  ro  /.tSTcifieXeiv ,  certe  si 
integra  sunt,  qiiae  sequuntur  TTpo?  S'  ETI  y.ai  etc.  Tunc 
autem  noiiniäi  ita  constituerc  locum  licet,  ut  vel  di  de- 
Icatur,  servctur  autem  iniperativus  dvuuiija9l]Te ,  vcl 
(.'.eva^lEXi'-or]  Ss  scribatur,  et  imperativo  substituatur  fu- 
turum indiratii-i  dvauviiaD^ljaeoth.  E  priore  ratioiie 
majore  nota  inrideiidum  est  post  votEqov  ,  e  posteriore 
minore,  c.v  f<vi/a9ijT£  non  magis  legi  potest  quam  dno- 
XTSlI^aire ,  illud,  quod  sequentia  oi?  ukyeiVUV  etc.  ex 
interpretationc ,  quam  exhibuimus,  non  quadrarent,  hoc, 
quod  de  eo  plane  non  quaeritur,  num  interfecturi  sint 
innocentem  uecne ,  sed  longe  disertius  jam  antca  (24  et 
25)  relafa  erant ,  quae  evcntura  cssent,  si  rel  legibus  vel 
contra  leges  ageretur. 

I,  7,  33-  UVV  ixavoi'g  yEvo^ivov^  Sid  tov  x^i- 
fxüjna  TlQdi;ai  tu  Troograj^&svTa.  In  suspicionem  ve- 
niunt  haec  vcrba  interpolationis  tum  propter  accasativum 
ly.avov^  yEvoutvovq,  quamquam  exempla  quaedani  hujus 
coDstructionis  laudavit  Lobeckius  ad  Soph.  Aj.'p.  34t, 
tum  propter  seq.  Ta  Ti^ogTaxdivra.  Mortuorum  enim 
toliendorum  ofluinm  impcratum  erat  non  ducibus,  sed 
taxiarchis.  Praeterea  quod  jam  Stephaoo  olTensioni  erat, 
desideratur  articulus  ante  oi'](  iy.avovg. 

II)  1»  16-  Mirum  est,  parare  se  Athenienses  ad  pug- 
nam  navalera ,  quum  Chium  et  Ephesum  peterent,  Lysan- 
der  autem  Rhodum  concessisset ,  sed  mirabilius  etiam , 
tum  deinum  imperatores  dici  tribus  illis,  Cononi ,  Adi- 
mauto  et  Philocli  additos  esse  et  ita  additos  dici,  quasi 
ab  exercitu,  neque  a  populo  Atheniensium  creati  fuerint. 
Tolli  videntur  hae  difficultates  verbis  sie  ordinatis :  Oi 
d  A9r]vaioL  aT(jaT7^yoi'g  tiqo^  roi^  vndQXovaiv  e'i- 
kovTo  MevayÖQOv ,  Ti'dsa,  Ki](fiOfj8orov ,  y.ai  ix 
^'Js  ^af^oii  ÖQ/Aoj/^uvot,  Tijv  ßaaikiuji  y.ay.tSi  enoiovv 
xai  Eni  tijv  Xiov  xai  tijv  'Ecpsoov  tTrinXEov  yai 
TtaQEay.Evdi^ovTo  ttqoi;  vaviiaxiav.  Avoavöqoi;  8e  etc. 
^  •','»Jl»  28.  rot'5  8s  TtXiiazoi'i  ävSoag  iv  ttj  yrj 
^VpekstEP.  De  Ljsandro,  qui  post  pugnam  ad  Aegospota- 
mos  captiros  facit^  qui  e  navibns  in  terram  fugerant  Athe- 
nienses,    ^vveks^E  igitur  idem  fuerit  quod   ^vvikaßs  et 


cimilis  plane  usus  II,  4,  9?  ubi  ^vvElkEyjjLEViov  pro 
^vvElkiniui:VV)V  dictum  videtur.  Sed  ut  hoc  loco  proba- 
biliter  conjecit  Morus  tvvE/Xijf^fiEuujv ,  sie  pro  i;vii£- 
Kf^e  quoque  rescribendum  fuerit  ^vvtt.aßE. 

II,  1,  28.  8iEay.£8a(}fiEvojv  8t  tiüv  dvdQu'nojv 
övTU)V.  'Ovtv)V  rcctc  ejiciendum  censuerunt  interps. 
Omittit  etiam  Phitarchus  Lys.  11  i]v  dt  ovötv  Eoyov 
auTov  Tiji  oTtovSijg  toxeSaa/ttvojv    tiov  di/^ptÜTtojv. 

II,  2)  3-  Vl<y.Tog  cum  sequentibus  verbis  i'fEytTO  i) 
öl'uyop«  conjungendum  est ,  ita  ut  sensus  sit,  ipsa  nocfe, 
qua  Paralus  advenerit,  riadcm  Athenis  percrebnisse.  Si" 
mili  modo  omiseruut  editores  interpunctionem  post  tav 
Tüvg;  nullo  modo  eniin  verba  sie  jüngere  licet:  äkXd 
vuiii^ovTEi;  iaircovi;  ntioEodcu  iToKv  tri  /tdXkov,  sed 
ad  eaVTOl'ii  subaudiendum  est  7CEp9ovvT£g,  ac  pro  ob- 
jecto verbi  TCEintodai  habcndum,  quod  ante  relativum 
oln,  subaudiendum  est  TOiavia  cf.  II,  2,   10. 

II,  1,  32.  Weiskii  de  lacuna  in  extremis  rerbis  su- 
spicionem dnbiam  reddit  Plutarchus ,  qui  Xenophontem 
caeteroquin  inprimis  secutus,  quum  Philoclis  illam  inter- 
rogationem  referret,  Thenphrastum  auctorem  laudavit. 
Lvs.   13. 

II,  2,  5-  yMTEoy.iväaaTO  rag  81  dkkag  TtökEn;  etc. 
Schneiderus:  „formam  civitatis  constituit  decemviralem." 
Quod  etsi  fecisse  Ljsandrnm  constat,  par  tamen  erat 
illas  civitates  primum  redactas  dici  in  ditionem  Lacedae- 
monioruni.  Unde  rescribendum  fortasse  est  Tia^EOTtj- 
oaro.     Thucyd.  IV,  79-     Plutarch.   Lys.   14. 

II,  3,  7.  Cp^Ol'ooi'^  sive  quod  reposuit  Dindorfius 
U oovQEiv  e  cod.  Paris,  insititium  et  adscriptum  ab  co  vi- 
detur, qui  cxplicare  vellei  8£y.a  d^X^VTai;,  quod  ipse 
non   intelligeret. 

II ,  3 ,  2(i.  ivavTiov.  Rccte  hoc  pro  Evavria  resti- 
tuerunt  e  cod.  B.  C.  D.  Malim  autem  ivaVTiov  övTtt, 
quod  sensus  fere   postnlare  videtur. 

II,  3,  28.  Pro  ^^uc.  TOis  Trpajroig  vTTayof^nvoii; 
Ei  ijiläg  scribendnm  videtur  e  cod.  B.  C.  D.  i'UUQ  —  Eg 
i'/<«?.  Palet  enim  e  II,  3,  12,  triginta  viros  reorum 
nomina  detulisse  senatui ,   hunc  autem  eos  damnasse. 

II,  3,  41.  El  TOi'TOV  yE  8ioiVTO.  Legendum  vide- 
tur: El  Tuurou  y   eSeovto. 

II,  4,  26-  ^'«5'*'  E^oi  VEUiV  naiv.  Palmerius  et  Val- 
ckenarius  quod  conjecerunt  Tuiv  ^'fli;ojv£0)p  vix  ita 
scripsii  Xenophon ,  quem  pagi  nomine  quod  nemo  fere 
nisi  Athcniensis  nossct,  non  puto  illos  alioquin  obscuros 
homines    significare    fuisse.      Sed    etiam    TCJf  Ei;ui  vsiuv 


403 


404 


minu<i  vi(lc<ur  rommocio  dictum,  (]uia  TiSv  ei:aj  quidem 
sed  lioc  quidem  loc-o  liaud  facilc  TUjv  ei:io  veojv ,  ita  ut 
«in^ularis  quasi  enrum  rlassis  distiiifuerolur,  diri  poterat. 
Scribeiidum  igifur  ceiiseo:  tujv  li;(»  vioi^  TlOtv.  De 
juventute  aufem  adhuc  imliclli  coffifandnm  esse  ,  spquen- 
tia  dorent:  äncoifaiie  Tiof.kd  keravevovTaQ  y.ai  Tiok 
\ujv  3J«/.frrtÜ5  cfsodvTujv  ititiiiov. 

II,  4,  27.  ei  ÖI-:  xai  rovTO  —  tov  Sgoftov.     Tolli- 
tur  anaculuthia  mutaio  og  in  ovrog. 

C.  A.  F.  Brückner. 


Disquisitio  de  L.  Aelio  Slilone,  Cireronis  in  Rhetori- 
cis  mag-istro,  Rhetoricorum  ad  Hereniiinm,  ut  videtur 
auctore.  Inserta  sunt  Aelii  Stilonis  et  Seriii  Clau- 
dii  frajjmenta.  Scripsit  /.  /l.  C.  Van  Heusde  Phil. 
Th.  ^lapr.  litt.  huin.  Dqct.  Trajecti  ad  Rbeiium, 
apud  Robert.  Natau ,  bibliop.  aradcniic.  I83'.l.  VIII 
und    109  S.  8. 

Der  Unterzeichnete  hält  sich  einigermassen  zur  An- 
zeige des  Torffpnantiten  Schriftchens  eines  aclitbareu  liol- 
lAndischen  Philologen  für  berechtifft  und  lerpflichtet ,  «eil 
dasselbe  fast  keinen  Punkt  enthalt,  den  er  nicht  eben- 
falls schon  einer  specielleren  Untersuchun«;  unterzogen,  ja, 
ueil  ihm  der  Verf.  das  Material  in  gewissem  Sinne  vor- 
weg genommen  hat.  Indessen  war  die  Beziehniif,  in  die 
Hr.  1'an  Heusde  den  Aelius  Stilo  zu  dem  Werke  des 
Cicero  gestellt  hat,  ihm  nie  in  den  Sinn  gekommen,  und 
in  dieser  Beziehung  ist  das  AVerkrlien  nicht  als  eine 
blosse  Fragmentsanimlnng  und  Lebensl)eschreibung  eines 
oder  ziveier  verloren  gegangener  Schriftsteller  zu  be- 
frachten, sondern  erhalt  einestheils  durch  die  Beziehung 
auf  das  Werk  ad  Ilerenninm,  anderntheils  durch  Excurse 
über  die  Anfange  ilcr  (iraminatik  in  Rom,  endlich  durch 
einige  sonstige  Winke  ein  erboliteres  Interesse.  —  IVach- 
dcm  der  A'crf.  in  einer  dedicirenden  Vorrede  an  seinen 
Freund  Rovers  uns  einige  Blicke  in  die  Ansarbcitnngs- 
gesrhichte  der  vorliegenden  Arbeit  hat  thun  lassen,  be- 
ginnt er  in  einem  kurzen  Proömium  die  „Quaestio  de 
"pere  Ilerenniano.  Causa  cur  toties  taniqun  vehementer 
agitata  sit",  setzt  dann  im  I.  Kap.  p.  3 — 11  die  ver- 
ücbiedencn  Ansichten  über  den  ziveifelhaften  Verf.  jener 
.Schrift  ausführlich  auseinander.  Ein  eigenes  Kapitel 
widmet  er  p.  11—  K  i!cr  Vermnfhung  S<hütz's,  dass 
sie  ilcm  Rhetor  M.  Antonius  Gniplio'  zuzuschreiben  sei, 
einer  A'ermuthnng,  der  Hr.  \'an  Heusde  in  seinem  Ci- 
cero (fil  o:if.UT(i)v  beigestimmt  hatte,  von  der  er  aber 
durch  Bahr's  Mahnung  und  «eiteres  Nachdenken  zurück- 
gekommen ist  («.  Vorr.  S.  IV).  F>  sucht  Schütz's  Ver- 
mutliung  als  gar  nicht  so  undenkbar  darzustellen  und 
streitet  namentlich  gegen  ürelli's  Behauptung,  dass  das 
einzige  'Verhaltniss  der  Vcrirandtschaft  mit  Ilerennius, 
welches  in  jenem  AVerke  berührt  werde,  hinreichend  sei, 
um  den  aus  iiiederm  Stande  gebürtigen  Gallier  Gnipho 
von  der  Autorschalt  ein  für  allemal  ans/.uschliessen.  In 
der  Tliat  aber  scheint  uns  Orelli's  Bemerkung  ganz  gc- 
grünilet;  denn  gesetzt  auch,  es  sei  Gnij>lio  als  ingenuus 
von  einer  edlen  Ucrennia  in  Gallien  zur  Welt  gebracht, 
dann  ausgesetzt   worden,  was  freilich  sehr  unwahrschein- 


lich   klingt  :    so    ist  das  jedoch  ganz  und   gar  undenkbar, 
dass  ein  Mann,  der  lieber  als  Libertinus,  denn  als  Frei- 
geborner    gelten    will    (p.    13:     ,,Nulla    autem  causa  est, 
cur  putemus ,   Gniphonem  verae    origini   libertini  conditio- 
iiem  praetulisse'!),  sich   in  seinem   öffentlich  erscheinenden 
Werke  der  Verwandtschaft  mit  einer  so  angesehenen  Fa- 
milie  rühmen  sollte.    Die  Stelle  des  .Sueton  de   inl.   gram. 
c.   7:    „Aiuut    scholam    eins    claros   qnoque   viros   frequen- 
tasse ,   in  his   M.  Ciceroncm  etiam  ,   quum  praetura   funge- 
retur"    halte  Schütz    so   missverstanden,    als    habe  Cicero 
die  A'orträge  des   Gnipho    nicht  allein    wahrend   der  l^er- 
waltung  der  Pr,'itur,  sondern  auch  früher   in  seiner  Jugend 
besucht.      Sueton   will  aber  bloss  sagen  ,  Cicero  habe  so- 
gar   als    ein  IMann    in    Amt    und   Würde   keinen   Anstand 
genommen,     hinzugehen.       Kurz,     die    Vermuthung    von 
Schütz   hat  nicht  allein    keine    Sicherheit,    sondern    auch 
keine    Wahrscheinlichkeit,     und     wir    freuen    uns,     dass 
unser  Verf.   von  ihr  abgekommen  ist.     Statt  Gnipho's   halt 
er  Aelius  Stilo    für    den   wahren   Urheber;    allein   ehe  er 
diesen   Gedanken  ausführt,   geht  er   darauf  über,   im   III. 
Kap.   das  Stnilium    der   Grammatik     und    Rhetorik    in   der 
vorciceronischen  Zeit    zu    schildern.      Das  Erstere    reicht 
in   eine  Zeit  hinauf,    wohin   uns    keine  directe   Nachrich- 
ten, sondern   nur   einzelne   Andeutungen    und   Fingerzeige 
leiten.      Als    erste   Quelle    grammatischer  Untersuchungen 
ergibt  sich   ihm   p.  18  f.  der   einheimische  Schulunterricht, 
»vobei   er  passend  auch   auf  die  Erlernung  der  etruscischen 
Sprache,  als  früher  allgemeineren   Gegenstand   der  Unter- 
weisung, aufmerksam   macht;   in   der  Schule  wurde  Lesen, 
Sprechen,   vielleicht  auch   Schreiben  und   Rechnen   geübt, 
—  als  zweite  p.   21.   der    durch    die  ersten   Dichter,    na- 
mentlich durch  Livius  und   Eimius  zu  grammatischen  An- 
regungen veranlassende  Bildungsstofl'.     liier  vermissen  wir 
eine  etwas  genauere  Darlegung  der   römischen  Erziehung, 
wie  sie   in   kurzen,  aber  kräftigen  Zügen  schon  Bernhardy 
Grundriss  der   römischen  Literatur  S.    1.')  f.   geliefert  hat, 
namentlich   die   Erwähnung    der    lateinischen    Odyssee   des 
Livius    Andronicus    als    Schulbuches,     welche    uns    durch 
Horat.   ep.   II,    1,  ßO.   und    Plauciad.    Fulgent.   IMvthoIog. 
I,  2(i.  hinreichend   begründet  zu  sein  scheint.    Die  Dichter 
selbst  mussten   wenigstens  auf  vorübergehende  prosodisrhc, 
orthographische   Untersuchungen   geführt  werden.    Etymo- 
logische   Erörterungen  lagen    vielleicht  schon   in  alter   rö- 
mischer Priesterpoesie   begründet,   und   zwar  in   den  indi- 
gitamenlis,   welche  .Serv.  ail   Virg.   Georg.   I,   21.   erklart: 
,,iii  libris  pontillcalibus  ,    qui.et   nomina   deorum   et  ratio- 
nem   ipaorum  nominum  continent."    Etymologische  Anspie- 
lungen   finden    wir   schon    bei   den   ältesten   Dichtern,   z.    B. 
bei   Nacius    (vgl.   Varro   1.   1.   IV,  p     14:   ,,Aventinum  ali- 
quot   de   canseis   dicunt.      INaevius    ab    avibus,     quod    eo   se 
ab  Tilieri   ferrent  aves"),   bei  Eniiius  (Varro  1.1.  V,  p.  7.'j. 
VI,  p.   (Ki:   ,,Andromacliae   numen  qui   indidit,    recte  indi- 
dit"),   bei  Plautus.      Ausserdem    aber   wurden  diese  Dich- 
ter  durch   die   Bühne    fortbihlemle   Kraft    ihrer  poetischen 
Darstellung    nothwendig    zu    einer    Fixirung    des    schwan- 
kenden   Sprachgebrauchs     in    analogisch    zurechtsetzender 
Weise   geführt.      So   wurden   also   die    Römer  schon   durch 
ihre   beginnende  einheimische   Literatur  auf  grammatische 
Studien    hingewiesen.      Der    Hanptanstos»    aber    kam    von 
Aussen,    bekanntlich    durch    Crates    um    das    J.    5ä5    «Icr 


405 


406 


Erb.  R.      Nach  Sueton  begann  dieser  bcriilimte  griecliisrhe 
Grammatiker  „  sub  iijsam  Eiiiiii   mortem",  also   iiacliileiri 
ilie   einheimische  Poesie    schon   zu   einer  grossen   Ausdeh- 
nung gediehen   war,  seine  Vorträge  i'iber  G'raniniafik,    und 
z»var    setzte    er   sie    eine    geraume  Zeit    fort    („pluiimas 
ay.Qoa.OSli  subinde   fecit  assidueque    disscruit"),    so   dass 
in    Rom    die   Neigung    zu    diesen    Studien    um    sich    griiU 
Mau   wandte  die  neue  Kunst  auf  die   einheimischen  Dich- 
ter an;  die  lateinischen  Grammatiker  schrieben  ihre  Werke 
ab,    theilten  sie   in   Bücher  ein,    wahrscheinlich    machten 
sie  auch  die  Versal)(heilungen    und  Interpunktion;    so   C. 
Octaiius  Lampadio  an  den   Werken    des   Nävius    und  En- 
nius.      Sie    lasen    ferner   dieselben    öffentlich  vor,    und  so 
entstand    im    siebenten  Jahrh.   d.   Erb.  R.    eine  nicht  un- 
bedeutende  Anzahl  romischer  Glossngraphen  ,  aui  die  ich 
schon    au    mehreren    Stellen    aufmerksam    gemacht    habe. 
Vgl.   Sprachphilos.  der  Alten  S.    1|1,  Zeitschr.  für  Alter- 
tliumsw.   1S3!',  No.    13.    Vielleicht   gehören  auch   in  diese 
Zeit  die  glossae  antiquitatum  bei   Cliaris.   II,  p.   2ü4,  die 
glossae  veterum  ebendas.  p.   'ilfi,    die   idonei   vocum  anti- 
quarnm   enarratores  bei   Gell.  XVIII,  ß.      Zu   diesen   wird 
auch  L.   Aelius  Stilo   gehören  müssen.      Allein  ausser  die- 
sen rein   etymologischen  Erklärungen  scheint  Crates  auch 
die   Veranlassung    zu    einem    wichtigern    Streifpunkte    ge- 
wesen  zu   sein,    in    den   wir   uns  durch  l'^arro's    Werk  de 
lingua  Latina  versetzt  finden,   nämlich   zu  der  Frage,   ob 
in    der    Sprache,    namentlich    in    den    Flexionen,    durch- 
greifeniie  Regelmässigkeit  (Analogie)   oder  Willkür  (Ano- 
malie)   anzunehmen    sei.      Ref.    kann    sich   gar  nicht   ron 
der  Ansicht  trennen,   dass   über  diesen  zwischen  Aristarch 
und   Crates    so    heftig    behandelten    gelehrten   Streit,    der 
in    Griechenland    eine    so    ungemeine    Ausdehnung    schon 
gewonnen    hatte,    in    Rom    eine    Menge    Schriften    schon 
gewechselt    sein    mnssten ,     ehe    Varro    mit    seinen    sechs 
Büchern   de  analogia,    Didymus   mit  seinem  AVerke   UEot 
Tl]g  Ttaqa  Pvjfiuiuli    dvaXoyiuQ,,    Caesar    de    analogia 
und  Andere  auftreten    konnten.       Auf  lateinische  Anoma- 
listen   deutet  ja  offenbar  Varro  A'III,  p.    157:  ,,Bx  tjuibns 
si   id   confecissent ,   qnod   rolunt,    nt   in  lingna  Latina  esset 
anomalia,  tarnen   nihil   egissent."      Wenn   es   nnn   von  Ae- 
lius   heisst :     „  Instrnxerunt    auxeruntque    ab    omni  parte 
grammatica  L.   Aelius  Lanuvinus,  gener  Q.  Aelii,  Servins 
Clodius,  utcrque  eijues  Romanus"  (Sueton.  de  inl.  gr.  2): 
so,  glaube  ich,    dürfen   wir   dreist  auch  dem   Aelius  Stilo 
einigen    Antheil    an    dieser    Frage     zuschreiben.       Ausser 
Etymologie   und  Formenlehre  musste  aber  auch  die  eigent- 
liche   Syntax    die   Aufmerksamkeit    der    römischen   Gram- 
matiker auf  sich   gezogen    haben  ,    wie   die   letzten   Bücher 
des    varronischen    AV'erkes,    die    leider    ganz    verloren   ge- 
gangen, anzeigen,    und    wie   der  fehlgeschlagene   Versuch 
des    Aelius    selbst    de    proloquiis    beweist.       Endlich    aber 
wurde   im  siebenten  Jahrh.    zu  Rom  sogar   hiiliere  Kritik 
nach   A'organg    der    alexandrinischen    und  pergamenischen 
Schule    geübt.       Mit     der    Entscheidung,    welche    Stücke 
dem  Plautus    zugehörtea ,    beschäftigten    sich    die  Indices 
oder  Uivay.eq  des  Aelius,  Aurelius  üpilius,  Sedigitus  u.  A. 
Eine    genauere  Erörterung    all    dieser    Punkte    vermissen 
w'r  ungern  in   Van  lleusile's  Schrift,    und    müssen   geste- 
hen,   dass    uns    ebenso    wenig    die    Darstellung    der    An- 
fänge der  Rhetorik    in  Rom    genügt.      Es    bedürfte    hier 


vor  Allem  einer  Nachweisung,  welche  der  bei  Suidas 
aufgeführten  Grammatiker  und  Rlietoren  nach  Rom  ver- 
schlagen ,  oder  dnrch  angesehene  Kömer  hingezogen  wor- 
den sind ;  denn  deren  rinden  wir  zu  C'isar's  Zeit  eine 
grosse  Anzahl.  Ihr  Eiiitluss  auf  die  römische  Rhetorik 
wird  sich    dann   leichter   entwickeln    lassen. 

Im  IV.   Kap.   geht  der  A'erf.  auf  die  Lebensschicksale 
des  L.   Aelius    und   Servins  Claudius    über,    und    hier  ist 
Alles     klar     und       verständig     zusammengestellt,      richtig 
auch  das  optimatische  Priiicip   in   dem  Erstem  p.  4'>  nach- 
gewiesen.     Das  Geburtsjahr    des  Aelius   möchte  vielleicht 
weiter  zurückzusetzen  sein,  als  (V.'O,   wenn  man  die  Nach- 
richt bei   Gell.   XII,   4.   erwägt:    L.   Aelium  Stiloneni  di- 
cere  solitum  ferunt,    Q.   Enninm    de    semetipsu   haec  sri- 
psisse,  picturamquc   istam   morum  et   ingenii  ipsius  Q.  En- 
nii  factam  esse."      Dei  Erwähnung  der  Bekanntschaft  mit 
dem  Dichter  Lucilius  p.   38  äussert    Hr.   V.   H.    eine    in- 
teressante A'ermnlhnng    in  Beziehung   auf   die    Abtheilun» 
der    lucilianischen    Satiren    in  Bücher.      Da    nämlich   der 
auctor  ad  Herennium  IV,    (2  sagt:   „Quo   in  vitio  est  Lu- 
cilius assiduus,   ut  hoc   est  in  priore   libro  :  Has  res  ad   te 
scriptas,  Luci,  misimns,    Aeli.",   da  ferner  als  Titel  des 
ersten  Buchs    der    Satiren   bei  Lactant.    IV,   3,    Serv.   ad 
Aen.  X,    li)4.    Deoi-um    conciliiim ,    als   Ueberschrift    des 
sechzehnten    bei   Porphyrion    zu    Ilorat  carni.  1 ,  22 ,   10- 
Collyra    erscheint:     so     folgert     der    AVrfasser     aus    dem 
AVorte    prior     uml     <lpn     beiden    Titeln,     dass    die    Sati- 
ren    des    Lucilius     ursprünglich     in     zwei     Bücher     bloss 
abgetheilt    gewesen     sein         Referent     hat    schon     früher 
in    dieser    Zeitschrift    1838,    Nr.   128    auf    die  Titel  der 
liK'ilianischeu     Bücher     aufmerksam     gemacht  ;     er     kann 
sich    aber    nicht    davon    überzeugen,    dass   bloss  das   erste 
und    das    sechszehnte    sollen     überschrieben   gewesen   sein, 
indem    er    die    oben     angeführten    Ueberschriften    Deorum 
co/iciiiutn,    und    Collijra    für   nicht  bezeichnend   genug  zu 
den    bunten   Scenen   ansieht,     die    in    jenen   Poesieeii    nie- 
dergelegt   waren.      Dann  deutet  ihm  aber  auch  der  Aus- 
druck Fornix   Lucilianus   bei   Arnob.  adv.  gent.   II,   (i.   zu 
klar  auf  eine  ähnliche   LVbcr.schrift  hin.      Das  III.   Buch 
\iar  wohl  udoinuüiy.up  überschrieben   und  passte  ja   schon 
gar   nicht   mehr   zu   der   Götterversammlung.    —    Nach   Ae- 
lius   werden   auch   die   Notizen    über   Servius   Clodius    oder 
Claudius   zusammengestellt,    und    dann   p.    47.   die   Gelehr- 
samkeit  und   die   Schriften   des   Erstem     gehörig  auseinau- 
gesetzt.      AVir  zweifeln   nicht,  d.iss  Aelius  eine  „iiiterpre- 
tatio  carminum  Saliorum"   und  XII  tabulariiin  geschrieben, 
ebenso  wenig  an  seinem  „commentarius  de  proloquiis",  allein 
bedenklich  scheint   es    uns,  ein  eigenes  AVerk  :   ,,Etyniorum 
libri"   oder   ,,de  origine  «erbonim"  aiizunehnieu.     Die  viel- 
fach  vorkommenden  Etyinologieeu   beziehen   sich  meist  auf 
solche   Ausdrücke,   welche  am   leichtesten   in    den   uralten 
Liedern   und    Gesetzen   vorgekommen   sein  können.     In  der 
Fragmentsammlung    p.   1)2  —  81.    hat    sich    nun  der  A^erf. 
bestrebt,  tlas  Sichere  von   dem   minder  Sieheren,  das  hi- 
storisch Feststehende  von  dem  bloss  mnthmasslich  Begrün- 
ileteii   gehörig   zu   sondern;   und   diess  Bestreben   ist   gewiss 
in   unserer  Zeit  anzuerkennen.      Er  theilt  daher  die  Frag- 
mente ein   in  die  mit  dem   Namen  der  AA'erke  selbst    be- 
zeugten,    in    die     „incerlae    sedis"    und    in    die    „dubiae 
auctoritatis."     Aus  der  zweiten  Abthcilung  hätte  er  allen- 


407 


408 


falls  cf»fas  külioer  ein  paar  in  die  erslo  hcrübernclimcn 
können.  Zu  dem  AVerke  über  Plautus,  welches  «ohl 
Ilivui  oder  „De  rcinioodiis  Plaii<inis"  üliersrlirieben  war, 
fehürf  dncli  jedenfalls  Gell.  III,  3.  §.  11  und  12:  „Fc- 
rantur  autem  snb  Plauti  nuniine  cnniuediae  cir«i(cr  ceu- 
tum  a<cjue  trjuinta.  Jied  honio  cruditis^iimns  L.  Aeliu» 
quinque  et  vijfinti  esse  eins  solas  existimaiit."  (Man  er- 
sieht hieraus,  wie  Varro  auf  dem  Boden  seines  Leh- 
rers fortjjearbeitet  hat.  l  Ferner  fr.  XXX.  p.  7'2  aiM 
Festus  V.:  Vapula  Papiria,  auch  vielleicht  Quinttl.  X,  1. 
p.  58-  Ei"  Hruchsfiuk  aus  Isidor  X,  1Ö9.  haben  wir 
in  der  ..Sammlung'  nicht  gefunden.  Es  lautet:  „Latro  in- 
sessor  est  viarum  a  latendo  dictus;  Aelius  autem:  Latro 
est,  inquit,  latero  a  /atere ,  insidiator  viae.  Meisten- 
theils  sucht  Aelius  lateinische  Wurzeln  narhzuueisen, 
einmal  fr.  XA'I.  p.  TU.  griechische.  Geivagt  scheint  es 
uns,  p.  79  statt  Critolaus  bei  Festus  Stilo  Aelius  zu 
lesen.  —  Es  folgen  p.  Sl.  die  Notizen  über  die  Schrif- 
ten und  Fragmente  des  Servius  Clodius,  bei  denen  ich 
glaube,  dass  einige  Ergänzungen  durch  die  commentarü 
des  Clodius  bei  ,Sen.  ad  Virg.  Acn.  I,  52.  17().  H,  229- 
XII,  ()Ö7.  vorgenommen  werden  können,  obschon  ich  dies« 
jedoch   nicht  als   unzweifelhaft  darstellen  möchte. 

Der   Verf.   kommt  p.   84-   zum  Hauptpunkt  seiner  Dar- 
stellung   im    V.  Cap. :    ,,L.   Aelius   Stilo   Praeconinus    He- 
renniani    operis,    ut  videtur,    auctor. "       Dieser   Gedanke 
beruht  auf  folgenden   Gründen.      I.)   Nach   Quintilian  III, 
2.    hat    zuerst    Cato   Censorius,    dann    M.   Antonius    etwas 
Rhetorisches   geschrieben.      Bis  auf  Cicero  sind  nur  einige 
unbedeutende    Versuche     gemacht    worden.       Nun     waren 
die  ältesten   Grammatiker    nach    .Suelon    de    inl.   gram.  4. 
auch   Rhetoren.      Aelius   niuss  also   auch    wohl   über   Rhe- 
torik   geschrieben    haben.       Ist     das   aber    der   Fall,    so   ist 
es   wahrscheinlich,    dass    dieses   das   Werk  ad   Herennium 
ist,    indem    die    dortigen   ^'orschrifteu    so    sehr   mit   denen 
desCiceroj    welcher  Aelius  Schüler   war,   übereinstimmen, 
lind  die  ganze  Schrift  selbst  in  eine  ziemlich  alte  Zeit  fällt. 
Vor  Allem  niussRef.  bemerken,  dass  auch  er  freilich  dieses 
Werk  als   geschrieben   zur  Zeit  Cicero's    ansieht.       Dafür 
spricht  ausser  der   ganzen  Färbung   des   echt  ciceronischen 
Stils,  der   Anschauungsweise,   den   republikanischen  Ideen 
namentlich    der    Schauspieler    Aesopus    III ,    2().    §.    34. 
Allein   es  steht  ihm   durch  Nichts  fest,   dass  Aelius,   wenn 
er  auch   Rhetorik  vorgetragen   hätte,  je  ein  Werk  darüber 
\oa  solchem  Umfange  verfasst  habe;  ja,   es  spricht  dagegen 
einmal   der   Umstand,    ilass  Cicero    gewiss   in   einer  seiner 
rhetorischen     Abhandlungen     aus     Pietät     dieses     berührt 
hätte;   es   spricht   dagegen    das    Schweigen   Sueton's,    indem 
dieser,   wo   es   bei   einem   Grammatiker   der   Fall   war,   die 
rhetorischen  Studien  immer   auffiilirt ;   endlich   ist   es   nicht 
zn  erklären,    wie   Quintilian   einen   solchen  Alaun   zu   den 
„minus   celebres"   sollte   gerechnet  haben ,   von  dem  Cicero 
gelbst    so   Vieles  wörtlich    entnommen.      II.)    Im   Anfange 
erwähnt  der  aiirtor  ad   Ilereiiniuin:    „negotia   familiaria"; 
diese   erklärt   Hr.  \.  II.   als  operam   reipiiblirac   navatam", 
erwähnt  ferner  die  oratorischen  Uebungen,  die  vom  .Schrift- 
steller angedeutet   werden,  und   schliesst  davon  auf  Aclins* 
Allein    Beides    passt    ebenso    gut  auf    Cicero,    ohne    dass 


man  den  Aasdrnck:  negotia  familiaria  anders  zu  deuten 
braucht.  III.)  Gell.  X,  21  berichtet  aus  Varro,  das» 
Aelius  das  AVort  novissimus  als  zu  modern  vermieden 
habe.  Dieses  Wort  kommt  einigemal  bei  Cicero  vor, 
aber  beim  auctor  ad  Herennium  gar  nicht.  Mithin  —  Wie 
äusserst  zufällig  dieser  Umstand  ist,  leuchtet  hoffentlich 
Jedem  ein.  Dieser  Umstand  spräche  ja  wieder  ebenso 
stark  fiir  Cicero,  indem  ja  auch  dieser  nach  Gellius  die- 
ses Wort  gemieden  hat,  obgleich  freilich  Neuere  ein  paar 
Deispielc  nachgewiesen  haben;  allein  es  cxistiren  denn 
doch  ciceronische  Werke  ,  worin  es  auch  nicht  vorkommt. 
IV.)  Der  auctor  ad  Her.  hat  philosophische  Studien  ge- 
trieben, Aelius  ebenfalls,  —  allein  auch  Cicero.  Der 
letzte  Grund  V.  ist  ebenso  schwach.  Er  beruft  sich  auf 
die  mehrmalige  Erwähnung  des  Cäpio,  dem  Aelius  frü- 
her auch  eine  Rede  geschrieben.  Allein  wer  hätte  es 
Cicero  verweigern  können,  dass  er  ein  historisches  Fak- 
tum als  Beispiel  mehrmals  anführte?  *)  So  ist  also  in 
diesen  Schlüssen  und  Combinationen,  so  geistreich  sie  in 
gewisser  Hinsicht  sind,  gar  nichts  Zwingendes,  gar  keine 
volle  überzeugende  Kraft.  Dagegen  sind  einige  Stellen 
vorhanden,  deren  Gewicht  der  Verf.  selbst  gefühlt  hat, 
vor  Allein  IV,  12:  Quo  in  vitio  est  Lucilius  assiduus, 
nt  hoc  est  in  priore  libro:  Has  res  ad  te  scriptas,  Luci, 
misimus,  Aeli."  So  ohne  allen  ünischweif  tadelt  ein 
Freund  nicht,  ohne  ein  milderndes  Wort  beizufügen, 
namentlich  wenn  ihm  ein  solches  Werk  noch  gewidmet 
worden  ist.  So  unbekannt  und  fremd,  wie  hier,  spricht 
der  Schriftsteller  auch  noch  II,  13:  »,  C.  Caelius  iudex 
absolvit  iniuriarum  eum,  qui  Lucilium  poetam  in  scena 
nnminatim  laeserat.  Hier  rückt  der  Ton  der  Rede  die 
ganze  Sache  in  eine  schon  entferntere  Vergangenheit. 
Dann  ist  ferner  eine  so  starke  Benutzung  eines  solchen 
Vortrags,  wie  wir  sie  dem  Cicero  gegen  seinen  verehr- 
ten Lehrer  Aelius  zuschreiben  roüssten ,  gar  nicht  zu 
entschuldigen.  Können  wir  somit  mit  dem  Verfasser 
der  oben  angezeigten  Blätter  in  dem  Ilauptresultate , 
welches  er  freilich  mit  A'orsicht  als  subjectivc  Ansicht 
(„ut  videtur")  iiinstellt,  nicht  übereinstimmen,  so  möch- 
ten wir  au  die  Verehrer  Cicero's  die  Frage  richten,  ob 
es  denn  wirklich  seine  Richtigkeit  damit  habe,  dass  das 
W^erk  ad  Herennium  nicht  von  Cicero  ist  ;  ob  die  Stelle 
I,  20-  so  entscheiilend  sei,  wie  einige  Literarhistoriker 
angeben,  und  ob  nicht  vielmehr  alle  äussere  sowohl,  als 
innere  Anzeichen  für  Cicero  sprechen.  Ref.  würde  sich 
freuen,  wenn  er  zur  nochmaligen  genaueren  Erörterung 
dieser  Frage  durch  die  Anzeige  der  in  gewähltem  und 
klarem  Stile  geschriebenen  Abhandlung  des  Hrn.  V.  II. 
angeregt  hätte. 
Bonn. 

Dr.  L.  Lertch. 


*)  Besser  hatte  der  Verf.  anfiihrin  können,  dass  IV,  12. 
eine  Graniniütik  versprochen  wird,  Aelius  aber  Gramma- 
tisches wirklich  g(schriel)cn  habe.  Allein  selbst  dieses 
ist  doch  nur  scheinbar  j  denn  von  einer  eigentlich  syste- 
matischen ars  gromraatica  wissen  wir  Nichts.  Es  ist  also 
hier,    wie  so  manchmal,   beim  guten  Vorsatze  geblieben. 


Zeitschrift 


f ü  r    die 


Altert  hu  ms  Wissenschaft 


Mittwoch,   1.  Mai 


1839. 


Nr.  52. 


Henrici  Diintzcii  Symljolae  Attiaiiae. 
II.    Decias  sive  Aeneadae. 

„In  prae<pxfa<a  —  scribKiir  Brutus  ve\  Decius  vel 
Marcpllus"  Dionioil.  III,  p.  487  P.  „In  praefextafa  — 
Brutus  vel  Ootins,  item  Marcellus  vel  Africauus  et  liis 
similia"  Riiabaiins  fliaurus  rle  arte  granini.  II.  p.  47. 
Attii  Deriuui  swe.  Acueailas  saepius  lauilat  Nouius  Mar- 
cellus. In  Persii  i  ita  lejfitur:  „Scripserat  otiam  Flarcns 
in  pueritia  praetextani  Vescio''^  (eil.  pr.  praetexla  i/iduc- 
tus).  Certo  rertius  niprum  le^ps  Decius  pro  l'escio, 
oinissa  Bartliü  ratione  (adiprs.  II,  2  7)  et  A'eukiroliii  (de 
fabula  tojjata  p.  92)  suspicione  I'arus.  Scd  vidcamus 
Attii  fragmcnta. 

I,  Patrio 

Exemplo  et  me  dicnbo  atque  animam  divorabo 
hi'jstibus. 
Non.  V.  devorare  (absuniere,  eripere)  p.  98-  Hlerula  ad 
Ennium  p.  311  vr.  et  et  atque  eiieit  et  animamque  de- 
vorabod  legit.  Illas  coniuncfiones  omiserunt  Scaliger 
qnoque  (ad  Varr.  p.  41)  et  Delrius.  Pro  devorobo  Cau- 
chins  ad  Noniuin,  l'^ossius ,  Bolliius  et  Kordesius  ad 
Eberhardti  Filirum  ,,  über  i\en  Zustand  der  srlicinen  Wis- 
sensrhaften  bei  den  Römern"  p.  (i/J  devotabo ,  Nenkirih. 
p.  Sl  devoto.  Sed,  quamquam  loc.  devolo  quum  alii,  tum 
Cicero  (Parad.  I,  2,  l'j)  in  eadem  re  usus  est,  tanien 
hie  null«  modo  locuni  liabere  potcst.  Quid  enim  est 
animam  devotare  hoslibusi  Disertis  verbis  opponuntur  sc 
dicare  et  morte  sua  hostibus  cladem  iuferre  i.  e.  animam 
(vitam)  iis  devorare.  Ultima  v.  devorabo  s\llaba  non  eli- 
ditur.  Bothius  in  Mus.  Rlien.  V,  p.  2öl  et  devotabo  a.  h. 
Cod.  Fabri  et   Guelplierb.   devoro. 

II.  Quibüs  rem  summam  et  patriam  nosti-am  quöndam 

uduuctavit  pater. 
Non.  V.   adauctavit  p.   75-      Blerula   I.   1.   quis   legit,   Neu- 
kircli.  p.  8'2   et  ilelet,   rerte   iniprobaiite   Duebncro   in  No- 
vis  Annalibus   Lipsieusibus   ISIJ  i,    12.  p.   2Ö8.     Et  hie,  ut 
saepius,   explicandi  partes  sustinet. 

III.  Te  skncte  veneraiis  pi-ecibus,  invicte ,  invoco, 
l'ortenta  ut  populo ,  j)i:triae  verruncent  bene. 

Non.  V.  verruncent  p.  ,18';,  ubi  in  nostro  loco  male  le- 
gitur  verruHcant.  V'erbum  verruncere  tertiae  declinatio- 
nis  existere  nequit,  quum  nulla  denominativa  in  ea  inve- 
niantur.  l'en-unoant  rcctc  Aldina,  Pcrottus  (veruncant), 
Hadr.  Juuiiis  et  Slercerius.  Porlenta  furtasse  ex  avibus 
aut  cxtis  desumpta ,  aut  tonitru  aliudvc. 


IV.  Vim   Gällicam  obduc  contra  in   ucie  exercilum, 
Ubi  piitrum  hoslili  fihum  san^uen   sanguine. 

]Non.  V.  sanguis  p.  224.  Ubi  scripsi  pro  ve.  Steph.  exer- 
ciluque ,  Jun. ,  Scriverius  exercituve ,  Jun.  in  margine 
exercitum ,  ne,  Mevc.  fusn.  Grotius,  quem  sequitur  Yos- 
sius,  cmeudaiit  in  aciein ,  qui  exjiiet  pitternum  {in  aciem 
Delrius  quoque) ;  Bothius  prius  j«  aciem  e.  Vae  patriuni 
hnstili  infuHO  (i.  e.  non  fusoj  s.  s.,  nuper  in  Mus.  Rhen. 
V,  p.  252  infusum  ,  ita  ut  versu  alter«  aliquis  n-spon- 
dcat ;  Neukirch.  cleiii(|ue  p.  TU  in  aciem  e.  reparatum 
h.  f.  S.  S.  Admonet  Uecius,  ut  exercitum  in  acie  (i.  e. 
aijinine  collecto  et  disposito),  in  qua  majores  libenter 
Miorteni  oppetierint  (cum  hostiam  sanguine  Ronianum  sit 
commistum),    contra   fiallos   du<'ant. 

V.  Et  nunc  quo  cor  um  segnilas?  Ardet  focus. 

Non.  V.  segnilas  p.  174,  ubi  legitur:  et  nunc,  quod  e.  s., 
lt.  /'.  Emen<laii  locum  facillima  mutatione.  Pro  quod 
scripserunt  quae  Lipsius  et  Delrius,  qui  in  fine  versus 
locus  dederunt,  Neukirch,  p.  80  et  nuper  Bothins,  Lip- 
siiim  ouMiino  secutus  Fruterius  (^  erisim.  II,  5)  et  Ju- 
uius :  eo  nunc  ,  quod  e.  segnilate  a.  f.  Bergk.  denique 
in  Mus.  Rlieu.  III,  p.  7i|  tardet  opus.  Vituperat  segni- 
tateni,  quod  nunc,  quum  optime  aiiimati  sint  et  pugnae 
ciipidissimi,  retineantur.  Ardet  focus  proverbialis  locutio 
est ,  ut  nostrum  das  Eisen   ist  heiss. 

VI.  Quöd  periti   sitmus    in    vita    atque   i'isu   callemus 

magis- 
Non.    y.    callet    p.    258.      Verba  Q.  Fabii,    alterius    con- 
sulis. 

VII.  Foteor:  sed  saepe  ignavit  fortem  in  spe  exspec- 

tatio. 
Non.  V.  ignavit  (ignavnm  facit)  p.  123,  12*!.  lersus  in- 
teger est,  quum  voc.  spe  rorripiatur  non  elidatur,  et  ad 
allitterationis  vim  augeiidam  et  ad  pronnnciationem  faci- 
liorem  reddendani.  Rcspondet  Decius.  Bothius  nuper 
p.  251:  sedenim  saepe  ignavit  spe/-  e.  Duebner  in  spe 
explicat  dum  sperat.  Sententia  est:  qui  fcrvet  cupiditate, 
saepe  exspecfalione  iguavus  fit.  S/)«?S  hie  signihrat  ani- 
mum   calenfem   et   quasi    adflatnm. 

VIII.  Res    summa    ubi   perdue/lum    est,    qunrsum    aut 

quibüs  se  a  parlibus  gliscunt? 
Non.  V.  gliscil  p.  22.  Scripsi  res,  ubi  et  quorsum  pro 
dis,  tibi  et  quorum.  Mercerius  probante  Delrio:  De 
summa  tibi  rerum  duellum  est,  quod  ab  iis  se  parlibus 
Gliscit,  addito  fragm.  II.  S.riverius :  Dis  summatibus 
Perduellum  est,  quorum  auguriis  gliscunt  sese  a  parlibus. 


411 


412 


Vossiiis:  Vis  summa  est  übt  perdueUum?  quonatn  aut  muni  mihi  videtur,  Fabiiim  el  Deciiim  sibi  opponi  quasi 
quibus  se  a  partibus  (vel  v(ir.  se  omissii)  Gliscunl  ^  Bo-  exenipla  Roiiiaiiae  gravi(atis,  digiiifatis ,  <'unrtaiiti.s  itliiis 
thius :  A.  Summa  ibi  perJaellum  est?  U.  Quorum  aut  priidcntiac  i't  (prteiitis  patriae  aiiioris,  rui  laote  iios  <Ie- 
nuibus  se  a partibus  iiliscuiit ,  iiiipcr  l.  1.  p. 'i.')l  :  \.  Summa  lofainiis,  et  iitraniqiie  virdifom  rpi  piiblirae  fiiiidamentum 
ibi  pol  (luetli  est.  13.  Quorsum  aut  quibus  se  partibus  esse  ir.t:\  fabiila  iiidirari.  Neiikirch.  p.  7(i  dicit:  „Qiium 
gliscunt !  .Npukirch.  p.  77  prioreni  Botliii  lertionoiii  pro-  vero  duplex  sit  insrriptio,  iiiaiiirostuni  Pst,  nun  id  taiitum 
bat,  iiisi  quod  tibi  perduellium  est.  prai-fcrt.  Duebner  rnliiisse  Attiiim,  ut  Dorii  lirtiites  laiiilibii.')  extollerpt,  sed 
ileiiique  I.  I.:  Die  vis  summa  ubi  perduellium  est?  in  ptiaiii  iiiiiMiiio  Apiieadariiin  i,  e.  Roniaiiuniin  fortitiidinein 
rcliqiiis  Vossium  serutiis.  Qiiaerit  nesiio  quis,  fortasse  ar.  patriip  aiiiorpin  iiiliistaret."  Apiipailae  Roiiiaiii  podcm 
Fabiiis  aiit  Derius,  quid   bustes  fariaiit.  modo    diciiiitiir ,     ut    alias    Roniiilidae,     Raiiiiips,     Tities 

IX.   Galli  illic  voce  canora  ac  fremilü  peragrant  mi-      {ei.   Linrot.   in  Aeneadum  genitrix).      Quid   vpro  ,   si  Ae- 
nitiibiliter.  iieas  ,   qiii   dpi   iiidigptis   iiomiiip   vpiiprabatur,   ipse   fiiie   fa- 

Kon.  V.  miiiitabiliter  p.  l.'J''.  Galli  illic  srripsi  pro  cor-  bulae  Roinaiiis  appariiit  dixitqiie  has  veras  Apiieadum 
rupto  Calleli  s.  t'alleci  (gallanti  Frutpr.,  ^'ossiiis,  Galli  virtiilps  psse,  qiiibus  Derius  et  Fabius  exccilebaiit  ?  Coii- 
Lipsius,  quem  pjerique  spiuti  sunt,  gallici  s.  calles  (ca- 
les  hi  Delriiis)  pt  ac  post  canora  cum  Vossio  et  korile- 
sio  a''didi.  Coiiiunctiuiiem  hie  deesse  uou  potest ;  res 
aliter  se  babet  in  fr.  III,  quod  eonfert  Keukirrli.  Idem 
frcmituni  arRinrnrn  eqnoruni  purruuniqne  strppituni  intelli- 
git  et  Calleti  rptinpt,  ,,^ui  alias  ilipuntur  Calpti,  Galleti, 
Calptap,  Caletps."  Canorus  bic  signilicat,  quod  nostrum 
laut,   stark,   mininie   wohlklingend. 

X.  Clamore  et  gemitu   templum  resonit  cailituiu. 
Aon.    V.   sonit    p.    ."j(l4.      Xeukir<b.:     „clamore    pt    fpniitu 
milituni.    nt   videtui',   propter  Derii  mortem."     IMprula   1.1. 
p.   oll)    nostrum    fragmeiituni    cum    prapcpdenfe    coniungit. 
De    teniplo    caelitum    i.   e.   caelo    tf.   Varro    de  1.   1.   VII, 

p.  ^s:  s.|.  Sp.  ((i,7  i\I.).  _      ^ 

XI.  AV/n7  neque  pericli,  neque  tumulti  est,  quod  sciam. 
Xon.  r.  tumulti  p.  484-  Fortasse  nil  Ipgpndiiin  pst  cum 
Vossio  et  Rotbio,  31prula  1.  1  :  ,,  Vociferat  Dpcius,  quo 
fugerpnt    quanive    in   fofa 


Solan  potprat  Romanos,  qui  pnmo  che  consulis  corpus 
non  inienerunt.  Sed  bapc  niinime  certa  esse  probe  scio ; 
id  tantum  indicare  rolui ,  fortasse  propriam  esse  uouiinis 
Aeneadum   rationem. 


III.    Epinausimache ,  Myrmidones  et  Achilles. 


J.  Nee  perdolescit  fllgi  socios,    mi'irte  campos  obtegi. 
Non.   V.  ßigi  p.    I  l(J.      Male  Rothius  socios  morle ,   c.  o. 
II.  Martes  armis  duii  congressos  crederes. 

III.  Incursio  ita  erat  äcris  .... 
Cbaris   pp.    IUI,    93. 

IV.  Primäres  prbcerum 
Revociirent    nomina ,    ni   esset ,    qui   armis    seeum 

vellet  cernere 
Non.  \.   cernere  p.   261,  ubi  vulgo  nisi.      Vossii  cod.  ni  et 
revocarit.      Vossius  coniecit  provocaret  nomine,    si  e.  q., 
ppm   baliprent."     Sunt  Decii      probaiite   Botbio  ,    nisi    quod    nialit   provocavit.     Codicum 
»erba    in   Lostes    impetum    facienfis   ad    militps    dicta.  lectio    rpcte   se    habet   bac  sentpntia  :   fainae    pt   gloriap    re- 

XII.  A.  Ci'Stra  haec  vestra  est.   B.  Optime      nuntient  principes,    nisi  quis  secum  (cum   llectorp)  certa- 

Fis  meritus  a  nobis.  mcn   inirpt. 

Non.   V.   castra  (fpinin.     generis)  p.   200.      Fis  scripsi   pro  V.    Tarnen   hai'id  fatiscar,  quin   tuam  implorem  fident. 

essis.    ^'ossius,  probaiite  \eiikirch.,  es;  2S,  Botliius  escis  et  ^'I.    I'roin   tu   tri,   cui  ßat ,   non,   qui  facias  compara. 

nuper  vesirum  et  optimus.     Pro   loc.  a   omues  t/e  pniendant,      "Son.  \v.  fatiscere,  fatiscuntur  compara  \>.    '>()1,   47',   2ä7. 
scd    a    band    prorsiis    in    Atfio    spernciidnm    est.       IVarrat  VII.   Eos  mlirtalis  impünis  reminiscirr,  saepe  oblitlis  volo. 


nuncius  Dpcii  mortem,  qui  in  hostes  inruens  Romanis 
dixerit:  itostium  castra  vestra  sunt.  Fabius  exciamat, 
illa  audieus:  O.  f.  m.  a.  n.  Merula  nostrum  fr.  cum 
fr.   III   et   Vlll   hoc  modo   coniungit: 

Dis   summa   tibi    pprdnpUinm    esto  ,   quorum   aut   qnibus 
Se  a   partibus  gliscunt.     Castra  haec   vostra.     Optume 

£sis    meritus   a    nobis 

Te  sanctc   lencrans  prccibus,   invicte,   invoco, 
Portenta   ut  poplo ,  patriae  verruuces   bene. 


Fr.  I,  II.  Decius  de  patris  morte  loqnitur,  fr.  III 
precatur,  ut  di  portenta  populo  pairiaequc  bpne  vertant, 
fr.  IV ,  y.  Q.  Faliiuui  alterum  consulpm  admonut,  ut 
exercitum  contra  bostps  ducat.  Fabius  summa  gravitatc, 
pruilentia  et  tranqiiillitate  illud  dissuadct  IJpcio  pugnae 
cupidissimo,  quo  pprtiupnt  fr.  VI,  VII.  De  bostil.ns  quae- 
rit  Fabius  s.  Dpcius  fr.  \'III:  rpspondet  aliiiuis  fr.  IX. 
DeD 


Non.  V.  accus,  pro  genit.  p.  .')()().  Hoc  modo  fortasse 
scripsit  poeta.  .Apud  Noninm  legitur  E.  m.  poenis  lib.  X 
miseror  s.  studilos  vnlo.  X  miseror  e  reminiscor  corruptum, 
unde  librarius  addidit /i'Ä.  ;  impoenis  pro  poenis  et  oblitos 
pro  studitns  faciles  sunt  pnipndationps.  Dixerit  haec 
Acbilies  de  Graecis,  quorum  cladis  ipse  iuultus  obliiisci 
vult.  Vossius:  Eos  mortales  reminiscor.  Et  Acneailis  ant 
Dpcio:  Miseror  saepe;  at  id  eos  volo  oblioiscier  (siic: 
Miseros  saepe  iatud  eos  volo  obliviscier).  Miro  modo 
locnm  corrupit  Botbius  quum  prius,  tum  nuppr  in  !>Iuspo 
Rbeiiaiio  V,  p.  ■J.')7  sq.,  nulla  locoruni  a  Nonio  lauda- 
tornm  ratione  habita,  e  quibus  patet ,  bic  reminiscendi 
aut  oblitiscpn<li  iprbum  cum  accus,  iunctum  dpsiderari. 
VIII.    Quodsi  procedit ,   neque  te ,  7ieque  quemquam  ar- 

bitror 

Tuae  poiniturum  laüdis ,  quam  ut  serves  vide. 
IX.   —    Contra,  quantum  obfiieris ,  si  victüs  sies 

(onsidera ,  et,  quo  revoces   summam  e.rerciti. 
Non.  vv.  poeniturum,   exerciti  J).   l.')8,  405-      Fortasse   fr. 


pcii  impelu   et   morte  fr.  X,  XI,  XII.  intclligas,  quac 
uuncu  esse  videntur.      ^'ix  inde,   quomudo  poeta   in   argu-      IX    Icgendum    est    quantum    tu    obfueris,     ut    ii-rsu» 
incuto  tractando  vcrsalus  sit,  coUigas.     Hoc  fero  certissi-      leger  sit, 


413 


414 


X.  Ut  nunc,  cum  animatus  lero,  satis  aimntus  sunt. 
XI.  Probis  probatum  jmtius,  quam  muUis  fore. 
Non.  vv.    anima ,    puucorum  p.   .2)3,    5H).      Vcrha    satis 
armatus  suvi  traiisposuit  Botlilus  sum   armalus  satis. 
XII.  Ab  ctasse  ad  urbem  tendunt,  tieijue  ijuisijii/im potest 
Fulgentium  armum  armatus   ardurem  iibtui. 
Non.  V.    accusativus  \>-   4U5.     Botliiiis    siuxlct    animatus, 
quo  mira  allitfpratio  in  armum  armatus  ardorum  tiirbafiir. 
Poeta  (licit,    niilites  Graeros    (ariiuitos)    fiil-^ore    aniinriim 
olicaecari.      Quaiiiquani   Altins    for(asse    s(;ri|)sit  armatum, 
ut    ipse    ardor    armatus    dicatur.       De   geultiio  armum  if. 
Cic.   Or.   4(),   1.)5. 

XIH.   Lucifera  lampade  ixurat  lovis  arietem. 
Priso.   VI,  p.   H>)5   P.    (.'45   Kr.).      V.  lovis   iioiiiiuativum 
essp  ilicit  Priscianus. 

XIV.  JJbi  nunc  terricula  tua  sunt? 
Non.  V.  terriculae  p.  227,  ul'i  rtlerc.  ro<lil.  lectionem 
terriculata  n-ite  cmendavit,  riisi  forte  svllalia  ta  e  prae- 
ceilenti  la  ppr  öctToyciacpiav  orta  est.  Vossius  lua  in 
co<l(I.  esse  «lixit.  Srriier.  pro  nunc  voluit  non  Steph.  et 
Delrio  ubi  non  terricula  cita  sunt  ? 

XV.  Mürs   amici    siibigit ,    quae   mi  est  Senium  mutto 
acirrimum. 
Non.  V.  Senium  p.  2. 

XVI.  Ad  jnaestitiammutam  infantium  quadrupedum.  .. 
Non.  V.    mutus  p.   ',(.     Item ,    ijuod    legitur    ante    voc.    ad 
(Bothius  itum),  omisi. 
XVII.  —   Scamandriam    ündam    salso    sänctam  obtexui 
sanguine , 
Atque  acervos  älta  in  amni  corpore  explevi  hostico 
Non.  V.  amnem  p.   192.      Videas  allitteratiunem  in  Scaman- 
driam ,    salso,    sanciam ,    sangaine.       De    salso  sanguine 
dixi   in  Ziuimeruianni  diario   tU38-   p-  b8- 


lam  (raguientis,  quae  ex  Epinaiis.  laudantur,  collectis 
de  argninento  videamiis.  Fr.  I  Arhillis  ira  exagitatur, 
fr.  II  de  Hertoris  et  Aiacis  rertamine  (nisi  forte  de  Acliille 
et  Hectore  diniirantibus) ,  fr.  Ill  de  Troianoruin  impetu, 
fr.  IV  de  Hectore  Graeros  provorante  sernio  est.  Unde 
patet,  induci  aliquem  Graerorum  cladein  euarrantein  et 
Acliiliem  incusanteni.  Quem  Eurypylum  esse  vix  dubitari 
potest,  ita  ut  rolloquium  Eurypvli  et  Patrofli ,  cuius 
fragmenta  Cicero  Tusc.  II,  1 6  et  17  servaiit ,  fjuc  per- 
tineant,  quae  iani  alii  nostrae  fabulac ,  Reizius  vero  apuil 
Orellium  IV,  '2  p.  (iOh  e  Niptris  Pacuiii  dcsumpfa  esse 
putarit.  Nisi  forte  de  fabnla  Eurypylo  (Arist.  Poet.  23, 
qui  locus   non  sollicitandus  est)  cogitandum. 

XVIII.     O  Patrocles ,    ad    vös    adveniens    aüxilium   et 
vestr/is   manus 
Feto ,   priusquam    oppetii  malam  pestem  män- 

datam  hostili   manu., 
Neque   sringuis   ullo  potis  est  pacta  proßuens 

consistere, 
Si  qui  sapientia  magis   vestra   mors    devitari 

potest. 
Namque    Aesculapi    liberorum    saucii    opplent 

porticus , 
Non  potis  accedi. 


Ad  V.  5  cf.  Or.  4li,  155.  Ultimo  versu  cum  aliis  srripsi 
potis  pro  potest.  Locum  ititerpretes  non  intellexnrant 
multisque      coiiiectnris      rontaniinarunt.  ^Vrba      neque - 

consistere  a  priusquam  pendent,   et   illa   si- potest  ad  pelo 
pertincnt.      (iuae     terba    apii<l    Cireroiiem   sequuntiir,    Pa- 
trocli  sunt  et  continno   Eiirjpvli   orationem  excipiiint: 
XIX.  Certe  Eurypylus  Itic  quidem.    Hominem 

exen  itum , 
Ubi  täntum  luctus  cöntinuatur. 
Post  quidem  eieci  est.  Fortasse  contingat  legendum  est, 
ita  ut  versus  ita  digeratur:  Ubi  tantum  luctus  contingat. 
Cicero  ita  pergit,  «t  pateat,  sequens  fragmentum  niiitiuuo 
secutum  esse.  Vide  quam  non  flebiliter  respondeat.  Ra- 
tionem  etiam  adfert,  cur  aequo  animo  sibi  ferrndum  sit: 
XX.  Qui  iilteri  exitiüm  parat, 

Eum  scire  oportet,  sibi  paratam  pi'tem  ut  par- 
ticipit  parem.''^ 
Non  Video,  cur  cum  Bentleio  scribamus  paratum.  Allit- 
teratio  v\.  parat  pestem  ^articipet  ^arem  continetnr. 
Pergit  Cicero:  „Abducet  Patrocles  credo,  ut  collocet  in 
cubili,  ut  i'ulnus  obiiget,  si  quidem  liomo  est.  Sed  nihil 
vidi    minus.      Quacrit  enim,  quid   actum  sit: 

XXI  —  Eloquere,  res  Argivom  proelio  ut  se  sustinet. 
Eur.  JVon  potis  ecfari  täntum  dictis  ,    qunntum  factis 
süppetil 
Laböris.^^ 
Bentleius  priori   versu    voluit  Argivorum.     Patrocius  nunc 
deuium  Eurvpylum  in  cubili  collocat,  ubi  quum  narratio- 
nem  continuet,  dicit: 

XXII.    Quiesce  igitur  et  völnus  alliga. 
Sod    Eurjpjlus    ita    Graecoruni    clade    commotus    est,    ut 
tacere  nequeat ,   unde  statim  pergit: 

Ubi  fortunam  Hectoris 

Nostram  acrem  aciem  inclmatatn 

Ultima  V.  alliga  ob  sequentem  vuralem  corripitur.  Sic 
ditlicillimus  Ciceronis  locus  recte  explicatus  videtur. 


Fr.  V,  VI  eins  sunt,  qui  Acliillem  implorat.  Achilles 
respondet  fr.  Vll.  ftlorte  Pafrocli  commotus  Achilles  fr. 
XV  in  pugnam  inruere  viilt,  sed  mater  eum  retinet,  quum 
arniis  careat,  novaque  a  Vulcano  fabricanda  promittit 
(fr.  VIII  —  XI).  Quo  facto  Achillis  impetus  in  Troia- 
iiüs  et  cerfamen  cum  Hectnre  fr.  XII  XIV  describitur 
(fr.  XIII  imago  contiiietur,  similis  illi  Iliados  ;if,  2li  sqq.). 
Achilles  redit  et  Patroclo  iusta  farit ,  quo  perfiiiet  fr. 
XVII  cf.  II.  l^),  m  sqq.).  Fr.  XVI  refero  ad  Patrocli 
cquos  (II.  p,  42Ö  sqq.).  Vides ,  quo  omnia  fragmenta 
pertineant. 

Ex  iis,  quae  hucusque  diximus,  scaenarum  ordinem 
hoc  modo  dispusitum  esse  suspiramur.  Eurypilus  vul- 
ncralus  in  Patrocli  teiitorium  pcrfugit,  a  quo  Graecorum 
clade  narrata  et  vulnere  obligato  discedit.  Patrocius 
Achillem  implorat,  ut  (iraecis  auxilio  veniat,  et  ab  eo 
nun  sine  dolore  dimittitur.  Chorus  intercedit  et  niox  An- 
tilochus  advenit,  Graecos  summo  in  periculo  versari  nun- 
cians.  Sed  Achilles  non  conimovetur,  quamquam  omnia 
mala  metuens.      Nuncio    demum    de  Patrocli  niorte  allato 


415 


416 


in  procliiim  inniit,  a  inatre  rpfciitiis,  quod  armis  rareaf. 
Qiiae  (Hium  nova  attulit,  ccrtamen  iiiit,  Troianos  fii^at, 
Hectorem  ortidit,  qiiod  nuiiniis  narrat.  Achilles  rediix 
Palroclum  ,  ciiius  radatcr  iiitrrim  hustilxis  crcjitiirii  est, 
deplorat.  Mulla  hie  in  iiiiam  tra<;;(»Mliaiii  coiiffpsla  esse 
non  nefo  ,  seil  ros,  iii  fallor  ,  cerlissinia  est.  IJiiitas  <ra- 
^oediae  t-o  roiisistit,  (jiiod  jiatet,  Achillis  pervicaciam  ipsi 
band  uliiiora  mala  prooreasse ,  ijuam  Agamemnoni.  Cho- 
rus e  .Mvrinidüiiibus  ronstitisse  lidetiir,  iieqtie  possum , 
quill  -^»riuidoiics  AKii  raiideni  babeam  Iraffoediam,  quum 
rix  crociam ,  ideni  arfunientuni  liis  pocfaui  fraclasse  Vi- 
deanius  fraguienta.      Arhillis  sunt   ad   Patrorliim   diifa: 

XXII.  Qiiodsi,  lii  decuil, 

Stares  mecvm  aut  meiis  maerlaret  ti  dolor, 
Jamdiu  i/ißiimrnarier  nnvis  vidissent  suas. 
Non.  V.  mertaret  ( pro  inerentem  faceret )  p.  1  il  sqq. 
Maertnret  i.  c.  maestum  faceret.  Te  post  miiertaret 
addidi  (Bothius  post  meus)  et  pro  corrupto  inßummari 
et  re  scripsi  inßainmarier.  Aclrillos  in  <ira<ioiii-  ad  Pa- 
troclum  breiiter  ilissiiliiim  ruiii  A;;ameniiioiie  describit, 
dicens,  se  nihil  aliud  farere ,  quam  quod  Ajfaiiipmnoni 
ininatus  sit.      lluc  pertiiioiit: 

XXIV.  Clftssin   trällere  in   salitm 

El  vela  ventorum  (iniinae  immitterc  .  . 
•Non.  V.  anima  p.  2i4 ,    ubi    clussis    pro    lassis  iam  Sca- 
liger conrecit.      Cf.   II.   a ,   16'.). 

XXV.  Regnüm  tibi  permitti  malunt:    cernam,  Irudam 

exercilus. 
Non.    V.    cernere,    ( rursum    cederc  )    p.    26 1  •      t"f.   11.  ß, 
170  sq. 

XXVI.  Tua  honistitudo  Danaos  decipit  diu. 

Non.  V.  ho7iestiludo  p.  \2').     Cf.  II.   «,  231.    IMale  cmcn- 
danl  decepit.     Praetcrca  Achillis  sunt: 

XXVII.  Ego    me    jion   peccasse    plane    osteiidam    aut 

poenas  süff'eram. 
XXVIII.    jUf«  facta  in   acie  oblili. 
XXIX.    Tu  pertinaciam  esse,   Antiloclie ,  praidictts, 
Ego  pervicaciam  dio  et  ea  me  uti  volo. 
Nani ,  pervicacem  dicis  me  esse ,   vincere 
I'er/dcile  palior;  pirtinitccm  nil  mnror. 
JInec  fiirtis  sequitur ,  i'llam  indocti  piissident: 
Tu   addis ,   quod  vitio  est,    dentis,  quod  laudi 
datiir. 
Non.  vv.  sufferre  ,  accusativus ,  pervicacia  p.   '.VH\,  .002, 
432  sq.     Fr.   XX\'1H    iani   >lcr<crius  facta   scripsit  pro 
fala    et  XXIX,    2    l''rut«rius    ea    pro    a.     V.   ,i    et  ante 
vincere    oinisi.      Bothius    prius    eincndavii    et    vincerem , 
nnper    in    31uä.    Rhen.   V,   p.    2t)0   id   vincere.     PatrocH 
vidctur: 
XXX.   Solo  equidem.     Sed  tu   hut'c,    quem    scis ,    qunli 
in   te  siet 
Fidilitdte ,  olj  f'idam  naturam  viri 
Jgni.Hce. 
Non.  V.  fidelilas  p.   IQ'I  sq.    lluic,   ut   rij)8e   dvfini,  mihi. 
Patrncli   aut   Aiitilochi  sunt    verba  a  Nonio  v.  confidentia 
p.  202  laudata: 


XXXI.  Iram  infrenes ,    obstes    aniinis ,    reprimas    con- 

ßdentiam. 
Unain  fabulain  duohus  nominihus  laudari  saepe  ride- 
nius ,  srd  fortassc  alii  niinimc  consontient ,  si  fabulam, 
qiiae  Achillis  nuniinc  apud  graniinaticos  invenitur,  quam 
eaiidrni  atque  DJvrniidoni's  esse  iaiu  ad  Livii  Andron. 
fragni.  p.  2i'  dixi,  huc  portinore  pnto ,  ita  ut  eadem  tra- 
gncdia  tribus  noniinibus  ulalur,  ab  arnuniento,  choro  el 
persona  primaria  desuniptis.  At  idem  argumentum  Achille 
quoque  cnntineri  rix  dubitari  potest,  ita  ut  alitcr  statuere 
nequoam.      Accedant  igitur  Achillis  fragmeuta: 

XXXII.  All  sceptra  iam  ßaccent?    Ferat. 

Non.   r.  ßaccet  p.    110.     De   Agamemuone   Aniiloclio  dicta 
ridentur  aut  Patrodo.     Patrocli  aut   Autilochi  sunt: 

XXXIII.  Ne  tum,  cum  fervat  pectus  iracündia. 

XXXIV.  Qua  re  dlia   ex    crimiite    inimicnrum  ejfügerg 

possis ,  delica. 
Non.  rv.  /ervat ,  delica  p.   504,  'J8,  277. 


ütut  de  IMyrmidouibus  et  Achille  statuas,  hoc  certum 
est,  Attium  Epinaijsimaclie  liberc  fabulam  de  Patrocli 
niorte  tractasse  et  sublimi  modo,  neque  possum,  quin 
puiiein ,  eum  Aesch^li  trilogia,  cui  Arhilleidis  nomcn 
Wclcker  adsignaiit  (  Triliig.  p.  4iO  sqq.)»  sua  ratione 
usum  esse,  nisi  verisimilius  esse  credis,  ignotam  graccam 
tragoediam  Attium  expressissc.  Sed  hacQ  liactenus. 
(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

lieilin.  In  der  Versammlung  dfs  f^ereins  für  Erdkunde 
am  G.  Apiil  beiichlete  Prof.  Schubert  aus  Königsberg  vou 
einem  im  Mai  v.  J  in  Prenssen  gcmaclilen  böclist  wiclitigen 
1111(1  reichen  Funde  romisclicr  Müii/.en  ans  dem  zweiten  Jalir- 
huiiilmt  cliristlicbcr  Zeilrecbnung,  welche  den  lebliaflcn  Verkehr 
beweisen,  der  in  jener  Zeit  zwischen  den  Küsten  des  Mittel- 
mecres  und  denen  der  Ostsee  bestanden  hat. 

Darmstadl.  Herr  Oberlclner  Dr  Bainherger  zu  Urann- 
schweig  wiinscht  den  in  ^r.  45  siebenden  Vcrbessernngsvor- 
scblagen  zu  dem  Cborgesange  in  Euripides  Helena  das  Wort 
nverspälet«  lieigcriist.  Diese  Vorscbiaije  sind  bereits  im  April 
vorigen  Jahres  der  Rcdaction  zugikomnieu. 

Die  Bemerkungen  des  Herrn  Professor  Dr.  Droysen  in 
Nr.  25,  sowie  die  Abhandlung  ,,Uebcr  zwei  Oden  des  lloraz" 
von  Herrn  Dr.  Diinlzer  in  Nr.  l,3l.  132.  des  va!it;en  Johr- 
ganss  sind  ohne  Schuld  der  Hrn.  Verfasser  zum  zwcilenm.al 
in  unsei.M-  /eilschrill  erschienen.  Die  Sclnibl  liei-'t  vielmehr  an 
dem  Manqel  der  r.egisler  idjer  die  Jahrgänge  l8.?6  und  1837. 
Sclinii  mehrfach  ist  an  mich  die  Aufforderung  ergangen,  diese 
I'.iiistrr  naclizniiefern.  Die  Leskc'scbe  Handhing  würde  diese 
l'..Li.ii'r  gern  anfertisen  lassen,  wenn  so  viele  Abnehmer  sich 
f.inlen,  dass  die  Drnckkosten  gedeckt  waren.  Da  ■liesc  Hand- 
lung zuerst  von  der  Miltc  <\e.3  vorigen  Jahres  an  den  Verlag  der 
Zeilschrilt  iibernonniien  hat,  so  kann  man  ihr  die  unenrgeirliche 
l.ieferiMig  der  Register  für  frühere  Jahrgange  nicht  zumulhen. 
Uebii^en"  werde  ich  die  l.eser  durch  Lieferung  mehrerer  Dop- 
pelnumcrn  im  Laufe  dieses  Jahres  entschädigen.  . 

Dr.  K.  Z. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Freitag,  3.  Mai 


183  9. 


Nr.  53. 


Henrici  Düntzeri  Symbolae  Attianae. 

(  B  e  s  c  h  1  u  s  s, ) 
IV.  Nyctegresia. 

Notissinium  est,  nomen  fabulae  ex  Homeri  libro  X 
Iliadis  (lesnmptum  esse.  (Cf.  Fest.  v.  egrettus).  Graeci 
vvy.TSysgaiav  dicunt.  Cf.  Sohol.  et  Eust.  ad  II.  x,  1  , 
Bekkeri  Anecd.  p.  768,  argum.  Rliesi.  Sed  graecam 
fabalam  cognoniinem  band  iiii-enimiis  ,  ita  ut  Dulorestein 
et  Epiiiausimacben  romparantibus  suspicio  oriatur,  latinos 
poetas  nora  nnmina  e  lingua  graera  desumpta  fabulis  im- 
posuisse.     Sed   videamas  fragmenta  : 

I.  Tun,  quod  supereat  sucium ,  miltis  lelot  An  lucti 
poenitet? 
Non.  V,  lucti  p.  485-  Mitiis  cum  significatione  rolunta- 
tis ,  ut  saepissime  xreivtlV  (Hermann  ad  SopL.  Ai.  1126» 
Pbiloct.  1(104),  niide  facile  Vossii  coniectura  mittes  ca- 
remus.  Welcker  in  Zimmermann!  diario  18345  p.  630: 
„Vielleicht  wurde  ein  Gegner  des  Plans  angeführt,  der 
auf  Rückzug  drang." 

II.  —  Aut  ego  ülum  eripi'am  aul  tili poenas  süfferaml 
Non.  V.  suff'erre  p.  397,  nbi  veteres  editiones  Nyptae- 
greasia,  Praegressia,  Clijtaemnestra.  Bothius  in  Mus. 
Rhen.  V,  p.   '^(31  -  aut  illum  ego  rapiam. 

III.  Illös    suaple   indüxit    virlus ;    tu  laudem  illorum 

levas  ? 
Non.  V.  levare  p.  336.     Levas  minuere  vis.     Welcker  de 
persona    locum    intelligit,     quae    Diomedi    et    Uljxi    ad- 
rersetnr. 

IV.  Cüius    vos  lumülli  caussa   nccierim ,    eo  animum 

udvortile. 
Non.  T.  tumulti  p.  484 ,  ubi  eo  quod  parum  divorti  legi- 
tur  {quod  glossema  v.  eo).    Animum  advortito  s.  advorlito 
iam  Steph.  et    Delrio    posuerunt.      Infeliciter  Bothins :    et 
quid  purem  udvortile. 

V.  Ascendit  aura  Idlerum  texta  Volcnni  vorax. 
Non.  V.  textus  p.  227.  Vulgo  scendit ,  cuius  «  v.  Nt/c- 
tegresia,  quod  praeredit,  bausit.  Aura  cum  Vossio  pro 
hora  scripsi  ( cf.  Naevius  bell.  Punic.  fr.  XLII  cdit. 
nostrae :  Volcani  ßuvimam).  lufelicissiuie  nuper  Bothius 
in  Mus.   Rhen.   V,  p.   26"  sq.: 

lamiam  ascendit  horum  laterum  texta  A'olcanus  rorax. 
VI.    lubit  nunc  atlentdre,    iul/et  nunc  nnimus  ruspaii 
Phrygua. 


Non.  V.  ruspari  (scrutari),  p.  166,  ubi  iube  et  animo. 
Mercerius  ,  Scriverius,  Bothius  lubet.  Nostram  coniectu- 
ram  suadct  Homeri  locus  —  nam  verba  üiomedis  sunt  — 
II.  X,  220  sq.  ifx  öxQiivfi  y.gaöit]  v.o.i  difioz  dyi^viofj 
ävSgüiv  dv^i^iSvEOJv  övvai  aiQarov  eyyix;  iövra 
Tgiöutv. 

VII.  Id,  quöd  facis,  gratum  et  grave  es. 
^ion.  V.  grave  p.   315.      Agamemnonis  verba  sunt.    Cf.   II. 
/.,  2.')4.    TvöeiSij,  /Jiuuijds;,  ijuß  ysy^uoioftivt  dif^ui. 

VIII.  Cuncta  expedibo:  id  modo  iusiurandi'cm  dale. 
Nou.  V.  expedibo  p.   225.     l'erba  Diunicdis   esse   videntur, 
qui  postulat,  ne   quis  amplius  Achiliem   precibus  adeat. 

IX.  An  ego  Ulyxem  obliviscar  unquam  aut  quemquam 

praeponi  velim? 
Non.  V.  accusativus  p.  500.   Diomedes  Homericus  (/,  242): 
7iv)C,  äv  inniT  'Odt'otjOi  iyo)  dtioiu  t.a9o'iin]v; 

X.  Classis  adil ,  aggriditur ,  fervit  .... 

Non.  V.  fervit  p.  503,  ubi  pro  nostra  coniectura  aggre- 
ditur  legit  Mercerius  ocladitur ,  alii  clauditur.  Vossius 
(uniecit:  Clasais  adilus  clauditur,  Bothius:  ctassis  adeo 
vccludilur.  Ilcctor  classem  adire,  ai;gre(li  vult;  jani  fer- 
vet.  Dcniquc  ad  nostram  fabnlani  refiro ,  quod  Cicero 
Tusc.  III,  26,  62  adfert :  „Iliuc  ille  Agamemno  Home- 
ricus  ed   idem  Attianus 

XI.  Scindins  dolore  idenlidem  intonsäm  comam.^'' 
II.   X,    15.      Cf.   lonis  fragm.   ed.   Nieberding.   p.   49  sq. 


Quac  fragmenta  si  accurate  consideramus ,  patet ,  fa- 
bnlam  Attii  legationeni  quoque  ad  Acbillrui  dcsrripsisse. 
Fr.  I  aliquis  ex  Achille  quaerit,  an  reliquos  quoque 
«raecos  perdere  velit.  Cf.  II.  l,  435,  63U.  Achilles 
ironice  dicit  fr.  II,  utrnm  nunc  ad  Agameuinona  eripien- 
dum  accersor,  an  ad  pocnam  suflerendam  ?  Eidem  dnces 
Graecorum,  qui  nihil  contra  Hectorem  possint  (II.  /, 
346  sqq.,  TT,  74  sqq.),  inridenti  aliquis  respondet  fr.  III. 
Ilac  legatioue  prima  continetur  scaena.  Tum  poeta  in 
Agamemnonis  tentoriuni  sive  a<l  excubias  nos  dimittit, 
ubi  consilium,  ut  in  trepidis  rebus,  habetur.  Agamemno 
proceres  convocavit  et  incipit  fr.  IV,  enarrans,  quomodo 
insomnis  Troiauorum  igiies  viderit,  strepitum  eorum  au- 
diverit  (II.  X,  10  sq.)  et  omnia  mala  metuat  (fr.  XI), 
ita  ut,  si  Achilles  auxilio  venire  recuset,  aufugere  con- 
stituerit.      Quamobrem  a  üiomede  acerbe   vituperatur,  qui 


419 


420 


iratus  dicit,  miuiine  in  uno  Arhille  salutem  qiiaorendain 
esse.  Lpjjati  reilciiiit.  \pslor  suadnt,  ut  spprulatores 
in  rastra  Trojana  mittant,  quod  Dionirdes  recipit  (fr.  VI), 
ronilitiune  addita,  ne  amplius  Ailiillem  adeant  (fr.  ^  III). 
Uivxes  sociiim  silii  adiuiigif  (fr.  IX)  et  ab  Againemnone 
oninia  fau^ta  precanti  diiiiittitur  (fr.  VII).  Diomedes  et 
L'lTXem  niiniine  in  sraenara  redeunf,  sed  chorico  caniu 
praegresso  uuntiiis  rem  enarrat ,  Hliesum  cum  suis  uera- 
f  um ,  rastra  roniLusta  esse  (fr.  V).  Unitas  tragoediae  fa- 
file  eo  rernitur ,  (juod  aemulatio  et  ira  Dioinedem  ad 
magna»  res  pprticiendas  excitant.  Aon  iiicpfe  cuniicias 
ad  nostram  falulam  pertinere ,  quae  Kouius  v.  labascor 
p.   47.{  Attii   nomine  adfert: 

XII.    Sullum    est    ingenium    tantum ,     neque    cor    tarn 
feram , 
Quod  nun  labascutur  lingua ,  milescat  malo. 
3Ierr.    miliscat.      Uoederlein.      (Svnon.   I,    132)   voluit  ao 
milescat  mala.     Cf.  II.  i,  i)\^o-     Asyudeto  illo  oratio  for- 
tior  fit. 


Anecdotoii  Hainburgense. 

Ich    entlehne    diese    Abhandlung    einem  Excerpte    ans 
einer  Florentiner  Handschrift,   das  sich   unter  den  auf  der 
Hamburger  Stadtbibliothek  des    173^)  als  Pastor    in   Ilam- 
harg  verstorbenen  Joh.  Christoph  Wolf  verwahrten   Papie- 
ren   findet ,    und    dessen    Einsicht    ich    der    freundlichen 
Mittheilung     des     dorfigen    Bibliothekars,    Prof.    Petersen 
verdanke.      Wolt    scheint    dieses   Excerpt  von   dem  Dänen 
Rogtgaard    (■]-    I72.i)    erhalten   zu   haben,     für   den   es   ur- 
sprünglich  bestimmt  war,    laut  einer   Nachricht    zu    Ende 
«leg  Excerptes :    In   gratiam   clarissimi,   eriiditissimi   huma- 
nissimique   ac   nobilissimi    viri,    Friderici  Rostgaard  ,''ainici 
optiini,    e    cod.    Ms.   XX.XIII    Plutei   LVII    Bibliothccae 
Mediceae     Antonius    Maria    Saliiiig   ei    propter   commiiiiem 
erga  litferas  amorem   ex  propter  egregii   eins   aiiimi    dotes 
devinctissimiis     cxscribebat     Florentiae     A.     D    CIJ.     I3C. 
LXXXXVIIII.       Vorauf    stehen   diese  Worte:    lloc  Ex- 
cerptum    sine    titulo    praecedit    Hephaestionis    libellum   de 
nictris :     E    iiibliotheca    Mcdicea ;     dann    folgt    die    gleich 
mitzutheilende    Abhandlung    über    die    verscliiedeneii    Be- 
deutungen   des    Wortes    a-/ijua;    darauf    folgen    ziemlich 
selbstsländige  Excerpte  ans  den  Schollen  zum  Ilephastion, 
mit  der   Ueborschrift :    sequitur  ex  eodein   codice:     /JcfKci- 
OTIUJVUQ  TTffji  iisroiov.  Der  Cod.  XXXLII.  plut.  57  wird  bei 
Gaisford   llephaest.   praef.  p.  X   neben   mehreren    derselben 
Bibliothek    als    noch     nicht    verglichener    angeführt  ;    ein 
künftiger    Meraiisgebcr    des    Ilephastioii     würde    jene     Ex- 
cerpte  jpileiifalis    zu    berücksichtigen    haben.      Die  folgende 
Abb.   über   das   Wort   r3//y/(a   ist   Antwort  eines  Byzantini- 
schen  Philologen  auf  die  Anfrage  (dnOijio.)    seines    Kai- 
sers,   wie   im  Ev.    Marci  XV,  43.£/.i'>wv  'lü>0)](f'   ö   urco 
'u4oiua^uia; ,    iiriyjjuujv  [joukei'Ti'ji,    das  Wort  ev- 
0-/lji^(Jtli    zu    verstehen    sei.       Die    Antwort     ist    für    jene 
Zeiten  gründlich   und   gelehrt  genug,  dazu  mit  einer  Zier- 
lichkeit   abgefassf,      »eiche     den     Hofgelehrten     erkennen 
lässt.       Die    Citate    habe    ich    genauer    bezeichnet,     soviel 
sich   beim   ersten   Nachschlagen  davon   auffinden   liess: 

7'()   luv  0/ijuaioi   uvijuu,    (fikutMyvjraTe    ö.vut, 
öiuifiOQuji  Ttauu  Toig  Tug  küyi/.uq  rix^ug  ^Exiuvoiv 


ttktjTtTat  •   äkkujc:  jjlv  yuQ  rraQu.  roig  youfifiarixot^ 
ÖQÜ^szai,  xai  akkuj^  naoä  Tuiq  qiJtoqoi ,  y.al  ertoui^ 
naou   ToiQ  fiadijiiaT/y.oig.     y  (}  a  flu  r  iy.o  l    fiiv   yttg 
ovTojg    öpt'Ctad-ac  ßoi'kovra/ ,    axijfia  ksyovTsg  eivai 
keizsviv   TioaörijTU    vcp '    Iva    rövov    y.al    sv    TCvevfxa 
ddiaOTctTWi;  äyoftevuiv  iv  äiikÜTijTi  ij  övv9 eö£oi  u 
Y.al  Staioetrai  avxoi^  ei^  tgla,    vtc,  de    to    äirkovv, 
TU    oi'i>9eTOv,    xai    Tiaoaai'v-^eTuv  ').      ^iJTopoi     Si; 
ovTUii  öpiCeraf   Oxijiia  kliyovaiv  elvai  tu  fii)   xara 
(püatv  ixrptpov  ^)   tuv    vorv  ^iijdl  en'  ii'Siiag,   dkk' 
SXTptTTov  y.al  itakka^ov  rtjv  diävoiav  y.üofiov  rivot; 
Trjjrkcloet  ij   XQsia^  ivey.a  ').     y.al  akkio^  Si  avToi^ 
TovTo  üpiCfTai*),    dkk'  t}fAiv  ye  dTiüxQtj  yal   oinag 
Tipoi;  d7tööeii;tv  zou  vvvl  köyov,  nki)v  insl  oi  rotov- 
Toi  f/cj  d    xai  TEOOapcixovTa.  dia/porai    zd  zov  pi]- 
Topr/.ou    köyov    oxrjuaza,    u)v    za  fxev  öv.ztayaibey.a 
Tiji  ivvoiac,  (faalv  icvai,  zd  de  komd  zijjv   ki^eojv, 
eh]    (i.v    ö   itQoaTtodo^eii;   oQto/idi;   zov    ziji;  euvot'ut; 
axil/iaro;.     ovy.ovp  xal  ö  ziji  kt^ecuq  oiItoj^  avzoi^ 
dnodiöoTaf   oxijfid  kazt,  keyovatv  ^),  ke^eujg  e^dk- 
ka^i^   zov    ev  ei^ei ,    y.ura    ziva   itkdoiv    /.öofiov    n 
XQei'av    zcvd    rrdpexovaa    zoli    köyoii.      Ttapa   de 
TO/'i    fia^i]  fiaz  ixo  tq    O'/ij/id   eazi   TToid  z/g  zcSv 
fiaS^ij j.ia.c ly.uiv    oujfiaTtuv    dno'Trepdrüiaig-    fiadijfia- 
Ttxov    öe  *")   öuifia    keyovatv    itnat   ndv    zb    eoxj/iia- 
z/aucvov,    oiov    eazi    zd    ozpoyyvkov ,    zu  zQi'yajvov, 
zu  zerpdyojvuv,  xal  oaa  zotaiita,     ci&sv  xal  Ilkd- 
z  10  V '')   zd   S'    azotxs'a    TepicfepiJ   dnyuazi^ojv   xai 
ev  ö/acfupo/;  avza  nkazzet  zuiq  ox>'}uaar    zijv  jxep 
yup  yijv  6id  zu    eveöpuv  *)   y.al   (ießijxbo,   avzfjq   xv- 
ßueiSiJ  keyei  {edpaioi  ydp  ö  y.vßog),  zu  öe  tcvq  dtd 
TO  dvu)  (pepea&at  xai  elg  6i;l>  dnohjyeev  dito  uka- 
zeraq    ßdoeiag   TTvpafioeiSeg   zidijai,    xal    zd    koircd 
ezepu»;    axi^fiaTi^er.      oxpoyyvka    Öe    avzd    ziS^ezai 
dtüri  6  oüpavoi;  xvxku)  (fepof^evog  ireQizoQvevet  zi]v 
zovzuiv  eJiKfdveiav.     zovzo    zoivvv  zu  itap'  avzoig 
ÖQiC,6fievov    0%//^/«    xal    eiti  ')    zi)v   itoiöztjza   dva- 
(pepovoiv  ex  öia/oeoeutg  Sc'  eldog  avTijg  evotaxofievov. 
et  ydp  xax'  eveqyeiav  i)  itoiözijg  ovaa,,    (pijai'v,   xal 
iv'jze  zekeiujTixrj   e'ii]   /iijze   xaxujTtm)   xal   eTTinoki/g, 
ei   fiev   inl   dipvxuiv    ein    xal    cfavraazujv ,   keyezui 
oxijf^cti   £1  8s  kzi   Sfit\)vx<Jiv  iioQCfty   (pavzaaza   ke- 


1)  Ms.  nuQfv&iTov.  Wober  diese  Definition,  habe  ich  nicht 
finden  können.  Die  Rede  ist  von  den  ay},iiaai  nio/iiiri/j>, 
V.    Dionys.    Tlir.    Uranini.    p.  03  j ;    .Scli()li._^p.   850    Hekk. 


Be 


sj)le 


le  des 


«X>l," 


ünloüt'  u.   s.   w.    liefen  F.lym.  M.  p.  60. 


IG;  26S,  50;  3tS ,  8;  628,  35;  269,  X  Ein  Anderes 
sinil  <lie  oytiiiuxu  (>r,iiui(i>y  b.  Tlieottos.  p.  l4'>  Goeltl.;  ein 
Anderes  die 'o;^»;,««!«  (pguaeiiii; ,  worüber  der  Traclat  dci 
Ilero.lian. 

2>    IMs    ixqifoöftfroy, 

.^1  F.s  ist  dicss  eine  Definition  des  Rlictor  Tiberiiis ,  s.  Wal/,, 
niiell.  f;r.  VIII  p.  527,  cf.  VI  p.  56,S;  VII  p,  901. 

4)  Verj;!.  Wab.  Rhett,  gr.  VI  p.  81;  138;  568;  VIII  p.  426; 
4'J3  11.  a. 

5)  Derselbe  Rbctor  Tibcrius  b.  Wal«  I.  1.  p.  528,  wo  für 
iiiuXitli;  Stellt  i-aV.uyi'i. 

6)  dt  lehlt  im  Ms.     Iloriiacb  hat   es  oloy  Int. 
1)  Tim.  p.   55  D  sqq.  cf.   p.  .3i   H. 

H)  .Ms    tiiüimaxoy.     VifUcicht  ÜQuloy. 

<:))    Ms.    1/71(1. 


421 

yovTBi;  TU.  f4a9t]fiaTty.a  irdvxa  otov  rQi'ywva,  xvy.kovg 
xai  To.  XntTTu.  TÜiv  axi]f^ÜTU)v    raira   yaQ  sv  iiüvij 
trj  (favxaoia   to   dvai  t/f/ ,    vAbv%a   öl  Xi^ovq   y.ai 
^i'kovi-    TU   yug    (fuvtaoTu.   ijxoi    tu    a%i]fiaTa    iv 
äipi'xoii  yivüfiEva-   Tiuiel  avxa  tohIj^Ss  diay.siaSai 
y.axa  xao,    tujv  axijf^ÜTvjv   Öiucfopiiq,    int  ifiipiXuiv 
de  WS  eni  nävxojv    tujv  ^owjf  ■   t)    yap  //o()(fij^  nt^i 
fiövijv  &EuiQ£tTai  Ttjv  inicfäveiav.     Tu  fuip  ovv  y.v- 
(iiujq   y.ae    y.axa   dhj^eiav   Xsyöiievov    oxfJM'^,  t^oitu 
£0X1,   dijkadi)   to    na^a  fia^ijfiUTtyoii  6oiC,ofiEvov 
TO.  ya^  nuQu  TOtg  y^iUfAf^iaxr/.oii  y.ui  ^tjxoQOi  y.axa- 
XQi]Oxty.u)X£^ov  EiQi^xai  oxij/mTa  Öia  xtva  taux;  dva- 
Koyiav  Ttjv  TtQog  aüxo'   iy,  d£  öij    xovxov  yaxu  fie- 
ra(fOQuv   y.a'i    £7v'   dXXuiv    nol.küiv    yai    dia(po()vjv 
TtgayfiÜTojv  to   tov  axijftaTOi   övoiua^  (fEQBTaf  t)]v 
T£_  ydij    Qeaiv   xui    tu   oiov   ilnstv    £tdog    Tijg    om; 
oiif  ;^ci)'pac  ';  TToKEuji  axijfict-  y.oXovoiv.    'A^iotel- 
öi^q   iv    navaßiivai'xm.      „Tovto    Se    oxij/iu  xcci 
Tavxjjv  Trjv  i^EOiv  Ttji;   ;(;w'pa«  Exovaijc,^'-  '"),  y.ul  av- 
d^ig   „Mgitso    £v   y.oknuiv   rivujv   dakaTTiujv  axijf^c-Ti 
ötEckXj^fif^Evuiv*'  ")    XiyExai    öe    xavxa    navxa  oxi]- 
fiUTa    dtd   t6    iaxrjf^taTiadcu   Ttujg   xaTcc  tijv    9eolv. 
'AqiG X ox ikij  q  ÖE  y.ai  xug  ix  xiuv  ypafi/KJjv  xoiagös 
i;    TOidgÖE    Tiov    oi'kkoycoTtXüjv    ^lE^öduiv    exi^tCEtg 
xdjv  ooojv  axiJi^iUTa  xakttv  eiui&ev  eoti  oxjjua.  xai 
ij    vnuxoioig ,    dcp    ov    xo    oxi]f^i-aTiC,of.iai    dvTi    tov 
TTQogZoioiijxai   xai   vtioxqIvouu.l'    eoti   ye   fj,ijv    xai 
£7li  dt;iag  xai  Tui;Eu)g,  in  i  dl^iag  i.iev  ojg  xo  „'Akk' 
oTt   EO'j>C,ov    avv   xakui    to)    oxijua.xi'-'-,    o    eoti    ttj 
d^i'ec  ini  TatEojg,  cög  xo  „Ovx  iv  Kuqujv  ox'j/i-aTi 
xai   fioiQa   9Q£ip£iv    avxovg    vZEkdfißuvEv.''''    ov  f.trjv 
dXkd  y.ai  Tag   tujv    nokixEnuv    xaTaoTuoEig  xai  Ta 
Eiöi]  ax^'jftccxa  y.akEiv  Ei'oi^Eoav  „ngog  yo.q  tu.  Ox'j' 
jjaTa  Tuüv  nokixEtojv  oi/iai  xai  xoiig  fiiadovg   elxog 
eivai"    (fijaiv  'AQiOTEi'örjg,    y.ai   av9ig    ,;dkkd    to 
xotvov    ax'jua  Tijg  noktTSiag  itETu^ojv^'' ,    o  ioTt  to 
elSog  avio.  xai  fxtjv  xai  6  xakkuntia^og  oxijf^f-a  ke- 
yeraf    ö  avxog  iv  tio  vtieq  tojv  ö'  '^)    „oxr/jia  Tijg 
nokEujg   ijv  IlEgtxKijg'^,   ijyovv  xüojiog  Tig  i)  uigaiö- 
Ttjg.    EixoTcug    öt    avTuv    G/ijua    xaksi  Tijg  nÖKEojg- 
lüg  yd.g  to  oxii^u,  tuvtov  d'  e/tteiv  to  EiÖog  dögia- 
Tuv  ovoav    TIJV   vkijv   xa9'   avxijv    y.ai  dvEiÖEov  xai 
doxijudTiOTov    y.ai    äxakkij    Eig    xd^tv    xai   xdkkog 
xai    oxijßa   iiTEigekdov    ijyaysv,    ovxaj  Si)  y.ai  IIeqi- 
xkijg  xoig  TUJV  'A^rjvaiujv   it(jdyiiaaiv  ETtiOTag  nok- 
kijVTijv  TS  dopiOT/av    y.ai    ovyxvoiv   xai    diiogffiav 
Exovoiv   Eig   xd^iv    xai    Eiöog   xai    oxfjfJ-a   ETCiardg 
ijyayEv,   xai  öid  tovto  E/xoTujg  xai  axijiua  Tijg  tco- 
kEUjg    dv    ö    TOiOL'Tog    xakoiro .    ov    fiuvov   öe   xa9' 
iavTijv    ij    keSig    xooavxa    y.ai    ini    Trkeiuj    tovtujv 
oijiiaivEiv   (faivETai,    d   öid    to   Ttkij^og  xai  oeoiuj- 
TCijiai,    dkka    y.ai  fisxd  TTgogkijipEujg    äkkujv    x/vojv 
TUJV  xov  koyov  uuQtujv  xug  avxdg  y.ai  Exigag  dva- 
SifExai   ai]fiaaiag,    olov    itoüoxijfia    kEyExa.i   xai   ü 
xakkujrciouog,  uig  vragd  2  o  cfoxkEi  ")  „XEivog  ydg 

10)  P.   156  cd    Dinilotf,   wo  toDto  äi  to  ayrJKu. 
tt)  P.   161  e,l.  Bind.  "'' 

12)  P.  161  Dind. 

13)  Electra  v.  681. 


422 

ikSwv  eig  ro  xketvov  xijg  'EkkdSog  Trgöaxijf^u".  ki- 
yexai  xai  i)  ngöcpaotg  xai  xu  oiovsi  itgoxdkvuua.. 
Qovxvöiöijg  „TO  aüjcpgov  xov  dvdvdgov  ngöoxT)^^ 
uiaavxujg  öe  xai  Evoxi]/iog  xai  £voxi][iujv  xai  tvaxii- 
fiövujg  fjExa  xijg  xov  ev  /togtov  ngog^ijxijg,  uJoTifo 
EvQtnidsi  ")  „(/  Ö£  xai  9vijaxova'  o/nujg  Tiokkiiv 
Tigovoiav  EtXEv  Evoxijfjojg  TtEotiv",  xovx  iaxt  tijv 
TOV  ouj/iiaTog  Ttxujaiv  xonf^iiav  xivd  xai  xExayuiviw 
Xai  EVTiQEni]  yEVEodai  icpgovTiLETO  ydg  EiiaxiHiöv 
xai  nkaxujv  dvxi  xov  xorsftiov  eiuj9e  kaußdvs/v 
ojg  ini  XU  Tiokv  ,  ö&Ev  xai  AgioxEiöijg  ix  xoiav- 
Tijg  Tivog  TOV  nkd.xujvog  k£i;£ujg  ÖQ^nüf^iEvog  toiovSs 
Tivd  TikEXEi  avkkoyioiiov  ovkkoyiCfxai  ydg  ovxoj- 
niv  „Ovxovv  Toig  ys  'Adijvaiuig  tinxijiuövujg  xavTa 
iuQdxTETo .  El  öl  svaxijfidvojg  xaTa  tov  aov  koyov, 
öijkov  oxi  xai  xExayjiEVujg.  Et  öl  TETayfiivujg,  yai 
xoofxiuig'-''.  Ena  ovftnEgaivujv  iiidyEi  „xoOfxiujg  dga 
ijyov  avTOvg  oi  XEXoofiijxoxEg.'-^ 

Tooavxaxöjg  ovv  xov  oxi'jftaTog  kEyofxivov  xutu 
TO  TEkevTaiov  tovtov  oijiiiaivofiEvov  Einoi  Tig  dv 
äfjfxoSiujg  TOV  'Jojoijcp  £vapjf.iovo.  }.lyEa9ai,  tovx' 
ton  xooniuv  riva  xai  EvkußiJ  y.ai  aojcpgova  y.ul 
:igog  nuaav  ti]v  tov  ij9ovg  xa.xdoxaoiv  xakuig 
ioxijf^axiaiiEvov.  wiTisg  ydg  dv  Evxgonog  dv9guj- 
71  og  ksyexai  ö  xo  ij9og  exojv  Eig  ev  xEdgafif^ivov, 
tov  avxov  örj  xgonov  xai  Evox^Jl^oJJf  ay  gijdEi'r  xig, 
ü  xa  ij9ij  xai  xovg  xgoTiovg  iiri  xo  e'v  exujv  eoxe- 
uaTiOf^iEva  xai  otov  EiTlEtv  ElÖoTTETCoirjf^tva.  xovxo 
ÖE  y.ai  ix  xijg  d.vTixeij^ilvijg  xuj  övöiian  ki^Eujg 
yvot'ij  xtg  av  ovxujg  ix^^'  xay.(jaxii/.iov  yd.g  ei'ujda- 
iiEv  ksyetv  TOV  dxökaOTU  i}9ij  txovxa.  xai  f.iujgd. 
ulk'  oTi  fiEV  6  'lujoijcp  Evoxijl^icjv  ngoiijydgevTac, 
TÖ-xa  dv  xai  dkkog   TgoTiog  cigEdEii]  ,    n  Tig  CifkEiv 

ovx      UJXVIJOEV      TlEgi      TOVTOV.     ukk'    l'jfilV    ys    TOOaVTU 

Ei'gijoduj  TU  vvv.  d.TrogijoEiE  ö'  dv  xig  xai  dxov  x*^- 
giv  jjovov  TUJV  dkkwv  evaxij/^iova  tov  'lv)oij(f  ugog- 
EJgijxEv  ö  9Elog  ovTog  EvayyskioTijg,  xai  xaixa  xvjv 
dkkcuv  diroaxokujv  tujv  te  ix  xov  xogov  tujv  öuj- 
örxa  y.ai  xujv  komuiv  ,  öijkaöij  xujv  ißöoitijxovxa, 
mv  xai  ovxog  £ig  Eivai  evÖ^iQexo  ,  xijv  öfAoiav  /} 
y.ai  nksiova  Evyvujiioovvijv  ETTtÖEitdvxujv  UEgi  xov 
y.vgiov  ,^Ttgo  xe  xov  nudElv.  xai  fjExd-  xo  ~rd.9og  . 
toxiv  ovv  eItieiv  u'jg  iitEi  xov  'lujoijcp  nokixixov  Tiva 
rjÖEi  xai  xoig  TToktxixotg  awExujg  ivEikoi'jisvov 
Trgayuaai  (ßovkevxijg  ydg  ijv ,  (fioi),  xovxov  evexev 
uTtoöiiOTug  avTov  xujv  d.kkuji  xujv  TtEg'i  lavxa 
doxohjßtEvujv  Evoxi'jfiova  ngogijyögEvoE,  xovx'  ioxiv 
oi'x  ofioiMg  xd  ijdij  xai  xovg  Tgöiiovg  öiECfdo.gfAE- 
vov  xaT  Exeivovg  ovTa-  novijgoi  ydg  ujg  iiri  nüv 
oi  TikeiOTOi  TUJV  TOiovTujv  xu-i  dxokaOTd  Tjva.  y.ul 
ixu^ia  Td  xovxujv  i]di]  xai  oi  xgorcoi.  iv'  ovv  fiijxig 
avTov  vof.iiaEi£v  ujg  Icpijv  UEgi  tovto,  y.ai  fjovov 
di'kovoTi  TIJV  TOV  xvgiuy.ov ^  auj/Liuxog  aixijotv  xijv 
iniEixiiav  sn'iÖEtid/tEvov  xdkku  öf.ioiujg  ixeivoig 
iXovxa  TtEgi  tov  uTtavTa  ßiov,  ÜTrdyujv  avxdv  xijg 
Totavxijg  xujv  7rokixevof.uvujv  öolgijg,  xuvxijv  inoiij- 
Oaxo  xijv  Tigog9ijxijv,  /uovovoi'xi  kiyujv  tov  iniEixij, 

14)  Uecub.   V.  564.     Die    Mss.  haben    zum  Tlleil    ivaxtun'irat; , 
doch  s.  Mattbiae  /d  h.  1. 


423 

lüi/  uiToiov,  Tov  avvioxakuevov ,  zov  Tiegi  Ttdvva 
jov  Iji'ov  avToü  y.öafiiov  ziva  y.cu  auicpoona  y.ai  sü- 
raxTov  äi/acpai/ivTa,  v.al  Si^  y.ai  piiv  Ttokkijv  xtjv 
evyv<JDfioovvi]v  y.cu  xi)v  itiaiiv  tieq'i  top  dtöaoxakov 
ei:iS£i^äuevov  öis  oi  Konvoi  tüjv  ftadi/Tiuv  dcpsvTSi 
ai'TÖv  af.Ao^  äXkoae  cpvyadsg  eyspovro'  xavxa 
yao  rrdvxa  y.ai  xd  xotavxa  xi)g  ke^eiuq  eaxtv  dxovetv 
jqÖtiov  xtvd   aivixxousvtji. 

Ta  fiev  olv  naqd  xtji  tjfxexegaq  TtruiVixfj^  Sia- 
poia;  TtQOi  xijp  xov  dnootjU^epxoq  aoi  kvaip,  dsui- 
xaxe  dpa^,  xooavxa-  ovSe  ydg  rjv  eixoq  ovSh 
xpoi  x^s  i']^£x£Qa(;  evyptofxoavpijst  '}*'  Ttsgi  xijp 
0}]P  evuepeiap  ucpsikouep ,  dxtj/Aekciji;  SiaxsdiJ- 
pa(  Tteoi  xi)p  ")  xoiavxijp  ötLrayijp,  ei  xai  fj.ij 
Tiooi  ijf^di  dpTCx^v^  xd  xotavxa  '*)  jtQoqxixa- 
y.xai.  oov  d'  ap  £ii]  xai  xiji  aiji  (pikapdQuiitov 
ipoxiji  Eoyop  s'i  xi  firj  TiQoi  etto^  xd  Toiauza  ke- 
LE/.xai,  ovyypdjpai  i)ij.ip  xai  fti)  finkköp  ye  oijustop 
rr^ortexsiaq  xipoi  xai  av9aÖ£iai;  x6  Tiaoop  t'jyijaad- 
d-ai  xokuijua  ^  x^x^jitjotop  svpoiai;  xaS^aoäi;  xai 
dxaTCTjkevxov ,  Trapxa  Jtoietp  ouod-ai  exscp  TtoSov- 
a/jp  xd  Tiapd  oov  y.eksvöuepa,  dp  y.ai  vitSQ  övpa- 
fjiip  avx)Ji  öpxa  xvyj^apet. 

Kiel.  Preller. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

SoDclersliausen,  im  März  1839.  Dem  neuesten  Jaliresberichle 
über  die  Schulen  der  Stadl  Sondcisliauscn ,  /.ur  Ankündigung 
der  Prüfung  ries  Lj'cciims,  den  18.  Mar/.  1339,  lial  der  Direc- 
tor  desselben.  Fr  Gerber,  eine  Abhandlung  über  die  Ode 
des  Horaz  1.  28.  vorausgeschickt.  .Aus  den  Schulnachrichten 
theilen  wir  Folgendes  als  das  Wesentlichste  mit.  Im  All;;emei- 
nen  erfreuen  sich  summtliche.  in  jener  Stadt  blühende  Schul- 
anstalten eines  gedeihlichen  Fortgangs.  Eine  belobende  Aner- 
kennung verdient  hierbei  der  rühmliche  Eifer  der  Oberschul- 
behörden, welche  die  Lehrer  in  ihrem  Wirken  auPs  kraftigste 
unterstützen,  am  meisten  aber  das  in  der  That  seltene  Beispiel 
des  Fürsten  von  S<;h«ar7.  b  urg-So  nder  sUauscn  ,  der  den 
Schulen  ,nicht  bloss  überliaupt  fortwährend  seine  .Aufmerksam- 
keit schenkt,  sondern  auch  in  der  Regel  den  Prüfungen  aller 
Klassen  in  eigener  Person  beiwohnt,  um  sich  selbst  von  dem 
Stande  der  Schulen  zu  überzeugen  und  von  Allem  Kennlniss 
7U  nehmen,  was  an  demselben  noch  mangelhaft  ist  und  einer 
Abhülfe  bedarf.  Für  Vermehrung  des  Scliulfonds,  sowie  dei 
Mittel  zur  Vervollständigung  des  Lehrapparats  zeigt  er  eine 
wahrhaft  rürstliche  Freigebigkeit.  Unter  einem  so  wohlthatigen 
Einllusse  heben  sich  denn  «lie  Schulen  dieser  Stadt  immer  mehr. 
Das  Lyceum  nebst  der  dazu  ßchörl.;en  Realschule  zählt 
jetzt  83  Schüler,  also  6  mehr,  :ils  im  vorigen  Jahre.  Es  be- 
.stehl .  mit  der  Realschule,  aus  6  Klassen.  Die  ordentlichen 
Lehrer  desselben  sind:  1)  der  Director  Fr.  Gerber;  2)  der 
Director  Fr.  Hölzer ,  als  Director  der  Realschule;  3)  der  Ober- 
lehrer Zeilfuchs;  4)  der  Oberlehrer  Dr.  Kieser;  5)  .ler  Col- 
laborator  Gobel;  6)  der  Dr.  Zange,  als  Lehier  der  fr.inz. 
Sprache;  7)  der  Hülfslehrer  Lutze.  Ausserdem  wirken  noch 
5   ausserordentliche   Lehrer   an   dieser   Anstalt,     unter    welchen 


15)  Ms      TT)'     CKuriJf 

16)  Ms      T«    IKl'td. 


424 

sich  auch  der  in  der  gelehrten  Well  rühmlich  bekannte  Herr 
v.  Bluiuroder,  als  Lehrer  der  Mathematik  in  Prima,  befindet. 
Da  die  Realschule  immer  mehr  an  Umfang  gewinnt,  so  soll 
eine  zweite  Klasse  für  dieselbe  errichtet  und  ein  neuer,  ordent- 
licher Lehrer  angestellt  werden.  Um  den  nölhigen  Raum  nicht 
bloss  Tür  diese  neue  Klasse,  sondern  auch  für  die  Quinta  des 
Lyceums,  sowie  überhaupt  Tür  die  zum  Theil  überfüllten  Bür- 
gerschulen zu  gewinnen,  ist  von  der  Oberschulbchürde  der  An- 
bau eines  neuen  Flügels  an  das  alte  Scliulgebäude  für  diesen 
Sommer  anbefohlen  worden.  Auch  eine  neue  Lehranstalt  ist  im 
Laufe  des  vergangenen  Schuljahrs  in's  Leben  getreten  ,  —  eine 
Sonnt  agsgewerbsch  ule,  die  den  Zweck  hat,  den  Lehrlin- 
gen und  Gesellen  der  verschiedenen  Handwerke,  sowie  insbe- 
sondere den  Bauhandwerkern  Unterricht  in  der  Arithmetik  und 
Geometrie,  im  freien  Hand-  und  Bauzeichnen  und  in  schrift- 
lichen Aufsätzen  zu  ertheilen.  Ueberall  zeigt  sich  also  hier  ein 
reges  Leben  und  Wirken  für  Förderung  des  Unterrichtswesens, 
mit  welchem  besonders  eine  löbliche  Rücksichtsnahme  der  Leh- 
rer aut  den  Gesundheitszustand  der  Zöglinge  verbunden  ist. 
Denn  sie  überladen  die  Schüler  nicht  mit  Lehrstiinden,  so  dass 
denselben  noch  Zeit  genug  zu  Privatstudien  und  Bewegungen 
in  der  freien  Luft  übrig  bleibt.  Für  diesen  letzteren  Zweck  sind 
auch  regelmässige  Turnübungen  angeordnet,  welche  im  Som- 
mer mit  botanischen  Sp  aziergii  n  ge  n  absveehseln. 

Bonn,  27.  April.  Der  Lectionskatalog  für  die  Sommcr- 
vorlesnngen  enthält  von  Professor  Delbrück  ausser  einer  Ab- 
handlung über  die  Rolle,  welche  Aristophanes  im  platonischen 
Symposium  spielt,  die  interessante  Nachricht,  dass  die  im  49. 
Bande  der  Göthe'schen  Werke  beflndlichen :  Wiederholte 
Spiegelungen  auf  keinen  Andern,  als  Professor  Näke  gehen, 
der  wahrend  einer  Ferienreise  1822  Sesenheim  besucht,  dort 
über  die  von  GölKe  erwähnten  Localitäten  und  Personen  Er- 
kundigung eingezogen  und  aus  seinem  Tagebuche  eine  niedliche 
Abhandlung  verfasst  habe,  die  später  einmal  dem  Dichter  zu 
Gesicht  gekommen;  ferner  zwei  von  ihm  übersetzte  Epigramme. 
Wir  bemerken  ausdrücklich,  dass  jenes  Programm  von  Professor 
Delbrück  herrührt,  weil  die  Blätter  für  literarische  Unterhaltung 
es  irrigerweise  A.  W.  v.  Schlegel  zugeschrieben  haben.  Letz- 
terer hat  aber  bei  Gelegenheit  einer  Promotion  in  der  philolo- 
gischen Facultät,  deren  Dekan  er  gegenwärtig  ist,  eine  anspre- 
chende Schilderung  des  Verstorbenen  gegeben.  Philologische 
Promotionen  waren  am  Ende  des  verflossenen  Semesters  zwei, 
eine  von  Philipp  Humpert,  der  eine  Dissertation  de  cis'itale 
Homerica  (46  S.)  geschrieben,  die  andere  von  Heinrich  Schol- 
len mit  einer  Abhandlung  Tkucydidis  de  repuhlica  sententiae 
romparalione  Poliücorum  Aristotelis  illustratae  (42  S.).  Nach 
Helnricb  und  Nake  hat  die  Universität  einen  neuen  Verlost 
durch  den  vor  einigen  Tagen  erfolgten  Tod  des  Prof.  Win- 
dischmann  erlillen,  der  noch  kurze  Zeit  vorher  einen  seiner 
Söhne,  welcher  früher  hier  docirt  hatte  und  zuletzl  Prof.  der 
Anatomie  in  Löwen  war.  verloren  hatte.  Aus  der  juristischen 
Facultät  ist  Arndts,  der  einen  Ruf  nach  München  angenom- 
men, nachdem  er  kurz  vorlier  einen  nach  Breslau  erhalten, 
ausgeschieden,  aus  der  evangelisch -theologischen  ist  Rhein- 
wald  entlassen,  un<I  Redepen ning  wird  einem  Rufe  nach 
Göltingen  folgen.  Professor  Rilschl,  der  an  Nake's  Stelle  ge- 
kommen, ist  angelangt.  Von  Welcker  ist  erschienen:  Die 
griechischen  Tragödien  mit  Rücksicht  auf  den  epischen  Cyclus 
geordnet.  EVste  Abiheilung.  Bonn  (als  Suppleuu'ntband  zur» 
rheinischen  Museum  für  Philologie)   1839- 

Rom.  Am  22.  März  starb  dahier,  82  Jahre  alt,  Munsignor 
Bellenghi,  Erzbischof  von  Nikosia,  einer  der  gelehrtesten 
Naiur-  und  Allerthumsforschcr.  Er  war  Präsident  des  philoso- 
phischen Collcgiuins  der  römischen  Universität  und  Mitglied  . 
der  Akademieen. 

Sagan.  Am  13.  März  starb  der  Professor  Scholz.  Pro- 
rector  des  hiesigen  Gymnasiums  ,  47  J.  alt. 


Zeitschrift 

für    die 

Altertliumswisseiischaft. 


Sonntag,  b-  Mai 


1839. 


Nr.  54. 


i)  Die  Verfassung  des  König»  Servins  Tullius  als  Grund- 
lage zu  einer  rümischen  Vcrfassungsgeschich(e,  ent- 
wickelt von  P.  E.  Huschke,  der  Phil.  u.  d.  Rechte 
Dr.  u.  d.  letz.  Prof.  an  der  Univ.  in  Breslau.  Hei- 
delberg Mohr  1838-     XIX  und  734  S.  gr.  8- 

2)  Die  Verfassung  des  Servius  Tullius  in  ihrer  Ent- 
wickelung.  Dargestellt  von  F.  D.  Gerlach,  Dr.  d. 
Phil. ,  Prof.  d.  alt.  Lit.  an  d.  Univ.  zu  Basel.  Basel 
Schweighauser    1837.     43  S.  4. 

3)  Disquisitio  de  Romanorum  Comitiis  autore  P.  van 
der  Velden  ,  Mag.  Dr.,  in  regin.  naval.  milit.  schola 
praecept.  Pars.  1.  de  Com.  Curiatis.  Medemelaci 
Vermonde  1835.     VII  und  93  S.   gr.  8- 

Erster   Artikel. 

Nachdem    sich    Hr.    Huschke    in    der   Vorrede    gegen 
den  Vorwurf  der  allzngrossen  Ausführlichkeit  damit  ver- 
theidigt  hat ,    dass   es  sich    um  die   Verfassung  des  ersten 
Volkes    der  Erde    handele    und    dass    die  Verfassung   des 
Servius    Tullius    ein     bewunderungswürdiges    Gebilde    der 
politischen  AVcisheit  sei ,  wendet  er  sich   zu   zwei  Haupt- 
punkten seiner  Methode,  nämlich  1)  die  Quellenbenutzung, 
2)  die  philosophische    oder    richtiger  physiologische  .4uf- 
fassung  der  alten  Institute   betreffend.      In   Beziehung   auf 
das   Erste    erklärt  Hr.   H.  ,    dass    er    sich    in  seinen  For- 
schungen genau   an  die   Quellen   gehalten  habe,    und   dass 
er  im  Dogmatismus    so   weit  gehe  ,    Romulus    und   Tatius 
als  histor.   Personen  anzuerkennen ,    die  Zeitrechnung  für 
wahr    zu    halten    u.  s.    w.      Die  skeptischen    Grundsätze 
seien  ,  sagt  H. ,    viel  zu   wohlfeilen  Kaufs   entstanden   und 
verdankten    ihr    Ansehen    nur    der    allgemeinen    Richtung 
der  Zeit  und   dergl.  —  Doch  wie   wäre  möglich,  dass  die 
Bezweiflung    der    altrümischeu  Ueberlieferungen    aus  dem 
Geist  unserer  Zeit  zu  erklären  seien  —   haben  doch  auch 
schon  in  andern  Perioden   grosse  Männer    an  jener  Rich- 
.  tigkeit  gezweifelt,    und    wenn    Niebuhr    als    Repräsentant 
dieser    Tendenz    gelten    soll,    so    dürfen    wir    behaupten, 
dass  er    in   jedem    andern    Zeitalter    dieselben    Prüfungen 
angestellt  haben  würde.    Von  dem  umwälzenden  Zeitgeist 
Hess  er  sich  keineswegs  fortre-ssen,   er  war  vielmehr  des- 
sen Feind   und  folgte  nur    mit  tiefer  Trauer  und  aufrich- 
tiger Wehmuth  dessen  Fortschritten.    Ebenso  wenig  dürfte 
es    recht     sein ,     diese    historischprüfenden    Bestrebungen 


mit  einer  Tendenz  in  den  theolog.  Wissenschaften  zusam- 
menzustellen, wie  Hr.  H.  thut.  Jeder  denkende  Alter- 
thums-  oder  Geschichtsforscher  wird  vor  Allem  die  Echt- 
heit der  Quellen  und  die  Wahrheit  des  Ueberlieferten 
prüfen;  vorzüglich  aber  nach  einem  so  erhabenen  Bei- 
spiele, als  N.  gegeben  hat;  ja,  es  würde  ein  wahrer  Rück- 
schritt sein,  wenn  man  alle  Resultate  dieser  tiefen  Stu- 
dien mit  einemmal  aufgeben  und  so  weit  zurückgehen 
wollte,  als  es  Hr.  H.  wünscht.  Auf  der  andern  Seite 
wollen  wir  auch  keineswegs  alle  skeptische  Forschungen 
N.'s  billigen  und  nie  möchten  wir  den  historischen  Bo- 
den der  Sage  verkennen,  obgleich  es  leichter  ist,  das 
Vorhandene  zu  zerstören,  als  wahrscheinliche  Vermu- 
thungen  aus  den  Ueberlieferungen  zusammenzusetzen. 
So  wird  die  Existenz  des  Romulus  ein  stets  bestrittener 
Gegenstand  bleiben  und  die  Ansicht,  nach  welcher  er 
die  Personification  und  abstracte  Bezeichnung  der  ältesten 
Zeit  und  der  ersten  Einrichtungen  ist,  würde  ebenso 
schwer  zu  widerlegen,  als  zu  beweisen  sein.  Mit  einem 
AVorte,  wir  haben  dort  noch  keinen  bist.  Boden,  keine 
hist.  Zeit  und  können  daher  nur  mit  der  grössten  Vor- 
sicht über  Staatseinrichtungen,  Gesetze  etc.  urtheilen, 
keineswegs  aber  sichere  Unterscheidungen  zwischen  Ro- 
mulus und  Tatius,  Romulus  und  INuma  oder  zwischen 
deren  Anordnungen  aufstellen.  Zwar  behauptet  Hr.  H., 
die  histor.  Epoche  beginne  mit  der  Gründung  der  Staa- 
ten und  da  sei  zuerst  bewusste  geschichtliche  Erinnerung 
an  die  Stelle  mythischer  Dichtung  getreten.  Dass  dem 
aber  nicht  so  sei ,  beweist  die  in  fabelhaftes  Dunkel  ge- 
hüllte Geschichte  der  Entstehung  aller  Staaten  des  Al- 
terthums,  und  hätte  man  damals  schon  an  die  Aufzeich- 
nung merkwürdiger  Begebenheiten  gedacht  —  was  ohne- 
hin dem  Kindesalter  eines  jeden  Volks  fern  hegt,  —  so 
würden  wir  unzählige  schöne  DIchtnngeu  entbehren  , 
welche  nur  durch  lange  Ueberlleferuiig  und  allmähliches 
Hinzusetzen  im  Munde  des  Volks  entstanden.  Die  schöne 
poetische  Erzählung  von  der  Geburt  und  den  mannlch- 
fachen  Schicksalen  des  Romulus  würde  dann  ganz  nüch- 
tern klingen  und  die  mystischen  Berichte  von  dem  den 
Göttern  nahe  stehenden  Auma  würden  ganz  anders  lauten! 
AVenn  aber  Hr.  H. ,  um  seinen  Glauben  auch  Andern 
mitzutheilen,  behauptet,  dass  sich  aus  der  Königsperiode 
Dokumente  erhalten  hätten,  und  desshalb  auf  die  bekann- 
ten AVorte  des  Liv.  (VI,  1.)  pleraeque  inieriere  verweist, 
so  hätte  er  billig  einen  Unterschied  machen  sollen  zwi- 
schen den    fünf    ersten    und    den   beiden  letzten  Königen. 


42: 


428 


Die  ersten  vier  oder    fünf    {irliorpn    der   mit  Mvthen  ver- 
mischten   und     dnrrh    dieselben     unkenntlich     gemachten 
Geschichte  an,   in   »elclier   keine  sichere  Anfzeichnnngen 
vorkommen  ,    denn    «enn    auch    ein    paarmal    iler;jleiclipn 
erwähnt   »verden,    so   liaben   wir   keine  Beweise   für  deren 
spatere  Erhaltuu«;.       AVo    sind   denn   die  focdera  oder  die 
Iieil.   Scliriften,    die,    wenn   sie  jemals    vorhanden   waren, 
nur  Formnlare   gewesen   sein  mögen,   hingekommen?   Wel- 
cher ScIiriftstcUer  bezeugt,  das  Original  oder  unverfälschte 
Abscliriften  gesehen  und   benutzt  zu   haben?   Wie  verstän- 
dig und   behutiiani    drückt    sich   nicht  Tac.   Ann.   III,  2(i. 
über   die    A'erordnungen   der   einzelnen   Könige   aus,    unter 
denen   er   einen   scharfen  Gegensatz    zwischen   Servius  Tul- 
lius     und    seinen    Torgängern    annimmt.       Dieser    ist    eine 
«ahrliaft   histor.    Person    und    von   ihm   mögen   sich    glaub- 
hafte   Uiikumente     erhalten    haben.    —    AVenn    sich    aber 
Hr.   H.    im   Allgemeinen    auf  die  leges  regiae   im   ins   Pa- 
jiirian.   beruft,  so   ist  dieses  Gesetzbuch  keineswegs  ausser 
Zweifel     gesetzt,    denn    wenn    es    die    alten    Schriftsteller 
wirklich    gesehen     und     benutzt    hätten,     so     würden    die 
iVachrirliten  darüber  nicht  so   abweichend  und  zweideutig 
sein.      Aus    dieser   Divergenz    gelit    klar    hervor,    dass   in 
der  Augusteischen  Zeit  jene  Sammlung,   wenn  sie   früher 
wirklich   existirte,    nicht  mehr  vorhanden   war,   oder  dass 
vir  sie    nur    als    ein    späteres   Machwerk  ansehen  dürfen. 
A  ergl.    H.   E.   Dirksen's    Versuche    p.    231  sqq.    und    die 
Recension  des  Hamburg.  Programms :   de  originibus   histo- 
rias  Rom.   etc.    scrips.    C.   Petersen    in    dieser    Zeitschrift 
l'<55,   >'r.   91.   'y>.     Der  Annahme,    dass    sich  alte   echte 
L'rkundcn   erhalten   hätten  ,    stehen    auch    andere   Schwie- 
rigkeiten  entgegen,   namentlich   die  Betrachtung  des  alten 
IMaterials.      Das  3Ietall    war  zwar  dauerhaft,    aber  kost- 
bar   und     schwer     zu     bearbeiten,     das    Holz     war     sehr 
vergänglich   und   ging   im   Gall.   Brand   zu   Grunde.     AVenn 
aber  auch  ."Manches    nach  dieser  Katastrophe   wieder  auf- 
gezeichnet  worden   ist,  so   muss  man   doch  die  Glaubwür- 
digkeit   der   Priester    und    Patricier    sehr    in   Zweifel   zie- 
hen ,    w  eil   diese    bei   der  Restitution   alter   Urkunden  ihren 
Aortheil    und    die    Prärogativen     ihres    Standes,     weniger 
allgemeine   Aufbewahrung    vaterländischer  Denkmäler    vor 
Augen    hatten.      Hätten    aber   auch  diese   im  Ganzen  recht- 
lich   und   gewissenhaft   gehandelt,   so    ist   doch   das   Beneh- 
men   der    röni.    Historiker    nicht    ohne   Tadel,    denn    dass 
diese  die  alten   Ueberreste  leichtfertig  benutzten  und  nicht 
IjIoss  vieles   Falsche   wieder  erzählten,    sondern    die  Zahl 
der   Fehler   nocli    vermehrten,    ist    längst    bckaimt.      Auch 
war   man    in  sp.'ilerer   Z<-\1   geneigt,   dein,    w.as  als  alte    und 
ehrwür.lige    Ueberliefernng    überhaupt   bekannt  war,   einen 
bestimmten    Platz  anzuweisen  und   es  theils   in   die    Königs- 
periode   im    Allgeniciiien    zu    versetzen,     theils    einzelnen 
Königen    beizulegen,     was    Juristen,     Gcsctzausleger    und 
Geschichtsschreiber    ebenso     gern    thaten ,     als    die    Tra- 
dition. 

Ein  zweiter  wichtiger  Gegenstand  ist  die  pinjsiol. 
Aujfassung  Hrn.  Il's.  Kr  erkennt  in  allen  Dingen  in- 
nere .\othwendigkeit  und  einen  tiefen  rationellen  Zusam- 
meiihang,  nicht  bloss  im  Leben  des  einzelnen  .Alensclien, 
sondern  im  ganzen  Dasein  überhaupt  und  in  allen  Völ- 
kern. Die  A'ölker  wie  die  .^Ieiis(  hen  sollen  denselben 
Eutwickclangsgesetzeu  genau  entsprechen,  indem  das  A'olk 


als  Gcsammtmensch  befrachtet  wird.      Der  Mensch ,   sagt 
Hr.   H.,  sei   nur  frei  mit  seiner    moralischen  That;    seine 
Gebnrt,seMi  Geschlecht,  Alter  etc.  hänge  von  festen  Gesetzen 
ab,  ebenso  seien  die  A'ölker  an   ahnliche   Gesetze  gebun- 
den   und    ihre  politische   Einrichtung  sei  Nichts,    als  der 
Ausdruck  des-  natürlichen  Organismus,   und  so  unterliegen 
diese    der    innern    ratio  auf  gleiche   WeiSe ,    wie  der  eia- 
zelne   Mensch   den  physiol.   Gesetzen.       In   dieser  physiol. 
Staatenauffassung    (natürlich     nur    von    Rom)     betrachtet 
Hr.   H.   die  7  Berge   Roms    oder    die    21    und    25   Tribus 
als  Gliedniassen    des    menschlichen   Leibes;   ja,  Rom  soll 
mit    einem    kleineren    Septimontiuin    (Palatiuin,     A''clia, 
Snbura,   Germalus,   Oppins ,  Cuelius   und  Cispius)   begon- 
nen  haben  ,    sowie    der  Mensch    mit    seiner    Geburt    sein 
einfaches   Leben  nur  in  7   Organen  ausdrückt  (die  beiden 
Augen,  Ohren,   Nase   und  Mund,   der  letztere   entspreche 
der  Snbura,  die  Nase   den   beiden  einzigen  Höhen!!);   im 
A'^erlauf    der    Königszeit    habe    sich    das    polit.   Leben   im 
fortschreitenden    AVachsthum    in    7  grössere  Organe    ent- 
wickelt (Palatlnus,   Tarpeius ,   Cociius ,   Aventinus,   Qniri- 
nalis,   Exquilinus  und   A'immalis  ,    entsprechend    den  leib- 
lichen Organen  der  Hände ,   Lenden,  Füsse   und  der  Zea- 
gungstheile).      Beide  Siebenheiten   werden  wieder  als  eine 
zusammenwirkende  sich    durchdringende   Einheit  betrach- 
tet,   ebenso    in    den    Organen    des    Hauptes    und   Leibes, 
worüber  p.    lOQ  sq.   zu   lesen   ist:   „das  Entsprechende  der 
drei    leiblichen    und    drei    geistigen   Organe    ist    nicht  zn 
verkennen   —  schon   in  der  äusseren  Bildung,    indem    die 
Augen  und   Hände  vor»värts ,    die   Ohren   und   Lenden  ab- 
wärts, die   narcs  und  Fnsse   wieder  vorwärts   gekehrt  und 
auch  viel  enger  zusammengeruckt  sind  ;   ebenso   und   noch 
mehr  aber  im   innern   AVesen,    indem    Augen'   und    Hände 
das  geistig  activste ,    umfassende,    sondernde    und    ergrei- 
fende Princip  sind,   Ohren  und  Lenden  (Hören  unil  Sitzen) 
nur  auf  passive   AVeise ,   im  Üebrigen  aber  auch    noch   un- 
mittelbar  (dein   Geiste    —    Leibe)   aneignen,   endlich   Nase 
und   Füsse   zwar   wieder  activ,   aber  in   die  .ictivität  selbst 
aufgehend    ihr    unterworfen     sind     und    dem   Geiste    oder 
Leibe    nur    noch    mittelbar    zugehören;    so    dass  sich  die 
drei    Svsteme    überhaupt    wieder    verhalten,     wie    Geist, 
Seele   und   Leib.      Das  Schmecken    und  Fühlen   —   haben 
keine    selbstständige     Organe,    soudern    gehen    als    unter- 
geordnete  Functionen  in   Organen  auf,    die   hauptsächlich 
eine  andere   Function  verrichten.      Mund-   und  Zeugungs- 
organe  haben   aber  das   Eigenthümliche ,  dass  sie  als  Or- 
gane  wieder  das   ganze    generische   Dasein   in  sich  fassen, 
wie  su()staiitial   Geist  und   Leib  selbst,    jene    vom   Geiste, 
diese   vom   Leibe    aus"    etc.    (Natur,    Sprache    und  Recht 
sollen    diesen  Zusammenhang    noch   näher  zeigen,    vcrgl. 
testes,    testiculi ,    Zeugen   im  doppelten  Sinne   etc.?!).  — 
Die    21    tribus    (17    rusticae,    4    urbanae)    werden    auch 
durch  das  Ebenbild  des  Menschen   bewiesen  p.  H.'i3 ;  denn 
der    Aleiisch,     welcher    die    Unmündigkeitsperiodo    über- 
schritten  habe,   womit  der   Uebcrgang  des  innern  Lebens 
in  die   instrumentale  Extremität  der  Füsse  verbunden  sei, 
habe    17   gedoppelte  Glieder    für    das  Gehen  selbst  und  4 
Theile    des    übrigen    innerlichen    Menschen.      Die   ITzahl 
wird   durch  Schenkel,   Bein,   Palme   und   Zehen  herausge- 
braiht,     die    andern    4    durch    Kopf,     Rumpf    und     beide 
Arme,   wo  sogar  die  Finger  in  iJ  llauptthcile  zerlegt  und 


«9 


430 


<!en  Volksciutheilungen  parallclisirt  werden.  Wir  wollen 
dieses  ilem  Leser  ersparen  und  noch  auf  einige  andere 
Entdeckungen  dieser  Art  kurz  hiniieisen,  namentlich  die 
Geschlechtsverschiedenlieit  und  die  Lebensalter  des  Volks. 
Rom  nach  seinem  eigenen  Princip  soll  eine  niännliche 
Stadt  sein,  als  lateinisch  aber  eine  «eiblirlie  und  in  die- 
ser doppelten  Rücksicht  wird  auch  eine  doppelte  Puber- 
tät angenommen^  denn  als  weibliclie  Stadt  sei  sie  schon 
unter  {jervius  Tullins  mannbar,  als  männliche  nur  puber- 
(ati  prox.  bis  auf  die  ersten  Coss.,  «o  die  wahre  Puber- 
tät auch  für  diese  beginne.  —  Dem  Verhaltniss  zwischen 
Patriciern  und  Plebeiern  w,ird  das  Verhaltniss  zwischen 
Hand  und  Fuss  oder  10  «u  1  gleichgesetzt  etc.  Die 
Classen  des  Sercius  Tullius  werden  auf  die  Götter  ,  Mo- 
nate und  Thierc  übergetragen ,  ja,  es  wird,  um  das  Letz- 
tere möglich  zu  machen  ,  die  lorsündtluthliche  Piaturge- 
schichte  mit  einem  neuen  Thiere  bereichert,  bovigus 
genannt,  wofür  die  Naturforscher  selbst  sich  bedanken 
mögen.  Als  biolug.  Grundsatz  wird  p.  175  aufgestellt, 
dass  das  pneumatische  Leben  sich  in  der  Dreilieit,  das 
psychische  in  der  Zweiheif,  das  somatische  nur  in  der 
Einheit  entfalte  und  damit  im  Familienleben  paterfamilias, 
niater  und  filius  fii.  ,  in  einer  weiteren  Sphäre  aber  der 
Mensch,  das  Thier   und   die   Pflanze  parallclisirt. 

AVir    wollen    nicht  langnen,    dass  diese   lebendige   und 
poetiscliphilosophische    Auffassung    der    ganzen    Schöpfung 
(Staatenphjsiologie)  an  vielen   Stellen  sehr  interessant  sei, 
dass    sie    viele    geistvolle,    originelle    un<l    wahrhaft   über- 
raschende   Ideen    enthalte,    so    dass    sie    recht    gut    ange- 
wandt  werden   kann,   um  die  von  trockenen  Untersuchun- 
gen  ermüdeten    Leser    zu    erfreuen   und   gleichsam   zu   er- 
starken, das  Folgende  mit  neuem  Eifer  zu  beginnen,  z.  E. 
wenn    die  Lebensalter    des    Menschen    auf   die    Entwickc- 
lungsgeschicLte   ganzer  Völker  angewendet  werden  —  nnd 
in   einem  solchen   Sinne   hatten   auch  die  Alten  eine  Staa- 
tenphysiologie, man   vergl.   die  Beispiele  dieser  poetischen 
und   rhetorischen   Gleichnisse    in  des  trefflichen  P.  Faber 
Semestr.  I,    c.  ').   — ;    aber    nimmermehr    ist  zuzugeben, 
dass    diese    Blethodc    in     ihrer    Consequenz     und    Schärfe 
allenthalben   angewandt  werden  dürfe,   oder  dass  überhaupt 
das  Princip    ein    richtiges  sei,    und    obgleich   wir   wissen, 
dass   wir  Hrn.   H.  nie   bekehren   werden,    so  möge  es  uns 
doch  vergönnt  sein,    im  Namen   Vieler  über  diese   in   der 
Consequenz  als  eine  trostlose  und  verderltliclie  zu  bezeich- 
nende Richtung  offen   uns  auszusprechen.    Es   haben  zwar 
schon    mehrere    Gelehrte,    namentlich    solche,    die   unter 
dem  Einfluss  einzelner  Systeme  standen,    die  Philosophie 
auf  Philologie  ,   Geschichte  und  Rechtswissenschaft  über- 
getragen, doch  ohne   dass  ihre  Bestrebungen  weitere  Fol- 
gen  gehabt    hätten  ,    denn    die    erzielten   Resultate   waren 
entweder   von   der   Art,   dass   man   sie   auch    ohne    Philoso- 
phie  gefunden  hätte,   oder  so   beschaffen,   dass  man  ihnen 
keinen   Glauben  schenken  konnte.      Darum  blieb  die  Wis- 
senschaft  ungefährtlet.       Es    entsteht    aber    neue   Gefahr, 
wenn  ein   Mann,   wie  Hr.  IL,  diese   Tendenz  durch  Rede 
und  Beispiel  offen   gut  heisst,   indem   es   verführerisch  ist, 
diesen   AVeg   von   einem   Manne   betreten   zu   sehen,   der   in 
jeder  Rücksicht  ausgezeiclinet  und  verdienstvoll  ist,   dessen 
Scharfsinn   und  Gelelirsamkeit  keines  durch  physiologische 
Forschungen    zu    erringenden    Lorbeers    bedarf-       Darum 


miissen  wir  im  Interesse  der  Wissenschaft  wünschen,  dasf 
unser    Gebiet    nicht    in    solcher    AVeise   angebaut    werde 
zumal    da    die    neuen    durch  die  Physiologie  gewonnenen 
Ergebnisse    keineswegs    zu    billigen    sind,    und    es    sollte 
uns    wahrhaft    leid    thun,    wenn   Hr.   H.    die    Fortsetzung 
iler    Zimniern'schen    Rechtsgeschirhte  ,    die    wir    sehnlich 
von   ihm  erwarten,  in   gleichem  Geiste  ausarbeiten  wollte. 
Dergleichen  Sperulationeu,  welche  den  philosophischen 
und    höheren    Naturwissenschaften    angehören,    dürfen   in 
diesem    Umfang    nie     in    die     AVissenschaffen     übertragen 
werden,    deren   AVesen    nicht   in  absoluter  Construction  a 
priori   besteht,  sondern   in   der  Auffassung  und  Erklärung 
von  Erscheinungen,    welche    von    geistig    freien   aber  von 
vielen  Dingen    und    Zufällen    der  Ausaenwelt    abhängigen 
Einzelwesen    und   Gesamnitheiten    hervorgebracht    worden 
sind.      Niemals    kann    ein  Staat  wie  ein   einzelnes  AVesen 
betrachtet  oder  bestimmten   Gesetzen  des  Organismus  un- 
terworfen werden,  denn   er  ist  weder  ein  mathematiicher, 
noch  ein  Natu?-I<:ürper ,    welche   Gesetze   kennen,    sundern 
eine  politische   Gestaltung,     welche   zwar  hin   und  wieder 
auf  interessante   Weise   neben   Naturwesen   gestellt   werden 
liann,  ohne  dass  man  dadurch  etwas  Anderes  erreicht,  als 
einen   A'ergleich.       Hr.   IL    führt    aber    den   A'ergleich    so 
genau    durch,    dass    er    sogar    von    dem  Bilde    rückwärts 
schliesst  auf  das,    wofür    er  einen   Vergleich  suchte.      So 
erhalten  die  alten  Institute  nicht  selten  nach  dem  Glcichniss 
eine    andere    Form,    indem    Erscheinungen,    die    in    dem 
Bilde,  aber  niiht  im  Alterthum  vorhanden  sind,  desswegen, 
weil  sie  das  Bild   hat,  auch   dort  aufgesucht  und  willkür- 
lich   constituirt    werden.      Wie    willkürlich    z.  E.    ist  die 
Annahme  der  Geschlechtsverschiedenlieit  und  der  doppel- 
ten   Pubertät,    wie    gewagt     die    Entdeckung    des    neuen 
Tliicrs,  ja  sogar  wie   unrichtig  ist  Manches,    auch    wenn 
wir  die  Richtigkeit  des  Princips  an  sich  zugeben  wollten. 
Beweise   für  diese   unsere  Behauptung  liefert  die  A'erglei- 
cliuiig  der  Patricier  und   Plebeier   mit   U)   zu    1  ,  mit  den 
Händen   zu   den   Füssen   (die  Hand   sei   das   psych.   System, 
worauf  das  Handeln,    der  Fuss   das  somat.   System,    wor- 
auf das  -Gehen   oder  Stossen   auf  die   Erde   beruhe;    darin 
präge  sich   das  AVrhältniss  von    100:   10    aus,    daher    die 
Zehner    mit  aginta  von   agere ,  die  Hunderte   mit  centum, 
verwandt  mit  y.tVTtiv  y.evTOUV  ausgedruckt  werden  etc.?!); 
diich    dann    müssten    die    Hände    nicht    10,    sondern     IQÜ 
Finger  haben,  oder  die  Füsse  dürften   nur  aus  einer  Form 
ohne    Zehen    bestehen.       Die     12    Monate     sind     durchaus 
nicht  auf  die   6   Servian.    Classen  zurückzuführen,   oder   es 
müssten    nur     11   Monate  sein.      Wir  können   zwar  neben 
die    ersten  5   Classen    die   ersten   5  Monate    stellen,    aber 
die    (i.   C'lasse    kann    nicht    7  Monaten    beigeordnet    sein, 
sondern  höchstens  6  Monaten  als  parallel    den  (i   Theilen 
der  (i.  Classe  —   wo  sollte  aber  ein    7.   Theil  für  den  7. 
Monat  hergenommen  werden?    Bei    dem    oben    erwähnten 
doppelten    septimontium    vertreten    einige    Hügel    mehrere 
Glieder,    z.   E.   Palatin.    und    Coelius,     —     wie    wäre   das 
bei   einem  organischen  AVesen  möglich?    Einigemal  strei- 
fen   diese    A^ersinnlichungen    an    das    Komische  ,     so    dass 
man    sich    des   Gedankens    nicht  erwehren  kann,    Hr.  H. 
habe    entweder    einen    kleinen  Scherz    treiben    oder    eine 
Parodie    auf   solche    Tendenzen    schreiben     wollen.      Das 
Princip  in  seiner  Ausdehnung  muss  aber  zum  Römischen 


431 


433 


fiilimi  ,    deoii    am  Ende    kana    in  der  Staatenphysiologie 
Jemand   zeigen   »ollen,  dasa  die  Staaten  Haare  nnd  Zähne 
haben,    so    gut   "  ic   das    lebende   >'atur»esen  etc.      Wenn 
dieses    aber    auch    nicht    zu    befürchten    wäre,    so    sehen 
wir  doch    schon    in    dem  Bisherigen   das  dem  Staatsieben 
Zokommende  aufgehoben  und  vernichtet.      Der  Staat  und 
dessen   Gesaniuitenttvickeiuiig    ist  von  den   Banden  starrer 
Formen  abhängig  gemacht,   Alles  ist  Nothwendigkeit  und 
Nichts  mehr  wird  auf  Weltereignisse,  zufällige  Umstände  etc. 
gegeben,  die  den  Staat,  sowie  den  Einzelnen  treffen  kön- 
nen.     Uniorbergeseheue    Unfälle    bleiben    nicht    aus,    als 
da  sind  j)liit?.lirher   Angriff,    Unglück  im  Kriege,   Verlust 
einzelner  Theile  etc.    Dergleichen  kommen  nach  Hrn.  H. 
in   Rom    nicht    ror,    sondern    allenthalben    ist    die   grösste 
Regelmassigkeit    und    Harmonie,     welche     unser    Staunen 
und    Zweifel    erregt.      Um    dieses    AVunder    zu  erklären, 
bemerkt    Hr.   H. ,    dass    er    die    Seriianische    Verfassung, 
sowie    das    ganze    Römische    Volk     für     einen     besiindern 
Zweig    am   Baume    des    IMenscIiengeschlcchts    halte ,    dem 
der  Schöpfer  diese   innere  Harmonie  und   Maass   und   Ge- 
setz  gegeben   habe  (s.  p.  l'J  l  Rom  sei  das  Ego  der  Welt- 
geschichte    und     nur    als    solches    zu     begreifen ! ) ;     kein 
menschlicher    Geist     habe    dergleichen    ersinnen    können, 
nur    zum    Bewusstsein    des  Weisesten    künne  es  gebracht 
werden   u.   s.   w.      Doch    auch   diese  Rechtfertigung  muss 
auffallen   und  Jeder  wird  dagegen  erinnern ,    dass ,    wenn 
es  eine   Physiologie    der  Staaten    gebe,    sich  dieselbe  bei 
allen  nachweisen  lassen  müsse,  sowie  sie  Hr.  H.  bei  den 
Römern   glaube    nachgewiesen    zu   haben.      Diese  Schwie- 
rigkeit mochte   Hr.  H.   fühlen  und  obgleich  er  vermuthet, 
dass  auch  die  Stellung  der  andern  Völker   im  Menschen- 
geschlecht   erkannt    zu    werden    vermöchte  (wir   erlauben 
uns  dabei   zu  bemerken,  dass  selbst  der  speculativste  and 
nhantasiereicliste    Kopf   in    Verlegenheit    kommen    würde, 
wenn   er  den   Organismus  anderer   Völker  und   A^erfassun- 
gen,    z.    E.    den    des    ehemaligen     deutschen   Reichs    oder 
den    des    englischen,    spanischen,    polnischen    Volkes  etc. 
nachweisen   und  sei   es  auf  ein  Einzelwesen  oder  auf  eine 
Idee  zurückführen  sollte),  so  vindicirt  er  dennoch  für  Rpm 
eine  besondere   Stelle  und   behauptet,    es    gehöre    zu    den 
drei    Centralvölkcrn:     Juden,     Griechen,     Römer.       Das 
Menschengeschlecht    nämlich    strebe,    wenn    es  in  der   t- 
Periode  aufgeschosst ,    in   der  2.  sich    verästet,    in  der  3. 
gich    zur   Blüthe    und  Frucht    uml  damit  zur  Wiederher- 
vorbringung  seines   l  rsprungs  verzweigt    (die  Zweige  sind 
s.   V,   a.   Organe   des  Menschengeschlechts),   wieder   zusam- 
men   zur    Einheit,    sobald    es    die    grösste   Expansion    er- 
reicht habe,  nach  den  drei  Richtungen  des  Guten  (Staat), 
des   Schönen    (Kunst)    und    des    Wahren     (Religion),    uod 
«nwie  die  Juden  das   Volk    der   Wahrheit,    tlin    Griechen 
das   der   Kunst,    so   seien   die    Römer  das   allerpolitischste, 
das    der    roltknmmensten  Staatsverfassung       Wir  sind  da- 
durch  keineswegs    befriedigt,    denn   gesetzt,     es   gäbe   nur 
diese  drei    Nornialtölker ,   so   haben   wir  damit   bloss  eini- 
gen  Nationen    der    alten  Zeit    Gerechtigkeit    widerfahren 
lassen ,    was    w  ürde    aber    aus    allen    andern   Völkern  so- 
wohl   des    Mittelalters,    als    der    alten    und    neuen    Zeit? 
Hat  nicht  auch  für  diese  die  Vorsehung  mit  weisem  und 


gütigem  Blicke  gesorgt,  sollen  »ich  nicht  auch  diese 
organisch  entwickelt  haben,  wie  jene  u,  s.  w.?  Hätte 
aber  Hr.  H.  Recht,  so  würde  darin  ein  Vorwurf  gegen 
die  Gottheit  liegen,  welche  das  römische  Volk  allein 
bevorzugt  und  dieses  allein  der  politischen  Offenbarung 
gewürdigt  hätte.  Beiläuiig  fragen  wir  noch,  wie  Hr.  H. 
die  doppelte  göttliche  Offenbarung  von  der  besten  Staats- 
verfassung vertheidigt,  denn  der  heil.  Schrift  zufolge 
besteht  die  jüdische  Verfassung  nur  aus  göttlichen  Satzun- 
gen und  3Iittheilungen  —  wie  kann  die  beste  Verfassung 
zweimal  cxistiren  und  wie  können  beide  von  der  Gottheit 
gegeben  sein  ? 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Gera.  Hier  erschien  im  Deccniber  das  Scluisslei'sche  Pro- 
gramm unter  dem  Titel:  Soleiniio  Scliiisslori  Meiuotiani  grate  ac 
pie  iccoleiidi  causa  in  lUustri  Rnthemo  a  d.  XVII.  Dec. 
MDCCCXXXVIII  rite  obeundum  imlicit  Dr.  A.  G.  Rein,  Direct. 
Piaeniissa  est  disputationis  de  sludiis  humanitntis  nostra  ctiam 
actale  magni  acstimamlis  pars  XXXI ,  qua  tertium  de  Rom  Sa- 
liris  agilur.  Hr.  Schulrath  Rein  erziiblt  in  der  Einliitong,  dass 
er  vor  35  Jahren  gegen  die  obtrectatores  und  vituperatores  der 
classiscben  Studien  diese  Abhandlung  zu  schreiben  angefangen 
und  die  Absicht  gehabt  habe,  den  richtigen  Einfluss  der  alten 
Schiiftsteller  sowohl  auf  die  Künste  und  Wissenschaften  der 
neuen  Zeit,  als  auf  die  gcsammte  Geistesbildung  zu  entwickeln, 
leider  aber  sei  noch  nicht  einmal  die  erste  Hallte  vollendet,  da 
er  in  dem  einen  jährlich  erscheinenden  Programm  Schulnach- 
richten mittheile,  und  in  dem  andern  wissenschaftlichen  sei  er 
auf  einen  sehr  kleinen  Baum  beschränkt  (angustioribus  inimo 
aiigu>tioribus  terminis).  Zuletzt  habe  er  von  der  didaktischen 
Poesie  und  von  der  dazu  gehörenden  röm.  Satire  gehandelt. 
Dieser  Gegenstand  ist  auch  diese  Partie,  gewidmet  und  zwar 
zunächst  dem  Lucilius ,  über  welchen  der  Verf.  mit  grosser  ße- 
lesenbeit  und  feinem  Urtheil  in  seiner  elegant-römischen  Sprache 
redet  —  Eigenschaften,  weScIie  den  Leser  dieser  Schriftchen 
se'rt  Jahren  erfreut  haben.  Möge  der  würdige  Greis  bald  Müsse 
finden,  durch  Sammlung  und  Yollenrlung  dieser  so  schön  ge- 
schriebenen und  interessanten  Abhandlung  den  oft  wiederholten 
Wunsch  seiner  zahlreichen  Schüler,  Freunde  und  Verehrer  zu 
erfüllen! 

Nassau.  Bei  Lanz  in  Weilburg  erscheint  so  eben:  Tib. 
Hemstevhusii  orationes  et  epistolae.  Collegit  et  D.  Huhiikenii 
elogium  Hemstevhusii  siiasipie  et  aliorum  aunotalinnes  addidit 
3t(|uc  epistolam  ail  lac.  Geelium  a  se  datam  praemisit  F.  S.  Frie- 
demann. Ed.  ieciinda  multis  partibus  aueta.  —  Die  neuen 
Zus:itze  sind  namentlich  die  Briefe,  zum  Theil  umgedruckt,  aus 
der  Bibliothek  des  Gymnasiums  zu  Ulm,  eine  Rede  von  Hemst, 
historisch -politischen  Inhalts,  Anmerkungen  des  Herausgeber» 
über  Sachen  und  Latinitiit,  sowie  die  längere  Vorrede  an  G 
über  Studienangclegenhcilen  Deutsclihmls  und  Hollands,  beson- 
ders philologische,  auf  Schulen  und  Universitäten,  in  Folge 
eines  längeren  Aufenthalts  des  holl.  Gclehrleii  zu  Wcilbnrg  im 
J.  18.S8  So  frpiinilnaclibarlicbc  Verhältnisse,  als  hier  zwischen 
bollaiulischen  uml  deutschen  Gelehrten  erscheinen ,  gewähren 
einen  höchst  angenehmen  Eindruck  und  erinnern  an  ähnliche 
frühere  Zeiten. 

Meiningen.  Am  20  Nov.  starb  Dr.  Cas  par  Ihl  i  ng  , 
pcnsion.  Rector  und  Professor  des  dasigcn  Gymnasiums. 


Z  e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 

f ü  r    die 

Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Mittwoch,  8.  Mai 


1839. 


Nr.  55. 


1)  Die  Verfassung  des  Königs  S»rvius  Tullias,  entwickelt 
roii   P.  E.   Huschke. 

2)  Die   ^'erfassiiiig    des    Serrius   Tiilliiis    in    ihrer  Enf- 
«ickelung.     Dargestellt  von  F.  D.   Gerluch. 

3)  Disquisitio    de  Roinanorum    Comitiis    aufore   P.   van 
der   Velden. 

(For  ts  etzung.) 

.  Doch  wir  wollen   liierUei  nicht  Iftnger  rerweilen,  son- 
dern  uns    lieber    zum   Werk  selbst    und   dessen  einzelnen 
Partieen  wenden.      Cic.   de   rep.  II,   'J'2  (Cap.    l)    wird   mit 
Recht  au   die  Spitze   gestellt,  und   die  Bchandlnng  dieser 
Stelle    erweckt    das    günstigste  PräJudicium    von  des  Hrn. 
Verfs.    glänzendem    Scharfsinn.       Es    wird    die    Corruptel 
durch    die    einfache    Cocjectur    ut     equitum    ce7ituriae 
binae  (im  Urcodex  habe  cent.   aevirie  gestanden,  u  statt 
b,   e  statt  ne,   woraus   einige  centuriae,  andere  certamine 
gemacht)  cum  sex  suffr.   etc.   vollkommen   gehoben ,   auch 
die  Zahlen   passen   vortrefflich,   denn   80  Cent,   der   j.  Cl. 
nebst   1   Fabr.   (i  suffr.   und   'i  cent.  eq.   machen  zusamujen 
89  Cent.      Es   ivürde   diese  Emendation  ganz   evident  sein, 
wenn    die  Hypothesen    gegründet  wären,    worauf  die  Er- 
wähnung   von    nur  2   Rittercent,    beruht.      Hr.  II.    glaubt 
nämlich,     die    Zahl    der    Cent,    hänge    mit    der  Zahl  der 
Rittercent,    so    zusammen,    dass    auf    eine  Rittercent.    10 
andere  Cent,  kamen,   oder  je  1000  pedites  auf  100  equi- 
tes.      Die    ersten    5     Classen    aus     170    Cent,    bestehend, 
hätten   17  Cent.   Eq.   neben    sich    und    auf   die  6-   Cl.   (in 
5  Abtheilungen   zerfallend)  nebst  fahr,  und   cornic.   sei   die 
18-  Rittercent,  zu  rechnen,   welche   den  andern  an  Reich- 
thum  etc.   nachgestanden   habe.      Unter  Serv.  TuU.   wären 
die  Ritter  jedesmal    zu    ihrer   Classe    genommen   worden, 
also  8   zur    1.   Cl.,   2   zur  2.  Cl.   u.   s.   f.;    später  dagegen 
wären   alle  Equites   zur   1.   Classe   geschlagen   worden   uiul 
auf  dieses  Verhältniss   bezögen   sich   Liv.  und  Dion.,   wah- 
rend Cicero,    welcher   die  alte  Zeit  besser  studirt  hätte, 
sich   an  die   ursprüngliche  Einrichtung  gehalten.    Obgleich 
diese  Satze  nicht  bewiesen  sind   und  ebenso   wenig  jemals 
zu  beweisen  sein   dürften,    so    räumen    wir  dennoch   Hrn. 
H.'s  Emendation    den    ersten   Platz  vor  allen  andern   ein, 
ohne    sie    jedoch     veitheidigen    zu     wollen.       Ucberhaupt 
verzweifeln     wir    ganz    an    der    Restitution    dieser    Stelle 
darch   menschlichen  Scharfsinn,     wenn  nicht  dereinst  ein 
glücklicher  Fund  Licht  verschafft.   *)      Die    von  H.   über 

*)  Bei  Jieser  Gele;jpnhiit  kann    ich  die  schari'sinnige  Erklä- 
rung  des    Hrn.    Dir.    Peler    nicbt    iniein  ahnt    lassen    ( in 


ilie  andern  Versuche    ausgesprochenen  Urtheile    sind    fast 
durchaus  richtig,  auch  sind   alle  erwähnt,   die  nur  einiger- 


Nr.   76  (lirsi'i-  Zcit.-clirift)  ,    welcher  die  Vulsata  künstlich 
vcitheicliijend    zu  der   Vürmiillinng    seine  Ziiflcicbt    nimmt, 
Cic.  habe  das  Ucbergewicht  der  Locupletes  in  derServian. 
Einrichtung   dadiircli    klar    niaclien    wollen,     dass    er    die 
neue  Einrichtimg  dagegen  halte  und   sage:     „jetzt    haben 
equites  ,  fabvi   und  prima  class.  von  70  (ehemals  SO  Cent.) 
zusamcnen  89  Centnricn  ;  wenn  nun   von  den  andern   104 
Cent,  (denn  so  viel  bleiben   nach  der  Servian   Einrichtung 
übrig)  nur  noch  8  hinzutreten,   so    ist   die   Majorität  ent- 
schieden,   und  w.ire  dieses  so  ,    so  würde  die  Masse  nicbt 
ausgeschlossen    sein  ,     noch    zu    grossen    Einflnss    haben." 
Der   Zuhörer    Süll  dabei  denken,    dass,    da    die    1.  Classe 
ehemals  80  Cent,  hatte,    das  l'ebergewicht    um  so  siche- 
rer stattfand    und    nicht  einmal  8    hinzuzutreten  brauch- 
ten etc.     Zum    Beweise    dafür    wird  nunc  urgirt,    welches 
nur   von   der   gegenwärtigen    Zeit    zu  verstehen    sei .    auch 
sollen   die   Imperf.  Conj.  am  Schluss  nun    erst  ihre  wahre 
Bedeutung  erhalten   u.  s.  w.      Ich  gestehe  offen,   dass  ich 
eine  leichte  Emendation    dieser    äusserst  coniplicirten  Er- 
klärung vorziehe,    indem    sich    manche    nicht  unwichtige 
Bedenklichkeiten  erheben.     Zuerst  und  überhaupt  ist  nicht 
motivift  ,   warum  Cicero  so  gewaltige  Umwege  mache,  um 
den  an  sich  einfachen  Satz  auszusprechen,   dass  zu  serv. 
Tu».   Zeit  die  Locupletes  die  Oberhand  hatten.       Es  wer- 
den  aber  nach  Hrn.  P.   von  Cic.  die  betcrogenslen  Dinge 
vermengt,    um    diesen  leichten   Zweck    zu   erreichen.     Im 
Anfang    des  Satzes    soll    von    der    neuesten  Zeit  die  Rede 
sein  ;    jedoch    aus    nunc    geht   dieses    keineswegs    hervor, 
da  diese  Partikel  hier  wie  so   oft  nur   der  Folgerung  hal- 
ber steht;    ihr   sehet    nun  und  zwar  übersichtlich  {ratio- 
nem,    im    Gegensatz     zu     einer    vollständigen    Ent«icke- 
lung)  etc.  vergb  Huschke  p.  10.    In  keinem  andern  Worte 
liegt    auch    nur    eine  leise  Andeutung  der  neuen  Einrich- 
tung,  es  deutet  vielmehr  Alles  vor  und  nachher  auf  Serv. 
TuU.  hin,    und    der  Au^lruck  ist  so  bestimmt,    dass    man 
schwerlich  solche  Supplemente  und  von    dem  Zuhörer  zu 
ergänzende   Auslassungen  statniren  darf.      So  z.  E.    durfte 
Cic.  nicht  sagen    tot    en!m    reliquae  sunt,    ebenso  wenig 
accesscrunt  etc.  —   104  Cent    bleiben    nandich   car  nicht 
übrig,    sondern    es    können    naeb    Serv.   Tüll.    Verlassung 
für  die  2-6    Classe   nur  94   Cent,   übrig  bleiben.    Ucber- 
haupt konnten  die  70  Cent,  der   1.  Cb    (noch    der  neuen 
Zeit,   wenn  es  wirklich  70  waren)  nicht  mit   den  SO  Ser- 
vian. Cent.    zusamniengeslellL   werden    und    von    8  binzu- 
treteuHen  konnte  dann  die  Rede  nicbt  sein,   weil  die  neue 
Einrichlung    auf   ganz    andern    Principien    und   Ideen  be- 
ruht.      Die    70  Cent,    der  1.  Cl.  in  der  neuen   Zeit  waren 
sehr  unbedeutend,    weil    die    andern  Classen    ebenso  viel 
hatten,    und   sie  konnten  nicht  leicht   eine  Maioritut  be- 
werkstelligen ,    die  Servianische   1.  Cl.   bedurfte    aus   den 


435 


436 


massen  erheblich  «areii,  iinil  «ir  »erinissten  nur  die  von 
Hrn.  llofrath  Thiersili  miffietlieilte  Erkl.'iriinjr  (im  ■>.  Jah- 
resheriiht  der  Kon.  Baier.  .4kaileniie  der  AVisseiisrli.  v. 
(.  Oct.  IS.»).  2r.  -llär/.  ISjI,  p.  19).  Der  Gruiidge- 
(Linkc  derselben  ist,  Lir.  und  Dion.  hatten  aus  andern 
Uuellon  ffeseliüpft,  als  Cicero,  und  desshalb  seien  die  ab- 
«eiclienden  Mat  liririiten  dieser  Schriftsteller  iiiciit  zu 
vereinigen.  Cicerus  Text  sei  unverdorben  ,  sobald  man 
ihm  eine  eigene  IJerechnuiig  zu  Gruiule  lege,  nämlich 
die  VI  sull'r.  hätten  nur  3  Stimmen  gehabt,  die  andern 
11?  Ritterccnt.  den  ersten  analog  (i  Stimmen  und  die  fabri 
niiissten  in  der  1.  Classe  mit  eingerechnet  «erden.  Wenn 
nir  auch  dieser  ^'eruiuthung  folgend  der  '2-  Cl.  30  Cent, 
geben  wollten,  so  «iirdc  uns  doch  noch  immer  1  Cent, 
fehlen,  abgesehen  von  der  UnHahrscheinlichkeit  der  Stimm- 
zahlen  der  Equit.  und  von  der  Unterordnung  der  Fabri 
unter  die  1.  Classe.  So  ermangelt  dieser  Versuch,  mit 
welchem  im  AVeseutlichen  Orelli  übereinstimmt,  der  Be- 
weise nicht  weniger,  als  lluschke's  A'^orschlag,  und  die 
Stelle  bleibt  wie  bisher  eine  gefährliche,  fast  unüber- 
windliche   Klippe   für   die   Kritiker. 

2.  Cap.  Verfassung  vor  Serv.  TulL  Hier  zeigt 
sich  Hrn.  H.'s  physiol.  Alethode  in  einem  hohen  Grade, 
ivie  man  aus  der  kurzen  Zusammenfassung  der  Haupt- 
sachen ersehen  kann:  Im  Anfang  des  Lebens  sowohl 
Einzelner,  als  ^'ölker,  ist  das  Allgemeine  die  Hauptsache, 
welche  «las  Besondere  uud  die  That  verschlossen  hält, 
bis  dieses  aus  jenem  hervortritt  und  allmählich  sogar  das 
Allgemeine  sich  unterwirft.  Das  Allgemeine  bei  dem 
Menschen  ist  das  Persönliche  im  Gegensatz  des  Sächlichen, 
nnd  aus  der  Person  entwickelt  sich  erst  später  das  Säch- 
liche. Ebenso  schreitet  in  den  Staaten  die  Verfassung 
von  dem  Princip  der  Abstammung  allmählich  zu  dem  der 
Leistungen  für  den  Staat  fort,  und  diese  Leistung  selbst 
ursprünglich  persönlich  wird  endlich  ganz  äusserlich  und 
sächlich.  Der  innere  Keim  liegt  in  den  J  Tribus,  welche 
ohne  alle  äussere  Function  sinil,  das  Aeusserlichstc ,  zu 
welchem  die  Curicn  den  Uebergang  bilden  unil  daher 
das  Organ  für  die  äussere  That,  liegt  in  den  gentes,  weil 
aus  diesen  die  Einzelnen  hervorgehen,  und  die  Ritter 
haben  die  einzige  Function.  Die  Organe  sind  aber  noch 
ganz  in  iler  Allgemeinheit  befangen,  die  Uebergewalt 
des  Innern  gegen  das  Aeussero  ist  noch  sehr  gross  und 
darum  geht  das  Fussvolk  in  den  Celeres  auf,  die  Ciien- 


andcrn  Classen  keiner  Unterstützung.  Es  scheint  darum 
die  von  Hrn.  P.  angenommene  Combination  zweier  so 
ganz  verschiedener  Verfassungen  nicht  zu  billigen.  Was 
den  Schbisssatz  betrilTt,  so  bat  Hr.  P.  die  Imperf.  Conj. 
bei  cxclutleretur  etc.  als  scheinbar  absolute,  aber  von 
der  a-is;oljssenen  Bi'dingung:  ,,wenn  dieses  so  wäre"  ab- 
hangi.'C  mit  Rcclit  aiifgefassl,  aber  er  nimmt  die  Worte 
80,  dass  darin  etwas  ganz  Ucberfliissigcs  gesagt  ist,  indem 
Cic.  bemerken  soll;  wi>nn  die  F.imicbtnng  so  wäre,  dass 
die  l.CI.,  equit.,  VI  siifTr.  und  fabri  89  Cent,  halten  etc., 
dann  winde  es  recht  gut  sein.  Darin  läge  cm  Tadel  der 
neuen  Einriclitiing  und  eine  ganz  nutzlose  Verbesserung 
der  Servian.  Ordnung,  in-lcni  er  der  l.  Cl.  statt  80  nur 
70  Cent,  geben  wollte.  Ebenso  gut  können  wir  die  Im- 
perf. auf  die  Servian.  Zeit  bezichen  uud  übersetzen:  dann 
winde  (nämlich  wenn  jenes  so  wäre,  wie  ei  war)  die 
Mehrzahl  etc. 


ten  verlieren  s'ch  unter  den  Patriciern  (das  Stimmrecht 
der  Clienteu  in  den  Curien  ist  keineswegs  mit  Recht 
angenommen,  denn  $ow<ilil  das  eigentliche  AVesen  der 
Curien,  als  der  Clientel  spricht  dagegen.  Nicht  einmal 
als  blosses  Scheinrecht  dürfen  wir  es  zugeben,  wie  es 
am  Ende  bei  Hrn.  H.  erscheint,  wenn  er  ex  generihus 
p.  2")  erklärt:  nach  dem  Princip  der  Geschlechter,  die 
dienten  wie  die  Patrone  etc.,  denn  dann  wäre  das  suf- 
fragiuoi  ohne  alle  Bedeutung).  Das  Eigenthum  hat  noch 
keine  Function  ,  der  Boden  geht  in  der  Person  auf  und 
die  Abgaben  sind  viritim.  Das  Gesammtresultat  lautet: 
„der  Organismus  ist  noch  nicht  über  die  Hand  hinaus- 
gedrungen, der  Fuss  noch  in  der  Hand,  die  schlechte 
Freiheit  —  noch  in  der  persönlichen  des  Ritters  ent- 
halten, daher  auch  Grund  und  Bodeu  und  Vermögen  noch 
bedeutungslos." 

Diese   Verfassung   erlitt  schon   in   alter  Zeit  zwei  Ver- 
änderungen,   unter  Tarquin.  Prise,   und   unter  Serv.   Tüll. 
Es   waren   von   den   3  Tribus   nur  2   sclbststäudig  gewesen, 
Ramnes    und   Tities    (dieses   war    ihr   Namen   nach  Innen) 
auch   Römer  (die   Person  schlechthin)    und   Quiriten    (die 
Person,   insofern  sie  Vermögen   hat,  also  dem  ager  nach) 
■genannt,   welche  sich  zu   einander  verhielten,    wie  Aeüs- 
seres   und   Inneres,    That  und  Recht,   Princip   und   Basis. 
Der  .3.   Stamm,    die  Luceres ,    beruht    auf  persönlich  ne- 
gativem oder  neutralem  Princip    (die  Handlung)    und   bil- 
dete   eine    blosse  Vermittelung    und    den   Uebergang  zum 
Ausland.      (  Dass    dieser    Stamm    ans    dem    von    Romulus 
cröllnetcn    Asyl    hervorging    —     namentlich  Etrusker  uud 
Latiner    —   ist  sehr   unwahrscheinlich,    denn    dann   würde 
er   nicht  so  augesehen  gewesen   sein.      Das  ähnlic^hc  Wort 
lucus     hat    zu    ilieser     Hypothese     geführt.        Ueberhaupt 
scheint  durch   diese  von  Hrn.  H.  aufgestellten  Ideen  Nichts 
gewonnen    zu    sein,    zumal    ila    das   Meiste  auf  !\Iuthmas- 
sung  beruht,   z.  E.   die   Art  der  untergeordneten  Stellung 
der  Luceres   (<lie   übrigens   nicht   ganz   von   uns   in   Abrede 
gestellt  werden  soll),    welche    sufl'ragium,    aber    nicht   ius 
hunor.    gehabt    hätten   u.  s.    w.       Sehr     kühn    und   nie   zu 
beweisen     ist    die     im    Anhang    p.    (391  —  7(J0    niitgetheilte 
Behauptung,  dass   Ramnes   und  Tities  aus  3   Theilen,   die 
Luceres   aber   aus  2  Theilen  beständen).      Schon   frühzeitig 
erfolgten     die     Erweiterungen     des    .Staats,     indem     durch 
Tiillus   Ilostil.   Albaner,  durch   Ancus  Marc.   Latiner  auf- 
genommen  wurden  (zu  den  Ramnes   und   Tities),   so   dass 
die    alte    Einheit    nur    noch     formell     fortdauerte.       Der 
Dualismus   war   in   den   alternirenden  Gegensätzen   der  Kö- 
nige   Romulus    und    Numa,    Tüll.    Ilostil.   und    Anc.   Marc. 
schon    über   sich   selbst   hinausgetrieben,   ein  Drittes   fehlte 
zur   -Ausgleichung  und   Vollendung.      Dieses   wurde   zuerst 
durch   Tarquin.   Priscus  ersetzt,     welcher    1)  dem  dritten 
Stamm    fast    gleiche  Rechte    mit  den    beiden   anderu  ver- 
lieh,   so    dass    nun    auch     100    patres    dieses   Stammes  in 
den   .Senat   kamen,   2)   <len   alten  .Stämmen  Neubürger   bei- 
ordnete ,    indem    die   bisher  den   Luceres  angereihten   Al- 
baner  und   Latincr  (von   denen    die   ersteren   wieder  etwas 
höher  standen)    in    ilie    Tribus    und  Curien,    deren    Zahl 
dadurch  verdoppelt  ist,  aufgenommen   wurden.      Die  alten 
Stämme   blieben   bestehen,   nur  mit  vermehrter  Zahl,    als 
Raum.    Tit.     Luc.    primi    und    secundi,    ohne    dass    damit 
eine    Veräuderung    des    persönlichen    Princips    verbunden 


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geweien  würc.  Dappgen  verniuthet  Hr.  H.  eine  dritte 
und  Ilauptverandcriing  (p.  43  —  52)  desselben  Königs, 
es  wären  nämlich,  um  die  Spannung  des  Organismus 
zu  erhalten  iiacli  Gleirlistellung  der  Ranin.  Tit.  Lue. 
posteriores  mit  den  priores,  ein  neuer  liestandtheil  eiu- 
getr«ten,  «ehlier  ans  Etruskern  n.  a.  unter  einem  Etru- 
rischen  dux  stehenden  Fremden  (ein  wahrscheinlich  unter 
Serr.  Tüll,  stehendes  Heer)  zusammengesetzt  gewesen  sei, 
so  dass  der  Staat  von  nun  aus  3  Theilen  bestehe,  welche 
den  alten  3  Urbestandfhcilen  der  Ramnes,  Tit.  Luc.  ent- 
sprechen sollen:  l)  AltLürger  oder  Patricier  in  Ramn. 
Tit.  Luc.  primi  und  sec.  (mit  IL'OO  eijuites  und  12000 
pedites),  2)  Neueingewaiiilerte ,  Aecjuer  oder  Caelimonta- 
ner  genannt,  mit  gleicher  Anzahl  der  Bewaffneten  und 
in  ebenso  viel  Abtheilungen,  etnas  geringer  stehend,  als 
«lie  Patric.  und  unter  Plebs  nur  dann  zu  rechnen,  wenn 
dieses  Wort  im  wahren  Sinn  genommen  werde;  3)  Ple- 
iejer,  nämlich  die  von  Aucus  fliarc.  und  später  in  Rom 
Aufgenommenen. 

Die  erste  Veränderung  des  Tarq.  ist  nicht  unwahr- 
scheinlich, denn  dass  dieser  König,  selbst  ein  Etruskcr, 
den  3.  Stamm  vorzüglich  berücksichtigte,  liegt  sehr  nahe; 
die  zweite  ist  sicher,  obgleich  nicht  in  der  Ausdehnung, 
welche  Hr.  H.  annimmt;  die  dritte  dagegen  ist  ohne 
Bedenken  für  falsch  zu  erklaren,  und  wir  uiüssen  hierbei 
verweilen,  da  in  den  spätem  Theilen  des  AVerks  so  häufig 
und  viel  auf  diese  Yermuthung  gebaut  wird.  Unsere 
Gegenbemerkungen  zerfallen  in  drei  Partiecn :  1)  über 
die  innere  Nofhwendigkeit  einer  solchen  neuen  Schöpfung, 
2)  über  die  Zeugnisse  dafür,  3)  über  einige  dagegen 
sprechende  Bedenklichkeiten.  1)  Es  ist  keine  Nothwcn- 
digkeit  vorhanden,  eine  neue  Dreitheiligkeit  des  Staats 
zu  bilden,  obgleich  Hr.  H.  p.  44  sagt,  dass  ohne  die- 
selbe die  ganze  Entwickelung  der  ältesten  riim.  Verfas- 
sung allen  innern  Zusammenhang  verliere  und  daher  auch 
nicht  begriU'en  werden  könnte.  Ursprünglich  war  zwar 
eine  Dreiheit  da  ^  aber  diese  bezog  sich  nur  auf  Roms 
Urelemente  oder  auf  die  Altbürger  ,  welche  als  gleichbe- 
rechtigt erscheinen  oder  wenigstens  sehr  bald  gleiche 
Rechte  erhielten,  s.  unten.  Die  ausser  den  Altbürgern 
zu  Rom  (jchörigen,  nämlich  die  Clienten  ,  werden  als 
Bestandtheil  nicht  gerechnet,  und  ebenso  wenig  ist  es 
nüfhig,  die  nach  und  nach  einwandernden,  aber  vor  Serv. 
Tüll,  nicht  berechtigten  !Neubrirger  in  eine  neu  zu  ge- 
staltende Dreiheit  aufzunehmen.  Diese  neue  Dreiheit 
ist  auch  historisch  nicht  vorhanden,  denn  indem  die  alle 
Dreitheiligkeit  in  dem  Zusammenschmelzen  der  Ramneg 
Tit.  und  Luc.  verschwand  ,  bildete  sich  dafür  ein  Dua- 
lismus der  alten  Geschlechter  und  der  Plebejer,  welcher 
sich  durch  eine  Reihe  von  Jahrhunderten  behauptete, 
ohne  dass  man  einer  Spur  lon  3  Elementen  begegnete. 
Zwar  würde  Hrn.  H.'s  Hypothese  eine  starke  Unterstüz- 
zung  darin  finden,  wenn  die  3  alten  Stämme  der  R.  T.  L. 
in  verschiedenen  Rechtsverhältnissen  zu  einander  gestan- 
den, dergestalt,  dass  die  Ramn.  deu  ersten,  die  Tit.  den 
zweiten  und  geringeren  ,  die  Luc.  den  dritten  und  letzten 
Rang  eingenommen  hätten.  Dieses  behauptet  Hr.  H., 
und  wenn  wir  auch  eine  kurz  dauernde  Abhängigkeit  der 
Luc.  gegen  R.  und  T.  zugeben  wollen,  so  dürfen  wir 
keineswegs    an    die    vermuthete    Unterordnung    der    Tit. 


(Sabincr)  gegen   die   Ramn.   glauben ,    und    wenn  die   An- 
nahme  von   3   Rechtsverhältnissen    fällt,    so   fällt  auch   die 
Nothwendigkeit  liinweg,  die   den   Tit.   analoge  Slittelstnfc 
der  Cälianer  zwischen  die  Alt-  und  Neubürger  (Patr.  und 
Pleb.)    willkürlich    einzuschieben.      AVenn    das   ursprüng- 
liche Verhältniss    der  Tit.     zu    den    Ramn.    wirklich    ein 
abhängiges    gewesen    und   als  solches  in   den  alten   Tradi- 
tionen bezeichnet    «orden    wäre,    so    wünlen    die  stolzen 
Ramn.  die  Erwähnung  nicht  unterlassen   haben,   zu  der  sie 
doch  unendlich  oft  Gelegenheit  hatten.   Zwar  sagt  allerdings 
Serv.  zu  Virg.  \' II,  709  receptiin  urlem  Sabini  sunt :   sedhac 
lege,    ut  in  Omnibus  esse?it  cives   Roniani ,   excejita  suf- 
friigii   latione.       Nam    magistratus    non     creabanl ;    aber 
diese   so   vereinzelt   dastehende   und   auffallende   Notiz,   die 
sogar    bei    einem    Feslus    u.   A.    Zweifel    erregen    würde, 
muss  bei  Servius  sehr  verdächtig  sein,    denn    in   welchen 
Zeiten  lebte  dieser  Gewährsmann  und  aus  welcher  nicht  auch 
von   Früheren   benutzten   Quelle    sollte    er   seine   Weisheit 
geschöpft  haben?     Hätte    aber  wirklich   eine   gewisse   Su- 
periorität  der  Ramn.  gegen  die  Tit.  stattgefunden,   so  kann 
sie   nicht  lang  existirt  haben   und   ist  mit   der  starken  und 
hundertjährigen  Abhängigkeit  der  Pleb.   nicht  zu   verglei- 
chen.      Die    Tit.   sollen   cives    gewesen   sein   und    Alles   ge- 
habt  haben,   ausser   dem  sufFragium,   die   Pleb.   aber  waren 
ursprünglich    nicht    einmal   cives,    sondern    nur  als   Pere- 
grinen  anzusehen.      Obendrein   ist  gerade  diese  Ausnahme 
des   suBragium    und    der  Ulagistratswahl  verdächtig,    weil 
der   AVechsel    der    Könige    aus     den    Raumes    und    Titics , 
Rnmul.   und   Nunia,   Tüll.   Host,   und   Anc.    Marc,   auf  Ab- 
sirhtlichkeit ,    vielleicht    auf    eine   schon  bei   dem  Zusam- 
mentreten   beider  Stämme    getrolTene    Üebercinkunft    hin- 
deutet.     Würden    die    Ramiies    freiwillig    den    Numa    ge- 
wühlt,    würden    die    Sabiner    Lust    gehabt    haben,     ohne 
sullragium  sich   dem   neuen   noch   unberühmten  Staate  ein- 
verleiben  zu   lassend    —    Kurz,    die   Nachricht    des   Serv. 
ist  so  unwahrscheinlich,  dass   man   vermuthen  darf,   Serv. 
habe  sich  eine  Brücke   zu  der  neuen  Zeit  bauen   und  das 
Verhältniss   der  späteren  cives    sine  sullragio   dadurch   be- 
gründen  wollen.     —    Es   lässt   sich   sogar   behaupten,     dass 
nicht  einmal  nach  Hrn.   H.'s  Entwickelung  jederzeit  eine 
Dreitheiligkeit    vorhanden    gewesen    ist,    es    braucht    also 
diese  Zahl    nicht    von    ihm   festgehalten   zu   werden.      Ur- 
sprünglich hat  er  zwar  3  Elemente  R.   T.   L. ,  aber  dar- 
auf hat  er  ausser  diesen  auch   noch   Albaner   und  Latiner 
(Plebejer),    also   5   Theile  oder,  wenn   er   R.    und   T.   zu- 
sammennehmen will,   wenigstens  4  Theile,   und  die  Glcich- 
niässigkeit   ist   dadurch   gestört.       AVollte    er    aber   die   Al- 
baner mit  den   Plebejern  zu   einer   Blasse  nehmen,   so   hat 
er  auch   keinen   Grund,    die   Cälianer     von   <len  Plebejern 
luszureissen.       Rechnen    muss     er    die    Plebejer    auch    in 
früherer     Zeit   jedenfalls,     so    gut    als    er    sie    seit  Tarq. 
Prise,   zählt.      Wir  wollen  jedoch   einmal  annehmen,   dass 
eine    Dreitheiligkeit    stattgefunden    habe,     und    dass    wir 
dieselbe   festhalten   müssten ,    so    werden    wir   finden,    dass 
wir    auch    in    diesem    Falle    kein    neues    Element    aufzu- 
suchen  brauchen.       Hr.    H.    scheint   es   immer    so   zu   neh- 
men, als  ob   Tarquinius  die   bisherigen  Erweiterungen  des 
.Staats  seit  Romulus  in  diese  aufgenommen  hätte   und   da- 
durch der  Staat    in    einen   weit  grösseren  Keim  und  An- 
fang zurückgeführt  worden    wäre,    darum    sei    eine    neue 


439 


440 


SpaiiDUng  «les  Organismus  niithig  ffeneseii.  Doch  dieses 
ist  Hohl  nur  sclieinbar ,  (Iciiii  liaiin  iniissien  alle  bishe- 
rige Bürger  den  Altl.iirgern  au  Rechten  gleichgestellt 
worden  sein,  »as  nicht  nöthig  ist  anzunehmen.  Es  scheint 
zivar,  als  hätte  Tarquin.  die  Absicht  gehabt,  den  alten 
Geschlechtern  die  neuen  säuimtlich  gleichzustellen,  er 
musste  sich  aber  mit  ^ermelirung  des  Senats  und  der 
Ritter  be"-iiiigen,  und  genug  blieben  zurück ,  ohne  dieser 
Erhöhung  theilhaftig  zu  «erden.  Wären  alle  Neubiirger 
in  die  Cnrien  gekommen,  so  wäre  der  bekannte  Streit 
des  Königs  mit  dem  Augur  nur  ein  AVortstreit  gewesen 
und  der  König  hätte  seine  Absicht  vollkommen  erreicht; 
denn  was  konnte  ihm  an  Bestimmung  neuer  Namen  lie- 
gen? Wir  müssen  vielmehr  glauben,  dass  die  andern  al- 
banischen und  latinischen  Familien  unverändert  stehen 
blieben,  und  dann  brauchte  man  weder  die  nach  Hrn.  H.  s 
Theorie  nothige  Dreiheit  als  gestört  anzusehen,  uoth  ein 
Supplement  dafür  zu  suchen. 

'2)   Was   die  Zeugnisse  für  die  neugeschaffenen  Cälia- 
ncr  betrillt,  so  beruft  sich   Hr.  H.   zuerst  auf  Cic.  de  rep. 
11,   '10,   wo   von   Tarquin    gemeldet    wird   M  ac    CC  fecit 
equites  numerumque  duplicavit,  poHtqunm  hello  subegit  etc. 
Hier    sollen    die   Worte  numerumque    dupl.   etc.    die  Ver- 
doppelung   des  Staats    durch    die   neu   hinzutretenden  Cä- 
lianer     be/eichuen  ,     während     sich     die     vorhergehenden 
Worte  nur  auf  die  Verdoppelung    der    gentes   in  den  Cn- 
rien und   der   Ritter   in   den  Centurieu  bezögen.     Es   wäre 
aber    doch    wahrhaft    wunderbar,    wenn    Cicero,    der    die 
früheren   Vermehrungen  so   bestimmt  angibt,  der  sonst  so 
genau   unterrichtet    ist    (wie   Hr.   H.  selbst  sagt)    hier  bei 
einer  Hauptveräiidernng ,    der   wichtigsten  von  allen,    nnr 
oberflächlich    und     undeutlich,    oder   von   der   Wichtigkeit 
der  Sache  Nichts  ahnend,  von   einer  zweimal  verdoppelten 
Anzahl  der   Ritter  sprechen    sollte.      Dieses    ist  weit  un- 
wahrscheinlicher, als  die  Annahme   einer  zwar  unschönen, 
aber  doch  niclit  gerade  „unerträglichen"  Tautologie,  welche 
wir  festhalten  zu  müssen  glauben  und  wonach  wir  Cicero  nur 
von    einer    Ritterverdoppelung    unter  Tarquinius,    welche 
allein    historisch    beglaubigt  ist,    verstehen.  —  Um  seine 
Ansicht  zu   unterstützen,    nimmt  Hr.   dabei    die   Rede  des 
Kaiser   Claudius   zu  Hülfe,   worin  die  Einwanderung  eines 
Cälianisclien   Heers    unter    Anführung    des   Scrv.    Tüll,   er- 
wähnt wird.      Diese   von   Claudius    berichtete   Erweiterung 
der  Stadt   Rom    (auf   dem    nions  Caelius)    durch    die   mit 
•Sen-.   Tüll,   einwanilernilen  Etrusker  hält  Hr.  H.  für  iden- 
tisch   mit    der    von    Cicero    aufbewahrten    Nachricht     der 
Rittervcrdoppeluug    naili    dem    Krieg     mit    den    Aequern 
und     macht    einen     grossen   Aufivaiid    der    scharfsinnigsten 
Conjecturen ,   um  die   beiden   widersprechenden   Nachrich- 
ten   des    Cicero    und    Claudius    zu    vereinigen.      So   z.   E. 
sagt  er,    Aequi    (bei   Cic.)  sei  vielleicht  iiomeii  appellati- 
vniu    für    die    besiegten   Neubürger  gewesen    (aeqiii   d.  h. 
Gleichberechtigte),    und   dieser   Name  sei  später   irrthüm- 
üch    auf   das    A'cilk    der    Aequer    bezogen    worden,     oder 
vielleicht    hätte    das  Cäliaiiische  Heer    dem   König    gegen 
die    Aequtsr    beigestanden    und    dafür    zur  Belohnung    das 
riim.    Bürgerrecht    erlangt    etc.        Claudius     und    Cicero's 
Nachricht    steht    für    sich;    dieser    handelt    nur    von    den 


Equit.  unter  Tarquin.,  jener  von  der  Aufnahme  des  drit- 
ten Stamms  in  Rom.  Die  Zeit,  wann  dieser  Stamm  aus 
Etrurien  kam,  ist  durchaus  dunkel  (Lir.  I,  13)  und 
wird  von  Einigen  früher,  von  Andern  später  gesetzt, 
zu  welchen  Letzteren  auch  Claudius  gehörte.  Nach  H. 
müsste  man  sogar  eine  doppelte  Etrusk.  Einwanderung 
anuehiiien,  das  erstemal  unter  Romulus  (p.  33),  wo  auch 
ein  Etrusk.  Hülfsheer  aufgenommen  sein  soll,  das  zweite- 
mal unter  Tarq.  die  besprochene  Streitmacht.  Wie  leicht 
waren  beide  Heere  -zu  verwechseln  und  sind  es  überhaupt 
wirklich   zwei  Heere   gewesen? 

3j  Angenommen  endlich,  dass  ein  Hülfsheer  aus  Etru- 
rien nach  Rom  übergesiedelt  sei,  so  entstehen  doch  an- 
dere Schwierigkeiten,  nämlich  a)  die  Frage,  ob  dieses 
Heer  in  damaliger  Zeit  so  stark  gewesen  sein  kann,  dass 
man  daraus  12(iü  equites  und  l2üüO  pedites  zu  nehmen 
im  Stande  war,  ja,  dass  diese  als  ein  Drittel  des  ganzen 
Staats  angesehen  wurden  1  Man  darf  nämlich  nicht  ver- 
gessen,  dass  es  kein  vollständiges  Heer,  sonAeru  reliquiae 
eines  von  manchen  Drangsalen  heimgesuchten  Corps  waren 
(s.  oratio  Claudii).  Solche  hätten ,  wenn  sie  gekommen 
wären,  nicht  einen  Haupttheil  des  Staates  ausgemacht,  sondern 
wären  ohne  einen  neuen  Unterschied  zu  den  andern  Pfahl- 
und  Neubürgern  gerechnet  worden;  b)  in  Beziehung  auf 
die  andern  Neubürger  entsteht  eine  andere  Frage,  näm- 
tich ,  wie  sie  sich  zu  jenen  rechtlich  verhielten?  Es  sind 
nach  H.  gewissermassen  zwei  Arten  von  Pleb.  geworden, 
denn  Plebs  im  wahren  Sinn  soll  auch  die  Cälier  mit  um- 
fassen ,  aber  der  Abstand  nnter  und  zwischen  ihnen  ist 
nicht  klar  genug  geworden.  Dem  Verhältniss  der  Lu- 
ceres  zu  den  Tities  analog  müsste  der  Unterschied  ziem- 
lich gross  sein,  und  dieses  ist  doch  nicht  möglich,  wenn 
beide  Classen  rechtlich  Plebejer  waren.  Die  Sache  ist 
80  schwer  zu  entscheiden,  dass  Hr.  H.  selbst  sich  nicht 
,  deutlich  genug  ausgesprochen  hat,  denn  p.  51  scheinen 
die  Cälianer  von  ihm  höher  gestellt  zu  »Verden,  als  die- 
ses p.  7(j  der  Fall  ist.  —  Rechnen  wir  Alles  dieses  za- 
sanimeu,  so  dürfen  wir  wohl  die  neuen  Cälianer  ganz 
von  uns  weisen  und  können  bei  dem  leichteren  und  na- 
tnrgemässeren  Verhältniss  des  Dualismus  (d.  h.  seit  Serv. 
TuU.)  stehen  bleiben. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Misccllen. 

Trier,  10.  März.  Eins  dei-  kuslhaicn  kleinen  Kunsl'lcnk- 
inale  unserer  Stadt,  der  in  dem  Einbar.il  einer  iirallcn  l'.wingc- 
lieiiliandscbrift  eingelassene  Onyx  mit  den  treiriicli  sescliniltenen 
Portratköpfen  einiger  Glieder  der  Familie  Angosttis,  wifd  von 
Herrn  Francis  Palgravc  in  Lomlon  in  einem  Sclneihcn  an  den 
Karl  of  Aberdeen  (archaeologia,  Vol  WVII.  419)  bescliricbcn 
und  gewürdigt  ,  auch  diucli  eine  gdungciie.  Abbildung  er- 
läutert. 

Paris,  15.  M.ar/..  Auf  der  Sirasse  von  Cainbrai  nacli  Va- 
lenciennes  bat  man  eine  hislier  nocli  iinl)ckannl<!  gallisclie 
Golilniiinze  mit  einem  Jamiskopfc  und  einem  si)ringondcn  Hosse 
grfnnilen. 

Halle.  Am  28.  Nov.  starb  D.  GusI  Jnl.  Ado.  B  u  rm  e  i  M  c  r, 
OI)cilehicr  am  Gymnasiiim   zu  Entin,   im   3l     l.cb.  nsjalire. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft 


Freitü",   10.  ]\Iai 


1839. 


Nr.  56. 


j)  Die  ^'erfassiiiig  <los  Königs  Servius  Tulliuä,  eiitivickelt 
von  P.  E.  Huschke. 

2)  Die   "t'erfassiiiijj    des    Senilis   Tiilliiis    in    ihrer  En<- 
«ickclunf.      Dargestellt  von  F.  D.   Gerliic/i. 

3)  Disquisitio    de  Ronianoriim    Comitiis    au<ore  P.  van 
der   y'elden. 

(Fo  r  <s  e  t  2  u  ng.) 

3.  Capifel.  Van  der  Tribusverfdssung  und  Vollen- 
duH'j,  der  Stadt  (p.  ö.'J  —  KMi).  Dunli  die  ilen  Altbür- 
gerii  iiiiliergcstellten  Cäliiiioiif.  «arcii  die  Pleb.  gleich- 
«ani  von  selbst  provocirt,  ilire  RecLfe  geltend  zu  niarhen, 
Mas  durch  Serv.  Tüll,  geschah ,  ivelcher  durch  die  Pleb. 
zur  Kiinigswürde  gelangt  »var.  (Beiläufig  bemerken  wir, 
dass  Serv.  Tüll,  nicht  durch  die  Plebs  konig  geworden 
war,  sondern,  wie  Liv.  sagt,  iniimsa  populi,  vultt/ilale 
putruin,  oder,  wie  Cic.  sich  ausdruckt,  non  iussu  sed  vo- 
lunlale  ittqiieconcessucivium,  d.li.  einige  Pafricier  waren  An- 
fangs für  ihn,  aber  nicht  ilas  ganze  ^olk,  darum  regierte 
er,  ohne  von  den  Cnriatconi.  gewählt  unil  bestätigt  zu 
sein,  nur  nach  Zustimmung  des  Sensiis  (voluntale  pnlrum). 
Allmählich  setzte  sich  aber  Serv.  Tüll,  durch  seine  neuen 
Einrichtungen  (Ccnsus  und  Cent.  Com.)  in  des  gesammten 
^'olks  Gunst  und  verlor  dadurch  den  Einflnss  bei  der 
vornehmen  Kaste.  Darum  berief  er,  um  sich  recht  sicher 
zu  stellen,  denn  er  hiirte  die  Leute  sagen:  se  iniussu  po- 
puli regnare ;  die  Centurien,  um  sich  von  denselben  zum 
König  wählen  (er  halte  ihnen  das  Wahlrecht  gegeben), 
und  sodann  die  Curien,  um  sich  bestätigen  zu  lassen, 
was  Cic.  mit  diesen  Worten  bezeugt:  non  commisit  ae 
patribus ,  sed  —  populum  (Cent.)  de  se  ipso  consuliiit 
iussusque  regnare  legem  de  iiiiperio  suo  curialam  tutil. 
Diese  von  einer  spätem  Zeit  in  Serv.  Tüll.  Regierung 
geltenden  Nachrichten  hat  Hr.  H.  nicht  berücksichtigt, 
und-  nur  die  sich  auf  dessen  Thronbesteigung  beziehenden 
benutzt,  aber  falsch  erklärt.)  Mit  Serv.  Tüll,  geschieht 
der  L'ebergang  aus  dem  persönlichen  inneren  Moment 
in  das  sächliche  äussere;  das  Princip  der  Geschlechter- 
tribus  erhält  eine  neue  Basis,  die  allmählich  das  persön- 
liche zurückdrängen  musste.  Und  zwar  ist  zvveierlei  bei 
Serv.  Tüll,  zu  unterscheiden,  1)  die  Tribuseiiirichtung , 
die  innere  Zusammensetzung  des  .Staats,  um  die  Plebejer 
als  Hauptbestandlheil  einzureihen,  2)  die  Centurienver- 
fassung ,  betreffend  die  äusseren  Functionen  oder  <lcn 
.4ntheil,  welcher  Jedem  im  Staat  an  dessen  Rechten  und 


Lasten  zukommt.  Von  den  Tribus  ist  Folgendes  die  Haupt- 
sache: Serv.  Tüll,  richtete  4  neue  Tribus  ein  (Pallatiu. 
C'ollin.  Subnr.  Es(juil.)  als  örtliche  (im  Gegensatz  der 
alten  Roniulischen  persönlichen  Tribus)  und  ilen  ganzen 
.Staat  umfassende  Eintheilungen.  (Dass  nicht  bloss  Pleb. 
darunter  standen,  hat  Ilr.  H.  recht  gut  gegen  Niebuhr 
gezeigt).  Die  Trib.  Collin.  und  Palat.  sind  die  Wohnung 
der  Tit.  und  Rainn. ,  <lic  Snbiir.  die  der  Lucer.  und  die 
Esijuil.  die  der  vornehmen  Pleb.  (Pfahl-  oder  Ausbürger, 
den  früheren  Luceres  entsprechend)  ;  diese  Eintheilung 
war  schon  >or  Serv.  Tüll,  vorhanden  und  wurde  von 
diesem  nur  als  polit.  Staatseintheiliing  angeordnet.  Auch 
fällt  dieselbe  mit  dem  ius  sacrnni  zusammen,  ja,  sie  ging 
aus  einer  sacralen  hervor.  (Das  Princip  der  Wohnung 
ist  wohl  im  Ganzen  richtig  und  nur  nicht  in  der  Aus-  ' 
dehnung  anzuwenden,  w  eiche  Ilr.  IL  aufstellt.  Auch  geht  er 
darin  zn  weit,  wie  <ler  Boden  mit  dem  ius  sacriim  zu- 
sammenfalle, indem  er  ilaraus  die  Heiligkeit  der  Tribu- 
nen, die  leges  sacrosanctae ,  das  Recht  der  Tribunen, 
die  Tarpcische  Strafe  zu  vollziehen  etc.,  herleitet.  Alle 
diese  Vermuthungeii  sind  sehr  gewagt  und  bedürfen  schär- 
feren Eindringens  und  näherer  Beweise).  In  den  Tribus 
sind  keine  IJnterabtheilungen,  weil  Grund  und  Boden  etwas 
l  niebendiges  ist,  oiler  weil  die  Specics  sich  nicht  in  neue 
Species  zerspalten  kann  (dieses  ist  der  Beginn  einer  län- 
geren phvsiol.  Exposition  p.  (jj  sq.,  welche  wir  uns  nicht 
entschliessen  können,  zu  wiederholen);  daher  sind  com. 
tributa  nach  Köpfen.  Nach  ilen  Tribus  richtet  sich  aucli 
die  Steuer  und  der  Kriegsdienst,  nämlich  4000  pedites 
aus  jeder  Tribus  zu  einer  Legion  nebst  300  cqnites, 
weil  die  ritterliche  Thätigkeit  noch  dem  persönlichen 
Princip  angehört  —  der  Ritter  betritt  nicht  mit  seinem 
Körper  die  Erde,  wie  der  Fusssoldat ,  sondern  lenkt  nur 
mit  der  Hand  das  Ross,  welches  die  Fortbewegung  über 
der  Erde  seinem  Leibe  abnimmt;  —  4ü0  eq.  werden 
erst  dann  zu  einer  Legion  genommen ,  als  das  sächliche 
Princip   das  persönliche   besiegt  hatte. 

Zugleich  wurde  Sonderung  der  Stadt  und  des  Landes 
angeoriliiet,  welche  erst  dann  möglich  ist,  wenn  sich  der 
Staat  so  weit  veräusserlirht  hat,  dass  das  Abstammungs- 
princip  das  des  freien  Handelns,  die  Person  die  Grund- 
stücke zur  Selbstständigkeit  cnllässt;  da  trennt  sich  auch 
der  Landbau  von  dem  früher  allgemeinen  Uirtenleben , 
Stadt  und  Land;  die  Stadt  als  Princip  des  freien  persön- 
lichen Handelns,  das  Land  als  Princip  des  Erwerbs  und 
Vermögens  durch  Ackerbau  (??).     Die  4  städtischen  Tri- 


443  444 

Lus  Iicisson   rorzugsiveise  <riliiis  (nnr  fi'ir  Pafric.  und   ror-      als  «las  Aiiilcrp.      Der  firschäftskrois  der  Ciiripii   is<   .im  li 
iiehiiip  IMcb.)  ,    ilio  26  laudliclipii   lipissoii   rogioiics,   nicht      ein    dem  Interesse    der   l'icli.   so    fernliegender  nnd   freni- 
tribns,    nnd    sind   nur  für  die   Pleb.   liestininit,   denen   der      der,    ilass    man    niilit    begreifen    kann,     h  ie    Pleb.    über 
Kiinif  Grnndeigenthum,  aber  keitien  Antlieil  an  den  A'er-      Angelegenheiten  tler  (ieschlerbfer  li.'itlen  niitstininien  koii- 
fa^snngsreiliten    lersehallte ,     d.    )i.    fiir    die    Calinnintaner      iien.      Zudem    H.'iren    die   StiniuigebencleM    in    allen   Coniit. 
nnil    die   geringen  Servian.    Plebejer.      Die   4   Tribus  li.ibeii      sich    gleirli  ,    wenn    die   Turien    auch     die    (jemeinde     iiin- 
fiir    den     ganzen    Staat,    die    regiones    nur    fiir    ilie     Pleb.      fassten  ,    nnd  es    iv,'ire    nicht    nötliig   genesen,     den    Tribut. 
Bedentnng,   die  trib.  bernheii  auf  dem  st.'idtischen  Princip      Com.  unter  steten   Kiiniiilen  Macht   und  .Ansehen   zu   errin- 
der     AVdhnnngen ,     die      regiones     dagegen     anf    dem     des      gen,    «enn  die  Pleb.  schon   andere  ("omilien    gehabt  hätten, 
<irundeigentliums.       l'nter     ihnen    sind    2   Grade,     die   ar-      iu    denen   .sie   die    («ewalt    der    Patr.    brechen    konnten,    da 
liieren    von     Serr.    aulgenonuneiien     und     die    vornehmeren      ihre   Zahl    in     jeder   Coric     ilie     {grössere    uar.       AVas    die 
(die   iieugeschairenen   sog.    Caliaiier) ,    «eiche   beide    lUeii      pleb.     curiones    betriflt,     so    lasst    sich    deren    A'orkommen 
Jieissen    und    von  .Serv.   (iriindpi<:^enthurii    empfingen.      Als      dadurch    erklären,    dass    die   Curien    i/i    religiöser  liezie- 
dritter   pleb.    Grad   sind    die    in   einer   stadt.   trib.   wohnen-      hung  allerdings   alte   Staatsgrnndeintheilungen    waren,    nnd 
den  Exi|niliiier   zu     betrachten,    welche    von     hoher     polit.      dass     in     dieser   lieüieliiiiig    auch    die   Pleb.    an    den   sacris 
.Viiszeiclinniig    nnd     den   Patriciern    gleichberechtigt    sind.      ihrer   Curie   .Aniheil    nehnien    und   Curionen    werden   koiin- 
J)ie   stallt,   tribus   bleiben  so  lange   die   angeseheneren,   als      ten,    was   aber,    wie   aus   Ovid.    Fast.    11,   ,02  7   viv.    Iicrvor- 
das   Persünliclie    liberwog,    denn    die   Stadt     war   der   !Mit-      geht,   seilen    geschehen   sein   nniss.       Politisch     und    reclit- 
(elpunkt   des   politischen  Lebens   und   der  Städter  war  Aoll-      lieb     hatten    die   Pleb.    keine    lieriihruiig    mit   den    Curien, 
bi'irger.       Hier    wohnt    der    Patricier     und     der    voriiehiiie      welches   Üionvs.   in   dem  so   häufigen  Verkennen  alter  Zu- 
pli'b.   Exijuiline,     der   Plebejer    aber    wohnt    fern    uiii    der      stände     und     A'crhaltnisse    mit    der    religiösen    l'erbinduiig 
Sladt,    sein     kleines   hereilinm    bebauend.      Später    wurden      verwechseln   mochte.)      Es    waren   .'30  tribus,    welche   Zahl 
die    tribus    ruslicae    (dieser   >an^e    kam    statt    regio    auf)      mit    den    3U  -Irgeern    in    A'erbindunj    stand,    ebenso    die 
angesehener,    als    das   sächliche   Princip   zum    Diirclibrncli      27    Capellen ,    nämlich     für    die   ]iagi ,     welche     mit    den   .i 
kam,    als  '»ruiögen    und    Reichthnin    statt    der    Abstam-      Tribus    für    Ramn.    Tit.    Luc.     zusammen    auch    30    aus- 
iniinj  sich    geltend   machten    und   die   Stadt    als    .Aiifeiitlialt      machten.       Das   A'erhällniss    zu    ilen   Centurien    i.st   folgen- 
der  armen    Dnrgcr   verächtliih    wurde.       (Hier    ist    manche      des:    17   Tribns   machten  (71  Cent,   (aus   jeder  Tribus   alle- 
gute  und   sihüne   Idee    mit   falschen    und    w  nmlerliaren  ver-      mal    10   Cent.),     4   Tribus    für    fabri    und    cornic.    (auch   4 
ii:is(lit,    z.    E.    der   Gedanke     von     der    Superioritiit     ei/ies      Cent.)    und    ö     Tribus    für    die    (i.   Classe ,     welche    aus   .'i 
Plibejerstamnis  der  Exijnil.,   auf  w  eiche  Hr.  H.  durch  meh-     Abtiieilungen    bestand,     aber    nur    eine    Gesanimtceuturie 
rere    Aachri.hten     geführt    wurde,     denen     zufolge     Serv.      bildete,   zusammen    26   tribus   rusticae.     (fii   diesen    letzten 
lull,   auch    Plebejer    in    den  Senat  geiiomuien  hatte.    Diese      Gedanken    findet    sich    manche    nicht   anneliinbare   A'ermu- 
IJevorzugniig   niiiss   jedoch  nicht  auf  einem  nationalen  Prin-      thuiig,    x.   E.   dass    fabri     und    com.    4   region.    oder   tribus 
«ip   beruhen,  sondern   ist   einfach   aiisServ.   f iiiiokratischer     ausgemacht  haben   sollten,  denn   dass   das   A'erhältniss  der 
(irundidec   zu   erklären,    indem    es    billig    war,    <lass    die      Trib.    zu    den   Cent.    —    wenn    es    liberhaupt   existirte  — 
Jileb.    Familien,     welche    an    Reichthum    den     AHlinrgern      ein   ideales   gewesen   wäre,  verstOsst   ganz   gegen  den  (ieist 
gleichkamen,  auch  ebenso  berücksichtigt  w  urden.     Warum      der    alten    und    einfachen   Zeit,    iu    welche   jene   Einrich- 
iliesc  als  Staatsgrundbestaiidtheil   angenommen    werden  und      tnngeii   fallen,    nnd    es    ist   nicht   möglich,  dass   die   Tribus 
eine   4.   besondere   Tribus   erhalten,   ist   ebenso    wenig  klar,      local   so   verschieden    gewesen   seien  ,   als   es    nach   Hrn.   H. 
als    die   übrigen    sicherer   Zeugnisse    ermaiigelinleii    Cl.sssi-      sein   niüss(e).       Das    Acrhaltniss    der   .^(J    alfeii    zu    den   o.i 
licationen).      Die   andern   genokratischeii  Tribus    bestaiideu      späteren    Tribus    ist    nicht    mit    Mebiihr    durch    eine    Vcr- 
Jioili  fort,   hinsichtlich   der  patric.   Vorrechte   (sacra,   Cu-      minderung    der    ,'j()  auf   21»    welche   dann  allinählich    ge- 
rien,    Senat  etc.),    doch    in   Hinsicht  «les.'^en  ,    was  in   der      wachsen,   zu   erklären  (leseuswerth !  i  ,  sondern   die  21  ent- 
früheren    A'erfassung  auch   ortlich    bestimnit    wurde,   traten      standen    a.    u.   2.j')    neu    und   selbstständig    durdi    die    ^'er- 
die    neuen    Locallribus    an     die   Steile    der   allen    iiiid    wiir-      siebenficliiiiig   der   H   Geschlechterconiplexe    Patric,    CäW- 
ilcii    überhaupt    immer    mehr    der    llittcljuiiikt    des   picbci-      mont.     und    Pleb.       Die     bisherige   Einheit    der    :)   Stämme 
ichen  Staatsleucns.    Sogar  die   Curienversaiiimlungen  wur-      entfaltete    sich    mit  erreichter  iMniidigkeit   zur  Siebenheit 
den    von    nun    nach   Tribus    gehalten,   auch    Plebejer    kmin-      ('i  X  7   =   21),    weil   sich   im    Anfang   der   Republik    mit 
teil    darin   aufgenommen     werden,    und   seit   <!er   iMitte    des      erreichter   Pubertät   Grund    und   Roden    neben    die    Person 
4.   Jahrhiiiiderls   wiinlen   alle   Römer   Ciirialen.      (Letzlere       gestellt    hatten,    so   dass   nicht    bloss    die    Person,    sondern 
Annahme   ist   durch    Nichts   zu    beweisen,    <!enn    wenn   sich      auch     der    iJodeii    die    Staatsverfassung     bestimmte.       (Die 
Hr.    H.    anf    die    30   Lictor.    (welche    ohne   Zweifel    Pleb.       verdächtigen    Cälimont.     dienen     dieser     llvpotliise     nicht 
tvaren)    als    Repräsentanten    der    Curien     in    <len     späteren       zur    Empfehlung,     und     wir    müssen    vielmehr     gegen    alle 
Curiat.  Com.   beruft,  so   beweist  das   nur   ilie   geringe   IJe-      aus     diesem    Stamm     gemachte     Folgerungen     protestiren. 
cleiitung,    welche   jene  Com.     noch    für    den   Staat  haften.      Die   ganze   Idee    ist    noch    unsicherer,    als   j\iebuhr'n  Hy- 
Die   Lict.     waren     nicht     >tiininberechtigtc     Stellvertreter,      pofhesc). 

sondern   nur  der   Form    halber   zugegen,   30  stumme  iMäii-  Zum   Srhluss   des   Cap.    handelt   Hr.   H.   noch    beiläufig 

Der  für  die  30  Curien,  Ebenso  wenig  lässt  sii  h  aus  der  von  den  räumlichen  \'erliältnissen  der  Stadt  Rom,  von 
von  Hrn.  IL  behaupteten  Zulassung  iler  dienten  dasselbe  den  schon  iu  der  Einleitung  erwähnten  zweimal  7  Hügeln 
auf  die  Pleb,  scLliesseu ,    denn    das  Eine    ist   so   unwahr,      und    von    der    doppelten   Riiiginauer    unter  Serv,  TuUiiis, 


445 


446 


iiJimlirli  a)  die' gcKdicIi  R(ii!iis(  Iio  ,  «rldic  6  Iliigol  iim- 
fasslc,  ohne  den  Aioiitin,  I))  die  L.doiiiis«  lie  oder  irdisdi 
Riiinisdie  mi(  allen  7  lliii,'«'!"-  Ks  fohlt  nicht  an  >S(in- 
drrlarkciion,  ■/..  E.  über  die  üodendMiif  dos  Capitol 
I).  103  sij.  II.  a.,  doch  "ir  h ollen  imlit  dabei  verteilen 
und  nnr  noch  auf  die  3  '«"  Areal  Roms  zn  untersehei- 
denden  und  i.nm  Thcil  schon  von  Rnnsen  bemerkten  3 
jiolitischen  IIau|i(niasson  anfnierksani  niaehen:  A.  die  Stadt 
Äff.  Roniulns  mit  ,')  Iliiifeln  Palatin.,  Coel.,  Qnir.,  '^'imin., 
Exqnil.  (das  alte  Septiniontiuni) ;  15.  die  Sabinorstadt  des 
Tatius  mit  religiösem  Prinriji,  mit  dem  Tarp. ;  C.  die 
Latinerstadt  des  Remus ,  mehr  geduldet  als  beicchtigt, 
mit  dem  Aventin.  —  Die  besten  üntersurhungen  liber 
das  p.  lü'J  eruiihnte  pomoerinni  findet  man  in  A.  U.  Tre- 
kcU  antiijq.   sei.   ],  <■.   J,  p.   15  — '26. 

4.    Capitel.      Cenlurieiiverfassuiig    des    Serv.    Tullius 
p.    107  —  L'44.       ))ie    Ceuturien    beziehen    si(  h     auf    die 
riinrtiduen    der    cives    fi'ir    den    Staat,     militia,    tributnin 
und   sufl'ragium.    Das  AVort  cent-   (loii  rentnni   viri   herzu- 
leiten,  nicht  von  100  Geschlechtern,  «ie  INiebuhr  glaubte) 
ist  keine    ii  il!kürli<  he  Benennung ,   sondern    «ar   von    einer 
nrspriinglichen    Hundert/ahl    entlehnt,     jedoch    nicht    von 
den    equites,    sondern    von  pleb.  pedites.      So    waren   die 
Cent,    substantiell    schon    vorhanden,    aber    Serv.    Tullius 
stellte  den   vorgefundenen  Begrift'  nun   erst  in   den  IMittel- 
pnnkt   des   Staatslebens,   ohne  Rücksicht   auf  die  Zahl   100 
mit    der    Dedeutnng    einer    idealen    Gesamnitheit.      (Dass 
eent.   später  und   zwar  lorzugsweise  von  pedites  vorkomme, 
ist  zwar   wahr,    man    hat   aber    kein  15eispiel    von   diesem 
Gebrauch    vor   Serv.    Tüll.,    wahrend    bei     den     eqiiit.    der 
ältesten   Zeit    ausdrucklich   Cent,    genannt    wer4len   Liv.   I, 
13.  3H.   43.   Lyd.    de   niag.   I  ,  (t   etc.      Darum    kann    man 
mit  grosserer  Wahrscheinlichkeit  das  umgekehrte  behaup- 
ten,  dass   der   ursprünglich    nur   von  den  llititern  gebräuch- 
liche  Aanie  Cent,   durch  Serv.  Tüll,   zu   einer  allgemeinen 
idealen    liezeichnung    erweitert     worden    sei.       Der    Aus- 
druck  decuria   aber    kann    als   Unterabtheilung   der     eqnit. 
recht   gut   aw(  h  neben  reut,  bestehen,    wenn  iiir  cent.  mehr 
als  militärischen  Manien    auffassen,    decuria  aber  lorzi'ig- 
lich   von  den    in  den   Curien  stehenden   gentes  verstehen.) 
Durch     diese    Einrichtung    drang    die    politische    Freiheit 
aus   der   Hand    (Patr.)   in   den  Fuss  (Pleb.),    das   Innerliche 
hat  sich   i(räiisserli(  ht ,   das   Heer,   welches  bisher  celeres 
hiess,    obgleich     es    pedites    in    sich   schloss,    entlässt    die 
I>ed.   zur   .Selbstständigkeit,    statt  Cnrien    sind   nun   Cent.; 
Fussdieiist    und   Grundbesitz    bilden    von     nun    das   normi- 
rende   Princip.      Lebrigens    hatten   die   dienten    und   Pleb. 
in    den   Curien   schon   so    viel  Gewicht  erhalten,   dass  Serv. 
Tnll.  sorgen   musste  ,   dieses   auch  /b/we// so  einzurichten. 
(>Väre    die   Ent«  iikelung   wirklich   so   vorwärts    gegangen, 
da    hätte   Serv.   Tnll.    kein     grosses   Verdienst    gehabt.      Er 
erscheint    überhaupt    bei   Hrn.    H.    weniger    als   selbststän- 
<liger  Schiipfer  neuer  F.inrichtungeu,    denn   als  ein   durcli 
die   Umstände    und   fortgeschrittenen   'Wrhältnisse   zu   eini- 
gen   Aeuernngen,     die    schon    fast    vollendet    vorlagen    — 
wenigstens   substantiell  —  geführter   König,    so   dass  jeder 
Auderc   an  seiner  Stelle   waiirscheinlich  auch   nicht  anders 
gehandelt  haben   »ürde.       Wie    verträgt  sich   das  mit  den 
sonstigen    grossen   Lobeserhebungen    des  Servius    nnil   sei- 
ner  Verfassung?    —    Dass  Pleb.  und  Client,   in   den  Curien 


sich  viel  Einfluss  versrliad't ,  wird  mit  Unrecht  aus  Fest. 
\.  centuriata  comilia  gefolgert,  ilenn  die  Stelle  lautet, 
«enn  man  sie  ohne  vorgefasste  IMeinung  liest,  nicht  an- 
ders als:  Curiat.  Com.  werden  zuteilen  auch  Cent. Com.  ge- 
nannt, weil  das  A'olk  aus  3  Haufen  bestand,  von  denen 
Jeder  100  gentes  ninfasste.  Wo  wäre  auch  nur  eine 
Idee  von  Pleb.  oder  dienten?  Die  Stelle  selbst  heisst* 
Cent.  Com.  item  cuiiala  dicebantitr,  quia  pop.  Rom.  per 
centenus  iuvmiis  dicisus  crul.)  Im  Ganzen  ist  die  Cent.- 
verfassnng  eine  A'crmittelung  der  Curien  und  Tribns, 
Geist  (cur.)    und    Leib   (»rib.)   verbindend    rtc.   s.   p.    lls. 

Darauf  wendet  sich  Hr.  H.   zu  der  Untersuchung  über 
die  Serv.  Ordnung  und   fragt  nach   den  Gründen   der  Cen- 
lurienzahl   ebenso» olil,   als    nach    den  Ursachen  der  Schaz- 
zungsabstufungen.      Zuerst    uird    von   der  Natur  des  Geliles 
gehandelt,    als    dem    Moment,    welches     die    Einheit    der 
.Sachen  (des  Vermögens)   ermittelt  und   normirt,    zugleich 
aber   auch   als    Unisatzniittel   dient.       Dieses    ist   nach   dem 
Gegensatz   des   röm.   und  quir.  Prinrips   zweiartig,   namlich 
nach   röm.    Princip     (<lem    rier    Abstammung)    ist    J'iefl    der 
AVerthuiesser  aller  Dinge  ,   weil   das   Aieh  dem   Menschen 
am    nächsten    steht    und     zur    Beiuitzung    der    Sachenwelt 
dient;   nach   quir.   («esichtspunkt   (des   Grunds  und  Bodens) 
i'-t   ilas   Metall,    das    Lebloseste,    namentlich     Kupfer    der 
Träger  aller  Sachen.      Darum   besteht  die   röm.   Strafe   in 
^  ich    (viulcfa),    wegen   ^'ergehen    gegen   die   mehr   äussere 
Gewalt   der  Magistrate,   die   quirit.   Strafe   in  Geld    (sacra- 
menttim)    bei   Vergehen    gegen    die    mehr    innere    Gewalt 
der    Gottheit    oder    des   A'olks.       Diese    beiden    Geldarten 
1  erhalten  sich   zu   einander    wie   Aoiisserlichcs  und   Inner- 
li<hes,    Princip    und   Basis;    das   röm.    gibt    nnr   die  Pro- 
gression  von    der   Person   zu   dem    sächlichen   Tauschwerth 
selbst  an  ,   ilas   quirit.   drüt  kt  jene  Progression   auf  eigent- 
liche    sächliche    Weise     aus    und     stellt    einen    absoluten 
Tauschwerth    hin,    das   Persönliche     des    Gebrauchswerths 
abstreifend,    welches   das   röm.  Geld    behält.      Das   Metall- 
geld    wurde    erst    später    als    AestiiiKvtiün    des   natürlichen 
A\  erthmessers  (A'ieh)  aiige\t.Tndt   und  hiess  darum  pecunia. 
Auf   ein   Rind    wurden    1()(1   Pfund   Erz,   auf  ein   Schaf  10, 
auf    ein  Schwein    wahrscheinlich    5    gerechnet.      Diese  3 
Tliicre   entsprechen   im  Staat  den    equites  ,  der  Leibwache 
ohne   Pferde    und    den   pedites  ans   den   dienten,   im  Men- 
schen    den    Händen,    Schenkeln,     Füssen,    worauf    die    3 
Tliätigkcifen  des  Greifens,   Sitzcns    und   Gehens  beruhen. 
So   liegt    in   jenen    3   Thieren    die  Progression    des  Men- 
schen zu  den  Sachen   ausgedrückt,    indem  sich   der   Patr. 
zu    den    Client,     verhält    viie    1  :  10;     oder    ein   Edler    ist 
gleich    10   Unedlen,     l    Unedler   in     10   Rindern,     1    Rind 
=    10  Schafen,    1    Schaf  =    10   Ass.       Aach   dieser   Ta^e 
macht  das  A'ermögeu   eines  vornehmen  Bürgers    10000  Ass 
(d.    h.    nach   der   alten   Verfassung),   aber   nach    Serv.  Tnll. 
100,000  Ass;  denn   ila  ilurcli    ihn  der  Staat   aus  der  Hand 
in    den  Fuss,   aus   der  Zeheiiheit   in   die  Hnnderthcit  über- 
ging  und   die   Freiheit   des  Bürgers   nach    Aussen    zehnfach 
erhöht   war,   so   musste   auch   das  Vermögen    um  eine  Stufe 
steigen   und   verzehenfachl  it  erden.     \on   nun  sind   I('(),OÜO 
Ass     das   Vermögen    eines   A  ollbürgers     in    der     1.   Classe , 
l(t,000  das   eines   Pleb.   oder  dienten.      ("Wie   zweifelhaft 
die   meisten   der   gewonnenen  Resultate    unil   viie   unsicher 
der  künstliche  AVeg  sei,    auf   welchem    dieselben    gcHon- 


447 


448 


neu    sind,    beilarf   hier    keiner    Eriiiiieriiiig; ,    man     denke 
nur  an  das  ^'erhältniss  von    lU   zu    lüO  "•   s.   w.). 

Um    die    Zaiil    der   Classen    und    Cent,    zu     erklären, 
nimmt  llr.   H.  alierni.ils    zu    den   melirgedacliten  Aeqncrn 
oder  Cälimont.   seine  Zuflurlit   und   erkennt   in   der  ganzen 
Einrichtunj;  ein  slaainiartiges  oder  Nationalprinc.ip.    Grund- 
^vjuis  soll  die  Zahl    von    20  Cent,    sein,    «elthe    in    den 
mittleren    Classen    sich    zeigt.       Die   erste   Classc   bestehe 
ans    viermal    20    Cent.   z=    80 ,    nämlich    dreimal    '20    für 
Kanin.   Tit.   Lue.,  also   für  die  3  Patricierstämme,   und  20 
für  die  vorneliinen    pleh.   Exijuiliuer.      Die   2.,   3-   und  4. 
Classe  nmfasst  die  Aeijuer  oder  Calim.,  jede  mit  20  Cent., 
als»   eine   Art  von   mittleren   Pleb. ;  die  ö.  Cl.  mit  30  Cent, 
enthalte   die   geringen  Pleb.,   nämlich   in  2(i  trib.   rust.  und 
4  trib.   urban.    Darauf  folgen  Bemerkungen   über  <lie  Ein- 
theilung  der  Cent,    in  se/i.   und   tun.,    «ü    die    sonilerbare 
Behauptung    Platz    findet,    Serv.   Tüll,   habe    diese   Duali- 
sirung  nach  dem   Alter  an   die  Stelle   der  Dualisiriiiig  der 
Patric.    iu    priores  und    posteriores    treten    lassen,    als  ob 
das  Alter    Einzelner    neben    ilas    Alter    der    Cieschlechter 
gestellt  «erden   ki'inne,   «vas   um  so  unwahrscheinlicher  ist, 
da    Serv.    Tüll,    diese    Eintheilung    auf    das    ganze    Volk 
übertrug,   während  sich   die  Ordnung  der  pnst.    und  prior, 
nur  auf  die  Patric.  bezog.    Warum  Serv.  die  beiden  .lahre, 
das    17.   (als  Anfang    der  Pubertät)    und    das    4ö.   zu  den 
wichtigsten    gemacht   habe,    wird    nach    der    Etruscischen 
Zeitansicht  erklärt,    welche    das   ganze  Menscheiialter  in 
12  Siebenhciten   zerlege,    so    dass    ^/,   oder   14  Jahre  auf 
die   Unmündigkeit,    ^/^  oder  H'i  Jahre   auf  das  halbe  Le- 
bensalter  gekommen  wären.      Zu  beiden   habe  Serv.   Tüll, 
die   Satiirnische   Dreizahl   hinzugefügt,    um   volle   pubertas 
und  volle   iunior    aefas    herauszubringen ,    welche   Coiijec- 
turen  sowohl  sehr   kühn,  als   ohne    weiteren   Einfluss  sind. 
—  Darauf  kehrt  Ilr.  H.   zu  den  Classen   zurück,   insofern 
sie   nach    den  3  Hauptbostandtheilen   des  Staats   zusammen- 
gesetzt seien,   und   sucht  dieses   näher  zu  begründen,  z.  E. 
1)  die  Zahlen  SO,  20,   20,  20,    30    deuteten    auf  einen 
Unterschied    der  ersten    und   iler  andern  Classen   hin  (ein 
Interschied    ist   natürlich   da,    aber    auch    eine   Stammver- 
gcliiedenheit  ?) ,   2)  der   1.   Cl.   würden   andere  entgegenge- 
getzt,   wie   der  Ausdruck  classici  und  infra  dasseni  beweise 
(dieser  schroffe  Gegensatz  ist   wohl  durch  den  auffallenden 
Vermogensabstand  zu    erklären),    3)   Dion.   IV,   20  sage, 
der    Ausschlag    sei    gewohnlich    mit    der     1.   Cl.    gegeben 
worden,  selten  sei   es   bis  zur  4.,  am  seltensten  zur  5.  ge- 
kommen  (auch   dieses   ist  ganz  natürlich  und  beweist  nicht, 
dass  die    1.,   2  —  4.   und    :>.    Cl.    als   Einheiten     wären    be- 
trachtet   und    hervorgerufen     worden;,    4)    die   vom  Staat 
^'erdicnste   halber  Belohnten   hätten,    wenn    sie    servi   ge- 
wesen ,    ausser   der   Freiheit  noch   2.'j,000  Ass  (Schätzung 
der  4- Cl.),    als    ingenui    aber  den   Census   der    1.   Cl.  cr- 
lialteii   (wie   soll   daraus   ein   Abschnitt   nach   der    1.    und  4- 
Cl.    hervorgehen,     was    nur    aus   dem   holieren    AVerth   der 
Freigeboreucn    zu  deuten   ist),    ,j)    die  Sonderuiig    werde 
dadurch   bemerkbar  gemacht,  dass  zwischen  der  1.  und  2. 
Cl.   fabri ,   znincheii   der   4-  und  ,').  cornic.  ständen.    (Darin 
liegt   ebenso    ueiiig   eine  .\otliwendigkeit,   jene  Classen  von 
einander  zu  trennen.    Leber  fabri  und  cornic.  sind  manche 


scharfsinnige,     aber     auch    spitzfindige    und    unglaubliche 
Benierknngeu  mitgetheilt,  z-  E.   wenn  es  heisst,  das  llorn 
sei  animalischer  Substanz    und    gebe    einen    milden    mehr 
auf    das    aiiimal.    Leben    berechneten     Ton,     die    ehernen 
tuba  iiiiJ   lit.  setzten  ein  sächliches   rohes  Element  bei   dem 
voraus,   für  dessen  Gehör  sie  bestimmt  seien.      Sie  sollen 
sich  so   verhalten,   wie  die   2  —  4.   Cl.   zur  5.     Der   Platz 
der  Corn.  sei  am  Ende  der  4.   Cl. ,  der   Tubir.   zum   An- 
fang der  5-   Cl. ,    weil    das    in    dieser   Classe  Leben    auf- 
reihende Instrument   leic/itiger  sei,    als    die   Leider    dieser 
Männer  seiist.'.'     Ob  diese  Leute   ihrem    Vermögen   nach 
Proletarier    seien,     ist    noch    sehr    ilie    Frage).      6)  Eine 
Drcitheiligkeit  sei  daraus   zu   erkennen,   dass  es  3  Blassen 
gebe,    jede    von     (jO    ceiit.     nebst    Q   cent.    equit.  ,   nämlich 
Patric.    in   60   Cent,    und   6   cent.  eq.,   dessgleichen   die  Ae- 
quer    oder    Cälimont.    60    und   6 ,    die   Pleb.     hätten    auch 
60  cent.   nämlich   30  Cent,   der   5-   Cl.,   20  Cent.  Pleb.    in 
der    1.    Cl.  ,   4   I  eilt.    fahr,    und    corn.  ,   .j   Abtliciliiiigen   der 
Prolet,    und     l    Cent.    Prolet,    nebst    6    reut.   eq.      Dieses 
Gleii'hmaass  könne   unmöglich   zuiällig    sein,    sondern   be- 
zeiiline    3  Stamnigcnosseiischaften.       (AVas    dieses    angeb- 
lii  lie  (jleichmaass    betrifft,   so    ist   es   nur  durch  sehr  künst- 
liche  und   falsche   Addition   herausgebracht   wurden,    denn 
dann     niüssten    es    eigentlich    l'JS    Cent,   sein ,    welche  es 
doch   nicht  gibt.      Hr.   II.   zählt,   um   auch  die   dritten   60 
zu   Stande   zu   bringen,    5  Abth.   der  6-   Cl.   auf,    welches 
man  allenfalls  thuii  dürfte,    obwohl    sie  politisch   nur   als 
eine   Gesammtheit    gelten;    aber     unter    keiner  Bedingung 
können   diese  5   Abth.  noch     einmal    als   Gesammtheit  ge- 
Donimen   werden   und   als  solche  noch  eine  Zahl  ausmachen 
(was   bei   Hm  .II.   geschieht),   denn  dann   wären  es  ö  -["  1' 
also  6  Abtlieilungen  !   Dazu  kommt,   ilass,  um  bei  den  Pleb. 
(iO   Cent,    herauszubringen  ,    20    von    der    1.   Cl.    dazu    ge- 
rechnet   werden   müssen,     welche   doch    über   den   Aequern 
standen,   ferner   die    Unsicherheit,   ob    ilie   equites   auch    zu 
andern   Classen    gehörten,    als    zur    1.,    und   vor   Allem    die 
fabelhafte    Existenz    der    Aequer.       Daher    vermögen    wir 
weder  das  Gleichmaass  zu  erkennen,   noch  die  Dreitheilig- 
keit    überhaupt    für    richtig    zu   halten.      Ueberhaupt   steht 
Hrn.    H.'s   ganzem   Classeiisvstem  die   AVahrheit    entgegen, 
dass,   wenn  Serv.  Tüll,   nach  der   Abstammung   iler  Bürger 
ordnen    wollte,    er    das    Vermögen    nicht    berücksichtigen 
durfte  ,    oder   wenn   er    das    letztere    als  Ilauptprincip   be- 
trachtete,  er   das  erste   vernachlässigen   niusste,   ilenii  A'er- 
mögeii    und    Abstammung    laufen    äusserst    selten    parallel, 
und   es   ist   von   ihm,    einem   so   praktischen   und   umsichts- 
vollen   Sfaatsinanne,   nicht  zu    erwarten,    dass   er   in  jener 
praktischen    und   einfachen  Zeit   eine  Verfassung  geschalten 
hätte,   »eiche   nur   der  Idee   nach   galt,   in   der    Wirklich- 
keit aber  stets  übertreten   wurde. 

(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Mise  eilen. 

Hannover.  Xu  Ostern  1Ö.5S  e'schicn  hier  das  Piograinin: 
De  UninmoiuMi  rei|iiibl.  intcr  Siill.ini  Cacs-ircmi|iic;  dictaloies 
toima  «lisput.ilio.  Pars.  1.  De  pnpuli  Roiiianl  "LTJeslatc.  Von 
dem   I.Miinasiallehrcr  Fr.  Mftnsclicr  ('S.   1  —  3Ö). 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


Sonnta^f ,   12.  l^Idi 


18  39. 


Nr.  57. 


1)  Die  Vorfassiing  iIcs  Königs  Servius  TuUins,  entwickelt 
rou  P.  E.  Haschke. 

2)  Die   A'erfassiiiij;    <\ei    Serrius   Tullius    in    ihrer  Eiit- 
«ickfluiijj.      Dargestellt  lon   F.  D.   Gerlach. 

3)  Disquisitio    de   Roinaiionim    Comitiis    autore   P.   van 
der   Yelden. 

(  B  e  s  c  h  1  u  s  s.  ) 

^"^on  (lein  System  selbst  kommen  wir  nun  zu  den  Be- 
merkungen ül)er  die  einzelnen  Classcn,  und  zwar  ziinärlist 
zu  dem  Census  der  ersten  Clusse,  von  Helcheni  verschie- 
dene Angaben  vorhanden  sind.  Pliii.  gibt  1 10,1 '(Jü,  Fest. 
120,000,  Gell,  sogar  12Ö,(1U0  Ass  an,  und  Hr.  H.  be- 
zieht die  riOiOOO  auf  die  equites  allein,  die  125,000  auf 
die  Ramn.  Tit.  Luc.  priores,  die  110,000  auf  die  Ramn. 
Tit.  Luc.  posteriores  und  die  100,000  auf  die  vornehmen 
pleb.  Exquiliner.  Die  Gründe  für  diese  Annahmen  sinil 
sehr  srharfsinnig  entHickelt,  aber  nicht  überzeugend,  und 
es  steht  auch  ihnen  der  oben  ausgesprochene  Zweifel  ent- 
gegen, ob  es  möglich  sei,  eine  bestimmte  Vermögensab- 
stufung mit  der  Abstammung  in  Kinklang  zu  bringen. 
lUit  weit  grösserer  Wahrscheinlichkeit  wird  man  die  ab- 
weichenden Censussatze  durch  ein  allin.'ililiches  Wachsen 
lies  Census  erklären,  was  zuletzt  /l.  Biickh  in  8.  metro- 
log. Untersuchungen  über  Gewichte,  ftlünzfusse  und  Maasse 
des   .\lterthnms.      Berlin    1838,   p.   4'28  sqq.    gethaii    hat. 

In  der  5-  Cl.  soll  auch  eine  gewisse  Abstufung  statt- 
finden, die  ersten  20  Cent,  waren  ferentarii  gewesen, 
«eiche  bewaffnet  in  den  Krieg  gezogen  ,  mit  Census  von 
125,0(!0  Ass,  die  letzten  10  Cent,  hatten  nur  11,000 
Ass  im  Vermögen  und  seien  als  inerines  ausgerückt.  Eine 
Prüfung  der  angeführten  Gründe  möge  die  Wahrheit  die- 
ser Behauptung  erörtern;  1)  werden  die  Worte  hei  Liv. 
angeführt:  rptinta  classis  anctd  ,  centuriae  trigintti  fnc- 
tae :  fundus  lapidesque  viissiles  lii  sei  um  gereiant.  In 
his  nccensi  cornicines  tubicinesque  in  /res  cent.  distriiuti. 
Undtcini  miliius  liaec  cent.  censel/iitur.  Schon  der  Ein- 
gang sei  bemerkenswerth  und  deute  auf  obige  ^^ermuthung 
hm,  und  noch  mehr  die  Worte  in  his  accensi  etc.,  nur 
habe  Liv.  in  seiner  Unkenntniss  geglaubt,  die  Acceiisi 
hatten  bloss  1  Cent,  in  der  ,5.  Cl.  eingenommen.  War 
aber  Liv.  wirklich  so  unwissend,  dass  er  den  Acc^nstatt 
10  Cent.  sen.  und  iun.  uur  eine  zutheilen  konnte,  von 
der  man  nicht  einmal  ein  .Alter  anzugeben  im  .Stande  ist, 
dann  dürfen    wir   auch    kein  Gewicht   auf  die  im  .Anfang 


gesetzten  Wort«  legen,  welche  ganz  unbedenklich  und 
einfach  lauten.  Wir  können  uns  daher  von  der  alten 
.Auffassung  der  Stelle  nicht  abbringen  lassen,  nach  wel- 
cher entweder  tres  in  duos  zu  verandern  und  in  his  ac- 
censi  zu  übersetzen  ist:  zu  ihnen  werden  gerechnet,  etwa 
wie  man  sagen  kann:  in  his  numerantur;  oder  die  Stelle 
ist  unverdorben  und  Liv.  hat  den  Fehler  begangen ,  die- 
selbe Classe  zweimal  zu  zählen,  worauf  auch  die  bei  ihm 
herauskoiiiniende  offenbar  falsche  Totalsuinme  von  10-t 
Cent,  führt.  Kr  hatte  in  obigen  AVorten  nur  die  mili- 
tärische Bedeutung  der  zur  (>.  Cl.  gehörenden  .Accensi 
vor  Augen,  wahrend  er  die  (j.  Cl.  nachher  noch  einmal 
im  Allgemeiiieii  als  Bürgereintheiliiiig  aufzahlt,  ohne  da- 
bei zu  bedenken,  dass  dadurch  die  Snmmirung  gestört 
wird.  Hr.  H.  sagt  zwar,  es  sei  gezwungen,  2  von  Liv. 
getrennte  Cent,  für  1  zu  halten  ;  aber  es  fragt  sich,  welche 
Deutung  gezwungener  ist,  denn  man  kann  Liv.  schwer- 
lich aufbürden,  er  habe  an  l!)4  Cent,  geglaubt,  oder  habe 
nicht  mehr  gewusst  ,  ilass  die  Accensi  eigentlich  10 
Cent,  halten,  da  er  in  dieser  Darstellung  ältere  Ueber- 
sirhteu  excerpirte,  vielleicht  sogar  echte  commentarios 
benutzte.  2)  Cicero  nenne  die  accensi  velali  vor  den 
cnrnic.  tubic.  und  daraus  sei  zu  schliessen  ,  dass  die  ac- 
censi eine  ganze  Reihe  von  Cent,  eingenommen  hatten 
und  wichtiger  als  jene  gewesen  «.'iren.  Auch  habe  Cic. 
eine  richtigere  Ansicht  von  der  ,5.  Cl.  gehabt  etc.  fp.  182 sq.)! 
Liv.  wurde  die  accensi  gewiss  nicht  ausser  aller  Classen- 
verbindung  bei  den  Musikanten  genannt  haben ,  wenn  sie 
zu  einer  Classe  aggregirt  unil  vielmehr  ausser  oder  nach 
den  andern  Classen  gestellt  gewesen  wären.  Haften  sie 
aber,  wie  Hr.  H.  meint,  nicht  eigentlich  zur  ö.  Cl.  ge- 
hört, so  gäbe  es  für  sie  noch  eine  Classe,  also  7  Classen, 
was  doch  nicht  angehen  kann.  Ueberhaupt  ist  auf  eine 
rhetorische  Aufzählung  der  wenig  oder  kein  Vermögen 
Besitzenden,  wie  wir  sie  bei  Cic.  linden,  nicht  zu  gros- 
ses Gewicht  zu  legen,  zumal  da  die  Stelle  nicht  voll- 
ständig erhalten  ist  und  die  accensi  nimmermehr  vor  den 
Musikanten  gestanden  haben  können.  3)  Rorarii  und 
Accensi  gehörten  eng  zusammen,  und  v/eW  jene  von  der 
b-  Cl.  gewesen  wären,  so  müsste  das  Gleiche  von  diesen 
gelten.  Allerdings  mögen  die  Rorarii  aus  der  .5.  Cl.  ge- 
nommen sein,  aber  es  folgt  daraus  noch  nicht  dasselbe 
für  die  Accensi,  welche  Liv.  VIH,  8  ausdrücklich  tiefer 
stellt,  als  jene.  Auch  wäre  der  Unterschied  von  11,000 
Ass  und  12,500  As»  (angebliches  Verhaltniss  zwischen 
accensi   und   rorarii)   zu   gering,  als  dass  er  militärisch  so 


451 


452 


bcdpiiioiid  soiii  könnte,  h  ie  er  «irkluli  isf.  ^'rrgl.  i'iljer 
«liose  .Sinnnii-n  Uückli  im  elien  angeführten  AVerke  p.  429  s(|, 
Aci'Piisi  ^jinil  nafl'onlos  und  kiinni-ii  daher  wohl  niiht  xtir 
Ö.  Cl.,  «elrlic  allendialhpu  als  eine  vaHentrageniie  he- 
zeichnet  »lird,  soiidorii  bhiss  /nr  (i.  niilieualTüelen  uiinii- 
litc'irisrhen  ■;p/alilt  iienlen.  A\  enn  aber  Fe.-t.  nnil  >(>ii. 
keinen  grossen  l  iitersiliied  Zivilehen  aicensi  und  rorarii  efc. 
niarlieu,  so  sprerlien  diese  nur  von  der  sp/iteren  inilitä- 
risrhen  Dedeutnng,  oline  an  die  später  aMti([nirte  Clas- 
seneintlieiliing  zu  ilenken.  4)  Uer  Name  ^fcceiisi  dente 
auf  LnseUiststSndijkeit  und  auf  ein  Unterst lireiben  un- 
ter eine  Classe.  Das  Erste  ist  wahr,  al>er  das  Unter- 
Schreiben  braucht  sirli  nirht  auf  eine  Clause  zu  beziehen, 
sondern  ebenso  gut  auf  das  Beiordnen  zu  allen  Classeu 
und  zu  dem  ^esanunfen  Censns,  in  »eltlicm  Sinn  das 
^Vort  auch  meistens  genommen  «ird.  5)  Am  schwrtclisten 
i>t  der  pliih)s.  I?e«eis  oder  die  Idee,  «vorauf  diese  Ein- 
tlieiliing  beruhe.  Es  «ird  eine  Analogie  mit  der  1.  Cl. 
und  (leren  dreifachen  üestandtheilen  aufgesucht,  für  die 
,').  dagegen  die  Dualisiruug  geltend  gemacht  etc.,  «as  füg- 
lich übergangen  «erden  kann.  AVeit  interessanter  und 
theihveise  belehrend  sind  die  Untersnchungen  über  Namen 
und  A\  esen  der  Accensi  velati,  obfrleich  es  auch  hier  nicht 
an  Eigenthümlichkeiten  und  Sonderbarkeiten  fehlt,  z.  E. 
dass  velati  die  positive,  accensi  die  negative  Zugehörig- 
keit zum  Census  bezeichne  etc.  Sehr  gut  wird  vom  Ci- 
»il  -  und  3Iilitardienst  iler  Accensi  gehandelt,  dessgleichen 
von  den  in  der  Kaiserzeit  vorkdinmeiideii  «eiiig  bekann- 
ten Acc.  lel.,  über  welche  Hr.  II.  sehr  lesensuerdie  und 
nicht  unwahrscheinliche  Vermuthungen  aufstellt,  vergl. 
vorzüglicii  p.    177 — 182. 

Die  (i.  Cl.  wird  von  manchen  alten  Autoren  nicht  als 
Cl.isse  mitgezählt,  was  Hr.  II.  gut  durch  einen  engern 
und  weiteren  Sinn  des  AVorfs  dassis  erkh'lrt.  Im  enge- 
ren Sinn  umfasse  es  nur  die  >talirhaften  zum  Kriegsdienst 
fälligen  Bürgerablheiliiiigen,  im  »eitern  Sinn  jede  \'olks- 
ablheilnug.  ^^'.as  den  Census  dieser  untersten  Classe  he- 
tridt,  so  gellt  Hr.  II.  1)  von  dem  Princip  aus,  dass  sie 
auf  dem  Normalreiisiis  von  1Ü,()(IU  Ass  beruhe  als  ' / ^^ 
von  100,0(10,  <ler  Summe  des  voUlioniinen  Hereihligtenj, 
'J)  dass  sie  ein  Deminutii  bild  der  ä  ersten  Classeii  im 
zehnfach  verjüngten  IMaassstab  enthalte;  z.  E.  wenn  ein 
rieb,  der  I.  Cl.  1(J0,(I(K)  Ass  hatte,  so  müsste  sein  Client 
1(),0(J0  haben,  ein  Pleb.  der  •).  Cl.  70,000,  der  Client 
nur  7.';00  n.  s.  w.  ,  in  der  r>.  Cl.  aber  halte  der  I'leb. 
nur  11,000,  der  Client  daher  llOO,  welches  die  lon  Cic. 
angeführte  Summe  des  Proletariers  ist.  Zwar  hat  Gell, 
und  >on.  für  den  Prolet.  l.'iOO  Ass  iiiiil  weniger  ange- 
geben, «elihe  Nachricht  von  Hrn.  H.  veruorfen  wird, 
was  aber  nicht  so  leicht  zugegeben  werden  darf,  da  man 
nicht  nachweisen  kann,  dass  Noii.  nur  aus  (iell.  geschöpft 
halte.  Die  über  l.'j()(J  Habenden  bis  zum  Census  der  ö. 
Cl.  werden  von  Niebuhr,  (iöttling  u.  A.  mit  ziemlich  grosser 
AVahrscheinlichkeit  Accensi  genannt,  Hr.  H.  dagegen  nennt 
Alle  von  1100 — IO,(Mli)  Proletarier ,  weil  er  dieActensi 
in  die  ö.  Cl.  versetzt  hat;  Cajiite  ceusi  rthcr,  iielchenach 
Gell.  ,'V7ö  Ass  liabcn  ,  sind  nach  Hrii  H.  alle  unter  I|(|() 
Ass  Stehende.  So  gewagt  diese  IJehauptungen  zum  'I'lieil 
sind,  ebenso  kühn  und  spitzlindig  sind  die  Bemerkungen 
über  die  Dedeutungeu  von  I'rolet-,   Ctij).  Censi  u.  Assidui. 


Die  ersten,  wclrlic  ihren  Natncn  von  proles  liaben,  nor- 
den als  ilie  aufgefusst ,  welche  dem  Staat  vermöge  der 
proles  dienen,  il.  h.  Vermögen  und  Hausstände  haben, 
wahrend  Cap.  Censi  nur  als  einzelne  Personen  in  Betracht 
kommen  sollen,  weil  ihre  Hausstände  ohne  vermögens- 
rechtliche Bedeutung  waren.  Die  Assidui  endlich  werden 
von  assidere  und  nicht  von  asses  duere  oder  Schoss  geben 
abgeleitet,  weil  der  Schoss  nicht  das  Ausgezeichnete  der 
Classenbürger  sei,  sonderu  militia  und  sufi'ragium.  Das 
Sitzen  aber  bezeichne  ein  thütii^es  vor/ielimes  t'erlialten 
(ursprüngliih  nur  von  den  Patric.  gesagt  im  Gegensatz  zu 
den  dienten  ,  welche  selten  zur  Stadt  kamen  und  dratis- 
sen  arbeiteten,  und  das  Wort  sei  erst  seit  .Serv.  Tüll,  als 
Bezeichnung  der  vornehmon  thütigen  Bürgerschaft  in  allen 
Classen   angewandt). 

Bei  den  Ceiisnsabstufungcn  der  Capitc  Censi  wird  Hr.  H. 
wieder    von    den    phvsiol.   Grundsätzen    zu    merkwürdigen 
Annahmen  geleitet,    indem  er  4  (irade  .innimmt,   von  denen 
die   3   ersten    auf    dem    iiatnrgesetzliclien   Verhaltniss    von 
den  3  die  Familie  ausmarhenden  Stellungen  bcrnhen.    Der 
erste  Grad  ;:=  pater   von    1000  Ass,  der   zweite  Z-  filius  von 
.'iOO  Ass,   der  dritte  ;:^  niater  familias   von  37.^  Ass    (näm- 
lich   '/,   als   iilia,   d.    h.   'iüO   und    '/,,    als   uxor,    d.    h.    12ä 
.Ass),    der  vierte   unter    375   Ass,    und    zwar    \'2b   Ass   zr 
uxor  lilii   fam.,  quae  in  eins   maim  est.     An  iliese  unterste 
.Stufe   der  niirns  soll  sich   alsdann  unter    den  Thicren   bos 
mit  100  Ass  anschliessen.     Die   ganze  6- Cl.   soll    in  ihren 
5  Abth.  gleichsam   als   eine   kleine  Volksvcrsanmilung  stim- 
men,   aber    nur    iu   11.5   proletar.   Cent.,    nämlich   20  der 
1.,  2.,  3.,   u.   4.   nebst  30    <ler  .i.   Abth.    (zus.    HO).     Zu 
diesen    110  kommen  noch  die  4  .Abtheiliingen  capite    censi, 
welche,    die    arbeitende  Classe    ausmachend    (operae),    die 
Stelle   der  fabri   und   corn.   vertreten:    t)   operarii  (machen 
Ziegeln,  (»erathe,  Kleider  etc.)  '2)  Fleischer,  Backer  u.s.  w., 
3)    Pastores,    4)    Agricolae    (Tagelöhner).       Von    diesen 
scharfsinnig     construirten    Leuten    schliesst    Hr.   II.    sogar 
rückwärts    auf   den    Census    der    fabri    nnd   corn.       Um   es 
aber   in  Nichts   fehlen  zu  lassen,    erhalt  ilie  proletar.  Volks- 
versammlung  ihre   (i.    Cl.  ,    ja    sogar    eine   doppelte,    näm- 
lich   eine    in    functionaler ,    die    andere    in    suijstantialer 
Beziehung.      Fnnctional  agirt  die  Cent,  ni  quis  scivit,  sub- 
stantial  aber   entspricht   der    eigentlichen    (i.   Cl.   der   ordo 
Muiiicipuni     in    <len    tabulis    Cacritnm,    welche    wiederum 
ihre  6  Classen    gehabt    hatten.       Ph\siologisi;h     entspricht 
diese    ti.  Cl.    den    Zeui^u/ig.iunfii/iigen,    welche    entweder 
spadones    oder    castrati    sind.      Die   Cent,    ni   (jiiis   sciv.    ist 
das  Bild   der  Castrirten,  die  iMiinicipes  aber   vertreten  die 
Stelle   der  Spadonen.    —    Dass  die  ti.  Censusclasse   wirk- 
lich  .0    Abtheiliingen   hatte,   erleidet   keinen  Zweifel  (nach 
Güttling  2   Abth.   Accensi,    2   Prolet,    u.    1.   Ca|>.   Censi), 
dass  sie  aber    so   coinplicirt  gewesen,    als   Hr.    II.    vermii- 
tliet,   können   wir  unbedingt  verneinen ,   indem  ein  so  über- 
künstliches  (jebaude,    welches   Hr.   H.    mit  scharfsinniger 
Hand   mitunter  nicht  ohne   grosse  fliühe    construirt,    aller 
Praxis,    geschweige    der    Serv.    Zeit    widerspricht.       Aber 
auch   das   Einzelne   leidet  an  AVidersprüchen    und  .Hangeln. 
Z.  E.  ^enii   es   nur   4   Arbeiterabllicilungen    in    der   (i.    Cl. 
gab,    was   hatten   denn   die   andern    HOCenturien    zu   thun 
(es  waren  zwar  nach   H.    ll."»,    aber    die    letzte   niuss  ab- 
gerechnet werden),    und  wer  wird  an  eine  so  über  allen 


453 

B('i;ri<r  iiiil)cilcu<diile  Anuptulimg  «lor  Crui.  iii  (jiils  sriiit 
(sie  iväro  '/,,;  <lpr  (i.  Cl.  also  :=  Mrli(s)  nadi  ili-ii  Wor- 
ten des  Fest.  j;laiiLoii  ?  efe.  —  Dass  die  AKlieiluiijfeii 
der  (i.  Cl.  oidhies  liicsseii,  ist  wolil  möglich,  gellt  alipr 
keiiipswejjs  aus  Ariiob.  adi.  peiif.  II,  25^1  liervor.  Es  heisst 
dort:  ilesiiiite  homiiiem  piole/ntiits  cum  nit  clasisiius  et 
cajnte  cum  censeatur  udscriljere  urilinibus  primis,  wo 
Hr.  H.  ordiiiibus  für  ord.  prim.  proletariornm  iiinimt^ 
velciies  ffaiiz  iiiincitliijr  und  sogar  jjezu linken  ist.  Beide 
S'M/.a  laufen  sieli  parallel  und  Iieissen  dem  ganzen  Zii- 
saniuienlianff  nach  JNidits  »veiter  als:  erhebe  den  Menschen 
nicht  über  seinen  Rang,  denn  so  wenig  als  der  Prole- 
tarier zu  den  5  Classen,  und  der  Cap.  eensiis  zti  den 
ordin.  der  Senatoren  und  Eijuites  gehiirt ,  ebenso  wenig- 
ist der  I\Iensrh  göttlichen  Ursprungs.  Unter  den  .Sehhiss- 
bemerknngeu  dieses  Capitels  ist  die  erste  von  \\  ichtigkeit 
und  h<'i((e  billig  an  der  Spitze  der  ganzen  Darstellnng 
ütelien  sollen,  uänilich  dass  die  Eiutheilung  ilcr  Classen 
nach  Patric. ,  Calimont.  und  Pleb.  nur  dem  Princip  nach 
gemacht  worden  sei.  Dadurch  wirft  l[r.  II.  selbst  sein 
System  um,  denn  wie  kann  Serv.  Tüll,  in  der  Periode, 
welche  noch  nicht  zur  vollen  pubertas  gediehen  ist,  eine 
l'erfassung  eingeführt  haben,  n  eiche  nur  auf  unprak- 
tischen Principien  beruhte.  \\\t  können  vielmehr  behaup- 
ten, er  wollte  das  nationale  Princip  vernichten,  und  zwar 
dadurch,  dass  er  ^'crniögensclassen  einführte,  von  denen 
er  wohl  wussto,  dass  sie  das  geeignetste  Mittel  seien,  die 
alten  Stanunverbindungeu  zn  lösen  und  die  verschiedenen 
Elemente   des   1  oiks   sich   n<iher   zu    bringen. 

5.  Capitel.  Thier-  und  Götterclassen  p.  24.0  —  304. 
Kalender  p.  ;^04  —  o40.  Drei  Gattungen  AVesen  ,  Gotter, 
Menschen  und  Thiere  gehören  nach  Hrn.  H.  zum  Staat 
und  sind  an  dieselben  organischen  Gesetze  gebunden. 
Die  Thiere,  von  denen  zuerst  die  Rede  ist,  kommen 
nach  einer  doppelten  Seite  in  Betracht  a)  nach  der  prie- 
sterlichen Seite  iler  Aatur  und  zerfallen  insofern  in  reine 
und  unreine  (bei  den  Juden)  ,  b)  na(  h  der  königl.  Seite 
des  Rechts,  und  danach  zerfallen  sie  in  zahme  und  wilde, 
von  denen  hier  nur  die  ersten  zu  berücksichtigen  sind, 
da  die  wilden  gleich  den  Peregrinen  nicht  zum  Staat 
gehören,  ^'on  den  erstcren  gibt  es  ö  Classen,  weil  der 
fllensch  nach  seiner  universalen  Natur  in  ö  Classen  exi- 
stirt,  und  zwar  heissen  diese  ,5  Gattungen  civile  Thiere 
(die  res  mancipi  unter  den  Thieren).  Es  sind  folgende: 
1)  6os  zum  Auf)vülilen  der  Erde  (der  Stier  125  Ass , 
die  Kuh  nur  110  Ass,  geschlechtlich  entzweit,  den  Ram». 
Tit.  Luc.  prior,  und  post.  analog,  das  Rind  100  Ass  :=: 
dem  vornehmen  Pleb.  in  der  1.  Cl.);  2)  iovigus ,  das  in 
der  Einleitung  erwähnte  neue,  aus  il  er  Schöpfung  verschwun- 
dene Thier,  welches  dem  Menschen  alle  persönliche  Arbeit  bei 
dem  Pflug  erspart,  iniicni  es  den  Pflug  mit  starkem  Schwänze 
hält  (oder  wie  es  in  den  Zusätzen  heisst,  mit  dem  Rüssel 
p.  716»  wo  selbst  dieses  Geschöpf  mit  dem  Elephanten 
zusammengestellt  wird)  und  den  Menschen  dabei  auf  dem 
Rücken  trägt,  geschätzt  zu  75  Ass  (der  bovigus  soll  die 
1.  Mos.  3,  !•  5.  14.  vor  allen  Thieren  eic.  verduchte 
Schlange  sein,  welche  früher  4  Füsse  hatte  und  reitbar  war; 
davon  auch  boa  die  Schlange;  vergl.  p.  253);  3)  Eijuus 
zum  Tragen  der  3Ienschen  und  Lasten  :zz  25  Ass;  5)  /Isi- 
nuH    zum  Tragen    der    Lasten   =    IS'/a  Ass,    nebst    dem 


454 

kleineu  Esel,   um  die  accensi  der  5.  Cl.  zu  repräsentiren. 
Bovigus,   Equus,   Mulus   entsprechen  der   2- — 4.   Cl.   oder 
den   C.'llimontanern ;    bos   der    I.   Cl.      Um   die   4  Cent.  fahr, 
und    Musikanten      herauszubekommen,     werilcn     aus     der 
Sachenwelt  die  4  Servituten  (iter  zu    10  Ass,  actus   zu  5, 
via   zu    3^/,,    aquaeductus     zu    1'/,   Ass)     herübergezogen. 
Die  6.   Cl.    der  Thiere,    die    Proletarier,     gehören    nicht 
mehr  der  geistiguniversalen  positiven  Staatsnatur  an,  son- 
dern  entsprechen   der   irdischen  Einzelnatur  des  Menschen, 
und  darum   res  nee  mancipi.      Es  sind    1)   ovis  z=    10  Ass 
(eigentlich   Opferthier    und   mit    selbststandigem    Kutzen), 
2)   caprti  ^^   7'/;  Ass,  3)   sus  z=z.  h   Ass,  4)  canis  =:2'/2 
Ass;   (diese  sind   zwar    auch   Opferthiere ,    gewähren   aber 
einen     schon      unselbstständigen     ökonomischen     Autzen), 
5)  felis:::z  VI.-,  Ass  (rein  irdischer  Natur,  weder  zum  Opfer, 
noch   durch   Fleisch     brauchbar ,    sondern   Bewahrcrin   der 
vegetabilischen   meuschliclien  Nahrungsmittel),  G)   niansue- 
facta    den    niunicipcs    und    pavo    der    Cent,    ni    quis  scivit 
analog.    Die   4  Ordnungen  der  Capifecensirten  Proletarier 
sind   Gallina,   Columba ,   .Anser,   Anas,   im  A'erhältniss  zu 
einander  wie:    l'ater,    Sohn,    Tochter,    Schwiegertochter 
oder  nach   dem   Werth    1,   '/,,    '/j,   und    '/s  Ass.      So   »väre 
der  Naturstaat    nach    der    negativen    vermögensrechtlichen 
iSeite    hin    erfiillt.       Der  Staat  reicht    aber  auch  aHfȊrt5 
liber  den   Menschen   hinaus  ,    indem  sich  der  menschliche 
Geist  ebenso   in   den   Geistern  der   höhern   Welt  rcflectirt, 
wie    er    sich    leiblich    in    den   Thieren    reflectirt,    und   es 
gibt  eine  Reihe   Geister  durch  die   geistige  Welt  bis  zum 
Schöpfer  hinan  ,   um  den   IMenscIi   mit  Gott  zu  vermitteln, 
und  diese  hat  das  Rom.   Volk    von    der    politischen  Seite 
nl(!it  irrig  aufgefasst.       Der  Versuch    einer    solchen  Stu- 
fenleiter,   welchen   Ilr.   II.   aufstellt,    ist  kurz  folgender: 
den   ö   ersten   Classen   entsprechen    1)   Jupiter,    Juno,    Mi- 
nerva =125,  110,  lOQMill.  Ass,  2)Mars:=75  Mill.,  3)Ja- 
nus  Quirinus  =:  50  Mill.,  4)  Neptun.  =z  25  Mill.,  5)  Vulcan 
a)  Liber  mit  12'/2  5  l>)  Libera  mit   11  Mill.      Die  fi.  oder 
proletar.   Götterdasse    beginnt    mit    Ceres    zu    10  Million, 
und   geht  durch  Saturn,  Flora  etc.  herab   bis  zur  Pomona, 
«eiche    zu   125,000  Ass    angesetzt    ist,    also    nicht  höher 
steht,   wie   Ramn.    Tit.    Luc.   prier.       So    knüpft    sich   hier 
der  Mensch   an   die   Gotter  ,  wie   das  Thier  an   die  nntcr- 
stc  Classe  der  Menschen,  und    wir    hätten   denn  nun  eine 
classificirte  Schöpfung,   über   welche   wir  hier  nicht  weit- 
läufiger handeln   w<illen,   theils,  weil   wir   kaum   glauben, 
dass  Hr.   II.    noch  jetzt  die   Wahrheit    seines   geistreichen 
Idcenspiels    verfechten    wird  ,     theils    weil    ivir    überzeugt 
sind,  dass  durch  solche   Hypothesen   für   die  Wissenschaft. 
Nichts  gewonnen   werde.     Auch  vom  Kalender  deuten  wir 
nur    die    Hauptideen    an,    nämlich    dass    es    in   Rom   eine 
doppelte  Auffassung  der  Zeit  gegeben  habe,   eine  Römische, 
nachher  patricische   von   der   Sonne,    und    eine  Quiritische, 
nachher  plebeische   von  dem  Mond  ausgehend.    Nach  Rom. 
Ansicht  seien   nur   10  IMonate   gewesen  ,    weil  Januar  uml 
Februar   politisch,    sowie     in    der   Natur   todt   und    nichtig 
seien,    nach    Quirit.    Ansicht    dagegen     seien    12   Monate, 
weil  bei  diesen  die  Naturkraft  im  Deceniber  nicht  erlöse  h, 
sondern  sich  nur  sammelte   und   reinigte,    so    dass  Januar 
und   Februar  gerade  die   wichtigsten  fllonatc  wären.     Da- 
her beginne   das  politische  Jahr  mit  dem  3Iärz,   das  reli- 
giöse mit  dem  Januar,  und  zwar  seien  die  ersten  6  Mo- 


455 


45G 


nale  «ie  Assldtii  mit  lebenilij.streboiidcr  Kraft  nach  Aiis- 
•Pn  3Iarz  biä  Si-stilis,  ilajpgeii  August  bis  l'Vlirtiar  ilie 
Prolet,  von  passiver  negativer  Natur  (dass  hierbei  ein 
Zinnat  zu  viel  gereclinet  sei,  eigentlich  sogar  zwei,  haben 
wir  schon  oben  bemerkt)  und  einzelne  dies  intermestrcs 
entsprechen  den  Centurien  der  Fabri ,  Corn.,  Capilecensi 
und  sogar  der  cent.  ni  quis  scivitü  —  Die  Prüfung  eini- 
ger das  Kalenderivesen  bctreflenden  beiläufig  geäusserten 
Bemerkungen  überlassen  wir  den  dieser  Dinge  Kundigeren 
und  versparen  den  Bericht  über  die  7  letzten  Capitel 
dieses  Werks  auf  den   iiächsten   bald   folgenden   Artikel. 

W.  Rein. 


Griechische  und  Römische  Inschriften. 

100. 
Bulletino  dell'  Inst,   di  corrisp.   arrheol.   1835-   S. 
Zu   Corneto  im   (iarten  des  II.   Falzacappa. 


28. 


IMP.   CAESAR.   T.  AELI«s   üadrianus 
A>TOMNVS.  AVG.  Pias  Pont 
maX..  TRIB.  POT.  ...  Cos  ...  P.   P 

BALHeVM  VETVSia<e.    CoUapsum 
SVA.  PECVMA.  restituit 


101. 
Ebendas.     An   demselben   Orte. 

mC   DEPOSITV.S  EST  .  .  .  .  .  . 

QVIXIT  ANNI-S  P  MXXX  Dep.  in  pace 
PRID  KAL  DEC  CONSS       Monaxi 
ET  PLI>TIAE  VV  CC 


103. 
Zu  Brescello,   dem  alten   Brixellum,   einer  Rüinischen 
Kolonialstadt  in  Uberitalien   gefunden,   und  ebendas.  .S.  132 
initgethcilt. 


Das  erwähnte  Consulat  füllt  in  das  christliche  Jahr 
4t'.)-  In  den  Almeloveen'schen  Fastis,  die  allein  jetzt 
zur  Hand  sind,  wird  der  iName  des  letztern  Consuls 
Plinta  angegeben,  was  nnn  geändert  werden  mnss.  Doch 
will  ich  nicht  verschweigen,  dass  sich  der  Name  Plinta 
auch  bei   Grut.   S.    1100,  4  findet. 

102. 
Ebendas.    Zu  Corneto  im  Hause   des  Raimund  Falgari. 
D.     iM 
CLODIAE.   11ITVR1AK.   PR.  CENTOMVS 

COMVX 

PRAEF.  GRAVISC.  ET.  TARtJ.   IUI.   ^  IR 

IVR.  Die.   ET.  DEC\R. 

B.     31.     P 

-Sehr  benierkenswerth  findet  der  genaue  Kenner  der 
Lat.  Epigraphik,  Bart.  Borghesi ,  von  welchem  einige 
Bemerkungen  über  diese  Inschrift  mitgetlieilt  werden, 
die  Siglc  PR  in  der  zweiten  Zeile.  .Sie  niiiss  einen 
Vornamen  enthalten  und  kann  fast  nur  auf  Procnlus  ge- 
deutet werilrn,  was  doch  auch  wieilcruni  manchem  Zwei- 
fel ausgesetzt  sein  möchte.  Unscrs  Theils  lassen  wir  die 
Sache  auf  sich  beruhen. 


D  31 

T.  lEGI.  IVCVNDI 

VI.  VIR.  AVG 

ET.  DECnilAE.  THAL 

LlAE.  EIVS 

FILETVS.  LIliERTVS. 

HIS.  EPVLE.  DEIiENTVR 

A  COLLEGIO    CENTONA 

RIORVM  BRIXELLAiNO 

R  \  iM 


D.  M.  L.  Jegii  Jucundi  11  viri  Augustidis  et  Deci- 
miae  ThalUae  eius  Filetus  libertus.  His  epulae  delten- 
tur  a  collegio  ce/ituiiiiriurum  Brixellanorunt.  Der  letz- 
tere Zusatz  bezieht  »ich,  wie  der  Ilcransgelier  richtig 
bemerkt,  auf  die  in  Folge  eines  von  Seiten  des  Jegiii» 
und  seiner  Gattinn  (denn  zu  eiun  inuss  man  dem  Sinn 
nach  uxoris  suppliren  *)  stattgefundenen  Legats  wahr- 
scheinlich dem  Collegio  centonariorum  auferlegte  Verbind- 
lichkeit, periodisch  wiederkehrende  epulae  an  den  (ie- 
burts-  oder  Sterbetagen  der  Legatoren  zu  veranstalten. 
Ausser  den  vom  Herausgeber  über  das  Coliegium  cento- 
nariorum gegebenen  Nachweisungen,  findet  sich  ein  sol- 
ches noch  auf  einer  Inschrift  erwähnt  in  Diss.  glvptogr. 
Blas.  A'ictor.  (Romae  l'/39) ,  S.  XII.  Vergl.  Forcel- 
lini  h.   V. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Ellwangen.  Als  Einladungsscbiift  zu  den  Herbstpriifun- 
gen  im  hiesigen  Gymnasium  im  J.  1838  schrieb  der  Oberlehrer 
Ciibh.  1111.  Iloegg  »Ueber  die  Nuthwendigkeit ,  den  lateinischen 
Elementarunterricht  zweckmässiger  einzurichten.  Nebst  erläu- 
ternden Bemerkungen  zu  einem  dahin  zielenden  Versuche  i< 
(44  S.  4.)  und  bat  diese  Schrift  auch  später  in  den  Buchhandel 
gegeben.     Stuttgart,  NefT  1839. 

Marburg.  Dem  Privatdocenten  der  raorgcnländischcn 
Spr.ichc  und  der  alttcstamentliclien  Exegese  an  der  Universität 
dabier,  Dr.  Phil.  Aug.  Wilh  Kralimer,  hat  die  Uriiversität 
Giessen  ex  decreto  totius  sonatns  acadcniici  et  inpriniis  Theo- 
logormn  Evangg.  Ordinis  die  Würde  eines  Licenliatcn  der  Tlieo- 
lijgie  luinoris  c.iussa  ).propter  crudilioncni  thcologicam  scriptis 
pluribiis  coniprübatam«   ertbeilt. 

Weimar.  Orationes  aliquot  iuvenum  —  in  Gymnasio  Gui- 
lielmo  —  Erneslino  die  X  M.iji  a.  1838  babendas  indicit  etc. 
A.  G.  Gernlia  rd,  Phil.  Dr.  Magniil.  sax.  Consist  a  Cons.  Gymn. 
Dir.  etc.  Epistola  ad  C.  Chr.  G.  Her/ogium.  Phil.  Dr.  et 
Gynm.  Gerani  Prof.  Eloq.  de  Tacit.  Agric.  cap.  2  et  l6.  S.  4. 


*)  Uebcr   diesen   Gebrauch   vergl.  Beitr.    zur  Gesch.  der  Gr. 
und  Rom.  Litt.  Bd.  II.  S.  153- 


Zeitschrift 


für    die 


AI  teith  LI  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch,  15.  Mai 


1839. 


Nr.  58. 


Griechisclie  und  Kümische  Inschriften. 

(Foris  etzung.) 
104. 

IMerkwiirdiges  Briichstürk  eines  in  der  Umgegend  von  Cumae  in  Unteritalien  gefundenen  Kalenders  (dafür  wird 
es  gehalten),  nach  einer  Bekanntmachung  in  Guarini  Commentar.  XIV.  S.  54  Aviederholt  in  Bull,  dell  Inst, 
archeol.   1835.  S.  152- 

VM.  COIVSVLA 

TVS.  LEPIDI.  TRADIDIT.  SE.  CAESARI.  SVPP  .... 

.  .  .  ATALIS  CAESARIS.  IMMOLATIO.  CAESARI.  HOSTIA.  SVPLICATIO 

VSI.  CAESARIS.  NATALIS.  SVPPLICATIO.  VESTAE 

...  IE.  CAESAR.  TOGAM.  VIRILEM.  SVMPSIT.  SVPPLICATIO.  SPEEEL  IVV 

ISTI  CAESARIS.  SVPPLICATIO.  VESTAE 

rORTVNAE.  REDVCIS.  DEDICATAST.  QVAE.  CAESARI 

SVPPLICATIO  FORTVXAE  REDVCI 

PRIMVM  FASCES.  SVMPSIT.  SVPPLICATIO.  lOVI 

APPELLATVS.  EST.  SVPPLICATIO 

EST.  SVPPLICATIO.  IMPE 

; M 

XIA 


Dieses  Monument  kann  zu  rielen  Betrachtungen  Ver- 
anlassung geben,  deren  wir  uns  für  jetzt,  zumal  da  die 
Schrift  von  Guarini  nicht  zur  Hand  ist,  überheben  müs- 
sen. Nur  das  können  wir  nicht  unbemerkt  lassen,  dass 
der  Gedanke  an  einen  Kalender  unstatthaft  erscheint, 
dass  es  vielmehr  unserer  Meinung  nach  ein  Denkstein 
historischer  Art  ist,  den  Aiigustus  betrefi'cnd,  aus  dessen 
Leben  bedeutendere  Ereignisse ,  insoweit  sie  an  heilige 
Handlungen  geknüpft  sind,  hervorgehoben  werden,  viel- 
leicht ein  Auszug  aus  priesterlichen  Annalen ,  der,  zu 
Rom  aufgestellt,  zu  der  jetzt  nur  noch  vorhandenen,  vor- 
liegenden Copie  die  Veranlassung  gegeben.  Es  erinnert 
das  Ganze  nur  zu  sehr  an  das  Monumentnm  Ancyranum. 
Biach  der  Angabe  des  ebenso  gelehrten,  als  eifrigen  Al- 
terthumsforschers,  des  Canonicus  Del  Jorio  zu  jNeapel, 
des  früheren  Besitzers  dieses  Steines,  dessen  Andenken 
für  so  vielfache  Beweise  eines  freundlichen  Wohlwollens 
in  dem  Herzen  des  Unterzeichneteu  dankbar  fortlebt, 
soll  noch  ein  anderes,  dem  Umfang  nach  bedeutenderes 
Bruchstück  dieses  Monuments  vorhanden  gewesen  sein , 
das  aber  jetzt  leider  nicht  mehr  aufzufinden  sei. 


105. 
Ebendaselbst    S.    154.       Auf    einer    Basis    zu    Ami 
ternum. 

AVGVSTAE  IVLIAE 

DRVSI  F. 

DIVI  AVGVSTI 

Die  ungewöhnliche  Vorausstellung  des  Titels  Augusta 
erklärt  sich  dadurch,  dass  derselbe  als  Cognomen  der 
Adoption  zu  fassen,  und  dieses  dem  nomen  in  diesem 
Zeitalter  nicht  selten  vorausgesetzt  werde. 

106. 
Ebendaselbst.     Auf  einer  Basis  zu  Frascati. 


PONTIF.  MAX.  COSII 


IMP.  VIII.  TRIB.  POT.  XXXI 
EX.  S.  C. 


459  460 

107. 

Ebendas.  S.  153)  aus  Guarini's  angeführter  Schrift  S.  13-  Gefunden  zu  Caposele  im  Principato  citra. 

SILVANO.  SACRVIM.  VOTO 

SVSCEPTO.  PRO.  SALVTK.  DOMITIANI.  AVG.  N 

L.  DOMITIVS.  PHAON.  AD.  CVLTVM 

TVTELA>I(}VK.  ET.  SACRfFICIA.  IN.  OMNE 

5.  TEMPVS.  POSTERV.  IIS.  QM.  IN.  CONLEGIO 

SILVANI.  HODIE.  ESSENT.  QVIQVE.  POSTEA 

SVBISSBNT.  FVNDVM.  IVNIANVM.   ET 

LOLLIANVM.  ET.  PESCENMANVM  ET 

STATVLLIANV3J.  SVOS.  CVi\I.  SMS.  VILLIS 

10.  FINIBVSQVE.  ATTRIBVIT.  SANXITQVE.  VT 

EX.    REDITV.    EORV31     FVNDORV.M.    Q.  S.  S.  KAL.    IA^V 

III.   IDVS.    FEBR.  DOMITIAE.   AVG.  N.  NATALE.  ET 

V.  KAL.  IVLIAS.    DEDICATIONE.   .SILVANI.  ET.  XII.  K 

IVLIAS.  ROSALIBVS.  ET.  IX.  K.  NOVEMBR    NATA  .  . 

15.  DOmiTIAiNI.  AVG.  >.  SACRVM.  IN.  REPRAESENTI 

FIERET.  CONVENIRENTQAE.  II.  QVI.  IN 

CONLEGIO.  ESSENT.  AD.  EPVLANDViM.   CVRA 

KTIBVS.    SVIS.    CVIVSQVE.    ANNI.    iMAGISTRIS.    HVIC 

REI.  DOLVni.  niALVAI.  AFVT^  RVM.   QVOMINVS 

20.  EA.   QVAE.  SVPER.  SCRIPTA.  SVNT.   FIANT 

MANIFESTVM.    EST.    CVM.    PRO.    SALVTE.    OPTHII 

PRINCIPI.  ET.  DOMINI.  N.  FVNDI.  CONSECRATI 

SINT.  DIESQVE.  SACRIFICIORVM.  COiVIPRE 

HENSI.  PRAETEREA.  LOCVS.  SH  E.  PARS 

25.  AGRL   SILVAEQVE.    EST.    IN.    VIVARIO.    QVAE.    CIPPIS 

POSITIS.  CIRCA.  SILVANVM.   DETERMINATA 

EST.    SILVANO.    C^'I.    DET.    VlAM.    DIVS.    AD.    SILVANVM 

PER.  FVNDVMQVE    SICIANV.M.  OMNIBVS.  PATEBIT 

LIGNIS.    QVOQ^E.   ET.  EX.  FVNDO.  GALLICIANO 

30.  ET.  AQVA.    SACRIFICIO.   HAVSTA.  ET.    DE.   VIVARIO 

PROWISCVE.    LICEBIT.   VTI.   IIAEC.  SIC.    DARI 

FIERI.    PRAESTARI.    SINE.    DOLO.    31ALO.  IVSSIT 

PERiMISITQVE.  DOMITIVS.  PMAON 

CVIVS.    OilHNE.  S.  LOCVS.  FVIT 

Silvano  sacrum.      Voto  suscepto  pro  salute  Dnmiliani  sttiri  si/ie  dolo  mala  iussit  promisitqiie  Domitius  Phaon, 

Aususti  nostri  I,.   Domitius   Pliaon   ad  cttllum  talelamque  cuitin  omine  sacer  locus  f'uit. 

et  sacrißcia  in  onine  tempus  posterum  iis   qui  in   cunlegio  Di«   Inschrift  eiitli,'ilt  eine   Urkunde,    mittelst   welcher 

Silvani    hodie    ea^ent    quique    posteu    suhissent,    fundum,  von   L.   Duniitius  Phaun   dem   Heiljgtliuin    de«  Silvan   ver- 

lunianum   et   LoUia/ium  et   Pescennianum  et  Statullinnum  gciiicdiMip  Laiidereieii   mit   den   d/izu   jfehörijjen  Gerechtig- 

suos  cum  suis   villis  ßiMusque  altribuit  satixitque  ut  ex  keiten,    nach    einem   für   das    Wohl  des   Kaisers  Domitiau 

leditu    eorum  fundorum ,     qui    supra    scripti    sunt,    Kai,  geleisteten   Geliihde,   i'ilicmiaclit   werden,    und   zwar   unter 

Januar.  Hl    Idus  Febr.   Dnmitiae    Aui^uslae    nostrne    na-  der   besonderen   Bestinimunjf,   ilass   ans   dem  Ertrag  dieser 

Inle  et    V  Kai.    Julias    dedicatiune    Silvani    et   Xll   Kai.  Grunilstiicke   namentlich  das  Geburtsfest  des  Domitian  und 

Julias    Rosuliöus  et  IX  Kai.   Noremir.  natale  Domiliani  aucli   das  der    Demitia ,  jedes    an    dem    wirklichen    Taj;e, 

Auj^usti  nostri  sacrum  in  re  pruesenli  ßeret  conrenirent-  von   der   heiligen  Gemeinschaft  des  Siliau   mit  einem  Fest- 

que  ii,  qui  in  conlegio  essenl  ad  cpulaudum  ,  curantibua  mahle   gefeiert   werden  solle.      Dergleichen  periodisch   ge- 

suia    cuiusque    anni   ntau;istris.       Huic    rei   doluin    mitluin  halfenc    epulae,    von    einem    Colleginm    zum   (>cdächtnis.H 

»futurum,    quo  minus    eu    quae  super  scripta  sunt  /iiint,  eines  um   dasselbe    verdienten    VVohltbaters  gefeiert,    waren 

mani/e'itum   est,    cum  pro  salute  optimi  principis   et  do-  etwas  sehr   Gewöhnliches,   wie   viele   Inschriften  (man  ver- 

mini    nostri   f'undi   cojtsecrati   sint    diesque   sacrißciiirum  gleiche   nur   die   hier  viertvorau«gehende)   und  Stellen   Uer 

cornprehensi.   Praeterta  locus  sive  pars   agri  silraeque  est  Alten   bezeugen;    das«  der  Geburtstag    die   passendste   Zeit 

in    vivario ,    quae  rippis    positis   circa  Silvanam   delermi-  für   Erinnerungsfe.ile   dieser   Art    war,    ist    bei    der    Ileilig- 

nata  est  Silvano,    cui   det   ciam   Dius   ad  Silva/ium,   per  keit,   in   welcher  jener  Tag  auch    bei  den   Alten    gehalten 

fundumquc  Sioianum    Omnibus    palebit;    lif^nis     quoqiie    et  wurde,     nicht     zu     verwundern.        So     ist     auf     dc-r     hier 

ex  l'undo   Galliciiino   et    iiqua   sacrificio  Itausla   et   de   vi-  drittvoraiisgehenden    Inschrift     von     i-iner    Sujiplicatio     an 

rario  promiscue  licebit  Uli.     Haec  sie  dari ,  fieri ,  prae-  einem    (ieburtslago     dio    Rede.        Die     Angabe    des    Ge- 


461 


40? 


bartsfaffs  des  Doinitian  auf  «ler  vorlipgenilpn  In.irlirift 
etiuinit  mit  ungern  .sonstigen  Nacbricliten ,  nanientlirh  mit 
Stieton  librreiu.  Den  Geburtstag  seiner  Gemablin  Do- 
mitia  Longina  kennen  wir  nur  norb  ans  einer  anilcrn 
Iiiscbrift  bei  Eckel  Dortr.  num.  T.  VI.  p.  3^19,  »<>  gleiili- 
falls  von  einem  Legat  die  Rede  ist,  aus  dessen  Ertrag 
ibr  Geburtstag  von  den  Decurioncn  zu  Gnbii  festlicb  lic- 
gangen  werden  soll.  Daselbst  werden  die  vierten  Idus 
des  Februar  genannt,  auf  unserer  Insilirift  dagegen  die 
dritten;  da  auch  jene  Insebrift  norb  viirliaiiden  und  zu- 
güngliih  ist,  so  niuss  eine  nochmalige  Untersuchung  bei- 
der Steine  entscheiden,  welches  Datum  das  richtige  sei. 
Da  Domitia  im  Jahr  835  die  Ehre  einer  Augusta  er- 
Jiielt,  so  ist  wenigstens  dadurch  die  Zeit  bestinmit,  jen- 
seits welcher  das  Monument  errichtet  worden.  Der  Le- 
gatar L.  Domitius  Phaou  ist  hö<hstwahrscheiiilich  derselbe 
Phaon ,  welcher  als  Freigelassener  des  >iero  diesen  bei 
seiner  Flucht  aus  Rom  anf  seinem  Suburbanum  verborgen 
gehalten  hatte,  nach  Sueton.  Nero  4^  f.  Zu  dieser  Ver- 
muthung  ermächtigt  uns  der  ihm  auf  der  Inschrift  ertheilte 
Aanie  Domitius,  da  der  Neroniscbe  Pliaon  sicherlich  den- 
selben angenommen  hatte:  denn  Nero  geborte  bekanntlich 
zur  gens  Domitia  und  wurde  auch  in  dem  monumentum 
Domitium,  nach  Sueton,   beerdigt. 

Z.  Q.  werden  die  villue  noch  ausdrücklich  neben  den 
fundis  geuannt,  dem  eigentlichen  Sprachgebrauche  ge- 
mäss, wonach  unter  villa  das  zu  einem  fundus  gehörige 
Wohnhaus  verstanden  wurde.  Auf  dieselbe  AVeise  wird 
zwischen  ager  und  villa  nnterschleden  bei  Cic.  pro  Rose, 
com.  IV,  32,  und  uedißcare  i^illnm  steht  Or.  pro  Sestio. 
43.  Ungewöhnlicher,  aber  gewiss  technisch  ist  die  Be- 
deutung des  Zusatzes  ßnibusque,  wo<lurch  das  sämmtlirhe 
zlim  fundus  gehörige  Territorium  innerhalb  seiner  Um- 
gränziing  ohne  Ausschluss  bezeichnet  wird.  In  dieser 
allgemein'-ren  Bedeutung,  wonach  nicht  bloss  die  Gräu- 
zen  eines  fundus,  sondern  der  von  demselben  eingeschlos- 
sene ager  selbst  verstanden  »vird,  scheitit  auch  das  Wort 
in  der  technischen  Phrase  fines  fundi  demonstrare  bei 
Cic.  pro  Tullio  13,  wo  Heinrich  zu  vergleichen  S.  SO, 
gefasst  werden  zu   müssen. 

Z.  14.  Unter  den  Rosalibus  werden  gewöhnlich  im 
Mai  (hier  aber  später)  zu  feiernde  Rosenfeste  verstanden, 
die  schon  ans  einigen  andern  Inschriften  bekannt  sind, 
welche   die  Lcxica  anfüliren. 

Z.  15.  Der  Ausdruck  in  re  praesenti  dient  zur  nä- 
heren Bestimmung  der  Zeit,  in  welcher  die  Zusammen- 
kunft stattfinden  solle  ,  nämlich  an  dem  Geburtstage  des 
Domitianus  selbst,  nicht  etwa  unmittelbar  vor  oder  nach- 
her. Es  ist  eine  vorn  Forum  entlehnte  Formel,  durch 
welche  iler  Gerichtstag,  der  anberaumte  Termin,  an 
welchem  unabänderlich  Jemand  sich  zu  stellen  oder  zu 
erscheinen  habe,  bezeichnet  wird.  Cic.  de  oH.  I,  1(1,  (i : 
Lt,  si  conslilueris ,  cuipiam  te  advocatum  in  rem  prae- 
sentem  esse  renturitm ,  atque  inteiim  graviter  aegrotare 
filius  coepeiil ,  7ion  sit  contra  ol/icium  u.  s.  w.,  wo  IIou- 
singer  noch  einige  Beispiele  angeführt  hat.  In  der  all- 
tremeineren  Bedeutung  des  rechten  Zeitmoments  in  iler 
Gegenwart  gc-braucbt  es  häufig  Quintilian.  Diese  Phrase 
gil)t  mir  die   Veranlassung  einer  andern   verivaudteu ,   bis- 


her  meiner  Meinung    nach    noch    immer    nicht    genügend 
grammatisch   erklärten   Redensart    kürzlich    zu    gedenken, 
nämlich  inpraesentiarum  oder  imprnesentiarum.    Die   ver- 
H(  hiedenen  Ansichten  über  die  Enlstebung  «lieser  der  Bedin- 
tuiig    nach    keineswegs    zweifelhaften  Formel    (zusammen- 
gestellt   in    der  deutschen   Ausg.   des  Forrellinus  v.   itnpr. 
verglichen    mit    Jeu.    Litt.    Zeit.    1S2'1.   No.   V32.   S.   4ll) 
einzeln    hier    einer    Beurtheilung  zu    unterwerfen,    wür<le 
zu    weit  abführen.      Es   genüge   zu   bemerken,    dass    gegen 
jeden     bisher    eingeschlagenen   Erklärungsversuch    Erheb- 
litbes   eingewendet   »erden    kann;   ob   der   sogleich    mitza- 
tbeilendc     natürlicher     und      der    Sache     angemessen    sei, 
bleibe   weiterer  Berathung  anempfohlen.     Ich    bin   nämlich 
der    Meinung,    dass    das    Ganze    nichts   Anderes   sei  ,    als 
durch    Zusammenziehuiig     entstandene     Abkürzung     einer 
längeren,     in   der   Sprache    des   Lebens   noth« endig   häufig 
sich   wiederholenden   Phrase,    in    praesentia    rerum,    »vas 
man    für   den    gewohnlichen  Gebranch    zu    lang   fand.     Dass 
rerum    auf    irgend    eine  Weise   zur  Ergänzung  des  Sinns 
hinzugedacht   werden    müsse,    hat   man    längst   eingesehen, 
nur  nicht,     in   welcher  grammatischen   Verbindung  dieses 
zu   fassen  sei.      In  praesentia   in  der  Bedeutung  von  prae- 
senti tempore  kommt  häutig  vor,  uinl  nur  Missverstaiid  konnte 
sich  dazu  tempora  denken,   um  ^rrtesen?!«  als  Adje<tivum 
fassen  zu   können,   wovon   schon  Stellen   abhalten    konnten, 
wie   z.  B.   Quintil.    VIII.   pronem.   3;   dass   aber   die    ganze 
Formel    in    ihrer    jetzigen    Gestaltung     ursprünglich     von 
grösserem   Umfang    gevvesen    und    demnach   aus   ihrer   frü- 
heren   grammatisch    richtigen  Bescbafl'enheit    jetzt   nur  in 
eine   Art  von    elliptischer   Anomalie    zusammengeschrumpft 
sei,    beweist    das   bei   Petronius   f)H    und    "4  vorkommende 
depraesentiarufn ,    was   gleichfalls  jeder  lexikalischen   oder 
grammatischen    Rechtfertigung   widerstrebt ,     was   aber   ge- 
reibtfcrtigt   erscheint,   wenn    wir   auch    hierauf  ann enden, 
was    so     eben    von    der    Entstehung    des    inpraesentiarum 
vcrmuthet    ward.       Wenn    sich     nnn   bei   einem    Anonymus 
Maii   Auct.   class.   T.   II.  S.    108   in  praesentiarum  rerum 
findet,    so    zeigt    dieses    Beispiel,    dass    man     in     späterer 
Zeit    den   Ursprung    der    Phrase    nicht    mehr    erwog     und 
das    noch     zum     Ueberfluss    hinzufügte,    was    schon     in   in 
praesentiarum  lag,   aber  nothw endig   noch   besondeis  aus- 
zudrücken   zu    müssen    glaubte.       Die   Entscheidung   über 
Cic.  de  inv.  I,  30,  4»',   wo  statt  in  praesentia  eine  Hand- 
schrift in  praesentiarum  darbietet,   möchte,   bei'  der   ün- 
gewöhnlichkeit   und   Dunkelheit    dieser   Phrase,    wohl   für 
letztere   Lesart  ausfallen   müssen  ,    zumal    da    wir  jetzt   im 
Stande  sind  ,    das   Zeuguiss    eines   Grammatikers   anzufüh- 
ren,    der    ausdrücklich    bemerkt,    dass    man   ans   Missver- 
stand   häufig   diese  Phrase   in  jene  andere  irrthümlich   ver- 
wandelt  habe.      Es   verdient  diese  Stelle   um  so   mehr  her- 
vorgehoben  zu  werden,  als  man,   nicht  ohne  einen  Zweifel 
gegen    die    Echtheit     der    Phrase    überhaupt    zu    erheben, 
ilen   Umstand    geltend   gemacht   hatte,    dass   in  praesentia- 
rum  von   keinem   Grammatiker    erwähnt   werde       A'irgilius 
Maro   Gramm.   S.   <S4 :    ,,sicut   et   illiid,   quod   saepe    legere 
solemus,    in  praesentiarum    coufundnnt,    nescientes    quid 
sit,  demunf   extremam  svllabam,   iit  ponant  in  praesentia, 
f.icientes    ablativum    casiiui   cum    praepositioiie ,     ijuod    om- 
nino    conveniens     non    est.      Nam     inpraesentiarum     unum 
adverbiiim  facit  temporale,   ut  sit  ([Oasi  ^;'ae6'(^/</i«(  siinile." 


463 


464 


Ohne  auf  tue  Tlicoric  dieses,  « ie  im  zweKcn  Bande 
unserer  Beiträge  zur  Literaturgeschichte  gezeigt  werden 
wird,  mit  Unrecht  verdächtig  gemachten  Schriftstellers 
Medcr  in  diesem  noch  in  andern  Fällen  etwas  geben  zu 
vollen,  steht  jedenfalls  die  beriihrte  Thatsache  fest,  wo- 
bei er  sich,  niii  diess  gelegentlich  noch  anzuführen,  auf 
einen  gewissen  apokrypliischen  Aencas  seinen  Lehrer  als 
Gewährsmann  beruft.  Ich  bemerke  noch,  dass  sich  bei 
Placidus  in  I>Iaii  Auct.  class.  T.  III.  S.  473  die  Glosse 
findet:  Imjirnesentiarum  pro  impraesenti ,  bezüglich  auf 
Apuleius  ,  bei  welchem  sich  jene  Phrase  öfters  findet. 
Lcbrigens  zu  den  ron  Andern  angezogenen  Beispielen  der 
Phrase  ist  in  neuerer  Zeit  noch  Fronto  S.  105  ed.  Rom. 
gekommen.  Ob  man  in  und  praesentiarum  zu  einem 
Worte  verbunden,  oder  getrennt  zu  schreiben  habe,  igt 
sehr  gleichgültig,  und  es  mag  beides  im  Gebrauch  ge- 
wesen sein;  für  letzteren  Fall  spricht  ausdrücklich  im- 
praesenliarum ,   wie   auch  gefunden  wird. 

Z.  21-  Der  Gebrauch  der  Form  cum  niuss  dieser 
Zeit  allerdings  schon  zugestanden  werden,  obwohl  er  noch 
keineswegs  der  allgemeine  geworden  zu  sein  scheint. 
Aus  einer  Sichtung  reicher  [Materialien,  welche  Schnei- 
der Elementarlehre  d.  Lat.  Spr.  I.  S.  .33"  zusammenge- 
tragen, geht  hervor,  dass  die  Conjunction  und  die  Präpo- 
sition schou  ihrem  beiderseitigen  Ursprung  nach  und  so 
auch  in  ihrer  Rechtschreibung  zu  unterscheiden  seien: 
dass  nämlich  die  ältere  Form  der  Präposition  qum  ge- 
wesen sei,  wie  sie  auch  die  ältesten  Urkunden  des  Cicero 
(Pevron.  ad  Cic.  Fragm.  S.  141.  204)  und  selbst  noch 
fliünzen  aus  der  unmittelbar  auf  Cicero  folgenden  Zeit 
darbieten,  wovon  Beispiele  in  diesen  Blättern  l!-i3,T.  No.  38. 
S.  311.  Eckhel  Doctr.  num.  T.  V.  S.  137.  Bull,  dell' 
Inst,  archeol.  l,Si(i.  S.  15,  Beweises  genug,  dass  sich 
dieser  Form  Cicero  wirklich  bedient  habe;  dass  dagegen 
quam  die  älteste  Form  der  Conjun.ction  gewesen  sei,  eben- 
falls noch  unter  Cicero  in  Gebrauch,  wie  z.  B.  der  Co- 
dex des  Sallustius  bei  Mai  Auct.  class.  T.  I.  S.  418 
beweist,  gebildet  wie  z.  B.  aequom  bei  Grut.  S.  503, 
und  zwar  ihrer  Entstehung  aus  dem  Neutrum  des  Prono- 
men relafivum,  ganz  angemessen,  nach  der  Analogie  von 
OTl.  So  auch  in  der  Verbindung  QVOSQVOMQVE 
auf  einer  alteren  Inschrift  bei  Grut.  S.  62')  und  der 
Tabula  Bantina  im  Rhein.  Hins.  II,  1  der  philol.  Abth., 
obwohl  sich  schon  Q>EIC031QV'E  auf  einer  ein  S.  C. 
enthaltenden  Erztafel  vom  Jahr  78  vor  Chr.  bei  Grut. 
S.   503  findet. 

Z.  25.  Die  Schreibart  silva,  Silvnnus  mit  einem  « 
wird  durch  andere,  ungefähr  gleichzeitige  Urkunden  be- 
stätigt, wie  durch  das  Testamentum  Dasumianum  II,  der 
Tabula  alinientaria  des  Tr,ijan  S.  50  ed.  Wolf.  Ohne 
die  Schreibart  durch  y  verdammen  zu  wollen  (sie  findet 
sich  auf  einer  Inschrift  bei  Romanelli  Storia  del  regno 
di  Aapoli  T.  I.  S.  3'.)7),  scheint  doch  der  allgemeine 
Gebrauch  für  jene  gewesen  zu  sein,  nämlich  aus  der  al- 
teren Zeit  beibehalten,  wo  i  die  Stelle  des  fremden  ij 
vertrat.  Die  Bemerkungen  früherer  Grammatiker  über 
den  Unterschied  beider  Formen  stellt  Barker  im  Classical 


Journal    No.  46.    S.    309  f.    zusammen,    ohne    dass    sich 
daraus  ein  Resultat  ergibt. 

Z.  24.  Von  praeterea  an  wird  die  Construction  et- 
was verwickelt  und  unklar,  obwohl  an  der  Richtig- 
keit des  Textes  zu  zweifeln  kein  Grund  vorhanden  ist. 
AVie  ich  den  ganzen  Satz  verstehe  ,  habe  ich  durch  die 
Interpunction  anzudeuten  versucht.  Es  ist  von  Servituten 
die  Rede,  welche  dem  Heiligthum  des  Silvan  zu  Gute 
kamen  und  auf  den  dasselbe  begränzenden  Grundstücken 
lasteten.  Unter  dem  hierbei  genannten  vivarium  ist  ein 
Thierpark,  Wildgarten  zu  verstehen.  Ueber  den  bei 
dieser  Veranlassung  vorkommenden  Eigennamen  Diu», 
vergl.  SjUog.  inscr.   S.  581. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellon. 

Paris.  Die  Geschichte  der  beri'ibmien  Handschrift  der  An- 
thologie von  Const.mtinns  Cepli.tlas  ist  bekannt.  Im  J.  1606  von 
Saumaise  in  Heidelberg  in  der  Pfälzischen  Bibliotlick  entdeckt, 
wurde  sie  durch  Schenkung  des  Herzogs  von  B.iiern  Maximilian 
mit  den  übrigen  Schätzen  derselben  Bibliothek  im  J.  162,3  nach 
Rom  in  das  Vatican  gebracht,  von  wo  sie  durch  den  Frieden 
von  Tolenlino  1797  in  die  Hände  der  Franzosen  kam.  Um  sie 
);egcn  dieses  Schicksal  zu  sichern,  hatte  der  Papst  Pius  VI.  die 
llandscbrift  mit  seinen  kostbarsten  Juwelen  nach  Terracina 
bringen  lassen.  Umsonst.  Da  die  französischen  Commissäre  den 
neuen  Band  bemerkten,  und-eincn  Theil  desselben  (von  S.  615 
an),  in  welchem  unter  Andern  auch  der  Anakreon  war,  vcrniiss- 
ten  ,  forderten  sie  auch  diesen  zurück.  Nach  der  Restauration 
im  J.  18 16  wurde  der  Hauptlheil  des  Werkes  der  Heidelberger 
Bibliothek  zurückgegeben;  derjenige  aber,  der  den  Anakreon 
enthielt,  zurückbehalten.  Niemand  wusste  Rechenschaft  davon 
zu  geben ,  und  er  galt  für  verloren.  Jetzt  ist  er  durch  eine 
von  unserem  gelehrten  und  unermüdlichen  Lamlsmannc,  D.  Düb- 
ner,  gegebene  Veranlassung  wieder  erkannt  worden,  und  wird 
ohne  Zweifel  in  Zukunft  den  ihm  gebührenden  Platz  einnehmen. 
Der  genannte  Gelehrte  ist  jetzt  beschäftigt,  Alles,  was  sich  in 
der  königl.  Bibliothek  von  Epigrammen  der  Griechischen  Antho- 
logie befindet ,  aufzusuchen  und  zum  Beliufc  eines  neuen  Ab- 
druckes, weicher  in  der  Didot'schen  Sammlung  der  griechischen 
Classiker  erscheinen  soll  ,  zu  vergleichen.  Von  demselben  Ge- 
lehrten dürfen  wir  einer  reich  ausgestatteten  Bearbeitung  des 
Valeriiis  Flaccus   entgegensehen. 

Berlin.  Die  Gymnasialdircclorcn  Dr.  Ger  lach  zu  Brauns- 
herg  unil  W  i  s  s  o  w  a  zu  Leobschütz  haben  den  rothen  Adler-Orden 
4.   Gl.  erhalten. 

Am  5.  d.  Morgens  ist,  in  Folge  eines  Schlagflusses ,  der 
ordentliche  Professor  der  Rechte  an  der  hiesigen  Universit.at , 
Dr.  Gans,  gestorben,  wodurch  die  Universität,  wie  die  Wis- 
senschaft, einen  sehr  schmcrzliclien   Verlust  erlitten  haben. 

England.  Am  20.  Jan.  starb  zu  Barth  Roh.  Hoblyn, 
Prof.  zu  WestMoulsey  in  Surrey,  Verf.  einer  engl.  Uebcrsetzung 
der   "Gcorgica  des  Virgil«,  88  Jahre  alt. 

Konitz.  Dei  bisherige  Oberlehrer  am  Gymnasium  zn  Arns 
berg,  Dr.  Franz  Brnggcmann,  ist  zum  Dircctor  des  Gym- 
nasiums dahicr  ernannt  worden. 


i  t  s  c  li  r  i  f  t 


f ü r   die 


AltertliLimswissenscliaf  t 


Freitag,   17-  l\Iai 


1  8  3  9. 


Nr.  59. 


Griechische  und  Römische  Inscliriften. 

(For  ts  etzii  nif.) 

lOS. 
ELpiidascJbsl  gcfuiuleii  und  niKgetlicilt  ho  lOS- 


D     31 

CORNE 

LIAE  PRI 

BllTIVE 

COMV 

IN  MEIVI 

L  IM  A31P 

IM  A  RIX 

ÜECESS 

ANN.  XVIIII 

31.  VII.  D.  VII 


Der  Horansgcbcr  liemerkt,    <lass  er  iiiigewiss  sei,    ob 
die  sechste  oder  siebente  Zeile  richtig  gelesen  sei. 

109. 
Ebendaselbst.      Zu  Frascati. 


G^  STI.  F.  DIVI.  IVLI.  N.  AVG. 


.    .  .    .  XIMO   TRIB.  POTEST.  X.WUII.  COS.  V.  IMP.  Vlll    .  .  . 
....  PKISCVS.  FILIVS  CVR.VTOKLVSVS  .  .  , 

Aus  der  Angabe  der  Tribunicia  potestas ,  des  Consu- 
lats  und  des  iinperiuin  ergibt  sicli  das  christliche  Jahr  34, 
in  «elchem  dem  Tiberius  dieser  Denkstein  errichtet  ward. 
Der  Ausdruck  lusus  fiihrt  auf  die  ^'ermuthuiig,  dass  hier 
der  lusus  Troiae  gemeint  und  auch  so  zu  ergänzen  sei , 
lind  dass  demnach  zur  Erinnerung  an  dieses  in  Rom  seit 
Augustus  beliebte  Festspiel  (vergl.  Sueton  Aug.  43  und 
Claud.  21)  die  Inschrift  errichtet  worden  sei;  an  beiden 
angeführten  Stellen  nämlicli  heisst  es  lusus,  nicht  ludi, 
der  getvühuliche  Ausdruck  für  sonstige  ofl'entliche  Spiele. 
Unter  dem  Namen  luius  fülirte  dieses  Spiel  auch  Sueto- 
nius  in  seiner  Schrift  de  puerorum  lusibus  auf,  nach 
Serv.  ad  .4en.  V,  602.  Heber  die  Erklärung  de«  Wortes 
Troia  vergl.  diese  Blätter  1838.  No.  38.  S.  316-  Dieses 
Karapfspiels  ,  welches  von  reitenden  Knaben  aus  den 
befteu    Familieu     aufgeführt     zu     werden     pflegte,     ge- 


denkt auch  Dio  Cassius  in  dem  von  Morelli  S.  6  an'.? 
Lieht  gezogenen  Fragment  bei  Chardon  de  la  Rochette 
IMclangps  de  critiijue  et  de  philologie  T.  II.  S.  232 
(.Miliin  fllagasin  oncvclop.  I,  3.  S.  313).  Es  erscheint 
demnach  die  Euientlatiou  des  Casaubonus  de  Graecorum 
lusibus  in  der  angezogenen  Stelle  des  Servius  als  unstatt- 
haft: es  mag  dieser  über  de  puerorum  lusibus  eine  Ab- 
tlieilnng  des  grosseren  Werkes  des  Suctonius  TlHQi  Ttöv 
nuoa  'Puj/jaioiQ  deujor/.ojv  y.al  dyujvojv,  wie  es  Sui- 
das'v.  Todyy.vD^og  aufführt,  gewesen  sein.  Auch  ge- 
denkt Suetonius  im  Leben  des  August  a.  a.  O,  ausdrück- 
lich der  Knaben,  welche  zu  diesem  Spiele  ausgewählt 
worden.  Gegen  diese  Vermutliung  könnte  allerdings  gel- 
tend gemacht  werden,  dass  dieser  zu  Frascati  gefundene 
Stein  sich  mehr  auf  ein  daselbst,  und  nicht  in  Rom, 
gefeiertes  Festspiel  beziehe.  Darauf  liesse  sich  jedocli 
antworten,  dass,  da  nach  Virgilius  Acn.  V,  59ß  Ascanius 
dieses  Spiel  in  Alba  eingeführt  habe,  von  wo  aus  es  erst 
nach  Rom  übergegangen  sei,  dasselbe  auch  in  Ortschaf- 
ten in  der  Nachbarschaft  von  Alba  im  Gebrauch  gewesen 
sein  könne.  Allein  es  entgeht  uns  keineswegs,  wie  sehr 
diese  ganze  Erklärung  des  lusus  nur  auf  Mogliclikcitcp 
beruht. 

110. 
Ebendaselbst.     Zu   Assisi. 


TERTIVS 

PRISCI.  POP.  AERE 

SALINAE.  DISPENS 

VICARIVS.  ARAM 

ET.    CREPIDINEM.    FECIT 

IDEM.   D 

D.     D.     L.     D 


Vortrefflich  bemerkte  Borghesi,  dass  POPPAEAE 
SABINAE  gelesen  werden  müsse,  welche  Kaiserin  in 
dieser  Gegend  bedcntende  Besitzungen  gehabt  habe.  Bei 
diesen  bekleidete  Tertius  das  Amt  eines  Dispcnsator  vi- 
carius.  Ob  zu  PRISCI  filius  oder  libertus  zu  verstehen 
sei,  bleibt  dahingestellt. 

111. 

Ebendaselbst  S.  155.  Gefunden  zn  Tor  Marancio, 
jetzt  in  Rom. 


467 


468 


Simp. 


SEK.  COUNEMO 
lA  LIAX)  FRAT 

PIISSI.MO.   KT 

CALrj-.S,-,AE.   EHS 

P.  CAL^  isn  s 

PHILO/AS.    ET.    SIBI 

EX.  INDVLGENTIA 

FLAVIAE  DO;\IlTILL 

INFR.   P.  XXXV 

INAGR.   P.  XXXX 


Pat. 


Ein  Gralicippiis  zur  Bezoirhiiiing'  iler  Sf;i(fe ,  «olchc 
«lern  P.  Caliisius  Pliilofas  Flaiia  Doiiiitilla  ,  Gpnialilin 
l'espasians,  iiliorlasscn  hälfe.  In  filiiilirhem  .Sinn  ex  in- 
dulgentia  anf  ilur  Tabula  aliinentaria  S.  33  p'I-  Wulf, 
und  sonst  h>inij°^  ron  der  Gnade,  die  Kaiser  oder  kaiser- 
liche Personen  von  sich  ausgehen  lassen. 

112. 
Ebendaselbsf.     Zu   Ostia. 
Imp.   CaESARI.  divi 
TraianX.   PARTHiCI   FILjo 
TRAIA>0.  llADRIÄXo 
Aug.  pont.  max.  trih.  pot .  .   .  vll  COS  II  .   . 

Wenn  die  Angabe  der  tribnnicia  potestas  richtig  ist, 
so  niHss  COS.  III  gelesen  «erden,  wonach  die  Inschrift 
in   das  christliche  Jahr   123   oder   124  fällt. 


Ebendaselbst. 


113.      114. 
Im   Canipo   Santo   zu   Pisa. 


CAES.  T.  AEL 

HADRIANVS.  A>TOM>VS 

AVG.  PIVS.  P.  M.  TR.  P.  VI.  COS.  III 

I11P.1T.  P.  P.  ^'IA3I.  AEMILIA3I. 

^ETVSTATE.  DILAPSAIM.  OPERIB 

A.MPLIATIS.  RESTITVENDAIM.  CVR 

A.  ROMA.    HI.    P.  C.  L.  XXX.  Vlll. 

pKO.  R01IA.   T.  T.   REI.  P.   DD.  IV.  N. 

FF  L.   VALENTIMANO   ET 

l'ALEATE.  IMVICTORIOSIS 

HIAXI.AIIS.  SEMPER.  AVGG 

31.    P.    CL.VXXVIH 


Caesar  T.  Aelius  Hadiianus  Antoninus  Aiiguslus  Pius 
pont.  max.  trilj.  pot.  VI  Cns.  III  imp.  II  pater  patriae 
viavi  Aemiliam  vetiistale  dilapsam  operiLua  nmpHalis  re- 
slituendam  curavit  a  Roma  millia  passuum  C/.XXXl'III. 

rei  publicae  doiainis  7tostris 

Fl.  VaUntiniano  et  l'alenle  imviciorinsis,  maximis,  isem- 
per  Aw^unti».     Millia  paüsuum   CLXXXI'III. 

Die  ersten  eielien  Zeilen  dieser  Inschrift  enthalten 
die  Erinnerung  an  eine  'Wiederherstellung  iler  lia  Aenii- 
lia  diirili  Anfoninus  Pius  und  bieten  an  sich  keine  .Scluvie- 
rijikeit  dar.  Sie  bildeten  zusaninien  ein  (ianzes  fiir  sich, 
und  so  finden  sich  auch  dieselben  für  sich  bereits  bei 
Muratüri  454.  3.       Wenn    nun    durch  die  jetzt  entdeckte 


^'eriollständignng  der  Insdirift,  «ovon  irli  den  Anfang 
niclit  verstehen  zu  können  bekennen  niuss,  «ir  eine  I5c- 
ziehung  auf  die  Kaiser  A'alentinian  und  Valens  erhalten, 
so  kann  dieser  spatere  Zusatz  anf  demselben  Steine  sidi 
wolil  nur  auf  ein  .'ihnliches  Factum  bezielien,  das  durch 
diese  >'aclischrift  der  Xachwelt  aufbcuahrt  «erden  sollte. 
Beispiele  von  Zusätzen  dieser  Art  sind  zunächst  auf  s(d- 
chcn  Slonumenfeii ,  die  sich  auf  iiHentliche  Bauten  be- 
ziehen, nicht  ungewölinlich.  Das  Bei«  ort  invictoriosus, 
«elches  den  beiden  Kaisern  ertheilt  «ird,  ist  bisher  un- 
bekannt, scheint  aber  nur  auf  einer  falschen  Lesart  zu 
beruhen,  indem  es  vielnielir  heissen  soll  I!MP.  VICTO- 
RIO-SIS.  Uebrigens  «ird  von  dem  Italienischen  Heraus- 
geber der  Insdirift  gelegentlich  noch  das  BruchstiK  k 
einer  andern,  dem  Inhalt  nach  vermuthlich  verHanciten 
angeführt,  «eiche  an  demselben  Orte,  wo  die  erslere , 
gefunden  sein  soll: 


VIA.  AEMILIA 
A.  ROMA.  M.  P.  C.  LXXXVIII. 

115. 
Ebendaselbst    S.    156*       Gefunden    zu    Tor  I\Iarancio, 
jetzt  in  Rom. 

Imp.   CnES.  DIVI  X^lunini  Fit 

fil.  divi  lIADRIAni  nepoti 

divi  Traia^I.  PARTHici  pronepoti 

divi  AERVAE.   kbnepoti 

L.  AurellO.  VERO.  AV^r.  Armen 

ParthicO.  MAX.  Medico  trib.  pot.  VI 

imp.    /V.  COS.  IT.  DES/g.  /// 

proPAGATORI 

corftcaRI.   jSAVICVLAri  Itifernates 

,  .  .  M.  F.  PALATIN 

7»rAEF.  ANN 

curam.   AGENTIBVS 

.  .  .  Q.  ATIMO.  Q.  F 

...  ORIO.    31.  F.    ARN  .  .  . 
...  V.  im.  C.  31ESS  .... 
.  .  .  O.  L.  F.  HELIOD  .... 
lieber    die    codicarii   navicularii,    welche    aus  Dank- 
barkeit   für    eine    ihnen    von  L.    Anrelius    Verus    erzeigte 
^'^ergünstigung  im  Jahr   ItiG   diesen  Stein  errichtet  haben, 
ist   in   der  Svlloge  S.   455   gesprochen   worden.      Das  Epi- 
theton propagator,   welches  spater   unter   den  kaiserlichen 
Ehrentiteln   auf  mancherlei  '\Vcise   häufig  gefunden   wird  , 
ist   in   dieser  Zeit  noch   wenig  gebräuchlich. 

116. 
Ebendaselbst.     Zu  Toscanella. 


divi   Hadrianl    IN  EP   divi 
Traiani  Parfhic.   PRONE/y 

L.  A^RELio   Vero 
ponl.  »lAX.  TR.  ?ot  .  .  . 


F.  O. 


469 


470 


C.  J.  Caesai-ts  et  incerti  auctoris  Couiinentarii  de  Bello 
Gallico.  Emendavit  ox  optiniis  11).  iiifs.  brcvi  amio- 
tatioiic  critira  instruxit  Joannes  Apitxius.  Bcroliiii 
snni|.til)us  Th.  Badii.  1837-  kl.  8.  XXI,  201  und 
XCVII  s. 

Caii  Julii  Caestiris  Commentarii  de  Hello  Civili.  Eiiifii- 
da\it  eif.  Joannes  Apilzius,  liprolini  siiinptilius 
C.   F.   Plai.nii.      1,S37.      XXVII   und   2U7  S.   kl.   8. 

Volhtündiges  If'iiileiluch  zu  den  Werken  des  Julius 
Caesar,  von  G.  Ch.  Crusius ,  Sulirector  am  Lyreum 
in  Haiinoier.  Hannover  1838,  im  IVrIage  dcrHahn'- 
schcii  Ilofbuchhaiidliing.      '248  S.   gr.  8- 

Hr.  Apitz  t  welcher  schon  1837  Scliedae  criticae  liber 
die  Schriften  des  Cäsar  herausgegeben  hat,  beginnt  die 
früher  erschienene  Ausgabe  der  Commentarii  de  bello 
gallico  mit  folgenden  Worten:  Deformatos  et  corruptos 
Caesaris  rommentarios  et  optimis  Lb.  MStis,  quantum 
potui ,  sinccros  integrosque  rcddidi.  Larga  enim  et  varia 
suppeteute  supellectilc  nemodnm  id  egit ,  ut  explorata  et 
pensitata  eius  dignitate  textum,  quem  vocant ,  ad  rectam 
regulam  constitueret.  Worte,  die  eine  grosse  Ungerech- 
tigkeit gegen  die  Bestrebungen  Anderer  enthalten  und 
eine  grosse  Erwartung  erregen.  Das  üebel  riihre  von 
Oudendorp  her,  dem  man  lieber  liaben  folgen,  als  den 
reinen  Text  aus  den  bessern  Handschriften  herstellen 
ivoUcn.  Es  seien  in  Caesar's  Schriften  viele  fremdartige 
Zusätze;  die  habe  er  wegzuscliallcn  gesucht;  den  Hand- 
schriften Urs.  Cui.  Seal.  And.  Ox.  Leid.  pr.  und  Petas. 
habe  er  wenig  Glauben  geschenkt.  Hiernach  wird  man 
fragen:  Was  hat  Hr.  A.  für  Subsidien,  ilurch  «eiche  er 
den  Cäsar  herstellt?  Er  sagt  8.  IX:  Ego  vero  neque 
praedaro  ingenio  neque  eleganti  doctrina  instructus  prae- 
ter copias  Oudendorpianas  adinmenta  nnlla  habui;  wobei 
die  Anmerkung,  dass  auf  Lcmaire  fast  keine  Rücksiclit 
genommen  sei;  er  fügt  aber,  mit  Bezug  auf  Oudendorp's 
Unzuverlässigkeit ,  S.  X  versöhnend  hinzu:  Itaquc  nie 
incum  negotium  non  tarn  perficiendi  spe  quam  experiendi 
voluutate  esse  aggressum  libcre  profiteor.  Hierauf  folgt 
der  Abdruck  der  Oudcndorpsclien  Darstellung  iler  Hand- 
schriften XI  —  XVIII ;  dann  eine  aus  früheren  Ausgaben 
aufgenommene  chronologische  Tafel  über  Cäsars  Leben; 
dann  derText  und  znlefzt  die  Annofatio  critica  auf  (IßSeiten. 

Die  Vorrede  zu  dem  Bellum  civile  enthält  eine  Un- 
tersuchung der  Frage,  auf  welche  Weise  Cäsar  seine 
Commentarien  geschrieben  habe.  Hr.  A.  meint,  Cäsar 
habe  dieselben  nicht  nach  einem  im  Kriege  geführten 
Tagebuche  verfasst;  wo  dieses,  die  Ephemeriden ,  genannt 
werde,  seien  die  Commentarien  zu  verstehen;  wenn  hier 
und  da,  auch  bei  Cäsar  selbst,  Stellen  aus  dessen  Schrif- 
ten erwähnt  werden,  die  sich  iiiclit  mehr  findi'n,  so  sei 
das  nicht  auf  die  Annahme  zweier  verschiedener  Schrif- 
ten zu  beziehen,  sondern  die  Commentarien  seien  mit  der 
Zeit  verfälscht  worden.  Daran  reiht  sich  die  Anführung 
der  Urtheile  der  Alten  über  Cäsar's  Schreibart,  des  Ci- 
cero, Gellius,  Quintilianus,  Taritus:  zuletzt  die  Biogra- 
phie CSsar's  von  Franz  Pctrarcha,  d.i.  nach  Schneider'« 
Ausgabe  Cap.  XX'»'!,  §§.  1  —  27.  Nach  dem  Texte 
folgt  die  ann.  rrit.  S.  125  —  202;  dann  Franc.  Ouden- 
dorpii  notae  manu  exaratorum  C.  Julii  Caesaris  cxcmpla- 


rium,  wobei  nach  Anführung  von  5  Hands<hriften  die 
Worte  Hos  nominatos  ipso  oculis  lus(ravi  p<c.  leicht  zu 
der  flleinung  verführen,  das  sage  Herr  A.  von  sich. 
Es  sind  Oudendorp's  Worte.  Am  Endo  steht  ans  den 
.Schedd.  critt.  eine  brevis  uotifia  lodlcum,  «orin  die 
Handschriften    in   drei   Familien   eingetlieilt   werden. 

Wie  anspruchsvoll  nun  auch  Hr.  A.  Anfangs  aufzu- 
treten schien,  so  halten  wir  uns  doch  billig  an  die  später 
hinzugefügte  mildere  Erklärung  und  erkennen  in  seinen 
Ausgaben  gern  einen  ^'ersuch  zur  Läuterung  des  Cäsa- 
rianischen  Textes.  Ob  es  nun  gerathen  war,  zu  den 
vielen  immer  nach  einander  aufkommenden  Schulausgaben 
noch  eine  kritische  hinzuzufügen,  ohne  dass  man  neue 
kritische  Hülf^mit(el  hatte,  und  ob  es  nicht  besser  war, 
die  Emendationen  in  einer  besondern  .Schrift  anzugeben  : 
das  ist  eine  Frage,  über  die  ich  nicht  gesonnen  bin  mit 
Hrn.  A.  zu  rechten;  kann  aber  nicht  unterlassen  zu  be- 
merken, dass  eine  Menge  von  Zweifelfragen  in  Bezug 
auf  Cäsar  sich  in  kurzem  «erden  schlichten  oder  mit  gros- 
serer Entschiedenheit  besprechen  lassen,  da  das  Erschei- 
nen der  Ausgabe  des  allseitig  reich  ausgestatteten  Hrn. 
Prof.  Schneider  in  Breslau  demnächst  zu  erwarten  ist. 
Bis  dahin  ist  es  daher  wohl  räthlich  ,  ein  ausführliches 
Urtheilüber  kritische  Behandlungen  zu  verschieben.  Wenn 
ich  übrigens  sagte,  dass  Hr.  A.  vielleicht  besser  gethan 
hätte,  in  einer  besonderen  Schrift  Untersuchungen  anzu- 
stellen, so  rechtfertigt  sich  das  allerdings  durch  die  Art 
des  kritischen  Commentars,  der  keineswegs  eine  vollstän- 
dige Aufzählung  der  verschiedenen  Lesarten  und  eine 
überall  begründete  Auswahl  gibt.  Was  gibt  er  z.  B.  für 
das  erste  Kapitel  des  1.  Huclies  de  B.  G- •  Erst  wird 
die  gewohnliche  Lesart  tris  nach  dem  einzigen  Leidensis 
primus,  der  allerdings  sonst,  wenn  auch  nicht  bei  Hrn. 
A.,  für  eine  der  bessten  gilt,  vorgezogen  und  besondere 
Kucksicht  auf  die  bekannte  Stelle  A.  Gell.  N.  A.  XIII, 
20,  "o  die  Entscheiilung  dem  Ohre  überlassen  wird,  ge- 
nommen. Die  Triftigkeit  des  Grundes  für  diese  Stelle 
zugegeben,  dürfte  eine  Hinweisung  auf  die  geschichtliche 
Autorität  dieser  Endung  hier  zweckmässig  gewesen  sein, 
ungerechnet  was  sich  sonst  gegen  das  Urthcil  der  Ohren 
sagen  lässt;  s.  Gerlach  Sallust.  XI.  Dann  wird,  was 
.Alle  haben,  aliam  Aquitani  gegen  Ilartmann  geschützt 
mit  dem  ziemlich  dunkel  ausgedrückten  Grunde:  Uno 
nindo  praecedente  alias  aeque  ac  sequens  (Flor.  II,  l.'i.  II) 
alterum  necessario  siguificat.  Zuletzt  wird  et  ad  eani 
partem  vertheidigt  gegen  die  Lesart  der  meisten  Hand- 
.«cliriften,  die  ad  weglassen;  und  zwar  so:  ad  in  plurimis 
Mss.  excidit,  uti  pro  B.  G.  1,  44.  a  B.  G.  I,  34.  al. 
Theils  sind  aber  diese  Stellen  anderer  Art,  indem  in  der 
ersteren  die  Stärke  des  Ausdrucks  die  Wiederholung  der 
Präposition  verlangt,  in  der  zweiten  die  Präposition,  wenn 
sie  fehlt,  nicht  zn  suppliren  ist;  theils  ist  mit  solchen 
Anführungen  jSichts  für  unsere  Stelle  bewiesen,  wo  die 
Sache  lediglich  nai  h  der  Autorität  der  Handschriften  und 
etwa  nach  der  Gewohnheit  des  Schriftstellers,  die  Prä- 
position zu  «iederliolen ,  zu  vertlieidigen  ist.  Auf  diese 
^Veise  ist  nun  ungefähr  auch  die  Annotatio  zu  den  fol- 
genden Kapiteln  beschaffen;  ilabei  mani  hc  gute  Bemer- 
kung, aber  oft  bloss  Wiederholung  oder  Ansführnng  des 
Bekannten  oder  anderwärts   Angedeuteten,    ohne   »ollslän- 


471 


472 


<lig  zu  sein;  ilic  Lcisfiitig  meist  selbsfsfc'imlig  in  allzu- 
sriiiicllcr  Oller  nicht  begründeter  Aunaiinic  \un  freiiular- 
ligen  Zas.'itzen,  im  Allgemeinen  die  erregten  Em artungeu 
nicht  befriedigend.  AVenn  also  auch  das  Streben,  sich 
von  den  Fesseln  des  Ilerkommens  iu  dem  Ciisariauischen 
Texte  loszumachen,  ehrenuerth  ist,  so  haben  sich  doch 
die  Kr.'iltc  zu  Losung  der  gestellten  Aufgabe  als  nicht 
zureichend  erwiesen.  Auch  ist  auf  hier  und  da  zerstreute 
Bemerkungen  und  A'crbesserungen  der  (ielehrten  viel 
zu  ucnig  Rücksicht  genommen  uordcn.  Das  Angeführte 
kann  von  der  Verpflichtung  «eitläuliger  jNacli« eisung  ent- 
binden. Einige  Stellen,  hier  und  da  zufällig  ausgewählt, 
iniigen  noch  als  Beispiele  dienen.  B.  6.  1,  4()-  Die 
letzten  AVortc  Huic  legioni  Caesar  et  indulserat  praeci- 
luie  et  propter  virtutem  ronfitlebat  maxime  halt  llr.  A. 
für  uneiht  und  sagt  darüber  zwar  efivas  nicht  ganz  Un- 
vahrscheiuliches,  aber  keines»vegs  Ueberzeugendcs.  Dass 
c.  42  steht  cui  quam  niaxiiue  ninfiilebat,  darf  man  doch, 
venn  man  die  Darstellungsneise  Cäsar's  kennt,  nicht  als 
Beweis  der  Unechtheit  anführen.  Die  folgenden  AVorte: 
Si  Juüaiia  essent,  verba  inserta  legeremus,  id  quod  se- 
queutia  (fiac  oratione  liabita)  flagitant  künneu  noch  ive- 
iiiger  dafür  gelten.  W^nn  endlieh  ein  Absrhrciber  zu 
der  Eruiihnung  des  Cäsar,  dass  er  an  der  Bereitwillig- 
keit der  zehnten  Legion,  ihm  zu  folgen,  nicht  zweifle, 
jene  A\orle  erklarungsweise  soll  hiuzugeschrieben  haben: 
so  kann  man  ebenso  gut  die  Erkifirung  für  Cäsarianisch 
lind  wenigstens  für  nicht  von  des  Schriftstellers  (iewohn- 
lieit  abweichend  h;>lteu.  —  I[,  '>.  Die  dem  Zusammen- 
liangc  hinderlirheu  AVorte  duodecimo  die,  <lie  allerdings 
in  mehreren  Ilaudschrifteii  fehlen,  sind  ganz  weggelassen. 
Die  Unechtheit  der  AVorte  zugegeben,  ist  doch  mit  dem 
.TUs  den  schedis  critt.  AVieilerholten  nicht  nachgewiesen, 
vie  die  Worte  nothw  endig  eingeschoben  ,  nicht  verdorben 
seien.  Vielleicht  ist  proximo  die  zu  lesen,  wie  proxima 
iiode  stellt  I,  40.  —  II,  3')  schreibt  Hr.  A.  qni  se  ob- 
sides  daturos,  impcrata  facturos  pollicereutur,  ohne  anzu- 
geben,  dass  ilaturos  —  facturos  statt  des  Fem.  bloss  in 
einer  Handschrift  steht,  die  llr.  A.  zu  der  geringsten 
Klasse  rechnet.  Die  Lesart  qiii  —  daturas  —  factu- 
ras  ist,  wenn  auch  gegen  Cäsar's  (iebrauch,  doch  kei- 
neswegs to  verwerflich,  als  es  nach  der  schnöden  Zu- 
rückweisung von  dem  letzten  A'ertheidiger  derselben  durch 
Hrn.  A.  scheinen  könnte.  A'iclleicht  könnte  uiau  mitte- 
rentur  legationes  lesen.  Auf  jeden  Fall  stellt  sich  qai 
leicht  als  Erklärung  des  schwierigeren  quae  dar,  wozu 
der  Leid.  pr.  sogar  nationes  wiederholt,  und  was  Cäsar 
iia(  li  dem  vorangehenden  Satze  quae  traiis  Rhenum  inco- 
lereiit  gebildet  haben  mag.  —  lil,  24  sucht  Hr.  A.  die 
%  nigate  qiium  sua  eunctationc  atquc  opinione  timidiores 
Jiostes  nostros  milites  alacriores  ad  pugnaiiilum  efl'ecissent 
dadurch  zu  verflieidigcn ,  dass  et  opinione  übersetzt  ver- 
vieititlich.  Dadurch  wird  aber  die  Verbindung  der  AVorto 
opinione  timidiores  mit  cunctatione  sehr  missfällig:  denn 
man  müsste  sie  so  verstehen :  durch  ihre  Zögeruiig  und 
dadurch  ,  dass  sie  für  fiirc  htsam  galten.  Au(  h  steht  das 
opinione  so  ganz  befremdend,  zumal  in  A'erbiudung  mit 
dem  Comparativ,  in   »lekher  es  anders  gefasst  zu  werden 


pflegt.  Es  scheint  tlmoris  gelesen  werden  zu  müssen, 
auch  nach  dem  gricch.  L'ebersetzer ,  ahnlich  wie  Cäsar 
sonst  spricht  und  noch  c.  17  opiiiionem  timoris  praebuit, 
während  er  von  den  Aquifaniern  c.  25  sagt,  dass  sie 
non  tiniide  fochten.  —  V,  14  meint  Hr.  A.,  <lie  AVorte 
atquc  hoc  horridiore  sunt  in  piigiia  adspectu  seien  von 
frenuler  Hand  hinzugefügt;  es  habe  sie  Jemand  über  die 
folgenden  AVorte  capilUique  sunt  promisso  geschrieben, 
«ozu  sie  besser  passen;  und  auch  der  Zusatz  in  pugna, 
als  unwesentlich,  verrathe  die  fremde  Ziithat.  AA'enn 
irgendwo,  muss  man  hier  anderer  IMeiniing  sein.  Das 
aus  der  AV'aidfärberci  entstehende  bläuliche  Ansehen  der 
Briten  ist  dem  Römer  ungewöhnlich ;  langes  Haar  findet 
er  auch  sonst;  und  der  Zusatz  in  pugna  ist  ganz  natür- 
lich ;  denn  da  ist  der  horrldus  adspectus  besonders  be- 
merkbar;  Cäsar  denkt  an  die  Begegnung  der  Römer,  die 
eine  kriegerische  war;  und  »"as  von  der  Farbe  gilt,  würde 
ja  auch  von  dem  langen  Haare  zu  sagen  sein.  —  V,  23 
hat  man  an  dem  et  \or  prioris  commeatus  expositis  mili- 
tibus  Anstoss  genommen  und  es  neuerlich  weggelassen.  Hr. 
Apitz  hat  die  ganzen  AVorte  als  unecht  eingeschlossen. 
Blau  kann  sagen,  das  sei  besser  als  die  Tilgung  des  et; 
denn  dieses  steht  nicht  in  Parallele  mit  dem  folgenden, 
sondern  dient  bloss  die  uächstfolgenilen  AVorte  zur  Er- 
klärung von  inanes  anzufügen.  AAolil  kann  aber  Cäsar 
selbst  diese  Erklärung  gegeben  haben.  Es  ist  wie  sonst 
nicht  ungewöhnlich,  so  namentlich  auch  Cäsar's  Gewohn- 
heit, einen  überflüssig  scheinenden  Zwischensatz,  der 
einen  vorher  ausgedrückten  Gedanken  nur  deutlicher  aus- 
spricht, hinzuzufügen,  wie  gleich  I,  5,  wo  man  sehr 
unrecht  tliun  würde,  an  den  AVorten  ut  e  finibus  suis  ex- 
eant  Anstoss  zu  nehmen. — A'll,  öli.  In  der  an  Lesarten 
und  Erkiärungsweisen  reichen  Stelle  schreibt  Hr.  A.  Aam 
ut  cüinniutato  consilio  iter  in  proiinciam  couverteret,  ut 
ne  motu  quidem  necessariu  faciundiim  cxistimabat ,  quum 
infamia  atquc  inilignitas  rei  et  oppositus  mons  Cevenna 
viarumquc  difl'icultas  impediebat,  tum  maxime  quod  etc. 
Die  Acnderung  motu  ist  neu;  wegen  eines  Auf  Standes; 
aber  gewiss  nicht  zu  billigen.  Die  Construction  hat  der 
Herausgeber  nicht  erklärt ,  namentlich  Nichts  über  die 
A'^erbiudung  des  AA'ortes  impediebat  gesagt,  das  freilich 
nicht  nothwendig  mit  ut  verbunden  zu  sein  braucht:  dass 
er  in  die  Provinz  gehen  sollte,  daran  hinderte  ihn  u.  s.  w., 
d.h.  es  trieb  ihn  nicht  nur  Nichts  dazu  an,  sondern  es 
hinderten  ihn  auch  gewisse  Umstände.  Der  Schriftsteller 
setzte  ut,  weil  er  das  folgende  (aciunduni  schon  im  Sinne 
hatte.  Mit  seiner  Lesart  noch  nicht  zufrieden,  corrigirt 
Hr.  A.  in  der  annotatio  :  id,  ut  ne  motu  quidem  n.  f.  ex., 
quum  infamia  etc.  Ausserdem  könnte  man  vorschlagen: 
id  miniuic  tum  quidem  —  quum  quod  etc.  — 
(Beschluss  folgt.) 


Persoual-Chronik  und  Miscellen. 

Kiel.  Der  ordentliche  Professoi  in  der  theolog.  P'acultäl, 
Dr.  F.  B.  Köstcr,  hat  den  Ruf  als  Consistoiialralli  nach  Stade 
aiicenoiiiiwcn. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Sonntag  j  19.  Mai 


18  39. 


JVr.  60. 


C.  J.  Cnesaris  ei  iiicerti  auctoris  Coinmeniarii  de  Bello 
Gallicu.  Eiiiendatit  ex  nptimis  Ib.  mss.  brcvi  auno- 
tatioiie  critioa  instruxit  Joannes  Apitzius. 

Caii  Julii  Caesuris  Commentarii  <le  Hello  Civili.   Emen- 

«lavit    efc.     Joannes   Apitzius. 
Vollständiges   W i'n-terbuch   zii   den  Werken   des  Julius 

Caesar ,  von   G.  Ch.   Crusius. 

(Beschl  uss.) 

B.  C.  I,  1  ist  unstreitig  zu  lesen  Litteris  a  C.  Cae- 
sare  consiilibus  redditis;  die  von  den  Erkifirern  oder  Ab- 
ftchreibern  nicht  verstandene  Präposition  a  hat  zu  den 
Verstüuinieluiigen  Anlass  gegeben ;  Hr.  A.  hat  Litteris 
C  Caesaris  [a  Fabio]  consulibus  redditis,  ohne  weiter 
etwas  zu  sagen,  als  <lass  jenes  nicht  recht  sei.  Dass  aber 
die  von  Hrn.  A.  aufgenommene  Lesart  nicht  die  richtige 
sei,  ist  unleugbar  und  gesteht  er  selbst  zu.  Man  hat 
gezweifelt,  ob  Cüsar  von  sich  sage  C.  Caesar.  Er  sagt 
allerdings  gewöhnlich  in  der  Ki'irze  Caesar ;  aber  jenes 
ist  sowohl  an -sich  ganz  richtig  als  auch  hier,  wo  eine 
neue  Darstellung  beginnt,  sowie  c.  13  in  fremder  Rede 
ganz  am  Orte.  Eine  andere  Frage  kann  darüber  entstehen,  was 
von  der  Nanicnstellung  Julius  Caesar  III,  1  zu  halten 
sei.  Tielleicht  stand  dort  ipse  und  jenes  ist  die  Erklä- 
rung in  der  Form  der  spi'lteren  Zeit.  —  I,  2  will  Hr.  A. 
statt  abreptis  ,  wofür  fast  alle  Handschriften  correptis 
haben,  surreptis  lesen,  wie  schon  Oudendorp.  Gründe 
sind  nicht  angegeben  ,  als  dass  das  eine  correctio  proba- 
Lilior  sei.  Daselbst  meint  derselbe  ,  der  von  Held  in  der 
Construction  timcre  Cacsarem  gefundene  Gräcisnius  liege 
vielmehr  in  videretur,  das  von  einer  wahren  Begebenheit 
gesagt  sei ;  w  ie  Held  wolle,  könne  nicht  gut  gesagt  wer- 
den. Im  Gegentheil,  die  Held'sche  Erklärung  ist  die 
einzig  richtige,  was  schon  die  pronumina  beweisen.  Es 
folgen  hieraus  mehrere  Bemerkungen,  gegen  welche,  weil 
sie  mit  IMässigung  und  Besonnenheit  geschrieben  sind, 
sich  Nichts  einwenden  lässt.  Uebcrhaupt  scheint  es,  als 
habe  Hr.  A.  hier  mit  grosserer  Selbstvcrlaugnung  gear- 
beitet. Die  äussere  Ausstattung  ist  gut,  das  Papier  aber 
bei  dem  Civile   besser,  als  bei  dem   Gallicum. 

Die  Herausgabe  eines  besonderen  Wörterbuchs  zu 
Cäsar  rechtfertigt  Herr  Crusius  damit,  dass  er  sagt,  dass 
die  Schüler  in  einem  allgemeinen  Lexikon  nur  selten  die 
richtige  Bedeutung  eines  AVortes,  dass  sie  dagegen  zu 
der    richtigen    ücbcrsetzung    mancher    AVendungen    und 


AV^orfverbindungcn  nur  in  einem  besondern  Wörterbuclie 
und  namentlich  über  die  Eigennamen  nur  hier  Auskunft 
finden.  Gründe,  die  nicht  sogleich  als  nöthigend  erschei- 
nen. Ich  »fill  über  Ansichten  nicht  streiten,  meine  aher, 
dass  ein  Schüler,  der  den  Cäsar  liest,  schon  so  weit 
gekommen  sein  muss ,  dass  er  ein  allgemeines  Wörter- 
buch, das  er  doch  einmal  haben  muss,  mit  Nutzen  ge- 
brauchen kann;  dass  der  Schüler  davon,  selbst  von  der 
Schwierigkeit  des  Aufsuchcns  auch  manchen  Vortheil  hat 
und  diese  einmal  überwinden  lernen  muss,  sowie  dass 
die  Kosten  der  Anschaffung,  wenn  gleich  das  vorliegende 
Wörterbuch  billig  genug  ist  (es  kostet  12  gr.),  erspart 
werden  können;  ilass  jedoch,  wenn  er  einmal  eine  Er- 
leichterung haben  soll  ,  ein  solches  Specialwörterbucli 
auf  jeden  Fall  dienlicher  ist,  als  eine  Uebersetzung  und 
am  leichtesten  auch  dem  Gebrauche  von  Uebersetzungen 
begegnen  kann,  ein  Grniul,  der  den  V(.  der  1837  er- 
schienenen Ausgabe  der  Commentarien  De  bello  gallico, 
Hrn.  Hinzpeter,  bewogen  hat,  derselben  ein  besonderes 
Wörterbuch  anf  7(»  Seiten  anzufügen.  Hr.  Cr.  hat  sein 
Wörterbuch  mit  Fleiss  und  Sorgfalt  bearbeitet,  und  es 
kann  daher  auch  anderen  Zwecken,  als  für  die  es  zu- 
nächst bestimmt  ist,  mit  Erfolg  dienen.  Die  Stellen  sind 
angegeben,  was  der  eben  genannte  Verfasser  nicht  überall 
gethan  hat,  und  von  den  Bedeutungen  ist,  was  für  den 
(iebrauch  des  Schülers  ganz  besonders  nothwendig  ist, 
die  ursprüngliche  angeführt.  Denn  das  ist  das  üebel, 
das  die  besonderen  Wörterverzeichnisse  zu  haben  pflegen, 
dass  dem  Schüler  die  Gelegenheit  entgeht,  die  Bedeu- 
tungen eines  einzelnen  Wortes  von  ihrem  Ursprünge  an 
in  ihrem  Zusammenhange  zu  übersehen.  Indem  ich  also 
dieses  Wörterbuch  denjenigen  ,  für  welche  ilie  oben  an- 
gedeuteten Gründe  Geltung  haben,  wohl  empfehlen  kann, 
will  ich  einige  Bemerkungen  hinzufügen.  Es  scheint,' 
dass  Hr.  Cr.  nicht  genug  auf  die  verschiedenen  Lesarten 
der  einzelnen  Stellen  geachtet  hat.  Es  kann  nicht  ver- 
langt werden  ,  dass  er  das  für  seinen  Zweck  überall  thut, 
wo  sich  nur  einige  Abweichung  findet;  doch  da  die  Aus- 
gaben noch  gar  sehr  abweichen  und  so  das  Wörterbuch 
mit  leichter  Mühe  und  ohne  grosse  Zusätze  ein  über 
tlen  Gebrauch  der  Schule  hinausreichendes  Bedürfniss 
befriedigen  kann,  so  wäre  an  manchen  Stellen  wohl  die 
Berücksichtigung  dessen,  was  vielleicht  die  meisten  oder 
bessten  Handschriften  haben,  was  aber  nicht  in  den  ge- 
wöhnlichen Ausgaben  steht,  zu  wünschen  gewesen.  So 
gut  wenigstens   wie  dolabrare  zu  B.  G.  VII,  73  angeführt 


475 


476 


is< ,    «o    iiPiiore   Ilamlsrlirlftrii    dicss   'Wort    sinit    lies    jetzt 
volil   (lurthpliigif  niiffjriioininriioii   «Iclilirarc   liaUrii  ,    oder 
jiroiiifus   zu   15.    C.    1,3   oliiir    Angabe,    dass    es   Coiijcctur 
sei  ,   konnte    Aolinliclies   »xilil    an   anderen   Stellen   fesclie- 
lien,     » ie   U.    O.    \  II  ,    ,')8 ,    "<>    *^<>i>    dem   silinelleii   Eiii- 
üiliilTen  <ler  Soldaten   die   Rede   ist   uiul  statt  der  {fe»ölin- 
liclieii    Lesart    militilus    imposids     iiielirere   Ilandscliriftcii 
inieclis   haben,     eine   Lesart,    die    iienerdings   «iedcr   vor- 
geziijfen    norden   ist,    auf    die   aber   Hr.    Cr.   ebenso    «eiiig 
lliirksiilit   g^nonlnlen   liat,  als  IV,   2.3  auf  die  Lesart  aller 
Ila'idsiliriften     und    der    meisten    Au.sjjaben    ex    jiroximis 
priuiis   naiibus,    »o    |irimis  von    dem   Hange    (die    vorder- 
sten,   die     in     der    ersten   Reihe)    zu    erklären    ist;     oder 
IJ.    C.    1 ,   2   auf   die   Lesart    fast    aller   Handschriften   cor- 
reptis    st.     abre])tis,    oder   I,     23    •T'f  die    von   Oudendorp 
aiifgenoniniene    Lesart    mehrerer  Ilandsrhriften    ubi    luxit 
statt  illuxit.   —     Der  Herausgeber    scheint    sich   die,    die 
von  seiner   Arbeit  Gebrauch  machen  sollen,   etwas   zu   un- 
kundig gedacht   zu   haben;    darauf   deutet    namentlich   die 
besondere   .Angabe    der    participia    )ierf.   pass.    neben    ihren 
^  erben.    —    Lüblich    ist,   dass   die  Quantität   angegeben   ist. 
Selten   fehlt  sie,   wie   bei   priuiipilus.      Warum  ist  t'leop'ä. 
tra    geschriebeu?     In    seinem    griechischen    'Worterbuche 
der  Eigennamen   hat  Hr.   Cr.   die   Quantität  Ci  angegeben. 
Zu     ni'inscheu     viäro     es     aber     gewesen,     er    hätte     auch 
die    Quantität   der   .Stainnisvlben ,     gegen    die     mit    Unrecht 
und     zu    ihrem    Nachtheilc     die    Anfänger    gleicligi'illig   zu 
sein   pflegen,     überall   angegeben,    da   dieselben    zeitig  an- 
fangen  müsscu   iiotus   und   novus   und  Aehnliches  zu  unter- 
scheiden.  —    Gegen   die   Angabe    und  Aufeinanderfolge  der 
liedeutuiigeii   lässt    sich    bei    der   Aufgabe    des    ^'fs.    ivenig 
eiunenden;    nur    hier    und   da   linden   sich    Unsicherlieilen, 
»vie    »Clin    mit   Bezug    auf  die    .Stelle   B.    G.     V,     14,     »vo 
mau   das  vitrum  von  dem   AVaid ,     womit    sich    die    Briten 
zu    färben    pflegten,    versteht,    gesagt    ist:     Vitruni,     i,    n. 
(Glas)   der   Waid.      Erstens    mag   wohl   mancher  Tertianer 
nicht  nissen,   «as   der   AVaid   ist,    und   es  auch   durch   die 
lliuneisung  auf  das   glastum    Lei    Plinius    und   die   heutige 
isalis   tinctoria   kaum    erfahren;    und    dann     weiss    er   auch 
uicht,   wie  das   A'erhaltuiss  von   Gla«  und  AVaid  ist.   Unter 
ciiitas    iinilet    sich    >'ro.  3   Folgendes:      nietun.    Stadt    :rz 
urts,   vielleicht,  maritima  II,  34.      In    dieser  Stelle  des 
B.    G.   ist   kein    (irun<l     diese   Beileutung    anzunehmen;     es 
war   aber   hinzudeuten   .luf  die   Stelle    B.    C.    1,    1,    wo  frei- 
lich   die    AVortc     in     liiit.ile    sehr    zweilclliaft    sind;     also 
konnte   Hr.  Cr.    die  Bedeutung  z=.   urlis,   dazu   diese  Stelle 
etwa  mit  einem  Fragezeichen  oder  einem  anderen  3Ierkmale 
des  Zweifels  anfuhren.  Ueber  die  .Stelle  B  C.  I,  2  Üixeraf  ali- 
cjuis  leniorem  scntentiam  findet  man  unter  ali(|uis  keine  Aus- 
kunft,  wo  es  bloss  heisst,  dass  der  Plural  Einige,   Manche     ■ 
liedeute.      Ovid.   atijue   ali(juis   peiidens  in  rruce    vota   facit. 
Leberhaupt   aber   erwartete   man   von    einem  Specialwiirter- 
Luche    eine    ganz     besondere    Aufmerksamkeit   auf  die   Ei- 
geiithi'inilichkeiten    des    Schriftstellers.      Darum    kann   ich 
auch   nicht    billigen,     dass    unter    laudo    aus    B.    C.   I  ,   3 
aliquem  angeführt  ist ,   weil   dort  proni[)to8  unnöthige  Con- 
jectur   ist,  Cäsar  »ielmchr  sehr  oft  diu  activen  A'erba  ab- 
solut gebraucht.     Zu  B.  C.   I.   4  fehlt  iniungere  inimicos, 
und  auch    unter    adiuiigere,    was    Einige    ilort  lesen,    ist 
auf   die  Stelle    keine   Rücksicht    genommen.      Auch  solii- 


ritatio  dürfte  ,  wenn  es  auch  B.  G.  II ,  8  angefochten 
ist,  nicht  fehlen.  Doch  das  sind  nur  einzelne  unbedeu- 
tende Ausstellungen  an  einem  Buche  ,  das  für  seinen 
Zweck  sehr  sorgfältig  eingerichtet  ist  und  daher  nur 
empfohlen  werden  kann.  Auch  das  Aeusscre  des  Buches 
ist  entsprechend.  Gustav  Sauppe. 


Spicilegiuin  Annofaliomim  ad  Dionis  Chrysoslomi 
Orationes.  *) 

Orat.  Tarsensts  altera.  XXX^^  p.  414.  B.  T.  IL 
p.  34.  üri  noT  dv  e/.Trioag  /.ai  ri  t'ouhjihiq  ttuqs- 
hjkfi>a  —  Scripscrim:  J,  ri  :tot'  dga  eXTtiaai;  — 

Ifi.  v.uixoi  ov  7c^oqt']y.ei  ys  v/uf,  iva  jis  i'jyeio^e, 
Y.at  Tip  övTi  jtniveadai,  8l  acru  tovto  d/.ovaai. 
non  poenitet  correctionis  in  Addit.  ad  Athen,  p.  II.  ex- 
hibitae:  y.aiTOi  noo^ij/.et  y6  i'fi'v  si  fis  ijysta^e  y.ai 
Tip  UVTI  11.  —  praesertim  quum  sie  fere  corrigat  Empe- 
riiis  p.  43  scribens:  eai>  ue  ijyf]a9E.  Sequitur:  xa» 
Ti]v  nao'  avTUiv  toi'tojv  orfuijoi'Xijv  niorijv  tivat. 
Reiskius  redondare  putat  tovtuiv.  at  si  quid  abundet, 
id  fucrit  uirdiv  potius.    Nisi  forte  scribeudum:   T1]V  Tlitoa 

TOJV    TOtUl'VUlV    OVf^ißoi'kljl'. 

P.  416.  A.  3fi.  nokXdy.ii  f^iev  svty.rijoav.  Fortasse: 
/liy   {liy.Tijaav. 

P.  417.  B.  39.  T«;  bh  nXsove^/aQ  Tairao,  idv 
v/ifti  £;f'/ri  vovv ,  rot^  diy.ai'otg  nsoieasade.  In  hi» 
quid  sententia  reqnireret,  non  fugit  nee  Morellum ,  nee 
Reiskium ;  veram  autem  scripturain  ncuter  assecutus  est. 
Scribeudum  enin»  ,  ni  fallor:  tu^  de  ukeuviticig  Tav- 
Tcig  iäv  iuv  ö'  iifisii  voüv  ix']^^  — 

Ibid.  C.  p.  39.  y.al  fiälXov  fri'pwf  iitay.oi'eiv 
idtkeiv.  Frustra  liaec  soUicitasitur,  quum  VTia/.ui'flv 
rccte  cum  genitivo  jungatur :  eosijite  aliis  magia  obedire 
velle   (quam   vobis). 

Ibid.  yat  v/joi^siv  irvig  y.at  ivo'/y^ttv  zovi  ekaz- 
Tova^.      A^idctur  scribeudum  :   u'j^  ißoiCsiv. 

P.  419.  C.  p.  43.  de  turba  proletariorum  agens  TTkiJ- 
do^  uj;iEo  i^ujdsv  rijq  Trohciius-  Tuvtovq  8e  ci'u»- 
9aoiv  Evioi  ki/ioi'oyoog  y.aXstv.  Schneiderus  in  Lexico 
h.  1.  aBerens  f.tnvoi'oyovg  fuissc  susjiicatiir,  quod  voca- 
bulum  habetur  ap.   Plutarch.  in  A''ita  3Iarii.  c.  37.    l'tro- 

')  In  dem  voilicip;cbenden  Spicilegio  No  145  p  1170  ist 
vor  .illen  Dingen  der  Druckfehler  »-f'/zot  'liulu  z"  tilgen 
iin  I  vfiiti  zu  sclireihcn.  Derselbe  i.t  in  ileii  folgenden 
Zeilen  in  vndxoue  r^/ioi  wicderlmlt.  ("■leicb  d.ir.iiil  Z.  16 
sieht :    /loil    in    Kpist.    stall    Hast    und  '/..    19    carinina  sl. 

VVeg<'n  dieser  und  .ilinlichcr  I)niclvlVliler  imiss  icli  die 
vercbrieii  Ileirii  Mitarbeiter  inid  Leser  öligerer  Zcitsclirift 
Ulli  lietnuMicbe  M.Tcbsiclit  billeii,  ila  es  nur  bei  derMasse 
der  Helle,  die  ich  seit  ^ellj.•llH•  iiiussle  erscheinen  bissen, 
Uiiinü^licb  war,  überall  mit  der  iiüHiipen  und  auch  von  mir  so 
sehr  gew'i'inschlen  <"ienatii!;kcil  zu  Werke  zu  geben.  Von 
nun  .in   ist    es    mir  iiiüglicb,    der  Coirccthcit    niebr  Sorg- 


falt i\i  widmen 


Dr.  K.  Z. 


477 


478 


qiie  loro  rnl^afa  Icciio  ii)<egcrriina  ai.  Aptul  Plularchum 
rominciiioraliir  casa  ad  paliidos  I>1  ntiirneiisrs  Kifivovoyoü 
yioovTOi;,  qui  siipplirem  fllariuiii  in  fujja  ap"i<l  sc  rece- 
pit;  operarii  pronil  <lul>io,  (jiiaics  nbiqiie  ail  fluiiiiniim 
ripas  et  prope  paludes  habitaiif.  Tales  Tarsi  quoquo 
fuisso,  vcrisimilc  csl;  liorumqiiD  appolladonem  parva 
iiiutaiiunc  civps  urbis  delorsoraiit  ad  vilem  tiirbam  sigiii- 
fiiaiidaiii,  qiiae  civitati  nihil  prodcst,  sod  frugcs  frustra 
rousuinrns,  annonam  inrrndif.  Hinc  famis  quasi  opißces, 
/.tuOL'pyui  per  convicium  {üVildlCofitvoi  ^  ut  est  p.  44, 
40)  appellabantiir;  qiiali  Ituniinuni  generi  unice  rouveniiint 
quae  sequnntur:  (paaiv  öyXov  eiviu  TTSQtOOuv  v.al  Tor 
i^ooi'ljui'  y.a.1  Tijg  dra^iai  ahtov. 

P.  4'22-  C.  p.  4^1.  Toiyaoocv  dv^Qwnoi  xai'govoi 
y.ai  ävüi]Tui  y.a't  Soi;uy.uiii)i ,  y.ai  nQuq  tuv  d:iu  tov 
Tri^yi^ovs  duQvßov  Y.EXi]vut£i,  ovötv  dno  yvüi/.aji; 
da(faKov<;  avv9evr£i  Aiyovoiv.  Sensinn  benc  j)erspexit 
CasHu/ionus  ,  pro  y^aioovai  rorrigens  7i«(ji.'iö/.  Sed  dno 
liaec  vocabula  a  librariis  fnisse  pernintata,  ininime  pro- 
babile  est.  Scripsnrini :  dv^QvtTloi  uooy^wooiOl.  ad  di- 
cendum  procedunt.  Praopositi»  excidere  potuit  ob  simi- 
litudinem   <nm  praercdcntc  syllaba. 

Ibid.  U.  p.  49.  y.airoi  y.v  ß  £Q  v i]T a  tq,  ei'  rig  Xs- 
yoc  ai<Toig,  w?r£  ^i^riiv  t'^  dnavTog  dotoxe/v  roti 
eij/ßdratq,  xai  y.ooTovjiIvoii  i'/f*  aÜToju,  ünaji  uv 
iy.Etvoi  i}i}.o)oev  oucv)^  y.vßiovdv,  ov  ficyaXov  iiwi 
aiToiQ  dfijas/  x^iumvo^  oj^ti;  di/UT^itipai.  Qnod 
ReisL-ias  existiniabat ,  vocabula  uCroTi  et  w^rf  aliunde 
Im«;  irrupisse  atqne  aniputanda  esse,  id  niiiiinie  verisi- 
mile  est.  Fuisse  videtnr:  y.aitui  y.v  ß  t  Qvij  t  a  i,  £i 
Tiq  tJyiii  ai'Tui'i,  w  5  XC'/  C'^^^'^'  —  elegant!  anaco- 
lutho,  qnalia  perniulta  apiid   üiuneni. 

P.  423-  U.  p.  .')()■  dXK  Ol  ^i£v  akwq  dcfsardaiv , 
Ol  de  iy.  Tiaolijyov  nooqiaoiv,  uuTouevot  jiüvov  ruu 
7i()dy/iaTOQ'  uiqnEQ  oi  onovdrjc,  9tyydi>ovT£g,  oi<y. 
docf'dXtg  eivat  ktyuvrtq,  dvu.ihivai  aürui'q,  nokiTsia. 
Kcmo  in  liis  liaesit,  et  ego  fnrtasso  frnstra  haerco  ;  sed 
fateor  mc  nescire,  quid  lioniines  li/intionem  leviter 
tnigentes  ad  pos  fariant  ,  qui  rouipublicani  tractare  ve- 
lentur.  Suspicor  scriptum  fuisse:  oi  OTludldg  thyya- 
VUVTti.  qui  igneni  latentem  timentcs  rincrcra  dolosum 
extremis   iligitis  tangunt. 

P.  427.  A.  p.  58-  ö  iiEti^üv  ioTt  tov  EIIS.41  nag 
i'fitv  y.ai  ör/.dCsoi^ai  MdlXov.  sie  edidit  Reiskius, 
praeeunte  Casnubnno.  Yulgo  f.idKKov  legitur.  Recte 
lioc  rcvocavit  Xalckenarius  in  Annotat.  in  Plialarid. 
Lennepii  p.  XIII  s.  totiim  li.  1.  sie  ingeniöse  rorrigens: 
ö  fiSiQöv  eoTi  TOV  0  YEIN  nao  i'^iiv  y.ai  ÖiyäLeo- 
9af  f^dkkov  St  TCtvTa  jitv  ovo'  i'jvxivoiv  f^^'  ujcfn- 
ktrav  — 

P.  428.   p.  p.  61.    uJgnso   t't    tk;    TON  fjovo/xov 

ßovXoitO    dQfXoCÖllEVOV  ,     EieiT      dvltVTCf.    TÜ)V     (fx^Üy- 

yu)V  Tivuq,  y.ai  Ttnhv  ere^ovi;  ivTEi'vovTu  ay.iöilieiE 
TOV  aVTUV.  Sententiam  rei  accommodatani  habebis  scri- 
bens:  ajqTTep  ei'  Tiq  'OPFANOIS  f^iovaty.ov  ßovkono 
ÜQUoQöj^evov ,  eneiT  dvievTa  idujv  Tuiv  (fdöyywv 
Tivaq  —  si  quis  instrnmentum  musicum  bene  teniperatum 
liabere  vclit,  tum  vero  si  videat,  cundem  musicum  sonos 
^uosdam  remitterc,  alius   iutendere,  eiim  irrideat  etc. 


Oratio  XXXV. 

P.  430.  A.  p.  63.  TovTo,  eneiSi'TroTe  direduvev, 
oiJTüx;  e^avTa  evgeihjvat-  tovtov  Reiskius  corrigitjob 
sequens  OVTUJC;,  ni  fallor,  utroque  vocabulu  rclato  ad 
superiora  de  Aristomene,  qui  direbatnr  Tiiv  yaodiav 
f)aOVV  yevufievov.  Aon  tamen  movendum  tovto.  Si- 
milis  est  abundantia  apud  Achill.  Tat.  V,  17.  p.  119. 
T oiav  T  a  noTe  y.nv  rujv  dx^eiordrojv  oiy.eTujv  re  ■ 
i^eaoai  na(j  ij/tiv  ovtoj^  ^aiofievov  quem  locuni 
olim  frustra  sollicitavi. 

P.  430.  D.  p.  64.  TroKv  Si)  y.geiTTOv  —  dnoya- 
t.vnTeadat  ngog  tov^  nokkovi;,  y.ai cfaveQuv  Tinkuyvt 
noieiv  avTov  roig  ()vvaiievoiq  ^vveivai  tuv  dvifgujnov 
ÖTloiog  eOTlv.  Rectius,  ni  fallor,  leges  :  Tujv  dv- 
^gajTTojv. 

P.  431.  C.  G5.  eneidij  TroXkoi  —  tva  davfzd^ujoc. 
Srr.  e7T£i8dv. 

P.  432-B.  66-  y.ne  toiovtoc,  dgSijTui  Xüyoi;  vttoti'- 
(feo9ai.  mihi  nulluni  est  dubiiim,  Casaubonum  recte 
emendassc  TUlovTOtS,  kayoiq.  Hoc  enim  sententiae  te- 
uori  nnire  accommodatum  est.  In  proximis :  dTieKavveiv 
naiovxa  y.ai  ßakKovrui  roig  ßiukotg'  observandus 
usus  articuli,  qui  in'hac  voce  soleninis  est.  Lilian.  T.  IV, 
p.  187,  9.  ßakkünevoL  vn  enov  Taii  ßojkoti;.  Ib.  194, 
21.  t/  de  oi'y.  ißukkeq  Taii  ßojkuii;  UQuiiüvTa  ue. 
Ib.  p.  618,  10.  näggfii^ev  ijneiluvv  TUig  ßiükoig  ß'dk- 
keiv.  Lucian.  Timon.  §.  34.  ßdkküiv  Tuii  ßo'jkoiq  y.ai 
roiq  kidoiq.  ubi  de  genere  vocabuli  ßojkoq  quaedam 
nionuit  T.  Hemsteih.  Addo  Schaefer.  ad  Schob  Apoll. 
Iih.  IV.  1562-  P-  333.  31asculinum  genus  in  nostro  loco 
tiietur  Orat.  III.  p.  41.  (111).  f^irdiva  ßdjkov.  Schal. 
Nicundri  Ther.  ^\-\.  TUV  v(faK^vgov  ßüjkov  riig  yij;. 
Cf.   Loheck.  ad   Plirjn.  p.   55- 

P.  433.  A.  67.  TcJ?  <5i  y.ecpakuQ  nkeyniiev  aiovga.; 
y.ai  nikovi;.  postrema  tria  vocabula  recte  «feiet  Reiskius; 
praeterea  lege:  y.eqakag  ay.enoutv,  ut  olim  emendavi 
in  Add.  ad  Athen,  p.  298.  not.  Nunc,  nostra  ignoraus, 
in  eandem  rorrectionem  inridit  acutissimus  Emperius 
p.  47.  De  Alacrino  Herodian.  V,  4.  7.  eo^iJTa  ödot- 
nogty.ij'v  kaßujv  xai  ti]v  xecfakijv  dei  oy.eriujv. 

P.  433.  B.  "68.  TivQovq  t£  y.ai  Ce/dg  re.  deleudum 
yai.  Ducta  sunt  verba  ex  Od.  zJ.  604.  Cf.  Addit.  ad 
Athen,  p.  76.  ubi  liaec  et  alia  apud  Dionem  ex  Homero 
corrigerc  conatus  sum. 

P.  434.  A.  69.  fiaoToörruiv,  ögeujy.orrcuv ,  y.a:rij- 
K(ov ,  Iraigiuv  t£  y.ai  ßavavowv.     Scr.  eraiQÜiv. 

P.  435.  C.  71.  y.ai  (fioiv  dv^vJv  rf  y.ai  öevSgojv^ 
Cpvaii;  recte  rorrigit  Wyltenh.  ad  Piaton.  Phaedon.  p.  233. 
nbi  liane  periphrasin  illustrat.  Quaedam  de  ea  attulimus 
ad  Aeliani  Hist.  An.  V,  56-  p.  2ü4.  —  Ibid.  D.  p.  72-  <lo 
Indiae  incolis:  Cvini  dl  ov  Tiktiu)  TeTga.y.ooiix)v  ETuiv. 
Casaulionus  volebat;  Ciijo/  de  Tiokkoi  Tlkeiw.  Hoc  si 
voluisset  Dio ,  scribendurn  dicerem:  C.mai  d'  tvioi  Tckeivj. 
Sed  magis  placet  Reiskii  eniendatio :  Qüjoi  de  ov  /jciuj- 
ita  tamen  ut  scribatur:  ov  ri  MEJS2.  qnod  ab  oi' 
IJAEiSi  uua  tantum  linea  abest.  fllnnui  de  liac  lec- 
tione  ad  Achill.  Tat.  T.  II.  p.  839-  in  qua  pagina  niirus 
est  error  codicum   quorundam    iwiijad^evoi   pro    iuiVl]- 


479 


480 


/UfvoCj  qaae  est  vera  Icctio  cd.  Comiiipl.  Sic-,  famcn 
«kiain  peccatum  ap.  Philostralum  Epist.  XL^^  p.  y34. 
u»^  i(j)vt]UEvov.     Purisiii.  iio.   Itiyti.  iujvijadjitvui. 

P.  43ri.  A.  72.  Vcrba  <lc  foiite  vcritatis,  (juciii  Brach- 
iiiancs  unice  seciaiitar,  eum(jue  dicuiit:  ovötTtoxe  yei'- 
oao^ai  loi's  iu7lii:hautvov^,  ingeniöse  tentaiitur  a 
Retskio ;  mihi  tarnen  verisiniilo  riileiur,  oraturcm  scrip- 
sisse:  zoi'i  S  y.  e  i  Tlirtkauevuvi.  Refertnr  i/.F.t  ad  flu- 
vins  et  fructus,  qiiorum  deliciis  vulgus  liuniiuuni  in  Lcatis 
illiä   re^ionibus  satiatnr. 

P.  430-  B.  73-  Ol  TS  dXkoi  ipsyovaiv  avrov:;.  Lo- 
beckiu»  in  docto  Paraliponienoriini  opere  p.  43-  syllabas 
initiales  saepenumero  a  librariis  rnrruptas  es^e  niunens, 
h.  1.  (fEuyovOlv  corrij^it.  Lenis  niiitatio;  an  necessaria, 
ncscio  equidem.  Ibidem  ap.  Dionem  Or.  XII.  p.  380. 
pro  aKf'  i'uertooi'i  vir  doctissinius  corrigit  aKku  fie- 
TSUJOOV^.  in  quam  correctionem  me  intidisse  ante  lirum 
acutissinium  (in  Addit.  ad  Athen,  p.  7Ü.)  est  quud  mihi 
gratuler. 

Orat.  XXXVI. 

P.  437.  C.75.  y.al  yahjvij  rai^  £vdi'a[s,oji;7r£o  Iv  h'fivTj 
yipsrut  Oradeoa.  Lectionem  editt.  Ven.  et  31orell.  OTU- 
i^eou,  cmendata  distinctioue,  refocavit  IVyttenbuch.  ad 
Eiinap.  p.  274.  Post  quatuor  versus  pro'  fjadiuj^  dvt- 
(foazxtTO  Julius  Pßug/c  in  Sched.  crit.  p.  21.  recte 
«korrigit:  av  £(four[£TO.  et  paucis  interjectis  pro  iji'ujv 
ioTlV  vt.utdtji  Einperius  in  Addcnd.  ad  Observationes 
p.  69.  ikiööri  scribit  probabiliter ,  ne  ideui  bis  di- 
catur. 

P.  439.  C.  p.  77.  Sia  ravza  bt]  raüra  £vboy.iu£l 
Tia^u  Toii  TToKivai^.  non  poenitet  corrcxissc:  dtu  lavxa 
dl)  TtdvTU. 

P.  440.  B.  79.  ToÜTo  /J.SV,  £Cfijv,  ÖTio'KsKuiy.aow 
oi  Tionjrai  avtviv  dnu  'OfJijooi'.  Wyilenbachius  in 
Epist.  er.  34?.  haec  verba  laudans,  tacite  omisit  avTVJV. 
31ihi  etiam  verba  ui  Tcon^zat  videntur  dclencla. 

P.  441^  B.  80.  y.ctt  ü;,  ov  (xuIm  tjöeuj;  ÜToSi^ä- 
fi/;vo^,  üj  SivE,  ii:r£v,  üzi  ijus'i  0£  dyanajusv. 
Merito  in  his  haesit  Keiskius.  Excidit  fortasse  vprbum 
repctendum:  d7t£d£i;aU£i)-u ,  U)  i;£V£,  uzl..  supplciidum 
mente,  zauza  it  ff.f^a;.  Ille,  qui  haec,  quae  iliceiam, 
non  adinoditm  Ubenter  adinittebat,  admisimus  (haec),  in- 
quit  1  o  /lospes,  quia.  te  amamus.  Aliuin  enitn  neminem 
liorynthenilae  haec  in  Homerum  jactanteiu  lulissent. 
Sic    etiam   huuc  locum   constifueris ,    et    eletrantins  ctiam: 

zc'.vza  ulv  d7t£6ti;d.jji£ita,  v'j  ^l.v£, Deinde :  uKKov 

ye  (ji'dcii;  z.  r.  /.. 

P.  447.  B.  90.  ovöLiiot'  ivdov  TtuoiovOiv.  Scri- 
bendum  vidctur:   ov  Öt  TIüjttozs. 

P.  448-  A.  91.  i'i'zeo  iozi  ^azi)o  uvtvjv  iv  avTiJi. 
..Scr.  TCUrrjo  zviv  iv  avziji.  IMox  in  eniiem  pa;;iiia  pro 
£1  TL  zovzo  :iuou7lkijOiov  Jul.  Pßugk  in  Sth.  crit. 
corrigit:  tj  zl  zuvtvj  :ici.(j. 

P.  449-  C.  94.  zu  dl)  fxeza  zovzo  aiaxi'vouai 
(fOuQllv.  zo  dt  raalit  Reink.  scr.  zb  6h  dl),  et  sir  ite- 
rum  p.  99,  Tioko  dt  dl)  l.unuoöze^ov. 


Oratio  XXXVII. 

^  Ilanc  Orationem  ob  pinres  caussas  Emperius  in  Com- 
mentationo  Brunsvigae  anno  1832  edita  liioni  abiudicat, 
et  Favorino ,  Hadrlaoci  saeculi  Sophistae,  tribuendam 
guspicatur. 

P.  4J5.  D.  p.  t02.  iyivszo  ds  —  y.ai  Sökoiv  f^£u 
ep  Kooivt}(jJ'  keiskius  ftev  delot.  Bene  autem  habet, 
sequente  post  longam  digressionem  p.  103.  l)y.e  dt  y.ui 
'Hftoduzoi  ö  koyoTruiüg. 

^  P.  450.  I>.  p.  104.  ;;jua;  dt  diq  eTTtdijii^cavza^, 
'ouTcug  dafxevuji;  £7re/gi)ys  tu  5  äv  (.läktozü  jjs 
E7[£ioäod-£  y.azixefv,  oooivzsi;  de  ddüvazov  öv,  dkkd 
xai  zijv  tiy.iu  luv  atufiazüq  inonjoaoih.  Haec  verba 
cum  ex  nieis ,  tum  ex  Reiskit  et  Emperii  cnrrectiouibus 
sie  restitueiida  suspicor:  ijuu^  dt  d  £  v  ^  o  £7Tl6ijni)aav- 
T«;,  oÖTvjg  dofuEwii  i TiEidsze  aj<;z£  f^dk.  fi£  iir. 
y.az.,  ÜQdjvisg  dt  ddt'vuzov  uv ,  ükkd  yovv  zi)v 
ei/.U)  —  Quae  sequuntur  frustra  solliritari  existimo.  ov 
refertnr  ad  verba  tiq  zu  ßißkia.  ulti  hunc  staluam  exi- 
stimabntis  plurimum  coUaturam  esse  ad  iuvenum  animos 
eorundem  studiorum  ainore  inßammandos. 
(BeschluBS  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Breslau,  den  24.  Mävz.  Die  Nacinicht  ans  Breslau  vom 
5.  J.iniiar  in  Nr.  22  der  '/.,  f.  A.  \V.  (walusciieinlicb  nur  ein 
Ausiuy  aus  einem  Artikel  der  Allgemeinen  Zeitung  d.d.  Iinshui 
den  5.  Januar)  von  dem  Allgange  Ritsciil's  und  der  Nutliwen- 
digkeit  eines  Ersatzes  durch  einen  Mann  vun  Ruf,  bedarf  inso- 
fern einer  Berichtigung,  als  der  Einsender  nicht  gewusst  hat, 
dass  ausser  Professor  Schneider,  der  die  gramniatiscli-kritischc 
Richlung  der  Philologie  genügend  vertritt  und  in  Bezug  auf 
gr.iniin:ilische  Scharfe  und  Griindlichkeit  einen  buchst  wcrbllha- 
tigeii  Einfluss  auf  seine  Schider  äussert,  noch  der  Prof.  extra- 
orilinarius  Anihrosch  aus  Berlin  (der  von  1829  — 183.'?  in  Rom 
war,  spater  in  Berlin  sieh  habilitirte  und  Mich.  1834  nach 
Breslau  versetzt  wurde)  seit  4'/j  Jahren  sehr  Ihälig  an  der  Uni- 
versität gewirkt  hat.  indem  er  durch  Vorlesungen  über  Grie- 
chische und  Rüniische  Gescliichte,  Altertluimcr,  Mythologie, 
Archäologie  und  Interpretation  Griechischer  und  Römischer 
Klassiker  (letztere  mit  besonderer  Rücksicht  auf  Realien)  den 
Sinn  für  die  reale  Seite  der  Alterthumswissenschaft,  den  schon 
Passow  geweckt  hatte,  wieder  belebte  und  rege  erhielt.  Aussc- 
dem  haben  sich  noch  2  Privaldocentcn  ,  Dr.  Rellmann  und  Dr. 
Wagner  hier  habihtirt  Der  verewigte  Passow  ist  zwar  seit  sei- 
nem Tode  nie  ganz  ersetzt  worden,  auch  würde  es  schwer  hal- 
ten, einen  Mann  von  solcher  Gelehrsamkeit  und  solchem  Giisle, 
der  schon  so  viel  geleistet  hätte,  hierker  zu  ziehen,  zumal  mit 
einem  verhältnissm.issig  nicht  so  bedeutenden  Gehalte  ,  als  ihn 
besser  dotirle  inid  mehr  begünstigte  Universitäten  bieten  kön- 
nen; aber  gewiss  würden  durch  Sehneiilcr  unil  Ainbrosch  die 
beiden  llauptricbtungen  der  Alterthumswissenschaft  genügend 
verircten   werden. 

Barth.  Am  18.  Februar  starb  Rev.  Thomas  Falconer, 
Dr.  merk,  früher  Lehrer  der  Theologie  an  der  Universität  Ox- 
ford (Rarnptiin  Leclurer),  durch  eine  Ueberselzung  des  Periplus 
des  Hanno  (17')7),  die  Herausgabe  des  Strabo  (Oxf.  1807.  2  Voll. 
fol. )  und  mehrere  kleine  Schriften  nThe  case  of  Eusebius, 
Bishop  of  Caesarea«  (I.  II.  1818-27)  n.  a.  bekannt,  geboren 
zu  St.  James  am  24.  Dccenibcr  1771. 


Zeitschrift 


für  die 


Alt  er  thu  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch,  '11.  Mai 


18  39. 


Nr.  61. 


Spicilcgium  Annotationlira  ad  Dionis  Chrysostomi 
Orationes. 

(Beschluss.) 

P.  457.  D.  p.  lOfi.  TQi'zi^v  eTti  rgiaaaig  x^.oioi 
rrv  dffji./iDduf  ^ißikKu^  naorr/.ukei,  tijirj  de  oi 
dsoii  (fu)vi)v  Kuy^ovaa  ädti  jidka  f^itya.  Leni  mii- 
tatioiie  srril)en<tiiin  puto;  itU.^ay.o.Ksiv  tOTlv,  1]  y £  iv- 
i^soo  (vel:  tvdtov)  Cfujvi]v  Xa^ovaa  — 

P.  400.  A.  p.  110-  dkV  Ofuajq  oiöe  tuvtvjv  oi- 
Set^  ijdiy.et,  ovdh  itifjiikev,  aüöt  f^ikawe  rüiv  iv. 
^r/.lklui.  Post  OL'deii  furtasse  excidit  et'y.uj.  neque 
tarnen  staluam  uUius  illoruin  tyrannorum  laesit ,  eie- 
citve.  SccjnHiitur  haec  :  tl  fitv  oiv  Orooß/ko^  ?; 
n(Jijori;p  ij  OY.rTiTOi  iinrerxöv ,  aslojv  v.ai  xegav- 
löv  i9vpu)P.  Aliest  apoilosis,  quam  restituas  srri- 
beiis:  oe.iOfiuSv  y.ai  y.eoavvuiv  £i<3i'vij.  i.  e.  ygioti. 
terrae  malus  et  fulmina  iudicium  de  fiis  siöi  arroga- 
vent/it.  Sic  paiilo  post  p.  HI.  e/  öt  ytvoiTO  xcti  Ttao 
i'i^üv  (ptj(ftou(x  Tt  roiuvTop,  dvÖQiävTutv  evDvvaq 
eivai. 

P.  462-  B.  115.  Gorfiae  si^Dum  Delphis  stare  ora- 
tor  ditit  idcjne  fisj£u)QOV  y.ai  XQLoyouv.  Seqiiitiir:  Füg- 
y/'av  Xiyv) ;  öttov  ye  yui  0gi'v7jv  rijv  0eoTCcatay.rv 
sOTiv  idetv  inl  elxüvo;,  y.üxeivio  (marg.  Morell.  xu- 
y.eivrv)  c/i;  Pogyiav.  Non  poeniJet  correxisse  in  Ädd. 
ad  Athen,  p.  318.  onov  ye  y.ai  (JJgt'vtjp  iOTtv  lÖEiv,  k  77  l 
y.iovoi;  y.dy.eivi]v,  löi  Fogyiav.  Jthenae.  XIII. 
p.  591.  B.  avTiJi;  öe  ri)q  0Qvvi]i  oi  TreoiXTiove^  dv- 
ÖQtuvTa  7ioujaavT£i,  dvedtjy.av  i;v  ^ekcfoti  xoi'Otov 
inl  y.iovoQ,  xdy.slvrjv.  >ec  aliter  Aelinn.  V.  H.  X. 
32.  (Pgvvijv  ri)v  exaiuuv  iv  zJetjfoic,  dviarijaav  oi 
"Ekkrjvti;  iiti  xiovoq  ev  uäka  üipiikov. —  Soquitur; 
dkka  TO  fiev  eoriv  £v&i<g.  referuntur  haec  ad  supe- 
riora  :  Ttok)  d  av  Tiq  £XOt  sijieiv.  Kcspnndentque  in 
proximis :  tu  S'  vOregov  Ek^övrag  ....  ßagv.  Vide- 
fur  aiiteni  scribendum:  t6  (.itv  e  v  £  a  T  t  p  ev^vg,  ke- 
yeiv  seil. 

P.  464;  p.  120.  vTreg  d'  ifAavToii  y.ai  Tilg  dxopoc, 
vvp  igdj  koyov,  6v  eiKEP  'Ava^ayögag  viop  dnoßi- 
likr^yiui'  ijöetp  9vijt6p  yeyEppi-y.ojg-  dkk'  oix  tjSeiv, 
ort  TOVTUJvruip  dvdgtävTvjv  eyaOTog  dpUTi^hrca 
fxtp  W5  a/ujiio;  iaü/^EPog.  Fallor  fortasse ;  sed  scri- 
bendum exislinio:  dkk'  oix  TjÖElv  OTl  TOloviOV  ißpi]- 
ZOP  seil.)'  Tu}P  yug  dpÖQidvziDP  x.   r.  k. 


P.  465.  D  122.  iTÖkjiijöap  dt  y.ai  0tkiTfJTOv  tov 
ßaoikiojg  ditidag  y.araxti'äoai  •  xaTuoxiSuoai  ror- 
riwit  Reiskiu-1  ,  conscntientibns  Var.  lectt.  l'enet.  ]Vou 
nicminerat,  in  ideni  iara  incidisse  Piersonum  ad  Moer. 
p.  218.  <l"i  »eterum  )i)fa,  ijuac  ad  tucndam  vulgatam 
friistra  afferri  pitssent,  coninienioravit.  Strabon.  IX.  p.  398. 
de  Demelrio  Phalerco ,  T«;  6'  Eixöpaq  avTOV  —  xax- 
innaoa.v  —  xai  y.uTExoipEi'ao.v  ivioi  Sh  ngogri- 
iitaoiv,  Ott  xal  Ei'q  dfu'dag.  Cf.  Diog.  Lnert.  V.  77. 
l'lulareh.  T.  II.  p.  820.  F.  ro/'s  ^^  zJiTjiddov  (dp- 
duiö.vrug)  xa.TEXujv£vaap  Eiq  df^iidag. 

P.  46ö.  A.  123.  ro('5  fiiv  dkkovg  otyijoEiP  uoi  öoxEi. 
öoxoj  corrigit  Jul.  Pßugk  in  Sched.  crit.  p.  28.  quod 
orcupavit  Eiiiperius  p.  22.  tiiin  idem  pro:  top  dÖEktfop 
ujg  dvd^ij^iu.  stribit:  top  dÖtkqup  toj  ddikcfiij.  quae 
fortasse  non  netessaria  correc(io;  certe,  ca  admissa,  vcrba 
ojg  dpddijfia   ctiani   servari  debent. 

P.  466.  B.  124.  Muinmliis  Graecia  devicta  plnrinias 
siatiias  Rumain  misit,  falsis  iiominibus  pro  arbitrio  in- 
srriptas;  intcr  alias  etiaiu  imeiuini  Arcadiim  sigiiis  in- 
siTipserat  iioiniiia  Priami  et  Aestoris :  ö  de  äl]fiog  o 
Tojp'Pujjiu/(ov  toI't'  extipu ,  TohgE^  Exai'pov  ugdv 
v')Uvro,  ogojp  'Agxdöag  ix  (1)£vEUL>.  Depravata  sie 
«orrigit  Emperius  p.  51.  Tohg  Et  'Ikiov.  (juae  correctio 
<uiiriniiitate  lomnicndatnr.  Equidem  olim  duabiis  syllabis 
iiisertis  stribebam:  xovg  ituiQovg  EXEiPOvg.  deerepitos 
itlos  genes. 

P.  4H7.  A.  126.  xai  y.lvToov.  xtvTOV  emendavit 
U'esseling.  ad  Herodot.  p.   202. 

Contiuuabitur.  Fi-id^  Jacobs. 


Beitrag  zur  Erklärung:   und   Kritik    des   Euripides, 
Von  Prof.  Dr.  Lindau. 

Der  nachfolgende  Versnch ,  uns  nra  den  Text  dieses 
in  neuern  Zeiten  vielfach,  aber  nur  mit  bedingtem  Rechte, 
bescbrioenen  Tragikers  einiges  Verdienst  zu  erwerben, 
i»t  das  Ergebniss  einer  in  ganz  anderer  Absicht  fiir  den 
nächstierflossenen  Sommer  aufgesparten  Gesammtlesung 
dieses  Dichters.  Wir  uolKen  nur  die  Gründe  prüfen, 
«nniit  Pliilob)gen  von  Fach  soivohl ,  «ie  neuere  Kunst- 
richter die  Echtheit  einzelner  Stucke  dieses  dritten  Ko- 
rvfJiacen  der  aiterthumliclien  Tragik  angefochten  haben. 
Es  ist  aber   tveder  Jenen   gelungen,    uns    von    ihren  Mei- 


483 


484 


niingpii  iiiiil  Aiisicliipii  zu  'lilierzpiifcii ,  nncli  aiuh  uns, 
ilnr(li  srlilajeiide  (iegcn^irüiiile  ili«  ICcIitlicit  der  aiijje- 
fu<  liteiieii  Werke  zu  beivoisen.  >nr  in  ilcr  grossen  (»eis- 
tesbeiiegliclikcif ,  die  den  Kurlpiiles  vor  dun  übrigen  auf 
uns  gekommenen  Tragikern  aiiszeirlinct ,  ol»  auf  Rosten 
der  nnliren  Kunst  oder  nielit,  «ollen  «ir  hier  als  eine 
knnstriiiilerliclie  Frage  nnljesproilien  lassen,  «eil  iliess 
»on  ausge/ei(  linefcn  Siliriftsteilcrii  dieses  Literafurz«  eiges 
in  unserer  Zeit  bis  zur  Siitligung  gesebelien  ist,  niocliteu 
Mir  bei  dem  langen  AVirken  unseres  Dichters  die  Ursaehe 
suchen  für  die  nianniclifache  Abiteicliung  seiner  ^Verke 
Yon,  einander ,  zuerst  in  einzelnen  Ausdrücken  uud  Wen- 
dungen. M.'ibrend  doch  im  Allgemeinen  ilcr  nämliche 
Stil  sie  H  ieder  als  A\  crke  des  nämlichen  flicisters  anzu- 
erkennen  zuingt,  sodann  freilich  auch  im  Stile. 

Auch  wir  erkennen  mit  Hrn.  Gruppe,  «orauf  indess 
S(hon  iler  ^'erf.  der  gripcliischen  Inlialtsanzeigc  zum 
J'hesus  liiiideutet,  in  diesem  kleinern  Stücke  eine  unge- 
meine Veriiandtschaft  mit  des  Sophokles  Art  und  Kunst 
an,  und  doch  konneu  «ir  uns  nicht  ilazu  entschliessen, 
es  dem  Kuripides  abzusprechen.  Konnte  denn  ilieser 
Jii'iesus  nirht  gerade  der  erste  Kunstiersuch  des  Euripi- 
des  sein?  (ieradeliin  l.'isst  sich  diess  «eder  be« eisen, 
noch  laugnen ,  «eil  «ir  die  Zeit,  wo  er  zuerst  aufge- 
fiilirt  «orden,  wenn  es  anders  je  gegeben  ward,  nicht 
wissen,  lud  als  das  Publikum  oder  seine  damaligen  ()r- ' 
giiic  den  Komiidiendichter  als  nianicrirten  ^iarllallnler 
des  .Sophokles  bezeichneten,  konnte  da  Euripides  nicht 
dnrch  Ehrgefühl,  sowie  durch  Uewusstsein  eigener  An- 
lige  und  Talentes  erst  bestimmt  werden  ,  sich  seinen  ei- 
::eiien  Stil  zu  »(hallen  ,  den  « ir  in  seinen  übrigen  ^Ver- 
kcn,  wenn  auch'  nicht  bewundern,  doch  als  alterthüm- 
liche  Eigenthümliclikeit  anerkennen  müssen  i  Ebenso 
konnte  man  iliin,  «enn  er  etwa  gleich  Anfangs  in  eige- 
nem .Stile  auftrat,  in  ^'ergleichung  mit  Sophokles  schon 
die  nämlichen  \'or«ürfe  und  Ausstellungen,  was  zum 
Theil  wirklich  geschehen,  »ie  die  Witze  i\eü  Arislniihd- 
jies  es  bezeugen,  «ie  in  unsern  Zeiten,  gemacht  und 
diess  ihn  leraiilasst  haben,  ein  Stück  in  strengerni  Stile, 
dcssgleidien  Rhesus  ist  und  als  welches  es  von  dem 
wackern  Mallhiae  gegen  andere  Zeitgenossen  in  Schutz 
genommen  ist,  gleichsam  als  Beweis  zn  ilichten,  dass  er 
wohl  ebenso,  wie  die  .Veltercn  zu  arbeiten  vermöge,  es 
aber  absichtlirh  iersclim«he,  um  nirht  bloss  manierirt 
zu  erscheinen:  denn  pedantische  iNarbalininiig ,  meinen 
auch  «ir,  führt  auf  inanierirtes  Wesen.  Die  Sdiriften 
der  neuern  Gelehrten  über  diesen  (legenstaml  lindet  man 
zusammengestellt  bei  l'V.  Scholl.  Gr.  Litt.  I,  L'.')(i.  Anm, 
AVeuden  wir  uns  nach  diesen  allgemeinen  Worten  zu 
dem  Texte  unseres  Dichters  im  Einzi-Inen  ,  der  uns  in 
den  \ou  Gelehrten  «cniger  durchgearbeiteten  Stücken 
mancherlei  Gelegenheit  zu  wahrscheinlichen  Verbesserun- 
gen des  vorhandenen  und  zu  .AnsfüUungcn  lon  f^ürkcn 
darbot.  Wir  haben  hierbei  die  Ordnung  der  Stücke  in 
<ler  Ausgabe  von  Miiltfiiite  beibehalten  und  auch  lilickc 
in  die  Bolhische  Uebersetzung  geiiorfen,  ohne  dass  letz- 
tere  uns  eben   gefördert  hätte. 

Hecuia. 
V.  777.    ^iviui  T    urjcitjuo'i  noujTU  jviv   iuujv   (fi- 


Lv)V.     Dieser  Vers,  welcher,  so   wie   er  da  ist,  zur  Ver- 
bindung mit  dem  Vorhergehenden    eines  Particips  bedarf, 
hat,   wie  mau   bei  niatthiae   nachlesen   kann,  die  Gelehr- 
ten   nicht    wenig   in  Bewegung  gesetzt,    ohne    dass  es  zu 
befriedigendem  Ergebnisse  gekommen   wäre.     Der  neueste 
Versuch,     dem    krankhaften    Zustande    dieser    Wortreihe 
abzuhelfen,    :i(jii)['  t/.ajv    iu.   (f.   von   Um.   I'ßiigk  wird 
den    alteren   Gelehrten    wegen    des  Verseil«  indens  des   in 
ihren   Augen   uncrhissliehcn   Artikels  missfallen:    als  wenn 
TTpiÖTCt    nicht    auch    sein    sonst    niithiges    r«    des  Verses 
wegen   eingebüsst  hätte.      Ebenso   wenig  wird,  worauf  wir 
einmal    verfielen,    7lp(Ot     (hlojv    i/i.   (f.    aus    dem  näm- 
lichen  Grunde   Beifall    linden,    wic«olil   unser    Einfall   auf 
schärfere  Lnterscheidnng    der    Freunde    und    Gastfreuiulu 
führt,  aber  leider,   weil  unbewiesen  voraussetzt,   dass  man 
tivluc,  als  complexjves  Abstrartuni  für  das  konkrete  i^tvaiv 
sagen  könne,    wie   li^Vf^ifia^j^ia  für    ttuj^a^oi,    VTlroEOiU 
für  iiti;(ycXUl.      S.   .Matth.   Gr.   Gr.   §.   42'.l,   welcher  Ar- 
tikel indess  einer  Bereicherung  fähig  ist.     Sind  diess  nun 
alles   unglückliche  V^ersuche,    diesen  V^ers   zu  verbessern, 
so   bliebe    nur    übrig    im   Worte    dfiid^uti»   den   Fehler   zu 
suchen,    was    indess    auch    schon,    nur    ohne    Erfolg    ge- 
schehen.      Wie    aber,     wenn     es    die    Sprache    erlaubte, 
ci.oidfiviv   als  Particip   hinein   zu   corrigiren,    so   dass  der 
Sinn    wäre :     der    in     der    gastlichen    Aufnuhine     meiner 
Freunde  den   ers/en   Platz    zählt  etc.     Dass    uoiStfiSiv  so 
gebräuchlich   «ar,  vermögen  wir  bis  jetzo  nicht  aus   eige- 
nen   Dlitteln    zu    ben eisen,    und    «as    das  noch  nicht   er- 
schienene  letzte    Heft    lies    ersten   Bandes    des    neuen   Th. 
Stepliani,    das,    beiläufig    gesagt,    etwas    sanmselig   geför- 
dert wird,    etwa   hierüber  enthalten   wird,    ist    uns   unbe- 
kaiiut.      Ä'icht  übel,   wenn  so   richtig,  da  ja  alleSrliHie- 
rigkeitcn    im    Nu    gehoben    wären.      Ja,    es    bedarf   «ohl 
weiter   keines   Beweises  für   dfit^nuiv ,    wenn   man   es  für 
Koyiioiicvoi;,   tvAoyiJ)  r/^i;/£fOj  nimmt:  Er,   der  immer 
darauf  rechnen  durfte,  oder  der  sonst  einen  Jf'erth  dar- 
auf setzte. 

Orestes. 

V.  Sil-  t6  ö'  UV  ■/.ay.oL'py£/v  aaefino-  /jfydkij. 
Betrachtet'  man  diesen  Vers  im  Zusammenhange  mit  den 
nächstvorliergehendeu,  so  erscheint  hier  doch  ein  Gegen- 
satz von  edlerer,  weil  offener  und  auf  der  Stelle  ohne 
tückische  ^Vorbereitung  begangener  Asebie ,  und  einer  un- 
edlen, weil  feigherzigen  und  mit  Furcht  begangenen, 
dio  in  obigem  Verse  bezeichnet  werden  sollte.  AVir 
können  uns  also  nicht  geneigt  fühlen,  dem  sonst  sinn- 
reichen A'orschlage  Pors07i's,  den  G.  Herrinanii  billigt, 
^taivofJ;  anstatt  des  metrisch  falschen  und  sonst  farblosen 
usydf.l}  beizustimmen.  Das  crstere  Gebrechen  dieses 
Wortes  hatte  schon  der  Scholiast  durch  sein  dem  Sinni; 
nach  unbestimmtes  riDiy.i'/.i;  deiken  wollen,  da  man  zwi- 
schen den  Bedeutungen  von  mannich/'ach  und  verschlagen 
schwanken  muss ,  idine  dass  doch  eine  von  beiden  eigent- 
lich befriedigt.  AVeiiu  aber  fjaivotj'i  passend  oder  au- 
thentisch «äre,  wozu  noch  hinterher  TTfioaptiia,  das 
aber  zu  unserui  \'oischlage ,  d.nißei  an  iv  östi  («n 
auch  selbst  o.oeiidv  möglich  wäre),  d.  i.  ist  Ruchlosig- 
keit zugleich  mit  Furcht,  eine  nicht  unwillkoniinene  Er- 
gänzung   ist,    d.  i.   Ulangel   an    vernünftiger    Ucberlegung 


485 


486 


vu!i  Seifen  der  Klytaemncsfra,  die,  hsihi  ilas  Voraiif- 
geliende  im  Tex<e  allgpiiieiii  gesajft  is< ,  allein  liier  ge- 
meint sein  kann,  dass  solrlie  Tliat,  «ie  die  ihrige,  zu 
unabschlichen  Folgen  und  Gegcnlhalcn  auffordern  und  ler- 
anlasscn  musäte. 

Phoenissae. 

V.  ri49 — 50.  BQÜftiov  evtia  ti'xcto  ^lartjo  .  .  . 
/lioi  ydfiOlC,.  Man  sehe  die  Anmerkung  bei  Mattliiae, 
«<)  Muss^inve's  Einfall,  Tf/.l'Td  öl^  zur  Ergänzung  der 
hiesigen  Iviicke  mit  Beifall  erwähnt  wird.  Es  fehlt  hier 
aber  offenbar  Etwas,  um  das  Folgende  der  Fabel,  die 
der  Sehol.  hinreirhend  erzählt,  zu  motiiiren  ,  nämlich 
ein  Wort,  das  an  die  zuzeitige  Geburt  der  Semele  erin- 
nere, und  da  srheiiit  wegen  äusserer  Aehnlirhkeit  mit 
Jiodjiiov  kein  anderes  und  dem  erforderlichen  Sinne 
nach   «»rcckmässigeres,  ah  novitiiov  ausgefallen   zu  sein. 

Hippoli/lus. 
V.   128.     Dem   metrischen    Schema    zufolge ,    welches 

G.  Hermann  diesem  l'erse  gegeben  (o  -^  —  v  —  v  v  — 
V  —  — ),  niuss  man  wohl  aus  jilus^j'ave'a  von  Brunck 
gebilligtem  und  Malthiae'a  eine  zum  Ziele  fiihrenile  Ver- 
einigung leranstaltcn:   tvakiov  '/.aßßakiv,  ev9sv  anif. 

V.  488.  ov  yoLQ  xi  rolotv  vjai.  Um  die  Worte  toi- 
oiv  oiai  mehr  henorznheben ,  scheint  es  besser  roiGi  y 
üjoi  zu  schreiben,  wenn  nicht  etwa  in  Tt  roioiv  ein  hier- 
her gehöriges  E|)ithet  der  Ohren  verborgen  liegt:  z.  B. 
den  weniger  verscliiiniten ,  den  leicht  bestechlichen,  etwa 
i.tTointv ,  den  glatten,  die  leicht  Etwas  durchlassen.  Es 
verschwände  hiermit  zugleich  «las  doch  immer  anstüssige, 
weil   liberÜiissigc,   ti, 

V.  ()2I.  Da  der  Schol.  ausdrücklich  TTaoi~Ton£v  zur 
Erklärung  gibt,  so  scheint  £Xrf/j;o/(fl'  unbezweifelbar,  ein- 
mal für  TTijuiiivotiev ,  sodann  zugleich  mit  Erinnerung 
an  ^iioai;  ey.Ttivtiv  (otov  iniy.aKoi'uivoi).  Aber  auch 
ey.Tivoutv  gäbe  einen  guten  Sinn,  für  dvaldoy.OUSV  uiit 
der  Schattirung  dvri   Cl^f^tia^. 

V.  840-  Dieser  ^'crs  muss  aus  zwei  Dochmien  be- 
stellen und  demgemäss  so  geändert  werden :  i'dj  TaXa<^, 
oj  öuj(oi,  oaov  y.a/MV  e'/^'i' 

V.  8B1  u.  f.  Lauter  Dochmien;  demgemäss  der  erste: 
(psi' ,  (fEv'  Tipö'  tt'  ab,  und  der  dritte:  üßioi  cüi 
ßiov. 

V.  873  —  75-  Die  beiden  ersten  Verse  lyrisch.  Trim. 
Janib.  Daher  hinter  ölkio^  ein  y  einzuschieben.  Der 
dritte  ein  Dimetr.  Dochmiac.  Also  wohl  zweimal  oV 
Ol  für  Ol  oiov ,  wovon  das  Letztere  grammatisch  sonst 
gut  zn  f(e}-.0(;  passt,  aber  hier  nicht  nothig,  ja  unrichtig, 
da  ja  das  utkoi,  wovon  oi'  Ol'  ( i.  c.  oia)  iler  Inhalt 
ist,  hier  nicht  ein  wirkliches  Itsku^  ist,  dessen  Art  der 
Ausführung  ein  oiov  erfordern  konnte,  sondern  für  öek- 
TOJ  gesagt  ist. 

V.  897.  AVofern  es  nicht  katalektische  Dochminci 
gibt,  in  eben  ilem  Verhältnisse  zu  den  akatalekten ,  wie 
der  sogenannte  Pherckratische  Vers  zu  dem  Glyconeu», 
so  muss  man  zwischen  üt.oov  und  y.c.y.ov  ein  xo  ein- 
schieben,   welches    auch  dem   Sinne   nach   nothig  scheint. 


V.  tl30.  Dieser  vollständige  '^'ers,  welcher  dakty- 
lisch sein  muss,  lässt  den  vorhandenen  Elementen  und 
dem  Hletrum  gemäss  sich  sehr  leicht  durch  Entzifferung' 
ergänzen  so : 

vv(X(fiSia  ö'  diiüKvi'ke  (fvya  aoi  eq  aiei. 

Alceslh. 

V,  Kio.  £Z  ö'  kkocaa  xedpivujv  Soficov.  Wir 
sagen  zwar  auch  im  gemeinen  Leben  Uhrge/iiiuse  und 
der  griechische  Witz  benannte  dio  Schnecke  CfCptuiy.o^, 
aber  wir  zweifeln,  dass  er  diese  Metapher  auch  auf  t\en 
höheren  Stil  ausdehnte,  wiewohl  der  odenbar  sehr  neue 
Schol,  im  Flurcnt.  Cod.  mit  seinem  aus  dem  Italienisclii'u 
entlehnten  neugriechischen  y.aaEkviv  unsere  Lesart  aner- 
kennt. Wir  meinen,  dass  E.  Öo^wt'  geschrieben,  wel- 
ches poetisch  genug  für  doj(iiov  ist. 

V.  486.  Die  Lücke  vor  diesem  Verse,  welche  ein 
Pherekrat.  Vers  ausfüllen  muss,  glauben  « ir  so  ergänzen 
zu  müssen:  Tty.vuiV  fknis  dioou^,  was  denn  zu  beiden 
voraufgehenden  fienititen,  indem  ja  zu  uidt  TJUioui^ 
ycoaiou  aus  dem  l^)rlicrgehenden  dikovTUi  UTKilhl- 
VCiV  ergänzt  gedacht  wurde,  gehört  und  Widerlegung 
des  etwaigen  Motivs  der  A'erweigernng  enthalt  und  woran 
sich    das  Folgende    uv    ö'    tify.ov    als  ^'orwtirf  schlichst. 

Andromache. 

V.  638  —  39.  öx'  ujv  av  Uiikel'i  y.al  :raTQuc,  yj  it- 
voi'  Kijäog  ti'valpag.  Um  eine  A'erbindung  zwischen 
beiden  Viersen  herzustellen,  da  zu  y.ijiSog  tl'vuipag  ein 
Dativ  nothig  ist,  hat  Musgrave  mit  Brunch's  Billigung 
yiyioi; ,  als  eher  entbehrlich,  mit  i^eoig  vertauschen 
w(dlen.  Spätere  Gelehrte  finden  diess  gewaltsame  Mittel 
unstatthaft  und  wollen  hierzwisclien  lieber  eine  Lücke 
annehmen.  S.  Anin.  bei  Matth.  Indem  wir  die  Ahnung 
jVusgrave's  ehren,  hoffen  wir  beiden  Parteien  zn  genü- 
gen, wenn  wir  ysytui;  in  yaktps,  den  Schwägerinnen 
verbessern,  wodurch  die  gewünschte  ^^erbindung  herge- 
stellt wird.  Aeacus  nämlich  vermählte  sich  gegen  Aeti 
Willen  seiner  Söhne  zum  zweitenmal  mit  der  JVcreido 
Psarnathe,  deren  von  Aeacus  erzengten  Sohn  Phokus  als 
unecht  die  beiden  Brüder  Peleus  und  Telamon  umbrach- 
ten und  darüber  laiulesllüchtig  wurden.  Mithin  war  Pe- 
leus durch  Thctis  mit  den  Schwägerinnen  des  Aeacus  iu 
ein  yj^öos  getreten.  S.  hierüber  unter  anderen  Schol. 
zu  Pindar's  OIvmp.   8,   37  u.   f. 

V.  1138  —  42.  Diese  fünf  ^'erse  hat  J.  D.  Koeriier 
in  einer  deutsch  geschriebenen  AbhandInng  des  ZüUi- 
chaiier  Schulprogramms  liS2()  aus  Gründen  der  darin 
enthaltenen  Gedanken  wie  des  Ausdrucks,  welche  beide 
allerdings  an  Ilebraismus  erinnern,  nach  dem  3Iii«ter 
berühmter  Vorgänger,  welche  ähnliciie  Einjudungen  au 
anderen  Stellen  unseres  Dichters  siegreich  nachgewiesen, 
auf  seine  Weise  als  untergeschoben  zu  erweisen  gesucht, 
ein  Unternehmen,  das  wir  als  gelungen  betrachten  dür- 
fen, nnd  um  so  lieber,  als  wir  durch  diese  •Vncrkennnng, 
die  seine  Ausgabe  dieser  Andromache  nur  mit  oberffäch- 
li<lier  Erwähnung  in  Fr.  SchüH's  Gesch.  il.  Gr.  Litt,  f, 
261  gefunden,  diesem  wohlverdienten  Pädagogen  und 
unserm  nachmaligen,   vom   Amte   von   uns   durch   ilen   Tod 


487 


488 


pesrlilpdciien    Kollrj^on     und     Vorstand     ein    freundliclies 
DeiiLnial  stiften   kfinnpn. 

Y.  I  IG !.  ...  uj  yaiios,  lo  yixuog.  Diesen  offeu- 
liar  lerstüninielten  Vers  glanbou  Hir,  uMi  ihn  seinem 
.Antistru|)h  geLüri^  entsprecheu  zu  lassen,  so  ergänzen  zu 
diirfen : 

UJ  uoi  f'/tJ'.  ydnus  w;  yuuog  ov  yäftoi. 

Das  uL'  yiiuui  im  Sinne  von  äyatio^  wie  Hclea. 
(iTO  Ulli!  iu  der  Weise  gar  nicht,  nur  dass  hier  yciflOg 
adjertivisrh  wird,  sehr  abneichend  von  Bacch.  v.  1240« 
vj^  tv  Ol'  y.ictutd  Ttaoet.  Will  man  aber  dicss  nicht 
gestatten,  nun  s»  kann  evyauu^  Diit  bittrer  Ironie  recht 
^a\  hiiT  die  Stelle,  am  Ende  des  Verses  einnehmen. 
Jcileufalls  hat  die  Stelle,  welche  ivegcn  der  Häufung 
<les  einen  Wortes  ileni  fabrizirenden  Abschreiber  nicht 
gleich  verständlich  war,  dadurch  gewonnen,  dass  yauo^ 
nicht  bl')sä  angerufen  wird.  Es  fragt  sich  nur  noch,  da  die 
im  Folgenden  beschriebenen  Folgen  dieser  Unglucksver- 
inähluug  den  Sprechenden  nicht  allein  betrelTen,  ob  nicht 
dieser   Vers   besser,   wie   folgt,   gefasst   werile  : 

u>  fAOil  UJ  yäuog,  w;  yüuoq  si'yaf/og^. 

Supplicea. 

y.  218.  Das  Wort  diy.äöoi  hier  bedeutet  uirht 
mehr  als  rßifw,.  Vergleiche  Bekker's  Anecdot.  Gr. 
l>.   nb  -  3(3.  ■ 

^'.  2'JO.  w?  LvjVTVtV  dsojii.  Diese  Worte  in  Prosa 
aufgelöst,  milssten  lauten:  w;  cv  £i  Ol  &toi  ijoav  üv- 
t*oi»X(jl  (oder  dvijTOi)  Vgl.   V.   230. 

V.  224.  {vSatiiuvurvra;  d' .  Elmsley  hat  diess  St 
in  T€  verandern  wollen,  aber  mit  Unrecht:  denn  wie 
sich  verhält  oiT£,  weder,  zu  ovöt,  noch  auch,  so 
OITS,  Iheils  nicht,  zu  Ö£,  l/ieiU  auch.  Es  ist  näm- 
lich, will  man  hier  sagen,  nicht  bloss  vernünftig,  nega- 
tiv richtig  zu  verfahren,  sondern  auch  zugleich  positiv; 
um  so  eher  also  di ,  weil  die  genannten  Gegensätze  hier 
statthaben. 

Y-  44i.  Das,  wie  es  scheint,  hier  so  mi'issige  tiTfoi'- 
em  brachte  auf  den  Gedanken,  ob  hier  nicht  ursprüng- 
lich dafür  t.vOL'OlV  gestanden  habe,  im  Sinne  von  t\V<jl- 
TSKovoiv ,  wie  es  Enripides  öfter  gebraucht,  unter  andern 
mit  Sicherheit  Alcest.  V.  ('A4,  (fijfji ,  TUiuiToi'i  yd.uovq 
t.vtiv  ijouroioiv  :  so  dass  hier  in  prophetischem  Ana- 
chronismus auf  Ilarmndius  und  Aristogiton  angespielt 
wäre,  eine  für  die  Athener  immer  angenehme  Erin- 
nerong. 

y-  454.  Wir  meinen,  dass  hier  für  eTOludZovOt 
ursprünglich  das  weit  passendere  UTluo.Cuvoi  gestan- 
den   hat.  ' 

^  •  54S.  Sollte  hier  anstatt  ÖlSof/.tvC.l  nicht  das 
angenehmere   blöujy.ivui  sc.   i]iuv   gestanden    haben? 

y.  (i(i4.  (f'iuoi,  jiüyja  ,  oriovun-i ;  i^  r'  lud.  tü- 
710V.  Zufolge  der  metrischen  Anordnung  von  G.  Her- 
mann,  gegen  welche  eich  .Nichts  einwenden  ISsst,  nämlich, 
f  —  t'  —  —  I  l<  i' f  II  —  iJ  — ,  niues  wohl  folgende 
Aenderung  vorgenommen  werden:  (f('ivül.  fjio.'/_<i.( ,  r,xto- 
PolL':it£i  iv  l o:i  U)  v:   worin  einmal  LvTOTlUJP  für  iyfoj- 


piujv  gesagt  ist,  so  dass  es  ein  schmerzlicher  Aasdruck 
über  die  Kampfe  der  Hellenen  unter  einander  zugleich 
wird.  Im  bald  Folgenilen,  rin'  äv  xdjvd'  ai'n'a  muss 
man  das  letzte  Wort  entweder  in  aitiuv  oder  in  allia 
umschreiben, 

V.  yö9.  Hier  scheint  für  ügcfvaia^  dem  Metrum 
gemäss  ö(JCfvag  herzustellen  und  der  folgende  Vers  mit 
vjQug,  VjVi'/.a  ys  zu  ergänzen,  so  dass  OQfpvai  von 
copa;  abhängig  wird. 

V.  10 18.  3Iuss  des  Metrums  wegen  für  Ev9£V  das 
angenehmere  ivdev  d' ,  welches  der  Sinn  der  Stelle  auch 
erfordert,   hergestellt   werden. 

V.  1(J32-  Hier  darf,  um  die  Lücke  auszufüllen, 
zwischen  Ervaio^  und  yctfinag  das  von  ersterm  ver- 
drängte  und  wohl  passende  vai^  eingeschoben  werden. 

Ip/iigenia  Aulid. 

V.  84-  Kdfii  OTQarijyeiv ,  y.ara  etc.  Diess  xdfte 
soviel  wie  y.ai  TTOujiov  £ix£  d.  h.  mich  zuerst  um  meinet- 
willen ,   und  dann 

V.  864.  ü  köyoc,  eg  fjf/JkovT'  dvöiO£i  XQovov  ix« 
S'  üyy.ov  Tiva.  Diese  von  vielen  Gelehrten,  zuletzt 
von  Hrn.  Kampmann  in  seinem  verdienstvollen  index 
zu  IMatth.  Ausg.  des  Enripides  S.  8  besprochene  Stelle 
scheint  ilem  Zusammenhange  des  Ganzen  gemäss  ein  hal- 
bes lieiseite  des  raschen  und  feurigen  Heldenjünglings, 
dem  die  Umständlichkeit  solcher  Leute,  wie  der  alte 
Diener  hier,  ebenso  zuwider  war,  wie  uns,  zn  enthal- 
ten, das,  wie  das  folgende  fxt)  fxtt.K'  lehrt,  nur  KI_T- 
taeninestra  gehört  und  verstanden.  Der  Zusammenhang 
verlangt  ungefähr  :  Diese  Rede  (des  Alten)  verspricht 
mir  zwar  ein  Zögern  in  die  Zeit  zu  bringen,  allein  wir 
müssen  ihn  doch  anhören,  da  er  (der  Alte)  oder  sie  (seine 
Rede)  so  wichtige  Uliene  macht.  Diesen  Sinn  meinen 
wir  nun  auf  die  leichteste  AVeise  in  die  Stelle  zu  brin- 
gen, wenn  wir  schreiben:  ü  t.üyui  £i  fi£t}^OV  fi  (f^Ol) 
uVDiOtl  Xijovuv.  lo  /ukhov  bekanntlich  für  ij  fjeXXlTOig. 
S.  IMatth.  Gr.  Gr.  S.  270  h.  Für  einen  raschen  Jüng- 
ling ist  ja  jede  Zügerung  ein  Zurückdrängen  der  Zeit, 
was  in  uvafftQllv  liegen  kann,  wofür  noch  stärker  dvuj- 
G£l ,  das  hier  gleich  möglich  ist,  gesagt  wäre.  Ja,  mit 
kleiner  A'erändernng  des  Sinnes  dürfte  es  hier  nicht  auf- 
fallen ,  wenn  für  ^oofO»',  im  .Sinne  eines  redseligen, 
schwachköpfigen  Alten,  wie  dieser  Diener  dem  Achilles 
erscheinen  niusste  ,  mit  grossen  Buchstaben  Kuovov  ge- 
funden wäre  ,  wodurch  etwas  Komisches  in  diese  Stelle 
käme,  welches  als  Charakteristik  nicht  befremden  dürfte, 
selbst  bei  dem  Unterschiede  der  Bedeutung  «leg  fxOl,  das 
dann   das   ethische   wäre.  ^ 

Fortsetzung   folgt') 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Halle.  Ocr  bisherige  PfoIcSsor  an  der  Universität  in  Mar- 
burg. Dr.  Julius  Miller,  ist  zum  ordentlichen  Pcofessor  in 
<](■!     tlinoloaischen    Facullat    dei    Universität    iiu    Halle    ernannt 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Freitag,  24-  Mai 


1839. 


Nr.  62. 


Beitrag  zur  Erkhiriing   und  Kritik   des   Euripides. 

Von  Prof.  Dr.  Lindau, 

(Forts  et  zun  5,'.) 

V.  113S.  ßQ£(pog  TB  —  Tcäko).  Indem  wir  auf 
M.  Anmerkung  zu  iliescr  Stelle  verweisen,  welche  al- 
lerlei Vermuthungen  enthält,  setzen  wir  noch  hinzu,  dass 
uns  nur  unsere  Aenderung  von  ndkip  in  nuTip  (Tritt) 
zulässig  scheint,  um  das  Schauderhafte  dieser  Stelle  zu 
vervollständigen. 

V,  1165  —  67.  Wenn  man  diese  Verse  so,  wie  folgt, 
interpungirt  und  etwa  die  einzigen  Worte  TTpo^  lOvq 
doiiov^,  wie  vorgeschlagen,  abändert:  oi'S  öXkrj  y£(ji 
Toiovös  fitoduv  Y.uxaknuüv ,  Trpö?  Tovi,  ö^iov  'Enal 
ßg.  etc.,  wird  wohl  alles  Dunkel  dieser  Stelle  verschwun- 
den sein  ,  wofern  man  anders  zugeben  will  ,  dass  nach 
Analogie  anderer  Fälle  (//  üuüu ,  die  gleichzeitig  (in 
Aulis)  Versammelten  bezeichnen  kann.  Will  majp  diess 
aber  aus  anderm  Grunde  nicht,  so  würde,  mit  Beibehal- 
tung der  vorgeschlagenen  Interpunktion ,  oi  douoi  die 
anderen  Häuser  oder  Familien  bezeichnen  dürfen ,  was 
wir  eben  nicht  bestreiten   wollen. 

V.  1180>  TiaiS'MV  a',  ötujv  av  UQo&i^iEvoi; 
XraVT^i;  Tlvct.  Indem  wir  zuvörderst  das  Angefochtene 
7r(>o9£/JSvO(;  im  Sinne  von  eignem  Entschlüsse  und  Will- 
kür rechtfertigen  als  Gegensatz  zur  später  erwähnten 
Entscheidung  durch  das  Leos,  fragt  sich  des  ebenso 
bestrittenen  ÖTtDV  wegen  (und  ans  einseitigem  Stand- 
punkte mit  Recht  bestrittenen),  ob  der  Dichter  nicht  mit 
Absicht,  um  den  Sinn  der  Stelle  zu  steigern,  die  Sache 
verallgemeinert  habe,  nnd  zwar  so:  IVird  dich  Ei/is 
deiner  Kinder  noch  anblicken,  wenn  du  aus  eigener 
Willkür  irgend  eins  der  Kinder  wirst  geschlachtet 
haben  ?  wie  viel  weniger ,  wenn  eins  von  den  eigenen 
Kindern.  Spricht  diese  Erklärung  nicht  an,  so  wäre  mit 
nicht  schwerer  Aenderung  nuidiuv  O',  Ötcw  acfiuv  etc. 
zu  schreiben. 

In  den  folgenden  Worten  aber,  ravr'  yi.dov  jjöi] 
öia  Xöyuiv,  welche  Kl.  offenbar  dem  Agam.  als  Ein- 
wand in  den  Mund  legt,  scheint  doch  jjX^fv  vorzuziehen, 
in  dem  Sinne:  Diess  ist  nun  schon  öffentlich  ausge- 
sprochen ;  also  nicht  mehr  zurückzunehmen,  ohne  meiner 
Würde  etwas  zu  vergeben  ,  woran  sich  dann  die  folgende 
Erwiederung  der  Kl.  passend  schliesst. 


Jphigenia   Tauric. 

V.  723-  ö/xa/ov  elirn^.  Uns  scheint  hier  für  Si- 
v.aLov  das  mehr  rcplicirende  JSiy.aiov  an  seiner  Stelle, 
wie  wenn   wir  sagen:  Ei,  das  versteht  sich  ja. 

V.  727.  äuiöu),  Xsyeiv  /p»;',  TijvSe  to/'j  euoig  cpi- 
koti.  Wenn  diess  richtig  gedacht  wie  gesagt  sein  soll 
als  Inhalt  des  zu  leistenden  Schwurs,  muss  man  ent- 
weder öujoeig,  oder  zoi'g  ye  ooig  Cfiko/g  herstellen. 
AVir  würden   uns  für  das  Letztere   entscheiden. 

V.  877.  Wenn  in  diesem  Verse  zusammen  mit  dem 
nächstvorhergehenden  ein  vernünftiger  Sinn  sein  soll, 
niuss  man  für  i'jdovUQ,  äkkaq  kaßeiv ,  in  Verbindung 
mit  dem  voraufgegangenen  fiij  wieder  herstellen,  i'^t)ovug 
cikXuig  Xaßaiv.  d.  h.  vergeblich.  Und  wenn  nicht  ver- 
nünftiger, so  ist  dieser  Gedanke  doch  ungezwungener, 
als  den  Matth.  in  der  Anm.  gegelien,  zumal  da  iy.ßüv- 
rag  rvxvg  (wofür  man  auch  iy.ßävTag  Ti'Xljv  schreiben 
könnte,  nach  der  benannten  Analogie  von  EXTv'keiv  'Ek- 
}jjo7lovTOv)  wohl  nichts  Anderes  heisssn  kanu  nnd  soll 
als  :  wer  aus  misüicher  Lage  herausgekommen. 
Cyclops. 

V.  220  nuiss  wohl,  ijy.Lar'  iirei  /i  anstatt  ärra/  y 
geschrieben  werden ,  da  ja  das  i/it:  im  voraufgehenden 
Verse  ein  ganz  anderes  Personale  ist.  Uebrigons  scheint 
doch  aus  dem  folgenden  i'TTt)  rujv  axrjuarojv  zu  er- 
heilen, dass  der  Chor  auf  der  Orchestra  allerlei  Bewe- 
gungen und  Stellungen,  die  sich  der  Kyklop  hier  in  sei- 
nem Wanste  vorstellt,  niuss  ausgeführt  haben  und  dass 
die  Ausdrücke  Strophe  und  Antistrophe  doch  nicht ,  wie 
man  wohl  geglaubt  hat,  ihre  ursprüngliche  Bedeutung 
verloren  hatten. 

V.  492  f.  Dieser  Chor,  sowie  der  nächstfolgende 
nebst  dem  Zwischengesange  des  trunkenen  Ungeheuers 
(wohl  Vorbild  des  Shakespeare'schen  Kalibans)  sind  di- 
metri  galliambici ,  welche  in  Jonici  a  minori ,  wovon  sie 
ja  ein  verwandter  Ausbruch  {uvä/.kaoiq)  sind,  auslaufen. 
Sie  haben  daher  am  Ende  auch  syllaba  anceps,  was  bei 
den  längeren  Gallianiben  an  dieser  Stelle  nicht  erlaubt 
scheint,  wenn  man  Katull's  Athys  als  Äluster  betrachten 
muss.  Spricht  man  gleich  Hephaestion  nicht  von  dime- 
tris  galliamb.,  so  hat  er  doch,  ohne  es  zu  ahuen,  aus 
Anacreon,  bei  dem,  wie  er  bezeugt,  viele  Lieder  dieses 
Metrums  waten,  ein  Bruchstück  in  zwei  Dimetern,  zu 
vollständigem  Tetrameter  verbunden,   was  unerhört  scheint, 


491 


492 


da  Kntull  nur  ka<alektisr,hc  Te<raino<cr   hat,    angefiihrt: 
iiamlicii   S,   7't   in   der   Leipz.    Ausgabe: 

flnoa  ö'  ?;rrf   IIvDoiiavS^JOV 

KartÖrv'  towra  (fftyojv. 
Ist  nnii  unser  Urtlieil  hierüber  richtig',  so  «erden 
damit  eine  .'Menge  kleiner  Lieder  unter  den  Anakreon- 
tischen,  z.  13.  Mfrjuuv/.eioii  nai^'  n'inaiq  u.  a.  sich 
als  anlik  genug  beHahren,  um  den  ihnen  neuerdings  in 
Bausch  und  Bogen  mit  anderen  von  Seiten  der  Technik 
\\\v  des  Inhalts  allerdings  unbedeutenden  und  verdachti- 
gen gemachten  A'onvurf,  neueres  Ulachiverk  zu  sein,  vou 
sich  abzuwehren,  »enn  auch  trotz  dem,  dass  sie  so  tiefe 
Technik  verratheu,  nie  unsere  hiesigen  xuinni ,  damit 
noch  nicht  vollkommen  erwiesen  sein  soll,  dass  sie  wirk- 
lich von  Anakreon  selbst  hcrrühreu,  aber  nolil,  dass  sie 
seiner  nicht  unwürdig  sind.  Der  eben  berührten  tieferen 
Technik  dieses  in  Dimetern  zu  kurzen  Gesellschafts- 
und Tafelliedern  wohl  geeigneten  Versmasses  wegen  muss 
nun    hier    in    V.    öüO    das    eine    TT«     gestrichen    werden, 

indem  (,~  i^c  —  v  — Ti)  die  beiden  ersten  Kürzen  in 
eine  Lunge  zusammengezogen  ,  sowie  V.  492  die  erste 
Länge  in  zwei  Kürzen  aufgelost  worden,  wie  dicss  in 
obgenanntem  Katnirschen  Gedichte  nicht  selten,  aber  ein- 
zelnes davon  nur  sparsam  in  den  Auekreontischen  Lieder 
vorkommt,  und  auch  bei  Euripides  noch  einmal  in  den 
Bacchantinnen ,  wovon  später.  Für  uns  Deutsche  hat 
<liess  .>Ictrum  desshalb  Schwierigkeit,  weil  bei  uns  nicht 
alle  Kürzen  gleich  kurz  sind  un<l  es  nicht  immer  ohne 
Zwang  möglich,  zwei  gleich  lange  Svlben  neben  einander 
zu  stellen;  der  erste  Uebelstaii<!  kann  indess  durch  den 
rhetorischen  oder  musikalischen  Vortrag  so  gut  wie  ge- 
liobeu  werden,  vorausgesetzt  zugleich,  dass  man  zwischen 
den  beiden  Arsen  im  Nachdrucke  der  Betonung  wech- 
selt, wodurch  denn  auch  die  Eintönigkeit  verschwindet. 
Wenu  nun  aber  das  Katiillisc  he  Gedicht,  wovon  wir  ein- 
mal, veranlasst  durch  Herausforderung  eines  berühmten 
^Schöngeistes  in  B.  zu  unserem  Vergnügen  eine  Ueber- 
setzung  machten,  durch  die  Lange  seiner  Verse  am  Ende 
als  zu  monoton  lastig  fällt:  z.  B.  Heber  Meeres  -  Tief' 
im  Jachlschiff  Jener  Atliys  an  das  Gestad'  Angeschtcoin- 
j/ien  tritt  ins  Widdschauer,  so  der  Göttin  nur  geweiht, 
so  würde  iloch  ein  kurzes  Lied  <lieses  Metrums,  und 
zwar  in  dimetrischen  Versen,  gewiss  unsere  lebenslusti- 
gen Brüder  am  Rheine  wegen  seiner  orgiastischen  Weise 
ansprechen:  z.  B.  Auf  dem  Rheine  '^litt  zum  Bergsc/ituss  \ 
Eine  Gondel  schnell  wie's  Dampf boot  u.  s.  f.  Und,  weil 
■wir  Neueren  so  sehr  daran  gewöhnt  sind,  es  lassen  .sich 
diese  Verse  sogar  reimen,  wobei  denn  der  Umstand  ,  dass 
in  diesen  dimetrischen  Versen  die  letzte  Sjibe  zweizeilig 
sein   darf,  zu   Statten   kommt. 

Bacchae. 

Haben  wir  oben  in  dem  Rhesus  eine  wohlgelungene 
künstlerische  Studie  unseres  Dichters  im  Geiste  des  So- 
phokles geltend  zu  machen  versucht,  so  möchten  wir 
diese  Bacchantinnen  für  sein  Gegenstück  zu  des  Ae^chy- 
lus  Prometheus  erklären  ,  wenn  nicht  die  schauderhafte 
Orgiastik  dieser  Tragödie,  deren  Ucberladung  leicht  in 
pussenbafte  Carnevals-Lustbarkeit  umschlagen  könnte,  von 


lies  Prometheus  erhabener  Idee  bei  weitem  überragt 
würde,  welche  nach  verschiedenen  Seiten  weiterhin  zu 
entwickeln,  sich  mehrere  neuere  Dichter,  wie  Göthe, 
Byron,  Shelley  und  Quinct  haben  angelegen  sein  lassen. 
Nun   zum   Einzelnen  des   Textes. 

V.  492  u.  f.  Diess  der  Chorgesang,  worin,  wie  wir 
oben  erwähnten,  lonici  a  7ni?iori  mit  Galliamben  Vers- 
weise abwechseln  ,  theils  innerhalb  der  Verse  unter  ein- 
ander gemischt  sind.  Die  Lücke  zu  Anfang  erkennen 
auch  wir  mit  Matthiae's  guten  Gründen  an  und  möchten 
sie,  wenn  man  einen  Einfall  auf  gut  Glück  gestattet, 
mit  den  Worten,  Ev  kujfja  jj.'  a^otioov ,  ergänzen, 
weil  doch  eine  Sylbe  und  einige  aufFallendc  Buchstaben 
mit  denen  des  folgenden  Verses  übereinstimmen,  was 
zum  Uebersehen  des  Abschreibers  Anlass  geben  konnte. 
V.  .oll  —  12-  Hier  muss  wohl,  um  das  Me- 
trum herzustellen,  im  ersteren  ^'erse,  9eoi.;  am  Schlüsse, 
und  im  letzteren,  o;  iue  ijouxotai  zu  Anfang,  da  man 
doch  o/v  1  ifi  Vi  nicht  gestatten  würde,  und  in  V.  514 
ein   y'  zwischen   iuov   und   tVTug,   hergeätellt   werden. 

V.  752  —  .0'}.  Sollte  hier  nicht  entweder  uöXlv  ra- 
Qatao'  (für  TUoal:;acai  zu  ätiai)  oder  no^i'v  zwar 
als  hvperbaton  beibehalten,  aber  zaoai^o.o  in  vorgeschla- 
gener Verbindung  aufzunehmen  sein,  da  ja  (fovov  XCL- 
qÖ-XTEIV  einen  höchst  seltsamen  Verein  bilden,  während 
(puvov  sehr  gut  zu  i^i'au}  passt?  Wir  würden  uns  für 
den  ersteren  ^'orschlag  entscheiden  ,  da  sonst  rapa^aö 
ohne  gehöriges  Objekt  wäre,-  um  so  mehr,  als  das  (ij^Tie^ 
dtic-l   eines   augenfälligen   Motivs   zu   bedürfen  scheint. 

V.  797.  Hier  scheint  doch  dem  Zusammenhange  ge- 
mäss anstatt  Bay.XO-i  richtiger  0ij/jag  zu  stehen  ,  da  es 
ja  zunächst  darauf  ankommt,  sich  in  der  Verkleidung 
nicht,  bevor  er  noch  den  Zweck,  die  Bacchantinnen  zu  be- 
suchen ,' erreicht,  dem  Gespötte  der  ruhigen  Bewohner 
Thebens  auszusetzen,  während  er  bei  den  rasenden  Wei- 
bern mit  Gespött  davon  zu  kommen  nicht  hoffen  durfte. 
V.  8I5-  £V  reksi  i.  e.  ih/  d^'j(^,  in  seiner  Function. 
V.  U.'59.  Die  hiesige  Lücke  vor  Ma.tvadujv  scheint 
am   besten    mit   dysKuC,   zu   ergänzen.   S.   V,   976- 

V.  9I)1-  Der  Zusammenhang  gebietet,  da  der  Chor 
nicht  von  seinem  Denken  und  Thun  sprechen  darf,  sondern 
sein  Urtlieil  über  Anderer  Treiben  abgeben  muss ,  um 
damit  das  AVeitere  zu  mntiviren,  dass  anstatt  dljOCuov  — 
Oa  gesehrieben  wertle  iiiioeuov — ra ,  sowie  in  V.  964, 
dy(ii'C(jjv  aißeiv,  verbunden  mit  Tiov  dee ,  womit  ja  die 
Götter  gemeint  sind.  Vgl.  V.  1103  und  1149  a.  f.,  was 
theils   ilie   Sache,   theils   die   Wortverbindung   betrilft. 

V.  978  —  79.  —  ö;  ro  yijyeveg  JodxouTog  Iottsiq 
OCf'tOs  i'v  yaici  ^toog.  Was  über  das  verdachtige  dcpcog 
hier  von  Gelehrten  gesagt  ist,  s.  bei  M.  ,  dem  jenes 
ebenso  wenig,  wie  uns  genügte.  Wer  sieht  aber  nicht, 
dass  zur  Vervollständigung  der  hier  in  nützlicher  Kürze 
erwähnten  Fabel  der  Zug  nüthig  ist,  dass  diese  Drachen- 
brut, wie  die  Vcdkssage  ging,  sich  unter  einander  selbst 
umbrachte.  Dcmgemass  wird  wohl  nicht  lei(Jit  Jemand 
es  missbilligen,  wenn  wir  aus  äff  tag  das  passende  V(f 
eüev   herstellen. 

\.  9S'l.  Oijßag  ö'  dvävSnovi;  .  •  •  •,  l^'"  l'iesige 
Lücke    würden     wohl    die    Worte,    cJ^r'    udfjuvtiv    am 


493 


494 


besten  ergänzen,  da  ja  die  Aehnlichkeif  mit  dvävÖQOVi; 
wohl  zum  Wegfall  des  letzteren  Wortes  Anlass   gab. 

V.  1121.  t/  ue  öl)  6p9oig  DJ.  Hier  ist  Nichts  zu 
ändern,  da  ja  der  hier  passende  Sinn  davon  ist:  quid  mo 
retiues,  oder  u örtlicher,  quid  facis,  ut  constiterim?  eine 
Bedeutung  dieses  Zeitwortes  und  des  in  ihm  liegenden 
Beitvorfes,  die  wir  kürzlich  in  Plat.  Tiniaeus  geltend 
machen   mussten. 

V.  112t)-  EuaQ^JCt  u.  f.  Die  nicht  zu  verkennende 
Lücke  nach  diesem  Vers,  da  ja  das  av6V  ß(JUXu)V  eine 
Entgegensetzung  heischt,  würde  nach  unserer  Methode 
lauten  müssen:  ßffw/^iovt  dl:  yvvar/.oq,  als  angemesse- 
ner Ausdruck  der  in  ihrer  Raserei  triumphirenden  Agave. 
Vgl.  V.  1154  u.  f.  und  V.  Il9ü.  Vielleicht  war  auch 
yi'vciiyj  geschrieben,  welche  seltenere  Verbindung  mit 
ßQUiiuvL  (worüber  s.  IMatth.  Gr.  Gr.  g.  429,  4),  oder 
gar  ein  3Iissrerstehen  des  ßQUXiovi  den  eilfertigen  Ab- 
schreiber bewog,  den  ganzen  Vers,  als  Unsinn  enthaltend, 
fallen  zu  lassen. 

Heraclidao. 

V.  103.  8.  ÜTtoXmeiv  a'  eölj.  Hier  ist  es  des  Zu- 
sammenhanges wegen  nüthig  und  nothweudig,  statt  des 
Singulars  o'  den  Plural  acp'  in  Bezug  auf  iy.TiJQa^  her- 
znstellen ,  in  dem  Sinne :  und  dass  nie  nicht  durch  Ge- 
tcalt  gezwungen  der  Götter  Sitze  {oder  Bildnisse)  ver- 
lassen. 

V.  223.  Dieser  von  allen  Herausgebern  bisher  miss- 
verstandene Vers  bekommt  seinen  richtigen  Sinn  durch 
folgende  Interpunktion:  aoi  yug  rod'  atax^ov,  XU)Qiq 
ev  TS  TT]  Tiükti  ( —  usiaq  —  eXy.ea^ai  ßitt)-  Wir 
nehmen  nfinilich  hier  x'^^oc^  einmal  im  Sinne  von  fKroj 
oder  i^w ,  wovon  keins  in  diesen  Vers  passte.  Der  Sinn: 
wenn  alter  diess ,  dass  sie  ausserhalb  gemisshajidelt  wor- 
den ,  für  dich  Schande  ist,  wie  vielmehr,  wen?i  inner- 
halb des  Staates.  Diess  vielmehr  liegt  in  dem  bald  ver- 
allgemeinernden, bald  höher  stellenden  x£.  In  beiden 
Fallen  aber  schimpflich  für  Theseus,  weil  er  ihrem  Va- 
ter zur  Dankbarkeit  verpflichtet  war. 

V.  394.  noia  TtQoqd^ei  OTQavoTiedov  tu  vuv  8o- 
poj.  Dieser  höchst  verdorbene  Vers  ist,  wie  man  bei 
ni.  ersehen  kann,  von  den  Gelehrten  vielfach  besprochen 
worden,  ohue  doch  damit  zu  einem  befriedigenden  Ziele 
zu  gelangen ,  weil  sie  hauptsächlich  sich  nur  auf  unge- 
fähres Eintziff'ern  einliessen ,  ohue  zugleich  zu  erwägen, 
was  für  ein  Gedanke  hier  nuthig  ist.  Wir  bieten  hier, 
was  wir  durch  gehörige  Kombination  gefunden: 
Ttoia  Tt^oiaiit   atQUionsSüv    r'   av£v    vtdQag.  {iuE- 

ögai). 

Das  av£V  hatte  schon  ein  Anderer  gefunden.  Aus 
unserem  Vorschlage  erhellt  zugleich,  wie  durch  Unkunde 
des  Abschreibers  püv   entstehen  konnte. 

V.  613.  Hier  ist  gewiss  Ixtrav  herzustellen,  wovon 
äXljTcm  nur  Glossem  ist,  um  so  wahrscheinlicher,  als 
V.  224  dieses  Stückes  beide  Wörter  ,  das  eine  zur  Ver- 
stärkung des  anderen  ,   neben  einaniler  stehen. 

V.  61(i.  dXkd  ov  fii)  TiQOTiiTvei  zd  i^eujv..  Da  hier 
nicht  von  einer  Nichtverehrung  der  Götter  die  Rede  sein 
kann,  so  luüchte  die  Lücke  hinter  decSv  wohl  mit  ällo. 


gleichsam  für  dnovxa  zu  ergänzen  sein ,  oder  auch  im 
Sinne  von  X"^'<^'i^  ^°  <'^S8  tu  diujv  UTtu  das  bloss 
menschliche    bezeichne. 

Helena. 

V.  377.  Hier  scheint  hinter  fxaTpo^  ein  Wort,  wie 
etwa  TVOt' ,  ausgefallen  zu  sein,  wofern  nicht  der  Um- 
stand stattfindet,  den  wir  zn  Hippolyt.  V.  879  berührten. 
V.  505-  Scheint  es  doch  natürlicher,  £%w  Öls  uot 
/i.  (p.  zu  schreiben  ,  es  wäre  denn ,  dass  Menelaus  so 
von  sich  als  Verkapptem  in  dritter  Person  sprechen 
dürfte. 

V.  634  ißaXov  •  .  Diese  Lücke  ist  leicht  zu  ergän- 
zen durch  ö'  iftaq  (d.  i.  au  ij.iu~;,  so  dass  ou  zu  yvia 
gehörte.  Beide  Wörter  zu  einem  verflossen  machten  wohl 
den  Abschreiber  oder  Dictirer  so  stutzig ,  dass  er  es  fal- 
len Hess. 

V.  905-  t'ari'o?  S'  ö  tc1.ovtoi;  ddr/.oq  w?  Tiq  vjv. 
Dieser  Vers  so,  wie  hier,  interpungirt,  enthält  eine  ganz  Trap- 
pistische Lebensansicht,  die  sich  aber  erheitert,  sobald 
man  zugleich  verbessernd  schreibt:  ö  TlKoVTOi,  ddr/.oq, 
Ol'  Tig  ujv ,  oder  auch  statt  der  letzten  drei  Wörter 
ohne  Interpunktion  das  einzige  ogitgüiv  als  Bestimmung 
von  döixoi;,  was,  wenn  auch  nicht  allgemein  geltend, 
doch  allgemein   gültig  ist. 

V.  9ü7.  y.cii  yat'  u  s.  f.  Wenn  dieser  Vers,  mit 
dem  vorhergehenden  in  Zusammenhang,  einen  allgemeingül- 
tigen Sinn  haben  soll,  muss  man  y.oü  für  y.ul  ov  her- 
stellen, oder  auch  beide  Wörter  ausschreiben,  um  sie  mit 
Synizese  zu  lesen. 

V.  936.  ysl  fisv  d^aviuv  öd'  iv  nvQu  yazsacfidyi^. 
Anstatt  des  hier  in  jeder  Hinsicht  unzulässigen  itvgoif 
da  es  weder  zu  y.ctT£0(f'uyij  passt ,  noch  hier  von  Be- 
stattung die  Rede  sein  kann  ,  muss  man  wohl ,  weil  hier 
die  Ueberfahrt  von  Troja  nach  Aegypten,  wobei  Menelaus 
verunglücken   konnte,  gemeint  ist,  Tioou)   herstellen. 

V.  94y.  Für  uiuxuvumtv  wird  man  wohl,  wofern 
es  nicht  ein  blosser  Druckfehler  ist,  aiaxvvoi[iidt'  lesen 
»ollen. 

V.  1002.  Sollte  hier  nicht  Aiy.vi  in  persönlicher 
Bedeutung  richtiger  sein? 

V,  lU6l.  y.udjjaoiiat  muss  wohl  in  xad^ijaoftsv  ver- 
bessert werden,  da  ja  Menelaus  an  dem  Geschäfte  Theil 
nimmt.     Vergl.   v.   lOÖö. 

V.  1105.  ei  ö'  ijfj9a  fisroia.  Wenn  (ei  im  Sinne 
von  ei  y.ai  genommen)  ein  schicklicher  Gegensatz  hierin 
zum  Nächstfolgenden  liegen  soll,  muss  es  gerade  umge- 
kehrt heissen:  ei  d'  ijoi/  d/^ergog.  Der  Schluss  oi'x 
ukkcag  Xeycj  erfordert  zur  Erklärung  den  hier  verschwie- 
genen Zusatz,  e^TteiQug   y    ohoa. 

V.  1164.  \ddkioig\  iv  ovfixfooaig  'Ikioiaiv.  Was 
M.  als  unecht  eingeklammert,  ist  gerade,  mit  einer  dem 
Metrum  gemässeu  leichten  Aenderung,  das  Rechte,  und 
OVfKpOQUig  das  Glossem  des  hier  substantivisch  gebrauch- 
ten dedkia:   Mithin: 

del}hoiaiv  ivi  y.  TUoiaiv. 

V.  1321.  ist  des  Metrums  wegen  zwischen  f^iaorevova' 
und  diiüguvg  ein  nicht  unpassendes  evd'  oder  eiz  ein- 
zuschalten. 


495 


496 


V.  1336.  kfvy.uiv  sxßakeiv  vSdruiv.  Wirft  man 
das  H-egen  der  Genitire  nirht  «IrinfenH  nöihi^e  fX  von 
ey.iiat.iiv  hinaus,  so  erhält  man  einen  Pherecrat.  Vers, 
der  ja  ebenso  polvsrheniatist  wie  sein  ihm  verivandter 
Glyconeus  ist,  uuil  so  ist  in  v.  13t 8  akkav  fjui^av 
iy.oaive  nicht  nüthi^,  eine  Lücke  anzunehmen. 

Joti. 

V.  V.).  y.oi}.);;  ev  nviim^yoi;  evTgöX'.'i  y.i'y.X(i). 
Sollte  hier  nicht  die  Erinnerung  an  die  Töpferscheibe 
bei  den  Abschreiliern  ihren  Ä^ug  (nickt  Spuk  :  denn  jenes 
Wort  ist  Slarischen  Ursprungs)  getrieben  haben  1  Uns 
würde  ei'xgeyrijj  für  eihuux'p  wenigstens  natürlicher 
scheinen.      Vergl.   v.   37   und    1390. 

V.  33.   döetXfiJ),  i.   e.   iiioi. 

V.  21fi.  wohl  Tsy.vuiv  für  Tty.vov  zu  lesen,  nach  der 
Anordnung  des  Metrums   von  G.   H. 

V.  21  t.  —  kti'yiß  Ttoöi  y  .  .  Die  Lücke  hier  wird 
am  leichtesten  mit  ovöop  ergänzt,  welches  Wort  wegen 
dos  nächstfolgenden  etwas  ähnlichen  OV  &£lJ.ig,  wie  ge- 
wöhnlich  ausfallen   konnte. 

V.  710 — II.  Der  erstere  Vers  muss  ein  monometer 
Dochmiacus  ,  der  letztere  ein  akatalekter  Jambicns  dime- 
ter  sein.  Die  Elemente  dazu  sind  nur  in  Bruchstücken 
vorhanden,  da  selbst  so  leicht  gespitzte  Rede  den  unkun- 
digen Abschreiber  nicht  traf.  Man  lese  also,  wozu  auch 
eiue  Handscbr.  bei  M.   befugt : 

(fika  Ti'onpvidog, 
Tvoavvib'  i]Ti^  OV  (fiiXst. 
Denn    ?Jt<;    hier  einmal  für  »J,    daher   ov,  was  in  Bezie- 
hnng  auf  ro   eilov  gesagt,  auch  wohl  ausserhalb  des  Ge- 
sichtskreises der  Abschreiber  lag. 

V.   I.IU4  —  5-   T«/",-   iioi   [y.ai]   adg   rka/jotv  .... 

Die  hiesige  Lücke,    nachdem    y.ai  in    eine  andere  Stelle 

versetzt,   angemessen   wohl   leicht,  aber  mit  diplomatischer 

Gewissheit  schwer  zu   ergänzen:  nur  auf  gut  Glück  so: 

Tiati  uoc  öö?  TküfMov,  y.ai  zXäfxov 

yivo^  dirökkvTat. 

y.  1232.  Anstatt  9oäi  muss  man  wohl  9oai^  schrei- 
ben, welches  mit  (fövo)  verbunden,  nun  zweckmässiges 
Beiwort  lon   nTd.yiirjlv  wird. 

V.  1'2()B.  Wir  konnten  uns  lange  nicht  von  der  Echt- 
heit des  Wortes  Tl/.ic/.f^  überzeugen,  da  ja  Platten,  von 
welchem  Stoffe  auch,  ^lichts  so  zerreissen  oder  schinden 
können,  wie  doch  hier  gemeint  ist.  Am  nächsten,  weil 
am  gebräuchlichsten,  lag  uns  7tzv/£^ ,  das  allenfalls  in 
71/.0./.SQ  verst'-ckt  liegen  konnte,  aber  es  führt  ja  auch 
nicht  gerade  die  Vorstellung  von  etwas  Rundem  oder 
Spitzigem  mit  sich.  Am  Ende  fanden  wir,  dass  der 
Dichter  die  steilen  Felsenwände,  die,  wenn  sie  horizon- 
tal lagen,  wohl  Platten  abgeben  könnten,  mit  irkuxt^ 
bezeichnen  konnte  ,  an  welchen  hinunter  gleitend  man 
sich  allerdings  schinden   kann. 

V.  1336.  ogu^  röö  äyyos  -/{qoi;  vtt'  (iyy.äkat? 
iuui^.  Das  von  den  Editoren  mit  Recht  hier  angeführte 
yegoq,  insofern  es  zu  dyy.ukatq  gefügt  ein  lächerlicher 
Zusatz  ist,  künnte  eben  darum  ein  Zusatz  zu  uyyo^  sein 
lu  sollen  scheinen,  also  ein  Handkorb,    wenn    uns  nicht 


das  folgende  dvxilllii  nöthigte,  an  einen  Deckelkorb, 
der  ja  keinen  Henckel  gestattet,  zu  denken.  Mithin  muss 
man  ;f£pws  wohl  hier  für  unecht  erklären.  Uns  ist  statt 
dessen  u)-j[^guv,  der  unscheinbare  vergilbte  Korb  einge- 
fallen ,  da  ungeschälte  AVeidenruthen  durch  das  Alter 
solche  Farblosigkeit  annehmen,  so  dass  das  Folgende 
llukatdv  die  Wicderaufnalime  jenes  Epitliet's,  nur  in 
schlichterem  Ausdrucke  wäre.  Freilich  niüsste,  wenn 
diess  üjxguv  sich  einmal  bestätigte,  dem  Gesetze  des 
Metrums  gemäss,  der  Vers  abgeändert  »verdcn:  Öp«; 
Toö'  ayyo;  aj^gov  in'  efiutg  dyy.dka/.;,  was  indess 
nicht  unerhört  und  wegen  der  letzten  arsis  auf  dem 
hauptsärhlichen  Worte  dyy.akaiQ,  dem  Verse  sogar  vor- 
thcilhaft  wäre.  Aber  wir  sind  erbötig,  sogleich  die  von 
uns  vorgeschlagene  Verbesserung  aufzugeben,  sobald,  was 
nicht  unwahrscheinlich  ist,  bewiesen  worden  ist,  dass 
ayyo^  y^egoz,  gesagt  werden  konnte  für  dyyoQ,  1EIQ0- 
TtuiljTov ,  sehr  passend,  da  ja  dieser  Korb  wirklich  ein 
inanufact  ist.  Diess  angenommen,  ist  es  sogar  möglich, 
dass  gerade  das  Wort  ayyu^  unecht  und  vom  Rande  als 
Glossen!  des  ursprünglichen  Ganzen  igyov  Jffpo^,  mit 
lies  Averses  wegen  nöthiger  Beibehaltung  des  'j[^E(JUi,  in 
uusern   Text  eingeschwärzt  sei. 

(Beschiuss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Mise  eilen. 

Meissen.  Am  15.  April  feierte  die  Landesscbiile  zu  Meis- 
sen  den  Tag,  an  welchem  der  als  Lelirer  und  Gelehrter  t;leicli 
bocligeachtete  zweile  Professor  J  G.  Kreyssig  vor  ib  Jahren 
sein  Amt  an  dieser  Anstalt  antrat,  nachdem  er  vorlier  11  Jaliie 
an  den  Lyceen  zu  Cliemnitz  und  Ani'abcrg  ,  und  an  der  letz- 
teren Anstalt  5  Jahre  als  Rector  tliatig  gewesen  war.  Bei  einem 
desslialb  veranstalteten  Actus  i'iberreichlc  ihm  der  Rector  Bauni- 
garten  -  Cruslus  folgende  von  ihm  verfasste  Schrift:  De  Georgii 
Fabricii  Chemnicensis,  Recloris  Afrani,  Vita  et  scriptls,  prae- 
niissa  epislola  ad  J  Th.  Kreyssigium ,  XXV  a.  professorem 
Afranum,  exposuit  D.  C.  Gu.  Bauingaricn- Criisius ,  III.  Afranci 
Rector  et  Prof.  I.  P.  I.  De  Georgii  Fabricii  Vita.  —  Epiblemata 
t'ahriciaiia  et  Afrana.  Cum  elTigie  Ge.  Fabricii  lapidi  insculpla. 
Miscnae,  sumptibus  et  typis  C  E.  Klinkiclitii  et  fil.  (44  S.), 
und  iiu  Namen  des  Schiilcolleginms  einen  silbernen  Lorbeer- 
kranz, sowie  der  Primus  der  Schule  im  Namen  der  Schulet 
einen  Ring  nebst  einem  latcinisclicn  Gedichte.  Von  Seilen  des 
Ministeriums  und  des  Cnltus  war  der  Geh.  Kirclienrath  Scliulze 
zum  Feste  gekommen  ,  um  dem  Jubilar  die  Glückwimschc  des- 
selben darzubringen.  Ausser  einer  Dedicaiion  einer  nächstens  er- 
scheinenden Ausgabe  von  Cicero's  kleinen  philosophischen  Schrif- 
ten von  Prof.  Oertel,  seinem  eliemaligen  Schüler ,  wurde  der  Jubi- 
lar auch  noch  durch  eine  Gratiilationsscbrift(T.  Liviide  rebus  Syra- 
ciisanis  capita  ad  fideni  Puteani  maxirne  codicis  dcnuo  collati  et 
Kditoris  passim  coniectnris  emenditacuin  brevi  annotatione  critica) 
von  Dr.  Böttcher ,  Lehrer  an  der  Krcuzscliule  in  Dresden,  über- 
rascht ,  welche  ihm  derselbe  au  der  Spitze  einer  Deputation 
ehemaliger  Schüler  überbracble.  Ancli  bei  den  übrigen  Fest- 
lichkeiten des  Tages  erhielt  der  Jubilar  von  Nah  und  Fern  die 
nngebeuchclsten  Beweise  von  Theilnabnic  und  Verehrung.  — 
Kurze  Zeit  darauf  erhielt  derselbe  von  S.  M.  dem  Könige  von 
Schweden  für  eine  ihm  und  ilrni  Könige  von  Prcussen  gewid- 
.mete  lateinische  Hede  auf  die  25|ahrige  Jubelfeier  der  Schlacht 
bei  Leipzig  eine  sehr  wcrtbvollc  goldene  Medaille  mit  dem  Bild- 
nisse des  Königs  auf  der  einen  und  der  Inschrift:  Ulis  quorum 
Micruere  labores ,   auf  der  anderen  Seite. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


SonntaSf  26.  Mai 


18  39. 


Nr.  63. 


Beitrag  zur  Erklärtino^   und  Kritik   des   Euripides. 
Von  Prof.  Dr.  Lindau. 

(Beschluas. ) 

Hercules  furens. 

V.  182.  ^ipCfVV  8'  eouiTOJV.  Hier  könnte  man 
freilich  ilen  nominativus  solutus  Icichfer  »vegschaflfen,  als 
in  Jon.  V.   927  in    vTie^aviküjl) ,  ob  aber  mit  Recht? 

y.  200.  'y.  rvyij^.  i.  e.  tJgrf  avTuju  Tvyxc'-vetv,  oder 
wie  die  Franzosen  sagen,   ü  la  portie- 

V.  306  —  7.  Es  seheint  doch  richtiger  so  zu  schrei- 
ben nnd  zu  interpungiren: 

rag,  rüjv  deiüv  yuQ  üarti  ex/nox^i^t  f^'X^ii 
Tigöd^vfiöi;  eortv  i)  7tQo9L'f/ia  ö'  äcfQiov. 

V.  266 — 67.  narQoq  vöujo  ßäzs  Xntov  —  o'  «f> 
Gvvaoidoi.  Dieses  eingerückte  äei,  um  dem  Metrum 
nachzuhelfen,  ohne  den  Sinn  der  Stelle  zu  stören,  scheint 
die  gelindeste   Kur  zu  sein. 

V.    1024.     Hier  muss  man  wohl  mit  leichtestem  Mit- 
tel abhelfen,  indem  man  schreibt: 
Scavovd'  vTtvujSi]  r'. 

V.  1283.  i)  Tij^zlcdg  SüfxaQTo^-  sv  töö' cda9ävei. 
Eine  Lücke  hiernach  ist  «egen  eines  nöthigen  Objects 
zu  naoacvtaaifj  av  zu  handgreiflich,  um  von  ihr  ab- 
zusehen. Nach  unserer  Methode  würden  wir  folgenden 
ganzen  Vers  herstellen  : 

1]  TTjv  ^log  däfxapza  lut)  y.axujs  keyeiv. 

Electra. 

V.  27-  y.iavsiv  0(f  kßovXsvd  .  .  ut^offQwv  «V 
öfiutg.  Was  kann  hier  wohl,  auf  Veranlassung  der  ähn- 
lichen Endung  des  vorhergehenden  Wortes,  schicklicher 
ausgefallen  sein,  als  ovaa,  dem  nun  das  durch  jenen 
und  nach  jenem  Ausfall  verschobene  d'  angefügt  werden 
muss:  also  ovaaÖ'  oifiocfQ.  Ofjuti:  aber,  obwohl  sie  roh 
gesinnt,  rettete  sie  doch. 

V.  79.  Bovi  sig  ÜQOVQaq  e^ßaXajp.  Natürlicher 
scheint  hier,  e^kaßojv  eingefangen,  da  ja  die  Stiere 
nicht  so  furchtsam  und  schreckhaft,  wie  die  Schafe  sind, 
welche  der  Hirt  durch  Kothwerfen,  wohin  er  will,  zu 
treiben  pflegt. 

V.  161.  Trtxpäg  8'  ix   Tgoiag.   Um  zwei  Dochmien 


herzustellen,  wird  man  die  Lücke  hinter  T^oia^  wohl 
mit  oJy.OV   oder   ov/mS  ausfüllen  müssen. 

V.  446.  Hatte  dieser  Chor  nicht  den  Schlussgesang, 
der  auf  unser  Stück  erst  einleitet,  bekommen,  würde  er 
mancher  in  unsere  Opern  ohne  nahe  Beziehung  eingeleg- 
ten Arie  gleichen,  während  der  antike  Chor  doch,  als 
idealer  Zuschauer  des  jedesmaligen  Drama's,  immer  die 
nächste  llellexior;  aussprechen  nnd  so  des  Dichters  beab- 
sichtigten Ell'ect  auf  die  wirklichen  Zuschauer  unter- 
stützen sollte.  Was  nun  den  mit  obiger  Zahl  angezeig- 
ten Vers  betrifft,  so  hat  er  die  Ausleger  und  Editoren,  wel- 
che letztere  nicht  immer  gerade  Ausleger  sind ,  hart  ge- 
quält,  ohne   das   erwünschte  Ziel  zu  treffen. 

Es  war  vorher  gesungen,  dass  die  Nereiden  dem  Achill 
den  gottgearbeiteten  Schild  gebracht.  AVie  kamen  sie 
dazu?  Es  musste  also  das  Liebesabenteuer  der  Thetis 
und  des  Peleus  gedacht  werden.  Auf  einem  ihrer  Lust- 
gänge durch  Berg  und  Wald  «ard  sie  von  Peleus  er- 
liascht.  Es  folgt  hieraus,  um  uns  kürzer  zu  fassen,  dass 
man,  auch  dem  I>letrnm  gemäss,  xo'p« '//a'örftio' schrei- 
ben muss,  womit  Thetis  bezeichnet  ist,  und  dass  iVi'^- 
(fCÜai  ay.oTlläii  als  Höhepunkte  für  genussreiche  Aus- 
sicht, nicht  Apposition  zu  vduai,  sondern  Objectsensus 
für  i^iüoTSvoe  ist.  Das  folgende  är^effsv  für  eyhvrjöe 
oder  i'rfxaro. 

V.  646.  TtaQEaxaL  d'  iv  itöast.  Seltsam,  dass  kein 
Herausgeber  darauf  gekommen  ist,  iv  noOEi ,  in  potu 
zu  verstehen,  wie  sich  ja  aus  dem  Folgenden  ergibt,  dass 
Kl.  beabsichtigt,  nach  dem  Besuche  bei  Elektra  sich  zum 
Dessert  bei  Aegisthus  einzufinden. 

So  viel  wohl  für  immer.  Werfen  wir  einen  Blick  auf 
das  Ganze  zurück  ,  das  unter  äusserlich  eben  nicht  gün- 
stigen Umständen  nur  als  Ertrag  von  glücklichen  Er- 
holungsstunden nach  nnd  nach  entstanden  ist,  so  denken 
wir  mit  Vergnügen  an  die  Momente,  wo  wir  das  Wahre 
glaubten  gefunden  zu  haben,  nnd  übergeben  diess  sehr 
gern  an  Andere  zur  Benutzung  und  vielleicht  zu  noch 
glücklicherer  Entivickelung,  zumal,  da  noch  manches 
Schwierige  in  diesem  Dichter  übrig  geblieben  ist,  das 
aufzuklären    wir    unsere  Muse  nicht  zwingen  mochten. 

Oels  im  October  1838- 


499 


500 


Laleinisrlie  Schnl-traiiimatik  von  L.  liisclinff ,  Professor 
uiiil  (Jvmnasialdirrctor.  AVrsel  1S3S.  15i-<kcr"sihe 
Burhliamlluiij.     Xlll   und   3().S   S. 

Den  (ipsit'litspiiiikt ,  ans  «elclipm  IFrrr  Dirertor  Bi- 
«chofl'  ilic  aiiziizeij;'rii(le  Schiily;raiiiiiiatik  bc<ra«li<et  «issen 
will,  girbt  er  p.  VI  der  A'orrede  an;  er  verstellt  nnter 
(IcrsellieM  „ein  Handbuch,  durch  dessen  Gcliraucli  in 
Schulen,  niilhiii  verbmuien  mit  der  mündlichen  Krläute- 
rung  des  Lehrers,  das  Granimatisthe  der  lat.  Sprache 
gelehrt  «erde;  ein  Handbuch,  das  die  leitenden  Vrinci- 
pien  enthalte,  nelche  das  Sichzurechtliiiden  in  den  gram- 
niatisclien  Ei);enthiinilichkeiten  der  S|)raclie  anbahnen  und 
erleichtern,  und  durch  das  die  ücbunj;  im  ^'erstehen, 
Schreiben  und  Sprechen  des  Lateinischen  vorbereitet 
und  auf  den  (ieist  der  Sprache,  nicht  auf  das  Gedächt- 
nissiverk  der  Regeln,  begründet  werde. "  Er  nimmt  für 
ein  solches  zunächst  Kürze  in  Anspruch  und  stützt  sieh 
dabei  auf  den  bekannten  Ausspruch  F.  A.  Wolfs,  tiass 
es  zu  den  Eigentiiümlichkeiten  unseres  Zeitalters  gehöre, 
dass,  so  «ie  die  IMoralsysteme  sich  vervollkommnen,  wäh- 
rend die  !\Ioral  fast  aus  der  Welt  gehe,  ebenso  die  Gram- 
matiken immer  vollkommener  »erden,  während  die  Kna- 
ben immer  weniger  Grammatik  wiesen.  Wir  lassen  die 
Wahrheit  des  ersten  Theils  der  Uehauptung  dahingestellt 
sein,  glauben  aber,  dass  in  Rücksicht  auf  den  zweiten, 
wenn  wir  unsere  Zeit  mit  dem  Endo  des  vorigen  Jahr- 
hunderts vergleichen  ,  bedeutende  Fortschritte  gemacht 
sind.  Uebrigens  spricht  Wolf  nicht  von  dem  l'mfang  der 
neueren  Grammatiken,  der  wolil  geringer  sein  dürfte  als 
der  mancher  früheren  ;  soudcrn  von  ijer  Vollkommenheit 
derselben.  Und  diese  ist  ebenso  sehr  durch  den  jetzigen 
Stand  der  AVissenschaften  ülierliaiipt,  als  ilnrch  die  Re- 
dürfnlsse  der  Schule  bedingt.  Denn  in  früherer  Zeit, 
wo  das  Lateinische  fast  der  einzige  Unterriclitsgegenstand 
war,  konnte  »olil  alle  Zeit  und  Kraft  auf  ilasselbe  ver- 
wendet, mit  dem  Sprechen,  wie  bei  einer  lebenden 
Sprache,  begonnen,  s.  .Scioppius  Grammatica  philosopliica 
p.  W,  unil  durch  fortgesetzte  Leetüre  der  Classiker 
.Sicherheit  im  lat.  Ausdruck,  grosse  Gewandtheit  in  der 
schriftlii  heil  und  münillichen  üarstellnng  erworben  «er- 
den; nbgleirh  aii<li  damals  verlialtiiissiiiässlg  immer  nur 
AVenige  zu  wahrer  AortrefTlicIikeit  des  Ausdrucks  und 
Stils  gelangten:  jetzt  aber,  wo  der  Gvmnasialunterricht 
sich  auf  so  viele  Gegenstände  erstrecken  soll,  und  <lie 
Zeit  für  das  Lat.  so  sehr  bes«  lir.'iiikt  i>f,  kann  nur  durch 
eleu  kürzeren  A^  eg  der  Granim.irik ,  «eiche  eine  grosse 
i^Ienge  von  Erscheinungen  znsaminenfasst  und  die  Sprach- 
gesetzc  in  ihrem  Zusainmeiiliaiige  dem  Lernenden  vor- 
führt, eine  sichere  Kenntnis«  der  lat.  Sprache  erlangt 
»erilen;  und  je  mehr  sich  die  Forderungen  an  die  (iviii- 
iiasien  steigerten,  um  so  grosser  inusste  die  Anllordening 
werden,  die  Grammatik  so  zu  gest.ilti'ii  ,  dass  sie  durch 
Alethixlc  uml  bessere  .Anordnung  und  Eilt«  ickelung  mit 
geringerem  Aiifnand  von  Zeit  den  Schüler  /um  V  ersl.'ind- 
ni-(s  und  zur  Nachbildung  der  Classiker  führe,  und  zu- 
gleich durch  die  Uehandlnngsweise  der  Sprachersc'hei- 
nuiigen  an  regelmässiges  Denki'ii  geHohne.  Denn  sollen 
die  t'la^siker  nicht  bloss  zum  Alitlel  «erdi'ii,  um  gram- 
matische  Regeln    an  denselbc.i   einzuüben   und   zu   lernen, 


was  ebenso  verkehrt  wäre,  als  wenn  man  den  Kunst- 
lehrling an  der  Betrachtung  der  schönsten  Statuen  die 
ersten  IlaiidgriH'e  der  Kunst  wollte  lernen  lassen,  was 
den  Geschmack  an  denselben  verleiden  und  die  richtige 
Auirassiiiig  hindern  muss,  sondern  die  Vorbilder,  au  de- 
nen in  jeder  Beziehung  der  jugendliche  Geist  sich  ent- 
wickeln lind  erstarken  könne,  so  muss  der  Schüler  noth- 
wendig  zur  Lcctüre  derselben  eine  Uebersicht  der  grani- 
niatisclien  Verhältnisse  der  Sprache  und  eine  an  der 
Betrachtung  und  Einübung  derselben  schon  hinreichend 
eiit«irkel(e  Kraft  des  Denkens  mitbringen.  Ihn  bis  da- 
hin zu  führen,  dürfte  die  Aufgabe  der  unteren  und  mitt- 
leren Classen  bis  Tertia  sein,  damit  in  den  beiden  obe- 
ren um  so  grössere  .Sorgfalt  auf  das  .Studium  und  das 
Nachbilden  der  Classiker  verwendet  werden  könne.  In 
diesen  Classen  muss  aber  zugleich  der  grammatische 
Unterricht  seinen  Abschluss  finden,  indem  theils  die 
Gründe  iiiiil  der  Zusammenhang  der  Regeln  entHickelt, 
theils  der  weniger  gewölinlichen ,  oder  einzelnen  Zeit- 
altern oder  Gattungen  von  .Schriftstellern  eigenen  Sprach- 
erscheinungen dargelegt  werden.  Für  jene  erste  Periode 
iler  Bildung  nun  hat  llr.  B.  ein  recht  braiichbarr^s  und 
nützliches  Buch  geliefert;  für  die  zweite  linden  «ir  das- 
selbe nicht  ausreichend  ,  weil  eine  IMeiige  von  Dingen 
nicht  berührt  werden,  über  die  ilcr  Schüler  in  seiner 
Grammatik  Aufscliluss  finden  muss,  wenn  er  im  Stande 
sein  soll,  auch  ohne  Hülfe  des  Lehrers  einen  alten 
Schriftsteller  zu  lesen  und  zu  verstehen  ,  und  sich  eine 
vollständige  Uebersicht  der  Spracherscheinungen  ,  die 
übrigens  auch  Hr.  B.  für  nothwendig  hält,  indem  nach 
JJ.  1  die  Grammatik  die  Gesammtheit  der  Regeln  des 
richtigen  lat.  Ausdrucks  enthalten  soll  ,  z(i  verschaffen 
und    ihren   Zusammenhang   einzusehen. 

Es  «ird  mit  Recht  p.  IV  gefordert,  dass  die  Be- 
handlung der  Gramme.tik  sich  an  die  Forschungen  der 
Wissenschaft  und  die  llesu't.ite  tlcrselben  aiischliesse,  und 
dass  dieselbe  auf  den  Geist  der  Sprache  begründet  «erde; 
aber  beides  ist  nur  in  der  Syntax  geschehen,  die  For- 
menlehre bietet  «enig  neue  Gesichtspunkte  dar  und  ist 
mehr  mit  Beziehung  auf  die  deutsche  Grammatik,  als 
auf  den  Geist  der  lat.  Sprache  behandelt.  Als  Motto 
findet  sich  auf  dem  Titel:  quidijuid  praecipies ,  brevis 
esto ;  aber  Hr.  B.  scheint  diese  Kürze  mehr  in  der  Be- 
schränkung des  Stoffes,  als  in  der  Kürze  der  Darstellung 
und  Gestaltung  der  Regeln  gesucht  zu  haben,  die  oft 
sehr  «eitschweifig  ausgedrückt  und  dem  .Schüler  nicht 
leicht  zu  fassen  sind.  Dagegen  ist  der  .Stoff  sehr  be- 
erhränkt,  denn  es  fehlt  nicht  nur  die  Lehre  von  der 
Veränderung  der  Laute ,  die  nicht  übergangen  werden 
kann  ,  wenn  die  Formenlehre  die  AVortformen  auch  in 
Hinsicht  auf  ihren  lautlichen  Gehalt  und  die  Gesetze, 
ileiien  der  Laut  unterliegt,  ilarstcllen  soll;  die  Lehre 
von  der  Wortbildung  ist  zwar  anfgeiKPiiimen  ,  aber  theils 
«ehr  kurz  und  ohne  Princip  behandelt,  theils  als  ein 
fremder  Stoff  betrachtet,  was  unmöglich  eingeräumt  wcr- 
ilen  kann,  «cnn  anders  die  (irainniatik  die  Lehre  von 
der  Form  der  AVörter,  die  ja  gerade  in  der  AVortbildung 
dargestellt  wird,  enthalten  soll.  Die  Lehre  von  den  pro- 
nominibus  indelinitis  wird  g.Uiy  dein  Lexicou  zugewiesen, 
doch  aber    werden  einige  Bemerkungen    gemacht,    damit 


501 


502 


«ler  Lehrer  GelegPiihcit  habe,  den  siilistisclien  Gehraiich 
sänimtlichcr  Fiirniirlcr  durchzugelien,  was  nicht  wohl 
geschehen  kann,  ohne  vieles  der  Granunadk  Gehiirenile 
zu  berühren.  Die  Lehre  von  den  coordinirendcn  Con- 
jiinvtionen  soll  gleichfalls  ganz  dem  Lexicon  zugchörcn, 
obgleich  dieses  mehr  mit  dem  Wort,  als  den  durch  das- 
selbe zu  verbinilenden  Gedanken  und  der  Art  dieser  Ver- 
bindung zu  thun  hat;  obgleich  durch  die  besonderen  Werke 
über  die  Partikeln  genug  erwiesen  wird,  dass  hier  das  Lexi- 
con nicht  ausreiche,  und  der  Schüler  in  diesem  das  Zu- 
sammengehörende an  vielen  Stellen  mühsam  zusammen- 
suchen niüsste,  und  doch  nicht  selten  ohne  hinreichende 
Belehrung  bleiben  dürfte.  lieber  Pleonasmus,  Ellipse 
Anacoluth,  die  doch  zum  grossen  Theil  grammatische  Er- 
scheinungen sind,  wird  ebenso  wenig  gesagt,  als  über 
die  Wortstellung,  die  doch  in  einer  Uezichung  durchaus 
dem  Gebiete  der  Grammatik  angehört.  IManches  .\ndere, 
was  zu  erwähnen  nüthig  gewesen  wäre,  wird  gleichfalls 
übergangen;  so  ist  z.  li.  Nichts  bemerkt  über  die  ver- 
schiedeueu  Constructionen  von  siinilis,  Nichts  über  primus 
u.  a.,  wenn  sie  nur  auf  einen  Theil  des  genannten  Ge- 
genstandes sich  beziehen;  Nichts  über  die  Adjcctive,  die 
scheinbar  die  Stelle  von  Adierbien,  nichts  über  die  Ad- 
verbien,  welche   die   der  Adjectiveii   einnehmen. 

Hr.  B.  hat  seine  Grammatik  so  eingerichtet,  dass  die 
niündliche  Erläuterung  des  Lehrers  immer  den  Gebrauch 
derselben  unterstütze.  Aber  entweder  steht  dann  Vieles 
in  derselben,  was  besser  dem  Lehrer  überlassen  worden 
wäre;  oder  es  werden  Lehrer  vorausgesetzt,  wie  auch 
p.  VII  der  Vorrede  andeutet,  die  noch  durchaus  uner- 
fahren sind  in  der  Behandlung  ihres  Gegenstandes;  eine 
Voraussetzung,  der  glücklicherweise  jetzt  wohl  nur  selten 
die  Wirklichkeit  entspricht.  So  scheint  es  uns  unuöthig, 
dass  an  vielen  Stelleu  auf  das  Deutsche  in  einer  AVeise 
hingewiesen  wird,  die  wenig  zur  Erklüruug  beiträgt, 
die  Regel  nur  verlängert  und  dadurch  die  Auflassung 
erschwert;  während  jene  Vergleichung  viel  besser  dem 
Lehrer  überlassen,  aber  die  Delinitionen  kürzer  und 
übersichtlicher  gegeben  worden  wären.  Es  genüge  aus 
vielen  Stellen  §  78»  wo  es  also  hcisst:  ,, Sowie  wir  im 
Deutschen,  um  die  häufige  Wiederkehr  eines  und  <les- 
selben  Hauptwortes  in  der  Rede  zu  vermeiden  ,  Fürwör- 
ter haben,  die,  weil  sie  an  der  Stelle  der  Hauptwörter 
gesetzt  werden,  recht  eigentlich  dieselben  vertreten,  oder 
selbst  zu  Hauptwörtern  werden,  niitliin  auch  el)enso,  wie 
diese,  etwas  Selbstständiges  darstellen  können;  so  hat 
auch  die  lateinische  Sprache  ihre  Pronomina  (pro  nomine, 
d.  h.  als  Hauptwort  stehende  Wörter),  die  in  ihr  dasselbe 
bezeichnen,  was  in  unserer  Muttersprache  die  Fürwörter 
ausdrücken."  Ist  wohl  eine  solche  Regel,  um  davon  zu 
schweigen,  dass  das  Wesen  der  Pronomina  nicht  hinrei- 
chend erklärt  ist,  da  die  Andeutung  fehlt,  dass  sie  Ge- 
genstände und  ihre  \'erhältnisse  nur  nach  ihrer  Bezie- 
hung zum  Redenden,  nicht  nach  ihren  3Ierkmalen  be- 
zeichnen, wohl  einfach  und  fasslich  zu  nennen,  und  hätte 
sich,  wäre  die  Vergleichung  mit  dem  I)e«ts(  ben  nicht 
eingemischt  worden,  nicht  dasselbe  mit  der  Hälfte  der 
Worte  sagen  lassen?  Ebenso  glauben  wir,  wird  ein  ver- 
ständiger Lehrer  die  hinter  jedem  Abschnitt  folgenden 
Fragen   leicht  selbst  nach  dem  Bedürfniss   seiner  Schüler 


schon  längst  eingerichtet  haben  und  nach  demselben  mo- 
dilicireu.  Die  Aufgaben  zum  Uebersetzen  aus  dem  Deut- 
schen in  das  Lateinische  und  umgekehrt,  die  der  Verf. 
oft  beigefügt  hat,  sind  an  sich  recht  nützlich,  aber  sie 
machen  ein  besonderes  Uebungsbucli  nicht  überflüssig, 
weil  sie  sehr  ungleich  vertheilt  sind.  Während  z.  B. 
p.  34  über  eine  Seite  AVörter  gegeben  werden  zur  Ein- 
übung der  dritten  Dcclinatinn,  findet  sich  Nichts  der  Art  bei 
den  Genusregelu;  während  über  die  Zahlwörter  drei  Seiten 
Aufgaben  gegeben  ivorden  sind  ,  sind  die  über  die  Pro- 
nomina nur  auf  eine  Seite  beschränkt.  Ebenso  wenig 
UebereiMstiminung  findet  in  Rücksicht  auf  die  Paradigmen 
statt.  Für  die  erste  und  zweite  Declination  sind  Para- 
digmen gegeben,  für  die  dritte,  vierte,  fünfte  nur  die 
Endungen,  was  gar  nicht  zu  tadeln  wäre,  wenn  nicht  in 
iler  Lehre  vom  Verbuni  nach  einer  weitläufigen  Ablei- 
tung iter  Tempora  für  alle  vier  Co.ijugatiouen  besoinlers, 
für  jede  einzelne  auch  noch  ein  Para<ligma  aufgestellt  wäre, 
welches  beides  zusammen  fast  vierzig  Seiten  entweder  zum 
Ueberlluss,  oder  zum  nicht  geringen  Entsetzen  des  Schüler 
einnimmt.  Später  folgen  noch  auf  18  Seiten  die  Paratligma  der 
vcrba  anomala  ,  kiu  denen  fero  allein  aul  {'t  S.  behandelt 
ist.  Ueberhaupt  finden  sidi  in  der  Lehre  vom  A'erbum 
in  der  Formenlehre  und  .Syntax  so  viele  Wiederholungen 
nnd  Weitläuftigkcitcu  besonders  in  der  Behandlung  der 
tenipora,  ni.  vergl.  p.  Si  ff.  und  271,  dass  entweder  diese 
zu  tadeln  sin<l,  oder  der  I^Iangcl  an  Klarheit,  der  diese 
Ausführlichkeit  nöthig  machte  ,  anzuklagen  ist.  Wir 
glauben  mehr  das  Letztere.  Hr.  B.  hat  nämlich  die 
Tenipora  streng  nach  den  Principien  der  Stoiker  darge- 
stellt, und  daher  bei  jeder  Conjugatinn  die  tenipora  der 
actio  infecta  ,  perfecta,  inchoanda  oder  perlicienila  ge- 
schieden, und  vor  demselben  das  verbum  infinitum  als 
modus  infinitivus  oder  substantivum  verbi ,  und  das  parti- 
cipiuni  als  adjectivum  verbi  vorausgehen  lassen.  Wenn 
mau  auch  die  Richtigkeit  <lirser  Theorie  einräumen 
wollte  ,  so  dürfte  doch  schon  die  Künstlichkeit  und  die 
Feinheit  der  Abstractiou,  welche  dieselbe  voraussetzt,  wie 
vor  allen  aus  den  beiden  Abhandlungeu  lon  Herrn. 
Schmidt  Doctrinae  temporum  verbi  graeci  et  latini  ex- 
positio  historica  Halls  Saxonum  !  S.io  hervorgeht,  bedenk- 
lich machen,  sie  in  der  Ausdehnung,  wie  Hr.  B.  gctlian, 
auf  den  ersten  Unterricht  im  Lateinischen  anzuwenden. 
Denn  wenn  auch  der  Knabe  leicht  den  Unterschied  von 
Gegenwart  und  Dauer  aiillasst,  so  wiril  der  zivischen 
>'ergangenheit  und  Vollendung  ihm  schon  schwierig  und 
der  zwischen  Zukunft  und  Bevorstehen  von  ihm  kaum 
begrüfen  werden.  Daher  haben  wohl  mit  Recht  andere 
Grammatiker  der  neueren  Zeit  die  dritte  von  Harris  erst 
hinzugefügte  Reihe  der  tempora  artionis  inihoandae  ent- 
fernt, und  nur  die  schon  von  A'arro  de  I.  1.  '.(,  96  ff- 
zusainmengestelllen  Zeilfornien  zu  der  einfachen  Conju- 
gation  gezählt  ;  (\enn  i!,ur  für  diese  sind  bestimmte  For- 
men ausgeprägt,  welche  die  Formenlehre  darzustellen  hat; 
jene  zusammengesetzten  gehören  mehr  in  die  Syntax,  wo 
dann  auch  die  übrigen  Formen  dieser  Art,  die  Hr.  B. 
ganz  übergeht,  wie  horfaturus  fiii,  fueram ,  fiicro  ;  hor- 
tatus  futurns  sum,  erani,  ero ;  hortaturns  futuru*  fuL  etc., 
s.  die  zweite  Abhandlung  von  Schmidt  p.  -'S,  erwähnt 
werden  können.     AVir  möchten   sie    um  so  lieber  nur  da 


503 


504 


beLandeli  sehen,  «eil  sie  immer  ein  fremdes  Element  in 
die  Lehre  vom  Tempus  bringen,  nämlich  die  Bcgnindung 
der  ThäfigVeit  in  etwas  Fremilcni,  sei  es  der  Wille,  die 
Kraft  oder  die  Lage  des  Sul)jec<s-,  oder  die  modalen 
Verhältnisse  der  IMiiglichkcit  oder  des  Siillens  ,  jenes  oft 
in  auiatiirus  sum  ,  dieses  in  amandus  sum  etc. ,  welches 
der  A'erf.  als  actio  perficienda  dem  Passiv  an  die  Seite 
jfcstellt  hat.  Dagegen  wird  gerade  das  Einfachste  nnd 
am  nächsten  Liegende  in  jener  Theorie  gar  nicht  be- 
achtet: nfinilich  die  Bestimmung  aller  Zeitverhältnisse 
(larch  die  unmittelbare  oder  mittelbare  Beziehung  auf 
die  Zeit  des  Redende» ,  von  der  ans  allein  ein  klarer 
Beeritt'  von  Gegenwart,  Vergangenheit  und  Zukunft  ge- 
wonnen nnd  vom  .Schüler  leicht  erkannt  uerden  kann. 
Ferner  wird  nur  künstlich  §.  L'ii'J  die  gegenseitige  Be- 
zicliun"  der  Zeitvprhültnisse  auf  einander  und  überhaupt 
der  Unterschied  der  tempora  relativa  und  absoluta  in  das 
Svstem  hineingebracht,  und  erst  §.  ;>2li  Anni.  1  die 
Vorstellung  der  Gleichzeitigkeit  als  nothivendig  für  das 
Iniperfect  bezeichnet,  die  aber  mit  der  von  der  Dauer, 
mit  «elclier  sie  fast  gleichgestellt  wird,  Nichts  gemein 
hat;  beim  Plusquamperfect  nnd  fut.  exart.  aber  nicht  ge- 
nu"'  hervorgehoben,  dass  sie  nicht  bloss  die  vollendete 
Ilandlun"  als  in  die  Vergangenheit  und  Zukunft  fallend, 
sondern  als  vollendet  in  Beziehung  auf  eine  andere  fer- 
"an^ene  oder  zukünftige  Thatigkeit  darstellen.  Die  tem- 
pora absoluta  sollen  nach  §-  2'-'4  so  von  den  relativis 
verschieden  sein,  dass  jene  bloss  die  Zeit  ohne  Rücksicht 
auf  die  BeschafTenheit  der  Handlung,  diese  Zeit  und  Be- 
schalVenlicif  der  Handlung  anzeigen.  Allein  liurih  das 
absolute  PrJisens  werden  ja  gerade  immer  wiederkehrende 
oder  immer  dauernde  Erscheinungen  ausgedrückt;  durch 
das  absolute  Perfect  vergangene  Thatigkeiten  als  ge- 
schehene bezeichnet,  die  zwar  nicht  als  dauernde,  aber 
Mohl  als  vollendete  betrachtet  werden  müssen ;  durch 
beide  wird  vielmehr  angeilcufef,  dass  der  Redende  die 
Beziehung  der  Thatigkeit  auf  seine  Zeit  aufgebe.  Auch 
das  Wesen  der  relativa  wird  durch  das  Bemerkte  nicht 
genug  bestimmt,  wenn  nicht  hinzugefügt  wird,  dass  sie 
die  Beziehung  auf  die  Zeit  einer  anderen  Thatigkeit 
fordern;  JIr.  B.  nnisste  denn  behaupten,  dass  das  fut. 
siniplex,  weil  es  Zeit  und  Dauer  anzeigt,  immer  eiu 
tempus  relativum  im  eigentlichen  Sinne  sei;  nicht  blo.ss 
die  Zukunft  in  Rücksicht  auf  die  Gegenwart,  sondern 
auf  eiue  andere  künftige  Zeit  darstelle,  was  zu  beweis- 
sen wohl  sehr  schwer  sein  dürfte.  Wenn  übrigens 
JJ.  224  gesagt  wird  in  dem  Satze:  cum  orationem  lege- 
rem, familiaris  meus  in  cubiculuni  intravit,  sei  intravit 
ein  absolutes  Tempus,  denn  es  bedeute  nicht:  hatte  mein 
Freund  die  Handlung  des  Hereintretens  vollendet,  son- 
dern CS  erzählt  bloss,  dass  er  damals,  in  der  vergange- 
nen Zeit,  eintrat,  so  ist  damit  Nichts  erklärt,  indem  im  ersten 
Satze:  hatte  —  vollendet  nicht  das  Perfect,  sondern  das 
Plusquaniperf.  berücksichtigt;  in  dem  zweiten,  aber  durch 
das  gebrauchte  damals  da»  Imperfect  beschrieben  wird. 
Auch  das  Anm.  l  Gesagte  hatte  wegbleiben  können,  es 
sei  Irrthum,  wenn  man  oft  geschrieben  finde,  das  Perfect 
bezeichne  eine  movientane  Handlung;    da    wohl  Alle  nur 


denken,  es  stelle  eine  Handlung  ah  momentan  dar^ 
nicht  aber  das  punctum  temporis  ,  wie  Hr.  B.  annimmt, 
welches  eher  durch  ein  Zeitadverbium  angegeben  sein 
würde.  Uebrigens  bieten  die  angeführten  Beispiele  auch 
kein  punctum  temporis  dar,  der  Redende  fasst  nur  eine, 
wenn  gleich  längere  Thatigkeit  ohne  Rücksicht  auf  ihre 
Dauer  auf  und  stellt  sie  als  solche  dar.  JMcht  klar  ist 
§.  22.')  A.  2-  die  Erklärung  des  praes.  hist. ,  dass  sich 
der  Redende  in  lebhafter  Erzählung  oft  aus  der  Ver- 
gangenheit in  die  Gegenwart  versetze;  denn  dann  niüsste 
er  beim  Gebrauch  des  Perfects  in  der  Vergangenheit 
verweilen;  nicht  sich  versetzt  er  in  die  Gegenwart,  in 
der  er  ja  schon  ist,  sondern  die  erzahlten  Ereignisse, 
wie  es  gleich  darauf  Anm.  3  beim  futurum  heisst. 
55.  226  Anm.  2  bis  5  gehören  in  die  Lehre  vom  Modus. 
Unrichtig  heisst  es  daselbst:  das  Iniperf.  steht  in  diesem 
Falle  (in  Bedingungssätzen)  oft  für  das  Plusquamperf., 
da  diese  Enallage  jetzt  so  ziemlich  aufgegeben  ist,  und 
in  den  angeführten  Beispielen  z.  B.  id,  nisi  in  tuo  regno 
essemus,  uon  tulissem,  gar  nicht  anwendbar  ist.  s.  Etzler 
Spracherorterungen  p.  120  ff.  Gernhard  Opuscula  p.  234. 
Peter  Excurs.  I  zu  Cic.  Brutus,  welcher  die  beiden  er- 
wähnten Schriften  überscheu  hat.  g.  227  Anm.  3  sollte 
amaturus  sim  nicht  geradezu  als  Conjnnctiv  von  amabo 
dargestellt  sein,  s.  Schmidt.  II,  p.  Ki.  §.  231  werden 
die  tempora  der  conj.  periphrast.  erwähnt,  aber  der 
Unterschied  von  dicam  und  dicturus  sum,  von  ilicturus 
cram  und  fui  nicht  erklärt.  An  die  Lehre  von  der  Be- 
deutung der  tempora  hat  Hr.  B.  sogleich  die  von  der 
Folge  derselben  angeschlossen.  Wir  können  die  der  letz- 
tereren gegebene  Stelle  nicht  billigen,  da  sie  erst  im  zu- 
sammengesetzten Satze  verstanden  werden  kann,  und  fin- 
den ausserdem  noch  zu  bemerken,  dass  das  Regelmässige 
und  Gewohnliche  nicht  genug  von  dem  weniger  Ge- 
brauchlichen geschieden  z.  B.  andivi  quid  agas,  egeris 
neben  agcres ,  egisses  ,  s.  Etzler  p.  138  If.  und  erst 
g.  23.5.  Anm.  1  auf  das  Vorherrschen  des  Imperfects 
hingewiessen  ist,  auch  die  Satzarten  nicht  angegeben 
sinil,  in  denen  die  eine  oder  andere  Verbindung  zulässig 
ist.  IVirht  richtig  ist  in  derselben  Anm.,  dass  auf  ein 
Perf.  dann  das  Perfect  folge  ,  wenn  man  auf  das  Ende, 
auf  das  Ergebniss  der  Handlung  sehe;  das  Imperf.,  wenn 
man  eine  Handlung  in  ihrem  Geschehen  betrachte,  zu- 
mal, wenn  eine  Absicht  dabei  ausgedrückt  werde,  denn 
in  dem  letzteren  Falle  findet  sich  ja  kaum  das  Perfect 
nach  dem  Perf.;  in  Folgesätzen  aber  wird  durch  dasselbe 
nicht  sowohl  eine  Beziehung  auf  die  Haupthandlung  a\a 
die  Vollendung  in  Rücksicht  auf  die  Zeit  des  Redenden ; 
durch  das  Imperf.  aber  der  enge  Zusammenhang  der 
Folge   mit  dem  Grunde   dargestellt. 

Fortsetzung  folgt-) 


Personal-Chronik  und  Mißcellen. 

KiiniRsberp.  Der  aii.sscronlenllicbc  Professor  in  der  pbl- 
lu3oplii>cbcn  F.ncnItUt  iler  bicsigen  Universität,  Dr.  Luilw.  MosCr, 
ist  zum  ordentliclicn  Professor  ernannt  worden. 


Zeitschrift 


f ü  r    die 


tertliumswissensciiait. 


Mittwoch,  29.  Mai 


18  39. 


Nr.  64. 


Lateinische  Schalgranimatik  von  L.  Bischoff,  Professor 
und  Gymnasialdirector. 

(Fo  r  ts  e  t  z  11  n  jj.) 

iNicht  zu  billigen  ist  es  ,  dass  in  den  Paradigmen  im- 
mer der  Iiifiiiitii'  voraiisgestcllt  ist,  da  das  Abstractum 
der  Tliätigkeit  nicht  so  leicht  gefasst  wird  ,  als  das  ver- 
bum  fiuitum.  Auch  die  Definition  des  Inf.  §.  <)2  ist  nicht 
genau,  da  nicht  angegeben  wird,  «ie  sich  dieses  ,,zeit- 
ivörtliche  Hauptwort"  von  dem  gewöhnlichen  unterscheide, 
und  der  Schüler  selbst  in  üngewissheit  gelassen  wird,  ob 
er  denselben  als  modus  zu  betrachten  habe  oder  nicht. 
Auch  sonst  noch  findet  sich  in  der  Lehre  vom  Vcrbum 
manches  Ungenaue,  so  die  Eintheilung  §.  90  in  verba 
substantira  und  adjectiva,  nach  der  auf  die  erste  Classe 
nur  esse  kommt,  welches  übrigens  an  sich  durchaus  nicht 
,, reine  Copula"  ist,  sondern  in  seiner  ursprünglichen  Be- 
deutung derselben  nicht  minder  als  jedes  andere  Verbum 
bedürftig,  nur  als  solche  gebraucht  wird,  die  Einmischung 
der  verba  derivata  §.  91,  welche  in  die  Lehre  ron  der 
Wortbildung  gehören,  und  auch  dort  noch  einmal  be- 
handelt werden;  ferner  die  Behauptung,  welche  nur  den 
Schüler  irreführen  muss,  dass  der  Conjunctiv  gewohnlich 
von  einer  entweder  zugedachten ,  oder  ausdrücklich  vor- 
gesetzten Conjunction  regiert  werde,  z.  B.  (utj  amem  ; 
die  weitschweifige  Erklärung  des  Particips;  die  Angabe 
S.  94,  dass  das  Perfect  <!er  Verba  mit  consonantischen 
.Stämmen  auf  d,  d  entweder  ausstosse  vor  si ,  oder  di  habe, 
da  in  dem  folgenden  defend  —  i  doch  nur  i  als  Endung 
erscheint;  ferner  dass  die  Verba  auf  do  im  Supinum  sum 
haben,  ohne  dass  die  auf  to  erwähnt,  auf  die  Ausnahme 
aufmerksam  gemacht,  oder  angegeben  wird,  wo  das  d 
des  Stammes  als  s  bleibe,  und  wo  es  ausfalle;  die  Be- 
hauptung §.  98  futurus  eram  und  futurus  essem  komme 
nicht  vor,  s.  C  Fam.  I,  2,  4  eo  die  senatns  erat  futu- 
rus. Liv.  L>2,  43,  11-  Hirt.  ß.  G.  8,  31;  die  Bezeichnun- 
gen der  Endungen  rimus  und  ritis  im  fut.  exact.  und 
perf.  coni.  als  blosse  Länge.  Kicht  richtig  wird  §.  lO.j, 
3  nach  Erwähnung  von  audisti  die  Form  audii  als  häu- 
figer angegeben.  In  dem  Verzeichniss  der  sogenannten 
verba  irregularia  sind  meist  nur  die  einfachen  Verl)a  an- 
geführt, die  composita  mit  Unrecht  weggelassen,  g.  107 
wird  ein  Grund  der  Unregelmässigkeit  angegeben,  g.  106 
und  sonst  nicht;  die  Reduplication  ist  p.  144  Zusetzung 
einer  Sylbe ,  p.  146  S^lbenverdoppelung;  p.  143  wird 
bemerkt,   capio    etc.    stosse    im    imperf.   conj.    i    aus,    der 


inf.  wird  übergangen.  Ejne  genaue  Angabe  der  Fälle  , 
wo  im  Perf.  die  Reduplication  «der  Vocalverlängerung, 
oder  si,  oder  vi  (ui)  eintrete,  durch  welche  das  lange, 
nur  als  Gedächtnisswerk  zu  betrachtende  Verzeichniss 
überflüssig  würde,  sucht  man  vergebens.  S.  1,3,'  und 
153  werden  die  unregelmässigen  Formen  von  edere  so 
aufgestellt,  <.ass  edere  selbst  gar  nicht  erwähnt  und  die 
zweite  Seite  mit  vielmal  wiederholten  „fehlt"  ausgefüllt 
wird,  erst  p.  171  werilen  diese  Formen  als  Zusammen- 
ziehungen von  edere  angegeben,  <lie  Art  der  Zusammen- 
ziehung nicht  berührt.  Ebendaselbst  ist  die  Anmerkung 
unklar  und  mangelhaft,  dass  ferro  seine  Tempora  regel- 
mässig von  ferere  bilde,  aber  überall  das  e  zwischen 
zwei  r  ausstosse,  da  ein  ferere  nicht  existirt,  und  fers, 
fert,  fertis,  ferte  die  Personenformen  nicht  minder  un- 
mittelbar an  die  AVurzel  anfügen  als  ferrem.  AVährend 
die  übrigen  verba  anomala  mit  ermüdeniier  Weitläufigkeit 
behandelt  sind,  wird  fieri  in  einer  Anmerkung  zu  kurz 
abgethan. 

Auch  die  Lehre  von  der  Flexion  der  nomina  und  pro- 
numina  bietet  Stoff  zu  manchen  Bemerkungi-n  dar.  So 
ist  zwar  §.  34  ein  langes  Verzeichniss  der  communia 
gegeben,  aber  die  Motion  der  Substantiva  erst  §.  i.t, 
3.  A.  bei  den  Adjectiven  behandelt,  da  doch  umgekehrt 
die  Adjectiva  im  Genus  dem  Substantiv  folgen.  Die  Be- 
nennungen der  Casus  §.  35,  wie  Gattungs-,  Gebe-  oder 
Zweckfall,  Anklage-  oder  Zielfall  etc.  scheinen  unzweck- 
mässig, und  die  weitläufige  Erklärung  der  Bedeutung 
derselben  hier  fremdartig.  Der  Grund  für  die  Auslas- 
sung der  griechischen  ^Vörter  auf  e ,  dass  sie  ganz  der 
griechischen  Dedination  folgen,  ist  nicht  genügend,  da 
die  Kenntniss  derselben  nicht  vorausgesetzt  werden  kann, 
und  der  Dativ  der  lat.  Form  folgt.  §.  41  Anm.  ist  die 
Erwähnung  des  Genitivs  von  alius  eic.  überflüssig,  da 
dieselbe  Bemerkung  §.  43  Anm.  und  in  einem  anderen 
Verschen  noch  einmal  §.  63  A.  ?.  wiederkehrt.  Die 
Bildung  des  Genitivs  in  'der  dritten  Dedination  ist  durch- 
aus änsserlich  nach  den  Endbuchstaben  und  Endsvlben, 
ohne  alle  Erklärung  der  Erscheinungen,  die  dem  Ver- 
stand bei  der  Auffassung  zu  Hülfe  kommen  könnte.  Ab- 
theilungen wie  marm-or,  turt-ur,  p  -  es ,  so-1,  r-en 
n.  a.  sollten  billig  gemieden  sein,  weil  sie  die  Unter- 
Scheidung  von  Stamm  und  Endung  verdunkeln.  Die  Re- 
geln über  die  abweichenden  Casusformen  sind  übersicht- 
lich, doch  sollte  aedilis,  affinis  nicht  unter  den  Wörtern 
stehen,    die  bloss  i  im    Ablat.    haben,    während    bei   den 


507 


5Ö8 


Participien  bemerkt  sein  solKc,  <1ass  sie  nur  als  wirkliche 
Theile  «les  ^'erbunis  regelmässig  e  haben.  §.  5()  ist 
cornu  mit  Unrecht  unter  tlie  [ihiralia  tantum  gerechnet; 
ferner  nicht  bemerkt,  dass  die  Astracta  oft  im  Plural 
vorkommen.  Zu  «eitliiufig  unil  nicht  einmal  ganz  genau 
ist  lue  Definition  der  Adjectiva  §.  60-  Ebenso  nimmt 
«lic  Erklärung  der  Comparatiou  eine  ganze  Seite  ein. 
Unter  den  Pronomina  ist  das  indeTinituni  quis  übergangen, 
«as  schon  wegen  der  unregelniässigen  Bildung  des  Femi- 
ninums im  -Singular  und  de»  Keutrums  im  Plural  nicht 
fehlen  durfte. 

Die  Svntax  ist  ron  Hrn.  B.  für  den  oben  angegebenen 
Zweck,  wie  es  scheint,  passender  behandelt,  als  die  For- 
inenlehrc  thcils  durch  die  Auswahl,  theils  durch  die 
Präcision  der  Regeln  und  die  Beifügung  einer  angemes- 
senen Zahl  meist  gut  gewählter  Beispiele.  Man  erkennt 
leicht,  dass  der  'V'erf.  sich  vorzüglich  an  Billroth  gehal- 
ten hat  ;  besonders  in  den  Abschnitten  vom  Modus  an 
tritt  dieses  entschieden  hervor;  die  Lehre  vom  objectiven 
.Satzicrhältnisse  ist  besser,  als  von  Billroth,  die  von  der 
Bedeutung  der  Zeitformen,  wie  wir  schon  bemerkten, 
zwar  anclprs  als  bei  diesem,  aber  ebenfalls  nicht  sehr 
praktisch  behandelt.  DIanches  findet  sich  auch  in  diesem 
Abschnitte  theils  im  StoiF,  theils  in  der  Form,  was  man 
anders  wünschte.  So  tritt  gleich  §.  152  die  einfachste 
und  natürlichste  Form  des  Satzes,  wo  das  Prädicat  ein 
Terbum  ist,  weil  sie  nur  in  einer  Anmerkung  berührt 
wird,  zu  sehr  in  den  Hintergrund.  Die  Aum.  g.  1.54, 
«lass  das  Prädicat,  wenn  es  ein  Subst.  sei,  voranstehe, 
ist  hier  unpassend  und  kann  den  Schüler  verleiten  zu 
glauben,  dass  es  bloss  vom  Substantiv  und  immer  gelte, 
da  CS  doch  in  der  Form  der  Rede  seinen  Grund  hat, 
und  dem  '^'erbum  und  Adj.  nicht  »yeniger  gilt.  Nicht 
richtig  hcisst  es  §.  153:  wenn  ein  Infinitiv  oder  ein  in- 
declinabeler  Redetheil,  wie  z.  B.  ein  Buchstabe,  Sub- 
jecf  ist,  so  sieht  man  diesen  als  Neutrum  an;  *)  denn 
ein  Buchstabe  ist  kein  Redetheil  und  auch  andere  Rede- 
theile ,  selbst  verba  finita,  können,  wenn  sie  ohne  Rück- 
sicht auf  ihre  Bedeutung  bloss  niaterialiter  gebraucht 
werden,  in  diesen  Fall  kommen,  s.  Schneider  2,  12. 
Die  unmittelbare  Verbindung  des  Adjectivs  mit  dem  Sub- 
stantive wird  §.  15(3  eine  Verbindung  von  Subject  und 
Prädicat  genannt,  was  Verwirrung  veranlasst,  da  so  der 
durch   die    letztere    Verbindung    entstehende    Begriff    voo 

*)  Auch  Hr.  Paldamu?  hätte  dieses  in  der  BcurtliciliitiK  der 
Ginmmatik  dos  Rec.  in  dieser  Xeitschrift  18.3».  p.  9lW  ff. 
bellenden  sollen  ,  wenn  er  p.  974  sagt,  nach  Anlüluung 
der  Redethcile,  die  Subject  sein  können,  heissc  es:  jeder 
Redetheil  und  jede  Form  desselben,  selbst  Sätze  (können 
Sabj.  sein),  und  liinzulVi^'t:  «wozu  diese  Weitschweifigkeit? 
Dici  Punkte  soll  ich  mülisam  auswendig  lernen  ,  um  bei 
Kr.  4  7A1  erfahren,  dass  überhaupt  alle  Wörter  die  Kraft 
haben?  Und  ist  denn  da^wahr?«  etc.  Ilr.  P.  hatte  sich 
alle  diese  Fragen  und  Klagen  ersparen  können,  wenn  er 
den  Satz  zu  Ende  gelesen  bitte,  denn  da  heisst  es  ja: 
wenn  sie  ohne  Puicksicht  auf  ihre  Bedeutung  als  (Icgcn- 
st.mde  betrachtet  wcrdin«;  oder  wie  Schneider  sagt,  wo 
sie  bloss  initerialiler  lietrachlot  werden ,  also  nicht  an 
sich,  sondern  nur  unter  der  hinzugefügten  Bedingung, 
die  Hr.  1'.  zu  hberselicn  beliebt  hat,  kann  jeder  Rede- 
theil etc.  Subject  sein;  und  wenn  Hrn.  P.  ein  Schulknabc 
sagte:  scriptum  est  supinum  ,    würde  er  ihn  wohl  tadeln? 


dem  ilurcli  Verbindung  von  Subject  and  Prädicat  ausge- 
drückten Gedanken  nicht  genug  geschieden  wird ;  die 
Anwendung  der  für  diese  Function  des  Adjectivs  und  Par- 
ticips  eingeführten  Benennung  Attribut  wäre  zweckmäs- 
siger gewesen.  JJ.  157  ist  in  der  Lehre  von  iler  Appo- 
sition die  Form  des  Prädicats  nicht  berührt.  Die  Ein- 
mischung des  pron.  relat.  in  den  einfachen  Satz  siheint 
uns  unpassend,  die  Darstellung  des  genus  derselben  ge- 
hört in  die  von  den  Relativsätzen,  wo  Hr.  B.  genothigt 
ist,  noch  einmal  davon  zu  handeln.  Die  Behauptung  in 
der  Anmerkung,  dass  das  pron.  demonstr.  sich  stets 
nach  dem  folgenden  Substantiv  richte,  ist  theils  zu  weit, 
da  hinreichend  bekannte  Beispiele  zeigen,  dass  das  Neu- 
trum desselben  bei  einem  andern  genus  des  Substantivs 
zuweilen  nothwendig  ist;  theils  zu  eng,  weil  weder  das 
Adjectiv,  noch  das  häufig  im  Neutrum  gebrauchte  Frag- 
prnnomen  berücksichtigt  ist.  Nicht  genau  ist  die  Regel, 
dass  bei  Sachnameu  das  Prädicat  dann  im  Singular  stehe, 
wenn  dasselbe  nicht  von  dem  letzten  Subst.  getrennt  sei, 
da  es  genug  Beispiele  gibt,  wie  C  Oiric.  I,  30  victns 
cultus<]ue  ad  valetudinem  referatur  cf.  Drak.  z.  Liv.  ,37, 
29  j   6'*)    Dasselbe   gilt  von  g.  160  ^tbei  leblosen  Wesen 

')  Hr.  B.  und  wer  sonst  etws  eine  lat.  Graniinalik  schreiben 
will,  wird  jetzt  wohl  thun  ,  vor  allen  die  in  der  schon 
erwähnten  Rcccnsion  von  Hrn.  Paldanuis  vorgetragenen 
Lehren  zu  berücksichtigen  ,  welcher  über  die  constructio 
ad  s^nesin  p.  9Sl  die  Regel  aufstellt:  »steht  Subj.  und 
Prad.  diclit  neben  einander ,  ist  gramniatisciie  Einheit 
nothwendig  (?) ;  je  mehr  Wörter  dazwischen  stehen,  desto 
lieber  tritt  iui  Prädicat  das  eigentliche  Genus  ein,  und 
dasselbe  muss  geschehen,  wenn  Subj.  und  Präd.  einem 
anderen  Silztheite  »ngehurer..«  Schade  nur,  das»  die 
Alten  diese  Regeln  nicht  gekannt  haben,  sonst  hätte,  um 
von  d  Numerus  gar  nicht  zu  reden,  Livius  10,  34,  3 
nicht  geschrieben;  caesa  ibi  hostiujn  duo  ndlia  (juaihin- 
genli,  minus  duo  inilia  capti  cf.  10,  34,  3;  Sallust.  Iiätte 
vielleicht  Hrn.  P.  zu  Gefallen  Jug.  5ö  magna  pars  i-ol- 
nerati  aut  occisi,  auch  Tcrent.  Eon.  prol  32  sein  Eu- 
nuclium  suani  geändert.  Undeutlich  wird  mancher  Gram- 
matiker linden  «in  einem  anderen  Sdty.theile«,  da  ja  F. die 
vorausgesetzt  werden  ,  in  denen  Subj.  und  Präd.  nicht  in 
einem  Satztheile  verbunden  sind.  Hat  etwa  Hr.  P.  in  der 
Eile  sich  verschrrcbcn  und  sagen  wollen  ,  in  dem  Theile 
eines  anderen  Satzes?  Aber  wie  auch  Hr.  P.  die  Sache 
gedacht  habe,  falsch  ist,  dass  man  sagen  müsse:  milia 
scrviliuin  capituni  dicuntur  capti;  denn  sonst  hatte  Liv. 
24,  42,  4  nicht  geschrieben:  hoc  quoipie  proelio  ad  duo- 
dcciin  milia  liominum  dicuntur  caesa,  cf.  22,  36;  der 
auch  nach  längeren  Zwischensätzen  das  Prädicat  sieb  nach 
dem  Subject  richt.cn  lässt ,  ■/..  B.  25,  39,  15.  Piso  quin- 
rpie  inilia  hoiuinum  ,  cum  Mago  cedentcs  iiostros  clfuse 
sequeretur,  caesa  ex  insidiis  .scribit.  24,  41,  4  et  ad  duo 
milia,  ant  inoratoruin  aut  palaiilium  per  agros  inlerfecta. 
cf.  26,  6,  8-  25,  14,  11  u.  a.  Hr.  P,  hat  ans  den  von 
Gron.  und  Drak.  angeführten  Stellen  schnell  eine  Regel 
fabricirt,  aber  die  abwcicheudeii  nachzuseiicn  vergessen, 
und  so  dem  Schüler,  der  etwa  diese  Regel  lernen  soll, 
gerechte  Ursache  gegeben,  sich  zu  beklagin ,  dass  er 
Falsches,  Undeutliches  und  über  eine  einfache  Sache  eine 
so  lange  Regel  lernen  soll.  Wir  übergehen,  was  Hr.  P. 
über  die  copula  sagt,  obgleich  auch  da,  wie  aus  dem 
Vcrzeichniss  bei  Ruddimann  p.  11  und  Krüger  Grajuma- 
tisehe  Untersuchungen  ,i  ,  57  ff.  hervorgeht,  der  Stellen, 
wo  die  copula  sich  nach  dem  entfernter  stehenden  Subj. 
richtet  ,  so  viele  sind  ,  dass  Hrn.  P.'s  Regel  nicht  wohl 
Stich  halten  wird.   —   Ucber    die  Verbindung   von  einem 


509 


510 


steht  <las  Pradicat  im  Neutrum",    da   bei    zwei  femiiiiiiis 
wohl    das    fem.    stehen    kaiiu,    s.  Quint.  I,  lU,   17-      Im 

Pradicat  mit  mehreren  Siibj.  soll  die  Regel  sein:  »1)  das 
einfache  et;  liier  kann  sing,  und  plur.  stehen  a)  bei  no- 
jiiina  abstracta  ,  je  nnclidoni  sie  als  Einheit  ijel'asst  wer- 
den oder  nicht,  b)  bei  n  piopria  steht  1.  der  sing,  im- 
mer, wenn  das  Vorbuni  nach  dem  ersten  Subsl.  steht, 
2.  sing,  lind  plur.  können  stellen,  wenn  das  Verb,  vor 
beiden  steht,  3.  der  sing,  kann  nach  beiden  stehen,  wenn 
et,  lim  es  in  jetzt  veriltetcr,  aber  doch  bezeichnender 
Weise  anszudri'icken ,  li'ir  et  rjnidem  j;esctzt  ist.«  Also 
kennt  Hr.  P.  nur  nomina  abstracta  und  n.  propria?  Die 
appellativa  kommen  nicht  in  Betracht?  Gelten  nicht 
die  über  die  noin.  prop.  gegebenen  Regeln  von  allen 
Substantiven?  Wie  soll  lerncr  der  Schüler  in  Sätzen  wie 
Spensippus  et  Xenocratcs  et  Polenio  et  Crantor  nihil  ab 
Aristotele  dissensit  C.  Or.  3,  18,  67  und  ähnlichen  siehe 
Matt.  z.  C.  Mur.  7,  15  das  leine  et  quidem  finden?  In 
gleicherweise  wird  dann  et-et,  que,  aut,  aut-aut  durch 
genommen.  Wollte  man  diesen  Weg  verfolgen,  so  müss- 
ten  auch  über  atque,  non  modo-sed  etiam,  cum-tum  etc., 
über  die  häufigen  Falle,  wo  keine  Copulativpartikeln  ste- 
hen, besondere  Vorschriften  gegeben  werden,  und  die 
Masse  der  Regeln  würde  sich  in's  Unendliche  vermehren. 
Da  es  Hr.  P.  so  leicht  wird.  Regeln  zu  geben,  ist  kaum 
zu  erwarten,  dass  er  die  von  Andern  aufgestellten  einer 
genaueren  Betrachtung  würdige.  So  hat  er  in  der  Eile 
übersehen  ,  dass  von  uns  das  grammatische  und  logische 
Princip  §.  159,  2  durch  ein  zwischen  beide  gesetztes  Punkt 
hinreichend  geschieden,  dass  die  Beispiele  sorgfältig  auf 
die  einzelnen  Theile  der  Regel  bezogen  sind.  Wenn  er 
in  Sätze  wie  legiones  ipse  dictator,  magistcr  eqnitum  suos 
equites  ducit  den  sing,  daraus  erklärt,  dass  der  Satz  in 
zwei  für  sich  bestehende  Theile  zerfallt,  ilie  ein  gleiches 
Verbum  haben,  das  mau  nur  einmal,  und  zwar  bei  wel- 
chem Theile  man  will  ,  setzt ,  so  sieht  man  nicht  ein , 
was  für  sich  bestehende  Theile  sein  sollen ,  und  fragt 
billig,  ob  dasselbe  nicht  der  Fall  sei  bei  intercedit  M. 
Antonius,  Q.  Curtius,  da  die  Voranstellung  des  Pradicats 
rhetorische  Gründe  hat;  Hr.  P.  aber  meint,  der  Plural 
konnte  in  diesem  Falle  stehen  ,  doch  der  Singular  ist  er- 
laubt, und  vielleicht  gebräuchlicher,  indem  hier  das 
grammatische  Princip  vorherrschen  muss.  Wer  reimt 
dieses  können  und  müssen  zusammen?  Wir  glauben  die 
Sache  deutlicher  ausgedrückt  zu  haben  in  den  Worten  : 
das  Präd.  wird  auf  jedes  Subj.  besonders  bezogen,  weil 
jedes  für  sich  die  Thätigkeit  ausübt.  Ebenso  brauchte 
Hr.  P.  nicht  die  Scheidung  von  senatus  et  C.  Fabricius 
dedidit  von  den  anderen  Beispielen  zu  fordern ,  da  sie 
auch  nach  unserer  Regel  geschieden  sind,  denn  Jeder,  der 
sie  liest,  wird  einsehen,  dass  auf  dieses  und  ähnliche  die 
Bestimmung  sich  bezieht:  oder  es  wird  ein  Subj.  beson- 
ders hervorgehoben,  nichts  Anderes  sagt  auch  H.  P.  in  den 
Worten:  der  Senat  und  zwar  speciell  Fabricius.  Dagegen 
werden  Freunde  der  Grammatik  und  der  Antiquitäten 
Hrn.  P.  für  die  neue  Erklärung  von  senatus  propulusque 
Eom.  intelligit  oder  intelligunt,  nach  der  jenes  bedeutet 
den  Senat  und  was  ausserdem  R.  Volk  ist,  dieses:  der 
S.  und  dazu  das  R.  Volk  sieht  ein,  sich  sehr  verpflichtet 
fühlen.  Was  übrigens  Hr.  P.  damit  wolle,  wenn  er  ver- 
langt, dass  Wendungen  wie:  «steht  nicht  selten  —  doch 
auch«  in  der  Grammatik  nicht  vorkommen  sollen  ,  da  es 
dann  keiner  Regel  bedürfe,  begreift  man  nicht.  Solider 
Grammatiker  solche  Ausdrücke  nicht  erwähnen,  weil  sie 
sich  a  priori  verstehen?  oder  kommt  es  nicht  darauf  an,  die 
verschiedene  Bedeutung  oder  Auffassung  nachzuweisen? 
Die  Regeln  des  Hrn.  P.,  die  wir  erwähnten,  sind  fast  alle 
dicier  Art.  Eine  ähnliche  Ansicht  des  Hrn.  P.  ist  es, 
dass  der  Grammatiker  sich  nicht  darauf  einlassen  dürfe, 
den  vom  gewöhnlichen  abweichenden  Sprachgebrauch   zu 


Folgenden  sollte  bemerkt  sein,  dass  sehr  oft  das  zuletzt 
.stehende  Pradicat  sich  nach  dem  nächsten  Subst.  richte; 
aber  es  ist  nicht  einmal  ein  Beispiel  der  Art  gegeben ; 
dieselbe  Bemerkung  war  bei  dem  Numerus  des  Pradicats 
nicht  zu  übergehen.  Merkwürdiger  Weise  wird  erst 
§.  162  in  einem  besonderen  Abschnitt  über  den  Nomi- 
nativ nachgetragen,  dass  das  Subject  in  diesem  Casus 
stehe,  und  ebenso  aufl'allend  ist,  dass  im  Anfang  des 
Paragraphen  dieses  von  den  unabhängigen,  erst  am  Endo 
von  den  abhängigen  Sätzen  gelehrt  wird,  als  ob  es  sich 
nicht  für  alle  von  selbst  versfände.  Der  ganze  Paragr.,  ia 
dem  man  übrigens  forem ,  das  auch  soiisl  nicht  erwähnt 
wird,  vermisst,  gehörte  in  den  vorhergehenden  Abschnitt. 
In  der  Lehre  von  dem  objectivcn  Safzvcrhältnisse  be- 
ginnt der  Verf.  mit  denr  Accnsativ,  welcher  nach  §.  1G4 
das  Hauptziel,  die  unmittelbare  Richtung  einer  Thätig- 
keit des  Subjects  ausdrücken,  der  Casus  des  Objecfs  sein 
soll.  Wenn  auch  der  Gedanke  richtig  ist,  so  sind  doch 
die  Worte  nicht  gut  gewählt ;  statt  Hauptziel  sollte  es 
heissen:  das  nächste  Ziel ;  ebenso  drückt  der  Casus  nicht 
die  Richtung  aus,  sondern  der  Gegenfitand  steht  im 
Accus.,  auf  welchen  die  Richtung  unmittelbar  geht,  der 
von  derselben  aflicirt  wird  oder  werden  soll;  wenn  end- 
lich der  Accus.  Casus  des  Objects  ist,  so  sieht  man  nicht 
ein,  was  die  anderen  Casus  sein  sollen,  da  sie  vom  Ob- 
ject  ausgeschlossen  werden.  §.  Kiö  wären  die  Bedeu- 
tungen von  juvo,  deficio,  welche  die  Einsicht  in  die  Con- 
struction  erleichtern,  in  die-  Regel  aufzunehmen  gewesen; 
^.  164  durfte  ein  Verzeichiiiss  der  am  meisten  lorkom- 
menden  Verba ,  die  durch  Verbindung  mit  Präpos.  tran- 
sitiv werden,  nicht  fehlen.  ^.  l(i9  ist  nicht  richtig,  dass 
bei  dicere ,  vocare  etc.  das  Pradicat  des  Objects  im  Ac- 
cusativ  stehe,  da  das  seinsollende  Pradicat,  wie  schon 
das  deutsche  zu  anzeigt,  die  Wirkung  der  Thätigkeit 
enthält.  1^.  170,  wo  von  dem  sogenannten  griechischen 
Accus,  die  Rede  ist,  sollte   nicht   von  §.   172.  A.  2^    "" 

erklären.  Aber  schon  in  den  wenigen  Bemcrkunge»  ,  die 
et  mitzutheilen  für  gut  befunden  hat,  ist  er  sic'i  nicht 
treu  geblieben.  Noch  möge  ein  Beispiel  der  E.v'gcse  des 
Hrn.  P.  erwähnt  werden.  Rec.  hatte  gesagt,  s.:llen  werde 
ein  Pradicat,  das  eigentlich  auf  eine  Statue  eines  Gottes 
zn  beziehen  war,  auf  diesen  (in  Hinsicht  <"^s  Genus)  be- 
zogen und  C.  Verr.  4,  .33,  73  angeführt;  -'her  diese  Stelle 
äussert  Hr.  P.  :  nam  propter  eximiap  pulcbiitudinem 
(des  Kunstwerks)  etiam  hostibus  dign.-»  (nämlich  die  Göt- 
tin und  ihr  Cultus  ,  was  weit  mehr  sagen  will  und  soll, 
als  ein  einziges  Rild)  quam  etc.  ^'laltc  Hr.  P.  5.  48  ge- 
lesen illo  tempore  -  haec  ipsa  Diena  (also  doch  das  Stand- 
bild der  D.),  de  qua  dicimus,  redditur-,  haec  erat  po- 
sita- colebatur  (dieses  Bild):  erat  admodum  amplum  et 
excelsum  si>;«(/m  cum  stola  s.igiltae  pendebant  etc.  überall 
das  Standbild  der  D. ,  n=eht  die  Göttin  und  ihr  Cultus, 
so  hätte  er  seine  Eikläong  für  sieh  behalten.  Wäre  Hr. 
P.  nicht  überall  mit  dieser  Leichtfertigkeit  verfahren,  die 
er  Anderen  Schuld  gibt,  so  hätte  er  auch  die  Sielle  Liv. 
37  55  nachgescl^agcn,  um  zu  sehen,  warum  sie  angeführt 
sei  nicht  geg'aubt,  die  Unlerabtheilungen  §.  160  seien 
unnütz  ode"  die  Anm.  sage  dasselbe  wie  die  Regel,  da 
jeder,  der  .-licht  blind  ist,  die  Abweichung  von  derselben 
in  den  angeführten  Beispielen  erliennen  muss;  nicht  uns 
getadeP,  dass  wir  lebhafte  und  aufgeregte  D.irstellung 
scheiaen,  und  selbst  rasche,  sinnliche  (?),  lebendige  Rede 
unterschieden  u.  s,  w. 


511 


sia 


«lor  alisolutc   Accus,    wie    uiagnam    partem    e<c.   belianilolt 
«ird,   getreiiut  sein.      Mit  Unrecht    wird   bei   allen   Präpo- 
sitionen, die  dm   Accus,   regieren,    g.    17>{    das  Vorherr- 
schen   des   Begrills    der    Richtung    anj^enommen ,     welcher 
bei  mehreren   wie  apnd,  ante,    pone    u.  a.   nicht  statthat. 
Bei  der  Behandlung    des  Dativs    vermisst  man   ungern 
die    |)asseiulc    Eintheiluiig    in    den   Dati»    der   Person     und 
des  Zwecks    oder    der  Sache.      Die    Definition    des  Casus 
ist  zu   unbestininif,   »enn  es  §.    175   heisst:    „der  Dat.  ist 
der  Casus  für  den  Gegenstand,  zu  welchem  das  Prädicat 
iu  irgend  einer  Beziehung  steht,  dem  es  gilt,  für  welchen 
es   bestimmt   \<t ,    dem  es  gehurt."     Denn  tlieils    ist  nicht 
uothwentli"',    dass    immer    der  Datir    zn    einem    Prädicate 
geliöre  ,    z.   ß.   nocere   hosti ,    da  es  sicli   nur  von  Thätig- 
kciteii   upd  Zustanden  handelt,    theils  ist  der  Begriff  Be- 
ziehung zu   weit,    da  alle  Casus  eine  Beziehung  des   Ge- 
genstandes  zur  Thätigkeit  anzeigen.      Warum    nicht  beim 
Dativ  ebenso,   wie   es   beim   Ablativ  geschehen  ist,  die  der 
Bcileutung    nach    zusammengehörenden     'J^erba     und     Ad- 
jectiva,    indem    diese,    nicht    die    Worte    als    Redetheile, 
dir   Form    des  Objects    bestimmen,    vereinigt    sind  ,    sieht 
mm    nicht    ein,    besonders    da  es  beim  Dativ    schwer  ist, 
alle   einzelnen  M'orfe    anzuführen,     die  diesen  Casus  for- 
dern,   während    sie    sich    leicht    auf   wenige  Begriffe   zu- 
rückführen   lassen.      Die    mit   Präpositionen    zusammenge- 
setzten   \'erba ,    welche    auch    den    Dativ    haben,    sollten 
§.    I  /.S   genauer   behandelt  sein,  namentlich  fehlt  die  An- 
deutung  ganz,    dass    auch  der    blosse   Acciisativ   oft  stehe, 
der    nicht    immer    nach    §.     164    aufgefasst   werden   kann. 
L'eberhaupt    hätten    alle   Anmerkungen    des    erwähnten   §. 
besser   in   der   Lehre    vom   Aecusativ    eine    Stelle   gefunden. 
Inklar  ist  §.    179  Anm.:     „Der  Dativ  bei  Passivis  steht 
nie   geradezu    für  a    mit    dem  Abi. ,     sondern    drückt    das 
■Sei«   a7i   einem   Subjecte   oder    in  liezie/iung    auf  dasselbe 
«US,"     denn     beiile   Begriffe    sind    zu     weit    und   der   erste 
is<    nii  ht  einmal  als  dem   Dativ    zukommend   früher  ange- 
gel.en  ;  der  Dativ  giebt  vielmehr,   wie  auch   die  Beispiele 
lehr«u,  die   Person  an,  für  die   etwas  geschieht,  oder  ge- 
scheh>n    ist.      Auch    sollte    bemerkt   sein,     dass    bei    den 
'i'erbalt.rmen,    die    eine    vollendete   Thätigkeit    anzeigen, 
diese  Auirlrucksweise  selbst  bei   den  besten  Schriftstellern 
nicht    so     :elten     ist.     Derselbe    allgemeine  Begriff,     das 
■Sein  ««   eiiit>-  Person   wird   esse   mit  dem  Dativ  zu  Grunde 
gelegt,    da    es  sich    nur    um    ein    Sein  für    eine    Person 
handelt,   und   all.    angeführte   Beispiele    sich   auf  das   be- 
ziehen,  was  als  Zjsatz   gegeben   wird:    „auch   das  Eigen- 
thum ,     den    Besitz   umzeichnet   esse."      Zu    unbestimmt   ist 
§.    I-SJ:   „der   Dat.  sitht  ferner     bei   Adjectiven,     um  die 
Leziehung    des    PrSdicati    auf   einen    zweiten    Gegenstand 
auszudrücken,  '    denn  die«,   wird  ja  auch   durch   die   den 
Genitiv    regierenden     AdjectVa     angegeben.       Die     Lehre 
vom   Genitiv   würde    an    Klarhe.t    gewonnen    haben ,    wenn 
der    Verf.   von   der    allgemeinen    Eedentung   desselben   aus- 
gegangen  wäre,    dass   er   eine   Ergänzung   zu    einem   ande- 
ren  Begriffe    entweder    dem    eines    Gegenstandes ,     wo   er 
dem   Adjectiv    parallel  geht,     oder    dem   einer    Thätigkeit 
enthalte,     was    nur    beiläufig    §.    IBS    bemerkt    ist;     und 
dinii,    da    auch    der    Acrusativ    bei   Transitiven    und    der 
Dativ    z.   B.   bei    allen     Worten,    die    den    Begriff    nützen 
oder  schaden  enthalten,  ergänzend  stehen,  indem  dieselben 


ohne  eine  solche  Ergänzung  nichi  können  gedacht  wer- 
den, die  besondere  Art,  wie  der  Genitir  dieses  Verhält- 
niss  darstelle,  angegeben  hätte.  Der  Begriff  des  Genitivs 
wird  JJ.  l8i  folgendermassen  bestimmt;  ,,Der  Genitiv 
bezeichnet  ursprünglich  das  Ausgehen  eines  Gegenstandes 
von  einem  anderen^  insofern  er  diesem  angehört,  oder 
von  ihm  abhängt."  Aber  der  Gen.  bezeichnet  nicht  selbst 
das  Ausgehen,  sondern  im  Genitiv  steht  der  Gegenstand, 
von  dem  ein  anderer  ausgeht ;  ferner  ist  nur  das  Ver- 
hältniss  von  zwei  Gegenständen  beachtet,  da  ja  auch 
Thatigkeiten  von  einem  Gegenstande  ausgehen  können, 
wie  der  Verf.  selbst  später  lehrt;  endlich  dürften  sich 
die  Verhältnisse  des  Angehörens  und  Abhängens  in  »ve- 
nigen Fällen  nachweissen  lassen.  Denn  wenn  Ur.  B. 
auch  §.  I8S  A.  1  den  Genitiv  bei  Adjectiven  so  erklärt, 
er  bezeichne  das  Ausgehen  von  einer  Sache  und  Ver- 
bundensein mit  derselben,  so  möchte  man  fragen,  wie 
dieses  bei  denen,  die  eine  Begierde,  eine  Leere  u.  s.  w. 
bazeichnm,  statthabe;  dasselbe  gilt  von  den  Verben,  die 
Gemüthsthätigkeiten  und  gerichtliche  Handlungen  aus- 
drücken. Uebrigens  würde  die  Definition  klarer  sein, 
wenn  sie  umgekehrt  würde.  Mit  Unrecht  ist  der  Ge- 
nitiv der  Ursache  und  Veranlassung  von  dem  des  Urhe- 
bers ,  zu  dem  er  sich  wie  Sache  zur  Person  verhält, 
getrennt  und  unter  den  des  Besitzers  gestellt.  Zu  dem- 
selben gehörte  auch  der  Genitiv  bei  causa  ,  gratia,  den 
der  Verf.  selbst  als  das  darstellt,  was  die  Veranlassung 
giebt.  Auffallend  ist,  dass  der  Genitiv,  der  eine  Erklä- 
rung, ein  iMerkmal  augiebt,  aus  dem  des  Stoffes,  mit 
dem  er  in  keiner  Verbindung  steht,  hergeleitet  wird; 
auch  der  Ausdruck  arbor  firi  gehört  nicht  zum  Genitiv 
des  Stoffes,  sondern  zu  den  §.  186,  b  behandelten  Aus- 
deucksweisen.  §.  194  wird  nicht  mit  Recht  refert  iu 
der  Constrnction  interest  ganz  gleichgestellt,  da  bekannt- 
lich bei  jenem  der  Genitiv  zu  den  Seltenheiten  gehört. 
Ebenso  wäre  beim  Genitiv  §.  192  und  noch  mehr  beim 
Ablativ  g.  209  der  Unterschied  zwischen  Werth  und 
Preis  bestimmter  hervorzuheben  gewesen.  Uebrigens  ist 
die  Behandlung  des  Ablativs  ganz  besonders  gelungen, 
indem  theils  die  Bedeutung  des  AVo  und  Woher  be- 
stimmt geschieden  ,  bei  der  ersteren  selbst  die  Präposi- 
tionen an  dem  ihnen  gehörenden  Platze  behandelt,  was 
sonst  nicht  geschehen  ist,  und  die  der  Bedeutung  nach 
zusammengehörenden  Worte  überall  ohne  Rücksicht  auf 
die  Form,  die  sie  als  Redetheil  haben,  vereinigt  sind. 
Zu  loben  ist,  dass  Ilr.  B.  den  Muth  gehabt  hat,  die 
Städtenamen  auf  die  Frage  AVo  unter  dem  Ablat.  zu 
behandeln.  Doch  möchten  wir  in  den  Ausdrücken  doini 
meae  u.  a.  nicht  gerade  einen  Bevveis  dafür  finden,  das» 
lue  Römer  sich  diese  Formen  geradezu  als  Genitiv  ge- 
dacht haben ,  da  in  Romae  und  meae ,  alieuae  ae  aus 
dem  localen  a-i  entstanden  sein  kann.  Ebensowenig  ist 
abzusehen,  worauf  sich  die  Bemerkung  §.  202  Anm.  l 
stützt,  dass  die  Stadteuamen  der  ersten  und  zweiten  Dc- 
clinatinn  nur  sehr  selten;  die  der  dritten  und  die  plura- 
lia  tantum  öfter  die  Präpnsitionen  ab  und  ex  bei  sich 
haben;  dass  ab  nicht  so  selten  sei,  geht  aus  den  Stellen 
bei  Hand  Tursellinus  1,  10,  die  leicht  vermehrt  werden 
könnten,  hervor;  mit  ex  hat  es  eine  andere  Bewandtniss, 
8.   Hand   2,  616.  (Beschluss  folgt.) 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft 


Freitair,  31-  ßlai 


18  39. 


Nr.  65. 


Lateinisclic  Sclinlgrammafik  ron  L.  Bischqff,  Professor 
und  Gymiiasialdirector. 

(Beschlnss.) 

Aiclit  genau  ist  §.  203  Anmerkung,  dass  Lei 
den  Ablaiivcn  des  I}e(VF>;griindes ,  wie  amore,  odio  etc. 
gute  Schriftsfellcr  immer  ein  partieipium  passivi  setzen, 
B.  Klotz  zu  Cic.  Lacliiis  p.  I/O-  Kreyssig  zu  Liv.  33, 
10  p.  21.  Dass  die  Präpositionen  ex,  a  hinzugefügt 
■werden  können,  hiitte  ebenfalls  erHähnt  iverden  sollen; 
besonders  da  die  Behandlung  dieser  Präpos.  §.  2l0solrhc 
und  cilinliche  Falle  «eniger  berücksichtigt.  —  Undeutlich 
ist  g.  211,  «Icr  ^'ocativ  stehe,  »renn  man  die  zweite  Per- 
son, mit  der  man  spreche,  besonders  nenne,  oder  durch 
ein   Prüdicat ,  welches  sie  näher  bezeichne,  anrede. 

Die  Lehre  von  dem  Adjectiv  §.  212  ff.  behandelt 
nicht  diese,  sondern  nur  den  Comparafiv  und  Superlativ, 
und  stellt  die  Vcrgleichungssatze  mit  quam  n.  a.  dar, 
die  eigentlich  in  die  Lehre  von  den  Nebensätzen  gehö- 
ren. Dass  der  Abschnitt  von  den  Pronomen  zu  wenig 
bietet,  wurde  schon  oben  bemerkt,  sowie  auch,  dass  von 
der  Lehre  vom  Modus  an,  mit  wenigen  Umänderungen, 
die  zum  grossen  Theil  zu  billigen  sind,  ivährend  man 
die  Gründe  ron  einigen,  z.  B.  die  Voranstellung  des  Im- 
perativs vor  den  Conjunctiv,  die  Losreissung  der  ablatiti 
absoluti  vom  Ablativ  nicht  erkennt,  Hr.  B.  einen  für  die 
Schüler  sehr  zweckmässigen  Auszug  aus  Billrotlis  Gram- 
matik geliefert  hat. 

Wir  sind  übrigens  weit  entfernt,  dem  Hr.  Verf.  dar- 
aus einen  Vorivurf  zu  machen,  sondern  billigen  dieses 
%'^erfahren  um  so  mehr,  je  mehr  ^'orzüge  die  Billroth - 
sehe  Grammatik  gerade  in  diesem  Theilo  der  Syntax 
bat,  die  nur  darum  dem  Schüler  der  mittleren  Classen 
weniger  zugänglich  sind,  weil  die  Gestaltung  der  Regelu 
einer  leichten  Aud'assung  derselben  im  Wege  steht.  .So 
hoch  man  auch  die  Zumpt'sche  Grammatik  stellt,  und  so 
dankbar  man  die  durch  dieselbe  vorzüglich  veranlasste 
Umgestaltung  der  lat.  Grammatik  und  die  vielen  treu- 
lichen Bemerkungen,  die  sie  darbietet,  anerkennt,  so  muss 
man  doch  gestehen,  ilass  sie  ihren  Zneck  als  Schulbuch 
nicht  ganz  erroiilit  hat,  wenn  das  wahr  ist,  was  selbst 
ihre  grüsstcn  Lobpreisser  behaupten,  dass  jetzt,  nachdem 
dieselbe  gegen  zwanzig  Jahre  in  einer  grossen  Menge 
von  Gymnasien  eingeführt  ist,  „die  Kunst  des  Latein- 
Echreibens,    allem    Anscheine    nach,    ihrem    Ende    nahe 


ist"  *),  zu  der  doch  im  Gymnasium  durch  das  Studium 
der  Grammatik  und  die  Leetüre  der  Schriftsteller  der 
Grand  gelegt  werden  muss. 


*)  Hr.  PaKlamiis  apriclit  diese  traurige  Prophezeiung  in  der 
schon  oben  ei\v:ilinlen  Rccens.  aus,  unmittelbar  nacli  den 
grossteu  l>n!)spniclicn  Znmpts.  Wir  hoffen,  Hr.  P.  habe 
sich  in  ilicsci  Bcliauptun!;  ebenso  geirrt,  wie  in  manchen 
anderen  der  gc Jachten  Recens. ,  deren  wir  einige  anzu- 
fiihien  uns  cilauhen.  So  ist  es  ihm  sehr  missfällig,  dass 
•Rec.  von  seiner  Gramnialik  sage,  sie  solle  in  den  Geist 
der  lat.  Spiache  einführen,  denn  eine  Scliulgrammatik 
könne  iniil  solle  den  Geist  der  Sprache  nicht  lehren.  Ist 
denn  beides  gh-ich?  soll  durch  das  Einführen  nicht  die 
Vorbereitung  verstanden  werden,  durch  welche  der  Schü- 
ler fabig  wii'j,  den  Geist  aufzufassen?  Hr.  P.  gibt  ja  selbst 
zu,  dass  ihn  derselbe  ahnen,  in  Einzclnhcitcn  ergreifen 
könne,  und  verlangt  fogar,  die  Grammatik  solle  ein  treues 
Abbild  des  Geistes  der  Sprache  werden.  —  In  der  Laut- 
lehre, die  er  ganz  ßiichtig  durchgeseben  zu  haben  ge- 
steht, sind  ihm  mancherlei  Wunderbarkeiten  (?)  aulge- 
stossen,  was  nicht  zu  verwundern  ist.  So  wird  getadelt, 
dass  T  und  e  das  griech.  j;  (das  meint  wohl  nur  Hr.  P. , 
Rec.  spricht  von  h)  ersetze,  imd  c  auch  vor  Consonnntcn 
stehe;  die  Regel  soll  nach  Buttmann  umgestaltet  werden, 
aber  dieser  sagt  fast  dasselbe,  und  führt  Polyclctus  als 
Ansnahnie  an  ;  nach  Zunipt  zu  d.  Verr.  p.  656  sollen  die 
Stellen  angegeben  werden,  wo  sich  die  Variante  Polycli- 
tus  finde;  dieser  führt  einige,  aber  solche  an,  wo  i  sicher 
steht,  das  er  als  das  regelmässige  vorzieht.  Diesem  fol- 
gend bat  eben  Rec.  Polyclilus  als  die  gewidinlichere  Form 
aufgestellt,  an  der  angeführten  steht  Polydetus  ohne  V.a- 
■  riante  und  auf  iliese  gestützt  konnte  er  nicht  taugnen, 
dass  e  auch  vor  Consonanten  stehe,  was  Hr.  P.  auffallend 
findet,  und  doch  Polyclelns  als  das  genohnlicbcie  anzu- 
nehmen scheint.  Hr.  P.  bedauert  die  Knaben,  dass  sie  neben 
dcrEegcl,  i  mache  oft  einen,  meist  durch  eine  liquida  ge- 
trennten folgenden  Vocal  sich  gleich,  ihr  caput,  capitis 
mit  der  alten  Mühe  sich  einprägen  sollen.  Wir  dachten, 
sie  sehen  doch  einen  Grund  der  Erscheinung,  und  ihre 
Mühe  würde  dadurcli  erleichtert.  Ueber  die  Regel  selbst 
sehe  Hr.  P.  Freund  u.  assimulo  und  p.  LII  nach.  In 
welcher  Verbindung  obstupesco  und  obstipui  stehen,  setzt 
Pott.  Etym.  Forsch.  I  ,  193  auseinander.  Von  Ritschl's 
treffl".  Bemerk,  über  altcrius  glaubte  Rec.  an  dieser  Stelle 
nur  das  Resultat  aufnehmen  zu  müssen,  da  die  Sache  §  95 
erklärt  werden  musste ,  was  Hr.  P.  bei  seiner  flüchtigen 
Ansicht  nicht  bemerkt  bat.  Zu  den  Leichlferliskeiten  wird 
die  Aeusserung  gerechnet,  -dass  Hör.  Sat.  2,  2,  28:  cocto 
num  adest  vielleicht  aus  Lucilius  entlehnt  sei  ;  wir  ertra- 
gen diesen  Vorwurf  leicht,  da  er  Schneider  (und  Billroth) 
?n  gleichem  Maassc  trifft,  dem  Jahn  und  Oielli  bcizuslim- 


515 


516 


Zu  liptlauern  ist,    dass    das  Acnssere    «Icr  Gramiiiafik.  cnlsilnildlgl,  der  aber  bei  dem  früheren  Unterricht  nicht 

von   Hrn.  B.,   die   noch   drei  Anhange   iilier  Kalender,  Ah-  ohne   Bedentiing  ist;  namentlich  ist  uns  auch  aufgefallen 

hrcviaturen   und   die  Elemente  der   Mefnk ,     die    liir    den  dass    in    der    Syntax    die     Anmerkuilgcn    vom    Texte    sich 

oben  bezeichneten  Zupck  zu    « eifh'iuftijj    beliandelt    sind,  kaum   im  Drucke   unterscheiden, 

enthält,  wenig  Einladendes   hat,   indem  Papier   und  Druck  Eisenach. 
nicht  gleich  sind,     ein   L'cbelstand ,     den    zwar   der  >'erf. 


Weisseuborn. 


mcn  scheinen,  und  wenlen  ilin  so  lange  tragen,   bis  Hr.  P. 
di^  Art  ,    wie    Horai    gelililircnd    zu    lesen   sei ,    der  Welt 
wird  niltgctlicilt  haben.      Dass  Hr.   P.  den   Uebergang  von 
aiiclor  in  aiitor  durch  die   VerniillcKing  von    aiillor  nicht 
begreifen  kann,    ist   niclil  zu  bewiuulern,    da    ilini  selbst 
Marspiler    eine    unpassende  Korra  zu  sein  scheint:   man   s. 
Varro  de  I.   1.  8,   §.   49  n.  d.   Müller;   Gellius  5,    12;   iiber 
die  Erklärung  von  Juppilcr  und  Jcipiler  Schmidt  in  Jaliu's 
Jahrb.  XII    u.  p.  342    Polt.  I,   tOO.     Ucber  die  Form  des 
Genitivs  ii  von   ins ,    inm  werden  wir  an  zwei  sich  wider- 
sprechende   Gi^wahrsmänner    gewiesen,     Sverdsioeus    und 
Freund,   vun  denen   jener  p.  4  sagt:  Lucilius  soliitani  t'or- 
inain   denuo   in  usum   revocasse  yidelnr ,    quod  a  Varronc 
factum  esse ,  extra  otuneni  dubitationcm  posituni  est.    Ne- 
ifuai|iiam    vero    haec    duumvirornm    sententia    —    etficere 
poluit.   ut  inveterat.i  loqucndi  et  scribendi  ratio  illico  re- 
nioveretur  elc.  —  Dieser  p.  G:    omnibus  bis  de  cansis  — 
nomin'im  in  ins  et  inm  desiuentium  genitivinu  ab  optimis 
omniuin    actalum    scriptoiibiis    modo    duplici    i    —    modo 
una  tantuni  i   finali  niilla  aeqttabilitalc  observata  declina- 
lum  esse  orbilror,   s.   auch  (Grotefend)  Hall.   Literaturztg. 
1834,    p.  597  IT.      Die    Hypothese    von    Sverdsioeus,    dass 
Lucilius  das  doppelte  i  wieder  einzutiihren  gesucht  habe, 
ist  für  Hrn.   P.  ausgemachte  Walirhcit.     Die  Akrisic,   dass 
Cie.  Verr.   I,    55  opere  facitindo  geschrieben  stellt,    wird 
Zunjpt  verantworten,   der  als  sorglaUigcr  Kritiker  au  opere 
nur  zwell'clt ,    uud   es    konnte    leicht  ex   aus  le.v  entweder 
wiedorliolt  »erden  oder  cnisteben,  wegen  opere;   die  Korm 
pernici  C.  S.  Rose.   §.   131   wird  Klotz  ,  der  sie  aulgcnom- 
men    bat,    wenn    sie    auch    Hrn.    Paldamus    unerhört  ist, 
zu  vertheidigen  wissen  ,   s.   auch   tiücliner  z.  d.  St.     Wenn 
Hr.   P.  sichere   Slelh'n    für    absque   in   der  classisclicn   /^cit 
kennt,    warum    führt    er    sie    nicht    an,    um    nicht  allein 
mich ,    sondern    auch  Hand    und   Trcund  u.  d.   W.  zu   wi- 
derligen  ?  —    Wenn   Hr.   P.  das  Wort  Wissenschaft  in  con- 
creter   Gedeutung  .sich  nicht  denken  kann,   so  lerne  er  es 
von   Roth  F,\curs    V.   zu  Tacilus   Agricola  p     118,   der  sich 
auch  höchücli  eigotzen   wiril ,    wenn   Hr.    F.  seine   scharf. 
sinnige   Erklaiung    von  libcralitas  u.   a.   für  gaiizlic:h    anti- 
quirlc  und  an   MInellius  erinnernde  Exegese  hält.      Ueler 
liheri   ist  bemerkt,  es  stehe  oft  für  ein  Kind,   Hr.  P.   fugt 
hinzu-   «bisher  meinte  man,    in   der  Regel,    wo  nicht   iin- 
niern  ;   also  niemals  Kinder?  das   hat  wolil  Hr.  P.   gcuieint, 
Sclineider    |>.  2,  214.    ist    ganz    anderer    Meinung.      Uebcr 
imnio  heisst  es   bei  uns:  setzt  der  Antwortende  der  Frage 
alTirmirend    einen    Gedanken    entgegen  ,    um    die    .\iisiclit 
des  Fragenden  zu   widerlegen  ,   zu  verbessern  ,   oder  etwas 
Fedcutenderes    zu    behaupten  ,    so    braucht    er  iiumo  :    im 
Gegeniheil,    vie,lnielir,     ja,     nein.      Hr.    P.    setzt    hinzu: 
»Iland's  Tursellinus- —    halle    ihn  vor  so  antiquiilcn  Er- 
klärungen  bewahren    können.«      Was    sagt    nun    lla:id    u. 
inimo?   Es  heisst  dort:    luuno-propric  significat  co;ir/Yi;  iimi 
parti  superiori.    —    Qiiarc  c.xplicemus    verbo  ,  untgeke/u  t, 
hockst  conversa  altera  parle,    rjuac    non    est    in    aperto. 
Hoc   transfertur    in    varium    usum    unius  rationis,    qua  in 
locum  sententiae    ab    altcro    proposilac    aliaui  seutcnliam, 
quae  rem  accuralius  defiiiiat,    aut  gravius   opponal,     aut 
contrariura  affirmet,    reeclis    prioribus  siibslitiiimus.     Ita 
fit.    ut  p.irticula   modo    sijnificet    e  contravio  im  Get^en- 
iheit ,    niodö   tjnin    pntius .    vielmehr.     Was    also  hei   mir 
antl-qiiirl    ist,    ist    bei    Hand    neu?     So    fast   alle    Bemer- 
kungen. 


Griechische  tintJ  Römische  Inschriften. 

117. 

Ebendaselbst.     Frascati. 


M.  PONTIO.  M.  F 

QVIR.  FELICI 

SENATOar.  AEDI 

fllVMC  SODAL 

ITEMQ  AEDIL 

ET  CVRATSODAL 

MVMCIPES  ET 

lACOL.  EX.  A.  C. 

OB  I^^OC  ET  AD 

SIDVIT.    CETERASQ 

ADMIM.STR.  EIVS 

POSIT.   Villi  KIVM  .  . 

M.  AXTOMO.  RVFINO. 

S.  OCTAVIO  LENATe 

CONS     . 


M.  Pontio  Marci  f.  Quirina  Felici  senalori ,  itedili 
municipii  sodalium  itemque  aedili  et  curatori  sodalium 
municipes  et  incolae  ex  agro  .  .  .  oh  innocentiam  et  ad- 
sidtiitdtem  celernsque  administratioiies  eius  posuit  Villi 
Kai.  lunias  M.  Antonio  Riifino  S.   Octavio  Lenale  co/is. 

Nach  der  Consulaiangahc  fallt  die  Inschrift  in  das 
christliche  .lahr  131,  wobei  im  ßulletino  zugleich  die 
Siglc  CON.S  als  bemerkenswerth  insofern  hervorgehoben 
wird,  als  sich  dieselbe  nach  der  gewöhnlichen  Annahme 
nicht  vor  dem  Jahr  '2fy2  zu  finden  pflege.  Das  Muni- 
pipinm  selb.st  wird  nicht  ausdrücklich  genannt ;  es  liesse 
sich  aber  erralhcn  ,  wenn  die  AVortc  EX.  A.  C,  voraus- 
gesetzt, dass  die  versuchte  Erklärungsweise  die  richtige 
ist,  ihren  Interpreten  finden.  Die  Phrase  incolae  e.v 
agro  vermag  ich  auch  nicht  mit  einem  Beispiele  zu 
nntersti'ifzen ,  obwohl  municipes  und  incolae  sich  öfters 
nebeneinander  finden,  in  einer  Bedeutung,  worüber  For- 
oellini  u.  incolae  zu  vergleichen  ist.  Ebenso  wenig  be- 
friedigt mich  die  einstweilen  gegebene  Erklärung  der 
"Worte  hinler  .SENATORI.  Die  Schreibart  POSIT  findet 
sich  auch  sonst  noch.  Uebrigens  diente  iliese  Basis  sicher 
dem  darauf  belindlichco  Standbild  des  Pontius  Felix  zur 
Grundlage. 

118. 

Ebendaselbst    S.    17;'».     Grosse    Marmorbase    im    Jahr 
1834  z"   Aquija  sammt    der  Slatuo    des  Sallius  gefunden. 


517 


518 


C.  SALLIO  C  F 
QVIR  PROCVLO 

SPLENDIDISSIIMO  VIRO 
PATROi>0  AVEIATIVM 
VESTINORVM  SACERDOTI  ET 
PONTIFICr  LANIVIjNO  IMMV 
NI  ITERViM  Q  Q  SVAIMO 
MAGISTRO  SEPTA  QVIS   SPLEN 

auf  der  anderen  Seite 
T.  CAESIVS.  C.  F. 

Dieser  Sallius  ist  nur  aus  noch  zwei  anderen  Denk- 
steinen veriiandtcn  Inhalts,  die  ihm  zu  Ehren  errichtet 
worden,  bekannt,  nach  Anderen  bei  Orelli  Coli,  inscr. 
106  und  3794  zuletzt  edirt,  was  auch  im  Bnlletino  an- 
gemerkt wird.  Diese  drei  Denkniäler  unterstützen  sicii 
in  der  Erkl.lrunj^  « ochselseitig  und  geben  Veranlassung 
zn  ausführlichen  Erörterungen  interessanter,  soivohl  anti- 
quarischer als  geographischer  Gegenstände.  Lassen  wir 
diese  jetzt  auf  sicIi  beruhen  und  setzen  wir  wenigstens 
zur  leichteren  Uebersicht  den  Text  der  Inschrift  her, 
wie  er  sich  znm  Theil  mit  Hülfe  der  beiden  anderen 
Monumente   ergiebt. 

C.  Sallio  Caii  f.  Quirina  Proculo ,  splendidissimo 
viro ,  patrono  Aveiatium  Vestinorum ,  sacerdoti  et  pon- 
tifici  Lanuvinorum  immuni ,  iterum  quinquennali,  Hummo 
magistro  septaquis  spien  .... 

Hierzu  nur  die  ISemerkuug  ,  dasg  zur  Erörterung  des 
geographischen  Theils  ,  namentlich  in  Bezug  auf  die 
Aveiaten  sich  Vorarbeiten  finden  in  Giovenazzi  Diss. 
della  cittä  di  Aveia  ne'  Vestini.  Roma  1773.  4.  In 
spraclilirher  Hinsiclit  dürfte  septaquis ,  welches  sich  bei 
gleiclieni  übrigen  Coiitraste  auch  in  den  beiden  anderen 
Inschriften  findet,  vorzügliche  Eru.'ihnung  insofern  ver- 
dienen, als  diese  Adverbialform,  die  ich  nur  durch  in- 
TC'./.i:  zu  erklaren  und  zu  rechtfertigen  vermag ,  in  ihrer 
Art  einzig  ilasteht  »ind  vielleicht  als  Provincialisraus  zu 
betrachten  ist.  —  Der  genannte  Caesins,  ist  wohl  für 
denjenigen  zu  halten ,  welcher  den  Denkstein  errich- 
ten  Hess. 

liP. 

Ebendaselbst.  Zugleich  mit  dem  vorhergehenden  Steine 
gefunden. 

Q.  LESIVS.  Q.  L 
Ht'.RMAISCVS 
lilviR.  AVG. 
PAEAVLA3I  COLVMN 
POMÜERA  D  S 

Dass  VIVIR  zu  lesen  sei,  wird  im  Bnlletino  be- 
merkt: n/imlirh  Jiigustalis.  In  dieser  Eigenschaft  halte 
der  freigelassene  Lesius  Ilerniaiscus  die  weiter  genannten 
Gegenstande  ans  eigenen  Mitteln,  de  Suo ,  wie  die  Sigle 
DS  zu  fassen  ist,  hergestellt,  näinUch  paenulam,  colwn- 
nam  (oder  culumnas)  pondera.  Znm  Versfandniss  dieser 
Worte,  gehurt  eine  Inschrift  bei  Orelli  Coli.  .i2o4 ,  wo 
die  Errichtung  eines  tectum  porticus  cum  suis  columnis 
et  paenul.  duaiiis  et  opere  tecto  erwähnt  wini ,  und  wo 
die  über  die  paenula,  eine  .Art  von  üeberdackung,  gege- 


benen Nach«  eisnngcn  zu  vergleichen  sind.  Ein  Bauwerk 
Mhnlirher  Art  ist  gewiss  auch  hier  zu  verstehen,  nur 
dass  aus  3Iangel  bestimmter  Nachrichten  die  dabei  er- 
wähnten pondera  dunkel  bleiben,  obwohl  es  einleuchtend 
ist,  dass  darunter  eine  Art  architektonischer,  hcrabh^in- 
gcnder  Verzierungen  zu  vorstehen  sein  wird. 

120. 
Ebendaselbst.     Zu  Rom,  Villa  Aldnbrandini. 


Zivei  1  Ogel. 
Eine  Frau  auf  einem  Bett, 
eilten  Mohnstengel  in  der  Uatid. 
Zu  iliren  Füssen  ein  Hund. 

D.      M.      S. 

SVCCESSVS.  PVB  ' 

VALERIAINVS.  A. 

SACRARIO  ANM 

AB.  FORTVNATAE. 

COiMVGl.  SVAE.  CARIS 

SIM.IE.  B.   M.  F. 

VIXIT.  ANNIS.  XXX 


121. 
Ebendaselbst    S.   15S.      Zu   Rom,    Villa   Aldobrandini, 

D.     M.     S. 
SVCCESSVS.  PVBL. 
VALliRIANVS  AEDE 
A  SACRARIO  DIVI  AVG 
FECIT  SIBI  SE  YIVO  BB 

In  Relief  dabei  ein  Mann  in  einer  Tunica,  neben 
ihm  ein  Hund  ,  auf  der  anderen  Seite  eine  fressende 
Henne  mit  ihren  Jnngen.  — -  Wie  die  Schlnsssigle  BB, 
welche  in  fast  gleichem  Context  auch  sirli  bei  Orelli 
]Vro.  2201  findet,  zu  erklären  sei  ,  wage  ich  nm  so  we- 
niger zu  sagen,  als  man  sich  über  ilire  Deutung  selbst 
noch  nicht  vereinigt  hat.    Vgl.  Orelli  Coli.  T.  II,  S.  4.^4- 

12:. 

Ebendaselbst.     Zu   Rom,  Villa  Aldobrandini. 


Kranz. 

D.  M.  SACR. 

ECHIONI.   HATE 

PVB.  SOD'.  AVG. 

A  .  .S.V'CRIS.  B.  M. 

SVCCES.SVS.   VA' 

PVB.   A'  SACRA' 

DH  1.  AVG.  PATRO. 

ET.  FORTVNATA 

LIB'.  FECE'.  QVI.  VIXIT 

AN.  LXXV.  S.  CRI.  VL 


Dis  manilius  aacrum.  Echioni  Hateriano  Publitin 
sodali  Auguslali  a  sacris  hene  merenti  Successus  Vale- 
rianus  Publilia  a  sacrario   divi  Au^usti  patrono  et  For- 


519 


520 


tunata   Uberta   fecerunt;    qui    vix-il  annis  LXXF,    sin« 
erimiHe  uUo. 

Es  ist  augenscheinlich ,  dass  iler  liier  genannte  Suc- 
ccssQS  mit  ilem  anf  den  leiden  vorhergehenden  Inschriftea 
erwähnten  gleichnamigen  3Ianno  eine  und  dieselbe  Per- 
son sei,  sowie  auch  der  «eifere  Inhalt  dieser  drei  Mo- 
lUinientc  sich  oll'eiiliar  auf  A'erhaKnisse  derselben  Familie 
bezieht.  AamenÜich  gilt  dieses  von  der  crHähnten  Gat- 
tin des  Successus,  Fortunata.  Wenn  Successus  a  sacra- 
rio  dii'i  Augusti  genannt  wird ,  so  erfahren  wir  ausser- 
dem noch  aus  Nro.  121,  dass  er  aedituus  gewesen:  denn 
richtig  wird  wohl  schon  im  Uulletiiio  AEDE  auf  atde- 
tuus  gedeutet.  Wie  hier  aedituus  a  sacrario  verbunden 
■»lird,  so  ähnlich  «erfiVMUS  ab  Concoidia.  —  Die  Schluss- 
formel sine  crimine  ullo ,  wie  ich  richtig  zu  deuten 
planbe,  erinnert  an  das  h.'lulig  vorkommende  Si°/i0  ^uere/a 
vlla  und  Aehnlithcs. 

123. 

Ebcudaselbst.      Zu  Rom,  ^'illa   Aldohrandlni. 


AGATHOM.  PVCL 
SILIAINO  A  SACRIS 
SODAL  AVGVSTAL 
CÜELIA   PRl.llJLLA 

COMVGI.   BKNE 
aiEIlENTI.  POSVIT 


Ist  dem  Inhalt  nach,  obwohl  die  Personen  verschiedene 
sind ,  mit  den  drei  vorhergehenden  Inschriften  zusammen- 
zustellen. 

124. 
Ebendaselbst 'S.  178.  Folgende  drei  Inschriften  sind 
in  Gräbern  bei  Vulci  entdeckt  worden,  die  mit  Aus- 
nahme der  ziveifen  augenscheinlich  sehr  spaten  Zeiten 
angehören.  Es  ist  der  Fundort  mit  den  dasigcn  hetru- 
rischcn  Gr.'iberstaflen  dieser  für  Alferthiimer  einer  ho- 
hen Vergangenheit  so  ergiebigen  Gegend  nicht  zu  ver- 
wechseln. 

ATEA  FECIT 

.  .  .  .  KE  MERENTI  BEA 

....  IM  LITTERATE  C 

....  >MS  SEPTEM  . 

....  y3I  SANTIS 

In  der  letzten  Zeile  liest  man  PAX  CVM  SAIVTIS, 
was  durch  das  Bruchsfüclc  einer  andern  ebendaselbst  ent- 
deckten Inschrift  bestätigt  wird,  worauf  sich  noch  er- 
halten hat  PAX  CV.M  A>Ge/is. 

125. 
DIS.    MAN. 
COELIA.  PAR 
DALIS. 
OCTAVIAE  CI 
■»'ICAE.  FILIAE 
ET  OCTAVIO 
EPAPHROWITO 
COMVGI  DE  SE  BOE 
MERITO 


126. 
B.  M.  DISCOLIO 
QVI  VIXIT  ANNIS 
IIGINTI  ET  NOVE  ET 
MENSES  XI  CVM 
VXORE  SVA  MVCIANEA 

127.      - 
Bull,  deir  Inst,   archeol.    1836-  p-   65- 
Q.  CAECILIO.  Q.  F.  ATTICO.  PATRONO  .... 
C.  ATTIÜ.  P.  F.   BVCINAE.   IIVIREIS.    (JVINQ. 

In  der  Nähe  der  Stadt  Todi  in  Italien  unter  Trüm- 
•mern  gefunden,  welche  näher  zu  bezeichnen  noch  nicht 
hat  gelingen  wollen.  Als  nngewühnlich  ist  allerdings,  w  lo 
Borghesi  in  seinen  Bemerkungen  über  diese  Inschrift 
hervorhebt,  der  Gebrauch,  sämmtlichen  Mitgliedern  eines 
städtischen  CoUogiunis  von  Seiten  der  Stadt  eine  ofFcut- 
liche  Ehrenbezeigung  zu  bewilligen.  Jedoch  dürfte  an 
sich  die  Sache  nicht  undenkbar  sein,  und  in  dem  vor- 
liegenden Falle  scheint  insofern  unterschieden  werden 
zu  müssen,  als  die  Errichtung  dieses  Ehrendenkmals 
sich  nicht  auf  die  gemeinschaftlich  ausgeübte  Amtsthä- 
tigkeit  beider  Vorstände  als  Quinijuennalen ,  sondern  auf 
die  Verdienste  bezog,  wclcho  jeder  dieser  beiden  Quiu- 
quennalen  sich  um  das  Wohl  ihrer  Mitbürger  erworben 
hatte ,  was  in  nicht  geringem  Maasse  stattgefunden  haben 
muss,  da  die  Namen  dieser  beiden  Männer  sich  auch 
noch  auf  andern,  ebendaselbst  entdeckten  Marmorbruch- 
stücken vorüiulen,  der  erstere  davon  aucli  schon  ans 
einer  anderen,  ebenfalls  bei  Todi  ausgegrabenen  Inschrift 
bei  Muratori  S.  800,  9  bekannt  war.  Die  Orthographie 
A^IREIS  lässt  übrigens  vermufhen,  dass  diese  Inschrift 
nicht  jünger  als  dag  Zeitalter  August's    zu  setzen  sei. 

Unter  den  manuichfachen  architektonischen  Bruch- 
stücken ,  die  in  Folge  jener  Ausgrabungen  bei  Todi  au 
einer  und  derselben  Stelle  gefunden  worden  sind  ,  befin- 
den sich  au  den  Quadratseiten  gleichförmiger  Zirkclans- 
schnitte von  Säulen  ausser  dem  Worte  CORIVM  (was 
für  eino  Abkürzung  statt  corinthium  angesehen  wird) 
noch  einzelne  Buchstaben  und  Zilleru  in  rother  Farbe 
aufgetragen.  Da  sich  der  Referent  im  Bnlletino  über 
diese  Eigenheit  nicht  weiter  auslässt,  so  wird  es  nicht 
fiberHüssig  sein,  hier  zH  erinnern,  dass  diese  Zeichen 
wohl  die  Bestimmung  hatten,  bei  der  Aufrichtung  der 
Säulen  diejenigen  Stellen  genau  zu  bezeichnen,  von  wel- 
chen die  zusammengehörigen  einzelnen  Baustücke  an  ein- 
ander gefügt  werden  sollten,  ein  Ilülfsraittel  der  Stein- 
metzen, das  bei  uns  auch  noch  im  Gebrauch  «nd 
auch  in  Griechenland  von  uns,  wie  wir  glauben,  mit 
Wahrscheinlichkeit  nachgewiesen  ist;  vgl.  diese  Blätter 
1837.  Nro.  57.  S.  468. 

F.  O. 


Personal-Chronik  und  Miscelleu. 

llci. leib  erg.  Geb.  Ralli  Creiizer  ist  von  dem  küiiigl. 
iiicficrljiulisclicn  Institut  der  Wlsscnscliaflcn  in  Anislcrdain  zum 
oidenll.  auswärtigen  Mitgliede  aufgenommen  worden. 


Zeitschrift 

f  ü  r   (H  e 

AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


Sonntas  3  2-  Juni 


18  39. 


Nr.  66. 


Griechische  Literatur  in  Frankreich  in  dein  gegen- 
wärtigen Jahrzehnd. 

Unter  iler  Voraussetzung ,  «lass  es  den  Freunden  der 
grieeliischen  Literatur  iiiclit  uneruiinstlit  ist,  das,  was 
in  dieser  Beziehung  «älirend  der  letzten  Jalirc  in  Paris 
gethan  worden,  liier  zusammengestellt  zusehen,  will  icli 
versuchen  ,  die  mir  durch  meine  dortigen  Freunde  be- 
kaant  gewordenen,  das  griechische  Alterthum  betreffen- 
den Schriften  übersichtlich  zusammenzustellen.  A  loie 
prinripiuni.  Finnin  Didot  beginnt  seine  Sammlung  grie- 
chischer Classiker,  lon  der  uns  der  Name  der  Handlung 
und  der  dabei  betheiligten  Gelehrten  das  Beste  erwarten 
lässt,  mit  den  Werken  Homers:  Homeri  Carmina  et  Cy- 
cli  Epici  Reliquiae.  Parisiis.  1837-  Der  griechische  Text 
mit  lateinischer  Uebersetzung  gegenüber  in  gespaltenen 
Columnen.  Der  compresse  ,  aber  scharfe  und  deutliche 
Druck  fasst  Alles,  was  dem  ^'ater  der  griechischen  Poe- 
sie beigelegt  wird,  auf  580  Seiten;  worauf  die  Fragmente 
der  Cycliker  auf  21  Seiten  folgen.  Ein  vollständiger  In- 
dex Nominum  et  Rerum  (;3/j  Seiten)  beschliesst  das 
Ganze  in  Einem  beijuemen  Bande  in  gr.  Octav.  Die 
kurze,  gut  geschriebene  ^'orrede  belehrt  uns,  dass  der 
griechische  Text  nach  der  AVoifisch  -  Dindorfischen  Aus- 
gabe mit  der  grüssten  Genauigkeit  abgedruckt,  die  alte 
wortliche  Uelkersetzung  aber  nach  einer  strengen  Revi- 
sion berichtigt  ist.  In  dem  Anhange,  den  Fragmenten 
der  Cyclischen  Dichter,  folgt  der  Herausgeber  (Dr.  Düb- 
ner,  wie  wir  liören)  den  Asisicliten  Welcher  s  in  seinem 
treulichen  AVerkc:  Ueber  den  epischen  Cyclus  (Bonn. 
1835),  beginnend  mit  Excerpten  aus  der  Bibliotheca 
Photii  und  der  Chrestomathie  des  Proklus ,  worauf  die 
Titanomachia  ,  Danals ,  Amazonia,  Ocdipodia,  Thebais, 
Epigoni,  IMinvas,  Oechaliae  Expugnatio,  Ca  pria  carmina, 
Aethiopis,  llias  parva,  Arctini  Excidium  Ilii  und  die 
Noazoi  folgen;  den  Scliluss  machen  Fragmenta  scdis  in- 
certae.  In  dem  angehängten  Namen-  und  Sachregister 
ist  auch  der  Inhalt  dieser  Fragmente  berücksichtigt,  und 
das,  was  sich  auf  sie  bezieht,  zweckmässig  durch  andere 
Schrift  ausgezeichnet.  Um  dieselbe  Zeit  erschien  von 
Berger  de  Xivrey  (bekannt  durch  mehrere  gelehrte  Ar- 
beiten, zuletzt  noch  durch  die  reichhaltigen  Traditions 
Teratologiques  1836.  8.  meist  Inedita  enthaltend)  eine 
zweite  Ausgabe  der  ßatrachomyomachie  (die  erste  vom 
Jahr  1825  ist  uns  nicht  zu  Gesicht  gekommen)  unter 
dem  Titel:  La  Batrachomyomachie  d'Homere  traduite  en 


Fran^ais  par  J.  Berger  de  Xivrey.  seconde  Edition, 
augmentee  d'une  dissertation  de  ce  Poeme ,  traduite  de 
ritalien  de  M.  le  Comte  Leopardi  et  de  la  Guerre  co- 
mique.  ancienne  Imitation  en  vers>  burlesques.  Paris. 
1837.  12mo.  Dem  griechischen  Texte,  welcher  den  älte- 
ren Ausgaben  zu  folgen  scheint,  und  auch  metrische 
Irrungen  (wie  v  42.  47.  dnicfvyov  statt  dntrpsvyov. 
45.  dyiQOV  däy.TvKov  xaraöav-vu))  unberücksichtigt 
lässt,  steht  die  treue  prosaische  Uebersetzung  des  Her- 
ausgebers gegenüber;  auf  welche  einige  Blätter  Anmer- 
kungen folgen.  Der  auf  dem  Titel  erwähnte  Discours 
sur  la  Batrachomyomachie  des  gelehrten  und  für  die 
AVissenschaflen  viel  zu  früh  verstorbenen  Grafen  Leo- 
pardi, der  diese  Abhandlung  nebst  anderen  gelehrten 
-arbeiten  seinem  Freunde  L.  von  Sinner  mitgetheilt  hatte, 
ist  unseren  Lesern  wahrscheinlich  schon  aus  Fr.  Heinr. 
üothe's  Ausgabe  Homers  (1835)  bekannt,  deren  3ten 
Bande  sie  einverleibt  ist.  fliehr  als  die  Hälfte  des  sauber 
gedruckten  Buches  aber  (von  S.  105  bis  258)  füllt  der 
Abdruck  eines  burlesken  Gedichtes,  la  Guerre  comiquc 
betitelt,  in  <lrei  Gesängen,  von  einem  unbekannten  Ver- 
lasser, wovon  die  erste  Ausgabe  im  Jahr  16l)S.  16mo., 
die  zweite  aber  mit  verändertem  Titel  (Combat  des  Rat» 
et  des  Grenonilles)  im  Jahr  1709-  12mo  erschienen, 
aber  nur  wenig  bekannt  geworden  ist.  Beide  enthalten 
zahlreiche  Anspielungen  auf  die  Begebenheiten  der  Zeit, 
und  zwar  so  ,  dass  ilie  Beziehungen  der  Iten  Ausg.  in 
der  2ten  mit  anderen  vertauscht  sind.  Die  Grundlage 
des  Gedichtes  ist  wie  in  dem  griechischen  Original.  Eine 
Alaus,  der  tapfere  Croquelardon,  kommt  an  einen  See, 
um  ihren  Durst  zu  loschen,  und  macht  hier  Bekannt- 
schaft mit  dem  König  Boursouök'  dem  zweiten;  wird 
von  diesem  zu  einem  Besuche  in  seinem  Paläste  einge- 
laden und  kommt  beim  Uebersetzen  um,  wie  der  home- 
rische Psicharpax.  Auf  die  Nachricht  von  diesem  Er- 
eignisse beschliesst  der  König  den  Krieg  u.  s.  w. 
Dieser  Abdruck  eines  sehr  scitscnen  Buches  nach  der 
ersten  Ausgabe  wird  in  Frankreich  den  Freunden  der 
alteren  Literatur  ein  angenehmes  Geschenk  sein,  dessen 
Werth  noch  durch  einige  Blätter  Noten  erhöht  wird,  die 
sich  vornehmlich  auf  die  veraltete  Sprache  beziehen,  auch 
einige  Varianten   enthalten. 

Die  dramatische  Poesie  der  Griechen  und  die  Werke 
ihrer  Heroen  sind  auch  nicht  leer  ausgegangen.  Ludwig 
von  Sinner,  seit  einer  Reihe  von  Jahren  in  Paris  ein- 
heimisch    und    während     dieser    Zeit    unablässig    bemüht, 


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als  Lehrer    und   S<hrifts<eller,    die    griecliisclie    Literatur 
zu   befürdern   und   die   Arbeiten   deutscher    Philologen    den 
Franzosen   bekannter  zu   machen.    iMehrore   seiner  gehalt- 
»ollen   Schriften,   «ie  seine   Ausgabe   des  Longus  mit  Cou- 
riers   und    seinen    eigenen   Anmerkungen,    auch    mit  einer 
reichhaltigen   literarischen   A'orrede   ausgestattet,     gehören 
noch     dem     vorigen    Jahrzehnd    an ;    in    das    gegenwärtige 
fällt  sein   Antheil    an    dem    Isten   Bande    des  Didotischen 
Thesaurus  graecae  linguae  ,    und    mehrere    fiir    den    Ge- 
brauch    der    Schulen    zunächst    bestimmte    Ausgaben    ein- 
zelner    cl.issisclien    AVerke.      Hierher     gehören    folgende: 
Arixtophtmis   ^iul)es.   varietatem  lectionis    et    adnotationem 
adiecit  L.  de  Sinner,   Parisiis.    18)4.     Die   Abweichungen 
iler  in  der  ^  orrede   verzeichneten  Handschriften   und  Aus- 
gaben   sind   unter   ileii   Text    geordnet;  die    Anmerkungen, 
welche    Sach  -    und   Spracherkiärungen    enthalten  ,    folgen 
Ton  S.   'I'.l    bis    147.      Ein    Theil    derselben    ist    aus   \oT- 
gängern   mit  beigesetzten   Mamen  derselben   entlehnt.     So- 
phoclis  üedijjus  Tvrannus.   Paris.  1835  mit  vorangehendem 
Verzeichnisse     der      literarischen     und     kritischen     Hiilfs- 
mittel.      Uie    Einrichtung     des    Uebrigen,     <ler    ^'arianten 
und    .Anmerkungen    ist    genau    wie   bei    dem   Aristoplianes. 
Dieselbe     ist    auch    in     den     folgenden    Ausgaben    befolgt, 
Sophoclis    Oedipus    Coloueus,    Paris.    IS  Vi    mit    fleissiger 
Benutzung     lon     Reisigs     Bearbeitung     dieser     Tragödie. 
Sophoclis    .Antigüua.   Ibid.    I83ö,      Alle   diese,   bei   L.    Ha- 
cLette   erschieneneu  Ausgaben   empfehlen    sich    durch    ein 
gefälliges    Aeussere,     angenehmen    und    correcten    Druck 
und     wohlfeilen     Preis.      Dieser    wird    §ie    den    jüngeren 
Freundea    der    griechischen    Dichter    ohne    Zweifel     lieb 
und   werth   machen ,    sowie    sie    auch    den  Lehrern  durch 
die    zweckmässigen     Zugaben    vorzuglich     schätzbar     sein 
müssen.      Dem     Fleisse      desselben     (ielehrten     verdanken 
wir    auch     eine    reichhaltiger    ausgestattete     Ausgabe    von 
Piatonis   Convivium,     mit  griechischen   Scholien   und   dem 
Specinieii   comuientarii   perpetui  ,   das   sich   aber   leider  nur 
über   die   .'5    ersten   Cipitel    verbreitet.     Das   Ganze   zerfällt 
in    zwei    Theile  ;     der     ersfere     enthält    den    griechischen 
Text   mit   untergesetzten  Scholien,    und   die  ausführlichen 
gelehrten  Anmerkungen    auf   87  Seiten;    der    zweite    die 
lateinis(  he  IJebersi.'tzung  vonFicinus;   voraus   F.   A.  WolTs 
Einleitung   in's   Franzosische    übersetzt,     mit    angehängten 
Anmerkungen   des   Verfassers   und   des   Herausgebers;    und 
das   Argumentum    der    Platonischen    Schrift    von    Wytten- 
bach   (Bibl.   crit.   I,    |.    p.   35     -   4i).    Die    Vollendung  iles 
Commentars    ist    in    der   Vorrede    in's   Ungewisse   gestellt; 
was    uns    leid    thut.      Endlich    haben    wir    von    demselben 
Gelehrten   den    Platonischen  Crito   im  Jahr   1837  a"s   der- 
selben  Bui'hhandlung   erhalten. 

Ein  anderer  französischer  Hellenist,  Boissonade,  wel- 
cher 8i(  h  dur<  h  Bearbeitung  der  Spätlinge  des  griechischen 
Alterthums  verdient  macht,  zu  denen  ihn  ,  wie  es  scheint, 
zufällige  Icranlassungcn,  nicht  eine  besondere  Vorliebe 
geführt  haben  ,  ist  in  seinen  gelehrten  Bestrebungen  nicht 
zurückgeblieben.  Nach  Vollenilung  des  fünften  Bandes 
der  Anecdota  Graeca  c  codicibus  regiis.  Paris.  1833 
edirte  er,  zufolge  der  Aud'orderung  einer  in  Paris  nea 
entstanilenen  Buchhandlung  Albert  Jlerckleins,  einige 
seit  fast  dritthalbliundert  Jahren  vernachlässigte  Schrif- 
ten    des     Tlieopliijlactus    Simocatta,     unter     dem     Titel: 


Theophylacti  Simorattae  Quaestiones    physicas  et  Episto- 
las  ad   Codd.    recensuit,    Versione    Kimedonciana    et    No- 
tis    instruxit    Jo.   Franc.    Boissonade.      Parisiis.     1835.    8. 
Die     Vorrede     des    Herausgebers     berichtigt     die     Anga- 
ben   der   Bibliographen    von  zwei    Ausgaben  jener  Schrif- 
ten     von    Vulcanius,     die     sich     innerhalb     zweier    Jahre 
(15(^6      1Ö97)    folgten,    und    von    deneu   die    zweite    meh- 
rere    unedirte     Zugaben     enthielt     (S.     Hofmanni     Lexi- 
con    Bibliographicum.     Tom.    III.    p.    742),     unter     ande- 
ren    einige    Briefe    Julians,     von    denen    einer,     welcher 
in     Ileyler's     Ausgabe     verstümmelt     ist  ,     hier     aus     der 
zweiten,    höchst    seltenen    Ausgabe    ergänzt    wird.      Auch 
eine,    anderen  Literaturen    unbekannt    gebliebene   franzö- 
sische   Uebersctzung   der  Quaestiones   phys.   von  F.  IMorell. 
1603,    12.     wird    hier    an's    Licht     gezogen;    eine    Notiz, 
welche     das      soeben     angeführte     Hofmanuische     Lexicon 
(p-    743)   nicht  unbeachtet  gelassen   hat.   Dem  griechischen 
berichtigten    Texte    ist    die    lateinische   Uebersetzung    von 
Jac.   Kiniedoncius  angehängt,    sowie    sie    von  Jan.   Grute- 
rus   nach    seinem    frühen    Tode    (er    starb    im    IS.  Jahre) 
an's   Licht  gestellt   tvorden   ist.      Hierauf  folgen   die  reich- 
haltigen,    meist    kritischen    Noten,    denen    auch    die  von 
Kiniedoncius    eingeschaltet   sind.      Gute   Register   der   ver- 
besserten Schriftsteller,  <ler  Wörter  und  Sachen  schliessen 
das  Werk,  das  sich  durch  mannichfaltigen,  gelehrten  Inhalt 
ebensowohl,  als  durch  sein   Aeusseres,    den    schönen   und 
luculenten   Druck,  dem  Leser  empfiehlt.    Im  nächstfolgen- 
den Jahre   erschien   von   demselben  Gelehrten   und   in   dem 
uämlichen    Verlage:    Aeneas   Gazaeus    et  Zacharias  Ulity- 
lenaeus   de   immortalitate   aniinae   et  inundi  consummatione, 
ad  Codices  recensuit  Barthii,    Tarini,    Ducaei     notas  ad- 
didit  Jo.    Fr.   Boissonade.      Accedit    Aeneae    Interpretatio 
ab    Ambrosio   Camald.   facta.   Parisiis.    183('-   8-   Durch  die 
Erneuerung  ilieser   beiden   nach  Inhalt  und  Zeit   verwand- 
ten  AVerke,   nach   fast  2()0jahrigein  Mangel  ( 6'«s/<.  Barth 
gab   sie  im  J,    16,03  zu  Leipzig   in    einem   von   Druckfeh- 
lern  auf's    äiisserste    entstellten    Texte    heraus),     hat   sich 
iler   Herausgeber    Ansprüche    auf    den    Dank   Aller   erwor- 
ben,    welche     die    Spuren    des    Alterthums    auch    in    den 
Werken   der  Späteren  ehren.      Die   Seltenheit  der  Barthi- 
schen    Ausgabe    und    ihre    inneren    Gebrechen     bewogen 
schon  den  Danziger  IFernsdorf,  a»(  eli\c  neue  Bearbeitung  zu 
denken,     wozu    er    sich     die    Lesarten    eines     Augsburger 
Codex  verschafft  hatte.      Seine    Sammlungen    kamen  nach 
seinem   Tode   in   mehrere  Hände,    bis  endlich   die   Uebcr- 
bleibsel    derselben    an    den    Naumburger     H'ernsdnrf    ge- 
langten ,    welcher    die  Schicksale  des   Werkes  in  Fricde- 
manii's    und    Seebode's    Miscellan,    crit,    Vol,  ,11,    p,    3/4 
erzählt,    wo     die    Prolegomena    zum    Aeneas    (die    schon 
Naumburg.    18  Ki-    4,    gedruckt    waren)     zugleicli    mit  der 
Var.   leclio    der  Augsb.   Handschrift  edirt  sind,    aus    wel- 
cher Jo.   'Woirius    diese  Schrift    im  Jahr   15()U  zu  Zürich 
hatte    abdrucken    lassen.       Den     Anmerkungen     sind    die 
Barthischeii    wegen    der    Seltenheit   seiner    Ausgabe    voll- 
Btamlig   eingeschaltet.      Diesem    Werke    ist    zunächst   ge- 
folgt:    Michael    Psellua    de    Operatione    Daemonuin    cum 
notis    Gaulmini    curante    Jo.    Fr.    Boissonade.       Acccdunt 
Inedita    Opuscula     Psclli.      Norimbergae     1838.     8.      Von 
dieser    Schrift    des   Mich.   Psellus    ist,    seitdem    das    grie- 
chische   ürigiual    von   Gilb,    Gaulmiu    zu    Paris   Kilo-  8- 


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edirt  war  (ilie  lat.  Ucbersetzuiig  war  schon  1J77  erschie- 
nen), nur  eine  Ausgabe  ron  Hasenmilller.  Kilon.  KiSÖ. 
12.  veranstaltet  worden,  die  aber  nach  Boissonade  s  Xet- 
sirheruuE^,  nihil  novi  attulit  nisi  nova  typorum  ni^nda, 
qiiorum  jam  Gaulniiniana  fuerat  feracissinia.  Die  Ver- 
besserung; dieser  Fehler  boten  an  unzfihlij^en  Stellen  drei 
Handschriften  der  konisjl.  Bibliothek,  aus  welcher  auch 
die  Inedita  geflossen  sind,  die  den  grossem  Theil  des 
Bandes  füllen.  Unter  diesen  ist  eine  kurze  Beschreibung 
von  Attika;  eine  Allegorie  der  Ithacensischen  Grotte 
Odvss.  13,  lO'i,  welche  ein  Auszug  aus  Porphjrius  de 
Antro  Nvmpharum  ist;  tiber  das  schallende  Haus  {ijxC'Oi') 
in  Nikuniedien;  zwei  Lobreden  auf  den  Floh;  anrlere 
auf  die  Laus  und  die  Wanze;  Einiges  über  gerichtiiche 
Gegenstände  ;  über  Kriegstaktik  ;  Charaktere  der  christ- 
lichen Redner  Gregorius  von  Nazianz ,  Basilius,  Chrj- 
sostonius  und  Gregorius  von  Nvssa.  Zuletzt  Briefe  an 
den  Kaiser  üucas.  Die  kurze  ^'orrede  des  Herausgebers 
enthält  einige  Worte  über  die  Gattung  der  Schriftsteller, 
denen  er  seinen  Fleiss  gewidmet  habe.  Man  solle  nicht 
glauben,  dass  er  sie  einer  vorzüglichen  Bewunderung 
werth  halte;  er  wisse  sehr  wohl,  dass  die  Autoreu,  die 
er  bearbeite,  meist  nicht  viel  werth  wären;  doch  gehor- 
ten sie,  bei  aller  üirer  Unbeholfenlieit  (infantia),  zu  den 
Werkzeugen  der  Gelehrsamkeit,  deren  Gebrauch  mau 
durch  Ausgaben  erleichtern  müsse.  Est  eruditorum  ho- 
niinuni  secta ,  setzt  er  hinzu,  ijui  nihil  legunt,  ijuod  nou 
sit  antiquum,  nihilque  habent  pro  antiquo,  nisi  ijUod  fuerit 
ab  anti(|uissimis  heroibus  illis  scriptum.  Duros  tarnen 
istos  cen»ores  negare  posse  nego ,  messe  vel  infimorum 
saeculorum  auctoribus  ,  unde  reruni  histnricarum  et  phi- 
losophiac  ac  grammaticae  notitia  augeatur.  Wir  freuen 
nns  aus  Privatbriefen  hier  anzeigen  zu  können  ,  dass  der 
unermüdliche  Boissonade  mit  einer  neuen  Auflage  der 
Heroica  des  Philostratus  beschäftigt  ist,  welche  wahr- 
scheinlich mit  den  Episteln  dieses  Schriftstellers  vermehrt 
werden   wird. 

Zu  den  bedeutendsten  Werken  der  griechischen  Phi- 
lologie in  Frankreich  während  des  laufenden  Jahrzehnds 
gehört  die  Ausgabe  und  Uebersetzung  des  Thucjdides  von 
Ambroise  Firmin  Didot  in  vier  Bänden  (Paris  183,3),  und 
die  der  Politik  des  Aristoteles ,  d'apres  le  texte  colla- 
tione  sur  les  Manuscrits  et  les  editious  principales  par 
/.  Barlhelemy  St.  —  Hilaire.  2  Bände.  Paris  lö37.  Mit 
Recht  glauben  wir  diese  Werke  bedeutend  nennen  zu 
können;  da,  wenn  man  bei  der  Vergleichung  mit  frühem 
Ausgaben  und  Uebersetzungen  die  Erweiterung  des  Ge- 
sichtskreises,  die  erhöhte  Beachtung  der  kritischen  Hülfs- 
mittel  und  des  griechischen  Sprachgebrauches  betrachtet, 
die  Fortschritte  nicht  verkannt  m  erden  können ,  welche 
die  franzosische  Philologie  in  den  letzten  Uecenuicn  ge- 
macht hat.  Das  liefere  Eindringen  aber  in  die  Eigcn- 
thümlichkeit  der  Schriftsteller  ist  auch  auf  die  Kunst 
des  Uebersctzers  nicht  ohne  Einfluss  geblieben  und  hat 
diesen  genöthigt,  in  seiner  Nachbildung  nach  einer  Treue 
xn  streben,  welche  früher  durch  den  Geist  und  Charak- 
ter der  französischen  Sprache  unmöglich  gemacht  schien. 
Mit  Schmerzen  erkannte  diess  einer  der  besten  üeber- 
«etzer  des  Thucjdides,    Levesque ,  wenn  er  nach  einigen 


Bemerkungen  über  den  Stil  des  Autors  und  die  eigensin- 
nige Strenge  seiner  eigenen  Sprache  sagt:  Voila  bien  des 
caraclere»  du  stile  de  Thucwlides,  ijui  se  sunt  ellaces  dans 
la  traduction:  le  plus  hardis  des  t-crivains  ne  s'y  mon- 
tre  qu'  humble,  faible,  (•nerve,  je  dirai  meme  qu'il  n'y 
vit  plus.  Seitdem  Levpsque  dieses  schrieb,  hat  die  fran- 
zösische Sprache  allerdings  au  Freiheit ,  ja,  au  Kühnheit 
geivonnen;  aber  nie  wird  sie  ihren  eigeiithünilichen  Cha- 
rakter aufgeben  können,  immer  wird  das  \'erdienst  der 
Klarheit  das  erste  sein ,  das  man  auch  von  dem  üeber- 
setzer  fordern  wird.  Diese  Forderung  bei  der  Ueber- 
setzung eines  Autors  wie  Thurjdides  zu  erfüllen,  schien 
bisweilen  unmöglich,  uud  Didot  bekennt  (Observ.  preli- 
minaires  p.  XLl),  dass  er  oft,  um  den  Sinn  einer  Stelle 
verständlich  zu  machen ,  sich  genöthigt  gesehen  Labe, 
der  Rede  eine  Wendung  zu  geben,  die  tadelhaft  schei- 
nen werde,  wenn  man  sie  nicht  mit  dem  Texte  vergleicht : 
c'est  lä  seulement,  setzt  er  hinzu,  que  j'espcre  trouver 
une  excuse,  et  je  supplie  le  lecfeur  de  ne  nie  conilam- 
ner  qu'  apres  cet  exainen.  Ein  Urtheil  hierüber  steht 
einem  Ausländer  nicht  zu;  ich  begnüge  mich  also  hier 
anzuführen,  ilass  nach  den  Observations  preliminaires , 
welche  ausser  den  Nachrichten  über  das  Werk  des  Thu- 
cydides,  auch  ein  kritisches  Verzerrhniss  der  Ausgaben 
und  Handschriften  bieten,  die  Bemerkungen  von  Letronne 
sur  la  publication  et  la  continuation  par  Xenophon  de 
l'ouvragc  de  Thucydide ,  eine  genaue  Analyse  der  Ge- 
schichte des  Tli.  nach  der  Folge  der  Capitel ,  und  das 
Leben  des  Geschichtschreibers  von  Marcellinus  folgt.  Die 
franzosische  Uebersetzung  steht  dem  griechischen  Texte 
gegenüber;  jedem  Bande  sind  Anmerkungen  über  die 
darin  enthaltenen  Bücher  angehängt,  welche  meist  Be- 
urtlieilung  der  Lesarten  und  Rechtfertigungen  der  Ueber- 
setzung enthalten  ,  und  nach  der  Versicherung  der  Vor- 
rede p.  XL.  zum  grössern  Theil  einem  gelehrten  Grie- 
chen de  Brousoy  von  Constantiiiopcl  angehören,  iler  dem 
franz.  Herausgeber,  wie  vormals  ein  anderer  Grieche 
Janus  Laskaris  dem  Henry  Etienne  bei  seiner  Arbeit 
über  denselben  Schriftsteller  ,  zur  Seite  stand.  Ein  Re- 
gister der  Sachen,  einige  Blätter  Corrections,  change- 
meiifs  et  additions,  und  eine  Erklärung  der  beigefügten 
Plane  von  Sjracus   beschliessen   das   Werk. 

Der  Herausgeber  und  Uebersetzer  der  Politik  des 
Aristoteles  gibt  in  diesem  Werke,  als  dem,  das  für  die 
gegenwärtige  Zeit  den  meisten  Reiz  biete  und  von  dem 
Leser  die  wenigste  Anstrengung  fordere,  die  Probe  einer 
vollständigen  Ausgabe  und  Uebersetzung  des  Stagiriten, 
von  dem  er  mit  Recht  sagt,  dass  er  der  Begründer  aller 
■Wissenschaften  sei ,  mit  denen  sich  der  menschliche 
Geist  seit  2U00  Jahren  genährt  habe,  und  mehrere  Jahr- 
hunderte hindurch  die  einzige  Quelle  iler  ^Vissenschaff. 
Mit  einer  schönen  Begeisterung  für  seinen  Autor  hat  er 
seine  Arbeit  begonnen  und  sich  dabei  aller  Hülfsmittel 
bedient,  die  ihm  sein  Vaterlanil  ,  lange  Zeit  die  eifrige 
Pflegerin  der  aristotelischen  Philosophie,  und  das  Aus- 
land bot.  Hiervon  gibt  <lie  ausführliche  1\»rrede  (IS^) 
Seiten),  sowie  von  dem  Werthc  und  Inhalt  der  Politik, 
von  den  leider  verlorenen  Vorarbeiten  des  ^'erfasscrs 
und  seinen  Vorgängern ,   genügende    Nachricht.      Wider- 


5*27 


528 


lejun«^  Act  dem  Philosophen  gcinarhfen  Vorwürfe  in  Be- 
zirhiing  auf  Pla<o  und  einige  hofniännische  Sehuäclien, 
die  ihm  Timüus  und  Monfesfjuieu  beimessen  (S.  XXXI), 
der  Belianptnn!;  Cousins,  d.iss  «iie  verlorenen  7lok/T£iat 
des  Aristoteles  ein  AVerk  g-enesen  sei,  wie  der  Esprit 
des  Lois  ;  und  dass  Aristoteles  Jas  Nälzlic/ie  (to  Xol'jOl- 
UOl)  zum  Princip  der  Politik  gemacht  habe  (S.  XXXIV). 
Gegen  den  l'orwurf,  dass  er  die  Srlaierei  begfinstige, 
die  er,  ebenso  wie  P/alo,  als  eine  Thatsaihe  annahm 
und  als  solche  erklärt  (nicht  rechtfertigt;,  aber  auf  bar- 
barische Nationen  beschränkt  und  mit  Schonung  und 
Milde  zu  handliaben  befiehlt  (S.  XXXVIII);  zugleich 
auch  gegen  die  Beschuliligung  einer  ^^orliebe  für  die 
Tyrannei  (S.  XL)  und  die  Mcmarchie  (S.  XLIII),  wel- 
cher eine  andere,  weit  besser  begründete,  dass  er  die 
Demokratie  begünstigt  habe,  gegenübersteht  (S.  XLIV). 
lieber  die  Zeit  der  Abfassung  der  Politik  vermuthct  der 
Verf.,  dass  sie  vier  oder  fünf  Jahre  vor  Alexanders  Tode 
falle  (S.  L).  Falschheit  der  Sleinung,  dass  sie  aus  meh- 
reren einzelnen  Werken  zusammengesetzt  sei  (S.  LH). 
AViderleguug  des  Ausspruchs  von  Bacon:  Aristotelem 
inore  Ottomannorum  putavisse  rcgnare  se  tuto  non  posse, 
nisi  fratres  suos  omnes  contrucidasset,  während  Aristoteles 
vielmehr  die  3Ieinungen  und  Systeme  anderer  Philosophen 
mit  so  grosser  Genauigkeit  und  Unparteilichkeit  vorträgt, 
dass  er  der  Vater  der  philosophischen  Geschichte  zu  heis- 
sen  verdient.  (Aristote  n'est  pas ,  comnic  l'a  dit  Bacon, 
l'assassin  ile  ses  freres,  le  meutrier  des  philosophes,  qui 
l'ont  precede  :  loin  de  cacher  et  d'enfouir  leurs  depouil- 
les,  il  leur  a  eleve  des  statues;  loin  de  les  replonger  dans 
lonbli,  il  les  a  fait  vivre ;  loin  de  les  mettre  dans  Toni- 
hre ,  il  les  a  niis  au  graiid  jour,  il  les  a  coinpris  dans 
sa  gloire  (S.  L^'II).  Prüfung  der  Nachrichten  über  die 
Erhaltung  der  Werke  des  Aristoteles  bei  Sfrabo ,  Plu- 
tarch ,  Suidas  und  Athenäus  S.  LLV.  Erwähnung  der 
Politik  bei  den  Römern,  den  Byzantinern  und  im  Mit- 
telalter S.  LXXIII.  ^011  einer  französischen  Uebersetzung 
der  Politik,  ilie  Carl  V.  von  Frankreich  zugleich  mit  der 
Ethik  unii  Ockonomie,  im  Jahr  1370  Ton  seinem  Caplan 
Sicolas  Oresnie  verfertigen  liess  und  vielleicht,  zufolge 
eines  Ausdrucks  der  ^'orrede ,  selbst  durchgesehen  und 
geprüft  hat.  Sie  ist  nach  der  lat.  wörtlichen  Ueber- 
setzung mit  grosser  Sorgfalt  gemacht  und  hat  das  Ver- 
dienst einer  Klarheit  und  Nettigkeit,  (jui  est  toute  Fran- 
^aisc  -S.  XCIL  Kritik  der  vollständigen  S.  XCIII  und 
der  einzelnen  Ausgaben  von  der  Politik  S.  CL  Nichtig- 
keit der  Conringischen  Meinung  von  Verstümmelung  und 
Lücken  S.  CVIII.  Alängel  der  Ausgaben  von  Schneider 
und  Cnraea  S.  CVIII.  Grosse  ^'orzüge  der  Ausgabe  von 
Gi'ittliiis,  S.  CXII.  Kritisches  Verzeichniss  der  Ucber- 
setzuiigen  S.  CXVIII.  der  Commentare  S.  CXXXVIL 
Erörterung  der  Frage  über  die  Ordnung  der  Bücher  der 
Politik.  Beweis  ,  dass  «las  ^'fl.  und  \'III.  Buch  auf  das 
dritte,  das  VI.  auf  das  vierte  folgen  muss.  Das  VI. 
Buch  macht  <icn  Beschluss  S.  CXLI.  (Diese  Anordnung 
Lat  der  Heraiisg.  befolgt.)  Verzeichniss  der  mehr  oder 
minder  vollständigen  Handschriften  der  königlichen  Biblio- 
thek,  welche  der  Herausgeber  verglichen  hat,  und  deren 


Gewinn,  *)  nchsi  den  Lesarten  der  Vorgänger  und  der 
alteren  Ausgaben  unter  dem  Texte  bemerkt  sind.  Die- 
sen sind  auch  ilie  kurzen,  verweisenden  Noten  des  Her- 
ausgebers beigefügt.  Für  die  Beijuenilichkeit  des  Lesers 
sind  ilieseni  Werke  ausdauernden  Fleisses ,  dem  auch  der 
Beifall  des  gelehrten  franz.  Publikums  nicht  mangeln 
wird,  mehrere  Register  beigefügt.  1)  Liste  alphabetique 
des  principaux  anteurs  cites  dans  cet  ouvrage.  2)  Notice 
des  öditioiis,  traductions,  commentaires,  Manuscrits  grecs, 
latins,  fran^ais.  3)  Table  des  mots  les  plus  remarquables 
de  la  Politique.  4)  Table  generale  des  matiercs. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Giesscn.  Das  Gymnasium  zu  Giessen  enthält  nach  der 
im  Herbste  votiKCn  Jalircs  eingetretenen  Veränderung  dermalen 
6  Cl.isscn.  Lin  jedoch  auch  für  solciie  Knaben,  welche  sich 
duicli  Aller  und  Kenntnisse  noch  nicht  zur  Aufnahme  in  das 
Gymnasium  eignen,  eine  Gclcgcnteit  zn  zweckmässiger,  den 
Forderungen  des  Gymnasiums  entspvecliendcr  und  Methode  und 
Uiiterrichlsgang  desselben  zum  voraus  heriicksiclitigender  Vor- 
bildung zu  geben,  wurde  zugleich  eine  Vorbcieitungsciasse  er- 
richtet, welche,  obwohl  nicht  zum  eigentlichen  Gymnasium 
gehörend  ,  doch  unter  dem  Gyinnasialdirectorium  steht  und  im 
Locale  des  Gymnasiums  sich  befindet.  Ihre  ßcstiramung  ist, 
für  die  unterste  Classe  des  Gymnasiums  vorzubereiten  und  vor- 
züglich die  ersten  Elemente  auf  das  gründlichste  einzuüben. 
Das  Lehrcrpersonal  des  Gymnasiums  ist  seit  Ende  Septembers 
verflossenen  Jalues  folgendciniassen  jusamraengesetzt:  Dr.  Geist, 
erster  Gymnasiallehrer  und  provisorischer  Director.  Dr.  Dre- 
scher, Gymnasiallehrer.  Dr.  Sold  an,  Gymnasiallehrer. 
Dr.  Koch,  Gymnasiallehrer.  Dr.  Schaum,  Gymnasiallehrer. 
Dielil,  Gymnasiallehrer.  Dr.  Lanz,  Hülfslebrer.  Dr.  Otto, 
Collaborator  am  philologischen  Seminar,  Hülfslehrcr.  Dr.  Rumpf, 
Hülfslehier.  Dr.  Köhler,  Hülfslehter.  Dr.  Hainehach, 
Hülfslchrer  und  provisorischer  Lehrer  der  französischen  S])rache. 
Hanstein,  Reallchrer,  provisorischer  Lehrer  der  engl.  Sprache. 
Ausserdem  erlheilcn  Unterriclit:  im  Zeichnen:  Dickore,  Uni- 
versilätszeichneiilehrer;  in  der  Musik:  Hoffmann,  Concert- 
director;  im  Tanzen:  B  art  holoni  a  i,  Universitats-Tanz-  und 
Feclitmcislcr. 

Stade.     Am   I4.  März  starb  Dr.  Gco.  Alex.  Ruperti,    Gc- 

ncralsupcrintendent  der  Herzogthümer  Bremen  und  Verden,  vor- 
her seit  1781  Conrector,  1784  Rector ,  1S09  Consistorialrath 
und  Garnisonsprediger  das.  als  Herausgeber  der  ,,Commcntatt. 
tbtolog.  (!)  Voll.)  mit  Vcltliusen  und  Ruinül,  der  Com- 
mentalt.  pliilolog.  (5  Ptes.)  mit  Sc  hlic  h  t  h  orst,  als  Redac- 
leur  der  Göllinger  Sammlung«  Classic!  Romanorum  scriptores" 
und  Herausgeber  des  .Tuvenalis  (2  Voll.),  Livius  (G  Voll.)  Silius, 
(4  Voll.),  Tacilns  (6  Voll.)  und  mehrerer  theolngischcn  Werke, 
theolog.  Miscellen  (4  Bde.),  Theologumena  (2  Bde.)  n.  v.  a. 
bekannt,  geb.  zu  Bremervörde  den   19.   Deccmber  1758. 

Rinteln.  Herr  Consistorialrath  Director  Dr.  Wiss  ist 
zum  Prediger  der  lutherischen  Gemeinde  in  Fulda  ernannt.  An 
seine  Stelle  als  Gymnasialdirector  hat  der  erste  Lehrer  des  Cas- 
sel'schen  Gymnasii ,  Prof.  Dr.  Brauns,  einen  Ruf  erhalten, 
denselben  jedoch  abgelehnt. 


*)  Die  Varianten  der  Pariser  Codd.  sind  aus  dieser  Ausgabe 
wiederholt  in  Adolf  Stahr's  Ausgabe  und  Uebersetzung 
der  Politik  (Leipzig  1839.)  S.  I.\  — .\.\V. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  tertli  ums  Wissenschaft 


Mittwoch,  5-  Juni 


1839. 


Nr.  67. 


Griechische  Literatur  in  Frankreicli  in  dem  gegen- 
Avärlin^en  Jahrzehnd. 

(  B  e  s  c  h  1  u  s  s.  ) 

31it  (liespr  Anzeige  eines  umrassciiden  Unternehmens, 
«las  nirlit  fehlen  kann,  der  arjstutelisi'hen  Pliilosophie 
neue  Freunde  in  Frankreich  zu  versclialFen ,  verbinden 
wir  die  Ernähnnng  einiger  kleinen  Schriften,  welche 
einen  erfrenliclien  Beweis  von  den»  neubclebten  Studium 
der  classisrhen  Philosophie  und  ilirer  Geschichte  unter 
der  französischen  Jugend  ^ibt.  Dissertation  sur  la  Phi- 
losophie atomisti(jue.  par  M.  Ldfaist.  Paris  l83o-  8.  Da 
der  beschränkte  Raum  einer  Dissertation  nicht  gestattete, 
die  ganze  Geschichte  des  atoniistisclien  S\stems  zu  ent- 
wickeln, so  liat  sich  der  ^'eif.  auf  den  von  Epicur  modili- 
cirten  Atomismus  des  Leucippus  und  Democritus  beschränkt. 
Sorgfältiges  Studium  der  Quellen  und  Bekanntsrhaft  auch 
mit  neueren  Werken  der  philosophischen  Geschichte  ist 
unverkennbar.  —  Ilsoi.  ziji;  Cfvaiokoyi/.ijq  qiikooocfiai 
Tia^a  Toti  'EfkijGi  TToo  r?7s  'lujvLyJK  algeoeuji  öta- 
TQtljij.  ^ivtyoaUiiv  E.  Gros,  iv  llc.oiaiu/i;.  ao/ke. 
(1S3.Ö).  Der  Verfasser  dieser  kleinen  ganz  in  altgrie- 
rhischer  Sprache  abgefassten  Schrift,  welcher  Lehrer  am 
College  de  Louis  le  Gr.ind  ist,  hat  sie  dem  damaligen 
minister  iles  ölFentlichen  Unterrichts,  r'/i  /ffoi  ri.v  lOTU- 
oi'av  Sf-insiooraTii)  dvÖui,  Guiznt  gewidmet.  Das  Ganze 
enthält  auf  4:i  Seiten  eine  (liichtige  Anzeige  der  ältesten 
Schicksale  von  Hellas  und  der  ^'orstellungen  von  den 
Göttern  bis  auf  die  lonisclie  Schule  in  drei  Capifcln. 
Am.  Jncques  (scholae  ]\ormalis  oiim  alumnus)  de  Plato- 
nica  ]dearum  doctrina  qnaleni  eam  fuisse  tradit  Aristo- 
teles et  de  iis  quae  Aristoteles  in  hac  reprehcndit.  Paris 
l837.  —  Heiiric.  If'allon,  ijualis  fuerit  apnd  veteres 
ante  Christum  de  Auimae  imniortalitatc  doctrina.  Paris. 
1837.  Der  Verf. ,  ebenfalls  ein  Zögling  der  Normal- 
Schule,  ist  gegenwärtig  Lehrer  (Professeur  aggrege)  des 
College  royal  de  Louis  le  Grand  Seine  Abhandlung 
zeichnet  sich  durch  eine  wohlgeordnete  und  geschickt 
benutzte  Belesenheit  in  <len  classischen  Quellen  aus.  Sie 
schliesst  mit  religiöser  Würdigung  der  christlichen  Lehre 
von  der  Unsterblichkeit  un<l  der  Einfachheit  derselben. 
Neque  enini ,  ut  perciperetur ,  philusophia  opus  erat,  sed 
eo  quod  oninibus  in  promtu  est,  simplici  mundoque  corde. 
„Confiteor  tibi,  Pater,  Domine  coeli  et  terrae,  quia  ab- 
scondisti  haec  a  sapientibus  et  prudentibus ,  et  revelasti 
ea   parvulis." 


Wir  setzen  noch  ein  Wort  über  das  in  Frankreich 
neu  enveckte  Literesse  an  der  patristischen  Literatur 
hinzu.  Die  schöne  und  correcte  Ausgabe  des  Johannes 
Chrysostomus  (ein  mit  nenen  Hülfsmittcln  bereicherter 
Abdruck  der  IMontfauconischen  Ausgabe)  eilt  ihrer  Voll- 
endung entgegen,  trotz  lies  Unglücks,  das  sie  am  12. 
December  des  Jahrs  l,S3.j  betraf,  wo  die  vier  ersten 
Bände  und  die  erste  Hälfte  des  VI.  in  dem  Ulagazin  des 
brocheurs  ein  Raub  der  Flamme  wurden.  Die  Verleger 
des  Werkes  (Freres  Gaulmes)  entschlossen  sich  aber  so- 
gleich, den  schmerzlichen  Verlust  durch  wiederholten 
Abdruck  zu  ersetzen,  und  schon  liegen  davon  eilf  Bände 
—  vom  ■>.  bis  zum  12.  —  vor  uns,  so  dass  wir  der 
Vollendung  derselben  schon  im  nächsten  Jahre  entgegen 
sehen  dürfen.  Die  Nettigkeit  und  Correcthcit  des  Druckes 
ist  sich  bis  jetzt,  auch  in  den  erneuten  Bänden,  gleich 
geblieben,  und  es  wird  dieses  Werk,  nicht  weniger  als 
die  Originalausgabe,  ein  Schmuck  jeder  Bibliothek  sein 
und  vor  jener  den  Vorzug  des  bequemen  Gebrauchs  haben. 
Der  neue  Abdruck  der  Werke  des  h.  Augustinus,  dessen 
erste  Lieferung  das  Schicksal  des  Chrysostomus  theilte, 
hat  ebenfalls  den  erwünschtesten  Fortgang;  und  von  der 
Collectio  selcrta  Set.  Eccies.  Patrum  von  Caillou  und 
Guillon  sind  gegen  'IQ  Bände  erschienen.  Von  den  Wer- 
ken des  k.  lidsilius  wird  eine  neue  Ausgabe ,  die  der 
des  Chrysostomus  nicht  nachstehen  wird ,  vorbereitet 
und    hat    vielleicht  Jetzt    schon    ihren  Anfang  genommen. 

Gotha,    im   Jlai    183^.  P-    I- 


Plutarchi  Phocion.    cap.    I  —  IH.      Sperimen    editionis 
quam  parat  Dr.   .Johannes    Carolus   Flügel.   (Jahres- 
bericht über  das  Kurfürstliche   Gymnasium   zu  Cas- 
s.l;   Cassel   bei   Hotop    1830,   63   S.)   23   S.   4- 
Der    Verfasser    vorliegender    Schrift,     den    Freunden 
des  Plutarch   bereits  durch  seine   im  Jahre    1830  erschie- 
nenen  observationes   criticae    in    vitam   Phocionis  bekannt, 
hat  lange  Zeit  vergebens  auf  eine   Fortsetzung  seiner  Be- 
mühungen  um  Kritik  und  Erklärung  dieses  Schriftstellers 
warten   lassen.      Nach   seinem  eigenen   Geständnisse   haben 
wir    den   Grund    davon    sowohl    in    seiner    Unzufriedenheit 
mit  jener  ersten  Arbeit,  als  in   den  vielfachen  Geschäften, 
welche    das    Lehramt    dem   Jüngern    Manne     zuführt,     zu 
suchen.     Beides  ist  ehrcniverlh  und   gleich  geeignet,  Hrn. 


531 


532 


Fl.  unsere  Achtuiij  zu  geHiiincii;  «licsps,  «eil  es  als  ein 
Beweis  li)beus«ertlier  Benifstrene  aiigeselien  «erilen  darf, 
die  ^leigiinf  der  PUicIit  uiiferziiordneii,  jenes,  «eil  in  der 
offen  ausjjesproclienen  rnziifriedenlieif  die  Biirjfscliaft  für 
ilie  F.'ili-skeit  zu  höheren  Leistungen  enthalten  ist.  Und 
in  der  Tliat  Ijisst  diese  Srlirift,  verjflielien  mit  jener  er- 
sten in  jeder  Hinsicht  sehr  liedeutende  Fortschritte  »ahr- 
nehnien,  eine  Krklarun<(,  die  iler  Unterzeichnete  um  so 
bereit»  illi;;cr  ausspricht,  je  mehr  es  ihm  leid  that,  tiber 
die  früher  erschienenen  Obseriationes  nicht  güiistiojer  ur- 
llieilen  zu  können,  als  in  der  Schillzeitung  Jahrg.  IS31 
iir.  3ti  geschehen  ist.  AVenn  ich  damals  ohne  allen  Rück- 
Lalt  ron  Hrn.  Fl.  selbst  aufgefordert,  ein  ürtlieil  abgab, 
das  ziemlich  streng  erscheinen  mochte,  so  habe  ich  die 
(jennglliiMiiig  gehabt  zu  bemerken,  dass  es  Hrn.  Fl.  nicht 
nnbillig  oder  gar  ungerecht  erschienen  ist,  finde  darin 
aber  auch  eine  l'erpflichtung,  mein  Urtheil  über  die  vor- 
liegende zweite  Probe  seiner  Pliitarchstudien  nicht  zu- 
rückzuhalten, damit  es  nicht  den  Anschein  gewinne,  als 
sei  ich  weniger  bereit,  erfolgreiche  Beniüliungcn  anzuer- 
kennen, als  unzulänglich  erschienene  zu  verwerfen.  Gern 
folge  ich  also  Hrn.  Fls.  Anfl'orderung  zu  einer  kurzen 
Beurtheiluiig  seiner  .Schrift,  protestire  indessen  gegen  ein 
solches  (iewicht  meines  Ausspruchs,  wie  er  deuiselben 
zuzuschreiben    geneigt  ist. 

Hr.  Fl.  fordert  die  mit  Plutarch  ^"ertrauten  anf:  ut 
lideaiit  non  quid,  non  quantum  iam  pracstiterit,  sed  quam 
viam  rationenique  ingressus  sit,  num  ea  aliqnid  utilitatis 
ad  niaiorem  scriptoris  intelligentiam  rednndare  possit; 
paro  enim ,  fährt  er  fort,  nonduiu  paratain  haben  editio- 
uein,  qiiac  si  quando  prodibii  lectione  haud  intcrmissa 
<pero  fore  ut  alia  auctiora  ,  alia  emendatiora  iiaiit ,  alia 
haud  pauia  melioribiis  cedant?  Er  «ünscht  also  be- 
sonders ein  Urtheil  über  die  befolgte  Methode.  Um 
ein  solches  mit  Sicherheit  fällen  zu  können  ,  wäre 
uun  freilich  vor  Allem  eine  Erklärung  nöthig  gewe- 
sen, von  welchem  Standjiunkte  Hr.  Fl.  seiue  Arbeit 
bcurtheilt  nünschte.  Diejc  hat  er  zu  geben  unterlassen, 
ohne  dass  ich  finden  könnte  ,  dass  Zweck  und  Absicht 
unzweifelhaft  von  selbst  in  die  Augen  fielen.  Indesseu 
denke  ich  mir,  dass  es  besonders  die  Interessen  reiferer 
Schüler  sind  ,  denen  er  zu  genügen  beabsichtigt.  Dass 
ihm  dazu  Renntnisse  in  hinreichendem  Maasse  zu  Gebote 
stehen,  zeigt  jede  Seite,  und  es  dürfte  vielmehr  eine  Be- 
schränkung des  Gegolieiien  zweckmässig  erscheinen,  als 
eine  Steigerung  w  ünsi  lienswerth.  Auch  an  dem  nöthigen 
Geschick  fehlt  es  ihm  nicht;  die  Darstellung  ist  durch- 
aus einfach,  klar  und  rein,  und  auch  in  dieser  Hinsicht 
ein  bedeutender  Fortschrilt  .sichtbar.  Genaue  Bekannt- 
schaft mit  der  Sprache  und  dem  Geiste  des  Schriftstel- 
lers bezeugen  zahlreiche,  olTenbar  aus  eigener  Leetüre 
geschöpfte  Parallelstellen,  wie  denn  überhaupt  durchweg 
eine  nicht  gewöhnliche  Beleseiiheit  in  die  Aiigeii  f;illt. 
Wenn  Hr.  Fl.  hierzu  sich  beniüliet  in  das  Eiiizeliie  noch 
etuas  schärfer  einzudringen,  soiiohl  wo  es  krilik,  als 
wo  es  die  Erklärung  gilt,  dem  Bestreben,  die  C'itatc  zu 
häufen,  Zügel  anlegt  und  nur  das  jedesmal  zum  Ver- 
standniss  Nöthige  beizubringen  sich  begnügt  und  in  die- 
ser Hinsicht  Passendes  vom  Unpassenden  streng  sondert, 
so   wird    iiian    keine    von    den    oüthigen  Bedingungen    für 


den  glücklichsten  Erfolg  seiner  Plutarchstudien  vermis- 
sen, zu  deren  Fortsetzung  ich  ihn  hierdurch  nach  bester 
Ueberzengung  aullorderu  möchte.  Aus  den  einzelnen  Be- 
merkungen, mit  denen  ich  dieses  allgemeine  Gutachten 
begleite ,  möge  derselbe  die  Beziehungen  des  Ausgespro- 
chenen entnehmen  ,  und  wenn  ich  es  nicht  verschmähe, 
selbst  anf  einzelne  Kleinigkeiten  aufmerksam  zu  machen, 
so  geschieht  diess  aus  dem  AVunsi  he  ,  Hrn.  Fl.  zu  einer 
bis  in  das  Einzelnste  gehenden  Sorgfalt,  die  auch  schein- 
bar Geringfügigem  ihr  Recht  widerfahren  lässt ,  zu  ver- 
anlassen. 

Die  zweckmässige  Einrichtung  der  Schrift  ist  die, 
dass  auf  deu  ersten  vier  Seiten  der  Text  mit  unterge- 
setzter var.  lect.  steht,  auf  diese  die  mehr  oder  minder 
ausführlichen  kritischen  und  erklärenden  Bemerkungen 
folgen.  Die  ^^arianten  sind  mit  löblicher  Genauigkeit 
verzeichnet,  nur  möchte  es  überflüssig'  sein,  immer  und 
immer  wieder  anzugeben,  wo. seit  Reiske  völlig  willkür- 
lich der  .Apostroph  eingeführt  worden  ist.  Auch  Rec. 
hat  früher  die  einzelneu  Stellen  der  ,4rt  angemerkt,  ist 
aber  sehr  bald  das  Uebe.-flüssige  dieser  Angaben  gewahr 
worden.  Als  neue,  bisher  unbenutzte  Hülfsmittel  standen 
Hrn.  Fl.  die  Lesarten  des  cod.  Monacensis  und  eines 
von  Furia  verglichenen  Florentiners  Zu  Gebote.  Jener 
ist  auch  in  dieser  Biographie  nicht  wertlivoller  als  in  den 
übrigen,  der  Florentiner  soll  nach  Furia  der  sein,  über 
den  Moiitfaucon  im  Diar.  Ital.  p.  .'j(i()  bemerkt:  codex 
elegantissimus  in  fine  noni  aut  initio  decinii  saeculi,  mem- 
branaceus.  Pliitarchi  vitae  incipinnt  a  Phoeioiie,  desinunt 
in  Jul.  Caesarem.  Uebcr  sein  Alter  glaubt  Hr.  Fl.  an- 
ders denken  zu  müssen;  soviel  aus  den  vorliegenden  Pro- 
ben geurtheilt  werden  kann ,  gehört  er  keineswegs  zu 
den  lorzüglicheren  :  eine  eigenthümliche  gute  Lesart 
bietet   er   in    diesen    3   Kapiteln    nicht. 

Kap.  1  führt  Hr.  Fl.  zu  den  Worten:  wjrf  ,4vti- 
Traroov  tinatv  ctt'  avior  ye^ovroQ  i^ö)]  ytyovoroq, 
öxi  y.a!}(<.7reo  leoiiov  öiaTiiTi^ayitivov  ykcHona  y.ui 
y.OlXia  liovov  äjloklks/TTTai  mehrere  Paralldstellen 
an  ,  die  desselben  Ausspruches  gedenken,  gut  und  zweck- 
mässig, aber  ich  wünschte,  er  hätte  die  Variante  dno- 
Ksi^tsrai,  die  sich  nicht  bloss  im  Monac.  und  Flor., 
sondern  aurh  in  3  Pariss.  findet,  beachtet.  Denn  ausser- 
dem, dass  sie  durch  apophth.  p.  1,S3.  etc.  ^lijnuöuv  öi' 
Too  oi'jiofiOs  ijöi]  TToiOiJt'Tov  yeyovoTO^  tcpi^  xaS^ä- 
rrcQ  iepcioii  SmneTiQayuivov  v.ar  a'ki'm  £  a&  ar  fiü- 
vi]v  Tijv  yunxkna  y.at  ri]v  yXvnrav  Bestätigung  zu 
finden  scheint,  las  ofl'enbar  auch  Thomas  .IL  in  seinem 
Exemplar  so  und  der  von  ihm  angeführte  Sfiiesins : 
llKuutuuxoi  iv  Tiaoaf.hjfM/i  nfQi  zJijf^ittöuv  fJs^f(> 
isosiov  diHzienoayuivov  ij  y'Ktoooa  y.o.t  t)  y.oiAia 
XstTTSTcii.  üihv  y.ai  Sviieotog  ev  tTtiOToKfj  kaßujv 
XofjTai  ovTüj  nujq-  ajgneQ  is^s/ov  diantrcoayutvov 
Tov  ii'öov  To  dSofta  'keiiiTm  yvcipioiin  rou  nakai 
Ciöor:  p.  83  Ritschi.  Mit  Recht  bemerkt  übrigens  Hr. 
Fl.,  dass  Ritschi  sich  irre,  indem  er  d.is  Citat  des  Tho- 
mas als  auf  einem  Irrthum  beruhend  auf  mor.  p.  .'J2.5.  t' 
zurückbeziehen  will;  von  ihm  selbst  ist  es  eine  kloine 
Ungenauigkeit,  wenn  er  schreibt :  „ante  oculos  videtur  ha- 
bnisse,  imtante  Wvttenbachio  ad  Mor.  p.  1U83.  Sync- 
sius  epist.  CXXXV,  p.  272   a,"  da   diess   doch  durch  die 


533 


534 


bestimmte  Vcrsicliening  des  Thomas  fest  stellt.  —  Ueber- 
ffi'issi^r  «ar  im  \'orlierj;ohpii(lpn  die  Demerkiiiijj:  iiuaiiuiiiam 
Demades  ipse  hoc  loco  vncattir  vaiäyiov  Tij\  :ioki<ij^,  iioli 
tarnen  quae  praegrcssa  sunt  voc.  tu  vavuynt  iTjq  TT.  item 
intelligere  de  civibiis  Athenarum  eic.  :  denn  »rem  könnte 
ein  solcher  Gedanke  nur  erst  einfallen  i  Es  folgen  die  Worte: 


bemerkt:  „  adiectiia  /jUrjet  /..  ß.  cum  Roiskio  refero  ad 
y.a/oii),  non  cum  Stephano  ad  u.VTC'.yiDVlOT]].''''  Nach  mei- 
nem Gefühl  verlangt  der  Sinn  der  Stelle  die  von  Hrn.  Fl. 
verworfene  Verbindung  uuh  iderleglicii.  Die  Tugenden  des 
Phocion  strahlten  nicht  in  dem  ihnen  ziikoninieiuicn  Glänze, 
weil  er  gegen  einen  schwer  zu  bcuültigenden  Gegner,  seine 
Zeit,  zu  kämpfen  hatte.  Der  Widerstand  also  (ci.vTayo)- 
VIOTik)  uiuss  charaktcrisirt  «erden  als  ein  solcher,  der 
scUiver  zu  bekämpfen  {ßdijui  /,.  (ji'uioi)  und  Grund  seines 
weniger  hervorsfrahlendeu  Glanzes  vor;  y.acoug  bedarf  zur 
näheren  Charakterisirnng  eines  «eiteren  Zusatzes  durch- 
aus nicht.  —  S.  9  billigt  Hr.  Fl.  beiläufig  .Alex.  fiO  die 
Lesart  einer  Pariser  Handschrift  (fvotl  Tgayi'i  C l (^  <Jo- 
J1]V,  die  auch  im  cod.  Palat,  steht  und  welche  .Schäfer,  wie 
Hrn.  Fl.  entgangen  zu  sein  scheint,  in  den  Text  gesetzt 
hat,  jetzt  aber  verwirft  und  das  besser  beglaubigte  riJOL- 
^vi  U)v  noyijv  vorzieht.  Mit  Recht;  T(}a-/ii;  £(•;  Öqjijv 
möchte  Plutarch  nicht  gesagt  haben,  wogegen  rpa^t'S 
Öqjijv  sich  Poplic.  3  findet,  das  gleichfalls  in  r^.  6/^ 
ÖQyijv   im  cod.   Bodl.   1   interpolirt  ist. 

Kap.  'J  wird  als  Beispiel  des  Gebrauchs  von  }.l>Jl£iv, 
„de  dolore  corporis"  Longus  Pastoral.  p.  22  Schaef.  ange- 
führt: deivcd  yu^  ut  /.iviai  kvnijoui  y.ai  da/.tiv:  dass 
in  dieser  Stelle  kuTtsiv  diese  Kedentnng  nicht  habe, 
liegt  am  Tage.  —  Mit  dem  vollsten  Rechte  schützt  Hr. 
Fl.  im  folgenden:  tu  ijöv  ucvuEiy.iQ  o  Tioiijzij^  y.sy.kii- 
y.Ev  Uli,  Ti/j  ijöouEvo)  Ttji  ipp'/jji  vireiy.ov  y.ai  fxi^ 
fj.axof^i£vov  ßn^d'  dvTiTVTiovv  die  Worte  T(fi  ijdojUvv) 
T.  ipl'jflj.;.,  wiewohl  diess  auf  eine  andere  Weise,  als 
die  von  ihm  gewählte  noch  einleuchtender  und  auch 
wohl  passender  geschehen  konnte;  „to  i'iduuEVOV  Tilg 
if'l'xijit  meint  er,  est  idem  quod  to  /jevog,  quod  cum 
sit  ea  pars  Tijg  lj.iL'](ijg,  quae  cum  inipetu  et  vehementia 
quadam  secum  rapit  honiines,  impetns,  ardor  animi , 
nunnullis  visa  est  significatio  vocis  ijduiievov  non  ita  va- 
lere,  ut  voci  f.ievog  satisfieret;  —  —  caremus  tarnen 
facile  omni  correctione,  cum  tjöso^ai  per  se  solum  non- 
nunquam  vim  violentissimae ,  turbulentissimae  laetitiae 
contineat."  Ich  glaube  keiner  iler  früheren  Herausgeber 
würde  Anstoss  genommen  und  auf  Conjecturen  wie  T(ij 
OtäuLifiEvn) ,  Tip  ijky.Wj-tti"/)  gekommen  sein,  wenn  sie 
den  Zusammenhang  festgehalten  hätten,  dessen  Darlegung 
hier  zu  weit  fähren  würde.  Ich  bemerke  nur,  dass  ich 
die  letzten  Worte  etwa  so  verstehen  zu  müssen  glaube: 
TO  tjÖL'  nennt  Homer  jicvusiy.tg  eben  darum,  weil  es, 
weua  das  Herz  zur  Freude  gestimmt  ist  (der  Fröhlich- 
keit des  Herzens)  nicht  widerstrebt,  sondern  nachgibt. 
Tu  ijöufilvuv  Tljg  ^li'Xijg  ist  ganz  so  gesagt,  wie  Arat. 
23  t;}^  4"-'X'Ji  *""  yav(juL<utuuv  y.ai  jjw/jpoi'.  —  In 
den  folgenden  ausführlichen  Bemerkungen  über  den  Ge- 
brauch des  partic.   im   genas  ncutrum  sind  verwandte  oder 


gleichartige  Fälle  ungehörig  geschieden,  wie  die  unter 
>r.  3  angeführten  mit  denen  unter  j\r.  4  zusammenfal- 
len. Oder  wie  sollte  man  Stellen  wie  t:ito(fa.k't<;  y.ai 
y.ÜTavTSg  tu  rjvvtquky.ani-.vuv  ruig  üfjaoTavuroi  von 
t/.tys  Se  f^tctkiara  Ofvüvtu  iivtrcoq  uiv  iy.  tov  y.a- 
9ev8eiv  y.ai  ovvuvoLaQsiv ,  ajg  äito  f,uäg  eyyivüue- 
vov  dö&eviiag  ttj  (fi'Oti  y.ai  tu  tiovovv  y.u)  tu  rfSö- 
lUvov  unterscheiden?  Und  doch  rechnet  Hr.  Fl.  Fälle 
der  ersten  Art  zu  der  Klasse,  wo  das  partic.  pro  infm. 
stehe,  den  der  zweiten  zu  der,  wo  das  part.  zu  einem 
abstrakten  nomen  werde.  Als  wenn  sich  diess  nicht  auch 
bei  jenen  Fällen  so  verhielte.  Richtig  schreibt  Hr.  Fl. 
mit  seinen  Vorgängern:  ovvanukkvai  yao  tuv  noug 
jUQiv  kiyuvTct  yji.t  Tioouin'tkki'ai  tvv  ja)  ;^ßp/i^o/(c- 
Vüv:  die  Handschriften  haben  TtQogaTiukkvo/ ,  über 
welche  Lesart  Hr.  Fl.  bemerkt:  dici  non  potest ,  quam 
sit  languida  ac  frigida.  Man  mochte  sich  wundern  über 
diess  so  gelinde  Prädikat  einer  ilurchaus  unstattliaften 
Lesart.  —  Sehr  häufig  ist  bekanntlich  in  den  Hand- 
schriften die  Verwechscinng  dijiiug  und  di^/woiog:,  aus 
diesem  Grunde  wird  man  geneigt  sein,  Hrn.  Fl.  Recht 
zn  geben,  dass  in  den  Worten:  zijg  nuklTtia.g  u  iitv 
öo^iug  äyav  y.o.i  noug  unavTa  TOtg  8t]f.iuoiuig  äv- 
Ttfio.ivuiv  Tuvog  ämjvijg  y.ai  a/.ki^oog  mit  Coraes  zn 
schreiben  sei  ruig  dlj/xutg.  Vielleicht  ist  indessen  eine 
Erklärung  iler  vulg.  wie:  iis,  quae  publice  dicuntur  et 
aguntur,  nicht  unangemessen.  \'on  etwas  anderer  Art 
ist  die  l'ertauscliung  beider  Wörter  im  Pericies  c.  24. 
Evnokig  iv  dlj/loOlOig,  worüber  Hr.  Fl.  bemerkt:  qnod 
ne  vcrbo  quidem  addito  recte  in  dijiw/g  mn(avit  Sinte- 
nisins,  wie  es  scheint  mit  einiger  Verwunderung,  dass 
diess  ohne  weitere  Rechtfertigung  geschehen  sei.  Es 
bedarf  woh!  kaum  der  Bemerkung,  dass,  da  Jedermann 
weiss,  dass  Enpolis  ein  Stuck  unter  dem  Titel  di  aui , 
nicht  Slj/nuotu  oder  öijiiuoiui  geschrieben  hat,  jede 
weitere  Bemerkung  überflnssig  schien.  Verwundern  nuiss 
man  sich  über  die  Bemerkung  zu  den  Worten  :  t'j  öe 
ävduneiy.ovoa  neiDofienuig  y.a.i  öiduvoa  to  Jioug 
-/((oiv ,  nie  a.Tia.iToiaa  tu  ovucftouv  iiiiCTuoia  — 
„Reiskius  vult  dvTunuiTOL'Oa  idque  permotus  antecedente 
uid^vnsiy.OVOa.  Non  recte.  Saepe  eniui  duorum  ver- 
borura,  quae  inter  se  copulantur  ,  alteri  praepositionem 
adiectam  videbis,  ita  ut  ad  alterum  quoque  praepositionis 
vis  et  notio  pertineat."  ' .ivxu.na.iToi'Oa  ist  eine  der  vie- 
len augenblicklichen  Einfälle  Reiske's,  die  zwar  einen 
ganz  guten  Sinn  geben ,  aber  keineswegs  nöthig  sind. 
Hier  veranlasste  ihn  zu  dieser  Vermnthniig  wohl  der 
Umstand,  dass  UTlanitv  meist  von  Zurückforderungeu 
des  Geliehenen  oder  Gegebenen  selbst  gebraucht  wird , 
nicht  von  dem,  was  statt  eines  andern  Gegebeneu  ver- 
langt wird.  Völlig  unstatthaft  aber  ist  es,  dass  au  die- 
ser Stelle  die  Präposition  (inri  —  von  uvUvJUi/.uvoa 
auch  zu  ciTCatTOL'Oa  geboren  soll ,  und  ich  muss  sehr 
dagegen  protestireu ,  dass  Hr.  Fl.  eine  Bemerkung  von 
mir  über  diesen  .Sprachgebranch  ^u  Themist.  p.  90  zur 
Rechtfertigung  dieser  seiner  Erklärung  braucht,  die  wohl 
auf  Stelleu  wie  tJlKX^'Q^'-  '^'J*'  ^"klv  ävuizobuiitiv  y.ai 
T£iyiQsiv  passt ,  hier  aber  nicht  nur  unnötliig,  sonderu 
sprachlich  auch  völlig  unmöglich  ist.  Auch  verstehe  ich 
nicht  recht,   was   -i-a.  den  Worten:   iuv   öh  l^f/i}^,  TOOTÖ 


535 


536 


ioriv  r  TiävTviv  uiv  (5('<'>/<cuv,  naouiv  8l  doimvititv 
suuff.iorctTi;  y.ai  itovar/.ondTi]  y.oäaiQ  ilie  Bfuierkun^: 
„dp  bar  laxiorp  strupiidi  r.ifioiic,  (Hia  Grapci  siibif»  de- 
ilertuiit  in  lilieraiu  oiiurici.itiiinpiii ,  vid.  quac  o()|iiosiuä 
exponeuius  ad  r.  IS"  —  iM<jrii(licli  soll  ;  soll  damit  auf 
tOvtÖ  voriv  —  y.odni-  aufmorksam  jfeinacht  iverden, 
so  ist  von  einem  plötzlichen  L'ebergang;  zur  ,,libera  euuii- 
ciatio"  zu  sprerlicn  jrdenfalls  ein  jfanz  unangemessener 
Ausdruck. 

kap.  :i.  ist  die  gewöhnliche  Lesart:  y.ai  yuo  ai'noq 
ov  ys/.uiüvni  uiv  f;ö>]  rfj^  Tiaroidui,  uj;7i€o  6  Ö>oj- 
xiujv,  TToXi'v  dt  x^'i^"^"'*  '''■^'  oäf-ov  exovaij.;,  üaov 
iOTiviv  y.ai  y.dkiov  sititMßeo^at  y.ai  Ttaoaorfjvat 
roi;  rt/Jov  Suvauevoi^  rtof-ivevoaucvosi' oia/.ujv  öf 
y.ai  xt'iieovijact»;  d:rii)r,^)ei;  öuot;  iityav  dyiiiva  r^ 
TV'/.r  ntoiSOTrOfl'.  Der  Unterzeichnete  hatte  Hrn.  Fl. 
schon  vor  <)  Jahren  die  Vermufhung  uiitgetheilt ,  Plu- 
tarch  möge  Tt/fiv  ISvvaiiljVOii  geschrieben  haben.  Diese 
Verniuthung  ist  seitdem  duicli  den  cod.  Paris.  A  a  man. 
sec.  unil  den  Florent.  des  Hrn.  Fl.,  der  nt.eElV  hat,  be- 
stätigt wonlen.  Hr.  Fl.  sagt  nicht,  «ofür  er  sich  ent- 
scheide, ist  aber  im  Irrthum,  «enn  er  glaubt,  dass  ich 
aas  einem  Grunde ,  den  seine  AVorte  anzudeuten  schei- 
nen ,  zu  dieser  Verniuthung  betvogen  worden  sei;  Sr- 
vno^C.l  n  »Ar,  Tlt  einv  ,  TttMliov  saue  quideni  multo 
rarius  est  quam  dlva.O^ai  ntya  etc.,  nee  tarnen  desunt 
excmpla."  Das  zu  bezweifeln,  konnte  mir  nicht  in  den 
Sinn  kommen,  sondern  es  schien  mir  nicht  wahrschein- 
lich, dass  Plutarch  mit  einemnial  mitten  im  A'ergieich 
denselben  aufgegeben  haben  sollte.  Diess  war  zu  wider- 
legen. 

>iachtrSgli(h  bespricht  Hr.  Fl.  noch  einige  Bemer- 
kungen di^s  Hrn.  Kraner  zu  dieser  Biographie  im  ersten 
Hefte  <lrs  zweiten  Bandes  der  acta  societatis  graecae , 
liber  die  der  Unterzeichnete  sein  ürtheil  in  dieser  Zeit- 
schrift Nr.  14  dieses  Jahrganges  abgegeben  hat.  üeber- 
einstimmend  mit  mir,  verwirft  er  Hru.  Kraner"s  Vermu- 
tliiing,  dass  nach  der  Lesart  des  cod.  Palatinus  und  der 
Aliliua  Kap.  11.  zu  verbessern  sei:  OTav  TV/^otOlv  iiTTO 
rrouyudrvjv  ufyakojv  y.ai  öi'vdui;(i)<;  ei  a/auuivoi 
(durch  ein  V'erschen  sind  bei  Hrn.  Kraner  die  Worte 
y.ai  ÖL'VUUfoj^  ausgefallen)  ,  ohne  indessen  Gründe  für 
diese  Abweichung  seines  Urtheils  anzuführen,  denn  die 
loci  gemini  p.  S,  aus  welcher  die  Nichtigkeit  der  vulg. 
folgen  soll,  haben  nicht  die  geringste  Beweiskraft;  es 
musste  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  dass  der 
ganze  Zusammenhang  den  Begriff  von  (■i'TVX^iv  nothwen- 
dig   erfordere.      Richtig    wird    dagegen    Kap.   9   die   vulg.: 

nai.iv  de  rrore  rvjv  'Athjvo.ioiv  iiuyayeiu  ai'coi'  enl 
rovq  Ttokfiiiovi  y.st.sviivTUiv ,  (//•  ov/.  iiiovkfTo  Ssi- 
I.Dv  y.ai  avuvfiont/  dTroxa.koiwrtov  —  ein:,  wo  die 
Herausgeber  mit  Bryanus  w;  d'  ovy.  f  j.  schrieben  und 
der  coli.  Monai .  von  einer  zweiten  Hand  y.o.i  inz,  OVX 
ifj.  hat,  gerechtfertigt  durch  Demosthenes  14:  ioropSi 
St  y.ai  f^ioiDitrio;,  nri,  mjv  .4'hvaiu)v  in'  Tiva 
Tioofiut.t  'iittvuiv  ai>iiiv  y.a.T\iyooiav,  wc  ui'y^  ini'jy.oue 
i^oorrjOi'i'TUju ,  uuaard;  einev  —  und  einige  andere 
weniger  passende  Stellen.  —  Kap.  12  wiril  derselbe 
Zweifel,    den   ich  gegen   das  vou  Kraner   gebilligte  dlto- 


QVTTÖjiP.vov  ausgesprochen  hatte,  geltend  gemacht,  hin- 
gegen Kap.  23 :  (fuoi  Tijv  jitv  Tcükiv  skjriöog  Lieyä- 
kiji  ytvuiiivtp  ioQrdCciv  evayytkia  auvsxuig  yai 
i^i'ftv  Toi'^;  i^soi'g,  tov  de  0'JiV.ivjva  iiQoi  toih;  ikiy- 
•/siv  ßovkoutvovq  y.ai  nvvdavoulvovi,  et  ravt'  oux 
UV  i^i^ekev  airii)  irsn^dx^^ai,  nävo  fdv  ovv ,  S(prj, 
ßefjuvkcvatia/  d'  iy.etua-  y.ai  itäkiv  dkkujv  ivr'  dk- 
koig  Sfayyekitijv  yoacfofievvjv  y.ai  (fsoouevvjv  äno 
Tuv  OT(iaToXEÖoi<,  TToTf  d^a,  cfdvai,  navaüueda 
viyiiivTVi;  will  Hr.  Fl.  icft]  geschützt  wissen  und  sogar 
Demetr.  oS:  Y.ai  tov  SeKavy.ov  ei^s  ydo,  üt  iraioe, 
et'ntiv,  ra^i'  ustaatoeipat  rii;  imi  zarra  yai  fie- 
xaßdkoi  9fv)v  1]  dv9ou')T[0)v  n)  7id9o(;  das  von  Reiskc 
in  eiTTSiv  verbesserte  Einsv  zurückführen,  beides  ver- 
geblich, ja,  unmöglich,  denn  was  ist  das  für  Syntax: 
TOV  ^i/.fi/.ov  —  fi:i£v  st.  d  }ilL6l<y.o;i  Endlich  will 
Hr.  Fl.  Phocion  14  die  Lesart  der  Handschriften:  oiiTUi 
yao  i'j^4dg  iioiovoi  (fofjeooix;  y.aiTOi  x"^?'?  i'^tdiv 
OwCsattai  laj  ävvnutvoig  behalten  wissen,  in  diesem 
Sinne:  diese  machen  euch  ihnen  (^roig  auiiuaXOig) 
furchtbar,  selbst  wenn  sie  nicht  können  —  statt  der 
Conjectur  des  Brvanus:  y.ai  Toig.  Auch  hierin  wird 
Hr.   Fl.   sdiwcrlich  Beistiminung    finden. 

Sintenis. 

Personal-Chronik  und  Mi«celleu. 

Ho  111,  27.  April.  D.is  Institut  für  aicliaologisclie  Coriespon- 
denz  hei;liig  gestern  den  Gcbiivlstig  Boiiis  den  die  Sabinische 
Ak.iclciiiie  scliuii  an  ileni  recblen  Tage  (21.  Apiil),  mit  Prosa 
nnd  Versen  vrrlienliclit  b.ilte,  naclitr.iglich  in  liner  feierlichen 
SiUung.  Zum  Scliniiickc  des  Locals  halte  der  Kunsthändler, 
Hr.  B.isscggio  ,  welciicr  auch  zugegen  war,  einen  voitrefl'lich 
Olli  lUcnen  bronzenen  Oreifuss  von  elruskischcr  Arbeit ,  der  bei 
den  li'izten  Ausgrabungen  des  Fürsten  von  Canino  unter  andern 
luerkwiiriligen  Grabgerüthen  gefunden  worden  ist,  wohlwollend 
bergegeben  Unter  den  Anwesenden  verdient  der  gelehrte  Orien- 
talist Lanci ,  welclieii  das  Inslitiit  seit  Kurzem  zu  seinen  Mit- 
gliedern zahlt,  genannt  zu  werden.  Der  haniiover'sche  Miiiister- 
ii-sideiit  ,  Hr.  Kesliier,  eröirnele  die  Sitzung  mit  einem  kurzen 
Eingänge  über  die  nuuuielir  zehujjlirigcn  beistungen  des  Instituts 
und  machte  beuicrklicU  ,  dass  von  beiden  Richtungen  seiner 
Thäligkeit,  der  Correspondenz  nnd  der  persönlichen  Vereinigung 
seiner  in  Rom  anwesenden  Mitglieder,  dieser  Tag  die  Proben 
gebe,  indem  ein  sehr  gelehrter  Brief  des  Generalsecretärs,  Hrn. 
t^itters  Runsen,  über  die  Grümler  der  drei  grossen  ägyptischen 
Pyramiden  eingegangen  und  der  Versammlung  mitzulheilen  sei. 
Diesen  Brief  las  sodann  der  verdiente  Rechnungsführer  des  In- 
stituts, Hr  I-anci,  der  Bruder  des  Obengenannten,  vor.  Der 
Secretar  desselben ,  Dr.  Rraun  ,  hielt  einen  Vortrag  über  die 
Zwecke,  weiche  di5lu<titut  fernerhin  zu  erfüllen  sich  vorsetzte, 
über  die  ivliltcl,  welche  ihm  zu  (Gebote  ständen,  und  die  immer 
mehr  wachsende  tbitige  Tlieilnahmc  der  Gelehrten  in  Italien, 
l''rankreich,  Kngland  und  auch  in  Deutschland.  Mir  scheint  es, 
.ils  sei  das  Loh  Deutschlands  iu  dieser  Beziehung  mehr  ein  der 
HofTnung  gebrachtes  Opfer,  denn  so  angelcgenllich  die  Deut- 
schen wahrend  ihres  Aufenthaltes  in  Rom  sich  der  Mitwirkung 
ao  den  Arbeiten  des  Instituts  bcdeissigen ,  so  kärglich  sind  die 
Deutschen  in  Deutschland,  so  viel  ich  sehen  kann,  mit  Aner- 
kennung und  fordernder  Theilnahme  ihm  beliülflicb.  Dr  Abekcn 
las  eine  Aldiandliing  über  die  verschiedenartigen  Vorstellungen 
der  Niobidcnsage  auf  den  neuerlich  entdeckten  Monumenten. 
Zum  Schlüsse  trug  Dr.  Lrlichs  einen  Aufsatz  vor,  in  welchem  er 
die  ctniskisclicn  Vorstellungen  von  Leichengeprängen  mit  den 
röm.  Triumphzügen  verglich  und  insbesondere  die  charontische 
Vorstellung  auf  einem  Relief  von  Norchia  erläuterte. 


Zeitschrift 

für   die 

Altei  tliLimswissenschaft. 


Freitag,  1.  Juni 


1839. 


Nr.  68. 


Die  Urktiinlcn  in  Demosthenes  Rode  vom  Kranz. 
I.    Einleitung. 

Bekanntlich  fehlen  den  meisten  Aifisdien  Gerichts- 
reden,  ilie  sich  bis  auf  unsere  Zeit  erlialten  haben,  tlie 
Urkunden,  Zeugenaussagen,  Gesetzesstelicn  u.  s.  \v. ,  auf 
welche  die  Beweisführung  begründet  ist;  gewöhnlich  sind 
nur  ihre  Unterschriften  übrig  geblieben  und  zeigen  die 
Stelle,  HO  sie  eingeschaltet  gewesen.  Jedoch  sind  solche 
Documente  wenigstens  theilweisc  in  einigen,  in  etwa  drei 
Reilen  vollständig  erhalten. 

Es  liegt  die  Frage  nah,  ob  ursprünglich  den  Reden 
die  betreffenden  Urkunden  beigefügt  gewesen  oder  nicht. 
Allerdings  wurden  sie  bei  der  gerichtlichen  Verhandlung 
nicht  von  dem  Sprecher  selbst,  sondern  durch  den  Gram- 
mateus  mitgetheilt;  aber  es  ist  irrig,  sich  vorzustellen, 
als  hätte  der  Grammateus  nur  Actcnstücke  ,  die  in  der 
Anakrisis  producirt  gewesen  ,  und  die  ihm  somit  Seitens 
des  ei:;ayujyevi;  eingehämligt  worden,  vorgelesen.  Der 
Redner  konnte  Mancherlei  mitzutlieilen ,  <las  Interesse 
haben,  wovon  in  der  Anakrisis,  wo  es  sich  nur  um  die 
Constatirung  der  zur  Sache  gehörenden  Beweismittel 
handelte,  gar  keine  Rede  gewesen  war;  so  wird,  um 
nur  ein  Beispiel  anzuführen,  in  der  Rede  vom  Kranz 
(§.'^89^  das  Epigramm  auf  die  bei  Chaironeia  Gefallenen 
gelesen.  Die  Midiana  hat  eine  nicht  kleine  Zahl  von 
Gesetzen,  Zeugnissen  u.  s.  w. ;  der  Process  wurde  aber 
vor  dem  Gerichtstage  aufgegeben,  als  bereits  die  Rede 
geschrieben,  wenn  auch  noch  nicht,  wie  noch  jetzt  der 
Angenschein  lehrt,  gefeilt  war;  es  hätten  nach  jener 
irrigen  Voraussetzung  die  betreffenden  Documente,  in  dem 
Sj^ivo^  versiegelt,  für  Demosthenes  unzugänglich  sein 
müssen  und  küiinten  nicht  in  der  Rede  stehen.  Jeden- 
falls also  sind  die  Documente  iiuch  in  den  Händen  der 
Parthcicn;  sie  mussten  es  sein,  wenn  überhaupt  auf  Grund 
derselben  eine  Rede  ausgearbeitet  werden  sollte.  Ja, 
was  der  Grammateus  vorlas,  mag  es  irgendwie  von  der 
Behörde  vidimirt  worden  sein,  jedenfalls  uiusste  der 
Sprecher  die  Reihenfolge  der  zu  lesenden  Schriften  be- 
stimmt haben;  denn  genühnlich  findet  sich  keine  nähere 
Specificirung  des  zn  lesenden  Actenstückes,  nach  der  es 
der  Schreiber  hätte  heransfinden  können.  Und  tritt  auch 
häufig,  nachdem  derselbe  zum  Lesen  angewiesen,  noch 
ein  nener  Satz  mit  dem  beliebten  y.airol  ein,  so  ist 
doch  wieder  in  den  meisten  Stellen  zwischen  der  Auffor- 
derung und  dem  Lesen  keine  weitere  Zeit,  in  welcher  der 


Grammateus  nach  dem  betreffenden  Actensti'icke  hätte 
suchen  können.  Vielmehr  beweiset  das  so  häufige  Vorkom- 
men des  Ät'yf //O/ A.«/3f/Jl^  mit  dem  TO  i;r  o  TO  )plj(fiafJ.a, 
dass  der  Sprechende  entweder  immer  oder  oft  dem  Gram- 
m.ateus  liingibt,  was  er  lesen  soll,  wie  denn  in  der  Rede 
Z«r  JolOToy.(JUTOl'g,  nachdem  das  Convolut  Gesetze  (§.22) 
mit  dein  küße  zai  Keys  in  des  Schreibers  Hand  ist,  bis 
^.  82  die  weiteren  Gesetze  (ohne  lüße  oder  Kaßujv), 
gelesen  werden,  und  dann  der  Redner  sagt:  Üqu  ti^ 
i'iaiv  in  lotJiüi  ioii  vu^oq;  dei^ov.  ovtoai.  leyn 
TOVTOV  (cf.  Andoc.  neoi  ruiv  (avOtijqivjv  %.  87)^  und 
einige  Par.igraphen  später:  'kiyE  TOV  fierä  tat  TU  vo/^ioq. 
r  ovTOl  ndvieq  eio'iv.  INoch  deutlicher  ist  diess  aus 
Demosthenes  ne^l  ttuqo.k.  S.^40.  Xeye  fioilaßujväy. 
Tili  TtQOTSQUi  iniOToirji;  avro  tovto,  ipdevöe.^ksye. 
und  in  der  Leptiuea  g.  84.  kijS  ö>/^  /.ai  tu  Tip  Xa- 
fiaia  ipijcpio/w.  ipij(fio9iv  oqu  Sij  xai  ay.omr  Sei 
ya.Q  ai'TO  ivTar&'  t'lva'i  TCOV ,  wo  der  Redner  sichtlich 
seine  zusammengeschriebenen  Urkunden  hinreicht,  aber 
nicht  eben  gleich  die  Stelle  genauer  bezeichnet,  wo  das 
Fragliche  steht.  Aehnlich  ist  X«r«  '.lotaioy.o.  g.  162, 
wo  der  Redner  sich,  nachdem  schon  ein  Paar  Briefe  ge- 
lesen sind,  die  Stelle  zeigen  lässt,  die  er  weiter  gelesen 
haben  will:  Uys  i^  ereoag  iitioiokiji  e7itdeii;a^. 
Wenn  sich  dagegen  «Icr  Redner  erst  eine  Urkunde  rei- 
chen (den;  dl:  /lw'  r'  86y(iaTU  tuvtu  so  vTttQ  Kiija. 
^,.  153.  156.)  und  dann  erst  sein  kiye  folgen  lässt,  so 
scheinen  die  beiden  Aufforderungen  an  dieselbe  Person 
gerichtet  zu  sein.  Jedenfalls  aber  ist  nur  daraus,  dass 
der  Redner  die  Urkunden  zHm  Lesen  entweder  vor  oder 
wälirend  seiner  Rede  hingibt,  begreiflich,  wie  Demosthe- 
nes dem  Aischines  vorwerfen  kann  TUiq  vo^ovi  ^UTU- 
noiulv,  TUiv  Ö'  mfcaoMV  filtii],  uvg  ökov;  öi/.atov 
iiv  dvaA>iyvujoyea&ai  tuIc,  ye  ö/KaiioyoOt.  xaTU  Toui 
vöfiovi  4>,jCfi£io9ai  {intQ  Kti]'}.  S-  121.  cf.  xaia 
•AQimoy.o.  %.  88.)  eine  Stelle,  welche  beweist,  dass 
das  Vorlesen'durch  den  Grammateus  nicht  etwa  die  staat- 
liche Garantie  für   die   Richtigkeit  des  Gelesenen  in  sich 

Von  den  nns  erhaltenen  Gerichtsreden  sind  vcrhält- 
nissmässig  sehr  wenige  von  ihren  Verfassern  selbst  vor 
Gericht  gesprochen  ;  alle  von  Isaios  und  D.narchos,  mit 
Einer  Ausnahme  alle  von  Lysias  und  von  den  Demosthe- 
nischen  die  meisten  sin.l  in  fremden  Processen  und  auf 
Bestellung  geschrieben.  Der  koyoyocufoi  war  iiaturlicli 
bei    der    Anakrisis   nicht    gegenwärtig,    ihm    musstea   dio 


539 


540 


l)ocumcii<e ,  auf  <llc  es  bei  eler  jforiclitllclicn  Vcrliandluiig; 
aiikonimcn  koiiiifc  ,  Spifrns  der  Pnrtcipii  ringpii.'indigt 
»i  erden,  «eiche  von  ihnen  und  an  »elclier  Stelle  jedes 
er  in  der  zu  haltenden  Rede  anbrinsfen  «ollte,  mnsste 
natilrlich  so  {(enau  bezeichnet  sein,  dass  si<h  der  Besteller 
damit  znrechf  finden  konnte.  Und  da  «ir  keine  Spur 
einer  ^iunierirnng'  oder  sonstiger  Ordnnngszeichen  vor- 
finden, scheint  es  natürlirh  anzunehmen,  dass  der  Xoyo- 
yoaCfOi  die  Actenstücke  so  einschaltete  ,  wie  sie  der 
Sprecher  verlesen  lassen  sollte  und  «ie  wir  sie  noch  ia 
einigen  Reilcn  eingeschaltet  linden,  mögen  sie  dann  dem 
Schreiber  einzeln  oder  vereinigt  in  Ab^chrift  für  die  ge- 
richtliche Verhandlung  selbst  i'iberreidit   worden  sein. 

Aach"  eislich  \iurden  manche  gerichtliche  Reden  nicht 
bloss  in  dem  betreiren<len  Gerichtshöfe  gehalten,  sondern 
hinterdrein  herausgegeben;  und  solche  herausgegebenen. 
Reden  sind  wohl  nur  auf  unsere  Zeit  gekommen.  Mochte 
die  Absicht  sein  ,  über  einen  interessanten  oder  politisch 
wichtigen  Process  allgemeinere  Kunde  zu  verbreiten  oder 
den  Ruhm  ausgezeichneter  logographischer  Kunst  zu  ge- 
winnen, jedenfalls  mussten  die  beweisenden  Urkunden  an 
der  Stelle  eingeschaltet  zu  lesen  sein  ,  wo  sie  die  Rich- 
ter gehört  hatten.  Und  ahmte  Isokratcs  in  seiner  ,,l£oi 
O.niö'i0f(!)i''''  die  Form  gerichtlicher  Rede  nach,  und 
waren,  »i  ic  manche  Gelehrte  annehmen,  Aischines  und 
Demosthenes  Reden  TlEoi  Tlo.omtoeaßEiaq,  edirt ,  ohne 
für  einen  wirklichen  Process  bestimmt  gewesen  zu  sein, 
so  mussten  natürlich  die  Doruniente,  auf  die  sich  ilie 
Bewcisführnlig  stützte  ,  in  ihnen  vollständig  mit  aulge- 
nommen sein. 

So  erscheinen  die  Urkunden,  Zeugnisse,  ^^olksbc- 
schlüsse  U.S.W,  als  nolhwendige  Thcile.der  Rede,  wenn 
.«ie  für  weitere  \'erbreitung  rerrielHiltigt  wurde.  Wollte 
man  auch  annehmen,  tlass  sich  vielleicht  eine  oder  die 
andere  1Xei\e  ohne  weitere  Edition  im  Besitz  des  Privat- 
mannes, der  sie  gesprochen,  und  seiner  Familie  erhalten 
und  später  drn  M'eg  in  die  Alexaiidriiiischen  Sammlungen 
gefunden  habe,  so  würde  mau  doch  auch  ila  voraussetzen 
dürfen,  dass  sich  die  Documente  in  ihnen  eingeschaltet 
vorgefunden.  Doch  scheint  unser  l'orrath  von  üerichts- 
reden,  wie  schon  erwähnt,  nur  ans  edirten  zu  bestehen, 
and  «ie  viele  abschriftlich  »erbreitet  genesen  sein  müssen,- 
lehrt   ein   Blick    in   .-Iristoteles    Rhetorik. 

Hieraus,  glaube  ich,  ergibt  sich,  dass,  wenn  sich  in 
einigen  Reden  noch  jetzt  die  Actcnstücke  siimmtlich  oder 
theilwcise  vorfinden,  <licselbcn  ebenso,  wie  sie  <lpr  Ver- 
fasser eingeschaltet,  überliefert,  keineswegs  erst  in  spä- 
terer Zeit  von  gelehrten  Editoren  aus  Archiven  und  Ur- 
kundensammlungen eingeschaltet  sind.  In  Demustheneg 
Reden  gegen  Lakritos ,  gegen  makartatos,  in  denen  sich 
die  sAmmtlirheii  Documente  vorfinden,  handelt  es  sich 
nm  ganz  private  Verhältnisse,  und  es  ist  in  keiner  AVeise 
denkbar,  dass  sich  die  dort  angeführten  Contracte  und 
Zcngcnaussagen  bis  zu  der  Zeit  der  gelehrten  Bearbeiter 
in  den  öflentlichen  Registraiuren  erhalten  oder  in  den 
Urkundensanimliingeii  des  Pliilorheros ,  Krateros  n.  s.  w. 
eine  .Stelle   gefunden   lieben  sollten. 

'**  dagegen  in  ilen  meisten  Red^n  von  den  Urkun- 
den Niilits  als  die  Ueberschriften  geblieben,  so  lassen 
«i'  h   m:?ncherlel  Möglichkeiten    denken ,    « ic   das  gekom- 


men. Kamentlich  dürfte  sich  der  Umstand  anführen  las- 
sen ,  dass  das  Sfudiuin  der  Attischen  Redner  bald  über- 
wiegend im  Interesse  der  Rhetorik  und  der  Attischen 
Diction  betrieben  wurde ,  woraus  sich  denn  die  Auslas- 
sung jener  Beilagen  von  nur  sachlichem  Interesse  gar 
wohl    erklären    liesse» 


^  on  den  erhaltenen  Urkumren  aller  andern  Reden 
unterscheiden  sich  die  in  der  Demosthenisrhen  Rede 
inli)  Kn-OKfüjiTui  auf  höchst  auffallende  "Weise.  In 
keiner  anderen  Rede  findet  man  Documente,  die  das 
Datum  ,  welches  sie  bewahrheiten  sollen,  entweder  gar 
nicht  berühren,  oder  ganz  anders  darstellen,  als  nicht 
bloss  die  sonstigen  Ueberlieferuiigen,  sondern  die  nächst- 
stehendeii  Worte  des  Redners  erwarten  lassen  —  in  kei- 
nen andern  Zeugenaussagen,  in  denen  sich  die  Zeugen 
nur  mit  Hinzufüguiig  des  Vaternamens  nennen,  —  in 
keinen  andern  so  mannichfache  AbHeichungen  von  den 
bekannten  Formen  des  Attischen  Staates  und  dem  offi- 
ciellen  Sprachgebrauch.  Dazu  kommt,  dass  von  den  ctna 
fünfzig  Namen  von  Zeugen,  Gesandten,  Rednern,  Beam- 
teten u.  s.  w. ,  die  in  den  verschiedenen  Urkunden  ge- 
nannt und  zum  Theil  mit  den  Namen  des  ^'aters  und  des 
Demos  näher  bezeichnet  werden,  uns  ans  andern  Ueber- 
lieferuugen  her  so  gut  wie  keiner  bekannt  ist,  obschon 
sich  der  Katalog  der  aus  Demosthenes  Zeit  bekannten 
Attischen  Personen  anf  nahe  an  zweitausend  jVamen  be- 
lauft, Namen,  die  natürlich  znm  grössten  Theil  die  der 
reicheren  und  bedeutenderen  Leute  jener  Zeit  sind.  End- 
lich «erden  in  den  eingeschalteten  Volksbeschlüssen  zur 
Bezeichnung  des  Jahres  Archouten  angeführt,  die  ent- 
schieden falsch  sind;  weder  in  Inschriften,  noch  in 
Schriftstellern  (vielleicht  Eine  Stelle  ausgenommen)  fin- 
den sich  sonst  diese  Psendeponymen ,  und  unsere  Rede 
bietet  deren   etwa  zehn   dar. 

Der  letzte  Umstand  ist  es  besonders,  der  zu  mehr- 
fachen Untersuchungen  Anlass  gegeben  hat.  Das  grosse 
historische  Interesse  der  Urkunden  schien  es  besonders 
wünsrheiis«  erth  zu  machen,  dass  ihre  Ecjitheit ,  ilie  bei 
solchen  Ucbelständeu  allerdings  grossen  Verdacht  gegen 
sich  liatte,   erwiesen   würde. 

AVas  von  früheren  Gelehrten,  namentlich  von  Palme- 
rius  Corsini,  Taylor  versucht  worden,  können  wir  über- 
gehen ,  da  in  den  letzten  zHanzig  Jahren  mit  grösserer 
Schärfe  und  Umsicht,  als  früher,  das  Für  und  Wider 
durchgesprochen   ist. 

Zuerst  machte  Herr  Schömann  die  Möglichkeit  geU 
tcnd  ,  dass  die  Naiiieii  dieser  Pseudcponymi  vielleicht 
substituiite  Archouten  bezeichneten,  wenn  etwa  durch 
Krankheit  oder  Tod  odi'C  durch  Absetzung  des  Eponymos 
ein  anderer  an  seine  .Stelle  erloost  werden  musste  (do 
comitiis   p.    14.')). 

Sodann  versuchte  Herr  Speiigel  in  seiner  treulichen 
Abhandlung  .,über  ilie  sogenatmlen  Pseudeponymi  in  De- 
mosthenes Rede  für  den  Ktesiphon"  (im  Rheinischen 
Museum  II.  3.  I.S'.'Ö.  p.  .'^fiti  —  404)  nachzuweisen,  dass 
die  Vülksbeschlüsse  von  dorn  Redner  selbst  in  die  Rede 
aufgenommen  seien,  aber  ohne  Angabe  des  Datums  und 
der  Archouten,  und  dass  diese  erst  in  späterer  Zeit  irgend 


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542 


ein  Unkundiger  beigefügt  habe.  Lefzcres  zu  bcs<a<igen, 
theilt  er  eine  Reihe  seiner  Ueobach<nngcn  «iber  die  lor- 
konimciidcn  >3men  nnd  Zahlen  mit,  in  denen  sich  aller- 
dings die  armselige  Phantasie  des  Verfillsrhers  zu  ver- 
rathen  schien.  Eine  genauere  IJntersnchiing  iiber  den 
Inhalt  iler  Uecrcte  und  die  Berücksichtigung  der  stnsti- 
gen   Urkunden   in   nnserer  Rede   vermied   er. 

Einige  Zeit  darauf  erschien  Herrn  lüjckh's  nieistcr- 
Iiafle  Abhandlung  de  archonfibiis  At<icis  pscudepon)  niis 
(Abhandlungen  der  Berl.  4kad.  1,SJ7,  edirt  ISiü).  Fest- 
haltend an  der  Echtheit  der  Docuniente  ,  glaubte  er  aus 
einer  Verivirrung  in  den  Archiven  naclnveiscn  zukünnen, 
wie  die  Archontennamen  durch  .IMi-ssvcrständniss  entstan- 
den nnd  Uecrete  ,  die,  auf  ganz  andere  Verhältnisse  be- 
züglich, in  Ermangelung  anderer  eingeschaltet  worden, 
ausser  Zusammenhang  mit  den  \\'ür<en  des  Redners  seien. 
Er  nimmt  an,  dass  in  dem  Archive  die  Acten  eines 
Jahres  in  Fächer  vertheilt  bei  einander  gelegen  und  alle 
diese  Fächer  als  gemeinschaftliche  Etikette  den  Namen 
des  Archen  gehabt  hätten,  so  dass  in  den  einzelnen  Do- 
cumenten  der  Archontennanie  weggelassen  und  nur  die 
speciellere  Datirung  mit  dem  Namen  des  Prjtanienschrei- 
bcrs  darin  aufgenommen  worden  sei;  im  Laufe  der  Zeit 
hätten  sieh  dann  jene  Etiketten  verloren,  und  von  den 
Sammlern  seien  die  INamen  der  Prytaniensclireiber  irr- 
thnmiich  statt  deren  der  Arclionten  angenommen.  Man 
kann  nicht  läugnen ,  dass  diese  Hypothese,  die  Herr 
Bückh  mit  der  ihn  auszeichnenden  Eleganz  durchgeführt 
und  zur  Lüsnng  auch  der  historisclien  .Schwierigkeiten 
ausgebeutet  hat,  mit  überraschender  Einfachheit  die  ganze 
Frage  löst,  und  es  scheint  diese  Ansicht  die  allgemein 
herrschende  geworden  zu  sein.  Herr  Wi?i{eitshy  hat 
dieselbe  im  Bpilogus  seiner  commentarii  in  Demosthenis 
orationem  <le  Corona  (182^')  in  einigen  Punkten  weiter 
verfolgt,  null  Herr  Westermnnn,  in  Sachen  des  Demo- 
iithcnes  eine  Autorität,  hat  für  sie  und  ihre  Consequcn- 
zeii  neue  Bestätigungen  geltend  gemacht  (Zeitsthr.  für 
Alterthumsw.    1,SJ7.   Nr.   36). 

Einer  Erörterung  im  entgegengesetzten  Sinne  unterzog 
diese  Urkunden  Herr  Brückner  in  seiner  fleissig  gearbei- 
teten Schrift  ,, König  Philipp  und  die  hellenischen  Staaten 
1837."  Die  Untersuchung  wendet  sich  namentlich  auf 
den  geschichtlichen  Inhalt  der  Documente,  und  Herr 
Brückner  glaubt  wenigstens  bei  mehreren  in  ilireni  nn- 
hisforisrhen  Inhalt  den  sichern  Beweis  der  Unerhtheit 
gefunden  zu  haben;  bei  andern,  wo  sich  derartige  Wi- 
dersprüche nicht  zeigen,  wagt  er  keinen  Zweifel  geltend 
zu  machen;  gegen  Böckh's  .Annahme  erklärt  er  sich  mit 
einigen  allerdings  wesentlichen  Gründen.  Es  ist  zu  be- 
dauern, dass  Hr.  Brückner  den  eingeschlagenen  XV  eg 
nicht  weiter  verfolgt  hat,  er  würde  zu  klarcrem  Resul- 
tate gekommen  sein,  und  jenes  ,, Schwanken  im  Urtheil, 
das  nur  Ergebniss  eines  dunkeln  Gefühls,  nicht  das  eines 
eindringlichen  Forschens  iiiid  deutlichen  Erkeiinens  ist" 
(Zeitschrift  für  Alterthumsw.  1837.  p.  301)  vermieden 
haben.   — 

Der  letzte  Herausgeber  der  Rede  für  Ktesiphon  hat 
sich  mit  so  entschiedener  Vorliebe  auf  die  vernachlässigte 
Erläuterung  Demostlienischer  Kunst  gewandt,  da>s  dar- 
über   die    sonstigen    Schwierigkeiten    fast    zu  sehr  in   den 


Hintergrund  getreten  sinil ;  Dissen  schwankt  zwischen  der 
Billigung  jeuer  Hypothese  und  den  von  Hrn.  Brückner 
angeregten  Zweifeln;  und  von  den  Beurtlieilern  seiner 
Ausgabe  in  Jahns  .lalirbüchern  und  im  Müncliner  Ge- 
lehrten Anzeiger  ist  die  eine  und  die  andere  .Ansicht  in 
Anspruch  genommen,  ohne  dass  wesentlich  Neues  zur 
Begründung   beigebracht   wäre. 

Jedenfalls  wird  man  zugestehen  müssen,  dass  die  vor- 
liegenden Urkunden  verdächtig  erscheinen.  Ton  den  vier 
möglichen  Fällen,  dass  sie  entweder  die  von  dem  Redner 
selbst  eingelegten  Actenstücke  sind  —  oder  ein  späterer 
Gelehrter  sie  aus  Archiven,  ürkundensammlungen  oder 
dergleichen  eingeschaltet  hat  —  oder  dass  sie  unterge- 
schoben sind  —  oder  dass  sie  aus  alten  von  dem  Redner 
selbst  beigefügten  Stücken  nnd  späteren  ungehörigen  Zn- 
sätzen bestehen,  • —  von  diesen  vier  Möglichkeiten  können 
wir  die  erste  sofort  ausscheiden,  da  die  Worte  des  Red- 
ners mehrfach  mit  dem  Inhalte  der  IVkunden  in  Wider- 
spruch sind  nnd  die  falschen  Datirnngcn  unmöglich  von 
Demosthenes  Hand  herrühren  können.  Auch  gegen  die 
letzte  Möglichkeit  wird  sich  der  Inhalt  der  meisten  Do- 
cumente geltend  machen  lassen.  So  bleibt  denn  nur  die 
Wahl  zwischen  der  gänzlichen  Unechtlicit  und  jener  .Vn- 
nahme  späterer  nnd ,  wenigstens  muss  man  hinzufügen , 
ungeschickter   und   gedankenloser  Hiuznfügung. 

Gegen  die  Unechtheit  —  denn  wir  müssen  einige 
.'lUgenieine  Punkte  vorweg  besprechen  —  macht  man  gel- 
tend, dass  der  Fälscher  gewiss  besser  den  Worten  des 
Redners  entsprechend  niitergeschoben  haben  würde,  dass 
die  angezweifelten  Stücke  ,,zu  reich  an  Specialitäten  sind, 
zu  sehr  das  Gepräffe  der  Originalität"  tragen.  Aber  sind 
eben  diese  Specialitäten  im  Widerspruch  mit  den  sonst 
dncumcntirten  Ereignissen,  so  wird  man  sich  berufen 
können  auf  die  Briefe  des  Demosthenes,  Aischines,  Piaton 
und  Anderer,  die  ebenso  »oll  höchst  detailirter  Nach- 
richten und  nichts  desto  weniger  erlogen  sind.  Das  ge- 
ringe Geschick  aber,  das  der  Falscher  bewährt  hat, 
wäre  allerdings  noch  am  meisten  geeignet,  seine  Ehrlich- 
keit  zu    retten. 

Nur  erheben  sich  gegen  die  andere  3Iöglichkeit,  die 
einer  späteren  Einfügung  durch  einen  Gelehrten,  niclit 
kleinere  Schwierigkeiten.  \\\t  glaubten  aiinelimen  zu 
müssen,  dass  ursprünglich  jede  Hede  mit  ihren  Acteii- 
stückcn  edirt  worden.  Waren  diese  im  Laufe  der  Zeit 
verloren  gegangen  ,  so  wollen  w  ir  die  Möglichkeit  ein- 
räumen,  dass  sich  Gesetze,  Psephismen,  Briefe  des  Phil- 
ippos Aniphictyonenbeschlüsse  aus  öfienilichen  Archiven 
oder  Urkiindeiisainnilungeu  ergänzen  liesseii;  aber  Zeu- 
genaussagen wurden  gewiss  doch  nicht  über  Jahrhunderte 
hinaus  aufbewahrt,  nnd  deren  finden  wir  zwei  in  unserer 
Rede.  Wir  iiehmen  gern  an,  dass  der  Gelehrte  fehl- 
greifen konnte,  wenn  er  aus  einer  grossen  iMenge  von 
Urkunden  die  von  dem  Redner  gonuiiifen  herausziisii<tien 
hatte;  aber  er  konnte  dort  unmöglich  Briefe  und  Be- 
schlüsse lorfinden,  welche  ganz  ctnas  Amleres  enthalten, 
als  die  für  dieselben  Verhältnisse  wirklich  geschriebenen 
nachweislich  enthielten,  und  deren  finden  sidi  ein  Paar 
unter  den  vorliegenden.  Nehmen  wir  jene  hypothetische 
Verwirrung  in  dem  Archive  oder  der  ilorlher  stammen- 
den Urkundensauimluug  an,    so    muss  es  ein   seltsam  un- 


HS 


344 


gi'lelirfrr  Gelelirtnr  gewesen  sein,  «ler  Lei  so  grosser 
IJciiiiiliuiisj,  die  zu  üemostlieiirs  AVcrkeii  passemlen  Ac- 
tciistiiike  zu  fiiulfn ,  so  arge  Felilgrifle  machen,  der 
die  Nanieii  der  Prytaniensclireiber  als  ArchouJeiinanien 
nnrrühreii  koiiiitr ,  »i.'ilirend  ihm  der  Katalog  der  Epo- 
iivuieii  bei  einiger  Keiintiiiss  gpgenu.'irlig  oder  leicht  zu- 
gäii-^licli  sein  niiissle.  Endlich  aber  scheint  jene  ganze 
Hvnothese,  so  fein  ersonnen  und  <lnrchgefuhrt  sie  ist, 
o-e'o^en  alle  Glaublichkeit  zu  streiten.  Sie  setzt  voraus, 
dass  die  in  offentliclien  Ardiiien  niedergelegten  Decrete 
nicht  ansilriicklii  h  den  Manien  des  Archonten  enthielten, 
der  ja  in  dem  Gesammttitel  für  die  mehreren  Fächer 
desselben  Jahres  gestanden  habe;  sie  beruft  sich  auf  die 
ähnliche  Weise  mancher  auf  Steinen  und  in  Reden  erhal- 
tenen Decrete.  Aber  man  muss  geltend  machen  ,  dass 
Jnschnflen  so  gut  «ic  die  in  Reden  vorkommenden  De- 
schlü-se  eben  Copien  sind,  »fthrcnd  es  auf  keine  A\  eise 
denkbar  ist,  dass  der  wirklichen  Urkunde  die  wesentliche 
Geiianigkoit  einer  durchaus  vollständigen  Datirung  ge- 
fehlt Iiaben  sollte.  Unzweifelhaft  wurden  in  die  Archire 
des  31etroons  die  Originalurkunden  deponirt,  und  mag 
rs  immerhin  zur  Erleicliterung  der  Registratur  jene  Fach- 
fiberschriflen  gejjeben  haben  (obschon  diese  clironologi- 
sche  Anordnung  eines  fortwährend  zu  benutzenden  Staats- 
archivs nicht  eben  sehr  wahrscheinlich  ist),  jedenfalls 
inussten  die  einzelnen  Artenstücke  vollständigst  datirt  sein, 
wenn  man  nii  ht  in  jedem  Augenblick  die  heilloseste  Ver- 
wirrung riskiren  und  jene  Coiitrole  unmöglich  machen 
wollte,  üie  oft  missrerstandenc  Genialität  der  Athener 
schloss  keineswegs  oine  sehr  genaue  Buchführung  und 
die  lorsichtigstc  Sorgfalt  in  jeder  Art  von  Geschäftlich- 
kcit  aus.  Ich  glaube  behaupten  zu  dürfen,  dass  die 
200101  ein  wesentlicher  Theil  jeiles  Actenstückes  waren; 
und  wenn  Aischines  (zara  Arijon/ uji^ro^  §.  24)  sagt: 
dvdyvoi'Ji  i:ii  zipoi  do^ovrog  xai  ttoiov  fu]vuc,  xai 
iiV  Tivi  ijueoa  y.ai  ev  noia  iy.vXi^aia  sieiqozovyi^ii 
zJluiootUflji  (cf.  Tltui  nu(ju:i(j.  §.  Ul),  so  wird  das 
gewiss  ebenso,  wie  es  lerlesen  wird,  in  der  Urkunde 
gestanden  Iiaben  ,  und  nicht  etwa  der  Name  des  Archou 
aus   der   Fachüberschrift  entnommen   gewrsen   sein. 

üiess  sind  die  Einwände,  die  sich  vorläufig  und  im 
Allgemeinen  gegen  die  llvpothese  Uückh  s  aufstellen  las- 
sen; Einwände,  wehhe  ynnäclist  nur  dazu  dienen  sollen, 
■las  entsihiedene  ^  rirurtheil  /'icr  ilieselbe  ein  wenig  zu 
beschränken  und  eine  unbefangene  AVürdigung  der  Actcn- 
stüeke    möglich    xu    machen. 

Wir  werden  dieselben  einzeln  durchnehmen  müssen, 
da  sich  ja  <loch  möglicher  AVeise,  wie  in  andern  Reden 
einzelne  echte  Urkunden  erhalten  Iiaben  und  ausser  ihnen 
einige  erdichtete  eingeschaltet  sein  konnten.  Die  Reihen- 
folge, dir  l  rkunden  zu  besprechen,  ist  glei<ligiiltig  nnd  kann 
sich   nach   der  lieijuemlichkcit    der   Untersuchung   richten. 

II.    Aischines  Klageschlift  und  Klesiphons  Antrag. 

Die  Klageschrift  des  Aischines  (g.  54)  hat  allen 
Schein  der  Echtheit  für  sieh;  sie  nennt  keinen  pseudepo- 
uvmcn  Archon,  sie  stimmt  mit  den  Worten  des  Reilners 
ijbcrcin,  und  die  kleinen  sachlichen  Schwierigkeiten,  die 


sie  darbietet,  kfinnen  eher  zur  Vervollständigung  unserer 
Kenntniss,  als  zur  Begründung  wesentlicher  Zweifel  zn 
ilienen  scheinen.  Nach  den  Anfaugswurten  der  y^affi] 
reichte  Aischines  dieselbe  ein  liTCi  XaiQluvdov  ag^OV- 
Tog,  EKtif.ijijokiuJvug  exTij  ioinfisfoi'.  Chairnndas  ist 
der  Archon  von  Ol.  110.  3,  dem  Jahre  der  Schlacht  von 
t'haironeia;  «Icr  sechste  Emphebolier  entspricht  nacJi 
Idler's  Berechnung  des  Aleton'schen  C^klus  dem  26> 
niarz  337. 

Ktcsiplions  Antrag  dagegen  (§.  119)  erscheint  schon 
durch  seine  Datirung  ungleich  unzuverlässiger;  eTli  ap- 
Xovrog  J::^v^vyjJoL'<;,  Uvaviiptujvus  ii/dii]  äitiovrog 
(fvkijq  TT^ivTapevovoijg  OlvtjiSog  Krijaicpujv  Atioo- 
divoi'i  '^IvacpXvOztog  *)  eiTTS.  Alan  könnte  in  der  fal- 
schen Stellung  des  a^^ovToq  (es  musste  nach  officiellem  Ge- 
brauch i:i'  i^L'dL'y.Xeovg  do^ovroi  heissen)  einen  Beweis 
finden,  w  ic  ein  nicht  iiinreichcnd  Unterrichteter  den  Namen 
des  Prjtanienschreibers  irrig  für  den  des  Archonten  nahm 
und  eine  fehlerhafte  Ergänzung  machte.  Sei  denn  Eiithj- 
-kies  Schreiber  der  dritten  Pr_\tanie  im  Jahre  des  Chai- 
rondas  gewesen,  so  würde  nach  Ausweis  dieser  Datirung 
Ktesiphon  seinen  Antrag  am  t  7-  Octobcr  338  eingebracht 
haben,  während  die  Schlacht  von  Chaironeia  am  siebenten 
flletageitnion  (Plutarrh.  Camill.  19),  «las  heisstam  4- August 
geliefert  war. 

Man  stellt  sich  den  Zusammenhang  nun  so  vor.  De- 
mosthenes  war  bei  seinem  patriotisrhcn  Eifer  für  den 
Krieg  gegen  Philippos  auf  das  Jahr  des  Chairondas  zum 
TElXoTtoiog  und  zugleich  zum  Vorstand  der  Theoriken- 
casse  ernannt  und  gab  zu  den  in  beiden  Aemteru  ihm 
am  ertrauten  Geldern  Bedcutcniles  von  dqm  Seinigen,  be- 
sonders als  es  gleich  nach  der  unglücklichen  Schlacht 
darauf  ankam,  die  Stadt  schnell  in  Vertheidigungsstand 
zu  setzen.  Aber  sobald  der  Friede  vermittelt  war,  be- 
gannen seine  Gegner  ihn  auf  alle  Weise  anzufeinden, 
und  um  eine  Aeusserung  der  Volksgnnst  für  ihn  zu  ge- 
wintien,  beantragte  Ktesiphon,  Deniosthenes  auf  den 
nächsten  grossen  Dionysien  zu  kränzea;  dem  aber  trat 
Aischines  mit  seiner  Klage  Jiaoavofxvjq  wenige  Tage 
vor  den  Dioinsieli  entgegen,  und  die  Sache  blieb  bis  zur 
gerichtlichen  Entsclieidung,  das  heisst  bis  zum  Herbst 
330  suspcndirt,  «vo  «Icnn  allerdings  gegen  den  Kläger 
«ntschieden   worden. 

Fortsetzung  folgt*) 


Persotial-Chronik  und  Mise  eilen. 

Weimar.  Herr  Director  Gernliard  liit  zu  iler  fiir  den 
25-  April  anbcraunilcn  KiitUssiuigsfcieilicIikeil  aiiicli  ein  Pro- 
graiuni  eingeladen,  wcicbes  Qiiacstioiiurn  I'latoincnrum  speci- 
men  pri/iium  enlhatt;  er  veibreilct  sich  über  de  repiibl.  Vlll,  1. 
und  IV,  5.  Die  Zahl  der  das  fiyninasium  besuchenden  Schüler 
war   150. 

*)  Ich  übergehe  es  für  jetzt.  Ober  die  zwei  Ktesiphons , 
die  Ilaipokration  unterschieden  wissen  will,  "nd  über 
I.eosiheiies ,    den   angeblichen    Vater    des   unseligen,    zu 

5|)icchcn. 


Zeitschrift 

f ü  r   die 

AI  terthu  ms  wissenschalt. 


Sonntai^  j  9-  Jnni 


18  39. 


Nr.  69. 


Die  Urkunden  in  Deiiiosthcnes  Hede  vom  Kranz. 

(For  ts  etzuni;.) 

Ktesiphons  Antrag  ist  in  folgender  Artmotivirt:  tTlSldij 
£lij^iood£vi]i  .  .  .  .ysvöjiEvoq  in  f  i-iaXijvijg  r/J?  tuju 
TEixiiiv  iiiioy.Evijq  y.ui  noogavakujaai  ei'g  tu  Igyc. 
dno  Ti]g  idiug  ovaiai  TQia  räkavTa  ensdcoy.E  ravra 
TU)  Siifxoi  xai  kni  T o V  dsojQ/y.ov  y.UTaOTudeii 
enedojy.e  xoii  ix  Tcaauiv  xwv  (pvkojv  SsojQ/yoi;  iy.a- 
Tov  fj.väg  st'i  dvaia.Q,  dedöx^ac  x.  t.  k.  Mehrfaclio 
Aeusserungen  lies  Aischincs  bestätigen,  dass  jener  um  die 
Zeit,  wo  Ktesiphon  diesen  Antrag  machte,  beide  Aemter 
gehabt  habe.  Aber  Aischincs  belehrt  uns  genauer  über 
die  Fassung  des  Antrages  g.  236  :  7)6eojg  ö'  av  eycuys 
ivavTi'ov  Vf^tujv  dvakoytoo.if^np  TiQog  rov  yQaipavTU 
CO  ip}jrf/oua,  8/d  Tioi'ag  eieoyeaiag  di;ioi  ^tjf-ioa- 
&evi]v  OTECfavdjoat-  ei  ftsv  '/«p  kiyEic,,  o^ev  ti}v 
aQXi^v  T  o  ii  ip)j  cfi  0  f4  ar  o  g  inonjouj,  öri  rac, 
rdcpQOi'g  rag  tte^ji  t«  rE'Xif  y.akuji;  izücpQEvaE^  &ai'- 
fxa^vj  aov.  Also  Ktesiphons  Antrag  muss  mit  Erwäh- 
nung von  Gräben,  die  Demosthenes  habe  ausführen  las- 
sen, begonnen  haben;  ans  dem  gleich  folgenden:  ov  yuo 
TtEQixuoo.xwauvru  X"V  ^'^-  ^^^7.']  ovÖe  rag  dij/^io- 
otag  TUCfdc,  dvekovTa  xuv  ögd'jji;  UETtok/TELiftii- 
vov  övjgeug  aljEiv,  ersieht  man,  dass  um  dieser  Schanz- 
gräben uillcn  selbst  die  öiTentlichen  Gräber  nicht  geschont 
wurden.  Dasselbe  freilich  mit  der  Färbung  der  entgegen- 
gesetzten Parteiansicht  bezeichnet  Lykurg,  wenn  er  die 
Stimmung  und  das  Treiben  in  der  Stadt  nach  der  Bot- 
schaft der  IViederiage  schildert  (xaiu  AtiOXfiaTOVO,  %.  44) 
y.aizot  y.ax  ixEivovq,  Toig  xQouoLg  oiJx  laxiv  ijrig  ijkr/.ia 
ov  TtapioxETo  EavTi]v  sig  xijv  xijg  Ttökevjg  aujxijQiav, 
ore  ij  fj.ii'  j;w'pa  xd  öivSoa  ai'vEßdkkExo  ol  di  x £- 
xeke vxijxd T £g  xug  9ijxag,  ol  dh  vE<p  xd  ünkc.- 
ETtsuEkovvTO  yuQ  Ol  fihv  xfjg  xiijv  xeiyojv  xaxa- 
ay.evi]g,oi  di  xfjg  xwv  x dcfoviv,  oi  de  xijg  xuoa- 
y.ujOEüjg.  Auch  Demosthenes  bezieht  sich  auf  diese 
Gräben  an  mehreren  Stellen,  besonders  g.  248:  UExd 
Tt]v  uax>)i'  Ev^vg,  yiiix  oüd'  dyiv)f.iovf]aai  xi 
&avfinaxog  ijv  xovg  nokkovg  TTQog  i/^ii,  ttqcoxov 
fiev  7iE(ii  autxijoiag  xijg  nokEujg  xdg  ifidg  yvojfiag 
exEiQOxöosi ,  xai  nduS'  6oa  xrg  (fvkaxijg  ivExa 
iiiQarxExo ,  i;  didxa^ig  xüjv  (fvkuyMv,  oi  xdcpooi, 
T«  eig  xd  T£;;f;;  ;fpr/'/.<«r«,  Suc  xujv  if.w~iv  ipi-qiojiü' 
xiov  iyiyvETo-  ineii^'  aiQov^iEvog  aixu'jvi]v  ix  ndv- 
Züiv    i^e  ixEigoTÜvijOEV  ü   dijf^og.      Demosthenes    fügt 


hinzu,  wie  sich  nachher  (/.tExä  xavta)  die  Gegner  ein 
Geschäft  daraus  gemacht  hatten,  ihn  auf  alle  mögliche 
Weise  anzugreifen  {yQC'.ffdg,  Ei'&ivag,  EtgayyEh'ag, 
ndvxa  xuvx'  inayovioiv  i^oi),  so  dass  cr^  xovg  ttquj- 
xovg  x(>''<i'oi'g  y.axd  xijv  ijnioav  ixdaxijv  vor  Ge- 
richt gestanden  habe.  ^ 

Man  hat  diesen  Ausdruck  xoiig  Ttou'ixovg  XQOVOvg 
so  verstanden,  als  heisse  es  die  erste  Zeit  nach  der 
Schlacht  von  Chaironeia;  aber  dagegen  spricht  nicht  bloss 
das  Obige,  /<£r«  r/j/J  [Ktx^^v  Ev^vg  sei  Alles  nach  sei- 
nen Antragen  geordnet  worden,  und  dann  erst  {jiExa 
xavxa)  systematische  Anfeindung  der  Gegner  gefolgt; 
wir  finden  in  den  freilich  entstellten  Angaben  des  Ai- 
schincs noch  weitere  Bestätigung.  Nach  der  Nachricht 
von  der  Schlacht,  sagt  Aischincs  §.  159.  xrjiljui;  TTQog- 
kaßuiv  i'fiüjv  [y.ai]  xovg  "Ekhjvag  }joyvgukoyi]a£- 
y.axuyovorrg  öe  airov  Etg  xi)v  TCÖkiv  xijg  dnoogSo' 
y.i]xov  aujzijojag  xovg  fjlv  itQojxovg  XQO^^oyg 
vnöxQo^og  fjv  dvi^ovjTtog,  v.o.i  Traoiojv  ij^i/ifvijg  inl 
xb  ßrjixu  eioijvocpvkaxa  vfiitg  avxoi'  ixEkeve  %f'po- 
xovEiv  i'/JEig  öi  xaxd  fuv  xovg  TTQuixovg  XQovovg 
ovo'  inl  xd.  ipijcpio^iaxa  iidzE  xd  z/ijfwa9svovg  etii- 
yoäcpeiv  övo^u,  äkkd  JSavatxkEi  xoixo  TtQogtxo.x- 
TSXS.  Hieraus  crgiebt  sich,  dass  Demosthenes  gleich 
nach  der  Schlacht  noch  mit  seinen  eigenen  Psephismcn 
die  Befestigungsarbeiten  so  gut  wie  die  Aussendung  zu 
den  Hellenischen  Staaten  (das  betrelfende  Psephisma  wurde 
in  Dinarrhos  Rede  1.  c.  verlesen)  veranlasste,  und  erst 
nachdem  der  Friede  geschlossen  war,  mag  er  jenen  viel- 
fachen Anfeindungen  ausgesetzt  gewesen  sein  (cf.  Aischin. 
g.  2'27).  Jedenfalls  aber  wurde  gleich  damals  dem  De- 
mosthenes ein  Zeichen  allgemeiner  Achtung  (('-7 fo  ^J'i'^; 
g.  28"'i.)  xeiooxovuiv  ycw  6  di;uog  xuv  eoovvt 
'ijilxoig  xExiktvxrxooi  tiuq  avcd  tu  TTQuyfiuxa 
ov  ae  ixElQOxövilOEV,  sagt  Demosthenes  gegen  Aischines 
.  .  .  ov8e  ziiuidöi]v,  d(,xi  uETinny/.oxa  xi;v  Eigtjvi;y 
X.  X.  k.  (cf.  Aischin.  §.  15'-'.  ETÖ/.f^ajOEy  xoig  SguTtE- 
xuig  noalv  dvaßug  iiti  xov  xd(fov  xov  xwv  xtkEv- 
Tiiodvxujv  iyy.ü}iitdCE/v  xijv  iy.iivojv  uqexi-v).  Es  ist 
damit  die  regelmässige  Todtenfeier  gemeint,  die  zum 
Gedächtniss  der  Gefallenen  jährlich  am  bestimmten  Tage 
(iUo  die  Cic.  Orat.  c.  44)  im  Kerameikos  gehalten  wurde 
cf.  Isoer.  ntol  Eigtjvijg  §.  88.  Diese  Feier  aber  fällt 
gewiss  nicht  zusammen  mit  dem  Trauerfest  der  Genesien 
am  fünften  Boedromion  (Becker  Anecd.  I.  p.  86),  "le 
Weber    in    seiner    trefflichen  Abhandlung  „über  Pcrikles 


547 


548 


standrede"  p.  ID  rermnthet;  TliuLvilides  (11.  34  nnd  47) 
bczcicliiict  das  Datum  dieser  Feier  mit  den  Worten  ei) 
T(.'7  ;^f/nojf<  uud  zwar  hat  er  kurz  vorher  (c.  31)  das 
(f^lvoTIojpov  Tor  dfnov;  cnv.'ihiit  (diess  reicht  vom 
21.  September  bis  5.  November  nach  Idler  Handburh 
der  Chronologie  I.  p.  25?),  darauf  eine  andere  Begeben- 
heit rot'  deooi'i  TuiTOi'  TeXsi'TwvTo;,  dann  tov  ixi- 
ytyvoutvov  X^niojvoi  einen  Vorfall  in  Akarnar.ien  und 
dann  erst  iv  Tiji  uiTi/i  /f/,uw^/  die  Leiclienfeier  im 
Kerameikos;  eine  spätere  Begebenheit  dieses  Winters  er- 
w,ahnt  er  niclit.  Diese  Notizen  und  die  Vergleichung 
mit  andern  Leiilienfeiern,  namentlich  der  für  die  im  La- 
niisrhen  Kriege  Gefallenen  (s.  meine  Gescliichte  des  Hel- 
lenismus I.  p.  T4)  lehren,  dass  die  Feier  im  Kerameikos 
uothiveniliger  Weise  nach  dem  angeblichen  Datum  des 
Ktesipliontisrhcn  Antrags,  nach  der  Witte  Octobers  ist. 
Ja,  «ir  «erden  sie  «ohl  in  den  tiefen  AVinter  hinab 
rücken  dürfen  und  halten  wir  die  Zeitbestimmung,  Tiap' 
avTci  TUTCoclyuaTC.  und  dort  7ltllouy/.6iu  tijv  £/oiji/ijv 
auch  nicht  hier  allzustreng,  so  ist  es  doch  immerhin 
wahrscheinlich,  dass  geraume  Zeit  zuischen  der  Schlacht 
von   Cliaironeia   und   dem  Friedensabsclilusse   verging. 

Wir  können  somit  als  die  vorzüglichsten  A'orfalle  in. 
dieser  Zu  ischenzcit  et»a  folgende  bezeidinen.  Gleich 
iiacli  der  .Schlacht  «ar  man  in  Athen  eifrigst  bedacht 
auf  iveitcren  AViderstand,  Hvperides  machte  sein  berülim- 
tes  Decret,  den  Sclaven  die  Freiheit,  den  Eingesessenen 
■las  Bürgerrecht  zu  geben  (L^vkurg.  XUTU  Asur/.Q.  ^.  37. 
Longin.  Tisot  rip.  XV.  lü).  Wan  envartete  einen  An- 
griff der  Makedonier  auf  Attika,  eine  Bciagcrniig  der 
Stadt.  IMau  flüchtete  alles  beuegliche  Gut  vom  Lande 
herein;  man  ordnete  die  Wachtposten,  man  uarf  Sclianz- 
gräbcn  auf,  baute  Fallisadirungen ,  stellte  in  möglichster 
Eile  die  Mauern  her.  Darauf  u  urde  Demosthcnes  zum 
ntTOiVI  i  gewählt  ,  offenbar  um  bei  der  criiarteten  Be- 
lagerung die  Zuiiihr  für  die  Tausende,  die  sich  in  die 
Stadt  zusammendrängten,  zu  besorgen.  Indess  miiss  sich 
der  Eifer  der  Bürger  allni.'ihlich  abgekühlt  haben;  De- 
mades,  der  bei  Chaironeia  gefangen  war,  kam  mit  Fric- 
ilensantr;igen  vom  Philippos  (Diod.  XVI.  y7.  Domades  frg. 
VTtSo  ()wdiy..  §.  ',)),  die  Friedeuspartci  setzte  es  durch, 
dass  nicht  Charidemos ,  sondern  Pliokion  zum  Feldherrn 
erwählt  wurde;  endlich  kam  der  Friede  zum  Abschluss, 
rermulhlich   Anfangs   October. 

Noch  haben  wir  ein  Paar  Bestimmungen  nachzuholen. 
.Aischines  äussert  §.  I.jl).  oi'i  njn  ÜTld  OToatuntdov 
uuvov  r(i.i;iv  iklTliv,  ut.Ku  v.al  x)]v  kv.  Tlji;  Tio'kiiu)^ 
fvielleicht  oJ.'t.u  y.ui  dncdoa  iv.  Tij;  7iu/tui(;  cf.  JJ. 'J,j3) 
raii^orj  ■jgo;,Kaßv')v  vfiuiv,  Y.iu  roi'i  "EkLtjvai  ijoyv- 
Qoküyijae.  Naher  bezeichnet  diess  Dinarch  (y.urd  ^n- 
flOO^.  §.  80)  uTitvUt  (f]^oc  TV  Ipljcfiaua  (des  De- 
mosthcnes) raj  ijotjtiiva^  Tioioßeiag,  ent/öij  i^/.ovoe 
tiira  Tijv  uaxr^v  .  .  .  0i>.i:niav  et'i  ri)v  %w';>c<i/  ijuojv 
uEfJ.e.tt/  ii'^ßd/j.EiVi  aiTui  eci'iav  7ioeoij(VTi;v  y.u- 
zaay.cvdoai,  'iv'  t/.  r/;c  nüLivi^  dnuöaaiij ,  ov- 
ay.traoduivoi  r/Js  i^iu/y.ijoeoi^  oy.Toj  tu/.uvtu  oi'ötv 
(foavTi'ou;  tiJi;  tuts  Tiuooi'atjg  dTioaiag,  ijfix'  oi 
a/j.ui  ndvTS^  ex  tüüv  ediwv  iriedidooav  f/'s  r/yf 
ViUTloav  OüJTJ^piav.  AV'ir  wissen  Genaueres  darüber 
aus  Lykurgs  Rede  §.  72,  wenn  er  sa^t:    das   Volk,  das 


sonst  von  Sparta,  dem  Peloponnes,  Ton  den  Griechen  in 
Asien  zu  Hülfe  gerufen  wurde,  ot'Tug  eöeiro  tujv  e^ 
"Avdoov  y.ai  Kivj  y.al  Tgot^i^voi  y.al  Emöaugov 
£7liy.oi'()iftr  avTii)  fiCTa:itiilpaai}(>./.  Das  eben  ist  die 
Gesandtschaft,  die  damals  Demosthenes  unternahm,  wahr- 
scheinlich nicht  bloss  nach  diesen  beispielsweise  genann- 
ten Orten  hin.  Es  forderte  die  damalige  Lage  des  Staa- 
tes die  aufopferndste  Hingebung  Aller,  und  so  steuerte 
denn  Jeder  nach  seinem  A'ermögen  bei,  ja,  zuletzt  gab  auch 
Aristonikos  das  (ield  ,  welches  er  sich  bei  Freunden  ge- 
sammelt hatte',  um  sich  aus  der  Atimio  zu  lösen;  das 
Land  gab  seine  Baume,  die  Todten  ihre  Graber,  die 
Tempel  ihre  geweihten  AVaffen  hin ;  von  den  Bürgern 
sorgten  die  Einen  für  die  Zurüstung  der  fllauer,  amiere 
für  die  Anlegung  der  Gräben  ,  andere  für  «len  Bau 
der  Pallisaden.  Und  die  Leitung  aller  dieser  31aass- 
regeln  war  bei  Demosthenes:  Ttavi^'  uoa  rfjq  (fvkay.r]^ 
tvey.a  iiiQcixTETO,  sagt  er:  ?^  ötärct^ti  ztov  CfvXa- 
XiSi',  ai  TucfQoi,  TU  £ig  r«  tü^'J  XQVf'-'^^^'-  '^'"  ^"•''^ 
6/-UIJV  ifircf/OudTVjv  iy/yrero.  Demosthenes  hatte  die 
Sendnng  zu  den  Inseln  beantragt,  die  Aischines  mit  dem 
Ausdruck  ijoyL'f)oKuyi]Ot:  bezeichnet;  wahrscheinlich  for- 
derte Demosthenes,  uni  Geld  zum  Manerbau  zu  schaffen, 
ausser  dem  duyvQoXoyiiv  auch  die  Epidösis,  die  frei- 
willige Beisteuer,  und  er  selbst  gab  sehr  reichlich,  wo- 
von   gleich   ein  Hlehreres. 

Die  gewöhnliche  Annahme  ist  nun,  dass  eben  in  die- 
ser Zeit  Demosthenes  xSLy^onoiUQ,  gewesen  und  bei  der 
Gelegenheit  die  Epidösis  gegeben  habe,  die  jedenfalls 
von  Ktesiphon  als  Grund  der  Kränzung  mit  angeführt 
worden.  Auffallend  schon  ist,  dass  Demosthenes  JJ.  248 
hervorhebt,  «lass  er  zum  oiTv'ivi^g,  nicht  aber  dass  er 
auch  zum  rstxoTtoio;  gewühlt  worden,  und  doch  will 
er  in  jener  Stelle  eben  die  Zeichen  der  A'^olksgunst  auf- 
führen; man  könnte  sagen,  er  wurde  niclit  erst  nach  ilcr 
Schlacht,  sondern  in  den  regelmässigen  Archairesien  ge- 
wählt. Aber  ferner :  Demosthenes  hatte  zum  3Iauerbau, 
als  Ttiyo:iuiUi;  des  Pandionischen  Stammes,  fast  zehn 
Talente  iy.  riji  dioixijoscoi ,  aus  der  Staatscassc  erhalfen 
(Aisch.  g.  31),  ohne  Frage  war  jede  der  zehn  Plijlen 
auf  gleiche  Weise  zum  Bauen  mit  Geld  versehen  ;  es  ist 
unwahrscheinlich,  dass  der  Staat  <lamals  an  Idü  Talente 
für  den  Bau  der  flauer  aulbringen  konnte.  Do(-h  über- 
gehen wir  diese  und  ahnliche  Probabilitaten,  um  sofort 
den   entscheidenden   Grund    herauszustellen. 

Aischines  spricht  von  Den)osthencs  IMauerbau  folgen- 
dcrmaa.ssen  (§.2/):  £1'  0'"?  Xc.  l  p  (ö  v ö  o  f  dgX^"- 
Toq  Oaoyijkiuivui;  fiiivog  öevriion  (f^ivuviog  t/.xkij- 
bi'ag  UL'O)].;  iyijuips  'tp/jcfioi-ia  Ji]iioo3ivi]i  äyofjdv 
TTOtiiOui.  tdiv  (fitkuiv  ^y.ipo(fOQiuJvui  öe.vuija  Iota- 
fuLvov  y.al  xgic^,  y.al  ineia^ev  iv  t(J7  >l'i:(f/of^iaTi. 
ey.äaniQ,  tmv  (fvkdiv  ekiaSui  loiq  i:iifiitjji>i]aofji- 
voi'i  zu}v  ii)yu}v  siri  TU  Tfi'yij  y.al  caiiitiq  y.  r.  k. 
Aus  diesem  Zeugnisse  des  .Aischines  ergibt  sich,  da.s» 
Demosthenes,  weit  entfernt,  gleich  nach  der  Schlacht 
TttXo:ii)iui  gewesen  zu  sein,  10  Wonate  später  (l(i.  Mm 
337)  den  Antrag  machte,  in  den  nächsten  Tagen  (19- 
und  20.  Mai)  dergleichen  in  den  Versammlungen  der 
Phjlen  zu  wählen.  Und  doch  ist  auf  seinen  Vorsclilag 
gleich    nach    der  Schlacht    an    den    Mauern    und    Graben 


549 


550 


gcbant  worden  !  Jenes  Zcugniss  hat  man  anf  alle  Weise 
zu  übcrseitigen  gesucht,  da  es  allem  dem  ll^^)o(hesil•len 
Zusammcuhang  der  ^'erhaldiisse  zu  widersprechen  schien, 
namentlich  hat  man  emendiren  wollen  71  ou  Xalnmvduv 
«p;fOfro5,  gegen  allen  officiellen  Gebrauch,  dem  sich 
jene  Stelle  mit  ihrer  genau  berechnenden  Datirung  an- 
schliessen  muss.  Wir  werden  linden,  dass  sich  Alles 
vereint,  um  die  vollkoninien  feststehende  Lesart  gegen 
alle  Eniendation  zu   sichern. 

Als  festen  Punkt  wollen  wir  einmal  die  Angabc  des 
Aischines  nehmen,  dass  am  Ende  von  Ol.  Hü.  3-  auf 
Dcmosthcnes  Antrag  aus  jeder  der  zehn  Phjlen  Einer 
gewählt  ist,  den  Bau  der  IMauern  zu  leiten;  denn  was 
gleich  nach  der  Schlacht  geschehen  war  ,  konnte  nur 
tumultuarisch  sein.  Und  gerade  <licss  wird  uns  auf  die 
überraschendste  Weise  durch  eine  Inschrift  bestätigt,  wel- 
che zuerst  von  Herrn  Franz  im  Bulletino  dell'  instifuto 
di  corres[)ondenza  archeologira  per  l'anno  18  iö ,  p-  79- 
herausgegeben,  von  Herrn  Müller  in  der  Göftinger  So- 
cietät,  von  Herrn  3Icineckc  in  der  Berliner  Acadeniie  in 
besonderen  A'orträgen  erläutert  ist;  aus  Herrn  IMiiller'K 
Untersuchung  linden  sich  einige  sehr  schätzbare  Notizen 
in  den  Gott.  Gel.  Anz.  183(3-  Stiick  Ö3  A'.  Diese  In- 
schrift enthält  die  Bruchstücke  eines  Volksbeschlussos, 
dass  die  Mauern  der  Stadt,  des  Peiraiens,  die  langen 
Mauern  und  tu  Tii^l]  tu  7l£oi  ruv  7'  .  ...  zu  einer 
durchgehenden  Reparatur  sollen  verdungen  «erden,  und 
zwar  soll  ü  dg/^txl/.Tujv  6  z4;|;£/(>oroj'/;|W6i'OS  i'TCO  tou 
öljuov  den  ganzen  Bau  in  zehn  Theile  zerlegen  und  an 
die  Bauuntcrnclimor  vermietlien  (ot  jiioSüjrxi.iiSDOt  auch 
Ol  do](CTl'/.TOV£i)i  diese  sollen  dann  im  Ratli  der  Fünf- 
hundert in  Eid  genommen  werden ,  dass  sie  Alles  nach 
weiter  unten  angegebenen  Bestimmungen  anfertigen  und 
zu  festgesetzter  Zeit  (wie  aus  dem  Späteren  erhellt,  in 
fünf  Jahren)  fertig  sein  wollen;  dann  heisst  es  weiter, 
es  sollte  nach  Vollendung  des  Werks  eine  Berechnung 
der  geleisteten  Arbeit  aufgestellt  werden  i:ii  jov  Tii- 
Xovg  y.cd  ei'^  to  /u^tqioov  'loug  tov  SijfKm,  und  es 
soll  dabei  aufgezeichnet  werden,  üa  uv  eiieuey/.ojoiv  Ol 
d()XtT£y.TOveq.  Den  zweiten  Tlieil  der  Inschrift  biltlet 
die  Reihe  von  Bestimmungen  über  die  Anfertigung  des 
Baues,  vorn  und  gegen  Ende  desselben  hndet  Hr.  Mi'iller 
von  Gräben,  Pallisaden  u.  s.  w.  erwähnt.  Der  dritte 
beginnt  mit  den  Worten  y.aia  Tade  fiefiiot^ojritt  tu 
egyaofiifu,  und  noch  sind  zwei  Bruchstücke  von  den  zehn 
verschiedenen  Verdingungen  vorhanden.  Für  unsern  Zweck 
ist  besonders  wichtig  Zeile  37:  oi  TlüjXncut  y.ai  6  SRI 
TTJ  Siui/.ijmi  '^"IßQ.  .  .  oT^itov.  omektit;,  was  Herr 
3Iüller  vollkommen  überzeugend  hergestellt  hat:  AijOidv 
AvxoiiQyov  BuvTuöij^.  Bekanntlich  hat  Lykurgos  drei 
Pentaeteriden  hindurch  der  öio/'yjwi^  vorgestanden  in  der 
Art,  dass  er  zwar  selbst  ilas  ganze  Rechnnngs»  csen  lei- 
tete, aber  immer  einen  seiner  Freunde  den  Namen  dazu 
hergeben  licss  (tcSi/  (fit_u)V  Sl.tyoaipcifici'ö^T/ixi),  ilen 
vorher  das  ^'olk  auf  seine  Veranlassung  zum  Schatz- 
meister der  Verwaltung  gewählt  hafte"  (Müller  in  G.  G. 
A.  lcS36.  p.  523).  Diese  drei  Finanzperiodcn  sind  nach 
Böckh's  treulicher  Untersuchung  entweder  von  Ol.  110-  3- 
bis  Ol.  113.  3.  oder  von  Ol.  U)',!.  j.  bis  Ol.  ll'J.  3, 
und    ich    glaube,    mau    muss    dieser    letzten    Bestimmung 


den  Vorzug  geben.  *)  IVach  Ausweis  unserer  Inschrift 
hätte  dann  mit  Ol.  HO.  3  5  dem  Jahre  des  Chairondas, 
sein  Sohn  Ilabron  die  Stellung  als  ö  inl  tv  itiioiV.i'iOEl 
übernonmien,  und  unter  seiner  A'erwaltung  wäre  somit 
der  Vorschlag  des  Demosthenes  vom  Ende  des  Jahres  Chai- 
rondas zur  .Ausführung  gekommen.  Den  Ruhm  dieser  grosSert 
Maassregel  nimmt  allerdings  Demosth.  für  sich  in  Anspruch 
(§.  29!))  Tov  di  Tiixiofiuv  TovTOv,  üv  av  itov  Ött- 
nuQtq ,  y.ai  t}jv  TUfmiiuv  ui;/a  fitv  i'xQiTui  y.ai 
inaivov  y.Qivjj  y..  r.  A..  ov  XiOoig  iTeixioa  Tt)v  ivokiv 
ovöä  Ti}Jvi}otq  iyu)  ovo'  int  rovToig  i^iiyiGrov 
T ui V  i^iuvToS  Cfoovt]}  y.  t.  X.  Dicss  kann  sich  nicht 
bloss  auf  die  extemporisirten  Maassregeln  gleich  nach  der 
Schlacht  beziehen,  die  so  bald  eine  weitere  Reparatur 
der  Befestigungen  ndthig  machten;  es  hat  nur  Siuu, 
wenn  es  Angesichts  der  grossen,  fertig  dastehenden  Neu- 
bauten j;esagt  ist;  unil  eben  diess  ist  ein  Beweis  mehr,  dass 
des  Lyknrgüs  A'ertvaltnng  von  Ol.  109.  3.  zu  datirenist; 
denn  hätte  Lykurgos  diess  Amt,  erst  Hü.  3.  beginnend 
bis  Ol.  111.  3.  verwaltet,  und  iiäre  ihm  dann  erst  sein 
Sohn  Habroii  gefolgt,  so  konnte  das  erst  in  fünf  Jaliren 
zu  beendende  Werk  nun  Ol.  112.  3?  wo  der  Process 
verhandelt  wurde,  nicht  so  fertig  dastehen,  wie  es  De- 
mosthenes '^Vorte  bezeichnen.  —  Gegen  unsere  Annahme, 
<lass  Demosthenes  Antrag  derselbe  sei,  dem  jenes  grosse 
Unternehmen  gefolgt  ist,  könnte  man  die  aus  der  In- 
schrift hervorgehende  Bestimmung  über  den  Architekten 
und  die  ebenso  genannten  Unternehmer,  durch  welche 
ja  doch  die  Ernennung  der  Epistafen  in  den  zehn  Plyleu 
überflüssig  werde ,  geltend  machen.  Aber  wenn  eben 
d.is  gesammte  Unternehmen  in  zehn  Abschnitte  getheilt 
wird,  so  ergibt  sich  daraus,  dass  es  eine  Beziehung  zu 
den  zehn  Phylen  haben  muss,  und  offenbar  ist  auf  den 
M  etteifer  der  Stämme  gerechnet  worden,  welcher  dcrPracLt 
und  Tüchtigkeit  der  Ausführung  nur  förderlich  sein  konnte. 
So  werden  denn  aus  der  Staatscasse  an  die  Pandionis   (und 


*)  Diese  Frage  ist  in  neiiesler  Zeit  mehrfach  besprochen 
worden  Für  die  Ansicht,  dass  seine  VerwaUiini;  erst  Ol. 
110-  3  .Tniidangen ,  wird  besonders  angcfülirt,  dass  nach 
dem  Decrit  hinter  Pliilarchs  X  Oralt.,  sowie  nach  der  oft 
cilirlcn  Sicllc  des  Hyperidcs  bei  Apsines  Ljkiirgos  tk^- 
S-eli  inl  T>}  JioKjJoH  dt'n  Bau  des  Theaters,  der  ScIiiU- 
werlfcn  n  s  w.  Iiesorgle ,  alle  diese  Dinge  ober  nach 
Aischines  (xini'i  KTtjn.  §.  23)  bis  zum  Gesetze  des  Hegemon 
unter  dem  TlitoriKcnvcrsvahcr  standen.  Es  genügt  da- 
gegen anziifüliien,  ilass  als  Lykiirgos  diofy.riniq  nicht  bloss 
die  erste,  sondern  alle  drei  Pcntaelcridcn  gerechnet  wor- 
den, in  denen  er  entweder  selbst,  oder  durch  Andere  die 
Vecivaltung  leitete,  wie  dicss  aus  di  n  ausdriicklicheu 
Worten  des  Decretes  erhellt.  Das  Gesetz  des  Hegemon 
ist,  nachdem  Dciiioslbenes  die  Theorikciikassc  veiwallctc, 
und  vor  dem  Process  gegen  Klesiphon,  also  zwischen 
Ol.  tu.  I.  und  01.112.  3  scgeheif;  und  jcncZ«ei:.e  des 
Staatshaushaltes  werden  wohl  in  der  zweiten  Peiilaeteris 
.TU  die  äwlxriatq  znriickgcfallc n  sein,  l'ebrigcns  wird  nini» 
von  Aischines  Ans<lrnck  wohl  P.edctitendes  subtrahijcn  und 
annehmen  Uiirssen,  d.iss  die  Thcorikcnk.isse  nur  hier  und 
da  einmal  alle  oder  die  meisten  der  dort  angelührleu 
Dinge  in  sich  vereinigt  halle;  Demoslheues  winde,  wenn 
er  in  diesem  Amte,  r.och  vor  Hegeinon's  Gesetz,  so  Ee- 
deulcndes  7u  verwalten  gehabt  halle,  uns  nicht  geschenkt 
haben,  seine  Verdienste  aus  seinem  eigenen  Munde  za 
vernehmen. 


551 


552 


gewiss  ebenso  an  jeden  andern  Sfamin)  itr/ooi'  Sctf  öiy.a 
Ta/.«)Trt,  nafiirliih  für  jedes  Jahr  vertbeilt,  nnd  in  jeder 
einzelnen  Plivle  wird  ein  eiriiiiki-rijg  tujv  tgyiuv  fori 
■r«  T£i';^;;  und  ein  TaulaC  erwählt  (fV  >;  iTÖ/.ig  sxoi 
vrzei'Dvra  aioitaTd ,  rrc.o'  (or  etie'/J.E  -viijr  dvr}.v)iievuiv 
koyor  u:TOl.r,l\i£a{hi.l  Aiscliin.  g.  27).  Anderer  Seits 
ernennt  das  ^'olk  einen  Bauverstandigen  znr  Leitung  der 
Gesanimtunterneiinmng  und  verdingt  jede  der  zehn  Bau- 
sfrcokeu  an  ebenso  viele  Entreprejieurs  ,  deren  ^'erant- 
worllicbkeit  sich  natürlirh  niclit  auf  die  Ocblsaihen , 
sondern   nur   auf  die  Contraktmassigkeit  des  Baues  bezieht. 

J»o ,  glaube  ich,  haben  wir  mit  Bestininitiieit  eine 
doppelte  Thiitigkeit  des  Demosthenes  für  den  Manerbau 
zu  unters(  lieideu  ,  die  eine  in  jener  tumnltuarischen  Zeit 
•{leicli  uacii  der  Sclilacht ,  die  andere  während  des  gros- 
sen Baues,  »o  er  seine  Ph>le  repräsentirte.  A\  ären  sie 
nicht  unterschieden,  sondern  Böckh's  Emcndation  richtig, 
nach  der  im  Skirophorion  vor  Chairondas  der  3Iauerbau 
beschlossen  und  das,  was  nacli  der  Schlacht  geschah, 
nur  dessen  Fortsetzung  sein  würde,  so  halte  Demosthenes 
Tuv  TCr/icfin)r  xovtov  y.ai  t);i'  Turfoeiav  nicIit  erst 
?.  2'  •  erwähnt,  sondern  unter  den  Torbereitungen  zum 
Kriege   von   Chaironeia. 

Hier  können  ivir  ein  zweites  Recret  bespredien  ,  das 
sich  leider  nur  in  fehlerhafter  Abschrift  erlialten  liat;  es 
ist  ein  Ehrendecret  des  Demosthenes  für  seinen  Oheim 
Demosthenes,  lange  nach  dessen  Tode  gemacht,  und  ent- 
hält die  wichtigsten  Punkte  aus  dem  olTentlichen  Leben 
des  grossen  Redners.  Es  heisst  dort:  Acii-  tl^  Tr,r  tei- 
yonoitav  avd't.üjae  x^^Q'^'^ovt^S^s'k;  vno  tov  6y;uov 
c^T^öoiTo;  av-voD  Tgla  Takai-ra  y.al  «;  enedor/.E  ovo 
rdifgov^  rrfol  xov  Ileiouid  racposi'arag  y.a'i  jieru  ttjv 
ev  Xutoüiviiti  fjoiyi^v  i'TiiSujy.s  -rdkawov  y.a'i  Et'i  ttiv 
atrvii'tav  ärciöojy.s  £v  xy  cnrubcu^  TuKavTuv.  An  der 
Echtheit  dieses  Decretes  zu  zweifeln,  ist  kein  Grund 
vorhanden,  wohl  aber  gelten  die  Worte  für  verderbt,  so 
dass  schon  mannichfache  ^'ersnche,  durch  Auslassung 
oder  Veränderung  zu  heilen  ,  gemacht  sind.  Jedenfalls 
lassen  sich  nach  den  bereits  gemachten  Bemerkungen 
hier  die  beiden  Bestimmungen  j.icra  Ti;v  It^X',^'  """^ 
tii  Ti;j'  TBiyon onav  ■/tiooTovrjliki.Q,  vnu  xov  öijfiov 
deutlich  unterscheiden;  wir  finden  die  To.Cfooi  \ind  die 
(Tixujiiu  erwähnt,  die  unmittelbar  der  Schlacht  folgte; 
und  irre  ich  nicht,  so  enthält  diese  Stelle  auch  die  zwei- 
maligen Bauten  unil  die  von  Demosthenes  gemachten  Zu- 
schüsse erwähnt.  Aischines  (^  17)  sagt:  /.ti;ci  yno  ov- 
iii--  xityoTCütu.;  iiuf  ouuKuyuf  dkk'  emötöojy.a  xij 
xul.il  iivdg  iy.uxov  y.ai  xu  ioyov  uetCov  iBiinyacr- 
/lo.i.  .So  konnte  von  jenem  Eillian  gleich  nach  der 
Schlacht  nicht  geredet  werden.  Leider  aber  fiiMh'n  wir 
in  Deniochares  Decret  nicht  die  hundert  Minen,  sondern 
drei  Talente,  und  es  ist  «loch  kaum  glaul>Iich,  dass  Ai- 
schines in  jener  Stelle  das  von  Demosthenes  Aufgewen- 
dete zu  gering  sollte  angegeben  haben,  ohne  dass  sich 
eine  Entgegnung  in  ilesscn  Iledc  fände,  man  niüsste  denn 
annehmen  uoUen,  dass  Aischines  in  nachträglicher  lleber- 
arbeitiiiig  aus  3  Talenten  l'/^  zu  machen  für  gut  befun- 
den habe,   was   doch  sehr   unwahrscheinlich   ist,    da  auch 


hnndcrt  Ulinen  immer  noch  eine  anständige  Epidosis  sind. 
Wir  haben  oben  die  AVorte  des  Aischines  gegen  Ktcsi- 
phon  (S.  23li)  angeführt:  et  [itv  yuQ  keye/i,  .... 
oxc    xag    xdcfQovi,    xug   irsQi,   xa    xslyy    xakajq    exd- 

(figcrae,    i^ainiäLu)    crov ov    ydp   ireQ/yaoa- 

y.ojaavxa  yor,  xu  xelyij  oi'Se  xag  5i] fioaiag  xu(fa.g 
dvskovxa  xuv  6q9uj(;  ncTroktxevjiei'ov  düj(>caq  a/'xeiv. 
AVenn  Aischines  genau  gesprochen,  so  kann  mit  dem 
8i]U0nir/.q  xa(fa(;  nur  das  Fehl  des  äusseren  Kerameikos 
gemeint  sein,  während  in  dem  Decret  zwei  Gräben  um 
den  Peiraieus  genannt  »Verden;  aber  ich  glaube,  Aischi- 
nes hat  übertreibend  absichtlich  ungenau  gesprochen,  oder 
auch  er  hat  sich  persönlich  gegen  Demosthenes  gewandt,  was 
durch  die  gesammte  Anordnung  des  Baues  nothwendig 
war.  Es  kommt  Folgendes  dazu:  in  iler  grossen  Bauin- 
schrift ist  die  ganze  Arbeit  in  zehn  Theile  getheilt ,  die 
■jroujTi^  iiColg  ist  die  sogenannte  Nordmauer  von  dem 
biaxeiyiaun  der  Stadt  bis  zu  einem  Thore  auf  dem 
halben  Wege  zum  Peiraieus ,  der  fünfte  umfasst  die  Süd- 
mauer vom  diaxslyjcyfiu  im  Phaleros  bis  zum  Kephissoe, 
der  sechste  vom  Kephissos  ....  das  Weitere  fehlt;  aber 
man  sieht,  dass  der  zweite  Theil  die  andere  Hälfte  der 
Jiordmauer  bis  zum  Peiraieus,  der  dritte  und  vierte  die 
Mauern  der  Hafenplätze  und,  da  es  in  regelmässiger  Folge 
weiter  gehen  muss,  namentlich  der  dritte  Theil  den  an 
die  Nordmauer  anstossenden  Peiraieus  enthalten  haben 
muss.  Wenn  der  Entrepreneur  des  ersten  Theiles  ans 
Korvdallos  ist,  so  beweiset  das  nicht,  dass  jener  Theil 
der  Hippothoontis  zugefallen;  finden  wir  dagegen,  dass 
der  Paianier  Demosthenes  zwei  Gräben  in  dem  drittelt 
Abschnitte  des  Baues,  am  Peiraieus  hinzugefügte,  so  liegt 
die  Vermuthung  nahe,  dass  eben  die  Pandionis,  nach 
der  Ordnung  der  Phylcn  die  dritte,  jenen  Theil  be- 
kommen habe,  und  umgekehrt,  dass  Demosthenes  Bau 
der  Gräben  um  den  Peiraieus  eben  in  die  Zeit  gehört, 
wo  der  Peiraieus  die  dritte  Abtheilnng  Baues  ge- 
wesen. —  iMit  iliesen  Dingen  das  Decret  des  Deniochares 
in  ücbereinstimmung  zu  bringen,  gibt  es  zwei  Wege; 
entweder  man  verän<lere  ix/buixog  ui'xoü  xQia  xakavxu 
in  iTtiduvxog  ai'xov  TXXXX,  y.iu  aq  insÖioxE  Ovo 
xd.CffjovQ  y..  X.  k.,  oder  man  schreibe  £7ttduvxog  avxov 
xqIu  xdkavxa,  olg  y.ul  i'nedmy.e  8i'o  xdcfQoog  ttsqi 
xov  risiQa/d  xaffoei'crai,  so  dass  also  Aischines  mit 
scineti  100  Minen  nur  die  für  die  Mauer  selbst  verwen- 
deten, die  beiden  Gräben  ungerechnet,  bezeichnet  hätte. 
Dürfte  man  frei  schalten,  so  würde  man  die  ganze  Stelle 
SU  schreiben  können  :  y.C'X  £ig  xr,v  x£iyo-:TOllc(V  dvuKiücr£ 
X£iooxoD)j9£'ig  vno  xov  dijfzov  ETiiöövxog  avxov  xa- 
kavxov  y.ut  oig  £TT£dajy.£  dvo  xd(fi()ovg  Trfo)  xuv  Ij£i- 
QU.iö.  xarpocvaag,  yai  /i£xd  xriv  £v  XaiQUjvsia  l^tu'/'/" 
[£7iiSci)y.£]  xdkavxa  xgia  y.al  eig  xr,v  amovlav  iirt- 
övy/.c  iv  xrj  aixoÖ£'a  xdkarxov. 

Fortsetzung  folgt') 


Personal-Chronik  und  Miscelleu. 

rotsdain.      Am   24.  Apiil   starb    der  ehemalisc  Rcclor  am 
dorliscii  Gviunasiuin,  Job.  Samuel  Biittner,  82  Jahre  alt. 


Zeitschrift 

für   die 

Alteitliu  ms  wissen  Schaft. 


Mittwoch  j   12.  Juni 


18  3  9. 


Nr.  70. 


Die  rrkundcn  in  Demosfhencs  Re(le  vom  Kranz. 

(For  ts  e  tz  n  ng.) 

Befriedigen  auch  diese  Aenderuiigen  keineswes^s  ,  so 
scheint  doch  jedenfalls  sich  als  sicheres  ResuUat  der  bis- 
herigen Untersuchung  Folgendes  herauszustellen:  l)  Glcicii 
nach  der  Schlacht  wurde  in  aller  Eile  durch  freiivillige 
Beitr.'lge  die  Stadt  in  Verthcidigungsstand  gesetzt,  und 
Deniostliencs  gab  dazu  nach  Vermögen.  1>)  Mit  dem 
nächstfolgenden  Jahre  des  Phrynichos  begann  der  grosse 
Reparafurbau  der  Mauern,  mag  von  Deuiosthenes  das 
ganze  Unternehmen  oder  nur  die  Zuziehung  der  zehn 
Stämme  veranlasst  worden  sein,  ein  Unternehmen,  das 
dentlich  zeigte,  nie  die  Lenker  Athens  gar  wohl  an  einen 
neuen  Krieg  mit  Blakeilonien  dachten.  S.  Geschiclifc 
Alexanders  des  Grossi'n  p.  57-  3)  Deniosthenes  war  seit 
dem  Sommer  337  bei  eben  diesem  Bau  Verweser  Seitens 
der  Pandionis ,  «eiche  wahrscheinlich  die  Mauer  des 
Peiraicus  herzustellen  hatte;  er  verwendete  dabei  ent- 
weder drei  Talente  oder  1  Talent  4000  Drachmen  mit 
Einschlnss  der  beiden  Graben,  die  er  machte.  4)  In 
beiden  Reden  über  den  Kranz  findet  sich  keine  Andeu- 
tung darüber  ,  dass  Ktesiphon  in  seinem  l'^orschlag  auch 
die  vom  Deniosthenes  als  ÖiTViVVi  gemachte  Epidosis 
erwähnt  habe,  und  da  derselbe  mit  dem  t«s  rdcfQOVi 
TßS  Tt£(n  TU  TSixrj  y.akoii;  racfoei'craq  begann ,  so 
scheint  darin  auch  von  der  gleichzeitigen  Epidosis  für 
den  ersten  3]auerbau  nicht  weiter  gesprochen  zu  sein. 
5)  Das  Decret  des  Ktesiphon  und  somit  auch  die  Klage 
des  Aischines  muss  nach  dem  Sommer  337  gemacht  sein, 
und  der  Archon  Chairondas  in  der  Klage  ist  nicht  min- 
der falsch,  als  der  Euthyklos  in  Ktesiphon's  Psephisma.  *) 

Dass  aber  das  Decret  der  Kränzung  nicht  spater,  etwa 
da  wirklich  von  IVeuem  Krieg  mit  Makedonien  war  oder 
drohte,  zu  setzen  ist,  lehrt  Aischines  Angabe  §.  219. 
a7iin'£^&)j  yäp  1/  xaTci  TOL'Se  Tov   ipVjCfianuToq  '/oa- 


*}  Nacl)  dem  bekannten  Richteicid  ist  es  nicht  eilaubt.  OVo 
uqxuq  kqIui  töv  avTftv  Iv  tv>  c.yrw  Ivtavroi.  Aber  es  galt 
der  T4e;/ojioiÖ4  wohl  nicht  liii-  eine  ko/t)  ,  wie  man  aus 
Aischines  Bemühen  siclil,  es  zu  beweisen.  Die  Attische 
Verfassung  war  in  diisin  Sachen  ziemlich  unklar  ;  sie 
scheint  Commissavien  iibeihaiipf  nicht  als  üg/ul  anziisehrn. 
Wäre  das  Entgegengesetzte  liei  dem  o«iw)  j;?  nachzuweisen, 
so  könnte  auch  das  als  Grund  gelten  gegen  die  Aufnahme, 
dass  Demosthencs  vor  dem  Frühling  337  schon  an  der 
Theorikenkassc  gewesen. 


(fi),  ijv  oöx  vnlo  -rrj^  n'ökswg  «A.A.'  viieQ  Ttjg  -jzQog 
Aitavd^ov  ivösil^svjQ  fi£  (p)}s  ÜTtsvcyy.siv,  eri  (J^ikiTr- 
nov  ^üjvTog,  tiqIv  yt)Ji;av8Qov  ei'g  tijv  aoyjjv  v.a- 
TaOTIjvai  ,  d.  h.  vor  dem  Herbst  336»  so  dass  also  beide 
Actenstücke  nothwendiger  Weise  in  das  Jahr  des  Phry- 
nichos Ol.   110.  4.   gehören. 

Der  zweite  Grund  zur  Kränzung  des  Deniosthenes, 
der  in  dem  fraglichen  Psephisma  des  Ktesiphon  (§.  Il9]j 
angeführt  wird,  lautet:  y.al  Eml  tov  9-£uipty.ov  yara- 
OTuSAc,  iTciöoy/.E  -vol^  iy.  ^aowv  tujv  Cfvkuiv  deuiQi- 
y.oti;  exarov  tivdq  ctg  ^voia.v. 

Zunächst  müssen  wir  bemerken ,  dass  Deniosthenes 
Stellung  bei  der  Theorikenkassc  wohl  zu  unterscheiden 
ist  von  seinem  .'inite  als  dnrojvjjg,  zu  dem  er ,  nach  De- 
mochares  Decret  und  seinen  eigenen  Aeusserungen  (g.248) 
nach  der  Schlacht  von  Chaironeia  während  der  otTodda 
erwählt  wurde  ;  eine  Epidosis  von  1  Talent  schützte  ihn 
nicht  gegen  eine  Anklage  y.ko7Tr,q ,  in  der  er  freigespro- 
chen wurde,  wie  in  dem  ^ovair.  p.  875  berichtet  wird. 
Doch  übergehen  wir  für  diese  Untersuchung  zunächst 
alle  Zeugnisse  späterer  Jahrhunderte;  in  den  Rednern 
selbst  finden  wir  nur  eine  und  nicht  einmal  sichere  Spur 
dieses  Processes  in  der  Acnsserung  des  Dinarchos  (yuTU 
Jt]f-io(T9.  §.  80),  avay.svaaüiavui  T!;g  Seoi/.ijoiojq 
öy.TOJ  TÜkdVTU  y.  T.  Ä.,  wo  unter  den  bunt  zusammen- 
gewirkten  Lügen  die  Beziehung  auf  jene  ykonr,  verbor- 
gen  zu  sein    scheint. 

Die  Theorikenvorstehcr  w  erden  nach  der  Ansicht , 
welche  der  grösste  Kenner  des  Attischen  Staatshaushal- 
tes wahrscheinlich  genannt  hat,  in  den  grossen  Dionysien 
gewählt.  Traten  sie  um  dieselbe  Zeit  oder  kurz  darauf 
ihr  Amt  an,  so  war  Demosthenes  in  dieser  Stelle  ein 
wenig  früher,  als  ihm  der  Bau  für  die  Pandionis  über- 
tragen wurde.  Doch  wenn  man  auch  an  dieser  Bestim- 
mung zu  zweifeln  vorzieht,  jedenfalls  war  Demosthenes 
in  den  Dionysien  Ol.  110.  4.  (Frühling  336)  noch  in 
beiden  Aemtern. 

"Wenn  es  nun  in  Ktesiphon's  Antrag,  wie  wir  ihn 
lesen,  heisst,  Demosthenes  habe  als  Vorsteher  der  Theo- 
rikenkasse  toK  h.  nuovjv  tujv  (fuLiuv  9t:oj(iiy.<>i~;; 
h/.axov  ^ndq  ei'i  dvmuv  als  Epidosis  gegeben,  so  weiss  man 
in  der  That  nicht,  was  man  mit  den  deujQiy.oii  anfan- 
gen soll.  Der  gewöhnliche  Gebrauch  des  Wortes  würde 
hier  das  Neutrum  anzunehmen  nothigcn,  aber  damit  lässt 
sich  in  keiner  Weise  die  Präposition  ly  vereinigen,  da 
das  Theorikcngeld  ja  nicht,    wie  Brcmi  ad.  h.  1.    meint. 


555 


556 


pine  CoUecte  aus  den  einzelnen  Pliylen ,  sondern  viel-  tüjv  xai  KsycDV  t« 
mehr  eine  Auszahlung  aus  einer  Staatskasse  an  dieselben  ß bKt icrTCt  Toi  Sr^uo), 
ist.  Gegen  alle  Gewohnheit  jenen  Genitiv  fi'ir  ein  flias-  xai.  TToöd^v/lö^  ecrxt 
ruiinum  zu  nehmen,  Hürde  unsere  Lexira  mit  einer  sehr  TroiStv,  o,  1 1  av  dvvti- 
eijjensinnigen  Bedeutung  des  Wortes  bereichern;  es  ist  rat  äya&OV, 
nicht  abzusehen,  »ie  oi  ^fujor/.oi  Leute,  die  das  3eco- 
oixov  annehmen,  bezeichnen  soll.  Nahe  liegt  es,  &£uj- 
pot^  zu  lesen  (und  so  hat  unzweifelhaft  aus  unserm 
Decret  selbst  der  Verfasser  d.  jfcil'aTr.  p.  846)»  aber  es 
scheint  damit  nicht  viel  getvonnen.  Es  müssten  die  Fest- 
gesandten in  diesem  Falle  von  der  Theorikcnkasse  aus- 
gestattet worden  sein,  aber  mir  ist  kein  Fest  bekannt, 
wo   das  der  Fall   wäre  ;   und   wenn  der  Theorikenvorsteher 


Dass  die  Worte  der  Klage  die  richtigeren  sind ,  leh-» 
ren  die  mannichfachen  Aeusserungen  in  beiden  Reden. 
So  führt  Dcraostlienes ,  gleich  nachdem  die  Klage  ver- 
lesen ist  (g.  ö7.  cf.  §.  110)  die  Worte  an:  TTQUTTOVTa 
y.al  XsyovTU  t«  ßihvia-vä.  j^ie  tiß  8r,jiu)  StaxeKeiv  xal 
■n(}69i<fiov  etvai  Ttoietv  ö,  ti  av  övvutfjai  äyadov  xal 

inaiveiv    twl    tovtok;    (doch    fehlen    diese    letzten 
las   ner  xaii   wäre;    uiiti    wenn   «er  ±  ucoriKenvorsiener       ,.,      ,  ■     '        ,  <\        <?.  ....  „ 

...  I'  .  i„      r   -j     •  i  iij  ..    .1         Worte  auch  in    der    ypawr.).     Sio    säet  Aischincs  S.  4Q. 

natürlich  populäre  Hipidosis  machen  wollte,  so  musste  vi         ;  ,  /^r    t  i/,  ,6    .r».;,,  .....va  «j.  t^. 


das  Opfer  (und  für  (iU  Minen  konnte  man  schon  eine 
Hekatombe  schlachten)  daheim  zu  verzehren  sein ;  jedoch 
i$t  mir  kein  inländisches  Fest  bekannt,  auf  welches  die 
hier  nöthigen  Bestimmungen  passen  würden.  Dennoch 
glaube  ich,  dass  nicht  etwa  ^frtra/c;,  statt  dessen  ilcuj- 
oiy.oii  aus  Verwirrung  mit  einem  kurz  davor  stehenden 
^iV}Qiyf.ov  sein  könnte,  sondern  in  derselben  Bedeutung 
d^BujQOti  aus  der  Plutarchischen  Stelle  zu  lesen  ist. 
Diess  würde  nichts  Austössiges  haben,  wenn  sich  nach- 
weisen liesse ,  dass  man  schon  zu  üemosthenes  Zeit  von 
dem  &B'jjgeiv  (ülpian  zu  Dem.  viitQ  KziTor.  g.  ;^,S  i 
crrnieiojrjui  Se  üxt  ivoioy.etai  v.cu  Tcaoä.  Oov/.vöiSr] 
xai  EVTC.ida  To  i/fwof/V  dvxi  tov  ^eäcrSai)  zu  dem 
Gebrauche  des  Seidqü^  statt  9saT)js  fortgegangen  worden 
wäre,  was  allerdings  nach  dem  alten  tragischen  Atticis- 
mus  (Aischjl.  Prom.  109.  Choeph.  240.  frag.  380)  eigen- 
thümlich  war;  wohl  aber  ist  dieser  Gebranch  in  späterer 
Zeit  nachzuweisen,  wofür  es  genüge,  auf  die  Erklärer  zu 
Ammonius  und  Hesych.  v.  ittojijol  zu  verweisen,  sowie 
auf  die  Bemerkung  des  Müris  v.  ^ecuoo/,  Ol  Tag  i^votiag 
änoiyovTSg  f/c  xa  xoiva  hoa  xal  to.  [lavTeia  'Am- 
xaii'  dsaxai  i)  avv^vxat  ''EiJ.i^vei. 

Nicht  minder  verdächtig  als  das  Bisherige  ist,  dass 
in  Ktesiphon's  Decret  und  Klageschrift  die  Worte,  welche 
nothwendiger  Weise  übereinstimmen  mussten,  keineswegs 
gleich  sind;  wir  schreiben  beide  zu  dem  Ende  neben 
einander': 

aus  der  ypayj}  aus  dem  ipi'j(fla-fxa 

(ey^aipe    il'r.cptcrua )     o'jg  SsSox^atrijßovky  xal  tu> 

äoa  Sei  axecfavujOui  /tij-  ör^fiojTiij'^dTjvalojv f:~raiv£- 

fxo<j9eu>jv  . ..  xQvai/i  <txe-  aai/JTjuo(r9-evi]v  zlijuooi^. 

(pdvii)    xal     dvayootixrai  Ilaiavdu  d  q  errj q  tvexa 

iv   Tui   deäxQv)   /tiovv-  xal  xakoxdya&iag,r;g 


„xai,  TOV  x^i^vxa  avayoQEveiv  ev  tuj  9sdTQoj  tiqo^ 
Tohg  ''EXkrj  V a  q  ort  OTSCfavoi  aiiTov  ö  ötaioc,  ü 
Tujv  'Adip'aiiov  dQeTTJg  evsxa  xal  dvd^ayadiai;^^  xal 
TO  fxeytcTTOv  otc  öcaTsXei  }Jyu>v  y.uX  ngdTTinv  tu 
dgifTTa  T(ß  S}iU(p ;  dass  das  aufiallende  7Cg6g  Tovg 
Ekkljva^  nicht  bloss  ans  der  Weise  des  Dionysischen 
Festes  abgeleitet,  sondern  aus  dem  wirklichen  Antrag 
des  Ktesiphon  ist,  scheint  sich  aus  Aischines  Worten 
§.  .'H,  die  der  Lesung  des  Antrags  unmittelbar  folgen, 
zu  ergeben;  auch  diese  fehlen  freilich  in  der  ygacpij. 
VoIIkoMiiiicn  übereinstimmend  ist  sie  mit  den  bei  Aischi- 
nes §.  lol.  155.  237.  angeführten  Worten,  einige  An- 
spielungen bei  ihm  und  Demosthencs  (z.  E.  öcrijv  £L'- 
voiav  ix^^  ^y"-*  SutTtkuj  Ti]  TS  nökii  im  Anfang  der 
Demosthenischen  Rede)  können  wir  übergehen.  —  Jeden- 
falls ergibt  sich  mit  der  entschiedensten  Geivissheit,  dass 
Ktesiphon's  Antrag  so,  wie  wir  ihn  lesen,  neder  im  Volk, 
vorgelegt,  noch  von  Aischines  angegriffen  worden  ist. 
(Fortsetzung  folgt.) 


1)  K-  O.  Müller:  Explicantar  causae  fabulae  de  .4eneae 
in  Italiam  adventu ,  im  C'Iassical  Journal  Vol.  XXV, 
Nr.  62,  1822.     8. 

2)  F.  Bamberger:  lieber  die  Entstehung  des  Mythus 
von  Aeneas  Ankunft  in  Latium,  im  Rheinischen 
31useum  für  Philologie,  sechsten  Jahrganges  erstes 
Heft.     Bonn   1838.     8. 

Nicht  nur  Büchern  ist  ein  Schicksal  zugemessen,  son- 
dern ebenso  sehr  ihrem  Inhalt.  Die  Sage  von  Aeneas 
Ankunft  in  Latium  ist  in  der  neueren  Philologie  meisten- 
thcils    mit    scheuem    Blick    angesehen;    dass   Niebuhr    sie 


aloiq    TOt;    ^eydkoig  l;|fwv    öiareXet    SV     -Kavxl  vom    Verdacht    griechischer    Lüge    befreit    und    italischer 

rgayipBoig    xaivoig,     ort  xaiguj   ei'q  t6i>  örjjxovTujv  Entstehung  vindicirt  hat,   war   eine  wesentliche  Förderung 

OTecpavOi     6    öljuoi    Jlj-  'J9tjvalujv  xal  aTEcpavoj-  der   Untersuchung:   aber  die  Entstehung  selbst  ist  dadurch 

fiOaStv^v      ^ijjiocr^evovi;  vai  JfOlO'M    arTCCfdvot  xal  dem  Verständniss   nicht  mehr  aufgeschlossen,   und  Niebuhr 

üatavita   xgvjiiii  axecpä-  dvayogEvarug  tov  nrTe(pa-  hat  sich  bei  einer  nnhistorischcn  Hypothese  über  dieselbe 

Vip  dQeTtjq^'ti'Exa    xal  VOV  ev  tui  ^edxg't)   zJio-  beruhigt.        K.    O.    Müllers     Untersuchung     über     diesen 

ivvoia^,    m    ey_(jjv  Öiu-  vvaLoiq  TQayotdoig  xai-  Gegenstand    ist,  obgleich  er  die  Ergebnisse  in  den  Doriern 

■vef.ei   ü'q    tB  t  o  i  q''Ek  -  VOig.  und   in   den   Prolcgoniena  angeführt    hat,     in   Deutschland 

knvag     ä-xavTaq      xal  wenig   bekannt  geworden.      Nun  trillt  die   aus    einem   län- 

TOV  bffiOVTUJv'Adrjvaiujv  geren  Studium   hervorgegangene   Arbeit  des  Ref.,    welche 

xal  dvboayadiag,  X.al  jetzt  unter   der  Presse   ist,   mit  einer  ahnlichen  zusammen, 

öioxi  dlUTBKai  TiQdx-  welche  in  vielen  Einzelnheiteu  dieselben  Resultate  liefert. 


557 


558 


Schon  dipsrr  Zufall  spricht  ilaffir,  dass  «1er  Inhalf  gegen- 
wärtig ein  »arhcres  Interesse  finden  «ird.  Da  bei  der 
Arbeit  des  Ref.,  die  sclion  seit  dem  Sommer  abgeschlos- 
sen ist,  die  vorliegende  Abhandlung  nicht  mehr  beriick- 
«ichtigt  weriien  konnte ,  soll  liier  das  l'erhäKniss  der 
Resultate  kurz  angegeben  »erden:  denn  in  der  That  bil- 
det die  letzte  zu  jener  einen  hiirhst  »villkonimenen  1'or- 
laufer. 

Hr.  Ramberger  macht  mit  Rocht  bemerklicli,  dass 
die  Znriickfiilirnng  der  römischen  Ursprünge  auf  den 
Aeneas  keineswegs,  «ie  man  oft  sich  forstellt,  etwas 
Vereinzeltes  ist.  Aenea  im  thrakischen  Pcllene,  Delos, 
Aphrndisias  und  Elis  in  Lakonien  ,  Kjthera,  mehrere 
arkadische  Städte,  Zakynthos,  Lenkas,  Aktion,  Ambra- 
kia,  Düdona,  Bullirotos,  Castram  Winervae  in  lapygien, 
der  lakinische  Tempel ,  Segesta  und  der  Eryx  erzählen 
rem  Aeneas,  theils  dass  er  die  Ortschaften  selbst,  tlieils 
dass  er  Heiligthiimer  daselbst  gegründet  habe ,  theils  zei- 
gen sie  seine  oder  seines  l'aters  Grabstätte  auf.  Zu 
diesen  vom  Verfasser  gclegentlicli  aufgeführten  Orten  sind 
nocli  andere  nicht  nnerheblicbe  zu  zählen,  namentlich 
Kreta,  Argos  unil  mehrere  in  Sicilien;  auch  geboren 
diejenigen  dahin,  deren  einheimische  Dämonen  für  Ge- 
nossen des  Aeneas  ausgegeben  werden:  mit  Palinnros 
rerhalt  es  sich  bei  Velia,  wie  mit  Blisenos  bei  Cumä. 
Es  ist  richtig  ron  Hrn.  B.  erkannt,  dass  eine  aufTallende 
Parallele  stattfindet  zwischen  den  Sagen  von  Lavinium 
und  von  Segesta:  dort,  wie  hier,  steht  ein  Aegestos  neben 
dem  Aeneas.  Die  Analogie  greift  nocIi  viel  weiter:  wir 
kennen  zu  Segesta  einen  Aemj^lios  als  mjtiiistlien  Ty- 
rannen, wie  in  Alba  den  Stammvater  der  Aemilier,  Ae- 
neas Abkömmling  Amulius.  Ebenso  ist  Hrn.  B.  beizu- 
stimmen, wenn  er  geltend  macht,  dass  die  einheimische 
Ueberlieferung  in  Italien  sich  durchaus  auf  den  Dienst 
der  Venns,  namentlich  auf  das  allen  Latinern  gemein- 
schaftliche Ileiligthum  dieser  Göttin  zu  Lavinium  bezieht, 
nnd  dass  dieser  D-enst  mit  den  erykinischen  enttveder 
historisch  oder  in  seinen  CultusbegrifTen  verwandt  ge- 
wesen sein  muss.  In  der  That  ist  diess  der  Weg,  die 
eigenthümliche  Stellung  des  Aeneas  in  Latium  zu  erken- 
nen;  nur  darf  nicht  ein  offenbares  IVIissverständnisa  dabei 
sich  einschleichen,  wie  wenn  Hr.  B.  (S.  97,  Not.  ,59) 
sagt,  das  zweite  Natioualheiligthum  der  Venus  für  La- 
tium habe  sich  zu  Laurentnm  befunden  und  dabei  Strab. 
V,  S.  355  (232)  citirt.  Vielmehr  heisst  es  bei  Strabo: 
zwischen  Antium  und  Ostia  liege  ylaoviviov  f^ov  y.01- 
vov  ■xuiv  Auxivuiv  isQov  'A(pQodiTij^-  ein\ue}.oDvxai  d' 
avTov  öid  -jTQoyovujv  'AgöedTui.  eha  Auvqevtov. 
vneQXSiTai  Se  tovtvjv  r,  'AqSeu,  v.aToiy.ia  'Povtoü- 
kujv  ai'oj  o  OTadiovQ,  dno  ti^;  9 akax-nji;-  ea-Ti  öi;  y.al 
Tai'Tjj  nXtjcriov  'AcfQOÖicnov ,  onoi  Ttavijyvoii^ovOi 
ytarivot.  Also  bei  Ardea  ist  dieser  Venustempel,  and 
ausserdem  haben  die  Ardeaten  von  Alters  her  auch  zu 
Lavinium  das  Pricsterthnm  der  Venus  zu  verwalten.  Diese 
Kachrieht  ist  in  der  That  die  wichtigste  von  allen  :  sie 
wird  bestätigt  durch  Plin.  H.  N.  III,  5,  9:  Ardea  a 
Danae  Persei  niatre  condita;  dein  quondam  Aphrudisium; 
nnd  es  lassen  sich  von  ihr  ans  einleuchtende  Aufschlüsse 
gewinnen,  wenn  hinzugezogen  wird,  was  uns  ausserdem 
über    den    Gottesdienst    von  Ardea,   namentlicb    über   die 


dort  verehrte  Venilia,  bekannt  ist.  Nichts  dagegen  lässt 
auf  einen  angesehenen  Dienst  der  Venus  in  Laurentum 
srhlicssen  ,  wohl  aber  hängt  der  Penatendienst  in  Lavi- 
nium nach  unzweideutigen  Zeugnissen  ebenso  mit  dem 
von  Laurentum  zusammen,  wie  der  der  Venus  mit  dem 
von  Ardea:  dass  jedoch  die  laviniensischen  Penaten  im 
A'enustempel  anfgestcllt  gewesen  sein  sollten ,  ist  eine 
Vermuthung,  die  sich  nur  auf  den  AVunsch  gründet,  die 
zwiefache  Beziehung  des  Aeneas  leichter  zu  erklären; 
einen  Wunsch,  den  wir  keineswegs  theilen  können,  weil 
die  Schwierigkeit,  welche  darin  liegt,  zu  desto  lehrrei- 
cherem Aufschlüsse  führt.  Mit  der  Venus  haben  die  Pe- 
naten nicht  das  Mindeste  zu  tiiun;  vielmehr  standen  ihre 
Bilder,  wie  Hrn.  B.  nicht  unbekannt  ist,  zu  Lavinium 
im  Tempel  der  Minerva:  und  eine  sorgfältige  Verglei- 
ciiung  der  Zeugnisse  lehrt,  dass  in  Rom  sowohl,  als  in 
Alba  und  in  Lavinium  die  BegrilTe  der  Vesta ,  der  Pena- 
ten und  der  Minerva,  die  dann  als  Pallailium  gefasst 
wurde,   einander   in   engem   Zusammenhang  ergänzten. 

Hr.  B.  hat  in  mehreren  Bemerkungen  seines  Auf- 
satzes eine  rühmliche  Genauigkeit  gezeigt :  er  erinnert 
unter  Anderm  mit  Recht,  dass  das  siritische  Pallailium 
durchaus  in  keiner  auf  uns  gekommenen  Ueberlieferung 
mit  Aeneas  zusammengebracht  wird.  Er  ist  geneigt  diess 
einem  Zufall  zuzuschreiben;  uns  aber  scheint  durchaus 
nicht  glaublich  ,  dass  Dionjs  in  seiner  Aufzäiiliiiig  der 
vom  Aeneas  berichtenden  Orte  Siris  übergegangen  haben 
sollte,  wenn  dort  wirklich  eine  erhebliche  Sage  von  dii- 
scm  existirte.  Das  siritische  Palladium  war  zu  berühmt, 
lim  mit  einer  so  allgemeinen  Andeutung,  wie  Dion.  A.  R. 
I,  öl  (naQEiihei'crav  ö-Xoi  TTuoÜ/ioii  diu  X^'9'^i  ^X^'' 
rfs  liakiav,  i'x^i]  Ttvu  y.äv  toitu/^  vno^.iiTcunevoi 
tuii  Tumoii  tr,q  d(fii^tu)i),  daran  vorbeizugehen,  wenn 
es  wirklich  auf  den  Aeneas  bezogen  wurde.  Bei  dieser 
Fähigkeit  des  Hrn.  B.,  auf  den  rechten  Inhalt  jeder  ein- 
zelnen Ueberlieferung  unterscheidend  zu  achten,  dürfen 
wir  von  ihm  erwarten,  dass  er  ilie  ungehörige  ^'erbiii- 
dung  der  Venus  und  der  Penaten  selbst  als  voreilig  er- 
kennen wird.  Er  wird  bei  nochmaliger  Behandlung  des 
Gegenstandes  diese  Sorgfalt  auch  auf  die  verschiedenen 
Ueberlieferungen  in  Latium  ausdehnen;  un<l  wie  er  das 
laurentische  Nationalheiligthuin  der  Venns  aufgeben  iiuiss, 
so  wird  es  ihm  auch  nicht  wieder  begegnen,  Laiiniuin, 
wie  S.  83,  S.  97  (zweimal),  S.  99  (zweimal)  mit  Lanu- 
vium  zu  verwechseln.  Dieser  Fehlgriff  ist  in  einer  sol- 
chen Untersuchung  in  der  That  so  unbegreiflii  li  ,  ilasg 
man  sehr  versucht  wird,  ihn,  wenn  er  nur  nicht  so  oft 
vorkäme,  für  einen  Schreibfehler  oder  Druckfehler  («ie 
S.  87  Polinum  für  Polieum,  S.  91  Ild.lXavTUJV  für  ?al- 
lantion;  seltsam  ist  auch  S.  1(10  Kumana  für  Kymäa  als 
Bezeichnung  des  Gebiets  von  Kvme  in  Aeolis)  zu  halten. 
Flüchtig  geredet  ist  indess  auch  S.  S7  ,  was  der  Vprf. 
über  „Epiras,  dessen  Namen  zu  Dionysins  Zeit  nach 
dessen  Urtheil  in  der  Aussprache  sehr  corrumpirt  wurde" 
sagt,  während  von  Anchiasmos  ,  der  Nebenform  von  On- 
chesmos,  das  für  einen  Hafen  des  Anchises  galt,  die 
Rede  ist.  Man  bleibt  hier  im  Unklaren,  wie  Hr.  B.  sich 
die  Sache  gedacht  bat. 

Richtig    erkannt   ist    wiederum,    dass   die    Sage    vom 
Aeneas  an  die  Römer  von  Laviniuui   her  gekommen  sein 


559 


560 


miiss,  also  ge»viss  niclif  erfunden  ist,  um  der  riimisclien 
Eitelkeit  zu  schuieirlieln.  Auch  der  Beneisgansj ,  den 
Hr.  B.  nimmt,  ist  im  Ganzen  zu  billigen;  «ieiiohl  er 
sich  auch  hier  nicht  von  einigen  Ungenauiffkciten  frei- 
gehalten hat.  Daraus,  das«  die  Penatenbilder  von  Alba 
nach  Larininm  geividien  sein  sollen,  lässt  sich  noch  kei- 
iiesttegs  folgern,  ilass  es  bei  den  Albanern  keinen  Pena- 
tendienst  gab.  ^'ielmehr  wird  dieses  Lucan.  IX,  990 
(quos  nunc  Larinia  sedes  Senat  et  Alba  Lares)  und  .Stat. 
Sil».  n%  .') ,  2  (prisca  Teucros  Alba  colit  Lares)  aus- 
drücklich bezeugt,  und  »vir  sind  keines»vegs  bcreclitigt, 
«liess  einer  A'enveclisclung  der  Dichter  zuzuschreiben, 
da  auch  Dion.  A.  R.  1,  (J7  das  Advton  beschreibt,  wo 
Ascanius,  wenn  gleicli  nur  für  kurze  Zeit,  die  Ponatcn- 
Lilder  aufgestellt  habe  ( r.cuaay.evaard^ei'Tog  voti  iSecri 
Twiv  itiujr-raov  ^ojoiov  i^ovTog  äßazov  y.ui  t(3v 
idpvuärujr  iv.  tov  AaoiHviov  y.ouia^svxutv  iy.  tov 
rfvj  Ci'i  TOVTOv  TOT  jivyoi').  Es  ist  ja  nur  von  den 
froischcn  Reliquien  die  Rede.  Diese  «ollen  von  Lavi- 
nium  nici'.t  lassen ,  Abbilder  derselben  kann  es  zu  Alba 
so  gnt  gegeben  haben,  wie  zu  Rom,  und  wenn  Hr.  B. 
meint,  es  gebe  keinen  gegründeten  Zusammenhang  zwi- 
schen Alba  und  der  Aeneassage,  so  hat  er  die  ^acliricht 
nicht  gekannt,  die  wir  aus  Varro  wissen,  dass  dieser  ein 
Steinbild  des  Aeneas  in  alter  Kriegertracht  bei  der  Quelle 
in  Alba,  d.  h.  unter  dessen  Trümmern,  anfgcstellt  sah. 
.Schwerlich  rührt  diess  aus  der  albanischen  Zeit  selbst 
lier ;  es  ist  aber  immer  ein  so  altes  Zeugniss  für  Bezie- 
hung des  Aeneas  auf  albanischen  Boden,  wie  es  nur  ir- 
gend eins  für  seinen  Aufenthalt  in  Latium  gibt,  und  eben 
dass  es  hinterdrein  unter  den  Trümmern  aufgestellt  und 
erhalten  wurde,  ist  von  Wichtigkeit.  Ebenso  wenig  hat 
Hr.  B.  beachtet,  wie  durchgängig,  fast  ausschliesslich, 
Ascanius,  der  phrygische  Sohn  des  Aeneas,  an  Alba  ge- 
heftet w  ird  ,  und  das  enge  Vcrhaltniss  des  ganz  albani- 
schen Aniulius  zu  diesem  .\scanius  und  zum  Aeneas,  na- 
mentlich in  den  ältesten  Ueberlieferungcn.  Die  lulier, 
welche  ohne  Zweifel  in  Alba  nuil  Bovillä  zu  Hause  waren, 
müssen  einen  Penatciiilieust ,  der  dem  des  römischen 
.Staats  entsprach,  von  Alters  lier  gehabt  haben.  Mau 
konnte  einwenden,  aus  dem  Penatendienst  eines  einzelnen 
albanischen  Geschlechts  fcUge  noch  nicht,  dass  es  Pena- 
ten des  albanischen  Staats  gab.  Aber  das  folgt  allerdings: 
ein  latiiiischcr  Staat  konnte  Penaten,  wenn  dieser  Begriff 
seinen  Bürgern  nicht  ganz  fremd  war  (was  er  übrigens 
uirgenils  in  Latiam  gewesen  ist),  so  wenig  entbehren, 
wie  eine  Vesta.  Andere  Beweise  für  den  albanischen 
Penatendienst  rniigcn   hier   unberührt   bleiben. 

Audi  liat  Hr.  B.  allerdings  die  Spuren  von  einem 
wirklichen  Dienst  des  Aeneas  in  Rom  nicht  gehörig  er- 
wogen. D.Ts  unabweisbarste  Zeugniss  für  denselben  ist 
die  seltsame  ^achrlcht,  die  uns  Dionys  (A.  R.  1,  73) 
aas  römischen  Annalisten  gibt,  dass  in  früherer  Zeit  da» 
Janiculuni  den  Namen  Aenea  geführt  habe.  Wir  hätten 
ebenso  viel  Recht,  diess  aus  den  Pontilicalbnchern  her- 
zuleiten, als  wenn  Hr.  B.  mit  K.  O.  IMüller  unbedenk- 
lich annimmt,  da-'s  nach  Dionysius  Worten  Aeneas  in 
den  Pontificalbüchcrn   erwähnt  sei.    Jene  Ortsc  haft  Aenea 


an  der  tuskischcn  GrSnze  Roms  ist  zu  vergleichen  mit 
der  Nachricht  Steph.  Byz.  Aiveia  —  —  tan  xai  TTÖ- 
kli  Ti<(jö)jvias,  Vi  Ol  oiy.nvoQEq  Aivtiot.  Denn  nun 
kommt  Lykopbron's  Darstellung,  nach  welcher  Aeneas 
von  Pallene  und  Almonien  geradezu  in  das  tyrrhenische 
Land  nach  Pisa,  Agylla,  an  den  Lingeus,  und  erst  von 
dort  nach  Latium  geführt  wird,  in  Betracht.  Lykophron 
ist  nicht  so  leicht  abzufertigen  ,  als  3Iaiiclier  glauben  mag, 
deuu  er  hat,  wie  sich  erweisen  lasst,  alle  seine  italischen 
Nachrichten  und  vor  allen  die  hierher  gehörige  Stelle 
aus  Timäus.  Hr.  B.  freilich  halt  ihn  für  alfer,  als  Ti- 
maus, gegen  Niebuhr's  Nachweisung.  Das  zu  widerlegen, 
führte  hier  zu  weit.  Indem  wir  aber  nun  bei  Lykophron 
die  Darstellung  des  Timäus  vor  uns  haben,  wird  uns 
nicht  allein  die  Erwähnung  Tyrrheniens,  wozu  sich 
übrigens  auch  bei  1'irgil ,  freilich  in  anderer  Ordnung, 
Belege  finden^  sondern  auch  die  des  Sees  Phorkc  im 
marsischen  Land,  des  Fucinus  ,  höchst  wichtig. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Clirouik  uud  Miscellen. 

München.  Die  zidetzt  erschienene  1.  Abth.  des  2.  Bds. 
der  »Abhandlungen  der  pbilos.-philol.  Classc  der  k.  baier.  Aka- 
demie der  Wissenschaften«  (München  1837)  enthält  folgende 
Abbnndlcingcn :  Fr.  Tbierscb:  über  die  dramatisclie  Natur  der 
platonisclieu  Dialoge  (S.  14  —  59).  —  Fr.  Thiersch:  über  das  Onyx- 
ijclass  in  der  k.  preuss.  Sammlung  geschnittener  Steine  zu  Ber- 
lin (S.  63—106,  mit  2  Stahlstichen).  —  Lud.  Düderifin  :  diss. 
de  Sopbociis  Ajacc  (S.  109—1.30).  —  Dr.  Boss  in  Alben  und 
J.  A.  Schmeller:  Urkunden  zur  Gescbichtc  GriocbenJands  im 
Mittelalter  (nUmlich  Stein -Inschriflen  und  Diplome  von  Ross, 
mit  einer  litli.  Tafel.  —  Leonli.  Spengel:  über  Aristoteles  Poetik 
(S.  211  —  252).  —  Mehrere  in  den  Sitiungea  der  Akad.  gehal- 
tene Vorlesungen  wurden  in  den  letzten  Jahren  .nticb  einzeln 
gcjlruckl.  Wir  führen  folgende  an:  Fr.  Streber:  über  die  ("mr- 
gonen-Fabcl,  oder  Erklärung  eines  clrnriscben  Bronce- Reliefs 
in  der  Glyptothek  zu  Müüchcn.  Mit  einer  litli.  Taf.  Münch. 
1834.  34' Seiion  gr.  4.  Jik.  Th  Fallmayer;  welchen  Einduss 
hatte  die  Besetzung  Griechenlands  durch  die  Slaven  auf  das 
Schicksal  der  Stadt  Athen  und  der  Landschaft  Attika? 

Bonn.  Der  k.  russ.  Finanzniinister  und  oberste  Chef  der 
russ.  Bergingenieure,  Grat  v.  Cancrin,  hat  auf  Befehl  Sr.  Maj. 
des  Kaisers  von  Rnssland  dem  Obcrbergratb  und  Prof.  Nöge- 
ralh  dahier,  in  Anerkennung  seiner  litt.  Verdienste,  die  grosse 
goldene  Medaille  mit  der  Inschrift:  »Praemia  di;no  viro  crndi- 
tissirao,  J.  INoegeratb  ,  profcssori  Academiae  Boncnsis«  zuge- 
sandt. 

Chemnitz.  In  Wcigniannsdorf  starb  am  27.  April  def 
gewesene  Conrector  am  Lyceum  dabier,  M.  ficovg  I.sracl 
Klemm. 


Druckfehler. 

S.   1106,   Z.  2t   V.   u.  1.  ivMa  st.    tiXU. 
,,  1107.  Z.  26  V.  0.  1.  äiU't'f- 

,,   1109.   Z.   21    V.   u.    ist    vor   ilasi    ausgefallen:    dass    er    das 
Fleisch  yertheitt ,  sondern  noch  mehr  darin. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  teithu  ms  Wissenschaft. 


Fre/taii ,   14-  Juni 


1839. 


Nr.  71. 


Die  Urkunden  in  Deinosthencs  Rede  vom  Kranz. 

(Forfsctiii  ng.) 

Der  .'^liliicliciier  RerpiisciW  der  Disspn'sf Iicn  Ausgabe 
lia<  geraile  in  <lieseii  starken  Al)Hcichuri[;en  eine  Uesfä- 
''£""»  '''■''  B"<"kli's<'lien  Hypothese,  (iass  die  Urkiindeu 
in  dieser  Rede  später  aus  Arcliiten  oder  Samoiltinjjeii 
oing^elegt  seien,  zu  finden  );e},'laiilit.  Die  Foiniel  öff)oj;- 
i*at  TT]  /jOvKtj  y.al  ivt  d>]itijj  ztp  \l^)jvaiuiv  lehre, 
meint  er,  dass  das  Mirliejjende  Derret  das  vom  ^^olk 
aujjenoiniiu'iie  und  eben  in  der  Form  sei  ,  wie  es  nach 
«lern  für  Demostheiies  <;lurklirbeii  Ausjanff  des  Processes 
aiil1>eM  alirt  werden  ninsste;  es  sei  diess  nicht  dasselbe, 
•»as  an  jener  Stelle  der  Rede  iiirklicli  rorgelesen  wor- 
den; denn  Demostheues  selliet  liezcichne  jenes  als  Pro- 
iiuleiima  des  Senates  (§.  11 9-  ö  Ö8  CfVfflV  ri  ßovkri  deiv 
ri.vri  TOtrujv  yevladai  uoi  .  .  .),  das  uns  aufbewahrte 
da^feg'en  sei  das  nach  <ler  Ünendifjung  des  Processes  vom 
Volk  in  veränderter  Gestalt  anjfenonimene  Decret  (eben- 
so Winiewskv  paff.  3Jö).  Diese  ^'ermuthnng  scheint 
in  jeiler  AVeise  unhaltbar.  Wir  wissen  aus  hinreiclien- 
den  Beispielen,  dass  dann  etwa  vor  der  Datirunjf  oder 
vor  dem  is.TrjOKf'jjv  eine  stehen  mi'isste  idotev  Tjj  jJovkrj 
y.ui  T'ß  dr;iio),  wodurch  erst  das  Ganze  die  Form  des 
Beschlusses  erhielt.  Ferner  ist  durchaus  kein  Grund 
zu  sdlclien  Veründerungen  abzusehen,  wie  sie  das  vor- 
liegende Decret,  wenn  es  echt  wäre,  beweisen  würde; 
durch  Aischines  Klage  wurde  das  vom  Rat!t  ,  und  A'olk 
angenommene  Decret  suspendirt,  d.  h.  es  blieb  zunächst 
irnr  ein  Probuleiima  ;  war  in)  Process  /Vir  Ktesiphon  ent- 
schieden, so  war  ohne  Weiteres  der  schon  berathene 
und  vom  Volk  angenommene  Antrag  gültig  und  bedurfte 
«lurchaus  keiner  neueu  Redartion  oder  Berathiing.  Fer- 
ner, wozu  sollten  denn  auch  solche  Veränderungen  die- 
nen, wie  schon  im  Anfange  das  FortUs>en  der  Gräben, 
oder  wie  weiterhin  die  ^Vrtausclinng  der  dvdoc.yattic 
n  it  y.a/.uy.dya^ia  oder  das  Auslassen  des  inaii'iii', 
des  kkjutv  y.al  tioÖttv)v  xd  titkrtOTu  tw  di'jiw).  des 
7ioriitfurjc  eari  nnniv  o,  t/  av  fivvi]Tat  üya^uv  u.  s.  w.? 
Und  grraile  bei  diesem  Psephisiiia  roiiss  durch  ein  selt- 
.sames  Spiel  des  Zufalls  Demosthenes  ilen  Schreiber  auf- 
fordern: Kt'.ßu.v  dväyvujiU  tu  iln'cfioiia  oKov  rt) 
yoatpiv  tint.  Wenn  aber  Demosthenes  Au'sdruck  u 
qr^otv  i]  ßov)  i)  deiv  ycveadni  f^ior,  etwas  zu  bedeuten 
hat,  so  Diuss  in  dem  wirklich  verlesenen  Antrag  etwas 
Derartiges    (^eöoi;tl>    CTJ     ßovl.^     oder     vielleicht     besser 


Ti  ooeßoi'yevoev  ij  ßov\l]  oder  dergleichen)  angedeutet 
gewesen   sein. 

Nach  allen  diesen  Bemerkungen  dürfte  es  nicht  ge- 
wagt erscheinen  ,  über  das  vorliegende  Psephisma  des 
Ktesiphon  ein  Urtlieil  zu  sprechen.  £s  fängt  nickt  mit 
den  von  Demosthenes  gebauten  Gräben  an;  es  hat  nicht 
die  Wendungen,  die  von  Aischines  und  Demosthenes  ans 
<lemselben  cifirt  werden;  es  ist  kein  Probulciima,  als 
welches  es  verlesen  wird  ;  es  enthält  in  dem  Worte 
xfenjuiV.Ui:,  entweder  etwas  üusinniges  oder  in  der  wahr- 
scheinlicheren Form  9eu>(jOii  ein  Zeichen  späterer  Grä- 
cität,  es  lührt  einen  Archonten  an  der  Spitze,  der  falsch 
ist.  Somit  glaube  ich  <las  Psephisma  des  Ktesiphon  ti"" 
untergeschoben    halten   zu   müssen. 

Für  die  Klageschrift  des  Aischines  haben  wir  im  Vor- 
hergehenden schon  einige  wesentliche  Bestimmungen  ge- 
wonnen, namentlich,  dass  der  Archoii  Chairondas,  mit 
dem  sie  beginnt,  ein  chronologischer  Schnitzer  ist.  Wir 
haben  auch  bereits  gefunden,  dass  die  hier  aus  dem 
Ehrcnilecret  citirteii  iSatze ,  wenn  auch  genauer  als  in 
dem  angeblichen  Psephisma  und  mit  den  gleich  folgen- 
den Anführungen  in  Demosthenes  eigenen  Worten  über- 
einstimmender, doch  keineswegs  vollständig,  wie  wir  sie 
aus  den  beiden  Reden  kennen,  wiederholt  sind;  es  fehlt 
yai  enatve/i'  eJii   rarroi:  und  tiqÖ^  tuiq  Ei.l.ijvae,. 

Eine  nicht  geringe  Schwierigkeit  bietet  ferner  die 
ganze  einleili-nile  Formel  dar:  c.li  Xalouivdov  V.oyOV- 
roi  Etj(frßot fSivuq,  i/.ii]  ioTUfievou  AioX'viji'AToo- 
lu'jov  Ko^vty.idijq  an  i'j  vayy.e  tiqu^  zov  v.o%ovxa. 
■:t  a{javö  Hii}v  ygarpijv  y.aTU.  KrijOKfiijuto;  toö 
ylcioo^euuv^  '■/vuCfKuoriov,  uzt  eyoaipt  Tiaoiauf^iov 
ll'rq>iOiia  (ÖQ  aou  dei  y..  r.  X.  Wie  wenig  wir  am  li 
über  die  Form  der  Klageschriften  unterrichtet  siud, 
wahrscheinlich  ist  es  wenigstens  nicht,  dass  in  der  Klage- 
schrift zugleich  prolokollirt  steht,  <lass  sie  überreicht 
Hurde;  nnil  dass  sie  so,  diirili  die  Zusätze  des  Sihreibers 
für  die  öffentlich  auszustellende  Abschrift  verändert,  hier 
vorgelesen  wurde,  wie  im  Atlisclien  Process  p.  607  ver- 
muthet  wird,  scheint  besonders  im  Vergleich  mit  Aristopb. 
Wespen  8'I4.  und  mit  Deniosth.  p.  Hlö.  nicht  recht 
wahrscheinlich. 

Was  aber  mit  dem  unseligen  nouq  TOV  ogxovza 
beginnen?  Denn  nach  der  mehrfachen  Angabe  der  alten 
Sammler  (s.  Sihol.  zu  Aischin.  x«rä  Tiuvo)^.  §.  Ui. 
und  die  sehr  ähnlichen  Notizen  bei  Pollux  VIII.  .H7.  and 
andere)  gehört  die  Klage  Tiaguvöftujv    vor  die  Thesmo- 


563 

thetcn,   und  fanz  so  finden   wir  e»  in  der  Lopiinea  ^.  08» 
von   deren   Auakrisis  es  helsst:   a   Ö£  .7pOs  TOt^  &l:OUO- 
{^traii    fÄfys ;     ingleichen    in    der    zivciten    Rede    y.ar' 
\4gtoroysiTovog,  §.  8-  oxav  r/?  tpi^cfiouaToi  ij  vö^uv 
youcfijv    ÜTliieyy.rj    ttoo^  tov^   i^saitolhrai;    ist  diese 
Kede    auch    aus    spaterrr    Zeit,    so    kann    ihr    Zeugniss, 
wenn    es    durrh    ein  anderes   controlirt   «ird,    doih   wolil 
gebraucht    werden.      Dass    aber    die  Klage    Tiaftavufiojv 
bei   <lein   Archen  angebracht  «ird,  davon   findet  sich  aus- 
ser in   unserer  Stelle   keine  Spur.       In  der  vollkommenen 
L'eberzeugung  von    der  Echtheit   der  vorliegenden   Klage- 
schrift   hat    man    ihre   Angabe    mit    der    durch    zwei   Bei- 
spiele   in    Demosthcnes    und    durch    die     gelehrte  Ueber- 
liefernng  garantirton   Einrichtung  in    einer    in     der    That 
höchst    gewandten     1'erniuthung     zu     vereinigen     gesucht. 
Es  i>t  nauiiich    unzweifelhaft,    dass    die    neun   Archonten 
zusammen   mit    den   Xamen    der  Thesmotheten   bezeichnei 
werden    (s.   liörkh   zum   Corp.   Inscr.   p.   440;    vor' diese  9 
Thesmotheten,    meint  man,    habe  die  Klage  der  Parano- 
mie  gehört,     was   denn  von  den   alten   Gelehrten    missver- 
standen  und  anf  die  sechs  Thesmotheten  aliein  übertragen 
worden  sei.      Iniless   muss   man  sagen,    dass  gerade   unter 
dieser    l'oraussctzung    lier    Eponvinos    eben   nicht  als  Ar- 
rhon ,     sundern    aU   Tliesniothet    erscheinen    ini'issfe,    und 
wenn   im   ,, Attischen   Process"  p.  41    vermuthet    ist,    dass 
der  Arclion  als  Prytanis    dieses  ganzen  Thesmothetencol- 
legiums    erscheint,    so    kouHte    die  offirielle   Bezeichnung 
doch    eben    wieder    nicht    die    in   der   vorliegenden   Klage 
gebrauchte  sein,  sondern   es  niusste  nothweniliger  Weisse 
«o   heissen,    wie   in   den   beiden  Demoslhenischen  Stellen, 
die   wir   angeführt   haben:    ÜTlIjVeyy.S   7rpoC    lOl's    3lOUO- 
Sezug.    Kach   einer  anderen  "l'ermutlinng  (Attischer  Pro- 
«ess  p.   41)   waren   die   Paranoniicn   nach   ilJaassgabe   ihres 
Inhaltes    an    die    einen    oder    anderen  der  nenn   Thesmo- 
theten  verfheilt   gewesen,    so   dass  also    dem  Basileus   ge- 
setzwidrige  ^"orsclilage   in    heiligen  Sa<hen ,    dein  Polem- 
arrhen    in    .^lilitärsachen    zugefallen    wären,    in     unserem 
Fall    der    Archon    genannt   wäre,    weil  derselbe  die   Lei- 
tung   i!er    grossen   Dioii\sien    hatte;    aber   wozu   denn  der 
gemeinsame     >ame,     den     die    sonst     in     ihrer    amtlichen 
■Wirksamkeit    getreiiiilcn     doch    nur   dann   fuhren    können, 
wenn   sie   ein   Collegium   bilden,     wo    demnach    die   Schei- 
dung   ihrer    amtlichen    Pflichten    aufgehoben    ist.       Ganz 
unbrauchbar     ist     die    Ansicht    Brcmi's   (zu    Dem.    de   cor. 
p.  40),   t\ie  K]aze  riuijUKJiiaii!    w.'lre    wahrend    des  Jahres, 
wo   der    Vorscliiageixie   noch   die  l'erantwortliclikeit   hatte, 
bei     dem    Archon,    nach   dieser   Zeit    bei   den   sechs   Thes- 
mnllieten   anzuliriugen   genesen;    das   Beispiel   der   zivciten 
Kode   gegen   Aristogeifon   und  das  Zeugniss  der   Gramma- 
tiker  ist   dagegen. 

Es  versteht  siih,  ilass,  wenn  Alles  sonst  in  der  yourfi) 
unvcrdäc  litig  und  in  Ordnung  «are  ,  die  augcfiihrte 
.Seh«  ierigkeit  ho  hingenommen  werden  miisste;  aber  im 
Verein  mit  andern  UnrichtigkeiteD  scheint  sie  mir  ein 
Grund  mehr  gegen  die  Echtheit  der  Klageschrift;  und 
arg  genng  ist  iloc  h  der  falsche,  »der  rielinelir  der  mit 
einem  Auarhrnni<>mus  gebrauchte  Arehon  und  die  iiichi 
.ui-;reichendc  Uebereinstlniiniing  mit  den  'Worten  des  au- 
th'-nti^chen  Psephisma's.  l'on  den  beiden  in  der  That 
»oiiijerbaren     Vorladuugsieogen     Klafft oo(fmv     Kl;([.lOU-  ■ 


564 

rfiijvTO^  'Pafivoi'o/o;,  Kkeviv  K'kiunoi  Ko9v>-/.i5i  i 
wird  spater  noch  zu  sprechen  sein;  wenn  wir  sie  sonst 
nirgends  iiachiveisen  können,  so  mag  sieh  wohl  der  »ehr 
vornehme  Aiscliines  ein  Paar  gemeine  Leute  zu  Zeugen 
geuomuieu  haben!  Auch  von  der  wunderlichen  Ellipso 
Toaytpöcjv  T7f  y.a/vfj  will  i«  h  nicht  sj)reclien  ,  da  gegen 
diese  Lesart  der  besten  Handschriften  einige  Anilere  Be- 
quemeres darbieten.  Das  Urtheil  gegen  die  Kchthcit 
der  Klageschrift  glaube  ich  durch  ilas  oben  Gesagte  hiu- 
rcichend   begründet. 

Fortsetzung  folgt-) 


1)  K.  O.  Müller:  Explicantur  cansae  fabulae  de  Aeneao 
in  Italiam  adventu,  im  Classical  Journal  l'ol.  XXV, 
Nr.   'o2,  1822.     S. 

2)  F.  Iiaml>erger:  Heber  die  Entstehung  des  Mvthn« 
von  Aeneas  Ankunft  in  Latlum,  im  Rheinischen 
Museum  für  Philologie,  sechsten  Jahrganges  erste» 
Heft. 

(  B  e  3  c  li  1  u  s  s.  ) 

Da  nun  Lykophron's  und  Tiinäus  Zeugnis»  jedenfalls 
zu  den  ältesten  gehört,  die  von  Aeneas  in  Blittelitalien 
reden,  wird  Hr.  B.  vielleicht  schon  selbst  erkennen, 
dass  durch  die  Hereinziehung  des  Fucinus  in  Aeneas 
Bereich,  die  in  demselben  vorliegt,  die  Untersuchung 
tiefer  in  das  Innerste  der  italischen  Volksreligionen  ge- 
zogen wird ,  als  er  geahnet  hat.  Mit  einer  transitori- 
schen  Behandlung  ist  hier  nicht  auszukommen.  Schon 
Damastes  von  Sigeum,  vielleicht  auch  Hellanikos,  schrieb 
die  (rründung  Roms  dem  Aeoeas  zu;  nnd  doch  ist  es  so 
gut  als  gewiss,  dass  man  diess  in  Italien  früher  erzahlt 
hat,  als  in  Griechenland.  Vom  Anfang  der  römischen 
Republik  an  hat  also  sich  diese  Sage  in  die  ^'orstellun- 
gen  des  ^'olks  hineingewebt,  ist  mit  seiner  Grösse  ge- 
wachsen uuil  hat  in  die  Vorstellungen  ilor  Nachbarvöl- 
ker, als  diese  sich  mit  den  römischen  verflochten,  viel- 
fach eingegriffen.  Wir  müssen  dalicr  vor  Allem  durch 
genaue  Emagung  jedes  Zeugnisses  und  Denkmals  uns 
darüber  aufklaren,  was  uns  von  den  örtlichen  Vorstel- 
lungen der  einzelnen  lateinischen  Städte  nnd  in  weiterem 
Verfolg  des  ganzen  Italien»,  wo  sich  Griechisches  mit 
Einhelml.xhem    verwebt   hat,    zu    wissen   mögli<  h   ist. 

Da  Hr.  11.  sich  hierauf  nicht  hat  einl.isseii  können, 
da  er  unter  den  griechischen  Zeugnissen  das  des  Dama- 
stes nicht  einmal  geltend  gemacht,  über  die  ursprüng- 
liche F^M(s(ehung  der  Aeneassage  in  Tioas,  über  die  Be- 
griflc  ,  viriiiitteist  welcher  sie  in  der  Anllissuiig  der  ein- 
zelnen griechischen  Orte,  wo  sie  Aufnahme  fand,  belebt 
worden  ist,  keine  Untersuchungen  vorgelegt  hat,  so  wird 
er  uns  nicht  verargen,  wenn  wir  einerseits  dem,  was  er 
selbst  als  Hsputhese  gibt,  namentlich  über  illars  als  dei» 
Gott  iler  Luicres,  wofür  in  der  That  gar  Mchts  redet, 
keine  grosse  Erheblichkeit  beilegen,  andererseits  seino 
Leser  blHen ,  den  von  ihm  gegi^lieneu  Apparat  nicht  für 
vollständig   zur  Erkenntniss    der  Sache    zu   halten.      Dan- 


565 


5fi6 


tensnerih  iti  die  ri'ber.^ichf ,  die  er  über  die  Auslirrihin^ 
der  Sage  »(••jelirii  hat,  die  Ufriorlielmiij;  der  von  Aeneas 
forfjefiihrleii  und  übersiodcheii  I1eili};tliiiiner ,  der  IS'arli- 
driick,  der  auf  sein  VerliöKniss  zur  Venus,  auf  die  Ana- 
loffie  zwisclieii  Sejesfa  und  Laviniuni,  auf  die  Priorität  von 
Lavininni  mr  Rom  ifelej;t  ist.  Au(  li  da»  ist  rirlifig  erkannt, 
dass  die  Penaten  des  roniisciien  ^'olks  alisolut  zu  fassen, 
nicht  auf  bestimmte  einzelne  Giitter  zu  rednriren  sind; 
und  in  inaucben  andertveiti^en  Andeutungen  zei^t  sieh 
der  riclitigc  Sinn  ,  der  einem  sorgfältigen  Studium  in  der 
Kegel  verdankt  wird. 

Aiiilererseits    hat    Ifr.   B.   diese    Studien   nicht  so  weit 
ausgedehnt,    dass   er   zu  jedem   Urtheil,    das  er  fällen   zu 
können   glaiilife,    hinlänglich    berechtigt    n.'lre.      Der  An- 
Iheil,   den   Cuniä  an   iler   Ausbildung  iler  Sage   genommen 
hat,    ist  keineswegs  gehörig  geuürdigt,    wnd   doch   geben 
IVlisenus   und    die   Sibylle,     zu    der    schon    l^vkophron   den 
Aeiieas     führt,     fiir     denselben     sehr    wichtige    Zeugnisse. 
lir.  B.    war  von    seiner  AulTindung    des  Verhältnisses,    in 
welchem   Aeneas    zur    lavininischen   Venus  steht,    so   ein- 
genommen,    dass    er    gegen    K.   O.    IVIüller's    Ilinweisung 
auf  die    l'erpflanzung    der    Sibylle    durch    Cjlergithier    aus 
dem   Ida    über   das   Gebiet   von  K.yme   nach   CumA   und   auf 
die  Einführung  des  Aeneas   in  Rom   mit  den  sibyllinischen 
Büchern   im   Gefolge  des   Apollodienstes   unter    der  tarqui- 
nischeu   Herrschaft  ein  ^"^orurtheil   gefasst  hat.      Zweierlei 
stellt  er  (S.    !(>(')   entgegen.      ,,Wenii    auch   die  Aeneailen 
den   Cultus   des  Apollo   gleichfalls   hatten,    so   werden  doch 
in   der   Sage    von   Aeneas   Fahrten    nirgends    Heiligthümer 
des  Apollo,   sondern   nur   der    Aphrodite  an   ihn  geknüpft." 
Das   do<  h    nur,    wenn   wir  alle    iSaclirichten    bloss   aus  dem 
Dionjs   entnehmen    woUi-n.       Bei   l'irgil    ilient   Aeneas   be- 
reits  in    Aenos   dem    Apoll:   yvenn   Xenophon    ihn   als   tüch- 
tigen   .lager    und    Schüler    des   Chiron    darstellt,    tritt    er 
mindestens    auch    in   das   Gebiet    der    Artemis    ein,     allem 
^'^crmuthen   nach   in   Pharsalos ,     wo     wir    den    Aeneas    aus 
Lesrhes   kennen.      In    Delos    kann    sein    VerliAlfniss    zum 
Apoll  äiisserlii  her  scheinen  ;  zu  Pergamia   in  Kreta  steht 
er   ausdrücklich    in   dessen    Dienst.       Bei   Malea ,     in   Leu- 
kos,   auf  Aktion,    in   Ainbrakia  setzen    die  Zeugnisse  des 
Dionys  den   Aeneas    freilich  nur  mit   Aphrodite   in   unmit- 
telbare   Verbindung;    aber    überall    daselbst    ist   Apoll   der 
nächste  Aaclibar,   ja,    cler   Hauptgott    der  Gegend.     Wie 
sollte    bei    lebendiger    Foitbildung    der    Sagen    an    diesen 
Orten    Aeneas   vom    Apoll    ferngehalten   sein,   den    man   aus 
der   llias   als   seinen   Beschützer   vor   Diomed,    selbst   nicht 
ohne   wunderthatigen   Eingriff,   kannte?    Ebenso    wenig   ist 
Hrn.    B.'s   zweite   Einwenduiig    haltbar:    ,,Und    dann    ISsst 
sich   in   Rom   durchaus   keine    \'erbln(lung  des  Aeneas  mit 
dem    Apolloculfus    und    den   sibyllinischen    Büchern    nach- 
weisen."     Um    dergleichen    behaupten    zu    dürfen,    hatte 
Hr.   B.    erst    sorgfältiger    studireii    müssen,    yras    uns    von 
den    Familien,    die    sich     von   Aeneas   herleiten,    und   von 
den  sibyllinischen  liüchern  bekannt  ist.    Jene   sind   die   Ae- 
milier  und   ilie  Jnlier.    Beide  dienen,  y>ie  iheils  aus  ihren 
Münzen,   theils   aus   andern  Nachrichten    hervi  rgeht,   unter 
allen   Göttern    vornelimlich    dein   Apoll    und    der  Siegerin 
Venus;    die   .(iilier    dienten    von    Alters    her    dem    Vejons, 
der   unter    allen    einhei:nisclien   Göttern    der   Italiker   dem 
Apoll    am    nächsten    stand    und    den   Ast  hergegeben   hat, 


in   den    der    Apoliornltus    geimpft    ist.       AV.is   die   sibyllini- 
fchen    Bücher     betrifft,     so    ist     ilas    eine    weilbiufige    nift 
grösster   Behutsamkeit   zu    behandelnde   Frage:    denn   zwi- 
schen  dem    Text     und     dem     riimisclien    Gottesdienst    stand 
noch    vielfach    modificirende     »rmittelung,     welche     ihres 
Orts    nachgewiesen     niiil     geprüft     werden   soll.      Und    den- 
noch   finden   sich   die    merkwürdigsten  Uebereinstimniungen 
zwischen    troisch  -  äneadischcm    und    römischem   Unit.      In 
der  Seuche  von  39(i  a.   u.   »verdcn   die  sibyllinischen    Rii- 
chcr   befragt,     und    das   Ergebiiiss   ist   Liv    V,    Kl   erzähll  : 
duumviri   sacris   faciundis   leclisternio   tunc  prinium  in   iirlie 
Romana    facto    per    dies    odo  Apollinem,    Latonamyne   et 
Dianain,    Ilerculem,    Mercurium    atqne    Xeptuniim    triliiis 
lectis  placavere.      Voti   den   drei    lot/Aen  Gotifieiten    i.ollcn 
wir  absehen,    obgleich    Hermes    und    Poseidons    Verhält- 
niss   zum   Aeneas   allbekannt   ist.       Aber   eigenthiimlich    ist 
in    Rom    die    Zusanimenstellung    von     Apoll,     Diana     und 
Latona  als   Heilgöttern.      Dass   diese   aber   in   Troas   Snea- 
disch   war,    wissen   wir    aus   der   llias   selbst,     wo   den   ver- 
wundeten   .Aeneas    Apollon   in   sein   Heiligthiim    auf  Perga- 
mon    bringt,    Lato    und    Artemis  ihn    daselbst    heilen   nml 
herstellen    (*)'    iicycJ'j)    ädiraj    ay/rUfTO    iC    '/.l'dawov 
r().     Auch   ist   unrichtig,   was  Hr.  B.  hinzusetzt:   ,,Aeiiras 
Erwähnung     in     ilen    letzen    (den   sib.   B.)   erkennt   JMüller 
selbst    als    in    späterer    Zeit    nntergeschoben'   an."       ^Vie 
denn?     Müller's    ganze   Auseinandersetznng    ruht    auf    der 
poseidonischeii   Weissagung   von    der    künftigen   Herrschaft 
der   Aeneaden.       Diese    habe    den    Kern    der   gcr<;itliischeii 
Sibyllenweissagung  gebildet,    und   alle   Staaten,   die   äiiea- 
disch    zu    sein,     oder    Aeneaden     zu     enthalten    glaubten, 
hätten   dieselbe    auf   sich   bezogen,    namentlich   Cuniä    und 
Rom.    Und    dabei    »väre   m   diesen  Büchern  Aeneas  Erwäh- 
nung später   untergeschoben  ?    Hätte    Hr.    B.   sich   Zeit   ge- 
lassen,  so    würde   er   deutlich   erkannt   und   auseinanderge- 
setzt  haben,    dass   iMüller   nur    die   iN'achrirht   von    Aeneas 
Auswanderung  nach  Italien  für  später  eingeschoben  erklärt. 
Von     dieser    spricht    die    von    Hrn.    B.    selbst    angeführte 
Stelle,  Dion.  A.  R.  I,  49:  Tijc  de  ini  'Iral-iav  Aiveiuiy 
y.ai  Tgojojv  dtfU^SLoc  'Pu>uatoi  ts  ndvxEi;  fießaiwTffX 
■/.aX  ra  ÖQMUSva  im'    aiTiov    tv  x£  i^voio.tc,  y.cu  top 
ratg,    fH}vi'iiaTa ,    ^/ßrkkijc    t£    Xüyia    y.ai   yQrjaitol 
Ill'diy.oi.     Hiervon    enthielt    freilich    die    in   Gergis    ein- 
heimische Sammlung  gewiss  Nichts,  denn  diese  bezog  sich 
auf  die   fortwährend    im   Ida   herrschenden   Aeneaden.     Ob 
aber    nicht    schon     in   Cuniä    diese   Sanimliiiig    mit    die^^er    , 
Nachricht   intcrpolirt   ist,    können    wir   nicht   ermitteln. 

Da  es  im  Gebiete  von  Gergis  (ilie  Stadt  heisst  l  tu- 
yti  oder  ai  Ftoy/dic  oder  rcr  rioy/ihi  oder  TEoyixhov, 
niemals  Tipyiiir)  im  Ida  eine  Sibylle  gab,  deren  Local 
bis  in  einzelne  Züge  hinein  mit  der  rumänischen  über- 
einstimmt, da  Gergithier  bei  Kyme  wohnten  und  Kyinäer 
nach  Cumä  gezogen  sind,  da  die  Unigefcnd  von  Cuniii 
reich  ist  an  .Sagen  von  Aeneas,  da  die  ^  rrheissung  des 
äneadisrhen  Reiihs  im  AVestland  ausdrücklich  anf  die 
Sibylle  bezogen  wird,  da  die  latinisdien  Städte,  nanient- 
li(  h  Aricia,  im  dritten  Jahrhundert  Roms  in  viclfaiher 
Verbindung  mit  Cumä  standen,  da  Tarqiiinius  mit  dem 
dortigen  Aristodeni  befreundet  war  und  den  Riiniern  keine 
andere  griechische  Sybille  nahe  yvohnt,  als  die  cnmani- 
sche,  da  die  sibyllinischen  Bücher  in   Rom   unztvcifclhal't 


5." 


(jrifrliist-li  «art'n,  so  iniisstpii  Hie  niiiiirr  s|><lC(»stPii<  in 
ihr.-iH  (jcfol^j  ileii  .\ciica<  Lriiiidi  Jprucu.  Hr.  B.  hatte 
im  1)1  LltTdU  zucifelu  dürfen;  aus  deiH  ,  « as  er  (reibst 
auf^efuiideu  hat.  hijite  er  nii  h  iiberzeuffeu  köiiiieu,  das» 
jene  Sa^e  «iK'hl  au  eiuem  eiiixeliieu  luscii  Faden  von 
tjrjerheiiland  iiarK  Rum  liiiiüttergezo^eii  ist,  GOiiderR  in 
einem  »ielveruililun-jeni'u  Gewebe,  und  das»  iliess  der 
Cirniid  iMirde  fiir  ihr  |)iili(i.iilies  Ansehen.  Scharfblicken- 
der wäre  seine  Kritik  >jeuesen,  »enn  sie  Anstand  j;e- 
fioinnieu  liätte ,  eine  reberira<;ung^  der  sibyllinisrhen  Bü- 
cher lon  Kviue  nach  Cumä  zuzujjeben.  Denn  »ir  wissen 
r(in  sihvllinisilier  Thatigkeit  in  Gerjjis,  Ervthra,  Kolo- 
nhi)n.  Sainns,  Dflos:  in  Ktnie  wissen  «ir  von  derselben 
Nichts.  E«  ist  dnrrhaus  glaublich,  dass  i\u-  k\niäisch«n 
Gergithier  die  Vorstellung  i«n  der  Sibille  wini  Ida  her 
bewahrt  haben;  dass  es  aber  bei  ihnen  eine  Mamniliin^ 
sibvllinisrher  Sjiriiche  galt,  da>on  findet  siili  kaum  di« 
allerniindeste  .Sjjur.  Zudem  wird  Cumä's  Grnnduujr  131 
Jahre  nach  Troja's  Fall  ffeset/.t.  Was  dafegt-n  au'i  Burk- 
sitht  auf  die  Griindunj  lon  KMne  in  Arolis  gesagt  wird, 
i-.t  unerheblich,  denn  die  Chranoln^ie  dieser  Gründung 
ist  nicht  minder  unsicher,  und  von  Cuuia  lagen  allerdings 
alte  StadtjTeschichten  ,  wie  lies  Hvperoehos ,  vor  Aller- 
«lin^s  n;a{f  jenes  Datum  ein  zu  frühes  sein  ,  aber  uralte 
Aii^iedlung  der  Griechen  daselbst  bezweifelt  auch  Nie- 
Luhr  nicht:  und  jedenfalls  wird  dieselbe  in  eine  Zeit 
lallen,  da  an  Büchersaninilungen  noch  nicht  zu  denkea 
ist.  Die  historische  Nachricht  von  Tvrsenern  und  Lati- 
iiern  stammt  nun  freilich  allem  Anscheine  nach  von  einem 
Verkehr  vou  Chalkis  und  Kvme  mit  Cumä.  Aber  das 
chronologische  Zus.irameutrellen  zwisclien  der  Kenntniss 
tun  der  gergithischen  Sibvlle  in  Grii-chenland  ,  die  in  die 
Zeit  des  Kvrus  gesetzt  wird,  der  <irrinilnng  von  Diküar- 
ciiie  <lurrh  die  Samier  und  der  ein  liajbes  J.ihrhundert 
jijiater  fallenden  Einführung  «ler  Bächer  in  Rom  ist  so 
merkwürdig,  dass  wir  kaum  daran  ziveifeln  kiinnen,  riass 
mit  den  Kvuiaern  nur  die  ^'orstellung,  durch  die  8amier 
aber  die  S<pruchsaninilung  der  SibvUii  nach  Cuma  und 
von   da   nach    Rom   gebracht   ist. 

Hr.  B.  ist  mit  lobensw  erther ,  vielleicht  etwas  zu  ab- 
liichtlirh  hervorgehobener  .Scheu  an  die  hier  dargelegte 
IM>  thologi.che  Thatigkeif  g<'g'»ngen.  \Veun  er  es  sich 
xur  Regel  macht,  durchgangig,  wie  er  es  grossv^ntheils 
getlian ,  jede  Ui'berlleferun;;  mit  der  |ihiliiliigisclien  Ge- 
wissenhaftigkeit zu  behanileln,  die  bei  der  liitpr|iretation 
der  Schriftsteller  iimh  eiiistiminiger  gefordert  wird,  so 
wird  seine  Theiinahuie  an  diesen  Arbeiten  nach  dem  von 
ibin  mehrfai'h  gezeigten  Takle  gewiss  eine  t;  illkumniene 
sein.  Diesen  Takt  ri'ilimeu  wir  auch  noch  d^irin,  dasg 
ilr.  B.,  wenn  gleich  nicht  mit  zureichenilen  Beiveisea 
und  Iheilweise  oiit  nicht  hinlänglich  bej; rundeten  Folge- 
rungen, einen  Hesentli<'hen  Bestandtheil  der  Aeneassage 
in  Litium  fiir  alt  pelasgisd!  oder  vii>lnielir  sitiilisch  halt. 
.\nch  hier  wiirile  sein  Blick  weiter  gi-tragen  haben,  wenn 
er  bemerkt  hatte,  dass  Aegestns  (nicht  Egestusj  keines- 
wegs bloss  in  La<iiiiuni  und  Megesta  ,  sondern  auch  in 
Theoprolien  (Sieph.  Uy/..  Aiytaiuiot)  zu  Hause  ist.  Kr 
würde    dann    ileutlirher   erkannt    haben,   dass    der    Bestand- 


568 

theil  des  ervkinisdien  Aphroditendicnstcg  ,  der  mit  dem 
Aenea«  zusammenhangt,  nirht  ursprünglich  phönikisch 
ist,  soiideru  auf  dem  Boden  des  Natinnalcnltiis  jener 
Küstenstamme  steht,  welche  in  Oenotrien  die  lacinische 
luno,  in  Epirus  Diune  ,  die  homerische  Mutter  der 
äneadischen  Aphrodite,  in  Akarnanien  und  auf  dem 
Gipfel  <les  Berges  Elymon  (nicht  des  Erjx)  den  iler 
Aphrodite  Aeneias,  in  beiden  (iegenden  unter  diesem  be- 
stimmten Beinamen,  liervorgctriebcn  hat.  Die  Beimischung 
panischer  Vorstellungen  und  Gebrauche  im  ervkinischen 
Dienste,  der  ursprünglich  dem  eivmischen  analog  war, 
ist  später  und  hat  nachher  den  Aiilass  zur  Verbindung 
von  Aeneas  und  Dido  gegeben.  Die  Penaten  dagegen 
sind  nicht,  wie  Hr.  B.  meint,  der  vlirzugsweise  pelas- 
gisclie  Bestandtheil  der  Sage ;  vielmehr  ist  ihr  Begriff 
ein  eigenthümlich  italischer.  Er  ist  dem  der  grossen 
Gotter  in  Samothrake  in  mancher  Hinsicht  analoger,  als 
Hr.  B.  anerkennt,  aber  doch  charakteristisch  verschieden. 
Jedoch  nicht  molir,  als  dass  in  der  Aeneassage  sie  mit 
Fug  idenfificirt  werden  konnten:  denn  der  historische 
Inhalt  einer  solchen  Identilicirnng  ist  im  Allgemeinen 
durchaus  nicht  wirkliche  Uebertragung,  sondern  Analogie. 
Wenn  also  die  Römer  ihre  Penaten  mit  mehrfachen  grie- 
chischen Gottheiten  verglichen,  so  war  das  nur  ein  theils 
literarischer,  theils  religlonsgesrhiclitliclier  \'erdeutli- 
«hungsprocess.  Am  (»eiligsten  ist  daraus  zu  folgern,  dass 
sie  das  Wesen  ihrer  Penaten  nicht  gekannt  hatten ;  dies» 
«ussten  sie  besser,  als  das  jener  grie<hi3chen  Gottheiten; 
der  Begriff  ist,  wenn  man  auf  den  Sprachgebrauch  der 
romischen  .S(  hriftsteller  achtet,  bis  in  die  späteste  Zeit 
lebendig  und  scharf  begranzt.  Durch  den  der  Minerva 
konnte  man  ihn  in  der  That  ebenso  gut  ergänzen,  wie 
<lurch  den  der  Pales  und  wiederum  der  ^'esta,  denn  alle 
diese  sind  ihm  an  seinen  verschiedenen  Gränzen  benach- 
bart. Wir  wollen  uns  daher  in  ilergleichen  Fallen  hüten, 
Varro  und  andere  Römer  voreilig  einer  Verwechselung 
zu  beschuldigen.  Auch  ilcm  .Lektin  fhut  Hr.  B.  Unrecht, 
wenn  er  meint,  durch  dessen  Erzählung  von  ilein  durch 
die  Achäer  geraubten  Abbilde  des  Palladiums  sei  bei  ihm 
der  («Ott  zum  Lügner  in  seiner  ^'erheissung  geworden  , 
dass  Triija  unzerstörbar  sein  solle,  solange  das  Palladium 
dort  vorhanden  sei  (S.  ,S5).  Hr  B.  gibt  ja  selbst  zu, 
dass  Aeneas  das  Original  rettete:  war  es  ihm  unbekannt, 
dass  Aeneas  bei  Arktin  und  .Sophokles  die  Stadt  vor  der 
Zerstörung  verlässt,  also  selbst  derselben  das  Palladium 
entzieht ■?  Weniger  wollen  wir  ihm  anrechnen,  dass  er 
den  Hegesianax  ,  welcher  Kephalon's  Troika  iiiterpolirte, 
mit  den  neuern  Vorgängern  srhle<'hthin  einen  Alexandri- 
ner nennt,  obgleich  es  von  grosser  Wichtigkeit  ist,  dass 
derselbe  aus  Alexandria  Troa«  war.  Denn  nun  wird  »ein 
Zciigniss,  obgleich  er  schon  die  römischen  Einiiiischungeii 
in  die  Aeneassage  aufnimmt,  in  mancher  Hinsicht  ebenso 
anselinlich  ,  als  das  jiles  kephalon  selbst,  der  nicht  au» 
dem  troisclien  Gergis  war,  wie  Hr.  B.  anninimf,  sondern 
aus  ileiii  kv maischen,  wo  die  Naihkommen  der  Teukrer 
»wis»    nicht    miniler   mit  Hellenen   durchzeugt   und    durch- 


tvachsen    waren,    als    im   troischen    Alexandria 


hlauK*/!. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  tertliu  ms  Wissenschaft. 


Sonntag  j  16.  Juni 


18  39. 


Nr.  72. 


Die  Urkunden  in  DemosUicnes  Rede  vom  Kranz. 

(Forts  cf  ziin^'.) 
III.   Das  Dionysische  Gesetz. 

Aisrliincs  liafte  in  dem  Anfrage  des  K<esiplion  na- 
nientli(-!i  drei  Piiiikfe  als  «idcrrerlitlich  liezcicliriet,  1 )  dass 
er  ein  Derret  mit  der  falschen  Bcliauptiinf,  Dcmostheiies 
habe  sich  als  »lackerer  Cürjjcr  beiiälir* ,  in  Vorsclilafj 
Lringo  gf'gen  das  Geseiz  ^H^öira  IpEvdij  yooiiiio.ra 
iyyocafetv  iv  xjii  öijy.oo^iuiq  ipijcfla-fiaot  (Jj.  50); 
2)  dass  er  den  iiocli  in  zwei  Aemtern  Stehenden  zu 
kränzen  vorschlage  LiTriQitijStjaai  tuv  vu^iov  tuv  negi 
tdjv  imendv^oji'  xelj-ievov  (g.  12);  3)  dass  er  die  Ver- 
kündigung des  Kranzes  im  Theater,  in  den  grossen  Dio- 
ujsien  hei  der  Aufführung  neuer  Tragödien  verlange, 
gegen  das  Gesetz  euv  fi£V  tiva  OTCwarot  )']  ßovklj, 
iv  T(/j  ßovl.evnjQiv)  y.rjoiTT^adai ,  iav  de  6  Sijf.ioq 
iv  i^p  exy-Xi^oirf.,  äkkoi^i  öe  /njöaiioi'  (g.  32).  Aischi- 
nes  fügt  hinzu,  die  Gegner  werden  sich  auf  ein  anderes 
Gesetz  ücrnfcn  {tov  zttovL'Oia'/.üv  vüuüv)  '/.cu  -^(Ji^rsov- 
•za.i  TOV  vojtov  ueQEi  -v/m  yXn-ytTovzeq  tijv  d/.QÜaoiv 
i'juwf  V-Cil  Tcnoe^ovrai  vöi^iov  ovöev  nooaif/.ovia  tijSs 
fy  yQ'^fV  (S-  35«  36).  Gerade  diess  Gesetz  können 
wir  mit  befriedigender  Vollständigkeit  aus  Aischines  An- 
führungen wieder  herstellen.  Er  sagt,  da  jenes  ältere 
ticsctz  von  den  Kränzen  des  Rathes  und  des  Volkes, 
nicht  aber  von  denen  der  PliUcn ,  DeniPii  und  fremden 
Staaten  sprechend  die  ^'^erkündigung  im  Tiieatcr  verpönt 
habe,  sei  es  üblich  geworden,  ^olche  Kränze  von  Phy- 
leten ,  Demoten,  fremden  Staaten  ohne  AVeiteres  im  Thea- 
ter bei  den  grossen  Dionysien ,  wo  Fremde  von  aller 
Welt  her  znsaninienstrümten ,  zu  »erkündigen,  wodurch 
denn  natürlich  der  Glanz  solcher  Vorkündigung  die  vom 
Rath  oder  A'olk  im  Duleuterion  oder  in  der  Kkklesie  verkün- 
deten Ehren  weit  überstrahlte  ;  aucii  Freilassung  von  Scla- 
»cn  habe  man  des  allgemeinen  Beifalles  wegen  im  Theater 
verkündet.  Darum  sei  das  Dionysische  Gesetz  gegeben, 
um  die  Feier  von  diesen  lästigen  und  eitelen  Weitläufig- 
keiten zu  befreien  (§,  44);  der  Gesetzgeber  habe  es  ge- 
macht Txcoi  Tvjv  ävev  ipi^cfiana.To;  tjj^urioov  crTeifa- 
vov^£vu}v  inu  rijiv  (pv'keTvjv  y.ui  öijjioiujv  xai  JiSQt 
Tcov  Tuvq  oiy.tTctq  dTitl.sv&eQoi'ivroiV  y.ui  Ttegi  tujv 
^evixiijv  OTtCfdrwv,  y.aX  dla^ürßrv  diayogevei  fir.x 

oixiTIJV     d-ilS  Lf.  V  9  EQOilV    £V   T<fj    i^EaTQÜ)    i^n'ii}' 

ijlo   TÜJn   (fvXtTujv   ij    öi^^oTuiv  dvuyo^ iv£' 


(r9ai  OTECf  avovfABvov,  f^nd'  int  dkXov,  cpi^oi, 
iitiÖEVO  g ,  i;  ä-Tifiov  Eivai  tov  y.ngvy.a.  Hierzu 
ergibt  sich  eine  weitere  Bestimmnng  aus  §.  47.  y.ai  öia, 
lovTO  ■7t()o:;i'hy/.Ei'  ü  voiiodETiji;  ^ilj  y.i]  o  ü  n:  to9  at 
X  UV  dXl.öz  Q  tov  axECfiavov  i  v  z  iji  9  £  u  z  q  fj)  ^ 
idv  [ii)  ünjcpi'oijxai  6  dij/iog  iv'  j)  Tcöhi  )} 
ßovXoiuevij  Ttiid  xuiv  i)iirzEQu)v  azErfavouv  TiQtaßEi^ 
Tl^ilpaaa  bEi^drj  zov  d/jfiov  (cf.  §.  48).  Für  unsere 
Frage  genügt  es,    in  Demoslhene»  eigenen  VVorfen  (§.   121) 

nh)v  idv  ztvti.o,  ü  öijno;  ij  i)  ßuvh)  il'ijifioi/zai- 
rovTOUg  dl:  dva.yuoEVEiv)  Bestätigung  für  Aischines 
Anführung  zu  finden,  um  so  mehr,  An  iV-iS  dvayouSVETUi 
deutlich  genug  jenes  dzlfwv  lival  xuv  yijoi'/.a  indir.iri. 
Und  nun  der  vof(og  /jtovvffiay.uq,  wie  wir  ihn  ein- 
geschaltet in  Dcmostlienes  Rede  §.  120  lesen:  öaovg 
ox  £(f  av  ov  0  i  zivEC,  X  vj  V  di^fiu)v,  xac;  dvayo- 
QEi'oECi;  xu)v  ozEffidviDV  7ioiEto9ai  iv  ai'- 
xoig  exäaxo  vg  xotg  idioig  öijf^oic,  euv  f^ii'j 
zivag  ö  zuiv  j49i]v aivjv  i]  i)  ßovkrj  ozEtpa- 
voi'  zoüxovg  ö'  E^eivai  ev  z(j)  9EdzQ(i)  /lio- 
Vl<crioi<;  dvayoQti'Ea9ai.  Es  macht  keinen  bedeuten- 
den Unterschied,  dass  der  Cod.  ^  itetvat  £fj9(il  liest, 
und  aus  andern  Handschriften  andere  kleine  Abweichun- 
gen bezeichnet  werden  ;  es  macht  ebenso  wenig  einea 
wesentlichen  Gewinn,  wenn  man  nach  dem  A^orschlag 
einiger  Gelehrten  «taft  des  ganz  albernen  r>x£(fai>oi 
etwa.  ipijCfi Ol/TM  schreibt.  Dcmostlienes  selbst  lobt  in 
den    gleich    darauf    folgenden    Worten    gegen    Aischines: 

äkk'  oi'd'  a.ioxi'i'l] vo/tOLiQ  fiExaTrotüjv,    xtuv 

ö'  dcpaiQuiv  (lEQi] ,  Olli;  okovg  S/xatov  i]v  dvayo- 
Q£v£o9at  xoig  ys  öfÄOJuoy.oai  y.azd  zuvg  pu/iovz 
^H](flEta9ai.  Aber  ihn  selbst  würde  dieser  Tadel  nur 
noch  stärker  treffen,  wenn  er  das  Gesetz  so,  wie  wir 
es  lesen,  hätte  lesen  lassen  ;  denn  es  stimmt,  so  zusagen, 
nicht  ein  AVort  mit  den  .4nfülirungen  bei  .4ischines,  und 
dass  diese  wörtlich  sind  ,  ilafür  bürgt  sein  ftTi9'  VTl' 
ukkov  Cftja-l  [^uj(^ev(jg.  Aber,  meint  man,  es  ist  nur 
so  verstümmelt.  ^'ielaiehr  das  Dionysische  Gesetz  hat 
7ieien  den  aus  Aischines  zu  nehmenden  Sätzen  diese 
nicht  enthalten  Icünnen ,  wie  der  Augenschein  lehrt. 
Oder  der  Gelehrte  hat  vielleicht  ein  anderes,  als  da» 
hier  gemeinte  Gesetz  aufgenommen.  Es  ist  ein  schlimmes 
Ding,  einem  so  gelehrten  Forscher  so  dumme  Verwir- 
rungen aufzubürden.  AVer  sieht  nicht,  dass  das  vorlie- 
gende Gesetz  alle  IMiene  macht,  in  ilen  Zusammenhang 
zu  passen,    so  sehr,    dass  er  selbst  des  Demostheues  Ci- 


571 


572 


Ui:  7r).i'v  eäv  iivaq  d  Sijfiog  7)  1)  ßovh)  rpijcfi'djjTCii 
jnissvcrsU'hend ,  als  bezricline  das  eine  von  Ra(h  oder 
l'ulk    ilcirefirfe,    nirlil    bloss    erlaubte    Kränzuiig,    dafär 

sein    uiivcrstäiiiliges    luv    fi?/  .- arS(favoi   setzt. 

Eiiillich  «ie  soll  man  glauben,  «lass  in  Athen  geschrieben 
>nM-<le  Tojv  öi'juov  rivhi  siatt  dlj^oTuiv ,  nud  gar  t«; 
dvayooii'ijiii  Troteiol^cu  iv  uvtois  iy.uoTOvc;  (sc. 
Siiioii)  TO/'s"  l'diOfi  dnioiSi  wo  nicht  einmal  der  to- 
TTog  uTov  ÖEt  Xüvio  y£vea9ai ,  nämlich  die  dyo^d 
genannt    ist. 

So  ergibt  sich  «ohl  mit  Sicherheit ,  dass  das  Torlie- 
gende  Gesetz  «edcr  der  von  Demos(henes  und  Aischincs 
licsprochene  löuo^  zltovvaiuy.ci,  noch  liberhanpt  ein 
altes  und  echtes  Gesetz,  sondern  ein  untergeschobenes 
Machtcerk  ist. 

IV'.    Actensiücke   für    den    Krieg   von   Ol.   HO. 
2  und  3. 

AVir  befinden  uns  bei  der  Kritik  dieser  Urkunden 
über  den  Krieg  von  Aniphissa  nnd  Chaironeia  mehr  noch, 
■wie  bei  anderen,  in  der  unangenehmen  Verlegenheit,  die 
Listorlsclicn  Facta,  «eiche  uns  das  sicherste  Kriterium 
abgeben  müssen  ,  nur  aus  solchen  Quellen  schöpfen  zu 
können  ,  deren  GIaubn>irdigkelt  Nichts  weniger  als  un- 
ZHeideutig  ist.  L'nscre  Kenntnis»  jener  höchst  merk- 
iifirdigen  Epoche  beruht  fast  ausschliesslich  auf  der  Au- 
torifa» der  Redner,  welche  das  Factische  nicht  ohne 
absichfliche  Entstellung  vortragen.  Es  tritt  hier  das  sehr 
ticsentlichc  Bedenken  auf,  dass ,  wenn  die  Actenstückc 
mit  den  Angaben  der  Redner  nicht  stimmen,  die  Ansicht, 
als  wenn  sie  zu  deren  Ausfüllung  erdichtet  wären,  un- 
gleich gewagter  sei  ,  als  iler  gute  Glaube  an  ihre  Echt- 
heit, und  sie  scheinen  zur  Controle  der  Redner,  zum 
Ben  eise,  wie  entstellt  deren  Angaben  sind,  zur  Berich- 
tigung und  Erweiterung  der  Geschichte  um  so  mehr  ge- 
eignet ,  um  wie  viel  specieller  und  dadurch  znverlässiger 
ihre  Angaben  sind  und  um  wie  viel  weniger  wir  Quellen 
oder  Notizen  nachzuweisen  im  Stande  sind,  aus  denen 
lier  der  Falsarius  geschöpft  haben  könnte.  Somit  wer- 
den nur  factische  Absurditäten,  chronologische  Unmög- 
lichkeiten und  ähnliche  unabweisbare  Zeichen  literarischer 
Falschmünzerei  uns  za  einem  dreisteu  Urtheil  gegen 
diese   Urkunilen  berechtigen  können. 

Wir  müssen,  um  einen  chronologisch  festen  Punkt 
zu  gewinnen,  von  dem  Kriege  Philipp'»  gegen  die  Bvzan- 
ticr  ausgehen,  denen  Beistand  zu  leisten  die  Athener 
(h  ic  Philorhoros  bei  Dionvs.  ep.  ad  Ammaeum  e.  tl  sagt) 
i/dooTüiijouv  Ti)v  i^itv  OTij/.ijv  y.udskciv  Tijv  TTegi 
Tiji  noüi  Oi'/.iTiTtov  iiQi'jvr/i  axu^ei'aav,  pari;  ös 
rrkijoarv  y.ai  tu  v.)}.a  iv£()yeiv  tu  tov  TcoXtfiov. 
Dionjsios  fahrt  fort:  xuüta  yQuipag  y.axa  OeöcfQa- 
orop  upxovru  ytyovtvcu,  Tf/7  u£r'  iy.tirov  iviauTiü 
ru  TQi/j^'JcVTru  utTu  Tr,v  ki'oiv  jtjg  ti'oijpijg  iirl  Av- 
oiuc.yjdov  üoyovxug  Su^iore-vuc  •  d^;ou)  de  y.at  tuv- 
rü)v  avTOjv  ru  uvuyy.uiuTUxa.  Av a ifiaxlör)  ^ 
'-'iyuovLvQ,-  ixi  Tovxov  XU  fttv  ioya  xd  ncol  xov? 
viui^oiy.ovq  y.ai  xr^v  oyfvo9i-xijp  dvtßaKovTo  8id 
TOV  7iü).£uov  TOV  TToog  (jHl.imiov.  xd  Se  yQi'jixax' 
hprcfloavxo  navx'  tivai  axgcixtujTiy.d.  ^tj/ioa'h^vovg 
yodibavxoi  '/,.  X.  k.      So    ergibt    sich    aus   den   Worten 


des  durchaus  zuverlässigen  und  der  Zeit  so  nahe  stehen- 
den Philochoros,  dass  der  Krieg  von  Byzanz  in  Ol.  HO- 
1  und  2  gehört.  —  Fhilippos  mussto  erkennen,  dass  er 
bei  der  lebhalten  Unterstützung,  die  Byzanz  von  Athen 
und  andern  griechischen  Staaten  erhielt,  seinen  Zweck 
nicht  erreichen  werde;  er  gab  dcsshalb  <iie  Belagerung 
von  Byzanz  auf  nnd  wandte  sich  vorwärts  gegen  die  an 
der  untern   Donau   wohnenden  Skytiien. 

Hier  schlicssen  sich  nun  die  Amphiktyonischen  An- 
gelegenheiten an,  die  Aischines  in  dem  T()ixog  XüiV 
Xaicnov  (§.  lOü)  berichtet;  und  diesen  rechnet  er  von 
jenem  Tage  an,  xiji  vf.it;oai  eysivrjg,  iv  T)  xnxali'aas 
Tijv  i'Ttdoxovoav  ituijvijv  xrj  ivÖKet  6  ai'xug  ovxos 
^ijxujo  eyoalpe  tuv  nöks/iov  (§.  55),  das  heisst  also 
vom  Jahre  des  Theophrastos  Ol.  HO.  1  ",  es  ist  der  Friede, 
der,  im  Frühling  Ol.  108.  2.  geschlossen,  öüiisivel) 
inTUSxij  XQOVOV  Dionys.  Ilal.  ep.  ad  Ammaeum  c.  H. 
Aischines  nun  bericlitct  (g.  115  fl'.),  dass  er  tTti 
Osocforiatüv  äpyovTO:;  zum  Pvlagoros  erwählt  und  mit 
den  zwei  andern  erwählten  Pylagoren  Athens  gen  Delphi 
gegangen  sei.  Dort  hätten  die  von  Amphissa  l'rfoTC- 
7i'rojy.üT£c:  xÜts  y.ai  Öaivwq  9epa7Tti'ovrcg  xoug  0//- 
ßaiovg  auf  fünzig  Talent  Strafe  gegen  die  Athener  an- 
getragen, weil  sie  in  der  erneuten  Weihung  goldener 
Schilde  mit  der  Inschrift  \J\ilivaiot  dnu  Ml'jduiv  y.ai 
örßai.(j)V  X.  r.  X.  allerdings  das  Gesetz,  über  eine  eidgenös- 
sische S^adt  keine  dauernde  Trophäen  zu  errichten  (kidivov 
7;  xaXy.ovv  xpoTCaiov  Plut.  quaest.  Rom.  37.  Cicer.  de 
luv.  II.  23)  zu  errichten,  übertreten  haften.  Hier  muss 
zuerst  ein  Trugschluss  des  Deninsthenes  zurückgewiesen 
werden;  er  meint  (§.  150)  (JV/.  ivijv  dv£V  xov  ■yrpog- 
xaXecraffdai  Si]Ttov  -ro/'i  Aqy.ooli;  dixijv  xaxd  Ttj^ 
Tiokeajg  ovvrsXecracr^af  xig  ovv  ey.h']X€i<arsv  v^äg;  inl 
■noiag  ÜQX'ji  ^-  *'•  ^^-  I^'"  gleich  folgende  Executiou 
gegen  die  Lokrer  vor  Amphissa  zeigt,  dass  bei  einer 
vor  Augen  liegenden  Ucbertretung  Amphiktyonischcr  Ge- 
setze dergleichen  nicht  nöthig  war;  und  die  goldenen 
Sicgesschilde  konnten  und  mussfen  als  solche  gelten.  Das» 
aber  zwischen  Afhen  und  Theben  damals  nicht  viel  au 
einem  oflenbaren  Kriege  fehlte,  lehrt  unter  Anderm  die 
Besetzung  von  Megara  durch  Phokion  X^^"*-  P''""-  15), 
die  nicht  in  die  von  Dem.  TCEQi  TCapaTTQCaß.  §.  326 
besprochenei»  Verhältnisse  gehört,  sondern  später  ist; 
siehe   unten. 

Jenem  Anfrage  der  Lokrer  in  der  Amphiktjonenrer- 
sammlung  trat  Aischines  entgegen;  er  wies  darauf  hin, 
wie  die  Amphissäer  einen  viel  ärgeren  Frevel  auf  sich 
geladen  hätten  durch  Beackerung  und  Bebauung  des  ver- 
fluchten Feldes,  und,  wie  er  selbst  berichtet,  er  sprach 
mit  der  grössten  Heftigkeit.  Als  er  hierauf  abgetreten 
war  {iiTtiiidij  Tioxe  dTiijkkäyijv  y.ul  fisrlarijv  ix  rov 
ai'VlSuiov  §.  122),  entstand  gross  Geschrei  und  Ge- 
tümmel unfer  den  Amphiktyoncn,  und  man  sprach  bereit« 
nicht  mehr  von  den  Schilden,  die  Athen  geweiht,  son- 
dern schon  von  der  Bestrafung  der  Amphissäer.  Da  e» 
schon  zu  spät  war,  um  noch  desselben  Tages  die  Strafe 
auszuführen,  bcschied  der  Herold  die  Dclphier  auf  den 
folgenden  Tag  ijxciv  ciua  tij  i^nipa)  zur  Opferstäfl© 
und  eben  dahin  die  Pylagoren  und  Hieromnemonen.  Aber 
bei  der  Execution  am  folgenden  Tage  kamen  die  Lokrer 


I 


573 

aus  Ampliissa  bewaffiipt  ilaher  iiiid  ilic  heilige  Expedition 
re<ff«e  sich  mir  mit  Hliihc,  Am  folgenden  Tage  hcricf 
Kottvphos  der  Pharsalicr,  6  TÜi  yvvjuai  inHpi;(fiCwi>, 
eine  sogenannte  Ekklcsie  der  Amphik^oncn,  wo  denn 
Lesthlosscn  wurde,  ijy.eiv  TOVi  iegu^'.vijßova^  n^o  ti~s 
iniovari;  iivkalai;  ev  piyroj  jfpoVw  et'i  Uikccg  ixuv' 
TUi  doyfia  xad^'  o,ti  öixijv  Suiauvöiv  oi  'AiKfia- 
OSli  y..  T.  X.  In  Athen  wurde  das  von  Aisrhines  Gp- 
thane  Anfangs  gut  gehcissen ,  doch  brachte  es  Deuiosthe- 
nes  zu  einem  andern  Bcschlnss  (Aisrhin.  ^.  120)  des 
Inhaltes,  dass  sicli  Athen  jener  Thcilnalime  an  der  aus- 
serordentlichen Vcrsanimlung  in  den  Thcrmopjlen  und 
der  Ausfiilirung  der  dort  gefassten  Beschlüsse  enthalten 
solle ;  ebenso  nahmen  die  ThcLaner  an  <lersclben  keinen 
Antheil.  Dort  nun  wurde  ein  Feldzng  gegen  die  Lokrer 
beschlossen  und  Kottvphos  zum  Fcldlierrn  erwählt;  y.al 
nuQfXi^uvTEi  T^  7iQv')TTj  aT^creüi  v.ai  fia/.a  ji/erp/w; 
exoi-navTO  TOIs  'Jj^KfloaeiOl.  Es  wurde  ihnen  eine 
Geldstrafe  auferlegt,  die  sie  in  bestimmter  Frist  {iv  QlJTio 
ypövo))  dem  Gott  erlegen  sollten ,  und  die  Vertreibung 
der  Schuldigen  von  ihnen  verlangt.  Dann  fohrt  Aischi- 
nes  fort  (§.  129)  ineiöij  de  o'vte  tu  xp'jfiUTa  i^hi- 
vov  Tijj  y£w,  toi'«;  t"  Evaycii  y.arijyayov  y.al  tovc 
svasfjei^i  yareX^övraq  öia  züiv  'AfiCfiy.Ti'Ovo)v  ii;[ßa- 
kov,  oi'iujg  i)5i]  Triv  devTgQav  knl  rovi  '-■lifACfiOoiai 
atgatEiav  inonjcravTO,  nolXio  xpovuj  vareoop  x.  t.  X. 
und  zu  diesem  wurde  Philippos  als  Feldherr  der  Amphik- 
tyonen  berufen.  Demosthencs  weicht  in  einigen  Kleinig- 
keiten von  Aischines  Erzählung  ab  (g.  151);  allerdings 
sagt  er,  dass  zuerst  Kottyphos  Feldherr  war:  to  fiev 
TTocüTov  Tujv  'Jf^Cfiiy.ivoviov  fjyays  OT^axiäv.  wg  t> 
oi  fxet)  oi'x  jjXdov,  oi  d'  sX^uvreg  oi'Sev  ercoiovv, 
eii;  ti]v  sTTioL'o-av  IlvXaiav  iui  tov  0ikm7i'ov 
£v9vQ  i'jyefiöva  r;yov  oi  y.arEOy.evaoutvot  nai  nakai 
TovTjQOi  Tuiv  öiTTctkojp  y.c.l  Tujv  f.v  Tutg  clKkat^ 
■jrökcoiv.  Da  Demosthencs  die  ausserordentliche  Ver- 
sammlung nicht  erwähnt ,  so  gibt  uns  seine  Darstellung 
die  wichtige  \otiz,  dass  in  der  nach  jener  Delphischen 
K«c/iS<folgenden  regelmässigen  Versammlung  in  den  Ther- 
mopvlcn  Philippos  zum  Feldherrn  der  Amphiktyonen  ge- 
wählt worden.  AVir  würden  mit  den  Zeiten  ganz  im 
Klaren  sein,  wenn  es  nicht  streitig  wäre,  ob  die  Früh- 
lings- oder  Ilerbstiersammlung  in  Delphi  gehalten  wor- 
den. Eine  Eiitscheidnng  geben  die  Zeitbestimmungen 
bei  Aischines.  Unter,  dem  Archen  Theophrastos  wurde  er 
als  Pjlagoros  gewählt;  die  Annahme,  dass  Aischines  etwa 
zu  Ende  des  Jahres  des  Theophrastos  gewählt  und  erst  in 
der  nächsten  Herbstsitznng,  das  heisst  im  Boedromion 
des  Archonten  Ljsimachides ,  also  mehr  als  drei  31onatc 
nach  seiner  Ernennung  in  amtliche  AVirksamkeit  getreten 
sei ,  ist  nicht  bloss  gegeu  alle  Wahrscheinlichkeit  und 
gegen  die  demokratische  Sitte,  sondern  es  würde  die 
Angabe  bei  Aischines  gerade  die  Bezeichnung  der  Zeit,  um 
deren  willen  sie  beigefügt  ist ,  undeutlich  machen.  So 
muss  also  Aischines,  im  Jahre  des  Theophrastos  als  Py- 
lagoros  gewählt,  jene  Delphische  Versammlung  entweder 
die  vom  Ucrbst  340  («ier  vom  Frühling  339  mitgemacht 
haben.  Aischines  gibt  an,  dass  Kottyphos  znm  Feld- 
herrn ernannt  worden  (also  zur  Zeit  der  ausserordent- 
lichen  Versammlung    in    den  Thermopylen)    ovx    illlSl]- 


574 

uoi'VTOi  (fitklnTtov  Iv  ßluy.edovU/.,  ü)X  ovb'  ev  rij 
'Ekküöt  nunüwog,  d}Ji.'  iv  liyvSaig  oiiru»  jjiay.ouv 
C'.TCÖvTO^.  Es  ist  möglich,  das  Aischinc»  hier  etwas 
übertreibt,  dass  Philippos  noch  in  Thrakien,  viellciclit  noch 
vor  Byzanz  stand  in  der  Zeit  jener  ausserordentlichen 
Sitzung.  Nach  derselben  folgte  die  Expedition  des  Kot- 
tvphos, der  Zahlungstermin  für  die  Amphissäer,  ihre 
AVeigcrung,  die  Freilcr  zu  vertreiben,  kurz,  eine  Ileihe 
von  Begebenheiten,  welche  füglich  drei  oder  vier  Monate 
gekostet  haben  uiiigen.  Die  AVahl  des  Philippos  endlich  er- 
folgte in  der  nächstfolgenden  regelmässigen  Versammlung 
TlOkkui     XQ'JVV)      VlTTtüOV     £7iail;XljkvtlOTOg     0l/.iT7TOU 

ex  T/Js  hil  Tovs  ^xiDu';  crgareiw;,  was,  wie  sich  von 
selbst  versfehl,  immerhin  hcisscn  kann,  dass  Philippos 
viel  später  aus  dem  skythischeii  Feldzug  zurückgekommen 
ist.  Aus  dieser  Zusammenstellung  ergibt  sich,  dass,  da 
Aischines  noch  unter  dem  Archon  Theophrastos  (Ol.  HO.  1) 
in  jener  Delphischen  Pyl.-sia  sprach,  und  da  znr  Zeit 
der  nächsten  regelmässigen  Versammlung,  also  ein  hal- 
bes Jahr  später,  Philippos  schon  vom  skythischen  Feldzugo 
zurückgekehrt  war  ,  derselbe  aber  dem  bis  in  den  Anfang 
des  Jahres  des  Lysimacliide»  (Ol.  1  10.  2)  währenden 
Kriege  gegen  Byzanz  folgte,  es  ergibt  sich,  sage  ich, 
dass  die  erste  Delphische  P_\laia  nur  die  Frühlingsver- 
sammlnng  im  Jahre  des  Theophrastos  (Frühling  339)  ge- 
wesen sein  kann.  Hieraus  wird  auch  klar,  warum  man 
mit  dem  Beschluss  zum  «rstcn  Feldzuge  nicht  bis  zur 
nächsten  regelmässigen  Pylaia  in  den  Thermopylen  war- 
tete; ein  Feldzug,  im  Herbste  beschlossen,  würde  sich 
wegen  des  nahen  Winters  ungebührlich  lange  verzogen 
haben. 

Hiernach  muss  ich  mich  gegen  die  von  dem  hoch- 
verehrten Herausgeber  des  Corp.  Inscr.  p.  808  geäusserte 
und  von  unserem  Blarburger  Freunde  (Handbuch  der 
griech.  Staatsalterth.  p.  39)  angenommene  Ansicht,  dass 
die  herbstliche  Versammlung  nach  Delphi  gehöre,  um 
so  mehr  erklären  ,  da  nach  Brückner 's  einsichtiger  Be- 
merkung (p.  235)  auch  eine  Notiz  in  Demosthenes  Rede 
ntol  ■^apaßg.  auf  ein  ähnliches  Resnifat  führt.  *)  Und 
wenn  Alexander  gleich  nach  seiner  Thronbesteigung  gen 
Hellas  ausrückend  die  Amphiktyonen  in  den  Thermopy- 
len versammelte  (Geschichte  Alexander'«  p.  60.  Diod. 
XVII.  4),  so  konnte  das  ein  Beweis  mehr  sein,  dass 
die  Herbstversarnmlungen  eben  dort  gehalten  wurden, 
wenn  Alexander  die  Versammlung  nicht  erst  berief,  son- 


*)  Nach  DIonys.  Hai.  ep.  ad  Am.  10.  ist  die  Rede  mgl  naga- 
ngiaßifuq  iliei  Jahre  nach  der  betreffenden  Gesandtschaft, 
unter  dem  Archon  Pylhodotos  37^/,  geschrieben.  Wenn  in 
dieser  Rede  noch  nicht  von  der  Expedition  des  Philippos 
nach  Ambrakia  die  Kede  ist,  welche  in  der  Rede  ober 
Halonncsos  §.  32  besprochen  wird,  und  wenn  diese  Rede, 
wie  unten  zu  erweisen  ist,  im  Winter  des  Pylhodotos 
Ol.  109.  2.  (Anfang  342J  gehalten  wurde,  so  gehört  di« 
Rede  von  der  Trupgesaudtschaft  in  die  erste  Hälfte  von 
Ol.  109.  2.  Demosthencs  spricht  (5-  65)  von  seiner  ncner- 
lichen  Anwesenheit  in  Delphi,  und  dass  er  als  Pjlagoros 
dort  gewesen,  s.igt  Aischines  xkt«  J\i)ja.  §■  114.  VVenn 
man  diese  zwei  Angaben  combinircn  darf,  so  ist  die 
Rfde  von  der  Tmggesandtschaft  zwischen  dem  October 
343  und  dem  Anfang  von  342  geschrieben. 


575 


^76 


Aera  noch    bpisammen    fand;    doch  sola  Rpgicrunjsaniriit 
Ut   ZHcifelhaft,   s.    u. 

>orh  bleibt  eine  Sclni  iorijjUeit  zu  lösen.  Die  Ilerbst- 
veräaiumliing  der  Amphikfvoiien  heisst  nach  Sfrabo  IX. 
p  270-  ed.  Tauch.  ^u'xw.Topn  i;  rri'A«i'«  und  f.illt  in  das 
ufro.TWpoi-,  das  heisst,  iu  die  Zeit  zwischen  dem  21» 
iSeptcniber  und  5.  >'orcmber ;  und  genau  so  finden  wir 
einen  Aniphikfvoneiibeschluss  in  Athen  publiiirt  Ol.  100.  1 
in  der  dritlcu  Pr\lanie,  die  iu  dem  genannten  Jahre 
etwa  »cm  21.  September  bis  znm  20.  October  reicht 
(hierbei  ist  ein  Irrtlnim  von  2  Tagen  möglich).  Im  Oc- 
tober 339  also  ist  Philippns  bereits  von  seinem  skjthisclien 
Feldziigc  zurii.k.  Rechnen  wir  nun  die  kürzeste  Zeit 
für  diesen  Feblzug,  so  fordern  die  MJirsclie  von  Bvzanz 
bi»  in  die  Uonaugegenden  und  von  da  durch  das  (iebiet 
der  Triballer  nach  3Iakedonien  zurück  ,  die  K.'impfe  mit 
den  Skjthen  und  das  Aufbringen  von  20,000  gefangenen 
Weibern  und  Knaben,  der  Kampf  mit  den  Triballcrn, 
die  den  Durchzug  weigern  —  Alles  das  fordert  gewiss 
eine  Zeit  von  wenigstens  zwei  IMonaten,  so  dass  Philippos 
kp.'itestens  in\  Anfang  des  ersten  [Monats  des  Jahres  Ly- 
simarhides  (Ol.  110-  2)  die  Delagerung  von  Bvzanz  auf- 
gegeben haben  niuss.  Aber  da  tritt  uns  die  mächtige 
Autorität  des  Philochoros  entgegen,  der  von  dem  Jahre 
des  Lysimachides  berichtet:  frri  rovcov  t«  iitv  i^ya- 
■To.  -TcEui  Tol;  vew^oiy.or;  y.ai  tjjv  oy.cvodij/.ijv  dve- 
ßäkoiTo  Ötä  Tov  Ttdkeuov  tov  ^po;  wlkiTtirov-' 
rä  öe  ;^p7;//«r'  eipijff/aarro  irdvx'  eivm  a-TpariojTixa.' 
liiest  man  die  Stelle  des  Dionysius,  wo  diese  Auszüge  au» 
Philochoros  stehen,  so  kann  man  nur  an  den  Krieg  von 
Byzanz  denken,  denn  er  nennt  diess  clien  T«  ■n^ricf/^eiTa 
USTTU  Tijv  kicriv  .triq  flQip'ljq,  d.  h.  des  Philokratei- 
«chen  Friedens.  Diess  scheint  nun  mit  dem  obigen  Rc- 
äultate,  dass  Philippos  ilie  Belagerung  von  Bvzanz  gleich 
mit  (Um  Anfang  von  Ol.  t  1().  2.  aufgegeben  habe,  im 
vollsten  >V'-derspruch.  Und  so  ist  es,  wenn  man  glaubt, 
dass  mit  Pliilippos  Abz'jge  von  Byzanz  zugleich  ein  Frie- 
den  geschlossen   worden. 

Dass  damals  ein  Frieden  geschlossen  worden,  sagt 
Diodor.  XVI.  77.  ausdrücklich:  0i}.l7t7iog  y.urnnXrjycii 
rj  ovrdQO^ifi  xvjv  'EfJ.ljvcnv  rijv  Tto't.lonv.'iav  rrjjv 
TTükEujv  ihvae  y.ai  nQ6i'.'ld^)p'0.iovz  y.o-l  xulk;  äkXovi 
^EtXijva^  Tolq  ä'avTiotittioi'g  auie^Bvo  t)}v  cttitjvijv. 
Natürlich  einem  ausdrücklichen  Zeugnisse  gegenüber  ein 
io  auflallendes  Factum  zu  I.'iugnen,  hat  etwas  liöcliM 
Bedenkliches;  jedoch  darf  man  zuu.'lclist  geltend  machen, 
dass  Ephorii«  (jpschichtswerk  ,  ans  dem  Diodor  besonders 
»ein  XV'I.  Buch  geschöpft  hat,  gerade  bei  der  Belagerung 
lon  Perinllios  aufhörte;  Diyllos,  rien  er  viin  dort  au  benutzte, 
hat  zuar  die  vi  eitere  Geschichte  bis  zum  Tode  des  Piillippns, 
H-ie  CS  scheint,  ausführlich  genug  behanilelt;  aber  be- 
gnügt sich  Dioiloro'i  ,  von  jeneni  ganzen  Kriege,  von  der 
merkwürdigen  Thrilualiine  Hellenischer  .Staaten,  loii  jener 
Anstrengung  und  Riilirigkeit  der  Athener  auf  Kiiliiiia  und 
IUI  Ilellespont,  ilie  der  Hochherzigkeit  früherer  Zeiteu 
würdig  war,  iu  sechs  Zeilen  zu  sprechen,  so  niuss  man 
ihn    ja   nicht  für  den   grossen   Geist   halten,    der   mit  we- 


nigen kräftigen  Zügen  den  Kern  der  Sache  beransfinJet, 
mau    niuss    vielmehr    auf  seiner  Hut    sein  und   ihm   nicht 
mehr  glauben  ,  als  man  sonst  w  oher  bestätigt  fiuüct. 
(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Gera.  T.r.r  Feier  des  Nciijahr-sfcslcs  lud  Ilr.  Prof.  Herzoj 
durch  fül^eiulcs  Programm  ein:  Observalionmii  paiticula  XI. 
Jnest  bicvis  de  singul.iri  particularuni  iiisi  et  rii  tignüicalione 
et  projuicl.ite  dispiitalio.  Geiac  ex  lypogiapliia  aiilica  (U4  S.  4.) 
Der  yclehite  fir.  Verf.  Ii.-)ncle!l  in  deniscluen  zunaclist  von  dem 
UnlerschieJe  zwischen  si  (si  non)  und  nisi,  den  er  dahin  bc- 
stiinnit:  non  .ibsiiidiim  e.'.istinuvei'iiii  parliculara  si  appell.ire 
ponenlis  et  cligenlis,  nisi  proponentis  et  piaccaventis;  illam 
esse  v.Öu<(poiiov  sive  indiirerentein  ,  h.inc  inuroQO-aiTixijv  et  av/t- 
:i«i?i;ijzijv.  Obgleich  die  Elyraoloj^ie  für  diese  Aiinabine  zu 
spiechcu  scheint,  so  dürfte  doch  eine  selir  grosse  Anzahl  von 
Beis])iclen  derselben  cnlgeyenslchen ,  und  der  Hr.  Verf.  scheint 
sie  selhit  in  den  Hintergrund  zu  stellen,  wenn  er  bald  darauf 
behauptet:  nisi  totam  ratiocinantis  esse  ac  niedilanlis ,  ohne 
genauer  nachzuweisen  ,  wie  eine  Partikel  ganz  dem  Denken  an 
geliören  und  doch  auch  eine  Willensrichtung  {nach  p.  8.  hat 
nisi  notioncin  prohiheiidi  sive  verendi  et  cavendi)  bcz-cichnen 
könne.  Nachdem  hierauf  klar  über  nisi  forte,  nisi  vero,  nii>i 
f[uod,  nisi  lainen  gehandelt  und  dem  Iclrten  die  ."traft  beige- 
legt worden  ist,  eine  nachdrückliche  und  ernste  Behauptung 
unter  dem  Schein  einer  Einwendung  oder  Ausnahme  bescheide- 
ner auszudrücken;  werden  genauer,  als  es  gewöhnlich  geschieht, 
die  Falle  geschieden,  wo  sich  ni'ii  auf  eine  iNegalion  oder  wo  et 
sich  auf  einen  unhestimmtcn  Zablhegriff  bczielit,  und  bei  die- 
ser Gelegenheit  die  Ausdruckhcweisen :  nihil  aliud  nisi,  nihil 
aliud  praeter,  n.  a.  quam  besprochen,  und  ihr  Unterschied 
auf  passende  Weise  nachgewiesen.  Zu  kurz  handelt  der  Verf. 
über  das  Veihaltniss  von  nisi  und  ni,  und  wenn  er  auch,  um 
eine  Verschiedenluit  derselben  zu  begründen,  mit  Recht  darauf 
hinwiiit  ,  dass  man  nicht  ni  forte,  ni  tarnen,  ni  vero  u.  a.  ; 
nicht  nemo  ni,  non  alitcr  ni  u.  s.  w.  (was  doch  bisweilen  Aus- 
nahmen erleidet  s.  Cic.  Att.  16,  t5,  3.  Tac.  An.  2,35)  sage:  so 
möchle  doch  <lie  Rebauplung,  dass  nisi  nur  Bedingungen  an- 
gebe, die  allein  in  der  Vernunft,  ni  solche,  die  in  der  Erfah- 
rung und  in  Thatsachen  ihren  Grund  bähen,  zu  allgemein  und 
unbcsliuiiiit  sein  und  sich  schwerlich,  namentlich  bei  einet 
genaueren  Berücksichtigung  von  si  non,  und  der  Erscheinung, 
da,ss  ni  so  oft  in  Drohungen,  sowie  auch  in  Gesetzen  sich  fin- 
det, hinreichend  durchfuhren  lassen.  Soille  wirklich  ein  Un- 
terschied zwischen  beiden  Partikeln  auch  in  Hinsicht  der  Be- 
deutung stattdiiden  ,  so  möchte  es  eher  der  sein  ,  den  Wetze! 
In  dein  auch  in  dieser  Zeitschrift  183cJ,  p.  786  ff.  besprochenen 
Programme  aufgestellt  hat. 

Berlin.  Wir  bringen  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  folgende 
Dissertationen  zur  Kunde,  welche  im  Laufe  des  Jahres  1S3S  unter 
andern  hier  erschienen  sind:  1)  De  Luciano  p!iitnsn/iho  uns. 
Gnil  Chteius.  53  S.  8.  —  2)  De  Ullo  cii'ili  Sultano  diss. 
Adalb  CtbutsUi.  27  S.  8.  —  3)  De  artis  dialecticae  ,  (jua 
Platn  sitii  viam  ad  scienliam  veri  miiiiivil,  forma  ac  rationa 
diss.  H.  Urue,igeinann.  37  S.  8-  —  4)  De  foniilnts  libri  Jorda- 
nis:  „de  oiis,inc  actiiqne  Gelaruni"  diss.  JJtnr.  de  S_fbel. 
45  S.  8.  —  5)  De  teleologiae  /liislotelicae  lineamentis  diss. 
Maiir.  Canicre.  20  S.  ö.  -  Eine  dem  Indix  lectioniiin  für  dai 
Wintersemester  vorangehende  kurze  Ahh.indlung  vc'breilct  sich 
«de  anachronisnio  absiirdissimo ,  f|uem  l'lali)  in  Repuhlica  eom- 
ponend.a  .idmisissc  visus  est,  quod  personas  longissimo  temporit 
iiitervjllo  dissitas  nno  codenique  die  iutcr  le  coUociucnle*  f»- 
ccrit  vcl  certc  cougregavetit." 


Zeitschrift 

für   die 

AI  t  er  tliu  ms  Wissenschaft 


Alittwoch,   19.  Juni 


18  39. 


Nr.  73. 


Die  Urkunden  in  Demosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Forts  et  zun  ij.) 

Und  ilass  iiiiii  Philodioros  von  jenem  Frieden  enfäcliie- 
den  Nichts  weiss,  ist  ein  höclist  gewichtiges  Zengniss. 
Sodniin  findet  sich  weder  in  Demosthenes  ,  noch  in  Ai- 
srhines  Rede  die  leiseste  Andeutung  lon  diesem  Frieden, 
nnd  Aisdiines  h<'itte  sie  ^.  t'JS  iliirchaus  machen  müssen, 
«eiin  er  zeigen  wollte,  dass  der  von  ihm  angeregte  Bc- 
scliluss  gegen  die  Lokrer  nichts  (iefälirliches  hatte,  er 
hätte  sagen  müssen  :  Philij)|)os  war  nicht  bloss  weit  hin- 
weg hei  den  Shythen ,  sondern  wir  und  alle  Helleneu 
hatten  Frieden  mit  ihm,  oder  wir  schlössen  ihn  gleich 
darauf.  Dagegen  rechnet  Aischines  den  dritten  Abschnitt 
in  Demosthenes  öllentlichem  Leben  von  der  Auflösung 
des  Philokrateischeu  Friedens  bis  zum  Ende  des  Krieges 
von  Chaironeia  (voirov  dt  Ö  V  £Tl  oK  E uov  fldv  X9^' 
lov  fieyat  Tr,g  ÜTi'xiag  rrig  s'v  Xaiqvtvtkt  §.  65). 
l  eberdicss  sind  einige  Aeusserungen  in  Demosthenes  Rede 
lon  der  Art,  dass  sie  au  einen  Frieden  zivischeu  der  Ue- 
lageruug  von  livzauz  und  dem  Kriege  von  Chaironeia  zu 
(lenken  unmöglich  machen.  Diese  Stelleu  sind  bereits 
von  Brückner  p,  382  angeführt.  Nicht  hierher  gehört, 
wenn  Demosthenes  sagt  g.  139,  nachdem  er  von  heim- 
lichen Unterhandlungen  des  Aischines  mit  Philippos  Emis- 
sären gesjirochen;  y.ai  xu  fisv  öl]  n  (j  u  Toti  77  0/.  £- 
14  f!  IV    (f  UV  aQV)  q,   (TwayujviCeoi^ui   0i'ki-jtnv>   Seivuv 

fttv SÜts  d'  ai<T(i}  ToÜTu.    'IkK  mtidi) 

i'jdi]    cpavSfftSq    roe    nkoia    easaühjTo,    X£Q(>6vi]crui 

eTCOQt^ilTO,    e-TTl    TTJV    'AxX  LY.YjV    iltO  0£V  i-V     dv^QU)- 

Ttoy  ovY.ix'^  iv  ä^i(ftaßiixrjoiit,o>  xu  TTpäyi^axu  t'r, 
c/ÄK  evsaxljy.ei  V..  t.  A..  Es  ist  hier  nicht  die  Rede 
von  Philijipos  Heranrücken  zum  Amphiktvonenkriege,  son- 
dern von  einer  sonst  nicht  ertvähnten  Diversion,  die  Phil- 
ippos etwas  frülier  gemacht  haben  muss  (s.  u.).  Desto 
unwiderleglicher  sind  Demosthenes  Worte  g.  145  und 
1^4lj.  Er  leitet  den  Ampliiktyonenkrieg  also  ein:  ov'/. 
XV  xov  nooi;  V  f^dg  :roktfiov  ni^ug  oiö' 
(ina)^kayi;  0ikimtv)  tl  fin  Oijßutovg  v.ui  Oexxu- 
Kovg  ix^Qoig  ■ttou^osib  xij  nükei  dkku  y.umef)  ddkiwg 
y.ai  y.a/.ujg  ruiv  o-xq  axt]y  iSiv  rujv  v^exioMV 
71  oke/i  ovvx üj  V  avxui,  6/^iojg  vtc'  ai'ixov  xov  noki- 
uov  yai  xuiv  hjcrxujv  f.ivoia  'iiiUcrxE  xay.u.  So  konnte 
•loch  durchaus  nicht  gesprochen  «erden,  wenn  nach  der 
Belagerung  von  Byzanz  ein  Friede  gemacht  worden  war! 
Dann    hcschre  bt  Demosthenes    den  Kriegszustand    weiter 


und  fügt  hinzu:  ijv  de  oi<x'  ev  xrj  &ukaxxT]  xuxs  y.peir- 
Tujv  vf.wiv,  oi)x'  ti'g  T^v  'Axxty.i]v  ekdciv  duvaxog^ 
injxs  Osxxakpjv  dy.okovdoiivxujv,  w;re  Oijliaiujv 
diivxujv  (Tvvefiaire  de  avxui  t(o  nuk£i.i(j>  y.fjurovvzi 
Tuug  öuuiovg  dtJTiot^'  i<ji£ig  i^eit e fiit f.x s  axf^a- 
xrjjovg  —  £'w  ydo  xoOiö  ys —  c.vxt)  xrj  (fvoei  xov 
xönov  xai  xuiv  inaoxö^'iuiv  ixaxtooig  y.a/.Qiui^ctv. 
Und  wem  das  noch  nicht  genug  ist ,  iler  lese  den  Be- 
richt Plutarch's  (Phokion  c.  14),  wie  Phokion  von  den 
Bvzantincrn  in  ihre  belagerte  Stadt  aufgenommen  worden, 
wie  dann  Philippos  mit  Schimpf  und  Schanden  abgezogen 
{8^iJiEore  XOV  'Ef.hjo-TTOvcou  y.ai  y.aT£(fiuorr,ih]  öo- 
yojv  df-iuxog  T/g  tciui  y.ui  uvavxuyojviaiog) ,  wie 
Phokion  einige  Schiffe  des  Königs  nahm,  y.a\  (foorgov- 
/icvag  7r6k£tg  dväkuß £  y.ui  n  okkuxö^i  ir,c,  ^wp«? 
diioßäa-eiQ  iToioL'i^ievog  äiiügdet.  xal  y.axerg£-/e  fiexQ'- 
oi    xQuöiiaTU    Laßu}v    vnb    ruiv    Txgogßoij^oivxujv 

r/.7l£7l'ktti(yS.  Dass  aber  ausser  diesen  glücklichen  Un- 
ternehmungen noch  andere  minder  erfolgreiche  Seitens 
der  Athenischen  Fcldherrn  ausgeführt  wurden ,  lehren 
Demosthenes  vorher  angeführte  Worte  deutlich  genug, 
und  dass  diess  nicht  etwa  den  Charcs  bezeichnet,  ver- 
steht sich  nach  ilem,  was  wir  von  Demosthenes  ^'erhalt- 
niss  zu  ihm  wissen,  von  selbst,  s.  unter  andern  Ulpiaa 
ad   Dem.   7l£gi   -ttuliUtt.   §.    332.   p-    15  7.    ed.    Dubson. 

Wie  Diodor  dazu  gekommen,  von  jenem  Frieden,  der 
nicht  geschlossen  worden,  zu  sprechen,  dürfte  nicht  eben 
mit  Sicherheit  nachzuweisen  sein:  doch  wollen  wir  uns 
eine  Vermuthung  nicht  versagen,  die  vielleicht  zur  Lö- 
sung der  Schwierigkeit  beizutragen  vermag.  Frontin  er- 
zählt (  Strat.  I.  4.  13)  quia  Cherrouesuni ,  quae  juris 
Atheniensium  erat,  occnpare  prohiberetur ,  teneutibus 
transitnm  non  Byzantioruni  tantum  ,  sed  Rhodiorum  quo- 
(|ue  et  Chiorum  navibus,  conciliavit  aninios  eorum  red- 
dendo  navcs  quas  cepcrat,  quasi  sequcstres  futuras  ordi- 
iiandae  pncis  inter  se  atque  Bvzantios,  qui  causa  belli 
erant ;  tractaque  per  niagnum  tenipus  postulatione ,  cum 
de  industria  subinde  aliquid  in  conditionibus  retexeret, 
classem  per  id  tenipus  praeparavit,  eaque  in  augustias 
freti  imparato  hoste  subito  evasit.  So  unklar  diese  Er- 
zählung ist,  jedenfalls  zeigt  sie,  dass  im  Laufe  des  By- 
zantiner Krieges  wirklich  vielfach  über  den  Frieden  un- 
terhandelt worden  ist,  und  es  heisst  der  Gedankenlosig- 
keit Diodor's  nicht  so  viel  aulbürden,  wenn  man  annimmt, 
dass  er  Derartiges  mit  dem  plötzlichen  Abmarsch  des  Philip- 
pos  in  ungehörige  Verbindung  gebracht  habe. 


579 

Die  piiizoliicii  jinlllisrlion  ßrziclmn>;pn  dirscr  Zoli  zu 
Tpi  fiil^cii ,  «i'irdo  zu  Hoit  fiilimi  ;  mir  so  viel  iiuiss  be- 
iMcrkt  »erden,  dnss  dieärllieii  keiiiesHejjs  so  seliliclit  und 
uliersit  litlicli  sind  ,  als  man  na<  li  der  herkümmlirlicn 
Darstclluns  erivarjcn  sollte;  und  es  ist  zu  be<laucrn , 
dass  Herr  Uriiekner  in  seinen  sonst  srharfsiniiifen  Un<er- 
siicIiuMgen  niilif  auf  diese  Zusaninienliiiiigc  und  auf  die 
kleinen  aiiekdotenartigen  Notizen  Lei  Polyaiiios,  Frontin, 
Clenicns  >on  Ale.xandrien  u.  s.  h.  ,  «eiche  oft  uncruar- 
(etc  Anfsrhliissc  ilarbieten ,  melir  Riiiksiclit  genommen 
Lat;  silion  die  Verli.'llfnissc  des  Skjtheiikonigs  zu  den 
IS\zanfinern  (Clem.  AI.  ström.  V.  31.),  Istrianeru  (Justin, 
IX.  L'.).  Triballern  (Frontin.  II.  4.  20.)  konnten  wesent- 
liche IJericiitigung  über  die  politischen  Zusammenhange 
lies   Jahres   ,'33^'   geben. 

Also  ohne    dass    die  Belagerung    von  Byzanz   und  der 
Krieg    mit   Atlien    durch    einen  Frieden  beendet  worden, 
maclite   Phiüiipos   in   den   ersten   drei  jMonaten   des  Jahres 
L\-iima(  hides   Ol.   HO-   2.  jenen  skjthisrheu  Felilzug,  der 
bereits   beendet   war,    als    die   Aufforderung    des   Aniphik- 
t|onenbnndes  an   ihn   erging,    den   Krieg    gegen   Anij)liissa 
zu    übernehmen.      Dass    diess    im   Boedromion    des    Lysi- 
macliides   ivar,    und   dass  damals    die  .Stimmung  in   Athen 
in   der   höchsten   Spannung   war,   wie   sie   iler  Beginn  gros- 
ser  und   in   ihren  Folgen   unberechenbarer  Ereignisse   her- 
vorbringen    musste ,    lehrt    die   Art,    wie   ein  Zeichen   bei 
der  Feier  der  Mysterien    aufgenommen    wurde    (to    toi^ 
ftvarijoloii;   (faviv   (Tt]neiov  ri   tujv   ^mdo-tcov    reX^vrij 
Aischiii.  §1.  130.    Blan  schickte   nach  dem  Rath  des  Amei- 
niades     gen   Delphi,     aber    der   ^Varnung    der   Pythia    trat 
Deniüsthenes  entgegen,  yY/Z/TTiCf/i'  ri;!'  HrdlC-V  Cfuo'/.UJV. 
Wie    Ii.'itte    man    diesem  Zeichen   Bedeutung    und    gerade 
die   Deutung  auf  einen   Krieg   mit  IMakedonien  geben  kön- 
n''n ,     »enu    man    nach    dem     glücklich    geführten    Kriege 
ron    Byzanz    seit    etwa    zwei   IMonateii    einen   Frieden    ge- 
habt  h<'ltte ,    der    um    so   giorreiciicr    und    um  so  sicherer 
erscheinen   musste,    wenn  sich   Philippos  gleich   nach   Ab- 
schluss   desselben   gegen   die   .Skythen   gewandt   hütte  ;    wie 
konnte  jenes   Zeiclien,    jene   Warnung    der   Pythia   so   be- 
deutsam   er.scheinen,    Hcnn    Philippos   nicht   in   der   lierbst- 
lichcii     Pylaia,     gondern     ein     halbes    Jahr    spater    in    der 
Frühlingsrersammlung     znm     Feldherrn     eruiililt     worden 
wäre.     Jenes  Zeiclien   aber   geschah  nach  dem  Srholiasten 
zur  angeführten  Stelle   iles   Aischines  y.wrski^ovTcuv  rujv 
fivaTVjv  Öl  Tijv  i^äkaorrcr  iu'i  tu  y.adaQ&?,vui ,    das 
ist     an     dem    Tage,     den     man     i'.KaSi     inorai     nennt, 
Hcfiich.    V.   crj.a   ätll'oTff./ ,    an    dem     unter    andern   Cha- 
brias    bei    >axos   gesiegt   hatte   CPolyacn.  III.    11.  2.)  am 
le.   Boedrnminn   (22.   Sept.   330). 

Die  fieschichte  des  Krieges  von  Amphissa  fasst  De- 
mosthenes  ^JJ.  Iö2  mit  folgenden  Worten  kurz  zusammen: 
'^oeifTj  yao  t'x  toi'tidv  riyfuujv  y.ai  /uera  ravt  ev- 
9i'i  di'vu/j/v  (Tv).).ii;r(g  xat  na.QsXdujv  löq,  tnl  Ttjv 
Kiöoalav ,  eo6ii)o9cu  (foänaq  Tcolj.a  Ki^jöaiotg  y.al 
Aoy.goit;  tt.v  'ElMTfiav  yarahaiißuvei.  Hieraus  er- 
gibt sich  zunächst,  dass  Philippos  nicht  .säumte,  den  ihm 
übertragenen  heiligen  Krieg  zu  heginnen,  und  wir  wer- 
den gleich  die  Bestiitigung  finden,  dass  diess  vor  Ablauf 
des  Jahres  33')  geschehen  sein  mnss.  Auch  Aischines 
(§•    140)    beschreibt    diese    Verhältnisse:     uKK'    ineiÖn 


580 

C>i)jiTTOi  ai'iviv  d(f£iMucvoi  Nr/.niav  Qsrtal.uti 
7rcc(}töioy.s  y.UL  xuv  Tvöks/toi',  ov  uoutiqov  iii'jkuaev 
ey.  T);s  ^wucii  T);;  TW)'  Jjotamön ,  tovtov  ttüXiv  xov 
ui'tuv  7Tt)ki/iov  iTiT-yayt  8iu.  d-^  0ojy.i8o^  ct' 
ai'Tug  TUQ  &-i-ßai  y.ai  to  Tekevraiov  'Ekcusiuv 
y.aTfikaßujv  ixa()äy.o)(TS  xai  (fnorpdv  ciar.yayf. ,  ev- 
TC'.i'xhl  y.  T.  k.  Auch  hier  sieht  man,  dass  zwischen 
dem  Anrüc  ken  lies  Pliilippos  und  der  Besetzung'  von  Eiateia 
mehrere  Zeit  verflossen   ist. 

Die  Thcbaner  waren  bereits  der  .Alakedonischen  .Sache 
nicht  mehr  ganz  ergeben;  Philippos  hatte  ihnen  schon 
vor  341  die  Stadt  Echinus  in  der  N/ihe  von  Lamla  (Ge- 
schichte des  Helleiiisiniis  p.  82)  genommen.  Dem.  Pliilipp. 
III.  §.  34,  jetzt  wurde  ihnen  auch  >'ikaia  am  Südeiii- 
gange  der  Therinopylen  abgesprochen  und  den  Thessalieru, 
die  es  schon  nach  dem  heiligen  Kriege  einmal  erhallen 
zu  haben  scheinen  (Dem.  Philipp.  II.  |§.  2~')  von  Neuem 
übergeben  ,  deren  Beistand  dem  Könige  zunächst  höchst 
wichtig  war.  Sobald  Eiateia  besetzt  war,  traten  die 
Thebaiier  mit  den  Athenern  iu  ^'^erbinduug.  Aber  wann 
ist   diese   üccnpafion? 

Die  hervorstechenden  Punkte  in  diesem  Kriege  sind 
die  Schlachten  von  Cliaironeia  am  7.  IMetakeitnion  (4.  .Aug. 
33S),  die  )•  inl  Tou  TToTattov  und  j;  ^c/m^/i'tj  (Dem. 
§.  21(i),  dann  die  vor  beiden  liegende  i5esetzung  von 
Eiateia.  Besonders  hat  die  ^si/ieQivr  sehr  Zieles  leiden 
müssen  ,  da  sie  sich  mit  den  beliebten  Anonlnungen  der 
Verhciltnisse  gar  nicht  vereinbaren  wollte;  man  hat  das 
Wort  emendiren,  hat  ihm  die  Bedeutung  von  ^£/i>£Q/u<; 
geben  »vollen.  Aber  wenn  die  Iland.'^chriften  einmal  )rei- 
fjeoivi;  darbieten,  so  darf  die  Schlacht  keine  bei  stürmi- 
schem AVetter  gelieferte  sein;  das  Etyni.  Gud.  v.  sagt 
ausdrücklich  jii/ft£onai  TIO.QU  tu  %£i^ia  u'ii  Traoa  tu 
iao  iuQlvlji;  uip ,  und  somit  muss  die  fragliche  Schlacht 
eine  winterliche  Schlacht  bleiben  ,  sie  muss  vor  dem 
März  338  vor  dem  Elaphaboliou  des  Jahres  Lysimachides 
geliefert  sein.  Dieser  Schlacht  war,  nach  Deinnsthenes 
Ausdruck  zu  scliliessrn ,  sdiou  die  £7ll  TOV  n'OTCtfioo 
vorhergegangen  ,  vor  dieser  lagen  die  vielfachen  Uiiter- 
handliiiigen  des  Philippos  und  der  Athener  mit  Theben  ;  vor 
diesen  die  Besetzung  von  Eiateia  ,  so  dass  zwischen  der 
und  der  winterlichen  Schlacht  gar  wohl  zwei  oder  drei 
Monate  verflossen  sein  mögen.  So  erhielten  »vir  als  »vahr- 
scheinliche  Zeit  der  Besetzung  von  Eiateia  die  letzten 
Monate  des  Jahres  339-  Best,'itigung  dafür  könnte  sein, 
dass  Deniostheiies  angibt,  bei  der  Ankunft  der  Nachricht 
davon  seien  alle  Strafegen  in  Athen  ge»vesen.  Wir  wer- 
den z»var  seheil,  dass  Phokion  erst  später  kam  ,  doch  der 
Ausdrill  k  des  Redners,  im  Allgemeinen  richtig,  kann 
als  Bestätigung  dafür  dienen,  dass  es  bereits  spät  im 
Jahre  »»ar,  »venu  ilie  eingesandten  Strategen  meist  heim- 
gekehrt waren  (cf.   Dem.   JJ.    140). 

Philippos  hafte  die  Thebaner  aufgefordert,  sich  mit 
ihm  zum  Amphikfyonenkriege  zu  vereinen,  und  nach  deren 
Weigerung  berief  er  die  Peloponnesisi  hen  Bundesgenosseu 
(Dem.  g.  160).  Vergebens  suchten  die  Feinde  des  Philippos 
in  Athen  und  Theben  eine  Annäherung  beider  Staaten 
zu  bc»virken,  Phiiippos  Freunde  in  denselben  thatcn  das 
Ihrige,  die  Abneigung  der  so  lange  Jahre  verfeindeten 
Viilkcr  wach  zu  halten  (g.  103).      Endlich  zog  Philippos 


581 


582 


duirh  Phokis  (Aiscliin.  §.  140),  also  «olil  v(  n  den 
Tlicriiiopylcn  und  Nikaia  aus,  «las  ja  ilcii  Tliossalicrii 
aligefrcten  war,  auf  ilem  bokamiicii  AVegn  zivisclirii  Oi(a 
und  Kiieinis  in  das  Ko[iliissoslaMd ;  er  liesctzfe  Ela<eia, 
das  den  AVef  nach  I5öotlen  und  das  iiier  sfrouiauf  ge- 
legene Kjtinion  (Philochor.  ap.  Dionvs.),  das  den  hohen 
PassHeg-  am  Parnass  nach  Naiipaktos  und  Amphissa  lie- 
lieristht  (Tliuryd.  III.  9ö)-  D'c  jN'achricht  von  dieser 
Occnpaiion  brachte  die  griisste  Bestürzung  in  Atlicn  her- 
vor; Deniosthenes  eilte  als  (iesandter  nacli  Theben;  eben 
dahin  kauieu  Gesandte  des  Pliilippos,  der  Tliessalicr,  Ainia- 
iien,  Aitoler,  Doloper,  Phthioten  (Dcmosth.  g.  211. 
Pliiloch.  1.  c.  ( ,  Anipliiktvonische  >amcn  mit  Ausschluss 
der  Aitoler,  die  «enigstens  nachweislich  sp.'itcr  erst  zum 
Bunde  gehören.  Die  Thcbancr  entschieden  sich  für  Atlien, 
■wie  Aischines  angilit  §.  143,  seiir  bedeutender  Zngest.'ind- 
iiisse  wegen  ,  die  ihnen  gemacht  wurden.  Ein  Attisches 
Heer  rückte  in  Theben  ein  und  wurde  mit  Freuden  auf- 
genommen ;  zehntausend  Sülilner  überlicss  Athen  den  Am- 
phissäern  (Aischin.  §.  146),  cf.  Dinarch.  Zar«  zJijinoor^. 
§.  74.  i.Ti  TOti  ^tJ'oi^;  Toti;  eig'-/j^i(pinr!av  o-vkikeyeirrE 
IJooierO';  6  TTooöunj^  iyevtro.  Die  A'erbündcten 
sperrten  dem  Konige  den  AVeg  gen  Amphissa  mit  sehr 
bedeutender  Kriegsmaclit,  und  Pliilippos  selbst  hielt  es 
für  ralhlich,  die  Ankunft  der  noch  nicht  eingetroffeneu 
ßundesgcnosscn  abzuwarten  {jt(>Oiavaul:ivac,  TOm;  dcpi- 
OTepoi'i'Tuq  Tüiv  at'iAf.iÜ2<-')v  Diod.  XVI.  85).  Hier 
folgt  eine  Begebenheit,  die  wir  nur  aus  Poljainos  kennen 
(IV.  2.  S):  (VikiTiTio^  £^i  T)]y  '-^fitfi/irotvn'  iaT^äveoev 
'./^ijvaioc  y.ai  öijßatoi  ra  areva  iTQOxaTeküßovTO , 
y.al  \]v  )'?  biäodoc,  dinjxo-vog'  i^aTtaTU  Toig  Tioke- 
f.iioi'';  (Jiih'xTToc,  e-KiOTokijv  ueTtkacrftivtjv  'AvTixctT^uj 
7r£(Ui^'«K-  £,•  ß/ay.sdovuiv,  ujg  t)]v  ftlv  aroaTslav  tijv 
£tc'  '  /fiCficrrrik  dvaßdkkotro,  (TTievöot  St  iq  &Qdxijv 
TrsTriKy/dtJog  Tovi  iy.ei  vsojtegii^Eiv.  O  yoaf^niaTO- 
Cföpoi  Siu  rviv  (TTSvuiv  (hier  ist  eine  Lücke)  oi  (Stqo.- 
Tijyoi  Xäpijq  xai  /7pJt£!Os  aigoüfftv  aviuv  xal  t);v 
imavokijV  dvayvuvnc  TTtarevocac  Toi<;  yeypafifiti'Oic, 
y.cii  T),i'  (fvkayj^v  to)v  arcvvjy  dTtokstTTOicri.  0ikl7nto<;  öe 
kaßuiiEvoc.  ipi-uia';  d(pi>kdy.Tuji  Sießr.uaTo  y.al  roiQ 
<rrpaT>jyovi  uvaaTQEipavxaq  evlyijas  y.al  xiii  '.-//iKfla-- 
Olli  ey.gdTliner.  Freilich  erzählt  Frontin  (I.  4-  13)  ge- 
nau dasselbe  von  einer  ganz  andern  Begebenheit:  PJiil- 
ippus  cum  angustias  maris,  quac  Ciena  adpellantur,  trans- 
navigarc  propter  Atheniensium  classem ,  quae  opportuni- 
tatcm  loci  cusfodiebat,  non  posset  etc.  IMan  hat  wohl 
mit  Recht  aus  ilem  Ciena  der  Handschriften  Kyancai 
am  Ausgang  des  Bosporus  (Schol.  ad  Tlieocr.  XIJI.  22) 
cmendirt;  ob  Philippos  mit  derselben  List  die  Athener 
zweimal  betrogen  ,  ist  ivohl  sehr  zweifelhaft.  Aber  die 
genauen  Kamen  bei  Polyainos  sprechen  für  die  grössere 
Richtigkeit  seiner  Angabe;  nur  ist  es  schirer,  sich  mit 
dem  Terrain  zurecht  zu  finden.  Dass  nicht  die  cTTEva 
der  Thermopylen  gemeint  sind,  wo  in  früheren  Jahren 
ein  Proxenos  mit  der  Attischen  Flotte  einmal  seine  Sta- 
tion gehabt  h-it  (Dem.  Trfpi  iraoO-ß.  §.  50),  ergibt  sich 
aus  dem  Umstand  ,  dass  die  Athener  mit  den  Thebanern 
vereint  sich  dem  Philippos  entgegenstellen,  was  erst  nach 
der  Besetzung  von  Elatcia  geschehen    konnte;    auch    war 


dieser  Proxenos  der  Athener  *),  der  bei  Polyainos  ein  'l'lie- 
bauer  Dinarch.  y.ard  /li]iioo9.  g.  74.  AVcnu  ich  nicht 
irre,  so  liabeu  die  Verbündeten  zwei  Positionen  gegen 
Philippos  besetzt,  einmal  um  Büotieu  zu  ilecken,  die 
JJergcnge  von  Parapotamioi ,  wo  sich  der  Kephissos  in 
einem  nur  6  Stadien  breiten  Thal  ans  Piiokis  nacii  der 
Bootisclieu  Ebene  liinabdr.'iugt  {irc£vi]V  hyaxiipuji^fv  öl- 
öuvia  nupuöov  Thcopomp.  bei  Sfrabo  IX.  p.  2S5); 
sodann,    um  Amphissa    zu  sichern,     lien  Pass  von   Titho- 


*)  Proxenos  wird  als  Feldherr  der  Athener  in  der  letzleii 
Zeit  des  heiligen  Krieges  Ol.  108.  1  und  2  einigcin.nl  ge- 
nannt (Aiscliin.  7!fpi  nuqtt:!.  §.  I3.i.  T>cm.^(ni  nuouTr.  §.50. 
7.3.154).  Der  N.inic  ist  'iililich  in  dem  Gesclileclit  des  llar- 
niodios,  ilcr  von  Hcrodotos  ids  GopliyrUer,  von  Pliitaicbo.i 
(((iiaest.  synip.  I.  10)  als  Apliidnacr  und  Aiantidc  ge- 
nannt wii<l.  Dcinostlicnes  Tital  nuguTi.  J.  280  bciiclilet 
von  niebi'cien  Vciiirtbeiliingcn  wegen  Tiiigges.imll.sclKilt : 
xctl  nni;')),!'  0Qt'.ai/(inv>.ov  Ixütny  tny  0Qtiavßov>.ou  mü  lii;- 
fiOTixou  ....  yal  loy  u(p  'jtoitndiou  yul  AotQToytdoi'oqt 
wozu  Ulpian  bemerkt;  ror  //ooSmoi'  Xt-yii  %iv  otjki?;;  ör' 
}r.ii9-( I- yun  ^v.  Aus  den  gleich  folgenden  Worten  loJTf  :miÖta 
yh'.oyTU  öfu/jyt'/iu  lüy  ii'cQycimy  ergibt  sfcli ,  wie  .Tiicli 
Ulpian  bemerkt,  dass  Pro\ci)os  Sobn  Hai modios  gelieis- 
sen  habe;  ob  dieser  sonst  noch  genannt  wird,  weiss  ich 
niclit;  indess  diirllc  der  Pro.renos ,  der  den  alten  Dein- 
arclios  um  sein  C,e\d  betrog  und  von  ilim  verklagt  wurde 
(s.  Dionys.  H.  VI.  Diu.  c.  .3.  Phitarcb  X  Oratt.  p.  .379) 
wohl  eben  aus  diesem  Geschlccbt  und  des  obigen  Pro- 
xenos Enkel  sein.  Mit  mehr  Sicherheit  können  wir  das 
Gesclileclit  anlwaits  verfolgen.  Sein  Valcr  ist  jener  Har- 
modios, der  den  Vorschlag,  Ipliitraics  wegen  des  Sieges 
über  die  Spartanische  Mora  (Ol.  96.  4)  niit  einer  Bronze- 
statne  zu  einen  ,  .ils  gesetzwidrig  verkl.ngte  s.  ans  der 
angeblich  Lysianisclicn  Gegenrede  Fragmente  bei  Atislot. 
Rhet.  II.  23  u.  24.  Plutarcb.  Apopbtlieg.  Iphicr.  4.  ".  5- 
de  nobililatc  c.  21.  cf.  Hoelscher  de  vit.  et  scr.  Lysiae 
p.  140  sqq.  Harmodios  hatte  den  Krieg  selbst  milgein.icbt 
Isaios  niQt  Toü  Jiy.amy.  y.>.r,Q.  §.  11.  S'ein  V-iter  Proxe- 
nos der  Apbidnäer,  der  Ol.  92.  3.  Hcllcnotaniias  war 
(Corp.  Inscr.  Nr.  147),  balle  sich  mit  einer  Tochter  des 
Ol.  SO.  2.  bei  Ualieis  (s.  Sclincmann  ad  Isaeum  p.  312) 
gefallenen  Dikaiogencs,  der  Schwester  des  hei  Sparlolos 
Ol.  87.  4.  gefallenen  Mcnexenos  vermählt,  und  von  sei- 
nen zwei  Söhnen  Dikaiogencs  und  Haimoilios  war  er- 
steier  von  seines  OheiiDS  Menexcnos  Sohn  Dikaiogenrs, 
der  im  Gefecht  bei  Knidos  Ol.  92.  1.  fiel,  adoptirt  wor- 
den- und  wiisste  sich  nm  die  Zeit  der  Anarchie  in  den 
Besitz  der  reichen  Erbschaft  des  Ditaiogcnes  zu  bringen, 
bis  gegen  Ol.  98.  1.  dariibei-  ein  grosser  Proccss  gcgi'n 
ihn  begonnen  wurde.    So  haben  wir  folgendes  Slemnia: 

Menexenos. 

Dikaiogencs   f  O'-  80-  2. 


Pioj-cnos  von         filia 

Apbidna  bis 
nachOI.  92.  3. 

Uarmodios       Dikaiogenes 

I    um  Ol.  97. 
ft'OJTfnos  der  Feldherr 
I         um  Ol.  107. 
Harmodios 


Proxenos  Delnarch's  Ficund 
um  Ol.   122. 


Menexcnos  f  Ol.  87.  4. 


Dikaiogenes  t  O'-  92. 1.      4  Töchter. 


5S3 


584 


roia,  «lor  i'ibcr  ilcii  Pariiass  in  die  Krissaischc  Eliciip 
liiiial>fiilirtP,  iIpiispIIicm,  hoIcIipii  «los  .Siilla  Le^'at  Ilortoii- 
slus  ut.orstic!;  (  l'lut.  Sjlla  1,"».  <f.  Hor.id.  YUl.  SJ). 
AValirsilieinlidilccit  crliäll  diese  Aiiffal)e  daraus,  ilass  ilio 
Athener  den  Anipliiss.'tern  10,001»  Scildner  {>.)  iilerlasscii 
liitJen.  lind  dass  liei  Polyainos  als  die  7,uriick\i  eichenden 
l'elilherrn  Chares  und  Proxenos  der  Thehaiicr  erseheinen; 
diMin  Aisrhiiies  (JJ-  ^'i^)  »'''ft  '''"'"  Deiiiosthcnes  vor,  dass 
er  den  Thebauern  ganz  das  Comniando  zu  Lande  liber- 
l.issen  habe,  ujoTE  ziaqa  Tuv  "/ tv  6  iif.v  o  v  nokef^iov 
ti)]  y.i'uiov  yiv(<rt^ai  ^roaroy.kea  rov  r;uir€QUV 
orgarij'/ov  fjorfiractat^ai  Tieg"'  ti]^  tuiv  OTpanojrujv 
i^ujproin.;.  Eine  Xicderlage  erliiclten  die  Vcrbünileteu 
vor  (ier  Schlailif  von  Cliairuneia  (nnd  auf  diese  bezieht 
sich  Ai>chines  erst  sp.'iter)  niclit  anders,  als  in  der  Ge- 
bend von  Aniphissa,  nnd  fiir  die  Schlacht  von  Chaironeia 
ist  bereits  auch  Lvsikles  und  Chares  an  der  Spitze  der 
Athenischen  Truppen,  so  dass  Aischines  Aeusserung  ^roa- 
TU'/J.SC  T£  v  ruic£oov  Oronn-yui  sich  nur  auf  ein  frühe- 
res Factum  beziehen  kann.  Mag  der  Bote  des  Phiüppos  in 
den  Pässen  von  Parapotamoi  aufgefangen  sein,  ilort  stand 
«ohi  das  Heer  iler  Athener  und  Thebaner,  aber  Sfrato- 
k  les ,  der  Athenische  Feldherr,  ivar  hier  unter  dem  Be- 
fehl des  Thebanischen  Feldherrn;  von  dort  aus  benach- 
richtigt ton  dem  Abzug  des  Philippos  ,  mag  Chares  und 
Proxenos  gern  mit  dem  Söldnerheer  —  denn  es  ivar  ja 
iliess  vor  der  /<o!//y  ■j^eiitSnlvr,,  also  gewiss  im  Spätherbst 
oder  AVintersanfang  —  aus  den  schneeigen  und  höchst 
bcscIiH  erlichen  Passhohen  von  Tithoreia  znrückgcu  ichen 
m'Än  ;  schnell  benutzte  dann  Philippos  die  (ielegenheit, 
liber  den  Pass  zu  dringen,  der  ihm  den  Weg  nach  Am- 
phissa  öffnete;  vergebens  bemühte  sich  Stratokies,  die 
Thebaner  zu  bewegen,  dass  sie  jenen  zu  Hülfe  etwa 
^c^en  Elateia  liinaufrückten.  So  wurde  Amphissa  von 
Philippos  erobert.  \ii\A  nun  vergleiche  man  Aischines 
jf.  147-  Ti  '/do  Ö.V  oi'soiff  (liiKii::cov  ii-  Toii  zuxe 
y.atooii  er^aoi^ui;  or  xcjoii  iiiv  nou^  t);j-  -koI  iti- 
y.r,v  divauir ,  -^vxn^  Se  iv  'JiKfiacrrj  -xoö^  Tovi 
iivovg  Stayujvioao^ai,  d^i'fxovi  Se  Tohq'Etlrjvai 
raßttv  Tt;'Ki/.avTijc  o-Ä/yy/J?  yeyevij/ievjj;:  *) 

Dass  diess  noch  nicht  die  erste  von  den  drei  bei  De- 
niosthenes  erwähnten  Schlachten,  die  6.71  TOI'  nurc.nuv 
«ar,  ergibt  »ich  daraus,  weil  in  jeuer  Schlacht  um  Am- 
phissa Philippos,  in  dieser  die  A'erbi'iudeten  siegten,  so 
ilass  für  diese  in  Athen  feierliche  Daukopfer  augestellt 
v.  iirden  (Dem.  §.  217).  Es  fragt  sich,  ob  vor  oder  nach 
ileu  beiden  Schlachten  „am  Flusse"  und  iler  „w  interlichen" 
die  Fripden<antr,'lge  des  Philip|)os  (Aisch.  §1.  1  •')  I )  und  seine 
erneuten  Einladungen  an  die  Peloponuesier ,  Hülfe  zu 
leisten  (Dem.   §.   218)  gehören.      Er   bot  den  Frieden  an, 

*)  E<  darf  uns  iiicbt  irre  niach<!n ,  wenn  es  PInt.  Diin.  18. 
ht'lsst  Infi  rIt{Unno^  vno  Tr^^  ntot  xi,y  "^litqtnfjav  fi'xv/((t^ 
inail/niiffn;  »/,•  r^r  'i^MTnun  itulrpii;:;  fvfTiini  yjcl  ,tji.  0w- 
xCiu  xiix4oxi  X.  T.  A.  Pliilippos  konnte  gar  njcht  nach 
Anipbis.ia  gclausin,  ohne  vorher  Elateia  zu  licsclzen,  der 
gute  Plutarclios  teielcbt  io  weni!>  voio  Kiiej;«,  dass  er  sich 
nicht  cinNial  mit  di-n  Gebenden,  in  d.'iion  er  aul-c- 
»acbscn  ist,  niilitjriscli  zureclilüoclcn  kann. 


als  Phokion,  den  wir  oben  nach  Philippos  Abzug  von 
Bv'zanz  den  Krieg  mit  Erfolg  fortsetzen  sahen,  heim- 
kehrte (y.anxKCfoei'  dnu  roh'  y-r,cF(i)v  Plut.  Phoc.  Ki), 
was  gew  i^s  sp.'ltcstens  in  den  December  zu  setzen  ist. 
\o\\  l'hilippos  wird  man  wohl  erwarten  ilürfcn  ,  dass  er 
nur  nach  einem  glücklichen  Kampf  den  Frieden  anbietet, 
und  so  erscheint  auch  bei  Aischines  der  Friedensantrag 
(§•  148- )  (fiiKijiTzor  ydo  ou  y.arucfooioiiTog  Tuiv 
'JÜKki-riDV  ovo'  dyvouvvTOC  z.  t.  X.  Da  ferner  Athen 
nnd  Theben  schon  vereint  ist,  muss  dicss  nach  der  Be- 
setzung von  Elateia  geschehen  sein;  da  Philippos  schon 
offenbare  Erfolge  gehabt  hat,  scheint  das  Anerbieten  dem 
Kampf  gegen  die  Amphissier  gefolgt  zu  sein.  Und  hier- 
mit  stimmt   die    Anekdote   bei    Plut.    Philkion   c.    16. 

Im  Laufe  der  späteren  Wintermonate  sind  dann  die 
beiden  für  Philippos  unglücklichen  Gefechte  geliefert 
worden.  Stand  ihm  auch  immer  der  Rückweg  nach  den 
Therniopvien  nodi  auf,  so  war  er  dorli ,  solange  die 
Verbündeten  die  Stellung  von  Parojjotamioi  inne  hatten, 
vollkommen  im  Schach  gehalten.  Dort  liegt  auf  dem 
linken  Ufer  des  Flusses  ein  steiler  rings  abschüssiger 
Felsen,  die  Burg  der  Parapotamier  (Plut.  Svll.  16).  Nun 
erzählt  Pohaen.  IV".  2-  14:  0ikiTi7loi  ra's  naoddovg 
riji  JJonoTiug  tojv  Boivjzdjv  (frXaTTOvriov,  ijv  de 
(TTSl'oc  ugoiK  ai'p^v,  oiy.  int  ruProv  vjQUiicrev  dkku 
T);i'  TS  ^(doa.v  ItVQTol.on'  (also  wohl  im  Frühling  oder 
später)  y.ai  Toti  TTukft';  TlooDojv  (favepog  rv  (das  Ma- 
kedunische Heer  war  durch  leichtes  Volk  ausge/eichnet) 
ßouDTul  de  ov^  i'jrofislvovTeg  öpdv  tu.';  nukeiq 
noQdoviiivaq  y.azißtjaav  drio  rov  öpovi.  0ikm'7io^ 
S'  vnoa-Tuiipag  dtd  top  öooic  Sie^niTrei'OaTO  (so  die 
codd. ;  schlechte  Emendation  ist  öietSTieoaTo).  So 
rückte  denn  Philippos  in  die  Ebene  von  ISoötien  hinab; 
aber  gegen  Anfang  des  August  stellten  sich  ihm  die  Ver- 
bündeten von  Neuem  entgegen  ,  nur  vierzig  Stadien  von 
jenen  Bergengen,  in  dem  Felde  von  Chaironeia,  dort 
uurde  am  /.  Metageituion  des  Chairondas  (4.  Aug.  .338) 
die  lange  schwankende  Schlacht  geliefert,  die  Griechen- 
lands Srhieksal  entschied. 

Ich  habe  diese,  allerdings  stets  ungenügend  behandel- 
ten Verhältnisse  so  ausführlich  besprochen,  wie  es  noth- 
wen<Iig  schien,  um  für  die  Untersuchung  der  auf  sie 
Lezijglicheu    Urkunden   eine   sichere  Basis   zu   gewinnen. 

Nachdem  Demosthenes  berichtet,  dass  Aischines  den 
Sinn  der  Amphiktvonen  auf  die  Amiihissäcr  gewendet, 
dass  dieselben  bei  ilirem  Umsuge  um  das  Krissaisrho 
Fehl  von  den  Amphissicrn  nbel  zugerichtet  worden,  dass 
darauf  zuerst  Kottvphos  zum  Feldherrn  ernannt,  in  der 
nächsten  Pvlaia  aber  dem  Philippos  die  Sache  übertragen 
Morden  sei,  fährt  er  fort:  dws"  di  /lot  rd  öuyfxaTa 
TUL'TU  y.al  Tovg  XQOvovi,  £v  oh  ey.aa-ra  TitTigaxTai. 
Fortsetzung  folgt*) 


Druckfehler. 

Die  Leser  werden  gebeten,  in  Nr.  70  auf  S.  554  u.  555  eine 
von  dem  Setzer  nicht  bcaclitotc  Corrcclur  nachzutragen  und 
stall  yoic.n.  zu  setzen   X  Oralt. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


Freilag  j  21.  Juni 


18  39. 


Nr.  74. 


Hie  Urkunden  in  iDemosHiencs  Rode  vom  Kranz. 

(For  (s  ctzu  nij.) 

Da»  «r«<s  Deere  t ,  das  nun  folgt,  beginnt  mit  den 
Worten  t7ri  ieoHü^  Kkiivnyuoov ,  iag/i'r,^  üvkalag 
<iSoi;S  y..  T.  Ä.  Es  ist  der  dunli  Aischiiies  Anfrag  Lc- 
wirkt-e  Besrhldss,  nnil  wir  saliRii,  dass  derselbe  in  der 
l'riililingsversainnilniig  des  Archoiitcu  Theoplirastos  gefasst 
norden;  also  das  stimmt  trcfl'lirh.  Niilit  so  klar  ist  es 
mit  der  Dafirung;  ivenigstens  zeigen  Inschriften  des  nüclist- 
«päleren  Jalirliiinderts  (Corp.  Inscr.  KJSO-  16SÜ  b.  und 
die  Analogie  in  l(i94),  dass  die  vollständige  Ampliiktvo- 
nisclic  Datirnng  «ohi  in  der  Auffiilirong  aller  beschlies- 
■enden  Ilieroninenionen  bestand,  «älireiid  das  speeielle 
Jahr  durch  den  Epoovinos  jedes  Amphiktyonisehcn  Staa- 
tes, 1V0  der  Deschluss  erst  publicirt  «erden  musste,  nm 
bindende  Kraft  zu  haben,  bezeichnet  ».urde;  daher  «ir 
in  den  angeführten  Inschriften  aus  Delphi  den  Delphi- 
schen Archnnten  vorangestellt  finden,  «Jihrend  in  ISr.  Itj88 
der  Attische  Archon  voransteht.  Von  einer  üatirung  nach 
einem  iSQevg  ist  sonst  nicht  die  Rede,  obschon  es  sehr 
natürlich  «ärc,  dass  die  heilige  Versammlung  entweder 
«ach  dem  Delphischen  Priester  datirte ,  oder,  was  noch 
glaublicher  (s.  Boeckh  ad  Corp.  Inscr.  p.  SOS),  aus  ihrer 
Dlittc  einen  Priester  ernannte  ;  nur  läge  daiui  niiher  zu 
Termuflieu,  dass  6  Tag  yi'uiuag  £7rHl)ijq>iCo)i'  (Aischin. 
§.  1\14.  12«)  der  auch  die  Ekkl'esic  beruft  (Aischin.  g.  I'J4) 
und  der  vielleicht  ausschliesslich  6  hooiiHUlojv  beisst 
(Aischin.  §.  llli,  doch  kann  man  an  dieser  Stelle  aiuli 
den  Attischen  Hieronicmnon  verstehen),  eben  dieser  Epo- 
uvmos  wäre,  möchte  er  es  als  lepeli  "der  als  leooinr,- 
fiujv  sein;  und  in  der  betreffenden  Versammlung  liatte 
Kottvphos  der  Thessalier  diese  Stelle.  Doch  können 
diese  Sachen  keinen  Einfluss  auf  die  Entscheidung  unse- 
rer Frage   haben. 

Das  Decret  lautet  weiter:  tSo^e  TOig  ■JivkayoQOli 
y.o.1  Toig  <miö()otg  tüjv  '^■ljiirfr/.Tfüro)v  v.aX  iif)  y.oiviß 
rujv  -'lfi(fiy.Ti)6vo)V.  Was  ist  mit  diesen  Ansdriirkcn 
gemeint,  von  denen  uns  nur  der  Name  „Pvlagoren"  be- 
versteht  unter  ti)    y.utvuv  twc  \'lii- 


kannt   ist?     3Ia 


^fw;  jedenfalls  also  dürfte  der  offuicUc  Ausdruck  nicht  rö 
y.uivöv,  solldorn   eben  iy.y.}.i]aia  lauten.    Ferner   oi  cfin- 


cSpOt  bezeichnen,  meint  man,  die  Hieromnemonen , 
nnd  zwar  mit  einem  Ausdruck,  der  damals  für  ähnliche 
Versammlniigen  in  Griechenland  liblich  war,  und  ebensa 
von  den  Aniphiktvonen  selbst  gebraucht  wird,  unter  an- 
dern bei  Aischiiies  g.  I  l'i  und  Diodoros  XVII.  4.  ülpian 
ad  Dem.  Kc.rä  Tiuo/.g.  §•  1.50:  legoitn'nujv  cKeySTO 
ü  nsu^jTUfieioi;  a- vved go  i;  sk  tuic  ' Aitcfr/.ivovu.^ 
ineo  Z"j;;  -yiökiotq.  Aber  jedenfalls  ist  diess  nicht  der 
officicUe  Ausdruck  für  die  Hieromnemonen,  um  so  we- 
niger, wenn  sie  erst  mit  den  Pvlagoren  zusammen,  wie 
es  hier  erscheint,  das  rri'ridgioi'  bilden.  —  Ferner  aber 
wissen  wir  aus  der  sehr  detaillirtcn  Darstellung  bei  Ai- 
Sfhiues,  dass  jener  erste  Hcschluss  nichts  weniger,  als 
in  der  Ekklesie  gefasst  war,  ja,  nicht  einmal  die  Pjla- 
goren  nahmen  daran  Theil.  Aischines  erzahlt  (§.  115), 
(lass,  sobald  er  mit  den  beiden  andern  Pylagoren  Aleiilias 
und  Thrasvkles  nach  Delphi  gekommen  ,  sowohl  der  At- 
tische Hieromnemon  ,  als  auch  Meidias  krank  geworden 
sei,  Ol  ö'  uKkoi  (TUVC/.c/.d}jVTO  'JfKftyvüovEi-  «^»;)'- 
ytkkero  ä'  i<jHV  naoa  tujv  ßovkotisvmv  tvvoiav 
£u8ei'y.vva3ai  -cij  iiokei .,  u-ri  oi  'Jucfiarrsic;  ....  eic,- 
effsgov  doyfia  xart)  ti;!;  r;iiEviga(;  Trokeojq.  Wie  so 
musste  das  aus  der  Sitzung  her  den  Athenischen  Abge- 
ordneten erst  von  andern  berichtet  werden?  Hütten  die 
Pylagoren  Zutritt  gehabt,  so  würden  doch  nicht  beide, 
Aischines  und  Thrasvkles  die  Sitzung  'vcrsüuint  haben; 
eben  weil  der  Attische  Hieromnemone  Krankheits  halber 
nicht  zugegen  war,  konnte  Aischines  nur  durch  andere 
(Hieromnemonen)  von  jenem  Antrag  erfahren.  Das  Fol- 
gende bestätigt  diese  Ansicht  durchaus :  //£r«a-f/(?/»«)<f- 
lot;  d'  ifii-  6  itgo^vTiuviv  r,^iou  et';£k9tei'  (k  lo  ^^>v- 
i'ögiov  y.ai  einsiv  ri  irgoc,  -rot';  'Ancfiv.-^vovac,^ 
iTvlg  Ti-g  nokeoji.  Schon  hier  zeigt  sieb.,  dass  oi 
'■/f.lCfiy.TiioV£Q  ausschliesslich  die  Hicroniiicmonen  sind. 
Das  Weitere  g.  1 17  spricht  ebenfalls  dafür  dpXOnevOV 
de  nov  kiyci'v  y.al  ngo^h'/iÖTCgön  rcut^  di^hjküdoTOi 
aiq  t6  avviÖQiov,  rv'jv  äkkojr  irvkayogojv  fxe^s- 
OTijy.oTojv  dvaßoil<TUi  tu;  tojv 'Jiixpiaaiujv  y.  r.  K. 
Sehr  gewandt  erklärt  mein  Freund  Westerniann  diess 
so  dass  die  andern  Pylagoren  umgestimmt  worden  seiea 
durch  Aischines  zuiersichtlu  hes  Auftreten.  Ich  gebe  zu, 
ilass  es  so  erklärt  werden  könnte;  wenn  es  bloss  auf  die 
Umstimmnng  der  Pylagoren,  nicht  auch  der  doch  anwe- 
senden und  mitstiminenden  Arnphikty ouen  (oder  Iliero- 
nincmoneii)  ankäme;  gewiss  nicht  miniler  naheliegend  ist 
die  Erklärung,    dass  die  übrigen  Pylagoren  sich  entfernt 


587 


588 


h,i<fpn.      Ann   ist  «las   iieraaTtTTS  eSu)  als  HeroMsrnf  be- 
kannt (Dom.  Xrtx'  '.loiiytoy.  I.  §.  24),  nnd  Aiscliinps  fiilirt 
el)oii   (lioss  offiriello  iiCihart^yurov    Ti'ir   <>j.}iijv  :nka- 
yooü)i>,    ilic   sidi   otiia  aus   Neugier   in   «lern   Teni[)el  ein- 
gefunden   hallen   moeliten,   an,   um  zu  bezeugen,   dass  jetzt 
Jie   cigentlirlic   Am|)bikt_vonis(lie   Sitzung    und   das  (iegen- 
einanilerreden    des    Aisiliines    und    des    einen   Ampbissäer 
Pylagnren   begann.      Diess  bestätigt  auch  §.  122.   TOtavxa. 
disit/.yorTOi  fwof,    tnilör,  Tiore    ärcij  Kkdytj  v  X«l 
fisreoTijv  iy.  tov  oinsd^i'ov,  •n:oL}.)) y.oavyij  y.al  d-oov- 
ßo^  ;;;■  xo>v  'AftCfiy.Tvöviuv  X.  r.  ?..  Dass  ii  ir  so  mit  Rerbf 
die  Ilieroninemonen    mit    dem   Aanieu    der  Ampbiktyonen 
aussrblii'ssliili   bezeirbnet,  von   ilinen  allein  den  besclilies- 
senden  Halb    gebildet    nennen,    «ird    aurh   tlnrdi   andere 
Angaben    bestätigt.      Deninstbenes   (^.    149)   sagt   von   eben 
dieser  Sitzung  und   Aisvbines  Rede  :   y.cti  X6yui'>;  n'^ooc- 
w'n-ot'i   y.al   /jl^ov;   oivds]^  y.ai    dietjikSoji'  civd^uj- 
rrovg  ämiQOvi  }.6yu)v  y.al  xu  pB.'t.ov  ov   X(joogvjut- 
vovg    X 0  r  g     ie o  o fiv>' iiov a  g    irei^ei    ipijcpiaaoitai 
Tljv   '/vtnav  y..  x.  /..      So   konnte  Demostbenes   nicht  spre- 
chen,  «rnn   auch    die    P_v  lageren,    die,    wie    in   Athen,   so 
gewiss   liberal!    durch   AVabl    bestellt   wurden  ,    mit  in  der 
«timnienden  Versamuilnng  waren.    Die  Ilieroninemonen  da- 
gegen  siiiil    unter    den    durch   Loos   bestimmten   Beamteten 
(s,  den   Kiditereid   in   Dem.   y.axa.    Ti^io/.o.   §.   J.jo)   und 
zwar  nicht  lebensb'inglich    (wie   Tiftmann    irrig    behauptet 
hat),    sonilern    vielleicht    für    die    Dauer    der    Fvthischen 
Peutaeteris,    womit    sich   das   Psephisma   des  Demostbenes 
bei   Aisch.    v.a.xr).     Kxra.   §.     126    und    das   x7\ri^    isQO- 
fivijfioieiv  bei   Aristoph.   nub.   6l4.   sehr   wohl  vereinigen 
lüsst;  nur  sie,  nicht  die   l'j  lageren,    scheinen   das  Recht 
der    officiellen    Beantragung    zu    haben  ,     w  euigstens    sagt 
Demostbenes  (§.   14S^   ll  ^tv  xovxo   (einen  Aniphiktvo- 
nischen  Krieg)^^  Ttnv  rrao'  iu.VTOV  TtSjuiiOfisi-ojv  ieoo- 
^  V ij  ft  6  V  o)  V  ^  xu)V  i/.civov  oi>iJUol-/oji>  e  ii  i-j  y  o  ix u  riq. 
Allerdings   finden   wir   in   einer  Inschrift  Corp.   Inscr.  lf)89 
iöote    To/,-    itoo/ii'i'jwot  y.ai  xuio,  dyogaxoolc, ,    doch 
gehört  diese   Inschrift  spaterer  Zeit  an  ,    wo    sich   bereits 
die   Verhältnisse   gar   sehr   veruandelt   hatten.    *)  ' 

So  erscheint  der  hier  vorliegenile  Ampbiktvonenbe- 
»rhluss  mit  solchen  Bescblussfassehdru,  die  es  weder  nach 
der  Darstellung  des  Aischines  und  Demostbenes,  noch  nach 
dem  Sinne  iIcs  Institutes  sein  konnten,  ja  die  nicht  eiii- 
nial  mit  den  officiellen  \amen  bezeichnet  sind;  Dinge, 
die  eben  nicht  als  geeignet  erscheinen  ,  den  Glauben  an 
dies*   Acteustilck   zu   sliifzen. 

Die  Worte  iler  Bcscbhissnahine  selbst  lauten  folgen- 
ileruiaassen:  eillldi)  'J/uftaaci;  ETTtßaivoioiii  i:i'i  ti)v 
ieoav  'iv'ioay  y.al  axr.iout'ut  y.aX  ßoo/.ijuaoi  y.axavi- 
(lovot,  ent'Kdeiv  Tori  IIv'/.ayuQovg  xai  cov:;  awe- 
Spovg  y.al  oii'jl.aig  6iaKa.ßiiv  toic,  oooug  y.al  ditet- 
TzEtv  ToTg  'AiKfirjrjiZoL    TOV    koinvü    )/;j    hicßalveiv^ 


»)  Zum  Tbcil  nur  dar.\iif  miissen  sich  die  abweichenden 
Angaben  bei  Slrabo.  .lern  Scboliaslcn  zum  Arisloph.inrs 
n.  A.  zuriicknilircn  lassen;  die  meisten  der  oft  wunder- 
lichen Ansahen  sind  «obl  aus  Unkcnnlniss  entstanden. 
Wir  konnten  .sie  liberscbin,  ila  die  bci.bn  Hrden  über 
den  Kranz  hinreichen. bn  Stoff  bielen.  »ich  ein  Bild  von 
der  daraabgen  Conslituirung  des  Bundes  »u  machcu. 


Die  Darstellung  bei  Aischines  zeigt,  dass  so  der  Be- 
schluss  nnmiiglich  gelautet  haben  kann;  bei  ihm  verkün- 
det um  Abend  jener  Sitzung  der  Herold:  /JiXwvjv  uaoc 
fJil  di£xi4  ijßujot  y.u\  duikoi'i;  y.al  ikevdtQovq  r//.eii> 
äfxa  xrj  ijH^Qa  exovrag  ä/iag  y.ai  d/y.ikXag  ngoi  tv 
diTSwi'  £Xii  y.akovLiEvov  y.al  Ttdkiv  ö  a.vTug  y.iJQV^  ' 
ävijyüocvE  Toii  isoofivijfiova';  y.al  nvl.a.yooovc,  ijy.stv 
et'i  Tuv  avTui-  Tunuv  ßuijSijooirai;  T(ß  9eifi  xal  ry 
yrj  xjj  h(ja.  i\tic  ö'  dv  j^u;  naoii  -rzöiti  ('((jterai  tou~ 
itQOv  y.al  hayKi  eaxai  xal  X7j  üqü  ivoxoq.  In  dem 
wirklichen  Besehluss  der  Amphiktvnnen  niuss  jedenfalls 
davon  gestanden  haben,  dass  iler  Herold  die  Delphier, 
Jünglinge,  Sdaien  nnd  Freie,  wie  es  Aischines  anführt, 
und  die  anwesenden  Bundesboten  aufbieten  soll,  ilem 
Gott  zu  helfen,  ninss  ferner  gestanden  haben,  nicht  bloss 
das  matte  (TTifkatg  Siakafttiv  TOigüooig,  sondern  dass 
man  andern  Tages  in  Masse  ausziehen  soll,  die  fluchwür- 
digen Ansiedelungen  iler  Amphiss.'ier  zu  zerstören.  Frei- 
lich sagt  Demostbenes  (^.  151)  nur  7lSp//dvxu)V  tjjjj 
Xuioav  xuiv  \4fi(fiy.Tiuvu)v  y.uxu  xr,v  i'Cfi'jyijatv  Tr,v 
Tovroe  ;  er  hat  eben  ein  Interesse  daran,  die  Veranlas- 
sung zu  dem  Kriege  ganz  unbedeutend  erscheinen  zu 
lassen,  damit  derselbe  desto  mehr  ans  Aischines  argen 
Intrignen  allein  entstanden  zu  sein  scheine.  Aber  wenn 
wirklich  Nichts  geschah,  als  jenes  Ti£oiek9ih'  und  das 
neue  Abpfählen  der  Gr.'inze  des  heiligen  Feldes,  so  wäre 
eben  das  wnthende  llerstürnien  der  Ampbissäer  und  das 
Niedermetzeln  der  meisten  Delphier  und  Amphiktjonen- 
boten  unbegreiflich. 

Ich  will  Nichts  darauf  geben,  dass  in  «lern  Decrct, 
wenn  erst  das  Besäen  und  Beweiden  des  heiligen  Feldes 
genannt  war,  unfehlbar  auch  der  ii^ayiaxog  xal  £7lä- 
Qaxos  l.titljv  xErecx^n-iihog  (Aischin.  119.  107  ff.)  an- 
geführt werden  musste;  es  scheint  mir  die  durchaus  fal- 
sche -Angabe  derer,  die  den  Beschluss  gefasst  haben,  und 
3ie  Unzulänglichkeit  dessen  ,  was  beschlossen  worden 
ist,  diese  Urkunde  hinlänglich  als  unecht  zu  bezeichnen. 
Oder  sollte  auch  hier  durch  Verwechselniig  ein  zu  an- 
dern l'erhältnisseii  gehörendes  Decret  statt  des  rechten 
aus  dem   eonfiisen    Archiv   entnommen    worden   sein?! 

AVir  kommen  zu  dem  zweilen  Ampliiklijonendecret , 
demjenigen,  durch  welches  Philippos  zum  Feldherrn  des 
Bundes  bestellt  wurde,  dem  Decret  der  herbstlichen 
Pylaia,  wie  wir  oben  sahen.  Freilich  beginnt  <lic  Ur- 
kunde, die  wir  jetzt  an  ilieser  Stelle  lesen,  gerade  wie 
die  vorhergehende  :  i^ri  itQeujg  Kkeivayuouv  l UQivf,i; 
IlvkuLCi,-  Denn  angenommen,  dass  die  vorige  echt  wäre, 
so  müsste  dieser  zweite  Beschluss  doch,  unter  demselben 
Kleinagoras  verfasst ,  einer  späteren,  der  herbstlichen 
Versammlung  angehören,  und  so  hat  man  auch  emendircn 
wollen  linujoiviX;  —  oder  angenommen,  dass  unsere 
ganze  obige  Dediiction  verkehrt  und  Philippos  wirklich 
in  einer  Frühlingsversanimlnng  gewählt  sei,  so  inüssto 
doch  wohl  der  Eponjinos  des  Jahres  ein  anderer  sein; 
oder  angenommen,  dass  der  Ivleinagoras  etwa  eine  pj- 
thische  Pentaeteris  hindurch  Kponvmos  war,  so  könnte 
es  eben  doch  wieder  keine  zweite,  ein  Jahr  später  lie- 
gende La.Qlvr,  sein,  denn  Demostbenes  lässt  gleich  darauf 
die  xqÖvui  lesen  und  sagt :  iioi  '/«p  y.aiY  u'vg  iuvka- 
yoplicriv    uUToq,     und    das    Pjlagorcnamt    war    nur    ein 


589 


590 


fahriges.  Es  bleibt  nur  die  eine  Rc<(unf,  dass  mnii  an- 
nimmt, «llo  Dafiriin-f  iIcs  orsteii  UoitcIcs  sei  irrtbiim- 
licber  Weise  auch  vor  dioss  zueile  gekommen!  Aber  weder 
das  erste  ist  erbt,  norb  feblt  es  dem  zueiten  im  AVei- 
teren  an   griindlicben  l'VbIerii. 

Gleich  nach  iler  Datiriiiig  folgt  wieder  das  arge  : 
iöo^e  Toi^  TivkayoQOiq  xai  roii  ovviÖQon;  tojv  'ffi- 
(fiy.ii'uvcuv  xai  nji  v.oivfj)  tojv  'Jf^Ufiy.Tvüvujv,  »vor- 
über wir  schon  entschieden  haben.  Ebenso  finden  wir 
nur  vom  Beackern  und  Deweiden  des  heiligen  Feldes, 
nicht  vom  Anban   des  Hafens   erwähnt,    ganz  wie  in  dem 

eisten  Decret.     Dann  heisst  es:  ircsidlj y.cukvd- 

fievoi  xoiTO  noisiv  ev  roi;  onXoic;  naoaycvo^tcioc 
tÖ  y.otiiov  TOjr'Ekh'j'ujv  crvvlSoiov  y.£y.u)kvy.aat  fi6TU 
ßlaq,  Tivu<;  de  y.cd  TSvoa.vfiaviy.aOt ,  so  wolle  man 
den  Kottyjihos  an  Philippos  scliicken  H.  s.  ».  Also  keine 
Krwrihnung  von  ienem  Feldziig  des  Kottvplios,  von  der 
auferlegten  und  niclit  bezahlten  Geldbnssc ,  von  der  nicht 
veranlassten  Vorweisung  der  Schuldigen,  von  der  nicht 
geschehenen  Wiedcranfnalime  tü}V  de  eraeßfiav  (fvyöi- 
TWf  (Aischin.  §.  124).  Wem  aber  dergleichen  Fehler  noch 
nicht  hinreichender  Beweis  sind,  der  findet  anch  noch  tov 
OTQaTijyuv  Tov  r^orjjuetJov  Tojv'./iiqty.ri'üvajv  Aövvi  rpov 
Tov'-l Qydd a,  wahrend  ihn  Aischines  sehr  richtig  einen 
Pharsalier  nennt;  Demostlicnes  sagt  ja  gerade  in  Bezie- 
hung auf  ihn  (g.  151)  inl  -rov  (lükLimov  evdv^  r;y£- 
fjöva  ijyov  ol  y.areay.evarij^dvoi  v.ai  -rcakai  ■jx:ovi]ooi 
TOJV  &  s  T  T  aXciJiv  y.al  Tiijv  iv  Talg  ukXai-;  nokiOtv; 
denn  Kottyphos  »var  6  tote  TCtg  yvajfiag  imipljcfl^tjjp 
(Aischin.  Jj.  12S).  Freilich  hat  AViniewsky  vermnthet, 
dass  bei  Aischines  siatt  Pharsalier  vielleicht  Parrhasier 
cmendirt  werden  miissc ;  aber  dass  die  Arkader  weder 
damals,  noch  sonst  im  Amphiktvonenbunde  waren',  steht 
wohl  fest;  und  die  Notiz  bei  ülpian  KoTTVCfOi;  i£po- 
fivr;Liv)v  })v  QtTTuKoi  ij  'Ao/.dg  nccvra  tiqu-ttojv  in£Q 
0lXi?T7TOi'  beweist  doch  Nichts,  als  dass  der  Erklärer 
mit  diesem  falschen  Decret  zugleich  den  .üschines  be- 
rücksichtigt  hat. 

Wenn  ferner  die  Structur  ä^iovv  'i'va  ßoijd^i-OTj,  die 
in  späterer  Gräcifät  merklich  hervortritt,  und  das  d/ötl 
statt  des  einfachen  üil  in  Abhängigkeit  von  einem  \'er- 
bnm  dicendi,  wie  es  für  Aristoteles  vielleicht  noch  zwei- 
felhaft, bei  Poljbios  dagegen  schon  ganz  ausgebildet 
erscheint,  in  unserem  Uecret  gefunden  wird,  so  konnte 
man  sagen,  es  sind  eben  nicht  Attische,  sondern  Am- 
phikt_>onenbeschlüsse,  und  die  Ilieroninemonen  nennt  ja 
Demosthenes  selbst  ungebildete  Leute.  Aber  das  Decret 
gibt  ja  unter  den  Beschliessendcn  auch  die  P>  lageren  an, 
und  Leute,  wie  Meidias  und  Aischines,  werden  doch 
Attisch  geschrieben  haben.  Doch  wird  man  sagen  ,  es 
sind  ja  Leute  ans  allen  Gegenden  Griechenlands;  wenn 
diese  Attisch  schrieben,  so  war  es  nicht  ihr  heimathlicher 
Dialekt,  s^ondern  die  Sprache  der  Bildung,  die  überall 
der  Attischen  Norm  folgte.  Aber  wir  wissen,  dass  noch 
zehn  Olympiaden  früher  wenigstens  die  Beschlüsse  noch 
nicht  in  diesem,  sondern  einem,  wenn  man  will,  Delphi- 
schen Dialekt  geschrieben  und  in  diesem  selbst  Seitens 
des  Athenisdieii  Staates  publicirt  wurden  (Corp.  Iiiscr. 
Nr.  168s).  Freilich  andere  zwanzig  Olympiaden  später 
etwa  war  die  xoifi;  auch  bis  zu  den  Sitznngeo  der  Am- 


phiktyonen  gedrungen;  aber  man  darf  geltend  m-iihen, 
dass  seit  der  Srhlncht  von  Cliaironeia  ganz  andere  Um- 
wälzungen in  der  Hellenischen  Bildung  folgten,  als  vor 
ihr  möglich  govesen  waren,  -und  kann  der  Dialekt  aiicii 
kein  neuer  Grund  gegen  die  Echtheit  unseres  Docnmeu- 
tes  sein,  so  ist  dasselbe  doch  anch  kein  Beweis  mehr 
für  den  Aniphiktydnischeu  Gebrauch  des  Atticismus  in 
Demosthenes   Zeit. 

Demosthenes  hatte  (§.  153)  sich  rci  äoyftaTa  rnira 
y.al  TOI»;  jj(>  oi^o  «' ^  ,  iv  oIc,  'iy.aOTa  neJioay.Tcu  ,  rei- 
chen, dann  den  Beschliiss  gegen  die  Amphissäer  wegen 
des  heiligen  Feldes,  und  den  Beschluss,  Piiillppus  als 
Amphiktyonischen  Feldherrn  zu  berufen,  vorlesen  lassen; 
hierauf  sagt  er:  \iyt  dl)  y.ai  Tovi  ;fpofOtJ$,  iv  olg 
Tavr'  eyiyva-To-  ci'rri  yd^  xa&'  oig  iiiv'kayü^ijricv 
ovroi.  Keys.  Dann  folgt  mit  der  Ucberschrift:  XPO^iOl 
Folgendes:  äoX'HV  Mvtjotdeiöi^i;,  fiijvoq  'Jv9Ea-rt](jnn- 
voq  £y.tTj  £711  ÖEy.dtrj.  Dieser  Archon  ist  wieder  ein 
Pseudeponymos ,  der  nach  der  mehrfach  besprochenen 
Hypothese  dadurch  erklärt  wird,  dass  auch  hier  der 
Name  des  Prvtanienschrcibers  für  den  des  Archonten  ge- 
nommen sei  ;  es  beziehe  sich  aber  diese  Zeitbestimmniig 
auf  die  Wahl  des  Aischines  als  Pylagoros;  so  miisste 
man  annehmen,  weil  der  10.  Antheslerion  trotz  seine» 
Namens  nicht  der  inQtvij  n'vkula  angehören  kann,  da 
der  Frühling  erst  mit  dem  Elaphobolion  beginnt.  Ange- 
nommen auch,  dass  der  Gelehrte,  der  die  Urkunden 
eingeschaltet  haben  soll,  das  Ernennungsderret  des  Ai- 
schines ohne  Namen  des  Archon  vorfand  und  die  Zeitbe- 
stimmung hier  so  verschlimmbessernd  einfügte,  so  hat  er 
sich  doch  als  ein  sehr  ungescheufer  3Iann  gezeigt,  wenn 
er  meinen  konnte,  Demosthenes  habe  die  ^povoi  von 
Aischines  AVahl  wollen  lesen  lassen;  dann  hätte  es  ja 
heissen  müssen:  „liess  die  Zeitbestimmung,  wo  Aischines 
gewählt  worden,  denn  während  er  F^lagoros  war,  ge- 
schah das  .\lles."  Und  auch  das  bleibt  nicht  zu  seiner 
Rechtfertigung ,  dass  er  in  Ermangelnng  des  eigentlich 
Gemeinten  etwas  Nächstverwandtes  nahm ;  denn  wo  er 
die  Amphiktyonenbeschlnsse  fand  ,  mussten  auch  ihre 
'/oovoi  stehen,  nicht  bloss  ,,der  Priester  Kleinagoras", 
sondern  der  Attische  Archon  und  auch  Pritanicn«chrei- 
ber  u.  s.  w.,  unter  dem  der  Beschluss  in  Athen  publicirt 
worden,  wie  wir  solche  Attische  Datirung  in  dem  Be- 
schluss Corp.  Inscr.  Nr.  I6SS  finden.  Wie  aber  jene 
Hypothese  in  sich  selbst  unwahrscheinlich  ist,  haben  wir 
oben  bemerkt.  Es  mussten  hier  in  der  Wirklichkeit  die 
bi'iden  Zeitbestimmungen  stehen  „unter  dem  Archon  Theo- 
phrastos ,  an  dem  und  dem  !>Iun_Tchion  oder  Elapho- 
bolion u.  s.  w."  und  „unter  dem  Archon  Ljsimachides 
an  dem  und  dem  Doedromion  u.  s.  w."  Der  Vorschlag 
des  Aischines  wurde,  nach  Demosthenes  AVorten  zu 
srhiiessen,   nicht  vorgelesen. 

Wir  kommen  nun  zu'  dem  Briefe  (§.  156)  ■,»' ,  oji 
oi'X  vTTijy.oi'ov  ol  0ijtjuto/.,  n£uTi£i  ttqoi;  Touq  iv 
IlekoTrovvrlaip  avuftdxovg  ö  0iki7fjTog.  Demostbenei 
sagt,  er  lasse  ihn  lesen  tV  EedijTS  y.al  ix  zai'mjq  oa- 
<f>ojg,  oji  T/Jf  fA£i>  dkr^dij  noötpaoiv  Tuiv  Tioay/jd- 
T'jjv  ....  ÜTiE/.QvrtTeTO  ,  xotva  Sb  y.u'i  Tiüg  'Auffiy- 
Tvoai  86i,avza  TTOieiv  ir^oiEnoniTO.  Jedenfalls  also 
IDUS»    man     in     dem     Briefe     bezeichnet     erwarten,     das» 


591 


592 


l'hillppos,  vom  Aniphikivonpnliiindc  znm  Feliüicrrn  or- 
naiint,  dessen  Beschliisse  gejcen  lüc  Lokrer  aii-.fulirpn 
wollte  ;  aber  iveiler  vou  ilen  Aiiipliiktvoiieii,  noch  vnii  de- 
ren Bescliliiseeii  und  seiner  Ernennunff  sieht  c(«as  in 
«IcmselbcB.  Mrht  minder  auffallend  heisst  es  in  dem 
Briefe:  Aov.oot  oi  y.a'l.o  v  n  e  v  o  i  'O  Co'k  ai  xciTOl- 
xorVTEi  iv  '.'lucfiaar ,  das  srhnieckt  elicr  nach  der  Ge- 
lehrsan\keit  eines  späteren  Sfvlistcn,  als  nach  dem  offi- 
ciellen  Schreiben  des  Makedonischen  Königs.  Auch  Fol- 
gendes kann  nicht  in  Philippos  Brief  gestanden  haben: 
inilör,  .  .  .  Ti-i'  hijdv  ■/ajoui'  coxoiaroi  iiüi}'  oTikuJV 
}.{  vi.nTO  l'  öl ,  während  vom  Bebauen  des  Feldes  u.  s.  w. 
keine  Rede  ist.  Ich  übergehe  das  vielleicht  ansfossige 
xovi  nagnßaiyovT''-;  ti  tüji'  iv  dvflpuJJioii;  evaißuiv, 
und  das  durchaus  unverbesserliche  Ende:  TOtc,  ÖE  f^O] 
ovvaviijaaoi  navöi^ncl  5jo/;oo//f.'>«  Toh  8h  aviißov- 
Koi^  i'niv  y.Sinivtiii  iTiiCi^uioi;.  Es  bleiben  noch  zivei 
wesentliche  Schivicrigkeiteu,  die  man  sich  vcrgcbeuä  zn 
lüsen   beinülit  hat. 

Der  Brief  beginnt  OihtTtTTOi;  nü.07corv}jaiu)r  xuiv 
er  Trj  oriiiiaxic/-  ro/,-  dijutov^you  y.cd  tou  avrlSooiq 
ycu  TOU  al.i.nu  avu^üyoli  TiuOi  X^'QElv.  Es  ist  nach 
Demoslhenes  Ausdruck  ■:xcu7rEl  ^Tpöc;  rovi  er  Ilif-OTTOV- 
rijoc)  oriiiiä^oV':  richtig,  dass  der  König  nicht  an  die 
Ampliiktvonischen  Staaten  im  Peliiponnes,  sondern  au 
«eine  Bundesgenossen  schreibt,  and  Theopompos  sprach  im 
,jl.  Buch  ,  in  dem  eben  diese  Zeit  nach  der  Belagerung 
ron  Bvzanz  behandelt  «ar,  vou  den  Freunden  des  Philippos 
in  -Megalopolis  (  Harpocrat.  v.  'ItO'Avrfloq)  und  Argos 
(Harpocrat.  v.  TI/iOT/;);  diese  Bundesgenossen  aber  wa- 
ren vor  Allen  die  .Messcnier,  Tegeaten ,  fllegalopoliten, 
Argeier  (P(il\b.  IX.  2S-  5-)»  ausser  ihnen  noch  andere 
Staaten.  Philippos  Brief  ist  nun  entueder  an  die  einzel- 
nen Staaten  oder  an  eine  ^^ersamnilong ,  die  den  Bund 
rcpr/lsentirte ,  gerichtet.  Im  erslen  Fall  h,'i(te  man  sich 
zwar  nicht  i^u  «vundern ,  dass  die  Bundesstaaten  nicht 
namentlich  aufgeführt  sind,  «(thl  aber  darüber,  dass  die 
vcrsciiiedenen  Souveränitäten  der  Staaten  nicht  richtig 
bezeichnet  sind.  Wohl  gab  es  in  Argos,  in  i^Iaiitiiieia, 
in  Elis  Demiurgen  (Boeckh.  Corp.  Inscr.  p.  11)  und  die 
Oirli^ijni  scheinen  gleichfalls  als  aristokratischer  Rath 
im  Pcloponnes  vorzukvmnien  (s.  Müller  Aeginetiia  p.  138)) 
abir  waren  ileitn  ilie  ^'erbündeten  des  Pliilippos  nur  Aristo- 
kratieen?  AVar  IMegalopolis  und  Mcssenien,  »ahrsdieinlicli 
auch  Argos  demokratisch,  so  musste  der  Gross  nicht 
bloss  den  Demiurgen  uu<l  Syncdren  (aristokratischen  Staa- 
ten), sondern  auch  den  dinioi-  entboten  werden.  Aber 
freilich  in  spaterer  Zeit  galt  die  Bezeichnung  df  ilioi'pyul 
•o  viel  als  Traou  Toic  Aujoii.vni  oi  äo/iiiTc;  tu  8r- 
uonm  rrrjrJ.rTOVTli  (Hesvch.  v. ).  Ungleich  passender 
«See  es,  «enn  Pliilippos  Brief  an  ein  nrri:i)i,iov  der 
Buiidesgenosüeiischaft  im  Pcloponnes  gerichtet  w.'lre,  und 
wir  wissen,  das«  der  Arhäischc  Bund  durch  zehn  De- 
miurgen und  die  Bule  d.  i.  ni'uiöiJOl  repr.'isentirt  «nrde, 
rl.  Poivb.  IV.  2^-  Pausan.  VII.  7.  1.  Ilerinann  Hand- 
buch p.  41-')  f.  Aber  es  wird  ausdrücklich  berichtet,  das» 
jene»  y.onov  tu/v  'Et.u'pujv  ain>id(Jtuv  in  Korintli,    da» 


fortan  so  wichtig  für  die  griecJiischen  Verhältnis««  wer- 
den sollte,  erst  nach  der  Schlacht  von  Chaironcia  beru- 
fen wurde  t Justin.  IX.  .'i.  Diodor.  XVI.  89),  und  auch 
da  ist  das  Institut  der  Demiurgen  wohl  schwerlich  nach- 
zuweisen. 

Eine  weitere  Schwierigkeit  ist  in  folgenden  AVorien 
dfls  Briefes  enthalten:  ujozs  Ovvhvto.ts  fisza  xcöv 
u7t\u)V  eL  Ttjv  0iijxiöa,  i](ovt£c  tTrioiT/o-iiov  ijjteQtuv 
teooaQuxovTa  juü  ivaarujTOi;  /iipo^;  Ainov^  uJi 
r;iici\  äyoftev,  ok  öi:  \ldi]vaiuL  Ijitijöooituwoq,  t/i? 
öh  I\u(Jir!ho/ ,  Ravefiov.  AVie  beruft  ein  Feldherr  die 
Bundestruppen  für  40  Tage  und  lässt  ihnen  zwischen 
den  .iü  Tagen  eines  Monats  die  Wahl,  an  welchem  sie 
kommen  wollen?  Wir  sehen,  das  Philippos  in  der  fiEiu)- 
iraiQirr,  7ll'}.ala,  das  heisst  nach  dem  21.  September 
oder  14.  Boedromion  339  zum  Feldherrn  ernannt  worden  ; 
wie  kann  er  nun  den  laufenden  flionat  Boedromion  noch 
als  den  bestimmen,  wo  sie  sich  in  Pliokis  mit  ihm  ver- 
einen sollen,  da  die  Botschaft  von  Tliermopvlä  nach  Pella, 
von  dort  nach  dem  Peloponnes ,  dann  der  Aufbruch  und 
Marsch  der  Truppen  doch  nicht  in  vierzehn  Tagen,  wenn 
man  auch  recht  splendid  rechnen  will,  bewerkstelligt 
werden  kaan?  Denn  angenommen,  dass  unsere  Berech- 
nung der  Aniphiktvoncnbeschliisse  falsch  und  Philippoi 
iu  der  enoirii  uvkalu  33>5  ernannt  ist,  so  niuss  er  die- 
sen Brief  um  dreissig  Tage  nach  demselben  Monat  Me- 
tageitiiion  geschrieben  haben,  an  dessen  siebentem  Tage 
er  die  Schlacht  von  Chaironeia  schlug;  und  doch  ist 
dieser  Brief  noch  vor  der  winterlichen  Schlacht  und  der 
Schlacht  am  Flusse  und  manchen  anderen  Bcgchcuheiteu. 
(Fortsetzung  folgt.) 


Pcrsonal-Clironik  und  Miscellen. 

London.  Der  Jalircsl.ig  der  Griiiuliing  des  nrclKiologischf i\ 
Inslitiils  zu  Rom,  der  .'I.  Apiil,  ist  nicht  .ilkin  in  Ruin  von 
ilcn  doli  .anwesenden  IMitgliedein,  sondern  auch  in  Lomlon  fesl- 
licli  beganucn  worden.  Auf  die  Aufroideriin|»  des  Präsidentin 
der  »Royal  Society  of  Lilcialurc «  ,  dos  Grafen  von  Ripon, 
halle  sich  an  dem  scnaiinicn  Tage  in  dem  Local  der  Cicsell- 
scliaft  eine  Anzahl  der  ausse/.eiclinclslen  Männer  und  Kenner 
der  Literatur  versaininelt.  Der  Präsident  zeigte  in  einem  kur- 
zen Voitr'gc  den  Zweck  der  heutigen  Zusainnienkiinfl  an,  gab 
einen  Oelierldick  der  hi^lierigeu  wisscnscliaflliclien  Resultat« 
der  Iiislitiitsiiiilglieder  und  gcdaclitc  dabei  mit  Aiiszeicliiiunj 
der  Ainveseiilieil  des  Gelicinicn  Legalionsrallics  Bimsen,  als 
des  liüciiverdieiiteii  Griiiiders  des  Instituts,  und  des  D.  Lepsin«, 
des  Secietars  desscllien ,  den  er  als  ii  ciiu-n  der  lliäligslen  iVlil- 
arbriter  auf  diesem  Felde«,  als  »einen  Mann  von  tiefen  Kennt- 
nissen lind  umfassenden  l''orscliuiigeni<  bezeicliiu  te.  Herr  (jfb. 
Legatinnsralli  Bunsen  hielt  liierauf  einen  gelelirlrn  Vortrag  iilur 
die  Krliaiicr  und  das  Aller  der  grossen  l'yr.iiiiiden  ,  ilein  ein 
anderer  des  Dr.  Lepsius  iil)er  den  Obelisk  von  der  Insei  Pli:li 
f(il;;te,  der  jetzt  auf  dem  Landsitze  des  Mr.  Rankes  in  Dor- 
setsliire  aiifgcslellt  ist,  nachdem  ihn  sein  Besitzer  im  Jahre  lö-l 
natii  Kurland  balle  bringen  lassen.  Uieser  Vortrag  war  voll 
scliarl-iiiniger  Bemerkungen  und  Aul'scbliisse  und  fesseile  nacli 
dem  Berielil  in  der  Literaiy  Gazette  vom  :J7.  April  und  4'.  Mai, 
wo  beide  Vorträge  im  Auszuge  iiiili;etheill  sind,  im  hohen  Grad« 
die  .Auriiicrksamkeil  der  Versaninultcn. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Sonntag  3  23.  Juni 


18  39. 


Nr.  75. 


Die  Urkunden  in  Demosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Forts  et  zun  g.) 

Za  diesen  Verkehrtheiien  kommt  eine  nicht  geringe 
Schwierigkeit.  Plutarch  erzählt  (Alex,  c,  3),  dass  Alexan- 
der geboren  sei  iozafilvov  inn'u^  .E^a.roußan!ji'Oi,  ov 
May-eduveq  Aipov  xul-oloi  txrij.  Er  sagt  ferner,  die 
Schlacht  am  Granikos  sei  im  Daisios  der  Makedonier, 
Dnd  an  anderer  Stelle,  im  Thargelion  der  Athener  ge- 
schlagen (Alex.  Ifi.  Camill.  19).  Ans  den  ,, Tagebüchern" 
ist  bekannt,  dass  Alexander  gegen  Ende  des  Blonats 
Daisios  starb,  und  dass  dieser  Monat  ein  voller  war. 
Hieraus  ergiebf  sich,  dass  die  bekannte  Reihe  der  Ma- 
kedonischen Monate  nach  Plutarch  den  Attischen  in  fol- 
gender Art  entsprach : 


10.  Loos     . 

lt.  Gorpiaios 

12.  Hyperberetaios 

1.  Dios     .      .      . 

2-  Apellaios 

3-  Aud^oaios 

4.  Peritios      .     . 

5.  Dystros 

6.  Xaothikos 

7.  Arteniisios 

8.  Daisios      . 

9.  Panemos    . 


Hekatnmbaion 

Metageitnion 

Bocdromion 

Pyanepsion 

Maimakterion 

Poseideon 

Gamelion 

Anthesterion 

Elaphebolion 

Munychion 

Thargelion 

Skirophorion. 


Dass  der  Cyclus  der  Makedonischen  nnd  Attischen  Jahre 
derselbe  gewesen,  dürfte  sich  als  wahrscheinlich  aus  der 
Chronologie  des  Todes  Alexanders  ergeben.  Für  ausge- 
macht kann  ang^enonimen  werden  (s.  Idler  in  den  Abh. 
der  Berl.  Akad.  aus  den  Jahren  1820  und  1821),  dass 
Alexanders  Tod  in  die  letzten  Monate  von  Ol.  114.  !• 
fallen  muss ;  wir  würden  auch  hier  sofort  den  Tage- 
büchern folgend,  den  Daisios,  den  sie  angeben,  mit  dem 
Thargelion  identificiren ,  wenn  nicht  eine  bedeutende 
Schwierigkeit  einträte.  Arrian  nämlich  sagt  (VII.  Of^) 
sßiu)  8e  ÖL'o  y.ai  TQiaxowa  i-vi]  v.ul  zov  tqUoo  firj- 
vag  eitekaßev  oxtw,  ui;  iJyei  'AfJi'dTÖßovXog.  eßuai- 
keve  de  daiSexa  tTrj  y.al  tov^  oxtc/J  ^/(Jj'«;  rovTovq. 
Nun  hat  aber  Plutarch,  wie  schon  erwälint,  Alexanders 
Geburt  datirt  auf  den  6.  Loos  oder  Hekatombaion  des 
Jahres  3Ö6,  so  dass  der  König  am  2'^.  Daisios  oder 
Thargelion  323  (wenn  wir  der  Tabelle  folgen),  nicht  32 
Jahre  8  Monate,  sondern  32  Jahre  und   über   10  Monate 


alt  gestorben  war.  Merkwürdig  ist,  dass  Arrian  sagt, 
er  habe  12  Jahre  y.al  top^  (jy.-vüj  jiijvui;  TOVTOig  ge- 
herrscht, wonach  Alexander  also  nm  die  Zeit  seines 
Geburtstages  auch  zum  Kiinigfhume  gekommen  sein  musste. 
Entweder  musg  hier  Plutarch  s  Datum  für  die  Geburt 
Alexanders  oder  Aristobul's  Angabe  über  die  Daner  sei- 
nes Lebens  fehlerhaft  sein;  ich  will  nicht  verhehlen,  dass 
Aristobul's  Autorität  um  so  grösser  ist,  da  sie  Arrian  mit 
seinem  TOi"?  öxroj  ftljrai  TOlTUVi  anerkennt,  und  dass 
diese  Datirung  ganz  zu  Gunsten  der  in  unserem  Briefe 
vorliegenden  ist,  dagegen  mit  Plutarch  s  Angabe  über 
Alexanders  Geburt  streitet.  Man  hat  zu  dem  Ende  an- 
genommen,  dass  der  Loos,  der,  wie  in  späteren  Zeiten, 
so  in  den  Angaben  Pliitarch's  dem  Hekatombaion  ent- 
spricht, vor  Alexanders  Expedition  dem  Bocdromion  gleich 
gewesen,  dass  dann  aber  eine  Regulirung  im  Makedoni- 
schen Kalender  eingetreten  sei,  und  dass  Plutarch,  die- 
sen regulirten  Kaienderauch  auf  die  Zeiten  des  Philippos 
übertragend  ,  die  in  Attischer  Datirung  bezeichneten  Facta 
nach  dem  neueren  Makedonischen  Kalender  der  hypothe- 
sirten  Veränderung  uneingedenk  berechnet  habe.  Aber 
man  traut  dem  guten  Plutarch  viel  zu  viel  zu;  er  hat 
nicht  erst  berechnet,  sondern  was  er  in  seinen  Quellen 
fand,  niedergeschrieben.  Die  ganze  Frage  dreht  sich 
darum,  wann  Alexanders  Regierungsantritt  zu  setzen  ist. 
Während  Arrian  12  Jahre  8  Monate  als  die  Dauer  seiner 
Regierung  bezeichnet,  gibt  Diodoros  XVII.  117.  und 
Ensebios  an  einer  Stelle  12  Jahre  7  Monate,  an  einer 
anderen  gar  12  Jahre  6  Monate  an,  so  dass  uns  diess  zu 
keinem  Resultate  führt.  Wichtiger  ist,  dass  Arrian  (Indic. 
21.)  angibt,  Nearrhos  sei  vom  Indos  abgesegelt^  am  20- 
Bocdromion  (21-  September)  w?  Se  Muy.iSnvCi  y.ui. 
'4oiavol  ipov  To  ifSexuTov  *'ro;  ßaa-iXeiiovroi; 
•j'ks^dvdQOv;  Strabon  (XV.  p.  307.  ed.  Tauch.)  sagt, 
dass  diese  Fahrt  begonnen  sei  gegen  den  Spätaufgang 
der  PIejadcn  (damals  etwa  den  2S.  September);  diess  ist 
im  Jahre  325  (s.  Geschichte  Alexander's  p.  47S ;  nicht 
im  Jahro  326,  wie  bei  Clinton  p.  245.  ed.  Krüger  an- 
gegeben ist),  und  wenn  diess  noch  im  II .  Jahre  Alexan- 
ders war,  so  muss  er  nothwendigerweise  seine  Regierung 
erst  nach  dem  Boediomion  oMJ  begonnen  haben.  Ein 
Blick  in  die  Geschichte  von  Alexanders  erstem  Regie- 
rungsjahre wird  zeigen,  wie  vortrelllich  mit  diesem  Datum 
die  sämmtlichen  Begebenheiten  übereinstimmen.  In  Uebcr- 
einstimmung  damit  ist  die  Angabe  über  die  Dauer  seiner 
Regierung;    denn    fing    er    etwa    mit  dem  Pyanepsion  an, 


595 


596 


König  zn  sein,    so    ha«c    er  am   2'^.   Tliarpelion    beinahe 
rolle  S  Monate    über    12    Jalire    regiert;    und    begann    er 
efiva   einige   Tage  spater,  so   ist  ancli   die  Angabe   richtig, 
liass   er    12   Jahre    und    7   Monate    regiert    habe,     denn   am 
8.  Monate   fehlten   noch  mehrere  Tage.       Wie  kann  dann 
«her  Arrian  sagen  y.o.i    toi^  oy.ru)  fii-iaq  toi'tov^  ,   die 
er   nach    Aristobul    über   .<2   Jalire   gelebt   hat?   Ich  glaube, 
liier   liat   schon    Arrian    einen  Fehler   in   seiner  Handschrift 
des    Aristobul     rorgefnuden    und    ohne    ^'erdacht     naclige- 
srhrieben.      Denn   nehmen   wir  an,  dass  Aristobul  sclirieb : 
("iKO   fr;^-   Si'o  v.ai    TQtuy.ovTa  y.(u     roii  tqItoi'   (/)~i'as 
f:nEA   iBE^  L  so  konnte  daraus  leicht  genug  EHßAA- 
/}hj\  //Herden.  .Mit  dieser  einen  Emeiidation,  «venu  mau  sie 
so    nennen    iiill,    sind    alle   .Schwierigkeiten    gehoben     und 
die   sonilerbaren  Ansichten    über    »illkürliche  Umgestaltun- 
gen   des    .Makedonischen    Kalenders     unil    über    Plutarch's 
Rednctionsierfahren    unnütz       Dass   der  fliakedonische  und 
Attisihe   Cvclus    parallel   waren,   lehrt  unter  Anderm   der 
limstand,     dass   Ol.    114.    1.   der   Daisios    gerade    nie    iler 
Thargelion   des  Jahres    im  IVletonischen   Cjclus    ein  voller 
IVlonat    war;   denn   die  Tagebücher   erwähnten   die   riey.r/' nj 
(fSivuvToq  (Plut.   Alex.   7t).),    dass    diese   üebereinstim- 
mnng    zwischen    dem   Attischen    und    Makedonischen   Ka- 
lender   noch  Jahrhunderte    weiter    blieb,    hat   Herr   Idler 
aus  den   Obsenationeu   im  Almagest   nachgewiesen   (H.ind- 
Lurh   der  Chronologie   p.  3'tl)   und   4n.')).       So   finden   wir, 
dass  .Alexander  am   (i.   Leos    oder   Hekatombaion   :M}f)   ge- 
boren   ist,     dass     er     mit   dem    Bios   oder   Pvanepsion   .'3  5(1, 
niKfl   TU   f'i'y.ooiv   Itij   dh'  (Arrian.   I.    1.)   Konig  wurde, 
dass   er    im    Anfang  des    Daisios   oder   Thargelion    .i34    ain 
Granikos    siegte   *),    dass   er   im   Deisios  oder  Thargelion 
'<23,   .{2  Jahre   und    10  Monate  alt,   nach   einer  Regierung 
»on    12   Jahren    und    7    bis   8   iMonaten   starb. 

?iach  iliesen  Untersiichiingen  glaube  ich  dem  vorlie- 
genden Briefe  mit  tier  E(  htliert  zugleich  die  Wichtigkeil, 
die  ihm  bisher  für  ihronographisclie  Untersui  liungen  bei- 
gelegt worden  ist,  absprechen  zu  müssen.  Leider  sind 
wir  über  die  Korinthischen  .Monate  äusserst  wenig  iiiiter- 
rirhtet;  ich  würde  zu  weit  zn  gehen  glauben,  wenn  ich 
es  ansliissig  nennte,  dass  Philippos  nach  dem  Kalender 
Her  Korinthier,  ilie  in  der  Schlacht  von  Cliaironeia  gegen 
ihn  k.'impfteii  (Strabo  I.V.  p.  (j'l  ed.  Taue  h J,  nicht  nach 
dem  der  .trkadier  oder  Argiver  rechnet.  Es  scheint  mir 
gleichfalls  zu  gewagt,  von  dem  Panemos  der  Böotier  einen 
Schluss  auf  den  der  Korinthier  zn  machen  ;  aber  nähme 
man  ihre  Uebereinstiminung  an  ,  so  niüsste  iler  Panemos 
ilem  Attischen  .'Metageitninn  ents|)rechen ,  indem  das  bei 
Plufarch  (Cam.  V))  erwähnte  D,itum  der  Schlacht  von 
Leaktra  narli  Attischer  und  Uiiotischer  Bezeichnuii<'  er- 
weist, dass  bereits  damals  in  beiden  Staaten  der  gleiche 
Schaltrvcliis   galt. 


"j  Aluiclillicb  i<t  dir  lick.irmre  Stelle  d.-s  «cli.in  (V.  II.  II. 
25)  iibcr^MiuTn  worden,  wciclie  -nngibt,  ibiss  Alcx.TnrliT 
am  0  Tliar;;rli,>n  vi,  li-  Mvri.i.len  liirli.iren  verniclilrl  li.ilie 
örf  xul  /tumlnr  xußiD.iy  '^l)./i,cr(jQn^  ....  xiu  uvxnr 
i>  rny  'AUiiivXiinr  xui  yiyinOtti  xul  c'.:i().,9Hy  roü  ßinv  lij 
uvttj  r^/if'^(f  TttTiCatiutut.  IJic  vcrMicIiliu  liikl.iriiimrii  illi'- 
scr  Vrrkclij'llicilen  geniigen  noi  li  niclil  .  iiiul  auch  ijlo 
iibriu.-n  Angaben  in  dem  genjiinlcn  Capil,l  lind  voller 
Coulusion. 


Fanden  wir  die  bisher  betrachteten  Urkunden  auch 
sämmtlich  unecht,  so  standen  sie  doch  mit  den  närhsten 
Worten  des  Redners  in  befriedigendem  Zusaminenliang ; 
den  demnächst  zu  betrachtenden  fehlt  auch  dieses,  oder 
besser  gesagt,  sie  sind  aus  unrichtiger  Auffassung  dea 
vom  Redner  Gesagten   hervorgegangen. 

Deniosthenes    beschreibt    (|^.     Uil.)    dicss    feindselige 
Verhältniss  zwischen   Athen   und  Theben   um   die  Zeit,  da 
Philippos   zum   Amphiktynnischen   Kriege    berufen   wurde: 
„ich   s.ih,  wie   die  Thebaner  und   fast  auch   ihr  auf  Aulass 
derer,   die  der  Sache   des  Philippos  anhingen  und    von   ihm 
bestochen   waren   (-sTUfj'   hy.aztooiQ),    in   beiden  Staa- 
ten  dasjenige,   was   beide  zu  fürchten  hatten  und   mit  aller 
Sorgfalt    hätten     hüten    müssen    (ro    xov    0iKnni  ov   iav 
ai'^ui'ii^a/) ,   übersähet  und   auch  nicht  in   einer  Hinsicht 
hütetet,    dagegen    zu  Feindschaft    und    gegenseitiger  An- 
feindung bereit   wäret."      Und   veiter  (§.   l(io):    doch   ich 
kehre  zu   dem   Obigen  zurück;  als  dieser  (Aischines)  den 
Krieg  in   Amphissa  erregt,    seine    anderen   (jehülfen  aber 
ihm    die    Feindschaft     gegen   Theben    hatten    durchsetzen 
helfeil   (oi>fJ.'li;oavuuf.i'Uiv) ,  so  geschah  es,  dass  Philip- 
pos   daher    kam    gegen    uns    (sXi^etv    icp     rjfidz,    OVTXSQ 
ivty.a  Tai;   tiuKsl<;   outoi  auvcxoouov.     Kai  si  fJ>} 
TtQOt^avioTijficv    ftiy.Qdv,     oi'ö'    üvakußeiv    av-vovi 
a-v  i'jörvij9i]usv  oi'truj  jiixQi   no^QUi  -jiffoijyayov  ov- 
TOI  TU  -xQuyfja.      'Ev  olg.  ö'  ijts  i'jörj  to.  tt^Ö;  dX- 
}^i)).ut'^,  TouvLuvi  Tuiu  ipfjffioi^idiujv  dy.ouoavTtc,  y.ai 
TU)!'  djiuyoiaeiiiv  i't'aeade.     Kai  fjoc  Xtys  ravra  ka- 
ßiov.     Nachdem  die  Documente   gelesen  sind,    fährt  De- 
mosthenes  fort:   ul'TU)  ö/nt>£ig  ü  (IK/uTlTioi  -cui,   Tiuktig 
•jtoui  dkkijkaq  St  d   tovtiüv  y.al  tuvtok;  i:7raQ&eli 
Toti  ipi^tfACftaai  y.ai  tui\  uTioy.oi'crsai,  ijy.ev  i';i;toi/  it)v 
öövauiv  y.ai    tijv  'Ekdreiav    xankaßev ,    w<,"    oi'S'  av 
ti'ri  yivDiTo  eri  avuTtvevaörtwv  ijjicot^  y.ai  Tuiv   Orj- 
ßuimv.    IN'arh  diesem   u'vTU)   SiaSliq  ü  0ikl7l noi;  könnte 
man    allerdings    meinen,    dass    Philippos    unmittelbar    mit 
eingewirkt    hätte,    also   Briefe     niid    ilergleichen    von    ihm 
mitgelesen    wären;   aber,    näher   betrachtet,    zeigt  sich   die 
Unmöglichkeit  dieser  Annahme,  denn   ilie  Beschlü.sse   und 
Antworten,    durch    welche   Phili])pos    dreist    gemacht   wird 
(eTTciii^tii) ,    können    doch    nur   die    zwischen   .Athen    und 
Theben   gewechselten   sein  ;     und    eben   das   lehren    die   vor 
dem   ^'orlesen   gesprochenen   Worte:    öluttsii  diu    TOL<- 
TVii'  bezieht  sich,  wie  natürlich ,  auf  Aischines  und  seine 
Mithelfer. 

.Statt  des  erwarteten  Notenwechsels  zwischen  Athen 
und  Theben  finden  wir  nun  zwei  Antrüge  der  Athener 
an  Pliilipjios,  eine  Antwort  des  König«  ««  die  Athener 
und  ein  Sendschreiben  desselben  an  die  Thebaner!  Gut, 
der  hvpothesirte  Gelehrte  wird  in  dem  conlnsen  Archiv 
oder  in  seinen  Sainniliingen  gerade  die  betrellenden  Atti- 
schen und  Thebaiiischen  Urkunden  nicht  mehr  vorgefun- 
den und  statt  ihrer  die  vorliegenden,  die  denselben  krie- 
gerisilien  Zeitläuften  angehören,  in  unsere  Rede  einge- 
schaltet haben.  .Sind  also  diese  Urkunden,  die  wir  jetzt 
lesen,  nicht  die  von  Deniosthenes  gemeinten,  so  werden 
sie  doch  echt  sein  und  in  die  nächstliegenden  Verhältnisse, 
die  wir  bereits  kennen  gelernt  haben,  passen  müssen. 
Wir   wollen   sehen. 

Die   beiden   Attischcu  Beschlüsse   datircn  £;T     ägX'*^' 


597 


598 


TOS 


S  'Hqottv^ov  ;  der  erste  ist  jii^vui;  'EkawijßoXlojvoq 
TTj  (f9ivovToQ,  (fvlijc,  TiQi'Taverui'fTiji;  'Eoax^tpSo^, 
der  z«veite  iii;vuQ  Mnivv^utivoc.  ei'y  y.ai  vea.  Wir 
sind  Bilioii  g-pwolint,  falsche  Archonleiinamen  zu  finden; 
die  nieliifarh  aiigefi'ihrfe  Hypothese  erklärt  dieselben  aus 
Verwerhselunjj  mit  den  jNainen  der  Prytanienschreiber 
entstanden.  Da  das  Jalir  Ol.  HO.  2  im  IVlelonisrhen 
Cycliis  kein  Schaltjahr  ist,  so  ist  die  Dauer  der  Prvta- 
nien ,  mit  denen  auch  deren  Schreiber  wechselt,  3'>  und 
resp.  3(>  Tage.  Genau  genug  ist  vom  sechsletzten  Ela- 
phebolion  (er  ist  in  diesem  Jahre  ein  voller  IVIonat)  der 
letzte  ."Vlunvchion  der  .35-  Tag,  so  dass  man  nur  anzu- 
nehmen braucht,  dass  die  Ererhtheische  Prvtaiiie  mit  dem 
Tage,  wo  der  erste  Beschluss  gefasst  ist,  angefangen, 
und  mit  dem,  wo  der  «weite ,  aufgehört  hat,  und  Hero- 
pytlios  kann  der  Prytanienschreiber  sein,  der  zum  Archen 
umgewandelt  ist  I  Oder  wem  das  denn  doch  zu  gewagt 
erscheint,  der  kann  auch  die  Vermuthung  billigen,  dass 
der  Archen  Heropythos  durch  Schuld  der  Schreiber  aus 
dem  ersten  in  das  zweite  Decret  eingeschmuggelt  worden, 
wie  »ir  dergleichen  ja  schon  mit  dem  Priester  Rleinago- 
ras   erlebt  haben! 

Ferner  finden  wir  in  dem  ersten  Decret  nach  der 
DatiruMg  die  Formel  ßovkrc.  xai  (TTQaTiiyuiv  yywur. 
Schümann  (de  comitiis  p.  91)  fT.),  .Spengel  (p.  39li)  und 
AViniewsky  (p.  304  ff.)  haben  über  diese  in  den  Decre- 
ten  unserer  Rede  oft  wiederkehrende  Formel  ausführlich 
gehandelt.  Da  in  der  Ekklesia  keine  Sache  dllQoßoi- 
kewoi  verhandelt  werden  darf,  so  ist  die  yvuniij  ßov- 
ktji  ein  notbnendiges  Ingredienz  jedes  Volksbeschlasses, 
und-  dass  wenigstens  yvoj/aj  ein  officieller  Ausdruck  ist, 
lehrt  ausser  Xenoph.  Hellen.,  I.  7.  9  und  Harpocrat.  v. 
TT^oy£t(JOTOvlu  besonders  die  Inschrift  im  Corp.  Inscr. 
Kr.  108.  S£8oj(9ai  ttj  ßovXij  tov^  XaxöfTai  nQot- 
ÖQOug  si'i  Tijv  iTTiovaav  iy.xXt/a-Lav  ^Qi^/naTtaai  ite^il 
Toi'Tujv,  yuojiiijv  Se  avfißdkkeadai  Trji  ßov'kiji  ee; 
Tov  dijiiov  üTi  öoy.ei  ttj  ßoiAij  tTtatnecrai  v..  x.  k. 
Ist  das  die  Bedeutung  des  ßOvXiji;  yvoj/qj,  so  kann  man 
sich  durchaus  nicht  vorstellig  machen,  wie  noch  ein  Be- 
amteter, hier  also  die  Strategen,  noch  mit  dazu  kommen 
sollen.  Es  ist  bemerkenswerth  ,  dass  durchaus  nicht  in 
anderen  Decreten ,  als  denen  dieser  Rede,  die  Formel 
ßovkij'i  yvv)j.ir]  vorkommt.  Die  Sache  scheint  natürlich. 
Der  Antragsteller  machte  seinen  Antrag  [eiltE)  dsdü^dai 
TTJ  ßouX}^  y.al  T(;j  öljuo).  INahm  der  Senat  den  Antrag 
an,  so  wurde  wohl  dem  ö  öliia  tt-^E  und  der  vorzu- 
schreibenden Dafirung  das  eöotEV  TT]  ßovkrj  vorgesetzt 
und  der  Antrag,  nun  ein  Probuleuma ,  in  die  Ekklesia 
gebracht.  Nahm  das  Volk  das  Probuleuma  unverändert 
an,  so  wurde  der  Antrag  zum  Psephisma  entweder,  indem 
man  der  Datirung  fÖo^SV  TT]  ßov'kij  xai  Tiß  dl'j^uj  vor- 
setzte unil  dann  das  6  öeivu  eine  8tS6x9at  y..  T.  X. 
unverändert  folgen  liess,  oder  indem  man  das  8e8üx9ac 
in  die  Formel  des  Beschlusses  if)o^«  TTJ  ßuvXrj  yal  tw 
5?;7/oj  verwandelte.  Wurden  dagegen  in  der'  Ekklesia 
Amendements  gemacht  (s.  Corp.  Inscr.  p.  124),  so  folgte 
dem  Probuleuma  der  Beschluss  des  A'olkes:  edo^i;  Tol 
öij/^vj-  TU  i^ih  aüa  xadoTt  i)  ßoiüj)  ilp)j(piaaT'o 
oder  dergleichen  (Corp.   Inscr.   Nr.    lOd)- 

So  scheint  die  Formel  ßovhjq  yvuj/tj]  bis  auf  glaub- 


würdigere Nachweisung,     wenn    schon    sie    in    sich  nicht 
unwahrscheinlich   ist,   zweifelhaft,  die  Hinzufügung  oroa- 
Tijyü)V   yvuuirj    oder  dergleiclien   vnllkonimen   unmöglich; 
und    weit   entfernt,     in    dieser    sonst    nicht   vorkonimenden 
Eigenthümlichkeit    der    vorliegenden   Decrete    einen   gros- 
sen   Beweis    ihrer    Echtheit    zu    finden,     sehe     ich    darin 
nur  einen   Beweis  mehr,    dass  sie   irgend   einem   Halbw is- 
ser und   einer  Zeit,     die    der  Lebendigkeit  des  Attischen 
Staatslebens  schon   fern  stand,   ihren  Ursprung  verdanken. 
Denn   man   sehe   nur  den    treHlicIien   Inhalt    dieses  er- 
sten Psephisma's    etwas    näher  an:     „Da  Philippos   einige. 
Städte  eingenommen,  andere   zerstört,   überhaupt  aber  die 
bestehenden   Verträge   nicht  geachtet  hat,     so    beschliessc 
das   Volk    Gesandte   zu    wählen,      die    um   WafTenstillstand 
bis  zum  Monat  Thargelion   bitten  sollen."     Angenommen, 
dass  dieser  Beschluss,     wenn   nicht  der  von   Dnmosthenes 
gemeinte,    aber  <loch   alt  und   echt    ist    und  der  Schlacht 
von  Chaironeia  nahe  liegt,     so    müssten    die   Athener   im 
Elaphebolion   einen   Wairenstillstand    erbeten    haben,     also 
nach   den    zwei     glücklichen   Gefechten ,     dem    am  Flusse 
und   dem    winterlichen,    in    iler   Zeit,      wo   Pliilippus,     wie 
Demoslhcnes  sagt,     in    der  allergrössten   Bedrängniss   von 
Neuem   an   die  Peloponnesier  schrieb  (g    2 1 S)  ;   oder   rich- 
tiger,  es   machen   die   Einzelheiten   selbst   eine   solche   An- 
nahme    vollkommen     unmöglich.       Betrachten     wir     diese 
Einzelheiten,  so   finden   wir  zunächst:    ßiiiiöi:  0i}.L-jT7TOC, 
oQ  fiiev  xaTeikij(f£  noksK;   tcSv   ücrTi'yenuvojv ,   Tivui 
di   TTOQ^Et,   y.ECfakaiO)   dt,    also  Städte,  die  vier  Tage- 
reisen von   Athen   entfernt  sind,   soll  ein   Attisches  Decret 
doTiiysiTuvei,    wie    Plataiai    (yaru    IStuifjaq,    g.    107) 
nennen  1  Athen   soll  das  Besetzen   unil   Zerstören   von  aus- 
wärtigen   Städten    zum    Anlass     einer    Unterliandlung    um 
AVaffenstillstaiid ,     als    wäre    der   Staat    selbst    angegriffen, 
bei   noch   währendem   Frieden   nehmen?   man  soll  in  dieser 
Zeit    in   Athen  ä<;   fitv   —   Tivä<;   öf:    gesagt    haben?    wag 
gerade    so   klingt,     als    wenn    wir    sagen,     weil   Philippos 
welche  von   den   Städten    zerstört,     andere   n.   s.   w.    (denn 
die    ganz    vereinzelte    Stelle    in     unserer    Rede     ^.   71     ist 
nach    den    bessern    Handschriften    zu    berichtigen).       Doch 
weiter:  x6<pakaio)  dt  iVl    Tr,v  '.jTTi/.r^i'  7iu(>a(Tx£va.C£- 
Tui  yiyvEO&ai  Tia(j'  ovötv   y/ui'fjtvo(;    Tili;   ij/^ieiigac. 
ffvi'^ijy.aq    x(d   Toi'i;    uQxovi    ki'tiv    iiiißaKkeTai    xai 
TijV  ei()ip>iiv  -jragaßuU'vjv  rac  xoivm  tiIoti-/^  —  jeden- 
falls eine   reichlichst  pleonastische  Ausdrucksweise  für  das, 
was   Philippos   nocll    gar   nicht   getlian    hat;     es    bestand    ja 
kein   Friede,   seitdem   für  Byzaiiz   zu    kämpfen   die  Athener 
die   Friedenssäule   umgestürzt   hatten;     und    hätte    derselbe 
bestanden,  so   wäre  ein   Angrifl'  auf  Aniphissa  im  Auftrag 
der   Amphiktyonen   keine   Verletzung    desselben     gewesen ; 
und    wäre   es  Friedensbruch    gewesen,   so  werden  die  Athe- 
ner  in  Folge  dessen  doch   nicht  den   unsinnigen  Beschluss 
fassen    wie    folgt:    -Tisu^eiv    n^ui;    a.i'Tuv    y.ijovy.a    y.ai 
noBoßstq  o'icivei    o-i'tÖ)   S/nkttuinrat  y.ai  naoayekei'- 
ooL'Oiv  airuv  ^lafiOTU  luv  jijv  Tifjoi,  ijiidg  üf.i6ioiav 
Sui.rt]o£iv  y.ai   idc,  avrdij/.ag ,    et    St    /jij,    irgug    tu 
ßouktvaaadai  Sovvai  %ouvov    ttj   Tzokei  y.nX  rdi  (!) 
di'OXa<;   ■TTOrtjoua^at    /tt/pt    -voi'    QauyifKKuvoa.     Man 
niuss  einen  sonderbaren  Begriff  haben   nicht  bloss  von  der 
Attischen,     sondern    überhaupt    von   jeder   Politik,      wenn 
mau  glauben    kann,    dass  solclies  Gewäsch    anderswoher, 


599 


609 


aU  aus  dem  bcscliränkten  Gesichtskreise  der  Schule  und 
ihrer  Ifnigebungen  herstamiueii  kann.  Üad  nun  zum  gu- 
ten'Ende  »erden  auch  die  drei  Gesandten  genannt;  und 
wie  es  hei  Inschriften,  die  nicht  einen  Beschluss,  son- 
dern das  in  Fi)Ige  desselben  Geschehene  aufbeivahren 
sollen,  erklärlich  ist,  so  geht  hier  freilich  auffallender 
die  Form  des  Beschlusses  oder,  richtiger,  des  Antrages 
in  die  eines  ProtokoIIes  der  Wahl  über  mit  den  Worten: 
T)Qi9i]oav  h.  Tiji  !joi'h:i  Stiioi  'ArayvQaatoq,  Eu- 
9vdijuoi  (pKvüoioz,  Bovkayooa^  '/}.(o^exfj9ev.  *) 
Man  wird  doch  zu  solcher  Sendung  nicht  die  ersten  he- 
gten drei  aus  den  geloosten  RathsmÄiinern  wählen  ,"  aber 
nirgends  wird  nur  einer  ron  ibuen  genannt.  Und  was 
soll  man  aus  dem  0).vdrr/oi  machen'?  er  muss  nach 
Attischer  Weise  (pkveri  oder  (PvlMrsiOQ  heissen,  und 
wer  an  dem  niclifsnutzigen  Actensti'ick  emendiren  will, 
kann  diess  und  jenes  schreiben  und  oben  auch  /.l]Ol''Aa 
y.ai  streichen  ,  da  zu  den  Dreim.'innern  hier  kein  Herold 
genannt  wird.  Nur  wird  damit  das  untergeschobene  3Iach- 
werk  nicht  alt,   noch   echt.  — 

(Fortsetzung    folgt   im  nächsten  Hefte.) 


Plutarchi  Vitae  Parallelae.  Ex  recensione  Caroli  Sin- 
tenis.  Vol.  I.  Lipsiae,  MDCCCXXXI.X:.  Sumptus 
fecit  C.  F.  Koehler.   XXVII  u.  JÖ6  S.   gr.  8-   3  Thlr. 

Es  gereicht  gewiss  allen  Freunden  der  Griechischen 
Literatur  zu  besonderer  Freude,  dass ,  sowie  anderen 
Schriftstellern  schon  langst  eine  sorgsame  Bearbeitung  und 
durchgreifende,  auf  genaue  Vergleichung  iler  vorhande- 
nen Handschriften  gegründete  Constituirung  des  Textes, 
soweit  sie  den  vereinten  Bemühungen  gelingen  konnte, 
zu  Theil  geworden  ist,  auch  für  den  Plntarch  endlich 
eine  gleiche  Bearbeitung  ins  Leben  getreten  ist,  durch 
welche  für  diesen  Schriftsteller  eine  neue  Epoche  be- 
ginnt. Und  man  kann  sich  um  so  mehr  dazu  Glück 
wünschen,  in  je  bessere  Hände  diese  Bearbeitung  ge- 
kommen ist.  Herr  Prof.  Sintenis  hat  durch  mehrjähri- 
ges Studium,  durch  vortreffliche  Ausgaben  einzelner  Bio- 
graphieeu  und  durch  gelegentliche  Abhandlungen  sich 
gleichsam  ein  Heimathsrecht  im  Plutarch  erworben,  das 
ihn  vor  Allen  dazu  berechtigt  und  fast  verpflichtet  hat, 
durch  eine  Gcsammtausgabn  die  Freunde  dieses  ISchrift- 
stellcrs  endlich  dahin  zu  bringen,  auf  dem  vorher  locke- 
ren Boden  festen  Fuss  zu  fassen.  Denn  es  bedarf  wohl 
kaum  einer  Erwähnung,  wie  schwankend  und  ungewis.s 
die  Kritik  war,  mit  der  die  früheren  Herausgeber  bei 
der  Herstellung  des  Plutarch  verfuhren  und  verfahren 
musaten  bei  dem  .Mangel  einer  sicheren  Grundlage ,     auf 

•)  Simos  ist  ein  in  Athen  seltener  Name ,  doch  scheint  er 
unter  Andern)  in  Corp.  Inscr.  Nr.  115.  in  der  falschen 
Form  i'J/to?  'f^nixnuiou  Al$-uU!)ri^  cnihillen  zu  sein.  Für 
BouXuyo^a^  ist  mir  sonst  kein  lieispi<'l  in  Athen  .ms  die- 
ser Zeit  bckaimt.  Desto  liiiifiser  kommt  Kvl>üSr,nn^  vor; 
aus  Demostbcnlschi;r  Zeit  dürfte  der  Sohn  des  l'ampliilus 
(Dem.  ;ijo{  Boton.  !i-i)n  :iQnixny  §.  23)  und  des  Strjtokics 
Solin  (xar«  Mitiinv  j.  165J  zu  nennen  $«in  ;  ob  oiner 
von  beiden  oder  ül)i-rbaupt  ein  datu  ili:;er  Eutb>denios 
Phjlasier  oder,  wie  es  in  der  Urkunde  lieisst,  Plilyasier 
war,  weiss  ich  niclit. 


die  ein  durcligreifcndes ,  gleichmflsiges  Verfahren  hätte 
gegründet  werden  können,  lieber  Reiske's  Verdienst  hat 
sich  das  Urtheil  festgestellt,  und  auch  Hr.  S.  hat  ihm 
immer  gerechte  Anerkennung  zu  Theil  werden  lassen, 
ebenso  wie  Coraes  trelllichen  Bemühungen,  die  im  Ein- 
zelnen IManches  weiter  gefördert  haben.  Schafer's  Arbeit 
war,  wie  er  selbst  oft  klagt,  zu  tumultuarisch  und  zu 
wenig  auf  kritische  Durcharbeitung  berechnet,  als  das» 
sie,  bei  allem  Verdienste,  das  sie  hat,  dem  kritischen 
Bedürfnisse  hätte  genügen  können.  Aber  es  kam  in  der 
That  nicht  darauf  an,  durch  eine  glückliche  Vcrmuthung 
oder  richtige  Auffassung  an  einzelnen  Stellen  das  Wahre 
zu  finden  und  gelegentlich  gleichsam  nach  dem  Bedürf- 
nisse lies  Augenblicks  dieser  oder  jener  Handschrift  zu 
folgen,  dieser  oder  jener  Lesart,  ilie  isolirt  dastand,  den 
Vorzug  zu  geben,  wie  gerade  kritischer  Tact  und  Bele- 
senhcit  es  nötliig  fand  oder  rechtfertigte,  soudern  es 
wurde  endlich  das  Bedürfniss  fühlbar,  zu  einem  kriti- 
schen Bcwusstsein  zu  kommen,  durch  genaue  Darlegung 
des  handschriftlichen  VorrathÄ  dem  Urtheile  eine  festere 
Grundlage,  ein  bestimmtes  Gesetz  zu  geben,  durch  das 
die  AVahl  bedingt  und  niotirirt  würde,  und  so  einen  Höhe- 
punkt zu  erlangen ,  von  dem  aus  mit  Umsicht  verfahren 
werden  könnte.  Mag  immerhin  die  BeschafTenheit  der 
bis  jetzt  bekannten  Handschriften  zu  der  Hoff'nung  weni- 
ger berechtigen,  nach  ihnen  den  Text  des  Plutarch  in 
unverdorbener  Reinheit  herstellen  zu  können ,  was  gelbst 
hei  den  Schriftstellern  in  weite  Aussiebt  gestellt  ist,  bei 
denen  ein  günstigeres  Geschick  noch  bessere  Hülfsmittel 
uns  übrig  gelassen  hat,  mag  auch  gerade  in  den  verdor- 
bensteu  Stelleu  meistentheils  auch  das,  was  die  Hand- 
schriften bieten,  niclit  genügen  —  jedenfalls  giebt  nun 
der  eingeschlagene  Weg  die  Möglichkeit,  mit  sicheren 
Schritten  in  der  Verbesserung  fortzufahren,  zumal  da 
auch  der  Text  des  Plutarch  durchaus  nicht  so  sehr  ver- 
dorben ist,  als  mau  bei  der  Betrachtung  der  vielfachen 
Versuche,  Acnderung  und  des  vagen  Hin-  und  Herra- 
theus der  Herausgeber  vermuthen  könnte,  woher  es  denn 
auch  kommt,  dass  die  Kritik  nach  dem  nun  zusammen- 
gestellten Apparat  meist  conservativ  ist  und  sein  muss,  um 
nach  der  vorliegenden  festeren  Basis  den  Anlauf  auf  das 
Bestehende  abzuweisen.  Die  natürliche  Folge  davon  muss 
also  die  Verbannung  der  Willkür  sein  ,  die  so  oft  nach- 
theilig  wurde,  da  selbst  das  Urtheil  über  bekannte  Hülfs- 
mittel, Handschriften  und  Ausgaben  so  schwankend,  und 
ihre  Benutzung  so  inconseijuent  war,  dass  an  eine  gleich- 
massige  Durcharbeitung  nicht  gedacht  werden  konnte. 
Der  Hr.  Herausg.  hat  seine  Untersuchungen  über  den 
Wertli  und  Unwerth  der  einzelnen  Handschriften  und 
Ausgaben  sowohl  in  seinen  frühereu  Ausgaben  einzelner 
Biographieen  (wie  in  der  ^'^orredo  zum  Aristides,  Cato 
niai.,  in  der  Epistola  ad  Godofr.  Hermannum  vor  der 
Ausgabe  des  Themistocies,  und  zuletzt  in  der  Vita  Pe- 
ridis  Excurs.  I.  über  die  Lesarten  des  Anonymus) ,  als 
auch  in  der  Vorrede  zu  dieser  Ausgabe  niedergelegt,  und 
wir  halten  es  für  angemessen,  den  Gang  selbst,  den  Hr.  S. 
genommen  hat,  zu  verfolgen,  um  zugleich  eine  Ueber- 
sicht  über  die  Grundsätze  zu  geben,  die  der  Hr.  Herausg. 
befolgen  zu  müssen   glaubte 

(Fortsetzung   folgt-) 


Zeitschrift 


für    die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch  j  26.  Juni 


1839. 


Nr.  76. 


Platarclii   Vitae  Paiallclae.     Ex  recensioiic    Curoli  Sin- 
tenis.    Vol.  I.    Lipsiae,  MDCCCXXXIX. 

(Forts  et  zu  n  g.) 

Zuerst  spricht  Ilr.  S.  vou  der  Ausgabe  und  dem  Ver- 
fahren des  Henr.  Stephanus  mit  Bezugnahme  auf  Reiske 
Vol.  I.  p.  XXVIH  und  Wjtfenbacli  Praef.  ad  Plut.  flloral. 
p.  CVII,  dessen  Worte  auch  angeführt  werden.  Bei  aller 
Achtung,  die  Hr.  S.  den  Verdiensten  desselben  wider- 
fahren lasst,  setzt  er  doch  grossen  Zueifel  in  die  Trene 
und  Glaub«  iirdigkeit  seiner  Aussage,  venu  er  bei  un- 
läugbar  eigenmächtigen  Aendernngen,  die  er  sich  erlaubt 
hat,  am  Sclihisse  seiner  Anmerkungen,  p.  463,  sagen 
konnte:  ^Neijuo  enim  quisquam  iiisi  ex  ill'is  (veteribus 
exemplaribus)  petitnm  in  confextum  admittendum  putavi. 
Wie  unwahr  diess  sei  („quid  mirum,  quod  loci  alicjnam- 
multi  ita  nunc  leguntur  scripti,  ut  Stepliani  potius  quam 
Plutarchi  manum  deferant"?  p.  X),  musste  bei  genauer 
Vcrgleidiung  der  Handscliriften  sich  von  selbst  ergeben, 
90  dass  nur  ausser  den  verdorbenen  Lesarten  der  Codd. 
und  Edd.,  die  Interpolationen  des  Steplianus  eine  beson- 
dere Classe  von  Corruptelcn  bilden  ,  wobei  übrigens  eine 
genaue  Richtung  um  so  schwieriger  ist,  je  unbestimmter 
bei  angeblich  handschriftlichen  Lesarten  die  Angaben  der 
Handschriften  sind,  denen  er  gefolgt  ist.  In  der  Erwäh- 
nung der  Uebersctzung  von  Aniiot  und  der  Handschriften, 
die  dieser  benutzt  hat,  möchte  lief  keinen  Widersprucli 
und  keine  Unwahrheit,  deren  ihn  der  Hr.  Herausgeber 
zu  zeihen  scheint,  finden.  Denn  wenn  Stephanus  in  der 
Anmerkung  zu  Nicias  XIV.  sagt:  libuit  autem,  quum  iam 
haec  scripsissem,  GallJcam  quoque  intrepretationem  con- 
sulere,  cuius  alioqui  testinionio  uti  non  soleo ,  non  quod 
eins  apud  nie  magna  auctoritas  non  sit ,  sed  partim  quod 
ad  eam  quoque  adeundam  otium  non  suppetat,  partim 
etiam,  quod  a  mulfis  eorum,  quibus  haec  scribnntur,  non 
intelliguntur;  dagegen  am  Schlüsse  seiner  Anmerkungen 
(p.  463) :  ceterum  earnm ,  quae  in  textum  receptae  fue- 
runt  cmendatiunnm  ,  st  aliarum  etiam,  quas  in  annota- 
tionibus  habes ,  plcraequc  in  doctissima  et  elegantissima 
intcrpretatione  Gallica  observatae  fuerunt,  ex  iisdcm  ex- 
emplaribus petitae :  so  ist  diess  unseres  Erachtens  kein 
Widerspruch,  weil  er  doch  auch  au  jener  Stelle  nicht 
von  Unbekanntschaft  mit  jener  Uebersctzung  spricht,  son- 
dern nur  sagt,  dass  er  sonst  nicht  auf  dieselbe  zu  pro- 
Tociren    und    sich    ihrer    Anctoritat    zu    bedienen    pflege , 


was  keineswegs  hindert,  dass  er  am  Schlüsse  sagen 
konnte,  dass  die  meisten  Emendationeu  auch  in  jener 
Uebersetzutig  zu  finden  seien,  weil  er  wusste  ,  dass  Amiot 
dieselben  Handschriften  benutzt  hatte  (ex  iisdcm  exem- 
plaribus petitae).  Uebrigens  hat  Hr.  S.  gefunden,  dass 
Stephanus  sowohl  die  übrigen  Pariser  Handschriften ,  als 
besonders  die,  welche  in  der  Ausgabe  mit  C  bezeichnet 
ist,  benutzt  habe,  und  diese  Vermuthung  findet  in  der 
Variantensammlung  offene  Bestätigung.  Zugleich  hat  er 
stets,  wenn  über  die  stillsdiweigend  von  Stephanus  auf- 
genommenen Lesarten  keine  sichere  Aachweisung  gegeben 
11  erden  konnte,  Stephanus  Namen  hinzugefügt,  und  nur 
die  Lesarten  desselben  Vulgatas  genannt,  von  denen  es 
offenbar  ist,  dass  er  sie  aus  Handschriften,  oder  alten 
Ausgaben  entnommen  hat:  ,,nam  quod  in  scriptis  JMorali- 
bus  se  (ecisse  dicit  Wjttenbacliius ,  id  ego  in  vitis  sedulo 
operj^m  dedi  ,  ut  efficerem ,  ut  nihil  plane  reciperem  j 
quin  qualem  quantamque  haberet  auctoritatem  mihi  con- 
staret  —  eine  A^orsicht  und  Gewissenhaftigkeit,  für  die 
ilim  jeder  Leser  dankbar  sein  muss.  Fremde  und  eigene 
Conjecturen  hat  er,  selbst  wenn  sie  durch  Wahrschein- 
lichkeit Ansprüche  auf  Aufnahme  in  den  Text  machen 
konnten,  nur  angezeigt  und  dadurch  die  Buntheit  ver- 
mieden, die  in  den  früheren  Ausgaben  dnrch  übereilte 
Billigung  und  Annahme  des  bloss  AVahrscheinlichen  der 
Text  des  Plutarch  angenommen  hat.  Der  Hr.  Herausg. 
spricht  sich  selbst  bestimmt  darüber  aus  p.  XIV.  „Quae 
ex  coniectura  sive  aliorum  sive  mea  putavi  emendanda 
esse  accurate  indicarc  non  neglcxi,  aliquanto  ego  cautius 
in  ea  re  versatus  iis,  qui  ante  nie  id  egerunt,  quorum 
licentia  in  hac  causa  dici  non  potest  quot  coniecturis  aut 
temerariis  aut  dubiis  depravata  sit  Plutarchi  oratio,  multo 
illa  minus  corrupta  quam  vulgo  existimatur.  Ac  sj  qni 
rectc  de  editione  mea  iudicare  volent,  rogo  ut  non 
tantum  rcspiciant,  quae  mutata  viderint,  sed  etiam  quae 
non  mutata.  Multa  vitia  superiorum  incuria  orta  et,  ut 
fit,  per  omnes  deinceps  editiones  fideliter  propagata  ,  ta- 
cito  correxi,  eorum  tantum  mentionem  necessariam  exi- 
stimans,  de  quibus  si  tacuisscm  Icctores  possent  incerti 
esse.  Aliorum  vero  cditorum  scripturas  quum  initio  con- 
stituissem-non  nisi  eas  referre ,  quae  ex  coniectura  mihi 
quoque  probabili  visa,  nee  tarnen  certa,  profectae  essent, 
Immanuelis  Bckkeri  in  ea  re  exemplum  sequutus,  mox 
intellexi ,  gratnm  nie  facturum  esse  non  paucis ,  si  etiam 
aliis  lücis  discrepaiitcs  addidissem  aut  Reiskii  aut  Co- 
rais  Schacfcrique  scripturas,  non  quod  probarem,    sed  ut 


603 


604 


(jiii   iiica   cilKione   utcrrntiir    haboronf,    uiide   in<cllij(("rpn<, 
(jii.i    (iile     iiifprpüir    illud  ,     cjiiod    in    cxpinplis    Schaofcri, 
qiiae    ferc   sola    nunc    iisiirpaiitiir,   vidoroiit  scriptum   esse." 
Zu»  eilen     hat    allerdings    iler    llr.    IloraiiS!;eber    sirli    be- 
Mogoii   gefnnileii ,   eine    Lesart   in   den    Text   anfzunelimen , 
wo  die   liandsilirifilirhe  Bestatisjung  fehlt.    Wir  eru.'ihnen 
hier  nnr  die   rorrii|)te  Stelle   Lvcnrg.   X.    TU    TQiTUv   Tio- 
/.iTfiiKi  y.ai    ■/M/.f.toioi'   tTiijys,   ti:i>   tojp   crvooiritov 
y.uTa.try.ii);y,    uj~Tf  önnviiv  ftfT    d}Jjjka)v  ovrioiTa^ 
iui  y.oivoi^   y.oi  Terayiievoi?  öif/oi^  y.at  aiiioii  ot'y.oi 
St  fi>)  öuttTüadat   y. ar ay.Xiv av T a q  ei'g   a-Tpcufiväq 
7to/.i'TfXe/i  y.ai  rparr^'t«;,  iv  ;iffpo"<  diuiiorayajv  y.at 
Liayi'tuojv.       So    hat    n.'ünlich    Hr.    S.    gesellriehen    nach 
Porplivriiis    —    oh     er    gleich    y.aTUyXlvtVTai     vorzieht. 
Leopold   liat  nach   derselben   Quelle    /(i.TCi/j-idtVja^  ge- 
schrieben —   »ährend   die  Handschriften    geben:    dic.iia- 
oi^ai   tj   OTnojilia^.      Ref.   gesteht,   dass    die   Emendation 
auf   die  Aiictorität    des   Porphyrins    hin   noch   immer  sehr 
ungeiviss    ist,    zumal    da    das    i-    auf  eine   Lücke   anderer 
Art    hinzu» eisen    scheint,     tienn    er    auch    gesteht,    dass 
man,    so    seltsam  auch  die   Uebereinstimmung    der  Ilanil- 
srhriften   ist,  sich   für  jetzt  doch   «ohl  bei  jener  Aushülfe 
«ird    beruhigen    müssen.       Eine   bedeutendere   Aenderung 
hat  Hr.   S.   vorgenommen  am   Anfange   der  Biographie  des 
TimoleoM  ,    indem    er  die   Einleitung,    ilie  sonst  geudlin- 
Jich  am   Anfange   des   Aemilius   Paulus    stellt,    worauf  be- 
kanntlich     auch      die     Umstellung      der      beiden     Biogra- 
pbieeii ,     für    die    sich     auch    Held    entschieden    hat    (  ci. 
p-    115 —  l'i'2.),    hierher  gesetzt   hat,    besonders   auf  An- 
rathen    C   Fr.    Hermann's    in    der    Hall.   Literaturzeitung 
1834,   Kr.  70.    Noch   eine  Stelle  will  Ref.   hier  anführen, 
ao  der   Hr.  S.    eine  Conjecjur    von  Coraes    sofort    in    den 
Text  aufgenommen  hat,  selbst  ohne  es  anzumerken,   tvess- 
wegeii   »ir   glauben,  dass  ilurcli  ein   Versehen,   weil  Schä- 
fer die  Correclur  aufgenommen   hatte,   dieselbe  auch   hier 
in  den  Text  gekommen  sei.    Aemil.  Paul.   c.  V.  hat  Hr.  S. 
geschrieben:     Ttj}     yuo    örit    f^iyakui    fAiv    afiafjTiai 
dvansitjauivai  ywo.iy.as;  uidoujv  ükkai  ui'y.  dm';}.- 
Ka^av.     Das  ovy.   hat  Coraes   eingeschoben,   was   unserer 
Ansicht    nach    —     auch    Held    hat    es    nicht    gebilligt    — 
gegen   den  Sinn  der  Stelle   ist,    und    wir    sind   überzeugt, 
dass  auch  der  Hr.  Herausgeber  es  nicht  in  Schutz  nimmt.  *) 
Gleich   darauf  heisst   es   bei   Pliit.  :    ras   ^'  iy-    Tivui   d.v.- 
öiag  y.ai   öviuo^orrxiai;  ijSuiv  uty.gu  y.at  nvy.rä  tiqo^- 
y.oovaiiara,    ä    Lu.v^d.i/uvra    loc?    dfJ.Ofi    aTiioyä- 
CtTcu    rd^    dui^y.t-nioi  i   iv    TUii    ouitßiulacatv  atKo- 
Totur>;T(U.      Uzs  «   ist  von   Reiske   hinzugefügt,   und  soll 
auch   im   Cod.  C.   und  31onac.  stehen.       Idem    exstare  di- 
cunt,   sagt    Hr.   S. ,   in  C.   3L ,    si   vere ,  noii    interced.un, 
«aspicor  tamen   ex  solo   iil  colligi  collaforiim  silentio,  (jiiod 
de    3L    certo    possum    aflirinare;    id   (juum    apj)areat  cjuam 
debile   in   hac   causa  argumentum  sit,   ego  <|iii(lem  «  oniisso 
scripserim    tu    d'    ty.   rivo:.,    priilem    probafiini    Brvano. 
Ref.   gesteht,  dass  ihm,   wenn  d   tvirklich   zweifelhaft  ist, 

•)  An  einer  andern  Skllc  bat  Hr.  S.  ein  ov,  das  von  Heiske 
in  den  Text  gesetzt,  in  den  folgenden  Angaben  sllll- 
scbwfiyeiiJ  beibeh^dtrn  worden  ist,  «jeder  geliigl:  Rfiiiiul. 
All.  a,  E.  A).}.{t  ntvju  fiiy  taw5  ^«t  t«  xotuuTit  ro>  $;Vw 
Kvl  niQixzä  ngo;ü{(Ttti  ftu>.i.ov  clc. ,  wo  sonst  vor  t^'i  JiVm 
Ol   st^iid. 


viel  mehr  Coraes  Verniutliung  xai^  de  zusagt  und  weo'en 
des  (legensatzes  besser  in  den  Zusammenhang  zu  passen 
scheint.  An  einer  anderen  Stelle  derselben  Biographie, 
c.  XU,  welche  in  den  Codd.  ziemlich  verdorben  ist,  hat 
Hr.  S.  ohne  handschriftliche  Auetoritat  die  bis  jetzt 
gangbare  Lesart  aufgenommen,  die  wenigstens  einen  pas- 
senden Sinn  gibt  und  vom  Anoiiymiis  angemerkt  ist,  y.ai 
Siduay.aLui's  i-'X^''  i^y.ci'of^,  oli;  cinev  t  i]  q  ukXtjg 
Traiui.ay.Ei'i^i;  o  x  o  ar  luit  vi  v  öly.a  /.wo/adia  r,0('.v 
l';3()Oiauivai  y.a\  Tiaotazoicrai.  ,,Uuani  cum  editori- 
hus  rcrepi  scripturam  librorum  fide  nititur  nulla,  sed 
annotata  ab  anonvino  est,  (]ui  eam  debet  Amioto,  qiiod 
interpretatio  eins  docet  etc."  Die  meisten  Handschriften 
haben  oi  äkki^i  7rapa.0/.ci<r,i;  z(iiv  öty.n  iii'oiddujv 
r,auv  etc-  (aus  tüjv  hat  Reiske  OTattMTViv  gemacht), 
ohne  jedoch  aus  demselben  Anonymus  yaiTOt  für  y.ai 
dlduov..  mit  den  übrigen  Herausgebern  zu  schreiben. 
Ref.  gesteht,  dass  ihm  diese  Lesart  eben  nur  eine  Con- 
jertur  scheint,  und  dass  er  überzeugt  ist,  dass  auf  andere 
Weise  zu   helfen  sein  dürfte. 

Li  derselben  Biographie  ist,  um  die.ss  gleich  bei  die- 
ser (jielegenheit  zu  bemerken,  in  der  Note  zu  Cap.  26,  3(1, 
ein  Druckfehler  unbemerkt  geblieben  ro/]  TOiq  Reisk.  — 
Fortasse    ulroque    coniuiicto   scribendum   TOI    TUV. 

Thes.  XI  ist  für  die  Lesart  der  Codd.  iv  Ep/Jldvn 
oder  'ßouiun  die  Conje<tur  des  Palmerius  ( Exercit. 
p-  184)  h>  fLoilti  aufgeiionimen,  ob  aber  aus  einem  be- 
soiidern  Grunde  so,  und  nicht  _^p/y£;,  wie  Coraes  zum 
Phoc.    c.    2J    gezeigt   hat,    ist   iiirlit   angegeben. 

Die  glückliche  Coiijectur  Lvcurg.  \l.  ddno)  Se  Tai' 
y.vuid.v  rjifv,  für  das  corriipte  yaj-lujÖdv  yuoldv  r;  ftriv 
(s.  zu  Pericl.  p.  28ü)  hat  Hr.  S.  wie  billig,  in  den  Text 
sofort  aufgenommen. 

Doch    vci folgen     wir   jetzt    die   Darlegung    der  Hülfs- 
mittel,   die   der  Hr.  Hcrausg.   benutzt  hat,   um  eine  Ueber- 
sicht   über   das   angewendete  Verfahren   und  die   Grundlage 
der     Textesrecensioii    zu    geben.       Die    älteste     und    beste 
Handschrift   ist  der  Cod.   .Sangerinanensis ,     der  allerdings 
nur     15    Lebensbeschreibungen,     und    von    ilieseni    ersten 
Bande     (der    übrigens,     wie   der   erste  Band   der  Schäfer- 
scheu   Ausgabe    die   Biographieen     bis    zum   Timoleon   und 
Aemilius    Paulus     umfasst)     nur    den    Ljcurg    und     Nnnia, 
jenen   am   Ende,  diesen  am   Anfange   lückenhaft,    enthalt. 
Air  Alter    sowohl    als  an  Güte  steht  diesem   am   nächsten 
der    Cod.     Paris.    Nr.     Iij71.    (A)  ,     dessen    Vergleichung 
Hr.   S.    tlieils  Hrn.   Baelir    (von    dem    auch  die  Beschrei- 
bung  des   Codex,   psaef.   ad    AIcibiad.    p.   VI   aufgenommen 
i.st),   theils    Hrn.    Held   verdankt.     Den    Umstand,   d.iss    ihm 
vom   Cod.    Paris.    Nr.   U)72.  (B)   die   Collafion    nur    weniger 
Biographieen   zu  Theil   geworden   ist,  schlagt   Hr.  S.   nicht 
hoch   an,   da   er   theils   mit   dem   Cod.  A   so    übereiiistimnit, 
dass  er    von    ihm    abgeschrieben    zn    sein    scheint,    theils 
mit    schlechteren    IManuscriptcn     im    Schlechten    überein- 
kommt.     Dasselbe     gilt    vom    Cod.    1(374    (D)     „Ceterum 
huius    (|uo(iiie    libri    nonnisi    ad  paiicas  (juasdam  vitas  ex- 
cerptae  sunt  scripturac,     nee  ego  quideiii    plura  desiilero, 
qaoniaui   vel  sie  satis  accrevit  inutilium   et    ineptarum    le- 
rtionum   moles ,     quam    aiigere    poterit,     quid   Cod.   Paris. 
Nr.    1()77    (F)     conferendi     laborem     suscipere     voluerit." 
Nicht  mehr  Eigenthümliches   hat  Cod.  E,     wahrend    der 


G05 


GOß 


Coil.  1673  (C)  weit  grössere  Bcachinng'  verdient,  ron 
Hern  schon  oben  cruäiint  ist,  da.ss  Stp|>li.inus  ihn  zum 
Grunde  gelegt  hat.  Dorh  hat  sich  Ilr.  S.  durcli  die 
Eigenthiimliclikeit  dieser  Ifandsrlirift,  wovor  schon  Hehl 
praef.  ad  Aeniil.  Paul,  et  Tiniol.  p.  IX  gewarnt  lialie, 
nicht  verleiten  lassen,  die  wirklich  oft  selir  wahrschein- 
lichen und  verführerischen  Lesarten,  wenn  sie  sich  nicht 
durchaus  als  Plutarcheisch  ankündigen,  oder  die  ülirigen 
Handschr.  corrupt  sind  ,  auf/unehnien.  Uic  übrigen  Pa- 
riser Handschriften,  die  noch  jünger  und  verdorbener 
sind,  vergleichen  zu  lassen,  hat  Hr.  S.  nicht  für  nöthig 
und  genug  belohnend  gefunden  ,,Puduit  enim  lionam  char- 
tam  eiusmodi  comniacuiare  sordibiis"  —  ein  (irund,  der 
allerdings  gelten  wird,  «enn  es  bestimmt  und  ausgemaclit 
ist,  ilass  von  dor<her  gar  Nichts  zu  erwarten  ist.  Es 
dürfte  inzwischen  iManrher  sein,  der  bei  einer  Ausgabe, 
wie  die  vorliegende  ist,  der  beliebten  ^'ollständigkeit 
wegen,  auch  diese  Varianten  ungern  entbehrt  unil  wohl 
auch  nicht  das  Verfahren  billigt,  dass  von  den  Conjectu- 
ren  des  Anonymus  und  den  Lesarten  der  Aldina  und 
Juntina  nur  die  angegeben  sinil,  die  wirklich  einen  Nutzen 
zu  gewähren  schienen  (,,non  omnes  lecfiones  aderendas 
putavi,  sed  magna  parte  abiecta  cas  tantnm,  (juae  aiiijuem 
usum  videantur  habere,  plus  etiam  harum  sonlium  in 
posferum  abiecfurus")  —  IMancher,  der  jede  A'arian<e  als 
einen  unveräusserlichen  Scliaf/.  befrachtet  und  mit  diplo- 
matischer Aengstlichkeit  hüten  zu  müssen  glaubt.  Aller- 
dings kann  sich  aber  jene  Freiheit  nur  auf  offenbare 
^'ersehen  beziehen,  \ieil  sonst  bei  andern  Lesarten  der 
Herausgeber,  wenn  er  sie  verscIi»  eigen  woihe,  durch 
sein  Kriterium  den  folgenden  vorgreifen  ȟrde.  Und 
dies  muss  um  so  mehr  geschehen,  solange  nicht  irgend 
eine  Handschrift  durch  hervorstechenden  Werfh  sich  gel- 
lend macht,  dass  die  anderen  sich  entweder  an  sie  an- 
lehnen, oder  vor  ihr  zurücktreten.  Es  ist  nun  weder 
»liess  hier  der  Fall,  noch  hat  sich  Hr.  S.  jenes  zu  Schul- 
den kommen  lassen,  vielmehr  immer  noch  mehr  als  er 
wollte  und  für  nützlich  und  niilhig  hielt,  die  ^'arianten- 
sammlung  gehäult.  p.  XXV.  „Ac  vellem  ego  (juidem 
licuisset  et  Vulcobium  et  si  (juid  praeterea  est  tcstium 
incertorum  prorsus  ablicere,  vcrbaque  scriptoris  non  nisi 
ad  paucos  quosdam  libros,  sed  bonos,  examinata  pro- 
ponerc,  ne  locis  non  paucis  mulforum  codicum  auctorita- 
tibus  ludamur  turbacjuc  testium ,  quae  Reiskii  querela 
fuit,  velut  opprimamur ,  quae  ad  lucem  spectata  non  sit 
nisi  una  sjmplex  auctoritas.  Id  tarnen  quominus  ego  fa- 
cerem  et  aliae  rationes  obstiterunt  et  fota  suasit  ratio 
opcris  mei,  ut  quicquid  esset  apparatus  critici  a  siiperio- 
ribus  coUecti  aflerrcm  integrum  ,  praesertim  quum  recen- 
sio  nostra  fundamentu  satis  iirmo  suprrstructa  tsset  codi- 
cum nonuullorum  Parisiensium  ac  Palatinoriim  accurato 
romparatorum  fidei,  modo  mcminerint  lectores,  Vulco- 
bium, ubi  ad  aliorum  codicum  tesimonia  accedere  dici- 
tur,  non  rontinuo  novani  eiusdem  Icctionis  auctoritatem 
habendum  esse."  Der  Hr.  Herausg.  hat  ferner  noch 
3  Codd.  Palatini  selbst  verglichen,  von  denen  besonders 
der  eine,  Nr.  2S3,  aus  dem  !(.  oder  12.  Jahrh.  ,  vor- 
züglich ist.  Alle  drei  sind  mit  P  bezei(  hnet  ohne  Di- 
stinction,  die  nicht  nöthig  «ar,  weil  in  keinem  Cod. 
dieselben  Lebensbesdireibungcn   enthalten   sind.      Es  folgt 


dann  der  Cod.  IMonacensis,  den  Hr.  S.  nicht  so  hoch 
stellt,  als  es  von  Thiersch  geschehen  ist,  weaswegcn  er 
auch  nicht  alle  Varianten  angegeben  hat.  lieber  die 
5  Codd.  Bodleiani  ist  jetzt  das  Urtheil  berichtigt,  und 
es  ist  unbegreiflich,  wie  Schaefer,  besonders  in  den  er- 
sten Biographieen ,  die  ollcnbaren  Interpolationen  so  be- 
reitwillig aufnehmen  oder  empfehlen  konnte.  —  (S.  praef. 
all  Themist.  p.  11  — 33.)  üie  Lesarten  italienischer 
Handschriften,  ilie  Muret  seinem  Exemplare  beigeschrie- 
ben  hat,  von  denen  wir  einen  Theil  Hrn.  Walz  (in  die- 
ser Zeitschrift  1834.  l'i  und  1S3Ö.  12)  verdanken,  sind 
ebenfalls  benutzt,  doch  nicht  eben  sehr  empfohlen.  „Sunt 
eac  omnes  ita  comparatae ,  ut  appareat  codiccs  illos  a 
Jannotio  passim  tantummodo  et  obiter  esse  inspectos,  non 
constauti  et  perpelua  cura  collatos.  Sed  vel  haec  sufii- 
ciunt,  ut  nun  ita  magno  integrae  et  accuratae  collationis 
desideriu  teneamur. 

Diess  ist  der  handschriftliche  Apparat,  den  Hr.  S.  bei 
der  Textesreccnsion  zum  Grunde  legen  konnte.  Bei  der 
Betrachtung  desselben  kann  man  allerdings  zuweilen  nicht 
umhin,  zu  bedauern,  dass  es  dem  Hrn.  Herausg.  nicht 
gelungen  ist,  noch  einige  Vergleichungen  bis  jetzt  noch 
unbenutzter  Handschriften,  wie  z.  B.  der  Wiener,  sich 
zu  verschaffen,  da  man  bei  einer  Ausgabe,  wie  diese, 
ungern  einen  solchen  Beitrag  zur  Kritik  des  Textes  ler- 
nilssf.  Vielleicht  ist  zu  hoffen,  dass  für  die  folgenilen 
Bände  wenigstens  ein  Versuch  gemacht  wird  ,  um  zu 
sehen,  ob  überhaupt  etwas  von  diesen  Codil.  zu  erwar- 
ten ist.  Alan  sieht  leicht,  <lass  der  Hr.  Herausg.  von 
dem  grössten  Theile  des  vorliegenden  Apparates  nicht 
eben  grosse  Hoffnung  gehabt  und  erregt  hat,  und  dass, 
wenn  der  Text  des  Plutarch  so  corrupt  wäre ,  als  man 
zuweilen  geglaubt  hat,  auch  von  dieser  Seite  her  nicht 
viel  Aussicht  wäre,  und  das  Meiste  denn  doch  noch  auf 
der  subjectiven  Kritik  und  der  individuellen  Befähigung 
lies  Bearbeiters  beruhte.  Inzwischen  findet  gewiss  jeder 
bei  genauerer  Durchsicht  die  schon  oben  gemachte  Be- 
merkung bestätigt,  dass  der  reine  Ertrag  besonders  in 
der  Gewissheit  und  Zuverlässigkeit  sich  zeigt,  die  an 
vielen  Stellen,  wo  früher  die  Uiigewissheit  unnütze  Be- 
nuihungcn  hervorgerufen  hatte,  jedes  schwankende  Ur- 
theil und  jede  Willkür  ausschliesst ,  während  auf  der 
andern  Seite  Stellen  genug  übrig  bleiben,  wo  die  hand- 
schriftliche Aiictorität  die  Forschung  verlässt  oder  ver- 
wirrt, die  Wiederlierstellung  also  der  glücklichen  Ent- 
deckung des  Kritikers  anheimfällt,  und  es  ist  offenbar, 
dass  bei  einem  Variantenvorrath,  wie  er  gerade  hier  vor- 
liegt, die  Filüglichkeit  eines  so  erfreulichen  Resultates 
durch  die  Besonnenheit  und  den  Tact  —  bei  minder  her- 
vorstechender Güte  der  Codd.  sich  für  das  zu  entscheiden, 
was  Plutarcheisch  schien  —  oft  auch  durch  die  Resigna- 
tion bedingt  wäre,  mit  der  er  auch  auf  plausible  Hülfe 
der  Mauuscripte  (wie  z.  B.  des  Cod.  Paris.  C.)  verzich- 
tete, wo  gerade  die  Wahrscheinlichkeit  eine  zweifelhafte 
Garantie  gewährte  und  einer  Verbesserung  von  fremder 
Hand  verdächtig  war,  zugleich  aber  auch  durch  die  Fä- 
higkeit, durch  glückliche  Vermuthungen  die  Lücke  zu 
ersetzen   und   das  Wahrscheinlichste   nachzuweisen. 

Wir    glauben,    dass    das    Vorstehende    hinreicht,    das 
Verfahren  und  die  leitenden  Grundsätze  des  Hrn.  Heraus- 


607 


608 


gcliers  im  Allgemeinen  zu  bezeichnen :  denn  eg  kann 
iiicli*  unsere  Absirlit  sein,  «las  Kinzelne  aufzuzahlen,  <la 
>'iiniau<l,  der  sicli  niif  Plutarch  besch.'iftigt,  die  Ausifabc 
entbehren  kann,  oder  uns  liber  die  Stellen  zu  verbreiten, 
an  denen  «ir  das  nicht  ^'anz  billigen  können,  «as  in 
den  Text  aufgenommen  oder  in  den  Anmerkung-eu  rer- 
muthct  Horden  ist,  zumal  da  vielleicht  zu  einer  andern 
Zeit  sich  Gelegenheit  finden  «ird,  über  einzelne  Stellen 
genauer  zu  sprechen.  Für  jetzt  sei  es  erlaubt,  als  Zu- 
gabc einige  wenige  Stellen  zu  behandeln,  llonuil.  XXIX 
extK  heissf  es:  './/Ju(  y.(d  tu  y.a9'  r^ntQav  j;pi;o-y«t 
Tri  citay.hjasi  rviv  övofiuTUjv  y.al  ro  nouq,  to  tkoq 
ro  Tiji  a/'yo;  ojg  siri  dd'kaTTav  ßaötQovraiione 
TW  looTEQO)  'l.uyo)  7TooiTi9ea^ai  uallov  etc.  Die 
Lesart  i/i^  irrl  i^uLUTTav  liat  Hr.  S.  beibehalten,  ohne 
ein  Bedenken  dagegen  zu  äussern.  Xylander  hat  o»? 
ETti  i}i'aif(,  Coraes  i:ti  dvoi'av,  der  Anonymus,  was 
Leopold  aufgenommen  hat  und  Schäfer  billigt:  dji;7re^ 
cÜMl.aZtLv.  Ich  gestehe,  dass  ich  nicht  absehe,  wie 
liier  eine  Destimmuiig  cü;  fTli  dukarTUV  Platz  haben 
könne,  da  diese  weder  der  Natur  der  Sache  angemessen 
ist,  noch  zu  der  Erklärung,  die  Plutarch  gibt,  irgend 
etwas  beitragen  kann  (wenigstens  wird  wohl  Reiske's 
Vertheidigung  ^Niemand  billigen),  wage  aber  nicht,  eine 
bestimmte  Meinung  darüber  auszusprechen.  Sind  sie  nicht 
für  ein  Glossem  zu  halten,  so  bin  ich  überzeugt,  dass 
mau  eine  mögliche  Emendation  auf  die  Worte  Plut.  nicht 
weit  vom  Anfange  dieses  Kapitels  etiovrei  Ö£  Tcooi 
T-.-f  dvoiav  tto/Jm  tuJv  E'TiixcDQiuiv  (jvofiuTCDV  (pi}sy- 
'/oi'Tcu  ueTo.  ßoili ,  olov  iMaoxtKkov  y.al  Tdiov , 
Hiuoiuivoi  rv;y  tote  TOOTtr.v  y.ai  ävdyXijoiv  d/Xr.kcov 
lUT').  dioig  y.c.i  t aou^r,;.,  in  Rücksicht  nehmen  musg, 
wodurch  denn  auch  die  Emendation  des  Anon3mns  ujgTTSQ 
ul.al.'/.Zilv  erklärlich  würde.  So  glaube  ich  auch,  dass 
CS  nicht  hinreiche,  Romul.  II.  15.  Ev  bi  t(/7  TTüra^ui 
Tujv  M/J.oiv  (T/.cKpojv  8ia.(pda.nf:VTUiv ,  Ev  ii>  6e  i^aav 
oi  rraiÖE^  E/'i  fxako.y.r.v  d.^oyJ.iv^Evroc  uyßiiv  ÜTQEfia, 
<r(i)9ivTUi  dxoo:öoy.r,T(i);,  öroua(y9i;vai  Pujnijv,  das 
Glosscm  zweier  Bodl.  rov  roltov  zurückzuweisen  (cf. 
Praef.  ad  Themist.  p.  26),  und  zu  6voiia<rdr;vat  nach 
dem  .\non\m.  Tr,v  o'/ßvv  zu  suppüren,  was  bei  diesem 
■nohl  richtig  ist,  da  er  nicht  (ru)  \}  E  v  T  o.c  ,  sondern 
iT(j)9evt()^  hat.  Denn  offenbar  ist  die  Construction 
liart,  und  ich  glaube,  dass  man,  wenn  man  (Joj^ErTog  aus 
dem  Anonym,  nicht  annehmen  will,  wenn  auch  nicht  die 
C'onjectur  ,  doch  die  Andentiiiig  Reiske's,  der  an  üvo- 
/.lacrai  oder  övoit'ilvc'.i  dachte,  annehmen  könne,  und 
dass  das  weiter  oben  stehende  Titiroua  dEirih'.l.  ry  TTO- 
t.:i   den  Weg  zu   einer  Emendation   zeige. 

Numa  IV  heisst  es:  Kid  oü  JlZ-tj/n/J-Ekoiicrw  Ol  TOV 
06oßuvTa  y.vX  tov  'Yäy.tv^ov  y.ai  tuv  ''Jiif^iijTOv  eqio- 
l-iiivovi  '.iTot.Kujvoq  yEyovEviu  fxvS^oKoyovvri!;,  d)c,'xSQ 
av  y.ai.  rov  Sr/.vuiviov  'l-nrrro/.i'TOV ,  oi>  di)  y.äi  (faolv 
ooäy.ig  Tvyoi  öta-xLEvjv  Eti;  Kiööav  iy.  üry.uuivog 
uvxui  ynav  Tr,v  Uv^lav ,  otov  uiirdo.voiti.iov  tov 
i^cov  y.al  'yaionvxn:.,  dTtoSscrTcl^Etv  toSe  t6  i)oißov 
Kai  S'  v.vd'  J^iTvoKvToio  (pikov  xd^a  f/ij  olka 
ßaivEi 


Muret. :  „mendosus,  ut  videtur,  locus;  pro  ov  videtnr 
legendum  (ö  ,  et  vox  illa  aviip  abundat."  Diese  Ver- 
besscrniig  hat  nun  auch  ,  gewohnter  AVcisc  ,  Vulcob.  an- 
gemerkt ,  unil  sie  ist  von  Cor.  und  Schaef.  aufgenommen 
worden.  Hr.  S.,  der  ov  im  Texte  gelassen  hat,  schlägt 
für  avTif)  vor:  aüzu ,  eine  Veränderung,  die  mir  nicht 
ganz  zusagen  will.  Natürlich  wurde  nun  auch  im  Fol- 
genden noch  nothig,  ein  yal  entweder  nach  üv^iav 
oder  laioovcoq  einzuschieben,  während  Bryanus  und 
Coraes  durch  die  Verwandlung  in's  Participium  die  Ver- 
bindung herzustellen  suchten,  indem  jener  dno^EUTCi.- 
^ovouf,  dieser  y^ajOav  vorschlug.  Vor  allen  Dingen 
kann  ich  den  Dat.  oi  nicht  billigen,  schon  der  Natur 
der  Sache  nach,  da  ja  offenbar  die  Pythia  nicht  dem 
Hippolytus  das  Orakel  gegeben  hat,  sondern,  wenn  jener 
in's  Meer  ging  (y.al  Ö'  uv&'  —  sig  d\a  ßaivEi),  dicss 
weissagend  erwähnte ,  —  so  gross  war  die  Theilnahme 
des  Gottes,  dass  er  die  Pythia  die  Reise  des  abwesenden 
Lieblings  verkünden  liess  (otOv  aial^avo/^lEvov  TOV  ^Eov 
y.al  yuiQortoc).  Der  Dativ  scheint  also  durchaus  nicht 
stehen  zu  können.  Vielmehr  glaube  ich  ,  dass  Plut.  ge- 
schrieben habe:  ÖTlov  8  ij  Kai  (pairi  etc.  in  der  be- 
kannten Bedeutung  des  bnov.  Es  versteht  sich,  dass 
damit  auch  ainiö  fallen  muss,  und  auch  darüber  erlaube 
ich  mir,  meine  l'ermuthnng  mitzutheilen.  Ich  glaube 
nämlich,  dass  für  aVTlJ)  XQiiv  gelesen  werden  müsse: 
Ev  T ij)  %od.v,  dass  also  die  Pythia,  wenn  sie  Orakel 
gab,  mitten  in  der  Begeisterung  und  Weissagung,  wenn 
der  Gott  die  Abreise  des  Geliebten  merkte ,  ausrief: 
yid  8'  ai'i}'  etc.  (wobei  auch  das  Xrti  gerade  hier  cha- 
rakteristisch ist).  Dadurch  verschwindet  zugleich  auch 
die  Nothwendigkeit,  im  Folgenden  eine  Aeuderuug  vor- 
zunehmen. Doch  diess  soll  Nichts,  als  eben  eine  Vermu- 
thung  sein, 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscelleu. 

Neapel,  <lon  16.  Apiil.  Bei  den  am  vorigen  Freitag  zu 
Pompejii  zu  Elircn  der  beiden  Erzherzoge  von  Ocstcneicli  ver- 
anstiiltcten  Ausgrabungen  im  Hause  Apollo's  und  in  einem  Hause 
der  Strasse  dclla  Fortuna,  fand  man  interessante  plastische 
Gegenstände  von  Marmor  und  Bronze,  sowie  drei  kleinere 
Wandgemälde  von  Mosaik  r.acli  Homer.  Zu  Cumii  wurde  im 
Beisein  der  liohcn  Gaste  ein  kleiner  Tempel  mit  drei  Marnjor- 
stalucu  entdeckt,  von  denen  eine  ein  Meisterwerk  sein  soll. 
Die  Arbeiten  am  allen  Anipliillieater  zu  Pozzuoli  werden  eifrig 
fortgesetzt. 

Paris.  Bei  Aix  (Boucbes  du  Rhone)  ist  eine  schöne  6  Fius 
hohe  Priapusstalue  in  weicliem  Stein  gefunden  worden.  Er  ist 
in  dem  gewobnliclien  Anzüge  mit  Stiefeln  und  aufgehobener 
Tiinica  ,  worin  er  Früchte  tragt ,  vorgcstclll.  Der  Kopf  und  das 
linke  Dein  vom  Knie  an  fehlen.  Zu  siincii  Füssen  sind  ein 
kleiner  Tiger  um!  zwei  Genien  ,  ein  dritter  scheint  ihm  auf  der 
Schulter  gesessen  zu  haben. 

Berlin.  Der  wirkliclie  Ober-Consistorialrath  und  Hof-  und 
Domprediger  Dr.  Thcrcmin  ist  zum  ausserordentlichen  Pro- 
fessor der  Ihcologischcn  Facultat  der  hiesigen  Universität  er- 
nannt wurdeu. 


Zeitschrift 


für   die 


Alt  er  thu  ms  Wissenschaft 


Freitage  28-  Juni 


1839. 


Nr.  77. 


Plutarrlii   Vifae  Paiallclae.     Ex   recensione    Caroli  Si/i- 
ienis.    Vol.  I.    Lipsiae,  MDCCCXXXIX. 

(  B  e  s  c  li  1  u  s  8. ) 

Eine    äliiiliche    Variaute     findet    sich    Timol.    XI.    3- 

dlUTQ/ßi-v  TOi^'Pi-'/i'roii  TCaoEtXov  etc.,  ho  der  Aiioiiyni. 
Ol' Tu)  liat,  Hr.  Sint.  aber  iul  T(p  oder  toj  lesen  »ill 
—  eine  Stelle  ,  die  allerdings  mehreren  Vermutliun^en 
Raum  gibt,  wie  denn  Ileld  die  Vulgata  rertheidigt  hat, 
indem  er  auch  yaLtTliuq  (fHQELv  tv  tivl  für  müglich 
hält,  ohne  jedoch  eine  Stelle  nachMeisen  zu  können. 
Für  das  -jf^aioEiv  Iv  Tir/,  was  derselbe  nach  Poppo's  Vor- 
gänge aus  der  An<hol.  cifirt,  liätto  vielleicht  eine  näher 
liegende  Stelle  angefülirt  »erden  können:  Flut,  de  discrini. 
adulat.  et  aniici.  p.  öl.  V. ,  wo  die  ^'ulgata  lautet:  y.al 
JAws  TU  yaiQElv  tv  ye  TOtq  avTOig,  Ilarl.  1  und  Mose.  2 
yaJotiv  iv  10 tg  avTOU  hat,  Wvltenbach  aber  nach 
Cod.  D.  ycuQ£lv  TOtc,  aVTOii  geschrieben  hat.  Ljcurg. 
XXI.  Kul  yuQ  iv  Tai<;  fuä^raig  7[oo£9l'£to  Tat<;  Mov- 
aai^  0  ßiia/kcug  ävci[iiftvi;oy.(jjv ,  ajg  eoixe,  d;?  Ttai- 
ÖEiai  y.al  tvjv  xqi'oewv,  i'va  ojai.  uooysiooi  ttuou  tu 
öciva  y.ai  koyov  tivu^  d!;laq  Ttapiyfjjat  t«;  n'QÜ^siq 
TOJV  rio.yo  uev  MV.  Hr.  S.  will  die  letzten  Worte 
entweder  streichen,  oder,  wie  er  schon  Praef.  ad  Theniisf. 
j).  41  vorgeschlagen  hat,  in  oi  jinyöiicrot  verändern 
nach  In^tit.  Lacon.  p.  238.  U.  Ich  gestehe,  dass  mir 
die  Conjectur  meines  Freundes  Palm  (in  dieser  Zeitschr. 
1836-  jVr.  56.  p.  453)  Tug  tiqü^su  tujv  fiuxiüv  mehr 
zusagt. 

Romal.  XIII.  31, hat  Hr.  S.  mit  Reiske  geschrieben: 
Kai  TovTO  f-iti)  i'jv  ovofxa  (nfivoreoov  cu'T(ß  t;Js 
JTpö?  tÖ  di]fi0Tiy.6v  Toi)  ßovKevTiy.ov  dtaffopdi-  etI- 
QOig  8a  Tovq  SwcTOis  ÜTto  TOJV  notJMv  Sirjoci 
rtoTovivag  övofiaLiov.  In  den  Handschriften  steht  iri- 
(joVi.  mir  scheint  £  T  £  p  VJ  i;  vorzuziehen  zu  sein. 
Romul.  XA'II  scheint  Hr.  S.   die  Emcndation   der  Verse: 

-<;  Ö'  ö.yyov  Täp7V£La  rtugcu  KannujLtov  o.inoi; 
vaiuvcra  'Pvifxi]-;  htk£TO  TEiyokiTi^ 
die  er  selbst  Praef.  ad  Themist.  p.  31   vorgeschlagen  hat: 

r;  S'  dyyoh  iialovaa  iiaqal  K.  alitoc, 
Tag-:ir.ia.  'Pojfxi^g  iTiXeTo  TEiyokixig 
ganz  aufgegeben   zu   haben ,     indem     er    sie    nicht    einmal 
erwähnt,  [was    Lei    andern  Conjecturcn    an    dieser  Stelle 


geschehen    ist,     dagegen    aus    dem    Anonymus     TugmEld 
aufgenommen  hat. 

ücbrigens  schreibt  Hr.  S.  ,  um  diess  noch  zu  crwäli« 
ncn,  constant  iYowäc,  was,  so  sehr  auch  die  Handschrif- 
ten schwanken  ,  doch  durch  die  besseren  bestätigt  zu 
werden  scheint.  Vcrgl.  Held  Aemil.  Paul.  c.  If,  der 
auch  nach  den  Codd.  (dem  Palat.  und  allen  Parisern) 
Noflä  geschrieben  hat,  was  Bälir  Hciilelb.  Jahrbücher 
1834.  p.  303  niissbilligte.  üebcrhaupt  hat  Hr.  S.  in 
dergleichen  Dingen,  soweit  die  Vorsicht  es  erlaubte, 
Gleichmässigkeit  gesucht:  so  hat  er  im  Poplicola  stets 
Ovakkspio^  geschrieben  ,,resti(ui  cam  scripturam,  in 
qua  paucis  quibusdani  locis  exceptis  consentientes  vidi 
libros  omnes  eandem  rationem  in  similibns  nominibus 
sequutus."  Dasselbe  gilt  auch  von  der  mehr  oder  weni- 
ger consequenten  Einführung  Attischer  Eormen ,  weil 
Hr.  S.  ohne  Handschriften  Xiclits  geändert  hat,  was  na- 
türlich um  so  nothvvcndiger  ist,  weil  man  nicht  weiss, 
wie  viel  auf  Rechnung  des  Schriftstellers  kommt.  Dock 
bietet  meist  ein  oder  der  andere  Pariser  Cod.  die  für 
Attisch  geltende  Form,  welche  dann  immer  vorgezogen 
worden  ist.  Wenn  daher  gewöhnlich,  um  nur  einige 
Beispiele  anzufüliren,  dakarTU  sich  im  Texte  findet 
(z.  B.  Theseus  X.  5  „9äkaTTav  C.  dukaaaav  valgo." 
Camillus  XVI  ,,H(<.),u-TTur  A:  ddkairtrcw  vulgo)  so  hat 
doch  diess  den  Hrn.  Hcrausg.  nicht  bewogen  z.  B.  Sol. 
XXVII.  10  et  11,  wo  in  zwei  anf  einander  folgenden 
Zeilen,  erst  du.}MTiUv  und  dann  ddlMMOuv  steht,  eine 
Acnderung  zu  machen.  So  ist  l>-Xpl  und  /J£X(?'  '''"  ""^" 
herrschende  Form,  und  auch  da,  wo  sie  in  den  früheren 
Ausgaben  nicht  stand  ,  meist  nach  dem  Paris.  A  herge- 
stellt, wie  Romul.  II  extr.  äyoi  ov  nach  eben  dieser 
Handschr.,  während  Poplicol.  VI.  19  und  XIII.^^  25  we- 
gen der  Uebereinstimmung  der  Codd.  äyoii  ov  beibe- 
lialfen  ist,  und  das  einzigemal,  wn  der  Hr.  Herausg. 
durch  ein  „malim  uiygi'^  der  Consequenz  ein  Opfer  ge- 
bracht hat,  Lycurg.  III.  extr.,  hat  er  am  Schlüsse  der 
Vorrede  wieder  zurückgenommen.  Derselbe  Fall  ist  bei 
8l<£iV  und  8votv  und  ,  um  nur  noch  Eins  zu  erwähnen, 
bei  £7liuik£(y9ai  und  l7Tij.tlL£ia9cu,  fi£Ta^iik£<r&ai  und 
lt£Tan£k£i(j9ai,  y.uTElgyiiv  und  y.u9£lgy£tv,  welche 
letztere  Form  Schaef.  Thcs.  YI  jener  vorzuziehen  ge- 
ueigt  war  (ebenso  wie  zum  Phoc.  c  Xl^III),  zumal  da 
sie  cap.  XXXI  extr.  gebraucht  ist.  Thcs.  XVI  init. 
hat  Hr.  S.  0VÖ£V  £;^a)V  geschrieben,  und  man  weiss 
nicht,     ob    man    ans    dem  Stillschweigen    annehmen  soll, 


611 


613 


ili';*  iljrsps  (11p  Iiamlsi  liriflliclie  Lpsarf  ist,  da  die  <jfi- 
"  pliiilicli.'  Lpsarf  o(.V£!'  ist,  odor  ob  llr.  J».  ilipse  Form 
ii^prliaii|i(  zu  rntfpriipii  ^piioi^  ist,  so  dass  man  aller- 
dings piiip  Aiidpiitiiii;J  dariiler  vprmisst.  Beispiplo  des 
Oflpren  (ipliraiiilis  dprspllieii  hei  Pliitarrh  liat  15/iiir  zii- 
sammpiigpstellt  zum  r'lamiiiiii.  [).  yj.  S.  Lübeck  Pliry- 
iiidi.    1».    I,S|. 

Einmal,  ("oiiiparat.  Tlies.  mm  Romiilo  II,  hat  Hr.  S. 
dii'  C'a])i(p|pintlipiliiiiff  irr.'iiidprt  —  eine  iSarlie,  die  i'iber- 
liinpt  zimeileii  mehr  beaclitef  »erden  sollte  —  indem 
er  <ias  zneitc  ('a[).  erst  mit  den  Worten  \l iKfOTI ou}V 
Tonvv  (Seliaef.  p.  61.  12)  beginnen  Ijisst,  um  die  \Vorle 
u  8'  init.injirc  &l-aei'Q  etc.  dem  ^Vorhergehenden  n.'ilier 
zu  bringen,  »psshalb  aufh  nur  ein  Kolon  gesetzt  ist. 
I>>i«selbp  ist  au.h  grscliehen  am  Srlilusse  des  XXVII. 
Cap.  des  Koniuliis  und  damit  die  Aothwendigkeit  um- 
gangen, mit  dem  Cod.  C  nach  avÖQll  mit  allen  Ileraus- 
geliern   (fUOi    einzuschieben. 

Uoih  genug.  AVir  iiiinschen  »on  ganzpm  Herzen, 
dass  dem  verehrten  Hrn.  Herausgeber  immer  Zeit  und 
!\lusse  bleibe,  ilas  Werk  so  schnell  zu  fördern,  als  es 
den  Freunden  des  Plutarch  « linschensii  ertli  sein  muss, 
und  ilass  ihm  immer  die  rüstige  Kraft  ungescln\,'icht  er- 
halten «erde,  mit  der  er  unermi'idllch  an  einem  Schrift- 
steller arbeitet,  der  ihm  schon  jetzt  so  riel  verdankt,  und 
fiir  den  wir  in  seinem  ganzen  Umfange  um  so  schönere 
IJodniing  haben  können,  uenn  auch  Hr.  Prof.  A\  inckel- 
uiauu  in  /lirich  sein  Wrsprecheu,  die  Dioralia  zu  be- 
handeln,  l>ald   erfüllen   »ill. 

Vorzügliches  Lob  verdient  auch  die  Verlagshandlung 
(der  ivir  übrigens  in  der  neuesten  Zeit  niehrero  bedeu- 
tende Werke  verdanken,  nie  das  ;ihnli(  he  Unternehmen 
der  .Ausgabe  des  Luciau  von  Jarobitz)  für  die  ausgezeich- 
net schöne  Ausstattung,  durch  «eiche  das  schone  AVerk 
audi  ,'iusserlich  sich   en)pfiehlt. 

Zum  Gebrauche  für  .Scliulcn  ist  ein  besonderer  Tcxt- 
aldrurk  veranstaltet   norden  unter   dem  Titel ; 

Fiutarchi  Vitae  Parallelae  Seicctae.  In  usum  schola- 
runi  recognitae  a  Caiolo  Suile?tis.  Pars  I.  Insunt 
vitae  Tliemistociis  et  Camilli  ,  Pcriclis  et  Fabii 
lUaxinii  [,|  AIcibiadis  et  Coriolani,  Timoleoutis  et 
Acmilii   Pauli.     2bi  S.     gr.   8.      15   gr. 

Es  ist  naii'iriich  nur  zu  billigen  ,  dass  die  ersten  Le- 
bensbeschreibungen bis  zum  Solon  und  P<iplicola,  die  sich 
für  die  Leetüre  auf  .Schulen  olfenbar  nicht  pignen,  nicht 
mit  anfgenoinmen  «orden  sind.  Wir  hoH'en,  dass  diese 
Ausgabe,  zumal  bei  dem  sehr  billigen  Preise,  recht  be- 
reit» illige   Aufnahme   in  Schulen  finden   «erde. 

Jllcisscu.  f,:  Kiaiiei: 


Commcntatio  de  Horatii  od.  lib.  III,  c.  14.  vom  Dr. 
Er/iHt  Krteslner.  Programm  des  Gyinnasiuii.s  der 
Stadt  Celle  vom  Jahre   18j'5. 

Es  ist  vorzüglich  die  Erklärung  der  dritten  .Strophe 
dev  aiigci!euteten  Gedichts,  «eiche  uns  veranlasst,  eine 
Auzeige  dieses  Programms    den   Lesern    dieser  Zeitschrift 


zu  machen.  W.'lhrend  im  Uebrigen  Hr.  Director  K.'istner 
nur  eine,  ausführliche  Inhaltsdarlegung  gibt  und  eine 
Sammlung  der  «ichtigsten  >otizen  der  alten  Schriftsteller 
liber  Hispanieu  und  seine  Bewohner,  sowie  iler  alten 
Zeugnisse  über  Livia's  Liebe  zum  Angustus,  sucht  er  mit 
der  Erkb'lrung  der  dritten  Strophe  einem  lang  und  immer 
gefühlten  IJedürfnisse  abzuhelfen.  Es  sind  die  bekannten 
Worte  : 

Unico  gaudens  mulier  marito 
prodeat,  jnstis  operata  divis; 
et  soror  dari   «Uicis,   et  decoran 

snpplice   vitta 
virgiuum   uiatres  juvenumque  nuper 
sospitum.      Vos  0  pueri  et  pueltae 
jnni  oiruni  expertae  viitle  ominatis 
parcite  verl/is. 
Ilr.   K.   weist    alle     bisherige   Erklärungen   ausführlich 
zurück,  auch  die   von  Braunhard   und   Kraft,   interpungirt 
hinter   jani    und    expertae,     schreibt    nominatis,     versteht 
unter  pueri    et    puellae    die   lärmende  Schaar   von  Knaben 
und   HL'iilchen ,    timidiores   mo.x,    mox  procaciores,    loqua- 
ciores  semper,   qui  ante   nnntiatum  Augusti  victoris  redttum 
vociferatione    infausta  putandi    sunt    civium  animos  credu- 
lorum  exagitasse ,    sive    partes   egerint  in   ponipa  solemni , 
sive  spectatores  tautum   iuterfuerint ;  versteht  unter  vir  den 
Augustus ,    ,,(juem    cognoverant    ex  rerum    tum     gestarum 
laeta  fama,''   erklärt  die   male  noui.    verba   als   solche    über 
die    diilicultates    et    discriinina    expeditionis    Cantabricac, 
res   adiersae   yuas   runiur  ferebat,   de   quo   Liv.   XXVI,  9. 
habet  ,,funailtnosius  quam  allatum   erat,    cursus  huminum 
affingentium  vana  auditis  totam  urbem  conciverat,"   und  gibt 
den   Sinn  der   ganzen  Stelle   im   Folgenden:     Vos  pueri  et 
puellae   per  viios   nuper   soliti   iiifaustos  rumores  decantarc 
atquo    diH'errc,     laetissimo     expeditionis    cventu   qualis   tlle 
sit  vir,   qualis  sit  in   eo   vis  invicta,  jam   eiloctae   expertae- 
que    noiite    diutius  Cantabros    cacdes   funera  crepare,  sed 
favete  unguis,    ut   neque   matronas   virginesque    turbetis   diis 
opcrantes   neque   me,   cujus   animuni  jnvat  genio   indulgere. 
Das    ist    ohne   Zweifel    eine     interessante,    nicht   bloss 
durch   Neuheit    zusagende    Erklärung.       Das    darf  uns  je- 
doch   nicht    bestechen,     unsere  ZHeifel    zu   verschweigen. 
Wir  glauben,    es    wird    damit    so«ohl  den    Worten,     wie 
dem    ganzen    Satze    Gewalt     angethan.       Nicht    dass    wir 
zweifi'llcn,   »irnni   sei   so    viel   wie   virnm   fortem,   denn   die 
vom    Hrn.     Verf.    angeführten     Beispiele     besagen    das    so 
deutlich  ,    dass    es  dpr   Verwpisung    auf   dvr,ij   bei   Ae-ich. 
Snpj.l.  9ö3.    Soph.   Ai.   77.   Eur.  Electr.  (iO.J   uiciit   bedarf; 
wohl   aber   erregt   die   Erklärung    von   pueri    et   puellae    bei 
uns   den   grössfen   Zweifel,    zumal    wenn   der   Hr.    Verf.   sie 
vergleicht  mit  denen,  qui   ipsi   etiamnum  sibi  arrogant  par- 
tes —   invilis     morum     praefectis    —    vivido    feriidoque   in- 
gcnio   per  plateas  tiimultuaiuli  clnmandiqiie,   umlc  interdniu 
animis  civium  graviter  allVctis  totiiis  popnli  tum  Judicium  ilc 
reUu^publicis,  tum  laetitia,  tum  nietus  et  formido  cognoscuti 
tur.   Sollen  das  Kinder  sein?   Hr.  K.  beruft  si.  h  anfSerm. 
II,  3,    128.      Da  heisst  es  populiim  si   caederc  saxis   iiiri- 
pias  servosve    tuo    quos    acre    pararis,    insanum  te   omnes 
pueri  clamentque   puellae,    also   olfenbar  sind    unter  pueri 
et  puellae    da   nicht  etwa  <lio   Erwachsenen,  sondern    die 
Jugend    zu    verstehen;    Buben    und    Ulailchen ,    heisst    es,, 


G13 


f)14 


werden  hin<er  dir  lierlanfcii  und  dirli  fiir  <()11  erklären. 
Selbst  den  Kindern  ivirst  dn  da  fiir  Jnll  erscheinen. 
Ebenso  die  ErivJilinunff  der  j)neri  in  Serni.I,  ',] ,  1S4 
und  A.  pnef.  -('((i.  (ianz  ettvas  Anderes  verlangt  aber  der 
vorliegende  Fall.  1'on  Kindern  kann  die  Rede  nirlit  sein, 
ihnen  kann  der  Dichter  kein  Scli"  eigen  gehieien,  «eil 
.sie  nirlit  solche  ürtheile  haben  verbreiten  können,  «eil's 
wenigstens  (liöricht  «.'ire  ,  ucillte  der  Dichter  daranf 
Rilcksicht  nehmen,  auf  Geschwätz  der  Kinder.  Aber 
dass  pneri  et  puellae  in  anderer  IJeziehnng  fiir  den  Pübcl 
gelten  könne,  als  wenn  derselbe  einzig  nnd  allein  ans 
den  Kindern  bestehe,  stellen  wir  durchaus  in  Abrede. 
Bei  einem  Aufzuge  kann  mau  von  pueris  et  pucllis  spre- 
chen, denn  sie  schaaren  sich  aus  Neugier  um  den  Trium- 
phafor.  Zu  dem  Pflücken  der  lilnnien  ruft  t'atuU  und 
Ovid  pueri  und  puellae;  ist  ein  Betrunkener  auf  der 
Strasse,  so  kann  der  ihm  nachlaufende  Pöbel  ans  pueri 
et  puellae  bestehen,  aber  nimmer  darf  man  glaul>en,  dass 
solche  Kinder  sich  damit  haben  abgeben  können,  falsche 
Geriichte  über  Augustus  zu  verbreiten  ,  unil  ilass  sie  ver- 
mocht h.'itfeu  vociferatione  infansta  civiuni  animos  cre- 
dnlorum  agitare,  das  konnten  nur  Erwachsene  thnu,  we- 
nigstens konnte  nur  auf  solche  der  Dichter  Rücksicht 
nehmen:  sie  aber  —  gibt  er  sich  überhaupt  mit  iliesen 
J^Iaulhclden  ab  —  konnten  auch  durch  das  einfache  pneri 
et  puellae  nicht  vom  Horaz  bezeichnet  werden  ,  weil  er 
bei  solch  einem  Feste  der  pueri  et  puellae  stets  in  an- 
derer Bedeutung  erwähnt,  also  jedenfalls  die  Beziehungen 
hätten   klarer  seiu   müssen. 

Ausserdem  würde  ein  Grund  anzugeben  sein,  wess- 
halb  expertae  und  nicht  experti  ilanu  stehe.  Denn  wenn 
Ilr.  K.  anführt,  der  Dichter  beziehe  das  auf  pnellae 
utpote  natura  sua  timidiores,  so  fühlte  er  die  ünivahr- 
scheinlichkeit  solcher  .Annahme  wohl  selbst,  weil  er  gleich 
hinzusetzt  uisi  forte  niavis  enallagen  geueris  statuerc. 
Aber  auch  diess   ist   nur  eine   Ausflucht. 

Was  den  ganzen  Sinn  anbefrillt,  so  tadeln  wir  zweier- 
lei daran.  Erstens  vermissen  wir  nun  die  virgines  beim 
Opfer;  sowie  die  Gattin  des  Augustns  und  seine  Scliive- 
»ter  für  die  Rettung  und  glückliche  Rückkehr  des  Aug. 
danken,  so  müssen  auch  ilic  schon  v.  9  erwähnten  virgi- 
nes für  das  AVohl  ihrer  Lieben,  seien  es  Brüder  oder 
Verlobte,  ein  Dankopfer  bringen.  Iloiaz  opfert  nie  ohne 
sie.  AVarum  hat  sonst  der  Dicliter  virginuin  matres  er- 
wähnt? Sie  sollen  herbei,  ilie  IMütter  der  virgines  juve- 
nesque  sospites ;  also  doch  sicherlich  auch  diese  selbst, 
die  virgines  juveuesque  sospites  (das  Adject.  gehört  zu 
beiden!);  das  vos  scheint  ordentlich  daranf  hinzudeuten; 
unter  die  infansta  vociferatione  civium  animos  agitanles 
können  diese  aber  nicht  gehören,  folglich  würden  sie 
fehlen. 

Zweitens  in  dem  parcite  liegt  die  ^Voraussetzung,  dass 
diese  schöne  Ra^o  von  Jungen  und  IMädchen  noch  jetzt 
solche  verba  male  nouiinata  im  iMunde  führen;  Wie 
können  sie  aber  noch  vociferari ,  da  ja  Aug.  bereits  zu- 
rück ist?  verläumderische  und  ängstigemle  rumores  sind 
da  gar  nicht  mehr  denkbar.  Die  Bitte  „verschont  uns 
jetzt  mit  euren  Reden"  würde  also  liberfliissig  sein,  denn 
die    Reden    haben,   aufgehört.      Wenn:   parcctis    dastände, 


,, jetzt   werilet   ilir   zur   Bulie    gekommen   sein!"    so   ginge 
es   noch   an. 

Wir  gestchen,  die  grosse  Schwierigkeit  nicht  einzu- 
sehen, welche  dieser  Stelle  noch  ankleben  soll.  Wir 
glauben,  in  diesen  Versen  ist  die  Fortsetzung  des  Fest- 
programms enthalten,  wenn  man  so  sagen  darf,  nnd  pueri 
et  puellae  sind  demnach  die  Jungfrauen  und  Jünglinge. 
Solange  der  Krieg  dauerte,  waren  beide  Theile  nicht 
sospites:  mit  der  Rückkehr  des  Verlobten  ans  dem  Kriege 
ist  das  zwar  anders  geworden,  alier  verba  male  ominata 
kommen  noch  genug  vor.  Zwar  schweigen  wohl  die 
Sehnsuchtsseufzer  der  Bräute  nach  den  fernen  Bnben  , 
die  Flüche,  welche  gar  mancher  Soldat  über  die  Be- 
schwerden des  Kriegs  ausstossen  kann,  oline  dabei  auf- 
zuhören, tapfer  und  brav  zu  seiir:  aber  Verwünschungen 
und  Klagen  können  noch  genug  vorkommen.  AVie  Hr.  K. 
es  für  a  re  uxoria  alienum  halten  kann,  dass  die  Frauen 
beim  Wiedersehen  ihr  überstandenes  Leid  dem  wieo'er 
gewonnenen  Freunde  erzählen,  begreifen  wir  nicht.  AVir 
möchten  an  die  I5ürger'sche  Ballade  erinnern,  es  fallen 
Einem  unw  illkürlii  h  die  AVorte  ein:  ,, Holla,  thu'  auf  mein 
Kind,  schläfst  Liebchen  oiler  wachst  du?  Wie  bist  noch 
gegen  mich  gesinnt?  Und  weinest  oder  lachst  du?'i  Es  ist 
so  natürlich,  was  der  Diditer  sie  antworten  lässt  ,,  a<li! 
AVilhelui,  du?  so  spät  be  iXacht?  Geweinet  hab'  ich  und 
gewacht;  ach!   grosses   Leid   erlitten!" 

Aber,  sagt  Hr.  K.,  solche  Klagen  sind  mit  dem  Rö- 
mischen Charakter  unverträglich.  Das  ist  eine  eigen- 
thümliche  Ansicht,  die  aber  in  den  Commentaren  vielfach 
herrscht.  Als  ob  die  damaligen  IMenschen  nicht  auch 
Fleisch  und  Blut  gehabt  haben.  Aber  so  heissf's  bei 
A'aickenaer  zu  Eiirip.  Plioen.  1 370.  ■7To)i}.oii  H'  iiirrjn 
bi/.'/.ova  TT^z,  TVyjii;  oor,  iler  Vers  sei  ausser  andern  Grün- 
den auch  desshalb  spurius,  weil  die  Griechischen  Sol- 
daten unmöglich  weinen  könnten !  So  streitet  Härtung  nnd 
Watthiae,  es  sei  in  dem  Epilog  zu  Eur.  Iph.  Aul.  v.  1.577 
f.  y;;)'  d'  '^^Toe/öai  rcäq  OToarui  v'  ta-rij  ßktTToiv 
das  sicherste  Kennzeichen,  jener  Epilog  sei  das  Machwerk 
eines  Christen  ,  denn  die  Griechen  hätten  beim  Gebete 
die  Allgen  nicht  zur  Erde  richten  können!  Oblivisruiitiir 
liomines  docti  ,  sagt  Herm.  zu  Eiirip.  Helen;  158li,  quum 
iiifer  libros  sedeiit,  qiiae  suis  oculis  quotidie  vident.  l\Ian 
denke  nur  nicht,,  alle  Spartanerinneii  wie  jene  eine  in 
der  bekannten  Anekdote,  und  auch  bei  einer  Römerin, 
zumal  im  Augusteischen  Zeitalter,  denke  man  nicht  mehr 
an  eine  Cloelia  und  A'eturia.  Also  werden  auch  damals 
die  Frauen  sowohl,  als  die  IMänner  trotz  des  beendigten 
Kampfes  Manches  sich  haben  sagen  können,  was  zu  'er- 
bis  male  ominatis  gehört,  und  wär's  auch  nur  die  Furcht 
vor  einem  Kriege,  die  Furcht  vor  tiimultus  und  muri  per 
viin,  von  welcher  der  Dichter  nachher  selbst  spricht. 
Einen  Beleg  iiidess,  wenn  es  dessen  überhaupt  bedarf, 
dass  auch  die  AVeiber  des  Alterthums  beim  AViedersehen 
nach  langer  Trennung  gleich  geklagt  und  nach  ilen  er- 
sten freudigen  15egrüssungen  gleich  von  dem  Leid  be- 
gonnen haben,  welches  sie  so  lange  erduldet,  mögen  die 
Erkennungsscenen  bei  Eiirip.  Helena  635  *q-  ^p''.  Taur. 
831  sq.  Ion;  1440  sq.  und  bei  Soph.  Elertra  I'i2l  sq. 
abgeben.  Oft  mag  auch,  wie  in  der  ersteren  Stelle  der 
Menelaus,  ein  Bursche  in  eifersüchtiger  Laune  sein  Mäd- 


G15 


616 


then  nach  dem  'WicdcrscUon  so  pcqiiäH  haben  ,  «lass 
seine  verba  zu  den  male  oiniiiads  gorpcliiict  «erden  durf- 
ten. Denn  »vir  verstehen  darunter  solche  Reden,  die  bei 
der  Abwesenheit  des  Geliebten  stets  die  Zukunft  scinvarz 
malten  und  jet/.t  auch  schon  wieder  Schmerz  prophezeien; 
vero'l.  Forcellini.  Diese  Heden  sollen  sie  jetzt  lassen, 
denn  bono  bona  verba  die!  AVir  wollen  sehen,  ob  der 
Dichter  nicht  den  Grund  seiner  Aufforderung  beifügt. 
Köthi"  war's  kaum,  denn  iu  dem  virginura  juvenumque 
sospiluin  lag  es  schoo;  jedoch  er  fügt  es  noch  einmal 
Linzu  virum  expcrtae ,  und  nun  braucht  man  sich  nicht 
jiu  wundern,  wesshalb  puelhie  den  adjectiren  Zusatz  hat, 
gerade  iiauilich,  weil  sie  am  meisten,  mehr  als  die  pueri 
zu  solchen  Reden  geneigt  waren.  Sciiweigen  sollen  auch 
gie,  ijuia  virum  expertac  sunt.  AVas  heisst  das  puella 
virum  experta  ?  Die  «oülgemeinte  Erklärung  des  Acroa 
durch  ,,jam  nuptac"  hat  die  Interpreten  stutzig  gemacht. 
Poeta  hie  verba  facit  de  sacris  celebrandis,  iu  >|uibu3  non 
„nuptae  mulieres"  sed  cum  pueris  pueilae  adhibebantur , 
so  hiess  es,  und  diese  Lesart  wurde  bei  Seite  gesrlioben. 
Aber  muss  denn  das  nun  gleich  heimsen,  cjuia  cum  viro 
vestro  jaci  concubuistis  J  Das  ginge  frcilicii  nicht,  es 
wäre  wenigstens  ein  übel  angebrachter,  viel  zu  grober 
Scherz  hier,  wo  der  Dichter  eben  seine  Notabilifäten 
lierbeigernfen  hat.  Wir  rufen  für  unsere  Stelle  die  oben 
erwähnte  Euripideische  Helena  wieder  zu  Hülfe.  Nach- 
dem Helena  schon  lange  geredet,  hat  sie  des  Manneg 
Zweifel  doch  noch  nicht  alle  beseitigt.  Er  fragt  zuletzt 
geradezu  ti  de  ksy.Toci  dt£(^:t"/€Q  räSe  (nämlich  des 
Theoklvmcnos)  ovy.  iX'^i  ''"''  beruhigt  sich  erst ,  nach- 
dem sie  versichert,  a.i}r/.TOV  lini-v  i'oth-  <rot  atauiO^t- 
rrr ,  v.  795.  Als  Klvtemncstra  des  3Ianncs  Ankunft  er- 
fährt, lässt  sie  ihm  im  Voraus  sagen  yi'vui/.a  7l/(TTr,v 
ev  buuoii  si'ool  uo/.üiv,  oiV'j'.Tfo  ektiTlE  (Aesrh.  Ag. 
f)06)-  Als  Orestes  nach  langer  Trennung  zurückgekehrt 
ist,  kann  Elecfra  niclit  schnell  genug  die  Zeit  linden, 
dem  IJrudcr  von  der  edlen  Gesinnung  des  ilir  aufgedräng- 
ten Gemahls  zu  sagen.  II  öh  cvoißEiu  TK  TTOuqtaxL 
-riß  TCÜOtl;  fragt' er,  OÜTIuJjTOt  nwiii  T/y?  il-t'i,i  trLrj 
^lyeh;  lautet  die  Antwort.  Etwas  Aehnlichcs  kaim  aucu 
in  dem  virum  expertae  liegen:  die  Fragen  über  Treue 
mochten  gar  manchmal  auf  beiden  Seifen  ctuas  Lnbe- 
haglichkcit  erregen.  ,,Ihr  Iiabt  euren  31ann  ja  nun  er- 
probt", kann  bedeuten,  ihr  w  isst  ja  nun,  dass  er  euch 
treu  geblieben;  eben  dadurch,  dass  er  eure  Arme  niclit  ver- 
schmäht, erprobt  ilir's.  Das  ist  virum  expertac,  wie  es 
vom  Jupiter  heisst  IV,  4,  -i  atjnilam  expertus  fidclem. 
Ulan  vergl.  auch  Terelit.  Adelph.  III,  2,  52  und  Rnlinken. 
zu  Tcrent.  Hecyr.  V,  '2,  12.  Index  zu  Sueton.  cd.  Ca- 
saubonus.  Darin  liegt  nun  aber  allerdings  der  Grund  der 
ganzen  Aufforderung,  welche  der  Dichter  an  die  pueri 
und  pucllae  richtet.  So  ist  die  ungezwungenste  Erklä- 
rung unserer  Ansicht  nach  aufgefunden. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Codex  des  Pcrsius  in  Montpellier.  Im  Octoberheft  1838 
(S.  1051)  dieser  Zeitschrift  bciiift  mein  Freund.  Herr  D.  J.ilin, 
sich  auf  nicine  Aiiss.isc,  ilic  cbenials  Pilhou'scbe  Handschrift 
des  Pcrsins  in  Montpellier  sei  scliön  und  leserlich  gcscliriebcn , 
unil  glaubt  daraus  auf  die  Virscliiedenlicit  dieser  von  dem 
wichtigen  coilcx  Bnilcnsis  scblicssen  zu  dürfen.  Ich  glaube, 
dass  liier  uicinrni  Zciigniss  eine  unverdiente  Wichtigkeit  beige- 
legt wird,  und  muss,  um  Missvcrsliindnisscn  vorzubeugen,  be- 
merken, dass  die  genamile  Handschrift  beim  Durchgehen  aller 
vorhandenen  Codices  (über  500)  von  mir  nur  flüclilig  angesehen 
und  als  meinen  Zwecken  durciiaus  ferne  liegend  nicht  weiter 
berücksichtigt  wurde.  Endlich  glaube  ich  mich  zu  erinnern, 
dass  der  TcnI  in  der  reinen  und  festen  Scbiift  des  10.  Jahr- 
hunderts deutlich  und  leserlich  geschrieben  war;  doch  mag  ich 
darauf  kein  Gewicht  legen.  Die  Glossen,  meine  ich,  standen 
über  den  Zeilen  und  zur  Seite  und  mügcn  leicht  durch  Ab- 
greifen oder  gar  Beschneiden  verstümmelt  sein.  Ein  späterer 
Versuch ,  für  Herrn  Dr.  Jahn  nähere  Nachricht  über  diese 
Handschrift  zu  erhallen,  ist  leider  ohne  Erlolg  geblieben;  es 
wird  sich  auch  kaum  in  Montpellier  Jemand  linden,  dem  eine 
VcrgleichuDg  aufgetragen  werden  konnte.  Die  lübliolhek  ver- 
dient aber  in  mehr  als  einer  Hinsicht  gewiss  auch  von  einem 
Philologen,  der  zu  lesen  versieht  (was  freilich  aber  nicht  biui- 
Cg  ist)  ,  besucht  zu  werden,  er  darf  holTcn,  hier  für  die  Zwecke 
eine  nicht  geringere  Ausbeute,  als  für  die  Geschichte  des  Mil- 
telallers  zu  finden. 

Hannover,  Fr,   C.    IFaitz. 

Erlangen.  Der  König  der  IV'iederlande  Iiat  durch  Sc.  E.-^c. 
Hrn.  V.  Perponcher,  k.  niederl.  Gcn.L.  und  ausscrord.  Gesand- 
ten zu  Berliu ,  dein  Lector  der  occidcnlalischen  Sprachen  au 
hiesiger  Universität.  Hrn.  Dr.  Friedrich  Otto,  für  die  Ueber- 
sendiing  seines  Werkes:  »Die  Gesammtliteratur  Niederlnnds« , 
eine  goldene  Medaille  zustellen  lassen  ,  die  auf  der  einen  Seite 
das  BrnslbiM  Sr.  Maj.  und  auf  der  andern  die  Inschrift:  VIHO 
DOCTO  FBED.  OTTO  LEGT.  LING.  OCCID.  IN  YMVEBS. 
ERLANG,  DE  RE  LITTERARIA  BELGICA  BENE  MERITO 
BE.V.     D.  Ao.  MDCCCXX.WIII  enthält. 

Heidelberg,  16,  April.  Der  hochverdiente  Lehrer  unse- 
rer Hochschule,  der  Senior  der  theologischen  Faciillät,  Geh. 
Kirchenrath  und  Prof.  ord.  Dr.  H  E.  G.  Paulus,  feierte  ge- 
stern ein  ebenso  schönes  als  seltenes  Fest,  das  Jubelfest  seiner 
Anstellung  als  ordentlicher  Professor  der  Theologie.  Gestern 
vor  fünfzig  Jahren  trat  er  als  Professor  der  orienlaliscbcn  Spra- 
chen in  die  Stelle  Eicbhorn's,  an  der  damals  (seit  1T89)  ncu- 
aufblühciulen  Hochschule  zu  Jena  ein. 

Neapel,  den  24-  März.  Bei  Torrc  dell'  Annnziala  sind 
auf  Kosten  der  Regierung  unlängst  Ausgrabungen  auf  den  Rui- 
nen von  Tcglnna  begonnen  worden.  Es  ist  die  Stelle,  wo  vor 
zwei  Jahren  Prof.  Zahn  diese  alle  Stadt  entdeckte. 

Paris,  den  12.  April.  In  der  Nähe  von  Narbonne  bat 
man  einen  Circns  von  noch  bedeutenderem  Umfange,  als  die  alt- 
römischen  von  Nisnics  und  Arles,  entdeckt. 

Breslau.  Der  bisherige  Pfarrer  Dr.  Movcrs  in  ncrkum 
bei  Bonn  ist  zum  ordentlichen  Professor  der  biblischen  Exegese 
an  der  hiesigen  katholisch  -  theologischen  Facullat  ernannt 
worden. 

Bamberg.  Der  bisherige  Professor  der  vierten  Classc  des 
Gymnasiums  dahier,  Andreas  M  üb  I  i  ch  ,  wurde  auf  sein  An- 
suchen an  das  Lyceum  daselbst  versetzt. 

Hannover.  Der  König  bat  den  Professor  RciUpenning 
aus  lidiiu  zum  ordentlichen  Professor  in  der  theologischen  Fa- 
cullat der  Universität  Gölliiigcn  cinannt. 


Zeitschrift 

für    die 

Altert  hu  ms  wissen  Schaft 


Sonntag  y  30.  Juni 


1839. 


Nr.  78. 


Commentatio    de  Horatii    od.  lib.  III,    c.   14.  vom  Dr. 
Ernst    Kaestnei:     Programm    des    Gjmnasiunis    der 
Stadt  Celle  vom  Jahre   1835. 
(B  esc  hl  US  s.) 

Die  geuohnliche  Interpretation  von  puellae  virnm  ex- 
pertae,    d.   h.    nnptae    fi'ihrt    uns    auf  eine  ganz  ähnliche, 
der  Beleuchtung  nicht  unnerthe  Stelle.      Sie  ist  bei  Eu- 
ripides  Phoeniss.   948,   "o   es  also  hcisst: 
A'i'^ovoq  jisv  ovv  yu^ioL 

crcpayaq  äTveiQyova-'-   ov  yäq  ioiiv  ]]9eoq. 

x'ei  nij  ycJp  evvrjq  ijipar   dkk'  ex^i  kej^oi;. 

owoq  de  ■TTLtJtXoq. 
Mit  diesen  Versen  will  Tiresias  dem  Kreon  verdeutlichen, 
dass  nur  Menoikeus  den  Ares  versöhnen  könne.  Haemon, 
der  andere  Sohn  des  Kreon ,  kann  nicht  wegen  seiner 
ydfio/,  er  ist  nicht  mehr  ?;/^f  oc,  und  nur  wenn  er  diess 
wäre,  könnte  sein  Opfer  den  Gott  versöhnen.  Hier  bringt 
die  gewöhnliche  Bedeutung  von  7Jt9£og  recht  in's  Ge- 
dränge. Plato  sagt  zwar  nur  /J.SX9'  iraidoyiiviag  i'fi^Eui 
xal  dy.iJQUTOc  yä/.iojv  -re  dyvol  l^ujaiv,  aber  Ruhnken 
zu  Timaeus  p.  132  beweist,  es  sei  das  bei  den  Männern, 
was  iragdlivoc.  im  Allgemeinen  *)  bei  den  Frauen.  Nach 
dieser  Bedeutung  ist  in  den  Worten  ein  Widerspruch; 
denn  Huemon  ist  noch  nnverheirathet ,  ist  nur  erst  ver- 
lobt mit  der  Antigone :  dennoch  sollen  seine  yauoi  im 
Wege  stehen,  dennoch  soll  er  —  natürlich  nur  in  Bezug 
auf  die  yuiioi  —  nicht  mehr  ijt^SOQ  sein,  wie  stimmt 
das  zusammen?  Die  Interpreten  wissen  sich  zu  helfen, 
sie  meinen,  der  Seher  deute  einen  verbotenen  Umgang 
an,  den  Haemon  bereits  mit  seiner  Braut  gepflogen.  So 
Valckenaer  und  das  eiae  Scholion.  Ohne  uns  den  Zwei- 
fel zu  erlauben,  woher  Tiresias  Kunde  von  solchen  ins- 
geheim getriebenen  Dingen  habe  —  denn  man  antwortet 
darauf,  als  Seher  wisse  er  das!  —  so  liegt  doch  darin 
erstens  viel  Sonderbares,  dass  der  Seher  so  beiläufig  dem 
Vater  davon  Kunde  gibt,  die  beiden  Leutchen  seien  schon 

*)  Wir  sagen  im  Allgemeinen;  denn  man  könnte  uns  mit 
Sopl)  Trach.  entgegnen,  wo  Hircules  r2.!l  von  der  i'i'- 
Qvrila  nug&iroq  spricht,  obwohl  er  sie  gleicli  nennt  Toi? 
^i«oI?  uAfi'joi?  Ofjoij  xh&ilauv.  Gruppe  hat  Recht,  wenn 
er  naQS-ivoi;  da  lür  &vyuTi\Q  erklart.  Denn  sonst  ist  nuQ- 
&i'iO(;  (loch  ihr  eigentliche  Begriff  für  Jungfrau  Vergl. 
Eur.  Eiectr.  43.  ^V  ovno-t  ayvo  tiayvviv  tii'ii'  nagO-^vot;  ä" 
h'  iarl  <y^.     Herc.  für.  834.  ' 


so  vertraut  mit  einander  wie  Ehegatten,  zweitens  aber 
wird  damit  eine  Anschuldigung  auf  Antigone  geworfen, 
ein  Makel  ihr  angehängt,  der  mit  ilirem  nachherigen 
Auftreten  nicht  in  Einklang  gebracht  werden  kann.  Man 
denke  nur,  diese  Antigone,  das  hochherzige  IMädchen, 
welches  aus  dem  Mythus  bekannt  war,  «elibcs  Sophokles 
in  seiner  ganzen  Seelengrösse  so  vortrcfl'lich  geschildert, 
soll  Euripides  zu  einer  schwachen,  gewöhnlichen  Eva - 
Tochter  herabwürdigen!  Das  ist  schon  an  und  für  sich 
unwahrscheinlich,  denn  Euripides  zeichnet  gern  den  hoch- 
herzigen Charakter  eines  Mädchens  und  konnte  mit  solch 
einer  Neuerung  dem  Publikum  nicht  gefallen,  um  dessen 
Gunst  er  buhlt;  das  wird  aber  noch  weit  unwahrschein- 
licher, wenn  wir  den  Charakter  der  Antigone  verglei- 
chen, wie  er  sich  in  dem  ganzen  Stücke  der  Phocniss. 
offenbart.  Es  ist  ganz  die  Sophokleische.  Darum  darf 
sie  uns  Valkenai-r's  Erklärung  von  );u'>£Oi;  nicht  erniedri- 
gen. Oder  kann  Kreon  in  der  letzten  Scene  die  Anti- 
gone ■KO.odsrs  anreden,  wie  er's  v.  l(i()2  thut  ?  würde 
er  das  in  dem  heftigen  Streite  gelhan  haben,  in  welchem 
er  sich  mit  ihr  befindet?  Würde  er  nicht  vielmehr  gerade 
auch  mit  einem  Schimpfworte  ihr  gedient  haben,  ent- 
lehnt von  jener  vertrauensvollen  Mittheilung  des  Sehers? 
Aber  man  würde  Euripides  noch  härterer  Dinge  be- 
schuldigen müssen.  Gilt  die  Valckenaer  sehe  Erklärung 
von  ri'id-iOQ,  so  erscheint  Antigone  gradezu  als  Kokette, 
als  eine  gewöhnliche  Dirne.  Könnte  man  es  anders  nen- 
nen, wenn  sie  von  sich  sagt  v.  1717  ü.i}Xra  dr,ra  0ij- 
fiaiuiv  fudXiara  TraodtvviV.  Würde  der  Zuschauer  es 
anders  bezeichnen,  wenn  er  sich  ihres  ersten  Auftretens 
erinnert,  und  der  Scham,  mit  welcher  sie  für  ihren  Ruf 
bedarbt  war:  ei!  mussten  die  Atliener  dann  bei  diesen 
vertraulichen  Mittheilungen  des  Sehers  wohl  ausrufeu, 
wer  hätte  das  der  jungfräulichen  Antigone  angesehen, 
dass  sie  bereits  verbotene  Liebe  gepflogen,  also  nicht 
mehr  Jungfrau  ist;  und  weiter,  wenn  dann  Antigone 
1274  sq.  der  Mutter  auf  die  Bitte,  ihr  zu  folgen,  geant- 
wortet hätte  TTOi  naudevüivaq  e/.lmoüoa;  ((tduufiti^' 
öxXov,  denkt  man  sich  da  nicht  gleich  eine  Stimme  aus 
dem  Publikum,  die  ausruft  „ei!  so  ziere  du  dich,  wir 
kennen  ja  schon  den  Vogel!",  oder  welche  in  ganz  an- 
derem Sinne  als  die  Mutter  es  thut,  ausrufen  würde: 
Oi'X  {V  aiaxiJi'il  '^^  '^''^-  ^^''"  geben  nicht  zu,  dass  Eu- 
ripides solch  einem  Tadel  seine  hochherzige  Antigone 
aussetzt;  nicht  einmal  der  Vorwurf  der  Geziertheit  darf 
diese  Scene    treffen,     wenn    man  dieselbe  mit  der  durch- 


619 


620 


aus  ähnlichen  Stelle  in  Iphig-.  Aul.  9DÖ  sq.  vergleicht. 
Da  soHohl,  wie  134'-  begreift  man  die  juiigfrauliclie 
Schani  der  Iphigenia,  hier  » i'irde  dieselbe  den  Zuschauern 
nur  als  arge   Verstellung  erscheinen. 

Aber  vielleicht  entgegnet  man,  Tiresias  denke  nicht 
an  den  Lnigang  mit  der  Aiitigone,  sondern  an  andere 
Liebschaften  des  Ilaemon ,  an  solche,  die  er  vielleicht 
fl'ooiu  ToT'  lior  gesucht  hat  ,  uie  Xuthus  dasselbe  von 
«ich  im  Ion  Ö4ö  seinem  Sohne  im  Verhöre  eingesteht. 
Das  anzunehmen,  ist  unerlaubt,  denn  Tiresias  sagt  ja 
Aiiiovü-;  y  alt  Ol  crqaya^  e7oyovai:  das  sind  dieselben 
yaf.101,  von  welchen  oben  £teok.les  testamentarisch  fest- 
setzt yänov^  ö  äSf.t.fffj^  'Avxiyüvr^i;  Traidüg  rs  ouu 
-Itiiovo^  —  Go\  ~/^(jr,  iii).soi}ai.  Jedenfalls  würde  also 
Auligone   den   Ulakel  auf  sich   nehmen  müssen! 

Die  krasse  Internretation  von  rji^snc,  ist  gerade  ebenso 
hier  an  dem  Missverst.'indnisse  Schuld,  wie  bei  llorafius 
die  Erklärung  von  virnni  expertae.  Das  eine  Schol.  fügt 
hei  .i'.i'.llu  iuvrarl  I  (xazo ,  und  deutet  so  an,  was  Tire- 
sias unter  dem  Begrifle  rj&sog  verstehen  wolle.  Es  ist 
nicht  geradezu  derjenige,  der  aufgehört  hat  ein  Jungge- 
sell zu  sein  ,  sondern  der  Dichter  versteht  darunter  den, 
dessen  Gedanken  bereits  auf  eine  A'ermiscluing  der  (je- 
schlediter  gehen.  So  kann  auch  der  ^'erlobfe  ovy.  i-vi 
tiiSsu^   genannt  »erden. 

Aber,  ruft  man  uns  zu,  hat  der  Dichter  das  nicht 
näher  angedeutet,  so  ist  diese  Erklärung  eine  hü<hst 
willkürliche.  Ja  wohl  hat  er  es  angedeutet,  aber  merk- 
würdiger AVeise  hat  man  gerade  diese  weitere  Ausfüh- 
rung ihm  gestrichen,  als  intcrpretamentum  eines  librarii. 
Der  A'ers  näuilich 

z'f/  |t/))  yuo  ei'viji;  ijipfiT'  äkK'  ex^i  ^^/.oc 
wird  für  untergeschoben  erklärt  und  seit  Valckenaer's 
A  crdächtigung,  die  derselbe  zu  Ilippol.  SSj  noch  wieder- 
holt, gestriclien,  unil  doch  kann  er,  wie  wir  gesehen 
haben,  durchaus  niclit  entbehrt  worden.  Die  Worte 
AifJ-ovoi;  /-lev  ovv  ydiMoi  a(fo.yr).q  änsiQyovo'-  ov  yäo 
iuTlv  Tjd-Soq,  bedurften  einer  Erklärung,  wenn  sie  nicht 
zu  den  grössten  A'erwirrungen  «nd  Inconsequenzen  führen 
sollten.  Dass  Eurjpiiles  diess  Bedürfniss  fühlte,  ist  sicher, 
denn  Thorheiteu  schreibt  er  nicht;  »esshalb  also  erst 
einem  librarins  die  vorsichtige  Klugheit  zuschreiben, 
welche  der  Dichter  selbst  durchaus   haben   musste? 

Da  erheben  sich  neue  Anschuldigungen:  der  Ausdruck 
6}}.'  tyst  t.iyo^  soll  unverständlich  .sein,  zumal  voran- 
ging ii  uij  evnji  t^lptico.  Darin  soll  ein  Widerspruch 
liegen  Hätte  man  auf  den  Unterschied  zwischen  Sih-i} 
und  ^i'^o^  gesehen,  so  würde  man  geschwiegen  habeu. 
-fct'i/i;  kann  nie  ein  bräutliches  A'erhältniss  genannt  wer- 
den. Da  »o  es  nicht  einfach  „Lager"  bezeichnet,  wio 
Eur.  Suppl.  7G()  und  Ilerc.  für.  lO.'iO,  kann  es  nur  wio 
Svvai^eo'Jat ,  tLvtTri~,  IvvavTi'j/jKjv  n.  s.  w.  von  einem 
bereits  ehelichen ,  wenigstens  fleischlichen  Vcrhältnigso 
gesagt  werden.  So  Hec.  y2'l.  31ed.  18.  159.  88.  2ÜÖ. 
Androm.  «tüT.  Orest.  ö'JÜ.  Hipp.  41)!.  885-  Suppl.  823. 
Electr.  44.  2ÖÖ.  Helen.  7').').  Anders  ist  es  mit  ydua:, 
t.iyjj;,  Lt/.Tüov.  Tht-oklymenos  hat  in  Enr.  Helena 
hekaniitlicii  das  Ziel  iiocli  nicht  errungen  und  wird  es 
auch  nie,  denn  Helena  will  dem  Menelaos  treu  bleiben. 
Er  hofft  nur,  hat  um  ihre  Uaud  geworben,  aber  dennoch 


nennt  er  sein  Verhältniss  zu  ihr  bereits  x  a^u.  keXTPa, 
und  Helena  selbst  nennt  es  783  l'jiol  ydfioi.  Wenn 
Antigone  in  den  Phoen.  ausruft  14il)  w  yänov^  efuovq 
tcooÖÖvt'  dösKCfu)  (fiKvaru),  so  redet  sie  doch  eben- 
falls erst  von  ihrer  bevorstehenden  Vermählung,  wenn 
aber,  wie  Kreon  zum  Oedipus  v.    1587  sagt 

ä^X'^'i  TijQÖe  yiji  eöojyj  ^01 
'JEtsoxXijg  nai^  oög,  ya/tcijv  (f£(jvaq  S/dovq 
A'i'^ort ,  y.ö^ti^i;  -re  ke/.zQov  \/vTr/üvij;  ixi^ev 
wenn  also  Eteokles  dem  Hämon   vu  Xt/.Tpov  'Avziyovti^ 
iSujy.C,    wir    denken,     so   kann    man   vom  Hämon  ebenso 
gut  sagen   sysc  klyog.     So   »eicht  auch  dieser  Grund   der 
Anklage,     der  Vers   ist  nicht    allein    gerechtfertigt,     son- 
dern  durchaus   nothwendig. 

Diese  gelegentliche  Abschweifung  wolle  uns  Hr.  Käst- 
ner zu  Gute  halten:  sie  bot  sich  so  unvermerkt  dar,  dass 
wir  sie  nicht  ablehnen  mochten.  Blit  Hochachtung  schei- 
den wir  von  dem  Hrn.  Verf.  und  danken  ihm  für  das 
Vergnügen,  mit  welchem  uns  die  Leetüre  seiner  Abhand- 
lung erfüllt  hat. 

Casscl.  C.   G.  Firnhnber. 


Leipzig  und  Paris  bei  Brockhaus  nnd  Avenarins:  Leben, 
Charakter  und  Philosophie  desUoraz.  Ein  Dialog  von 
Dr.    Oswald.     IV  n.  243  S. 

Ein    harmloses  Büchlein,    in    welchem    in   gemüthlich 
dialogisirender    Form    drei    Freunde ,     unter    denen    der , 
welcher  den   Namen   Seume  führt,    das   verneinende  Prin- 
cip   repräsentirt,   die  beiden  andern,   kaum   nomina  propria 
(sie    heissen    nämlich    Schmidt    und    Müller),    bei    Tabak 
und    Punsch    über  Iloraz    disputiren.       Es    gehört,    wenn 
man     will,    nicht    zu    viel    dazu,     an    diesem    Buche    eine 
lächerliche   .Seite    hcrauszutindeii,    wozu    schon    die    etwas 
barocke   Art,  .'Modernes   mit  Antikem    zu   verbinden    (denn 
neben     Horazens    Geliebten     fehlt    auch    nicht    Schmidt's 
Amalie   u.   dergl.   m.),   .Stofl  bietet.      Dennoch    nuiss   Ref. 
bekennen,   dass   er   dasselbe   mit   Vergnügen   durchblättert, 
und   wenn  auch   gerade   nicht  viel  A'eues  darin    gefunden, 
doch    gesunde ,    <lurch    keine    Theorie    verkümmerte    An- 
sichten   ausgesprochen ,    bemerkt     hat.       Und    zwar    niclit 
bloss   über  Iloraz,  sondern  i'iber  das   gesammte  Alterthum, 
z.  B.    über    die    Musik  der    Griechen,    deren    Werth    im 
Vergleich   zur   unserigen   mit  Recht  als  nicht  sehr   bedeu- 
tend angegeben   wird.      Dabei   kommen   dann  die  mannich- 
fachsten  Digressionen    vor,    wie    über  Punsch   (Ref.   erin- 
nert sich   eines  Aufsatzes   im  Allg.  Anzeiger,   wo  bewiesen 
ward,    Cäsar    habe    schon    in  Deutschland    denselben    ge- 
trunken),   eine   Lobrede    des  Bacchus,    die    freilich   nach 
Güdie's    unvergleichlicher  Rochuspredigt    in    der    Rhein - 
und   .Mainreise    181J,    als  Hias    post  llonierum  erscheint, 
eine    dergleichen    der    Saale,    deren    lieblich    Silbcrblau, 
ahnlich   der   Donau,  mit  dem  Gelb  der  Elbe,   welche  die 
Spuren    ihres     slavischen    Ursprungs     nicht    verliert,     an- 
niulhig  verglichen   wird,  interessante  Smugglcrgeschichten 
aus  Brenicii   zur  Zeit  der  Contincntalsperre   u.   A. 

Sollen    wir    über    den    positiven    Inhalt    ein  Gesammt- 
urthcil  fällen,  so  möchte  dasselbe  dahin  lauten,  dass  der 


621 


622 


Verf.  sich  darauf  brsrhrätikt  Iiai,  über  die,  man  kann 
sa^cn,  stehend  (jeuordenon  Punkte  in  Horazens  Leben, 
über  sein  ^Vrhsltniss  zum  »  •■iblichen  Geschlechte,  zu  August 
und  Maecen,  seine  Tapferkeit,  seinen  Egoismus  n.  s.  w., 
seine  Ansicht  auszusprechen  und  dieselbe  mit  Stellen  aus 
dem  Ui<:hter  selbst  zu  unterstützen.  Der  ^'erf.,  von  aller 
üeberschivänglichkeit  fern,  trifft  überall  das  Rechte  in 
ruhig  anspruchsloser  Weise.  üebrigens  findet  der  Leser 
kein  philologisches  Rüstzeug ;  ausser  Lessing's  und  der 
bekannten  zum  Spott  gewordenen  Schmidts  und  Gottsch- 
ling's  Eruähnung  erinnert  sich  Ref.  keines  Citates.  Auch 
zeigt  sich  offenbar,  dass  der  Verf.,  den  wir  uns  als  einen 
humoristischen  Dilettanten  der  Alterthuniskunde  zu  denken 
haben,  oicht  unähnlich  /.  Weher,  nur  dass  ihm  diese 
au  Jeau  Pauls  Zettelkästlein  erinnernde  Kenntnissfüllo 
und  Sarkaamus  fehlt,  nicht  für  Fachgelehrte  schreiben 
wollte. 

Da  aber  Ref.  auf  Ersuchen  der  geehrten  Redactinn 
vorliegende  Anzeige  übernommen  hat,  so  müge  es  ihm 
erlaubt  sein,  wenigstens  Einiges  über  einen  seit  Lessing 
vielfach  besprochenen  Punkt,  nämlich  des  Dichters  Flucht 
bei  Philippi,  zu  bemerken.  Der  Verf.  unseres  Buches 
sucht  ebenfalls  von  S.  49  an  den  Vorwurf  der  Feigheit 
von  ihm  abzuwälzen  und  lässt ,  wie  es  scheint,  mit  Ab- 
sicht viele  von  Lessing's  Argumenten ,  die  nimium  pro- 
bando  nihil  probant,  weg.  S.  auch  Passow  Leben  <les 
Horaz  S.  XXXIII.  n.  95.  Dessennngeac  litet  scheint  mir 
Einiges  noch  beachtenswerth ,  was  gemeiniglich  übersehen 
wird.     Iloraz  sagi  2,  7,   II: 

Tecum   Philippu«  et  celerem   fugam 
Scnsi  relicta    non   bcnc  parmula, 
Quum   fracta  virtus,   et  minaces 
Turpe  solnni  tetigere  niento. 
Es  scheint  fast,    man   habe  fugam   sentire  für  fugere   ge- 
nommen, aber  sentire  kann  nur  nach  gevvühnlichem  Dich- 
tergebrauch durch   experiri  erklärt  werden.      Der  Dichter 
sagt    also:      Mit    dir    habe    ich    Philippi    und    die    Flucht 
kennen    lernen    (also    mehr    passiv),    nachdem   das  Schild 
zurückgelassen  war,    nämlich    von  Allen,   als   die  Führer 
gefallen    waren    ( s.  Dio   C.  47,  48,  49).       So     will    der 
Dichter  uns  erzählen,    wie    er   jung    und   unerfahren  fol- 
gend dem  Strome  Soldat  geworden  und  mit  eben  diesem  in 
sich  aller  moralisches  Energie  entbehrenden  Heere,   nach- 
dem die  gefallen,   welche   mit  mehr  IVIuth,  als  Besonnen- 
heit und   Weisheit    längst  Erstorbenes    neu   beleben   woll- 
ten,   auch    die   nicht  rühmliche  Flucht  ergriffen.     Damit 
stimmt  vollkommen  Br.   2,  'J,  45  f. 

Dura  sed   emovere  loco  me  tempora  grato 
Civilisijue  rudern   belli  tulit  aeslus  in  arma 
Caesaris  Augusti  non  responsura  lacertis. 
Folglich  nicht  als  isolirtes  Factum  stellt  H.  seine  Flucht 
dar,    und   daraus    ergibt    sich    wieder,    dass    Vorwurf   der 
Feigheit    lächerlich  ist.       H.   war    der   Werbung,    wie  es 
scheint,   nicht  ohne  Zwang  gefolgt  und   benahm  sich   wie 
die    meisten    jungen  Soldaten,    d.   h.    er    folgte   dem  Bei- 
spiele der  älteren.    Enthusiast    war  H.   freilich  nicht,   nml 
wir  sehen   ihn   in   der  angebogenen  Stelle  der  Briefe  v.  49 
so    nüchtern    urtheilen ,     wie    bei    uns    ein    Spittler    über 
langst    geschehene  Dingo    urtheilt.    —    In  Bezug  auf  des 


Dichters  sinnliche  Neigung  folgt  der  Verf.  meist  Lessing, 
indem    er    auch    mit  diesem  den    kaiserlichen   Ausspruch 
II.   sei    purissimus  penis,    urgirt,    um   ihn   vom  Vorwurfe 
der  Knabenliebe   freizusprechen.     Es   ist  diess  im   Ganzen 
ein    ziemlich    undankbares   Thema    und    wohl    nie   allent- 
halben   zu     entscheiden,     inwiefern     dieselbe    eine    nach 
unsern  Begriffen   erlaubte  oder  unerlaubte   war.     Rer.   be- 
merkt   unr,     was    vielleicht    weniger    beachtet    ist,     dass 
allerdings  der  italienische  Knabe  und  selbst  Jüngling  bis  über 
L'O    Jahre    häufig    eine    Anmuth ,    Weichheit    der    Form, 
Mädchenähnliches  und  Zierlichkeit  besitzt,  die  uns  Nordlän- 
dern ganz  fremd  wohl  veranlassen  kann,  dieselbe  dichterisch 
zu    preisen,     ohne    dass    immer    etwas  Anderes  als   reiner 
Genuss  der  Schönheit  dazu  3Iotiv  ist.      Das   Charakeristi- 
sche  des  Properz,   worauf  Rec.  bei  seiner  Schilderung  des- 
selben besonderes  Gewicht  legen  zu  müssen  meinte,  dass  bei 
ihm  keine  Spur    der  Knabenliebe    sich    zeigt,     hat   unser 
Ref.    nicht    übergangen    und    recht    gut  besprochen.      Am 
auffallendsten   bleibt    immer  bei   Tibull    diess   starke   Her- 
vortreten  jener  Neigung.       Gewundert    hat    es    uns,    dass 
dio   Geliebten    des  H.   nicht    näher    besprochen    sind;    die 
Form  des  Dialogs  hätte  schöne  Gelegenheit  geboten,  dieselbe 
einzeln  und  nach  den  bei  ihnen  hervortretenden  Eigenschaften 
zu   besprechen.      Jedenfalls    wäre    das    wilikommener    ge- 
wesen, als   die  langen  Raisonnemcnts  über  Tugend,   Tem- 
perament,   Epicuräismus  u.  a.   m.,    die,    so   verständig  sie 
sonst  und  nicht  ohne   Laune  sind,    doch    sich    nicht  über 
den   Standpunkt  des  praktisch  -  verständigen  Menschen   er- 
hellen,, daher   wenig  Interesse   darbieten.      Es  hat  uns  Hr. 
Kirchner    in    seiner  gediegenen  Schrift  über  die  Chrono- 
liigie  der  H.  Gedichte  eine  Abhandlung  De  amasiis  Hora- 
lii  versprochen,  auf  die   wir   begierig  sind.     Die  Scholieu 
geben    gar    wenig;     Acre     nennt    diesellien    in    der    Regel 
meretrix,  etwas   feiner  Porphyrio  amica  v.   amata.    Rech- 
net man,    wie    billig,    solche    wie   Galathea    und    Asterie 
und   auch   Phidjle    die    rnstica ,    ab,   so   bleiben  auch  gar 
nicht  so   viele  ,  als  mau  denken   möchte: 

Pyrrha  I,  5.  Lvce  .J,    10.  4,  IS- 
Lydia  I,  8.   13.  25.  3,  9.  Ciiloris  3,  15. 
Amica  I,   1(5.  Lvde  3,   ^8. 
Tyudaris  I,   17.  Pi.yllis   4,   11. 
Glycera  I,   19.   33.  Canidia  ep.   6.  17. 
Chloe  I,  23.  anus    libidinosa     ep.    8-    12. 
Barine  4,  8.  Neaera   ep.    15. 

Von  diesen  sind  nun  mehrere  abzurechneu,  an  welche 
II.  nur  im  Interesse  für  einen  dritten  schreibt,  z.  B. 
Glycera,  andere,  welche  II.  bei  Freunden  treffend  mit 
ungezwungener  Galanteric,  aber  ohne  Leidenschaft  be- 
grüsst,  so  dass  nur  Lydia  übrig  bleibt,  au  »velche  ihn 
längere  Neigung  gefesselt  zu  haben  scheint,  üebrigens 
will  Ref.  bei  diesem  flüchtig  entworfeneu  Verzeichnisse 
keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit  machen, 

Greifswald.  Paldamus. 


623 


624 


Bemerkungen  von  Konrad  Schwenck. 
Horal.  Satir.  11.  2.  23  ff. 

Vix  (amen   cripiam,   posito   pavone   relis  quin 
Hör  potiiis  quam   ^allina  tergere  palatum , 
Corruptus  laiiiü   reruiii,  quia  veneat  auro 
Rara  avb  et  picta  paiiilat  spcctacula  cauila, 
Tamqnam    ad    rem    adtincat    quidquani.      Num    res- 

ccriä  ista 
Quam  laudas  plnma?  cocto  num  adest  honor  idcml 
Canic  taiiiPii  quamvis  distat  nihil  liac  magis  illa, 
Imparibus  foriiiis  dcceptuiu  tc  patet : 
ücr  vorletzte  dieser  Verse  hatte  luelirere  Auslegungen 
erfaliren ,  zum  Theil  gc^faltsame  ,  »»esshalb  Heindorf 
meinte,  man  müsse  statt  magis ,  welches  ihm  einer  an- 
nehmbaren Erklärung  im  AVege  zu  stehen  schien,  avis 
lesen.  Sehen  »ir  auf  den  Sinn  und  den  Zusammenhang 
der  ganzen  Stelle,  so  ergibt  sich,  dass  weder  eine  Aen- 
derung  niithig,  noch  dass  überhaupt  die  Erklärung  schwie- 
rig sei.  Horaz  sagt,  du  ziehst  den  Pfau  der  Henne  vor, 
Meil  er  theuer  ist  und  prachtig  aussieht,  als  trüge  diess 
etwas  zum  Ge.'chmack  bei.  Speist  man  denn  die  schö- 
nen Federn  und  sieht  man  dem  zubereiteten  Pfau  an, 
wie  schiin  er  genesen?  Da  diess  nicht  der  Fall  ist,  so 
ist  es  ollenbar,  dass  du  dich  die  Ungleichheit  im  Aus- 
sehen beider  ^'ögel  täuschen  lassest,  wiewohl  das  Fleisch 
der  Henne  von  dem  des  Pfaues  durch  die  Ungleicliheit  im 
Aussehen  nicht  im  Geringsten  mehr  verschieden  ist.  Horaz 
will  nicht  sagen,  das  Fleisch  der  Henne  und  das  des 
Pfaus  seien  gar  nicht  verschieden,  denn  diess  wäre  nicht 
wahr,  sondern  er  will  sagen,  die  Verschiedenheit,  welche 
zwischen  dem  Fleische  beider  stattfinde,  werde  nicht  im 
Geringsten  vergrössert  durch  die  schonen  Federn  des 
Pfaues,  wesshalb  es  also  eine  Thorlieit  sei,  sich  durch  diese 
bleiulen  zu  lassen  und  dem  Pfau  einen  so  ausserordent- 
lichen Vorzug  vor  der  Henne  zu  geben,  dass  man  ihn 
zu  sehr  theuerm  Preise  kauft ,  während  man  doch  die 
Federn  nicht  essen  könne  und  ihre  Schönheit  an  dem 
Fleische  nicht  schmecken  könne.  Sollte  daher  das  Fleisch 
der  Henne  »irklich  an  Geschmack  dem  Fleische  des  Pfaues 
nachstehen,  so  trägt  doch  wenigstens  das  bewunderte  Ge-* 
iieder  zu  diesem  Verhältniss  ^iichts  bei. 
Horal.  Od.  I.  20. 
Horaz  ladet  den  Mäccnas  ein,  Sabinerwein  bei  ihm  zu 
trinken ,  welchen  er  selbst  gepflegt  habe  und  im  Kruge 
verpicht,  als  du  wegen  deiner  Genesung  im  Theater  mit 
Freuden  begrüsst  wurdest;  dann  heisst  es 
Caecubam  et  praelo  douiitam  Caleno 
Tu  .bibis  uvam  :  mea  ncc  Falernae 
Teniperant  vites ,  nequo  Formiani 
Pocnia  colles. 
Durch  die  Veränderung  von  liiliis  in  biöes  ist  man  dem 
^'crse  genügend  zu  Hülfe  gekommen,  nicht  aber  dem 
Sinne,  denn  die  Worte:  ilu  wirst  Cäcuber  trinken,  können 
nicht  bedeuten,  in  deinem  Hause  wird  Cäcuber  getrun- 
ken, bei  mir  nicht.  Da  Horaz  sagt,  edele  AVeinsorten, 
wie  Falerncr,  Formianer  habe  er  nicht,  womit  er  die 
Einladung  auf  geringen  Sabinerwein  rechtfertigt,  so  folgt 
daraus  ,    dass    er  ihm  auch  keinen  Cäcuber  oder  Calener 


vorsetzt,  demnach  sind  die  Worte  tu  bibis  verderbt,  und 
man  muss  entweder  non  bibcs  lesen  oder  annehmen,  dass 
etwas  Anderes  da  gestamlen  habe,  und  durch  tu  üiltis  als 
auslegen<!e  Glosse  verdrängt  worden  sei.  Wäre  tu  bibis 
Glosse,  dann  hätte  es  geheissen:  Kumme  zu  Sabinerwein, 
Calener  pflegst  du  zu  trinken,  ich  besitze  dergleichen 
nicht,  filehr  kann  daher  über  diese  Stelle  mit  Sicherheit 
nicht  gesagt  werden,  als  tu  bibis  sei  falsch,  da  es  gegen 
das  Metrum  ist,  tu  bibes  sei  auch  falsch,  da  es  gegen 
den  Sinn  ist.  Non  bibes  genügt  dem  Sinne ,  aber  mau 
begreift  nicht,  wie  tu  bibis  an  seine  Stelle  gekommen  wäre. 

Hesychius. 

Die  Glosse  fxSQU,  Ofif^tara  ist  ofienbar  verderbt,  denn 
ä|U£()>;S,  «|t/fpos,  caecus  ist,  da  es  auch  verderbt  ist 
(aus  dfiaVfiOi),  nicht  zur  Erklärung  anwendbar.  Wir 
können  annehmen,  dass  f^ttga,  in  einer  von  der  Glosse 
berücksichtigten  Stelle  ein  Beiwort  der  Angen  erklärt, 
und  dass  also  f^idofiaQa  ,  d.  i.  kufiTlQU  oder  ein  Parti- 
cipium  von  fiaofiulosiv  statt  jieou  zu  setzen  sei,  wahr- 
scheinlich das  erstere.  Ebenso  gehört  das  dem  verderb- 
ten äilU()t'TTCC  ZU  Grunde  liegende  Wort,  welches  He- 
S3chius  durch  TOvi;  6(fi^akfiovi  erklärt,  zu  dnapvcrcrujf 
mag  dnaijvycu  zu  lesen  sein  (erklärt  durch  dv.rivti^, 
kujuTi^^doiei,  U(p£ii)  oder  d/Lia^i'yiiara  (erklärt  durch 
kau'.Tljduvei).  Auf  df^iauvoou)  aber  ist  das  verderbte 
AVort  duuQvyxvot'a ,  erklart  durch  ßoazQVjria,  A.  i. 
OT£/t(fii>kcc  nicht  zu  beziehen,  sondern  es  scheint  aus 
df-id^eof^ta,  oder  dfj,aQ£VfAaTa  verderbt,  erklärt  a9()Oi- 
afiaxa  ßu()ß6^ov. 

Aeschyl.  Agamemn.  67  sq. 

ot'^    VTioyXaiuiv ,  or9-'  vnoXslßujv, 

0VT£  daxQvujv ,  ä-JiviJUiv  iSQujv 
OQyai  dzevtii  -naga^iktEt. 
In  dieser  Stelle  ist  iinroksißcnv  nicht  von  Spenden  zu 
verstehen,  denu  unpassend  würde  zwischen  vrxoxkaiUiv 
und  da/.(jva)V,  welche  im  Verhältniss  der  Steigerung  zu 
einander  stehen,  die  Spende  genannt  werden,  welche 
hinter  öa/.QVUJV  hätte  genannt  werden  können,  oder  auch 
vor  i'TlO'/.kc'Ju/V ,  in  dieser  Stellung  aber  kann  VTCokei- 
ßoji'  nur  etwas  bezeichnen,  was  mit  dem  Vorhergehenden 
und  dem  INachfolgcndcn  verwandt  ist,  und  man  kann  es 
entweder  für  gleichbedeutend  mit  da'/.QVUiv  nehmen,  so 
dass  zwei  Ausdrücke  die  nämliche  Sache  bezeichnen  , 
ohne  dass  es  einer  Entschuldigung  beilürfte,  wie  sie  in 
Arisfophanes  Fröschen,  dem  Anfang  der  Choephoren  ge- 
geben ist,  oder  man  kann  üzokeißujp  mit  iTvorny.utv 
erklären;  djTvgvjv  il()0)v  o'pycc;  bezeichnet  den  Zorn 
wegen  nicht  verbrannter  Opfer,  d.  i.  wegen  Unterlassung 
des  Opfers,  denn  ditvgoi;  ist  äi)vTU<;,  wie  Euripide» 
ähidicli   im  Hipoljt  sagt    |45: 

.^"11  d'  dfx(fl  Tuv  nokvdrjQOv 
^ixcvpvuv  dfX7tkav.iaiQ 

'yivieQO<;    d^VlOiV    ntkuvOJV    TOVXJJ. 
Der  Sinn  ist  also:   weder  durch  Klagen,   noch  durch  zeh- 
renden  Gram  (oder   Weinen),    noch  durch   Thränen   wird 
der  Frevler  den    unerbittlichen   Zorn   der  Gottheit  wegen 
Vernachlässigung    der    sdiuldigen   Verehrung    besänftigen. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  teithu  ms  Wissenschaft. 


MiUxvoch ,  d».  Juli  18  39.  Nr.  1% 


Leber  die   ClirOnolog"ie  des  LivillS.  «•.    Chr.    setzte.      Diese    Aera    liat    für    iinscrn    Gebrauch 

iiaineiitlich  «las  für  sich,  dass  sie  unter  den  Römern  selbst. 
Die  CliroMiilofie  des  Liiiiis  hat  bekanntlich  im  1(1.  «eriigstens  seitdem  der  Kaiser  Claudius  sich  mit  der  Sa- 
Jahrhundert  zu  einem  heftiffen  Streit  ztviscbeu  Glareaniis  cularfeier  des  eintretenden  U.  Jahrhunderts  der  Stadt  nach 
und  Sijjonius  Anlass  ((egebcn.  Das  Wesentliche  der  Di-  i|,r  gcriclitet  hatte,  allgemeino  Aufnalime  fand.  Nächst 
verffenz  bei  den  Gelehrten  liisst  sich  in  «cniffen  Worten  dieser  ist  die  verbreitetste  Aera  die  des  Cato ,  von  der 
«usaninienrissen.  Livius  hat  ii.'iinüch  in  seiner  ersten  w\t,  genau  genommen,  auch  nicht  mehr  ivissen,  als  dass 
üecade  ,')  Consulate,  die  sich  tlieils  bei  Dionysius  ander-  „ach  ihr  die  Erbauunj  der  Stadt  Ol.  VII,  1  fiel.  Auch 
M.'irts  finden,  aussfelassen ,  und  »venu  man  annimmt,  dass  j^f  ujeht  anzunehmen,  dass  Cato  selbst  eine  vollständige 
Cassiodor  die  Consuln  in  seinem  Chronicou  ,  soneit  diess  riimische  Chronologie  cntivorfen  und  darauf  jene  Zahl- 
nioglicli  Har,  ansLiiius  entnommen  habe,  so  hat  er  auch  angäbe  begründet  habe.  Am  allenvenigsten  haben  wir 
in  iler  zweiten  Decadc  noch  2  Consulate  übergangen.  irgend  Gnind  zu  der  Voraussetzung,  dass  er  die  Con- 
Diese  Constilrite  «ill  nun  Glareanus  erganzen  und  da-  snlarjahre  nach  seinem  System  angeordnet  habe.  Für 
durch  die  Chronologie  des  Liiius  mit  der  Dionysischen  e\ne  Zeitlang  tritt  nun  aber  Dionysius  von  Ilalikarnass 
und  der  Catonischen  Aera  in  Einklang  bringen.  Si-  in  seine  Fusstapfen.  Dieser  erklart  sich  für  dasselbe 
gonius  nimtnt  dagegen  an,  jene  Consulate  habe  Livius  Jahr  der  Gründung  Roms  (I,  74)  und  unterscheidet  die 
als  nicht  vorhanden  angesehen  ,  eins  von  jenen  b  ausge-  einzelnen  Jalire  genau  und  sorgfaltig  ,  soweit  sein  Werk 
nonimen  ,  das  J.  '..'4S  a.  u.  c. ,  »vekhes  nur  durch  die  reicht.  Es  ist  daher  nicht  geradezu  zu  vertverfen,  wenn 
Schuld  der  Abschreiber  fehle.  Von  diesen  6  Jahren  ,  nian  den  Dionysius  mit  seinen  chronologischen  Daten  dem 
die  sonach  Liiins  Hcnigcr  haben  würde,  bringt  er  aber  Cato,  so  zu  sagen,  unterschiebt  und  dadurch  wenigstens 
4  wieder   hinein,   indem   er   'i   Jahre   mit  Interregnen  aus-  zum  Thcil  das   Catunische  System  ausfüllt. 

füllt,    1    Jahr  ihirch   eine   Dictatur    und    eins   auf  die  Art,  ..  ,  ,   i,     ■  i   •  i     i-     i?     .-         i    r»i     i'ir     « 

,  I     ,•       ,,         ^         ,,,,11  ■  Nun   entsteht  aber  sogleich  die  trage,  ob  Ol.    »11,    l 

ilass   er   ein    um     dieselben    Consuln    2  Jahre    lang   regieren  ,  ,   ,  ,  "  ,,,  .   ,  ,        ,     .    ,    ,„, 

,       ,  ,        ..       ,,  ...  ,1        .,  ^   1  dem  Jahre     ,:)2    oder  lh\    v.   Chr.    entspricht.      Letzteres 

lasst :    so   ilass   im   danzen   Liivius    nacli    ihm   2  Jalire   we-  .   ,     ,.      ,      •  i  ^  ti    j      ii'      /rii  i      ■       i--  n    ..,»„~ 

1    ,        ,      _  ..,,,„,         I  r.  ist  die   Ansicht  Dodwell  s    (Chronologia    Graero  -  liomana 

niger   hat,   als   Cato,   und   sein  Jahr   iler   Gründung  lloins  ,  .      .,         ...  .    ,,   ,.  .  ...         ,,        . 

,        ,   ,      L...         ^,        .   ,        11    •        ,.   ■  •  .,       1  pro   hvpolhesibiis   Dionvsu   Halicarnassei ,  s.   Uion.   11.   eil. 

ilas   Jahr    /4;)   v.   Llir.    ist.       lUeiiie   lueinnng    ist,    «lass   im  „    .   i  ,     ,,r  ....'.v        n  . ,         i  fy    j      '     /  l'     j-   ii     t 

f.  ,       ,,.  -,    .  ,.        ....  .  ,    ,  Reisk.   vol.   IV,  p.   24 19  —  2i)   und  Clintons  (1-asti  Jl.  1, 

Uanzen   ues  utareanus  ;tjeinung  <  le   richtige   ist,   und  dass  .  ,„  ^  .       '     ,  .  ,,   ,        /  n     r.    c     <.ii\    ..    i 

I  1        r<   .      ■     1  .  ?  I    .        ..■  I  P-    126    «.    f.],     wohingegen    Iileler    (  Ii.    2-   »•    l'^ü)    und 

Ijitius   der   (atonischen    Aera    folgt.      Uie.-is    zu   beweisen,  „.   ,i     /,         '    ,r   i     n  ,,.io     diax  u     i  \r 

.   ,     ,.       ,    f     ,  ^.  ",,,,,  .,    •  ,  Bückh   (Inscr.    Vol.  II.   p.   .}28.   3iO)   nach  dem   Vorgange 

ist    <lie    .Aulgabe     gegenwärtiger    Abhanillung:     womit    ich  ,         ^  ,,    ■   •     ,         ■        Vi      -r,,     i       i        r'  i      •     i    r»-    .^ 

,.     ,.  ,     *:,..     .  *  "  "       ,  1    ,r         1      ».  ■   1     1  anderer  Gelehrten  das  Jahr  /52  als   das  Catonisrli-Uiony- 

iiichts   Leberlliissiges    zu   unternehmen   liolle  ,    da  ^^l(•bullr        •     i        i        .r.   ..    i  n  i  iv-     i      ..    ;..„- 

.   ,         .     1  ■     ,       ">       c-  11.1.11  1  sische    der    Grniidnng     Roms    annehmen.        J>ach    meiner 

Bich    entscliie<len   lur   Sigonius   erklart   hat,   und   da   andere  ,,   .  •     i     i-  n-  ii    i   r-       i        i   i...   ~^i 

,,,,,,  ...         .*'  ,  ,  ,      •     1        ^     j.  1  Meinung  sinil   die   aus   Dionysius    selbst  für  das  Jahr    lOl 

lielelirte    dem    Liivius    ledes     chronologische    System    und  ",  ,       /-.    ..    i      i  "     i.  •  i     i     i     i.     \Vo„„ 

.    ,         ,  ,      .     1  J  1  1  •  zu  entnehmenden  Grunde   durchaus   unwiderleglich.    Wena 

jede    chronologische    Couscquenz    absprechen    zu    müssen         .     i-  i       ••   •      .  i  i         i        ■   t  _    n^r,     ,„„„i,„„„ 

',.,."  *  »  namlich    iliejenigen,     welche     das   Jahr    7o2     annelimen, 

^"^"/»i    1   -V^"'  .•  .    r    j      .    1-  1-  1        -i  voraussetzen,    dass  Dionysius   nicht    ganz     genau  verfahre 

Ohglei«  h  es  nun   gegenwartiger  Aufsatz    ledifflich   mit  ,    ,        ,    ■       ,       ^.    ..    j  i        •  i  ..„     „i„   j„ii„   ,i;„»„ 

1       ^i*"         ,•,?••  .?         1    .  t     •  1       •  1  »'"1  «las  Jahr  der   Gründung   so  bezeichne,  als   lalle   diese 

der  Chronologie   des  Liivius  zu  tliun   hat:  so  sehe  ich  muh  i-      ..   ■.  i-      l\^         •     i  c   :„i.»    !.„,-,.,.,„.,    .....^ 

,     ,  *:,,  .      ,1-   1  ■  .1  •   .  '"  «he   Zeit,   wo   die  Olympischen    Spiele    begangen    vur- 

doch,    um    vollkommen    verständlich    zu    sein      genotliigt  ^,^        ^,^^   ._^    ^,.^   Mitte'des  Sommers,    wahrend    er    doch 

einige   kurze   die   romische   Chronologie   überhaupt  betre  -  ^,^_^  ^,^    ^,^._^  ^,         ,,^.^   Gründung    selbst  nennt, 

leiiile   ISenierkuiigen    vorauszuschicken.    Ich   scliliesse   mich  ,'      ,  ,  ,         ,      /•■..a„. 

1   1  I  1   1         ti      II       i      1  .1  .^1       r^i  so  sprechen   dagegen   folgende   Orunde: 

dabei   an  Ideler  s  Handbuch   der  matheni.   und  techii.  C  liro-  in» 

iiologie  an,   aus  weichem  man  sich,   wie   mir  scheint,  am  1)  I,  71  heisst  es,   Rom  sei  gegründet  »vorden   STOvi; 

besten   über  die  Hauptpunkte,    welche    in    der  römischen  iv^aTi/lvo^  71  poiTOU  -vfji  it^^öiivi'Oll /tTriadug ,   wo  das 

Chronologie   zu   beobachten  sind,   belehren   kann.  iveOTuiioQ,    welches    ganz    falsch    durch   initio   übersetzt 

Die   üblichste  Aera  Ist   bekanntlich   die  des  Varro,   von  wird,   deutlich   genug  darauf  hinweist,  dass  die  Olympiade 

der   man   aber   nur    so    viel   mit  Bestimmtheit    weiss,    dass  schon   bestand   und   nicht  erst   bevorstand.     Es  scheint,  als 

sie    das  Jahr    der    Erbauung    Roms   Ol.   VI,    3  oder  753  hätte  Dionysius  jedem  ftlissverständnisse  durch  diesen  Zu- 


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sa<z     nnsilnirUirli     lorlipiisjcii     iiollen,     niid     ich     ni'issfo 
iiiclit ,   nie   pr  sich   licslliiiiiitpr   h.'iUfi   leruahreii   sollen. 

•J)  Ncxh  klarer  i^t  ilie  .Stelle  Y,  1.  Dort  lieisst  es, 
ilic  kiiiii};e  seien  4  3Ii)iia<p  elipr  vpriripben  «ordpn,  phe 
ilas  Jahr  244  aliffelaufen  sei,  also  im  Deeenibcr  iIps  Jah- 
rps  244,  odpr,  nach  <lpr  Catonisrhpn  Aera,  «Ips  Jahres 
503  »'•  dir.  Vas  »i.'ire,  nach  «Ipr  Annahme  Ideler's,  efiva 
im  f).  :>I(.na(e  lon  Ol.  LXMI,  4.  Aiicli  hier  sagt  Dio- 
nysiiis :  O/A  iimdöüi  itlv  üybvri  v.cü  itijy.oarij^  iv£- 
aTOiOr;.  Sollte  er  also  die  fehlpndpn  7  fllonate  hier 
gar  iiiclil  heriirksichtigt  und  sollte  er  namentlicli  auch 
liier  trotz   dem   das   SveaTojajji   hinzngpsetzt  haben  ? 

3)  >ach  Ideler's  l'^oraussetzung  fallt  Ol.  L.XXII  erst 
in  den  Soiiinier  des  J.  261  a.  u.  c,  nachdem  dieses  Con- 
siiljahr  sclion  einige  Monate  begonnen  hat,  denn  anch 
an  der  Stelle  Dionys.  VI,  40,  no  dieses  Jahr  beginnt, 
ist  er  genöthigt,  ilie  AVorte:  £l\  Tijg  eßdofH->.uarijg 
v.ai  ösmoa^  'Okvu^Kföo^  zu  deuten:  in  dem  Jahre, 
wo  die  Ol.  LXXII  (einige  Blonate  sj)Ster)  fiel.  Allein 
Leim  J.  260  heisst  es  ^'I,  34:  i^ir/.o<TT(f)  y.al  fi/ay.o- 
oioOToi  liivd  T/Jr  y.rifjiv  tre/,  ^ithKovari;  {/';  tolciiov 
Tiji  ijjdoiiT-y.oaiiji  y.al  Öevripac  '0\vfJ.Tria.doQ.  Hier 
ist  also  die  OKnipiadenfeier  ivirkiich  als  bevorstehend 
bezeichnet,  und  hier  haben  wir  den  Ausdruck,  «eichen 
Dion^sins  in  diesem  Talle  gebrauchen  inusste.  Fiel  die 
Oljmpiadeiifoicr  erst  im  folgenden  Jahre  und  etiva  15 
Monate  sputer:  so  sieht  man  in  der  That  nicht,  nie  er 
diesen   Ausdruck  hätte   gebraurhcn  sollen. 

4)  Das  Jahr  des  Consulates  des  A.  Nero  und  Cal- 
pnrnius  Piso  ist  nach  übereinstimmender  Annahme  aller 
Fasten  das  Jahr  7  v.  Chr.  Diess  niiisste  also  nach  der 
1  oraussctzung ,  dass  Rom  752  gegründet  «orden  sei,  das 
Jahr  746  a.  n.  c.  sein.  Allein  Dionys.  1,3  sagt  aus- 
drücklich ,  dass  von  der  Gründung  bis  zu  diesem  Jahre 
74.J  Jahre  seien:  »as  notinvendig  auf  das  Jahr  751  vor 
Chr.   führt. 

Ich  habe  diess  vorausgeschickt,  >vcil  für  meinen  Be- 
weis, dass  Livius  der  Catonischen  Aera  folge,  nicht 
nutzlos  ist,  sich  vorher  zu  überzeugen,  dass  die  l'ar- 
ronisrhc  nnd  Catonische  Aera  um  2  Jahre  dilleriren. 
Ich  bemerke  in  Hetrcir  der  Capitniinischcn  Fasten  nur 
noch  im  Voraus,  dass  diese  für  die  Zeit  von  den  ersten 
Consnln  bis  zu  ('hr.  (j'cb.  2  Jahre  mehr  haben,  als  die 
Catonische  Aera,  dagegen  für  ilie  Zeit  der  Könige  1 
«cniger.  Das  erste  Jahr  der  Consnln  ist  nämlich  hier 
244  a.  u.  r. ,  während  es  bei  Dionvsius  245  a.  u.  c.  ist, 
dagegen  ist  in  den  Capitulinischen  Fasten  das  Jahr  von 
Christi  «icliurt  7.')2  a.  u.  c.  :z^  1  v.  Chr.,  nährend  bei 
Diony«ius   7.5t    a.    u.    c.   rr    1    v.   Chr.   sein   muss. 

Um  nun  auf  die  Chronologie  des  Livius  und  zwar 
zunächst  auf  den  Thcil  derselben,  ivelcher  die  4  IJücher, 
2  —  5,  anbetriilt,  zu  kommen:  so  liegen  nach  der  aus- 
drückllrlieu  Angabe  des  Dionysius  (l,  74)  zwischen  dem 
ersten  Consulat  und  der  Verbrennung  Ilumg  120  Jahre 
dazwischen.  Ebenso  viele  müssten  sich  also  auch  bei 
Livins  finden.  Diess  ist  al)er  nicht  der  Fall:  sondern 
die  .Summe  der  einzelnen  Jahre  ist,  wenn  man  sie  ein- 
zeln zusammenzählt,  nur  117.  Dessenungeachtet  geht  aus 
V,  ,04  hervor,  dass  Livius  120  Jahre  rechnete,  denn  da- 
selbst sagt  Camillns  in  ilcmsciben  Jahre,   wo   Rom  durch 


die   Gallier    verbrannt    wurde:    trecentesimns  sexagpsimuj 
(juintus    annns    urbis    agitur.       Eins    der    fehlenden  Jahre 
gewinnt  mau,     wenn  man,    wie    oben    angedeutet   wurde, 
annimmt,  dass  das  Jahr  24S  a.   u.   c.   mit  seinen  Consuln 
an  der  .Stelle  II,   15   nur  durch   die  Schuld  der  Abschrei- 
her ausgefallen  sei,  worüber  die   Ausleger    zu  der  Stelle 
nachzusehen  sind.     Da  nun  auch   Sigonius  jenes  Zeugnis» 
über    die    120   Jahre    gelten    lässt:     so    entsteht    nur    die 
Frage,  soll   man  die   bei  Dionysius   gezählten,   bei  Livius 
aber    fehlenden    Consulate    als    von    letzterem  ausgelassen 
ergänzen   (es    sind   diess  die  Jahre    264  und   265  a.   u.   c. 
bei    Dionysius,    dessen  Zahlen    ich    vor    der  Iland   immer 
meine,   wenn   ich   nicht  eine  andere  Zählung  ausdrücklich 
bezeichne),  oder  soll  man   mit  Sigonius  eine  andere  Aus- 
hülfe suchen   und  jene  Jahre  als  von  Livius  wirklich  iiichi 
gerechnet  ansehen  und   dagegen   annehmen,  dass  das  Con- 
sulat   des  L.   A'alerius    und    IM.   Iloratius    des  Jahres  ,3üG 
(bei   Sigonius   natürlich  304)   zwei  Jahre   gedauert  und   ein 
Jahr,    das    Jahr    nach    dem   Consulat    des    jN.   Fabius   Vi- 
bnlauus     und    des    T.    Quinctius    Capitolinus,     also    nach 
334  a.   n.   c.  (bei   Sig.    nunmehr  333)    durch    Interregnen 
hingebracht    worden    sei?      Die  Entscheidung    über    diese 
Frage  muss    mau   natürlich   in  sonstigi'u   Andeutungen    der 
Art    zu    rechnen    bei    Livius    selbst    suchen.       Diese    nun 
siiiil   ganz   entschieden   gegen  Sigonius.     Eine  dergleichen 
findet  sich  III,  30,   wo   es   heisst,   dass  unter  dem  Consu- 
lat des  Q.  3Iinucius   und   C.  Iloratius  Pulvillus    im  Jahre 
207  a.   u.    c.    im    36'    Jahre    nach    den    ersten    Tribunen 
(triccsinio  sexto   anno  a  primis  tribunis  plebis)  zum  ersten- 
mal  10   Tribunen   gewählt  worden  seien.     Die  ersten  Tri- 
bunen   sind    261   a.   u.   c.   eingesetzt,    denn  II,  33    heissf 
es    ausdrücklich,    dass    die    Consuln    des    Jahres  261   per 
secessionem   plebis ,    also    vor    der  Einsetzung  der   Tribu- 
nen   angetreten    seien.       Dem   Sigonius    ist  aber  das  Jahr 
297  nach    der    obigen    Auseinandersetzung  205:    wie  soll 
also  das  3li.  Jahr   herauskomnieu  ?   Sigonius   rechnet  frei- 
lich,   was   aber   durch  jene   Stelle   II,   33   widerlegt   wird, 
das  Jahr  260  als  das  Jahr  der    Einsetzung   des  Tribunats. 
Eine   andere   Andeutung  seiner  .4irt  zu     rechnen    gibt    Li- 
vins an   den  Stellen  III,  33:     Anno    trecenlesimo   alteru, 
quam   urbs   Roma  condita  erat,  iterum   mutatur  forma  ci- 
vitatis   ab    consiilibus    ad   decemviros,    und   \V,  ~ :      Anno 
(receutesimo   decimo,   (juam   urbs  Roma  condita  erat,  pri- 
mum  tribiini   miiituni  pro    consulibus   magistratum  ineuuti 
Dem   Sigonius   ist  das  erste  Jahr  der   Decemvirn  das  Jahr 
301    a.    u.    c. :    er    erklärt    daher    trecentesimo    altero    so, 
als   bedeute   es   ebenso   viel,   als   trecentesimo    prinio,    eine 
Erklärung,    die    sehr    wunderbar  und   bereits  von   Robor- 
tcllus    und    neulich    wieder    von    Laurent    (Fasti     cunsul. 
capit. ,     Alton.    1833,    p.  66    si]«).)    widerlegt    worden    ist. 
Diese    Erklärung     ist     nun    auch    IVranlassuug    geivescn, 
dass  er  das  zweite   Consulat  des  Ij.   A'alerius   und  !M.  Ilo- 
ratius  erfunden   hat,   denn   zwischen  jenen  beiden  Jahren, 
nach   ihm   301     und  310    liegen   nur  8  Jahre,    er    musste 
aber  in   Folge    jener  Erklärung    noch    ein   neuntes  hinzu- 
fügen.      \m\    Allem    dem    weiss    Livius    durchaus    Nichts. 
Im  Gegentheil  sagt  Livius    in   HetrelV  der  Consuln  des  J. 
306  ausdrücklich,   dass  sie  nicht   wieder  gewählt  worden 
seien  (III,  64),  und   wenn  Sigonius  darin  eine  Andeutung 
zu  seinen   Gunsten   findet,  so   kann  mau  sich  darüber  nur 


629 


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wnmk'rn,  da  man  vielmclir  gerade  dadiirrli  ciuoii  hc- 
stimniteii  Gcgoiibeii  eis  crliaHcii  liat ,  den  man  iiiclif  so 
bei  andern  Jaliren  zu  fuhren  im  Stande  sein  n  iirde. 
Aber  auch  riir,ksi(li<Iirh  des  Jahres  334  lässf  sich  weifer 
]\iclifs  beivcisen,  als  dass  nach  des  Livius  Ausdruck 
(IV,  43)  maior  pars  anni  über  den  Interregnen  liinge- 
gangen  sei,  keineswegs  aber  das  ganze  Jalir.  Es  sclieint  aber 
»las  ganze  System  auf  einer  Voraussetzung  zu  beruhen, 
die  keinesivegs  zu  billigen  ist,  namlicfi  auf  der  Meinung, 
als  habe  sich  Livius  riuksiclitlirli  der  Zaiilcn  selbst  in 
einer  grossen  Venvirruiig  befunden,  denn  nur  unter  die- 
ser Voraussetzung  kann  man  glauben  ,  dass  er  jetzt  ein 
z>veilcs  Consulat  des  L.  ^^alerins  und  M.  Iloratius  aus- 
drücklich verneine  und  es  doch  nachlier  als  vorhanden 
rechne,  und  ilass  er  das,  nas  er  als  maior  pars  anni  bc- 
neichnet  hat,  bald  darauf  für  ein  ganzes  Jahr  annehme. 
Diese  Voraussetzung  macht  selbst  Mieder  eine  andere 
Voraussetzung  nc'ithig,  »velche  nicht  minder  univahrscheiu- 
lich  ist.  £s  ist  nämlich  nothig'  anzunehmen,  dass  Liviiig 
Zahlungen,  die  uir  besprochen  haben,  nnil  die  also 
eignen  Angaben  von  ihm  widersprechen,  irgendwo  anders 
hergenommen  habe,  etwa  aus  den  Annalisten,  «eiche 
wirklich  ein  Jahr  des  Interregnums  und  ein  zweites  Con- 
sulat des  L.  Valerius  U!id  M.  Iloratius  angenommen  h.'tt- 
fen.  So  Ware  also  Livius,  so  zu  sagen,  auch  in  der 
Chronologie  ein  doppelter:  wo  es  freilich  um  alle  Erfor- 
schung einer  ihm  eigentlich  zukommenden  Chronologie 
geschehen   wäre. 

Wir  nehmen  dagegen  nur  an,  dass  die  Feldzügc  des 
Coriolan  und  der  l^)lske^,  die  ohnehin  selbst  nach  Aie- 
bulir's  Zugeständniss,  welcher  freilich  etwas  Anderes  dar- 
aus folgert,  in  ein  Jahr  nicht  zusamnieiigeilrängt  werden 
können,  sammt  den  l'organgen  derselben  bei  den  Vols- 
kcrn,  3  Jahre  füllen,  statt  eines,  und  dass  Livius  nur 
insofern  bei  dieser  Gelegenlieit  nicht  ganz  genau  verfah- 
ren ist,  sofern  er  einen  Augenblick  »ergessen  hat,  dass 
er  Annalist  ist.  Statt  n.'inilicli  II,  30  zu  sagen:  ,,^VhIi- 
rend  dieser  ^'organge  waren  die  2  Consulate  des  Q.  Siil- 
plcius  und  Sp.  Lartins  und  des  C.  Julius  Julus  und  des 
Q.  Pinarius  verflossen,  und  jetzt  waren  schon  Sp.  Nau- 
tius  und  Sex.  Fiirius  Consiiln",  sagt  er  nur  das  Letztere 
mit  den  Worten:  Sp.  Nautius  iam  et  Sex.  Furius  consu- 
]es  erant.  So  reducirt  sich  ilie  Auslassung  der  beiden 
Consulate  zu  einer  kleinen  Wrgesslichkeit  und  er  steht 
nicht  mehr  mit  sicli  selbst  in  Widerspruch,  wenn  fer  sie 
nachher  bei  den  oHö  Jahren  mitrechnet.  Was  die  Stel- 
len III,  33  und  IV,  7  anbetrifft:  so  passen  die  dort  sich 
vorfindenden  Zahlen  vollkommen,  wenn  man,  da  Livius 
bei  der  Erzählung  von  der  Einsetzung  des  Dcccmvirats 
lind  dem  Antritt  der  Consnln  des  Jahres  311  auf  der 
Schwelle  zweier  Jahre  steht,  annimmt,  dass  er  das  alte 
Jahr,  in  welchem  auch  wirklich  jene  Einrichtung,  ge- 
nau genommen,  getrolFen  wurde,  reclimit.  Für  diese 
Annahme  spricht  namentlich  ,  dass  bei  der  Wahl  der 
Consulartribunen  des  Jahres  3,ji)  a.  u.  c.  dieses  Jahr 
selbst  das  folgende  (in  insequentem  annum)  genannt  wird, 
so  dass  also  auch  hier  Livius,  «enn  er  die  Jahre  von 
Erbauung  der  Stadt  bei  der  AVahl  gezahlt  hätte,  3öS 
and  nicht  35'.)  hätte  nennen  dürfen,  s.  ^',  Jg.  Was  fer- 
ner die  Stelle  III,  30    anbetrifft,    die    bei    Sigonius    gar 


nicht  passte :  so  passf  diese  jetzt  vollkommen,  wenn  man 
bei  a  primis  tribunis   von   ihrem   Austritt  an  rechnet. 

Hat  man  sich  nun  aber  für  den  Zeitraum  bis  zum 
Gallischen  Brand  überzeugt,  dass  Livius  der  Catonisch- 
Dionysischen  Aera  folge:  so  entstellt  daraus  wenigstens 
ein  starkes  PrJijudiz  für  die  Folgezeit.  AVir  jirüfcii 
aber  auch  hier  die  sich  vorfindenden  Merkmale  ieiiier 
Aera. 

Um  nun  hier  zun.'ichst  den  Standpunkt  im  Allgemei- 
nen zu  bestimmen,  abgesehen  von  den  Hülfen,  die  wir 
zur  Bestimmung  einzelner  Consularjalire  brauchen:  so  sind 
wir  jetzt  vorzugsweise  an  die  freilich  nur  unvollständig 
erhaltenen  l'^asti  Capitiilini  gewiesen.  Ans  diesen  ist 
jedoch  so  viel  mit  Bestimmtheit  zu  erkennen,  dass  sie  im 
Jahre  des  Gallischen  Brandes,  den  sie  3()3  a.  ii.  c.  an- 
setzen, gegen  die  Catonisch-Uionvsischc  Aera  um  2  Jahre 
zurück  sind,  was  sich  daraus  erklärt,  dass  sie  die  Dauer 
iier  Herrschaft  der  Konige  nur  zu  243  Jahren  (s.  oben) 
und  das  Decemvirat  nicht  volle  3  Jahre  rechnen,  indem 
sie  in  dem  Verlauf  des  3-  Jahres  <lie  neuen  Consulu  ein- 
treten lassen,  die  dann  auch  nur  bis  zum  Ende  desselben 
im  Amte  bleiben:  wodurch  wieder  ein  Jahr  verloren  geht. 
Dagegen  setzen  sie  1  v.  Chr.  zzi  Ib'l  a.  u.  c,  wie  eben- 
falls schon  oben  bemerkt  wurde,  und  sind  also  hier  der 
Catonisch  -  Dionysischen  Aera  um  1  Jahr  voraus,  woraus 
sich  ergibt,  dass  sie  zwischen  dem  Gallischen  Brande 
und  Christi  Geburt  3  Jahre  mehr  haben  müssen  ,  als 
jene  Aera.  Kun  finden  sich  allerdings  3  Jahre  mehr, 
inilcm  3  Jahre  nach  ihnen  ohne  Consnln  sind,  so  dass 
sie  nnr  durch  Dictaturen  ausgefüllt  werden.  Diess  sind 
ilic  Jahre  420,  444,  4)2  a.  u.  c.  der  Fasten.  *)  Diese 
3  Jahre  werden  bei  Livius  mit  zu  den  vorhergchendeu 
Consularjahren  gezählt.  Lasst  sich  nun  beweisen  ,  dass 
Livius  ebenso,  wie  er  jene  3  Jahre  niclil  hat  (was  wie- 
derum an  sich  schon  ein  Präjudiz  erwartet)  ,  so  in  den 
übrigen  Consularjahren  mit  den  Fasten  übereinstimmt,  so 
haben  »vir  unsern  Zweck  errciiht:  denn  dann  ergibt  sich 
für  Livius  das  Jahr  7Ö1  :=  Ol.  \\l,  1  ,  d.  i.  das  Cato- 
nisclie  Jaiir,  als  das  der  Gründung  Roms.  W^r  fragen 
also,   ob   die   sich   vorfindenden   Jalireszalilen   stimmen. 

Das  Jahr  der  Consnln  Sulpicius  Pcticus  III.  un<l  iIcs 
31.  A'^alcrius  Pnblicola  ist  in  den  Fastis  Capitolinis  398 
a.  u.  c.  Ist  unsere  Annahme  richtig,  so  muss  es  bei 
Livius  40U  a.  u.  c.  sein.  Als  sulihes  wird  es  ausdrück- 
lich VII,  l.S  bezeichnet,  und  selbst  auch  hinzugesetzt, 
dass  dieses  Jahr  das  3.J.  Jahr  sei  „(luani  a  Gallis  reci- 
\>ei/ita  (urbs  Romaiia)",  was  ebenfalls  voUkomnien  passt. 
Von  da  sind  bis  zum  Consulat  des  IM.  l'alerius  Corvus 
III.  und  A.  Cornelius  Cossus  in  den  Fasten  und  bei  Li- 
vius 12  Consularjalire,  dieses  Jahr  muss  also  in  <len 
Fasten  4lU  a.  u.  c,  bei  Livius  4l2  a.  u.  c.  sein.  Dar- 
auf ist  das  Jahr  der  Consnln  Q.  Fabius  Maxiinus  V. 
und  P.  Decius  Mus  I'l".  in  den  Fasten  458  a.  u.  c. 
Zwischen  410  und  458  liegen  jene  3  Jahre  mitten  innc, 
welche  die  Fasten  mehr  haben,  nunmehr  nuiss  also, 
wenn   Alles    treffen    soll,    Livius   1   Jahr  zurück  sein   und 


*■)  Für  die  b-l/lcrn  hriilen  Jalire  ergibt  sich  dicss  nus  den 
erlialiencn  Woricn  der  Fasten:  aber  auch  bei  429  lehrt 
es  eine  leiclilc  Sclilussfülge  von  selbst. 


€13 


632 


457  a.  K.  r.  rrcTim-n.  Dioss  ist  aiidi  genau  ilir  Fall. 
Dt'iiii  es  lipisät  im  Jaliro  jener  Consiilii  X,  ;il:  Sii|)erstliit 
<><iaiiiiiuiic  Saiiiiiilimii  lirlla,  (jiiae  ri>iitiiiiia  per  (jiiartiiiii 
iaiii  voliiiiieii  aniiiiiii.jiii-  sextiiiii  et  (iiiadragr^iiiiiiiu  a  M. 
Valcri«  A.  Coriielio  ("nsiilibiis,  ijiii  priiui  Saiiiiiio  arina 
iiitiileruiit ,  a;;iruns.  M'ir  haben  sünach  4Ö  zu  412  zu 
aililiren,    was    (las   Jahr   4.')?    richtig:   \;'iUt. 

Da  lim  nun  an  die  Jahre  lor  Christi  Geburt  in  allen 
Aereii,  nur  die  des  Sijfonins  ausgenommen,  i'ibereinstira- 
inen:  so  bezeichne  ieli  die  Jalire  nunmehr  meist  der 
Kiir/e  wegen  nach  den  Zahlen  jener.  Leider  bietet  uns 
nun  aber  Liiins  keine  brauchbare  Jahreszalil  melir:  <lenn 
die  XWI,  l  und  5  sich  vorfindenden  sind,  «ie  von 
Allen  /ujfegeben  «iril,  in  ilen  Handschriften  verdorben 
un<l  daher  von  Jedem  geändert  worden,  wie  es  sein  Sy- 
stem verlangte.  Das  Jahr  26i  a-  Chr.  muss  nach  unse- 
rer .4nsicht  bei  Livius  4SS  a.  n.  r.  sein  oder  zwischen 
ihm  und  dem  Jahre  der  (inindung  müssen  4fS7  Jahre 
mitten  inne  liefjen.  Allein  XXXI,  l  steht  in  den  Uand- 
schrifteii:  CC'CCL\X^■IH  aniii  a  roiidita  urbe  ad  Aj)- 
pium  flandium,  wo  es  also  ("CfCLWXVII  heisscn 
nii'isste  ,  was  nach  Thom.  Ilearne's  Versicherung  wirklich 
in  einigen  Handschriften  stehen  soll  und  >\  eiiij^stens 
ebenso  leicht  oder  noch  leichter  in  CCCCLXW'Ill  ror- 
rumjiirt  werden  konnte,  als  des  .Sigonius  CfX'CL.WXVf. 
Das  Jahr  200  v.  Chr.  muss  nach  unserer  Ansidit  .552 
sein,  dafür  steht  aber  XXXF,  5:  anno  (juingentesimo 
quadragesiino ,  was  also  olFenbar  auch  coirninpirt  ist. 
SVas  die  chronologische  Seh«  ierigkeit  der  .Stelle  X\^'H, 
3j  betrifft  (s.  Idcler  ,S.  170):  so  lictrillt  dicsp  unsere 
Frage  nicht,  <la  sie  von  der  Bestimmung  der  Aera  durch- 
aus unabhängig  ist.  Sonach  sind  wir  allerdings  jenseits 
des  Jahres  4.^7  a.  u.  c.  ,  2').'>  v.  Chr.  ohne  bestimmte 
Merkmale  der  Livianisclien  Chronologie.  Wenn  wir  aber 
jonacli  seit  dieser  Zi'it  Nichts  fnr  meine  Annaliine  in 
Liviiis  finden  (obwohl  ich  weiter  unten  noch  eine  Stelle 
aus  diMi  K[)iti)men  für  sie  beibringen  werde,  die  sich 
•  pater  besser  behandeln  lassen  wirdj:  so  findet  sich  doch 
auch  Nichts  dagegen,  und  es  reicht  nur  einstweilen  hin, 
wenn  man  sich  überzeugen  l;isst,  dass,  wenn  bis  4.) 7  a.  u.  e, 
einige  Jahre  bei  Livius  sich  ein/ein  nicht  linden,  diess 
nicht  ^iim  (legenbcw eis  dii-nen  kann,  sondern  dass  man 
vielmehr,  wie  oben,  annehmen  muss,  ilass  er  sie,  weil 
sich  in  ihnen  nichts  Bemerkenswerthes  zu  erzühlen  vor- 
fand, im  Augenblick  anzuzeigen  vergessen  habe,  ohne  sie 
jedoch  in  seinem  chronologischen  Systeme  zu  übergehen.*) 


*}  l'rn  diese  kleine  ann.ilisli-chc  Siinde  slaiiKlicher  in  m.'i- 
clien .  bemerke  icli  licilunni! ,  d.i$s  Livliii  .lucli  sonst  als 
Annalist  bisweilen  freier  v.  rfalirl.  Su  li.it  er  II,  .3.5  ilie 
Kizililiin;;  von  der  secessio  plebi*  sclioii  zu  Ende  celir.iclil, 
lind  beiiiei'kt  erst  9|i:iler  ,  dass  uabreod  dersclljeii  ilie 
neiico  Consuln  ilir  Anil  angetreten  li.ilteii.  Su  bleibt  es 
auch  immer,  selbst  von  Jen  2  eiiuiiicliiebenilen  Consii- 
Uirn  .nb^esclien.  eine  .inii:iliilisclie  l'iednit,  wenn  er 
II,  30  nur  beil.iu'ig  bemerkt,  d.ns,  wiibiend  das  Alles 
Kesclielicn.  schon  Sp.  Nautiiis  und  Sex.  Fiirim  Consuln 
gewesen  seien.  .\iicli  m«!-  hier  bemerkt  werden  .  iNiss 
Liviii^i  öberliiiipt  nur  /.weinial  Conäiilale  nennt  ,  iiber  die 
ticb   gar  Nicliti   zu   bciicliteii   Vorland,    II,    1!/   J I . 


Die  übergangenen  Jahre  sind  da<  J.  379  a.  u.  c.  (in  den 
Fa.st.  Cap.  also  .■>77),  dessen  Cunsulartribiiiien  VI,  34 
hi'ltten  geiianni  werden  müssen,  die  wir  jetzt  zum  gros- 
sen Theil  aus  Diodor.  W,  7|  kennen  (dass  Livius  sie 
hier  nur  zu  nennen  vergessen,  geht  aus  VI,  39  hervor, 
wo  er  von  C.  Licinius  [Cahus]  sagt,  dass  er  Consular- 
tribun  genesen  sei,  »vas  er  nur  in  jenem  Jahr  gewesen 
sein  kann)  und  d-is  Jahr  422  a.  u.  c.  (in  den  Fasten  also 
420).  Die  Consuln  des  letzteren  Jahres  hatten  VIII,  17 
genannt  werden  müssen. 

Sigonius  hat,  durch  die  obige  Stelle  gezwungen,  dat 
Jahr  4.J7  a.  u.  r.  richtig:  er  ergänzt  aber  die  'J  fehlen- 
den Jahre  dadurch,  dass  er  annimmt,  Camillus  habe  die 
Dictatur  von  der  31itte  t\es  Jahres  365  (ilenn  in  der 
Mitte  dieses  Jahres  muss  er  die  Dictatur  angetreten 
haben,   da  damals   das  Jahr  den    1.   Juli     begann,    s.   Liv. 

V,  32,  und  die  Niederlage  an  der  Allia  kurz  nach  dem 
Antritt  der  Consulartribunen  erfolgte,  worauf  alsdann  die 
Gallier  die  Burg  7  .Monate  belagerten,  s.  Plut.  Cam.  28, 
während  welcher  Zeit  Camillus  zum  Dictator  ernannt 
wurde)  bis  zu  Ende  des  Jahres  366  geführt  ,  also  etwa 
1 '/j  Jahre,    was   ganz   unerhört   ist.      Er  folgert  diess   aus 

VI,  1:  neijue  enm  abdic.ire  sc  dictatura  nisi  anno  circum- 
acto  passi  sunt:  was  aber  ofl'enbar  nur  liei.sst,  da.ss  sie 
ihn  nicht  vor  Ablauf  des  Jahres  36.5  abdanken  liesseii, 
da  allerdings  der  Zweck  seiner  Ernennung  mit  der  ^'er- 
Ireibung  der  Gallier  erreicht  war  und  die  Sitte  sonach 
schon  jetzt  seine  Abdankung  verlangte.  Das  zweite  Jahr 
ergi'inzt  er  wieder  durch  Interregnen,  nämlich  das  Jahr 
422,  auf  die  Stelle  ^111,  17  gestützt,  wo  es  allerdings 
lieisst:  res  ad  interregnum  rediit.  .4llciu  es  heisst  eben- 
dasellist,  was  er  nicht  mit  anführt,  dass  durch  den  lö- 
Interre.x,  also  nach  Verlauf  von  75  Tagen,  neue  Con- 
suln geH.'ihlt  worden  seien  ,  woraus  liervorgeht,  dass  Li- 
vius anders  rechnete,  wahrend  es  doch  jetzt,  was  man 
nie  aus  den  Augen  verlieren  darf,  nur  auf  die  Chrono- 
logie   des   Livius   ankommt. 

(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik    und  Mise  eilen. 

BresLin.  Wir  weisen  auf  folgen. Ie  iin  J.ibre  18.58  und 
18.^9  hier  erschienenen  Disputationen  bin-  1)  Kiid.  /in/ji'si/i: 
De  /leschjleae  /l^amemnoiiis  canlico  lertio  "32  S.  Ö.  JjHini. 
ffuilke:  De  Thurj  diele  scii/i  lote  lielti  pth'pnnnesiaii  48  J".  8. 
3)  J.  ScoslukoU'sl,i:  Ve  muiidi  piincipiis  secuniliiin  Platnneiii. 
50  S.  8.  4)  Ant.  Becker:  Obseivalionuin  in  Seriptnves  hi>ln- 
jiae  /liii^iistae  crilieui  um  p.  I.  52  S.  S  5;  J  Schiint/l:  Juaii- 
nes  l'iinus ,  Sai  i-thei  iensis  ,  t/unnioilo  iiiter  aequales  aniiquii- 
riini  liteiartim  studio  excelltiuil.     82  S.  8. 

Naumburg.  Zu  der  olfentliclien  Pniliing  sanimllielier 
Cbssrn  des  DooiRyninasiums  am  18  —  21  März  lud  Reitor 
Fortsc  li  du  ich  ein  Prograinm  ein,  Hfelcliem  ..das  Bnichstiick  einer 
Vcrdeiitscbung  des  Phtonisclien  Dialogs  Tiiiiaios  vom  Coiirci  tur 
M.  Schmiilttr  nebst  Aniiierkiinsen  liei;,'c(iigt  ist.  Das  Gymna- 
sium  wird   von    Mb  Scliiilcrn   besucht. 

Bopp.ir.l.  Am  9  Juni  starb  Peter  Anton  Kopp,  seil 
Ij  J.iliieii   Dircct.  des  dort.    Pro.i^jmnasiunis ,  4ä  J.   alt. 


Zeitschrift 

für   die 

Alt  er  thu  ms  Wissenschaft. 


Freitag j  5-  Juli 


18  39. 


Nr.  80. 


UeLcr  die  Ciironologie  des  Livius. 

(Beschluss. ) 

Bis  457  a.  n.  c.  besteht  also  die  Ab\>cichung  des 
Sigoiiius  darin,  dass  er  die  Lei  Livius  eiiizelu  iiirht  ge- 
nannten Jahre  anders  ergänzt,  und  in  diesem  Jahre  ist, 
wie  wir  geseiien  haben,  die  Summe  wenigstens  dieselbe. 
Nun  lasst  er  aber  noch  2  Consulate  aus,  nämlich  die 
Jahre  483  und  4S~  a-  "•  c. ,  so  dass  bei  ihm  auf  482 
a.  u.  c.  sogleich  das  Jahr  484  als  483,  «nd  auf  486, 
was  bei  ilim  nunmehr  485  ist,  sogleicli  das  Jahr  488 
folgt,  llieriiber  kann  ich  sehr  kurz  sein.  Er  thnt  diess 
nämlich  rorziiglich  auf  die  Aucforit.'it  des  Cassiodorus. 
Allein  es  ist  bekannt,  auf  welchem  unsicheren  Boden 
wir  hier  stehen.  Ich  will  die  vielen  Abweichungen  vor. 
L/ivins,  soweit  uns  dieser  erhalten  ist,  nicht  nennen:  nur 
Eins  will  ich  hervorheben  ,  was  mir  bemcrkenswcrtii 
scheint.  Sigonius  ist  nämlich  selbst,  um  sich  nicht  ganz 
zu  verwirren,  gcnothigt  worden,  ein  Jahr  hinzuzufügen, 
da  Cassioilor  die  Consulatc  der  Jahre  66  und  65  v.  Chr. 
in  eins  zusammenzieht,  indem  er,  statt  die  Consuln  zweier 
Jahre,  M.  Lepidus  und  L.  Voliatins,  L.  Cotta  und  L. 
Torquatus,  zu  nennen,  nnr  IM.  Lepidus  und  L.  Tonjua- 
tus  nennt.  Eine  Stelle  aus  den  Epitomen ,  die  er  für 
sich  anwendet  und  der  man  allerdings  wenigstens  mehr 
Beweiskraft  zugestehen  müssto,  als  dem  Cassiodor,  wenn 
sie  wirklich  für  ihn  bewiese,  dient  vielmehr  unserer 
Ansicht  zur  Bestätigung.  Der  dritte  punische  Krieg  wird 
150  V.  Chr.  angefangen  und  14(i  v.  Chr.  beendigt.  Das 
sind  also  nach  der  Dionjsisch-Catonischen  Aera  ilie  Jahre 
602  und  606  a.  u.  c. ,  und  so  sind  die  Jahre  auch  Epi- 
tom.  lib.  XLIX  angegeben,  wo  es  heisst:  Tertii  Punici 
belli  initium  altero  et  sexcentesimo  anno  ab  Urbe  con- 
dita  ,  intra  quintum  anuum ,  quam  erat  coeptum  consum- 
niati:  eine  Stelle,  die  nicht  deutlicher  sein  kann.  Dem 
Sigonius  ist  das  Jahr  150  =  600  a.  u.  c.,  146  =:  604. 
Er  muss  also,  um  diese  Stelle  in  sein  Svstem  zu  zwan- 
gen, erstens  für  den  Anfang  des  Kriegs  das  Jahr  l49 
V.  Chr.  nehmen,  während  doch  Livius  ausdrücklich  sagt, 
nass  er  erst  intra  quintum  annum  beendigt  worden  sei, 
und  zweitens  muss  er  altero  »vicder  für  primo  nehmen. 
Auch  geht  aus  dem  Zusammenhange  Iiervor,  dass  an 
jener  Stelle  nicht  von  dem  Jahre,  wo  die  Consuln  L.  Mar- 
tins un<l  31'  HJaiülius  nach  Afrika  übersetzten,  sondern 
von  dem ,  wo  in  dem  Senat  den  Carthagern  der  Krieg 
angekündigt  wurde,  also  von  dem  J.  150  v.  Chr.  die  Rede  ist. 


Ist  mir  nun  mein  Beweis  gelungen,  und  ich  sehe  iu 
der  That  Nichts,  was  einen  Anstoss  geben  konnte,  als 
die  Stellen  II,  33-  HI,  33.  IV,  7,  v/o  mir  derselbe  aber 
auch  durch  die  obigen  Bemerkungen  geiioben  zu  sein 
scheint:  so  entspringt  dara'.is  für  die  Uebersichtlichkeit 
der  römischen  Chronologie  übcriiaupt  ein  nicht  geringer 
Gewinn.  Wenn  nämlich  die  Fasti  Capifolini ,  welche, 
wie  sie  in  den  verschiedenen  Ausgaben  vorliefjen ,  zum 
nicht  geringen  Theil  aus  den  aufgefundenen  üeberresten 
der  alten,  wahrscheinlich  aus  Julius  Cäsar's  Zeit  verfer- 
tigten Fasten,  zum  andern  Theil  aus  den  überall  in  den 
Alten  zerstreuten  Nachrichten  zusammengesetzt  sind,  wcna 
diese,  sage  ich,  in  Folge  der  oben  angegebenen  Abwei- 
chungen in  der  Zeit  zwischen  dem  ersten  Consulat  und 
Christi  Geburt  2  Jalirc  mehr  haben,  als  die  Catonisch- 
Livisch- Dionysische  Aera,  und  wenn  diese  2  Jahre  sich 
aus  der  Vergleichung  bestimmt  ergeben  :  so  steht  Nichts 
im  Wege,  wie  sclion  Niebuhr  zu  thun  geneigt  ist,  an- 
zunehmen, dass  die  Fasten  die  Eintheilung  der  Jahre 
nach  der  Varronischen  Aera  repräscntiren ,  wo  man  dann 
nur  immer  festhalten  muss,  dass  die  Fasten  für  die  Zeit 
der  Könige  1  Jahr  zu  wenig  rechnen,  und  es  ergibt  sich 
das  A'erhältniss  der  beiden  Acren  durch  Dionysius  und 
Livius  genau  genug,  so  dass  mau  für  jedes  Jahr  bestimmt 
anzugeben  weiss,  das  wievielste  es  in  beiden  Acren  ist. 
Man  darf  nicht  cimvenden,  dass  nicht  bewiesen  werden 
könne,  dass  A'arro  und  Cato  die  Rechnung  nach  den 
einzelnen  Jahren  wirklich  so  gemacht  hätten.  Ich  habe 
schon  oben  bemerkt,  dass  diess  in  der  That  kaum  an- 
zunehmen ist.  Es  handelt  sich  nur  darum ,  die  chrono- 
logischen Daten  wirklich  auf  die  eine  oder  die  andere 
Aera  zurückzuführen  und  dadurch  die  Uebersicht  über 
die  gesammte  römische   Chronologie  zu  erleichtern. 

Es  bleibt  nun  noch  ein  schwieriger,  von  Niebuhr  mit 
gewohntem  Scharfsinn  angeregter  Punkt  übrig,  der  aber, 
das  Resultat  mag  ausfallen,  wie  es  will,  das  bisher  Be- 
wiesene nicht  umstossen  kann,  während  er  dagegen,  za 
unsern  Gunsten  entschieden,  die  bisherigen  Beweisgründe 
nicht  wenig  zu  verstärken  geeignet  ist.  Niebuhr  sucht 
nämlich  die  Chronologie  des  Sigonius  dadurch  zu  unter- 
stützen, dass  er  die  Voraussetzung,  welche,  wie  wir  oben 
gesehen,  schon  bei  Sigonius  zu  machen  ist,  klar  aus- 
spricht, dass  Livius  in  seinen  Jahreszahlen,  wie  in  den 
einzelnen  Consularjahren  uiibewusst  einem  richtigen  Sy- 
stem folge ,  das  nur  eben  wegeu  seiner  Unkenntniss  bei 
ihm    nicht    ganz    klar  hervortrete.      Nach    diesem  System 


635 


6i6 


jrpl.r  r-»  «Piii'^iT  Coii>iil.ir -,  .il-i  Soiinpiijalire  ,  und  dipss 
iiiii  M'iii-i!i  Krclit,  «iril  joilrs  Coiisiilarjalir  ein  volles 
.Somiiujalir  cnllialtrn  liabiMi  müsse  niiil  zi\  isrhen  den  eiii- 
zeliiiMi  ConsulatPii  niili«  selten  Interregnen  fielen,  die  im 
Ganzen  mehrere  Jahre  ansj;cfiillt  hatten,  «eiche  Jahre 
mau  also,  um  die  richtife  Zahl  iler  Sonneiijahre  zu  ije- 
wirinen,  zu  ilen  Consularjahreii  hin/.iifüsen  niiisse.  iVie- 
buhr  erkl.irt  liierdiircli  auch  den  Ausfall  der  iHagistrafs- 
jahre   vahreiid    des   Streites   üher   die   Licinischcn  Gesetze. 

3Inn  sieht  leicht,  dass  dieser  IJeueis  mit  dem  Satze 
steht  und  fallt,  dass  die  Consuln  immer  ilir  volles  Jahr 
rej.'icrt  hätten,  «elclier  Satz  sich  bei  Kiebuhr,  R.  G.  Th. 
1.  S.  '2\}4-  ■'^"'^n-  •>  findet.  Aieliuhr  beweist  diesen  Satz 
ni<ht,  sondcru  bemerkt  nur  dazu:  „Sonst  «are  ihnen 
nullt  gehalten  worden,  »as  die  Formel  ihrer  Wahl  ver- 
sprach: ut  <]ui  optinio  iure  facti  sint."  Wir  sind  also 
^eiiüthi|;t,  den  Beiteis  zu  substituircu ,  um  ihn  alsdann 
zu  prüfen.  Ich  «üsste  aber  keinen  andern  einigermaas- 
sea  scheinbaren,  als  dcu  aus  Livius  VllI,  3  zu  eiif neh- 
menden, wo  es  heisst:  religio  incessit  ab  eis,  quorum 
iniroinutum  Imperium  esset,  comitia  haben.  Hier  ist 
nämlich  von  Consuln  die  Rede,  welche  genöthigt  worden 
sind,  vor  der  Zeit  abzudanken,  und  da  scheint  aus  dem 
Ausdrurk  imminafum  imperium  und  aus  dem  Umstand, 
dass  man  sich  scheut,  die  Comifien  \ou  ihnen  halten  zu 
lassen,  hervorzugehen,  dass  es  Regel  war,  dass  das  im- 
perium soust  ein  volles  Jahr  dauerte.  Allein  es  scheint 
auch  nur  so.  Die  Sache  verhält  sich  vielmehr  folgender- 
maassen  :  Es  gab  in  verschiedenen  Perioden  feststehende 
Termine  für  den  Antritt  der  Consuln  (daher  auch  der 
bei  Livius  so  häufige  Ausdruck  dies  solennis  ,  III,  36. 
^  ,  11  der  bei  !NieLuhr's  Ansicht,  wo  die  Zeit  des 
Antritts  fast  jährlich  hätte  wechseln  müssen,  ganz  un- 
statthaft wäre):  wenn  nun  die  vorhergehenden  Consuln 
an  diesem  Tage  niederlegten  und  die  neuen  vorher  ge- 
wählt waren,  so.  dass  sie  sogleich  antreten  konnten,  so 
behielten  die  letzteren  ihr  Amt  ihr  volles  Jahr.  War 
diess  aber  nicht  der  Fall  und  wurde  die  AVahl  erst  durch 
einen  Dictator  oiler  durch  Interregen  bewerkstelligt:  so 
VI  111  de  ihnen  die  Zwischenzeit  mit  angerechnet,  und  das 
iuslum  tempns  ihres  Abtritts  blieb  immer  jener  Termin. 
Kur,  wenn  sie  vor  diesem  Termin,  nicht,  wenn  sie,  wie 
diess  ebenso  oft  geschah  ,  als  lufcrregiieu  staltfanden,  vor 
Ablauf  des  Soniiciijahres  seit  ihrem  wirklichen  Antritt, 
abdanken  mussten :  galt  ihr  imperium  für  iniminutum. 
Jener  Termin  hat  allerdings  öfters  gewechselt:  er  ist  aber 
nicht  minder  häufig  «lurch  die  früliere  Abdankung  der 
Consuln  zurückgeschoben,  als  durch  andere  Umstände 
vorgerückt  worden:  so  dass  allen  Spuren  nach  auf  diese 
Art  nicht  ein  Jahr,  geschweige  denn  mehrere  gleichsam 
verloren   gegangen  sind. 

W  ir  verfolgen  zunächst  die  Spuren  bei  Dion\sius  und 
Livius,  um  zu  sehen,  ob  sie  für  Aicbiihr  oder  für  meine 
Ansicht  sprechen:  wo  ich  sogleich  bemerke,  dass  Dio- 
nvsius  und  Livius  genau  ribercinstimmen,  was  ihrem  Zeug- 
uigs  einen   bedeutend   höhern  Werth  gibt. 

Das  erste  Consulat  beginnt  4  flionale  vor  dem  Ablauf 
des  '.^44.  Jahres  a.  u.  c,  also  im  Januar  oder  Dcccmber 
»orher,    s.  Dionjs.  V,   1.      Der  Termin  wird  im  J.   2til 


bis  auf  ilie  Kalendcn  des  September  zurückgerückt , 
s.  ebcnd.  ^T,  4ii:  oiTonzaQO.Latjüvriq  xijv  aoXt\v  ■/,('.- 
kdvdaj'i  \^E7lTiiiß^iui^ ,  duTTOV  r,  zoiq  ^^(tuTlooi. 
tdoi  r,v :,  im  Jahre  27iS  wieder  etwa  um  einen  Alonat, 
s.  ebenil.  IX,  2ö:  ■kEoI  Tui  dsQivag  ^aklaxa  rpoTlc/j 
Sctri/Jüv  fUTpoi  TiaoaKaiifjavoi'ai  zfiv  v':i(i.TEiav. 
Und  so  erklärt  sich  der  erste  Termin  bei  Livius  III,  ti : 
calendis  Sextilibus  für  das  Jahr  2')1  und  findet  sogleich 
seine  Restäligiiiig.  Es  geht  übrigens  aus  dem  Gesagten 
hervor,  dass,  wenn  der  Antritt  für  das  Jahr  246  'ier 
Monate  vor  dem  eigentlichen  Beginn  dieses  Jahres  ,  dem 
21-  April,  folgte,  sonach  auch  der  jetzige  Anfang  des 
Consnlarjahres  '2}.)\  eigentlich  der  1.  August  ror  i\f\n 
ersten  Tage  des  Jahres  2)1  ist.  Im  folgenden  Jahre 
zeigt  sich  eine  geringe  1  eränderung  des  Termins  Liv. 
III,  8:  L.  LucretiHs  Tricipitinus  et  T.  ^^eturius  Gemiiins 
—  ante  dleni  III  idus  Sextiles  consulatiim  inennt.  Da- 
gegen sind  die  Idcn  des  3Iai  der  übliche  Termin  ^ur 
Zeit  der  Decemvirn,  s-  Liv.  III,  ^^^.  38.  üiouvs.  X,  ö'.l, 
und  auch  hier  findet  sich  der  Beweis,  dass  der  Termin 
znrück-  und  nicht  vorgerückt  wurde.  Die  Consuln  des 
Jahres  302  treten  nämlich  ihr  Amt  vor  dem  Ablauf  ihrer 
Zeit  ab:  rrpt»i/«T£^-  düXa.i(jioLa  iToWiJ)  xd%u)v  j;  toA; 
■y^^ÖTünov  tlht:,  r,v  (Dioiiys.  X,  54),  und  zwar  aus  dem 
Grunde,  weil  sie  die  Decemvirn  nicht  wählen  lassen 
wollen,  was  dann  die  neuerwahlten  Consuln  sogleich  thun. 
Bis  hierher  ergänzen  und  erklären  sich  also  Livius  und 
Dionysius  gegenseitig.  Von  nun  an  sind  wir  freilich  von 
Dionjsius  verlassen.  Im  Jahre  332  sind  die  Iden  de» 
Decembcr  der  gesetzliche  Termin,  s.  Liv.  IV,  37  und 
es  ist  vielleicht  iler  Termin  wieder  auf  den  wahrschein- 
lich ursprünglichen  bei  der  Herstellung  des  Consulats 
nach  dem  Decemvirat  hinausgeschoben  worden.  Im  Jahre 
353  geht  er  wieder  um  mehr  als  3  Monate  zurück, 
8.  Liv.  \\  9:  Primores  patriim,  sive  culpa  sive  infelicitate 
imperatorum  taiu  ignominiosa  clades  arcepfa  esset,  cen- 
suere  non  cxspectanilum  iustum  tenipus  comitiorum,  serl 
extemplo  novos  tribunos  militum  creandos  esse,  qui  ca- 
lendis Octobribus  niagistratum  occiperent,  vergl.  Cap.  11, 
und  noch  weiter  geht  er  im  Jahre  357  zurück.  Dort 
müssen  nämlich  wiederum  die  Consuln  oder  vielmehr 
Consulartribunen  vor  der  Zeit  abdanken,  s.  Liv.  V,  17, 
wo  man  nicht  etwa  denken  darf,  dass  für  dasselbe  Jahr 
andere,  als  ihre  Stellvertreter  gewählt  worden  wären, 
denn  es  heisst  Cap.  18  bei  der  Wahl  ausdrücklich:  in 
insequentcm  annuni.  Daher  erscheinen  nun  auch  im  Jahr 
364  als  Termin  die  Calenden  des  Juli,  s.  V,  32,  wel- 
cher Termin  auch  im  J.  426  wiederkehrt,  s.  VIII,  20- 
Darauf  scheint  er  nach  und  nach  bis  zum  5.  März  vor- 
gerückt worden  zu  sein  :  denn  dieser  Termin  findet  sich 
Liv.  XXII,  1.  XXVI,  1.  XXXII,  1,  in  den  Jahren 
535,  541,  55)  a.  u.  c.  Zwischen  diesen  Jahren  findet 
sich  nur  eine  Andeutung  über  den  Antritt  im  J.  457, 
wo  Fabins,  gleich  nachdem  er  Consul  geworden,  zu 
seinem  Heer  abreist,  worauf  es  X,  25  heisst:  Fiebant 
autem  itinera  quanta  fieri  sinebat  hiems  hauddum  exacta. 
Hier  miichto  man  etwa  den  December  als  Zeit  des  An- 
tritts annehmen,  womit  auch  die  sonstigen  Andeutungen 
über    die  Jahreszeit    übereinstimmen.      So    wäre  also  seit 


6i8 


535  licr  Toriniii  jjpgfii  «leii  nrsiiriitifflic  lipn  iiui  2  —  3  Mo- 
nate vorijcriickt.  So  loliaiqitpt  sich  der  Tpriiiiii  liis 
51)9  a.  u.  c.  Zu  diesem  Jalire  lieisst  es  ii,'iinliili  lici 
Cassiodor :  Ili  primi  ronsiiles  (Q.  Fiiliiiis  et  T.  Aiiiiids} 
Calciidis  Janiiariis  niagistratiim  iiiieriiiit  proptcr  subitiim 
Celtiberiae  bellum,  ho  also  die  Coiisiila  des  vorhergehen- 
den Jahres  «ieder  einmal  wegen  plötzlich  cintretemlen 
Krieges  lor  dem  Termin  abtreten  müssen.  Dieser  Ter- 
min  bleibt  nun  fest  stellen. 

Es  licssen  sich  nun  noch  inancbo  allgemeine  Gründe 
o-egen  Niebubr's  Voraussetzung  anführen.  Wenn  er  z.  B. 
nicht  wird  1,'iugnen  können,  dass  in  der  spätem  Zeit 
gchon  seit  der  Festsetzung  der  Iden  des  Miirz,  welche 
uach  Ideler  ( IF,  147)  noch  früher  als  535  erfolgte,  noch 
mehr  aber,  seitdem  die  Consuln  regelmässig  am  1.  Januar 
antraten,  die  Consuln  bei  einfretcn<len  Interregnen  um 
einen  Theil  ihres  Jahres  zu  kurz  kamen:  warum  bleiben 
diese  doch  immer  optimo  iure  facti  und  nicht  auch  die 
früheren?  Ferner,  wie  steht  es  mit  den  consules  suflecti, 
Ton  denen  bekanntlich  einer  so  kurze  Zeit  im  Amt  blieb, 
dass  er  nach  Circro's  scherzhafter  Aeusserung  (ad  Fam. 
VH,  30)  während  seiner  ganzen  Regierung  den  .Schlaf 
nicht  sah?  Doch  genügt  es,  nachgewiesen  zu  haben,  dass 
Lirius  auch  von  dieser  Seite  der  Betrachtung  weit  ent- 
fernt ist ,  die  Annahme  zu  unterstützen ,  dass  nur  ir- 
gend ein  Jahr,  geschweige  mehrere  mit  Interregnen  hinge- 
bracht worden  wären.  Die  Ernennung  von  Dictatoren 
clavi  figcndi  causa  bleibt  dabei  immer  erklärt  (denn  auch 
hierauf  legt  Äiebuhr  grosses  fiewiclit):  die  Veranlassung 
dazu  ergab  sich,  wenn  die  Iden  des  September  in  die 
Interregnen  fielen,  oder  wenn  beide  Consuln  im  Kriege 
abwesend  waren.  Sonst  that  es  ja  immer  einer  der 
Consuln.   *) 

Zum  Schluss  bemerke  ich  nur  noch ,  dass  durch  die 
letzte  Beweisführung  noch  das  vorzüglichste  Argument 
für  die  Annahme  des  Jahres  762  a.  Chr.  als  Gründungs- 
jalir  Roms  nach  der  Catonisch  -  Dionysischen  Aera  weg- 
fällt. Ideler  entscheidet  sich  nämlich  vorzüglich  aus  dem 
(jrunde  dafür,  ivcil  Dionysius  wahrscheinlich  an  der  Stelle 
V,  1  bei  der  Bestimmung  des  Regierungsantritts  der  er- 
sten Consuln  sich  sogleich  nach  der  Zeit  gerichtet  habe, 
wo  durch  Vorrücken  des  Termins  dieser  Antritt  über  die 
Zeit  der  Olympischen  Spiele  hinausgeschoben  worden  sei, 
so  dass  er  diess  als  schon  jetzt  geschehen  angenommen 
habe.  AVir  haben  dagegen  gesehen,  dass  dieser  Termin 
ebensooft  zurück-,  als  vorgeschoben  wurde,  und  dass  der 
zuletzt  beibehaltene  von  dem  ursprünglichen  wenig  oder 
gar  nicht  verschieden  ist. 

Meiningen,  C.  Peter. 


*)  Liv.VII,  2:  lex  velusta  est  pi-iscis  literis  veibisqiie  scripta, 
ut  qui  praetor  m.iximus  sit  (d  h.  der  voinelimere,  dem 
ersten  Stanjnie  augeböiige  Consul),  iJibiis  Septembribiis 
darum  figat. 


Bruchstücke  aus  vir^ilischen  Allcrliiuinerri.  * ) 
II.     Der  Schild. 

Der  Scliild  >var  bei  den  Alten  die  vornehmste  Scbutz- 
walTe ,  weil  so  manche  Tlieile  des  Korpers  einer  geliöri- 
gen  schützenden  Bedeckung  ermangelten.  Der  Punzer 
der  heroischen  Zeit  ging  nicht,  wie  der  spätere  .Schup- 
penpaiizer  oder  wie  die  Harnische  des  Mittelalters  über 
die  Schenkel  hin,  sondern  hier  sowohl,  wie  am  Halse 
und  an  den  Armen  war  der  homerische  Ilcld  jedem  An- 
griffe blossgesiellt.  Des  Sciiildes  breiter  Bauch  schützt 
daher,  wie  Tvrtäos  sagt,  die  Hüften  und  Schienen  lon 
Unten,  die  Brust  zugleich  und  die  .Schnltern.  Es  kom- 
men aber  nur  zwei  Bezeichnungen  für  den  Schild  bei 
Homer  vor  (jijyii^  nn«l  (xOTll(;,  während  sich  bei  den  Rö- 
mern eine  ganze  Reihe,  wie  ctipeus,  scutuni,  parma  n.  n.  w. 
vorfindet,  welclie  Virgil  fast  alle  aufgenonimeu  und  wo- 
durch er  die  alte  Einfachheit  des  homerischen  Zusfaiides 
in  den  Reichthum  seiner  Zeit  umgewandelt  hat.  Uebor- 
zcugt,  dass  diese  Arten  alle  entweder  in  Gestalt  oder 
Grösse  sich  unterscheiden,  handeln  wir  zuerst  vom 
clipeus. 

Dieser  ist  der  den  virgilischen  Helden  am  gewöhn- 
lichsten beigegebene  Schild.  Der  Dichter  denkt  ihn  si<h 
ohne  Zweifel,  wie  Homer  die  «rrrfi'g,  als  kreisrund. 
Darauf  leitet  die  Stelle  der  Aen.  III,  637.  hin,  wo  sie 
das  eine  grosse  Auge  des  Cyclopcn  ausbrennen,  welches 
auf  der  Stirne  haftet :  Argolici  clipei  itut  I'lioeleae  tam- 
padis  instar.  Hier  deutet  die  Zusammenstellung  des 
argolischen  Schildes  mit  der  Sonne  darauf  hin,  dass  A'^ir- 
gil  sich  den  ersteren  kreisrund  denkt,  ein  Umstand,  der 
auch  aus  andern  Zeugnissen  bekannt  ist.  Die  zweite 
Eigenschaft,  die  der  virgilische  clipeus  besitzt,  ist,  dass 
er  gleich  dem  homerischen  aus  Stierhäuten  besteht;  darum 
wird  statt  Schild  Aen.  IX,  706.  der  Ausdruck  duo  lau- 
rea  terga  d.  h.  ein  Schild,  der  aus  zwei  Lagen  von 
Leder  besteht,  gesetzt;  durch  diese,  sowie  durcli  den 
Panzer  dringt  das  Gcschoss.  Dass  hier  ein  clipeus  ge- 
meint sei ,  zeigt  V.  709;  et  clipeum  super  intonat  ingens. 
Aber  nicht  allein  zwei  Lagen  ,  sondern  einen  Schild  mit 
sieben  Häuten,  wie  bei  Homer  der  Telamonier  Ajas,  hat 
Turnus  Aen.  XII,  925-  Die  Lanze  des  Aeneas  dringt 
durch  den  Panzer  und  durch  sämmtliche  Kreise  des  sie- 
benfachgefalleten  Schildes :  et  clipei  exlremos  septempti- 
cis  orhes.  Aber  verschieden  sind  diese  Lagen  doch  wieder 
vim  Homer,  Dieser  erwähnt  bloss  Leder  und  Erz.  V^irgil 
fügt  an  einer  Stelle  noch  Eisen  hinzu,  Aen.  X,  482,  wo 
der  Schild  des  Pallas  gemeint  ist: 

—  —  At  clipeum,    tot  ferri  tergn,    tot  aeris 

Quum  pellis  toties  ubeat  circumdata  tauri. 
Statt    des  ^Eisens    hat    er    an    einer  dritten  Stelle  Leinen 
Aen.   X,    7ö3 ,    "o  '1'*'  Lanze  des  Aeneas  in   den  Schilil 
des  Mezentius  fährt: 

—   —   lila  per  orbevt 
Aere  cavum  triplici,  per  linea  terga,  triiusi/ue 
Transiit  intextum  tauris  opus. 


*)  Man    vergleiche    »das    röniisclic  Haus   in    der  AenfiS"    in 
dieser  Zeitschr    1838.  ^r.  71   und  72. 


639 


640 


Dieses  erklärt  Senilis  so,  als  ob  man  auf  <lie  .liisscre 
l'l;iilie  des  Srliililes  das  L.'iiieii  aniji'fii^'t  hiitte ,  «lamif 
lue  -Tlalcrei  darauf  liafle.  Allein,  imili  den  Worieu  des 
Dicliters  zu  iirtheileii ,  isf  diess  selir  iiiiwahrsclieiiiücli ; 
denn  die  Lanze  ^elit  zuerst  durch  das  Erz,  dann  durch 
das  Leinen  un<l  zuletzt  durch  das  Leiler.  Wenn  man 
F.uiUi'tne  auf  einem  solchen  .Scliilde  anbrachte,  so  rer- 
klebte  man  das  Erz  i;eH  iss  nicht  durcli  Leinen,  sondern 
es  «ar  crhobeno  Arbeit  in  diesem  Metall  selbst.  Und 
dieses  bringt  uns  auf  einen  interessanten  Punkt  der  alten 
Kuiist^'esciiichtc. 

Die  Veranlassung  nämlich,  den  Schild  in  der  eben 
angegebenen  AVeise  zu  srliinucken,  lag'  in  einer  uralten 
Sitte,  «eiche  llerodot  den  Kariern  zuschreibt,  «onach 
man  besonders  die  3Iitte  desselben  mit  symbolischen  Be- 
zeichnungen versah.  So  sagt  uns  Homer  II.  XI,  36, 
dass  auf  dem  Schilde  des  Agamemnon  die  h  ildblickendo 
Gorgo  zu  sehen  war,  und  um  sie  Grauen  und  Schrecken, 
jjeiuu4  TS  CPo/i'o;  rf;  auf  dem  -Silbergeiienk  »var  ein 
bläulicher  Drache  abgebildet  mit  drei  Köpfen,  die  aus 
Einem  Halse  hervorkamen.  Ein  Drache  «ar  auch  dem 
Alenclaos  als  ein  göttliches  Zeichen  in  Anlis  erschienen, 
und  Pausanias  X,  26.  §•  !•  sagt  ausdrücklich,  er  habe 
dcsshalb  in  einem  Gemälde  der  Lesche  zu  Delphi  einen 
Drachen  auf  dem  Schilde:  J/sieKaoj  Si  daittda  ixovtt 
douy.viv  enl  ifj  derl-idi  iav'iv  iiQyutjuBvo^  tov  iv 
AvKidi  iparEvzoi  ixl  tou  isot'ioii  rioutoi  ivBv.a. 
>'ach  demselben  Pausanias  hatte  Idonicneus  einen  Hahn 
auf  seinem  Schilde.  Vergl.  X,  2b-  §•  5  >  wo  von  dem 
grossen  Weiligeschenk  der  Achüer  m  Oljmpia  die  Rede 
ist,  welches  Onatas  verfertigt  hatte.  Pausanias  bemerkt, 
dass  Idomeneus  als  Abkömmling  des  Helios  dieses  Sym- 
bol trug;  der  Halin  sei  dem  Helios  heilig',  weil  er  sei- 
nen Aufgang  verkünde.  In  ,'ilinlichcr  AVeise  sollte  der 
Drache  auf  dem  Schilde,  welcher  Epaminondas  Grabmal 
in  der  Xahe  von  3Iaiitiiiea  schmückte,  die  Herkunft  des- 
selben andeuten.  Epaminondas  leitete  nämlich  sein  Ge- 
schlecht als  autochthoner  Thebaner  von  den  iTrraoToi 
ab,  die  aus  den  Drachenzühncn  entstanden,  welche 
Kadmus  gesaet  hatte.  Vergl.  Paiisan.  \IU ,  11.  ^.  ö- 
Einen  Drachen  führte  auch  der  31örder  des  Lvsandcr  im 
Schilde,  Sparlanns  eine  3lücke,  die  nicht  grösser  war, 
als  sie  in  der  Natur  i\i  sein  pflegen,  um,  wie  er  sagte, 
seine  Gegner  so  nahe  zu  haben,  dass  diese  sein  Ab- 
zeichen erkennen  könnten.  Auf  einer  etrusciscbcn  Vase 
in  Iiighirami  galleria  Omerica  YqX.  \.  tav.  2öö.  erscheint 
Aeneas  mit  einem  Löwen  im  Schilde.  Alkibiades  führte 
nach  Plnfarch  einen  blitzscbleudernden  Eros,  Lvkurgos 
einen  Dreizack.  Die  Sikynnicr  schrieben  nach  Xeiioph. 
U.  G.  IV,  4,  10.  den  Biicbstaben  I  auf  ihre  Schilde. 
>ach  riin.  >.  IL  XXXV,  4.  brachte  man  auch  Portraite 
als  Schmuek  an. 

Diese  Sitte  also,  die  nicht  allein  durch  das  ganze 
griechische,  fir>mlern,  wie  es  scheint,  auch  durch  das 
italische  Altertlium  hindurchgeht,  erklärt  diejenigen  vir- 
gilischen  Stellen,  worin  von  einem  solchen  Abzeiihen  die 
Kede  ist,  z.  B.  II,  3^2:  clipeique  insisne  decuvunt. 
VII,  Cö7:  J'     l  o 


—  —  clipeofjiie  insigiie  palernum 
Centum  angues  ciiictaini[ue  gevit  aerpe/itüus  Ilydram. 
Dieselbe  Sitte  erklärt  aber  auch  das  Bildwerk  auf  dem 
grossen  von  V'ulcan  verfertigten  Schilde.  Auch  dieser 
wird  öfter  clipeiis  genannt,  z.  B.  VIII,  025=  clipei  non 
enarrnOUe  texlum,  ebenso  729,  XII,  1()7:  Sidereus 
clipeus  ein  Zeichen  ,  dass  Virgil  den  clipeua  als  die 
grösste  Form  sich  denkt.  Dass  nun  der  erste  -Gedanke 
znr  Ausschmückung  desselben  in  plastischer  Weise  durch 
den  homerischen  veranlasst  worden ,  iver  möchte  das  läug- 
nen  ?  Allein  ebenso  in  die  Augen  fallend  ist  die  unend- 
liche l^rschiedenheit  in  beiden  Bildungen.  Homer  gibt 
ein  Gesammtbild  des  menschlichen  Lebens,  er  steigt  vom 
Höchsten  und  Grüssten  zu  dem  Heitersten  und  Kleinsten ; 
Virgil  hat  keinen  solchen  kosmopolitischen,  er  liat  einen 
patriotischen  Zweck.  Die  Verherrlichung  des  Vaterlan- 
des, Rom's  Geschichte  in  ihren  Hanptzügen,  namentlich 
aber  die  seiner  Zeit  ist  es  ,  die  Vulcan  prophetisch  dar- 
stellt, und  zwar  sind  es  Kriegs-  und  Heldcnthaten , 
Schlachten  und  heftige  Staatsbewegungen,  die  zuletzt  alle 
in  den  Triumph  und  die  Gloria  des  Augustus  v.  714. 
auslaufen.  Im  Gegensatze  dazu  enthält  eine  ähnliche 
Scene  des  VI.  Gesanges  mehr  Friedens-  und  Herrscher- 
ihalen ,  beschäftigt  sich  mehr  mit  der  Urgeschichte  des 
Landes  und  lauft  zuletzt  in  die  Apotheose  des  Ularcellus 
aus.  —  Was  den  StofI  dieses  Schildes  betrilTt,  so  sehen 
wir  ans  mehreren  Stellen,  dass  der  Dichter  sich  das 
Ganze  aus  Erz  mit  goldenen  und  silbernen  Einlagen  ge- 
bildet denkt. 

(Beschluss  folgt.) 


Person al-Clironik  und  JMisc eilen. 

Verden  a.  d.  Aller.  An  die  Stelle  des  im  vorigen  J.-ilirc 
verstorbenen  Mathematikers  Subconrcctoi-  Ilcimann  Wclime)  er 
ist  der  Caiididat  F.  L.  Brnns,  gebürtig  ans  Quackenbiiick . 
gerufen  worden.  Das  Lelircicollegium  bestcbt  gegenwärtig  aus 
folgen  Jen  Lehrern:  Diiector  Plass,  Rcclor  Woltmann.  Conrect. 
Dr.  Ivbppel,  erster  Collabor.  Sclilegel,  zweiter  CoHab.  Scbam- 
bacb,  diiltcr  Collab.  ßruns,  Hiilislchrer  Boijuann,  Gcsanglebrei 
Grabati,   Zeichenlehrer  Kalliucyer. 

Italien.  Der  Professor  Dr.  Joh.  Petrettini  an  der  Uni- 
versität zu  Padua  und  der  Professor  Dr.  Pet.  Baroli  an  der 
Universität  zu  Pavia  haben  von  der  Herzogin  von  Parma  das 
Rilterkieuz  des  Constant.  St.  Gcnrg-Ordcns ,  der  Professor  Dr. 
Ant.  Bardoni  zu  Pavia  den  Orden  der  eisernen  Krone  3.  Gl. 
erhalten. 

Prcussen.  Der  bisherige  katholische  Bcligioslcbrer  am 
k.  Gymnasium  zu  Diisschloif ,  von  den  Dricscb,  ist  zum 
Dircctor  des  des  neuen  kaliiol.  Scbullchrcr-Scniinars  zu  Kempen 
in  Rheinpreusscn  ernannt  worden. 

Bai  ern.  Der  Professor  am  k.  baicr.  Gymnasium  zu  Strau- 
bing ,  Job.  Uscbold,  ist  in  glcichcrQualit.it  nach  Amberg 
TCrsctit  worden. 

Lcobsschntz.  Der  Proffssor  Dr.  W  i  s  s  o  w  .1  ist  zum 
Diiector  des  Gymnasiiiiiis  zu   Breslau  crnaunt  worden. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terth  LI  ms  wisse  11  Schaft. 


Sonntag,  7-  Juli 


1839. 


Nr.  81. 


Bruchstücke  aus  virgilischen  Altertliümern. 

(Beschluss.) 

Anders  als  der  kreisrunde  clipeus  ist  2)  das  scutum 
gestaltet;  es  ist  daher  ungenau,  wenn  man  sich  vorstellt, 
der  Dichter  brauche  Eins  für  das  Andere.  Die  Haupt- 
eigenschaft  des  Srutiinis  ist,  dass  es  länjjlich  ist.  Dieses 
bezeujft  uns  der  Dichter  selbst  Aen.  VIII,  662,  wo  von 
den  Galliern  die  Rede  ist:  scutis  protecti  corpora  longis. 
Man  wende  hier  nicht  ein,  dass  der  Dichter  ein  späteres 
historisches  Factnm  anführt;  auch  an  vielen  andern  Stel- 
len, Y!o  er  von  heroischen  Urzuständen  handelt,  kommt 
diese  Art  Schild  vor,  z.  B.  1 ,  101.  XII,  130-  D'c 
Leiche  des  Pallas  legen  seine  Gefährten  X,  506.  auf  das 
scutum,  welcher  Umstand  ebenfalls  wieder  für  die  län- 
gere Form  spricht.  Der  Dichter  denkt  sich  dasselbe 
also  als  oval,  und,  wenn  ich  nicht  ganz  irre,  ans  leich- 
tern Stollen  verfertigt,  als  den  clipeus;  denn  nirgend 
kommt,  so  viel  ich  weiss,  Erz  am  scutum  vor.  Dass  es 
leichter  und  minder  kostspielig  gewesen  sein  muss ,  zeigt 
auch  die  Verordnung  des  Servins  Tullius  bei  Liv,  I,  43, 
dass  die  zweite  Classe  ein  „scutum  pro  clipeo^^  haben 
sollte,  wie  sie  denn  auch  keinen  Panzer  trug.  Bei  Virgil 
erscheinen   Reiter  damit   bewaffnet  IX,   370: 

Tercentum  scutati  omnes   Volscente  magistro. 
Die  Labicer   haben   scuta  VII,   796,  und   zwar   heissen  sie 
dort  picti  scuta  Labici.     Vergl.  XII,  563- 

Kleiner  noch  als  das  scutum  war  3)  die  parma , 
allein  ohne  allen  Zweifel  wieder  kreisrund,  wie  ans 
Varro  hervorgeht,  wenn  er  L.  L.  IV.  p.  33  etymologi- 
sirt:  „quod  a  medio  in  omnes  partes  par."  Die  parma 
trugen  die  romischen  Velitcn.  Ülit  vollem  Rechte  theilt 
daher  der  Dichter  sie  solchen  Personen  zu,  die  eigent- 
lich nicht  in  das  Gewühl  der  Schlacht  gehören,  z.  B. 
dem  Helenor  IX,  548,  der  von  der  Sclavin  Licymnia 
heimlich  entwendet,  und  nach  Troja  mit  unpassenden 
Waffen   geschickt  worden : 

Ense  levis  nudo  parmaque  inglorius  alba. 
Bemerkenswerth  ist,  dass  an  dieser  Stelle  die  parma 
weiss,  d.  h.  ohne  symbolisches  Emblem  ist;  es  deutet, 
wie  Servius  bemerkt,  die  Jugend  und  Ruhmlosigkeit  des 
Kriegers  an.  Aehnlich  ist  XI,  711,  wo  Camilla  getauscht 
durch  Orsilochus  vom  Pferde  abspringt,  und  zum  leichten 
Kampf  zu  Fusse  sich  hinstellt: 

Ense  pedes  nudo  puraque  interrita  parma. 


Diese  pura  oder  alba  parma  bildet  also  den  Gegensatz 
sowohl  zu  dem  mit  reicher  IVIetallarbeit  versehenen  cli- 
peus, als  dem  pictum  scutum.  Mit  der  parma  bewaffnet 
ist  auch  Lausus  X,  800,  der  seinen  Vater  damit  gegen 
den  Angriff  des  Aeneas  beschützt.  Jedoch  finden'  wir 
diese  Art  leichten  Schildes  zuweilen  auch  bei  grösseren 
Massen,  namentlich  XI,  610.  bei  den  Latinern,  die  wir 
uns  aber  als  schnelle,  leichtbewaffnete  Reiter  zu  denken 
haben ,  auch  693.  bei  einem  Heroen  von  mächtigem 
AVuchse,   wo   wir  es  freilich   nicht  erwarten   sollten. 

Die  vierte  Art  des  Schildes  ist  das  ancile.  Die  an- 
cilia  werden  in  geschichtlicher  Weise  VIII,  664.  erwähnt: 
Lapsa  ancilia  coelo.  Bekannt  ist  die  Erzählung^,  es 
sei  unter  Numa  Pompilius  ein  kleiner  runder  Schild 
vom  Himmel  gefallen,  und  als  man  die  Haruspices  nm 
die  Deutung  gefragt  ,  hätten  sie  geantwortet  ,  dort 
würde  die  Weltherrschaft  sein,  wo  es  sich  befinde.  Um 
daher  den  Raub  desselben  zu  verhüten,  habe  Numa  durch 
Mamurius  noch  mehrere  ahnliche  machen  lassen.  Dieser 
heilige  Schild  heisst  ancile.  Nach  Servius  trugen  die 
Augurn,  der  flamen  dialis  und  martialis  einen  solchen 
Schild  nebst  der  Trabea.  Virgil  gibt  ihn  VII,  188-  dem 
Picus. 

Eine  fünfte  Art  des  Schildes,  nur  Einem  Volke  an- 
gehürig,  ist  die  pelta.  Diese  führen  die  Amazonen  unter 
Penthesilea   I,   4' 10: 

Duett  Amazonidum  lunatis  agmina  peltis 
Penthesilea  furens 
zu  vergleichen   mit  XI,  663: 

Feminea  exsultant  lunatis  agmina  peltia. 
Servius  erklärt  sie  an  der  ersteren  Stelle  als  ganz  kurze 
Schilde  in  Form  eines  Halbmondes.  AVabrscheinlirh  ist 
also  der  kleine  Schild,  den  man  auf  etruscischen  Monu- 
menten so  gestaltet  erblickt,  die  eigentliche  Form  der 
pelta.  Die  griechischen  Feitasten  sind  als  leichtes  Fuss- 
volk    bekannt. 

Eine  sechste  Art  des  Schildes  ist  die  cetra.  Isidor 
XVIII,  12,  5.  sagt,  sie  bestehe  aus  blossem  Leder  ohne 
Holz,  und  werde  von  den  Afrikanern  und  Mauren  ge- 
braucht. Virgil  VII,  73'-.  gibt  sie  den  Oscern:  Laevas 
cetra  tegit.  Tacitus  Agr.  36-  berichtet,  dass  auch  die 
Brittanier  kurze  cetras  gehabt  hätten.  Sollte  «las  Fragment 
des  Varro  bei  INonius:  Quis  rotundam  facere  cetram 
queat?  ein  Sprüchwort  sein,  wie  es  scheint,  so  ginge 
daraus  hervor,  dass  dergleichen  Schilde   eckig   waren. 

Dr.    Lersch. 


643 


644 


Hopieri  Carmina.  RccogitovH  ei  explicuit  Friedericus 
Henricus  Bothe.  Odvsspae  Vol.  I.  lib.  I  —  VIII. 
271  .S.  \o\.  II.  üb.  I.V  — X>I.  L'7I  S.  l'ol.  III. 
lib.  X\'II  —  XXH.  Ba(ra(  liomyom.icliia.  Ilymiii, 
Jjpiframmata  et  frasfiiioiita  rariniiiuin  Epicorum  552  S. 
Lipsiae   sunitibiij   librariae   Ilaliiiianae    1834   et  35. 

Die  drei  ersten  Blinde  dieser  Ausgabe  des  Homer, 
urlrlic  die  Iliadu  riithalteii ,  sind  in  der  Srhulzeitiing 
Abth.  II.  1S33.  Mr.  KU  fl'-  lind  in  dieser  Zeitsrlirift  1,S35. 
Mr.  13  i  ff.  '■<"'  einem  anderen  Recensenten  benrtbeilt 
«ordcn ,  der  bei  dem  Beginn  der  zucitcn  Abtheiliin^ 
seiner  Benrtlieilnnjj  die  Anzeige  der  Odyssee  „anderen 
dafür  lief.'iliigteren"  überlassen  zu  «ollen  erklärte.  AV.'ire 
nicht  leicht  einzusehen,  dass  dieser  Ausspruch  nur  aus 
ilbergrosser  Bescheidenheit  hervorgegangen ,  die  «ahre 
l'rsache  lier  unterlassenen  Fortsetzung  der  Beurllieilung 
aber  nur  der  Ueberdruss  gewesen  ist,  so  würde  Reo.  bil- 
liger« eise  Anstand  nehmen  müssen,  den  abgeschnittenen 
Faden  aufzunehmen,  da  er  weit  entfernt  ist,  mit  seinem 
Vorganger  in  die  Schranken  treten  zu  »ollen.  Doch 
unter  diesen  Umständen  lässt  er  sich  nicht  durch  die 
Blitze  schrecken,  die  Herr  Bothe  am  Schlüsse  seines 
Werkes  in  gebundener  und  ungebundener  Rede  aiil  sei- 
nen Recensenten  schleudert,  und  erfüllt,  nenn  auch  etwas 
»pät ,  den  Wunsch  des  zu  frühe  verstorbenen  Gründers 
dieser  Zeitschrift,  die  Fortsetzung  dieser  Beurtheiluiig 
zu  übernehmen  ,  die  ihm  sicherlich  den  Dank  des  Her- 
ausgebers nicht  erwerben  <vird  ,  «elrher  sich  über  den 
mit  .  .  .  icp  .  .  .  unterzeichneten  früheren  Recensenten, 
obgleich  sich  dieser  mit  grosser  ftl.'issigung  durchgchends 
an  die  Sache  gehalten  hat,  mit  folgendem  Epigramm 
auslässt : 

AD  TyPHONEM. 
Quid   me   dilaceras,   Tcr^onl   Velut  .ilter   Osiris 

Aslra  petam ,  stagni  te  cohibebit  aijua. 
Illic  ranarum  mirabere  iaedia  cantus; 
Illic  plausores  quaere  tui  similes. 
Es  wäre  nicht  der  I\Iühe  «erth  ,  diese  Verse  abzuschrei- 
ben ,  —  die  in  dem  Rec.  für  Hrn.  B.  nur  den  ^Vunsch 
rege  gemacht  haben,  es  möchte  doch  der  erste  Theil 
■einer  Prophezeiung  (astra  petam)  nicht  ebenso  gewiss 
unerfüllt  bleiben  ,  als  sich  der  zweite  (stagni  te  prohibe- 
Lif  aqua)  nicht  erfüllen  wird  —  ,  wenn  sie  nicht  einen 
schlagenden  Beweis  für  den  Hnchmuth  und  die  Selbstge- 
fälligkeit des  Hrn.  B.  abg.'iben,  so  dass  man  schon  hier- 
aus abnehmen  könnte,  dass  die  au  den  ersten  B<'inden 
dieser  Ausgabe  gemachten  Ausstellungen  auch  für  die 
Fortsetzung  derselben  gelten  würden.  Da  in  der  frühe- 
ren Beurthcilung  der  .Standpunkt  der  Ausgabe  so  angege- 
ben ist,  dass  kaum  Jemand  Anstand  nehmen  miichte ,  das 
dort  ausgesprodieiie  Lrtlieil  zu  ilem  seinigen  zu  machen, 
SO  könnte  sich  Rec.  die  Sache  leicht  machen,  wenn  er 
ausspräche,  dass  wirklich  die  Fortsetzung  in  nichts  von 
den  früheren  Bänden  verschieden  sei;  doch  soll  diess  nicht 
geschehen,  sondern  vielmehr  durch  eine  genaue  und  gc- 
wiaaenhafte  Beurthcilung  des  uns  hier  vorliegenden  Thei- 
leg,  namentlich  der  Odyssee,  einem  jeilen  Leser  möglich 
gemacht  werden,  sich  selbst  eine  Ansicht  über  den  AVerth 
«der   Unwcrth   desselben   zu    bilden. 


Wir  beginnen    mit  dem  Epilogns,    der    die  Stelle  der 
fehlenden    >'orrede    vertritt.      Hr.   B.   beschwert  sich   hier 
zuvörderst   über   die   Recensenten,   «eiche   aus  seiner  Vor- 
rede  zum   ersten  Bande   der   Iliade   hätten   entnehmen  »ol- 
len,   er    habe    gar    nichts    Neues    gegeben,     sondern    sich 
bloss    auf   das    Excerpiren    des    '^'orhaiidcnen    beschränkt. 
Er   versichert   dagegen,   überall,    wo   seine  Vorgänger   ihm 
nicht   hätten   als  Führer   dienen   können,   bemüht   gewesen 
zusein,   selbst  Bahn   zu   brechen,   und  nicht,   wie  so  Viele, 
stillschweigend   über   die  Schwierigkeiten   weggegangen   zu 
sein,    damit  es   schiene,    als  verstände   er,    »as    er    doch 
selbst   nicht   verstanden    hätte.      Sein    Ilauptverdienst    setzt 
er  selbst   in   die  Handhabung  der  Kritik.      In   den   meisten 
Fällen    bedürfe    es    hier,    um   die   vielen   ^'erderbnisse   zu 
erkennen,   nur  dass   man   die  Augen   öffne,   and   sich  nicht 
durch    die    Autorität    der    Grauimatikcr    (Graeculi)    oder 
neuerer  Handschriften   blenden   lasse.      Diess  könne  Jeder; 
doch    bedürfe   es  auch  oft,   uin   das  Wahre  zu  sehen,   einer 
besonderen    Gabe    Gottes,    die    Bentlei    in    hohem   Grade 
besessen,  aber   aus   Vernachlässigung  der  Paläographic  oft 
zu   Fehlgeburten   missbraucht   habe.      Er   habe   sich    daher 
vorzüglich   durch   die   Regeln   der  Paläographie   leiten  las- 
sen,   und   sei   der  Ansicht  Jacobs   gefolgt,   der   in   der  Vor- 
rede  zur   Anthol.   Vol.   I.   p.   71.    diejenigen  verspotte,   die 
sich   mit   erträglichen  Lesarten  begnügten,   so  dass  er  wohl 
den   Namen   einer  ,,Recension"    statt  der    ,,Recognitioii" 
für  seine   Ausgabe     hätte    in    Anspruch    nehmen     können, 
was   vielleicht  die  Angriffe  der  Ivleinigkeitskrämer  (misccl- 
liones)   abgehalten   hätte.      Würden  die  Aendcrungen  nicht 
gebilligt,   so   könnte   man  seiner   Arbeit   doch   die   Neuheit 
und   Eigenthünilichkeit    nicht    absprechen.      Das   Natiirge- 
schichtliche ,    Geschichtliche,    Grammatische   und   Rheto- 
rische  habe   er  aus   den  Quellen   selbst  mit  Zuziehung  der 
neueren  Schriftsteller  erörtert.     Uebrigens   habe   er   keinen 
Vers   ungeprüft  gelassen. 

Den  ersten  Anhaltspunkt  gewährt  nns  hier  der  Aus- 
spruch des  verehrungswürdigeii  Veteranen,  ilen  Hr.  B. 
für  sein  Verfahren  in  der  Kritik  anführt.  Wir  möch- 
ten nämlich  an  sich  bezweifeln,  dass  Jacobs  diese  Ue- 
bertragung  dessen,  was  er  in  Betreff  der  griechischen 
Epigramme  ausgesprochen  hat,  auf  die  Homerische  Kritik 
billigen  würde;  vornehmlich  ist  aber  in  Abrede  zu  stellen, 
dass  Jacobs  den  Begrilf  der  verspotteten  tolerabiles  Icctio- 
nes  so  weit  ausgedehnt  wissen  will,  als  es  geschehen 
niuss,  wenn  dieser  Ausspruch  auf  Hrn.  B.'s  Verfahren 
angewendet  »erden  soll.  Er  sagt  nämlich:  „Tolerabiles 
autem  plerumquc  vocant  eas ,  quac  argutis  quibusdam 
ratiunculis  aliquos  modo  explicari  posse  videantur."  Welche 
Lesarten  rechnet  aber  Hr.  Bothe  unter  <lio  tolerabiles 
oder  vielinelir  intolerabiles?  Alle  diejenigen,  in  welchen 
er  aus  irgend  einem  Grunde  einen  Anstand  zu  findea 
glaubt.  Bald  findet  er  mehrere  unerträgliche  Amphibra- 
chen, wobei  er  keineswegs  immer  auf  die  Wortfüsse  Rück- 
sicht nimmt,  sondern  die  Silben  nach  Willkühr  da  oder 
dort  hin  rechnet;  bald  findet  er  ein  nicht  zu  duldendes 
Humoeoteicuton ,  wenn  etwa  zwei  Worte  nach  einander 
auf  y  ausgehen,  bald  nimmt  er  an  der  grammatischen 
Fügung  Anstoss  ,  bald  an  dem  Gedanken.  Und  wie  hilft 
er  nun?  Um  den  Vers  herzustellen,  nimmt  er  Umstellun- 
gen vor,  setzt  Partikeln  ein,  wo  er  sie  braucht,   und  was 


645 


040 


ist  dann  der  Erfolg?  Manrlinial  liest  sich  der  auf  Kosten 
der  Urkiindenfreiie  hergestellte  Vers  etnas  leichter;  doch 
oft  ergehen  sich  nicht  geringere  Harten,  oft  geschieht 
die  Veränderung  ohne  Iliu  ksicht  auf  die  graniniatisdie 
Richtigkeit,  oder,  ho  der  Sinn  beanstandet  wird,  zeigt 
■ich,  dass  bei  richtiger  Beachtung  des  Zusanimenliaiiges 
die  ursprüngliche  Lesart  allein  richtig,  oder  wenigstens 
eben  so  gut  als  das  dafür  Eingesetzte  ist;  kurz  man  erhalt 
für  eine  lectio  tolerabilis  eine  vis  toterabilis  oder  intole- 
rabilis. 

Wir  wollen  die  Belege  zu  dem  hier  Ausgesprochenen 
aus  der  ganzen  Odyssee  nach  unseren  Notaten  zusamnien- 
■tellen,  ohne  in  einem  einzelnen  Falle  Vollständigkeit 
der  Angaben  zu  bezwecken.  Auf  die  paHiographischcn 
Nachweisungen,  auf  die  sich  Hr.  B.  nach  dem  oben  An- 
geführten viel  zu  Gnte  thut,  werden  wir  dabei  kaum 
irgendwo  einzugehen  haben,  da  diese  einer  Conjectur, 
wenn  ihre  ünhaltbarkeit  aus  anderen  Gründen  ,  oder  die 
Richtigkeit  der  Lesart  der  Handschriften  nachgeiviesen 
ist,  nicht  aufhelfen  kiinncn.  üebrigens  ist  noch  zu  be- 
merken, dass,  wo  wir  es  nicht  besonders  angeben,  die 
Aenderungen  nicht  in  den  Text  aufgenommen,  sondern 
nur  durch  ein  Sternchen  (*),  als  Zeichen  der  Verderb- 
niss,  ror  dem  ^'erse  angedeutet  sind  ;  welches  Verfahren 
einen  Anspruch  auf  Nachsicht  in  der  Beurtheilung  be- 
gründen würde,  wenn  sich  nicht  Hr.  B.  in  den  meisten 
Fällen  so  bestimmt  über  die  ünhaltbarkeit  der  Lesart 
ausgesprochen  hatte,  dass  er  sie  criticis  male  feriatis, 
und  was  sonst  noch  für  Ausdrücke  der  Art  vorkommen, 
zuschreibt. 

Von  der  allzngrossen  Strenge  des  Hrn.  B.  gegen  die 
Amphibrachen  ist  schon  in  der  früheren  Recension  aus- 
führlich gesprochen  worden;  wir  haben  daher  hier  nur 
einige  Stellen,  wo  solche  boanslandet  werden,  zusammen 
zustellen.  Wir  stossen  hier  zuerst  auf  /rf'  275  und  279, 
wo  die  Aenderungen  in  dem  Text  nicht  angedeutet 
»ind.  An  der  ersteren  Stelle  heisst  es  in  der  Note: 
„eneira  tokna.  amphibrachi  duo,  quorum  alterum  lucri- 
facias  scribendo  «Tf/r'  siok-na ,  at  si'or/.a,  ei'uj^a,  f/Ä);'- 
Xoi'da,  i'.  ann.  ad  II.  j! ,  4  Cf',  244  etc.",  an  welchen 
Stellen  Hr.  B.  auch  Amphibrachen  ausmerzt  und  dafür 
einen  Ausspruch  Vossens  in  seiner  Zeitmessung  der  deut- 
schen Sprache  S.  I5().  anführt.  Doch  wird  hier  wohl 
ej  nsir'  st  \  okira  schöner?  und  wo  findet  sich  sonst 
eiokna'i  ja,  wo  findet  sich  das  zur  Begründung  angeführte 
ff'o««?  Buttmann  Lexil.  l.  S.  2')4.  sagt:  dliöoixa  kiinnfe 
wohl  li'oiy.a  begründen,  wenn  es  da  wäre.''''  Euo9a 
erklärt  er  das.  u.  ausf.  Sprachl.  I.  S.  116.  als  Zerdeh- 
nung  von  siSa,  »vonach  ein  Schluss  auf  stoXlta  nicht 
gestattet  ist.  Wollte  man  aber  hierfür  etwa  eine  andere 
Erklärung  geltend  machen,  so  wurde  e'no&a,  il/jjkoi'9a 
für  das  analog  gebildete  Perfectum  von  'iknut  eine  Deh- 
nung des  o  fordern.  Zur  anderen  Stelle  lautet  die  Note: 
„ovöe  I  ae  Träy^U  |  yefir,Tli  |  'Oc>.  etc.  numeri  uniformes, 
dcbiles(jue  in  re  gravissima,  hoc,  ni  fallor,  dixerat  Hom. : 
ovde  o-c  Tcäyxi'  1  'Odvoaijoc  jiijzii  iTQoWkonTev.  vul- 
garis ordo  placuerit  incogitantibus  librariis."  Allein  ist, 
um  den  Hrn.  B.  sonst  so  anstössigen  Gleichklang  in 
O  (  dvoor,  I  o;  fin  I  TIC,  nicht  hervorzuheben,  die  in  dem 
Vorgeschlagenen    aufgegebene   Cäsur    im  dritten  Fusse  so 


ganz  unbedeutend?  Man  wird  uns  entgegenhalten,  der 
dreisilbige  Name  diene  zur  Entschuliligung.  Doch  ist 
«nhl  zu  beachten,  dass  in  solchen  Fallen,  xumal  wo  der 
Rhythmus  „in  re  gravissima"  ein  gehaltener  sein  soll, 
der  zweite  Fuss  eine  männliche  Casur  zu  haben  pflegt; 
in  keinem  Falle  dient  es  aber  zur  Schönheit  des  Verses, 
wenn  die  weibliche  Casur  daselbst  nach  einem  trochai- 
schen  Worte  eintritt.  Gleiches  liesse  sich  für  die  weib- 
liche Casur  im  dritten  Fusse  geltend  machen;  und  so 
liesse  sich  dann  erklaren,  warum  sich  gerade  vor  dieser 
so  oft  Amphibrachen  finden.  Hr.  B.  ist  freilich  anderer 
Meinung,  da  er  p  521.  zu  den  Worten:  0}i  ! ui.  y.Eivoc, 
Icffkye  bemerkt:  „malim  iK'^kyf ,  quo  gravins  accidat, 
totam  versus  regionem  explens,  iVi/.yf."  Doch  wird  diese 
Betrachtung  jedenfalls  dahin  führen,  dass  man  Aus.sprüche, 
wie:  „talia  sine  libris  corrigas"  vergl.  Note  zu  o',  241, 
in  allen  solchen  Fallen  zurückweisen  muss.  Auch  tritt 
hier,  wie  y.' ,  14  /-i>]ra  |  dt  no.vTU  \  (flkei  ^it  und  p', 
275,  i;£  I  au  ■ji()u~)TOC,  j  ioik9e\  der  oben  erwähnte  Fall 
ein,  dass  die  Amphibrachen  keinen  AVortfuss  für  sich 
ausmachen.  Wenn  aber  y  ,  292.  für  jj^i  y.v  \  dojitg 
i  I  vaiov  vorgeschlagen  wird:  'tv9a  -xv  |  öiDvec,  \  va.iov, 
HO  dient  es,  gewiss  nicht  zur  Verschönerung  des  Rhyth- 
nms.  Ferner  ist  es  nicht  zu  billigen,  wenn  Jt  ,  48,  t  ,  59 
und  102  statt  tvda  xa^iCc^'  tTTf/ra  vorgeschlagen  wird 
iv^'  ey.adeCiT:'  ineira,  da  nach  Buttmann  Lexilog. 
!•  63.  11.  diese  Art  des  Augmentes  nur  der  späteren  Zeit 
angehört. 

Auch  ausserdem  äussert  Hr.  B.  hier  und  da  eigene  An- 
sichten über  den  Rhythmus,  die  sich  gar  nicht  recht  mit 
einander  vereinigen  lassen.  /. ,  597  muss  er  selbst  die 
Amphibrachen  passend  finden,  um  das  Hüpfen  des  hinab- 
rollenden Steines  zu  bezeichnen  ;  a  ,  23'S  lässt  sich  die 
Bemerkung  wohl  hören,  dass  das  Umkommen  der  Freier 
durch  das  gebrochene  und  schwaclie  Metrum  bezeichnet 
Hcrde,  wenn  er  auch  falschlich  behauptet,  dass  Homer 
statt  dessen  hätte  sagen  können:  ui  b'  evroade  douof, 
klkvoixo  ök  yv'M.  iyaOTOV.  vergl.  Buttmann  ansf. 
Spr.  g.  98.  Anm.  15.  16.  Wenn  er  aber  zu  ö',  139 
bemerkt:  „TToA/a  |  8'  dtarri^c'}.!  |  fQfto.,  —  numeri 
pravi  in  re  prava  dicenda,  nee  ponenduni  dTua^u/xt  ^lia 
cxdusis  amphibrachis,  quos  alias  fugiunt  poetae",  so  muss 
man  fragen,  ob  denn  hier  wirklich  eine  Üebereinstim- 
mung  zwischen  dem  numerus  pravus  und  der  res  prava 
stattfindet,  und  ob  nicht  diese,  wenn  sie  wirklich  durch 
den  Gang  des  Verses  ausgedrückt  werden  sollte,  ganz 
andere  Rhythmen  erforderte,  als  diese,  welche  eine 
hüpfende  Bewegung  oder  eine  zerfallende  Schwäche  aber 
nicht  die  Ünbändigkcit  des  Frevlers  bezeichnen  können.  — 
v',  239  wird  statt:  oi-roj  iujvv(.id(i  iarir.  iaaai  de  f^i/i' 
fidka  nokkol  vorgeschlagen:  iijz' .  i'auoi ,  weil  5  Verse 
mit  weiblicher  Cäsur  auf  einander  folgen.  Allein,  da 
Athene  (vergl.  v.  222  f-  ävbql  öiuai;  ii'xvia  veu),  (tt/- 
ßo)TOQt  i^iikujv ,  IlavaTidhi))  als  ein  zarter  Jüngling 
vor  Odvsseus  erschien,  so  musste  sie  auch  eine  zarte, 
sanfte  Sprache  führen,  was  durch  die  weiblichen  Casuren 
eben  bezweckt  wird.  Dass  bei  Homer  unseres  Wissens 
nirgends  vor  i'oaotv  eine  Elision  stattfindet,  dagegen  im 
folgenden  Buche  (£',  S9  oder  91-)  in  den  M'orten  :  oi'de 
dt  xai  XI  i'oaac  (wo  Hr.  B.  oi  öt  lovjq  ti  'iacoi  schrei- 


647 


648 


beo  will)  sofar  das  ZiisammenirpfTm  zweier  i  des  Di- 
gamin.i  «pjen  nicht  (jescbeuet  h  iril  ,  »oiiarh  hier  eOTi. 
lOCiOi  zu  srhreibpii  ».'ire,  »Killen  »ir  nicht  orgiren,  da 
Hr.  B.  »enijfstens  die  (.>',  öj'O  von  ihm  citirte  Stelle 
Hesiod'«  (Opp.  4'1.)  für  sich  anführen  kann.  —  Wenn 
ö',  S3  statt:  ai  y.Fv  a  oi-roi  vr/.rioTj,  x^eiaatuv  TS  '/£- 
viral  vorgeschlagen  uird:  ai  y.i  OS  vixi-aTj  ouroq, 
was  sich  auf  den  ersten  Anhlirk  durch  die  Ccisur  im 
dritten  Fn.sse  empliehlt,  so  ist  es  doch  nicht  zu  billigen, 
da  die  Scheidung  der  durch  den  Sinn  gebotenen  Theile 
des  Verses  den  Hanpteiuschnitt  im  vierten  Fusse  fordert, 
und  der  Rhythmus  des  Verses  keineswegs  so  schleppend 
ist,  wenn  das  durch  den  Gegensatz  hervortretende  ovTug  ge- 
hörig betont  «iril.  —  o',  334.  nimmt  Hr.  B.  Anstand  an 
dem  rein  spondeisrhen  Verse:  oitov  y.aX  y.o£iv)V  ijS' 
011  Ol'  fitTjoi^aOl ,  obgleich  sich  für  diesen  einförmigen 
Rhythmus  etwa  sagen  liesse,  dass  das  immer  gleiche 
Schmauss*n  der  Freier  dadurch  ausgedrückt  würde;  er 
schlagt  daher,  doch  ohne  Zeiclieu  einer  Verderbniss  im 
Texte,  oituii/  vor;  ebenso  t  ,  L.'4t.  zur  Vermeidung  des 
Spondeus  im  fünften  Fusse  d'-iioSi  und  X ,  36  u.  (iO  mit 
Bezeichnung  der  rernieintlichen  Verderbniss  ,4tot.o9l. 
Das  Suffix  —  dl  gilt  doch  sonst  nur  als  Localendunf, 
vergl.  Kühner  §.  2(15;  Thiersch  (g.  164-  10.)  und  Butt- 
manu  (II.  273-)  betrachten  die  damit  gebildeten  For- 
men geradezu  als  Localadrerbien.  Suchen  wir  nun  bei 
Hr.  B.  selbst  Belehrung  darüber,  was  solche  Formen  für 
den  Genitiv  zu  brauchen  berechtigt,  so  werden  wir 
(x,  3(i)  auf  II.  y,  3,  O,  66  »erwiesen,  wo  wir  an  der 
ersten  Stelle  ovoavöS^i  ttqo  finden,  mit  der  Erklärung 
des  Scholiasten  -kou  toü  oi'oavor;  in  der  zweiten:  iKiov 
TtQOTaouidev,  wo  Bentlej-'s  und  Heyne's  Vorschlag, 
IkiÖ9i  zu  lesen,  mit  einer  Verweisung  auf  a  ,  20i,  t , 
440  («o  nur  von  der  V^erlängerung  des  zweiten  l  in 
'T/.lov  die  Rede  ist),  zweifelhaft  gelassen  wird.  Wir 
müssen  also  die  Annahme  einer  solchen  Genitivfurm  als 
eine  ganz  unbegründete  Willkürlichkeit  betrachten.  Gehen 
wir  auf  die  einzelnen  Stellen  ein ,  so  muss  man  sich 
wundern,  dass  ^',  241  ,  wo  das  noch  am  ersten  erträg- 
liche di'Liotfl  vorgeschlagen  wird,  der  Spondeus  im  fünf- 
ten Fusse  gewaltsam  vertilgt  »verden  soll,  während  Hr.  B. 
an  andern  Stellen  ihn  selbst  hineincorrigirt.  So  /,  212, 
wo  er,  nm  die  von  Barnes  ohne  Analogie  angenommene 
Form  y«  zu  vermeiden  (die  von  Wolf  und  Passoiv  ange- 
nommene Schreibart  i  ui.  übergeht  er  ganz),  in  der  Vor- 
aussetzung, dass  die  mittlere  Svibe  von  rj'a  lang  sei,  was 
nach  Passo»v  dahin  zu  berichtigen  sein  wird ,  dass  sie  in 
der  %'ershebung  lang  ist,  in  der  Senkung  aber  kurz,  — 
vorschlagt,  hier  und  e',  2()t)  ir  (V  iji'a  ( —  —  |  —  ii) 
zu  schreiben,  wodurch  der  Rhythmus  offenbar  verdorben 
wird.  In  den  beiden  andern  Stellen  (x,  36  und  (iO) 
mOchte  das  o  in  Aiot.ov  als  alleinstehende  Kürze  in 
einem  Eigennamen  ,  zumal  bei  dem  leicht  zu  verdoppeln- 
den /,  nicht  zu  beanstanden  sein.  —  Gegen  einen  ver- 
meintlichen Trochäus  kämpft  Hr.  B.  «',  122  an,  in  dem 
Worte  tj'/uucrt^f  ( —  —  |  —  i,),  wo  er,  wahrscheinlich 
durch  das  2  Verse  vorher  stehende  dyuaode  (ru  |  —  v) 
irre    geführt,    das    erste  a    als  Kürze    betrachtet,    da    er 


doch  in  der  "Noic  e,  69  (2  Seiten  vorher)  tjydaar^e  mit 
i)ijOiujaa  zusammengestellt  und  Thiersch'»  Gramm.  §.220. 
70  citirt,  die  Lange  also  anerkennt.  —  Auf  eine  ähn- 
liche Weise  nimmt  Hr.  B.  einen  Trochäus  an  in  den 
bekannten  Stellen,  wo  uto'i  mit  einer  darauf  folgenden  kur- 
zen Sylbe  einen  Versfuss  ausmacht,  »vesshalb  Hermana 
Elem.  doctr.  metr.  S.  .W  f.,  Thiersch  Gr.  g.  168.  10. 
Anm.,  Bnttmann  ausf.  Spr.  II,  S.  2''^2  anuehmen  ,  es  sei 
Sioi  zu  lesen.  Diese  Ansicht  ignorirt  Hr.  B.  Er  nimmt 
tujc,  für  einsvlbig.  Der  so  entstehende  Trochäus  muss 
nun,  da  nach  seinen  metrischen  Grundsätzen  dieser  Vers- 
fuss wohl  in  der  ersten  Stelle  des  Hexameters,  aber  sonst 
nicht,  vorkommen  darf,  weggeschafft  »verilen.  Er  schreibt 
also,  und  zwar  im  Texte  ?/,  280  und  i ,  233  iuji  iTt/fjk- 
dov  und  ft/j;  ertir^^E  ( —  ii  i»  1  —  v).  An  ersterer 
Stelle  beruft  er  sich  auf  SiaetTteiiev,  6',  215;  an  der 
zweiten  auf  /,  122  ■/.axmn'iS'cat  und  214  ■e:Ti(tftevov. 
Doch  sind  diese  3  Verba  solche  ,  bei  denen  sich  Spuren 
des  Digamma  finden.  Bei  7;k9ov  sind  aber  unsers  Wis- 
sens keine  vorhanden;  es  lässt  sich  also  von  jenen  Ver- 
ben auch  nicht  auf  dieses  schliessen.  Es  darf  übrigens 
nicht  befremden,  dass  das  Digamma  hier  so  unbeachtet 
geblieben  ist;  denn  Hr.  B.  beachtet  es  überhaupt  nur, 
wo  es  ihm  genehm  ist.  So  zu  «',  33.1,  um  CuCfO^  von 
C,Evl>  abzuleiten,  zu  6  ,  410,  um  öXoffvna  zu  erklären, 
zu  if,  123  um  9£/XÖ7re8ov  als  gleich  mit  eikoTtsdov 
za  er»veisen,  za  l ,  360  zur  Begründung  der  Aenderung 
(öc,  (pdx-  ära^j  oi,  die  auch  Thiersch  Gr.  S.  230  Anm. 
vorschlägt.  Aber  a,  183  ist  keine  Rücksicht  darauf  ge- 
nommen, dass  in  TcXiujv  das  £  durch  das  Digamma  ver- 
längert sein  könnte,  wo  für  die  vorgeschlagene  Dehnung 
in  Tikci'ajv  die  contrahirte  Form  nKiid''  vyoa  y.eXevi^a 
angenommen  »vird !  —  fu\  78  glaubt  er  ye'r'  eeiyocri  für 
TS  ssiy.OTi  des  „foedus  hiatus"  wegen  annehmen  zu 
müssen,  (> ,  327  lässt  er  aber  'OSvacrija  £Sixo(Ttuj  un- 
beanstandet. T  ,  ,327  berücksichtigt  er  nicht,  dass  in 
V.uy.a.  siiisvo^  der  Hiatus  durch  das  Digamma  aufgehoben 
wird  und  conjicirt  y.ay.a  i^usvo^,  wo  dieses  nicht  der 
Fall  ist.  Gegen  diese  Vermuthung  ist  noch  zu  bemerken, 
dass  ycty.a  bei  Homer  kein  Adverbium  ist,  das  ohne 
Weiteres  zu  allen  Verben  gesetzt  werden  kann  ,  sondern 
nur  da  seine  An»vendung  findet,  wo  sich  ein  Aceussativ- 
verhältniss   nachweisen  lässt. 

(Fortsetzung  folgt") 


Personal-Chronik   und  Miscellen. 

N  .lUinhiir^'.  Der  bejahrte  Ortlin.niius  der  füntlen  Cla.ssc 
des  hiesigen  Donigyinnasiimis  ,  Job.  Christ.  Elirrnliied  1!  ii  c  h - 
bindcr,  ist  zu  Oslcrn  dieses  Jalircs  in  den  Rulust.ind  versetzt 
und  seine  Lecliunen  von  dem  Dunicapilel.  als  diiii  Patrone 
der  Anstalt,  dem  Hen.  Dr.  Constantin  M  a  1 1  li  ii»  übertragen 
worden.  —  \usser  dein  Rector  Förlsch  nnd  ilein  Oonipredigei 
Heizer  unterrichteten  im  veiflosscncn  Scliuliahre  .Mii  Gymna- 
siiini  10  Lehrer,  Conrcctor  Ilieronym.  M  ii  1 1  e  r ,  Conrcctor  M. 
Sclnnidt.  Snhieclor  Dr.  Liebul.lt,  Malhcniat.  H  ii  Isen  ,  Col- 
laboralor  B  u  c  li  I)  i  ii  de  r  ,  Canlor  Claudius,  Lcctor  G  o  1  le  r  , 
Dr.  Mallhia,  Dr.  Brcitcnbacli,  Candidat  Hetzer.  Veij;!. 
S.  632. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch,   10.  JuU 


18  39. 


Nr.  82. 


Homeri  Carmina.  Rerognovit  et  explicuit  Friedericus 
Henricus  Bothe.  Odysseae  Vol.  I.  IIb.  I  —  VIII. 
271  S.  Vol.  II.  lib.  IX  — XVI.  271  S.  Vol.  III 
lib.  XVII  — XXIV. 

(For  ts  etzung.) 

Hatie  Homer  „male  collocatus,  infimo  loco  sedens", 
wie  x«xa  ii/isvog  erklärt  wird,  ausdrücken  »ollen,  so 
hätte  er  gewiss  eine  andere  Wendung  genommen.  Wenn 
ferner  als  Grund  der  Aenderung  angegeben  wird,  dass 
Pcnelope  iui  ^Vorhergehenden  keine  Kleider  fersprorhcii 
habe,  so  verstanden  sich  diese  fiir  den  in  Lappen  gehiill- 
ten,  als  Bettler  verkleideten  Odysseus  von  selbst  unter 
dem  „TTO^Äct  öoi^pa"  (v.  3|0),  und  Eum.'ius  sagt  p,  b->7, 
wo  er  den  Auftrag  der  Penelope  ausrichtet,  ausdrück- 
lich; eacrti  ae  xk'^ivav  ts  jituiva  -rf,  tiov  ai<  f^id- 
Xiaia  XoifiCilC-  Man  vergleiche  auch  noch  (f',  339  und 
t',  79  (wo  Hr.  B.  ohne  Grund  ^UV  für  fiiv ,  an  der 
ersten  Stelle  in  den  Noten,  an  der  zweiten  sogar  im 
Texte,  schreibt).  —  Selbst  in  Pronomen  ov,  oi,  e,  wird 
das  Digauima  oft  nicht  beachtet.  So  ^',  114,  wo  er  ans 
andern  Gründen  ijd'  Ol  für  ii  oi  schreiben  zu  müssen 
glaubt  und  dann  hinzusetzt:  „ita  etiani  hiatus  aufertnr." 
An  zwei  andern  Stellen,  Cf ,  54  und  1p,  101  bezeichnet 
er  bi  als  Kürze,  obgleich  oi  darauf  folgt.  In  der  Aen- 
derung tVx^'  Ol  für  sv\^a  oi  (  w',  2118)  fände  nach 
Thiersch's  Gr.  §.  158.  6.  nicht  eigentlich  eine  Vernach- 
lässigung des  Digamma  statt,  zumal  da  dem  Digamma  in 
oixos  (das  jedoch  weniger  permanent  ist,  als  in  ot  )  sein 
Recht  verschafft  wird;  doch  ist  die  Ansicht  des  Hrn.  B. 
aus  seiner  Bemerkung:  „malim  suaviore  sono,  nee  de- 
properato  pronomine:  sv9'  oi  oiy.oi;  hjv^''  nicht  deutlich 
zu  ersehen.  —  Ifiine  Gelegenheit,  das  Digamma  bei  dem 
Pronomen  possessivum  der  dritten  Person  zu  besprechen, 
hatte  sich  r',  400  bei  l}l>yaT6goi  r;^  ergeben,  wo  die 
ganze  Note  ist:  „ut  9vyai£oa  i]V  II.  /.'?  ubi  v.  ann." 
Hr.  B.  überlässt  also  dem  Leser  im  ganzen  Buche  X, 
die  Note  zu  suchen,  auf  die  er  verweist,  als  wäre  die- 
ses nicht  seine  Sache  gewesen.  Hat  man  den  Vers  "226. 
wirklich  gefunden,  so  ist  die  dabeistehende  Note:  „239, 
£,  371."  In  „'39  könnte  man  zweifelhaft  sein,  ob  illi 
Ol  oder  ujoxe  )i^  gemeint  sei,  wenn  nicht  bei  dem  letz- 
teren in  der  Note  „226"  stände.  II.  £,  371  findet  man: 
1,«',  416.  d' ,  4S2."  An  der  letzteren  Stelle  steht  ai'- 
ystgog  oj^  mit  Verweisung  auf  y  ,  2-      Dort  finden  sich 


bei  OQVt^tg  Uli;  Verweisungen  auf  3  Stellen ,  wo  diese 
Anastrophe  sich  auch  findet,  und  auf  unsere  Stelle. 
a,  416  heisst  die  Note:  „iniku  producta  posteriore,  de 
quo  V.  Th.  p.  17.S. "  Wer  die  zweite  Auflage  der 
Thierschischen  Grammatik  hat,  muss  erst  §.  147.  10  die 
Stelle  über  iiäka  (p.  215)  suchen.  Vom  Digamma  aber  er- 
fahren wir  Nichts.  Diess  als  Muster  für  die  »rweisun- 
gen  des  Hrn.  B.  —  Doch  wir  kehren  zum  Trochäus 
zurück,  der  durch  fwc  und  eine  kurze  Sylbe  entstehen 
soll,  t',  367  f.  nimmt  Hr.  _B.  Anstoss  au  ä()ui/^svoi 
iuic,  hoio  n^üäc,  T«  kinaoöv  und  schlagt  vor  uJ?  üv 
'i/.oio  oder  si  av  txoio,  wo  ihm  das  ai/  als  blosse» 
Flickwort  dient,  wie  aus  dem  für  ei  av  ixaio  angeführ- 
ten Beispiele,  Kioffow'  sl  Ssl^StS  TCÖklV  (C',  144)  deut- 
lich hervorgeht.  Uebrigens  möchte  es  nicht  gerathen 
sein,  solche  Eigenheiten  des  Ausdruckes,  wie  tioQ  als 
Absichtspartikel  in  der  Odyssee,  so  ohne  Weiteres  zu 
vertilgen,  wie  Hr.  B.  vorhat,  wobei  ihm,  wahrend  er 
ö\  800,  nach  einer  Handschrift  (A.  2)  und  alten  Aus- 
gaben,  und  ^',  80  ohne  Angabe  einer  Autorität  e'inuii 
schreibt,  von  den  bei  Passow  angeführten  Stellen  zwei 
entgangen  sind,  £,  386  und  /,  376,  bei  denen  er  Nichts 
bemerkt.  An  der  andern  Stelle  ip' ,  151  können  wir, 
wenn  wirklich  die  Uebereinstimmung  der  Handschriften 
für  uCpQ  UV  'i'y.ofro  so  gross  ist,  dass  sich  fw^'  iy.oiTU 
ausser  bei  Eustathias  nur  in  einer  Handschrift  (A.  3) 
findet,  es  nicht  tadeln,  dass  otfo  uv  aufgenommen  wor- 
den ist,  da  sich  der  Sinn  denken  lässt:  „bis,  wenn  er 
noch   käme,   dieser  Fall  einträte." 

An  einer  andern  Stelle  (/,  283)  A'i'«  (liv  f^ioi  y.ar- 
ea^e,  will  Hr.  B.,  indem  er  vea  nur  als  2  Kürzen  mes- 
sen zu  können  glaubt,  wodurch  sich  ein  Anapäst  ergäbe, 
selbst  einen  Trochäus  in  den  Vers  corrigiren  ,  indem  er 
vi)a  fiQl  y.atia^ev  {vm  nach  A.  1.  und  Schol.)  vor- 
schlägt, weil  er  glaubt,  der  Trochäus  sei  im  ersten 
Fusse  ohne  Weiteres  zu  gestatten  ,  den  er  u.  A.  II.  i, 
392  in  o.r^s  oi  t  ETtEoiy.B  zu  finden  glaubt,  wo  doch 
des  Digamma  wegen  ein  Spondeus  ist.  Auch  im  Uebri- 
gen  findet  sich  aber  der  Trochäus  nicht  ohne  besondere 
Nöthigung  oder  eine  Entschuldigung  durch  die  Aussprache, 
wie  II.  (p  ,  368  nok'ka  haaa^isvoi,  wo  das/*,  als  ver- 
doppelt zu  sprechen  ist.  Hr.  B.  geht  aber  so  weit,  dass 
er  in  dem  ersten  Fusse  auch  einen  Tribrachys  annehmen 
zu  dürfen  glaubt,  was  schon  in  der  früheren  Beurthei- 
lung  zurückgewiesen  worden  ist.  Desshalb  glaubt  er 
(',  425    statt    ä^Otvti;    Üiti   1]0UV ,    wo   anzunehmen  ist. 


651 


652 


ilas  o  sei  durch  das  Dijjamma  in  oif,"  verlängert  (»ergl.  auf  die  Ilanilsrhriften  Rücksicht  zu  nehmen?  Wir  wollen 
Thiersch  Gr.  §.  l(il.  '>.  und  157.  1.  b.),  lesen  zu  diir-  einige  Stellen  dieser  Art  zusammenstellen,  um  zu  zeigen, 
fen:  öiei  {v  vv)  äocrcre;  ijOav.  Dass  aber  Nla  iilv  dass  auch  hier  Hr.  B.  oft  Verderbnisse  zu  erblicken 
nicht  als  Anapäst  zumessen,  sondern  via  durch  Svnizese  glaubte,  wo  keine  sind,  und  keineswegs  consequent  ver- 
einsvlbig  zu  lesen  sei,  hätte  Hr.  B.,  da  er  das  auffallen-  fahren  ist.  «',  123  soll  statt  jaiiJS  ,  ^£iv€  gelesen  wer- 
den; X"'o'  w  ^£i''£.  y,  Si)  wird  T(JU)atv  Troke^il^ojv 
in  7p(uoi  JlToKil^tt^MV  verändert.  In  ,1',  267  nucp' 
-•/ofo^  (fiXoiijTO';  tvoTECfdiiot'  t'  '  /(fooSiTjji;  soll  we- 
gen des  Honioeo^eleuton  und  wegen  Häufung  der  Genitire 
nach  der  Heidelberger  Handschrift,  dem  Scholiasten  und 
lesen    ist,    er   vor,     indem      einer  alten   Ausgabe,  die  Buttniann   benutzte,    (fiXoTtJra 


geschrieben  werden.  Zu  t  ,  ll)fi  heisst  die  Kote  :  ,,sunl 
haec  quidcm  ferenda,  ut  similia  satis  niulta ,  sed  narum 
placent,  cum  propter  interruptum  sine  causa  idonea  cur- 
sum  orationis,  tum  propter  homoeotclcnton  utytor  äoxov 
iX^V.  Utrique  incommodo  mcdearis  ita  scribendo:  — 
ßr,v  äffC-fj,  uiyeov  doy.uv  i;^«;)'"  etc.,  wo  das  uua.p 
offenbar  höchst  gezwungen  ist.  —  Ä,  91  und  568  soll 
liir  xi't"(:<J''  ay.iJjiToor  tj^wi'  (i^ovra)  ,,ne  honioeotc- 
Icutis  obtundamur"  gelesen  werden:  ^gvcrou  trxijlToov. 
In  der  Note  heisst  es:  „de  hoc  usu  genitivi  dictum  est 
ann.  ad  £  ,  72  et  II.  z  ,  262."  Rec.  schlug,  in  der 
Hoffnung  Belehrung  zu  finden,  die  ersteren  Stellen  nach 
und  fand:  ducfi  Ö£  k£liiujr£g  fxakuvtoi  lov  l'jöe  oeXi- 
vov  Or^keov,  mit  der  Note:  „ut  y.vva]  ^ti'OV ,  x' ,  262, 
nbi  V.  ann."  An  dieser  Stelle  fand  er  y.uvirjv  .  .  . 
{)ivoo  7tOLl]T1]V  mit  der  Note:  ,,4'z  ^ivov  Matth. 
§.  375.  2."  AVahrscheinlich  ist  hiermit  in  der  zweiten 
Ausgabe   ^.  374.   b.   gemeint,    wo  aber  von   Homer  keine 


dere  xottt  (vergl.  Buttni.  aiisf.  Spr.  I.  p.  110)  als  ein- 
svlbiges  AVorf  in  demselben  Buche  v.  347  nicht  beanstan- 
det,  wohl  zugegeben,  wenn  er  nicht  überhaupt  eine  ge- 
wisse  Abneigung  vor   der  Synizese   hätte. 

Dieser  gemäss  schlägt    er    an    vielen  Stellen,    wo    £o 
durch    S>nizese    einsvibig 

er  sich  dadurch  von  den  Kritikern,  die  sich  nach  Buttm. 
Ij  S.  110  a.  „hierin  mehr  oder  weniger  vor  Willkürlich- 
kcit  scheuen"  ausschlicsst ;  so  d,  ööü,  w,  323  und  337 
und  sonst  öfters.  Aus  demselben  Grunde  möchte  er 
o-  ,  247  für  -kK£OV£^  •/.£  ^ivr^arfioBO,  gelesen  wisien: 
TT/ciurei  «)■  f<i'.;  );,  2(jl  und  ^'  28<)  steht  statt:  älX 
6t£  dl-  uySoor  ( —  — )  fioi  eTTiTiXö/ternv  troc  ijkd^e 
(vergl.  Buttm.  ausf.  Spr.  I.  S.  110)  im  Texte:  äkk'  6t£ 
dri  fiot  £rT/7rkou£rov  £TOi  uyöoov  tikd-e.  An  der  er- 
steren Stelle  wird  auf  A.'  fd.  i.  II.  V)  138  verwiesen, 
wo  sich  noch  zwei  andere  Vorschläge  linden:  dkk'  ovs 
ö'  oyduoi  lioi  oder  <V  oydöaruv  fwi.  &' ,  5()()  wird 
To'/n^  statt  rrULtUi  verlangt,  i  ,  44  wird  Nichts  frpau- 
dert,  aber  in  /;!  w';^£rt-  xot  ein  Anapäst  statt  des  Spon- 
deus  oder  Daktylus  angenommen,  was  nicht  zu  hart  sein 
soll.  Nicht  ohne  Grund  nimmt  Hr.  B.  v  ,  194  Anstand 
an  der  dreisylbigen  .Messung  von  äkkotiÖEa;  doch  schlägt 
er  einen  falschen   Weg  ein,   wenn   er  bemerkt  ,,A.   3  dk- 

KOiSka  ab  dk/.oi'öijg  .  .  .  <|UPmadmodum  et  t}l:oidrji;  Svibe  zu  finden  ist.  Das  ist  eine  treffliche  Beweisfüh 
pro  itSoeiÖij;  dici  po.ssc  ait  Buttmannus  Lexilog.  2.  pag.  ruiig,  drei  verschiedenartige  Stellen  zusammenzustellen, 
270,  minueretur  autem  hac  scripfura  durities  metri."  Sieht  nnd  zum  Beweis  der  Richtigkeit  eine  Stelle  aus  der 
man  nämlich  die  angeführte  Stelle  nach,  so  lindet  sich  Grammatik  anzuführen,  die,  genau  genommen,  auf  keine 
dort  etwas  ganz  Anderes,  was  Hr.  B.  mit  Unrecht  un-  passt.  —  /.' ,  4S5  wird  für  dy.uxtCcv  '.^X'kksr  vorge- 
bearhtet  gelassen  hat,  und  zwar:  Unsere  Stelle  stände  schlagen:  dy.ax^C,E  Ax-  —  v,  140  £viivad£vli;,  oiov 
jetzt  der  Behauptung,  dass  v'/fof/»?;/^  wegen  des  Digamma  ££i:ra^  für  hlTTE^;.  —  o' ,  36  ist  der  ^''orschlag,  für 
nicht  zusammengezogen  werden  konnte,  entgegen;  aber  ainug  £:n:ijv  Tlgojrijv  dxrijv  'IdaXK<;  dcfi'xijai  zn 
im  cod.  Harl.  stände  (statt  (fiinia-y.STu)  (faiv£To,  was  schreiben  tComtov  ,  nicht  geradezu  zu  verwerfen,  zumal 
wohl  aufzunehmen  wäre,  so  dass  man  lese:  dkkoF  |  da  er  sich  auf  eine  im  Seherischen  Index  angeführte 
Fiit)i(/.  I  (f.t'.'Vtio.  Darauf  fährt  Buttmann  fort:  „Noch  Variante  bezieht.  Ein  .\bschreibcr  konnte  hier  aller- 
mcrke  ich  an,  dass,  wenn  ja  'j£0£l6)]Z  zusammenge-  dings  leicht  fehlen,  aber  wohl  nur  aus  >"ersehen,  nicht 
zogen   werden   könnte^    i)sovÖv,i    unrichtige    Form    wäre,      weil   er    auf  ein   Ilomoeoteleufon   ausgin<; ,    wie    es   in   der 

Note  heisst.  —  :r',  37'S  bemerkt  Hr.  B.  zu  den  Worten: 
dkk!  drrourji'fjEt ,  igist  ö  £v  Ttdcriv  dvaard;:  ,,maliin 
sine  hnmneoteleuto:  ditof^iiniasiv ,  quamvis  id  y.oiv(>T£- 
QOV  videatiir  Eustathio ,  ut  II.  £  ,  ()44  .  .  .  facilo  oblit- 
teratum  fiierit  r  superscriptum,  vel  drr()iiip'iir£/  dederint 
librarli,  »tigiii,  accommodatione  verboruin  ad  ipsum  illud 
homoeolelcnton ,  quod  fere  fugiunt  poetae ,  venustatem 
nescio  quam  piitant  librarii."  Hr.  B.  beachtete  hier  nicht, 
dass  sich  d-iu/tl  ilot/  offenbar  mehr  an  ilas  folgende 
lü££t  anschliesst  nnd  daher  mit  diesem  gleichgestellt 
werden  muss,  während  an  der  angeführten  Stelle  der 
Sinn  mit  dem  zweiten  Infinitiv  abschliesst.  —  Auch  (j , 
542  sollen  die  Abschreiber  des  Gleichklangs  wegen  ab- 
sichtlich aiicgöd/.tuv  y.oiätii/oi-  yekairtrt  öh  Ilijveku- 
rrc/u  geschrieben  haben  für  y.ovaßija.  iyikacrOE ,  was 
Hr.  B.  im  Texte  hat;  doch  ist  diess  ohne  Zweifel  einer 
der  Fälle,     wo   nach   Thiersch's  Gramm,   g.   20'-    17.   dio 


da  das  £i  hier  nicht  ein  gedehntes  £ ,  sondern  ein  ge- 
dehntes i  ist.  Die  Ziisammciiziehung  könnte  also  nur 
i}£OlÖlji  lauten."  —  Bei  rrori«  t^tä  in  £,  215,  v',  3)1, 
V,  tjl  hat  Hr.  B.  dem  Wölfischen  rroTiia  d£d  gegen- 
über ,  was  Hr.  B.  an  der  letzten  Stelle  ohne  Zeichen 
der  Verderbuiss  im  Texte  hat,  Buttinanu  (s.  ausf.  Spr.  I. 
S.  261)  und  Passow  für  sich;  er  leitet  aber  das  Wort 
ganz  ungeeignet  von  TCOTi,  TtOTioi,  ^öctvoq  ab.  Wenn 
aber  o  ,  3.>S  statt  -i-rr'JiE  d  £uj;  geschrieben  werden  soll 
r^a^S  d  t"JJ,  so  ist  zu  bemerken,  dass  nach  Passow 
eujg  aar  an  einer  Stelle  bei  Homer  (Od.  ß',  7,S)  seine 
natürliche  Q^iaiitität  hat,  sonst  aber  überall  eins\lbig 
oder  trochäisch   gemessen   winl. 

Sehr  viel  niai  ht  >i(h  Hr.  B.  Ilomopoteleufis  zu  srhaf- 
fen,  auf  welche  die  Al.<(  hreiber  im  .'Mittelalter  ausge- 
gangen sein  sollen,  wälirciid  sich  die  alten  Dichter  sorg- 
fältig davor  gehütet  hätten.  Was  ist  nach  einer  solchen 
Ansicht  naturlicher,    als  diese  zu  beseitigen,    ohue  dabei      Scheidung  der  Reihen  die  Weglassung  des  Augments  be 


653 


654 


gehrte.  Zu  verwundern  ist  es,  ilass  Hr.  B.,  wenn  er 
anch  an  «Irr  bekannten  Formel  f.Tf«  -irziooivra  TTno^- 
rv6a  im  nächsten  Vers  keinen  Anstand  nehmen  wollte, 
doch  auch  im  darauf  foljjenden  Tuv  i;tiv  o  v  evaiT/or 
aiöe  y.dkeaov  oline  Bedenken  stehen  liess,  was  jeden- 
falls auffallender  ist,  als  sa^Auv  h/Jlov  (r,  334),  wofür 
eadkd  hmov  vemiuthet  wird.  Wenn  aber  v  ,  115  für 
XQVVOV  vov  y.al  £/iol  euphonischer  sein  soll:  XQ}/ij  \ 
VOV  ■xal  ifioi,  so  glaubt  man  den  Fuchs  in  der  Fabel 
zu  hören.  Hr.  B.  nimmt  keine  Rücksicht  darauf,  dass 
an  den  andern  Stellen  {y/o  er  y.oiji]  schreibt)  die  beiden 
n  in  2  Versfüsse  rertheilt  siud.  AVenn  ferner  Cf' ,  3:55 
ei'X^TCtl  tiificrai  ans((Jssi{j  sein  soll,  so  durften  noch 
weit  mehr  Stellen  der  Verbesserung  aus  diesem  Grunde 
bedürftig  erscheinen.  —  Zu  er  ,  201  lesen  wir  in  der 
Note:  „malim  nunc:  intl  ai'rv)  iyoi  fiakuxui'  TteQi 
XU)fia  y.äkillia,  quae  vulgata  olim  scriptura  fuit,  mutata 
illa  a  nonnuliis  propter  homoeotileuton  viinime  inf^ratum, 
wobei  Rec.  gesteht,  dass  er  eher  an  j^iakay.uv  TTSol 
y.üi  jit  (i  y.dXi'ljia  Anstand  nehmen  würde,  als  an  den 
meisten  der  oben  erwähnten  Stellen.  —  Wenn  zu  ^ ,  201 
*/s"x  fieu  KQiTTaujv  yivoQ  evyojtai  ei'psiaujv  nach  dem 
Vorgänge  von  Barnes  andere  Stellen  bei  Homer  und  späteren 
Epigranimendichtern  angeführt  «erden,  in  denen  sich  solche 
Gleichklänge  in  der  I\]itte  und  am  Ende  des  Verses  ünden, 
so  ist  dabei  wolil  zu  bemerken,  dass,  was  von  den  spätem 
Dichtern  absichtlich  geschab,  bei  Homer  nur  dem  Zufall 
zuzuschreiben  ist.  Tritt  der  Gleichklang  vor  der  männ- 
lichen Cäsur  ein,  so  gibt  es  keinen  völligen  Reim,  weil 
der  gleiche  Accent  fehlt,  wohl  aber  vor  der  weiblichen 
Cäsur.  Ergibt  sich  nun,  dass  auch  solche  Gleichklänge 
hei  Homer  unabsichtlich  eintreten,  so  lässt  sieh  daraus 
abnehmen,  dass  er  sich  überhaupt  vor  denselben  so  wenig 
scheute,  als  er  sie  suchte,  dass  sie  ihm  also  etwas 
Gleichgültiges  sind  und  nicht  ausgemärzf  zu  werden  brau- 
chen, wo  sie  sich  tinden;  also  auch  nicht  in  Stellen, 
wie  cp ,  123  TTtioo^;  d'  oi<  ttoj^ot  önmiret,  wo  Hr.  B. 
Aristophanes  AVespen  1085  zu  Hülfe  nimmt,  um  Tlä^og 
r>  oi'Tov  itot'  öll'jiHEl  zu  corrigiren.  Es  ist  aber  ge- 
wiss nicht  zu  billigen,  wenn  bei  der  Kritik  und  Erklä- 
rung Homer's  attische  Dichter  beigezogen  werden,  was 
Hr.  B.  an  mehreren  Stellen  getlian  hat,  wie  y',  352, 
wo  er  robb'  dvdou^  im  Sinne  von  iuov  mit  Stellen  ans 
Tragikern  belegt  und  ausserdem  biq  für  ÖiXC(.  mit  dem 
Genitiv   ganz   unbegründet  hinstellt. 

Was  die  übrigen  Aenderungen  betrifft,  bei  denen  es 
nicht  auf  Herstellung  des  Versrhjthmus  und  des  Wohl- 
lauts ankommt,  so  haben  wir  uns  für's  Erste  Vielerlei 
in  Betreff  der  Partikeln  angemerkt ,  wo  ohne  rechten 
Grund  die  eine  für  die  andere  gesetzt,  oder,  um  einen 
Hiatus  zu  vermeiden,  ein  ye ,  6i  und  dgl.  ,  ohne  dass 
der  Sinn  es  verlangt,  eingesetzt  wird ;  doch  wir  erlauben 
uns  hierüber  etwas  schneller  hinweg/iugehen ,  als  es  die 
Wichtigkeit  der  Sache  zu  gestatten  scheint,  da  die  Beur- 
theilung  der  Ilias  diesen  Punkt  vorzugsweise  in'«  Auge 
gefasst  hat,  und  bemerken  nur  Einiges.  AVeun  man  sich 
auch  ö\  371  die  nach  jN'itzsch  aufgenommene  Aenderung 
l'jÖe  Xu^-Kfouiv  für  ;;6  Xak.  gefallen  lassen  kann,  so  ist 
doch    nicht    einzusehen,    warum    für    dasselbe  ?;6   6\  öb'i 


/Ltljöt  gesetzt  werden  soll;  Rec.  wenigstens  weiss  sich  die- 
ses nicht  recht  zu  erklären,  jenes  gibt  aber  nach  Nitzsch 
einen  guten  Sinn:  ,,er  mag  leben,  wie  du  gesagt  hast 
(4fl8) ,  oder  todt  sein,  ich  will  sein  Schicksal  huren, 
w  elchcs  CS  auch  sein  möge."  —  t ,  130  ist  Hr.  B.  in 
offenbarem  Irrthum  befangen  ,  wenn  er  in  fiaka  x  (l(p9i- 
TOl  ä/uTiekoi  iiev  statt  yi  schreiben  zu  müssen  glaubt: 
re ,  nm  das  Asjndeton  aufzubeben,  so  dass  sich  ji  auf 
das  vorhergehende  ittv  bezöge  ,  welche  Fügung  aus  atti- 
schen Schriftstellern  erwiesen  werden  soll.  Der  Paralle- 
lismus der  Satzglieder,  der  gänzlich  unbeachtet  geblie- 
ben ist,  macht  hier  yt'  durchaus  nothwenilig;  denn  es 
hcisst  zuerst:  die  Insel  ist  nicht  unfruchtbar,  sie  würde, 
wenn  sie  bebaut  wäre  ,  Alles  hervorbringen  ,  dann:  es  sind 
Wühlbewässerte  Wiesen  da,  auf  diesen  würden  Weinstöcke 
gut  fortkommen;  endlieh:  es  ist  gutes  Ackerland  da ,  die- 
ses würde  eine  reichliche  Aerndte  liervorbringeii ;  nnil  es 
ist  unbegreiflich  ,  dass  Hr.  B.  nicht  durch  fiJ./.a  yev  im 
folgenden  A'erse  hierauf  aufmerksam  gemacht  wurde.  — 
t',  487  möchte  Hr.  B.  statt  code  yuo  ii;£oeu)  schreiben: 
£1  d',  dxug  ii;£^lU).  Er  gibt  als  Grund  der  Aenderung 
an,  die  Ellipse  in  der  Lesart  der  Handschriften  sei  za 
hart;  denn  man  müsse  £l  fiij  OLycti,  ergänzen;  dieses  ist 
aber  nicht  richtig,  sondern  es  ist  zu  wbi  aus  dem  Vor- 
hergehenden zu  ergänzen  :  £1  ye  Tic  o.kkoc,  £i'i  f^uyd.QOtcrt 
■n:i9n'Tat.  Ebenso  ist  TT ,  440  ans  dem  negativen  Satze 
ovy  £09'  ot'Tos  dvi]_o ,  ov8'  ioosxai ,  oüde  yevt^zat 
zur  Erklärung  von  (jjÖ£  za  ergänzen:  £1  yjj  Tig  yivt^Ta/, 
dagegen  findet  sich  (f',  338  nach  u>Ö£  noch  der  hypothe- 
tliische  Vordersatz:  £t' yJ  /tiu  ivTUi'i'Orj ,  nur  desshalb, 
weil  das  Vorhergehenile  Nichts  enthält,  woraus  man  die- 
sen entnehmen  könnte.  Es  ist  also  hier  die  Andeutung 
des  Vordersatzes  mit  £l  Ö£  nicht  nötliig,  sie  ist  aber  anch, 
wie  sie  Hr.  B.  haben  will,  nicht  richtig.  Es  würde 
nJinilich  zu  £i  (5e  hier  nicht  eigentlich  ergänzt  werden 
können  Ln;  Oiyac,,  sondern  das  affirmative  k£t,cl^  T/,  in- 
dem nur  durch  eine  solche  Vermitteluiig  das  einfache  £l 
dl  die  Bedeutung  unseres  „wo  nicht"  erhalten  kann. 
Endlich  ist  äreto  so  im  Nachsatze  zu  einem  elliptischen 
£1  8t  ohne  Beispiel;  denn  die  angeführte  Stelle  II.  y, 
2SS  ist  anderer  Art,  indem  dort  der  Vordersatz  £(  d' 
li.v  oi'V.  mikujatv  vollständig  ist,  und  nur  der  unmittel- 
bare Nachsatz  fehlt,  vou  dem  der  Satz  mit  ul'Vuq  die 
weitere   Folge   angibt. 

Was  wir  sonst  noch  von  Aenderungen  im  Einzelnen 
zu  besprechen  gedenken,  wollen  wir  in  fortlaufender  Rei- 
henfolge durchgehen,  indem  wir  nur  hier  und  da  Gleich- 
artiges zusainnieiifassen. 

Wenn  ß' ,  346  gelesen  werden  soll,  OJa-p] ^  TTuvt' 
iffökaoas  „cavebat  probra  omnia"  für  ev  dt  yi'ir,  TUfAil) 
vi'y.Tag  re  xcu  niiap  "Eax,  i)  ttÜpt'  tcpi'kaocrt,  so  ist 
zu  bemerken,  dass  bei  keinem  griechischen  Schriftsteller 
unseres  Wissens  (pvh'iTTtlv  die  Bedeutung  des  Mediums 
,,sich  vor  etwas  hüten"  hat,  und  dass  das  folgende  otrov, 
üv  (TV  (TvkdTT£tq,  wenn  ein  Zweifel  obwaltete,  deutlich 
zeigte,  wie  dieses  Verbum  hier  zu  verstehen  wäre.  — 
(V,  27')  soll,  weil  jdaiaujv  6vofxdi^£T'  doiorovq  for- 
hergeht,  statt  ^ä.vTU)V  'JQy£h)V  (fuivrjv  tay.ovcr'  dköioi- 
Oiv  gelesen  werdeu:  Tidviujv 'J(jy£h]v  (fujvi]v.    So  wäre 


655 


656 


aber  das  Beiwort  '.'ioyt'ivv  offenbar  ziemlich  müssig.    Sollte 
nicht    vielmehr    ein"  Uiit'ersrhieil    z»isihcii    Javaoi    uml 
\4o-;iioi    aiiziinehuieii    sein?      Hierfür  scheint  die   ISeben- 
einanderstelluMif    von    'Joyeiujv,    Javatöv    (^,    577)    zu 
sprechen,     »o    Hr.   B.    um    seiner    Aenderang    einen   Halt 
zu    verschaffen,    lieber    mit  >itzsrh    das  erstere  hätte  als 
Beinurt  fassen,  als   in   dyoiiuv  verandern  sollen.      Liesse 
sich    annehmen  ,    dass    der    Name    Javaoi   eine    weitere 
Bedeufuns     erhalten,    'Aoyctoi    aber    die    Bewohner    voo 
Aro-os   bezeichnet   habe,  so   würde  sidi   durch  die  Verbin- 
dung,   in    der    Helena    durch    Verwandtschaftsverhältnisse 
mit  "dieser  Stadt   gestanden   hatte,    walirsrlieinlich   machen 
lassen       dass    sie    die    Stimmen    der    Bewohnerinnen    von 
Argos,   als   die  ihr  allein  bekannten,   nachzuahmen  gesucht 
habe;    doch    fehlt    es    an   Beweis   dafür;    wir   müssen   also 
die    Sache    vor    der    Hand    dahingestellt    sein    lassen.    — 
8',  4')7.   nimmt  Hr.  B.   ^idxrj  für  den  von   7Taoijal}a  ab- 
hänsigen  Dativ  und  schlägt  desshalb   ud/rj;    vor  ,   weil  es 
sich  nicht  um  eine  einzige  Schlacht  handle;  allein  dadurch 
wird   offenbar  der  Ausdruck   geschwächt.     Fasst  man  aber 
uiiyr   adverbialisrh,   wie  es,  namentlich   in   der  Iliade,  mit 
und   ohne   ev ,    öfters  vorkommt,  so  lässt  es  sich  als  eine 
Brachviogie    erklären    für:    „die    im    Kampfe    Gefallenen 
brauche    ich    dir    nicht  zu   nennen,    denn    da   warst  du  ja 
jaljpi."  —    $\  502.   wird  statt  £1   in'  i<-cioq)ia}.ov  inoi 
cy.^a/.S  YMi   /Wf  y'  däoihi  vorgeschlagen  y.u\  f^ify('.Uf}9l^, 
eine    bei    Homer    sonst    nicht    vorkommende     ^"erbalform, 
deren    Sinn    hier    nur    dazu  dient,     den   Gedanken   höchst 
matt   zu   machen.      Beobachtet   man   das   Verhältniss   dieses 
Verses    zu    dem    vorhergehenden    und   dem   folgenden,    so 
möchte   in  den  Worten:   ,,Er   wäre   dem   Schicksal  entgan- 
gen,   wenn    er    nicht    ein   übermüthiges   Wort   gesprochen 
hätte   und  dadurch  in  Schaden  gekommen  wäre",  Niemand 
leicht,   wie   Hr.  B.,    eine  Tautologie   finden,    uml  die  eben- 
falls   von    ihm    beanstandete    Wiederlidluiig     der     Worte 
y.ai   ni'l   dundr.    v.   ,^00  ist  ganz   in  <ler  Ordnung,  da  sie 
die   weitere   Ausführung  des   in   diesem   ^'erse    enthaltenen 
Gedankens   abschliesst.        L'eberhaupt    sollten    solche    Wie- 
derholungen   bei   Homer   durchaus   nicht   zu  Verdächtigung 
des    Wiederholten    benutzt     werden,     wie    es    von    Hrn.   B. 
an   einigen  Stellen   geschehen    ist.      Erstens    L,     187,    wo 
wegen  des  folgenden:     v.al  '/«o   Surfi'   iisrvy.xo   Tiekaj- 
Qiuv    statt  ii'l^a    8'   ävijo    eviavE    neliootw;    gelesen 
werden    soll    TTavuJoiOi ,     was   ebenso   wenig  einen   genü- 
genden  Sinn   gibt,    als  es  nur   überhaupt  ein   griechisches 
Wort  ist;   während   die   im  Folg.-nden   enthaltene   und  mit 
DU   angeführte  Erklänipg  des  'ivDu  tvluve  und  des  neküj- 
pioi   diese   Stelle   mit   der   uiisrigen    ganz   auf  gleiche  Stufe 
stellt,     wobei    nur    noch    darauf   aufmerksam    zn     machen 
»ein   mochte,  dass  sich   y.ai   '/uo  auf  das  unmittelbar  Vor- 
tergeheiide:     ä^ävsvdev    eo)v    d^tiluTTia    ijdij   bezieht. 
Ferner   o',   226,   wo  wegen  des  Folgenden:    Uv/iDtai  uty 
S^oya    6(iiu(/.xu    vuicDV    (Hr.    B.    empfiehlt    nicht    ohne 
Wahrscheinlichkeit    die   handschriftliche   Lesart   Ili/.iuiai 
fitT}    statt    6i  Tzmv  f.iev  -^roi'  evute   Ili'/vj    tvi    gele- 
gen  werden  soll:   ö;  riijiv  it£v  IviavE  ,  wahrend  man  eher 
eine  Verdächtigung  des  folgenden  Verses  erwarten  sollte, 


da  in  ni'hi/)  evi  und  tlvkioKrt  doch  auch  eine  Wieder- 
holung liegt.  In  Betreff  des  Wortes  Eviuvs  ist  aber  zu 
bemerken,  dass  dieses  Verbum  in  der  eben  augeführten 
Stelle  von  dem,  am  Tage  seine  Schafe  weidenden,  Cj- 
klopen ,  und  o ,  bb'i-  von  den  Schweinhirten  desshalb 
wohl  gebraucht  werden  konnte,  weil  diese  in  ihrer  Woh- 
nung eigentlich  nur  ihr  Nachtquartier  halten,  dasselbe 
aber  keineswegs  mit  vuiu)  gleichbedeutend  ist.  Endlich 
p,  54(),  wo  wegen  des  folgenden  &draTOV  für  davaroi 
gelesen  werden  soll  ya/iaTog.  Später  werden  wir  sehen, 
dass  sich  Hr.  B.  aucli  durch  solche  Wiederholungen  ver- 
anlassen liess,  zwei  Verse  mit  Auswerfuug  eines  Theiles 
von  jedem,  in  einen  zusammenzuziehen.  —  ö' ,  740  soll 
statt:  i^ckScjv  kaotoiv  ödvQEzai,  o'i  uEj.idaaiv 'Ov 
y.ai  'OÖLiOatjog  (fdicrai  yövov  üvti^eoio  gelesen  werden 
KEiOVcnv  öSl'QETai.  Allein  wie  passen  die  Löwen  za 
dem  Klagen  ;  und  wer  möchte  wohl  einsehen ,  dass  unter 
den  Löwen  die  Freier  zu  verstehen  seien,  wie  Hr.  B. 
will?  Mit  Recht  bemerkt  er  gegen  den  Schuliasten,  dass 
unter  tMOiaiv  nicht  die  Freier  verstanden  werden  könn- 
ten, sondern  Xaoi ,  das  Volk,  immer  den  Freiern  entge- 
gengesetzt werden  müsse;  aber  mit  Unrecht  glaubt  er  ot 
auf  i.aoioiv  beziehen  und  unter  dövoETai  ein  Erllehen 
des  Mitleids  der  Freier  verstehen  zu  müssen.  Der  Sinn 
ist:  „Damit  er  dein  Volke  es  klage,  wer  seinen  Enkel 
tödten  will",  oder:  ,,dass  diese  seinen  Enkel  tödten  wol- 
len." Ist  etwas  zu  ändern,  so  ist  statt  o'i  zu  schreiben 
Ö,  „dass",  so  dass  dieses  nach  Thiersch  Gramm.  §.  147.  .^• 
vor  dem  u  verlängert  erscheint.  —  C,  ,  185.  will  Hr.  B. 
der  Schwierigkeit  in  den  AVorten:  fxaKlöira  8s  T  SxXt'OV 
ai'Tol  dadurch  abhelfen,  dass  er  schreibt  iyXtov : 
„maxime(jue  ipsi  id  praedicant."  Allein  dieses  Verbum 
kommt  im  Artiv  fast  bei  Homer  gar  nicht  vor,  und  der 
Sinn  ist  so  auch  nicht  der  besste.  Sollte  man  nicht 
vielmehr  m'-rui  statt  auf  die  beiden  Ehegatten,  nach  II. 
«',  '218  auf  die  Götter  beziehen  können,  die  Odyssens 
für  die  N'ausikaa  als  Vergelter  anruft?  Dann  würde  der 
Sinn  sein:  „Ein  solches  Ehepaar  ist  ein  Aergerniss  für 
die  Feinde,  eine  Freude  für  die  Wohlwollenden,  und 
die  Götter  erhören  sie  sehr  gerne."  (Vergl,  Nägelsbach 
Aura,   zur  11.  S.  230).  — 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miecellen. 

Breslau.  Dem  Index  scholarum  für  das  Wintersemester 
lS38  i»t  voranssescliickt  Frid.  Huschelii  de  emendatione  Jabu- 
larurn  Tereiuianaium  disp.  ,■  demjenigen  für  das  Soinmcrsc- 
nieslci-   l«30  ücena  IHautina  a  Frid.  Rilschelio  emendata. 

Brieg.  Dor  bisherige  Professor  am  Gymnasium  daliier, 
Karl  Krnst  Georg  Matthisson,  ist  zum  Director  dieser 
Anstalt  ernannt  worden 

Halle.  Der  bisherige  Privaldocent  Dr.  Friedrich  Tuch 
dahier  ist  zum  ausseiorilcntliclien  Prof.  in  dct  pliilosophisclicn 
Facultat  der  Universität  ernainit  worden. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terthii  ms  wissen  Schaft 


Freitag,  12-  JuU 


18  3  9. 


Nr.  83. 


Homeri  Carmina.  Rccognovit  ei  explicuit  Friedericus 
Henricus  Bothe.  Odysseae  Vol.  I.  lib.  I  —  VIII. 
271  S.  Vol.  II.  lib.  IX  — XVI.  271  S.  Vol.  III. 
lib.  XVII  — XXIV. 

(Forts  etznnif.) 

C»318  heisst  es  in  der  Note  zu  cd  6'  er  fih  Towjfwr: 
„  intolerabile     est    al    repctitum  sine   emphasi.   hoc  pona- 
Dius:  av  d'  ev    ftiv  tqoJX"'^  h.  e.  di'£TQw%o)v ,    recur- 
rerunt."     Hr.  B.  'meint    wahrscheinlifh  damit,    sie  liefen 
gut,    weil    es    auf   den    Stoll     zu    ging?     Wäite    er    nach 
(Jeedga    einen    Punkt    und     nach    -nödeacnv    ein    Komma 
gesetzt,   so   würde   er  gesehen   haben,    dass  das   vorige   ai 
auf    i'uacrev    hinauf   geht;    dieses    aber,     fi'ir    welches    ai 
uti>    stehen    würde,    wenn    nicht    ei>    fiiv    folgte    auf  );5i 
herab  ,   wesswegen  es  nicht  zu   beanstanden   ist.  —   j^ ,  (iO 
soll  statt  dk'k'.   ö  fj.£v  uiXeas    Xaov    dz  da  9  aXov  ge- 
lesen werden  dxaadoXoq    oder    ÜTaadaKa ,    allein    ver- 
gleicht   man    unten   (206)    ayoia     (fvla    Fiyavtuyv ,    so 
wird  man   wohl  auch    dieses  Beiwort    für    dieselben    nicht 
zu  hart  finden.    —    7/ ,   2S6  stimmt    der   Ausruf:    „apage 
male    ominatum    verbum!"     wohl    nicht    leicht    Jemanden 
für    UTtt^f^ova,    das    statt    dirsigova   {b^vov)    eingesetzt 
werden    soll.      Denn    wenn    man    an    und    für    sich  nicht 
wohl  annehmen  kann,    dass    die  Griechen    dabei    an    den 
ewigen  Schlaf    gedacht    hätten,    so    ist    hier  dieses  Wort 
um  so  unverfänglicher,    indem  darauf  folgt:   evbov  ■jtav- 
vi'xio^  y.ai  in   i-ui  x«i  ^üaov  i;fic'.o.  —  9',  444  soll  in 
den  Worten :   omtO'c    av   avre  Ei'dijoda  gelesen    wer- 
den dv    avTTJ  sc.   Ü8(ii-,  was  wenigstens  dv   aüxjjv  würde 
heissen  müssen.    Uebrigens  ist  die   ganze  Aenderung  nicht 
zu  billigen;   uiTB  hat  die  Bedeutung:  „in   der  Folge  ein- 
mal,   wieder  einmal."     Aehnlich  erklärt  es  Ilr.  B.  selbst 
V,  92  in  TiTTT    aw'  w  di'OTijve   kmiov    cpdog  v^eXIoio 
"Hkvd^Si::  „quid  cogitaiis,  quid  struens,  deiiuo,  more  tuo, 
huc  ndvenisti'"''.,  wo  nur  denuo  mehr  als  zu  quid  cogitans 
gehörig  bezeichnet  sein  sollte.      Ebenso  soll   /,  393  o.vto 
für   uvTS  gesetzt    werden,    so    dass    der  Sinn    der  AV^orte 
TU  yuo  O.VTO  cridijooi'  y£  y.gdjoi  iariv  wäre:  „ipsiim 
h.  e.   verum   atque  germanum,  roLur  ferri.'"''     Dagegen   ist 
wohl  der  Sinn   der  Vulgata:    ,,das    ist    für    die  Folge  die 
Stärke  des  Eisens",    d.  h.  so  pflegt    man  das  Eisen   zum 
Gebrauche    zu    härten.      Dagegen    soll ,    um    noch    einige 
Aenderungen    hiermit    zu   verbinden ,    in  denen  das  Pro- 
nomen   aiirdg   vorkommt,  r',  104    und   509   ttQi'jao^ai 


dvTiJP  statt  avTij  ,  im  Sinne  von  coram,  geschrieben 
werden;  doch  passt  wohl  ai'rij  „persönlich"  hier  recht 
gut,  da  Penelope  vorher  schon  durch  den  EnmSns  mit 
dem  verkleideten  Odysseus  verhandelt  hat.  Aehnlich 
möchte  cp,  194  '1  avTuq  y.fr^oj  zu  vertheidigen  sein, 
wofür  aÜTü)q  vorgeschlagen  wird  ,  was  auch  f  ,  179  und 
187  und  x',  300  und  344  für  avTijt  einzusetzen  sein 
soll,  wo  dieses  bei  Ooi  wohl  bedeutet:  diess  an  deiner 
Person,  an  deinem  Leibe.  —  III,  420.  Wenn  /,  84 
slatt  dvdivov  iidari,  was  Passow  wohl  richtig  für  vege- 
tabilische Speise  nimmt,  gelesen  werden  soll:  cv/.uv9lvoi> 
„Stachelkost",  so  möchte  man  dabei  eher  an  Disteln,  als 
an  die  süsse  Frucht  des  Lotos  denken.  —  1' ,  144  hätte 
Ilr.  B.  wohl  nicht  daran  gedacht,  den  Versuch  zu  ma- 
chen, «);p  ßad^vc  7AX  schreiben,  statt  ßadfJa,  nach 
einer  Anführung,  die,  wie  er  selbst  sagt,  ungenau  sein 
kann,  wenu  er  beachtet  hätte,  dass  Dnttmann  Lexil.  I. 
S.  116  j;£()«  -KOvKÜv,  worauf  er  sich  dabei  stützt,  nur 
als  Nothbehelf  wegen  des  Metrums  betrachtete.  —  1',  330 
nimmt  Hr.  B.  Anstoss  an  der  Zusammenstellung  von 
LiCydK  i}kl9a  noUij,  da  an  den  ahnlichen  Stellen  sich 
kur  nkt^a  Ttolhj  findet.  Er  schlägt  daher  vor:  n  Qa 
■/.axa  önCtOQ  v.sxvto  ^thya  ijh9u  -Tiolltj,  wo  aber  der 
Hiatus  in  ^iya  ijh9a  auffällt.  Wenn  idyak'  ijkt^a  Tiokh:, 
nichtals  eine  unserem  „gar  sehr  viele"  ähnliche  Häufung  der 
Ausdrücke  beibehalten  werden  soll,  so  würde  Rec,  lieber 
schreiben:  /)'  6a  y.aia  ondovi  yJ/iTO  it  syag'  ijki»a 
nakh],  „der  in  den  weiten  Räumen  der  Höhle  in  grosser 
Menge  lag."  An  dem  Worte  /liyaoa  wird  man  keinen  Anstoss 
nehmen,  wenn  man  vergleicht  (t,  539  f.)  Ol  ö'  sytXl'l'TO 
'J^gÖoL  iv  /jfydoo/C,  was  von  den  Gänsen  der  Penelope 
gesagt  wird,  die  sie  im  Traum  vom  Adler  gctödtet  sah. 
Wird  für  die  Vulgata  geltend  gemacht,  dass  man  II.  e; 
6'i6,  ir',  344,  v,  421  liest  xcjt'  ö(fdakiuu>v  yixvT 
dxkvi,  und  dass  also  hier  wohl  auch  ycnra  oirelov?  zu 
verhinden  sei,  so  lässt  sich  dagegen  bemerken,  dass  in 
diesen  Stellen  von  der  Finsterniss  die  Rede  ist,  die  sich 
gleichsam  auf  die  Augen  herab  senkt,  an  unserer  Stelle 
aber  von  dem  über  den  Boden  hin  gestreuten  Dünger, 
und  dass  dem  iv  (tr.ydoufc,  was  wir  an  der  angeführten 
Stelle  sehen,  y.ara  fJ-iyaoa  ganz  entspricht,  was  für 
jenes  gebraucht  wird,  wo  es  der  Vers  erfordert,  cf.  z, 
479,  /V',  3.53,  V,  167,  ■/,  3'»6.  —  Wenn  aber  zu  i,  3% 
Hr.  B.  bemerkt:  „apage  insulsum  istud  jJF^ya,  .^  ■  .  scri- 
bendum  sine  controversia:  Ofiaoöakeov  d'  öjitv  ipuM- 
^fv",    so     ist    diess    keineswegs     so    unbestreitbar    wahr. 


659 


660 


3Iaii  könnte   ueya  zu  au£pSa)ieov    beziehen,    wie  z.  B. 
II.   a,   löSheisst:   w   uey    draiöl-;  veroleirht  man  aber 
U.  >:,    l'JÖ   >';  y.£  fii'y   o/i^wtf/f,  so  moclife  es  besser  schei- 
nen, die  beiden  Adierbien  in   beijjoordnetom  AVrh.'iltuisse 
zu  fassen:   ,,cr  stiess  eine  schreckliche,   laute  Klage  aus." 
Eine    ahnliche    Häufung    des  Ausdrucks    findet    in   t* ,  79 
SetTvr^ncard.;  iitrv  :tu)Jjw  fX   äneioova  yaiav  statt, 
wofür    TTo}}.!^-    irrt    yaiav    allein    steht    (i' ,  364,   wo   es 
Hr.   B.   erklärt :  „in   die  weite  Welt",   und   err'  cCCEiodDa 
ycüav    ,,in    die    unendliche  Welt"  II.   )■  ,  44fi.   w,    342. 
Od.   a,  MS-   f,  4ß.   o  ,    SS^i.  "T  ,     lü7    und   hier  erscheint 
Beides    lerbundeu:     „in    die    weite,     unendliche    Weif." 
Hr.  B.    will    TTokkÖv    lesen,    was    offenbar    keinen    guten 
Sinn  gibt.  —  y.' ,    52fi    wird    zu    eirijv    eij/roi    /  /rry    be- 
merkt:   nusquam    poeta    dixit  fjcrofjai,    prima   corropta", 
und  /Jrr  vorgeschlagen.    Allein  Xi'orj   ist  doch  hier  oden- 
bar   der   Coujunctiv    des    Aorists    und    eXktoÜfllJV    (bei   B. 
iuadittjr)  findet  sich  //,    35    und  v  ,    273.    —  x',    Ö42 
soll  statt  toaev  gelesen  werden   eaaav ,    weil  doch   Circa 
nicht  selbst,    sondern   ihre   Dienerinen  den    Kainnierjung- 
ferndienst  beim   Ankleiden   des  Oilysscns   verrichtet  haften. 
Hr.  B.    hat    hier    übersehen ,    dass    es    sich    nur     um    die 
Gewander    handelt,    die   sie   ihnen   als   Abschiedsgeschenk 
zum   Anziehen  gab ;  oder  haben   in   den  oben   angefiilirten 
Stellen:   T ,   79.   p',  .50".   (f ,  331)PeüeIope  und  Telemach 
den    als    Bettler    verkleideten    Odvsseus    auch    selbst    an- 
kleiden  wollen?    —    A  ,     14(i    möchte    Hr.   B.    wegen   des 
folgenden   ixiCfS^ovsoi:    schreiben   tois,    wenn    sich   nicht 
annehmen    liesse,    dass    f«^    der    Optativ    sei    (reijuiritur 
autem    optativus,    qui    vereor    ut   intelligi    possit  in   idi). 
Thiersch  Gr.   §.  347-  5.   a,    will  dagegen   nach  3   Hand- 
schriften   unten    inicp^ovCT]^    lesen,    worin    ihm    Küliner 
§.  789  Anm.   2.   mit  Recht   beistimmt.      An   einer  andern 
Stelle  (u'j    löß  f.),   wo  Conjunctiv   und  Optativ  im  Final- 
sätze   zusammentreffen    (vergl.    Thiersch    J5.  342.    ö-    und 
Kühner  §.   774)  bemerkt  Hr.   B:  „permisceri  solent  Aaec 
tempora,     et    fieri    potest,     ut     conslrucfionem     mufaverit 
poela,     vitaturus     fortasse    homoeotelcuton."    —    X' ,    284 
schlägt  Hr.  B.    statt:    1}    de    UvKou    ßaolkei'S  vor,    zu 
schreiben    o,"    S{,    da    ßacriksvsiv    in    diesem  Sinne    bei 
Homer  nicht  vorkäme.      Doch    liest   man   II.   ^  ,  4-5  UTj- 
XEOU  S"  7;   ßadil.cvev   ii-rrti    flf-a/Ap   i'kijifrrrrj,   was   frei- 
lich Ilr.  B.   nach  seiner  Note   von  einer  wirklichen  Wei- 
berherrschaft versteht,    während  Spitzner  sich  auf  unsere 
Stelle   bezieht,    unil   Dunm    [jaai/.citev    wohl    mit  Recht 
von    der    eigentlichen    Königin,    im   Gegensätze    zu    einer 
Tukl.u.y.r,,    versteht.      Stände  aber  hier  01;  lin ,    so   würde 
nicht  nur  in  diesem  Verse,    ohne   alle   Andeutung   davon, 
ilas    .Sn!)ject    wechseln,    sondern    auch    dieses    (/•,     neben 
dem  auf  Aniphinn    zu    beziehenden,    zu    Anfang    des    vor- 
liergehenden    Verses,    undeutlich  sein.    —    // ,   541)    wird 
TTffJSe^    1\iujU}V ,   was   Hr.   B.   in   r.gvxDV,   geändert  wis- 
sen  möchte  ,   durch   den  Scholiasfeh   hinlänglich   geschützt, 
wenn    nicht    nach    Aristanh    der   Vers    ganz   ausgeworfen 
werden  soll.    —    ;/  ,    181    hat   Hr.   B.    die    Lesart:    </.kk' 
ore  TOOOOV  äjciir,    onnov    v'    iyi-.yvive  fi()i';nai  statt: 
eK7cr,url'    OTOV    TS  yiyoivi  aufgenommen,   Hahrscheinlich 
nur,  um  die   ihm  so  anstössigen  .Amphibrachen  zu   l)esei- 
tigen.      Allein,    wenn    hier,    wie   i,    473,    wonach    wohl 
dieser  ^'eis  hier  eingesetzt  wordeu  ist,  da  sich  am   bcss- 


fen  äka  TVTtTov  soSTfiok  Pi'ucpa  8ivjy.ovTEC,   an   einan- 
der anschliesst,    und    das   folgende  ra^  6e  einen  solchen 
l'ordersatz    durchaus    unnöthig    macht   —    Üttiiv    voraus- 
ging,  wäre   doch   wohl,   wie   j',   lfi2  ,   QifuCpa   ötojxo/iisvi] 
fortgefahren  wordeu,    was    ebenso   gut  in  den  Vers   ging, 
als:      (jiij(fa    ö/uiy.ovrs:;.       Dieses     nennt    Hr.    15.     ganz 
ungeeignet  einen  nominativus   conseqnentiae,   welcher  Aus- 
druck auch  ß' ,    131    von  TiaTt)i>   6'  ef.iu<;  äkkodi  yahjg 
Zwat   oy     i]   tsDvjjxE    gebraucht  wird,    wo  vielmehr  auf 
Thiersch's  Gramm,   g.   V84.    11.   zu  verweisen   war,    wäh- 
rend  Matdiiä,   auf  den  er  sich   bezieht,  ^.   ,5(i2  den  Aus- 
druck nominativi    absolnti   hat.      Auf  das   ungrammatische 
Öaooi'   T    tyiyuive    wollen    wir    weiter    keine    Rücksicht 
nehmen,   da  es  dem   richtigen  öcraov  TS  yeyvjvs.,  an  der 
angeführten    Stelle    gegenüber,    als    blosses   Versehen   er- 
scheint. —   Zu   t ,    280    bemerkt  Hr.  B. :    „quid    hoc    ad 
rem  eum    obviam    venisse   equitatui   regio,     ßaaikr^oi  in- 
TTajv'i    imo  regl  obviam  ivit ,    idque   equo    conscenso,  quo 
citius    adveniret,    nee    trucidaretur    prius    quam   regis  mi- 
sericonliam    implorare     possct ,    ergo     scribamus    i';rn-f/j." 
Würde    es    schon  an    und   für   sich  sonderbar   herauskom- 
men,   nenn    er    zum    Könige    hingeritten    wäre,    um  sich 
ihm   zu  Füssen   zu   werfen,    so    ist  diess   bei  Homer  nach 
der    Sitte    seiner    Helden     gar    nicht    denkbar.       Und    wo 
kommt  bei  ihm  iXtt'i}  zu  Pferde   vor?  oder  wo  heisst  bei 
ihm  iTt-iTOi  die   Reiterei?    Bekanntlich   fuhren   die  Helden 
auf  Streitivagcn ,    und    diese    werden    sehr    oft   'iTlTCOl  ge- 
nannt; dieses   Wort  ist  daher  auch  so   zu  fassen,   wie  ans 
den   Worten     6^    öUpoov    d'   dviaui,   (28'-')  deutlich   her- 
vorgeht. — •  ^',  290  soll   81)  t6t£  0olvt^  i]cv  drrig  statt 
1]}.\}ev   geschrieben  werden  ,  da  im  vorhergehenden  Verse 
schon  einmal   ijf.^ev  steht;  doch  würden   die  für   r,ev   an- 
geführten Beispiele    ein    T/^   dabei  erwarten  lassen.    VVollte 
Hr.   U.   eines  der   beiden   /Jk^e  ändern,  so  hätte   er,   dem 
Verfahren   gemäss,    was   er  r',     152,  wo   er  sich   auf  un- 
sere  Stelle   beruft,    angewendet    hat,    indem    er  für  dkk 
bcs  Ttrga.TOV  ijki^tv  fro;  in  r;sv  ändern  möchte,  hier 
auch    im    vorhergehenden  Verse     dkk'    örs    i5>;   fioi  LltL- 
TtkoHEvov   kro:,    oySoov    ije  schreiben  sollen;    doch  soll 
damit  noch   nicht  gesagt  sein,    dass   wir  ilieses   gutheissen 
würden.      Mau   vergleiche   nur  ß\    89,    1]8l]   yag    T(jItov 
earviD  i'ros   r«;fa  8'  f.i<ri  rsragioq,  wo  wir  eiui  nicht 
mit   Hrn.   B.,  der  übrigens  Damm    und   Passow  auf  seiner 
Seite    hat,    für    „abibit'',    sondern    vielmehr    mit    Nitzsch 
für   ,, kommt"  nehmen   möchten ,   und   ilas.  JOtt :   cikk   oxe 
TtroaTOv  r,k&£i'  ETug    y.fii    iTrij/wtlou   c'/puf  ,    was  von 
Hrn.  B.    nicht    beanstandet    ist.     —     AVarnm    o,    113    ein 
airu^   e/'gijtiiuov   für   Homer,  üy.(Cg)]  ,   eingesetzt  werden 
soll,  ist  nicht  recht  einzusehen,    da  <las   bekannte   y.c.gi^- 
y.uuuiovvei;  \/]^aioi  eine   hinlängliche  Analogie  für  y.artt^ 
^avi^ü;    ßhvskäog   abgibt.    —    o,    280    (■   wird    zu:    ov 
fxhv  8i^(t'  siHkovra  y   aTiuinut  vi^o;  e'i'oiji;,  'AKK  eneu 
bemerkt:  ineptum  est  si^ekovra,  b.  e.   ii^ikovra  ärrru}- 
decri^ai  (v.  74  etc.)  aptum  ii^ekopri,  mea  sponte,  quod  ponen- 
duni  esse  censes,  quanivis  djiai;  e/gij/lEvuv.'''    Allein  es  ist 
hier  offenbar  zu  it^ikovia  aus  den  AVorten  des  Theoklyme- 
nos  (277)  d}.kä  fJ-ev  vro^  icptrraat  die  Ergänzung  herabzu- 
nehnien,    und   es  konnte  diess  um  so  leichter  geschehen, 
da   dkk'  iTlSl'  gleich  darauf  folgt.      Uebrigens   konnte  die 
angeführte  Stelle  gerade  vor  der  Aeudcrung  des  ei)i'koVTU 


661 

warnen.     —     7t',    242    ist    gar    kein    Grund    vorhanden, 

inicpoova  ßoi'i.r,;  siait  ßoihjv  zu  sdneiben,  da  das 
vorhcVj^ehende  ;(£/>«?  i>^'  a/-/tilJTrrji'  alle  Zweideutigkeit 
aufliebt.  —  p',  506  iiat  die  Vermuthuiig  6  Öl!  dlj  71  vh 
schon  andersiio  die  verdiente  Würdigung  gefunden.  — 
Eine  der  grüssten  Uebereilungen  hat  Hr.  B.  o',  \(o'2  be- 
gangen,  wo  er  zu  Ttpog  itooioq  bemerkt:  „quid?  a  ma- 
rito  se  niagis  honorari  cupit ,  quem  adcsse  uescit,  et  qui 
undeviginti  annos  abfuit"  ?  und  dann  nrQuq  nukiog  vor- 
schlägt, mit  der  Erklärung:  „nooi  Tt oki-r aq ,  apud  ci- 
ves."  Er  hat  nämlich  nicht  beachtet,  dass  in  diesen 
AVorlen  nicht  die  Meinung  der  Penelope,  sondern  die 
Absicht  der  Athene  ausgesprochen  iiird.  Und  wäre  wirk- 
lich etwas  zu  ändern,  so  wäre  nQO^  TzöKlOs  auf  keinen 
Fall  das  Richtige.  Homer  würde  in  solchem  Sinne  viel- 
mehr irpös  ÖKliiuv  gesagt  haben,  wie  i;' ,  241  xakETiii 
Sex^-  S^liov  Cfnjiii.  —  Wenn  r',  44()  «ta**  (foitag 
SV  kocpir^v,  da  man  evXoCfOC  sage,  gelesen  werden 
soll:  ei'Xoair.v,  so  wird  für  das  Auflalleiide  noch  Auf- 
fallenderes, oder  vielmehr  offenbar  Unstatthalfes  gesetzt. 
—  t',  4(J1  wird  zu  den  Worten:  Tuv  juv  UQ  AvTU- 
kvxoi  TS  y.cü  vlhi  Avioki'xoio  .  .  .  Ka^TTakl/jojg 
Xaigovra  cpihjv  xalQowsq  £i^s/.Krov  Eiq,  'I^axijv  be- 
merkt:  „Cur  quaeso,   (plXljv   £/g  'Jdäy.ijv,  quae  non  esset 

*      '    1        •        ■  <•!•  _i_:_       ..i     1 3^    (fjki^i 


662 

fängt  also  Nichts.  Wenn  aber  Raubvügcl  unter  sie  ein- 
fallen, suchen  die,  welche  nicht  von  ihnen  ergriffen 
werden,  sich  zu  retten,  wie  es  geht,  und  gerathen ,  in- 
dem sie  sich  retten  wollen  (ot'dt-  Tlq  dk/.ri  I iyvErai , 
oi'ds  cpvyr;),  in  die  Netze,  und  so  wird  dem  Vogelstel- 
ler ein  guter  Fang  bereitet.  Voss  übersetzt :  „angstvoll 
aus  den  Wolken  herunter"  nnd  Passow  hat  bei  vcwo^ 
die  Bedeutung  „Äetz"  nicht:  doch  ist  sie  nicht  zu  be- 
zweifeln;  man  vergleiche  nur  die  von  Hrn.  B.  angeführ- 
ten Stellen.  An  Sperberjagd  zu  denken,  verbieten  hier 
allerdings  die  Worte:  ii;  ö^eujv  i}.i)uvT£(;;  dass  aber 
„incognito  quidem  apnd  veteres  genere  venationis  zu  viel 
gesagt  sei,  davon  kann  man  sich  überzeugen,  wenn  man 
nachlesen  will,  was  Rec.  in  diesen  Bläfferu  1836.  Heft  10. 
und  Dübner  1S37.  Heft  1.  über  das  AVort  acceptorarins 
mifgetheilt  haben.  —  Höchst  merkwürdig  ist  die  Behand- 
lung der  Stelle  Ip ,  100  f.,  wo  zu  lesen  ist:  „A.  1.  et  4. 
aliique  apud  Cl.  äTlucr%ai^,  idqne  169.  praeter  A.  4. 
e(iam  A.  2.  habet,  ponanvos  «tto  sive  ano  laTulr  h.  e. 
ä.Tiodsv  .  .  .  .:  ipsum  illud  ä(f£OTUui  pro  dcf/azaiTj 
scriptum  videtur  per  soloecismum  ,  nisi  quis  audiat  Eu- 
stathium  ita  garrientem  suo  raore ,  eum  tuetur  vulgata 
quanivis  pessima:   tu   dwsarTCiLjj   xaiVOTSQOP    f!)  io^l}- 


nierkt:  „Cur  quaeso,   (plh]v  slg  'Ida.Xljr,  quae  non  esset  ^idt/oTar  y.iü  t<TTi  [-isv  yoivov  Xal  0vvi]9e(;  uvt    av- 

Autolyci  ejusque  filioruni  patria,  ut  vocarctur  cara,  (fjh],  Tov  t6  dn  0(jTaiiy  rb  (.liwol  dcfSOTaii]  cpi'kTSpov  (!) 

queraadmodum    6',    öS.'j    dixit :     sSoouv    ds    fjoi    OVQOV  'Om'joo)  ola  iionpiy.ukiQOv  {W)."-     Wozu  hier  die  vie- 

'A&dvaxoi,    Toi  il    ajxa  Cf.ihiv   k    naTpib'    eltSUipavi  len    Ausrufungszeichen?     Vom    Aorist    kommt    allerdings 

...  .1      '^      'ri   1  -       '   .    '»        .1     1- _         r_-__^        :.!_  „„.'.,„.,      _ll„:„     Tl      «,'       o    „„,        ...,,1    n,.il.„^r.r,     =-.«4    Co.,=f 


nuni  igitur  cpikip  Tljkef^MX'p^  at  hoc  friget,  nee  ita 
loqui  solet  poeta."  Hier  möchte  man  fragen:  ti  TCQoq 
Ztlövvoov.  Es  soll  dargethan  werden,  dass  sich  cpiktjv 
auf  die  Person  des  Subjects,  nicht  des  Objecfs  bezöge, 
nnd  diess  geschieht  durch  ein  Beispiel,  in  dem  es  sich 
auf  die  Person  des  Objects  bezieht.  Oder  soll  vielleicht 
dort  CfiikijV  sfehca  können  ,  weil  JMenclaus  redend  einge- 
führt ist?  Soll  man  also  sagen  können:  „in  mein  liebes 
Vaterland",  aber  nicht  „in  sein  liebes  Ifhaka"?  Und 
was  soll  Telemachos  hier ,  wo  von  Odysseus  die  Rede 
ist?  Aehniich  lässt  sich  auch  0,  5  noiria  fir^Ttjo,  von 
der  Mutter  des  Bettlers,  vertheidigen,  wenn  man  es  sub- 
jectiv  fasst:  „seine  verehrte  fllutter."  —  Cf  ,  216  nimmt 
Hr.  B.  bei  Tijksuaxov  STägvi  rs  y.aoiyvijzuj  ts  soe- 
crituv  Austoss  daran,  dass  die  beiden  ihm  selbst  gleich- 
altrigen Diener  vom  Odysseus  zu  Genossen  seines  Sohnes 
gemacht  werden  sollen,  und  schlägt  desshalb  vor  :  Tljks- 
fxa/uj  6  STSQui  ,,et  mihi  postea  et  alteri  Telemachi,  et 
fratres,  critis,"  was  den  Anstand  nicht  hebt,  sondern 
nur  vermelirt,  da  sie  jetzt  Söhne  und  Brüder  des  Odys- 
seus zugleich  sein  sollen.  Die  Texteslesart  sagt  ganz 
einfach:  „ihr  sollt  von  mir  wie  ebenbürtige  Genossen 
Telemachos,  ja  wie  seiue  Brüder,  gehalten  werden", 
d.  h.  ich  werde  dem  Telcmach,  meinem  Sohne,  keinen 
Vorzug  vor  euch  geben,  ohne  dass  dabei  auf  das  Alter 
Rücksicht  genommen  wird.  —  ^  ,  306  will  Hr,  Bothe 
statt  x<^'OOi'cri  Ss  t'  drepsg  ("c/oiji  lesen:  pjQovac 
„et  viduantur  homines  captura."  Nach  II.  i,  642  X^\(iUiriE 
6'  ayvtaig  sollte  es  wenigstens  heissen  :  dpSQug  „viduant 
homines  captura."  AUeiu  die  Erklärung  des  Eustathius 
ist  gar  nicht  so  unstatthaft,  als  Hr.  B.  glaubt.  Wenn 
die  Vögel  furchtlos  sind ,  suchen  sie  das  Freie  (sv  71E- 
diii)    ievrai)   und    scheuen    die    Netze,    der    Vogelsteller 


len  Ausrufungszeichen?  Vom  Aorist  kommt  allerdings 
d-TrlaTii  allein  II.  y  ,  3  vor,  nnd  Buttmann  sagt  (ausf. 
Spr.  IL  S.  15S)  doch  auch:  SOta'vjv,  hara&l  sind  wohl 
bloss  dichterisch."  Gestehen  wir  die  Wahrheit,  so  hat 
Hr.  B.  die  Perfectform  hier  nicht  erkannt,  und  dachte 
ausserdem  auch  nicht  daran,  dass  das  Präsens  seiner 
Bedeutung  nach  hichcr  durchaus  nicht  passt.  Eine  ähn- 
lich mit  Ausrufungszeichen  bespickte  Anführung  der  Er- 
klärung des  Wortes  äötvoc,  von  Buttmann  (Lexil.  51) 
fiii'let  sich  lp\  326,  wo  der  malten  Aenderuug  S£lQr,vu)lf 
o.Ltd.oiv  Eingang  verschafft  werden  soll,  von  der  man 
nicht  einmal  sagen  kann,  wie  er  Buttmann  z.iruft:  ,,Nil 
bis  doctius  inficetiusque.  —  !|>',  178  hat  Hr.  B.  im  Texte: 
dkk'  dys  Ol  a-Tuoioov  -xvy.ivuv  ksxoc,  £vgixk£iu, 
'EvTog  si'OTaSioi;  9akdfiov ,  tov  q'  avTog  swoist 
statt  h.TOq.  Er  beruft  sich  dabei  auf  v.  jS4.  t/^  de  fioi 
äkt.oOS  i)nY.S  kii'l'J'i^  "as  deutlich  zeige,  dass  es  sich 
darum  handele,  das  Bett,  das  nicht  mehr  an  seinem 
Platze  stände  ,  in  das  Gemach,  wo  es  sonst  war,  zurück- 
zubringen. Auf  den  ersten  Blick  scheint  diese  Aende- 
rung  beifallswerth.  Beachtet  man  aber  die  Erklärung 
von  ey.deicrui  „efferentes  lectum  ex  eo  loro ,  in  quo  nunc 
positus  est",  so  niuss  man  Argwohn  dagegen  schöpfen, 
und  genauere  Beachtung  des  Zusammenhanges  lässt  sie 
ganz  unzulässig  erscheinen.  Odysseus  sagt  nämlich  im 
Vorhergehenden  (v.  171),  er  wolle  allein  schlafen  gehen 
(wo  Hr.  B.  ai'noi  richtig  mit  solus  erklärt).  Daraul 
sagt  seine  Gattin :  So  macht  ihm  sein  Bette  vor  das 
Schlafzimmer  (in  welchem  sie  schlief)  heraus.  Dieses 
(nämlich  dass  er  aussen  schlafen  soll)  kränkt  den  Odys- 
seus, und  er  sagt  darauf:  Deine  Rede  thut  mir  wehe. 
Wer  hat  aber  mein  Bette  anderswohin  gestellt?  was  wohl 
ebenso  viel  ist,  als:  wer  kann  es  anderswohin  stellen? 
Dazu  passt  dann  gut  das  Folgende  x<xk£7tdv  dl  y.£v  siij  etc. 


663 


664 


Nachdem  »vir  eine  ziemliche  Anzahl  roa  unrichtigen 
und  uiinüthigcn  AeiidorHiiifcn  zusammen;;estellt  liabcii,  die 
wir,  wenigstens  die  letzteren,  uocli  uoi  Bedenteudes  ver- 
mehren konnten,  so  glanlien  wir  dem  Hrn.  Ileransgebcr 
schuldig  zu  sein,  auf  einige  aufmerksam  zu  machen,  die 
wir  entweder  für  richtig,  oder  doch  einer  genaueren  Be- 
achtung werth  halten.  Wir  hatten  uns  eine  nicht  geringe 
Anzahl  als  solche  angemerkt;  bei  genauerer  Durchsicht 
blieben  aber  nur  folgende  daron  übrig,  indem  wir  nur 
solclie  anfuhren  wollen,  die  Hrn.  B.  eigen  angehören, 
wenn  es  uns  vielleicht  auch  begegnen  sollte,  dass  wir 
eine  oder  die  andere  fremde  mit  einmischen,  wo,  wie 
bei  l^dvTljO^  x',  495  («^ergl.  Herm.  Elem.  doctr.  metr. 
S.  347)  etwa  nicht  angegeben  wäre,  dass  dieselbe  Aen- 
derung  schon  von  Andern  vorgenommen  worden  wäre. 
(^,  284  oj;  Sr,  für  ü;  ör.  ;  &',  4j9  doidrji;  oi/-lOV  für 
i'iuvoi-  (vergl.  Aitzsch  z.  d.  St.);  i,  302  X^'P'  i^tfJCia- 
auuevoi  für  ;^f''p',  was  t',  480  auch  Wolf  hat ,  wo 
8eit(JEOTjCpiv  den  Dativ  deutlich  anzeigt;  ^',  223  Ör£ 
u  r  e'('^£l£  TlöÖEcroiv  für  uul,  was  jedoch  auch  nicht 
ohne  Sinn  ist,  wenn  njan  ty/S'  sKf.oy.ov  für  den  Speer- 
wurf nimmt,  o,  227  das  schon  Erwähnte:  IlvUoiat 
fx£T'  e^oxa  Siijuccza  vaiuiv  für  ^ey  e^o;^«  und  dabei 
fi'  (l.  II.  ß)  480  dyiXrj(fi  /xi-r'  e^uxa;  o',  232  Tikev- 
qÖt'  aTToToiipovcn  für  TtXevQal;  cp\  93  jtaXa  zoioi 
für   uera    zoiOi- 

Eine  besondere  Berücksichtigung  verdienen  noch  die 
Stellen,  an  denen  Hr.  B.  Umstellungen  einzelner  Verse 
oder  auch  grösserer  Partieen  vornehmen  zu  müssen  glaubt. 
Am  Schlüsse  des  zweiten  Gesanges  bemerkt  Nitzsch: 
„Dass  die  20  e-xaiooi  jetzt  schon  bei  den  Rudern  sitzen 
und  nachher  erst  den  Mastbaum  aufrichten  and  ilas  Segel 
aufspannen,  gibt  keine  gute  Ordnung  der  Erzählung. 
Auch  der  Fahrwind  kommt  gewissermaassen  zu  früh. 
Wie  natürlich,  geht  die  Fahrt  gewohnlich  gleich  fort, 
sobald  die  Ruderer  sitzen.  Besser  ist  Alles  XV,  284  — 
94  geordnet."  Hienlurch  Hess  sich  Hr.  B.  verführen, 
die  ganze  Stelle  anders  anordnen  zu  wollen,  und  zwar: 
41.5,  422  — 42ti,  4iO-43  5,  41rt-42l,  427—429,  434. 
Es  ist  aber  durchaus  keine  Umstellung  nöthig.  Nitzsch 
liess  sich  dadurch  irre  führen,  dass  i',  17  7  ff.  die  Fahrt 
bei  Windstille,  also  mit  Rudern,  vor  sich  geht,  o,  284  ff. 
bei  einem  Fahrwind,  ilahcr  mit  Segeln,  und  beachtete 
nicht,  dass  hier  Beides  verbunden  ist.  Zuerst  war  es 
nämlich  windstille,  desshalb  setzten  sie  sich  auf  die  Ru- 
derliänke.  Nun  könnte  mau  nach  /,  180  erwarten:  k^ii^ 
i^'  i^^ijusvot  nol.iüv  al.a  TcrtTuv  egsiitoi.;.  Allein  Te- 
lemach  bemerkte,  dass  sich  ein  Wind  erhob,  den  Athene 
sandte,  daher  befahl  er  das  Segelwerk  zurecht  zu  machen. 
Da  der  Wind,  nachdem  dieses  geschehen  war,  das  Schiff 
forttrieb,  stellten  sie  die  Mischkrüge  auf,  brachten  den 
Göttern  Trankopfer  dar,  und  liessen  sich  es,  da  sie 
„!Mischkrüge"  aufgestellt  hatten,  dabei  wahrscheinlich 
auch  wohl  sein,  während  das  Schiff  die  ganze  Nacht 
hindurch  ruhig  den   Weg  zurücklegte. 

(Fortsetzung  folgt") 


Personal-Chronik   und  Miscellen. 

Bonn,  2.  Juli.  Eine  interessante  Ausgrabunjj  in  dem  fünf 
Sliindcn  von  liier  entfernten  Doile  Weingarten  ist  neulicli 
zu  Tage  gelVirtIcrt  worden.  Es  sind  Ucberrestc  eines  Gebäudes, 
wovon  der  grösste  Theil  nocli  unter  dem  anslossenden  Berge 
vcrscliiiltet  liegt.  Was  jet/.t  aiiigcdcckt  worden  ,  deutet  auf 
eine  B.iibnlage  hin.  Es  zeigen  sicli  nämlich,  soviel  Ret.  selbst 
bemerkt  hat  —  tünf,  nach  Andern  sogar  sechs  grossere  Ge- 
mächer, tlieils  rechteckig  construirt.  theils  in  Hemicyklien  aus 
springend  In  dem  mittlem  derselben  war  offenbar  ein  schwe- 
bender Fussboden.  Aul  einem  mit  einem  dichten  Stück  bewor- 
fcnen ,  festgestampften  Estrich  ei  hoben  sich  nämlich  in  regel- 
mässigen Zwisclienräumen  etwa  zwei  Fuss  liolie  Pfeiler,  die  aus 
übereinandergeleglcn  runden,  hie  und  da  aucli  viereckigen, 
Ziegelplaltcn  bestanden.  Ueber  dieser  lagen  wieder  grössere , 
schwere  Ziegelplatten,  welche  die  Unterlage  eines  dicken  Stücks 
bildeten  ,  über  den  in  einem  feinern  ein  Mosaikgemälde  ange- 
bracht war,  wovon  noch  grosse  Bruchstücke,  unter  andern  eine 
nackte  männliche  Figur  eines  Kämpfers,  vorbanden  waren.  Die 
Würfelchen,  die  zu  diesem  Getäfel  gebraucht  worden,  bestan- 
den tlieils  aus  Thon  ,  theils  aus  Kalkstein,  Marmor  und  einer 
unbekannten  Mischung.  —  Ucberhaiipt  ist  diese  ganze  Gegend 
der  Eifel  sehr  reich  an  römischen  Ueberbleibseln ,  welche  nur 
durch  einen  regelmässigen  Besuch  und  rege  planmässige  Beauf- 
sichtigung für  die  Rheinprovinj  ,  namentlich  für  unser  Museum 
rheinisch- westphalischer  Alterthünier  könnten  gewonnen  wer- 
den. Gegenwärtig  schleppen  Fremde  und  geistlose  Sammler 
manches  interessante  Stück  fort.  Nicht  weit  von  Weingarten 
ab  fand  Ref.  bei  einem  Landmann  ausser  römischen  Lämpchen. 
Salbenfläsclichen,  einer  scliüneii  Fibula  von  merkwürdiger  Form 
einen  zerbrochenen  Stein  mit  folgender  Inschrift: 
I.  O.  M.  ET 
GENIO.  (L)  OCI 
M  VL 

MAT(ER)^VS 
BF  COS  PRO  SE 
(ET)  SVIS.  V.  S.  L.  M. 
Die  römischen  Münzen,  die  er  ebenfalls  dort  antraf,  waren 
ans  der  Zeit  des  Valens,  Valentinians,  Crispus,  Theodosius  u.  s.  w. 
Bei  dieser  Gelegenheit  kann  er  nicht  nmhin,  noch  einer  selte- 
nen Münze  zu  gedenken,  die  dicht  am  Lfcr  des  Rheins,  eben- 
falls fünf  Stunden  von  hier  gefunden  worden.  Die  Leser  dieser 
Zeitschreilt  erinnern  sich  vielleicht  noch  der  interessanten  Ent- 
deckung, welche  Professor  Deycks  in  einer  Inschrift  des  »Cen- 
tralmuseums  rbeinlandisclier  Inschriften  von  Dr.  L.  Lersch. 
1.  Heft«  machte,  wonach  dieselbe  anf  den  Kaiser  Florianus, 
den  Bruder  des  Kaisers  Tacitus,  geht,  von  dem,  weil  er  nur 
zwei  Monate  regierte ,  Denkmäler  äusserst  selten  sind.  Von 
demselben  ist  neulich  eine  Münze  auf  dem  schönen  Schlosse  des 
Prof.  Bethmann -Hollweg,  Rheineck  gefunden  worden,  deren 
Umschrift  Dr.  Krnsch  dem  Ref.  niitgetbeilt  hat.  Sie  lautet:  IMP. 
C.  M.  AN.  FLORIANVS.  AYG  —  CO.XCORDIA    MILITVM. 

Was  unsere  Universität  betrifft,  so  wird  Professor  Klee 
aus  der  katlioiisch -theologischen  Facullät  nach  München  ab- 
gelii  n.  In  der  philosophischen  Facultat  wurde  neiilicli  eine 
stattgefunrlene  Promotion  dadurch  interessant,  dass  der  Dekan 
A  W.  von  Schlegel,  der  zugleich  Opponent  war,  in  dem  be- 
kannten Fragmente  des  Ennius :  Se/ttingentei  sunt  pnulln 
plus  II.  s.  w.  sich  zu  der  früher  von  ihm  bekämpften  Ansicht 
Mebiilirs  bekannte,  dass  hier  kjklische  Jahre  semeint  seien. 
Jedoch  wurde  diess  Gesländniss  durch  den  schliesslichen  Aus- 
spruch desselben  berühmten  Gelehrten  etwas  iiiisewiss,  dass  .s 
ein  .locus  dcsperaliisn  sei.  Die  Veranlassung  zu  dieser  Erklä- 
rung bot  die  bei  dieser  Gelegenheit  erschienene  Dissertation: 
De  Ennianoruni  Annalium  frai^iuentis  a  J-  Merula  auctis. 
scripsit  Maiihias  Hoch. ,  welche  wir  in  diesen  Blattern  nähet 
zu  besprechen  gedenken. 


Zeitschrift 

für   die 

Alterthumswissenschaft. 


Sonntag  j,  14.  Jn^i 


183  9. 


Nr.  84. 


Homeri  Carminn.  Rprojnorit  ei  explicuit  Friedericus 
Henricus  Bothe.  Odysscae  Vol.  I.  lib.  I  —  VIII. 
271  S.  Vol.  II.  lib.  IX -XVI.  271  S.  Vol.  III. 
lib.  XVII  — XXIV. 

(For  ts  etziini;.) 

Die  Anordnnnff  lies  Hrn.  B.  lässt  sirli  in  sofern  aus 
6,  286  ff.  nidcrleg-en ,  als  sie  ilort  auch  die  Taue  erst 
lösten,  betör  sie  das  Scgeltverk  zurichteten,  was  aurii 
-ganz  nati'irlirh  ist,  denn,  hozu  spannt  man  die  Segel  anf, 
wenn  lias  Siliiff  noch  fest  liegt?  —  Eine  grössere  L'ni- 
■lellnng  Hill  Hr.  B.  im  achten  Bnche  vornehmen.  Er 
liemerkt  (zu  d,  265)  „dicif  poeta  siniplicem  saltationem 
ad  citharam  et  cantuni  ritharocdi,  non  im(joj(lj/ta,  quo 
Tantum  cxpriniebaiit  mimice,  Carmen  de  Martis  furto  si 
genuinnm  est,  nt  esse  arbitror,  solus  id  canit  Demodocus, 
postcjuam  Fhacaces  dcsiernnt  saltarc,  nani  post  versum 
265  inserendos  esse  puto  370  —  473,  dein  ponendos  266 
—  36')  et  3  proxime  sequentcs,  qnos  versus  excipiant  474 
et  reliqni  hujus  libri  sine  inferruptionc."  Er  findet  es 
nämlich  ungeeignet,  dass  der  Sänger  seinen  Gesang  eher 
vortragen  soll,  als  die  Söhne  des  Alrinous  tanzen.  Allein 
der  Gesang  tles  Demodocus  ist  sicherlich  nichts  anders  , 
als  ein  Tanzlied,  wenn  auch  aus  seinem  Inhalte  ge- 
schlossen werden  kann,  dass  keine  mimische  Darstellung 
•lessellien  stattfand,  und  demnach,  wenn  er  nicht  spätem 
Ursprungs  ist,  hier  an  seiner  Stelle.  Pas  Auffallende  in 
der  Sprache,  für  das  Hr.  B.  nach  seiner  Weise  freilich 
leicht  iMittel  finilet,  ist  aber  gar  nicht  zu  übersehen,  und 
wohl  zu  beachten,  dass  hier  leicht  ein  Gesang  eingelegt 
werden  konnte,  wenn  es  hiess:  „der  Sänger  stellte  sich 
in  die  IHitte",  und  weiter  von  seinem  Spiel  und  Gesang 
jXichts  erwähnt  wurde.  —  Der  Vers  x  ,  515  soll  in: 
:TetQ7jV  TS  ivreoiv  re  etc.  verändert,  hinter  v.  512-  ge- 
stellt werden.  Hier  ist  nicht  zu  läuguen ,  dass  dieser 
1  ers  etwas  Abgerissenes  hat;  doch  möchte  diese  Heilung 
nicht  die  rechte  sein.  —  In  den  letzten  Büchern  glaubt 
Hr.  B.  an  mehreren  Stellen  eine  Umstellung  vornehmen 
zu  müssen,  wo  sich  bei  genauerer  Betrachtung  ergibt, 
dass  die  Gedankenverbindung  dieselbe  ist,  welche  er  her- 
stellen will,  dass  aber  die  weitere  Ausführung  des  ersten 
Hauptgedankens,  oder  die  sich  an  ihn  anschliessenden 
Aebeiinmstände  zwischen  eingesetzt  sind.  So  soll  nach 
" ,  153  ßi'Töp  6  ßij  did  öüijxa  (flkov  Ternjfievog  i'jtuq 
unmittelbar  157  dl\)  Ö    ai'Tiq  vmt    uq  e^er  enl  9q6vov 


iv9-£V  äveanj  folgen,  weil  er  durch  den  Saal  gegangen 
wäre,  um  seinen  Stuhl  wieder  einzunehmen,  wozu  man 
(i  (viell.  q)  328  —  334  vergleichen  soll.  Allein,  abge- 
sehen davon ,  dass  so  die  beiden  mit  alp  b'  beginnenden 
lerse  nur  durch  einen  andern  von  einander  getrennt 
wären,  stehen  odenbar  die  Verse  vivOrdCmv  y.icpakjj, 
dl)  yag  xaxav  oooavo  dviioi.  ^  'MX  oi'S  yk  (fi^je 
y.tjoa,  neStjOe  de  y.al  tuv  'JdriVI]  ganz  richtig  dazwi- 
schen. Während  er  nämlich  durch  das  Zimmer  ging, 
überlegte  er  die  Worte  des  Odyssens,  die  ihn  bewegen 
konnten,  sich  nicht  wieder  hinzusetzen,  sondern  fortzu- 
gehen, und  dem  Tode  zu  entgehen;  aber  er  setzte  sicU 
doch  wieder  an  seinen  Platz.  Damit  wird  das  Ganze 
passend  abgeschlossen.  Ebenso  soll  r' ,  60  nach  54  ge- 
stellt werden,  weil  sich  annehmen  Hesse,  dass  die  Die- 
nerinen gleich  mit  iler  Pcnelope  zu  ihrer  Begleitung  ein- 
getreten Hären.  Hier  sprechen  aber  die  Worte:  i)  8 
iti-  ix  &akdiioio  und  i';ki}ov  de  Öuujat  lEL'/.üjkevoi  ax 
juydooio  nicht  für  eine  Begleitung.  Wie  dem  aber 
auch  sei,  so  mussten  die  Verse,  die  sich  anf  die  l'ene- 
Inpe  beziehen  (in  denen  sich  Hr.  B.  um  so  weniger  aa 
das  subjectlose  y.dx^Bcrav  hätte  stossen  sollen,  als  er 
/',  542  tVrav  so  subjectlos  einsetzen  will),  sich  gleich 
an  ihr  Hereintreten  anschliessen.  Auf  ähnliche  Weise 
soll  (p,  30  i  zn  2^tS  heraufgenomnien  werden;  doch  gehen  die 
^ebenumständc  des  Vergehens  des  Plrithons  ganz  richtig 
der  Angabe  des  daraus  hervorgehenden  Erfolgs  ,  des 
Kampfes,  voran.  Aehnliche  Stellen  sind  y,  304  fi.  , 
3S()  ff.  u.  a.  ,  wo  Hr.  B.  das  Vcrhältniss  richtig  erkannt 
und  die  Angabe  der  Nebenumslände  in  Parenthesen  ein- 
geschlossen hat.  —  Ausserdem  sollen  die  Verse  ö,  221 
und  222  unttr  sich  vertauscht  werden ,  wo  die  Beziehung 
des  ohv  öl-;  auf  ui'xcK  ganz  matt  wird,  '»'iel  besser  fasst 
man  oiov'dl)  an  der  jetzigen  Stelle  für:  „da  so  eine 
Handlung  hier  vorkam",  woran  der  Vers  mit  ös,  welches 
sich  über  den  vorhergehenden,  an  ovyezt  (fQevEi  sialv 
halcTiilot  sich  anschliessenden  Vers  auf  toi  hinauf  be- 
zieht, die  Angabe  des  Speciellercn  anschlicsst :  „da  du 
so  den  Fremden  h.ist  misshandeln  lassen."  Die  als  Be- 
lege angeführten  Stellen  sind  anderer  Art.  —  Wenn  9, 
117  dem  ^'crse  tl4  angeschlossen  werden  soll,  so  ist  es 
nach  der  gewöhnlichen  Erklärung  «1er  Stelle  gerade  nicht 
zu  verwerfen.  Hr.  B.  sagt  nämlich:  „neque  enira  domi 
solus  relinqnetur  Telcmarhus ,  si  par  fuerit  certaminibns 
patris  h.  e.  sl  sccures  illas  12  pcrinserit,  scd  nianeblt 
tum  mater;    contra   »1  relinquetur ,    conscquens  est,    eum 


667 


66S 


(prf.iniliia   isia   uiin   .siisfiiiiiis^r."     Alleiu   nj(  h   nnspror  An- 
sirlit    tl;ii  li(e    Tdriiincli    iiiclit   daran,    liass   iliß   ]>]ii<t(>r   kei- 
nen   iici(liT<Mi    liriradirii  sollti-,    »eiiii  er  den  ISogcn  spaiiiiie; 
es   s.i^t    aiieli    v.    lol    IL,     als    es    iliin     iiielit    (jegliieLt   ist, 
dariiii    uielils,      sondern    nur,     dass     er     liinfort     nueh     für 
»cliirarli   ^eltPii   »lirde;   er  spannte   also  den   Un^er   Inder 
Afa^irhf,   uni   zu   zeigen,   dass   er  selinn   volle   iManneskraft 
erl.nigt    lial.e  ,    und    das   Haupffe»»  i<  lit    liegt   auf  den    Wor- 
ten:   111)1     n'/(niiii'(/).       „  AVenn    irli     den   Boj^en   spanne, 
SK     liraiiclie     irli    inieh     niolit    mehr   dariilier   zu    betrilben, 
ueim    meine    iMiitter    mirli    rerh'isst .    da    ieh   dann    zurürk- 
bleibe,   als    einer,   der   srlion    die   Kraft   seines    ^^a(ers    er- 
langt  bat,    und  ilesslialb  dem  Hanse  «vohl  vorstellen  kann." 
Indem    «ir   zn    denjenigen   Stellen    i'ibergeben,   an    welchen 
llr.  li.  Lneilites    entweder  selbst   entdeckt    zu  haben,    oder 
den    Angaben   der  Seholiasten    folgend,     gegen    AVolf's   An- 
sieht ansselieiden    zu    müssen    glaubt,    stellen    «ir  die    bei- 
den   Irüher    schon    crtiähnteu    voraus,     in    »eichen    zwei 
^  erse    in    einen    zusammengezogen    werden  sollen.      In   f, 
24t,    242    rt/'rao    inndij    dte'i',    ui}t    dtvöota  licr/Qa 
Triff ly.ti,  'II   itlv    ifji]    i:oi)i    dcijita,    Kaf.filK'j,    dia 
i}sdviV    soll    die    abgeschmackte   Wiederholung    üth   div- 
Soea    iiii/.ga    lT£(fvy.ll-  ans    einer   Erklärung  am   Rande 
in    den   Text    gekommen,    und    dann    von   einem   nietricu« 
male   feriatus  o.i'Tuo   und    diu    diaviv  hinzugesetzt   wor- 
den  sein  ,    so    dass  diese   beiden    matten   ^'erse   eufstanden 
aus  einem   und  zivar  einem  schönen :   errciöl]  diii:,   r,  fitv 
•  ^1]  7loö~   du)ua   KlO.lll'V).     Rec.   gesteht,    dass    er  die 
Schönheit    dieses  angeblichen    Originalverses    nicht   erken- 
nen  kann,    und    dass    er   vielmehr   glaubt,    Hr.   R.    würde 
au    dem    Rh>thuins    und    dem    Klang    desselben    IManches 
auszusetzen   haben,   wenn   er   ihn   in  den  Ausgaben  gelesen 
habe.        Kr     niüchte     ilaher,      wenn     die     Wiederholungen 
durchans    unerträglich    sein    sollen,    eher   dafür  stiiumea, 
die   beiden   Verse  auszuwerfen.      An  der  andern,    cp  ,  37, 
3'^.  "!({ iToi'  Evov-vidrjv,   iiiisixsKov  udavä-voioiv ,  ''O; 
ni  Tutoi'  idvy/.e.   to    ö'  oI'jtots  dtoi  'Odroosd^,    soll 
aus  T.    14   in/iiy.t/.ov   u^avaroiaiv    eingesetzt   und   dann 
zur  Ergänzung  des  folgenden  Verses  Os  o<    r.  id.   eingesetzt 
worden  sein;  der   Origiiialvers  soll   also   geheissen   haben; 
"IcfiTOV    JEi'oi<ti7>i:v ,    TU    dl)    «('rroTi    diu^    Üdirrofd-, 
An    diesem     Verse    liesse    sich,    da»  ölj   abgerechnet,    an 
sich   i\i(h(s  aussetzen,   wenn  nur  jo  nicht  so  alleiu  stände, 
was    Hr.  li.    vergeblich    zu    entschuldigen    sucht.      Es   ist 
aber   hier   in   den  Versen,   wie  sie  in  den  Ausgaben  stehen, 
ellcabar    noch    weniger   Grnuil    zu    einer    solchen   Zusam- 
nienziehun^    vorhanden ,     als    in    der    anderen    Stelle.    — 
c,    'J'J —  101    sollen    mit    Recht    verdächtige    l'erse    sein. 
Der   erste,   iThcVU   b    al.y.mov  tyy^uZ  e(c  ,   der  eine  Tau- 
tologie enthalten  soll    mit    |04  -rruf.üntj   <)'   l'/ß  luK/tuv 
eyj^O^  soll  aus  II.   y.  ,   l;{5  entnommen  sein,    und   die   an- 
dern   beiden    auch    hesser    für    die   llias,    als    für    unsere 
Stelle  passen.    Die   Tautologie   kann   Rec.   hier  zuvörderst 
nicht    anerkennen,    eher    könnte    man    sagen,    die   Göttin 
habe   ihre   Lanze    nicht   mitzunehmen   gebraucht,    denn   so 
etwas  könnte  »ie    mit  der   Aerwandhmg  schon  umiehnien; 
doch   wäre   damit  noch  nicht  gesagt,  dass  sie   ihre  Lanüe 
nicht   mitnehmen  konnte;    und    nahm    sie  sie   mit,    so   ist 
die     Beschreiliung    derselben     der     vorausgegangenen    Be- 
schreibung der  Sohlen  gegenüber  ganz  in  der  Ordnung.— 


Die   Verse   /.',    f2.?,    124,    die  sich   }p' ,  27f,   272   wicder- 
liolen ,    sind   nicht  so  scliwach,    als    Hr.   B.   glaubt.      3}ai> 
niuss   nur    bedenken,    dass    Tiresias    den   Odvsseus    dnrrh 
Angabe     immer    genauerer    Kennzeichen    auf    die     .^Ifinuer 
hinführen   will,   welche   er  meint.  —   Die   üneclitbeit  der 
Verse  A. ,    616 — 521    möchte   durch   das   ?(ic!itvorkommeu 
der   dort   gen.-innten   Aamru   in   <ler   llias   nicht   hinl.'inglicli 
begründet   sein,    da   ja   hier   von    einem    Zeitabschnitte   die 
Rede   sein    kann,    auf    den    die    llias   sich    nicht   erstreckt; 
begründeter   möchte   der   Zweifel     an   der   Echtheit   von    i' , 
lös  sein.    —    Wie   Verse   6,    It.J—  lUt,    welche   ilie  schon 
fil.'i  —  (il't   da   gewesenen    AVorte   des   iMenelaUrt    ütier   sein 
Gastgeschenk    für    den    Telemach    enthalfen,    können   hier 
nicht    wohl    entbehrt   werden'    da  doch    Helena  auch  \>f)i}'. 
Ton     ihren    Ges<henken     bei      der     Ueberreichnng    spricht. 
Auch     passt    die     Einweniinng     nicht,     dass   er    ihm    keinen 
Blischkrug    gäbe;     denn,     wenn     auch     er    selbst    ihm    nur 
einen   Becher   gibt,     so     bringt    doch   sein   Sohn    Megapen- 
thes,    wahrscheinlich    in   seinem    Manien    einen   .'MIschkrng. 
Ebenso    möchte     am  h    u  ,     12()  —  1  57     ilie     Wiederholung 
der   Rede   des   3Ienelaus    von    ö,   335 —  <4ti    nicht   zu    ver- 
werfen  sein.    —    Die    Vermuthung  iler   (rnechtlieit   von    ,7  , 
32(i,  aus  dem  Grunde,  weil  Telemach  nicht  Wallen  {^vEi'ysa) 
bei   sich   gehabt   habe,    wie   die   Freier,   von   denen   dieses 
V.  36')   r.chtig  stände,   beruht  auf  einer  Uebereilung;  denn 
bei    dem   Einsteigen    ins   Schiß',    sagt    Telemach   o,   218: 
'Eyy.urifi£iTe.   tu.    rH'Xs'    krafooi    viji    fieA.c>.ivjj ,  d.h. 
bringt   das    nöthige   Gerätli   (arniamenta,    nicht  arma)   ins 
Schill'.    —    Der    Vermuthung   der   Unechthcit  von   ^  ,   2Ü6 
—  3ÜU   möchte  Rec.  nicht   geradezu  widersprechen.     AVena 
auch   der   Grund  ,  da;s   Hunde   nuht   auf  dem  [Mist  zu   lie- 
gen  pflegen,    hier   nicht  stichhaltig    ist,    weil  ja    von  einem 
Hunde    die    Rede    ist,    der   ganz  herabgekoiiimen    ist,    so  ist 
doch   aull'allend  ,    dass    vor   dem   Eingang    in    die    Wohnung 
des   Odvsseus   ein  solcher  Dünghaufen   gelegen   haben  soll, 
und    das    ivlnXeiOC:    xin'uoutmiajv    ist    auch    eben   nicht 
edel;  ferner  scheint   6r,    zurs   ys  unmittelbar  an(  naool- 
^tv  bezogen   werden   zu   müssen,    wie   v  ,   90,    o  ,   226   fl'. 
Und     wenn    man    eine   Schilderung    seines    damaligen  Zu- 
standes   verlangt,   so   mochte  sie   hinlänglich  mit  den  Wor- 
ten:   äaaov  d'  ov/Ac     'tjvaira    dvvi\auia  (iti>  äraxTO^ 
'EkOfiitv    gegeben    sein.   —   Die   Verse   (r  ,   228   f-   macht 
allerilings   das  doppelte   vo£0)   etwas   verdä<  htig,   doch  lässt 
sich   dieses   erklären  :    ,,ich   denke   wohl    über   Alles   nach, 
aber   ich   bin   nicht   im   Stand",    immer   das   rechte   auszu- 
denken,  da   ich    von  allen   Seiten  bedrängt    bin."  —  T,  ly 
möchte   wegen    lies    folgenden    rZv  dt   nicht   wohl   wegge- 
lassen  werden   können.   —   t',   434  »»H   auch  als   ein  pan- 
nus   assutus   getilgt   werden  ,    da   man   nicht  sagen   könnte  : 
„r,elj<i^   Tcuuaiiju'lj.ev    dooioa<;    il;    ay/.iavuio.      Wie 
Hr.   B.    selbst    angibt,    steht   11.   ;; ,    422   nach   demselben 
Verse   oioavuv  ciaavuuv ,    was    uns    die  Erklärung    der 
Stelle    an\lie   Hand   gibt.      Es    fragt  sich   nur,    ob   dvtviv 
hier   ergänzt   werden   kann;   was   wir   bej.-.hen   möchten,  da 
Vtov  vorausgeht,    das>wir   nicht   zu   :i(junißaKLtv ,    son- 
dern   zu    ii;    u'y/.co.voio    beziehen    möchten,     wie   TT ,   2Ö 
veov  akKodev  ivdov  tovxa   neben  i',  36ü  viuv  ukku- 
dav  tihfKovdui^   steht,    nnd  Cicero    auch    in   Verr.  act. 
!•   2.  §.  6  sagt:    quum    e    provinria    reccns    csset^      Der 
SchoLzii  r',  537  erklart  auch  t'^  vöaioi  mit  i^(6vte<i 


669 


670 


ft  vSnm:,  was  fiir  jene  Sfclle  froilich  falscli  Ist.  — 
Uolier  ilie  Uiiri  litlipit  ilcs  lc»/,(cii  Tliriles  ilor  Odvssoe 
g|>ri<lit  sicli  Ilr.  15.  auf  riiie  Weise  aus,  (lass  sirli ,  \i  e- 
iiiKstfiis  ilcr  Haii|itsatlip  iiarh  ,  Rpc.  mit  ihm  ciiiverstan- 
ili-ii  rrIJaren  kann.  In  «Icr  >'<)le  zu  >p' ,  'i'tO,  "o  er 
vorsiliifdiMic  Urdirile  aiisfülirlirh  mittlieilt,  lasst  rr  «las 
geiiilgc  zuar  norli  uncntscliiodi-n ;  alior  in  <|pr  ersten  >[()fe 
zum  '2A.  linelic  erklärt  er  iinr  die  ersten  '^04  ^'erso 
dessellien,  die  so<fenannto  z»veitc  IStxuiif.  fi'ir  iineclit,  das 
üel)ri};e   aber   für   eiht. 

An  einiiren  Stellen  j;Iant)te  Ilr.  B.  in  einzelnen  Iland- 
scliriften  sieh  findende  Verse  einsetzen  zu  mnssen,  iiber- 
zeugte  sich  aber  später  bei  einigen  doeh  von  der  Un- 
erhfheit  derselben.  So  na«  h  a,  :V2-K  «as  im  Additanientum 
am  Schlüsse  Aea  ersten  Uandes  znnickjrenommen  ist.  Den 
in  der  Wiener  Alteris<hen  Ansjfabe  nach  z' ,  .502  eiM<fe- 
■etzten  \'ers  führt  er  ilaselbst  bloss  mit  der  Note  Mont- 
hals  an,  zu  a',  115  bemerkt  er  aber,  dass  er  »ahrsehein- 
lirh  von  dort  entnommen  sei.  üer  nach  /(  ,  133  '»  P'"'"'" 
Wiener  Handschrift  stehende  Vers:  avcoy.a.<riyvr,Ti]  &l- 
TtSoi;  Kninoocrkoy.afioto  ,  den  Buttinann  für  echt  an- 
nimmt, wird  ohne  Wiederruf  fiir  zulassisj  erklärt,  was 
nicht  zu   missbilljgen   ist. 

lilirken  ivir  nun  noch  einmal  anf  das  in  illeser  Ahs- 
pabe  für  die  Kritik  Geleistete  znriick,  so  kann  das  Gc- 
."animturtheil ,  anch  nenn  «Ir  auf  den  Ansspruch  de« 
Hrn.  B.,  dass  er  für  seine  Arb.it  <len  >'amen  einer  Tex- 
tesrecension  in  Anspruch  nehmen  konnte,  keine  Rück- 
sicht nehmen,  um  uns  nicht  zu  grösserer  Strenge  veran- 
lasst zu  sehen,  unniöglfch  günstig  ausfallen.  Flr.  ß.  sucht 
sich  selbst  zu  überreden,  dass  er  auf  dlploiiiatischeni 
Wege  zu  seineu  .■ienderungeu  gelange;  allein  bei  näherer 
Betrachtung  derselben  zeigt  sich  nur  all/u  deutlich,  dass 
er  sich  von  ileii  jedesmaligen  Eingebungen  des  Augen- 
blicks leiten  Hess,  und  dass  die  paläographischc  Begrün- 
dung seiner  Einfälle  oft  nichts  anderes  ist,  als  ein  eitles 
Spiel.  Ja,  es  ist  aus  dem  eben  Angeführten,  «ie  aus  der 
Note  zu  2,  3()i,  in  «elclier  er  <ias  zu  r,  343  Bemerkte 
zurücknimmt,  »nd  aus  manchen  aniieren  Bemerkungen, 
in  denen  er  zu  erkenneit  gibt,  dass  er  bei  der  Behand- 
lung späterer  Sielicn  sellist  nicht  mehr  mit  dem  einver- 
standen war,^  Has  er  über  frühere,  ähnliche  o<ler  gleiche, 
gesagt  hatte,  deutlich  ersichilich ,  dass  er  nicht  einmal 
»eine  ganze  Arbeit  vollendete,  bevor  er  zur  Herausgabe 
der   einzelnen   Tlieile   schritt. 

AVenden  »vir  uns  hierauf  zur  Erklärung,  so  lässt  sich 
nicht  verkennen,  dass  sich  an<  h  in  diesen  drei  Bänden 
eine  grosse  Belesenheit  und  Flelss  Im  Zusammenstellen 
der  Erklärungen  Anilerer  zeigt;  die  Genauigkeit  der  mit- 
gethellteu  Auszüge  kann  aber  Rec.  in  vielen  Fällen  nicht 
verbürgen,  da  ihm  die  benutzten  Werke  nicht  zur  Hand 
sind.  Im  Ganzen  ist  die  Erklärung  der  AVörter  und  der 
grammatischen  1'erbindungen  gegen  die  SacherkK'lrungeu 
etwas  in  den  Hintergrund  gestellt.  Passow's  Lexikon,  das 
doch  so  viel  für  die  Erklärung  Homers  Brauchbares  enthält, 
ist  gauz  unbenutzt  geblieben.  Dagegen  finden  sich  Be- 
»icrkungen ,  wie  />  ,  409  :  „kaiTitu  174.  notdtiouem  liii- 
jus  vucabuli  vi<le  ap.  Sehn."  Hier  und  da  sind  Erklä- 
rungen übergangen,  die  man  weuigstens  für  den  Schüler 
»ünscheu    möchte;    so    voa   ai'TOq  K,  573»    jJ.',  5t   ^-  a. 


dergl. ,  und  die  neben  anderem,  was  erklärt  Ist,  Tiicht 
überllüssig  ersi  heiiieii  iikk  hteii.  Bei  den  .Sarherkläruiigen 
hätte  Hr.  B.  mit  seinen  Cil.iieii  hier  und  da  etiva»  spar- 
samer sein  dürfen.  .So  i^t  riiiiiiis,  um  einige  Beis|iiele 
anzuführen,  I.  S.  Ol  f.  ganz  ungeeignet,  il.  S.  KK)  mit 
uiinötliiger  Ausführlichkeit  citirt.  Für  das  Nafurge- 
sihichlliche  ist  die  ifoiöhiiliclie  (Quelle  AVilmsen's  Natur- 
geschichte, aus  der  ganze. i  Stelle  mitgetlieilt  worden, 
so  Bd.  11.  S.  \'7H.  III.  S.  l(*3.5,  und  zwar  öfters  ziemlich 
uiinöthiger  Weise  und  mitten  in  andern  Beinerkiingen. 
üeberhaupt  sind  die  häiiligen  Liiterbiei  buiigeii  der  ange- 
fülirten  Sielleii  durch  t'arenfhesen,  und  ihirih  Klammern 
innerhalb  der  Parenthesen,  <lic  eiitiveder  die  Ansicht  des 
Hrn.  B.  oder  anderw  eilige  Belege  eiitSiatfen,  bei  dem 
Lesen  sehr  störend.  Auch  ist  der  Gebrauch  der  verschie- 
dcMieii  .Sprachen  neben  einander  Im  Ccimnieiitar  sehr  anf- 
fallc>iid ;  und  wenn  man  auch  dem  Hrn.  A'crf.  Dank  « is- 
sen  U1U.SS ,  cla.'s  i-r  namentlich  «eiliger  verbreitete  fran- 
zösische Werke  fleissig  benutzt  hat:  so  miiss  man  docli 
nünsvben,  dass  er  sich  hierin  etwas  kürzer  gefasst  hatte, 
namentlich,  »o  er  griechische  Originalstellen  noch  da- 
neben anfi'ihren  wollte,  wie  HI.  S.  '2'3-  Für  die  AVahl 
der  lateinischen  Sprache  In  den  Noten  lässt  sich  bei  die- 
ser Beschall'enheit  des  Commelitars  etiva  nur  die  Kürze 
des  lateinischen  Ausdrucks  anführen,  der  übrigens  so 
getiählt  sein  sollte,  dass  nicht,  wie  II.  S.  82,  das 
Deutsche  zur  Erklärung  desselben  belgezngen  werden 
niusstc,  und  Dinge  vorkäiiien ,  «ie  II.  S.  32.  utpote 
lucri  Studiosus,  tptem  propter  Ipsum  Cyclopem  adire  sa- 
stinuit,  und  das.  S.  \)>,  sensu  iieutri  intelllgitur ,  was 
allerdings  durch  Stallbaunrs  Bemerkung  zu  Ruddim.  Insf. 
gr.  lat.  I.  53  entschuldigt,  aber  darum  für  einen  solchen 
Commentar  doch  nicht  cuipfobleii  wird.  Ungeeignet  sincl 
auch  die  nicht  seiteneu  Wrglelchuiigen  aus  der  neuera 
Geschichte  und  dc-r  heiligen  Schrift  und  dergl. ,  z.  B. 
Bd.  I.  S.  20  Arthur's  Tafelrunde,  das.  S.  IH'»  wird  die 
Jcilianna  von  Aragoiiicii  wegen  üirer  durch  einen  Zauber 
iiiiierwelklich  geiuachten  Schönheit,  bei  dem  A'ersprechen 
der  Kalvpho,  den  Ocl\sseus  eiilg  jung  zu  erhalten,  an- 
geführt; und  «luch  ihr  Scihn  M.  Antonius  Colonna ,  und 
ciesseu  Sieg  über  die  Türken  bei  Naupaktus  1574  wird 
nicht  vergessen.  IMerknürdig  ist  II.  S.  45  die  Anführung 
der  AVorte  Joli.  v.  Hlüller's  über  ilic  Geschivisterehen  der 
Ptolomäer.  ünnöthig  ist  S.  53  die  A^lfzäh^UHg  derer,  die 
in  späterer  Zeit  scherzweise  mit  dem  Namen  Circe  belegt 
wurden.  S.  152  „iniago  ptilcherrima  sapientes  securi, 
cjuam  tarnen  sublimltate  superat  narratio  Evangelistae  de 
Christo  dormieiite  per  tenipestatem"  etc.  S.  224  wird 
Johannes  parrioida  im  Wilhelm  Teil  mit  Hern  flüchtigen 
Theoklymenos  verglichen.  IIL  S.  245  werden  die  An- 
sichten Bürgers  und  B^rons  einander  gegenübergestellt. 
Von  einzelnen  Erklärungen  nur  Folgendes,  da  wir  bei 
dem  Kritischen  allzulange  verweilt  haben.  j3' ,  227  hai 
Hr.  B.  wohl  nicht  mit  Recht  Tl£ii>£odcU  aufo/zov  äliaVTa 
und  yeQOVTi  auf  Mentor  bezogen.  Der  AVechsel  des 
Subjectes  in  iteideodui  und  (fi/küaastv  ist  bei  dieser 
Erklärungsweise  hart.  Der  Sinn  nach  der  andern  Er- 
klärung ist  aber  einfach  der:  ,,Er  setzte  ihn  über  Alle», 
aber  so,  dass  erjnur  der  Hüter  sein,  aber  dem  Greise 
(so  wird  Laerte»~auch  t)',  754  genannt)    untergeben  seia 


671 

sollte.  —  Faläch  ist  r.n  ,9,  377  <Iic  Bemerkung:  „rirrouivv 
pro  ojivr  (lirtiiin  viiletiir,  iit  dnofjkfTTfiv  jiro  fj/.iXflv" 
etc.  Das  RIclitijo  ,  il.isä  es  mir  ila  stellt,  u«  ilor  Sclnvnr 
etwas  Negatives  enthalt,  sodass  iler  Sinn  ist:  „oI>  srliivö- 
ren,  etwas  zu  thun,  il.  i.  scliivören  etwas  nirlif  tliun  zu 
wollen";  oder  aneli  „schwüren,  «lass  etwas  nicht  so  sei", 
war  ans  Passow  zu  ersehen.  —  jt  ,  SO  miirhte  es  ge- 
ratliener  sein,  sich  «l<T  Erki.'irnng  „ungestaltete  Fiisse " 
f/ir  Tode.,  dujgoi,  die  einen  ganz  guten  Sinn  gibt,  an- 
zuschliessen,  so  lange  nicht  nachgewiesen  ist,  wie  üwoat 
die  Bedeutung  ,,  ^'orderfiisse "  halien  kann.  Auch  ist 
»rohl  zu  bemerken,  dass  nach  dem  sonstigen  Gebrauche 
Homers  Travrf^  zu  dem  Zahlworte  gchiirt,  wie  wir  sagen: 
,,in  allem  l'J",  so  dass  nicht  wohl  iihersetzt  werden  kann: 
„lauter  Vorderfüsse."  —  r,  190  f.  niniuit  Hr.  13.  in  deu 
■Worten:  ocfoa  iitv  ni'Tov  "/'/dootov  zevtc/e  sy.anrxa 
TS  iiv9r,(rUiro  mit  Mad.  D.icier  ctyiajOTcry  fwr  activ, 
und  bezieht  sich  auf  das  d  ,  41)4  activi?  äy.Lav z o ^ ,  und 
/i ,  62  ztOTijTa.  Allein  die  andere  Stelle,  die  er  an- 
fuhrt, I',  307,  wo  Athene  zu  Odvssens  selbst  sagt:  dKK 
'/-/i  o'  äyvujOTOv  Tfv!;(u  rravTSOor  fiooroini  zeigt, 
dass  auch  hier  der  passive  Sinn,  wo  möglich,  festzuhal- 
ten sei.  Demua<'h  niiirhte  diese  Stelle  so  zu  erklären 
sein:  „Athene  unihi'illte  den  Odvssens  (nicht  ilas  ganze 
Land,  wie  Hr.  B.  will)  mit  einem  so  dichten  Nebel, 
das«  ihn  Niemand  hier  erkennen  und  er  selbst  nicht 
wissen  sollte,  wo  er  wSre,  damit  sie  ihm  ihre  Rath- 
schläge  geben  könnte  ,  und  nicht  Andere  oder  er 
selbst  deuselben  TorgviDTeu."  hn  Folgenden  ist  aber  Toi- 
v£y'  äo'  a/./.oeidia  cfucr-io/^TO  nävra  ura/.ri  nicht 
Erklärung  von  ü(foa  fiiv  avruv  o.yvuiOTUv  riv^eisv, 
sondern  die  Angabe  der  weiteren  Folge  des  Nebels,  die 
hier  nur  als  31ittel  zur  Krreichung  des  Zweckes,  ihre 
Rathächlage  ungestört  millheilen  zu  können  ,  daher  mit 
ruii£y.u  angckni'ipft  wird,  wahrend  es  auch  hatte  lieis- 
sen  könueu:  o(foa  uir  aiTuv  u'/vuiOTOv  TFi'ieisr ,  dk- 
LUciöta  re  (fuivuiTO  navia  itvc'.yv/ ,  o(foci  iyanra. 
uiTOi  f/L-ih^OulTO  etc.  —  p  ,  '2'iO  liest  man  zur  Krkla- 
rung  von  adoj:  ,,se/Trt  pro  otttot}/,  ut  dciy.vr  pro  ött- 
yri'9c  apud  Aristophanem  r.  3Jatth.  ad  p.  2()9  et  347.  1. 
cd."  (Sie  werden  nach  IS34  und  oJ,  »ie  schon  be- 
merkt, die  (iramniatikeii  von  Alatthiä  und  Thiersch  nach 
der  ersten  Anfingn  citirt,  waliren«!  die  zweite  von  beiden 
schon  fast  10  Jahre  lang  ersiliicneii  war).  Nai  h  dieser 
Bemerkung  sollte  man  denken,  cfdumi  sei  so  gewöhnlich, 
als  dr;iy.viiii,  und  doch  ist  es  eine  sonst  unerhörte  Form, 
die  nur  3IattJiiä  ^.  200  auuinimf,  um  diese  und  ähnlich« 
Formen  zu  erklären.  Buttoiann  ausf.  Spr.  II.  S.  232 
ii.!id  kühuer  I.  S.  27^  erklären,  es  richtig  von  irdov ., 
wje  vutf.TÜvjcra  für  vauruovaa  und  dergl. ;  Tliiersch 
nimmt  es  JJ.  232  N.  13i  für  oaöto,  und  legt  also  ne/.oui 
zu  (irundc,  was  mit  den  Formen  tr,d.u)  und  od.vi  nicht 
ztisammcnstimmt.  —  JJooX'U  "st  wnhi  nicht,  wie  Ilr.  B. 
«"  V,  71  will,  au(-iOui  yoir  /urVickzufiilireii,  sondern 
7iou  verhmdet  sich  als  Adverbiuui  ,, vorwärts"  mit  ydvv 
(xler  yvui.  —  t  ,  227  ist  äyorii^  iitijriui  erklart: 
,  ,.'iene  politi,  b.  e.  acuti  a  consequcnte."    Allein  es  kommt 


672 

dieses  Wort  sonst  nur  von  Holzarbeiten  ror;  c«  ist  also 
hier  auf  den  Schaft  der  Lanze  zu  beziehen.  —  p' ,  57  hatte 
Hr.  B.  die  Worte  ti]  <>'  ä:iTeno^  errksro  fu<(}oi;  nicht 
mit  Annahnie  der  Krklarung  Korai's  übersetzen  sollen: 
„und  ihr  entflog  kein  Wort  von  den  Lippen";  denn 
lltt^ug  bezieht  sich  olfi-nbar  auf  die  vorher  ausgespro- 
rhene  Rede.  —  Zu  II.  o\  219  findet  man  als  Erklärung 
von  itof.otloui;:  ,,intelligam  tw/^onfioLiv ,  uukoiteouv  a 
/löko/jai  h.  e.  ventitaiitem,  nitro  eitroquc  cursantem,  nt 
sotent  mcndici."  Wie  es  scheint,  ist  hier  das  zweite  ii 
in  j^Hikonat  auch  zum  Stamme  gerechnet.  "Wenn  auch 
die  von  Passow  angenommene  Riemerische  Erklärung 
dieses  Wojtes  nicht  für  unbestreitbar  richtig  ausgegeben 
werden  kann,  so  verdient  sie  doch  vor  dieser  jedenfalls 
den  Vorzug. 

(Beschluss  folgt.) 


Additamentttm  ad  Analecla  critica  (1838.  \r.  141). 

Ad  ea  (juac  de  versn  Sophoclis  Oed.  Col.  540.  •'«l.  R- 
disputavimus ,  nun  absonum  erit  addere,  etiam  .Antigonae 
versum  24,  <jui  tantopere  ductos  vexavit,  ita  posse  tolli, 
ut  cogitationnm  nexus  iion  modo  non  intcrrumpatiir , 
verum  etiam  ailiuvetur.  Scio  qnomodo  nnperrime  KlotziuB 
in  eo  explicando  se  torserit  ac  praevideo  fore  qui  artem 
rriticam  tain  leviter  factitatam  ijuid  prodessc  vocifercotur: 
cgo ,  quum  duo  hi  trimetri  qui  in  vexatissimis  totins  So- 
phoclis sunt  nullo  pacto,  si  absint,  desiderentur  atque  in 
Ttauhiniis  alii  sint  versus,  qui,  sivc  dupliccm  rccensiu- 
nem  sive  alia  quaelibet  statnas,  removendi  certe  videntnr, 
etiam  atque  etiam  optandum  censeo,  ut  qnis  antiquitatis 
monunientis  diligenfer  perlustratis  nuui  ea  quam  signiii- 
cavinins  via  uova  lux  crisi  Sophodeae  alferri  pussit  qnae- 
rcudum    ^ibi    propouat.  P. 


Personal-Chronik  und  Miscelleu. 

Honn,  D.1S  eben  erschienene  Verzcichniss  der  Stiulircn.lcn 
7ci;;(,  «bss  die  IielVnclitnnscn  wc^en  bcilcutcndcr  Alin.iliiiie 
dnrcli  die  all;;enieiiie  Zol.isson};  zu  .illcn  deotscbfn  l'nivcrsiliilcn 
ungc!;riin(lct  «arrii.  Die  Vcrniiiulenin;^  betrasit  nur  50,  wovon 
20  anf  die  kalholiscb -llicolcsisclie  onil  die  jiiri»lisciie ,  2.^  auf 
die  plrilnsopliisclie  lallen  ,  wahrend  die  nieilicinisclie  sich  um  j 
vcrimlirl  U  it.  Ininialricidirle  sind  im  Ganzen  0T3  hier,  w(i?.ii 
noch  'Jf)  Nichlininialricidirtc  kuiujucn.  Die  Zahl  der  Ausländer 
hat  sogar  noch  zn^'cnommcrr. 

Crcslau.  Dem  Friihlinssprogramme  unseres  Gymnasii  Eli- 
.•sabetani  hat  Professor  Dr.  C.  F.  Kam  p  mann  lies  mililaret 
Piauti  voratissescbickt.  41  S.  4.  Di«  Zahl  der  das  Gyninasiura 
besuchenden  Schidcr  ist  23G- 


Druck  fchJcr. 

In  Nr,  97  ist  statt  lovrttir  zu   litcn  loimov 


Zeitschrift 

für   die 

Altert  hu  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch  j  17.  Juli 


1839. 


Nr.  85. 


Homeri  Carmina.  Recojfnoiit  et  explicuit  Friedericus 
Henricus  Dothe.  Odysseae  Vol.  I.  lib.  I  —  VIII. 
271  S.  Vol.  II.  lib.  IX  — XVI.  27rS.  Vol.  III. 
lib.  XVII  — XXIV. 

(Beschlass. ) 

Ausser  der  Odyssee,  von  deren  Bebandliing  wir  ge- 
wiss eher  zu  viel,  als  zu  wenig;  Probon  gegeben  haben, 
enthält  der  dritte  Band,  wie  der  Titel  schon  angibt,  noch 
die  Batrachomyoniachie ,  die  Hymnen  und  die  niiter  llo- 
mer's  Namen  liberlieferteii  Epigramme  und  Fragmente. 
Die  Behandlung  derselben  ist  im  Ganzen  dieselbe;  doch 
sind  die  Inhaltsauzeigen,  nicht  wie  in  der  Ilias  und 
Odyssee  zwischen  den  Text  eingenickt,  sondern  vorange- 
stellt; auch  sind  die  Arbeiten  der  früheren  Herausgeber 
der  Hymnen  zweckmässig  benutzt.  Ausserdem  findet  man 
noch  einen  Discorso  preliniinarc  della  Batraconiiomachia , 
tradotta  in  italiano  (,)  dal  Conte  Giac.  Leopardi ,  die  1811) 
im  Mailänder  Spcttatore  zuerst  erschienen  und  jetzt  Hr. 
Bothe  durch  Hrn.  L.  v.  Sinuer  in  verbesserter  Gestalt 
zugekommen  ist.  AVären  die  Resultate  davon  mitgctheilt, 
80  würde  es  Dank  verdienen;  die  Aufnahme  der  ganzen 
Abhandlung  in  italienischer  Sprache  ist  aber  dem  Zwecke 
der  Ausgabe  geniss  nicht  gemäss.  Daran  schliessen  sich 
S.  383  —  410  Addcnda  et  emendanda  an,  mit  dem  Motto 
Ti]Qo.<jy.v)  S'  del  Tiokka  dtdaa/.üutvo;,  zur  Ilias  und 
Odyssee.  Sie  enthalten  neue  Einfälle  aller  Art,  iu  der 
Weise  der  jNoten ;  auch  fehlen  nicht  Anführungen  aus 
einem  deutschen  Gedichte  (von  Bornhauser.  Vgl.  S.  400 
und  402).  Charakteristisch  ist  darin,  dass  der  Vulgata, 
soweit  wir  uns  erinnern,  auch  nicht  einmal  ihr  Recht 
eingeräumt  worden  ist.  Missfällt  eine  Conjectur,  so  ist 
auch  gleich  eine  andere  dafür  in  Bereitschaft.  Wir  er- 
wähnen nur  zu  7/,  6'J:  „Non  ifa  malum  raxuötOo-iv  (für 
T£  y.ai  eOTiv),  sed  genuinum  procul  dubio  est  TOXifö- 
fri.v"  etc.  und  zu  t',  109  («o  für  cö'örf  TSV  r;  ßaai- 
Xfjo.;  ä/JL>fj.ovog  in  der  Note  vorgeschlagen  ist:  cua-v' 
STSuv  ßarr.  dfi.):  „malim  nunc  w's  t£V  irj  ßao.  d/u. 
h.  e.  WC  ir;  y.kiog  ßaa.  Ttvug  dji.  cf.  infra  329  etc." 
Der  Auszug  aus  dem  precis  des  guerres  de  Cesar  par 
Napoleon  ist  ein  Curiosum,  das  man  nicht  nngcrne  lesen, 
aber  wohl  nicht  hier  in  solcher  Ausführlichkeit  erwarten 
wird,  da  sich  das  Meiste  auf  Virgil  bezieht.  Von  S.  410 
—  548  gehen  dann  die  Indices,  und  zwar  I.  ein  griechi- 
scher Wortindex,  II.  ein  lateinischer  Sachindex,  III.  ein 


index  nominum  propriorum,  in  zwei  Abtheilungen,  einer 
griechischen,  welche  die  der  Form  wegen  angeführten 
und  die  in  den  Noten  erklärten  Namen,  und  einer  latei- 
nischen, welche  die  übrigen  enthält,  IV.  ein  index 
scriptorum  emendatorum  vel  landatorum.  Auf  das  Lob 
Seherischer  Vollständigkeit  verzichtet  Hr.  B.  in  dem  Epi- 
Idgus  selbst;  für  die  Genauigkeit  und  Zuverlässigkeit  der 
Zahlen  erweckt  die  Correctur  des  AVerkes  selbst  kein 
günstiges  A'orurtheil,  da  aus  diesem  eine  ziemliche  An- 
zahl von  Druckfehlern,  namentlich  fehlende  Accente, 
anzuführen  wären,  wenn  wir  die  Leser  dieser  Zeitschrift, 
die  sie  leicht  selbst  verbessern  werden,  damit  behelligen 
wollten;  doch  hat  Rec.  in  dem,  was  er  nachgeschlagen 
hat,  keinen  Fehler   bemerkt. 

Betrachten  wir  zum  Schlüsse  die  Ausgabe  noch  von 
Seite  ihrer  Brauchbarkeit:  so  können  wir  nur  innigst  be- 
dauern, dass  so  viel  Unhaltbares  eingemischt  ist  und  die 
Eilfertigkeit  des  Verfahrens  überall  so  sehr  hervortritt. 
Der  Anlage  nach  könnte  diese  Ausgabe  sowohl  für  Schü- 
ler zum  Frivatstudium,  als  für  Lehrer  an  solchen  An- 
stalten, an  denen  die  Hülfsmittcl  für  das  Studium  des 
Homer  spärlich  zugemessen  sind  ,  treffliche  Dienste  thun, 
und  sie  wäre  in  der  jetzigen  Zeit,  wo  man  da  und  dort 
eben  nicht  darauf  ausgeht,  die  Lage  des  Lehrerstandes 
zu  verbessern,  während  die  literarischen  Bedürfnisse  des- 
selben immer  wachsen  ,  doppelt  erwünscht  gewesen.  In 
ihrer  jetzigen  Gestalt  ist  sie  aber  für  Schüler  so  gut, 
wis  unbrauchbar,  und  selbst  diejenigen  Lehrer,  welche 
nicht  andere  Hülfsmiftel  daneben  haben,  an  denen  sie 
Zuverlässigkeit  derselben  prüfen  können,  werden  nur  gar 
zu  oft  bei  dem  Gebrauche  derselben  nicht  darüber  in's 
Reine  kommen,  was  sie  von  dem  zuhalten  haben,  was  sio 
hier   vorfinden. 

//.  V.  Jan. 


Commentatio  de  tragoediarum  Graecarum  membris  ex 
verbis  Aristotelis  —  de  arte  poet.  cap.  XII.  — 
recte  constituendis.  Scrips.  F.  A.  F.  Waldaestel, 
prorector.  Michaelisprogramm  der  Neabrandcnbnrger 
Schule   vom  Jahre   1837. 

Das  Thema  dieser  Abhandlang  ist  dem  grüssten  Theile 
nach  dem  Streite  angehörig,  welcher  in  den  neuesten 
Zeiten   von    den    bedeutendsten   Männern   der    Philologie 


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itefi'ilirt  wird.  Es  ist  bekaiiiif  ,  ilass  zu  den  streitigen 
Fra-fen  ,  welche  durch  die  31iillpr'»che  Ausgabe  der  Eu- 
Dieniden  anjeeregt  wurden,  und  die  so  tief  in  das  innere 
"Wesen  der  Tragiidic  eindrillen,  auch  diejenige  gehorte, 
in  welche  Theile  die  griecliische  Tragiidie  abzulheilen 
sei,  und  dass  dabei  verschiedene  Ansichten  über  die  Con- 
stitnirung  der  Parodos  und  Stasinia,  über  di-ren  Bedeu- 
tung, über  die  L,'inge  des  Prologos,  und  über  ilie  An- 
nahme eines  Exodus  aufgestellt  wurden.  Wir  köiiiieri 
uns  leicht  denken,  dass  so  wie  wir,  auch  gar  mancher 
SchJiler  der  obenerwähnten  ^l.'iniier  angeregt  wurde  ,  die 
Sache  einer  nochmaligeu  Prüfung  /n  unterziehen  und  w 'i 
möglich  günstigere,  vermittelnde  Resultate  zu  gew  innen. 
Auch  in  der  angezeigten  Abhandlung  glaubten  wir  diesen 
Zweck  verfolgt  zu  finilen,  als  wir  dieselbe  mit  unsern 
Untersuchungen  vergleichen  wollten,  bedauerten  aber  bald, 
uns  in  dieser  Erwartung  getäuscht  zu  sehen.  Herr  VV. 
hat  vielmehr  die  Lehre  Herroiann's  über  die  fraglichen 
Punkte  <7eiter  auszuführen ,  durch  neue  Gründe  zu  be- 
festigen versucht,  den  Streit  nur  obenhin  erwähnt,  die 
Einwurfe  3Iüller's  für  bereits  genugsam  widerlegt  ange- 
sehen, seiner  Arbeit  vielleicht  auch  dadurch  ein  vorzüg- 
liches Interesse  gegeben,  dass  er  am  Schlüsse  ein  Ver- 
zeichniss  der  Abtheilungen  in  den  Tragödien  von  Aeschylus 
und  Sophocles  liefert,  welches  sich  bei  Euripides  jeduch 
darauf  beschränkt  ,  das  Ende  des  Prologs  und  den  An- 
fang der  Parodos  in  den  einzelnen  Stücken  festzusetzen. 
Hr.  W.  rechnet  es  nämlich  zu  den  Pflichten  eines  jeden 
Herausgebers  dramatischer  Dichtungen,  die  Eintheilung 
der  Tragödie  iu  seiner  Ausgabe  bemerklich  zu  machen. 
Wir  würden  das  —  zumal  bei  noch  nicht  beendigtem 
Streite  —  weit  lieber  dem  Interpres  überlassen;  den  der 
Grund  ut  tragoediarum  apiid  Graecos  conipnnendariim  ra- 
tio apparenat,  quoijue  facilior  sit  fabularum  conspectiis, 
ut  scriptoris  ijuod  ipse  seciitus  est,  ronsilium  observetur 
et  ante  oculos  ponatur ,  ist  keineswegs  genügend,  würde  , 
auch  dann  erst  wahr  sein,  wenn  über  die  Eintheilung 
kein  Zweifel  wäre.  Solange  aber  die  Gelehrten  iveder 
über  den  Prolog,  noch  über  Parodos,  selbst  über  die 
Stasima  noch  nicht  einig  sein  kiinnen,  so  lange  mochte 
sicherlich  der  Editor  mit  dieser  Pllicht  zu  verschonen 
«ein,  deren  Erfüllung  zu  leicht  dahin  führen  konnte, 
durchaus  falsche  Vorstellungen  in  den  Lesern  zu  er- 
wecken. 

Das  Ziel,  welches  hier  jeder  Untersuchung  vorschwe- 
ben muss,  kennt  der  Hr.  Verl,  recht  «ohl:  ut  ea  lex 
rcpcriatur,  qua  non  unius  alteriusve,  sed  oninium  qiiae  sH- 
persiiut  tragoediarum  partes  definiri  et  stabiliri  possint; 
da  er  aber  die  Schwierigkeiten  kennt,  quod  omni  (?)  ♦) 
fere  veteriiin  de  liac  rc  teslimonio  dcstitnti  sunins  et  verba 
Aristotelis,  ad  quem  uiinm  refugiendum  est,  et  brcvitate 
et  obsruritatc  laborant,  so  kommt  er  —  vielleicht  zu  frühe 


*)  Ilr.  W.  srbrribr  da<  Hrn  llerni.  nach;  bei  der  P.nodos 
z.  B.  beklagt  sieb  Hirnunn  auch  über  <lcn  Mnnüel  .in 
Zeugnissen:  al.ir  Miil|,r  Enineniilcii  pa;;.  SS-  not  ö  gab 
doch  ein  gut  Thril  Die  BcstiiuiiMing  ühcr  Paiodos  ist 
al.er  auch  für  jlicuni^c  ilcs  Proloi;os  cnischeideiul :  Bei- 
des auch  bei  Hrn  W.  «las  Haiiplsaehbcbslc ;  es  dwrfte 
abo  das  omni  sehr  zu  bescb tanken  sein 


—  zu  der  Genügsamkeit,  welche  ihm  sagen  lässt,  non 
tainen  id  spectamus,  ut  rem  absolvainiis,  quam  ut  nonnulla 
delineata  magis  quam  copiose  explanata  in  medium  pro- 
feramus.  Dass  ctnas  mehr  als  dieses  der  Hr.  Verf.  er- 
reicht habe,  kiinnen  wir  auch  leider  nicht  sagen,  bp- 
klagcn  es  desshalb  wiederholt,  dass  die  Forschungen 
Hermann's  von  dem  Hrn.  Verf.  für  ganz  bestimmt  und 
unziveifelhaft  gehalten  »(trden.  Billigerweise  hätte  er 
erst  lue  Grundlagen  genau  »vieder  prüfen  sollen:  was 
hilft  es  sonst,  das  vorgefundene  Gebäude  neu  auf/.n- 
schmücken,  ihm  mit  einem  neuen  Stützbalken  zu  Hülfe 
zu  kommen:  ohne  festen  Grund  stürzt  es  doch  früher 
oder  spater  zusammen.  Wir  können  darum  bei  der  Rc- 
cension  des  vorliegenden  AVerkchens  nicht  umhin,  vor 
Allem  einer  nochmaligen  genauen  Erwägung  die  Aristo- 
telischen AVorte  zu  unterziehen,  welche  wir  zu  dem  Re- 
hufe   hier   niederschreiben. 

Kaxti.  Tij  nuriov  v.at  e/'i  ä  SiaineiTat  {r^ayipdla) 
y.cx(Jjpicrueva ,  xdde  sari-  ngokoyui,  insiauSiov , 
i^odog,  ■^OQiv.ov.  Y.al  tovtov  to  fttv  itagoSo^  tu  öl 
aracTtfiov.  '/.oii/u.  fjev  ovv  anuvcojv  Tauxu,  t'Sia  dt 
TU  ci'iu  T)7;  cr'/(ip'i;g  y.a)  '/.ufiftoi.  irr rt  fit  n  o6\o  y  o  q 
fitv  /nooi;  äkov  ToaynjSia;  tu  tzqu  '/ugov  ■jtucjoöuv. 
STt £ t  o u8 10  V  St  fiiooi;  okov  i(t.  tu  lUTa^u  öKv>v 
Xogr/Mv  (xiXüjv.  i-^oSog  8l'  fitgo^  ÜK.  tq.  /itd'  ij 
ovy.  ioTt  XOQOV  idkoi;.  y^oQiy.ou  dt  iräoodoc  /Av  ij 
nou)Tij  ki^/g  okov  xogov.  cndatuuvSt  neko<;  xogov 
TU  av£v  üvairalOTOi'  y.al  tqo)[Mov.  y.ufif^ioq  St  dgi]- 
voi  y.oivuq  xogov  y.vX  dno  oy.rjin^o,. 

Der  Hr.  Verf.  kommt  zu  dem  Resultate ,  dass  Ari- 
stoteles AVorte  mit  den  vorhantlenen  Tragödien  nicht  im 
Einklänge  stehen:  sowohl  in  Bezug  aufParoilos,  als  auch 
bei  Prologos  und  Kommos  sieht  er  sich  zu  dem  Geständ- 
nisse genöthigt,  Aristoteles  Worte  passten  nicht.  Das 
wäre  jedenfalls  eine  recht  betrübte  Sache.  Wie  sollte 
man  den  Glauben  an  diese  Stelle  behalten,  wenn  die 
Worte  si<h  als  unwahr  herausstellten,  wenn  sie  nament- 
lich nicht  für  ilie  ineisten  derjenigen  Tragödien  anwend- 
bar wären,  deren  Autor  in  anderer  Beziehung  von  Ari- 
stoteles für  den  grüssten  Tragiker  gehalten  wurde?  Wäre 
es  dann  nicht  besser,  man  schöbe  das  alte  Theorem  des 
alten  Philosophen  bei  Seite  und  richtete  sich  nur  ganz 
allein  nach  den  vorhandenen  Ueberbleibseln  der  tragi- 
schen I>Iuse  }  Aber  freilich!  da  würde  wiederum  viel  Phan- 
tasiegebilde' unterlaufen,  und  es  »vürde  jeder  Bau  ebenso 
schnell'  eingerissen  ,    wie    von  Neuem    aufgeführt   werden. 

Jedoch  des  Aristoteles  AVorte  sind  —  wenn  man  nur 
will  —  recht  wohl  in  Einklang  mit  den  AVerkeu  der 
drei  Tragiker  «u  stellen.  Man  gehe  vorurtheilsfrei  an 
die  Erklärung  der  obigen  Stellr :  denn  kommen  andere 
Resultate  zum  A'^orscheiii ,  dann  erscheint  seine  Theorie 
sehr  einfach  und  natürlich.  Nur  ist  die  erste  Bedingung, 
dass  man  nicht  zwischen  den  Zellen  lese,  sondern  sich 
strenge  an  die  AVorte  halte,  dass  man  nicht  a  priori 
Sätze  interpretircn  wolle,  deren  Interpretation  durchaus 
erst  von  der  Zusaminenstimmung  des  Ganzen  abhängt. 
Dass  diess  bislang  nicht  geschehen,  wenigstens  nicht  bei 
dem  Hrn.  Verf.  der  vorliegenden  Abhandlung,  mag  un- 
sere   nächste    Aufgabe    sein,   zu    beweisen.     AVir  nehmen 


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<lic  Haiipfgriindsatze  zur  Widerlegung  heraus,  auf  denen 
das   fj.Tiize   lieniht. 

1)  Pag.  3.  Carmina,  qua«  (ila  XUpr/.d  iioiniiian<ur , 
sunt  parodus  et  stasiina ,  iis  caiitiris  opposita,  quae  aut 
ab  lilstrionil)Us  aut  a  «luir«  et  histrioiiibus  iuiii-em  rau- 
tata  per  sc  iiitcgraui  patrem  iion  efficiuiit.  üiess  ist  der 
erste  Satz,  den  wir  bestreiten,  insofern  er  ans  Aristdfeles 
Worten  «ill  gewonnen  sein.  Der  Pliilosopli  erwälmt 
zuerst  des  '/oor/MV,  als  roordinirt  von  Prologos  ,  Epeiso- 
dion  und  Exo'dos  ,  als  Tlieil  der  Tragödie.  Was  kann 
er  darunter  anders  verstellen  ,  als  die  ganze  Thätigkeit 
des  Choi'S^  Alles,  wobei  der  Chor  zu  tliun  hat,  gebort 
zu  dem  yooiy.iJV.  Man  entgegne  nicht,  dass  der  Clior 
anih  in  den  Episodicn  beschäftigt  sei.  Allerdings!  aber 
ebenfalls  die  y.ö/iuoc  und  ra  aJtu  rj;<;  (T:<i;vni  sind  zum 
Choricon  gerechnet  und  cbenwohl  ThciLe  des  Episo- 
dion: genug  Beweis,  dass  Aristoteles  die  ganze  Thätig- 
keit  des  Cliors  —  nicht  des  Chorführers!  —  als  abge- 
sonderten Theil  der  Tragödie  hinsetzt.  Ao^tr/.ov  ist 
der  erste,  der  HauptbcgrilT  bei  unserem  Philosophen, 
dem  er  sogleich  zwei  Unterabtheilungten  gibt:  :iaooÖu^ 
und  riTÜoiitov  —  (ob  noch  mehr  als  zwei,  davon  unten). 
—  i\un  ist  bei  ihm  der  Prologus  der  ganze  Theil  der 
Tragödie  vor  der  -jv d o  o  ö u i  xooov.  Dagegen  das 
Epeisodion  der  ganze  Theil  zwischen  den  y^o  Q  iv.  a  fi  E  A/^, 
und  der  Exodos  derjenige  Theil,  auf  welchen  kein 
XOQOV  ^lekog  mehr  folgt.  Wahrend  ferner  der  Theil 
des  Choricon,  welcher  Parodos  heisst  ijxoqiy.OV  Tzd^jo- 
Soq)  dehnirt  wird  )';  ■^tüviti^  kit;ti;  äkov  yoouv .  wird 
vom  Stasimon,  dem  andern  Tlieile  des  Choricon  gesagt, 
es  sei  ufAOJ  X^oor.  Wo  findet  mau  hier  erstens  eine 
Bestimmung,  dass  Carmina,  qnae  ü/ui  j(u(jr/.('.  nouiinan- 
tur,  das  sind  also  öka  yuoiy.::  fit/.i;,  der  Parodos  und 
die  Stasima  seien?  Davon  sagt  Aristoteles  gar  Nichts:  im 
Gegentheile  unterscheidet  er  zwischen  Stasimon  und  Pa- 
rodos, indem  er  jenes  ein  ii(/oi  nennt,  diess  aber  eine 
fui;/:;  heisst  und  zwar  in  anapastischen  und  trochäischen 
Systemen. 

Hier  hat  die  schlechte  Interpretation  geschailet,  und 
da  in  den  Ideengang  das  Wort  k€t:/(;  nicht  passt,  erklärt 
man  es  frisch  weg  für  iieKoi  oder  Uidij.  Diese  Erklä- 
rung gründet  sich  auf  neue  Willkürlichkeiten,  deren 
Darlegung  wir  noch  einen  Augenblick  aufschieben  müs- 
sen. Wir  müssen  erst  die  andere  Bestimmung,  dass  pa- 
rodiis  et  stasiina  jenen  canticis  oppoirt  seien,  welclie  ent- 
weder von  den  Scbanspielern  oder  als  Wecliselgesaiig  vom 
Ciiorc  und  den  Schauspielern  gesungen  seien  ,  also  an 
und  für  sich  keinen  in  sich  abgeschlossenen  Theil  mach- 
ten, bestreiten.  Wo  sagt  Aristoteles  irgend  etwas  davon  ? 
Es  heisst  nach  der  Eintheilung  des  Choricon  in  Parodos 
und  in  Stasimon  bei  ihm  weiter:  xoii'C  fiiv  ovv  aTCÜv- 
xmv  xavia'  t'dta  öl  tu,  dno  vl/i;  a-yjjri^i;  y.ai  y.ofiuoi. 
Das  ist  einer  von  denjenigen  Sätzen  ,  deren  Erklärung, 
weil  sie  a  priori  gemacht  war,  eine  grosse  A'erHirruiig 
in  ilie  ganze  Untersucliung  gcliracht  hat.  Indem  man 
annalini ,  das  hiesse  „diese  beiden,  Parod.  und  Stas. , 
singt  der  ganze  Chor:  Einzelne  dagegen  singen  in  den 
Liedern  ärcu  rr,;  oy.r.iir.z  und  in  den  y.oii/t(/t^'',  suchte 
man  eine  genauere  Aehnlirhkcit  zwischen  Parodos  und 
Stasimon  zu  erweisen,    und    daraus    folgten  dann  die  un- 


begreiflichsten Schlüsse,  z.  B.  Parodos  sei  stets  gesungen, 
f.i^U  sei  soviel  wie  ujöij  oder  iicKo^,  a\les  yoüiy.uii  sei 
gesungen,  und  daraus  entwickelte  man  die  Bestimmungen 
über   Parodus   und   Prologus. 

Aber  es  genügt  hier  ilas  Eine:  jene  Erklärung  ilcr 
Worte  y.onu  fiEv  ärrciVTUjv  raina  ist  eine  unbegrün- 
dete, eine  reine  Annahme,  welcher  eine  andere  ohne 
Zweifel  vorgezogen  werden  muss,  die  ohne  den  Worten 
Zwang  aüzntbiin,  die  'ingclienere  Verwirrung,  den  Wi- 
derspruch in  den  AVorten  des  Aristoteles  aufhebt.  Wir 
geben  sie  wie  folgt:  In  den  Worten  y.oiva  fiev  dnav- 
Tiiji'  Turra-  i'd/d  r)4  zr/,  o-tto  ti^:  oy.rjvijq  V.ai  y.uunOL 
linden  wir  Nichts,  als  die  sehr  richtige  Bemerkung  „pa- 
rodus und  .'tasimon  hat  jeder  Tr.ngiker;  etwas  besonderes 
aber,  also  nicht  allen  Tragiidien  eigenthümlich  ,  sind  die 
//iÄ.7^  dno  Tlji  oy.ijvi]Q  y.cX  y.uilfiol.  Die  Bemerkung 
ist,  wie  gesagt,  sehr  richtig,  aber  die  Erklärung  n.cht 
anders,  als  sehr  einfach.  Wir  wollen  die  Analogie  zu 
Hülfe  nehmen.  Wenn  in  den  Argumenten  zu  Medea  und 
AIcestis  die  Worte  71  ('.o'  (ivdcxtoii)  y.iivi'.i  }')  iivi>n:ioi"ia 
erklärt  werilen,  weder  AeschjJns,  noch  Sophoclcs  hat 
den  Mjthns  behandelt,  kann  Jemand  dagegen  etwas  ein- 
wenden, obwohl  er  keine  grammatische  Bez  ehung  des 
ot'dsrio(n  sieht?  Nicht  anders  hier:  die  Sprache  des 
Aristoteles  steht  nicht  im  Entferntesten  im  Wege ,  wir 
berufen  uns  auf  Alte,  die  nur  etwas  mit  nnserm  Philoso- 
phen bekannt  sind. 

So  also  erhalten  wir  als  Theilc  des  Xooiy.uv  zwei 
neue,  freilich  nichf  so  durchaus  nüthige ,  aber  doch  in 
gar  vielen  Tragödien  gefundene.  Es  sind  also  nun  aus- 
ser Parodos  und  Stasimon  noch  hielier  zu  zählen  xa  wku 
Tr,i  ay.llVI'ii;  y.aX  y.öinio/.  Ob  diese  zu  den  fiifjj  ge- 
hören, davon  sagt  nns  Aristoteles  Nichts  ;  zu  den  6/u>.  yoQiy.U 
yit)  1]  gehören  sie  keiuenfalls,  denn  wir  erinnern  nns 
keines  Stückes,  wo  ein  y.öjiuoi  den  Schluss  eines  Epei- 
sodions  machte.  Eben  weil  die  letztgenannten  Theile 
des  jLogty.oi'  nur  tdm  sind  ,  werden  sie  mehr  nebenbei 
behandelt.  Soviel  bleibt  jedoch  sicher:  alle  diese  vier, 
und  es  mag  deren  noch  mehr  geben,  sind  Theile  des 
Xopr/.öv.  Das  Stasimon  ist  ein  fiikoQ  yOQOV  und  zwar 
ein  6\ov  yooiy.ov  lAckog,  die  Parodos  dagegen  lässt  nur 
den  Ausdruck  ke^ig  zu,  sie  heisst  ij  71(jVjti^  Äi's's  ükov 
yopor. 

Nun  zurück  zu  der  ausgesetzten  Betrachtung.  Also 
kt$li  ist  durchaus  etwas  ganz  anderes,  als  /lekog  unil 
(i'iSlj,  obgleich  Hr.  W.  pag.  4  das  Gcgentlieil  wollte, 
nnd  wir  begreifen  nicht,  wozu  er  den  schol.  ad  Eur. 
Phoen.  210  angeführt  hat,  da  er  dessen  ganze  Autorität 
spater  perhorrescirt.  Da  steht  nämlich  roiro  To  fAsko^ 
avdcijAOv  kiysrai.  ovav  yuQ  ö  xoow;  ij€tu  tiJv  ^d- 
ooSov  kiyri  ti  /tekoq  dvi;y.ov  Ty^rn-o,')*;;«  dy.lvijTO^ 
iitvcov,  ardaiiiov  y.akeHai  tu  uouu.  7idoo'')og,  Se 
iariv  tiiöi]  yooov  ßc-öiCovroi  dSofin>i/  u/m  rrj 
£^6S(/3.  Nun  ist  aber  bekannt,  wie  vielfach  diese 
Worte  bestritten  sind:  man  hat  gegen  dy.ivijTOQ  Ein- 
sprache erhoben,  wie  gegen  i:i:uSa};  ganz  willkürlich  ist 
auch  die  Bestimmung  über  njdr,  hier,  der  Srholiast  mag 
es  verantworten  und  er  kann's,  denn  er  gehört  zu  denen, 
die  auch  die  Anapästen  singen  lassen  :  aber  daraus  zu 
folgern,  (p'öij  sei  so  viel  wie  iieko;,  ist  doch  z'i  gewagt, 


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ilcnii  Pill  Lipil  ist  >!»«'ar  jpdcsmal  ein  Gesan«;,  aber  ein 
Gesaii"  nicht  jcili-snial  ein  Lieil.  Hier  entstellt  nun  ilie 
Fra"-c,  was  ist  Ai^iV,"  unil  was  ist  iitLo;  ^jopoT.  Dio 
■\Vorte  sagen  es  ileutliih  genug:  iiekoi  xooov  ist  jenes 
immer  "■esuiigeiic ,  aiicli  loii  Tanz  bpjjleitete  eigentlicho 
stronliisi  lio  Licii  «li's  j;aiizpii  ("luirs ,  welches  ilin  einzel- 
nen EiMSoilIcii  xiii  eiiiaiiilcr  trennt.  yi.'t's"  «lagegen  be- 
zeichnet ilie  allgemeine  »'eise  des  Ausdruckes;  darunter 
Iiranclit  nirlil  gerade  allein  das  Sprechen  verstanilen  zu 
werden:  eine  t.ii;U  kann  ebeiisu  «ohi  ein  (iesaiig  sein. 
Aristoteles  wollte  einen  allgemeinen  BegrilF,  indem  er 
an  manche  Stücke  des  Enriiiides  denken  niiuhte  ,  wo 
notorisch  kein  (iesang  das  erste  Auftreten  dos  Chors  bc- 
«'leitele.  Der  Hegrill'  ficko-  hatte  keineswegs  gejiasst, 
ojdr   auch   nur   unter   Umstanden. 

'2)  Pag.  4.  IMelira  tragocdiae  menibra  Aristoteles  rom- 
niuni  nomine  Xuui/.Ol'  vocat.  Canebatnr  parodus  qnippe 
nuac  contineatur  ^oor/.'/i  et  propfer  verba  statim  scqnen- 
tia  u/.ot'  yuouv ,  ijaod  clioreutas  simul  oinnes  locutos 
esse,  ab  omni  rerisiniilitudine  abhorret.  ^'ix  enim  du- 
bium  quin  his  ipsis  rocibns  uKov  X^ooü  ad  illud  y.oiva 
üm'.iTUjy  respiciatur  et  parodus  totins  chori  cnncentui 
tribnatur.  Der  grossle  Theil  dieser  Behauptungen,  welche 
Ton  schwankenden  Prämissen  ausgehend,  nothwendig 
scliwankcndc  Schlüsse  enthalten,  findet  schon  nach  dem 
Obigen  seine  Widerlegung.  Wir  bestreiten,  dass  Ari- 
stoteles nur  melica  tragnediae  menibra  mit  dem  >amen 
Xuoi/.uy  belegt:  denn  davon  fehlt  jeder  Beweis;  dass 
ferner  der  Parodos  gesungen  werden  mnsste,  denn  nicht 
alles  Xü'Jr/.ov  wird  gesungen;  ilass  es  unwahrscheiiilich 
sei,  alle  Choreuten  küiinteii  zu  gleicher  Zeit  gesprochen 
haben:  denn  solche  Falle  können  sehr  wohl  vorkommen. 
Die  Hexen  in  Göthes  Faust  rufen  doch  oft  genug  uni- 
sono, und  in  Shakespeare's  31acbelh  rufen  gleich  zu 
Anfang  gemeinschaftlich  : 

mild   AVetter   und   schön,  schön   Wetter  nnd  mild 
auf  durch   Acbel,   in  Nebel  gehüllt! 

Dass  solche  Falle  auch  vorkommen  können,  wo  alle  Choreu- 
ten  genieinschafllicli  spredini,  z-  B.  bei  Bezeugung  des 
PlitleiiU,  bei  Jubclruf  und  Aehnlicheni ,  wer  wollte  das 
bestreiten?  .\ber  wozu  denn  diese  .4nnahmo  von  einem 
gemeinsrhaftlichen  unisono-  Reden'?  Sagt  denn  davon 
Aristoteles'?  Nur  dann,  wenn  y.otvu  u^avrajv  nach  der 
Hermann'schen  Weise  erklärt  wird  ,,diess  sind  Lieder 
des  ganzen  Chors";  denn  in  TOiinij  kti;ii  ükov  yupOV 
liegt  doch  nothw endig  Mchts  weiter  als  „die  erste  ki^ig, 
woran  der  ganze  Chor  Tlieil  nimmt"  und  dabei  lässt  der 
Philo-üph  ganz  bei  Seite,  ob  Einzelne  hinter  einander, 
ob  Hemicliorien ,  ob  sie  Alle  auf  einmal  diese  /.ttu  be- 
ginnen. .'Mehr  liegt  aber  billigerweisc  auch  dann  nicht 
in  dem  y.oti'/.  ürrcaiOJl',  wenn  wir  auf  die  andere  Idee 
eingehen  wollen.  „  Dies»  ist  das  Gemeinschaftliche 
Aller",  braucht  keineswegs  zu  bedeuten  „  diess  sprechen 
oder  singen  sie  unisono.  Hermann's  Erklärung  lässt  zu 
sehr  durchblicken  .  dass  sie  der  cigenthümliclien  Ansicht 
fibcr  Parodos  ihr  Daseiu  verdanke. 


Nach  diesen  Vorbestimmnngen  gehen  wir  zu  den 
übrigen  Dediictionen  des  Hrn.  W.  Jam  statim,  sagt  er, 
nlTeniles  in  proloi^o  coustitueijido ,  quem  philosophus  ex- 
plicat:  integram  tragoediae  partem  ante  parodum.  Non 
enim  de  loco ,  qni  varius  est  et  iiiccrtus,  quam  de  na- 
tura et  indolc  prologi  est  quacrendum.  Quem  quum  in 
eum  usnm  iiivcntum  esse  appareat,  ut  tragoediae  tanquam 
prolusio  esset,  qua  iustructa  fabiila  agenda  facilius  rcc- 
tiusqne  a  spectatoribns  perspicerctnr ,  eum  morem  anti- 
quitiis  obtinuisso  pro  certo  habemus,  ut  iiitcrposito  thori 
ingredientis  carmino  prolugus  ab  ipsa  actione  diligentcr 
sejungeretur,  id  quod  in  Aeschylo  et  Sophocle  videmus 
plerunique  factum  esse  at  postea  poetas  tragicos  panllatim 
ab  illo  more  recessissc,  Nam  in  nonnullis  tragoediis  ubi 
parodus  scro  invenitur,  prima  actionis  pars  prologo  ita 
estadnexa,  ut  aut  canticum  brevius  aut  nova  persona  aut 
denique  nil  nisi  diversa  argumenti  ratio  intercedat.  Enim- 
vero  falli  cos,  qui  Aristotelis  verba  arctius  tenentes  pro- 
logi natura  prorsus  iieglecta  fiiiem  ejus  nbi  vis  ad  parodi 
initium  extendant,  fiuripides  testis  est  gravissimus.  In 
Sophocle  enim  et  Aeschjlo  quum  prologi  tanta  arte  com- 
parati  sint,  ut  Icniter  in  ipsam  fabulam  transducamur, 
Euripides  contra  a  vulgatis  et  tritis  recedens,  ut  mythos 
suo  arbitrio  mutatos  spectatores  edoccret,  prologum  ab 
ipsa  actione  distincte  separavit.  Quodsi  exempli  causa  in 
Helena  v.  ()'7  prologum  finiri  apparet ,  quis  iinem  ejus 
nsque  ad  versum  1116  proferat,  ubi  demum  parodus  ca- 
pit  initium,  uec  videat  v.  68 — 1116primam  actionis  par- 
tem contiuere?  Fit  etiam  nonnunquam  ut  chorns  ipse  vcl 
ejus  coryphaeug  prologum  faciat." 

(Fortsetzung  folgt-) 


Personal-Chronik  und  Miscellcu. 

Fulda.  Zur  Einladunj;  des  Frülilingscsamens  bei  unserem 
(Symnasiiim  schrieb  unser  Direclor  Dr.  Bacb  Quaeslionum  cle- 
giac.iruni  specinien  prinmm  (50  S.  4.).  Die  cinzilncn  Abschnitte 
dieser  Abhandlung  verbreiten  sicli  l)  de  parodica  üraccorum 
eleyia;  2)  de  bucolica  Graecoruin  elcgia  ;  hieraiil'  folgen  ü)  Sym- 
bolac  ail  elbicain  graecoruin  clegiaiuj  4)  de  Sophocle  Melanlbio, 
Arislotdc,  Hcilyla,  Nicandro  poctis  cle^iacis.  In  einem  5)  Kpi- 
metruni  weiden  noch  einige  einzelne  Stellen  kurz  bobandelt.  —  Das 
Lcbrrrcollegium  ist  fjegcnwärtig  folsenderniasscn  znsainmcngeselzt: 

I)  Direclor  und  erster  Lehrer  Professor  Dr.  Mkulaus  Bach. 
2 — 7)  ordentliche  Gymnasiallehrer:  Professor  David  'Wagner, 
Senior  iIcs  Lcbrercollcgiums ;  Professor  Pliilipp  Weh  n  er; 
Professor  Ballliasar  Arnd;  Dr.  Frieilricli  Franke,  auch  Biblio- 
thekar; Karl  Scbwartz;  Franz  Dingelstedt.  8— tO)  Hidfs- 
lehrer:  Jakob  Schell;   Dr.  Willielni  II  up  fei  d  ;   IbeodorGies. 

II)  Gesanglehrer:  Michael  He  nk  e  I.  Vi)  Sclirciblclirer :  Leo- 
pold Jessicr;  1,3)  Zeicbncnlchrer :  Friedrich  Lange.  Die 
Schiilcrzabl  betrug  zu  Anfange  des  Schuljahrs  176,  am  Schlüsse  165. 


Berichtigung. 

Im  vorigen  Jahrg.  S.  1195.  '/■  19  f.  lese  man;  «Hierzu  nehme 
man  die  Stelle  des  M.   V." 


Zeitschrift 


für   die 


Altei  thumswissenschaft. 


Freitag j  19-  Juli 


1839. 


Nr.  86. 


Conimenlafio  <Ie  f ragoediarum  Graetarum  meiiibris  ex 
verbis  Aristofelis  —  <le  arte  poi-t.  cap.  XII.  — 
recte  constituendis.  Scrips.  F.  A.  F.  Waldaestel, 
p  rorector. 

(Forts  et znnij.) 

INIit  diesen  Worten  ist  der  prolofftis  bei  Hrn.  W.  ab- 
gefnudeii.  AVir  haben  sie  absirhtlich  Wort  für  Wort 
hcrffesefzt,  um  ziijjleicli  eine  Probe  seiner  Schreibart  zu 
(feben  und  uns  zu  rechlfertigfen ,  wenn  wir  dem  Herrn 
Verf.  eine  geivissc  Undeutlichkeit  im  Ausilrurk  Schuld 
geben,  die  um  so  unangenehmer  auffüllt,  als  die  klaren 
Dcductiouen  bei  G.  Hermann  vorlagen.  Aber  «ir  kön- 
nen auch  iiur  Weniges  »on  dem  annehmen,  was  Hr.  W. 
^eliefelt.     Seine  Bestimmungen   gehen  also   dahin 

a)  prologi  locus  est  varius  et  incertus.  Nur  nach 
der  Annahme,  welche  in  der  Parodos  nicht  die  erste 
KS^l^  statuirt,  kann  man  also  reden.  Diejenigen,  welche 
aber  den  Satz  des  Aristoteles  festhalten,  werilen  den 
Prologos  stets  bis  dahin  ausdehnen,  wo  der  Chor  in 
seiner  Gesamnitheit  erscheint  und  die  erste  Xti^/g  be- 
ginnt. Dabei  darf  natürlich  das  Wesen  des  Prologs  nicht 
aus  den  Augen  gesetzt  werden,  aber  man  darf  dasselbe  nicht 
dahin  bestimmen  : 

b)  natura  et  indoles  prologi ,  ut  tragoediae  tamquam 
prolnsio  esset,  qua  instructa  fabula  agenda  facilius  rec- 
tinsque  a  spectatoribus  perspiceretur.  Das  ist  ein  sehr 
beschränktes  Urtheil,  welches  weder  auf  Aeschjins  und 
Sophocles ,  noch  auf  Euripides  passt.  Wir  wissen  recht 
wohl,  wie  weit  verbreitet  derartige  Ansichten  sind,  wel- 
che unter  Prologos  denjenigen  Anfang  des  Stückes  ver- 
stehen, der  in  mehreren  Tragödien  des  Euripides  ge- 
funden wird,  von  welchem  der  Dichter  selbst  in  den 
Ranis  sagt  «aA.'  6  eiiojv  Ttoa'iTiava  fisv  f(Oi  to  ytvo^ 
eirCF.v  Evdv(i  TOI'  ÖQUUUTOi ,  aber  solche  Ausnahmen 
sollten  doch  nimmermehr  eine  Regel  bilden.  Der  Pro- 
logos ist  und  bleibt  überall  „der  erste  ganze  Theil  der 
Tragödie",  sei's,  dass  derselbe  aus  einer  oder  aus 
mehreren  Scenen  bestehe.  Diess  Urtheil  des  Aristoteles 
theilt  z.  B.  auch  Dio  in  der  Umschreibung  des  Euripi- 
deischen  Philoctetes,  und  spricht  Euripides  selbst  aus  in 
den  Rauls 

xal  ^i:veir   avTOvc,  Tovq  nookoyovq  croi  xQE^o^ai 
o-Kiw;  TO  TTQojTov  T ij q  ■vQayitiöiag  fiSQOc, 
TiQujTiaTOv  avrov  ßaaavtuj  tov  de^iov- 
doatp^SyuQ  rjv  iv T^  (fQÜaei  juiv  ngay/^dztuv. 


Mit  diesen  Versen  legt  Eurip.  dort  den  Maasstab  an  die 
Prologe  des  Aeschylus:  Beide  anerkennen  —  nach  dem 
Sinne  des  Komikers  —  dass  der  TTpokoyoq  nicht  etwa 
eine  Einleitung  nach  Art  unserer  Theaterprologe,  son- 
dern bereits  ein  Theil  der  Tragödie  sei  ,  unil  zwar  der 
erste.  Was  in  diesem  ersten  Theile  der  Tragödie  ent- 
halten sein  müsse,  sagt  uns  die  Sache  selbst,  und  der 
Komiker  oben.  Hier  ist  der  Ort  für  die  (foücri:;  r(3v 
■ytgayuö.TVjv ,  hier  müssen  die  Umstände  vorbereitet  wer- 
den, aus  denen  der  Contlict  hervorgehen  soll,  hier  müs- 
sen die  Persönlichkeiten  der  Tragödie  angedeutet,  Zeit 
und  Ort  der  Handlung  bemerklich  gemacht,  kurz  die 
Baumaterialien  geliefert  werden,  aus  denen  der  Dichter 
seinen  Bau  aufführen  will,  oder  besser  noch  die  Funda- 
mente, auf  welchen  der  Bau  ruhen  soll.  Das  ist  keine 
prolnsio  tragoediae,  vielmehr  dio  tragoedia  schon  selbst, 
das  ist  keine  Vorkehrung,  dem  Zuschauer  das  Verstünd- 
niss  recht  deutlich  zu  machen,  vielmehr  wie  der  Exodus 
von  da  an  beginnt,  wo  die  peraßarrtQ  eintritt,  und  die 
ganze  Xvaig  umfasst,  so  enthält  der  Prolog  die  Darlegung 
aller  Umstände,  die  den  Conflict  vorbereiten.  Aber  Un.  W. 
sprach  es  der  Menge  nach  : 

c)  Euripides  a  vulgatis  et  tritis  recedens  ut  mythos 
suo  arbitrio  mutatos  spectatores  edoceret,  prologum  ab 
ipsa  actione  distincte  separavit.  Wir  nehmen  hierin  drei 
Irrthümlichkeiten  wahr,  erstens  sollte  man  billigerweise 
nicht,  wie  Hr.  W.  in  einer  angefügten  Nota  gethan , 
von  diesem  Urtheile  nur  Iphig.  Aul.  und  Rhesus  aus- 
nehmen, vielmehr  auch  alle  diejenigen  Stücke,  deren  Pro- 
log zu  dem  ausgesprochenen  Grundsätze  ut  mythos  mu- 
tatos edoceret,  nicht  die  entfernteste  Grundlage  geben 
kann,  auch  in  jeder  andern  Beziehung  der  alten  Weise 
nachgebildet  ist.  Dahin  gehören  Alceste ,  Andromache, 
Eledra,  Heradidae,  auch  Bacchae  und  Hippolytus  und 
Supplices,  znmal  der  Prolog  hier  augenscheinlich  Action 
enthält,  gespielt  wurde  und  keinen  Vorredner  vor  diesem 
ersten  Theil  der  Tragödie  einführt.  Es  ist  durchaus 
falsch,  was  Hr.  W.  pag.  4-  not.  3.  sagt:  prologus  apad 
Eurip.  uon  ad  ipsam  fabnlae  naturam  pertinet,  sed  prooe- 
mii  instar  actioni  praemifti  solet.  Denn  es  fehlt  eben 
zweitens  der  Beweis,  dass  bei  Euripides  nur  dasjenige 
Prologds  zu  nennen  sei,  welches  er  in  einzelnen  Stücken 
ganz  voranstellte.  Einer  solchen  Annahme  widerspricht 
Aristoteles  und  der  Dichter  selbst  in  den  Worten  bei  dem 
Komiker.  Aus  den  Worten  des  Thom.  Mag.  in  vita  Eu- 
ripidis    to  re  '/«p  h  do^ij  tov  Öc)äuaxoq  tijv  V7co9t- 


683 


684 


<nv  öictTVTtovv  y.at  tov  äxpoaTijv  uj<;7T£q  ^e/Quyw- 
yiiv  sk  xo  euTToorrSti',  EvQl-Tridov  ri';fi7^ua  geht  da§ 
ebenso  wenig  hervor.  Einer  solchen  Annahme  «ider- 
spricht  euillirh  durchaus  das  AVesen  des  Prologs.  Jene 
einleitenden  Worte  in  den  Phoenissae ,  Orestes,  Iphig. 
Taar. ,  Helena  logen  doch  in  keiner  AVeise  das  Funda- 
ment hinlänglich ,  vielmehr  fuhren  sie  den  Mythus  nur 
Lüchstrns  bis  zu  den  Ereignissen ,  welche  dem  Stücke 
zum  Grunde  liegen.  Auf  den  langen  Monolog  im  An- 
fange der  Helena,  worin  des  Ungehörigen  so  viel  und  des 
Kothigen  so  wenig,  muss  erst  die  Ankunft  des  Teurer 
folgeu.  Sie  erst  gibt  den  Erwartungen  lies  Zuschauers 
eine  bestimmte  Richtung,  indem  sie  die  Kunde  von  dem 
muthmasslirhen  Untergange  des  Menelaos  mit  sich  führt. 
Das  ist  erst  das  Fundament  des  Stückes.  Die  einleiten- 
den A'ulgo- Prologe  haben  einen  ganz  andern  Zweck,  als 
denjenigen,  den  «ir  dem  eigentlichen  uqujtov  fisoo^ 
zugeschrieben.  Einige  Andeutungen  miigen  hier  genügen. 
Ton  jeher  hatte  das  die  Tragödie  im  Gegensatze  der 
modernen  Weise,  dass  sie  voraussetzt,  der  Zuhörer  durch- 
schaue schon  vorher  die  Tiefen  der  darzustellenden  Be- 
gebenheit. Der  Dichter  denkt  sich  einen  Zuschauer, 
welcher  ilie  Geschichte  nicht  erst  aus  seinen  Stücken 
lernen  will,  er  verzichtet  darauf,  durch  Aeugier  zu 
spannen,  gewinnt  aber  damit  das  Bedeutende,  dass  das 
Drama  statt  des  epischen  Interesses  der  Historie  das  sce- 
nische  Interesse  der  Situation  bekommt,  dass  der  Zuhörer 
sich  in  die  Poesie  der  gerade  gegenwarfigcn  Scene  mit 
aller  Kraft  zu  versenken  vermag.  Ein  Werk,  dessen 
Interesse  auf  Befriedigung  einer  Neugier  beruht,  verliert 
seinen  halben  Reiz  ,  sobald  man  mit  dem  Verlaufe  der 
Begcbenheiteu  bekannt  geivorden  :  aber  ein  Werk,  dessen 
Interesse  und  Effect  auf  der  vorausgesetzten  Bekannt- 
schaft mit  dem  Ausgange  seiner  Begebenheiten  beruht, 
wird  uns  in  steigender  Progression  immer  mehr  befrie- 
digen, je  mehr  uir  uns  mit  dem  Verlaufe  seiner  Be- 
gebenheiten vertraut  gemacht  haben.  Vergl.  Fortlage 
Vorlesungen  über  die  Geschichte  der  Poesie.  AVas  der 
Komiker  Antiphanes  sagt  bei  Athenaens  VI.  in. 

jjay.doiöv  eariv  t)  Toayiitöia 
noirjuu  y.axu  ndvv',  fi'ye  nfivtxov  oi  Xuyot 
v-To  Tujv  SauTuiv  eiolv  eyvutgioftivoi 
Ttoiv' y.ai  Tiv    s/'rctiv,  djai)'  v7lO(ivri<rai  fjdvov 
Sei  TOV  7ronjT7-v.    OidiTtovv  yu()  dv  /^wvov 
(fvj,  Ta'tXa  ndvT    i'aaaiv   ö  Tia-rijQ  Aüiu^ 
fuvri;o  'lo/.üartj,  dvyartpsc,  naiöec,  ziveg 
Ti  Titiaei)'  ovTog,  ti  jitTcoiij/.E  etc. 

ist  der  Massstab,  welchen  man  an  die  M'orte  der  Tragiker 
legen  muss.  Aber  freilich  setzt  das  ein  gebildetes  I'nl)li- 
knin  voraus  und  Acschilus  sowohl,  wie  Sophocles  rccli- 
iip'en  nur  auf  ein  sohhe»,  auch  Euripides,  als  er  seine 
Diclilcrlanfiialin  begann,  daher  auch  seine  ersten  Stücke,  die 
I'eliaden  z.  B.  (nach  der  wahrsclieinli(  hen  Annahme  \'ater's 
tindiriae  Rhcsi)  und  unter  den  uns  erhaltenen  ilie  ersten, 
AIrrsti»  und  .Mcdea  den  gewohnlirlien  Pridog  in  Dialo- 
genforni  haben.  Aber  als  die  Zeit  erst  kam,  wo  Pcri- 
cles,  auch  unter  dem  WMt-  die  möglichste  lufelligcn/,  zu 
verbreiten,  ihm  den  freien  Eintritt  in's  Theater  bewilligte, 
als  dieses   loll   »ar 


Toii  Xü)7ioöi)TaiQ  y.al  roig  ßakuvTujxöf^ioig 
y.al  ToidL  'XuQokoiaioi  vmI  rotx'^Qvy^oig 
da  aber  die  schöne  Zeit  der  Bühne  vorbei,  da  schuf  der 
Eigensinn  des  Publikums  die  Dichter,  nicht  umgekehrt, 
da  musste   das  alte   AVcscn    der  Tragödie    zum  Theil  auf- 
gegeben  werden,  den  Ideen  der  Zeit  nachgeben,    zu   gar 
vielen    ihr    sonst    fremdartigen  Episoden    sich   gebrauchen 
lassen,  da   war's,   wo,  wie   bei  uns  so  oft,   das  Publikum 
den    Geschmack    angab,    und    der  Dichter    diesem    Lieb- 
lingsgeschmacke   fröhnen    musste,    wollte    er    anders    den 
Beifall  gewinnen.    Aeschylus  verliess  zürnend  Athen,   denn 
sein   AVunderwerk ,  dieOrestea,   war  diesem  Geschmackc 
erlegen:    Xiuiuv    tB,    heisst's    von    ihm    in   den  Ranis   und 
Jeder    stimmt    ihm    bei,    kjjnov    TS    tuK'K'    i'jytixo     Toii 
yvoivat    Ttegi    (fvasti    -xon^Tuiv    {toi><;    \/9)jvutoi't;). 
Wollte    sich    der    Dichter  jenes    sccnischo    Interesse    der 
Situation  vorbehalten,    so    musste  er  schon  andere  Mass- 
regeln  ergreifen  ;   was  er  früher  als   bekannt  voraussetzte, 
das    muss    er   jetzt  erst  in  erzählender   Weise   mittheilen. 
Daher  jene    A'orredncr,    deren    Worte    Hr.   W.   nach   ge- 
wöhnlicher   3Iauicr    Prologes    nennt ,    daher    darin    selbst 
Vorherverkündiguugen ,  die  auf  diese  Weise  die  umstcind- 
lichste  Entschuldigung  finden    —   freilich  Böckh's   bei  Ge- 
legenheit  des    aus  Aelian     beigebrachten  Bruchstücks  des 
Iphig.   Aul.    mitgetheilte  Ansicht  leidet    an  vielen  Irrthü- 
niern,    wie    wir  nächstens  a.  a.   O.   beueisen  werden,  — 
daher  diese   Mitfheilungen ,   welche  ganz   unbeschadet  der 
nachfolgenden     Handlung     können     gänzlich     weggelassen 
werden.      IMan    nehme    den  Ion    zum  Beispiele,    wer   da» 
Stück   lieset  ohne  jene  Einleitung    des    Hermes,    kann   es 
ebenso   gut  verstehen;  denn  schon   im   ersten  Acte   erzählt 
das  lange   Gespräch    zwischen   Ion    Und   Creusa ,    wer   Ion 
sei   und   Xuthus,  und   vias  der  letztere   begehre  vom  Ora- 
kel.    Aber  der  Dichter   verschmäht  die  Neugier  als  Hebel 
des    Interesses    und    der     Aufmerksamkeit.       Eine    andere 
Absicht  dieses  ersten   Theils    einiger  Euripideischen   Pro- 
loge  lassen   wir  nicht    zu,    bestreiten    selbst    drittens    die 
Ansicht,    Euripides    «olle    mit    diesen     Vorreden    niylhos 
8UO    arbitrio    mufatos     spcctatores    edocere,    so    natürlich, 
eine  solche   anch  sein   könnte  nach  ilem   Obigen. 

AVir  wissen  wohl,  Hr.  W.  schrieb  das  andern  Gelehr- 
ten nach;  indess  diese  beschränkten  ihre  Ansicht  auf 
einige  Euripideische  Prologe,  während  Hr.  W.  dieselbe 
auf  alle  ausdehnt.  Wir  erklären  Beides  für  falsch,  doch 
hoflcn  wir  nicht  ohne  Grund.  Als  die  älteste  Autorität 
der  neuern  Zeit  führen  wir  Eiclistädl  de  dramafe  Grae- 
corum  comico-satvrico  an.  (Jnanujuam  enim  Eurip.  in 
separatis  iUis  prologls  ,  (|uos  fabulis  praeposuit  non  ac^pii- 
rit  sie  nt  draniatica  plane  snpersederet  actionis  inductione  : 
tarnen  hujus  ambitum  angustioribus  fere  limitilius  circum- 
siripsit  nee  (juae  in  prologo  esset  persecntus  in  ea  co- 
piosins  repetiit.  Quid?  ipiod  reperiuntur  tragoediac,  in 
quibus  dempto  prologo  expositio  dranintica  argumenti  ne 
satis  <|uidem  dilucide  et  aptc  ad  coniniunem  intelligen- 
tiani  explicari  possit.  So  fehlerhaft  auch  diese  Ansicht  , 
sein  niag ,  so  hat  sie  ilennoch  durch  viele  ^Verke  ihre 
Reise  gemacht.  Und  ilennoch  ist  uns  kein  Stück  be- 
kannt ,  welches  ohne  den  Prolog  von  einem  gebildeten 
Athenischen  Publikum  nicht  hätte  verstanden  werden  kön- 
neu.      Schlegel    spricht    von    der    Helena.       Aber    es    ist 


685 


68G 


erstens  nicht  «ahr,  dass  Euripides  der  Erste  gewesen, 
wciclier  die  Idco  gehabt,  Paris  habe  nicht  die  Helena 
selbst,  sondern  nur  ein  LuftbihI  entführt,  ivflhrend  die 
wahre  Helena  in  Aegypten  gesessen.  Alan  vergleiche  nur 
Hermann's  V^orredc  zur  Helena.  Zweitens  aber  h/itte 
der  Dichter  dann  nicht  zur  Helena,  vielmehr  zur  Elec- 
tra  einen  solchen  Prolog  machen  miissen ,  denn  auch  in 
diesem  .Stücke  herrscht  eine  solche  Ansicht  von  der  Helena, 
vergl.  Elect.    128C). 

ÜQVJTStDi    yuQ    tx    djiflUJV 

r,xsi  Xlnovo'   Al'^vitxov   ovd'  ijkt^sv   (Ilgiiya^. 
^€v<;  8'  u'iQ  tQK;  yivoiTO  v.a\  cfövo^  ßQOTuiv 
eiduiXov  'EXtvijq  it,i^Eu'>\i  eii  'Tkiov. 
Es  wnrde  aber  Helena  zwei  Jahre  später,    als    die  Elec- 
tra  aufgeführt,  nSmlich  Ol.   91,  4-      Drittens   konnte  Eu- 
ripides   wohl   dem  Effect  vertrauen,   welchen  das  Herodo- 
tische    Werk    bereits    hervorgebracht    halte.       Denn    mag 
man    auch    an    einer    eigentlichen   Vorlesung  desselben  in 
Olympia  zweifeln,    so    kann  man  doch  für  gewiss  anneh- 
men ,  dass  Herodot  sowohl  dort,     wie   in  Athen  und  Ko- 
rinth   vor   einem  versammelten  Publikum    von  seinen  Rei- 
sen   erzählte ;    vergl.  Nissen    in    dieser    Zeitschrift    1839. 
pag-    196.     Diess    angenommen,    kann    es  leicht  begriffen 
werden,    wie    eine    den    bekanntesten  IMythns    betreffende 
Aenderung    leicht    von  Mund    zu  Mund   ging.       Hier  also 
war    gewiss    ein    solcher    Prolog    nicht    nothig:    er    finilet 
sich   aber    auch    nirgends.       Wo  der  rechte  Ort  dazu  ge- 
wesen  wäre,  dürfte  Medea  sein;  denn  der  Dichter  schrieb 
den   Mord    der   Kinder    nicht    den    Korinthern,     wie    die 
Fabel   sagte,    sondern    der    Mntter    zu.      Aber    wir  sehen 
in  dem   Stücke   Nichts    von    einem  solchen  Prologe.      Die 
Urtheile   über  Hermione  im   Orest  sind   von  denen  in  An- 
droniache  sehr  verschieden:    wo    macht  aber  der  Dichter 
daranf  im  Prologe  aufmerksam?  Darum  ist  es  Zeit,   end- 
lich   diese     Ansicht     aufzugeben.       Der    Dichter    änderte 
wohl   im   AVesentlichen    nicht    selbst  an  dem  Mythus  ,    er 
führte  höchstens    vorgefundene   Aenderungen    aus.      Unter 
den    vorhandenen    Prologen    deutet,     wie    gesagt,     keiner 
darauf    hin,     dass    er    die    mutatos    mvthos    vorher    dem 
Publikum   bekannt  machen   wollte.    So   gut  Aeschylus  nnd 
Sophocles   ihre  Aenderungen  vorher  nicht  mittheilen  lies- 
sen,    ebenso    wenig  mochte  Euripides  darin  einen  Grund 
zu  seiner   Vorrede  finden. 

d)  Falluntur,  qui  Aristotelis  vcrba  arctins  tenentes 
prologi  natura  prorsus  neglecta  finem  ejus  nbivis  ad  pa- 
rodi  initium  extendant,  Euripides  testis  est  gravissimus. 
Und  dennoch  gehören  wir  zu  diesen  und  bekennen  es 
frei  nnd  offen;  aber  wir  glauben,  dass  Alle,  die  das  ge- 
than  haben,  die  parodus  dahin  setzen,  wo  der  Chor  zum 
erstenmal  in  seiner  Gesanimtheit  zum  Vorschein  kommt 
nnd  seine  Xi^i^  beginnt.  Dass  Jemand  nämlich  habe  so 
thüricht  sein  können,  den  Prolog  in  der  Helena  bis 
».  1116  zu  denken,  bezweifeln  wir;  ist  es  aber  der  Fall 
gewesen,  so  stimmen  wir  Hrn.  W.  bei,  solch  eine  An- 
nahme für  thöricht  zu  erklären.  Dagegen  wird  Hr.  W. 
nicht  behaupten  können,  dass  »ir  die  natura  prologi 
i\egligirt  haben,  wenn  wir  den  Prolog  bis  zu  v.  INO  aus- 
dehnen. Denn  wir  haben  eben  gezeigt,  wesshalb  die 
Scene  zwischen  Teuccr  und  Helena  zum  Prologe  ge- 
höre,   das    soll    man    aber    nicht   so  verstehen,    als  wenn 


wir  die  Person  des  Teuccr  für  nöthig  hielten.  Unserer 
schon  a.  a.  O.  ausgesprochenen  Ansi<  lit  nach  Jiätte  ein 
beliebiger  Grieche  ausgereicht,  ein  von  der  Mannschaft 
des  Menclaos  verschlagener  Soldat  lielleiclit  die  Stelle 
noch  besser  eingenommen;  indess  Euripides  liebt  es, 
solche  Individualitäten  vorzuführen,  die  ilen  Stufl  zu 
weitern,  wenn  auch  dem  Stücke  entlegeneren,  ein  Lieb- 
lingsthema des  Publikums  betreffenden  Expectorationen 
enthalten.  Wir  haben  übrigens  alle  Euripideische  Stücke 
genau  verglichen,  und  die  Ansicht  auf's  schönste  bestä- 
tigt gefunden,  dass  gerade,  da  der  Prolog  jedesmal  be- 
endet ist,  wo  der  Chor  zum  Vorschein  kommt  in  seiner 
vollen  Gesammthcit.  Diess  führt  uns  zu  den  Bestim- 
mungen über  die  Parodos,  an  welche  wir  besser  die  Me- 
morabilität  anknüpfen,  fit  nonnunnuam,  ut  chorus  ipse  vcl 
ejus  corjphaeus  prologum  fariat.  Wir  müssen  uns  hier 
zur  Ersparnng  des  Raums  <las  Vergnügen  versagen,  die 
eigenen  Worte  des  Hrn.  Vcrfs.  zur  Beurtheiluiig  der 
Leser  herzuschreiben;  ein  treues  Exccrpt  der  Hauptge- 
danken wollen   wir   dagegen  liefern. 

Die  Parodos    ist    bei  Hrn.   W.   ein    uß.og  ,    welches, 
wie   jedes    Stasinion,     durchaas    immer    gesungen    wurde. 
Dass  er  mit  dieser  Bestimmung  die  Worte  des  Aristoteles 
verlassen,   haben   wir  schon  oben  gezeigt.      Nun  passt  die 
Definition    von    TToükoyu:    nicht    mehr,    und    die  Erklä- 
rung   von    kti:i^,    sowie    von    -/.otvi'.    firv    ä-Trdrrcuv  cic. 
beruht   auf    einer    reinen    Annahme.      Hier    aber    ii erden 
wir    weiter    wahrnehmen  ,    ilass    die    weitern   Deductinncn 
über  uvuoodoc  allen  denjenigen  Zeugnissen  widersprechen, 
welche    Müller    aus     verschiedenen     Scholiasten     gegeben 
hat.      Aber,    sagt  man  vielleicht,    liegt    in   der   Aristoteli- 
sclien  Definition  von   BmiouÖLOi'    tu   f-ikvc.l^v   ijKti)v  Xü- 
g/y.oHv    /.isXoiv    nicht    ein   Beweis,    dass    Parodos    zu    den 
I.U/-.n  gehöre?    Denn   oft   ist  das  Episodion  doch   zwischen 
die  Parodos    und    ein  Stasimon    hingestellt.      Darauf   ant- 
worten   wir    erstens,    die    gewöhnliche    AVeise    pflegte    an 
die   Parodos   jeilesnial   noch   ein   Stasimon   zu   Iiäiigrn,   also 
pjn   eigcnlliches   inko^  ;   zweitens  aber  kann  ja  auch  eine 
Parodos  vom  ganzen   Chore   gesungen  sein;    denn   wie  «ir 
sahen,    passt  unter  den  Begriff   kti;/^  auch  allenfalls  der 
von    fxekoi;.       Drittens    aber    ist    der    Beginn    des    ersten 
Epeisodion,    über   dessen   Constituirung    hier   allein    Zwei- 
fel erhoben   werden    können,    schon    genugsam  durcli   das 
Ende    des    Prologs     und     dadurch      bezeichnet,     dass     die 
7lov)Tij     Xei:ic     okov     yogov     bereits     eingefrcien     ist. 
Wenn  Aristoteles  sagt,   der  Prologos   ist  da   zu  Ende,   wo 
der    Chor    seine    erste    kitl^    beginnt,    so    kann    er   ivolil 
nicht    darüber    in   Zweifel   sein ,     dass  Jeder   «len    nun    be- 
ginnenden Theil  der  Tragödie    ebenso    gut  für  ein  Epei- 
sodion erklären  werde,  wie  rot  fi^Q)^  fieTai;u   ökcov  yo- 
Qi/.ojv  fjskujv. 

Bei  seiner  Definition  von  Parodus  mnsste  es  nun  srhcni 
Hrn.  W.  sclmer  werden,  ilie  Parodus  aufzufinden;  so 
kommt  er  denn  auf  die  eine  Hanutbemerkung  p.  .')•  jani 
sie  comparatas  esse  parodos  consentaneum  est,  ut  nequo 
forma  nenne  argunicnto  caiitici  singiilaris"  specirm  prae 
se  fcrant.  Unter  dem  cantus  singularis  soll  wahrschein- 
lich das  Gegentheil  von  iii.oi  '/OOOi,  angedeutet  sein 
Quare  ut  ununi  affcranius ,  fährt  er  fort,  sentenlias  iil 
generis    respuent ,     quae     chori    contlneant    dubitatiouem  , 


687 


688 


dissensionem,   tri>plil.i<ionem  ,  qu.ieque  alia  sniit  ex  qiiibus 
caniiiiiis   (lisfril)iitioiie   in  siii^^iilas  «•horcutarani  vocea   opus 
viileatur,    ucqiie    ea    metrorum    geiiera    (ut    svstcmata    ei; 
Öuoiujr)    acliiiittcnt,     quae    loiistat    iiitogri    chori   caiiticis 
miuus   coliteilire.      Also  so»»olil   der  Inhalt,   "  ie   die  Form 
soll  cnlschoidcii   kiMinon.      Ausser  allen  die  Prämissen   be- 
trefiendcn  Ziveifeln  fragen   wir  hier:   ist  es   «olil  denkbar, 
dass  Aristoteles  diese  Anslegun»  seiner  Worte  »olle,   wenn 
von    den    vorhandenen    Aesehviischen    Stücken    nur    «Irei, 
von  <len   Sophokleischen   nur  vier,   von   den  achtzehn  Eu- 
rinidoischen    aber    sojjar    nur    drei    damit  in  Einklang'  zu 
bringen    sind?     -Sollte    ferner    ivirklicli    von    dem    Inhalte 
liier    eine    Hestininiung     genommen     werden     kbnnen,    da 
doch    der    Dichter    theils    von    seinem    Thema   dabei    ab- 
hängt,   es  aber  auch  theils   i:i  sein  Belieben   gestellt  ist, 
mit   well  hen  Gedauken   er  den  Zuschauer  zuerst  aultreten 
lassen   will?     Wir    halten  es   überhaupt  für    sehr  gewagt, 
aus    dem    Inhalte     eines    Gesanges    einen    Schluss    darauf 
XU   machen,    ob    derselbe    von    einem    ganzen  Chore   oder 
ron  Einzelnen   gesungen  sei,    oder    ob    er  sich   überhaupt 
zum   Gesäuge   eignete.     Wie    mancher   neue   Text    möchte 
dazu   die   Beweise   geben,    ^iur   wenn   wir  die   Hlusik   dazu 
noch    kemieteii,     würde   das   zu   bestimmen   sein:    so   lange 
das  nicht  der  Fall   ist,   bedenke   man,   dass  ein   Coniponist 
denselben  Gedanken    sowohl    von   Einem,    wie    von   Allen 
singen    lassen     kann.      Die  dubitatio  ,    trepidatio   und  dis- 
sensio    kann    recht    schön    zu    einem  vollstinimigen  Chor- 
liciie  ileii  StoIT  geben,  denn   ein  Aacheinandersingen  wird 
dadurch   keineswegs   bedingt.      Kann   der  Komponist  z.  B. 
in    einem  Oratorium    die  Chöre    der    Gläubigen    und    der 
Hüllengeister  zu  gleicher  Zeit  vollstimniig  singen   lassen, 
kann  er  z.   B.   in   einer   Oper    die  feindlichen  Parteien    in 
einem   vollstimmigen  Chore    mit  einander    streiten   lassen, 
so  dass  unmittelbar    darauf    sogar    das   Handgemenge    be- 
ginnt   —   die  Beispiele  sind   nicht  erdacht ,  sondern  kom- 
men thatsächlich  sehr  oft   vor,   wir  wollen  nur  erwähnen, 
das   Weltgericht   von   Schneiiler   und   Romeo   und  Julie  von 
Bcllini ,  vor  Allem  aber  den  in  sich  uneinigen  Brüderchor 
in  iler  iMehulsrhen  Oper  Joseph  in  Aegvpten  —  so  licisst  es 
doch   jedenfalls   zu   viel   gesagt,   ob  des  Inhalts  einem  Grie- 
chischen   Ciiorliede     den    Charakter     eines    vollstinimigen 
absprechen    zu    wollen.       Und    nun  vollends  das  Bietrum, 
wie  ist  doch  diess  für  den  Komponisten  auch   eine  keines- 
wegs seine  Composition   bedingende  Sache!    Hr.   AV.   wird 
desshalb   selbst   den   .Schluss,    den   er   aus   den   oben   ange- 
führten  Worten   zieht,  für  voreilig  halten:    absonnm  esse 
corum  Judicium,  qui   statuant,    a  primis    quibusque    chori 
(orchestram   ingredienti«)   verbis  incipcrc  paroduin.     Haud 
raro   enim  ca  dcmum    multis   aliis    canticis  praeniissis  de- 
prelieiiilitur ,  cujus   rei   exeniplum  certissiinum  est  in  Soph. 
Oed.  Col.   V.   ((iiH.   (cfr.   Plut.  an   seni   etc.  cap.  3).    Wenn 
jener  Zusatz  orchestram   ingredientis  auch   nicht  »on  Hrn. 
W.   herrührt,  so   küiinlcn   wir  uns  davor  doch  verwahren. 
Da    wir   jedoch    überall    die    Orchcstra,    als    Fortsetzung 
der    Bülino    annehmen ,    d.   h.  die  Sccne    iler  Bühne    und 
der  Orchcstra    dieselbe    sein    lassen,    so    wollen    wir    den 
ZasaU  in  dem  Sophokleischen  Beispiele  nicht  wegwerfen. 


Denn  es  möchte  wohl  nicht  mit  Sicherheit  certissimuni 
zu  nennen  sein.  Wir  holi'en  wenigstens ,  dass  Ilr.  W. 
hier  nicht  etwa  der  Autorität  des  Plutarch  vertraut,  wo  er 
wenige  Zeilen  nachher  ein  willersprechendes  Urtheil  dessel- 
ben Autors  rejiciendum  putat ,  quia  non  alteri  testimonio 
ejusdein  scriptoris  convenit.  üio  TlfJiJJXii  ki^tg  okou 
%uoov  beginnt  v.  118.  Herbeigerufen  von  dem  Fremd- 
linge, welcher  zuerst  den  Oedip  an  dem  verbotenen 
Orte  gesehen,  kommen  dio  Männer  des  Chors  in  die 
Orchestra,  welche  die  auf  der  Bühne  dargestellte  Scene 
fortsetzt;  sie  rufen:  wo  ist  er,  der  in  seiner  Unwissen- 
heit den  Ort  betrat?  Schau,  ob  du  ihn  gewahrest!  Es 
ist  ein  Fremder,  kein  Eingeborner,  denn  sonst  würde 
er  nicht  in  den  unberührten  Hain  der  Jungfrauen  ge- 
gangen sein,  welche  wir  uns  zu  nennen  scheuen  und 
bei  denen  wir  lautlos  vorübergehen.  Dahin  soll  er  ge- 
gangen sein ,  doch  erblicke  ich  ihn  nicht."  Warum 
diess  durchaus  die  Einzelnen  sich  einander  zugerufen 
haben  sollen,  davon  sehen  wir  keinen  hinlänglichen 
Grund  ein.  Wenn  Beethoven  in  dem  Oratorium  ,, Chri- 
stus am  Oelberge"  in  einen  vollstimviigen  Chor  ver- 
schmilzt die  Worte  der  Kriegskneclite  ,,wo  ist  er,  der 
Verbannte,  der  sich  im  Volke  kühn  den  Judenkönig 
nannte,  ergreift  und  bindet  ihn!"  und  zwar  so,  dass 
die  Einen  den  Andern  gleichsam  die  Frage  ,,wo  ist  er?" 
zusiugen  so  kann  doch  die  Möglichkeit  nicht  bestrit- 
ten werden ,  dass  auch  in  dem  vorliegenden  Falle  der 
Text  geeignet  sei  zu  einem  vollstimmigen  Chorliede. 
Es  möchte  also  mit  dem  certissiinum  eigenthümlich  aus- 
scheu ! 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Clironik  und  3Ii6Celleu. 

Stuttgart.  Hier  ist  eine  Einladungsschiiit  zurFeier  des  k. 
Geburtstages  am  27.  Sept.  I8.i8  erschienen.  Vor.ius  geht  eine 
Abb.inillung  ühcr  unser  Gyinnasiuiii  in  seiner  Entwickelung 
wahrend  der  zwei  letzten  Decennicn  von  dem  Professur  F.  W. 
Klumpp  (Stuttgart,  Met?.ler.  53  S.  4.).  Die  Scbiilerzabl  in 
sämratliclien  Classen,  die  im  vorigen  Jalirc  482  betrug  ,  ist  sich 
gleich  geblieben.  Die  durcli  den  Abgang  des  Professors  Gustav 
Scliwab,  der  die  Pfarrstclle  zu  Goniaiingcn  bei  Tübingen  an- 
genommen bat,  erledigte  Stelle  wiirilc  dein  bisherigen  Professor 
an  dem   hiesigen   Katliarineostille  Ludwig  Bauer  übertragen. 

Koburg.  Die  Elnbidungsschrift  zu  dem  ütTentlichen  Ostcr- 
examcn  (15  Seilen  4.)  cnllialt  eine  Abhandlung  von  Eduard 
Forberg  ..über  eine  Stelle  des  IMenctenus  des  Plato.c  Bis 
zur  definitiven  \VicderI>esetzung  der  durch  Sceiiodcs  Weggang 
erledigten  DireCtorslelle  ist  der  Professor  Forberg  mit  der  Füh- 
rung <ler  Direction  beauftragt.  Die  Scbülerzabl  im  verflossenen 
Schuljahre  betrug  66. 

Rendsburg.  Unser  Früblingprogramm  (Schleswig,  Taub- 
stnmnieninslitut.  16  Seilen  4.)  eiitball  D.  A.  P.  Nisseni  de 
vilis,  quae  vutgo  Cornclii  Nepotis  nomine  feruntur,  contra 
Licberknebnium  -  Poblmanniaiium  aliosqtie  disputationis  parti- 
cula  prior.     Im  Winter  betrug  die  Scbülerzabl  44. 


Zeitschrift 


für    die 


Altei  th  11  mswissen Schaft 


Sonntas; ,  21-  JuU 


1839. 


Nr.  87. 


Conimentatio  de  tragoediarum  Graccarum  ineniliris  ex 
verbis  Aristotelis  —  de  arte  poCt.  rap.  XII.  — 
recte  coiislituendis.  Scrips.  F.  A.  F.  Waldaestel, 
prorector. 

(Fortsetzung.) 

Aber  mit  dieser  von  Hrn.  AV.  adoptirten  Idee  von  der 
Parodos  stimmen  ja  auch  alle  diejenigen  Zeugnisse  nicht 
nberein,  welche  uns  von  den  Scholien  gegeben  werden. 
Es  ist  deren  keine  unbedeutende  Anzahl:  und  Hr.  W. 
sagt  es  selbst,  nbicunqoe  htijus  rei  mentionem  faciunt, 
id  Carmen  constanter  vocant  parodnm,  (juod  ab  ingredienti 
choro  sit  cantatuni.  Sie  »erden  sänimtlich  mit  den  Wor- 
ten abgefertigt,  scholiastarum  liac  in  re  testinioniis  nuUa 
fides  est  habenda ;  und  es  wird  nur  versucht,  eine  Er- 
klärung zu  geben ,  nnde  perversae  illae  de  parodo  opi- 
niones  sint  exortae  et  <juo  factum  sit,  ut  vera  ejus  notio 
obscnraretur.  Weil  diess  Carmen,  sagt  Hr.  W. ,  i\e\i 
!Namen  erhielt  von  dem  Schreiten  des  Chors  durch  die 
Orchestra ,  welches  ebenfalls  irnooSos  hiess,  so  waren 
die  alten  Tragiker  gewohnt,  am  Ende  des  Prologs  einen 
vollstimmig  singenden  Chor  einzuführen  ,  um  recht  deut- 
lich das  erste  Epeisodion  vom  Prologe  zu  trennen.  Nach- 
her aber ,  postquam  poctae  liberius  artem  tragicam  trac- 
fare  coeperint ,  nehmen  sie  sich  heraus,  den  Chor  gleich 
Anfangs  an  der  Action  dergestalt  Theil  nehmen  zu  lassen, 
dass  er  wie  ein  Schauspieler  auf  der  Uiihne  erblickt 
wurde  ( Eumen.  und  Sojih.  Oed.  Col.  )  oder  mit  den 
Schauspielern  wechselseitig  sang  oder  sprach  (Eur.  Hera- 
clid.).  Wie  solche  Stellen  in  der  Glitte  eines  Stückes 
nie  für  Stasima  gellen,  sondern  als  Theile  der  Handlung 
zu  den  Episodien  gehören ,  so  sind  sie  auch  im  Anfange 
keineswegs  für  integrae  tragoediae  partes  anzusehen. 
Jam  perspicunm  est,  quo  factum  sit,  ut  parodi  locus  com- 
mutaretur,  nomen  vero  sancitum  primo  cujuscjue  tragoe- 
diae carmini  a  toto  choro  cantato  permaneret  atque  illi 
qni  nescii  origineni  solam  hujus  voci.s  spectareut,  inre- 
dentis  chori  carmina  vel  etiam  paucos  versus  parudum 
esse  fidenter  arbitrarentur.  Diess  ist  nun  Alles  der  ein- 
mal aufgefassten  Idee  von  Parodos  gemäss;  aber  die  Ar- 
gumentation halt  schwerlich  Probe.  AVir  fragen,  gesetzt 
es  »are  so,  dass  der  Chor  in  Oed.  Col.  sowohl,  wie  in 
den  Eiimeniden  auf  der  Bühne  erschien,  hat  denn  Ari- 
stoteles davon  irgend  etwas  gesagt ,  der  Chor  müsse  bei 
der  Parodos  iu  die  Orchestra  einziehen?  Er  sagt  ja  nur 
n^uirtj  Ke^ii  ökov  XOQOV.      Nimmt    in  den  Herakliden 


nicht  ebenso  gut  auch  der  ganze  Chor,  durch  den  Klage- 
ruf des  Alten  gerufen,  an  der  ersten  }.ti:ig  Xoouv  Theil, 
wie  das  im  Oedip.  Colon,  der  Fall  ist?  Was  soll  denn 
der  Umstand  ,  dass  jene  Lieder  nicht  integrae  tragoediae 
partes  sind?  Was  heisst  das  überhaupt,  ein  //tÄo^,  ein 
Stasiuion  sei  eine  integra  tragoediae  pars?  Denn  nur  das 
ganze  jngiy.uv  ist  integra  tragoediae  pars,  nicht  aber 
die  einzelnen  Theile  desselben.  Ausserdem  aber  ist  der 
Grund  von  einer  tragoedia  liberius  tractata  ein  so  schwan- 
kender, dass  wir  bezweifeln,  Hr.  W.  wisse  hinlänglich, 
was  unter  liberius  hier  zu  verstehen.  IMan  denkt  sich 
gar  zu  gern  darunter  einen  Zustand  der  Tragödie,  wo 
Nichts  mehr,  weder  Form  noch  Inlialt  genährt  sei,  ein 
Sodom  und  Gomorrha;  die  Rolle  des  Vertheidigers  zu 
spielen,  ist  da  so  schwer  gar  nicht.  Gibt  Hr.  W.  zu, 
die  alte  Sitte  habe  durch  die  Parodos  den  Prolog  von 
der  eigentlichen  Tragödie  in  der  Weise  geschieden,  wie 
die  einzelnen  Acte  durch  Stasima  getrennt  werden  ,  so 
ist  doch  die  Annahme  weit  natürlicher,  dass  die  Dichter 
der  spätem  Zeit  zwar  die  Länge  der  Parodos  aufgaben, 
wenn  sie  für  ihr  Thema  gerade  nicht  passte ,  aber  den- 
noch stets  den  Chor  mit  seinem  ersten  Auftreten  den 
Prolog  schliessen  und  vor  wie  nach  die  Tiguirij  r^t^ic 
öl.ov  '^uoov  die  Parodos  nennen  liessen.  Was  hätten 
sie  nur  für  eine  Absicht  haben  sollen,  die  Parodos  spa- 
ter anzusetzen  ,  da  ihre  Bedeutung  dann  gänzlich  in  den 
Hintergrund  getreten  wäre?  Fragt  Hr.  W,  weiter,  quid 
de  iis  tragnediis,  quibiis  nulliim  omnino  chori  iiigredien- 
tis  indicium  inest,  a  principio  clioreutis  exadversus  sce- 
nam  cum  histrionibus  altcrno  cantu  vel  colloquio  agenti- 
bus  aut  solo  coryphaeo  anapaestis  verba  faciente ,  so  ist 
auch  ilarauf  die  Antwort  nicht  schwer;  wir  verstehen 
nämlich  unter  diesen  Worten ,  was  Hr.  W.  schon  oben 
gesagt,  fit  enim  noununquam,  ut  chorus  ipse  vel  ejus  co- 
ryphaeus  prologum  faciat  (v.  Aesch.  Pers.  et  Suppl.  et 
Eur.  Rhes.),  hätten  wenigstens  sonst  erwarten  müssen, 
die  bezüglichen  Stücke  angeführt  za  sehen.  Was  nun 
den  Rhes.  betrifft,  so  kann  mau  sfatuiren,  dass  die  Worte 
des  XoQO^  ,  womit  das  Stück  beginnt,  nicht  von  dem 
ganzen  Chore  geredet,  daran  nicht  der  ganze  Chor  Au- 
theil genommen  habe,  sondern  nur  Einzelne  zum  Zelte 
des  Hector  dringen.  Danu  mag  recht  schön  erst  v.  224 
die  Parodos  beginnen,  denn  es  erhellt  auch  aus  andern 
Ursachen,  dass  der  Prolog  bis  dahin  auszudehnen  sei. 
Was  übrigens  ausserdem  die  beiden  Aeschylcischen  Stücke 
betrifft ,    8U    ist    bei    ihnen    ein    abgesonderter  Prolog    ein 


691 


692 


lugoc  uf  ov   Tg(cy(j)8(ai    ro  :igu  X'^C*^'^  rrnpöSor  gar 
iiirlit    vorlianilrii ,     virlinolir    hat    ilpr   Dirlifrr    <li>ii   Inlialt 
(lossell>pii    in    ilip     Paroiios,    in    die    7lg(HTij    /.^t/k     okov 
yo  >o7   fr'"''"»*-      Wie    Ilr.   W.  seine   Hesfininiiing,    tiass   in 
ilen    Pors.     Lei     v.     ''>    der    l'rulojf    sililiesse,     go^en     den 
Vonvnrf    der    Willkiir    rertlieiilisfen     uill,     begreifen     wir 
nirlit.      Eriiii};t    er   die    Gedanken,    «ellie    nach    ».  7'2   ans- 
(leilriickt   sind,  so    ninss   er   zugeben,     das«   sie    eine    Fort- 
iPtznnj    derjenigen    bilden,     welrlie    bei    ihm   den    Prolog 
nusinarhen.       Uass     aber    sAinnitlirbe    Cborenfen     bei    den 
^Vorlen    mitHirIvend     gedarbt    uerdcn    können,     zeigen    ilie 
(jedanken     ebenfalls.        Es     ist     niizu  eitelliaft,     Arsrlixlns 
«olKe    keinen   Prnlog    im     rnhigen    Triineter:    er    zieht   es 
lor,  statt   der   Erzälihing,    von    HeUher   Fnreht    ganz   Per- 
»ien    dnrrlidrnngen   sei  ,    gleich    die    Rej)f,'ispntanlen    dieses 
ganzen  PcrsJens    vor   die  Angen    lies  Ziisihaners    zn    stellen. 
Das    ist   der   Chor:    eine   Erz/ihliing   in    Anapästen,    .Seitens 
des  Korvjihaus,  «iirde    eine  ilnrrlians  nnsfattliafte  Annalune 
sein  ,    IUI  lit    aber    eine    Darstellung.       Die    ganze    Ilaltiing 
des    ganzen    Chors    driirkte     «eit    besser  jene   Furcht   aii.s  , 
«eiche    Asien    nm   seinen    Küiiig   hatte:     eine    »eitere    Ein- 
leitung  war   aber    aucli  ,    des    Thenia's    »egen,    gar  nicht 
nölliig.      Jn     den    Sii|i|)lic.     ist    das    noch     weit     mehr     der 
Fall.      Die    ^'orfiihriiiig   samintliclier    Hiilfeflehenden    Wei- 
ber,   deren    AVorte,    von   .Spiel    begleitet ,, den   Znliorer  au 
fait  setzten,     war    genügend.       Denn   auch    hier    beschuldi- 
gen   »lir   Hrn.    W.   der   Willkür,    »venu    er    bis    v.  40   <len 
Prolog   gellen    lässt.       Aesch\liis    hatte     auch     in    noch    an- 
dern   Slücken    keinen    Prolog     als     Trijaüror     niiXK     TQ., 
z.    K.    im    Prom.   Kvoii.,   den    IMyrniidonen ,    vielleicht   auch 
in     den    llcliaden,     aber    siclierlich     aus     gleichen,      ganz 
natnrliiben     Gründen.       Also     ist    es   sehr   natürlich,     ilass 
die    P.ini;los    hier    gleich    mit    dem    Beginne    des    .Stückes 
beginnt,    denn   sie    ist   die    '.igojvr    kti/i    i'fMV   lOOOV. 

Hr.  W .  kommt  nun  zu  andern  Henierkiingen ,  die  er 
gemacht  halien  «ill.  Zuerst  balt  er  für  bemerkenstvertli, 
Hass  selir  oft,  soivohl  zu  Anfange,  als  zu  Ende  der  Pa- 
rodi  kürzere  oder  l.'iiigere  aiiapfistisrhe  Svstenie  gefunden 
werden,  qnae  iion  modo  plenis  vocibn»,  seil  ne  rantui 
qaidem  rnnvenire  nemo  est  ijui  neget.  Hierbei  beruft  er 
■ich  auf  Ilermann's  Recensiou  über  IMüller's  Enineniden, 
(genug  Beweis,  ilass  sein  nemo  Nichts  als  oratorisrh« 
Floskel  ist)  und  fügt  als  neuen  Grund  hinzu:  „mit  der 
Annahme,  dass  die  .4nap.'lsten ,  »velche  im  Anfange  eini- 
ger Tragödien  unter  dein  iSamen  XniU):^  vorkoininen, 
Tollstimmig  als  Parodos  gesiingeii  seien,  würde  man  .sfa- 
tuirrn,  jene  Traglidien  hätten  keinen  Prolog:  das  ist  nun 
{rar  nicht  so  schlimm,  wie  es  aussieht.  Den  Inhalt  eiiips 
Prologs  haben  sie  allerdings,  nur  nicht  die  Form,  wel- 
rhe  Aristoteles  dafür  festsetzt.  Hermann  opusr.  VI  ,  2 
p.  143  opponirt  der  Hlüller'sdien  Ansiiht,  dass  die  Ana- 
pästen gssiiiigcn  werden  könnten,  erstens  „der  Charakter 
dieser  Rh\tlinien  sei  denen,  in  welchen  bloss  gesprochen 
werde,  am  n.'lrlisten."  Einen  Beweis  finden  wir  darin 
nicht,  ebenso  wenig,  wie  wir  aus  deiijeiiigen  aiiap,')sti- 
»rhen  oder  iambischen  Stellen  eines  Operntexles,  wilclie 
der  Komponist  nnkonipoiiirt  liess,  den  .Scliliiss  ziehen 
möchten,  er  habe  das  der  Anapästen  und  Jamben  wegen 
gethan.  Zweitens  ,,der  Inhalt  zeigt  i'iberall  bloss  ge- 
wöhnliche  Rede   an,    und    zwar    einer  einzelnen   Person." 


Wir   glauben,    diese    Ansieht    sei    liGchst  snbjeetiv,    denn 
die    Beispiele    aus    .Siippl.     und    Pers.    haben     wir    soeben 
ganz    anders   -erkl.'lrt ;    übrigens     glauben     wir    nicht,     dass 
Müller    behauptet  ,    alle     und    jede    AnapJisten    seien    gesun- 
gen,    darum    ist    auch   der   dritte   Beweis    nuhaltbar    „die 
Stellen,     wo    zwischen     spondeisclien    Anap.'isten    regelmäs- 
sige  Systeme   vorkommen."      Allerdings   will   auch  nns  der 
recitativische    A'ortrag    dieser     Anapästen     nicht    behagen, 
er    ist   uns  sogar    —   soweit   unsere    uiusikalische  Keiintniss 
reicht,     ganz     nnverst.'inillich,     nnd     wir     entscheiden     uns 
lieber     für     ein     vollstimmigeii     Chorlied.       Dass    aber    die 
Anajj-'isten    auch    gesungen   sind,   dafür   glauben    wir    in  fol- 
gender    Bemerkung     einen     Beweis     zu     finden.        In     den 
Anap.'isten    der   Lieder    «;T0     T/y?     frx;;i');;   kommt   oft   der 
Fall    vor,    dass   sie    dieselben    Gedanken    enthalten,    welche 
entweder    im  jambischen    Triineter    vorhergingen   oder  folg- 
ten.     Für    eine   solche    Wiederlidlnng    ist    kein    Grunil    vor- 
handen,    sobald     wir   glauben,     diese    Anapasten   seien   ge- 
sproche7i    von    dem   .Schauspieler,     und    wir   können's   Hrn. 
Härtung    nicht    verdenken,    wenn     er     ebendesslialb     diese 
Anapästen    frisch     darauf    los    zu    streiihen    gebietet.      Die 
Sache    verhält    sich    aber    anilers,     sobald     die     Anapästen 
gesungen   sind;    dann     wird     eine    AViederholung    derselben 
Gedanken     dem    Zuschauer     ebenso     wenig    aiiirallend     ge- 
wesen   sein,    wie     in    unsern   Theatern    das    <ler   Fall   ist, 
wenn    nach    einer   Arie   oder  nach   einem   AVechselgesange 
die    Rede     wieder    beginnt.       Der   Dichter    nimmt   nämlich 
an,    es   seien    die    Worte   des   Gesanges    zum   Ohre    des  Zu- 
hörers  nicht  so    deutlich    geklungen,    vielmehr    habe    das- 
selbe   mehr     dem   Musikallsilien    gelauscht.        Darum    ist'f 
für     ihn     keine    eigentliche    Wiederholung.       Helena    z.   B. 
singt     im      gleichnamigen     Stücke      einen     Wechselgesang 
r.    I(i7  —  iöl.       Der    Inhalt    desselben     ist   ausser    Klagen 
vorneliiTilich   die   Ulittheilung   an   den    Chor,    wie    ein   Grie- 
che    ihr    die    INachricht    gebracht,    dass   Ilion     ihretwegen 
in    Brand    gesteckt   sei,     Leda   sich    aus   Kummer   erhängt, 
die    Brüder   ans    A'erdrnss   fortgegangen,    und    Menelaos  auf 
dem    IMeere    umgekommen   sei.      Aber   sobald  der  Triineter 
beginnt,    erfahren    wir   von   der   Helena    wieder   die    Grösse 
ihres     Unglücks     mit     denselben     Einzelheiten     dargestellt. 
Solcher    Beispiele    sind    fast    in    jedem    Stücke    mehrere. 
Wir    wollen    es    Jedem    anheim   geben,    ob    .die   Ansicht, 
dass   hier   die   /iiiapästen   gesungen   sein  müssen,   nicht  sehr 
natürlich    ist.      Den   Schluss:     Alles   x^gr/tiv   lässt   Gesang 
zu:    die    7Tt>i:iii-    kii:li    ÖLoi>    foguv,    <l.   h.    die    Worte, 
mit  denen   der   ("bor    in    seiner   Gesammtheit    zum   ersten- 
mal    vor     die     Augen     des    Zuschauers    tritt,     sind     zum 
lontv.iv    gehörig:     also    kann    auch    die    ndoo?iOti    gesun- 
gen  sein,    zumal     bei    Aristoteles   als   etwas    Charakteristi- 
sches   für   sie   angeführt    wird,   dass  sie   aus  Anapästen   und 
Trochäen    bestehe     —    den   Schluss    wollen     wir    hier    nicht 
einmal    machen,    so   sehr    auch   Hrn.   W.'s   Argiimentirung 
dazu   einladet. 

Iiidess  wir  müssen  hier  abbrechen,  denn  es  ist  leicht 
roranszuselien,  dass  »ir  ebenso  wenig  mit  den  Folgerun- 
gen einverstanden  sind,  wie  »irs  mit  den  Prämissen 
waren.  Nur  wollen  wir  die  Gelegenheit  nicht  vorbei- 
gehen lassen  ,  noch  mit  einigen  Worten  der  ,,1'ttrodo* 
und  des  Prologns  der  Eameniden'"  zu  gedenken  ,  worüber 
Hr.    W.   |i.   l   sagt:    falsiu   est  (Müller)  com  in  aliis  tum  in 


693 


694 


paroHo  coiisfitnencla.  Wir  können  Hrn.  W.  nicht  bei- 
■timmen  ,  wenn  er  das  Eiiile  «leg  Prologs  v.  ().{ ,  dann 
das  erste  E|)eisodion  bis  v.  3()()  ansilehiit,  nnd  von  .'VJl 
—  3't()  die  P.irodos  folieii  l^sst.  l>lan  selic  nur:  In  den 
ersten  ()3  >'erson  gibt  die  Pjptliias  die  Genealogie,  wie 
das  Heiligfhum  in  den  Besitz  des  A|iollo  gekommen,  rnft 
dann  die  Götter  an  und  als  sie  danarli  in  das  Innere 
des  Tempels  gehen  will,  kehrt  sie  bestürzt  ob  des  ge- 
hablcn  Anblicks  zurück;  ,,ich  sah  einen  Mann  mit  blu- 
tigen Händen,  mit  gezücktem  .Schuerdte  und  dem  Oel- 
zwcige  der  Hülfe  Suchenden  nnd  daneben  eine  grause 
Schaar  ,  ron  AVeibern  nicht,  nein!  von  Gorgonen.  Hier 
muss  Apollo  selbst  herbei!"  Kann  hier  schon  das  Ende 
des  TToajTOV  ^//poc  rp.  sein,  ist  hier  das  fllaterial  zu 
der  folgenden  Tragödie  bereits  gegeben,  »o  wir  nur  die 
Genealogie  sammt  der  Anrufung  so  vieler  Götter  haben, 
nicht  allein  derjenigen  der  Delphischen  Weissagung,  son- 
dern aller  in  der  Umgegend  verehrten?  Das  war  für  das 
Stück  ganz  unnöthig  und  findet  seinen  Grund  wohl  nnr 
in  der  Compositiou  iler  ganzen  Trilogie.  Ausserdem  noch 
Beschreibung  einer  Gruppe,  deren  Theiluehmer  zwar 
dem  Zuschauer  nach  den  bereits  gesehenen  Stücken  leicht 
erkennbar  sein  mussten  ,  deren  blosse  Erwähnung  jedoch 
kaum  genügen  möchte,  zu  der  eigentlichen  Diction  vor- 
zubereiten. Blan  verlangt  erst  noch  die  Weisung  des 
Apollo,  dass  Orest  nach  Athen  gehen  solle,  die  Be- 
schwerde der  Klvtemnestra  über  die  Zügerung  der  Fu- 
rien ,  und  diess  gibt  der  Dichter  sogleich  noch  nicht 
etwa  in  einer  matten  Erziihlung,  sondern  in  lebhafter 
Action.  Grund  genug,  nesshalb  wir  (\as  71()(/}T0V  fi£()0^ 
bis  v.  140  ausdehnen,  wo  nach  und  nach  der  Chor  in 
»einer  Gesammtheit  aus  dem  Advton  hervorbricht  und  in 
die   Orchestra   hinabstürzt. 

Also  stlmuien  auih  wir  3Iüller  nicht  bei,  wenn  er 
mit  dem  Abtreten  der  Pythias  den  A'orhang  niederrollen 
]ässt,  so  dass  ilie  Bühne  dann  ilas  Advton  darstelle,  las- 
»en  vielmehr  die  .Scene  unverändert  bleiben  und  den 
/tl'yflOC  ,  sowie  ilie  Worte  l<(.jit  etc.,  «enn  man  will, 
auch  die  Worte  140  —  14'-'  hinler  der  Scene  sprechen. 
Wenn  wir  dabei  Genelli  folgen  ,  so  glauben  wir  keines- 
wegs, dass  derselbe  sich  ilie  Kl\temnestra  vor  den  Augen 
derZuschauer  verborgen  dachte.  Wir  sind  wenigstens  anderer 
Ansicht:  Klytemnestra's  Schatten  wird  allerdings  dem 
Zuschauer  sichtbar.  Es  fallt  nun  der  Einwand  ,  als  würde 
dann  zuviel  hinter  der  Bühne  gesprochen:  nur  wenig 
Verse  sind's,  noch  lange  n.clit  so  viele  ,  wie  Euripides 
die  Medea  rufen  lässt;  denn  in  der  3Iedca  erklingen 
hinter  der  Scene  her  v.  96  und  97,  v.  111—114, 
»■•  146  —  149,  endlich  v.  160—167  nnd  erst  v.  2l4 
kommt  das  unglückliche   AVerb  aus  dem  Hause. 

Die  AVorte  lies  Dichters,  auf  welche  Müller  sich  be- 
rnft,  zwingen  nicht  zur  Aunahine  seiner  Meinung.  Ore- 
•tes  kommt  nämlich  mit  Apollo  aus  dem  Ad;ton  heraus, 
bis  wohin  er,  von  den  Furien  verfolgt,  gedrungen  war. 
Er  ist  mit  Apollo  bereits  in  dem  Zwiegespräche  begriffen, 
au  dessen  Ende  er  dem  Schutze  des  Hermes  übergeben 
wird.  Nun  steigt  Klytemnestra's  Schatten  die  charoiiische 
Treppe  herauf,  öffnet  die  Pforten  des  Ailyton,  und  hin- 
einrufend  will  sie  die  Furien  aus  dem  Schlafe  werken. 
Jetzt   begreift    mau    leichter,    ivesshalb    das  AVecken    der 


Furien  so  langsam  von  Statten  geht ;  so  konnte  doch 
schwerlich  ohne  einen  lächerlichen  Beigeschmack  gesehen 
werden,  dass  die  Furien  so  überaus  schlaftrunken  yvareni 
Die  Bühne  denken  wir  uns  als  ileii  Baum  vor  dein  Adv- 
ton ,  der  sich  bis  in  die  Orchestra  hinein  ausdehnt,  die 
Aorhalle  gewissermaassen.  Hierhin  sind  die  Furien  ge- 
stürzt, nachdem  sie  Orestes  A'erschwinden  bemerkt.  Aber, 
sagt  fllüllcr,  dagegen   streitet  der   Befehl   des  Apollo 

^wpf/V  diicikXantjcoDt:  /iuvt/xwu  fa")[ujv, 
denn  hieraus  geht  doch  deutlich  hervor,  dass  die  Furien 
im  Innern  des  Tempels,  im  Ailyton  sich  befinden.  Her- 
mann theilt  die  Ansicht,  dass  unter  dvifLiaTU  und  iiav- 
■rr/jn  jiv)[0i  nur  das  Innere  des  Tempels  verstanden 
sein  könne,  »venigstcns  versucht  er  die  Entschuldigung, 
es  könnten  Einzelne  beim  Suchen  auch  wieder  in  das 
Advton  gegangen  sein.  Das  kann  von  uns  nicht  zuge- 
geben werilen  ,  weil  »vir  den  Chor  sich  bereits  in  der 
Orchestra  sammeln  lassen,  AVir  finden  aber  in  den  be- 
merkten Begriffen  Nichts,  yvas  uns  veranlassen  könnte, 
unsere  Ansicht  aufzugeben.  ^Jüj/iara  und  fia.VTtytoi 
(iv^oi  bezeichnen  nicht  nothuendig  das  Ailyton,  sondern 
den  ganzen,  das  Advton  in  sich  fassenden  Tempel,  ja! 
auch  das  ganze  von  dem  Uinii  71  tfjtfjo/^ui;  eingeschlos- 
sene Delphische  Heiligthum.  Wenigstens  ist  es  so  bei 
dem  Dichter.  Krensa  fragt  den  Ion  (v.  .'^14)  vaoiai  d 
üi'/.eti;  Toiqök  7  7,"  v.a.ja  arEyuQ;  er  aber  erwiedert 
'/-Tlav  9tov  fJOl  8co/('  i'v'  uv  kußl]  l^i  vnrvoc.  Als 
iVeoptolemos  von  der  Schaar  der  Delphischen  Mäuner 
angegriffen  wird,   da,  heisst's  Androm.    1144. 

xQavyij  b'  Ev  SV  Cf  )j ii  o i cri  öi'cq)\uoi  8 o  jio cq 

TrtTffo.iotv  äi'Ti/.kayifv. 
Der    Kampf   yvar    nicht    im    Advton  ,    es     hatte    nur    eine 
jU(ro)V    ii;  o.ÖL'TU)v   hervorbrechende   Stimme    das    Feuer    , 
des  Kampfes  angeschürt,   wohl  aber   war  er  in  dem  Räume 
vor  dem   .Advton;  bereits   war  Neoptol.   uray.TOOiuv   y.pjr 
7J idug  ivTOC,    gegangen    und    als    er   gefallen,   da 

vty.oov  dt  dij  vir  y.aLitivuv  /jujfjov  ireA«; 
e^efjakov  iy.TOs  9i'o8oy.v}v  üv  ay.züg  lov 
d,  h.  natürlich  aus  dem  ganzen  dem  Gotte  geweiheten 
Bezirke,  wo  ein  Todter  nicht  geduldet  werden  konnte. 
So  will  hier  auch  Apollo  die  Furien  aus  dem  ganzen 
ihm  gehörigen  Heiligthuine  vertrieben  wissen,  Stände 
fluvTiy.ov  jll'%ov ,  so  würde  man  noch  eher  behaupten 
können,  es  sei  nur  das  Adjton  darunter  zu  verstehen, 
denn  so  steht  fjfjfoc  z.  B.  Eum.  39.  Inn  '228i  '''"'"  Plural 
aber  zwingt  nicht  dazu,  es  kann  fit'Xo^^  /laiTixoi  das  Adv- 
ton bedeuten,  dass  es  so  heisseii  müsse,  stände  erst  zn 
beueisen.  AVill  man  aus  dem  Begriffe  f^i'XC  s°  schlies- 
sen ,  so  vergleiche  man  doch  Pecub.  1040.  Polvmestor 
ruft  ßdtXviv  ydo  oi'xojv  tv'jvö'  äiira6or,i;oj  /ji'Xot'g. 
Hat  etwa  die  Ilecuba  in  ihrem  Zelte  so  viele  Abtheilun- 
gen, dass  von  einem  ,, innersten  Räume''  die  Rede  sein 
kann  ?  Die  Hecate  n  ohnt  filixoi\  ioriai;  Med.  ,397-  Her- 
cules führte  den  Theseus ''.7<^o('  ioefwv)V  ftv^iov,  WeracX. 
2' 9,  nicht  zu  gedenken  der  «/,S/£pO(;  ^«'/wj;  in  Hei.  .S66. 
Es  sind  hier  ftvyoi  Nichts  mehr,  als  „Räume."  AVollte 
man  unter  iiuit/yoi  fil'j(ol  durchaus  das  Advton  verstan- 
den  wissen,  so  müsste  man  annehmen,    dass  nur  in  dem 


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696 


AHyton  die  udvTSii  und  iiarreia  seien.  Dom  war  aber 
nicht  so  narli  Annahme  der  Dichter.  Xufhus  fragt  im 
Ion  41}.  utJA  Ti'i  TOorpi^TEvei  &£0Ü;  die  Antwort  lau- 
tet i;uStc  (naniücli  Ion)  t«  '/  e^co,  Tiüv  ifjd}  8' rlXXoii 
uihet ,  Ol  TTf.ijoiov  ifaanurtrt  ■Toi:Todo^.  Und  als  Neo- 
pfolemiis,  dein  Gesetze  g-pmass  mit  Tiooßuiilioi^  acpa- 
yaioi  ui'j'l.un'  (Ion  irC))  besrliäfigt,  noch  an  den  toldoaii 
steht,  da  haben  sich  schon  nm  ihn  die  iroö^evoi  und 
«rtirf/C  llr^iy.oi  »ersammolt,  die  ihn  fragen  tl  Cor.  dsoJ 
xareiioiitaiic.;  ti'iOs  ijxci  X^'-Qtv;  Andr.  1105.  Das 
ru  lerstehen  von  den  sojenaiinfen  TTDrr/.ooi:;,  welche  anf 
ihre  eigene  Hand  aus  Opforfcuer  und  Asche  weissagten, 
halfen  wir  fiir  unrecht.  Die  Begriffe  werden  rom  Dich- 
ter niclit  so  streng  gcscSiieden;  wälirend  .4ndr.  1093. 
yi'CtKCl  jene  thesauri  genannt  werden,  in  deren  Räumen 
die  dvc.^r^uctTa  aufgespeichert  lagen  (Ion  1144.  1164), 
geht  im  Ion  70  Hermes  f^  ön(frujdn  yi'uKa,  d.  h.  in 
den  Tempel  des  Apollo  ,  vergl.  Phoen.  248.  ilEOouCpoka 
yval.a   Öuißov. 

Wie  dem  auch  sei,  das  steht  nnbeztveifeli  da,  dass 
unter  uc.vxf/.uii  nv/^O'^  auch  der  ganze  Tempel  rer- 
standeu  sein  kann,  nicht  bloss  das  Advton.  Die  Scene 
des  Prologs  soll  also  fortwalirend  die  Vorhalle  des  Ady- 
ton  bleiben,  jener  Raum  ,  zu  welchem  man  dann  gelangte, 
nachdem  die  rjatfooi  y.oijXi'dcjjv  erstiegen,  die  ih'fxekl^ 
überschritten  war,  der  rtouvaog,  in  späterer  Zeit  be- 
kannt durch  die  von  den  Amphiktvonen  darin  aufgestell- 
ten inhaltscliwcren  Sprüche  hellenischer  AVeisheit.  Der 
Platz  vor  dem  Tempel,  im  Niveau  der  untersten  Stufen 
kann  natfirlirli  von  uns  nicht  darunter  verstaiiden  werden, 
«eil  man  von  da  nicht  in  die  Pforten  des  Ailyton  hin- 
einreden kiinnte,  wie  unserer  31einiing  nach  Kivtemn. 
gethaii  ha'jen  soll.  Ebenso  wenig  können  wir  der  An- 
sicht sein,  die  Pythias  bete  hier  an  dem  Altare,  den 
man  niycii  ßionu:,  nennt,  sofern  dieser  nicht  im  eigent- 
lichen Tempel  ist,  sondern  in  der  Nähe  desselben.  Denn 
es  gab  in  der  Umgebung  verschiedene  Opferstellen,  jene 
toy/J.oäl,  von  denen  oben  schon  die  Rede  war,  und  jene 
ii'jiiiol  öaffvrCfüo'jl,  an  ileoen  Kreusa  betet,  während 
Xnthus  (ioaj  OTilyil  Tlon  418  sij.) ,  von  welchen  aus 
sie  den  Pädagogen  TTOO-'  dfov  '/otj(TrijOia,T27.  ■rrpoS 
a/rrliva  uavTEiu  739.  senden  will,  und  zu  deren  einem, 
mit  ^udvoi^  verzierten  (14<IX)  sie  nachher  flicht  1284. 
Aber  auch  in  der  Vorhalle  des  Advton  gibt  es  ijojuoi, 
auf  denen  man  ■Jaooi  yoijrjvijoiuiv  0()i[j;)  evtaxo 
(Andrem.  1113).  Hier  befand  sich  Neoptolemos,  denn 
er  war  bereits  d.y(l'/.Ti>iju)v  y.rirrr'do.;  ivro,"  gegangen, 
hier  wird  auf  ihn  der  Angrill'  gemacht  von  einer  unter 
Lorbeerbäumen  versteckten  Scliaar ,  hier  rafft  er  von  der 
Wand  aufgehängte   Waffen,   mit  denen  er 

toir^  'rri  ßojiiov,  yooyr)'  uTlkiTi-q  /'deiii. 
Das  war  ein  fjOjKo:,  der  eine  dii'ntlfko.:  eo/doa  hatte 
(1138J;  an  seinem  Fusse  fiel  Neoptolemos.  An  einem 
solchen  Altare  also  kann  hier  die  Pvthias  betend  ge- 
dacht werden:  von  hier  aus  kann  sie  in  das  Advton  gehen 
und  ob  des  grausen  Anblicks  schnell  wieder  lieraus- 
itürzen. 


Es  ist  nicht  etwa  Nenerungssucht,  welche  nns  zu 
dieser  Annahme  treibt,  sondern  manche  Gründe,  welche 
gegen  .lli'illcr's  Ansicht  sprechen.  Einmal  widerstrebt 
es  uns,  dass  der  Schatten  der  Klytemnestra  in  dem  Ady- 
ton  mit  Apollo  gemeinschaftlich  verweilt.  Eine  derartige 
Gruppe  streitet  mit  der  A'orstellung,  dass  Giitter  den 
Anblick  der  Gestorbenen  fliehen.  Bei  Euripides  sagt  es 
Apollo  selbst  eyuj  dt  im  uiu<ri.id  ji'  kv  ödfxoii;  y.ixij 
Xein^O)  li£kd^QU)V  ttßvde  (flLzüvojv  oriyijv,  und  mag 
es  auch  recht  sein ,  wie  L'ibeck  in  der  Abhandlung  dii 
vcferum  adspectu  corporum  exanimium  non  prohibiti  nach- 
Mveisen  soll ,  dass  der  Dichter  in  seinen  Bestimmungen 
inconsequent  wäre,  so  ist  doch  ebenso  wenig  bei  Apollo, 
wie  bei  Diana  eine  Ausnahme  erweisbar.  Vergl.  Mül- 
ler's  Dorier  pag.  302.  Flieht  man  zu  der  Entschuldi- 
gung, das  iidujXov  der  Klytemu.  siehe  in  möglichster 
Entfernung  von  dem  Gotte  ,  so  kündet  sich  das  doch  zu 
sehr  als  Ausflucht  an.  Zweitens  aber  entsteht  die  Frage, 
darf  Kl\temn.  als  ein  Weib  überhaupt  in  dem  Adyton 
sein?  Bekannt  ist  aus  Plut.  de  ei  delph.  2,  dass  nur 
Männer  das  Orakel  befragen  durften.  Dass  es  einem 
Weibe  desshalb  nicht  gestattet  gewesen  sein  dürfte,  im 
Adyton  zu  sein,  ist  die  natürlichste  Folge.  Was  Pausan. 
V,  13,  5-  ''on  dem  Tempel  zu  Olympia  sagt  dyoi  fxsv 
öri  zr,-;  7i'go9i'aeuii;  icciv  dvaß>;vui  y.ai  ira^^evotg 
y.ai  (öi;avTO)Q  yvvai^iv  uttu  toi'tov  de  t';  ro  dvui- 
zdtv)  Tov  ßüjßOü  fAOVOii  Hoziv  dv8(idatv  dveki^siv, 
galt  nicht  dort  allein.  Im  Ion  geht  Xuthus  in  das  .Ady- 
ton, zu  dem  isQOV  TQLTroSu  y.ui  xonarijoiov,  während 
der  Zeit  soll  Kreusa  dfzcfi  ßu)fiuiK  8a(fivi](f6fjovi;  Xa- 
ftoirjn  yXojvac  evzfXVorg  gehen  und  ihre  Weiber  ste- 
hen nachher  dji(pi  y.oijTliÖai  dolJ,v)V  i^uoöuxojv  (511), 
um  die  Rückkehr  des  Xuthus  zu  erharren.  Die  xgijTti- 
8ri  aber  vertreten  offenbar  die  Stelle  der  -jTQO^l'CIti;. 
Nicht  gellt  sie  nachher  selbst  hin,  um  den  Gatten  zu 
holen  ,  der  alte  Pädagog  soll  hin  ,  so  sauer  es  ihm  auch 
werden  milchte,  die  Stufen  zu  ersteigen.  Eben  weil  sie 
nicht  darf,  geht  sie  nicht  in  das  Adyton,  so  gern  sie 
ilarill  den  Gott  zur  Rede  stellen  möchte,  so  gern  sie,  nm 
den  Preis  Eucd^  dövcoiv  zu  sein,  sogar  auf  (iefahr  ihres 
Todes  den  Altar  verlassen  will  (13(19),  zu  >?elchem  sie 
vor  dem  Ion  geflohen  war.  Sollte  Aeschylus  also  wohl 
gegen  die  Sitte  so  Verstössen,  dass  er  in  das  Adyton  hin- 
ein die  Klytemnestra  versetzt?  Dem  entgeht  man,  sobald 
mau  Apollo  in  das  Adyton  ziirnckgehen  und  dann  erst' 
die  Rlyfemnestra  auf  die  Bühne  treten  lässf.  —  Wir 
fragen  drittens,  wo  .sich  wohl  ein  äbiiliclies  Beispiel  so 
schneller  Scenenverwandlniig  findet?  iMan  bedenke, 
schon  der  Anfang  bot  nicht  mehr  die  Schlussscene  der 
Choeplioren  dar  ,  nun  soll'  nach  v.  ()4  eine  neue  Ver- 
wandlung und  anderthalb  hundert  A'erse  später  noch 
eine  neue  eintreten.  Dazu  werilen  selbst  ilie  heutigen 
Maschinisten  mit  Recht  ein  böses  (iesicht  machen.  Wir 
möchten  es  darum  mit  der  einen  unzweifelhafteD  Ver- 
wandlung V.  235  genug  sein  lassen. 

(Bcschluss   folgt.) 


Zeitschrift 

für   die 

Altei  thumswissenschaft. 


Mittwoch,  24.  JuU 


18  39. 


Nr.  88. 


Commentatio  «le  fragoediamm  Graecarum  mciiibris  ex 
verbis  Arisfotelis  —  de  ar(e  port.  cap.  XII.  — 
rede  constidiendis.  Scrips.  F.  A.  F.  WaUlaestel, 
ptorertor. 

(Beschluss. ) 

Eiidlicli  »vill  es  uns  nicht  in  den  Sinn,  dass  Acschy- 
lus  das  Advton  anf  die  Bühne  soll  gebracht  haben,  zu 
welchem  der  Zutritt  erst  durch  so  mancherlei  Formali- 
täten crkanft  sein  wollte.  fliusste  doch  selbst  der  An- 
blick des  Tempels  «enigstens  durch  einen  Tctkcivov  er- 
kauft «erden.  Euripides  hatte  oft  Gelegenheit  im  Ion, 
das  Adyton  vorzuführen:  würde  er,  der  nicht  allein  dem 
Acschvlns  gern  etivas  absieht,  sondern  die  aus  der  Sce- 
nerie  lienorgehenden  Effecte  seiner  ^^orgänger  so  gern 
adoptirt,  unterlassen  haben,  die  Gelegenheit  zu  benutzen, 
ifcnn  überhaupt  schon  einmal  das  Adyton  auf  der  Bühne 
dargestellt  war?  Alle  diese  Gründe  bewegen  uns  zu  der 
ausgesprochenen  Vorstellung. 

Nach  dieser  Digression,  zu  deren  Ausführlichkeit 
uns  die  Erinnerung  an  die  herrliche  Vorlesung  des  hoch- 
gefeierten Lehrers  unvermerkt  gebracht,  kommen  wir  zu 
dem  Thcilfi  der  vorliegenden  Abhandlung,  welcher  vom 
Stasimon  redet,  wollen  hierbei  aber  nur  rcferiren.  So- 
bald die  Parodos  gefunden,  meint  Hr.  \V.,  so  weiss  man 
leicht,  welche  Gedichte  Stasima  sind:  Carmen  est  a  toto 
choro  cantatum  duobus  episodiis  aut  ultimo  episodio  et 
exodo  interposituni.  Man  kennt  es  an  der  Form,  theils 
weil  es  einen  grosseren  Umfang  zu  haben  pflegt,  theils 
weil  seine  strophischie  Composition  das  bestimmte  Gesetz 
befolgt,  dass  auf  die  Strophe  sogleich  die  Antistrophe 
nnd  mehrenthcils  dazu  noch  ein  epodus  kommt.  Der 
InJialt  ist  ein  zweites  Kennzeichen,  „ad  niodum  hjmnorum 
stasima  sunt  sententiarum  gravitate  insignia,  Deornm 
heroumve  laudcs  cfferunt,  mortalium  bcne  facta  coUau- 
-daut,  male  facta  iuiprobant ,  ad  id  variurum  mjthoruni 
ornamentis  tantopere  gaudent  tantamque  habcnt  verborum 
et  cantus  sublimitatem,  ut  Ijricae  pocseos  fastigium  asse- 
qui  videantur.  Wir  verzichten  darauf,  das  ünbestihimte 
dieser  Erklärungen  nachzuweisen;  die  Definition  des 
Aristoteles  ist  dabei  noch  ganz  unberücksichtigt  gelassen: 
zu  ihr  kommt  Hr.  Vi.  erst  spater.  Dieselbe  heisst  be- 
kanntlich fiikog  yo^oü  tu  äi/ci<  dvaTrcuaxov  v.uX  t^o- 
Xcciov:  daraus  will  Hr.  AV.  den  Hauptnuterschied  zwi- 
schen Parodos  und  Stasimon  ableiten,  der  darin  bestehen 
soll ,    dass    die  Parodos    a   saltante ,    das  Stasimon  aber  a 


staute  choro  gesungen  sei.  IlOren  wir  den  Beweis :  nomcn 
enini  quin  indc  ceperint,  quod  stando  sint  cantata,  quis 
dubitabit,  qui  hujus  vocis  origincm,  scholiastarum  gregeni, 
alioruni  denique  auctorum  graviornm  de  ca  re  testimonia 
inspexerit!  Auch  hier  unterlassen  wir  es,  die  Inconse- 
qucnz  des  Verfahrens  zu  notiren  ,  welche  Hr.  W.  hier, 
verglichen  mit  der  Parodos,  sich  zu  Schulden  kommen 
lasst.  Ausser  dem  Siholion  zu  Soph.  Trach.  1>0Ö.  wiril 
Hesjchius  s.  v.  orc.ainov  und  das  Etym.  Magn.  s.  v. 
71  QOUpölov  zum  Belege  angeführt,  nnd  diese  Zeugnisse 
bahnen  den  AVeg  zur  Interpretation  der  Aristotelischen 
Definition.  Id  primum  spectanilum,  philosophura  illo  loco 
magna  brcviloquentia  usnm  non  a  minutis  rebus  stasimi 
iiidicium  pctcre  potuisse,  sed  a  vnlgatis  et  manifestis. 
(AVir  bedauern,  dass  Hr.  \V.'  so  nicht  auch  bei  der  Par- 
odos angefangen!)  — -  Quid  simplicius  ,  quam  ut  de  me- 
trorum  vi  et  natura  (/}9£/)  cogitemus,  cujus  majorem  alins 
non  accepit  constantiam  et  nobilitatem  auapaesto  et  tro- 
chaeo?  Hr.  W.  erinnert  an  die  Embatericn  der  Laccdae- 
nionier  und  ßlessenier,  die  in  Anapästen  geschrieben 
waren  *) ,  und  dass  in  den  Tragödien  dieser  Rhythmus 
dem  einschreitenden  Chore  zuerkannt  werde,  ferner  an 
den  Gebrauch  des  Trochäus  beim  Tanze,  wie  man  täg- 
lich sehen  kOnne :  quare  id  subest  Aristofelis  verbis, 
stasimon  esse  cnrmen  sine  incessu  et  saltatione.  Das 
soll  auch  der  Inhalt  der  Stasima  beweisen  :  tantum  inest 
gravitatis  et  tranquillitatis ,  ut  nonnisi  statario  choro  con- 
veniat.  Diess  Urtheil  wird  nachher  dahin  gemildert,  non 
immobiles  et  stipitum  instar  choreutas  in  stasimis  sfefisse, 
sed  quo  major  cantui  acceileref  gravitas  et  affectus,  varios 
adhibuisse  corporis  et  manuum  motus.  Dagegen  meint 
er,  in  paroilo  gravi  incessu,  varia  dispnsitione,  ordinnni 
evolutiune,  multiplici  corporis  agitatione  saltatoriam  chori 
artem  excelluisse,  und  statuirt,  semel  in  quaque  tragoedia 
saltatum  esse,  zuweilen  aber  auch  mehreremal,  indem 
an  die  Stelle  der  Stasima  dann  ein  anderes,  sowohl  der 
Form,  als  dem  Inhalte  nach  dem  Stasimon  unähnliches 
Gedicht  trete.  Diese  Resultate  bilden  das  Wesentliche 
dieses  Theils  der  Abhandlung:  wie  verschiedener  Ansicht 
wir  auch  hier  sein  werden,  geht  wohl  daraus  hervor, 
dass  wir  dieselbe  Argumentation  oben  bekämpften.  Dass 
wir  erwarten,  die  von  Odfr.  31üller  aufgestellte  Ansicht 
näher  geprüft  zu  sthen,  verhehlen  wir  nicht;  denn  wir 
können  wahrlich  nicht  glaubea,  dass  Jemand  die  Ansicht 


*)  Vci-i;l.   Bacb  Calbiuis  und  Tjrlaeus  p.  73. 


699 

l'alip ,  Ilormann  liabp  mit  ilpn  pa-j.  1??  soiiipr  Recpii- 
'■iuii  ^csiliriebpiicii  ^VurtoIl  die  31iillci's(lie  birklärting 
beseili;;t. 

Aber  «ir  iiiüsseii  fiirclitcii ,  bereits  zu  l;iiii;c  Zeit  bei 
einem  A^'erkcheii  ver»eilt  zu  Iiabeii,  ilesseii  Jiibalt  nur 
^2  Seiten  in  4.  in  Ansprncli  genommen  hat  Wir  bre- 
rlien  «lessbalb  ab,  da  «ir  unsere  Absiebt  erreii  bt  zu 
lialien  IihIIlmi  ,  tbeils  <lie  lianjits.'lrlilirbstcMi  IVesnllate  dieser 
viellelibt  niclit  «eit  verbreiteten  Gele(;eiibcitss(tirift  mit- 
jetbeilt,  ibeils  unsere  dnrrbans  abu  eiibenden  Ansichten 
dargelegt  zu  Ilaben.  flöchte  der  Hr.  Verf.  in  dieser 
/Inzeige  Mirlits  «eiter  seilen,  als  die  Absieht,  ein  Selierf- 
lein  zur  Auninduiig  der  Wahrheit  in  einer  streitigen 
Sarhe   beigetragen   zu   haben. 

C.  G.   Fii-nlialter. 


700 


WilüelmsLöhe   1839. 


Die  rrkunticn  in  Deniosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Fortsetzung   aus  Nr.  78.) 

Das  zweite  Psephisma  hat  narh  dem  schon  beleuch- 
teten Datnii!  die  Formel  iroKfftfio^ov  yvoniT],  und  zuar 
«hne  einen  «eiteren  Antragsteller,  so  dass  von  jener 
yvvjuij  ilas  «eitere  SeddjftU'l  tjj  fioi'tJ]  y.cu  T<i)  öi'iiu) 
abhängt.  Wäre  durchaus  nichts  Verdächtiges  an  diesem 
und  den  anderen  Derrefen,  s»  würde  man  die  Pflicht 
Laben,  eine  solche  Seltsamkeit  als  ein  noch  Unerklär- 
liches anzuerkennen;  aber  so  viele  Attische  Inschriften 
anch  gerettet  siiul,  es  gibt  nicht  eine,  «eiche  so  maii- 
nichfach  allen  sonstigen  leberlieferungen ,  Formen  und 
aus  dem  AVesen  der  Demokratie  gefolgerten  Annahmen 
widerspräche.  Es  muss  als  vollkommene  Unmöglichkeit 
gelten,  dass  ein  Volksbeschiuss  noltuatr/ov  yvujinj  ge- 
fasst  Hurde;  denn  die  Erklärung,  „[»ileniarchi  .-vurtoritate 
latum  esse  ad  populum"  (Schoemann  ile  comitiis  p.  I0;>), 
ist  nacli  Attischen  IJegriden,  «o  diese  auctoritas  nur  der 
ßoii/.i],  dem  ArchoMten  nur  das  Kerbt  der  üeaiitragiing 
zukommen   kann,   durchaus   iiHmiiglich. 

Die   Anlässe    zum  Ueschliiss     lauten    «ieder  sehr  son- 
derbar: irritöl;  (])iU7llu,i   t/-   ufJ.UTolun^-ra  (-Jl^ßa.iijl«; 
^oug  r,/4u;  eri/ijuf.LeTai  y.cvaojr.oui,  nc.oio/.tvurjTai 
dt   y.ai  -Ttaitt  z<ft    ovoaTei  uaxi   Tiotii   ror^  l'/yinia 
T/;;  J-vTivr^q  nagayiyisird^cy.i  t6ttovc\  ■:iaoaf',aivu)v  r«; 
^(J'>;  >;//«?  i'Tlaoxoiauc  aÜT,r,  n-witijy.a;.   Als»  auch  dies* 
Decret  ist  noch  vor  der  Expedition  gegen  Amphissa,   der  sich 
bereits    Athen    und    Theben    gemeinschaftlich    widersetzen; 
dabei  folgt  es  der  Zeit  nach  dem   vorigen  üescbluss,    in- 
dem  es   bereits    heisst  T/W;    ÖC  TtooDii  (ttuKIH;).      Und 
wenn  I'hilippos  seine  alten  Verbündeten,  die  steten  Feinde 
Athens,  die  Theb.aner  versurht    ci;    äÜ.UTOtOTljTH    ya- 
Tuocr.rjiu,    wahrend    sie    sich    doch    erst    Tiac/t' der  De- 
setzung    ron    Elateia    einander    näherten,     wenn     er    sich 
tiiätet,    ganz  nahe    an   Attika    zu   kommen  (mit  einer   be- 
merklichen  Steigerung  des   Ausdrucks    im    Verhältniss  zu 
dem   obigen  Decret),   »o   heisst    das  die  mit  Athen   beste- 
henden   Vertrage    übertreten?     Es    ist  also     in  denselben 
»ohl   ausgemacht,    dass   Philippos    weder   mit   Theben    be- 
freundet   sein,    noch    sich    auf    mehr    als    so     und    soviel 
IMsxsrUc  dem  Attischen  Gebiet  nähern  soll?     Uml  wiciler 


diese    unleidlichen   '\'ertra;;e,    die   trotz   des   erbetenen   und 
gewährten    Wall'eiislilUtandes    (n/^  'Iva/d^)    noch    immer 
in   Kraft  sein   sollen!     —     Der   Heschluss,     auf    den    ilaiin 
angetragen   wird,   lautet:    ÖC!^ÜX'^'<-1    T>/'   ßorkrj    ya'i    zp 
dijuo)   Tiiii'pui    TTQui    aÜToi'    yjjovy.a    y.ai    Jipuai'jSi; , 
o't'tivtq  a^iuioovat  y.ai  nnQay.akioovaiv  airov  noir,- 
oacritui    T«s    üvoyai,    oncK    ivöeX'>,"i^''^i   ö    Sijuoq 
ßovkivoi^T<a'   y.ai    yuo    iiv-.'  oi'    yi/.or/e   tiovjdsiv   iv 
orfier/    tujv    imroio>v.       15is    zum  Tliargelion   hatte   das 
erste   Decret   AVallenstillstand    gefordert,   am  Tage   vor  dem 
fersten)     Tliargelion     bescbliesst     man     an     Pliilippos     von 
IVeueiii   zu  senden,   olfenbir   um   den    A'^crtrag   zu   urnoueii, 
obscboii    es    nur   heisst,    r«;   icvo-/r/c;  Troii'iraatlai  ,     ohne 
ErHäbnung    des   .'i.j    Tage    fnilier    beantragten    und    abge- 
schlossenen   Waaenstill.-tandes.      Der    Verfertiger    des    De- 
cretes   muss   sich   den  König  Philippos  sehr  nahe  bei  Athen 
gedacht    haben,     wenn     er   den    Ueschluss   zur   Fortsetzung 
des   Vertrages   erst  an   dem   Tage,     wo    derselbe    zu   Ende 
geht,   fassen   lässt.      Philippos   steht   bis    zum    S<  hlachttage 
von   Chaironeia   jiber   drei    Tagemärsche     weit    von    Athen  , 
und   man  sollte   so  verkehrt  gewesen   sein,  durch   zu   spät« 
Zusendung  sich   der   Gefahr,    dass    iler  Krieg    ausbräche, 
auszusetzen!      Alan    kann     sagen,    es    wird    ja     ein   Herold 
mitgeschickt,   also   weiss   mau,   dass  die  Gesandtschaft  nach 
Ablauf  des   Waffenstillstandes    die    feinillichen   Posten   be- 
rührt;   aber    ist   darum   die    Verkehrtheit  jener   ßeschluss- 
nahnie   geringer?    Und   nun  sehe  man  auf  die  ganze   Fas- 
sung des   Antrages;    die   Athener,    welche  vor  einem    hal- 
ben Jahre  jene   glückliche  Expedition  von  Bvzaiiz  gemacht, 
welche    zebntauseitd     SoMner    ausser    ihrem    biirgerlicben 
Heer  zur  ^'erfiigiiiig  und  eine  Flotte  haben,   die  stets  ill.ike- 
donien   selbst   gefährden     kann,    diese    Athener   unter    Lei- 
tung des  Dentostbeiies,  Hvperides,  Lvkurgos,  diese  Athener, 
die   wenigstens    die   Phrasen     der    politischen    (irüsse    stets 
zu    bewahren    gevmsst,   sie   sollen   sich  nicht  vor  sich  selbst 
und    den  Helenen  gescbäMit   haben,   solche    elend  niedrigen, 
betlelliaft    (lcbeM(len    liescblnsse    zu   fassen,    die   ein    grös- 
serer  Tridinph   für   Plii!ip|)os   als   der    vollLoniineMste   Sieg, 
eine     tollkommene,     moralische    INiederlage    für   sie   selbst 
gewesen   wären? 

Ich  will  mich  nicht  darauf  einlassen,  ob  das  in  deut 
Decret  vorkoniniende  Adverb  um  ivöeX"/tt'0Ji  bereits  iit 
Deniostlienischer  Zeit  nachzuweisen  ist;  jedenfalls  ist  es 
erst  seit  Polvbiiis  geläufig.  Anstoss  hat  dagegen  das  oii 
xt/.oiy.e  ß()l^!}itv  tv  OVÖEvl  tutv  /istoUov  erregt,  und 
man  hat  wohl  /o;  und  inji)(:v'i  verlangen  zu  müssen  ge- 
glaubt. Will  denn  das  Volk  u?i/er  keiner  massigen  lie- 
dingiliii;  atiszieheir?  Vielmehr  das  Volk  versagt  es  sich, 
unter  massigen  ücdingungen  iu's  Feld  zu  ziehen.  Doch 
niederhole  ich  ein  für  allemal,  dass  anstOssige  AVortc 
und  Wendungen  nur  neben  und  nach  bedeutenderen  Ver- 
dachtsgründcii  gegen  diese  Urkunden  eine  Stelle  erhalten 
dürfen. 

Den   Schlus»  des  Decrets  bildet  die   Angabe:    7Jpt9r^- 


av  i/.  Ti;^  fjuukiji  ISiuox'i;,  ^oiotvoitin',  Ilui.vy.(>u- 
ng  'EjtUpoovoi;  y.ai  y.ijoi's  Effoiio-;  '  IvacfkonTtut; 
/.  TOV  dljfiov.  *),   Dass  dicss  wieder  ganz  unbekannte-  Leute 


arav 
Ttjg 


*)   Ein   Ncarchos,  Cliiwigenes  Sobn,   ist  im  C'mp    Iiiscr.   214. 
Soiiiu.-mos  luissl  «in  \Veclisl«r  in   AUlcn.   Lisias  .Tgi^  At- 


701  TO? 

sind,  iTrs(rIi(  sicli  srlion;  nlirr  «pssli.ilb  Hprilpti  dir  lu'ldcii  zoiclinci  »rrilon,  mpiiii  Philijipns  als  nodiiinniif  dos  AVaf- 
Hläiinrr  ans  doin  Rafli  nicht  «io  die  im  vorigen  licsrliliiss  fcnslillstandcs  nicht  dit!  Aiislicfcriinjf  der  Kpdiicr,  wio 
llach  ihrem  Ucnios  genannt?  oder  liiclt  es  der  AVrfasscr  Alcxandrns  nacli  ollenhareni  Friedenslirnrh  Seitens  iler 
fiir  unpassend,  die  Hrn.  Senatoren  so  zu  bezeichnen,  wie  Athener,  sondern  eine-  drifu'ct  y.ni d  71  od:Ta^/v  fordert 
der   Herold   ,,aiis   ileni    ^dlk'  ?  —  };li-icli   als    oh    er    in    den    inneren    ^'erhällnissen   eines  aii- 

Die    Atliener   liaheii   also   den    Kfriii^   zueimal  nm  AVaf-       tonomen   Staates   zu    •^chieten    li.'ittc. 
fensfillstand    {,'elicten;   anf  di-n   zuoiten    Antrajj,    indem   sie  lliern,'iclist   foljft    die    dld/oirili    Orßalorz    des   Phil- 

bereits   ilirc   l'erfeindnnf    mit    den    Thebanern    beklag;en  ,       i|>pos,     ohne    dass^    »vir    den    Drief  rotlinden,    auf   den    "'e- 
ist    nun     der    erste  Brief   des   Königs  die    Antivort.       Ich      antuortet    wird.       DIess  Schreiben    ist    in    demselben   zu- 
vieilerliole ,    dass   Demoslhenes ,    »venn  er   safft,   liye   y.itt       i  ersichtlichen     nnd    liberninthiffen   SiyX   »erfasst,    den   man 
Toc    (i-n>y.oiiri I :^   nii  h(s  Anderes,   als  die  Antuortschreiben       in   den    sophistischen   .lahrhnndcrten    fiir    den   dem   I^Iake- 
der   Thebaner   meint,     nnd     dass    überhaupt   con    ^'erhand-       doiiischen     Könige      eigenthi'imlichen     gel'alten     zu     haben 
Iiing-en,   wie   sie   diese   Actenstiicke   zeigen,    in    der   AVirk-       scheint.      Die   Annäherung    zuisrhen   Athen    und   Theben, 
lichkeit   nie    das   Geringste   existirt   hat.       An   sich     ist   iler       "ie   sie   hier    von    Philippos    bezeugt    uird,     ist,    nie   ivir 
Brief  ganz   hiibs(fi   und   charakteristisch   geschrieben,   und      schon  öfter  gesagt,   durchaus  apokrvphisch.      Blan  könnte 
der    VeifertJger    hat    sich   geuiss   nicht    uenig   darauf  ein-       sagen,  dass  allerdings  die  Aniphissäer  zunäihst  ans  Freiind- 
geblldet  ,     dass    er    den    tapferen     und   mit   steten    Kriegen      Schaft    für   Theben    jenen    Antrag    gegen   Athen   (Frühling- 
beschäfligten     König    sein    martialisches   t^     vjt.oojqoc^'Ij^      33'))    machten,    und    dass   Theben    die    llerbstviTsaninihing' 
schreiben     b'isst.        Der    König    erklärt,     als    «äre    er   der       in   den  Thermopi  len,  wo   Philippos   gewählt    »urde,    nicht 
Gebieter,    gegen   den   man   sich   aufgelehnt  habe:   er   wisse       beschickte    (Aischin.   <^.    12S),    sei    ein     Zeichen    für    die 
sehr  gut,    welche  Stellung  gegen   ihn   (-jrQuq    l'uiai;  a'i(jE-      beginnende  Spannung    mit    DIakedonieu ,     zu    der    Theben 
Oir)   die   Athener    von   Anfang    her.  genommen ,    und   uel-      durch    den   Verlust  von   Mikaia   noch    mehr   Grund   hatten 
dien    Kifer    sie    aiiMendeton,    die    Thessalier,    Thebaner      niau   kann    ferner  jenes    ti'tq  uvy^  u^r/.dvov    oi   Ortjdini 
nnd   Büotier    {In   ds    y.ai   ßuiU)T(iL'i)    auf   ihre   Seite   zu      bei   Demosth.   ^.    \')\^   hinzufügen,    in   Folge    dessen   Phil- 
ziehen."      Zugegeben,    dass    die    Athener    in     Thessalien       ippos    die    Pelo[>onnesier    zur    Theilnahnie     an    denr    Am- 
Anhang    zu     gewinnen    versucht    haben,    jedenfalls     bleibt      phiktvonenkriege   aufforderte ;  ja ,   der   NotenwechseF   zwi- 
das   in   f)li   v.(i\    Ijoiu>T()lX   sehr   seltsam.     Seit  dem  Frie-       scheu     Athen     und     Theben,     den     Demosthenes     vorleset» 
den    des    Philokrates    war     unzweifelhaft    Thebens   Gen  alt      b'isst,     ist     eben     ein   Zeichen,    dass     man    sich    zu    näherir 
nicht   bloss    über   Orchomenos   und    Koroneia    (Den\.   rreul       versucht   hat.      .Aber   gerade   das   Wichtigste,   nämlich  das» 
ligrv.    ^.   '}\    und     nem    Trauw^rgtoß.   §,.    I4l),    sundern       Theben    nach     vergeblichen    Unterhandlungen     mit    Athen 
über  ganz   Böotien  anerkannt,   ihkI    wollte   Athen  mit  The-      den    Frieden    mit    Philippos    erneut,     gerade    das    ist   un- 
bcn    in    A'erhältniss   treten,   so   musste    es  dessen  Herrschaft       niö;;liih,   weil   Demosthenes   sagt,   der  König   iTZßOi^fiC 
in     Böotien    anerkennen    (Aischin.    g.    14,.'    i/.äiiTov    ri'v      rorrüiq    TOic,     Ipijcpicriiaijl     y.al    d.:i  uyglofai    kam    anil 
J]oiO)r/c:v  (1.71  aoe'.r  ITT  (i/)-rjE  Or^ßdioi:)  und   nur   in  The-      bi-setzte  Elateia,    o'ic   ot'd'   dv  tc  ysvonu   tri   niii7rvH'- 
ben    die    15öotier     repräsentirt    finden    (Aischin.    1.    c.     und       nöiTCOv    i'f.idjv    y.ai    ti^jv    Oi^fidliov    (^.    I(i8);   hätten  dir? 
^.    14,);   woher   denn    nun   also   diese    Trennung    zuisclien       Tlubaner,    wie   der   vorliegende  Drief  meint,    ihre  Krgeben- 
Thebanern    und    Böotiern,    eine    Trennung,    die   erst    nach       heit   bezeugt    und    den   Frieden   mit   Philippos    erneut,    so- 
der  Schbuht  von   Chaironeia  durch   Philippos    und    Alex.iii-       hätte   er   sich   auf  mehr   als   die    blosse   L'nwahrscheinlich- 
<lros  mit  so  grossem  Erfilg  geltend    gemacht  ufinlen?    Phil-       koit,     dass     Theben     nnd     Athen    je     wieder     in    Einklang 
ippos    fährt    fort:    ,, da  jene    Staaten    aber   verständiger    ge-       kämen,    verlassen    können.       Schliesslich     nill    ich    hinwei- 
wesen     und     nicht     ihre     Politik     von    Athen    abhängig    zu       seil     auf   ilie   Consfruction  TTl'l'ildvoiitil  ,     dlCTl  ,  auf  den 
machen    geneigt    {^n;    ßovlaiihujv) ,    sondern    nur    auf      Ausdruck    ßovl.öusvoi     vjid^    Ocyy.aTaivovq    jeviffdai 
ihren    Vorlheil     bedacht    gewesen    seien,    so    niai  litcii    die       nnd   auf  das   hinzugefügte  TO/i;  t'o-'  «('rwi'  (den  .Athenern) 
Athener   nun    kehrt    und   schiikten   Gesandte     und    llerolil,       71  i'.ody.aloriitrou ,    was   nach   Ausweis  der   nächstrorher- 
erinnerten    an    die  Verträge  und  b.aten  um  AVaßenstillstand,       gebenden  Actenstücke   nichts  Anderes   \)äre,   als   der    AVaf- 
von     dem     Könige   "iloch     in     Nichts    beeinträchtigt.        I>er       fcnstillstaiid  ;     und    die    Athener    hatten   so   grosse   Anstren- 
Brief  schliesst  r  £yaj  f.tevTU/   uy.uvaag   zuiv  Trofioßn'vujn      gnngen   gemacht,  für  denselben  die  Fürsprache  der   The- 
fTI'yy.aTuridljuui    TOiq   Ttaony.aKovitevo/Z    y.al    aro/lidg       baner  zu    gewinnen,   deren   Entfremdung  ja  eben  nach  ileni 
ffli/  'Tzotsicrdo.l  TUi    d.vo^uq,    dvntg  rov^  ovy.   do9üjc      z"eiten    Decret    der  Grund    war,    dass    sie    ihn  so   eifrig- 
ovußov}uvuvTa<;     iii/v    TlagayriiilpavTeü    Trj(;    iroocr-      nachsuchten!   — 

y.üicniz  dTluim;  d^/worze.      Ich   übergehe   die   hier   "-e-  >och    bleibt    uns    ans   diesem   Znsaminenhang   von   Be- 

brauchte Structur  avyy.dcc.Tdhjiil'.l  (cf.  Pl.ito  Gori'.  pa".  gebenheiten  ein  Actensti'ick  zu  betrachten,  das  Psephismr» 
Wi  c),  da  ich  über  diesefbe  nicht  hinreichend  ini  Kla-  '/''■'>'  Demosthenes ,  das  gleich  nach  der  Einnahme  von. 
len    bin.      Wohl    aber   m'is»    als    sachlich    auffallend   be-      Eiiteia    in    Antrag    gebracht     ist    ( §.    ISt  —  l87).      Wir 

' . wollen  mit   der   Chronologie   desselben   beginnen  j  das   Da- 

a/J,r,v  he\  Allen  WW.  p.  eil-.  Dem.  v7i}q  1'onfi.  p.  939.  tiini  des  Antrags  lautet:  i7ll  dgy_avr<>i  Naraiy/ioiS ■, 
Folj-haiea  i,eis,t  untfr  An.lcin  .Icr  zieJidiGb'  vcniirnic  (fv}.riTlpi<Tavil'Ova}iz.4ic<.VTidoC^y.t00((O0lii)VU>^iyT-n 
oopteist,   s.  IIoc  sc  UM-  le   viu   et  scrintis   n   201      Finnin  nn        ■    >      i'  ^  ,,    ,  '  ■        i  i     »    i.  ^        i    "  n  '■  i 

ist  mir  .„nst  nirl.i  h.-llV^^»  TiL*^  i4  '  c^  l-^pntlii  on  ^-,,  ^jj,^_  Geben  wir  den  verkehrten  Archon  einmal 
ist    niu    sonst     mehr     bekannt.      E>iei-    [»aine    Eiinoiiios    ist         ,  ,„    .,  ■  ■  it      i         t>      x      ■        i.      -i. 

hinfis,  ihn  fuhrt  dsr  Binder  des  Aisckancs,  der  Brudar  "'""^  Weiteres  hin,  er  soll  der  Prvt.auieschreiber  ge- 
«ü»*  Aiistogoiton  a.  A.  wcsea  seio,     (l«r  S<-hreibcr  der   zeliuten  und  fctitcis.  Prj- 


703 


704 


tanic  des  Jalirrs  LTsimacliidcs  ;  ilas  Daiiim  lies  Rcsi  hliis- 
ges    nsro    nach    unserer  Art    iler   16.  Juni  338,    als»    vor 
ilcr    am    4.   Aii|;ust     gelieferten    Sclilaebt    ron    Clialroiieia 
c<Ha    sieben    ^Vo<•Ilen    roraiis.        Wir    »ollen    ferner    alle 
nnserc   friilierni  <hrcinolo^ischcii  Besfinininiigen   iiocli   ein- 
mal   al>    /ni'ifclliaft    preisgelien  ;    wir    «ollen,    ila    gerade 
y.a    ilii'seni    eiLfsclieiilenden   Psepliisma    und    der   AValil   der 
mit   Tlielien  Biiiidiiiss  scliliessendcn  Gesandten   kein   ztiei- 
Icr    analoger  Fall    vorgekoniiisen    ist,    aus  dem  eine  Vcr- 
«cclisclung     zneier     ähnlicher     Decretc     hätte     entstehen 
können ,     diess    vorliegende    als    festen    gegebenen    Pnnkt 
ansebfu    und    uns    von    da    unbekümmert   um   die  anderen 
üeirete   die   Chronologie   zu   construiren   vcrsncbon.      Also 
vorn    1(  .   Juni   ist   das   Decret,   Tages   nachdem    die    Nach- 
ridit   von  der   Besetzung  Elateia's   gekommen   ist;  <lie  Ge- 
sandten   sollen    in    derselben   Ekklesic   noch   gcuJihlt,  am 
jS.   .liuiL    in    Thi-ben    angekommen    sein,    wo   bereits  ein 
Coiigress   dir   verschiedensten  Legafionen   bei   einander  ist.^ 
Die    ^'crhandluiigen    dauern    nach    Deniosthenes    Darstel- 
lung   gewiss    ein  Paar  Tage  ,     nehmen    w  ir    an    bis    zum 
ü.j.  Jnni;    dann    ist   das  Biindniss    geschlossen,    das  Heer 
der    Atliener    voreint    sich    mit     dem     der    Thebaner    und 
rückt   gegen  Purapotanioi ,    wahrend     10,000  Söldner    den 
Amphissiern     überlassen    werden  ,"    die    Heere   können    un- 
möglich >or  dem  ö.  Juli  ihre  Positionen  genommen  haben; 
auch  Philippos   beginnt  nicht  die  Feindseligkeiten,    da  er 
iioch   erst  Verstärkungen    abiiart(;n    muss.      Di«   erste  Ac- 
tion   ist  der  Angrifl"  auf  Amphissa  und  die  Einnahme  der 
Stadt,    was  jedenfalls  einige   Tage   kostet,    etvia    bis  zum 
10.  Juli.      Philippos   hat   im  Laufe  dieses  Krieges  Frieden 
angeboten,   es   i.-t  für  diese  Rechnung  gleichgültig,   wann 
wir    die  Zeit,    die    er    brauchte,    ansetzen;    da    auch    in 
Athen   darüber  verhandelt  wurde,   gingen  wenigsfens   zehn 
Tage    damit    hin,    so    dass    vor  dem  20.  Juli   die   Feind- 
seligkeiten   nicht    «irder    erüHiict    wurden.       Nun  siegten 
die   Verbündeten    in    der    Schlaclit    am  Flusse ,    etwa  den 
21.  Juli;    dann  folgte  die    winterliche   Schlaclit,   und   wir 
wollen  annehmen,  es  hat  da  in  Phokis  in  Sommers  3Iitte  ge- 
schneit,  wir  wollen  annehmen,   dass  die  beiden  Schlachten 
(denn  es  wurden  zirei  verscIiiedenelicsvh\üüAC,  Frendenopfer 
darüber  anzustellen)  nur  8  Tage  aus  einander  liegen.      So 
wären   wir  schon  am  29.  Juli.      ?Jun  schickt  Pbilijjpog   in 
hOrhster    Notli    in    den    Peloponncs ,    die    Bundesgenossen 
aufzurufen;    nach    zwei    so    schnell    Iiintcr    einander    ver- 
lorenen   Schlachten     «ird    er    nicht    sogleich     «Icder  die 
Oflen.iive    ergrill'en    Italien ;    dann    macht    er    mit  leichtem 
Tolk   veni  üstMide  Einfalle   in  die  Büotische   Ebene,  lockt 
die  V'erbünileten    aus   ihrer  Position,   gewinnt   ihnen  gegen- 
über   die   Stellung   lon   Chaironeia ,   —   und    das    Alles  soll 
zwi>rlien    dem   'J'J.   Juli    und   4-   August    abgemacht  sein!! 
Und   die   vorgelegte  Berechnung  ist  so  wenig  lang  gezogen, 
dass  vielmehr  jeder  nur  einigermaassen  Unterrichtete  sagen 
wird,    solche    Reihe    von    militärischen    Bewegungen,    in 
denen    wenigstens    ,SO,000    Combattanten    gegen    einander 
gestanden,  könne  unmöglich   in  so   kurze  Zeit   zusamnien- 
fedrängt    gewesen    sein.        Da»    Datum     des     vorliegenden 
Decretes    ist    eine    Inmöglichkeit ,    und    da    kein    zweites 
Derret  von  ähnlichem  Inhalte   in   den   verwirrten  Archiven 


Athens  cxistiren  konnte,  ist  diese  chronolgische  Verkehrt- 
heit allein  schon  Beweis  genug  für  die  Unechtheit  der 
Urkunde. 

Ich  würde  noch  einen  zweiten  chronologischen  Be- 
weiss ausser  dem  früher  Gesagten  geltend  machen,  wenn 
derselbe  nicht  einiges  Bedenken  hätte.  Nach  den  bei- 
den glüiklichen  Schlachten  und  als  Philippos  sich  mit 
dringender  Bitte  um  Hülfe  an  die  Pcloponnesier  gewandt 
hatte,  wurden  ihm  zwei  Kränze  beantragt  von  Hyperides 
nnd  Deniomcles.  *)  Deniosthenes  sagt  (§.  223),  nachdem 
er  die  Decrcte  hat  lesen  lassen,  xairi  tu  iLjJCfiauCtTa 
TU-;  o.vra;  ai<}jMßai  xcu  TUi-ra  q^uuu  ij^£t  uttsq 
1T0UTEQ0V  fitv  '.-iQiozuvfxoQ,  vvv  di  Kzi^OKfiov  yiyoa- 
qtv  OL'TUor  y.al  ravt'  yiiay^ivij!;  oui  idlcuSui'  ai'Toi 
oi'iTC  Tii>  yoc/.ipa/J.ei'iij  avyxavijyooijfTEv.  Also  sind 
beide  Kranze  in  den  Dionysien  verkündet,  gewiss  nicht 
in  den  Dionjsien  sieben  flioiiate  nrich  der  Niederlage  von 
Chaironeia,  denn  da  würde  Aischines  gewiss  ebenso  gut 
wie  gegen  Ktesiphon  klagend  aufgetreten  sein ,  sondern 
in  den  Dionysien  Ol.  HO-  2,  im  Frühling  338.  Daraus 
folgt  mit  der  entschiedensten  Nothwendigkeit ,  dass  die 
Schlacht  am  Fliisse  und  die  ^»interliche  Schlacht  vor  dem 
Elaphebolion  Ol.  110.  2,  vor  dem  März  33S  geliefert 
sind,  und  dass  somit  auch  von  dieser  Seite  her  das  Datum 
in  Deniosthenes  Derret  unsinnig  ist.  Doch  ich  muss  mir 
zunächst  diesen  Grund  selbst  entkräften.-' 
(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  uud  IMiscellen. 

Karlsruhe,  den  15.  Juli  1830.  Die  dirssj.ibrigc  Vci- 
sammliiiii;  deulsclier  Dillologeii  und  SchuliiKiiincr,  wclciic  nach 
dl  ni  Kcschliisse  der  voi];iliiigcn  Versammlung  zu  Miinnhcini 
st.TUfindcn  soll,  wird  daselbst  Montag  den  M.  .Se|)lciul)cr  d.  J. 
beginnen.  Indem  der  Untcr/eiclinetc  zu  gcMeiglor  zalilreicber 
Tlicilualiiue  einlädt,  bittet  er  zugleich  diejenigen  verehrten 
Theilnehmcr,  welche  Vortrage  zu  hallen  gedenken,  diese  schrift- 
lichen Vorträge  selbst  oder  die  nähere  Ang.ibe  ihres  Inhaltes 
tuul  Unjfangcs  ihm  gefalligst,  wo  niügiich  V(ir  dem  l.  September 
d.  J.  portofrei  zukonunen  zu  lassen.  Herr  Geliciiuer  Hofrath 
Nfisslin  zu  Mannheim  wird  die  Güte  haben ,  Aufträge  und 
Wünsche,  welche  sich  auf  den  Ort  der  Vcrsaniininng  und  den 
dortigen  Aufenthalt  beziehen,  anzunclinien.  Im  Uebrigcn  wird 
datiir  gesorgt  werden ,  dass  alle  Herren  Theilnclimer  sogleich 
bei  ihrer  Ankunft  zu  Mannheim  über  alles  die  Vers.inimlung 
BolrefTende  auf  geeignetem  Wege  in  nähere  Kenntniss  gesetzt 
werden. 

Dr.  Zell, 

grossli.  bad.  Ministeriahalh,   als  pew.ihller  Vorstand  der 

dicssjahrigen    Versammlung    deulsclier    Philologen    und 

Scliulm.'inncr. 


■■)  Dass  dieser  Dcmoineles  der  Paianier  ist  ,  leidet  wohl  kei- 
nen Zweifel ;  er  ist  dann  der  Sohn  von  Dcmosthenes 
Oheim  Demon  und  derselbe,  gegen  den  Dcmosthenes  frü- 
her Tijau/'urot;  Ix  TtQovoU«;  vor  dem  Areopag  verklagte, 
nachdem  er  sicli  selbst,  wie  Aischines  will,  die  Wunde 
beigebracht  halte.  Aischin.  jif^jj  7iv.nu.Tt.  J.  93  und  daraus 
Harp.  V.  Jluittnivt;.  Aischin.  yinu  Krt]0.  §•  51.  Suidas 
V.  /ItjfinnO.,  wo  noch  immer  /IrjiiaCi'doi;  steht.  Uebcr  die 
Verwandtschaft  s.  Bocckh  im  Corp.  Inscr.  JNo.  45*^ 


Zeitschrift 


für    die 


AI  teith  II  ms  wissen  Schaft. 


Freitag ,  26-  JnJi 


18  39. 


Nr.  89. 


Die  Urkunden  in  Demosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Fo  r  ts  ef  z  H  n  jj.) 

Demosthenes  sagig.  83  in  Bezug  auf  die  Angelegenhei- 
ten von  Eubuia:  OTl:(f(f.vu)OuvTU)v  ijiuiv  if^ie  ijli  toi'- 
TOli  TOTS  xal  yQaipavTOi  '.■/(JI.OtovIxov  rag  aCvu^ 
öv^Xaßai;,  a^nefj  ov-voal  KT)jai(puJv  vrv  ysy^acps, 
y.al  dvaö^ijdiiiTOi  iv  tcö  ^eä-vgo)  xor  <TT£Cfdvoi>  reu 
devTSQOv  y.  ij^  v  yfiaro  <;  iidij  /loi  tovtov  ytyvo- 
fi.evov,  oix'  d.vxuii:i;v  AifyfjriiL,  TCaouiv  v..t.}\.  Diess 
ist  von  dem  neuesten  Herausgeber  so  verstanden,  als  wenn 
vor  dem  Antrag  des  Aristonikos  Demosthenes  schon  ein- 
mal gekränzt  worden  wäre.  Aber  wir  wissen  sonst  Nichts 
davon,  nnd  Demosthenes  würde  es  gewiss  nicht  verscliwic- 
gen  haben;  auch  mnsste  dann  wenigstens  yeiouEuoi'  ge- 
lesen werden ;  endlich  aber  will  der  Redner  nebenbei 
bemerklich  maclien,  dass  Aischines  nicht  um  der  Ge- 
setze willen  den  Ktesiphon  verklage,  denn  sonst  würde 
er  schon  Aristonikos  Antrag  wegen  der  uncrianbten  Vcr- 
kündigiing  im  Theater  haben  angreifen  müssen.  So  kann 
der  Sinn  ijnr  in  etwas  loser  ^Verknüpfung  der  Sätze,  die 
aber  vollkommen  verständlich  ist,  folgender  sein:  <la 
Aristonikos  auf  Kränzung  für  mich  genau  ebenso  wie 
jetzt  Ktesiphon  anträgt  und  der  Kranz  im  Theater  ver- 
kündet wurde,  und  demnach  diese  Verkündigung  der 
Kränzung  durch  Ktesiphon  bereits  meine  zweite  ist,  so 
hat  doch  Aischines  nicht  schon  jene  erste  als  gesetz- 
widrig angegriffen."  Ist  also  das  xtjovyf^U ,  das  Ktesi- 
phon veranlasst  hat,  das  zweite,  so  müssen  die  beiden 
«wischenliegcnden  Kränze,  die  Demosthenes  nnd  llvpe- 
rides  veranlasst  haben  ,  nicht  in  den  Dionysien  verkündet 
worden  sein,  weil  sonst  diess  von  Ktesiphon  beantragte 
xr,oi'yfxa  das  vierte  wäre.  —  So  entscheidend  diess  zu 
■ein  scheint,  so  wenig  glaublich  ist  es,  wenn  man  Fol- 
gendes erwägt:  Demosthenes  sagt  g.  l'JO,  wo  es  sich 
über  den  vufioi  zJ/ovvoiay.ug  handelt:  7T£gl  tov  y  iv 
T(ß  dear^io)  y.tjouTTSaBat,  tu  jiti'  f^tvQidy.ig  fAVQioi"; 
y.£y.i]ovx9ai  ituQaXeinuj  y.al  ro  it oX\dy.i<;  c/.v-voi 
eO'c£(fav(jja9ai  tIqotSqoi' ,  wo  der  Znsammenhang  for- 
dert, dass  diess  BOTüfpavdia-^ai  auch  ilie  Verkündigung 
im  Theater  in  sich  schliesst.  Wichtiger  aber  noch  ist, 
dass  an  der  Stelle,  wo  von  den  zwei  Kränzungen  durch 
Hyperidcs  und  Demomeles  gesprochen  wird,  beide  De- 
crete  gelesen  sind,  und  dann  Demosthenes  fortfährt, 
dass  sie  juc  uvtdt;  oi'kkaßdq  y.al  raÜTu  ^i-itava 
haben  ^   wie  Ktesiphon's    Decret,    und   sie    von    Aischines 


doch  nicht  angefochten  sind;  es  konnte  dann  die  von  Ai- 
schines in  der  kurz  zuvor  gesprochenen  Rede  so  stark 
hervorgehobene  ^^crkündlgnng  in  den  Dionvsien  gewiss 
nicht  fehlen.  In  dieser  Voraussetzung  konnte  man  das 
öei>T£gov  xr,oi>yjia  aus  §.  83  so  verstehen,  dass,  indem 
weder  Aischines  die  beiden  Kränzunge.n  durch  Hvperidcs 
und  Demomeles  angeführt,  noch  Demosthenes  bis  §.  83 
deren  erwähnt  hat  und  den  Athenern  doch  nicht  zuzn- 
muthen  war,  dass  sie  alle  yi^ovyiiara  im  Kopfe  hatten, 
Demosthenes  die  erst  später  zu  erwähnenden  beiden 
Kränze  vor  Ol.  1 10-  2-  noch  übergeht  und  vorläufig  nur 
von  den  zwei  Kränzungen  durch  Aristonikos  nnd  Ktesi- 
phon Notiz   nimmt. 

Doch  wir  geben  das  Ganze  als  zweifelhaft  hin  und 
haben  es  darum  auch  nicht  oben  in  der  Bestimmung  der 
riironologie  erwähnt.  Dennoch  sind  die  Kränzungen 
durch  Demomeles  und  Hyperides  ein  Beweis  gegen  die 
Richtigkeit  des  Datums  in  Demosthenes  Psephisiua,  und 
zwar  in  folgender  Weise.  Wir  fanden  diess  Datum  in 
Demosthenes  Antrag  als  richtig  angenommen  ,  dass  die 
beiden  Schlachten,  denen  die  Kränznng  folgte,  um  den 
21.  und  L'9.  Juli  geliefert  sein  mussten ;  die  Anträge  sol- 
len den  Ereignissen  sehr  schnell  ,  den  24-  Juli  und 
1.  Angust  gefolgt  sein,  nun  wurde  die  Klage  a-agavo- 
nu)l>  vom  üiondas  eingereicht,  es  wurde  der  Process 
instrnirt,  Diondas  verlor  —  das  musste  nach  Attischer 
Weise  AVochen,  ja,  Monate  lang  währen,  nnd  schon  am 
4.  August  war  die  entscheidende  Niederlage  erfolgt. 
Diondas,  sagt  Herr  Spengel,  wird  zivar  g.  249  unter 
denen  genannt,  die  den  Demosthenes  nach  der  Schlacht 
angeklagt,  nnd  so  mochte  man  in  der  That  glauben, 
die  Bekränzung  sei  gleichfalls  nach  jener  gefallen.  Aber 
entweder  hat  Diondas  ihn  später  wieder  angeklagt,  oder 
Demosthenes,  dem  doct  daran  liegt,  die  Thätigkeit  sei- 
ner Feinde  hervorzuheben,  hat  das  Frühere  in  spätere 
Zeit  versetzt,  nach  einem  den  alten  Rednern  nicht  un- 
gewöhnlichen Knnstgriir  {xgovouq  ftEraCf.eoin).  Wel- 
chen Lärm,  würde  Demosthenes  zu  seinem  grössten  Vor- 
theil  nicht  erregen  ,  wäre  er  nach  dem  Treffen  erst  be- 
kränzt worden. 

So  können  wir  denn  mit  dem  begründetsten  Misstrauen 
an  die  weitere  Betrachtung  des  angeblich  Deinostheni- 
schen  Psephisma  gehen;  und  wahrlich  Demosthenisch  er- 
scheint es  weder  in  Form,  noch  Inhalt.  Dass  Demo- 
sthenes einmal  in  Beziehung  auf  die  Euboischen  Ange- 
legenheiten    ein     sehr    langes    Psephisma    gemacht    hat, 


707 


708 


bpzeiifct  Aisrliiiips  (  y.ara  Kvija.  g.  100):  TavTa  S' 
t/nuu'  f^idojoii>  (itayviihai  ipijqiotiu  Tto  ygaufiuxti 
ficy.ouTiQov  ^isv  zijz  J/iado^,  y.evvirf-Qov  i^t:  to)v 
HiyiDV ,  ort;  i\'u}^s  t.tynv  y.a\  iui>  l^iov,  üv  ßifii">yf, 
1160x6'.'  d'  ekTtidmi/  Ol'/,  ioofjei/ijjv  xul  axuaroi töu>v 
oi^trrors  <ri>K/.tyr(JOuivv)V.  Aber  das  vorliegemlp  Pse- 
phisina,  das  an  Leerheit,  Srlitri'ildti^keit ,  Gedeliiidieit, 
Gesclimarklnsigkeit  Alles  überbietet,  entäliiit  Aischiiies 
in  ilerselben  Rede  gep^eii  Ktesiplion  iiirbt.  Alan  niuss 
das  Geschreibsel  diirrhlesen,  um  sich  lou  der  llnniiig- 
lirhkeit  zu  überzeugen,  dass  Demosliienes  dergleichen 
den  Athenern  bieten  konnte.  Vorerst  ein  Vordersatz 
mit  trriidi]  durch  drei  lange  Paragraphen,  der  ein  paar- 
mal zu  neuen  Ilanpts.'itzeu  ausartet  unil  sich  dann  end- 
lich mit  dem  vierten  Paragraphen  zu  einer  Art  Ton  Aach- 
satz mit  Atu  öeduy.rc.t  bequemt.  Allerdings  hat  die 
Attische  Sprache  und  namentlich  auch  Deniosthenes  Ana- 
knluthe  mancher  Art,  er  bildet  Vordersitze,  ohne  zum 
Nachsatz  zu  kommen  und  derirl.;  aber  stets  nur,  nenn 
die  Bewegllielt  der  Rede  oder  sonst  ein  «ohl  erkenn- 
barer Grund  dergleichen  motivirt  (so  g.  I2l));  aber  diese 
Art  von  Construction  ,  wie  wir  sie  hier  lesen ,  kann  nur 
ans  dem  albernen  Kopf  eines  Schönthuers  entsprungen  sein, 
der  immerhin  gemeint  liabeu  mag,  den  rechten  Curial- 
stvl  oder  auch  die  wahren  Eleganzen  Deniosthenischer 
Leidenschaftlichkeit  damit  zu  erzielen.  Nicht  minder 
verdreht  ist  der  Inhalt,  auch  er  terriith  die  confuse  Ge- 
lehrsamkeit und  die  geschmacklose  Phrasenmacherei  eines 
Spätlings,  und  es  «ird  Mühe  kosten,  alle  Albernheiten 
im   Einzelnen    aufzuzählen. 

Demostheiies  selbst  hat  den  Hauptinhalt  seiner  Rede, 
mit  der  er  diess  Psephisina  motiiirte,  mitgetheilf  (g.  174 
—  1  7!').  Er  forderte  (es  war  gleich,  nachdem  die  Nach- 
richt von  der  Besetzung  Elatcia's  angekommen  war),  vor 
Allem  Sülle  man  die  zu  grosse  Furcht  aufgeben  yal  Cfo- 
ßiiu^ai  TTo.VTai  i'Ulo  &ijfi(ii'i/iv,  aodann  i  S  £  f.!}  dv  t  aq 
'El  e  V  o  iv  ati e  r o  ('  ;  t  v  r;  /  ty.l a  y.al  r  o  v  q  in  rr  i  a t; 
deitai  -nr/arv  i'il'ii  arrur.:  iiv  xui'i  urrko/s  uiraq, 
damit  die  Thebancr  sähen,  dass  es  den  Athenern  Ernst 
sei,  und  auf  iliese  AVeise  ermufhigt  würden;  soihuiu 
XeiooToin:oai  y.ekeüut  dey.a  ir  o  ecr  ßfic  y.ai  noii]- 
aai  znvTUvq  yi<oiov<;  [itrd  rviv  OTpari;  yuiv 
y.al  Tov  TTote  ^ei  ßaSICeiv  SAeerre  y.ai  -rijg 
et  od  Oll.  Dann,  fährt  er  (ort,  müsse  die  Instruction 
von  der  Art  sein,  dass  sie  die  Thebaner  keineswegs  bit- 
ten, denn  das  wäre  zur  .Schande  der  .Stadt,  sondern  nur 
ihnen  die  Hülfe  Athens  anbieten,  wenn  sie  dieselbe  ver- 
langten. .Man  sieht,  d.iss  Deniosthenes  Psephisma ,  weit 
entfernt  von  leidenschaftlicher  Aufregung,  sich  in  diplo- 
matisch vorsichtigen  Formen  bewegt  haben  miiss,  j.i,  dass 
sein  Inhalt  im  \Vesenllichen  nicht  viel  über  die  im  Ohi- 
gen    hervorgehobenen   Worte    hinausgegangen   sein    winl. 

Damit  contra^lirf  die  breite  .Schwatzh.iftigkeit  und 
Aircrtatioo  unseres  Decretes  denn  freilich  seltsam  genug. 
Man   nehme   nur  gleich    zu   Anfang 

iTre/d^  (J)l}.n:in<;  i'v  ts  -riß  TfaoeXij'kv^ÖTi  y^oih-n) 
7taoutiuivu)v  (puli/ixat  Taq  yiytv)]iihu!;  avTv," nv'v- 
diyy.a;  rrooi;  tov  'Alh-vaiuiv  bijfiov  it  e  gi  xi)  q 
£ /'p /;'»/// s ,    ii-^e^töujv    xoi'i  o^xovq  xai  xa  izaua 


■naoi  rois  Ekkijcri  v ofn i^o ^leva  elvai  öi- 
y.ai  a  — 

wie  weit  hergeholt  für  ein  Psephisma,  das  kein  Kriegs- 
manifest  sein  soll,  wie  lässig  und  breit  und  ohne  be- 
stimmte, scharfe  Bezeichnung;  amplificationis  caussa  ad- 
jecit,  sagt  Disscn  vou  den  letzten  Worten  ;  aber  was  soll 
dergleichen   Rhetorik   in   einem   Volksbeschiussl 

v.u.i  TtuKeiii  Ti  aoaiQiirai  oi'dti'  ainö  ■jTQoqrjy.ov- 
cras,  iiva^  de  y.ai  ' .Idi^vmujv  oiaa-;  ÖuQvaKoi- 
X  ovq  7C eTioiijy.ev  — 

Wenigstens  ist  nagatgeirai  etwas  stark  für  y.axaka/x- 
ßavti.  Auch  dogvaXojvovg  nenoiljy.ev  scheint  mir  nicht 
uliiie  Anstoss;  nicht  als  ob  der  der  Poesie  freilich  geläu- 
fige Ausdruck  (so  bezieht  sich  die  Glosse  bei  Suid.  und 
Hesycli.  auf  Soph.  Aj.  211)  nicht  in  der  Attischen  Prosa 
vorkäme,  ausser  der  Anführung  aus  Isocrat.  TiSfA  dvxt- 
duntu}^  bei  dem  .Ivrtacviy.ioxijq  in  Becker  Anecd. 
p.  flu.  21.  hat  Xenophon  ihn  sowohl  vou  einer  Stadt 
(Cyrop.  \'II.  .').  13.),  wie  von  Menschen  (Hellen.  V.  2.  5); 
aber  es  ist  nicht  abzusehen,  was  für  Orte,  die  den  Athe- 
nern gehörten,  seit  dem  Frieden  kriegsgefangen  gemacht 
sein  sollten. 

ev  x£  xiji  nagovxi   int  ttoKv  it g o dye t  x^  xe  ßia 

y.ai  xrj  u)/wx^^xt  — 
diess  h'  Traoorn  kann  sirli  natürlich  nur  auf  den  eben 
jetzt  beginnenden  Amphiktvonisrhcn  Rrieg  beziehen,  des- 
sen ersle  Bewegung,  die  Besetzung  von  Elateia,  oben 
das  Decret  des  Deniosthenes  zur  Folge  hat  ;  erst  danach 
überliel  ja  Pliilippns  Amphissa  u.  s.  w.  In  dem  vorlie- 
genden  Derrct  aber   geht  es   etwas   bunter   her  : 

y.ai  yitg  Ekhjvlöag  nöketi  ag  fieu  (!!)  e^cpgoi- 
g  o  v  <;  noiei  xai  cdi;  jrokneluq  xaxakvei,  xtvdi 
de  xal  eiavögaitodiCofAevoi  y.aracrxccTrxet,  eiq  sviac 
de  xo.i  ävTv  Ekki'jvu)v  ßugßüuovq  xaxoixiC,ei  eTii 
TU  iega  xal  rot"?  räcfovq  enäyajv  — 

Alles  das  sind  Dinge,  die  Philippos  wenigstens  für  den 
Augenblick  in  dem  so  eben  erst  beginnenden  Amphik- 
t)onenkrieg  noch  nicht  gethan  hat,  und  doch  heisst  es 
ev  T'/}  nauöi'Tl.  Es  gab  in  Phokis  seit  Ol.  \0^-  2.  keine  ' 
Politien  mehr,  keine  Städte  mehr,  die  hätten  verkiiech- 
iet  und  zerstört  werden  köiineii  ;  denn  die  einzige  Stallt 
Abai,  die  unzerstört  geblieben  war  (Pansan.  X.  f.),  lag 
vorläufig  ausser  Philippos  Bereich,  und  wenn  Tansanias 
von  den  durch  den  heiligen  Krieg  verjagten  Phokiern 
sagt:  A^ipiaini  yai  Otjßatoi  orfui  ijouv  ui y.axäyov- 
Tfg,  ■Tigivi)  ro  ev  Xaigojieia  ot'ußi'w«-'  "ixaioiia'E/- 
klJOl ,  so  lehrt  schon  die  Vereinigung  der  Athener  und 
Thebaner,  dass  diess  erst  ««c/i  der  Besetzung  von  Elateia 
und  in  Folge  der  zwei  glücklichen  Gefechte  geschehen 
sein  kann;  auch  der  Ausdruck  e:ii  tu.  hon  y.cu  xaffouc 
enüyu)V  scheint  eine  Metapher  zu  enthalten,  die  nicht 
eben  passend  ist;  doch  kann  das  leicht  täuschen.  Uebri- 
gens  scheint  der  '^'erfasser  Aeusseruiigen  des  Deniosthe- 
nes, wie  Philip]).  III.  g.  35.  im  .Sinne  gehabt  zu  haben. 
Betrachten    wir   die   Worte   des  Decretes   weiter: 

oi'dev  ähköxgiov  TtotiZv  oine  rrj;  eavrov  inzgidoc, 
ovte  xov  xgonov,  y.ai  ry  viv  aiiruj  -jiagoüoTj  ti'XU 


709 

h.   fir/.oov  y.al   -vuii  ri';i;JiTOs   yiyoriv  dvtXnldTuj., 
fiiyai  — 
Freilich    spoHet    DemosiLencs    oft    genug    iilier    ilie   arni- 
•elige,  barbarische  Heimafh  des  Philippos,  auch  spricht  er 
davon,     wie   er  von   geringem   Anfang  her   gross  ge«or<len 
(so    z.    E.    Philipp.   III.    §•    '2\-    oTi^  ^liyaq    i'/.    fitv.QOV 
y.ni   TaTTfivoi'    ro    y.nt     üuyuQ    iji'^ijTni),    so  dass  «e- 
nigsfens   der  allgemeine   Eindruck  ,    den   ii.an   aus   Lesung 
des  Demoslhenes   liber  Philippos  Charakter  geninnt,   aller- 
dings   <|pm    hier    Bi-zeic  hneien    zum    Grunde    liegen    mag; 
liur   wird   man   gestehen    miissen ,   dass   dergleichen    überall 
nicht    leicht    in    ein   Psepliisma  ,    geschweige     denn,    »eiin 
rs    einen   Zweck    hat,    wie    das    von    Demosthenes    bean- 
tragte,   viirkomnien   kann.    —    Die   .Structur    des    intldi] 
ist  ganz  vergessen,  wenn   es   weiter   heisst : 
Kai  iuti  fih  TTÖket^   siöoa  TiaQaiooi'fievov  ai'jüv 
ßaoßdouvi  Y.cii   idiac,  i'Tiekdfjßavtv    i'kaTTuv  itvai 
ü  Sijf^wc.  ü'-Zdi^ralviV  ro  tiQ  avTuv^n}i]ini('l  fioOui 
vvv  öl  ö(jv>v  'E/hjvidai;  7ru}icc,  rag  utv  r/jOiCoiit- 
vai,  Tug  6t  (Uacriü-cüVi  ytyvoiiivai,    diivov  i'yf'- 
■rat    eJvcu    ycu    dvätiov  ti;?  xuiv  irQuydvojv   Sul;i^i; 
To  ntQiooäv  TOiiq  "ElXrpaq  xaTa8oi'Xoi<ftivoii;. 
Also  wieder    die    factlsch    unrichtige  Einnahme   und   Zer- 
stürnng    von     StiiKen     in     dem     noch      kaum      begonnenen 
Krieg!     Seltsam    genug    ist  auch   lju(jßd.uuv(;   Y.vi   idia;; 
man   hat   ui>y.    /'diag    schreiben  ,    man     hat    mit   löia.g  die 
Städte  des  Philippos   oder  auch  solche,   die    barbarisch  also 
ihm   ähnlich  sinil   (!)    oder    auch    barbarische  Städte,    die 
selbstsfändig    sind,    verstehen     wollen;     es    können    keine 
andere   sein,   als   die   den    Athenern   angehörenden    Städte, 
aber  schön   und   bestimmt   ausgedruckt   wird   man  das  doch 
wohl   nicht  nennen!      Kuu    geht    es    über   zu   dem   eigent- 
lichen  Beschluss,  der  seltsam   genug  anhebt: 

8ib  dedo/.rai  (nicht  tSo^e)  rij  ßov'l.ij  ycu  rr/j  8r;[.W) 
T'ö  '.J9iji>afj)v  ei'^rtfiivorc  y.cct  9vouvTa<;  toi<; 
itsuiq  y.itl  i-owoi  roiq  y.aTe/^ovüi  ti]v  irokiv  y.ai 
riv  imod-v  rv,v  '--Oijvaloiv  y.al  evdvßi^^lvTaz  -rrjc, 
Tuiv  npoyöi'ujv  doETVi^,  Siori  irsol  irkeiovoi;  s-koi- 
ovvTO  rhv  TtDV  ' Ek}  vviov  ikevdfoiuv  ö/a.Timsiv  ?; 
Tr^v  iöiav  naTQida  — 

Auch  hier  glaube  ich  deutlich  den  .Spätling  zu  erkennen, 
der  eine  Feierlichkeit  und  Fröminigkcit  hineinmischte, 
die  den  Athenern  entweder  bei  Eröü'uung  jedes  Krieges 
üblich  war,  und  dann  war  die  ausführliche  Erwähnung 
statt  der  „üblichen  Opfer"  nicht  nötliig,  oder  sonst  nicht 
80  beobachtet  wurde,  und  dann  war  für  dieses  Ausrücken 
nach  Eleusis,  was  zunächst  in  Rede  stand,  nicht  solche 
Weitläufigkeit  nöthig,  wie  sie  freilich  einem  Späteren, 
der  den  Ausgang"  iles  Krieges  bereits  w  usste ,  als  ctwai 
recht  Passendes,  als  eine  Art  Weihe  für  den  letzten  cut- 
srheidenilen  Kampf  sich  darstellen  mochte  ;  natürlich 
konnte  derselbe  Phrasenniacher  nicht  umhin,  auch  die 
schöne  Anspielung  auf  die  Salaminische  Schlacht  mit  ein- 
zullechten.  Ucbrigcns  ist  es  bemerkeuswerth ,  dass  sich 
gerade  in  Beziehung  auf  diesen  Feldzng  die  Athener 
und  namentlich  Demosthenes  nichts  weniger,  als  fromm 
gezeigt  haben   (Aischin.  §.   130.),  man  achtete   weder  des 


710 

Todesfalles  in  den  Mysterien,  noch  der  Warnungen  der 
Pvthia,  tioeh  der  unglücklichen  Zeichen  (^d^rriav  y.ai 
i/.y.dkkiiQK^inv  uvKuii  lojr  huoji),  und  Demosthenes 
war  aufgeklärt  genug  zu  sagen,  die  Pvthias  philippisire. 
—  Nach  allen  solchen  Vorbereitungen  beschlicsst  da8 
Volk  : 

diav.ooiaq  vavg  yadskyeiv  e/'s  rr,v  dakaxiav  xal 
Tov  vai'(t(jxov  dvankiiv  tvioq  Ilvkdjv,  xai  tüv 
(TXQaTiiyuv  yal  tuv  'i'jninQjov  rctc;  nsCag  y.ai  rag 
/Tiar/xä?  öi'vdfitii;  EkEvoirdöe  ii;dyen'. 
Wissen  wir  auch  nicht  durch  sonstige  Nachrichten,  dass 
sich  eine  Athenische  Flotte  in  den  Malischen  Meerbusen 
begeben  habe,  so  mag  man  es  doch  für  wahrscheinlich 
halten,  obschon  freilich  jene  Station  keinen  Werth  hatte, 
wenn  man  ilie  Tliermopvien  nicht  auch  zu  Lande  sperrte, 
und  diese  waren  durch  den  Besitz  von  Aikaia  in  Philip- 
pos Hand.  Jedenfalls  sagt  Demosthenes  in  seiner  Rede 
!^ichts  von  dieser  Seeexpedition ,  die  er  doch  wahrlich 
nicht  hätte  übergehen  können,  da  die  Athener  zur  See 
sich  die  gewissesten  Erfid(;e  versprechen  konnten.  'Wie. 
das  auch  ist,  in  keinem  Fall  werden  die  Athener  jetzt 
1.(10  Trieren  auszuschicken  beschlossen  haben,  während 
sie  acht  Jaiire  früher  unter  nicht  minder  dringenden 
^'erhaltnissen  .'iO  für  hinreichend  hielten,  jene  Station 
zu  decken.  Und  was  soll  man  r.u  dem  einen  Strategen 
und  dem  einen  Hipparchen  sagen?  wissen  wir  doch,  dass 
Athen  deren  zehn  und  zwei  jährlich  erwählte,  nicht  zu 
sprechen  davon,  dass  uns  Chares,  Stratokies,  Lysikles 
ausdrücklich  genannt  werden,  als  in  diesen  Krieg  mit 
ausgezogen. 

Titiiipai  de  y.al  TTQtoßftc,  rrouc  tov i dkkovz'Ek)  t]vc<.c, 
npojTov  öi  irdiTU)!'  ^poc   Oijßaioi'i    Sia  tu  eyyv- 
■vdvui     fhai    TOI'    (t>ikni7TOv    ti;?    syeiyviv    ywgai;., 
71  a.Qayakttv  d'  avTOL'i  fitjSi-v    y.uTaTrkuytvTa^  tuv 
0tknt7Tov  dvTiyeadai  t)|^  iavrujv  y.al  xr,c.  xdiv  äk- 
kv>v  Ekki'vojv  i'Afi'.'>fpi'ac. 
Diese    Aufforderung    an    die    Thebaner    ist    nicht    in    dem 
Sinne   der  von  Demosthenes  §.    178   gesprochenen  Worte : 
man   wolle,     wenn   sie   es    wünschten,    ihnen    helfen,    uiq 
ty.ilvuiv  jiev  övTUiv  iv  to/\-  ia^dioig  y/vÖivoiq,  ijfiuiv 
6e  duEivov  v  ixeivoc  to  (.tikkov  n^ouovjusvuyv. 
y.al  6t/  6  'Adrjva.iuiV  öijuoc,  olöIv  /ivtiaty.ay.uii',  ti 
Ti  iioÖtcqov  ysyovsv  dkkoiQtov  raii  TTÖkeat  ^(>ci<; 
d}.kijkac,^ßot;Oijoif  y.al  dvvdiif<rt  ya.ixQt';ltaat 
yai  ßikeoi  yai  oTTkoiQ,  ti'Öujg,  oti  avToiQ^ev 
npug   dkh^kots    6iaftqioßi-zK'i'    ■rreoi^  Tjjg    r,y£^w- 
i/li'c,     oiOiv    'EÜvot    xatöv,     inu    dt    dtkocfikou 
drdQv'nov  dgyfcrdut  y.al  Tr,c  vyttwvi'aQ  diroartgti- 
a^at   dvätiol'    tlvat    yal    ti]^  tu)v  'Ekkr;vuiv  öu^ljQ 
yal  Ti'jg   Tujv  TTooyuioiV  aotxr.g. 
Das  ist  gewiss  nicht  nach   einem  officiellen  Attischen  Pse- 
pliisma  zu   bekennen,   dass   der  Kampf  um   die  Hegemonie 
zwischen    Athen    und    Theben    so     etwas   Schönes    sei;    in 
solchen  Wendungen  sieht  man  den  Unterschied  der  leben- 
digen Gegenwärtigkeit    und   jener    summarischen    und    in 
Allgemeinheiten     aufgehenden     Unlebendigkeit ,     die     den 
späten  Ursprung  bezeugen  können.    Auch   der   dkköcfvt.oi 
unSguiKOi    scheint    von    demselben     Qualiber     zu     sein. 


711 


712 


Jetzt    beginnt    «ich    das  Pscphisma    in  niytholü;;i3rhe    Ge- 
lehrsamkeit zu   vertiefen. 

ert  de  oi'ös  äU.ö-vQtov  r;yercai    elvai  6  'J&r;vai(ov 

^rjio;  Tov  (')rß(do}v  8i)uov  oviE  Tfj  avyyeveUt  ovts 

Tip  öno(fti  II). 
Mau  apppUirt  also  an  die  geschlechtliche  und  Stammver- 
waudfscliaft;  nicht  bloss  dass  beide  ^'ülker  Hellenen  sind, 
»ondern  ein  noch  näheres  Verli.'iltniss  wird  ^jcKcnd  gemacht; 
geiviss  mit  Roclit  verstellt  Dissen  die  rjvyylvtia  von  dem 
Boiotischen  Ursprung  des  AHischen  Demos  der  Gephvraer, 
und  darauf  sollte  sich  das  Psephisma  des  Dcmosthenes 
bezogen   haben? 

x«i   7^0    Toi<;    'HoayXsov;    ncuSa;    d^orsoovf^s- 

'•■_'       _        ..      17 -^ _/ -.T,    _«^ — ..'.,.^      ^n. 


xai  TOD  Oi't^ixovi'  y.ai  Toi'i  [^iet  sy.tirov  ey.zsaov- 
T«;  vxsSe^utis^a  y.ai  ireoa  iroXka  i-niv  vttÜq-j^el 
(fiLärdoojrra  y.ai  evöo^a  nodi  Oi^tjaiorg. 
In  der  Tliat,  das  rauss  die  Thebaner  gewonnen  haben! 
Es  sind  das  die  bei  den  Sophisten  der  Kaiserzeit  belieb- 
ten Wendnngen;  man  vergleiche  Aristides  .^liixroiy.og 
d  p.  Ii:i9.  IJ  p-  6()7  ed.  Dind.:  r.odip'  äe  icf  oL  Ilija- 
y.'f.eui'i  y.ai  tujv  'Hoay./.tuvi  7caiöo)v  hiur^ußi;  zic.... 
d-avudCuj  de  unaji  oü  /.cd  tov  OlSirrow  7io(jotd-lj- 
y.av  v'iC  iSiiäiiida.  Solche  Phrasen  will  man  doch 
nicht  dem  praktisclien  und  verständigen  Demostlienps  zu- 
trauen? Der  alte  trefliiche  llieronymus  Wolf  sagt:  (juid 
si  scurra  (juUpiaui  hoc  assuif?  Es  ist  ordentlich  Schade, 
dass  nicht  auch  der  in  Theben  geborene  Gott  Dionysos, 
den  zuerst  die  Athener  anerkannt,  hier  figurirt.  Endlich 
der  Schluss: 

ovfx- 
fiayiav  y.ai  eztyauiav  Toir^aaa^ai  y.ai  öoy.oi'i 
Soi'iat  y.ai  KuIjEiv. 
3l3n  soll  sich  denken,  dass  Athen  den  Tliebanern ,  den 
y.aruTVvirjTuii  y.ai  d.raiodi'itoi:,  und  wie  ihre  schönen 
Pradicate  sonst  noch  bei  Demosthenes  lauten  ,  Epigamio 
angeboten  habe,  und  das  in  dem  Decrct  zu  Unterhand- 
lungen, die  Demosthenes  mit  aller  diplomatischen  Vor- 
sicht und  Zurii<  khaltuiig  zu  machen  rath,  besonders  war- 
nend ,  dass  man  sich  nicht  zu  sehr  um  ihre  Freundschaft 
zu   bemühen   scheine. 

In  der  Ucberzeugnng,  eher  das  Aufl'allende  besonders 
in  den  einzelnen  Ausdrücken  noch  nicht  genug  hervor- 
gehoben ,  als  zu  Vieles  verdächtigt  zu  haben,  glaube  ich 
diess  Decret  bei  der  Verkehrtheit  der  Form  und  des 
Inhaltes  ,  bei  der  Obertlachlichkeit  und  Fehlerhaftigkeit 
der  historischen  Heziehungeu,  bei  der  ganzli(hen  Uiipass- 
lichkeit  der  au  der  Spitze  stehenden  Datirnng  für  gänz- 
lich unecht  und  für  ein  Machwerk  später  Zeil  halten 
zu  müssen.  Nur  so  ist  es  begreiflich,  wie  folgende 
Namen  als  die   der  Gesandten  vermerkt  sein  können: 


Ugsaßeii'    zlijituo^ivtjq    /IrfiovSevovi    Tlaiavtti'i. 

'YTctQi8i]i  KkedrSgov  ^(fr^TTiog.   Mvr^oi^eidri;  'Av- 

■vKfdrois  0(Jtä^fJtoq.  /JljfWy.Qarijq  ^uiCfikov  (pkvsu^. 

Kdk)Miox(>oq  2JioTiiiov  Kodvjyidiji. 
Es  sind  nicht  zehn,  wie  Demosthenes  vorgeschlagen, 
sondern  nur  fünf  Gesandte,  und  über  Demosthenes  hin- 
aus ist  die  Gelehrsamkeit  des  Spatlinges  nicht  gegangen. 
Die  Namen  sind  bunt  zusammengewürfelt  nnd  nicht  einer 
ist  nachweislich  richtig.  Oder  soll  man  glauben,  dass 
die  Gesandten  gen  Theben  gemeine  Leute  gewesen  sindl 
dass  mit  Demosthenes  ein  anderer  Hyperides  ging,  als 
der  bekannte?  der  aber  ist,  wie  wir  aus  Plut.  X  Orat. 
p.  372.  ed.  Reisk.  und  Suid.  v.  Photius  Bibl.  p.  495- 
wissen,  ein  Kolyttäer  und  zwar  der  Sohn  des  Glauklppos 
(o/  8e  ni'!}oy.klurg  sagt  Suidas),  wie  der  Name  seines 
eigenen  Sohnes  Glauklppos  (bei  Athen.  XIII.  p.  590  und 
sonst)  bestätigen  kann.  Einen  Hyperides,  Kleandros 
Sohn,  kennen  wir  sonst  nicht,  oder  hat  sich  unser  Pse- 
phismenschreiber  den  Schauspieler  aus  Demosthenes  Rede 
TTQuq  Eviiovkidiiv  §.  18,  der  freilich  alt  genug  ist, 
hierher  genommen?  Es  hat  sich  derselbe  phantasiereiche 
31ann  noch  einen  Hyperides  ausgedacht,  der  ^.  137  als 
Zeuge  figuriren  niuss  und  ihm  einen  Vater  Kallaischros 
gegeben.  AVas  über  die  anderen  Namen  zu  bemerken 
sein  dürfte  ,  mag  lieber  in  einer  Note  seineu  Platz  fin- 
den.  *)   — 

Ueberblicken  wir  das  bisherige  Resultat  unserer  Un- 
tersuchung, so  linden  ^lir  bei  jeder  der  besprochenen 
Urkunden  mehr  als  ein  Zeichen  der  Unechtheit ;  und 
könnte  jedes  einzelne  derselben,  für  sich  betrachtet,  für 
nicht  bedeutend  genug  gelten,  einer  alten  Ueberlieferung 
zu  widersprechen,  so  mnss  die  Menge  der  Zwcifelsgründe 
desto  entschiedener  geltend  gemacht  werden.  Zugleich 
wird  CS  sehr  natürlich  sein,  dass  man  an  die  Betrach- 
tung der  weiteren  Docnmente  mit  einigem  A'orurtheil 
gegen  ihre  Echtheit  geht,  obschon  wir  uns  bemühen 
Müllen,  ohne  dasselbe  den  jedesmaligen  Thatbestand  mög- 
lichst  unbefangen   zu  prüfen. 

(Fortsetzung  folgt*) 


Personal-Chronik   und  Miscellen. 

Berlin.  Der  bislieiii;«  ,^llS^c^Ql■(l.  Prof.  Dr.  Gustav  Le- 
jcune  Diriclilet  ist  zum  ordcnlliclicn  Professor  der  philoso- 
phischen Facultat  ernannt  wonlcn. 

*)  In  unseren  Urkunden  kommt  Demokratcs  son  Phlj-a  auch 
als  Gc^ari.ltcr  (J.  2!l)  vor  unter  den  Psciiilogesandten  Ol. 
108.  2,  iin.l  er  ni.Tg  sich  seinen  V.Ttersi!.inien  immerhin 
vom  Sophokles  oder  Antijibon  erborgt  lialien.  Das  Wei- 
tere s.  unten.  —  Mtiesicliiides  war  einer  derDrcissig;  der 
Gesandte  in  unserer  Urkunde  ist  wohl  tierselbe  mit  dem 
Liigenarclion  (§.  155)  und  es  fehlt  niclit  viel,  so  figurirt 
derselbe  Mann  in  demselben  Jahre,  als  Arcbnn  und  Ge- 
sandter. —  Der  Name  Kallaischros  schciiil  dem  Vcifer- 
tiger  der  Urkunde  gcf.illen  zu  haben;  er  nennt  so  auch 
den  Vater  eines  Hyperides  (5  137);  ob  er  in  diesem  oder 
in  jenem  den  reichen  Mann  aus  der  Midiana  §.  157  ge- 
meint hat,  gegen  welchen  Dcinarchos  eine  Red  eschricb,  oder 
den  alten ,  den  Vater  des  Kiilias ,  das  weiss  ich  nicht. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  t  er  th  ums  wissen  Schaft. 


Sonntag  3  28.  JuU 


18  3  9. 


Nr.  90. 


Die  Urkuiulen  in  Demoslhencs  Rede  vom  Kranz. 

(Forts  et  zu  iig.) 

V.     Urkunden    aus   dem    Kriege  'von    Byzanz 

Ol.  1Ü9.  4.,  tlO.  1. 

Wir  haben  früher  gesehen  ,  ilass  Philippos  die  Bc- 
Iqgernng  von  Bvzanz  gleich  mit  dem  Anfange  von  Ol. 
1 10.  '2.  in  der  Mitte  lies  Sommers  3  j!t  aufgab.  Die  diesen 
Krieg  betreffenden  Actensti'icke  zu  besprechen,  wollen 
wir  wieder  zunächst,  oline  sie  zu  berücksichtigen,  den 
Verlauf  der  Begebenheiten   betrachten. 

Wir  können  von  einer  Stelle  des  Philochoros  ans- 
gchen,  die  Dionys.  ep.  ad  Am,  11.   bewahrt  lial :  „Qeo- 

CpQacTTOq-    £7Ti    XOVTOV     (PlKlTtlTOi;    TU    fXHV  TtQOJTOV  ÜvU- 

Ttkevaag  nagirdm  nQoc,lßakev  d-Korviuiv  d'  £vteu9ev 
BvC,dvTiuv  iiTol.ioo'xst  y.ai  fxi]%avr;^a'va  Trpo^/Jyfi'." 
Dann  fährt  Dionysios  fort:  ETCElTa  8lti;E\9u}V  oaa  zoi^ 
\t9iivaiocg  ö  0ikni7io<;  EvExäkEi  Std  t);c  iiTicrzokfii 
v.aX  Avjf^ioadivovQ,  n aoay.akiaavr oc,  avTovc.  tiquc,  xav 
Ttoksfxov   xae    ipijcpicrfj,ara    yQÜipavroq    exeiqozuvijcts 

T1]V    jjEV    (TTljkrjV    y.a9EkElV    Tr;V    TTEoi    T/Jj    TT^Oi;     ^l'kl^- 

Ttov  Etgiivtjg  X.  T.  k.  Allerdings  erzählt  Diodoros  XVI. 
74  —  7(i  die  Belagerung  von  Bvzanz  noch  in  dem  vor- 
hergehenden Jahre  des  Nikomachos,  aber  seine  Chrono- 
logie darf  nicht  gegen  eine  Angabe  des  Philochoros  in 
Anschlag  kommen;  wir  können  mit  Bestimmtheit  den 
Sommer  340  als  die  Zeit,  wo  Perinthos  belagert  worden, 
annehmen.  Mancherlei  Reibungen  waren  bereits  vor- 
hergegangen ,  über  flie  uns  die  dritte  Philippischc  und 
die  Rede  über  den  Chersones  unterrichtet.  Es  hatte 
Diopeithes,  der  mit  Attischen  Kolonisten  vor  dem  Jahre 
des  Pythodotos  Ol.  10').  2.  in  den  Chersones  geschickt 
war,  durch  freilich  nicht  sehr  begründete  Ansprüclie  auf 
Besitzantheil  in  Kardia  dem  König  Philippos  Gelegenheit 
gegeben  ,  diese  wichtige  Stadt  zu  besetzen  und  so  den 
Chersones  zu  bedrohen,  de  Cherson.  §.  58.  Philipp.  III. 
|§.  35.  In  der  Rede  über  Halonnesus  wird  erwähnt, 
dass  sich  Philippos  zum  Schiedsrichter  über  den  Streit 
der  Kolonisten  mit  Kardia  erboten  habe,  und  sie  ist  aus 
dem  Jalir  des  Pythodotos  Ol.  lutl-  2;  sie  enthält  noch 
keine  Erwähnung  von  dem  Angriil  des  Philippos  auf  Thra- 
cien.  AVohl  aber  steht  in  derselben  bereits  von  dem  Feld- 
znge  des  Philippos  nach  Ambrakia  und  Akarnanien  (§.  32. 
cf.  Philipp.  III.  g.  27.  34.  72.),  und  dass  zur  Zeit  die- 
ses Zuges  Pythodotos  Archen    war,    bezeugt  Dem.    y.ara 


'Okvj^iTTtodcüooii  §.  24.  20.,  so  dass  die  Rede  über  Halon- 
nesus wohl  in  den  Winter  oder  in  das  Frühjalir  Ol.  lO'J.  2- 
in  den  Anfang  des  Jahres  342  fallt.  Nun  steht  in  der 
Rede  vom  Chersones  §.2,  dass  Philippos  bereits  |t 
Monate  in  Thrakien  kämpfe  (  t;^s"  (TTQUiEia^  ijv  evde- 
/.(i.-vov  fa;i>a  rovtovi  Sv  Qoäy.rj  noiEirat);  damit  ver- 
gleiche man  §.  14.  vvvl  dvvnitiv  ^i-.yakijv  ixEh'O^ 
i/ojv  Ev  Ogdxy  SiavQijjet  xcd  /uEraTiEi^iTiETai  ■nok- 
kijv  u'jg  (paoiv  oi  nagövTEq,  diro  MaytSoviac,  y.ui 
(dEXTo.kiaz,'  EOLV  ovv  ■KEQif.isivaq  TOi'Q  E-rrijo-lag  etvI 
Jii'i^dvxLOV  Ek9ujp  TToklo^xrf  X.  T.  Ä.;  die  Etesien  aber 
[(fvkai;aq  xovq  ixijoiai;  j]  tuv  ^EiKwra  Philipp.  I. 
jS}.  31.  bezeichnet  die  entgegengesetzten  Zeiten  des  Jahres) 
wehen  um  die  Zeit  des  Siriusaufganges.  Diese  Angabe, 
lue  Nachricht  von  neneu  Truppensendungen  aus  Makedo- 
nien und  Thessalien  (im  Frühjahr),  endlich  die  Bezeich- 
nung des  verflossenen  Winters  (^.  35.  44-)  beweist,  dass 
die  Rede  vom  Chersones  etwa  in  den  Mai  341,  in  die 
letzten  Monate  von   Ol.    109.   3.   gehört. 

Die  gewöhnliche  Annahme,  die  bereits  von  Dionysios 
von  Halikarnass  ausgesprochen  ist  (ep.  ad  Ammaeum.  IG), 
setzt  die  drille  Philippische  Rede  in  dasselbe  Archonten- 
jahr  mit  der  vom  Chersones,  aber  nach  derselben.  Doch 
leiten  die  deutlichsten  Anzeigen  auf  die  umgekehrte  Stel- 
lung beider  Reden.  Während  Demostheues  in  der  vom 
Chersones  §.  2.  bereits  von  11  Monaten,  die  der  Krieg 
dauert,  spricht,  heisst  es  in  der  Philipp.  III.  vvv  Eul 
C-jQa.Y.ljv  JCo.Qlövxu,  was  dem  Anfange  des  Krieges  doch 
wohl  näher  liegt.  Ferner  heisst  es  in  dieser  dritten  Phil- 
ippisrhen  §.  20.  ovbE  öoxEi  /uoi  -nsgl  XeqöoviJoov  vvv 
oy.oTtElv  ovÖE  Bi'^avxtov,  dkk'  irta/uvvai  neu  xov-voic, 
y.al  öcaxijofjaat  fxyj  xi  Tiddujcn  ....  ßovkEvoaadai 
fitvtot  X.  r.  k.,  so  dass  Demosthenes  wohl  eine  Ver- 
bindung mit  Byzanz  zu  machen  beantragen  wird;  — 
dagegen  heisst  es  in  der  Rede  vom  Chersones  bereits 
g.  14.  TTQVJTov  /uev  oiEOde  xovg  BvL,avxiovi;  (xEveiu 
EJii  d;;  6.voiac,  Ti]g  avxij^  iuOtieq  vi'v  yal  ovte  -xa- 
gaxakeaEiv  v^ui  ovxe  ßoijdEiv  avxni(;  d^tuioEiv;  syoj 
fuv  oüx  oi/^ai,  dkkd  xal  f:i'  xiai  ^dXkoy  äniaxovaLv 
i'j  tii^tv,  y.ai  xovxovi  Ei(T(f(»ja£o9ai  fxdk/.ov  t)  'yEivut 
TiaoaduioEiv  t)";i'  -xökiv ,  woraus  man  wohl  ersieht, 
dass  nach  der  dritten  Philippischen  Rede  den  ßyzantiern 
Bündniss  angeboten  worden ,  dass  sie  aber  diess  und  die 
Warnung  der  Athener  noch  nicht  eben  bereitwillig  ange- 
nommen haben,  sondern  dem  Philippos  (wenigstens  nach 
Demosthenes    Darstcllang)    nichts    Ucbles    zutrauen,     mit 


715 


716 


dem  sie  ja  noch  im  Biiudniss  afehen  (Philipp.  III.  §.  35- 

■/.al  viv  ettI  BvCavTioi'i;  -rrooci'erai  cri'uudxovq  ovraq, 
ohne  das  rerkehrte  ^inor,  das  nicht  einmal  handschrift- 
lich empfohlen  ist).  Eine  nähere  Zeitbestimmung  ergibt 
§.  32,  «o  es  Ton  Philippos  hcisst:  ov  TlQüQ  Ttp  TToKeig 
larorv.ivctt  rit^roi  iilr  tu  üvSta  (diess  sind  die  Py- 
thien  gleich  nach  der  Zerstörung  der  Phokischen  Städte 
Ol.  108-  3-)  X'zr  avzdi  j-ii)  nuQrj,  tov,;  Sovkovq  äyuj- 
voderijaorru^  7t£^7tSI;  woraus  sich  ergibt,  dass  die  Rede 
nach  den  Pythien ,  also  nach  dem  Herbst  Ol.  109.  3. 
oder  342  gehalten.  Dass  sie  in  den  Winter  gehürea 
dürfte,  scheint  sich  aus  den  Worten  §.  50.  zu  ergeben: 
y.c.i  (TtüjTCoJ  dtooi  y.al  x^iiiuiva  cöi  ovdsv  SiacptQSi 
oi'd'  iorh-  ujoa  Ttg  t^aloSTOi  ijv  Siakei^ei. 

Aus  diesen  Einzelheiten,  sowie  aus  der  gesaramten 
Fassung  beider  Reden  entnehme  ich  die  bezeichnete 
Ütcllung,  so  dass  also  in  den  Sommer  342  der  Anfang 
des  Tlirakischen  Krieges,  in  den  AVintcr  die  dritte  Phil- 
ippische Rede,  in  den  Frühling  341  die  über  den  Cher- 
sonos   gehiirt. 

Leider  sind  die  Reden,  welche  die  nächstfolgende  Ge- 
schichte angehen  ,  namentlich  die  vierte  Philippische  und 
die  Rede  über  den  Brief  des  Philippos  unecht,  und  in  Er- 
mangelung eines  Kriteriums  für  das  geschichtlich  AV^ahre, 
was  ihnen  zum  Grunde  liegen  mag,  thun  wir  besser,  sie 
gänzlich  unbeachtet  zu  lassen.  Der  Brief  des  Philippos  selbst 
wird  in  der  Regel  für  weniger  bedenklich  gehalten,  ich 
finde,  dass  er  nur  geschickter  gemacht,  aber  gleichfalls 
Ton  späterem  Ursprung  ist;  es  scheint  der  Verfasser  des- 
selben namentlich  seinen  Thcopompos  fleissig  benutzt  zu 
haben,  und  ich  würde  den  einzelnen  Angaben  des  Briefes 
nicht  eben  misstrauen;  doch  ist  es  gerathcuer,  auch  ihn 
für  jetzt   unbenutzt   zu    lassen. 

So  bleibt  denn  freilich  Ol.  109.  4.  das  Jahr  des  ISi- 
komachos  für  uns  fast  ohne  alle  historische  Notiz.  In- 
desä  dürfte  sich  aus  den  wenigen  sicheren  Nachrichten 
eine  von  der  üblich  gewordenen  Darstellung  abweichende 
Sachlage    ergeben.      Demosthenes    sagt    in    der    Rede    für 


ovy.  ijSskop  oiid'  int  tovtoic;  ecfaoav  zijv  auu/iuxiav 
■:rs7ioii-(T9ai  }^eyovTli.  ä)j]i>ij,  ^agdxiofxa  ßaköucvog, 
7CQUZ  xrj  7rfi).£i  /.lu  ^ajyo.vijuuT  iTitGTijaaq  k^ot.tÖQ- 
V.U.  Diese  Aufforderung  dürfte  sehr  bald  nach  der  Rede  vom 
Chersouesan  dicB\zantier  ergangen  sein,  doch  war  Philippos 
zunächst  noch  im  innern  Thrakien  beschäftigt  (de  Ciicr- 
»üu.  §.  44-  zlooyy'J.üv  y.al  Ku.ßvt.i]v  y.o.i  Maoriioav 
y.ui  a  vi'v  ituioct  y.al  y.e'.Tao/.evdQErar),  auch  Krank- 
heit hemmte  ihn  nicht  wenig  (g.  3',).  Aber  mit  diesem 
Sommer  3H  scheint  auch  ilie  Bewältigung  der  Tliraki- 
schen Fürsten  volU-ndot  worden  zu  sein  nach  Diod.  XVI. 
71,  der  hinzufügt,  ,lic  Hellenischen  Städte,  der  Furcht 
vor  den  Thrakinrn  frei,  hätten  sich,  dem  K(inig  sehr  be- 
reitwillig verbündet,  und  der  Künig  an  passenden  Orten 
.Städte  in  ihrem  Lande  angelegt;  unter  diesen  namentlich 
KabOc,  ov  :iöoou)  ir,z  thjv  'Jotiov  %(j')oac.,  wie  Ste- 
phanns 1.  genauer  als  Strabo  die  Lage  dieser  Stadt  an- 
gibt ,  s.   Wichers  ad  Theopomp.  frg.  p.  192.    Theopouipos 


hat  in  seinem  47.  Buch  von  Agessos ,  von  Kabyle  ge- 
sprochen, so  dass  man  die  in  jener  Demosthenischen 
Stelle  bezeichneten  ^Verhältnisse  in  diesem  Buche  be- 
sprochen voraussetzen  darf;  aber  in  demselben  Buch  war 
--/OT^xoi^  von  ihm  als  Gebiet  der  Byzanticr  erwähnt 
(Steph.  V.),  woraus  sehr  wahrscheinlich  ist,  dass  wenig- 
stens noch  in  demselben  Herbst  341  der  Krieg  mit  By- 
zanz  selbst  seinen  Anfang  genommen  hat.  OH'enbar  ver- 
mieden die  Byzantier  zunächst  die  Verbindung  mit  Atlien 
wegen  des  noch  nicht  vergessenen  Bundesgenossenkrieges ; 
sie  liess  lioiTen ,  verstärkt  durch  die  verbündeten  Städte 
an  der  Thrakischen  Süd-  und  Ostküste,  AViderstand  lei- 
sten zu  können.  Hierauf  scheint  sich  die  Angabe  Pol- 
yaen's  (lA''.  2-  21.)  zu  beziehen:  0iktTt^og  iiroktoity.H 
ßvQavxluv!;  e^ovrag  ovy.  ökiyijv  xdQc  <ri<fijidxo)v  • 
TovToi's  d-Koknietv  ti)v  avmiaxMv  exEXviaaTo  ne^i- 
ihai;  avTOfiökovg  dyytkkovrag,  cJg  al  -nökei^  avTujv 

vTto  (Pikimtov  -xokiogy.otvTO (PikniTzoq  cpa- 

VEQoq    i]v    dia-jTtf^iTTcov  fitQij    rr;i    (rrgaTiäg    ....    ot 
Oi'ififiaxot  ravTa  ögiovrEq    yal  dy.ovowsi;   cinToki-rrov- 
req  Bi'CavTiovq  ercl  rag  ainüiv  naTQiBaq  icrrikkovro. 
Es  scheint,   dass  diess  nicht  die  Belagerung  von  339   Ol. 
110.    ).    sein    kann,     denn    damals     waren    die    Athener, 
Chier,  Rliodier,  Perser   u.  s.  w.   Bundesgenossen  von  By- 
zanz ,   um!   gegen   deren  Beistand   konnte   der  der  beiiacli- 
barteu    Städte    für    ganz    unbedeutend   gelten,    wenn   die- 
selben  überhaupt    noch    von  Philippos   unbewältigt    waren. 
AVichtiger    ist    die,    wenn    auch   unklare,    doch   ans  treu- 
licher   Quelle    stammende    Angabe    bei    Justin    (IX.    1.}: 
Byzantinm,    nobilem   et   niaritimam    urbeni   —    claiidentcm 
sibi   portas  obsidionc   Philippus  cinxit  ....  ,Igitur  longa 
obsidionis  mora   exhaustus,    pecuniae    commercium   de   pi- 
ratica  mutuatur.       Captis    itaque   ccntum  septuaginta  navi- 
bus    mercibuscjue     distractis    anlielanteni     inopiam    paullu- 
lum    recrcavit.      Dcinde    ne    unius    urbis   obsidione    tantus 
exercitus     tererctur,     profectus     cum     fortissimis,     multas 
Chersonensium    urbes    expngnat;    filiumquc    Alexandrum, 
decem    et    octo    anuos    tantum ,    ad    se  accessit.      Hieraus 
ersieht  man,    dass   schon   vor  dem  Plünderungszuge    nach 
«Icm  Chersones   Byzanz   belagert  war,   und   doch  ging  nach 
Dem.   i^nlo   KnjO.  §.    139.  dieser  Zug   der  Kriegserklä- 
rung   der    Athener    und    der    bekannten    Belagerung     von 
Byzanz  (339   Ol.    HO.   1.)    vorher.       Die   Angabe  Justin's 
über  Alexandres   Alter  ist  fehlerhaft;    richtiger  sagt   Plu- 
tarch.  (Alex.   c.  9.)    ^hkl-jnrOv    arQareuovTUC    illl  ßi'- 
CavTioi'c    r,v    filv    i/.yaiäsy.ETiji    ö  'Jt.ituvÖQOi;,    was 
ebenfalls  die   Chronologie  des  Krieges   bestätigen   könnte, 
wenn    es    nicht   so    oberflächlich    gesagt    wäre.       Endlich 
gehört    eben    hicher    Frontin.    1.   3-   4.    Byzantii    adversus 
Philippum     onine    proeliandi     discrimen     vitantes,     omissa 
etiam  finiiini  tutela  (das  ist  eben  das  oben  genannte". -/rrroixoj) 
intra   muiiitiones   oppidi  so  receperunt,  assccnti(jne  sunt,  ut 
Philippus  obsidionalis   niorae   impatiens  recederet;   bei   der 
späteren    Belagerung    war     vielmehr     das    Einrücken    der 
Attischen   Ilülfsmacht    unter    Phokion    das   Entscheidende 
(Plut.   Phor.    14.).   —  Endlich   liekommen  aus   diesen  Zu- 
sammenhängen   die    AVorte    in    der    dritten    Philippischen 
Rede  JJ.   35-    i.rl    BvC,avTiovi    n'0(i£veT(U    und    in    der 
vom  Chersones  §.  06.  y.ai  viiv  i^l  ßvCdvrtov  na^iüv- 
Tos   und  g.  is'.  Ti   ö'   UV    d-Jtek^vjv   ix    OQÜxijg   xui 


717 


718 


fjiiSe  ■:zQoc,sX9uiv  XeÖQOviiörp  fujöe  Bi'Qavrlio  irci 
Xaky.ida  i'jv.r]  V..  r.  l..^  —  diese  Aeusscrur.gen,  sage  ich, 
bekommen  trst  ihren  Sinn,  wenn  sie,  im  Winter  34Vi 
und  im  Fnihling  341  gesprochen,  wenige  x^Ionato  und 
nicht  andcrtliall)  oder  zwei  Jahre  später  erst  v»ahr  ge- 
worden sind. 

Sind  diese  Combinalionen  ridilig,  so  bekommt  aller- 
dings der  Krieg  mit  Bvzanz  eine  sehr  andere  Gestalt, 
als  er  bei  unseren  Historikern  zu  haben  pflegt.  Begin- 
nend mit  dem  Herbst  341  (bahl  nach  Anfang  des  Arclu^n- 
ten  Nikomachos),  halt  er  sich  «ler  Hauptsache  nach  umBy- 
zanz,  das  durch  seine  überaus  günstige  Lage  ron  der  Laiul- 
seite  nur  durch  ein  y^cLqd-/.U)[M  gesperrt,  von  der  See- 
seite nur  dnrcli  eine  überlegene  Seemacht  geftihrdet  wer- 
den kann.  Dalicr  des  Pliilippos  Bemühen,  Byzanz  zu  ver- 
einzeln; daher  seine  Yerbinilnug  mit  Avn  Apolloniaten 
(Justin.  IX.  '>•),  daher  sein  mit  aller  Macht  ausgeführter 
Angriff  auf  Perinthos  ,  die  mäclitigste  unter  Byzanz  Ver- 
bündeten,  nnd  jene  Belagerung,  die  Diodoros  mit  so 
unverliältnissn);issiger  Ausführliclikeit  exccrpirt  und  da- 
durch die  uuriclitige  Ansicht  veranlasst  hat,  als  ob  sich 
der  Krieg  Anfangs  ganz  auf  Perinthos  und  von  dort  erst 
nach  Bvzanz  gewälzt  habe.  Da  sich  das  grosse  Fragment 
aus  dem  Anfang  des  4*).  Buches  des  Tbeopompos  bei 
Athen.  IV.  p.  1(,(1  und  Polyb.  VIII.  10  ff.  auf  die  Zügel- 
losigkeit  in  des  Philippos  Umgebung  und  seine  verschwen- 
derische Art  mit  Gelil  zu  wirthschaften  bezieht  (iirfi 
sy-AoaTi]^  TToXKojv  iyivsTO  ;^p;^i(aTwt'  ovy.  dvaku>OEv 
av-va  rax^uji,  ä'kK  ittiiitks  y.a'i  t^öiiliev),  so  muss 
dergleichen  allgemeine  Schilderung  doch  von  der  Erzäh- 
lung eines  bestimmten  Factnms  veranlasst  sein;  ich  glaube 
darin  die  oben  aus  Justin  angeführte  Plünderung  der  170 
Schiffe  und  das  anhelantem  inopiam  paullnlum  recreavit 
zu  erkennen,  und  bin  der  Meinung,  dass  dieselbe  in  das 
Frühjahr  340  gehört;  denn  longa  obsidionis  mora  exhau- 
stus  kann  der  Konig  doch  nicht  im  Herbst  341,  wo  die 
Belagerung  von  Bvzanz  erst  anfing,  genannt  werden. 
Wir  haben  früher  bemerkt,  dass  im  öl.  Buch  des  gros- 
sen Geschichtwerks  von  der  zweiten  Hälfte  des  Jahres 
339  die  Rede  war;  wir  fanden  das  48.  Buch  bis  zum 
beginnenden  Krieg  mit  Bvzanz,  Herbst  341,  fortgeführt, 
aus  dem  4!).  Buch  wird  der  Namen  einer  Thrakischeu 
Völkerschaft  erwähnt;  aus  dem  Anfange  des  ,50.  Buches 
haben  wir  eine  Charakteristik  des  Philippos,  die  sich  der 
Erzählung  von  den  Kapereien  im  Frühjahr  340  ange- 
schlossen zu  haben  scheint.  Knu  wird  aus  dem  50.  Buche 
erwähnt  Kaou^  /.rvTior  •)[ü)oiov  Qoav.rji  ( bei  Steph. 
Byz.  V.),  offenbar  derselbe  Ort,  den  Polyän.  (IV.  2.  20.) 
R-UQa^  öxi'poi'  X'J^ioiov  nennt  nnd  von  dem  er  erzählt, 
wie  Philippos  Trokiüoy.'jjv  x.oövu)  \iu/.(iiji  ihn  nicht 
habe  einnehmen  können  und  sich  desshalb  mit  einer 
Kriegslist  ungestörten  Abzug  verschallt  habe.  Dieser  Ort 
liegt  zwischen  Mescmbria  und  Kallatia ,  so  n"ass  man 
denken  könnte  ,  der  König  habe  ihn  auf  dem  Skjthen- 
zuge  im  1  orbeigchen  angegriffen ;  aber  da  auf  diesen 
ganzen  Zng  nach  früheren  Bestimmungen  noch  nicht  drei 
Monate  Zeit  verwendet  worden  sind,  so  ist  das  unmög- 
lich. Ich  glaube,  dass  anch  diess  Unternehmen  gleich- 
zeitig mit  dem  gegen  Perinthos  und  Bjzanz  ist  und  also  in 
das  Jahr  des  Theophrastos  3^73sj  gehört. 


Philochoros  gab  unter  dem  Archon  Thcophrastos,  der 
mit  dem  Sommer  340  beginnt,  an:  iV/  tovtoi)  (iJiXm- 
noq  TU  i^iv  7iQU)iuv  dvaTcXsvaac,  Ileoh'dv)  nooQfßa- 
}.rv  änoTvxujv  ö'  iVTeiiDei'  Bv^dvriov  iicof  nioycei. 
\\  ichtig  ist  uns  die  Bezeichnung  dvcntXti'aa.i;  Philippos 
kam  von  der  Seeseite  und  zwar  vom  Hellespont  herauf, 
wovon  freilich  im  Diodoros  keine  Erwähnung  ist.  Na- 
türlich ist  das  vor  den  Etesien  ,  vor  dem  hohen  Sommer 
340.  Den  Hellespont  hatten  ihm  die  Byzantier,  Rhodier, 
Cliier  n.  s.  w.  gesperrt;  indem  er  den  Verbündeten  der 
Byzantier  ihre  gekaperten  Schiffe  zurückgab,  als  wolle 
er  sich  durch  sie  den  Frieden  mit  Byzanz  vermitteln 
lassen,  gewann  er  bei  der  Unachtsamkeit  der  Verbünde- 
ten die  Einfahrt  in  den  Hellespont,  in  angustias  freti  im- 
parato  hoste  evasit  (Frontin.  1.  14.  3.).  Die  Flotte  der 
Athener  wird  bei  dieser  Gelegenheit  nicht  mitgenannt. 
Bereits  in  der  dritten  Philippischen  Rede  g.  71.  fordert 
Deinosthenes ,  man  solle  Gesandte  schicken  in  den  Pclo- 
ponnes,  nach  Chios,  Rhodos,  an  den  Grusskönig;  diess 
ist  etwa  gegen  Anfang  des  Jahres  341  gesprochen;  iu 
dem  Herbst  desselben  Jahres  erfolgte  erst  der  Ausbruch 
des  Krieges  zwischen  Byzanz  und  Pliilippos,  und  da  der 
König  nach  einer  bereits  sehr  erschöpfenden  Belagerung 
der  Stadt  eine  so  grosse  Zahl  Schifle  zu  kapern  ver- 
mochte, scheinen  die  Seemächte  Pihodos,  Chios  u.  s.  w. 
ihre  Flotte  noch  nicht  mit  der  der  Byzantier  vereint 
zu  haben  ,  doch  muss  ihr  Beitritt  zur  Sache  der  Byzan- 
tier bereits  erklärt  gewesen  &ein,  indem  sonst  des  Philippos 
Kapereien,  die  ja  auch  ihre  Kauffahrtei  traf,  nicht  wohl 
zu  begreifen  wäre.  AVir  fanden  bereits,  dass  Philippos 
mit  dem  Sommer  340  seinen  verwüstenden  Einfall  in  den 
Cliersoncs  macht ;  um  dieselbe  Zeit  warf  er  sich  auf 
Perinthos;  es  galt  eine  Nation  für  die  Flotte  in  der  Pro- 
pontis  zu  gewinnen  und  die  für  Byzanz  nächste  nnd  be- 
deutendste Bundesstadt  zu  occupircu.  An  ihrer  Rettung 
iialiin,  nach  Diodoros  ausführlicher  Darstellung,  der 
Grosskönig  den  lebhaftesten  Antheil,  er  liess  durch  Ar- 
sites,  den  Satrapen  am  Hellespont,  ein  Söldnerheer  unter 
dem  Athener  Apollodoros  zur  Unterstützung  der  gefäludc- 
tcn  Stadt  schicken  (Paus.  I.  29.  10.),  und  Byzanz  eiit- 
blösste  sich  fast  von  Vertheidigern  und  Streitmittelii,  jene 
Stadt  zu  retten.  Hierauf  theilte  Pliilippos  sein  Heer, 
wie  Diodoros  sagt,  mit  einem  plötzlichen  Angriff  Byzanz 
zu  überrumpeln;  man  sieht,  er  kehrte  in  die  schon  ge- 
wonnenen Positionen  vor  Byzanz  zurück,  er  belagerte 
wenigstens  diese  beiden  Städte  zu  gleicher  Zeit  (Diod. 
XVI.  77.  Ti'jV  noijoqy.iu.v  Tuiv  nut.iiov). 

Es  ist  sehr  übel,  dass  wir  nicht  hinlänglich  genau 
die  Zeit  und  die  Art  der  Theilnahme  Athens  an  diesen 
Kriegen  zu  erkennen  vermögen.  Jedenfalls  forderte  Dc- 
mosthenes  bereits  im  AVinter  34V„  man  solle  dem  Heere 
im  Chersones  Geld  schicken  und  Diopeifhes  auf  alle  Weise 
unterstützen,  denn  der  angeblich  noch  bestehende  Friede 
(des  Philokrates)  sei  für  Philippos  nur  ein  Vorwand,  um 
Athen  mit  desto  besserem  Erfolge  zu  bekäm^ifeii  (Phii.  III.). 
In  der  Rede  vom  Chersones  (Frühling  341)  ist  bereits 
Unterhandlung  mit  Byzanz  versucht  worden ,  aber  um- 
sonst. Diopeithes  hat  den  Thrakiern  Beistand  geleistet 
und  von  Athen  nicht  unterstützt  durch  Kapereien  und 
Erpressungen     seine     Heeresmacht     unterhalten     müssen. 


719 


720 


Philippoä  hat  darüber  eine  sehr  ernstliche  Note  an  Athen 
o-eschickt  und  namentlich  erklärt,  er  »erde  die  Cher- 
soiiesitea  züchtigen  ,  er  fordere  Bestrafung  des  Diopei- 
thes,  der  den  Frieden  gebrochen  habe.  DemosJhenes 
verlangt  von  Neuem,  man  solle  Diopeithes  unterstützen, 
um  dem  König  zu  begegnen,  solange  er  noch  in  Thra- 
kien zu  thun  habe  ,  man  solle  den  Frieden  nicht  ferner 
sich  homuien  lassen,  der  sclion  längst  von  dem  Könige 
gebrochen  sei.  Deniosthenes  sagt  in  der  Rede  für  Kte- 
siphon  §.  244:    oi'öauov   -KiÜTzoTe ,    otcoi   TToeaßtvTi^q 

naQo.  0ih':t:iuv  TTffeaßtujv ,  oix  iv.  öenaXlaq,  oiix 
tB  '-fußoaxi«.;,  oi'x  ei  'Ikt.vQtuiv ,  ov  iiuqu  ruiv 
Ooay.cjv  r' «  <" /- ^  w  1'  Ol'/,  ex  BvLuiTiou  x.  t.  A..; 
da  Demosthenes  Xiclits  ron  diesen  ersten  zwei  Gesandt- 
schaften in  der  Rede  vom  Chersoues  erwähnt,  müssen  sie 
«ach  dem  Frühling  341  gemacht  sein,  und  mit  dem 
Herbst  desselben  Jahres  waren  die  Thrakischen  Fürsten 
bereits  unterworfen.  Ferner  sagt  Demosthenes  ime^ 
Krrir.  §.  S7.  vom  Fhilippos:  fiov^oucvoc,  tj;;  aizo- 
rrtauxia;  y.üocoi  yevecrbai  Tiage^-^iov  tni  Ooax^g 
Bi'C,avTiovi  avuiiäxovi  övra^  avTM  to  ^ev  ttqujtov 
j'^lov  avuTTol.eueiv  rov  iiQui  vfuäg  tioXsuov,  w;  d' 
Ol/.  i']9cLov  ovS  e^t  roinoii  'icfaoav  xijv  avituaxlav 
Ti'Xoir.ffdac  }JyovT£c  uhijd^ij  xaoä/.u)ua  ßaköuevog 
....  irro).l6ijyei.  AVenn  jemals,  so  war  da  Gelegen- 
heit, dass  sich  die  Gesandten  des  Philippos  mit  Domosthe- 
iies  in  IJyzanz  begegneten,  und  eben  dieser  Weigerung 
der  Bvzantier  allein  konnte  der  Krieg,  der  im  Herbst 
.3-11  seinen  Anfang  nalim,  folgen.  Wir  haben  gesehen, 
dass  damals  uocli  nicht  sofort  eine  A'erbindnng  zwischen 
.Athen  und  Bvzauz  erfolgte,  wjiUl  aber  werden  die  Athe- 
ner dem  Chcrsones  Unterstützung  zugesendet  haben 
(Dem.  i'.Tfo  Krija.  §.  SO.  Toui  dTtocrvökovi  ifX dv- 
zai  drrecrrtif.a,  y.ad''  oi'c  Ätö^ovijffog  eouj'J)j  xdl 
JiuZ'/.vriov  y.ai  Ttdvrei  oi  Ti'iiitaXoi),  indem  sonst  nicht 
abzusehen  wäre,  warum  Philippos  nicht  nach  Bewaltignng 
von  Thrakien  von  Kardia  aus  den  Chcrsones  orcupirte; 
ihn  musste  eine  bedeutende  Streitmacht,  die  dort  vereinij>t 
war ,  hindern.  Vergebens  wurde  in  Athen  durch  Python 
nnd  die  Gesandtender  Verbündeten  des  Philippos  unterhan- 
delt (denn  hierher  ist  Demosth.  i'rcto  Krijcr.  §.  136.  zu 
zielicn);  mit  dem  nächsten  Frühjahr  340  erfolgten  die 
mehrfach  erwähnten  Kapereien  des  Philippos  [/.ut  ntv  Tljv 
lioi'-vrv  y  i/.iho;  tf  i'Oe  rä  7t).oiuKafJdjv  Dem.  vJieo 
Krrry.  %  73.),  endlich  die  Kriegserklärung  in  Folge 
jenes  Briefes  voll  Beschwerden,  den  Philorhoros  (apiid  Uion. 
ad  Am.  ll.)  erwähnt,  und  an  dessen  Stelle  der  gut  com- 
punirtc,  aber  nicht  authentische  Brief,  der  unter  ITenio- 
sthenes  Reden  steht,  auf  unsere  Zeit  gekommen  ist.  Auf 
Demostbenes  .Anfrag  wurde  die  Säule  des  Friedens  um- 
gestürzt, des  Friedens,  der,  nach  Dion^is.  a.  a.  O.  i,7  rafr»/ 
XO'i'ot  ,,vom  Archon  Theniisloklcs  bis  zum  Nikomacbos 
geilanert  hatte  und  unter  \ikomachos  Nachfolger  Thco- 
phrastos  aufgehoben  wurde."  Ist  diese  Angabc  nur  eini- 
germaassen  genau,  so  muss,  da  der  Frieile  des  Philo- 
kratcs  erst  gegen  Ende  des  Jahres  Thcmistokles  (Früh- 
ling 34t))   geschlossen   worden,  die  siebenjährige  Zeit  we-' 


nigstens  über  die  ersten  Monate  des  Jahres  Theophraston 
hinausreichen.  Demosthenes  §.  139-  sagt:  i-^etdn  (ra- 
veQoji  );(Si]  r«  -Kkotu  saeoi'Atjro  (Frühjahr  340)  Äe(j- 
^dvtjiTui  enoii&eiTO  ....  oi'xst'  ev  d/ucfiiTßijrijaiijo) 
TU  Tcgayiia-c'  jjv ,  dKX'  äeoTijxet  TTokeitoi  /..  r.  /.. ; 
also  die  Kriegserklärung  erfolgte  auch  nach  dem  Plün- 
derungszuge durch  den  Chcrsones,  und  den  fanden  wir 
oben  als  dem  Sommer  3-10  angehörend,  als  Philippos  von 
der  schon  zu  lange  währenden  Belagerung  v<m  B^zanz 
aufbrach,  um  dieselbe  Zeit,  als  er  sich  gegen  Perinthos 
wandte.  So  schejnt  Alles  dafür  zu  sprechen,  dass  die 
Kriegserklärung  Athens  etwa  mit  dem  Herbst  340  erfolgte. 
Plutarchos  (Phoc.  14)  sagt:  e-m,  b'e  ueydka  Ttti-  eKnloi 
■jreQivöojv  6  (pikmnioi  ei'g  '£).Xij.,7covtov  i^kde  fxeju 
TtoioijQ  Ti'S  övvafieu}^  (diess  ist  das  dva7iheL>aaq  de» 
Philochoros,  im  Sommer  340)  WC  Xs^^övijOüV  fr 
xavTut  xal  TIe()iv&ov  eiu)v  xal  BvCävriov ,  oj()- 
f.i>]uevu)v  Se'Ai^rjvaiv)v  ßui]deTv,  oi  /icv  ^r,Too£^  (ge- 
wiss Demosthenes  besonders,  der  stets  für  Chares  war) 
■iiyojvla-avTO  -rov  Xa.Qijic(.  azQarijyov  dnoorakijva/, 
xai  TrXei'crag  exsivog  oi'öep  ä^tov  -vt-i;  övvdfieuii 
tTTQaTTev ,  ovo'  ai  Tiokeii.  eSexovTo  xbv  otöXov  dkk' 
imonzoi  uiv  Ttaaiv  BTTkavuro  yQijfiaii^ouevoi  dno 
Tujv  avjiuuxuiv  xai  xaracpoovoi'iiavog  vtio  tojv  tto- 
keui'iov.  Diess  scheint  wohl  noch  in  den  Spätherbst  340 
zu  gehören,  während  die  darauf  erwähnte  Anssendnng 
des  Phokion  mit  dem  nächsten  Frühjahre  erfolgt  sein 
mag.    — 

(Fortsetzung    folgt  im  nächsten  Hefte.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Götlingen.  Am  4.  Juni  geschah  auf  hiesiger  Universität 
a\icli  in  diesem  Jahre,  wie  gewöhnlich,  Jie  Verthcilung  der 
Preise  an  die  Sludiienden.  Der  tlieolosischen  Facullät  waren 
keine  Schriften  iiherseben  ,  wcssh.ill)  die  Frage  fi'ir  das  kom- 
mende Jahr  wieder  auf^egclirn  wurde.  —  Um  den  Prcdigerpieis 
hatttn  sich  drei  beworben,  von  denen  jedoch  keine  des  vollen 
Preises  würdig  befunden,  jedoch  einer  derselben  der  drille 
Theil  zuerkannt  wurde,  üei  Eröffnung  iIcs  Zettels  fand  sich  der 
Nanip  Friedrich  Adolph  Bicweg  am  Harze.  —  Der  juristischen 
Facullät  w.iren  zwei  Schriften  übergeben,  zwischen  denen  der 
Preis  gleich  vertheilt  wurde.  Die  Verfasser  sind  Wilhelm  Ste- 
phan aus  ßiscbhauscn  und  Heinrich  Wilhelm  Kaulen  aiu 
Meppen.  Der  niedlcinischen  Facultat  war  zwar  nur  eine  Schrift 
eingereicht  worden  ,  ilie  aber  auch  ohne  Mitbewerber  des  Pr(  i- 
ses  einstimmig  für  würdig  gehalten  wurde.  Ihr  Verfasser  ist 
Georg  Warnekc  aus  Neustadt.  Der  philosophischen  Facullät 
wurde  auch  nur  eine  Schrift  übergeben,  die  jedoch  des  Preises 
nicht  würdig  befunden  wurde. 

Berlin.  Die  Zahl  der  Studirenden  auf  der  Universität 
dahior  von  Michaelis  18.^6  bis  Ostern  1839  betrug  1670  ;  da- 
von sind  abgegangen  508;  verblieben  1204.  Zu  Ostern  sind 
hinzugekommen  425;  also  zahlt  sie  in  diesem  Semester  1629 
Immalrikulirle ,  und  zwar  in  der  thcologischrn  Facullät  4'J5 
(338  Inländer  und  87  Ausländer);  in  der  juristischen  460  (341 
Inländer  und  119  Ausländer);  in  der  niedicinisclien  362  (2bJ 
Inländer  und  100  Auslamler)  ;  in  der  philosophischen  357  (234 
Inländer  und  103  Auslander).  —  Dazu  kommen  noch  Nichtim- 
raalrikulirte  399. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terthums  Wissenschaft. 


Mittwochs  31.  JuU 


1839. 


Nr.  91. 


Erinnerungen  an  Griechenlanil.  Von  K.  Schiinwillder, 
Oberlehrer  am  K.önigl.  Gymnasium  zu  Brieg.  Brieg, 
Verlag  von   Carl  Sch.varz.      1838.      270  S.   in  8. 

Dass  Herr  Schönwähler  in  seinen  Erinnerungen  an 
Griechenland  den  Frcunilen  des  41terthuins  und  des  Hel- 
lenischen Volks,  der  alten  und  der  neuen  Hellenen, 
eine  liebe  und  «illkommene  Gabe  geboten  hat,  braucht 
ihm  hier  nicht  erst  versichert  zu  werden ,  es  ist  diess 
das  einstimmige  Urtheil  derer,  die  über  sein  Buch  sich 
ausgesprochen  haben.  Ebenso  wenig  kann  es  auf  eine 
eigentliche  Kritik  seines  Buches  hier  abgesehen  sein,  ein 
gesunder  ruhiger  Beobachter,  lässt  sich  der  Verfasser  auf 
schHankemie  Meinungen,  gelehrte  Diatriben  venig  ein, 
er  erzählt,  was  er  sah,  und  nur  hier  und  da  knüpfen 
sich  Gefühle  und  Reflexionen,  meist  die  natürlichsten 
und  einfachsten,  die  nur  ein  splitterrichtender  Krittler  iu 
bemäkeln  und  zu  bemängeln  sich  aufgelegt  fühlen  könnte, 
an  das  Erzählte  an.  Nun  könnte  freilich  eben  die 
Beobachtungsgabe  des  Verfassers  zum  Gegenstände  einer 
prüfenden  Untersuchung  gemacht  werden,  und  namentlich 
da,  wo  er  neue  Resultate  durch  genauere  Beobachtung 
gewonnen  zu  haben  glaubt,  scheint  diess  Geschäft  der 
Prüfung  der  Kritiker  seines  Buches  gar  nicht  von  sich 
abweisen  zu  können.  Dessenungeachtet  wird  von  mir 
diese  Prüfung  hier  nicht  vorgenommen  werden.  Soviel 
ich  sehe,  gehört  das  Neue  in  den  AVahrnehmungen  des 
l'erfassers  lediglich  dem  topographischen  Gebiete  an  , 
hier  möge  nun  der  Reisende  des  Reisenden  Wahrneh- 
mungen bestätigen  oder  berichtigen,  und  sicher  wird  auch 
eine  solche  Prüfung  jetzt,  wo  Hellas  klassischer  Boden 
dem  Deutschen  zugänglicher  geworden,  nicht  lange  aus- 
bleiben,' mir  aber  sei  hier  nur  ein  kurzes  Gespräch  mit 
«lem  Verfasser  vergönnt,  ein  Gespräch  vor  Zeugen,  die 
uns  vielleicht  auch  in  das  Interesse  mit  hineinzuziehen 
gelingen  wird.  Es  betreffe  diess  Gespräch  die  Ideen, 
die  der  Verfasser,  angeregt  durch  die  Anschaunng  der 
Tempel  Atliens,  über  Religion  und  Kunst  der  Alten  und 
ihr  Verhältniss  zur  christlichen  Kunst  und  Religion  frei- 
lich nur  kurz  und  mehr  andeutend  als  ausführend,  aber 
doch  mit  einer  gewissen  Sicherheit,  ausspricht;  mit  die- 
sen nämlich  habe  ich  mich  nicht  recht  befreunden  kön- 
nen, und  die  Klarheit,  die  sonst  der  Darstellung  des  Ver- 
fassers eigen  ist,  scheint  hier  mehr,  als  es  auch  der 
flüchtigsten  Behandlung  so  wichtiger  Punkte  erlaubt  sein 
uiüchte ,    vermisst  zu   werden.      Gelänge  e»    mir  nun  hier 


Manches  schärfer  zu  fassen,  genauer  zu  bestimmen,  als 
es  im  vorliegenden  Buche  sich  bestimmt  findet,  so  werden 
von  einer  solchen  Ergänzung  desselben,  —  und  warum 
sollte  eine  kritische  Anzeige  nicht  auch  diess  sein  wol- 
le,,'; —  die  Leser  dieser  Blätter  wenigstens,  glaube  ich, 
die  von  Anschauungen  und  vereinzelten  Begriffen 'in  be- 
sonnenem Fortschreiten  zu  Ideen  sich  zu  erheben  auch 
als  die  Aufgabe  der  Alterthumswissenschaft  betrachten, 
nicht  wie  von  etwas  Ungehörigem  und  Ueberflüssigem  sich 
abwenden.  Zunächst  nun  finden  wir  auf  der  72.  Seite 
die  christliche  und  die  antike  Kunst  folgendermaasscn 
einander  gegenübergestellt.  „Die  christliche  Kunst", 
heisst  es,  „hat  auch  mit  Architektur  in  Basiliken  und 
Domen  angefangen,  aber  ihr  tieferer  Gehalt  hat  sich  eine 
entsprechendere  Form  in  der  Malerei  gesucht.  Wenn  in 
den  heidnischen  Tempeln  nur  die  Aussenseitcn  prangen, 
in  den  Statuen  das  Leben  nur  auf  der  Oberfläche  ange- 
haucht ist,  so  enthalten  die  christlichen  Kirchen  dagegen 
bei  weniger  heiterem  Aensscrn  eine  ergreifende  Tiefe 
dos  Gefühls  und  die  Gemälde  lassen  durch  den  Strahl 
des  Auges,  den  Zug  des  Mundes,  die  Farbe  der  Wan- 
gen in  die  Seele  sehen."  Hier  möchte  nun  zuerst  der 
Verfasser  daran  zu  erinnern  sein,  dass  auch  die  inneren 
Wänile  der  griechischen  Tempel  ursprünglich  keineswegs 
so  nackt  und  kahl  ilem  Blicke  entgegenstarrten,  wie 
diess  jetzt  der  Fall  sein  mag,  dass  auch  das  Alterthum 
der  Malerei  zur  äusseren  und  inneren  Verzierung  seiner 
Heiligthümer  sich  zu  bedienen  keineswegs  verschmäht  *), 
wie  ja  selbst  die  Meinung  von  der  gänzlichen  Farblosig- 
keit  der  Statuen  der  antiken  Kunst  und  die  darauf  ge- 
gründeten Theorieen  **)  nach  neueren  Entdeckungen  haben 
aufgegeben  werden  müssen ;  aber  abgesehen  auch  hier- 
von,  widerlegen  nicht  die  Behauptung,  dass  in  den  heid- 
nischen Tempeln  nur  die  Aussenseite  geprangt  habe, 
schon  eben  jene  Götterbilder,  die  in  dem  Inneren  der 
Tempel,  die  ausserdem  in  der  Regel  auch  noch  innere 
Säulenreihen  schmückten,  zum  Theil  hinter  prächtigen 
gewebten  Vorhängen  thronten,  eine  Athene,  ein  Zeuf 
des  Phidias,  Werke  der  erhabensten  Kunst,  die  aber 
keineswegs  bloss  zu  künstlerischer,  sondern  nach  ^len 
sichersten  Zengnissen    der    Alten    selbst    auch    zu    echter 


•1  Vergl     unter  Andern  Westcrmann   in  der  Reo.   von  Pau«. 
ed.   Scluibart  et  Walz,  in  den  Jahrb.  I".  Philol.   u.   Pädag. 
Bd.  25.  H.   t. 
*•)  Wie  die  Solgcr»  im  Erwin  Tb.  2.  S.   103  «•  dcrgl. 


723 


724 


religiöser  Anilacht    die  gläubig    ihnen  Nahenden   erweck- 
ten  und  stimmten   *)?     Freilich,    wenn    es   wirklich   sich 
ganz  so   verhielte,   wie  Hr.  S.   meint,   dass    in  den  AVerken 
der  Skulptur    das   Leben    nnr    auf   der    Oberfläche    ange- 
haucht «arc,  so  mochten  »lir  wolil  jene  Zeugnisse   Lügen 
zu    strafen     und    in    einer    ganz    obcrfladilichcu   Erregung 
nnd   Rührung,     in   einer   recht   kiililen   Stimmung  die   An- 
dächtigen  des   Alferthums    bei   dem    Besuche    der   Tempel 
uns   zu    denken    uns    versucht   fühlen.      Aber   es   ist  leicht 
zu   zeigen,    dass  diess   in   der   Tthat  nicht   ganz    das  Ver- 
Laltniss   ist,    in,  dem   beide   Künste    wirklich   zu   einander 
stehen,  dass  die  cigenthümliche  3Iacht  der  bildenden  Kunst 
namentlich     der    Verf.    nicht    erkannt    hat.        Was     meint 
JIr.   S.   damit ,    wenn    er  sagt :    ,,in    den    Statuen    sei   das 
Leben   nur  auf  der  Oberfläche   angehaucht"?   Kaum   kann 
man   unter   Leben,   wenn   Kichts   zur   Erklärung   beigefügt 
ist,    etwas    Anderes,     als    die    äussere    Lebendigkeit    ver- 
stehen,   nur    einen   oberflächlichen   Schein    der   Lebendig- 
keit vermochte   danach   die   bildende   Kunst    zu   erreichen, 
liidess  iler   Gegensatz   ,,nur  die  3Ialerei    lasse   in   die  Seele 
sehen"    scheint    freilich    zu    einem    anderen    Versfändniss 
zu   führen.      Danach   nämlich   ist   es   Mangel   an   Seele,    an 
innerem  geistigen  Leben,  so  scheint  es,  den  Werken  der  Ver. 
der    Lullenden    Kunst    vorwirft.        Auch    dann    aber    kann 
man  die  Wahrheit  seiner   Worte,   ohne  durch  genauere  Be- 
stimmungen  die   Behauptung,   die    in    ihnen   liegt,    wesent- 
lich  zu   modificiren  ,    ilurchaus    nicht    zugeben,    und    eine 
sorgfältigere  Betrachtung    beider   Künste    erscheint  sonach 
jedenfalls    nothwendig,    um    über    ihr   Verhälfniss   gegen- 
einander,   das    überhaupt    noch    wenig    behandelt    Morden 
ist,     ganz    iu's    Klare     zu     kommen.       Natürlich     machen 
übrigens    die    hier     mitgetlieilten    Bemerkungen    auf    das 
Lob   erschöpfender  Vollständigkeit  auch    keinen  Anspruch, 
?chou   der   Ort,     wo    sie    erscheinen,    hindert   diess.      Die 
cinilringendste    und    tiefsinnigste    Behandlung    des   Gegen- 
standes  ist    ohne   Zweifel   die   Hegel'sche,    s.   dessen   Vor- 
lesungen  über   die   Aesthetik,     herausgegeben   von   Ilotho, 
Bd.   3,   y — Ifi,   mit   der  die   hier   gegebenen  Andeutungen 
in    mehreren    Hauptpunkten     übereinstimmen,     ohne     da- 
her entnommen    zu    sein.       Beide   Künste    nun   haben    das 
mit   cinaniler   gemein,     dass   sie   nur   die   Gestalt,   nur   den 
äusseren   Uniriss    des   Körpers,    nicht    den   Körper    selbst, 
dessen     innere     Organisation  ,     zur     Anschauung     bringen 
noilen.      Warum?    Weil    nur    die   Gestalt    bedeutsam    ist, 
Geist    und    Seele     nur     in     ihr   unmittelbar  sich    ausspricht. 
In  sofern   sind   beule,    wie   alle   Kunst   überhaupt,    ideell, 
Vergeistigung   des   Materiellen,    nicht  das   Sinnliche,     die 
Materie   an   sich,   nur   das   Geistige,   das    in   ihren   Formen 
sich   ausspricht,    hat  Bedeutung   für    sie,    eben   ilurc  h   die 
Erhebung    alles    Sinnlichen     zum    Geistigen     erheben    sie 
sich   selbst   über  gemeine  Natnrnachahmung.      AVer   wollte 
langnen ,   dass   die   bildende   Kunst  diess   vermöge?     Ist   im 
Laokoon   nicht   wirklich    der   ganze   Körper   Geist,    Seele, 
vom    schmerzlich    eingezogenen    Unterleib     an     bis   auf  das 
hohe,   auch  im  dreifachen  Todeskampfe  noch  ni.ijrstatisclio 
Haupt?      Aber   was   ist   der   Geist?    nur    Gedanke?      Dann 


S.  meine  Gesch.  iK'r  Tbeoric  ilcr  Kunst  bei  den  Alten, 
Th.  2,  S.  2H5  und  Boltii;cr  Andeutungen  zu  Voitragen 
übt:r  Archäologie  S.  08  und  101. 


möchte   die   Kunst    wenigstens   diese,    die    durch    ruhende 
Alittel   wirkt,    die   selbst  den  sinnlichsten   der  Sinne,    den 
Tastginn,     zur    Theiluahme    an     dem    Genüsse,     den    sie 
darbietet,    einzuladen    sich    nicht    scheut,    wohl    nur    ein 
sehr   schoaches   und   ungenügendes   Organ   zur  Darstellung 
geistigen    Lebens   genannt   werden   und    nur   etwa   die   den- 
kende  Stirn,   das   kluge   Auge,   der   Ausdruck  des  Gesicht« 
überhaupt    als    eine    sinnliche    Oil'enljarung    desselben   be- 
trachtet  werilen   können ,    die   auch   bloss   in   ihren   Umris- 
sen   nachgebildet,    ohne    den   Reiz    der    Farben    und    die 
Rundung   der  Form,  schon   mit   genügender  Klarheit  ihre 
Bedeutung  aussprechen    würden.    Doch   der  Geist  ist  mehr, 
nicht   bloss   diess   zurückgezogene   und   von   der  SinnenwcU 
unantastbare,   immer  als   ein   Fremdes   sich  ihr  gegenüber- 
stellende  Seelenleben,   er   ist  auch  Wille   unil   That,   wirkt 
auf  die   Sinnenwelt,    er   ist  Emplindung    und   .Seele,    lässt 
die   Sinnenuelt  auf  sich   wirken.      Er   ist  Wille   und  That, 
eine   wirkende   Kraft,    Veränderungen    auch    in   der  Kör- 
perwelt    hervorzubringen    bestimmt;    diess    aber    kann    er 
unseres   Wissens    nnr,    insoweit    er    selbst  Körper,    selbst 
blasse    wirtl,    da    nur    Masse    nnmittelbar    auf  Masse    be- 
wegend  cintvirken   zu  können  scheint.    Diess   ist   es,   wess- 
halb    die    bildende    Kunst    nicht    zwar   >*irkliche   Körper, 
aber    doch   Formen    mit  dem   .Scheine    der  .  Körperlichkeit 
schafTt,     die    Energie,     die    Thatkraft    des   Geistes,     wo- 
durch  er    eine   31acht  auch   im   Reiche   der   Körper    wird, 
konnte   nur  so   zur   Anschauung   gebracht   werden.      AVelie 
aber   der   Kunst,    wenn    dieser   Schein   der   Körperlichkeit 
ihr  zum   Zwecke    an  sich   wird,    wehe   der  Kunst,    wenn 
sie   bei   dem  Bestreben,  die  3Iacht  des   Geisfes  auch   über 
die   Welt  der  Körper   zu   zeigen,   die  Mittelstufen,   die  der 
Gedanke    betreten    mnss ,    um    zur     Wirkung    auf  Körper 
befähigt   zu   «erden,    die    Acte   innerer  Selbstbestimmung, 
die    innere   That,    die    der    äusseren    vorausgeht    und    ihr 
erst  Sinn   und   Bedeutung   verleiht,   die   Stürme   der   Seele, 
welche   die   stürmende   Bewegung    des   Körpers    zur  Folge 
haben,   vorbereiten    un<l   erklären,   mit  in  den   Kreis   ihrer 
nachahmenden    Thätigkeit    hineinzuzielien    vernachlässigt. 
Eine   solche    träge     und   geistlose   Kunst    macht  ihres   Na- 
mens  sich   gänzlich   unwürdig,    nur    ganz    äusserliche  Be- 
dürfnisse   wird    sie    noch    zu    befriedigen   vermögen,    nur 
dem    rohesteu     Geschmack    und    dem    verdorbenen    Sinne 
etwa   als  Kitzel   der   gröbsten  Sinnlichkeit  gefallen  können. 
Welche   Seite   aber   des   geistigen   Lebens   ist   es   nun,    die 
hiernach    diese   Kunst    vornehmlich   wird    zur   Ansrhanung 
zu   bringen   haben?   OITenbar   eben   die,   durch   welche   der 
Geist   den   Körper   zu   einer   3Iacht  in    der   Siuncnwelt  er- 
hebt,  das   ist  das,   was   die  Seele   zur  That   drängt,   Wille, 
Aflect,   Leidenschaft,   weit  weniger   die  sanfteren,  stilleren, 
mehr   nach    Innen   sich    zurückziehenden,    als   nach    Aussen 
drängenden    Regungen     der    Seele,     in    denen     der    Geist 
mehr    leidend   oder    nur    in  sich    thäfig,   als   nach   Aussen 
hin    wirkend    und    strebend    sich    darstellt.      Ganz  anders 
die    zweite    der  <lurch  ruhende  Mittel  darstellenden  Künste, 
die    Malerei.      Nicht    als    Masse    tritt    uns    hier   der   Körper 
entgegen,    selbslsländig    löst    sich   der    Umriss  ab  von   der 
Gestalt,   an   der   er   haftet,   mehr   dem   Träumen   <ler  Phan- 
tasie,   als    den    festen   Gestalten    der   Wirklichkeit    sehen 
sie   gleich,    jene   aus   Licht    und   Schatten   zart  gewobenen 
Gebilde,  die  in  leichtem  spielenden  Leben  hier  uns  um- 


725 

ganltelii,  bal.l  mehr,  bal.l  ininiler  nns  Kßrpern  ahnlirli 
erscheinen,  je  nachdem  «ir  mehr  ihnen  nahen  o.lor  mehr 
img  entfernen,  eben  «lamit  aber  aller  Kürperliehkeit  al» 
blossen  Scheines  und  Sinnentruges  nur  «imHen ;  als  ge- 
waltige, umHälzcmie  fliacht  in  <lcr  Kiirperuelt  zu  wirken, 
wer  möchte  es  ihnen,  den  IJildern  des  Scheines,  zu- 
trauen? Und  doch  stehen  sie  uns  iiiihcr ,  laden  zu  süs- 
serer Vertrauliclikeit  ein,  als  jene  l.lick  -  und  farblosen 
Statuen,  die  ihre  Postamente  »volil  icrlassen  und  hindurch- 
ichreitcu  könnten  durch  das  Gotiinimel  des  um  sie  sich 
be«egendcn  Volkes,  aber  dicht  neben  uns  gestellt  in 
aller  Fiille  der  Körperlichkeit  blieben  sie  uns  doch  fern 
und  fremd,  denn  nur  «o  Blut  durdi  die  Adern  rinnt, 
die  AVangeu  durchströmt,  wo  die  Seele  im  Auge  sich 
malt,  begriisst  uns  ein  dem  unseren  innerlichst  lerwand- 
tes,  auch  für  Freude  und  Schmerz  empfängliches  Dasein. 
(Noch  weiter  dehnt  die  Isolirtheit  und  Abgeschlossen- 
heit der  blicklosen  Statue  Solger  aus,  indem  er  sogar 
alle  Verbindung  mehrerer  Personen  unter  einander  die  bil- 
dende Kunst,  wenigstens  die,  welche  Bildwerke  mit  voll- 
kommener Rundung  schafft,  meiden  lieisst,  s.  Erwin 
Th.  '2,  S.  U)4,  aber  diese  Norm  lässt  sich  ans  dem  Ver- 
fahren der  Alten  wenigstens  —  man  denke  an  die  Sta- 
tuengruppen der  Giebelfelder  ihrer  Tempel  —  durchaus 
nicht  entiiehnien).  Die  Statue  nun  kann  zwar  durch  die 
Züge  des  Gesichts,  ilurch  Haltung  und  Gebehrde  die 
Vorstellung  tiefer  Enipiindung  in  uns  erregen  ,  aber  von 
deren  Wirklichkeit  uns  zu  überzeugen  vermag  sie  an 
sich  selbst  wenigstens  nicht,  so  wenig  wie  der  Leich- 
nam, der,  bleich  und  starr,  das  Auge  geschlossen,  die 
niiene  und  den  Ausdruck  des  Lebenden  in  den  fllomen- 
ten  des  Sterbens  noch  lange  bewahrt.  Gerade  ebenso 
also  verhält  sich  die  bildende  Kunst  zur  Ulalerei  in  Be- 
trefl  der  Fähigkeit  als  Seele,  als  Empfindung  den  Geist, 
der  durch  den  Korper  zu  uns  spricht,  zur  Anschauung 
zu  bringen,  wie  diese  zu  jener  als  die  Thatkraft  des 
Geistes  offenbarende  Kunst;  eine  Vorstellung  nämlich 
von  der  Thatkraft  des  Geistes,  wie  sie  unmittelbar  am 
eigenen  Körper  oder  mittels  de»  Körpers  auch  nach 
Aussen  wirkend  sich  zeigt,  kann  allerdings  auch  die 
Malerei  erwecken  ,  aber  in  lebendiger  Naclialiniuiig  uns 
wirklich  vor  Augen  zu  stellen,  kämpfende  Alliletcu,  den 
mit  den  Schlangen  ringenden  Laokoon,  das  vermag  sie 
ebenso  wenig,  wie  den  täuschenden  Schein  zart  einpfin- 
«Icnden  Lebens  zu  erzeugen,  die  bildende  Kunst.  Wo- 
lter nun  das  unbestreitbare  Uebergew  iclit  der  bildenden 
Kunst  über  die  Malerei  vornelimlich  im  Kultus  in  <ten 
besten  Zeiten  des  griechischen  Alferthums,  das  Ueber- 
gcwicht  dieser  über  jene  in  der  christlichen  Kirche? 
Worin  besteht  das  Antliropomorphische,  Antropopathische 
in  der  Religion  des  AKertliums  ?  Nicht  darin,  dass  sie 
die  Götter  Freude  und  Leid,  zumal  geistige  Freude  und 
geistiges  Leid  ,  die  meist  aus  demselben  Quell  bei  dem 
3ienschcn  hervorsprudeln  und  eins  durch  das  andere  be- 
dingt sind,  mit  den  Menschen  theilend  sich  dachten,  — 
nur  seltenere  Mvtlien  deuten  auf  solche  ^'orstellungen,  denn 
es  sind  ja  die  seligen,  die  leicht  dahinlebenden  Götter, 
von  denen  die  Dichter  singen,  —  aber  innerlich  den 
Sterblichen  fremd  ,  wandeln,  wirken  und  handeln  sie 
doch  mitten  unter  ihnen ,    auch    mit  ihnen    zu  schmausen 


726 

verschmähen  sie  nicht,  ja  zuweilen  werden  sie  allerdings 
auch  in  die  Leiden  der  Sterblichen  mit  hineingerissen, 
aber  meist  nur  flüchtige  Augenblicke  dauert  der  Schmerz, 
denn  schnell  vcrgisst  im  Schosse  der  Mutter  die  von  der 
Lanze  des  Diomedes  nur  geritzte  Venus  den  leichten 
Schmerz,  und  Ares,  der  verwundet  schrie,  wie  l(l,()()0, 
sitzt  im  nächsten  IMoiiiente  schon  wieder  geheilt  von  Paieon 
seines  nie  zu  benerkenden  Kuliines  sich  freuend  bei  den 
Olympiern.  Blutlos,  von  leiclit  daliinrieselndeii  Säften 
die  Adern  erfüllt,  wissen  die  Götter  auch  von  den  tiefe- 
ren Enipfindiiiigeii,  den  schwereren  Leiden  der  Sterblichen 
wenig,  und  auf  die  herbe  Zankscene  zwischen  Zeus  und 
Ilere  folgt  unmiltelbar  das  unauslöschliche  Gelächter  der 
Götter  über  den  gutmütliigen  Friedensstifter  llepliästos  , 
in  das  ancli  sie,  ilie  eben  noch  so  gewaltig  Ergrimmten, 
schnell  besänftigt  einstiinmen.  Nun  stehen  freilich  die 
Götterbilder  der  Kunst  eines  Pliidias,  eines  Pi]|_\klet 
in  der  That  höher,  als  die  des  Homer,  der  Idee  des 
Götter-  und  Menschenvaters  näherte  sich  des  Künstlers 
Olympischer  Zeus  offenbar  weit  mehr,  als  der  iles  Dich- 
ters,  auch  fehlte,  wie  schon  früher  angedeutet,  der  Reiz 
der  Farbe  den  hehren  Gestalten,  welche  diese  Künstler 
schufen,  keineswegs  ganz,  und  mildere,  traulichere  Ge- 
fühle mochten  allerdings  noch  im  freundlichen  Lichte  der 
wechselnden  Farben  strahlend  die  Werke  der  alten  Kunst 
erwecken,  als  jetzt  bei  uns;  aber  fllarht ,  Ilolieit  und 
Siegesgewalt  waren  doch  immer  in  den  besten  Zeiten  der 
Kunst  die  Hauptideen,  ilie  durch  erhabene  Götterbilder 
zur  Anschauniig  gebracht  werden  sollten,  und  die  tiefsten, 
die  innigsten  Empfitiduiigen  der  Seele,  die  nur  der  Blick 
des  Auges  verräth  ,  fanden  in  ihnen,  den  äugen-  oder 
auch  bei  eingesetzten  Augensternen,  *)  doch  blicklosen, 
keinen  Ausdruck.  Um  ihrer  Macht  und  Hoheit,  ihrer 
Würde  und  Majestät,  ihrer  plnsisclien  und  geistigen 
Vollkommenheiten  willen  und  als  Geber  des  Guten  icr- 
clirte  der  fromme  Grieche  seine  Götter  und  in  sofern 
konnte  er  mit  wahrer  Andacht,  mit  der  Andacht  Stau- 
nen, der  Bewunderung  gerührter  Dankbarkeit,  ihren 
Bildern  nahen;  zu  sittlichen  Idealen  aber  b. biete  er  sich 
sie  nie  auch  nur  mit  einiger  Bestimmtheit  aus  und  in  das 
Herz  der  Gottheit  wagte  er  keinen  ,  oder  nur  hier  und 
da  einen  verstohlenen  Blick.  Das  Herz  Gottes  hat  erst 
das  Christenthum  den  Menschen  enthüllt  und  in  Christo 
schlug  ein  göttlichmenschliches  Herz.  Darum  ist  die 
Sciilpfur  die  vorherrschend  heidnische,  die  Malerei  die 
vorherrschend  christliche  Kunst.  Jene  die  heidnische, 
weil  sie  den  Körper  als  Masse  zur  Aiisclianung  bringt, 
denn  auch  wo  ruhende,  in  keiner  äusseren  Thätigkeit 
begriffene,  keinen  Affect  verrathende  Götlergestalten  zu 
bilden  sind,  ist  es  doch  immer  die  Macht  der  Gottheit, 
ihre  Macht  über  ilie  Natur,  die  gesammte  sinnliche  AVeit, 
die  der  heidnische  Glaube  vor  Allem  offenbart  wissen 
will,  von  Macht  und  Gewalt  aber  vermag  nun  einmal 
von  den  im  Räume  darstellenden  31itteln  nur  die  gedie- 
gene Masse  zum  Körper  geformt,  eine  lebendige  Vurstel- 
Inn"  zu  erwecken;  ferner  ist  es  hier,  wo  feste,  enlschie- 
den  dem  Gesetze  der  Schwere  gehorchende  Massen  hin- 
gestellt werden,  natürlich  die  Erde,  die  als  die  wahre 
*)  Vgl.  Bölticer  Andeulimsen  zu  \orliagen  iibcr  Uic  .Archäo- 
logie S,  87. 


727  728 

Heimaih  der  Götter  und  der  Menschen  gilt,  wieder  eine  Kirchen.  Das  »ahre  Vorhältniss  ist  also  dipss,  dass  die 
cchtgriechisclie  Vorstelliiiig;  diese  die  christlidie  ,  weil  niateriali»(ische  Vorstellung  der  vorchristlichen  Zeit,  dass 
nur  sie  durch  das  3Iediuni  des  Lichts  das  innere  verhör-  Gott  an  hestininiten  Orten  im  Rannie  wohne,  der  reineren, 
gcno  Leuchten  der  Seele  selbst  in  seinem  Wieilerer-  dass  er  als  Geist  nur  Geistern  wahrhaft  gegenwärtig  sei, 
S(  heinen  im  Lichtstrahle  des  Auges  sinnlich  darzustellen  diesen  aher  überall,  wenn  sie  nur  achten  auf  das  Wehen 
»ermag,  eben  diess  aber  das  Erschliessen  der  Tiefen  seines  Hauches,  in  Folge  der  OlFenbarnngen,  die  uns  "-e- 
jcnes  giittiiclimenschlirhen  Eini>lindens,  die  hOchste  Aufgabe  worden,  hat  weichen  müssen.  Aber  anderseits  hat  doch 
für  die  christliche  Kunst  ist,  »eil  ferner  nur  sie  ilie  auch  dem  Heldcnthume  Hr.  S.  sein  Recht  zu  wenig  an- 
Körperlichlieit  nicht  als  Walirheit,  sondern  nur  aN  einen  gedeihen  lassen.  Diese  finstere  üngeselligkeit  der  Götter, 
trügenden,  vergänglichen  Schein  behandelt,  weil  durch  die  er  ferner  noch  mit  den  ^Vorten  bezeichnet  „hier 
tauschende  Darstellung  fliegender,  schwebender,  den  Grä-  steckt  der  Gott  allein  in  der  finsteren  Cella,  unbencidens- 
bern  entsteigender,  himuielaristrcbeniler  (iestalten  iler  For-  werth  ,  da  er  in  seiner  Herrlichkeit  allein  ist;  draussen 
derung  des  Cliristenthums,  das  nicht  die  Erde,  sondern  beim  Volk  unter  den  I\larmorhallen  und  ilem  blauen  Hirn- 
den  Himmel  als  ilie  wahre  Heimath  des  3Iensc!ien  ange-  mclsgewölbe  ist  es  weit  ergötzlicher  und  heiterer",  ist 
sehen  wissen  will  und  diesen  Glauben  zu  erwecken  ,  zu  mehr  eine  Phantasie  des  Verfs.,  als  wirklich  im  Glauben 
beleben  und  zu  stärken  auch  von  der  Kunst  verlangt,  der  heidnischen  Welt  begrünilet.  Freilich  ist  die  Cella  in 
sie  allein  vollkommen  Genüge  zu  leisten  vermag.  Doch  den  Tempeln  der  Alten  meist  verhAltnissmässig  klein,  aber 
genug  und  vielleicht  schon  zu  viel  über  eine  flüchtige  dass  nur  die  Priester  hier  Zutritt  gehabt  hätten,  nicht 
AeDsserung  des  Verfs.,  mit  der  ich  mich,  wie  schon  ge-  das  Volk,  gilt  nur  von  einzelnen  Tempeln,  keineswegs 
sagt,  nicht  einmal  in  olTcnbarem  Widerspruche  befinde,  durchweg,  wie  schon  der  Gebrauch  des  Küssens  der  Göt- 
die  nur  durch  ihre  Unbestimmtheit  zu  genauerer  Erwä-  terbildcr  dem  Verf.  genügend  zeigen  konnte.  Auch  trug 
gung  des  Gegenstandes  reizte.  Ganz  ähnlich  aber  ver-  man  ja  die  Götterbilder  —  die,  welche  in  den  Tempeln 
halt  es  sich  mit  einer  anderen,  nahe  ^'erwandtes  beruh-  hausten,  was  ja  auch  keineswegs  bei  allen  der  Fall  war,  — 
renden  Aeusserung  des  Verfs.  auf  der  64.  Seite.  Auch  oft  genug  aus  ihrer  Cella  heraus,  die  alten  Holzbilder 
hier  kann  ich  dem  Reize  einer  schärferen  Beleuchtung  wenigstens,  sie  zu  baden,  zu  kleiden,  zu  putzen;  so  ana- 
iles  von  ihm  nur  mit  flürlitigem  Auge  üeberblickteii  nicht  chorctisch  also,  wie  es  sich  Hr.  S.  zu  denken  scheint, 
« iil^rstehen.  ,.^^  ie  klein  sind  diese  Hciligthümer  im  Ver-  war  ihr  Leben  doch  wohl  nicht.  Und  mit  der  Dunkel- 
gleiche zu  unseren  Kirchen,  ruft  Hr.  S.  beim  Anblicke  heit  der  Cella  mochte  es  hei  Hvpäthren,  zumal  mit  ge- 
des  Theseums  (das  übrigens  nicht  bei  I3  Säulen  Länge,  öffneter  Thüre,  doch  auch  nicht  so  viel  anf  sich  haben. 
7  Säulen  Breite,  sondern  nur  (i  hat  und  haben  kann)  Diess  31itleiil  mit  den  heidnischen  Göttern  ihrer  Absper- 
iiicht  eben  sehr  begeistert  für  die  Herrlichkeit  griechi-  rung  von  dem  lebendigen  Verkehr  der  Menschen  wegen 
scher  Kunst  aus,  und  es  sind  Wohnungen  nur  für  die  erscheint  daher  ziemlich  tibel  angebracht ;  oder  sollen  wir 
Götter,  zu  denen  nur  der  Priester  hingeht,  ilas  ^'olk  uns  am  Ende  gar  die  Athene  im  Parthenon  mit  neidischen 
bleibt  aussen  unter  freiem  Himmel.  Im  Christenthum  Blicken  hinaufschielend  denken  zu  den  Göttern  am  Friese 
ist  die  Religion  innerlich  ge»vordeii  und  Gott  hat  die  desselben,  die,  während  sie  einsam  im  verschlossenen 
Gemeinde  zu  sich  hinein  in  den  Tempel  genommen  und  Tempel  prangt,  nachlassig  bequem  unter  den  Massen  ihrer 
sich  ihr  oflenbart,  lügt  er  erklärend,  diese  Beschränktheit  Verehrer  sitzend  ,  den  Geuuss  des  Anschauens  der 
des  Raumes  motivireiid,  hinzu.  Aber  es  ist  eine  schiefe  Festlust  ,  die  sie,  die  Schutzgöttin  der  Stadt,  zu  ehren 
Ansicht,  <|pn  Gott  der  Clirislen  auf  gleiche  AVeise  in  der  bestimmt  ist,  für  sich  in  Beschlag  nehmen  1  Nicht  in  die- 
Kirche  (nicht  <iem  Temjiel,  solche  kennt  das  Christen-  sein  Sinne  also,  sundern  nur  in  dem  tieferen,  auf  den 
thum  nicht)  sich  wohnend  zu  denken,  wie  die  Grierheu  ich  früher  hindeutete,  weil  die  tieferen  Seelenschmerzen 
in  ihren  Tempeln,  wie  schon  der  jVame  derselben,  laö^,  und  damit  auch  überhaupt  alle  tiefere  Empfindungen  der 
bczenn^t,  ihre  Götter  wohnend  sich  dachten.  Die  christ-  Sterblichen  ihnen  fremd  sind,  können  die  Götter  der 
liehen  Kirchen  siiiil  Versanimlungsliäuser  der  Gemeinden,  Alten  einsam  und  unbencidenswerth  genannt  werden. 
Wichts  weiter,  nicht  Gott  hat  hier  die  Gemeinde  in  sein  Doch  nun  genug.  Nur  noch  hinweisen  will  ich  auf  die 
Haus  genominen,  sondern  in  seinem  Herzen  bringt  ein  Abschnitte  S.  47  —  H'2-,  «lie  Beschreibung  Athens,  227  — 
jeder  göttliches  Leben  mit  in  ilas  an  sich  wohl  auf  Gott  232  über  die  Elemente  der  Bevölkerung  des  jetzigen 
deutende,  aber  nicht  UoH  in  sich  schliesscnde  Haus,  und  Griechenlands,  wo  mit  guten  Gründen  deren  inniger  Zu- 
iiur  mächtiger  entzündet  sich  die  Andacht,  kräftiger  wir-  gammeiihang  mit  den  ältesten  Bewohnern  des  Landes  gegen 
ket  der  heilige  Geist  in  den  (iemüthem  der  Gl.uibigen  bekannte  entgegengesetzte  Annahmen  dargethan  wird,  und 
da,  wo  sie  vereint  als  einen  von  göttlichem  Lebensh.iiiche  232  —  241  über  die  Sprache  der  gegenwärtigen  Griechen, 
durchströmten  Körper  sich  fühlen  im  Hause  der  Andacht,  als  auf  die ,  die  für  den  Philologen  und  .Alterthumsfor- 
aber  nicht  in  der  Kirche,  sondern  in  ilen  Seelen  der  scher  das  meiste  Interesse  haben,  worauf  ich  mit  der 
Gläubigen  ist  Gott  v/irklich  gegenwärtig,  woiiiit  Gott.  Versicherung  schliesse,  dass  er  an  dem  Genüsse,  den  ihm 
.Sh  finilet  diiMi  auch  selbst  nidit  einuial  ein  äiissrrlicher  seine  Reise  nach  Griechenland  freilich  nur  um  den  Preis 
Zusammeiiliaiig  zuisdien  dem  heidnischen  Tempel  und  mancher  Entsagungen  und  Leiden  bereitet  hat,  auch  An- 
der christlichen  Kirche  statt,  denn  nicht  umgestaltete  dcre,  soweit  es  möglich  war,  hat  Anthcil  nehmen  lassen. 
Tempel,  sondern  Basiliken  waren  hckauutlich  unsere  ersten  £■  Müller. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  Wissenschaft 


Freitai^j  2.  August 


1839. 


Nr.  92. 


Ueber  Herrn  Welcker's  neueste  Ausfölle 


Gottfried  Hermami. 

Herrn  F.  G.  VVelc-kcr's  Gelehrsamkeit  vcrlireitef  sich 
eo  sehr  über  alle  Theile  des  mythischen  AKcrfhiims  der 
Griechen,  dass  man  nicht  leicht  irgend  etwas  davon  bc- 
rVihren  kann,  ohne  ihm  zu  begegnen.  Ua  diess  in  dem 
Kreise  meiner  Studien  li<Uifig  der  Fall  ist,  bin  ich  oft 
veranlasst  gewesen,  wo  meine  Ansicht  mit  der  scinigen 
nicht  übereinstimmte,  mich  gegen  ihn  zu  erkl/iren.  Diess 
hat  ihn  in  eine  so  gereizte  Stimmung  versetzt,  dass  er 
überall  in  mir  nur  seinen  Gegner  zu  sehen  glaubt.  Auch 
seine  neueste  Schrift,  die  Griechischen  Tragödien  mit 
Rücksicht  auf  den  epischen  Cyclus  geordnet,  enthält  da- 
von denkwürdige  Beweise.  Ich  glaube  es  ihm  und  mir 
schuldig  zu  sein,  darüber  etwas  zu  sagen:  ihm,  weil 
ihm  die  Art  zu  streiten  und  der  Ton,  dessen  er  sich 
bedient,  nur  nachtheilig  sein  kann;  mir,  weil  mir  diese 
Art  lind  dieser  Ton  allzuwidrig  zu  werden  anfängt.  Aller- 
dings sind  Hr.  AVeIcker  und  ich  in  vierfacher  Bezieliung 
so  zu  sagen  geborne  Antipoden.  Erstens  gestehe  ich 
ohne  Neid  Hrn.  AV.  eine  weit  schöpferischere  Phantasie 
zu,  als  ich  besitze;  zweitens  pflegt  er  nach  einer  Logik 
zu  schliesseii,  nach  welcher  zu  schliessen  mir,  der  ich 
an  eine  andere  Logik  gewöhnt  bin,  unmöglich  ist;  drit- 
tens besitzt  er  eine  von  der  meinigen  gänzlich  verschie- 
dene, mir  nicht  bekannte  Gräcität;  viertens  endlich  scheint 
auch  seine  Gemüthsart  der  meinigen  ziemlich  entgegen- 
gesetzt zu  sein,  indem  ich  jeden  Tadel  mit  völliger  Ruhe 
aufnehme,  Hr.  W.  sich  aber  erzürnt,  wenn  JeniamI  seine 
Behauptungen  ungegründet  findet.  Seiner  Phantasie 
schreibe  ich  es  zu,  dass  er  sich  von  mir,  den  er  nicht 
persönlich  kennt,  ein  so  gefährliclics  Bild  eines  Feindes 
gemacht  hat,  dass  er  in  dem  genannten  Buche  S.  47 
mich  in  der  ganz  kalt  und  ruhig  geschriebenen  Abhand- 
lung de  Prometheo  soluto  „geliarnischt  und  in  blindem 
Kampfmuth,  mit  allen  Waffen  der  verneinenden  Kritik, 
der  Paradoxie  und  der  Sophistik  vergeblich  anstürmen"' 
sieht.  AVir  werden  daher  wohl  immer  verschiedenes 
Sinnes  bleiben:  indessen  ist  es  doch  nicht  gut,  sich  von 
Leidenschaft  fortreisscn  zu  lassen. 

Ich  will  nun  einige  der  Ausfälle,  welche  Hrn.  W.'s 
neueste  Schrift  enthält,  beleuchten,  woraus  sich  hinläng- 
liche   Beispiele    sowohl    von    der    Phantasie,    als    von  der 


Logik,    von  der  Gräcität,    und  dem  Tone  Hrn.  W.'s  er- 
geben werden. 

Hr.  W.  hatte  in  der  Trilogie  S.  430  f.  eine  Trilogie 
ans  den  Schützinnen  (Toi:üTld6g) ,  «elches  Stück  auch 
Pentliesilea  geheissen  habe,  der  Psycliostasie  und  den 
Nereiden  zusaniniengetetzt.  Diese  Nereiden  sollten  von 
einem  gleichnamigen  Stücke  in  einer  anderen  Trilogie 
ver-schieden  gewesen  sein.  Dass  diess  ganz  unglaublich 
sei,  hatte  ich  in  der  Abhandlung  de  Psychoslasia  be- 
merkt, und  ich  meine  darin  auf  allgemeine  Zustimmung 
rechnen  zu  dürfen;  ingleichen  hatte  ich  gezeigt,  dass 
die  To^UT/di:^  gar  niclit  in  diese  Trilogie  gehölten. 
Von  diesem  letzten  Punkte  hat  sich  Hr.  W.  jetzt  allerdings 
S.  49  überzeugt,  aber,  worin  man  schwerlich  seine  Nei- 
gung mir  zu  widersprechen  verkennen  kann,  aus  dem 
Grunde,  weil  nach  Hrn.  Droysen's  Bemerkungen  eins 
der  Fragmente  die  Jagd  des  Aktäon  angehe,  und  zugleich 
noch  einige  andere  auf  die  Aktäonssage  bezügliche  Frag- 
mente ohne  diesen  Titel  angcfülirt  werden:  in  welchem 
Ziisammcuhange  diese  Bemerkung  mehr  Gewicht  habe, 
als  wenn  ich  S.  4  de  Aeschyli  Psychostasia  das  Fragment 
aus  Bekker's  Anecd.  p.  3.31  anführe:  denn  der  Gram- 
matiker sage  nur  Aioxif^o-;  iv  To^OTiOL  im  \ly.iaiu)- 
vo^,  und  in  jeder  seiner  Tragödien  hätte  der  Dichter, 
wenn  er   wollte,   von   Aktäon   sprechen   können. 

Obgleich  die  Sache  nur  eine  Kleinigkeit  ist,  so  finde 
ich  doch  hier  zwei  Schlüsse,  die  ich  nach  meiner  Logik 
für  falsch  erklären  innss.  Erstens  da  das  Fragment  in 
Bekker's  Anecd.  so   lautet: 

or  Tiuj  Tii  \ty.ra.iü)v'  a9)]ooq  i'^^equ 
y.evov  ,  -Tcovov  nXoiTovvT,  tTreinper  ii  So/ioi%' 
wird  schwerlich  Jemand  glauben  können,  dass  es  in  einer 
anderen  Tragödie  gestanden  haben  könnte,  als  iu  wel- 
cher Aktäon  selbst  auftrat;  dagegen  diess  weit  eher  von 
den  zwei  anderen  ohne  Namen  des  Stückes  angeführten 
Fragmenten   gelten  dürfte,   deren  eins  der  Vers  ist: 

y.l'ueg  8n]iiäi}inov  ävöoa  Scrr-ro-rJjv, 
das  andere  aber  bloss  die  Namen  der  Hunde  des  Aktäon 
enthält,  die,  wenn  Jemand  vermuthen  wollte,  die  Fabel 
des  Aktäon  wäre  in  dem  Chorgcsange  eines  anderen  Stü- 
ckes berührt  worden,  gar  wohl  dort  Platz  linden  könn- 
ten. Zweitens  konnte  ich  nach  meiner  Logik  <liese  bei- 
den Fragmente  nicht  anführen,  da  sie  Nichts  beweisen 
konnten,  und  sie  anzuführen  nur  unnütze  Weitschweihg- 
keit  gewesen   wäre,    sondern    ich    niusste    mich   auf  jenes 


731 


732 


Disiirlion  aus  «leni  Bekker'sclien  Grammatiker  beziehen, 
ila  aus  diesem  allei»  erliellf,  ilass  ilie  TuiOTiÖec  dio 
Fabel  tles  Aktäun  eiilbicid'ii.  rol';lirli  hat  Hrn.  Droy- 
sen's  HemerkuiiiT  iliinliaiis  kein  grösseres  Gewicht,  als 
die  iiifiiiige,  da  alles  Gewiiiit  e'u\/.\g  in  dem  Zeugnisse 
des   Bekkersiheii   Gramiiialikers   liegt. 

Eine  andere  Art  ron  Logik,  die  <ler  mcinigeu  entn-egenge- 
setzt  i!>t,  besteht  in  3Iac'htsj)ri'i('hen  und  in  ästhetischen  Aus- 
sprüchen. Beide  sind  bloss  Schlnsssätze,  die  ersteren  ohne 
Pr.liiiissen,  denen  daher  ilie  zu  einem  festen  Sclilnsse  nöthigeu 
Tlioile  fehlen:  die  anderen  mit  ästhetischen,  nicht  logischen 
Prämissen,  aus  denen  daher  bloss  ein  Belieben,  nicht  eiu 
Krkennrn  henorgcht.  Beitles  zeigt  sich  S.  .-j.T.  ,yTreS 
conlinualae  mortes  Antilochi  ^  Memnoiiis  ,  Achillis ,  bloss 
als  solche,  sind  keine  tragische  Trilogle."  Ich  hatte 
S.  6  de  Psi/c/ioaln$ia  geschrieben :  Si  tarnen  nli(juid  in 
re  incerta  suspicuri  licet,  non  inepte  opiiKir  coniiciemus, 
quae  apiid  Arctinum  continuatae  erant  mortes  Antilochi, 
Memnonis,  Achillis ,  eas  etiam  in  Aesclujli  tiibus  tiagne- 
diis  deincejis  esse  tractalits.  Da  ein  Tod  immer  den  an- 
dern nach  sich  zog,  und  es  mithin  nicht  an  einem  inne- 
ren Zusammenhange  fehlt,  in  «eichen  Hr.  W.  iloch 
»ohl  ilas  ^Vesen  der  Trilogie  setzt,  so  ist  entweder  der 
Schlusssa(z  falsch,  dass  diese  drei  Tode  keine  tragische 
Trilogle  sind,  oder,  «enn  Hr.  W.  durch  den  Znsatz 
„als  solche"  erst  selbst  den  inneren  Znsammenhang  auf- 
hob, um  dann  seinen  Schlusssatz  machen  zu  können, 
kann  man  mit  gleichem  Rechte  sagen,  der  fliord  des 
Agamemnon  als  solcher,  die  Todtnng  der  Khtämnestra 
als  solche,  das  Gericht  über  den  üicstes  als  solches  sind 
keine   tragische   Trilogie. 

Ebendaselbst:  ,,Uass  Memnon  zuerst  als  Sieger  glänzt  , 
und  in  .Schrecken  setzt,  und  Achilleus  durch  ihn  im  In- 
nersten verletzt  und  zur  Rache  gereizt  "  ird ,  ehe  er 
über  ihn  siegt,  um  dann  selbst  zu  erliegen,  gibt  der 
Trilogie  eine  andere  Gestalt,  Idee  und  Charakter;  die 
Einheit  ist  stärker  und  bindender."  Diess  ist  ein  ästhe- 
tischer Schluss,  den  man  auch  so  a-jsdrücken  kann:  iveil 
es  mir  so  besser  gefällt,  so  war  es  so.  üb  diess  über- 
zeugend sei,  wird  sich  Jedermann  selbst  beant»  orten 
können. 

Ebendaselbst  ivird  von  mir  gesagt:  „Jetzt  nimmt  er, 
mit  mir,  den  Tod  des  Achilleus  als  Endstück  an;  — 
meint  aber,  der  Titel  sei  unbekannt.  Die  Nereiden 
hatte  er  iiainli<h,  ebenfalls  mit  mir,  unterdessen  mit  den 
Mvrmidonen  verbunden  ,  wo  er  das  bedeutendste  Fragment 
derselben  ebenso  misäierstämllich ,  als  kühn  emeiiilirt; 
lind  unglaublich  scheint  es  ihm,  dass  Aeschylus  denselben 
Chor  zweimal  gebraucht  habe  (worin  ich  anderer  1Iei- 
iiiiiig  bin),  noch  unglaublicher  darum,  weil  Aesclivlus, 
wenn  er  die  Tragödie  nach  dem  die  Leiche  betrauernden 
Chore  nennen  wollte,  sie  Winsen  genannt  hätte:  quiindo 
Musae  in  taljula  Tliacu  solae ,  iipud  Arctinum  atilem 
consociatne  cum  Kereidibus  Achillem  lugent,  in  ijiio 
Arctinu*  fide/ur  ultimum  Odijsseae  lihrum  v.  :)>\.  sei/iiu- 
tus  esse.  ü.iss  die  späte  tabula  Iliaca ,  in  ihrer  tic- 
srliräiikung,  die  Alusen  allein  ausdrückt,  wie  es  übrigens 
auch  Pindar  thut  (\.  WV.  .j;.),  daraus  folgt  nicht,  dass 
Homer,  der  die  Nereiden  voranstellt  und  nach  dem  Tode 
des   Patroklos  die  Nereiden,  nicht  die  .Uusen,   zum  Tröste 


Her  Trauernden  herbeieilen  lässt",  (hier  muss  etwas  feh- 
len) „und  dass  Arktinos  den  IMusen  die  erste  Stelle  in 
dem  Traiierchore  zugedacht  haben  müsse:  Aeschylus  aber 
miissfe  nodiwendig  die  Nereiden  vorziehen  »regen  der 
Verwandtschaft  'mit  Achilleus  und  weil  Thetis  auftrat, 
wie  wir  mit  Bestimmtheit  annehmen,  wenn  gleich  es  von 
Hermann   verkannt   wird." 

liier  befremdet  zuerst  der  Ausspruch  fibcr  die  Emcn- 
datioii  in  den  Nereiden,  der  nicht  nur  gar  nicht  zur 
Sa«  he  gehört,  sondern,  da  keine  Gründe  angeführt  sind  , 
bloss  als  ein  iMachtsprnch  ,  und  zwar  in  einer  Sphäre  er- 
scheint, in  welcher  Hrn.  AV.'s  Conipetenz  sehr  zweifel- 
haft ist.  Zweitens  ist  es  eine  unrichtige  Angabe,  es 
schiene  mir  unglaublich,  dass  Aeschjlus  denselben  Chor 
zweimal  gebraucht  hä(te.  Ich  will  nicht  glauben,  dass 
Hr.  AV.  geflissentlich  dieseir  Ausdruck  gewählt  habe,  um 
die  Uiiglanbllclikeit  seiner  Annahme  zu  verdecken:  denn 
ich  habe  S.  4  de  Psychostasin  ausdrüvklich  nur  das  un- 
glaublich gefunden,  dass  Aeschjlus,  wie  Hr.  W.  annimmt, 
zwei  verschiedene  Tragödien  unter  dem  Titel  Nereiden 
geschrieben  habe.  Desshalb  sagte  ich,  er  würde  (natür- 
lich, »venu  er  in  der  andern  dieser  Tragödien  ebenfalls 
die  Nereiden  eingeführt  hatte)  dieser  Tragödie  den  Na- 
men die  Aluseii  gegeben  haben,  da  Homer  und  Arktinns 
auch  die  IMusen  den  Nereiden  zugesellen,  und  die  tabula 
Iliaca  gar  die  Hlusen   ganz   allein   nennt. 

S.  31).  „Hr.  Hermann  führt  p.  10  die  Stelle  des  Pol- 
lux  an:  o.Tio  dh  tov  deoku'/ilor ,  uvtu.;  rni-ij  n;;' 
oy.ijn-v,  iv  iipei  inKfaivovvat  deol,  w^  o  Zi:vc  xal 
Ol  Ti£(jl  aiTOf  iv  'l'u^ooTUoln,  und  bemerkt  dabei: 
Qui  hnec  vera  esse  non  credit ,  Welckerus ,  in  terram 
de  coelo  descendisse  deos  pulet  necesse  est.  Hoc  vero 
viirum  est  atrjue  incredibile ,  cnehim  et  quae  in  coelo 
inter  deos  ageiida  erant,  et  npud  llomerum,  qui  ea 
praeivit ,  in  coeli)  agebantur ,  in  terram  et  media  inter 
hominum  negotia  delrudi.  Ich  sagte  S.  412.  „  ,,ln  der 
Höhe  über  di'r  Bühne  von  dem  Götlergerüst  (,'>£0.' »y£/o>') 
erschienen  Zeus,  der  Allerliöchste ,  die  Seelen  der  bei- 
den Streifer  —  wägend  und  auf  beiden  Seiten  neben 
den  Wagsclialeii ,  hier  Thetis,  dort  Eos,  bitteiul  jeile  für 
ihren  Sohn.""  ^Venn  es  witzig  ist,  aus  solchen  Erdich- 
tungen solche  Folgerungen  abzuleiten,  so  geziemt  der 
Art  Witz  wenigstens  der  Aeschvlischen  Kritik  nicht  sehr." 
Nicht  Witz  wollte  ich  niachen,  sondern  ich  glaubte 
einen  ganz  richtigen  S<hliiss  zu  machen,  indem  ich  in 
der  gleich  von  Hrn.  \\ .  in  dem  Folgenden  selbst  ange- 
führten Stelle  die  Worte  ,,dass  die  (iöttinnen  in  der 
Höhe  gesprochen  hätten,  glaube  ich  nicht",  so  nahm, 
dass  die  (jiödiiinen  wohl  unfeii  auf  dei  Sceiie,  nicht  aber 
oben  auf  <lein  Theologeion  s|irechen  dürften.  Denn  ich 
war  nicht  berechtigt  anzunehmen,  was,  wie  ich  iiiiii  sehe, 
doch  geschehen  ist,  dass  das  „in  der  Hohe"  ganz  un- 
nützer Weise   hinzugefügt   worilen   ist. 

S.    iT.     ,,[cli    sagte   ferner  S.   4  i4 :    „  ,,dass    die  Göt- 
tin     in    der   Höhe    gesprochen    hätten,   glaube    ich    nicht, 

Zeus  schon  aus  Erhabenheit  nicht;  ihre  bittende  Geberde 
erfüllte  ganz  den  Zweck.  Plut.irch's  Ausdruck,  dass  die 
Göttinnen  bittend  üebcn  den  Wagschalen  gestanden,  wo- 
für Polliix  sagt  i.cirpulru  'Tuf,  kann  ihr  Sprechen  nicht 
bciieisen.""      Man    kann    glatt    Geberden  Worte ,    ganze 


733 


734 


Reden  rernintheii.  Ilr.  Hermann  aber  sa»f:  Quae  porro 
memorat  Welckerus,  fiitenr  ine  non  salis  intelligcie.  — 
Mutasne  adstarc  censuit'i  Ita  videtiir ,  qitia  v/isoriim 
picturns  compiiral.  Qitas  iilii,  credu ,  ijuam  necessario 
mulas,  tarn  pocuiii  vucalcin  esse  exislimul/uiit.  Soll  man 
auf  solche   Possen  crHiKlern"? 

Ob  es  ansf.'iiKliif  sei,  ilas  Possen  zu  nennen,  wenn 
man  es  seltsam  linilet,  <lass  bei  dem  Aesiluliis  unten  auf 
«1er  Sceue  die  Helden  AVorte  »ediseln,  k.'inipfou ,  und 
der  eine  fallt,  da  doch  zuerst  Sophokles  einen  31ord  auf 
der  Scene,  und  auch  das  sehr  behutsam,  dargestellt  hat, 
oben  aber  die  Gcittinnon  bloss  in  bittender  Geberde,  bei 
der  man,  «ie  jetzt  hinzugefii{;t  «ird,  AVorte  und  ganze 
Reden  vermnthen  soll,  zu  sehen  sind,  n\ithiu  die  Ilanpt- 
sarhc  zur  Nebensarhc ,  die  Nebensache  2ur  Hauptsache 
gemacht  iiird,  bloss  «eil  Jemand  sich  dieees  alles  phan- 
tasirt:  bleibt  dem  Urtheil  der  Leser  überlassen.  Uebri- 
gens  ist  diese  Art  zu  sprechen  ein  sehr  leichtes  und  be- 
quemes Blittel,  Einivürfe  nicht  sowohl  zu  widerlegen,  als 
sich   ihnen   zu    entziehen. 

Ebendaselbst:  ,,ünd  im  VorherEfelienden :  Nam  ße- 
tores  et  piclores  ßguris,  poetae  verbis  loquuntur:  utros- 
que  rideiemus ,  si  allerorum  arte  polius  quam  sua  com- 
mocere  se  animos  hominum  posse  sperareiit,  AVer  sollte 
nach  diesem  tiefsinnigen  Unterricht  über  A'erh.'iltniss  und 
Gränzünie  der  dramatischen  Actiou  und  der  bildenden 
Kunst,  Heichen  der  Hr.  AVrf.  mir  crtheilt,  erwarten, 
dass  er  es  dennoch  der  x^Iühc  wertli  halteii  «ürde,  alle 
Fon  mir  erwähnten  Bildwerke  in  seine  Darstellung  hin- 
nberzuziehen"? 

Was  Hr.  W.  tiefsinnigen  Unterricht  zu  nennen  be- 
liebt, war  doch  eben  nicht  unnothig,  da  es  deu  Sinn 
hatte,  dass  die  Darstellung  des  Wagens  der  Seelen  auf 
den  A'^asen  unverständlich  ist,  wenn  nicht  entweder  die 
TVamen  dabei  stehen,  oder  auf  dem  unteren  Felde  der 
Kampf  derer,  deren  Seelen  gewogen  werden,  abgebildet 
ist,  für  die  Tragcidie  aber  die  Darstellung  des  Kacnj)fes 
nicht  gehört,  als  welcher  nach  den  Regeln  der  Griechi- 
schen Tragödie  von  eiiieui  Buten  geschildert  werden  muss, 
die  Reden  der  Göttinnen  aber,  die  für  das  Leben  ihrer 
Söhne  bitten,  vernehmen  zu  lassen,  das  eigeutliche  Ge- 
schäft des  tragischen  Dichters  ist.  Eben  clesswegen  war 
es  auch  nölliig,  die  Bildwerke  zu  eru.'ihnen,  indem 
Hr.  AA'.  gerade  dadurch,  dass  sich  auf  ihnen  auch  der  Kampf 
der  Helden  selbst  findet,  veranlasst  zu  sein  schien,  die- 
sen Kampf  auch  in  der  Tragödie  auf  der  Bühne  gegen 
alle   Gewohnheit   dargestellt   anzunehmen. 

S.  37.  „G.  Hermann  de  Aeschyli  tragoediis  fallt 
Aiacis  et  Teucii  cumplexis  I'j'm'S-  lu  den\  ersten  Drama 
waren  nach  .  Hermann  Weder  die  Troischeu  Jungfrauen 
Schiedsrichter,  nach  der  kleinen  llias  —  was  sich  vcm 
selbst  vorsteht,  da  diese  Dichtung  scherzhaft  ist —  noch 
die  Troischeu  Gefangenen,  nach  Arktincis;  sondern  die 
Nereiden,  wegen  des  Scholiou  zu  den  Acharnern  848 
(ö83):  ö  on'xoi;  Ütto  öoänaToq  Aio-ivkov  'Onkotv 
xpla-Eojq  eTrtyeyoaiiitsrov,  ev  m  tniv.akttiat  xu.z  Nr- 
petSag  Tis  ii:£k!ioi'rrag  y.otvai ,  nooq  Tijv  Qeitv 
kiyojv  • 

öenrtoiva  Triirry.ovTa  Ni]urj8v)v  yoonv. 
Diess  aber  ist   unmöglich,  darum,   weil  der  Spruch   gegen 


Ajas  ausfiel,  den  Freund  und  A''erwandten  des  Achilleus, 
und  weil  er  ungerecht  war,  sich  also  darum  für  Götter 
nicht  schickt." 

Erstens  habe  ich  nicht  unbedingt  die  Nereiden  als 
Richterinnen  angenommen,  sondern  gesagt:  iudices  ille , 
si  scholiastae  Arisloplianis  fides  est,  Nereides  esse  vo- 
luit.  Zweitens  dürfte  Hr.  AV.  zu  rasch  von  Unmöglich- 
keit gesprochen  haben.  Denn  was  den  ersteren  seiner 
(iiiinde  anlangt,  so  war  von  den  drei  möglichen  Fallen, 
ob  nach  dem  Erbrecht  oder  nach  einem  andern  Princip 
entschieden  werden  solle;  ob  Ajax  oder  Ulysses  sich  mehr 
um  den  Achilles  verdient  gemacht  habe;  ob  Ajax  oder 
Ui>sscs  überhaupt  Gewichtigeres  für  sich  anführen  könne, 
ivohl  der  letzte  Fall  der,  den  die  Tragödie  aufnahm. 
Es  war  daher  wahrscheinlich  die  Freuiidscliaft  und  A'er- 
«aiidtschaft  des  Ajax  auch  in  Anschlag  gebracht  worden, 
jedoch  nur  als  ein  zu  andern  noch  hinzukommendes  Mo- 
ment, indem,  wenn  nach  dem  Erbrecht  der  A'erwandt- 
schaft  hätte  geurtheilt  «erden  sollen,  Ajax  als  der  nächste 
Aearicie  ohne  alles  Gericht  die  AVafT'.'n  würde  erhalten 
Ilaben.  A'ermnthlich  beruht"  daher  die  Entscheidnng 
auf  der  bekannten  Frage,  welcher  von  beiden  Helden 
sich  am  verdientesten  um  den  Achilles  gemacht  hätte. 
Nun  hatten  zwar  die  Nereiden  ,  wenn  sie  die  Srhieds- 
ric  bterinnen  waren,  allerdings  der  Thetis  wegen  einen 
Grund,  nicht  gegen  den  Aeaciden  zuerkennen:  unmöglich 
aber  war  es  dennoch  nicht,  dass  sie  die  Richterinnen 
waren  (ja  es  wird  sich  diess  weiter  unten  als  höchst 
wahrscheinlich  ergeben)  ,  mithin  auch  dass  sie  dem  Ajax 
die  AA'affen  absprachen,  da  wir  nicht  wissen,  wie  der 
Dichter  den  Streit  dargestellt  hat,  nnd  wie  er  überhaupt 
von  Ajax  und  Ulysses  dachte.  Denn  er  konnte  ja  deu 
Ulysses,  den  er  sehr  hoch  stellt,  wenn  aus  der  einzigen 
Stelle,  wo  er  ihn  erwähnt,  Agam.  Sl,5.  Well,  etwas  ge- 
schlossen werden  kann,  als  wirklich  der  AVafFen  würdiger, 
den  jei  aller  Tapferkeit  aber  den  Göttern  trotzenden 
Ajax  als  uiinder  verdient  oder  gar  tadelnswerth  sehlldcrn, 
so  dass  selbst  die  der  Thetis  verwandten  Göttinnen  gegen 
ihn  für  den  Ulysses  sprechen  mussten.  Diess  würde  nun 
auch  Hrn.  AV.'s  zweiten  Grund  aufheben,  wenn  dieser 
überhaupt  au  sich  haltbar  wäre.  Denn  weder  lässt  sich 
von  den  Griechischen  Göttern  sagen,  dass  Ungerechtig- 
keit sich  für  sie  nicht  schicke  (wie  hätte  sonst  Aeschy- 
lus  einen  Prometheus  schreiben  können?),  noch  darf 
man  behaupten,  dass  der  Urtheilssprurh  ungerecht  war, 
weil  er  dem  Ajax  so  scheinen  musste  ,  und  daher  von 
ihm   auch   bei    dem    Sophokles   so    dargestellt   wird. 

AVeiter:  „Ajas  konnte  entweder  nach  dem  Gericht 
im  Unmuth  ausrufen,  möge  Thetis,  die  am  unfehlbarsten 
wissen  nuisste,'ob  die  Leiche  ihres  Sohnes  und  die  von 
ihr  verliehenen  AValfen  eigentlich  von  ihm  oder  von 
Ocivsscus  gerettet  seien,  erscheinen  mit  ihren  Nereiden 
uiici  durch  ihren  göttlichen  Mund  den  falschen  Spruch 
der  Sterblichen  aufheben;  oder  er  konnte  auch,  da  er 
der  langen  Rede  des  Ulysses  wahrscheinlich  nur  wenige 
gewichtpolle  AVorte  entgegensetzte,  Gott  zum  Zeugen 
nehmen,  dass  sein  Anspruch  gerecht  sei,  die  Thetis 
also,  als  die  unter  den  Göttern,  welcher  hier  zu  zeugen 
zustand,  aufrufen,  dass  sie  selber  durch  ihren  Ausspruch 
entscheide  :    in     beiden  Fällen     drückt    sich    das    stärkste 


735  63G 

üfHUSstsein    tles    Rechts     und     ziislcioli     ilie     Unfähigkeit  >arh    «lern    Homer     ist    Thctis    als     Agonothet    aufge- 

(liirrh   Uo.lekunst    tlie   Srhciiijji  lin.le    ilcs   Gegners    zu    be-  treten: 

aiQo-en  aus."  ,                            &iy.aCu^UVOi  Tlaqa  rijvalv 

"llrn.  W.'s  schaffon.le  Phantasie  nimmt  hier  zuerst  Tivx'.0(V  dfiff'  ■Jx'krj,^-  e»,jhE  öl^  ^OTVia  ^l'pijQ. 
al»  ausgemacht  .an  ilass  der  ^'ers  hei  dem  Scholiasten  Nach  Ilrn.  AV.  fallt  sie  iveg  Hegen  willkürlich  angeiiom- 
(le-;  Aristophanes  fon  dem  Ajax  gesprochen  worden;  so-  uiener  Deutung  des  A'erses  Lei  dem  Scholiasten  iles  Ari- 
dann stellt  er  in  dieser  Ueberzeugiing  der  von  mir  aus  stophanes  ,  und  mithin  «erden  auch  die  neuen  l'^erse  hei 
den  unziiei(leu(i''en  AVorteu  des  Schuliasfen  aligeleitefen  dem  Plat»  in  das  Endstück  zur  Psvchostasie  gesetzt.  l>Ian 
■\'ernni(hun"-  zwei  sehr  un\>ahrsclieinliche  IMügliclikeitcu  hat  nun  die  Wahl,  «elcheni  Autor  man  den  Vorzug  geben 
eut-fcen.  Denn  hatte  Ajax  nach  dem  Gericht  die  The-  «ill,  ilem  Homer  oder  Herrn  Weicker. 
lis   angerulen,    mit    den    Nereiden     zu     erscheinen    und    den  (Beschluss   folgt.) 

Richterspruch    aufzuheben,   so    väre   diess    etwas  sehr  \cT-  

rebliches    genesen    und    hätte    «ohl    gar,    da    die   Thetis 

doch    nicht   erschienen    ».'ire,     liicherlich     werden    können;  P  e  TS  O  n  a  1- C  h  T  Oll  ik    U  U  cl    MisCclleU. 

hätte   er  aber  vor  dem   Gericht    oder   in   dem   Gericht  sie  ^       i-,        n      /-                     j   i-         r  i           «.•  i      .•     .o.,- 

"                  »  Guilitz.     Dis  Gymnasinni   dabier  erfuhr  zu  Michaelis   1837 

angerufen,     mit     den    Nereiden     Recht    zu     sprechen  ,     so  eine    sehr    bedeutende  Ve.ande.ong.      Bestand  es   bis  dahin  au» 

dürfte   vollends    gar  nicht  zu  zweifeln  sein,    dass  eine  solche  5  Cl.isscii.   oder  genau  gcnoniineii   aus  6,   denn   Prima   zerfiel  in 

Anrufung,   die    keinen   Erfolg   gehabt   hätte,    iu's  Komische  Ober-    iiml    Unterjirima  ,    und    hülle    es    ungelalir    'Z,    Schiller, 

"•efallen    wäre.       Aeschylus   pflegte,     wie    er   selbst    bezeugt  welche  die   hdlierc  wissenschal'llicbo   Bahu    nicht  lietieten,    son- 

hat,    vornehmlich    den    Homer   vor    Augen    zu   haben.      Da  dein  eMiicn  andern  Beruf  erwählen    wollten,  so  bestellt  es  seitdem 

,      ,          ,,              „,           -v-T     r  I,'     'PI     f         II    i    r  aus  4Ll.issen,   welche  die  Iriiiicrcn  3  olierstcn  ausniaclien,   über- 

nun    «ach    dem    Homer    Odvss.   XI.    54b.     Thetis  .selbst   die  ,,,,^   p^,__^^_    Unterprima,    nun  Sce.inJa,    Secunda ,   nun 

WafTeii    als     Preis     des     Wettstreifes     zwischen     dem    Ajax  Terlia,   und  Tertia,    nun  Quaita,    und  ist  nur  für  solche  bestimmt, 

und    Ulysses    ausgesetzt    hat,     so     ist     doch     wohl     als    das  welche  die  Hocbscluile  bcziclicn   wollen.     Die  vorige  Quarta  und 

Sicherste    das   anzunehmen,     was    mit    dem   Scholiou    zum  Quinta  sind  der  seit  Michaelis    1837  in's  Leben  gelretcncn  holie- 

Aristophanes    vollkommen    übereinstimmt,    dass    auch   bei  reu   li.Mgeischule  überwiesen   worden      Die  Scluiloizahl  ,   zu  Mi- 

j           .11        Ti    i-         II    j             ,1    •   I.    ...;*   ;!,..,...    x„,»;  cbaelis    1837.   204,    betrug  zn   Ostern   183S.   126,    und  zu  Ostern 

dem   .Aesch^lus    Ihetis  selbst,     zugleicli   mit  uiren   Nerei-  _.         •    1         1      1,       i\-   1       1    ■    r   1  1    •.         1           1       „1 

'          "                                ....  1839.    /4,    wird   aucli  aller   W  alirsclieinhchkeil   nach   noch   mehr 

den,     über     den     Wettstreit    gerichtet    habe,     und     mithin  f^Hen ,    weil   bei  der  alten   liinrichtiing  von  ungefähr  300  Scbü- 

dem    Ulysses     die    Waffen     mit     gerechtem     Richterspruch  lem  gcwulinlich   der  fünfte  Tlieil  sludirte,  also  60.     Ordentliche 

zuerkannt    worden    sind.       Das    sind    .Schlüsse    aus    klaren  Lehrer,   deren   Gehalte  nunmehr  fi\irt  worden,   z.ihlt  das  Gyin- 

Zeugnissen.     Oh   solche    Schlüsse   oder   die  Vermuthuugen,  na,inin  6.     Sic  sind:   der  Königl.   Prüf,  und   Rector  Dr.   Gotllicb 

1    1        ir       -w        ..          „■        .    I>l.,..(„.;.    »....«..^f    !..,♦     ,r..:\„  Anton,     Ordinarius    für    Prima,    der  Conrector  Dr.   Ernst  Emil 

welclie    Hr.    »V.    aus   eigener   rliaiitasie    erzeugt    liat,    i^ros-  _.                 n    ,■       ■       c-     c           1        1       /->i      i   1          r,      t   1      a    „ 

,               ,          -  ,," ,        I         1-   1  1     -.1    1     ,               11  Struve,   Ordinarius  fur  secunda^  der  Oberlehrer   Dr.  Joli,   Aug. 

seren    Anspruch    auf  \A  ahrscheinlichkcit   haben,    überlasse  Rasier,    Ordinarius  für  Quarta,  der  Oberlehrer  Joseph  Theodor 

ich    der   Entscheidung  der    Leser.  Hertcl,   Lehrer  der  MatUeinalik  und  Plijsik,   und  wohl  der  erste 

Weiler-          Ob     der    \e\(     seine     schiedsrichterlichen  kutliul.   Glaubens  an  dem  erst  nach   der   Deformation    gcsliftelen 

Nereiden    .als    Chor,     die    »reideii    also    dennoch    zum    an-  .Gy".'"^^'"" '    '^'I  ^^"),'\'"  K^''  ^^ii'''";'.'" /Vj,».'^  V    O^'''"",'"' 

,     ,     ^,            ',                  ,                    ,        •           1        ^     ^-     1.  f"''    Icrtia,     und    der   Collabor.itor   Gottfried    Wicdcmann    lur 

dernmal  als  Chor,    nehme,    oder    nur  .als  eine  phanfastischo  g,,,,  ciassen.    Den  Singuuterricbt  besorgte  der  Musikdircctor  und 

Zwischenerscheinung     der    ungewöhnlichsten    Art     in    der  Cautor  Johann   August  Bl  ü  he  r,   der  aber  am  25.  Mai  gestorben 

übrigens   aus   derbem   .Stoffe    gegebener    heroischer  Cliarak-  ist ;  den  Zeichnenunterricht  gibt  der  Zeichiienlehrer  Gustav  Adolph 

tcrc    und    A'erhältiiisse    gefiiirfeii    Tragödie,   sagt   er    nicht."  Kadorsch,   und  den   Sclireibimterricbt  der  Schreiblelircr    Joh. 

Du-     w        .1          ..        r.,..vi.„..     i,...,.,*„       ;  .1.    !.((.    o..  Gollliclj    Pinkwart.    Seinen  letzten   Snbrector  verlor  das  Gym- 

as<    Hr.    \> .    auch    nur    lermutlien     konnte,     icli    hatte   an  .                 .     t    ,•    .„to    i       1      i        -n    1    •       1       n              1      1^     1 

,,.,,,.,               ,     .                     1      1  i  nasniiu  am   1.  Juli   tS38  diircli  den    lod   in  der  Person  des  ls.arl 

eine     phant.aslischc    Zwi.schenerscheinnng     gedacht,     miiss  A„g„st  M  a  u  e  r  m  a  n  n.     Die   Hüchschulc  bezogen  im    Jahr   1837. 

ich    bedauern,     da    ich    zu    dergleichen    meine    Phantasie  12,  im  J.  i838.   14,    und  im  J.  1839.  6,    alle  mit  dem  Zeugnisse 

zu    ungeschickt   fühle.      Uebrigcns    aber   hat    llr.    W,    auch  der  Reife.    —    Die    seit  Michaelis    1837  herausgegebenen   Scluil- 

hier    wieder,     wie   schon   oben,    was    ich    von    zwei    Tragö-  Schriften    sind    folgende-     vom    Rector    Anton:    Alphabeliscbes 

dien,    die    beide    den    Titel    Nereiden   führen   sollten,    ge-  Verzeichui.ss  mehrerer  in  der  Ol.erlausitz  üblichen     'bj '"m  Tlieil 

',     ,              ,,               ...           ,.    ,           ,     ,          ,,        3,,"  eigentliüiiihchcn  Wörter  und  Redensarten,  11.  Stuck,  1838.  20  s.  4. 

sagt   habe,    auf  den  zweimaligen  Gebrauch  desselben  Chors  ^l   ^,„j.^     ,^39    3.,  g    4.  _  Materialien   zu  einer  Geschichte  des 

Übergefragen,     gegen     den     Nichts     von     mir     eingewendet  Gurlit/.er  Gymnasiums  im    19.  Jah, hunderte ,   39.   Beitrag.    1838. 

worden    ist.      So    ist    es   sehr  leicht,    scheinbare    Ueschul-  34  S.  4.,  40.  Beitrag,    1839.  28  S.  4.    —    Auszug    aus  der  hoben 

digiingen   vorzubringen.  Minislerialverfügung  vom  24.   Oct.  1827,   die   Lorinscr'sebe  Slrcit- 

\v„j               -11-..    1         TV-          1          ■       \xj   a            ■   ^l     f„iii  fr'Se   betr.,    1838.  24  S.  4.    —    Comparalur    mos    rccens    liierae 

Reifer:       , Mit   den    Nereiden    im   AVadengerichf     fällt  ^xpulsa   aestalem  cautu  salnlandi  cum  similibiis  veteriim  moribus 

denn    auch    Thetis     als    Person     weg,     und     damit   die    Be-  Parlic.   1.    1839.  24  S.  4.    —   Vom   Conieclor  Struve:  Verzeich- 

Iiauptiing,     dass    diese     die    Beschwerde     über    Apolloii    bei  niss  und  Beschreibung  einiger  Handvchriften   aus    der  Bibliothek 

dem    Tod     ihres    .Sohnes,     die     herrlichen    neue    Verse    bei  des  Gymnasiums  zu  Görlitz,    1.  Forlsctziing ,    1837.   IG  S.    4.   — 

Piaton,     im    Wallengericht ,     wo    man    sie    nicht   erwartet,  Vom   Oberlehrer  Tl  Osler  :..\usführlicl.e  Beschreibung  der  (Gür- 

=f^«f    in     ,l»m     I.\.  iV    I                  D       1      .     •          I          T    I  litzer    GymnasiaUArmen-Bibhothek,   1838.   15  S.  4.  —  Das  letzte 

statt     in       em     Endstücke     zur     P.syc!iostasie  ,     dem     Tode  ^^,.    ^^^  Veränderung    des    Gynmasiiims    erschienene    Programm 

des    Acliilleus,     wo    sie    durchaus    treffend    sind,     ausge-  ist:  C.  G.   /fm/e/Hau/ii  commcutatio  de  Sophocle  imitalorc  lio- 

sprochen   habe."  mcri ,  1837.    22  S.  4. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  ums  Wissenschaft 


Sonntasj  4.  August 


18  39. 


Nr.  93. 


Leber  Herrn  Welcker's  neueste  AusAille 


Gottfried  Hermann. 

(  B  c  s  c  h  1 II  s  s.  ) 

Icli  übcrpclie  Uiibedeufendcrrs  und  l>rfracL(c,  was 
S.  30  i.  gesagt  wird.  „Gegen  die  Tragödie  Tt.iov 
Tltuaic  streifet  C.  Hermann  de  Aeichyli  Fsi/cliostasia 
p.  14 — 18.  Dass  der  in  den  Fröschen  (1461)  von  Ae- 
»ciivliis  —   gcsjirorhene   Vers: 

ov  jf^v  t.tonoi  O'/.iftiov  iv  TToksi  rQtfpsiv, 
von  Astvanax  gesagt  sein  niüge ,  gesteht  iler  Kritiker  zu, 
nur  nicht  den  Nanica  des  .Sliickes,  in  welches  er  von 
mir  gesetzt  norden.  Die  Stelle  der  Poetik  (c.  18)  liest 
derselbe  jetzt  so:  OOOL  Tll^aiv  'D.iov  öhp'  iTTUlfjcrav , 
■/.cci  /o;  yara  fiioo^  ojgTreo  ^o(foyXr,q  (statt  Ei'Qtiii- 
&i]i)  jSiüßijv,  y.al  fiv,  w'jrrfp  Aiaiütoi  ,  )'  iy.Tlirciov- 
aiv  Tj  y.avxog  dyvjrl^oyrai.  Qui  excidium  Truiae  uni- 
verSHin  complexi  sunt,  Uli  Sopliocles  Nioien,  et  non  Uli 
Aesclnjlus ,  vel  explodunttir  vel  ttegre  se  sitslinent.  Ita 
iusta  (dieses  Wort  fehlt  bei  Hrn.  W.)  est  comparatio 
duorurn  poetnium  uiio  in  argumento,  quod  aller  qiium 
totum  persequeietur  peccavit,  alter  rede  alii/uarn  tantiim 
eius  parlem  sili  tructundrim  sumpsit.  Die  bcnierkens- 
wcrthe  Annahme,  deren  AViderlegniig  Hr.  Hermann  mir 
znmnthet,  nnd  die  übrigens  durch  die  Aiobc  beider 
Dichter,  wie  mir  dünkt,  hinlänglich  widerlegt  ist"  (ntif 
gleichem  Rechte  konnte  ich  sagen,  dass  sie  mir  nicht 
widerlegt  ilünke)  ,  ,,dio  Annahme,  dass  Sophokles  da» 
Ganze,  Aeschylus  einen  Theil  des  Mythus  ansgefnlirt 
Labe,  und  dass  Aristoteles  gerade  an  der  Aiobe  »ies 
Aeschjlus  und  der  des  Sophokles  wirklich  habe  zeigen 
wollen,  worin  gewisse  Tragiker,  die  er  nicht  nennt,  die 
gewiss  keine  geringen  gewesen  sein  kOnncn  (nenn  er 
nicht  nur  Einen  meint),  können  wir  auf  sich  beruhen  lasf^en. 
AVir  halten  uns  an  das,  was  vorhergeht.  Quin  ?ie  £y.a- 
f^ljv  ijuideni,  ijuod  ab  Georgia  J'alla  vertendo  expressum 
est,  facile  udmilti  polest.  Per  e/iiin  miruin  foret ,  Ari- 
atutelem,  si  totum  llii  excidium  ab  Aesclnjlo  una  Iragoe- 
dia  (icii  verstehe  triloL^ia)  cowpreiiensum  dixissct ,  ut 
exemplum  per  partes  tractuli  eins  urgumeiiti  Uecubam 
Euripidis  notitinasse,  et  non  polius  aliquot  fabulas  ap- 
posuisse  ipsius  Aescliyli,  praeserlim  quum  ille  quoque 
islas  reu  parliculalim  tractaveril ,  idque,  ut  aeslimari 
licet,  rectius  quam  Euripides ,  qui  saepe ,    utque  adeo  in 


ipsa  Hecuba  ,  tuslos  argumenti  ßnes  excessit.  Hat  Hr. 
Hermann  aus  nenentdeckten  Quellen  oder  aus  verborge- 
nen, von  aller  AVclt  überselicncu  Stellen  der  Alten  Kunde 
von  Tragödien  des  Aeschylus,  worin  dieser  istas  res  par- 
ticulatim  behandelt  Iiat,  so  möge  er  nur,  nicht  bloss 
aliquot  fabulas  desselben,  sondern  alle  ohne  Ausnahme, 
die  in  die  lliupersis  fallen,  recht  bald  bekannt  machen: 
die  Entdeckung  wird  ihm  hoch  angerechnet  werden.  So 
lang  aber  noch  keine  einzige  bekannt  ist,  desto  inehrero 
ilügegen  von  Sophokles,  Euripides  und  Andern,  die  nicht 
trilogiscli  ,  sondern  y.uid  f^iSQQ^  componirt  sind,  ninss 
er  sich  von  neuem  die  Vermuthnng  gefallen  lassen,  dass 
gerade  Acschvlns  nlü<riv  Iklov  okijv  gedichtet  habe, 
und  unsere  Aufforderung  genehmigen,  vielmehr  seiner- 
seits zu  widerlegen,  und  zwar  nicht  mit  sophistisch  ver- 
wirrenden, sondern  mit  sachgemüssen  Gründen  zu  wider- 
legen. Dass  er  einen  auf  Astvanax  bezüglichen  Vers 
des  Aeschylus  zugesteht,  daraus  folgt  mehr,  als  er,  die 
aliquot  fabulas  im  Sinne,  geahnt  zu  haben  scheint.  Denn 
wenn  in  der  That  keine  Tragödie  von  Acschvlus  aus  der 
Zerstörung  der  Stadt  bekannt  war,  so  zeigt  das  Todes- 
urtheil  des  Astyanax  zu  allererst,  dass  Aeschvlns  denn 
deich  die  Zerstörung  auch  behandelt  hat:  und  da  die 
Ganzheit  in  IJehandlung  der  Mythen  dessen  Sache  war, 
wie  der  Verf.  jetzt  selbst  ,  und  sogar  auch  in  der  Ab- 
handlung,  worin  er  jene  Einwendungen  macht,  annimmt, 
so  wird  er  die  Wahrscheinlichkeit,  dass  die  Tegai^ 
f/AOV  u}j]  gerade  die  des  Aeschylus  sei ,  nicht  ferner 
aLlaugnen  dürfen." 

Erstens  ist  es  ein  völlig  unhaltbarer  Schluss,  aus  einer 
schwierigen  und  oHenbar  «erilorbenen  Stelle  des  Aristo- 
teles, iu  wchhcr  das  oooi  Tieocriv  'lUov  i>h;v  i:zoir,- 
aav  zeigt,  dass  mehrere  Dichter  diess  genagt  haben, 
mittelst  willkürlicher  Beziehung  der  Worte  y.al  f-il)  djq- 
:C£o  AitJlu'l.Us;,  von  denen  nicht  klar  ist,  ttorauf  sie  der 
Schriftsteller  bezogen  hat,  zu  schliessen ,  dass  Aesthylus 
eine  anderweit  nirgends  erwähnte  7/.(■o^'  TT £po-/g  geschrie- 
ben habe.  Zweitens,  »venu  Hr.  W.  statt  una  tragoedia 
will  una  trilogia  verstanden  wissen,  berechtigt  ihn  auch 
dazu  iS'ichts,  da  Aristoteles  nirgends  von  Trilogieen,  son- 
dern nur  von  einzelnen  Tragödien  spricht.  Sodann  habe 
ich  'IXiov  nioatv  (jh]V  nicht  in  so  engem  Sinne,  wie 
Hr.  W. ,  bloss  von  der  Einnahme  der  Stadt,  sondern 
überhaupt  von  den  mit  derselben  zunächst  zusammenhän- 
genden Begebenheiten  genommen,  von  denen  einige,  wie 
eben  die    den  Ajax    und  Teuccr    angehenden  Stucke    und 


739 


440 


ilor  riiiloktot  jcizt  noch  bekannt  sind;  anilere  ,  nnfer 
»lenpn  «olii  aucli  ein  As(_vanax  genesen  sein  kann,  mit 
«Ion  iSaiiien  su  »ieler  Tragödien  verschollen  sein  mögen. 
Ferner  sehe  iili  mit  Erstaunen,  dass  Hr.  W.  trilogiseh 
und  y.atd  fiioo^  einander  entgegensetzt,  und  also  xaza 
uiOOi  hei  ilim  eine  ganz  besondere,  mir  und  «ohl  auch 
Andern  unlekannfc  Bedentnng  haben  mnss.  Endlich  vül- 
lig  unliogreiflich  ist  nach  meiner  Logik  der  Schlnss,  <lcn 
Hrn.  AV.'s  letzte  AVorte  enthalten.  Kr  ist  fol<render:  das 
Todesnrtheil  i\es  Astvanax  zeigt,  dass  Aeschjlns  auch  die 
Zerstörung  der  Stailt  behandelt  liat.  Da  nun  Ganzheit 
in  Dchandlnng  iler  BI\tlien  als  dessen  Sache  von  mir 
selbst  angenoiiinien  «erde,  so  werde  ich  die  AValirschein- 
lirhkeit  nicht  abliingnen  dürfen,  dass  die  71 /'oO/-;  J/ÄOV 
bkv  die  des  Aesch}lns  sei.  Ich  bedauere  keinen  dieser 
Satze  für  richtig  anerkennen  zu  können.  Der  erste  setzt 
als  gewiss,  dass  der   Vers 

Ol'  ^Qr,  /.iorroi  ay.viivov  iv  ■koXei  Totcfco' 
von  dem  Astvanax  zu  verstehen  sei.  Das  ist  aber  bloss 
eine  A'crniulbung  von  Hrn.  AV.,  von  der  ich  p.  1 4  f ■  ge- 
sagt habe ,  /'/teile  concedam  de  Astijanacte  dictum  esse 
poluinse.  Denn  mehr  konnte  ich  nicht  zugeben,  da  wir 
ja  gar  keine  jVucliricht  Italien,  von  wem  der  Xeis  wirk- 
Jitli  gciti'.  Mit  doch  Aeschylus  im  Agamemnon  selbst  den 
Paris  mit  einem  jungen  Löwen  verglichen  v.  699  H-  Gesetzt 
aber  anc  li,  der  A'ers  gehe  auf  den  Astvanax,  so  folgt  doch 
nur,  dass  der  Dichter  von  ihm  gesprochen,  nicht  dass 
er  auch  die  Zerstörung  der  Stadt  als  Tkiov  ttujOU  be- 
handelt habe.  AVisseu  wir  denn,  ob  er  nicht  eine  Tra- 
gödie Astvanax  gesthrieben  hat?  Diese  würde  immer  noch 
keine  l/iuv  TriciO/i,  und  noch  weniger  eine  J/.iOU 
TTiOffti  ö/.lj  be«  eisen.  In  dem  zweiten  Satze  verstehe 
ich  weder,  was  Ilr.  W.  unter  Ganzheit  denkt,  noch  weiss 
ich,  wo  ich  diese  Ganzheit  als  Sache  des  Aeschylus  an- 
genommen haben  soll,  da  ich  vielmehr  gesagt  habe, 
Aesrlivliis  hatte  seine  Stolle  y.aiu  /liooi  behandelt.  Da 
also  der  erste  Satz  unbegründet,  der  zweite  aber  geradezu 
unwahr  ist,  so  folgt  von  selbst,  dass  auch  der  Scliluss- 
satz  falsi  h  ,  und  also  der  ganze  Schluss  ein  Paralogis- 
inus  ist. 

AVeiter  S.  41.  ,,Die  beiden  Stellen  fV  Uioacu,  die 
ich,  weil  sie  in  ilen  l'crsern  nicht  vorkommen,  i r  lll'o- 
0/i^l  zu  si'tzen  rorsililug,  bringt  iler  A'erf.  dagegen,  ob- 
gleich darauf  für  mich,  als  eine  Nebensache,  welche  nur 
den  Titel,  nicht  den  StolF  selbst  angeht,  nicht  viel  an- 
kommt, unil  obgleich  nii'ii.p  Enicndiition  zu  den  einfach- 
sten gehören  dürfte,  dennoch  lieber  in  den  Persern  unter. 
Eine  gescbiikte  Kritik  ist  angenelim,  auch  «enn  sie  wie 
betrunken  taumelt.  AVer  sich  an  6oulH  riiiies  versucht 
hat,  kann  sich  da?  A'ergnngen  machen,  dieselben  AVorte, 
woion  es  sich  hier  handelt,  in  jeder  beliebigen  Tr.igödie, 
an  mehr  als  einer  Stelle,  einzudediten.  AVer  AVahr- 
schcinlicbkeitsrechnungen  liebt,  mag  ermitteln,  wie  hoch 
der  Zufall  anzuschlagen  sei  ,  der  zwei  ,  durch  die  Ab- 
schreiber gerade  zufällig  nbcrhüpfte  Phrasen  ans  den 
Persern  als  Glossen  gerettet  hat;  es  wird  sich  ein  unge- 
heures   A'erhaltniss    herausstellen." 

Ich  übergehe  die  lJnaiis(;ini!igkeit  dieser  Ilede  und 
bemerke  bloss,  dass  es  für  ilon  Zufall  keine  liere(  h- 
iiungsforniel    gibt,    und    dass    der    Schluss,    den    Hr.   AV. 


machte,  folgender  ist:  weil  ich  annehme,  dass  Aristoteles 
eine  sonst  nirgends  erw.'ihnte  'tkiur  uiiO'ri^  des  Aeschv- 
lus  nenne,  so  schreibe  i(  h  in  zwei  Stellen  iv  Utoaidl 
statt  iv  UtoOciti ,  indem  in  beiden  AVorto  angeführt 
werden,  die  nicht  in  den  Persern  stehen.  Dagegen 
schloss  ich  so:  da  in  zwei  Stellen  AVortc  aus  den  Per- 
sern angeführt  werden,  die  in  unserem  Texte  niilit  ste- 
llen, so  ist  das  Nächste,  zu  verniuthen  ,  dass  sii^  darin 
gestanden  haben,  wenn  sich  passende  Stellen  nachweisen 
lassen  ;  ganzlich  iiuwalirseheinlich  aber  ist,  dass  iv  fltu- 
Oltii  zu  schreiben  sei,  da  nicht  nur  beide  Stellen  nichts 
auf  Troja  Bezügliches  enthalten,  sondern  auch  eine  'J tjnv 
7r(ooi.:  lies  Aeschylus  keineswegs  erwiesen  ist,  und  in 
jenen  Citaten ,  wie  so  haulig,  wohl  auch  der  IVame  des 
Stückes  oder  des  Dichters  mit  einem  andern  Namen 
vertausdit  sein  kann.  AVelclior  von  beiden  Schlüssen  mit 
mehr  Nüchternheit  gemacht  ist,  mag  der  Leser  bcur- 
tlieilen. 

,,l)och  nm  AVunder  des  Zufalles  solcher  Art  und  der 
Kritik  zu  glauben,  werden  wenigstens  ilie  Phrasen  wirk- 
lich an  die  Stelle,  wohin  sie  gesetzt  werden,  passen 
uiüssen.  Entschieden  Unrecht  geschieht  dem  Dichter 
<lurch  den  Kritiker  in  der  ersten  Stelle,  wo  wegen  des 
AVortes  i' n- d  t  c  A.  o  5 ,  iv  IHoOa/i,  der  Rede  des  Darius 
(683)  dieser  A'^crs  untergeschoben   wird: 

S2  TTiOTu  ntOTujv  ijki/.t^  6'  ijßiji  ifiijg, 
Tli(JOui  yCQaioi,  riva  nuKn;  nov£t  novov; 
[d}.ij9o7rcvt)£i  8'  oi'd  v  TT  u  i;  i'i k  (p  yo'j)] 
OTivej,  yiy.u^rat  v.al  xuodaaezai  niöov. 
A'on  der  AViederliolung  und  A'erstarkung  des  Ausdruckes 
durch  sein  verneintes  Gegentheil  (jiEvdel^  oi'x  i^ötTUi) 
ist  sehr  verschieden  der  Gedanke  an  Schein,  A'erstelinng, 
Irrthuin,  die  abgelehnt,  ausgeschieden  würden.  AVo  nun 
gar  eine  ganze  Stadt  trauert,  wer  dachte  da  an  A'^crstel- 
lung,  und  gar  wo  Erscheinungen  bemorkt  werden,  wie 
Y.i/.ti:ixai  y.a'i  xuodaacrai  ■jridov^.  Die  Zwischenbe- 
merkung ist  daher  nicht  bloss  niüssig,  sonilern  unzeitig, 
matt,  falsch,  und  es  würde  unbegreiflich  sein,  wie  Hr. 
Hermann  so  seinen  Aesclivlns  verwässern  könnte,  gäbe 
nicht  i!ie  andere  Conjectur  ir  TTUgcriöt  einigen  Aufschliiss. 
Dazu  der  Tropus  üio^vkog  in  A^erbindung  mit  -j-ooc!" 
IMit  den  dunkeln  AVorlen  ,,ilie  andere  Conjectur  iv 
TTi'rtir/i')/"  scheint  die  zweite  .Stelle  gemeint  zu  sein,  in 
weicher  ich  Hrn.  AV.'s  Conjectur  iv  llioOlöt  statt  iv 
ni'iOUli  nicht  aiinaliin:  wovon  nachher.  llebrigens  er- 
eifert sii  h  Hr.  AV.  ziemlich  unvorsichtig.  Er  hatte  be- 
denken sollen,  dass  in  dem  von  mir  angenommenen  A'erso 
«//,i/is  und  0('7  irciiBuf.Oi;  rinander  rcspondirteii.  Ich 
will  nicht  irifiMi  öo.y.ui  X^uiv ,  nicht 

(ii'fMnni  b'  Ott  ■TrkaaiTUtfn  Cfvotuuaoir 
vergleichen  ,     sondern    eine    gauz     gleiche    Stulle    in    ilcn 
Sieben   gegen   Theben   v.   854. 

yJMiv) ,  uTivoitat ,  y.ai  öükoi  oi'ds'ii 
fti)  '/.  (fotvuc  ÖQÜuJi  /iE,/.r/ulveiv. 
AVenn  er  aber  gar  an  dem  Tropus  ai'X  V^di;i'koü  youi 
Ausioss  nimmt,  so  scheint  er  nicht  nur  vergessen  zu 
haben  ,  dass  lAlcnandcr  sogar  einen  iMenschen  l'TJ  oiri'Ao»,' 
genannt  hat,  und  d.iss  die  ganze  Griecliisclie  Poesie  vcr- 
uichtct  werden   würde ,    wenn    mau    auf  sie    das  moderne 


741 


glcirliariijfor    BcgrifTc    in    «Icii    Tropen    anwpnilen 
An   die   Harfe   der   Rede,   «cnn   kein   ^'crs  fehlt, 


Gesetz 
Molltc. 
hat  Hr.  W.   gar  nicht   getladif. 

„Sodann   wird   iu  die  Klagrcde  des  Xerxes    (018)   ein 
Vers  cingeschohen. 

Ei^'  ujtfieXs  ZEVi  y.dfie  fier   dvdoviv 

TOJV    O/'xOfAiVOJV 

[jieni  Ttov  in;  a  ov  g  vtjptTOTQocfovg] 
&auÜTov  xara  (.toiga  xaki  ipai. 
Facile  sentiat  quis  gravius  linec  ilici  potuisse  et  sig/iiß- 
canlius,  si  locus,  in  quo  se  cum  aliis  periisse  ojitut,  de- 
signnretur.  lliique  /lemo,  opiiior,  viluperet  sie  scripta. 
>arh  ilein  ^Nirliergciionden  ulier  Haren  die  Andern  gar 
liiillt  nni  Inseln  her  nnigekoniuien  ,  sondern  naili  der 
geordneten  und  ansfiihrlielien  Hrzaliinng  des  Boten  in  iler 
Meerenge  von  Salamis,  anf  der  Insel  Psvttalea,  in  Biio- 
tien  lind  iveiterliin  zu  Land,  nnd  die  Letzten  im  einlirc- 
chcnden  Eise  des  Strynion.  Wie  käme  also  dem  Xerxes 
die  Lnst,  gerade  Jieol  Jroi<  it-croi'^  ertrunken  zu  sein, 
lind  dazu  das  AV'ohlgefallon ,  hier,  «o  der  allgemeine 
Untergang  in  vielerlei  fiestalt  seinen  Sinn  erfüllt,  an  der 
Art  flleerschneeken ,  die  ich  »eiss  nicht  an  «eichen  In- 
seln gerade  vorkommen?  Daher  auch  hier  nicht  eine 
Auslassung  entdeckt,  sondern  nur  eine  ganz  vollständige 
Sclilnssredo  durch  einen  störenden  Zusatz  entstellt  ist.'' 
Unbegreiflich  ist  hier  zuuirderst,  dass  die  Andern  gar 
nicht  nni  Inseln  her,  nnd  doch  >'iele  von  ihnen  iu  iler 
flleerenge  von  Salamis  und  auf  der  Insel  Psvttalea  um- 
gekommen sein  sollen.  AVenn  sich  diess  nicht  «ider- 
spriclit,  so  widerspricht  sich  nirgemls  otuas.  Ferner  ge- 
hört die  Erzählung  «les  Boten  gar  nicht  hierher.  Dieser 
liat  der  Atossa  die  Niederlage  vor  der  Ankunft  des  Xerxes 
erzählt,  von  «elcher  Erzählung  Xerxes,  der  nun  erst 
mit  dem  geschlagenen  Heere  angekommen  ist,  jNichts 
gehört  hat.  Warum  nun  Xerxes  sehr  passend  ^fpt  710V 
vr,0OL':;  sagen  könne,  ergil.t  sich  daraus,  dass  er  selbst 
den  Untergang  der  Flotte  bei  Salamis  und  die  Nieder- 
lage bei  Psyttalea  mit  eigenen  Augen  angesehen  hatte. 
Er  wird  also  doch  «olil  lieber  mit  denen,  die  er  dort 
sah ,  als  auf  ilem  Festlandu  oder  im  Stryniou  unterge- 
gangen zu  sein  uünschen.  Auch  waren  dort,  wenn  Sa- 
lamis und  FsUfalea  nicht  genügen,  no<  h  mehrere  Inseln. 
Sfrabo  IX.  p.  oUö.  5  ^V L' r r dkl l c).  vijolov  i^Ji^ftof  Tre- 
TOojösQ,  ü  Tivec,  sinov  'Kr,ji)jv  tov  UsiQaibvx;-  ttXij- 
oiov  du  y.ai  »';  '.'iTakavTii ,  üuujvvftoi;  ry  ne^l  El<- 
ßoiav  Y.ai  Aoy.Qovq,  y.ai  dklu  vi]oiov,  oiwiuv  -rij 
Ih'TTaklia  VAU  luvxu.  Das  AVolilgefallen  des  Xerxes  an 
JMeerschnecken  ist  ein  uu«iirdi(;cr  Scherz:  denn  hoil'ent- 
lich  hat  doch  Hr.  W.  niiht  geglaubt,  ich  halte  an  leben- 
dige Aleerschneckeu ,  und  nidit  au  den  Aluschelkalk  ge- 
dacht, aus  w.!lcheni  die  Felsen  jener  Inseln  zu  bestehen 
scheinen.  .Athenäus  sagt  JII,  p.  SO.  B.  von  dem  ö.va- 
piTrjC,:  y.oyx'jjdei  dl  üi>  tu  urrToiuv  Tlgu;t-/iTcu  tui., 
TTtToaig,  uiiiieo  cd  Aind5i>;.  IIovj8i;g  d'  iv  Ivvüq- 
ya^oiiivaii' 

TTQo^Cfiq  ö/.ujq  m  y^oioäbuiv  dvapUijq. 
Aia^vkoo,  ä'  iv  nSgaaeg  Tivdg  vi']aovg  vijotroTQoffovi 
£lQ1]y.Bv.     Solches   Gestein   hat  aber   die  benachbarte  flle- 
garis.     Pausanias  I.  44,  (j.   y.ul  Kuquc   tou    (l'üou/rtoJi 


r4'2 


fivijua,  iari,  TU  fttv  i^  dp^f^g  ydifiu  yij^-  lOTSpov 
de  Tov  9ioi'  Xf^'/'octwui;  iyuajti^ihj  i.ibut  ''y.oyxUrj. 
jjoi/otg  Sh  'E}.'ki\vu)v  3hyaoii>cnv  ö  y.oyxi-x\-jg  ovTÖg 
ioTl,  y.ut,  crcfiai  y.ai  iv  ttj  ndkei  ■:T:fKuihTui  tcoIXu 
i^  ai'rov.  itrii  de  uyav  Xevxug  yai  dkkoii  kiSov 
/lakay.aJTSQog-  y.dy/oi  dt  al  9ahlaaiui  Sid  navzog 
tveioiv  Ol-  Dass  die  ftlegarenser  allein  iliesen  Stein  ge- 
habt haben  sollen,  ist  »ohi  nicht  buchstäblich  zn  vcr* 
stehen,  da  er  sich  vermnihlich  an<li  anf  den  nahegelege- 
nen Inseln  find:  allein  da  sie  ihn  bei  sich  selbst  brachen, 
«erden  sie  ihn  naturli<'h  nicht  von  Psvtfalea  und  andern 
Inseln  geholt  haben.  Was  ist  also  Lächerliches  darin, 
«enn  Xerxes  ni'inscht,  mit  Andern  bei  den  rtluschelstein- 
felsen  der  Inseln   untergegangen   zu   sein? 

„In  dem  s|)ateren  Programm  über  den  Ajas  erklärt 
Hr.  Hermann  ilie  Eincndation  der  Fragmente  ganz  all- 
gemein («ogegen  viel  zu  sagen  «äre)  für  ein  trüglichcs 
Spiel  der  Kritik,  «odurcli  mehr  nicht  zu  erreichen  sei, 
als  dass  das  Gesagte  wahr  sein  könne:  für  wenigstens 
ebenso  trüglich  «ird  ihm  selbst  das  Interpoliren  vollstän- 
diger Werke   mit  selbsigemachten  ^'ersen   gelten." 

Hr.  AV.  spricht,  als  ob  ich  das  geläiignel  und  die  In- 
terpolationen als  ausgemacht  aufgeslellt  hätte:  und  doch 
habe  ich  nur  gesagt,  da  Passow  nicht  habe  entdecken 
können,  wo  jene  C'itate  in  den  Persern  gestanden  haben 
könnten,  wollte  ich  diess  nach«  eisen,  wobei  ich  aus- 
drücklich S.  17  hinzufügte:  seu  Vera  seu  falsa  dicuin 
(iiieminisse  enini  oportet  natura  sua  hoc  genus  coniec- 
taitdi  incertum  esse). 

„Auch  erklärt  er  Anfangs  nur,  dass  an  mehreren 
Stelleu  der  Perser  etwas  ausgefallen  zu  sein  scheine. 
Daher  hätte  er  auch  nicht  am  Ende  ,  nach  übler  Logik, 
glauben  sollen  ,  mit  solcheji  Eniendationen  etwas  wiiler- 
legt  oder  etwas  bewiesen  zu  haben.  Er  schliesst  aber: 
Firmiorihus  ergo  argumenlis  opus  erit  quam  quibus 
JCelcherus  usus  est,  si  quis  et  Ikiuv  ntpaiv  ab  Ae- 
schi/lo  .<criptam  esse,  et  eum  tragoediam  ab  Atlienaeo , 
ab  scholiasla  Hermogenis  (nämlich  iv  Uiocruig),  atque 
adeo  ab  ipso  .4ristntele  commemoralum  evincere  voluerit. 
Das  Urtheil  über  A.-.t\anax  hielt  er  für  beseitigt.  Ver- 
stärkt hat  Hr.  Hermann  selbst  meine  Gründe,  und  in 
AVahrheit  auch  hier,  was  er  seinerseits  so  oft  nur  mit 
Unrecht  zu  finden  glaubt,  mira  et  incredibilia  aufgestellt. 
So  kehrt  sich  auch  ganz  von  selbst  lias  imposant  sein 
sollende  Schlusswort:  perfacil»  est  credere ;  scire  diffi- 
cile  —  credi  aulem  etiam  vana  pnst^iint,  gegen  den  zu- 
rück,    der   eben    die   schönste    Probe    d.iioii   abgelegt   hat.-' 

Wolil  Hrn.  \V.,  «enn  er  seine  (.'runde  von  mir  gar 
noch  verstärkt  glaubt.  Idi  habe  über  das,  was  er  hier 
sagt,  Folgendes  zn  bemerken.  Von  den  Persern  habe 
ich  S.  17  gesagt:  Sunt  autevi  Persae  yleschyli  non  imo 
in  loco  ita  vitiati ,  ut  e.vcidisse  aliquid  videatur.  Hr.  W. 
deutet  diese  Worte  zu  seinen  Gunsten,  als  hätte  ich  von 
blossem  Schein  gesprochen.  Dass  aber  «irklich  Lücken 
in  den  Persern  sind,  will  i<'h  ,  andere  Beueisc  über- 
gehend, an  einem  ganz  evidenten  Beispiele  zeigen.  V.  Ö29. 
Well,  steht: 

■jto'kk'i.l  d'  aTtakaig  xepai  y.a'kin^xpac, 
y.axLQCiy.ö^iEvai 


743 


744 


d/aiiv5u}.{'oii  däxovai  yÖKTOii 
Tsyyova'  aKyoi'-:   utTt/^ovoat. 
lü  d    dßoüyuui  IIcuatÖE;  — 

liier  »enlcii  also  Tta'/J.cü  und  flcontds.;  untcrsrliirdeii, 
iiiul  (lo(h  sinil  die  rio'fJMi  auch  IleooideQ.  Nim  gibt 
aller  am  h  ein  alter  Codex  eine  Spur  dessen  ,  « as  aiis- 
•'efjileu  sein  niiiss,  indem  er  nayväd  nai  ii  y.axloir/.ö- 
iifval  Iiiiizusctzt.  Da  dieses  nnn  nicht  das  einzige  sichere 
heisjiicl  einer  Auslassung  in  den  Persern  ist,  so  folgt, 
dass  »ir  dieses  Stiick  ans  einem  hier  und  da  liickenhaf- 
len  Codex  liberkoninien  haben,  und  also  auch  uohl  an 
solchen  Stelleu  etiias  ausgefallen  sein  kann,  wo  der  Sinn 
TolUt;indig  ist.  Denu  bekanntlich  sind  dergleichen  Aus- 
lassungen aus  leicht  begreifliclier  Ursache  die  hiinligstcn. 
^Vas  nun  Hr.  W.  üble  Logik  nennt,  ist  folgender  Schluss : 
da  die  Perser  hier  und  da  Lücken  haben,  so  ist  kein 
zureichender  Grund  lorhanden ,  die  beiden  Citatc ,  iu 
M  eichen  Worte,  ilie  in  unserem  Texte  nicht  stehen,  von 
denen  sich  aber  nachweisen  lässt ,  »vo  sie  können  gestan- 
den haben,  fiir  Citate  nicht  aus  ileu  Persern,  sondern' 
aus  einer  |iroblen>atischcn  'It.tuu  Tteocn^  zu  halten.  Da 
ilieser  Scliluss  nach  der  Logik,  nach  welcher  ich,  und, 
wie  ich  glaube.  Jedermann,  der  niclit  eine  ganz  beson- 
ilere  Logik  hat,  schliesse  ,  ein  richtiger  Schlnss  ist,  so 
inuss  ich  auch  jetzt  noch  sagen  ,  ßrmioriöus  ergo  argu- 
7Kenlis  opus  eril ,  quam  quibus  H'elckerus  usus  est. 
Endlich  scheint  Hr.  W.  mir  zum  ^'orwurf  zu  machen, 
dass  ich  das  LJrtheil  über  .Isfvanax  für  beseitigt  ge- 
halten habe.  Da  weder  erwiesen  ist,  dass  das  y.ai  uri 
loinio  .tioXt'f-O-;  bei  dem  Aristoteles  auf  ISlUfjljV  nicht 
gehen  könne,  sondern  auf  IKiOV  UepOIV  gehen  müsse, 
noch   gezeigt   werden   kann,   d.ass   der   Vers 

UV    -/Ql^    t.lUVTO^    O/.VUVUV    fV     Uu}.£l    T(li(ftlV 

nodiwendig  lon  keinem  Andern,  als  dem  Astyanax  gelte; 
io  ist  noch  nicht  bewiesen,  dass  es  wirklich  eine  Jtjoo 
■mijnii  des  Aeschvlus  gegeben  habe,  sondern  es  bleibt, 
da  auch  fiir  das  Grgentlielt  kein  Zeugniss  vorhanden  ist, 
nur  die  .Möglichkeit  ülirig.  Eine  mii;;liihe  I l.iot'  :ieQ- 
atr  eben  für  eine  wirkliche  zu  nehmen  (das  ist  vanu 
ciedere) ,  und  aus  dieser  für  wirklich  genommenen  iniig- 
iirlien  J/.i'oi'  Tciom^  zu  schliessen,  dass  in  zwei  Zeug- 
nissen iV  flion/St  für  iv  nifj<yai^  zu  schreiben  sÄi , 
ist  ein  Schliass,  über  dessen  Haltbarkeit  etiias  /.n  sagen 
überflüssig  sein  würde.  Hiernach  kann  man  das  Kiule 
von   Hrn.    W.'s  Rede   würdigen. 

>Vo  die  Toi;üTtdi'^  besj)roclK-n  werden,  liest  man 
S.  .ÜO  Folgendes:  „Die  ^'erse  bei  Antigonus  Kar_\stius 
erklären  sich  iu  dieser  Fabel  als  Worte  des  Akt.'iou  an 
die  Jagdnviinjhen,  der,  ihre  Keuschheit  nicht  nnerkeu- 
nend,  »oii  Liehe  siirecheiul,  wohl  gar  Verdailit  äussernd, 
gegen  ihre  Heiligkeit  sich  verging.  Nach  dieser  Ansicht 
lasst  sich  ilen  vielen  Emendationen  der  terilorbenen  .Stelle 
eine  ncnc  gelindere  hinzufügen.  Antigonus  redet  von  iler 
Hitze  der  Stuten  nn<l  setzt  hinzu:  (faivLTO.L  öl:  /.al 
yi/Oj^L/.oi    lOToor/.uj-;    tu    coioutuv    ovcujg  tcvj^  *'?'/" 


y.ivm    rroo-    Tiu    Ttciodtioii;    iv    t«/\-    To^önoiv 
\/Ouu  TuL 

äyvcti:;  -TTO.Q^hon;  yaiirjXiojii 
}u'/.TQ(ov  üfpai-   inj  ßke^xf-iaruiv  ^€7lrj  fioki-. 
y.(U  SiaKt:xujv  7l()i)i;i9i  X£r . 

[i'iug  yi'vc'.r/.di\  or  fic  fiij  i.ä^Tj  (fXeyujv 
6(pl>a\f.iui,  );t^s  äpöooi  ;;   yeyevuivtj, 
i-iovra  TofTüjv  di'fwi'  innoyvujuova. 
".ISov  für  üdüiv  {AJOlS),  ü((ai  iüT  uavtt  (CT  9t.  Cp), 
so   dass   Antigonus    übel    abkürzend    (wie   auch   im  3.   V.) 
üöov    aus    seiner    ^'^erbindnng ,     vielleicht    mit   einer   Par- 
tikel,  im   vorhergehenden  Verse  zog.    IfesioJ.  T/ieog.  '^17. 
TTjcrtv  aSuv  &aLiai,    927.    7J    y.f/.aöot    -re    äduf.     Die 
Construction    wie    rdcfiov    na-vouwjv  kcy^ai  bei  Sopho- 
kles"; (vielmehr   bei  Aeschvlus   in   den  .Sieben   gegen  The- 
ben)   ,^\t/.Tijuiv    aqc'.i,    wie    ii'vij;    äipao^ai ,    dty(i't>. 
aipaoi^at ,    ipaüetv    yänu}v ,   Pors.    ad   P/wen.    9t)U.    — 
QeTlT]   ßot.ij    f.   Q€7tlßuvkt],    Salmas.    Qizrii  ßokr;.      V.   3 
ist   i'ta;  yvvur/.oi  aus  der  .Anführung  PIntarch's  snpplirt. 
y.   5.   schreibe   ich   1-invxa  f.   t/uiv    t)f." 

Hier  ist  Hr.  W.  auf  ein  ihm  nicht  gehürig  bekanntes 
Feld  gerathen.  Um  mit  dem  letzten  V^erse  anzufangen  , 
so  wird  Jedermann  gleich  auf  den  ersten  Blick  sehen, 
dass  nicht  t/oVTa^  sondern  i^L'J  ^6  zu  schreiben  war, 
wie  auch  schon  alte  Kritiker  corrigirt  haben.  '^Vas  aber 
soll  man  zu  den  ersten  Versen  sagen,  von  denen  Hr.  W. 
do(  li  w  enigstens  hätte  eine  Uebersetzung  geben  sollen  , 
damit  man  erführe,  was  ^/o;  ßkeund.TUJV  (JtTCT]  ßul.r, 
bedeuten  sollte?  Sodann  h.ittc  er  den  von  ihm  angenoni- 
nieiien  Gebranch  von  ucfr,,  das  in  dieser  I5cdeutniig  gar 
sehr  der  llechtfertlgnng  bcilurfte,  erweisen  sollen.  Am 
meisten  aber  muss  man  sich  über  üduv  wundern.  Dass 
diess  die  terlia  plurulis  des  Aorists  von  didavo)  ist, 
Meiss  Jeder,  der  in  der  Grammatik  bis  zu  den  veibis 
aniimalis  gekommen  ist:  wozu  also  noch  Citate?  Aber 
alle  Citate  aus  Homer,  Hesioilus  und  andern  Dichtern, 
wo  (/.ds  und  i'.buy  vorkommt,  beweisen  noch  nicht,  dass 
diese  des  Augments  entbehrende  Form  von  eiiiein  Tragi- 
ker gebraucht  worden  sei,  wovon  bis  jetzt  noch  Niemand 
etwas  gehört  hat.  AVie  Hr.  AV.  emendirt,  konnte  »veder 
Aeschvlus,  noch  irgend  ein  Tragiker  schreiben.  Weit 
besser  hätte  er  getlian,  wenn  er,  wie  in  der  Trilogiu 
S.  4l9,  Toups  doch  wenigstens  verstiindliche  und  sprach- 
richtige  Conjectur  wiederholt  h.'itte.  AVelclier  Fehler  in 
uöa>r  To.ic  liege,  wage  ich  nicht  mit  Ucstimmtheit  an- 
zugeben: aber  das  I^eichteste  würde  sein,  mit  einem  so- 
genannten absoluten  N-uminativ  so  zu  schreiben: 
äliujv  T/-  äyvuu  Ttugdirotq  yafiijklojv 
ki/.Toviv ,  tTolfuj  ßks/.iitecTojv  ^i:iet  ßoXr,. 
Gefüllt  Jemand  des  Ehebetts  reinen  Jungfrauen,  so  win- 
ken   ilire   lilicke    bereitwillig. 

Irb  schliesse  diese  Bemerkungen  mit  ileni  Wunsche, 
dass  Hr.  \V.  künftig  weniger  leidenschaftlich  schreiben 
und  bedenken  möge,  dass  die  Achtung  der  IMenschen  sich 
nach  dem  Grade  der  Würile  und  des  Anstaiides  richtet, 
mit  dem   man   sich   selbst  seine   ülellc   anueist. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terth  ums  wissen  Schaft. 


Mittwoch,  7. 


August 


18  3  9. 


Nr.  94. 


IM.  Tiillii  Cireronis  Orafiones  selectae.  Kritisch  be- 
richtigt und  mit  Amiierknngoii  begleitet  von  C.  Be- 
necke, Dr.  Erster  Band  (  enth.  die  Reden  pro 
Q.  Ligario,  pro  rege  Dejotaro,  pro  Archia  poeta ). 
Leipzig  bei  Karl  Franz  Köhler   1836- 

■  Nachdem  Herr  Professor  Benec.ke  seine  Befähigung 
als  Herausgeber  und  Erklärer  der  Schriftwerke  dos  ro- 
Diischen  Alterthums  bereits  durch  seine  Ausgabe  des 
Justinus  ,  sowie  der  Reden  Cicero's  gegen  Catiliua 
und  der  Rede  für  den  Oberlehl  des  Pompejus  genugsam 
nachgeuiesei!  ,  hat  derselbe  Gelehrte  sich  durch  seine 
Bearbeitung  der  Reden  für  Q.  Ligarius,  für  den  König 
Dejotarns  und  für  den  Dichter  Archias  von  neuem  die 
ehrenvolle  Stelle  gesiihert,  die  er  Hnter  den  Erklarern 
der  Werke  Cicero's  einniuinit. 

Ueber  die  Bestimmung  der  vorliegenden  Ausgabe  er- 
klärt sich  Hr.  B.  in  der  Vorrede  folgendermaassen:  Der 
Haupiziceck,  den  ich  nach  Kräften  zu  erreichen  suchte, 
galt  dem  Möglichst  vollkommensten  Verstündniss  der  vor- 
liegenden Reden.  Auf  eine  durchgängige  kritische  Be- 
richtigung des  Textes  also  und  auf  eine  sorgfältige 
Erläuterung  des  Sprachgebrauchs  im  Allgetneinen ,  wie 
im  Besonderti  des  Cicero  ,  und  genaue  Erklärung  der 
Sachen  war  mein  Streben  gerichtet.  Auf  die  Frage,  für 
welche  Leser  diese  Ausgabe  berechnet  sei,  antwortet 
Hr.B.,  tiie  folgt:  Durch  die  treue  Verfolgung  des  vorge- 
legte?! Plans  glaubte  ich  dem  gelehrten  Forscher  eine 
nicht  ganz  vericer fliehe  Arbeit,  dem  beengten  Schulmanne 
das  vollständige  Resultat  der  bisherigen  Forschungen 
und  Leistungen  und  dem  gereifteren  Schüler  bei  seinem 
Privatßeisse  eine  geistige  Anregung  zum  gründlichen 
Sprachstudium  zu  geben. 

Was  nun  die  Ausgabe  selbst  betrifft,  so  ergibt  sich 
aus  einer  genauen  Prüfung  derselben,  dass  Hr.  B.  mit 
lobenswertliem  Fleisse  ilcn  lateinischen  Spracligebrauch 
überhaupt,  sowie  die  Redeweise  Cicero's  insbesondere 
nachzuweisen  gesucht  hat.  Die  Anmerkungen  zeugen 
von  gründlicher  Kenntniss  der  Sprache  Cicero's,  und  diese 
Kenntniss  hat  den  Hrn.  B.  in  den  Stand  gesetzt ,  in 
streitigen  Fallen  niclit  nach  Hypothesen  zu  haschen,  die 
unter  dem  Scheine  der  Genialität  nur  zu  oft  Unwissen- 
heit bergen  ,  sondern  die  handschriftlich  begründete  Les- 
^^  gpgen  Neuerungsvorschläge  kräftig  zu  schützen.  End- 
lich   hat    Hr.    B.    stets    mit    gleichem    Eifer,    aber    nicht 


immer  mit  gleichem  Erfolg,  die  Interpolationen,  welche 
die  Handschriften  selbst  erlitten,  aufgesucht.  In  diesem 
Bestreben  aber,  alle  fremdartige  Bestandtheile  aus  dem 
Texte  zu  scheiden,  scheint  uns  Hr.  B.  nicht  selten  zu 
weit  gegangen  zu  sein.  Namentlich  hat  Hr.  B.  gern 
dem  Inhalt  nach  verwandte  Gedanken ,  sobald  diese  un- 
mittelbar auf  einander  folgten,  als  Glosseme  betrachtet 
und  als  solche  im  Texte  entweder  eingeklammert,  oder 
gänzlich  übergangen.  Bei  diesen  Verdammungsurtheilen 
scheint  uns  Hr.  B.  nicht  immer  die  äusseren  Gründe 
sorgfältig  genug  erwogen  zu  haben,  was  wir  weiter  unten 
nachzuweisen  beabsichtigen.  Sowie  wir  also  einerseits 
den  über  den  Sprachgebrauch  des  Cicero  angestellten 
Untersuchungen  des  Hrn.  B.  fast  nirgends  unsere  Bei- 
stimmung versagen  konnten ,  so  mussten  wir  dagegen  an- 
derseits von  den  die  Kritik  des  Textes  betreffenden  An- 
sichten   des  Herrn  Herausgebers    nicht    selten  abweichen. 

Dass  ferner  das  Bestreben,  eine  nicht  nur  für  den 
gelehrten  Forscher  und  für  den  beengten  Schulmann  , 
sondern  auch  für  den  gereifteren  Schüler  nützliche  Aus- 
gabe zu  liefern,  bisweilen  eine  gewisse  Ungleichmässigkeit 
in  den  Anmerkungen  veranlasst  hat,  darf  nicht  befrem- 
den. Ohne  nun  mit  dem  Herrn  Herausgeber  über  die 
Vereinigung  dieser  verschiedenartigen  Zivecke  zu  rechten, 
wenden  wir  uns  vielmehr  zu  dem  von  Hrn.  B.  Geleiste- 
ten selbst.  Bevor  indess  Ref.  auf  die  Beurtheilung  der 
Leistungen  des  Hrn.  B.  eingeht,  kann  derselbe  nicht 
umhin,  auf  die  durchaus  humane  Weise,  mit  welcher 
der  Herr  Herausgeber  die  Irrthümer  seiner  Vorgänger 
widerlegt  hat,  aufmerksam  zu  machen.  Ueberall,  wo 
Hr.  B.  seine  von  andern  Gelehrten  abweichenden  Ansich- 
ten vorträgt,  geschieht  dieses  auf  eine  die  sonstigen  V^er- 
dienste  jener  IMänner  durchaus  nicht  beeinträchtigende 
Weise.  Ref.  hält  sich  zu  dieser  Bemerkung  um  so  mehr 
verpflichtet,  als"  manche  jüngere  Gelehrte  gerade  in  scho- 
nungsloser Enthüllung  der  Irrthümer  ihrer  Vorgänger 
die  nachdrücklichste  Empfehlung  ihrer  eigenen  Leistun- 
gen  zu  suchen   scheinen. 

Wir  wenden  uns  zunächst  zu  der  Rede  für  den  Li- 
garius. Diese  Rede  befrachten  wir  um  so  lieber,  als 
gerade  in  dieser  Hr.  B.  am  meisten  sein  kritisches  Talent 
bewähren  konnte,  da  Hr.  Klotz  die  Kritik  in  dieser 
Rede  nicht  mit  Unrecht  eine  fast  bodenlose  nennt.  So 
sehr  wir  nun  auch  den  Fleiss,  mit  welchem  Hr.  B.  die 
Erklärung  der  Rede  und  die  Sicherstellung  des  Textes 
zu  terdern   gesucht  hat,    anerkennen  müssen,    so   können 


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748 


wir  doch  nicLf   Dmhin ,    gerade    in  ilieser  an   niclit  wenig 
Stellen  anderer  3]cinung,  als  Hr.   B.   ist,  zu  sein. 

Sogleich  §.   1.   nimmt  Hr.   B.   in  den   Worten:  Novum 
crimen,   C.  Caesar,  et  ante  htinc  dient  iion  auditum,  . . . 
ad  te   Tubero  detitlit  sttxti  i/iatiditum ,    «clchcs    die    treff- 
liche Erfurter    Handschrift    und    die     jje>iühiiliclien    Aus- 
gaben darbieten,    jioii   auditum  in  den  Text  auf.      Hr.  B. 
meint,     dass     die    Trennung    der    ^Verneinungspartikel    als 
die   ^'erneiuung  scli.'irfend    und    die  Ironie    kräftiger  Iier- 
rorhebcnd ,    am    augeninssensten    sei.       Dieser   Grund   ist, 
«ic    Jeder    leicht    einsieht,    keineswegs  hinreichend,    um 
die  Lesart  der   besten   Handschr.    aus  den»   Texte   zu  ver- 
bannen.      Auch   der  deutsche  Sprachgebrauch   entscheidet 
sich   für  inauditum,    inwiefern  man  sagt:    Eine  neue  und 
bis    auf  diesen   Tag   unerhörte    Anklage    hat   Tubero  vor 
dick  gebracht.     Zudem   ist  novutn  und  non  audituui  oder 
inauditum  nicl>t   wesenÜich   ton   einander  verschieden,    da 
beides    zur   Bezeichiinng    des   Ungewiilnilichen    gleich    ge- 
eignet ist.      Vergl.   i'iber  novnm  Kritz  zu  Sal.   Cat.   c.  öl- 
S"   '^-     §•  2-   ist  der  Druckfehler    reprehendaris  statt  re- 
prehend:itis   zu   beseitigen.      §.   3-   lesen   wir:    Quo  (bello) 
audito  partim  cupiditate  inconsiderata,  partim  caeco  quo- 
dam   timore  primo  salutis ,   post  eliam  sludii  sui  quaere- 
bant  aliqucm  ducem,    cum  Li^arius  domum  spcctans,    et 
ad  suos  redire  cupiens,  nullo  se  implicari  negotio  passui 
est.     Hr.  B.   half  hier  die  AVorle    et   ad   suos  redire  cu- 
piens   für  ein   Giossem    und  schlies>t    dieselben   in   Klam- 
mern   ein,    wozu    ihn    vielieicht    die    Auslassung    des  et, 
welches   in  vier  Handschriften   fehlt,    zum   Theil    mit  be- 
-«timmt    hat.       Die    Aelinlichkeit    des    Inhalts    rechtfertigt 
ein  solches  Verfahren   nicht.   —  Ref.   findet   in  den  AVor- 
ten:    domum    spectan^    et    ad   suos    redire  cupiens    einen 
ähnlichen  Forlschritt    vom    Allgemeinen    zum  ßcsondern, 
wie   <;.   .")  ,   wo   es   lieisst:   An   ille ,    si  potuisset  illinc  uUo 
■modo  evadere,   L'ticae,  quam   liomae,  cum  P.  Atio,  quam 
cum    concordissimis    fralribus ,    cum    alienis  esse,    quam 
cum    suis    maluisseti     Ohne   iVoth    hat  Hr.   B.   §.  3.   die 
Lesart    der    besten    Handschriften,    welche    statt    der  ge- 
wohnlichen   Lesart:     Atque    ille    non    mediocri   cupiditate 
arripuit  imperium ,    si  iltud  imperiuin   esse   putuil ,    quod 
ad    privatum     clamnre    mullitudinis    imperitae ,     nullo 
publica  consilio   def'erebatur ,   die  Stelle   folgendermaassen 
geben :    Atque    ille    non    mediocri  cupiditate  arripuit  im- 
perium,  si  illud  imperium  esse  potuit ,  quod  a  privato 
clamore    multitudinis   imperitae,    nullo  publica  consilio 
deferebatar.      Diese    Lesart    hat    bereits    lleinli.   Klotz   in 
der   Vorrede  seiner   Ausgal>e   der  Reden  Cicero's,   Tlieill, 
S.    7ö    scharfsinnig    vcrtlieiiligt  ;     indem     dieser    Gelehrte 
daranf  hinweist,  dass   ad  privatum  deferebatur    imperium 
von     Varus    gar    nicht    gesagt     werden     könne,      inwiefern 
dieser  bei  der   Uebernahmc   des  Oberbefehls   kein   Privat- 
mann  mehr   gewesen   sei.     Aber  annehmen  zu  wollen,    dass 
Varus   durch  seinen    verunglückten   Ausfall    aus   Auxinium 
(vergl.    Caes.    de   B.  C.   I.   c.    12   und    l3)    "ml    durch   ein 
verlorenes   Trellcn  ,    zu  einem   Privatniannc   geworden  sei, 
wäre   ebenso   unstatthaft,  als  die  von  Sigonius  .lufgeslellte 
Behauptung,     dass    der    mit    dem    Oberbefehl    IJekIcidelo 
ein   Privatmann    genannt    worden    sei.       Vergl.   Schütz   im 
Index  latin.   s.   v.  privatus.   —   Dagegen   hat  Hr.   H.   g.  (i. 
die  Lesart  der  Erf.  Handschr.,    welche    statt   omni  laude 


darbietet:  omninm  laude  mit  Recht  aufgenommen.    Letz- 
teres  ist  bereits  von  Hrn.   Klotz   genügend   geschützt  wor- 
den,     g.   7,   wo  Hr.   B.   über  die  Hiuzufügung  der  Praep. 
«Vi   zu    dem   .Ablativ    von    totus    spricht,    konnte    auch  auf 
Cic.    ad    Uuint.    Fr.    I.   ep.    JJ.   'JÖ-    hingewiesen    werden. 
§.    11.    lautet    der  Text    bei    Hrn.    B.    fülgenderniaassen: 
Hoc  egit  civis  Romanus  ante  te  nemo:  externi  isti  mores 
usfjue    ad   sanguinem    incitari    solent    odia    aut    levium 
Graecorum   aut  immanium   barbarorum.      Der  Sinn  dieser 
Worte   ist  deutlich;  Cicero  nämlich  sagt  unmittelbar  vor- 
her:   'San  habet  eam  vim  ista  accusalia ,  ut   Q.  Ligarius 
condemnetur :  sed  ut  necetur.    Was  nun  die  letzten  Worte: 
aut  lerium   Graecorum    aul  iiiimaniurn    barbarorum  anbe- 
trifft,   so    hat    diese    berei(s  Lambin    von  mores  abh/ingig 
sein  lassen;    dasselbe   nimmt  auch  Hr.   Klotz    an,    der  in 
den     Genitiven    eine    Zerlegung    des    allgemeinen    Gedan- 
kens:   e.vterni    isti    mores,    in  seine  Bestanddieile  findet. 
Hr.   B.   dagejicn   meint,  dass  die  Genitive  mit  odio  zu  ver- 
binden   seien,    ohne    sich    jedoch    auf   eine    nähere    Dar- 
legung des  Inhalts   einzulassen.    —    Dem   Ref.   erscheint, 
wenn  man   Lambin's  Erklärung    billigt,    iler    Beisatz    aut 
l.    G.   a.   i.   b.    durchaus    schleppend,     dagegen    Hrn.    B.'s 
Annahme    g.'inzlich    unstatthaft.       In  Erwägung  nun,   dass 
Cicero,    wenn    irgend    eine   Rede,    so    gewiss    die   vorlie- 
gende   sorgfältig    ausgearbeitet    habe,     da    er    diese,    wie 
man    aus  Cic.   ad   Altic.   XIII.   ep.    12.   §.   2-    ersieht,    iui 
AVegc   des  Buchhandels  verbreiten  liess,    genügt    uns   we- 
der   die    eine,     noch    die    andere    Erkh'lrungsweise ;     wir 
glauben   vielmehr,    dass    der   Text  verdorben   und   die   nr- 
sprüuglichc     Lesart     folgcndermaassen      herzustellen     sei. 
Externi  isti_  viores:  usque  ad  sanguinem  incitari  so  lere 
odio    aut  levium   Graecorum  aut    immanium   barbarorum^ 
wo    dann  das    allgemeine     ürthcil:      E.vterni     isti    mores 
nochmals  nachdrücklich    und    in  seine  Bcstandthcile  zer- 
legt,  um  das   Gehässige   dieser  Gesinnung  kräftig  hervor- 
zuheben,   wiederholt  wird.      Das    so\ere  entspricht  dann, 
wie     .leder     sieht  ,      genau     dem     vorhergehenden     mores. 
§.    12-   mussten   die  Worte:    7iovi  .   .   .   .;    studia    generis 
ac  fainiliae  vestrae  virtutis,  humanitatis ,  doctrinae  plu- 
rimaruin   artium  atque  optimarum ,    nota    mihi  sunt   [om- 
nia]   folgcndermaassen    interpungirt   werden:     ntudia  g.   u. 
f.  V.  V.,  h.,  d.  p.  a.  a.  o. ;  nota  mihi  sunt  omnia.    JJass 
bei    dieser    Interpunctiou    das     von    Hrn.    B.    verdächtigte 
omnia   nicht   nur   nicht  überflüssig,  sonilern  vielmehr  noth- 
wei'dig  sei,  sieht  Jeder   von  selbst  ein.      ifj.   \:j.  lesen  wir 
bei   Hrn.   B.   folgende   Worte:     Quam    muUi    enim    essent 
de  victoribus,  qui  te  crudelem  esse  velint,  cum  etiam  de 
victis  reperiantur^    quam    multi,    qui,    cum  a  te  ignosci 
nemini  vellent ,  impedirent  clemenliam  tuam ,    cum  eliam 
ii,   quibus  ipse  ignovisti,    nolint  te  esse  in   alias  miseri- 
cordem?     Zunächst    ist    hier  an  der  ersten  Stelle    velint, 
als   wahrscheinlicher  Druckfehler,  in  vellent  zu  verändern; 
da    in    der    Varielas     lectionis    die     Abweichung    von    der 
zweiten   Lesart    nicht    angegeben    ist.      Hr.   B.    vermuthet 
nun   wiederum,  dass  diese   Worte:    Quam  vudti  enim  es- 
sent.. .   .  miscricordem^  aus  den  Randbemerkungen  eines 
Erklärers   in   den  Text  eingellosscn   seien,   und   stüfzt  seine 
Vcrmuthung    theils    auf    das  Zeugnis«    des   Uuintil.   VIIL 
c.  3.   Jj.   83   und    g.   8j  ;    theils    auf    den    Umstand ,    dass 
in  der  Dresdener  Jlandschnlt    die    ersten    Worte:     Quam 


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multi  eniin  essent,  fjui  —  reperiantur  ?  fehlen  ,  nährend 
«Irei  üxfordcr  Codd.  statt  quam  quia ,  und  eine  quod 
haben. 

^'crglclrlien    ii  ir    zunärhst    die   ganze  Stelle   in   ihrem 
Zusammciilianj;e  mit  dem  Vorhergehenden ,   so  sajjt  Cicero 
Folgendes:      Wenn    du,    Cäsar,    bei    deinem    so    grossen 
Glück  nicht  eine  diesem  gleichkommende  Milde  iesüssest, 
wie  du    diese    von    Naiur    aus    besitzest;    so    würde  dein 
Sieg  uns  alle    mit    der  tiefsten   Trauer    erfüllen.      Denn 
wie  Viele  von  den  Siegern  tcürden  dich  grausam  zu  sehen 
wünschen  ,    da    dieses    sogar    Manche    aus   der  Zahl    der 
Besiegten  wünschend    Wie   /  tele  tcürden  aus  dem    Wti/i- 
sche,  dass  du  'Niemanden  verzeihest,  deine  Milde  hinter- 
treiben ,    da    solche  Leute   sich    sogar    unter  denjenigen , 
denen   du  selbst  verziehen   hast ,  finden  ^^    IJei  einer   unbe- 
fangenen Prüfling  dieser  ganzen  Stelle  erkennt  man  leicht, 
dass  Cicero    den   C.'isar    im   Anfange    liberhanpt    als   einen 
von  Natur    ans  mililen    nnd   von  jeder   Regung  der   Grau- 
samkeit freien  Sieger  bezeichnet;  sodann  denselben  nicht 
nur  als  einen   von   Natur    ans    milden ,    sondern    auch    als 
einen   fiir    fremde  Einfliisternngen    unempfänglichen  fllann 
darstellt.      Der    letztere   Gedanke    wird    in  seine  Bestand- 
theile    zerlegt ,    inwiefern  die   Anreizungen   zur  Grausam- 
keit theils  von   den  Siegern,   d.  h.   den  Anh.'ingern  Cäsar's, 
theils   von   den  Besiegten,    d.   h.    den   ehemaligen   Fonipc- 
jauern   ausgehen  können.     ^  on   den  Letzteren  werden  dann 
wieder   diejenigen    besonders   hervorgehoben,    denen   Cäsar 
ihre  Anhänglichkeit  an   die  Sache   des  Ponipejus  verziehen 
hatte.      Sonach   ist  in  der  ganzen  Stelle   das  Fortschreiten 
vom   Allgemeinen   zum   Besonderen    unverkennbar.       Wenn 
nun  Hr.  B.   bemerkt,   dass  die  Worte:    Quam  multi  essent 
—  misericordem^   unbeschadet  des  Zusammenhanges  gänz- 
lich   entbehrt    werden   können,    da,    nach    des  Qnintilinn 
richtiger    Bemerkung,    sich    deren    Inhalt    ans    dem  Yor- 
hcrgehenden  von  selbst  ergebe;  so   können  wir  demselben 
in  Erwägung  dessen,    was    wir    soeben    angeführt    haben, 
unmöglich  beistimmen.    Denn   dass  derjenige,   welcher  von 
Natur    aus    mild    ist,    desshalb    noch    keineswegs    für  die 
Reizungen    derer ,     die    ihn    zur     Grausamkeit     verleiten 
wollen,  unzugänglich  zu  sein   braucht,   bedarf  keines  Be- 
weises.     Dieser    letztere   Gedanke    aber    wird  von   Cicero 
mit    den    von    Hrn.   B.    verdächtigten    Worten    ausgeführt 
und  dadurch   Cäsar    nicht    nur    als  von  Natur    aus    mild, 
sondern  auch  als   ein  in  seiner  Milde   beharrlicher  ^Sieger 
verherrlicht.      Was  nun    das  Zeugniss   des   Quintilian   an- 
betrifft,   so    wollen    wir    uns    bei    der  Prüfung    desselben 
nicht  weiter  auflialten,  da  demselben  lir.  B.   zur  Begrün- 
dung   seiner  Vernjuthnng    eine    nur    untergeordnete    Gel- 
tung einzuräumen  scheint,   da   er  sagt:    Aas   den    Worten 
Quintilian's    scheint    diess    (dass    die    ganze    Stelle    ein 
Einschiebsel  sei)   fast  deutlich  hervorzugehen.  —  Ebenso 
wenig    ist    mit  Hrn.   B.    auf    die     Auslassung    der   '\Vorte  : 
Quam  multi  —  reperiantur  in    der  Dresdener  Handschr. 
grosses   Gewicht   zu  legen;   da   der   gleiche   Anfang   zweier 
unmittelbar  auf    einander  folgenden  Sätze:     Quam  multi, 
leicht  den   Abschreiber  zur  Uebergehung  des   einen  Satzes 
veranlassen    konnte.    —    Dass    endlich   Cicero,    der    doch 
sonst  in  der  Rede  mit  dem  Lobe  Cäsar's  so  freigebig  ist, 
gerade  diejenige  Eigenschaft  Cäsar's,    von    der    am  aller- 
meisten der  günstige  Erfolg  der  Rede  abhängig  war  ,    so 


oberflächlich  sollte  angedeutet  haben,  als  Hr.  B.  annimmt, 
ist  durchaus   unwahrscheinlich. 

^.  21.  S.  4{.  in  der  ersten  Zeile  ist  der  Druckfehler 
quidem  statt  quidam  zu  berichtigen.  j^.  1>2-  bemerkt 
Hr.  B. ,  dass  zu  den  Worten:  no?t  7ninus  magtium  est, 
das  vorhergehende  crimen  nicht  füglich  ergänzt  werden 
könne.  Wir  stimmen  Hrn.  B.  bei,  fügen  aber  noch  zur 
Begründung  dicserErklärung  hinzu,  dass,  wenn  zu  tion  minus 
magnum  est  das  Wort  crimen  snpplirt  werden  müsste,  dieses 
im  Vorhergehenden  nicht  hätte  ohne  einen  Beisatz,  wie 
etwa  magnum  ,  stehen  können.  §.  23-  bezeichnet  Hr.  B. 
die  Worte:  patrem  suum  als  im  Texte  eingeklammerte, 
ohne  dass  sie  in  den  Text  aufgenommen  worden  sind. 
§.  25.  lässt  Hr.  B.  mit  der  Erfurter  Handschrift  das 
Pronomen  liaec  aus  in  den  AV'orten:  Quatu  est  hnec 
ergo  apud  Caesarem  querela ,  cum  eum  accusetis ,  a 
quo  queramini  j)rohibitos  esse  vos  coittra  Caesarem  gerere 
bellum?  nnd  sagt  in  der  Anmerkung:  Diess  (haucj  ist 
nicht  einmal  passend,  da  Cicero  nicht  eben  fragen  Iconttte: 
Ji  as  ist  diess  also  für  eine  Klage  beim  Cäsar?  sondern 
vielmehr:  Was  soll  also  eine  Klage  beim  Cäsar?  tcas 
nur  heissen  kann:  Quae  est  ergo  apud  Caesarem  que- 
rela? Ref.  glaubt  haec  mit  der  Alchrzahl  der  Handschr. 
beibehalten  zu  müssen  und  findet  darin  eine  Hindeutung 
auf  den  folgenden  mit  cutn  beginnenden  Satz.  ^.  2Ö. 
vcimiifhet  Hr.  B. ,  dass  in  den  Worten:  Quotus  entui 
rjuisque  istud  fecissel ,  tit  a  quibus  partibus  in  dissen- 
sione  civili  non  esset  receptus  ,  essetque  etiam  cum  cru- 
delitale  rejectus ,  ad  eos  ipsos  rediretl  das  AVort  parti- 
bus, das  allerdings  in  einigen  Handschi  iftcn  fehlt,  ein 
Glossen!  sei  ,  und  liis.st  es  desshalb  im  Texte  ans.  Wir 
bflialten  partibus  bei  und  ergänzen  aus  demselben  zu 
ad  eos  den  Begriff  Parteigänger.  Dieser  üebergang  von 
purtiius  zu  ad  eos  niag  den  Abschreibern  missfallen  und 
die  Auslassung  des  partibus   veranlasst  haben. 

§.  30.  ist  der  Druckfehler  cogitavi  in  cogitavit  zu  ver- 
äiulern.  In  demselben  Paragraphen  ist  nach  dem  Worte 
posthac  das  Zeichen  der  Aposiopese  zu  setzen.  lu  dem- 
selben ^'aragraplieii  erwarteten  wir  eine  Belehrung  über 
den  von  Hrn.  B.  folgendermaassen  ronstituirten  Text: 
Legatus  ante  bellum  profectus ,  relictus  in  pace ,  hello 
oppressus ,  in  eo  ipso  non  acerbus ,  totus  animo  ac  stu- 
dio tuus.  Hier  hat  Hr.  B.  nach  Orelli's  ^'organge  weder 
eliainsi,  was  der  Erf.  Cod.  darbietet,  noch  tametsi,  was 
sich  in  sieben  Handschriffpii  vorfindet,  vor  totus  in  den 
Text  aufgenommen.  In  den  kurz  darauf  folgenden  Wor- 
ten: Ad  Judicem  sie  agi  solet:  sed  ego  apud  parenteni 
loquor,  hat  Hr.  B.  agi  solet,  sodann  ego  eingeklammert. 
Wir  hoffen,  dass  Hr.  B.  bei  einer  neuen  Ausgabe  seine 
Verdächtigungsgründe  nicht  mehr  gelten  lassen  wird.  Auf 
die  Lesart:  Erravit ,  temere  fecit ,  poenitet ,  die  neuer- 
dings auch  von  IMadvig  aus  Handschriften  nachgewiesen 
worden  ist  (vergl.  Klotz  I.  Band,  S.  97  der  Vorrede), 
musste  von  Hrn.  B.  mehr  Rücksicht  genommen  werden, 
als  geschehen  ist.  Hr.  ß.  hat  nämlich  die  gewöhnliche 
Lesart:  Erravi,  temere  feci,  poenitet  beibehalten,  ohne 
zu  bedenken ,  dass  diese  Lesart  gar  nicht  in  den  Zu- 
sammenhang passt.  Denn  Cicero  als  der  Vertheidiger 
des  Ligarius  konnte  nnmöglich  sagen:  Erravi,  temere 
feci,   poenitet,    sondern  er  musste,    inwiefern  er  wenig- 


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slcns  fheilweise  die  Schuld  des  Ligarius  piiiffestand , 
sagen:  Erravil ,  temere  /ecit ,  poenilet.  Diesem  Geständ- 
nisse »idersprechen  keineswegs  die  unmiHelbar  darauf 
folgenden  Worte:  ad  clementiam  luam  cottfugio ,  delicti 
veniam  peto,  ut  ignoscas,  oro.  Denn  der  Vertheidigcr 
kann  die  Siliiild  des  Angeklagten  eingestehen,  dann  aber 
innss  er  sich  im  IVanien  des  Angeklagten  bittend  an  den 
Richter  «enden;  was  hier  durrh  die  zuletzt  angeführten 
■\Vorte  angedeutet  wird.  Dass  nun  der  Wechsel  der  Sub- 
jecte  leicht  einen  Absclireiber  zu  der  Aendernng :  Erravi, 
teineiT  feci ,  poenitet ,  veranlassen  konnte,  sieht  Jcder- 
imnn  oiine  Schwierigkeit  ein.  Als  übereilt  erscheint  die 
Teruuitliniig  des  Hrn.  B. ,  dass  Ligario  in  folgenden 
Worten  Jj.  .51.  zu  streichen  sei.  A/i  sperandi  Ligario 
causa  iion  sit ,  cum  mihi  apud  te  locus  sit  eliam  pro 
altera  deprecandi^-  Hr.  B.  beruft  sich  theils  auf  die 
Dresdener,  Kölner  und  eine  Oxforder  Handschrift,  weU 
clie  Ligario  auslassen,  theils  auf  das  folgende  allero , 
in  welchem  er  keine  Hindentnng  auf  Marcellus ,  sondern 
auf  Ligarius  findet.  Dem  Unterz.  scheint  Ligario  mit 
der  Mehrzaiil  der  Handschriften  beizubehalten  und  der 
Inhalt  der  Stelle  folgender:  Sollte  Ligarius  keinen  Grund 
zur  Hoffnung  haben  ,  da  es  mir  gestattet  ist ,  nicht  nur 
für  mich  ,  der  ich  mich  doch  mit  Ligarius  in  demselben 
Falle  befunden  habe,  sondern  sogar  für  einen  Andern 
dich  zu  bitten?  —  In  diesem  Falle  ist  allero  dann  all- 
genieiii  zu  fasseu.  Ebenso  halten  wir  in  den  unmittelbar 
folgenden  W^orten :  Quamquam  nee  in  hac  oratiune  spes 
eat  pnsita  causae ,  nee  in  eorum  studiis ,  qui  a  te  pro 
Ligario  petunt ,  tui  necessarii,  wo  Hr.  B.  bloss  mit  der 
Erfurter  Handschrift  liest  ratione  statt  oratio?ie,  den 
Grund,  den  Hr.  B.  für  seine  Abweichung  von  der  ge- 
tvohnlichca  Lesart  anführt,  für  unzureichend.  Hr.  B. 
erklart  zunächst,  dass  in  hac  ratione  bedeute:  darin,  in 
diesem  Umstände  ■  nämlich  in  dem  mit  folgenden  Worten 
angedeuteten:  cum  mihi  apud  te  locus  sit  etiam  pro  al- 
tera deprecandi,  sodann  meint  derselbe,  dass  oratione, 
w  ciches  die  Herausgeber  erklären  durch  :  qua  ulor  in 
deprecando  pro  Ligario,  gar  nicht  einmal  passend  zu 
sein  scheine,  da  hier  gar  nicht  die  Rede  von  einer  oratio 
sei.  Wir  entgegnen  hierauf  Folgendes:  Sollte  Ligarius 
Iceinen  Grund  zur  Hoffnung  haben,  da  ich  sogar  für 
einen  .andern  dich  bitten  darf?  Obgleich  unsere  Hoffnung 
weder  auf  einer  solchen  Rede,  welche  den  J5.  ijl).  ent- 
haltenen Horten:  Krravit ,  l.  f.,  p.  :  a.  c.  I.e.,  d.  v.  p., 
u.  i.,  oro  ähnliche  Aeusserungen  enthalt,  noch  auf  den 
Bestrebungen  deiner  Freunde,  die  dich  für  den  Ligarius 
bitten,  beruht.  Vielmehr  deruht  meine  Hoffnung  auf  der 
Erfahrung^  dass  bei  dir  mehr  vermag  die  Heraaksich- 
ttgung  der  Gründe,  aus  welchen  man  dich  für  Andere 
bittet ,  als  die  Mienen  der  Bittenden  und  die  Erwägung 
des  freundschaftlichen  Verhältnisses,  in  dem  der  Bittende 
zu  dir  steht,  und  dass  du  den  grössten  Einßuss  auf  dein 
Lrlheil  denjenigen  gestallest,  quorum  justissimum  videas 
dolorem  in  petendo.  Beiläufig  erinnern  wir,  dass  Hr.  B. 
den  Inhalt  der  letzten  Worte  speciell  gefasst  hat,  wenn 
er  denselben  folgenilcrmaassen  angibt:  Es  rühren  also 
diejenigen    dich    am   meisten  ,    deren  Schmerz ,    von    dem 


Gegenstände  ihrer  innigen  Anhänglichkeit  gelrennt  zu 
sein  ,  am  gerechtesten  erscheint.  In  derselben  Anm.  hat 
Hr.  B.  aus  dem  Bestreben  nach  Kürze  den  undeutsehen 
Ausdruck:  der  zu  Verzeihende  gebraucht,  g.  AS.  hätte 
Hr.  B.  in  den  Worten:  Videsne  igitur  hunc  splendorem, 
omnem  hanc  Brocchorum  domum  ,  hunc  L.  Martium , 
C.  Caesetium ,  L.  Corßdium ,  hosce  omnes  equites  Ro- 
manos, qui  adsunt  veste  mutata,  non  solutn  notos  tibi, 
verum  etiam  probatos  riros,  qui  tecum  fuerunl%  die 
Lesart  des  Cod.  Erf.  omnium  aufnehmen  und  mit  splen- 
dorem verbinden  sollen,  da,  wie  Klotz  richtig  bemerkt, 
hunc  splendorem  zu  kahl  stehen  würde  unil  rhetorische 
Gründe  das  folgende  hanc  an  die  Spitze  des  Satzgliedes 
verlangen.  In  demselben  Paragraphen  S.  (iö.  in  der  ersten 
Zeile  ist  nach  irascebamur  ein  Komma  zu  setzen. 
(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Berlin.  In  der  Sitzung  der  philosophisch  -  liislorischen 
Classe  der  Akademie  der  Wissenschaften  am  10.  Juni  tlieilte 
Hr.  Böckh  eine  Entdeckung  des  Dr.  Franz  auf  dem  Gebiete 
der  griechischen  Epij^raphik  mit.  Es  ist  bekannt  ,  dass  eine 
Abschrift  des  vom  Kaiser  Aiigustus  hinteilassenen  Verzeichnisses 
seiner  Thaten  (Sueton.  Aug.  fin.)  in  den  diesem  Kaiser  geweih- 
ten Tempel  in  Ancyra  übergegangen  ist.  Entdeckt  wurde  dicss 
Monument  (Monuiiienlum  Ancyrannm)  im  J,  1554  und  Chisbull 
liat  es  in  seinen  asiatischen  Allertluimern  am  vollständigsten 
herausgegeben.  In  Apollonia  in  Pisidiew  (jetzt  Oluburhi)  hatte 
Aninlell  drei  griechische  Fragmente  gclundcD,  von  denen  jedes 
die  Spuren  einer  durch  grossere  Buchstaben  ausgezeichneten 
Ueberschrift  enthalt  (Discov.  in  Asia  minor.  Vol.  II,  pag  4:6). 
Wahrend  der  Constituirung  des  Textes  bemerkte  Dr.  Franz, 
dass  diese  Fragmente  ein  Thcil  des  Monnmentum  Ancyranum 
seien.  Sie  fallen  auf  den  Anfang  und  die  Mitte  des  lateinischen 
Originals,  wahrend  die  bei  Porocke  zum  Schlosse  defsellien  ge- 
boren. Wahrscheinlich  ist  es,  dass  die  griechische  Tebersetzung 
des  genannten  Monuments  in  Appollonia  dieselbe  Quelle  mit 
der  in  Ancyra  habe.  Es  ist  als  sicher  anzunehmen,  dass  das 
Monument  bald  nach  dem  Tode  des  Augustus  und  bei  Lebzeiten 
der  Livia  gesetzt  worden  ist. 

Jena.  Nach  dem  Verzeichnisse  der  Stndirenden  für  das 
Sommer-Semester  beträgt  die  Anzahl  derselben  436,  also  20 
mehr,  als  im  verwichenen  Winter.  Davon  gehören  217  dem 
Inlande  ,  d.  h.  den  sächsischen  Hcrzoglhiimern  an,  fiir  welche 
die  ('iiiversität  Landesnniversität  ist,  und  219  dem  Auslände, 
ein  Verhält niss ,  wie  es  sich  seit  linger  Zeit  nicht  so  günstig 
herausgestellt  hat  Die  Aufbebung  des,  wenn  auch  nur  beding- 
ten-Verbotes  von  Seiten  Preussens  hat  bereits  dazu  mit  beige- 
tragen  und  wird  es  ferner. 


Verbesserungen   iu  der  Abhandlang  über    die   Beschrei- 
bung   der    Bnrg    von    Alexandria    bei   Aphthen.    12- 

183'J.  Kr.  48  f. 

S.  378.  Z.  6.  lies  manieririe. 

n        »        »    10.  und   11.  von  unten:  lies  bewehren  u.   lewehrt. 

»     380     »     4.  v.   u. :  fkonntenj. 

»     366     »     2.  v.  u. :  als  Gibbon  und  oberd.  Nacbspr,  G. 

i>     387.   Nach    von  Schubert   in    seiner  Beschreibnng  Alexan- 

dria's  im  ersten  Bande  seiner  Heise  nach  Aegyptcn  etc. 

kann    die   Pompej{issaule    uns    nicht    bei    Bestimmung 

der  Lage  des  Museums  nützen. 


Zeitschrift 


für    die 


Alt  er  thumswissen  Schaft. 


Freitag,  9.  Jugust 


18  39. 


Nr.  95. 


IVI.   TuUii  Ciceronis   Orationes   selcciae.      Von  Beneclce. 

(  B  e  s  c  li  1  n  s  s.  ) 

Was  Hr.  B.  §.  38.  üLer  den  Gebrauch  des  doppelien 
aut  bemerkt,  bedarf  der  Berichtigung.  Denn  dass  die 
Behauptung',  aut  werde  allemal  doppelt  gesetzt,  »enn 
der  Gegensatz  ausächliessend  sei,  so  dass  beiile  St'icke 
gleichen  Werthes  .'seien ,  und  nicht  mehr  als  eins  statt- 
finden könne,  und  jedes  dritte  ansgesrhlossen  sei,  be- 
srhr.'inkt  «erden  miisse  ,  beweisen  Steilen,  wie  Cic. 
Tusc.  I.  §.  1  :  Quum  defensinnutn  Inhoribus  Senatoriis- 
que  muneribus  aut  omnirio ,  aut  magna  ex  paite  esseiii 
aliquarido  Uberatus ,  i'etuli  me  .  ,  .  .  ad  .  .  studia  etc. 
In  demselben  Paragraphen  erklärt  Hr.  B.  die  Beibehal- 
tung des  te  als  nothwendig  vor  dem  Worte  daturum  in 
der  folgenden  Stelle:  tantum  te  admonebo,  sti  Uli  absenti 
salutem  dederis ,  praesentibus  liis  oiniiibus  te  daturum; 
obgleich  das  letzte  te  in  der  Erf.  Handschr.  a.  m.  pr., 
8owie  in  einer  Oxforder  fehlt.  Y\i.  B.  erklärt  nämlich, 
dass  das  Pron.  person.  beim  Infinitic  meistens  nur  dann 
ausgelassen  worden  sei,  wenn  die  Einerleiheit  der  Per- 
son im  abhängigen  und  regierenden  \'erbum  stattfinde, 
oder  der  Satz  im  Inhnitii'  mehr  allgemein  aufgefasst  wer- 
den solle.  Gegen  die  letztere  Ansicht  verweist  Ref.  auf 
die  Rede  pro  Dejotaro  j§.  24:  Addit  etiam  illud ,  erjui- 
tes  non  optimos  misisse  tibi  nämlich  euni  i.  e.  Dejotarum. 
Was  nun  aber  die  Auslassung  des  te  an  unserer  Stelle 
betrifft,  so  hält  dieselbe  Ref.  durch  Beispiele,  wie  das 
bei  Cic.  de  N.  D.  I.  ist,  für  hinlänglich  geschützt: 
Puderet  me  dicere  non  intelle.visse ,  wo  die  Auslassung 
des  me  vor  intellexixse  durch  das  kurz  vorhergehende  me 
entscliuldigt  wird;  ebenso,  wie  an  unserer  Stelle  die 
Auslassung  des  te  vor  daturum  durch  das  bei  admonebo 
stehende  te.  Ycig\.  übrigens  mit  der  Stelle  pro  Dcjot. 
Virg.  Aen.  II.  v.  Vö :  Huc  se  provecti  deserto  in  litore 
condunt  (Graeci).  'Sos  abiisse  (eos)  rati  et  vento  petiisse 
Mycenaa. 

Doch  wir  wollen  die  Aufmerksamkeit  der  Leser  die- 
ser Blätter  nicht  länger  ermüden.  Bevor  wir  indess  von 
der  gründlichen  Arbeit  des  Hrn.  ß.  Abschied  nehmen, 
können  wir  nicht  umhin ,  auf  die  Zweckmässigkeit  der 
den  einzelnen  Reden  vorgesetzten  Einleitungen,  die  mit 
wenig  Worten  das  AVichtigste,  was  zum  allgemeinen 
Verständniss  der  Reden  gehört,  zusammenfassen,  auf- 
merksam   zu    machen.      Ebenso   können  wir  es  nur   billi- 


gen, dass  der  Hr.  Herausgeber  jeder  Rede  eine  Ucber- 
siclit  des  kritischen  Apparats  vorangeschickt  hat ;  doch 
hätten  wir  es  gern  gesehen,  wenn  Hr.  B. ,  wenn  auch 
nur  mit  wenig  AVortcn,  sich  über  ilcn  Werth  der  ein- 
zelnen Handschriften  ausgesprochen  hätte,  so  aber  hat 
sich  Hr.  B.  damit  begnügt,  die  sänimtlichcn  verglichenen 
}lnndschriften  im  Allgemeinen  in  sorgfältig  und  in  nach- 
lässig verglichene  zu  scheiden.  —  Der  Index  weist  ziem- 
lich vollstäuilig  auf  das  in  den  Anmerkungen  Bespro- 
chene hin.  Einige  Nachweisungen  haben  wir  indess 
vermisst,  und  wir  führen  zur  Ergänzung  des  Index  Fol- 
gendes an. 

S.  230  u.iter  dem  Artikel:  Adverbium  ist  der  S.  107 
zu  der  Rede  pro  Dejot.  §.  17.  besprochene  Fall,  wo 
das  Adrerbium  des  Orts  noch  durch  den  Ablativ  eines 
Substaut.  näher  bestimmt  wird,  einzuschalten.  S.  233 
ist  zu  dem  Worte  esse  die  S.  110  über  die  Verbindung 
des  esse  mit  dem  Adverb,  niitgetheilte  Bemerkung  nach- 
zutragen. S.  23Ö  niusste  unter  dem  Artikel:  fraeposit. 
auch  auf  S.  110  hingewiesen  werden,  wo  über  die  Aus- 
lassung des  in  vor  dem  relativen  Pronomen,  wenn  die 
Präposition  bereits  vor  dem  Pron.  demonstr.  gestanden 
hat,  gesprochen  wird.  S.  2)0  unter  Pronomen,  ist  die 
Ilinweisung  auf  S.  74,  wo  von  der  Auslassung  des  per- 
sönl.  Pronomens  in  der  Constrnction  des  Accus,  mit  dem 
Infinitiv  gehandelt  wird,  einzuschalten.  S.  237  ist  unter 
Tarnen  nicht  auf  S.  26,  wo  Einiges  über  die  Hinzu- 
fngnng  de»  tarnen  zu  dem  Pron.  relativ,  bemerkt  wird, 
Rücksicht  genommen  worden.  —  üeber  tantus  vgl.  S.  32. 
Ferner  fehlt  unter  ut  die  Nachweisung  iler  Stellen ,  an 
denen  ut  wiederholt  »vird.  Vergl.  S.  37.  —  Unter  saepe 
konnte  auf  den  besnnilern  Gebrauch  dieser  Partikel  in 
der  Rede  pro  Dejot.  §.7,  zu  welcher  Stelle  wir  eine 
Anmerkung  ungern  vermissen,  aufmerksam  gemacht  wer- 
den, mit  den  AVorten  der  angeführten  Rede:  pro  mul- 
tis  saepe  dixisli,  wo  pro  multis  saepe  bedeutet:  pro 
multis,  pro  alio  alio  tempore  vergl.  Cic.  Tusc.  I.  c.  30. 
JJ.  74:  Quum  —  causam  justam  Deus  dedei-il,  ut  tunc 
Socrati,  nunc  Catoni,  saepe  inultis:  nae  ille  —  vir  sa- 
piens, laetus  ex  Ins  tenebris  in  lucem  illam  excesserit. 
De  Orat.   II.   c.    18.   §•    75. 

Schliesslich  erlauben  wir  uns  den  aufrichtigen  Wunsch 
auszusprechen,  dass  Hr.  B.  Zeit  und  Willen  haben  möge, 
uns  recht  bald  mit  einer  gleich  tüchtigen  Bearbeitung  der 
übrigen  Reden  Cicero  s  zu  erfreuen.  Wir  glauben  den 
geehrten  Herrn  Herausgeber    im  Voraus    des  Dankes  ge- 


755 


456 


rciftcr  Sriiülcr   und    iIorjoni<;eii  .Scliiilm.'iiiiipr ,    denen    zur 
.Saiiimluiijj    des    zur  Erkl/lruiig  der  Kpdon   Citcro's   iiöthi- 
gon  Material»  dio  Zeit    gebricht,    vcrsiiliern    zu    kiinaen. 
Trzemcszno  im  Juli  1S30. 

Dr.  Friedlich    Schneider. 


l'hllolo^isclics  in  den   Progr.iminon   der    badiscl\en 
Gelehrten -Schiilen  'u\  den  Jahren  1837  und  1838. 

Die  in  Deufsclil.ind  allgemein  ge«ordi'ne  und  beson- 
ders durch  die  königlich  prcussische  Regierung  befestigte 
Sitte,  dass  die  Programme  der  Gelelirten- Schulen  niif 
einer  iiissenschaftlichen  Abhandlung  <lps  Dircctor*  oder 
eines  Hauptlelirers  ausgestattet  «erden,  hat  auch  in  der 
neuen  badischen  S(u<lienordnung  wenigstens  theiliveise 
eine  Sanction  erhalten.  Der  ^.  o4.  der  ^'erordiuing  über 
die  Gelehrten- Schulen  Badens  sagt  n.'lnilich  S.  44:  „Es 
sollen  in  der  Hegel  die  Prograninic  der  Lvceen  eine 
kurze  wissenschaftliche  Abhandlung  enthalten,  «eiche  in 
der  Regel,  und  «o  ilie  !Natur  des  Gegenstandes  nicht 
den  Gebrauch  der  deutschen  Sprache  rathlich  macht,  in 
lateinischer  Spraclie  abgefasst  sein  soll.  Dasselbe  kanti 
auch  bei  (iymnasicn  geschehen.  Sie  wird  vom  Dircctor 
oder  von  einem  Lehrer  geschrieben  ,  und  von  dem  \er- 
fasser  dem   Dirertor  vor  dem   Drucke   vorgelegt."   *) 

Zwar  ist  es,  wie  Niemand  l.'iiiguen  wird,  wunderlich, 
wenn  man  in  diesem  Punkte  einen  wesentlichen  Unter- 
schied zMischen  Gvmnasicn  und  Lyceen  macht,  da  der  ganz 
unwesentliche  l  iiterschietl  von  beiderlei  Anstalten  leilig- 
Jich  in  der,  eine  Classc  betragenden,  grosseren  Ausdeh- 
nung der  Lyceen  besteht  ;  wunderlich  ist  es  ferner,  wenn 
man  einer  bindenden  Vorschrift  durch  den  Zusatz  ,,in 
der  Regel^^  ihre  bindende  Kraft  genau  genommen  als- 
bald wieder  nimmt.  .-illcin  man  konnte  mit  der  Vor- 
schrift zufrieden  sein,  voraussetzend,  dass  jede  Gelehrten- 
Schale,  ganz  besonders  aber  die  Lyceen,  durch  die 
31ildc  dieser  Uestimmung  zum  lebendigeren  Gefühle  einer  - 
moralischen  ^'üthigung  gebracht  würden.  Dass  auch  die 
höchsten  Regierungsbeauitcn  die  Sache  so  ansahen,  weiss 
Referent  ganz  bestimmt  aus  dem  IMunde  eines  badischen 
Staatsmannes,  welcher  dem  gesammtcn  Unterrichiswcscn 
eine  besondere  Aufmerksamkeit  schenkte  und  eben  in 
diesem  Punkte  der  iMeinnng  war,  die  Obliegenheit  der 
Abfassung  wissenschaftlicher  Abhamllungen  werde  dio 
Regierung  der  etoa  vorhandenen  untüchtigen  Directoren 
durch  freiwilliges  Zurücktreten  derselben  entledigen.  Dicsß 
Ausjclit  «ar  auch  allerdings  sehr  natürlich,  ila  man  von 
der  za  gleicher  Zeit  in  Karlsruhe  errichteten  Obrrstu- 
dienbehörde  ,  in  welcher  Kürcher  uud  Zell  das  Ilaupt- 
referat  erhielten,    erwarten  durfte,    sie  werde  auf  diesen 

')  Diese  letzte  Bcstiniinung  halten  wir  für  einen  MissKriff. 
Selbst  wenn  die  Directoren  durch  geistige  und  wissen- 
schaftliche SuperiorilJt  über  den  gesammtcn  Lcinern  ste- 
hen (was  jedoch  im  Allgemeinen  in  Baden  niclil  der  lall 
la),  cnlbält  die  L'ntrrwcrfun;,'  unter  eines  Einzi-^vn  Ur- 
lheil in  Saclifii  dci  (".clstcs  eine  Unwürdi-^keil.  Mal  da- 
gegen das  Lehrer- CoUegium  zu  erkennen,  so  ist  dicss 
gar  niclit  der  Falb 


Punkt  einen  ebenso  grossen  Nachdruck  legen,  als  es  die 
Sache  an  und  für  sich  verlangte  und  das  vorausgegan- 
gene Beispiel  der  preussischen  Regierung  an  die  Hand  gab. 
Diese  Erwartungen  wurden  jedoch  getauscht,  indem 
in  den  Jahren  1,S:{7  und  1,S38,  d.  h.  in  den  zwei  ersten 
Jahren  seit  Einführung  der  neuen  Studienordnung  und 
seit  Errichtung  des  Obetstudienratlics ,  wo  miiglich  noch 
weniger  ii  issenschafiliche  Abhandlungen  in  den  Schul- 
programmen erschienen  sind,  als  diess  früher  der  Fall 
war,  ila  die  beiden  Kircheusectionen  die  Gelehrten- 
Schulen  regierten.  Denn  im  Jahr  18J7  hat  unter  den 
4  Lyceen  zu  Constanz,  Rastatt,  Karlsruhe  und  Mann- 
heim imr  das  in  letztgenannter  Stadt  eine  gelehrte  Ab- 
liandlung  geliefert,  nnter  den  (i  Gymnasien  zu  Freiburg, 
Donaueschingen,  Offenburg,  Bruchsal ,  Heidelberg  und 
Werlheim  nur  eins,  n,'imlicli  Wertheim.  Im  Jahr  ISJS 
trelTen  wir  in  den  Programmen  der  5  Lyceen  zu  Constanz, 
Rastatt,  Karlsruhe,  Mannheim  und  Heidelberg  drei  \U- 
handlungen,  nämlich  aus  Constanz,  Mannheim  und  Hei- 
delberg, in  den  Programmen  der  5  Gymnasien  zu  Frei- 
burg, Donaueschingen,  Off'enburg,  Bruchsal  und  Werl- 
heim durchaus  keine  einzige  Abhandlung.  Also,  statt 
von  '2'2  Abhandlungen  aus  den  Jahren  1837  und  1838 
sprechen  zu  können,  sehen  wir  uns  auf  _/■«/(/"  reducirt , 
die  wir  nun  hier  kurz  charakterisiren  wollen,  obgleich 
genau  genommen  nur  zwei  oder  drei  derselben  in  das 
Bereich   dieser  Zeitschrift   gehören. 


Mannheim  1837:  Das  grossherzogliche  Antiqnarium 
in  Mannheim.  I.  Beschreibung  der  87  meistens 
römischen  Denksteine.  Von  Ilofrath  Griiff,  alter- 
nirendem  Diri'ctor  des  Lyceums.      VI   unil  44  S.   8. 

Herr  Griiff,  der  hier  zum  erstenmal  vor  der  gelehr- 
ten AVeit  auftritt,  will  durch  sein  Schriftchen  dazu  bei- 
lragen, die  Theilnahme  und  das  Interesse  an  antiquari- 
schen Studien  zu  erhalten  und  zu  beleben,  «odurch  der 
Geist  besonders  jüngerer  Sludlrenden  eine  Richtung  er- 
halte, die  ihn  zu  einer  edel  erheiternden  Besch.'iftigung 
mit  der  denk»  ürdlgen  Vorzeit  hinführt.  AVenn  also  auch 
nicht  die  der  Alferthumswissenschaft  angehöremle  objective 
■Wichtigkeit  der  Sache  die  Herausgabe  dieses  Schriftchens 
empfehlen  «ür<le,  so  verdiente  doch  auf  jeden  Fall  die 
passende  AVahl  dieses  Gegenstandes  zu  einem  Schulpro- 
granime  volle  Anerkennung.  Das  Antiquarium  in  Mann- 
heim, aus  diesen  87  Denksteinen  und  einer  Anzahl  an- 
derer antiquarischen  Gegenstände  bestehend,  unter  denen 
sidi  namentlich  14  etrurischc  Sarkophage  befinden,  wurde 
im  verflossenen  Jahrhundert,  besonders  unter  der  Thätig- 
keit  der  ehemaligen  pf.'ilzischen  Akademie  der  Wissen- 
schaften begründet  und  bereichert,  kam  18Ü5  als  Ge- 
schenk der  Stadt  an  ilen  Grossherzog  Karl  Friedrich 
von  Baden  und  wurde  180')  dem  l>Ianulieimer  Lyceum 
zur  Benutzung  übergeben,  so  dass  die  stndireuden  Jüng- 
linge dieser  verdienten  Anstalt  durch  die  in  Rede  stehende 
Beschreibung  den  besten  ^Vegueiser  zur  Besihaftlgung 
mit  dieser  Sammlung  erhalten  haben,  die  ihnen,  als  zu 
ihrer  Bildungsanstalt  gehörig,  jeder  Zeit  oflcn  steht. 
Vor    der    .Vufzahlung    und    Copirung    der    87    Steine    hat 


757 


758 


Hr.  HofraOi  Cräff'  eine  ans  7  Ä'umcrn  bestehemle  Ucbcr- 
»iilit  tlor  Fuiidorfe  voraiisgesrliickt,  welclie  das  laiidsrliaft- 
liflie  Interesse  um  so  mehr  reizet,  als  diese  Fiiiidorte 
uiilit  bloss  in  das  Grosslicrzogthiim  Baden,  sondern  auch 
naeh  Wärteinberg ,  in  das  Grossherzogtlinm  Hessen,  die 
Rheinlnnde  ,  und  in  ztvci  Kreise  liai/erns  fallen.  In  der 
Bcsrhreibung  der  Einzelnen  gibt  Hr.  G.  einfach  genau 
die  Inschrift  mit  den  von  Früheren  oder  von  ihm  selbst 
gtanimenden  Erkliirungen  und  Ergänzungen,  und  verweist 
kurz  auf  den  in  grösseren  Werken  sicli  lindenden  Auf- 
schluss,  besonders  auf  das  Inscripfioneniverk  von  Gruterus, 
wobei  «ir  die  Benutzung  von  Oretli's  CoUectio,  die  viel- 
leicht manchmal  mehr  Aufschluss  gegeben  hatte,  ungern 
vermisst  haben.  Die  meisten  dieser  Inschrift<'n  sind  übri- 
gens leicht,  und  wo  sich  Schwierigkeiten  darbieten,  haben 
dieselben  gewöhnlich  io  der  ^'erstümmelung  ihren  Grund. 
Hierher  gehört  Nr.  3.,  wo  die  5.  Linie  nicht  leicht  ganz 
wird  gelesen  werden  können.  Sio  heisst  nämlich  E31. 
VII.  A  —  N,  wobei  wir  unter  ^'crgleichung  von  Nr.  41. 
und  71.  an  die  Alae  Equttum  denken  würden.  Bei 
Nr.  39.  würden  wir  vorschlagen ,  FIL  in  der  zweiten 
Linie  filio  za  lesen  und  aus  dem  in  der  dritten  Linie 
folgendenden  BFIUS  conjectando  einen  Namen  zu  bilden, 
etwa  Viltius,  wie  Nr.  54.  Bei  Nr.  42.  spricht  der  Her- 
ausgeber fälschlich  von  einem  Nagus,  da  in  der  Inschrift 
von  einem  Coinugus  die  Rede  ist.  In  Nr.  52.  ist  von 
der  ersten  Cohorte  der  Iturüer  die  Rede,  und  Hr.  Griiff 
Terweist  auf  Slraio  und  Cellarius  in  der  alten  Geogra- 
phie; er  hatte  nicht  unterlassen  sollen,  auf  das  Bell. 
African.  Kap,  20-  z"  verweisen,  wo  bereits  von  solchen 
die  Rede  ist;  die  Ittjrüer,  ein  arabischi-r  Volksstamui  in 
Coelesyrien  jenseits  des  Jordans,  waren  als  t<ifh(ige  Bo- 
genschützen bekannt;  vergl.  Voss  zu  Virgil's  Landban  II. 
488.  S.  42(1.  Bei  Nr.  55.  wird  wohl  in  der  2.  Linie 
F.  nicht  filius,  sondern  filia  zu  lesen  sein.  In  einer 
ohne  Zweifel  bald  nothig  werdenden  zweiten  Auflage 
würde  der  Hr.  Verfasser  bei  Nr.  6.  (ein  Mithrasbild) 
besser  thun ,  den  IMithrasdiensi  und  dessen  Verbreitung 
kurz  zu  schildern,  als  auf  andere  Werke  zu  verweisen, 
die  nicht  Jedem,  am  wenigsten  den  Reisenden  zur  Hand 
sind.  Auch  wünschen  wir  bei  einer  Wiederholung  des 
Druckes  eine  grössere  Correctheit  der  Sprache  beobach- 
tet; denn  vom  Gegentheil  finden  sich  jetzt  gar  manche 
Spuren,  die  das  Schriftchen  auf  keinen  Fall  zieren. 


Heidelberg  1S3S:  Anliquarii  Crenzeriani  numos  vetcres 
Romanos  familiarum  impcratorumque  usque  ad  Gor- 
dianuni  I.  recensnit  /.  A.  Brummer,  Lvcei  Ileidelb. 
Prof.   h.   a.   Director,  51  S.   8. 

Hr.  Br.  hatte  bereits  im  Programm  des  heidelb.  Gym- 
nasiums von  IS.jfi  die  Beschreibung  des  Antiquarii  Cren- 
zeriani —  einer  Stiftung  von  Creuzer's  Schülern  —  damit 
begonnen,  dass  er  auf  32  S.  die  l.jO  zu  jener  Sammlung 
gehörenden  Münzen    griechischer  Stämme    und  S(ädte  *), 


*)  Bei  Nr.  141.  sagt  Hr.  B. :  rjui  si.il  Lcuhcnaci  nie  m-scirc 
fatcor.  Ich  weiss  es  aiicli  nicht;  iiulcsson  limle  ich  es 
niclit  unniüglich,  dass  die  Bewohner  der  ital.  Stailt  Luceria 
so  genannt  werden  konnten. 


sowie  anderer  Völkerschaften  des  \lterthums  ganz  kurz 
in  der  Art  verzeichnete,  dass  er  bei  jeder  iMünzc  die 
Stelle  bei  Eckliel ,  Mionnet,  Rasche  u.  A.  angibt,  wo 
man  sie  beschrieben  und  abgebildet  findet.  In  der  ni'im- 
lichen  Weise  zahlt  nun  das  Programm  von  1,S  5S  die  202 
Stöcke  römischer  JSldmeu  eben  derselben  Sammlung  auf. 
Es  sind  fast  ohne  Ausnahme  nur  bereits  bekannte  Mün- 
zen: ihre  Beschreibung  durch  die  bereits  erwähnten  Ci- 
tate ,  worin  die  Hauptmühe  des  Verfassers  bestand,  hat 
also  für  den  Gelehrten  und  die  Wissenschaft  keinen  be- 
sondern Wcrtli ,  desto  grösseren  aber  für  junge  Freunde 
der  Numismatik  und  für  die  studirenden  Jünglinge  iu 
Heidelberg.  Denn  mit  diesem  Index  in  der  Hanil  kön- 
nen sie  sich  ganz  leicht  in  die  ganze  Sammlung  finden 
und  auf  solriic  Weise  ihre  numismatischen  Studien  an- 
genehm und  lehrreich  beginnen.  Uesshalb  verilient  auch 
IFr.  Prof.  Brummer  für  seine  viele  Blühe  den  wärmsten 
Dank  und  volle  Anerkennung.  Unangenehm  war  es 
übrigens  dem  Ref.,  die  wenigen  lateinischen  Sätze,  welche 
Hr.  Br,  seinem  aus  Citaten  bestehenden  Index  voraus- 
schickt, ganz  ungeschlacht  und  holperig  finden  zu  müs- 
sen, gewisserniaassen  ganz  entblüsst  von  aller  Gefällig- 
keit und  dei!'  so  wichtigen  color  latinus.  Recensent  hat 
dabei  an  manche  andere  Fälle  zurückgedacht,  wo  ihm 
BL'inner  von  gründlichen  Studien  begegneten,  die  dennoch 
nicht  halb  so  gut  Lateinisch  schrieben,  als  Andere,  die 
bei  weiten  keine  so  gründliche  Studien  gemacht  hatten, 
Diess  ist  ein  wahrer  Fluch  des  übertriebenen  Gramma- 
tisirens,  und  zum  Theil  auch  eine  Frucht  des  ewigen 
Peiisa- Corrigirens ,  das  olFcnbar  auch  auf  Hrn.  Br.  lastet, 
der  sich  über  Mangel  an  Müsse  beschwert,  da  er  doch 
in  jeder  Woche  nur  Ki  Stunden  Unterricht  gibt.  Selbst 
über  die  Correctheit  einzelner  Ausdrücke  liesse  sich  viel- 
leicht rechten  ;  auf  jeden  Fall  schreibt  man  aber  nicht 
liebdoma/em,  sondern   hebdomat/em. 


Mannheim  1838:  Rede  des  heiligen  Basilius,   des  Gros- 
sen,    an    chMstlichc    Jünglinge,     über    den    rechten 
Gebrauch    der   heidnischen  Schriftsteller  ;     übersetzt 
und   erläutert   von  Friedr.   4ag.  Nässlin. 
Herr  Geh.   Hofrath    Niisslin    hält    seine    Uebersetzung 
dieser    Homilie     für     ein    zeitgemässes    Unternehmen,    da 
,, selbst    iu    uiiseru    jüngsten,     so    aufgeklärt    gepriesenen 
Tagen  dieselbe  IMeiiiung,    welche  Basilius   bekämpft,   mit 
naiver    Zuversicht    von    neuem    aufgetreten    sei  ,    um    alle 
lichtscheue   Hörer    mit  glühendem   Hasse  gegen   das   grie- 
chische Heidenthum    zu   erfüllen."       Des  Basilius   Worte 
lioziehen    sich    nämlich     auf   ilie   Meinung,    als    müsse   die 
Beschäftigung   mit   den    heidnischen  Schriftstellern   für   die 
Sitfon   und   den    Glauben     der    christlichen  Jugend    in   den 
gelehrten     Schulen     gefährlicli     werden.        Obgleich     nun 
Hr.   N.   erklärt,    es    sei  äusserst  leicht,    diese    in   unserer 
Zeit   neu   aufgefrischten   Anklagen  ,   die   er   für   längst   ent- 
kräftet   hält,    zu    widerlegen,    so    müssen    wir    ihm   olTeu 
widersprechen    und    drei  Behauptungen    entgegen  stellen, 
nämlich  : 

1)  der  li.  Basilius  selbst  hat  diese  Bleinung  in  dieser 
Homilie  nicht  bloss  nicht  entkräftet,  sondern  sogar  in- 
direct  bestärkt; 


759 


760 


'>)  iiocli  i;ar  \ieman<lcm  ist  es  ge\un^ci\ ,  tliesc  !>Ioi- 
niiii;;    zu    «  idiTlcjjpii  ;    und 

^)  .Tiali  Hrn.  X.  «in!  es  uie  {gelingen,  diese  Hleiiiiing 
zii    "  iderli'-jcii. 

>Varuiii  iliess  Alles?  Aiitivorf:  ire»7  die  Wahrheit  nie 
tciderlegt   irerden   kann. 

Der  li.  Dasiliiis  sa-jt  S.  3,  die  Jünglinge  sollen  den 
llei(lni^lllell  Si  lirift^ileilern  der  Griechen  das  Steuer  ilirer 
Geilanl>.en  nicht  unbedingt  anverirauen ;  er  unterscheidet 
S.  5  streng  znischen  dem  Zulässigen  und  Unzulässigen 
der  griechischen  Dichter,  mahnet  S.  15,  «len  ülick  da- 
lici  unrcrn  endet  nur  auf  das  IN'iitzIiche  zu  richten,  und 
benierlvt  S.  (■:  ,, darum  müssen  »ir  die  Seele  mit  aller 
Aufmerksamlceit  vor  den  büscn  Eindrücken  heuahren, 
«elrhe  sie  mit  dem  Wohlgefallen  an  den  Reden  wie 
Jene  ,  die  das  Gift  mit  dem  Honig  einsaugen  ,  unver- 
merkt in  sich  aufnehmen  könnte."  Ebenso  äussert  er 
sich  über  Geschichtschreibcr  und  Redner  und  iiarnt  ohne 
Aufliüren  ror  dem  schädlichen  Gifte  dieser  heidnischen 
.Alten,  bei  «eichen  manchmal  von  Dingen  die  Rede  sei, 
die  man  selbst  von  nnvernünftigen  Thieren  nicht  ohne 
£rriithen  er/.'ihlen  könne  (S.  6)-  Wenn  er  dann  auch 
S.  II  bemerkt,  dass  fast  Alle  unter  jenen  heidnischen 
Schriflstollcrn ,  die  ici'-klicli  einigen  Namen  durch  Ueis- 
licit  erlaiic;!  Italien,  mehr  oder  minder ,  jeder  nach  Kräf- 
ten ,  in  ihren  Jjchriften  die  Tugend  zu  verherrlichen 
pllegten,  so  « iderspricht  diess  dem  ^'orhergesagten  kei- 
nes» egs;  denn  gerade  in  den  Resfrictionsworten  „die 
trirklich  einigen  Namen  durch  Weisheit  erlangt  halien^^ 
liegt  eine  «iedirlioKe  Warnung  vor  jenen  Schriftstel- 
lern im  Allgemeinen,  und  die  Reservation,  die  Ge- 
nialsten derselben  aus  der  Liste  zu  streichen.  Wenn 
ferner  Basilius  S.  >)  behauptet,  die  ganze  Dichtung  des 
Homeros  sei  ein  fortlaufender  Lobgesang  auf  die  Tugend, 
so  «iderspricht  *)  er  sich  selbst,  indem  er  S.  ß  sagt: 
,,Ani  aller-i  enigsfen  «erden  « ir  den  Dichtern  Gehör  geben, 
«enn  sie  etwa  von  den  Göttern,  zumal  «enn  sie  von 
denselben,  nie  wenn  derer  Viele  waren,  reden,  die  nicht 
einmal  einig  sind.  Lebt  ja  bei  ihnen  der  Bruder  mit 
dem  Hruder,  der  Vater  mit  den  .Söhnen  in  Unfrieden, 
und  führen  diese  «ieder  mit  ihren  Erzeugern  nnange- 
küniligt  Krieg.  Ihre  ^Vrgehungen  in  der  Ehe;  ihre 
Liebesereignisse  und  öllentlichen  ^'crbindungen ,  zumal 
des  Höchsten  und  des  Oberhauptes,  wie  sie  selbst  sagen, 
des  Zeus:  diese  Handlungen,  die  wir  von  unvernünftigen 
Ges(  höpfen  nicht  ohne  Erröthen  erz.'ihlen  konnten,  nollen 
wir   den    .'Mannern   auf  der   nühnc    überlassen." 

Heisst  iliess  Alles,  die  31einung  ilercr  bek.'impfen, 
■»eiche  die  griechischen  Schriftsteller  den  Sitten  und 
dem  Glauben    der    christlichen    Jünglinge    für    wenigstens 


*^  Dieser  Wiilersprucb  könnte  mir  d.inn  einigeriiiaassrn  ge- 
hoben werden,  wenn  man,  wie  ISisiJius  zu  tliun  geneigt 
ist,  durch  die  gcsiichlcstcn  Allcgoricen  einen  Sinn  in  die 
bomcri«cbcn  (iediclitc  legt,  der  ilincn  fremd  um!  ilirer 
noclisclicn  Vorlrciriichkcit  lödllich  ist.  Wer  jciloch  die 
Jiuiucrischen  Gedichte  nur  unter  dieser  Voraussetzung 
lol/enswcrtli  findet,  der  spricht  den  schärfsten  Tadel ,  ja, 
djä  Todciurthcil  gegen  sie  aus. 


gel.'lhrlich,  wo  niclit  für  geradezu  schädlich  und  verderb- 
lich halten?  Miminermehr !  Basilius  selbst  war  im  Gegen- 
theil  von  dem  Gef.'ihrlichen  der  Sache  wohl  überzeugt, 
aber  er  war  zugleich  kein  so  grosser  Fanatiker,  dass  er 
alsbalil  das  Ganze  mit  Stumpf  und  Slvl  ausgerottet  sehen 
«ollte,  lind  suchte  desshalb  («ir  wollen  ihm  viel  Ehre 
widerfahren  lassen)  den  beruhigenden  l'ermittler  zu  spie- 
len. AVenigstens  war  er  nicht  Fanatiker,  wie  Gregor 
von  Nazianz,  der  kein  Hehl  daraus  macht,  dass  ihm 
die  Literatur  der  Heiilen  ein  Werk  des  Teufels  sei,  und 
dass  namentlich  die  Beschäftigung  mit  den  alten  Dichtern 
in  eine  nähere  Verbindung  mit  den  Teufeln  bringe. 
Uebrigens  waren  Beide,  sowohl  Basilius  als  Gregor,  ge- 
rade diejenigen,  welche  im  Gegensatze  gegen  die  Be- 
strebungen des  Kaisers  Julianus  in  das  Unterrichts«  esen 
die  nachher  im  Byzantinischen  Reiche  fortdauernde  christ- 
liche und  mönchische  Methode  einführten,  während  /ii- 
desius  und  seine  Schüler  ilie  alte  classischc  Bildung  zu 
derselben  Zeit  aufrecht  hielten  und  einigermaassen  ret- 
teten. Wie  in  aller  AVeit  lasst  es  sich  auch  erwarten, 
dass  Basilius  in  den  alten  griechischen  Schriftstellern 
nicht  ungemein  viel  Gefährliches  und  Verderbliches  sollte 
erblickt  haben,  da  ja  gerade  seine  Gedanken  dem  bis 
auf  den  heutigen  Tag  für  die  griechische  Nation  so  ver- 
derblichen Mönchswesen  zum  Grunde  liegen,  da,  wie  aus 
seinen  Schriften  zur  Genüge  hervorgeht,  seine  Moral  an 
einer  Aengstlichkeit  und  Pedauterei  leidet,  welche  jede 
freie  Bewegung  des  menschlichen  Wesens  hemmet  und 
niederdrückt,  da  endlich  er  gerade  die  Gedanken  des 
Sclavensinnes  gegen  Gott  sammt  der  daraus  stammenden 
Heuchelei  förderte,  und  bei  den  nach  seinen  Vorschrif- 
ten eingerichteten  christlichen  Anstalten  auf  eine  Weise 
verfuhr,  dass  alle  Wahrheit  völlig  verschwinden  musste.  *) 
(Bescbluss  folgt.) 


Personal-Chrouik   und  Miscellen. 

Frei  burg.  N.icli  der  amtlichen  VcrtiirontlichiiTig  ,  wie  sie 
in  diesen TaiiCD  gescbcbcn,  stiidiren  im  lauicuticn  SonHiierseinester 
an  hiesiger  Universität  im  Ganzen  .S38  Akademiker,  von  welchen 
247  dem  Grossberzogtbuin  Biilcii  ,  91  dem  Auslände  angehören. 
Nach  den  Fächern  ihrer  Studien  sind  in  dieser  Gesainnilzabl 
112  Tbeologeu  ( .S4  Ansbinder ) ,  H,^  Jurisien  (l5  Auslander), 
102  Mediciner  (30  Auslander),  und  4t  Sludenten  der  Philologie 
und  Philosophie  (l2  Aiisl  ender)  —  Die  Anzahl  der  Theologen 
wuric  durcii  das  Kintrcllcii  von  etwa  12  Preussen  vermehrt, 
denen  die  iheologisclien  Kacullaten  zu  Bonn  und  Breslau  der 
Hermesianischen  Ketzerei  wegen  ein  Aergerniss  zu  sein  scheinen. 
DieFreiliurger  iheol.  Facidtat  ist  freilich,  besonders  seit  Seh  rei- 
ber verdrängt  wurde,  rein  rechtgläubig;  von  Rationalisnuis  ist 
keine  Spur  zn  finden.  —  An  der  Universität  haben  in  der  letz- 
ten Zeit  zalilriiclie  Beförderungen  in  Geld  und  Ehren  staltge- 
fundoii.  Warnkönig  wurde  zum  Geh.  llolVatii  eriianiil.  Kritz, 
Fromlierz,  Bucheggcr  und  Perleb  zu  Hulratiicn;  der 
aosscrord  Prof.  der  Theologie  Schleyer  wurde  Ordinarius,  der 
Privatdocent  der  Medicin  II  eck  er  cxtraordinarius.  Ucberdiesa 
erhielten  noch  viele  Andere  Bcsoldiingsznlagcn,  z.  B.  D  nttli  nger 
40011  ,  und  Remunerationen.  —  Das  hiesige  Gymnasium  soll  durch 
Hinzufügung  eines  neunten  Jalirescurscs  mit  nächstem  Spätjahrc 
zum   Lyceura  erweitert  werden. 


*)  Vergl.  ScUlnsser's    universal -histor.  Ucbersicht  der   alten 
Weil,   IM.  3.    l4t. 


Zeitschrift 

f ü  r   die 

AI  terth  ums  Wissenschaft 


Sonntag,  11.  Jugust 


18  39. 


Nr.  96. 


Philologisches  in  den  Proorammen   der    badischen 

Gelehrten -Schulen  in  den  Jahren  1837  und  1838. 

(Deachlnss.) 

Also  (las  gestellt  Basilius  ein:  die  Scliriftwerke  der 
heidnischen  Griechen  sind  nicht  durchaus  venverllicli  ;  es 
gibt  S(>I(  )ic  ,  in  denen  viel  Geist  und  Wahrheit  enthalten 
ist.  Allein,  so  ftigt  er  alsbald  l^m^u  ,  sie  müssen  mit 
der  grösstcii  Echutsanikeit  gelesen  tvcrden,  um  nicht  ver- 
derblich zu  »Verden  ;  auf  jeden  Fall  bieten  sie  nur  einen 
Schattcnriss  der  Tugend  dar,  wahrend  mau  die  voUkom- 
inenere  und  eigentlich  recht  vdllkomnicne  Tugend  nur 
aus  den  heiligen  Schriften  der  Cliristen  schü[)fen  und  er- 
kennen kann  (S.  25).  TVun  fragen  uir  ernstlich:  gibt 
CS  für  die  cditiones  castratae  Jesuitarum  ein  eindring- 
licliercs  Argument?  Kann  Ilr.  N.,  wenn  er  solche  Grund- 
sätze anerkennt  (ivas  uir  bezueifeln),  den  //o?'«<!MS,  »vie 
er  ist,  mit  seinen  Scliiilern  in  ^Vahrhcit  lesen?  Gibt  es 
überhaupt  eine  Ansicht  von  der  Bedeutung  des  Alter- 
Ihums  und  seiner  Literatur,  die  mehr  geeignet  wäre, 
ilem  AVescn  derselben  den  «ahren  Todesstreich  zu  ver- 
setzen? AVir  haben  schon  oben  den  Einfluss  des  Basilius  und 
Gregorius  von  Nazianz  auf  das  b\  zantinisclie  llnterrichts- 
wcscn  erivähnt;  wir  bemerken  nur  noch,  dass  es  ganz 
leicht  aus  den  Scliriften  Beider  erweisbar  ist,  wie  sie 
über  die  AVissenscIiaft  und  ihr  Verhalfniss  zum  Glauben 
dieselben  Gedanken  liegten  und  geltend  niacliten,  welche 
die  Jesuiten  bei  der  Einrichtung  ihrer  Schulen  geleitet 
haben.  *j  Und  hier  nothigen  uns  die  traurigen  Erschei- 
nungen unserer  Zeit  und  gerade  in  unserem  A^atcrlande, 
lolche  Sachen  haarscharf  zu  nehmen.  Wir  müssen  näm- 
lich niclit  bloss  gegen  solche  Leute  in  ehrlicliem  Kannife 
Alles  aufbieten,  ii eiche  sich  geradezu  als  Gegner  des 
klassischen  AHerthums  bekennen,  denn  sie  sind  die  we- 
niger Gefährlichen;  unser  Blick  und  unser  Kampf  soll 
Torzügüch  gegen  die  Wolfe  im  Schaaffelle  gerichtet  sein, 
die,     oline    ehrliche    K.ricgserklärung     gegen    die    antike 

*)  ITr.  JMisslin  liat  bereits  eine  sehr  freundlictie  Bcmtlicihing 
und  Aiirnabme  seiner  Schrift  erlebt,  und  zwar  in  'Icr 
stock- kntholiichen  Zeitsclirift,  welcbo  die  Professoren  der 
thenl.  Farultäl  an  der  Universität  zu  Fieilnirg  seit  oinciii 
iialbcn  J.ibre  lieraiisgcben.  Sic  bat  einen  Mann  zum  Vcr- 
f.is-er,  dein  man  nicht  nachweisen  kann,  dass  er  in  sei- 
nem pan/en  Leben  je  einen  fieien  Gedanken  gebegl  oder 
bcschiilzt  hat.  Wir  wollen  Hrn.  N.  auf  diese  unselige 
Wahlverwandtich.ift  Iiicrmit  aufmcrl.sani  machen. 


■\\elt  und  ihre  Ideen,  Alles  aufbieten ,  den  Unterricht 
au  den  Gelehrten  -  Schulen  so  zu  scliuächen,  ihn  so  den 
Allforderungen  des  Pfaffenthums  unterzuordnen,  so  ztt 
castrircn  und  zu  verkümmern,  dass  die  A\  eU  durch  die- 
sen süssen  Betrug  viel  mehr  im  Nachtlieil  ist,  als  wenn 
durch  die  offene  Gewaltthäfigkeit  der  andern  Partei  cino 
\oilige,  ehrliche  Vertreibung  und  Ausschliessung  zu  Stande 
gebracht  nürde.  Auch  Hr.  TS.  kennt  solche  Leute,  ob- 
gleich er  sie  nicht  als  solche  Leute  kennen  mag;  wenig- 
stens hat  er  uns  durch  gewisse  Lobeserhebungen,  uclche 
in  den  Vorreden  zu  seinen  Programmen  überhaupt  im 
Uebcnnaass  vorkommen,  zu  dieser  Annahme  gegründete 
A'eranlassung  gegeben:  Dii  nieliora  nobis,  errorem  Iiosti- 
bus  illuni! 

Wir  haben  gleich  im  Anfang  dieser  Beurtheilung  ge- 
sagt, dass  es  unmöglich  und  noch  Niemandem  gelungen 
sei,  den  Satz  umzustossen,  die  Schriftwerke  der  heid- 
nischen Griechen  seien  den  Sitten  und  dem  Glauben 
cliristlicher  Jünglinge  gef/ihrlich  oder  gar  verderblich. 
Hierüber   nur   noch   einige   Worte. 

Wenn  vom  Christenthum  die  Rede  ist,  so  kann  diess 
entweder  die  reine  Lehre  Christi  bezeichnen,  wie  sie 
unmittelbar  aus  seinem  Munde  kam  und  durch  die  Bei- 
spiele seines  Lebens  an's  Licht  trat;  oder  es  bezeichnet 
dieses  Wort  die  durch  Entstehung  einer  Hierarchie  und 
eines  zänkisch  dogmatischen  Systems,  sowie  durch  Ein- 
führung eines  bestimmten,  zum  Theil  höchst  tadelns- 
werthen  Cultus  cntstellfc  Lehre  jener  ursprünglich  so 
einfachen  «nd  einfältigen  Lehre.  Dass  die  Ideen  und 
Schriftsteller  des  griechischen  AHerthums  diesem  leizien, 
entstellten  Christenthume  vertikal  entgegenstehen  ,  diess 
können  nur  Heuchler  und  Ignoranten  läugnen,  soivie 
es  denn,  die  Katz  mag  den  Schwanz  drehen,  wie  sie 
will,  eine  ausgemachte  Sache  ist,  dass  die,  allen  Un- 
freien verhasste,  Reformation  keinen  andern  Ursprung 
hatte,  als  den  Conflict  der  klassischen  Ideen  mit  dem 
Papi.smns,  und  keinen  anderen  Zweck,  als  durch  die- 
ses Medium  zur  reinen  Vernünftigkeit  der  Lehre  Christi 
nach  Kräften  zurückzukehren.  Wer  also  jeuer  Entstel- 
lung des  Christenfbuins  anhängt,  wer  den  Rationalismus 
auch  in  unseren  Tagen  noch  daraus  verdrängt  wissen 
will,  der  tcn)iH  nicht  bloss,  er  muss  sogar  das  .Alteinliuiu 
und  sein  Stndium  den  chriftlichen  Jünglingen  platterdings 
gefährlich   uud  schädlich   finden. 

Wie  steht  es  aber  mit  dem  Verhältniss  des  klassischen 
Alferthums   zu  jenem  ersten,  echten  Christenthume?  Die 


763 


764 


Frage   ist    zwar,    positiv    gpiiomtiipn ,    ganz    uiiprakfisch , 
ilorli   «ollen   «ir  sebeii!   Der   lieil.   Hasilius  sagt  in   unse- 
rer Iluniilie    S.  2    ganz    ricIiJig:      „"Wir    Christen    halten 
dieses    menschlirlie    Leben     ftir    eine     Hurrhaus     niihtigc 
Sache,    nnd    als    gut    erkennen    unil   beuennen    «ir  i'iber- 
haiipt   >i(li(s,    dessen   ganze   Bestimmung  für   uns  nur  bis 
zu   iliesrni    Ziele   reicht."      Er   hat   ganz   Recht;   diess   hat 
Christus  selbst  gesagt,   dessen  Lehre  nelistdem   xteeitens  im 
Dulden  nnd  Kriragen,  sowie  in  der  aufopfernden  Liebe,  iiiclit 
jni  n.iniii-ln  toll  .Selbstgefiihl  und  nicht  im  Streiten  die  Probe 
der   Tugend   setzte.       Nun   blicke  man   auf   das  heidnische 
Griechentlnim !    >Velcher  Gegensatz!    Hier   ist  das  jetzige 
Leben   die   Aufgabe,    hier   die  Sinnlichkeit   und   unmittel- 
barste,   engste    >'erbindung    mit    der    Äatur,     mit    ihrem 
Zauber   und   all    ihren   Scliuflchen,    hier  stolze    That,   hier 
Kampf,    selbst   mit   ilem    blinden    (jescliick;    hier    herrscht 
eine   ganz  unabh.'lngigc ,   freie,   geistige  Entwickelung  bloss 
nach    deui    innern   Sinn    und   Bediirfniss,    in    ihrer    festen 
Kraft  sich  selbst  der  letzte  Zweck!    Die  antike   AVeit  ist 
der  Gegensatz  des  Christenthums,   und   ilie   welthistorische 
Aufgabe,    diese    antike    Welt    zu    stürzen,    hat  die   YoT- 
sehuiig  ilem   Christenthum  ang^ewiesen  ;    diese   Aufgabe   ist 
jedoch   bis  jetzt   noch   nicht  völlig  gelost,    und  die   Philo- 
sophie, sowie  die  Culturhistorie   haben  ctna  zu   entschei- 
den,    ob    sie   Je    gelost    werde,    vorzüglich    aber,    ob    es 
«ünschenswerth  sei,    dass    sie    »üllig  gelöst  werde.      Wir 
brechen  hier  ab! 

Zum   Schluss  noch  drei  Bemerkungen: 

1)  Basilius  sagt  S.  4  und  ö ,  jene  heidnisch- griechi- 
sche AVissenschaft  diene  zur  Vorbereitung,  um  die  christ- 
liche Lehre  als  solche  darauf  folgen  zu  lassen.  Wir 
fragen: 

a)  ist  dieses  der  Standpunkt  ,  von  welchem  ans  die 
alte  Literatur  als  Gegenstand  unserer  Gelehrten- 
Schulen   betrachtet   werden   darf? 

b)  Kann,  wenn  dieser  Gesichtspunkt  als  wahr  und  be- 
deutsam festgehalten  wird,  nicht  unsere  deutsche 
Literatur  die  Stelle  vertreten,  da  sie  ja  gerade 
uns  Deutschen  das  ist,  was  den  Griechen  die  grie- 
chische  war? 

'j)  Basilius  vertheidigt  die  heidnisch  -  griechische  Li- 
teratur S.  12  ff.,  weil  uns  in  ihr  so  herrliche  Beispiele 
von  Edelsinn  und  Tugend  entgegen  treten.  Wir  fragen : 
Braucht  mau,  wenn  sich  nichts  Wichtigeres  vorbringen 
laist,  wegen  die.ses  IJmstandes  noch  griechisch  zu  lernen, 
da  man  diesen  Inhalt  der  Alten  ganz  gut  aus  lleber- 
SPtzungen    kennen   lernen    kann  ? 

3)  AV  io  wenig  Ernst  es  dem  heil.  Basilius  war,  die 
griechisch- heidnischen  Schriftsteller  zu  empfehlen,  geht 
aorh  daraus  hervor,  dass  er  nur  von  S.  l  —  15  seine 
bisher  charakterisirte  Defension  entwickelt,  aber  von 
S.  15  —  Jfj  eine  Predigt  über  die  Reinigung  der  Seele 
von  der  Leidenschaft  halt.  In  dieser  Partie  sagt  er  denn 
uuter  Anderui  S.  L'.'i :  ,, Darum  bewundere  ich  auih  an 
Diogenes  jene  Geringschätzung  aller  menschlichen  Dinge 
xumal."  Hier  bringt  Hr.  >.  in  den  Noten  S.  f)t  einige 
Citate  über  Diogenes  ans  Plutarch,  Maximus  Tjr.  und 
Die  ChrvsostomuB  bei,  die   von  keinciu  weiteren  Interesse 


sind.  Wir  würden,  nm  den  Basilius  selbst  zu  charak- 
(erisiren,  etwa  gesagt  haben:  „Hier  lobt  unser  Redner 
den  Diogenes,  den  Ur- G'rnssvater  der  Capuzincr ,  deren 
Grossvalcr  der  heil.  Basilius  selbst    ist." 

Hrn.  N.'s  üebersetzung  ist  sehr  scliOn,  seine  Anmer- 
kungen, für  allgemein  gebildete  Freunde  des  Alterthums 
bestimmt,  sehr  wohl  berechnet  und  geschmackvoll,  und 
wir  haben  an  dem  Ganzen  Mclits  auszusetzen,  als  die 
Richtung.  Hrn.  ]N.'s  Programm  gebort  zum  Besten  unter 
demjenigen,  was  in  den  zwei  letzten  Jahren  au  den  ba- 
discheu  Gelehrten -Schulen  an's  Licht  trat. 


Constanz  1S38:  Beiträge  zur  Geschichte  dea  bürger- 
lichen Lebens  der  Stadt  Constanz  im  Mittelalter. 
A'om  Lvceumsdirector   und  Prof.   Lender.     38  S.   8. 

In   diesem   ganz  aus  den   Quellen   geschöpften   Schrift- 
chen entwickelt    der  l'erfasser    die   Frage    über   die   erste 
Entstehung  der  Stadt  Constanz  aus   dem   vom   röm.  Kaiser 
Constantinus    Chlorus    im    Jahr    .30'J    erbauten    nn<l    nach 
seinem   Namen   benannten   Castrum  Coiista/ilia,   beschreibt 
dann   das  allmfihlichc  Wachsthum  des  Ortes   und    begleitet 
dessen    Erweiterung    und    Kräftigung    bis    in's     15-    Jahr- 
hundert.     Der   Titel    des    Schriftchens    ist    eben   desshalb 
nicht  ganz  passend,  indem   in   demselben   keineswegs   eine 
Geschichte    des    bürgerlichen   Lebens,    sondern    eine    Ge- 
schichte „bürgerlicher  Einrichtungen    und   Vorfälle^^   ent- 
halten   ist.       Der    Verfasser    beschäftigt    sich     mit     einem 
grösseren   Werke    über  Constanz,    wovon    diese  Monogra- 
phie  ein   Tlieil  zu  sein  scheint.    Die  Darstellung  ist  nicht 
ausgezeichnet,     die     Sprache    hin    und    wieder    incorrect, 
uml    die   Weise    der    Abfassung    nicht    ganz    frei    von   den 
Vorurtheileu    des   Priesters.       Bei   der   Vornehmheit  man- 
cher   Gymnasial  -  Directoren     und    bei    dem    unbegrünzteu 
Alissbrauch   mit  dem  Professortitel,   wie   er   in  Baden  statt- 
findet,  sieht   es    Referent   für   ein   Zeichen   einer   löblichen 
Mässigung  an,    dass   Hr.   Lender  sich    herabgelassen   hat, 
auf  dem   Titel   sich  auch  ,,/V«yessoj'"   zu   nennen.      Diess 
thut  ausser  -ihm    kein    einziger    badischcr  Schublirector , 
kein   Hofrath    und    kein   Geh.  Hofralü  aus  der  fllitte  der 
Schuimänner. 

5. 

Wertheim  1837:  In  welcher  Ausdehnung  sollen  die 
Naturwissenschaften  Gegenstand  des  Gymuasialuntcr- 
richts  sein?  Beantwortet  von  Dr.  Neu6er.  36  S.  S. 
Ganz  besonders  angenehm  war  es  Referenten,  im  Ein- 
gang dieser  Abhandlung  die  Frage  über  den  Zweck  der 
Gymnasien,  also  auch  über  ihr  Wesen,  just  so  erörtert 
zu  finden,  wie  er  über  diesen  Gegenstand  schon  langst 
bei  sich  in's  Reine  gekommen  war,  und  wie  er  ihn 
vor  nM'hrereii  Jahren  einem  hohen  Staatsbeamten  Badens 
schrifilich  auseinander  gesetzt  hatte;  wovon  die  nächste 
Folge  war,  dass  seine  Idee  in  den  ersten  Paragraphen 
der  badischen  A'erordnung  über  die  Gelehrten -Schulen 
als  leitendes  Princip  des  Ganzen  aufgenommen  wurde. 
Hr.  N.  findet  n.'imlich  den  Zweck  des  Gymnasiums  in 
der  Erziehung  des  jugendlichen  Geistes  zur  Wissenschuft 
und    Wissenschaf tiichheit.    Wenn   er   übrigens  S.    10  ganz 


765 


766 


streng  zwischen  Whienschaft  nnd  Gelehrsamkeit  *)  un- 
terscheidet, und  in  Bezng  auf  den  liejjriff  der  letzteren 
besonders  das  Aufnehmen  einer  todlen  iMasse  als  Kri- 
terinn  heriorheLt,  so  will  Ref.  über  Worte  zwar  keinen 
Streit  anfangen,  muss  alier  hemerken,  dass  das  Wort 
Gelehrsaniknt  recht  gut  und  recht  oft  den  Begriff  der  Wis- 
senschaft als  wesentlich  einschliesst. 

■\Vas  llr.  N.  über  die  Geltung,  Ansdelinung,  Methode 
und  Verkui'ipfnng  der  IVaturwissenschafleu ,  als  Lehrob- 
jcctc  der  Gymnasien,  sagt,  ninss  Ref.  hier  übergehen, 
weil  dieser  Gegenstand  unserer  Zeitschrift  fremd  ist. 
Er  will  jedoch  nicht  unterlassen,  zu  bemerken,  dass  ihm 
Hrn.  Neuber's  Ideen  sehr  glücklich  und  durchdacht  er- 
schienen sind.  Ref.,  der  stets  eine  ganz  besondere  In- 
cliuation  für  das  AVertheinier  Gyninasiuni  gefühlt  hat,  an 
welchem  schon  so  viele  wackere  Gelehrte  gewirkt  haben 
und  das  unter  der  Leitung  eines  so  vortrelllicheu  Schul- 
mannes, wie  Hr.  Hofrath  Föhlisch ,  sich  auch  jetzt  in 
einem  blühenden  Zustande  betindet,  wünscht  dieser  An- 
stalt Glück  zu  so  einsichtsvollen  Lehrern,  wie  Hr.  Neu- 
bcr  zu  sein  scheint  ,  nnd  recht  viel  Ausdauer  in  elvra 
misslicher  Organ isationsbedränguiss. 

Diess  waren  also  die  fünf  wissenschaftlichen  Abhand- 
lungen von  den  Jahren  IS37  und  1838  statt  der  zwei 
und  zwanzig,  die  wir  zu  erwarten  berechtigt  gewesen 
wären.  Und  seiist  in  Keiner  dieser  Fünf  ist  eine  eigent- 
liche wissenscliaftticlie  Untersuchung  philologi- 
scher Natur  angestellt.  Ehe  wir  indess  unseren  Be- 
richt schliessen,  wollen  wir  noch  eine  oder  die  andere 
Bemerkung  über  die  Schulprogramnie  der  andern  An- 
stalten  beifügen. 

1. 
Es  ist  sehr  auffallend,  dass  die  grösste,  von  der  Staats- 
kasse am  meisten  berücksichtigte  Gelehrten -Schule  Ba- 
dens, wir  meinen  das  Li/ceum  in  Karlsruhe,  an  welchem 
insgesamnit  etwa  zwanzig  Lehrer  Unterricht  ertheilen, 
weder  lf537  noch  18  i8  eine  wissenschaftliche  Abhandlung 
im  Programme  hat  erscheinen  lassen.  Denn  die  im  Pro- 
gramm von  \'6o7  enthaltene  Chronik,  in  der  besonders 
von  dem  verstorbenen  Gmelin  gesprochen  wird,  kann 
nicht  als  eine  solche  Abhandlung  betrachtet  werden;  noch 
weniger  aber  die  im  Programm  von  töoS  enthaltene  Chro- 
nik der  Anstalt.  IMit  Stillschweigen  wollen  wir  übrigens 
nicht  ganz  übergehen,  dass  in  dieseni  letzteren  Pro- 
gramme eine  am  24.  Wai  1838  von  Prof.  Siip/le  gehal- 
tene lateinische  Allocution  (nicht  Rede)  von  S.  1 1  bis  16 
abgedruckt  ist.  Diese  hat  jedoch,  obgleich  recht  sorg- 
faltig stilisirt,  kein  wissenschaftliches  ^'erilienst.  Es 
wird  nämlich  darin  den  Primanern  des  Lvceuuis  eröffnet, 
welche  aus  ihrer  iUitte  so  glüc  klich  waren,  die  zu  Ehren 
des  verstorbenen  Rirclienraths  Gerstner  gestellte  Preisfrage 
am    glücklichsten    zu    losen.      IMan   hatte   nAmlich   gefragt: 

*)  Gerade  wegen  des  Zweckes  der  ff'iisenschaftlichkeit  wer- 
den diese  Anstalten  Gelehrten-Schuten  ^nunnt,  welchen 
Titel  sie  in  l)a.!en  erst  seit  3  Jaliien  Kdiren.  Referent 
glaulit  (las  Meisic  dazu  bcij;ctragen  zu  liaben  ,  dass  sie 
diesen  Tilel  officiell  erhielten;  er  daclilc  damals:  nomen 
onien  habet.  Bis  jetzt  bat  sich  die  Waiiilieit  dieses  Spru- 
ches noch  nicht  besonders  bewährt,  und  gewissen  Leuten 
ist  diese  Cenennimg  ein  wahrer  Dorn  iiu  Ange,  ein  un- 
angenehmer GewisscDsbiss. 


„quid  HomeruB  digressione  illa  secundo  Jliadis  liiro  de 
Thersite  inlerposita  sibi  voluisse  videaturt  '■'■  Hr.  Süpfle 
legt  nnn  S.  14  H.  den  .Schülern  seine  eigene  i\]eiuung 
über  diesen  Punkt  dar  und  schliesst  dann  mit  einem 
Lobe  der  pruemiferi.  Allein  wir  beilauern,  bekennen  zu 
müssen,  dass  Süpfle's  Ansicht  durchaus  nichts  INeues  uuil 
dabei  sogar,  wenn  mau  die  Sache  tiefer  fasst,  wozu  uns 
hier  leider  der  Raum  fehlt,  nichts  ^Vahres  gesagt  hat. 
^Vir  wollen  wenigstens  darauf  aufmerksam  machen  ,  dasa 
er  schon  desshalb  im  Irrthume  befangen  ist,  weil  er  die 
Stelle  über  den  Thersites  für  eine  Episode  hält,  was  sie 
platterdings  nicht  ist.  Referent  halt  übrigens  ilie  ^Vahl 
der  Aufgabe  mit  Hinblick  auf  die  Kräfte  solcher  jungen 
Leute  schon  an  und  für  sich  für  verfehlt  uml  würde, 
wenn  etwas  aus  Homer  gewählt  werden  sollte,  huiulert 
andere  Themata  aufzufinden  wissen:  so  sehr  ist  in  einem 
viel  höheren  (irade  wahr,  was  Hr.  Süpfle  ganz  naiv 
S.  13  sagt:  (Homerus)  multa  habet,  quae  accuratioreni 
sive  verborum  sive  reruni  cxplicationem  requirant.  Wir 
können  es  uns  nicht  versagen,  Hrn.  Siipjle  wenigstens 
anf  Godof.  Hermanni  Opuscula  III.  75-  H-  18  —  58  und 
167  —  194,  aufmerksam  zu  machen. 
2. 
Das  Programm  der  reichsten  und  angesehensten  ka- 
tholischen Gelehrten -Schule  Badens,  des  Lyceums  zu 
Rastatt,  sowohl  das  von  18  s7,  als  das  von  183^  entbehrt 
einer  wissenschaftlichen  Abhandlung.  In  dem  letzteren 
Programme  hat  der  nun  jubilirte  Director  dem  Lections- 
Verzeichniss  eine  Chronik  des  Jahres  vorausgeschickt,  die 
auf  vier  Octavseiten  lediglich  Nichts  von  Bedeutung  sagt. 
In  dem  Programme  vom  Jahre  1.S37  hat  Ebenderselbe  die 
allgemeine  Chronik  der  Anstalt,  deren  erster  Theil  im 
Programme  von  1836  enthalten  war,  fortgesetzt  und  zu 
Ende  geführt.  Diese  Chronik,  zusammen  63  S.  8-,  ist 
eine  doppelte,  eine  Chronik  der  ehemaligen  Stiftsschnle 
zu  Baden,  und  eine  solche  der  Piaristen  -  Schule  zu  Ra- 
statt: aus  beiden  hat  nSmlicIi  Carl  Friedrich  das  reich 
dotirte  Lyceum  zu  Rastatt  gegründet.  Loreije's  Darstel- 
lung ist  lebendig,  aber  incorrect  und  ein  wunderliches 
Gemisch  von  poetischer  Prosa;  der  Inhalt  ist  besonders 
für  die  ehemaligen  Schüler  und  sonstigen  Freunde  beider, 
nun  vereinigten  Anstalten  interessant;  für  den  Gelehrten 
überhaupt  hat  die  Chronik  keinen  positiven  Werth,  dage- 
gen einen  recht  in  die  Augen  springenden  negativen. 
Da  nämlich  der  Verfasser  seine  Älittheilungen  mit  ziem- 
licher Freimüthigkeit  macht,  so  geht  daraus  die,  ohne- 
hin längst  bestätigte,  unwiderlegliche  AValirheit  hervor, 
dass  ans  Anstalten,  welche  entiveder  ausschliesslich  oder 
fast  ausschliesslich  in  den  Händen  der  katholischen  Geist- 
lichkeit sind,  nimmermehr  etwas  wird.  Diess  sollten 
sich  Alle  jene  wohl  merken,  welche  jetzt  mit  der  Ge- 
staltung des  badischeu  Schulwesens  beschäftigt  sind;  denn 
das  Bestreben,  die  Gymnasien,  wenn  es  immer  nur  an- 
ginge, wieder  in  die  Hände  der  Geistlichkeit  zu  brin- 
gen", lebt  in  diesem  Lande  noch  kräftig,  zum  Theil  auch 
gleisnerisch  schleichend  fort.  Ueberdiess  gibt  Director 
Loreye  ohne  Winkelzügc  zu  erkennen,  dass  die  Schule, 
der  er  schon  so  lange  angehört,  ihr  besseres  Leben  erst 
durch  den  Geist  der  Regierung  Carl  Friedrich's  und  sei- 
nes geheimen  Rathes  Brauer  erhalten  habe,  d.  h.   durch 


767 


768 


den  Geis/  und  das  Licht  des  rationellen  Protestantismus. 
Aiicli  «lipss  sollten  siili  g:eiiisse  Lciife  nirrkeii ,  ii  eiche 
noch  1839  verlilciiclet  gpiuig  sind,  zu  ;,'lauben ,  man  könne 
die  ka<!iolisclieh  tivnuiasien  in  einen,  den  Forderungen 
unserer  Zeit  ent^preihendcn ,  «issenschaftlichen  Znstand 
brinjjen,  iniieni  man  in  ihren  Räumen  und  AViiil.eln  den 
starren  päiisdichen  Katiiolicismus  wieder  auf  den  Tliron 
setzet:  dauert  diese  Richtung  aucli  nur  noch  einige  Zeit 
fort,  so  «ird  unsäglich  viel  l'ernirrnng  und  Verkiimme- 
rung  über  diese  Austalten  kouimcu.  Wehe  den  Ur- 
hebern ! 

^'on  den  Programmen  der  übrigen  Anstalten  insbe- 
sondere zu  sprechen,  loiinf  sich  nicht  der  Blühe:  nicht 
einmal  eine  aus  wenigen  Sätzen  bestehende  Jahreschronik 
kiiiinen  einzelne  Herren  Directoren  correct  schreiben. 
So  z.  B.  sagt  der  Direktor  des  Gymnasiums  zu  Freiburg, 
der  sich  sogar  des  abgeschmackten  Xanzlci  -  Ausdruckes 
„diesseitiges*)  Gj/;«/(rtStH»j"  bedient,  im  Programm  v.  1838 
S.  5  ff.:  ii'O"  den  beiden  (der)  an  dem  Lvceum  zu 
Constanz  zu  besetzenden  Lehrstellen",  nnd  gleich  im  Ein- 
gang: ,,  Unter  den  Verfügungen  und  Erlasse."  Ganz 
spasshaft  aber  laufet  das  Programm  des  Directors  Sdiarpf 
zu  ÜITenburg.  Derselbe  hat  nauiiich  unter  dem  Titel 
Chronik  sogar  da-ijenige  abdrucken  lassen,  was  er  w<ih- 
ren<l  des  Jaiires  über  die  höhere  Bürgerschnle  und  ihre 
ErölTnnng  zur  Notiz  der  Aeltcrn  in  das  OITenburger  Wo- 
chenblatt eingerückt  hatte.  Welcii'  eine  unbeschreibliche 
Armufh!  \on  keinem  grösseren  Reifhthume  zeugt  Eben- 
desselben Rede  bei  Eröffnung  der  höheren  Bürgerschule: 
sie  ist,  bei  grossen,  hohlen  Phrasen,  wirklich  rocht  leer 
an  Gedanken,  überaus  pedantisch,  nnd ,  was  den  Ref. 
besonders  betrübt  hat,  voll  von  niedriger  Schmeichelei 
gegen  Oben.  Auch  stehen  als  fernere  Lückenbüsser  S.  11 
xwei  Lieder,  die  lir.  Prof.  Jf'eissgerier  zur  Erüllnungs- 
Feier  der  höheren  Bürgerschule  gedichtet  hat;  sie  stim- 
men einen  Ton  an,  als  wie  wenn  etiva  die  Schöj)fung 
des  Luiiersums  gepriesen  werden  sollte.    Beim  ersten  Vers: 

„Tag,    o   Tag,    du   schöner  Tag", 

fiel   mir  der  Bürgermeister   von   Saardam   ein   mit  seinem; 

O  Tag,  hah!   welch'  ein  Tag!  an  diesem  Tag!        J 


Ztü  Lucian's  Tiiiion.  o.  15. 

Im  Timon  wirft  Zeus  dem  Piutus  die  L'iibest.'iiidio-kcit 
«eine*  Unheils  vor.  Früher  habe  er  sich  immer  über  die 
Geizigen  beklagt,  die  ihn  unter  Schloss  und  Riegel  hielten; 
und  jetzt  mache  or  es  dem  Timou  zum  ^'orwiirfe,  dass  er 
ilin  freigelassen  habe.  Von  jenen  heisst  es  c.  ij.  /;7H- 
vo./.T! L.  Y.axa  T^>^■  Tr/.ovaicjii  v.axa/.i/j XtnD a.i  '/.iyuiV 
^(<o;  ui'TViv  v7tu  noyj.oh  v.di  yj.ecol  v.oX  (rijusiuju 
(TTii^ij/.ff.lc,  und  diese  Ausdrücke  werden  zunächst  auf  die 
ängstlichen  3Iütter  und  Ammen  bezogen,  welche  die  ihnen 
anverlr.niten  Jungfrauen,  wie  Akrisius  »eine  Daii.ii-,  ein- 
sperrten. Plnliis  vcriheidigt  sich  gegen  diesen  A'orwurf 
und  sagt  c.  Ij.  von  den  Geizigen:  zovi  yC(Tuy,\i:e(TTOV 
eil  dioatg  y.al  ay.ocin  (fi').diTUvrac,  o^iio;  aürok 
Ttuj^iTrgoi  ytioiiii^v  y.ai  ni/iekr:;  y.ca  vjitooyyi);  in^/- 
f^ic/.ovnivov'i,  oic£  Troo^aTiToviiCvoi'g  airoic,  ovre 
i-    TU  (f,üJi    -jtQoäyovTUi.      Diese   Worte  bieten   an  sich 


*;   .'••ill  i.unser  (j\niiijsiiinj 


keine  Schviierigkeiten  dar,  daher  sie  auch  von  den  Her- 
ausgebern trockenen  Fiisses  übergangen  worden  sind;  mit 
Ausnahme  der  Lesart  9i'(iaig,  auf  die  wir  spater  zurück- 
kommen wollen.  Deminch  bedürfen  sie,  um  i allkommen 
verstanden  zu  werden,  einer  kleinen  Bemerkung,  von  der 
ich  mich  w  nndere,  dass  IViemaiid  sie  für  iiöthig  gelialten  hat. 

.Sowie  in  <Ier  ersten  Stelle  alle  Ausdrücke  auf  die  Be- 
wachung der  Jungfrau  zu  deuten  sind,  so  beziehen  sich 
die  der  andern  auf  die  Zucht  des  Älastviehs,  des  Geflügels 
vornehmlich,  das,  um  fett  zu  werden,  in  einer  massigen 
Dunkelheit  eingesperrt  gehalten  werden  muss.  Diess  wusstcn 
die  Alten  sehr  gut.  l'on  den  Gänsen  liandelnd  sagt  Coln- 
mella  de  R.  R.  VIIL  14,  4.  facilis  harum  avium  sagina.  — 
sint  calido  et  tenebricoso  loco :  quae  res  ad  crcandas  adipes 
mnltum  conferunt.  Vgl.  \^arro  de  R.  R.  III.  5,  .'j.  Plufarch. 
T.  II.  p.  7Ö0.  D.  oiiöh  fivia  yakaxioi,  ovbh  jjÜjttu 
X):rjioji'  iocijo/i;  ovöe  a/THTai  y.al  (.idysigoi  cfikoffoo- 
rovai  -JtaivovTE^  vtvo  O/.drrp  fioajrovi  y.ai  opr/i^«;, 
wo  Winckclmann  p.  109  eine  Stelle  Seneca's  Epist.  CXXII. 
anführt:  Aves  quae  conviviis  comparantur,  ut  immotae  facilc 
pinguescant,  in  obscuro  rontinentur ;  ita  sine  uila  exerci- 
tatione  jacentibus"  tumor  pigrum  corpus  invadit,  et  super 
niembra  sagina  succrescit.  Man  wendete  diese  iMethode 
selbst  auf  Kraniche  und  Schwüne  an.  Plut.  T.  II.  p.  9,(7.  .\. 
cikkot  ycpavajv  Ofxuaxa  y.ai  y.i>y.vu)v  [Wjttenbach  fragt: 
an  y^i-vuivll  ärio^öciipavTCi  y.ai  UTroy.kcloarisg  iv  cy.u- 
Tii  maivovOlf.  An  mehr  als  Einer  Stelle  wird  dieser 
ökonomische  Gebrauch  zu  Vcrglcichungen  benutzt.  So 
Plutarth  Vita  Lvcurg.  c.  lO-  von  Schlemmern :  vJro  (ry.ö- 
Toc,  uiqTtSQ  däilcpaya  4'w«,  niaivo^iivovq  xal  diucfOei- 
Qovzac,  Tolg  r^deot  tu  aojiiaTa.  Philostrat.  Vit.  Apollon. 
I^'.  3.  p.  142.  Zßi  vi  'LoLTtov  dkk'  y  i^vy/.XeiaaviEi  auioii; 
dj^yicrj  TovQ  Gixcvoiitvovq,  tv)v  6qvi9o}v  iv  ayoTip  ya- 
aT^/Cca9a/,  ftixo!^  dl'  öiaoQaycfjuev  rxn'/^vroLievoi- 

Nun  noch  ein  Wort  über  <lie  Lesart  iv  düoa/g,  an 
welcher  mehr  als  Einer  Anstoss  genommen  hat.  Von 
allen  Ilandschr.  des  neuesten  llerausg.  hat  nur  die  Gör- 
litzer iv  duQUiOt,  aber  if  ^i'^aig  keine  einzige.  Sie 
lesen  mit  einigen  alten  Ausgaben  iv  ^ifirj.  IMir  scheint 
Brodäns  das  Rechte  getrofl'cn  zu  haben,  welcher  tv  9r,- 
y.(/.c~  liet-t,  theils  wegen  der  Präposition ,  die  nicht  unbe- 
denklich ist,  theils,  was  das  AVichtigsfe  ist,  ans  paläo- 
graphischcn  Gründen.  Zwischen  dißrj  und  dl'jyr]  ist  der 
Unterschied  sehr  gering;  und  die  Buchstaben  ß  und.» 
werden  ebenso  hüufig  alt  ;^  und  i  verwechselt:  dagegen  ist 
mir  von  einer  ^Vrw  echselung  der  Buchstaben  ß  und  Q  kein 
Beispiel  bekannt.  Beim  Athenaeus  IV.  ILH).  E.  heisst  es: 
71  lv(f.i  iv  9-i]y.rj  ä.oyvoa  yc.Tay.cifucvoi.  Hier  lesen  einige 
Codd.  iv  di'jßl-j.  ja,  die  Edit.  pr.  iv  tUßrj.  S.  Scliweigh. 
Annot.  T.  II.  p.  3!)ö  f.  "ml  ad  Polvb.  I.  37.  Tom.  V. 
p.  2Ö0.  Gegen  den  Sprachgebrauch  ist  auch  Nichts  ein- 
zuwenden. 1'on  Geldkistcn  sagt  Eiiripid.  Hcc.  1116.  w^ 
yr/.Qiiiiiivaq,  f^ijyai;  fpodopracc  llütafiidcüv  iv  Tklio 
Xinaor.  Ilerodot'.  IX.  83.  croov  cvivol  dqy.ac  XQi'°'{^ 
y.ai  d(tyif,ov.  Plutarch  T.  II.  p.  982.  C.  yvLDiAaaaa  tdv 
iaiTi;i  i/.derTl]  i}r,oaiQ'>v,  ati;  oüöil^  j(pvoiov  ^Ky'jf 
üvüt^wnoi,  dauivüii  üvolyri.  V\i.  Luculli.  c.  32.  Kak- 
kindyip  vzitrxvüvjuv(;>  Ih-y.ag  dno^^nxovi  /tsyakojv 
j(ö^iidTvjv  dvuy.akvil'iiv  oü  noo:kvxsv. 

Gotha,  den  20.  Juli    1839-  F.  .Ituois. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  LI  ms  Wissenschaft 


Mittwoch  j   14.  Jugust 


1839. 


Nr.  97. 


1)  Die  A'erfassiinp;  des  Kfiiiigs  Serviiis  Tullius  als  Grund- 
lage zu  ciiipr  Rom.  ^Vrfasnuiigsgeschirhtp,  ciitwickelt 
von  P.  E.  Husehke  etc. 

2)  Die  Verfassung  «les  Serv.  Tüll,  in  ihrer  Entwicke- 
lung.     Dargestellt  von  F.  D.   Gerlach  etc. 

3)  Disquisitio  de  Rom.  Comit.  auctore  P.  v.  d.  Velden. 
Pars  I.   de  Coui.   Curiatis  eic. 

Zweiter   Artikel. 

Herr  Husehke  behandelt  im  6.  Capitel  die  Ritter- 
Centurien  ,  Kopfzahl  der  Cent,  und  Uebersicht  p.  341  — 
394,  und  wendet  sirh,  naclidem  er  die  sonderbare  An- 
sicht Hiillmaiin's  von  einer  Rom.  Streitwagenmacht  mit 
Recht  widerlegt  hat,  zu  den  Rittern  selbst,  welche  in 
3  Partieen  getheilt  werden:  ti  Cent,  der  Patricier ,  sex 
tuffragia  zur  Auszeichnung  genannt  (weil  sie  nicht  ihres 
Vermögens,  sondern  ihres  Allels  wegen  Ritter  wären, 
ja  der  Name  Cent,  würde  lür  sie  herabwürdigend  gewe- 
sen sein),  (i  Cent,  der  Cäliinont.  und  6  Cent,  der  Pleb., 
welche  Serv.  Tnll.  hinzugefügt  habe.  Hr.  H.  glaubt  näm- 
lich, dass  schon  vor  Serv.  Tüll.  Xi  Cent.  Eq.  gewesen, 
indem  Romul.  3 ,  Tarquin.  Prise,  abermals  3  (zusammen 
die  sex  suffr.  gen.)  und  darauf  (j  aus  den  Cäl.  genommen 
Latte.  Die  gegen  diese  Auffassung  sprechende  Stelle  des 
Liv.  I,  43  beseitigt  Hr.  H.  durch  die  Annahme,  sie  sei 
rorrnpt  und  Liv.  habe  das,  was  in  seinen  Quellen  stand, 
verwechselt,  so  dass  er,  weil  er  nichts  von  den  fi  Cent, 
der  Cäl.  gewusst  hätte,  12  neue  von  Serv.  Tüll  habe 
errichten  lassen  nebst  (i  alten,  während  in  den  Quellen 
umgekehrt  (i  neue  und  12  schon  bestehende  erwähnt  ge- 
wesen. Die  Stelle  ist  aber  keineswegs  verdorben  und 
weder  der  Ausdruck  ex  primoribus  darf  befremden,  da 
dieses  AVort  auch  anderwärts  nicht  bloss  von  Patriciern, 
sondern  auch  von  denen  gebraucht  wird,  welche  nach 
timokrat.  Prinrip  die  ersten  sind  ,  noch  die  Worte  fecit 
und  scripsit ,  zwischen  denen  Liv.  keinen  Unterschied 
macht  (man  denke  nur  an  scribere  exercitum,  welches 
stets  von  einem  neuen  Heer  gebraucht  wird  etc.,  vergl. 
Guil.  Rein  quaest.  Tullian.  p.  7  sq  ) ;  und  die  Cälimont. 
erwecken  kein  günstiges  Vorurtheil.  Wir  halten  dess- 
halb  die  l'ulgate  nebst  der  an  dem  eben  angeführten  Orte 
gegebenen  Erklärung  fest  und  nehmen  an,  dass  Serv. 
Tnll.  aus  den  Vornehmen  und  Reichsten  ohne  Rücksicht 
auf  Abstammung  zu  nehmen,  12  neue  Cent,  schuf,  wäh- 
rend  die  6  alten   wenigstens  substantiel,    vielleicht    sogar 


forme!  vorhanden  waren.  —  Dass  die  Ritter  nicht,  wie 
]Niebuhr  meinte,  aus  den  Besten  und  Edelsten,  sondern 
nach  einem  bestimmten  Census  gewählt  wurden,  darin 
können  wir  Hrn.  H.  im  Allgemeinen  nur  beipflichten, 
Aveniger  in  Betreff  der  behaupteten  Summe  von  t2(),00ü 
Ass.  Die  äusseren  Grunde  lür  diesen  Census  sind  ohne 
Gewicht,  z.  E.  die  Libert.  mit  120,000  Ass  hätten  das 
Recht  gehabt,  in  den  trib.  rust.  zu  stimmen,  welches 
dem  ins  annul.  aur.  der  Kaiserzeit  entsprechen  soll,  oder 
dass  die  31ult  von  120,000  Ass  auf  diesen  Census  hin- 
weise, und  die  innere  wird  Niemand  überzeugen.  Es 
soll  der  Eqnes  ,  welcher  aus  seiner  Person  und  aus  sei- 
ner Function,  nämlich  dem  Reiten  bestehe,  an  sich 
llOjCOO,  seiner  Function  nach  10,000  Ass,  zusammen 
120,000  zu  schätzen  sein!!  Hr.  H.  geht  sogar  soweit, 
die  Censusdifferenz  der  IS  Rittercent,  zu  erforschen  und 
verwahrt  sich  gegen  den  Einwurf,  dass  die  Diffe.'enz  zu 
gering  gewesen  sei,  um  praktische  Bedeutung  zu  haben 
(und  so  scheint  es  allerdings)  dadurch,  dass  es  nicht  auf 
das  pract.  Interesse,  sondern  darauf  ankomme,  dass  das 
innere  politische  iSaturverhältniss  genau  wiedergegeben 
werde  —  was  man,  wie  schon  mehrmals  gesagt  ist,  von 
einer  Zeit  nicht  zugeben  kann,  welche  noch  nicht  einmal 
die  pubertas  erreicht  hat.  Wir  glauben  weder  an  diese 
Differenzen,  noch  an  die  Summe  von  120,000  Ass,  son- 
dern sind  überzeugt,  dass  zwar  ein  Minimum  festgesetzt 
war,  unter  welchem  keines  Ritters  Census  stehen  durfte, 
dass  es  aber  auf  der  andern  Seite  doch  vorzüglich  auf 
die  Qualification  ankam,  weil  es  weit  Mehrere  gab,  deren 
Vermögen  die  festgesetzte  Summe  überstieg,  als  zu  Rit- 
tern genommen  werden  konnten  (dieses  gilt  natürlich  nur 
von  der  ersten   Periode   lies  Ritterstandes). 

Auch  in  der  Eintheiluiig  der  Ritter  bedauern  wir, 
Hrn.  H.  nicht  folgen  zu  können.  Die  (j  patric.  suffragia 
nebst  2  Cent.  pleb.  Ritter  sollen  zur  1.  Classe,  die  h 
Cälimont.  Cent,  zur  2.,  3-  und  4-  Classe,  die  4  letzten 
Rittercent.  (Pleb.  von  Hrn.  H.  fcrentarii  genannt)  zur 
5.  und  6.  Classe  gehören,  was  auch  bei  dem  Abstimmen 
in  den  Comitien  angewandt  wird,  indem  die  S  ersten 
Rittercenturien  vor  der  I.  Classe,  die  2  nächsten  vor  der 
2.  Classe,  die  2  folgenden  vor  der  3.  Classe,  2  vor  der 
4.  und  die  4  letzten  vor  der  ö.  Classe  gestimmt  haben 
sollen.  Diese  Reihenfolge  ist  ohne  alle  Zeugnisse,  ebenso 
als  die  von  Hrn.  H.  für  die  spätere  Zeit  angenommene 
Veränderung,  dass  die  sex  suffragia  zwischen  die  i.  und 
2.    Classe    gestellt     worden    sein,    s.     unten     12.    Capitel. 


771  772 

Solir  seil  arfsi  Ulli  IT  siiiil   die  4   untcrstnn   Cent,   der  Eijuiles  lirlipn   p;-piiokra<.  Princip  an-jehörto,   gehiirie   ror  die  Ceiif., 

f'ereiitarii  vciflieiiligt,   indem   die    14  Silzrcihen   im  Tliea-  naineiiUirh   I>la   '  '     '        •■      '       ■  i   ,•  it.,,... 

für  d 


lidi    in   joder   Rilterreiit.   '.'00    geHeseii    sein,    «oion    auf  In   dem    Wahlver fahren    sei    die    l)i.sheri<je  Weise   Ijc 

die   Zahl   iler    |.    Classe    iveiter   geschlossen    «ird.      Hr.   H.  folgt    norden     und    sowie    der    neue   König    auf  den   Vor- 

liringt     mit    Ausschluss    der    Proletarier    eine   Siiiiuiie    von  schlag   des    iuterrex   von    den   Cur.    gewählt  sei,    so    «ären 

circa   ,S(',0(K)   Köpfen   heraus,     welche    sich    von    IVielinhr's  auch   die    Coss.     von    den   Cent,    nicht   in   freier   selbstst;in- 

Aufitellung    namentlich    darin   unterscheidet,    dass    dieser  diger   AVahl   ernannt   worden.      (Ob  man  aber   in  dem  lie- 

unter  Si  ,1  lOO  die  Hälfte   Prolet,   sein  lässt.      Die  Uerech-  nehmen   des   ^'al.   Poblic,    welcher  Jeden    zur  Bewerbung 

nung   ist   bei   beiden  !>Iänneru   sehr   unsicher   und   so    leicht  zulassen    wollte,    eine    Wendung     erkennen    darf,    um   dio 

es   hier   ist,     T.idel   auszusprechen,     so    schwer    wiirde    es  Wahl   zu   verschieben   und  einstweilen  allein  Cons.  zu  sein, 

sein,     irgend    etwas   A\  ahrsdieinlicheres   an    die    Stelle   des  ist   nicht   mit   .Sicherheit   zu    entscheiden,    da   Malerin 


/'  I      —  •     n .....     ..v...^-  — ..-    ^^ ,     ■-- -" - 

sich    nach   den   Centurien,     und   von    dem   letzten    wird    zu-  Magistrat   lange    Zeit   von    ilem  Einflus«   des   Senats   abh.'iu- 

erst    gehandelt.        Von    dem     unrichtigen     Gedanken     aus-  gig    gewesen    sei.      Dass    die    freie    Wahl    zuerst    bei    den 

gehend,    dass    die    Com.   Cent,   substantiell    nichts   Neues,  Aedileu    und    Tribunen    in    dio    Curiatcom.    aufgekommen 

soudern    aus   denselben    IJestandtheilen    wie    die   Com.    Cur.  und    von   diesen   allmählig  auf  die    eigentlichen   Magistrate 

zcisanimengeset/t   seien,    wovon    wir    bereits   früher   gespro-  erstreckt    w  (irden     sei,     bis     in     der   .'i.    Periode    ein    freies 

chen    haben,   behauptet    Ilr.    II,,   d.iss   sich   die   Com.  Cent.  Beiverbungsreclit   eingetreten,    ist   nicht   unwahrscheinlich, 

in  der   König.speriodc   gleichsam   noch   als  Cur.  darstellten,  Die   Legislation   wurde  früh  zwischen   Cent,    und   Tri- 

näinlicli   als   der   ganze  Populus.     Dieses  sei  die   I.  Periode,  bus   gethcilt,   so   dass    die   Leges,    »eiche   mehr  das  Innere 

in   der   zweiten   spreche   sich  das  Gleichgewicht  der  beiden  und    das   Interesse   der   Einzelnen    betrafen,   vor   die   Pleb., 

llanptbesfandtlieile    des  .Staats   aus,    anfangs   mit    Ucbergc-  das   .Staatsrechtliche   vor   die  Cent.    kam.    Darum     entschie- 

«icht   der   Patr.,   später   mit  dem  der  Pleb. ;   die  ,'{.  Periode  den    letzlere     über   Krieg    und    Frieden    nml    über   Capital- 

werde    durch    die    Com.    Trib.    charakterisirt    etc.       Wir  saclicu   („denn   im   raput  civis   Rom.  liegt  der  Staat  selbst, 

stimmen    mit   der   letzten   voUkoinmen    überein    und  würden  wie   er   dem    .4usland    gegenüber   stellt,   das    Vermögen   da- 

nur    in    der    1.    Periode    etwas    .'indem,     indem     wir    diese  gegen     ist    ein    Inneres"?),     ilie    Tril>us     über    das    Privat- 

deii   Curien   vindiciren   oder    dem    Populiis   in    dein    damalir  rechtliche,     auch     über   dio    Geldstrafen.       (Der   Gesicht.s- 

gcn   Sinn,   d.  h.    den    wahren    Bürgern,   den  Geschleilifern.  puiikt  ,     nach    welchem   diese   Strafen   geschieden  sind,    isi 

Die   2.    Periode,     welche    schon    mit   .Serv.    Tüll,    beginnen  wohl    ein    zu    enger,   s.    unten). 

muss   (nicht   erst  mit   Anfang   der   Republik),     würde   d.jun  Darauf  wird     die   wichtige   Frage    über    die    Gültigkeit 

uach   unserer  .'Meinung    ein    viel   höherer   Fortschritt  sein,  der   CentitiicnOeschliisse    erörtert  und    die   durch    j\iebuhr 

indem   sich    nun    in    den  Cent,    zu   den    Geschlechtern   auch  auf's  Nene  angeregte  auctoritas  Patrnm  besprochen.    Bei  den 

die     fii'ineiiien     gesellen,     »voilurcli     Populus    eine    andere  Cur.  und  Cent. -Com.  war  eine  Vorberathiing  des  Senats  noth- 

iiiiil     weitere     Bedi-ulung     gewinnt,      die     (\e/>    gesaininten  wendig  .Scoiis.    oder   auctoritas   genannt;   hinterher  erfolgte 

^"olks.       Niebiihr     und    AValter    fehlten,    wenn    sie    popul.  eine   abermalige  Bestätigung  (patres  aurtores   facti),  welche 

ausschliesslich   ron  ilen  .lltbürgern  verstanden,   aber  eliensi»  nach    der    alten   IMeinung    in   einer   Genehmigung   des   Sc- 

fehlf   l!r.   II.,    wenn    er  pop.    nur  von   dem   ganzen   \'olke  nats ,     nach     Nieb.    aber    in     einer    Bestätigung    bestand, 

gesagt    sein    bl^st.        Die     volKt.'iiidigsten     llnterrsiirlinngen  welche    die   Com.    Cur.    crtheilten.       Als    Vertheidiger   der 

über   den    Spraeligebraurh    in    Brziehiiiig    auf  |iopnliis    rut-  früheren    iMeiining   tritt   Ilr.    II.    auf    und    behauptet  patres 

Lalt   das   Programm    meines  Collegen  Weissenborn   (de    no-  auctnres    facti    n.    a.    Aiisclröcke     dieser    Art     werden    im 

tionibiis  ijuas  Liv.  vocabiilo  popiili  snbiecerit.  Iscnac.   IS  50).  Senat   und    zwar    nur   von    den   eigentliihen    Patricierii    ge- 

—   Alles   was  dem   Populus    zukam   und  nicht  dem   inner-  geben    (ähnlich    schon    Gronov,    und    WaclisniuthJ ;    denn 


773 

nur  diese  närcn  nach  orgaii.  lVaiiirgege(z  Haiipfcr  uml 
Berallicr  dos  Volks,  die  Plcli.  «areii  nur  des  Bcdiirfnis- 
aes  »villrn  von  aussen  dazuf;ese(zt ;  die  aiictoritas  alicr  sei 
eine  eijfenthiimliclie  fi-ierliclie  BckraftiKUiij;,  welche  trotz 
der  rorlaiifig  ffogelienen  KiinvillisiiiifJ  nicht  ül)i'rfliissig 
gewesen  sei.  Dass  Nieh.  anderer  Ansicht  gewesen,  rühre 
«owohl  daher,  dass  er  die  bina  coniitia  bei  Wahlen  mit 
der  bei  Beschlüssen  hinzutretenden  patr.  aiictoritas  ver- 
wechsele, auch  sei  diese  \'erwccliseliiiij|;  um  so  eher 
uiiiflich  g-evvesen,  weil  die  SchriKstellcr  gewöhnlich  nur 
eins  von  beiden  bei  den  Wahlen  erwähnten  (auctpritas 
vorher  und  lex  curiata  nachher)  ,  als  dass  er  eine  un- 
richtige Yorstelliing  von  der  angeblichen  ursprünglichen 
Ünselbstständigkeit  der  Com.  Cent,  gehabt  hatte. —  Viele 
dieser  Ideen  sind  allerdings  richtig,  wir  wollen  uns  aber, 
um  für  die  letzten  Capitel  noch  Zeit  und  Raum  zu  ge- 
winnen, weder  hier,  noch  bei  dem  folgenden  Capitel 
authalten,  zumal  da  wir  auch  auf  C.  S.  T.  Eluperger's 
Progr.  de  patribus  coniit.  Rom.  auctoribus  ünold.  1SM2 
Rücksicht  würden  nehmen  müssen.  Diese  ebenfalls  gegen 
>iicb.  Ansicht  gerichtete  Schrift  ist  Hrn.  II.  leider  unbe- 
kannt  gewesen. 

Die  Com.  Cur-  blieben  nach  Serv.  bloss  für  innere 
Gegenstände,  z.  E.  Arrogation,  Inauguration,  lex  curiata 
und  vor  dem  .Aufkommen  der  Com.  Tril).  auch  noch  für 
andere  Dinge,  welche  das  innere  .Staatsrecht  betrafen 
(Wahl  der  Trib.  und  Aedil.,  Abschallung  des  Konig- 
thuins,  Einsetzung  der  Qiiaest.  etc?j.  Dagegen  die  tes- 
tam.  calatis  coniitiis  und  sacrorum  detestatio  sollen  nicht 
vor  die  Cur.,  sondern  vor  die  Cent,  gehört  haben,  was 
wir  uns  nicht  denken  können  und  leider  ist  uns  das 
Rhein,  nius.  nicht  zur  Hand,  in  welchem  diese  Vcrmuthung 
weiter   ausgeführt   ist. 

Die  I'le&iscilu  bedurften,  um  für  die  Pleb.  7a  gelten, 
keiner  Bestätigung  von  den  Cur.  oder  Cent.,  nur  dann, 
«enn  sie  als  aligemciiies  .Staatsgesetz  gelten  sollten.  Lex 
Taleria  soll  ihnen  die  Initiative  zu  allgemein  gültigen 
Gesetzen  verliehen  haben,  sobald  diese  durch  lex  Cent, 
verbindlich  wiirclen.  Lex  Hurtentia  habe  den  Plebisc. 
selbststand  ige  Gesetzeskraft  verliehen  und  lex  Publil.  sei 
entweder  ^^orlauferin  der  lex  Hort,  gewesen  oder  habe 
lex  ^'al.  auf's  Neue  eingeschärft.  —  Zum  Schluss  wird 
noch  von  der  Haltung  iler  Centcom.  gesprochen ,  was  im 
Ganzen  ziemlich  bekannt  ist.  Unter  den  abweichenden 
Ansichten  ist  vorzüglich  die  Art  der  Zusainmenberufung 
zu  bemerken.  Diese  sei  eine  dreimalige  gewesen,  zuerst 
durch  die  accensi  in  templum  und  von  den  iMauern  herab 
(in  licium  vocare),  darauf  der  eigentliche  Befehl,  zur 
cunventio  oder  roiicio  zusammenzutreten,  um  der  Geheisso 
des  Cous.  gewartig  zu  sein,  endlich  die  .Aufforderung: 
ad  comitia  ccnt.  Auch  ist  abweichend,  dass  die  priester- 
liche  Gegenwart  bei  den  Com.  Cur.  (was  Kieb.  zuletzt 
behauptete)  ebensowenig  erforderlich  gewesen  sei,  als  bei 
den  (om.  Cent.  Dieselben  seien  bloss  dann  zugezogen 
worden,  wenn  der  zu  bcrathenile  Gegenstand  in  das  heil. 
Recht  einsdiliig  (\).  Dass  die  Cent,  praerogat.  erst  aus 
gpäterer  Zeit  herrührten,  ist  nicht  erweislich,  ilenn  wenn 
sie  spater  zur  Direction  des  snlFragiiiin  angewandt  wurden, 
80  liegt  (larin  nicht,  dass  sie  erst  in  der  Zeit  eingeführt 
wurden   wären,  als  man  die  Stimmen   zu   leiten  suchte. 


774 

8.  Capitel.  IHililurisc/ie  Ehiiic/ilungen  p.  423—  487- 
Zwei  Hauptteranderungen  treten  durch  die  Serv.  V'crfas- 
sniigein:  I)  das  Fiissvolk  nimnit  von  nun  an  einen  selbsl- 
ständigen  Platz  neben  den  Reitern  und  wurde  der  eigent- 
liche Kern  des  Heeres,  wahrend  die  Kraft  bisher  über- 
wiegend in  den  Eqiiit.  gelegen  hatte.  2)  das  Fussvolk 
wurde  nach  der  ^V'üidc  <ler  verschiedenen  Classen  geglie- 
dert und  hier  wird  sowohl  von  den  verschiedenen  Ilee- 
resabtheiluiigen  und  der  versi  hiedenen  Bewalfiiung,  als 
von  der  Art  der  Aushebung  und  des  Dienstes  gehandelt. 
Die  bekannten  3  Hauptmassen  werden  auch  hier  wieder 
uuferschieden  und  die  Abstufungen  des  Census  werden  in 
Beziehung  auf  die  Wallen  j)livsiologisch  in  den  Theilen 
des  Körpers  nachgewiesen.  '  Die  Bürger  der  4  obern 
Classen  werden  in  der  Beivairnung  nach  den  4  Haiiptthei- 
len  ihres  Leibes  geschieden  (Kopf,  Brust,  lintcrleib  und 
Beine),  indem  diese  Theilc  als  die  4  Systeme  des  fllcn- 
srlien  geltend  gemacht  werden,  und  die  ganze  Schlacht- 
ordnung erscheint  wie  ein  gewalTneter  31ann  etc.  Mit 
solchen  wnnderlichen  Phantasicen  (sogar  IVebnkadnezars 
Traum  ist  herbeigezogen  worden)  sind  sehr  lehrreiche 
und  wahre  Bemerkungen  vermengt,  aufweiche  hier  naher 
einzugehen  sowohl  der  Raum,  als  die  Furcht  verbietet, 
die  Sache  nicht  genügend  zu  behandeln,  da  ich  seit  mehreren 
Jahren  das  Rom.  Kriegswesen  ganz  vernachlässigt  habe. 
Möge  dieses   Capitel   anderivarts    berücksichtigt   werden  ! 

9.  Capitel.  Vom  Tiiöutum  p.  48S  —  ."JüS.  Die  zweite 
Leistung  an  den  .Staat  ist  das  Tribntuui,  welches  nach 
iServ.  nicht  mehr  nach  der  persönlichen  Abstufung,  son- 
dern nach  dem  Vc.i.mögen  abgetragen  wurde.  Eine  Haupt- 
siiinme  wurde  von  König  und  .Senat  ausgeworfen  nnil 
darauf  repartirt,  es  war  also  keine  bestimmte  jährliche 
Allgabe,  sondern  eine  je  nach  den  Bedürfnissen  des  Staats 
abwechselnde.  Regelmässig  mag  tribut.  erst  seit  dem  Auf- 
kommen des  Soldes  geworden  sein  ,  ja  es  wurde  sogar 
zuweilen  den  Bürgern  zurückgegeben.  Zwei  Haiiptclas- 
sen  des  trib.  sind  zu  unterscheiden:  l)  trib.  in  capita 
(wo  das  Caput  ciiis,  nicht  sein  Vermögen  als  tribntär  an- 
genommen wiril)  war  nicht  das  lor  Serv.  gewöhnliche, 
wie  Nieb.  behauptet  (das  Vor-Servian.  war  nach  H.  vielmehr 
ein  trib.  viritim  collatum,  nicht  nach  Vermögcnsabschätzniig, 
auch  nieht  bei  allen  Bürgern  gleich,  sondern  es  wäre 
bei  gewisser  Geburt  ein  gewisses  Vermögen  stillschwei- 
gend angenommen  worden),  sondern  umfasste  nur  gewisse 
Classen  von  Personen,  später  nach  Gutdünken  iles  Cen- 
sors,  namentlich  die  Aerarii,  deren  caput  allein  für  den 
Staat  Geldeswerth  hat.  Audi  das  n.xorium  und  vidurium, 
sowie  die  Abgabe  von  den  Geborenen,  iMümliggew ordcncu 
und  Gestorbenen  frehört  zu  den  trib.  in  cap.  2)  trib.  ex 
censii,  nach  dem  Vermögen  des  letzten  Census  (frei  davon 
waren  viduae,  orbae,  capite  censi)  und  zwar  t  von  1000 
jahrlich,  dieser  Modus  soll  schon  vor  Serv.  Tnll.  in  Ge- 
brauch gewesen  sein.  Die  Vorsteher  der  Regionen  nah- 
men das  Tribntuui  ein,  jeder  in  seinein  Bezirk;  spater 
aber,  nach  Einführung  lies  Soldes,  von  wo  die  regelmas- 
sige Rückzahlung  des  trib.  unterblieb,  —  habe  sich  aus 
dieser  Function  der  Tribiisvorstcher  das  besondere  Amt 
der  tribu7ii  aerarii  entwickelt,  die  den  Sold  nicht  bloss 
au  die  Soldaten  ausgezahlt,  sondern  aui  b  vom  Volk  in 
Empfang    genommen     hatten.       3)    trib.    temerarium    von 


775 


776 


Hrn.  H.  uirlit  als  oinc  n.irh  niijjeffllirpr  Al>scliä<7.iinjj  ge- 
gplipiip  Algabp  (so  ISinbiilir)  aufsi-fasst ,  sontlerii  dor  Mame 
wiril  ila.iurcli  erklär«,  «lass  Joilcr  das  bcigctragpii ,  was 
er  gcraile  gehab«  li;it«p,  «;as  jfdoch  noch  nicht  ganz  aus- 
gcmach«   za   sein   erlipiii«. 

10.  Citpitel.  Der  Ceusus  p.  Ö0!1  —  582.  Das  in  den 
Bandrii  dos  \l)stamniiiiigsi)rinrips  befangene  Volk  kann 
seine  lirstaiiillheile  iioi  h  nicht  reridiren,  indem  die  Stämme 
norh  als  In.liiidnen  dasteiien.  Wenn  sich  das  Volk  aber 
reränsserliclit  hat,  fangt  Seibstbcstinimnng  seines  Orga- 
nismus -  Census  an.  Dass  ein  Zusammenhang  zuischen 
Census  und  der  Centurieiiverfassuiig  existire ,  zeigt  schon 
das  AVort,  es  ist  indessen  derselbe  von  Hrn.  H.  ebenso 
unklar  als  spitzfindig  gedeutet  »vorden.  Er  sagt,  sowie 
die  Cent,  objectiv  die  auf  das  Sachliche  begründeten  Ge- 
«amintheiten  der  Cives  bezeichne,  so  drücke  census  die 
snbjecfive  Bestimmung  der  auf  Grund  und  Boden  beru- 
henden Staatselemente  nach  ihrem  Werthe  aus.  Beide 
AVorte  sollen  von  y.lvdv  herkommen  unil  nur  nach  object. 
und  subject.  Seite  verschieden  sein.  „Was  geslossen, 
"et raffen  ist,  dem  ist  auch  von  Seite  des  Slossenden 
eine  feste  Bestimmung  gegeben!?'-'  Der  Census  selbst 
gchliesst  sich  an  das  schon  vor  Serr.  TuU.  vorhandene 
lustrum  an.  Vor  diesem  König  «ar  noch  kein  Census 
niithig,  sondern  blosse  Liistration  ,  weil  in  der  älteren 
religiösen  Slammierfassiing  Menschen  und  Boden  zwar 
auch  ilas  äusserliche,  zeitliche  Element  «les  Staates  waren,- 
aber  nur  als  Bestandthcile,  nicht  der  Function  nach  und 
im  Gegensatz  zur  Gottheit,  nicht  zum  Staat.  Daher 
war  nichts  nöthig,  als  dass  die  Bürgt  von  Zeit  zu  Zeit 
von  den  Sünden  und  Fehlern  gereinigt  wurden  ,  wodurch 
sie  sich  der  Gottheit  missfallig  gemacht  hatten.  Diese 
lustrat.  erfolgte  jahrlich  durch  die  fratrcs  arvales,  aber 
daneben  stanil  noch  eine  grössere  durch  den  König  nach 
Ablauf  einer  .hihreswoche  gehaltene.  Diese  Jahreswoche 
stand  in  \'erbiiidung  mit  ilem  Cyklus  des  Seculum  und 
der  Secularspiele.  .Alan  hatte  das  erste  Serul.  mit  dem 
Tode  dessen  beendigt,  welcher  unter  Roms  Gründern  zu- 
letzt starb  und  sofort  {y,man  ahndete  nämlich ,  dass  das 
Volksdusein  ähnlich  wie  das  Lehen  des  Indiridiiums , 
auch  irieder  in  gewisse«  natürlichen  Perioden  verlaufe, 
als  deren  Ausdruck  man  die  längst^e  menschliche  Lehens- 
dauer annahm"  etc.),  seit  Serv.  Tüll,  aber  dachte  man 
sich  das  Seculum  als  eine  bestimmte  Anzahl  von  Jahren 
(nach  doppelter  Rechnung  tOÜ  und  110  Jahre),  wahr- 
scheinlicli  in  10  JahresHochen.  Nach  den  letzteren  rech- 
nete man,  ja  es  stand  damit  in  der  republ.  Zeit  die  Er- 
nennung des  Dictator  oder  Praetor  max.  in  Verbindung, 
wcbher  allemal  narh  10  Jahren  einen  grosseren  Nagel 
einsrliLigen  musstc  (die  gewöhnlichen  Jahresnagel  waren 
kleiner;.  Diese  ztvar  scharfsinnige,  aber  durch  Nichts 
zu  betveisenilc  (denn  die  p.  OK)  und  .')t7  angeführten 
Gründe  »»erden  Niemand  überzeugen)  A'ermutbung  wird 
bis  la  der  Behauptung  er»veitert,  dass  die  üirtatnr  zu- 
gleich mit  dem  Consulat ,  vielleicht  schon  vor  Serv.  Tüll, 
eingeführt  »»»rden  sei,  um  —  eine  Jahres»»ociie  des  Staats 
zu  beschliessen  II  Die  Jaliresivociie  besteht  aus  2  Hälften, 
jede   zu  .j  Jahren    lustrum,    zusammen    ambilustrum    ge- 


nannt. Diese  Einrichtung  des  lustrum  fand  Serv.  Tüll, 
vor  (?)  unil  dehnte  die  demselben  /u  Grunde  liegende 
Idee  auf  das  jetzige  irdische  äusserliche  A'erfassungsprin- 
cip  aus:  ,,An  die  Stelle  des  nefas,  inrestum  etc.  vordem 
Auge  der  Gottheit,  trat  das  dedecns,  probrum  etc.  vor 
dem  Ermessen  des  Königs;  an  die  Stelle  des  blossen 
Wegschnffens  des  nach  den  alten  Natureinrichtuniien 
Anstössigen  das  eigentliche  censere ,  d.  h.  die  Bestimmung 
jedes  Bestandlheils  nach  irdischem  tferth^'  etc.  Ich 
gestehe  olfen,  dass  ich  diesen  Znsammenhang  zwischen 
lustriim  und  census  nicht  so  ganz  »erstehe,  »»enigstens 
den  letzten  Gedanken  nicht  und  kaum  möchte  überhaupt 
ein  so  innerlicher  Zusammenhang  zwischen  beiden  In- 
stituten getvesen  sein.  Das  lustrum  mag  immerhin  vor 
Serv.  Tull.  esistirt  haben,  obgleich  es  sehr  ungewiss  ist, 
das  neue  lustrum  mag  in  seinen  Strafen,  Rügen  und 
Sühnungen  einen  mehr  politischen  Charakter  angenom- 
men haben,  »vahrend  das  alte  lustrum  religiöser  Natur 
»var  —  aber  »vorin  liegt  denn  <lie  Nothwcndigkeit,  mit 
dem  Lustrum  die  Vermögensabschatzung  zu  verbinden, 
worin  eine  innere  A'^er»vandtschaft?  In  den  oben  ange- 
führten Worten  Hrn.  H.'s  ge»viss  nicht,  aod  »>ir  können 
uns  den  Zusammenhang  viel  einfacher  auf  folgende  Weise 
denken ; 

Serv.   Tull.   ordnete  den  Census   an,  ohne  durch  ein 
Lustrum  darauf  geführt  zu  sein,  sondern  selbststan- 
dig  aus  politisch   »richtigen   Gründen  ;   und   »»eil  der 
"   Census   vermöge    seines   ganzen    Wesens  Gelegenheit 
gab,  auch  den   moralischen  Standpunkt  der  Bürger- 
schaft  kennen   zu   lernen,  so  stellte   er  das  Lustrum, 
—  es   mag   eine   neue  oder  eine   alte  Einrichtung   ge- 
wesen sein    —    an   das   Ende   des   Census,    wodurch 
dieser   noch   eine   höhere   religiöse   Weihe  erhielt. 
Das    quiritische    Princip    des   Census    »vird    darauf  geltend 
gemacht   und   der  Satz   ausgeführt,    dass     nur    das   in   An- 
schlag   kommt,    »vas   Jemand    ex    iure   Quiritium    ist  oder 
was  ihm    ex    iure   Quir.    angehört.      Nur  Bürger    werden 
censirt   und   gezählt. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Persoual-Chrouik   und  Miscellen. 

Rom.  Der  Preis  von  40  Ducaten  für  die  in  Nr.  117  die- 
ser Zeitschrift  vom  Jahre  1836  niilgellicille  Aufgabe  der  hiesigen 
arcb.iolijgisclien  Gesellschaft  ist  dem  Conicctor  Riipcrti  zu 
Hannover  zuerkannt  worden.  Der  vullsiandii;e  Titel  der  Preis- 
scbril't  lautet:  «De  coloniis  Romanorum  comnicntitio ,  quam 
Ihcniatc  proposito  elncubravit  F.  Rupirrti,  quamquc  collegium 
ponliricinia  antii|uitatil/us  rotnanis  explicandis  praeniio  donavit. 
Anno  1838.     Roniae   1838.  fol,   150  S. 

Magdeburg.  Das  vom  Dircctor  und  Consistorialrath  Dr. 
Karl  Funk  herausgegebene  Osterpiogramm  des  Donigyinnasiunis 
(Ma-<lel.[irg  1839,  Hcinrichsbolcn.  (55  S.  4.)  enthalt  eine  Ab- 
lian.lliing  vom  Oberlehrer  \V.  F.  Pax  i.  Psycliologisclic  Andeu- 
tungen zur  Würdigung  der  Zciclincnslndicn  auf  Gymnasien  «  , 
ausserdem  die  Rede  des  Bischofs  Dr.  Drasekc  bei  Einführung 
des  Directors  und  die  Anlrittswortc  des  neuen  Dircctors.  Das 
Gymnasium  zählt  gcgcn»värtig  360  Schüler. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  ums  wissen  Schaft. 


Freitag f  16.  Jugust 


1839. 


Nr.  98. 


1)   Die   Verfassung   des  Königs    Scrr.   Tüll.,    cnlw.   von 
P.  E.  Huschke. 


2)   Die    Verfassung     des    Serv. 
F.  D.   Gerlach. 


Tüll.       Dargestellt    von 


3)  Disquisitio  de  Rom,  Coinit.  auctore  P.  v.  d.  Felden. 

(Forts  et  zun  g.) 

Was  die  abneichendcn  Zahlen  in  den  Tcrschiedenen 
Censuslisten  betrifft,  so  äussert  Hr.  II.  ilie  Vermuthung 
(gegen  Niebulir,  welcher  diese  Flucfuation  durch  das 
Hinzurechnen  der  Isopolitcn  erklärt  hatte),  dass  die  isn- 
politischen Städte  das  Recht  gehabt  hätten,  überzusiedeln 
nnd  das  Bürgerrecht  zu  gcniessen,  mit  Ausnahme  der 
iura  suffragii  und  bonorum.  Diese  Erlaubniss  wflre  nicht 
selten  benutzt  worden  ,  z.  E.  um  Ackervertheilung 
oder  politischer  Vortheile  willen,  die  Neubürger  seien 
aber  ebenso  oft  wieder  abgefallen  und  fortgezogen.  Als 
Beweis  dafür  sollen  Liv.  XXXI.  3,  3-  und  XLI ,  8- 
dienen,  aus  denen  zwar  hervorgeht,  dass  Latincr  sich 
oft  nach  Rom  wandten  und  ihre  Ileimath  veröden  Hessen, 
aber  keinesivegs,  dass  es  ein  Recht  der  Uebersiedelung 
gegeben,  und  noch  weniger,  dass  ilieses  so  oft  benutzt 
und  ebenso  oft  wieder  aufgegeben  worden  wäre,  wogegen 
schon  die  mit  jedem  Umzug  verbundenen  Unbequemlichkei- 
len, Hindernisse  u.  s.  w.  sprechen.  —  Die  nach  Rom  Ueber- 
gcsiedelteu  wurden  vom  Censor  in  besondere  Listen  ein- 
getragen, welche  ursprünglich  tabulue  municipum,  später 
tab.  Caeritum  hiessen,  über  welche  Hr.  H.  einige  sehr 
gute  Bemerkungen  mittheilt.  Er  erklärt  den  Unterschied 
zwischen  den  Ausdrücken  aerarium  ßeri ,  in  Caer.  ta- 
bulas referri  und  //-JÄu  7notie>'t  sehr  treffend,  wie  p.  531  — 
534  zu  lesen  ist.  Darauf  geht  Hr.  H.  den  Personal- 
censtts  und  sodann  den  Vermö^enscensus  durch.  Die 
Aufnahme  geschah  nach  Tribus  und  zwar  musste  Jeder 
(natürlich  nur  pater  fam.)  seinen  eigenen,  sowie  der  Acltern, 
der  Frau,  der  Kinder  unil  der  Tribus  'Naraen  angeben; 
auch  das  Alter,  was  Hr.  H.  übersehen  zu  haben  scheint, 
vergl.  Plin.  h.  n.  V[I,  4V).  1.  3.  D.  de  cens.  (ÖO,  15.)  etc.; 
für  die  onverheirathcten  unselbstständigen  Frauen,  sowie 
für  die  Unmündigen  trat  der  tutor  auf.  Die  Servi  muss- 
ten  natürlich  auch  angegeben  werden,  nach  Hrn.  H.  nicht 
bei  dem  Personalbestand,  sondern  bei  dem  Vermögen, 
was  auch  richtig  sein  mag.  Weniger  können  wir  uns 
mit  den  Bemerkungen  über  Freilassung  etc.  befreunden, 
z.  E.  nicht  mit  dem  Gedanken ,    dass  maDumissio    censa 


die  neueste  und  ziemlich  späte  Freilassnngsart  gewesen 
sei,  denn  diese  Einrichtung  lag  nach  dem,  was  von  Serv. 
TuU.  noch  sonst  in  dieser  Rücksicht  erwähnt  wird,  sehr 
nahe  (Dion.  IV,  22  —  24.  Zon.  VII,  9.).  Dass  Serv. 
Tüll,  überhaupt  das  Recht  der  civilen  i^lanumission  grün- 
dete, ist  insofern  richtig,  als  erst  von  nun  an  die  Liberf. 
Bürger  werden  konnten;  der  Grund  davon  liegt  aber  we- 
niger in  der  p.  546  f-  gegebenen  inneren  Entwickelung, 
als  darin,  dass,  da  vor  Serv.  Tnll.  nur  Patricier  eigent- 
liche Bürger  und  die  Pleb.  nicht  viel  anders  denn  als 
Pcregrinen  angesehen  waren,  die  Maiiumission  nur  zur 
factischen  Freiheit,  aber  nicht  zur  Civität  führen  konnte, 
weil  die  Libert.  sonst  auch  zugleich  hätten  Patric.  wer- 
den müssen.  Dieser  Ucbelstand  war  durch  Aufnahme 
der  Pleb.  zur  Civität  gehoben ,  und  die  Libert.  wurden 
von  nun  Bürger  pleb.  Rechts,  mit  denen  sie  vorher  auch 
auf  gleicher  Stufe  gestanden  hatten.  Dagegen  hat  Hr.  II. 
mit  vollem  Recht  auf  die  oft  übersehene  Nachricht  hin- 
gewiesen, dass  Serv.  Tüll,  den  Freigelassenen  ihren  Platz 
in  den  4  trib.  urban.  anwiess,  und  mit  grosser  Genauig- 
keit sind  die  späteren  einzelnen  Notizen  über  die  Stel- 
lung der  Libert.   in   den  Tribus   gesammelt. 

Der  Vermögenscensus  umfasst  nur  rei  ex  iure  Quir-, 
daher  weder  factischen  Besitz,  noch  Capitalieu  und  Schul- 
den (diese  Dinge  sind  nicht  censui  censendo).  Ob  das 
Vermögen  als  Ganzes  angegeben  oder  ob  die  Gegenstände 
einzeln  geschätzt  wnrden,  entscheidet  Hr.  H.  dahin,  dass 
in  der  ersten  Zeit  das  Erste  geschehen,  in  der  republ. 
Periode  allmählich  das  Zweite  aufgekommen  sei.  Die  Be- 
hauptung ist  wohl  richtig,  weniger  befriedigend  sind  ilie  an- 
gegebenen Gründe:  Das  Vermögen  wäre  vor  Serv.  TuU. 
noch  iu  der  Person  aufgegangen  nnd  habe  desshalb  auch 
dann,  als  es  aus  der  Person  hervorgetreten,  zuerst  als 
Eiuheit  seinem  persönlichen  Moment  nach  in  Betracht 
kommen  müssen  (ausser  dem  Ileredium);  in  der  Republik 
trete  das  Vermögen  immer  mehr  aus  dem  persönlichen 
in  den  sächlichen  Pol  über  und  als  Folge  davon  gehe 
der  Censns  nun  mehr  in's  Einzelne  (namentlich  nach  dem 
ersten  pun.  Krieg),  so  dass  das  Vermögen  zwar  noch  als 
Ganzes  angegeben,  aber  das  Einzelne  zu  jener  Summe 
hinzugerechnet  werde  (dieses  ist  nicht  ganz  deutlich); 
gegen  Ende  der  Republik  sei  der  persönliche  Census  von 
dem  sächlichen  fast  ganz  überwogen  worden.  Hr.  H. 
glaubt,  dass  die  Grundstücke  zuerst  gar  nicht  angegeben 
worden  wären,  weil  sie  mehr  zur  Basis  des  Vermögens 
gedient  hätten,    statt    im  Vermögen    selbst  zn    sein;    nur 


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Vieh  und  anilere  bewoglicho  Din^R  seien  als  Vermög^en  an-  iniisste  seif  Sery.  Tnll.  die  Gcreclitifkciispflege  einen  be- 
gesplieu  etc.  (?!).  Die  Grundstücke  seien  fihrigpns  mit  stimmten  Charakter  und  g;rüsseren  Umfang  annehmen,  da 
eingptraffen  «orden,  ohne  gesohatzt  zu  werden;  nur  die  es,  »enn  Jedem  im  Census  sein  Plat«  angewiesen  werden 
a^isser-  ital.  I?osifziiiigen  u.'iren  niclit  mit  eingetragen  ninsste,  in  strittigen  r.'illen  sehr  wichtig  war,  festzu- 
worden,  liüclistrns  in  der  lotztrn  Zeit,  wii  auch  posses-  setzen,  ob  Jemand  frei  oder  nicht,  Römer  oder  Pere- 
sio  agri  ]inMici  ,  die  früher  nicht  berücksichtigt  wurde,  grine  sei,  ob  ihm  eine  hereditas ,  ein  Grundstück,  eine 
mit  veransi  lilagt  worden,  üeber  das  Abziehen  der  Schnl-  servitus  praediorum  angehöre  n.  s.  w.  Auch  musste  sich 
den  und  das  Kinrechnen  der  Capitalien  h.'itte  sich  Hr.  H.  die  Zahl  der  au  das  ^^olk  geliörenden  Sachen  vervielfal- 
etiias  deutlicher  anschückcn  können,  indem  di^se  Angabe  tigen.  Dass  die  X.V.  und  Ci'iralgerichte  von  Volksge- 
der  im  Anfang  aufgestellten  Behauptung  zu  widersprechen  richleu  abstammen,  geht  aus  Folgendem  hervor:  1)  die 
'scheint.  Er  glaubte,  dass  die  Schulden  und  Capitalien  Cviralgericbte  werden  den  privatis  entgegengesetzt,  sie 
»vohl  mit  berechnet,  aber  nicht  speciell  angegeben  wor-  müssen  also  iudicia  publica  sein,  'J)  die  Processe  kom- 
den  seien,   iias  au<li   nicht  unwahrscheinlich   ist.  men    an    die   Cvirn    stets  ilurch    Provocation ,    welche   nr- 

l'on    der     ersten    Hälfte     des    censorischen    Geschäfts      sprünglich    nur    bei   ^^olksgerichten   möglich   war,    3)    der 
(rensus    accipere )    geht    Hr.   H.    zu    dem    zweiten    über,      Prafor  pr.'isidirte  bei   den  Crin,   ebenso  wie  bei  quaestion. 
nanilirh    einem    Jeden    die    ihm    zukommende    Stelle    im      public,   und   bei  den  Cvirn   wurde  subscribirt,  wie  bei   lud. 
.Slaatsorganismus  anzuweisen,   wobei  auch  auf  die  sitdiche      publ.  ,     4)   die   Cvirn   hatten   keine   formula,    so   wenig  als 
A\  ürde    der   liürgpr  Rücksicht    genommen    »vurdc.      Denn      die  Criminalrichter,   die   Privatgerichte  präjudicirten   nicht 
der    Censiis   Haltende    habe    die   Stelle    der   Goitlicit  ver-      den   Cvirn,    so   wenig    als    den   Criniinalgerirhten ,    5)  die 
treten  (?)    und    darum    sei    ursprünglich    auf   solche   Vcr-      Cviralgericbte  konnten   nicht  abgekündigt  werilen  und   ge- 
geben  gesehen   worilen,   durch   welihe   die   Gottheit   belci-      nossen  ein  ebenso  hohes  Ansehen,  als  die  Crimiualgerichte, 
digt    oder    die    Uedeiitung    des    Bürgers    als    Bestandtheil      (i)   das   Symbol   der   hasta   <lcn(et   auf  eine    vom    ^'olk   aus- 
ilcs  Staats   gcf.'ihrdet  ivordeii,   und  allmählich  sei  das  ganze      geübte  Gerichtsbarkeit    hin   etc.     —    Diese    l^olksgerichto 
Privatleben    mit     hineingezogen.        Ob     der    Ursprung    der      und    die   d.ifür   später   eintretenden    Xv.    und  Cvirn    uaifass- 
sittenricliterlichen  Befugniss   des  Censors  so  sicher  als  ein      ten   alle   Processe   über   Rechte   und   Sachen    ex  iure   Qui- 
religiöser   anzusehen    sei,    tragen    wir    Bedenken    zu    ent-      ritium,   nämlich   vor  Serr.  Tüll,  nur   über  personae  ex  i.  Q., 
scheiden,    da    diese   Bcfugniss    ebenso   gut  aus   der   ersten      seit  Serv.   Tüll,   aucli   über  res   ex  i.   Q. ,   also  ilie  cansac 
Hälfte    der    censorischen    Amtsthätigkeit     entstanden    sein      liberales.  Streite   über  die  Civität,   filii   vindicatio,    lierc- 
kann ,     d.   h.    der    Censor    musste     bei    dem   Censiis    alles      ditatis  petitio,  agri   vindicatio   und  Processe   über   Prädial- 
Ordnungswidrige ,    namentlich     das    gesetzlich    nicht   Straf-      Servituten.       Später,    sowie    sii-h     der    Ccnsns    erweiterte, 
bare    bemerken,    z.  E.     schlechtes  Betragen    in    der   Ehe,      erweiterte  sich   auch  der   Umfang  dieser  Gerichte   und  die 
nachlässige    l'erwaltung    des    Vermögens    und    des   Haus-      Streitigkeiten    über     kostbare     bewegliche    Sachen  ,     über 
lialtes    überhaupt    cir.      Diese    ursprünglich   geringe   Aus-      bonorum    possessio   etc.    kamen    hinzu.      Umgekehrt  konn- 
dehnung   der   Censur   konnte    im   Verlauf  der   Zeit    zuneh-      ten   später   die   Civilsachen    auch    an    einzelne    Richter   ge- 
nien,    wie    Liv.    IV,   S;.   ausdrücklich    versichert.      Zum  Gc-      bracht   werden.     —     Der    Ursprung    der   aus   den    Volksge- 
schäft  des   Censors    gehörte    noch    die   Abfassung    mehrerer      richten    hervorgegangenen  Cvirn    ist  aber   noch    nicht   unter 


VVrzeichnisse,  z.  E.  der  waffenfähigen  Mannschaft,  der 
orbi  und  orbae  etc.,  auch  die  Sorge  für  die  Tempel, 
öffentliche  Gebäude,  kurz  für  alles  unbewegliche  Elgen- 
thum  des  Staats  und  zum  .Sdilussdas  Halten  des  Lu-(riim, 
welche  Gegenstände  einzeln  von  Hrn.  H.  behandelt 
11  erden. 

|i.  Capitel.  Das  GerichtHwesen  p.  583  —  fild-  Von 
dem  Beginn  des  röm.  St^iats  an  n)achtc  man  einen  l'nter- 
schied  zwischen  denjenigen  Civilprocessen,  welche  ein  blos- 
ses Privatinteresse  betrafen,  z.  E.  wegen  Contracte,  De- 
lictcn  etc.  und  denen,  welche  zugleich  das  ^'olk  angingen 
und  conslilutive  .Staatsclemente  betrafen,  d.  h.  damals  nur 
die  Person  der  Bürger.  In  den  ersten  entschied  der 
König  oder  ein  arbiter  und  in  wichtigen  Sachen  fand 
provocatio  a  rege  ad  piipul.  statt.  Die  zweifcn  dagei'-en, 
als  eigeiilliclie  causae  publicae,  mussten  sofort  au  das 
^  olk  kommen  ,  wozu  nian  sich  einer  nur  fornn'lleu  äus- 
serlichen  Entscheidung  des  Königs,  der  provocatio  sacra- 
men(f>  bediente  (analog  der  Entscheidung  der  duuuiviri 
perduellionis,  von  welchen  die  Sache  sogleich  au  das 
^'iilk  komnien  snllle).  .\us  diesen  A'olksgericbten  bilde- 
ten sich  die  Decem-  und  CeritH/nvirrtlgeric/ile  hervor, 
nachdem    durch   Serv.   Tnll.    die   Entscheidungen     von    den 


Curicu  au  die  Ccutur.   übergegangeu   waren.      UeberhauiJt      dein   wollen: 


Serv.  Tnll.  zu  setzen,  sondern  bloss  die  Einrichtung  der 
Xvirn.  Die  von  Serv.  Tüll,  eingesetzten  Richter  sind 
nämlich  dieselben,  «eiche  lex  Pinaria  (Gai.  IV,  15)3.  u. 
2^J  erneuerte  (weil  sie  von  Tarij.  Sup.  abgeschafft  worden 
waren),  und  welche  von  Liv.  III,  ;')i.  decemviri  iudices 
und  sacrosanct  (<lurch  lex  Horatia)  genannt  werden  und 
die  bei  legis  actio  sacram.  ex  provocat.  richten  sollten. 
Vor  lex  Pinaria  wurde  immer  das  ^'^olk  zum  Richter 
gegeben ,  d.  h.  unter  Vorsitz  des  Magistrats ,  wenn  der 
König  oder  nachher  Consul  oder  Prätor  in  einer  säch- 
lichen oder  persönlichen  Klage  vindicias  oder  litem  se- 
cundiim  alternin  gegeben  hatte  und  der  Unterliegendo 
provocirtc.  Weil  sich  aber  die  Processe  gemehrt  hatten 
und  die  provocatio  immer  häufiger  wurde,  so  hatte  man 
eine  Behörde  gewünscht,  welche  die  Stelle  der  Volks- 
gerichte  ex  provoc.  verträten,  und  ilieses  waren  die  von 
Serv.  Tnll.  angeordneten,  später  wieder  in's  Leben  ge- 
rufenen  Richter  ,   Decemviri  iudices   genannt. 

In  dieser  historischen  Entwickelnng  ift  eine  Reihe 
falscher  Grundgedanken  niiil  uuriditiger  Folgerungen 
enthalten,  von  denen  wir,  da  manche  dieser  Verhältnisse 
unkundige  Philologen  durch  den  berühmten  Kamen  Um. 
H.'s  irre   geleitet   werden    könnten,   hier  etwas  näher  hau- 


781 


782 


t)  die  Hypothese  von  dem  friilier  alljjpincincii  Rich- 
feramt  des  Volks  in  allen  die  sog.  Staatselemente  betref- 
fenden Streitijjkciten  ist  äusserst  unsicher.  Der  Umfang 
der  Volksproccsse  ist  nach  Hrn.  H.  so  weit  (er  scheidet 
bloss  die  Delicten-  und  Contractenklagcu  davon  aus), 
dass  das  ^'olk  unendlich  oft  zu  Gericiit  gesessen,  und 
dass  es  oft  i'iber  die  unbedeutendsten  und  geringfügigsten 
Dinge  entschieden  haben  miisste ,  z.  E.  über  eine  kleine 
Erbschaft,  ein  kleines  Grundstuck,  eine  Servitut  etc. 
Dieses  ist  aber  unglaublich  in  einer  Zeit  anzunehmen  , 
HO  es  schon  »icle  Processe  gegeben  haben  muss  ,  und 
höchstens  dürfte  zugegeben  «erden,  dass  die  Processe 
über  Status  vom  Volke  selbst  entschieden  worden  wären, 
obgleich  auch  dieses  nicht  zu  beweisen  ist.  Den  Quellen 
zufolge  ist  das  Volk  nur  in  den  allerwichtigsten  Proces- 
sen als  selbst  richtend  und  in  den  andern  bloss  als  höchste 
Instanz  thätig  gewesen. 

2)  Hr.  H.  hat  eine  falsche  und  einseitige  Ansicht  von 
<lem  Wesen  der  provocatio ,  welche  ein  Hauptargument 
bei  ihm  ausmacht.  Er  sagt,  provocatio  käme  nur  an  das 
Volk,  sacramentum  und  multa  setzten  stets  provocatio 
voraus,  und  desshalb  hätten  beide  ursprünglich  an  das 
Volk  gehen  müssen.  Das  Erste  ist  richtig,  wenn  wir 
provoe.  in  seiner  Hauptbedeutung  auffassen,  als  lierufnng 
von  einem  niederen  Richter  an  einen  höheren,  unrichtig 
aber  ist  es,  wenn  wir  auch  die  andere  Bedeutung  von 
provocatio  als  Aufrufen  zum  Process,  von  den  Gegnern 
gesag-t,  liieher  ziehen.  —  Hr.  H.  unterscheidet  diese 
Bedeutungen  nicht  und  erkennt  in  provoe.  Nichts,  als 
eine  Klage  an  das  Volk,  welche  allemal  dann  angestellt 
würde,  wenn  der  Magistratus  den  Act  des  iudicare  voll- 
endet hätte,  d.  h.  sobald  der  Richter  dem  einen  oder 
dem  andern  Gegner  die  Rolle  des  Klägers  übertragen 
hat  (bei  Sachen  durch  viiidicias  dare ,  bei  persönlichen 
Processen  durch  litem  secundum  alteruin  dare).  So  ist 
nach  Hrn.  H.  das  iudiciuin  des  Itlagistrats  nur  ein  ein- 
leitendes, aber  regelmässig  eintretendes  Verfahren,  auf 
welches  der  eigentliche  Process  bei  ilem  Volke  durch 
provocatio  folge  und  soll  analog  sein  dem  Auferlegen  eines 
sacramenlum  oder  einer  multa  vom  Magistrat,  wogegen 
dann  der  <lamit  Belastete  provocire.  Ebenso  soll  das  iu- 
dicium  der  duumviri  bei  perduelliu  dem  iudicare,  vin- 
dicias  dare  etc.  ganz  gleich  sein,  indem  auch  bei  per- 
duelüo  das  iudiciuin  bloss  formell  gewesen  sei,  um  den 
Process  damit  einzuleiten  (beiläufig  bemerken  wir,  dass 
p.  584  nicht  zu  verstehen  ist,  wie  dieses  Perdueilioiis- 
verfahrcn  mit  dem  Lustrum  in  Verbindung  gestanden 
habe!?).  Wir  können  in  diesen  Dingen  keine  Aehnlich- 
keit  erkennen  und  wundern  uns,  wie  Hr.  H.  auf  die 
Idee  eines  bei  allen  Processen  noth wendigen,  durch  Nichts 
zu  begründenden  Umwegs  kommen  konnte.  Wozu  z.  E. 
der  Umweg,  durch  die  duumviri  eine  nur  formelle  Ent- 
scheidung fällen  zu  lassen?  Wären  die  duumviri  wirklich 
nur  dazu  da,  so  hätte  der  König  sogleich  selbst  dieses 
kleine  Geschäft  des  penluellioiieui  iudicare  vornehmen 
können  (denn  der  mit  der  provocatio  beginnende  Process 
folgt  ja  nun  erst)  und  brauchte  nicht  erst  Duumvirn  zu 
wählen.  Ebenso  wenig  ist  sacramentum  oder  multa  ein 
richterlicher  Act,  welchem  provocatio  folgen  mühse,  ja, 
welcher     bloss     einleitend,     damit    provoe.    darauf    fiilgen 


könne,  vorgenommen   werde.      Beide   von  Hrn.  11.  parallel 
gestellte  Institute  sind   ganz   verschieden.      Multa  nämlich 
ist  eine   von   dem  IMagistrat  nach  Untersuchung  und  Ueber- 
legung    aufgelegte     Gelilstrafe  ,     gegen     welche     provocirt 
werden   konnte,   wenn   der   C'ondemnirte  sich  für   iinschnl- 
dig  odeiT  die  Strafe  für   ungerecht  hielt;    aber    eine    pro- 
vocatio   setzt    die   fliult    nicht    voraus.      Davon   wissen   die 
Alten  ebenso   wenig,    als    von    dem    sacramentum,    durch 
dessen  Auflegung  die   eine  Partei   zur  provocat.   (also  zum 
Process)    genöthigt    werden    sollte.       Hr.    II.    sagt    zwar, 
dieses  heisse  in   sacrwn  iudicare    oder  iudicare  schlecht- 
weg,   aber  die  von   ihm  angeführten   Beweisstellen   geben 
keinen  Aufschluss.     Es   heisst  bei  Haubold   monum.   p.  S3 
in    dem    plebiscit.    in    sacrum    iudicare,    aber    in  keinem 
anderen  Sinne,    als  Auflegen    einer   Geldstrafe   (zu   heili- 
gen Zwecken   und    ilavoii   der  Name),   und  von   einem  ilurch 
provoe.   zu   erölfncnden  Process    ist    keine  Rede.      Das  in 
sacr.  lud.    ist  s.   v.  a.  IMult  anflegcn ,    dir  Wachtvollkom- 
menheit    des   Magistrats     zufolge,    und   wird   in  demselben 
^  olksbcscliluss  dem  petere  populi  iudicio  entgegengesetzt, 
woraus    klar    hervorgebt,     dass    die    Mult    entiveder    vom 
Magistrat   ohne   AVcileres    ausgesprochen   (in   sacrum   iud.) 
oder    bei    dem    Volk    ausgeklagt     werden    konnte    (petere 
pop.  iud.).      Im  letzten  Falle    konnte   eine  provocatio   gar 
nicht  stattfinden    und    der   Process  kam    trotz  dem   in   den 
Gang,    Es   würde  also   eine   der  provoe.   halber  ausgespro- 
chene Mult  ganz   überflüssig  sein,   weil  der  Magistrat  viel 
kürzer  petere    pop.   iud.    konnte,     was    er    wahrscheinlich 
dann  that,    wenn    die  Sache    ihm    nicht    ganz    klar    oder 
zu    wichtig    war,    während    er    ohne    Weiteres    um   Geld 
strafte,  sobald  die  Sache   unbestritten   und   minder  wichtig 
war.      Glaubte    sich    der    Bestrafte   verletzt,     so   konnte   er 
allerdings   provociren,    was  aber   nicht   so  oft  vorgekommen 
sein   mag,    da   das   Volk   des   iMagistrats   Entscheidung   nur 
bestätigt    haben     würde.       Auch    die    andern    von    Hrn.   H. 
citirten  Stellen   helfen   ihm   nicht,   ilenn  Cic.  de   leg.   III,  3 
wird   zwar  provoe.   bei   mult.   entähnt,  aber  nicht  als  eine 
Formalitat   zur   Prorcsserölliiung ,    sondern    als    ein   beson- 
deres Recht  der  Bürger.       Das    in  erat.   p.   dom.    17  vor- 
kommende    iudicare    ist    von    Ungewisser    Bedeutung    und 
für   uns    jetzt    ohne  AVerfh  ,    weil    es    kein   provocare   bei 
sich    hat.      Fest,    publica    pondera    p.    .>13   Lind.- erwähnt 
bloss   eine   einfache   Magistratische  Mult.     Geradezu    gegen 
Hrn.   H.   spricht  Gai.  W,    Iti,   wo   die  provocatio  der  Par- 
teien  und   zivar  sacramentu   vor   den   vindiciae  vorkommt, 
wahrend   Hrn.    II.    zufolge    nach    und    gegen    ilie   ertheiltea 
vindiciae   provocirt   werden    müsstc.      Jedenfalls    haben   wir 
hier   bei   Gai.,     wie    anderwärts,    echte    Formehi,    keine 
Neuerungen,    wie    Hr.    H.   anzunehmen   gezwungen   ist;    es 
uäre    wenigstens     eine    slarke    Neuerung,     das    durch    das 
Alterthum     geheiligte     Aerfabreii     geradezu     umzukehren 
und   die  alte  Mitte   zum   neuen  Anfang  zu  machen,    üeber- 
liiui|)t    können    wir    diese    provoe.    der   Parteien    nicht  für 
gleichbedeutend    halten    mit     der    provoe.    gegen   die   Eiit- 
Sflieidung    des    fliagisfrats.       Provoe.    im   letztern   Sinn   ist 
die    wichtigste    u.    h.    allemal    das   Sichhinwenilen    an    das 
Aolk,    als    an    ilie    höchste   Instanz    und     an   den    gemein- 
samen Oborrichter,   um   Schutz   gegen  Bedrückung,   üiige- 
rerbtigkeit   etc.    zu   erhalten,     ist    also    ein   hohes,     ja    das 
höchste   Recht    eines    röm.   Bürgers    und   wird  als  solches 


783 


784 


alleij<halbpn  anfgefasst,  z.  E.  in  der  lex,  ilass  kein  Ma- 
gistrat iiniimscliräiikt  {Tenälilt  werden  diirfe,  sondern  dass 
proroc.  gestattet  sein  nifisse;  auili  in  den  Verrinen  und 
aiiilenvärts  (zu  vergleichen  die  appellatio,  welche  aber 
nicht  an  das  Volk ,  sondern  an  die  Magistrate  ging).  Im 
Proccss  bildete  sich  norli  eine  andere  minder  wichtige 
und  neni-re  IJedeatnng  des  Wortes  provoc. ,  n,'inilich  als 
ein  Aufrufen  der  Gegenpartei  zum  Proress,  als  ein  Auf- 
fordern zum  sacramentnm  und  in  diesem  Sinne  steht  es  in 
der  üben  angeführten  Stelle  des  Gai.  IV,  1().  Ilr.  H. 
hat  diesen  letztern  Gebrauch  von  dem  ersten  nicht  ge- 
trennt unil  hat  so  ein  sonilerbares  Bild  der  provoc.  er- 
halten, «clilie  durch  ihn  zu  einer  bloss  äusseren  Form 
und  zu  einem  leeren  Umweg  herabgesetzt  worden  ist, 
womit  sich  die  Aeusscrungen  der  Alten  iiber  dieses  kost- 
bare ^'orrecht  eines  Bürgers  etc.  nicht  vereinigen  lassen. 
Die  Frage,  ob  provocatio  auch  im  Civilprocess  zulässig 
sei  (nach  Hrn.  H.  natürlich  bejaht),  übergehen  wir  hier 
als  zu  »veit  führend  und  erlauben  uns  nur  noch  ein  paar 
kurze    Bemerkungen. 

:\)  Die  lückenhafte  Stelle  bei  Gai.  IV,  15.  postea 
t-ero  reversis  datalur  ....  XXX.  iudex,  idque  per 
legem  Pinariam  factum  est,  ante  eam  autem  legem  .... 
dahatur  iudex  wird  von  Hrn.  H.  so  ergänzt  postea  vero 
rev.  daiatur  iis  e  decemviris  tricesimo  (sc.  die) 
iudex,  idque  etc.  ante  eam  autem  legem  populus  Ra- 
ni an  us  dahatur  iudex,  und  spricht  so  freilich  durch- 
gängig für  Hrn.  H.  Es  ist  aber  zu  erinnern,  dass  gerade 
die  Hauptmomente  erst  von  Hrn.  H.  in  den  Text  hinein- 
getragen worden  sind,  nämlich  die  Erwähnung  der  Xvirn 
und  des  röm.  \'olks  als  Richter,  und  dass  für  diese  ge- 
wagten Supplemente  kein  dringender  Grund  vorhanden 
ist.  Auch  ist  der  Ausdruck  daiatur  iudex  vom  Volk 
gewiss  sehr  sonderbar ,  indem  dare  iudicem  nur  von  den 
höheren  .Magistraten  gesagt  wird,  welche  einen  Richter 
bestellen.  Wir  legen  desshalb  auf  Hrn.  H.'s  Emendation 
kein  grösseres  Gewicht,  als  auf  die  anderen  Versuche, 
diese  Stelle  zu  ergänzen,  und  können  darin  keinen  Beweis 
für  seine   Principien    finden. 

4)  Dass  die  Decem-  und  Centumviralgerichte  mit  den 
Vollcsgerichtcn  verwandt  sind,  hat  Hr.  H.  sehr  gut  nach» 
gewie^.en;  ob  sie  aber  ans  ihnen  hervorgegangen,  ist  sehr 
zweifelhaft  und  nach  dem  Bisherigen  kaum  wahrschein- 
lich. Die  Engegensetzung  dcrCentuinv.  und  der  iud.  privata 
beweist  ilie  Identität  der  erstem  mit  den  iud.  pulil.  nicht, 
denn  an  andern  Stellen  werden  die  Cviralgericlite  ebenso  den 
iud.  publ.  etitgegengesetzt,  so  dass  wir  daraus  nur  erkennen, 
wie  die  C'virn  zwischen  iud.  publ.  und  priv.  mitten  inne 
standen,  indem  sie  jenen  in  Beziehung  auf  das  Verfah- 
ren, diesen  in  Rücksicht  auf  die  vorkommenden  Processe 
nahe  kamen.  Das  Verfahren  war  desshalb  den  iud.  publ. 
analog,  weil  sie  als  Behörde  repräsentirteii,  obgleich  ihr 
Gesch.'iftskreis  privatrechtlich  war;  und  gesetzt  aiirli,  da'ss 
wir  zugeben  wollten,  die  Xv.  und  Cv.  seien  aus  wahren 
'\'olksgerichten  hervorgegangen,  so  ist  damit  noch  nicht 
der  von  Hrn.  H.  statuirto  weite  Umfang  derscllien  zuge- 
geben, indem  Hrn.  Ziiiiipt's  Vermnthung  (über  Ursprung, 
Form    und    Bedeutung    des    Ccntumviralgerichts    in    Rom, 


Berlin  tS^S)  ,  dass  die  Cvirn  über  unerforschte  zweifel- 
hafte Rechtsfällc  jeder  Art,  also  über  Rechtsfragen  zu 
entscheiden  gehabt  hätten,  einen  hohen  Grad  von  AVahr- 
scheinlichkeit  hat.  Die  Cvirn  in  diesem  Sinne  könnten 
sich  recht  gut  aus  wahren  Volksgerichten  entwickelt 
haben ;  in  Hrn.  H.'s  Sinne  wflre  es  nicht  möglich  ge- 
wesen.  — 

Bei  Gelegenheit  dieser  Annahme  der  von  Serv.  Tnll. 
angeordneten  später  erneuerten  und  sacrosanct  erklärten 
Richter  spricht  Hr.  H.  von  den  Gesetzen  dieses  Königs. 
Er  meint,  diese  Richter  hätten  dann  erst  ihre  Bedeutung 
für  die  Plebs  gehabt,  wenn  auch  geschriebene  Gesetze 
gegeben  worden  wären  (der  Volkswille  müsse  sich  ent- 
äussern ,  nenn  das  Volk  die  Jurisdiction  einem  Organ 
übertrage),  und  daher  seien  die  50  Gesetze  desselben 
ilber  Contracte  und  Delicte  zu  erklären.  Die  50  Gesetze 
sollen  die  bisherigen  mores  enthalten  unil  Privatrecht 
betreffen,  während  ausserdem  noch  andere  leges  für  das 
heilige  Recht  etc.  vorhanden  seien.  Auch  habe  Tanjuin. 
Sup.  nur  die  50  Gesetze  abgeschafft,  bis  endlich  durch 
die  XII  Tafeln  dem  Volk  wieder  die  Wohlthat  der  Ge- 
setze gcvvorden  sei.  Uebcr  die  Zahl  der  XII  Tafeln 
hat  Hr.  H.  nach  seiner  Weise  sehr  scharfsinnige,  aber 
unwahrscheinliche  Vermuthungen  mitgetheilt,  z.  E.  die 
X  ersten  Tafeln  seien  pleb.  Rechts  (?)  nach  den  5  in 
senior,  und  iunior.  getheilten  Classen,  die  II  letzten 
seien  streng  patric.  Rechts  und  nach  den  Abtheilungen 
der  Ramn.   Tit.   Luc.   prior,   et  post.   zu  Stande   gebracht! 

Zu  den  Gesetzen  des  Serv.  Tüll,  sollen  gehört  haben: 
1)  die  Abänderung  im  Exccutionsverfahrcn ,  sich  nicht 
mehr  an  die  Person,  sondern  an  das  Vermögen  zu  hal- 
ten, 2)  Errichtung  der  iusta  manumissio  ( s.  oben), 
3)  die  Solennitaten  oder  die  zu  imaginären  Geschäften 
gemachten  Rechtshandlungen ,  als  in  iure  cessio,  manci- 
patio, emancipatio  txmt  coeniptio  (beides  früher  wirklicher 
Verkauf,  von  nun  Scheingeschäfte),  promissio  und  stipu- 
latio  hervorgegangen  aus  der  religiösen  sponsio,  usus  für 
die  Ehe  etc.  4)  Verdrängung  der  Privatrache  und  der 
talio  durch   Bussen   etc. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Sclilcswig-Holstein.  Zu  Ostern  1838  sind  bei  unscrn 
Gelelirtenäcluilcn  folgende  Programme  erschienen;  1)  in  Hadcrs- 
leben  vom  Conrector  P.  V  o  Iq  u  a  r  H  sen:  Ehrenrettung  des 
Lucius  Aniiaus  Scneca  gegen  die  Angriffe  Carl  Hoffmeisters.  Erste 
Abtii.  16  S.  2)  in  Flensburg  rom  Rector  ü.  F.  K.  Wolff: 
König  ÜeJipus  des  Sophokles,  als  Prolie  einer  neuen  metrischen 
Uehersclziing  des  Sophokles.  2.  Ablh.  34  S.  4.  3)  in  Mcl- 
dorf  vom  Rccior  D.  Dohrn:  Kleon ,  der  Atbenienscr ,  ein« 
bislorisclic  N.ichwcisung.  14  S.  4.  4)  in  Alton»  vom  Dircct. 
und  Prof.  F.  H.  C.  Eggers;  Coramenlatio  grjnimalica  de  par- 
ticula  cum.     16  S.  4. 

Rudolstadt.  Das  Frühlingsprogranim  unsers  Gymnasiums 
cnth.dt  eine  Abh.mdlung  vom  Professor  D.  Sommer:  De  Eu- 
ripidis  llpcuba  Coniincnt.  I.  Darauf  folgen  Nachrichten  Ciber 
den  gegenwartigen  Zustand  des  Gymnasiums. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terth  11  ms  wisse  11  Schaft. 


Sonntag,  18-  August 


1839. 


Nr.  99. 


1)  Die   A'prfassiiiig   iles  Königs    Scrr.   Tiill. ,    ciittv.   \oa 
P,  E.  Huscltke. 

2)  Die    Verfassung     <les    Serv.    Tüll.       Dargestellt    von 
F.  D.   Gerlach. 

3)  Disquisitio  de  Rom.  Comit.  auctore   P.  v.  d.  Felden. 

(Forts  etzu  ng.) 

Darauf  kehrt  Ilr  H.  zu  den  an  die  Stelle  des  Volks 
gekommenen  Gerichten  zurück  und  zwar  zuerst  zu  den 
Centumvirn  und  zeigt,  dass  sich,  weder  aus  Dion.  IV,  2ä, 
noch  aus  Liv.  III,  55  ein  hohes  Alter  der  Centumv.  fol- 
gern lasse,  wie  wir  bereitwillig  zugeben.  Wenn  aber 
Hr.  H.,  um  einen  spätem  Ursprung  wahrscheinlich  zu 
machen,  sich  des  Grundes  bedient,  dass  die  Centumv. 
erst  in  der  Kaiserzeit  zur  Bliithe  gekommen  wären,  und 
dass  es  undenkbar  sei ,  dass  ein  so  altes  Institut  erst 
unter  den  Kaisern  Bedeutung  erhalten  habe,  nachdem  es 
80  viele  Jahre  ohne  wesentliche  Veränderung  bestanden, 
so  ist  darauf  Kichts  zu  geben;  denn  die  Centnmv.  ge- 
wannen unter  den  Kaisern  nicht  etwa  durch  Erweiterung 
des  Gcscliäftskreiscs  oder  durch  üebertragung  wichtigerer 
Objecte  höheres  Ansehen;  sondern  ihre  Bedeutung  blieb 
unverändert  und  ihr  Ansehen  wuchs  bloss  dadurch,  dass, 
als  die  Criniinalprocesse ,  welche  in  der  republ.  Periode 
allein  das  Interesse  Aller  auf  sich  gezogen  hatten  ,  unter 
den  Kaisern  erloschen  oder  wenigstens  heruntergekommen 
waren,  die  Centumviralgerichto  einen  Theil  des  den  iud. 
publ.  gewidmeten  Interesses  und  im  Staate  eine  höhere 
Geltung  erhielten,  s.  Zumpt's  angeführte  Vorlesung.  Es 
ist  ganz  unglaublich,  dass  das  Volk  so  lange,  als  Hr.  II. 
annimmt,  nämlich  bis  zur  Einrichtung  der  35  Tribus, 
die  Centumviral-  oder  Vermögens-  und  Personenprocesse 
Belbst  entschieden  habe,  und  dass  erst  gegen  das  Ende 
des  6-  oder  im  Anfang  des  7-  Jahrhunderts  diese  Pro- 
cesse  von  dem  Volk  an  die  neuen  Cvirn  fibergegangen 
seien,  denn  1)  spricht  dagegen  die  Natur  der  von  11.  so- 
genannten Centumviralsachen ,  auf  welche  derselbe  einen 
zu  hohen  AVerth  legt.  Schon  oben  bemerkten  wir,  dass 
es  unwahrscheinlich  sei  anzunehmen,  das  Volk  habe  über 
alle  V'ermögenssachen  entschieden;  es  ist  aber  noch  un- 
wahrscheinlicher, dass  es  über  die  Vermögenssachen  so 
lange  entschieden  hätte,  als  über  die  Crimiualsachen , 
welche  jedenfalls  dem  Staat  weit  wichtiger  sind.  Hat  das 
Volk  je  die  Vermogenssachen  gehabt  (?  ?) ,  so  sind  die- 
selben lange   vor    den  Crimiaalsacbeo    an  IVIagistrate    und 


Einzelrichter  übergegangen,  zumal  da  nach  Hrn.  H. 
auch  andere  Processe  schon  so  lange  den  Decenivirn  über- 
tragen  worden   waren. 

'2)  Hr.  H.  übersieht,  dass  in  der  Zeit,  welche  er 
für  die  Entstehung  der  Cv.  annimmt,  die  Anordnung  der 
von  den  Cvirn  unzertrennlichen  hasta  und  der  legis  actio 
sacramento  —  beide  unverwerfliche  Zeugen  eines  hohen 
Alters  —  ohne  alle  Bedeutung  gewesen  wäre.  Wozu 
sjmbol.  Gebräuche  in  einer  Zeit  gewaltsam  einführen, 
welche  derselben  längst  entwachsen  ist"?  Wenigstens  hat- 
ten es  die   „politischen'''-  Römer   nicht  gcthan. 

3)  Auch  wäre  es  wunderbar,  wenn  kein  Schriftsteller 
den  so  neuen  Ursprung  der  Cvirn  erwälmt  haben  sollte. 
Es  scheint  vielmehr  diese  Behörde  den  Römern  selbst 
für  alt  und  ehrwür<lig  gegolten  zu  haben,  z.  E.  Gell. 
XVI,  10-  omiiisque  illa  XII  tabularum  anliquilus ,  nisi 
in  legis  actionibus  ceiitiimviralium  causarum  lep,e  Ae- 
butia  lata  consopita  sit  u.  a.  Hrn.  H.'s  Erklärung 
dieser  Stelle   ist  sehr  gezwungen. 

4)  Plaut,  nien.  IV,  2,  18-  erwähnt  populus  und  iu- 
dex, woraus  Hr.  H.  schliesst,  dass  damals  die  Cvirn  noch 
nicht  existirt  hätten,  denn  sonst  wurden  sie  von  Plaut, 
nicht  übergangen  sein.  Dieser  Beweis  bedarf  keiner 
Widerlegung  und  wir  können  nicht  umhin,  noch  immer 
einen  alten   Ursprung  der  Cvirn   festzuhalten. 

Hr.  H.  wendet  sich  am  Schluss  wieder  zu  den  De- 
cemvirn,  welche  Augustus  mit  den  Cvirn  verknüpfte  und 
stellt  folgende  Entwickelung  auf.  Die  Decemv.  hätten 
nach  dem  Aufkommen  des  Formelwesens  und  der  Ein- 
richtung der  singuli  iudices  ihre  Bedeutung  als  Bollwerke 
der  pleb.  Freiheit  (weil  sie  alle  Processe  ex  provocatione 
zu  entscheiden  hatten)  verloren  ,  und  man  hätte  ihnen 
daher  eine  neue  Einrichtung  und  den  IVamen  decemviri 
stlitibus  iudicandis  gegeben.  Diese  Reform  habe  darin 
bestanden,  Ij  dass  sie  von  nun  bloss  Vindicationsprocesse 
entschieden,  während  sie  vorher  in  allen  Processen  ex 
provocatione  competent  gewesen  wären  (völlig  ohne  Be- 
lege!), 2)  dass  si*  von  nun  für  die  hasta  als  Richter- 
Collegium  wirkten,  mithin  in  I'olksprocessen  ,  und  zwar 
dergestalt,  dass  sie  zuerst  die  caussae  liberales  (über 
Status)  erhielten,  während  das  Volk  in  den  Tribuscomi- 
tien  noch  selbst  die  Vermogenssachen  untersucht  hätte, 
bis  auch  dafür  besondere  Richter  ernannt  wonlen  waren, 
nämlich  die  Centumvirn.  So  hätten  die  Decemv.  die 
Centuriatcom.,  die  Centumv.  die  Tributcom.  repräsentirt, 
weil  die  Centurien  über  die  Censussachen   de    statu,    die 


787 


788 


Tribus     über    <lip    reriii<igeii.srecli<Iirher)    Censiissaclicii    zn  Classc   mehrere   Tribus    iiiiie  ,    derglcicheii    ilie  2.   "nil  so 

eiitsrlioideii  poliabt  li.'iHen;  ilic  Deceiiii.  aber  liäüoii  hüliere  fort,    wodurch    Tribiis    Uiiterabtlieiluiig;  der   Classen ,    die 

^^  lirde   fjehabt.       Üii(cr   AiiiJiist    seien    beide   Gerielitsiiüfe  Classeii   ein  liibegrifl'    mehrerer  Tribus    wurden    (im  We- 

wreiniijt    worden,     weil    mit    dem    Zusammeiifliessen    lon  sentliciieti     ebenso    Zarliari.'i     in   L.    Corn.    Sulla.      Heidel- 

))opulus   unil   [)lebs    aurli    die   Pro(■es^e    über   Freiheit   und  berj    is;34.    und    Unterholzner    de    mut.    rat.    Cent,    comit. 

^'ermö-jen   znsammeij;;.lvoninien   H.'iren.  '»'ratislav.     18iJ5.J.      Die  cent.    fabrum,    cornicin.    lit.    und 

Auch   diese   Darslellun^r   beruht,    wie   das   A'orijje,  auf  prolet.   fallen  von   nun  an   weg   und   stimmen    bloss  in  den 

lauter   Hypothesen:     1)    ilie   neue    Gestaltuuff   der   Decemv.  Tribus. 

und   deren   in   o   Perioden  total   verschiedene  \Virksanikeit,  Diese  Unterordnung  der  Tribus    unter  die  Classen   ist 

die   ur.spriiniiliche,   neuere   und   neueste   ist  willkürlich  an-  sehr  alt   und   fallt  in  das  Jahr  259  a.    u.   kurz   nach  Tar- 


•^enuninien  und  nicht  zu  beweisen,  weder  durch  l'ompon. 
1.  2.  <^.  o'l.  D.  de  orig  iur.  (I,  2)  deinde  cum  ?*■»?/  ne- 
cesHarius  tiiagis/ratus  qui  Imstae  priieesset  decemviri  sllit. 
iud.  sunt  cniisfituli ,  noch  durch  andere  Stellen.  Pompon. 
sagt  ganz  einfach:  weil  sich  ein  IMagistratus  für  das  Prä- 
sidium der  hasta ,  d.  h.  der  schon  lorhandenen  alten  Cvirn 
iiöthig  machte  {Gründe,  warum?  sind  leicht  zu  denken), 
so  wurden  Decemv.  angeordnet.  Wie  ein  neuerer  Ur- 
sprung der  Cvirn  und  ein  jüngeres  Alter  derselben  (im 
^  ergleich  zu  den  Decemvirn)  in  diesen  Worten  liege, 
wird   trotz   not.   41)  auf  p.   ü;)7  Niemand    begreifen. 


quin.  Sup.  Tode,  als  21  Tribus  gemacht  wurden,  um 
die  personlichen  Classen  und  Cent,  des  Serv.  TuU.  in 
locale  umzusetzen  (170  Cent,  in  den  5  Classen  machen 
17  Tribus,  nebst  4  trib.  urb.,  also  zusammen  21).  ^i'ach 
dieser  neuen  £intheilung  kamen  S  tribus  auf  die  1.  2 
trib.  anf  die  2.  2  auf  die  3.  2  auf  die  4.  3  auf  die  5., 
zusammen  17  trib.,  und  die  4  trib.  urb.  waren  von  den 
Ccntcom.  ausgeschlossen  und  wurden  nur  in  den  Cent- 
coni.  zugelassen,  so  dass  die  Libert.  in  den  Cent,  ohne 
suifragiuni  waren.  Der  Staat  hält  in  dieser  Eintheilung 
seine  alten   3  I5estandtheile   noch  immer   fest,  d.  h.  6  <rib. 


2)   M  ie   unwahrscheinlich   es  sei,   dass  dem  Volke  die  der    alten    Patricier    (Ranin.   Tit.   Lue.  pr.   und   post.) ,    6 

1  erinogenssachen     (wenn     es     dieselben    jemals    hatte)    so  (die   2.,   3.   nnd  4.   Classe)   der  Calimontaner,   2   trib.   der 

lange    geblieben    sind  ,     wahrend    es    die    Contracts-     und  vornehmen   Plcb.    von    der   1.   Classe   und    3  <rlb.  der  ge- 

Delictssachen   in  der  ältesten  Zeit,   darauf  aber  auch   die  ringen    Pleb.     aus     der    5.     Classe     (kleine    Grundeigen- 

noch    wichtigeren    causae     status     —    denn    Freiheit    und  thüiner).    — 


Civitat   der   Einzelnen   ist   wichtiger,   als  Habe   und   Gut 
den   Decemvirn   überfragen     haben    sollte,    ist  schon   oben 
angedeutet  und   beilarf  keiner  Ausführung. 

o)   Es   ist   durchaus    ungegründet,   die   Centumv.    in   so- 
fern  Stellvertreter    der    tribus    zu   nennen,    als  Beide   die 


^Vir  wollen  über  einen  so  wichtigen  Gegenstand,  als 
CS  die  ^'erschmelzung  der  Cent,  und  Trib.  ist,  keine 
Untersuchungen  in  einer  Recens.  anstellen  ,  deren  Grän- 
zen  ohnehin  schon  ungebührlich  ausgedehnt  worden  sind, 
am    wenigsten  jetzt,     wo    man    bald   Licht   in    diesen   dun- 


Verniogenssachen     zu     entscheiden     gehabt     hätten.       Dia»  kein  Zugängen    von    einer  geprüften   Hand   crvvarten  darf. 

Tribus    richten    keine   Censussachen ,    sondern   wenn  Cen-  Ich   begnüge  mich   daher,   in   wenig   Worten  dasjenige  an- 

sussaclien  jemals   \or  das   Volk     kamen,    so    geschah   die-  zuführen,    was    sich    zunächst    gegen   Hrn.   11.   einwenden 

ses  vor  den  dem  Census   eigpiithümliclien   Volksabtheiliin-  lässt  ,      auf    Vollständigkeit     und     Erschöpfung     Verzieh* 

gen    der    Centurien.       Die    Tribus    kamen    nur    <lann    zu  leistend. 

Vermögensangelecenheiten,     «enn     sie     über    Geldstrafen  1)    D 


Lcriethen  bei  Vern;chen,  welche  die  heilige  Person  des 
Volks  betrafen,  und  wir  haben  nirgends  ein  Beispiel, 
dass  die  Tribiitcom.  eigentliche  ^'erniögenssachen  ent- 
schieden. AVeit  einfacher  und  dem  Wesen  der  Tribus 
angemessener  ist  der  von  Znmpt  angedeutete  Zusammen- 
hang  zwischen   Centumv.   und    Tribus,   s.   oben. 

Wir  brechen  hier  ab,  um  noch  des  12.  und  letzten 
Capitels  zu  gedenken  (die  spälere  Entwickeltnig  der  Ser- 
vianischen  Cenluiienvtr/assuiig  p.  (ill  — &.M) ,  worin 
zuerst  die  Beschall'eMlieit  der  späteren  Ccnturienierfas- 
sung  und  dann  deren  Bildung  behandelt  wird  :  Die  llit- 
tertenturien  bestehen  fort,  auch  die  ö  Classen,  aber  nicht 
lVt3  Centurien,  sonilern  es  wurden  70  Cent,  gemacht, 
als  es  3.'i  Tribus  gab  (beiläufig  bemerken  wir,  dass  Hr.  IL, 
indem  er  sagt,  es  sei  an  vielen  i>tellen  von  Tribus  die 
Rede,  wo  in  Centconi.  gestimmt  worden  wäre,  sich  unter 
Anderm  auch  auf  einige  Stellen  beruft,  wo  Tribufcom., 
aber  keine  Centrom.  gehalfen  sind,  also  die  Erwähnung 
der  Tribus  nichts  Aufrallendes  hat,  sondern  ganz  in  der 
Ordnung  ist,  z.  E.  Aarro  r.  r.  II f,  2.  Cic.  p.  Plane.  K). 
22.  Liv.  III,  71.  72.  l.V,  4ii.  XXV,  2.  XL,  42.),  und 
zwar   dergestalt,    dass    die    JO   Tribus    oder   70  Centurien 


Nothwendigkeif  des  totalen  Uebergangs  aus 
personlichen  Centurien  in  locale  Tribus  ist  ebenso  wenig 
von  Hrn.  H.  nachgewiesen,  als  die  angenommene  Zeit. 
Zwar  sucht  derselbe  Alles  aus  der  Physiologie  des  röm. 
Staats  zu  erklären,  aber  dieses  geschieht  auf  eine  so 
wunderbare  nnd  verwickelte  AVeise ,  dass  man  sich  nicht 
überzeugt  fühlt  und  immer  zu  der  Frage  gedrungen  wird, 
warum  die  beiden  Principe  nicht  eine  Zeit  lang  neben 
einander  hätten  bestehen  können.  Dass  ein  IMann  von 
nüchternem  Verstand  auf  diesem  Gebiet  gar  nicht  mit 
Hrn.  H.  fortkommen  kann,  wird  ein  fluchtiger  Blick  aal 
p.   630   zeigen. 

2)  Es  ist  unmöglich,  sich  locale  Tribus  zu  denken, 
welche  zugleich ,  vermögensrechtliche  Bedeutung  hatten, 
da  in  der  Praxis  die  grösstc  Ungerechtigkeit  mit  einer 
solchen  Einrichtung  verbunden  sein  mussfe.  Es  lebten 
ohne  Zweifel  in  den  Tribus  der  1.  Classe  viele  Bürger, 
deren  Census  sie  nur  zur  2'>  3-  "Acr  noch  unteren  Classe 
sfellfe  (Cic.  p.  Plane.  IS  etc.);  diese  wären  nun  ganz 
ohne  sullrag.  gewesen,  denn  in  der  I.  Classe  konnten  sie 
nicht  stimmen  —  sonst  hätte  diese  jeden  A'orzug  ver- 
loren, —  in  der  Classe,  der  sie  ihrem  Vermögen  nach 
angehörfen,    konnten   sie   ebenso   weniff  stinmien,     weil   sie 


selbst  iu   .j   Classen    gcthcilf    waren.      So    hatte    die   erste      iu    den    Tribus  jener    Classe    nicht    angesessen    oder    bc- 


789 

gfi<ert  waren.  So  gibt  es  nacli  Hrn.  H.  cives  ohne  suf- 
frag, oder  Tribulen  niif  iinil  ohne  Confiirie  ,  was  ebenso 
ivolil  gegen  die  Zeugnisse  der  AKcn,  nach  »reichen  alle 
cives  in  den  Centrom.  stimmten,  als  gegen  das  Princip 
der  Cent,  und  die  locale  Basis  der  Trib.  ist.  Hr.  H. 
geht  auf  diese  Schwierigkeit  nicht  genau  ein  p.  644  s(|. 
t;56  sq. 

3)  Die  Stellen    der    Classiker,    in    denen    später    von 
Classen     und    Centuriatconi.     die     Rede    ist,     lassen     auf 
eine   Classeneintheilung  der  Tribus  nicht  schliessen   (eher 
scheint    es,     als     ob    die    Classen    Ünterabtheiluiigen     der 
Tribus  waren;  auch   steht  tribus   gewöhnlich   zuerst,   dar- 
auf classis ,    z.   E.   Symmacli.    fragni.   p.   4l(.    Auson.    grat. 
act.   etc.),    z.   E.   bei  dem   über  den   Censor  Claudius   ge- 
haltenen l'olksgericht    werden   von   Liv.   XLIII,    Iß.   jiiul- 
taeque    aliae     (sc.     centuriae  )    primae    classis    erwiihnt, 
welche   Ausdrücke  nach  Hrn.   H.'s  Theorie   wohl  nicht  zu 
vertheidigen  sind,  indem  <lic  erste   Classe  im  Ganzen  nur 
16  Cent,   haben  soll,  aber  nicht  multae.      \a\.   31ax.   ^'I, 
5,  3.  sagi  so^ar  primae  classis   permultue    centuriae! 
Geradezu   gegen   Hrn.   H.   ist  Dion.   X ,    17 ,    welcher    bei 
einer   Wahl    im    Jahr  29fi  -a.   u.    die    18   Ritfercent.    und 
80  Cent,    der   1.    Classe    erwähnt.      Zwar    glaubt  Hr.  H.  , 
Dionys.      habe      diese      Veränderung      nicht      genau      ge- 
kannt,   und    überhaupt  sei   die   neue   Einrichtung  von   der 
'    alten    practisch    nicht    so    verschieden    gewesen,    er    wird 
aber  dadurch  Niemanden   überzeugen  ;   denn  Dion.,  er   mag 
oft  so   befangen   und   übel  unterrichtet  sein,  als  man  will, 
hat  wenigstens  die  Centurienverfassung  genau  studirt  (nach 
seiner  eigenen   ^Versicherung  IV,   21.)   und   wenn  er,    wie 
nicht  zu   zweifeln    ist  ,    überhaupt    von    einer    neuen   Ein- 
richtung wusste,    so    würde   er  auch   die  Zeit  deren  Ein- 
führung  etc.   gekannt   haben,    <la    dieses    ohne   Zweifel   in 
denselben   AVerken   stand,   aus   denen   er  die   Servian.  Ver- 
fassung  kenneu    lernte.       Dass    die    neue   Einrichtung    von 
der    alten    sehr    abwich,    geht    aus   Allem   hervor,    s.   das 
Folgende. 

4)  Wenn  der  Uebcrgang  ans  der  Servianischen  in  die 
neue  Einrichtung  so  frühzeitig  gewesen  wäre,  als  Hr.  H. 
vermnthet,  da  wünle  man  später  von  der  Servianischen 
wenig  mehr  gewusst  haben,  zumal  da  sie  ohne  alles 
practische  Interesse  gewesen  wäre.  Es  ist  kaum  zu  be- 
greifen, wie  Liv.  Dion.  Cic.  von  den  193  Cent,  des  Serv. 
sprechen  sollten,  wenn  diese  Zahl  schon  so  früh  ausser 
Gebrauch  gekommen  wäre,  und  wie  konnte  Cic.  davon 
als  von  einer  allgemein  bekannten  und  wichtigen  Sache 
reden  1 

5)  Durch  Hrn.  H.'s  Einrichtung  erhalten  die  Ritter 
einen  unverhältnissmässigeu ,  allen  Nachrichten  und  aller 
ratio  widersprechenden  Eintluss.  Wenn  bald  nach  Ver- 
treibung der  Könige  17  Tribus  mit  34  Cent,  errichtet 
wurden,  so  hätten  die  daneben  stehenden  18  Rittercent, 
nicht  allein  die  erste  Classe  ganz  überstimmen  können, 
gonilern  sie  würden  immer  und  bei  allen  Gelegenheiten 
den  Ausschlag  gegeben  haben!  Namentlich  wurden  die 
Vornehmen  zu  viel  .flacht  gehabt  haben,  wenn  die  Ritter 
es  immer  mit  diesen  hielten,  nnd  dieses  scheint  Hrn. 
H.'s  Meinung  zu  sein,  welcher  glaubt,  dass  durch  diese 
Veränderung  die  Vornehmen  die  Uebermacht  hätten  er- 
halten sollen.    Doch  dem  ist  nicht  so,  denn  thcils  hatten 


"90 


nach  Servius  die  Optiniaten  schon  einen  ansehnlichen 
Einllnss,  thcils  ist  der  Optiniat.  Einiluss  nach  Serv.  Tüll, 
eher  vermindert,  als  vermehrt  worden,  s.  z.  E.  Liv.  VIT, 
'J2 ,  wo  zum  grossen  Aerger  der  Patricicr  der  1.  Pleb. 
Censor  erwählt  wird,  mit  dem  Znsatz  nee  variatum  co- 
tniliis  est.  Man  denke  auch  an  Dion.  Aeusserung  e/\; 
TU  SiJiioxiYjijTeouv  IV,  '2\. 

(i)  Es  entstehen  durch  Hrn.  H.'s  Annahme  eine  Menge 
von  Schwierigkeiten,  die  wir  nicht  lösen  können,  z.  E. 
der  allziigrnsse  Abstand  der  tribus  urb.  un<l  rnst.  ,  dag 
frühe  Wegfallen  der  Proletarier,  das  Abstimmen  der 
Fabri  etc.  in  den  Tribus  der  1.  Classe  etc.,  das  Fortbe- 
stehen der  Cent,  ni  ijuis  scivit  im  Censns  und  die  Auf- 
hebung derselben  in  den  Comitien  (???)  n.  s.  w. ,  was 
wir  nicht  weiter  anzuführen   brauch.'n. 

Aus   den   21    trib.    werden   allmählich  35  und   der  Gang 
in  Hrn.  H.'s  Untersuchung  ist   im  Wesentlichen    folgender: 
Das  Innerliche   rückt  fort   zum   Aeusserlichen    und,   indem 
Person    nnd    Boilen    den    Charakter    der    zweiten   Periode 
bilden ,    ist    in    der    ersten  Hälfte    die  Person  die   Haupt- 
sache,   in    der    zweiten    das    Grundstück.       Das    Ausland 
wird   mit   in   den   Staat    gezogen     nnd    der   Staat    erweitert 
sich   durch  Ansetzung  neuer  örtlicher  Tribus   bis   zur   Er- 
oberung Italiens.       Es    erfolgen    (i    Geburten    von    Tribus, 
analog    der    Geburt    von    (i     Kindern     in    der    röm.     Ehe 
(s.   S.   663),    und    ziiar   ist   die   erste   eine   Zvvillingsgcbnrt 
von   4  tribus  3(iS  a.    u.,  nämlich  die   4  trib.   urb.    für  die 
Proletarier    von    5,500  —  4000  Ass  (diese    Behauptung  ist 
ohne  alle  AVahrscheinlichkcit ,   und   »vcnn   diese   erste  An- 
setzung von  Tribus  als  eine  besonders  wichtige  von  Liv.  an- 
geileutet  werden  soll  (eaeque  vigi/ifi  quinque   tribuum  nu- 
menim  explevere),  so   verliert  dieser   Grund    dadurch  sei- 
nen   Werth,     dass   Liv.    an     derscllien    Stelle    zugleich    in 
Irrthum   befangen   sein   soll,    indem   er   die   4   trib.    für   die 
neuen    Bürger   errichtet  sein   lässt.       Es   ist   Willkür,   eine 
Aussage    desselben  Zeugen    naih    Bequemlichkeit    zu   ver- 
werfen  oder   zu     benutzen!      Das     gegebene    Princip    trieb 
weiter  unil    noch    ,^mal    wurden    2   Tribus  angesetzt,    von 
unten   nach   oben,     zu    jeder    Classe   2,     bis    die   Zahl   der 
35  Trib.  erfüllt  war  513  a.  u.   am  Ende  des  1.  piin.  Kriegs 
( die     Analogie     der     zweimal     35     menschlichen    Glieder 
s.  p.   664  sq.).     Die   neuen   Tribus    sind   überwiegend   von 
Grund   und   Boden   aus  an  den  alten  Staat    angesetzt    nnd 
haben   dadurch    demokratisireuden   Einfluss    auf   die   Ycr- 
bindung    der    Cent,    und     Trib.       Anfangs     hatte    sich    der 
Boden   nach   der  Person  und    deren  Census  gerichtet,  all- 
mählich   war    der  Boden    oder    die   Tribus    vorherrschend 
geworden    und    nicht    mehr    das    Vermögen,    sondern    das 
Besitzthum    machte    zum   Tribulen;    die   Classen,    welche 
überwiegend  Centuricn   und    Censusclassen   gewesen  waren, 
wurden   nun  mehr  Tribiisclassen,   und   der  Unterschied  der 
Bürger  bestautl   nicht  mehr   im   A'eruiögen,  sondern  ob   er 
zu  einer  höheren    oder    geringeren   Tribus   gehöre.      Vom 
A'erniögen    hing"    bloss    noch    das  Stimmrecht    ab,    ob   die 
Bürger  in  den   Com.   Cent,   oder  nur   in    den   Trib.  snlFra- 
giiim    hatten.       Uebrigens    genicssen    die   in   den    17   Trib. 
(34  Cent.)  und  18  Rittercent,  stehenden  Altbürger  manche 
Vorrechte  vor  den    10  Trib.   Neubürgern    (6  trib.   für   die 
besiegten  Latiner   und   Herniker,  4  trib.  für  die   ferneren 
Völker)  und  8  Trib.    Proletariern. 


791 


792 


!Mit  Erfiilliiiig  iler  S5  Trib.  Iipj;iiiiit  eine  neue  Periode 
der  Cenfurienverfiissung.  Die  Aiisfflrirlinnjf  Roms  mit 
Italien  »ar  zu  Stande  gekommen  (inil  von  nun  nar  eine 
Erweiterung  des  Staats  ilnrch  neue  Tribus  unniuyflivh. 
Die  neuen  Biirfjer  miisston  daher  in  die  .if)  Trib.  aufge- 
nommen «rrdcii  (zuerst  die  muiiicipes  sine  suUVagio) , 
iiuJ  die  neuen  Trib.  »turden  aliniübiirli  so  anffeselien , 
wie  die  alten;  das  einzige  Ueberge»  iilit  der  älteren  Bür- 
ger beruhte  auf  ihrer  Stimnienzalil.  Aueh  waren  die 
trib.  urb.  in  die  Centuriatcom.  zugelassen  worden  und  es 
kamen  nach  und  nach  sogar  vornehme  Bürger  in  die 
städtischen  Tribus.  Die  Censussätze  blieben  unverändert 
und  bildeten  keinen  Schutz  mehr  iregen  die  Demokratie 
(der  geringen  Ansätze  halber),  obgleich  die  Centurien 
norh  immer  etwas  aristokratische  AVürde  behielten,  denn 
die  höheren  Classen  hatten  höhere  Dignitiit  durch  Ge- 
burt, AVürde  u.  s.  w.  Dazu  kam  die  ^'eriinderuug  der 
Censoren  M.  Aemil.  Lepid.  und  iM.  Fulv.  INobiliur  573 
a.  u.  Liv.  XL,  .•>  I  ,  wodurch  die  ganze  Abstimmung  der 
Cent,  etwas  Geordnetes  erhielt,  im  Gegensatz  der  unor- 
dentlichen Tributcomitien.  Es  würde  uns  viel  zu  weit 
führen,  wenn  wir  diese  Ideenreihe  durchgehen  wollten, 
und  der  Sa(  hkundige  wird  eine  .'Menge  begründeter  Zwei- 
fel dagegen  erheben,  z.  E.  gegen  die  zuletzt  erwähnte 
Veränderung  (Liv.  a.  O.)  ,  welche  sich  nur  auf  die  Tri- 
butcom.,  keineswegs  auf  die  Cent,  bezog.  .Auch  Cic.  de 
leg.  III,  ly.  deutet  auf  diese  augebliche  Neuerung  nicht 
hin,  sondern  er  ist  lediglich  von  den  Servian.  Comitien 
zu  erklären.  IVlit  vollem  Recht  dagegen  wird  Cic.  p. 
Place.  7  das  von  Orelli  verdächtigte  distributiv  partibus 
tribtitiin  vertheidigt  und  ilie  Stelle  erläutert.  Ueberhaupt 
müssen  wir  bei  Gelegenheit  ilieser  .Stelle  bemerken,  dass 
Hr.  U.  nicht  selten  kritische  Exkurse  über  Liv.  Cic.  u.  A. 
eingewebt  hat,  denen  man  die  grösste  Aufmerksamkeit 
widmen  niuss,  indem  Hr.  H.  einigemal  sicher  das  Rich- 
tige gefunden  hat.  Wir  machen  auf  einige  Stellen  auf- 
merksam: Cic.  p.  Caec.  3.5  tp.  h~'2)  wird  duodecim  gegen 
Savignv's  Emendatinn  duodeviginti  in  Schulz  genummcn 
und  statt  .triminennes  Interamne/ises  vorgeschlagen.  Liv. 
I,  4>).  ist  ungemein  gut  aus  vidaiie  (ittributae,  ijuae  bina 
milia  aeris  in  annos  singulos  penderent  verbessert  wor- 
den binae,  wodurch  die  unvcrhältnissmässig  hohe  Summe 
Ton  2')"0  Ass  für  jedes  Jahr  bedeutend  vermindert  wird. 
Weniger  glücklich  scheinen  die  Conjecturen  zu  Liv. 
VIII,  S.  Cp.  44i  ,  4.JÖ  u.  a.),  worüber  man  eine  beson- 
dere Abhandlung  schreiben  konnte;  sehr  schön  dagegen 
ist  Liv.  l.\,  3'*5.  (p.  1)4' I)  ut  sortirentur  ubi  Liitini  »uf- 
fragium  ferrent  in  ul  sort.  tribus  et  stalim  suffr-  f. 
emcndirt,  welchen  Gedanken  auch  Weissenborn  in  s. 
viele  scharfsinnige  Conjecturen  enthaltenden  lect.  Liv. 
part.  I.  Isenac.  183  '  i  P^g.  '.2'.)  sqq.  ausgesprochen  hat. 
Recht  gut  ist  Liv.  X,  8.  mit  Cod.  ^^ith.  F.t  nunnuam 
für  en  umiuam  restituirt  worden  (p.  (iSsq-);  von  gleicher 
Evidenz  ist  die  Heilung  der  grammatisch  büseii  Stelle 
Liv.  XXIII,  31.  ut  quo  eo  anno  durch  die  Conjectur 
ut  quocunque  anno  (p.  504  sq.).  Nicht  ganz  so  sicher 
vird  Liv.  XXXLV,  44.  aus  in  censum  referre  viatores 
iuxsit  in  in  c.  ref.  decies  pluris   ius».  gemacht  (p.   öOb)- 


Remerkenswerth ,  obgleich  nicht  überzeugend,  ist  die 
Rehandlung  von  Liv.  XLI,  ,S.  (p.  530),  wo  nach  den 
AVortcn  et  quibus  slirps  deesset  quam  relinquerent ,  ut 
eingesetzt  wird  coelibes ,  welches  zu  den  folgenden  cives 
Rom.  fiebant  gehört.  üb  diese  Umgehung  des  Gesetzes 
imaginibus  iuris  genannt  wer<lcn  dürfe,  wie  Liv.  im  fol- 
genden Satze  thut,  bezweifeln  wir  und  bemerken  zu- 
gleich, dass  in  der  lex  selbst  (cap.  <l)  bloss  manumissiu- 
uiid  keine  andere  fraus  erwähnt  wird;  so  dass  wir  vor 
der  Hand  im  Ganzen  bei  Duker's  und  Walch's  Ergän- 
zungen stehen  bleiben,  cf.  Weissenborn  a.  a.  O.  p.  3'2  sq. 
AVenn  Hr.  H.  p.  554  sagt,  Liv.  XLV,  15.  seien  die 
verdorbenen  Worte  e.v  se/iatus  consulto  von  AValter  in 
d.  Rom.  R.  G.  p.  122  trelllich  verbessert  ex  se  natus , 
so  ist  dieses  eine  Verwechselung  mit  Krejssig ,  welcher 
bereits  1827  in  s.  comment.  de  locis  Gellii  VI,  1.  et 
Lactant.  etc.  Blisen.  p.  15  diese  Emendation  gemacht 
und  darauf  in  seinen  Text  genommen  hat.  Nicht  einver- 
standen sind  wir  nut  der  Behandlung  von  Cic.  Phil.  II, 
33  (namentlich  p.  612  sqq.),  aus  welcher  auf  die  Ab- 
stimmung der  sex  sulfragia  zwischen  der  1,  und  2-  Classe 
geschlossen  wird.  Andere  neue  Untersuchungen  tverden 
die  Stelle  anders   gestalten!    — 

Nach  dieser  Relation  ist  es  kaum  nöthig,  noch  ein- 
mal zu  sagen,  dass  Hr.  H.  auch  in  diesem  Buche  viel- 
fache Beweise  umfassender  Gelehrsamkeit,  glänzenden 
Scharfsinnes  und  seltener  Cumbinationsgabe  abgelegt  hat, 
es  ist  aber  auch  nicht  zu  verhehlen,  dass,  wenn  es  ihm 
gefallen  hätte,  mehr  die  Quellen  allein  und  unbefangen 
zu  benutzen ,  als  nach  vorgefassteu  phjsiol.  Ideen  die 
Nachrichten  der  .Alton  zu  constrniren,  die  Wissenschaft 
einen  grösseren  Gewinn  gehabt  haben  würde.  Das  Buch 
Hürde  dadurch  um  ein  Drittel  kleiner ,  aber  dem  Sach- 
kundigen und  überhaupt  jedem  Gelehrten  nützlicher  und 
lieber  geworden  sein.  Zum  Schluss  bitte  ich  Hrn.  H. , 
dessen  grossen  Verdiensten  ich  die  aufrichtigste  nnd 
dankbarste  Anerkennung  zolle ,  mir  die  Offenheit  zn 
verzeihen ,  mit  welcher  ich  mich  liber  ihn  und  die  in 
diesem  Buch  herrschende  Richtung  auszusprechen  er- 
laubt habe. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Euskirchen,  9.  Juni.  In  diesen  Tagen  wurden  zu  Wein- 
g.irtcn  ,  Kieia  Kiiskirchen  .  bei  Gclet;cnlieit  der  Erdarbeiten  für 
die  Strasse  von  Köln  nach  Trier,  ein  vorzüglich  schönes  Mauer- 
werk ans  den  Röinerzeitcn  und  mehrere  Kunstschätze  aus  der- 
sclbin  Periode,  ansgegr.iben.  Es  scheint  der  Eingang  zu  einer 
grossen  Badeanstalt  zu  sein  und  erregt  in  Beziehung  auf  Gross- 
.irtigkeit  und  Luxus  d.is  bijchsle  Interesse.  Der  Fussboden  von 
.Mosaik  ist  ein  aiisgezeicliiictes   Kunstwerk. 

Lonilon,  tl.  Juni.  Die  Admiralität  hat  ein  Kriegsschiff 
an  die  südwestliche  Küste  von  Klciiiasien  gescliickt,  das  eine 
reiche  S.iinnilung  alter  Bildwerke,  die  Herr  Fcllow's  in  KKin- 
asien  gefunden  bat,  nach  Eni;bind  briiigin  soll.  Durch  die  Be- 
mühungen des  gelclirlcn  Hawkins,  eines  der  Vorslebcr  des  brit- 
lischen  Miiseiiiiis,  sind  diese  wobleilialleiien  Uebcrteste  griecb. 
Kunst  für  jene  Anstalt  gewonnen  worden. 


Zeitschrift 


für    die 


Alterthumswissenschaf  t 


3Iitt\\'0ch,  21.  Jiiqiist 


18  39. 


Nr.   100. 


1)  Die   "Erfassung   des  Königs    Serr.   Tull. ,    cniw.   von 
P.  F..  Hmchke. 

2)  Die    ^'erfassung    des    Serv.    Tull.       Dargestelli    von 
F.  D.   Gerlach. 

3)  Disquisitio  de  Rom.   Comii.  auclore  P.  v.  d.  Velden. 

(Bcschluss.) 

Nach  längerer  unverschnldcter  Unterbrechung  wende 
ich  mich  zum  Beschluss  dieser  Arbeit,  um  noch  die 
Schriftchen  der  Hrn.  Gerlach  und  v.  d.  Velden  zu  er- 
wähneu.  Leider  ist  es  mir  nicht  möglich,  sie  so  aus- 
führlich, als  ich  mir  rorgcnommen,  anzuzeigen,  indem 
die  ernstliche  Mahnung  der  Acrzte,  welche  mich  wegen 
leidender  Augen  auf  die  nOthigste  Arbeit  besrhrcinken , 
auch  hier  zur  grössten  Kürze  zvvifigt.  Ich  muss  mich  daher 
damit  begnügen,  in  kurzer  Uebersicht  die  philol.  Leser 
auf  jene  Schriften  aufmerksam  zu  machen.  Hrn.  Ger- 
lach's  Absicht  war  weniger.  Neues  zu  schaffen,  als  die 
vielfach  zerstreuten  Angaben  über  die  Centurialierfassung 
unter  allgemeine  Gesichtspunkte  zu  ordnen  un<l  die  ge- 
wonnenen Ergebnisse  in  angemessener  Verbindung  darzu- 
legen ,  damit  dadurch  der  .Standpunkt  der  Untersuchung 
bezeichnet  »verde.  Mit  Vergnügen  erkennen  wir  an,  dass 
Hr.  G.  diesen  Zweck  in  der  Hauptsache  rollkonimen  er- 
reicht hat.  Das  schon  Bekannte  gibt  der  Verf.  kurz  und 
treffend  wieder,  das  noch  Dunkle  wird  genau  davon  ge- 
trennt und  über  die  weiteren  Forschungen  werden  scharf- 
sinnige Vermnthungen  und  Fingerzeige  gegeben,  welche 
sehr  interessant  sind,  obgleich  man  nicht  selten  anderer 
Meinung  sein  wird.  Die  Darstellung  ist  durchgängig 
schün  und  edel.  —  Zuerst  wird  die  ursprüngliche  Ge- 
stalt der  Centurien  geschildert  und  bemerkt,  dass  diese 
nach  Serv.  Zeit  ganz  angemessene  Einrichtung  auf  die 
Dauer  nicht  genügen  konnte,  und  wenn  die  Römer  auch 
noch  so  unwandelbar  in  den  äusseren  Formen  gewesen  , 
so  sei  doch  die  ewige  Entwickelung  des  röm.  Staatslebens 
nicht  zu  verkennen.  Die  Grundbedingungen  der  Seriian. 
Verfassung  sollen  sich  verändert  haben,  sowohl  in  Be- 
ziehung auf  den  Münzfuss,  indem  das  as  nur  noch  '/,, 
seines  alten  AVerths  gehabt  hätte ,  als  anf  das  Kriegs- 
wesen ,  denn  der  Arme  habe  jetzt  den  Hauptkern  des 
Heeres  ausgemacht  und  der  Ritter  sei  nicht  mehr  von 
der  alten  Bedeutung  gewesen.  Nach  den  geänderten 
Verbältnissen  hätte  auch  die  Ausübung  des  Stimmrechts 
geändert  werden  müssen,  und  eine  Veräuderaog  sei  auch 


wirklich  vorgenommen  worden,  aber  weder  in  der  ersten, 
noch  in  der  zweiten  Periode,  sondern  erst  nach  Einrich- 
tung der  3ö  tribus.  —  AVir  können  hier  nicht  näher 
untersuchen,  ob  der  umgestaltete  Münzfuss  und  das 
neuere  Kriegswesen  wirklich  von  so  grossem  Einfluss  auf 
die  Staatsverfassung  gewesen  sei,  und  glauben  für  jetzt 
wenigstens  das  mit  Bestimmtheit  sagen  zu  können,  dass 
jene  fllnnz-  und  Militär- Umgestaltungen  nicht  die  näch- 
sten Ursachen  der  nach  Erfüllung  der  35  tribus  einge- 
tretenen Comitialveränderuiig  waren  ,  ebenso  auch  ,  dass 
jene  Umgestaltungen  niclit  so  frühzeitig  auf  die  Staats- 
verfassung einwirkten,  sondern  erst  in  der  Zeit,  als  der 
Staat  aus  der  republikanischen  in  die  monarchische  Ver- 
fassung überging.    — 

Hr.  G.  gibt  eine  kurze  schöne  Schilderung  der  ersten 
und  zweiten  Periode  der  Republik,  um  zu  zeigen,  dass 
die  grosse  Veränderung  später  vorgefallen  sei.  In  den 
ersten  Zeiten  des  Freistaates  waren  die  Centurien  noch 
eingeschränkt,  indem  die  Curien  noch  einige  Macht  be- 
sassen  nnd  ausserdem  allerlei  Mittel  anwandten,  um  die 
gesetzlichen  Befugnisse  der  Bürger  zu  verkümmern;  sie 
waren  jedoch  nicht  auf  solche  Weise  eingescliränkt ,  als 
Niebuhr  behauptete,  z.  E.  in  Beziehung  auf  die  zwischen 
dem  Senat  und  den  Centurien  getheilte  Wahl  der  Coss., 
in  den  Entscheidungen  über  Krieg  und  Frieden  (Beides 
ist  von  Hrn.  G.  recht  gut  bewiesen  und  kann  keinem 
Zweifel  unterliegen) ,  und  in  dem  Vorschlagsrecht  des 
Senats,  so  dass  die  Centurien  einen  der  Vorgeschlagenen 
wählen  mussten.  Ucber  das  Letzte  geht  Hr.  G.  zu  schnell 
hinweg,  denn  es  ist  keine  patric.  Anmassung,  dass  <iie 
Wahl  einen  der  Vorgeschlagenen  treffen  musste,  sondern 
uraltes  Herkommen,  und  factisch  hat  der  Senat  aller- 
dings auf, den  Vorsitzenden  uud  vorschlagenden  Magistrat 
grossen  Einfluss  ausgeübt,  vergl.  Husckke  im  ~.  Cap. — 
In  jene  Zeit  fällt  die  grosse  Veränderung  nicht,  sondern 
nur  die  allmähliche  Abrundung  der  Tribus  als  Gemeinde, 
von  der  auch  die  Patricier  nicht  ausgeschlossen  waren. 
Diese  Tribusgemeinde  mit  ihren  Tribunen  nnd  Aedilen 
wurde  immer  mächtiger,  bis  sie  in  der  zweiten  Periode 
sich  bis  zur  gänzlichen  Gleichstellung  erhoben.  —  Alles 
dieses  ist  recht  schön  dargestellt  und  wir  bemerken  nur 
beiläufig  die  irrthüinliche  Ansicht  Hrn.  G.  s ,  nach  wel- 
cher erst  die  XII  Tafeln  den  Centurien  die  höchste 
Gewalt  übertragen  hätten,  wofür  kein  Beweis  zu  linden 
sein  durfte.  Schon  Serv.  Tull.  richtete  die  Centcom. 
als  Nationalversammlung    zur    Leitung    der    höchsten  nnil 


795 


796 


wicliiljTstpn  Aiifpleffpiilipifoii  ein,  ivudiirch  die  Ctiripn  den 
Haujittheil  ihrpr  ^Virksaiiikcit  bprpits  damals  vprioren. 
Es  Hürde  Hrn.  G.  schivpr  iiprdpii,  jsii  zeijjpii  ,  »vpiche 
iMirlif  ausser  dpr  lex  riiri.ifa  die  Curipii  iiarli  Sprv  Tiill. 
bpliiplleii,  lind  iiaiiii  sip  dipseii  angpblicbpii  Einfliiss  ver- 
lorpn ,  ileiiii  in  ilen  XH  Tafeln  scheint  nur  die  rirliter- 
liche  ^'ollniarht  der  Cent,  bestätigt  zu  sein  und  uicbts 
Anderes,  so  dass  die  Com.  Cur.  im  Wesentlielien  seit 
Sen.  Tnll.  diesellieu  blieben  und  ihren  Einlluss  mehr 
moralisi  li  einbiissten ,  als  politisch  und  gesetzlich.  —  In 
der  2-  Periode  pntuirkelt  sich  der  Staat  auf  das  herr- 
lichste nach  Innen  lind  Aussen  bis  zur  Eroberung  Siciliens, 
die  Bürgcrzalil  wachst  ausserordentlich  ,  35  Tribus  wer- 
den eingerichtet  und  die  .Stande  stehen  sich  näher,  indem 
die  Interessen  verscliiiielzen.  Könnte  jetzt  rielleicht  die 
't'erbindiing  der  Cent,  und  Tribus  stattgefunden  haben? 
Doch  nicht  früher,  als  nach  Einrichtung  der  35  Tnbns, 
und  die  Stelle  bei  Lic.  IX,  4li,  «eiche  auf  eine  frühere 
^'erbindung  beider  Couiitien  hinzudeuten  scheint,  ist  auch 
ohne  diese  Aiinalinie  gut  tu  verstehen  (p.  27  —  29).  — 
Es  siud  4  .Stücke  bei  dieser  Veränderung,  «eiche 
Hr.   G.   als   erwiesen   und   unbezueifelt  hinstellt: 

1)  Cent,   und   Tribus   kuniinen   in   enge  Beziehung, 

2)  die  .5   Classen   «erden   beibehalten, 

3)  die  Centurieiizahl  bleibt  auch  unverändert,  nur  in 
den  ^^rinügensbestiniinungen  und  in  ileu  Centuriciizahlen 
der  Classen  treten    >'präii(lerungen   ein, 

4)  mehrere  .Modificatiunen  im  Einzelnen  sind  als  Ver- 
fügungen der  Censoren  und  nicht  als  Verfassuiigsvcrän- 
deriingen    zu    betrachten. 

So  bereitwillig  «ir  Hrn.  G.  in  den  ersten  beiden 
.Sätzen  beistimmen,  wenn  wir  dieselben  im  Allgemeinen 
betrachten,  so  wenig  können  «ir  <lie  specielle  Ausführung 
und  die  letzten  Punkte  billigen,  denn  indem  Ilr.  G.  Liv. 
I,  43.  nur  ron  der  ersten  Classe  versteht,  behauptet  er, 
die  erste  Classe  habe  zwar  nur  70  Centuricn  ,  nämlich 
2  Ccnturien  in  jeder  l"ribus,  übe  aber  dennoch  ein  gros- 
ses Lebergew icht  aus,  wesshalb  C.  Gracchus  (unauso-e- 
führte)  Vorschläge  gemacht  habe.  Die  andern  4  Classen 
hätten  die  Zahl  der  1^3  Cent,  erfüllt,  ohne  dass  man 
genau  sagen  könne,  wie  viel  Cent,  eine  jede  dieser  Clas- 
sen geliabt  habe.  AVir  bemerken  nur  ganz  beiläufig, 
dasä  wenn  die  ganze  grosse  Veränderung  darin  bestamlen 
hätte,  dass  man  mit  Beibehaltung  der  Zahl  l'U  der 
1.  Classe  10  Cent,  genommen  und  den  andern  Classen 
gegeben  hätte,  diese  Veränderung  iveder  eine  so  grosse 
und  wichtige,  noch  eine  demokratische  genanrtt  werden 
könnte.  Uebrigens  wird  die  Veränderung  von  Hrn.  G. 
vor  deu  Anfang  des  zweiten  Puii.  Kriegs  unter  die  Cen- 
sur  des  0.  Aemilius  und  C.  Flamiiiin.  gesetzt.  —  Was 
die  von  Hrn.  G.  als  uiehrnials  iiaoh  und  nach  geändert 
aiigeiininmencii  V'ermögensabstufungen  bctridt,  so  ist  die- 
ses wohl  kaum  zuzugeben,  theils  weil  directe  Zeugnisse 
vorhanden  sind,  »eldu.  iUe  alten  Ceiisussätze  auch  in  späte- 
rer Zeit  bezeugen,  vergl.  das  oben  angeführte  Werk  von 
Bö(kh  p.  431  scjq.,  theils  »eil  die  Censoren,  welche  nach 
Hrn.  G.  solche  Veränderii„,.en  gemacht  haben  sollen, 
keine  so  unbeschränkte  V'ollinaclit  besassen ,  als  ihnen 
hier  auch  in  Beziehung  auf  Krtbeilung  des  Bürgerrecht» 
eingeräumt    wird    (p.   J  ,).       Darauf    wendet    sich    Hr.   G. 


zu   den  entgegengesetzten  Ansichten  Niebuhr's  (p.  33 — 38' 
und   Göttling's  (p.   38  —  41).       Die   erstere   Argumentation 
ist  als   gelungen   zu   bezeichnen    und   weit  überzeugender  , 
als   die    zweite,    ilenn   die    gegen    die    Abstimnuing   erhobe- 
nen  Bedenklichkeiten   sind   zu   beseitigen,  s.   darüber  den 
scharfsinnigen  Aufsatz  des  Hrn.  Peter  in  dieser  Ztschr.  Nr.  tS 
u.  II).    \Vichtiger  ist  der  in  Betreff  der  Rittercent,  gemachte 
Einwurf,    «orüber   wir  bald   eine   gewichtige   Stimme  ver- 
nehnien    werden.      Zum   Schluss   recapitnlirt    Hr.    G.   seine 
Hleinniig   und    behauptet  die   üuverdorbenheit   der  berüch- 
tigten  Stelle   Cic.   de   rep.   II,  22,    welche    ihm  Gelegen- 
heit gab,   meine   im  Jahr    18  V2   erschienenen  quaest.  Tüll, 
zu    erw-alinen.      Hier    sagt    Hr.    G.    in    Bezug    auf   meine 
Eniendation  :    „ich   hätte   gewünscht,    der   Verf.    (ich)   be- 
sässe    etivas    von    der    nimia    religione    niminque    codicum 
innnuscriploriim    admiraliotie ,    ilie    er    meinem    würdigen 
Freunde    Orelli     zum     Vorwurf    macht    und    dessen   Excnrs 
ad   Cic.   Phil.   II,  3i.   ihn    eines   Bessern    belehren   wird." 
Hr.    G.    halte    Recht,    meinen    Vorschlag    zu    tadeln,    den 
ich  selbst  mit  einigen  andern  als  coiiiecturarum  lusus   be- 
zeichnet   hatte,     nnil     ich     will    ilieselben    keineswegs    in 
Schutz    nehmen,    sondern     nur     bemerken,    dass    auch    ich 
vollkommen   Recht    hatte,   jene    von    Hrn.    G.    getadelten 
Worte    über   Orelli   auszusnrechen.      Die   Verdienste   Orel- 
li's  siiiil   von  Jedermann   und   von  mir   in  jenem  Schriftchen 
tp.  37)    ausdrücklich    anerkannt,    so    dass    es   ganz   über- 
flüssig   wäre,    hier   ausführlicher   von    den    ausgezeichneten 
Eigenscliafteii   dieses   verrlieiistvollen    Gelehrten     zu    reden, 
aber   an  jener   Stelle    war   mein    Ausdruck    keineswegs   un- 
bescheiden   oder    temere    gewählt,     da    Orelli  s    damalige 
Erklärung   der    Vulgata    wirklich    ganz   fehlerhaft   «ar   und 
nur    als     ein    Rechenexempel     betrachtet    werden     konnte. 
Hätte   er   schon    damals   die   jetzt   in    dem   Excurso   enthal- 
tene  Erklärung   hinzugesetzt,    so    würde    ich,    obwohl   ich 
nicht   damit   einverstanden    bin    —    mich  jener    Ausdrücke 
nicht   bedient   haben.      Aber    wie   die   Sache    damals   stand, 
so    war   es    weniger   kühn,   über   eine    unheilbar   scheinende 
Stelle   einige   Emeiidationeu  vorzuschlagen  ,   als   eine   Ver- 
theidigung   der    V^llgate    mit   den    gewagtesten   Hypothesen 
aufzustellen,   z.  E     dass   die   Ritter  9  suffrag.   hätten   n.  a., 
wodurch   eine    ganze   Partie  Ccnturien   fehlte  etc.   —    In- 
dem   ich    diesem     interessanten    Sclinftcheii     viele    Leser 
wünsche,   empfehle   ich   mich   dem   freundlichen   Andenkea 
des    Hrn.    Verfs.    und    füge    nur    noch    zu    der   p.   3   ""d    4 
über   die   Comitien    niitgetheilten    Literatur    das   opus   post- 
humum   des   B.   Beverinus    hinzu ,_  betitelt :    comment.    de 
Rom.   comitiis,  als    Anhang  s.  syntagma  de   ponderibus  et 
mensuris.      Lucae    1711,  darauf  Lips.    I7l4,  p.   135  — 25ö. 
IN'r.   3.      Der   Weise     iler   Holländischen    Dissertationen 
gemäss,    beginnt   Hr.    van   der  Vcldeii  (Lehrer   an   der  See- 
kriegssclinle    in    IMedemelacuin ,      wahrscheinlich    ftledoni- 
blik?)    nicht    sogleich    mit   seinem   Ciegeiistande ,    sondern 
schickt     einleiten<le     Untersuchungen     voraus,     was  jedoch 
nicht   mit   solcher    Breite    und    Umständlichkeit    geschieht, 
wie    bei    Alanchen   seiner   Landsleiite  ,    ilie   vor   lauter   Prä- 
liminarien   nicht   zur   Sache  komiiien  und  dem    eigentlichen 
Zwecke    ihrer  Schrift   kaum    einen    Bogen    widmen   können. 
Hrn.    V.   d.    V.'s   Einleitung    handelt    de    antiq.   Rom.    bist, 
foiitibus   und    de    Romae   originibus     (—    p.    27),     wo    .ler- 
selbe  in  der  Hauptsache  Wachsmuths,  oft  auch  Hüllmann'* 


797 


798 


üntcrsuihunfen  folft  und  nicht  selten  freien  TVielmlir 
poleinisirt,  stets  jedoch  mit  Anstanil  und  IJescheideiilioit. 
Das  ürthcil  des  Hrn.  Verfs.  ist  hier,  wie  in  di-n  andern 
Partieen  ,  verstanilijf  und  unbefangen.  Aachdeni  iJeau- 
fort's  spater  von  IN'ieb.  erneuerte  Ztreifel  an  der  Echt- 
heit der  ältesten  röin.  Geschichte  berührt  »oriien  sind, 
werden  die  einzelnen  Schriftsteller  kurz  durch{;ej;anj.'en. 
Bei  l'olyb.  verweilt  Ilr.  v.  d.  V.  am  länjfsten  und  spen- 
det ihm  das  gebührende  Lob,  Diooys.  wird  kürzer  cha- 
rakterisirt  und  Liv.  gegeu  IViebnhr's  IMeinung  vrrfheidigt, 
als  habe  derselbe  die  laudes  fnnebres  der  Faniilieu  be- 
nutzend mehr  als  epischer  Dichter,  denn  als  Historiker 
geschrieben.  Rom's  Ursprung  betrefTend ,  so  ist  die  seit 
Wieb,  gewöhnliche  Annahme  einer  Dreistadt  angefochten 
and  der  Wachsninthischen  Meinung  vor  der  Hüllniann'- 
schen  gracisirenden  der  Vorzug  ertlieilt  worden  ;  dagegen 
wird  Hüllnianu's  HTpothese  über  den  Palatinus  (Pan-La- 
tinui),  obgleich  dieselbe  weder  sprachlich  richtig,  noch 
historisch  zu  billigen  ist,  von  Hrn.  v.  d.  l'eldeu  ange- 
nommen. 

Erste  AbtheiluTtg.  Ueber  Tribus  ,  Curien  and  Gentes. 
Cap.  1.  \on  den  Tribus  p.  2'.(  —  3').  Die  Bedeutung 
and  dag  Wesen  der  3  Romulisclien  Tribus  erkennt  Hr. 
V.  d.  V.  richtig  und  tadelt  AVachsmuth,  welcher  diesel- 
ben für  identisch  mit  den  Uitterceutnrien  hielt,  auch 
steht  fest,  dass  die  Ramnenses  keinen  Vorzug  vor  den 
andern  Stammen  hatten,  s.  oben  bei  Huschke.  Weniger 
sicher  ist  das  Verhaltniss  der  Luceres,  «eiche  Hr.  v.  d.  Y. 
den  andern  Stammen  gleichsetzt.  Gleichwohl  lassen  sich 
einige  Anzeigen  nicht  abläugnen,  dass  die  Luceres  An- 
fangs untergeordnet  waren,  z.  E.  die  Zahl  der  Senatoren, 
Priester,  Augnrn,  >  estalinnen,  un<l  es  konnte  Hr.  v.  <l.  V.  hier 
noch  tiefer  eindringen.  Das  2.  Cap.  von  den  Curien 
(p.  ^Ü  — 44)  theilt  das  Bekannte  über  Einrichtung,  Ka- 
men etc.  kurz  mit;  ausführlicher  ist  das  3-  Cap.  von  den 
Gentes  Cp.  44  —  ti'.)),  in  welchem  INiebuhr's  Ansicht,  dass 
die  Gi-ntes  uiiht  Personen  von  derselben  Abstammung, 
sondern  nur  Glei<linaniige  umfassfen,  weiter  ausgeführt 
und  mit  2  gegen  ihn  gerichteten  Behauptungen  begleitet 
« ird :  l)  gentes  seien  schon  vor  Anfang  des  rüni.  Staats 
vorhanden  gewesen  und  Romulus  hatte  nur  die  geringen 
Leute  jenen  vornebmen  gentes  als  dienten  zugetheilt; 
2)  es.  gebe  keine  bestimmte  Anzahl  von  Geschlechtern, 
sondern  die  ursprüngliche  Zahl  sei  immer  durch  neue 
gentes  vermehrt  worden.  Bei  dieser  Gelegenheit  wird 
die  Frage,  ob  die  Kenbürger  ursprünglich  rechtlos  ge- 
wesen (nach  j\icb.)  oder  zu  den  Curien  und  Geschlech- 
tern gerechnet  worden  waren,  dahin  beantwortet,  „dass, 
nachdem  unter  Romulus  nur  Patricier  und  dienten  ge- 
wesen, die  neuen  Ankömmlinge  und  die  von  Tüll.  Hoslil. 
nach  Rom  übergesie<lelten  Albaner  nelist  den  von  Anc. 
Marc,  herbeigeführten  Latineru  in  die  Curien  und  gentes 
aufgenommen    worden    waren ,     so   dass   das   ganze    A'olk    in 

Curier    und    gentes    getheilt    gewesen   sei."      Wir    kö mi 

weder  die  für  die  Ausscheidung  der  Plcb.  von  den  (Fu- 
rien aufzustellenden  Beweise  ,  noch  Hrn.  v.  d.  V.s  Ent- 
g-egnungen  genaner  durchgehen  und  versparen  dieses  auf 
eine  günstigere  Zeit,  bemerken  jedoch  im  Allgemeinen, 
dass  «US  Hr.  v.  d.  V.  trotz  allen  angewandten  Fleisses 
und    Scharfsinnes     seine     Aufgabe    noch    nicht    gelöst     zu 


haben  scheint.  IVameutlich  tritt  immer  noch  der  Ein- 
wurf entgegen,  warum  .Serv.  Tüll.  Tribus  eingerichtet 
hatte,  wenn  die  Curien  als  locale  Eintheilung  für  das 
ganze  Volk  schon  vorhanden  waren.  Hr.  v.  d.  V.  be- 
gnügt sich,  aus  der  neuen  rtlilitareinrichtung  die  Noth- 
weudigkeit  der  Cent,  herzuleiten,  aber  die  neuen  Ser- 
vian.  Tribus  sind  damit  noch  keineswegs  erklart!  Ebenso 
wenig  ist  zu  beweisen,  dass  schon  vor  Serv,  Tüll,  die 
Plebs  eine  Gemeinde  und  überhaupt  berechtigt  gewesen 
sei,  oder  dass  sie  an  den  sacra  der  Curien  und  Familiea 
hatte  Antheil  nehmen  dürfen.  Letzterer  Punkt  ist  noch 
lange  nicht  genug  beleuchtet  worden  ,  denn  dass  durch 
alle  Zeiten  hindurch  die  Patricier  sacra,  Cärimunien  und 
Geheimnisse  für  sich  behielten,  ist  anerkannt.  AVären 
die  Fleh,  mit  in  den  Curien  gewesen,  so  ist  die  lauge 
und  scharfe  Trennung  beider  Stande  ebenso  wenig  denk- 
bar, als  eine  Geheimhaltung  einiger  Uiuge  von  Seiten 
der  Patr.  Endlich  ist  nicht  abzusehen,  wie  es  heisseu 
kann,  die  Patr.  hatten  in  der  ältesten  Zeit  ausschliess- 
lich die  Staatsangelegenheiten  beratlien  und  beschlossen 
(in  den  Com.  Curiat.),  wenn  die  Pleb.  mit  in  den  Curien 
gewesen  wären,  wodurch  diese  Berathungcn  einen  demo- 
kratischen Charakter  erhalten  haben  würden.  So  hatten 
ilie  Com.  Cur.  keine  andere  Einrichtung,  als  die  Com. 
Trib.  ,  so  waren  letztere  am  Ende  nur  eine  Erneuerung 
eines  durch  .Serv.  Tüll,  abgeschafften  Instituts  !  Oder  sol- 
len etwa  die  Pleb.  mit  in  den  Curien  und  gentes  ge- 
wesen sein,  aber  des  Stimnirechts  ermangelt  haben,  so 
dass  die  Patric.  gleichsam  eine  besondere  und  geheime 
Versammlung  gebildet?  —  Blit  mehr  (jlück  hat  Hr.  v. 
il.  V.  einige  von  Wieb,  zur  Begründung  seiner  Ansicht 
aufgestellte  ,  aber  wenig  haltbare  Kemerkungen  zurück- 
gewiesen, z.  E.  wo  er  von  den  Worten  populns,  conci- 
lium  etc.  handelt;  doch  diese  Materien  sind  gerade  min- 
der wichtig  und  für  die  ]\  iebuhr'sche  Hypothese  selbst 
ohne   Einfluss. 

Die  2.  Abth.  de  Com.  Curiat.  behandelt  im  1.  Cap. 
die  Curinlen ,  d.  h.  die  in  ilen  Com.  Cur.  Stimmenden, 
im  2.  den  Geschaftskreis  dieser  Com.  (p.  72 — ^7),  und 
zwar  zuerst  die  Vor-Servianische  Zeit,  für  welche  Hr. 
V.  d.  V.  nur  die  AValil  der  Könige  als  bestimmt  annimmt 
und  bei  den  übrigen  Dingen  (Legislation  u.  s.  w.)  es 
sehr  auf  den  Willen  des  Herrschers  ankommen  lasst. 
Mit  mehr  Glück  wird  das  durch  Serv.  Tüll,  diesen  Com. 
bereitete  Schicksal  dargestellt  und  nachgewiesen  ,  dass 
durch  diesen  König  die  meisten  Rechte  der  Com.  Cur. 
verloren  gingen.  Nur  die  le.v  cur.  de  imp.  besteht  fort, 
welche  von  Hrn.  v.  d.  V.  als  verschieilen  von  patrum  aucto- 
rilas  mit  folgenden  Worten  aufgefasst  wird:  patrum  aucto- 
ritale  opus  fuisse  regibiis,  uf  lex  de  imperio  ab  iis  fer- 
retnr,  welches  freilich  nicht  viel  sagen  will.  Ueberhanpt 
ist  dieses  Capitel  am  wenigsten  befriedigend,  obgleich  es 
ein  Hauptgegeiistand  der  Untersnchniig  halte  sein  sollen. 
So  z.  E.  ist  die  richterliche  Befugniss  der  Cur.  ganz  un- 
berücksichtigt geblieben.  Darauf  folgt  lex  cur.  de  sacer- 
dotio  (p.  Sl  — .S4),  und  zuletzt  die  privatrechtlichen  An- 
gelegenheiten testaui.  ,  adopt. ,  sacror.  detestafio  ,  welche 
letztere  mit  Nieiiport  und  Hüllmann,  jedoch  nicht  über- 
zeugend erklärt  ist.  Den  Beschluss  macht  das  3-  Cap. 
de  ritibus  com.  cur.  p.  87  —  95.      In  <)er  ganzen  Schrift 


799 


800 


liat  der  Verf.  ein  gutes  Zcugniss  seines  ernsten  und  flcis- 
sioen  Studiums  al.ffelegt ,  so  <Iass  mau  ihn  zu  dessen 
Fortsetzung  aufmuntern  darf.  Er  hat  seine  Vorgänger 
tüchtig  durrharl.eitet  und  seKen  sind  ihm  wichtige  Sachen 
ent^ancen,  « ie  Huschkc's  Studien  des  rom.  Rechts  und 
einige  "Bemerkungen  von  Sar.gny.  Die  Untersuchungen 
selbst  eni|.fehlen  sich  nicht  sowohl  durch  neue  Combina- 
tionen  und  ül.erraschende  Entdeckungen,  als  durch  ge- 
naue Boliincihing  allerer  Streitfragen  und  einzelner  Par- 
tieen,  zu  deren  AVeiterfiirdcrnng  und  endlichen  Erledigung 
das  Schriffrhen  beitragen  kann.  Weniger  hat  dadurch 
die  o-esanimte  Anschauung  und  allgemeine  Auffassung  des 
rom."  Altertliunis  und  seiner  Institute  gewonnen.  Unbe- 
deutend sind  die  hier  nnd  da  eingewebten  etymologischen 
Forschungen,  z.  E.  über  curia  (p.  40  sq.),  welches  von 
y.siocj  abgeleitet  und  durch  stirps  erklärt  wird,  über 
triius  p.  31   sqq.   etc. 

Eiseuach.  W.  Rein. 


Die  rrkuiideii  in  Demosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Fortsclzung    ans  Nr.  90.) 

Jetzt  endlich  können  wir  zu  den  Artenstücken,  die 
sich  auf  diesen  Byzantischen  Krieg  beziehen,  übergehen. 
Es  handelt  sich  zunächst  darum,  nachzuweisen,  dass 
niclit  Athen,  am  wenigsten  durch  Demosthenes  veranlasst, 
sondern  Piiilippos  den  Frieden  gebrochen  hat.  Ka/ur,v 
sagt  Demosthenes  §.   73,   Ti:v  6i'or,vt]V  '/  ixiho^  iXi'crs 

T-n     -r'l  nTrt     l,,i->,,\„         n  >', -J     l';      TTCht  ir  ^        4in-j!v1T       (t)fOE     SS 


?.£'/£.  .llan  wird  nach  den  bisherigen  Darstellungen  wohl 
nicht  anders  erwarten,  als  dass  es  sich  ora  Attische 
Schiffe  handelt,  die  Philippos  im  Frühjahr  340  bei  der 
mehrfach  erwähnten  Kaperei  aufgebracht  hat;  auch  heisst 
CS  g.  13'l.  von  demselben  Anfang  des  Krieges  €7l£ldiJ 
(faviou)'  i^dtj  Jiy.   nl.out  taioi  Kijxo.  , 

Gleich  das  er»te  Beileoken,  was  gegen  die  zwei  De- 
crete  (§.  73.  und  75.)  und  den  Brief  des  Philippos  (§.  77.) 
geltend  gemacht  werden  mnss,  betrifft  den  geschichtlichen 
Inhalt:  Zwanzig  Attische  Schiffe,  bestimmt  zur  Escorte 
der  Getreideschiffe,  sind  von  Philippos  aufgebracht  wor- 
den und  wcr<len  von  den  Athenern  zurückverlangt  ,  wor- 
auf Philippos  erklärt,  er  müsste  sehr  dumm  sein,  wenn 
er  niclit  li/itte  merken  sollen,  dass  dio  Schiffe  eigentlich 
den  Sclvnibriaiiern  zu  Hülfe  gesendet  seien,  aber  er  schicke 
sie  ihnen  zurück  u.  8.  w.  Wir  wissen  aus  sonstiger  ge- 
scbichlliclier  Ueberlieferung  zwar  nicht,  dass  Sclynibria 
TOD  Philippos  belagert  worden,  aber  dass  es  geschehen, 
ist  sehr  wahrscheinlich,  da  iliese  Stadt  seit  dem  Bundes- 
genossenkriege von  den  Byzantiern  besetzt  war  (Dem. 
Ttto'i  jr.c  'Pod.  iiei'K  g.  2l).)-  Bedenklicher  schon  ist, 
dass  Athen  der  von  By/,antiern  besetzten  Stadt  sollte 
Hülfe  geleistet  haben,  l)eior  iler  Krieg  erklärt  und  mit 
Byzanz    Verbindung    geschlossen    war.        Das    Wichtigste 


aber  ist,  dass  nach  Demosthenes  Aussage  diess  Rauben 
der  Schiffe  endlich  den  Krieg  zum  Ausbruch  brachte, 
während  nach  Philippos  Brief,  wie  wir  ihn  vor  uns  haben, 
den  Athenern  die  Schiffe  zurückgestellt  und  damit  aller 
Anlass  zum  weiteren  Kriege  vermieden  wurde;  auch  sagt 
Demosthenes  ausdrücklich  in  Beziehung  auf  den  Brief: 
ovo'  ö  (JUktmoi  ovÖev  uiitatai  i/ie  VTttQ  rov 
nokiuou,  tTt^oii;  eyxakujv ,  doch  davon  nachher 
mehr. 

Der  erste  Beschluss  der  Athener,  des  Inhalts,  dass 
man  wegen  der  AVegnahnie  der  Schiffe  an  Philippos  Ge- 
sandte schicken  wolle,  ist  <latirt:  £,t1  äo^ovroc  A'fO- 
jtXi'ot'?,  iii]voq  Boi^ÖQontuh'oc,  exy.Xij(xia<;  (Tvy/Xi'jTOV 
JJTTO  aTjjaTijyüJiv  [(yi<vaxi^ii>yi]i]  Ei!'tjovXoq  Minjatbeov 
KoTTOiOi;  eiTtsv.  Der  Psendeponymos,  den  wir  hier  in 
der  schon  sonst  bemerklich  gemachten  unrichtigen  Wort- 
stellung finden,  kann  uns  niclit  mehr  als  Prytanien- 
schreiber  angerühmt  werden,  sondern  mnss  bereits  als 
Zeichen  entschiedener  Unechtheit  in  Anspruch  genommen 
werden,  fllag  bei  iiljru^  ßu)]8ooutujvoc  immerhin  durch 
den  Abschreiber  die  Zahl  des  Tages  ausgefallen  sein,  so 
bleibt  doch  die  wesentlichste  Bedenkliclikeit  übrig,  wenn 
anders  unsere  obigen  chronologischen  Bestimmungen  ei- 
nige Wahrscheinlichkeit  haben.  —  Dass  die  Strategen 
allein  ohne  Zuziehung  der  Frytanen  das  Volk  berufen 
haben  sollten,  scheint  eher  gegen  als  nach  dem  Sinn 
der  Attischen  Demokratie  zu  sein;  jedenfalls  wird  es  in 
Frage  gestellt  bleiben  müssen  ,  bis  es  durch  sichere  Bei- 
spiele garaiitirt  ist.  Denn  bei  Tliucyd.  IV.  118.  soll 
die  Ekklesie,  in  der  über  den  Frieden  berathcn  wird, 
von  den  Pnjtatien  nnd  Strategen  berufen  werden,  und 
diess  scheint  die  nolhwendige  Form  für  ausserordentliche 
Versammlungen  zu  sein,  dass  der  Beamtete  dio  Versamm- 
lung durch  die  Prytanen  und  mit  ihnen  gemeinsam  be- 
ruft; diess  vereinigt  sich  sehr  gut  mit  Tlincyd.  II.  59, 
wo  es  heisst,  dass  Pcriklcs  ilas  Volk  berief  £t;  d'  eOTQU- 
Ttiyst  und  III.  3().  iracjEo-y.Evaöav  -voi'q  Ev  teKei,  ujOtE 
ui'3li  yvoj/tai;  7roo3tivai ,  wo  der  Scholiast^bemerkt: 
Toui;  OTQartjyoi'i  kEysi  lovi  iv  teKec-  oi'voi  yäp 
Ol'Vljyov  riiv  iv.yXljcrlav.  In  beiden  Stellen  war  es  nicht 
nöthig,  von  den  Prytanen  ausdrückliche  Erwähnung  hin- 
zuzufügen ,  da  sich  das  von  selbst  verstand  ,  eine  Erklä- 
rung, <lie  auf  ein  officiellcs  Actenstück  keineswegs  an- 
wendbar ist. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Persoual-Chrouik   und  Miscellen. 

Rotterdam.  Luci.in  Bonaparlc  hat  hier  sein  Museum 
von  Allcrtliiiniein  aus  llercul.iiunn  und  Pompeji  aufgestellt  und 
läs:t  dasselbe  sehen.  Er  soll  übrigens  beabsichtigen,  dieses  Mu- 
seum sowie  seine  reiche  Biichersammlung  zu  verkaufen. 

Wien.  Am  10.  Jnn.  starb  der  Dekan  der  philosophischfin 
Faculut,  Dr.  Christoph  Bcskiba,  im  32.  Lebensjahre. 

Münster.  Im  Januar  starb  der  Priyatuoccnt  an  unserer 
Ak.ideniic ,  Dr.  J.  A.  Iv althoff. 


Zeitschrift 


f ü  r   die 


Alteith  ums  Wissenschaft 


Freitag,  23.  August 


18  39. 


Nr.  lOL 


Die  ITrkiintlcn  in  Demoslliencs  Rede  vom  Kranz. 

(For  ts  eizung.) 

Besonders  ist  EvßovXoq  Mv  tjcrid-sov  KÖttq  loc 
iJn'EV  für  lue  Kritik  dieses  Actenstückes  interessant. 
Dass  Deinosthenes,  wenn  er  diess  erste  Psephisma  das 
des  Eubulos  nennt  (g.  75.)i  keinen  andern,  als  den  be- 
ri'ihmtcn  gemeint  hat,  ist  ans  dem  Zusammenhange  voll- 
kommen klar  (cf.  g.  70.  75.  76.  1ti2.)  ,  der  aber  ist 
A naphly stier ,  nie  Plutarchos  {tcoKit.  Ttaoeyy.  c.  I5•)^ 
freilich  aber  anch  nur  der  bezeugt;  doch  die  von  ihm 
angeführten  Einzelheiten  lassen  an  der  Identität  der  Person 
nicht  zvveifeln,  und  für  die  Richtigkeit  der  Benennung 
bürgt  die  Genauigkeit,  mit  der  jener  Aufsatz  gearbeitet 
ist.  Freilich  in  dem  Plutarchisclien  Leben  der  zehn 
Redner  (p.  o73  ed.  R.)  heisst  es  von  Aischines  Process 
über  die  Truggesandtschaft  äKl.a  Oi'V£l7TOVTO(;  avTU) 
Evßovkov  Tov  Etv ivd Üq  UV  IlpoßuXtoiov  drjiia- 
yojyovwoi;  TQUty.ovra  iprcpotg  äni(f>vyEv.  Dass  diese 
Notiz  zum  Theil  von  dem  Lampsakener  Idntneneas  her- 
stammt, ergibt  sich  ans  Plutarch's  Biographie  des  Denio- 
sthenes  c.  lö,  wo  sich  indess  nicht  jene  genauere  Nen- 
nung des  Eubulos  findet :  und  dass  der  gemeinte  Eu- 
bulos kein  anderer,  als  der  Anaphljstier  ist,  ergibt  sich 
aus  dem  bekannten  Verhältniss  des  Aischines  zu  ihm 
und  aus  der  Berufung  auf  den  Freund  am  Ende  der  Rede 
ntQi  naoazzQsaß.  g.  1S4.  ■Kaoay.aLvj  öe  Ei'ißovkov 
fiEv  ex  Tvjv  Trokmy.ujv  xal  (nurfQovojv  ävSoojv  crvvij- 
yoQOV,  0ojy.LUjva  de  z.  t.  X.  Allerdings  wird  Eubulos 
der  Probalisier  als  Zeuge  aufgeführt  in  der  Rede  xcira 
IVea'Q.  §.  48.  Dass  aber  des  Spintharos  Sohn  bei 
Pausan.  I.  2'.).  10.  derselbe  mit  diesem  Probalisier  ist, 
erscheint  vollkommen  unmöglich,  so  bequem  es  durch  die 
Stelle  der  X  Oratt.  vermittelt  zu  werden  scheint.  Denn 
in  der  Stelle  des  Pausanias  ist  die  Rede  von  den  Be- 
grabnissstätten des  Eubulos  und  derjenigen  Männer,  die 
im  Kampf  gegen  Lachares  (Ol.  \2l.  1.)  und  bei  der 
y.aTuKlj^iiq  des  Peiraieus  (Ol.  122.  1.)  gefallen  waren, 
s.  Geschichte  des  Hellenismus  I.  p.  567,  ÖS/.),  das  Zeng- 
niss  in  der  Rede  gegen  die  Neaira  dagegen  bezieht  sich 
auf  eine  60  Jahre  frühere  Zeit  und  die  Identität  dieser 
beiden  Eubulos  ist  somit  vollkommen  unmöglich.  AVir 
finden  in  Deinosthenes  Rede  zaTci  Kovvjvoq  ]§.  8.  in 
einer  vornehmen  Trinkgcsellschaft  (um  Ol.  Ui9.)  auch 
den  Spintharos  Eubulos  Sohn  genannt;  man  wird  nicht 
zweifeln,  dass  dieser  der  Vater  des  etwa   12  Olympiaden 


später  im  Kampf  gegen  Lachares  und  die  Makedonier 
gefallenen  Eubulos  ist;  ebenso  wahrscheinlich  dürfte  es 
sein,  dass  dieses  Spintharos  Vater  eben  der  berühmte 
Eubulos  ist.  Hätten  wir  Sicherheit  für  diese  Vermuthung, 
Sü  könnte  der  Redner  Eubulos  nur  wieder  der  Sohn  jenes 
Spintharos  sein,  von  dem  Aristophanes  in  der  ersten  Pa- 
rabasi  der  Vögel  sagt  ei  de  TVyydvEt  tk;  v)V  (t>gi>^ 
oi'dev  r^TTOv  ^nivi^uoov  ,  denn  natürlich  nur  vornehme 
Leute  lohnt  es  so  als  Eindringlinge  und  geborene 
Sclaven  zu  verdächtigen.  Ob  der  schlechte  Tragiker  mit 
in  diese  Familie   gehört,  lässt  sich   nicht  sagen. 

Jedenfalls  ist  der  in  nnserm  Decret  für  den  berühm- 
ten Anaphivstier  genannte  Koprier  ein  Pseudonyinus- und 
der  Vater  Mnesilheos  nicht  minder.  IVicht  als  ob  wir 
des  Namens  nicht  mehrere  Athener  kenneten ;  hat  der 
l'erfertigcr  den  Namen  aus  seiner  Rednerlectüre ,  so 
mochte  ihm  der  Zeuge  an^  der  Aliiliana  ^.  .S7.  {3ii/IJ(tI- 
deoi  \'/ko)TTey.y;9£i')  oder  der  Mvrrhinusier  aus  Aischines 
y.ard  Tifiaox.  §•  98.  oder  6  ruv  uayeloav  y.akov^ie- 
rOQ,  ebenda  §.  löS.  vorschweben;  doch  ich  glaube  eher, 
dass  der  Name  selbstständig  erfunden  ist.  Man  würde 
die  ältere  Lesart  KvTloiOs  nicht  in  Korrpiui;  (s.  die 
schone  Erläuterung  Böckh's  zum  Corp.  Inscr.  p.  21ti} 
verändern  dürfen  ,  wenn  nicht  die  besten  Handschriften 
so  hätten;  zu  hoch  aber  darf  dem  Verfertiger  unseres 
Decretes  diese  Gelehrsamkeit  nicht  angerechnet  werden, 
da  sich  ein  Name  wie  Mistgau  seiner  Absonderlichkeit 
wegen  dem  Gedächtnisse  schon   einprägt. 

Als  derjenige  ,  welcher  die  von  den  Makedoniern  auf- 
gebrachten zwanzig  Schiflo  commandirte,  wird  in  unserem 
üecret  nicht  genau  derselbe  Name  genannt,  wie  in  des  Phil- 
ippos Brief;  in  diesem  hat  Becker  AauueÖvjv;  cod.  ^ 
liest  Aaofiivujv,  andere  Aaoddfivjv,  ytsajÖäiiag;  in 
unserem  Decret  hat  Becker  Aeo)ddiiavTa  ohne  Varietät 
seiner  codd.,  andere  Handschriften  haben  Aaoueöovza, 
Aeodäuavia  u.  s.  w.  Aus  dieser  bunten  Reihe  von 
Namen  ist  allerdings  Leodamas  der  Acharner  (Aischin. 
yaxa  Kxr,(i.  %.  1 1«.  \  der  Bruder  des  Euaiou  (^Dem. 
V.aTO.  Meid.  §.  71.)  sehr  bekannt,  aber  als  Reilncr,  nicht 
als  Feldherr;  derselbe  fiel  bereits  zehn  Olympiaden  vor 
dem  hier  besprochenen  Ereigniss  bei  der  Dokimasie  znm 
Archonten  durch  (s.  Hoelscher  de  vita  et  scriptis  Lysiae 
p.  tos),  so  dass  es  doppelt  unbequem  ist,  sich  ihn  als 
Nauarchen   Ol.   109.  4.   zu  denken. 

AVenn  als  der  Makedonische  Nauarch,  der  die  Atti- 
schen Schific  aufgebracht  hat,  Amyntas   genannt  wird,  so 


803 


804 


ist  (Irr   \aiiie   li.'lufig;  ffPiiUf  unter  <|pii  Ulakcdoniprn  ,  nnd  unterstrichenen  AVorte  sind   nach  Becker'«  Text,  aber  sie 

des  13alakros ,  des    Süstralos   l'ater    und    uianclier    andere  haben   nianiiichfache  Abiveichiingen   in  den  Lesarten;  cnd. 

Anivntas  noch  kOuute   h  irklich  damals  des  Philijjpos  Flotte  ^   hat  mit  einiijen  andern  Handschriften  bloss  z«l  A^yf^r, 

gefiilirt  haben.  andere    xc.i    yadi^iai    Xiyctv,    andere    lassen    das    Ganze 

Ausser  den  Personalien  dieses  Decretes  bieten  mehrere  fort.     >iininit  man  die  Lesart  Becker's,  so  steht  entweder 

Einzelheiten    noch    Auflallendes    dar.       Zu    den     Worten  yotilpui    parallel    mit    inificXlji^ijvat,     nnd    das     könnte 

ineiöi}    rT^oiKyy£l).aP    Ol    orijaTryol  .   .   .  u'jq  äoa  .  .  dann   nur  heissen,    die  Frytanen  sollen   in  die  Instruction 

Oy.aCftJ    tiy.oatv  ....    '^fiiivTCU    v.cf.X  uynoiev    eiQ  schreiben,    dass    die   Gesandten  oder  gar,    dass  Philippos 

ßlc/cöoDiCf    bemerkt    der    hochrerchrte    Schafer:    äpa]  auch   dicss  sa>fen  solle,   eine   hiichst  verkehrte  Ausdrucks- 

maliui  oniissum.    In  psepliisniati  quidem  sie  positum  habet  weise!   —   oder    es    han<ft    Xiycir  ziemlich  locker  ab  von 

quod    parum    placeat ;    und    zu     y.arc<.y>;ü^£rj    cod.   Beck.  öiakttzovTai ,    die   Gesandten    sollen    dem    Konig    sagen, 


de  nielioribns  y.aTuy£io-j[£v ,  quae  forma  videtur  satis 
iiotabilis.  Etjm.  M.  c.  9.  33  —  TO  f^ievToi  dyeloxcc 
liotiDTtnv    ioTi    TOOTTTj    Tür  r  ai;  tijv  £l  8l(pitoyyov. 


auch  diess  zu  schreiben ,  in  freilich  sehr  handgreiflicher 
Beziehung  auf  den  gleichfolgenden  Brief  des  Königs, 
wenn  es   mir  nicht  so   übel  ausgedrückt  «ilre ;  y,ai   Torru 


Jedenfiills  füiirt  Phrynichos   die   Form    y.azCiytj(j/a<TC  aus  Xsyciv   würde   bequemer    den   entsprechenden  Sinn   geben. 

Lysias  an.    —     ^'icht    ohne  Anstoss    liest    sich    ay.acpt]  in  Dissen's  Erklärung    gibt  auch   kein   genügendes  Resultat, 

dieser  Stelle,    »o    man    ttXoiU    oder    T^njpeic    erwarten  er  lässt    sein    y.cd    tovto   yoäipui   von   aioedtüOl.  abh>in- 

vvürde,  da   oyatpi]   etwa   in  der  Weise  modißcirt  ist,   wie.  gen,  so   dass  es   in   ziemlich  lockerer  Weise  dem  o'hivs^ 

in   unserer  SchilTersprache  der  Ausdruck  ,,Gcfäss."    Doch  ölaXiizorrai  entspricht;     aber  abgesehen    von   der  IV'ach- 

bin    ich     hier    vielleicht    zu    weit    gegangen.   —   Ungleich  lässigkeit  der  Structur,    bleibt    das    y.(U    in  dieser  Erkla- 

auffallender    ist:     i7Tniih-&r;rcu    tou^    n'oVTO.VEi^    yal  rung  unerklärlich,  da  die   Gesandten  ja   eben   in   den   bci- 

oUTriyuv:    oicux;    l)    ßovXrj    crvvax^djat  y.aX  den  andern  Fällen    nicht  auch  zurückschreiben,    sondern 

"iOt  iTOSOfjS/i  rrpog    0iKntTtOV.     Diese  Verbin-  Auftrag    erhalten,     wie    sie    entgegnen    sollen.     < —      Da 


TOVi    axp 
aigedui 

dnng  des  allerdings  collectivcn  ij  ßovXr,  mit  dem  Plural 
ist  den  Kritikern  so  auffallend  genesen,  dass  die  einen 
1]  rjovlJj  y.UA  ü  druu^,  die  andern  nicht  minder  will- 
kürlich iTviaxi>7J  niit  werdilosen  Handschriften  schreiben 
wollten.  Jedoch  liesse  sich  diese  llärte  noch  rechtfer- 
tigen; so  heisst  es  in  einem  Zeugniss  in  der  Midiana 
S-   16*^.  Tlarrui  tou    (ttu/.ov  TlLiuiTUiV  iv  vä^i/,  und 


Schivanken  der  Lesart,  das  nirgends  so  bedeutend  und 
so  voller  wesenllicher  üntcrschicdenheit  ist,  als  in  diesen 
Urkumlcn,  1,'isst  keine  Entscheidung  zu  über  das,  was 
hier  das  Richtige  sein   muss. 

Ich  bin  weit  entfernt,  jeder  einzelnen  dieser  Bemer- 
kungen eine  gegen  die  Echtheit  des  üocumentes  entschei- 
dende Wichtigkeit  geben   zu   wollen;  aber   wenn   nach  der 


bulos,  nach  den  sehr  bedenklichen  Absonderlichkeiten  in 
Verfassungssachen  die  ünechtheit  der  Urkunde  unzweifel- 
haft ist,  bekommen  auch  die  sonstigen  Schwierigkeiten 
eine  andere  Bedeutung.  — 

Nach    diesem    ersten    Dccret    leitet   Denmsthenes    mit 


Dorrille    citirt    zum    Chariton    p.    353     die    Lysianischen  verkehrten   Datirung,   nach   dem  fehlerhaft   genannten  Eu 

AVorto   TKV  ßov/j^v  —  di',OuyTag.     Das  bei    wertem   Auf-  '     '  '     "  

fallendere    ist,    dass    Pryfancn    und    Strategen     den    Rath 

versammeln  sollen,  wahrend  doch   die  Bestimmung  lautet: 

Ol    TToiTCivetg    tijv    ßovkijv    avvciyovai    öormsoai 

T/.ijv    dv    u(fsz6i    r/;    ij   Pollux  VIII.   9,j ;    wozu   dann 

noch   das  imuEKtj^ljVUl ,   w<izu   die  Strategen  ausser  den  folgenden  Worten   zu  der  weiteren  Lesung  hinüber :   loi'XO 

Prytanen?  Auch   ist  es   wohl   nicht  das  Gewohnliche,   dass  [^hv    roivi'v    tu     ip)';Cfiai4a    EiJijOvKoi    lypatpsv ,     ovx 

die  Gesandten  vom  Rath   erwählt  werden,    s.   Schoemann  f'/w ,   TU   d'   e(p£^y;i  '.^oiavoCfuiv,  ii^IIyrnriiiTcOi,   slva 

<le  com.  p.  2S2.  \tpioxocpdjv  ndkiv ,   itra  (J)tkoxou'njc,  eine  Kncfiöo- 

Ich   weiss  nicht,    ob    ich    zu   weif  gehe,    das  Verhum  (pvjv ,   tira   Tldweg  ol  dkXoi,    iyoj   ö'   ovÖtv  nSQi,   TOV' 

llEullnuaipiiv    auffallend     zu    finden;    wenigstens    beliebt  ruiv    kiys    [tu    il/>;y/(r/<«  ]     im    cod.   E    fehlt    diess  tu 

ist^  CS    erst    in    der    spateren    Gräcitat    und    der  )u'.9plog  Ipl/Cftaiia,   in   andern   Handschriften  steht   TU   ßovkev^a. 

Wuyog  (denn  so   erklart  das  AVort  Clemens  Alex,   pacdag.  Nach  der  Lesung  sagt   Demosthenes :   ujl,tcEO   Eyü)  TUUTa 

I.    80.),     will    aucli    nicht    recht    nach    einem    ufl'iciellen  öery.vi'aj    tu    ibijCfioi-iaTU ,    oi>tu)    y.vX  oh   8Eti;ov,  Ai- 

.\ctensfück  schmecken.  aXivlj,   itoiuv  iyfJi   yQaipHs   Ipljcflrrfia    ahlüi  eiijt   TUV 

>'on  besonderer  Schwierigkeit  endlich  sind  die  Sthluss-  Tiohaiiov.      Hieraus    ersieht    mau,    dass    die  Lesung    der 


Worte  des  Dccrcts ,  zu  deren  Erklärung  wir  wenigstens 
die  Uebcrsicht  der  ganzen  Constructiou  geben  müssen: 
H^iijui'/.oi  ii^£  ....  iiiiu£).iji>iipa.i  Tüi'c,  7rprrdv£ig 
y.uX  Tovg  (TToaTi^yol):;  oTojq  ....  -Ttpi-aßeii  alpcQuicn, 
.  .  .  oiTivcg  dia).£^ovTai  ^fpl  tov  X.  r.  K.  y.al  ei 
fiii'   Si  äyvoiuv    Tttiza    Trerruirjyeu    6  Aui'VTUi,    utc 


Psephismen  ergeben  hat,  dass  die  andern  Staatsmänner 
mit  ihren  Antragen  die  Sache  weiter  und  weifer  getrie- 
ben haben,  bis  endlich  der  entscheidende  Brief  des  Phil- 
ippos einlief,  in  Folge  dessen  die  Siele  des  Friedens  ge- 
stürzt worden.  Wie  kann  da  die  Rückgabe  der  Schiffe 
iiglich  sein?     Statt    der  mehreren  Decrete  ,    die  Dcmo- 


ov    it£n1piuoioiiüf)i-nug   OVÖev   a.ÜTtir    ei  de   Ti:äjm-      sfhenes   keineswegs   bloss  hinhalt,    um    sie   zu   zeigen,   — 
Ull.uvvxu   Ttapo.   To.   iTiiOTat.Lieva  LaßujV,  uti  kliay.e-      das    wäre   ohne    alle   Bedeutung   —   folgt    nun    das  zweite. 

'' "*      ''*         ■"'■■    ''  '       "  '■  Beeret,     gar    kein    l''olk.sbeschIuss,    sondern     ein     mattes 

Wahlprotocoll,    das   in  diesem  Zusammenhang  ohne  allen 
■Wertli,  das  voller  Fehler   und   Verkehrtheiten   ist. 

Die   Datirung    ist    wieder    t;ll  dp^uvrog  Neo/J.lOL'i 
ßuijöpuiiLVji'oi    ivT]   y.ui  vuy    ßovkr;i;  yvujfiij  nQvra- 


ipauEvoi  J'Jrjvaioi  tciT/uijaovai  xutu  ti)v  t/;,-  o/.i- 
'/uj(j!ag  di;iav  ei  dt  jiijÖiTeoov  tovtmv  iarlv  ,  d'tX 
ibui.  dyvuinovoi'Oiv  ij  u  uxucrxtif.ag  ij  6  ÜTtctTTaL- 
[iluuq,  y.al  TuC'Tu  yodipuf  }.ey£tv,  'ivo.  cdo'Ja- 
vö^evoq   6   dijiioi  ßov/.ei'o-rjTaif   ri   Öei  Tioteiv.     Die 


805 

vetc  y.cu  övpnTijyol  tXQi]ndTi(Tav  x.  t.  ä.  Eine  hficLst 
seKsame  Bcsfinimiiiif ;  Heim  der  Ra<h  vom  Volk  beauf- 
tragt ist  zur  AValil  iler  Gesandten,  h  as  soll  da  nocli  die 
Bestimmung  des  Käthes  selbst?  Doch  konnte  dergleichen 
noch  möglich  sein.  Disscu  will  hinter  yfojjitj  interpun- 
giren  und  die  Formel  für  iöo^S  rrj  ßov'krj  verstehen, 
aber  es  handelt  sich  hier  ja  gar  nidit  um  einen  Be- 
«ohluss  ,  sondern  um  eine  Wahl.  —  Ferner  heisst  es, 
die  Prytanen  und  Strategen  hatten  die  Bcschlussuahine 
des  Volkes  im  Senat  zur  Verhandlung  gebracht:  Öt£ 
iöo^E  TUi  diifiij)  TtQtaßeii;  ekio^cu  .  .  ,  v.al  ivrokflo, 
Sovvai  y.ai  rä  iX  r?;^  f/.z^(;(n'as  ipijCfloitaTa.  Was 
sollen  ausser  den  Auftrügen  und  Instructionen  noch  diese 
Bescliiiisse  ?  Beglaubigungsschreiben  können  es  nicht  sein, 
da  ja  der  Senat  «ähit,  also  das  Volk  nicht  erst  zu  be- 
stätigen haben  kann  ,  und  «enn  wirklich  ausser  den 
ivTokacii  noch  das  vom  Volk  bestimmte  nothig  war,  so 
musste  es  ja  eben  ru  hv.  Tijg  ixxXl^aiu^  Ipiicftö/ia  und 
zwar  jenes  obige  des  Eubulos  sein,  in  dem  die  h'ToXal 
im  Wesentlichen  enfhaltea  waren.  Aber  es  ist  deutlich 
genug,  dass  der  Verfertiger  dieses  Actcnstiickes  die  ver- 
schiedenen oben  genannten  Beschlüsse  des  Ilegesippos , 
Philokratcs,  Kephisophon  u.  s.  w.  mit  hineinbringen 
zu  müssen  geglaubt  hat,  was  freilich  keinen  grossen  Be- 
grifl"  von  der  Schürfe  seines  Verstandes   geben  kann, 

Kai  ei'kovTo  tovgdc-  Ktjcfioocfujrra  ÄAfwJo; 
u4va(f\i<TTiov  zJiiftoy.piTOv  /Ji]no(fa)vzoc,  'Avayvgä- 
(Ttov  IloXvy.oiTOV  'Ajcrjnäviov  KoÜujy.iSip'*),  wieder 
drei  Männer,  die  obschon  in  wichtiger  Sendung  durch- 
aus nicht  weiter  bekannt  sind,  und  —  fügen  wir  mit 
vollkommenster  Zuversicht  hinzu  —  nie  cxistirt  haben. 

Denn  dass  diess  Decret  nimmermehr  echt  ist,  würde, 
wenn  alles  Andere  in  Ordnung  wäre,  aus  den  Schluss- 
worten allein  schon  auf  das  entschiedenste  folgen:  TtQV- 
Tc.rsla  ffvkiji  'j7i7ro3uo)UTiöog  'Joiarocfvn'  Kokv-z- 
T€t';  TTQoeSpui  ilivEv.  Sonst  steht  diese  Formel  im 
Anfang  und  ich  glaube  unter  den  mannichfachen  V^arie- 
täfen,  die  Prjtanie  zu  bezeichnen,  kommt  die  hier  ge- 
brauchte sonst  nirgends  vor  (s.  Schoemann  de  comitiis 
p.  131  sijij.).  Aber  was  soll  hier  diess  f/.Tf,  da  ja  kein 
Antrag  gemacht,  sondern  im  Auftrag  der  Ekklesie  ge- 
wählt wird  und  TToiiTCivs/i;  v.c'.i  (ttoutij'/oI  nach  dem 
vorigen  Psephisma  den  Rath  zur  W'ahX  berufen,  also  auch 
den  Auftrag  der  Wahl  mitzutheilen  haben.  Aber  frei- 
lich aus  den  nächst  vorhergehenden  Worten  Aes  Demo- 
sthenvs  ergibt  sich,  dass  diess  ein  Psephi-üna  des  Aristo - 
phon  sein  soll,  und  da  muss  es  schon  heissen  'Aolqxo- 
(pdiv  icirs.    —    Wenn    das  Dccrct  echt    wäre,    so  würde 


*)  Von  diesen  drei  Namen  ist  nur  der  erste  in  Athen  ziem- 
lich häufig,  und  wir  werden  unten  sen-iuer  über  die  Kc- 
pbisopliuns  sprechen.  Von  den  Namen  der  Vater  ist 
hleon  der  von  vier  verscliiedi'ncn  Personen  in  unseren 
Decretcn.  Demo/ihon  ist  aus  dem  Process  des  Deniosllie- 
ncs  gegen  seine  Vormiinder  bcli.annt,  es  heisst  so  Demo- 
sthenes  Vetter,  der  Soliu  des  Dcmon  der  J'aianier ,  und 
er  wirjl  es  wohl  sein,  dessen  ücdichte  auch  Kot^s  Epliip- 
pos  verspollelc,  Allien  XI.  p.  481;  andere  des  Kaiucus 
iibergelio  ich.  Es  hat  überhaupt  wenig  Nutzen,  des  Wei- 
teren die  Namen  zu  untersuchen,  die  doel)  mir  eben  zii- 
äamaicngewürtelt  sind. 


806 

es  durch  die  Bestimmung  TCQUidgoi  wichtig  sein;  es  ist 
bekannt,  dass  in  früherer  Zeit  die  Proedri  der  prytani- 
renden  "Phyle,  in  späterer  neun  aus  den  nicht  pr^taniren- 
den  Phjlen  gewählte  Proedri  die  Leitung  der  Berathungca 
in  Rath  und  Volk  hatten  (s.  Boeckh  corp.  Iiiscr.  p.  130)} 
dass  diese  Neuerung  bereits  zur  Zeit  des  Ktesiphontischea 
Processes  eingeführt  war'(9.  den  Anfang  der  Rede  de» 
Aischines),  ist  von  Boeckh  nachgewiesen;  aber  ebenso 
bestimmt  ist  zur  Zeit,  da  über  ilen  Frieden  des  Philo- 
krates  verhandelt  wurde,  und  zur  Zeit  der  Rede  gegen 
IVeaira  noch  die  alte  Einrichtung  im  Gange,  s.  y.aTO. 
IStatQüi  §.  90-  und  Aischin.  Jifpi  n'agaTrgirrß.  g.  90  *). 
Also  zwischen  Ol.  109.  und  Ol.  112.  2.  ist  diese  neue 
Einrichtung  getroffen  worden;  die  Kolytticr  gehören  zur 
Aigeis,  es  mü'^ste  also  dieser  Proedros  Aristophon  ein 
nmi  contribuli.-i  sein  ,  und  danach  wäre  Ol.  109-  4.  be- 
rci(s  die  neue  Einrichtung  vorhanden.  Aber  dass  diess 
nicht  so  ist,  diirlte  sich  ergeben  ans  der  Erzählung  von 
den  Berathungen  gleich  nach  der  Einnahme  von  Elateia, 
also  mehr  als  anderthalb  Jahre  später,  als  die  in  unserer 
Urkunde  besprochene  Angelegenheit  (Dem.  vzihg  Ktiiit, 
$■  169-):  17]  b'  vaT£üauf.  ...  ui  f.itv  n: qv  tuv eig 
Tr,v  ßovkijv  ixdkovv  siq  to  ßovkevrrioiov  ....  y.ai 
l^ieTU  ravia  ai;  £li>;k3ev  n  ßovki]  (in  der  Volksver- 
sammlung) y.ai  äTi:i]yyi:(kav  oi  itgvzdvEti;  tu  -kqüi;- 
i^yyskiuva  tai'TOii;  x.  r.  k.  Hieraus  ergibt  sich  die 
überwiegende  ^Vahrscheinliehkeit ,  dass  das  Institut  der 
proedri  non  contribiiles  geringer  ist,  als  die  .Schlacht  von 
Chaironeia;  und  wenn  dem  so  ist,  so  haben  wir  in  die- 
sem Proedros  aus  einer  nicht  prjtanirenden  Phyle  wieder 
einen  Beweis  der  ünechthcit. 

Endlich  kommen  wir  auf  den  merkwürdigsten  Fehler 
in  den  Schlussworten  unseres  Dccretes.  Ruhnkcn  hat  zu- 
erst in  seiner  historia  critira  geltend  gemacht,  dass  es 
zivei  berühmte  Redner  des  Namens  Aristophini  gebe,  von 
denen  der  ältere  der  Azenier,  der  jüngere  dieser  Kolyttier 
sei  ;  er  hat  mit  seiner  anscheinend  sehr  gründlichen  Art 
die  reichen  Notizen,  die  uns  liberliefert  sind,  zwischen 
beiden  nach  Wahrscheinlichkeitsgründen  vertheilt,  und 
seitdem  paradirt  nun  der  doppelte  Aristophon  in  vielen 
geschichtlichen  und  philologischen  Büchern.  Nur  son- 
derbar, dass  unsere  Urkuude  die  einzige  Autorität  für 
einen  Kolyttier  Aristophon  ist;  und  schon  an  dem  vor- 
hergehenden Psephisma  fanden  »vir  statt  des  bekannten 
Anaphijstiers  Eubulos  einen  mit  lingirteii  Vaters-  und 
Demosnamen.  Es  lässt  sich  mit  vollkommener  Sicherheit 
erweisen,  dass  der  so  häufig  bei  Deuiosthenes,  Aischines 
und  sonst  genannte  Aristophon  stets  ein  und  derselbe 
Agenier  ist.  Denn  Deuiosthenes  sagt  (('tJo  Arjyö.  g.  162), 
er  habe  die  Verbindung  mit  Theben  (vor  der  Schlacht 
von  ChaironeiaJ  nicht  bloss  seiner  Ansicht  folgend  dkk' 
ci'dojg  'jQiOTotfuivTa  y.ai  näkiv  Ei<ßovkov  Tcüvra 
■Tuv  iqövov  ßoi'kotihouq  ttqü^ui  xa.vTtp  rijv  (ptkiar. 


*)  Dasselbe  Factum  erzählt  Aischines  xbi«  XtTja.  §.  74,  aber 
mit  offenbaren  Lügen.  Sclioeiuann  Antirjuitt.  jur.  pub. 
p.  222.  cnlnimnit  aus  dieser  Stelle  unriclilig,  dass  Denio- 
sthenes  secundo  ([uidcm  die  Ix  mttiaaxivijc;  pioedriiiu  fuissc  ; 
Aischines  Worte  lauten  flnvhvxfiq  wV  ix  nagaay.cvtiq ,  was 
die  Frage  wesentlich  niodilicii'l. 


807 

xrti  TTSgi  Tojv  ctXXajv  TToXXoixtt;  a.vri\eyovTac,  eavroiq 
Tov^'  öuoyvüifiovoivTaQ  dei'  ovq  av  ^wi/ras  y.ev 
Y.ofay.ti'vn'  Traoijy.okor^etg  y-  r.  A..  Hierzu  vergleiche 
man  Aischiiies  xava.  KrijO.  §.  13'-).  xanoi  Tiokkäq 
it£v  Toiroi'  -jvoörer^oi'  TTQSoiju'aq  eTtgeaßsvoav  eig 
Ot;:j('-i  Ol  iid/.tara  o/'xeioji  iy.eivoii;  biaxsifiavoi  TtQui- 
toi  uEv  Ooaoi'ijovLoi  ö  KoKXvT£vg  ....  TrdXiv 
Oociaviv  6  'ßo-/iet'i  .  .  .  Asoidduac  6  'Axctoveci  .  . . 
'JoXiör^uo;  o  llijliji  ....  'Jotarocpiov  6  'Jt^ijrtEv^ 
TTAf/iTTor  xoövov  T11V  rov  ßoiojTidC,eiv  vnoiieiva^ 
ahiar,  Ui'onvSoiK  ö  'Jvacfkvartoq,  ös  ^f  xai  vvv 
l^f.  Es  ist  die  fast  fpiiaue  cbronolof isrlio  Reilipiifolfe 
der  Staatsin.'imipr ,  und  der  Azenier  Aristoplioii  stellt  zu- 
letzt vor  dein  (Ol.  W'l-  '2.)  norli  Icbeiideu  Pjraiidros. 
Wenn  Demosthenes  {vTzeo  Kzija.  g.  219.)  sagt  noKkol 
TTctp'  i'iiiv  yeyuvacrt.  Qi'^togec,  h'öo^ot  y.at  fisyakoi 
TtQu  eiiov  KuU-iarpuTog  e/.Eivog,  'Aotarocfuiv ,  Ks- 
Cfu/.o;.  öcKCOi'i'jOvXoi ,  srepot  f^ivpioi,  und  «cnn  er 
in  dieser  Zusammenstellung  den  Aris<oj)hün  nicht  durch 
geinen  Deniosnamen  unterscheidet,  so  kann  nicht  hier  der 
Azenier,  und  in  andern  Stellen  derselben  Rede,  wo 
Aristophon  ebenso  ohne  Weiteres  genannt,  ebenso  als 
Staatsmann  ausgozeirbnet  und  neben  Eabnlos,  Diopei- 
tlies  n.  s.  Vf.  genannt  wird,  der  angebliche  Kolvttier  ge- 
meint sein,  !er  ja  auch  zur  Zeit  dieses  Processes  schon 
todt  sein  musste  nach  §.  KVJ.  Aristophon  der  Azenier 
war  um  Ol.  10' )•  noch  in  Thätigkeit  im  Process  über 
Leptines  Gesetz  (Leptinea  ^.  14(1.)  in  dem  bcriilimten 
Proces»  gegen  Timotheos  und  -Iphikrates  (Athen.  XIII. 
p.  .')7r),  und  wenn  Hvperides  in  seiner  Rede  gegen  Ari- 
stophon sagte:  o/'5£  yup  o.VT(i)  diöouevVjV  üöeiaq  xal 
Trpf'.TTiiii  y.cd  ypd(f>atv  b,  Tt  a.v  i'iißpaxv  ßovkrjzat 
(Schol.  in  Plat.  Theag.  p.  3"^4  ed.  Becker),  so  wird  das 
Kiemand  auf  einen  Redner,  der  mit  Demosthenes,  Ai- 
schiiies, £)iiliuliis  u.  s.  w.  zu  rivalisiren  hatte,  sondern 
nur  auf  jenen  grossen  Staatsmann  beziehen,  der  sich 
rühmen  konnte,  fünf  und  sieben/igmal  wegen  Parano- 
micn  verklagt  und  stets  freigesprochen  zu  sein  (A ischin. 
y.axd  Krro.  §.  l')4.);  und  Hvperides  Th.'itigkeit  als 
Redner  begann  gewiss  nicht  vor  Ol.  11J7,  wahrscheinlich 
spater.  Die  einzige  erhebliche  Schwierigkeit,  die  gegen 
unsere  Ansicht  erhoben  wenlen  könnte,  dürfte  das  Alter 
des  Azeniers  sein;  denn  schon  Oi.  U2.  1.»  sagen  sie,  ward 
er  als  Gesaiulter  der  4UÜ  nach  Sparta  geschickt.  Aber 
Thuc\dides  \'III.  8l).  ni'niit  Aristophon  an  jener  Stelle 
keineswegs  Azenier,  und  die  sehr  deutlich  erkennbare 
politische  Ansicht  des  herrlichen  31aiiiics  ist  der  ent- 
scheiilcndste  Beweis  für  <lie  Unmi'iglichkeit ,  dass  er  je 
im  Interesse  jener  Oligarchie  gehandelt  haben  könne. 
Wohl  aber  beginnt  seine  Thätigkeit  sofort  nach  der  Wie- 
derherstei:  mg  der  Demokratie.  Nach  Karystios  (bei 
Athen.  \1II.  .jT7. )  gab  er  im  Jahr  des  Eukleides  ein 
Gesetz  über  die  vu'Jiji ,  denn  dass  der  da  o  üljvojo  ge- 
nannte kein  anderer,  als  der  Azenier  ist,  wird  dureh 
die  Anspielung  in  der  Leptinea  g.  140.  gewiss.  Nimmt 
man  dazu  ilie  Notiz  aus  dem  Leben  der  zehn  Redner 
p.  '{öS.  '  linnriKfiJtrdj:.  bl  ilöt]  Tr,v  itpoiTuoic.r  diu, 
yr,pni    y.uTakiTÖvrui    /.ai     '/.opijyu-   eyevsTO    Ji^un- 


808 

(T&evt^g  (um  Ol.  106) ,  so  mag  damals  Aristophon  im- 
merhin  7ij  Jahre  alt  gewesen  sein,  so  dass  er  um  die 
Zeit  des  Archonten  Enkleiiles  etwa  so  alt  war,  wie  Al- 
kibiades,  als  er  sich  zur  politischen  Thätigkeit  wandte. 
Wenn  er  noch  bis  gegen  die  Zeit  der  Schlacht  von  Chai- 
roneia  lebte,  so  hatte  er  freilich  ein  sehr  hohes,  aber 
in  Athen  nicht  ungewöhnliches  Alter  erreicht;  auch  Iso- 
krates  war  i)7  Jahr  alt,  als  er  seinen  Panathenaikog 
vollendete;  Phokion,  Kallias,  Leodainas  ,  manche  andere 
Attische  Staatsmänner  sind  durchaus  bejahrt  noch  in  Thä- 
tigkeit gewesen. 

Solange  also  nicht  ans  anderen  sicheren  Notizen  die 
Existenz  eines  Kol^ttiers  Aristophon,  der  Staatsmann 
von  höchster  Bedeutung  gewesen,  nachgewiesen  wird, 
darf  er  aus  dieser  Urkunde  her  nicht  aufgeführt  werden; 
und  umgekehrt,  dass  dieselbe  uns  als  den  berühmten 
Aristophon  einen  Koljttier  nennt,  ist  ein  Beweis  zu  vie- 
len andern,  dass  sie  unecht  ist.  Ob  der  (fopokuyog  in 
der  fllidiana  §.  2IS.  (cf.  Demosth.  nuui;  Zljroi>.  §.  11.) 
oder  der  bekannte  Komiker  oder  der  ältere  3Iahler  oder 
sonst  einer  ein  Kolyttier  gewesen,  weiss  ich  nicht,  nur 
von  dem  berühmten  Staatsmann  war  die  Identität  geltend 
zu  machen. 

(Fortsetzung  folgt") 


Persoaal-Clironik  uud  Miscellen. 

Eisen  ach.  Zum  Ostcrexamcn  1839  erschien  :  Jahresbericht 
über  (las  Grosshcrzogl.  G^ininasiuiii  zu  Eisenach,  womit  —  ein- 
ladet der  Diicctor  des  Gymnasiums,  Dr.  Kail  Hermann  Kunk- 
hanel  (S.  13  —  25).  Voran  gclien:  Jug.  JVuzschelii,  Phil.  Dr. 
Gymn.  Praccept.  Ordin.  l^injiciae  Euripideae  12  S.  In  der 
wolil  geschriebenen  und  bcachtiinsswerlhcn  Abliandliing  werden 
mehrere  Stellen  des  Euripides  vertheidigt ,  welche  Härtung  in 
seiner  Ausgabe  der  Iphig.  Aulid.  fi'ir  unecht  uud  untergeschoben 
erklärt  hatte.  Zuerst  macht  der  Verf.  darauf  aufmerksam,  dass 
Enrip.  in  seinen  Tragödien  häufig  auf  Zeitumstände  und  Staats- 
verhaltuisse  Rücksicht  nimmt  und  sie  von  seinen  handelnden 
Personen  bcurlheilen  lässt.  Als  ein  Beispiel  hiervon  wird  eine 
Stelle  aus  der  Helena  y.  744  —  760  angcffilirt  und  ans  Thucyd. 
VIII,  1.  erklärt  uud  gegen  Hartung's  Meinung  dem  Dichter 
vindicirt.  Darauf  folgen  allgemeine  Bemerkungen  über  Har- 
tung's Verfahren,  in  denen  namentlich  hervorgehoben  wird, 
dass  CS  einer  sicheren  Grundlage  gänzlich  entbehre,  da  der 
Beweis,  worauf  sich  die  ganze  Ansicht  gründet,  nicht  geliefert, 
sondern  geradezu  weggelassen  sei.  Es  werden  nun  nichrere 
Stellen  ausführlich  besprochen  und  dem  Dichter  zu  retten  ge- 
sucht ,  indem  der  Verf.  Iheils  durch  llinwelsiing  auf  die  Eigen- 
tliümlichkeiten  der  Euripidcischen  Diclitungsweise  ,  iheils  durch 
richlinere  Interpretation  uiul  Darlegung  tles  Zusammenhanges, 
bisweilen  auch  durch  leichte  Verbesserungen  Hartung's  Angrilfe 
zurückweist.  Gelegentlich  werden  zu  einigen  Stellen  Verbes- 
seruiigsvorscblägc    inil:;etlicilt.       Die    behandelten    Stellen    sind: 


Troad.    642  —  651,    Oiest.   257.    270    sf(.    .^|2.     Helen.    892  s 

Med.     S7   sq.      105    sqq.     406   sqq.     542    sq(|.     778      <'^'^'=        "■""' 
69  sqq.   113  sqq.   22.1  sq.  330.   480  sq.    1440  sq 


892  sq. 
Hinpol. 


Breslau.  Der  bisherige  ausserordeiilliclie  Professor  Dr. 
Ludwig  Arendts  in  Bonn  ist  zum  ordcntl.  Prof.  in  der  juristi- 
schen  Facultät  dahier  ernannt  worden. 

Giesscn.  Der  bisherige  ausserordentliche  Professor  der 
Rcclile  Dr.  Weiss  ist  zum  Professor  Ordinarius  ernannt  worden. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Sonntas:  3  25.  Jugust 


1839. 


Nr.  102. 


Die  Urkunden  in  Demosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Forts  et  zu  n^.) 

Wir  können  nun  zu  dem  Briefe  des  Philippos  über- 
gehen, den  Deniostliencs  verlesen  lasst,  indem  er  sagt 
§.  7G:  y.at  f^>]v  oi'd'  ö  (J>ikntTcoc,  ouötv  alttdrai 
Sj-ie  VTTio  TOö  nokei^tov,  eregotq  syy.akaiv,  nud 
nachdem  der  Brief  gelesen  ist  §.  79.  £VTaü9a  oiSa- 
fioO  /diifioodevtjv  yijQO.ffSv ,  ovo'  uiriav  ovöefnav 
xar'  tf-iov-  tL  tTot'  ovv  roii,  ukAoiq  syxakajv 
■tuiv  Sfiol  TiiiToayuivvjv  oi>y\  fxeuptjTUi;  z.  t.  k.  Also 
es  waren  in  dem  Briefe  die  Staatsmanner  bezeichnet, 
welche  nach  <ics  Königs  Meinung  den  Bruch  des  Frie- 
dens veranlasst  hatten.  Wir  linden  statt  dessen  die  höchst 
wunderliche  Aeusserung:  y.ai  lai'Ta  avvETa.x9Tj  Ttß 
vavdQivi  ävev  j^itv  toü  dr,i^wv  toC  \-idt]vaiuiV  vtio 
de  Tivuiv  d  o  xo  vTujv  xai  er  e  Q  ojf ,  tötioT  lav 
fj.ev  vi'v  uvtiov,  ix  TTaPToi  de  Toorrov  ßovkofAe- 
vuiv  Tov  dijuov  dvTi  T);5  vvv  itQoc,  i/Jt  v-7taojoi'ai]c, 
(ptkiai  TOV  TToKtiiOi'  dvaiMßelv  X.  r.  k.  Freilich  hält 
das  Ulpian  und  mancher  neuere  Erklärer  für  einen  red- 
nerischen Kniir,  dass  Demosthenes,  da  er  nicht  aus- 
drücklich genannt  sei,  sich  auch  nicht  gemeint  nenne, 
obschon  allerdings  unter  den  lilioten  besonders  er  ge- 
meint sei;  wie  armselig  diese  Erklärung  ist,  sieht  Jeder. 
AVenn  Demosthenes  urgiren  konnte  ,  dass  er  nicht  ge- 
nannt sei ,  so  mussten  die  Namen  der  Andern  eben  in 
dem  Briefe  stehen;  und  wenn  dieselben  in  dem  vorlie- 
genden Briefe  nicht  stehen,  so  kann  es  unmöglich  der- 
jenige sein,  den  Demosthenes  verlesen  liess.  —  Da  ferner 
dieser  Brief  der  Anlass  zur  Kriegserklärung  wurde, 
mochte  er  wohl  schwerlich  mit  der  Rückgabe  der  Schilfe 
schliessen.  Offenbar  zählte  Philippos  in  diesem  Schreiben 
alle  Uebertretungen  des  Friedens  auf,  die  den  Athenern 
vorgeworfen  werden  konnten,  und  nannte  dabei  die  Fla- 
men derer,  welche  die  einzelnen  Blaassregeln  in  Antrag 
gebracht  hatten;  Demosthenes  sagt  §.  H),  der  König 
spreche  von  seinen  Anträgen  nicht,  vzi  tujv  dör/.rjud- 
Tiov  O.V  tj.ttfJ.vt]TO  rojv  iavToü ,  ei'  xi  nefji  ef^iui'  "/h- 
yoacfS  {y  iyQo.cpE).  Kurz,  der  Brief,  (Irr  wirklich 
hier  verlesen  wurde,  ist  derselbe,  auf  den  sich  Dion^sios 
Worte  bezieheu  ( ep.  ad  Am.  II.)  'tTieixa  Ölt^et.ifuiV 
(ö  0lk6xoooi)  uOa  Toi<;  'ASijvcaotq  6  0ikt:TnoQ,  ivE- 
xaket  did  Tijc  eniaToki]q  y.al  ^ijnoadivovq  tiqoi;- 
xakeaavroi;  aiiovi;  Trpos  rov  nükenov  x.  t.  k.,  und 
statt    des    Briefes    ist    eine    doppelte    Erdichtung    auf  uns 


gekommen,  der  vorliegende  und  der  viel  geschickter  com- 
ponirte,  zu  dem  die  ebenso  untergeschobene  Demosthe- 
nische  Rede  7l(jdi;  Z)?!'  tr^KJTuKi'jv  ti'jv  0e}.l7TTlui'  ge- 
hört; in  diesem  ist  weder  von  Selymbria,  noch  von  den 
gekapperten  Schiften  die  Rede,  und  in  unserem  fehlen 
alle  die  Beschwerden  ,  welche  dem  Schreiben  des  Königs 
seine  grosse  Bedeutung  geben,  und  um  deren  willen 
es  Demosthenes  eben  lesen  lässt ,  damit  erhelle,  wie  die 
anderen  Staatsmänner,  nicht  aber  er,  von  Philippos  be- 
schuldigt und  als  Anlass  zum  Friedensbrurh  angesehen 
\iorden   sei. 

Mit  üebergehung  der  auffallenden,  aber  nicht  zu  be- 
deutenden Einzelheiten,  wie  (faivEOdE  EV  f-iEyakr]^  Ell]' 
SeIcc  tasodui  oder  nsiQdaoiiai  xd.yui  SiacfvkaXTElv 
Ti'i''  eIoi\v}]V,  will  ich  nur  eine  geographische  Sonder- 
barkeit hervorheben.  Es  heisst  in  dos  Philippos  Brief,  die 
Athenischen  Schiffe  seien  abgeschickt  ü'jq  tuv  oiiov 
napaTlEfjipovTa  ex  xof  'EtUjorrurxov  Et'i  Aijinov 
und  in  dem  Decret  des  Eubulos  xci  ^lEx  aVTOV  a^o- 
axakevra  oy.dcpi]  Ei'xooi  Et;  xki>  toü  aizov  rTa()Cf7TOii- 
rri";i'  Eli  'Ek'/jlonoi'vov,  wo  man  ohne  des  Philippos  Brief 
gewiss  das  ei'i  nicht  zu  ÜTlooxat  ti'Tl'.,  sondern  zu  Tca- 
gauOlii-TTr,}'  ziehen  würde.  Ich  will  nicht  erHälinen,  dass 
diess  Convoi  sonst  die  Getreideschiffe  am  llieron  bei  der 
Mündung  des  Bosporos  entartet,  und  durch  die  Meer- 
engen bis  wieder  in  die  offenbare  See  geleitet  fs.  Dem. 
TTuOi  üo)  l'y.kia  '^.  19.  und  sonst);  wenn  aber  die  Flotte 
in  den  Hellespont  geschickt  wurde,  wie  ist  sie  da  den 
belagerten  Selynibrianern  zu  Hülfe,  die  doch  weit  genug 
entfernt  wohnen?  sie  konnte  es  nur  dadurch  sein,  dass 
sie  dem  Makedonischen  Geschwader  den  Hellespont  sperrte, 
aber  dann  musste  der  Brief  darüber  klagen;  der  ^'erfer- 
tiger  des  Briefes  scheint  keine  deutliche  Vorstellulig  von 
der  Lage  Selymbria's  gehabt  zu   haben.  — 

Die  Ehrendecrete  der  lii/zunlicr  und  deren  vom  Cher- 
sones  {§,.  UO.  ad  g.  92.),  »uf  die  wir  jetzt  übergehen, 
scheinen  am  wenigsten  dem  Verdacht  der  ünechtbeit  aus- 
gesetzt zu  sein,  und  dürften  wir  uns  nicht  von  den  für 
die  übrigen  Urkunden  schon  gewonnenen  Resultaten  eini- 
germaassen  bestimmen  lassen,  so  würden  wir  uns  nament- 
lich gegen  das  Decret  der  Byzantier  jeden  Ziveifel  ver- 
sagen. Der  Dialect  desselben  ist  dorisch  und  zuar  in 
Formen,  die  durchaus  nichts  Anstössiges  haben;  die  Da- 
tirung  im  lEOOl-tväfiOvog  Boonogl/o)  stimmt  mit  den 
sonstigen  Notizen  vollkommen  überein  (Polyb.  IV.  .ö'-'.); 
der  Inhalt  selbst  »cieint  sich  auf  jede  Weise  zu  empfehlen. 


811 


812 


Dennoch    mnss    ich    bekennen ,     «lass    ich    auch    iliese 
Urkunde    für    unecht    halte,     wenn  schon   nur    scliivache 
Griinile    TorzuLringen    sein    «erden.      Demosthenes    sagt: 
f.eye  8'    airou  -/.cti  tu!.;  rwr  ßi  Ccutudv    aricfarorq 
y.al  TOI'.;  zidv  Uegiu^ivjv,    olg   ioTecfdvoi'v    d-!'  ttÖ- 
7uy.     Danach    mnss    man    zwei    verschiedene  Decrete  er- 
warten; statt  dessen  heisst  es  in  dem  Decret:    §sd6)(&ai 
Tdj    ötOK!)    T(J    J)i'C('-ViLU)v    y.c'.i   Ileoivdiuiv    und    zum 
Schhiss   xdv  Bi'Zaviiojv  y.ai   Ilsg/rit^iiov    sv^aotirrlav. 
Dass  die  3Ieinung    des  Beschlusses    nicht    ist,    es    hätten 
»ich   beide   Staaten   zu   gemeinsamem  Beschlüsse   vereinigt, 
ergibt    sich    aus    der  Brzantischen  Datirung    und  aus  dea 
Ergänzungs» orten  ^aiiayijTog    iv  xa  äj.'ia  iKnicv ,    £X 
tu;  fJaj/.a~:   /.(ifJujv  gijTQUv    (so    viel  als  TTgofjUi'Xsvfta 
ahnlich  dem   eii^clai;    Qi'jXQaiq   üiTa^ujlS/ßofieioi   des 
Tvrtaios).      Aber    wie    kann    in    der  Ekklesie   der  ßyzan- 
tier   ein  Bcscliluss,  der  das  keineswegs  unterthänige  Volk 
der  Pcrintliier    zugleich    mit    umfasst ,    decretirt    werden, 
der    Perindiier ,     die    hier    ausdrücklich    nur    avuuu%oi. 
Jiiid   (JV/yiuni;  der  Bvzaiitier   heissen?    Auch   ist   es  nicht 
»elir  genau,   wenn  das  ursprünglich  Ionische  Perinthos,  das 
freilich  auch   3Iegarer  in  sich  aufnahm   (Plut.  quaest.   gr. 
c.   570  >    ''•'"  Bvzantiern  avyysi'iji    genannt    wird.      Sollte 
aber    der    Beschluss    Namens     des    Bvzantischcn    Bundes 
gelten,  so  gehorte  ja  auch  Seivmbria,   Clialkedon   u.  s.  w. 
ia  demselben,   und   Selvmbria  hätte  Anlass   genug  gehabt, 
sich   diesem  Ehrendecrct  anzuscliliessen ,   falls  den  vorigen 
Documenten  etwas  Richtiges    zu   Grunde    läge;  jedonfalls 
aber    hätte    dann  das    y.oiruv    des    Bvzantischen    Bundes, 
nicht     aber     Rath     und     Volk     von     Byzanz     bcscliliessen 
müssen.    —    Uebrigens    weiss    ich    nicht,    ob    ich    Anstoss 
daran    nehmen    darf,    dass    die  Bjzantier    und    Pcrinthicr 
2Har    eine    bildliche    Darstellung    der    Kränzung    stiften, 
diese   Kränzung  auch  in  den    grossen  Festspielen  verkün- 
den lassen   wollen,    aber    eigentlich    doch  nicht,    was  die 
Hauptsache  ist,  beschliessen,    oTecpavuiaat  ^gvao)   ore- 
(fdvo). 

Auffallend  ist  ferner  das  ditoyartaxaas  xdv  Tcd- 
T'jiov  71  okiTS iav  y.ai  xojg  vofwjq  y.al  tco^  Tucpujq, 
tlieils  wegen  der  Verbindung  dieser  drei  Substantive, 
theils  weil  durchaus  keine  Veränderung  der  Verfassung 
in  Bvzanz  und  Perinthos  während  der  erfolglosen  Belage- 
rung denkbar  ist. 

Nicht  dorisch  genug  könnte  'iyxxacrig  statt  efXTzaaiq 
erscheinen ,  wenn  aus  dem  TtQa.xoiq  licxd  (v.  1.  TTepi. 
naga)  xa  iegu  nach  den  Andeutungen  iler  Handschriften 
ir£Öa  zu  lesen  sein  dürfte.  .\uch  würde  man  nicht 
Ttc.vi-yiiiiu;  ,  sondern  -Xii.vayvgu/.A  erwarten.  Dass 
diese  Festversammlungen,  auf  denen  das  Decret  ver- 
legen werden  soll,  ''I<ri}iua  y.o.i  JVätsu  y.ai  Of.i'nma 
y.ai  Hl  ifiu  weiter  in  ihrer  typischen,  noch  in  der  cliro- 
nologischen  Reihenfolge,  wie  sie  nach  einander  diesen» 
Beschluss  folgen  werden  ,  sondern  in  alphabetischer  Ord- 
nung  stehen,    ist   auch    wolil   sonderbar. 

Erwähnen  will  icb  noch  die  Worte:  axaaa.L  bl  y.ai 
ei'/.oiu;  xgsii;  iy.y.utdcy.umjj^etg  iv  xm  Boa-rog  ix") 
crxecfuvovuevov  tov  daiiov  xdv  'Jdijvaiuiv  vtio  xuj 
Sdiio)  XV)  JhCavxiuiv  y.c'.i  FlfgiviHiDv.  Das  Sarlilicho 
anlangend  bemerkt  der  hoclncrelirte  Jacobs:  „einen  De- 
mos der  Rhodier,    der  von  dem  Demos   der  %rakusancr 


gekrönt  w  ird  ,  ward  vom  Hiero  und  Gelo  in  dem  Deigma 
von  Rhodos  aufgestellt  Polvb.  V.  88-"  Aber  was  heisst 
£v  X('j  Boonogiyij)  ?  Die  Handschriften  bieten  auch 
ßocTTlugfiyij).,  Bugi^i;),  nicht  aber,  wie  man  hat  cmcn- 
diren  wollen,  liuO'xogu)  ;  es  wäre  auch  etwas  sonderbar, 
die  nieilenlange  Bleerengo  mit  ihrem  doppelten  Ufer  als 
den  Ort  zu  bezeichnen,  wo  dieses  Denkmal  errichtet 
werden  soll.  Soll  einmal  emcnilirt  werden,  so  kann  nur 
BooJlogitii  geschrieben  werden.  Denn  Steph.  Byz.  v.  sagt: 
kiyirat  y.ai  lioanugiov  xoS  ßvi^uvriun  ktj^ujv.  oi 
ö'iyyvigioi  0uii(f6giov  avxov  xaXovai  irugaygaf^if.ia'ci- 
^ovxe;  (ähnlich  wie  sie  UfCaq  stuit  BiCag  sagten,  Becker 
Anecdot.  p.  118(i  und  daher  häufig  auf  den  ältesten  3Iün- 
zen  der  Stadt  II ¥.)  >;  oxi  0lkt-jfKOV  TOi<  MayeÖüvoq 
Stojgv^ag  v.axa  Ti-t;  TioXiogy.lai  ei';odov  y.gvjtxijv , 
u^Ei'  dcfuvuj;  Ol  ögvxxoi'xeQ  'ifiEkXov  xov  ögvy^axoq 
dvaöOvai,  y.u\  'Ey.dxi]  (poKcpogoq  ovaa  8a8ag  iTTolijas 
vvy.xmg  toic  TToXlxa/i  (pavi^vac  'xal  ti^v  -nokiogy.iav 
(pvyorrti  (t>(t)c.(f6gtov  xuv  ■votcov  lövoua.aEv.  Diese 
Erklärung  sieht  sehr  nach  einer  späteren  Periegetenanek- 
dote  aus.  Jedenfalls  ist  das  £v  Boo^ooiyii)  in  dem 
Decret  durch  die  Handschriften  garantirt;  es  wäre  mög- 
lich, dass  der  Hafen  der  Stadt  mit  einer  dorisirenden 
Diminutivform,  die  bei  bei  Personennamen  häufig  ist, 
aber  auch  in  öoxdkiyoc,  y.ulpEXOi,  y.ddöiyog  n.  s.  w. 
vorkommt,  der  kleine  Bosporos  genannt  wurde.  Dann 
ist  freilich  der  gleiche  Marne  des  Hieromnamonen  wieder 
sonderbar.    — 

Das  Decret    der  Chersonesiten    wird    angekündigt  mit 
den  Worten  ksys  tov;  ■Tzaga  tüjv  ev  jLe.göovijcro)  Oxe- 
Cpavoi'C,  und  der  Beschluss,    den   wir  jetzt  lesen,  abge- 
fasst   £v'tii)  y.oivii)   ßovXevxvoiij),   beginnt  mit  den  Wor- 
ten Xiggorijotxüjv  oiy.atoiyovvxs;  ^ijaxov,  'Ekeovvxa, 
ßJudi'Tov  Akü)Xty.6vvr<(TOv  (XTEcpa.vovai  y..  x.  k.     Also 
nur   diese   vier  Städte  bildeten   einen  Bund,    in    dem    sich 
Krithote,  Paktye  u.  s.   w.   nicht  befand?  Freilich  unmög- 
lich  ist   das   nicht,   aber  wahrscheinlich  in   der  Tliat  ebenso 
wenig.    —    Der    goldene   Kranz    von    f^O  Talenten  scheint 
seiner  Grösse    nach   hinreichend    durch  Bückh   erklärt  za 
sein,   und   iler  Beisatz   des   Gewichtes   kommt,  wenn  nicht 
immer,    so   doch  in  manchen   Attischen  Decreten  vor.  — 
Auffallend    ist    mir,    dass    die    dankbaren  Kolonisten    ein 
Xdgixo;  fjutuui'  y.ai  öij/iov  \Ji}ijraiujv  stiften  wollen, 
besonders    da    sie  'Aiiijvaioiv    X)]v  /jovkijv  y.al  tov  di]- 
fiov  kränzen;    auffallend    auch    die    gewiss  harte  Ellipse 
S^ckoitEvoq  iy.   T)j;   (Shkia:not' ,    auffallend    endlich    oijy. 
ikke/lpei    Svyagicrx  üJ  V,    da  die   Afticistcn  lehren,   €lj- 
^agtoxciv    oi'öci;    xmv    Soy/iwjv    fiuEv    dkka    yagiv 
Eiblva.L   cf   Boeckh   ad  Corp.   Inscr.   No.  34 ;  aber  es  sind 
ja  die  Chersonesiten,    die  das   geschrieben    haben,    sowie 
auch   die  Byzantier   ilir  Decret  mit  £i!;|f«p<(rr/a  schlössen ! 
So  lässt  sich  allerdings   gegen    diess  Decret  derer  vom 
Chersones,     wenn     man    es     für    sich    betrachtet,     nichts 
Wesentliches   geltend    machen;    aber    die    übrigen  Acten- 
stückc   mit  ihrer   Unechtheit    dürfen    wenigstens   Verdacht 
erregen,   und   man  vergesse  nicht,   wie  schwer   es  ist,  aus 
höchst    unzulänglichen    Nachrichten    einen    Beweis,     wie 
wir   ihn   wünschen,   zu   führen.       Die  Fassung  des   ganzen 
Beschlusses   habe   ich    nicht   anzuführen    gewagt,    und    nur 
andeutungsweise  füge    ich  noch    die  dem  Decret  nachfol- 


813 


814 


{renden  Worte  des  Redners  hinzu:  ovy.ovv  ov  (xovov 
xo  XcqqÖvijOov  ■Acd  BvL,dvi(ov  acSaai,  oi'öii  to 
y,ü)Xv  oai  Tov  'Ekk/ja-novrov  vtto  (PiXimto)  yevf- 
a9ai  -vüre ,  ovde  rö  Ttiiacr&at  tijv  TidXtv  s'x  tov- 
rtuv  y..  T.  X. ,  die,  wenn  sie  nach  der  sonstigen  Ge- 
wohnheit der  Redner  aus  den  eben  verlesenen  Bescliliisscn 
entnommen  waren,  desto  mehr  Energie   haben  uiussten. 

VI.    Urkunden  zum  Euboischen  Kriege. 

Aristouikos  beantragte  Deinosthenes  Krünzung,  »eil 
durch  seine  Bemühung  des  Pliilippos  Eiiifluss  auf  Euboia 
zerstört  worden  war  {vrcio  Är;;ö.  Jj.  83-)-  Es  kamen  auf 
Euboia  besonders  die  Städte  ürcos ,  Chalkis  nnd  Eretria 
mit  dem  Hafenort  Porthmos   iu  Betracht. 

Bereits  mit  dem  AVinter  von  Ol.  101).  3-  hatte  Phil- 
ippos auf  Euboia,  obschon  Demosthenes  dagegen  arbeitete 
{^Tr,v  TTQSiTjjeiuv  eii  Ei'ßoiav  iyouipa  Dem.  ltho  Hcija. 
§.  79.)  festen  Fuss  gefasst;  in  der  dritten  Philippischen 
Rede  beklagt  Demosthenes  wiederholentlich,  dass  Euboia 
an  Philippos  verloren  sei;  von  einer  Partei  in  Eretria 
berufen,  habe  er  durch  llipponikos  Porthnios  besetzen, 
drei  Tyrannen  einsetzen  lassen;  und  eine  zweimalige 
Empörung  des  l^olkes  von  Eretria  sei  ilim  Anlass  ge- 
Tveseii,  erst  Eurvlochos,  danu  Parmenion  mit  neuen  Trup- 
pen zu  schicken  und  die  Bürger  aus  dem  Lande  zu  treiben; 
ebeuso  sei  Orcos  durch  Philistides  und  seine  Genossen, 
die  jetzt  in  der  Stadt  als  Gcwaltliaber  herrschten,  an 
Philippos  verrathen  worden.  ]Vur  Chalkis  hielt  sich  ;  aber 
Demosthenes  sagt  ernst  genug  den  Athenern ,  sie  sollten 
nicht  hoffen,  dass  etwa  Chalkis  oder  3Iegara  Griechen- 
land retten  werde.  —  Einige  IMonate  später  im  Frühling 
341  zi'irnt  Demosthenes  (in  der  Rede  vom  Chersones) 
über  die  Athener,  dass  sie  die  günstige  Zeit,  etwas  zur 
Rettung  Griechenlands  zu  nnterneliDien,  verstreichen  Hes- 
sen;  sclion  zehn  Monate  sei  Philippos  in  Thracien  ; 
Krankheit,  AVinter,  Krieg  habe  ihn  umringt,  so  dass  er 
nicht  hatte  heimkehren  können,  aber  Athen  habeMichts 
zur  Befreiung  von  Euboia  gethan,  vielmehr  habe  Philip- 
pos zwei  Tyrannen  in  Euboia  eingesetzt,  einen  in  Eretria 
(von  den  oben  bezeichneten  dreien  den  einen  Kleitarchos), 
den  andern  in  Skiathos  ;  Euboia  sei  für  Pbilippos  nur  eine 
Sclianze  ijTiT£ij(/o/i(i)  gegen  Athen;  nnd  wie,  wenn 
Pliilippos,  statt  auf  Byzanz  loszugehen,  nun  gen  Chalkis 
und  Megara  komme! 

In  Chalkis  hatte  Kallias  den  entscheidenden  Einfluss, 
die  Redner  nennen  auch  ihn  Tyrann;  früher  ein  Feind 
Athens,  hatte  er  sich,  da  er  mit  seinen  Planen  bei  Phil- 
ippos nicht  Eingang  fand,  an  die  Athener  gewendet,  um 
milderen  Hülfe  einen  Euboischen  Bund,  ja,  eine  allge- 
meine Symmachie  gegen  Philippos  zu  Stande  zu  bringen. 
Er  reiste  im  Peloponnes,  er  kam  nach  Athen  mit  dem 
Bericht,  die  Achaier  und  IMegarer  würden  zur  gemein- 
samen Sache  sechzig,  die  Euboier  vierzig  Talente  zahlen; 
er  hatte  Demosthenes  für  seinen  Plan  gewonnen,  der 
denselben  auf  das  angelegentlichste  empfahl,  von  anderen 
Bundesgenossen,  die  er  gewonnen,  und  von  ihren  bedeu- 
tenden Streitkräften  sprach  und  ankündigte,  zum  16.  An- 
thesteriou  würden  sich  die  Synedren  der  Bundesgenossen 
m  Athen  einfinden;  zugleich  forderte  er  auf,  Gesandte 
nach  Oreos  und  Eretria    zu   senden,    mit    der  Botschaft, 


dass  sie  ihre  Beitrage  nicht  mehr  nach  Athen  ,  sondern 
an  Kallias  nach  Chalkis  sendeten.  Und  für  dicss  Alles, 
sagt  Aischines,  aus  dem  diese  Angaben  sämniflich  ent- 
nommen sind  {y.a.TU  Krija.  §,.  85 — lOy.)  empfing  De- 
mosthenes ein  Talent  vom  Kallias,  ein  anderes  vom 
Tyrannen  Kleitarchos  aus  Eretria,  ein  drittes  ans  Oreos. 
Diese  Erzählung  ist  glaubwürdig,  da  Aischines  die  Acten- 
stückc  darüber  verlesen  liess.  Durch  die  Erwähnung  des 
Tyrannen  Kleitarchos  ergibt  sich,  dass  die  Sache  nach 
der  dritten  Philippischcn  Rede,  also  in  den  Anfang  des 
Jahres  341  gehört.  Diess  wird  bestätigt  durch  Aischines 
Angabe,  Demosthenes  habe  für  Kallias  Antrag  sprechend 
sieb  erboten,  von  seiner  Gesandtschaft  im  Peloponnes  nnd 
nach  Ambrakia  wichtige  Dinge  zu  berichten,  und  diese 
Gesandtschaft  gehört  nach  Pliilipp.  III.  g.  72.  oA  neovcrt 
TioEoßciai  cd  TTCo'i  Tijr  IhLoivurvi^ooi'  h.siiai  y.al 
'-■/ilßoaxiav  (nach  AVinicwsky's  trefriirher  Eniendation 
für  xaTljyoQua)  in  das  Jahr  des  Pytliodotns  (Frühling 
lÜ'K  2.),  so  dass  der  zur  Bumlesversaninilniig  angesetzte 
ir».  Anthesterion  in  den  Februar  34 1  Ol.  U)\).  3.  fällt, 
diess  gegen  Hrn.  Brückner,  der  die  Unterhandlungen  des 
Kallias  in  den  AVinter  und  Frühling  10').  2.  setzt.  Zu- 
gleich   ergibt    sich    hieraus,    was    die   Aeusseruiig    in   der 


(iu!}u)g   oisade.     Es  ergibt  sich   ferner,    dass  Kleitarchos 
in  Eretria,  Philistides   und  seine  Genossen   in  Oreos  nicht 
sowohl  Herrscher,   als  vielmehr  die  leitenden  Staatsmänner 
waren,   die  Pliilippos  Einfluss   über   ihre   Gegner  erhoben 
hatte,   und  dass  sich  Philippos  Gewalt  anf  der  Insel   etwa 
auf  eine  Besatzung  in  Porthnios  und  bei  Oreos  beschränkte. 
Philistides  sowohl   wie   Kleitarchos     unterhandelten   durch 
ilire   Gesandten    in  Atheu ,   die    bei    Aischines  Aufnahme, 
beim  Volke  aber  nicht  Gehör  fanden  {inlfj  K-rija.  g.  82). 
Es    lassen    sich    nicht    mehr    die    Angaben    des   Aischines 
und  Demosthenes,  die  beide  viel  verschweigen   und  Einiges 
lügen,   vereinbaren;    doch  scheint    man  Athenischer    Seits 
(Ifii  Beitritt  zum   Euboischen   Bunde    und   die   Ausweisung 
der    Makedonischen    Besatzungen    verlangt  zu  haben:    als 
diese,    wie    es  scheint,    geweigert  wurde,    erfolgte    ri   eiq 
Sioeov  ti;odog  oi'yiri  TTpsofJsia ,  v.at  i}  sii;  'EQiTQiav 
(rnho  Krija.  §.79.)   unter  Führung  des  Phokion  ;  denn 
Diodor.  XVl.  74.  sagt:   0tuy.lüjv  |U6f  6  A^iivatoi  y.ar- 
erro'fu'injoe     KkiiTaoj(Oi'    tuh    'EgSTo/cii     rvoctwov , 
y.a!)£irTUfA£voi'   vtco    OlkinTTov.    Diodoros  erwähnt  diess 
unter    dem    Archen    Nikomachos    und    mit    Recht;     denn 
Demosthenes  (I.   c.)    sagt    gleich    nach    den  von  ihm  ver- 
anlassten   Expeditionen    nacli    Euboia  in£TU    TCtvza    Toix; 
aTtuOTukovq    a:TCivTaQ    dniOT^iAu ,  ya9^'    ovq  XeoQO- 
rijaog  saojdjj  xat  IivQd.vTiov  und  genauer  g.  87.  enEidi) 
iy.  TJ;5  Eüßoiaq  6  (liikinjcoi  ii;i\u9ij  joiq  j.iev  ortkoi^ 
v(f'  vfiuiv,   TTj  öe  TVoknsia  y.al  toiq    ipijtfiouaon'.... 
i'Ti    ifiov,    STEQOV    yard    rijg    Trökeujg    £TiiTsi%iaf.iov 
ii:i'j-c£t  z.  T.  k,  nnd  darauf  erzählt    er    den  Krieg  gegen 
Byzanz,    der,    wie    wir    früher    sahen,    mit    dem    Herbst 
Ol.   109.   4.   (341D    seinen   Anfang  nahm. 

Und  Philippos  sah  diese  bedeutende  fllehrung  des 
Attischen  Einflusses  ruhig  mit  an?  IMan  sagt,  er  war  in 
Thrakien    beschäftigt.      Aber  wer  wird  glauben,    dass  er 


813 


816 


daratn  nicht  auch  aiitlerer  Orten  seine  militi'lrischen  Maass- 
regeln  traf.  Schon  bei  Betrarhfmi^  seines  Krieges  in 
Thrakien  fanilen  wir  ihn  an  niehreriMi  Punkten  zugleich 
thatig;  unil  (lass  er  gegen  die  um  sich  greifende  Attische 
IMacht  Bewegungen  untcrn.ihnj,  wird  durch  Zeugnisse 
bestätigt.  Lei(i.-r  ist  der  Brief  des  Philip|)us,  der  unter 
Deuiosthenes  Reden  steht,  nicht  authentisch;  und  wie 
weit  die  darin  bezeicliucten  Facta  aus  guten  Quellen 
sind,     bleibt   zweifelhaft;    doch    steht   in   demselben   §.   5. 

Äß/j./a's  roivvv  6  irao'  i'uuiv  atQacijyoi  rdi;  f^sv 
TTokn;  tac  £v  vÜj  IlayaoirTj  y.öhjiui  xaror/.oiumvaq 
ei.aßev  äirdaac,  iulv  /jsv  evoo/.ovc,  eiiol  de  crvfina- 
X'Sdi  ovo-ag.,  Tovi  8'  st'.;  Ma/.Eboviav  TcXtovxai  äRo'Aei 
rcdvTai  noksuiovg  xoi'vujv  y.ai  diu  tuvt  v/nsiq  eTirjviiv 
avTOv  iv  TOi^  Iprcflatiaat  X.  r.  X.  Es  würde  nahe  liegen, 
an  Kallias  von  Chalkis  zu  denken,  der  nach  Euboia's  Be- 
freiung diese  Expedition  gemacht  haben  konnte.  Aber 
wir  haben  ein  anderes  und  besseres  Zeugniss,  das  auch 
forstehcndes  als  zur  Hälfte  unrichtig  erweiset.  Aischines 
(x«r«  Krtjfr.  ^.  83-)  ziihlt  nach  einander  auf,  wie  De- 
mosthenes  viel  über  kleine  thrakische  Flecken  von  unbe- 
kannten Namen  gesprochen  habe,  als  wären  sie  von  be- 
deutender Wichtigkeit,  wie  er  dann  in  dem  Streit  über 
Halonesos  gewollt  habe,  dass  die  Insel  nicht  gegeben, 
sondern  zurückgegeben  genannt  werde  (im  Winter  oder 
Frühjahr  lu '•  2.)  xai  tu  TEKEvraiov  crzECfavvjacLi 
Toi'i  ftsra  '-dQiaxoSriuov  eic,  Ott laXiav  naou  rag 
TJ;?  s/'oijviji  auv9);xai;  iirtaroarfvaavraii  trjv  fj.sv 
Eior,vrjv  öie/woe,  tijv  5f  avticfooav  xul  tov  rroksfiov 
TtCioeay.ti'uOSv.  Statt  des  Aristodemos  wird  wohl,  wenn 
anders  die  Expedition  eine  Athenische  ist,  XaijlSl'jUO  V 
za  schreiben  sein,  da  man  in  Athen  zu  so  wichtiger 
Unternehmung  gewiss  einen  erprobten  Fcldherrn  wählte; 
jedoch  konnte  es  gar  wohl  sein,  dass  dieser  Aristodemos 
vom  Euboischen  Bunde  abgeschickt  worden  wäre  oder 
die  Athener  sonst  wie  unter  der  Decke  agirt  hätten,  da 
nicht  das  Factum,  sondern  der  betreffende  Kränzungs- 
antrag  des  Deniosthenes  als  Friedensbruch  hervorgehoben 
wird.  Jedenfills  war  diese  Unternehmung  vor  der  Auf- 
hebung des  Friedens  (Ol.  tl').  1.  im  Herbst),  sie  wurde 
erst  möglich  durih  die  Befreiung  von  Oreus  (Herbst  Ol. 
'Ol.  4.).  Kun  finden  wir  bei  Demosfhenes  (i'^eo  Kttjcr. 
§.  1  i't.)  die  Angabc:  i:T£l8lj  (pavsuui^  i';dtl  TU  TcXoiCL 
ecrtcri'ktjTO,  Xiuö6vi]aoq  £noo9£iio ,  e'-Tti  ti]v  'A-c- 
xiy.y[v  STTOQeve^'  av9  g  vjtt  ug,  ovyjr'  Ev  dji(fi- 
oßijrr^Oiii'i)  TU  Ttodynaxa  qv,  dXk'  rvEOrijy.Si  nuKe^ioi; 
X.  r.  /..  Also  auf  Attika  rürkfc  Philippos  los  und  zwar 
vor  der  Kriegserklärung  im  Herbst  340  nach  der  Plün- 
derung der  .Schiffe  im  Frühjahr  34').  Es  scheint  mir 
nnzweifelb.ift ,  ilass  dieser  Zug  gegen  Attika,  wie  ihn 
Dcmostlienes  nennt,  eine  mit  der  Pliinilerung  des  Cher- 
sones  gleirbzeitige  Oenionstration  gegen  die  Athener  war, 
veranl.isst  durc  h  deren  Vertreibung  der  iMakedoiiisi  ben  Be- 
satzungen aus  Euboia  und  die  darauf  folgende  [niasion 
der  Thessalier.  Schon  vor  ilem  Anfang  des  Jahres  341 
hatte  der  Konig  den  Thebanern  Ecbinus  genommen  (h.  o.), 
jetzt,  so  scheint  es,  übergab  er  den  Tliessaliern  N'ikaia 
(s.    o.)    oder    vielmehr    er    legte     eine    Makedonische    Be- 


satzung dorthin ,    um    so  die    steigende  Blacht   Athens  zu 
balancireu. 

Aristonikos  schlug  vor,  Demosthenes  wegen  de»  Be- 
freiung Euboia's  zu  kränzen;  yudipac  r«?  avTaq  crfk- 
kaßag,  daireg  oüroal  Kn^aiffviv  vuv  yiygacpe  {vtcIq 
Ktijct.  §.  83-),  was  sich  wie  natürlich  anf  die  Kränzung 
im  Theater  in  den  grossen  Dionysien  bezieht.  Es  ist 
nicht  denkbar,  dass  diese  Kränzung  länger,  als  bis  zu 
den  nächsten  Dionysien  verschoben  wurde,  somit  gehört 
sie  in  die  des  Archonten  INikoniachos,  d.  h.  in  den  März 
340-  Statt  dessen  datirt  das  Decret:  erri  Xaiomvdov 
'Uyi'/iovoi  (<p/oiToj  rafiijkiohoc;  ixrr]  äiriovrOQ. 
Könnte  der  bezeichnete  Tag  auch  richtig  sein,  so  bleibt 
die  Verkehrtheit  der  Jahresbezeichnung.  Allerdings  hat 
eine  Handschrift  ilti  XuiqujvÖol'  äg^rovroi;  ijyeuöi'Oi, 
so  dass  man  wohl  daran  gedacht  hat,  l^ycuovoq  ^ei  eine 
Glosse  zu  äuXOVTOi^,  doch  gehört  dazu  ein  starker 
Glaube.  Alan  wird  wohl  liyefiovos  oder,  wenn  man  es 
nicht  ganz  so  toll  haben  will,  Hyrjiovoii  als  Vatersname 
verstellen  müssen,  was  freilich  im  officiellcn  Styl  voll- 
kommen unerhört  ist;  will  man  gleichnamige  Archonten 
unterscheiden,  so  nennt  man  wenigstens  in  späterer  Zeit 
(Corp.  Inscr.  No.  124)  und  in  der  gelehrten  Chronologie 
(so  Argum.  Arist.  Lysist.)  den  Namen  des  Vorgängers 
hinzu.  —  Aber  vielleicht  sagt  man,  dass  dieser  Antrag 
unter  dem  Archon  Nikomachos  gemacht  sei,  ergebe  sich 
nur  ans  Combination,  müsse  also  der  unmittelbaren  Ueber- 
lieferung  dieses  Decretes  nachstehen  ,  der  Chairondas  sei 
ja  kein  Pseudeponymos,  sondern  Archon  des  Jahres  Ol. 
I  10.  3.  Wir  wollen  nicht  das  schon  verdammte  Decret 
des  Ktesiphon  (g.  119.)  zu  Hülfe  rufen,  das  im  Pyane- 
psion  desselben  Jahres  gemacht  sein  will  und  also  nicht 
das  Sci'regov  y.ljgvyiia  (§.  83.),  sondern  älter  als  diess 
des  Aristonikos  wäre.  Es  reicht  hin,  zu  bemerken,  dass 
schon  im  Metageitnion  des  .Jahres  Chairondas  die  Schlacht 
von  Cliaironeia  geliefert  ist,  und  sieben  Monate  später 
Niemand  auf  Kräiizung  des  Demosthenes  für  die  einst- 
malige Befreiung  der  schon  ivieder  von  Pbilippos  unter- 
worfenen Insel  antragen  wird,  am  wenigsten  Aristonikos, 
der  .Staafsschnlilner  und  drnioq  geworden  »var ,  und  das 
Geld,  das  er  zu  seiner  Lösung  zusammengebracht  hatte, 
zu  den  angestrengfen  Rüstungen  gleich  nach  jener  Nie- 
derlage beisteuerte  {rmo  KtitO.  §.  312.),  dass  aber 
dieser  Pseudeponymos  nicht  Prytanienschreiber  sein  kann, 
ist  gewiss,  sobalil  die  Unrichtigkeit  dieser  Hypothese  uns 
auch  nur  bei  einem  der  schon  besprochenen  Pseudepo- 
nymcn   nachzuweisen   gelungen   ist. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Clirouik   und  Miscellen. 

Ziirich.  Der  Privaldocent  und  Obdlebicr  Di.  Hermann 
Saiippe  iu  Zinn  .Kissciordcnllicbcn  Piolessor  tur  classiscbc 
Philologie  ernannt  wosdcn. 

Dl  ne  mark.  Der  Rector  dir  Gplelirlenscliule  zu  Plön, 
Dr.  L.  J.  Trüge,  bat  den  Dannobrogsorden  4.  Classc  erhalten. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  t  er  th  ums  wissen  Schaft. 


Mittwoch,  28.  August 


18  39. 


Nr.  103. 


Die  irrkiinden  in  Deraosthenes  Bede  vom  Kranz. 

(For  fs  etzunjf.) 

Der  Aii(rags(eller  heisst  in  unserem  Decref  '.-igtöTO- 
viy.og   0Q£a.üölOi,  während  im  Leben  der  zehn  Redner 

p.  372  steht  TiQuiToi;  de  iyoa.rpe  fTT£(fai'oj.dr,vac  o.vvov 
XQvaip  octcpdvu)  JotGrövti'-üi;,  Nr/.ocfdvovi  'Avayv- 
gäoioq,  v:T(j)fuü(jaTO  de  ziiu)vSa<;.  Diese  letzte  IVotiz 
fallt  mit  Recht  auf,  da  nach  Dem.  iiTzh^  Knjrr.  g.  'J'J3. 
Diondas  die  Ehrciidecrete  des  Hyperidcs  und  Demomcles 
anjffiir.  liier  sind  zwei  Erklärungen  möglich :  entuedcr 
sind  die  Worte  iiTlujfidaciTO  de  AivivSa^  ein  sjiaterer 
Zusatz  entweder  des  Autors  oder  eines  Andern,  wie  sieh 
deren  so  A'iele  und  oft  UngnschicKte  in  den  X  Oratt. 
finden,  und  wir  selbst  oben  zu  dem  richtigen  hivßovl.u:, 
ü  ETTlviiäfJOV  das  ungeschickte  IIijufivKlOloi;,  aus  der 
Rede  gegen  Keaira  boigeschricbcn  fanden;  —  oder  der 
Zusatz  ist  richtig  und  Diondas  hat  so  gut  wie  den  I]y- 
perides  und  Demomeles  vorher  ancli  den  Arisionikus  au- 
geklagt. Und  diess  zu  glauben  bin  ich  sehr  geneigt,  da 
Deniosthenes  (^.  liS.)  klagt,  wie  vielerlei  llemmniss 
eben  in  diesem  Winter  34'/,,  ihm  in  den  Weg  gelegt 
worden  sei;  öeÖvr/.atE ,  fahrt  er  fort,  it}£i  rivl  cpuvkv) 
TtökXijv  ii;ovouiv  tu)  ßaukofiiva)  tüv  Xiyopvd  xl 
Tiiiv  vfiiv  avfiCfCQÖvToju  vnoay.ckiQsiv  y.al  o-vxucfuv- 
T£iv ,  Tijc,  iTTt  zueg  \oidooUuq  i;öov>^i;  xai  jjß'p/ros 
TU  t;^5  nijksajg  ovi.i(fe(iov  ävTakXuTTÖjtsvoi  x.  r.  X. 
Hieraus  sieht  man  wenigstens,  dass  Deniostlicnes  Feinde 
eben  damals  nicht  ruhten  und  am  wenigsten  eine  solche 
Auszeichnung  nnangef<ichten  gelassen  haben  werden,  was 
man  daraus  vermnthen  könnte,  dass  Deniosthenes  einer 
Klage  gegen  Aristonikos  Antrag  nicht  erwähnt.  —  Je- 
denfalls thnt  dieser  nur  vielleicht  fehlerhafter  Beisatz 
der  vorhergehenden  Notiz  nicht  Eintrag,  und  wenn 
zwischen  ihrer  Auforitiit  und  der  des  vorliegenden  De- 
rretes  zu  wählen  ist,  wird  mau  sich  ohne  Frage  für  die 
crstere   entscheiden   müssen. 

Das  Decret  bietet  sonst  keine  wesentliche  Schwächen 
dar,  aber  läugnen  will  ich  es  nicht,  dass  uiir  auch  die 
allgemeine  Fassung  nicht  eben  zusagt.  So  üblich  dag 
nokkc-s  y.c/.i  fisyäkag  yoeiax  in  derartigen  Inschriften 
ist,  ebenso  unglaublich  kommt  es  mir  vor,  dass  so  all- 
gemeine Ausdrücke,  wie  j^psiaq  7j«ptÖ/);rßi  rij)  öritai 
Tcu  '^d^ip'o.iojv  y.cü  TTokkoig  -vüiv  avftfidxujv  oder 
y.ai  -vivac,   tujv   sv  -vij  Evßoia  Jtükecov  jjkevde^ui'/.e 


in  der  Wirklichkeit  gebraucht  sein  sollten.  Der  Schluss 
lautet:  ri-q  Ss  drayogtüoEuii  rov  ovecfdvuv  illlfXE- 
}.r/9fjvai  Tt)v  7igi'Tuiei'oi'(Tav  (fvkijv  y.al  rov  dyuivo- 
i>eTl]V.  El^sv  \l\flnTÜ>iy.(Ji  0g£Ü(JQlOi.  Ausser  dieser 
lästigen  und  nicht  ofiicieHen  Wiederholung  des  ci.rev  /..  r.  k. 
fällt  es  auf,  dass  hier  die  prjtanirende  Phyle  nebst  den 
Agonotheten  die  Verkündigung  des  Kranzes  besorgt,  wäh- 
rend die  7To//,rr/;  desselben  Niemandem  ausdrücklich  über- 
tragen wird:  in  den  Ehrendecreten  für  Spartakos  u.  s.  w. 
haben  ot  enl  -tt)  dioiyjjofc  Tijs  noir^atux;  rov  are- 
Cfdvov  y.ai  Ti'-g  dvoyogevasuig  zu  sorgen.  In  den 
Ehrendecreten  unserer  Rede  dagegen  ist  einmal  der 
Agonothet  (g.  119.),  ein  andermal  sind  die  Thesmothe- 
ten,  Prytaneu,  Agonotheten  (gl.  116-)'  '"'*  ''<"■  Verkün- 
digung und  nur  mit  ihr  beauftragt,  eine  dritte  Varietät 
bietet  der  vorliegende  Beschluss,  in  einem  vierten  ist  gar 
nicht  gesagt,  wer  die  Verknndnng  besorgen  soll.  Solche 
Abwechselung  müssle  seltsam  erscheinen,  wenn  die  Echt- 
heit der   Ifrkniidrn   garantirt  wäre.   — 

Uebergehend  zu  dem  Zeugniss  §.  137.  müssen  wir 
zunächst  die  Zeit,  wann  Anaxinos  in  Athen  als  Spion 
hingerichtet  worden,  zu  fixireu  suchen.  Die  Gesandt- 
schaft des  Pvthon,  die  Demosthenes  kurz  vorher  (§.  13Ö.) 
erwähnt,  haben  wir  uns  oben  veranlasst  gesehen,  in  den 
Winter  o4'/n  zu  setzen;  dass  dieselbe  nicht  mit  Winiewsky 
in  Ol.  10^*.  1-  2"  setzen  ist,  hat  Brückner  p.  '210  fl'. 
befriedigend  nachgewiesen.  Python  konnte  u'jc,  £v  ai- 
rjivvri  nonjoiijv  rip'  ttoKiv  y.ai  Öeitvjv  dSr/.uiaav  in 
der  That  nur  nach  den  Vorfällen  auf  Euboia  und  in 
Thessalien,  d.  h.  nach  dem  Sommer  und  Herbst  34t 
sprechen.  Deniosthenes  fährt  dann  fort,  Aiscliines  habe 
damals  mit  allem  Eifer  für  die  Jlakedonische  Sache 
gesprochen,  y.al  ovx  ÜTrex^i]  Taüra,  dkkd  -ndkiv  juEza. 
Tai'&'  latEoov  'Jva^lvo)  zip  y.a.Taov.ör^üt  ovvtojv  siq 
T>;j'  OgäniDVoi  oiy.lav  £ki;rp9i]^  ....  xui  bri  zavz' 
dfr^V^keyo),  ydkei  'tot  toi'tvjv  tovi;  iidgii'oui. 
Hierauf  folgt  das  in  Frage  stehende  Zeugniss.  Dann 
sagt  Deniosthenes  weiter:  er  könne  noch  tausend  Dinge 
der  Art  anführen  u}v  ov-td;  xaz'  h.eivovq  zulq  -/ou- 
lOiC  TOi:;  //<■!'  tx^goii  öiiijoezüiv  inui  d'  eJiiigedCwv 
£L'g£d)j.  Dem  Feinde  Beistand  zu  leisten,  bevor  der  Krieg 
offenbar  ausgebrochen,  sei  freilich  schrecklich,  doch 
möge  das  sein,  dkk'  eTrEldr,  CfUvegojQ  ijdl]  t«  Tfkora 
EOEavkvTO  y..  r,.  k.  Hieraus  ergibt  sich,  dass  der  Vor- 
fall mit  Anaxinos  zwischen  der  Gesandtschaft  des  Python 
und    der    Plünderung    der    Schiffe,    z.vischen    dem    Ende 


819 


820 


(Irs  Jalircs   341    iiiid   (Irin    Friililiiif,'  340  odva   in   den   Ga- 
niclidii    lies   Jalires   Nilvoniaclios   anznsetzcn    ist. 

Aischiiies  (-/nr'''.  Kinr.  ^.  'JJ  i.)  er^.'ihlt  die  Sache 
des  Anaxinos  folgondorniaassrn  :  eben  lialie  Üeniostiienes 
von  ilim  mit  einer  Eisaujjclie  («olii  fH/  tu  aolOTa 
ovufiuv) eicfat  ^ijijiKCTn  ka{^uji>  in  Beziehung  anl  dio 
An!jrlc;'onhci<  Euboia's  g.  '2'JI.)  belangt  «erden  sollen, 
da  habe  drr.-elbe  den  Anaxinos  ans  Oreos ,  der  für 
Olvniiiias  A\aaren  einzukaufen  nach  Athen  gekommen 
sei,  ergreifen,  foltern  lassen,  znni  Tode  gebracht  (osrex- 
Tfivai,  vielleicht  nur  tödten  Hollen),  den  Anaxinos,  mit 
»lelcheui  er  (iastfieiind  genesen  und  an  dessen  Tisch  er 
gesjieiset  habe;  darüber  habe  er,  Aisrhines,  ilin  vor 
allem  ^  olk  3I()rder  «les  Gastfreundes  genannt,  und  das 
l'olk  und  alle  Fremde,  die  umher  gestanden,  hatten 
anf^esrhrieen  bei  üemosthenes  Worte:  dass  er  das  Salz 
der  Stadt  höher  sch.'itze,  als  den  Tisch  des  Gastfreundes. 
Dann  fahrt  Aischines  fort:  tTnOTolMi  öt  fsiyv")  l\iivÖE(q 
v.iu  y.araa/.('/:ta)i>  atk}.tj>l'iic  y.ai  /jucruvovi  tJl'  airlati; 

(i'/iVIlTOiq    cöi    CLlUi'    tlCTU      TIVVIV     iv     1  f]    Tlukll    l'lV)T£- 

niCilv  fjOl'/.oii£y»f.  Hieraus  darf  man  abnehmen,  dass 
ilas  ^'erfahren  gegen  Anaxinos  sich  auf  IJriefschaften 
begründete  ,  von  denen  Demosthenes  Keitntniss  erhalten 
haben  iiollte,  Briefe,  durch  »eiche  Aischines  compro- 
niitliri  norde,  dass  ferner  die  Ergreifung  nnd  Folterung 
des  Aiia\iiios  vorgenommen  wurde,  um  Zeugniss  gegen 
Aischines  zu  gen  innen;  aber  von  einem  Process ,  den 
Uemiistlii'iies  gegen  Aischines  auch  nur  begonnen,  ist 
keine  Spur,  und  jcdfufalls  hiitte  ihn  Dcnir-stliencs,  nenn 
gegen  Aischines  entschieden,  Aischines,  nenn  er  freige- 
sprochen oder  die  Klage  zurnckgeniesen  wurde,  erwäh- 
nen  müssen,      ^'ielmehr  aus  Demosthenes  eigenen  AVorten: 

deÖMXO.Te    ii)l:l    Ttt't    (fUVLO}  7lu)J.)}l>  i^UlloU'.V    TM  (jOU- 

f.oiisvo)  '/.syovTci  Tt  Twii  Villi)  avf^iCfegövTojv  ü^ocme- 
t.iCeiv  Y.ol  ovy.orf,n-<'Tciv ,  Ti;^  ^^'^  rcüi;  l.oiöooiaiq  y.ai 
ydoiTo:  TD  Tij^  1  ö/evjg  riviicpnoov  avTcö.}  airinievoi, 
—  aus  diesen  AVOrten,  verglichen  mit  dem  obrn  aus 
Aischines  Angeführten,  geht  hervor,  dass  üemosthenes 
selbst  in  Folge  jenes  geivaltsamen  Vei  fahren«  mancherlei 
Anschuldigungen  hören  mnsste  (in  Dinarch  y.aTU  ^ruucrt}. 
55.  G  f-  ist  aiatt  Aityliov  vielleicht  Ivutivov  zu  schrei- 
ben ,  wenn  schon  der  Thathestand  dort  bedeutend  anders 
erscheint]. 

Das  Zeugniss ,  dass  jetzt  in  Demosthenes  Rede  ge- 
lesen wird,  lautet:  7i/.4d;;uo,'  Kliuivoc,  'inioLöijq 
Ko.t.l.o.lnr/oov ,  Niy.ono.-iui;  zJtocfüviov  fiaoTitjuvat 
zliiiion^etfi  y.ai  iiTojfj.ö'iavTO  ecri  tuiv  OTOuxif/ujv, 
cidivui  Aloyhr.v  '-Itooiu'jtov  Kodo>y.i6i]v  ovveijxnfit- 
vuv  vvy.Toc  £t;  Tr,ii  OquOujvo^  ohiav  xoX  v.uivdKo- 
yoiiievov  '.Ivo.^iviii ,  öq  ey.nii^ij  ehai  xardoxoriog 
■:iar>'j.  0i'iÄ-[7Tov.  Aviat  ä-:t6Öui}ij(rav  0.1  fJ.a(jTroiut 
inl  JSi/.iuc  ' L/.UToiifliuvivoc.  toitt]  iijtouevov.  IMü 
bcwunderungsHürdigem  Scharfsinn  hat  Böckh  die  Selt- 
gamkeiten  dieser  Worte  zu  einer  überraschenden  /^iisung 
vereinigt,  der  dann  \Viniensky  eine  noch  feinere  Disfinc- 
tion  zu  geben  gesncht  h.it.  Sie  meinen:  Demosthenes 
habe  Aischines  in  Folge  seiner  Zusammenkunft  mit  Ana- 
xinos bei  den  Strategen  dcnnncirt,  unil  dazu  sei  diess 
Zeugniss  beigebracht  und  \or  den  Strategen  besclinorcn 
worden;  diess  Zeugniss  sei  dann,  wie  Bückh  mciut ,  von 


den  Strategen  an  den  Rath  übergehen ,  der  die  Sache 
nicht  zu  einer  Untersuchung  gegen  Aischines  geeignet 
befunden  habe;  nach  Winienkv's  Meinung  sei  Demosthe- 
nes selbst  mit  diesem  Zeugnisse  von  den  Strategen  an 
den  Ilath  beordert  worden  und  habe  dort  mit  den  Zeu- 
gen, die  ihre  Aussage  schon  bei  den  Strategen  beschworen, 
die  Sache  zur  weiteren  Untersuchung  übergeben;  der 
Prii  faniciischreiber  ^iikias  habe  diess  Zeugniss  einregistrirt 
am  .{.  Ilekatombaion  ;  die  Sache  sei  dann  als  EisangcliR 
an  das  Volk  gebracht,  aber  dort  zurückgewiesen  worden, 
und  aus  den  Acten  des  Rathcs  her  habe  jetzt  Demo- 
sthenes  das  Zeugniss  entnommen. 

So    gewandt    diese  Erkl.'irungcn    sind,    so    dürften  sie 
doch    keineswegs    befriedigend     genannt    werden    können. 
I)   Es  wird   vorausgesetzt,    dass  Demosthenes  die   Denun- 
ciation   an   die  Strategen   gebracht  und  bei  denselben  durch 
die  ilrei  Zeugen   erhärtet  habe;   practores  enini,  sagt   \Vi- 
niewsky  p. 'i.')l,  solitos  esse   eis,  qui   cum   hoste  familiari- 
tatem    habuerint,     proditionis    litem    intendere    liquet    ex 
causa    Anfij)hontea    et   illo   senatns    consulto,   quod    in   An- 
fiphontis   vita  servavit  Pseudoplntarchus    v.  Schoemann  do 
comit.   p.   'J()2'       Aber  ilicse   Berufung  ist  nicht  ganz  pas- 
send;   in    Antiphon's    Process    macJien    die    Strategen    die 
Dennnciation   bei   dem  Senat,    der   ihnen  und   einigen   Se- 
natoren  die  klage  uroudooi n.c   von  Staatswegen   zu  machen 
übergibt;-    der  Process    selbst  wird   wie  .stets   Ilochverrath 
bei   den   Thesmotheten   verhandelt.       Wollte    Demosthenes 
gegen   Aischines  eine  Klage   11  uuönaiai -oAer,   worauf  das 
riwTEoi^stv   in   Aischines   Angabe   zu  führen  scheint,   y.a- 
tu/aO! id:^   tOV   ÖijUOI'   machen,    so    konnte    er  entweder 
unmittelbar   eine   yucufr,    einreichen,     oder    die  Form  der 
Eisangelie    nfililen,     That    er  jenes,   so    musstc  die  ■J'oa^l/y 
bei    den    Thesmotheten    eingereicht,    bei    ihnen    auch    das 
betrcllende  Zengenverhiir    vorgenommen    werden    nnd   das 
'i:ui)Hurj(i.vTO    irc)     voti;    ntoatijyoiq     unserer    Urkunde 
konnte    in   keinem   Stadium     dieses    Proresses     vorkommen. 
Wühlte    Demosthenes    Eisangelie,    so     «ar   die    Dennncia- 
tion  den    Prvtanen    zu    insinuiren,    die    entweder   im    Rath 
oder  -^im   V<ilk    abstimmen    lassen  mussten  ,    ob  die  Klage 
angenommen   werden   solle,    und    im   Falle    der    Annainne 
ging  der  Process  an  die  Thesmotheten   und   ein   von   ihnen 
geleitetes   Gericht,    wenn   nicht  das   Volk  selbst  auch   dio 
Entscheidung  des   Processes   übernahm.      AVenn    in   diesem 
Fall  <lie   Strategen    die   Leitung    der    richtenden  Ekklesie 
erhielten  (nas  durch   keine  Nachricht  auch   nur  angedeu- 
tet  wird),    so   mochte   vor   ihnen   ein  Zeugniss   beschworen 
werden.      Aber    in    allen    Fallen    konnte   jenes    Zeugniss 
nur  erst   in  der  Anakrisis  angenommen   werden,  das  heisst 
nachdem     die'   Eisangelie     eingebracht     und     angenommen 
worden;   dass  es  aber  soweit  nicht  gekommen,   geht  aus 
dem   Stillsihweigen   des   Aischines   hervor,    der   das   grösste 
Interesse    hatte,    geltend     zu    machen,    dass    Demosthenes 
nicht   mit   der   F.isangelie    gegen    ihn   durchgekommen   sei, 
oder     gar     bei     der     Entscheidung    selbst     verloren     habe. 
Möglich    nitro    noch,    dass  Demosthenes  die   Anzeige  bei 
den   Stratogen    zu    weiterer    Maassnahme    gemacht    hatte, 
und  dass   von  diesen    dann,    wie   in   dem   Process  des   An- 
tiphon,  die  Eisangelie    eingebracht  wäre;   natürlich  konnte  , 
sie   auch    in   diesem   Falle    nach   den    vorbemerkten    Grün-                 11 
deu    nicht    bis    zur    richterlichen    Entscheidung    gediehen 


831 


8',>2 


sein,  a".)pr  es  wäre  eine  ftlöglicIikcK,  nie  jenes  ZcH)fniss  für 
Deniosthenes  bei  ilen  J>tra<e};cn  abgelegt  sein  lionnte.  Aber 
ancli  iliess  ist  unilenivbar,  ila  <lie  Strategen  in  solrliem 
Falle  nicht  «las  llerht  einen  Eid  entgegen  zu  nehmen 
haben,  un<l  derselbe  «enigsfens  nicht  Kin  gerichtliclier 
Giiltigkeit  sein  konnte,  da  sie  ja  sellist  erst  durch  Ein- 
bringnng  der  Kisangelie  Kl.'iger  wurden,  Deinostlienes 
aber  ilinen  die  Sarhe  übergebend  ganz  in  den  Hinter- 
grund trat  und  für  ihn  in  jeuer  Sache  ein  Zcngniss  ab- 
zulegen  gar   kein   amtlicher   Anlass  vorhanden   war. 

Demosthenes  sagt  vor  dem  Ablesen  des  Zeugnisses: 
yüki-l  ftot  TOWiDV  ju!\:  uaOTi'uc.^.  Wenn  diese  per- 
süiilich  auf  diu  Bühne  trate,n  und  in  ihrem  Manien  ver- 
lesen wurde  fxctoTvgovai  y.t'.l  enoj/tiirrcvTu,  so  kann 
das  nnniüglich  heissen,  sie  gaben  vor  Jahren  diess  Zeng- 
niss  ab  und  beschworen  es,  sondern  sie  bezeugen  es  eben 
jetzt,  das  heisst  Demosthenes  hat  sicli  gerade  für  diesen 
Proecss  ihr  Zeuguiss  ausgebeteu  ,  mag  dasselbe  in  der 
Auakrisls  vorgekommen  sein  ,  oder  was  wahrscheinlicher 
ist,  nicht  vorgekommen  sein;  Demosthenes  hätte  sonst 
durchaus  nicht  unterlassen  können  zu  sagen,  dass  er  ein 
früher  abgegebenes  Zeuguiss  vorlesen  lassen  wolle.  Oder 
hat  auch  diess  Zeugniss  der  hypothetische  Gelehrte  aus 
den  Acten  des  Rathes  entnommen,  w.'ihrend  das  wirklich 
vorgelesene  verloren  gegangen  ist?  Es  mag  verloren  ge- 
gangen sein,  jener  Gelehrte  mag  nach  Jahrhunderten  in 
den  Acten  des  Raths,  oder  wo  er  sonst  will,  nach  jenem 
früheren  Zeuguiss  gesucht  haben;  konnte  denn  ein -der- 
gleichen ,  wie  er  uns  aufgetischt  hat,  konnte  es  in  die- 
ser Form  existiren?  weder  durch  Eisangelie,  noch  durch 
Scliriftklage  hat  Demosthenes  den  Aischiues  in  Folge 
des  V^erkehrs  mit  Anaxinos  wirklich  angeklagt,  und  wenn 
er  es  hat  tlinn  wollen,  so  ist  die  Sache  nicht  bis  zur 
Anakrisis  gediehen,  und  wenn  es  so  weit  gedieiieii,  so 
hat  diess  Zeugniss  auf  keine  \Veise  enl  lui^  aroczij- 
ytx'C  beschworen  werden  können,  «s  müssten  denn  alle 
«on'stige  Nachrichten  über  Ilochverratlisprocesse  durch 
dieses  eine  Beispiel  Lügen  gestraft   «erden. 

Doch  wir  wollen  jede  beliebige  Annahme  zur  Erklä- 
rung der  besprochenen  Worte  zugeben,  es  soll  das  Zeug- 
niss wirklich  von  den  drei  genannten  einst  abgegeben 
worden  und  aus  den  Archiven  entweder  von  Demosthenes 
oder  dem  Gelehrten  .eingeschaltet  sein,  so  wird  mau  doch 
Anstdss  darin  iifhmou  müssen,  dass  die  drei  Zeugen  sich 
gegen  allen  IJraucli  nur  mit  ihrem  und  ihres  Vaters  Na- 
men nennen.  >Vir  haben  elfte  Menge  von  Zeugenaus- 
sagen bei  <len  Rednern,  aber  nie,  nicht  einmal  in  Pri- 
vatprocesseii ,  nennt  sich  ein  Zeuge  auf  die  Weise  wie 
hier,  sondern  stets  mit  Hiiizufügiing  seines  Demos  und 
ziiei-  oder  dreimal  aus  nachweisbaren  Gründen  nur  mit 
seinem  Naiiien.  Dass  von  drei  Zeugen  sonst  keiner  be- 
kannt ist,  mag  für  erklärlich  gelten;  <lic  Namen  siliciueii 
wieder   bunt  zusammengewürfelt.   *) 


Die  Schlussworte  mit  ihrem  arrai  ai  uuQTVoiat 
dienen  nicht  eben  dazu  ,  die  Echtheit  des  Decretes  wie- 
der wahrscheinlicher  zu  inaclien.  Jener  Plural  ist  so 
oline  alles  Beispiel,  dass  sich  Winiewsky  beiiogen  fand, 
diese  Unterschrift  des  Pr^fanienschreibers  Nikias,  wie  er 
meint,    auch    auf   das    zwei  Paragraphen   vorher  gelesene 


*)  Die  ilrei  Zeugen  heissen  Telademns ,  KIcon's  Solin,  I/f- 
perides ,  Kallaischlos  Sohn,  Niknniachos ,  Diopli.ijitos 
Sohn.  Der  letzte  Name  ist  für  die  Attischen  Gciicalogicin 
von  einigeiii  Interesse,  und  es  mag  cilaubt  sein,  Einiges 
daiiiber  mitziilbeilen.  DiophaiiCos,  der  Splialllci',  war  nach 
Tlarpocr.  v.  ISlilaroi-i.  Scliwaner  des  Melanopos  ,  d'-s  Soli- 
ncs  des  Ladies,   Melanopos  aber  ist  ein   in   (li;i  Familie  dci 


Ladies  wieili'ikc  Imnder  Name,  wie  denn  der  Vater  dieses 
Melanopos  seihst  wieder  Ladies  beisst  Dem,  pp.  III.  p.  642 
cd.  Beck.,  ilessliall)  weise  icli  diesen  IMelanopos  unbcdcnk- 
licb  dei'  Kainilie  des  aus  dem  Pcloponnesisclien  Kriege 
bcriiliiiiton  L.iclies  zu.  Uclicr  das  Vcrballniss  desselben 
•  zu  Kallistratos  bat  mein  Freund  Bcigk  Cümnienlt.  p.  405 
gcspiocbeii  et'.  Pliil.  Dem.  c.  13  ;  er  war  Ol  102.  1.  unter 
den  nach  Sparta  gcsdiicklen  Gesandten  Xcnuph.  Hell. 
VI.  3  3-,  er  ist  CS  auch,  der  in  dem  Prolosilaos  des 
Anaxandrides  durcbgenommen  wurde  (Atlirii.  XII  353  n. 
XV.  639),  welche  Komödie  um  die  Zeit  der  Vormalilung 
des  IpbiLrafcs  mit  der  Scbwcster  des  Kotys  aiilgclVilirt ' 
wurde,  also  um  Ol.  lOO  Athen.  IV.  131  Ist  nun  sein 
Vater  der  bcrülimtc  Ladies?  Midaiiopos  war  Ol.  106.  3. 
unter  <lcn  Gesandten  nach  Karien,  über  welche  der  Pro- 
cess  ge^en  Tiiiiokrales  liandelt,  und  in  der  Pude  xkt« 
Tiftoynuiovq  §  127.  spricht  Demosllienes  von  dem  Vater 
Ladies,  er  sullc  ein  wackerer  Mann  gewesen  sein  (^mjaröi; 
xal  (pi/.oTtokiq)  niid  er  wullc  von  ihm  niclits  Sclilcciiles 
sagen  j  auch  nicht  ob  er  üirenllichc  Gelder  iintersciilagen 
habe,  was  sich  sdir  wolil  auf  die  Gescliidite  beziehen 
liesse ,  die  Aristophanes  so  lustig  als  Hundrprocess  be- 
handelt hat  (s.  unsere  Einleitung  zu  den  Wespen  p.  13J. 
Aber  diese  Ansicht  lässt  sich  nicht  mit  dem  Aller  der 
betreffenden  Personen  vereinigen.  Lacbes,  des  IVIelaiiopos 
Söhn,  der  Aixoneer,  war  bereits  Ol  91.  1.  bei  Orncai  ge- 
fallen (Androtion  ap.  schol.  Arist.  Aves  13),  und  er  war, 
wie  aus  dem  gleichnamigen  Platonischen  Gespräch  her- 
vorgeht, älter  als  Lysimadios  und  Milesias,  die  auch 
schon  herangewachsene  Soliiie  hatten  Wir  finden  bei 
Lysias  njo?  Sl/tiavu  §.  45.  einen  Ladies  als  Taxiarchen 
im  Korinthischen  Kriege,  und  diesen  halte  ich  für  einen 
Enkel  des  ersten,  für  den  Valer  unseres  Melanopos;  denn 
in  der  um  Ol.  98.  gehaltenen  liede  nt(il  xov  zlix.  yj.i'joov  §.  .32. 
finilen  wir  einen  Melanopos  als  zum  Sebicilsridiler  vor- 
geschlagen (etwa  Ol.  97.)  erwähnt,  der  den  Allersvcr- 
verhällnissen  nach  nicht  der  obige  ,  sondern  nur  des 
Taxiarclien  Vater  sein  kann.  Seine  Enkelin  gebar  dem 
Diophanlos  zwei  Sölinc  (Dom.  nQoq  yluxQ,  §.  6.)  Tluasy- 
niedes  und  Melanopos.  und  jene  Piede  ist,  wie  man  aus 
§.  40.  sieht,  noch  hei  Lebzeiten  des  Isokrates  geschrie- 
ben, so  das.s  Dii>pIi;nilos  {h.ih'ov)  Sühne  wenigstens  vor 
Ol.  110.  schon  RIanncr  waren.  Dieser  Diopliantos  (wohl 
zu  unterscheiden  von  dem  cQ(fW(q  bei  Aischin.  zar« 
Ttfiun/.  §.  15S.)  wird  in  der  Rede  des  Isaios  ^iqI  tov 
Ilvygov  /.l.  5-  22.  genannt,  deren  Zeit  sicIi  daraus  ciniger- 
niaasscii  bestimmt,  es  ist  derselbe,  der  Ol  107.  l.  das 
bei  Dem.  nnil  üoor.i.  §  84.  erwähnte  Decret  machte,  und 
der  in  der  I.eptinea  §.  137.  erwähnt  wird  ;  aber  jijjj 
jrttoKrr.  §.  297.  nennt  ihn  Dpiiioslbeues  ileii  grossen  lied- 
nern {XayyqoX  -/lynvuaC]  Aristophon  und  Kallistratos  ,  und 
nach  jener  Stdte  war  Diophanlos  liam.ds  entweder  schon 
todt  oder  liodibei.ilirt.  Daher  glaube  ich,  dass  der  §.  198. 
genannte  ein  anderer  ist  \\ir  finden  Ol.  112.  1.  "einen 
biophantos  an  Alexandres  gesanilt  (Arrian.  IH.  6-  2)  v.ul 
ojxot  Twv  TS  üXXoiV  I'tv/ov  (ov  tvtv.u  ^ajuXr](7v.v  X.  T.  X.  und 
L.iclies  der  Sohn  des  Melanopos,  wurde  auf  Kürwort  des 
Alexandros  von  den  Athenern  von  einer  Strafe  befreit  (Dem. 
ep  111.  1  c.),  was  ich  mit  jener  Sendung  znsauimcnbringc 
und  woraus  ich  scliliesje  ,  diss  der  jüngere  Diopliantos 
wieder  ein  Verwandter  des  L.'iches  ift;  ich  setze  ler- 
iiiiitliungsweise,  ein  Sohn  des  Sphallicrs  Melanop'js.  Po  er- 
hallen wir  folgendes  Stemnia  ; 


823 


824 


Zeuffiilss  aiisznilelincn ,  «las  sicli  ztiar  auf  einen  friitieron 
A'orfalll  bp/.lolif  ,  vom  Aisrliiiirs  aber  Ucliufs  jener  Eisan- 
gelie  gegen  üeiiio-ilhenes  lieigebrarlit  nud  gemeinschaftlich 
mit  vorliegendem  Zengniss  «lern  Fr_\(aniensclireiber  einge- 
händigt Horden  sei.  Er  hat  zwar  kein  Beisiiiel  eines 
solihcn  Abliefernngäseheins  an  einem  Zengniss  anfznuei- 
scn;  doch  mag  der  Schreiber  der};leichen  notirf  haben; 
obsrhun  nicht  reclit  begrcjllicli  »viril,  nor.u  es  dann  «lif- 
"clcsen  oder  von  «1cm  gelehrten  Uearbeiter  der  Rede  mit 
abgeschrieben  sein  sollte.  Winievvskv  meint,  nie  gesagt, 
das  fTi  ISiy.'OV  bezeichne  nicht  den  Archen  (obschon 
man  leicht  eine  ("orruptcl  statt  irrt  A'/y-Olldj^Oli ,  in  «les- 
scn  Jahr  die  Sache  mit  Anaxinos  wirklich  vorgefallen  ist, 
vermnthen  k()nne\  sondern  den  Prvtanicnschreiber.  Dicss 
vollen  viir  annehmen;  am  dritten  Hckatombaiüii,  «1.  h. 
am  4.  Jnli  34 1  mi'isste  demnach  ein  ^'erfahren  gegen 
Aischines  schon  eingeleitet,  un«l  da  es  im  Zengniss  heisst 
'Avutivi:} ,  ö;  fy.oi&li  llvat  -^aTC/M'/.OTio^ ,  dieser  Ana- 
xinos bereits  gerichtet  gewesen  sein,  so  dass  dessen  Er- 
greifung «volil  ein  uilcr  zwei  Monate  früher,  etiva  im 
hlai  341  (Ol.  10*).  3.)  erfolgt  wäre.  Ich  will  Nichts 
darauf  gehen,  dass  gerade  damals  im  Dlai  oder  Juni  341 
die  Rede  vom  Chersones  gehalten  worden,  in  der  sich 
Äichts  vom  Anaxinos  findet,  entscheidend  ist,  dass  sich 
in  ihr  durchaus  nicht  die  allarmirte  Gesinnung  ausspricht, 
aus  der  solche  That  erklärlich  wäre.  Denn  das  Gericht 
über  Anaxinos  ist  ein  höchst  ungerechtes;  man  war  noch, 
vieni'.'stens  dem  Namen  nach,  mit  Philijipos  im  Frieden. 
Ein  so  gewaltsames  Verfahren  konnte  allenfalls  entschul- 
digt «erden,  nenn  man  bereits  ans  Euboia  des  Philippos 
Süldncr  vertrielien,  am  Pagasitischeii  IMeerbusen  Besitz 
ergriffen  und  somit  partiell  den  Krieg  eriillnet  hatte,  wenn 
liereits  mit  Python  vergebliche  Unterhandlungen  gepflogen 
lind  alle  Gemüfher  auf  ilie  sofortige  Kriegserklärung  ge- 
fasst  waren:  ein  halbes  Jahr  früher  ilagegcn  wäre  solcher 
Justizmord  ohne  allen  Nutzen,  ohne  allen  ^^)rHand  und, 
man  darf  es  zu  Ehren  ilcr  Atliener  glauben,  undenkbar. 
A\'cnn  gleich  das  Gesagte  nicht  Ansprüche  darauf 
machen  kann,  un«  iderleglichcr  Beweis  zu  sein,  so  wird 
man  doch  ebenso  wenig  liie  bemerklich  gemachten  Schwie- 
rigkeiten bin«  eglätigncn,  oder  die  versuchten  Erklärungen 
für  ausreichend  lialten  können;  und  «ir  müssen  es  dem 
l.rthcil  unserer  gelelirten  Leser  liberlassen  ,  ob  sie  bei 
der  offenbaren  Lnechthcit  einiger  Urkunden  in  unserer 
Rede  den   anderen  ,    gegen   welche   wenigstens   \'erdachts- 


gründe  vorhanden  sind,    des  Weiteren  Glauben  schenken 
wollen. 

(Fortsetzung  folgt  im  nächsten  Hefte.) 


Melaiiopos  dci-  .\ix&nccr. 

Lackes   f  Ol,  91.   t. 

I 
Mtlanopos. 

Lackes  um  Ol.  !)4-. 
T.Txiarcli. 


Melanopos     Brüder.     Sclincslcr 
I 
Lacbis 
oni   Ol,    112. 


-  Diophantos,  f  gc;,cn  Ol.  108. 
ili-rSpli.itlicr 

Melnn  npos  JVi  i'asy  'tjcfles 


Dioplmntos 
um  Ol.  112. 


Ausführliche  Griechische  .Sprachlehre  von  Philipp  liutt- 
mann,  Dr.  Zweiter  Ban«l.  Zweite  Auflage,  mit 
Zusätzen  von  C.  A.  Lobeck.  Berlin,  1839. 
Die  zweite  Auflage  des  ersten  Theilcs  dieser  Gram- 
matik war,  wie  Struve  gezeigt  hat,  ohne  u  eitere  Verbes- 
serungen geblieben,  als  dass  «lie  hinten  stehenden  Zusätze 
gehörigen  Orts  eingeschaltet  «aren,  da  «ler  unvergesslichc 
Urheber  schon  «lamals  seinem  Ende  so  nahe  stand,  dass 
er  nicht  einmal  die  ^'oliendiing  des  Druckes  erlebte.  Um 
so  uner«arteter  und  erfreulicher  ist  es  nun,  dass  jetzt 
Lobeck  diesen  zweiten  Theil  mit  Zusätzen  ausgestattet 
herausgibt.  Das  äussere  Volumen  ist  zwar  dadurch  nur 
von  S.  48S  auf  53'J  gestiegen,  allein  dass  Lobeck  auf 
wenigen  Zeilen  immer  viel  gibt,  ist  sclinn  bekannt,  und 
so  hat  er  denn  auch  hier  in  «ler  gedrängtesten  Form 
Resultate  seiner  tiefen  Sprachforschung  und  umfassenden 
Leetüre  eingestreut,  meist  den  Buttmannischen  Text  be- 
richtigend oder  tiefer  begründend,  oder  vervollständigend, 
immer  aber  vielfach  neu  anregend  und  zu  weiterem  Nach- 
denken auHorilernd.  Die  ausführlichsten  Zusätze  haben 
die  Paragraphen  über  «lie  Anomalie  des  Verbums  im  All- 
gemeinen un«l  über  «lie  Wortbildung,  einige  auch  die 
Partikeln  erhalten,  kürzere  das  ^'^erzcichniss  der  anomalen 
Verba.  Es  kann  uns  nicht  einfallen,  diese  Zusätze  wie- 
derum ausführlich  zu  benrtheilen,  sondern  «ir  wollen 
nur  einige  der  ausführlichsten  nennen  und  bei  dieser 
Gelegenheit  einige  bescheidene  Zweifel  äussern,  die  sich 
uns  gegen  Eins  un«l  das  Andere  regten;  vielleicht  erhalten 
wir  «laun  gelegenlich  «eitere  Belehrung.  Zuerst  also 
zeichnen  «ir  aus  die  Zusätze  zu  «len  Paragr.iphcn  über 
Si/ncope  des  Stammvokales  p.  4,  «les  Bindevokales  p.  (i, 
die  Aoristen  hjl/V  ■,  i'lTljv  etc.  p.  11 — 15  (zu  den  p.  12 
angeführten  zivölf  gebräuchlichen  müssen  doch  «ohl  noch 
wenigstens  ir/^uoijv  un«l  irj(jötir  kommen,  da  der  Ilerausg. 
mit  lies  Ref.  Ansicht  übereinstimmt)  und  «lie  passiven 
i:fjLr,uijV  etc.  p.  11),  und  iSl'/.ro  etc.  p.  20 — 2i.  I" 
allen  «licsen  ent«ickelt  der  Iferausg.  eigenthümlichc  von 
Bultinann  oft  sehr  abweichende  Ansichten,  hält  "/lyrufiui, 
nirrru)  etc.  nicht  für  svnkopirt,  will  tiorzo,  ci'kI'TO 
lieber  als  contrahirte  Imperfecta  ansehen,  ja  auch  «lie 
sogenannten  svnkopirten  Aoriste  für  ursprüngliche  Imper- 
fectformen,  zu  denen  ein  Präsens  aui  fü  wenn  auch  nie 
gebräuchli«li ,  doch  ponirt  werden  müsse,  so  «jass  sich 
z.  B.  ndJJoftut  und  ndk/iui,  tvyu^ut  und  föyiiui  so 
verhielten,  wie  h.LvijZ  und  r/.TtJi,  OlCyaiug — Orf'/ro;  etc., 
wesshalb  auch  bei  uXzo  nicht  zu  fragen  sei,  «)b  es  aus 
ijke-TU  oder  rj.axu  svnkopirt  sei.  Es  ist  «ler  Form  nach 
ebenso  gut  Imperfect,  wie  alle  übrigen;  allein  da  der 
Gebrauch  ihnen  aoristische  Bedeutung  gegeben,  so  könn- 
ten sie  positive  Aoristen  genannt  «erden  —  analog  den 
positiven  i\lctaplasmcn  in  «len  Paralipp.  —  zu  unterschei- 
den von  «Icnen,  die  aus  einem  wirklichen  Aorist  gjiikopirt 
sind,   wie   yivzu   aus  tyintu. 

(BeschlusE  folgt.) 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terthums  Wissenschaft. 


Freitag,  30-  Jugust 


1839. 


Nr.  104 


Ausfi'ilirliche  Griechisclie  Spraclilelire  von  Philipp  Butt- 
mann ,  Dr.  Zuei(pr  IJand.  Z»veite  Auflage,  mit 
Zusätzen  von    C.   A.   Loieck. 

(Beschluss.) 

Ferner  zeichnen  wir  ans  die  Zusätze  über  die  syn- 
kopirten  Pcrfectformcn  p.  23,  25  livujyfiEv,  y.sy.oax9i  etc. 
sodann  über  die  verbale  ^hiadrome  oder  Anagoge,  und 
zwar  erstens  über  die  sogenannten  Syraknsisc lien  (s.  scliol. 
ad  II.  I«,  125)  Praescntia  p.  36  —  39,  "eiche  bei  Hoincr 
alle  unsicher  sind,  ausser  aroiyto,  ila  auch  zexA-i/yoirfC 
von  Aristarch  verworfen  wurde.  Zweitens  über  «K«/;y- 
^ai  und  äXuKintai ,  welche  der  Herausg.  für  rednpli- 
cirte  Pr.'isensfornien  mit  iiolischer  Dehnung  des  Charak- 
ters ansieht,  weil  die  Bedeutung  ganz  präsentisch  und 
die  Rcduplication  auch  in  den  stammverwandten  dy.u- 
'X,iLü>  und  aKaki'rjrJui  erscheint.  Drittens  die  hetero- 
klitischen  Futuren  ti'QiJGuj,  /.tadijfjo/iai  etc.,  welche 
Buttmann  aus  dem  Infin.  Aor.  2.  herleitet,  was  Lobeck 
mit  Hecht  unnatürlich  findet.  Uebrigens  hatte  wohl  auch 
Buttmann  nur  im  Gegensatz  gegen  die  sonst  gewöhnliche 
Annahme  von  Präsensfornien  wie  el'QSuj,  ßkuOThUi  etc. 
und  geleitet  durch  Formen,  wie  nerri^ov  -  7Te7lldi;(rüj , 
sowie  durch  seinen  Satz  (den  er  aber  anch  selbst  nur 
als  Hypothese  nahm,  a.  d.  Randnnte  zu  g.  92,  not.  3), 
dass  überhaupt  die  Bildung  des  Verbnm  vom  Aorist  2 
ausgehe,  diese  gar  nicht  durchführbare  Anadrome  ange- 
nommen. Wir  sind  jetzt  aber  über  den  Bildungstrieb  der 
Sprachen  wohl  genug  belehrt  worden,  dass  wir  nicht  mehr 
mit  so  untergeordneten  Erklärungen  uns  zu  behelfcn  brau- 
chen. So  gut  wie  demselben  Stamme  (üdo)<C(l-aidoi'/nc(i, 
piTlTüj  -  oilricij,  T(^>iXi')-T(JVXOO)  etc.  entsprossen,  ebenso 
konnten  anch  verschiedene  Tempora  denselben  Stamm  ver- 
schieden ausprägen  (es  ist  natürlich  nur  von  Primitiven 
die  Rede),  ja  es  wäre  wunderbar,  wenn  diess  nicht  oder 
nicht  oft  geschehen  wäre,  da  sie  ja  nicht  alle  mit  einem 
Schlage  erwachsen,  und  nicht  dasselbe  Individnum,  wel- 
ches z.  B.  zuerst  Ti<-j(itii  sprach  ,  auch  zuerst  TeTv^iiy.a 
gesprochen  haben  muss.  Denn  da  dieser  Infinitiv,  nach 
Buttmann's  eigener  Erklärung,  keine  Contraction  erlitten 
(s.  g.  9(i,  not.  2),  so  wäre  diess  eine  Yerirrung,  die  man 
nnr  dann  anzunehmen  hätte,  wenn  sie  bei  allen  ähnlichen 
Fällen  ausreichte,  und  keine  andere  Erklärung  möglich 
wäre.  Nun  aber  lassen  ja  die  meisten  vom  Präsens  ähn- 
lich abweichenden  Futura  diese  Ableitung  nicht  zu,  weil 
sie  entweder  gar  keinen  Aor.  2.  haben,    wie    ßocry.i-ouj. 


iöfjrjOOJ,  ulXktja-u}  etc.  oder  eine  andere  Stammhildung 
angenommen  haben,  wie  Timeiv  -  rVTlTi-au»  eic.  Ueber- 
diess  war  bei  vielen  Stämmen  schon  an  sich  eine  gewisse 
Nothwendigkeit  vorhanden ,  das  Futurum  (oft  auch  das 
Präsens)  anomalisch  zu  bilden,  wie  jj}.n(rT -6>.tod -Saod- 
a).£^-  etc.  und  der  Herausgeber  gibt  hierüber  p.  45  sehr 
bedeutsame   AVinke.    — 

Ferner  über  die  Endung  öxw  p.  60  eine  reiche  Auf- 
zählung der  hierher  gehörigen  Formen  nebst  Regeln  über 
den  Umlant  in  aoy.oj,  loy.u),  layoi,  oiOy.uj.  Doch  wür- 
den wir  Verba,  die  ?iur  bei  Grammatikern  vorkommen, 
vermieden,  oder  als  solche  bezeichnet  haben,  wie  ßLiOXaj 
oder  diaßixyyu},  y.tyXüoy.u),  äf^nfloyv),  ^"axtu,  y.Xuioyoj, 
und  wenn  aJ.qrrjyso  keine  andere  Auctorität  haben  sollte, 
als  die  im  Etym.  M.  p.  758,  4S  angeführte  Dichterstelle, 
»eiche  Steph.  Thcs.  beibringt,  so  ist  es  höchst  unsicher. 
Dort  werden  über  Tlin';  laufer  Homerische  Stellen  ange- 
führt, und    unter  diesen  auch 

Ttftijr  aKCfioy.ovT    (sie)  isixocräßo/ov  iy.u.6T0V. 
Das  kann  aber  keine  andere  sein,  als  Od.  X,   57. 

Tiuijv  ducfic,  ayopTti  kcty.ooäßoiov  £x«<Jroc, 
so  dass  dXcfn;cryM  vielleicht  nur  dieser  Corruption  seinen 
Ursprung  verdankt.  Doch  ist  es  wohl  möglich,  dass  der 
Herausgeber  noch  andere  Stellen  in  Bereitschaft  hat,  be- 
sonders tia ,  wie  wir  eben  sehen,  schon  Anonins  diese 
Stelle  augeführt  hat,  s.  Etym.  Gud.  p.  1048.  —  Bei  den 
Formen  auf  ;)w  p.  61  —  <i3  ist  Loleck ,  wie  nach  seiner 
Methode,  nicht  leicht  vereinzeltes  anzunehmen,  zu  er- 
warten war,  auf  Seite  derer,  die  sie  wicht  für  Aoristen 
halten,  und  für  Homer  wenigstens  hat  dieses  auch  Wentzel 
in  einem  ausführlichen  Programm  l>:;3(j  gründlich  er- 
«iesen. 

Uebcr  die  'Wrba  auf  avv)  und  atvu)  ist  p.  64  sq. 
eine  reidie  Zusammenstellung  und  Classification  gegeben 
mit  mannichfachen  Belehrungen  und  ebenso  p.  (i7  —  "72 
über  die  Verba  auf  ri'Ul  und  vijHl.  Hier  können  wir  aber 
nicht  umhin,  über  XTivfu/u  unsere  entgegengesetzte  An- 
sicht vorzutragen.  Wir  hielten  nämlich  immer  diese  Form 
mit  verdoppeltem  )'  für  die  einzig  richtige,   denn 

1)  ist  sie  in  den  codd.  bei  weitem  vorherrschend, 
und  was  üuttmann  unter  y.rehu)  (Randnote  p.  'J28)  von 
dem  Cod.  Clark  behauptet,  ist  von  Schneider  zu  PI.  Civ. 
II,  p.  3liU,   B   genügend   widerlegt. 

2)  die  Form  xrsiyiif^t  ist  der  Analogie  entgegen,    da 


827 


828 


plii   r)i|ilitlini)!;    vor    }iiii    nur   iiarh   Ausfall    eines   Conso- 

iiaiitiMi   sonst   erüi'lieiiit 

liifriKil  »Oll  äo    (ngtriirff ,  uiooi) 
ycLtviiat  von  yaö  (y.iy.acriKi/) 
Sdiiiut     von  öccT  (öiduofiat,  8aifof.tai). 

lonl.snirn   sinil    y.aTaiivi  ov   Honi.    iu  eivvcr^at   Ileroil. 

,H)    üer    Unilant  von    y.zsv    iu    y.TIv     hat    seine    Ana- 
logie  in 

nifvaiiai  von  tv  shaLo)  ,    TTi-rvijfU  von  TTSTärvvfii 

y.i'ovrf.ii  von  xcQarnfui ,  ayjövijftt  von  ayedd.ii'i'/At. 

Gegen  alles   dieses  kann  Fhrvnichns  in  An.  Bekk.  p.  2*\  7 

niclit  einstehen,     und    von    xffü'j't'^i     und    y.TiVlui  kann 

noch   weniger   die   Rede  sein. 

Ann  schreibt  der  Herausg.  p.  69:  „'Wäre  y.xdv)  in 
yiiin  liliergegangen ,  so  hatte  davon  yvlvi  ij.il  gebildet 
Verden  können,  nie  von  ;t;o('J  ■^UVVVnl.  Da  aber  y.iiuj 
niclit  bekannt  ist,  so  bleibt  uns  nur  yreipio  übrig.  Dicss 
mit  der  Endung  vrfii  verbunden,  wünlD  ein  den  Laut- 
gesetzen »idersprechendes  y.T£tvvv^il  geben  (paralip.  37), 
null,  Holltc  man  den  Uiphthong  verkürzen,  y.Ttvvvin, 
nie  yxiivo)  im  Aeolismus,  nicht  xTivivui.  Also  niuss 
litt  die  Endung  sein,  /rllrviii  ilas  Ganze.  Sonst  ken- 
nen «ir  kein  BeiKj.iel  der  Endung  vui  na<h  einem  Con- 
sonanten  mit  vorangelienden  Diphthong  etc."  Hier  kön- 
nen «ir  nun  erstens  uns  keinen  hinreichenden  Grund 
denken ,  narum  der  Stamm  y.Ta  {iy.TUfnp)  lieber  als 
y.rn.,  der  doch  in  y.rshuj  liegt,  angenommen  werden 
müsste.  Zweitens  ist  anch  der  Umlaut  aus  xnv  in  y.rtv 
durch  das  oben  bemerkte  so  in  der  Analogie,  dass  wir 
hier  durchaus  nicht  mit  dem  verehrten  Herausg.  stimmen 
können  ,  besonders  da  er  selbst  schon  das  singulare  in  der 
Form  yiiivitii  bemerkt  hat,  und  zunächst  also  noch 
yrivrrui   festhalten.    — 

Zu  den  Anomalen  selbst  sind,  wie  gesagt,  die  Zusätze 
kürzer,  und  man  soll  sie  nach  des  "Wrfs.  eigener  Aus- 
sage nur  als  eine  anspruchslose  Zugabe  hinnehmen.  Und 
allerdings  sieht  man  sehr  bald,  dass  er  hier  nicht  eine 
•lurchg/iiigige  Revision  beabsichtigt  hat,  denn  es  sind 
noch  »iele  tlieils  um iclitige ,  tlicils  unzureichende  15e- 
»timiniiiigen  Huttinann  s  unbeiiierkt  stehen  geblieben.  >'gl. 
z.  B.  über  eu/.ujy.u,  ij}.kdyi;v,  ißoexOijv  und  i/-j(J<'-X>Jv, 
fjoyyr/.ouai,  xuTtSdoi>i]v ,  evfrvj,  eKei'aouc./ ,  invj]- 
naiil-v  (fehlt  immer  noch),  inXiyijv  etc.  Indessen  sind 
auch  diese  Zusätze  sehr  schätzbar,  obwohl  mehr  für  die 
wissenschaftliche  Vollständigkeit,  als  für  die  Schule,  und 
wenn  mitunter  Befremdendes  erscheint,  immer  erst  sorg- 
fältig zu  prüfen,  ehe  man  vertvirft.  .So  ist  z.  B.  bei 
iTTtii:;  !oJtf.i  gegen  Buttmann  bemerkt,  dass  diese  Form 
bei  Pinto  nie,  Lei  Xenoplinn  nur  eintiial  als  l'ariante 
siehe.  Dieses  kann  zunächst  in  Hinsicht  auf  l'lafo  auf 
den  ersten  Anblick  ganz  unrichtig  scheinen,  da  sie  bei 
Bckker  bekanntlich  oft  genug  steht,  nach  welchem  sich 
aurh  Buttmaun  gerichtet  haben  mag.  Untersucht  man 
aber  ihre  Gewähr,  so  wird  man  diese  mei.st  sehr  uiizu- 
reicheiid  finden.  So  ist  z.  B.  Legg.  'JO.O,  D  intiiüdv 
Tut  aus  dem  einzigen  Cod.  ~  gegen  0  andere  geschrie- 
heu worden,  und   während  Phaed.  02,  D  irrtiuloL/xeioq 


mit  1.1  rodd.  gegen  den  einen  ^  richtig  erhalten  ist,  so 
ist  <loch  kurz  vorher,  wo  zu  z/  nur  noch  F  und  L 
treten  i.T^//f A.(>//£kk'  aufgenommen.  Apol.  US),  D.  sinil 
zwar  die  meisten  codd.  für  die  barvtona,  alier  Clark  mit 
5  andern  hat  i7lij.i£Koi'iiSvoi.  Umgekehrt  ist  in  Crito 
51,  A.  £7TifxeX(Jin£l>0(;  nur  ans  4  codd.  nebst  Clark  gegen 
10  andere  geschrieben  wonlen.  Nur  in  Gorg.  öl(i,  B, 
steht  Imiie/.iTU  ohne  l'arianfe.  Anch  im  Xenophon  ist 
zwar  die  eine  l'ariante  Anab.  IV,  '>,  'J{')  eine  recht  tüch- 
tige, wo  nämlich  lüe  3  iesle/i  ctH]t\.  iJTrijjtkurTO  geben,  daher 
sie  auch  Puppo  und  Dindorf  in  den  Text  gesetzt  haben. 
Aber  anderwärts  ist  es  viel  schlechter  begründet,  wie  V, 
7,  10.  Cvrop.  IV,  5,  4(i.  Doch  üecon.  XI,  7.  scheint 
es  mehr  Aiictorität  zu  haben,  sowie  Memor.  II,  7,  7, 
wiewohl  auf  die  älteren  Vergloichuugcn  in  dergleichen 
kein  rechter  V'erlass  ist.  Indessen  soviel  ist  gewiss,  dass 
die  andere  Form  wenigstens  zehnmal  häufiger  und  tveit 
beglaubigter  iu  beiden  Schriftstellern  gefunden  wird  ,  so 
dass  man  also  glauben  darf.  Lobeck  Wdlle  die  wenigen 
Beispiele  von  LTtlueko^ai  in  beiden  Schriftstellern  ver- 
ändert haben. 

Aur  über  einen  Zusatz  sei   es   uns  erlaubt  noch  einige 
Worte   zu  sagen,    weil    er    vorzüglich   für  die   Schule   mit 
beaclitiings»  erlh    ist.       jVaiiilich    das   Futurum    %tVi ,    wel- 
ches   bekanntiicli     Buttmann    nach    Elinsley    aiigenonunen , 
bestreitet    Lobeck  ,     indem    er    die    vorgebrachten    Stelleu 
theils   mit  anderen  Gelehrten  ändert  (aber  Hermann  Eleni. 
metr.    p.    \4s    hat    nur  Plat^   com.   nach  Jaculjs   geändert, 
nicht    auch    Eurip.    fragni.    Tlies.     1,     wo    Dindorf     aber 
avyyeij]  gescliricben,  wahlscheinlich  nach  A.  Bekk.p.  12  Kl), 
theils   für   Praesentia    dvTi    Tur  fUKkuvrUs   erklärt,     unil 
da   nach   Etyin.  I\I.  p.  54S,  "27  jedes  asigmatische  Futurum 
cireuiiidectirt   werde,  so   sollen    überhaupt   auch   alle    übri- 
gen asigmalischen  Formen  der  Art,  wie  tgim,  eüu/iat  etc. 
nach   Vorgang  der    alten   Grammatiker    als   Praesentia  mit 
Fntnrbedentuog  genommen  werden.     Ja,   „ist    y.a/.evjcic. 
Lei  Homer   uirhliclies   Futur  ,  so   ist  es  nicht   unmiltelLar 
aus  xat.iou)  entstanden  ,  sondern  wie  y.gi  /.i  ii  c),  d  a- 
fid.ii   aus  y.akii),  und  das  t  nicht  der  Bindevokal,  son- 
dern   l'okaldehnu7ig  wie  in   /f)£f/v."      Das   ist   nun,   wie 
man    sieht,    eine    ge\ialtige    Revolution    gegen    die    Biitt- 
mannischen     Satze,      und     beide     lAleinungen     müssen     mit 
grosser    Vorsicht    und    Feinheit     erwogen     w-erden.      Denn 
eines   Theils   ist  die   rhetorische  Fnturbeileutiiug  des  Prä- 
sens bei    den   (iriechen    so    ausgedehnt,    ilass    man    kaum 
eine  Gräiizc   allgemein  angeben  kann  und   in  tlj.ll  bekannt- 
lich  so   in   einander   geflossen,   dass,   obgleich   z.B.    TUXVt 
bei   Homer   sonst   nur   mit  Futuren  steht,   doch   auch  Tr/XU 
sioi    Tlroorov    in    der    Odyssee    gelesen     wird.      Andern 
Theils  sieht  man  aber  auch,    dass,   wenn   wirkliche  Prä- 
sensformen   als   Futura  gebraucht  wurden,  diese   nun  wie- 
derum  die  Präsensbedeutung   entweder  ganz,   \*ie   löofiai, 
TTiuiini,    (fdyiiuui,  firo}  ,  fitu^uu,  oder   wie   li/il  grüsa- 
tentheils  ablegten.      Dass  aber  ;fe('J,   V.akim,   xavvu)  etc. 
häufig  als  Präsens  dienen,   ist  unbestritten,   und  dass  eine 
Form   der  andern   durch   Auflösungen,   Contractioiien  oder 
andere   Verkürzungen    ganz    gleich    werde,    ist  so  oft  der 
Fall,    dass   dieses    an    und   für   sich    gar    kein   Hloment   zur 
Entscheidung  abgibt.       Dass    endlich    y.at.tio   ilurch   Zer- 
cleüniing  aus  xaAw  entstanden  sei,  ist  wenigstens  mit  den 


839 


8.50 


bisherigen  Bfstimmuiijfon  über  dorgleirlicn  Zor(1ehiiun<^pn 
nicht  vereinbar,  nach  welchen  nur  ininier  in  gleiche 
Laufe  zeriieliiit  «nnle,  Einzellieiten  wie  i/ailTuojoa , 
adc)  ans-feiioinnien.  Aach  aüeni  diesem  sind  wir  für  jetzt 
Tienigstcns  nicht  im  Stanile,  IJuthiiann's  Satze  i'iber  diese 
Fntiira  zu  verlassen,  obivohl  uir  vimi  /iw  die  bloss  rlie- 
turische  Futurhedeutunj  niciit  für  unmöglich  halten. 
Den    10.  Juni    1839.  Mehlhorn. 


P.  Virgilil  IMaronis  opera  ad  fidem  optimor.  üb.  edidit, 
i)erpctua  et  aliiirum  et  sua  aunotafinne  illnstravit,  cnm- 
mcntatinnem  de  vita  carminibusqiie  Virgilii  et  indices 
necessarios  adiecit  Albertus  Farbiger.  Pars  II.  Ae- 
neidoslib.  I— IV.  Lipsiae,  Hlnrichs.    1837.  438  S,  8. 

Der  erste  Band  dieses  Werkes  hat  bekanntlich  eine 
nicht  beneidensHerthe  Celebril.'it  durch  die  Art  und  Weise 
bekuniinen,  in  welcher  Wagner's  scliätzbare  Anmerkun- 
gen von  Hrn.  F.  abgeschrieben  sind,  ein  ^'erfahren,  über 
welches  sich  Hr.  Wagner  mit  um  so  gerechterer  Ent- 
rüstung zu  seiner  Zeit  in  der  allgemeinen  Litteraturzei- 
tung  aussprach,  je  mehr  er  selbst  die  Früchte  langer 
nnd  gründlicher  Studien  von  reiner  l'ietiit  gegen  Hejnc's 
Manien  geleitet  einem  Werke  zugewandt  hatte,  welches 
seiner  Kostspieligkeit  wegen  nur  auf  langsamen  Absatz 
rechnen  darf.  Hr.  Forbiger  zeigt  am  Ende  des  zweiten 
Bandes  an  ,  er  »erde  im  driften  auf  Hrn.  AVagners  Rc- 
cension  antworten.  Dieser  ist,  so  viel  ich  weiss,  jetzt 
erschienen,  doch  Unterzeichnetem  nicht  bekannt  nnd  ohne 
Anll'orderun'g  der  geehrten  Iledaction  würde  derselbe  auch 
diesen  zweiten  Band  weifer  nicht  beachtet  haben.  Audi 
er  ist  weiter  nichts  als  wüsie  Comj)ilafi<in  ans  Heyne, 
Burmann,  Wun<lerlich,  Jahn,  AVagner,  Theile,  Schuei- 
kert,  deren  Koten  in  bunter  Reihe  eingeleitet  mit  einem 
recte ,  minus  bene,  aliter  n.  dgl.  eingeführt  werrlen.  Zu 
diesen  unmofivirten  Urtheilen  fügt  der  Hr.  Herausgeber 
liin  nnd  wieder  eigene,  nur  grammatische  Erlanternngen, 
welche  in  iler  Regel  ans  wenig  mehr  als  einer  Cifateu- 
reihe  der  beliebtesten  grammafisrben  Paradepferde  von 
Sanrfii  Minerva  bis  aufZumpt  nml  Hand  bestehen.  Ref. 
hat  die  ersten  hundert  Seifen  durchbb'lftert ;  das  was  auf 
denselben  Hrn.  F.  als  sein  geistiges  Eigenthum  gehört, 
mügte  sich  auf  et»va  fünf  Seiten  beschränken  und  fragen 
wir,  was  von  diesem  Neuen  wahr  ist,  so  schrumpfte  die 
Zahl  noch  bedeutend  mehr  ein.  Ref.  will  eine  Probe  ge- 
ben von  Hrn.  F.  Interpretation  und  schlagt  auf  gerade- 
wohl  .S.  51  auf,  wo  derselbe  sich  zu  1,127  also  verneh- 
men lässt:  „  Teuiere  se  torquent  interpretes,  non  intelli- 
gentes, quomnilo  gravitcr  comnwti  caput  (os)  pluctJum 
esse  possit.  Graviter  commotus  iratus  est  Nepfunus  in 
ventos  et  Aeolum,  sed  placidus  Troianis  (!);  qnare  hoc 
ipso  epithefo  addifo  poeta  vulf  indicare ,  invito  Nepfuno, 
non  ex  ira  eius  in  Troianos  hanc  orfam  esse  tempesta- 
tem.  Et  niiram  quandam  suavifatem  cum  maiestafe  con- 
iunctam  loco  inesse  sentimtis,  si  cogifamus  jS'epfunum, 
quamvis  iratus  sit,  tarnen  placido  et  tranquilio  vultu  ex 
iindis  furentibus  et    aestuantibus  prospicicntciii."      Besser 


hatte  Hr.  F.  hier  gethan ,  wenn  er  wie  sonst  Andere 
excerpirt  hafte.  Doch  sind  im  (ian/.en  dergleichen  Be- 
merkungen seifen,  meistens  benufzt  Hr.  F.  nur  die  fis- 
legenheit  oder  hascht  vielmehr  nach  ihr,  seine  Collecta- 
necn,  d.h.  Cifafc  über  grammatische  Dinge,  doch  ohne 
ein  Resultat  zu  geben  ,  über  den  erschrockenen  Leser 
wie  eine  Sündllufh  auszugiessen.  wie  z.  B.  S.  tü8  eine 
halbe  enggedruckte  Seite  von  Citaten  über  die  passive 
Bedeutung  des  Gerundiums  sich  findet.  Kurz,  so  ge- 
schmacklos, breit  und  in  vieler  Hinsicht  tadeinswerth  die 
Ausgabe  der  Acneis  von  Theile  ist,  so  ist  sie  doch, 
schon  als  eigene  Arbeit,  unendlich  achfiingsu  ürdiger  als 
ille  des  Hrn.  F.  Es  kann  uns  nicht  zugemnfhet  werden, 
Einzelnes  naher  zu  besprechen  oder  zu  bcletichfen ,  da 
wir  im  Grunde  es  doch  mit  aller  AV'elt,  nur  nicht  mit 
Hru.  F.,  zu  thun  hatten,  doch  will  Ref.  die  Gelegen- 
heit benutzen  ,  um  seine  Ansicht  über  eine  Schulausgabe 
oder  übeihaupt  Han<lausgabe  des  Virgil  hier  niederzu- 
legen. * 

Niemand  wird  leugnen,  dass  eine  solche  wünsrhens- 
werth  sei  ,  denn  die  Wunderlich'sche  besrhaffigt  sich  gar 
zu  viel  mit  einer  prosaischen  Umschreibung  des  Texfes 
und  übergeht  andrerseits  sehr  wesentliche  Punkte.  Ztt- 
Kjrderst  ist  eine  Einleitung  zur  Aeneis  (Hr.  F.  hat  die  Hev- 
ne'sche  mit  einigen  Abkürzungen  und  sonst  unverändert  *) 
abdrucken  lassen)  noih« endig,  in  welcher  der  politische 
nnd  religiöse  Gesichtspunkt  nach  den  neuesten  Forschun- 
gen charakterisirt  werde  ,  aus  welchem  Virgil  iliess  Ge- 
dicht schrieb,  und  dann  ist  dem  Sihuler  der  Sfandpunkt 
anzugeben,  aus  ilem  Virgil  äsfhelisch  zu  würdigen  ist, 
ef»a  in  der  Art  wie  ihn  mit  begeisternder  Warme  A'i'e- 
bulir  andeutet  R.  Gesch.  1  S'  217  f.  Den  Gedichten 
Hi'iPe  ausser  einer  kurzen  kritischen  annofatio,  die  etwa 
ein  Sechstel  der  Ileyneschen  farrago  enfhielfe  und  ilie 
Ref.  für  nothwendig  hält,  um  Urfheil  und  Geschmack  des 
jungen  Lesers  zu  bilden,  dann  eine  Exegese  hinzuzufü- 
gen ,  bei  der  natürlich  von  dem  Grundsatz  ausgegangen 
«erden  niuss,  dass  alle  wahre  Inferprefation  conform  der 
zu  erklärenden  Schrift  und  in  einem  iiinern  Zusammen- 
hange mit  derselben  stehen  müsse.  Bei  Hrn.  F.  Anmer- 
kungen bleibt  es  sich  ganz  gleich,  ob  der  Schriftsteller 
dessen  Worte  den  Text  ausmachen  ,  l'irgil  oder  Cornel, 
ist:  sie  passen  wie  ein  Handschuh,  den  man  mit  leichter 
Mühe  i'iber  jede  Hand  zieht.  Ohne  nun  das  rein  gram- 
matische Interesse  ganz  bei  Seite  setzen  zu  wollen,  so 
niuss  dasselbe  <loch  bei  Virgil  von  weit  geringerer  Wich- 
tigkeit, als  bei  Livius,  Cicero,  Terenz  erscheinen.  Ge- 
brauch der  simplicia  nnd  roinposifa ,  Umschreibungen, 
sogenannte  Gräcismen,  '".Vortsfellung  unil  Periodenban, 
der  über  alle  Maasscn  bewundernswürdige  R!i\fhmus 
mögen  sorgfältig  erläutert  und  entwickelt  werden  und 
daran  schliesse  sich,  was  Ref.  für  das  AVichtigste  und 
ganz  Eigentlichste  bei  Erklärung  des  Virgil  half,  die 
rhetorisch- ästhetische  Interpretation.  Diese  hat  nun 
nicht  bloss  die  Oekonomie  des  Ganzen  in  seinen  Thcileo 
zu  verfolgen,  sondern  vor  Allem  auf  die  grosse  Kunst  des 
Dichters    in    Variation    der    wiederkehrenden    Dinge,     in' 

*)  Mit  Aiisnaliiiic  einiger   beisciiister  Citale  S.  8  iiiid   10. 


831 


832 


DarstcUiiiij;  tlrr  Gcgcns<äiule  des  feincinoii  Lebeiis  (wie 
z.  U.  »opilos  suiiitat  igiics  für:  Foiior  aiisclilageii )  und 
in  vioIcn  aiiilrrii  Piiiiktcii  aufiiiorksaiu  zu  iiiailicn.  Auf 
dioso  Weise  kimiite  in  kU-inercin  llinfange  als  die  Hevne- 
■\>iMulprliili  sehe  Ausfälle  eine  »vahrliaft  « isscnseliaflliilie 
.Stliulaiisgabe  des  \ iti\\  geliefert  werden,  »vir  sagen  ab- 
siilitlirb  eine  wissenseliafllielic ,  denn  es  ist  ein  verderb- 
lirlier  Irrtbiini  ,  Sehnlaiisgabeii  uenigstens  von  Selirift- 
stcllern  «ic  ^'irgil,  Hora/  u.  A.  den  sogcnannfeii  »issen- 
srhaftlii  lien  Ausgaben  als  entgegengesetzt  sich  zu  denken. 
So  urlheilteu  IManner,  «ic  Gesner,  nicht  als  er  seinen 
Iloraz  noch  die  branchbarste  Scliulausgabe ,  edirie  und 
jenem  Wahne  hat  man  es  zum  Theil  zu  danken,  dass 
eine  ."Masse  von  IMisclimasch  zusammengeschrieben  und 
dann  Sdiiiiausgabe  genannt  «ird  ,  «o  die  Jugend  mehr 
zu  puerilia  hinabgezogen,  als  zum  Denken  und  Enipfuiden 
ano-eleitet  %vird.  Denn  welche  Arlitung  soll  die  Jngend 
vor  der  philologischen  Erklärungsknnst  bekommen,  wenn 
ilir  Anmerkungen  geboten  werden,  wie  z.  B.  irgendwo 
bei  Theile  der  Erfalirungssatz ,  dass  Grossvater  ihre  En- 
kel lieben  mit  Stellen  aus  €laudian  u.  s.  w.  belegt  wer- 
den, wobei  man  unwillkuhrlich  an  Ilerniann's  Scherz  in 
dem  Programme  de  Mnsis  fluvial.  erinnert  wird,  wo  der- 
selbe mit  mehreren  Stellen  belegt,  dass  die  Alten  lieber 
fette  als  magere  Fische  gegessen  hätten  und  mit  den 
AVoifen  schliesst:  si  ijuis  has  cifationes  rideat,  meniine- 
rit  philologis   haec  scribi   haud    facile  alitcr   ereditiiris. 

Dass  aber  selbst  in  der  unmittelbaren  Interpretation 
des  >"irgil  weit  mehr  auch  nach  Wagners  trefllicher  Ar- 
beit noch  zu  fhun  ist,  als  man  vielleicht  glauben  sollte, 
v)ill  IVec.  nur  an  einem  Beispiele  und  zwar  an  den  viel- 
besprochenen ^^■orlen  des  Eingangs  der  Aeneis  zeigen. 
Acneas   «ird 

mulfum  ille  et  terris  iactatus  et  alto, 
1'i  supciiim  ,  saevae  mcmorem  Jnnonis  ob  iram. 
Die  bezeichneten  Worte  sind  von  AVagner  bekanntlich  so 
erklärt,  dass  er  superi  von  der  einen  Juno  fasste  und 
diese  Erklarnngsweise  ist  von  den  meisten  gebilligt.  Wir 
leugnen  nicht  den  Dichtergebrauch  des  Plurals  für  den 
Singular  ,  doch  hat  auch  dieser  Gebrauch  seine  Grenzen 
und  an  unserer  Stelle  namentlich  entsteht,  falls  wir  Su- 
peri lediglich  auf  die  Juno  beziehen,  auf  der  einen  Seite 
etwas  Sclileppeniles,  auf  der  anilern  eine  gewisse  Ilürtc, 
weil  die  Juno  unmittelbar  auf  den  Plural  selbst  genannt 
wird.  Und  übf-rlie.st  man  das  Ganze,  so  ergibt  sich 
leicht,  dass  vou  Acneas  zweierlei  prädicirt  wird,  einmal 
die  iacfatio  und  das  anderemal  das  pati  im  Kriege.  Letz- 
teres wird  aber  mehr  angereiht  als  dem  erstem  coordi- 
nirt.  L'mhergefrieben  wird  aber  Aeneas  vi  superum  (der 
Ablativ  enthaltend  die  UHUiillelifire  Ursache)  und  diese 
lis  superum  hat  wieder  ihren  Grund  in  dem  Zorne  der 
Judo.  Denn  Alles  was  dem  Aeneas  auf  der  Fallit  begeg- 
net, liat  seinen  Ursprung  vom  Zorne  der  Juno  und  ge- 
schieht ilurcli  ni(  litnicnschli«  he  Kr.'ifte,  durch  den  Aeolus, 
die  Juturna  u.  s.  w.  Speciell  aber  werden  alle  Natur- 
erscheinungen hiinialisclier  Kraft  zugeschrieben  und  das 
epische  Interesse  i erlaugte,  dass  ausdrücklich  solcher 
Kraft    .Vencas    Abcntheucr    zugeschrieben    würden.        So, 


dünkt  mich,  erscheint  des  Servius  Erklärung  im  Wesent- 
lichen als  allein   richtig.      Auch    im  Folgenden: 

IVlusa  mihi  causas  niemora  quo  nutit'ine  IfteSO 

Quiilve  dolens  regina  deum  etc. 
kann  Ref.  Ilrn.  Wagner  nicht  beistimmen  ,  welcher  nach 
dem  Vorgange  von  Lange  Vindic.  trag.  R.  p.  5U  erklart: 
quoinodo  7iumine  eins  laeso.  Wir  müssen  gestehen,  dass 
uns  keine  der  vielen  Stellen,  welche  Hr.  W.  für  diesen 
Gebrauch  von  ijui  anführt,  schlagend  erscheint  ^  selbst 
die  des  Cicero  nicht  de  rep.  1,  3(i  quo  Joie?  denn  die 
Frage  von  welchem  Juppiter?  ist  auch  im  Deutschen  nur 
eine  stärkere  Form  für:  "Wie?  vom  Juppitcr?  Insofern 
es  nun  diess  ist,  pflegt  sie  nur  in  grammatisch  utinLIiiin- 
i^igen  Sätzen  vorzukommen,  was  sich  erweisen  wird,  wenn 
wir  Ilrn.  W.  übrige  Beispiele  durchgehen.  .Ven.  ',*,  'i'2'2. 
(juain  prendimus  arcem?  nicht  quomodo  ?  sondern:  Wetclie 
Burg  ist  noch  da  zu  nehmen?  Die  Antwort  ist  immer 
eine  negative,  so  Ge.  4»  50.3.  quo  ßetu  moveret  vom 
Orpheus.  Aen.  ',),  399.  qua  vi  luvenem.  So  das  Ha- 
razische  quem  limuit  mortis  gradum  was  Lange  I.  1.  an- 
führt. Heterogener  Art  sind  aber  die  andern  von  Hrn. 
Wagner  angezogenen  Stellen.  Aen.  4,  4iS.  klagt  Dido 
zu  ihrer  Schwester  quo  ruit?  wo  Hr.  W.  meint  Dido 
wolle  wissen,  warum  und  nicht  wc/iin  Aeneas  eile.  Aller- 
dings, aber  Dido  fragt  angemessener  ihrem  aufgeregten 
Znstande  woliin  als  warum^  Aehnlich  6»  4G6.  Quem 
fugis^  i.  c.  scis  quem  fugias?  Ganz  ungehörig  ist  aber 
Aen,  '2,  (iOß.  tu  ue  qua  parentis  iussa  time  i.  e.  nnlla 
und  Ge.  1,  269»  "o  ebenfalls  die  ganz  gewöhnliche  Be- 
deutung Geltung  hat.  Endlich  Catal.  8»  lü-  ne  qua  sor- 
diduin,  iugo  Promente,  dura  volnus  ederet  iuöa,  v/o 
allerdings  qua  Nominativ  ist.  Doch  scheint  es  erklart 
werden  zu  müssen :  ne  qua  inba  quae  dura  sif.  Stande 
nicht  diess  Adjectiv  dabei,  so  wäre  es  freilich  Enallage: 
ne  aliqua  inba  statt  ne  iuba  aliquo  loco.  Fassen  wir  nun 
iiunien  als  herkommend  vou  nuo  und  nicht  wie  neulich 
beliebt  von  i'0(w,  in  der  Bedeutung  vou  imperium,  wie 
es  l'arro  definirt  de  L.  L.  (j ,  ,') ,  so  heisst  es:  durch 
Verletzung,  irelches  H'illens  oder  Befehles,  wie  Aen.  2, 
777.  non  haec  sine  7iumi?ie  divom  fiunt.  So  haben  wir 
die  richtigen  Disjnnctivpn ,  dass  nämlich  Aeneas  von  der 
Juno  gehasst  wurde  ,  entweder  weil  er  ihrem  Befehle 
zuwider  geliandelt  oder  weil  er  ohne  es  zu  wollen  ihr 
Unangenehmes  that.  Das  erstere  war  nicht  der  Fall. 
Aeneas  hatte  alsdann  auch  nicht  pins  genannt  werden 
können,  das  letztere,  das  dolere,  wird  nun  V.  12  u.  IT. 
weiter  begründet.  Richtig  gefasst ,  sagt  Servius  sehr 
wahr  zu  Aen.  1,  07(1:  notaiidum  est,  nnum  denm  habere 
plura   numina. 

Greifswald.  PaUlamus. 


Pe r s o n a  1  - C li r  o  11  i k   und  IM i s c e  1 1  o ii. 

Bonn.  iJei-  bislicrige  aussciordeiitliclie  Professor  D.  Vogcl- 
sang  ist  zum  ordeiitliclieii  Professor  in  der  katholisch -llieo- 
lo^ischen  Fucnitat  ernannt  worden. 


Zeitschrift 

für    die 

Alterthumswisseiischaft. 


Sonntag  j,  1.  September 


18  39. 


Nr.  105. 


Bruchstücke  aus  dem  Leben  des  Scxtus  Julius 
Frontinus,  von  A.  Dederich. 

Wälireiul  ich  an  der  VoUeiicliing  der  von  mir  im 
J.  1838  im  Herbstprogramme  des  hiesigen  Gymnasii  ver- 
sprochenen Ausgabe  der  Schrift  des  Frontinus  über  die 
"Wasserleitungen  der  Stadt  Rom  *)  arbeitete,  fiihlte  ich 
mitunter  das  Bediirfniss,  das  Thnn  und  AVirken  des  Fron- 
tinus in  einer  möglichst  vollständigen  Ucbcrsicht  vor  Augen 
zu  haben,  und  beabsichtigte  eine  solche  Uebersiclit  der 
Vorrede  jener  Ausgabe  einzuverleiben.  Allein  da  die 
Untersuchungen  durch  das  Streben  nach  A'ollstandigkeit, 
wie  es  bei  solchen  Arbeiten  geht,  unter  der  Hand  wider 
meinen  AVillen  über  das  31aass  iiuchsen,  änderte  ich 
meinen  Plan"  dahin  ab,  dass  ich  die  Bruchstücke  aus 
dem  Leben  Frontin's  in  einer  besonderen  Abiiandlung 
niederzulegen  mich  eiitschloss.  AA'enn  ich  mich  nun 
früher  darauf  beschränkt  liatte,  aus  den  erhaltenen  Zeug- 
nissen des  Alterthums  ein  Ganzes  zusamnienziistellen  ,  so 
musste  ich  nun  auch  die  lAleinungen  und  Hypothesen 
der  Gelehrten  einer  genauen  Prüfung  untenverfen ,  Irriges 
bekämpfen  und  zu  widerlegen  ,  Richtiges  fester  zu  be- 
gründen suchen;  und  die  Arbeit  erhielt  den  Charakter 
kritischer  Forsclinngen  über  die  ei/.elnen  Momente  aus 
dem  Leben  nnd  AVirken  des  Mannes.  Eine  fortlaufende 
Erzählung  war  wegen  der  Dürftigkeit  der  des  Zusam- 
menhanges ermangelnden  Nacbricliten  unmöglich  ,  oder 
würde  doch,  weil  die  abgebrochenen  Data  joden  Augen- 
blick zu  unangenehmen  Sprüngen  gezwungen  hätten,  allzu 
fragmentarisch  erschienen  sein.  Die  Untersuchungen  be- 
ginnen mit  der  Practura  urbana  des  Frontinus,  weil  seine 
früheren  Lebensumstände,  Geburt,  .lugendstuilien ,  Ein- 
schreiten und  Fortschreiten  anf  der  politischen  Lauf- 
bahn, bis  zum  plötzlichen  Lichtpunkte  der  Prätur  mit 
der  tiefsten  Finsterniss  nniliüllt  sind.  Unter  den  A^or- 
arbeiten  sind  vorziiglicli  zu  nennen:  1)  des  Poletius  vIta 
Frontini  per  Consules  distincta,  in  seinen  Prolegom.  zu 
Front,  de  Aquaed.  cap.  1.  2)  Christ.  Lud.  Fried.  Scliüllz's 
Uebersicht  der  Lebensumstände  des  Frontinus  in  seinem 
sachlichen    Commentar    zu    Front,    de    Aijuaed.     ».    IX. 

')  Tilel  der  Aiisi^abc:  Sex.  Jiilü  Frontini  de  aqnac  tliiclibtis 
uiliis  Romae  über.  Ad  coikl.  inss.  et  vrtiislissiniaium  cilil. 
fidein  icccnsnit  et  illustiavit  J.  Dederich  Idcni  inscrnit 
annolaliones  Heinrichii  et  .idiccit  copiosi^simos  rcriiiu 
omnium  ad  af|iiic  ductus  pcrlinentium  coninientaiios 
Sehull^ii- 


(^.  1.  In  den  reichhaltigen  nnd  höchst  schätzbaren  Com- 
"mentarien  des  Schultz  findet  sich  anch  ein  Brief  vor  über 
die  Agrimensorcn,  vorzugsweise  über  Frontin,  den  Agri- 
uiensor,  dessen  Inhalt  gegen  INiebuhr  gerichtet  ist;  auf 
ihn  habe  ich  einigemal  verwiesen.  Ausserdem  habe  ich 
in  den  Noten  lieinrich's  auf  zerstreuten  kleinen  ßlätt- 
chen  einige  auf  die  Abfassung  der  Schrift  de  Acjuaed. 
bezügliche   Bemerkungen   gefunden  und   benutzt. 

g.   1.     Frontinus,    Prätor  urlanus. 

„Am  Anfange  des  J.  823  u.  c",  berichtet  uns  Taci- 
tiis  Hist.  lA'.  .S9,  „unter  dem  Consulate  des  A'^espasianus 
nnd  Titus  ist  Julius  Frontinus  Prätor  urbanus  und  beruft 
als  solcher  am  ersten  Januar  den  Senat,  in  welchem  den 
Legaten,  Heeren  und  Königen  Lob  und  Dank  beschlos- 
sen, dem  Tettius  Julianus,  weil  er  die  auf  des  A'^espa- 
sianus  Seite  hinübertretende  Legion  verlassen  hätte,  die 
Prätur  genommen  und  an  den  Plotius  Griphus  übertragen 
»ird.  Hornius  erhielt  die  Rifterwürde.  Und  bald  darauf 
legte  Frontinus  die  Prätur  nieder,  die  nun  Domitianus 
übernahm"  (—  diesem  war  nämlich  im  vorigen  Jahre 
praetura  et  consulare  imperium  bestimmt  worden.  Tacit. 
fjp.  3  _).  „Domitianus  gab  dem  Tertius  Julianus  die 
Prätur  wieder,  nachdem  man  erkannt  hatte,  dass  er  zum 
A'espasianns  seine  Zuflucht  genommen;  und  Griphus  be- 
hielt seine  AVürde." 

Frontinus  berief  den  Senat,  weil  die  Consuln  ab- 
wesend waren,  und  führte  also  in  dieser  Senatsversamm- 
lung den   A^orsitz. 

Nicht  am  ersten  Januar  legt  er  sein  Amt  nieder,  son- 
dern mox,  d.  h.  bald  darauf,  vielleicht  paucis  diebns 
post.  —  AVann  ist  er  denn  aber  Prätor  geworden?  — 
Dass  er  am  Anfange  dieses  Jahres  Prätor  geworden  und 
also  nur  einige  Tage  dieses  Amt  bekleidet  hätte,  ver- 
wirft mit  Recht  Pighius  CAnnal.  Rom.  T.  HL  p.  Glü). 
Es  ist  unwahrscheinlich,  weil  !em  Domitianus  für  diese» 
Jahr  die  Prätura  urbana  bestimmt  war.  Die  Prätoren 
pflegten  gleichzeitig  mit  den  Consuln  gewählt  zu  werden 
unirmit  ihnen  (am  1.  Jan.)  ihr  Amt  anzutreten.  Aber 
davon  gab  es  auch  Aiisiialiiiieu  ;  und  eine  solche  Ausnahme 
liabcn  wir  hier.  Frontin  hat  ante  legitimum  tempus  sein 
Amt  niedergelegt.  Dieses  spricht  sich  schon  im  Zeit- 
worte einravit,  d.  i.  abdicavit,  aus,  welches  man  von 
dem  Ausscheiden  aus  dem  Amte  nach  Ablauf  der  ge- 
wöhnlichen gesetzlichen  Frist  nicht  braucht.  Dasselbe 
Zeitwort,    abgesehen  vom  Gesetz,   spricht  gegen  die  Au- 


fi35 


H\C^ 


iialiiiip,  «lass  pr  («Icr  l'r.'itor  des  voriffon  J.ihros)  soiii  Amt 
cinijr«  'f-TSe  Ifliigor  brlialten  IiäHc.  Es  liegt  also  in  der 
Sarlic ,  dass  Frontin  im  Laufe  des  J.  ■S'.'2  "■  c,  in  « el- 
(liein  .Monate,  l.'lsst  sirli  nicht  Lcstinmien,  Pr.'itor  "eivor- 
dcn  ist  nnd  einiije  Tajjc  nach  dem  ersten  Januar  des 
J.  8-*)  dieses  Amt  nieder^'elejjt  hat,  um  es  an  den  Do- 
D)itianiis  ahziitreten.  Ohne  Ztteifrl  »ar  er  srhon  Pr.'ifor, 
oder  1  iellciihf  srlion  eine  Zeitlang;  l'rator  genesen,  als  Domi- 
tianus  zn  diesem  An)te  designirt  wnrde,  gleich  nach  dem 
Tode   des   ^'itellins   im   December   des  J.   S'-J- 

Polcnns  (Prnleg.  in  Frontin.  de  Aquaed.  I.  §.  4.) 
meint,  Frontin  habe  sein  Amt  niedergelegt,  um  dem 
DoniitJanus  einen  Gefallen  zu  thnn,  oder  um  den  Kaiser 
Tespasianus ,  dessen  later,  z«  geivinuen.  Bestimmtes 
lassf  sieh  liieriiber  Kiclits  sagen.  Vielleiclit  dass  der 
Kaiser  ihn  zn  einer  andern  Bestimmung  brauchen,  näm- 
lich an  der  .Sjiitze  eines  Heeres  gegen  Feinde  schicken 
Hollte?  Wenigstens  finden  wir  ihn  im  Sommer  oder  gegen 
den  Kerbst  desselbigen  J.  8'Ji  im  b^tarischen  Kriege 
mit  der  Unterwerfung  der   Lingnnes  beschäftigt. 

§.  '2-     Fruntinus  unterwirft   im    butavischen   Kriege 
die   Lingones. 

Im  batavischeu  durch  den  Aufstand  des  Civilis  erreg- 
ten Kriege  «aren  in  Gallien  die  mächtigsten  und  gef.'ihr- 
lichsten  Feinde  der  Römer  die  Treriri  und  Lingones. 
.\ls  der  vom  Vespasianus  gegen  sie  geschickte  Feldherr 
PctiliiH  f erealis  die  'freviri  geschlagen  nnd  mit  !\]Cihe 
seine  Soldaten  von  der  Zerstörung  ihrer  Hauptstadt  zu- 
rfickgehalten  hatte  (Tacit.  Uist.  IV.  72),  berief  er  beide 
Volker  zu  einer  Versammlung  nnd  beruhigte  ihre  Ge- 
miither.  Allein  kaum  war  die  Furcht  entf.'rnt,  so  Hes- 
sen sie  sich  <lurch  Civilis  und  Classicus  abermals  be- 
wegen, die  \>  allen  gegen  die  Ilömer  zu  ergreifen  und 
auf's  Neue  am  Kampfe  gegen  ilen  Cerealis  Theil  zu 
nehmen.  Cerealis  wurde  auch  Anfangs  geschlagen  (Tacit. 
ibid.  *');  aber  bald  wendete  sich  das  Gli'ick  wieder  auf 
seine  Seite,  und  er  nahm  und  zerstörte  das  Lager  der 
Feinile  (Tacit.  7^).  Cerealis  verfolgte  nun  den  Kampf 
gegen  den  Civilis;  und  in  die  Zeit,  in  welcher  Cerea- 
lis ausschliesslich  gegen  diesen  beschäftigt  ist,  fiillt  die 
Thätigkcit  unseres  Krontinns  gegen  die  mächtigen  Lin- 
gones ,  von  welcher  Frontin  selbst  redet  in  seinen 
Slateg.  IV.  >{.  H.  Diese  Thätigkcit  ist  bisher  in  den 
Darstellungen  des  batavischen  Krieges  unberührt  geblie- 
ben; welches  «einen  Grund  darin  hat,  dass  ausser  Frontin 
kein  anderer  Schriftsteller  ihrer  erwähnt,  und  dass  bei 
Frontin  selbst  der  Text  in  der  Vulgata  (ei  tradidit)  ver- 
dorben i»t,  wofür  die  Lesart  tradidit  mihi  (nämlich  Fron- 
i'tnu)   durch    die   Handschriften    vOllig   gesichert   ist. 

Aus  üio  Cassius  (lib.  LWL)  wissen  wir,  dass  die 
Lingones,  an  deren  Sjiitze  J.  Sabinus  stand,  in  einigen 
Schlachten  besiegt  worden  sind,  ohne  dass  der  eigentliche 
Sieger  genannt  ist.  Zwar  sagt  derselbe  Schriftsteller 
gleich  darauf,  Cerealis  hätte  tlie  aufruhrerischen  Stalten 
nach  vielen  Schlachten  geliändigf.  Allein  durch  Frontin's 
Zeiigiiiss  steht  es  fest,  dass  Frontin  die  Lingones  wenig- 
stens zum  Gehorsam  gebracht,  und  diese,  «eil  er  wider 
ihr  Erwarten  nicht  durch  Verwüstung  sich  au  ihrem 
Lande    rächte,    70,U'JU  Bewadnclo    seinen   Händen    über- 


liefert haben.  Frontin  sagt  es  uns  ausdrucklich,  dass  er 
die  That  ausgeführt  hätte  anspiciis  Domitlaiii;  wozu 
Schultz  bemerkt,  es  konnte  nach  Tacitus  (Hist.  W.  85. 
,Sh)  zweifelhaft  lileilien  ,  dass  Domitianus  als  Imperator 
den  ganzen  batavischen  Krieg  geleitet.  So  wörtlich,  wie 
Frontin,  sagt  uns  dieses  Tacitus  zwar  nicht,  allein  es 
gebt  doch  aus  dessen  ganzer  Darstellung  hervor.  Denn 
erstens  hatte  er  das  consularc  imperium  (Tacit.  Hist.  IV. 
.i  (in.)  in  diesem  Jahre,  nnd  er,  sowie  mit  ihm  Alucia- 
nns  ,  gerirte  sich  ganz  unumschränkt  als  Cäsar  (i)io  1.  e. 
und  ans  ihm  Zouaras).  Aber  V'espasianus  konnte  ihn 
zur  Kriegsführung  nicht  brauchen,  und  Domitianus  über- 
liess  dem  Cerealis  recht  gern  die  Führung  des  batavi- 
schen Krieges,  um  seinen  Lüsten  leben  zu  küiinen. 
Zweitens  wird  es  dadurch  angedeutet,  dass  Cerealis  den 
Jiiief  des  Civilis  an  den  Doiiiitiaiius  sendet,  und  in  dem 
es  unter  Auderm  lieisst  ,,BIiiciani  ao  Domitiaiii  »ana  sine 
viribus  iioiiiina"  (Tacit.  75).  AVoranf  IMurianus  und  Do- 
mitianus nach  Liigclnnum  kommen,  von  ho  ans  Domi- 
tianus den  Cerealis  in  Wrsiichung  führt,  aber,  sich 
getäuscht  findend  ,  mocüca  quocjue  et  usnrpata  antea  mu- 
nia  iniperii  omittebat,  sich  nicht  weiter  um  den  Krieg 
beküiiiiMi'rte  und  dem  Scheine  nach  den  Studien  hingab 
(Tarif,  .--(i).  Es  ist  auffallend,  dass  Tacitus  hier  nicht 
erwähnt,  Domitianus  habe  anrli  den  Frontin  bei  sich 
gehabt  und  diesen  nun  statt  seiner  gegen  die  Lingones 
geschickt.  Die  Lingones,  erzählt  Frontin,  fürchteten  bei 
der  Annäherung  des  Heeres  lies  Doniitianns  die  Verwüstung 
ihres  Ij.indes,*  aber  Frontin  verfuhr  milde  gegen  sie,  so 
dass  sie  JNicIits  von  dem  Ihrigen  verloren  und  /U,'  Uü  Mann" 
unter   seine    Verfügung  stellten. 

Unrichtig  stellt  Lipsiiis  die  Stelle  des  Frontin  zusam- 
men mit  der  Erw.'ilinnng  der  Niederlage  der  Lingones 
durch    die   Secjiiaiier   bei    Tacit.    Hist.   W.   (V7. 

E;i<llicli  gibt  Frontin  dem  Domitianus  die  Prädirate 
Aiigiistiis  und  Germanicuis.  Diese  hat  Domitianus  erst 
später  erhalten,  und  Frontin  legt  sie  ihm  hier,  sowie 
an  andi'rn  Stellen  bei,  um  dem  furchtbaren  Tyrannen, 
niiter  dessen  Rc-gierung  er  die  libri  .Sfrategematicon  lier- 
aiisgc'gc  bell  hat  ,  zn  schinciclieln.  Ueber  diesen  Punkt 
niifc'ii    iiu'lir. 

4^.  .'■!.  Proiitin's  erstes  Consuliit. 
Agricola  gebt  als  Proronsul  nach  Britannien  im  J.  831» 
naibdein  er  im  vorhergehenden  Jahre  Cos.  sudertus  ge- 
wesen war.  ("cerealis  geht  nach  Britannien  im  J.  8'J4, 
nnd  zwar  als  Cmisiilaris,  wie  ausdrücklich  Tacitus  (Agr.  8) 
sagt,  also  ebenfalls  als  Proconsnl ,  nnd  ist  rermiitlilich 
im  Jahre  vorher  Cos.  sullectus  gewesen.  So  wird  auch 
FrcMitiiins  als  Proconsnl  nach  Britannien  gegangen  sein, 
nachdem  er  im  J.  S.'(i  Cos.  snlTertus  gewesen,  als  College 
des  Domitianus.  Zuerst  hat  dieses  Poleniis  (I.  §.  In.) 
ausgesprochen,  welchem  Schultz  folgt.  Die  Sache  hat 
allen   Schein   der    ^\'allrheit   für   sich. 

JJ.  4.  Froiilinus  unterwirft  die  Silures  in  Britannien. 
„Cerealis  hatte  so  tapfer  in  liritannien  gekämpft,  dass 
eines  Nachfolgers  Arbeit  und  Ruhm  in  den  Hintergrund 
treten  niusste.  Allein  Julius  Fronlinus  behauptete  auch 
für  sieh  den  auf  dieser  Insel  so  schwer  zu  erreichenden 
Kriegsriihin   und   unterjochte  durch  Walfcngewalt  das  krflf- 


837 


83S 


tigc  iiiiil  karniifcsliisfi^e  ^'olk  clor  Silures ,  indem  er  so- 
wolil  iil)er  die  Tapferkeit  «Irr  FeiiKle,  als  aueh  über  ilie 
Seliuierijjkoifeii  «les  Terrains  obsiegte ,  —  ein  grossfr 
Mann,  soweit  dieses  zu  sein  erlaubt  war."  So  er/.'ililt 
Tacidis    Agr.    17. 

Cerealis  jjelit  narh  Britannien  im  J.  8'J4.  Ihm  folt^tc 
dort  im  lni|H'rinni  Frontinns  im  J.  ,S27.  Agricola  geht 
nacli  Uritaiinien  im  J.  S3l  ;  aber  er  hat  ileii  Frontin  nicht 
unmittelbar  abgeiüset,  sondern  <lieser  miiss  früher  abge- 
rufen Horden  sein.  Denn  bei  der  Anknnft  des  Agricola 
finden  ivir  das  Heer  bereits  in  gänzlicher  Unthstigkeit , 
vom  Feinde  bedroht  nnd  theiliveise  lon  den  Ordovikero 
aufgerieben:  ein  Znstanil  ,  «elcher  bei  der  Anwesenheit 
des  Frontinns  nicht  möglich  «ar.  Das  Jahr,  in  »velchem 
Frontin  abgerufen  Hor<len,  h'isst  sieh  nicht  mit  Gcwiss- 
heit  bestimmen;  es  ist  aber  nicht  «ahrscheinlich ,  dass 
man  Britannien  lange  ohne  Feldberrn  gelassen  hat;  so  dass 
man  annehmen  kann,  Fruntin  habe  im  Lanfe  des  <ler 
Ankunft  des  Agricola  vorhergehenden' Jahres  ('i30)  Bri- 
t.tnnien  verlassen.  Noch  weniger  hisst  sich  die  Ursache 
seiner  Abberufung  bestimmen.  Vielleicht  jedoch  war  der 
Aeid  einer  Partei  Schuld  <laran  ,  dass  er  mitten  aus  der 
Laufbahn  seiner  Siege  herausgerissen  wurde,  um  einem 
anderen  Feldherrn  Platz  zu  machen.  Und  ich  vermuthe, 
dass  so  etuas  wohl  in  des  Tacifus  Worten  ,,niagnus  vir,, 
qnantnm  licebat"  enthalten  sein  konnte.  Alle  bessere 
Ausleger  haben  die  Worte  (jiiantum  licebat  erklärt  mit 
Beziehung  auf  die  damalige  Zeit,  in  welcher  ausgezeich- 
neter Rnf  gefährlich  war.  In  gleichem  Sinne  bezieht 
Schnitz  <lie  Worte  auf  den  despotischen  Keid  Domitian  s, 
von  <len)  er  annimmt,  er  habe  als  Imperator  dem  Kamen 
nach  w.'ilirend  der  ganzen  Regierung  ^"^espasian's  auch 
über  die  Heerführer  in  Britannien  den  Oberbefehl  gehabt. 
In  diesem  Sinne  vergl.  (ausser  Dio  LXVII.)  insbesondere 
Tarit.  Agr.  3'':  I<l  Uomitiano  maxime  formidolosnm,  pri- 
fati  hominis  nomen  siipra  Priucipis  attolli.  Welche  von 
beiden  verwandten  31einungen  <lie  richtigere  sei,  lässt 
sich  nicht  sagen.  Ich  möcjite  ilie  ^Vorte  nicht  bloss  auf 
Domitian  beziehen,  sondern  allgemeiner  auf  eine  Partei. 
Frontin  hatte  sich  in  Britannien  grossen  Ruhm  erworben; 
nnd  man  kann  annehmen,  dass  Tacitus,  obgleich  ihm 
einerseits  das  ganze  thatige  Leben  dieses  ausgezeichneten 
Mannes  vor  Augen  schwebte,  andererseits  auch  in  Be- 
ziehung auf  diesen  Krieg'sruhm  den  Frontin  einen  vir 
inagnus  nennt.  Gross  zu  sein  aber  war  in  dieser  Zeit 
nicht  erlaubt;  Grosse  zog  den  Neid  der  ehrsüchtigen 
Zeitgenossen  zu  und  mag  die  Abberufung  des  Frontin 
vom   Felde   der   Ehre   veranlasst   haben. 

Oudcndorp  begeht  zu  Frontin.  Strateg.  IV.  3,  14  den 
Irrthum,  die  Unterjochnng  der  Silures  durch  Frontin 
der  Zeit  uach  vor  die  Unterwerfung  der  Lingones  zu 
setzen. 

Hat  denn  Frontin  kein  Strategen»  aus  diesem  britan- 
nischen Feldzuge  dem  Andenken  überliefert?  —  Strateg. 
I.  5»  »(i  heisst  es:  Euiidem  errorem  obierturi  nnstiis 
Ligures,  per  diversa  buculos  etc.  Niemand  gibt  die  (iuelle 
dieses  Strategems  an.  Auffallend  konnte  auch  ersdieinen, 
dass  nicht  der  romische  Febllierr,  der  es  ausgefiihrt , 
namhaft  gemacht  ist.  Endlich  steht  statt  nostris  im 
Medic.  pr.  nieis   (sc.  Frontini  militibus).      Ist  dieses   eine 


gewöhnliche  Verwechselung  ziiisclien  nostris  und  meis', 
wie  sie  wohl  nicht  selten  v<irk"nim(  !  Oiler  ist  meis  eine 
Interpretation,  so  dass  auch  nnslris  so  viel  w.'ire,  als 
„Romanis,  mc  dnre"?  Eine  solche  Interpretation  kommt 
im  nämlichen  Codex  gleich  unten  vor,  wo  er  statt  ^ucu- 
los  hat  vitulos.  Ich  will  Nichts  behaupten  ;  allein  es  ist 
so  unwahrscheinlicli  nicht,  ilass  dieses  Strategen!  dem 
Frontinus  beigelegt  werden  müsse.  Die  Erwi'ihnuiig  ist 
so  bescheiden,  dass  sie  den  Neid  des  Domitianus  wohl 
niclit  erregen  konnte.  Denuiach  hätte  I'rontin  auch  gegen 
die  Ligures  im  Felde  gestanden.  Nein:  ich  würde  dana 
statt  Ligures  mit  einer  ganz  unbedeutenden  Aenderung 
lesen  Silures.  Der  Name  Ligures  an  dieser  Stelle 
war  schon  dem  Scriverius  verdächtig,  und  Sanatus  er- 
wähnt statt  ilessen  nunnullos.  Somit  hätten  wir  hier 
einen  kleinen  Zug  aus   des  Frontinus   britannischem  Feld- 


§.    5.     Fronlinus   im   germanischen    Kriege    gegen 
die   Cutleji. 

Oudendorp  hat  (Strateg.  IV.  3,  l4)  zuerst  die  I3emer- 
knng  gemacht,  „in  der  in  dem  Strateg.  des  Frontinus  so 
häufig  vorkommenden  Erwähnung  v<in  Thaten ,  die  unter 
Domitian's  Regierung  ausgeführt  worden,  schiene  der 
Beweis  zu  liegen,  dass  Frontin  selbst  hei  der  Ausführung 
dieser  Thaten  zugegen  gewesen  sei.''  Und  nach  ihm 
behauptet  Schultz,  Frontin  hätte  im  Kriege  gegen  die 
Catten  und  am  Rhein  einen  Befehl  gehabt.  Dass  Frontin 
am  dacischen  Kriege  Theil  genommen,  wird  im  folgen- 
den Paragraphen  gezeigt  werden.  Aber  auch  vor  diesem 
nahmen  ihn  die  gegen  ilie  auswärtigen  Feinde  zu  füh- 
renden Wafl'en  in  Anspruch.  Er  klagt  selbst  in  der  Ein- 
leitung zur  Schrift  de  agrornm  quäl,  darüber,  dass  er 
seiner  Neigung  zur  Schriftstellerei  inter  armnruin  excr- 
cifationes  sich  nicht  ganz  hingeben  könnte.  Diese  Kriege, 
woran  er  Theil  gehabt  hat,  sind  unstreitig  die  gern)ani- 
si  heil ,  namentlich  der  Krieg  gegen  die  Catten  im  J.  837. 
Aus  diesem  führt  er  drei  .Strategeme  des  Domitianus  an, 
Oller,  da  dieser  schwerlich  einen  Feind  gesehen  hat 
(Dio  LXVII),  vielmehr  eines  seiner  Feldherrii  ,  vielleicht 
gerade  des   Frontinus.      Lassen    wir   illeselben    hier   folgen. 

1)  Strateg.  II.  3,  L'3 :  Da  die  Catten  w  iederlioleiKlich 
dadurch,  dass  sie  in  ihre  Wälder  ziirückllobeii ,  das  Rei- 
tertrefFen  durchkreuzten,  befahl  Domitiaiuis  seiner  Rei- 
terei, wenn  sie  an  Orte  verlockt  würde,  die  für  einen 
I\ampf  sich  nicht  eigneten,  von  den  Pferden  zu  springen 
iiMil  zu  Fuss  zu  schl.igen.  So  gelang  ihm  der  Sieg 
■illenthalben."  —  An,  der  Richtigkeit  der  von  Stewechios 
gemachten  ^'erbesscrung  Calti ,  welche  die  folgenden 
Editoren  angenommen  haben,  ist  nicht  zu  zweifeln,  da 
derselbe  Namen  auf  ähnliche  Weise  in  deuBüchern  ler- 
dorben   ist.      Tacit.    Ann.    XII.    '.' / . 

2)  Straten.  II.  1  I,  7  :  „Als  Domitianus  in  dem  Kriege, 
in  welchem  er  durch  die  Beslegiing  der  Feinde  sich  den 
lieinainen  Germaiiiciis  erwarb,  in  dem  Gebiete  der  Lbier 
(in  finibiis  Ubioruml!)  eine  ^'erschanzung  aiifwarf,  Hess 
er  für  die  Feldfrüchle  auf  den  zu  seinem  Zwecke  be- 
nutzten Orten  eine  Entschädigung  zahlen  und  erwarb 
sich  durch  diese  Billigkeit  allgemeines  Zutrauen."  — 
Die  Handschrifteil  haben  Cuiiurum,    Copiurum,    Copiarum. 


839 


840 


Daraus  mac-lito  !\loiliiis  l'üiorum ,  uiiil  fi'ihrfe  dafür  an 
Flur.  IV.  17,  2i)-  Man  hat  Ursache,  sich  zu  uuiidern, 
das»  die  Editoren  diese  Aenderuiiff  nachgebetet  Iiabcn , 
und  dass  Ouileiidorp  seihst  es  nicht  (.'«""agt  hat,  sie  aus 
dem  Text  zu  iiericn;  denn  die  Stelle  des  Florns  gehört 
einer ^gaiiz  anderen  früheren  Zeit  an.  Zudem  lehren  dio 
unistchenileu  Sfrategenie,  dass  ein  den  Romern  feindlich 
gesinntes,  nicht  unter(h.'iniges  ^'ollc,  ein  germanisclies 
Volk  auf  der  rechten  Khcinseite,  an  dieser  Stelle  ge- 
nannt «ordfn  sein  muss,  «elches  üomitian  sich  durch 
seine  institia  zur  Freundschaft  verbunden  hat.  Die  Ubier 
aber,  welche  auf  der  linken  Rheinseite  «ohnten,  waren 
längst  Uulerthanen  der  Reimer.  Oudcndorp  schlagt  vor 
Lsipionim.  Von  diesen  sagt  freilich  Tacitus  (Germ.  32): 
l'roxiuii  Catfis  —  Usipii  et  Tencteri  colunt.  Aber  diese 
Usipii  (oder  Usipetcs )  wohnten  damals  wahrscheinlich 
mehr  nach  Norden,  nach  dem  Kiedcrrhein  hin;  denn 
sie  werden  auch  mit  den  Tubantes  (Tacit.  Ann.  Xlil.  5ö) 
zusammen  genannt,  Nachbarn  der  Frisen.  Bei  dem  häu- 
figen AVechsel  der  Wohnsitze  der  germanischen  V^ölker 
ist  es  sehr  schwer,  den  echten  Namen  zu  bestimmen. 
üa  aber  des  I)i)niitianus  Kriegszng  doch  hauptsächlich 
den  Catten  galt,  so  muss  der  Name  eines  Volkes  resti- 
tuirt  werden,  welches  zu  üomitian's  Zeiten  auf  der  rech- 
ten Rheinscite  zwischen  dem  Rhein  und  den  Catten  ge- 
wohnt hat.  .Vus  der  Lesart  eines  Codex  Municipiorum 
golhe  man  fast  vermuflien  Mulliacorum.  Diese  !Mattiaci 
waren  ein  Zweig  der  Catten  und  noch  unter  dem  allge- 
meinen Namen  der  Catten  mit  inbegriffen;  sie  wohnten, 
nachdem  Gernianicns  (des  Drusus  Sohn)  ihren  Haupiort 
3Iattiuni  zerstört  hatte,  zwischen  Lahn  und  fliain,  dem 
ältesten  \V<>hnsi(zc  der  Ubier.  Mehr  jedoch  bin  ich  ge- 
neigt, Callorum  zu  lesen,  ein  Name,  der  so  oft  und 
so  verschiedenarlig  verdorben  worden  ist,  nnd  welcher 
sich  von  den  Zügen  der  Handschriften  so  gut  wie  gar 
n.tht   unterscheidet. 

3)  Strateg.  I.  1,  8:  jiAls  Domitianus  die  Germanen, 
die  unter  den  Waffen  standen,  überrumpeln  ivollte,  und 
er  wohl  w  ussle ,  dass  sie  grössere  Rüstungen  machen 
würden,  wenn  sie  von  seiner  .Ankunft  vorher  Kunde  er- 
halten iiätlen ,  bemäntelte  er  seinen  Feldzug  durch  Vor- 
schützung  eines  in  Gallien  abzuhaltenden  Census.  Unter- 
desscT!  grill"  er  plötzlich  an,  zermalmte  den  Uebermuth 
iler  unbändigen  Völker  und  sorgte  für  die  Ruhe  der 
Proiinzeu.'-  —  Die  gewöhnliche  Lesart  ist:  ce/istt  ob- 
U.iuit  (jdUiarum.  Sub  quibus  eic.  Anstatt  Sub  ijuibus 
«ersucht  Oudendorp  Sic  ijuictis  oder  Sic  Ca/tis.  Allein 
Sub  ijuibiis  ist  gesichert  durch  die  Uebereinstimmung 
der  llanilsrhriften  und  Kditioiien;  gesichert  durch  den 
Charakter  der  Erzählung  im  Vcrg!ei<h  zu  den  umste- 
henden Ivriegtlisten  (vergl.  .Scriver.);  gesichert  au<h  durch 
die  Gran.niatik,  nach  welcher  sub  während  bedeuten 
kann  (vergl.  Oudendorp).  AVir  sind  also  eher  berechtigt, 
über  das  vorhergehende  cenHU  Redenken  zu  tragen,  wel- 
ches keine  so  grosse  Autorität  hat.  Ich  lese  daher  cen- 
sibun.  Erstens  wtirile  dieses  Wort  geschrieben  censii' 
oder  ccnsibu  l  und  zweitens  konnte  die  Endung  leicht 
verdorben    werden  durch   die   Aehnlichkeit    der    folgenden 


Sylbe  o'j.  In  einem  Codex  steht  percensu ,  statt  per 
ceiisus:  vielleicht  eine  Erklärung  des  ursprünglichen 
ce/isibus. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Persoxial-Clironik  uud  IMiscellen. 

Baden.  Der  Grosshcrzogl.  Obcrbtudicnialli  zu  K.irlsriihc 
hil  durch  ein  Generale  vcrorcinet;  1)  an  allen  iliiii  nntcigebe- 
ncn  Lehranstalten  müssen  die  Lehrer  in  Fallen  der  Verhinde- 
rung eine  förmliche  schriltliche  Anzeige  an  die  Dircction  machen 
und  den  Grund  genau  angeben  ,  warum  sie  eine  Oiler  mehrere 
Lchrstundcn  aussetzen  müssen ;  2)  jede  Dircciion  hat  für  das 
ganze  Jahr  alle  Versäumnisse  der  Lehrer  in  ein  eigens  zu  hal- 
tendes Register  einzutragen  j  imd  3)  dasscihc  saninil  den  Origi- 
nalcingabcn  der  Lehrer  am  \in<3e  des  Schuljahres  dem  Prülungs- 
Coninüssur  vorzulegen.  —  Diese  Verordnung  hat  überrascht  und 
zur  Eriiallung  eines  freundlichen,  allein  heilsajiicn  Verhältnisses 
zwischen  Diicctor  und  Lchrein  nichts  weniger  als  beigetragen. 
Wenn  der  Director  der  Polizci-Conimissar  dir  Anstalt  irii  ciassen 
Sinne  des  Wortes  ist  und  sein  soll,  dann  möchte  man  an  einer 
die  Sache  des  Unterrichts  fördernden  Stimmung  des  Lchvstandcs 
verzweifeln,  üebrigens  fallt  diese  Verordnung  gerade  den  tüch- 
tigen und  geistig  superioren  Directoien  am  ineist(Ui  lastig,  weil 
sie  in  ein  Vcihaltniss  zu  den  Lehrern  genölhigt  werden  ,  das 
dem  Zwecke  der  Anstalt  schädlich  ist.  Die  Lehrer  selbst  fühlen 
sich  gekr.inkt,  da  keinem  Staatsdiener  irgend  eines  Zweiges  der 
Verwaltung,  ja  nicht  einmal  einem  Dorfschulnieister  eine  solche 
Verbindlichkeit  obliegt.  x. 

Dorpat  im  Aug.  1839.  In  Folge  eines  Missverständnisses 
ist  im  Noveiiiberhcfte  des  Jahrganges  18.SÖ  dieser  Zeitschrift  ein 
Aufsatz  von  mir,  RhadamanUijs  üherscbrieben  ,  abgedruckt 
worden,  den  ich  im  Jahre  1834  geschrieben,  und  welchen  die 
friiliere  Uedaction  auf  mein  ausdiücklichcs  Verlangen  auf  die 
Seite  gelegt  hatte.  *)  Ich  bemerke  dieses,  weil  man  zwischen 
den  dort  und  spater  von  mir  über  das  Verballniss  der  ägyp- 
tischen Cultur  und  Religion  zur  hellenischen  ausgesprochenen 
Ansichten  erhebliche  Widersprüche   finden    könnte. 

Dr.  Prcllcr. 

Kiel.  Dem  Index  Scholarum  für  das  Sommcrsemesler  t839 
griit  voran  G  G.  Nitzschii,  Prof.  liier,  anliq.,  ad  Loheckii 
Aglaophainum  CoroUar.  1  de  sacerdolihos  Graccorum.  —  Zur 
fünfund/.wan/igjäbrigcn  Amtsfeier  (29.  Juni)  des  Etatsraths  Dr. 
Nie.  Falck,  prof.  iur,,  schrieb  der  Dekan  der  juristischen  Fa- 
cult.it  G.  C.  liurchardi  eine  Abhandlung  Je  lege  liubria, 
gegen  J'ucUla ,  der  (civilist.  Abhandl.  p.  72  sq.)  lex  Rubria  für 
den  eigentlichen  Namen  der  sogenannten  lex  (ialliae  Cisalpinae 
halt,  i'ür  dieselbe  Feier  behandelt  die  Gratulationsschrift  des 
Ribliothekar  und  Professor  Ratjen  die  Frage:  Hat  die  stoische 
Philosophie  bedeutenden  Einduss  namentlich  auf  die  in  Jiisti- 
nians  Pandekten  exccrpirtcn   juristischen  Schriften  gehabt?     O* 

Hamburg.  Als  Osterprogranim  des  Johanncuni  ist  erschie- 
nen: De  nrationis  a  M.  T.  Cicerone  in  Senatii  Nonis  Decem- 
biihus  babilae  consilio  et  aucloritate  ,  pracmissa  brevi  ctitica 
bisloria  orationum  r|iiatuor  Calilinariaruin ,  coinineiitatus  est 
E.  P.  Jlinvichs  ,  Joannci  prof.     XXXVII  S.  4. 

Halle.  Der  bisherige  ausserordentliche  Prof.  Dr.  Edpard 
E  r  d  ni  a  n  n  ist  zum  ordentlichen  Prol'essor  in  der  philosophischen 
Facultat  ernannt  worden. 

Breslau.  Der  Professor  der  Theologie  Dr.  Wilh.  B  öhmer 
bat  das  Pr.idicat  eines  Cuusislorialraihs  erhalten. 

*)  Die    jetzige    Redaclion    hat   von    diesem   Verlangen    keine 
Kcnntniss  gehabt.  Dr.  K.  Z. 


Zeitschrift 


für    die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Mittwoch,  4.  September 


1  8  3  9. 


Nr.  106. 


Bruchslücke  aus  dem  Leben  des  Sexlus  Julius 

Frontinns,  von  A.  Dederich. 

(For  ts  etzuiisf.) 

In  zeitgemä.ssen  Einklang'  mit  »Icr  Tliätigkeit  Fron- 
tin's  in  ilen  germanisrhi-n  Kriegen  L'isst  sich  bringen 
folgende  im  Sirona-Baile  bei  Oppeiilieini  g^efnndene  In- 
schrift: DEO.  APOLLIM.  ET.  SIRONAE.  lüLIi. 
FRONTINA.  V.  S.  P.  L.  L.  M.  Srliulti'  seizt  dieselbe 
in's  J.  S3V)  und  sagt  darüber:  „Da  unter  den  ^'otiv-i>liin- 
zen ,  die  in  Gvps  oder  Tlionkugeln  cingesihlossen  in  der 
Schwefelquelle  neben  der  Inschrift  gefunden  norden, 
eine  Münze  des  Doniitian  ans  jenem  Jahre  (Cos.  XII) 
mit  dem  Sinnbildc  und  der  Umschrift  ., Fortuna  Angnsti", 
welche  Eckliel  nicht  kennt,  die  älteste  ist;  so  kann  über 
lue  Zeit  dieses  Denkmals  kein  Zweifel  obwalten  ,  und 
darf  man  Inschrift  und  IMünzc  wolil  einer  Tochter  nnseres 
Frontinus  zuschreiben."  Ich  mochte  rlieselbe,  weil  in 
diesem  Jahre  der  dacischc  Krieg  seinen  Anfang  nahm, 
lieber  in's  Jahr  838  oder  837  setzen,  in  welchem  Fron- 
tin mit  in  den  Krieg  gegen  die  Catten  gezogen  ist. 
Schultz's  Gründe  sind  nidit  dagegen.  (Uebcr  die  Sirona 
vergl.  Forcellin.   Lex.    [nnper   ed.]   s.   v.   Sirona). 

Noch  eine  zueite  Inschrift  ist  am  Rhein  gefunden 
worden  zu  Kellen  bei  Clcve,  auf  einem  Votir- Altar, 
welche  nach  des  Kenchenins  Ergänzung  also  lautet  : 
I.  O.  iM.  IüNOjNI.  MINERVAE.  PRO.  SAL.  SEXTI. 
lUL.  FRONTIM.  Weil  der  Fundort  nicht  weit  von 
Vetera  Castra  (Xanten)  entfernt  ist,  glaubt  Schnitz,  die 
Inschrift  gehöre  der  Zeit  ilcr  Unterwerfung  der  Lingones 
an;  an  einer  andern  Stelle  aber  zielit  er  sie  in  den  ger- 
manischen Krieg.  Welche  IMeinung  die  richtige  sei, 
lässt  sich  nicht  ermitteln.  Man  kann  nur  schwanken 
zwischen   den  Jahren   SJ  i   und   8  !7. 

Da  die  alten  Geschichtsc  hreiber  über  die  erdichteten 
Siege  des  Domitianus  sich  lustig  machen  und  über  ilessen 
gefeierte  Triumphe  spottein,  ist  es  befremdend,  dass 
meines  Wissens  noch  kein  Geschichtsforscher  die  Frage 
aufgeworfen  hat:  ob  Frontin  uns  auch  Wahrheiten  berich- 
tet habe?  Die  Schriftsteller  reden  nur  im  Allgemeinen 
von  dem  unglücklichen  Ausgange  des  Krieges  gegen  die 
Germanen,  und  eine  Schilderung  der  einzelneu  Uegeben- 
heiten  mangelt  nns  ganz  und  gar.  Die  einzigen  Einzel- 
heiten sind  diejenigen ,  «eiche  uns  Frontin  aufbewahrt 
hat.  Aus  dem  Gesagten  ist  es  nicht  zu  bezweifeln,  dass 
Froutin  am  Kriege  Antheil  gehabt  habe;  und  walirschcin- 


lich  ist  er  Augenzeuge  der  erzrihlten  Begebenheiten  ge- 
wesen, ja  vielleicht  sogar  der  Urheber  selbst.  Und  ob- 
gleich der  Krieg  im  Ganzen  unglücklich  geführt  worden, 
so  kann  man  dennoch  nicht  die  IMöglichkeit  in  Abrede 
stellen,  dass  einzelne  rühmliche  Begebenheiten  sich  unter 
den  FcliNierrn,  die  statt  des  Doniitian  im  Felde  waren, 
namentlich  unter  der  Führung  des  kriegskundigen  Frontin, 
zngetragen  haften.  Frontin  ( —  magnns  vir  — )  steht  zn 
hoch,  als  ilass  man  es  wagen  dürfte  zu  sagen,  er  habe 
jene  Strategeme  geradezu  ersonnen.  Das  kiinnen  wir, 
oder  wir  müssten  die  übrigen  Geschichtschreiber  Lügen 
str.-ifen,  mit  Gewsishcit  sagen,  dass  das  Streben,  dem 
Tyrannen  Domitian  zu  schmeicheln,  ihn  veranlasst  haben 
mag,  sich  wenigstens  Uebertreibungen  zu  erlauben  und 
so  der  Wahrheit  zu  nahe  zu  treten.  Von  dieser  Schmei- 
(helei  ist  dasselbige  zu  urtheilen,  was  von  der  des  Vel- 
Icjus  Patercnlus  gegen  seinen  Fürsten  Tiberius.  Die 
Furcht  vor  den  Tyrannen  hat  ilie  Geschichte  verfälscht 
(Tacit.  Ann.  I.  1);  denn  auch  das  Stillschweigen  ge- 
reichte zur  Beschuldigung.  S.  Rnhnken  Praefat.  ad  Vel- 
Ici.   Fat. 

Sowie  aber  Frontin  dem  Domitian  im  Leben  geschmei- 
chelt, so  verachtete  er  ihn  nach  dessen  Tod.  So  ver- 
schmäht er  CS,  ihn,  dessen  Andenken  nach  einem  Senats- 
beschlusse  getilgt  werden  sollte,  neben  dem  Consul  Mes- 
sala  als  dessen  CoUegen  zu  nennen  (de  Aqnaed.  102); 
und  sagt  (ibid.  l|s)  verächtlich  von  ihm:  redituni  in 
Doniitiani  loculos  conversnm;  an  welcher  Stelle  ihm  zu- 
gleich die  iustitia  des  Nerva  entgegengesetzt  wird,  in 
directem  Widerspruche  mit  der  (Strateg.  II.  H,  7)  ge- 
rühmten  iustifiae   fania  Domitiani. 

Sowie  Frontin  dem  Doniitian  schmeichelt,  den  er 
sogar  tantiis  dux  nennt  (Strat.  I.  I,  8),  und  die  Thaten 
Anderer  auf  ihn  überträgt;  gerade  so  schreibt  er  in  sei- 
ner Schrift  de  Aijuaed.  seine  Einrichtungen  dem  Nerva 
zu:  worüber  vgl.  de  Aquaed.  Art.  f.  64.  .SU.  OJ.  109-  118. 
Die  Schmeicheleien  gegen  den  alten  trefflichen  Nerva 
lassen  sich  ans  der  Wonne  und  gleichsam  dem  Dank 
gegen  die  Vorsehung  entschuldigen  ,  dass  er  nach  der 
mehrjährigen  Tyrannei  des  Domitian  endlich  einmal  wie- 
der freien   Athem  schöpfen   konnte. 

§.  6.     Frontinus  im  dacischen   Kriege. 

Für  die  Theilnahme  Frontin's  am  dacischen  Kriege 
unter  Domitianus  haben  wir  zwei  sich  entsprechende  un- 
verwcrfliche  Zeugnisse,  das  eine  vom  Frontin  Strateg.  I. 


843 


SU 


3,  10-  nn<I  «las  andere  von  EbciuloinsolLen  in  seiner  Eln- 
Icitnii;;  znr  Schrift  de  a^rorum  cjualilale  (Lei  Gucsins  do 
rc  a^'raria  p.  2S):  deren  Abfassnnj  nn(cr  Andern  SehuUz 
dem  Fronfin  aiiPs  hartn.'ukigsfe  streitig  zn  machen  sucht. 
In  «lieser  Einlcitnnjj,  deren  Inhalt  Hcnigslens  sich  als 
ein  sicheres  historisches  Zen-jniss  geltend  macht ,  erzählt 
Frontin  einem  jfei\isscn  Celsus,  dass  er  eiiie  Schrift  (de 
agr.  <jual.)  nnler  Händen  h.'itte ,  die  er  ihm,  als  Sach- 
kenner, nidmen  und  zur  Bcurtheiliing'  vorle);en  «olle. 
Aber  durch  den  Feldzuj  des  Kaisers  « ird  er  im  Schrei- 
ben gestört  und  zieht  mit  in  den  Krieg.  Sobald  «ir 
aller  —  fahrt  er  fort  —  in's  feindliche  Land  gedrungen 
Haren,  fand  ich  sogleich  Gelegenheit,  meine  Hlesskunsf 
in  der  Praxis  anznucuden.  Es  mussten  uämlich  zwei 
Ojierationslinien  gezogen  werden,  zwischen  welchen  ein 
bestimmter  Wegesranm  gelassen  werden,  und  an  welchen 
sich,  znm  Schutz  des  Weges,  ungeheuere  Vcrjiallisadi- 
rnngen  erheben  sollten.  Diese  Linien  bahnte  mit  Hülfe 
meiner  Kunst  die  Anwendung  der  Blessstange  u.  s.  w. 
Nachdem  so  Doniitianns  darauf  und  daran  war,  die  Be- 
siegung Daciens  sich  zu  eroll'iien,  und  die  günstigen  Fort- 
schritte ihm  in  die  nördlichen  Gegenden  vorzudringen 
gestatteten  ;  kehrte  ich  zn  meinem  Studium  zurück  und 
sammelte  und  ordnete  meine  gemachten  i5cobichtnngcn.  — 
Es  folgt  hier,  wegen  der  schwierigen  Worte  und  der  bis- 
herigen Verschiedenheit  in  der  Lesart  und  Auslegung, 
die  ganze   ütelle   in  ihrem  2Susammenhang'e. 

Interea  »enit  clära  sacratissimi  Imperatoris  nostri  cx- 
pcditio,  quae  nie  in  ipsa  scribendi  festinationc  praepediit. 
Aam  dum  armnrum  magis  exerceor  curis,  totum  hoc  ne- 
gotium vchit  oblitns  intermiseram ,  nee  (juicquam  aliud 
«|uam  belli  gloriam  cogitabaui.  At  postquam  priinuni 
liosticam  terram  intrariinus,  statim  coelestia  ')  Cacsaris 
nostri  opera  mensurarnni  ratione'')  exercere  coepi.  Erant 
daudi  interienientc  certo  itineris  spatio  duo  rigores  or- 
dinati  ^),  ijuilms  in  tutelain  commeandi  ingens  vallorum 
adsurgerct  nioles.  Hos  interrentu  opcris  ad  aciem  decisa 
parte,  fcrranienti  nsns  explicuit.  Kam  qnod  ad  notitiam 
pontium  pertinct  et  (luniinum  latitudinem,  disccrnerc, 
ctiam  si  hostis  infestare  voluissct,  ex  proxima  ripa  pote- 
ramus.  Expiignandorum  deinde  montiiim  altitudines  ut 
scircm,  mihi  veneratis  üiis  ratio  monstrabat,  quam  ego 
in  Omnibus  tcmporibns  aiinotabain.  At  postquam  niagnarum 
rerum  cxperimenta  rcligiosius  colere  coepi,  ad  consiim- 
mandnrn  hunc  librum  velut  ad  vota  reddenda  properari. 
Postqnani  ergo  maxinius  Imperator  '')  victoriam  Uaciani  ') 
proximc  reseraiit,  et  statim  ca  '')  ad  scptentrioiialem 
plagam  transirc  pcrmisit;    ego  ad  Studium  uieum  tanquam 

1)  So  Ri-.iltius  aus  dem  coJ.  Hcrvcli.  Die  Vulgala  hlCelsi. 
VitllcicM  cehUsimi? 

2)  So  ist  <lic  Stelle  richtig.  Goesius  will:  opcra  -  CNigcic 
oder  ctigcre ,  wegen  des  rolgciuleu  vallorum  ailsuis'cict 
molcs. 

3)  1.  e.  liniltej. 

4)  i.  e.  Domiliauus,  nicht  Traianus  ,  den  Vos^ius  de  Ilist. 
Lit.   irrlhiimlichcr  AVcise  vcrsitlil. 

5)  i.  c.  de  Dacia.  Ver^I.  Dictjs  I.  21:  victoria  Tioiana, 
i.  c.  de  Tioianis.     .Andere  :  victoria  Daciain. 

6)  Utber  diese  Verbesserung  der  Stelle  s.  unten. 


ad   otium  sum  reversus ,    et  multa ,    velut    scripta  foliis  et 
gparsa  in  artis  ordinem  laturus  ,  recoUegi. 

Ganz  dieselbe  Sache  ist  crz.'lhlt  in  den  Straleg.  I. 
3,  lü:  Imperator  Caesar  Domitianus  Augustns ,  quuui 
Germani  ")  more  suo  et  saltibns  et  ohscuris  latcbris  sub- 
iude  inipugnarent  nostros,  tutumque  regressum  in  pro- 
funda silvarum  haberenl  ,  limitibns  per  centum  liginti 
millia  passnum  actis,  non  miitavit  tantum  statnm  belli, 
sed  snbiecit  ditioni  suae  ho.'.tcs,  quorum  refugia  nuda- 
vcrat.  *) 

Frontinus  ist  es  also  gewesen,  welcher  unter  Domi- 
tianus diesen  limcs  von  120,000  Schritten,  wie  einen 
Keil ,  in  Dacien  hineingeschlagen  hat.  Beide  Stellen 
erklaren  sich  gegenseitig:  aus  der  ersten  ersehen  wir, 
tcie  der  linies  ist  angelegt  ivorden,  aus  der  ziveiten, 
warutn  und  mit  welchem  Erfolge.  Und  ganz  gewiss  sind 
beide  von  der  Hand  unseres  Frontinus  geschrieben  ,  die 
erste  wenigstens  der  Sache  nach,  mag  auch  eine  spätere 
Hand  einiges  Unwesentliche  in  den  Worten  geändert 
haben:  denn  aus  welcher  Quelle  sollte  ein  Spaterer  den 
Inhalt  geschöpft  haben ,  der  sonst  nirgends  vorkommt  ? 
Er  müsste  denn  ein  Geschichtsforscher  gewesen  sein, 
welcher  sich  durch  eigenen  Scharfsinn  aus  den  Strateg. 
jenen  natürlichen  Zusauimenhang  gebildet  hatte.  Allein 
wozu  solcher  Scharfsinn  in  der  Einleitung  zu  einer  Schrift 
de  agr.  quäl.  ,  da  es  jedem  Späteren  doch  mehr  um  den 
eigentlichen  Inhalt  der  Schrift  selbst  zu  thuu  war,  und 
die  historischen  Zengnisse  der  Einleitung  fern  liegen 
mussten ;  auch  in  dem  Stile  der  Erzählung  finde  ich 
durchaus  Nichts,  was  dem  Charakter  des  Frontin  und 
seiner  Zeit   widerspräche. 

Allein  wie  p:«ssen  denn  die  Worte  statim  ad  septen- 
iriuiialem  plagam  tranaire  permissit  (so  lieset  man  näm- 
lich gewöhnlich)  auf  den  Frontin,  da  ja  Martial  (X.  58) 
von  ihm  singt:  Anxuris  aeqnorei  etc.?  —  wirft  Goesius 
(]\ot.  p.  14..')  ein,  der  daraus  den  Schlnss  zieht,  die 
Schrift  de  agrorum  quäl,  sei  nicht  von  Frontin.  Aller- 
dings ist  Frontill  in  der  septentrionalis  plaga  beschäftigt 
gewesen,  nämlich  in  den  Rlicingegeiiden.  Allein  diese 
Thatigkeit  verträgt  sich  nicht  mit  dem  Ziisanimenhang 
unserer  Stelle.  Aber  gesetzt  auch,  ein  Späterer  hätte 
die  U'ortc  geschrieben,  so  wird  dieser  doch  nicht  ein 
60  unwissender  3]ensch  gewesen  sein,  dass  er  den  Fron- 
tin in  die  plaga  septentrionalis  eilen  lässt ,  um  dort  sein 
Buch  zn  vollenden  (ad  conjummandum  librum);  dass  er 
ihn  dahin  ad  otium  tanquam  ad  studium  gehen  lässt,  wo 
immerfort  die  Waden  ertönten.  Die  Worte  sind  also, 
wie  sie  in  der  >'ulgata  stehen,  ganz  ge»iiss  verdorben. 
Man  könnte  ändern:  statim  (mihi)  a  seplentrionali  plaga 
(i.  e.  Dacia)  Romam  tranaire  penniisit.  Eine  Aenderung, 
welche  Solchen,  die  mit  den  Schriftzügen  und  Abkür- 
zungen der  Abschreiber  vertraut  sind,  als  eine  ganz  leichte 
vorkommen  wird  ;  zudem  passt  sie  ganz  herrlich  in  die 
Constru(tion  und  in  den  sachlichen  Zusaininciihang.  Aber 
liesse  sich  die  Stelle  nicht  auch  ohne  Aenderung  erklären? 
Allerdings,  und  zwar  so:    ,,Kachdcm  Domitian    sich  den 


7)  i.  c.  Daci,  wie  die  Veiyli'iclning  obiger  Stelle  lehrt. 

8)  E.icisa    Silva   atquc    in  cxslriiendo    liiiiite   seil    vallo   con- 
sunipta.     Scrivev      Richtig. 


8.45 


84G 


<lacisthen  Sieg  crOlTiief  haue,  gos<at(efo  ihm  «lieser  (ea, 
nämlich  victoria ,  als  Siilijcct,  «elchcs  man  sich  ans  dem 
Accus,  victoriain  ilacicam  ergänzen  muss)  in  «lie  iiürcllichou 
Tlieile  von  Dacicn  cinziiilringen."  Allein  da  in  dieser, 
obivohl  sia<(liaffen  ,  Erklärung  etwas  Gczwiiiigcnes  liegt, 
schlage  ich  vor,  so  zu  lesen,  «ie  ich  mit  einer  leichten 
Aenderiing  oben  im  Zusammenhange  angegeben  habe; 
wonach  der  Sinn  ist:  „Nachilem  Domitian  nicht  «eit 
davon  entfernt  «ar,  sich  den  Sieg  über  Darien  zu  eröff- 
nen, lind  dieser  Sieg  ihm  gestattete  ( —  nämlich  wenn 
Domitan  im  Geiste  Frontin's  fortgefahren  hiitte  — ),  so- 
gleich in  die  nördlichen  Gegenden  von  Dacien  (oder  auch 
darüber  hinaus)  vorzudringen  ;  kehrte  ich  zu  meinen  Stu- 
dien zurück  n.   s.   \v." 

Ob  der  bei  Tacitus  (Germ.  29)  erwähnte  limes  actus 
derselbe  sei  mit  dem  von  Frontin  bewerkstelligten,  wie 
Schnitz  glaubt,  lassen  wir  dahingestellt  sein.  Ich  für 
meinen  Theil  mochte  den  Tacitinischen  für  einen  ganz 
verschiedenen  halten,  indem  er  mehr  auf  die  Uheingegen- 
den  Bczng  hat.  Ucber  die  ßeschaffenlicit  eines  linies  im 
Allgemeinen  vergl.  Gronov.  zu  Tacit.  Ann.  I.  50  und 
Germ.   29-      Ei)enso  Salmas.   zu   Solin.   p.   ßfiO  sqq. 

Nach  Frontin's  Worten  ,,Intcrea  venit  -  expeditio " 
lind  ,,postqnam  prinium  hosticani  terram  intravimus",  ist 
der  linies  gleich  im  Anfange  des  dacischeii  Krieges  ge- 
zogen worden,  also  im  J.  839.  Eine  ausführliche  Be- 
schreibung des  Krieges  haben  wir  nicht;  und  unter  den 
vom  Domitian  hingesandten  Fcldherrn  wird  nirgends  Fron- 
lin,  ebenso  wenig  dessen  limes,  erwähnt.  Julianus  war 
mit  der  Kriegsführung  beauftragt  worden  (Dio  LX^'II). 
I^ielleirht  stand  Frontin   unter   diesem. 

Warum  tritt  aber  Frontin  so  ras<  h  vom  Kriegsschau- 
platze ab?  —  Er  sagt:  At  postquani  magnarum  rerum 
cxperimenta  religiosius  colere  coepi,  ad  coiisummandum 
hunc  librnm  —  properavi.  Er  stellt  die  Sache  so  dar, 
als  ob  ihm  Domitian  erlaubt  hätte,  sich -dem  Kriege  zu 
entziehen,  um  in  der  Müsse  seine  gemachten  Beobach- 
tungen und  Erfahrungen  ,  an  denen  er  mit  Leib  und 
Seele  gchaiinpn  ,  aufzuschreiben  und  sein  begonnenes 
Werk  zu  vollenden.  Wahrscheinlich  entstellt  uns  hier 
Frontin  die  AVaiirheit  aus  Klugheit,  um  den  Doniiliaii 
nicht  zu  reizen.  Vielmehr  scheint  Domitian,  oder  dessen 
Olierfeldherr,  mit  scheelen  Augen  auf  seine  Operationen, 
die  günstigen  Erfolg  verhiesscn,  gesehen  zu  haben,  und 
hat  ihn  desshalb  kurz  nach  dem  Anfange  des  Krieges 
aus  j\'eid  vom  Heere  entfernt.  Dafür  spricht  auch  das 
einsame  und  den  Studien  geweihte  Leben  des  Frontin, 
der  sich  sogar  von  Rom  aus  den  Augen  des  scheclsüch- 
figen  Tyrannen  auf  seine  Güter  entfernte  und  nur  von 
Zeit  zu  Zeit  nach-  Rom  kam. 

§.  7.    Des  Fronlinus  schriflstellerische  T/iätig/ceit  u?iter 
der  Regieruns,  des  Domitiaiius.  —  a)  Des  Frontinus 
U  erk  de  agrorum  qualilate. 
Mxi  dem   dacischcn   Feldzuge    sriiliesst  Frontin's   mili- 
tärische Laufbahn.      ]\ach    seiner  Entfernung  vom  Heere 
ging  er  nach   Rom,    wo    er  zu    seiner  schriftstellerischen 
Müsse  zurückkehrte,  die  durch   die  AVaffen  unterbrochene 
Schrift  de  agr.   quäl,   wiederaufnahm,    das   Viele,   was   er 
einzelnen    zerstreuten  Blättern  anvertraut    hatte,    ordnete 


und  die  fertige  Schrift  dem  Publikum  übergab.  So  er- 
zählt er  selbst  in  der  Einleitung  zur  Schrift.  Das  war 
seine  erste  veriiflentliclite  Schrift  (priiiiiiin  sodiilitafis  im- 
pcndium;  tjrocinii  rudimenta) ,  die  er  seinem  gelehrten 
Freunde  und  Altersgenossen  Celsns ,  einem  Sachver- 
ständigen ,  bescheiden  zur  Beurtheilung  vorlegte  und 
ividmete. 

AVer  war  denn  ilieser  Celsus,  dein  Frontin  seine  Erst- 
linge darbrachte?  Der  in  den  Jahren  S()2  unil  866  als 
Consul  genannte  L.  Pnblilius  Celsus  war  wohl  zu  jung 
gegen  Frontin.  Vielleicht  war  es  Juvcnius  Celsns,  ein 
A^erschworner  gegen  das  Leben  Domitian's,  der  sich  aber 
durch  List  der  Rache  des  Tyrannen  entzog  (Dio  LXVII): 
derselbe  ausgezeichnete  Mann,  den  jedoch  Ifadrianus 
gleich  nach  dein  Antritte  seiner  Regierung  hinrichten 
liess,  «eil  er  nebst  Andern  beschuldigt  war,  ihm  auf  der 
Jagd   nachgestellt   zu   haben   (Dio   LXIX). 

Wer  er  auch  gewesen  sein  mag,  Froniiu's  Worte  an 
ihn  sind  uns  wichtig  und  laufen  in  einer  theiliveisc  freien 
Lebersetzung  folgenderniaassen:  ,,Es  ist  Allen  bekannt, 
Celsus,  dass  du  der  Inbegriff  meines  AVissens  bist.  Dess- 
halb habe  ich  vor,  die  Erstlinge  meines  Flcisses  vor 
deinen  Richterstuhl  zu  bringen.  Denn  da  unter  Alters- 
genossen eine  Nacheiferung  nothwendig  ist,  habe  ich  "-e- 
ineint.  Niemand  würde  meinen  A'ersuchen  einen  grösse- 
ren Vorschub  leisten,  als  derjenige,  welcher  in  diesem 
Zueige  der  stärkste  ist.  Damit  also  meine  Schrift  desto 
vollkommener  zur  Kenntniss  der  Interessenten  komme, 
so  eilt  sie,  weil  du  mit  deren  ganzem  InhaKe  vertraut 
bist,  zuerst  in  deine  Hände,  um  bei  dir  ihre  erste  Probe 
zn  bestehen,  und  alles  das,  was  sie  von  mir  mitten  im 
Feldlager  empfangen  konnte,  mit  dir  zu  vergleichen. 
Denn  wenn  sie  in  den  Händen  des  Publikums  die  Augen 
Aller  auf  sich  zu  ziehen  verdient,  so  fange  sie  von  dir 
an.  AVenii  du  glaubst,  zu  wenig  gewissenhafte  Sorgfalt 
sei  darauf  verwendet  worden,  und  wenn  es  dir  scheinen 
sollte,  als  ob  ich  hier  und  da  mich  hätte  gehen  lassen,  so 
möchte  es  mir  nicht  wenig  frommen,  durch  deine  Zu- 
rechtweisung der  Kritik  lästernder  Zungen  zuvorgekom- 
nii-n  zu  sein.  Wolle  es  entschnldigeii  ,  dass  die  Schrift 
niclif  innerhalb  der  Zeit  hat  fertig  werden  können,  inncr- 
h.ilb  welcher  die  Behandlung  dieser  Materie  meiner 
wissenschaftlichen  Müsse  bestimmt  gewesen  ist.  Denn 
der  Stoff  jedes  wissenschaftlichen  Zweiges  hat,  glaube 
i(  li ,  ein  weites  Feld,  und  damit  auch  in  diesem  minder 
erheblichen  Gegenstände  dem  Stoffe  IN'ichis  fehlte,  hatte 
icii  alle  Kräfte  aufgeboten.      Unterdessen   ii.   s.   w." 

Es  folgen  hier  auch  die  Worte  des  Frontinus  selbst. 
Jiili'is  Frontinns  Celso.  Notiim  est  oinnilms,  Cclse  , 
])cnes  tc  studiorum  nostrornm  mauere  suminam.  Ideoque 
primum  sediilitatis  meae  iinpendium  indiciis  tuis  offerre 
prnposni.  Nam  cum  sibi  inter  aeqnalcs  quendam  lociini 
deposcat  aemulatio  ,  neminem  magis  conatibns  iiostris 
priifuturnm  credidi  ,  quam  qui  in  hac  parte  plurimum 
possit.  Itaqiie  quo  cultior  in  quorundam  ')  notitiam  »eniat, 
omiiia  tibi  nofa  pcrlatnrns,  ad  te  primum  liier  ille  festi- 
nat,  ut  apud  tc  tvrocinii  rudimenta  deponat,  teciiin  con- 
ferat,    quicquid    a  mc   inter  ipsas  armurum  excrcitationes 

1)  Andere:    eorundem.     Hier  scheint  ein  Fehler  zu  stocken. 


847 


848 


acrinorp  potiiK.  >am  si  iiiororc<iir  publica  convrrsafione 
roiifi-rre  uiilversKriiiii  ociiliis,  a  te  iiofissiiiuini  iiiiipiat. 
Qiioil  si  illi  [lariiin  ililiijciifiMU  ndliiliitaiii  oiiraiii  ossc  cre- 
■liilcris,  et  si  in  aliinia  tpssassc  viilcaimir  parte,  nun  cxi- 
{Tiiiim  laliiiris  nioi  conspqiiar  friii-dini,  (juoil  te  miiiipnte 
niali-jn-iruin  lurrifeccriin  cxis<inia<ioiipMi.  (Juaeso  ifaque, 
i.i  non  rs)  iniprolmin  ,  lialcat  apiid  <e  (jiianiinm  oxciisa- 
ticiiicni  ,  (iiiiiil  iioii  potui-rit  po  tempore  <onsuiniiiari ,  quo 
Conus  lim-  inslrumenii  stmliis  nostris  deputafuin  psf.  ') 
Oniniiini  oiiini,  ut  putu,  liLeralium  studiorunt  ampla  nia- 
fpria  Psf ,  tili  ne  quid  desit  in  liac  modira  rp  ingenti 
auimo  adniovprani  virps.  ')  Inferpa  lenit  p(r.  fs.  ol)en 
S.  (■)).  —  Dpr  l,i<pinisplic  Ausdrurk  ist  ganz  der  ;;pi\.'ililte 
lind  ausscsuihte,  wie  er  dem  Frontin  aurli  in  spinen 
übrijjpu   Srhrifteii    pigentliiinilirli   ist. 

>ia(li  ilen  dei  G'opsius  (de  rc  agrar.)  vorkonmieudcn 
Schriften,  dip  unter  Fiontiu's  Namen  auf  uns  gekommen 
sind,  zu  urtheilen,  hat  Frontin's  Werk  den  Ilanpttitcl 
gefülirt:  De  agrnrum  qiialitate ;  und  zerfiel  in  drei  Theile: 
l)  Expositin  formarnni,  bei  Gopsius  p.  28  —  3"-  ~)  De 
liuiitibus  agroruni,  bei  (ioesius  p.  IJS — 44,  und  p.  65 — 7.'l. 
Wozu  gehört  das  fragmeiitnm  agrarium  de  limitibus 
p.  'J 1  .i  —  'il'.lj  und  ein  fragiiientum  ans  Frontin's  lib.  II. 
de  limitibus,  p.  3Uä  sq.  3)  De  coloniis  ,  bei  Gucsius 
p.    10.'—  14'. 

Dieses  Werk  ist  aber  nicht  in  seiner  ursprünglichen 
Reinheit  auf  uns  gpkomnien  ,  sonilprn  stark  intprpulirt 
ron  späteren  11,'iuden,  «ie  z.  ß.  im  Buche  de  coloniis 
erhellet  aus  der  in  ihm  vorkommenden  Erti'.'ihnung  des 
Kaisers  Hadrianus  (Gops.  p.  KtJ.  lO.i.  1()().  !',>().  139), 
und  sogar  dpr  noch  .spalpren  Kaiser  Severus,  Antoninas 
und  Commodus  (Goes.  p.  IU(i.  13.J.  l4ö)-  Allein  dass 
Yroiitin  tier  \'erfasser  eines  Werkes  unter  den  genannten 
Titeln  war,  ist  erstens  aus  der  Einleitung  des  Werkes 
erttiesen.  Zueilens  beivciset  es  die  Autorität  der  obgleich 
schnankendcu  Handschriften.  Der  Codex  des  Lipsius 
(Elecf.  I.  I,^)  hat  ilen  Titel:  Julii  Frontini  de  agrornm 
qualitate  ,  wovon  getrennt :  IJalbi  ad  Celsuin.  Expositio 
et  ratio  ouiniuin  formaruni.  IMit  diesem  stimmt  nbcrcin 
der  Codex,  den  Rutgersius  (Var.  Lect.  I.  1|)  dem  Ri- 
galtius  zum  Gebrauche  geschickt  hat:  ebenso  die  fragmenta 
Aceriana  und  der  Cod.  Memmii  ,  in  denen  als  besondere 
Ueberschrift  vorkommt:  luiipit  über  Halbi.  Expositio  et 
ratio  oinnium  formarum.  S.  Rigalt.  Obs.  p.  232  bei 
Goes.  In  anilern  Codices  » Lrd  für  die  Schrift  de  agr. 
quäl,  dem  Frontin  als  Verfasser  beigesellt  M,  Junins 
Nvpsus;  in  andern  noch  Gcrbertus,  der  Papst  (Svl'pster  II) 
und  Philosoph.  S.  Goes.  Not.  p.  142.  Am  Schlüsse 
der  expositio  formarum  hcisst  es    im  Cod.  Memmii    ,,Ei- 


1)  Die  Vülgal.i  liat  dispulalum.  Das  verstehe  ich  nicht. 
Andere:  ilepiitalum ,  i.  c.'  drslinatiun.  Richtiger.  Aber 
dle^c^  i,l  Spallitcin.  S.  Forccilin.  Vicilcicbt  destina- 
tiun?  Djun  kiitinlc  im  VorhL'i;;cbrndcn  statt  quo,  wofiir 
«ndcic   Böcbcr  c/j/oi   haben  ,   cui  gelesen   wciilen. 

2)  Nach  K'rcs  ist  von  Goesius  diircli  drei  Stcrnclien  eine 
Lücke  dn-crlciilcl.  Allein  dem  GcJankcnsjangc  nach  ist 
hier  eigentlich  keine  Lücke. 


plicit  libcr  Frontini",  in  andern  ,,l}albi"  oder  ,,Juuii". 
S.  Rigalt.  Obs.  p.  23J.  Das  fragni.  de  limitibus  (bei 
Goes.  p.  215)  wird  in  einem  Codex  dem  Hvginus,  in 
einem  andern  aber  dem  Julius  Frontinus  .Siculiis  zuge- 
si'hripben,  und  in  dem  Coilcx  des  Scrivcrius  unserem  Sextus 
Julius  Frontinus.  S.  Goes.  Not.  p.  !()(>.  Was  das  IJucIi 
de  coloniis  anbelangt,  so  stimmen  alle  Codices  aller  Ge- 
lehrten (des  Opsopiius,  Rigaltins,  Goesius)  übereüi  in 
dem  Titel:  Sexti  Julii  Frontini  de  coloniis  libellus.  — 
Drittens  sprechen  für  den  Frontin  die  Zeugnisse  spaterer 
Schriftsteller.  Aggcnns  Urbicus  («elcher  vor  Tbeudosius 
gelebt  hat.  Goes.  Not.  p.  147)  schrieb  einen  Commenfar 
zu  des  Julius  Frontinus  Ruch  de  limitibus  agrnrum  (bei 
Goes.  p.  44  —  64),  in  welchem  er  uns  die  AVorte  des 
echten  Frontin  vorführt,  im  AVesentlichen  ubereiustim- 
niend  mit  der  Schrift,  wie  wir  sie  als  von  Frontin  über- 
liefert lesen.  Bocthius  (de  Geometria  lib.  II.)  führt  aus 
Julius  Frontinus ,  den  er  gcometrae  artis  inspeclorem  pro- 
vidissimum  nennt,  die  Definition  von  ,,nipnsnra"  wörtlich 
so  an,  wie  wir  sie  in  Frontin's  Schrift  noch  lesen  (s.  Ri- 
galt. Obs.  p.  233).  Derselbe  übertragt  aus  Frontin,  ohne 
seinen  Autor  zu  nennen,  eine  grosse  fllengc  anderer 
Stellen  fast  wörtlich  in  sein  Werk:  was  schon  aus  den 
sparsamen  Nachweisungen  des  Rigaltius  hervorgeht  und  eine 
genaue  Vergleichung  noch  evidenter  machen  würde.  Aehn- 
liches  wird  sich  über  Gerbert  darthnn  lassen.  Und  diese, 
sowie  Andere,  haben  uoch  den  echten  Frontin  gelesen. 
(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Dorpat.  Wir  weisen  unsere  Leser  auf  2  praefaliones 
zum  hiesigen  von  Professor  Dr.  Preller  besorgten  inJex  lec- 
tionuni  liin.  Der  Titel  der  beiiltn  Heltc  ist:  1)  index  Scho- 
laruin  in  Univcrs.  litt.  Caesarea  D6rpatcnsi  per  Scinestre  prius 
Anni  MDCCCXXXIX  a  d.  XIII  Jan  ad  d.  X.Jiin.  Iiabrndarum. 
Incst  Nolatio  de  Codice  Ms  llanihuii^ensi ,  qtii  Odjsseam  cum 
Scholiis  conlinel,  et  Scholioruin  iiide  nunc  priiiiitm  editorum 
Particula  I,  aiiclorc  Prillero  ;  2)  index  —  per  Seinesire  altcrum 
A.  MDCCCXXXlXa.  d.  XXIV.  Jnl.  add.  XIX.  üec.  bab.  Inest  5c/io- 
lioiuin  in  Odjsscain  ex  Codice  1/aniburi^ensi  nunc  primum  edi- 
torum Parlicida  II.  Diese  Scliolicn  bilden  ein  nicht  nnbeilentcndes 
Coniplenient  zu  den  von  Buttmann  berausgegcbenen  untl  ent- 
halten mehrere  noch  nicht  bekannte  Zengnissc  alter  Schrift- 
steller, mnicntlicb  Manches  zur  (lescliiclile  der  Kritik  der 
Homerischen  Gedichte  durch  Aristarcb  u.  A. 

Italien.  Die  Aller! bunisforscber  sind  wiederum  bocli  er- 
freut ober  den  Fund  eines  antiken  Grabes,  in  der  INabc  von 
Monlcrone,  auf  dem  Wege  nacli  Civitavecchia ,  wo  die  Her- 
zogin von  Sernioiieta  Ausgrabungen  bat  anstellen  lassen.  Der 
bcdetitcndc  Gohlsclinmck  ist  bicrlicr  gcbraclit  und  gleicht  ganz 
demjenigen,  welcher  vor  zwei  Jalircn  bci_  Cere  gelundcn  und 
der  gegenwärtig  eine  Ilanpl/.ierde  des  vom  Papste  begründeten 
lletinrischcn  Museums  im  Vatican  bildet.  Diese  Graber  ohne 
Malereien  und  ohne  Vasen  zeigen  zur  Genüge  ,  dass  sie  einer 
früheren   Periode,   als  die  des  alten  Metrnricns  ist,   angehören. 

Breslau  Der  Pfarrer  Dr.  Movers  in  Berkuni  bei  Bonn 
ist  ziiin  urdenllieben  Professor  der  biblischen  Exegese  an  der 
katholisch- Ibeologiscben  Facultät  der  hiesigen  Universität  er- 
nannt  worden. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  tertli  ums  Wissenschaft. 


Freitag,  5.  September 


1839. 


Nr.  107. 


Brijchstiicke  aus  dem  Lebi  n  des  Scxtus  Julius 
Fionlinu*!,  von  A.  Dederich. 
(For  ts  ef  zu  115;.) 
üebereinstiiiimen«!  mit  dipseii  Zeuguissnn  fiilirt  Niel>ulir 
(Rüm.  Gesell,  ßil.  2.  S.  \'i  l)  «las  AVerk  de  liniilibus 
agrorum  an  unter  dem  Xamon  des  Frontiiins  als  des  Ver- 
fassers ;  ebenso  (S.  698-  '02  und  :05)  das  fragni.  aRra- 
riuiii  de  liinitibns.  Und  Niebiilir  jfelit  iiiicli  weiter,  indem 
er  sDjjar  ilie  dem  Ajtgeiius  ürbicus  beijji-lejjte  Sclirift 
„Coninientarium  de  «ontroiersiis  aj;Toruni,  [jars  altera" 
fbei  Goes.  [>.  65  —  75)  dem  Fruntinus  zusihreibt,  wenn 
uiilit  ganz,  so  doch  tlieilueise,  z.B.  die  beiden  Artikel 
«le  alluvione  (bei  Goes.  p.  fi'))  und  de  subsciivis  (das. 
p.  (it^).  .Schon  Goesius  (Kot.  j).  152)  lobt  den  Artikel 
de  allui  ione  mit  <len  AVorten :  Accurate  alluvionum  ma- 
teriam  pertrartavit  Ag'genus,  ut  rcctins  liinc  eam  perdis- 
cere  valeamus,  quam  ex  ulüs  Iclorum  (ragnientis,  quae 
vetustas  nobis  reliqua  fecit.  Und  Nicbnhr  (.S.  164)  ent- 
hebt daraus  die  Worte:  nisi  quod  iurisperiti  aliter  inter- 
pretantur,  et  negant  illud  soluni ,  quod  populi  Rom.  esso 
coepit,  ullo  modo  usucapi  a  quoquam  mortalium  passe, 
als  die  des  Fruntinus.  Oder  liat  IViebnhr  unter  Acn 
iurisperiti  auch  den  Frontin  verstanden?  Vielleicht  ist 
dieser  Artikel  die  Ausführung  des  bei  Goes.  p.  4l  man- 
gelhaft hinterl.issenen.  Ebenso  enthebt  JViebulir  (S.  171) 
aus  dem  Artikel  de  subseciiis  eine  Steile  unter  dem 
!Namen  des  Fronlinns;  «elcher  Artikel  vielleicht  auch 
eine  Ausführung  des  bei  Goes.  pag.  42  unvollständig 
hinterlasseiieu  ist.  Imgleichen  gibt  Niebiihr  (S.  695) 
einer  Stelle  ans  dem  Art.  de  locis  sacris  et  religio- 
sis  (bei  Goes.  pag.  74)  den  Frontin  als  Verfasser, 
nicht  den  Aggenus.  Niebnlir  unterschei<let  scharf  des 
Aggenus  Couiment.  in  Jul.  Fruntinuui  de  limit.  agr.  von 
der  bisher  ebenfalls  dem  Aggenus  beigelegten  Schrift 
unter  dem  Titel  de  controversiis  (pars  altera),  und  schreibt 
die  erste  immer  (z.  B.  S.  176)  dem  Aggenus,  die  zweite 
aber  dem  Frontinus  zu.  Der  vortreü'iiche  Inhalt  dieser 
zweiten  Schrift  („die  unter  denen  der  Agrimensoren  zu 
den  classischen  gezahlt  werden  kann  und  mit  wahrer 
Rechtswissenschaft  geschrieben  ist',  wie  ?iiebnhr  S.  69Ö 
behauptet)  mag  ihn  dazu  veranlasst  haben;  insbesondere 
aber  stützt  er  sich  (a.  a.  O.  Aninerk.  4)  auf  das  im 
Artikel  de  subserivis  dem  Domitianus  beigelegte  Pradicat 
praestantissimus ;  woraus  er  schliesst,  dass  die  Schrift 
nur  unter  der  Tyrannei  des  Domitianus,  dessen  mit  Ab- 


scheu bcladener  Name  ja  nach  seinem  Tode  auf  Denk- 
malern ausgelugt  ward  ,  abgefasst  sein  kiiiinte.  iMit  die- 
sem Pradicat  vergl.  in  der  Einleitung  der  .Schrift  de  agr. 
qiial.:  „sacratissimus  lm|ierati>r;  roelestia  Jniperatoris 
opera."  Ein  unwi<lerl'.'gbares  Zeugniss  fiir  denjenigen, 
welcher  beherzigt,  was  wir  oben  iil)er  das  Verhaltniss 
des  Frontin  zu  Doniitian  gesagt  haben:  wie  sehr  sich 
auch  Schultz  (im  Briefe  über  die  Agriinensr)ren)  gewis- 
sermaassen  mit  sophistischen  Kunstgrili'en  gegen  j\iel)uhr 
erhebt.  Für  den  Kroatin  als  Verfasser  der  dem  Aggenus 
zugeschriebenen  Controversenlehre  konnte  auch  der  Um- 
stand sprechen,  dass  weder  Im  Titel,  noch  auch  in  der 
Schrift  selbst,  die,  als  Comnientar  betrachtet,  einen  von 
dem  ersten  Coaimentar  des  Aggenus  verschiedenen  Cha- 
rakter hat,  der  Name  des  Frontinus  vorkommt.  Endlich 
könnte  man,  da  in  den  dem  Frontin  bisher  allgemeiu 
beigelegten  Controversen  mehrere  Artikel  uuvollständig 
sind,  die  unter  dem  Namen  des  Aggenus  edirten  über- 
haupt für  vollständigere  Ausführungen  jener  halten.  Der 
Artikel  de  modo  (bei  Goes.  p.  (i.j)  ist  verschiedenen  In- 
halts von  deniselbigen  de  nio<lo  (p.  40):  «Ipr  letzte  ist 
unvollständig  auiSchliiss,  der  erste  am  Anfang;  vielleicht 
gehören  bei<le  zusammen.  Jedoch  diese  Untersuchung, 
ob  mehrere  oder  alle  Artikel  unter  gleichen  Ueber- 
schriftcn  sich  vereinigen  liessen,  muss  ich  Juristen  und 
Sachkennern  überlassen;  ich  kann  nur  aus  äussern  Grün- 
den urtheilcn.  Uebrigens  scheint  auf  Niebuhr's  Ansicht 
auch  AValter  (Gesch.  des  rüm.  Rechts  Buch  I.  Cap.  30. 
S.  310  Anmerk.  53)  einzugehen,  welcher  den  Verfasser 
der  Controversenlehre  den  sogenannten  Aggenus,  den 
Commentator  der  Frontinischen  Schrift  dagegen  den  weit 
späteren   Aggenus   nennt. 

Dagegen  liessen  sich  des  Aggenus  Worte  (p.  CS)  an- 
führen: de  quo  in  snperioro  parte  (d.  h.  in  Comment.  in 
Front,  de  linilt.  )  mominimns,  ideoque  non  puto  eam 
iterum  retractanilaiu ,  un<l  daraus  schliessen,  dass  beide 
Commentarien  einem  31anne  ,  dem  Aggenus,  beizulegen 
wären.  Da  ilieses  Zeugniss  in  offenbarem  W^iderspruche 
mit  obigem  Domitianus  praestantissimus  steht,  kaun  man 
nicht  umhin,  seine  A'ermuthung  dahin  auszusprechen, 
dass  die  zweite  Schrift  wenigstens  theilweise  oder  gar 
grösstentheils  aus  des  Frontinus  Erörterungen  als  Basis 
vom  Aggenus  geborgt  worden  ist,  wobei  es  geschehen 
konnte,  dass  Aggenus  aucli  des  Domitianus  Lob  (prae- 
stantissimus) so  getreu  nachbetete.  AVenn  Aggenus,  in 
deV  Absich  t,  den  Frontin  zu  commentiren ,  sagt  (p.  44), 


851 


852 


voliimus  ca,  qn.ic  n  veleiilnis  olisciiro  soriiionp  ronsiripia 
sunt,  ai'rrtilis  et  iiitp|li;;il)iliiis  oxjioiirio ;  so  hat  er  aus 
dicscii  roteres  seiiitii  Cniiimriitar  zum  Froiitiu  ziisaiiimcn- 
gcLult;  liiiil  diesen  Satz  auf  die  pars  altera  angewendet, 
\terdeu  wir  unter  den  icteres  vorzugsweise  au  den  Fron- 
tin  denken   nii'issen. 

FriMitin's  AVerk  bat  in  verscliiedenen  Zeiten  von  ver- 
srhiedeiien  .'Männern  A'crf;ilsc)iungen  erfaliren:  und  als 
^"erf,ils(  her  dringen  siili  uns  zun.'iiiist  diejenigen  bekann- 
ten und  nnliekannten  Personen  auf,  welclie  in  den  lland- 
eehriftcn  auf  dem  Titel  der  Schriften  iiaiuhaft  gemacht 
sind,  7.  15.  .11.  Junius  ^ivpsus,  ein  sonst  unbekannter 
I\lann,  im  Code.x  des  Lipsins  IM.  Junins  Kilsns  genannt; 
ferner  eben  Aggenus  l'rbicus;  ebenso  Uoethius  und  Ger- 
Lcrt.  '.'ielleicht  ist  in  dem  dem  Frontin  gegebenen  Bei- 
iinnien  Sirnlns  auch  eine  zweite  Person  verborgen,  wie 
schon  Gocsins  (Not.  p.  16f)  und  1'J4^  verniuthete,  indem 
er  zu  lese«  vorschlug  et  Siculns.  IMan  kiinnte  dabei  a» 
den  Siculns  Flaccu.s  denken,  dessen  Schrift  de  conditio- 
nibus  agronim  bei  Goesins  p.  1 — 25  vorlianden  ist;  aber 
Kiebnhr  ( S.  J72)  veruiudiet,  dass  dieser  Schriftsteller 
■»vahrscheinlich  in  das  zweite  Jahrhundert  nach  Christa.? 
gcliöre.  Von  diesen  Leuten  scheint  dann  jeder  nach 
seiner  Intelligenz  gehindert,  gestrichen,  ausgefüllt  zu  La- 
ben. Spatere  Ueransgeber  des  Frontiu  mögen,  im  un- 
zeiligen  Eifer,  zu  vervollständigen,  zur  Verfälschung  das 
Ihrige    beigetragen    haben. 

Fragen  wir,  aus  welchen  Schriften  denn  Frontin  ver- 
fälscht worden  ist,  so  werden  »vir  zun.'iclist  hingewiesen 
auf  den  im  Buch  de  loloniis  an  drei  Stellen  genannten 
Baibus  meiisor,  welcher  unter  Augustus  lebte.  Seite  109 
lind  141  bei  G'oesius  heissf  es:  Iluic  addendae  sunt  men- 
.surae  liniitum  et  terniinornui  ox  libris  Augusti  et  Ncro- 
nis  Caesarum:  sed  et  Balbl  mensorls,  qni  temporibug 
Augusti  nmniuui  provinciarum  et  civitatuni  formas  et  nien- 
suras  compertas  in  conunentarios  rontulit,  et  legem  agra- 
riam  jier  universitatem  provinciarum  distin.xit  ac  declara- 
Tit.  Diese  Stelle  ist  schon  als  Kinschiebsel  einer  späte- 
ren Ifand  zu  beachten;  ebenso  die  Stelle  S.  148:  .fubente 
Augiiito  Cacsare,  Halbu  mensore,  qui  omnium  proiincia- 
runi  mensuras  distinxit  ac  dedaravit  per  teslimonia  quae 
siiprascripta  et  lines  locoruir;  terminantur.  Ein  über 
Ballii  wird  auch  erwähnt  S.  1 1,S  und  14'-'.  —  Zweitens 
sind  hier  zu  nennen  die  eben  angeführten  libri  Augusti 
et  jNcronis,  in  welchen  nicnsurao  liniitum  et  terminorum 
cnthnlfcn  waren  ;  der  Commentar  des  Kaisers  Claudius 
(p-  102  und  111);  die  mappa  Albanensium  otler  Aibeu- 
sinm  (p.  145  oder  welcher  Aamo  darin  verborgen  sein 
"'^nJ-  ^  "U  diesen  nücherii  ist  dasselbe  zu  halten,  was 
von  den  Conimentarii  Principum  ,  deren  .so  oft  im  Buche 
de  Aqiiaed.  Erwähnung  geschieht.  Sie  haben  natürlich 
auch  dem  Frontin  zur  (Jocne  gedient;  allein  Spätere 
werden  aus  derselben  Quelle,  die  Frontin  besser  z,i  be- 
nutzen verstand,  den  Frontin  entstellt  haben.  —  Ferner 
gehört  hierher  Ilvginiis  (liber  dessen  Zeitalter  s.  Lipsins 
Eiert.  I.  1.0.  und  bei  Goesins  >int.  p.  162),  welcher 
Srbriftcu  »lessclben  Lihaltes  geschrieben  hatte,  z.  B.  de 
liinitibiis  ronstitucndis  (bei  G'ocs.  p.  150 — 214).  Derselbe 
■wird  ja  auch  in  einem  Codex  als  ^'erfasser  des  fragm. 
de  liniit.   genannt,  ai.statt  des  Frontin,   wie   wir  oben   gc- 


hilri    haben.       Endlich   ^kann    Frontin    inferpolirt]  worden 
sein    ans     iles    Siculns    Flaccus     Schrift    de    ronilitionibus 
agroriiin   (bei  Goes,  p.  1 — 25),   aus  Boethius   und  Gcrbert. 
Ueber  die    innere   BeschalFenheit    und    den   Werth  Acs 
AVerkes,   wie  wir  es  jetzt  lescMi,  scheint  Einer  den  Andern 
in   der  Härte  des   Urtheiles   iiberfren'cn   zu   wollen.      Keii- 
cheiiins    (Praefat.   ad  Front,   do   .iquaed.),     welcher  übri- 
gens  die   libri  Strateg.,   de  Aquaed.    und   de    agrorum   qual. 
einem   und   demselben   Verfasser  zuschreibt,  sagt:     ,,cuius 
(Frontini)   etiamtum   fragment.ri  restant  de  qualitatibus  ag- 
roruiu  ,    Limitibiis,    inaximam   parteui    inutila  ac  inquiua- 
tissiina,    variisquc    consuta    segmentis.       Scripsit    ideni  de 
Coloniis  opusrulum,   eiusdem  farinae   fragmentis  interpola- 
tuin."      Vou   Goesins   wird   keine  Schrift  ärger  mitgenom- 
men,   als   die   de    Cidoniis  ;     worüber   er   (Not.    l.Mi)   unter 
Anderem  so   iirtheilt :    „Ich   glaube,    dass  wir   hier  nichts 
Pjclites   haben,     was  Frontin    geschrieben    hätte,    sondern 
vielmehr  Excerpte  theils    aus    ihm,    theils    aus    .Xndercu, 
schlecht  und   nachlässig  zusammengetragen  von   einem  un- 
gclehrten     und    in    diesen    Dingen     durchaus    unjiundigen 
IMenschen,   ja,    eine    farrago   von   mehreren    Autoren   und 
Compilaforen."      Erwiederu    wir   ihm    auf  einige   Punkte. 
Ganz   mit  Unrecht  greift    er    den  abgebrochenen  Stil    an. 
Er   bedenkt   nicht,   dass   Frontin   keine   ausführliche  Kolo- 
niegeschichte  uns   hat    hererzählen    wollen,     sondern    nur 
eine   in  sein  AV'erk  de  ogrorum   qualitate   passende   und   zu 
diesem  Werke  gehörige  ücbersicht  der  Koloniecn,  wie  sie 
seinen  Absichten   und    dem   Charakter  seines   AVerkes,    in 
welchem   die  Kolonieen-Ucbersicht  nur   ein   untergeordne- 
ter, als  zum  Ganzen   gehöriger  Theil   ist,   entsprach.      Und 
liabeu  wir  in  der  vollständig  enthaltenen  Schrift  de  Aquaed. 
nicht  Stellen  desselben   Charakters,    wie   z.   B.    Art.   3^1  — 
O'i,   und    78 — 86  i      Ferner   braucht   er   gegen    den  Frontin 
den   häufig    wiederkehrenden    Ausdruck  :    innro   duclii  co- 
lonia,   statt   cirrumducta.      Ich  gestehe,   dass   der  Aiisdnick 
Juichst   ungewöhnlich   und    fremdartig   erscheint,    und    dass 
er   meines    Wissens   keine   andere    Autorität   bat,    als   diese 
Schrift   de  Coloniis.     S.  13()  steht  dafür   oppidnm   circum- 
ductuni   (ohne   muro),   und   S.    104   und    13/    oppidum   niu- 
iiifiim.      Aber   wer   will   es   wagen,    einen    Ausdruck,   wel- 
cher  in    der   Rege!    bei  jeder   Kolonie    an    einigen   hiindeit 
Stellen   sich    wiederholt,     zu   verdammen  ?      Circumductunt 
ist  ebenso   barbarisch;   und   wenn   ich  die  AAahrheit  geste- 
hen soll,    so  schmeckt    das  Compositum   noc!»  mehr   nach 
einer  späteren   Zeit,     als   das  Sinij)lex,     wovon     weder   vor 
noch   nach    Frontiii's  Zeit    ein    Beispiel    sich  findet,     und 
welches   eine   gewisse   Originalität   behauptet.      Es  scheint 
im   Koloniewesen   eine   vo.x   propria   geivescn   zu   sein,    und 
ich    nehme   es   den  Herausgebern   des   Forcellini    übel,   das! 
sie   dieselbe    ganz    unbeachtet   gelassen   Ilaben.    —      In    den 
AVorten  (p.    10())  „et  pro  parte  Virginum   Vesfalium  lege 
Aiigustana   fuit  assignalus"  sagt  er,     sei    keine  Coustruk- 
tion.      Richtig.      Aber    <lie    A'crgleichung    einer  ähnlichen 
Stelle   (\i.    l.'Ji))    ,,et    pro    parte    Virginum     Vestalium    pos- 
sessioni  lege  .Augustana  datiis  fuit"   lehrt,     i\ass  jjossessioiii 
ausgelassen   ist.  —  31it  Unrecht  tadelt    er    das    einigemal 
Torkonimeiidc    sine  colonin ,    worüber  vergl.   Rigalt.    Obs. 
p.   251.   —     -Alelirerc    Sachverhältnisse ,     die    er    angreift, 
möchten    sich    bei    genauer    Untersuchung    wohl  rechtfer- 
tigen lassen. 


S53 


854 


Ein  billigere«  UHIicil  über  <lic  Coloniac  ist  von  Rijjal- 
tins  (Obs.  p.  200)  jfpfiillt  worden,  «((liber  sagt:  „Dass 
Julius  rroiitiuus  in  seinem  Buche  «le  agroruni  eonditioni- 
Lus  eine  uonieuclatura  coloniarum  au^^elegt  Labe,  wird 
Ä'icinand  in  Abrede  stellen,  welcher  sicli  erinnert,  dass 
derselbe  mit  nicht  weniger  Fleiss  in  seinem  hcrriirlien 
Werke  de  Aiiiind.  die  auciorcs  cuiusqnc  aijuac  et  aeta(es, 
praetcrea  ordines  et  lunjitiidines  rivorum  anseinaniiergesetzt 
hat.  Was  aber  in  diesem  Coloniarum  SMitagmate  enthal- 
ten ist,  sind,  wie  es  scheint,  ßruclistücke  aus  jenem  um- 
fassenderen Werke,  nachii'issig  gesammelt  und  mit  einer 
Ifnzahl  von  Fehlern  besudelt:  aber  dennoch  von  Nutzen 
nnd  zur  Ivenntniss  des  Koloniewesens  durchaus  nöthii;. " 
Was  die  Unzahl  von  Dehlern  anbe!au);t,  so  würclc  eine 
dnrchjreifenile  Kri(ik  den  jämmerlich  entsielKen  Text 
von  vielen   Fehlern   reiniijrn. 

Am  heftigsten  hat  sich  {jegen  das  Alterfhum  des  gan- 
zen AVerkes  de  agrorum  ijual.  erhoben  Schultz,  aber  nicht 
bloss  dieses,  somlern  überhaupt  der  erhaltenen  agrimen- 
sorischcn  Schriften.  Vorzüglich  macht  er  sich  her  über 
das  Latein  in  diesen  Schriften  und  nennt  es  Latein  des 
SlittclaKers  ;  und  tadelt  IViebuhr  wegen  beschränkter  Ein- 
sicht in  die  Sprache.  AVas  von  SchuKz's  sprachlichen 
Urtlieilen  zu  halten  ist,  ist  bekannt.  Uass  mittelalter- 
liche Redensarten  hin  und  wieder  in  diesen  Schriften 
Jiervorfreten  ,  kann  nicht  gclaugnet  werden.  Allein  der 
Grundcharaktcr,  der  sich  allenthalben  gleich  bleibt,  ist 
der  des  Alterthums;  und  ganze  Partieen  haben  gleichen 
Charakter  niit  Partieen  ans  der  Sclirift  de  Aquaed.,  z.  D. 
die  mensurae  (bei  Gocs.  p.  30  s<I<]-)  "'''  den.mensurae 
im  AVerke  de  Aquaed.  Art.  24  sqq.  Spätere  Il.'indc  ha- 
ben dem  Stil  hin  und  wieder  den  Anschein  dos  Gemisch- 
ten gegeben.  Die  Ivunstausdrücke  sind  keineswegs  neu, 
sondern  so  alt,  als  lue  ältesten  Schriftsteller  über  diese 
Gegenstänile,  so  alt  als  die  Sache,  als  die  Kunst  der 
Agrimensnr;  sie  lassen  sich  auch  grossentheils  ans  <ilte- 
rcn  Schriften  Tiarhwcisen.  Man  denke  an  den  gesuchten 
nud  künstlichen  Stil  Frontin  s  in  seinen  übrigen  Schrif- 
ten; man  rufe  sich  in's  fiediii  htniss  das  in  der  >ienerungs- 
sncht  der  Sprache  beinahe  keine  Granzcn  kennende  Zeit- 
alter des  Frontin  ;  nmn  bedenke,  dass  wir  einen  Agrimcn- 
sor  dieser  Zeit  in  Händen  haben;  man  vergleiche  diese 
Schriften  genau  mit  ilcm  Charakter  noch  älterer  Schrif- 
ten ähnlichen  Inhaltes  und  auf  uns  gekommener  Frag- 
mente: und  unser  llrtheil  nird  milder  werden.  Dass 
aber  auch  <lcr  Inhalt  der  agriniensorisclicn  Schriften  über- 
haupt von  grösserer  Wichtigkeit  ist,  als  Schultz  behaup- 
tet, beweisen  zur  Genüge  die  Zeugnisse,  aus  denen  Wal- 
ter (Gesch.  des  röm.  Rechts  Buch  I.  Kap.  25.  S.  264^ 
274)  grösstenfheils  den  Abschnitt  über  die  Millt.'irkolonieen 
zusammengestellt  hat.  Vcrgl.  AValtcr  Kap.  ,j.  30  und 
anderwärts.  Schultz  hat  seinen  Brief  über  die  Agrimen- 
soren  geschrieben  olTenbar  befangen  von  Vorurtheilen  und 
in  der  Hitze  der  Leidenschaft,  ilie  ihn,  dem  Niebnbr 
gegenüber,  wenigstens  in  den  meisten  Fällen  mit  Blind- 
heit schlug. 

b)  Des  Frontitius  Schrift  de  re  mililnii  Romnyiorum. 
Frontin  liat   die   römische  Kriegskunst    nicht    nur   vor- 
zng;sweise    zum    Gegenstände    seines     Studiums     gemacht 


(siehe  unten  g.  8.)  ,  sondern  auch  wirklich  ein"Werk 
über  dieselbe  geschrieben.  AVir  wissen  dieses  theils  aus 
seinen  eigenen  AVortcn  im  Anfange  seiner  Einleitung  zu 
den  Sfrateg. ,  wo  er  sagt:  ,,Auch  er  habe,  nachdem  er 
sich  das  Kriegswesen  zu  seinem  Studium  gemacht,  zur 
Bebauung  dieser  Wissenschaft  es  gewagt,  ölFenllich  mit 
seinen  Grundsätzen  aufzutreten."  Theils  wissen  wir  die- 
ses aus  wiederholten  Zeugnissen  des  Vegetius  de  re  mil. 
I.  S  nnd  H.  3.  Dass  ilas  Werk  das  rümisc/ie  Kriegs- 
wesen zum  Gegenstände  gehabt  hätte ,  sagt  uns  Frontin 
selbst  nicht,  aber  es  geht  aus  Vegetius  hervor,  welcher 
unter  Anderm  sagt  (I.  S) :  „Wir  erforschen  die  disciplina 
niilitaris  popiili  Romani  und  geben  in  unserem  AVerkc 
ganz  getreu  wieder,  was  über  diesen  Gegenstand  Cato 
Censorius,  Cornelius  Celsus,  Frontinua,  Paternus  u.  s.  yy. 
gesagt  Iiaben."  lind  der  Titel  des  AVerkes  ist  gewesen 
entweder  „De  disciplina  militari  popnli  Romani"  (nach 
AVgetins),  oder  „De  scicntia  rei  rniiitaris  Romanoruni" 
(nach  Frontin's  Worten:  ad  instruendam  rei  inilitaris 
srientiam).  Des  Frontinus  Werk  enthielt  keine  weitläuf- 
tige  Erörterungen  über  römische  Kriegskunst  im  Ein- 
zelnen, sondern  nur  eine  kurzgefasste  bündige  Uebersiclit 
der  wichtigsten  Erfahrungen  nnd  Grundsätze  ans  dem 
Gebiete  der  römischen  Taktik  ;  ganz  im  Charakter  der 
übrigen  Werke  Frontin's.  Es  dentet  dieses  Vegetius 
(I.  8)  an  mit  den  Worten  :  quae  Frontinus  persfn'/igenda 
duxerunt.  Der  Inhalt  des  Werkes  ist  im  Vegetius  nie- 
dergelegt, obgleich  wir  die  einzelnen  Lehren  aus  dem 
Znsammenhange  nicht  herausfinden  können.  Denn  Vege- 
tius hat,  wie  er  selbst  ausdrücklich  bezeugt.  Nichts  aus 
sich  selbst  geschöpft  ,  sondern  folgt  nnr  ganz  getreu  dem 
Cato,  Celsus,  Frontinns  u.  s.  w.  und  bringt  deren  Leh- 
ren in  eine  seinen  Ansichten  angemessene  systematische 
Ordnung.  Nihil  mihi  auctoritatis  assumo ,  sagt  er,  seil 
liornm  ea  ,  quae  dispersa  sunt,  in  ordinem  et  abbrevia- 
tiones  consrribo.  Horum  instituta,  horuni  praecepta  stric- 
fim  fideliterque  signabo.  Und  unter  diesen  scheint  er 
ganz  besonders  dem  bündigen  Frontin  gern  gefolgt  zu 
sein,  dessen  AVerk  sich  besonders  durch  Treue  und  lleis- 
sige  systematische  Anordnung  ausgezeichnet  haben  mag, 
«egen  welche?  Eigenschaften  es  wenigstens  von  Trajanus, 
selbst  einem  kriegsknudigen  Ulanne,  vorzugsweise  vor  den 
übrigen  /Werken  dieses  Inhaltes  gepriesen  wurde,  wie 
uns  Vegetius  II.  3  berichtet.  Auf  des  Frontinus  AVerk 
besondere  Rücksicht  zu  nehmen,  konnte  AVgetius  bewo- 
gen werden,  weil  Frontin  sein  AVerk  nach  selbstthäfiger 
Erfahrung  und  ausgeübter  Praxis  geschrieben  hatte,  weil 
er  einen  ausgezeichneten  Ruf  durch  seine  im  Kriege  ge- 
machten Erfahrungen  genoss  und  weil  er  überhaupt  für 
einen   grossen  i\Iann   galt. 

Nach  meiner  ed.  Basil.  1532  sagt  A'"egctius  (II.  3): 
Scd  praecinnc  Frontinus,  scribeus  Divo  Trajano,  ob  ejus- 
niodi  comprobatur  industriam.  Die  AV'orte  scrilieits  Tra- 
jano  könnten  zwiefach  gedeutet  werden,  entweder  ,,bei 
Lebzeiten  des  Trajanus":  nach  welcher  Auslegung  die 
Schrift  unter  Trnjan's  negierung  abgefasst  worden  wäre; 
—  oder  „welcher  an  den  Trajanus  schrieb":  so  dass  uns 
A'egetius  sagte,  Frontin  hätte  seine  Schrift  dem  Trajanus 
gewidmet,  so  wie  Aelian  (s.  §•  8.)  die  seine  dem  Ila- 
drianus,  Vegetius  die  seine   dem    Valcntinianus  ;     und  zji 


855 


856 


Trajaii's  ZpÜpii,  an  dnii  ilic  l'raef.ifio  {jerichlot,  «;ire  ilie 
Sclinft  (liMii  PiililiLiiiu  iiliiT^cbi'ii  Hordi'ii.  >Vic  iilaiisiliel 
ila^  auili  klingen  mij ,  so  ist  ilorfi  kciiis  von  U(M(lein 
»alir.  ürna  es  ist  j;c»iss,  «lass  die  lil)ri  stratejfematicon 
uutiT  des  Uoinitiaiiiis  Tyrannei  upsrlirieben  und  edirt  wor- 
den sinii.  Die  Sclirift  de  disriiilina  militari  aber  ist  vor 
den  Stralej.  geschrieben,  »ie  Fruntiu  in  seiner  Einlei- 
tuii;  zu  den  Slralej.  selbst  bezeugt,  mit  den  AVnrten: 
Cum  aj  i/tsliuenJatii  rei  militaris  scientiitm  nnns  ex  nii- 
inero  studinsoruni  ejus  aciesserim,  eique  destinato,  quan- 
tuni  iura  ndstra  i.ilnit,  sntisfecinse  visns  sini  etc..  Rich- 
tiger also  lautet  die  .Stelle  des  ^'egetius:  Frontinus,  Divo 
Trajanii  ob  r-jnsmodi  c'OMig)rubatiis  industriam ,  nie  sie 
auch  gc'u  lihnliih  eitirt  tvird  ,  und  wüuacli  ich  sie  üben 
frei    ülertrajjeu   habe. 

c)  Des  Fronlinus  Ubri  Strntegematicon. 
Friiutiii's  drittes  Werk  führt  den  Titel  :  „.Strate<rema- 
ticoii  libri  quattuur."  Auch  dieses  ist  unter  üumitiau's 
Regierung  dem  Publikum  übergeben  »urden,  wie  aus  der 
elirenvdlh-n  KrHühnuiig  des  Tyrannen  mit  seinem  rollen 
Titel  ,,lnii)erafiir  Caesar  üomilianus  Augustus  Germaui- 
cns"  an  f.inf  Stellen  (I.  !,  S.  1.  ,j,  l!).  II.  3,  2i-  H. 
II,  7.  n'.  3,  14.)  sich  beiveiset.  Was  Frontin  mit  die- 
sem AVerk  geivollt  hat,  sagt  er  in  der  ersten  Einleitung, 
und  in  allen  vier  Einleitungen  spricht  er  sich  über  den 
Plan  und  die  Anlage  des  Werkes  deutlich  aus.  Des 
Ste«echnis  31einung  ,  das  vierte  Buch  sei  die  Schrift  de 
re  militari,  hat  schon  A^ossius  de  Hist.  Lat.  zurückge- 
wiesen. Das  vierte  Buch  ist  nach  tlen  drei  ersten  ge- 
gchrieben  worden,  aber  auch  noch  unter  Dumitian's  Regie- 
rung herausgekommen,  ilenii  auch  darin  noch  schmeichelt 
Frontin  dem  Tyrannen.  Daraus  widerlegt  sich  von  selbst 
die  Meinung  derjenigen,  welche  glaubten,  diese  Bücher  seien 
dem  Kaiser  Trajanus  geiiidniet,  z.  D.  Jo.  iMaria  Cata- 
uäus  zu  Plin.  E|>.  IV.  f^.  Raphael  A'olaterranus  Corament. 
ürban,  lib,   XVI.      Vgl,   Polenn»  §.   13. 

(Fortsetzung  folgt  im  nilchsten  Hefte.) 


Person al-Clirouik  uud  IMiscellen. 

Berlin.  Die  drei  ilidtiiclicn  Gymnasien  d.ihier  haben- zu 
Ostern  d.  J.  ihe  dircnlliche  Prüfung  iluer  ZögliiJgc  abgehalten. 
Da  (iyamasium  /um  Grauen  -  Kloitcr,  unter  iler  Leitung'  des 
Director  Dr.  R  i  b  I)  e  c  k  ,  lud  dmcli  ein  Prograinin  ein, 
wrlchcj  eine  Abb.inlliing  dos  Obcilelirers  Dr.  Alscliefsky 
entbült  »lieber  die  kriliscbe  Behandinnj;  der  Geschiclitsbiicher 
de.<  Tilus  Livius",  in  \vclcl>er  der  Verfasser  die  Grumls.itze  an- 
deute! ,  n.ich  denen  wohl  die  von  iiiin  zu  erwartende  Heraus- 
gabe lis  Liiiiis  veraiisl.iltct  werden  soll.  Aus  dem  Jahresbericht 
von  Ostern  1Ö38  bis  Ost.  rn  iS.'jg  iibcr  die  Schicksale  der  An- 
stalt 141  crsichllich  ,  d.iss  das  Gymnasium  .lucli  in  diosein  Schul- 
jahre M-ine  10  für  «ich  bestehenden  Classen  z.ililt.  Die  zwei 
coordinirlen  Cötns  von  Obertertia  sind  freilich  eingegangen, 
da|;e;en  ist  die  Prims  in  zwei  Stufen  gesondeit,  yvas  aus  dem 
Anw.ich^eii  der  Srbiilerz.ihl  nfjtbig  erschien  ;  doch  sind  die 
gleiclun  hehrobjeclc  meist  auch  in  den  Händen  derselben  Leh- 
rer. In  Foljje  »einer  liefördcrung  in  eine  Lebrslclle  dts  Fried- 
rich-Werdcr'schcn  Gycnnasiuins  schied  zu  O.lern  der  Slreitischc 
Collabnrator  Dr.  Ern,l  K.'pke  aui  dem  Lrhrercolle;;iiiin.  In 
seine  Stelle  ruckte  der  Scliid.untscandidat  Dr.  Curlb.  Dankbar 
erwähnt  der  Direclor  Dr.  Uibbcck  auch  einer  neuen  Wiild- 
tbat,    die   seiner   Anstalt    und    dem    Köni:jl.   J(i3cbinnlbal\chen 


Gymnasium  gemeinschaftlich  zugeQüsson  ist.  Es  ist  die  s  de 
IM.irwedo  -  Silcm.inn'scbc  Stiftung  für  zwei  Schul-  und  /.«i  i 
Diiivcrsil.ilssli|>cndieii  ,  jede  auf  3  Jahre.  \V:is  die  Schider/ahl 
belriirt,  so  bcsucliten  bis  Ostern  1839  481  Schüler  die  Anstalt; 
im  verwichenen  Schuljahre  waren  l'.'S  Schüler  aufjeiioniiucn 
und  162  abgegangen.  —  Das  Programm  des  Friedrich  -  SVerder'- 
sciien  Gyninasiunis ,  mit  wclclicm  der  Director  und  Pro.'essor 
Bonncll  einla.lct,  entliult  eine  Aldiandlniig  des  Oberlehrers 
Gottscluck,  bclitell:  Apollinis  cnltns  onde  ducendiis  .«il ,  et 
t|n3le  i'ius  numen  .Tpud  priscos,  ipiale  .ipiid  posicros  Graccos 
fiicrit.  Im  ersten  Tlicile  handelt  der  Verl.'yun  dem  Ursprünge 
des  Gottes  und  von  der  Verbreitimg  seines  Cults.  Als  Resul- 
tat gewinnt  er  die  Ansicht,  welche  er  gegen  Alüllcr  diiichiu- 
fuluen  versucht ,  dass  Apollo's  CniL  in  Tluacicn  wurzele  und 
von  dort  aus  durch  die  Küsten  Klein.isiens  von  IVordcn  nacli 
Süden  veibieitrt  sei  (p.  18).  Im  zweiten  Tlieile  wiid  gehandelt 
von  der  elhisclien  liedeulung  des  Gottes  (ile  vi  ac  notiune,  cpum 
Hii  propriani  esse  mihi  pefsuasum  est,  p.  lö).  Zwei  Alter  im 
^\es^n  der  Goltcr  weiden  unterjcliicden,  und  in  diesem  zw  eilen 
Tluile  wird  dargetliau,  dass  ab  initio  Apnllinis  nuiurn^  Iniuriae 
cniiislibet  iilciscendae  scelertoscjiic  tolh^ndi  war.  Der  drille  Tliril 
bi'liandclt  die  Zeil  und  die  .\rt ,  in  der  Apollo  in  deum  recen- 
tiorem  et  verc  Hellenicuni  transniiitalns  sit.  —  In  der  Chronik 
des  Gyinnasiiiins  berichtet  der  Director  Boniiell,  dass  der  Coli. 
Dr.  Fülsing  und  der  Prof.  Dr.  Lange  aus  dem  Collcgiuni 
geschieden  seien.  Jener  ging  als  Lrlirer  der  Mathematik  und 
der  neuern  Sprachen  an  das  Rülnische  liymn.iäinni,  diesem  wurde 
das  Diiectorat  des  Gymnasiums  zu  Ocls  übertragen.  An  die 
Stelle  des  orsteren  trat  derDr.  A.  \V.  Zunipf,  bisherige  Adjiinct 
am  Jnachimslharschen  Gyninasitini ;  die  durch  das  Aiisscbreibeii 
des  Prot.  Lange  entstandrne  Lücke  wurde  durch  .\jcension  der 
Lehrer  ausgefüllt,  und  für  die  unterste  ordentliche  Lclueistelle 
iler  bisherige  Streitische  Collabor.itnr  am  Grauen -Kloster  Dr. 
Ernst  Küpke  erwählt.  Auch  winden  die  Collabniatoren  G  o  1 1- 
scliick  und  Schmidt  zu  Olierlehrein  befi.idcrl.  Zu  Oslern 
18,19  betrug  die  Zahl  der  Schüler  29^  in  8  Classen;  und  von 
Ostern  1838  bis  zu  Anfang  des  letzten  Qiiarlals  wurden  t09 
Sciiiiler  neu  aulgenorainen  ;  abgegangen  waren  67.  Der  Direclor 
berichtet  fei'ner  von  dem  erfrcnlicbcn  Anwacbs  der  Scbülerbiblio- 
thek  und  gedenkt  voller  Danks  der  Frau  C,  C.  L,  Wackcn- 
roder,  die  den  Wunsch  ihres  1806  verslorbeiien  Gemalils,  des 
ersten  Bürgermeisters  C.  B.  Wackenrodcr  ilabin  erfüllt  hat, 
dass  sie  ihr  Vermögen  von  48,21(3  lUlilr.  dem  Gyinn-isium  zur 
Verbesserung  der  Lehrergehalte,  meist  aber  zu  Stipendien  für 
Studiicnde  verniacl.l  hat.  —  Zum  liesucli  der  Sciiulleier  des 
Bealgyninasiums  auf  dem  K.dln  ladet  der  Director  Dr.  Au- 
gust —  durch  eine  Abbandlmig  des  Dr.  Gustav  Kramer  über 
den  Fnrlner-See  ein.  Der  Verf.  beb.iiidelt  die  Lage,  die  Natur 
des  Sees;  über  seine  Geschichte  hat  er  in  einem  aus  Mangel  an 
Baum  nicht  beigefügten  Tbcilc  seiner  Arbeit  gesprochen;  doch 
ist  derselbe,  wie  auch  eine  Karte  den  im  Buchhandel  erschie- 
nenen Exemplaren  beigefügt.  Der  Verf.  hat  selbst  den  Grund 
und  Bolen  erforscht,  seine  Abhandlung  enthüll  also  die  Resul- 
tate eigener  an  Ort  und  Stelle  angestellter  Unlersucliungcn.  <üe 
in  ihrer  krilischen  Gediegenheit  und  in  der  unbefangenen  An- 
schauung der  natürlichen  und  künstlichen  Verhaltnisse  des  Sees 
den  grossen  Erwartungen  einen  festen  (Jrund  geben,  welche  man 
von  seiner  zu  hotrcnileii  Ediliun  des  Stralio  hegen  darf;  hat 
doch  auch  der  Verf.  eine  längere  Zeit  auf  dem  Roden  Grie- 
clienlands  anhaltenden  Studien  gelebt. —  In  dem  nachfolgenden 
Jabrcsherichtc  ihut  der  Direclor  A  iigust  Meldung  von  dem  Tode 
des  Director  cincritiis  Valeiillii  Heinrich  Scliniidt.  Unter  den 
13  Legalen  seines  Testainenis  war  ein-  von  2O0O  Rlhlr.  für  die 
Lehrer  der  Anstalt,  ein  anderes  ebenfalls  von  2000  Rthlrn.,  die 
einen  Lntcrstützungsfond  für  solche  Scliüh;r  bilden  sollen ,  die 
sich  einem  Gewerbe  zu  widmen  beabsicbligcn.  —  Dem  Obcr- 
liliier  Dr.  Seebeck  ist  das  Pi.idlcal  eines  Professors  beigelegt. 
_  nie  Schiilei7.ihl  belrug  im  -Vnfance  des  Winterkursus  385,  in 
9  Classen  lerllieilt.  Im  letzl.u  Schuljahre  h\t  Ostern  1S39  ver- 
iie.M-n    115   Schüler  die   Aiulalt.  Kp. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  t  er  tli  ums  wisse  11  Schaft. 


Sonntag,  8.  September 


1839. 


Nr.  108. 


Das  3Iiiseiiin  zu  Alexandra  und  die  kürzlich  daiiiber 
erschienenen  Sciiriftcn: 

1)  Gustav  Pinzger:  Alcxaiiilria  unfer  ilcn  ersten  P<o- 
lemaerii.      Scliulprogranim.     Liegiiifz    1835.      4. 

2)  Das  Alexandriiiischc  Miiseiini.  Eine  von  der  Königl. 
Akademie  der  Wissenscliaften  zu  Berlin  im  Jtili  INJ/ 
gekrönte  Preisschrift  von  G.  Parlliey  ,  Dr.  Mit 
einem  Plane  von  Alexandrien.  Berlin  in  der  Nico- 
laisclien  Buchhandlung.      1S38.      8. 

3)  Üeber  das  Alexandrinische  niuscum,  drei  Biicher, 
von  Dr.  Georg  Heinrich  Klippel.  Eine  Prcissclirift, 
■welcher  von  der  Konigl.  Prenss.  Akademie  der 
Wissenschaften  das  Accessit  ertheilt  ist.  Göttingen 
1838.      Verlag  von  Vandenhöck  und   Rupprecht.    S. 

4)  Die  Alexandrinischen  Bibliotheken  unter  den  ersten 
Ptoleniäern  etc.,  nach  Anleitung  eines  Plautinischen 
Scholions.  Von  Dr.  Friedrich  Ritschi,  Professor 
der  Philologie  (gegenwärtig  an  der  Universität  zu 
Bonn).  Nebst  literarhistorischen  Zugaben  über  die 
Chronologie  der  Alexandrinischen  Bibliothekare  etc. 
Breslau,   bei   Georg  Philipp  Aderholz.      183*3.    8. 

Das  Museum  zu  Alexandria  ist  ein  höchst  bedeut- 
sames Moment  in  der  Culturgeschichtc  der  Menschheit  und 
steht  noch  bis  jetzt  einzig  da  in  der  Historie  der  Zeiten. 
Denn  Aehnliches  hat  es  wohl  gegeben;  Aehnliches  gibt 
es  noch  ;  allein  Nichts,  was  ihm  ganz  gleich  käme.  Ge- 
gründet ward  es  in  der  Stadt,  welche  Alexander  iler 
Grosse  baute  «md  nach  seinem  Namen  nannte  ,  und  jeden- 
falls eingerichtet  von  dem  Stifter  jener  erlauchten  Königs- 
familie, der  Ptolemaer,  namentlich  mit  einer  grossen 
Bibliothek  versehen  und  sonst  königlich  ausgestattet  und 
sorgfältig  geptlegt,  gelangte  es  schnell  znr  Blüthe.  Nach 
dem  Untergange  dieses  edeln,  nur  in  seinen  letzten  Spros- 
sen entarteten  Geschlechts  ward  das  Institut  erhalten  und 
selbst  gehegt  und  gepflegt  durch  die  stolzen  Ueberwinder 
des  Landes,  durch  die  Römer.  Und  obwohl  deren  Reich  spä- 
ter auch  zu  sinken  begann,  obwohl  es  getheilt  und  zer- 
rüttet ward;  obwohl  selbst  das  Christenthuni  feindselig 
bis  zur  Vernichtung  gegen  Alles  auftrat,  was  der  älteren, 
der  heidnischen  Religion  angeliört  hatte,  —  dennoch 
dauerte  das  3Iuscum  und  seine  Bibliothek,  so  scheint  es, 
fort  und  fort.  Achtung  vor  seiner  Herrlichkeit,  vor  sei- 
nem Alter,  \or  seinen  Verdiensten,  und  der  hohe  Glanz 
seines  Ruhmes    mochte    ihm  Schutz    verleihen   in  Gefahr 


drohenden  Zeiten.  Erst  nachdem  es  bereits  fast  ein  Jahr- 
tausend durchlobt,  im  Laufe  der  Zeiten  wohl  manche 
Einbusse  erlitten  hatte,  aber  doch  nie  ganz  erloschen 
zu  sein  scheint,  ging  es  unter  durch  den  Fanatismus  der 
Araber,  die  Anfangs  bei  ihrem  Auftreten  als  AVclteroberer 
noch  nicht  das  Süsse  gelehrter  Studien  gekostet,  noch 
nicht  das  Bewusstsein  von  der  Grossartigkeit  und  dem 
Herrlichen  der  griechischen  Wissenschaftlichkeit  und  Li- 
teratur gewonnen  hatten.  Und  dennoch  kam  mit  der  Liebe 
zu  den  höheren  Studien  zu  diesem  Volke  auch  die  Runde 
von  jener  trefllichen  Anstalt.  Jahrhunderte  nach  ihrer  Zerstö- 
rung sprechen  noch  Schriftsteller  dieser  Nation  von  jenem 
„AVisscnschafts"-  oder  „Weisheits  -  Hause"  zu  Alexandria 
und  weisen  auf  den  Ort  hin,  wo  es  gestanden.  Und  solch 
hoher  Ruhm  war  wohlverdient.  Denn  abgesehen  davon, 
dass  das  Museum  an  eiuen  der  edelsten  Culte  des  Hei- 
denthunis,  an  den  Cultus  der  Muse  ursprünglich  geknüplf 
und  so  gewissermaassen  geheiligt  »var  ,  wie  viele  be- 
rühmte Gelehrte,  Gründer  oder  Förderer  von  Wissen- 
schaften ,  ausgezeichnete  Schriftsteller  mag  es  zu  seinen 
■Mitgliedern,  zu  seinen  Beamten  gezählt  haben!  Nur 
Schade,  dass  uns  die  Quellen  so  wenige  dersellien  bei 
Namen  nennen.  Was  mag  es  gewirkt  haben  dadurch,  dass 
es  jene  Männer  in  seinem  Schoosse  versammeile,  zu  ge- 
lehrten Unterhaltungen  vereinte,  und  was  genützt  durch 
seine  unvergleichliche  Bibliothek  ,  durch  welche  es 
die  Geister  nährte,  weckte,  befruchtete!  Denn  wer 
berechnet  den  Einfluss  einer  so  reichen  Sammlung,  die 
Jedem  zur  Benutzung  offen  stand?  Griechische  Sprache, 
Literatur  und  Gelehrtheit,  wiewohl  eigentlich  fremde 
Pflanzen  in  Aegypten,  wurden  in  iliesem  Lande  unter 
der  Herrschaft  der  Ptolemaer  heimisch  ,  fanden  dort  eine 
Wohnstätte,  einen  Zufluchtsort,  verlebten  daselbst,  in 
einem  Zeiträume,  wo  im  eigentlichen  Griechcnlande  ihre 
Blume  geknickt  war,  eine  neue  Blüthenzeit  und  das  ge- 
wiss zumeist  in  Folge  des  Bestehens  jener  herrlichen 
Anstalt.  Sie  war  der  3Iittelpunkt  des  wissenschaftlichen 
Lebens  in  Alexandria,  eine  Zierde  dieser  Königsstadt, 
ein  ruhmvolles  Denkmal  seiner  Stifter  und  seiner  För- 
derer, und  sie  kennen  zu  lernen  und  zu  lehren,  nach 
ihrer  inneren  Einrichtung,  nach  ihrem  Wirken,  Hach 
ihren  ziemlich  wechselvollen  Schicksalen ,  ist  unstreitig 
eine  der  interessantesten  Aufgaben,  welche  je  der  .Alter- 
thumskunde   obgelegen. 

Aber    auch    eine  der  schwierigsten!      Es  mangeln   uns 
einmal    Quellen ,    « eiche    reiche    Ausbeute    gäben ,     und 


859 


860 


snil.iiiii   lies*!   "as   insoiiilorlieit  «las   Wirken   einer  solchen 
Anstalt    liotnUt,    es    in    iler  >a<nr  «lerseliirn ,    iliiss  selliijfes, 
iiiMrii  ant-li  muh  s»  «i-it  unil  einllnssreich,    (loch  still,    leise 
unuTinerlvt    jfcsrliieht ,    «ler^'ostait ,   ilass   selbst   der    Gefen- 
»v.'irtijje    es    oft    nicht    erkennt,    gescIiHoijje    iler,     h  elcher 
<lurch    Jahrhinnlerte     oiler     Jahrtansenile     davon     getrennt 
ist    und    Nichts   vor    sich    hat,    als    einzelne,    abgerissene, 
sp.'irliche    Nachrichten.       Denn     eben    darin    nnd    nur   darin 
bestehen    jene    (incllen,   aus   denen   der  Altertlinuisforsch'er 
scliiinrcn    kann,     uill    er    eine    Kenntniss    vunt    Alexandriui- 
scheu   .'Musenm   geivinnen.      Z»ar   hat   im  Altertlinnie  riber 
diesen    Gegenstaiul    eine   eigene   Schrift    existirt   unter    dem 
Titel:    fji-oi  Tür   £r  './kfi:avöoei<i  jlfovoeioif.  sie   hatte 
zum     \'erfasser    den    Grammatiker    Aristonicns    '),     einen 
Zeitgenossen  des  Strabo  -),   und  als  Alexandriner  ■*)  möchte 
derselbe   «olil   vor   Allen   berufen    gewesen   sein,    ein    sol- 
ches    M'crk    zu    schreiben.       Zuverlässig    ist  es   umfangs- 
reicli  gewesen:    es  bestand,  nach  den  AVorten  des  Photius  ') 
zu    nrtlieilen,   höchst  Hahrscheinlicli  aus  mehr  denn  einem 
Buche.      Sonach   könnte   es   hier   iviclitige    Dienste   leisten. 
Allein   es   ist   verloren    gegangen.       Nun    hatte    es   Sopater 
exccrpirt    und     mit     diesen    Excerpten     einen    Theil     des 
zivülflcn     Bu(  lies    seiner     )iv).i.uyiijv    angefüllt  ^).       Diese 
AiKziige    kininten    uns    vielleicht   den    Verlust    des    >Verkes 
selbst    einigermaassen    ersetzen  ;   allein   auch   sie   existiren 
nicht    mehr.      Und    so    vermögen    «vir    nicht    einmal    über 
Plan    und    Inhalt    jener    Schrift    lies    Aristonicus    sichere 
Aiiskiu'ft    zu    geben.       Nur     vermuthungsweise     lässt    sich 
darülier    Folgendes    sagen:     Sopater's   S\llogen    bestanden. 
Dach     dem    zu     schliessen,     was    Photius    davon     mittheilt, 
aus    einer    Sammlung     Dcnktvürdigkeiten    aller     Art.       £r 
hatte    ilie    verschiedensten    Werke    cumpilirt,    aber    doch 
die   Excerpte,   »vie   es  scheint,   nach   einer   gcivissen  Aehn- 
liclikeit   des   Stoffes   an    einander     gereiht.        Wenn    er   nun 
im    eilflen    IJiiche  mehrere  Lebensbeschreibungen    <les  Plu - 
tarch     und     iiii    zivölflen    <las     Werk     des    Kallixeniis     über 
Mahler    und    liildhauer    (eine    Art  Rünstlergeschichte)  aus- 
gezojren   hatte   und    darauf    <lic   Excerpte    aus    Aristonicus 
folgen    liess,     so    darf    mau     ivuhl    annehmen,     dass    iliese 
lelAteren      ähulichi-n     Inhaltes      mit      den      vorhergehenden 
waren,  also  merkwürdigo  Schicksale,  weise  Sentenzen  u.  s.  iv. 
von    solchen    .'\Iaunern,     welche    Blitglieder    des    iMuseuins 
gewesen    waren,     enthielten.       Mithin    wird    auch    Aristoni- 
eus     biograpliiscli     verfuhren     sein.        Es     folgten     auf  jene 
Aoszü;;e   aus  Aristonicus   anticro   aus  des  Aristoteles  Schrift 
über   Staatsverfassungen    {'lEoi    rrt/kirCKiJu).       Sollte    mau 
nun    nicht    gleicher    Weise   schliessen    dürfen,    dass    Aristo- 
nicus «ich   auch   über   die  innere  Einrichtung  des  Museums 
verbreitet   haben   müsse?      Zu    derselben    Verniuthiing    be- 
rechtigt der  Titel   des  Buche«.     Und    so  mag  Jonsius  Hecht 
haben,    wenn   er,   obwdhi    efivas    zu    bestimmt,     schrieb''): 
„In    illo    opere    Aristonicus    Alexaudrinoruin  philosophoruni 
doctoruni   histuriam  texuit  .Muscii^ue    eius   ratioueui   oxpo- 


1)  PhoL   bibl.  CI.XI.  p.   104.  b.  lin.  40  sq.  ed.  Bekk. 

2)  Slrab.   I,  2.  T.  !.  p.   joi.  ed.  Sicbcnk. 

3)  Suid.    ».    T.   '^iQWtollxOt. 

4;  Er  sa»t  a.  a.  U.   S<>|i.iler  habe  geschöpft  ix  zw»'  loi;  '//ot- 

atitfUou  niftl  »Oü  (y  '.IJ.ilui'äinla  Mouaiiou. 

5,  Pbül.   a.  J.   U. 

6y  De  Script,  hiat.  pliilos.  p.  21S. 


suit."  Je  umfassender  und  inhaltsreicher  hiernach  das 
Werk  des  Aristonicus  gewesen  sein  niuss ,  desto  mehr  ist 
sein    Verlust   für   uns   zu    bedauern. 

Jene  Schrift  des  Aristonicus  ist,  soviel  wir  wissen, 
im  Altertliiimc  die  einzige  ihrer  Art  gewesen.  Zwar 
nennt  man  hin  und  wieder  ')  als  A'erfasser  ähnlicher 
Werke  den  Dichter  und  (iraniniatiker  Kallimachns  ^)  und 
einen  sonst  eben  nicht  sehr  bekannten  AIcidamaa  ^)  oder 
Chaicidamas  '").  Betrachtet  man  die  Sache  indessen  mit 
kritischem  Auge,  so  erscheint  sie  völlig  grundlos.  ") 
Denn  erstens  war  der  Titel  jener  Werke  bloss  IMuvOEiOV, 
für  einen  so  speciellen  Gegenstand,  wie  ilas  Museum  zu 
Alexaiidrien  war,  viel  zu  allgemein;  iler  Titel  der  Schrift 
des  Aristonicus  dagegen  lautete:  llto'i  Tot'  iv  '^Jf.t^av- 
d()tia  3/ui>osl(>i>.  Zweitens  lehrt  ein  Fragment,  welches 
uns  von  dem  Werk  des  Alcidamas  erhalten  ist  "),  dass 
dieses  Buch  eine  Art  griechischer  Literaturgeschichte, 
vielleicht  eine  Sammlung  von  Biographieen  hellenischer 
Dichter  gewesen  sein  müsse.  Dort  nümlich  wird  das  ge- 
walf.'iame  Ende  des  Ilesiodus  und  die  Bestrafung  seiner 
Mörder  erz.'ihlt;  wie  aber  k.'imc  dergleichen  in  ein  Werk 
über  das  alexandrinische  Museum  ?  Dagegen  konnte  ein 
Buch  nbi'r  Dichter  nnd  deren  Leben  ganz  wohl  den 
Titel  j}/(ii'r,fiur  führen.  Kein  anderes  Resultat  gewäh- 
ren die  Verse,  welche  uns  Stobaus  ")  aus  der  Schrift 
des  Alcidamas  gibt:  obendrein  sind  sie  wahrscheinlich 
aus  Theogiiis  genommen.  Ilieniacli  war  zuverlässig  auch 
des  Kalliniachus  Jl/ut'OSi'ov  etwas  Aehuliches,  und  folg- 
lich   gehören    beide    Schriften    nicht   hierher. 

Allein  wenn  weder  des  Aristonicus  \Verk,  noch  andere  all- 
gemeinem Inhaltes,  in  welchen,  wie  zu  vermutheii  steht, 
des  Museums  zu  Alexaiidrien  und  seiner  Schicksale  Er- 
Hähiiuug  geschehen,  z.  G.  über  Alexandria  von  Apolluniug 
Rhudiiis,  Nikaiior,  Kallixeniis,  Horapollo,  Aeliiis  Ding 
oder  über  die  Tliaten  der  Ptolemäer  von  Agatharchides  etc. 
uns  geblieben  sind,  woher  sollen  wir  die  Kunde  über 
jene  merkwürdige  Anstalt  schöpfen?  Wir  sind  rein  auf 
die  einzelnen  Stellen  aus  griechischen,  römischen  und 
arabischen  Stellen  beschränkt,  in  denen  nur  gelegentlich 
dieselbe  erwähnt  wird,  nnd  welche,  messen  wir  sie  nach 
ihrer  Zahl,  allenfalls  genügen  möchten,  sehen  wir  auf 
ihren  Gehalt,  schwerlich  befriedigen  können.  Viele 
derselben  enthallen  bloss  wenige  nutzbare  Worte ;  manche 
geben   nur  ein   und   dasselbe;    nicht    selten    widersprechen 

7)  K.ist  alle   Historiker  der  giiocb.    Literatur  seil  Jonsius. 

8)  Stiidjs  (s.  V.  KuV.(itu/_oi)  hat  hierzu  Veranlassung  ge- 
geben 

9)  Certani.  H.siod.  et  Hom.  p  250.  ed,  Goeflling.  Götlling 
wollte  hier  verbesseni  KuXUftaxoq  i  allein  Stobaus  ist  cnl- 
^e;;<n. 

10)  Slob  C.VX,  3.  vcr;;!.  Caisf.  iuJ.  leminat.  s.  v.  Wylfenb.ich 
zu  Pbitarch  de  coiisol.  p.  105.  Wdcker  über  den  epi- 
sclien  Cyclus  S    72. 

11)  Mit  ilicsciii  Urtlicile  sliniiiien  so  ziriiilich  iiherein  Btoni- 
fiel.l  (CaIIiiu.  fra-iii.  p.  2l8),  Bernliardy  ( Grunilr.  der 
griecb.  Mt.  I.  Bd.  S.  36S.  "Ob  scbon  des  Kallimaclius 
Movfiov  il:ir.ior  eiii;;ing,  k.iiin  niiu  iiczweifcln")  iinrl 
Ritsclil  (iihcr  die  alcx  Uibliolliek  S  13  I),  obwobi  <\< s 
letzlerii  Beweis  von  der  llmni^r  -  Rcccnsion  Ix  JHovati'ou 
bcr^enomiiieu  ,   nielil  Ireireiid   ist. 

12)  Bei   UcMod.  a.   a.   Ü. 

13)  A.  a.  O. 


861 


862 


sie  sich  ;  Msweilcii  mnss  erst  die  Kritik  sirh  an  ilinpn 
vcrsiiilii'ii.  Also  aus  I\liisivs<ii(kfii  soll  ein  Ganzes  zu- 
gainniciifte.selzt  Herden!  Hier  Loinnit  zu  Statten,  dass  , 
seit  das  Studium  der  Altertliumskunde ,  liesnnders  der 
Geseliiilite  <ler  alten  Literatur,  im  Abendlande  Auf- 
schivun^  «fpuounen,  der  Gegfenstand  bereits  vielfarli  be- 
arbeitet Hurden  ist,  theila  beiläufig,  tbcils  in  besonileren 
Sohriften.  üa  ist  denn  schon  Slanehes  gesammelt,  ge- 
sii'litet,  erläutert,  was  gegen ujirtig  der  Forscher  benutzen, 
wodurch  er  seine  Untersiitliungen  fiirdern  kann.  So  wanl 
Dlelireres  in  die  gelehrten  t'oinnientare  zum  Strabo, 
Athenäus,  Siietoii,  Aiiiinianiis  IMarcellinus  niedergelegt, 
oder  in  Werke  verwandten  allgemeinen  Inhaltes,  als  von 
Conring  in  die  anti<|Uitt.  Academ.,  von  Jonsius  in  sein 
Buch  de  scriptor.  histor.  philos.,  llospinianiis,  Caro,  Ali- 
rhaelis,  Kabricius,  Heyne,  Maiiso,  Sprengel  u.  A.  Ja, 
es  ers(hieneii  selbst  besondere  Schriften  über  die  Anstalt, 
als  von  Johann  Fried,  (iroiiov,  Küster  (Meocorus),  Redien- 
berg,  t'rol! ,  Greisclier  etc.  Ausserdem  schrieb  man  über 
dii-  liililiothekeu  Alexandria's ,  namentlich  über  die  des 
IMuseums,  tlieils  besondere  Abhandlungen,  wie  Beck,  Au> 
guis,  Dedel  u.  s.  w.  ,  theils  gab  man  gelegentliche  Hin» 
«eisungen  und  Erörterungen  bei  Hehandlung  ähnlicher 
Dlaterien.  Genug,  das  Institut  hatte  schon  immer  bei 
den  Gelehrten  vieles  Interesse  gefunden  ,  und  den  nach- 
folgenden Forschern  war  mancher  Vorschub  geleistet, 
freiliih  auf  der  andern  Seite  auch  wieder  mehr  IVlühc 
und  Arbeit  bereitet  worden,  denn  es  hatten  sich  manche 
falsche  Ansichten,  unsichere  ^^ermufhungen  mit  der  Zeit 
eingeschlichen.  Alle  Dunkelheiten  aber  waren  selbst  in 
der  neuesten  Zeit  nicht  gehoben,  insbesondere  nicht  durch 
Watter's  oberllUchliches  Werk:  Essai  historique  snr  l'ecole 
d'Alexandria  etc.  (d  Paris  182U).  Das  bcwog  eins  der 
Mitglieder  der  Akademie  der  Künste  und  Wissenschaften 
lu  Berlin  im  Jahre  1833,  die  Sache  zum  Gegenstände 
einer   Preisaiifgabe   zu   erwählen. 

Es  standen  nun  damals  die  Verhältnisse  so,  dass  die 
Stellen  in  den  Schriften  der  Alten,  wo  von  dem  Aluseo 
in  Alexandrien  <lie  Reile  ist,  weiler  alle,  noch  hinläng- 
lich benutzt  waren  ,  dass  mehrere  derselben  erst  kritisch 
untersucht  und  beleuchtet  werden  mussten;  dass  manche 
falsche  Ueutunjren  sich  eingeschlichen  hatten,  welche 
zurückzuweisen  waren;  dass  die  Geschichte  des  Institutes 
und  seiner  Bibliothek  und  die  Einrichtung  beider  noch 
sehr  im  Dunkeln  schwebte;  dass  mau  selbst  von  den 
Leistungen  der  Anstalt  nur  ganz  geringe  Kenntniss  hatte. 
Hier  war  also  zu  sammeln,  zu  erklären,  zu  sichten,  zu 
forschen,  aufzuhellen,  zu  combiniren,  nachzulesen,  das 
AVahre  anzuerkennen,  was  früher  schon  aufgestellt  war, 
Neues  hinzuzufügen,  was  durch  Kritik,  ausgebreitete 
Alterthuinskunde  oder  sonst  gewonnen  werden  konnte. 
Es   lautete   aber   die   Aufgabe   der   Akademie   also: 

„aus  den  über  das  Alexandrinische  Museum  vorhan- 
denen sehr  Iraginentarischen  Nachrichten  mit  Hülfe 
einer  kritischen  Combination  ein  Ganzes  zusammen- 
zustellen,  das  eine  anschauliche  Idee  von  dem  Zwecke, 
der  Organisation,  den  Leistungen  und  den  Schick- 
salen dieser  berühmten  Anstalt  gewähre." 
Hier  schien  IManthem  der  Ausdruck  „mit  Hülfe  einer 
kritischen    Combiuation"    auffallend.      Als     üb    bei    einer 


so    re'in    historisclien    Sache    allein    nur    durch    Combina- 
tion   Viel     zu     gewinnen     sei  ,     und     nicht     vielmehr     zu- 
nächst    durch     gründliche      philologische    Untersii«  billigen 
und     in    Folge     dieser     durch    bedäihtige    Combiiiationen. 
Der    Erfolg    hat    gelehrt,    dass    es    wirklich    nur  auf  daa 
Erstere ,      nicht     auf     das      Letztere     abgesehen     gewesen. 
Auch     wollte     es    Etlichen,     die     mit    dem    Gegenstände 
sich    einigerniaassen     vertraut     gemacht    hatten  ,     bedün- 
ken,   wie    wenn   bei    der   Mangelhaftigkeit  der   Nachrich- 
ten   der   Stoff  etwas  zu   dürr   sein  möchte,   und  die,    welche 
si(  h   der   Lösung   der   Aufgabe    unterzögen,   leicht   Fremd- 
artiges hineinmischen  könnten.     Ja,   dieser  oder  jener  hielt 
die    Aufgabe    darum    selbst    für   unpassend.      Um   diessfall- 
sigen   Missverständiiissen    vorzubeugen,    ward    hinzugefügt: 
„Es   versteht  sich,    dass   die    einzelnen   Wissenschaf- 
ten,   die    dem   iMuseum    ihre   Begründung    oder   Er- 
weiterung  verdanken  ,    heriorzuheben    und    die   ein- 
zelnen   Gelehrten    «les   Vereins  ,    die    sich     in    dieser 
Beziehung  verdient  gemacht  haben,   anzuführen  sind; 
aber  es  ist  keineswegs    die   Absicht    der  Akademie, 
eine   nur    mit   biographischen     und    bibliographischen 
Einzeliilieiten  überfüllte  Literaturgeschichte   des  spä- 
tem   (jrierhenlaiids    in's  Leben   zu  rufen.     Es  kommt 
hier,     wie     man     leicht   sieht,    auf  etwas   mehr,    als 
auf  blosse    Anhäufung    eines    literarischen    Apparats 
an.      Wer  also   Nichts   weiter,   als   einen  sulclieu  zu 
geben    vermag,     »erschtt  enile    seine     Zeit    nicht    an 
eine    Untersuchung,     die    dadurch     wenig    gefördert 
werden    würde.     Dass   auch    von    ileii   Schicksalen  der 
berühmten    Alexandrinischen    Bibliothek     und     ihrer 
angeblichen    Katastrophe    unter   Omar   die  Rede   sein 
müsse,    versteht  sich   von  selbst;    es   fragt  sich   nur, 
ob   nach   Boiiamy's,  Dedels,   Reinhard's   und   Augui's 
Untersuchungen  noch   etwas  Neues  darüber  zu  sagen 
sein   möchte." 
Werkwürdig,    dass    trotz    dieser    weisen  Mahnung  gerade 
die   beiden   gekrönten  Schriften  an  jenem  Fehler  des  Ue- 
bermaasses   und   der   Ueberfüllung   im    Punkte  des  Litera- 
turhistorischen,    wie    wir    nachher   mit    31ehrerem    sehen 
werden,    leiden    und   in  solcher  Beziehung  ganz  aus  der 
Fuge   gegangen    sind.       Was    aber    das    Zweite,    oder    die 
AiKleutuiigen    über     die   Alexandrinische    Bibliothek    anbe- 
trill't ,  so   mnss  befremden,    ilass  dein   Forscher   durch   die 
Ausdrücke   „angeblich'-^   und  „ob   nach  Bon(nny's  etc.  Un- 
tersuchungen noch    etwas    Neues  daiüber    zu    sagen  sein 
möchte^',     gew  isserinaassen    die  Hände    gebunden   werden, 
indem    ihm    leicht    die    Vermuthung    einkommen    konnte, 
die   Akademie    wünschte   gerade    od  t     wäre    der    Ansiclit, 
dass    der   Hvperkritik    Gibbon's    und   ilen   maunichfaltigen 
unrichtigen   Behauptungen   Bonam\'s,     Dedcl's   etc.    gehul- 
digt   werden    möchte.        Die    Schrift    des    Herrn    Parthey 
scheint  solches    zu    bestätigen:     er   hat  sich   denen    beige- 
sellt,   welche   eine    Verbrennung  der  Babliuthek   durch    die 
Araber  läugnen,     und  sodann   hat  er   nicht  viel   mehr  ge- 
geben, als  jene   Franzosen  oder  Dedel,  obwohl  sich  viel 
Besseres   hätte   sagen   lassen. 

Mit  Ungeduld  harrte  das  gelehrte  Publikum  dem  Tage 
der  Entscheidung.  Mittlerweile  hatte  auch  der  damalige 
Direktor  des  Gymnasiums  zu  Liegnitz,  Pinzger,  ob  aus 
eigenem  Antriebe    oder  erst  durch  die  Aufgabe   der  Bcr- 


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864 


liner  Akademie  veranlasst,    ist  ungpiiiss ,    Hon  Enisclilnäs 
fefassf,     üf/er    d<is  Zeitalter    der   Ptolemäer   und  die   lite- 
rarische  Kultur  desselben    oiii    oiiii-iies   Werk    aliztifasspii. 
Als    Aiikiiinii'Jiiiif   p\\>    er   im   Jalirc    IS:}j    ilas    oben   viiitpr 
Kr.    1.   aiifffofiilirfp   Scliiilproijrainin    heraus,     das    dereinst 
als  einleitendes  Kapitel  zu  einer  historisch-kritischen  Un- 
tersuchung über  das  Alexandrinische  Museum  dioiieii  sollte 
(vgl.   S.   .")   f.    >i)t.    tö).       1"    <lomsp|l)pii    l)Os|)rirlit    er   fol- 
eeiide  (•e"iMistaiiilo  :   die  Ptolemäer  in  Apfjvptcii;   den  Geist 
ihrer   Ilefierinig; ;    Alexandrien    bliihet  schnell   auf;    Lage, 
Unifang,   Eifcentluniiliehkeifen   der   Stadt.       üer    \er{.    hat 
hier   Maiirlies    heigi-lira<ht,    «as   zur   Berichtigung  des  Pla- 
nes   von  Alexandrien    nirht   ohne  AVerth    ist,    niehrerc  .Stel- 
leu  der   .Alten   rirhtif^er   erklärt,    als  seine    A'^orgängcr   und 
mehrfach   auf  ^'ersehen  .Manso's,   Bonaniv's,    Hl.itter's  (über 
dessen  oberiläcliliches  .'Machuerk,   ob>vohl  es  das  Prädicat: 
couronue   par   IWcadeniie    des    inscriptions   et   helles   lettres 
an  derStirne  triij;e,   Hr.  P.   S.   I()   Not.  ()i   ei"  sehr  wah- 
res   Wort    gesprochen)    aufmerksam     gen>acht.      IVnr  ein- 
mal  ist   ihm   selbst   widerfahren,    sich     zu    irren,     nämlich 
S.    14,     wo   er   behauptet,     der    Rlietor    Aphtlionius  setze 
die   Bibliothek    und    das    Museum    in   die   Akropolis.       Er 
folgert  solches    aus    den   Worten    iles   Redekünstlers,     die 
er   aber    falsch    übersetzt    hat.       Sonst    zeigt    sich   Hr.   P. 
fiberall   als  ein  strenger,     besonnener  Forscher,   wie   man 
ihn  auch  schon  sonst   hat  kennen   lernen,   uud   das  gegen- 
wartige  Programm  darf  von   <lem  nicht   übersehen  werden, 
der     die     Chorographie     Alexandria's    fester    stellen    will. 
Schade,   dass   der   gelehrte  Alann   in   seinen   besten  Jahren, 
wahrscheinlich     in     Folge    zu    grosser     Anstrengungen   des 
Geistes,     ein   frühes   Opfer    des   Todes   geworden    ist.       Es 
Latte    sich    iu    dem    vorliegenden    Falle    etwas    Tüchtiges 
erwarten   lassen,   sowohl    was   den    Fleiss,   die  Sprach-,   AI- 
terthiims-   und  Literaturkunde   des  ULanncs,  als  die  Grund- 
sätze  anbctrifl't,     nach    welchen  er   jenes    grössere    Werk 
zu   bearbeiten   gesonnen   war.      Auf  die   letzteren  will  der 
Ref.    hier   namentlich    hingewiesen   haben,      weil    sich   aus 
ihnen  so   recht    der  Gegensatz    der   Parthev'schen    Schrift 
and  des    aus    ihr  heranwehenden    Geistes    erkennen   lässt. 
Hr.  P.    spricht    sich    auf    der    Rückseite    des    Titelblattes 
über  sein    zukünftiges   Werk   also    aus:    In   ileniselben  soll- 
ten  die    besonders   durch    neuere   .Schriftsteller    in    Umlauf 
gebrachten    irrigen    Ansichten    einer     auf    strenge    Quel- 
lenforschung    gegrünileten     Kritik     unterworfen     werden. 
Das    Resultat    dieser    Forschungen    —    —    würde    daher 
allerdings   mehr  ein   negatives,    als    ein    positives    und  es 
würde    in  dem  Buche    —   —    mehr  davon   die   Rede  sein, 
was    wir   z.  ü.   von   dem   vielbesprochenen,   aber   wenig   ge- 
kannten Museum   nicht   wissen,   als  wai   wir  davon  wissen. 
„Denn",    heisst  es  dort  vortrefflich,    ,,so  sehr  auch   eine 
gewisse    Zunft    sich    dagegen    sträubt,      es     bleibt    wahr: 
„„est   ({Uaedam  nesciendi   ars   et  scientia."  "      ,,I)ic  ISicIlt- 
beachtung   der   (iränzen,   bis   zu    welchen   möglicher  Weise 
in    historischen    l>ingpn    unser    Wissen    gehen     kann  ,     und 
welche     stets    nach   ilen    gegebenen    (Juellenberic  hten   sich 
bestimmen,      sowie   diejenige   Combination,     welche    mehr 
auf  der   Phantasie,  als  auf  Thatsarhen   beruht,     haben   in 
alle  reale  Thcilc  der  .Vlterthuuiswisseuschaft,   iu  Griechen- 


lands und  Roms  Urgesrhichte,  iu  die  Mvthologic,  in  die 
Alterthümer,  in  die  Archäologie,  ja  selbst  in  die  Litera- 
turgeschichte das  griisste  Unheil  gebracht,  wie  man  doch 
nun  immer  mehr  und  mehr  einzusehen  beginnt.  AVir 
brauchen  aber  keine  Träumereien  über  das  Alterthnm, 
sondern  es  thut  Noth,  die  Quellen  zu  durchforschen,  zu 
sichten ,  zu  erklären  und  deren  geläuterten  Inhalt  der 
Betrachtung  vorzulegen.  Wie  unendlich  viel  aber  in  <lie- 
ser  Beziehung  noch  zu  thuii  ist,  weiss  Jeder,  der  nicht 
im  A'orhofe  steht."  Herrliche  Worte,  die  durch  alle 
Gaue  Germaniens  tiinen  mögen,  damit  sich  der  deutsche 
Gelehrte  jenes  Kleinod  bewahre,  durch  welches  wir  bei 
andern  INationen  berühmt  sind.  Der  Gründlichkeit  be- 
dürfen wir;  ihr  ist  Vorschub  zu  leisten.  Unkraut  wu- 
chert von  selbst.  Damit  wollen  wir  nicht  behauptet  ha- 
ben, dass  <ler  Combination  gar  kein  Spielraum  verstattet 
werden  solle;  im  Gegeutheil :  wir  halten  es  für  einen 
wesentlichen  Fortschritt  unseres  Zeitalters,  dem  philoso- 
phischen Nachdenken  und  Abstrahireu  in  Allem,  auch 
in  der  Alterthumsknnde,  die  Bahn  zu  gönnen;  aber  Solches 
muss  nicht  auf  Kosten  der  Solidität  tles  Wissens  und  For- 
schens  geschehen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Personal-Chronik   und  Miscellen. 

Karlsruhe,  Der  Grossberzojl.  Obcrstndicnr.itb  bat,  die 
preossisclic  Einrichtung  nachahmend  ,  durch  ein  Gfoenle  vor- 
orilnet,  d.iss  bei  allen  Lyccen  ,  (jyninasicn  inul  Pädagogien  in 
jeder  Classe  oder  Classenabtiieihing  ein  Buch  gehallen  werde, 
in  welches  entweder  die  Lehrer  oder  Einer  der  Scliüler  njch 
jeder  UnIcrricIUssInnde  genau  eintragen  müssen,  welches  Pen- 
sum lür  die  nächste  Stunde  des  bctretronden,  nämlichen  Unter- 
richts aufgegeben  worden  ist.  Der  Zweck  ist,  die  Schüler  vor 
Uel)crl.idong  zu  sichern.  Also  auch  nach  Baden  hat  Lorinsdr's 
AngrilT  gewirkt.  Indessen  niüge  man  sicli  nicht  zu  weit  verlei- 
ten lassen,  sondern  ein  Wort  des  Lyceunisdirectors  Loreye 
beher/.igen,  welcher  irgendwo  sagt;  nMüchte  doch  das  viele 
Studiren  die  einzige  Gctabr  sein  ,  welcher  junge  Leute  sich 
aussetzen.«  Bemerkenswcrth  ist  jedenfalls  die  überall  gemachte 
Erfahrung,  dass  fast  immer  die  (li-issigsten  Jünglinge  der  Gym- 
nasien auch  die  stärksten  nud  blüliendslen  sind.  Und  nun  noch 
ein  Wunsch:  Möge  es  mit  der  Nachahmung  des  preussischcn 
Unterrichtswesens  nicht  bloss  bei  der  Einlührung  dieser  Pensa- 
Bücher  sein   Bewenden   haben  !  x, 

Rinteln.  Die  neulich  erwähnte  Ablehnung  der  Director- 
stelle  Seitens  des  Prof.  Dr.  Brauns  ist  vom  Knrfürstl.  Ministe- 
rium des  Iimern  nicht  angenommen  worden.  Prof.  Brauns  hat 
nun  bereits  seit  Joliannis  die  Stelle  des  Directors  und  ersten 
Lehrers  angetreten.  —  r. 

Gas  sei.  Dr.  Schub  art  ist  von  seiner  wissenschaftlichen 
Reise  nach  Italien  und  Sicilien  nach  fast  fünfmonatlicher  Ab- 
wesenheit zurückgekehrt.  a. 


Nötbige  Verbesserungen  einiger  Druckfehler  in  der  Recen- 
sion  des  \Vald,.eslel'schen  Programms  Nr.  85  —  89.  J.ihrg.  1839. 
p.  676.  Z.  1  ihm;  lies  ihn.  p.  679.  Z.  21  v.  u.  mild;  I.  wild, 
p.  684.  Z.  3  aber;  1.  war.  p.  686.  Z.  11  ilas  Komma  hinler 
i.gera<le«  zu  streichen,  p.  694.  Z.  1  so;  1.  es.  p.  698.  Z.  3 
V.   u.  1.   erwarteten.  C.  (1.  F. 


Zeitschrift 

lür    die 

AI  terth  LI  ms  wissen  Schaft 


Mittwochs  11.  September 


1839. 


Nr.  loa 


Das  Museum  zu  Alexandiia  und  die  kiiiv.licli  darüber 
erschienenen  Scliriflen. 

(Fortse  tz  u  njj.) 

Als  endlich  iler  Termin  <ler  Entsclieidiinjj  über  die 
bei  der  Berliner  Akademie  eingegangenen  Arbeiten  er- 
schien, ward  —  keine  Schrift  fiir  geniijjend  erkannt  und 
ein  neuer  Termin  (18}7)  gesetzt.  Nach  >Vrlaiif  dieser 
zweiten  Frist  führte  Hr.  Dr.  Parthev  die  Braut  heim. 
Das  Accessit  erhielt  Ilr.  Dr.  Klippel.  Kaum  war  (Icr 
Spruch  gefüllt,  als  beide  nichts  Eiligeres  zu  <hun  hatten, 
als  ihre  Arbeiten  drucken  zu  lassen  und  ilem  Publikum 
vorzulegen.  Die  erstere  war  gepriesen  worden  von  Sei- 
ten des  Keichthums  des  Slofl'es,  des  Geistes  und  der  ge- 
sunden Kritik,  der  feinen  Conibiuationsgabe,  des  f^l.'inzeu- 
den    Stiles.       Wenn    daher    auch    am    Ende  des   ürthcilcs 

(nur   ein   leiser  Dämpfer)   hinzugefügt  »vird:   „Alles 

wird  nicht  bloss  den  geschmackvollen  Liebhaber,  sondern 
auch  den  kundigen  Alterthumsforscher  einiger maassen 
befriedigen",  so  war  man  doch  erstaunt,  als  wenige  \Vo- 
chcu  nach  dem  Erscheinen  der  Schrift  in  den  Berliner 
Jahrbüchern  eine  Beurtheilung  derselben  von  einem  nam- 
haften Gelehrten  erschien,  in  welcher  das  Werk  als  der 
Wissenschaft  mich  nicht  im  mindesten  forderlich  und 
ersprieslich  dargestellt  wurde.  AVen  hätte  dieser  Zwie- 
spalt des  Urtheils  nicht  befremden  sollen  ?  AVare  das  Pu- 
blikum wirklich  getäuscht?  das  Ganze  Nichts,  als  eine  BIv- 
gtifikation  {  Wir  «ollen  die  Sache  mit  allem  Ernste  prüfen, 
wir  glauben  das  beiden  Parteien  schuldig  zu  sein.  Wenn 
sich  dann  nichts  destoweniger  die  Wage  für  Hrn.  Prof. 
Dr.  Bernhardjf  entscheiden  sollte,  so  wird  und  soll  Ilr. 
Parthey  <larin  keine  Parteilichkeit  erkennen;  denn  Ref. 
schätzt  Hrn.  P.  sehr  hoch  und  hat  schon  zweimal  Gele- 
genheit gehabt  und  genommen,  ihm  wegen  zwei  seiner 
früheren  Schriften  öffentlich  das  gebührende  Lob  zu  cr- 
theilen. 

Wir  beginnen  mit  der  so  hoch  gestellten  Einleitung. 
Sollen  wir  offen  unsere  Meinung  über  sie  ablegen ,  so 
erscheint  sie  uns  ,  so  schon  sie  auch  an  sich  ist  und  so 
angenehm  sie  sich  lieset,  für  den  speciellen  Zweck  doch 
viel  zu  allgemein,  Sie  passt  ebenso  gut  als  Einleitung 
zu  einer  Darstellung  der  Alterthnniskunde  der  Aegvpter 
überhaupt  und  namentlich  im  A'crhaltnisse  zum  griechi- 
schen Alterthume.  Sie  spricht  nämlich  (S.  .j)  ganz  im 
Allgemeinen  von  der  Weise  und  dem  Grade  der  griechi- 
schen   and    ägjptischan  Kultur    und    knüpft  die  diessfall- 


sigen  Bemerkungen    nur    sehr  lose   und   sehr  fern  an   den 
Satz   (S.   3):     „Obgleich   diese   Anstalt   [das   Museum]    von 
hellenischen   Fürsten   in   einer   hellenischen  Stadt   angelegt 
Hurde,  so   war  sie   doch,   ihrer  Erdstellung  nach,   wesent- 
lich ägyptisch" ,     ein    Satz,    der    nichts    weniger  als  den 
Leser    auf    den     richtigen    Standpunkt    setzt.       Denn    das 
Museum   war  allerdings   von   hellcnisirten  Fürston   in   einer 
Stadt,   wo   das   hellenische   Element   die  Grundlage   bildete 
—   so   würde   sich   der    Kec.    im   obigen   Falle   ausgedrückt 
haben  —  gestiftet  worden,   aber  auch  seinem  ganzen  Wesen 
nach  hellenisch,   keineswegs,   wie   der  Verf.  sagt,  „wesent- 
lich ägyptisch  seiner  Erdstellung  nach."'       Denn   bedingt 
Wühl  die   letztere    das    Wesen    einer  Sache  1     Abändern, 
theilweise  einwirken    und   umgestalten,     das    nur    vermag 
ein  Land  mit    einer    fremden   Sache.      Es    ist    daher    das 
allein  Richtige,    hier  vom  Standtpunkle   des  Hellenismus 
auszugehen,  wie   auch  Klippel   getlian  hat.      Unserm  Verf. 
scheint  es  an  der   gehorigeu   Kunde    des  griechischen   Al- 
tcrthums   gefehlt  zu   haben,     weil   er   hierauf,    obwohl   es 
eigentlich  auf  der  Hand  liegt,   keine  Rücksicht  genommen. 
Um   unsere  Leser   in   den  Stand  zu  setzen,    hierüber  gründ- 
lich  zu   urtheilen,   um   sie   zu    überzeugen,   dass,    wer   «las 
alexandrinische    Museum    seinem    Entstehen     und    seinem 
AVesen   nach   begreifen   will,  auf  Griechenland   hinblicken, 
dorther   die  Erklärung   des  Ganzen  herholen  muss,  so   wol- 
len   wir    hier    einschalten    —     denn    dieser    unser    Aufsatz 
Süll  nicht  eine   blosse   kleinlich-splitterruhterliche  Recen- 
sion  gewöhnlichen  Schlages  sein,  sondern  der  Wissenschaft 
selbst  eigentlichen   Vorschub  leisten   —   einen 
/.  Excurs: 
lieber  die  Museen  der  alten   Griechen   überhaupt. 
Ein   Museum  {novaiior)   war   ursprünglich   den   Grie- 
chen ein   blosser  Tempel  der  Musen,  als   der   Vorsteherin- 
nen des   Gesanges,    der   mit  Saitenspiel  begleitet  zu   wer- 
den   pflegte.      Vgl.    Hom.   H.   I,   (i04.   II,  4S4.    Hymn.   in 
Apollin.    II.   Athen.  VIII,   41   (p.  348- D.)  u.  s.  öfter.   Nun 
wurden   bei    dergleichen   Heiligthümern   heilige  Feste   be- 
gangen,    auch    fiovOtia    genannt    und    gewöhnlich  durch 
Absingung  von   Gedichten   unter   musikalischer   Begleitung 
verherrlicht.     Athen.   XIV,  26.  (p-  ti2  )•  A.).     Vgl.  Olfr. 
Müllers   Gesch.   der  Min.   S.  3S|.    Boeckh.  corp.   inscnpt. 
graecae.   T.   I.   p.  7ü-'.    No.    158.'   sq.       Zu  solchen   musi- 
kalischen   Musenfesten    waren    freie    Räume    nothig,      «o 
sich  die    Sänger    und   Gesangrichter    und    ein    zahlreiches 
Publikum  versammeln  konnten.     Vielleicht  begräuzte  man 


867 


868 


iliose  Iiiii  lind  «ipiler,  bppflanz<e  sie  anrh  wolil  mit  Baii- 
inrii,  wie  die  Gviniinsipii.  (^'s'-  Tliooplir.  Iiistor.  plantar. 
ly,  ll'i.  [{C,  nach  Sdnipidor].  üar;iiis  s<lii>|>rtc  Pliii.  liist. 
iiat.  X^  I,  .')?.).  Soliher^psfaU  oriipitprle  sicli  drr  Be- 
g^rifl'  eines  ^luseuui^:  es  «urdeii  auch  jene  Räume  allein 
so  g-enaniit  :  z.  B.  ein  Iltifcl  hei  Athen  (Pausan.  I,  15, 
.5.  6-)i  l>^'  Ap<era  auf  Kreta  (Suid.  n.  Stephan,  liyr..  s  v. 
\^lTepn) ,  »lo  die  Sagen,  welche  man  von  beiden  hatte, 
stattsani  auf  die  eif^entliche  und  ursprüngliche  Bestim- 
mung dieser  Plätze  hinilputeu.  Die  \^erelirung  der  Hlu- 
scn  scllist  trat  in  den  Hintergrund ,  der  praktische  Zueck 
jeuer  Räume  stellte  sich  heraus.  Doch  wird  wohl  selten 
oder  gar  nicht  ein  Tempel  oder  wenigstens  ein  Altar  der 
Hlnsen  gefehlt  haben.  Weil  dergleichen  Rfiunie  wicdcr- 
liallten  von  Gesang  und  Saitenspiel,  so  konnte  Euripides 
(Helen.  1117.J  ilas  Reich  der  Persephoue  bildlich  itov- 
aeia  &prvi'ilU(ri  t('^'W(5«  (von  Klageu  rings  tunende 
Oerter)  nnd  in  einer  andern  Stelle  (fragni.  Alcmen.  beim 
Schol.  Aristoph.  Ran.  9  !.)  den  Hain  bei  Theben  iioirrela. 
yt/  louvoiv,  .'jingplafze  der  Sclnvalben,  nennen,  welchen 
Ausdruck  Aristophaaes  parodirlo  (Ran.  a.  a.  O.  u.  dazu 
Schol.  Vgl.  Ritter  in  d.  Schulz.  ISit.  Febr.  IL  Abth. 
S.  124  f.),  ihn  auf  die  schlechten  Tragiker  seiner  Zeit 
anwendend.  AVo  es  nuu  Tempel  der  Musen  (eigentliche 
fj.üV<JCin)  gab,  da  wurden  wohl  auch  die  Prei«gedirhte 
oder  .4bschriften  von  den  Werken  berühmter  Dichter  auf- 
bewahrt, wie  z.  B.  im  IMuseum  auf  dem  Helikon,  wo 
sich  ein  altes  Exemplar  der  Tagewerke  des  Hesiodus 
vorfand.  S.  Prellcr  in  d.  Hall.  Jahrb.  1S38.  No.  142. 
S.  ll.'i.'.  Der  Anfang  einer  Bibliothek  von  Dichtern  bei 
den   Museen. 

In  ein  besondere»  V^erh.'iltniss  kam  der  Musendienst, 
als  die  Philosophie  in  Griechenland  aufblühte.  Die  Phi- 
losophen betrachteten  nämlich  ihre  AVisscnschaft  als  ei- 
nen Theil  def  .Musik  oder  der  Harmonie,  nannten  sie 
sogar  unio/y.y-y  (Ast  zu  Plat  Phaed.  p.  .iiß.)  und  stell- 
ten sie  unter  die  ^'orsleherschaft  und  den  Schutz  der 
Musen,  «eiche  Göttinnen  dadurch  zu  Vorsteherinnen  der 
Pliilosopliie,  des  philosophischen  Studiums,  ja,  der  ganzen 
höheren  Bildung  wurden  (Aristoph.  Eijuit.  188  sq.  u.  dazu 
Schol.  Volum,  llercnlan.  I.  p.  51.  7t  yäo  fJkex^' 
ütxu  Mui puiv  ftui<Gi/.i;v,  Uli  xal  TCaOav  itaibtiav  y.(xt 
Tf/vu:,  una;  dvuiptoovrliT  u.  dazu  die  Bemerkk.  p.  f)2 
Rrj.  Dio  Chrvsost.  orat'.  ad  Alex.  T.  I.  p.  703-  [ed.  Reisk.] 
Prolegg.  in  den  Schol.  zu  Aristot.  p.  9  a.  ed.  Beroliu. 
Vgl.  Baumgarten  -  Crusius  de  disciplina  iuven.  Piaton. 
[.Misen.  l,S{t).]  S.  Li  siji].)  Als  nun  die  Gymnasien  an- 
fingen zu  Versaminlungsörfern  zu  dienen  ,  so  geschah  es, 
«lass  diese  auch  den  Dienst  jeuer  Göttinnen  erhielten. 
Im  Lvreo  waril  ihnen  geopfert  und  war  ihnen  ein  Prie- 
ster bestellt  (Antigon.  Caryst.  fragm.  bei  Athen.  XII, 
Ö9.  [S.  .047  F.|).  Plato  liess  (s.  Ding.  Laert.  IV,  1,  3) 
den  .Musen  in  der  Akademie  einen  Tempel  bauen,  und 
noch  spat,  in  Pausanias  Zeitalter,  war  ihnen  daselbst  ein 
Altar  geweiht  Pausan.  I,  .J(J,  2).  In  jenem  Tempel 
stellte  der  Nachfolger  Plato's,  Speusippus,  die  Bildsaulen 
<ler  Göttinnen  der  Anmuth  oder  der  Charitinnen  auf 
(Diog.  Laert.  a.  a.  O.)  und  Xeiiokrates  Nachfolger  in  der 
Akademie,  Polemo,  «eilte,  «ic  Diogenes,  von  Lacrte 
(^^>3»ö)   erzählt,   wenn  er  umhergcwandelt   war  und   ge- 


lehrt hatte   {ovSe  y.adi^ojv  'iXeys  ttoo^  r«;  9to£ie  — 
rrfQ/TTnTciv    öt    trrf;j^f/(jf/) ,     in    dem    Garten    der    Aka- 
demie,   wesshalb   seine   Schüler   sich    in    der   Nahe   dessel- 
ben   bei    dem  Museum    und    der    Exedra    kleine    Lauben 
(oder  Zeltchen,  Hüttchen,  y.uKi'ljia)  machten  und  daselbst 
wohnten.       Theophrast,     1er    Peripatetiker,    besass    einen 
Garten   mit  mancherlei   Gebäuden    zum   Behuf  seiner  phi- 
losophischen  Studien   und   seines  Unterrichtes,  dabei  einen 
Platz   zum    Lnst«andeln    {:iC(ji7t ut(ir)    und     zum  Lehren 
im    Lustnandeln,     und    ganz    in    der    Nahe    davon    einen 
Mnsentenipel   mit  den   Bildsäulen    dieser   Göttinnen   (Diog. 
Laert.  V,   öl)-     I"  seinem  Testamente  verordnete   er  unter 
Anderm:    „Erstens  soll   Alles,    was   das  Museum   und   die 
Gültinnen  (die  3Iusen)  betrifft,  vollendet  werden,  und  «cnn 
sich  sonst  etuas  zu  deren  grösseren  Verschönerung  anbringen 
lasst.      Sodann   soll   die    Bildsäule    des   Aristoteles    (als   des 
Stifters  der   peripatetisclieii   Schule)    im   Heiligthume    auf- 
gestellt  «erden,   sowie    die    übrigen    Weihgeschenke ,    so 
viele    ihrer    schon    früher    im   Tempel    gewesen.       Ferner 
soll  der  kleine  Säulengang  nahe  amiMiiseo  nicht  schlechter 
denn   zuvor  gebaut  werden.       Auch   die   Tafeln  ,    auf  wel- 
chen die  Oberflache  der  Erde  dargestellt  ist,  solle  man  in  den 
untern    beileckten    Säulengang   aufhangen  ;   gleichfalls   solle 
der   Altar  zugerichtet   werden,    dass    er    vollkommen     und 
schön    sei.    —     Alle    Bücher    vermache    ich    dem   Neleus; 
den   Garten  aber   und   ileii   Spaziergang   {ntutn ctTOv)   und 
alle   Hauser    neben    dem    Garten    allen    denjenigen    unter 
meinen   bei   Namen   verzeichneten   Freunden,    welche    den 
Wissenschaften   obliegen   und   die  Philosophie  treiben  wol- 
len"  etc.      Die   Metapontiner    nannten   das   Haus,    v/o   P_y- 
Ihagoras  gewohnt,    ein   Heiligthuni   der   Demeter    (in  Be- 
zug    auf     die     (iphpinilehrcn     des     Philosophen)     und     die 
Strasse   ein   Museum  (als  den   Aufenthalt  philosophirender 
Männer.      Diog.   Laert.   VIII,    1.   §.    15). 

Was  lernt  mau  aus  diesem  Allem?  Dass  srhon  vor 
Alexaiidria's  Erbauung  es  Räume,  (lebaude,  Einrichtungen 
gegeben  hat,  die  dem  Stifter  des  alexandrinischen  Mu- 
seums zum  iMusfer  dienen  konnten  und  wirklich  gedient 
haben,  naniendich  in  Athen,  der  Hochschule  der  dama- 
ligen Philosophen,  dem  Museo  von  ganz  Griechenland 
(7«  d;;  ELKaduc,  fioi'Otiov ,  Athen.  V,  3.  [p-  I87j), 
besonders  wenn  wir  dabei  noch  Folgendes  berücksichtigen: 
die  Philosophen  in  .Athen  waren  bald  nicht  mehr  zufrie- 
den, mit  ihren  Schülern  zu  bestimmten  .Stunden  in  jenen 
Räumen  sich  zu  nuterhalten,  sie  zu  lehren:  sie  benutz- 
ten dazu  auch  die  I\Iahlzeiten  :  man  veranstaltete  geniein- 
schaflliche  Gastmähler  { (n'0<rivin,  at'Vodoi).  Schon 
Plato  und  Speusippus  sollen  dergleichen  eingeführt  (An- 
tigon. Carvst.  a.  a.  ().),  Theophrast  in  seinem  Testamente 
Geld  dazu  ausgesetzt  haben  (Antigon.  Caryst.  a.  a.  O.). 
Vcrgl.  die  gelehrten  Sammlungen  über  die  Symposien 
der  Alten,  namentlich  Eschenbach  de  sympos.  Sapien- 
tnm.  So  lagen  als»  im  voralexandrinischen  Hellenenthum 
vollständig  alle  Keime  zum  alexandrinischen  Museo.  Auch 
dieses  «ar  ein  Kind  seiner  Zeit,  d.  h.  es  ging  hervor 
aus  Verhaltnissen,  Ansichten,  Gewohnheiten,  Sitten, 
welche  gerade  damals  bestanden.  Es  war  nur  eine  Fort- 
set/nng  hellenischer  Zustande.  Und  nur  «er  es  so  fasst, 
kann  sich  das  Ganze  recht  erklären:  Entstehung,  Namen, 
Einrichtung.     Das    gehörte    also    in    dio  Einleitung  einer 


869 


870 


Schrift  ilbcr  das  alexaiulrinisclie  Museum,  nirlit  jpnes 
allgemeine  Räsonnemeut ,  das  entfernt  nur  den  Gegen- 
stand  betrifft. 


Der  erste  Absclinitt  des  PartliPj'sihen  AVerkes  ist 
schleclitweg  überschrieben:  Topogrrijtliie.  Hier  fallen  im 
Kinganjje  sogleich  drei  Satze  anf:  1)  „Da  die  Untersnciinng 
bis  auf  die  Zeit  der  arabisihen  Eroberung  ausgedehnt 
ist:  so  sind  anili  diejenigen  Einrichtungen  zu  berühren, 
welciie  nach  dem  Untergange  des  Ptoleniaischen  Museums 
seine  Stelle  zu  ersetzen  strebten."  Aber  von  «vekhen 
Einriclitungen  —  der  Verf.  versteht  die  arabischen  Aka- 
dcmleen!!  —  ist  denn  bekannt,  dass  sie  an  die  Stelle 
des  Museums  getreten,  ja,  dass  sie  ganz  nach  Art  des- 
selben eingerichtet  «orden  «ären?  Da  diese  Ansicht  oder 
Combinatiun,  welche,  «ie  man  sagt,  ein  Glanzpunkt  der 
Parthcy'sclicn  Schrift  sein  soll,  obivohl  aber  bei  näherer 
Betrachtung  ganz  ohne  IJeweiskraft  ist,  weiterhin  ent- 
wickelt wird,  so  werden  wir  später  wieder  darauf  zu- 
rückkoniinen.  '_>)  „Daran  knüpft  sich  die  Betrachtung 
der  verschiedenen  Bibliotheken,  welche  nächst  dem  Ge- 
lehrtenverein lange  den  Ruhm  Alexandriens  ausmachten." 
Nein!  nicht  der  verschiedenen  Bibliotheken,  sondern  der 
Bibliothek  des  Museums,  und  der  übrigen  nur  insofern, 
als  sie  allenfalls  mit  jener  in  gewisser  Beziehung  stan- 
den. 3)  „Insofern  die  Gründung  des  Museums  wesent- 
lich von  hellenischen  Fürsten  ausging,  und  dasselbe  in 
seinen  spateren  Verzweigungen  lange  Zeit  hindurch  der 
Sitz  iler  hellenisch  -  heidnischen  Gelehrsamkeit  und  Gei- 
stesbildung blieb  ,  insofern  wird  die  Betrachtung  der 
christlichen  Schulen,  welche  sich  im  Gegensatze  zum 
Heidcnthume  bildeten  und  dasselbe  am  Ende  des  vierten 
Jahrhunderts  verschlangen,  von  der  gegenwärtigen  Unter- 
suchung auszuscliliessen  sein,"  Auch  dieser  Gedanke  ist 
schief  und  zeugt  von  Unkunde  der  Sache.  Die  Christen 
lernten  sehr  bald  das  Heilsame,  \(ithwendigo  und  Herr- 
liche der  gelehrten  heidnischen  Studien  kennen  und  ihre 
Institute  glichen  den  heidnischen;  nur  ihre  kateclietischeu 
Schulen,  d.h.  ihre  Weise,  das  Christenthum  zu  lehren, 
waren   von   besonderer  Art,   und   das   war   natürlich. 

Bevor  wir  zur  Beurtheilnng  des  Folgenden  übergehen, 
müssen  wir  noch  erwähnen,  dass  es  eine  alte,  sehr  löb- 
liche Sitte  ist,  im  Eingange  einer  solchen  Arbeit,  wie 
die  vom  Mjiseo  zu  .Alexandria  ist,  der  Quellen  zu  ge- 
denken, woraus  man  zu  schöpfen  habe,  auch  der  Schrift- 
steller, H  eiche  im  Altcrthunie  schon  darübergeschrieben. 
Hr.  P.  ist  flüchtig  darüber  hinweggegangen.  Aber  hier 
war  gerade  der  Ort  zu  forschen,  zu  sichten,  festzustellen. 
AVir  haben  uns  darüber  im  Eingange  ausgesprochen,  über- 
gehen  es   also  jetzt. 

Der  Verf.  sagt  S.  10  mit  Recht:  „Um  den  ersten 
Thcil,  die  äussere  Geschichte  [des  Museums]  zu  begrün- 
den, ist  es  nöthig,  einen  topographischen  Ueberblick  der 
Stadt  AJexandrien  zu  gewinnen;  —  —  die  Lage  des 
Museums  insbesondere  lässt  sich  nicht  bestimmen,  ohne 
eine  genaue  Kenntniss  der  alten  und  neuen  Oertlichkei- 
ten  von  Alexandricn.  Allein  wozu  nun  die  entsetzliche 
Weitschwciligkeit,  über  welche  man  das  Museum  ganz 
aus  den  Augen  verliert?  Wozu  eine  Geschichte  der  To- 
pographie Alexandria's  in  einer  solchen  Ausdchuung  (S.  19 


—  30)?  Wozu  gar  eine  Untersuchung  über  das  Längen, 
maass  eines  .Stadiums?  Alles  ilas  h.'ifte  kürzer  abgethan 
und  dagegen  mehr  Fleiss  auf  die  Sache  verwendet  wer- 
den sollen.  Denn  hier  kommen  die  ärgsten  Verstösse 
gegen  die  Regeln  einer  gesunden  Interpretation  der  alten 
Schriftsteller  vor  und  eine  Fahrlässigkeit  im  Lesen  und 
Prüfen  der  einzelnen  Stellen  ,  wie  man  sie  selten  findet, 
namentlich  S.  31  ff.  Dort  heisst  es:  ,,Nach  Strabon's 
Bericht  lag  das  Museum  mit  seiner  Bibliothek  nicht  am 
I\Ieere;  denn  [man  höre  den  Grund!]  er  nennt  zuerst 
alle  den  grossen  Hafen  einschliesscnde  Gebäude  und 
fuhrt  später  das  I^lusenm  als  einen  Theil  der  Königs- 
häuser an."  Wer  versteht  diesen  Beweis?  Wer  findet 
ihn  trefl'end ,  überzeugend?  Und  wo  ervtähnt  denn  Strabo 
der  Bibliothek?  Weiter  sagt  Hr.  P. :  ,, Dagegen  scheint 
ans  der  Notiz  bei  Caesar  hervorzugehen,  dass  die  Biblio- 
thek, welche  beim  Brande  der  Flotte  zerstört  ward,  un- 
mittelbar am  Ufer  gelegen  habe."  Was  ist  das  für  eine 
Stelle  bei  Caesar?  Der  Verf.  führt  sie  nicht  an.  Doch 
wohl  de  bell.  civ.  III,  111?  Aber  aus  dieser  geht  doch 
nicht  hervor,  dass  die  Bibliothek  unmillelöar  am  Ufer 
gelegen  habe?  Es  konnten  ja  noch  anilere  Gebäude  da- 
zwischen liegen?  erst  die  Schifl'swerften  ,  dann  die  Ge- 
traidemagaziiie ,  und  ilann  erst  die  Bibliothek  gckommcQ 
sein?  Der  Brand  konnte  sich  ja  von  Gebäude  zu  Gebäude 
fortpflanzen?  Vergl.  Dio  Cass.  XLII  ,  38.  u'jors  TS  xal 
TU  vi:U)(jtov  Tß'^  TE  ÜTroi));y.ai  y.ai  xov  uitov  yac 
TMV  ßlfjkujv  —  —  y.ai'iHjvai.  Sollte  dieser  Schrift- 
steller diese  Aufeinanderfolge  ohne  Grund  gegeben  haben? 

—  Nun  höre  man  den  Schluss  ans  jenen  falschen  Prä- 
missen: „man  müsste  also  zur  Vereinigung  dieser  beiden 
Data  annehmen  ,  das  Gebäude  habe  unter  Caesar  am 
grossen  Hafen  gelegen  und  sei  nach  der  Verbrennung  mit 
erneuertem  Glänze  mehr  landeinnäits  angelegt  worden, 
da  wo  Strabo  es  fanil."  Aber  Strabo  spricht  ja  nirgends 
von  der  Bildiothek.  —  Diesen  .Schluss  hebt  Hr.  P.  wie- 
der auf  ilurrh  folgenden  Satz  :  „Dazu  ist  aber  die  Zeit 
von  '23  Jahren  von  Caesars  Enberung  (47  v.  Chr.)  bis 
anf  Strabon's  Reise  (?4  v.  Chr.)  viel  zu  kurz  und  un- 
ruhig."     Wie?   Eine   Frist   von    'J3   Jahren    wäre   zu   Icurzi 

—  Doch  noch  mehr  der  Uebereilungen !  ,, Endlich  steht 
wenige  Zeilen  vorher  bei  Caesar  eine  Stelle,  welche  die 
Sache  noch  mehr  zu  verwirren  scheint,  indem  sie  die 
Unverbrennlichkeit  der  alexandrinischen  Gebäude  deutlich 
in's  Licht  setzt."  Und  welche  Stelle  ist  diess?  Hist. 
de  bell.  Alex.  1.  Allein  die  steht  in  jenem  Capitel  nach, 
und  Hr.  P.  wird  doch  wissen,  dass  nicht  Caesar,  sondern 
Ilirtius  für  den  Verf.  des  Werkes  über  den  alexandrini- 
schen Krieg  gilt?  Dann  hat  aber  die  Stelle  für  das, 
was  sie  beweisen  soll,  gar  keine  Beweiskraft.  Denn 
Ilirtius  spricht  unbezweifelt  von  den  Privatbäusern  in  der 
Stadt  im  Allgemeinen,  nicht  von  den  Königshäusern.  — 
AVir  sind  noch  nicht  am  Ende  mit  des  Verfassers  Ueber- 
eilungen. 

31erkwürdig  ist  die  Combinationsgabe  unsers  Verfs. 
in  der  Vereinigung  jener  beiden  sogenannten  widerspre- 
chenden Zeugnisse  (S.  .3'.')=  ,,Alle  Nachrichten  sprechen 
von  einer  A'erbrenniing  der  Bücher,  nicht  aber  der  Hiblio- 
tliek;  wiederum,  wenn  sich  annehmen  liesse,  dass  die  Bücher 
nicht  in  der  Bibliothek  waren,    als    das   Feuer    vou    den 


871 


872 


Schiflpn  die  Umjjpbiinfen  «Ir-s  grossen  Hafpiis  erprlill  Dann 
vrüTe  die  Sriiit  irri;;ktit  gclKilicn,  und  man  küiiiite  das 
Aliiscuni  mehr  null  dem  iniicrii  Tlieilc  von  Brnrhliim 
liiuciiinii-ken."  Dccss  Froliloikcn  iat  zu  fnilizritig ;  denn 
der  Verl,  hat  bei  seiner  Flriilitijckeit  ülierselien,  dass 
Dio  in  der  oben  an^efiilirten  Stelle  hat  tu;  aTroih'jxa^ 
y.ai  Tur  oirur  xt'-'i  t''jv  ßiSfJDV.  Aurh  ist  PIu(arrh 
(Caes.  41))  panz  enfgeptcn.  Ziiar  scheint  ihm  jenes  Re- 
sultat iinzneifelhaft  ausfesproehen  in  einer  Stelle  des 
Orosius  \l,  Ij.  proiimis  forte  riedibus  condila.  Allein 
diese  ^^'orte  lielssen  ofl'enliar  nirlits  Anderes,  als:  ver- 
brannte die  liiiilier,  welche  —  so  bra(  hte  es  ilas  Ge- 
8chirk  mit  sich,  so  «ollte  es  der  Zufall  überhaupt,  — 
in  dem  daran  zunSchst  stossendeu  (iebaude  aufbeuahrt 
waren.  Jenes  forte  darf  uns  also  kcinesuegs  bestimmen, 
bei  condita  zu  snppliren  a  Caesare  demum  (vcr;;!.  Bern- 
hardv  in  den  Ber!.  Jahrb.  Is  JS-  April.  S.  ö'-Hi-  Schnitzer 
in  Jahns  Jahrbüchern  IS38,  4.  H.  S.  3)2)  und  zu 
srhliessen,  dass  damals  die  Bücher  an  einem  Orte  ge- 
wesen, „HO  sie  nicht  hingehorten,  und  desshalb  beim 
Brande  der  Flotte  mit  untergegangen  waren."  Bei  die- 
ser Gelegenheit  spricht  sich  Hr.  P.  überhaupt  über 
die  Stelle  des  Orosius  in  der  Note  **)  dahin  aus,  dass 
sie  sehr  verdorben  wäre  und  darum,  sich  kein  sonder- 
liches Gewicht  auf  sie  legen  lasse.  Allein  das  ist  sie 
keineswegs,  sonilern  sie  bedarf  nur  eines  geschickten 
Interpreten,  der  die  Sprache  des  spätem  Schriftstellers 
zu  nehmen  und  zu  entwickeln  versteht.  Wir  wollen 
diess,  nachdem  wir  hierüber  mit  dem  besten  Kenner  des 
Orosius,  Hrn.  Dr.  Grubitz  in  Pforte,  correspondirt  haben, 
versuchen   in   einem 

II.    Excurs. 
Ueber  Oros.  VI,    lö. 

Die  Stelle  lautet  nach  der  Ilavercampischen  Ausgabe: 
Ea  flamma,  cum  partem  quoque  urbis  invasisset,  qua- 
dringeutt  millia  librorum  proximis  forte  aedibus  condita 
exussit,  singulare  monimentum  studii  curaeque  maiurum, 
qui  tot  tantaque  illustriuui  ingoniorum  opera  congesserant. 
linde,  quamlibet  hoilieque  in  tooiplis  extent,  quae  et  nos 
vidimus,  armaria  librorum,  quilins  direptis  exiuanita  ea 
a  nnstris  hominibus,  nostris  lemporibus  ineuiorent,  quod 
quideui  verum  est,  tamen  honestius  creditur,  alios  libros 
fuisse  quaesitos,  qni  pristinas  studiorum  curas  aeniularen- 
tor ,  quam  aliam  uUani  tunc  fuisse  bibliothecam ,  quae 
extra  quadringenta  millia  librorum  fuisse  ac  per  hoc  eva- 
gisse  credatur.  .An  diesem  Texte  wird  Nichts  zu  ,'indern 
»ein,  obivohl  einige  Varianten  sich  vorfinden,  als  statt 
direptis  in  12  Pariser  Handschriften  (vergl.  de  Ste  Croix 
im  .llagaz.  encvclop.  V.  annee  T.  1^'.  p.  44()  sq.)  und 
in  3  >V(ilfenbüttlern  derelictis;  für  direptis  ist  imlessen 
entscheidend  die  Uebereinstimmung  des  Flor.  I.  (von  Ha- 
vercamp  LoMgolnrihis  genannt)  mit  dem  Portenser  und 
dem  vierten  AVclffnbüttler,  dann  die  Edit.  August  u.  a.  w.; 
Blatt  memorent  haben  alle  12  Pariser  memoreiitur.  Die 
ersten  Zeilen  sind  leicht  verstandlich,  bis  quibus;  diess 
ist  auf  teniplis  zu  beziehen,  ea  auf  armaria:  „Hi-i  Plün- 
derung der  (heidnischen)  Tempel    sind   auch  dio  Bücher- 


schränke geleert  worden."  Nostri  homines  sind  natür- 
lich Christiani.  Der  Conjunctiv  memorent  hängt,  wenn 
auch  uiclit  unmittclliar  von  quamlibet,  doch,  als  subordi- 
nirt  jenem  conjunctivcn  Hauptsätze,  mittelbar  davon  ab. 
D.T  Zwischensatz  „quod  qnidem  verum  est"  ist  zwar  nicht 
ganz  ohne  Anstoss,  wesshalb  Havercamp  und-  Beck  (de 
biblioth.  Alex.  p.  XI.  not.  <).)  ihn  für  ein  Glossem  er- 
kbirten,  doch  auch  hier  ist  die  Schwierigkeit  zu  heben: 
Orosius  gibt  damit  das  Factum,  »elches  die  Heiden 
(pagani  ilas  Siibject  von  memorent)  erzählen,  aus  eigener 
Kenntniss  der  Dinge  (cf.  quae  et  nos  vidimus)  zu,  wie 
auch  der  Nachsatz  jedenfalls  die  Wahrheit  desselben 
voraussetzt.  Für  ein  Ginssem  kann  auch  dämm  jenes 
quod  qiiideni  verum  est  nicht  gelten,  weil  es  in  allen 
llancischrifton  steht.  Dass  honestius  für  nielins ,  qnae- 
rere  für  «onquirere,  couiparare  gesetzt  ist,  liegt  auf  der 
Hand,  und  so  ist  die  Stelle  klar  und  deutlich  und  darf 
nicht  für   verdorben   gelten. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Personal- Chronik  und  ^lisc eilen. 

M.irburg.  Von  den  .ik.idpmischen  Schriften  des  Somnicr- 
semeslers  1839  enthält  das  Probcmium  des  Lectionsk.italogs  eine 
Abliandliing    des    Prof.  K.   Fr.   Hermann    über    die    vielbcspro- 


,cii  tidi  «V  liici  !tnruLii  voll  ifi  o  [  i  l  £  ^  Lfisiiiiiiiiiuiic  s  riuLuiiicac 
"iiae,  DresJae  18.i7.  8.)  vertbeidiiit  und  nebenbei  auch  Herrn 
Zitter's  Angiiire  in  der  zweiten  Auflage  seiner  Geschichte  der 
Pliilosnphie  abfertigt;  zum  Geburtstage  .Sr  Hob.  des  Kurprinzen 
"nd  Milregenlen  aber  Je  reifiiihlicae  Plalnnicae  tempnribus 
(48  S  4.),  worin  er  die  schon  in  der  Allg.  Scbul/citung  1831, 
p-  051  (T  auii,'eslell(e  Ansicht  von  der  Zeit,  wo  jenes  Gespräch 
gelialtcn  zu  denken  sei,  mit  neuen  Gründen  gegen  Bückh's 
Prooeoiiiim  ziiui  Beiliner  Sonimerkalalogc  1839  verlicht,  .\usscr- 
dein  sinil  folgenile  zwei  Inangiirnldisseitationen  erschienen  :  Jo. 
Car.  Hinke!  de  siaiiis  formis  doclrinae  mnralis  Peripatelicoruin 
(58  S.  8)  un.l  Car.  Gnil.  Pideiit  de  Hermagora  rhelore  (45 
8  4).  nie  philologische  Preisfrage  iibcr  Cicero's  Rede  pro  Ba- 
iirin perdiieltionis  reo  lüste  Hr.  Rudolf  llgen  aus  Nauroth  im 
Herzogtliuni   Nassau. 

Biickebnrg.  Am  29.  Juli  starb  nach  mehrjähriger  Kränk- 
lichkeit plötzlich  auf  einem  Spaziergange  in  Pyrmont  der  Pro- 
fessor Ernst  Karl  Habicht,  63  J.  alt,  Hector  der  hiesigen 
lateinischen  Haoplscluilc ,  welche  in  den  drei  obersten  Classcn 
das  Gymnasium  ,  in  den  beiden  untern  Classen  die  Bürger-Kna- 
ben,cliiilc  nnifasst.  In  den  Jahren  seiner  Kraft  hatte  er  sich 
durch  ein  nngewöhidicbes  Lelirtalcnt  ausgezeichnet,  welches 
durch  grosse  Liebe  zu  seinem  Renrfc  unicrslülzt  wurde.  Früher 
in  Delniold  und  seit  mehr  als  30  Jahren  hier  in  Rückeburg  hat 
er  sich  bei  zahlreichen  Schülern  ein  gesegnetes  Andenken  er- 
worben. Als  Schriftsteller  ist  er  durch  sein  » synonymisches 
H  indwortcrbnch  der  lateinischen  Spraclie  für  angehende  Philo- 
logen" vortbeilliaft  bekannt  geworden,  von  «clehem  vor  Kur. 
zem  die  zweite   Auflage  (Lemgo    1839)   vollendet  war. 

Hanau.  Unter  den  Persnnalnachrichten  in  Nr.  56  steht 
unter  Hannover,   was  unter  Hanau   geholt. 


Zeitschrift 


für   tue 


AI  terth  ums  wisse  11  Schaft 


Freitag  j  13-  September 


18  39. 


Nr.   HO. 


Das  Museiini  zu  Alexandiia  und  die  kürzlich  darüber 
erschienenen  Scliriftcn. 

(Forisef  z  un^.) 

Nachdem  «ir  lies  V^erfassers  frühere  Deufeleien  ab- 
gewiesen liahen,  «erden  es  unsere  Leser  uns  gern  er- 
lassen, auch  die  Verdreliungcn  der  Stellen  von  Dio  Cas- 
«ius,  voa  Gcllius  (^'I,  17)  und  von  Amniian.  IMarcclIin. 
(XXII,  16)  zu  widerlegen.  Und  was  ist  das  Ende 
dieser  weitschweifigen,  mühsamen  Dednrtion?  „Indessen 
ist  diess  Znsamrncnriicken  der  verschiedenen  Nachrichten 
für  die  vorliegende  Frage  immer  nur  ein  negativer  Ge- 
winn; über  die  wahre  Lage  des  Museums  bleibt  man  in 
einem  Dunkel,  welches  ohne  die  Entdeckung  neuer, 
Licht  bringender  Quellen  schwerlich  aufzuhellen  ist." 
Wem  fallt  hier  nicht  unwillkürlich  das  Parturiunt  mon- 
tes  etc.  ein?  ,,\Venn  daher  auf  dem  beigefügten  Plane 
das  Museum  seine  Stelle  nicht  weit  von  der  mnthniass- 
lichen  Längenstrasse  erhalten,  wo  heutzutage  vier  an- 
tike Porphvrsaulen  aus  dem  Staube  der  AVüste  hervor- 
ragen; so  ist  diess  nur  auf  gut  Glück  und  in  der  Mei- 
nung geschehen,  dass  das  Bereich  der  Königshäuser  da- 
durch nicht  zu  weit  ausgedehnt  werde.  Es  herrscht  jetzt 
Dnter  den  alexandrinischen  Franken  die  Ansicht,  jene 
vier  Säulen  hätten  zur  grossen  Bibliothek  gehört"  etc. 
AVeil  es  denn  dem  Hrn.  Parthej  so  völlig  missiungen  ist, 
uns  die  Topographie  des  Museums  und  seiner  Bibliothek 
ZQ  geben,    so  woUeu  wir  es  jetzt  versuchen  in  einem 

III.    Excurs. 
lieber  die  Lage  des  alexandrinischen   Museums. 

Alexandria  war  in  fünf)  .Stadtviertel  Q^eoi] ,  yJijiUTa, 
regiones)^)  eingethcilt,  wovon  das  eine,  das  längs  dem 
grossen  Hafen  gelegene,  den  Namen  Bruchium  [Booi- 
Xtov)  oder  Pruchium  (/7po(';t;£/Of),  eigentlich  Pyruchium 
(lIvQOVXi'Ov),  nach  dem  daselbst  befindlichen  grossen 
Geiraideniagazin  (TCtig  Tov  oItou  ÜTTodiixuic,  Dio  Cass. 
XLII,  .'i8)  also  benannt,  führte.  Den  grüssten  Tiicil 
dieses  Viertels,    d.  i.  den    vierten  oder  auch  den   dritten 


1)  Philo  in  Flacc.  p.  668  (Paris  155:).  Veigl.  Plin.  liistor. 
nat.  V,  11,  wo  regia  für  Briicliitmi  zu  stehen  scheint. 
Vergl.  Manso's  Terra.  Schriften  1.  S.  251.  Not.  e. 

2)  Philo  a.  a.  O.  Epiphan.  de  mens,  et  pond.  11.  Ämmiau. 
Marcellia.  XXII,  16, 


Theil  der  ganzen  Stadt'),  nahmen  die  weitläufigen  kö- 
niglichen Gebäude  (tu  ßci.aillia,  regia)  ')  ein,  und 
wieder  einen  Theil  hiervon  bildete,  wie  Strabo  ausdrück- 
lich versichert,  das  IMuseum.  Dieses  lag  mithin  eben- 
falls in  der  ^ähe  des  grossen  Hafens  an  der  nordostlichen 
Seite  der  Stadt,  so  dass,  wer  zum  cannpischen  Thor  ein- 
trat uu<l  die  lange  von  O.-itcn  nach  AVesten  laufende  Strasse 
verfolgte,  es  mit  den  Königshäusern  zur  rechten  Hand 
hatte.  Es  war  zwischen  dieser  grossen  Strasse  und  dem 
grossen  Hafen. 

Zu  diesem  Resultate,  das  IMuseum  habe  unfern  des 
grossen  Hafens  gelegen^  kummen  wir  noch  anf  eine  an- 
dere Weise.  Zum  Museum  gehörte  die  grosse  Biblio- 
thek: diess  folgt  1)  aus  dem  ausdrücklichen  Zeugnisse 
des  Scholiasfen  zum  ApoUon.  Rhod.  I.  (p.  X.  ed.  Brunk.) 
uK  y.al  Tujv  ß  ißkiod  ijY.uiv  too  Movasiov 
dSlwdfiVai  avTOV  (wo  vielleicht,  wie  Meincke  gut  ver- 
niuthet  hat,  T)"<;  TVooOTHOiai  fehlt);  ^>)  aus  der  oben 
dargethaneu  Beschaffenheit  der  Museen  überhaupt  ; 
3)  auch  das  wahrscheinlich  nach  dem  Mnster  des  alexan- 
drinischen angelegte  31useum  zu  Antiochia  hatte  eine 
Bibliothek^);  4)  eine  solche  Sammlung  konnte  doch  nur 
znnächst  für  die  IMitglieder  des  3Iuseunis  bestimmt  sein. 
Wenn  wir  nun  gleich  über  das  A'erhältoiss  der  Loralität 
der  Bibliothek  zum  eigentlichen  Musenin  nicht  ganz  be- 
stimmt unterrichtet  sind  —  es  ist  wahrscheinlich  ,  dass 
die  erstcre  westlich  gelegen  habe;  denn  bibliothecae  ad 
Orienten!  spectare  debent  (Vitruv.  VI,  7)?  nämlich  mit 
iliren  Thüren  oder  Zugängen  (vergl.  I,  2.  item  naturae 
decor  erit ,  si  cubiculis  et  bibliothecis  ab  Oriente  lumina 
capientur)  ''),  da  die  Alten  keine  Fenster  hatten  und  das 
Licht  durch  die  Thüre  in  die  Zimmer  fiel.  Nun  gerieth 
im  Cäsarianischen_  Kriege  durch  das  l^erbrcnnen  der 
ägyptischen  Flotte  auf  dem  Lande  auch  die  SchilTswerfte 
in  Flammen,  dann  die  Getraidemagazine  und  zuletzt 
auch  die  Bibliothek,  unil  der  Büdierschatz  wurde  ver- 
zehrt; es  kann  also   die  Bibliothek  nicht  so  fern   von  dem 

3)  S.  Strab.  XVII,   1.  §    8-  T.  VI.  p.  503.  ed.  Tzsch. 

4)  Vergl.  Diod.  XVIl,  52.  Cacs.  de  bell.  civ.  lU,  112.  Plin. 
a.  a.  0. 

5)  Malal.  Chronogr.  X.    p.   235.     Vergl.   p.    302.    Suid.   a.  r. 

6)  Hr.  P.iithey  hat,  auch  diese  Stellen  f.ilsch  aufgefasst  (S.  68), 
wcni;,'stens  spricht  er  so  unbestimmt,  dass  man  seine  ei- 
gentliche Ansicht  nicht  wohl  erkennen  kann. 


■S75 


876 


Ilafon  gcslandon  haben,  als  z.  B.  ilor  Plan  von  Alexan- 
tiria nach  Parthey's  AnsiilitiMi  liosajit ;  sie  riMchto  indessen 
(lamm    nicht   gcrailo   his    znni   Meere   selbst   hin. 

Siill  ilie  La;;e  des  ^IiiseiMns  nach  der  heutigen  Topo- 
graphie liestininit  «crilen,  so  f;clien  die  arabischen  Schrift- 
steller des  .■Mittelalters,  verbunden  mit  nenern  Rcisehe- 
srhreilinnjeii,  ziemlich  sichere  Auskunft.  Das  Terrain 
von  Alexandria  hat  sich  bekanntlich  }fanz  uml  gar  verän- 
dert: iler  jjrosse  Hafen  der  älteren  Stadt  ist  zum  grossten 
Theile  iprsandet;  die  .\raber  haben  sich  und  die  Türken, 
um  dem  iMeere  nahe  zu  sein,  gerade  auf  der  versande- 
ten Stelle  angebaut.  Die  ehemalige  Stadt  ist  darum  nach 
und  nai  li  lerixlet  und  verfallen.  Die  ehemaligen  (jctcri- 
tcic  oder  küiiigsgcbaude  müssen  also  im  Süden  der 
jetzigen  Türkensfadt  gesucht  werden,  etua  da,  «o  jetzt 
die  neue  Frankenstrassc  ersteht,  und  dahin  ist  auf  jeden 
Fall  auch  das  .'\Itiseum  und  dessen  Bibliothek  zu  setzen, 
«ie  auch  v.  Schubert  neuerdings  meldet  in  seiner  Reise 
nach  Aegvpten.  AVäre  es  sicher,  dass  die  sogenannten 
Aadeln  der  Ivleopatra  dieselben  sind  ,  von  denen  Aplitho- 
nius  (progvniu.  1'-'.)  sagt,  dass  sie  in  der  Mitte  der  eigent- 
lichen Burg  gestanden  hätten,  so  Häre  die  Lage  des 
Mujcums  nordlich  von  ihnen  zu  setzen  oder  nordöstlich. 
Dagegen  geht  aus  v.  Schuberts  Beschreibung  hervor, 
dass  die  sogenannte  Pompejussaule  uns  nicht  hierbei  eine 
Führerin,  nicht  jene  Säule  sein  kann,  die  derselbe  Aph- 
thonius  beschreibt.  ^  iclleirht  hebt  noch  der  gliicklichc 
Funil  einer  Inschrift  und  dergleichen  unsere  üngcwissheit 
gänzlich. 

Der  allgemeinen  Topographie  hatten  «ir  an  Ilrn.  Par- 
thejs  Stelle  soglcith  die  specielle  folgen  lassen;  beide 
zusammengehörende  Abschnitte  «erden  in  der  vorliegen- 
ilen  Schrift  ungehörig  durch  das  Capilel  ,,^7(/VM«g"  un- 
Itrbrochen.  W  \T  nehmen  indessen  die  Sache  so,  wie 
sie  vor  uns  ist.  Dass  auch  Alexander  der  Grosse  hei 
Anlegung  der  Stadt  Alexandria  die  Idee  gehabt  haben 
kiinnc,  ein  -Musenm  zu  gründen,  er,  der  selbst  den  Plan 
der  Stadt  Alexandria  und  den  Bau  der  Burg  augegeben 
hat,  der  ein  solcher  Freund  der  Musen  war,  ein  Schü- 
ler <les  Aristoteles  aus  Stagira,  woselbst  ein  IMuseum  ge- 
wesen (Theoph.  histor.  plantar,  am  oben  angef.  Orte), 
liat  der  Verf.  unerwähnt  gelassen.  Gerischcr  ist  dieser 
iMeinnng.  —  Die  Ansicht,  dass  Ptolemäus  I.  der  Stifter 
des  Institutes  gewesen,  wird  zu  wenig  begründet.  — 
S.  ;3ij  begeht  der  Xvtf.  wieder  hinsichtlich  einer  Stelle 
einen  argen  Verstoss  gegen  die  Regeln  der  Inlerjirefation. 
Er  sagt:  ,,Atlieiiäus  rühmt  vom  Ptolemäus  Philadelplius , 
dass  er  eine  grosse  .Menge  von  Büchern  angeschallt  und 
in  das  Mueuin  geiracht  /inie.^''  Aber  hei  Athenäus  heisst 
es:  :icoi  dt  litijljujv  v.ai  ßiijl.todif/.ujv  y.aiaay.riiji 
v.ai  r>;;  th  xu  Moioiiuv  ot  r.ay  tu  yijj  tL  <)ti  y.<ü  }J- 
yeiv;  und  Ovvuysiv  wird  vorzugsweise  von  der  Aufnahme 
der  Mitglieder  in's  Museum  gebraucht  («erjrl.  Plutarch. 
X.  p.   .jur.   ed.   Reiske).      Wie    kann    also    der   '♦''erfasser 

übersetzen:   eine    .Menge   von    Büchern ■  in' S  Museum 

bringen  (  Die  hier  eben  angefiihrle  Stelle  ans  l'Iiilarch 
beweist  an  und  für  sich  gar  .Nichts  dafür,  dass  Ptolemäus  I. 
das  Institut  gegründet.  Dessen  nngeaclitet  sagt  der  Ver(. 
kctk   hin:  :,Da2U   kommt,    dass  eine   Stelle    des  Plutarch 


sich  recht  wohl  auf  Ptolemäus  Soter  beziehen  lässt."  Es 
war  zu  beweisen,  in  wiefern'?  durch  welche  Zwischenge- 
danken ?  —  Zehn  Seiten  (S.  37  —  47)  hindurch  beinüliet 
sich  darauf  Hr.  P.  ,  die  Nachricht  des  Psendo  -  Aristeas 
von  der  Stiftung  der  alexandrinischen  Bibliothek  zu  wi» 
derlegen.  Ganz  vergebliih!  Die  Sache  ist  längst  abge- 
thaii ,  wie  er  aus  den  Einleitungen  von  Michaelis,  Eich- 
horn ,  de  AVette  etc.  in's  A.  T.  hätte  ersehen  können. 
Und  dort  ist  iler  Gegenstand  weit  gründlicher  und  ge- 
nauer abijeliandelt !  —  Ein  neues  l'ersehcn  im  Interpre- 
tiren bietet  S.  44  dar.  In  dem  Ausdrucke  bei  Theokrit 
(X>II,  ll,j  sq.)  ,,die  Priester  der  iMiisen"  ( !\f(jt'OUU)l> 
1:1  uCfijXCi.i)  soll  deutlich  genug  das  Museum  bezeichnet 
sein.  Aber  es  stehen  ja  dort  die  M'orte  dabei  i_i tidovxi^ 
Sind  denn  nun  nicht  vielmehr  die  Dic/iler  gemeint,  deren 
Ptolemäus  II.  ja  so  viele  an  seinem  Hofe  halte?  — 
S.  4^  knüpft  der  A'erf.  noch  den  vielbesprochenen  Fra- 
gepiinkt  an,  ob  den  L.Tgiden  oder  ,\ttaliden  der  Vorgang 
gebühre  in  J5eschütxung  und  Beförderung  der  AVissen- 
schaften?  Allein  auch  dieser  Gegenstand  ist  schon  längst, 
besonders  durch  Manso,  abgethan  ,  jenen  gründlichen 
Forclier,  ilen  Hr.  P. ,  aber  sehr  mit  Unrecht,  über  die 
Achsel  ansieht  (vergl.  S.  .50).  Warum  nun  die  Leser 
mit  solchen    überflüssigen   Dingen    langweilen? 

Es    folgt    der   Abschnitt:     „Einrichtung.^^     Hier    lauft 
gleichfalls  manches   Falsche   unter,    als  S.   51,   dass  ,,bei 
Cicero   für    eieöucc    die   Form  exhedrium    stände"  als  ob 
nicht  auch  exhedra  hei  ihm  vorkäme  (s.  Gesner  thes.  s.  v.), 
jenes  exhedrium  aber  nur  an  einer  Stelle.  —  Die  sogen, 
„wichtige   Notiz    bei  Dio   Cassius    über    die  .Mahlzeiten" 
fällt    in    ein    Nichts    zusammen    bei    näherer    Betrachtung 
der  Stelle.      Denn    Dio  Cassius    spricht    dort  offenbar  von 
den   Svssitien   der  Aristoteliker   in  /lle-tandria,   nicht  spe- 
riell   im   Musen,    was    er    sonst    gewiss    angedeutet    hätte. 
Schon    der    besonnene     Manso    (a.     oben    a.    O.    S.   .304   f. 
Not.   I)   zweifelte   an   der  Richtigkeit   der  obigen  Annahme, 
die  Nichts  als  eine  blosse  (falsche)  Conjectur  des  Reimarus 
ist,    und   neuerdings    hat    auch   Beriihardy   ((irundriss  der 
Gesch.  (I.  griet  h.  Lit.  I.  Bd.  .S.  Sli't)  selbige  nach  Gebühr  zu- 
rückgew  iesen.   Als  ob  Alexandria,  ilas  volkreiche  Alexanilria 
nicht  eine  iMenge   von  l'hilosophen  in  seinen  Mauern    würde 
gehegt  li.iben,  dic/nirht  gerade  Mitglieder  des  iMnseuiiis  wer- 
den gewesen  sein!   Ist  diess  ausser  allem  Zweifel,  sind  jene 
Svssitien   nicht  die  Syssitieu    im   Museo,    so   fallen   natür- 
lich   alle    Schlüsse    und    Coinbinationen ,    die    Hr.   P.    auf 
jene    Aniialiine    reichlich   gebauet,     über   den    Haufen,   als: 
,  Jede    der   philosnphiMlien    Sc  liulcn    und   der   übrigen  Dis- 
ciplinen     wird     ihren    A'orstelier     gehabt    haben,    dem     die 
Geschäftsführung   oblag;    alle     diese   A'orsteher    zusammeu 
bildeten   einen    Verwaltungsratli    des  Museums    unter    dem 
Oberpriesler.      Das    werden   dann    wohl    die    Vorsteher   des 
Miisciims   gewesen   sein    (Ariemidor.    Eplies.    bei    Marciaii. 
Ileracl.   I.    p.   ().'.    ed.    Huds.)  ,    mit    denen    man   gar   nicht 
gewiisst,    was  anzufangen."      Alles    das  sind   nur   Luftgc- 
bilde,    wodurch    noch   obendrein    jetzige,    neuere    Verhält- 
nisse   auf    das    AIfcrthum     übergetragen     werden,     die   auf 
dasselbe  gar  nicht  passen.    Dass  auch  auf  jenes   allgemeine 
Ol   toi'    Moiniiiiv   ixnonxdv  tt^    kein   Gewicht    zu   legen 
sei,   darauf  hat   schon   Bernhardy    hingewiesen.  —   „Einen 
bedeutenden   Umfang ',   heisst  es  S.   Ö3,  „muss  das  Ganze 


877 


878 


gehabt  iinbon,  da  es  ausser  ilen  •reclachfen  R.'liimen  «alir- 
scheiiilirli  aiicli  ilie  Woliiiniijjeii  der  Gcleliitoii  miil  aiis- 
gedeliiite  AVir(hscliaf<sjjcli;iii(le  enthielt. "  Fnilioiliiu  iiar 
clorh  nur  in  den  Sclirifton  iil)or  ilas  IMiisonin  zu  Ali-xan- 
dria  hin  und  «icder  vermulhungsirvisi;  von  IFo/iint/igeH 
der  Gelehrten  die  Rede;  liifr  «erden  noch  Wirtliscliafts- 
gebände  hinzni;pfiij;(.  Das  Letztere  ist  nun  grttiz  und  j^ar 
univahrseheinlich  ,  aber  auch  das  Erstero  hüclist  zweifel- 
haft, »vir  wollen  geradezu  sagen,  falsch.  Uicss  wüllea 
wir  näher  erörtern  in  einem 

JV.  Excurs. 
Hatten  die  Blitglieder  des  Museums  in  der  Anstalt 
selbst  AVolinungen? 
Wir  wollen  ,  da  sich  Hr.  P.  gar  nicht  auf  einen  Be- 
weis hierfür  eingelassen  ,  sondern  es  als  gewiss  voraus- 
gesetzt hat,  vorb'iuiig  auf  Klippcl  Rücksicht  nehmen,  der 
Alles  lierbeigezogcn  ,  was  er  nur  hat  herbeiziehen 
können  (S.  9(1  ff.),  um  darzuthun,  dass  die  Mitglieder 
des  Museums  auch  freie  AVohnungen  im  flluseo  gehabt 
hatten.  Zuerst  ist  zu  bemerken,  dass  keiner  der  alten 
Scliriltsteller ,  selbst  Strabo  nicht,  der  doch  die  übrigen 
Theile  des  Museums  aufzahlt,  der  'Wühnungen  mit  einem 
Worte  erwähnt.  Zweitens  spricht  die  Beschalfenheit  und 
Einrichtung  der  Museen  bei  den  Alten  überhaupt  nicht  nur 
nicht  für  die  Sache,  sondern  gegen.  Wo  ist  da  von  Wohn- 
gebüudc  die  Rede?  Im  Gegentlieil  wird  Lei  Diogenes  von 
Lacrte  (IV,  '^.  §.  5-)  es  als  eine  flierkwürdigkeit  erzählt, 
dass  die  Schüler  des  Polemo  sich  neben  dem  Museum 
und  der  Exedra  in  der  Akademie  kleine  Ilüttchcu  ge- 
bauet hätten,  um  darin  zu  wohnen  (uiy.pa  y.akvfjia  Uoti^ad- 
ftevui  y.aTii'j/.uvv  Trhjoiov  toO  fiovaciov  xai  T/y;  il;£- 
Sott^).  Wäre  das  auch  beim  alexaudrinischen  Aluseo 
der  Fall  gewesen;  gewiss  Strabo  hätte  es  erwähnt.  Klip- 
pel meint:  ,,Die  Zweifel  lassen  sich  leicht  durch  die  ei- 
genen Worte  Strabon's  und  die  ausdrücklichen  Zeugnisse 
anderer  Schriftsteller  des  Alterthums  als  ungegründet 
zurückweisen."  Gut!  Her  mit  diesen  Worten  und  aus- 
drücklichen Zeugnissen!  ,,Denn  wenn  Strabon  sagt,  dass 
das  Museum  einen  Theil  iler  königlichen  AVohnungen 
ausgemacht  habe,  so  musste  er  notliwendig  Gebäude  dar- 
unter verstehen."  Wie  1  Stralosagt:  tujv  ß  aoik  £  iajv 
fii^o^  ioTiv  TO  Muvosiuv.  Sind  denn  la  ßuoiXstCi 
bloss  <lie  Gebäude?  oder  nicht  auch  der  Raum  der  Kü- 
nigsburg?  Und  sind  die  ii;idua  und  der  uh'.oc,  keine  Ge- 
bäude genesen?  Ferner:  „Dazu  kommt,  dass  der  Sillo- 
graph  Timon  bei  Athenäus  in  dem  —  —  S|>otfgedichte 
das.  Museum  mit  einem  Hühnerkorbe  vergleicht,  in  wel- 
chem die  Mitglieder  desselben  gleich  kostbaren  l'^ogelu 
eingesperrt  und  gefüttert  würden.  Dieses  Gleichniss  ist 
aber  nur  dann  passend,  wenn  wir  annehmen,  dass  die 
Gl  lelirlcn  im  Museum  nicht  bloss  auf  öffentliche  Kosten 
speisefen,  sondern  daselbst  auch  wohnten."  AVieder  ein 
falsdies  ürtheil!  Das  tertium  comparationis  in  jenem 
Gleichnisse  ist  das  Otreicri^a/,  ß6(r'/.to9at ,  und  dem  ge- 
schieht ein  Genüge  ,  auch  wenn  wir  von  Seifen  der  Ge- 
lehrten an  einen  täglichen  momentanen  Aufenthalt  zum 
cnieiod^ui  im  Museo  ilenken.  Weiter!  „Ferner  sagt 
Ammianus  Marrellinus  ausdrucklich,  das  Bruchion,  von 
welchem  die  königlichen    Paläste    [besser:    Königshäuser] 


den  grössten  Theil  einnahmen,  sei  seit  langen  Zelten  der 
Aufenthalt  der  vorzüglichsten  Männer  und  grössten  Ge- 
lehrten gewesen  (iliuturnnm  praestantium  honiinnm  doiiii- 
cilium)."  Allein  kann  hier  domicilium  wie  das  deutsche 
„.S'/7z"  nicht  auch  von  dem  Orte  gebraucht  sein,  wo  man 
diu  Tag  über  beschäftigt  ist,  wo  man  seinem  Berufe 
obliegt?  Dem  späteren  Sihriftsteller  kann  man  einen  sol- 
clien  minder  genauen  -  Gebranch  des  AVortes  zutrauen. 
Sodann  folgt  (/er  Beweis:  ,,Aucli  richtete  der  durch  seine 
Alientheuerlichkeilcn  bekannte  Philosoph"  Apollonios  von 
Tvana  einen  von  Pliili>,-,(ratos  mitgetheilten  Brief  au  die 
Gelehrten  im  Museum  [loi^  Lv  flluvcriiv)  ao(foig)." 
Als  ob  dieser  etwas  unbestimmte  Ausdruck  niiht  auch 
heissen  könnte  ,,ilen  gelehrten  Mitgliedern  des  Museums." 
Endlich:  „So  wie  es  von  dem  spätem  Grammatiker  Apol- 
lonios geradezu  gemeldet  wird,  dass  er  bis  an  seinen 
Tod  im  Bruchion  gewohnt  habe."  Allein  ist  es  denn 
vom  Apnllonius  so  gewiss,  dass  er  ein  Mitglied  des  Mu- 
seums gewesen?  oder  diess  nicht  blosse  A'ermuthung?  Und 
ist  sodann  Bruchium   :^  Museum? 

Diess  sind  die  Beweise,  welche  angeführt  werden, 
jene  Behauptung  zu  rechtfertigen.  AVie  unkräftig!  wie 
sogar  nicht  überzeugend!  Und  wie?  wenn  wir  nun  da- 
gegen geltend  machen,  ilass  das  fllnseum  vorzugsweise 
heisst  (/  T^aTiel^a,  TO  ai'Oa-iciov ,  die  Mitglieder  des- 
selben Ol  aiTOl'iiiiVOl,  ihrEmolument  als  solche  jy  oijijatc, 
10  aiTEiadul,  TU  Toeq^/oih'.l ,  scUerzhatt  auch  rö  ßuoxs- 
o9at1  Warum  diess?  AVeil  diess  das  einzige  Emolument  war, 
was  die  Mitglieder  der  Anstalt  genossen.  Damit  lioff'en 
wir  die  Sache  für  immer  aufs  Reine  gebracht  zu  haben, 
und  Manso  zeigt  sich  wieder  als  ein  sehr  vorsichtiger 
Forscher,  wenn  er  den  Umstand,  oh  das  Museum  den 
Mitgliedern  zur  AVohnuug  gedient,  mindestens  für  swei- 
fdltaft  erklärt. 

(Fortsetzung  folgt  später.) 


Conjeclanea  in  Aeschyli  Supplices. 
V.  4  sq(j.   vulgo  haee  leguntnr: 

/liav  de  XtTi'oPaai 
Xdövä  oiyiOQ'vov  Svola   (ftiiyofxev, 
OvT/v'  ecp    a'iua-vi  Siiiufkaaiav 
fr^Cfiif)  nökeuji  yv(jjcrtt€/oaf 
'AKK  aiiToyBvrl  tuv  (fi>i;dvopa 
rdjiov  Ah/vTCTOV  TCuAbüiv  do-eßij  r 
'OvoTaCoiiEvai. 
Y.  8.   Aid    et  Rob.  ai"Toy£vi]TOV  praebent,  quod  rc- 
cepit  Wellauerus;  niox   (pi'}M^diooa   Guelph.  Med.,  scd 
in  hoc  antiqua    manu    additum    yo.   (fviid.vooav.    —    CfV- 
'kai(o-OQav  Aid.  Rob. ;    cfifi'.^'fiooo;   Reg.  L.  Faehsii 
c.  V.  1.   (fv^ävoooq.     Hermannus  opusc.   II.  p.  330  liunc 
in  uiodum  scribit: 

ovTiv   £(f'  a'inavL  SijpijXaalav 
ipij(pip  TioLeujc,  yvusadeiaai , 
dXK  avxoyayij  CfV^avooia 
yduov  yiiyi'TiTOv  naiömv  dcreßi]  t 
öroTU^öfxsi'at. 


879 

Quorum  srnsiis  probari  iioii  po<csi.  Dicercnt  ciiim  Da- 
uaiilos  so  patruplium  nuptias  (fitnvootn  h.  e.  iiielu  ma- 
riforiim  wl  iinptianim  fiijipre;  illao  aufetn  noii  omnes 
seil  pa(riuliiiin  nuptias  (ugiobant.  Aiceilit  quoil  verba 
avToysvi]  yuiiov  daeßn  tS  parum  rede  juncta  suut. 
Scribeiulum : 

dlK  avToyevec  (pi<i;avogia, 
yciiiov   Ai'yiitTOV  naiöutv  daeßr-  x 
öfOTaCoiierai. 
h.   c.    fufa    saintpni    pctinnis    proptor    cognaforiim    fngam 
(cojnatos    fu^'ientes)    et    impias    Aejjvpfi     filloruni    nuptias 
respupules.    (i)i'iuvooin  scnbae  crr(ire   in  acciisativum  <le- 
prarato   lieri   non    poteral,    quin    ai'TOytvei    eanileiu   cor- 
ruptolani    trälleret;    et    craut     forfasse    q'ios    partirula    t£ 
quarto    loro     posita    in     erroreni    iniluoeref.      Aliiens   com- 
inent.    de  caussis    Aeschyli    uonilum  satis    emcnilati  p.   34 
scribit : 

d^X  ai'iToysvn  (fv^avo Qiav 
yduov  AiyuiiTOV  Ttaiöiov  daeßrj  y 
övoruCoittvai, 
ut  aecusativi   SijurLctalav   et    (fvtuvootav  a  (fFvyniiBV 
pendeaut,    substantiva  deinde   illa   additis   participiis   yvu}- 
aSeiaai  vi  öioTailjnnval  explicentur.    At  ÖijfiijKuOoav 
a  yvcoa^tiTai  divelli  posse  non  videtur. 
V.  ößsqq.  £"/  dt  y.i'gei  t/,-  xekuc  oiuivoTTÖkujv 
iyyaioi,  oi/.TOv  oh.ZQOv  aiutv, 
So^uast  Tiq  d/.oi'ujv  ti.T«  rüg  TijQeiaq 
[iiJTiSoi  or/.Toä;  dkoxov 
xtoxrkaTov  t    dijöüvoi. 
Versus  eyyaio-  sqq.  antistmpliico :    Uev^sT  vEov  oi/.tov 
r,&iojv  non    rospondet.       AVcllauerus    antistrophicuni    cor- 
raptuin   putat.    Üuthlus   in   novissiuia  cditione   voce   oi/'-TOV 
ejecta   oi/.xouv  cum   ij:^a  junglt,    in    antistropha    Ttevd'Bl 
vior/.ov    ri^la)V    scribit.      llaec    non    probaveris.      V.   57. 
oiy.'^'JOV    ifa  languet.,    ut    ferri   nequeat,    quam   loocm   eji- 
ciendani  esse  eo   argunionto   ronfirniatur,   quod   ejecta   ver- 
l)um   oi/.tov   in  stropha  et  antistropha  oundem   locum   ob» 
tinet;   qualis   ejusdem   voris   eoiiem  stropbae  et  anfistropliae 
loco   repetitiü   arte   quaesita,   non   fortuita.    Reperitur  apud 
Aeschvium  non   uno    loco;    uLique    consilium    apparet,    ut 
Toccs  illae    majore    vi  efferaiitur  et  audienfes    in  antistro- 
pha  consimilis  sententiae,   quae    in   stro|)tia   est,   admonean- 
tur.      Corisciitaiieum    est    cautores    verbis    Ulis   canrndis   ea 
Tocis   niodulatiouc   usos    esse,    qua    audieiitinm   animos   ad- 
verterent.      Jam   ejecta  voce   oiy.xoov  facitlima  versus  57. 
emendatio ;    dispescenda  enim  secuuda  vocis  iyyu/og  sjl- 
laba,  ut  restituatur   responsio  : 

Ei  dt  y.voEi  Tti;  nekag  ot'uiVOTtu/.ujv 
iyyr/.i'og  oi/.TOv  aiojv, 
do^'J.irf:!  Tiv  dy.oi'ecv  oTiatäq  Tr^oil(>.csi{i\. 
Cf.  formam  yäto~  infra  v.  8'>6.  Voce  kyydioz,  addita 
oppositio  quaedam  notatur  inter  indigenam  et  chorum 
barbara  quodani  modo  voce  utentem  (v.  111.  y.uoßiiva 
S'  UVÖi/.v).  \.  .')S.  rerte  emendatus  ab  editoribus  qua- 
lem  exlilbui.  Wcllaucrus  vulgatam  defendens  nihil  a^if. 
(is    quae  sequuntur    mirum    saue    neminem    praeter   unum 


880 

Bntliinm  vidisse  gcnitiviim  f^jjTiSog  ab  o/xTQÖiq  pendere, 
Tioi'taq  cum  dkoyov  jun^endum  esse.  niiserandae 
Tereos  uxori,  lusciniac  a  circis  fuj^atae,  duplicem  tristi- 
tiae  et  qnerelarum  caussam  esse  dicit,  facinus  audaci 
consilio  perpetratum  et  fugam  propter  circos. 
^'.  97sqq. '/tSiöSw  S  ii  vßnir  ß^dretov,  ola 

vfdCet  7rv3/ii)v 

öi  ä/iov  yduov  to  Sdkkoq  sqq. 
Prima    vocis    rea^d    litera    antecedenti    voci   addita  scri- 
Lendum    o'iar     vEaCet.       In    sequcntibus    Bothius     recte 
T  £  it  n  k  VI  i   emendavit. 

V.  I04sqi.  Totavva  irddea  /.iskea  d^eof^tui^  Kiyut 
Xtyia  ßaQSa  day^vonnri. 

ii]ki;^oi(rtv  e^tTtQsni] 

C,uioa  yootg  fxe  riixä. 
V.  10!^.  lisrtfiuj  Aid.  i^te  T/fXcii  Guelph.  Reg.  L.  fxs 
rij.iu)v  Rob.  fiE^'  i'j^wiv  Turn.  (^(Aoavo  oig  fie  Tiixd 
Tar.  1,  ap.  scliol.  Apparet  oppositioneni  esse  inter  ^(jjOCC 
et  yöülQ,  chorumque  queri,  quod  viva  se  tamquant  mor- 
tuam  plangere   cogatur.     Fortasse  legendum: 

i^iüaa  yöoii  Ter q  v  fi a  t, 
JEinroeTri)  ad  Ttadca  pcrtiuet.     Emperius  act.  soc.  gr.  I. 
p.  365  ^cioa  yöcvt;  fta  q  i(iv  üj  conjecit. 
(Bescliluss   folgt.) 


Personal-Chronik   und  Miscellen. 

Herjogth.  Nassau.  Den  unerwarteten  und  schmerzlichen 
Hintiitt  <k-s  Herzogs  Wilhelm  feierte  'las  Landes- Gymnasium 
zu  Weillmig  am  30.  Aug.  ,  am  T.igc  nach  der  Beisetzung  der 
hohen  Leiche  in  der  dortigen  Familiengruft,  in  seiner  Aula 
durch  eine  abendliche  Versamndung  mit  Gesängen  und  eigenen 
Trauergedichten  der  Schiller  sowohl,  in  mehreren  Sprachen, 
als  mit  einer  deiilschen  Gedächtnissrede  des  Hrn.  Direct.  Frie- 
demann, wozu  ein  gedruckles  Prograiiini  vorher  ausgegeben 
worden  war.  Der  schwarz  decorirte  Saal  hot  die  weisse  ßiiste 
des  Hijchstseligcn  auf  einem  altarähnlichen  Postamente,  mit  12 
Gueriilous  mit  brennenden  Wachskerzen  auf  silbernen  Leuch- 
tern umgeben,  dar,  und  wer  zugegen  war,  empfand  alle  die 
Gefiihle,  welclie  das  Andenken  an  das  friilie  Hinscheiden  eines 
solchen  Gimners  und  Pflegers  des  hüheren  Unterrichts  bei  Leh- 
rern ,  Scliiilcrn  und  Zuhörern,  von  dem  Inhalte  des  Gespro- 
chenen und  dem  Anblicke  des  Gesehenen  angeregt,  nothwen- 
dig  hervorbrachte. 

Braun  sc  liwe  1  g.  In  meiner  Abhandlung  »in  fragment« 
Poelaruui  comicorum«  Nr.  131  IT.  des  verwichcnen  Jahrganges 
finden  sich  nudnere  Druckfehler,  von  denen  einer  um  so  un- 
angenehmer ist,  da  er  eine  vorgeschlagene  Eniendation  entstellt. 
Zu  (lein  zwanzigsten  Verse  des  Fragments  des  Mnesimachut 
S.  1071.  Zeile  2  von  unten:  llumq  S'  hSöv  xu  xüxo)9-iv  «via, 
beisst  es;  .Scribcudinn  videtur:  Ilurv  lax  iväiv  xä  KÜxiaO-tf 
«VE?.     Für  «j/£{  ist  ävio  zu  lesen.  /•'.  Bamberger. 

Berlin.  Der  König  hat  dem  Professor  an  der  hiesigen 
Universität,  Dr.  D  icf  fenb  a  ch,  den  rothen  Adh  rorden  III.  Cl. 
mit  der  Schleile  verliehen.  —  Der  bisherige  Piivatdoccnt  Dr. 
jur.  Otto  Go es  eben  hierselbsl  ist  zum  ausserordentlichen  Prof. 
in  der  juristischen  Facultät  der  Liesigen  Universität  ernannt 
worden. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Sonntag y    15.  September 


1839. 


Nr.  111. 


Conjectanea  in  Aeschyli  Siipjtlices. 

(Beschluss.) 

V.  110.  sqq.  'l'/Jo/iai  fxh  'J-TTiav  ßovvcv, 

y.uQlidva  8'  ai'Suv 

£vaxo£ii 
Vereor  ut  AVcllauero  quisquam  asseniiafur  scribenii:  Kao- 
ßdia  d  aüöa,  imploro  qutdem  Ajnam,  sed  burbara  vox 
est,  deinde  se  ijjsam  foiisolaliir  eia,  y.ovvsii,  ein  co- 
gnoscis  eam.  V.  Hl.  xa  o  ß üv a  d'  ai'öuv  Icgcndum 
et  notanda  Wellaueri  iiicuria,  qui  eam  emondatioriem  a 
Staiiiejo  Srhiiefzio  ed.  I.  BuUlero  pr(i|iositam  iion  coiii- 
memoraverit.  Forniae  y.aoßar ,  y.agßavs^  iri  Etym.  M. 
exstaiit.  V.  112.  evay.orretg  Med.  Reg.  L.  Guelph.  Aid. 
Scribenilum  : 

xaoßava  d'  auSdv 

ei',  yä,  xovpsti. 
nisi  imperatiruDi  xovvEl  malls.  Sed  pro  yä  forfasse 
aptius  doricani  ejus  vojriä  forinam  8d  reposueris,  ut  mox 
Zuv  pro  Zev.  Prom.  567.  d'kEV  u'i  }lä  Agam.  1042. 
1046.  öroTOToi  ttottoi  zJä  Enm.  805-  836.  oi  ol  /Jd 
(fei).  Suppliciim  sermo  liis  ipsis  verbis  testaritihiis  p'ere- 
grini  aliquid  trabebat,  quo  pertinet  quod  voces  vel  for- 
mas  nonnullas  ex  alicnis  dialectis  imniistas  vidcmus,  qua- 
les  sunt /jot'i'/s,  ßäoi^,  xaoßdv ,  xaQßdvoi;  (quaniquam 
ea  vox  etiam  Ag.  lO'il-  legitur)  Zdv ,  ßadvxatoi;,  da, 
djitni;.  Quibus  addendum  est  er«;  v.  244.  Eyuj  de 
TlQUi  <rt  TTÖteoov  Ws  ivyv  kiyoi  sqq. ;  dorica  enim  dia- 
Iccto  ea  vox  bomiuem  privatum,  8intUTl]v ,  significabat. 
Tbucvd.  V.  79.  in  foedere  Doriensium  TOtq  8e  irai^ 
xarra  itdxQia  8lxdQE<rdai ,  ubi  cf.  srhol.  —  De  Pboe- 
nisiis  Euripidis  schol.  v.  301.  £i  yuo  y.ai  'EK^iiviyuii; 
ekdkovv ,  dkk'  OLIV  ye  tijv  Ttdrfjiov  diTr,xijOiv  eoujCov 
Tilg  cpujvTjg,  üjg  ^ocpoxkiji;  ev'Ekeviji;  ü^anr-rrsr  Kai 
yap  xagaXTriQ  ainoi  £v  ykaxrorj  zi  f^iE  UnotjyoQEi 
Auxuivoi;  öof^idadai  köyov.  I«  Choephor.  Orestes  ge 
Phocensi  dialecto  usurum  testatur:  TKioOcnig  dvTr]V 
0ujy.i8oq  fxi^ovfxivui. 
V.  153  sqq.   ß  Zev  ,  'lovg  lUj 

fXijVlC,    fxÜ(TTEIQ'    EX    dEUJV 

xuvvuj  8'  ärav 
yajAETäg  ovgavövi-KOv. 
XaktTiov    yoLQ  EX. 
TT^eJjuaTOg  eJoi  xEifxiöv. 


V.  153-  vulfrata  scriptura  e  Robortelli  et  Turnebi 
conjecturis  maiiavit.  Libri  praebeni  (/Clji'iovcrivj  vel  dClJvi 
oitriu).  Uiido  veram  scripturam  facile  agnoscas.  Scn- 
bcudum: 

\t  Zav,  'lovq  loj  sqq. 
Formam  Zdv  Aristoph.  Av.  575.  habet:  "Ua9t]V  aEQfput 
0(fayuiCo/iEvoi.  —  JiO  o  ptutv)  vvv  6  fxEyac;  Zav. 
Quorum  postrcma  quin  ex  tragico  quodam  exprogsa  sint 
dubitari  iieqiiit.  Formam  Zc.V  quo  consilio  Acscbylus 
usurpavcrit,  modo  monui.  Sequeiis  versus  plures  emen- 
dandi  vias  admittit.  Burgessius  jivdaTEirj,  Ha  uptius  ^ifa- 
OTtXTElQ  conjpi-it,  quod  srhoüastae  verbis  commendatur: 
'i2  Zeu  ,  n  iTUod.  TLiiv  dtoür  uip'/C,  y.axd  Jurq  iozi 
fiacTTtyujTlxr,.  V.  155.  quum  scrmo  sit  de  iuvidia  et 
zelotjpia,  qua  Juno  Joucm  persccuta  sit,  res  ipsa  docct 
pro  ärav  reponendum  esse  dyav. 

V.  175  sq.  Ä((lT«7r<  xEoaov  vvv  llQOHr\d^Eiav  "kaßEiv 

aivu}  (fvkd^ai,  Tufi    eni]  8EkioviiEvai. 
Alii  posf  aivüi,    alii  post  (fvkdtai    iiitcrpungunt.     Neu- 
trum coDstructionem  aptam  admittit.      Srribendum: 

alvM,  Cfvkd^aL  t   an'  ettij  dekxovfiEvaq. 
y.  191  sq.  Ai8oiu.  y.Lu   yÖE8va  xal  rd  xqei,  Eni] 

i;Evovc,    dj.iElßEa9',    löc    iirij/vSaq    ti^'e- 

TTEl,   sqq. 
Articalas    ferri    neqnit.      Koüx    d^oii'    EID]    conj.    Seh. 
Scribendum: 

ai8oui  xal  ythSva  xal  C,dxQEi  Enij  sqq. 
ZäxQElog  apnd  Thoorritum  legitur,  vidcturque  etiam 
haec  vox  inter  Dorica  refcrenda,  quae  poeta  consilio  in 
hac  fabula  posuit. 

V.  328  sqq.  BAIIAE  FI 

Ti  (prjq  ixvEiodai  t(Jjv8'  dyojriojv  &emv, 
kevxoaTE(fiEig  sxovcra  vEo8QEUTOvg  xka- 
Sovg; 
XOPOS. 
330.  'i2c  ui)  yHvwiiai  8uv)ti  AiyvKTOV  ykvEi. 
BAllAEYl.  ,      .       ,       ,      , 
JlÖTEQa    xaT    EX^Qav   i]    t6    m   ds/xcg 

kEyElc, ; 

XOPOS. 

TiQ 8'  dv  mkovq  uivotro  toic xEXTijuhovi', 

baeiaeys. 

Sdivoq  f^iEV  oi'TUj  uEi^ov  av^Evai  ßgoroiq. 
XOPOS. 

Kai    Si'iTi'xovvTTcav   y'    Et'^ccQTiq    dnak' 
kay>i  sqq. 


883 


884 


De  insigni  linjiis  inlpr  Reforn  et  Clionim  stirhomythiae 
putrhritiidiiip  ifa  aliqnis  rcefe  judiriiim  ferct,  si  exein- 
|)Iiim  esse  repiitavcrif  coiuis.io  lireiiloqncidiae,  quam  Da- 
iiaus  lirifiiiibiis  roraiii  Ar-jiiis  ,  ijnibiis  /.inriiui  TJ  Oiyij 
TS  zai  TU  Tiavg'  tni]  (.Sopli.  fr.  (il.),  rommeiidavit. 
Quac  eailein  rausüa  e«t,  oli  quam  iirxus  senfriiflarum 
paullo  imppilitiiir  iioqup  satis  iii(rlle<<us  al>  odifDrilius. 
^.  ■>!.'.  pro  fiiiiiri)  li^^'piidum  üvoiro^  quod  aiit  fallor 
au(  Ptiam  .Silioli-fii-hlius  proposnif.  Rpspirlt  ("lionis  Ro^is 
vprba :  y.aT  t/.'*o«)'.  ,,Oili  profeci« ;  quis  enini  doniinos 
litupprpf,  si  amiri  slrif.      Foitasse  aptius  scripseris: 

Tii  S' UV  cpikoia  üvoiTo  Tovg  y.ey.vtjusDovi; 
„Quac  puella  damiiiiim  vituperet,  si  cum  amef?"  Oi 
y.f/.Tintrui  piiiui  siiiif  t)fO'l6xai,  V.  Arisfoph.  Plut.  1, 
Lvsistr.  112(i-  Rpx  Clinrl  vprliis  paruni  obsprvatis  suam 
senteiitiarum  spripiu  contimiat:  „Odps  certe  lioniiiiiiiii  hoc 
modo  (coiisaii^uiiiPorMui  nuptiis)  crescunt."  Cui  Siipp'ices 
acerbe  rpspnndpiit;  in  proiiitu  enim  esse  dirunt,  ab  in- 
frlicibiis,  qiialfs  ipsac  siut ,  se  sejnugere,  iiirusantes 
Rp^^pin,  quinl  nun  JHstifiam  spd  cnniuioduni  rpspiriat.  Quo 
opprobrio  Rcx  aliquantum  «uminovefur ,  ut  quid  facipndo 
eam  quam  postiiU-nt  j)iptatpm  praestare  queat ,  inlerroget, 
V.  34;i  sq.  Oof'j  y.Ku8t)iat  vEuöooTToii  y.aTuay.iov 
veov  &'  öiukov  TU)v6'  dyuiviuiv  deu)v. 
Pro  rorrupto  viuv  &'  legeiulum:  N£vov&'  de  ramis 
nutantibus. 

V.  397sqq. './/iyoTfpot'C  üiiai/^iojv  Toö'  ETTicry.onei 

äöiy.a  i^th'  y.ay.uii,  oata  6'  avvöf^io/q 
Pro   durfOTtporg    infelirifer    ab    pdiforibus    tenfafo    srri- 
bcndum  :     'J  n(f  ut  £  p  u)  a.       Ulramt/iie     parjcni    Jupiter 
respicit,   in   alteram  incliiians,   ut   qui  prava  pravis  ,  saucta 
sanctis  tribuat. 
^^  424  sqq.   l/rro    ßoCTluJV   ßi'a 

di/.ug    dyoiiivc.v  ' 

i:i7irduu,  dfint'y.viv 

■7tol.i'uiiv)v ,  sq'j. 
"San   audiendds  puto,    qui    priuiam    voris   d/iTtvxaiV  sjlla- 
bam  corripi  dicaiit,  qiium  facillima  emendatione /tz  TT  «  t)  OJ' 
Ipgi  possit;    rf.   öiii/.uddu ,    iKadov. 
V.  425  sqq.  loi)i  yoo  ,  rraicri  tÜSe  xai  öü/j.oii 

ulorlp    UV  y.iiaijc, 

fiivit   Auci    y.T/vitv 

ouoi'uv  ^ifttv. 
^'.  430.  I>Ipd.  äoei  y.iivtiv  supprsrript»  ei,  Rpg.  L.  uo£l 
y.rniKv,  Aid.  dijti/.rlivftv ,  (iuolph.  Rob.  dp(iy.rtre/v. 
Hinr.  .Spidl.  ile  vcrs.s.  dochm.  p.  l>.  "Aott  'y.iivtiv  scri- 
))äit:  Sri«o  ,  filios  tuus  domuiiiquc  tuaiu  iiiauet  hoc,  ut 
siniili-ni  .llarti  luaiit  poenam  ,  nlramtiiiiqui-  dpir.icris. 
SeA  .Martis  bor  loco  romnioinoratiu  ofri-nsiiiiicin  b;ibct ; 
ucque  pnini  de  hello  seil  dp  scelpre  a(jitur;  Joi  i  Jnstiliae 
«indiii  aut  l>is  sreiestos  poenam  daturos  iliienduin  erat. 
Vto'.lptl  srribcndnm:  äysi.  ,, .flauet  filios  luos ,  iit 
)inpnam  crimini  parein  liiant." 
^  .  4n1  -iqq.  hat  yiii)  rw'/  r'/.v  xiQ  o/xroi;  iiitöoin  tdda 

i'ßpiv  uiv  ixthjpi/tv  uuoEvog  iriö/.uL- 

i'ii/v  b'  UV   tu;   dr,iioi    li'iifvtoriuo;,  sqq. 
Srribcndum:  Aui  yr,o  tu/  'iv  t/;,    oi'/.To'  6;  li^iöujv 


raSs  sqq.:    Fortasse    ciiam    sit    aliquis,    qni    miscra  hacc 
adspiciens  superbam  inasculorum   injuriam   odio   liabeat. 
V.  510.   ^v    xal   ktyiijv    Ei'cfpaive   y,cu    updooojv 

CfQSvi. 

Pro  corrupto  Cfpcvi  Ipgcndnm  :   (fgövEi:  Non  solum  lo- 
qupre,   quae   grata  siut,  sed   etiam   factis  sape. 
V.  63('is<]'i-  zjiov  iTTidöftcvoi  npdy.Topd  ts  Oxottuv 
di'sTioXiuijTov,  6v  oiTi^  av  öofiog  ixot 
ETI    ÜQocfuiv  fuaivovTa-  ßaphq  d'  ((fiCei. 
IJpäy.TOp'    UTljg    y.OTOV,    in    stropha    aufpm    Tcti'   tle- 
KcATyiiv   TkAiv  ,    aut  si  synizpsin    statuas    IJi)  aoyiuv   le- 
gendum    esse    ante    hos  spptem    annos  conjpci   (de   carmm. 
Apsrh.   a  partibus  Chori  cantafis  p.  14),   quam  fonjecturam 
^'iroriim,   quorum  Judicinni  plnriuii  facio,  auctoritate  com- 
probari    intellexi.      Sequcntibus    Ipgrndum  :    iiv    Tt'i;   av   öö- 
fjn.;   ix'^"i   1'""'    conjpcit   Wpllaiierus;     /liaifOVTU    autem 
niinime   niiitandum,    quo    signifiratur  Jupiter    piarnia  pia- 
culis    retribuens,     vliiajv     dÖlXa    UEV    y.uxui.;^     oOia 
d'  Euvofioiq  (v.  6!)9)- 
V.  745  sqi-  Ol  TOI  TaxitoL  vavTiy.ov  crTgaTuu  a-zoXii, 
oi>d'  öpi^tog,  ovde  TTE/e/^iaTujv  auiTTjQi'a 
ig  yi)v  eveyy.Eiv,  ovo'  iv  dyy.vpoix'cttg 
daooovai  vuu)v  Ttoifiiveq  TTUQavTi'ya, 
akkoji;  TS  y.at  /lokuvTEi  dkifitvov  xSöva. 
750.  'Eg  vi'y.T    dTcoOTEr/ovToq  r,}.lov,  cptkei 
ujdiva  Ti'y.TE/v  vi'^  y.vßEovr.Trj  aocfw. 
Postremi  versus  prava  intprpunctione  laborant,  qua  emen- 
data  sanissimi  ;    priorps   foeile   inquinati,    fortasso   hunc   in 
modum  constituendi  : 

OcToi  Ta%ETa  vcwxiy.oü  ö^paTov  OTokr,- 
oi<8'  upiiiog  oi'dt  netaiiaTwv  aojTr.Qv-  ov8' 
ig  yijv  ivsy/.tlv  ovo'  iv  dyy.i'poi>x'(t-ii 
xhnoaovOL  vaujv  notulvti;  rrapavTiy.a, 
äkkoig  TS  yai  fioXüvTEg  dkifitvov   x^öva 
ez  vvyr    ä-^ocrTiiXovTog  ijkiov,      (Pikti 
vJStva  Tiy.TEiv  vu^  y.vßEpvr,TTj  oo(fif>. 
Sleliores   pnim   libri   v.   74fi.    (T  mt  ij  p  l  o  V    praebent;    de 
elisionr    voraus    in    fine    versus    admissa    r.    Herrn.    Soph. 
Ant.   lOlS. 

^^  T65-  ''/(f'i>y.T0v  8'  ot'yer'  av  irEkoi  «mp* 

fiekaivo/poji;  8e  ndkksTai  ßov  y.apSia. 
Vcrl)0   d(pi'y.TOV  explicando  sudarunt  iiiterpretps.     Lpgen- 
dum:   ä(f  i>  p  TOV.     ,,Fifri  jain  non  potest,  quin  cor  nipun» 
pprturbplur."     Kkvbuiviov  ;^oÄi;s,  signilicat  qualis  Elec- 
tram   Cliopph.  481-  opprimit;   indc   f^skuivuxpwi   Xapöla. 
V.  y34  sqq.  Mi'jnoTE  udhv  i'8ut/i' 
dkcfiolßoiov  i'öujp, 
h'ifEv  nEigdmvov 
Ciofft'Tiiv    tinia  ßpOTOiOi  9aXkEl. 
Consentaneum   est  Cliorum  de   inundationc  Nili  loqni,  quod 
prao   ceteris    osteudit  vox    detüiiEvtiv.       Ilinc    Scliuptzius 
Cv'irpvTov  vdiia  scripsit ,  mctro  adversantc.      Scribcndum 
oibfiu   ßpuiuiai   \)dkktt. 

V.  89().   Ildic  b'   oi'X',   rdTTokoi'/  69'  ei'pln-xujv  iyai. 
■Wellauprus   aposiopcsiu   stafnit:     ,,(Jnidni    ego    amissa    in- 
VPiiipiis    —  ?"     qualem     sniplores     anfiqni     ni.si      cprta     de 
caussa   noii  adniiserunt.      ^'altkpnarius  Eurip.   Plioen.  712 


885  h86 

SXu>   cnnjerit.      Srribpndiim:    77ws    S'   OtJ/i    TCtTolro}  6^'  "  isspn  «prden,     nclrlio     mit    «lern    f;pgennäri\gen    Stande 

si'glaxujv   iko};    ,,Qui(liii   res   perdifas,  postquam   inveiii,  der   Tlnicvdidoisclipii    Literatur    vertraut    üiiid  ,    eine    iliip- 

ego   siiiiiami"      Possis    etiain    ä  y  U)    coiijirere  ,    iit   v.i)(IJ.  lu-lte    Art    der    Heurtlieilinit,'- ,    so    dass    man    iiftnilidi     ent- 

"Jyoiit'    dv ,    e'l    ru    taCf^E    UJ;    ' tat o1]0 Erat.      Sed    iKu)  «oder   die   Klenientr    dcrsellien  bis   an  ilire  Quellen  /.nnick 

aptius,    praero    enim    de    Danaidibns    tainquam    de    rebus  «-erfolgt  und   auf  diesem   We^e   ein  Urtlieil   liber  die  j;rüs- 

suis   lonuitiir.  sk-tc   oder   f;eringere   Selbstständigkeit    der   Bearbeitnng   zu 

V.  q67s.i.    TulvivÖE   Tvyxävov-ca^,    iircoruvi;   Cfg£vd^  gewinnen    surbt,     oder    dieselbe     als    ein     Gegebenes    be- 

yuotv    aeßeodai   TlUWUiQaV   i'liov.  tr.ulitet,     dessen     Gebalt    sebleebtbin     zu     bestimmen     .st. 

_,  ,,.  ,       .   ,     .  .  '•    ,  ,  11  1      •  AVir  inirden,    aueh  wenn  wir   eine   ausfiibrlicliere  und    iim- 

E   multis,    qnae    hanolati  sunt  interprctcs,    iiibil    probari  ^  ,         „        .i      i  i      i    ■   i  i     ..  i^      i  ^  j  ,i, 

'     '        ,  17  1  lassennere  Beurtbeilnng  oeabsiilitieti-n,  cic'n   letzteren  W/ee 

potest.      acribendiim:  ■   i       .     i  i  ■  ■      i  i  i- 

•^  ,  ,  1  rorzielien;    denn    al>geselien   aii<  li    daton  ,     dass   neuerdings 

TotülvSe  Tvyxavovraq    £VTI  Q  V (IV1]C,    (f^yrvo^   s^([.  „,t    ,,„r,.|,     ^^„\^^^    Insinuationen     die     erstere   Frage   auf 

,,Tanfa    cum    conseruti    simus    tordis     gubernacul«    mentis  einen   selir   gef.'ibriielien   linden    gespielt   worden    ist,    wcl- 

bcne    iustrueti    est    (deret    vos     si    sapere    velitis),    Danais  clieii    betreten    mag,    »er   sieb   dazu    berufen    glaubt,   so  ist 

gratiam    praestantiorem    quam    qua     nie   patrein    tcneramini  es    für    den     <jrossereu     Tlieil     der   Leser    des    Tbiirvdides 

rependere."      Tainquam    iJeos   ül^inpios    enim    Argivos    ic-  uanz   gleirbgiiltig ,    wie   iliese   oiler   jene    Ausgabe   eiitstan- 

nerari    lllias  jusserat   v.    9>S.  ilen    ist,    wenn   sie    überbaupt    nur   etwas   IHiibtiges    leistet 

Suffieiant    baec    ad   gustum     eorum    quae    in    Suppliees  und   den   Anfurderungeii    eiitsprirbt,     welche    von     Rechts- 

conjeri   propinanduiii.      Gaudebo   si  fucrint  qui  piitiunculain  wegen   an   eine    Ausgabe    zu    machen   sinil.       Und    in    diese 

non   respuant.  Kategorie     ist    die    vorliegende     bereits    längst    durch     die 

Brunsrio-ae.  F.   Bamberger.  oHentlirlie    Stimme    gestellt    worden.       Gleich    bei    ihrem 

ersten    Erscheinen     wurde    sie     mit   Beifall    aufgenommen. 

Ein   Theil   desselben     galt    freilich    nur   der   ansprechenden 

Thucydidis     de     hello     Peloponnesiaco     libri     octo.       Ad  Form,    »veldie   iliirch    verstandige    IMaassbaltung   zwischen 

optimorum    librorum   fidem ,   ex  veterum  notationibus,  Ilaak's   Einsvlbigkeit    und    Poppo's    Ueberfülle    einein   sehr 

recentiorum    observatiouibus     recensuit,     argumentis  li-l'l'aft  gefühlten   Be.lurfnisse   entgegenkam    und,    wäliren.l 

.      ,      .    ..  ,        -ii     ,       •,       .     !•  ,   ,   1  s'i"   «las  Verst.'indniss    wesentlich    förderte,    <loch    zugleich 

et  aduotatione  perpetua   illustravit,    inilices   et  tabu-  n  l       ,j^-  i         i    ^        i  i  ,n   •        ,     •      i 

i-     i-  '  vor   Uebersattigung   liewalirte.    In   verliiijtnissniässig   kurzer 

las    chrouologicas     adiecit     atque     de     vita    auctoris  Xeh   war  diese    erste   Ausgabe   vergriffen   und   eine   zweite 

praefatus    est    Franciscus    Goeller,     Editio    secunda  «iitbig.     Es    war    von    dem    gesunden  Sinne    des  Ileraus- 

auctior    et    emendafior.      Lipsiae,    Ciiobloch ,    lS3(i,  gebers   zu   erwarten,     dass    er   sich    nicht  mit   einem    blos- 

II   Voll.   XVI,   676   und   620   S.   gr.   8.  ''"   '^'"'';"'-k     «■"     "''<''"   "''<''•    •■""«"■"    »enigen    gelegent- 

lieben  Nachbesserungen  begnügen  wüide.  Soweit  wir 
Die  nachstehenden  Bemerkungen  sind  mehr  dazu  be-  wenigstens  Gelegenheit  gehabt  haben,  beide  Ausgaben 
stimmt,  einen  kleinen  Beitrag  zur  Kritik  und  Erklärung  mit  einander  zu  vergleichen,  ist  überall  die  bessernde 
des  Thucydiiles  zu  geben,  als  die  vorstehende  Ausgabe  Hand  sichtbar  und  der  Text  sotvohl,  als  «lie  Aninerkun- 
in  allen  ihren  einzelnen  Tbeilen  einer  umfassenden  Prfl-  gen  sind  durch  sorgfältigere  Benutzung  des  haiidschrift- 
fung  zu  unterwerfen,  indem  in  den  drei  Jahren  seit  ihrem  lieben  Apparats  und  des  mittlerweile  von  andern  Gelehr- 
Erscheinen  bei  der  Lebhaftigkeit  des  Studiums,  welches  ten  für  Thucydiiles  Geleisteten  in  wesentlidien  Punkten 
einem  Schriftsteller  wie  Tbucvdides  zugewendet  ist  und  verbessert.  Findet  sich  aber  nichts  desto  weniger  häufig 
immer  zugewendet  bleiben  «iid,  das  Urtlieil  über  den  genug  Veranlassung,  die  Richtigkeit  der  von  Herrn  G. 
AVerth  derselben  bereits  hinreichend  festgestellt  worden  aufgestellten  Sätze  in  Zweifel  zu  ziehen,  so  liegt  der 
ist.  Freilich  hätten  wir  eben  desshalb ,  um  nicht  schein-  (irund  davon  tbeils  in  den  ausserordentlichen  Schwierig- 
bar  mehr  zn  versprechen,  als  wir  zu  leisten  beabsichtigen,  keiteii  des  Schriftstellers,  tbeils  in  der  A'erschiedciiheit 
unsere  Bemerk iingeii  entweder  in  Form  eines  selbslstän-  der  Anscbauuiigsweisc  des  Herausgebers  von  der  unseri- 
digen  Aufsatzes  mittheilen,  oder  ebensowohl  an  eine  andere  gen  und,  wir  hofren  es,  auch  von  der  Anderer,  tbeils 
der  neueren  Ausgaben  anknüpfen  können.  Allein  einmal  endlich  in  einer  geivissen  flüchtigen  Behandlniigsweisc , 
schien  es  uns  unbillig,  wenn  in  diesen  der  Altertbums-  welche  zunächst  »vohl  <lurch  das  Compendiarische  der 
wisseiisclialt  ausschliesslich  gewidmeten  Blättern  eine  so  Form  veranlasst,  keineswegs  aber  durch  dasselbe  geboten 
wichtige  Erscheinung,  als  die  Goller'scbe  Ausgabe  des  war.  Worin  wir  von  den  Erklärungen  des  Herausgebers 
Thurvdides  ist,  gänzlich  ignorirt  werden  sollte ,  und  dann  abzuweidien  uns  gedrungen  fühlen,  mögen  unsere  Leser 
glaubten  wir  auch  annehmen  zu  dürfen,  dass  gerade  diese  beispielsweise  aus  den  nachstehenden  Betrachtungen  er- 
Bearbeituiig  sich  einer  grösseren  Verbreitung,  als  alle  sehen,  denen  «ir  gelegentlich  noch  diese  und  jene  Be- 
übrigeii  zu  erfreuen  habe,  so  dass  dieselbe,  ziiinal  da  iiierkung  aus  eigenen  Ulitfeln  hinzufügen.  A>  ir  wählen 
wir  auch  bei  anderer  Form  des  Vortrags  öfter  auf  Hrn.  G.  dazu  die  erste  Hälfte  des  aditen  Buches,  aus  keinem  aii- 
liätten  zurückkommen  müssen,  sich  ungesudit  als  Grund-  deren  Grunde,  als  weil  wir  mit  diesem  znnäibst  angc- 
lage  und  Anknüpfungspunkt  für  unsere  Bemerkungen  legentlich  beschäftigt  waren.  Einige  andere  Bemerkiingen 
darbot.  über  die  vielbesprochenen  Eigenthümlichkeiten ,  wodurch 
Es  gibt,  wie  für  jedes  Buch,  so  für  die  Göller'sche  dieses  Buch  sich  von  den  vorhergehenden  iintcrsdieidct , 
Ausgabe    des    Thucvdidcs    insbesondere,      wie     diejcnigeu  mögen  einem  anderen  Orte   vorbehalten   bleiben. 


887 


888 


Cap.  I.  Ttävra  8s  -KavTa-j^o^Ev  airolg  eXvTtei  r« 
xa\  rTCOinari-y.ei  STCi  Tui  yryfvriityo)  (fdßoq  TS  xal 
■/.nrar'/r^i;  iityiarij  Sr,.  AVir  ziirifi-lü,  ob  iler  Sinn 
der  letzten  Hälfte  des  Satzes  rirlitig  durch  Hrn.  G.  so 
H  ieder^jcyeben  sei  :  ecentus  isli  exspectationes  enrum 
mutaverant  in  pavorem  et  summam  consteniatiuiiem. 
■\Vill  man  diese  AVorte  anrli  als  freie  Ucbertra^aing-  be- 
trac  lileii  ,  s(i  ist  'darin  dotli  in  sofern  zn  «cit  gegan<rcn, 
als  der  minder  Geiibte  in  Gefahr  kommt,  das  Tirolll- 
(rri'y.tt  falsch  aufzufassen,  nfimlich  im  intransitiven  Sinne, 
gleich  als  stände  eic  (foßor,  und  nicht  (jf'O.jo;  ;  iv,'ihrend 
es  doch  so  zu  nehmen  ist,  nie  cap.  2.  extr.  in  den 
AVorten  xivfiiix'jr  —  o/o,'  y.al  6  Ütio  tcöv  'Adipaiwv 
Trsoi.'ori^^   äf   rtf'ro/,-. 

Dieselbe  Ungenauijfkeit  findet  sich  wiederum  bei  Er- 
klärung der  AVorte  cap.  V.  zii  Anf.  TToaiJOUVrojv  8s 
ravTCi  ancpoTSO'Jiv  y.ai  uviuiv  orötv  ä/.Ko  }]  ojcricSQ 
äo-lontvü}v  iv  v.azac/.Ci'T]  tov  TToKfiiov,  »vobei  bemerkt 
ivird:  senilis  ideiH  est  ac  si  scripsisset :  ute  öl-  Tavza 
duuöteooc  irroctoaav  xai  ijtTar  ovötv  äkko  ij  uiorceQ 
do'/oiuro/  ir  ■/.nrao/.ei'Tj  tov  To)  iitoi' ,  i.  e.  nihil  aliud 
nisi  promplissimi  et  parat issimi  ad  bellum  acriter 
gerendum.  Doch  scheint  hier  der  Fehler  etwas  tiefer 
zu  liei,'en.  Ilr.  11.  verbindet  cio-/OiUl'ajy  kv  y.avaay.Stnj, 
was  «ühl  einiger  Rechtfertigung  bedurft  hatte.  Gewiss 
war  die  Uustatthaftigkeit  dieser  AVrbinduug  1er  Grund, 
warum  die  Herausgeber  vor  Haack  das  £v,  welches 
sie  nicht  anders  zu  deuten  wnsstcn,  in  Klammern  setz- 
ten, nnd  eben  diess  betvog'  auch  Dobree  zu  der  ge- 
waltsamen Alaassregel,  urj'/(^oi(tvu}V  zu  tilgen.  A^ielmchr 
ist  mit  Poppo  üvTujv  SV  y.UTUaxevij  zu  verbinden  und 
ovdsv  ut.Ko  Tj  ujarrso  fJ.Oj(0[iSl'UJV  als  dazwischen  gif- 
scboben  zu  betrachten:  ,,da  sie,  nicht  anders,  als  fingen 
sie  erst  (den  Krieg)  an,  in  der  Rüstung  zum  Kriege  be- 
griffen waren."  Fiir  yavaoyil)]  übrigens  schlug  man 
schon  früher  '.Icoc.oy.rA'Tj  vor  nnd  Hr.  G.  ist  derselben 
Ansicht,  zumal  sich  diess  neuerdings  im  Taurinensis  und 
a  pr.  m.  im  ftlarcianus  gefunden  hat.  Allein  weder  diese 
Auctoritäten,  noch  der  Umstand,  dass  Thucvdiiles  sonst 
die  Rüstung  durch  nnoaoy.Slij  zu  bezeichnen  pflegt, 
■cheiiien  uns  diese  Aenderung  hinreichend  zu  iriotiiiren, 
und  die  Bemerkung:  „y.UTO.o/.Svr,  plerumquc  est  suppellex 
et  quodcunque  suppellectili  siinile,  rrno/'.uyii'r,  est  appa- 
ratua,  isque  plerumque  hellicus''^ ,  ilarf  wohl  nicht  als 
feste  Norm  betrachtet  »erden.  Schon  Arnold  bezog  sich, 
um  den  gleichen  Gebrauch  von  y.a.TUO/.Sinj  zu  beweisen, 
auf  Isoer.  Arcliid.  p.  134  B.  rov  nuKsimv  sie  i/.rruvTa 
TOV  iciövov  y.ii.iaO/.i:LaL,i)VTi.i,  und  es  lassen  sich  auch 
sonst  dafür  insbesondere  aus  den  Rednern  zahlreiche 
Beispiele   beibringen,    wie   aus  Demosthenes   T:rjn:i)Sli  XCC- 

lao/.etaCstv  d.  Halon.  p.  80.  §•  10»  v.ymvci.  /.ava' 
Oy.svuCsiv  e.  Uoeot.  p.  Iu20^  §.  iS.  p-  10?,i.  g.  57.  c. 
Olvnipiod.  p.  ti7(i.  §.  .31,  i^iTilj[ir!ua  y.ara.ny.niuQetv 
il.  cor.  p.  248.  §.  71.  A'ergl.  Isaeus  d.  hered.  Cir. 
g.  44.  Andor.  d.  pace  §.  .'i'»,  üinarch.  c.  Deniosth.  §.  96. 
Demnach  wird  man  nicht  iiöthig  haben,  an  vorliegender 
Stelle   y.uiarry.Si  Tj   zu  verdächtigen. 

Cap.  A'I,  xßt  TU  jdv  :iij'Jjtor  8sy.a  toi<tojv  avxol 


SfisX)MV  TtSftltSlv,  Ohne  Zweifel  schreibt  man  jetzt 
richtig  aus  den  meisten  nnd  besten  Mss.  auToi  für  das 
ehemalige  awoi'^.  Als  Gegensatz  hat  man  die  übrigen 
BuMilesglieder  zu  betrachten  ,  denen  ilie  Rüstung  der 
andern  dreissig  Schiffe  überlassen  bleibt.  Es  scheint  je- 
doch  der  Beschluss  der  Lacedämonier  ,  zehn  Schiffe  zu 
stellen,  mit  cap.  3.  in  AViderspruch  zu  stehen,  wo  die- 
selben si<  h  anheischig'  machen  ,  fünfundzwanzig  aus  eige- 
nen Alitteln  zu  rüsten.  Krüger  zu  üionys.  Halic.  hi- 
stoiiogr.  p.  288  vernuithet,  die  übrigen  fünfzehn  werde 
wohl  .Agis  haben  rüsten  wollen.  Eine  A^ermuthung,  deren 
Richtigkeit  wir  dahin  gestellt  sein  lassen.  Rec.  erlaubt 
sich,  eine  neue  Ansicht  über  diese  Zahlenverhältnisse 
vorzutragen.  Im  3-  Capitel  werden  von  den  Lacedamo- 
niern  die  Contingente  der  A'^erbündeten  folgendermaassen 
geordnet:  die  Lacedänionier  stellen  25  Schiffe,  die  Böo- 
ter  2'),  die  Phokeer  und  Lokrcr  1.'),  die  Korinthier  I5, 
die  Arkader,  Pellencer  nnd  Sikvonier  10,  die  Megarcr, 
Triizenier,  Epidauricr  nnd  Hermioneer  10:  in  summa  100 
Scliill'e.  Hiermit  ist  nun  keineswegs  gesagt,  ilass  jedes 
Bundesglied  sogleich  und  ein  für  allemal  ilas  I\Iaximum  seines 
Contingcnts  zu  stellen  hatte:  vielmehr  ist  Nichts  wahr- 
scheinlicher, als  dass  ilie  A'^erbündeten  jedesmal  nach 
Blaassgabe  der  Umstände  und  des  grösseren  oder  gerin- 
geren Bedürfnisses  auch  bald  einen  grösseren,  bald  einen 
geringeren  Theil  ihres  Contingents  zur  A'erfügung  der 
Laredr'inionier  als  des  Bundeshauptes  stellten.  Die  gegen- 
wärtig den  Chiern  zu  leistende  Hülfe  erforderte  nicht 
die  <'iusserste  Kraftanstrengung;  demnacli  werden  die  ein- 
zelnen Bundesstaaten  auch  nicht  das  Maximum  ihres  Con- 
tiujents  gestellt  haben,  sondern  nur  einen  Theil,  und 
zwar  nicht  einen  beliebigen,  sonilern  einen  verhältniss- 
massigen.  Das  Verhältniss  aber  ist  in  dem  Beschluss  der 
Lacedänionier  gegeben ,  ihrerseits  zehn  Schiffe  von  fünf- 
undzwanzig zu  geben,  also  zwei  Fünflheile  des  Contin- 
gents. Nachstehende  Tabelle  wird  diess  mehr  veran- 
schaulichen. 

IMaxinium  des   Contingents 
für  die  Lacedänionier  25  Schiffe;  davon  werden  nach  Chiof 
gestellt  7,   =r   10 
„    „  Biioter  25        „....„=   10 

„  ,,  Phokeer  etc.  15  ,,.,..„  ^:3  6 
,,  „  Korinthier  15  „....„  =^  6 
„  „  Arkader  etc.  10  „....„=  4 
„  ,,  Megarer  etc.  10  „....„=  4 
Summa  der  Conling.  100    Schiffe;     davon    '/j 

nach  Chius =40  Schiffe. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Bonn.  Dem  hiesigen  Professor  Hailess  ist  der  Auf- 
trag ans  Athen  ziii^cgangcn ,  zinu  Bau  der  dortigen  Otto- 
UniversitliL  Beitrüge  zu  saiuiucln. 

Brieg.  Der  bisherige  Professor  am  Gynin.isium  allliicr, 
K.  E.  G.  Mattbisson,  ist  zum  Director  dieser  Anstalt  ernannt 
worden. 


\ 


Zeitschrift 


für   die 


Alterthumswissenschaft. 


Mittwoch^    18.  September 


1839. 


Nr.  \n. 


ThuoTiiiilis    de    lipllo     Peloponiicsiaco     libri    ocio.     Eil. 
Frunciscus    Goeller. 

(F  ortsef zunif.) 

Cap.  VII.  dTtoTtin-Tiovaiv  oi  Aay.c8atn6viot  ig  K6- 
Qivdov  ävÖQa^  ^TTagTiÜTC.i;  to£i^,  UTrujg  änu  rrjg 
ST^QUi  i^a/daaij';  oji  räxio^ra  tTtl  rijv  nfju.;  'Ai}r;vax 
vneo s  V  syxö  VTS g  rag  vavg  tuv  io&iiov  y.skmoajai 
irXetv  eg  Äiov  näoag,  xal  äq  ö  "Jy/<i  napeaxei'aCsv 
£;"  Tru  AidSov  '/ML  TO.g  äWaq.  AVir  beniliren  diese 
Stelle  nur,  um  aiiili  liier  eine  Bemerkung'  Krügers  zu- 
rückzuweisen. Zum  Dionjs.  p.  289  ,  S.  Iieisst  es  :  „Qund 
mihi  in  menlem  venerat  im  e geve  yy.  ov  t  ag  ,  poslea 
Mosq.  et  Pttriss.  E.  K.  exhibere  vidi  Vallamque  confir- 
tnare,  qua  leclione  adinissa  comma  post  lodf^iuv  deleti- 
dum  et  ad  vneQEvey/.iiviai  inlelligendum  esset  ai'TOi'.; 
»,  Tovg  i;ijiita](oi<g.  quod  ne  duruvt  videalur,  cf.  ad  Dio/iys. 
p,  174."  Allerdings  würde  an  dieser  Auslassung  wenig 
oder  kein  Ansfoss  zu  nehmen  sein;  allein  eine  andere 
Inconvehienz  würde  entstehen,  welche  sich  nicht  beseiti- 
gen lässt.  Dass  die  Besorgung  des  Transports  der  SchitTe 
über  den  Isthmus,  wenn  man  i'TTioevf.yy.uvici.-;  schreibt, 
TOD  den  drei  Spartanern  auf  die  Bundesgenossen  selbst 
übergeht,  kann  man  sich  wohl  gefallen  lassen.  Auch 
ist  ,für  diesen  Fall  der  Satz  ganz  regelrecht  gegliedert, 
Lis  auf  das  Wort  TtaOac.  Was  ist  damit  anzufangen? 
Auf  ■jrkeiii  kann  es  nicht  zurückbezogen  werden,  denn 
die  vKFQEvEyy.ovTEg  sollen  segeln,  nicht  die  Schiffe. 
Dann  müsste  es  wenigstens  Tiaaci/g  heissen.  Dasselbe 
aber  auf  t«^  vuvg  zurückzubcziehen  verbietet  durchaus 
die  ganze  AVortstellung;  soll  beides  zusammengehören,  so 
ist  auch  eine  unmittelbare ,  wenigstens  nähere  Zusanimen- 
«tellung  unerlässlirh.  Diess  zugegeben  ,  so  folgt  die  un- 
antastbare Richtigkeit  des  VTieoEveyy.ovveq:  die  drei  Spar- 
taner sollen  den  Transport  der  Schiffe  über  den  Isthmos 
besorgen  und  dann  der  gesammten  Flotte  den  Befehl  zum 
Auslaufen   geben. 

Cap.  l  HI.  eSo^s  irgdirov  eg  Xiov  avToig  izksiv 
agxovTu  ixovraq  Xaky.iöia,  —  eTietra  ig  Asoßov 
v.al  'A}.y.afiiv)]v  aQXovva. 

Zu  den  Worteu  ig  Aifrßov  supplirt  Krüger  p.  290. 
Ttkeiv  OXQt'.Ttdv ,  es  genügt  jedocli  das  einfache  ^rkety, 
nachdem  kurz  vorher  aus  den  besten  Mss.  von  Bekker 
avxoiii  für  avTOug  hergestellt  ist.  Wenn  aber  Hr.  G. 
CO   'Akxajjivijv    äQXOV'T:a    aus    dem    Vorigen    'i^oviag 


supplirt,  so  ist  diess  wohl  ein  'Wrsehen.  Dann  würde 
wenigstens  yaX  (welches  wirklich  auch  in  einem  ,  jedoch 
schlechten  Ms.,  fehlt)  ganz  und  gar  überflüssig  sein.  Viel- 
mehr ist  auch  'Aky.o.[ikVip  mit  auf  das  hinzuzudenkende 
nxkEiv  zu  beziehen:  sie  beschlossen,  —  dass  sie  dann 
nach  Lesbos  segeln  wollten  und  mit  ihnen  Alkamenes  als 
Anführer  (segeln  sollte). 

Cap.  X.  akk'  vfTTEQOV  akkag  nQogTChjouiaavxeg 
iuTo.  y.ai  Tuuc/.ovza  Traoairkiovrai;  ai'tovi;  aaTadioj- 
y.ovcnv  ig  Tlctoniöv  Ti^g  KuQtvdiai;. 

Krüger's  Vorschlag,  xal  Totcixnwa  als  aus  cap.  15- 
hierher  versetzt  zu  streichen,  ist  mit  Recht  schon  von 
Hrn.  G.  zurückgewiesen.  Allein  auch  gegen  die  Art  und 
Weise,  wie  dieser  die  Stelle  erklärt,  lassen  sich  erheb- 
liche Einwendungen  machen,  wie  es  bereits  schon  durch 
Poppo  geschehen  ist.  Er  fasst  ii.'imlich  die  oben  ange- 
führten AVorte  so,  dass  die  Athener  zu  den  bereits  ent- 
sendeten 21  Schiffen  noch  37  neue  rüsteten,  also  zusam- 
men 58.  Abgesehen  nun  auch  von  der  unverhältnissmas- 
sig  grossen  Anzahl  von  Schiffen,  welche  die  Athener  so- 
mit den  21  der  Peloponnesier  entgegengestellt  hätten,  so 
entsteht  durch  diese  Annahme  eine  übergrosse  Differenz 
mit  den  späteren  Angaben  der  Zahlen  der  Schiffe  cap. 
15  und  20-  Angenommen,  es  waren  deren  58:  nach 
cap.  t5.  gehen  davon  nach  Chios  ab  erst  8  unter  Strom- 
bichides,  dann  12  unter  Thrasykles,  endlich  die  7  ver- 
dächtigen Schiffe  der  Chier,  zusammen  27,  bleiben  also 
31  zur  Blokade  des  Peiraios.  Für  die  abgehenden  ScIiiM'o 
senden  die  Athener  jedoch  bald  andere  zum  Ersatz;  die 
Anzahl  derselben  lässt  sich  nicht  bestimmen;  dass  dieselbe 
der  der  abgehenden  gleich  gewesen,  liegt  wenigstens  nicht 
in  den  Worten  cap.  15.  extr. ,  vielmehr  ist  nach  dem 
damaligen  Stand  der  Dinge  anzunehmen,  dass  sie  sehr 
gering  gewesen  sein  möge.  Nehmen  wir  an,  sie  betrug 
nur  9,  so  hätten  wir  im  Ganzen  40.  Nun  lieisst  es  aber 
cap.  20.  i'rro  dt  Tok  avTolg  xo6vovg  ui  iv  rui  IIei- 
gauj)  Ei/.oai  v\Ec,  T(j~)v  nekoTrovvijaivjv ,  y.UTud/ojx^Ei- 
oai  tÖxe  v.at  icfuonovuEvat  i'aij)  docd^^iö  i'Tto  A^t]- 
vaiojv.  AVie  also  kann  die  Anzahl  der  athenischen  Schiffe 
der  der  peloponnesischen  gleich  gewesen  sein,  da  nach 
obiger  Berechnung  die  erstere  schon  vor  der  Zusendung 
neuer  Schiffe  zum  Ersatz  die  letztere  um  11  überstieg« 
Herr  G.  meint  nun,  TorS  beziehe  sich  auf  die  Worte 
des  10.  Cap.  oi  'J9)]vatoi  rö  TToöSrov  'iaaig  pcuxri 
TTQOgitkEi'cravvEg    u.    «.   w.      Das    wäre    ein    ganz    gutes 


.S9I 


892- 


An.skniiftsiiiiKd,   nenn   mir  die  W(ir<s(plliinff  rap.  120.   sich 
ilaiiiit    n-rlnige.      Allrlii    srlioii    Poiipi»     licMicrkt    ilagegea 
ganz   ricliligf,  «lass  ps  ilanii   hätto   lieissni   mi'isseii:    /.(iru- 
ön  rf!}tiOut  To'rf   icr^n  vnl^ ii'Ji  /.td  icfooiioviievul  irtu 
'  li.i}  laiojv.      Ui'iiii    Hciiii   aiicli    Aii(;iiij;s  lüe   Aflu'iicr   mit 
einer   gicirlieii   Anzahl   SiliinV-   auf    die    der    Peliiponnesier 
Jagd    niaclidMi,    s<>    i'ar    doch    nach    der   ganz    Maren    und 
nnzneideuti^eii   Auseinan<lerscfzunjf  rap.  1(>.  hei  dem  Tref- 
fen   nnil   der   gleich    darauf  folgenden   HIokade    ihre   Flo((e 
der    feindlichen     bei      iveiteni    liberlegeii.       Da     nun    aber 
cap.    Jlj.     das    ,icf;)onot'iitl(it   niit    zu   dem    loiC   ijezogeu 
itir<l,   also   die  Zahl   der  Srhille   auch    in    dem    leizteii  .Sta- 
dium  der  Blokade   loii   beiden  .Seifen  gleich  war,   .so  iniiss, 
da     nach     obiger     Bcrechiiuiijr    die    Zahl    der    athenischen 
Schifle    niin<le.stens    das    üdppelln    betra;^en    haben    tnirde, 
hier    irgendivo  ein  Rechniingsfehler  verborgen  liegen.     Und 
dieser   liegt  in   der   Art   und  H'i-ise,   i\ie  Hr.  G.  die  Worte 
rap.   iO.  K.'Jac  ■ytrjo::i /.iioirioai' rtQ  irtrc.  y.ici  xuhc/iivtix 
auffasst.      Wir    halten    mit    Arnold   die    Erklärung    Poj)pr)'s 
für    die    richtige,    dass     n.'iinlich     die    Athener   die    Anzahl 
ihrer    dort   stationirteu    .Sehiflc   überhaupt  auf   '.S~i    bringen' 
tiulltcn.     Erst   Läufen   .sie    mit   '.^1    ans;   dann,    um    die  Zahl 
von     '6i     loM    zu    machen,    niiisscii    sie     i()    neue    gerüstet 
liaben.      ^'on   den   3'    gehen   cap.   Iä.   zur  Expedition    nach 
Chics  2"  ab,   bleiben  also  Uliordem  Peiraios  liegen  ;    aller- 
dings  eine   geringe   .Anzahl;   allein  nenn  man  die  üerlliili- 
keit    einer  lilokaiic    vor   einen!    Haien    und    den    libeln   Zu- 
stand  der   pelopoiinesischen  .Srliilli-   bedenkt,   so    kann    man 
dieselbe    keiiiesnej;s    als    unzureichend    bctracliten ,    zumal 
da   ja    auch    die    Athener    mit    möglichster     Schnelligkeit 
Ersatz   fiir   die   abgehenden  Schiffe  senden.      Dieser  Ersatz 
aber    inuss ,     das    Obige     zugegeben,     10   Schiffe    betragen 
iiaben ;    denn    nur    dann   heisst  es   cap.   V().   richtig  faroo- 
iioi  iifiC.i  i'cr'r)   dülitiii'j.      Zwanzig  .SchiHc  haben  die  Pe- 
lopounesier,     nachdem     sie     im     Treffen     eins     eingebiisst 
(Cap.  l'j),    ziiaiizifj   die    Athener.      Nur   das    bleibt  nueli   zu 
erörtern    übrig,    «ie   in  den   Worten  tik/Mi   71  ooi;  i/.rooi- 
oavTi-:  eriTu   y.ai  roiay.ovra   der   oben  angegebene  Sinn 
liegen  könne.    „Per  brevilo(|Ueiitiam",    meint    Poppo  ,    ohne 
sich    jeiloch    auf  eine  Heiter4'  Erörterung  einziilas^rii.    I{ee. 
glaubt   ZMei    VVe^e    gefunden    zu    haben,   auf   uelchen    mau 
den    V«  orten    jenen    .Sinn    abge»  innen     kann.       Entweder 
setze    oder    denke    mau    ein    Komma    nach    7lou;:i/  naui- 
(TCOCC..,     nehme    i.iTa    y.uc    To/uy.uvTU    für    den    Dativ 
und    verbinde   iliesen   mit   /.t'.cad/ijjy.oi'Oli':    „nachdem   sie 
andere    (Schiffe,    n.imlich     1()    zu    den    obigen    21)     hinzu 
gerüstet,  jagten   »ie    uiit   .17  (der  Gesammfzahl)   die   Pelo- 
ponnesier   in  den   Peiraios."       Oder    man  schalte   i];   nach 
riarjc'.ri/.i^oujoaVTS.;    ein,    dessen   EndsUbe    die    Pr/iposi- 
tion   leicht  absurbiren  konnte  (»ie   Cap.   .'tS.    ö/c'.fj:  jr/.ö- 
fc,'  Ti^v   X'Ov,    HO   oh:;c  Ziveifd     nach   Dnker's   Verbes- 
serung   Ölli.ßcrh]/.öc£i    ii    Tijv   Xtotf    au     schreiben    ist): 

älXui  jziJoc:iLrjOuioavit~  e;  h:iiu.  y.ai  toi'Imwcu, 
TTaguT/  tuviu;  aiiiiv;  /.ucuSlu'y/.üvatv ,  „nachdem  sie 
andere  hinzugeruitet  bis  zu  3;  (bis  diese  Zahl  erreicht, 
»oll   «ar),  jagten  sie"   u.  s.    w. 

Citj).  XVII.  Xujy.ibii^  b%  ytat  'Ah/ußiadiT-;  —  iy. 
[lii-  Ti.'jf  i/.  l]i/.orrui'V,;iT(ii'  vtviv  ivii  vat'iuc  öic^.i- 
ounei  Lv  Xi'o  y.aTut.iii.:r uvovaiv ,  dvTt7iXi;Q-jjaavTS<; 
£i  Tuiiag  re  iv.  Xov  y.ai  ä}.}.ac  i'ty.oaiv  L:tl.tov  u.  s.  »•• 


Herrn  G.'s  Anmerkung  zu  dieser  Stelle  lautet  so: 
,yfuere  .ViO;  naves  auteui  l'eloponnesiorum  ijuimjiie ,  v- 
cap.  3'J.  Fuerunt  autem  lii  Pelopnnnesii  l-KifUi.vai  aive 
classiarii  (v.  c.  Jö.)  ,  quare  nunc  gntri  urmatura  in- 
struuntur.''''  Hier  scheint  jedoih  ein  ^'ersehen  obzuwal- 
ten. >.icb  15ö(  kli's  bekannter  Auseinandersetzung  (Slaats- 
hansh.  d.  Ath.  1,  S.  {(II  ff)  bestand  die  iiemannung  eines 
Schiffes  aus  zwei  Tlieilen,  ans  Soldaten,  inifjdrftl, 
und  aus  .llatrosen  (Scbiffsvolk ,  zur  liedieiiung  des  Schif- 
fi'S  nölhige  iMannschaft) ,  vc.fxai.  .Abgesehen  nun  auch 
davon  ,  dass  an  obiger  Stelle  ausdrücklich  gesagt  ist 
roiS  i'fffTf/,  5  ö.lt.ioaixhi,  so  versteht  sich  doch 
schdii  roll  selbst,  dass  dabei  an  eine  erst  vorzunelimi'iide 
IJewaffniing  der  bereits  beuatt"neten  Epiliaten  —  mögen 
diese  autli  mit  den  llopliten  nicht  rnllkommen  gleich- 
förmig bewaffnet  gi'wesen  sein  —  nicht  zu  denken  ist. 
Ein  älinliclier  Fall  15.  4.  Cap.  9.  Auch  wäre  es  seltsam 
gevvesen,  wenn  ("halkideus  seine  Soldaten  hätte  in  Chios 
zurücklassen  «ollen;  darin  bestand  gerade  die  Starke 
der  Laeedr'imonier.  Der  Abgang  an  -llalrosen  hingegen  — 
und  diese  sind  es,  uelclie  hier  förmlich  bewaffnet  und 
als  IJesatzung  in  Chios  zurückgelassen  werden  —  war 
leii  ht  zu  ersetzen,  zumal  da  Chios  als  Seesfaat  ohne 
Zxeifel  viel  tüchtige  Leute  dieses  Schlages  besass.  Noch 
einen  Beweis  für  die  Kichtigkeit  dieser  Erklärung  gibt 
das  auch  von  Hrn.  G.  angeziigene  Cap.  3i.  Dort  heisst 
es,  die  Zahl  der  aus  fünf  Schiffen  in  Chios  zurückge- 
lassenen habe  gegen  5(10  betragi'ii.  Richtig  bemerkt  dort 
Arntild,  diese  Zahl  müsse  Anfangs  grösser  genesen,  möge 
aber  bis  zu  dem  dort  gemeiiilen  Zeitpunkte  in  den  fort- 
Hähri  nden  Kämpfen  a"f  Chios  so  weit  znsammengescliniol- 
zen  sein;  denn  an  obiger  Stelle  heisse  es  rofv  viciTai, 
nicht  vat'TCt.^,  es  sei  also  nicht  eine  beliebige  Anzahl, 
sondern  das  ganze  Schillsvolk  von  Chalkideus  bewaffnet 
und  auf  Chios  zurückgelassen  worden.  Sell)st  angeiioin- 
nieii  nun,  es  sei  ."idO  die  anfängllcbe  Zahl  gewesen,  so 
wären  doch  ,')()0  Epibaten  auf  fünf  .Schiffen  etwas  ganz 
Unerhörtes.      \'ergl.   unsere   Anmerkung  zu   Cap.   2'). 

I6id.  itiuvktxo  yi'.o  ö  'Ih/.ißiäSi]!;  —  (f'!}uaai  xaq 
(j.'xo  T?,,;  lliKoTinvi'ijaov  viÜK  Tioo^nyayu/icvoQ  av- 
TOt'si  "(ii  ■vuit;  Xioic,  Y.m  iacrm  xcü  XaKy.idei  y.ai  rt/J 
ünoavii/.avn  'ßvdii/j,  cijaiierj  LiitOj^cvu,  xu  dyuivtana 
•Kuoi^tivui ,  vi;  nkiloxui;  Ttüv  tioKcmv  UI:tu  xij; 
Xiojv  örixyctadii;  y.ul  Xuky.ideuji;  d?iooxij(ra(;. 

So  interpiingirt  Hr.  G.  unseres  AVissens  mit  allen 
andern  Herausgebern.  Allein  nir  glauben,  dass  das 
Komma  nach  uiruvi  weggenommen  und  nach  \(i.Kldii 
gesetzt  Herden  iniiss.  Bloss  Endios  soll  die  Ehre  haben, 
nicht  ilie  Cliier  und  Chalkideus,  durch  welche  ja  Alki- 
biades    dieselbe     erst    erwirbt.      Vcrgl.     Cap.    12.       EvÖiv) 

re  uvTii)  idia  ekeyc  y.aKuv  eivai  öl  ixtifuv  aTtoaiij- 
aai  TE  Iu>viav  y.ai  ijCMikia  ^viifiaxov  noifjout  Aay.e- 
Sai/iovloi;,  yai  /<>;  'Ayidoi  tw  dyujuiOjja  xovxo  ye- 
viai)ui.  Die  Dative  Tui;  Ai'o/s  —  iacviij  —  XaXy.c- 
ÖEi  wird  man  demnach  mit  dem  vorhergehenden  JCQOi;- 
ay<>.y(ii!ti'!>~   zu   verbinden   haben. 

Cap.  XIX.  xul  vlt^oinii;  ttuocI  Xah/.iStioq  riyye- 
Xu(<;  avtvii  aTcoit/Utv  :idrtv  y  u\  ott.'AiiUQyiji  :ia(i- 
iaxai  y.aiä  yiiv  oruuxia  u.  a.  vi. 


893 

niii    Recht    hat   si<  h   Ilr.   G.    hier    nicht    auf   Poppo's 

Vorsililajf    eingelassen,     <lass    man    y./i.i    en(fern( "'»S« , 

Hoiür  tierselbc  als  Grund  anführt,  tlass  ja  in  den  >V<jr- 
ten  Oll  'Jut'iuyi;^  Tnnjinnil  die  Ursache  enthalten  sei, 
ans  «elcher  Chalkideiis  den  Chicrn  die  IJntschaft  zukom- 
men lasse,  Ü7lo:vi.tiv  ■jidklf.  Das  Einzige,  was  man 
zugeben  kann,  ist,  dass  man  y.ai  nicht  vermissen  würde, 
wenn  es  niiht  dastände.  Da  es  jedocli  in  allen  IMss. 
ohne  Ausnahme  sich  findet,  so  »ird  es  ratlisam  sein, 
dasselbe  so  lange  festzuhalten,  als  noch  eiiiigermaassen 
triftige  Gründe  zu  seiner  Verlheidigiing  sich  darbieten. 
Wir  geben  zu,  dass  zwischen  den  beiden  SJitzen  an  sich 
das  oben  angegebene  cansale  Wrhältniss  obwaltet,  Jäug- 
nen  jedoch,  dass  es  unumg;ini;lich  uothig  war,  dieses 
Verh.'iltniss  auch  in  der  Fassung  der  ^Vorte  bestimmt 
auszudrücken.  J)as  ,  was  der  (irnuil  der  liotschalt  war, 
konnte  ebensoMcihl  auch  als  ein  'fhoil  derselben  ange- 
sehen und  aiisgi'.>.i)r(iclieu  »erilen.  Ils  kam  Botschaft  von 
Chalkideus,     sie     sollten      nieder     absegeln.        Die     Chier 

nitissl liceiii    IJefehl   ohne    Weiteres   gehorchen.     Allein 

um  demsellK'ii  noch  besondc-ru  iXachdruik  zu  geben  ,  die 
Besorgniss  der  Chier  rege  zu  machen  und  sie  zu  si  linel- 
Icr  Abfahrt  anzutreiben,  fügt  Ch.  das  Motiv  wie  eine 
besondere  Neuigkeit  hinzu.  Wenn  librigens  Poppo  noch 
die  Bemerkung  ßauer's  für  sich  geltend  macht,  dass, 
liält  mau  y.ai  fest,  dann  dyy/rXia  in  der  doppelten  Be- 
deutung, einmal  des  Befehls  («,7  orr/f-/)'),  dann  der  blos- 
sen Meldung  {ort  '^'/fiurjyng  rxaotOTU/)-,  zu  nelimen 
wMro  ,  so  scheint  uns  diess  ziemlich  unwesentlich  und 
keineswegs  zur  Aenderung  iler  Stelle  nöthigend.  Denn 
es  liegt  ja  in  der  >atur  einer  vom  Obcrfchlshaber  an 
Untergebene  gerichteten  Botschaft,  dass  sie  gleichzeitig 
des  allerversrhiedentlichsten  Inhalts,  bald  befehlend,  bald 
einfach  melilend  ,  bald  anfragend,  bald  zurechtweisend, 
und  was  sonst  noch  sein  kann.  Alan  übersetze  nur  nicht 
,, Befehl",  sondern  ,,es  kam  Botschaft  von  Ch.,  des  In- 
halts, dass  sie  wieder  unter  Segel  gehen  sollten,  und 
dass   Amorges   mit   einem   Heere   heranziehe." 

J6id.  vi  de  Xiui  tat;  }.oi7Tui\  vuvaiv  dvayayö- 
ftcvoi,  y.ai  6  ireQo;  /jct  avTujv  u.  s.  »v.  Unter  dem 
Fussvolke  hat  man  wohl  mit  Krüger  kein  anderes  zu 
verstellen  ,  als  das  der  Ervthraer  und  Klazomenier  aus 
cap.  1().  Wenn  dazu  Hr.  G.  noch  die  pedites  hinzufügt, 
qui  in  ijuulit  r  navHus,  qiias  Athenieiiües  ceperunt , 
fuerunt  et  litore  escenso  evitsernnt  (  tuji'  üvdijvjv  Lc, 
lljV  ynv  (f^^c'.crauTuju') ,  so  ist  diess  ebenso  schwer  zu 
widerlegen,  als  zu  beweisen.  Aber  pedites  hätte  er  diese 
Leute  nicht  nennen  sollen  ;  denn  zu  Fusse  geheudcs 
SrhilTsvolk  hiess  gewiss  ebenso  wenig  o  criCo;,  als  man 
einen  Haufen  Spazierreiter  ?';  itctto;  genannt  haben  wird. 
Die  Worte  y.iu  6  Tie^i/.;  iiSt'  ai'Tojv  fasst  aber  Krüger 
in  eben  dem  Sinne,  wie  Cap.  Ki.  die  Worte  6  rrei^Oi; 
äfxa  ■:Tao7J6i ,  das  Fussvolk  folgte  ilen  Bewegungen  der 
ScIiilFe  am  Gestaile  entlansj;.  Wiewolil  diess  au  sich  nicht 
unilenkbar  ist,  wäre  die  Ausdrucksueise  y.ui  6  .Ti'Jo^ 
^£r  CLTiSiv  doch  mit  Poppo  ein  „durum  zeugma"  zu 
nennen.  Bei  einer  so  einfachen  Sache  hätte  'i'h.  wahr- 
scheinlich wie  Cap.  l6.  und  '>'i.  no.oijBl  gesagt,  wenn 
er  diess  meinte.  Wir  verstehen  daher  mit  Hrn.  G.  diese 
Worte    so,    dass    die    Schiffe    das    ^ussvolk    mit  an  Bord 


894 

nahmen.  Poppo's  Ansicht  von  der  Saclie  ist  nicht  ganz 
klar;  denn  des  ,, durum  zi'U^nia'-  ungeachtet,  macht  er 
doch  ^egeii  unsere  Erkl.'irniigsw  eise  die  Eiuneiidiiiii^ , 
dass  der  Grund  dieses  IManovers  nicht  einzusi'licn  sei, 
indem  der  Landweg  für  das  Fiissvolk  sicherer  gewesen 
w^ire.  Doch  weniger  darauf  kommt  es  an,  als  auf  den 
.Sinn,  welcher  möglicherweise  in  den  Worten  liegen  kann. 
A  iclleicht  aber  kam  doch  der  Landweg  dein  l'ussvolke 
weniger  sicher  vor,  als  Poppo  anzunehmen  geneigt  ist; 
wenigstens  lesen  wir  Cap.  J-i  ,  dass  die  Athener  im  Ge- 
biete der  Er\thraer  einifje  feste  Punkte  iniie  hatten,  von 
wchhen  au.s  leicht  dem  iMarsche  Hindernisse  in  den  Weg 
gelegt  werden  konnten;  un<l  jedenfalls  war  der  AVeg  zur 
See    der  sclinellere. 

Cap.  XXlIl.  ä  71  nvthxrduiuoii  d  i/orioxog  tviv 
Tc  'Eoeo/uju  y.i'.i  Tojv  ey.  li;^  ßfiji^cf^vijg  fj£i'  Eißov- 
i.ov  jLiüjv  utdjt'  u.  s.   w. 

Hierzu  .bemerkt  Hr.  G. :  7ion  hnlient ,  unde  pendeant 
ge/iitivi  ruj:  —  i>C(rji>  nliud,  nisi  veibum  7iiil>(/.td:ii:vng, 
fit  saite  miie  dictum  est  :i viK^a.viol^i/.i  vnrtr.  guiir»  Tits. 
coiiiecit  ü  ^/ ovvo/o;  filTcc  rojv  TS  Eo.  etc.  iVirht 
ganz  klar  i.^t,  »las  eigentlich  hier  dem  Herausg.  seltsam 
erschien,  oh  das  7lvVifuvf.ai}ui  (■vi)tiiuc  an  sich,  oder 
ilas  TTVvdäveoi^ai  vsujv  anstatt  Tidv  in  Tai'g  vavoi. 
Doch  glauben  wir  wohl  das  Letztere,  da  das  Erstero 
biiireichenil  constatirt  ist.  Allein  auch  jenes  wiril  bei  des 
Tluicydides  Streben  nach  Kürze  gerade  hier  um  so  weni- 
ger auffallen,  da  nicht  unmittelbar  ■jri'v9avufiti'ü<;  TCäv 
Viiov  verbnnden  ist  ,  sondern  7ivv9o.vdu(vog  Tcßv 
'Küialoiv  {i\\i:\ii  vtdiV ,  sondern  von  den  Eresiern  selbst), 
woran  sich  nun  TV)V  ey.  li^g  ß/ndv/.iii!jg  Xiujv  peujv  min- 
der  gezwungen   anschliesst.         ' 

Cap.  XXfV.  y.ai  Aeu)V  y.oX  ^lOfxeöojv  i'/oiireq 
-ra;  iy.  Aeaijou  'Jiiijvaiujv  vavg  ix  ts  Oivovaauiv, 
Tviv  TTQo  Xiuv  vtjoMi,  xai  ix  Si8ovaoi]i  y.aX  ix  tlzE- 
t.iuv,  d  i.v  TJ]  'Eovdgaia  eliov  niX'?-  y-al  iy.  rijg 
Aeofiov    öoiiojiicvui   zun    7r(jiJi;  zoug  Xiovg  noksuov 

d.^d    TWV    rfWl/    iTTOK/ilTO. 

Die  codd.  Paris,  ü  (im  Texte  seihst)  und  l  (am 
Rande)  bieten  die  allerdings  bemerkenswerthe  Abwei- 
chung: d  iv  Tjj  'Eijii}ua.ia  eiyuv  xf///;  y.a3  eil.ov, 
xc:  u.  s.  w. ,  eine  Lesart,  welche  Gail  im  Rliein.  Hlus. 
I^i'iS,  2.  Heft,  S.  '>>^ll  —  2>!f.  als  die  richtige  darzustel- 
len suchte,  und  Hr.  G.  ist  nicht  abgeneigt,  demselben 
beizustimmen.  AVir  kiiniieu  uns  jedoch,  abgesehen  aurll 
davon  ,  ilass  die  beiden  Codd.  D  und  I  zu  den  sehr  mit- 
telmässigen  gehören,  weder  mit  Gail's  Erklaruiigsvveise 
noch  mit  den  daraus  gezogenen  Resultaten  einverstanden 
erklaren.  Es  übersetzt  derselbe  die  ganze  Stelle  folgen- 
dermassen:  Leon  et  Dinmedon  (tuec  les  vaisseiiax  Athi' 
iiiens  (jui  itaient  tires  de  Lesbns ,  des  tles  Genusses  s»- 
tuies  devnnt  Cliio,  de  Sidusse  et  de  Ptelee,  dimolirent 
les  forts  qit'ils  pnssedaient  dans  l'Ei-i/lhi-ee ,  et  fiiisant 
de  Les&os  le  point  de  depiirt ,  iU  firent  de  lears  vai»- 
seiiujc  la  gnerre  it  ceux  de  Chio.  fo  allerdings  niaij 
auch  lU-rjeniire  den  Satz  verstanden  haben,  von  welchem 
das  V.'ort  v.u^lit.ov  herrührt.  Die  ganze  Gliederung 
des  Satzes  widerstrebt  jedoch  dieser  .Art  iler  Auffassung. 
Wenn  nämlich  der  Verfasser  beginnt,  Acwv  y.ui  zJtu- 
uidüjv  i^oizeg  tcJs  ix  Aiaßov  '.IVijvuiuiv  vai'i;,  und 


895 


896 


nun    for(fahr4,    iX    TB    Oivovoaiöv    y.ai    h.    IiSoi'crrJl^q 
n.   s.   11.,    so    kann    dieses    f/.    re   iinmii^'licli   schlechtweg 
so    viel   sein,    als   y.Xli   r/.     (hinge    anrh    «lieses    i'/   ab   von 
obigem   rr};   rar,',  so   ivür.le  vielmehr  ra;  vE  £/.  Alcrßov 
'J^i;>(uujv    vai-i    y.nl    nk  i^    ü/yuvaoov  u.   s.  f.  ge- 
schrieben   werden  miissen),    vielmehr  beginnt  mit    iz    T£ 
eine    neno    Verbindunssketfe ,    «eiche    ganz   um  erkennbar 
an   ooiti-'iiavDl   aiigckinipft   ucrilen   mnss,  so  ilass  y.attst- 
f.or   als   gänzlich  ausser  Zusammenhang  stehenil  von  selbst 
in    Wegfall    kommen    «lirile.       .Son\it    fiele    auch   «las   i'on 
(Jail   aus   seiner   Erkhlrungsweise    geiionnene,   für   «lie  To- 
pographie   iler    ionischen    Iviisle   angeblich    nichtige    Resul- 
tat,   (lass    ilie   Orte   .Siilnssa   und    l'teleon    nicht,     nie    man 
bisher   aiigeiuimmeu  hat,   im  Gebiete    von  Krythra  gelegen. 
Freilich     fehlt   es   uns    giinzlich   au   sonstigen   genauen   An- 
gaben   liber   die    Lage    beider  Orte   (Stephanns   von  Bvzanz 
nennt   sie   nur   Städte   Joniens)  ;   allein   dass  Pteleiin  wenig- 
stens   Cliios   gegenüber   und    in   der    >alie    von    Ivlazomenä, 
also    auch    in   der   von    Ervlhrä   gelegen    habe  ,    ist   deutlich 
aus   Tliucvd.    S,   31.     zu    ersehen.      Bleiben    wir    also    bei 
der   geiioiiiilichen   Ansicht,   dass   Sidussa   und  Pteleon  zum 
Gebiet   von    Ervihra   gerechnet    wurden,    so     lange   stehen, 
als  nicht  das   Gegentlieil    aus  obigem   .Satze    auf  eine   mit 
der   ganzen   .Structur   desselben     vereinbare    Weise   nacligc- 
M-iesen    wird;   zumal    da   auch   Gail   nicht   angibt   und    nicht 
anzuheben    vermag,     an    welcher    Stelle    sonst   die   beiden 
Ortschaften   gelegen    haben.       Ein   Versehen   übrigens  des 
Hrn.   Göller    ist    es    wohl    nur,     nenn    er    hier    bemerkt: 
uries  riulen  ,  oppiila  et  vel  oppidula  qiti  reIX'/  "ppellari 
possint,     non    perspicio.       Er     selbst    sagt   ja     im    Index 
p.  ()0ö   ganz    richtig:    T£iloq,    2,  7Ö.    Jeder  befestigte 
Ort,  3,   S4.   4,   57.  69,    und   die   Worte   Cap.   31.    vgoq- 
ßat.ojr    flvs'/.ey     y.ai    Oir^    St.u'iV    beweisen    hinlänglich, 
dass  rteleon    kein    offener   Ort,    sondern    ein   befestigter, 
ein   Tci/o;   war.      Die   übrigen  Einwürfe   Gails    gegen  die 
Vulgata   müssen    wir    im    A'erhültniss     zu    dem    obigen    be- 
reits  beseitigten   als  sehr  untergeordnete  betrachten.     Denn 
dass   nach    Cap.   14-.   Ervthrä   von   den    Athenern    abgefallen 
war,   schliesst  doch    »ohi   die  Möglichkeit   nicht  aus,   dass 
gleichwohl  die   Athener   im   Besitze    einiger    in   der   Nähe 
jener    .Stadt    gelcf^enen,     zwar     minder     wichtigen,     doch 
festen  Punkte    bleiben    konnten,    nie    es  auf  h  nach  Cap.  31. 
mit   Pteleon    wirklich   der    Fall   war.     Dass  aber  die  Schiffe 
der    Athener    nicht    gleichzeitig    von    drei    verschiedenen 
Punkten  hätten  auslaufen   können,   sondern  diess  von  einem 
einzigen,   von   Lesbos  au«,    hatten  tliun   müssen,    ist  eine 
Behauptung,    welche   oHenbar   erst   dem   als  echt  angenom- 
menen  Y.u'Jti/.OV   zu    Liebe   aufgestellt   ist,    in   sich   selbst 
aber   keinen    ausschliesslichen   Gehalt    hat.      Schon   Poppo 
macht  dagegen   mit  Recht  geltend  :     at    quuiii   Chium   un- 
dique  infentare  cuperent  ,   nuves  su'is  circa  eam  cnmplu- 
ribus  in   lucis,    uii  prrtesidiis    ab    repeiilino   impelu   tutne 
eitent ,    cotlocarunl ,    unde    proruniperent  et   r/iiu   sc  reci- 
perent.      Die    Möglichkeit   diescÄ   (Jnistandes    wird   aus   fol- 
gender  Betraclitiiii'^   und  Erklärung   der  .Stelle  einleuchten. 
Die   Athener    hatten    damals    verschiedene  .Schill'^slationcn 
im    agaischen    Meere;    eine    zu     .Samos    (Cap.    21.    30.  )i 
eine    zweite    in    der   >'ähe    von    31ilet    (Cap.    17.   '24  s(|.). 


eine  dritte  za  Lesbos.  Diese  letztere  ist  hier  zn.  ver- 
stehen unter  den  Worten  ai  iy.  ytscrßov  (oder  wohl  rich- 
tiger 6z  TjJ.'  yleofjot'  mit  dem  cod.  Vatic.  unter  Zurück- 
beziehung auf  Cap.  '23,  "ie  c.  3S.  o.i  iy.  rijg  ^äfiOl' 
vrjC';,  die  Schiffe  der  samischen  Station)  '.ddtjvuiujv  vai'Q: 
es  waren  nicht  Schiffe  (iits  Lesbos,  sondern  die  atheni- 
sche Flotte,  deren  Mittelpunkt  Lesbos  war,  deren  Be- 
wegungen im  Ganzen  nie  im  Einzelnen  vom  Hauptquar- 
tier in  Lesbos  ans  geleitet  wurden.  Demnach  sind  Leon 
und  Diomedon,  tyovTEi  tu,;  ix  Aioßov  './t^ijrulujv  vavi, 
die  auf  der  Lesbischen  Station  Cnmmandireuden.  Von 
selbst  versteht  sich  nun,  dass  nicht  die  ganze  Flotte  für 
die  ganze  Daner  der  Station  an  dieselbe  werde  gebunden 
oder  auch  gezwungen  genesen  sein,  alle  Bewegungen 
gemeinschaftlich  auszuführen  ;  vielmehr  ist  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  fortwahrend  einzelne  Schifie  oder  Schiffs- 
abtheiluiigen  nach  den  innerhalb  eines  bestimmten  Rayons 
gelegenen,  bedroheten  ,  oder  sonst  w  ichtigen  nnd  mit  dem 
Operatioiisplane  in  Beziehung  stehenden  Punkten  entsen- 
det wurden.  Dergleichen  Punkte  mögen  für  die  Les- 
bische Station  die  Oenussen ,  Sidussa  und  Pteleon  ge- 
wesen sein.  Indem  nun  die  ganze  Flotte  gegen  Chics 
operiren  sollte  ,  stiessen  die  entsendeten  einzelnen  Schiffe 
oder  Abtheilungen  wieder  zur  Hauptmacht,  nnd  so  konnte 
es  sehr  wohl  heissen,  dass  Leon  nnd  Diomedon,  die 
Comniandircnden ,  zugleich  von  den  Oenussen,  von  Si- 
dussa, von  Pteleon  und  von  Lesbos  selbst  unter  Segel 
gehen. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik   und  Mise  eilen. 

B  la  im  sc  hwe  i  g.  Zu  Ostern  dieses  Jahres  crscliiencn  in 
unsciein  Lande  folgende  dici  Prosiiiimne  In  Braunschweig  eine 
Abliandliing  des  CoUabocatoi'  D.  Giflboin  über  die  Behand- 
bin;;  der  Lamlerbcsclireibiinj  in  den  obersten  Classcn  der  Gym- 
nasien ;  in  WoHonbullcl  Enicmlalioncs  Vcllcjanae  von  dem  Di- 
reclor  Jeep;  in  Blankeiibui<;  Beitrage  zur  Erklärung  einiger 
Stellen  ans  Virgils  Aeneis  und  den  Satiren  dis  Horaz  ,  von  dem 
Direclor  Möller.  Das  Gymnasiiiin  zu  Wolfenbnltel  erlitt  im 
Laule  des  Jahres  einen  harten  Verlust  durch  den  Tod  des  Obcc- 
Iclireis  Dr.  Weland.  In  literarischer  Hinsicht  bat  er  sieb  be- 
kannt geinaclit  diircli  eine  Dissertation  de  praecipois  parodiaruni 
Hoiiiericarnm  scriptoribns  apiid  Graccos ,  (iöllingen  1833,  nnd 
dnrcii  das  als  Programm  Ostern  1838  erschienene  specimen  der 
Abliaiiillung  de  rebus  Agrigentinoruin.  Die  vollständige  Schrift 
über  Agrigcnt  findet  sich  fast  bis  auf  die  letzte  Hand  vollendet 
unter  seinem  Nachlasse. 

Kisenach.  Dem  Grossherzogl.  Gymnasium  ist  von  dem 
hoben  Landtage  ein  Mehrbetrag  von  700  litblrn.  jabrlicli  be- 
willigt worden.  Davon  sind  in  Folge  eines  liücbsten  Decrctes 
unter  Versicbcrnng  gn.idigstcr  Zufi iedenbcit  mit  der  Thätigkeit 
des  Lelirercollegiiiins  dem  Director  Dr.  F  ii  nk  b  a  n  e  I ,  den  Pro- 
fessoren Biicgleb  und  \Ve  i  sse  n  b  o  rn  ,  vorziiglicb  aber  den 
Prüf.  Dr.  Rein  und  Mabr,  deren  Gelialte  ausser  Verlialtnis» 
za  denen  der  3  genannten  Lehrer  st.ind.n,  Gebaltsznlagcn  ge- 
wahrt worden.  Ferner  sollen  fiir  die  (".ymnasialbibliolbek  von 
jener  Summe  wenigstens  50  Rthlr.  jährlich  verwendet  werden. 
Endlich  bat  Dr.  Witzschel  nachträglich  eine  nicht  unbedeu- 
tende Entschädigung  für  die  Bcisckosicn  bei  seinem  L'nizug« 
von  Lcip/.ig  erhalten. 


e  i  t  s  c  h  r  i  f  t 


für   die 


AI  t  er  tli  11  ms  Wissenschaft. 


Freitage   20.  Seplemhcr 


1839. 


Nr.   113. 


ThiirTilidis    ilo    liollo     Pcloponncsiaco     libri    ocfo.     Eil. 
Fjii/tcisciis    Goellei: 

(Fort  se  tzii  n  !j.) 

Nocli  muss  jedoch  bemerkt  «erden,  dass  der  Codex 
Tatiraim»  iiarli  TSl~(f]  gleiclifalls  riu  AVort  eiiisclialtet, 
jcdocl;  niflit  y.oßeitov ,  sondern  ÜTn'joc'.v.  Unter  allen 
Ilandsehriften  des  Tluicvdidcs  ist  bekannllirli  keine  fiir 
das  letzte  ailifc  Biieh  so  ivirlitig,  als  die  ^'aticanisclie, 
ohne  deren  Iltilfe  der  Text  seiner  mögliclisten  Aniiühe- 
riing'  an  das  Orij^inal  noch  lanjfe  verj;ebens  entgeg'enge- 
sehcn  haben  würde.  Aiuli  diese  Abweiclinng  verdient 
daher  mit  Anfnierksanikcit  gewiirdigt  zu  werden.  Popjio 
bemerkt  nnter  dem  Texte:  neqtie  dwi^oav  /erri  poleul; 
nam  et  Irin^uet ,  et  qtii  hahent  za^  ty.  yierrßov  vaiK, 
cur  ex  Oeiitissis  soh-isse  dicantur'i  Allein  «ill  man  nicht 
die  AVorte  so  verbinden,  ivic  es  Gail  thnt,  so  würde 
eben  dieser  Einwurf  sich  ja  auch  auf  die  sonstige  Fas- 
sung des  ganzen  Satzes  beziehen;  denn  Leon  und  Diome- 
dun,  welclie  Ta^  ly.  ylsoßuv  vaP<;  liaben ,  heissen  ja 
eben  üQitoJiifvoi  ty.  re  Oivovoamv  u.  s.  w.  Nacd  un- 
serem obigen  Erklärnngsversuche  jedoch  würde  durch 
das  eiiigescbobene  ü.'tr^oav  des  A'aticanus  der  Sinn  der 
Stelle  im  Wesentliclien  nicht  gesfiirt ,  wolil  aber  würde 
er  dadurch  eine  ganz  eigcnthümliche  und  der  Lage  der 
Dinge  angemessene  Färbung  erlialtcn.  Man  würde  n.'im- 
lich  nun  die  Worte  so  zu  verbinden  haben:  Akviv  y.ui 
^co/^itöüjv  ij[ovTrq,  t«;  —  vo.vq  äiii]Qo.v  ty.  ts  Oi- 
vov(TOdjv  y.cu  h.  ^i?>ov(yoi]Q  y.ai  h.  flTcksov ,  y.ai  60- 
(ÄUjf.icvoi  ix  T);i  Aiofjov  Tuv  ■jtoLei.tov  —  tTToiovvro. 
Durch  dTlijoav  würde  angedeutet  sein,  dass  die  einzel- 
nen Posten  bei  den  Oenussen,  Sidussa  und  Pteleon  ein- 
gezogen wurden,  durch  üonvUiliVUt ,  dass  nun  die  ganze 
Flutte  von  Lcsbos ,  dem  Sammelplatze  und  Mittelpunkte 
der  Station,  aus  unter  Segel  ging.  Wir  verhehlen  uns 
keineswegs,  dass  diess  an  und  für  sich  nicht  gerade  in 
den  AVortcn  Ütcuiqui'  und  ür^iiüa9ai  liegt;  allein  wer 
im  Tliucvdides  gelesen  hat,  weiss,  dass  kein  anderer 
Schrifisteller  in  dem  Ulasse ,  als  er,  bei  der  Prägnanz 
lind  Kürze  seiner  Ausdrucksiveise  auf  rombinationsfähigc 
Leser  rechnet.  Ohne  Zweifel  würde  der  eben  angege- 
bene Sinn  in  den  AVorten  liegen,  wenn  zu  änfjQav  noch 
T«c  rßi\^  gesetzt  wäre;  vergl.  Herod.  S,  57.  r,v  ä:Tai- 
pojcri  Tuq  vijai;  cIttu  ^al.autroq.  Wir  wagen  niclit, 
dieses  TU-  raii  hier  zu  snppliren,  fassen  also  £<7ra/p,S/j^ 


lieber  im  intransitiven  Sinne  vom  ,,  Aufbrechen ,  Fortge- 
ben." Es  scheint,  als  konnte  von  Leon  und  Diomedon, 
den  Conimandirendcn  selbst,  welche  als  solche  die  ganze 
Bewegung  leiten  und  gleichsam  repräscntircn,  wohl  d.TCij- 
Q(i.v  gesagt  werden.  Thucydides  zwar  gebraucht  diesS 
AVort  an  den  uns  im  Augenblick  gerade  zu  Gebote  ste» 
lienden  Stellen  nur  von  Schiflen,  welche  auslaufen  (s.  8, 
55-  80.  10 j-)'  kein  Zweifel  aber  ist,  dass  es  ebensowohl 
von  Personen  gebraucht  werden  kann  ;  vergl.  llerod.  g, 
(,').  Demosth.  d.  f.  I.  p.  3S7.  §.  149.  p.  3')L'.  §.  Iß?,  c 
Zenoth.  p.  883.  §.  5.  Dennoch  wollen  wir  auf  die  Rich- 
tigkeit dieses  diTlIjoav  nicht  allzufest  bestehen;  es  kann, 
wie  y.add/.ov ,  von  einem  Abschreiber  herrühren,  wel- 
cher sich  in  die  A^erbindung  der  einzelnen  Theile  des 
Satzes  nicht  recht  zu  linden   w  usste. 

liid.  £1  de  Ti  iv  Toi^g  c/v9oojTcetoig  tov  ßiov  -ku- 
oakoyotq  iocfuXiioav,  fisva  nolXujv  ot^  xav-ra  iSote, 
TU  Tujv  '-/Siivaiojv  xo.yh  ^i'vavaiQui^ijaiQdai,  jt^v 
üjjaQTi'av  ^vveyvoiaav. 

Die  ans  dem  cod.  A^atic.  anstatt  der  A''ulg.  ^vvaiQE- 
driaetritai  aufgenommene  Lesart  tvravaioidr.OSOi^ci.l  wird 
von  Arnold  als  wegen  der  Zusammensetzung  mit  i;vv 
(welches  hier  soviel  als  una  cum  bedeute)  unpassend  ver- 
worfen, indem  der  einfache  Begriil  des  curripeve ,  confi- 
ccre,  wie  er  in  der  A'ulgata  liege,  nicht  aber  der  einer 
geineinschafflichcn  IIan<llung  der  Art  verlangt  werde, 
llr.  G.  stellt  ihm  in  der  Kürze  das  i:iiyy,a9uior,irei  cap.  46. 
entgegen;  jedoch  bemerkt  jetzt  Poppo  mit  Rerlit,  dass 
dort  {^ÜTTOnetv  av  avTov  olg  toi'^  /.ocTuivTcg  Svy- 
y.aiiaiQljoei)  Oig  so  viel  als  fjci/  olg  ist,  also  auch  hier  das 
tl'V  eine  genieinschaflliche  Handlung  andeutet.  A'ielleicht 
aber  Hesse  sich  geltend  machen,  ilass  (will  man  nicht 
annehmen,  i;i'V  bedeute,  wie  in  andern  C'ompositis,  das 
A'öllige,  Ausschliessliche,  die  Totalität  einer  Handlung) 
auch  au  obiger  Stelle  ein  gemeinschaftliches  Handeln  ge- 
meint sei.  Gerade  wie  Cap.  26-  der  Syrakusaner  Her- 
mokrates  darauf  ilringt,  ^vvSTTiXaßla^ai  y.ai  r;;,-  i'.TO- 
t xnnov  'Jihiva.idiV  y.axaKvarsuyg,  so  schmeichelten  sich 
die  sämmtlichen  Bundesgenossen  mit  der  nämlichen  Hoff- 
nung, dass  sie  nämlich  iwsgesammt  und  mit  vereinten 
Kräften  die  Athener  würden  vernichten  können;  nur  dass 
diess  anstatt  durch  das  Activum  durch  das  Passivun»  aus- 
gedrückt ist  ,  wodurch  weniger  das  Gemeinschaftliche  der 
Handlung,  als  der  zu  bewirkende  Znstand  selbst  hervor- 
gehoben wird.     Uebrigens  ist  in  neun  Fällen  unter  zehn 


899 


900 


«lie  prcNsorc  AValirsi  lioiiill«  likoit  fiir  das  Dn  oinjinsKiim  , 
wie  aiuli  sonst  Ai-Imliclios  aus  dem  rod.  Xat.  Iiri p|rstc!lt 
worden  ist,  z.  H.  Cap.  {5.  i7lldin(ft()Oftlvaq,  Cap.  IJ. 
ividnai  u/.fiir,aaaai. 

Cap.  \W.  ßlefxiTtoi  Se  i^£Ä.'>ofrf;  avroi  xs  — 
y.ai  Ol  iieru  Xuf.y.iöivj:.  fti^ÖDTe; nikonowi-oioin.s.w. 

In  Uoziijj  auf  diese  Pelopüntipsior  lerueisf  Hr.  G.  auf 
den  Anfaiijj  des  Cap.  17.  und  seine  dort  ffegeliene  Au- 
inerkunj;.  Daiiarh  iiaren  es  die  lie«afiiie(en  und  in  fliios 
zuriii  kjcelassenen  vtirvai  der  von  Clialkideus  befelilicliteii 
peiiiponnesisrlien  SrhiiTe  genesen.  Popp»  stimmt  bei  mit 
der  Bemerkung:  lii  igitur  interea  ex  Cliio  Miletum  se 
CunluUraiit.  .Allein  uumoijliili  konnten  diese  (selbst  zu- 
gegeben, dass  sie  Cliios  verliessen ,  ohne  dass  Tline\(li- 
iles  iliess  besonders  bemerkt)  oi  iicra  XaXy.ifita)^  ik- 
»Vt/jff,  genannt  «erden,  da  es  ja  eben  Cliakideus  «ar, 
der  sie  in  Cliios  zurürkliess  ;  aucli  kann  derselbe  sie  nirht 
spt'iter  elna  von  dort  iiaehgehoit  haben  ,  da  er  sehr  bald 
liaeli  seiner  Ankunft  in  INIilet  bei  einem  Gefechte  blieb. 
S.  Cap.  24.  Dazu  kommt,  dass  es  Cap.  ,3'i.  bei  der 
Ankunft  des  Pedarilus  in  Cliios  heisst:   ircijoyov  dt   avTW 

y.ai  iy.  -vüjv  nivre  veijjv  otqutiujtcu  vtcu  Xuky.idiu}(; 
v)c,  ig  nevray.oalnvq  tvv  onkoiQ  y.araKh.iifUlvTfq. 
"Wir  lassen  is  dahin  gestellt  sein,  ob  i'7ir,oyov  andeute, 
dass  diese  Leute  jetzt  erst  bei  der  Ankunft  des  P.  in 
Cliios  sich  unter  dessen  Befehl  stellten,  oder  dass  sie 
bereits  unter  seinem  Befehle  standen,  als  er  nach  Cliios 
iibersetzte,  in  welchem  Falle  sie  natürlich  vorher  Cliios 
verlassen  haben  iiiüssten.  Allein  so  viel  scheint  doch 
klar,  dass  diese  Soldaten,  v»'enn'sie,  wie  Herr  Güller 
meint,  schon  vorher  wieder  bei  Blilet  gefocliteii  hät- 
ten (Cap.  2.).),  also  mit  dem  Heere  der  PeliijKiijnesier 
wieder  verschmolzen  viären,  später  sehr  unpassend  aber- 
mals ('.70  Xut.y.iöiujq  xv.TUtUCfdivrCq  genannt  und  als 
eine  getrennte,  für  sich  bestehende  Heeresabtheiliing  be- 
zeichnet sein  würden.  Hieraus  ergibt  siih  «olil  mit  ziem- 
licher .Sicherheit,  dass  an  obiger  Stelle  unter  oi  uf.ia. 
yint./.ii)iiiji  i/  itov cli  keine  .Andere  »aren,  als  die  Ho- 
jiliten  auf  den  peloponnesischeii  Schiiren,  mit  n eichen 
Chalkideus  laut  Cap.  I7.  wirklich  nach  Älilet  segelte, 
während  er  seine  .'Matrosen  beivalTMete  und  zum  Schutze 
von  Cliios  zurückliesg.  Die  falsche  .Annahme  des  äjer- 
ausgebers  ,  dass  jene  vai'TC'.l  Kpibaten  genesen  seien 
(lergl.  oben  zu  Cap.  17.),  scheint  obige  falsche  Folge- 
rung  nach   sich   gezogen   zu  haben. 

Ibid.  y.ai  oi  fjif  'Au'/tioL  xv)  0(fiTi;ijii)  avTojv  y.ioa 
:i(J0c:-d^avT6.;y.ai  yuiaffouvrouvrti,  u'i^  i:!ii"lixtva<q 
rt  y.ai  ur  dii;ojiii  ovq  dTuy.iuieuov  xujoovvrt.;,  vi- 
y.Mvrai  i'ico  tiöv   Mill^rritov. 

Das  »Oll  Lobeck  zum  Phrvu.  p.  2^7  empfohlene 
zzoottauta.vTti ,  welches  keineswegs  codicum  fere  om- 
nium  consennu  beglaubigt  ist,  sondern  sich  nur  etwa  in 
sieben,  und  gerade  in  »ehr  inittelmässigen ,  zum  Tliei'l 
selbst  sclilechten  llandscliriften  findet,  ist  1011  Hrn.  (i. 
mit  llerlit  »eriiorfen  norden;  ob  mit  eben  dem  Ueclitc 
auch  das  Tlootta^aiTei  (linot^a.i^uixti)  des  Cod.  \  u- 
ticaiiu»s,  statt  dessen  7J  oof^oc'^ölTf;  aufgenommen  ist, 
liesse  sich  bezweifeln.  AVir  nollen  nicht  einivenden, 
ilass  liiio.'tc.yilr  bei  Thiirvdides  nur  in  transitiver  Be- 
deutung vorkommt  (nie   7,  y.   37.   70).      Dagegen    moch- 


ten wir  aber  auch  die  schon  von  Oinilorf  angeführte, 
von  dem  Herausgeber  jedoch  unvollständig  niltgetlieilte 
.Stelle  des  Herodot  !),  (i'.  nicht  so  ganz  unpassend  zur 
>'ertlieidigung  der  Lesart  t\e6  Cod  Vat.  finden.  Es  heisst 
dort  nicht  bloss  -KQostiuooovTEi  xar'  eva ,  sondern 
7iouei:alnoovxiii  xar  eva  y.ai  dexa  xal  Ttkem-iq  re 
y.ai    ikrioiTovei;     (riaTQfffduiroi    liininrov    iq    roic, 

^TiapTDJraQ.  >iclit  nur  von  Einzelnen  also,  sondern 
auch  von  ganzen,  bald  grösseren,  bald  kleineren  Haufen, 
n  eiche  sich  blindlings  auf  den  Feind  stürzen,  kann 
7Tijt)ti:(Joriitv  gesagt  werden.  Warum  nun  auch  nicht 
von  einem  ganzen  Flügel,  der  ja  doch  nur  ein  Tlieil 
der  gesammten  Sclilachtlinie  ist,  nenn  seine  Keihen  sich 
jöseii  und  in  ungeordneten  Haufen  gegen  den  Feind  vor- 
prellen? Wir  nollen  nun  7i  ut)ii;rA^a.VTeq  nicht  gerade 
matt  oder  unpassend  nennen  ;  aber  einen  etwas  neiter  aus- 
greifenden, bezeichnenderen,  eindringlicheren  Begriff  schei- 
nen uns  doch  die  folgenden  Worte  y  ai  yaraffouvr,- 
ouvrei  —  ^ujooviTEg  zu  verlangen  ,  welche  sich  an 
7T(JOI:i;(/.i:avc£g  als  näher  erläuternd  und  bestimmend  sehr 
gut  anschliesseii  (was  wir  in  Bezug  auf  y.ai  auch  für 
Cap.  2.  geltend  machen  müehten,  wo  wir  das  Komm.i 
nach  T«  ngayitata  zu  streichen  und  lieber  nach  d(fi- 
Oruodal  zu  setzen  vorschlagen).  Leicht  begreiflich 
übrigens  ist  es,  wie  aus  ■:tijoti;aii:ainli  und  rT00li:ai;av- 
THq  die  Lesarten  7CQUli;aoi^avTei  Und  Tluott;di;avT£^ 
entstehen   konnten. 

Cup'  XXVII.  ov  ydg  aia^Qov  tliai  '-/Sijvaloii 
vavrt/.tf)  ^stu  y.aiQoD  i'izoxuiQfiaai,  dkka  y.ai  usia 
ÖTOi'Oi'v    T^OTTOU    aioX'Of    ^v^ißrioea^at ,    r;v    eacrtj- 

Die  letzteren  Worte  erklärt  Hr.  G.  so:  dkka  fmk- 
kov  uiaxgov  ioeaßac  xal  fitru  ürovovv  Tponor 
ii'/ifjai'iiltv,  r,v  ij<ro)j9u)ni ,  sed  potius  hoc  turpe  fore, 
pncein  quibusciaique  landein  conditionibus  inire ,  si  vin- 
ceientur,  —  wenn  sie  besiegt  würden,  wäre  es  vielmehr 
eine  .Schande  ,  wenn  sie,  wie  es  der  Feind  vorziisihreiben 
beliebte  (auf  jede  Bedingung)  mit  ili'iii  Feinde  ausein- 
ander kämen."  Eine  Erklärung,  wozu  d  ts  Scliol.  Liigd. 
(::riitj'i';>Tl-Oth'.l ,  a ivihj/ai  7101t iv)  verführt  zu  haben 
scheint,  welche  jedoch  Poppo  mit  Recht  ab  h.  l.  aUciiis- 
siinain  nennt,  nienohl  derselbe  durch  den  blossi'ii  Ein- 
wurf, nr,n  de  pacisceiido,  sed  de  pw^iuindu  «gi/Kr  Nichts 
widerli'gt.  Oli'enbar  würde  Phr^nichus,  nähme  mau  die 
Erkläi  iingsweisc  des  Herausgebers  an,  zu  viel  und  somit 
Miilits  beneisen.  Unmoglieli  aber  kann  er  den  kampf- 
lustigen Athenern  haben  zumutlien  nolli-n,  zu  glauben, 
dass  in  dem  bevorstehenden  kämpfe  Allr-s  auf  dem  Spiele 
stehe,  und  dass,  liefe  er  unglüiklich  ab ,  dann  an  keinen 
Widerstand  neiter  zu  denken  wäre,  sondern  sofort  Friede 
auf  jede  Bedingung  geschlossen  werden  müsste.  Ganz 
richtig    dagegen     ist    der    Gegensatz    gedacht,     wenn    mau 

tl'iitji'.lvdv    als    ereiiire    ni t:     „hingegen    in   jeglicher 

Hinsicht  von  schmälilii  bereu  Folgen  würde  es  sein,  (venu 
sie  unterlägen."  i\lit  Poppo  Uli').  oTOlori'  TtJOiroii  mit 
r^aoixh^jai  zu  verbinden,  gestatti't  die  Stellung  de.-i  erslc- 
ren  nicht.  —  Auch  die  folgenden  Worte,  y  fiökic  — 
iivai  scheint  uns  Hr.  G.  nicht  ganz  richtig  erklärt  zu 
liaben.  Ist  ilcr  Gegensatz  Uul  iq  r,  dväjy.t],  so  entsteht 
ein   Widerspruch    durch    das  xa^'    ixovaiuv,    denn     wer 


901 

etwas  freiwillig  kaum  tliut,  <lor  tiint  rs  ilocli  ,  «oiiii  er 
CS  <hii«,  iiiiiiipr  noth  froinillig;  iiiilogiscli  ist  (Irmiiüdi 
y.a^  ry.ui'olar  iur/fiot/'v  f^iokt.;  >;  dvo-y/jj.  Liilie- 
sclirpiblirli  iialie  ist  aber  ilocli  iler  Gegensatz  iliirch  «lie 
uiiiiiittvlbai'  neben  einan«|prstplicii<l<'ii  >V<irte  y.(^l^  ty.in- 
auiv  <;  nuvv  JE  dvayy.T]  gclojit.  AVir  ndinirn  dalier  kei- 
nen Anstand,  die  einzelnen  Tlieilc  des  .Satzes  su  zu  ver- 
binden: y  iHtki^  ivdtx^oihit  ■jTftoTioa  iTii-jf^ciuaiv  xai}' 
iyotou'.i',  1)  ndvii  ye  üvüyyTj  (cfdtxEotiai  tnix£i(i£ii')i 
1JTXOU  8ij  (ii/ötx^oduO  fii)  fjKiCof-iliVTj  —  iivai. 

Cnp.  XXIX.    tTteiöt)    rijv  ''laaov  xaien-Tijaa-ro  ö 
Tiaau(fiov)]q  ii;  cpvKay.r.v. 

Hr.  G.  bemerkt  zu  diesen  AVorten  TVielits  Raner 
erklärt  ec,  Cfi')ay.r,v  iliireh  lijan  ti'rai  (ffkc.x)-)' ,  ita 
nptarnt ,  tit  praesidium  esset,  zu  einem  Posten. ''''  Ihm 
stimmt  Poj)|)ii  bei  und  fcilirt  noili  zum  lielejfo  an  Cap.  (i2. 
^tjcrrov  xiii^tOTaTO  (f(iuvutov  y.ul  Cfr}oy.ijv  rot' Jiav- 
xoi^  '£k}.liö7T6i'TOV.  Freilirli  fügt  er  hinzu  „omisso  fc'''' 
(würde  rirlitiper  heiss'pn  sine  praepos.  ti,  indem  etwas 
nur  wejf^elassen  werden  kann,  « enn  es  entweder  selion 
da  gfestanden  oder  dorh  dastehen  sollte);  allein  seliun 
dieser  Umstand  musste  auf  die  wesentliche  A^erschieden- 
heit  beider  Stellen  aufmerksam  marlien.  Glicht  ün.'ihn- 
lirhe»,  sondern  Aehnlirhes  war  zum  Beleg  beizubringen, 
und  zwar  Beispiele  für  y.aih'aTaaSo.i  Tl  {jlva)  fj  Tl, 
was  wir  in  dem  oben  angegebenen  Sinne  gelesen  zu  ha- 
llen uns  nicht  erinnern.  AVenigstens  giebt  die  liinwei- 
sung  auf  den  ähnlichen  Gebrancli  der  PrApos.  iti  bei  den 
Lateinern  des  silbernen  Zeitalters  für  den  vorliegenden 
Fall  zu  wenig  Garantie.  .4uch  für  (fvkayjj  im  Sinne 
eines  Postens  von  einer  Stadt  gesagt,  hätten  wir  Belege 
genünscht;  denn  Cap.  (i2  ist  (fvkay.ij  nicht  ein  militäri- 
scher Posten  (vielmehr  ist  diess  (fOüi'(Jlov) ,  sonilern  es 
ist  bildlich  gesagt,  „zur  Bewarhung,  als  AVächter  über 
den  Hellespont."  Zudem  sieht  man  nicht  recht  ein, 
warum  gerade  die  Stadt  lasus ,  «eiche  sich  zu  diesem 
Zivecke  nicht  mehr  als  jede  andere  Sladt  an  ilcr  klein- 
asiatischen  Rüste  eignete,  zu  einem  solchen  Posten  ge- 
macht wurde.  Weit  einfacher  und  natürlicher  scheint 
uns  dagegen  y.«.i}ir,Taa(^a.l  ii;  (fvkay.i-v  als  „in  Obacht 
nehmen,  nuter  Aufsicht  stellen"  gefasst  werden  zu  kön- 
nen, wie  tx^iv  ev  (fvkay.ij  (Cap.  51-)  in  Aufsicht  haben, 
beaufsichtigen. 

Ibid.  EofioKoaTov^  8e  dvxEmuvToc;  roü  Svgay.o- 
o/ov  (TToaTijyuv ,  ö  yag  Otjoafüvijg  oü  vo.vaoxog  div, 
dkk'  'Jarröx',"  naoadovvai  toi;  vaiii;  ^rftjikeojv,  ua- 
kay.og  i'jv  TT£oi  toü  fiio^or-,  u/io)~  di  naua  irtv-TS 
vaui  nkiov  dvSiA  t/dorvi  r,  T^sii  üfjokul  (j'>i^iu'kuyr,- 
drcra.v. 

Ad  IJiiwc,  8t,  sa^jt  Ilr.  G.,  cogita:  f/uanir/uam  Tlie- 
rainenes  nnn  iidrerstiiatur.  Wohl  richtiger  Bloonilield: 
fjuarnijuiim  triobotum  tantum  dare  piius  cnnstiluerat.  Denn 
die  Worte  ö  y/.o  Oljoauevi^i  —  fUa!>or<  sind  rein  pa- 
renthetisch und  bloss  zur  Erläuterung  des  Uinstandes  ein- 
gefügt, ilass  der  Svrakusisi  hc  Feldherr  es  war,  und  nicht 
der  Lacedämiii'isdie,  ui-lcher  auf  iCi  höhniig  der  Löhnung 
drang.  Theranieiies  aber  konnte  vennü^e  seiner  Stellung 
keinen  Einfluss  auf  den  Willen  des  Tissaphernes  haben. 
—    Die    uäc'hstfulgendeu    Worte    —     7iu^u    nh'TE  vavQ 


902 

nkiov  dv8(ji  ty.doTii)  tj  xQsii  üfjokiA  oJiiu'/.oyijDij(raV 
6s  7«?  -irhiS  vai«;    [/.al  urnrij^owa]    loia   Tukuvra 
ii)':öov  Toti  (tijvui'  y.OA  Toii;  ukkuic,  uoi/i  -nktluii  viieq 
r,oav    TUVTOii    Tuv  d(ji!.t/ioi> ,    y.uru,  ruv  aixitv  kdyuv 
TOinov    iöldoTU    —    sind   von   Hrn.   G.   ganz   richtig   er- 
klärt,  und   es   ist  bei   den   säinmtlichen   deutschen  Heraus- 
gebern   auch    keine    Frage    mehr,    dass    das  sinnstörende 
y.t'J    :i  trTijy.urra    als    aus    Caji.    'Jli.     ungeschickterweise 
liereingetragen    gänzlich   aus   dem    Texte    entfernt    werden 
müsse.     Die   ganze   Flotte    nämlich   «ird   in   Abtheilungen 
zu    je    fünf   Schid'en    i-ingetheilt.      Anstatt   der  anfänglich 
hewilligten   ilrei    Oboleii   erhält   ein   jeder   3Iann   auf  einer 
solchen  Abtlieilnng   zu   fünfSchiiren    etnas   ü'icr  drei  übo- 
leii   täglich;    denn    Tissaphernes   zahlte   für  je   Schule    nun 
monatlich    au     Löhnung    ilrei    Talente.      Zu    drei   Oboien 
täglich   hätte   der  Sold   monatlich   (ür   fünf  Schilfe   nur  2'/» 
Talent   betragen:   .i   Talente   aber   geben   3Ys    Ol'olen   täg- 
lich  auf  den   Kopf,    11t. tuv   »;    vuti^   UijUkoi.      Wir  erlau- 
ben   lins    hier     nur    noch    ein   ganz   niimassgebliches    Wort 
über     eine     hainlschriftliche    Bemerkung    des    Hrn.    Prof. 
Hermann  bei  Poppo  (Comnieiit.  T.  4,   p-  (i/"-),  '^("^  Inhalts, 
dass,    ivei!    ein    Obolos    nicht    in    '/^   Iheilbar  sei,    nuud 
■jrivie  vaix  so  viel  bedeute,  als  in   (juintam   qiiavujue  ?ia- 
Vem,  so  also,    dass   von   den   zu   einer   Abtheilniig   gehöri- 
gen    fünf    Schiiren    jedesmal    eins    nach     dem    andern   den 
ganzen  täglichen  Ueberschuss  erhalten  habe,    nämlich,   das 
Schill  zu  2UU  fllaiin   gerechnet,  tausendmal  ^/^  Oboien  z^ 
filll)   Oboien.       Allein    das  scheint   uns   ilocIi  nicht   eigent- 
lich  in   den   Worten   des  Thurvdidcs   zu  liegen.      Nehmen 
wir    auch    ttc'.ou    ■ttIvtE    vai%    für    in   quintam   quamque 
ninem,  so   dürfte   zunächst  daraus   wohl   nur  die  Eiiithei- 
luiig  der  Flotte   in  Abtheilungen  zu  je  fünf  Schiffen ,   nicht 
soivohl  auch  für  die   I>lodalität  der   \'ertheilung  der  Lüh- 
niiiig    etwas    zu   folgern  sein.      Ferner  jene   3]odalität  zu- 
gegeben,   so    würile    rrkiov    ärbüi   ij   TOtii   nfiokoi  selir 
seltsam   gesagt  sein,   da  ja  dann  die  Löhnung  für  das  fünfte 
Schilf  jedesmal   H   Oboien  ,   also    gerade   ilas    Doppelte,   für 
den    Pilami     täglich     betragen    haben    würde,     »ährenil    der 
Ausdruck    für   eine   .Summe    von   3V5    Oboien   sehr   passend 
ist.      Uel.er    die    Richtigkeit    des    von     der    Lntheilbarkeit 
des   Obolos   in    Fünflheilc    hergenommenen  Grundes   wür<le 
sich     entscheiden    lassen,     wenn     wir    über     die     Art     der 
Auszahlung    der    Löhnung    überhaupt    unterrichtet   wären. 
Allein    wir    sind    ilarüber    ganz   im   Dunkeln,     ob   dieselbe 
täglich   oder   monatlich,    oder   in    anderen    Terminen,   etua 
nach   den    Dekaden    des   IMonats   erfolgte.      In    den     beiden 
letzteren   Fällen    «ürile   der   Bruch    '/^    gar    keine   Schwie- 
rigkeit   machen;     auf    den     Tag    3'/^     Oboien    gerechnet, 
ȟrde   der  IMann    monatlich    10(S  Oboien  ,   in  jeder  Dekade 
3i    Oboien     erhalten    haben.       Bei    täglicher     Auszahlung 
aber    hätte   der  unzahlbare  Bruch  natürlich   so  lange  stehen 
bleiben   müssen,    bis   er   nieder   zu    einem    zahlbaren  Gan- 
zen    wurde;    so    konnte    z.    B.     bei     3^/.    Oboien   täglicher 
Löhnung    aller     fünf  Tage   einmal   (i   Oboien   gezahlt   wer- 
den.     Oder    es    konnte  auch   dieser   lieberschiiss  im   Gan- 
zen   als    Caution     in    den   Händen    des   Zahlenden    zurück- 
bleiben,   wie   es    «enigstens   nach    Cap.    J.j.   (s.   unsere    An- 
merkung  *ii     dieser    Stelle)     bei   den   Athenern   Sitte   nar. 
Es   ist  jedo<h   gar  nicht  einmal   nöthig,    zu   diesen  Hypo- 
thesen seine  Zuflucht  zu  nehmen.     Nach  Böckh's  Auscin- 


903 


904 


andf  rsotzniijpn  darf  iiinn  aiiiirlnnon ,  tlnss  ille  Angaben 
«ler  <,'ii,'liclii'ii  Liilinuiiff  mir  dun  liscliiiiuliilio  siml ,  <lass 
«lic  Kostoii  für  ilie  lIii(crliaHiiiig  ilcr  iMamisrliaft  oiues 
Schiflps  (las  Zuolliuiulortfarlio  der  ciiifacluMi  (diircliscliiiitf- 
liiheii)  Liiliiiuii;j  iietru^'di  ,  «/ilircnd  in  der  'Wirklif  likcit 
jo  nach  der  vprscliicdciicii  liald  liidiRrcn  bald  nicdpren 
Stellung  der  Eine  nielir,  der  Andere  iveniger  erhielt. 
Sonach  konnte  {re«iss  auch  jener  Bruch  von  ^/^  Obolon 
der  rinfai  hon  (dinclisclinitdichen)  Lülinnnj  unter  die  ver- 
scliiodiMuMi  l{csolihingsj;rade  irijcndivie  derniassen  repar- 
lirt  »erden,  das.*  selbst  tätliche  baare  Auszaliliing^  mög- 
lich Murile.  —  AVenn  übrigens  Tissaphernes  die  Schiffe 
zu  je  fünf  abtheilt,  so  ist  das  nicht  ii  illkiirlicli  oder 
zufallif.  Die  Zaiil  Fünf  «ar  jierade  ilie,  aufweiche 
sich  der  niedrigste  Satz  des  Soldes  in  ganzen  Zahlen 
reduriren  Hess.  Oiler  etwa  ivcil  die  Dcniannung  von  fünf 
Schulen   gerade   1000  Manu  betrug? 

Cap.  XXX.  Tov  b'  aviov  yiii\^i(nvoz^  rol^  £v  rfj 
Sdfio»  '-19i]vaioi<;  Ttooiacpr/utvai  ydo  r,aav  y.ai  o'i- 
y.o9£v  uklai  — ,  xal  rd;  ärro  Xioo  -Kdaaq,  xcti  t«; 
aXka-;  (besser  mit  dem  Cod.  Vatic.   y.ai   za.Q  äXkcii  ■Jia- 

llr.  G.  hisst  hier  TOii  '-/d;;vaiou  von  TTQO^arfiyf.iE- 
t;(/.L  abhängen  und  erkl.'lrt  den  ganzen  Satz  so,  dass 
Thucvdides  den  mit  yuo  beginnenden  Causalsatz  dem, 
für  «eichen  derselbe  den  Grund  enthalte,  vorausstcUe 
und  gleich  mit  ihm  das  Ilauptsubject  (ro/V  \Ji}ijvalot(;) 
verbinde,  wie  I,  72.  zu  Anfang,  an  welcher  Stelle  der 
Herausgeber  sich  ausfülirlicher  über  diese  Erscheinung 
verbreitet.  Dennoch  scheint  es  uns  rathsanier,  mit  Poppo 
und  Anderen  die  vorliegende  Stelle  anakuluthisch  zu  neli- 
nien.  Th.  beginnt  den  Satz  mit  TOU  'A^livaioiq ,  was 
er  wahrscheinlich  durch  ein  folgendes  töüiliv  vervoll- 
standigen  wollte;  allein  nach  cingesch.Tbener  Parenthese 
(n oo ^('.(^ lyuäiai  —  jL^v/.riyiiO)',)  beginnt  er  des  Anfangs 
uneingcdenk  auf's  >'cuc  mit  ißovKovTO. 

Ibid.  ^Tooit/jixidijc  fihv  yaQ  Y.ai  'Ovoj-iu/Mr-c,  y.ai 
Evy.Tijfiu)v  Tocdy.ovTU  vaCg  i/owsi  y.ai  tviv  ii  Ml- 
Ktjxov  El.dövTvtv  xüüujv  UTikniov  ftegoq  dyayuvTeg 
ev  vava'iv  ü:i).iTayv)yoti  ^'^''  Xiov  'Ka.y^uvT£c.  hikcov 
Kicht  ohne  Grund  nimmt  man  an  dem  uyuynvTli 
Anstoss;  Hr.  G.  wiederholt  bloss  Poppo's  Anmerkung ,  so 
dass  er  sich  der  in  derselben  vorgetragenen  Ansicht  an- 
zusclilicssen  scheint,  welche  darin  besteht,  dass  o.ya- 
yorre^  ab  inlerpretibus  nddiliim  sei.  Hoch  sieht  das 
Wort,  namentlich  in  solcher  Fassung,  und  bei  so  cri- 
dentem  Zusammenhange,  wenn  es  sich  im  Originale  nicht 
vorfanil,  einem  (jlossem  gar  wenig  ,'1111111011.  Aiu  h  das 
widersinnige  uTi of.iriovTig  va.vatv  des  cod.  l"a(ic.  dürfte 
nicht  sranz  entscheidend  sein  ,  noch  weniger  der  Luistand, 
dass  \'alla  das  Wort  unübcrsetzt  liess.  Passender  ist 
Krüger's  '/.yoirt;,  wiewohl  nicht  erschöpfend.  Am  lieb- 
sten möihtcn  wir  c/.v/.yovc!:-  schreiben,  was  der  Cod. 
Paris.  G.,  freilich  erst  von  zweiter  Hand,  darbietet,  wäh- 
rend die  erste  Hand  dvayuvrvjv  schrieb.  Den  Gegen- 
satz bildet  das  von  eben  diesen  Hopiiten  Cap.  2Ö.  gesagte 
zarfn-/.£tci£a-  €Z  Editor. 


Cup.  XXXI.  ty.i}.ei'£}'  aituiv  xovi  tu  \i9rjvalwv 
(foovüi'VTac  dror/.iCea^ai  ig  tov  ^acfvoivza  y.ai 
n'go;yujQttv  acfiai. 

Krüger  zum  Dionvs.  p.  341.  verwirft  Schneider'«  Er- 
klärung lies  uvut/.i<^ecrda.i ,  ex  insiila  recedere  in  conti- 
7te>Ucm  intcriorem  ,  und  behauptet  vielmehr,  es  bedeute 
»72  locuin  editiotein  haditalum  ire ,  woraus  nun  die  Lage 
von  Daplinus  erhelle.  Den  Beiveis  aber  ist  Krüger  schul- 
dig geblieben;  wenigstens  hat  dror/.idadai  an  den  bei- 
den von  ihm  angeführten  Stellen  des  Thuc.  ß.  \.  cap.  7. 
und  58.  entschieden  die  von  Schneider  angegebene  Be- 
deutung, und  dass  es  dieselbe  auch  hier  habe,  kann  bei 
dem  HJangel  an  sonstigen  Nachrichten  über  die  Lage  des 
Ortes  zum  mindesten  nicht  widerlegt  werden.  AVir  kön- 
nen es  daher  nicht  ganz  gutheissen,  dass  auch  Hr.  G. 
sich  der  Krüger'schen  Ansicht  anschliesst.  Noch  gewagter 
aber  scheint  uns  die  Verniuthung  des  Herausgebers,  dass 
im  Folgenden  ai'TOVc.  vor  71  i}0^](v)OCh'  ausgefallen  sei. 
Hier  ist  es  wohl  rathsainer,  mit  Krüger  aus  dem  ganzen 
Zusammenhange  Tuvg  ('.f.kovg  zu  snppliren  und  den  Satz 
so  zu  fassen:  iy.ikevev  avrovq  Tuh>  zu  '.Idijvuiuiv 
(foovoi'Vtuiv  dvor/.ta9tvTüjv ,  oder  tüi'<;  tu  '.Idrvuivjv 
(foovovvTa.g  iy.ßaküvTai,  ^oo;/wpfn'  ocfioi. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

I'o^s^laln,  Am  17.  Angust  feicite  das  biesigc  Gymnasium 
sein  blinder tjaliiigcs  Jiiijil:uim  durch  einen  Piccle  -  Actus ,  wozu 
der  Dirccloi-  und  das  Lclircr- Collcgiiun  durcb  ein  Piograimii 
eingci.idcn  hatten.  Nach  einem  von  dum  Saiinercbor  des  Gjiii- 
iinsiunis  vorgetragenen  Gesäuge  traten  als  Kcdncr  auf:  Der 
Direclor  Dr.  Rigler  —  de  muneris,  quo  docimes  et  magistvi 
fiiiiptnluv ,  ^lat'itale  et  pracslantia  —  und  die  Professoren 
Scliniidt  uiul  llelinboltz,  Erslercr:  üher  das  Uiitciricbls- 
wcscn  iin  Preussisclicu  Staale  unter  dem  Erlauclilcn  Hause  der 
llobcnzollern ,  und  Letzterer:  über  die  gcscliicblllclic  Aufgabe 
des  nächsten  J.ibiliiMulerls.  Dann  wurde  vor  der  zalihcicbrn 
Versiiiiiiiliins  dem  Obcrlilircr  INlcyer  seine  Ernennung  zum 
König!,  Professor  durch  den  Director  iibcircicbf,  und  diese 
Feier  iiiiL  Gesang  und  Orcbestcrniusik  beschlossen.  —  Hierauf 
folgte  im  I.ocal  der  Loge  Tcutonia  ein  Festmahl ,  wozu  das 
Lelirer- Collcgium  anfgetorderh  lialle.  Zabhcich  waren  auch 
hierzu  die  Freunde  und  Gönner  des  Gymnasiums  aus  den  ver- 
scliiedcuen  Stauden  erscliionen,  und  so  wuidc  dieser  Tbtil  des 
feslliclieu  und  für  die  Stadt  Potsdam,  besonders  für  das  Gym- 
nasium selbst,  wichtigen  Tages  in  liciterer  und  geraütliliclier 
Stimmung  vollbracbt.  —  D,is  Programm  cntbidt  t)  einige  Ge- 
ilanl<eii  iilier  Gymnasial-  und  Realliildung,  von  dem  Direcloi- 
Dr.  liigler,  uiid  2)  die  Gcscbiclile  des  Gymnasiums,  von  dem 
Professor  Schmidt,  und  ist  in  allen  hiesigen  Ducbliandlungcn 
zu  'laben. 

Ilade  rslcbeu.  Der  seitherige  Hülfslehrcc  an  der  Rcnds- 
hurger  Gclebrienscbnic  Dr.  Lang  heim  ist  zum  Collal-.orator 
uuicrcr  Gelehrtcuschule  befördert. 

Husum.  Der  bisherige  Collal)nrator  Dr.  Schott  in  Al- 
lona  ist  zum  Comcctor  der  hiesigen  Gelchi-tcuscliule  ernannt. 

Glückstadt.       Der    Collaborator     Petersen     ist    von 

Mcldorf  all  die  hiesige  CcIclHtcnscliulc  als  Subrcctor  versetzt. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Sonntag  j    22.  September 


18  39. 


Nr,  114. 


Thncydidis    de    Lcllo     Peloponnesiaco    libri    ocfo.     Ed. 
Franciscus    Goeller. 

(BescJil  iiss.) 

Cap.  XXXIII.  y.dy.£Tvoi  kaßojv  t«;  ts  riuv 
KoQiv9iu)v  -TTEvrs  y.al  sy.rijv  Meyugida^  xai  j-iiav 
'Eofjtoiiöa  xai  dg  avTog  Aav.ujviy.u.i  ifkQev  ixiov 
£7rkct  u.  S.   »V. 

Nach  Krügcr's  Meinung  p.-298,  dem  Hr.  G.  beizu- 
stimmen scheint,  uäre  Ta.;  tujv  Koo(r9iu)V  TCSwe  so 
Fiel  als  TUi  tÜ)v  Ruotv&iojv,  irevrE  OVOUQ,  indem  aus 
Cap.  3'-.  «olil  die  Anwesenheit  korintliischcr  Scliiffe  er- 
helle, niclit  aber  auch  die  Zahl  derselben.  Besser  ohne 
Zueifel  versteht  Arnold  unter  diesen  fiinl  korinthischen 
Scliiflen  nebst  dem  Sle^arischen  sechsten  dieselben,  von 
denen  es  Cap.  2>i.  heisst:  y.al  a;io  ruiv  iv  Key/osid 
^Li[ifi.aX'Siuii  Tlit.OjTOvvijaiujv  vscjv  dcfiy.vovvro.c,  (ti- 
TOtq  i^  lisra  Tai'TU  e^  Tr;v  Xiov.  Dass  auch  an  vor- 
liegender Stelle  von  einer  bestimmten  und  bereits  be- 
kannten Zahl  von  SchilFcn  die  Rcile  sei,  ergibt  sich  schon 
aus  dem  hxTijv  —  y.c'.t  lu'c.v ,  nicht  tßdu^ljv;  dieses 
eiue  aus  Ilerniione  war  also  spater  hinzugekommen,  wahr- 
scheinlich um  die  Zeit,  «o  Astyochus  von  Phokäa  und 
Kvme  nach  Chios  zurückkehrte  ;  denn  noch  Cap.  31. 
heisst  es  bei  dessen  Abfahrt  von  Chios  /U'.^ujv  de  VCiVi 
vag  TL'  llckoTTUrvi^aiojv  dny.c.,  nämlich  die  sechs  aus 
Cap.  '.?3.  und  die  vier,  mit  welchen  derselbe  aus  Keu- 
chrcac  gekommen  war  (Cap.  23.  zu  Anfang),  war  eben 
die,  «5  avTog  Aay.viviy.uc  )jk9ev  tjutv.  Jetzt  aber, 
bei  des  Astyochus  Abfahrt  nach  Milet,  sind  der  Schiffe  elf. 

Jbid.  ÜTisnkivaav ,  6  luv  ig  tyiv  Xiov,  6  8e  eg 
■Tijv  Miki^TOv  iy.ui.iia^ij. 

Hier  hatte  neben  der  Verdächtigung  des  ey.0liia9l^ 
durch  Krüger,  wofür  die  Auslassung  bei  Valla  keinen 
hinreichenden  Grund  gibt,  jedenfalls  die  Lesart  des  cod. 
Paris.  J.  yai  6  fltv,  welche  wir  mit  Didot  für  die 
richtige   halten,   Erwähnung  verdient. 

Cap.  XXXIV.  £VT£t'i>ev  d'  i'axEQOv  sg  tijv  Asaßov 
xadogiiiodiisvof  'jzagEayivuCovTO  eg  xov  TSiiiOftöv. 
Tuv  iri^Kyiiöv  wird  mit  Arnold  richtig  auf  die  Cap. 
38.  erwähnte  Befestigung  von  Delphinion  auf  Chios  be- 
zogen. Poppo's  Einwurf,  at  si  id  voluit  Thucydides,  addi- 
tum  cupimus  rijc  Äioi>  vet  roii  Att.(ptvtoi<,  (tut  articulus 
omittendus  est,  ist  allzu  scrupulos.  Denn  welcher  andere 
TElXlQßog    soll    denn    verstanden    werden?     Foppo   bleibt 


darauf  die  Antwort  schuldig.  Aber  der  Leser  weiss  doch, 
dass  der  Zug  der  Athener  nach  Chios  ging  und  für  den 
Augenblick  nur  durch  den  eingetretenen  Sturm  unter- 
brochen wurde.  Zudem  ist  das  3S.  Cap.  nur  in  der  Form 
vom  34.  getrennt,  indem  Thucydides  bei  seiner  synchro- 
nistischen Darstellungsweise  hier  abbricht,  nm  das  gleich- 
zeitig an  andern  Punkten  Geschehene  nachzuholen;  in 
Wirklichkeit  aber  schlicsst  sich  das  Erstcre  an  das  Letz- 
tere unmittelbar  an,  so  dass  der  Artikel  tuv,  wie  so 
häufig,  durch  das  Nachfolgende  erst  seine  rechte  Bedeu- 
tung erhalt. 

Ca/).  XXXV.  kaiißdvovn  -rä?  iirl  Tg/onin)  cpoou- 
govoug  i'^  vai'g.  Gewiss  ist  hier  nach  dem  Cod.  Vatic. 
mit  Becker   und   Arnold   eitijip    TgioTT/o)    zu   schreiben. 

Uid.  TT]  ö'  i'xjTigaJa  avSig  noogtßukkov,  y.al  vig 
—  oi'yJy  öfKHOjg  'ißk'aiTXuv,  änsk^oweg^  y.al  8yu)- 
aavTe-  Tr,v '  Tuiv  Kvtdiu)v  ynv  eg  rijv  ^dfiov  dne- 
rj/.Euaav. 

Die  Anmerkung  des  Hrn.  G. ,  welcher  die  Schiass- 
worte dTtekl^uvTeg  —  aTreft'Kfvaav  so  übersetzt  wissen 
will:  sie  fuhren  ab,  nachdem  sie  das  Land  der  Knidier 
verwüstet,  wobei  ytu  entbehrlich  sein  soll,  ist  nicht  ganz 
klar.  Richtig  erklärt  Poppo  dnek^övreg,  quum  ab  urbe 
Cnido  discessissent.  , 

Cap.  XXXIX.  nkeiioavieq  y.al  nkeUu  tuv  nkoiiv 
8id  cpvkaxijg  Tion^ad/ievot.    ^  , 

Der  Scholiast  erklart  8iri  (pvkay.r;g  durch  VTTEfj 
da-cpukelag  und  ebenso  nächst  Portus  {ut  tutius  iter 
facerent^  u.  A.  auch  Hr.  G. ,  welcher  sich  wenigstens 
mit  Anführung  des  Scholion  begnügt.  Und  allerdings 
scheint  der  Zusammenhang  diesen  Sinn  zu  erheischen; 
denn  bei  der  grösseren  Ausdehnung  der  Fahrt  hatten  ja 
die  Laredämnnier  keine  andere  Absicht,  als  die,  die  ge- 
fahrlichen Punkte  zu  vermeiden  und  mit  grosserer  Sicher- 
heit nach  Asien  zu  gelangen.  Allein  dann  hätte  es, 
wenn  überhaupt  Thuc.  sich  des  AVortes  qvkaxij  in  die- 
sem Sinne  bediente,  vielmehr  ö/a  (fvka/.ljv ,^  wie  auch 
Reiske  schreiben  wollte,  hcissen  müssen;  8tu  (fvkayrji 
hingegen  kann  nichts  Anderes  sein,  als  adhibita  cau- 
tione,  wie  es  Poppo  erklärt.  Drängt  sich  nun  auch  da- 
bei der  Einwurf  auf,  dass  die  Lacedämonier ,  je  weiter 
sie  sich  v.n  den  gefährlichen  Punkten  entfernten,  auch 
um  so  weniger  ängstlich  und  vorsichtig  gewesen  sein 
werden,  so  ist  doch  auf  der  andern  Seite  zu  bedenken, 
dass  dieselben  znr  See  niemals  Helden  gewesen  sind , 
dass  ihre  Schifffahrt,    wie    die    fast   aller  Griechen,    nur 


907 


908 


Küsteufahrt  «ar,  liier  also  ihre  AengsUiclikcit  und  ^'or- 
sicht  nicht  sowohl  ilen  vom  Feinilc,  als  ilcsi  von  einer 
weiteren  Fahrt  in  entlegenere  Gegenden  drohenden  Ge- 
fahren gegolten   haben   mag.  ^       ^ 

Cnp.  XLH'.  Ol  dt  '.IdrjvaioL  —  to  fxsy  naga- 
XQfjfia  dn:t:i/.iraav  i;  Xdky.ijv,  evrevOev  d'  st;  ^ä- 
ftov,  l'oTfQov  Ö£  £X  Ti]i  Xak-/.ri<;  xul  ix  xr-q  Kui  y.ai 
ey.    Ti'i  ^atiov    Tovq    tTrijikovc,    iioiov^evoi    eui    Tny 

'Puduv   ITIo't.EllOVV. 

Rriiger  p.  34 1  schlug  vor,  iv.  ttc,  ^i'lü]i  für  i'z  Tf,(; 
^äuor  zu  schreihen,  was  jetzt  Didot  auch  auf  das  vor- 
«rchende  ^äuov  ausdehnt,  welches  er  in  ^Vfiijv  verwan- 
delt wissen  will.  Und  in  der  That  scheint  £y.  ir,c  Säuov, 
uufeachtet  diese  Insel  für  einen  Angrill  auf  Rhodos 
scheinliar  zu  entlegen  ist,  docli  unantastbar ,  solange  man 
f.- 2\//<or  stehen  lasst.  Vielleicht  liegt  derFeli-ler  einzig  und 
allein' in  £;  ^äiiov,  wofür  es  doch  wohl  eigentlirli  Vi  zijv 
Eiutor  hatte  lieissen  müssen.  Wir  vermuthen  ,  dass  hier 
!:g  ^lul-y  zu  schreiben,  ez  Ti]<;  Hd/iov  aber  iiiiange- 
focliteu  zu  lassen  ist.  Nachdem  die  Athener  mit  ihrem 
Anschlag  auf  Rhodos  zu  spät  gekommen  waren,  segelten 
sie  nach  Chalke  ,  von  da  nach  dem  benachbarten  Svme, 
später  aber  (<lieses  laitoov  deutet  eine  Aendeiung  Jes 
anfänglichen  Operationsplanes  an,  oder  eigentlich  erst 
die  Regiilirung  desselben)  machten  sie  ihre  Angrille  so- 
wohl von  Clialkc  aus,  als  auch  von  dem  weiter  entlege- 
nen Kos  und  dem  noch  weiter  entfernten  Samos.  Sanuis 
war  die  Hauptstation  ,  von  hier  aus  als  dem  Mittelpunkte 
aller  Bewegungen  konnten  die  Athener  wohl  eni'^koi)^ 
■JtOteto^at  tTTt  TijV  Püdov,  wiewohl  dabei  mehr  ^b 
eine  Leitung  des  Angriffs,  als  an  ein  directes  Angreifen 
zu   denken  sein   wird. 

Cap.  XLV.  —  ri]v  te  ^ladoCfooav  ^vverffiEv, 
fJ.VTi  doaxfiiji  'JrTiyj-q  wo-us  TQiuißokov  v.ai  toPto 
fi)}  tvvEX'^'i  öiÖDO^ai,  ksyEiv  xEksvojv  rbv  Tioaa- 
(fEovijv  rroui  avTOi'i,  v'ii  '.l9i]vaioi  Ey.  nkEiovoq  xqo- 
vov  ETriaTi'uovEi;  ovtec  tov  vavTiy.oi'  TQiuißokov  Toig 
iuL'Tojv  öidoaatv ,  ov  tooovcov  -tüevUc  örrov  'iva  av- 
rojv  /ir,  Ol  .vavTut ,  i'z  nEQtovaiaq  vßolCovrEi,  oi 
fxEv  TU  crvuicfra  %EiQui  i;fW(7z,  dauuviovTEi;  i\;  rot- 
avTa  r/.(p'  mv  i)  rkniiEvEia  ti'l/ßulvEi ,  oi  de  rag  vavq 
ärrokeiTüjaiv  [»('/]  vir okiTt o  v  t E q  Eg  öiniQeiav 
rov  Troo:orfEi)  öiifvoD  iiin^ov. 

Wir  haben  die  g.inzc  Stelle  hergesetzt,  weil  sie  im 
Zusammenhange  betrachtet  werden  niuss.  Am  Schlüsse 
i«t  die  ^'ulg.  oi  di  Taq  rui'c  aTokiTTuvrei  ig  oii.  r. 
rro.  ij.  Dafür  pibt  Bekkcr  aus  dem  Vatic. ,  mit  welchem 
Valla  übereinstimmt,  oi  liE  Titq  vcrc  U7l  okEi'Trmoiv  ov% 
i'7iukil.tnrti  u.  s.  w.  Lngd.  rl.Txo)  n':i(i)'>l  in;  i'rro't.l- 
rrörTEC,  die  beiden  ersten  Worte  jedoch  am  Rande.  It. 
gleichfalls  am  Rande  uTTokEiTlojcnv  vUoklTruvTEC.  Ven. 
a  pr.  m.  ano/.EirrojrJiv,  (■7ro}.EiTT0VTEq.  Die  Richtigkeit 
des  älo/.ci:iojrrn>  i tto/.i^ÜvtE.;  scheint  jetzt  unter  den 
Ileransgebern  festzustehen  ,  nicht  so  auch  die  der  Part. 
Ol/,  welche  Hr.  (i.  in  Klammern  setzt  und  ganz  zu 
streichen  geneigt  ist,  indem  er  dann  ilen  Worten  folgen- 
den Sinn  unterlegt:  ret  disaipata  per  luxuriinn  mercede 
morliD»  contrnliant ,  vel  ne^li^unt  munia  in  n/ivifjiis  oke- 
unda .  ritleoque  naven  ipnas  deHenitil,  permitlenti/jus  id 
trierarcltia ,    ut    ijui   debitum    udituc    Stipendium,    ctiamsi 


signfi  deserunt ,  pignori  esse  existiment.  Allein  auf  diese 
AVeise  steht  der  7ruoiO(fEik6fifvoi  ftia^oq  mit  dem  Vor- 
hergehenden in  keinem  rechten  Zusammenhange,  und  die 
Bedeutung  des  dnokEiTlElv  rac  vavq  als  „auf  Urlaub 
gehen"  (nicht,  wie  sonst,  von  Autoniolie,  Desertion) 
scheint  mit  der  angeblichen  Nachsicht  der  Trierarchen 
in  ziemlich  gezwungene  Verbindung  gebracht.  In  diesem 
Falle  wür<le  olfenbar  die  ganze  Maassregel,  die  Herab- 
setzung der  Löhnung,  ein  IMitlel  sein,  welches  zu  seinem 
Zwecke  nicht  im  richtigen  ^'erhaltniss  stand.  Wollte 
man  diese  Art  des  dn oKftTTfiv  verhüten,  so  brauchte 
man  nur  den  Trierarchen  ein  für  allemal  die  Bew  illigung 
von  Urlaulisgesnchen  zu  untersagen,  ohne  desshalb  dem 
SchilFsvolk  seinen  ^"^erdienst  zu  verkümmern.  Wir  w)lien 
dagegen  versuchen,  einen  anderen  Ziisaninienhang  der 
ganzen  Stelle  nachzuweisen.  AIcibiailes  gibt  dem  Tissa- 
phernes  den  Rath ,  ilie  Löhnung  für  das  SchifTsvolk  auf 
drei  ()l)ülcn  herabzusetzen  und  auch  diese  ftij  i^vvEXvjQ 
zu  geben  ,  zugleich  auch  sich  bei  liieser  Maassregel  auf 
die  Athener  zu  berufen,  welche  gleichfalls  ihren  Leuten 
nur  drei  Obolen  gäben.  Aicht  allzu  kühn  ist  es  nun 
wohl,  anzunehmen,  dass ,  wie  das  TOluifiot  ov ,  so  auch 
das  obige  (.dj  ti'!'£/WL:  diöoaSai,  obgleich  diess  Thucy- 
dides  nicht  ausdrücklich  hinzusetzt  (über  dergleichen  Aus- 
lassungen vergl.  Poppo  zu  Cap.  'J7-)t  niit  von  den  Athe- 
nern gilt:  denn  es  ist  diess  nicht  nur  geschichtlich  er- 
wiesen  (Polyaen.  strat.  3-  9,  51.  J(f}r'<QaT)j(;  i;oi;E  TOV 
-KiaJoTov  (JTQaTEVjtdTOs  iteCov  y.at  vavTiyov ,  yaSf 
EyaoTov  fiijva  vcfaioüjv  to  TETagzov  fiEQoq,  ojanfg 
ivEXUQov  iy.doTov  y.uTEX'ov,  i'va  fjij  klnoiEv  lo  OToa- 
TÜTTlöov),  sondern  es  erhält  nun  auch  erst  der  noog- 
0(ftlt  iiiiEvoc  jitaitog,  ja,  der  ganze  Satz  unil  selbst  des- 
sen Gliederung  im  Einzelnen  ihre  wahre  Bedeutung,  ^'on 
den  beiden  im  Sinne  der  Athener  angeführten  Gründen 
n/imlich  {'iva  jt!;  oi  vavrat  oi  UEV  —  ixiuai,  oi  öe  — 
d.noKtlnuiOiv)  bezieht  sich  der  erste  auf  das  T(>/ojßokov 
öihfxritat ,  der  andere  auf  das  y.(U  toi  TO  jiij  i:i>rE](U}i; 
di8orrt}<(i.  Durch  das  Ersterc  wollte  man  verhüten,  dass 
das  Schirtsvolk  ausschweife  und  verweichliche,  durch  das 
Andere,  dass  es  nicht  desertire.  Lfisst  man  nun  hier 
die  Kegation  vor  inoklTiuVTE;  weg,  so  entsteht  gerade 
der  entgegengesetzte  Sinn  von  dem,  welchen  möglicher- 
weise Thucvdidfs  ausdrücken  wollte.  Od'enbar  hat  man 
in  Bezug  auf  die  Auszahlung  der  Löhnung  zwei  verschie- 
dene Zustande  sich  vorzustellen,  i\eu  einen,  wo  ilieselbe 
ganz,  den  andern,  wo  sie  nicht  ganz  gezahlt,  sondern 
ein  Theil  davon  zurückbehalten  wird  als  Caution  für  den 
Zahlenden.  Man  denke  sich  nun  diese  beiden  Zustande 
als  historisch,  wie  es  auch  vielleicht  wirklich  der  Fall 
war,  aufeinander  folgend.  Vordem  wurde  die  Löhnung 
ganz  ausgezahlt,  eine  Verführung  für  das  Sciiidsvolk,  zu 
desertiren:  t«^  vnvq  du  ikfjrov ,  und  zwar  nicht  viro- 
kriuvTig  i;  öiivotiav  tov  TTfjoiocfi/Kofiivov  fiiai)uv, 
denn  die  Löhnung  wurde  ja  eben  ganz  gezahlt,  und  iNirhts 
davon  als  Pfand  zurückbehalten,  st)iu\ern  oi'x  i'TloklTl ov- 
T(i  u.  8.  w.,  das  ist  so  viel  als  ivrikij  TOV  iitaiiov 
dnokaßoVTEq.  Spater  wurde  diesem  üebelstande  da- 
durch abgeholfen,  dass  ilie  Löhnung  nur  theilweise  ab- 
gezahlt »nrde  und  ein  Theil  als  Pfand  in  den  llandcn 
lies    Zahlenden    blieb;    also     xQHoßot.ov    dlduaOlv    y.ai 


909 

ToiJTO  f^ri  ^vv£X(äc, ,  'Iva  f^i}  o'i  vaij'vat  ra«  vavt;  oiiro- 
XsliriDCTi»,  oi'x  viTo'ktJTovTeq  ez  omjoelav  tov  TtQog- 
OCpetköiilVOV  tiin^üv,  <lamit  nicht  das  Sthiflsfolk  ,  wie 
früher,  nach  erhaheiieni  ganzen  Solde  unil  ohne  einen 
Thcil  desselben  als  Pfand  zur  Schadloshaltnng  für  den 
Zahlenilen  zurückzulassen ,  auf  und  davon  gehe.  Einzig 
ron  Gericht  ist  die  Gegenbemerkung  Pojipo's,  dass  es 
dann  nicht  o('X»  sonclern  |(/»)  ('Tro/v/Toirfi;  heissen  müsse, 
lins  scheint  jedoch  die  Negation  hier  so  unentbehrlich, 
dass  tvir  nicht  anstehen,  das  UTTuXeiilOjai  /nj  des  Cod. 
Lugd.,  wenn  auch  dasselbe  dort  erst  am  Rande  nachge- 
tragen  ist,    als  das   Richtige  zu   empfehlen. 

Wir  schliesseti  mit  einer  Stelle  des  LXIV.  Cap.  a.  E. 
OuKpQOcri'vijv  yag  Aafjoroat  ul  nökeii;  xal  ädeiav 
TUjv  TTQacrcrofterujv  tXuiQl^aav  CTi-  T);j'  avT/xpi'?  hk£v- 
9eQlav,  Tijv  i'-Tiu  Tuiv'.'lbijvaiujv  vnovXov  eii vofxiav 
ov  ■jT^oTifD-nuvTei.    • 

Während  hier  die  meisten  und  besten  Mss.  ai'TOVO- 
lllav  bieten,  schreibt  Hr.  G.  mit  den  übrigen  so  wie 
mit  Dionvsius  von  Ualikarnass  und  dem  Scholiasten,  ev- 
vouiav.  Gleicher  Ansicht  sind  von  den  neuesten  Her- 
ausgebern au(  li  Arnold  und  Didot,  da  ja  die  Athener 
ihren  Verbüiulpfen  nicht  Autonomie,  sondern  Oligarchie 
versprochen  hätten  (c.  48.  <'-'^'  VTueaxijoitai  älj  Offfic, 
6Xiya^](iti.v).  Allein  abgesehen  auch  von  dem  Umwege, 
welchen  man  erst  machen  inuss ,  um  in  ei'VOjxiu  den 
Begriff  von  ükiyno%Ut  zu  finden  (gleichwie  nämlich  äy.o- 
kairia  IMerkmal  der  Demokratie,  so  ist  eii/ouia  Merk- 
mal der  Oligarchie),  so  scheint  eben  dieser  Begriff  hier 
keineswegs  ganz  passend.  Der  Gegensatz  ist  ekil^S^ia, 
diese  aber  kann  unmöglich  als  Demokratie  gefasst  wer- 
den ,  sondern  als  Unabhängigkeit,  als  tlie  Freiheit,  sich 
selbst  zu  regieren,  sich  selbst  nach  Belieben  eine  ^'er- 
fassuiig  zu  geben,  dieselbe  mochte  heissen,  wie  sie  immer 
wollte  (cap.  48.  Ol'  ya(j  ßut'kijoea&at  aitui'^  fitT  6kl- 
yaQX^O-<i  ij  öijliuy.oaziuq  doi'ktvEiv  /^dkkop  ;}  /liI:9' 
öjiotsoov  av  tv/ojoi  toctujv  ekevdeooix;  sivai).  Dieser 
il  Sv^eo'iO.  nun  kann  nicht  wohl  die  tvvottia  als  Oli- 
garchie eufgpgengesetzt  werden.  Ja  noch  mehr,  der  Ge- 
gensatz ist,  wie  Poppo  sehr  richtig  bemerkt,  nicht  ihtt- 
defjiav  —  ivruidav ,  sondern  ri^v  ürir/.of^  iktv9t(j/('.v 
—  triv  iTrui'kur  ei'vutiia.v;  Aobei  üvTiy.oii^  und  tJ.Toc- 
/.üv  ganz  überflüssig  wäre,  wogegen  beides  erst  ganz 
nothwendig  wird,  wenn  man  nviuvuftiuv  schreibt.  Beide 
Theile  boten  Freiheit,  die  Lacedämonier  völlige,  die 
Athener  beschränkte;  die  erstere  zogen  liie  Verbündeten 
vor,  da  die  letztere  verdächtig  uar;  es  kam  ihnen  gar 
iiiciit  darauf  an,  welche  Verfassung  sie  erhielten,  nur 
von  der  Oberbotmässigkeit  der  Athener  wollten  sie  sich 
euiancipiren.  Möglich ,  ilass  die  Athener  zugleicli  den- 
selben Autonomie  verhcissen  hatten;  denn  autonom  konnte 
ein  Staat  unter  jeder  Verfassung  sein;  möglich  aber  auch, 
dass  ilurch  ilieses  ai''Xui-uuio.v  überhaupt  das  Verhältniss 
bezeichnet  werden  soll,  in  welchem  die  Bundesstaaten 
als  Glieder  zu  Athen  als  OLerliaupt  standen.  Nicht  ohne 
Gewicht  ist  es  nun  allerdings ,  dass  fr^oi/iV'.i;  sich  bereits 
bei  Dionysins  findet.  Wir  sind  jedoch  mit  der  Kritik 
dieses  Scliriftstellers  lange  noch  nicht  so  weit,  um  darauf 
«icher  fortbauen  zu  können.  Höchstens  kann  man  sagen, 
lias»    die  Lesart  svvof-iiav    eine  sehr  alte  sei,    und,   um 


910 

consequent  zu  sein,  müssen  wir  hinzufügen,  dass  der 
Text  des  Tiiucydides  schon  sehr  frühzeitig  verderbt  wor- 
den zu  sein  scheint.  In  wie  weit  Dionysins  selbst  daran 
Antheil  liatte ,  lassen  wir  dahingestellt  sein.  —  Noch 
möchten  wir  das  Obige  für  die  Richtigkeit  des  Tr,v  vir 6 
T(ov  'A9i]V(tlv)V  geltend  machen,  wofür  jetzt  Bekker 
und  Arnold  aus  ^"at.  und  K.  ii\v  du  o  r.  './.  schreiben, 
wohl  wegen  des  gleich  vorhergehenden  vijv  d-KU  yiaxe- 
dc'iiiovivjv  ikSi'iUolav,  Allein  beide  Fälle  sind  ver- 
schieden: i;  und  yiaxeSu/lioinujv  iksi'^ioiu  ist  die 
von  den  Lacedämoniern  ausgehende  unbeschränkte  Frei- 
heit, dagegen  >';  i'tu  tojv  '.tihjva.Uiiv  airovo/^iia  die 
von  den  Athenern  zwar  gleichfalls  ausgehende,  zugestan- 
ilene,  jedoch  zugleich  von  ihnen  bevormundete  und  unter 
ihrer  Oberbotinässigkeit  stehende  Autonomie. 
Leipzig.  J.   Weatermann. 


Die  Ui-kiinden  in  Deinosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(  l-'urlsrlz  iing    :ius   INr.    103.) 
VII.     Urkunden    über    den  Frieden    des  Philokrales. 

Die  Verhandlungen  über  den  sogenannten  Frieden  des 
Philokrates,  welcher  dem  heiligen  Kriege  Ol.  lOS.  2. 
ein  Ende  machte,  sind  aus  den  Darstellungen  des  Demo- 
sthenes  und  Aischiiies  in  ihren  Reden  neoi  Tvapa- 
rroeryßeiui  ziemlich  genau  bekannt,  wenn  schon  sich 
die  Angaben  beider  in  manchen  Einzelheiten  geradezu 
widersprechen. 

Die  Athener  hatten  sich  vergeblich  bemüht,  dem  Um- 
sichgreifen des  Philippos,  namentlich  als  er  Olynthos  auf 
das  Härteste  bedrängte,  entgegenzutreten;  der  Fall  dieser 
Stallt  und  die  geringen  Aussichten,  wenn  der  Krieg  gegen 
3]akedouien  fortgesetzt  wuide,  dazu  das  Entgegenkommen 
des  Philippos  und  seine  Ancrbietungen  machten,  dass  des 
Philokrates  Antrag,  Gesandten  ttsqi  t?;c  e/oijvijq  nach 
3Ijkedoiiien  zu  senden,  angenommen  wurde;  dicss  war 
im  Sommer  34",  in  der  ersten  Zeit  des  Jahres  Themi- 
stokles ,  in  welchem  Deinosthenes  in  den  Rath  geloost 
war.  Nachdem  sich  diese  Gesandtschaft  von  Philippos 
Absicht,  Frieden  zu  schlicssen,  überzeugt  hatte  und  nach 
Athen  zurückgekehrt  war,  wurde  in  den  Versammlungen 
am  \a.  und  I  VI.  Elaphebolion  der  Friede  beschlossen  und 
am  'Jf).  desselben  ftlonats  in  die  Hände  der  nach  Athen 
geschickten  Gesandten  des  Philippos  beschworen.  Darauf 
brachte  Deinosthenes  im  Rathe  einen  Bescliluss  durch 
(am  3-  niunvchion  Aischin.  ttiuI  TraoUTto.  ^.  ^10.),  die 
Gesandten  fTli  to('5  üoxoi'i  sollten  so  schnell  als  mög- 
lich abreisen,  um  von  Philippos  den  von  den  Athenern 
schon   beschworenen   Frieden   beschwören   zu   lassen. 

Diess  ist  der  Beschlnss,  den  Demostlienes  §.  29. 
unserer  Rede  vorlesen  lassen  will;  er  hat  ihn  schon  <§.  20. 
bezeichnet  mit  den  Worten  iyu)  fisv  Toivvv  eyoalpa 
[juvkivv)v  ürroTlktiv  rijv  TaxiOTi]V  tolc  n^Hiir/jSig 
i-'t  Tovg  Torroi';,  ev  o iq  av  ovza  (jUkmuov  ■kvv- 
^dviuvrai  y.cu  roi'i  üfjxovq  (xnokaft(j_av£iv.  und 
§.  27.  nktfv  inl  Tovg  totcovi;  sv  oig  av  tj  0iknniog 
yjd  Toixi  o^xoi'Q  Tiiv  TUXiaiip  dlCokufttjcivEiv.  Dass 
das  Beeret,  welches  g.  29-   gelesen  wird,    nicht  das  ge- 


911 


912 


nannfe  ist,  ergilif  sich,  den  Pscndeponymos  bei  Seite  g'e- 
lasspD,  aus  «lern  Datum,  indem  es  statt  im  HlHiiychion 
vom  letzten  Elaiilicbolion  datirt,  aus  dem  SeSuxi^ai  TJ 
ßor).?J  y.ui  rrj  dr.in),  statt  dass  es  ein  blosser  Senats- 
besrhiuss  sein  niüssle,  aus  der  Zahl  iMid  den  Namen  der 
fünf  Gesandten,  die   (feuälilt  wurden   u.   s.   w. 

Diess  ist  von  Uörkh  u.  s.  w.  anerkannt,  nirlit  aber 
damit  die  Unechtheit  der  Urkunde  überhaupt  g-el(end  j;e- 
maclit  worden,  ^"iohnehr  wird  eine  ^'crwerhselunjf  an- 
genommen, der  Gelehrte,  der  die  Urkunden  in  unserer 
Kede  einsrelegt,  lialie  ein  anderes  Decret  von  älinlirhem 
Inhalt  statt  des  passenden  einjjelegt;  es  beziehe  sich 
nämlich  dieser  Antrag;  des  Demosthenes  auf  den  Friedens- 
abschluss  im  .Sommer  o'i'l,  welcher  der  erfolglosen  Be- 
lagerung von  ii^zanz   gefolgt  sei. 

Ist  unser,  in  dem  Früheren  geführter  Beweis,  dass 
dieser  von  Diodoros  angeführte  Friede  niemals  geschlos- 
sen Horden,  befriedigend,  so  füllt  damit  die  scharfsinnige 
Termnthung,  durch  welche  allein  die  vorliegende  Urkunde 
gerettet  werden   kann. 

Aber  nenn  wir  auch  annehmen  wollen,  dass  dieser 
Friede  in  der  Tliat  geschlossen  worden,  so  «erden  wir 
die  Bestimmungen  in  unserer  Urkunde  von  der  Art  fin- 
den, dass  sie  sich  auf  keine  befriedigende  Weise  mit 
den  Umständen  vereiubaren  lassen.  Die  üatirung  lautet: 
aTll  äoyovTOC  Jlvijcr/Cflkuv,  'Ey.uz0f.iljO.ivjv0i  tvTj  z«l 
via,  tfi'H]<  ■JTQVTavavoi'Or^c  nuvdcuvtdoc:  ^i]fiuriiykvij(; 
^ijuoa^evovi;  flctiavievi  iiTiEv.  Wir  müssen  uns  hier 
wieder  in  .Mnesiphilos  den  Schreiber  der  Prjtanie  ge- 
fallen lassen;  es  würde  dann  ein  gar  sonderbarer  Zufall 
uiit  im  Spiele  gewesen  sein,  von  dem  wir  bei  dem  nächst- 
folgenden Decret  zu  sprechen  halien  werden.  Die  Be- 
zeichnung des  letzten  Hekatombaion  könnte  im  Verhält- 
niss  zum  Ende  der  liel.igerung  von  B\zauz  richtig  sein, 
doch  wenn  der  von  Philippos  Äert«/;7/g'/e  Frieilcn  nach- 
her ij  i-Txiytiouxovr^^iiioa  ev  ttj  nouiTTj  s/./.ki^fria 
heisst,  also  zwischen  dem  10.  und  15.  Juli  in  der  Ek- 
klesie  angenomnien  war,  so  muss  Philippos  den  Frie- 
densantrag entweder  sehr  übereilt  gemacht  haben,  oder 
die  Belagerung  von  Byzanz  hatte  wenigstens  schon  im 
31ai  ein  Ende,  was  wieder  mit  den  Verhandlungen  der 
Amphikivonen  nicht  recht  stimmen  würde  Doch  sind 
diese  Gründe  erst  dann  von  überzeugender  Kraft  ,  wenn 
man  sie  mit  Plutarchos  Erzählung  (l'hoc.  c.  14  und  Hj) 
zusammenhält,  auf  ileren  Chronologie  wir  später  zurück- 
kommen  werden. 

Der  Inhalt  unseres  Oecre^es  ist,  dass  am  letzten  Ela- 
phebolion  (und  allerdings  ist  nach  Ulpian  7i  foi  tiju  To/a- 
y.UOri  1  rej;elmässige  Ekklesie  s.  Sclioemaiin  de  coniitiis 
p.  4  {)  das  Volk  beschliesst,  Gesandte  zu  wählen  zum 
.Absrhluss  des  Friedens,  dessen  Annahme  man  wenigstens 
zwanzig  Tage  früher  bestimmt  hat.  Ist  es  denkbar,  dass 
dieser  Besrhluss,  Gesandte  ini  -roij  ooy.ut'Q  zu  uählen, 
nicht  sogleich  bei  der  Epicheirotonic  des  Friedens  mit 
gefasst ,  sondern  zu  demselben  erst  in  einer  so  viel  spä- 
teren Kkklesio  geschritten  wurde  ?  Hat  man  in  Athen 
solche  Eile,  deti  Frieden  zum  Abschluss  zu  bringen  ,  wie 
uns  unser  Decret  will  glaulieu  machen,  wozu  dann  die 
%'erzogerung,dass  erst  drei  Wochen  später  —  nicht  die  Wahl 
vorgenommen,  sonilern  fie  vorzunehmen  bcschloascn  nird? 


Aber  wozu  überhaupt  solche  Eile ,  dass  die  Gesandten 
ia]8efxiav  vTC£QßoKi]v  Jiotov/isvoi  unov  av  üvtu  -hvv- 
ddvujVTai  rov  0lk/7t7rov ,  t;;i;  xaxtönjv  den  Schwur 
geben  und  nclimen  sollen,  einen  Frieden  zu  festigen,  den 
abznschliessen  nur  Philippos  ein  Interesse  haben  konnte? 
Die  Athener  waren  durch  die  Rettung  von  Byzanz  und 
Perinthos  im  entsciiiedensten  Vortheil,  ja,  nach  derselben 
noch  entriss  Phokiou  dem  Feinde  mehrere  Städte  ; 
und  sowie  Philippos  die  Unterhainllungen  in  Ol.  108-  2. 
benutzt  hatte ,  bis  zur  Beschwörung  lies  Frieden«  seine 
günstige  Stellung  und  die  Verluste  des  Feindes  zu  eini- 
gen Occnpationen  zu  benutzen ,  ebenso  hatten  die  Athe- 
ner jetzt  allen  Grund,  mit  dem  Abschluss  des  Friedens 
so  lange  zu  zogern,  bis  sie  möglichst  viel  Vortheil  von 
den  einstneiligcu  Verhältnissen  gezogen.  Sage  man  nicht, 
dass  solche  politischen  JMaassregeln  von  Philippos  Anhän- 
gern behindert  sein  werden,  denn  Demosthenes  ist  es  ja, 
der  diess  Decret  vorschlägt.  Koch  weniger  mache  man 
die  Generosität  der  Athener  oder  gar  des  Demosthenes 
geltend;  man  thut  Beiden  Unrecht,  wenn  man  ihnen  mehr 
Seelenadcl,  als  Klugheit  zutraut.  Am  wenigsten  konnte 
Demosthenes  ilamit  einverstanden  sein,  einen  Krieg,  den 
er  so  eifrig  betrieben,  in  der  Zeit  beendet  Zu  sehen,  wo 
eben  sich  wesentliche  Erfolge  zu  zeigen  begannen.  Wenn 
man  einigerniaassen  die  Begebenheiten  im  Zusammen- 
hange betraclitet,  wird  man  erkennen,  dass,  wenn  ein 
Friede  geschlossen  worden  wäre,  ihn  Philippos  und  nicht 
die  Athener  anzubieten  gehabt  hätten;  wie  hätten  dann 
die  Athener  dazu  kommen  sollen  ,  Gesandte  auszuschicken 
zum  Abschluss  des  Friedens,  den  sie  nicht  erbeten,  son- 
dern  gewährt  hatten. 

Eiitsciieidcnd  ist  endlich  die  Angabe  über  die  Ge, 
sandten.  IIoioljeiQ  rjotüijcrav  Ei'fiovkoq  'JvatpkvaTloi, 
Aiaylv)]/;,  Ko&u}y.ldijg,  Kijqitaocpujv  (v.  1.  K-ri^oicpiöv) 
Pujiiovaiog,  ^ijiwxoaTijg  0ki'eig,  Kktuji/  Äo^w- 
xiölK.  31an  vergegenwärtige  sich  die  Stellung  der  Par- 
teien in  Athen.  Demosthenes  hatte  es  im  Anfang  von 
Ol.  10[).  4.  durchgesetzt,  ilass  der  Kampf  in  Euboia  un- 
ternommen wurde;  lergebens  hatte  sich  Aischiues  bemüht, 
bei  der  Anwesenheit  der  Makedonischen  Gesanilten  im 
nächsten  Winter  des  Philippos  Interessen  zu  wahren  ,  und 
brachte  ihm  auch  sein  Verhältniss  mit  Anaxinos  keinen 
weiteren  praktischen  Nachtlieil ,  so  war  doch  natürlich 
sein  Eiiilliiss  in  demselben  IMaasse  geringer,  als  der  des 
Demosthenes  durch  die  schon  erreichten  Vortheile  in 
Euboia  und  Thessalien,  und  durch  die  Kriegserklärung 
Ol.  110.  1.  überwiegend  geworden  war.  Es  ist  richtig, 
dass  in  eben  diesem  Jahre  Aischines  zum  Pvlagoren  er- 
nannt wurde,  al)er  die  Art,  wie  er  auf  <ler  Frühlings- 
pylaia  (Vi').)  ilas  Interesse  Athens  vertreten,  konnte  ihn 
nicht  zu  einer  Gesandtschaft  empfehlen,  die  ilem  Alake- 
donischeu  König  einen  von  ihm  gewünsc/ilen  Frieden 
überbringen  sollte.  Demosthenes  hatte  etwa  im  I\Iai  die- 
ses Jahres  Beschlüsse  durchgesetzt,  durch  welche  des 
Aischines  Wrfahreii  in  Delphoi  entschieden  gemissbilligt 
wurde;  und  zwei  Monate  darauf  soll  nun  Demosthenes 
für  einen  Frieden,  iler  nichts  weniger,  als  in  seinem 
Sinne  gewesen  wäre,  die  Wahl  von  Gesandten  beantragt 
haben,  und  diese  Wahl  soll  auf  Aischines  gefallen  sein! 
Es  wäre  die    entachicdeusto  Niederlage    für  Demosthenes 


913 


914 


gewesen ,  <ler  eben  damals  den  Dank  des  Volkes  im 
reiclistcu  Maasse  verdiente.  Diese  Griinde  bewegen  mich 
noch  mehr,  als  ein  ansdrückliches  Zeu-jiiiss ,  die  Unmög- 
lichkeit geltend  zu  machen,  dass  in  dieser  Gesandtschaft, 
selbst  wenn  ein  Frieden  geschlossen  worden  »väre,  Ai- 
schines  sich  befunden  habe.  Jenes  ausdrückliche  Zeug- 
niss  aber  ist  in  der  Rede  vnep  RrijO.  JJ.  2S2.  6^  sr- 
^iws"  /'ffü  rh'  linX'i"  ('""  Chaironeia)  7lQ£o߀VTi;g 
STioQCiov  TiQui  f-PihnTCov  ....  y.ai  tuvt  ägvoi- 
uevoc,  näpra  ruv  e fATrpooSev  xqÖvov  ravxijv 
XTiV  Ygelav ,  (ög  ■jrdvTti;  icram ,  eine  Aensserung,  die 
doc|i  Demosthenes  durchaus  nicht  hatte  maclicn  können , 
wenn  ein  Jahr  vor  dieser  Schlacht  Aischines  bei  jenem 
hypothetischen  Friedensabscliluss  Gesandter  gewesen  wäre. 
Man  maciie  ja  nicht  geltend,  dass  ja  hier  Eubulos 
durchaus  rirlitiger  Weise  als  Anaphlvstier  genannt  wird: 
dass  derselbe  in  Folge  eines  Antrages  des  Demosthenes 
gewalilt  sein  sollte,  wäre  fast  nicht  miniler  seltsam,  als 
die  Wahl  des  Aischines ,  da  Demosthenes  sich  gegen 
diesen  Staatsmann  nicht  bloss  in  der  Rede  über  die 
Trnggesandtschaft  und  früheren  Verhandlungen  sehr  stark 
geäussert  hatte,  sondern  namentlich  im  Anfang  eben  die- 
ses Jahres  des  Theophrastos  eine  Veränderung  in  Athens 
Finanzen  beantragte  und  durchsetzte,  die  Eubulos  bis- 
herige  l'^erwaltung  gänzlich   compromittirte. 

Ein  dritter  dieser  Gesandten  ist  Demokrates  der  Phlyer, 
wohl  derselbe,  der  als  zl l] it ov.o dr )j Q  2ivj(fiXov  0kl<ei'i 
in  dem  falschen  Decret  des  Demosthenes  §.  187.  auch 
als  Gesandter  nach  Theben  figurirt?  Allerilings  kenneu 
wir  einen  Demokrates,  von  dem  Aristot.  Rliet.  III.  4. 
den  artigen  (zum  besten  Tlieil  Aristophanischen)  Vergleich 
zwischen  den  Rednern  und  Aminen  erzählt,  die  den  13rei 
verschlucken  und  nur  mit  ihrem  Speichel  die  Kinder  be- 
schmieren.  Die  Anekdoten  bei  Plutarchos  (reip.  gerend. 
praec.  7.)  zeij»en  ,  dass  er  diesen  Zeiten  angehört,  geben 
aber    von    seiner    Persönlichkeit    keinen    grossen    liegrifi", 


zeigen  jedoch ,  dass  er  zu  den  Gegnern  des  Demo- 
sthcnes  gehörte.  Einen  Aphidnäer  Demokrates  finden  wir 
bei  Isaeus  de  Philoct.  her.  JJ.  '22.  erwähnt,  aber  aus  der 
Zeit  der  Thrasybulc.  Ein  anderer  Aphidnäer  Demokra- 
tes spielt  bei  dem  Frieden  von  Ol.  1U8.  2-  eine  Rolle; 
als  der  Schauspieler  Aristoilemos  mit  den  ersten  Frieilcns- 
anträgen  des  Pliilippos  nach  Athen  kam,  ohne  davon 
IMiltlieilung  zu  machen,  trat  Demokrates  in  den  Rath 
und  forderte  denselben  auf,  Aristodemos  zum  Rerichterstal- 
ten  in  ilas  Ratlihaus  zu  laden  (Aischin.  neol  TtaoaTT. 
55.  17.).  Es  ist  diess  gewiss  derselbe  Demokrates ,  gegen 
den  Dionvsios  von  llalikariiass  nuter  Dinarchos  Reden 
eine  von  Jlenesaii  limos  verfasste  vorfand  (jud.  de  Dinarch. 
c.  1!.).  Auch  im  Hause  des  Aixoneers  Lysis ,  des  Pla- 
tonischen, ist  der  Name  Demokrates  zu  finden.  Gern 
gebe  ich  zu,  dass  es  jener  Zeit  noch  manchen  Demo- 
krates gegeben  hat,  aber  ging  ein  Demokrates  als  Ge- 
sandter mit  Eubulos  und  Aischines,  wer  mag  da  zwei- 
feln, dass  es  ein  bekannter  IMann  gewesen  sein  muss, 
und  der  einzig  bekannte  dieses  Namens  aus  dieser  Zeit 
ist  kein  Phlyer,  sondern  ein  Aphidnäer,  und  der  von  uns 
zuerst  genannte,  den  ich  übrigens  mit  dem  Aphidnäer 
für  identisch   halte,  Demosthenes   Gegner. 

Auch  Kep/iisop/ion,  der  Rhamnusier  (denn  die  Lesart 
Ktosiphon  gehört  den  minder  guten  Handschriften  an), 
macht  älinlichc  Bedenken,  wenn  wir  von  der  Ansicht 
ausgehen  dürfen,  dass  zu  dieser  Gesandtschaft  einiger- 
niaassen  distinguirte  Personen  erwählt  wurden.  Ich  über- 
gehe den  Kephisophoii,  Kephaloii's  Sohn  den  Aphidnäer 
(Dem.  xara  Srtffdvuv  I.  j^.  lU.)  und  den  Kephisophon 
vom  Peiraieus,  ilen  Vater  des  Fhorniion  (Dem.  uoug 
jld/QlTov  ^.  14.).  Wenn  in  der  vorausgesetzten  Ge- 
sandtschaft sich  ein  Kephisophon  fand,  so  konnte  es  nur 
der  Paianier  sein,  der  einer  namhaften  Verwandtschaft 
angehörend  *),  in  Athen  damals  eine  Rolle  spielte  (f/j 
xatv    Cfil-ojv    xai    ivulouiv    A^doijrog    um    Ol.    108.   2- 


*)  Die  verwandtschaftlichen  Vei  baltnisse  der  Atlienischen  Familien  zu  verfolsen ,  ist  in  manclier  Hinsicht  Ichi  reich;  die  des 
Kephisophon  scliliosst  siel)  an  die  oben  niilgillieillc  des  Proxinos  an.  Wir  entiiehmen  sie  einerseits  aus  Isaios  Rede  niQt 
Toi^  zlty.atoy^i'ovq  -Aij^ou  gehalten  uin  Ol.  98.,  andererseits  aus  Demosthenes  Reden  gegen  Boiotos.    Zunächst  das  Stemma  ; 


Kleiainntos 
acr  KjdalUcner 

KUon  i  Ol.  8*  3 


Kleomedon    '^^-    Tod 
G.  1.  Kl 
2.  M 


Baihjllo: 


mdros.      Toch.. 

Eryxiiu.aclios.  | 

Kephisophon  *'") 


Tochlcr.        KephisoiloteiTochle 


*)  Dieser  Poljaratos ,  der  Cbolarger,  wird  im  Corp  InsCr.  Nr.  147.  (Ol.  92.  3.)  als  Paredros  der  Ilellenotamias  genannt;  bei 
Isaios  heisst  er  nach  Beckers  Lesart  PoJyarlos,  aber  schon  Reiske  hatte  lichtig  cn.cndut;  und  eben  daraut  beruht  die,  wie 
es  scheint,   vollkommen  sichere  cenealogische  Verbindung,  die  wir  dargeslellt  hallen.  .        .  ,  . 

•*)  Kleomedon,  der  Sohn  des  l.eriihniten  Kleon  (Corp.  Inscr.  213.)  mnss  vor  Ol  99  2.  gestorben  sem  ,  wie  sich  aus  den 
Altersverhaltnisscn  der  in  Demosthenes  Reden  gegen  BoJoloi  genannlen  Personen  ergibt. 
*")  Dieser  Manuas  ist  deisidbe,  der  als  Feldhcir  Ol.  105.  1  in  Makedunien  cominaiidiite  (Diod.  16.  1.  cf  Arguro.  ad  Dem. 
jrpö?  BoMT.  1 0;  ausser  seiner  rechtmassigen  Gemahlin  halle  er  auch  ein  ärgerliches  Verhaltniäs  {■n^Qtiio^loq  ,,  ncfuit:;  iyi'mo 
Dem.  „„05  BotwT.  II.  §.  11.)  mit  der  Piango,  und  diese  t:el,ar  ihm  den  Bo.otos  und  Pamphilos ,  von  denen  e.sterer  sicli 
den  Namen  Mautitheos  beilegte,  und  so  Anlass  zu  jenem  Process  gab,  aus  dem  wir  die  Demostbenische  Rede  übrig  haben. 


915 


916 


Aisrhiii.  TTfoi  iragniT.  g.  73.);  «'^ss  er  Schatzmeister 
der  Ciöftiu  war  und  «Pj^eii  unerlaubten  Ausleihens  hei- 
liger Gehler  von  Eiibulos  verkl.igl  worden,  ergibt  sich 
aus  Dem.  :ifoi  nauarr.  §.  29  3-;  unter  den  von  Hat- 
palos  Bestoclienen  «ird  er  neben  Dcmades  und  Demo- 
sthencs  genannt  (Dinarch.  /.nra  ^Ijtioal}.  §.  4.J.).  Auf 
ihn  bezieht  sich  Dem.  xara  Xtaio.  g.  10,  nährend  in 
unserer  Rede  §.  21.  Eißoi'koc  xai  KnCftciiJKfujv  »vahr- 
»cheiuliih  yal  KtrOKfiov  helssen  muss  nacli  Dem.  TlSQi 
TTuocrr.  ^.  "4.  und  nielireren  andern  Stellen  in  dieser  und  der 
gleichnamigen  Rede  des  Aischines.  Von  einem  Rhaninusier 
Kephisonhon  weiss  ilagegen  Kiemand  etwas;  ausser  dass 
Kr({'oti(fiöy  Krcf/OoCfiijVTOi  'Pautoiaiog  in  der  schon 
rerurlheilten  ypuCft:  des  Aischines  vorkommt,  ein  Umstand, 
der  ge»iss  nicht  dazu  dient,  die  Existenz  dieses  Indivi- 
duums wahrscheinlich  zu  maclicn.  In  dem  sehr  he- 
schrAnkten  Cvclus  von  Namen,  der  in  unseren  Decreten 
überhaupt  vorkommt,  findet  sich  ein  Ktj(fiaoCfu)V  Khiu)- 
voi  '  Iva'f/  i  fiziu^  (§.  75.)  als  Gesancitcr  in  dem  Decret 
tXfi   Kolvttiers   (!)    Aristophon. 

Auch  den  kothokiden  Kleon  kennen  wir  bereits  als 
Kl  iuiv  K/ lojfu^  Kui>ajy.idi^i  in  der  ypa(ftj  des  Aischi- 
nes. Bekannte  Männer  des  Namens  Kleon  sind  ans  die- 
ser Zeit  der  Snnier,  der  Trierarchos  um  Ol.  Ill7.  war 
(Dem.  y.ura  Meid.  g.  16^.)-  Ein  anderer,  der  Sohn  des 
Thudippos,  ist  bekannt  aus  Isaios  Rede  über  Astvphilos 
Erbschaft,  die  jedoch  nicht  mit  Schoemann  ad  Isaeuni 
p.  40  .  in  Ol.  '17.  3,  sondern  später  zu  setzen  ist.  Der 
Enkel  des  berüchtigten  Kleon,  der  Kvdathenaer,  des 
Kleomedon  Sühn,  mag  wohl  kaum  bis  in  diese  Zeit  her- 
unter gelebt  haben.  In  den  Decreten  unserer  Rede  giebt 
CS  nun  ausser  diesen  Kothokiden  einen  Phalereer,  der 
Areopagit  gewesen  sein  soll  (g.  135),  einen  Anaphlystier, 
den  \'ater  des  so  eben  erwähnten  Psendogesandten  Ke- 
phisnphon  ,  sodann  einen  Vater  des  Zeugen  Leledemos  in 
jenem  unmöglichen  Zeugniss  §.  137.  Mag  auch  iler  \amo 
Kleun  in  Athen  häufig  gewesen  sein ,  noch  viel  häufiger 
wurde  er  in  späteren  Zeiten  gebraucht,  wo  er  in  den 
Vorträgen  und  Hebungen  der  Schule  als  Cajus  und  Mu- 
cius   fiijurirte. 

So  finden  wir  seltsame  Leute  als  Gesandte  gewählt, 
einen  Frieden  abzuschliessen ,  von  dem  niemals  die  Rede 
gewesen  sein  kann;  und  unser  Decret,  das  sich  nie  lit  zu 
dem  Frieden  von  Ol.  lOS.  .'.  schicken  will,  zu  dessen 
Uewahrheituiig  es  iurgelesen  wird,  passt  ebenso»  cnig  zu 
der  vorausgesetzten  Uegebenheit,  in  deren  Ziisamiiieiiliang 
allein  es  als  echt  und  alt  erscheinen  kniiiife.  !Miissen 
wir  es  demnach  für  ein  späteres  Fabrikat  halten,  das 
den  erzählten  L'nterh.indluiigeii  liber  den  Frieden  des 
Philokrales  auszulülleii  erdichtet  wurde,  so  finden  wir 
ilen  im  nächsten  Decret  wiederkehrenden  Archonten  iMne- 
siphilos    und   die  aus   g.   25   und  27.   entuommenen   Wen- 


dungen oTTov  äv  ovra  Ttvvd-ävvjvrai  und  r»)i/  raxi- 
OTtjv  erklärlich  und  haben  uns  nicht  mehr  über  die  selt- 
same Zusammenstellung  von  Gesandten  zu  wundern ,  die 
allen  Parteiverhältnissen  des  damaligen  Athen  Hohn  spre- 
chen würde.  Es  wird  dann  auch  die  VTTCpßokn,  die  sich 
freilich  bei  Herodot  und  ilen  Späteren  seit  Polybios  statt 
dvaßokij  findet,  bei  Attikern  aber  wohl  auffallen  darf, 
erklärlich. 

Das  nächstfolgende  Decret  des  Kallisthenes  (§.  38-) 
hat  man  durch  eine  ähnliche  Fiction ,  wie  das  vorherge- 
hende retteil  zu  können  geglaubt.  Dcmosthenes  nämlich 
hat  den  weiteren  Verlauf  der  Friedensunterhandlungen 
Ol.  lOS-  2-  erzählt,  wie  die  Gesandten  von  Philippus 
hingehalten  worden,  wie  er  sie  bethört  habe  mit  der 
Holliiung,  ganz  im  Interesse  Athens  gegen  Theben  den 
heiligen  Krieg  beenden  zu  wollen  ;  rt  ocv  0L'V8(jI]  fährt 
Demosthenes  g.  36.  fort,  iieTU  ravra  ei'^l'i,  oi'x  f/? 
fjay.pdt^ ;  roig  fitv  raKuiTKJjguvi;  0iij/.eag  djiol.eo&ai 
y.aX  y.axaoy.ufffjvai.  xaq  noKeii  cu'tujii,  L'/^mq  d'  r'jav- 
X'Uf  dyayövTag  yal  tovtm  (dem  Aischines)  TC£io9£V- 
■vaq  fi/y.puv  vGTSpov  Oy.Evayvjyitv  t'x  tüSv  dygcSv  .  .  . 
öri  dt  Tav9  oi'TU)  sx^i,  keye  fwi  t6  ts  tov  Kak- 
kto^tvovq,  ipijcpiOfia  yal  rijv  kiriaTokijv  zhv  rov  01- 
KinTTOV.  Diess  Decret  des  Kallisthenes,  das  wir  aus 
Demosthenes  Rede  Tieoi  TiaQUTrpeoßeiag  §.  8H.  und 
|2B.  ziemlich  genau  kennen,  wurde  angenommen,  als  Der- 
kvllos  dem  im  Peiraieus  versammelten  Volk  die  Nachricht 
von  dem  unglücklichen  Schicksal  der  Phokier  brachte; 
und  wurde  beschlossen  yai  TCaidaq  xai  yi>vaixa<;  ex 
Tvjv  dyfjciiu  y.aToy.of.dCttv  v.a\  ra  (fgovQia  eTtiny.evd- 
Qeiv  y.ai  luv  Iltipeid  rs/xi^ecv  xai  rd  'Hpaxke/u  eu 
doiei  dvciv.  Diess  geschah  am  27.  Skirrophorion  Ol. 
lO'"'.  2.  Schon  diess  Datum  beweist,  dass  unser  Decret 
nicht  das  ist,  welches  Demosthenes  vorlesen  lassen  will. 
Ferner  kam  die  Nachricht  den  Athenern  in  der  Ekklesie 
{dJT^yyeikev  vuiv  eyy.kij  oi  d  Co v  a iv  ev  Ileifjaiet  Ai- 
schin.  g.  125.),  und  der  Antrag  des  Kallisthenes  wurde 
nach  Aischines  Darstellung  noch  in  derselben  Versamm- 
lung gefasst,  also  war  es  keine  ausserordentliche  von  den 
Strategen  berufene  Versammlung.  Endlich  fehlt  in  un- 
serem  Decret   die   Erwähnung   der   llerakleen    u.   s.    w. 

Diese  Schwierigkeit  glaubt  man  sich  auf  folgende 
Weise  losen  zu  können:  Allerdings  wurde  das  Psephisnia 
des  kallisthenes  im  Monat  Skirrophorion  gemacht,  als 
man  nach  der  Vereinigung  des  Pliilippos  mit  den  Theba- 
iiern  einen  Angriff  auf  Attika  vermuthete;  doch  beruhigte 
ein  Hrief  des  Pliilippos  die  Geinüther;  als  alier  Philippos 
unter  die  Amphikf voneii  aufgenommen  und  mit  Ausfüh- 
rung des  Strafdecretes  gegen  die  Phokier  beauftragt  war 
(cum  ad  exsetjuenda  Amphictvonnm  jussa  exercitus  rursus 
nioveret,  Winiewskv  p.  329.),  da  crneueten  die  Athener 
das  Decret  des  Kallisthenes,   jedoch    mit  Auslassung  «ler 


Anf  drn<ell>cii  Pr.iccss  hc/.lelit  sich  Ari<tot.  Rliet.  II  2.^.  {Muvzit«;  h  uiiTniq  nennt  ci  den  Vater,  iiucl  enisprecbrnd  Deiiio- 
sllieiief  :ioi<rjfo//fjo;  ^pii?  JSoimt.  I  S-  2  )•  Ge;;en  ihn  war  wohl  tlic  IScde  des  Isaios  jiföi;  Dnioitov  ix  d\iioiMV  lqiiai(;  t!C- 
riclitct  (al>«i-irh.  11(1  Mtur  ile  hon  <lain.  p  Oi).  Jcileiifills  kam  M.iiitilhi'os  niclit  iiiil  seiner  Kl  ige  durch  ;  denn  IJiun^sins 
fuhrt  ilic  Dciiiosllicniiche  Reili-  njö;  lioimtöv  üniii  tjuoixÖ?  ,  die  ein  paar  Jahie  nach  jener  iilnr  den  Namen  war,  unter 
den  Pseu'lo- Dinarcliisclicn  an  iiiiler  dem  Tilcl  "nftn^  Muiil&tov ,  woraus  erhellt,  dass  Boiotos  der  Keiriade  (s.  Harpucr. 
v.  KiiQiud.)  den  aiiReriMaislen  >ameii  Minlillieo;  lichicll. 
")  Das,  ich  den  im  Text  (jeiianiilen  Ke/>ltUo/ihoii  den  Paiaoier  als  Solin  des  Mencxenos  aufführe,  ist  Vcrmnlluiug ,  aber  sie 
iil  aus  dein  >'aincD  des  Grossvatcr«   und  des  Demo,   vollkoiuinen  wahrscheiulicli- 


917 


M8 


Herakipeii,  die  bereits  vorüber,  und  der  Befestigung  des 
Peiraieus  ,  die  einstitcileii  vollendet  war.  Eine  niibt 
geringe  Bestätigung  dieser  Annahmen  findet  mau  in  De- 
mostbenes  Worten  (lipi  -naoun.  ^.  87.)- 

Ich  muss  von  diesen  anfangen;  denn  wenn  mau  sie 
im  Zusammenhange  betrachtet,  geben  sie  ein  anderes  Re- 
sultat, als  VViniewsky  geltend  macht.  Das  Decrct  des 
Kaliistheues  ist  eben  verlesen:  zuvia  TUT  llpij(flQao9 
VfAei's  did  luLiTovi,  ovy.  inl  rarratQ  Tat\  iknlat  ol'ts 
xav  ä()X('-i  7ro/ijaaf.iEvoi  tijv  ei'oijvtjv  xai  tijv  avf.i- 
liaX'Ctv,  aü&'  voitQOv  eyy()(l^)ai  neiodevxeq  avjfj 
„xai  lou  iyyovui^"',  atX  v'jg  iiuuituoi'  i)Xixa  nitoö- 
jitvoi  did  TovTUvc,  äyu^w  y.ui  fiijf  xai  /utu  rav-va 
äoaxig  n^u^  Hogi^fioir,  Jipuc  ß/eyäooii;  dxov- 
ovvag  d  övuniv  (PiXimiov  xal  ^ivo  v<;  e9  o  pv- 
ßsioSs,  näi/re^  snia-vaads.  Damit  wird  aber  nichts 
weniger  als  eine  Bewegung  des  Philippos  gegen  Enboia 
an  Hlegara,  die  bereits  in  Aeu  ersten  IMouaten  nach  Ab- 
scliluss  des  Friedens  erfolgt  wäre,  bezeichnet;  denn  we- 
der in  der  nächstfolgenden  Rede  TiiQi  atoijvr/i,  noch 
in  der  zweiton  Philippischen  ist  die  geringste  Andeutung 
davon,  die  Demostheues  durchaus  nicht  hätte  iibergeheii 
können;  in  der  Rede  JTSoi  TiaguTr.  erscheinen  diese  bei- 
den Punkte  zum  erstenmal  gefährdet,  so  §.  32(1-  uoj^l]- 
Tt'jQla  icf  Vfxdq  tv  EöfiuU/.  0}iKi7i7roi  noucrxuva- 
oxeiiä^erat  xai  re^aiaiu}  xai  Mtyd(Jüt<;  ErjTtßuv'kf.vu)v 
öiarsKel  cf.  §.  335-  —  Aber  ebenso  wenig  ist  von  einer 
zweimaligen  arxSvayujyUi  die  Rede,  die  Demosthenes 
weder  in  ilcr  Rede  Tieoi  TiaüOTtOEuß.  §.  87,  noch  in 
der  t'i/liQ  K.Tt]a.  §.  3~.  zu  bezeichnen  nniiiin  gekonnt 
hätte.  —  Und  wenn  das  Psepliisma  des  Ivallisthenes  nur 
erneut  wurde,  wie  kommt  es  ilenn,  dass  auf  dasselbe 
nicht  Bezug  genommen  wird?  und  ist  Kallisthcnes  auch 
der  Antragsteller  für  die  AViederholuug  der  ay^tva- 
yujyia  ? 

Aber  das  Alles  zugegeben,  wie  steht  es  mit  der  Zeit 
dieses  vorliegenden  Antrages?  Am  .'3.  Skirrophorion  (Ende 
Juni  346.)  hatte  Phaiaikos  mit  Philippos  capitniirt  und 
sein  Abzug  machte  das  Phokisclie  Land  wehrlos;  Philip- 
pos war  im  Besitz  von  IV'ikaia,  Alponos  und  Throniou, 
und  die  Phokier,  der  ^'erdieidiger  entblösst,  konnten 
sich  durchaus  nicht  den  fllakedoniern  » iilcrsefzpu,  deren 
A^-reinigung  mit  den  Thebanern  die  letzte  Schwierigkeit, 
in  das  ol>ere  Thal  des  Ivephissos  einzudringen,  hinweg- 
räumte. Dem.  Tlf.ui  nuoo.Tl.  %.  ()0.  Aischin.  usqX  TiagaTV. 
j^.  13-1- —  HO.  Wenige  Tage  vorher  hatten  die  Athener 
auf  Antrag  des  Philokrales  eine  Gesandschaft  an  Philip- 
po3  und  die  versammelten  Amphiktvonen  abgehen  lassen, 
um  auf  die  Uebergabe  des  Tempels  Seitens  der  Phokier 
zu  dringen;  diese  kehrte  auf  die  Machricht  von  der  Ca- 
pitulatiou  um,  ging  aber  nach  Volksbeschiuss  eiligst  wie- 
der ab,  um  den  Verhandlungen  der  Amphikt>unen,  denen 
das  weitere  Schicksal  der  Phokier  überlassen  war,  bei- 
auwohnen.  Aischin.  TTfpi  TiagaTu.  g.  94  —  96.  (Demosthe- 
nes Angabe  iceoi  TXO.i}an.  g.  128  und  13S,  die  Athener 
hätten  aus  Erbitterung  diese  Amphiktyoueuversammlung 
gar  nicht  beschickt,  bezieht  sich  nur  auf  die  attischen 
Pjlagoren).  Philippos  berief  die  Amphiktyonen  zu  einer 
ausserordrntlicheu  Versammlung,  zu  der  sich  die  Thes- 
salier,   Thcbaner,    Oitäer  und  wühl  die  anderen   nürdli- 


chon  Bundesviilker  oinfanilen.  Weder  die  Zusammenbe- 
rufuug,  noch  die  Sitzung  konnte  viel  Zeit  kosten,  und 
auch  die  Ansfiilirung  der  Beschlüsse  ,  die  Zerstörung  der 
meisten  Phokisclien  Städte  ging  gewiss  bei  dem  glühen- 
den Hass  der  Tliebaner,  Oitäer  u.  s.  vv.  nur  zu  schnell 
von  Statten.  AVie  soll  man  sich  nun  vorstellen,  dass  es 
fast  ein  halbes  Jahr  gedauert  habe,  bis  Philippos  die 
Boschliisse  auszuführen  wieder  angerückt  sei  und  dadurch 
die  Athener  zu  der  Erneuerung  jenes  Decretes  des  Ival- 
listhenes veranlasst  habe?  Und  wo  soll  denn  Philippos 
gestaudeu  haben,  um  anzurucken?  Er  war  ja  eben  in 
Kikaia  un<l  Thronion,  in  der  Nähe  der  Aniphiktvonen- 
sitzung,  ein  Tageniarsch  brachte  ihn  zu  jedem  beliebigen 
Punkte  in  Pliokis,  ja,  seine  Truppen  mussten  schon  in 
der  Landschaft  vertheiit  cantouniren,  er  stand  diese  ganze 
Zeit  hindurch  in  so  gefährlicher,  durch  seine  Verbin- 
dung mit  Theben  doppelt  gefährlicher  Nähe,  dass  die 
Athener  jeden  Tag  den  Beschluss  des  Ivallisthenes  hätten 
erneuen  müssen.  Endlich  aber  geht  aus  Demostheues 
rrfo/  naQcat.  §.  62  und  (13  henor,  dass  das  ürtheil 
der  Ampliiktvonen  gegen  die  Phokier  uumittelbar  dem 
Abzüge  des   Phaiaikos  folgte. 

In  derselben  Rede  g.  HO  heisst  es:  i-xuv  lüc,  ('/(«$ 
iiuyxo^  0£TTakui  xai  (Ihkinnov  ngioßetQ  /.ilr'  av- 
TU)i'  d^iovvTes  i'/idü  0ifJ7Tnov  './ficfiy.Tvova  tlvai 
lpi:(f'i.oao9at.  In  Bezug  auf  diesen  Antrag  hat  Demosthe- 
nes seine  Rede  7lioi  e/'oi'pijs  gehalten  (nicht  bloss  ge- 
schrieben, wie  Libanius  meint),  in  der  es  §.  14  heisst 
ruri;  (TiiveAijkfiiuTui;  Tuviuvq  xuX  cfo.oyMvra.c,  \lft- 
(fi/.Ti'Ova^  rrv  ilva.l.  Es  sind  hiermit  unfehlbar  die- 
selben Staaten  gemeint,  die,  von  Phiiippos  berufen,  das 
Gericht  über  die  PhokieK  gehalten  haben.  Demosthenes 
räth,  dem  Verlangen  zu  willfahren,  damit  Athen  nicht 
in  einen  Amphiktjonenkrieg  verwickelt  werde;  des  Philippos 
Absicht  bei  dem  letzten  Kriege  sei  gewesen  (^.  22)  7«$ 
nuQOÖovii  kaßtiv  y.ul  rijv  dd^av  tov  noKenov  toü 
öoxetv  dl'  avxdv  y.ijlotv  (:iki](fi:iai,  y.cd  xd  Tludia 
^Eivai  8l  iavxoi' ;  es  wäre  unrecht  Tlfjui;  Travrai;  ttsoi 
■riji  iiv  /ihktfOu  nyiuc,  vvvl  ■nokEuljOat.  Also  noch 
war  Philippos  um  die  Zeit  dieser  Rede  vom  Frieden  nicht 
anstatt  der  Phokier  Ulitglied  der  Amphiktvoiiie  gewor- 
den ;  er  konnte  daher  auch  nicht  vor  derselben  den  Py- 
thien  präsidirt  haben,  und  dass  er  die  Spiele  dieses  Jah- 
res Ol.  K)S.  3.  veranstaltete,  lehrt  Philipp.  III,  §.  32- 
Es  ist  unzweifelhaft,  (unter  Anderm  aus  der  Chronologie 
des  Processes  gegen  Ktesiphou)  dass  die  Pylhieu  im 
Herbst,  etwa  im  Boedromiou  gefeiert  werden;  die  Rede 
7!  toi  £ic)ljil]i  gehiirt  also  in  die  drei  ersten  31onate  von 
Ol.  108.  3,  und  dass  nach  Demosthenes  Rath  entschie- 
den wurde,  folgt  aus  seiner  Rede  ■:ri(ji  nuQU.^.  g.  Il2  ff. 
und  aus  der  intg  Kxi^a.  §.  43-  ijytTE  ti;v  £/'rj)jvijv 
d/iajg.  —  Es  ist  unmüglirh ,  dass  Phiüppos  im  fünften 
nionat  desselben  Jahres  sich  in  fllarsch  gesetzt  habe,  die 
Phükischen  Städte  zu  zerstören  und  in  Folge  dessen  die 
Athener  das  Decret  des  Ivallisthenes  erneuten,  —  mit 
einigen  rorllassungen  erneuten,  als  ob  es  solche  IMühe 
gekostet  hätte,  ein  den  Umständen  entsprechendes  neues 
D<cret  zu  entwerfen.  Es  ist  unmöglich ,  dass  jener  ersten 
av.ivayViyUi.  eine  zweite  folgte,  da  nirgends  auch  nur 
eine  Anspielung  auf  dieselbe  lorhanden  ist,  vielmehr  zeigt 


919 


920 


Aischincs  (xrtrct  Ktijct.  g.  80.)  den  chronologischen  Ver- 
lauf der  Begebenheiten  richtig  so  an:  wi;  yäp  xüx^axa 
ei'ocu  Ili'kioJ-  CP/A/T.TOs  raoijkSe  y.al  rag  ts  ev  0o- 
y.evcri  TCoKeti  rraoaSö^uji  dvucrTäzovc,  litobjae,  0i]- 
ßaujvi;  Sl,  Mi  TOT  iuir  idoy.i'  iteoaiziQu)  tov 
y.aiQov  xat  tov  viiereoav  arncfeQovroq  ioxiQOvg 
y.aieayevaoev,  üfistg  dt  ey.  tujv  äyouiv  cfoßijdivisi 
eay.f layojyi'adTS  x.  t.  K. 

Das  Derret  liafirt  srri  ^tfn^O/fflXov  doj(ovTOi;  .... 
ßft/./inr/.Ti  Qiojio-  dey.'/.TT]  ÜTnovioc.  Man  erinnere  sich, 
dass  der  Antrag  des  Demnstlienes ,  Gesandte  zum  Frie- 
dcnsabschlnss  zu  schicken  ,  von  demselben  Archon  Mne- 
siphiins  und  dem  letzten  Hrktatombaion  datirte.  Die 
Erz.'ibliing  des  Redners  ergibt,  dass  die  a/.irctyu)yla 
knrze  Zeit  nach  dein  \Vahlbcsrbl(iss  gemaclit  ist.  Aber 
das  ist  nur  ein  sonderbarer  Zufall,  sagen  sie;  es  ist  ge- 
rade Dlncsipliilos  zucimal  Prytanienschreiber  genesen, 
und  es  sind  irrigem  eise  an  beiden  Stellen  Decrete ,  die 
sich  auf  ähnliche  Verhältnisse  beziehen,  eingelegt  wor- 
den u.  s.  w.  Es  ist  schlimm,  wenn  bei  einer  dreisten 
Ilvpntiicse  so  riel  auf  Zufall  nnd  Irrthum  gerechnet  wer- 
den muss.  Fanden  wir  einmal  die  zweite  oy.cvayuyyia 
im  Maimaktorion  37H.  und  das  angebliche  Dccrct  des 
Demustlienes  dem  Inhalt  nach  unmöglich,  so  ist  es  von 
dem  Fälscher  der  Urkunden  leidlich  geschickt  gemacht, 
dass  er  für  beide  hier  zu  belegende  Facta  den  gleichen 
Archonten  3Iuesiphilos  annahm  und  ilie  nach  Angabe  des 
Reilucrs  einstweilen  «erlaufene  Zeit  durch  den  Heka- 
tombaion   und  ^laimakierion   unterschied. 

\ur  so  wird  Mi'.iucv/.ti^okovoi;  f)  £  y.ii.T  tj  äi:iüVTO(; 
begreiflich,  denn  diess  Derret  des  Kallisthenes  sollte  ja 
in  Ol.  108.  3.  gehören,  und  in  diesem  Jahre  ist  nach 
Idelers  15er<chniing  des  IMotonischen  Cyclus  der  Mai.< 
inakterion  ein  hohler  Monat,  so  dass  in  demselben  der 
eiy-ug  nicht  die  ds/.dri; ,  sondern  ilie  £vra.Tl]  äntuvrog 
folgte.  Ideler's  Berechnung  hat  sich  bisher  überall  be- 
währt; bei  Dem.  ■:t!o\  TICOUtt.  §.  59  ,  »o  die  iarfoa 
di/.o.Tr  des  Skirrophorion  Ol.l  OS.  2.  genannt  wird,  ist 
«lieser  .^Ionat  nicht  ein  solcher,  wie  Schoemann  de  comit. 
p.  3<'i.  nach  ilen  älteren  Berechnungen  angab,  sondern 
ein  voller.  So  wird  der  Metonischc  Cyclus  nicht  durch 
unsere  Urkunde ,  sondern  umgekehrt  diese  durch  jenen 
verdächtig. 

In  den  Einleitungsworten  heisst  es:  ot'yy.Xi^TOV  iy.- 
yj.i-rjiu;  i:To  (rzijaTijyinv  y6voiiinj^  [>■■'"]  TtovräfCuiV 
y.Ui  ij<)i'f-r,i  yvajit)^,  mit  mchrfaihem  Schwanken  der 
Handschriften,  von  denen  die  besten  yevniitvi  i  ganz 
anslas'ien,  andere  es  vor  i:i(i  stellen;  auch  hat  man  das 
eingeklammerte  y.c.i  weglassen  «lollen;  wenn  das  Docu- 
mcnt  echt  sein  sollte,  hätte  man  wohl  besser  geschrieben 
i)7io  orrjnrijyojv  /.ha  :iorTt/.i£ujv,  (jOv/Sjg  yvujuTj,  wozu 
ich  auf  die  oben   gemachten   Bemerkungen   verweise. 

Ucber  fiif.tj  hr[ti  vi^i  Er£ijviy.uv  0uhrf)€i'Q  bedauere 
ich  ,  nicht  geiii'igcnde  ISachweisung  geben  zu  können. 
Wir  kennen  mehrere  bedeutende  Athener  dieses  \amens 
in  Deinosthenes  Zeit.  Ich  nenne  zuerst  den  glücklichen 
FeMlierrn,  der  wegen  des  mit  Perdikkas  (also  um  Ol. 
104.)   geschlossenen  Friedens  zum  Tode   verurtheilt  wurde 


Aischin.  TTfpi  TtaQUTT.  g.  30  ff.,  während  sein  Miifeld- 
herr  Ergophilos  mit  einer  schweren  Geldstrafe  davon- 
kam (Dem.  'lEoi  TxaoaTT.  g.  ISO.  und  über  beide  Pro- 
cesse  Aristot.  lUiet.  II.  3).  Einen  andern  Kallisthenes 
finden  wir  zwei  Jahre  vor  dem  Process  gegen  Leptineg 
(rrpOTTfof  fr/ Leptin.  §.  34.)  in  dem  Amte  eines  aivoh'ijq, 
wie  es  scheint ,  in  welchem  er  dem  Staate  einen  Ueber- 
schuss  von  15  Talenten  gewann.  Wenn  aus  des  Lykurgos 
Rede  TZfpi  SioDujOcUii  (bei  Harpocr.  v.  orecpcivujv)  an- 
geführt  wird :  dk/.a  fir;v  yal  Ku)Jjo9ei'ljq  EXaTOV 
f-iviüg  iOTtffcivuJaaTe,  so  dürfte  sich  zu  einem  so  kost- 
baren Kranz  nicht  leicht  ein  anderer  Anlass  und  ein 
anderer  Kallisthenes  finden  lassen,  als  dieser,  und  jene 
sehr  einträgliche  Verwaltung,  die  in  jenem  Nothjahre 
des  Agathokles  (crtTodeiai  Tiuoa  Tldoiv  dvdrjuiKoig 
yEvonivri  Leptin.  I.  c.)  nur  um  so  rühmlicher  war. 
Die  Fragmente  aus  des  Dinarchos  Rede  (und  er  begann  Ol. 
111.  1.  Reden  zu  schreiben)  /.C.ra  KdXklodtvovq  cUay- 
yekiu  scheinen  sich  auf  die  Negotiationen  des  Kallisthe- 
nes beim  Getraideverkauf  zu  beziehen,  obschon  der  Inhalt 
derEisangelie  wohl  ein  anderer  gewesen  sein  möchte,  Wena 
Antiphaues  in  der  ' .Ikisvofievy ,  die  etwa  Ol.  HO.  auf- 
geführt wurde,  roi)  xaXoü  Kakkiad^tnoi'i;  erwähnt,  so 
scheint  es  mir  nicht  wahrscheinlich,  dass  diess  der  be- 
sprochene Staatsmann  ist,  der  damals  doch  gewiss  ein 
Fünfziger  war;  viel  eher  möchte  der  in  des  Theophrastos 
Testament  mehrfach  erwähnte  (wo  an  den  Olvnthier  na- 
türlich niclit  zu  denken  ist)  dieser  schöne  Kallisthenes 
sein.  Uuter  den  Rednern,  deren  Auslieferung  Alexandres 
Ol.  lU.  2.  forderte  (Plut.  Dem.  23.),  war  Kallisthenes, 
gewiss  derselbe,  der  die  oy.Evc.yojyia  beantragt  hatte, 
gewiss  jener  oben  besprochene  Staatsmann  ;  neben  Kalli- 
sthenes nennt  Plutarchos  ilen  Demon ,  nnd  der  Komiker 
Timokles  sagt  in  dem  interessanten  Bruchstücke  über  die 
vom  Harpalos  Bestochenen  (bei  Athen.  VII.  p.  341.)  eihjcpe 
Ttti  zliifiujv  TS  y.al  Kakkioitevt';'  nevi]ri]i  r,(Tav  vjara 
övyyvojiü;!'  i;^w  (dieser  Demon  ist  der  Sohn  des  Demomeles, 
der  seines  Verwandten  Deniosthenes  Rückkehr  Ol.  114.  2. 
beantragte.  S.  Corp.  Inscr.  INr.  'J13.  451).  Plut.  Dem.  27). 
Doch  ich  entferne  mich  zu  «eit  von  der  Sache;  es  fragt  sich 
über  die  Richtigkeit  iler  Bez.eichnung  Exioviy.ov  0CC- 
krnir^.  Ich  bekenne,  dass  ich  sie  nach  den  mehrfachen 
Beispielen  pbantasirter  Bezeichnungen  in  unseren  Urkun- 
den für  ebenso  falsch  halte,  als  die  dem  Aristophon, 
dem  Eubulos  u.  s.  w.  beigefügten.  Wir  kennen  einen 
Sphattier  Kallisthenes,  der  dem  Demosthenes  bezeugte, 
dass  er  Ol.  105.  2.  gegen  Meidias  iioi'kfjg  geklagt  habe 
{y.C.ru  lUtlhiov  g.  S,;.),  wir  kennen  ferner  einen  Kak- 
Ll0iHvi;(;  JSuraujvog,  «leu  die  Aixoneer  kränzten  (rvv 
Ö0(ijVT(/.)  wegen  einer  frommen  Feier  (Corp.  Inscr. 
Nr.  214.);  da  diess  Ol.  115.  1.  geschah,  als  die  Make- 
donische Herrschaft  in  Athen  entschieden  war  ,  so  'ist  es 
nicht  eben  glaublich,  dass  der  Staatsmann  Kallisthenes 
mit  diesem  diesell>e  Person  ist,  aber  unmöglich  ist  es 
ändi  nicht.  Kurz,  wir  müssen  eingestehen,  für  diesen 
Fall  unsere  Zweifel  nicht  begründen  zu  kOnaen. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Zeitschrift 

für    die 

AI  tertli  LI  ms  wisse  11  Schaft. 


Mittwochs    25.  Seplemhcr 


1839. 


Nr.   115, 


Die  Urkunden  in  Deinostliencs  Rede  vom  Kranz. 

(Fortsetz  II  njj.) 

Desto  entscheiilciider  ist  eine  in  dem  Deiret  ansge- 
«prochciie  gprirlitliche  Bestimniiing,  die  mit  der  sehr 
erkennbaren  Aatnr  des  Attischen  Staatsrctlites  sirli  auf 
keine  AVeise  vereinbaren  lässt.  Es  lieisst,  jeder  Athener 
soll  nirifends  anders,  als  in  der  Stadt  oiler  dem  Peiraieus 
über  Macht  bleiben,  ausser  «er  auf  Posten  ist;  der  soll 
sich  weder  Tag  noch  Narht  von  demselben  entfernen , 
öq  6'  ctr  d7TS/3ija?j  ruj'öe  tu)  tpi-jCfiafiari,  svo^o^ 
eOTu}  TOig  T);s  n^oöofflag  eTTiTiuloii,  iav  fiuj  zi  dSi- 
vazov  67Ti8£ty.vi'7]  niQl  eavTov  uv.  irtpl  6s  tov  ddr- 
vd-TOv  eirtxQiviTU)  ö  in\  tcov  öitT^ujv  OTQari]yuq  zal 
«5  ETTi  Tiji  öior/.)j(r£oj(;  -Aal  ü  yoaj.ifiaT£ii  -vijq  ßov- 
"kric,.  Das  Wort  Sil r/.oiveiv  ist  mir  im  Attischen  Gerichts- 
gebrauch nicht  eben  bekannt.  Plato  de  \egg.  VI.  p.  7(iS. 
braucht  es  von  der  Entscheidung  iles  Rathes  in  dem  Fall, 
ivenn  sich  zwei  Interessenten  über  eine  gemeinsam  zu 
entscheidende  Alternative  nicht  vereinigen  können,  ebenso 
Dionys.  Hai.  XI.  Ö2.  und  ähnlich  Plut.  Lvrnrg.  ().  Da- 
nach Hürden  die  Dreimanner  unseres  Decretcs  etwa  zu  be- 
stimmen haben,  ob  die  Angabe  der  Unmöglichkeit  begründet 
ist  oder  nicht ;  und  da  die  Strafe  bereits  bestimmt  ist,  würde 
mit  ihrer  inmolOlü  der  jedesmalige  Process,  der  sich  um 
nichts  Geringeres,  als  um  Todesstrafe  handelt,  abgemacht 
sein!!  Also  kein  Ileliastengericht?  also  ein  Kriegsgericht 
von  der  ungeheuersten  Verfassungswidrigkcit !  Oder  es 
mag  £71  r/.oiveruj  bedeuten,  dass  die  dri'i  die  Anakrisis 
zu  macheu  und  die  Sache  vor  einem  Gerichtshofe  ein- 
zuleiten haben,  so  muss  man  sich  nicht  minder  verwun- 
dern über  die  verrückte  Zusammenstellung;  denn  man 
wird  docli  nicht  Corp.  Inscr.  Nr.  l'2'^.  anführen  wollen, 
wo  die  Prytanen  und  der  axoax}jyuq  ö  irr)  tu  uttKU 
die  öffentlichen  Ä/;?ai'e«f  welche  die  Mustermaasse  aufzube- 
wahren haben,  wenn  sie  verfälschen,  züchtigen  sollen. 
Stets  agiren  sonst  die  Strategen  in  Gerichtssachen  als 
Collcgium;  hier  wird  der  CTll  öio/yijO£a)q  (denn  es  soll 
«loch  wohl  nicht  gar  der  Verwalter  der  Staatskassen  sein!) 
neben  dem  {tti  tojv  ÖTtXojv  aufgeführt;  war  denn  nicht 
einer  mit  etwaigen  Beisitzern  genug?  Und  was  soll  gar 
der  Prjtanienschreiber  noch  dazu?  Wozu  sollen  drei 
Männer  die  ijy£tiovia  StxaaTlloiov  haben?  Wie  mau 
sich  drehen  und  wenden  mag,  die  Sache  bleibt  über  alle 
Begreiflichkeit  hinaus  verkehrt. 

Will  CS  Einer  weit  treiben,  so  mag  er  auch  das  noch 


sonderbar  linden ,  dass  die  weiter  als  drei  Meilen  von 
der  Stadt  AVohnenden  TU  £x  Tviv  dyooiv  nach  Eleusis, 
Phvle  u.  s.  w.  bringen,  selbst  aber  sich  nach  Athen  und 
dem  Peiraieus  begeben  sollen,  ferner  dass  sie  ihre  Güter 
nach  Eleusis  und  Phyle  bringen  sollen,  da  beide  Orte 
bei  dem  gefiirchteten  Angrilfo  des  Philippos  am  meisten 
gefährdet  waren,  ferner  dass  nicht  Salamis  lieber  unter 
den  Zufluchtsorten  genannt  v  inl  ,  da  die  durchaus  über- 
legene Seemacht  der  Athener  den  Makcdoniern  einen  An- 
griff auf  die  Insel  leicht  unmöglich  machen  konnte.  Ohne 
mich  darauf  und  auf  das  am  Ende  wiederholte  li.jc  Ru}.- 
1  l(jd£VT]i;  0aXl]g£VQ  weiter  einzulassen ,  glaube  ich  die 
entschiedene  Unechtheit  des  Decretcs  geltend  macheu  zu 
können. 

AVir  kommen  nun  auf  den  Brief  des  Philippos  an  die 
Athener.  Es  ist  sehr  auffallend ,  dass  Demosllicnes  (vom 
Aischines  ist  es  natürlich)  diesen  Brief  in  der  Kedc 
mol  TtagaiTQfoßfiai;  nicht  eingeschaltet  hat,  wo  er 
g.  63.  neben  dem  doyfia  '.IfiCfiy.TVUifjv  gewiss  einen 
Platz  verdient  hätte,  wenn  er  in  so  harten  Ausdrücken 
vcrfasst  gewesen  wäre,  wie  wir  ihn  jetzt  lesen,  und 
nicht  vielmehr  Dinge  enthielt,  die  sich  Demostheues 
scheuen  mochte,  in  Erinnerung  zu  bringen.  Philjppos 
hatte  zwischen  dem  1}.  und  27.  Skirrophorion  den  Athe- 
nern Briefe  geschickt,  sie  aufzufordern  ktiivai  nrtxöy 
■TTj  öi<vä[(£i  ßoij9i',aovTaq  Toii  ör/.uioii  Aischin.  ttSqI 
naouTT.  §.  137.  Dem.  Ttfg't  TragaTT.  §.  .51.  und  die 
Thcbaner*  Euboier,  die  Feinde  Athens  alle  besorgten, 
es  werde  sich  Athen  und  Makedonien  zu  ihrem  Verder- 
ben vereinigen,  ja,  die  Thcbaner  rückten  mit  bewaffneter 
Macht  aus,  Aischin.  §.  137-  Phalaikos,  der  vorher  das 
Anerbieten  der  Athener  zu  kräftiger  Unterstützung  zu- 
rückgewiesen hatte,  capitulirtc  mit  Philippos  und  erhielt 
freien  Abzug  (23.  Skirrophorion),  wogegen  dem  Pliilip- 
pos  die  Phokischen  Städte  übergeben  wurden.  Die  Be- 
wegung, welche  diese  Nachricht  in  Athen  hervorbrachte, 
veranlasst  einerseits  das  Dccret  des  Kallisthenes,  das 
deutlich  genug  zeigte,  mit  welchem  31isstrauen  die  Athe- 
ner des  Philippos  Schritte  beobachteten;  andererseits 
musste  Philippos,  selbst  wenn  es  seine  anfängliche  An- 
sicht nicht  gewesen  war,  eine  Annäherung  mit  den  Thc- 
banern,  den  erbitterten  Feinden  der  Phokier,  wünschen, 
wodurch  natürlich  sein  Verhältuiss  zu  Athen  in  Frage 
•gestellt  wurde.  Die  von  Philokrates  beantragte  (dritte) 
Gesandtschaft,  in  der  Aischines  war,  kam  bei  Philippos 
an,     bevor    die    versammelten    Amphiktjoucn     über     das 


92.1 


924 


Schicksal  ronPliokis  pnfsrliirdeii  Iia«cii  (Aisrliiii.  g.  f71-ff.), 
und  ilass  «liese  Gi-saiiiltschnrt  iiiciit,  »io  man  aus  Denio- 
sdiencs  §.  l'Jt).  glanUen  könnte,  eine  Privafsaclip ,  son- 
dern in  Anftrajj  des  .Staats  lie^onnen  uiirl  zu  Ende  ge- 
fülirt  «ar,  geht  ans  .seinen  eigenen  Worten  TTSO/  rraotfJT. 
S.  l'J>l.  licrior.  Also  nacli  .tnknnft  dieser  (iesandtcn 
erst  wurde  die  furrlitl>are  Strafe  liber  Pliokis  verli;ing;t  — 
und  doch  be<!;innt  des  Philippos  Hrief,  wie  wir  ihn  lesen, 
mit  der  Aii/eii,'e,  dass  er  in  die  Therinopvlen  eingoriickt 
»ei,  und  fi'i^t  j;lci(  h  daranf  liinzii ,  dass  er  mehrere  Städte 
der  Phokier  zerstört  nnd  verknerhtet  liabe.  Es  ist  nicht 
niiiglich  ,  dass  Philippos  noch  erst  die  Anzeige  von  seinem 
Einrncken  zu  machen  hat,  wenn  bereits  die  Attischen 
Gesandten  bei  ihm  eingetrolTen  sind  nnd  die  Bestrafung 
der   Phokier   schon    ihren    Anfang   genommen    hat. 

Ceber  den  Inhalt  des  Briefes  unterrichtet  uns  Demo- 
sfhenes  selbst  durch  einige  Andeutungen  ^.  3fi-  t'  ouv 
öi'1'c..jr  ftera  rawa  (nach  dem  Bericht  des  Aischines 
von  Philippos  Absicht  gegen  Theben)  ei'9t'i,  or/.  fiq 
/jay.oay;  tou^  fih'  TafMtTHiJoov^  0ur/.£ac  (/.■noiJcrdai 
y.at  y.uTaay.acfi^vai  ta^  TtuLeiQ  avTVjv,  vfia;  dl^ .  .  .  . 
ay.erayojyttv  tx  tojv  äyaajv  ....  xal  i'Ti  nooi  tov- 
Toii  Ti)v  (.tif  d-näyditav  tijv  ■^Qdi  &tißaiori  y.al 
QiTTcü.ovc,  TTj  Tiölsi  yevücrdai  ti]v  Ss  yjJoiv  tv^v 
V7TSO  xvjv  TlEnoayuEVUiV  0/}.l7rjrip  (ähnlich  sagt  Dem. 
Ttaoa  TaonTC.  ^.  So.  »'om  Aischines :  ovto;  arcayyei- 
Äß?  t'  dvavTia  v.aX  (pavegovq  eTn§eii;a(;  i\'t(ii  oi>%i 
ftor}.ouivovi,  L'liiv  usv  ti-v  eyßoo.v  rijv  ■rrou;  Otj- 
/>'«i'or-'  /islCuj,  0/).l7C7rf/)  öl:  Tr:v  lö.oiv  ir et olr^v.s). 
Diese  .Sachen  zu  cnvcisen ,  lässt  dann  Demosthenes  das 
Derret  des  Kallisthenes  und  den  Brief  iles  Philippos  ror- 
lesen,  in  dem  also  von  der  Strafe  der  Phokier  nnd 
irgen<lwic  auch  von  den  Thessalicrn  und  Thebanern  die 
Rede  jrewesen  sein  mnss.  Und  so  fügt  er  denn  gleich 
nach  Lesung  des  Briefes  hinzu  §.  40.  ci/.ui'cTE ,  wj  oa- 
(fiüii  öijKoi  y.o.i  ötooiC,ETai  tv  "rfj  ettioto}-^  -kqui;  Tovq 
Eai'Tov  ovfuuaxovg ,  ori  zavTa  eyuj  ■JtSTt o l ijy.a 
dy.  övr  v)y  'A^ij  v  al  v)v  y.al  kvir  o  v  [levoiv  ojor' 
EtTiEo  El'  (foovEiTE,    J)   Oijßaloi   -HCl  Qetto.- 

t.O  i,X  OVT  OV  C    Ithv    £  '/  &  Q  O  U  i    V  71  o}.l']  ii)  E  Ci  9  E,  f  14  O  l 

OE  ir ITT £0  G ET E ,  ov  TovTOii  "Toit;  Qr^itaot  yoaujug, 
rarra  Se  ßovh.aiiEvoi  SEiv.vvvat.  Sollten  die  guten 
Athener  dergleichen  herauslesen,  so  musste  es  ziemlich 
deutlich  in  s'cui  Briefe  gestanden  haben.  Pliilippos  mns.ste 
den  .VChenern  melden,  «lass  er  die  Strafe  an  den  Tem- 
pelriluliern  nach  ileni  Beschluss  der  Amphiktvonen  aus- 
geführt habe,  er  mnssto  rühmen,  mit  «elcher  llin;;ebung 
ihm  nnd  dem  Gott  die  Thessalier  und  Tliebaner  beige- 
standen; er  muiste  bedauern,  dass  ilie  Athener,  statt 
sich  seiner  Aufforderung  gemäss  mit  ihm  zu  vereini- 
gen, ilim  dnrch  ihr  Misslrauen  und  ihr  zweideutiges 
ßenehmon  unmc'iglicli  gemacht  hätten,  ihrem  Wunsche 
und  ihrem  Interesse  gemflss  zu  verfahren;  er  musste  sein 
IMissfallen  zu  erkennen  geben,  dass  sie  aus  Kelbstsilrh« 
ti','en  Rücksichten  Theben  und  Thessalien,  die  sich  so 
wacker  benommen,  mit  ihm  zu  verfeinden  gesucht  h;itfen 
nnd  dergleichen.  \'on  dem  Allem  steht  Ni<hts  in  dem 
Briefe,  wie  wir  ihn  lesen,  nn<l  selbst  der  schärfsten  4uf- 
luerksamkeit  würde  es  nicht  möglich  sein,  das  aus  dem- 


selben   zu    entnehmen,    was    Demosthenes    deutlich    darin 
ausgedrückt  nennt 

Noch  ein  Drittes  hlcibt  zu  erwähnen.  In  unserem 
Briefe  steht:  üy.oi'oir  Sl-  yju  ('/(«^  naottOXfrcl^iodai 
ß()lj3fir  (tVTOii;  (den  Phokiern).  Auch  diess  ist  un- 
miiglicli  inmitten  der  lebendigen  Gegenwärtigkeit  der 
^Verhältnisse  geschrieben,  denn  hatten  auch  die  Athener 
ihre  Il.ibseligkciten  in  die  festen  Plätze  geflüchtet  und 
sich  auf  einen  AngrilT  des  Pliilippos  gefasst  gemacht,  so 
war  doch  weder  von  einem  lleereszngo  zu  Gunsten  der 
Phokier  die  Rede,  noch  konnte  Philippos  dergleichen 
jNachric  lit  zu  haben  vorgeben,  da  sich  bereits  vor  diesem 
Briefe  die  Attischen  Gesandten  bei  ihm  eingefunden  hat- 
ten ,   die  sicheren  Bericht  bringen    konnten. 

Schliesslich  mnss  ich  mich  in  Beziehung  auf  die  ganze 
Fassung  des  Briefes  auf  das  Gefühl  jedes  Lesers  berufen. 
Wer  mit  Unbefangenheit  liest,  wird  in  diesem  Schreiben 
durchaus  nicht  die  Stellung  des  Makedonischen  Königs, 
wohl  aber  den  Einfluss,  den  Demosthenes  Raisonnement 
in  der  Rede  -yrEoi  TTdou-jr.  g.  44.  und  sonst  aul  den 
Verfasser  gehabt  hat  ,  wieder  erkennen.  Die  Rede  vom 
Frieden,  <lie  vielleicht  nur  einen  Blonat  nach  diesem 
Briefe  gehalten  ist,  zeigt  deutlich,  dass  mau  in  Athen 
grosse  Besorgniss  vor  einem  Amphiktyonisclien  Kriege 
hatte;  darauf  überhaupt  liegt  bei  allen  diesen  Verhand- 
lungen der  entscheidende  Nachdruck,  dass  der  Amphik- 
tyonenbnnd  mit  im  Spiele  ist;  wenn  Phili[)po3  irgend 
einen  ernsten  Ton  mit  hineinbringen  wollte  in  seinen 
Brief,   so   musste   es    eben    ilarauf  hinklingen. 

Doch  räume  ich  ein,  das.s  diesem  Raisonnement 
vollständig  überzeugende  Kraft  abgeht,  die  uns  das  unum- 
wundene Urtheil  der  Uliechtheit  auszusprechen  berech- 
tigen würde;  vielleicht  dass  scharfsinnigere  Betrachtung 
ein   hcfriedigeiideres  Resultat  gewinnt. 

■^'III.     Die  Ehrendecrele  für  Nuusikles ,   Charidemos 
Di II lim  OS. 

Demosthenes  vertheidigt  die  von  Aischines  angegrif- 
fene Reclitniussigkeit  der  Kräiiüung  vor  abgelegter  Rechen- 
schaft {  §.  114.)  unter  Anderm  ilamit,  dass  dergleichen 
schon  sonst  geschehen  sei.  llouitov  fiEV  yao ,  sagt  er, 
New  n  ly.kr,  q  argarijyoh',  irf  olq  ditt)  tvjv  idlojv 
■jtootfro,  ■K  01.1.0,  y.  IC,  EHTE(f'dvujTai  v(f'  vfiu)v  ii9' 
OTE   Tnc    da-Tciöaq     .d  i  6  T I  u  o  c  jSwxs    vMi    no.\iy 

Xaoif)llUOq,     EOTECfltVOVVTO-     Eid-'^    oviool    Neoti-tO' 

"kEfjoc,  no'LKujv  Eoyu)v  ETtiozäTijq  u>v  sq)'  ok  etieöujv.e 

TETiiiijrat "On    Tolvvv    raür'   dh]9i}   Äeyw, 

liyE  TU  iln^cflnfiuTu  fioi  tu  tovxoic,  yEjEviiniiva  aihu 
kaßdiv.  Es  müssen  also  folgen  ein  oder  besser  oinigo 
Ehrendecrcte  für  IS'aiisikles,  eins  für  Diolimos,  ein  an- 
deres {xcii  ndhir)  für  Charidemos,  eins  für  Neoptolemos. 
Statt  dessen  finden  wir  nur  eins  für  Naiisikles  und  ein 
zweites  für  Diolimos  a««/ Charidemos;  für  Neoptolemos  *) 

*)  Neoptolemos  wird  wohl  der  reiche  Mann  sein,  den  De- 
mosUi  zc<r«  MnS.  §.  215.  nennt,  derselbe  auch,  der 
sich  nach  IM. it.  .\  Oralt.  p.  .'55(3  ll'.  anlieisclii;;  macht,  den 
Alhir  Apullons  aul  der  Aüiiia  nach  dein  Orakel  zu  vcr- 
golibn,  lind  dafür  nach  I-ikiirgos  Antrag  diiich  einen 
Kränz  nebst  Stalue  peeln  t  wurde;  ist  das  richtig,  so  war 
er  der  Sohn  des  Antiklcs. 


935 


926 


keins,  die  Erklarer  meinen,  weil  er  anivesentl  ist  (oi'roir/); 
als  oll  man  sicli  in  Athen  damit  fjenirt  liaf<e !  Doih  msj; 
auch  das  sein,  «enn  nur  das  V'orhandeiic  gut  und  olmc 
Anlass   zum  Ziieifel   ist. 

Beide,  das  i/f/yy/rr^/a  und  das  hreoav  ipljcfliTfia , 
sind  von  demselben  Phrcarrliier  Kaliias  hcantra^t;  der 
Name  ist  so  ffeinein ,  dass  man  sich  darüber  beruliij,'en 
küiintc ,  einen  Phrearrhier  Kaliias  nirht  zu  kennen.  IMeik- 
wi'irdifjer  ist,  dass  nur  das  erste  üecret  eine  Dafirnnj 
lia< ;  man  liat  anffeiiommen ,  dass  dieselbe  auch  für  das 
z«ei(e  gelten  solle,  und  die  Ansieht  empfiehlt  sich  da- 
durch, dass  sonst  jeder  Beschluss  unserer  Rede  mit  einer 
Hergleichen  versehen,  und  bei  den  doppelten  Decreten 
mit  den  Namen  Mnesipliilns ,  Mausikles,  Hcropythos  die 
Monate    und    Tajje    unterschieden    sind. 

Die  Pati.'ung  des  ersten  Decretes  lautet  :  ./pjwr 
zt)jfxoviy.og  0f.i<ei'i;,  J]o)jdooiiiohoc  «tj?  inei  iiy.aöa 
yviufirj  ßoi'kr,^;  y.ai  ör,fiov.  Der  Pseudeponymos  beginnt 
die  Reihe  der  Sonderbarkeiten;  nie  »ird  in  officiellen 
Actenstücken  der  Käme  des  Archon  im  Nominativ  ncK  h 
mit  Beifügung  des  Demosnamens  bezeichnet,  aber  ge- 
lehrter Gebrauch  scheint  es  wenigstens  seit  Philochoros 
geworden  zu  sein.  5,Um  so  wahrscheinlicher  also  ist 
unsere  Hypothese,  dass  ein  Gelehrter,  der  nach  den  ein- 
zuschaltenden Actenstücken  suchte,  diese  aber  nur  mit 
deni  Namen  des  Prytanienschreibers ,  da  die  Fachtitel 
des  Archivs  verloren  waren,  vorfand,  des  officiellen  Ge- 
brauches unkundig,  nach  gelehrtem  Gebrauch  den  vor- 
handenen Namen  des  Schreibers  (und  bei  dem  steht  ja 
der  des  Demos  s.  Corp.  Inscr.  81.  90.)  als  den  des 
Archon  ergänzt."  Wieder  einmal  der  thoricht  Gelehrte ! 
Fand  er  in  dem  Archiv  das  Actenstück  unter  der  ver- 
lorenen Rubrik  des  Archon,  so  mussle  doch  iu  deuiselbea 
stehen,  Zlijfiuvixo:;  (pkvsi'i  iyoafii^idrsve ,  und  »ic 
konnte  er  da  meinen,  dass  diess  der  Archon  hat;  am 
Ende  müssten  wir  annehmen,  es  habe  unter  der  allge- 
mcinoii  l<"acliti(ulatur  des  Archon  noch  die  besondere  iler 
zehn  Prytaniensclireiber  gegeben,  und  diese  sei  für  die 
sammtlirhen  Decretc  unserer  Rede  stets  an  seiner  Stelle 
gewesen!  „>ein,  der  Gelehrte  hat  die  Decrete  aus  einer 
Sammlung,  und  die  Sammlung  hat  sie  aus  dem  Archive, 
wo  die  in  einer  Prytaiiie  gemachten  Decrete  von  dem 
Schreiber  der  Prytanie  in  einem  Hefte  zusammengeschrie- 
ben und  etwa  auf  den  äusseren  Titel  des  ganzen  Heftes 
von  ihm  sein  eni  Tur  Sehoi  sc.  yuufiiiaT£(jjq  xov  y.axa 
71  ijl'T(Xy£iav  geschrieben  wurde."  Wir  wollen  nicht 
fragen,  wo  denn  die  Origiiialien  der  Urkunden  blieben, 
wenn  in  das  flietroon  Abschriften  kamen;  wir  wollen 
auch  nicht  mit  dem  Sammler,  noch  mit  dem  Gelehrten 
rechten;  aber  woher  denn  mit  einemmal  iler  Name  des 
Demos  bei  unserem  Demoiiikos?  Entweder  die  Prvtanien- 
schreiber  hatten  ihn  stets  auf  dem  Deckel  der  Hefte  bei- 
zufügen, und  dann  musste  «liese  vollständige  Bezeichnung 
auch  in  allen  unseren  Decreten  wiederkehren,  oder  der 
Demoiiikos  hat  einmal  etwas  Ungewöhnliches  gethan  , 
wa«  ein  Anderer  glaublich  finden  mag.  Und  warum  hat 
sieh  der  sorgfältige  Gelehrte  auch  hier  nirht  die  Mühe 
genommen,  zu  dem  ini  ziijfioi'iy.ov  (JÜvUoi  sein 
ägXovTo;  hinzuzufügen?  Hiess  der  Titel  des  Heftes  viel- 
leicht ^)]Liuviy.oi    (Vkisiii    wieder    eiumal    ganz  abwei- 


chend? —  oder  ist  es  nicht  sehr  denkbar,  dass  der  A''er- 
fasser  dieser  falschen  Urkunden,  der  imlir  seines  Philo- 
choros Atthis,  als  dessen  Iiischrirtensaiiimlung  im  G'ed.'icht- 
nisse  haben  mochte  ,  nach  der  Analogie  der  gelehrten 
Art  eine   Datiriing  erdichtete? 

Freilich  ist  es  vorschnell,  dass  ich  schon  jetzt  spreche, 
als  wäre  die  Unechtheit  unseres  Decretes  erwiesen.  Aber 
gleich  das  iiilchste  yvu>m]  /jOI'A);c  /.ai  diU(ov  dient  nicht 
eben  dazu,  mich  das  (iesagte  bereuen  zu  lassen.  Also 
Kaliias  hat  sich  wohl  bei  dem  Rath  und  A'olk  i\ie  Er- 
lanbniss  ausgebeteii,  einen  Antrag  zu  machen,  ilass  Rath 
und  Volk  beschliesse  u.  s,  w.?  Warum  ist  denn  iu  kei- 
nem Decrete  sonst  diese  seltsame  Probole  des  Volkes  cr- 
iv.'ihnt?  oder  heisst  das  etwa  soviel  wie  idotc  ttj  ßov- 
/  ;y  y.ai  Ti<>  di^/ii/j,  warum  denn  rw  '.I3iivaiv>v ,  oder 
«as  wollen  denn  die  andern  Psephisineu  mit  ihrem  ^o- 
/ifiagj^ov  yvoj/^tj,  aruazi^yetv  yvvjfjTj  u.  s.  w. 

Die  Verbindung  KakKiui;  ttiiBv,  öri  Soy.si  t^ 
ßov'krj  y.ui  1(11  dtjiiir)  ist  in  Psephismen  durchaus  uuer- 
hiirf.  Schoeuiann  de  comit.  p,  i;i-l.  erklärt  diese  Formel 
II  it  folgenden  AV'orten :  ibi  pro  iiifiiiitivo  precativo  iiidi- 
<jtivns:  ort  duieei',  propterea  credo,  quia  hoc  psephisuia 
n.Tii  est  ipsa  rogatio ,  sed  actorum  relatio,  cjuain,  cum 
rngatio  de  Nausidis  honoribus  ex  aurturitate  senafiis  ad 
pdpulum  relata  statini  a  popiilo  accepta  esset,  Callias,  qui 
st'iiatus  aiictoritatem  popiilo  proposuerat,  eonscribeiidau» 
a  scriba  curaverat,  ut  in  tabnias  publicas  referretur.  Doch 
bleibt  bei  dieser  Erklärung  nicht  bloss  das  yvotiil]  fjOV- 
}  i;i  y.oX  dlj/iov  unerleiligt,  sondern  gerade  für  solche 
bieten  die  Inschriften  ja  eben  die  Formel  tÖutH'  TTJ 
fjüi'tS]  y.ui  T(f)  dljfi'j)  dar,  und  es  würde  mit  dem  özl 
doy.£i  eine  ProtocoUirung  bezeichnet  sein,  wie  sie  iiebea 
dem  officiellen  eirre  doch  wieder  unmöglich  erscheinen 
muss.  —  Auch  «las  dürfte  kaum  zu  ertragen  sein,  dass 
Nausikles  nur  mit  seinem  Amte  6  i'Trl  zojl>  ÖTikojv  ^ 
nicht  zugleich  mit  Vaters-  oder  Deniosnamen  bezeichnet 
wird.  —  Endlich  heisst  es  ov  SvvafiLvov  0iKu>vo(;  roö 
(Til  dT^  dto/y.i-ocuji  xe-/^'QOTovtj/i£iov  diu  Tovg  j'fi- 
fuijvai;  TikevcTut  y.ai  i^iiaduöozijoai  toui;  üukirac;. 
Der  Zusatz  y.CXdOOZoriTfiivoi;  erscheint  schwierig  und 
ohne  hinreichende  Analogie;  weder  die  Erklärung  .Schä- 
fers ,,post(juain  elertus  erat  (App.  II.  p.  17»'.),  noch  die 
von  Hieroiivmus  AVolf  „quaestor  dcsignatus"  befriedigt. 
Und  soll  hier  i.ii  iljs;  ötoiy.tjoiujQ  der  TULtuti;  oder  der 
(TTOUTryus  f^i  '^.  d.  sein,  iu  beiden  Fällen  miiss  es  als 
luidist  seltsam  ersiheinen,  dass  der  Beamtete  in  Person 
herumreist,  den  Triippeu  Sold  zu  bringen.  Demostheues 
sagt  {jTt(il  Tcijv  iv  Ä'ioo.  $.  47.)  xurun-xtväauvrai; 
dii  dvvautv  y.ui  T()OCfijV  tui-ttj  nouioavTac  y.al  t«- 
inui  y.aX  dijiioaiovi;  y.ut_  o.-rwc  tii  xhv  tvjv  ^oiTfict- 
TU)v  (pv}.ay.i)v  dyoißtOTaTjjv  ysvicrdai,  ovtuj  Ttonj- 
aui'-vag  TOP  iitv  TU)v  j;p7/yaTwv  köyov  ira^d  tovtuiv 
/uiifjdvetv,  Tuv  öe  Toji'  t^ywv  rraou  TMV  (jronT)Tyojr. 
Hieraus  ergibt  sich,  dass  die  Feldherru  selbst  die  Ver- 
waltung des  Geldes  unter  sich  hatten  ,  und  das  verrufene 
d.ijyroukoyiiv  und  die  ii'voiai  sind  eben  daher  erklär- 
lich; mau  vergleiche  die  Rede  de»  Demiistlienes  gegen 
Timotheos.  Aber  ,  wird  man  sagen,  ans  der  Staatskasse 
muss  dem  einzelnen  Felillierrn  das  Geld  doch  durch  den 
bctreffeudcn  Beamteten   gezahlt   werden;    aber   eben  dafür 


927 


928 


kennen  wir  aus  tlcm  Jahre  des  Cliairnnilas  einen  xa- 
itteiiTu:  Tojv  (rTonTtü)xiy.o)v  (Piii<.  X.  Oralt.  p.  352), 
der  auch  in  der  Kaiserzrit  norli  vorlianden  gewesen  zu 
sein  scheint  (Corp.  liisrr.  Kr.  41li);  mag  der  immerhin 
persfinlirh  ausgefahren  sein,  in  die  Ilaiipdinartiere  der 
Altisehen  Heere  das  Geld  persönlich  zu  bringen,  der 
Tautet^  T»;;  üior/.i  ntioi  konnte  gewiss  sich  nicht  auf 
diese  Weise  von  Atiien  entfernen;  der  OToaTi~yuQ  int 
rr;  <^/oiy.r,(rtuJi  dagegen  scheint  aus  der  Reihe  Attischer 
Beamten  gestrichen  werden  zu  miissen,  wenigstens  kommt 
er,  so  viel  mir  liekaniit,  nur  in  den  Decreten  unserer 
Rede,  und  auch  da  nicht  einmal  mit  hinreichender  Deut- 
liclikeit  genannt  vor;  und  die  Bezeichnung  seines  Amtes 
wäre  wenigstens  nicht  von  der  Bestimmtheit,  die  man  in 
Atlien   erwarten    darf. 

Der  >'anie  Philon  ist  in  jenen  Zeiten  sehr  häufig; 
ich  erinn"re  nur  an  den  Paianer,  des  Philodemos  Solin, 
den  Schwager  des  Aisrhiiies  (Aischin.  rceoi  iraoriTT.  §.  150), 
der  unter  den  zehn  Gesandten  Ol.  U)'^.  '2  «ar  (Drm.Trsgi 
TTaoarr.  §-  140)  und  an  jenen  Philon,  der  unter  der 
Verwaltung  des  Lvknrgos  den  Bau  der  oy.ll'od l^'/.n  und 
etwas  spater  ilen  Eleusinischen  Weihetempel  vollendete 
(s.  Vitrnv.  Yll.  praef.  Pint.  Sulla  23.  vcrgl.  Müller  im 
Götl.  (Jel.  Anz.  iS^fi.  p.  1Ü3I).  Immerhin  mag  der  Eine 
oder  der  Andere  dem  Verfertiger  desDecretes  vorgeschwebt 
hallen;  dem  Verfertiger,  sage  ich,  denn  nach  dem  Be- 
sprochenen glaube  ich  überzeugt  sein  zu  dürfen,  dass 
■»vir  nichts  weniger  als  eine  echte  Urkunde  vor  uns  ha- 
ben, olischon  das  zum  Grunde  gelegte  Factum  eben  nicht 
als  ein  erdichtetes,  aber  anch  freilich  nicht  als  ein  wirk- 
liches nachgewiesen   werden   kann. 

Es  heisst  nämlich  in  dem  Decret:  aTEr^avinOai  Nav- 
Gr/jia  Tuv  ixi  T(jji>  onkov,  ort  \-19t]vo.iu)v  uTk/TtSv 
dioyil.iv)v  uvT(i)v  ev  "Iitßoip  y.ai  ßuiji^oiVTiov  toi<; 
y.cf.iüiy.ovcriv  '-f^i^vaiviv  ri)v  vijnov,  ov  öi'vctiiEvov 
0OMJVOS  ■  •  •  Scd  TOi'C  ;^f//(wv«;  TrXsvcrai  v.al  uia^o 
Socih'  Toi'i  ö-rXiTac,  iv.  ti-;  iSlag  oüala^  'ißur/.e  y.ai 
Ol'/.  iLiTToalzE  Tuv  Öriinv.  Wenn  2000  Hopliten  zur 
Bewachung  der  Insel  niitliig  waren ,  so  niuss  es  grosso 
Gefahr  gehabt  haben.  Und  allerdings  finden  wir  Inibros 
sehr  gefährdet  um  Ol.  Ulli.  1.  im  Bnndesgenosseiikriege, 
Diodor.  Xl'I.  21,  wo  die  Bvzaiitier,  Rhodier  und  Chief 
mit  IUI)  .Schillen  Imbros  und  Lemnos  verwüsteten  und 
dann  nach  .Sainos  steuerten.  Hiermit  verbinden  wir  eine 
Stelle  in  der  ersten  Pliilippisclien  Rede  g.  ,'H  in  der 
zweiten  Hälfte,  die  man  mit  Dloiiysios  von  Halikarnass 
die  sechste  Pliilippische  nennen  kann,  und  die  einen  eige« 
nen,  etwa  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahres  i'iO  gehaltenen, 
Vortrag  zu  bilden  scheint;  an  dieser  Stelle  sagt  Demo- 
elhenes  zur  Empfehlung  des  von  ihm  gemachten  Vor- 
schlags: Tou  :ia.(Tysiv  uiToi  y.c./.uiq  ttu)  yiv);oea9s, 
oi''X  (oOTteo  xbv  nuoe/.i^övTu  jfooj'oi»  ei;;  Ar,nvov  y.cti 
"Ijxßoov  iußa'/.ujv  aiyna}.u')TOiiQ  Ti'oKiTug  riifttpovi 
(jJ/tT  e/mv  y.  T.  }..  Denn  dass  dieser  Angriff  des  Phil- 
ippos in  die  n.'khste  Zeit  nach  dem  Bundesgenossenkriege 
gehört,  ergibt  si(  h  sehr  deutlich  aus  der  geschichtlichen 
L'cbersicht  bei  Aischin.  rrfoi  rrc'.of.T.  §■  70  ff.  besonders 
aus    den    Worten    g.    72:     (Jh/ '7r7tug    dl    oojiijih^i    SX 


May.Ei)oiiac  ot'xeff  i'-rcEg  'JjtCfino'kEuyq  ■nod<;  rificii; 
dfu)viC,Exo,  älX  tjötj  TiE^l  Anfivov  xai''Iußpov  x«l 
Sy.i'oor,  r(j)v  i)iieteov)v  xnjiiarajv  x.  t.  A.  Eine 
dritte  Ertvilliiiiing  von  der  Gefährdung  der  Insel  findet 
sich  in  der  Rede  xaTci.  Dfcai'ud^  §.  3.  und  veranlasst 
uns   zu   einer  etwas   genaueren   Untersuchung. 

Im  Eingang  dieser  Rede  wirti  der  einst  so  reiche  und 
um  den  Staat  vielfach  verdiente  ApoUodoros,  des  Pasion 
Sohn  ,  für  ilen  Demosthenes  manche  Rede  geschrieben 
hatte,  den  Richtern  bestens  empfohlen;  es  wird  von  sei- 
nem ^'orschlag,  den  Ueberschuss  der  Verwaltungsgelder 
nicht  in  die  Tlieoriken,  sondern  in  die  Kriegskasse  ab- 
zuliefern, gesprochen,  jenem  Vorschlag,  den  er  als  Bu- 
leut  gemacht  hatte:  (Tvj.iijävToq  xuioov  rij  tiuKei  voiov- 
Tov  xai  TTokEiiov  Ev  m  ijv  )j  x(»aT)j(raaiv  vfitv  fiEyl- 
aioic,  Ti'iv  EkKi'jvuiv  Eivui  y.ai  dvaLi(fioljijTiJTO)g  td 
TE  t'iiETEoa  uvTüJv  y-Exoniod at  y.ai  xaTaTiETTokE^tj- 
xEvat  0iknfjiov  i]  vor EQr.o o.o t  ttj  ßoijd-Ela  xai 
TTQOEuEvotg  Toog  avnjidyovg  dt  ÜTToolav  yo/jindTcov 
xarakui^Ev^og  tov  arouTOTrESov  TotTOvgT  aTrokioai 
y.ai  Totg  äkkotg  ' Ekkrin t   dTtlmovq    ivat    SoxeIv    xai 

XIvSin'ELiEtv  TTEol  TU)V  i'TrokutTTUiV,  TTEpL  TE  ylr,i(VOV 
y.ai  "lußoov  xai  Sy.t'^ou  xai  JCsööovijaov  xai  fisk- 
köiTOjv  aToarEviadat  vf^iuiv  navöijful  Et'i  re  E v- 
ßotav  xai  "Okvv9  ov ,  EynaipE  tpi/cptniia  x.  t.  h 
Es  versteht  sich,  dass  diess  die  in  der  Midiana  bespro- 
chenen Expeditionen  nach  Euboia  und  Olynthos  sind,  in 
Beziehung  auf  welche  ich  mich  ganz  den  von  Herrn 
Seebeck  (in  der  Zeitschrift  für  Alterthitmswissensch.  1838, 
Nr.  3')  ff.)  entwickelten  Ansichten  anschliesse.  Es  war 
das  Jahr  des  Aristodenios  Ol.  107.  1.  (35'/,),  in  dem 
die  Athener  nach  der  schnellen  und  des  Philippos  Rück- 
kehr bewirkenden  Expedition  nach  den  Thermopjlen, 
und  zugleich  durch  seinen  raschen  Einfall  nach  Thrakien 
geschreckt,  die  Fortsetzung  lies  Krieges  unter  steigen- 
dem Zwiespalt  im   Innern   betrieben. 

(Fortsetzung   folgt-) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Planen.  Der  Conreclor  Linde  mann,  Ordin.Trius  der 
dritten  Clissc ,  wurde  zu  F.iiJc  des  Monats  Aui:iist  in  gleicher 
Eigenschaft  an  das  Gymnnsinm  zu  Zwickau  versetzt.  Financicllc 
Ciri'indc  besliniiriten  den  Sladlralli,  mit  GenchniigiHig  der  liüch- 
sten  licluirde  auch  diese  Stelle  (gleichwie  im  vorigen  Jahre  die 
des  abgegangenen  Hcligionslebrers)  vor  der  Hand  nicht  wieder 
zu  besetzen.  Dadurcli  wurde  eine  Veränderung  des  Lcctions- 
plans  nütbig,  wie  die  Umwandlung  der  bisherigen  6  Classen  des 
Gymnasiums  in  5.  Das  Lcincrpersonal  besiebt  gegenwärtig  aus 
folgenden  Mitgliedern:  l)Dolling,  Itcclor;  2)  1>  f  r  c  tz  s  ch  nc  r, 
Prorector;  3)Scbödcl,  Coli.  111.;  4)  Dr.  Mc  u  I  zn  er.  Coli.  IV.; 
5)  Dr.  Thiemc,  Coli.  V.  und  Lehrer  der  Mathematik;  ü)  Vo- 
gel, ColLVL;  7)  l''reytag,  Lehrer  der  franzusisclicn  Sprache ; 
8)  Caiitor  Fincke,  GcsangU  lircr;  9)Hcubncr,  Zcicbenlchrcr. 
Zahl  der  Schüler:  82. 

Genf.  Am  28.  Jidi  starb  d.ibier  der  bollandischc  Gelehrte 
van  lleusde,  Prof.  der  allen  Literatur  und  Philosophie  an  der 
UuivejsiUt  Utrecht. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  Im  ms  wisse  11  Schaft. 


Freitage    11.  September 


18  3  9. 


Nr.   116. 


Die  Urkunden  in  Demosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Fortsetz  u  ng.) 

Der  Nachricht  von  des  Philippos  Krankheit  im  Mai- 
makterion  (Herbst  352.  s.  Olynth.  III.  g.  4.)  folgte  die 
erste  Philippische  Rede;  ftleidias  verwickelte  den  Staat 
in  die  Euboiischen  V>rhc'il(iiisse;  schon  hatte  sich  Olynth 
von  dem  Bunde  mit  Philippus  gelcist,  noch  in  demselben 
Herbst  ging  ein  Theil  der  Attischen  Truppen  nach  Olynth 
hinüber,  das  schon  von  des  Pbilippos  .Streifereien  heim- 
gesucht nnr<le  (Philipp,  t.  g.  17.).  Auch  die  Thessalicr 
waren  schwierig  und  zum  Abfall  von  3iakedonieu  ge- 
neigt, da  kam  die  Nachricht,  dass  Kallias  von  Chalkis  Ma- 
kedonische Truppen  herbeirufe,  dass  das  Attische  Heer  bei 
Tamynai  eingeschlossen  sei;  auch  aus  Thrakien  mochten 
die  Nachrichten  ungünstig  lauten;  die  Athener  im  Cher- 
soneg  flüchteten,  denn  man  erwartete  sofort  des  Phi- 
lippos Angriff.  Diess  war  die  Zeit,  wo  man  Alles 
daran  setzen  zu  mi'issen  schien  ,  diess  die  Zeit,  in  der 
Apollodoros,  gewiss  von  Demosthenes  eifrigst  unterstützt, 
seinen  Antrag  machte.  Aber  er  drang  nicht  durch,  die 
Partei  der  Reichen  war  höchst  geschäftig  gegen  üenio- 
sthenes  und  seine  Freunde ;  gegen  ihn  versuchten  sie  die 
Klage  l^ainora^iov  ,  und  statt  mit  der  Ritterschaft 
(TT  a  f  Tai  ii^iivai  zoig  i-Kokoinoiq  iitTreaq  Dem.  v.u.za 
3hl8.  §.  11)2-)  zum  Entsatz  nach  Tamynai  auszuziehen, 
frevelt  xlleidias  an  Demosthenes  den  Choragen,  in  der- 
selben Zeit,  wo  sein  Freund  Plutarchos  von  Eretria  durch 
seinen  Verrath  das  Attische  Heer  bei  Tamynai  dem  Ver- 
derben nahe  brachte  {xcna  3le/d.  §.  l  K).).  Vergebens 
sachte  Meidias  den  grässlichen  Mord  des  Nikodemus  auf 
Demosthenes  zu  walzen  {-/.aia  Mstb.^.  121.);  vielmehr 
wurde  Hcgpsiieüs  als  mit  Plutarchos  im  Einverständnisse 
verdammt  (Ulpian.  ad  Dem.  de  f.  I.  p.  15I  ed.  Dobs.), 
ohne  dass  Eubulos  seinem  Verwandten  beizustehen  wagte 
(Dem,  -ji^Qi  Tiufju-n.  §.  2!)U.);  und  Demosthenes,  zum 
Buleuten  des  nächsten  Jahres  Ol.  10".  2.  erloost,  wurde 
auf  mannichfache  Weise  ausgezeichnet.  Indess  ging  nach 
der  Rückkehr  der  Euboischen  Expedition  (t'y.  JiVi'pwi' 
Dem.  y.a.Tu  ßlfld.  §.  167.)  als  der  unfähige  Molossos 
auf  der  Insel  coniniandirte ,  bald  das  Gewonnene  wieder 
verloren,  und  der  Feldherr  selbst  wurde  gefangen  (Plut. 
Phoc.  14.).  Auch  für  den  Chersones  war  Nichts  gethan, 
die  im  Herbst  352  beschlossene  grosse  Sendung  unter 
Charidemos  ging  endlich  im  Boedromion  351  ab,  aber 
so  armselig  ausgestattet,  dass  an  Erfolge  nicht  zu  denken 


war.  Dem  nächsten  Frühling  gehört  der  zweite  Theil  der 
ersten  Philippischen  Rede  an;  Philippos  hat  bereits  einen 
Drohbrief  an  die  Euboier  geschrieben  ,  der  die  Athener 
mit  gerechtem  Unwillen  erfüllt  (Phil.  I.  §.  37.),  der 
Redner  spricht  nicht  mehr  von  jener  doppelten  Streit- 
macht, wie  im  ersten  Theil  der  Rede;  er  verlangt  nur, 
dass  ein  Heer  zu  aller  Zeit  in  der  Nähe  des  Hellcspou- 
tes  gehalten  werde,  um  nicht  durch  die  Etesien  oder 
die  Winterstürme  an  der  Beschützung  des  Chersones  ge- 
hindert zu  sein.  Diese  Wortstellung  roi's  iziiola^  i]  Tuv 
'/[riiiuiva  (§.  .31.)  mehr  noch  die  .Strafrede,  dass  sie  für 
die  Panatkenäen  und  Dionysien  stets  hinreichend  Geld 
hätten,  spricht  dafür,  dass  die  Rede  im  Frühling  350, 
wenige  Monate  vor  den  gro.ssen  Panathenäen  Ol.  1Ü7.  3. 
gehalten    ist. 

Wir  bezeichneten  oben  den  AVinter  Ol.  107.  1.  als 
die  Zeit,  wo  Apollodoros  seinen  Antrag  in  Betreff  der 
Kriegsgelder  machte.  Apollodoros  hatte  die  desshalb  viin 
Stephanos  gegen  ihn  gerichtete  Klage  rraoainniojv  bereits 
verloren,  als  er  den  Process  gegen  Phormion  verlor,  in 
dem  sich  Demosthenes  dazu  hergab,  ge^en  ihn  die  noch 
erhaltene  Rede  i'Tzeo  0opinojuOi  zu  schreiben  ,  in  die- 
ser §.  3').  heisst  es  von  dem  vielen  Gelde ,  das  Apollo- 
doros einst  besessen:  dkku  Tav9'  )]  Tldk/i  f.'t'f.lHfie  xul 
öciva  ■jitTTuv^cg  izokXa  y.araksKeiTOVQyiy/.oji;.  In 
derselben  Rede  §.  54.  wird  dem  Apollodoros  vorgeworfen, 
gegen  wie  viele  er  schon  Processe  geführt  habe,  unter 
andern:  0/ij/'  Tlnofid~(ov  y.arijyucDjoa^;  01'/ i  KakkiTT- 
nov  TUV  vtn'  üvToq  ar  ^(y.Hkia;  womit  lier  Process  ge- 
meint ist,  aus  dem  ilie  Demosthenische  Rede  TToug  A.uk- 
klTlTTOV  noch  erhalten  ist.  Diesen  Kallippos  nennen  die 
Erklärer  als  denselben  Päanier,  der  in  iler  Rede  rr£^i 
'  1}  ovvrji-  §.  73.  als  Staatsmann  genannt  wird;  sehr  mit 
Unrecht,  es  war  dieser  als  Deniot  des  Arrhibiades  (;iooi; 
Kakk.  g.  •>!).)  vielmehr  ein  Lamprier  ig.  3.).  Die  Rede 
für  Phormion  ist  »ehalten  Tl  ap!r))jkt'3uTa)v  eruiu  TTktov 
1)  eiy.oat  nach  dem  Tode  lies  Porhion  (g.  2(1.)  der  unter 
dem  Archon  Dyskinetos  Ol.  102.  3.  gestorben  war  (xara 
^rtifävov  ß'  g-  13.),  so  dass  da  der  Ausdruck  über 
zwanzig  Jahre  übertreibend  gebraucht  ist,  nicht  später 
als  350  das  Jahr  der  Rede  für  Phormion  sein  ilürfte.  Jener 
Lamprier  Kallippos  also  befand  sich  damals  in  .Sicilien; 
es  ist  derselbe,  der  Anfangs  Freund  des  Dion  ihn  später 
(Ol.  lOli.  4.  gegen  Ausgang  des  Jahres  s.  Clinton,  p.  I4U, 
also  Frühling  35,.%  ermordete  und  sich  selbst  die  Herr- 
schaft zu   gewinnen  suchte.     Aristot.   Rhet.   I.    I3.  Athen. 


931 


932 


Xr.   j).   508.  Pluf.   (1p  Sera   niiin.   vind.  7   etc.)  und   in  der 
Tlia*    sf.ind     er    dreizehn    31onafe    in    Besitz    der    Macht 
(Diod.  Wl.   31.)    y.ai   y.aretxs    tijv   TTiJKiv   y.ca   TiQoq 
rvr   'J9rvaiv)v   eyoail'f    Tra/zv   Plnt.    Dion.   rys.     Aber 
bei  einem   Angriff  auf  Katana   enipürfe   sich   S>rakHs(also 
etna  im    Fri'ihlin<r  3öl);    dann   wandte    er  sich   gen  Wes- 
sana   und   seine   .Söldner   desertirlen   schaareim  eise;   so   von 
Allen   »erlassen  ,    von    allen   Sicilischen  .Städten  zuri'ickge- 
iviesen ,    ging    er    nach  Italien    hinüber,     und    es    gelang 
ihm,    mit  Leptines    vereint,     Rhegion    dem  Dionysios    zu 
cntreissen,  «orauf  er  dort   ilie  Freiheit  proclamirte  (nach 
Diod.   XA'I.   4.').    im  Jahre    des  Thessalos,    also     wohl    in 
der    ers(cn    Hälfte     des    Jahres    3  0);     bald    darauf   aber 
wurde   er  von  Leptines  ermordet  (Plut.   Dio  5S.).    Da  die 
Rede    für   Phormion   gehalten   ist    wahrend    der    Zeit    als 
Kallippos   in   Sicilien   war,    so    niuss  sie  spätestens   in   das 
Jahr    3')  I  ,     sie    kann    aber    auch    noch    in    3  i2    gehören. 
Der  Brief,    den   damals  Kallippos  an    Athen    geschrieben, 
sriieiiit  nichts   anders,    als  einen   Antrag  zu  Irenndschaft- 
lirher    ^'erbindung    enthalten    zu    haben;     und     so    finden 
wir  eine   belehrende   Motiz  ,  die  sich  nur  hierauf  beziehen 
kann,   in   Aristoteles   Rhetorik  II.  7.   S/u  y.ai  rovi  TTotä- 
rov  derdifTu;  xt  ulayvvovTcu  w^  oiöiv  ttoj  ijdo!;7j- 
y.uTSz  iv  avTOU'  ruiovroi  d'  o'i  -re   uqzi  ßovXö/iSvot 
(fl/.oc   ci'vat,   ra   yao   ßsKTiara    red^savtaf    Sio    sv 
iX^t  >}    TOf'  El  oiTilöov    ÜTröy.oiOii    :Tpo;   Tovg  Svoa- 
y.uolouq.       Hierzu     bemerkt    der    Scholiast:     Ei'OlJviSrji 
:tuui    Tovg    Svoay.oaiovc,    itgeotJii    c(.7Toorc'.\eic    y.ai 
rzeoi  eloi'jvr]^   y.oX   (fikiuQ  dsouEvoz,   v]~  ey.civot  dvs- 
vivov,    ti:i£v  eÖ£t,    dvdgsg  ^vQa/.öatoi,    ei   y.ai   Sri 
oi'div    uü.o   dWä   ye   Sid   tov    äort  vfiöjv   Sho-d-ai 
aioyi'VEodai  i'iuciq  ux;  davuäCovrai;.     Rnhnken  in  der 
List.   crit.   p.   71    hatte   für  Euripides  den  Ilypereides  sub- 
stitniren    wollen  ,    aber   der   ]\aine   ist   vollkommen   richtig, 
es   ist  Euripides,    wenn    auch   nicht  der  Myrrhinusier  des 
Aileimantos  .Sohn,    der  nach   Corp.   Inscr.   Nr.   L'13.   einen 
Dionysischen    .Sieg    gewann    (um    Ol.   (Mi.)    und    auf    ilen 
Aristoph.  Ecrles.   M'2.').   geht,    so   doch    dersellie ,    der  mit 
Polykles  (etwa  Ol.    11)1.)   Trierarch   war  fDeMiosfli.   aooi; 
Ilol.t  y.l.ia  §.  OS.)  derselbe,    von    dem  Fphippos    in    den 
Epheben    sagt:    oi'    y.v^ifjioid/v    TVETlol.eiüT't    Evgirrlönq 
(Athen.   XI.  p.  4^2.);    und   den   er  in  den  Obeiiaphorcn, 
Ana\andrides   in  den   »reiden   wieder    mit  den  ■.■i'i:ß'iOlii 
zusanini"n   nennt  (Athen.  1.   c.).      Von  jener  Gesandtschaft 
des   Euripiiles    aber    ist    auch    die    Erw.'ilinung    in   Denio- 
sthenes   Hede    (rrcjij:    j\r/.')ir rn.    ^.    (i.)   7.n    verstehen,     wo 
Apollodoros,     für    den    die    Rede    geschrieben    ist,    sagt: 
ovjtßcuvic    Stj   j.101   rnnjgugyja   nt'A  Ih\o-zuvvj]oov , 
i/.ci9fi>    d'   «/;   Siy.c'f.tav  iSei    rotu;    TzneafjSi^   äye/v, 

ol  i  ()  dfjilOi  ;:yi:irwTOVlj<TiV.  Dicss  war  nach  den  obi- 
gen Angaben  in  Ol.  I(J7.  I-  in-  demselben  Jahre,  in  wel- 
chem Apollodoros  auch  Bulenf  war,  und  wir  fanden, 
diss  er  im  Winter  ilieses  Jahres  seinen  Antrag  in  Betreff 
der  (TTgariViXiy.''  machte,  in  Folge  dessen  er  mit  einem 
'i'.ileiit  Strafe  belegt  wurde,  die  er  auch  zahlte  (y.d.ra 
iA'a  o«,-  (5.  S-)  ;  wehi;;s(ens  «ahrsrheiiilirher  dürfte  für 
jene  Trierarchie  «leninarh  der  Herbst  WWi  sein.  —  Ich 
übergehe  es,  die  sehr  nierkii  ürdige  Charakteristik  des 
Partcikanipfes  in  jenem  uildbewegten  Jahre  Ol.  1M7.  1, 
zu  der  auch   der  Proccss  gegen  INikostratos  einen  Beitrag 


liefert,  weiter  zu  verfolgen;  man  muss  dieser  Art  Dingo 
sich  genauer  anseilen  ,  um  von  der  unglanblirhen  .Schänd- 
lichkeit und  Verworrenheit  des  Partheilebens  in  Athen 
eine  hinreichende  Vorstellung  zu  gewinnen,  und  über  die 
schönen  Phantasieen  hinwegzukommen,  die  man  noch 
immer  so   gern  hegt. 

Doch  muss  ich  fürchten,  die  Aufmerksamkeit  meiner 
Leser  von  dem  Ehrendecret  für  Nausikles  und  seinem 
Aufenthalt  in  Imbros  schon  zu  lange  abgezogen  zu  La- 
ben. AVir  fanden  einen  Angriff  auf  die  Insel  um  357 
Seitens  der  Byzantier,  Rhodier  u.  s.  w.,  und  einen  zwei- 
ten Seitens  des  Philippos  vor  350  und  vielleiclit  genau 
im  Jahre  351.  Aach  der  Art  der  Athener,  dahin  Trup- 
pen zu  senden,  wo  sie  eben  einen  Schlag  erhalten  ha- 
ben, mag  man  sirli  die  Expedition  des  Nansikles  nach 
jener  ersten  oder  dieser  zweiten  Heimsuchung  der  Insel 
ausgesendet  denken;  aber  sehr  wenig  glaublich  erscheint 
es,  dass  Athen  anf  der  Insel  ein  so  bedeutendes  Heer 
gehalten  haben  soll.  Standen  zu  irgend  einer  Zeit  2000 
Ulann  Ifopliteu  zur  Deckung  der  Kolonisten  auf  Imbros, 
so  war  ja  auch  Lemnos  und  Skyros  gefährdet,  auch  der 
Chersones  gefährdet  und  die  Athener  niusstcn  dort  ge- 
wiss nicht  minder  bedeutende  Heero  zur  Deckung  de» 
Kolonisten  halten;  wer  aber  will  glauben,  dass  die  Athe- 
ner dieser  Zeit  Heere  von  8000,  von  10,000  Mann  zum 
Schutz  ihrer  Besitzungen  in  Sold  gehalten  haben!  Denn 
es  ist  etil  as  Anderes,  wenn  sich  der  entscheidende  Krieg 
um  Olynth  zusammendrängt;  dorthin  werden  nach  einan- 
der L'OUl),  4000,  20  0  Mann  gesendet.  Man  könnte 
meinen,  in  der  Zeit  des  Krieges  des  Philippos  mit  By- 
zanz  sei  solche  Macht  wohl  auf  der  Insel  nothwendig 
gewesen ;  auf  dem  Chersones  war  dann  ein  Heer  noch 
nothwendiger,  und  wir  wissen  ja,  dass  Diopeithes  in  je- 
nen gefährlichsten  Zeiten  dort  ein  Söldnerheer  auf  eigene 
Hand  aufbringen  nnd  erhalten  musste.  Kurzum  ,  das 
ganze  Factum  scheint  mir  eben  so  ans  der  Luft  gegriffen 
zu  sein,  wie  das  gesanimte  Decret  eine  Phantasie  ist.' 
Oder  «ill  man  glauben,  dass  in  einem  wirklichen  Decret 
die  Hauptsache,  hier  die  Geldsumme,  die  INausikles  ge- 
schenkt hat,  oder  die  so  und  so  viel  Zeit,  für  die  er 
den  Sold  aus  eigenen  Mitteln  bestritten  hat,  übergangen 
worilrn   wäre  ? 

Endlich  will  ich  noch  anf  einen  Pnnkt  aufmerksam 
machen,  der,  wenn  auch  kein  entschei<len(les  Resultat 
begründen,  doch  dem  Inhalt  des  Decretes  von  noch  einer 
Seite  her  gefährlich  werden  kann.  Deniostheiics  lässt 
Decrete  vorlesen  zum  Beweise,  dass  Beamtete  während 
ihrer  Amtszeit,  bevor  sie  noch  Rechenschaft  abgelegt, 
gekränzt* seien.  Nach  unserm  Beschiuss  wird  im  Boe- 
dromion  beschlossen,  Nansikles  in  den  Dionysien  zu 
kränzen,  weil  er  Sold  an  die  Truppen  gezahlt,  da  Slu 
TOV^  yc/ii'jjva.s,  der  zur  Auszahlung  bestimmte  Beam- 
tete, nicht  habe  nach  Imbros  kommen  können.  Versteht 
man  unter  diesen  '/CljHDvei  die  Etesien  in  Mitten  des 
heissen  .Sommers,  so  beginnen  diese  am  24.  Juli  oder 
mit  Einschhiss  der  sogenannten  TroüSgo/lOt  mit  dem  16. 
Juli  und  wehen  bis  zum  3.  September.  Diess  würde 
sich  mit  dem  Datum  des  Decretes  »vohl  vereinigen  las- 
sen; aber  noch  ist  nichts  weniger  als  ausgemacht,  dass 
die   zehn  regelmässigen  Strategen   ihr  Amt  etwa  mit  dem 


933 


934 


Frühling  an<ra<cn;  sie  »vorilon  in  i]cn  a^'/ci/^SOiu/i;  (na- 
tiirlicli  nielit  <Ipm  vier  ]e<ztcn  TajTrn  des  Jaliros)  ffp«;ililt 
(Aiscliin.  y.aco  Krjja.  4}.  1!.  Domostli.  y.(i.T(l  '^loio i  oiy. 
JJ.  171-  Pliif.  Pliüc.  8)  nn<l  es  diirftc  ilarnarli  glanblitli 
sein,  (lass  sio  eben  als  regelmässige  Deaniteto  auch  mit 
dem  .Tahresanfang  eintraten.*)  AVar  diess  der  Fall,  so 
mass  es  iindenlvbar  ersrheinen,  dass  der  Feldherr,  der 
ef«a  acht  oder  vierzehn  Tage  vor  den  IStesicn  abging, 
nicht  mit  dem  nöthigen  J^ielil  für  die  Zeit,  wo  man  nicht 
Ton  Athen  nach  Inibros  hinanf  fahren  konnte,  versehen 
ffewcsen  sein  sollte.  Aber  kann  man  sich  denn  vorstel- 
len, dass  ^Eifwjveg  die  regelmässigen  Winde,  keineswegs 
Stürme,  des  heissen  Sommers  genannt  werden?  Dissen 
sagt  daher:  procellae  fnernut,  non  irvii/iara  tantum 
adversa.  Doch  nicIit  etua  ein  Paar  stürmische  Tage 
nur?  Es  bleibt  nur  übrig,  au  Winterstürme  zu  denken, 
die  die  Schillfahrt  dauernd  hinderten.  An  den  Dionvsien, 
als  er  noch  im  Amte  war,  sollte  Nausikles  gekränzt 
werden,     war    im    Boedromion    beschlossen,     weil  er  den 


*)   Ich  weiss  selir  gut,    wie   nianciiorlei  Bedenken    diese  An- 
siclit  hat,    aber    tiir  die  Dcniostbenische  Zeit   scheint  sie 
diircliaus    bcgiiindct    weiden     zu    können.       Apollodoios 
scgeltfi    nach    Ausweis    der    Dcinostlicniscben    Picde     n(i()q 
IJoXvxl.eu     unter    dem     Arclion    Molon    (Ol.    104.    3.)    als 
Trierarcli  aus  ;    am   23.  McLigeitniou    war    der  dessfallsitje 
Volksbesclilnss  gemaclit  (J.  4),    am  29.    sollte  bei  liolicr 
Strafe  jede  Tricrc  bereits    zum  Aussegeln  fertig  sein    (-^(Qi 
zoll  ariqx'cvov   tjJ;    tjkjj.  5-  4.);    Apolloiloros    segelte    aus, 
zwei  Monate  erhielt  er  Sold,   andere  8  IMonate  nicht,   da 
wurde    er    mit    Gesandten    nach    Alben     dctascliirt    (nijix; 
no).vxX.  %■   12),   und   brachte  zurückkehrend  an  die  Stelle 
des    abgesetzten    Strategen    einen    andern.      Als  er  bereits 
in    dem     Hellespont    angekommen     und     die     Zeit    seiner 
Trierarchle  voriil'er    war,    kam    ein    neuer    Sirateg   irigoi; 
OTQurrij'Oq    jjxs    Tifiofutynq    r.td    ovroq    äicM/ovq    (d.   b.   die 
neuen   Tricrarclicn)    ovx    üyay    ini  Titq  ruiq.     Apollodoros 
blieb  Trierarch,  segelte  aus  zum   Geleit  der  Gciraidcllotte 
r:ich  dem   Hieron  und  wartete  dort  45  Tage  ^'w;  o  i'xnXovg 
1UIV  TiXotdiv  imv  [lix   ' 4gy.T0VQ0v  ix  toÜ  Tiönov  iyi'i'no,    und 
als  er   in  Sestos  ankam,   waren    schon  zwei   Monate  über 
seine  Trlerarebische  Zeit  verflossen  (§.  20);    um  die  Zeit 
dos  Untergangs  der  PIejadcn  bereits  drei  Monate  (§.  23.). 
Also  um  den  28.   Pyanepsiou    {nXdaS(i)v  SiiOK;)    waren  drei 
IMonate  über  die  Zeit  verflossen;   als  deren  zwei  verflossen 
waren,    also  Ende    des  Boedromion    war  Apollodoros    mit 
der  Getraidcflolte  bereits    in  Sestos  angekommen  ,    die    er 
.IUI  Hieron  45  Tage    erwartet  hatte;    auf   die    Fahrt    vom 
Hicron  bis  Sestos  sechs  Tage  gerechnet,  hatte  er  dort  seit 
dem  8.  Mclageitnion  etwa  stationirt.     Zu  dieser  Fahrt  hatte 
er    vielerlei    neue  Werbungen    und  Rüstungen    zu  ninchen 
gehabt,  und  als  er  diese   begann,   war  bereits  seine  Trier- 
arcliische  Zeit  um  ,   die  also  nicIit  vom  Tage  des  Pscpbis- 
nia's,    sondern    vom   Anfang    des    bürgerlichen  Jahres  da- 
lirte.      Eben    damals    kam    der  iriQoq  öijKiijyö;  ohne  die 
Tricrarchische    Ablösung,    also    der  Stratcg   begann    seine 
Thatigkeit  mit  dem  bürgerlichen  Jahre;    und  für  den  ab- 
gesetzten Strategen  wurde  noch  ein  anderer  etwa  im  Monat 
Thargelion   abgeschickt.  —    Ein   gelebiter  Freund   hat  .lus 
einer  Zusammenstellung  der  Stratogen  in  den  ersten  Eüchern 
des  Thukydides    ganz    dasselbe    Resultat    gewonnen  ,    dass 
die    regelmassigen    Strategen    ihr  Amt    mit    dem  Attischen 
Jahre    begannen;    und    die   häufige  Bemerkung,    dass  ein 
Trierarch   auf  seinem  SchilTe    den  Strategen    führte,    wird 
wohl  ebenso  auf  die  Absendung   des    neuen   Strategen    im 
Anfang   des  Jahres,   wenigstens    meislenthcils,    zu   bezic- 
hen sein. 


Sold  gezalilt  hatte,  den  die  Winterstürme  ihm  zu  senden 
gehinilert  halten;  niich  den  Dioiiysien  also  Jiatte  er  sein 
Amt  angetreten,  nach  der  Mille  des  ftlärz,  'und  da  soll- 
ten, als  er  bereits  in  Inibros  stand,  noch  Wittlersiüitne 
Zeit  gehabt  haben   die   Geldsendungen   zu  hindern?  — 

Das  Volk  kränzt  den  IVausikles,  und  es  sagt  nicht, 
ob  mit  einem  goldnoii  Kranz  oder  mit  einem  Zweig? 
Der  Kran?  soll  in  den  Dionvsien  verkündet  werden,  und 
es  wird  nicht  hinzugefügt,  durch  wen,  wie  wenigstens  in 
den  andern  Decreten    der   Rede. 

Demosthencs  sagt:  I\uv<Tr/.hJg  (TT  p  oCTijyojv ,  e(p'  olq 
U7TU  itSv  idi'ujv  7i(joii[0,  nuKK'yy.ii  üOTSCfdpoTai,  und 
wir  werden  es  uns  nicht  mehr  kümmern  lassen,  dass 
statt  der  mehreren  Decrcte  lür  Kausikles  jetzt  nur  eins 
und  zwar  ein  uiilergeschobenes  steht.  Ob  derselbe  je  in 
Inibros  commandirt  hat,  muss  dahingeslellt  bleiben;  wohl 
aber  hat  er  Ol.  107.  I.  den  Phokiern  ein  bedeutendes 
Altisches  Heer  nach  Phokis  geführt  (Diod.  XV!.  38). 
\S  \r  wissen  sonst  keine  bestimmte  Missionen,  in  denen 
er  Gelegenheit  gehabt  hätte,  imdorrEti,  zu  machen;  ge- 
wiss aber  war  er  nach  der  Schlacht  von  Chaironeia  in 
dieser  Weise  thalig,  denn  Aischines  (:<«zä  Kxiio.  i^.  l.jO) 
gicbt  an,  damals  sei  Demosthenes  im  höchsten  Grade 
iKipopulär  gewesen,  oid'  i-Tt  t«  ipij<fioi-iaTa  tiuce  to 
Jijf.ioadtiovq  entyQucpeiv  uvoiia,  äkka  Nuvotxkci 
TOVTO  7lQorj£TUVTeT£ ,  eine  Kotiz ,  die  um  so  merk- 
würdiger ist,  da  Nausikles,  —  denn  dass  es  derselbe  ist, 
wage  ich  nicht  zu  bezweifelu  —  Ol.  lOS.  2-  bei  der 
Wahl  der  Gesandten  au  Fhili()j)os  den  Aischines  vorschlug 
(Aischin.  ^rf^i,  -jTaQair.  g.  13),  ja  am  Schlnss  der  Rede 
von  demselben  als  einer  ix  tv~:v  (r'il.v)''  y.(<X  tcjd  rj.L- 
y.nuvujv  zujv  inavTuu  nach  Eubulos  und  Phokion  zur 
1'erlheidigung  aufgerufen  wird.  Die  Notizen  Lei  Flut. 
X  oralt.  ]).  3.59  und  Phot.  Bibl.  p.  493.  a.  enlhaltea 
nichts  Bedeutendes. 

Das  folgende  Psephisnia  für  Charidemos  und  Diotimos 
beginnt  ohne  Arthon  und  Datum  ,  und  liöckh  äusserte 
die  Vermulhiiug,  es  könne  vielleiclit  die  Dalirung  iles 
vorhergehenden  Decretes  für  diese  mitgelten,  da  ja  auch, 
der  Antragsteller  in  beiden  derselbe  Kallias  sei.  Diese 
Termuthiiiif;  hat  Winiewsky  niit  zu  grosser  Zuversicht 
weiter  verfolgt  und  darauf  eine  Reihe  von  Conibinalioncn 
begründet,  die  nicht  bloss  in  die  Luft  gebaut,  sondern 
auch  in  icsh  so  willkührlich  sind,  dass  sie  der  Kriiik 
keinen  Augenblick  Stand  halten.  'Was  der  Zweck  der 
Lesung  dieser  Decrcte  ist,  zu  erweisen,  dass  !\ausikles, 
Charidemos  und  Diotimos  gekränzt  »orden  sind  während 
der  Zeit  ihrer  l'eranfivortlichkeit ,  gerade  das  ist  in  Wi- 
nieivsky's  Hypothese   gänzlich    verloren    gegangen. 

Zugleich  aber  ist  diess  der  erste  Grund  zum  Verdacht 
gegen  diess  zweite  Decret  des  Kallias,  dass  es  nicht  die 
Zeitbestimmung  enthält,  durch  «eiche  allein  die  Rich- 
tigkeit der   gleich  lolgeiiden  Worte  das  Redners :  jrocrwi' 

sich  erweisen  konnte. 

Das  Decret  beschliesst  A'crkündung  des  Kranzes  in 
den  grossen  Paiuilhenäen  unil  in  den  Dionvsien;  also  ist 
vor  lern  Ende  des  Ilekaloinbaion  eines  drillen  Olvmpia- 
denjahrs  und  zwar,  da  die  Dioiiysien  die  an  zweiter  Stella 
genannten    sind,     nach    dem  Elaphebulioa    eines    zweiten 


935 


936 


Olviiipiaileiijahrrs  ilecrctirt  »onleu.  Als  Grand  der  XräD» 
ruiig  »vird  angpfiihrt:  eX(löl)  XaoiÖljiiUQ  6  inl  Tlßv 
6rT/tT(jjy  cirroOTU/ei^  £/';  ^aXaiiha  y.iu  ^lüxifJioc;  6 
£711  Tujv  h:iiu)v  ei>  ttj  sni  tov  ■ttotu^iov  f^ä^y  rtäv 
a-TgartvjTVJV  riviöv  v-rco  Tviv  iroXsiiiiov  ov.vkev&sv 
TUJV  fy.  TU}v  t'ötojv  di'uhajj^ÜTiuv  y.a^uiirXicrav  rovg 
viavioy.or:  äoTrinty  öy.iir/.uoiai^  öeöux^at  y..  t.  X. 

Die  »iiiuiiifj  von  Salamis  scheint  der  Forschung  den 
Kreis  der  Slöglirhkeifon  auf  sehr  erspriesslirhe  Weise 
zu  beschränken;  eutueder  ist  Charidemos  nach  Gypern 
oder,  freilich  mit  sonderbarem  Ausdruck  aTTooiaXtiq, 
nach  dem  Altischen  Salamis  abgeschickt.  In  Cvpern 
kennen  «ir  fiir  jene  Zeit  allerdings  .  einen  bedeutenden 
Rrie<;  (Diod.  XVI.  42  und  41))  •  ''''"  1"*^!  empiirte  sich 
gleichzeitig  mit  Phönikien,  Aegvpten  ii.  s.  w.  im  Jahre 
des  Thessalps  Ol.  107.  2.  und  gegen  dieselbe  wurde  der 
Dvnast  Ton  Karien  zu  kämpfen  beauftragt:  6  öt  d^£Wj 
■KaQaryy-ei'aauusroi  Tonjoeig,  /^i£v  TiaaaQdy.ovTCt,  Or^a- 
Tiojva^  fit  uiodocfooovc  öyTay.iaxi^iovc  £i;iT£iiip£v 
sk  Tr:v  Kfxoov  £7iiOTrjaai  OTpaTijyotig  (])wxiajru  tov 
'A3rvuiov  y.al  Ei'ayöoav  ....  uvtui  £i>!}l'i;  £n\  Tr;v 
u£'/ioTi;i>  T(ov  noKeuiv  ^oj.aniva  Tr,v  di'vaiiir  ijya- 
yor.  Im  folgenden  Jahre,  Ol.  107.  3.  erfolgte  dann  die 
Eroliernng  der  Stadt.  Aber  Phokion  erscheint  hier  als 
Feldherr,  nicht -an  der  Spitze  von  Attischen  Truppen, 
sondern  als  Führer  von  Söldnern  im  Dienst  des  Karischen 
Dynasten;  er  nuiss  nach  der  Schlacht  von  Tamvnai  und 
den  guten  Erfolgen  auf  Euboia,  »vnniit  auch  immer  un- 
zufrieden ,  den  Dienst  fi'ir  das  Vaterland  verlassen  haben, 
woraus  des  Plutarchos  Ausdruck  (Phoc.  14)  zu  verstehen 
ist:  i.Tfi  dh  zuiTU  dia7ioai;uH£voc,  ärmirjrLsvoiv  6 
0oj/.iü)f,  Ttviv  u£i>  fToi^rjcrav  oi  oiii/^iaxoi  tijv  yorj- 
arurrTU  y.ai  diy.aioavvijv  aiTov,  rayv  8'  h/viDoav 
oi  \/^iiyaiot  ri-v  iiiTifiQU'.v  y,al  QunirjV  tov  dvSgo!;. 
Der  Attische  Staat  hatte  an  jener  Kyprischen  Expedition 
keinen  Antheil,  iler  Grosskiinig  hatte  denselben  zur  Theil- 
nahnie  an  dem  Krieg  aufgefordert,  aber  manche  Redner 
forderten  vielmehr,  man  solle  den  Aegvptern  gegen  den 
König  licistand  leisten  (Dem.  vttio  7Ij;  Por).  ekci'i^. 
§.  .').  cf.  Aristot.  Ilhet.  II.  20)  und  der  Staat  begnügte  sich 
mit  einem  neutralen  Bündniss  (Diod.  XVI,  44  und  im 
Ganzen  Deinosthenes  Rede  lilier  Rhodos,  die  im  Jahr 
des  Tliessalos  gehalten  ist),  ^'on  einer  anderen  derzeiti- 
gen L  nternehnuing  der  Athener  nach  Kvpros  wissen  wir 
nicht,  und  ihre  IJnmiiglirlikeit  geht  aus  den  Zeitverhslt- 
nissen   deutlich    genug   hervor. 

So  bleibt  nur  das  nachbarliche  Salamis  übrig.  Wi- 
niewsky  (p.  29*^)  denkt  sich  die  Begebenheit  folgender 
Maassen:  Charidemos  wird  mit  «enrgen  llopliten  nach 
Salamis  abgesihickt,  dort  erleidet  er  eine  Niederlage, 
worauf  er  und  Diotinios  von  Athen  aus  8()lt  Schilde 
schenken  ,  unil  jnn;^e  Leute  zur  Vertheidi;»ung  der  Insel 
bewalTnen:  da  man  die  Insel  nicht  auf  «olrlien  Kampf 
hinlänglich  mit  Truppen  versehen  hat,  sotidern  unerwar- 
tet überfallen  worden  ist,  können  es  nur  die  nachstwoh- 
nenden,  Hlegarer  oder  Korintlier  sein,  welche  die  Insel 
eberfallen.  Unil  dafür  bietet  die  Olynth.  IH.  §.  „'0  einen 
schönen  Beweis,  wo  es  heisst:  OVTOI  oojCfOintnv  oidi 
yBrvuiuji/    £0X11/    dvd(j(i')i:u)v   iX^Binoviäi  -vi   Öt'  li- 


8(tav  ](p>^ii(/Ta)v  TUJV  rov  TtoX^iov  fi*;^fpw?  xa. 
Toiuvra  övildij  (flgtiv,  ovd'  £^i  uev  KoQiv^iovg 
y.ai  Miyaokc.c,  äQ^d.auvxag  xa  iiirka  ■jiop£iJ£ai^at, 
(J)iK/7i:iov  de  iav  7t6k£ic'EAktp'ISa(;  dvöpanodlCfcrdai 
8i'  dnogiav  £Cfodiujv  toi.;  <XTgaT£vouivots.  Hiernach 
glaubt  Winiewsky  den  Krieg  auf  der  Insel  Salamis  dem 
Frühling  von  Ol.  11)7.  2  (550)  zuschreiben  zu  können; 
die  Sdilacht  am  Flusse  ist  an  dem  Bach  Bokalia  gelie- 
fert: Charidemos  ist  der  Orike,  der  im  Herbst  vorher 
mit    10   Schiffen    in   den   Ilellespont   gesendet   worden. 

So  blendend  diess  Zusammentrefl'en  ist,  so  kann  es 
doch  nicht  für  einen  befriedigenden  Beweis  gelten.  Prü- 
fen wir  die  Sache  genauer.  lllpian  bemerkt  zu  den  ci- 
tirten  Worten  des  Demosthenes  (p.  38.  ed.  Dobson.)  d-jio 
y.oiioi'  Kl  oi'dc'.fiüji;  oaxfpövujv  eörif  oidh  y£vvaiujv, 
6711  fxev  KuQiv&iovi  »<«'  Meyaoea;  ii  iirriv'Ekhji'aq 
ovTaq  0TQaT£i>£a9a.i,  i-iti  8h  (Pikimtov  zuv  ßd^ßagov 
övTCi,  f^)].  Ai  S£  alilai  ai  xara  Meyagiojv  xai 
Kogiv^iujv  aixai  •  oi  3f£yap£it;  ti}v  'O^ydöu  irapi- 
TEftvov,  oi  8s  KoQivdioi  ovvejiäyovTO  roig  Rhya- 
Q£i'ai  yai  8ia  Toino  e/c;  nö/eiiov  '-Idijvaioii;  xard- 
OTijoav.  Ausführlicher  ist  der  Schol.  Aug.  (p.  24ü.  ed. 
Dobson.)  IlagaSityuic  nijöacf.ogov  £irir,yuy£v  ai'xoi(;' 
7io/.£[iv)v  ydg  fxif^tvTjTai  y.ul  xaxogS^ojfidxujv  aüroig 
dvev  y.aiiÜTüjv  y.ai  ttoi'iov,  i'va  TUVTa  vofxiovjoi  xal 
Elvi  TOV  napovTog,  KoQlv9tot  kfXvTrijuaot  xaT  Ad^i^- 
vai(j>y  v.al.oi<vT£i;  ttuvxo.<;  "Ekhjvag  £ig  xa  "loi^f^ua 
{y.oivij  yuQ  ijv  i]  Tiavriyvgic)  tovc  'J9rivaiov<;  Ttagr)- 
y.av.  ovToi  v'jq  i)£0(T£ß£ig  ovT£q  £7r£jjipap  xü.q  ^vaiaq 
ft£Tu  ÖTikixdiv  iv\  £l  ditojvrai  avxorg,  vtt6ojiov8oi 
di/aorgiipujcriv  ov  ydq  £7cl  tov  noktfiov  £i:£kl]ki'9£- 
oav  6  8r;  y.aX  ytytvi]Taf  öqv)vt£<;  yaQ  t>]v  naga- 
oxeL>i;v  oi  Kogiv9iot  £d£t;aiiTO  ■  dv£v  ovv  novujv 
ai'vtßij  y.uTOQ^ujaai  aiTovi  tovto  to  Tcpdy/ia.  Und 
zu  fl/iyagiag  •  xijv  iegdv  yr,v  uii;  öoydSa  y.al  dvsTOV 
sysu'joyovv  oi  Meyageiq'  nd.ktv  de  o'jg  £ro£8£ii  oi 
'./{iiwuiot  L^ck^ovTCq  iizo.voav  aviohq  f-iorrj  xtj  9£a 
viyr,iTriVT£g.  Es  ist  bekannt,  dass  das  heilige  Feld  Orgas 
besonders  den  Anlass  zu  jenem  berühmten  DItyaQtXOV 
l^il'nt lOiia.  gab,  durch  welches  die,  den  Peloponnesischen 
Krieg  erofTiienden,  Feindseligkeiten  eingeleitet  wurden, 
s.  Schol.  ad  Aristoph.  Acharn.  530.  ad  Nub.  320.  Plut. 
Perirl.  311.  Schol.  ad  Aristid.  p.  184.  ed.  Fromm.  Har- 
pocrat.  und  Suidas  v.  'AvÖtiioyoiroc.  ogyaC,  etc.  etc.; 
jedoch  ist  eine  Spur  von  einem  später  desshalb  mit  Me- 
gara  geführten  Kriege  nicht  weiter  zu  finden.  Eben  so 
bezieht  sich  die  Angabe  über  die  Korinthier  auf  die 
Isthniischen  Spiele  von  Ol.  S7.  !•;  denn  im  Ende  des 
Elapliebolion  überfielen  die  Thebaner  Plafaiai  (s.  Krüger 
Studien  p.  22.3),  achzig  Tage  spater,  also  im  Skirro- 
phorion,  brachen  die  Spartaner  in  Attika  ein,  und  kurz 
vorher  beschickten  die  Athener  noch  auf  die  angegebene 
Art  die  Spiele.  Ich  denke  an  einem  anderen  Orte  über 
diese  \'erhaltnisse  des  weiteren  zu  sprei  hen ;  ich  be- 
merke hier  nur,  dass  diess  Scholion,  das  ilem  Inhalt 
nach  mit  Arisiides  Panalh.  p.  31  l  ed.  Dind.  übereinstimmt, 
doch  nicht  daher  entnommen  ist,  sondern  auf  eine  andere 
Quelle    /.urü<'kw eiset. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Sonntag,   29-  September 


1839. 


Nr.   117. 


Die  Urkunden  in  Deinosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Fortsetzung.) 

Indessen  miiss  man  ilie  Rirlitigkeit  der  Erklärung, 
die  der  Srholiast  f^egeben ,  in  Zueifel  ziehen,  nenn  man 
nicht  annehmen  will,  dass  in  einer  etwa  vorher  gespro- 
chenen Rede  eines  anderen  Staatsmannes  von  jenen  friilie- 
ren  Zeiten  gesprochen  war,  und  Demosthenes  nun  sich 
auf  derartige  Aensserungen  bezieht.  Da  auch  das  die 
Sache  nicht  hinreichend  aufklaren  würde,  so  glaube  ich 
allerdings,  dass  Demosthenes  von  Verheiitnissen  der  Ge- 
genwart spricht,  und  dass  Ulpian's  Erkl.'ircng  scmit  die 
richtigere  ist.  Für  den  Krieg  gegen  IVIegara  glaube  ich 
eine  nähere  Zeitbestimmung  zu  finden  iu  Diog,  Laert. 
II.  12fi.  Treitcft^sii;  dl  (fQoi'ooq  6  ßltfsöijuoq  ünu 
TÜiv  'EoexQ/Hiov  eiq  Mtyaga  dvifK^sv  aii  'A^a.ösftiav 
TtQog  IDMTüjva  y.ai  9ijoa3Et(,  y.arekiTTC  zt]v  otou- 
rtiav.  Freilich  heisst  es  Diog.  L.  II.  144  nach  Hera- 
kleideg,  dass  Menedemos  74  Jahr  alt  geworden;  aber 
dass  er  über  Ol.  I2ö.  3.  (27S)  hinaus  gelebt,  ergiebt 
sich  aus  «leu  Siegen  des  Antigonos  über  die  Gallier  und 
Menedemos  Aensserungen  darüber,  so  dass  entweder  die 
Angabe  des  Herakleides  fehlerhaft  oder  Menedemos  Ver- 
liältnlss  zu  Piaton,  der  Ol.  lOS.  I.  starb,  ein  Autosche- 
diasma  ist.  Nehmen  wir  das  Letztere  an,  so  wird  gewiss 
der  alte  Erzähler,  aus  dem  Diogenes  jene  Anekdote  schöpfte, 
nicht  jene  Beziehung  zwischen  Hlegara  und  Eretria  erlo- 
gen haben;  nehmen  wir  Ilerakleides  Angabe  für  fehler- 
haft (und  das  glaube  ich,  ist  sie)  ,  so  mag  Menedemos, 
nra  Ol.  103.  geboren  und  etwa  als  achtzehnjähriger  un- 
ter den  Cfoovooii; ,  die  von  Eretria  nach  Megara  ge- 
schickt wurden  ,  gewesen  sein.  In  jedem  Falle  darf  man 
jene  Sendung  für  ein  historisches  Factum  annehmen;  und 
finden  wir  nun,  dass  ein  Jahr  vor  Plafon's  Tod  Ol.  1()7.  4. 
Gesandte  der  Euboier  in  Athen  waren,  den  Frieden  zu 
onterhandeln,  und  zugleich  des  Philippos  Bereitwilligkeit 
zu  einer  Aussöhnung  zu  erklären  (Aischin.  Tieol  JlaQa-K. 
§.  V'-),  so  ist  wohl  unzweifelhaft,  dass  die  Hülfssendung 
der  Eretrier  nach  Megara,  die  kurz  vor  Platon's  Tode 
gemacht  sein  muss,  eben  in  den  Krieg  gehört,  den  jener 
Friede  beendete,  und  an  dem  nebst  Eretria  auch  .Megara 
Antheil  nahm.  Allerdings  hatten  die  Athener  nach  der 
Schlacht  von  Tamvnai  den  Tv rannen  Plutarchos  vertrie- 
ben, aber  ihr  Einfluss  auf  der  Insel  ging  sehr  bald  ver- 
loren, die  Stadt  war  zwar  in  den  Iländen  des  Volks, 
aber  oi  [xhv  £cp'  v^äc,  i^yov  tu  7rQcl.yj.iUTa,    ot  Ö'  e-kI 


0i\nntov  sagt  Demosthenes  (Philipp.  III.  ^.  ,57.),  nnd 
zuletzt  behielten  die  Anhänger  des  Pliilippns  die  Ober- 
hand. Demosthenes  hielt  die  dritte  Olvnthische  Rede  in 
der  Mifte  von  Ol.  107.  4.,  im  Herbst  34'';  im  Laufe 
desselben  Jahres  also  mag  der  von  ihm  bezeichnete  Aus- 
zug gemacht  sein.  Im  Frühjahr  301  »ar  bei  Tamvnai 
gekämpft;  erfolgte  die  Niederlage  des  Molossos  nach 
Phokions  Abzüge  noch  350,  so  mag  diesem  oder  dem 
folgenden  Jahre  die  vereinte  Thätigkeit  der  Euboier,  Me- 
garer,   Korinthier  gegen   Athen  angehören. 

Ist  das  nun  nicht  der  herrlichste  Beweis  für  die  Echt- 
heit des  Decretes?  Keinesweges.  Demosthenes  spricht  in 
der  angeführten  Stelle  der  dritten  Ohntliischen  Rede 
davon,  dass  man  um  jeden  Preis  den  Olvnthiern  helfen 
müsse;  es  zieme  sich  keines» eges  für  verständige  und 
eille  Blänner,  wegen  Mangels  an  Geld  für  den  Krieg' 
etwas  verabsäumend  leichisinnig  solche  -Schmach  zu  er- 
tragen, noch  auch  gegen  Korinthier  und  iMegarer  die 
\Vafren  ergreifend  auszuziehen,  und  Aen  Philippos  hel- 
lenische Städte  verknechten  zu  lassen  wegen  31angel  an 
Löhnung  für  die  Truppen.  Mit  dem  tu  (ini.u  üoTtct- 
aavca^  ■JTOO£veo9a/  bezeichnet  Demosthenes  deutlich 
genug  eine  unnütze  Kriegseifrigkeit  gegen  kleinere  Staa- 
ten im  Gegensatz  gegen  die  feige  Lässigkeit  gegen  Ma- 
kedonien. Wäre  Athen  von  Megara  und  Korinthos  in  dem 
eigenen  Lande  angegriffen  oder  nur  ernstlich  gefährdet, 
so  würde  Demosthenes  von  dem  Ausmarsch  gegen  sie 
nicht  so  misbilligend  gesprochen  haben.  Die  Notiz  des 
Ulpian  dazu  genommen,  scheint  es  mir  unzweifelhaft, 
dass  die  Athener,  statt  mit  aller  Macht  Olynthos  zu  un- 
terstützen, wegen  des  heiligen  Feldes  einen  Krieg  gegen 
Megara  anfingen,  die  sich  dann  zunächst  bei  den  Korin- 
thiern ,  des  weiteren  in  Euboia  Hülfe  suchen  mochten; 
von  dorther  erhielten  die  ftlegarer  nach  Diogenes  Aus- 
druck (f)OOViJOL<i,  also  handelte  es  sich  darum,  gefähr- 
dete Plätze  zu  besetzen.  Man  muss  es  für  unmöglich 
halten,  dass  die  Megarer  und  Korinthier  einen  Angriff 
auf  Salamis  wagten,  ivas  nicht  einmal  im  Peloponnesi- 
schen  Rrieire  geschehen  war;  und  die  Attische  Seemacht 
galt  doch  noch  entschieden  als  die  erste  in  den  helleni- 
schen Gewässern.  Ja,  wäre  es  in  jener  Zeit  jemals  ge- 
schehen, dass  Megarer  unil  Korinthier  einen  solchen 
Erfolg,  wie  das  Decret  uns  will  glauben  machen,  auf 
Attischem  Grund  und  Boden  erfochten  halten,  was  würde 
darüber  von  den  Rednern  gesprochen,  wie  von  jeder  Par- 
tei   der    andern    die    Schuld     zugeschobeu    worden    sein? 


939 


94Ö 


Diese  Auffassung  besfäfi^t  sirh  ans  iler  Darsfelluiij  in 
ilor  Rede  71  (o\  oivrä^tuii  §.  32-  olni'  ä  TTooc  rocg 
xriTagoirofc  Meyngiaq  eij.ii^(f>iaao^£  dTiuTeuvo/.ifpovq 
Ti-v  'Og'/t'.ön,  ttievai ,  xtoki'e/v,  tu)  BTTirgi^Eiv. 

In     Me»ara     war     ilanials     Ix-reifs     Ptoiodoros     an     <lcr 
Spitze    iler    Ang-olp^^enlipiteii   (Plut.    Dien.    l".)i     «lersellie, 
«leii    DeiiKisduMiPS   ('  T.'o    Ar;;f3.    §.   '2'tT-)    "eben    Pcrilaos 
und  Elixos  als  des  Pliili(ipos  Freund  in  IMegara    l)pzei(linet. 
(rf.    Drin.    Tfpl    TlC.üCrr.   ^.    '2'IÖ.)-       1'"'''"    Athen    «ar    es 
ron    der    sjrüssten    \\  iclitijfkeit ,   enfs«  lieidenden  Eiiilluss    in 
ilieseni    Ländrjirn     zn    feivinniMi,     aber     ebenso     natiirlicli 
ivar   es,    dass  sirh   die   llejjarrr,   von    ddrther    an^ej;rillen, 
nach   Freunden    nnisahen.      ^on   Kurinthos   wissen    «ir   aus 
diesen   Zeiten    eben    nicht   viel.        Nach    den   oben   eruälin- 
ten   3Iissvcrlialtnissen  mit   Athen   niuss  sich   der  Staat  ent- 
schiedener   dem     antimakedoniscben    Interesse    zugewandt 
haben;    wenigstens    wird    am   lCn<le    des    heiligen   Krieges 
ihnen    die   Tlieilnahuie    an    der   Leitung    der   Pvfhien    ge- 
nommen S/d  Tu  iieTCoyi^v.Kvc.t   to!^   0iij/.ci'r>i    nj^    (i^ 
TU   ^iTov    ■jT/tgaioiila^    (Diod.   XVI.    h(). ).      Bald   darauf 
wandte  sich   Kurinthos   überwiegend   den   Sicilisclien   Ver- 
hältnissen   zu;    seit    Ol.     1()S.   4.    kämpfte    dort    der    edle 
Timoleon   mit   dem   herrlichsten   Erfolge,     von    der   Vater- 
stadt   mit    der   Hingebung    unterstützt,    die   nur  der   hohe 
.Sinn   jenes   Helden    hervorzurnfen   vermochte  ;     namentlich 
Demaratos    und   Deinarchos  zeichneten  «ich    unter  seinem 
üefehl    aus,    und    beide    «erden     von    Demosthenes   (( rrgji 
KTlja.   g.    2')''.)    unter   den    \'errathprn   (Griechenlands   ge- 
nannt (über  Deinarchos  s.   Geschichte   iles   Hellenismus  I. 
p-   228.).      Gegen    ihren   AVillen    also    war    es,     dass  sich 
ivorinthos   auf   ilie   .Seite   der   Athener  stellte   und  au   dem 
Kriege   von  Chaironeia  thätigeu  Antheil   nahm  (Strabo  IX. 
p.   2ii'J.   ed.   Tauch.)    und  den    «underlichen   Diogenes  als 
Spion    brauchte    (Plut.   de   exilio   c.    l(i.    Diog.   L.    VI.  4  5). 
In   lleg.ira   folgton   jenem  Zerwürfnisse   mit  Athen  Par- 
teikampfe,  von  denen  Demosthenes  (:ii(ji  ituoCtc.  g.  2!)Ö.) 
um    343    so   schreibt:    iv   Mf/dootc,    ovy.    u.'to!}'    eivai 
Tiva.  Y}.fXTi-v  y.ai  Tcagevj.eyovva  xa  y.oivd;  avdyxij, 
x«l   Tiecftp'iv,    TIC    aiiioq   avTu9i    vvv    tovtcov     Titiv 
nviißtfjr^y.ozujv   Tcouyiidiwv;    oi'Se    et  f.    df.Ku  noiot 
Tivig   Ol   XU    Trjt.iv.avTTf.   y.ai    tokwx    dSr/.ovvTtc;    oi 
vanÜ^oviic    ai'Toi\   dtidxQiojg    ehat   rov    0tklnnov 
ievoi  y.ai  Cfi/.oi  ngoiayooeisa&ar,  oi  crrgUTijyiojvTeg 
y.dX  TToocTuoiag  d^tuviAtvoi,  oi  fjel^ovg  -rwr  7i:n}Jkuiv 
uiouivoi    öciv    tii/ut.    ov  liegt}  aog  t.y.cjivBTO  evayioq; 
iv  MtyuQoii  SV  Toi;  -cfjiuy.oalot;,    uri    Tigog    (pi/.inr- 
nov   d(fty.eTo ,    y.ui    ■:Tage/.itujii    Ilcoioöüjgoi    aiTOV 
i^nxijauTO    y.ai  TtkoiTiu  ya'i   yivti  y.CA  öui;jj  ngi'iroc 
Mtyauevjv ,  y.ui  -Ttdl.iv  üic,  (piimnov  eieneuipev,  y.ut 
fitT(*  Tuvxa  ö   uev  i;y.ev  uyuiv  Tori  ^Ivov.:  6  ö'  tvöuv 
i.Ti'gtiiv  /..  X.  }..  (cf.  §.  204.  Meydgot^  eriifjovkei'eiv 
von  Philippos  gesagt,    g.  32(i.    Mt.yd.{iou    kitfjov'kevetv 
i^iaxel.ii.   g.  334.  xlz,   Miyuga  Ttgiöi-i>  ö/iyov  sc.  ük- 
k'iTQ'.a  ■:zb:ioliy/.e.   rf.   §.  S".)-   —   Plntarclios  (Phor.  1,').) 
erzählt    nach    dem  Kriege    »on   Bvzanz    und    dem   Kriege 
»on    Chaironeia:     xuiv    de    MeyugtViV     tTliy.ukuifiii/vjp 
/.ijiffa,  cfufjov/itvo;    ö   (Vuty.iutv  xuvq  jBoivjxuic ,  ftr, 
JJtjoatoSüiiiroi   (fOurrfiiOt   it;v   ßorßetuv  ....   tt'^t'i; 
uitb  iiji   iy./.'t  ijoiv.';   ijyev  xolq   'Jdiivulovq  xu   onka 
kaßui^cag.  bii;uuivviv  dt  xüjv  Meyufjeujv  7rgo9vftvjq 


Ti'jv  xe  Niaaiav  exei'xtos   xal  did   uioov   axikrj   Söo 
^pos  xo  enivsiov  äitu  xuv  o.ctxeoq  iveßuke  y.ai  avv- 
ijlfjs    TTJ    ^akdcT-fj    xijv   Tiökiv,    ujote  xuiv  xaru  ynv 
lUtt.tuhov  ö/iyoi'  fjdij  (fguviiQoi'crav  t^i,gTijo^ai  xuiv 
.l'Jl  VUKDV.      Dass   diess    nicht  an   der  chronologisch  rich- 
tigen  .Stelle   erz.'thlt   ist,    lie^jt   auf  iler   Hand    und   hat   bei 
Plntarclios    nichts    Auffallendes,      Aber     wohin    gehört  es? 
Nach  AViniewsky  (p.  14^)  in  ilen  Frühling  34)-  Ol.  IUI.  1; 
er   meint,    diess    sei    es    gewesen,    wodur<li   Philippos    an 
der   iiesetzung   von   IMegara  ,    von    der    in    der   Rede    ;rfpi- 
Tiagii.l.    mehrfach    gesprochen     tvird,    behindert   wurdeo. 
Als    l'hilippiis    nach   Megara    und     dem   Pelopoiines     vorza- 
driiigen    beabsichtigte,   ruckten   die  Athener  nach  Panakton 
und    Drvinos   aus   und   verlegten    ihm    so    die  .Strasse  (Dem. 
^eiji  Ttauu-7T.  g.  .32ii.  y.aio.   Äoj/wv.  JJ.  3-) ;  damals  aber 
hatte    man    nicht    zu    besorgen ,    dass   die    Thebaner ,    son- 
dern   dass   Pliilippos   in    IMegara   einbräche,   oder   richtiger, 
wenn    IMegara   durch    Phokion   damals  schon  occnpirt   war, 
so    konnte   Philippos    gar    nicht   mehr   den  Versuch  inacheu» 
über   den   Isthmos     in    den   Pelopoiines    zu    dringen.       AuJC 
jenen    Versuch    bezieht   sich     Demosthenes     in     der   dritten 
Philippischeii     Rede   §.    11.    1,S.    27.;    ebenda   g.    7  4.    man 
solle    von   C'halkis    und    Megara    nicht    die    Rettung   Grie- 
chenlands    erwarten;     es    war     bereits    das     liündniss     des. 
Kallias    geschlossen     worden,     von    dem     oben     gesprocheit 
ist,     und    zu    dessen    weiteren   liestimmiiiigen   sich   die   Ge- 
sandten  der    Verbündeten     im   Antliesterion    341    in   Athen 
versammeln   sollten.       .Aber    noch    ein    Paar   Hloiiate   spätor 
droht   Deiiiostlienes   (-Tfoi    Tuiv   iv    \tijö.  ^.  JS.j   mit   deB 
Hii'igliclikeit :   ,,wenn    Philippos  Thrakien   aufgeiiend,    nicht 
auf   R^zanz     uiiil     Chersoiies  ,     sondern     auf   Chalkis    und 
IMegara   losrückte."      Nach    dieser  Rede,    also    nach   dem 
Frühling  341    kann   Phokion   erst  jenen  Megarischen  Zug 
gemacht   haben.       Nun    erzaiilt   Plntarclios    »or   demselbea 
die   liyzantinischeu    Angeleg<>iilipiten     im   Zusammenhange, 
von    Philippos    An^rifl   auf  den    Chersones,     Perintlios    und 
Byzaiiz   falso   von   341)   beginnend,    und    nachdem   er   diess 
bis   zur   Befreiung   von   Bvzanz   durch  Phokion   fortgeführt, 
holt   er   ileii  Megarischen  Zug   nach,   so  dass  derselbe  wohl 
spater    anfangend     in    das   Jahr    >t4n    geboren    dürfte;     und 
in    welcher   .Stimmung    damals    Athen    und    Theben    gegen 
einander   waren,    lehrte   die  Pylaia  im  Frühling  3X0  (s.  o.). 
So   war    Hlcgara,     früher    den    Athenern    mehr    Feind     als 
Freund    ^Dl■m.   V'Titg    Kir-(T.   §.   234.),   zur  Bundesgenos- 
senschaft  gewonnen;    und   Demosthenes    konnte  sich   rüh- 
men iy.  fitv  t^u/.dxxiK  xr,v   l'ji'jßotav  zTgußakioi^ai  muo 
■xrii  '^iTTixiJi,  .  .  .  .  ex    de  lujv  ngoc  nekujctnvijaov 
tÖttujv   T0v.i  üaiirjovi  XULTTJ,  d.  h.  Megara  und  Korintb 
{i'-xeg  Kti](t.  §.  301.). 

Wir  kehren'endlich  zu  unserni  Decret  zurück.  Hat  .sink 
aus  dem  Obigen  erw  ieseii,  dass  die  Aulfassung  des  geschicht- 
lidien  ZiisaiiiniPiiliaiiges,  wie  sie  AViniewsky  gegeben, 
diiichaus  nngl.uiblich  ist,  so  lässt  sich  noch  eine  andere 
Torschlagen.  Es  heisst  il'  XT)  tTrl  TOO  TTOTUiioi)  fld^^J 
seien  einige  Soldaten  von  den  Feinden  geplündert  Hor- 
den; man  nehme  nun  diese  Be/eichnuiig  für  das,  wa» 
sie  nach  Ausweis  von  g.  Jl(i  unserer  Rede  ist,  für  de« 
Rainen  der  Schlaclit,  'die  im  Jahre  331)  nach  der  Be- 
setziilig  von  Klateia  gesi  liligcii  woiden.  Der  Kiaiiz  soll 
verküadct    werden    au  den  Panathenaicn    und   Dionysieu.; 


241 


942 


fiir  jene  eTliSoffiq  wSre  ilaiiii  iler  Kranz  nach  ilcii  Dio- 
iiTsieiJ  Ol.  110.  '}.  ilerretirt  Horden;  im  Aiifaii!,-c  des 
Jalircs  Chairoiidas  Ol.  11(1.  W.  »tari-ii  die  •rro.sseii  Paiia- 
tlienaieii  ,  kurz,  Alles  passt  lierrliili,  Nur  nicht  die 
llatiptsachc;  denn  elien  das»  tlic  relillierrn,  «alire  d  sie 
uoch  rechensrliaflspfllililifr  sind,  gekränzt  «onlen,  wäre 
da  nicht  möglich  ,  mag  man  sicil  ihren  Amtsainlritt  mit 
dem  Attischen  Jahrefananfanf  oder  dem  beginnenden 
Früliling  denken.  Die  Schlacht  am  Flnsse  war  vor  der 
winterlichen  Schlaciit,  also  entweder  hatte  das  Amt  der 
beiden  Fel.lherru  vom  Anfang  Ol.  IIO.  2,  oder  gar  vom 
Frnhjalir  Ol.  110.  !•  begonnen,  nnd  die  Panalhanaien 
lagen  nicht  mehr  in  ihrer  Amtszeit.  Und  so  haben  wir 
deuii  nicht  mehr  nr'ithig,  aiiscinanilerzusetzen ,  wie  selt- 
sam in  diesem  Zusaminenhange  die  Sendung  eines  Feld- 
lierrn    nach   Salamis   erscheinen    mi'isste. 

So  nnmoglich  eine  Erklärung  des  Inhaltes  ist,  so 
glaube  ich  doch,  dass  mit  der  Bezeichnung  );  tTTt  Toi- 
-iviatior  /ilo./)j  keine  andere  gemeint  ist,  als  die  er- 
wähnte, ja,  dass  es  überhaupt  keine  andere  ilieses  j\a- 
mens  in  jener  Zeit  gegeben  hat,  und  an<  h  «lies«  ist  ein 
Beweis  für  die  Unechtheit  des  Decretes ;  der  Verfasser 
hat  sich  aus  iler  Rede  ,  die  er  zu  vervollständigen  meinte, 
jene  Bezeichnung  entnommen,  weniif  bekümmert  um  die 
historische   Passlichkeit  seiner   Erdichtungen. 

Ist  diess  Resultat  überzeugend,  so  braucht  man  nicht 
m«hr  dem  Ac'.Ä./,/«s  lirrf  n /j  r  r  u  i' e  aj  t>  ^  i  y  (t  v  T  (o  ii 
ßovXijc  yyojftr]  grosse  Wichtigkeit  für  die  Ivenntniss 
Attischer  Altcrthümer  beizulegen.  Denn  sonderbar  wäre 
es  doch  sicher,  wenn  nach  Schömann's  Erklärung  5,auf 
Veranlassung  der  Prytancn  Kailias  vorschlug"  oiler  nach 
Disseii  „von  den  Prvtanen  des  Kailias  in  der  Bule  ge- 
machter ^'orsrhlaij  an  das  Volk  gebracht  wurde."  Wenn 
schon  es  nicht  undenkbar  ist,  dass  dergleichen  geschah, 
so  ist  es  bei  einer  doch  nicht  bedeutenden  Beantragung 
auch  eben  nicht  ivahrscheinlirh.  Auch  was  man  sich 
nuter  ■/.a.xivhu  loc.v  toi>;  vtltiia-xovs  denken  soll,  ist 
nicht  eben  klar;  denn  waren  es  jüngere,  als  die  Ephe- 
ben  ,  die  von  Ifi  bis  18  Jahren,  so  wnnlen  solche  öoul 
i-:iTi  dlirti  tjfjiooi  allerdings  von  den  Amphiktvonen  zur 
Zerstörung  der  Lokrischen  Ansiedelungen  aufgeboten  (Ai- 
schin.  y.d.ra  I\.i)ja.  §.  12.2.),  aber  ilass  man  sie  in  Athen 
als  Ilupliten  mit  der  schweren  ücririi;  bewaffnet  haben 
sollle,  dürfte  erst  zu  erweisen  sein  ;  nnd  wozu  nahm  man 
gerailo  die  allerjüngsten ,  warum  nicht  auch  die,  welche 
über  das  Dienstalter  hinaus  waren'?  Endlich  aber  dürfte 
«las  ganze  Attische  Land  bei  seinen  ungefähr  2<I,0ÜÜ 
Bürgeru  nicht  viel  mehr,  als  1000  tTTi  dtiTti;  i-ißuJVTS^ 
aufzustellen  gehabt  haben  ,  und  diese  Burschen  sänimt- 
lich  rückten  dann  nach  .Salamis,  oder  waren  nach  VVi- 
niewsky  gar  aus  Salamis  allein?  —  Die  Wrkündigung 
au  zwei  Festen  hat  eine  .Analogie  in  Corp.  Inscr.  Kr.  lO^^, 
wo  es  heisst:  ävtmetv  TUf  arirpavuv  tovtov  /liovv- 
aio)V  Tujv  iv  ^aLa^uvl  X(jayn)>)ui'  ....  x«i  zjiuv- 
re/ou  zip  yriiriy.ip  dyui^-i.  Doch  lasse  ich  dahingestellt, 
ob  hinreichende  ;  was  aber  neben  den  Prvtanen  und  Ago- 
nntl^eten  bei  der  uvayvoevoiq  der  Thcsmothet  soll,  ist 
nicht  wohl  abzusehen. 

Die  zu  kränzenden  Personen  werden  nur  nach  ihrem 
Amte,  nicht  nach  Vater  und  Demos  genauut.    Ich  behalte 


mir  »or,  an  einem  anderen  Orte  aber  Chnridenios  den 
Orikeii,  f  haridemos,  Stratios  Sohn  von  Oia  ,  Cbaridenio» 
den  AVecbslrr  ,  (hai  iiliniiis ,  den  Snbn  des  reichen  und 
okononiisc  lien  l»(  hiim;i(  hos  zu  sprechen.  liier  nur  Eini- 
ges über  Diütimois-  Plutarchos  X  Oratt.  p.  oöti.  sagt 
vom  Lykurgos  i^jrjffloam  dt  y.ui  /lioii-fw)  ^tupiilOovi 
Eiuni'jui  tifjr/i  in\  A  n-my.J./oi  c  (''o.xoiTcg ,  -t\.  h, 
Ol.  lll.  3;  i'"  lorliergehenden  Jahre  Har  von  Alexan- 
dros  seine  Ausliefei  nng  gefordert  worden,  Arrian.  I.  10.4. 
Dem.  ep.  111.  p.  (>4i.  ed.  B.  Derselbe  Diotimos  war 
bereits  um  Ol.  1 1  7.  unter  den  einllussreichsten  iMäniiern 
des  Staates,  er  mit  einigen  andern  von  den  Reichen,  sagt 
Dem.  y.UTO-  ßli/d.  (SJ.  JOÖ.  würden  »ich  für  JMcidias  ver- 
wenden, Tiitjl  u'iii  uiönj  ut'  ihniifU  nu(K  i'H'jx,  (fit  taiQOi 
lyij}  y.ai  yao  (a-  ii(i.iv(iifn)V.  Aus  diesen  Altersverhalt- 
nisseu  ist  es  «ahrscheinlich ,  dass  sein  ^'ater  Diojieilhes 
nicht  der  Feldherr  im  Chersones  Ol.  lO*).  war,  der  so 
oft  von  Denio?(lienes  in  der  Rede  vom  Chersones  und 
der  dritten  Phiiippischen  genannt  wird;  diesem  sandte 
der  Perserkoiiig  grosse  fieschenke,  die  aber  erst  ankamen, 
als  er»s(  hüll  todt  war,  wie  Ari>to(cles  Rbet.  II.  ^.  irgend 
eine  Rede  berücksichtigend  anfiihrt.  Durch  diese  L'ra- 
slaiide  erhält  die  Angabe  des  IHpiaii  zu  Demostlienes 
p.  '17  ed.  Dobs.  und  des  Scholiasten  p.  '.'•)!  ed.  Dobs. 
alle  Wahrsclieinlichkeit ,  dass  eben  der  Feldherr  Diiipei- 
tlies  der  Vater  iles  Komikers  lAleiiaiidros,  des  Kepliisiers, 
geiieseu  sei.  —  Aon  <i>'in  Ziisaniiiieiiliaiig  unseres  Dioti- 
mos mit  dem  Nauardien  ,  wie  ihn  Ilarpokration  nennt, 
und  anderen  desselben  K'amens  unterlasse  ich  absichtlich 
zu   sprechen. 

(Beschluss  folgt   im   nächsten  Hefte.) 


Ist  Horatius  ein  kleiner  Dichter?  Ein  Beitrag  zur 
Charakteristik  des  Horatius  von  Rudolf  Haiti  w. 
Halle,  gedruckt  in  der  Buchdruckerci  des  AVaisen- 
hauses.  iSiS.  28  S.  4. 
Diese  Schrift,  welche  sich  in  der  ansprechend  ge- 
niütlilirheii  AVidmuiig  als  Gelegenheitsschrift  kund  gibt, 
behandelt  eigentlich  zwei  Fragen;  nämlich  erstens  ilie 
auf  dem  Titel  angegebene  und  zweitens  das  schon  so  oft 
besprochene  A'erliähniss  des  Dichters  zu  Angustus.  Beide 
nicht  besonders  gliickli(li.  Was  die  erstere  aiibetrilft, 
so  besteht  eigentlich  Ilr.  II.  einen  Win<li(iühlenkauipf 
mit  deiu  Dichter,  indem  er  diesen,  was  ihm  nicht  ein- 
fiel ,  sich  selbst  einen  kleinen  Dichter  neniien  lässt. 
Was  Hrn.- H.  zu  diesem  Missverständniss  veranlasste,  sind 
die  AVorte  Carm.  4,  2,  27  f.  ego  apis  Ulatiiiae  |  niorer 
modcique  etc.  |  operosa  parvus  \  Carmina  fiugo.  Hier 
nenne  sich  Hör.  einen  kleinen  Dicliler;  wie  stinime  das 
mit  den  bekannten  Stellen,  iu  ileiien  derselbe  sein  gan- 
zes D.chterbewusstsein  kühn  und  stolz  ausspreche?  Hätte 
Hr.  H.  doch ,  ehe  er  diesen  scheinbaren  Widerspruch 
auszugleichen  sich  bemühte,  erMogen,  welche  s|)ecielle 
Bedeutung  das  AVort  parvus  in  der  roinisclien  Poesie 
habe.  Es  ist  bekanntlich  termiiius  technicus  vom  Liede 
und  der  Elegie  (das  hiiuiile  Carmen  Prop.  2,  10,  II.) 
im  Gegensatz  gegen  das  Epos  und  iu  der  augezogenea 
Stelle  gegen  die  Pindarische  Lyrik,  die,  in  A'ergleich 
zu  auderer  Lyrik  einen   oUciibar   epischen   Charakter   hat. 


943 


944 


Wululcrbar,     «lass    Hrn.   H.    nicht    Slellon    in    demselben 
Burlio,     wie    c.    1ö   z.    Auf.:    >'e   parva    Tvrrhpiiuin    per 
aeqiior  Vela  darem  aiifmerksaiu  niacliten,  weiiu   ihm  nicht 
huudert   andere    beilleleii,    »ie   Proj).   3,    '!■,  b' 
Parva  taiii   iiiagnis  admorain  fuiitibiis  ora 
Uiide  (latrr  sjtiens  Eiinius  ante   bibit 
und  rbpiidas.   v.    IS : 

iMcillia  sunt  parris  prata  tercnda  rotis 
Oiler  •.>,    i,    \1: 

Quid  tibi  fain  parvi  litloris  uiida   nocet? 
und   4,1,   .VS : 

Hei  milii,  quod  nostro  parvus  in  ore  sonus 
nnd  gleich  im  nädisfen  Verse  nennt  er  seine  Brnst  exi- 
guuin,  jjanz  in  dem  Sinne,  wie  exigui  elegi  gesagt  wird 
in  hezttg  auf  die  kürzere  Länge  des  Pentameters  im  Ge- 
gensatz zum  Hexameter.  S.  tn.  Erotik  S.  41-  u.  48. 
Aehnlich  tvie  im  Griechischen  iksyog  und  seine  Derivata 
anfänglich  nur  zur  i^orwl'ezeichnung  dienten,  erst  später 
als  iS'rtc/ibezeichnung ,  «inj  die  lyrische  Poei-ie  bei  den 
Römern  dnrcii  partus,  exi{;uus,  ludere  von  Horaz,  Pro- 
pcrz,  V'irgil  bezeichnet  im  Gegensatz  zu  grandis,  niagnus, 
canerp  des  epischeu  Diclitcrs;  Ovid  war  es  vorzüglich, 
welcher  der  lyrischen  Dichtkunst  mehr  das  Materielle 
bezeichnende  Beiwörter  gab,  wie  levis,  lascivus  (s.  auch 
dial.  de  erat,  r,  iQ)  und  danach  petulans  Stat.  Silv.  1, 
2,  7.  So  wenig  Properz  sich  für  einen  kleinen  Dichter 
hielt,  so  wenig  that  es  Horaz;  er,  der  selbst  sprach: 
Mediocribus  esse  poetis  etc.,  hätte  vor  sich  selbst  errö- 
then  müssen,  sich  für  einen  kleinen  Dichter  zu  halten 
nnd  doch  Gedichte  zu  schreiben.  IMan  wende  nicht  ein, 
es  sei  bescheidener  Ausdruck;  diese  Art  von  Bescheiden- 
heit wäre  selbst  uns  widrig.  Horaz  sagt:  „Ich  ein  Dich- 
ter in  kleiner  Gattunp;  dichte  mühsame  Lieder"  nach 
gewöhnlicher  Enallage  für:  Ego  operosus  parva  carmina 
fingo.  Das  Bei«i>rt  operosus  steht  im  Znsammenhange 
mit  der  dem  Horaz  cigentliümlichen  Anrufung  <les  IMer- 
kur  statt  des  Apollo.  .S.  Klausen  de  Frafr.  Arval.  praef. 
p.  XII  f.  Diess  führt  uns  auf  die  zweite  Frage,  welche 
Hr.  H.  zu  beantworten  sich  vorgenommen,  warum  besang 
Uor.  den  Aug.  nicht  in  einem  Epos  l  Der  Hr.  Verf.  geht 
die  einzelnen  Oden,  in  »velchen  AugUnt  erwähnt  wird, 
nach  ihrer  muthmasslichen  Chronologie  durch,  tadelt 
hin  und  wieder  Jani's  ästhetische  Urtheile,  bringt  übri- 
gens selbst  nichts  Ei  liebliches  bei  und,  nachdem  er  das 
alte  Lieil  von  dem  Kalten  und  Gezwungenen  im  Lobe 
des  .Augiistiis  wiederholt,  auch  nicht  der  Briefe  des  Au- 
gust an  den  Dichter  vergessen  ,  schliesst  er  S.  ..'rt  seine 
Untersuchung  mit  dem  Resultate:  „nicht  in  der  .Stellung 
des  Augustus  zum  Dichter,  sondern  einzig;  und  allein  in 
Horatius  sei  die  Veranlassung  (soll  wohl  heissen  Ursache) 
xa  suchen,  dass  in  den  meisten  Gedi<^hten  des  Hör.  aa 
jenen  nicht  warmes  inniges  Gefühl  zu  finden  sei."  Ganz 
richtig,  doch  aus  ganz  anderen  Gründen,  als  Hr.  H. 
meint  und  zwar  aus  den  Gründen,  welche  H.  selbst 
anführt,  und  die  ein  hypernkeptischcs  Grübeln,  das  am 
Ende  allen  Boilen  wegnimmt,  leichtsinnig  verwarf.  Nur 
eine  gänzlich  absfricte  und  verworrene  Vorstellung  von 
Republik  konnte  den  Hör.  zu  einem  Republikaner  ma- 
chen,   ihn,    den    Satirendichter,     welcher    einen    grossen 


Theil  seiner  Gedichte  zur  Blüthezeit  der  Aristokratie 
schwerlich  ungestraft  hätte  publiciren  dürfen.  So  weni«' 
der,  yvelcher  die  Kraft  des  Mittelalters  bewundert,  dess- 
wegen  dasselbe  zurückwünscht,  so  wenig  braucht  man 
darin,  dass  Horaz  den  Regulus  und  Cato  bewundert,  re- 
publikanische Jiynipathieeii  im  Sinne  dieser  Aläiiner  zu 
linden.  Horaz  ivar  achtungsvoll  gegen  August  aus  der 
innigen  Ueberzeugung,  derselbe  sei  eine  jVothwendig- 
keit,  er  verehrt  ihn  mit  Wärme,  wo  er  sein  löbliches 
Streben,  Sitte  und  Recht  wieder  herzustellen,  erwähnt, 
er  bewundert  sein  Glück  nnd  empfindet  <lieselbe  Ehr- 
furcht, die  uns  alle  ergreift,  wenn  wir  Jemandes  langes 
gefahr-  und  mühevolles  Leben  von  beständigem  Glücke 
begleitet  sehen.  Innigkeit  und  Wärme  äussern  aber  solche 
kritische  Naturen  ,  wie  Horaz  war,  nur  gegen  die  näch- 
sten Freunde,  und  wir  behaupten,  unser  Dichter  habe 
so  wenig  ein  preisendes  Epos  schreiben  können,  als  Les- 
siiig  eine  IMessiade.  AVenn  August  sich  beklagt,  dass 
ihn  Hör.  nicht  in  den  Satiren  envähnt,  so  lag  darin  ein 
sehr  richtiger  Tactdes  Dichters,  und  wenn  jener  die  bekann- 
ten Worte  hinzufügt:  An  vereris  no  tibi  apud  posteros 
infame  sit  etc.  so  weiss  ich  nicht,  ob  mehr  darin  liegt 
als  ein  unbefangener  ,  harmloser  Scherz,  »vie  ihn  August 
so  sehr  liebte.  Ihn  zu  preisen  konnte  zu  einer  Zeit 
nicht  unanständig  erscheinen,  von  der  Tacitus  selbst  sagt 
Ann.  1,1:  temporiiusrjue  Augusti  dicendis  non  dcfuere 
decora  ingenia  donec  (nämlich  etwa  zur  Zeit  nach  IIo- 
razens  Tode)  gliscente  udalatione  deterrerentur ;  ihm  zu 
dienen,  liebte  Horaz  zu  sehr  seine  Unabhängigkeit,  für 
die  er  selbst  sein  Gütchen  dem  IMäcen  zurückgeben  wollte. 
Zu  preisen  deuEpopöen,  zu  verherrlichenden  Gelegenheits- 
gedichten gehört  ein  ungetheiltes  Vorherrschen  der  Empfin- 
dung vor  der  Kritik  des  Verstandes;  wem  diess  nicht  gegeben, 
der  bleibe  davon  bei  aller  Anerkennung  des  zu  feicrndea 
Gegenstandes.  Lessing,  um  denselben,  der  mit  Horai 
so  manche  Aehnlichkeit  hat,  noch  einmal  zu  erwähnen, 
verehrte  Friedrich  d.  Gr.,  besingen  wie  Ramler  und  GIcim 
konnte  er  ihn  nicht.  Ferner  bekennt  der  Dichter  selbst,  wie 
ihm  die  zum  Epos  nothwendige  Eigenschaft,  anschauliche 
Beschreibungen  ,  z.  B.  von  Schlachten  ,  zu  machen,  gänz- 
lich abgehe  (Sat.  2,  I,  '2-'  fl-).  Solche  eigene  Geständ- 
nisse haben  doch  wohl  mehr  Gewicht,  als  die  wunder- 
samen Argumente,  welche  Hr.  H.  auf  den  letzten  Sei- 
ten anführt,  dass  nämlich  H.  gar  wohl  ein  Epos,  wenn 
er  ycwjlil,  li.üte  schreiben  kiiniieii,  iIl'iui  —  M.iecen  ti.  A.  hät- 
ten ihn  il.i/,u  anfgcfoidert  ,  denn  —  ci-  gälic  selbst  Regeln  über 
d.is  Kpcis  in  der  A.  P. ,  denn  —  er  li.ibe  reclit  !;ut  <l.iklyliscli- 
liei'oisclic  Hcsamcter  bililcn  kiiniicn  und  (Hr.  H.  setzt  hinzu: 
noch  mehr)  li,ibc  schon  den  Willen  scliaht  ,  es  /u  Ihun  (Carra. 
4,  t5)  Den  scheinbaren  Willen  llieilt  er  in  'ler  iililichcii  poe- 
tischen Form  aiissesprochin  ,  treilich  mit  Pinpcrz  ,  Ovid  und 
wer  weiss  welcher  Mcn^e  Dichtern.  —  Man  lasse  es  endlich, 
veifi'ihrt  durch  die  Künslliehkeit  unserer  socialen  Veibaltnissc, 
dem  Dichter  etwas  anfziibiirden  ,  was  iliin  fremd  ist,  und  fasse 
sein  Verh.illniss  zu  Anglist  rein  und  klar  auf,  \\'\e  er  es  selbst 
schildert  iinJ  wie  es  durch  alle  sonstige  Angaben  bestätigt  wird. 
Nicht  Antipathie,  wie  Hr.  H.  meint,  war  in  It.,  aber  aucli  nicht 
jene  reine  Uiiidliclic  Empfänglichkeit  für  Bewunderung  ,  welche 
Virgil  inwulinte,  und  yvelcbe.  ebenso  gut  und  mich  iiftcr  zum 
Panegyrikiis  treibt,  als.  was  Hr.  H.  als  Bedingung  anniiiinil,  innige 
llariiifinie  /wischendem  dichtenden  ücistc  und  dem  r.igcnstande. 
(Ireifswald.  Patdamut. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  ums  Wissenschaft 


Mittwoch^    2.    Octoher 


18  39. 


Nr.  118. 


Die  ITrkundcn  in  Deniosthcnes  Rede  vom  Kranz. 

(F  o  r  (  s  c  t  z  u  n  fj.) 
IX.    Das  Zeugniss  der  ^reopagilen. 

Das  »orliegenile  Acfeiisiiiik  ( g.  135.)  ist  nach  \Vi- 
niewsky's  Vcriiiuthuiig  mit  «'er  schon  oben  lesprocliencn 
Zeugenanssage  über  Anaxlnos  (g.  137.)  nicht  für  den 
gegentiärtigcn  Process  liber  den  Kranz  aufgenommen, 
sondern  bereits  fn'iher,  als  Denioslhenes  gegen  Aischincs 
wegen  seines  Verliältnisses  mit  Anaxinos  hat  klagen  wol- 
len ,  abgegeben  und  jetzt  etwa  zivülf  Jaiirc  sp.'iter  ans 
den  Acten  des  gar  nicht  zu  Stande  gekommenen  Proces- 
ses  entlehnt  «orden.  Schon  früher  haben  wir  unsere 
wesentlidien  Bedenken  gegen  diese  Verniutiiung  geltend 
gemacht,  eine  Vermuthnng,  die  auf  Seltsamkeiten  in 
jenem  durchaus  vcnladitigen  Zeugnisse  begründet  war. 
Dass  rielmeiir  die  beiden  Zeugnisse,  die  Demosthenes 
verlesen  lässt ,  ausdrücklich  für  diesen  Process  abgegeben 
waren,  ergibt  sich  aus  dem  beidemal  gebrauchten  Aus- 
ilrack  v.äl.tl  f^ioi  toi<to)v  jot'i  fLw.üTi'oac.  Oder  sollte 
der  voraussetzliche  Gelehrte  Zeugenaussagen  von  einem 
nie  geführten  Process  eher  gefunden  haben,  als  die  in 
dem  berühmten  Process  über  den  Kranz  wirklich  abge- 
gebenen 1\ 

Soll  also  diess  Zeugniss  überhaupt  echt  sein,  so  nniss 
es  dasselbe  sein ,  das  Demosthenes  hat  verlesen  lassen. 
Nun  begin/icn  die  Zeugen,  vier  Areopagiten,  ihre  Aus- 
sage folgendermaassen :  ^iuQTV()Uirn  zii}f^toa9evsi  vrjztQ 
dir  UV  T  vir  oi'ÖE.  Wie  kann  ein  Factum,  das  wenig- 
stens zwölf  Jahre  vor  dieser  gerichdichen  Verhanrllung 
in  der  Sitzung  des  Areopags  vorgekommen  war,  von  die- 
sen vieren  im  Namen  aller  Areopagiten  bezeugt  werden, 
deren  doch  natürlich  ein  grosser  Theil  erst  seit  jener 
Zeit  in  den  Areopag  gekommen  sein  niuss?  Ferner  wenn 
diese  vier  im  Namen  aller  zeugen,  wozu  sind  denn  noch 
vier  ubthig ,  warum  nicht  lieber  eine  amtliche  IMilthei- 
lung  aus  den  Protokollen  der  Versammlnngl  Aber  De- 
mosthenes ruft  ja  selbst  die  Zeugen  auf.  So  ist  das  ein 
Zeichen,  wenn  nicht  dafür,  <lass  der  Areopag  keine 
Protokolle  führte,  so  doch  dafür,  dass  der  Areopag  hier 
nicht  ein  amtliches  Zeugniss  abgab,  sondern  die  Zeugen, 
als  damalige  Mitglieder  des  Synedrions,  das  von  Demo- 
sthenes gewünschte  Zeugniss  in  ihrem  eigenen  Namen 
leisteten.  Und  das  ist  auch  natürlich  ;  denn  wie  wird  der 
Areopag,    was  doch  nothwendig  gewesen  wäre,    in    einer 


Sitzung  eigens  beschlossen  haben,  dass  die  und  die  Na- 
mens Aller  zeugen  sollend  Auf  ilie  sehr  trivialen  Namen  *) 
dieser  vier  Ehrenmänner  aus  dem  Areopag  ist  Nichts  zu 
geben,  wohl  aber  mag  man  in  einem  Zeugniss  dieser 
Art  eine  Wendung  wie  UTl  TOV  dij/tov  7ror£  t^'^^- 
TovriOarTog  für  etwas  durchaus  Wunderbares  ansehen. 
Ein  anderes  entscheidendes  Bedenken  wird  weiter  unten 
zur  Sprache   kommen. 

Demosthenes  1,'isst  dicss  Zeugniss  vorlesen,  nachdem 
er  erzählt,  wie  Antiphon,  der  durch  die  Abstimmung 
seiner  Demotcn  als  Nichtbürger  ausgestossen  worden  sei, 
dem  Philippos  sich  erboten  habe,  die  Attischen  Werften 
zu  verbrennen,  wie  er  dann  durch  Demosthenes  ergriffen 
und  vor  das  Volk  gestellt  sei,  Aischines  aber  durch  sein 
Geschrei  die  Loslassung  erwirkt  habe,  woranf  der  Areo- 
pag denselben  von  Neuem  ergriffen  und  der  Gerechtig- 
keit überliefert  habe.  Darauf  habe  das  Volk  für  den 
von  den  Deliern  begonnenen  Streit  über  den  Delischen 
Tempel  Aischines  als  Anwalt  gewählt,  der  Areopag  aber 
denselben  aus  Rücksicht  auf  die  Antiphontische  Sache  zu- 
rückgewiesen und  dem  Uvperides  zu  sprechen  aufgetragen. 
Uebe"  diese  Dinge  hat  Bückh  in  seiner  schönen  Abhandlung 
„Erklärung  einer  Attischen  Urkunde  über  das  Vermögen  des 
Apollinischen  Ileiligthums  auf  Delos"  (Abh.  d.  Berl.  Akad. 
aus  dem  Jahre  lS34j  p.  U  ff-  gesprochen.  Deinarchos  (xutu 
Jij^toa».  g.  63.)  sagt:  tdii}i]  tujv  äcp  'AQfxoSiov 
yeyovoTMV  elg  x«Ta  to  ouv  itQU<iTay(^a.-  iar^eßkoj- 
aav  'JvTicpijivTa  y.at  ä^rATHtvav  ovroi  ttj  r/;g  fiov- 
kr,g  äiTOCpüaei  Tteio^iire:.  Diese  Bezeichnung  des 
Antiphon  als  Nachkommen  des  Ilarmodios  und  nicht  min- 
der das  Verhälfniss,  das  er  mit  Philippos  anknüpfte, 
scheint  es  glaublich  zu  machen,  dass  er  derselbe  ist, 
der  Ol.  lOJ.  3.  mit  Charidemos  an  Philippos  abgesandt 
wurde,  wegen  Amphipolis  zn  unterhandeln  (Theopomp, 
bei  Suidas  Ti  tari).  Wie  arge  Dinge  bei  solchen  Ab- 
stimmungen der  Demen  vorkamen,  lehrt  unter  Auderm  die 
Demosthenische  Rede  gegen  Eubulides,  und  dass  die 
dort  besprochene  d!alp>'ff"J/i  aus  dem  Jahre  des  Archia» 
Ol.  108.  3.  zu  vielen  Intrigucn  Veranlassung  gab,  zeigt 
unter  Anderm  des  von  dem  Schauspieler  Philemon  (Aristo*. 
Rhet.  in.  IJ.)  bestochenen  Timarchos  Verfahren  gegen 
Philokades  deu  Kydathener  (denselben,  gegen  den  in  an- 


*)  Die  Areopagiten  hcisscn :  Kallias ,  der  Sunier,  Zenon, 
der  Plilycr,  Klean,  der  Phalerecr,  Demonikos ,  der  Ma- 
rathonier. 


947 

derer    Sache    eine    Rode    lies  Deinarrhos    ferir)i<et    war, 
B.   DioiiTS.    de    Ulli.    |j.   ,')i()    ed.   Taiicli.)    AiscLiii.    /.(ird 
y'iiiaoy.   §.    It4.   77.       Ans    dieser    fi/c'.ilii;(ffO/z  auf  der 
einen,    und    der    bei   Deni(>>tliriif-i    gleirli   nach   dem   ror- 
liejenden  Zeugnisse   liesiiroclieiien  An«  esenlieit   des  PydioD 
in    .Athen    anf    der    andern    Seife    hat    13üikh,    indem    er 
letztere    mit    AViiiieivskv    in   Ol.    Kl').    1.     setzt,    die    Zeit 
des    Delisdien     llc(  litsliaiidels     in     oder    gleicli     nach     Ol. 
lOS.   .'■!.    bestimmt.      Jedenfalls   mnss   IJeides  ,   der   Delisrhe 
Rerlitsliandel ,   sowie   das   Verfahren    gejjen  Antiphon    narh 
Aisiliines     Rede   jjejen    Timarrhos    anifenommen    werden, 
da    der    Redner,    »enn    er    zneimal    so   bitter  durch   den 
Areopa^    "jekr.'inkt    «orden,    «olil     nieht    jene     ehrenvolle 
Schilderung   |5}.   Sl    fl.    gemacht   haben    »vürde.     Wir   haben 
g«fundeu,   dass  die  Gesandtschaft  des  Pjthon  in  Ol.  IQ!)-  4. 
gehört,    und   da    »vedcr   Deniosthenes ,    noch   Aischines  in 
der  Rede  riioi  TTdoaTtotoßitO.s   ''a«  Geringste   Tiber   An- 
tiphon   und     die   Delisrhe  Angelegenheit    äussern  ,    glaube 
ich  annehmen    zu    müssen,    dass    beide  später,    als   diese 
Reden    edirt    worden,    anzusetzen    sind.       Und    mau   niiiss 
gestehen,    dass    et»va    das  Jahr    .i4.?    oder     H4 1     für   diese 
Angelegenheiten   ungleich  passender  ist,  als  ein   früheres. 
Dauials,  als  der   Krieg  ^egen   Bvzanz   und   den  Chersones 
begann,   konnte   Philippns   ein   Interesse    haben,     die    Atti- 
schen   \\'erften   zu   verbrennen,    oder   Demosthenes    es   den 
Areopagiten    uahrscheinlich     machen,     dass     er    es    beab- 
sichtige.     Ja,    Deniosthenes    deutet    weder    in   der   dritten 
Philippischen,  noch  in  der  lom  Chersones  iliess  hüchst  wich- 
tige Factum  au  und  hätte  doch  namentlich  in  der  letzten  tS.  45 
(tu)v  dt  '.Idijn-oi  kiiiivdjv  y.ai   vtrviouuv  y.ui  voiiioiov 
•   .   .    ory.    l-rTtüviiSi'v )    kaum     davon    schueigrn    können- 
Ich   bin   überzeugt,   dass  die  Ergreifung   und   Hinrichtung 
des   Antiphon    in    den   Herbst    dieses  Jahies    .S4l     g-ehürt, 
wofür    auch    die    Stelle    in     der    Rede,      wo    Deniosthenes 
davon   spricht,   entscheidet.       >"i<ht   mit    llnrecht   datirt   er 
(§.    ()U.    und    7(1.)   vom   Jahre   des   Pvthodotos   seine   Staats- 
verwaltung;   seit    dieser    Zeit    leitete    er    die    Politik    der 
Stadt,    unterstützt    durch    den  Areopag,    seit    dieser  Zeit 
wurden   höchst  energische  und  znm  Theil  rechtsverletzende 
3Iaassregrln   ergriUcn,   um   das  >'oIk   zum   Kriege    und    z{ir 
Jiöcli>ten    Anstrengung    zu   steigern,     um    es    dem   Eintluss 
der   Reichen,   der  Friedenspartei    zu  entziehen ,    iliirdidie 
eben    jetzt    die    AVahl    des   Aischines    zum    Anwalt    in    der 
D.-lischen  Sache  und  im  folgenden  Jahre   die    des  Aischines 
und    .Ueidias   zu    Pdagoreu   durchgesetzt   wurde.       Seltsam 
genug  standen    die   zwei   Parteien    gegen    einander;'  Demo- 
slhcnes,   der   sich    von    Anfang   her   den    Vertreter   der   Ar- 
men   gegi-n    die    Reichen    genannt    hatte,     agirte    nun    mit 
dem    Aeropa;;,   dessen   Beruf  und   Stellung   etwas  durchaus 
Lndemokratisches   an   sich   iiatte  ,     und  jene   Reichen    wie-! 
iler,    deri'ii    Fnlirer   Eubiilos,   so     lange    mit   dem    grüssfen 
Vertrauen     von     Seiten     des     Volkes    ausgezeichnet,      den 
entscheidenden    Linlluss     in    der     Verwaliung    des    Staates 
gehabt  hatte,  sehen  "sich  jetzt  trotz   der   Popularil.'if ,    die 
sie   zu    haben    glaubten,    den    Aufeindungeu     des   Areopags 
ausr,,.<,.|,,<^    ,|r„    ,„,„    seiner   >atur   nach   eher   auf    ihrer, 
als    der    <i'egi,er   S.-ife    zu    finden    erwarten    mnsste.      Seit 
dersell.cu    Zeit    (Ol.     lU".     i.  )    übernahm    Lvknrgo,    die 
Verwaltung,   die  er  so   rnhmli.h   fnhrfe,    nn((  seit  dersel- 
ben Zeit    begann   jene     Verbindung    mit    dem   Pclopounes 


948 

und  Eubofa,  deren  nächste  Folge  die  Befreiung  der  Insel 
und  iler  Angriff  anf  Thessalien,  die  Kriegserklärung 
gegen  Philippos,  die  Rettung  von  Bvzanz  und  dem  Cher- 
sones   wurde. 

Nun   beachte  man   Aischines   Thätigkeit  in   Delphui  in 
der  Frühlingspvlaia  339;   was  dort  geschah,   war  den  Athe- 
nern  durchaus    unerwartet,    sonst    würde    man    unmöglich 
Aischines   Wahl  als  Pjlagoros  dem  Areonag  zur  Cassirung 
vorzulegen     unterlassen    haben.        Athen    entzog    sich     Act 
ausserordentlichen   Amphiktvonenversaminlnng    und   decre- 
tirte   an   dem,    was    dort    beschlossen,     gethan   oder    bera- 
theii    würde,     keinen    Aiilheil     haben    zu    wollen.       Und    in 
solchen    Zeitläuften   sollte   siih    Athen    dein    Ausspruch   der 
Amphiktvonen    in    Bezug   auf    den   üelischen   Tempel   aus- 
njesetzt   haben?     AVurde    Antiphon    im   Herbst    34 1     hinge- 
richtet, so   konnte   die  Delische   Sache  erst  in  der  Früh- 
Ingspylaia  35U  nach   Delpboi    kommen;    und   damals   war 
zwischen    Athen    und    Ulakedonien     schon    fast    oH'enbarer 
Krieg,    wenig  fllonate    später    wurde  die  Stele    des  Frie- 
dens   umgestürzt;   ilenselbeii    Verlauf   iler   Dinge,    welchen 
Deniosthenes   und  seine  Freunde   nach  Aii^ihines   unseliger 
fliission    als    unvermeidlich    erkannten  {■^lukenov   Eii;   tijv 
'./zTiy.i^v  et^aysic  Tzuksfiov  'A^Kfiy.THuviy.ov  Dem.  imeo 
Axra.   1^.    143.),  sie  sollten   ihn,   wenn   nicht  selbst  her- 
vorgerufen,   so   doch    durch  Sendung  des  11  vperides  gleich- 
sam   im  Voraus   anerkannt   haben?   Doch    wird    mau   sagen, 
gerade    diese    Sendung    war    das     einzige     Mittel,     solche 
gefährliche    Weiferungen    zu    vermeiden,     die   sie    fürchten 
musstm,   wenn   sie,    in  üelplioi    von   den    Deliern    verklagt, 
sich    diesem    Gericht   nicht   stellten;     und    da    \tir    aus   In- 
schriften   folgern    können    (Corp.     Iiiscr.    Nr.     I  <)').),    dass 
Athen   in   diesem   Process   gesiegt,   so  ist  ja  ihr  Verfahren 
ohne  alle   Gefahr  gewesen.      AVir  nehmen   an,   dass  Delos 
so  gilt    wie   Athen    zur    Amphiktjonie    und    zwar    zu    der 
Ionischen   Stimme   gehörte;    dass    aber    der   Bund    ein   ge- 
richtliches  ^'erfahren   dieser   Art  zwischen  Ainphikf voiien- 
gliederu    einzuleiten    gehabt    habe,    müsste     erst     bewiesen 
werden.       So     oft    Philippos  .den     Athenern     gerichtliche 
Entscheidung    über    Halonnesos ,     Kardia    u.    s.    w.     anbot, 
nie   war  davon  die   Rede,   an   die  Amphiktyonie  zu   gehen. 
Aber,   sagt   mau,   hier   handelt   es  sich  um  heiligen  Besitz. 
Als    die    Athener    die    Insel    besetzten,    als    sie    Alles    bis 
auf  das   Heiligfhum    wieder   freigaben,     geschah    es    wohl 
xctTU   -/oljoutjv  Tiva,    wie   Thiikvdides  sagt,    aber   nicht 
nach     richterlicher    Entscheidung    iler    Delphischen     Am- 
phiktvoiiie.      So    glaube    ich,     dass    dieser   Streit    durchaus 
nicht     von     der     Delphischen     Amphiktvonie     entschieden 
werden     konnte.       Dafür    linden    wir   einen    Beweis    in   den 
Worten    aus    Hvperides    ^i/k/axui    (bei    Boeckh    p.   IS  )■ 
£vxuvi}i   ^üirai  'u(/j  'A:i6K\o)VI  ÖGi]fd()ai,  y.ai  /as- 
p/'s    y<u    Seinvuv   nauavi'JcKi.i.       Diess    ,^hier''^    kann 
durchaus   nicht,    wie   Bockli    meint,    Delplioi ,   es   kann    nur  j, 

Delos   oder   Athen   sein.       l'nd    allerdings   findet   sich   eine  1 

uralte  AmpliiktMinie  von  Delos,  aber  —  diese  Amphik- 
tvonen von  Delos  seit  der  Wiederherstellung  durch  Athen 
sind  Attische  Beainfete  ('J/i(f//.Ti>uvCi  \i"hjvaiujv )  wie 
die  Inschrift  aus  den  Jahren  Ol.  1Ü(».  4.  bis  Ol.  Idl.  3. 
bew.isel;  und  seit  jener  Zeit  bis  auf  Ol.  lll.  ist  keinß 
Ver.'iiiileriing   in    diesig    Vcrii.'llliusse    gekommen. 

Wie    man    sich    die  iSache    auch    saust    fingiren  mag, 


949 


950 


weiler  vor  «Icn   Delpliisclieii ,   noch  vor  »Ipii  Dcllsrlion  Am- 
pliiktvoiien    können    «lio   Delier    ihre   Klaj;c    anhänjjij   pfe- 
niachf  Italien,     unti   in   Delos   oder  Atlien   inuss   <lie  8arhe 
verhandelt  sein:   üeniosthenes  sagt :   )■  fjuuKi]  ;;  ii;  -I(jtiov 
Uuyov   ....  x^tuuTui'ii(rdi'TOjv    uvvov    i'fxuiv  ovvdi- 
y.ov  vtiIq  Toi'  h()ou  lov    iv  zii'^Xv)  ....  tu;  ttqosi- 
Xeirde    'jtaxeivj^v   y.ai    tov   TTgäy/taroq   xcgiav  tnoii^- 
crars,    tuinov  pep    cvOvg   diri^Kaasv    wq    nQuducijv , 
y^iegidr]    öe    Xeyetv    7TQ0i;frat£ ,    uml    liann ,    nachdem 
«las  Zeti<rniss  gelesen   worden:   oi'V.Oliv   iiTE  xoi'TOV   fJik- 
liovToq  Atyeiv,    diTijkaiTSv  ai'vuv  l)  ßoi'Xi)  xae  tt^oc- 
£Ta^6V£T€^(»,    TviE    y.ai    Tt()o8uTr]V  (hat  y.ai  xuy.o- 
l/oi'V    t'fav    dniqijvev ;    leider    ist    das    wc    noosil.£ad£ 
y.dy.tivrv    durchaus   undeutlich   und   wird   auch   durch   die 
Emendation    ngozeiLsoda    nicht    «tuen   besser;    die   AVen- 
dunj  bei   I)eir>archos    (znr«   ^'if-   §i-   ■^^^•)    dvd.yy.Tj  ti^v 
fjoiikiJL>    Ti^jv   i^   '^lotiov    ndyov   xard  dio   TQurroi.; 
7roi£i'o!}at   Ttti^    d-Tocfdcre/i   ndoa<;    .    .   .    ijToi  ai'rrii/ 
X  p  ()  fXo  iisitj  V    y.ai   Uirr.aacrav  ri   tov    Sijjiov   ngog- 
Tr/.^ti.'TUi     ai'TTJ ,     diese     VVendunj;    würde,     wenn    man 
sie  als  die   des   officiellen   Spracl^^cbrauchs    uehmen   darf,, 
für   unsere   Stelle   eine  Emendation   ergeben ,   wie   mau  sie 
in   dieser    Rede   des  Demosthenes   nicht   wagen    darf.    Gern 
Hürde   man   aus   dem  yfolav   'ina/rrravs    un<l   dem   /itk- 
^ovTOg  ktyiiv  entuehmen,   dass  die  Sache  vordem  Areo- 
pag    verhandelt     worden  ,      wenn     statt     des     zweimaligen 
3Tpo5r«rTf/i'    etwa    y.tkfl'S/v    oder    at/orv    stände;    das- 
selbe   wi'irde    unter    Andern   auch    Pliilostratos    bestätigen 
(Vit.  Soph.   I.  18.):   £71/    de  xiji  xuvailii-qto9ivTt  '.4v- 
TKfujvTi  ijkv)  [t>)  y.oiDeii  xai  dcpeikowo  atnuv  oi  i^ 
.■I^siuv-Kayov  ru   fui  ov  ovvim^iv   crcpicnv    vnsQ   tov 
Ifuov   TOV   iv  /irj.ip.     So  sonderbar  es    erscheinen  mag, 
ich   glaube   Delos   hat  Athen   in   Athen  selbst  verklagt;   es 
haiidelfc   sich  ja   um  eine   Frage,   die   man    wenigstens  als 
eine   rein   juristische  ansehen   konnte,     und   Delos  riskirte 
eben    Mclits    weiter,    wenn     es   den    Attischen    Staat   dahin 
beHegen     konnte,      einmal     die    Sache     auf    gerichflichem 
AVege   zur   Kntscheidung   zu    bringen    und   sodann   si(  h    mit 
den    Dcliern,   nach    der   für   dergleichen    Verhältnisse   lier- 
kömniliilieu    Weise   des   Hellenischen   Staatsrechtes,     über 
eine    .t«//^    t/./.htjjoz    oder   Aus(ragalin.*taM2    zu    verstän- 
digen, an   die   beide   Parteien  nach    erfiiigfem   Spruch  ap- 
pelliren    konnten.       Dass    sich    aber   Athen   auf   jenen  ge- 
ricliiliihcn    Weg    einliess,    mag    hinreichenden    Grund    in 
den   polidschen    Verhiiltiiisseu    der   Zeit    haben;    und    dass 
Philippos    auch     auf    ilen    Inseln     um     Delos    herum    sehr 
thatig  war,   er{i;ibt  sich  aus  dem  ,   was  Demosthenes  ((;jT6p 
Är;-0.   ^.  19".)   über  Naxos   und   Thasos  sagt;  und   unter 
den    Pianeu   <les    Alexandros,    deren   .Ausführung  sein   Tod 
liiiiderte,     war    auch    der    Bau    eines    Tempels    in    Delos 
(Diod.  Will.  4.). 

Ohne  die  weiteren  politischen  Combinationen  zu  ver- 
folgen, die  sich  hier  ergeben,  wiederhole  ich,  <lass  von 
einem  Aniphikfyonischen  Process  fii^'lich  nicht  die  Rede 
sein,  und  die  derartige  Bezeichnung  in  dem  vorliegenden 
schon  verdächtigen  Zeugnisse  nicht  elien  zu  seiner  Ehren- 
rettung dienen   kann. 

X.     Das   Tiieraichinclie  Gesetz. 
Die  Zeit,    worin    das  Tricrarchischc   Gesetz    des  De- 


mosthenes (§.  105  ff.)  beantragt  «orden,  oder  richtiger 
in  Wirksamkeit  getreten  ist,  scheint  sich  aus  der  Anord- 
nung der  Rede  vom  Kranz  zu  ergeben  ;  denn  wenn  die 
rednerische  Anordnung  auch  keineswegs  die  einer  stren- 
geren Chroiiol(?gie  ist  ,  so  mnss  sie  doch  von  derselben 
in  soweit  biherrscht  werilen,  als  die  Be(leiiten<lheit  und 
der  Einfliiss  des  geltend  zu  machenden  Factums  durch 
sie  bedingt  ist,  und  erst  durch  die  Einsicht  in  die  ge- 
schichtliche Folge  der  besprochenen  Begebenheiten  kann 
man  die  ungemeine  Kunst  der  Anordnung,  die  Demo- 
sthenes in  dieser  schönsten  seiner  Reden  bewährt  hat, 
vollständig   erkennen. 

Aischines   hatte   Demosthenes   offeutliche  Thätigkeit   in 
vier    Hauptabschnitten    betrachtet,     seine    Theilnalime    an 
dem   Frieden    iles    Philokrates ,     sein    Benehmen    während 
dieses  Friedens   (,J4ii  —  341),   die   Kriegsjalire  ,     dann   die 
Zeit    nach     <ler   Schlacht    von    Chaironeia    hinter   einander 
besprechend.      Demosthenes    folgte    der    Aufforderung    des 
(iogners     nicht,     dieselbe    Anordnung    zu   beobachten;    als 
draussen    liegend  absolvirt  er  in  der  Einleitung  jenen  ersten 
Alischnitt;    von    der   Zeit   erst,    wo   seine   eigentliciie   Vor- 
st.^ndschaft   im   Staate    beginnt,     will    er   genauer   sprechen 
(  ^.   ti().).      Aber    die    Auflösung,  des   Friedens,    macht    er 
geltend,   sei    auch    noch    nicht  sein   Werk   genesen   (1^.71. 
7".),   die  A'erhandlnngen    über   ilie  Plünderung  der  Schilfe, 
die   den   Krieg   zur    Folge    hatten,   seien   ilnrch   Aristophon, 
Eiibulos ,     Diopeithcs  ,    nicht    ilurih    ihn    gemacht   »iirden. 
Aber    was    er     selbst    gctiian    und    geniikt,    das    nimmt   er 
nai  h    einander    und     natürlii  h    in   der    Weise    durch  ,     wie 
jedes   am    bedeutsamsten    erscheint,    und    zwar   zuerst  seine 
Tliätigkeit   zur   Befreiung  von   Eiib<iia,    dann   die   Expedi- 
tionen  zur   Rettung   von   Bvzanz    und    Perinfbos  ,   dann   das 
Trierarchische   Gesetz.      AVäre    das   Trierarchische   Gesetz 
früher,   als   der   Seezug   von  Byzanz,   so   hätte  Demosthenes 
es  nicht  bloss  vor   demselben    besprechen,    er    hätte    geltend 
machen   müssen,   dass   die    herrlichen    Erfolge  jenes   Zuges 
einzig    und    allein    durch    die   Verbesserungen,    die    er   in 
der   Trierarchie    gemacht,    möglich    geworden  seien;    das 
aber  sagt  er  nirgends.     Vielmelu'  wo   er  von  dem  Seezuge- 
nach   Byzanz  spricht  {dnorfiöt  ovq  äTCavTUC,   ÜTlLaTtlka 
^.   fSO.) ,    erwähnt   er,     dass    er    die    Sendungen    beantragt 
habe  ,   spricht   er   noch   nicht  von  den  neugeordneten  Trier- 
archieen,  -was   nicht    zu   vermeiden   gewesen   wäre  ,    wenn 
sie  jenen    vorausgingen.      Ebenso    weiss   Demosthenes   nach 
Lesung  des  Gesetzes,   wo    er   beweisen  ivill,   TltipC-v   hpyoy 
8eöuyy:evai ,     nur    anzuführen,     dass     keine    Klagen     der 
Trierirchen     wegen     Bedrückungen     vorgekommen  ,     kein 
Schiff   verloren    oder    bei    der    Fahrt    nachgeblieben     sei, 
und    hätte   iloch     nieder    hier    von   dem   Einlluss   desselben 
auf    die    glückliche     Beendigung     des    Seezuges    sprechen 
müssen,     wenu    es    demselben     vorausging.       Aber   freilich 
stehen   hier  die  AVorte:    ■:id.vTa    ya.o   tov    TEoks uov 
TW!'    dnoarokvjv    yiyvoftsvutv    y.aza    ■vov   vöf^ioi?   tov 
SUiV,    womit,     hcisst    es,     man    doch    den    Bvzantischea 
Krieg   gemeint   voraussetzen   müsse.       Allerdings   nach    der 
unrichtigen    Ansicht,    als     wäre    im    .Sommer     {39    Friede 
gi-niacht    und     im    Frühling    33S     der    Amplilktyonenkrieg 
begonnen.    Aber    wir  haben    uns   überzeugt,   dass   der  Krieg 
ohne   Unterbrechung   fortHährte,   und    es   ist   keine   Frage, 
dass   Athen   nach   dem  Entsatz  von  Byzanz  seine  Seemacht 


951 


952 


sonolil  «lipsea  Herbst  '^$9,  als  im  ii.'irhsfcn  Jahre  thätig 
sein  Iiess;  daäs  die^s  Demostlieiips  libcrtreibeiid  TT  M  v  t  a 
ro'.'  TTuKeiiuv  iipiiiit  ,  »viril  Nii-iijaiul  aulTalleiKl  fimlen.  *) 
Dass  die  Tricrarchie  mit  dem  Aiifaiijfe  des  bi'irjjer- 
lirheii  Jahres  bes:^""  i  '**  unter  Aiiderm  aus  der  Rede  des 
Dcmostheiies  :ri>o;  flokiy.Kic'.^-  14  t'ar;  danach  zu  urthei- 
Icn,  musste  die  von  Demosthenes  gemachte  Neuerung  mit  dem 
vollen  Jahre  und  zivar  Ol.  1  l().  ,'.  beginnen,  das  Gesetz  aber, 
da  es- die  Klage  der  Paranomie  lorher  ilurchzumarhen  und 
gewiss  mit  vielen  Intriguen  iler  Reichen  zu  kSmpfen  hatte, 
«ar  gewiss  geraume  Zeit,  Monate  lang  vorher  beantragt 
ifordeii.    — 

Demosthenes  will  die  von  ihm  gemachten  Trierarchi- 
schen Ucstiininungen  verlesen  lassen;  er  sagt  (|§.  10>) 
Xrti  iiioi  /Jye  Touicov  uev  to  (pi/(f/oua  y.aff  ü  £i;i]k- 
9ov  Tlf  youcpijv.  Statt  dessen  finden  wir  nun  in  un- 
seren Blichern  ein  seltsames  Ding,  eine  Art  von  Protokoll 
nicht,  sonilern  von  Bericht  über  ilie  Geschiciife  des 
Gesetzes:  dann  und  dann  brachte  Demostlienes  ein  Gesetz 
ein,  statt  des  bisherigen  Trierarcliischen ,  Ruh  uiuM'^olk 
nahm  es  an,  Patrokles  klagte  dagegen  aul  Gesetzwidrig- 
keit und  gewann  nicht  den  fünften  Tlieil  Stimmen  und 
xahlte  ille  füiifliundcrt  Drachmen  Strafe.  Dass  diess  es 
nicht  iit ,  was  Demosthenes  hat  verlesen  lassen,  versteht 
sich  von  selbst.  So  hat  wolil  der  oft  besprochene  Ge- 
lehrte, der  die  Urkunden  einschaltete,  statt  des  eigent- 
lichen Antrags,  den  er  nicht  in  den  Archiven  und  resp, 
Sammlungen  fand,  diess  Protokoll  aufgenommen?  Boerkh 
de  .-trch.  pseud.  p.  140.  sagt:  hie  libellus  de  absoluto  in 
yoauv  rcuoavöuujv  Demosthene  in  acta  senatus  et  po- 
pali  relatus  iit  de  ratihabitione  legis  constaret  etc.  Aber 
>venn  ein  Psephisma  angenommen  war,  so  konnte  es 
durch  eine  you.(fj7j  TtuouvuvuiV  zwar  einstweilen  suspen- 
dirt  werden,  trat  aber  nach  glücklichem  Ausgang  des 
Processes  in  seine  Gültigkeit,  ohne  durch  jene  Ivlage 
im  geringsten  besser  oder  schlechter  geworden  zu  sein; 
-«vozu  also  der  Beisatzl  Ferner,  mochten  die  Acten  der 
K.lage  immerhin  denen  des  Gesetzes  beigefügt  werden, 
80  bildeten  sie  doch  keineswegs  etwas  wesentlich  Zusam- 
mengeliörendes ;  und  da  gleich  darauf  in  unserer  Rede 
auch  die  Rataloge  zu  lesen  sind,  so  miiss  man  sich  wun- 
dern, dass  diese,  die  doch  ein  integrirender  Theil  des 
Gesetzes  waren,  gerettet  worden  sind,  während  das  Ge- 
setz selbst  verloren  ging.  In  dem  Acteiistücke  des  Ge- 
setzes kann  demnach  das  Protokoll  nicht  gestanden  haben; 
so  wird  es  also  aus  einem  Journal  der  Bule,  der  Ekkle- 
sie ,  des  Mctroons  u.  s.  w.  sein?  Oder  es  beginnt  mit 
den  Worten  ETti  doxovTOi  Ilokvyj.envi ,  und  der  muss 
ja  nach  der  oft  besprochenen  Hypothese  der  Prvtanien- 
schreibcr  sein  ,  dessen  Name  an  die  Stelle  <les  als  Fach- 
überschrift  verlorenen  Archontennainens  gesetzt  worden 
sein  soll;  also  doch  wieder  aus  dem  Archiv  und  aus  dem 
Acteiistücke  im  Archiv,  Und  wieder  diess  ist  vollkommen 
anmüglich;  es  heisst  enl  UQ^^^owog  Hokvxksovi;,  jj,ijvdq 

*)  Um  Einwänden  zu  bejcunen ,  bemerke  ich ,  dass  to  riXev- 
TuTf)!'  bei  Aischin.  xutu  Krtju.  §22.1.  keine  chronologische 
ISeatiinmung  ist,  s.  Winicwsky  p.  350. 


BoijSQoutoivoi;  syrrj  sn't  Siy.a  Jlokvy.keovq  ..... 
cpv/.ij;  ■jTOiTUVtL'oiai]^  'iTlno^otuiTiöot;  zJijfioad-evT}^ 
.  .  .  et'iiivsyy.e  vüfiov  ....  x«i  iirexs'QOToyijaev  i) 
/jovkij  y.ul  6  dij^io^-  y.al  d^ijveyy.s  TVagavomov  zJij- 
fioai^ivst  llaxoo^kr,q  (Pkvei's,  ycü  tu, /itQuq  tiov  ijj);- 
(füjr  Ol'  kaljuiv  drtiTtae  tu^  Trevruy.ooiaQ  Sija^^udi;. 
Soll  diess  Artenstück,  was  es  auch  immer  bedeute,  echt 
sein  ,  so  musste  es  in  der  Datirnng  eni  Ilokvykiov^ 
ohne  ((QXnVTOi  gelautet  haben;  Polykles  war  dann 
Schreiber  der  dritten  Prytanie  ;  am  vierten  Tage  derselben 
brachte  Demosthenes  das  Gesetz  ein ,  gewiss  erst  iu  den 
Ratli  ;  bis  es  dann  in  die  Ekklesie  kam ,  die  Klage  ein- 
gebracht, instruirt,  vor  Gericht  verhandelt  wurde,  war 
doch  wohl  die  dritte  Prytanie  längst  zu  Ende  ;  wie  konnte 
denn  nun  noch  der  Schreiber  der  dritten  Pr^-tanie  an  der 
Spitze  stehen?  Oder  sollen  die  Worte  von  xni  dirijveyxe 
TTt'.oarouoif  an  etwa  gar  von  der  Hand  eines  späteren 
Prvtanienschreibers  beigefügt  sein?  Wozu  hätte  dann 
sich  Polykles  die  Mühe  genommen,  das  bei  dem  Acten- 
stücke  beizuschreiben,  was  fast  ebenso  kurz  in  dem  Pse- 
phisma selbst  stehen  musste?  War  die  Beifügung,  dass 
das  Gesetz  die  Paranomie  glücklich  überstanden,  so  wich- 
tig, warum  schrieb  iler  Schreiber  der  späteren  Prytanie 
nicht  nach  der  Datirung  etwa  so:  ,, nachdem  Demosthe- 
nes das  und  das  Gesetz  eingebracht,  und  nachdem  es 
vom  Patrokles  als  widergesetzlich  angeklagt  worden  ,  der- 
selbe aber  im  Process  nicht  den  fünften  Theil  der  Stim- 
men erhalten ,  und  in  die  betreffende  Strafe  verurtheilt 
ist,   tritt  das   Gesetz   in  Kraft. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

M  ii  n  s  t  ereifel ,  den  27.  Juni.  Bei  dem  eine  Stunde  von 
hier  gelegenen  Dorfe  Wei  ng.i  r  te  n  sind  beim  CUaiissecbaiie 
die  Funilainenic  eines  alten  Gebändus  t>Iossj;elegt  wurden,  die 
n.icb  der  eigiiitlii'iinliclien  Abllieiliin;;  und  Ausdehnung;,  sowie 
dem  zum  Tbeil  i^ut  erhalleneii  Mnsuikbnden,  auf  ein  römisches 
Bad  scblicsscn  lassen.  Zu  bemerken  ist  dabei  ein  kleiner  Kanal, 
der  von  dem  Gebäude  auf  das  Eiftflüsschen  zufiihrt ,  sowie  der 
Umstand,  dass  sich  die  Roste  dieses  einsl  glossartigen  Gebäu- 
des ganz  in  der  Nabe  des  sogenannten  Teiifclskanals ,  einer 
rüiuischen  Wasserleitung,  von  der  liier  nocli  grosse  Stücke  gut 
erhalten  sind,  befinden.  Wie  verlautet,  soll  von  Seiten  der 
Königlichen  Regierung  zu  Köln  weitere  Nachgrabung  beabsich- 
tigt sein,  so  dass  man  vielleicht  interessanten  Entdeckungen  ent» 
gegonselien  darf. 

Zwickau.  Das  Programm  zur  ülTenllicben  Prüfung  am 
dasigcn  G.vninasinin  vom  is  —  20.  März  18.39  entlialt  zwei  Ab- 
handlungen des  Conrector  und  Bibliothekar  Köhler:  de  vete- 
ruiii  scriploriiin  usii  in  ciiiincialionlbns  verbo  adfirmanlibus ,  rc 
ncganübus;  und:  Incnnabulorum  bibliotbecie  Zwiccaviensis  fa- 
siscnliis  priinii«  (37  S.  8 )  und  Scliiilnacbricblcn  vom  Rcclor 
F.  G.  W.  Hertel.  Ans  dein  Lebrercollcgiiini  war  der  Collabor. 
Straube  ausgetreten,  weil  die  6-  Classe,  für  welche  er  ange- 
stelll  war,  wegen  zu  geringer  Schiiltrzahl  eingezogen  wurde, 
der  Conrector  Köhler  halte  freiwillig  um  seine  Entlassung  ge- 
beten ,  iini  sich  in  die  französische  Schweiz  zu  begeben.  In 
diesem  Jahre  sind  2  Schüler  mit  iler  I.  ,  4  mit  iler  II  Ccnsur 
abgegangen.  —  Vor  Kcirzein  ist  die  Dircction  des  Gymnasiums 
auf  den  Prorector  Fr.  E.  U aschig  übergegangen. 


Zeitschrift 


für    die 


Alterthumswissenschaft. 


Freitag  3   4.  Octoher 


18  39. 


Nr.  119. 


Die  Urkunden  in  Demosthenes  Rede  vom  Kranz. 

(Fortsetz  ung.) 

Somit  findet  die  Bückh'sche  Hypothese  bei  diesem 
Doninient  keine  Anwendung;  ebenso  wenig'  ist  es  das 
Psepliisma,  welclies  Demosthenes  vorlesen  liess;  ebenso 
wenig  ist  ein  Zusammenhang  denkbar  ,  in  dem  diese  Art 
amtlicher  ProtokoUirnng  vorgekommen  sein  könnte;  ebenso 
wenig  endlich  ist  der  Inhalt  von  der  Art,  dass  er  dem 
Glauben  an  die  Echtheit  dieser  Urkunilen  den  geringsten 
Vorwand   geben   könnte. 

Denn  passt  nicht  einmal  die  Bückh'sche  Hypothese 
für  den  Pseudeponymos  ,  so  ist  das  STil  üoj(OVTO^  IIoKv- 
y.ktovg  als  der  schlagendste  Beweis  der  Unechtheit  und 
als  ein  Zeugniss  fiir  die  Ignoranz  des  Erfinders  nicht 
mehr  abzuweisen.  AVenn  derselbe  schreibt  xai  f.TlS'/^il- 
QOTUVljOS  >';  ßovXr,  xai  ö  örjitOQ,  so  ist  gar  nicht  mehr 
abzusehen,  was  sich  derselbe  gedacht,  da  der  Ratli  nur 
das  iifjoßovXeveiv  hatte.  Und  zum  guten  Ende  fügt 
derselbe  noch  hinzu  dnezids  Tag  rx  cV  T  av.o  a  i  ag 
ögaxfic-i ,  wiihrend  sich  von  der  Klage  naaavofiujv 
namentlich  nachweisen  lasst,  dass  der  Kläger,  wenn  er 
verlor ,  1000  Drachmen  Strafe  zu  zahlen  hatte  (Bückh 
Staatsh.  I.  p.  408.  Bleier  und  Scliöniann  Att.  Proc.  p.  436); 
es  ist  diess  das  einzige  Beispiel  einer  Strafe  von  öOü 
Drachmen.  —  Nach  diesen  Dingen  wird  man  nicht 
mehr  iiöthig  haben,  die  Worte  ^ijjioot^Sl'ljg  .  ..  alii]V£yy.£ 

vÖltOV    ei'i    TU      TQir^QCt^-^t/.UV     dwl     TOi<    Tl^OTkQOV, 

XCid'  ov  ai  avvTtkeuu  r,oav  tvjv  xQiT]QdQ-)^a}v  etwa 
durch  das  Fortlassen  des  f/^  tu  (das  in  einem,  aber 
keineswegs  besonderen  Manuscripf  fehlt)  zu  leidlichem 
Sinne  zn  bringen;  es  scheint  sich  der  A'crfasser  gedacht 
zu  haben,  dass  man  beifügen  müsse,  bei  welcher  Be- 
hörde das  Gesetz  eingebracht  sei ,  oder  gemeint  zu  haben, 
für  die  Trierarchie  bestehe  ein  Anitshaus  tu  Toivoaiy- 
Xr/.ov ,  während  doch  die  Trierarchischen  Angelegen- 
heiten an  die  Strategen  gehören.  —  Den  Phlyer  Patro- 
kles  kennt  auch  Niemand,  und  er  win!  auch  wohl  ebenso 
wenig  wie  der  Archon  Polykles  existirt  haben.  Wir 
wissen  freilich  nicht,  wer  diese  Klage  der  Paranomie 
eingereicht  hat.  Man  konnte  au  Aischines  selbst  denken, 
denn  er  sagt  {y.uTa  Ktijo.  §.  2220  "^^  ^^  ^^P''  "^''-i 
TQiijQEic,  y.ai  TOis  Tpn;()«'p;^o(s  dg^äyiiaTa  tk  av 
dnüy.Qv\\jca  xnüvoi  övvaix'  dv ,  üie  voj^io&eTi'^aui 
TTfpl  Tiuy  T(j/cixuotu}v  veuiv  y.cu  aavTov  TTsiaag  l/3ij- 
valovq  ETiiaxuirjV  Td^ai  lou  vavxr/.ou  e ^?]Xeyx9>/i 


V  n'  efxov  e^r,y.ovTa  y.al  jch'Te  vevjv  TayvvavTovöviv 
TgnjQaQXovs  vqrjQi]fievo<;  x.  t.  k.  {ei.  Dinarch.  zwt« 
^1  fwoi}.  und  Dem.  l'rrto  Kri^tr.  §.  Hl  2.).  Aber  wenn 
Aischines  der  Kläger  gewesen  wäre,  würde  Demosthenes 
nicht  §.  lt>3.  unserer  Rede  gesagt  haben:  xal  tu  fxiooz 
Tujv  l^ii\cfv)v  6  dluJxujv  OL'X  iXaßt',  er  würde  auch 
'^.  124.  und  125.  nicht  so  gesprochen  haben,  wie  er 
spricht.  Aischines  ist  jedenfalls  bei  jenem  Process  gegen 
Demosthenes  als  rnn'i'-yo^iog  des  Klägers  tliätig  gewesen. 
Schliesslich  will  ich  die  Ansicht  Schömann's  (de  co- 
mitiis  p.  2  7S.)  erwähnen,  die  uns  Gelegenheit  geben 
wird,  zu  erkennen,  was  etwa  in  Demosthenes  Antrag 
gestanden  haben  dürfte.  Schömann  meint  eire)f£/QOTO- 
rijrrs  bezeichne  die  Abstimmung  darüber,  ob  das  neue 
Gesetz  au  die  Nomotheten  gebracht  werden  könne;  nach 
dieser  Epicheirotonie,  aber  vor  der  Sitzung  der  Nomo- 
theten, habe  denn  Patrokles  seine  Klage  eingebracht;  der 
•J(i.  Boedromion  endlich  sei  nicht  das  Datum  für  das 
Einbringen  des  Antrags,  sondern  bezeichne  diem  eum, 
quo  perscriptum  erat  hoc  psephisma.  Dass  diese  Erklä- 
rung nicht  mit  dcu  Worten  des  Psephisma's  stimmt,  isf 
aus  dem  schon  Gesagten  klar;  aber  ebenso  richtig  ist 
wohl,  was  Schömann  geltend  macht,  dass  diess  neue 
Gesetz  nur  auf  dem  verfassungsmässigen  Wege  ,  den  er 
selbst  so  gründlich  dargestellt  hat,  gemacht  werden  konnte; 
und  eben  diess  gibt  uns  einen  neuen  Beweis  für  die  Un- 
echtheit des  Documentes.  Nach  alter  Snionischer  Be- 
stimmung ( s.  die  Gesetze  bei  Dem.  xcua  Tluoy.Q, 
%.  20  fi. )  wird  am  11.  Tage  der  ersten  Prytanie,  d.  h. 
am  11.  Hckatombaion  die  kTTtXHQOVUvia  ToHv  vöuoiV 
gemacht;  hier  musste  das  neue  Gesetz  in  Antrag  gebracht 
werden,  worauf  das  Volk,  wenn  es  sich  auf  die  Neue- 
rung eiulicss,  öffentliche  Anwälte  zur  Vertheidigung  des 
Herkömmlichen  ernannte;  in  der  driften  Ekklesie  der- 
selben Prytanie  wurden  dann  die  Nomotheten  aus  den 
Geschwornen  des  Jahres  erloost  und  ihnen  ihre  Instruc- 
tion zugestellt,  worauf  dann  an  dem  in  der  Instruction 
bestimmten  Tage  über  das  Gesetz  vor  ihnen  in  Form 
eines  Proresses  verhandelt  wurde.  Die  Billigung  des 
neuen  Gesetzes  Seitens  der  Nomotheten  schloss  natürlich 
die  Klage  ■jTftQCirüuujr  nm  so  weniger  aus,  je  sorgfäl- 
tiger man  die  legislatorische  Thätigkeit  der  Demokratie 
in  Acht  nehmen  zu  müssen  glaubte.  Unzweifelhaft  hat 
auch  das  Tnerarchische  Gesetz  diese  Stadien  durchge- 
macht; und  wir  linden  noch  deutliche  Spuren  davon. 
Wenn   Dem.  :iQu;  AiZT.  §.  94.  sagt:   iltEva^Ev  (ö  ^6- 


955 


956 


"ktov)  iy.Setvai  (tov  vöuov)  t^quo^s  tüjv  eTtüjvvixuiv 
y.aX  Tili  y^afxLtaTei  naoadorvac  tovtov  ö'  ev  raig 
ky.y.Kr^alaiq  di> ayiyi/ui axe/v ,  iv'  ty.aOTO^  u/utSv 
(iy.oi'oai  :roKko.yi^  y.al  xaia  a^oKr^v  ay.eip<xi.i£vo(;,  dv  7j 
y.aX  diy.aia  y.o.i  aiiicfipovia,  TUvra  vo^ioi^&rjj, so  erklärt 
sich  hieraus  «los  Deiuarchos  Ausdruck  {y.UTa  ^ijfi-  §•  42.) 
y.di  liiTirxe  (c^£  Tuv  louoy  y.a&'  ixdoTrjv  sy.yJjTolav. 
Somit  kann  denn  auch  das  Datum  nnserer  Urkunde  uij- 
vu^  ßordooutujvoi  ty.rrj  tili  öey.a  .  .  .  zJjjuoo9ei't]i 
iLtjpiyye  vufiui'  nicht  richtig-  sein,  da  dasselbe  ent- 
weder am  1 1.  Ilckafonibaion  ,  oder  wenn  das  ^'olk  schon 
Torher  ilaniit  rertraut  «erden  sollte,  einige  Zeit,  gewiss 
aber  nicht  fast  zehn  Honate,  vor  der  UTif^BlQOXüVia  vüuujv 
eingebracht  sein   niusste. 

Der  Antrajj  des  Dcmosthenes  aber  musste  dahin  lau- 
fe n ,  dass  das  bisherige  Trierarchische  Gesetz  abgeschafft 
sein,  riass  die  Trierarchen  nach  IVIaassgabe  ihres  Ver- 
mögens Trierarchischs  Leistung  machen,  und  die  Trier- 
archieen  von  dreihundert  Schiffen  auf  die  und  die  Weise 
geleistet  «erden  sollten ,  dass  somit  nach  beigefügtem 
Katalog  die  Leistungen   zu  machen  seien   u.  s.   iv. 

Deniosthcnes  L'isst  nach  dem  Tricrarchischen  Gesetz 
den  früheren  sowohl,  wie  den  von  ihm  eingerichieten 
Katalog  nacheinander  verlesen.  Kach  dem  bisherigen 
Gesetz,  sagt  erg.  102,  machen  sich  die  Reichen  äzeKdi 
drro  fi/y-ouiv  «^«Aw^faTwiJ  (d.  h.  von  andern  Leiturgieen 
cf.  xara  ßleiS.  g.  läö-  tu  fiijdh  dvakuioaL  yul  So- 
y.eiv  KeLei-vovoyiy/.Evai  y.aX  tujh  ukXujv  Xe/TovpyiiSv 
dTif.ini  yfyspi:oi^c'.t),  während  sie  nach  dem  neuen  Ge- 
setz Leistungen  zu  maclicii  haben,  die  ihrem  Vormügen 
ents|)rechend  sind.  ISach  dem  früheren  Gesetz  hatten  je 
16  die  Lciturgie  zu  machen,  und  Demosthenes  sagt,  die 
■nycituvi^  TUJv  OL'fiuoQiujv  Und  die  daiTEooi  und  rpi- 
TOt  «ürden  viel  ilafür  gegeben  haben,  wenn  er  das  neue 
Gesetz  hatte  zurücknehmen  wollen;  nach  diesem  neuen 
Gesetz  wurde  bestimmt,  tu  yiyvuiiivov  y.aTU  t)\v  ov- 
alav  ty.aaxov  Ti9svai  y.al  Övoiv  ecfdvi]  TQtijouoxoq 
ö  Tiji  itiüQ    E-y-To;  y.al  ösxaTOi  ttqÜteqov  owteKiJ^. 

Diess  sind  die  Bestimmungen,  aus  denen  uns  die  zwei 
Kataloge,  wie  wir  sie  in  der  Rede  vorfinden,  zusammen- 
geschmiedet zu  sein  scheinen.  Denn  dass  die  armseligen 
Dinge,  die  hier  als  alte  Urkunden  figuriren,  nicht  die 
echten,  ja  überhaupt  keine  Kataloge  sin<l,  ergibt  sich 
von  selbst;  auch  Hückh  (Staatsh.  IL  p.  1U3)  erkannte 
wenigstens  die  Unvollstandigkeit  derselben  an,  und  nach  den 
hei  den  übrigen  Urkunden  der  Rede  gewonnenen  Resul- 
taten wird  mau  diese  Uniollständigkeit  wohl  abzuscliatzen 
wissen. 

Vi'iT  wagen  nicht,  uns  in  die  Untersuchung  über  das 
Trierarrliischc  Listitut  eben  jetzt  einzulassen,  wo  die 
demnächst  zu  erwartende  Edition  der  grossen  Trierarchi- 
schen Inschrift  und  ihrer  Erklärung  durch  Uiickh  die 
wesentlichste  Aulklärung  zu  bringen  verspricht.  Doch 
glauben  wir  aus  dem  Inhalt  «Irr  Kataloge  selbst  ihre 
Inmüglichkeit   wahrscheinlich  machen   zu  können. 

Der  altere  Katalog  soll  gelautet  haben:  toi;;  toivq- 
aoyoLc.  y.o.t.£iai}ai  i:ii  zi^v  Toi,;otj  ai'VEyy.uiÖEy.a  ex 
Twf  iv  Toii  }.dyoi;  givteIeiojv  aTiu  Etxoai  yui  iiiiie 
iruiv  Et'i  TETraijdy.ovTa  inl  i'aov  r^  X^^Ti'V  X^"^- 


fiEVOV^.     Wir    kennen    den  Ausdruck    Xöyui   sonst  nicht 
Lei  der  Symmorien-   und  Trierarcbenverf|^sung;  jedenfalls 
muss    er    Abfheilungcn    irgend    welcher    Art    bezeichnen, 
und  aus  der  Zusammenstellung    mit  den  avvTEKEicLK;  er- 
hellt,   dass    diese    eine   Unterabtheilung    der  Xu^Ol    sind, 
zugleich    aber,    dass    nicht    alle    in    den    XuXül^    zu  den 
Svntelicn  gehören.      Da   die   Trierarchie  auf  die  Symmo- 
rieueintheilung  für  die  E/'i(fO(Ji).   begründet  ist,   für   diese 
aber  nicht  bloss,   wie  für  die  Trierarchien  (s.  zarä  Mei8. 
%•    155.),  die   1200,  sondern  Alle   steuern,  so  kann  man 
sich   vorstellen,  dass  Xoyo;;  eine  jede   der  20  Symmorien 
mit    dem    zugeordneten    (zwanzigsten)    Theil    der   übrigen 
beisteuernden   Bürgerschaft    genannt    worden.      Als  Trier- 
archen   zu    einer  Triere    würilen    nach    diesem   Gesetz  je 
16  aus  den  Syntelien    (wenn    nicht  avvTEkuiv  zu  schrei- 
ben ist)   in  einem  Lochos,    das    heisst  je    16  von  60  be- 
rufen ;    —    und    somit   könnten    nach    diesem   Gesetz  nur 
20  Tricren  aufgestellt  werden !    Eine  andere  Möglichkeit 
wäre,    dass    man    mit    Hier.    AV^olf  mit  Xo^Oli    eben    die 
Symmorieu  bezeichnet  annähme  ,  wenn  schon  da  der  Aus- 
druck EX   Tluv  EV   TOis  nicht  sehr    genau    wäre;    und  das 
mag    noch    mit    den  Worten   des  Gesetzes    vereinbar  gel- 
ten,   dass  alle   in  den  Symmorien,    die    zwischen   25  und 
40  Jahre   alt  sind,   zur  Trierarchie  berufen   werden.    Man 
wird   fragen  müssen,   wozu  dann  noch  die,   die  älter  als  40 
Jahre  sind,    zu    den  Lochen  gehören;    mag  es  in  Rück- 
sicht auf  die   E/'cCfOou  sein.       Also    von    den   1200  sollen 
nur    die    zwischen    25    und    4U  Jahren    berufen    werden; 
nach   massigem  Ueberschlago    wird    ein  Drittel  älter,    als 
40  Jahre  sein;   die   übrig  bleibenden  800  zu  je  16  Mann 
für   eine  Triere  vertheilt,    geben  deren  nur  50,    und  wir 
wissen,    dass    meist  eine   ungleich    grössere  Flotte  in  See 
war.   —  Bückh  ist  der   Ansicht,    der  Katalog    sei   unvoll- 
ständig, etwa  in  der  Art,   fügen  wir  hinzu,    dass  voraus- 
ging,  wenn  300,  wenn  200,   wenn   100  Schiffe   ausgehen 
sollen,   wird  es  so  und  so  gehalten,  und  wenn  50  (oder  20) 
Schiffe   auslaufen  sollen,    ,,so   werden    als  Trierarcheu  zu 
einer   Triere  je    16    «on    25    bis  40  Jahren    berufen,    die 
zu   gleichen   Theilcn    die    Chorcgie    machen."      Aber    die 
letzte   Bestimmung  i'-xi   i'oov  Z.  r.  X.,  die   nach  den  AVor- 
ten   des   Redners   durchgehend  galt,  durfte   nicht  bei  dem 
einzelnen   Paragraphen,  sondern  musste  bei  den  allgemei- 
nen einleitenden  Bestimmungen  stehen;  und  sodann  ist  in 
keiner  Weise   der  Sinn  der  Altersbestimmung    abzusehen. 
Das  dienstpflichtige   Alter  reicht  bekanntlich  vom   18.  bis 
60.  Jahre,   das  sind   die  42   ERUiVl'i^wi  ,    nach   denen  die 
Kataloge    gemacht    wurden,    s.  Harp.  v,    E-jrajvi'ßO^    und 
aTQUTEta ;    und     bei    einer    besonders    lebhaften    Kriegs- 
rüstung   befahl    man    Tijug    fiEXC'i    nsVTE    y.iu   TErtaQU- 
y.uiTa   ETüjv  die  Schiffe  zu   besteigen  (Dem.  Olynth.  IIL 
§.   4.   und   Ulpian.),    das  heisst    nicht    bloss  42,    sondern 
45  Altersklassen,   so   dass  auch  die  Leute   von  63  Jahren 
mit    ausziehen     sollten,    s.    die    schöne    Anmerkung    von 
Taylor   ad  Lys.   p.   245.   ed.   Reisk.      Aber  weder  für  die 
Trierarchie,    noch    für    den  sonstigen  Ilcerdienst    hat  das 
Alter    von    25    und    40    Jahren    die    geringste  Bedeutung. 
Ob    sich    der  Verfertiger    dieses  falsrhcn  Katalogs  dieser 
Stelle  der  Olynthischen   Rede  erinnert,    ohne  sie   zu  vor- 
stehen ,   und  danach  seine   überraschend  detaillirtc  Angabe 
extcmporisirtc,  weiss  ich  nicht. 


957 


958 


Wicht    so    leicht  anzugreifen    ist    der  zweite  Katalof^. 
Ich  führe  zuerst    an,    dass  Deinostlienes    gesagt  hat:     i^x 
de  Tov  ifiov  voi^ov  ....  övoiv    icpavij    TQn'](iaoy^o^ 
o  t;;?  y.idi;    ey.TO!;   y.al  SexaTog  rcgortgov  ouvrfXtji;, 
womit  er  ofTenbar  den    bedeutendsten  Gegensatz  bezeich- 
net, den  seine  gererlitere  Bestimmung  gegen  die  frühere 
unbillige   hervorbrachte;    hätte   er  höhere   Ans.'itzo  ,  als  je 
zwei  Trieren  gemacht,    so    uürdc    er  diese   der  früheren 
Weise    entgegenstellen.      Statt    dessen    sagt    der    Katalog 
ecug    TQiüiv    TtkoLdjv    xa\    im  i^q  e  t  ly.o  P    r,    kci- 
TOVQJia  iOTUj  (wobei  auch  die   für  spätere  Zeit  erst  ge- 
läufige  Structur    von   tty?    wohl  zu   beachten   ist) ;    Dückh 
meint  nun  diesen  Widerspruch  zu  losen  (Staatsh.  II.  114), 
es  scheint  beinahe,    als    ob    damals    höhere    Schätzungen 
nicht  vorhanden    waren,    wiewohl    im   Gesetz    auf  höhere 
gerechnet   war;    in    der  That  eine  sehr  kühne   Annahme! 
Ferner  enthält  der  Katalog  die  Bestimmung  roi's  TonjuUQ- 
Xovg    aiQeiodai    eiil    ti]v    -vQirjjij    äno    Tijg    ovo-ia'g 
xara  T/'fajatv ,  ütto  raXdvTujv  ösxa.     Bückh  Staatsh. 
II.   p.   tl.3  sagt,  der  Ausdruck   zeige    deutlich,    dass    die 
zehn    Talente    nicht    Vermögen    schlechthin,    sondern    in 
die  Schätzung  eingetragenes  Vermögen   oder  Stenerkapital 
seien;    demnach    hätte    eine    Triero    zu    rüsten,    wer    50 
Talente  Vermögen  besitzt,   »vährend   einige  zwanzig  Jahre 
früher,    wie    Böckh    anführt,     Deniostlienes    Tricrarchie- 
pflichtiges  Haus   15   Talente  Vermögen    besass    und   Isaios 
(neoc  TOV  ^ixa/oy.  y.Xij^.  ^.  17.)  es  rügt,  dass  Jemand 
bei  SO  3Iinen    Einkünfte,    was    etwa    ein    Vermögen    von 
11   Talenten  repräscntirt ,   nicht  Trierarchie,   nicht  einmal 
Synfrierarchie    leistete.       Diess    Resultat    erscheint    voll- 
kommen unwahrscheinlich.    Ferrjer   kann  man  fragen,   ob 
nach   Demosthenes   Gesetz   alle   Bürger,    oder  nur  die   bis 
zu  einem    gewissen   Grade    wohlhabenden    (denn  das  sinil 
seine   llEVipe.;  ^.    107,    ebenso   wie  die   f^tstiJU'.   l]   ru/.QO. 
XSy.TIJ^evot   g.    !02.   und  die   UTlüooi   g.  104.),   etwa  wie 
früher   1200,   Trierarchie  leisteten;  der  treffliche  Katalog 
enthält    darüber  Nichts,    aber    aus    der   Natur    der  Sache 
scheint  Letzteres  zu  folgen.     AVar  das  der  Fall,  so  mnsste 
nach    dem    Ansatz    von    ei/ier    Triere,     auf    zehn    Talent 
Tifirjfua  in  den  Händen  der  1200,   wenigstens  3000  Talente 
Steuerkapifal ,     das    heisst    mehr    als    die  Hälfte    des  Ge- 
sammtrermögens    (wenn    man   die   Schätzung  des  Nausini- 
kos  als   ungefähren  Maassstab  annehmen    darf)    befindlich 
sein,   was  nicht  eben   wahrscheinlich   sein   dürfte. 

Dicss  sind  die  Gründe,  aus  denen  mir  die  Echtheit 
dieses  Documentes  unglaublich  erscheint.  Ich  habe  ab- 
sichtlich  von  allem  dem  nicht  gesprochen,  was  man  in  einem 
derartigen  Katalog  zu  finden  erwarten  dürfte,  und  wovon 
in  dem  vorliegenden  Nichts  steht.  Ich  wiederhole,  dass 
von  der  Trierarchischen  Inschrift  auch  für  diese  Sachen 
weitere  Belehrung  zu  hoflen   ist. 

XI.  Gesammturtheil. 
Es  ist  gesagt  worden,  die  vorliegenden  Urkunden 
trügen  zu  sehr  das  Gepräge  der  Originalität  an  sich  und 
verriethen  eine  zu  genaue  Kenntniss  der  historischen  und 
der  localen  l'erhältnisse,  als  dass  man  sie  für  eine  Er- 
findung der  späteren  Zeit  halten  könnte.  Der  erste  Theil 
dieser  Behauptung  ist  eine  Insinuation ,  eine  Berufung 
an  das  subjective   Gefühl,  das  keine  Entscheidung  haben 


kann.  Der  Widerspruch  mit  localen  und  historischen 
Verhältnissen  ist  nachgewiesen  worden.  Und  die  grosse 
Specialität  der  Angaben  beweist  für  unsere  Urkunden 
nicht  mehr,  als  ähnliche  Erscheinungen  in  den  spät 
componirteii  Briefen  des  Menaudrus,  des  Demosthenes,  des 
Aischines   u.   a.   w. 

Die  Hypothese  über  die  pseudeponymen  Archonten  hat 
sich  an  einigen  Stellen  als  unanwendbar  nachweisen  las- 
sen, und  das  ist  genügend,  ihre  Uubrauclibarkeit  über- 
haupt zu  constatiren. 

Unter  acht  und  zwanzig  Urkunden  fanden  wir  keine, 
die  nicht  nach  Torm  und  Inhalt  wesentliche  Beilenken 
veranlasste  ;  von  der  bei  weitem  griissereit  Mehrzahl 
konnte  die  Unechtheit  mit  vollkommener  Sicherheit  nach- 
gewiesen werden.  Die  A'erdächtigkeit  der  übrigen  wird 
dadurch  in  dem  Maasse  gesteigert ,  dass  wir  die  Unecht- 
heit aller  in  dieser  Rede  vorhandenen  Urkunden  für  ent- 
schieden  halten. 

XII.    Ueher  den   Ursprung  der  Documente. 

Die  Vertheidiger  der  vorliegenden  Urkunden  haben 
als  nothweniligen  Bestandthcil  eines  etwaigen  Beweises 
ihrer  Unechtheit  gefordert,  dass  nachgewiesen  werde  , 
wann  und  von  wem  dieselben  untergeschoben  worden. 
Sie  würden  in  dieser  Nothwendigkeit,  wenn  man  sie  an- 
erkennen müsste,  allerdings  ein  glückliches  Mittel,  die 
gefährdeten  zu  Schulzen,  gefunden  haben,  da  weder  die 
eine,  noch  die  andere  Frage  auch  nur  mit  einiger  AVahr- 
srhcinlichkeit  zu  beantworten  sein  dürfte.  Jedoch  siheint 
Derartiges  einem  durchaus  anderen  Kreise  von  Unter- 
suchungen anzugehören,  als  in  welchem  wir  uns  bisher 
zu  bewegen  hatten,  und  so  wichtig  eine  nähere  Bestim- 
mung für  die  Literargescbichte  und  für  gewisse  Eigcn- 
thümlicbkciten  der  späteren  gelehrten  Gräcität  sein  dürfte, 
so  univesentlich  ist  sie  für  die  Aufgabe,  die  wir  uns  ge- 
stellt hatten.  Diess  ist  der  Grund,  warum  ich  über  die 
angeführten  Fragen  nur  anhangsweise  sjireche;  auch  sind 
meine  Studien  für  jetzt  von  den  Tlieilen  der  Literatur 
weit  entlernt,  aus  deren  genauester  und  lebendigster 
Kenntniss  allein  einigermaassen  bestimmte  Resultate  ge- 
wonnen  werden  könnten. 

Handschriftlich  sind  die  Urkunden  im  Ganzen  höher 
gestellt,  doch  nicht  so,  dass  nicht  mannichfache  Sonder- 
barkeiten  zu    bemerken    wären. 

Die  säuimtlichen  Urkunden  fehlen  nach  Becker  zu 
g.  77.  1.  in  der  Pariser  Handschrift  294i).  (cod.  ö-  bei 
Becker),  die  nach  Taylor  (tom.  V.  p.  XCV.  ed.  Dobs.  ) 
ans  dem  13.  Jahrhundert  stammte.  Ebenso  fehlen  die 
Urkunden  mit  Ausnahme  der  6  ersten  in  dem  Aug.  I. 
Ein  und  der  andere  Codex  hat  einzelne  Urkunden  am 
Rande  beigesclirieben  ,  so  cod.  i\  cod.  z  (§■  29- 37.  77.), 
oder  auch  an  falsche  Stellen  versetzt  (so  Aug.  4.  JJ.  155 
hinter  g.  löS.).  Doch  scheinen  ilie  Angaben  der  Ge- 
lehrten, welche  die  Handschrift  benutzten,  nicht  Hinrei- 
chendes über  rliese  Dinge  darzubieten.  (Die  Pariss.  3. 
und  7.  bei  Taylor  sind  von  zu  jungem  Ursprung,  als 
dass  sie  in  Betracht  kommen  könnten.  Die  Abweichun- 
gen in  den  Ucberschriften  der  Urkunden  Iiabeu  keine 
SVichtigkeit.) 


959 


960 


Ebenso  wenijf  sind  wir  hinreichend  unferrichfcf  über 
die  Zeichen,  die  sich  bei  den  Urkunden  zum  Theil  vor- 
finden; e»  scheint  Derartiijps  nur  vereinzelt  uotirt  norden 
lu  sein.  Ich  entnehme  aus  üchäfer's  Apparat  Folgendes 
über  den  von  Reiske  genau  verglichenen  cod.  Bavaricus. 
Bei  der  Urkunde  "§.  21).  ist  nach  dem  Keys  des  Redners 
das  Zeichen  u  (App.  crit.^  p.  53)  ebenso  bei  g.  54.  hin- 
ler '/.a.'jujv  das  Zeichen  ü  (App.  er.  p.  89),  ebenso  bei 
g;.73.  hinter  (fccvSQ UV  J  (App.  er.  p.  111.).  Bei  §.  75. 
steht  hinter  Ipijcpioua  das  Zeichen  o>  (App.  er.  p.  117.) 
und  ^.  77.  hinter  too  0ttj7rTtuv  das  Zeichen  ü  > 
(App.*  er.  p.  1  l'J)  ;  g.  90.  hat  ti]v  -xöhv  ö  ^n'jffiana. 
Ob  bei  den  übrigen  Urkunden  keine  Zeichen  stehen, 
(xler  nur  nicht  vermerkt  «orden  sind,  weiss  ich  nicht. 
Das  eine  Zeichen  ist  wohl  die  TCUQuyQUtfOi  (/;;  TQ 
Qliua  yoaufii)  zig  tan  ßgaxda  worreo  tivu.  atiyntjv 
SV  Tvt  dy.oin  t'/oiaa  Schol.  ad  Aristoph.  Pluf.  253.), 
das  andere  die  ö/n-/.j;  ioo)  revct'y-iui.  Allerdings  be- 
zeichnen diese  Zeichen  beide  nur  Abtheilungen,  so  lifiußg 
bei  den  Parabasen  der  Komödie  (s.  ausser  den  Scholiea 
Hophästiüu  c.  15.),  und  namentlich  ist  Schol.  zu  Thucjd. 
1.  12-  anzuführen,  wo  es  heisst:  Totjujc,  ötf.iKE  T1]V 
dgxcttot.oylav  1  Eh  xa.  iiqo  tüiv  TgcuixcSv  eig  avra 
ra  Toojiy.d,  eig  t«  exdfiEva  ai'ruiv.  y.ai^'  'ey.aOTOv 
öt  u'oui  8/^h:  naodyocufo^  y.eerai.  Doch  dass  diese 
oder  Shnliche  Zeichen  auch  andere  Bedeutung,  wenigstens 
in  der  älteren  Gelehrsamkeit,  hatten,  lehrt  für  den  Piaton 
Diog.  Laert.  II.  l')>S.  Für  unseren  Fall  mag  es  genügen, 
darauf  hingedeutet  zu  haben,  da  sich  vielleicht  <ioch  in 
den  von  ilen  Ediforen  vcrnaclil.'lBsigten  Zeichen  irgend  ein 
weiterer  Zusammenhang  vorfindet. 

>'on  ganz  besonderer  AVichtigkeit  für  die  Frage  über 
die  Zeit,  wann  diese  Urkunden  entstanden  sind,  niüssten 
natürlich  unzweideutige  Anführungen  aus  denselben  bei 
den  Alten  selbst  oder  nachweislich  Benutzung  von  irgend 
weither  Art  sein.  Derartiges  lindet  sich  allerdiiijs.  Das 
Etym.  HI.  hat:  i' ;r  fo />'o /.;;!' ,  tijv  dvatiu'ki)v  y.di, 
v-:iLodE(nv  y.ai  £•■'  vo)  nti/i  (Trscfdvov  zJijuoo&ti/Tjg, 
was  sich  nur  auf  das  erste  Psepliisma  §.  2').  filji^Eniap 
VTltQijoLiiv  ■jvotovuivuvi;  beziehen  kann,  wo  Decker 
aus  dem  cod.  .S  und  anderen  llandscliriften  die  richtige 
Lesart  hergestellt  hat.  —  Nicht  so  sicher  ist  die  Bezie- 
hung von  Ilarpocrat.  v.  y o  a  u fi  ÜT £  L' C.  JljiiotyßEPtjg 
iirtio  Kn/OKfujVTo;  /..  x.  /.  auf  tlie  Urkunde  g.  18.» 
wo  der  yoaiaiaxtvg  dTs  fioit.r^;  vorkommt,  von  dem 
allerdings  auch  jener  Artikel  des  Ilarpokration  handelt. 
Aus  Aischines  Klageschrift  (ich  übergehu  den  spaten 
Georgius  Lekapenus,  der  aus  ihrem  Anfang  citirtj  hat 
der  Pcripatetiker  Svrianus  (ad  Hermug.  iiei  Schaefer 
p.  yo)  zwar  niclit  wörtlich,  aber  iloch  denfliih  erkenn- 
bar die  drei  Kerlifsgründe  des  Aisrbiiies  gegen  Ktesi- 
phon's  Antrag  entnommen.  Auch  Ilarpokration:  rii'yy.ktj- 
Tog   k  y.yj .  }■  r, ,  a  .  .  .  .  ^i-itDndeviji    tv  nf)  v.ax    Ai- 

Oyhov  und  der  dorther  stammende  Artikel  bei  Pliotius 
und  Etvni.  'M.  V.  wird  von  Reiske  nnil  Schäfer  auf  un- 
gcrc   Urkunde    und    zwar    auf  ^.   73-    bezogen  ,    doch   mit 


Unrecht;  es  bezieht  sich  auf  die  Rede  TTSol  itagaTT. 
§•  122,  welche  Rede  Harpokration  oft  xar  Alaxlvov 
nennt,  wie  z.  E.  9okoq.  A7jfioo!}£vtjQ  iv  Tip  y.az'  AI- 
axivov  sich  nicht  auf  imsQ  Krija.  g.  91 ,  wo  einige 
Handschriften  TCOtI  duXov  statt  7l(j9uöov  haben ,  son- 
dern auf  TTEoi  Tta^aTi,  §.  249.  bezieht,  s.  besonders  den 
Artikel  nQofiakXofiEvovc, ,  wo  es  heisst  Alifxooi^tviji^ 
v'JtQ  KTtja-icpujvToq-  £v  x£  xrj  y.ax  Aio%ivov  Y..  x.  k, 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Mannheim,  den  2.  Octobor.  In  der  Veisammluwj,  deut- 
scher Philologen  und  Schulmänner  wurden  gestern  und  heute 
füllende  Verl  rage  gehalten:  Dienstag,  den  l.  October.  Erste 
öirciitlichc  Sitzung:  1)  Geheimeratli  Creiizer  aus  Heidelberg, 
iiber  das  Verhaltniss  der  Philologie  zu  unserer  Zeit;  2)  Prolos- 
sor  Dr.  Ilerniann  aus  Marburg,  über  Plato's  schriftstellerische 
Motive;  3)  Suringar,  Stadtrath  von  Leuwarden,  übel'  allge- 
meine Volksbildung;  4)  Hofrath  Dr.  Gustav  Schilling  aus  Stutt- 
gart, über  die  Beziehungen  unserer  Sprachlaute  zu  den  vcr- 
scliiedeuen  Vermögen  des  menschlichen  Geistes.  —  Mittwoch, 
den  2.  October.  Zweite  öll'entliche  Sitzung;  1)  Hofrath  Thiersch 
aus  München,  über  die  gemeinschaftlichen  Interessen  der  hu- 
manistischen und  realistischen  Richtung  unserer  Zeit;  2)  Pro- 
fessor Dr.  Gerlach  aus  Basel ,  über  Scneca's  Stellung  in  seinem 
Zeitalter;  ?i)  Professor  Pauly  aus  Stuttgart,  die  Spuren  alter 
Culturanlagen  in  Süddeutschland;  4)  Professor  Dr.  Walz  aus 
Tübingen,  über  die  Bemalung  der  Sculptur  bei  den  Alten; 
5J  Professor  Scharpf  aus  Bolliwcil,  über  die  Methode  des  phi- 
losophischen Unterrichts  auf  Gymnasien;  (i)  Professor  Schilling 
aus  Heidelberg,  Vertheidigung  der  Uebung  im  Laleinisch- 
Sprechen  und  Schreiben  (in  lateinischer  Sprache).  —  Tagesord- 
nung der  diitlen  öflentlichen  Sitzung,  Donnerstag  den  3.  Oc- 
tober: 1)  Berathuiig  über  Zeil,  Ort  und  Vorstand  der  nächsten 
Versammlung.  2)  Vortrage:  a.  Dr.  Füisting  aus  Münster,  über 
die  relative  Apposition  ;  b.  Professor  Doli  aus  Mannheim  ,  über 
Methode  des  Sprachunterrichtes;  c.  Subrector  Vögele  aus  An- 
wciler,  über  Art  und  Weise  des  Vortrags  der  Geschichte  an 
gelehrten  Scinden  ;  d.  Missionar  Schniid  aus  Jena  ,  über  die 
Schulen  in  Ostindien;  c.  Dr.  Weil,  Bibliothekar  aus  Heidel- 
berg, über  das  Mahrcheu  der  Matrone  von  Fphcsns  nach  orien- 
talischen Quellen.  3)  Vorsehl.ige:  a.  Geh.  Hofrath  Karchcr  aus 
Karlsruhe,  AufTordening  nii  die  deutschen  Philologen,  sich  zur 
Ausarbeitung  eines  lateinischen  etymologischen  Wörterbuchs  zu 
vereinigen;  b.  Dr.  Haase,  Oberlehrer  aus  Preussen ,  Plan  zur 
Benutzung  fremder  Bibliotheken  für  die  Zwecke  der  Philolosic 
nebst  Nachlichten  über  einige  philologische  Schätze ;  c.  Ilauber, 
Ephorus  des  evangel.  Seminars  in  Maulbionn ,  Vorschlag  zur 
Herausgabc  einzelner  griechischer  Mathematiker;  d.  Dr.  Saiippe, 
Piofessor  aus  Zürich  ,  Vorschlag  zu  einem  Verzeichiiis.se  der  in 
Deutschland  erschienenen  philologisclien  Progiammc  und  Ab- 
handlungen. 

Zittau.  Zu  der  diessjährigen  Osterprüfung  lud  der  Direc- 
trir  Linde  mann  durch  folgendes  Programm  ein:  Dissertatio 
de  interitu  operiiin  ailis  staluariac  apuil  Vctercs.  Accedit 
Archaeograpliiae  Euiopaeae  brevis  delincatio  l.ipide  exscripta. 
42  Seiten  4.  Zur  Universität  gingen  zu  Ostern  5  mit  dem 
III.,  2  mit  dem  II.  Zeugniss  der  Reife  ab.  Die  bestehende 
Schülcrzahl  ist  nicht  genannt,  doch  wird  angegeben  ,  dass  auch 
in  diesem  Jahre  die  Frequenz  gesunken  sei. 

Hai  bersladt.  Dr.  Schöne  dahier  ist  zum  Director  des 
Gymnasiums  zu  Herford  an  die  Stelle  des  verstorbenen  Prof. 
K  n  c  f  e  I  ernannt  w  ordcn. 


Zeitschrift 


für   die 


Alterthumswissenscliaft. 


Sonntage   6.  Octoher 


18  39. 


Nr.  120. 


Die  l'rkunden  in  Demostlienes  Rede  vom  Kranz. 

(Beschl  uss.) 

Die  ältesten  Autoren,  in  denen  wir  die  Urkunden 
benutzt  zu  finden  glauben,  sind  Plutarrlios  und  Aristeides. 
Das  6r^oo9tviCeiv  des  Aristeides  ist  bekannt,  es  besteht 
zum  guten  Theil  darin,  dass  er  sieh  Deniosthenisrhe 
Wendungen  aneignet.  Namentlich  ist  iliess  erkennbar  in 
seinem  öi'////a;^/xög  ci.  und  ß  ,  ron  denen  der  erste  als 
L'ebersclirift  folgende  Situation  schildert:  (PlKiTinuv 
dioöuv  airovpToq  nza(ju.  Oijßalujv  in  './9ijuuiov<; 
r,y.ov(Tiv  \49i]vuioL  enovcei  iavzoi'Z,  st'i  av^i^iaiUtv 
öldövTiQ.  In  dieser  Rede  findet  sich  ausser  andern  Be- 
ziehungen auf  die  Demosthenische  vom  Kranz  auch  fol- 
gende Stelle:  X^'9'i  ^^  toi'tihv  üii:uvia(;  o.v  oi^ai 
avii(ff]oai  TU  i^iijv  i'j/^üg  ovxai  "Ei.hp'ao,  xai  öfxojfv- 
\ovq  Ern^siv  -tiqu;  dXkfjkovi;  iijrtQ  ö-Q/iii  r.ai  Tdi;io)Q 
dv£iii(f9ovov  tivat  xat  tu)v  feiou/Tiisrojv,  tuv  ö' 
ökmq  äXXÖTQiov  m^def-iiüi;  öoyiji;  ^njÖ'  ioidog  y^prjvai 
noodsd&at,  äkka  tov  avzov  xqütiov  ujotieo  <j.v  lL 
öti'  döekcfoi  TtQUixeitJuv  i'jfi(ftaßr;iovv  iv  acplaii'^  av- 
Toii,  iv  '/  ap  ixeivo  javTov  iyiyvajoy.ov,  ei'  rig  tivoq 
xae  [jijdiv  ■7TQ0i;r,y.ujv  ißia^Eio,  y.oivaiq  TUt^  BnQaii; 
ÜTToy-Keletv ,  ovTüjq  ini  xaiv  'Ekkijvixuiv  ^tjÖevi  tujv 
ii;üj9iv  l.ußi)v  ttvai  ra  y.a9'  ijtiäi  avzovq  ÜTiu^^tjTW 
—  ovzüj  yuQ  y.aX  keyeiv  u^iuv  -jtioi  avTV)v  —  a'ÄÄ« 
POfii'^eiP  TOuq  jjhv  -vviv  'Ekkijvcjjv  TT^üi  äkkjjkocg  tto- 
keiuovg  xal  tu  kyxkr^uaxa  raiq  ozdasoi  rjrooqsor/.e- 
vai  X.  T.  k.  ükwq  ö'  ti  fitv  i^ecTTi  jinjaiy.axsiv,  öi- 
y.aiov  /.lEv  ov,  ^otjo^s  ö" ,  ei  äovkeode,  rovrv)-  el 
öi:  X.  T.  k.  (I.  |).  720-  ed.  Dind.).  Hiermit  vergleiche 
man  folgende  Stelle  aus  dem  Antrag  des  Demosthenes 
(§.  1S5.) :  xcu  oTi  ü  '.49i]vaiu)v  dr,uoq,  oödhii  fivij- 
oiy.ay.djv'i'i  xt  tiouhqov  yiyovEv  dkkuToiov  xatc,  Ttü- 

keot  TTQoi  dkhjkag ,  ßoijSi'jati f/cSwj,    uxi  xcu 

avTOiQ  jjtv  -iToui;  äkkijkovq  StafiCfioßi^rciv  rtsoi  rij^ 
i'jyeuoviai;  ovcnv'Ekkrjai  y.uküv,  iinu  de  dkkocfükov 
dvdoujTiov  äo)ieadai  xcu  xijq  i-yeiioviac  dnooreoei- 
o9ai  dvättov  eivai  y.al  tj);  xuiv  'Etj.i-vujv  Öü^iji  xcd 
lijQ  Tvjv  Tlooyövojv  «pfriJs.  Man  rergleiche  auch  (ol- 
gende Stellen:  ükk'  ev9L'fii;9evxai;  Trag'  vuiv  avxoii, 
ÖTi  0ikninov  fuv  aiQovfievoi   ßuoßaoov  Üi>9qu>7tov 

y.al    (fi'aei   y.exuiQiauevov    algeiode >';/<«?  Si 

o/y.eioi'f^ievot  tiquJxov  ^ev  Ekfijvai;  y.al  o/iocpi'kovg, 
enetr'  daxvyeixovaq  xal  ovvr;9eiq  ex  Ttakaiov  xul 
vi'v   intg  jL'/.tujv   7tE(foßi]fievovi   oi/.eiovoda    (Aristid. 


I.  p.  730.)  und  dagegen  Demosthenes  ( g.  186. )  'in  8e 
oi'de  äkkoTQtuv  r.yehat  6  '-t9i]vaivjv  dijf^wq  xuv  0/;- 
ßaiujv  dri/iov  oi'xe  ttj  ai>yyeveln  ovxe  rw  ünucfvkui 
X,  X.  k.  Aatiirlich  sind  diese  Stellen  nicht  «örtlich 
übereinstimmend,  aber  sie  enthalten  so  übereinstimmende 
Auffassung,  dass  man  «oiil  an  unmittelbare  Abhängigkeit 
des  Einen  von  dem  Andern  denken  kann,  und  namentlich 
erscheinen  Aristeides  Aeusserungen  als  Aus«  eitniigen  des- 
sen ,  was  im  Antrag  des  Demosthenes  zu  lesen  ist,  so 
dass  man  wohl  nicht  glauben  darf,  es  sei  der  üenio- 
stbenische  Antrag  ans  jener  Darstellung  des  Aristeides 
abgezogen.  —  (Eine  andere  Parallele  ans  demselben  An- 
trag des  Demosthenes   ist  bereits  früher  angeführt). 

Diess  würde  noch  entschiedener  sein,  wenn  sich  mit 
Siiherheit  nachweisen  licsse,  dass  auch  Plutarchos  auf 
diese  Urkunden  schon  Rücksicht  genommen  hat.  AVäre 
der  Ursprung  der  ßlui  XMV  öi/.a  oijxuoujv  sicherer,  so 
«ürden  sie  uns  einen  entscheidenderen  Beweis  liefern; 
denn  was  dort  p.  S4(i  a  steht:  xuiv  Ta;fWf  i7?//^£Ä;;r^^ 
Xeiooxov7]9ek  dnu  x):q  idla.i  oi'alai  ei'iijveyxe  zo 
dvuko}9ev  ägyi'Qtov  fjvdc.  exaxov.  eiriSojxe  de  xai 
9ei)jook  f^ivglaq,  diess  ist  ans  der  Urkunde  §.  119.  ent- 
standen, yevöfievoq  eTcifiehjxi]i  xi^  xu)v  xer/uiv^  ent- 
oxeinjq  xae  nfjo^uvakujaui;  ei'^  t«  egya  uiro  rr-i; 
ibias  oüaiaq  xgia  xüka.vxa  eniSojy.e  xcuxa  -vip  ör,(t^ 
xcu  ejii  xov  diojgixoTi  y.axaoxa9eii  eTzeSuiy.e  xoic;  eJt 
TTuaüiv  (fvku)v  9eu)piy.oi\  exaxuv  f^ivdg  erg  dva/ag. 
Denn  dass  die  Plutarchische  Stelle  trotz  der  Verwirrung 
in  den  Zahlen  nicht  anderswoher  stammt,  ergibt  sich 
aus  dem  roii  demgoiq,  das  nirgends  sonst  vorkommt, 
als  eben  in  jener  falschen  Urkunde.  Wichtiger  aber  ist, 
dass  in  den  Parallelen  des  Plutarchos  ein  Fehler  vor- 
kommt, der  nur  aus  den  falschen  Urkunden  herstammen 
zu  können  scheint.  Plutarchos  (Dem.  24.)  sagt:  fiiTjX^lj^ 
de  xure  y.ai  i)  ^f?!  toT  axe(fdvov  ygucf)]  xaxa 
Knjatcpujvxog  ygacpeiaa  j^dv  im  Xatoujvdov  agxov- 
loc,  fAixpuv  indvuj  x'jjv  Xaiguivr/Mv ,  xQideiaa  8e 
voxCQOv  exeoi  dexa  fVi  'Jgioxoffujvxoq.  Der  gute 
Plutarchos  kümmert  sich  nicht  viel  um  Chronologie  und 
seine  Zeitbestimmung,  ntxoov  i:jdvüi  tujv  Xuigunixmv 
darf  uns  nicht  irre  machen;  wenn  er  dagegen,  durchan« 
fehlerhaft,  angibt,  dass  die  youcfi]  des  Aischines  unter 
dem  Archon  Chairondas  eingereicht  worden,  so  ist  das 
eben  aus  der  Klageschrift,  die  auch  wir  noch  in  unsern 
Büchern  haben  (  §.  54.)  entnommen,  und  sie  ist  darum 
nicht  minder  untergeschoben. 


963 


9G4 


Dagegen  sclieint  der  Zritgciiossc  iIcs  Aiigiisfiis  Dio- 
nvsins  von  Ilaliknniass  «liose  I'rkiiii(ldi  iioili  nicht  gc- 
l^aiiiii  zu  liaboii.  In  ilcni  liricfc  au  Aininans  r.  ll.sticlit 
Dcniostlicnrs  das  Jalir  zu  fixiicii,  in  ilrm  die  Atlienische 
Gcsandlsdiaft,  uolihr  Tliobcn  fi'ir  den  Krieg  gegen  Pliil- 
ippos  geivaun,  nach  'fliehen  gekuinnien  ist;  er  nimmt  zn 
dem  Knde  die  /eithestjiiiinuiigen  des  Philuehuros,  die, 
iiaih  >ennniig  des  AiihnMten,  das  in  dessen  Jahr  Ge- 
sclieliene  anfzählea ,  dnnh  und  sagt  dann:  (ranooi''  dh 
yeyo 


Verh'iltiiisso     zicmlirli     fern      liegenden     Zeit     entstandci) 
seien. 

Allerdings  wi'irdc  ein  Betriiger  mit  leichter  Hlülie 
seinen  Betrug  mehr  haben  verbergen  kuiinen.  Leicht 
hatte  er  aus  Pliilochoros  ui;d  «ober  sonst  die  richtigen, 
oder  wenigstens  richtige  Archontennamen  entnelimeii 
künneii ,  und  für  die  Form  der  ncschlüsse  li.'Kte  einige 
Beachtung  lorliandener  Sammlungen  und  Inschriften  auch 
das  Passendere   leicht  darjjeboten.     .Spengers  Boobachtuii; 


yovucoi   TOv  xoovuv,   X«y'   üv  tiifjldov  ik  Oijßaq  dass  die   gebrauchten   Namen  so  höchst  trivial  sind,    uud 

'  T    \tdtjyaiü)V   notoßeii  oin£{ji  ^IjitooOlniJ  y.nl  ol  dass   die   »erschiedenen  Datirungen,  die   vorkommen,  stets 

Tlaoä    0t}j7l7iov,     ort    /.aTa    AuaifUlii8l}V   i'.QXOVxa  andere    Tage    nennen,     scheint    von    keiner    «esentlichen 

7Ü:iril  TCUotoy.eyuaiihuiv    i'jStj   tu   n^Us   -vuv  Tluks^iov  Bedeutung.       Was    sich    mir    in   Bezug    auf  den    Ursprung 

äfKfOTi'oujr    aVTüs   6   Jl^fioa^tp}^^^    Tlonjoet   (furt^uv  der    l  rknnden     als     «ahrscheiuliches    Resultat     darstellt* 

■fdvov  dijauj  6'  t^  ßi'r);?  Xaßujv  zip  ' 


kann    ich    in   folgende    IIau|)t|)unkte    zusammenfassen: 

1)  Ich  glaulie  nicht,  dass  die  Urkunden  zum  Betrüge 
gefiilsciit  sind,  da  ein  Betriiger  mit  geringer  IVIi'ihc  ge- 
schickter gearbeitet  haben  würde  ;  sie  scheinen  aus  den 
Uebungen  der  Schule  hervorgegangen,  oder  als  rtluster 
für  dieselbe  bestimmt  zu  sein.  Die  Reden  des  Demo- 
stlieues  haben  ja  in  der  maunichfachslen  \Veise  zu  sehul- 
m^ssigen  Exemplincationen  und  Aufgaben  dienen  müssen, 
und  besonders  die  vom  Kranze  ist  eine  der  beliebtesten 
,  ^  .  /..bis     OljßaiajV.      Dann    äKkd      gewesen.     In    der  Schule    »var    es   leifiglich    auf  das  Sty- 

fii;v    TU    TOTS     ai'ilßdvTa    ölS^tkdujv,    dlt^Elduju    de      listische  abgesehen;   es   kam   da  nur  auf  ungef/ihre   Rich- 


ev    TOJ    7l£^i    OTiCf 

ixalvov  i.i^euic  rd  avvrtivovra  npög  tu  rcQüyua.  Und 
nun  beruft  er  sich  nicht  etiva  auf  die  Urkunden  in  der 
Rede,  die  doch  am  ersten  geeignet  sein  tiünlen,  ihm 
deu  geuünschteu  Eriveis  zu  liefern,  ja,  die  Anführungen 
aus  Pliilochoros  überflüssig  gemacht  haben  Hürden,  noch 
sagt  er,  dass  etiva  diese  Urkuiidcu  wegen  unrichtiger 
Archoiitennauien  unbrauchbar  seien,  sundern  er  schreibt 
ab,    was  gleit  h   nach    der   Urkunde    g.    1()4 —  167.   folgt: 


y.ai    TOUi    6)jdtVTuq    vcf'    iaviov    \oyuvq  i^'i    r;Js   ix-      tigkeit  des  Sachlichen  an;    mau    konnte    sich   Namen 
xhj(Tiaq-(§.    174 — 178.)  xae  ujq  npeaßevrlji  i'r.t' \/9i;-      sinnen,    wie    wir    sie  in  den   Urkunden  für  Zeugen, 
valiov  f4'    Oi'jßaq  £7Te/^(fi}i;,    Tuina    xard  kt^tv   iltl-      chonten,    Gesandten    u.  s.  w.    so    reichlich    finden; 
Ti'}>;or  „ujq  d(fiy.üfi£&a   ■/..   T.  Ä.   (g.   211.)    bis  zu   de        ■  .  ■        ■•  ,.,,••  ,,-     ^ 

■Worten    Tot's    d'    sxiUuv    i'>(>«o£/v "     "EnLiza,    fahr 
'"OiiYsios  fort,  irciOTuKi-v  Tiva  xelivaai;  uvayvoiod^?] 
l,  tavT    imiidijoi,     Diess  ist  der  Brief,  der  i^.  212 


den 
fahrt 
Diu 

vat,  tavr  tntni^l^Ol,  Uiess  ist  der  Urief,  der  g.  212 
freilirh  auch  in  unseren  Büchern  lehlt;  aber  würde  Die 
DTsios  so  geschrieben  haben,  wenn  er  diesen  Brief  vor 
sich  gehabt  JiHtte  ?  Oder  würde  ilieser  Brief  in  seinem 
Exein|)lare   gefehlt   haben,    wenn,    wie   jetzt,   alle  UrknU' 


Ar- 

man 
brauchte  die  nach  Attischer  Verfassung  notbwendigen 
rornieu  nicht  zu  genau  zu  beobachten,  und  konnte  sich  er- 
lauben, nach  Analogie  zeitlich  und  räumlich  nSher  lie- 
gender Verhältnisse  diess  und  jenes  zu  modificireu,  eine 
Annahme,  die  des  Weiteren  zu  verfolgen,  mir  für  jetzt 
noch  nicht  möglich  ist.  Entstanden  die  Urkunden  auf 
diese  W^eise,  so  erseheint  es  nicht  auffallend,  ilass  unter 
Anderm  auch  der   im  Doiischeu  Dialekt  geschriebene   Be- 


den  bis   zu  diesem  Paragraphen    noch   vorhanden   genesen      schluss    der    Byzantier    vorkommt,     da    derartige     Dinge, 
"•»'■en  ?  >vie  y.  E.  die  Schrift  de  Dea  S_\  ria  uiiil  Aehnlithes  zeigt, 

Aus    den    beiden    Umstünden,     dass    Dionvsios    diesen      beliebt  und   gebrauchlich   wäre 


IJrief  nicht  mehr  vorgefunden  zu  haben  scheint,  und  dass 
er  sich  »ledcr  zur  Zeitbestimmung  der  Gesandtschaft  nach 
Theben,  noch  zu  den  amleren  chronologisc  lieii  Angaben 
au(  die  vorliaiideneu  Urkunden  beruft,  glaube  ich  schlics- 
seii   zu  dürfen  ,   dass  die   Urkunden   zu   Dionjsios  Zeit  ent 


2)  Die  Urkunden  sind  ohne  Zuziehung  weiterer  Ifülfs- 
niittel  und  allein  auf  (irniid  des  in  Dcuiosthenes  Rede 
Angedeuteten  gemacht.  Mcht  einmal,  was  doch  nahe 
genug  lag,  nicht  einmal  die  Gegenreile  des  Aischines 
t  mit   zu  Rathc   gezogen,   geschweige  denn,  dass  genaue 


tvedcr  noch  gar  nicht  existirten,  oder  wenigstens  in  dem  Keiintniss  der  Redner  überhaupt  oiler  ein  weiteres  Stu 
Exemplar  des  Demoslhenes,  das  er  brauchte,  nicht  vor-  diuni  ihnen  zum  Grund  1,'igc.  Der  Verfertiger  war  kein 
liaiideu  waren,  und  doch  »ird  er  wohl  in  seinem  Demo-  Gelehrter,  keiner  jener  pliiloIogisch-gebilde(en,Griecheii,- 
»tnenes  „von  .j  bis  (i  3Ivriadcii  Zeilen"  eine  so  vollstan-  deren  ernstes  Studium  nur  zu  früh  von  der  belletristisch- 
di^e  Aufgabe,  wie  sie  damals  nur  zu  haben  »rar,  bescs-  rhetorischen  Schonthuerei  der  Sophistik  überwuchert  wor- 
den  ist.      >'ielmehr,    was    sich    an    den    Stelleu,    wo    die 


sen   haben 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  ich  hiermit  nicht 
für  nnumstiisslich  gewiss  erwiesen  zu  haben  meine,  als 
müssten  flic  Urkunden  in  jenem  ersten  Jahrhundert  un- 
serer Zeitrechnung  entstanden  sein.  Aber  habc-ii  wir  unn 
einmal  davon  überzeugt,  dass  sie  weder  die  echten,  noch 
überhaupt  au.s  Demoslhenes  Zeit  sind  ,  so  lässt  die  selt- 
same Art  von  Dehlern  null  Ungründlichkciten ,  auf  die 
*»ir  unsere  Beweise  besonders  begründen  zu  müssen  glaub- 
ten,   die   Vermuthung  Bestätigung  gewinnen,    dass  sie  in 


Einschaltung  lon  Urkuiulen  bemerklich  gemacht  war, 
aus  den  Worten  des  Demosthenes'  zum  Theil  in  sehr 
obernachlichem  Verstandniss  des  Zusammenhanges  als 
ungefähren  Inhalt  der  Urkunde  darbot,  wurde,  so  gut 
oder  schlecht  es  eben  ging,  mit  den  nolhigeii  Erivcite- 
rungen  zu  einer  Urkunde  zurecht  geformt,  ohne  dass  der 
Ausdruck  immer  einen  sorgfaltig  gesichteten  Vorratli  von 
Attici^meu   bekundete. 

;H)  Ich   finde  keinen   Grund  anzunehmen,   dass   die  ür- 


ciner    der    lebendigen    Gegenwärtigkcit    der    bctreUcndea      kundeu    etwa    von    .Mehreren     vcrfasst    sind.       Allerdings 


9fi5 


9Gr, 


weiclicii  IUP  lipiden  DecrHo  g.  119.  1^0.  »vosenilirli  in 
der  Eiiiffaiiäfsforiiipl  von  den  liljrijjpii  al),  abor  auch  in 
denen  ist  ein  ziemlicli  Liin<er  'WrclisrI  in  denjenigen 
Beslinimunijen  ,  die  in  derselben  Zeit  anih  «oliliin  Gan- 
zen dieselleii  geuesen  sind.  Die  31annie!ifalfi<;keit  in 
diesen  Dingen  scheint  eben  für  eine  Mustersaniniinng 
ganz  geeignet,  und  die  Rede,  anf  uelche  in  den  rlic- 
torischen  ^"or(r;igen  nnzahligenial  zn  verweisen  «ar,  bot 
nun,  mit  den  verschiedenartigen  Beispielen  von  «dentlichen 
llrknndcn  bercirhert,  dem  lleissigen  Schiller  eine  desto 
vielseitigere  Ansbente.  Ziclit  aber  Jemand  vor  zn  glau- 
ben, dass  diese  eingeschalteten  Unterschieblinge  nicht 
Blnstcrsiiickc,  sondern  Sciuilerarbciten  sind,  so  kann  ich 
auch  dagegen  Nichts  einuenden. 

4)  Dass  die  Urkunden  nach  g.  90.  nicht  vorhanden 
sind,  scheint  nicht  sowohl  in  dem  Ermüden  der  Ab- 
schreiber, wie  man  foransgesetzt  liat  ,  sondern  in  einem 
mit  dem  vorhergehenden  zusammenhängenden  Imstande 
seinen  Grund  zu  haben.  Noch  sollten  zwei  Briefe  ('^.  212. 
lind  221.),  ein  Besrhluss  der  Thebaner  (jjj.  2l4.),  zwei 
threndecrefe  für  Deniosthenes  (^.  223.)  ,  Beschlüsse  der 
Athener  nach  den  zwei  glücklichen  Gefechten  (iJJ.  217.), 
und  eine  Zeugonsage  (J^.  267.)  folgen;  es  mochten  mit 
den  schon  gegebenen  Urkunden  genug  Paradigmen  mit- 
getheilt  zu  sein  scheinen. 

5)  Jedenfalls  ist  nach  jenem  langen  Decrct  des  Demo- 
stlienes  noch  ein  Stück  ebenso,  wie  es  Demosfhenes  durch 
den  Schreiber  hat  verlesen  lassen,  vorhanden;  diess  ist 
das  Epigramm  auf  die  von  Chaironeia  Gefallenen  (jjj.  289). 
Es  hat  sieh  diess  ebenso  vereinzelt  gerettet,  wie  hier  und 
da  in  andern  Reden  einzelne  Actenstücke.  —  AVerden  in 
den  alten  Erkhirnngen  zum'üemostlienes  zwei  t'/.docreti, 
die  do^cda  und  öriKüör^  genannt  (die  Stellen  s.  bei 
Taylor  in  der  Oobson'schen  Elution  V.  p.  Cl.),  so  sind 
wir  über  ilie  Eigenthümüi  likeit  beider  nicht  hinreichend 
unterrichtet,  um  etwa  sagen  zu  können,  dass  in  der 
6l/f.tU}öll^  unsere  Urkunden  gestanden,  während  sie  in 
der  ap;f«/«  fehlten  ,  oder  umgekehrt.  Unzweifelhaft  aber 
hat  der  auf  diese  zweideutige  Weise  bereicherte  Denio- 
sthenes früh  Eingang  gefunden  und  ist  uns  im  Ganzen 
SU   überliefert,   wie   ihn   die  spätere  Kaiserzeit  las. 

Berlin  im  April  183'J.    ' 

Joh.   Gust.  Droyien. 


Puhlius  Oridius  Nasu's  Werke.  Sechstes  Bändclien. 
Festkalender ,  metrisch  übertragen,  mit  Inhaltsan- 
aeigen  und  Anmerkungen  von  Dr.  E.  F.  Metzger, 
Stadtpfarrer  zu  3Inrrliard  im  Königreich  AVürtem- 
bcrg.  Erstes  iJ;in<li  lien.  •  Stuttgart  ,  A'erlag  der 
J.  B.  Metzler'schen  Biulihanillnng,  IS'i'-.  Zweites 
Bündchen  ebendas.  l?^.jS.  Drittes  Bandchen  ebendas. 
1838.  Auch  unter  dem  allgemeinen  Titel :  R/iinische 
Dichter  in  neueu  metrischen  Ucbersetzungen ,  her- 
ausgegeben von  G.  L.  F.  Tafel,  Prof.  zu  Tübingen, 
E.  \.  V.  Oslander,  Prof.  zu  Stuttgart,  und  G.  Sclitvui, 
Pfarrer  von   Gomaringen.    27.   31.   33.  Bändchen. 

Wenn  diese  Bibliothek  der  verdeutschten   griechischen 
und  römischen  Schriftsteller    eines    fast  ungctheilteu  Bei- 


falles sich  bis  jetzt  erfreute,  so  darf  der  Grund  dieser 
Erscheinung  wohl  nicht  allein  in  der  Liebe  zur  Be<jucm- 
lichkeit  oder  in  der  erwachten  und  zum  Theil  übertrie- 
benen Liebe  zu  deutscher  S|)racho  und  Schrift  gesucht 
«erden  ,  obgleich  w  ir  diesen  Dingen  ihren  Einduss  nicht 
abstreiten  mögen ,  sondern  mehr  noch  und  hauptsächlich 
in  dem  wissenschaftlichen  Sinne  und  Streben  jener  drei 
anf  dem  Titel  genannten  3I.'<niier,  «eiche  es  verstanilen, 
das  Uebersetznngsgeschäft  in  die  Hände  tüchtiger  und  zu 
diesem  schweren  Werk  berufener  Gelehrten  zu  legen. 
So  weit  uns  ein  Urtheil  über  die  uns  bekannt  geworde- 
nen Leistungen  dieses  Gelehrtenvereins  zukommt,  dürfen 
wir  die  Behauptung  aussprechen,  dass  Hr.  Dr.  Metzger 
seinen  Genossen  nicht  nachstehe.  Die  vorliegende  Ucber- 
setzung  der  Ovidischen  Fasten  ist,  soweit  wir  dieselbe 
verglichen,  treu  nnil  fliessend,  obwohl  hin  untl  wieder 
nicht  ohne  metrische  Scliwächen;  die  angehängten  unil 
bis  jetzt  über  die  zwei  ersten  Bücher  sich  erstreckenden 
Anmerkungen  ( B.  3.  S.  921  bis  1028)  fördern,  wenn 
auch  nicht  tiefeingehend  ,  doch  anf  das  Bedürfniss 
der  gebildeten  Leser  berechnet,  das  Verständniss.  Dieses 
im  Allgemeinen  aufgestellte  Urtheil  schliesst  jedoch  einige 
Fehlgrifle  nicht  aus,  anf  welche  wir  später  zurückkom- 
men werden.  Hauptsächlich  aber  dünkt  uns  die  Einlei- 
tung über  das  mit  maiu  herlei  Dunkelheit  umhüllte  Ge- 
dicht einer  näheren  Betrachtung  werth.  Denn  bei  der 
grossen  Verschiedenheit  der  Ansichten  über  die  Abfassung 
des  Festkalemlcrs  muss  jeglicher  Beitrag  willkommen 
heisscn,  der  die  Untersuchung,  wenn  auch  nicht  zum 
Abschluss,  doch  zu  einem  vermittelnden  Standpunkte  führt. 
Das  Ergebniss  aber  der  reichhaltigen  Abhandlung  würde 
mit  grosserer  Entschiedenheit  festgestellt  Hor<len  sein, 
wenn  Hr.  Dr.  31etzgcr  auf  den  neuesten  »vissenschaftlichen 
Standpunkt,  d.  h.  auf  Merkel's  Quaestiones  Ovid.  criti- 
cae,  Halis  1835  >  hälfe  ciiigebeu  können  oder  »vollen. 
Zuerst  wird  die  alte  Streitfrage  erörtert,  ob  Ovidius  ß 
oder  12  Bücher  seiner  Fasten  geschrieberi  habe.  Mit 
Recht  wird  das  Erstcre  aus  dem  Umstände  gefolgert, 
dass  weder  Lactantius,  der  so  oft  Stellen  aus  den  Fasfis 
allegirt,  noch  irgend  ein  Grammatiker  ein  Citat  aus  den 
6  letztem  beibringe,  ja  Ovidius  selbst  Trist.  '2,  519  etc. 
sage:  Sex  ego  Fastoruni  srripsi  totidemqne  libellos,  Cum- 
qiie  suo  fiiiera  mense  volumen  habet ;  Idijue  tiio  nuper 
scriptum  snb  nomine,  Caesar,  Et  tibi  sarratum  sors  mea 
rupit  opus.  Bekanntlich  sah  hier  Burmann,  dem  Taub- 
ner in  seinem  alphabet.  Commentar  p.  (iöy  und,  was  uns 
Wunder  nimmt,  auch  Merkel  p.  4.  beipflichtet,  den 
sichersten  Beweis,  dass  der  Dichter  12  Büclicr  :  sex  to- 
tidemcjue,  verfasst  habe.  Der  Sinn  ist  aber  nach  Hrn.  31. 
vielmehr  dieser:  Sechs  der  Monate  schrie/t  ich  des  Jahrs 
und  so  viele  der  liücher,  und  mit  Jeglicliem  Mond  schliesst 
sich  ein  eignes  liuch.^'  Diese  allein  richtige  Erklärung 
gibt  schon  der  auch  von  dem  Uebersetzer  angeführte , 
sprachkundige  Musson  ad  Ovid.  ann.  LI.  et  LH.  g.  X. 
p.  103.  ed.  F.  nebst  Jahn  in  der  Leipziger  Ausgabe  1829, 
p.  58  und  Andern.  AVenn  auch  der  Ausdruck  sex  toti- 
demque  für  duodecim  nicht  eben  unlafcinisch  ist,  wie 
A'iele  behauptet  haben,  da  derselbe  sich  auch  Fast,  ß, 
725:  Jam  sex  et  totidem  luces  de  mense  snpersunt  fin- 
det:   SU  dürfte    dock  nicht  leicht  ein  römischer  Leser  in 


967 


968 


der    ersicren  Stelle    auf  jene  Erkläriin<j    ffi-kommon  sein, 
t'ebrigeiis   ist    er    fanz   in   Oiidiiis    sj)li'lciiiler   ftlaiiier   und 
«iril   (lunli   Fast.   IV,    1!).   20.   {frreditfertijjt ,  so   «las9   uns 
MerkeTs ,   «li's  sonst  so  srliarfsinnig^en   Kritikers,    Ansicht: 
..Prior   i^itnr   iiol)is    potior   erit   oninio  ,   rnm   altera  praeter 
verlioruiu    iiiuiis   asperam   strueturam     ter    iilem   poetain    (li- 
centem  fariat''   «ejfcn   der  jjanz  i  erscliiedenen  AVortfi'igunf 
beider   Stellen    sich    selbst   zu    «iilerlegen    sriieiiit.      Nach 
Hrn.   Melzi^er   hatte  Oiid  allflrding»   im  Sinne,  den  Stoff, 
welchen    ihm   der     riiinisrhe    Kalender    darbot,    so     zu   be- 
handeln,   dass  jeder   einzelne   iMonat  ein   Buch   einnehmen 
sollte;    er    arbeitete    auch    diesem    Plane    gemäss    an    den 
ersten    sechs    Monaten    schon    in    Rom     und    hatte    sogar 
diese  sechs  üücher  ganz  ,  oder  doch  zum  grösseren  Theile 
daselbst    ausgefertigt,    s«»»ie    dem    Ccisar  Octaviaiins    sein 
AVerk   zu    »eihen   den   Entschlnss   gefasst,  alu  er  im  J.   d. 
St.   7<i2     in    einem   Alter    ron    ö'i  Jahren   ans  dem   Vater- 
laude   nach    Xiedermösien    am    schwarzen   Meere    verbannt 
uurde.      In  seinem   Exil   unterwarf    er  dann   diese   Arbeit 
über  di«    ersten   sechs   Monate   einer    nochmaligen  Censur 
und  Feile     und    nahm    in    derselben    nach   Maassgabe   der 
verfiiiderteu  Zeitumstände  angemessene  Abanilerungen  vor, 
rückte   z.   B.   die   Erzählung  von  seiner   Landesverweisung 
selbst  ein,   IV,  Sl    If. ,   berührte  auch  verschiedene   wah- 
rend    derselbeu    in   Rom    vorgefallene   Umstände     und   Be- 
gebenheit«a,    die  ihm   in   Briefen  durch  Freunde   bekannt 
gemacht   wurden  ,    als  :    die    erst    im  J.   d.   St.   '7(i3   durch 
Tiberius    geschehene   Einweihung    des  Tempels  der  Con- 
conlia.    Fast.   I,  ()'37  ff- »    so   auch   die   verstellte  AVeige- 
rung  Tibers,   nach   Augustus    im  J.  d.   St.  767  erfolgtem 
Tülle    die   Regierung  anzunehmen,    und   Livia's  Vergötte- 
rung,   Fast.    I,    ,533  ff.  1    deu    Triumph    des    Germanicus 
über    die  Cherusker    uud    Chatten  ,     welcher    in's  J.   770 
fiel,  I,   28Ö 1    und   eignete   namentlich  sein  dem   Augustus 
früher   bestimmtes   Gedicivt  dem   Germanicus,    gegen   «ei- 
chen er  bald  als  menschlichen  Gönner,   bald   als  Gottheit, 
die   ihn  schütze,  seine  Verehrung  ausdrückt,   »ahrsrhein- 
lich    in  der   Hoffnung   zu,    durch   die  mitleidige  Fürsprache 
desselben    am    kaiserlichen    Hufe    die    so    sehr    ersehnte 
Erlaubnis«    zur    Rückkehr    nach    Rom    sich   auszuwirken. 
Fast.   1,  3  ff.,    vergl.   I,    707   mit   Gierig's   Note,   IV,  81 
—  84,    vergl.    I,    ti8.    285    u.    s.    w.       Wenn    wir    dieser 
Darstellung   im  Ganzen   unsere  Zustimmung  nicht  rersageo 
künneu ,    so     dürfte    doch    gegen    die    nochmalige    Centar 
und  Feile  aller  sechs  Hüclifr  in  der  A'erbannung  .Mancherlei 
sich  einwenden   lassen.      Ueun    nehmen    wir  zwei    Stellen 
aus:  Fast.   IV,  81.  VI,   6b(i ,   welche  auf  Ereignisse   nach 
dem    J.   7ß2    hindeuten,    bemerken    wir    ferner,    dass    im 
ersten   Buche    des    Augustus    als    eines   Lebenden    fast  gar 
nicht  gedacht  wird,    desto   mehr  in   den   folgenden    seiner 
mit   groHscra  Lobe    Erwähnung    geschieht    (s.   die    Stellen 
bei   Merkel  p.   .5  —  8),    sowie  fast  alle   vom  J.  7()3 — 770 
geschehene   Begebenheiten    im    ersten   Buahe    ihren  Platz 
gefunden   liaben:    so    wird    die   A'ermuthung  fast  zur  Evi- 
denz   gesteigert,    dass    von    Ovidius    nur    das    ei-ste    liiick 
einer   Umarbeitung  oder    eigeullicheu  Censur  unterworfen 
worden    sei,     denn    im    J.    770,     wo    Germauicus    seinen 
Triumph  [Fast.   I,  285)  feierte,    ereilte  den  Dichter  der 


Tod.  Die  Voraussetzung  dieser  Wahrheit  wirft  auch 
ein  ganz  anderes  Licht  auf  die  Erklärung  des  ersten 
Buches  und  auf  die  übrigen.  Im  ersten  Buche,  das  ja 
die  ausdrückliche  Dedication  an  den  Germauicus  enthält, 
tritt  derselbe  überall  mit  dem  Tiberius  selbst  in  solchen 
Stellen,  die  ursprünglich  den  Augustus  angingen,  in  den 
Vordergrund,  während  Augustus  nur  in  den  ö  folgenden, 
hauptsächlii  h  in  dem  zweiten  liindurchschimmert ,  und 
—  was  noch  mehr  ist  —  als  ein  Lebender.  Freilich 
hilft  sich  hier  Burmaim's  Partei  mit  einer  poetischen 
(aber  in  Wahrheit  unpoetischeu)  Apostrophe.  Knrz,  als 
der  Dichter  im  fernen  Lande  von  den  Grossthaten  des 
Germauicus  und  der  allgemeinen  Liebe,  womit  derselbe 
verehrt  wurde,  veriiomnien ,  besrhioss  er,  die  für  den 
Augustus  einst  bestimmten  sechs  Bücher  diesem  zu  weihen, 
vielleicht  nicht  ohne  ilullniing  von  einer  dadurch  herbei- 
zuführenden glücklichen  Wendung  seines  Schicksals.  Ob 
er  aber  die  Censur  erst  770,  in  welchem  Jahre  Germa- 
uicus seinen  Triumph  hielt,  begann,  oder  irülier ,  wie 
denn  auch  früher  der  Triumph  beschlossen  ward,  wird 
immer  problematisch  bleiben;  nur  so  viel  ergibt  sich  aus 
aufmerksamer  Leitüre,  dass  die  5  übrigen  Bücher  mit 
Aiisiiahnie  jener  zwei  Stellen  keine  durchgreifende  Um- 
änderung erlitten  haben ,  wesshalb  wir  Jahn's  Meinung 
in  Absicht  der  Ausgleichung  und  Herausgabe  jeuer  ü 
Bücher   Trist,   p.   58   »"r  zum   Theil  annehmen. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  uud  Miecellen. 

Bonn,  13  August.  Der  dritte  August  wurde  von  der  Uni- 
virsilnt  in  hcrkönimliclier  Weise  durch  lateinische  Rede,  Preis- 
verllieiliing  und  Gesang  gefeiert.  Zu  dieser  üirciilliclien  Feier- 
bclikiit  hatte  Professor  A.  W.  v.  Schlegel  duicli  ein  gegen 
Lrlionne  gerichtetes  Programm:  De  Zodiaci  antic/uitale  et  ori- 
i-iiie  eingeladen.  Die  Festrede  liielt  unser  würdiger,  kräftiger 
Veteran  Prof.  Delbrück  über  die  pohtiscben  Ansichten  Mon- 
tes(|uieii's.  Von  den  im  vorigen  J.ihie  geslelllen  Preisanfgaben 
halte  nur  die  philobigiscbc  iii>cr  die  Unsterblichkeit  der  Seele 
an  zwei  katbolisclien  Theologen  Bearbeiter  gefunden.  Fiir  das 
nacbsle  .Tihr  sind  deren  eilf  aufgegeben  worden,  worunter  als 
philolügiÄcbe :  De  comparalionibus  Homeii.  —  Von  unserem 
verebrlen  Brandis  ist  die  erfteidiche  Nachricht  aus  Griechenbnd 
hier  angelangt,  dass  er  am  ^5  oder  28.  Juli  Aliien  zu  verlas- 
sen lind  im  iiäclisten  Semester  seine  Vorlesungen  bierscibst  wie- 
der zu  lipginnin  gesonnen  war.  In  der  kalb,  tbeol.  Facultat 
ist  Professor  Vogelsang  zum  oidentlicben  ernannt  worden. 
Man  sieht  ebenfalls  der  baldigen  Besetzung  der  Stellen  von 
Heinrich,   Windischmann  und  Klee  entgegen. 

Heidelberg.  In  Vollziehung  des  §.  4t.  der  Verordnung 
über  die  Gclehrtenscliiilen  «iirdc  zum  Ephorus  des  hiesigen 
Lveeiims  Herr  Hofralb  uSd  Obe  rbi  bli  o  I  he  ka  r  Dr.  Bahr 
durch  Veifiigung  Grosshcrzoghclien  Ministeriums  des  Innern  er- 
naiiiil  ,  lind  so  darf  unsere  Anstalt  auch  des  fordernden  Mit- 
wirkens zu  ihrem  Gedeihen  von  Seilen  eines  um  die  Alter- 
tluimswissenschaflen  und  die  Bildung  für  dieselben  so  boclivcr- 
dlentcn   Mannes  sich  erfreuen. 

Königsberg.  Am  t8.  Mai  starb  der  Superintendent  zu 
Heiligeiibeil  ,  Dr.  Olilcrl,  fiiijier  Gymnasial  -  Professor  liiec- 
sclbst. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Mittwoch,    9.   Octoher 


1839. 


Nr.   121. 


Beschluss  der  Reccnsioii  t'iber  Ovid's  Festkalender, 
von  Dr.  E.  F.  Metzger. 
'Uebrigciis  sfiinnien  wir  diesem  um  den  Oiid  durtli 
die  höhere,  sowie  die  niedrige  Kritik  hochverdienten 
Gelehrten  darin  aus  vollster  Ucbcrzeugung  bei,  ilass  Ovid 
die  Fasten  zwischen  den  Jaiiren  755  —  762  ursprünglich 
geschrieben  habe.  Mag  es  auch  iui  Plane  des  Dichters 
gelegen  haben,  der  aber  ans  Trist.  2,  54")  f.  keineswegs 
gefolgert  »erden  kann,  auf  die  erstem  sechs  Bücher  noih 
andere  sechs  folgen  zu  lassen,  so  nuisste  dieser  Plan 
durch  die  Verbannung  scheitern,  wo  der  Dichter  eines- 
(heils  das  zu  einem  solchen  gelehrten  Gedichte  benüthigte 
Material  nicht  hatte,  anderntheils  aber  die  IIofTnniig  der 
Wiederkehr  in's  Vaterland  nicht  aufgab,  um  das  Ver- 
säumte oder  Fehlende  zu  seiner  Zeit  beizubringen.  Wie 
dem  auch  sei,  Oiid  hatte  bei  Verfertigung  dieses  Ge- 
dichtes sich  zum  Hauptzweck  gesetzt,  wie  Hr.  M..S.  (V'6 
richtig  bemerkt,  eine  lieschreibung  des  Jahres,  wie  sol- 
ches zu  seiner  Zeit  in  Rom  in  Hinsicht  auf  gottesilienst- 
liche  Feierlichkeiten  (  insoweit  ihm  Urkunden  darüber 
zu  Gebote  standen)  eingerichtet  war,  nach  der  Folge  des 
eigentlichen  Römischen  Kalenders  zu  geben.  In  Folge 
dieser  Bemerkung  wird  eine  zweckmässige  Uebersicht  des 
Römischen  Kalendertresens  initgetheilt,  wobei  wir  jedoch 
unbeachtet  lassen,  was  Hr.  Dr.  Metzger  von  seinen  Vor- 
gängern Gierig,  Eichhnff  und  Krebs  entlehnt  haben  möge. 
Als  die  vorzüglichsten  Uuellen,  aus  welchen  der  Dichter 
bei  seiner  Bearbeitung  geschöpft,  werden  !)  die  fasti 
minores  s.  sacri,  calendares,  calendaria  oder  der  eigent- 
liche Kalender  aufgeführt  mit  dem  Bemerken,  dass  es  zu 
Ovid's  Zeiten  einen  solchen  von  iloppelter  Art,  einen 
Kalender  für  die  Städter  (fasti  urliani  )  und  einen  für 
die     Landleute     (  fasti      rustici  )     gegeben      habe.  Der 

erste  iiffentliche  Kalcndermacher  war  C.  Flavius  ^  Ae- 
dilis  Curulis  und  Schreiber  des  Pontifex  Maximus 
Appius  Claudius  Caecus,  welcher  die  bloss  in  der  Ver- 
wahrung des  Senats  und  der  Priester  bciindlichen  Tafeln 
nebst  den  Commeutarien  der  Priester  (  Liv.  4,  3.)  ini  J. 
449  dem  Volke  bekannt  machte.  Liv.  IX,  4fi.  und  Val. 
Max.  '2,  5,  2.  vergl.  Cic.  pr.  Muren.  Il-  de  Orat.  I,  4 1 . 
Plin.  H.  N.  33,  ().  Quintil.  3,  8-  Wenn  aber  S.  (I(i7  fl". 
des  von  Verrius  Flaccus  verfertigten  Hn<l  im  J.  17"()  zu 
Rom  gefundenen  Kalenders  nebst  eilf  andern  von  Foggini 
1779  herausgegebenen  mit  Mehreren!  gedacht  unil  auf 
auf  AVolf's  Abriss  in  der  Ausgabe  des  Suetonius  hinge- 
wiesen wird,  so  durfte  nicht  unbemerkt  bleiben,  dass  die- 


selben auch  in  Orelli's  Collect.  Inscriptt.  II.  p.  379  ff. 
gefunden  werden,  h'ast  möchte  man  auf  den  Gedanken 
kommen,  dass  der  Uebersetzer  nur  auf  einem  gewissen 
Zeitpunkte  der  Literatur  stehen  geblieben  sei;  denn 
S.  (,,-,7  _  fiSi),  wo  des  Lvdiis  de  niensibns  sogar  mit  An- 
ijabe  der  Handschriften  gedacht  wird,  geschieht  Schoic's 
Ausgabe  dieses  Schriftstellers  dergestalt  Erwähnung,  als 
wenn  ausser  derselben  keine  andere  vorhanden  wäre. 
War  es  nicht  besser,  die  trefTliche  Ausgabe  von  Rüther 
(Darmstadt  I.SJS)  mit  den  reichhaltigen  Bemerkungen 
eines  Hase  und  Creuzer  namhaft  zu  machen?  —  Ausser 
der  grnaniiten  Quelle  liess  Ovid  2)  eine  andere,  vorzüg- 
lich in  Beziehung  auf  Thatsachen  der  alten  römischen 
(Jeschiclite ,  die  Fasti  majores,  nicht  unbenutzt.  Die- 
selben werden  nach  S.  (i7(i  auch  Fasti  historici  oder 
l'asti  consnlares  oder  auch  Annales  maximi  genannt. 
^Velche  Quelle  mag  diesen  Benennungen  zum  Grunde 
liegen?  Wir  lassen  uns  wohl  die  Identification  der  Fasti 
und  Annales  maximi,  die  rielleicht  eins  sind  mit  den 
anderwärts  genannten  Libri  Pontilicum  oder  Libri  Ponti- 
ficii,  gefallen,  nicht  so  die  der  Fasti  Consnlares  oder 
Capitolini,  welche  wahrscheinlich  einer  späteren  Zeit  an- 
gehören und  nur  die  kalendermässige  Angabe  der  Magi- 
stratspersonen enthalten.  S.  Rein's  gründliche  Auslüh- 
rung  in  dieser  Ze;7sc///(// fl.  1835.  S.  ö()4  fi.  Als  jüngster 
Herausgeber  derselben  war  S.  679  liailer  in  Orelli's 
Onomastic.  Cic.  III.  p.  I  —  CCXL^'III  schon  desshalb 
zu  nennen,  weil  diess  ilie  vollständigste  und  bewährteste 
der  bis  jetzt  erschienenen  Sammlungen  dieser  Art  ist. 
Uebrigeiis  fehlen  in  der  Literatur  über  die  Aimales 
maximi  oder  Fasti  insg-emein  ilie  Stellen  bei  Cic.  de  Rep. 
I,  16.  Mai  das.  ad  Attic.  fi,  I.  pr.  Muren.  11.  (nicht  16). 
Vergl.  Schmid  zu  Horat.  Fp.  2,  t,  26.  Härtung:  die 
Relig.  der  Römer  I.  p.  '^13,  Bahr  Gesch.  der  R.  L. 
S.  3  iS.  Hernhardy  Grundriss  S.  74.  Ob  übrigens  unser 
Dichter  «iunh  seinen  Freund  Properz,  welcher  nach 
Kleg.  IV,  I,  ()9.  sich  vornahm  „Opfer  zu  singen  und 
Fest',  und  der  Opfer  veraltete  iVfjme«'-,  auf  den  Einfall 
gebracht  worden  sei,  die  Feste  und  nierkwnrdigkeiteu 
des  römischen  Jahres  zu  beschreiben,  lassen  wir  billig 
ilahin^estellt  sein.  Einige  Wahrscheinlichkeit  jedoch  hat 
die  Ansicht,  welcher,  wie  Hr.  Me/sger  versichert ,  Lenz, 
Kreis,  Gesenius  und  Fr.  Jacobs  zugethan  sind,  dass 
Oiid  in  den  Fastis  den  Kallimachus  vor  Augen  gehabt, 
wenigstens  in  Form  und  Manier  nachgeahmt  habe.  Ob- 
wohl   derselbe     ein    Gedicht     unter    dem    Titel:     Ahta 


971 


972 


(äyv/top     r,0(Ui)v    v.ae     iiny.äoiov ,     dcsspii     rragmcii<c 
Ernesli's   Aiis<jal)C  von  Kalliiiiacliiis   Workeii  II.   ]).  41() — 
42t)    hcigelii'^i   siiiil,    vorfassf    hat:     so   lüsst   sich   «loch   aus 
(liesoii     Frajinioiifeii     die     eigriidlclic    Bpsclialleiihcit     ilrs 
^'aiizcii     (icilirlitcs    diircLaiis     iiiclit    abiipliinrii ,    und    man 
kann   liöclistiMis   mit  Hrn.   IM.    zno^cstrlien ,    dass   Ovid   den 
bei   den    lliuncrn    sclir     liclirLh'ii   Kalliinaclios    in    Absiclii 
atif   EinklridiMi^,    Darstrllun^    und   Colurit  sich    xuni   nitl- 
sfcr  {^on^lilt  liabc ,    da    es    hiiisirhtlich    des  Stofl'es   etuas 
Andrres   »lar,  eine   Gcsrhiclito  dos  Zeitalters  der   Ilcroeu 
in   einem   (icdirlito  von   epischer  Gattung  darzustellen  und 
etiias    Anderes,    einen  Kalender    der    Ordnung    der  Tage 
oder   31<inate    nach    zu    behandeln,     und   wns   in   demselben 
für   jeden  Ta^'  mit   «enigen  Buchstaben  eingezeichnet  war, 
in   einem   didaktischen   Gedichte   im   elegischen  Versmasse 
weiter  auszuführen.     Ucbrijfens  ist  man   nicht   einmal  dar- 
über   einig,    ob    Kallimachns    seine    AitUL    in    elegisdier 
oder  in   licroisdier  Form   verfasst  habe.    Man   kann   daher 
ni(ht    zu    oft    und    nicht    genug    gegen    das    leicht  zu   er- 
klärende ^  erfahren   der  treHlichsten  Gelehrten  protestiren, 
etHas    » issen    zu    tiolleii,    was  man    eigentlich    nicht   »issen 
kann.     Ebenso    besonnen   ist   des   Uebersetzers  Urtheil  über 
die   dem   Oiid     von    einigen    zugeschriebene    Nachahmung 
des    griechischen    Dichters    Bulas ;    s.    Plutarch.     in     vit. 
Romul.   2ü'  'i-   21.      Richtig    wirtl    ferner    bemerkt,    dass 
es   unserem   Dichter  bei   Bearbeitung   seines   Gegenstandes 
an  sonstigen  Hülfsmittelu   nicht   gefehlt  habe,  zu  welchem 
Ende  auf  L.   Cincius   Alimentus,   dessen   Fasti   Alacrobins, 
J'e.'itus    und    Lvdus    ertiähncii,     hingewiesen    wird,    dess- 
gleichen  auf  3]asurius  Sabinus,   Oiid's  Zeitgenossen  (s.  3Ia- 
crob.  .Saturn.   III,   (j.),    auf   ^'arro    in    seinen    libris  anti- 
«juitt.     diviiiarum     und    Andere    S.    68(i     genannte.        AVio 
reichhaltig    die    Literatur    in    diesem    Fache     bereits    ge- 
wesen,  wird   aus   den   von  Lydus   namhaft  gemachten  alten 
Schriftstellern    dargethan.     —      Der     üebersetzung     ward 
(jien'g's   Ausgabe   zum   Grunde   gelegt,    ohne   jedoch   sich 
sciavisch   an    ilessen   Lesarten   zu    binilen.      In   ileii    Anmer- 
kungen   Murdcii    die    AVerke    der    \'org,'lnger     zum    Theil 
geradezu    übergetragen,    tlieils    auf    andere    Art     benutzt, 
nach  dem   eigenen  Gcstäiiilnssc  des  Uebersetzers.    Da  dem 
Reo.   weder  Kreis''  noch   Geib's   üebersetzung   der  Fasten 
zur   Hand    ist,    so    niuss    er   durch     eine   vorgelegte    Probe 
dem    L'rtheile    der   Leser    es    anheim    geben,     in     wieweit 
Hr.    Metzger    seine    Vorgänger     benutzt    und    übertroflen 
habe.      ^Vir  wählen   den   Anfang  des   ersten   Gesanges: 
,, Zeiten ,    gereiht    diirrh    Latiums    .fahr,     und     Gründe 
der    Zeiten 
Sing'   ich  ,   lind    wie   sich  hinabsenkt   das    Gestirn    und 
sich    hebt. 
Cäsar  Gennauicus ,    nimm    mit    begütigtem    IJlicke    das 
Werk  auf, 
l'nd    auf  richtiger   Bahn    hdlte   das   furchtsame  .SrliifT! 
'  Siehe   mit  schützender  Gunst,    n.cht  abhold   srhiiachcr 
Verehrung, 
Nieder    auf    dieses    Geschenk,     uelche.s    der    Sanger 
dir   weiht! 
Heiliges   hörest  du   hier,    enthoben   den  alten.  Annalen, 
Und  mit  welchem  >>rdieiist  pranget  ein  jeglicher  Tag. 
Hier     wirst     (luden     Du      auch    Festtage     des     eigenen 
Hanses; 


Oft    ist    der     Vater    Dir    hier  ,     oft     Dir     zu    lesen 
der    .4hu.  (10 

Preise  des    eig'nen  l'erdiensts,    als  Zier    bemalter  Ka- 
lender , 
Werden  auch   ernten,    wie  Sie,   Drusus ,   Dein  Bru- 
tler  und   Du. 
C-asars   Waflen  sei   Andern   Gesang,  uns  t'äsars  Altäre, 
Uns  auch   die  Tage,  die  er  noch  zu  geheiligten  schuf. 
AVinkc    mir    zu,    der    ich    wage,    der    Dcinigeu   Ruhm 
zu   entrollen, 
Und     aus     Dieineiii     Gcmüth     scheuche    die    bebende 
Furcht. 
Neige  Dich  gnädig  zu  mir,  und  Du  gibst  zum  Gesänge 
mir  Kräfte; 
AVic   mir  begegnet  Dein  Blick ,    hebt   sich   und  sinkt 
mir  der  Geist. 
Zitternd   erscheinet  das  Blatt  vor  dem  Auge  des  fürst- 
liclien   Kenners, 
Wie     zum    Prüfen     gesandt     selber    dem    klarischen 
Gott.  (20 

Denn  wir  empfanden    die  Kednergewalt   des  gebildeten 
Mundes, 
Als  Du  im  Bürgerkrieg  bange   Beklagte  vertratst. 
Und    wir    wissen,    wie    reich    Dir    tliessen    die    Ströme 
des   Geistes, 
IVenn   zu-  unserer  Kunst  brennende  Liebe  Dich  trieb. 
Lenk',  ist's  recht  und   vergönnt,  selbst  Dichter  —  die 
Zügel  des  Dichters, 
Dass    so,    geweihet    von    Dir,    glücklich    entschwebe 
das  Jahr." 
Ans   dieser  Probe   geht    hervor,    dass    es   Ilr.   M.   mit  den 
prosodischeu    Gesetzen    nicht    allzu    streng    nehme,     z.   E. 
Trochäen  für  Spondeen:   Und  auf  \  Und  mit  \  Und  aus  \ 
Wie  zum    |    Wenn  zu  \  .        Wir     mögen     diese     Vertau- 
schung   eben    nicht    tadeln,     falls    nur    die     Trochäen     im 
ersten,    vierten    und    sechsten  Takte    angetrolfen     werden. 
Im   Pentameter    aber    sollte    in   der   ersten  Hälfte   allemal 
ein  AVort  schliessen  ,   nicht  wie   V.  88. 

„  Würdig  der  Feier  des  weit  \]  herrschenden  Volkes 
zurück.  *' 
In  den  Anmerkungen  zu  diesen  Versen  wird  ein  kurzer 
Abriss  des  Lebens  dieses  Germanicus  S.  921  gegeben. 
Wenn  es  aber  von  dem  Drusus  daselbst  heisst,  dass  er 
schon  früher  von  seinen  Siegen  über  Gerinanische  Völker 
den  Namen  Germanicus  erhalten,  aber  auf  seinem  Rück- 
züge von  der  Elbe  zwischen  der  Saale  unil  dem  Rhein 
sein  Loben  verloren  habe:  so  dürfte  der  Beilegung  jenes 
CogiuMiicn  bei  Lebzeiten  dessellien  Suelon.  in  vit.  C'laud. 
c.  I.  und  Dio  Cass.  :A ,  2.  widersprechen.  Liegt  ferner 
der  Behauptung:  „Drusus  wurde  in  Mainz  vielleicht  auf 
der  Stelle,  wo  der  Eirhelstein  steht,  den  Viele  für  ein 
Denkmal  dieses  römischen  Feldherrii  halten,  Legral/en", 
nicht  etwa  eine  Vcrivechseliing  mit  tumulns  oder  ceno- 
taphium  zunr>  (ininde :  so  mns»i(en  wir  den  Herrn  Dr. 
Bletzger  einer  historischen  Süiule  zeihen  und  auf  Tacit. 
Ann.  III,  ■).  Dio  Cass.  ,04,  2-  nebst  Suetou.  Claud.  I. 
verueisen,  aus  welcher  letzteren  Stelle  dentlieh  hervor- 
geht, dass  Drusus  auf  dem  Campus  Martins  beigesetzt 
und    eine    von    Augustiis    verfassle   luschrilt    auf    seinem 


973 

ToiHcDliüffol    aufgpsiellt    wordpii    sei.      Dass  'der  Eiclicl- 
8<oiii    zu    Eliroii   lies   Driisiis   erbaut   (lunlcii,   sdioint   liciit- 
ziit.iife   nicht  molir  bezweifelt   «eideii   zu   kOniieii.    S.  Jen. 
Lit.   Zeit.    (SMS.   S.  3(10".   null   vergl.  Scliaa6's   Gesrliielilc 
der    Biin<iesfestiiiijf    IMaiiiz.       fliaiiiz     l^.j.j.       Dieses    Ver- 
seilen  aber    mahnt   uns  ,    hier   sojjlcicli   einer  anderen   iin- 
fegninileten   IJeliai'pfnnj    zu    gedenken.      Zu   V.   257.  58. 
Cnr  tot  sint  Jani,   cur  stas  sacratus  in  nno,  Ilic  nhijuncta 
foris  tcnipla  duubus   habes  ?   lieisst  es:  „Jani  heissen  theilä 
des  Janas  Tempel,   deren   in   Rom  j'edenjutls  drei  «aren, 
und    die    vielleicht    hier    gemeint    sind,     bei   uclciier   An- 
nahme sieh   ir,  öl.  niit  dieser  .Stelle   am  besten  vereinigen 
liesse,    tlieils   n.  s.   w."      Welcher    alte  Schriftsteller  hat 
je   von   drei  Tempeln   des  Janns  gesprochen?  iVIcint  Ilr.  IM. 
etwa    die    häufig   vorkommende    Benennung:    J^nus     inius, 
medius,   snmnius?    Allein   dadurch    werden  ja  nur  Durch- 
gangsbogen    bezeichnet,    wie   Ilr.  IM.    selbst  richtig  über- 
setzt:    „Giils    doch    der  Rogen  des  Jnnus  so  viele;    wie 
komvits,  dass  im   Tempel  hier  am  doppelten  Marict ,  ein- 
zig gefeiert,  du  stehst  P''     Yergl.   unsere  Nachvveisung  zu 
Hör.   Ep.   I,    1,  54.  p.  71.      Wir    wollen    keineswegs  die 
AIcinang  derer  vertreten,  die  gar  keinen  Tempel  des  Ja- 
nas annehmen  (worüber  einer  nnsercr  gelehrtesten  Freunde, 
Steuier ,   in  der  Schulzeitung  II.    IS'-'!^.   Nr.    152. -S.  r_'57 
die   beste   Nachwcisung    gibt),     da  sowohl  hier,    als  Tac. 
Ann.  2,  49.   dem  Janus    ausdrücklich    ein   Tempel    beige- 
legt   wird,    aber    geht    nicht    aus    dieser  Stelle    des   Ovid 
unzweideutig  hervor,    dass  Janus    zu    der  Zeit  nur  eine7i 
Tempel  geliabt  habe?     Doch   um    kein   Wort  weiter   über 
diese   mit  nichts   zu  rechtfertigende   Ansicht    zu  verlieren, 
verweisen   wir  auf  Sitchse's   gründliche  Erörterung  in  des- 
sen  ,, Geschichte   und   Beschreibung  der  alten  Stadt  Rom" 
I.    S.    1)7.      Zu  V.   70.      Et    resera    iiiifu    Candida    templa 
tun   wird  Folgendes  beigebracht:     ,,Ovid   spricht  hier  so, 
«io    wenn    damals    der  Janustempel    geschlossen    gewesen 
wäre,    s.   I.    281    ff.       Hiervon    sagt    aber     die    Geschichte 
Nichts,      ^'ielleicht    wollte    der  Dichter  wegen   der  schon 
errungenen  Siege    über  Deutschland    ilas    noch   Bevorste- 
hende   als    snhon    erfüllt    darstellen.       Denn     im    ganzen 
orbis   Romanus   war   damals  noch    nicht   Friede,    nie   diess 
zur    Schliessung    des    Janustempels     erforderlich     gewesen 
wäre.     Es  scheint  hierauf  Fast.   II,    1^.    selbst  hingewie- 
sen   zu    werden."      Dagegen    ist  zweierlei   zu   bemerken: 
erstens  das   reserare   bezieht  sich,   wie  schon   Neapolis  bei 
Burmann    richtig    erkhirt,    auf    den    aditus    ad    sarrilicia. 
Zweitens   giht   diese   Stelle    einen   Fingerzeig   für   die   Zeit 
der   Umarbeitung  des  ersten   Buches,    welche  demnach   in 
das     Jahr     77U     fallen     niüsste  ,     wo     Germanicus     seinen 
Triuniphzug     hielt    und     des    Janus     Tempel    geschlossen 
wurde;    wie    dem    auch    sei,    diese  Stelle    gehurt    wenig- 
stens  zu  den  spaten,   d.  h.   im  Jahr  770  veränderten   oder 
nachgetragenen,   wie  Masson  ad   ann.  DCCLXX.   p.    132. 
ed.    F.     dieses    von     den    s;i;nmtlic!ien    Büchern    annimmt. 
Die   Formel   Fast.   11,    IS.    (richtig   gefasst):    Respice ,   pa- 
cando  si   <|uid   ab   hoste    vocas  tliiit  der   obigen   Erklärung 
nicht  den   geringsten  Eintrag.      "Was   über   den   Gott  Janiss 
selbst   zu   V.  61-    S.  9.'U.   meist   nach    Creuzer  im   Auszüge 
von    Moser    S.    504 ,    auf    welchen     hier    verwiesen     wird, 
vorgetragen    worden,    würde   gründlicher    ausgefallen   sein, 
wenn  Ilr.   M.    au    dem    Hauptpunkte ,    d.   h.    an    dem   ur- 


974 

sprünglirhm  Sonnenc^otte  fesigehalten  liä((e  ,   worauf  selbst 
das  Etyniüii    des    Samens    (ühret.       Vrrgl.    Biilliiiunn    im 
nivthologus  II.  S.  70  —  !)2.    Max  Schmidt  in  Jahn's  Jahrb. 
l,S3(t.   I.    [XII],   3.   S.   347.    nebst    Biitliger's    Ideen    /ur 
Kunstmvth.    1.   Cursus,   S.   22-      Auch   in   andern  Artikeln 
würde   Manches   eine   feslere  Gestallung  und  eine  siciiererc 
Durchführung     gewonnen     haben,     wenn    der    llebersetzet 
und  Erklärer    auf   lljtrtung's   Religion    der   Rfimer.      Er- 
langen   ISiß   mehr   hatte  Rücksicht   nehmen    wollen.     AVas 
die  hin  und   wieder   berührti'ii  häuslichen  Alterthümer  der 
Römer  betrifft,    rathen   wir   bei   Ausarbeitung  der   Anmer- 
kungen   über  B.   3.   bis   B.   (>.    der    Leitung    Becker's    im 
„G'allus'''    Leipzig    iy38    zu    folgen,     damit    alles    ober- 
flächliche   Gerede,     wie     es    in    Schriften    dieser   Art   sich 
breit   macht,    möglichst   entfernt    bleibe.      Noch    haben    wir 
eine  Seite,    die    kritische,    zu    berühren.       Dass    diese   in 
einer  Uebersetzung  nur   eine   höchst   untergeordnete  Rolle 
spielen   kann,     versteht   sich    von   selbst;    iiiiil   Ilr.   iM.    hat 
ila    er    ohnehin    eine   Rcceiision    zum   Grunde    le^te,    das 
rechte  Maass  gehalten.      V.   3.    wird  Auspice  te,   das  Bur- 
vunin^    Gierig  u.  A.   gegen  Benlleij    in    Schutz    nehmen, 
tlieils  vertheidigt,  tlieils  nicht;   denn  die  ,,auf  gute  (iründe 
einige  Codices   und   alte   Ausgaben  sich    stützende   Lesart: 
auspicio,    liesse    sich    dadurch    rechtfertigen,    dass  sie   in 
Hinsicht  des   Ausdruckes  jioetisciier  sei,   .da   im   All"'emei- 
neii :    auspicio,    auch    das    Besondere:    auspex    verstanden 
werde."     Retens.  trägt  Bedenken,    das  auspicio   für  poe- 
tischer   ZU'  erklären,    weil    das  AVescn    der    Poesie,    wie 
Jedermann    weiss,    nicht    in    dem  Abstracten,    sondern   in 
dem  Concreten   besteht.     Wohl  mag  auspex    im  metapho- 
risclten  Sin?ie    von    einem   Gotte    gebrauclit  werden,    wie 
Bentley   zu   Horat.  Od.  1,  7,   27.   mit  mehreren  Beispielen 
erweiset,  nichts  desto   weniger   ist  hier  ilieses   Concretum 
glücklich   gewählt,   weil  Germanicus   bald  als  ein  mensch- 
licher  Gönner,     bald    als    eine   Gottheit   vom    Ovid    darge- 
stellt  wird,   wie  Hr.  iM.   selbst  ganz   richtig   bemerkt.     IJei 
der  Horazischen  Stelle  findet   eine   ganz  andere  Rücksicht 
statt.      Dieser    Dichter    ist    entweder    von    (Iure    auch    auf 
aiispice  geführt  worden,   wie    Orelli  anzunehmen  scheint, 
für    durtu    et    auspicio,     oder     er    hat    einen     wirklichen 
Priester,    der    als    auspex  gelten   konnte,     im  Sinne,   und 
zwar  nach   griechischer  Sitte,   welche   bei   der   Anführun«' 
von  Kolonisten   nicht    bloss    einen  Führer,    sondern    auch 
einen    Oberpriester    erheischte.      V.    153.      Et    modo    for- 
matis   amicitur   frondibns   arbos    wird    mit   Recht   frondibus 
für    vitibus    gegen    Heinsius ,    Burmann    u.   A.   geschützt, 
auch  aus    dem   (irundc,    weil    man    amicire    von  Blättern 
ebenso   gut  sagen   könne,  als  von   AVeinranken.      Aehnlich 
gebrauchen   die   Griechen    ivöifracrdui   und    diiq livrua- 
3i'.l,  s.   Kuinoel   zum   Evang.   lAIatth.   (i,  30.    AVollte  Ovid 
hier    kein    unnützes   Phantasiespiel    treiben,    so   durfte   er 
nach  dem  Zusammenhange   nur  das  junge  Laub  der  IJannie 
bezeichnen.   —   V.    21','.      Tu    tanieii   aiispicium   si    sif   »li- 
pis   utile   (jiiaeris  Curque  juvent   nostras  aera  vetiista  iiianus 
ist  die   von  Buriuann  aufgenommene  Lesung,   welche  Lenz 
sich   in   fiilgender   AVeise    aufzulösen    suchte:    Tu    tamen, 
aiispicium,    si ,    sit  stipis    utile   «jiiaeris   Ciiri]i!e    iineiit   etc. 
Janus    näiiili(  h     kommt    durch    diese    hingoiorfciie    Frage 
dem  Fragenden  selbst  zuvor:     ,, solltest  ilu   jedoch   fragen, 
warum    auch    ich    an    diesem    Tage    gern   Geschenke    von 


975 


976 


aKeil  ehernen  Mi'inzen  annehme  :  so  wisse"  a.  s.  w.    Die- 
ses  von   Lenz    sniipllrle    siidi    solKe  Hr.  M.   nicht  so  an- 
elösäig  finden;   ilenn   «iiesp  Erjj.'lnznng-  ist  beiden  Sprachen 
eigen,    s.  Hac/i  zu   Oiid.   I\lc-t.   Vl[ ,  y>0-    und  Heindorf 
xn  Horat.   Sa<.   II,    t,   SO.      Indess    mag  auch  Rec.   diese 
■\Vort-   und   SaUfiignnu  nidit  vertreten,    so   wenig  als  die 
GiVrJ^'sche :   Tu  tarnen  auspicinm  si  sit  stipis  utile ,  quae- 
ris  Curqup  etc.    Auf  eine    iniilist   sonderliarc  ^Vpise  glaubte 
Heinse  «licjcr  Slcllc  alizuliclfcn   <lnrcli:   si   cur  stipis   utile, 
qnaeris,  Cur/ie   ftc.     Bei  so   beivandlen   Unist.'lndcn   nimmt 
Hr.  M.    seine  Zullnciit    zu    der    von  Krebs    und    Conradi 
in  ihren   Ausgaben   der  Fasti  18'J(i.    ISit.   äufgpiioninienen 
und     von    einigen    Handschriften     best.'itigten     Lesart:      Tli 
iamen,    anspicinm    cur    sit    stipis    utile,    quaeris    Cnrqae 
iarent  etc.   und   übersetzt  also:   ,,Abcr  du  fragst,   was  dag 
Zeiclien  der  3Iiinz'  uns   fromm'    und   warum   denn   Unsere 
Baude    so    gern    nehmen    des    Alterthums  Erz?      Vormals 
schenkte  man  Erz;  jetzt"   u.  s.  w.      >Ver  den  Zusammen- 
han«>-  cruägt,   fühlt  sogleich   das  Ungelenke   und  Gezwun- 
gene.     >Vir  lialten    daher  Burmnnns   Lesung    und    Infer- 
i)unction    für    die   einzig   walire ,    nur    sollte   hinter  manus 
kein   l'unkt,    sondern    ein    Kolon    stehen,    wie    in    einem 
ähnlichen    Ideengange    und    mit  Ergänzung    des    scito   bei 
Horat.   Ep.   I,   1,    13.      üie    Hauptsache   jedoch    ist,    der 
Conjunctiou     si    eine    doppelte    Beziehung,     auf     sit     und 
qnaeris,   zu   geben    —    ein   Gebrauch,    dessen   A'crkenuen 
fast   überall  die   wunderlichsten  Dinge  hervorgebracht  hat, 
wie   wir  diess    noch   kürzlich    an    der  Conjectur   des  sonst 
80    sprachkundigen   Peerlkauiji    zu    Horat.    Od.   I,   13,   18 
bis  '20,  wo  Milsc/ierlich   das   Wahre  sah,   ivahrgenommen 
haben.      Am     gliicklichston     hat     diesen     Sprachgebrauch 
Fabri    beim  Sallust  gellenii    gemacht.     Z.  B.   Uat.  3^,  3. 
Jug.    Vi,  3.    14,  3.    lli-     Vergl.   auch  Kirchner  zu   Horat. 
Sat.  I.   p.    ISO.     Heindorf  ebendas.    1,1,    104-   'J ,   3,  S.. 
Ellendt    zu    Cic.    Brut.    p.    100.     Jahn    und     Wagner    zu 
■^'irg.   Ge.    1,  248.      Indess   wollen    wir   hierdurch   keines- 
wegs   das  Fehlen    der  Bedingungspartikel:    si    an    sich  in 
Abrede   stellen   (s.   die   Bemerkung  zu   Horat.   Epist.    1,   l, 
87.   p.   93.) ,     noch    auch    das    sit    in    der  Bedeutung    für 
num  sit  mit  Hrn.  IM.  für  ungebräuchlich  halten,   s.  Schinid 
zu  Hör.   Epist.    1,  3,   30.    Wenn  aber,   wie   gegen   Gierig 
bemerkt  wird,    der   Uebersetzer    das  si   in  der   Bedeutung 
ob   hier   unpassend     und    zwecklos   findet,    so    hat   derselbe 
liberselicn  ,    dass    die    iiidirecte    Frage:   si    sit  —    utile   nur 
zur   Einleitung  der   folgenden    diene:     Curque    juvcnt   etc. 
Denn  Janus  antu ortet:     „ich    lasse    mir   beide   Arten   der 
A''erehrung  gefallen,    weder    die   .Sitte   der  alten   Zeit  ver- 
schmähend,  d.    h.   die    Geschenke   an   alten    ehernen    IMün- 
zen  ,    ncicli   die  der    neueren   Zeit;    denn    auch    ich    liebe 
das  Gold   und   freue   mich  der  goldenen   Tempel." 

AVenn  wir  dieser  so  »lelfach  niisshandelten  Stelle  eine 
ausführliche  Erürterung  zuwandten,  so  geschah  diess  nicht 
bloss  im  Interesse  der  Wissenschaft,  sondern  auch,  um 
dem  denkenden  Uebersetzer  und  '  ErkUrer  ,  der  über 
zwei  .Seiten  hindurch  mit  der  kritischen  Behandlung  sich 
befasstc  ,  einen  Beweis  uuserer  Aufmerksamkeit  zu  geben. 
Schliesslich  möge  derselbe  auch   unseren   Rath  nicht  ver- 


achten ,  kanftig  der  bin  und  wieder  vorkommenden  all« 
gemeinen  Citate ,  als  Strabo  lib.  VIL  und  dergleichen 
sich    möglichst    zu  cuthalten. 

S.  Obbaritts. 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

M  a  n  nbci  ui,  den  3. Oct.  Der  Schwab.  Merknr  bemerkt  noch 
iiber  die  bereits  von  uns  crwabntc  ,  zweite  f'eisammlung  deut- 
scher Philolos,en  und  Schulmänner:  Sie  ist  weit  zahlieiclicr 
besucht  worden  ,  als  die  erste  zu  Nürnberg  im  vorigen  Jahre. 
Die  Zahl  der  Mitiilieilcr  betrug  148  aus  .illen  Gegenden  Deutsch- 
lands ,  der  Schweiz  nnd  dem  F.lsass.  Auch  ein  Holländer  hat 
sich  eingefunden,  nanicntlicli  in  der  Absicht,  die  Versanwiilung 
für  Beförderung  allgemeiner  Volksbildung,  einen  Zweck,  dem 
er  seine  ganze  TiMtigkcit  seit  vielen  Jahren  widmet,  zu  gewin- 
nen. Von  den  durch  ilirc  liteiarische  Thätigkcit  bekannten 
Mitgliedern  nennen  wir  unter  Andorn:  Fr.  Jacobs,  Fr.  Grenzer, 
Thiersch  ,  Rost,  Hermann,  Zell,  Karelier,  Bahr,  Osann,  Hil- 
Icbrand,  Kein,  Beck,  Walz,  Moser,  Pauly,  Fabri,  Gerlach,  Osian- 
dor  ,  Geist,  Nüsslin  ,  Schneidewin,  Vischer,  Wclcker  u'  A.  In 
der  hciiligon  dritten  und  letzten  öffentlichen  Sitzung  wurde 
Gotha  als  der  kiinftige  Versamnilnngsort  dentscber  Pliilologen 
und  Scliulniunncr  bestimmt  und  beschlossen,  dass  Fr.  Jacobs 
eingeladen  werden  solle,  das  Präsiilium  zu  übernehmen;  zu- 
gleich wurde  ihm  in  Betracht  seines  hohen  Alters  als  Stellver- 
treter zur  Leitung  der  Geschäfte  Prof.  Rost  ans  Weimar  be- 
stimmt. Auf  Tliiersch's  Vorschlag  wurde  der  Aufmerksamkeit 
t\cr  nächsten  Versammlung  besonders  die  Enlwerlung  eines  all- 
gemeinen Schulplans  ,für  die  gelchrlen  Schulen  des  gesaniinlen 
deutschen  Vaterlandes  empfohlen  ,  und  zwar  solle  sie  sich  hier- 
mit vor  allen  andern  Gegenstanden  beschäftigen.  So  verspricht 
dieser  zunächst  durch  Tiiicrsch  gegründete  und  durch  seine 
iinermridlicbc  Tliäligkeil  und  seltene  Gewandtheit  aufbliibcndc 
Verein  mehr  und  nielir  an  Bedeutsamkeit  gedeihen  zu  wollen. 
Vr)r/.ii^licli  wird  er  al-er  zur  Versöhnung  extremer  Meinungen 
lind  zur  gegenseitigen  Verständigung  das  Seinige  beilragen. 
Höcliit  hcdeutungsvoM  waren  in  dieser  Hinsiebt  die  Worte  des 
ehrwürdigen  greisen  Jacobs  in  der  ersten  Sitzung. 

Annalierg.  Das  Programm  zu  <leni  üffentlichen  Bedeaclus 
am  dasigen  Gymnasium  den  15.  April  enthält  die  ,, Vierte  Nach- 
richt von  dem  Gymnasium  und  Progymnasium  zu  Annaberg  auf 
das  Schuljahr  1838 — t8.^9."  von  dem  Reclor  und  Professor  Dr. 
Frotsclier.  12  S.  8.  Die  Gcsammtzahl  der  Schüler  betrug 
zu  Ostern  90  in  6  Chssen  ;  12  gingen  auf  die  Universität,  von 
dinen  7  die  I.,  3  die  I!.,  2  die  III.  Censur  der  Reife  erhielten. 
Die  Stelle  des  im  October  vorigen  Jahie-i  an  die  Landcsscbulc 
versrl/.len  ordentlichen  l-ehrcrs  Dr.  Fr.  Kraner  ist  bis  jetzt 
niibcselzl  geblieben,  das  Ordinariat  der  VI.  Hauptclasse  dem 
Collalior.  Bie!   übertragen   worden. 

Dresden.  Zur  öjrenilicben  Osterpiüfung  und  dem  Rede- 
actus  an  der  Kreuzscbule  iin  März  181^9  ist  folgendes  Programm 
crscbieiien:  Jnüi  Sillig  Qnaeslionum  Pliniananim  Specimeu  pri- 
numi  (.^0  S  8)  nebst  den  Schnlnacbrichten  vom  Rcctor  Groc- 
bcl  (10  S.).  Zu  Michaelis  hatten  die  Schule  19  (1  mit  <ler  1., 
12  mit  der  II..  6  mit  .ler  III  Censui)  ,  zu  Ostern  22  Schüler 
verlassen  (2  mit  Not.  1.,  18  mit  Not.  II.,  2  mit  Not.  III.).  Die 
Zahl  siiiumlüchei-  Scliülci  war  .S45.  —  Im  Juli  starb  der  drille 
I.ihrcr  der  Anstalt  Dr.  Li  c  bei. 

Bautzen.  Dem  Einladungsprogramine  des  Rect.  C.  G.  S  i  e- 
bclis  zum  Oslerexamen  geht  eine  deiUschgeschriebcne  Abhand- 
lung des  IV.  Gollegen  und  Musikdirectors  G.  F.  Lüschke:  vom 
Gebrauche  und  Unterschiede  der  latein.  Partikeln  Nisi  und  Si 
non  voraus  (20  S.  4.).  Die  Zahl  der  Schüler  war  127,  abge- 
gangen sind  7  (4  mit  dem  I.,  2  mit  dem  II.,  1  mit  dem  III. 
Zeugnisse  der  Reife). 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  LI  ms  Wissenschaft 


Freitag,    11.  October 


1839. 


Nr.  12'2. 


lieber  einio;e  Epochen  im  Leben  des  Herodes  Alti- 

cus,  mit   besonderer  Beziehung  auf  die  zweite 

borgliesische  Insclirifl. 

§.  1.  Die  beiden  borghesisclien  Marmorinschriften 
behaupten  unter  allen  griechischen  Inschriften  einen  vor- 
ziiglichen  Rang  sowohl  durch  ihr  dirliterisclies  Verdienst, 
als  durch  die  wichtigsten,  nur  aus  ihnen  zu  entnehmen- 
den Notizen,  «omit  sie  über  verschiedene  Theile  der 
altcrthüuilichen  Studien  Licht  rerbrciten,  Nicht  minder 
schätzbar  sind  sie  als  Ertteiterungen  unserer  Kunde  von 
einem  der  merkivürdigsten  IMauner  dos  antoninischen  Zeit- 
alters, dem  Rbetor  Ilerudes  Atticns,  der  gleich  bedeu- 
tend durch  Talent  und  Reichthnm  auf  sein  Vaterland 
und  »eine  Zeit  überhaupt  einuirkte.  Diese  Umstände 
haben  ihm  seit  ihrer  Auffindung  (in  den  Jahren  l(i07 
und  1617)  ein  hohes  Interesse  der  Gelehrten  zugewen- 
det; Morelli,  Casaubon ,  Hüeschel ,  Arcudius,  Spon, 
Maittaire,  Brunck  u.  A.  haben  zu  ihrer  Bekanntmachung 
und  Erklärnng  mehr  oder  weniger  beigetragen  ;  das 
grosste  Verdienst  aber  erwarb  sich  um  dieselben  Salma- 
sius  durch  einen  reichhaltigen  und  gelehrten  Commentar.  ') 
Diess  hinderte  nicht,  dass  E.  Q.  ^'isconti  ")  immer  noch 
ein  reiches  Feld  der  Erklärnng  vor  sich  sah  und  manche 
wesentliche  Punkte  zum  erstenmal  richtig  bestimmen 
konnte.  Abgesehen  von  vielen  einzelnen  trefllichen  Be- 
merkungen, findet  man  bei  ihm  das  nicht  sparsame  31a- 
terial  für  Herodes  Lebensgeschichte  aus  Philostratus  ■") 
u.  A.  zuerst  zweckmässig  geordnet  und  zur  Erläuterung 
der  Inschriften  vollständig  verwandt.  Dennoch  lässt  sich 
nicht  verkennen,  dass  auch  nach  dieser  schönen  Arbeit 
die  Epochen    der    zum  Grunde    liegenden  Ereignisse  und 


1)  Cl.  Salmasii  diiariim  Inscr.  vett.  Herodis  Attici  Rbetoris 
et  Regillae  conjiigis  honori  nositarum  ezplicatio.  Paiis 
1819.   in  4. 

23  E.  Q.  Visconti  Iscrizioni  greche  Triopec,  ora  Borghcsiano. 
Roma.    1794.    in  4. 

3)  Philoshati  Vitac  SopbislaiuniLib.  H.  Vita  Herodis,  in  Phi- 
lostralorurn  Opp.  cd.  Olc-ar.  Vol.  II.  p.  545—565,  und  bei 
dciiiseiben  in  den  fiio^rapiiiecii  mehrerer  anderer  Sophisten. 
Fast  die  geistreichsten  Charakterzüge  zu  dem  Bilde  des  He- 
rodes hat  uns  Gcllius  aufbewahrt  1,  2.  IX,  2,  XIX,  IV.— 
.anderes  Lucian  im  Dcmonax  ,  Pausinias  ,  Smdas  etc.  — 
Eine  breite,  nicht  unverdienstliche,  doch  unkritische  Com- 
pilatiou  aus  Philostratus  liclerlc  Biirigny:  Memoire  siir  la 
vie  d  H(^rode  Atticus  (in  den  Mcm.  de  l'Ac.  d.  Inscr.  1764. 
Tom    30.). 


ihr  gegenseitiges  Verhältniss  schwankend  und  unklar  ge- 
blieben sind.  Die  Schuld  ist,  dass  Visconti  seine  chrono- 
logischen Untersuchungen  nicht  mit  derjenigen  Schärfe 
und  bis  zu  der  Bestimmtheit  fortführte ,  durch  welche 
allein  eine  feste  Basis  für  den  Zusammenhang  geschicht- 
licher Thatsachen  gewonnen  wird.  Einige  Irrthümer 
Visconti's  sind  bereits  berichtigt  worden  von  Eichstädt 
(in  Fabric.  Bibl.  Gr.  ed.  Harles.  Tom.  VI.  p.  4  etc  ), 
dessen  Untersuchung  der  neueste  Herausgeber  der  borg- 
hesischen  Inschriften  Raph.  Fiorillo  (  in  Herodis  Attici 
quae  supersunt  1801)  seinen  eigenen,  mehr  worterklären- 
den Commentar  vorangestellt  hat.  Dennoch  schien  e» 
noch  immer  nicht  der  Mühe  unwerth,  die  Untersuchung 
auf  einer  breiteren  Basis  von  neuem  aufzunehmen,  und 
für  die  Biographie  des  Philostratus  mit  Benutzung  der 
Inschriften  eine  vollständigere  und  genauere  Zeittafel  zu 
entwerfen,  um  so  mehr,  da  der  berühmte  Herausgeber 
des  Corpus  Inscr.  Graec.  noch  nicht  bis  zu  den  in  Rede 
stehenden  beiden  Gedichten  vorgerückt  ist.  Ich  setze  dabei 
die  Inschriften  selbst  als  bekannt  voraus,  indem  ich  aus 
Visconti's  Abhandlung  die  Hauptpunkte  hervorhebe,  um 
an  diese  die  nähere  Erörterung  und  Berichtigung  anzu- 
knüpfen. 

g.  "2.  Die  erste  Inschrift  (von  39  Versen)  vyeihet  einen 
dem  Herodes  angehürigen  Begräbnissplatz  auf  dem  trio- 
pischen   Felde  den   Göttinnen   Athene   und   Nemesis. 

Durch  die  zweite  (von  .^9  Versen)  wird  ein  Bild  der 
Regilla,  der  Gattin  des  Herodes,  im  triopischen  Tempel 
der  Göttinnen  Demeter  und  Faustina  eingeweihet,  und 
die  Römerinnen  werden  aufgefordert,  der  Regilla  als  einer 
Heroine   Huldigungen  darzubringen.   — 

Die  zweite  (nach  Visconti's  wahrscheinlicher  Vermn- 
thnng  au<h  die  erste)  Inschrift  hat  znm  Verf.  den  Mar- 
cellus  (d.  i.  Marcellus  Sidetes  von  Pampbvlien),  den  wir 
als  einen  dem  Herodes  zeitverwanilten  Dicliter  aus  Suidas, 
S.  Hieronymus  und  Eudoria  kennen  (verg!.  F.ibric.  B.  G. 
IV.  c.  9.)'.  Das  triopische  Feld  (Inschr.  V.  4<J:  J^fv;! 
ivi  TotUTTeii},  i'va  oi  yj'J.oog  ei'ohi  ayool)  war  eiu 
ausgedehnter,  wohlbebanter  und  bewohnter  Grundbesifi 
der  Annia  Regilla,  drei  Miglien  von  Rom,  untveil  der 
Via  Appia,  iler  seinen  gelehrten  griechisthen  Namen 
dem  Herodes  verdankte.  ')    Der  Tempel,   worin  Rcgilleus 

4)  Uebei  die  Bedeutung  des  Namens  verweise  ich  mit  Ueber- 
gehung  aller  Andern  auf  Boeckh  Corp.  1.  G.  nr.  26. 
pag.  45. 


979 


980' 


Biltl  anfgesiellt  »ar,  goliürtc  ,  zufolge  der  Insclirirt,  der 
aheii  iiiitl  neuen  üco  {-Irrt  TS  vir  ^ijip  TS  nuKairj). 
Hier  dachic  Salinasius  an  Demeter  und  Köre;  Spanheim 
ixillte  in  der  jüngeren  l)eo  die  Kaiserin  Sabiua  bezeich- 
net finden,  «eiche  anrli  in  einer  me<,'arisclicn  Inschrift 
unter  dieser  Bczeichnnng  auftritt.  Alier  unsere  Inschrift 
selbst  f;ibt  uns  an  einer  anderen  Stelle  ausdrürklich  den 
Namen  der  Fanstina  an  (V.  48:  TuvTO  ös  0ai'ailvn 
■xsyccoiafuiür  rOTC.t  dycj.na),  «eichen  Visconti  mit 
vollem  Recht  fiir  identisch  hielt  mit  der  neuen  Deo. 
Also  der  Demeter  und  Faustina  war  der  triopische  Tem- 
pel crctveiht.  Aber  «eicher  der  beiden  !;leichnamigen' 
Kaiserinnen?  der  Mutter,  oder  der  Tochter?  der  Ge- 
mahlin des  T.  Antoninns  Pius,  oder  des  HI.  Aurelins 
Antoniuus?  —  Visconti  entscheidet  sich  für  die  jiingcre 
Faustina  und  reihet  an  eben  diesen  Punkt  mehrere  an- 
dere den  Ilcrodes  betreffende  chronologische  Bestimmun- 
gen an. 

„Denn  (sagt  er  p.  78)    Ilerodes    lebte   geraume  Zeit 
über    den   Tod    der  jüngeren  Faustina    (17Ö   n.   C )   hin- 
aas  [?J,    «ie    aus    allen   Angaben    des    Philostratus   [?!, 
insbesondere  aus  den   zahlreichen   und  grossen  ßauiverken 
hervorgeht,   «eiche   er  nach  seiner  Versöhnung    mit  dem 
Kaiser    M.    Aurelius    ausführte     [?].       Diese    Versöhnung 
aber  kam  zu   .Stande   unmittelbar  nach   dem  Tode  Fausti- 
nens,-«ie  aus  dem   von   Philostratus    aufbewahrten  Briefe 
des   Kaisers    an   Ilerodes    erhellt.       Nehmen    «ir  nun   an, 
Ilcrodes  habe     nur  ctiva    10  Jahre   jene  Epoche    überlebt 
(das   wäre   bis    185),  geben   «ir  seinem  Leben   überhaupt, 
nach  Philostratus  ausdrücklichem   Bericht,   7t)  Jahre,   und 
verbinden   damit  ferner   die   Andeutung   der  Inschrift,  wo- 
nach  er  den  A'^erlnst  seiner   Gattin   im  Greisenalter   erfuhr 
(y-   12:    Fi.oa    LI'    dy^u'/Jrp   Xi'.QTj    TTSQiy.EiuSvov  svvrj): 
so   folgt,    wir    werden    den  Tod   der  Regilla    nicht  früher 
setzen    dürfen  ,     als     unter     des    BI.    Aurelius    Herrschaft 
(d.   i.   nach    160),   und   zwar,  damit  Ilerodes  schicklicher 
als   Greis   bezeichnet   werde,    nicht    gerade    in    die   ersten 
Regierungsjahre   des  Kaisers.     Denn   im  letzten  Jahre  des 
Antoninns   Pius   würde   unser  Rhetor  doch   immer  erst  öO 
Jahre    gezahlt    haben.     —    Einen    noch    stärkeren  Beweis 
für  diese  Annahme   liefert  Philostratus    in   der  Erzählung 
lon  der  Anklage,   welche   Appius   Anuius  Bradua,   Regil- 
lens   Bruder,   gegen   Ilerodes   erhob,     als   ob   dieser   <lurch 
unmenschliche    Belianflluug    seiner    Gemahlin    ihren    Tod 
selbst    verschuldet    habe.       Hier  tritt  Bradua  als   vir  con- 
sularis    (ircUTrui)  auf.       Wir    «isseii    aber,    dass    er    im 
letzten    Jahre    des    Antoninns     Pius    (l(l(J)     Consul    war. 
Fällt  nun  also   nnz«eifelhaft  Regillens   Tod   und   des  Bra- 
dua   Anklage    unter    i\I.   Aurelius:    welchen    <irnud    hätte 
Ilcrodes  ,    oder  der  Dichter    der  Inschrift  haben   können , 
einer  langverstorbenen  Augnsta   [die  altere  Faustina  starb 
141]   ieu   schmeicheln,    welche   der  damalige  Kaiser,    ob- 
wohl   ilirer    Tochter     Gemahl,     dennoch     kaum     gekannt 
hatte?    [I]    —     Viel    walirscheinlicher ,     Herodes   ehrte    in 
dieser    Inschrift    «las    Andenken    der    jüngeren    Faustina, 
deren  Tod   ihrem   guten   Gatten    so  schmerzlich   fiel.      In- 
dcss  darf    man    andererseits    ilaraus    nicht    die    Folgerung 
ziehen,    als  sei   Regillens  Tod   dem   der  Kaiserin  gefolgt. 
Vielmehr   ist  anzunehmen  ,   der  .Marmor  wurde  der  Regilla 
eine  bcträtlillichc  Zeit    nach    ihrem  Hinstliciilen    errich- 


tet I?],    nachdem  Ilerodes    sich    von    dem    Argwohn    und 
Vorn  urf   des  ."^lordes  vollkommen  gereinigt  sah."  — 

Auf  S.  05  wird  aus  den  Fasti  t'ons.  und  aus  Inschrif- 
ten berichtet,  dass  Herodes  im  Jahr  i4.'5  das  Consulat 
verwaltete;  im  J.  18.')  aber  sein  Sohn  Atticus  als  suffec- 
tus  das  Consulat  eines  .11.  Bradna  ergänzte.  —  Darauf 
heisst  es:  „Philostratus  berichtet  ferner,  Herodes  habe 
als  Jüngling  vor  dem  Kaiser  in  Pannonieu  eine  Rede 
gehalten,  und  da  er  <lariii  stecken  blieb,  sei  er  vor 
Schaam  und  ^'e^druss  nahe  daran  gewesen,  sich  in  die 
Donau  zu  stürzen.  Diesen  Vorfall  setzt  Olearius  in  119, 
no  Kaiser  Hadrianus  an  der  Donau  stand,  und  gibt  dem 
Herodes  damals  'J5  Jahre.  Danach  würde  seine  Geburt 
in  9ö,  sein  Tod  in  171  fallen.  Allein  da,  wie  oben 
gezeigt  [?]  ,  Herodes  geraume  Zeit  über  175  hinaus 
lebte,  so  ist  des  Olearius  Rechnung  falsch;  und  da  an- 
dererseits nicht  wahrscheinlich,  dass  ein  Knabe  von  wenig 
mehr  als  10  Jahren  vor  dem  Kaiser  hätte  haranguiren 
dürfen,  so  wird  das  ganze  Ereigniss  in  spätere  Zeit  hin- 
auszurücken sein.  Nun  aber  begab  sich  weder  Iladrian 
zum  zweitenmal,  noch  sein  Nachfolger  Antoninns  nach 
Pannonieu.  Wohl  aber  stand  Hadrian's  Adoptivsohn  Ael. 
Verns  im  Jahre  137  in  jenen  Gegenden,  und  ilieser 
konnte  von  Philostratus  zwar  nicht  Augustus,  aber  doch 
Imperator  ( «iiroxpt/.rwo )  im  weiteren  Sinne  genannt 
werden  [?].  Hatte  ilamals  Ilerodes  25  Jahre  [?],  nach 
Olearius  Annahme,  so  war  er  112  geboren  und  starb 
ISS."  — 

Diess  sind   die  Ergebnisse  von  Visconti's  üntersuchnng 
.  tiber    die    Lebensepochen    des    Ilerodes.       Versuchen    «ir 
nun,    ob    etwas  mehr  Umsicht    und  sorgfältigere   Berück- 
sichtigung der  einzelnen   Thatsachcn    uns  nicht  «ti  schär- 
feren Bestimmungen  verhilft. 

g.  3.  Für  das  Todesjahr  der  Regilla  benutzt  Y.  das 
Consulat  ihres  Bruders  und  <lie  in  der  Inschrift  gegebene 
Hindeutung  auf  Herodes  höheres  Aller,  niid  gelangt  da- 
durch nur  zu  dem  unbestimmten  .Schluss,  dass  Regilla 
unter  M.  Aurelius  Herrschaft  gestorben  sei.  —  Was  zu- 
nächst  die   Worte   betrill't: 

i2c  oi  Zsvq  ißxTSiQSv  6övQUf.isvov  naQUXoirrjv 
Iijoa  SV  dCaki(i)  X'J9V  nsoiy.sijtsvov  svvij, 
so  durfte   V.    bei    der    ^'^oraussetzung,    dass    die    Inschrift 
lange  nach   Regillens  Tode   und   bald   nach   dem  der  Fau- 
stina   lerfasst    «orden,     nicht    einmal   so  starkes  Gewicht 
darauf    legen  ,     indem    der    Dichter    die    Einsamkeit    des 
verwittweten  Herodes    nicht  in   unmittelbarer  Folge   nach 
dem  ^'erluste   der  Gattin,  sondern  lange  nachher  als  noch 
immer   fortdauernden  Zustand    des   Greises    iii's   Auge   fas- 
sen  konnte.    —     AVichtiger    ist    das    schon    von   Salniasins 
geltend    gemachte  Consulatsjahr    des    Appius   .Aiiniiis  Bra- 
dua,   vom  Jahre    160  (vergleiche   Fast.   Capit.     Tillemont 
Hist.   des   Einp.    Tom.   iL).       Diess    liefert    ein    unzweifel- 
haftes Vorher   für  den   Tod   der  Regilla.    Suchen   wir  nun 
ein   nnhesteheiides   Nachher.    Zunai  hst  begegnet  uns  hier 
als    beachtenswerth    eine    Angabe    des    Pausanias.       RIan 
pflegt    den  Beschreibcr  Griechenlands    und    den  von  Phi- 
lostratus  und   Suidas  als  Schüler  des   Herodes  Atticus  be- 
zeichneten Sophisten  (Phil.  p.  5!l4)   für  eine  und  dieselbe 
Person    zu    halfen    (Fabric.   ß.   G.   1.   IV.   c.   15.  p.   4ü8). 


981 


982 


Der  Verf.  ilcr  Peripffesc  selbst  «loutet  nirgends  ein  per- 
söiiliclics  >'orliälfniss  zu  II.  an  ,  sondern  bezeiclinet  den- 
selben,  so  oft  er  «hn  erivabnt,  immer  nur  schlechtliin 
dvj^TQ  '_(i^ijvo.coi  'll()v')5lji.  Hatte  er  si<Ii  dennorh  zu 
War.itlion  im  en^^eren  Kreise  von  II. 's  Sihulern  befanden, 
so  dürfte  man  annehmen,  dass  er  sein  erstes  Buch,  die 
Attira,  eben  damals  entivarf,  was  indessen  für  unseren 
Zweck  gleicbgiihi",'  ist.  Spätere  Reisen  lieferten  ihm  den 
Stofl  für  die  folgenden  Bücher,  und  das  fi'infte  und  serhsfe, 
die  Eliaca,  schrieb  er  im  14.  Regierungsjahre  des  .4n(o- 
niuus,  im  J.  174  (vergi.  Fabric.  1.  c. ).  Es  lässt  sich 
vermuthen ,  dass  das  siebente,  die  Aciiaica,  bald  darauf, 
etwa  175,  folgte.  Hier  nun  ( lib.  VII.  c.  20)  erwähnt 
Pansanias  bei  Gelegenheit  des  Odeon's  in  Paträ  das  noch 
prächtigere  athenische,  «elihes  Herodes  zum  Gedächt- 
iiiss  seiner  Gattin  errichtet  hatte  ^),  mit  dem  Bemerken, 
dass  es  zu  der  Zeit,  tio  er  seine  Altica  schrieb,  noch 
nicht  vorhanden  gewesen  sei.  —  Daraus  erhellt  nun  zu- 
vörderst, dass  Regula  früher  starb,  als  die  Gemahlin 
des  M.  Aurelius  (im  J.  175)-  Erwägen  wir  aber  weiter, 
dass  das  Odeon  bereits  eine  geraume  Zeit  stehen  mochte, 
ehe  Pausanias  seiner  auf  jene  Weise  zu  gedenken  Ge- 
legenheit fand;  —  ferner,  dass  über  der  Vollendung  des 
prächtigen  Baues  gewiss  einige  Jahre  verstrichen,  —  und 
endlich  ,  dass  Herodes  vielleicht  nicht  einmal  unmittelbar 
nach  Regillens  Tode  denselben  begann:  so  dürfen  wir 
nach  dem  massigsten  Anschlage,  wenigstens  4  .fahre  von 
dem  angegebenen  Zeitpunkte  der  Notiz  des  Pausanias 
zurückrechnen  und  Regillens  Tod  unbedenklich  vor  das 
Jahr   171  setzen. 

Aber  wir  werden  noch  viel  weiter  zurückgewiesen, 
wenn  wir  den  Faden  der  philostrat.  Erzählung  aufmerk- 
sam verfolgen.  Philostratus  bindet  sich  zwar  in  der  Auf- 
zählung der  Begebenheiten  nirgends  streng  an  die  Zeit- 
folge, aber  er  durchwebt  seine  rhetorische  Darstellung 
mit  Zügen,  die  auf  die  Zeitverhältnissc  hindeuten.  Nun 
erzählt  er:  Während  die  beiden  Quinctilier  als  Procon- 
suln  Griechenland  verwalteten,  fll.  Aurelius  aber  sich 
beim  Heere  in  Paunonien  befand  (d.  i.  eben  im  Jahre 
171;  vergl.  Tillemonf.  Hist.  d.  Enip.)  sandten  die  Athe- 
ner, durch  des  Herodes  herrisches  Wesen  und  den  Ueber- 
muth  seiner  Freigelassenen  bedrückt,  einen  gewissen  De- 
mostrato's,  nicht  ohne  Einverständniss  der  Proconsnln, 
zum    Kaiser,    mit    der  Anklage,    dass    Herodes    nach  der 


Tyrannei  strebe,  ja,  im  Grunde  sie  bereits  übe.    H.  reiset 
nach  Sirniium,    um    vor  dem   Kaiser  seine  .Sache  zu   füh- 
ren.      Wir    sehen    ihn    in    Begleitung    der    zwei    Tüchter 
seines  Freigelassenen  Alkimedon,  der   Gefährtinnen  seines 
Alters.  '')      Vor  .Sirmium  angelangt,    sieht    er  diese  seine 
LicMingo    pliitzlich    vom    Blitz    getrollcn    und     erschlagen 
niid  bricht,  statt  aller  Verthc'idigiing,  inwüthende  Schmä- 
hungen gegen  Aea   Kaiser  aus  ,  als   den  Stifter  seines  Un- 
glücks.     Aun   ist  ausser  allem  Zweifel,  dass  Herodes  da- 
m.ils  seine   eigenen  Töchter,    Panalhenals    und  Elpinlke, 
bereits  verloren   hatte    und   auf   den  Besitz  Eines  Sohnes, 
des  Atticus,   eingeschränkt  war,   rien   er  nicht  liebte,  weil 
Ihm  seine  Fähigkeiten   gering  und  seine  Neigungen  niedrig 
schienen.     Eben  diese  völlige  Vereinsamung  und   das   Be- 
dürfniss  eines  verarmenden   Gemnthcs    war  es,    was  seine 
Freigelassenen    und    deren    Familien    näiier    zu    ihm    zog 
und   ihnen   nach    und    nach    einen    falschen  Einfluss    ver- 
schallte.  ')       Hätte    dagegen    sein    Schoosskind    Elpinlke 
noch   gelebt,  so  würden   wir  eher  diese  in   Pannonien   hei 
ihm  hnden,   ebenso,  wie   der  Kaiser  in  Gesellschaft  Fau- 
stiiiens    und    seiner    dreijährigen    Tochter    dort   erscheint. 
IViin  aber  ist  gewiss,  dass   Elpinike  später  starb,  als  ihre 
Mutier   Regilla.      Ja,   nach  Philustratos   könnte   man    glau- 
ben, auch  Panathenais.    Denn   nachdem  der  Biograph  uns 
berichtet,    wie  Herodes    sich    lange  Zeit    der    ausschwei- 
fendsten Traner  um  Regillen   nberliess,    kommt    er    dar- 
auf,   uns    die    nicht    minder    schmerzlichen    Wunden    zu 
zeiL,'(-n  ,   welche   ihm  der  frühe   Verlust  der  beiden  Töch- 
ter schlug  (Ol.  p.   5.')7   und  558).   —   Aber   die   borghesi- 
sche  Inschrift    belehrt    uns    eines   Andern   und   setzt  diese 
Familienverhältnisse  völlig  in's  Klare:   V.  13  etc.  heisst  es: 
OiiExa  oi  7ratda<;  fiev  dfivftovoi  iy,  fxeyÜQoio 
JoTTviai  KX(o9(u£Q  dvijQEiipu.vTO  fuekaii'c/.i 
'JJiit'osag  TvXeovojv  öotoj  d'  tti  nalds  Xitceo&vv 
NijTTiaxui  dyvüj  re  xaxujv  etc. 
Daraus  geht  hervor,    dass  von  4  Kindern    der    Regula  2 
vor  der  31utter   starben,    2   dagegen    sie    überlebten.      Die 
beiden   letzteren   sind    l)   Atticus,   den   die   Inschrift   nach- 
her nochmals  als  einzigen  Sohn   erwähnt,   den,   wie  Phil. 
erzählt,    Herodes    von    der  Erbschaft  seines  Hauses  aus- 
schloss,    so    dass  ihm  nur  das  mütterliche  Erbgut  zufiel; 
der    dann    wahrscheinlich    im    J.    1,S5    als    suflectus    eines 
Bradua,    wohl    als  eines  mütterlichen  Anverwandten,    das 
Consnlat    bekleidete    und    mntbmasslich    die    längste    Zeii 


5)  TouTO  jii'.Q  [ro  AO-^fijai  ojSiiov]  /tiiy^&ii  rt  xat  Iq  Ttji'  ziu- 
auv  v7itQy]f>y.i  xuTaoxiviiv.  'Arrjg  di  'Alhjvalo:;  i?To{t]Ofv'HQ(!j- 
tfj;q  iq  /iiij/(i;ji  uno&urovar,(;  yviaixöt;.  'l^fioi  6^  h  iij  'Ai&iSi, 
ovyyQaq,ij  rö  1?  toiiTO  tiuqii&^j  tÖ  Jidilov ,  ölt  tiqohqov  'hi, 
i^iiQyuazo  ftot>  rct  iq  A&ip'utovq ,  i\  VTH^r^qv.xo  llqfjtbr^q  rov 
olxoäofn]ftuioq.  Uebei-  dicss  üdcon  [%6  ircl  'P>;ylX>.!i  d^iu- 
rgov  nennt  es  Philostiatos)  vergl.  Leakc's  Topoi;iapliip  von 
Athen;  Stuart's  Alteilhiinier  etc.  Es  leidet  keinen  Zwei- 
fel, obwohl  Visconti  sich  nicht  entscheiden  mag  (Isciiz. 
p.  9S.  not.  d.),  dass  diess  Theater  von  dem  alteien  peri- 
klcisclicu  durchaus  unterschieden  werden  ninss,  welches 
im  niithridatisciicn  Kriege  verwi'iitet  ,  zunächst  von  Ario- 
Larzanes  Philopator  von  Kappadocien  und  vielleicht  auch 
von  dessen  Solin  Ariobarzanes  Enscbes  um  50  v.  Chr. 
(vergl.  Boeckh  C.  I.  G.  nr.  .%7  und  358)  wieder  herge- 
stellt und  dann  von  Herodes  Yerschoneit  wurde  (Paus. 
I,  c.  19). 


6)  Denn  als  Greis  bezeichnet  er  sich  selbst  in  den  an  den 
praef.  praelorio  Basseus  gerichlelen  Worten:  w  Xäari, 
y{qit)v  oh'ya  q)oßu.TCil» 

7)  In  den  Jahren  seiner  Kraft  war  Herodes  von  einer  sol- 
chen Hinj;ebung  an  dienende  Rlilglicder  seines  Hauses  so 
weit  entfernt,  dass  die  Freig(las.<enen  seines  Vaters,  in 
der  Furcht  vor  H 's  eigenwilliger  Sinnesart,  es  für  nöthig 
hielten ,  das  alheuische  Volk  durch  Wolilthaten  zu  ge- 
winnen, um  sich  so  eine  Zuflucht  vor  der  Hute  des  neuen 
Herrn  zu  sichern.  Phil,  p  549.  lyontfii  (o  'Amxuq')  tüq 
äut&TiyMi;  ^vf/^nultci  Twi'  (tfttf  fCtvTov  iirtiXex'&itjbjy ,  m'  /a).e~ 
nTJv  ö(iotvTfq  Ti]!'  'HgdiSov  (fvair  uniXivO-^qoui  it  xitl  dovloif, 
ttnoorgoqiriv  i^inwuvTO  Toy  A0-7p'afti)v  ätjfcou ,  c?  i^,s  Sw^SKt; 
uvTol  ctXiiot  y.ut  ondla  f(h  xwj'  unO.iv&f'iJoiv  tk  -jiQoq  lov 
'HqüiSt^v  ,  (ijj/l.oi'TO)  ■^  y.arriynola  rjti  niaoCriiM  oifi!»' ,  nv.y  yjy- 
TQov  ijQfi^foq  T^5  (uvTov  ;'Awo07;5, 


983 

io  Rom  lebte,  in  der  Niilie  seines  Grundeigenthnms '); 
2)  Elpinike  als  die  leiztierslorbene  der  zwei  von  Phil. 
genannten  Töchter.  —  Die  beiden  Vor«eggest<irbenen  aber 
sind:  Panathenais ,  welche  die  Athener  nach  einem  Volks- 
beschliiäse  mit  grossem  Gepränge  in  der  Stadt  begruben, 
und  ihren  Todestag  aus  ilem  Kalender  ausmärzten.  — 
Beweise  eines  freundlicheren  Verhältnisses  zwischen  dem 
Volk  und  Herodes,  also  einer  friiheren  Periode,  sowie 
auch  der  Kamen  des  .Mädchens  leiclit  eine  Beziehung 
haben  konnte  auf  jenes  panatlienaische  Stadium,  mit 
welchem  IL  Athen  verherrlichte.  Unter  dem  zweiten 
Kinde  endlich  haben  wir  entweder  (mit  Salmasius)  jene 
Frühgeburt  zu  verstehen,  welche  eben  den  Tod  der  Mut- 
ter (iy  (ijii(f)  Toy.U))  verschuldete,  oder  ein  anderes  uns 
anderweitig  nicht  bekanntes.  '') 

Ueberblicken  wir  nun  jene  Reihe  von  Ereignissen 
und  Zustanden,  deren  Zcitiiauer  in  der  Erzählung  des 
Phil,  anschaulicher  wird,  als  aus  diesen  Andentungen:  zu- 
erst die  anhaltende  Trauer  um  Regillen  mit  ihren  viel- 
fältigen abenteuerlichen  Aeusserungen  (rö  VTTiOTrei'&ijaal 
ä:Todavorauv  p.  ööfi);  späterhin  den  Verlust  Elpinikens, 
welcher  den  Vater  dem  Wahnsinne  nahe  braclite;  dann 
die  wachsende  Vertraulichkeit  zu  andern  Mitgliedern  sei- 
nes Hauses;  die  Abgotterei,  die  er  zu  grossem  Aerger- 
niss  der  Quinctilier,  mit  einigen  dieser  Lieblinge,  dem 
Achilles,  Poivdeuces '"),  31emnon  trieb,  mit  deren  Bild- 


984 

uissen  (sixuöl  iTEQmaii  nach  dem  Ausdruck  der  Qulnc- 
tiler)  er  Wälder  und  Berge  und  Uadeürter  von  Attica 
erfüllte;  endlich  den  Missbraucli ,  den  diese  Leute  vou 
ihrer  erlangten  Gewalt  in  Athen  zu  machen  versuchten: 
so  leuchtet  ein,  dass  des  II.  und  seiner  Freigelassenen 
Anklage  (170  —  t/l)  durcli  einen  beträchtlichen  Zeitraum 
von  dem  Tode  Regillciis  getrennt  war.  Und  vielleicht 
irren  wir  wenig,  wenn  wir  denselben  in  die  erste  Hälfte 
des  Zeitabschnittes  zwischen  Ihl)  (Bradua's  Consulat)  und 
170,  oder  um  das  Jahr  lf)4  ansetzen.  Denn  je  näher 
dem  Cousniate  des  Bradua,  desto  mehr  innere  Wahrheit 
gewinnt  die  Erzählung  des  Phil,  von  dem  hull'ärtigeo 
Stolze  dieses  Mannes  auf  die  senatorische  lunnla  seiner 
Schuhe  (rt  ti  fißoKov  rij^  Si'yevsiac;) ,  warum  H.  ihn 
verspottete  (Phil.  p.  555).   ") 

(Fortsetzung    folgt.) 


8)  Doch  finden  wir  ihn  in  sputcrcn  Jahren  aiicli  in  Athen. 
So  in  einer  allisclien  Insclirilt  unter  Sept.  Sevorus  ,  v.  J. 
198,  wo  als  zjjouj  ßovlrii  xat  öyjftou  KL  'Aitixoi;  MuQa 
(*wi'»o;],  doch  wohl  des  Herodes  Sohn,  aultritt  (Boeckli. 
C.  I.  nr.  353.  p.  422). 

9)  Denn  die  Stelle  in  dem  lucianischen  Demon.ix  (Lucian. 
Ed.  Reitz.  Tom.  II.  p.  385),  in  welcher  Visconti  den  frü- 
hen Totl  eines  Sohnes  des  Herodes  beglaubigt  findet,  be- 
weist gar  Mchts,  da  die  von  Visc.  befolgte  Lesart  io} 
d'avtm,  durch  welche  allein  die  Beziehung  auf  Herodes 
in  die  Anekdote  hineinkiininit,  eine  ganz  unsichere  Ver- 
änderung von  Vorsl  ist  statt  der  liaudsclirillliclien  Lesart 
'0  J'm'tö;  (sc  ö  i/j;,((o;>'Ki)-  —  Eichstadt  und  Boeckh 
folgten  der  Annahme'  Visconti's,  ohne  sie  zu  prüfen; 
der  letzlere  (C.  I.  p.  45)  bemerkt:  Regilla  duos  prius 
filios  totidenirjue  filias  cnixa. 

10)  Vergl.   Bocckh  C.  I.  nr.  9S9  — 995;    ■wo   er  Polydeucion, 
und  vollständiger    (in   nr.  995  nach  Bückh's    Lesung)  Vi- 
bullius    Polydeucion    genannt    wird.     Das    nomen    gentili- 
cium  Vibullius  giug  wahrsclieinlich  von    seiner  Herischalt 
auf  ihn  über.    Zwar  gehörte  Herodes  selbst  nicht  der  gens 
Vibullia,    sondern    der  Claudia    an,    aber    seine    Mutter, 
des  Alticus  Gemahlin,  liiess  Vibullia   AIcia  ,   und  es   liisst 
sich  annehmen,    dass    der    Knabe    Polydeucion    entweder 
zunächst  im  Dienste  dieser  .Malrone    sland,    oder  ans  be- 
sonderer Gunst    derselben    mit    ihren  Namen  beehrt  wor- 
den.    Vergl.  die   ln-:clir.  nr.  903: 
IJ\n).V(hvx{uiru  fIoniiS\ui'i 
'AXy.Ut.  tÖc  qO.niion  töi   [ci 
Jlfjcidtj  v.uX  iav^r^, 
nebst   einer    Inscbr     von    Kens    (C.  L   Addcnda  p.  920)  : 
ij  srö/.K    '/oi'J.iijrwi'   Tl.    Ki..   'Atiiy.nv  'jlgMihuiot' ,    Tt.  A'A. 
'./iTTixoi;  xid  Bißou/lU'i  'A'uIui;  ütnr;  wO/ru  Buekli  beriieikt: 
Vibullia   Alcii    uxor   l'iiit  Hcrodis ;    indem    er    den   Ti.  Ol. 
Atticus  HeroJianns   fiir  den    jüngeren   Alticus,    des   Hero- 
des Sohn,  nimmt.     Dies?  -eheiut  aber  unslallliaft.     Denn 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Afrika,  Die  neulich  in  Besitz  genommenen  Ruinen  von 
Dschmiilah  in  Nordafiika  (dein  alten  Mileum)  sind  reich  an 
römischen  Alterthüraern.  Man  bat  bis  jetzt  viele  Votivtafeln 
gefunden  und  einen  Triumphbogen,  welcher  dem  des  Septimius 
Severus  in  Rom  an  Grossartigkeit  und  Schönheit  nicht  nach- 
steht. Eine  noch  gut  erhaltene  Inschrift  lehrt ,  dass  er  vom 
Kaiser  Marcus  Aureüus  errichtet  wurde.  Ein  Theater  ist 
noch  so  vollkommen  erhalten,  dass  keine  einzige  Sitzreihe  fehlt. 
Die  Gänge  zwischen  den  Sitzreihen  und  diei  Eingänge  sind 
ebenfalls  unversehrt.  Im  Tempel  der  Göttin  Tellus  sieht  man 
einen  prachtvollen  Mosaikboden. 

1)  würde  Ti.  KX.  'Aitixoü  unsern  Herodes  sehr  ungenau 
bezeichnen,    hingegen  ganz  richtig  seinen  Vater  Alticus; 

2)  spricht  nicht  nur  kein  Zcih;niss  für  die  Annahme, 
sondern  alle  dagegen ,  dass  Herodes  vor  oder  nach  Re- 
gillen noch  eine  andere  Gemahlin  ,  Namens  Vibullia  AI- 
cia ,  gehabt  hatte;  3)  wissen  wir  ans  Philostr.  und  der 
borghes.  Inschrift,  dass  der  junge  Atticus  ein  Sohn  der 
Regilla  war.  Es  ist  also  anzuncbnien,  dass  die  Stadt  lulis 
auf  Keos  unter  dem  Namen  Herodianos  den  Herodes  selbst 
ehrte,  gewiss  in  seinen  jüngeren  Jahren,  wo  es  zweck- 
mässig schien,  den  Namen  des  Vaters  und  der  Mutter 
beizufügen.  Primilivnamen  mit  patronymiscbcr  Endung 
aufgeführt,  sind  nicht  ohne  Beispiel.  Vergl.  Lysias 
c.  Nicoiu.  §.  71.  (wo  Nicomachides  statt  Nicomachos) , 
und  Hemsterbuys  ad  Lucian.  Tim.  §.44  —  Herodes  Mut- 
ter, von  der  wir  aus  Philostr.  nur  so  viel  wussten,  dass 
ihr  Vermögen  den  Atticus.  nach  der  Confiscation  der 
väterlichen  Güter  und  vor  der  Auffindung  des  ungeheue- 
ren Schatzes,  immerhin  in  den  Stand  setzte,  den  Rang 
seines  Hauses  zu  behaupten,  musstc  dann  (nach  nr.  99.H) 
entweder  ein  sehr  holies  Alter  von  etwa  85. Jahren  er- 
reicht haben;  —  oder  wir  hätten  Poly<li:iicion's  Tod  lor 
dem  Proconsulat  der  Quinctilier.  in  einer  früheren  Periode 
nnzuscl-zen,  was  sich  mit  Philostratus  Andeutungen  wohl 
verträgt. 

11)  Burigny  (1.  c),  der  alle  Zeiten  durclieinandcr  wirft,  scheint 
den  Tod  Regilleiis  nach  der  Scene  iu  Pannoiiien  (a.  171) 
anzusetzen.  Roeckb  (Cori).  1.  p.  45)  bemerkt  nur  unbe- 
stimmt, aber  mit  uns  üliereinstininiend:  Ouae  res  (d.  i. 
Herodos  Aeusserungen  von  Tr.iucr  um  Regillen)  post  con- 
sulatuin  Braduae  ordiiiarinm  rpji  a.  160  accidit,  gcslae 
sunt,   aliquot  ut  vidctur  annoruui   iulcrvallo. 


e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 

für   die 


AI  t  er  thu  ms  wissen  Schaft. 


Sonntag;,    13-  October 


1839. 


Nr.  123. 


lieber  einige  Epochen  iin  Leben  des  Ilerodes  Atti- 

cus,  mit   besonderer  Bezieliim"^  auf  die  zweite 

borghesisclie  Inschrift. 

(Fortsetzung.) 

§.  4.  Die  Geburt  des  Herodes  setzte  Olearius  in 
das  Jalir  95,  ofl'eiibar  zu  fiülie;  (Icnn  dann  müsste  er 
17t  festorl)eu  sein,  ho  wir  ihn  in  Sirniium  finden,  und 
konnte  weder  den  Aufstand  iles  Cassius,  noch  den  Tod 
der  Kaiserin  Faustina  erlebt  haben  (Phil.  pag.  /ifi'i  und 
563),  beides  Ereignisse  des  Jahres  175  (Tilleniont  H.  d.  E.). 
Sein  nächster  Grund  »var,  dass  er  dem  Ilerodes  im  Jalire 
119,  "o  er  angenommener  3Iaassen  vor  Iladrian  in  Pan- 
nonien  zu  reden  hatte,  ein  Alter  von  '25  Jaliren  zuwei- 
sen wollte.  Aber  der  Ausdruck  des  Phil.  vSo)  ovTt  er- 
laubt ein  geringeres  Alter,  und  bei  einem  frühentw  ickclten, 
durch  die  seltensten  Gli'icksumstande  in  lielleres  Licht 
gestellten  Talente  hat  eine  solclio  Bevorrechtung  nichts 
Ijefremdendcs.  —  Visconti  hingegen  geht  auf  der  anderen 
Seite  viel  zu  weit,  indem  er  unseren  Sophisten  erst  112 
in's  Leben  treten  lässt.  Dieser  Annahme  liegt  die  An- 
sicht zum  Grunde,  als  liabe  II.  noch  nach  seiner  Ver- 
söhnung mit  dem  Kaiser  31.  Aurclius  (175),  ja,  nach 
dem  Tode  desselben  (179)  und  unter  Commodus  grosse 
IJauten  ansgefiihrt.  Allein  diess  ist  durchaus  irrig,  und 
nirgends  die  Spur  eines  Beweises  dafür.  Im  Gcgenthcil 
gehören  die  meisten  Bauuuternehmungen  des  II.  in  die 
erste  llfiltte  und  die  Mitte  seines  Lebens,  und  das  Thea- 
ter der  Regilla  darf  unter  seine  letzten  Werke  der. Art 
gezählt  werden.  —  Das  späteste  Zengniss  seines  Lebens 
ist  der  liebenswürdige  Brief  des  Kaisers  M.  Aurelius 
(v.  J.  175),  welcher  die  seit  4  Jahren  (171)  zwischen 
beiden  eingetretene  Spannung  freundlich  ausglich.  '")  Er 
kündigt  dem  H.  an,  dass  er  AVillcns  sei,  Athen  zu  be- 
suchen und  sich  in  die  Eleusinicn  weihen  zu  lassen,  mit 
dem  AVunsche,  H.  möge  sein  Mystagog  werden.  Wir 
>vissen,  Aurelius  war  im  folgenden  Jahre  (176)  i»  Athen 
(Dio  1.  71.  p.  814.    TiUemont  H.  d.  E.  II.)  und  gab  der 


12)  Der  Kaiser  gedenkt  hierin  der  Bestrafung  von  Hero- 
des' Freigelassenen  ,  scheinbar  als  eines  nahen  Vor- 
ganges;  allein  diess  scheint  auch  nur;  in  der  Tliat  lagen 
4  Jalire  dazwischen;  veralten  aber  konnte  die  Strafe  in 
Herodes  Seele  nicht,  indem  ihre  Folgen  fortdauerten,  und 
erwalinen  musste  sie  der  Kaiser  nothwendig,  wenn  er  auf- 
richtig und  gründlich  versöhnen  wollte. 


Stadt  öffentliche  Lelircr  aller  Wissenschaften.  Ob  aber 
H.  ihn  wirklich  in  ilie  Elensinien  einführte,  sagt  uns 
Niemand.  Ja,  wir  würden  schliessen  können,  dieser 
habe  des  Kaisers  Ankunft  nicht  einmal  erlebt,  wenn 
nicht  eine  Stelle  des  Philostratus  (Vita  Theodoti  p.  560) 
uns  glauben  machte,  dass  er  noch  an  der  damaligen  Ge- 
staltung der  wissenschaftlichen  Institute  einen  wesent- 
lichen Antheil  nahm.  Aul  jeden  Fall  aber  überlebte  er 
jene  Epoche  nur  kurze  Zeit  und  endete  früher  als  der 
Kaiser  (vor   17M).    ") 

Visconti  nun,  da  er,  in  jenem  Irrthum  befangen,  dem 
Ilerodes  bis  188  das  Leben  verlängert,  kommt  mit  dea 
Begegnissen  seines  früheren  Lebens  in's  Gedränge.  Er 
wird  genöthigt,  für  die  misslungene  Rede  in  I'annonicn, 
welche  Olearius  mit  grösster  AVahrscheinlichkeit  auf  den 
Kaiser  Hadrian  und  das  Jahr  119  bezog,  eine  spätere 
Epoche  zu  suchen  (1V7),  welche  auf  keine  Weise  passt. 
Denn  erstens  versteht  Phil,  unter  avzo/.oarojo  ganz 
offenbar  die  Person  des  Kaisers  (Hadrian),  und  nicht 
seinen  .Adoptivsohn  Aelius  A^erus,  welchen  er  vielmehr 
mit  Namen  genannt  haben  würde;  zweitens  verliert  die 
Anekdote  durch  Unterschiebung  eines  geringeren  Mannes 
an  Werth  und  innerer  Wahrscheinlichkeit  ;  drittens  streiten 
Tliatsachen  dagegen.  Denn  schon  eine  geraume  Zeit  vor  1,37 
war  Herodes  bevollmächtigter  Aufseher  der  freien  grie- 
chischen Städte  "):  er  war  es  gleichzeitig  mit  dem  asia- 

13)  Auch  Suidas  fiihrt  des  Herodes  Lebcn_  nicht  über  M.  Au- 
rclins  hinaus:  tjy  Si  ijiC  tc  Tquikpov  x(d  ASniuroü  xi'.t 
Muqxov  '.htoirlmv  töiv  uvToxgiitoQoif ,  wo  vielleicht  nach 
'ASniP.rov  eiiiznschicben :   xul   TCxov  ti  xctl. 

14)  Uci)cr  dieses  Amt  vergl  Olear  ad  Philostr.  p.  537.  tk« 
üwO-iQtK;  TwK  noXfoiv  Sioiq&oÜto  ,  "nd  pag  548.  »Joyf  züv 
y.ara  t>]v  'AaCuv  ÜiV&iQoiv  n6Uoiv  6  'IIq.  —  Das  An.t  bezog 
sich  insbesondere  auf  öirentlicbc  Hauten,  Tempel  und 
Feste,  oder  den  Ciiltus  überhaupt.  Es  ist  wahrscheinlich, 
dass  eine  smyrnaische  (oiler,  nach  liückh  ,  epl.esische ) 
Inschrift  zu  Ehren  des  Iladrian  hl  f;^f'w?  Ti.  KX.  \'Az- 
Ttxov  oder  V/oi,i(5ou]  (C.  1.  nr.  3.?J. )  und  eine  ähnliche 
der  Insel  Tlia'sos  (nr.  336)  hl  UQimt;  Kl..  'Airixov  eben 
jene  dem  Herodes  übertragene  Aufsicht  über  die  a-iat. 
Städte  andeutet.  In  eine  etwas  «patere  Zeit  aber  dürften 
die  Inschriften  nr.  332  und  383  fallen,  worin  Herodes  als 
«pyifDfu?  Twv  :SißaaTäy  von  2  attischen  Phylen  geehrt 
wii-d  —  Die  Insclirr.  führen  uns  jährige  und  lebeuslanglichc 
tfOfi?  und  ünyiiQfh  '^'or.  So  war  der  Vater  des  Sophisten 
Heraklides  lebenslänglicher  uQ^ifQ"':  «''''"  l'rov'nz  Lycien 
oder  AvxmQ/r,,;  (Pbil.  p.  612,  wo  die  Vulgala  xal  uq/u- 
Q^wv  Avxioiv  iytvtxo  aus  den  vatican.  Handschriften  zu  be- 


987 


988 


tisrlipii  Prnronsulat  Jos  T.  Anioiiiiiiis  (Phil,  in  Hcroile 
et  Polcmoiip.  Jiil.  Ca[ii(<p|.  r.  3-)  5  ""•'  "IjhoIiI  ilas  Da- 
tum von  ilipsrm  iiirlit  fr.sf^^o.strllt  ist,  so  fallt  es  docli 
gewiss  ztiisrlicii  l'Jö  mul  13(1.  {$.  w.  n.  Aiiiii.  15).  In 
diesem  Amte  ersilieiiif  Heroiles  zwar  iiorh  jnn^^  uiiil  ge- 
wisscrma.issen  abliiinjjijf  von  seinem  ^'ater  Attiins,  dessen 
stolze  Freigcl>i(,'keit  ihn  hei  der  Anlaije  ilcr  grossen  Was- 
serleitung in  Troja  iMiterstiitzte  (Pliil.  p.  54S) ;  er  er- 
sclieiiit  iVriier  jung  im  ^'erh.iitniss  zu  dem  Reilner  Po- 
lomnn,  den  er  damals  in  .Smuna  anfsnchte  und  mit  Jngend- 
fcuer  und  der  Zärtlichkeit  eines  Sohnes  begriisst  (rrorf, 
(jj  Tldreo ,  ä/.o(>aaöiu&d  Oui>;  Phil.  p.  537;  allein 
längst  «ar  er  hinaus  liher  jene  Befangenheit,  die  ihn 
zuerst  Lei  dem  nngeHohntcu  Anldiik  kaiserlicher  Majc- 
st.'it  ergriir  und  ver«  irrte,  «ie  schon  jenes,  nenn  anch 
falsche  (jenic  lit  beweisen  kitimte,  dass  er  auf  dem  Ida 
den  Proronsiil  Antoninus  mit  frevelhaften  Hfinden  ge- 
schlagen (Phil.  p.  55Ö);  ja  er  hatte  damals  schon  selbst 
einen  Ruf  als  Redner  und  sah  sich  von  Schulern  um- 
geben ,  zufolge  seiner  eigenen  Aussage  gegen  den  Con- 
sularen  Barbarus  (nach  dem  J.  1Ö7),  dem  er  auf  die 
Frage  nach  seinen  Lehrern  antwortete:  In  meiner  Schal- 
zeit lernte  ich  bei  diesem  und  jenem;  vom  Polemon  aber 
lernte  ich ,  da  ich  selbst  schon  lehrte.  *') 

richtigen  ist:  xul  ÜQ/nQiojg  ji.)-  Verjl.  Stinbo  I.  XIV. 
p.  665  und  dessen  Ausleser  zu  ^vxiufiyui.  So  war  Sco- 
^cW^nui  ito/ifQiii;  iTiq  '.'latuq,  oder 'Aaia(j/_tjq  und  die  Würde 
in  seiner  I  aiujlie  ciblicli.  l'bil.  p.  51ä.  —  Eine  Inschrift 
in  C.  I.  nr.  1104  lehrt  uns  einen  P  Licinins  Priscus  Ju- 
rentianus  in  Korinth  als  uQ/tiaiüq  du''.  ßCov  kennen  ,  wel- 
'  eher  uiilcr  Ilndnan  meinen;  dorlij^c  Tcnipcl  und  darnntcr 
auch  djs  Palariioniou  rcslanrirle.  Wir  wissen  aus  Phil, 
und  Paiisan.  II,  1,  dass  auch  Heiodcs  in  diesem  die 
kunstreichsten  Stalucn  nidslellte.  Tliat  er  dicss  etwa  in 
der  Eiscnscbart  eines  liniiq  von  Koiinth  und  vielleicht 
als  Anilsginossc  des  Licinins?  Es  ist  denkbar,  dass  Hero- 
des  nach  nml  nach  in  verschiedenen  Bezirken  Griechen- 
lands dieselbe  iiqitu  bekleidete,  welche  iliin  Gelegenheit 
gab,  so  viele  Sladtc  mit  Denknuilcn  seiner  Grossnjuth  zu 
zieren.  Den  Anfang  aber  niaclile,  wie  es  scheint,  die 
Vcrttallung  der  asiatischen  Kiisicn-  und  Inscisladle,  oder 
das  Asi.ircliat ,  welches  ihm  vielleicht  (wie  schon  Eiclistädt 
verniulbete)  vom  Kaiser  Hadrian  im  j.  125,  wo  derselbe 
sich  zu  Athen  in  die  Eleusinien  wciiicn  liess  und  sich 
ohne  Zweifel  mit  Alticns  und  seinem  Sohne  persönlich 
bcfrciindcle  ,  oder  bald  darauf  ziierlheilt  wurde. 
15;  Tot  Siin  fiiv  xist  tw  öüvt,  Tiuiätvn/iiroq ,  JloXfiiu)i'i  (JJ,  ^Jij 
niitdti-i»y  p.  5-19.  —  Zu  den  ungenannten  l.cincru  seiner 
Jugend  ist  wohl  der  Athener  Secuiidus  zu  zahlen  Phil, 
p.  544.  Bocckh  C.  I.  nr.  .S99  Mit  grüsserem  Unrecht 
ver^chwieg  Herodcs  den  Namen  des  Suiyin.iers  Skopelia- 
nos,  der  aucli  Polemon's  Lehrer  gewesen  ,  und  dessen 
autoächeiliastischc  Kühnheit  dem  H.  zucr.st  ciu  niiitbigeres 
BcwuiStsein  seines  cit',cnen  Talentes  tnid  Siclierheit  im 
freien  Vortrage  gab.  Phil.  p.  521.  Atlicus  lii  ss  die  Sta- 
tuen aller  Redner  und  Sojdiisten  in  den  Gingen  sei- 
nes Palastes  niederwerfen,  «weil  sie  ihm  i'en  Sidm  ver- 
dorben hatten«,  und  ehrte  den  Skopelian  mit  reichen 
Geschenken.  Gibt  man  das  Kactum  an  sich  zu,  so  niuss 
auch  zugegeben  werden  ,  was  im  Sinne  der  Erzählung 
liegt:  dass  Skopelian  erst  nac/i  dem  unglücklichen  Rede- 
versuch in  Puunonien  ,  und  zwischen  den  Jahren  119  — 
1.'5  zu  Ilerodes  Ausbildung  beitrug.  Dann  nnisste  Skop. 
freilich  hochbejahrt  sein  ,  da  er  schon  vor  etwa  30  Jah- 
ren ,    als   Abgeordneter    vor   Domitian,    in    vorgeiücktcm 


Den  zweiten  IVli.'ssstand  der  Visconti'schen  Chronologie, 
dass  lleroiles  schon  im  31.  Lebensjahre  das  Consulat  be- 
kleidet haben  müsstc(l43),  übergehe  ich.  Aber  wie  übel 
die  Andeutungen  des  hohen  Alters  {yi',(ja  ii'  äLc'JJaj) 
bei  dem  Toile  der  Regula  auf  einen  5  'j'lhrigen  Manu 
passen ,  liegt  am  Tage.  Diese  Unbetjuemlichkeit  hat  V. 
selbst  wohl  gefühlt,  und  eben  d.irnm  das  Todesjahr  Re- 
gillens  in  einem  mystischen  Halbdunkel  gelassen.  Die 
Feststellung  von  diesem  würde  ihn  geniilhigt  haben,  sei- 
ner vorgefassten  Ansicht  von  Herodcs  Geburts-  und  To- 
desjahr  zn   entsagen, 

Alter  stand  (p  520).  Indess  bemerkt  Phil,  ausdi  iicklich 
p.  515  von  (liescui  liedner,  d.iss  er  i<;  ylnuq  ßuO-h  (!x<'- 
gfuo;  rid  üijiinq  JifTf'Atoc.  —  l'nler  die  Irtiliesteu  Scliiiler 
lies  H.  al  er  gehiirl  .Adrianos  von  Tyros,  ans  dessen  Leben 
(Phil  p  586—591)  sich  mehrere  l  mstände  für  die  Chro- 
noiogie  des  Herodes  benutzen  lassen  Adiianos  kam  als 
ISjährigcr  Jüngling  in  U  's  Sciinlc,  und  erficulc  bald  dar- 
auf (riaJ^oiy  i'ct,  Phil.  pag.  5ö6 ,  viellcichl  in  seinem  V). 
Jahre)  seinen  Lehrer  mit  einer  Slegrcifrede  (dass  er  übri- 
gens ,  wie  Phil,  sagt,  mit  dem  Skeptos  von  Korinth  zu- 
sammen sich  iin  y.Xiifn'idQtni'  oder  ilem  engeren  Ausschusse 
von  H.'s  Schülern  helundcn  habe,  ist  ein  Iritliuni  ,  und 
unvereinbar  mit  andern  Angalien  ,  nach  denen  Skeptos 
30  —  40  Jahre  sp.iler  in  II 's  Schule  war,  wie  z.  B,  dass 
er  im  Jahre  171  hei  llcrodes  den  Vortrag  des  Sophisten 
Alexandros  mit  anhörte  und  heurthedte).  Zu  Anfang  der 
Regicrnng  M.  Anrelins  finden  wir  Adrianos  in  Rom  im 
Hause  des  Consniaren  Flavius  Boethns,  wo  er  einer  von 
Galenus  vorgenommenen  Sectibn  beiwohnt  (Galen,  pvo- 
gnost  ad  Posihnm.  cap.  5,  nach  der  Uebers.  derJnnlina; 
Adiianus  ibetor,  qni  nondum  pnbliec  doccre  coeperat, 
sed  adliuc  cum  Boetho  versahalur).  Tillcniont  p.  3W 
glaubte  diesen  Rbetor  von  dem  philostralischen  nnler- 
scbeiden  zu  müssen,  ganz  ohne  Grund,  da  die  Zeiten 
stimn)en.  —  Spalerliin  (vor  175,  wahrsclieinhch  173)  be- 
stieg er  den  sophistischen  Lehrstuhl  in  Athen  (Phil.  p.  .588: 
xarü  Toi)?  /jdi'ov?  oi?  o  uvinr.QÜTHig  ilfttpxoj  AO-iinttt  vn^Q 
fwaxr,nlu)y  iaiiihi,  hQc'cTii  ^(J'/  ^oü  Tiij»'  aoqioTiüi'  0-jjnvov)  , 
redete  176  vor  dem  Kaiser  selbst  in  Athen.  dessi'U  Bei- 
fall und  Belohnungen  er  erntete,  —  und  hielt  nicht  lange 
darauf  seinem  Lehrer  Herodcs  die  Leichenrede.  —  Nach- 
her ühernalim  er,  vielleicht  auf  Coinmodus  Einladnng, 
den  römischen  Lelirslnhl  der  Sophisten  (toi'  uro)  Oqovov, 
vergl.  Vita  Phil.igri  p.  580)  und  starb  in  Rom  als  .tOjah- 
ri;;er  Grei<  unter  Kaiser  Commodus  ,  von  dem  er  noch 
auf  dem  Sterliebetle  eine  Bestallung  als  kaiserlicher  Se-- 
cretiir  (xäq  i-ntaxoXui;)  empfing,  unter  Entschnldi,giingen  , 
dass  sie  so  spat  koiiiine.  Das  Jahr  seines  Todes  lallt 
(auch  nach  Tillemont  Vol.  IL  pag.  3S9)  wahrscheinlich 
wenig  vor  100.  Dann  war  er  gegen  110  geboren,  und 
schloss  sich  gegen  127  oder  128  an  Herodcs  Unterricht 
.in,  olTenbar  nni  dieselbe  Zeit,  wo  wir  diesen  als  Auf- 
seher der  griech.  Freistadte  auf  Reisen,  in  Smyrna  ,  auf 
dem  Iroischen  Idale  begegnen,  und  wo  Adrianos  der  Tj- 
ricr  allerdings  am  leichtesten  seine  Bekanntschaft  machen 
konnte.  -^  Hiermit  gewinnen  wir  denn  zugleich  ein  nähe- 
res Datum  für  das  asiatische  Procnnsuial  des  T.  Antoni- 
nus, für  welches  Olear.  nur  den  Zeilranm  von  120—138 
(d.  i.  zwischen  dem  Consulat  und  der  Adoption  des  An- 
tonin) aussetzte,  obwohl  er  aiisJul.  Capilolinus  cap.  2.  3. 
wenigstens  noch  so  viel  h.alle  entnehmen  können,  dass 
zwischen  Consulat  und  asiatischem  Proconsulat  erst  noch 
die  proconsnlarische  Verwaltung  eines  Viertheils  von  Ita- 
lien einzuschalten  war.  »  Ab  Adriano  inier  f|uatoor  con- 
snlares,  quibiis  Italia  commitlehatiir,  eleclus  est  ad  cam 
parlem  Italiae  rcgendam,  in  qua  pliirimnm  possidchat.  .— 
l'coconsulutum  Asiac  sie  egit,  ut  solus  avuin  vinceiel.« 


989 


990 


^.  5.  Fassen  wir  nun  die  gewonnenen  Er>;ebnisse 
in  eine  chronologische  L'ebersirlit  zusammen,  woran  ich 
ein  Verzeicliniss  iler  Bainierkc  des  Ilcrodes  nadi  ihrer 
wahrscheinliclicn  Zeitfolge,  nml  einige  ihn  betreffende 
Inschriften  anschlicsse. 

Um  101.  Herodes  Atticua 
geboren.  '*) 

HS.   Iladrianus  Kaiser. 

llt).  Hadr.  in  Pannonien, 
im  Kriege  gegen  Sarniaten 
und  lllvrer.  Der  1, '-jahrige 
Herodes  fällt  aus  der  fledo 
vor   dem  Kaiser. 

120.  Herodes  im  Unter- 
richt des  Pvhetors  Skopc- 
lianos. 

1'25.  Hadrian   in  Athen. 
Der  Kaiser  überträgt  dem 
Herodes    die    Anfsicht    über 
die   freien  griech.   Städte. 

127 — 1','8-  Herodes  be- 
reist die  seiner  Aufsicht 
untergebenen  Städte.  —  Ti. 
Antoninus  Proconsnl  v.  Asien. 
Herodes  hört  in  Smjrna  den 
Redner  Polemon.  —  (,4dria- 
nos  der  Sophist  folgt  dem 
Herodes  als  Schüler.) 


Tod  des  Atticns. 


139.  Ti.    Antoninus  Pius 
Kaiser. 


Her.  erbaut  in  Troja  AqnS- 
ductc    und   Bäder  (Phil.   p. 

548). 

Inschriften  der  cpvkl}  '^4v- 
T^o;»;)^  (nocckhC.  I.  nr.  382 
und  383^    und    der  Thasier 

£711    l£(j£U)'i    Kk.   '.'ItvIXOV. 

(C.  I.  nr.  336.) 

H.  erriclitet  Statuen  im 
Tempel  des  Poseidon  zu 
Korinth.  (Paus.  II.  1.  Phil, 
p.  561.) 

H.  baut  innerhalb  4  Jah- 
ren das  panathenaische  Sta- 
dion aus  pentclischem  Mar- 
mor. ")  (Phil.  p.  551.  Paus. 
I,  19.) 

AquSducte  in  Olympia 
(Phil.  I.  1.)  Statuen  der  Köre 
und  Demeter  von  pentel. 
Marmor,  im  Tempel  der 
Demeter  zu  Olympia,  (Paus. 
VI,  21.) 


16)  EichstäiU  bei  Fioiillo  Her.  Alt.  Rell.  p.  10  kommt  auf 
folgendes  Rcsiilt.it:  Oplime  congniunt  temporiiiu  ratlones, 
si  Herodem  imporaiite  Trajano  a.  104  iiatum  et  sub  im- 
pciio  Cominodi  a.   ISO  exslinctiini  staluaimis. 

17)  Buiigny  p.  14  mninl,  H.  sei  nach  scincin  Consiilatc  Prii- 
fect  der  giicch.  Städte  gewesen  nnd  lialie  dann  das  Sfa- 
diiuii  in  Atlion  gebaut.  Nach  Pliilostr.  alier  ist  walir- 
sclieinlicli,  dass  er  diesen  Bau  niclit  gar  lange  nach  seines 
Vaters  Tode  unternoramen  und  dadurch  gewisscrmaasscn 
die  Athener  beschwichtigen  wollte,  die  sich  durch  die 
Vollstreckung  des  väterlichen  Testamentes  von  ihm  beein- 
trächtigt fanden. 


140.  Her.  in  Rom  als 
Lehrer  der  Adoptivsöhne  des 
Kaisers,  L.  Verus  und  M. 
Aurelias  (  Jul.  Capitolin. 
p.   23  und   p.  35. 

141.  Tod  u.  Apotheose  der 
Kaiserin  Faustina. 

143.  Herodes  Consul. 
(H.  vermählt  sich  mit  Annia 
Rcgilla.) 

162.  M.  Aurclius  Kaiser. 
Panathenals,  Hcr.'s  Tocliter, 
stirbt. 

gg.  164.  Tod  der  Annia 
Regula. 

gg.  165.  Her.  des  Mordes 
seiner  Gemahlin  angeklagt 
von  deren  ßruder  App.  An- 
nius  Bradua. 


Her.  verliert  seine  zweite 
Tochter  Elpinike. 


171.  M.  Anrelius  in  Pan- 
nonien. —  Qninctilius  Con- 
dianus  und  Quinct.  Maximus 
Proeonsuln     von    Asien.    — 


eine  megariscLe  Insclirifi 
(C.   I.   nr.   1077.) 

Her.  baut  Wasserleitungen 
in   Cannsium   (Phil.  p.  ä^l.) 

Des  Her.  Theater  in  Ko- 
rinth (^dtaroor  vTlujQUffiov 
Phil.  1. 1.,  von  Pausanias  noch 
■licht  erwähnt. 


Die  5  triopisehen  Insehrr., 
näml.  die  beiden  farnesiseheu 
Säulen  'S)  (C.  I.  nr.  2fi. ), 
die  insrr.  bilinguis  auf  Rc- 
gilla (  >'isc.  p.  5 )  und  die 
beiden  borghes.  Insrhriften. 

(ir..j  — l(i7.)  Odeon  der 
Regula  in  Athen  (Phil.  pag. 
551   und  556.) 

gg.  170.  Das  pythisrhe 
Stadion  in  Delphi,  von  Her. 
mit  pentclischem  3Iarraor 
ausgeschnuiekt.  ")  (Phil, 
p.   551.   Paus.   X,  32.) 

Her.  errichtet  dem  Anden- 
ken seiner  Lieblingssclareo 
Marmorbilder.  (Inschriften 
auf  Poivdeucion,  C.  I.  nr. 
989  —  995.) 


18)  Jetzt  in  Neapel.  Zwei  Facsimiles  derselben  in  gleicher 
Grösse  sind  im  Vorzimmer  der  vaticanischcn  Bibliothek 
aulgestcUt.  Man  könnte  glauben,  dass  diese  beiden  Säu- 
len schon  vor  Itegillcns  Tode  auf  dem  Tiiopion  errichtet 
worden  ,  nachdcju  Heiodes  durch  seine  Heiratli  in  den 
Besitz  jener  Landereien  gekommen.  Auf  jeden  Fall  war 
Viscontis  Ergänzung  Pr,-/f>.h,q  nach  dem  y.ut  am  Schlüsse 
der  kleineren  Inschrift  sehr  unglücklich,  da  man  zufolge 
der  ersten  borghes.  Inschrift  eher  Tjitojiijog  odec 'A&Ti)'utuq 
hinzudenken  nitisite  (C.  I.  nr.  4fiO).  Indessen  nach  nockh's 
Ireirlicher  Behandlung  der  beiden  lapide  wird  es  wahr- 
scheinlich, sowohl  dass  sie  vollständig  sind,  als  auch 
dass  sie  nebst  den  3  übrigen  triopisehen  Inschriften  erst 
nach  Regillcns  Tode  errichtet  wurden,  nnd  dass  das  Trio- 
pion  eben  damals  erst  vom  Herodes  seinen  Namen  nnd 
seine  Schutzgötler  erhielt. 

19)  Phil.  p.  559  bemerkt,  <ler  Anfang  des  Zwiespaltes  zwi- 
schen H.  und  den  Qainctiliein  sei  ihr  verschiedenes  Ur- 
theil  über  die  musischen  Spiele  in  thn  Pylhicn  gewesen. 
Damals  scheint  also  H.  Agonothet  der  pyth.  Spiele  ge- 
wesen zu  sein,  und  in  diesem  Falle  lasst  sich  vermutlicn, 
dass  er  eben  damals  oder  kurz  zuvor  die  Restauration  des 
Theaters  besorgte. 


901 


S92 


Der  Soplilsl  Alexanilros  roa 
Selrucia  kotiiiiit  auf  tIcDi 
AVege  zum  Kaiser  (in  Pau- 
iioiiien),  der  ihn  zu  seinem 
Epistolojraplicn     für    Grie-  ^ 

chcnlan.l  bestallt  halte  (Phil, 
p.  571  und  iilii),  nach  Athen 
und  lässt  sich  vor  Hcrodes 
LOrcn  (Phil,  in  Alex.).  Her., 
von  den  Athenern  der  Ty- 
r.innci  beschuldigt  ,  stellt 
sich  dem  Kaiser  in  Siruiinm. 

Her.  zieht  sich  lor  Ver- 
drnss    nach    Oiikos    an    der  H.  umgibt  die  Stadt  Orikos 

cpU-ischen  K.iste  zurück,  wo      ^^  f^^^g^  3Iaueru.  '°) 
er  einige  Jahre,  doch  nicht  als 
Verbannter,  lebt. 

Kachher  begibt  er  sich  an 
seine  Lieblingsiirler  3Iara- 
thon  und  Kephisia,  wohin 
die  lernbegierige  griechische 
Jugend  ihm  abermals  zn- 
stromt.  ^') 

175.  M.  Aurelius  in  Klein- 
asien. Aufstand  des  Cassius. 
Tod  der  Kaiserin  Faustina. 
Brief  des  Kaisers  an  Herodes 
nach  3Iarathon. 

176.  W.  Aurelius  in  Athen. 
gg.     177.    stirbt    Herodes 

(ducfi  TU  ?^  y.oii  ißöoy.ri' 
y.ovTU ,  i,i'VTav.r^i  yei'öixE- 
vosi  nach  Phil.  p.  5tt5,  dem 
Saidas  nachschreibt.) 

(BescLluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Bonn.  Dem  Lectionskat.ilog  geht  eine  Abhandlung  (S.XII) 
voraus,  in  wcicbei-  Prof.  Ritsclil  aus  einer  Wiener  Uandsclirift 
die  u:toif(Hyiu:xtt  des  Orion  uiiltheilt  ,  veranlasst  durcli  das  von 
Schneide  win  bcraiisjegcbeiio  Antliulogiuui  des  Orion,  und 
mit  kurzen  .N'achwcisungcn  begleitet.  Die  ünoif&fyfmru  werden 
in  der  Handschrift  eingeleitet  durch  die  Woile  "JIqIoiv  ö  cfdoao- 

20)  Bei  Phil.  p.  5Sl  ist  mit  der  besten  Handschrift  Vat.  99. 
zu  lesen  :  oixtae  di  ;.ui  rö  iv  t'j  'Hixüqm  '/Igixnv  vTznöiöm- 
xö?  jS,;,  statt  (|er  Vulgata  virrjoi  di  etc.  Vgl.  Phil,  p.562 
o  yat  TtoUaui  uvtÖv.  Die  Stadt  war  zur  Zeit  des  rümisch- 
macedonischcn  Krieges  unbefestigt.  Liv.  üb.  24.  c.  24. 
Nunciantcs  Pliilippuin  ad  Oricuni  exercitum  adinovisse 
eanir|ue  urbeni  sitani  in  piano  nc(jüe  moenibus,  neque 
viris,  nrqiio  armis  validam  primo  inipetu  opprcssain  esse. 
Seit  Kaiser  Claudius  war  sie  römische  Colonic  (cf.  Hülsten, 
ad  Steph.   hyz.  s.  v.  '/2ptzö?). 

21)  Pbil.  p.  562.  Seine  Darstellung  ist  unklar;  aber  nur  auf 
die  angegebene  Weise  lassen  sich  die  Thataachen  verbin- 
den und  ordnen. 


tfof,  fi'fijxfi',  wo  ühcT 'IfQoiv  zu  lesen  sein  soll.  Prof.  Brandis, 
der  vor  dein  Beginne  des  Wintersemesters  zurückkehren  wird, 
bat  bereits  seine  Vorlesungen  angezeigt.  Im  Ganzen  sind  an- 
gekündigt in  der  katholischen  Theologie  17,  in  <ler  evangeli- 
schen 19,  in  der  Rcchtswissenscbaft  33,  in  der  Heilkunde  37, 
in  der  Philosophie  11,  in  der  Mathematik  9,  in  den  Nalurwis- 
senscliaflcn  16,  in  der  Philologie  22,  in  den  morgenländischcu 
Sprachen  9,  in  der  neuen  Literatur  8,  in  der  Geschichte  10, 
in  den  Staats-  und  Camcrahvisscnschallen  9,  in  den  bildenden 
Künsten  2  und  in  der  Musik  ,S  Vorlesungen.  Zu  seiner  Antritts- 
rede lud  Prof.  Hitschl  ein  durch  eine  dispiitatiu  de  veleribus 
Plauti  intcrprclibus  cap.  1.  (16  S.  in  4.).  Das  Prograiniu  des 
hiesigen  Gymnasiums  enthalt  philologische  Bemerkungen  von 
Prof.  Dr.  Lucas  (24  S.).  1)  Uebcr  die  .«pindellragenden  Göt- 
tinnen der  Griechen.  Die  Spindel  soll  Zeichen  der  göttlichen 
Muclit  sein.  2)  l'elier  das  homeiische  uitnipi,  das  nicht  Adver- 
bium sein  soll.  Aber  jrap  uixiiqn  wird  wenigstens  ganz  adver- 
bial gcbr.niclit  3)  Ueber  einige  kurze  sprichwörtlich  gcfassle 
Rcdeii'^artcn  bei  Homer  (Jooti;  öXly-t]  if  (plXri  ti  ^Vfi(ptQ-it)  ä' 
itoirt]  nf').n  civä^jöir  y.ui  fiüJ.a  XvyQon'.  OUyyi  Si  t  nvn-jirtvoi^  no- 
X^/toio).  Das  Gymnasium,  das  neun  Abiturienten  enilässt,  zahlte 
wahrend  des  Schuljahres  181  Schüler.  An  die  Stelle  des  nach 
Göttingen  berufenen  Prof.  Rcdcpenning  traten  im  Sonimer- 
eemcster  für  den  evangel.  Religionsunteriicbt  Prof.  Sack  nnd 
der  Candida!,  jetzt  Pfarrer,  K  rafft  ein.  —  Vor  Kurzem  ent- 
deckte man  hier  an  der  Landstrassc  bei  der  Anlage  eines  Fabrik- 
gebäudes folgende  Inschrilt  mit  sehr  deutlichen,  schön  gehaue- 
nen Buchstaben. 

T.  CARISIO    T.  F.  VOL._ 

ALBA.  VET.  EX.   LEG.   1 

H.  E.V.  T.  F.  C.  ET 

MANERTAI.  RIVSICI.  F. 
in  welcher  die  Erwähnung  von  Musikern  interessant  ist.    Eben- 
daselbst   fand   sich    ein  ausgebranntes    römisches  Grab,    in  wel- 
chem ausser  mehreren  Opferkrügen,   Urnen  n.  s.  w.  eine  Lampe 
mit  dem  Bilde  des  Mars  in  voller  Rüstung  entdeckt  ward. 

Weimar  im  Herbst  1839-  Der  im  Jahr  1836  verstorbene 
Professor  Schneider  bat  für  die  dritte  Classe  des  Gymnasiums, 
deren  Hanptkhrer  er  war,  ein  aus  Strafgeldern  der  Classe  von 
ihm  gesammeltes  Capital  hinterlassen,  von  dessen  Zinsen  nach 
seinem  letzten  Willen  jährlich  einigen  der  l'nterslützung  be- 
dürftigen und  würdigen  Schülern  der  dritten  Classe  Bücher  an- 
gekauft werden  sollen.  Dieses  Kapital  ist  kürzlich  durch  ein 
hohes  Oberconsistoriaircscript  seiner  Besliinniung  überwiesen 
worden,  nachdem  es  inzwischen  auf  168  Ribir.  angewachsen 
war  durch  den  Erlös  einer  Schulrede  des  Ephorus,  Gcneralsu- 
periiilendenl  und  Vicepräsident  Dr.  Röhr,  welche  derselbe  zum 
Gedachtniss  iles  Verstorbenen  im  Gymnasium  hielt  und  auf  be- 
sonderes Verlangen  dem  Drucke  übergab  unter  dem  Titel :  fieiie 
zum  Gedachtniss  lies  am  I4.  März  18.^6  verslovbenen  Profes- 
sors Dr.  Gottlieb  Karl  H'ilUelni  Schneider,  im  Wilhelm -Er- 
neslinischen  Gymnasium  zu  Weimar,  nach  geendigter  Oslcrprü- 
fung  gehalten  von  Dr.  Job,  Fricdr.  Röhr,  gcilruckt  inderTautz'- 
schen  Ruchdruckerei.  —  Auf  die  Universität  sind  in  Folge  der 
gewöhnlichen  Maturitätsprüfung  10  bisherige  Gymnasiasten  ent- 
lassen worden  und  zwar  4  mit  der  Gesammtcensnr  vorziiglicli , 
?  mit  gut,  4  mit  zureichend  voi-bereitet.  Allen  aber  konnte 
in  sittlicher  Hinsicht  das  Zeugniss  Nr.  1.  gegeben  werden. 

Baiern.  An  dem  mit  dem  neuen  Schuljahr  zu  eröffnen- 
den Lyceum  zu  Speyer  wurden  ernannt:  Dr.  G.  R.  Piichta 
zum  Professor  der  Philosophie;  Casp.  Zeuss  zum  Professor 
der  Gcsehicbte  ;  Karl  Felix  Halm  zum  Professor  der  Philologie 
und  Archäologie;  Professor  Schwerd  lür  Mathematik,  Physik 
und  Chemie;  Domeapitular  Würschmitt  für  allgemeine  Na- 
turgeschichte; das  Rectorat  ist  dem  Gyiunas. -Director  Hofrath 
und  Professor  Jager  zu  Speyer  übertragen. 


Zeitschrift 

f ü  r   die 

AI  terth  ums  Wissenschaft 


Mittwoch ,    16.  Octoher 


18  39. 


Nr.  124. 


Ueber  cini<re  Epochen  im  Leben  des  Ilerodes  Atti- 

CU8,  mit  besonderer  Beziehun-!:  auf  die  zweite 

borgliesische  Inschrift. 

(Beschluss.) 

g.  fi.  Irh  wende  mich  noch  einmal  zur  Lorghesisrhen 
Insclirift,  um  noch  einen  Irrthnm  Visronti's  zu  berichti- 
gen. Er  betrifft  ilie  Kaiserin  Faustina  als  neue  Demeter 
(^/;w  vir.).  Es  ist  bemerkt  worden  ,  warum  Visionti 
(nach  Salmasins  Vorjfanj;)  an  die  jüngere  Fanstina  dachte. '-) 
Er  hielt  es  für  zwecklos,  dass  iler  Verf.  der  Inschrift 
dem  Andenken  einer  längst  verstorbenen  Kaiserin  hatte 
huldigen  sollen,  und  entscliloss  sich  lieber  zu  der  Annahme, 
Heroiles  habe  nach  dem  Tode  der  fiemalilin  des  I\l.  Au- 
relins  (175)  dieser  einen  Tempel  auf  tiem  triop.  Felde 
geweiht  und  darin  seiner  (seit  10  Jahren)  verstorbenen 
Regula  den  illarmor  setzen  lassen.  Allein  nach  dem  Bis- 
herigen müssen  »ir  iliese  Ansicht  verwerfen,  die  schau 
an  sich  höchst  unwahrscheinlich  ist.  Wer  möchte  glau- 
ben, dass  der  74jshrige  Herodes  der  eben  verblichenen 
Kaiserin  noch  schnell  in  der  ^iähe  von  Rom  einen  Tem- 
pel aufgebaut  und,  was  noch  seltsamer,  diesen  nur  als 
Anlass  und  Vom  and  benutzt,  um  das  Andenken  seiner 
Gattin  noch  einmal  zu  erneuern?  Die  ganze  Abfassung 
der  Insihrift  spricht  dagegen,  indem  sie  ja  die  Weihung 
eines  Bildes  der  Regilla  in  einem  schon  lorhanilencu 
Tempel,  nicht  aber  eine  ganze  Consecration  dieses  Tem- 
pels selbst  enthalt  (v.  48)-  Die  Erwähnung  der  verwaisten 
Kinder,  der  traurigen  Lage  des  Wittwers,  die  Empfeh- 
lung der  neuen  Heroine  an  die  9[r,  ßaoiKiia  yvvat/.ujv, 
welche  doch  offenbar  der  Regula  vorangegangen  sein 
inusste ,  um  derselben  als  Theilnehmerin  ihrer  Ehren 
einen  Platz  neben  sich  einzuräumen  (v.  ^'i.  äuCfiTiu^^OV 
yeoawv  luevai  y.ai  ondovu  wiicfri):  diess  und  an- 
dere Züge  der  Inschrift  zeigen  deutlich ,  ilass  Regillens 
Tod  ein  neues  Ereigniss  war,  die  vergötterte  Kaiserin 
aber,  deren  müiterlicher  Schutz  für  sie  erbeten  wird, 
die  im  Jahre  141  verstorbene  Gemahlin  des  T.  Anto- 
ninus.  '*)     Der  ihr  geweihte  Tempel    stand  schon  lange  ; 


22)  Mit  Zu-tiiiimons;  von  Eiclisladt,  Fioiillo  und  Böckh  C-  I. 
p.  45  und  p  468  nr.435:  Piaelcrea  Ceics  .mliqua  et  nova, 
Faustina   ot  videliir  minor  culla  est  in  Tiiopio. 

23)  Jnl.  Capitolin.  in  Antonino:  Tertio  anno  imperii  sui  Fau- 
stinain    ii.xorcm   pcrdidit ,    quae  a  Scoatu    ccnsccrata  est, 


vermuthlirh  hatte  Regilla  selbst  bald  nach  dem  Ableben 
der  Kaiserin  ihn  auf  ihrem  Landgute  bauen  lassen.  Was 
war  natürlicher,  als  ilass  Herodes  späterhin  seiner  ver- 
storbenen Gattin  anf  ihrem  eigenen  Grundstücke  ein  Ge- 
dächtnissmahl  errichtete,  welches  sich  an  die  dort  schon 
vorhandenen  IMonnmente  anscliloss,  —  ilass  er  .ilso  ihr 
Bild  in  Faustinens  Tempel  aufstellte'?  Ob  diess  unmittel- 
bar nach  Regillens  Tode  ,  oder  erst  nach  \'ollendnng  des 
athenischen  Odeons  geschah,  lasse  ich  nnentscbieden. 
Gewiss  aber  ist  es  nicht  unumgänglich  nothig,  den  Vers 
der  Lisrhrift:  SlJUU  ()t  Ol  fl/uj  ly.ikov  tirjuit  iiv  '-Idl]- 
vtK,  auf  das  ihrem  Andenken  ge»  idniete  Theater  zu  be- 
ziehen (wie  alle  vorige  Erklärer  gelhan),  da  Regilla 
doch  wohl  ohne  Frage  auch  ein  eigentliches  Begrabniss- 
mahl (ai)u(t)  in  Athen  erhielt,  dessen  Pracht  und  Grösse 
wir  uns  leicht  einbilden  mögen,  obwohl  Philostr. ,  dem 
diess  Nebensachen  sind,  uns  Nichts  davon  berichtet,  lind 
so  wäre  das  Wahrscheinlichste,  dass  Herodes  das  IMar- 
uiorbild  und  die  Inschrift  eben  damals  in  dem  Triopion 
setzte,  als  er,  durch  Bradua's  harte  Anklage  genüthigt, 
selbst  in  Rom  verweilte  (gg.  tfi/i),  wo  er  denn  eben  auch 
den  Dichter  der  Inschrift,  IMarcellus  aus  Pamphylien, 
vorlinden   musste. 

.Schliesslich  verdient  bemerkt  zu  werden,  dass  uns 
auf  Älünzen  die  ältere  Faustina  nicht  selten  als  Ceres 
lipgpgiipt,  die  jüngere  dagegen  wohl  als  Jur.o,  Luna  lu- 
cifera,  Venus,  C'ybele,  öfters  auch  mit  der  fast  ironischen 
Umschrift  Pudicitia  erscheint,  als  Ceres  aber,  meines 
Wissens,  nie.  J»o  sehen  wir  auf  einer  iMedaille  bei  Vail- 
lant  (Num.  Imp.  Rom.  Tom.  II.  p.  167)  die  Gemahlin 
des  T.  Antoninus  als  Ceres,  die  Kornähre  in  der  Hand, 
auf  einer  von  Klephanten  gezogenen  thensa.  So  bei  dem- 
selben (Tom.  III.  p.  131)  auf  einer  Golilmünze  mit  dem 
Bildnisse  der  altereu  Faustina  eine  Priesterin,  die  vor 
dem  Ceresbilde  F.ickeln  entzündet.  Dessgleirhen  auf 
einer  schönen  3Iünze  bei  Oisel  ( Thes.  Num.  pag.  338) 
beide  Faustinen,  Mutter  und  Tochter,  sich  umschlingend, 
die  ältere  durch  die  Kornähre  als  Ceres,  die  jüngere 
durch  den   Apfel  als  Venus  bezeichnet.  ") 

Rom.  Tk.  Heyse. 


delatis  Circcnsibns  alque  templo   et  Flauiinibus   et  staluis 
aureis  atquc  atgenteis. 
24)  Vergl.    die    zwar    ergänzte  Statue   der  Ceres  -  Faustina    im 
Mus.  Chiaramonti  Nr.  634.  (tav.  16).  —  In  Boeckh  C.  I. 


995 


996 


Irli  erlaube  mir,  dirsp  trellllilie  Aliliandliiiig'  meines 
Freiiiiiles  mit  eiiiii;eii  Ziis;i<zcii  zu  lip;;Iei(eii ,  «obei  ich 
nicht  iimliiii  kniiii,  iiioiii  liedaiirrn  ilari'iber  ausziispreclien, 
ilass  dieselbe  erst  nach  dem  Abdruck  iiieiner  Aiis};abe  von 
den  ^'it.  Sophist,  mir  zukam,  so  dass  ich  die  interessan- 
ten Resultate,  «eiche  ans  seiner  lebendigen  und  licht- 
vollen Darstpllunjj  hervornehen ,  in  der  Einleituuff  zu  den 
Anten  i'iber  diese  ^  ita  nicht  benutzen  konnte.  Wenn  ich 
nun  «licse  lilalfer  in  nteinen  Kreis  ziehe,  und  sie  gewis- 
serniaassen  als  Beilage  zu  p.  'J8S  und  2S0  meines  Com- 
uientars  betrachte,  so  wird  auch  das  philologische  Publi- 
liuni,  welches  diesem  Gegenstande  besondere  Aufmerk- 
samkeit zuivendct,  mir  ^Nachsicht  angedeihen  lassen, 
vcnn  ich  einige,  vielleicht  minder  erhebliche  Bemerkun- 
gen   beifilge. 

Diese  belrefTcn  haupfs,'ichlich  den  Inhalt  der  Noten 
14  und  Ij  ,  von  deren  Richtigkeit  ich  mich  nicht  liber- 
zengcn  kann.  Erstens  darf  der  diooiii/ji)]^  tu)V  iLev- 
^fpojv  nul.evn-,  über  welche  Charge  Pliu.  Ep.  VllI,  24. 
Auskunft  gibt  in  den  AVorten:  Te  vero  etiam  atquc  etiau), 
repetam  eiiim,  meniinisse  oportet  oflicii  tui  titulum  ,  ac 
libi  ipsi  interpretari  «jnale  (juantuniqne  sit  ordinäre  statum 
liberaruin  civitatum  —  accedit,  quod  tibi  ccrtamen  est 
tcrnm  :  onerat  te  quaesturae  tuae  fama  ,  quam  ex  Bithj- 
liia  optimam  revexisti ,  onerat  testimouium  principis,  one- 
rat tribtinatns,  praefura  atque  haec  ipsa  legatio  quasi 
praeniium  data  —  nicht  verwechselt  werden  mit  dem 
^/oiuojfr;,  welche  AVürde  Ilerodes  schwerlich  zu  glei- 
cher Zeit  mit  jeiler  ordinatio  liberarum  civitatum  beklei- 
dete. Dagegen  streitet  auch  Phil.  V.  S.  p.  62.  ed.  rec. 
Ol  dt  TToiut'itevoi  y.uTijyoo/av  tujv  IJqujÖoi'  ^sipiuv 
w?  inLvCj^tifiauiv  'AvTvivivo)  sv  tij  'lörj  roi  6qei  v.axa 
XQÖfoi'g,  oii;  ü  ah  toiv  ikevdloiov  nükeuiv,  6  Se 
iraowv  Tv'iv  y.atu  t);v  '.Aoiav  ijQ-/^ov,  ijyvoijy.iivai  uot 
do'/.ovai  Tov  zf)jtio(TT(>ÜTov  TtQuq  Tuv  'IJ(j(jj6ijV  uytS- 
VU,  V..  T.  l.  Die  Wrwaliung  eines  solchen  Amtes  ver- 
langte einen  3Iann  tou  Erfahrung  und  grossem  Ansehen: 
Eigenschaften,  die  Ileriidos  iu  seinem  2U.  Jahre  noch 
nicht   besitzen   konnte,   vergl.    auch   p.    47   sq.    ibid. 

Ferner  scheint  die  Angabe  des  Philostratus,  dass  He- 
rodes  von  dem  Scopelianus  Anleitung  zur  autoschediasti- 
schen  Rede  erhalten  halie,  nicht  glaublich  zu  sein;  otler 
in  der  Stelle  Y.  Apoll.  I.  23,  .3(1.  wird  etwas  Unmög- 
liches erzählt.  Dazu  kommt  nun  die  Chronologie  des 
Polemo,  «eichen  Trajanus  mit  der  Erlanbniss  zollfrei 
durch  das  ganze  Römische  Reii  li  zu  reisen  beehrte,  diess 
gewiss  erst  nachdem  er  sich  ihm  durch  jene  (ie.saniltschaft 
lekannt  gemacht  hatte,  von  welcher  es  heisst  V.  S.  3ö. 
edii  Toi;  ^Liifovaion;  tov  noeotjUiooi/Tog  i'^fp  av- 
idiv  dvÖoo^,  i;  rroeaßela  de.ijv  iirrtQ  zujv  fUyiOTujv 
6  (lev  pt)  iyijaaoy.sv    i'jör;   v.oX   tov    Ü7iodi;un~i/  t^vj- 

QVK     Cl/tV      (.Scopel.)      i/^tlOOTOVStTO     ÖL      6      IIo)J/ilU)V 

oinaj   TtinQ£aßev/.iug  TtQorCQOv.     Also    vor  117,    dem 

nr.  435  Uitl  eine  gewisse  Cl.  Philoxena  auf  als  ifnoq^Kj.jij 
T^;  rnut/m^  0-fOV.  Auch  liici-,  wo  läückb  Hadiijii's  Gc- 
malilin,  Sibini  unter  drr  neuen  Demeter  versieht,  lann 
man  loil  gleichem  liecht  an  die  allere  Fanstina  ilenkcn, 
«iii:  ohne  Zwcilcl  aucli  in  Eleusis  einen  Cultus  gcnoss. —1 
Doch  sind  die  Epochen  dieser  Inschriften  uukbr. 


Todesjahre  des  Trajanus,  war  Scopelianus  schon  zu  alt, 
um  eine  Reise  nnternehmen  zu  können,  mithin  muss  sein 
Aufenthalt  in  Athen  in  eine  viel  frühere  Zeit  fallen,  als 
Herodes  noch  nicht  im  Stande  war,  einen  solchen  Leh- 
rer zu  benutzen.  Ist  die  Geschichte  nicht  ganz  erdich- 
tet, so  kann  eine  Verwechselung  zu  Ciruude  liegen,  viel- 
leicht mit  dem  Favorinus ,  den  Ilerodes  seinen  Lehrer 
und  Freund  nannte  (p.  12,  IS)-  Ebenso  wenig  durfte 
Herr  Hevsc  auf  unseres  Autors  Angaben  über  den  Tv- 
rier  Adrianus  sich  verlassen.  Eher  lührt  die  Stelle  aus 
Galenns  zu  einem  sicheren  Resultate  und  beweist  we- 
nigstens, dass  Adrianus  im  Jahre  l(il  noch  ziemlich  jung 
war.  Oder  soll  ein  Ingenium  praecox,  wie  dieser  Adria- 
nus, über  30  Jahre  lang  zum  Lehramte  sich  vorbereitet 
haben?  Ulan  darf  mithin  annehmen,  dass  p.  90,  20  die 
tt'  irii  aus  TriVTij/.ovra  £tij  entstanden  sind  ,  oder  « e- 
nigstens  sein  Alter  so  angegeben  sein  sollte.  Gelegent- 
lich wagen  wir  die  A^ermuthung,  dass  vielleicht  die  Briefe 
des  Phalaris  von  diesem  Sophisten  herrühren  ,  vgl.  Suid. 
s.  V.  'yidQiavog. 

Die  oben    berührten  Ungenauigkeiten    iiml  vieles  An- 
dere der  Art  hielt  mich   von   der  Auflführung  eines  früher 
gefassteu  Vorsatzes  ab  ,    den   \ .  S,   einen  chronologischen 
conspectus  beizufügen.      Er   hatte   nur  die  Unwahrschein- 
lichkeit     oder    Unmöglichkeit    vieler    Data    herausgestellt 
und    in    den    meisten    Fallen    keine    Sicherheit    gewährt. 
Was  zu  thun   war,   ist  theils   in  dem  Index  nominum  pro- 
priorum  (p.    142  sqq.)    geschehen,    «o  die   einzelnen  An- 
gaben  über  jede  von  dem  Schriftsteller  angcfiilirte  Person 
gesammelt  sind,    welches   Register    daher  mit  dem  Index 
historicns    (p.    403  sqq.)    nicht     zusammenfallen    durfte, 
thcils   in   den   Einleitungen    zu   den  Vitis   iu   dem  Coinmen- 
tar,    welche   keine   volUü'lndige  Schilderung    der  von  Phi- 
lostratus charakterisirten  31,'inner   enthalten  ,   sondern  nur 
so    viel    möglich    berichtigen    und    ergänzen    sollten,    was 
jener  unrichtig  angegeben,  oder  übergangen   hatte.     Darum 
kann    ich    das    von    einem    Recensenteii    ( G.   B. )     in    der 
Hall.  Literaturztg.   l!So().  IMärzheft  ausgesprochene  Urtheil, 
,, diess  Material    genügt    am    meisten    für  die   historischen 
IMassen   oder   die   äussere   Biographie  ,   selten   auch   für   die 
lifcrargeschichtliche  Seite    und    die   Charakteristik   geisti- 
ger Grossen;   vtic  dürftig  (um   von  den  älteren   zu  schwei- 
gen)  erscheinen   nicht  die   Bilder  eines  Polemo,   Ileroiles,  * 
Ilermngenes",    nicht   für    billig   halten.       Denn   es    war   nn- 
nöfhig,   dem  Alltor   noch    einmal  Jegliches  nachzuerzählen, 
«o  er  die  einzige  (Juelle  ist;  wo  er  es  nicht  ist,  genügte  die 
Ilinweisung  auf  Urlheile  der  Alten  und  \encn,  solange  ich 
selbst  IVichts  gegen  diese. einzuwenden  fand.     Der  Coinmeu- 
tator  übernimmt  niemals  die  Verpflichtung  des  Fjiterarhistori- 
kers.      Die  Bestimmung  dieser  Zusätze   gestatfet  mir  übri- 
gens nicht  nachzuweisen  ,   « ic  diese   Recension   in   keiner 
Ilinsicht    meiner    Erwartung,    gründliche    Belehrung    und 
neue   Aufschlüsse  zu  erhalten,    entsprochen    hat,    sondern 
nur  durch  die   ganz   s^kophaiitische  Behandlung   den  Ken- 
ner  interessiren ,    ja    beliisfigi-ii    kann.       Bloss   eine   Stelle 
will   ich  ausheben,    weil  sie  den  I\lann  hetrillt,   der  (iegen- 
stand   von   llevse's  Abhandlung   und   meinen  Zusätzen    ist: 
Ilerodes    Attirus    verband    mit    seinen    für    ein    grössere» 
Publikum  berechneten   Vorträgen  ein  Privatissimum ,  zÄC- 
ibvöoiov    gcuannt,    dem    nur  eine  Elite  seiner  Zuhörer, 


997 


998 


Ol  dosvix  di;/oi'uevor  bciivolinen  <lui'f<cn,  diese,  Iieisst 
CS,  eTTSoni^ovTO  r^  e;  iidwai  äxQodirei.  y.kcipvdouv 
it'/.iiJSftET()ijfi£vyv  i%-  cxa-Tüv  tTtij ,  «  Sijjet  dnoTa- 
Srv  6  HoufSri;.  Schon  Blorclli  versfaiul  izitainXovTO 
richtig-  von  einem  epnio  «loclriuae  (vcr;;!.  auch  p.  77,  3.)) 
G.  B.  aber  bnclistablich  von  einem  fllittagessen  der  Zii- 
Iiörer,  denen  Herodes  ,  wahrend  sie  speisten,  gleiclisam 
als  Tafelmusik,  Verse  recitirt  habe!  Meine  Anmerkung 
zn  dieser  Stelle  heisst  vollst.'indij; :  Herodes  in  Ins  scho- 
lis  poetas  explicabat,  centeiiris  fore  versus  sniffulis  horis, 
ut  videtur,  cos  exornans  nialeriamquc  inde  sumens  ad 
f-isktTCi^.  Der  Recensent  setzt  nach  singuüs  horis  ein 
eic,  obgleich  die  Hauptsache  erst  folgt,  und  fahrt  dann 
fort:  hier  macht  der  Verfasser  einen  Illietor  zum  philo- 
logischen Exegeten.  AVar  ihm  ilauials  entfallen,  dass 
den  Alten  als  diaetctisches  Mittel  clara  lectio  (Ccisns  I,  2.) 
galt?  Ich  glaube,  diess  eine  Beispiel  von  dem  A^erfah- 
ren  des  Rec.  ist  charakteristisch  genug,  um  hundert  an- 
dere mit  Slillschueigen  zu  übergehen,  die  sonst  tvohl 
verdienten ,  mehr  au's  Licht  gezogen  zu   werden. 

Heidelberg.  Dr.  Kayser. 


Cicero's  auserlesene  Reden.  In  neuer  wortgetreuer 
Uebersetzung  und  durch  Einleitungen  und  Anmer- 
kungen erläutert.  Breslau  ,  im  V^erlage  bei  Joseph 
Max  und  Komp.     1837. 

Die  vorliegenden  drei  Bandchen  ausgewählter  Reden 
Cicero's  enthalten  zwölf  Reden,  und  ziiar  umfasst  das 
erste  Bandchen  die  Rede  für  den  Sextus  Roscins  von 
Anieria  und  die  vier  Reden  gegen  Catilina,  das  zweite 
die  Reden  für  Acn  Dichter  Archias,  für  den  IMauilisrhen 
Gesetzesvorschlag,  für  den  Quintns  Ligarins,  für  den 
König  Dejotarns,  für  den  Marcus  Marcellus ;  das  dritte 
endlich  die  Rede  für  den  Lucius  Murena  und  die  Rede 
für  den  Titus  Annius  IMilo.  Das  Ziel,  nach  welchem 
der  ungenannte  licbersetzer  strebte,  ist  durch  ilas  WOrt- 
chen  wniigetieu  auf  dem  Titelblatte  angedeutet.  Für 
welche  Leser  der  Uebersetzer  schrieb,  welche  Stelle  er 
seiner  Ucbertragung  unter  den  vorhandenen  Ucbersetzun- 
gen  anzutieise!)  gedachte,  darüber  belehrt  uns  keine 
A'orrede.  Es  bleibt  uns  sonach  Nichts  übrig,  als  selbst 
den  Standpunkt  der  vorliegenden  Verdeutschung  zu  er- 
mitteln. 

Es  ergibt  sich  nun  aus  einer  unbefangenen  Prüfung 
sogleich,  dass  die  Uebertragung  mit  tadelnsiverther  Flüch- 
tigkeit zu  Stande  gi'bracht  »urden  sei.  Diese  Eilfertig- 
keit erhellt  tlieils  ilarans,  dass  nicht  nur  einzelne  AVorte, 
sondern  ganze  Stellen  des  Originals  unübersefzt  geblieben 
sind,  tlieils  aus  dem  Linstande,  dass  auf  die  Erklärungen 
der  Interpreten  selten  die  geziemende  Rücksicht  genom- 
men und  in  streitigen  Fällen  meist  die  schlechtere  Les- 
art, bloss  weil  diese  sich  in  <ler  Orellischen  Ausgabe 
im  Texte  vorfand,  der  besseren  vorgezogen  worden  ist. 
Dass  bei  ilieseui  leichtfertigen  Verfahren  viele  Stellen 
der  Uebersetzung  in  einem  ganz  anderen  Lichte,  als  sie 
das  Original  darstellt,  erscheinen,  ist  demnach  ebenso 
wenig    befremdlich,    als    der    Umstand,    dass    die    Ueber- 


setzung durch  unnöthigc  Umschreibungen  nicht  selten 
weit  hinter  der  Kraft  des  Originals  zurückgeblieben  ist. 
Am  nachtheiligsten  Iiat  indess  die  Sorj;losigkeit ,  mit 
welcher  der  Uebersetzer  der  vulgaten  Lesart  gefolgt  ist, 
ohne  sich  auch  nur  im  geringsten  um  den  kritischen 
Apparat  zu  küniniern,  sowie  die  Gleichgültigkeit,  mit 
welcher  derselbe  auf  die  Commentatorcn  herabgebückt  hat, 
auf  die  Uebersetzung  eingewirkt,  und  der  Ref.  Iialt  es 
für  seine  Pflicht,  den  Uebersetzer,  falls  derselbe  eine 
Ucbertragung  sammtlicher  Reden  Cicero's  beabsichtigt, 
oder  eine  zweite  Ausgabe  seiner  A^^rdeutschung  bearbei- 
ten sollte,  auf  die  genannten  Uebelstande  aufmerksam  zu 
machen. 

Um  unser  soeben  ausgesprochenes  Urtheil  zu  begrün- 
den, wollen  wir  zwei  Reden  der  Uebersetzung  mit  dem 
Original  vergleichen,  ohne  uns  jedoch  auf  frühere  Ueber- 
tragungen  derselben  Reden  einzulassen.  AVir  wählen  aus 
den  zwölf  Reden  <lie  Rede  für  den  Kiinig  Dejotarus  und 
die  für  Ligarins  aus,  und  wenden  uns  zunächst  zu  der 
zuerst  genannten. 

Sogleich  in  g.  8.  hat  der  Uebersetzer  das  in  den 
Zusammenhang  wenig  passende  affectum  beibehalten,  wo- 
für bessere  Handschriften  das  angemessenere  und  von 
Benecke  genügend  gerechtfertigte  ufßictum  darbieten. 
In  demselben  Paragraphen   werden  die    Worte :     Per  dex- 

ternm    istam    te    oro 7wn    tarn    in    Itellis    nee  in 

pioeliis,  quam  in  prnmissis  et  fide  ßrmiarem,  übersetzt: 
Bei  dieser  deiner  Rechten  bitte  ich  dich  ,  die  sich  in 
Versprechungen  und  im  H'orthalten  noch'  suvertussiger 
als  in  Kriegen  und  in  Schlachten  bewiesen  hat.  Blan 
sieht  leicht  ein,  dass  «lurch  diese  Uebersetzung  der  Feld- 
hcrrnruhm  Cäsar's  ungebührlich  in  den  Hintergrund  ge- 
drangt wird.  Durch  die  richtigere  Auffassung  des  n07i 
tum  in  der  Bedeutung  non  aden ,  ?iicht  eben,  würde  die 
Uebersetzung  dem  lateinischen  Ausdruck  naher  gekommen 
sein.  g.  9.  hat  der  Uebersetzer  die  schlechtere  Lesart: 
Cum  facile  exorari ,  Caesar,  tum  semel  exorari  soles, 
statt  der  an  der  ersten  Stelle  allein  richtigen  Lesart: 
orari,  ohn:-  zu  bedenken,  dass  das  yrtciVe  o;-ajj  gar  keine 
liibliche  Eigenschaft,  deren  Ernähnung  man  hier  docli 
nothii  endig  erwartet,  sondern  vielmehr  ein  Beweis  von 
Schwache  ist.  |g.  10.  verletzt  der  gleiche  Ausgang 
haben  ....  haben,  <ler  durch  die  lateinischen  AV'orte 
keineswegs  geschützt  wird,  wie  denn  überhaupt  der  ganze 
Satz:  Is  rex versati  ziemlich  schleppend  ver- 
deutscht ist.  §.  14.  wird  der  Ang<lruck  Exercitum  .  .  . 
suis  tectis  et  copiis  sustentavit  wiedergegeben :  Er  hat 
das  Heer  in  seinen  Orlschafte?t  und  mit  seinen  Mund- 
vorriithen  i^erpßegt;  obgleich  schon  Matthiä  angedeutet 
hatte,  dass  unter  Copiae  die  aus  2  Legionen  und  100 
Reitern  bestehenden  Hülfstrnppen ,  welche  Dejutarus  dem 
Domitius  gegen  Pharnazes  sandte ,  zu  verstehen  seien. 
In  demselben  Paragraphen  wenlen  die  AVorte :  Quae  in 
eitm  partem  accepta  sunt  zn  frei  übersetzt:  Was  so 
wnlil  aufgenommen  wurde.  Schleppend  ist  die  Ueber- 
setzung der  Worte:  omnium  gentium  atque  omnis  viemo- 
riae  clarissimum  lumen  ilurch  :  die  glänzendste  Erschei- 
nung,  welche  alle  Völker  und  alle  Zeiten  aufzuiceiseu 
gehabt.  ^.  l(j.  ist  der  Uebersetzer  wiederum  der  schlech-  , 
tercn  Lesart  tectior  gefolgt ,  die  er  dann  willkürlich  ge- 


999 


1000 


nnj  durch  behutsamer  rerdeiitsrlit ,  «eJrlie  Beilcu<ung 
das  lateinische  Wort  nie  j^clialit  hat.  Zivar  niiiiiiit  Orelli 
lue  Lesart  leclinr  mit  fdl^eiidiii  Worten  in  Schutz:  non 
nialigiiae  callidilatis  reprehcnsiii  inest  in  hoc  vocabulo; 
ged  eat  nietapliora  |)etita  a  jjladiatorihus ,  qui  uti  <lebenl, 
contra  irlns  ailier>ariurnni  sese  tejrunt.  Conf.  Phil.  13; 
aber  Jeder  .-ieht  ein,  dass  diese  Beziehung  viel  zu  fern 
lag,  als  dass  sie  <leni  Zuhürcr  der  Hede  hatte  sogleich 
in  den  Sinn  kommen  können.  Das  einzig  richtige  rec- 
tior  wird  von  den  besten  Codd.  geschlitzt  und  ist  auch 
von  Benecke  und  Keiiili.  Klotz  in  den  Text  aufgenommen 
worden.  JJ.  17.  ist  e  balneo  iiiiiibersetat  geblielieii  ,  »ie 
denn  fitierliau|it  ilas  Wiirtleiii  biilneuti:  eigene  .Schicksale 
)P  der  l  ebersetzung  erfahren,  da  es  g.  4'J,  wahrschein- 
lich durch  einen  Fehler  lies  Setzers,  mit  Land  übersetzt 
ist.  Ebenso  ist  <las  Wörlciieii  i/ii ^  welches  ilanii  naher 
bestimmt  wird  durch  die  iiachfoigeiideii  AVorte  in  eo  ipso 
loco ,  unbeachtet  geblieben,  nach  dem  A'organge  Orelli  s, 
«ler  jenes  für  ein  (ilosseni  hält.  Die  riclitige  .iuffassnag 
dieser  Stelle  findet  man  bei  Reinli.  klotz.  I.  Band. 
Vorr.  S.  79  und  8U.  In  demselben  Paragraphen  hat  der 
Uebersctzer  iu  den  Worten:  Et^r,  meltercules ,  Caesar, 
inilio ,  cum  est  ad  me  isla  causa  delala,  l'hidippuin 
tnedicum ,  servum  regium ,  qui  cum  letalis  tnissus  esset, 
ab  isto  adulescenle  esse  corruptam ,  liac  sum  suspicione 
perculsus :  medicum  indiceni  suburnavit;  finget  videlicel 
aliquod  crimen  veneni ;  den  Satz:  Phidippum  medicum 
....  esse  corruptum,  von  suspicione  abhangig  sein  las- 
sen ,  ohne  Anstoss  zu  nehmen  an  dem  mehr  als  külinen 
AVechsel  der  Construction.  Der  Accus,  mit  dem  Infin. 
schliesst  sicli  vielmehr  als  Apposition  an  das  Wort  causa 
an.  1^.  18.  werden  <lie  Worte:  Quod  igilur  et  cunari 
occutlius ,  et  rfficere  caulius  potuit ,  übersetzt:  Was  er 
also  nicht  bloss  verb  rgener,  sundern  auch  gesicherter 
hätte  beginnen  und  ausfuhren  können,  statt:  H  aa  er 
also  sowohl  verborgener  liillle  beginnen  ,  als  auch  ge- 
sicherter hätte  ausfuhren  können.  %•  10.  wird  die  in 
den  Worten :  An  Dejularus  ....  dimisit  exercitumt 
liegende  komische  Aiispieiung  auf  eine  Stelle  des  Tereiiz, 
durcli  die  A'erdolmetschiiiig  :  Entliess  etwa  Defularus  . .  • 
seine  Schaarf  gaiizlu  b  vernischt.  |g.  '.'U.  erhalt  ein 
im  Original  ganz  aüi^eineiii  gehaltener  .Satz  durch  die 
falsche  Lebersetziing  di's  Wortes  homn  »lurch  König  in 
iler  Uebersetzuiig  eine  ganz  fremdartige  specielle  Bezie- 
hung. ^.  2-1.  sind  ziiei>t  die  Worte:  Domilium  niiufra- 
gio  periisse ,  sodann  der  ganze  Satz:  Qui  autem  Domi- 
tio  poterat  esse  nmicus,  i/ui  tibi  esset  inimicusf  iinübcr- 
setzt  gelilielien.  g.  ,'().  iolgl  der  L'ebersetzer  wiederum 
der  gewiibiilichen  Lesart :  Omnes  sunt  in  Mo  rege  regiae 
virtutes ,  .  .  .  sed  praecipue  singularis  et  admiranda 
frugalitas ,  ohne  den  Widerspruch  zu  bedenken,  in 
welclicn  er  mit  sicii  selbst  ger.'lth,  wenn  er  j^leii  b  dar- 
auf die  Frugalitas  aus  der  Zahl  der  königlichen  Klgen- 
schaflcn  zu  scheiden  dnri  li  die  Worte  dos  Originals  ge- 
nothigt  wird.  Schon  Patrii  ins  sah  das  Richtige,  indem 
er  regiae  ans  dem  Texte  lerbaiiiite.  JJ  'J\).  hat  der 
Uebersctzer  die  >\'ürte:  quod  et  ipse  ardthat  studio  ipsius 
belli,    et    patri    sali'^Jaciendum    esse    aiLitrabatur ,    ver- 


ileuischf :  tf «(7  er  sowohl  selber  von  Kriegslust  entbrannt 
war,  als  auch  meinem  Jäter  Genüge  leisten  zu  müssen 
glaubte,  ohne  den  Begrid'  des  Krieges  näher  zu  bestim- 
men, was  iloch  im  Lateinischen  durch  den  Beisatz  ipsius 
geschieht.  Ju  demselben  Paragraphen  erhalten  die  Worte: 
Felix  isla  dutnus ,  quue  non  impunitatem  soluni  adepta 
sit ,  sed  accusandi  eliam  licentinm ;  calamitosus  Dcjota- 
rua ,  ilnrch  die  Uebersetzuiig;  Giücicliche  Familie!  die 
nicht  bloss  ungestraft  bleiben,  sondern  auch  nach  Will- 
kür anklagen  darf!  Unglücklicher  Dejotarus!  einen 
fremdartigen  sentimentalen  Anstrich.  §.  3'.^.  ist  coenabat 
durch  xoar  nliersetzt.  JJ.  .<3.  macht  der  Uebersetzer  ohne 
Notli  aus  einem  Satze  zwei,  indem  er  die  AVorte :  te 
invidiose  lijrannum  exislimari  wiedergibt  durch:  Du 
seiest  verhasst ,  geltest  für  einen  Tyrannen.  A'on  einer 
flüchtigen  Ansicht  der  Worte:  Nonne  intelligis  ,  Caesar, 
ex  urbanis  malevolorum  sermunculis  haec  ab  istis  esse 
collecta'i  zeugt  die  Uebersetzuiig:  Merkst  du  nicht,  Cä- 
sar, dass  diess  jenen  Leuten  aus  den  Stadtklütschereien 
einiger  Uebelgesinnten  zusammengebracht  worden  ist? 
^.  34.  finden  wir  vicloria  durch  das  ungewöhnliche  Ob- 
sieg ausgedrückt,  ji"!.  37.  ist  senatus  durch  Staat  über- 
setzt, dagegen  «lic  Worte  populi  Romani  ganz  unbeach- 
tet geblieben.  §.  40-  wird  ipsa  (nämlich  inisericordia) 
matt  durch  diess,  statt  «lurch  von  selbst,  wiedergegeben, 
obgleich  die  letztere  Bedeutung  ans  «lern  Zusammenhange 
eich  als  die   einzig  richtige   ergibt. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Leipzig.  Das  Programm  zur  ölTenllicben  Prüfung  der 
IVicdlaiscbnle  am  19.  und  20.  März  enllialt  den  Lehrslundenpbn 
dieser  AnsLill  fnr  das  Soiumcrbalhiabr  18.T9  (tl  S.  8)  und  die 
F.inUdnnssscbrift  zum  üedeactus  .nin  2.  Mai,  den  Eilltcn  Bericht 
der  Nicolaiscbiile  von  Ostern  18.^8  bis  Ostern  1839  von  dem 
Reclor  iin.l  Professor  Nobbe.  Die  Scbide  zaiilt  t04  Schiller, 
5  luvii^cii  die  Dniversitat  (2  mit  der  I.,  3  mit  iler  II.  wissen- 
scli:illbclien  Censur).  .'\n  die  Stelle  des  seit  Ostern  18,%  aiis- 
Setretem-ii  2.  Mallieniatikcrs  Dr.  Hüls  sc  trat  der  Dr.  H.  Th. 
Kiiline  aus  Welliclien  l'Ci  Weimai.  Die  bectionen  des  I.  Ad- 
juncti'ii  Otto,  der  durch  lüngwicrigc  Krankheit  gcnotbigt  wurde, 
«eine  Lelirslunden  auszusetzen,  winden  dem  Candid.  A.  Fr.  Mü  I- 
ler  aus  Kibeiistock  ühcrtragcn.  —  Zur  Keforniationsfeier  am 
18.  Mai  schrieb  der  Rector  Nobbe:  Anaicctcn  zum  Leben 
Heinricli  iles  Frommen  (46  S.  8),  und  der  Reclor  der  Thomas- 
schnle  Dr.  (Ictifr.  S  t  q  1 1  h  a  ii  in  ;  Die  Tlioniasschnle  zu  Leipzig 
nach  dem  albiiäbliclicn  Kiitwjclichinssgaiiijc  ihrer  Zustande,  ins- 
besonibTC  ihres  Uiitcrricbtswesens  (100  S.  8).  Das  Piogranim 
dfssilbeii  zum  Ostcrexamen  der  Thomasscliidc  handelt:  de  per- 
sun  1  Raccbi  in  Ranis  Aristoplianis,  additis  diionim  Aiistoplianis 
et  Si.pliüclis  loconiiii  vindiciis  (32  S.  4.)-  Nach  den  beigefügten 
Srbiiliiacliricbten  lutra;;!  die  Gesamnilzalil  der  Schiller  194,  Zu 
Micbaelis  lialte  kein  Abgang  statigefondcn ,  dagegen  sind  zu 
Ostern  13  (7  mit  dem  I ',  3  mit  4lcm  11  ,  3  mit  dem  III.  Zeug- 
nisse der  Reife)  zur   Universität  abgegangen, 

Kreuznach.  Zu  den  öffcnll.  Piüfungcn  und  Rodiiibiingcn 
der  Zö^liiiijc  unseres  Gymnasiums  am  20.  und  21.  Sept.  lud  der 
Direclf.T  Dr.  Karl  II  off  me  i  s  t  e  r  ein.  Das  Progiamm  ciitliall 
Meletematum  Aristdtclioruin  spec.  I  De  Ritteri  censiira  Pnctlcac 
Aristüloliae  brevis  disputatiu  von  dem  Oberlehrer  Dr.  11.  Knebel. 
Das  Gymnasium  zahlte  im  \crwichcncn  Sommer   l42  Scbüler. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Freitag  f   18.  October 


18  39. 


Nr.  125. 


Cicero's  auserlesene  Reden.  In  neuer  worfjfetrcucr 
Ucbrrsetziing  und  durch  Einleitungen  und  Anmer- 
kungen erläutert. 

(Beschluss. ) 

Doch  wenden  wir  uns  jetüt  zu  der  Rede  für  Ligarius. 
Wälirend  wir  an  zahlreiclien  Stellen  der  Rede  für  De- 
jotarns  die  Nachlässigkeit  des  Ucbersetzers  rügen  mnss- 
tcn,  können  «ir  dagegen  nicht  umhin,  dem  Ucbersetzer 
in  der  Rede  für  Ligarius  im  Allgemeinen  das  Lob  grös- 
serer Sorgfalt  und  Genauigkeit  zu  ertlieiien.  Doch  trifft 
auch  hier  den  Uebersetzer  der  Tadel,  dass  sich  derselbe 
ohne  eigene  Prüfung  der  Lesarten  stets  der  vulgata 
knechtisch  angeschlossen  hat.  Vielleicht  hat  den  Ueber- 
setzer das  Urtheil  fou  Reinhohl  Klotz,  der  Bd.  I.  S.  75 
der  Vorrede  die  Kritik  in  dieser  Rede  eine  fast  boden- 
lose nennt,   von  sellisfständigen  Forschnngei!  abgeschreckt. 

§.  8-  wird  redunddie  durch  das  Futurum  übersetzt; 
§.  13.  »erden  die  Worte:  iji  noslium  fletum  irrumpes? 
ungenau  wiedergegeben  durch:  Willst  (du)  tinscr  Schluch- 
zen tmterbreclien  ?  wo  doch  Benecke  bereits  den  richtigen 
Sinn  der  Stelle  durch  die  Erklärung  andeutet:  Omni 
ratione  impedies,  ne  quid  noster  fietus  proßciat.  §.  16. 
werden  die  Worte:  nnlle  misereri ,  zu  speciell  ausge- 
drückt durch:  vom  Begnadigen  abhalten  wollen-  In  dem- 
selben Paragraphen  hat  der  Uebersetzer  den  zweigliede- 
rigen Satz:  Ilaec  nee  hominis,  nee  ad  hominein  vo.v  est: 
willkürlich  in  einen  eingliederigen  zusammengezogen  durch 
die  ^'erdentschung:  Diess  ist  nicht  eine  Aeusserung,  die 
ein  Mensch  gegen  einen  andern  thun  darf.  |g.  17.  sind 
die  Worte:  quin  admiratus  sis,  nicht  übersetzt  und  da- 
durch der  ganze  Satz  lerstümmelt  worden.  JJ.  l'J.  ist 
das  im  Original  nur  i'innial  stehende  'Wort  dignitas  ohne 
Aoth  durch  zwei  Worte  übersetzt  worden,  einmal  durch 
Würde,  sodann  durch  Rang.  %.  26.  ist  in  der  Ueber- 
setzung  a  te  unmittelbar  mit  cognovissem ,  statt  mit  lau- 
dari  verbunden  und  dadurch  <ler  Sinn  der  Stelle  entstellt 
worden,  g.  30.  hat  der  Uebersetzer  durch  das  AVürt- 
chen  wie  vor  den  Worten:  =«  einem  Vater,  die  Kraft 
des  lateinischen  Ansdrncks  geschwächt,  g.  31.  sind  die 
Worte:  Sed  video  tarnen,  apud  le  causas  ....  valere 
plus,  quam  preces,  ab  iisque  te  inoveri  maxime,  quoruni 
justissimum  videus  dolorem  in  petendo,  ungenau  folgen- 
dermaassen  übersetzt:  Indess  sehe  ich  doch,  dass  die 
Gründe  der  Bitten  bei  dir  mehr  gelten  ,  als  die  Bitten  , 
Und   dass   du   dich   vo/i  denen  am   ersten    erweichen  las- 


sest ,  in  deren  Bitten  du  einen  gerechten  Schmerz  tcahr- 
nintinst. 

Doch  wir  wollen  die  Aufmerksamkeit  der  geehrten 
Leser  dieser  Zeitschrift  nicht  länger  ermüden.  Wir 
glauben  iinseren  Bericht  über  die  lorliegende  üeber- 
setzung  um  so  eher  abbrechen  zu  dürfen,  als  aus  dem 
bereits  von  uns  Bemerkten  sich  unser  oben  ausgespro- 
chenes Urtheil,  dass  die  Uebersetzung  zahlreiche  Spuren 
tadelnswerther  Flüchtigkeit  an  sich  trage,  als  ein  durch- 
aus begründetes  herausstellt.  Schliesslich  können  wir 
nicht  umhin ,  nochmals  den  Wunsch  auszusprechen  ,  dass 
der  Uebersetzer,  falls  er  eine  Verdeutschung  sämmtlichcr 
Reden  Cicero's  beabsichtigen,  oder  eine  neue  Ausgab© 
der  vorliegenden  Reden  besorgen  sollte ,  sich  mehr  um 
die  Kritik  des  Texfes  und  um  die  Erklärungen  der  Com- 
mentatoren  bekümmern  wolle,  als  dieses  in  der  benrtheil- 
ten  Ucbcrtragnng  geschehen  ist.  Dass  aber  dem  Ueber- 
setzer keineswegs  die  Fähigkeit,  eine  tüchtige  A>rdeut- 
scliung  zu  liefern,  abgehe,  erhellt  aus  der  nicht  unbe- 
deutenden Zahl  derjenigen  Stellen,  welche  mit  Gewandt- 
heit  und   Genauigkeit  in's   Deutsche   übertragen  sind. 

Druck  und  Papier  iler  vorliegenden  Uebersetzung  sind 
trefflich;  der  Preis  jedes  einzelnen  Bändcliens  (ö  Silber- 
groschen)  ist  fast  beispiellos  niedrig  gestellt. 

Trzemeszno    im    Juli    183'J' 

Fried'-ich   Schneider. 


Ueber  eine   lehrreiche  Eigenthümlichkeit 
des   Tacitus. 

Aufmerksamen  Lesern  des  Tacitns  hat  es  nicht  ent- 
gehen können,  dass  der  grosse  Geschichtschreiber  ein 
besonderes  Streben  zeigt,  seinem  Style  IMannichfaltigkeit 
zu  geben  bei  aller  Gedrungenheit  und  Kürze,  und  diese 
seine  Eigenthümlichkeit  ist  auch  von  den  Gelehrten, 
welche  sich  über  die  A'orzüge  und  Eigenheiten  des  Hi- 
storikers verbreitet  haben,  nicht  unbemerkt  geblieben.*) 
AVcniger  beachtet  ist  das  eben  dahin  einschlagende  Va- 
riiren  von  Würterformen  und  Wörtcrarten,  oder  sein© 
häufige  Verbindung  verschiedener  Würterformen  und  Wür- 


*)  S.  Bötlichci-  de  slili  T.icit.  vaiclatc  p.  LXIX  srjq.  Id. 
de  vita,  scfiptis  et  stilo  Tacili  comment.  p.  18  sqq.  Bachii 
p!-o!egg.  de  scrmonis  varietate  T.  H.  p-  LXl  sqq.  (seiner 
Ausgabe  des  Tacitus). 


1003 


1004 


IcrardMi  odrr  piiizolnor  AVortor  und  Plirasrn  mit  •janzeis 
Üi'it/Pii ,  /..  Li.  Vüii  A<lj<'('tivi-ii  und  ilrni  Alilaliio  und  Ue- 
liitivo  (jualitatis;  von  der  l'r.'ipnsitiiin  ad  mit  pinrni  Aciu- 
sativ  null  di-iii  Dativ:  »oni  (ienifiv  Fnt.  pass.  und  dem 
Datir  des  Uerumlii  ;  inu  der  Präposition  ob  mit  pineni 
Arrasatii'  und  dem  Cipuiliio  Fut.  jiass.  oder  mit  quia  und 
nt  und  einem  ganzen  Satze  u.  s.  w.  Eini;;e  Beispiele 
jiiüjten   diess  klarer  uiailien.    Aiindl.  1,  3-   abiilendae  majfis 

injaniiae ijuani  cupidine  probandi  imperii  aut  iliffnuui 

ob  Imperium.  4-  Tiberium  ^eroucm  tnatunun  auuis, 
Speclalttm  bello  sed  velere  at(]ue  insita  Clamliae  familiac 
Superbia.  1.  fahi  ac  festi.iantes  vultuqae  compositn. 
ibid.  fuere  pnuca  et  sensü  modesto.  ibid.  tamjuam  ve- 
iere  repuilica  et  (Oiiiiguus  imperaudi.  8.  primores  «ivi- 
tatis  sdijiserat  [  lieredes  |  pleroscjue  invisos  sibi  sed  iac- 
tantia    gluiiin\i\if    ad     postcros.      ibid.     senem    priueipem, 

longa  potenlta.      9.   socordia per  libidines.     1:{.   di- 

vilem,  prutiiptuni,  nilibus  egregiis  et  pnri  famii  publice. 
22.  nulluni  ob  srelus  sed  lya/«  utilitati  le^ionuni  euusule- 
banius.  3ö.  saevuiit  vtiilii{Uf  moris.  öti.  acta  ma^is  quam 
per  formidiiiem.  öS.  neque  ob  praemiuni  sed  ut  nie  per- 
fidia  e.\so|iaui.  II,  1.  re}fem  cjuanivis  ^eiitin  Arsacidarum 
Ut  exlernum  aspernabantur.  ibid.  liaud  periiide  nostri 
metu  quam  fidei  popuiariuui  diffisus.  (i.  ob  faeiles  ap- 
pul.suü  accipiendimine  cnpiis  et  trainittendum  ad  bellum 
opportuna.  V4.  ut  »redatur  novissimum  ac  sine  lerris 
niare.  'Zb.  endem  virtule,  pari  f'erocia  et  veliiti  aucli 
linmero.  3li-  lensuit,  in  quiiiijuennium  maj,'istratuum  co- 
milia  hubeiida  ul(\ne  le^ionum  legati  ■ —  iam  tum  praetores 
deslinarcntur;  princeps  duodeeim  eandidatos  in  annos  singulog 
nominaret.  37.  uec.  ad  invidiam  ista  sed  conciliaiidae 
misericurdiae  refero.  43-  igitur  liaec  et  de  Armenia  — 
apud  patres  dissernit  nee  posse  molutii  Orientem  nisi  Ger- 
wauiei  sapientia  cnmpuni.  ibid.  Tiberiiis  ut  proprium  et 
»ui  sanguinis  Dru>um  Onebat.  4ü.  cum  a  Clienis(;is  Lan- 
gobardisque  p/o  antiquo  derorc  aut  reeenti  liliertate  et 
«ontra  tiugendae  dominalinni  eertaretur.  ßJ.  illicicns 
Geruianos  iid  discordias  u?que  fraeto  iam  !\laroIi(iduo  us- 
«jne     in     exitium    inninterelur.      TS.    iiieusat    (irrniauicum 

tuxus  et  xuperbiae  seque  pulsuui euram  exrr«  iüis 

repelivixse.  03.  arrus  additi  —  niui  insiriplioiie  rerum 
gealarum  ac  mortem  ob  rem  publieam  obiiaae.  Noch 
einijje  Stellen  aus  dem  XIII.  liuciie :  4.  concitiu  et  e.r- 
empla  —  —  memoraiit  uequi-  iuvcnirnn  armis  «iiilibus 
aut  ili>me>(i<is  liisrordiis  iniOulnm^  iiulla  odia  —  ajfferre- 
a.  supplicationes  et  —  —  veatem  principi  triumphalem 
»{quc  ovans  urbem  iniret  e(jigiest\ue  —  —  eeusucre. 
VI.  ob  reienteni  gloriam  et  inclinutione  quadam.  1 1.  testi' 
fiiundo  —  —  vel  iactandi  ingenii.  12.  Odaiia  nobilis 
et  pruliilatis  spectulue.  Itj.  sibi  supremuni  auxilium 
ereptum   et   parrieidii    exemplum  io(elli{;ebat   etc.  etc. 

Was  erkennen  «ir  hieraus?  I)  G'eH  isse  jjramniatische 
Formen  sind  gleich  andern  grammatisclien  Formen  «der 
besonderen  Wortern  und  Phrasen  oder  Satzconstru«  tioneu. 
2)  K»  gibt  fol^lii  li  aucli  eine  Synonymik  grammatischer 
Formen  tbeils  unter  sieii,  theijs  mit  Wortern,  tbeils  mit 
Sat/.construrtiouen.  Das  ist  aber  eine  Partie,  neb  he  in 
QDserpn  Grammatiken,  selbst  in  den  neuesten  deutschen, 
noch  |:ar  ni<  ht  beriirksichtiget  und  angebauet  worden. 
Lud    (iocii    würde    dieselbe    a)    nicht    nur    zur    gcnaucreo 


Bestimmung  der  Bedeutung  grammatischer  Formen  und 
Satzconstruttionpn  dipnpu  ,  sondern  b)  auch  der  Stvlistik 
ungemein  forderlich  werden,  c)  dem  üebcrsetzeuden  die 
H  ichtigsten  Dienste  leisten,  und  d)  zum  Verständnisse  und  zur 
Erklärung  eines  solchen  .Schriftsteller»,  wie  Tacitus  ist,  der 
gerade  jener  oben  augegelieneu  Eigenthümlichkeit  so  sehr 
huldigt,  lilieraus  crspriesslich  sein.  Wir  bitten  daher  die 
Grammatiker,  diesem  Theile  der  Sprachenlehre  künftig 
nicht  mehr  ihre  Aufmerksamkeit  zu   versagen. 

Heff-ler. 


De  appositione  in  Graeca  lingua  Commentatio.  Scripsit 
Dr.  Fr.  Melitlinrn.  In  dem  vom  Direct.  Dr.  klopsch 
herausgegebenen  Einladungsprogramm  zur  Prüfung 
im   evangel.  Gymnasium  zu  Glogau.  IVIicIi.    1838-    4. 

(s.  I  -  1,^).  ■ 

Wie  viel  zur  Vervollkommnung  einer  Wissenschaft  durch 
gründlich  und  umsichtig  geschriebene  Moiiographieen  bei- 
getragen werde,  liegt  am  Tage  und  ist  namentlich  auf 
dem  Felde  der  Grammatik  durch  zahlreiclio  Beispiele 
bestätigt  worilcn.  Wenn  nun  ein  Mann,  wie  Herr  Dr. 
IMehlhoru,  dessen  Name  auf  dem  Gebiete  der  griechi- 
schen Grammatik  sich  einen  so  ehrenvollen  Klang  er- 
worben hat,  und  der  mit  so  sorgfältigem  und  umsichtigem 
Studium  eine  solche  Einsicht  und  Schärfe  der  Beurthei- 
lung  verbindet,  sich  solchen  Arbeiten  unterzieht,  so  kön- 
nen dieselben  wohl  nicht  anders,  als  gewinnreich  und 
willkommen  für  die  AVissenschaft  gpuannt  werden.  Diess 
thun  wir  denn  auch  in  Beziehung  auf  diese  zwar  kurze, 
aber  gehaltreiche  Abhandlung,  in  welcher  der  Verfasser 
die  in  unseren  Gramm  ifiken  ,  wie  er  selbst  sagt,  etnas 
stiefmütterlich  behaiuielte  Apposition  zum  Gegenstande 
einer  besonderen  Untersuchung  gemacht  hat.  Als  Zweck 
derselben  gibt  er  au  1)  in  der  Kürze  die  Grunzen  des 
Gebietes  zu  bestimmen,  und  sodann  2)  den  31issbraucii 
und   die   falsche  Anwendung  zu   zeigen. 

In  Hinsicht  nun  der  Stellung  der  Ap|iosition  im  Sy- 
steme der  Grammatik  tritt  Hr.  1>1.  Kühner'n  bei,  welcher 
sie  unter  das  Attribulivverhaltnlss  rechnet.  „Denn,  sagt 
der  A'ei  fasser,  da  das  Attribiitivverhiiltniss  im  weiteren 
Sinne  darin  iiesteht,  dass  ein  Begrifl  durch  einen  andern 
entsprechenden  Begrifl'  einfach  ,  d.  h.  ohne  AVrmiltelung 
einer  Partikel  oder  eines  Verbs  bestimmt  wird,  so  ge- 
schieht diess  auf  ilreifache  VVeise  entweder  durch  die 
Apposition,  oder  durch  eigentliche  Attributiou,  d.  h.  Ad- 
jecfiva,  oder  durch  beigefügte  Geiiilive.  Lud  zwar  schlies- 
seu  sich  die  Adjectiva  am  mc-isten  an  die  Forin  ihrer 
Siibst.  an  ;  die  Genitive  als  schon  zu  dem  bestimmten 
Zwecke  gleichsam  zubereitete  Furnien  behalten  diese 
Gestalt,  und  die  Appositiva  behaupten  sich  in  ihrer 
Selbststäiuligkeit."  So  wahr  dieses  ist,  so  betrifft  es  doch 
nur  das  Aeusserliche  und  lasst  eine  genaue  Bestimmung 
über  das  Wesen  der  Apposition  um  so  mehr  vermissen, 
da  eben  daraus  theils  das  >  erb.'illniss  derselben  /u  den 
ver»aiidteii  Wortverbindungen,  iheils  der  Umfang  ihre« 
Gebrauches  nnd  die  Befiigniss,  mit  welcher  Hr.  M.  die 
Anordnung  derselben  in  gev^isscn  F,'illen  ab« eist,  sich 
ergeben  uiusste.      Nun    ist  aber  die   Apposition  eigentlich 


1005 


1006 


ilas    Uiiij;ekelir<e    <lr>r    AHributioii,    inilpiii    durch  letzforo 
ciiiciii  Uegriire   gewisse  Slcrkiiiale   l>cigo|pgt  «crdpii,    uiiil 
zivar   eiitnedpr   so,    tiass    derselbe    durch    die    Verliiiidiing 
der  ftlerkmale    mittelst    der  Copula    erst  construirt    »vird, 
Oller  die  in   ihm  enthaltenen   Theiliorstellmigcn    geradezu 
mit  ihm  verbunden   werden   (z.  ü.   fjiyai;  Xai  öeooi;  y.CfX 
ißniuir/MC,   dvim).      Bei    der  Attribuflon    findet  also  ein 
«vnthetisclies  Verfahren  statt,  bei   der  Apposition   dajfejjen 
ein   anah tisches.      Denn    in    dieser    werden    ans   einem   als 
fertig  und  als  ein  Ganzes   bcd  ichteten  Uefjriffc  die  Theil- 
. Vorstellungen   noch  besonders  lierausgezogen,   und  in  jenem 
gleichsam    nachträglich    hinzugefügt,    welches     geschieht, 
nm    entweder    alle    oder    einzelne    in    einem    besonderen 
Falle   besonders  in   SJetracht  koniineiide  flj«  rkniale   hervor- 
zuheben,   oder    auch    nm   das    dnn  h   die   Einwirkung  der 
librigen    A\ Drfe   eines   Satzes    modilicirte   Verliiiltniss   eines 
BegriUVs  deutlich  zu  machen.    Hieraus  erklärt  sich,   warum 
in    der   Regel    das    appositice   AVort    demjenigen,    dem    es 
als   Erklärung  dient,    nachgesetzt  wird.       Aeusserlith   ge- 
nommen,   beruht  also  die   Attribution   auf  einer  syiitakti- 
Bchen,    die   Apjiosition    dagegen    auf    einer  parataktischen 
^  erbindung    der    Begrifl'e ,     und    Apposition    im    weitesten 
.Sinne    sollte    man    daher  jedes  A'erhaltniss    von  Begriffen 
nennen,   bei   welchem  durch  die  parataktisrhe  l'erbindung 
der  oben   angezeigte   Zweck    erstrebt   wird.       Da   nun   die- 
jenigen  Reiletheile   und   Sprarhfornien ,   welche   dem   attri- 
butiven  ^Verhältnisse    dienen,    zugleich    auch   in  das  Ver- 
Lähniss   der   Apposition   treten   (noin.   subst. ,   adject. ,   pro- 
iiom.,   genit.   und  praeposit.)  ,  so   wird   durch  jenen  Zweck 
bestimmt   und   meistentheils    auch    durch   die  .Stellung  an- 
gedeutet,   ob    ein    solches  Wort    im   attributiven  oder  ap- 
positiven  Verhältnisse    stehe;    und     da    ferner    nicht  bloss 
einzelne    Begriffe,    sundern    auch    ganze  Sätze    zu   jenem 
Zwecke    verwenilet    werden,     so    ist    auch    das   Asyndeton 
zur  Apposition   im   weitesten  Sinne   zu   rechnen,    wie  die- 
ses   von    Bcrnhardy    wiss.   S.  S.  54.    ganz    richtig    ausge- 
sprochen ist.    Mithin   ist,  streng  genommen,  das   Adjectir, 
welches   hinter   dem   Subst.   steht,    ebensowohl    in   Apposi- 
tion {dv})Q   dl/Pik),  als  das  Substantiv  («i/^o  ßuaiAei'^), 
i;nd   das   Adjectiv,    welches    aia   Ende    des    ganzen    Satzes 
die  Summa  lies  vorher  Gesagten  zusammenfasst,   wie  z,  B. 
Eiirip.  Ilec.  -JQ.  y.aUiii;    na()    ävögl   OorjyJ,    TTarpioo) 
Sivvi,  TQOtfuTaiv,  oj;  rrg  ^Tiiodo^,   ij'r^a/tijv  rakoic. 
An  die  Adjectiva  schliessen   sich  von   selbst  die  Participia 
an,    sowohl    in    ihrem    gewöhnlichen    Gebrauche,    als   im 
Asvndeti.n   nach    OVTUJ   u.   dergl.  ;   ferner  die  Präpositionen 
mit   ihren    Casus,    wenn   sie   hinter   dem  Subst.    gesetzt   zur 
Entwickelung    der     an    demselben     befindlichen    Zustän.le 
•J'enen,   wie   z.   B.   Arrian.  Exp.  Alex.  IV,    ]<),  8.  y.al  Vuo 
Tjy  'Oi;i'äQTOv  nai^  Tvao'Jevui ,  iv  u>oa  yuy.oi.',   'Pv)- 
^uvij   üvoua.Tl.     Hieraus  diirffe  sich    ergeben,    erstlich, 
dass    die  Apposition    von    weiterem    Umfange    ist,    als  ihr 
unsere  Grammatiken    gewöhnlich    einräumen,    und    dann, 
dass  Hr.   Äl.,    wie    wir   weiter  zeigen    werden,    auch  den 
ihr  zugestandenen    schwerlich    mit  Recht   noch  mehr  ge- 
schmali'it  hat. 

Hierauf  erwähnt  Hr.  M.  zuerst  diejenigen  Fälle,  wel- 
che in  der  Mitte  zwischen  dem  Atlributivierhällnisg  und 
der  Apposition  stehen,  d.  h.  wo  Substantiva  mit  Subst. 
verbunden  sind,    oder  Adjcctiva  (Participia,   Pronomina), 


frei  von  den  Regeln  der  Congruenz  ,  im  Genus  und  Nn- 
nierus  mehr  dem  Sinne  folgen.  In  Hinsicht  der  ersteren 
wrweist  Hr.  IM.  auf  seine  Anac  ri-ontca  |).  I.'j4  so.  Wir 
bedauern,  diese  Schrift  jetzt  nicht  zur  Ilanil  zu  haben, 
vermissen  aber  um  so  mehr  die  Frage,  welches  der  bei- 
den Subst.  als  zu  dem  anderen  in  Apposition  stehend  zu 
belr.ichten  sei.  Da  nun  in  dieser  Verbindung  gewohn- 
lich das  zweite  Subst.  zu  dem  ersteren,  wie  Species  zum 
Genus  sich  verhält,  mithin  ein  analytisches  Verfahren 
stattfindet,  so  wird  dadurch,  wie  durch  die  Stellung  das 
zweite  als  das  appositiie  bezeichnet,  und  es  weicht  eben 
darin  die  griechische  Sprache  von  der  deutschen  ab , 
welche  letztere  beide  Begriffe  durch  die  Zusammensetzun<T 
zu  einem  einzigen  niacht,  und  zwar  dem  bestimmenden 
den  bestimmten  voraussetzt,  wie  in  den  von  dem  Verfas- 
ser angeführten  Beispielen:  oix,  Zft.Too^  r=  Eberschwein, 
Of's  (t/kAos  z::  Fettschwein,  igi]i;  Zi'(>zoi;  =:=  Ringadler  etc. 
Wo  aber  in  den  seltneren  Fallen  das  speciellere  Wort 
dem  generelleren  vorantritt,  wie  in  xavQuto  ßoüq, 
uacpoÖekov  Xeiuujva,  .i'xi'i/;;^  oifiog,  fiduzir  y.öoav  etc., 
da  findet  eigentlich  gar  keine  Apposition  statt,  sondern 
das  erstere  Substantiv  steht  rein  adjectivisch ,  wie  es  denn 
meist  solche  Subst.  sind,  die  ihrer  Natur  nach  als  Ad- 
jectiva  einer  Endung  betrachtet  werden  können  ,  wie 
'Bk'krjv,  'Et't.ä-i  und  die  übrigen  von  Lübeck.  Paralip. 
p.  329  —  388  erwähnten. 

Zu  den   üebergängen   von   der  einfachen   Apposition   zu 
ganzen  erklärenden  Sätzen  ,    uimI  zwar  zu  ilenen  der  hv- 
potaktischen   Ar«    rechnet    der   Verfasser    diejenigen   Satz- 
Lildnngen,    in    welchen    nach  ilen   ^''ergleiclinngspartikeln 
Ws,    U)mt£Q  ,    r-addn£Q,    olov    die    Structur    des  Casus 
obl.  desjenigen    ISomens,    auf   welches    die    Vergleichung 
sich   bezieht,   beibehalten    wird.      Allein    hier,    scheint   es, 
hätte    ein    Unterschied    gemacht    werden    sollen    zwischen 
den   Fällen,     in    welchen    ein   Begriff   gerailezu    mit    dem 
andern    gleichsam   identificirt    wird,    und  jenen,   in    denen 
zwei   an   sich   verschiedene  Gegenstände  bloss  in  Beziehung 
auf  eine    zufällige   Lage    durch    die   Vergleichung    neben- 
einander   gestellt    werden.      Der    erstere  Fall,    wie  z.  B. 
Od.  8,  KiO.  Toö   vuH,   dsov   uj^   TioTiöne^'   avörj  ist 
unbedenklich  zur  Apposition   zu   rechnen,  der  zweite  da- 
gegen ist  Wühl   richtiger  eine  Aftracticin   genannt  worden. 
Denn   hier    werden   eigentlich,    wie   gesagt,    zwei   an   sich 
ganz    verschiedene    Gegenstände    gedacht,    wie    auch    das 
häufig  nach    der  ^'ergleichungspartikel    stehende   y.cti  an- 
deutet,   und    die  Ziisammenstelinng    derselben    in    Bezie- 
hung   auf    eine    ihnen    gleiche   Lage   durch    ein   Verbnm , 
entweder  tivai  oder  das  wiederholt   zu  denkende  Verbum 
des  Satzes,    vermittelt,    wesshalb   ebenso   gut  der  Nomin. 
als   der    dem    anderen   G'liede    der   ^'erglciihnug    entspre- 
chende cas.  obl.   stehen  kann.    Thuc.    \\  99.   dhKa  tovc 
vi](nanaq   re  Ttov    dvdoy.TOVi    ujotxsu    Vfj.di;   xui  etc. 
y,  44.    vojiiCovTiq  -TiuAif   TS    acflot  (ftXlav  üttu  Tca- 
kaioi)    yat    öi^fioyoaroi'iiiiviji'    vxtttiu   v.at  aviol  etc. 
Schon  die  rejati'e  IVatnr  der  Vergleichniigspartikeln  stellt 
diesen  Fall    unter    die   Attraclion    lier  Rclativa,    und   wie 
man    2._  B.    ovy    alvui    oiöv    oe    uvöua    auflöst    in    ovy. 
ai'vui  uvöoc.  oiog  av  ti,  so  dort  uianeg  i'iiac:::iioa7tSQ 
iiiltt;    iöTS.     Die   gleiche  Verkürzung  findet  daher  auch 
in  Verglcichungssatzcn  nach  »y  statt,  in  denen  der  Unter- 


loo: 


1008 


scLicd  von  der  Appo.siiion  sich  noch  deutlicher  heraus- 
»feilt:  II.  a,  260.  ';d>;  yuo  ttot  eyuj  ■/.al  dpsioaev 
TJeTEo  y'uTv  üvöpaaiv  ojui)  rcra.  Plaf.  Synip.  p.  206  A. 
w;  ovdev  ye  ukko  ioui>  ov  eoüjoiv  ari^oionui  5;  rov 
dyaSov. 

Einverstanden  ist  Rec.  mit  dem  Hrn.  Verfasser,  «cnn 
dieser  p.  ö  zu  der  asvndetlschcn  Bpexeg'ese  auch  die  Dis- 
jnncfivsiltze  mit  }j —  i; ,  oder  >;  allein  vor  dem  zweiten 
Gliede,  in  Fra<jen  ,  Bedenten  und  Ermahnungen  rechnet, 
d.  h.  die  Beiiciitnns;  lies  i'j  z^  ii  oder  Tloririov  iJinpfnct, 
und  beide  Satzglieder  als  von  dem  vorhcrffehenden  Ver- 
buni  nnabh^n^ig  befrachtet.  Indessen  schuicrig  nnd  proble- 
matisch blellit  die  .Sache  noch  immer,  tlieils  «ej^en  der 
leichten  und  liaiifi-jen  ^'er»  pcliselun<j  von  i;  und  £/',  theils 
weil  sich  doch  Stellen  finden  ,  in  welchen  sich  entweder 
in  der  Form  der  Sätze  selbst,  z.  B.  in  dem  Modns,  oder 
in  der  Beziehnn<j  der  Gedanken  ffesfen  jene  Annahme 
Bedenken  erheben.  Man  miisste  daher  silniintliche  Stel- 
len, in  denen  sich  ij  —  ij  findet,  zusammenstellen  und 
durch  die  kritische  und  grammatische  Vcrgleichnn^  der- 
selben zu  einem  sichereren  Resultate  zu  gelangen  suchen, 
als  man  bis  jetzt  gewonnen  hat.  Cf.  Spitzner  ad  II.  II, 
349.  Hr.  31.  sagt  p.  '>  A.  fi.  er  kenne  nur  3  Stellen  bei 
Homer,  in  denen  /y  :zi£/ oder  7ror£(>oi'  zu  stehen  scheine: 
Od.  II,  138.  dtX  ciys  f-ioi  töSs  eizt,  xal  droextuii; 
•/MTCLkctov ,  ij  y.ai  AakoTTj  avrip  68uv  uyyekoi  sk^u), 
övguoof/)-,  II.  9,  111.  6(fQa  ■/.ai'Ey.xvi^  e'trreTcu,  17 
■y.cu  i^tuv  8uQv  ^taheTac  iv  Ttakdfirjcnv;  und  II.  y,  215. 
ITtBi  ov  rroLvUL'^o;,  oi<8'  dffUouUZüEnv:;,  ;;  y.a\  yevEt 
Virrepo^  ycv.  In  den  beiden  letzten  Stellen  sei  ohne 
Zweifel  cl  y.ae  zu  schreiben,  welches  in  II.  '/,  215.  schon 
Spitzner  in  den  Text  aufgenommen  hat.  AVill  man  dieses 
Boch  zugeben,  obgleich  in  beiden  Stellen  ei  bei  den 
Grammatikern  keine  Gewahr  hat,  und  sie  so  verschieden 
aind,  dass  ans  y,  2I.'i.  niclit  auch  auf  9,  llt.  geschlos- 
sen werden  kann,  so  hangt  doch  mit  der  letzteren  wieder 
II.  JT,  243.  0^0«  Y.di'E/.TUio  Etcff.Tai ,  ij  öa  '/.cd  oiot; 
irciorr^xai  not.EidCziv  i'jueveooz  9£ndiTv)v,  rf  01  röre 
y^Eioli  ä.uTlTot  ua.ivoviV ,  ötitot'  /..  r.  Ä.  zusammen, 
wo  man  entweder  dem  <f  die  hypotaktische  Bedeutung  von 
El  oder  -ruTEoov  einrSunien,  oder  es  ebenfalls  in  f/ ver- 
andern niuss.  Denn  als  selbstständigen  Satz  lassen  sich 
die  Worte  i;  oa  —  ^eoutkdv  wegen  des  Conjiinctiv  Eni- 
OTIjTCtc  nicht  fassen.  Dass  hier  aber  eine  Disjnnction 
stattfindet,  thut  Nichts  zur  Sache,  denn  «ill  man  in  die- 
sen ij  —  7'  iKicIi  ;-l!)i.yai  u.  dcrgl.  gelten  lassen,  so  ist 
auch  k<-ine  Nnthwendigkeit ,  das  ciiifarlic  V  in  Zweifel 
zn  ziehen,  indem  ilas  ziveite  (ilied  der  Disjnnction  als 
contradicfnrischer  Gegensatz  );  oü^  v;  ut,  \i.  dergl.  leicht 
snpplirt  werden  könnte.  Aber  die  Frage  hangt  auch  so- 
wohl mit  dem  Spracligebranche ,  besonders  der  iModi,  im 
Ganzen  ,  aU  auch  mit  der  ethischen  Bcschanenheit  jeder 
einzelnen  Stelle  so  genau  zusammen,  dass  amli  diese 
Hlomeute  bei  der  Knlschcidnng  anfs  sorgfaltigste  in  Be- 
tracht gezogen  Her<ien  müssen.  Zweifelhafter  sriieinf 
Hrn.  3!.'s  Aendernng  Od.  II,  13^.  .'/  Xfr,  nach  Od.  a, 
2ft.5,  wo  nach  Thiersch  (st.  p.  l')4  soll  es  wolil  y.  323 
hcissen)  ei'  y.iv  u    dvi'r  gelesen  wird.    Deim  ilort  ist  /.(/X 


vor  AaEOTrj  nicht  wohl  zu  entbehren,  und  die  folgendea 
Nebensätze  konnten  gerade  sehr  leicht  Veranlassung  zur 
Auslassung  des  zweiten  Gliedes  der  Disjnnction  werden. 
Uebrigens  steht  nach  den  Worten  dTQEXEujg  ya-rdkE^OV 
in  unseren  Texten  ebenso  El  ;;,  als  lj — ij.  Vergl.  Od. 
S,  487.  o,  383.  II.  w,  407.  3SÜ.  und  ei  ohne  /)  Od.  k. 
371.  «,  2U7.  aber  mit  dem  Indicat.,  also  in  anderer  Be- 
deutung, als  die  Stelle  Od.  II,  13,S.  forderte. 
(Beschluss  folgt.) 


Persoual-Clironik  und  Miscellen. 

Paichim.  Das  Ostern  d.  J.  ausgegebene  achte  lieft  der 
Scluilscliilfteii  des  Grosslierzogl.  Fiiedricb  -  Franz -Gymnasiums 
(6ö  S.  8)  bietet,  eine  vom  Diicctor  Zclilicke  vcriasste  Ab- 
handlung ȟber  das  Homerische  Epillieion  des  Nestor,  oypos 
'Axaiöiv,  und  verwandte  /t^örterx  (48  S.).  Als  Resultat  der 
Auseinandersetzung  hat  der  Verf.  selbst  am  Schlüsse  Folgendes 
hingestellt:  »Oinoi  ist  mit  sehr  geringen  Ausnahmen  im  Homer 
überall  abzuleiten  von  dem  Stamme  oq  zu  onai  oder  Sorvta  und 
bat  die  bedcutung  Inlewegungsctzer.  F,s  wird  gebrauclit  l)  von 
Personen,  und  zwar  a)  wenn  die  Tiiätigkcit  erst  anheben  soll, 
und  heisst  dann  Anreger,  Anordncr,  vielleicht  auch  Regicrer; 
b)  wenn  die  Thatigkcit  schon  begonnen  hat,  und  heisst  dann 
Antreiber,  Aulseher  bei  der  .\Tbeit.  2)  In  Beziehung  !m( Sachen 
wird  es  nur  gebraucht  vom  Winde,  der  das  Meer  oder  die 
SchifTe  m  Bewe^iiing  setzt.  Durch  Zusätze  bekommt  es  aber 
daim  sehr  luiufig  die  Bedeutung,  dass  ein  solcher  Wind  ver- 
standen werden  muss,  welcher  die  Schiffe  zum  Ziele, ihrer  Fahrt 
treibt,  also  ein  günstiger  Fahrwind  ist;  und  da  dieser  Gebrauch 
so  häufig  ist.  so  ist  diese  Bedeutung  auf  das  AN'urt  auch  ohne 
alle  Zusätze  übertragen  und  ihm  in  der  spateren  Graeität  verblie- 
ben. In  den  Compositis  aber  nimmt  das  Wort  die  reflexive 
Bedeutung  an,  einer,  der  sich  bewegt  oder  geht;  also  iTilovfoq 
einer,  der  daneben,  dabei  gelit;  unovQO^  weggehend;  iri'koVQOi; 
in  die  Ferne  gehend^  oder  vielmehr  gegangen,  i\.  i,  entfernt ; 
in/nimo;  und  mtXimnaoq  mit  anderer,  aber  deich  immer  mit  einer 
Dehnung  derselben  Slanimsjlbe  ,  zurüchgchend ;  ^urnvqoq,  mit- 
gehend, Begleiter ,  imd  endlich  rioocoi/fi;  hingehend.  —  OuQov 
und  oi'»()5  haben,  von  demselben  Stamme  abgeleitet,  die  pas- 
sive Bedeutung:  das  Bewegtwerden  ,  aber  so,  dass  der  Baum, 
über  vetchen  die  Bewegung  sich  erstreckt ,  zugleich  mit  ver- 
standen wild."  Die  schwierigen  Worte  bei  Soph.  Philoct. 
V.  6S().  Herrn.  iV'  uinöi  );»■  nyocoi'f  o? ,  ovx  i/wv  /Stiaii' werden  auf 
folgende  Weise  gedeutet:  wo  er  selbst  ein  tlingeher  war,  d.  Ii. 
die  Gange,  die  für  ihn  nolhwendig  waren,  selbst  thun  musste. 
In  der  Stelle  bei  Cic.  in  Verr.  IV,  57:  Quid?  ex  aedc  Jovis 
religiosissimuni  simulncrum  Jovis  Imperatoris ,  quem  Graeci 
Urion  nominant.  wird  das  angelochtene  Imperatoris  v-rlheidigt. 
Es  wird  für  niiiglich  gehalten  ,  dass  Cic.  den  Zdi;  ovQint;  ohne 
Weiteres  für  den  anordnenden .  also  gebietenden  Jupiter  ge- 
nommen nnd  durch  ihn  den  boknnnlen  kapitolinischen  Jupiter 
Imperator  (Liv.  VI,  29.  Cic.  in  Verr.  IV,  58.)  wiedergegeben, 
also  die  eigentliche  Bcrleuttmg  des  Xiiq  oÜQini;  zwar  verfehlt, 
aber  doch  immer  eine  Ucbersctzung  gegeben  habe  ,  für  wclclic 
er  einen  Grund  aofidiren  konnte. 

Jena.  Dr.  Christian  Eduard  Langethal  ist  zum  ausser- 
ordentlichen Professor  in  der  pbilolugisclicn  P'acidtiit  der  Uni- 
versität ernannt  worden. 

Ldinc.  Der  rpiiesc.  Prof.  Jacob  Pirona  ist  zum  Prof. 
der  lalein.  und  griecb.  Philologie  und  Geschichte  am  Ljceum 
ernannt  worden. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthii  ms  wissen  Schaft. 


Sonntag,   20-  OctoLer 


1839. 


Nr.  126. 


De  appositione  in  Graeca  lingua  Commentatio,    Scripsit 
Dr.  Fr.  Mehlhorn. 

(  B  e  s  c  h  1 11  s  s. ) 

Jedenfalls  aber  waren  diese  Satze,  wenn  sie  als  para- 
faktische zu  fassen  sind,  wie  die  asyndetische  Epexegesc 
überhaupt,  in  das  Bereich  der  Apposition  sellist  zu  zie- 
hen, nicht  in  das  Gränzgebiet  derselben  zu  verweisen, 
wie  es  der  Hr.  Verf.  thut.  Indem  er  hierauf  zur  eif;ent- 
lichen  Apposition  übergeht,  und  die  gewöhnlichen  For- 
men derselben  weglasst,  ertvahnt  er  zuerst  die  appositio 
partitiva,  d.  h.  diejenige,  durch  welche  das  Ganze  und 
die  Theile  in  demselben  Casus  neben  einander  gestellt 
werden,  und  belegt  die  verschiedenen  Fälle  derselben  mit 
gut  gewählten  Beispielen,  unter  denen  jedoch  auch  solche 
nicht  hatten  fehlen  sollen,  in  denen  bei  zweifacher  Par- 
tition derselbe  Casus  dreimal  gesetzt  ist,  wie  II.  A. ,  11. 
'A%aioiaLv  bl  fiiya  aShog  iiifjak'  iy.aoroj  xafjShj. 
V,  44.  Touia^  de  TQouoq  atiot;  i'7ri/kv&e  yv/'a  tva- 
axov.  Hierauf  folgt  die  Appositio  distributiva,  d.  i.  wenn 
ein  Ganzes  vollständTg  in  seine  Theile  zerlegt  wird,  dann 
die  Apposition  der  Infinitive ,  tlieils  zu  Pronomincn,  theils 
zu  Substantiven.  Für  beide  begnügt  sich  der  Verfasser 
auf  die  in  Grammatiken  und  Commentaren  gegebenen 
Beispiele  zu  verweisen,  und  nur  einige  von  eigenthüm- 
licher  und  besonders  interessanter  BcschafTenheit  hinzu- 
zufügen. Hätte  er  ein  näheres  Detail  eingehen  wol- 
len, so  würde  er  leicht  noch  Manches  haben  hinzu- 
fügen können  ,  wie  z.  B.  dass  manchmal  zu  einein  rela- 
tiven Satze  ,  der  sich  auf  etwas  Vorhergehendes  bezieht, 
noch  ein  accus,  c.  inf.  als  Epexegesis  folgt ,  ein  Sprach- 
gebrauch ,  der  mitunter  verkannt  worden  ist,  z.  B.  in 
der  vielfach  besprochenen  Stelle.  Fiat.  Symp.  p.  183  f). 
TO  bt  oiixai  ujd'  Ix^i'  ovy  dTcl.ovv  eaiiv,  oTicoli 
dQX^ii  ^kix^iji  oi'iis  y.aXuv  livcu  avrb  xa&'  avio 
oiiie  aio-xouv  etc.  ,  wo  Stallb.  mit  Bast  ovy  'i  Klam- 
mern schliesst.  Aber  ÜtzXovv  heisst  nicht  sine  ulla  cx- 
ceptione  verum,  sondern  was  unbedingt  und  absolut  sicli 
selbst  gleich  nnd  dasselbe  ist.  Nimmt  man  nnn  an,  was 
der  Zusammenhang  fordert,  dass  zu  ovy  '^'^kovv  horiv 
als  Subject  TU  e^av  zu  denken  ist,  so  beziehen  sich  ilie 
Worte  UTISQ  —  sXs%dtj  eben  auf  den  Ausspruch  ovy 
aitkoiv  iOTlV,  und  das  folgende  OVTE  y.aXui'  —  ul'tS 
aiOXQOV  steht  als  Epexcgeso  zu  dem  relativen  Satze. 
Denn  zo  s^vv  ovy  äjlkoüv  iarcv  ist  ebenso  viel  als 
TO    SQäv   avTo   xad''   avro  ovre   xaköp   i<rTiv   ovxe 


aioxoöv.  In  ahnlicher  Art  bezieht  sich  p.  li-SS  C.  «  Sri 
TT^oi-ciTaxTai  rfj  fxavriy.fj,  innry.u-^TEiv  toi'q  "Eoiorai; 
y.al  t'arplvsiv,  das  relative  ä  auf  den  Inhalt  des  Vor- 
hergehenden, der  ganze  relative  Satz  aber  wird  noch 
dnrch  die  folgende  Apposition  erklart.  Eine  Frage  ist, 
wie  der  Infin.  zu  betrachten,  der  epexegetisch  bei  gan- 
zen Redensarten  steht,  wie  z.  B.  Eur.  Med.  139fi.  (fi- 
kiov  ■x(^yC,u)  OTuf^iaroi  TTaldvjv  ■7TQog:TTi>i;atT9cft.  Fiat. 
Symp.  p.'  207  A.  ei'nsQ  rov  äyadov  iavnp  eii'cci  dci 
fgaii  eOTi'v.  Xen.  Anab.  V,  4,  <».  Ti  r;nujv  8Er,(jE(T&£ 
1Ql'}<ruadui  (Bernhardy'S.  363  f.);  ob  als  eine  Art  Ac- 
cusativ  der  Beziehung  (wie  bei  adj.  z.  B.  Soph.  Fhil.  S48. 
Ev8Qaic)]s  —  kecaireiv),  oder  als  Apposition,  sei  es  par- 
titiver  Art  oder  zur  Angabe  des  Zueckcs,  oder  als  At- 
traction.  Rec.  entscheidet  sich  für  das  letztere  ,  so  dass 
der  Inf.  als  unmittelbares  und  eigentliches  Object  ile» 
Hanptverbums,  das  Obj.  des  Infin.  aber  als  von  dem  ihm 
näherstehenden  Hauptverbnni  attrahirt  zu  betrachten  ist, 
eine  AVendung,  wozu  der  Grund  in  der  dem  attrahirten 
Object  beigelegten  Wichtigkeit  entweder  für  den  Gedan- 
ken an  sich,  oder  für  dessen  Verli/iltniss  zu  einem  Gegen- 
satze liegt,  wie  Thnc.  I,  50.  oi  Kuolvihoi  tu  a/.dcfij; 

U£V  Ol'X  ilkxOV  —  TTpOC  ÖS  TOl'i  dv^OCHTTOVi  bTOU- 
Tiovro    cfovEÜciv   8te/.i:ktovTEi  jldk'LOV    }]    C,U}yoELV. 

Hiermit  verwandt  ist  die  ebenfalls  epexegetische  Ap- 
position eines  Snbst.  bei  einem  pronom.  demonstr.  oder 
relat.  Diese  nur  berührend ,  handelt  der  Verf.  sodann 
p.  9  f.  von  der  Apposition  eines  abstracten  Subst.  zu 
einem  anderen  ihm  unähnlichen  BegrilTe,  bei  welcher 
häufig  Genus  und  Numerus  nicht  übereinstimmt,  wobei 
bemerkt  wird,  dass,  obgleich  im  Präilicate  ilicses  häufig 
geschehe,  dennoch  in  der  Apposition  es  der  Reile  immer 
,,singularem  qncndam  colorem"  gebe.  So  richtig  diese 
Bemerkung  ist,  so  würden  wir  doch  die  Apposition  dem 
Prädicate  nicht  durch  ein  „dennoch"  entgegengesetzt, 
sondern  vielmehr  auch  hierin  jene  aus  diesem  abgeleitet 
haben.  Denn  es  b.Tuht  oHenbar  auf  derselben  Vorstel- 
lung, wenn  ich  sage:  Helena  war  das  Verderben  ihres 
Vaterlandes,  und:  Helena,  das  Verderben  ihres  Vater- 
landes. Jener  color  aber  des  abstracten  Frädicates  hat 
verschiedene  Gründe.  Denn  bald  wird  dadurch  die  per- 
sönliche und  absichtliche  Thätigkeit  des  Individuums  bei 
der  im  Frädicate  oder  in  der  Apposition  bezeichneten 
Wirkung  ausgeschlossen,  und  nur  die  Vorstellung  des 
Sachlichen  oder  Gegenständlichen  gegeben  (wie  im  Deut- 
schen:   N.  ist  ein  Zeuge  und  N.  ist  ein  Zengniss),  bald 


1011 


1012 


die  in  der  Apposition  ausgedri'irkfe  Eiffenscliaft  gk>iclisam 
coDsanimirt  und  mit  dem  Sulijecte  sollist  idrntificirt  (z.  B. 
Soph.  Phil.  622.  }j  xeii'Oi,  t)  TTcioa  fiknfji^ ,  hi'  e/'g 
'j-/j(n/oi'C  ojiioasv  nelnaz  avekth'),  bal<l  das  Einzelne 
znm  CoUectivbegriffe  vereinigt  (wie  Thiic.  III,  9S.  ctTie- 
darov  de  —  toooitoi  /ilr  to  Ttkij^og  y.a\  r;X/y.!a  jJ 
atTlj)  ,  bald  anrli  in  der  Apposition  das  Resultat  iler  im 
vorhcrjfeiiaiinten  ^'erbnm  bezeichneten  Ilundlun;;  hinge- 
stellt. Wenn  z.  B.  II.  k,  '21.  es  heisst  iijiOQiv  iuty.ihsc, 
ä^TS  KooYiviV  iv  ricfci  arrntizs  ^  xlonc  ii£oö^ü)V  äy- 
9unj:ic)V,  so  heissen  die  Regenbogen  nicht  selbst  Zei- 
chengeber, sondern  Zeichen,  uelchc  Zens  eben  dnrch 
das  (xrroi^ny  gibt,  also  ist  rioaq  als  Resultat  fou 
0'cy,uii;e  zu  betrachten,  wie  dieses  II.  p,  548.  durch 
Tsuai  itiiisyai  noch  ileutlichcr  gemacht  und  unseres 
Erachtens  von  Kühner  g.  ,',()|i.  i.  richtig  erklärt  ist.  Und 
nicht  anders  kiinnen  «ir  auch  die  p.  10.  angeführten 
Beispiele  verstehen  :  Enr.  !\Ipd.  195.  Or.  717.  Heracl.  920. 
llerc.  (ur.  32'2.  nicht  desshalb  ,  weil  t/i///C,  diu  nicht 
rem  in  cnnspeetu  positam  bezeichnen  könne,  gondern  «eil 
die  in  der  Apposition  enthaltene  Bezeichnung  nicht  der 
Person  an  sich  ,  sondern  erst  in  Folge  der  im  Satze  aus- 
gesprochenen Handlung  zukommt.  So  ist  Uerc.  f.  .'322. 
diuatuy  diuv  gewiss  nicht  unmittelbare  Apposition  zil 
T£/.pa  ,  sondern  erst  ilurch  die  Vermittelniig  von  (/^ii'ioj- 
jUii.,  so  dass  dieses  A'erbum  und  jenes  Object  gleichsam 
einen  Begriff  bildete,  eine  Analogie,  auf  welche  Hr.  M. 
gelbst    wiederholt   hindeutet. 

Mach  kurzer  Eriiähnung  der  Apposition  des  Genit.  zu 
pron.  posspss.,  und  der  Apposition  zu  einem  nicht  nament- 
lich genannten  SuUjecte  kommt  nun  der  Hr.  Verf.  p.  10. 
zu  demjenigen  Punkte,  den  er  am  ausfülirlichsteii  bc- 
Landelt,  der  .Apposition  eines  \omens  zu  einem  ganaen 
Satze.  Er  tadelt  zuerst  31atthia,  welcher  g.  4  }2 ,  ö. 
([p-  «04-  zw.  A.  )  den  iVoniinativ  nui-  stattfinden  lässt, 
„wenn  das  Verbum  des  Flanptsatzes  ein  Passivum  oder 
Jutransitivum  ist."  Denn  diess  streite  mit  Stelleu  wie 
Aesch.  Ag.  23'3.  tx}  t^  SiTj'o  ysvio-i^at  9vyaTQu;,  tto- 
i.iuojy  noor/äi).  Eur.  El.  231.  Sidui^iovuiiii;,  i^iiaDuy 
\öir,TU)v  f.öyoiv.  Allein  sowie  man  häufig  in  anderen 
Fallen  bei  Erklärung  der  Casus  zu  einer  Synesis  seine 
Zuflucht  nehmen  muss,  so  wird  man  es  auch  hier  dür- 
fen, wenn  anders  auch  dieser  Gebrauch  der  Casus  auf 
einfache  und  ursprüngliche  Grundlagen  zurückgeführt  wer- 
den soll.  Als»  verstehen  wi.  jeuc  Stellen  so:  icAl/  i)i!- 
oui  ifiyaTiua(y.{/.e7tf)iiiouoita/)äoojyiÄi>,  und:  et'()ac- 
iiuveiv  as  —  Xlyin  fundon  ijd.  /■.i'>yv)v,  so  d.iss  das  Glück 
nicht  an  sich  eine  Belohnung,  snnilern  mittelhar  als  Wir- 
kung de»  suljeciiren  Thuns  des  Wünsiheuden  erscliriiit. 
■\Vir  treffen  hier  in  der  That  in  Flinslcht  des  Sinnes  s.ll.st 
mit  Hrn.  .>!.  zusammen  und  »eichen  nur  in  der  Art, 
wie  die.ser  gefunden  wird,  v.in  ihm  ab.  Olme  Ziiellel 
hat  er  Recht,  wenn  er  Knhner's  Erklärung,  \iel<her 
jenen  Arcus,  von  einem  zu  supplirenden  t.iy<i>,  abhangen 
lasst,  als  nnstattli.ift  abweist,  Ijernhardv  aber,  wenn  er 
auch  si<li  dunkel  auxinickt,  begeht  doch  nicht  den  Cir- 
tel  in  der  Erklärung,  dessen  der  l\r.  \,-d.  ihn  zeiht. 
Denn  offenbar  will  ilerselbe  sagen,  die  Slrucfur  der  Ap- 
position im  Acrns.  gehe  daraus  hervor,  Aass  sie  ein  te- 
»onderea  Ubject    zum  Hauptverbum    bilde   (also  nicht  un- 


mittelbar zum  eigentlichen  ergänzenden  Object  des  Haupt- 
verbum gehöre)  und  als  solches  eine  beurtheilende  IVeben- 
bestiinmung,  einen  subjectiven  Beisatz  enthalte.  Alleia 
die  Undentlichkeit  liegt  darin,  dass  man  nicht  weiss,  ob 
das  redende  oder  das  handelnde  Snbjpct  gemeint  ist;  in 
jenem  Falle,  welchen  der  Ausdruck  „beurtheilende  Ne- 
benbestiinniung"  anzudeuten  scheint,  ist  die  Erklärung 
falsch,  da  gerade  durch  den  Arcus.,  wie  es  Hrn.  31. 's 
Erklcirui\g  richtig  angibt,  die  in  der  Apposition  bezeich- 
nete Erscheinung  nicht  in  den  Gedanken  des  redenden, 
sondern    des    hamlelnilen    Subjects    gelegt   wird. 

Hr.   M.   nun   verwirft  p.    ll.   die   ganze  Annahme   eines 
Accusativ,     iler    als    Apposition    zu     einem    ganzen    Satze 
'  stehe  ,   und    lasst   bloss   den    Nominativ   gelten.      Denn   alle 
hierher   gehörige   Beispiele   uiit    Ausnahme  derer  ,   welche 
ein   Abstractum   in   Apposition    haben  (warum   aber   werden 
diese  ausgenommen,   da  sie  doch,   wie  oben  gezeigt,   nach 
Sinn    und    Structur    ganz    in   dieselbe   Analogie    gehören?) 
enthalten   entweder   ein   Nomen   gen.   nentr. ,   welches  aber 
so   gut   Nominativ    sein   könne,    oder  seien    anders   zu   er- 
klären.    Das   ist   nun  aber   eben   die   Frage,   ob   sie   anders 
EU   erklaren   sind  ,    und    wenn    ilie   Neutra   als   Nominative 
gefasst   werden    können,    so    folgt    daraus   nicht,    dass  sie 
überall    so    gefasst    werden    müssen.      Bis  daher   also  sind 
wir   noch   nicht    weiter   gekommen.       Nun   meint  aber  der 
Hr.   Verf.,   der   Nominativ  in   der  Apposition    bedeute:    id 
qnod   est,    der   Accusativ:    quod    sit    oder    ut    hoc    sit    vel 
fiat,    und    nennt    diesen   Accusativus   einen    iinalis,     wobei 
er  sich   theils   auf  die   Aehulirhkeit  mit   Accnsat.    wie  ^li- 
QlV,    TTODtya,    duJOBCcv    und    den    diesen  sinnverwandten 
Numinibns    aion'a,     notvijv,    dfiotfiijv,    ftioüör  etc., 
theils    auf    den    sonst    häufigen   Gebrauch    des   acc.   linalts 
beruft.      Allein    wir    fürchten    sehr,    dass   man   so   auf  die 
Sandbank    einer  petitio   principii   gerathe.      Denn   was   will 
Hr.   M.   dem   entgegnen,    iler   die   Existenz    eines  acc.   tin. 
gar  nicht  anerkennt,   sondern  behauptet,   dass  y^aolv  u.s.  w. 
nrsprüiiglich    selbst     appositive     Acciisative    gewesen     (also 
prolianila    probandis     probantur),    dass     der     Begriff    des 
Zweckes   im   Arcus,   an   sich   gar   nicht   liege,   sondern  die 
Falle,    welche   man   unter  diese   Kategorie  zu  stellen  pflegt 
(wie   etwa   Kühner  §.  549  a.  b.),   nach   anderen  Analogicen 
zu  erklären   seien?      Was    wird   am  Enile   auch   damit   er- 
reicht,   als    dass    man   einen   Casus   von   der   übrigen   Con- 
structioii    der    Worte    gleichsam    losreisst,    der    mehr    im 
Geiste    der    griechischen    Sjirache     als     ein    integrirender 
nnd    invo|\irter   Tlieil    derselben    zu    betrachten    ist?      Und 
nenn    der   Nominativ    id   quod    est    bedeutet,    würde   man 
dann   nicht   diesen   Casus  >itaU    des   Accus,   verlangen   müs- 
sen,   nenn,   wie  sich  leicht  erweisen  lasst,   auch  im  Accus, 
ein   (|nod    est,   (uit,   erit  gedacht   werden  kann  ?   z.  B.  Eur. 
Phoeii.  II 4^.  BTrijv  r7i:'  dnioii  yiyai  oKijv  iiul.tv  (ftQUiv 
fWxXoioiv    i^arnn-Tcdnac,    ßd^Qotv,     rTioruiav    tjjuiVi 
ola   7lCiniTac    TCot.li.       Der  Sinn    dieser   Worte    an  sich 
erlaubt    hier    ebenso    wohl    ({uoil   erat  indiciuin,    als  quod 
esset.      Wer    möchte    alier    behaupten,    dass    es   in   jenem 
Falle     iToyoia    geheissen     haben    müsste?      Diess,    dünkt 
uns,    ist    IJeweis     genug,    dass     die    Erklärung    des    Accus, 
und    seines    Unterschiedes     vom     Nomin.     auf    eine    aiiilere 
Grundlage    gebaut  werden  müsse,   als  welche  der  Hr.  >"crf. 
ihr  gibt. 


1013 


1014 


Nach    niiserem    Dafurlialleii    nämlich    hat    Ma<(hiä    in 
der  Sache  selbst  vollkominoii   Recht,   mir  dass  er  sie  nicht 
sowohl   an  ilie  äussere  Form,  als  vielmehr   nn   das  innere 
Wesen    and    den    eigentlichen   Sinn    des  Gedankens  hätte 
liniipfen  sollen.    Mit  andern  Worten:   Der  Kuminativ  steht 
als    Apposition    eines     vorher    genannten    Zustandes,     der 
Accus,  dagegen  als  Erklärung  einer  Ilaniilnng,    wobei   es 
in   keinem   von   beiden   Fällen  auf  die  äussere  Besrhafl'en- 
heit  der   Worte,    sondern    allein    auf  den  Sinn  ankommt, 
d.    Ji.   darauf,   ob   das   Subject,   von  welchem   etwas   ausge- 
sagt  wird,    als    leidentl    oder    als   handelnd    gedacht   wird. 
Da  nun  die   Griechen  sich   zu   jeder  Handlung ,  auch   der 
intransitiven,    ein   Object    denken,    welches   entweder  der 
Begriff  der   Handlung  selbst  {du/.tiv  ddy.l.on)  ,   oder  das 
Resultat  derselben   ist  {iiuyKTHai   fiujl]v),    ila    sie  auch 
ferner    metonvniisrh   das    absiractum    statt    <les    concretum 
brauchen:    so   kommt  es,    dass    man    in   jeder   besonderen 
Handlung   den   allgemeinen   Begriff  des  Schaffens,    Thuns, 
also   den   eines   gewissen    Resultates,   sei    es   als   subjectiven 
Zweck,   o<ler   als   objective  Folge  darbte,   und  die  Bezeich- 
nung  desselben   im  Casus   des  Objects   entweder  einem  ein- 
zelnen   Verbum   oder   einer   ganzen   Reilensart    hinzufügte. 
Die  lateinische  Sprache   hat  auch   diesen   Gebrauch,   wie- 
wohl   in    sehr    beschränktem    Maasse,     und    fast    nur    bei 
concreten  Objecten.      Wenn    z.  B.   Curt.  3,    11,  7-   sagt: 
Darius  curru  sublimis  eminebat,    et  suis  ad  se  tuendum, 
et  hostibus  ad   incessendum   ingens' incitamentum ,    so   ent- 
hält die   Apposition   nicht  <las  Urtheil:   Darius   erat   inpens 
incitamentum,    sondern:     Darius    curru    sublimis    eminens 
oder    (juod   D.   c.  s.   eminebat,    ingens   incitamentum    erat, 
und  mithin  steht  die  Apposit.  im  Nominativ.  Suet.  Calig.  |(i. 
Decretum   est,    ut  dies   —    Parilia  vocaretur,    velut  argu- 
mentum  recens  conditac   urbis.       Auch    hier   ist  argumen- 
tum  Nominativ,    obgleich    die   Apposition    sich   als  Z\»eck 
denken   lässt :    ut   velut  argumentum   esset,   weil  eine   pas- 
sive  Constrnction  vorherging,   ohne   Andeutung  eines  per- 
sönlichen Schaffens.      Und    dauach    sind   alle   übrigen  Bei- 
spiele  bei   Ramshorn   Gr.   S.   ^90-   zu   beurtlieilen.    Falsch 
also    nennt    Heindf.    Horat.    Saf.    1,    4,    110-    die     Worte 
niagnum   ilocumentum    einen   Accusativ.      Das    könnten  sie 
sein,    wenn    sie    zu  nonne  liiles   gehörten,    und   die   Vor- 
stellung des  Beweises   in  die  Seele   des  angeredeten   Sub- 
jects  gelegt  wäre.    Allein   sie   sind   der   erklärende  Zusatz 
des    Dichters    und   enthalten   das   Urtheil:     Albi  quod  male 
vivit   lilius    quodque   Barrus     inops,     inagnum    documentum 
est.     Und  so  verhält  es  sich   auch   im  Griechischen.    Neh- 
men   wir  z.   B.    die    oben    angeführte    Stelle   Eur.  Phoen. 
1148.   Qnd  denken  wir   uns,   dass  bloss   das  Bild   des   Rie- 
sen selbst  auf  dem  Schilde  des  Kapaneus   eine  Andeutung 
des    Theben    bevorstehenden    Schicksals    genannt    würde, 
so   nuisste   es  heissen:  iizi^v  yiyai^   —    i.roiuia  Uta  aii- 
aSTCtt  ■jToKtq,    obgleich   man  auch   hier   übersetzen   kann: 
Stil-    Andeutung.       Allein    es    heisst    VTvövoiav ,    weil    die 
Andeutung  aus<lem,   was  iler  Riese  thut,  genommen  wird, 
und    es   ist   ganz   einerlei   für   den   Casus,   ob    man   dieselbe 
als   objective    Folge    der   Handlung    ((|Uod    erat),    oder    als 
subjective   Absicht  fasse  (quod    esset).      Der  Gedanke   ist: 
y/yai;  fTl    liju"/;  ähp'  noKiv  trftos,  iwöroiuv  rroiov- 
[.lei^o^  etc.    Demnach  wird  sich  nun  leicht  ergeben,  warum 
io  einigen  Stellen    die   Apposition    im   Nominativ,    in    an- 


deren im  Acrnsativ  steht ,  und  wo  ein  Neutrum  als  Noinin. 
oder  wo  es  als  Accusat.  zu  nehmen.  Also  Eur.  Heracl. 
71.  Hei.  9'!-!.  Troad.  4.Si|.  (wir  brauchen  absichtlich  die 
von  dem  Hrn.  Verl,  angeführten  Beispiele)  steht  der  No- 
niiii.,  weil  im  Hauptsatze  passive  Verba  stehen,  d.  i.  «eil 
die  Apposition  nicht  das  Resultat  einer  Thätigkeit  be- 
zeichnet.  Aber  II.  ö,  IVKi.  öv  TIC;  ölOreiocii;  ifint  ev  — 
Tifj  fihv  xAtoq,  äjffit  ()i  Tliixhjq  sehen  wir  Acciisative, 
obgleich  auch  wir  Inquentis  Judicium  verstehen.  Denn 
gesetzt,  es  stünde  statt  JltrOu^  KvTtr,  ,  so  würde  es  doch 
kurtijv  heissen,  gerade  »vie  es  Eur.  Orest.  Il()3.  heisst 
'El  evi]v  xTuvojfni' ,  Mertkeu)  krniji'  niy.(jut',  nicht 
weil  dort  ein  beabsichtigtes  Resultat  gemeint  wird,  son- 
dern weil  dieses  Folge  einer  Thätigkeit  ist.  Denn  aurh 
als  nbjectires  Urtheil  würde  es  heissen:  'Kktvrv  Ixriiver, 
ßlivikEu)  Xi'ttijv  nty.fidv.  Eur.  Hec.  I|58.  to  loio9iov 
dt,  nftfxa  Trijfta.Toq,  tt)  iiov ,  ii^itqyuciuvTO  öaivd-  ist 
U^^jia  in  unmittelbarer  Beziehung  zu  ii;ttuy('(TavTO  ge- 
dacht, Accusativ,  aber  es  kann  Nominativ  sein,  weil,  da 
die  Apposition  deni  Hauptsatze  vorangeht,  dieser  einen 
anderen  Ausdruck  erhalfen  haben  kann,  als  ii  elcher  An- 
fangs im  Sinne  lag.  Eur.  Pleom.  V  IS.  ZiCpiouv  nvoai^ 
m.if.üaa.v^OQ,  h  oL'Qnvu)  y.nkkiOTOv  y.eKüdijfia.  Auch 
hier  sieht  Hr.  M.  den  Nominativ.  Aber  gesetzt,  es  stünde 
y.l/.HÖo^,  würde  es  wohl  heissen  Xakkiazug  y.t/aöoi;! 
Nein,  sondern  y.dk/latuv  y.tt  uÖov,  denn  es  ist  gedacht 
i.T7i;  I  aavroQ  y.akktOTa  y.sKa'oovoav  inn  ivcxif,  d.  i. /jr- 
nti'ojv  ijioiijas  y.dXl.iatov  y.cXaöov.  (Noch  auffallen- 
der ist  Soph.  Anl.  859.  tipc'.fOac.  dl.ytlvoTÖ.Tui;  Eiioi 
/^iS'JlllVai,  JXUTQUi  T()!7rÖklXTT/V  oiy.TOv  ,  wo  fu£Qifj.vai 
Genitiv,  oixTOV  Apposition  zu  dem  Satze  iipavaat;  — 
/-HO.  ist  ^z  Ipavoai  £>tir/;(7«c   oiy.rov.) 

W\r  könnten  es  hierbei  bewenden  lassen,  da  sich 
schon  aus  den  angeführten  Beispielen  ergibt,  worin  unsere 
Meinung  von  der  des  Hrn.  Verf.  abweicht,  und  wo  uns 
ein  Nomin.,  wo  ein  Accus,  der  Apposition  stattzufinden 
sclicint.  Indessen  da  wir  schon  oben  darauf  hinwiesen, 
dass  nicht  sounhl  die  äussere  Form  der  .Sätze,  als  der 
Gi-danke  selbst  in  Betracht  komme,  so  müssen  wir  noch 
einige  Beispiele  berücksichtigen,  die  aussenlem  leicht  als 
Beweise  gegen  die  aufgestellte  Regel,  dass  die  Apposi- 
tion zu  einem  passiven  Satze  im  Nomin. ,  zu  einem  acti- 
veii  im  Accus,  stehe,  geltend  gemacht  werden  könnten. 
In  Eiirip.  Iphig.  T.  14.')(5.  muss  ,  wie  es  jetzt  schon  von 
Hermann  geschehen  ist,  das  Romma  nach  ktio'-.  gestri- 
clieii  lind  nach  uttoiv  gesetzt  werden,  denn  dieses  Wort 
stellt  gar  nicht  in  Apposition,  sondern  als  unmittelbares 
Obji'ct  zu  iu(jTU'^7j,  gleichsam  den  Namen  des  Fes- 
tes bezeichnend.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit  i^ii- 
TSi'ilv  ajroira  AIcest.  7.,  wo  ebenfalls  äjluiva  un- 
mittelbar von  drjTfi'lilv  regiert  wird.  Herub.  1074.  ge- 
hört kvuac,  dviiTToiv  if-U'.c  nicht  zu  auayliov  öareujv 
%'  eunKl]o9ui ,  obgleich  es  auch  in  dieser  Beziehung, 
weil  jene  Worte  als  Handlung  gedacht  sind.  Accus,  «äre, 
sondern  zu  doivuv  TidtntvO',.  Iphig.  T.  143'' —  H4-'. 
ist  (i.vttlpvyiiti;  nicht  Apposit.  zu  dti'Cj  i-}.3'  OfJlOfrK;, 
sonst  hätte  der  Nomiii.  stehen  müssen,  sondern  zu  den 
vorhergenaunten  Handlungen  e^rteitlpujv,  diuji\  Dagegen 
ist  Heracl  40  )•  T(j07iaid  r  iy^Quiv  xat  ^ö/tl  aujii]- 
Qia.  ohne  Zweifel  Nouiinatir,    mau    mag  nun   übersetzen, 


1015 


1016 


u<  rincamus  faosfcs,  oder  (piibus  relui«  efficifiir,  af  via- 
cantur  ho^tes,  ilenn  es  «erden  vorher  Zustände  genannt 
TTÖktg  T  ev  oTtkoii ,  crcfdyiä  d-'  äarrijxev,  9oii7roKei- 
Tat  S'  äa-TV.  Hei.  77.  toJö'  av  süoroXip  rceToii}  ditö 
Kavaiv  si'y.oi-;  edaiSi  dv  ^lUi  y.6oiji  ist  ein  prägnan- 
ter Ausdruck  für  urCoKauatv  eiy.ov;  ct^ikaLOa^  oder 
£}.afjl~  civ  itui'oraa.  Oft  beruht  dieses  auch  auf  einer 
DIetonvmie,  denn  «ie  man  sagt  ^"^avS/'v  d^ävarov,  ftOQOV, 
go  kann  im  Accus,  auch  ilic  Todesar*,  Strafe,  und  selbst 
das  Verbrechen  gesetzt  werden.  Aber  Hippel.  815-  W 
ßiaicu-:  9uyoi'o'  ävoTuu  rf  rsi'Wpood ,  aa^  x^Q^i  ^'^" 
kaiOiia  iis/.sa;,  «eiche  Stelle  Hr.  M.  S.  14  unter  die 
wegen  des  Genus  ziveifelliaften  .Stellen  rechnet,  halten 
wir  xdkuiOua  für  Nominaf.  und  beziehen  die  Apposi- 
tion auf  die  angeredete  Person  selbst.  In  Herc.  für.  57- 
TOlovxov  dvü o ui 71  o  10 IV  ))  di'ircQa^ia,  );^  fj.ii-jtod'' , 
oixtq  y.di  ^isau>i  ti'noi'^  £uo' ■>  'f'/o' »  <pi}.cov  skiyxov 
dÜievScOTaTOi"  hatte  die  Apposition  im  Nominativ  gleich 
nach  öviTToi'.iia  stehen  können,  dann  «are  das  Unglück 
überhaupt  und  in  jedem  Falle  die  sicherste  Probe  der 
Freunde  genannt;  nach  ti;  iiiJTtOTe —  Tlixoi  konnte  gar 
nicht  it.iyxoi  stehen,  obgleich  man  übersetzen  kann: 
welches  —  sein  würde,  .■jondern  ^'Ä£y;j^or  ist  das  Resultat 
des  vorigen  Satzes,  weil  der,  welcher  iu's  Unglück  ge- 
räth,  darin  die  Probe  seiner  Freunde  macht  oder  erhält, 
folglich  ist  es  =  )':-•  f^ti'jTioxe  Tv/u)v  cfik'jji'  tkeyxov 
Ttoioiro  oder  I.d[j0l,  ähnlich  wie  iti  der  oben  genannten 
Stelle  Soph.  Ant.  S'JU.  Und  in  gleicher  Weise  Längt 
Oed.  T.  ti()3.  tLey/iiv  mit  rcevdov  zusammen,  was  viel- 
leicht nach  dieser  Zusammenstellung  Hr.  M.  nun  nicht 
mehr  hart  finden   wird. 

Doch  genug.  Das  Gesagte  wird  mehr  als  hinreichen, 
theils  unj  zu  zeigen ,  in  wiefern  unsere  Ansicht  von  dem 
locas  qnaestionis  von  der  des  Hrn.  Verfs.  abweicht,  theils 
nm  die  nöthigen  Beweise  zur  Erläuterung  derselben  zu 
geben.  Die  Anwendung  auch  auf  andere  Stellen  wird 
sich  leicht  ündcn.  Nicht  unerwähnt  dürfen  wir  lassen, 
dass  in  den  Anmerkungen  noch  manche  schätzbare  Be- 
merkung über  einzelne  Stellen  oder  Ausdrücke  enthalten 
sind,  «ie  A.  7.  über  Tliuc.  I,  H,  wo  Hr.  M.  seine  frü- 
here Erklärung  dieser  Stelle  rechtfertigt,  und  Tliuc.  I,  1. 
Y.ivrTi^  ——  dvttouJTUDV ,  welche  Worte  er  jetzt  etwas  an- 
ders fasst;  A.  10  über  itd/.iava  bei  Zahlwörtern,  durch 
non  plus  quam,  iion  minus  quam  erklärt,  und  A.  IMüge 
der  Hr.  Verfasser,  den  wir  mit  aufrichtiger  Hochachtung 
grüssen,  aus  recht  bald  mit  nicht  minder  interessanten 
Früchten  seiner  Studien  beschenken!  Sammer. 


Bcinerkun;^en  \on  Konrad  Schwenk. 
Bekker.  Anecdot.  Graec.  I.  p.  271. 
Auf  der  angeführten  Seite  der  von  IJekker  cdirten 
kti;.  öijTOo.  lesen  wir:  Kioy.ujip :  6  ine  vo'xa  yatfiiu- 
Suüillvo-.  Diese  corrumpirte  Stelle  ist  ohne  Zweifel 
durch  das  Wort  rr«lJOroy/V/.  herzustellen,  denn  es  enthält  ge- 
nau die  erhaltenen  Buchstaben,  nämlich  [7Cu]i  o[i  ]'>[/']'(^i 
die  Erklärung  des  Kerkops  selbst  aber  als  Tii.voi'gyo^ 
ist  richtig.  Jlesijch.  Ki  oy.uj'i/;^ ,  7lol/.i/.ot  ^  ttov/JOuI, 
Ttcivovoyoi.      Ferner    erklärt    Hesjrh.     v.i.iy/.vimC^ovxi:,, 


xaradTrujvTSi,  und  xsgxojTtcov,  Soklcov,  Ttovtjotjjv, 
yjiTaonojrTior,  y.nyoi'Qyajv,  wo  xaraOTTUJVTCi;  sie  als 
kajTVOöt'Vai  bezeichnen  soll,  welche  Erklärung  aber  sehr 
zu  bezweifeln  ist,  da  xaxaOnav  in  diesem  Sinne  nicht 
das  vulgäre  Wort  ist,  dessen  sich  der  Ausleger  bedienen 
konnte.  Es  steht  zu  vermuthen,  dass  yaraoil u)VTe<^  ver- 
derbt,  und  dass  dnarav  in  diesem  Wort  enthalten  sei, 
denn  als  Betrüger  finden  wir  die  Kerkopen  erklärt  Bek- 
ker anecd.  Gr.  I.  p.  l'.j().  Ktgyojip:  6  öeivoi  dltarij- 
oai  und  Etym.  M-  s.  v.  Keoy.uynr,;  —  y.egy.cuTteg  ks- 
yovTcu  Ol  d:raT£iijii'€q.  Die  Erklärung  von  xaraOTiav, 
welche  wir  bei  Hesvchius  lesen,  dass  es  vom  Ziehen  de» 
Speichels  gebraucht  werde,  konnte  in  keiner  Weise  an- 
gewendet werden.  Bedenklich  bleibt  es  freilich,  dass 
xuraOTldv  sich  in  zwei  verschiedenen  Glossen  findet,  und 
sollte  es  daher  durch  diesen  Umstand  wirklich  vor  dem 
Verdacht  einer  Corruptel  geschützt  sein,  so  würde  die 
Erklärung  IMeiboms,  welcher  es  detractare  übersetzt,  zu 
beachten  sein ,  wenn  es  auch  in  diesem  Sinne  nicht  ge- 
bräuchlich ist.  Eher  aber  als  xaTP.onuv  würde  xara- 
yskav  passen  und  selbst  xaraxciivs/v.  Dass  der  Name 
der  Kerkopen  diese  Wesen  als  geschwänzte  bezeichne, 
geht  aus  dem  Namen  der  Heuschrecke,  welcher  von  glei- 
cher Abkunft  ist,  hervor,  da  diese  nach  dem  Legestachel 
benannt  ist.  Dieses  Thierische  machte  sie  auch  geeignet 
für  das  Drama  und  veranlasste  die  Sage,  welche  sie  nach 
den  Pithekusen  versetzt  und  Allen  werden  lässt.  Unter 
den  ihnen  beigelegten  Namen  findet  sich  ollenbar,  wie 
schon  Maussac  zu  Harpokration  und  die  Interpreten  za 
Hesi/chius  sahen,  ein  falscher,  nämlich  Andulos ,  statt 
dessen  Kandulos  richtig  ist,  wiewohl  die  bessere  oder 
ursprünglichere  Form  lütndolos  gewesen  sein  mag,  wie 
dieser  Name  bei  Hest/chius  zu  lesen  ist,  denn  es  stimmt 
diese  Form  besser  mit  Kandaules  überein,  womit  sie  ver- 
wandt ist.  Kandolos  oder  Kandulos  hiess  ein  Kerkope 
wegen  Lvdien  niid  bezieht  sich  wahrscheinlich  auf  des 
Herakles  Aufenthalt  bei  Omphale,  wie  der  Name  Atlas, 
welcher  auch  wahrscheinlich  minder  gut,  wenn  nicht 
Alles  trügt,  auf  des  Herakles  (Jang  nach  den  Hesperiden- 
äpfclti  sich  bezieht.  Die  Namen  Sillos  und  Triballos 
scheinen  ilinen  als  hiihnenden  und  neckenden  erst  gege- 
ben worden  zu  sein  wegen  ihrers  Charakters  in  dem 
Drama.  Dass  ihre  I\Iutter  eine  Okeauide  gewesen,  hat 
schwerlich  eine  Beziehung  auf  ihr  Wesen,  sondern  soll 
wahrscheinlich  nur  das  Lokale  ihrer  vermeinten  Herkunft 
bezeichnen  ,  und  hierzu  konnten  mehrere  Veranlassungen 
sein,  z.  B.  wenn  sie  in  dem  Abentheuer  des  Herakles, 
als  er  die  Hesperidcnäpfcl  holte,  auftraten.  Ihre  Mutter 
Meninonis  scheint  sie  als  asiatisch  zu  bezeichnen,  denn 
Älemiion  repräsentirt  in  den  griechischen  Fabeln,  wie 
schon  seine  Abkunft  von  Eos  deutlich  zeigt,  den  Osten 
von  Asien,  und  demnach  würde  sie  in  die  Sage  von  den 
lydischen  Ccrcopen  gehören.  Die  Namen  Olos  und  Akle- 
mon  können  nicht  als  richtig  gelten  nnd  sind  entweder 
aus  Kandolos  und  Akmon,  oder  aus  Passalos  und  Aknion 
verderbt.  Warum  jedoch  die  Namen  Passalos  und  Akmon, 
Pflock  und  Amboss  ihnen  gegeben  worden,  lässt  sich 
nicht  errathen. 

(Beschluss  folgt.) 


Zeitschrift 


f ü  r   die 


AI  terth  ums  Wissenschaft 


MitUvoch,   23.  Octoher 


18  3  9. 


Nr.  127. 


Bemerkungen  von  Konrad  SchwenJc. 

(Beschluss.) 

Sophokles.    Philoct.   186  flgg. 

ßc'.Qet- 
a  8'  ct^vQonxofWi 

oiiiuiyä^  VTTfjyeiTai. 
Das  AVort  VTloyeivai  gibt  in  dieser  Stelle  keinen 
irgend  genügenden  Sinn,  wesshalb  Hermann  vn'  6~j[£ixc'A 
in  den  Text  anfnahm ,  nogegen  sieh  aber  AVunder  er- 
klärte, indem  er  sagte:  .^.iSonilum  tion  posse  dici  a  ge- 
mitu  alicuiifs  ferri,  nemo  non  intelligit."  Hermann'» 
Conjectnr  kann  aurli  versfanden  werden:  der  Srliall  ver- 
breitet sich,  seliuebt  hin,  erregt  durch  bittres  Jammern, 
nnd  dieser  Sinn  ist  nicht  nnpassend.  Dass  es  aber  so 
rcrstanden  werden  könne,  lässt  die  Sprache  zu,  denn  der 
Schall,  welcher  unter  dem  bittern  Jammern  des  Philokte- 
ies  sich  verbreitet,  ist  der  Schall,  vveldier  durch  dieses 
Jammern  erregt  wird.  3Iir  schien  es  immer,  dass  man 
VJTO  ^Eirat  lesen  miisse,  und  es  scheint  mir  auch  jetzt 
noch  so,  denn  )[tc-)  wird  von  Scijall  und  Stimme  gebraucht, 
so  dass  es  heisst:  weithintöiiend  ergiesst  sicli  der  laute 
Schall  noter  seiner  bittern  Wehklage,  d.  i.  erregt  durch 
seine  bittere  Wehklage.  Da  es  griechischer  Sprachge- 
brauch ist  zu  sagen.  Schall  derWebklagc,  so  kann  auch 
gesagt   »erden:  Schall  durch  Wehklage   erregt. 

Pfiiloct.  416. 
Als  Philoktet,  nachdem  er  schon  den  Tod  des  Achil- 
les vernommen,  auch  von  dem  Tode  des  Ajas  hört,  so 
sagt  er  zu  Neoptolenios,  »vie,  ist  dieser  auch  todt?  Neop- 
tolemos  antwortet,  er  ist  lodt,  worauf  Pliüoktct,  in  Klage 
ausbrechend,  sagt:  aber  der  Tvdidc  und  der  untergescho- 
bene Sisyphide  sterben  nicht,  und  diese  sollten  doch  niclit 
leben.  Hierüber  sagt  Hermann:  „qui  reprehendernnt  So- 
phoclem,  quod  quaedam  in  hac  fabula  negligentius  scrip- 
sisset,  quuni  vituperarent,  quae  non  erant  vifiiperanda, 
praetermiserunt  illud ,  quod  jure  notari  poterat.  Nani  si 
Lic  Diomedem  et  Ulyssem  rectius  periisso  dicit  Pliiloctc- 
les,  facit,  quod  quodanimodo  repugnat  reliqnae  tragoe- 
diao:  in  qua  quum  et  ipse  nbique  malorum  suorum  au- 
ctores  Atridas  et  Ulyssem  fuissc  dicat,  neque  Ulysses 
Diomedem  sibi  socium  foisse  in  exponendo  Philocfeta 
narret,  non  potest  non  male  habere  spectatorem  lectoremre 


fabulae  ira  illa  in  enm  virnm,  cujus  nnllam  fuisse  cnl- 
pam  ex  eo  debet  conjicere,  quod  illc  non  est  usquam  in 
consilli  istius  inventoribus  commemoratus."  Diese  Be- 
merkung nahm  AVunder  auf  und  hielt  sie  demnach  für 
recht  und  selbst  für  geeignet,  um  Schülern  mitgetheilt 
zu  werden.  Doch  kann  der  vorgebrachte  Tadel  den  Dich- 
ter nicht  treffen  ,  sondern  ist  nur  aus  mangelhafter  Auf- 
fassung dieser  Stelle  hervorgegangen.  Durch  die  Dolo- 
neia  trat  Diomedes  mit  Odyssens  zusammen  als  listig, 
wie  denn  beide  unter  dem  besondern  Schutz  und  deif' 
steten  Leitung  Athene's  ihre  Tliaten  unternehmen.  Jene 
Gleichstellung  dieser  beiden  Helden,  als  der  Listigen 
unter  dem  Schutze  der  Göttin  der  Weisheit,  wird  von  So- 
phokles in  dieser  Tragödie  befolgt,  und  es  wird  von  dem 
durch  Odvsseus  angestellten  Manne  später  gemeldet,  Dio- 
medes und  Odvsseus  seien  nach  Piiilokfet  ausgefahren, 
um  ihn  nach  Troja  zu  holen.  W.'ire  nun  Diomedes  nicht 
als  listig  angenommen  gewesen,  so  würde  diess  Zusam- 
menwirken desselben  mit  Odysseus,  welches  fingirt  wird, 
ungehörig  sein,  und  hätte  er  nicht  dem  Philoktetes  da- 
für gegolten,  so  hätte  die  Angabe,  Diomedes  nebst  Odys- 
sens seien  nach  ihm  ausgesandt  worden,  um  ihn  zu  holen, 
ihm  auffallen  und  nnwahrscheinlich  sein  müssen,  so  dass 
er  der  Angabe  des  Meldenden  nicht  hatte  unbedingt  trauen 
können.  So  aber,  da  er  dem  Philoktetes  für  listig  galt 
und  dieser  ihn  schon  vorher  verwünscht,  ist  die  nach- 
folgende Meldung  eingeleitet  nnd  ihre  unbedingte  Glaub- 
würdigkeit von  Seiten  des  Philoktetes  motivirt.  Immer 
finden  wir  bei  Sophokles,  welcher  Nichts  unmotivirt  lässf, 
wodurch  seine  Tragödien  den  höchsten  Grad  der  Voll- 
kommenheit erlangt  haben,  dass  das,  was  znr  Motivirnng 
dient,  sich  wie  von  selbst  ergibt  und  an  der  Stelle,  wo 
es  erscheint,  in  dem  natürlichsten  Zusammenhang  steht. 
So  auch  hier;  als  Philoktetes  vernommen,  Achilles  sei 
todt,  dann  weiter,  auch  Ajas  lebe  nicht  mehr,  drängt 
ihm  das  Bedauern  über- diese  Helden,  welche  ihm  dem 
Helden  als  wahre  und  echte  Heroen  hoch  stehen,  die 
traurige  Betrachtung  auf,  dass  die  edeln  Helden,  welche 
nur  ihrer  Kraft  vertrauen,  sterben,  die  Listigen  aber  nnd 
die  Schlauen  von  keinem  Verderben  betroffen  werden, 
woran  sich  die  Verwünschung  derselben  knüpft,  indem 
er  sagt,  diese  Männer  sollten  nicht  leben.  Dass  er  der 
Atriden  in  diesem  Zusammenhange  nicht  gedenke,  ob- 
gleich er  sie  bittpr  hasst,  ist  natürlich,  denn  sie  gelten 
ihm  nicht  als  Schlaue,  sondern  als  Könige,  welche,  ihre 
Gswalt  schiijde  raissbrauchend,    ihm   Unrecht  gnthan  ha- 


1019 


t020 


ben.  Demnach  konn<e  er  sie  mit  Odysseus  nicht  im  Ge- 
gensatz zu  Achilles  und  Ajas  nennen,  nenn  er  niclit  za 
den  Schlauen  eine  neue  Gattun;;  lier  ilini  V'erhassten  fü- 
gen Hollte.  Diese  Gründe  niiijjen  «ohl  l»ci  unliefange- 
ncn  Freunden  antiker  Poesie,  welchen  es  gelingt,  eine 
Sophoklelsrhe  Tra^üdie  als  ein  Ganzes  aufzufassen  und 
Heu  Organismus  aller  Tlieile  im  Verh.'iltniss  zum  Ganzen 
zu  begreifen,  hinreichen,  um  die  beriiiirtc  Stelle  gegen 
den  Tadel  llermaun's   zu  schützen. 

Philoct.  448. 

xai  Jiuji  TU  f-iev  ziavui'ijya  y.ut  TtaKipTpißn 
■Xai'poi'o'  dvaoroicfuvTii  et' AiSuv ,  ra  de  x.  r.X. 
„Schol.:  TTaf.n'ipif^ir  T£T(ji^i^eva  Toiixaxulq'  oojCov- 
Oir  i^  ./löov  70t';  e7riTpi:t  Tui.;  y.ai  öo/.eQoi<<;.  Recte 
»iiiit  Gedikius  respici  Sis_v|ihum  ,  qui  ex  Orco  in  vitam 
per  duluni  reversus  est;  do  quo  id  ipsum  (v.  (i.'4)  com- 
mcraoratur.  Itaque  si  Ulixem  Tl'avovuyov,  Tiiersitam 
propter  ejus  in  dicendo  contumaciam  Tlii.Ktvrpitjlj  dicere 
pniandus  est."  Ilerui.  Diese  Kote  hat  AVnniler  als  rich- 
tig aufgenommen.  Da  TiaktvTpifjiJi  nicht  die  conluinil- 
cia ,  «eiche  Thersites  in  dicendo  an  den  Tag  legt,  be- 
deuten kann,  sondern  bloss  das  Durchtriebene,  Schlaue 
bezeichnet,  so  kann  diess  Wort  schlechterdings  nicht  auf 
Thersites  gehen,  insoiveit  er  vorlauter  Schwätzer  iiar, 
sondern  er  müsste  als  durchtriebener  Mensch  damit  be- 
zeichnet sein.  Es  ist  aber  ein  besonderer  Rückblick  auf 
ihn  gar  niclit  nöthig,  denn  Fliiloktet  sagt:  Nichts  Sclilech- 
tes  geht  unter,  sondern  »ird  von  den  Göttern  geplli'gt, 
ja,  sie  lassen  sogar  die  Schurken  und  die  Durchtriebenen 
gerne  aus  dem  Hades  zurückkehren  (ii  ie  Sisvphus),  Mäh- 
rend, »as  gerecht  und  gut  ist,  hinunter  muss.  Wir  sehen 
hier,  dass  ilie  Detrachtung,  nie  die  Guten  untergehen 
und  die  Srhle<  hten  vom  Tode  verschont  bleiben,  ihm  das 
bedeutendste  IJeispiel  dieser  Art  in  das  Gedaditniss  ruft, 
»elches  ihm  freilich  schon  wegen  des  ihm  besonders  ver- 
hassten  Odysseus  nahe  lag,  nämlich  das  des  Sisvphus, 
dem  es  vergönnt  war,  nieder  auf  die  Obernelt  zu  kom- 
men, nachdem  er  gestorben  n  ar.  Die  Ausdrücke  JKj.vuruya 
nnd  7lu/.n  rpiriij  gehen  allein,  ohne  Anspielung  auf  sonst 
wen,  nur  auf  den  Sisyphus,  in  der  bekannten  Weise, 
da89 ,  no  von  Einem  in  allgeineiiicm  Ausilruck  geredet 
«ird,  der  Plural  gebraucht  wird.  Nur  darin  treflen  nach 
Pliiloktet's  angedeute-tein  Sinne  Sis\plius,  iler  IJösewicht 
von  durrhtriebeneui  Wesen,  und  der  genaltige,  nie  um 
das  ^Vort  verlegene  Schn.'ltzer  Tbrrsites  zusammen,  dass 
sie  schlecht  sind  und  dass  das  Schlechto  nicht  leicht  ver- 
gebt. 

Philoct.  753. 
Als  Neoptolemos    den    jaminernilen    Philnktetes    fragt, 
welch    neues   üebcl    ihn    plötzlich    ergriffen    habe    und   zu 
dem  Stöhnen   zniiigc,  sagt  Philoktet 
'    a-        '       ' 

oioj  ,  üj  xey.vov 
Kcnptoleoios  sagt  weiter  ti  5'  toxtv ;  und  Philoktet  er« 
wieilert  Ul09' ,  UJ  rrai.  Hierauf  folgen  die  Worte  tI 
niji ;  oi'y.  oida  und  dann  die  Worte  des  Pliiloktet,  noj- 
Ol/.  oioJu;  Hermann,  dessen  lieinerkung  Wiiniler  an- 
iiimiiit,  sagt:  nosli,  sr.ilicet  iilceris  nie  doloribiis  rru- 
ciari.      Dciude    iterum    inlerrugans   Neoptulemus    idrinquc 


responsum  oio9  v},irui,  fereng,  ad  haec  verha  respoo- 
det  ot'x  oida.  Id  autem  mirans  simnlque  indignans  Phi- 
loctetes,  7T(o^  ovx  oiai^a;  Ex  his  neressarin  consequitnr, 
^erba  ri  oui ,  quae  a  Neopfolemo  pro  fi  eori  oot  dicta 
usui  repugnant ,  Philoctetae  esse  tribuenda,  accento  non 
inclinatu,  quid  tili?  i.  e.  quid  tua  refert,  scilicet  expli- 
catius  mala  mea  enarrari.  Quae  est  oratio  irritati  inter- 
rogatiüiiibus,  quae  nihil  ad  dolorem  allevandum  couferunt: 
qiiae  aegerrime  ferunt,  quos  dolor  aliqni  cruciat.  Diese 
Erklärung  ist  nicht  annehmbar,  denn  Phlloktetes,  wel- 
cher gegen  Neoptolemos  die  freundlichste  Gesinnung  hegt 
und  Rettung  von  ihm  erwartet,  sucht  nur  seinen  Frageu 
aus/uweichen  dadurch,  dass  er  ihm  sagt,  er  wisse  es  ja, 
was  ihn  schmerze.  Würde  er  nun  hinzufügen:  Was  liegt 
dir  dran?  Was  geht's  dich  an?  so  nürde  er  ihm  eine 
Grobheit  sagen,  welche  ilein  Philnktetes,  dem  theilneh- 
mcndeii  Jüngling  gegenüber,  von  welchem  er  so  viel  er- 
wartet, ztiziitrauen,  uns  Nichts  berechtigt.  Dass  Schmer- 
zen zu  mancherlei  Ausbrüchen  veranlassen,  ist  bekannt, 
doch  nicht  bekannt  ist  es,  dass  sie  den  edeln  3Iann  ge- 
genüber einem  theiliiehinenden  edeln  i\Iaiine  zur  Grobheit 
bringen.  Auch  bietet  wirklich  Sophokles  in  keiner  sei- 
ner Tragödien,  in  welchen  wohl  Scencn  des  Zankes  vor- 
komnien,  durchaus  nichts  Achuliches  dar,  und  es  ist 
daher  diese  Auslegung  als  ganz  ungeeignet  zurückzuwei- 
sen. Die  AVorte  ri  OiiL  können  wir,  da  sie  in  Philoktet'u 
Alunde  keinen  passenden  Sinn  haben,  nur  dem  Ncoptole- 
nids  zutheilen  und  müssen  es  nm  so  melir,  als  es  son- 
derbar wäre,  wenn  Neoptolenios  die  Grobheit  Ti  001; 
unberücksichtigt  liesse  und  bloss,  ohne  wenigstens  ein 
begütigendes  Wort  der  Theilnahmo  zuzufügen,  ooy.uida, 
antwortete.  Auf  die  Worte  oLa9a  u'i  Ttai,  antwortet  er 
Ti  oldu  oot;   ovx  oida. 

Philoct.  716. 

XerOOMV  d'  oTTOv  yvoii]  a-raTov  iig  vdujQ 

äei  7i()0^erujjia 
Hermann  sagt:  ksi'OOujv  et\;  i'doiQ  non  circumspicicns, 
quaerens  aquam ;  scire  enim  dicitur  ubi  inveniret;  sed 
desiderii  describendi  causa  dictum  est,  quemadmndum 
solenius  intueri  in  illiid,  undc  salutem  et  praesidinm 
gperamus.  Hierauf  folgt  eine  seltsame  Erklärung  von 
npoiivciiiK'.,  welche  aber  Wunder  mit  Recht  zurück- 
weist, n  elcher  erkl'lrt:  sed  seinper  ad  aquam  stagnan- 
tem,  ubi  quid  ejus  nosset,  accedebat,  in  eam  intuens. 
Qiiod  intuitiis  autem  in  aquam  illain  dicitur,  ea  re  aqua 
illum,  sicuti  alios  vino  (tf.  715.  öi  /^'l/d  ut'voxVTOV 
7lu}fia.T0s  l']o9l]  dexiiTSl  ■/oovip)  delectatum  et  gavisum 
esse  sigiiificatur.  Dass  diese  vermeinte  Freude  in  den 
Worten  liege,  l.'isst  sich  nicht  behaupten,  und  sie  durch 
künstliche  Auslegung  hineinlegen,  ist  nicht  gerathen. 
Xtl'oai/v  ei  Tt  heisst  auf  oder  narli  etwas  sehen ,  Und 
daher  Keöoaiov  (ttccov  Cl'i  i'do/p ,  örrou  yvoii] ,  6.t\ 
nQO-^i'fdiua,  nach  stehendem  Wasser  sehend,  wo  er  er- 
blicken möchte,  ging  er  immer  hinzu.  Dieses  stehende 
Wasser  fand  er  nicht  immer  an  der  n.'imlichen  .Stelle, 
sondern  miissto  es,  so  denkt  sich  der  (Jhor  die  Sache, 
gurheu,  wo  es  sich  durch  Tliau  oder  Regen  gesammelt 
hatte. 


1021 


102» 


Lafeiiiische    Schnlfraininatik    von     W.     Weissenlorn. 
(Eiseuarh   1838).  ♦) 

Zweiter  Artikel. 

Der  Verfasser  erkennt  selbst  (Vorrede  S.  IV)  an, 
dass  für  «lie  Anordnung  des  Stoffes  Vieles  gewonnen  wer- 
den würde,  wenn,  wie  zuerst  Ag.  Denary  vorgeschlagen 
(vergl.  Pntt  etymol.  Forsch.  II,  <70),  zwischen  Formen - 
und  Satzlelirc  eine  Bedentungslehre  in  die  Mitte  träte, 
wie  sich  dieses  Jedem  aufdrAngen  mnss,  der  mit  klarer 
Einsicht  das  Feld  der  Grammatik  heliant;  docli  i^lauht 
er,  dieses  dürfte  erst  dann  niiiglich  sein,  wenn  die  nr- 
sprüngliche  Gestalt  nnd  Bedentnng  der  Formen  noch  ge- 
nauer, als  bisher,  erforscht  »i<'ire.  Die  Sprache  erscheint 
eigentlich  überall  nur  im  Satze,  und  so  ninss  die  eigent- 
liche Sprachlehre  eine  Satzlehre  sein;  aber,  um  diese 
fehürig  darstellen  zn  können,  müssen  zuerst  die  Ele- 
mente, aus  denen  der  Satz  sidi  aufliaut,  gehörig  be- 
trachtet sein,  und  zwar  1)  in  Bezug  auf  die  äussere 
Formbildnng;  '})  in  Hinsicht  der  Bedeutung,  welche  ilie 
Sprache  eben  diesen  Formen  beilegt.  Nun  sind  beson- 
ders zwei  Arten  iler  Formbildnng  zu  unterscheiden,  I)  die 
zur  Bildung  von  Worfstäinmen ;  2)  die  Abbiegung  von 
diesen  AVortstämmen.  Die  erstere  ist  keines«  egs  so  be- 
stimmt in  ihrer  ursprünglichen  Bedeutung  mehr  nachzu- 
weisen, und  die  sp.'itere  Zeit  hat  hier  vielfach  die  En- 
dungen in  einander  überspielen  lassen.  Kanu  nun  auch  hier 
die  Bedeutnngslehre  Einzelnes  fest  genug  stellen ,  so  ist 
doch  eine  ganz  befriedigende  Lösung  nicht  mehr  zu  geben; 
es  war  demnach  ein  arges  3]issverstandniss ,  wenn  neu- 
lich, wenn  wir  nicht  irren,  von  Hase  in  der  Jenaer  Li- 
tcratnrztg.  unter  Bedeutungslehre  gerade  dieser  Theil 
der  Wortbildung  verstanden  norden.  AVichtig  für  die 
Satzlehre  ist  hier  besonilers  die  ünterscheiilung  der  Be- 
deutung der  Reiletlieile  und  der  einzelnen  Arten  in  den 
einzelnen  Redetlieilen  selbst.  AVichtiger  und  genauer  zu 
bestimmen,  als  ilieser  erste  Theil  der  Bedeutungslehre, 
ist  der  zweite,  welcher  die  Bedeutungen  <ler  Flexionen 
behandelt.  Insofern  aber  auch  ilie  Partikeln  für  die 
Bindung  des  Satzes  in  sich  und  mit  anderen  Sätzen  sehr 
wichtig  sinil ,  hat  auch  ihre  Bedeutung  die  granimatischo 
Bedeutungslehre  nachzuweisen.  So  bilden  sich  für  diese 
folgende  Abschnitte:  I)  Gebrauch  der  Wortarten  —  des 
Äoniens  ( der  verschiedenen  Arten  desselben )  und  des 
A'erbums.  2)  Gebrauch  der  FIcxionsfornien ,  Formen  des 
Körnens  und  des  Verbnms.  3)  Gebrauch  der  Partikeln. 
Wie  sehr  hierdurch  die  Satzlehre  erleichtert  wird,  ist  nn- 
läugbar.  Denn  geht  man,  wie  es  gewöhnlich  geschieht, 
gleich  zur  Satzlehre,  so  niuss  man  dort  die  Capitel  aus 
der  Bedeutungslehre  erst  nachholen,  wodurch  <!ie  klare 
Einsicht  sehr  gestört  wird.  Doch  wir  wenden  uns  zur 
vorliegenden  Syntax,  die  im  ersten  Abschnitte  den  ein- 
faclien  Satz  behandelt  in  drei  Capiteln  :  1)  Verbindung 
Ton  Subject  und  Pradicat,  \>)  das  attributive,  3)  ilas  ob- 
jeetive  Satzverh.'iltniss.  Attributiv  nennt  der  A^erf.  nach  • 
dem  bekannten  Gebrauche  neuerer  Grammatiker  das, 
was  einem  Gegenstande  schon  beigelegt,  schon  mit  ihm 
verbunden  gedacht   und  dargestellt  wird  (S.  221)  —  besser 

*)  Vei-^l.   den   eisten   Art.  J,.h.-.    133S.    Hvlt  6. 


dnrfln  es  wohl  lieisspn  ,  was  mit  dem  Gegenstände  »or« 
bunden  gedacht,  nicht  von  ihm  ausijesagt  wird  —  nnd 
unterscheidet  drei  Arten,  auf  welche  das  Attr.  darge- 
stellt wird:  1)  durch  ein  Particip  oder  Adjectiv  ,  2)  durch 
den  Genitiv  eines  Substantivs,  A)  durch  ein  .Substantiv 
in  Apposition.  Object  ist  der  auf  eine  Thätigkeit,  sei 
sie  <lurch  ein  A'erbum  oder  durch  ein  Adjectivnm  ausge- 
drückt, bezogene  Gegenstand,  und  es  kann  diese  Bezie- 
hung 1 )  eine  innere  sein,  die  der  Ursache  unil  AVirkung, 
Oller  2)  eine  äussere,  die  des  Ortes  und  der  Zeit.  Zun» 
Ausdrucke  beider  dienen  die  Ailverbia  und  die  ("asns, 
von  denen  zur  inneren  Beziehung  der  Gen.  ,  Dat.  und 
zum  Theil  iler  Accus.,  zur  älisgereu  der  Abi.  und  zum 
Theil  der  Acc.  gebraucht  werden.  Für  die  äusseren 
Verhältnisse,  und  übertragen  auch  für  die  des  Grundes 
nnd  iler  Absicht  ,  treten  auch  Präpositionen  ein.  Es  wird 
nun  das  objective  .Satzverliältniss  nach  den  drei  Wortarten, 
die  objectiv  bestimmen  können,  dargestellt:  l)dasSub8t. 
und  Pronomen  als  Object.  (Gen.,  Abi.,  Are,  Dat.. — 
Anhang  über  das  pron.  reflexivuin),  „')  das  A'erbum  (Inf., 
Siipinnm ,  Gerundium),  3)  <las  Adverbium  (Ort,  Zeit, 
Art  und  AVeise,  Bestimmtheit  der  Aussage,  Frage),  AVir 
haben  mit  Absicht  das  ganze  Gerippe  der  Behandlung 
des  eiiifaclien  Satzes  dargestellt,  da  auf  diese  AVeise  sich 
am  besten  ergibt,  inwiefern  die  Anordnung  zweckmäs- 
sig genannt  werden  kann.  Zuerst  fällt  es  auf,  wie  hier 
der  Genitiv  an  zwei  ganz  verschiedenen  Orten  behandelt 
wird,  dieser  llcbelstaiiil  würde  schon  schwinden,  wenn 
in  einer  Bedeutungslehre  das  Wesen  des  Gen.  dargelegt 
wäre,  so  aber,  wie  die  Sache  jetzt  steht,  ist  eine  solche 
Zertheilung  nur  zu  missbilligen.  Ein  zweiter  Uebelstand 
ist,  dass  die  Lehre  vom  pron.  reflcxivnm  an  einer  Stelle 
untergebracht  werden  miiss ,  wo  sie  nicht  hinpasst,  das 
ist  die  Folge  der  irrigen  Eintheilung  des  Gesauimtge- 
bietes  der  Syntax,  die  oft  zu  sonderbaren  Dingen  treibt, 
«ie  wir  neulich,  wenn  wir  nicht  irren,  in  Keim's  grie- 
chischer Syntax  einen  Schliissabschnitt  fanden ,  der  das 
enthalten  soll,  was  in  den  vorigen  Abschnitten  nicht  un- 
tergebracht werden  konnte!  Die  Lehre  vom  Gelirauche 
der  Pron.  im  einfachen  Satze  hat  die  Bedeutungslehre 
im  Abschnitte  über  den  Gebrauch  der  AVortarten  abza- 
haiideln.  Drittens  wird  die  Lehre  vom  Gebrauch  der 
Tempora  und  Modi  im  ersten  Capitel  ,,Verbindnng  vou 
Subject  und  Prädicat"  abgelianilelt ,  wohin  sie  gar  nicht 
gehört;  auch  hier  würde  der  Uebelstand  schwinden  durch 
eine  vorhergnliende  Bedeutungslehre.  Es  ist  merkwürdig, 
wie  man  bei  der  Satzlehre,  die  im  AVesen  des  Satze» 
begründete,  einfache  Anordnung  übersehen  konnte.  1)  Das 
eiiif.iche  Subject,  aus  einem  oder  mehreren  Nominibus 
bestehend.  2)  Das  einfache  Prädicat  in  seiner  A'erbindung 
mit    dem  Subj.      3)    Erweiterungen    des  Subj.    durch    die 

ad ninalen  Casus   und   Ad),   oder  Partie,    mit  oder  ohno 

nähere  Bestimmungen.  4)  Erweiterungen  des  Prädicats 
durch  die  adverbialen  Casus  und  .Adverbia.  AVas  die  Lehre 
von  den  Casus  betrifft,  so  haben  «ir  die  Grundzüge  un- 
serer abweichenden  Ansicht  neulich  in  der  Schrift:  „Die 
Decliuation  der  indogermanischen  Sprachen  nach  Bedeu- 
tung und  Form  entwickelt"  (Köln  1839.)  niedergelegt; 
eine  weitere  Ausführung  derselben,  die  nicht  schwierig 
ist,    würde    an    diesem  Orte    zu   weit  fuhren.     Ucbrigen» 


1023 


1024 


branriien   wir  wohl  nicht  erst  zu  hcinerken,  dass  ilas  hier 
gegeu    Ifeissenliorn's  Aimriliiuiig  Gesaiic   nicht  allein   von 
dieüPin,    sonilcrn    von   lioicu   niMioren   Granimatiivern   gilt, 
welche  Becker's   Grnudsätzon    gpfiiljjt    sind.       Am   nieistea 
können   wir   uns   noili   mit    «Icr  Anordnung  Billrotli's   rer- 
staniligrn,  ol)i;loich   «ir  aiiih   hier   im  Einzelnen  .'Manches 
aDdpr.i   iviinsrhpn.       Wir    erlauben    uiiä   nun   nlx-r   die  ße- 
haudlnng'    des    einfachen    Satzes    bei    \V.   noch    einijfe   be- 
sondere  üemerkunjen.    In   jedem  Satze   muss  nach  §.  152. 
als    dritter    IJcslainitlieil    die    Copula    sich    befiiiiien,    eine 
Bestimmung,     die     durcli    die     ful^-ende     Anmerkunj    zum 
Theil   aiif^'eliuben    ii  ird.     Da»  Pr.'iilicat   ist    l)   ein  ^'erbum. 
Dem   >'erl)um     kommt    an    und   für  sich   weder   Numerus, 
noch   Persunliczeiclinun^    zu    und   diese   fehlen   ihm  daher 
auch   in   maurlien  S|)rarhen,   wofejen   sie   in  <len   am  mei- 
sten   ausgebildeten    ihm    beigegeben   sind,     um    die    {genaue 
Verbindung    von    Nomen    und     Verbum    zur    Einlicit    des 
Satzes   darzustellen.      Es  finden    sich  aber  auch   in   diesen 
selbst    Falle,     in     denen    diess    nicht    gescliieht ,    nämlich 
da,     wo    dem    gewohnlichen    Ausdrucke    nach    der    histo- 
rische   Infinitiv    steht;     hier     werden    Nomen    nnd     Ver- 
bum    bloss   neben   einaniler   gestellt     ohne    Uindungsmittel; 
die     Phantasie     aber     fasst     beide      als     engverbunden     zu- 
sammen,    wodurcli    diese     Art    der    Satzbildung    lebendi- 
ger ist.      So  stellt  sich   die  Sache   wohl   klarer   und    rich- 
tiger dar,   als   hier  §.    ISS.      2)   das   Pr.'idicat  ist  ein   Ad- 
jectivuni,   wo   man  gewöhnlich  sagt,  das  verbum  subst.  sei 
ausgelassen.  •  Dieser  Fall    ist    dem    vorigen    ganz    analog. 
Wir  können   es   demnach  niciit   billigen,    wenn   es   S.    195 
nntcr    der    Ucberschrift    „Ellipse     des    Subjects     und    der 
Copula'"   heisst:    ,,\Vie    im  verbum  finitnm   eigentlich    die 
Copula  nicht  angeileutet  wird  (?),  so   kann  au<h  die  sclbst- 
stAndigc,    esse,     fehlen,      wenn    sich    die    Verbindung    von 
Subject     und    Prädirat    von    selbst     ergibt."       Diese    Con- 
strurtioii   wird   eigentlich   da   angewandt,    wo   der   Redende 
lebhaft   und   mit    der    grüssten    ßestlmnitheit    spricht.       Es 
bleibt   uns   nun   nur  noch   der   Fall   iibrio;,    wo   die   Copula 
sich   finden  soll.     Wir  erklären  Siitze,   wie:   Cicero  magnus 
erat  orator,  Cicero  als  f^ronser  Redner  war,  so  dass  magnus 
orator   eine    Art    Apposition    ist,     erat    aber    die    ursprüng- 
liche  Bedeutung   hat,    wobii    ni<^ht    zu    läugnen   ist,     dass 
dag  Verb,  subst.    hier  seine   Bedeutung    allniählirli    so  ab- 
stumpfte,   dass   es   fast   nur  als   Bindemittel   erscheint,   ob- 
gleich  diese   Bedeutung  keineswegs   ihm   eigen   ist.   —  Za 
der   Lehre   von   der  Bezieliuiif^  des  Prädicats   auf  das  Sub- 
ject  könneu   wir  einer  sehr  klaren  nnd  sorgfältigen  Schrift: 
„Syntaxis   cnnveoienliae   der    lateinischen   Spra.-.lie   von    W. 
Füisting"   (.>liinster  ISjli)   Erwälinnug  tliuu,    in   ileren   ge- 
nauere AVürdijfung  wir  hier  nicht  eingehen  können.   <^.  l.ifj. 
A.   .'}   bemerkt   W.,    einige  Collectiva,    wie  di(?    \'ölkerua- 
men ,   ferner   niiles,    eques ,    hustis ,    homu,    selten  andere 
Personennamen     brauche     der    Lateiner     abweichend    vom 
Deatschen    im  Singular.       Hier    war    hinzuzufügen,     dass 
io    diesem    Falle    aus    der    ganzen    Masse     ein    Einzelner 
herausgenommen    und    als    Stellvertreter    aller    Einzelnen 
gleichsam  abstrart   hervorgehoben  n  ird,   wie   ö  "ilhio'COi; 
der  Mensch,  cigpiitlirli   ein   einzelner,   bestimmter  Mensch, 
aber   auch   der  31eiisch    im  Allgcaicinen,    die   i\lcnschen- 


art.  Ebenso  steht  das  Ab.stractum,  wo  wir  die  conrrcten 
Personen  setzen,  wenn  das  Persönliche  ganz  verschwin- 
det und  sie  nur  insoweit,  als  sie  in  ihrer  Verbindung 
eine  besondere  Thätigkeit  erstreben,  einem  besondern 
Geschäfte  sich  hingeben,  betrachtet  werden.  Hier  liegt 
der  Grund  immer  klar  vor;  nur  muss  mau  sich  hüten, 
hier  zu  tief  in  jedem  einzelnen  Falle  gehen  zu  wollen, 
wie  es  Bernhardt/  in  seiner  griechischen  Syntax  oft  ver- 
sucht hat.  1^.  lt)2  heisst  es,  das  Prädicat  könne  nicht 
fehlen,  werde  aber  doch  zuweilen  nicht  ausgedrückt,  wo 
es  leicht  ergänzt  werden  könne.  Wir  läugnen  solche 
Auslassungen  gradezu.  So  in  dem  angeführten  Beispiele: 
Cupio  scire,  quid  sentias.  Egone?  ist  keineswegs  sen- 
tiam  zu  ergänzen,  sundern  es  wird  bloss  das  Ich  in  Frage 
gestellt,  natürlich  in  Bezug  auf  das  Vorhergehende,  aber 
damit  ist  noch  keine  Auslassung  gegeben.  Weiter  wird 
bemerkt,  zu  einer  objeetiven  Bestimmung  werde  zuwei- 
len das  Verbum  hinzugodacht ;  aber  in  quid  multa?  haec 
alias  wird  keineswegs  etwas  hinzugedacht,  ebenso  wenig, 
wie  im  Deutschen  in:  Wozu  viele  Worte  ^  DieSS  zu 
einer  andern  Zeit.  Hier  eine  Ellipse  im  Deutschen  an- 
zunehmen, winl  sich  der  natürliche,  durch  kein  gramma- 
tisches Vorurtheil  geblendete  Spraclisinu  nie  anschicken. 
Wir  könneu  einen  einzelnen  Gegenstand  als  solchen  an- 
schauen und  diese  Anschauung  mittlieilen  wollen.  ^VenIi 
Jemand  etwas  Wunderbares  gesehen  hat  und  uns  cntgc- 
genruft,  ein  Wunder !  wenn  die,  welche  lange  nach  dem 
Anblicke  des  Landes  sich  gesehnt,  ausrufen,  Land,  Land! 
ähnlich,  wie  es  bei  Sophnkles  heisst,  ovgoc,  ovooc,  so 
wird  hier  der  nüchternste  Grammatiker  und  der  schlimmste 
Ellipsenjäger  doch  nicht  den  gar  nicht  gedachten  Satz 
ergänzen  wollen.  Sage  ich  haec  alias,  so  sdiaue  ich 
den  Gegenstand  als  bestehend  an  in  einer  andern  Zeit; 
frage  ich  quid  multa,  so  frage  ich,  ob  eine  Ursache  zu 
entdecken  sei  zu  vielen  Worten.  Nur  auf  diese  einfache 
AVeise  lassen  sich  aucli  viele  andere  Erscheinungen  deu- 
ten, wie  der  Inf.,  der  im  Griechischen  zuweilen  statt 
des  Imperativ  stehen  soll;  der  Inf.  ist  nur  ein  Ausruf, 
als   welcher  jedes   Nomen  stehen  kann. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Clironik   und  Miscellen. 

F  r  c  i  b  e  r  g.  Zum  diessjaliri^en  Ostcrcvinicn  schrieb  der 
Coli.  IV.  Dr.  Bcnselcr:  Mclaraorpliosi's  critica'i  ad  Plnt.ircluini 
ctncnJandum.  16  S.  4  Der  Bestand  <ler  Scliiiler  war  am  Ktidc 
des  .1  ihres  115,  zur  Universität  gingen  zu  Ostern  4.  1  mit  der 
(..  die  übrigen  mit  der  II.  Ccnsur.  In  Fol','e  gri.ssercr  Unter- 
stiilziing  aus  Stiatscasscn  wurde  das  im  Jalir  ls36  von  dem 
llector  crricbtete  Progymnasium  im  August  18,58  als  5.  und  6. 
Cl.issc  mit  dem  Gymnasium  verbunden,  und  die  früher  aiisser- 
ordcntliclien  l.cbrcr  G.  J.  Ilofmann  als  Matheinalicus,  und 
Dr.  C.  W.  Dietrich  als  Hauptlehrer  der  V.  Classe  definitiv, 
und  der  Schutaintscandidat  A.  Tli,  Brause  als  Collaborato» 
angestellt. 

Halle.  Der  bisherige  aussi-rord.  Prof.  Dr.  L.  A.  Solinke 
ist  zum  ordcull.  Prof,  in  der  pbilolog.  Facullät  der  Univer- 
sität ernannt  worden. 


Zeitschrift 

für   die 

Alterthumswissenschaft 


Freitag  j   25.  Octoher 


1839. 


Nr.  128. 


Lateinischu  Schulgrammatik  von    W.    If'eissenl/orn. 

(Forlsetz  ungf.) 

Bpi  der  Toii  §.  164  an  folg;eii(len  Lehre  vom  Gebrauch 
der  Tempora  und  Modi,  können  wir  eine  neuere  Schrift 
von  Fritsc/i  ,, Kritik  der  bisherijfcn  Tempus-  und  Mo- 
duslehre"  (Frankf.  ISoS,  als  erster  Thcil  einer  „Kritik 
der  bisherigen  Grammatik  und  philologisrhen  Kritik") 
nicht  ganz  mit  Stillschweigen  übergehen.  Hat  der  Verf. 
auch  im  Einzelnen  sehr  häufig  gegen  die  bisherigen  Gram- 
inatiker  Recht,  so  beruht  doch  seine  Hauptargumeutation 
und  sein  neues  System  auf  Verviechselung  naheliegender 
Begriffe  ;  dabei  begnügt  er  sich  meistentheils  ganz  mit 
dem  bisher  von  den  Grammatikern  aufgesammelten  i\Ia- 
lerial,  da  doch  eine  Unternehmung,  wie  die  ihm  lor- 
schnebende,  sclbststcindige  Sammlung  erforderte,  endlich 
ist  der  etymologische  Tlieil,  auf  dem  er  fusst,  äusserst 
schwach.  Dabei  verkennen  wir  nicht,  dass  der  Arbeit 
auch  so  ihr  Verdienst  bleibt,  können  aber  in  der  Haupt- 
sache nur  unsere  abweichende  .Ansicht  aussprechen.  Der 
Verf.  sieht  in  ilen  Zeiten  eine  Dichotomie,  die  auf  räum- 
liche Verhältnisse  sich  beziehen  müsse,  und  unterschei- 
det nur  Zeiten  des  mit  dem  Redenden  Zusammengestellt- 
aeins,  zu  denen  auch  das  Futurum  (werdende  Gegenwart) 
gebort,  und  Zeiten  des  von  ihm  Abgeschlossenseins  — 
diess  Süll  der  durchgreifende,  äusserst  wichtige  Unter- 
schied sein.  Dem  ^'erf.  ist  hierbei  entgangen,  dass  ein 
zwiefaches  Zeitverhältniss  durch  die  Sprache  ausgedrückt 
«rerden  muss,  wobei  es  gleichgültig  für  die  ausgebildete 
Sprache  ist,  ob  beide  ursprünglich  schon  in  der  Form 
ausgeprägt  gewesen.  Die  Handlung  kann  entweder  als 
mit  dem  Subjecte  verbunden,  mit  ihm  zugleich  bestehend 
gedacht  werden  {ich  habe  geschrieben  —  Ich  und  das 
Schreiben  werden  als  in  der  Vergangenheit  verbunden 
dargestellt),  oder  als  früher  mit  ihm  verbunden,  für  ihn 
vergangen  {ich  hatte  geschrieben  —  das  Schreiben  war 
für  das  Ich  vergangen  in  der  Vergangenheit),  oder  als 
später  mit  ihm  verbunden,  als  für  ihn  zukünftig  {ich  werde 
geschrieben  haben  —  das  Schreiben  wird  mit  dem  Icli 
verbunden  sein  in  der  IVrgangenlieit).  Zweitens  kann 
aber  auch  die  Handlung  von  dem  Iledendcn  selbst  in 
einer  dreifa(  lien  Beziehung  aufgefasst  werden,  als  für  ihn 
gegenwärtig,  vergangen  oder  zukünftig.  Hiernach  bilden 
sich  folgende  9  Zeiten:  1)  Gleichzeitigkeit  in  der  Ge- 
genwart, praesens,  2)  in  der  Vergangenheit,  perfectum, 
3)  in    der  Zukunft,     futurum.     4)   Vergangenheit    in    der 


Gegenwart,  imperlectum,  '))  in  der  Vergangenheit,  plus- 
quamperfectum ,  6)  in  der  Zukunft,  futurum  exactum. 
;)  Zukunft  in  iler  Gegenwart,  datnrus  sum,  <S)  in  der 
Vergangenheit,  daturus  eram ,  9)  in  der  Zukunft,  datu- 
rus  ero.  Die  letzteren  drei  haben  sich  im  Lateinischen 
nicht  besonders  ausgebildet,  w esshalb  sie  auch  nur  peri- 
phrastische  Formen  erhalten  haben.  Kun  kann  aber  auch 
die  Handlung  ohne  Beziehung  auf  den  Standpunkt  des 
Redenden  aufgefasst  werden,  und  so  müsste  es  drei  Aoriste 
geben;  da  aber  ilie  .Sprache  diesen  Standpunkt  anzuge- 
ben nur  bei  solchen  Handlungen,  die  für  das  Satzsub- 
ject  bereits  vergangen  sind,  unterlassen  zu  können  glaubte, 
so  bildete  sich  nur  ein  Aorist,  der  der  Vergangenheit, 
für  den  im  Lateinischen  die  Form  des  Perfectums  ge- 
braucht ward.  Vgl.  meine  oben  angeführte  Schrift  S.  39- 
Dag'egen  findet  sich  bei  W eissenborn  noch  die  Scheidung 
in  tempora  absoluta,  welche  die  Thätigkeit  auf  die  Zeit 
des  Redenilen,  und  relatiia,  welche  sie  auf  andere  Er- 
eignisse bezichen  (  S.  I'.lß).  Diese  Unterscheidung  ist 
durchaus  irrig;  denn  ebensowenig,  als  in  nioriar ,  si  non 
vcniet  das  Sterben  als  zukünftig  in  Bezug  auf  das  Kom- 
men gedacht  iiird,  eben  so  wenig  wird  in  dixi,  ut  mihi 
ignosreret  das  Verzeihen  in  eine  temporelle  Beziehung 
zum  Sagen  gesetzt.  Ueberliaupt  bezeichnet  kein  Tempus 
die  Beziehung  zweier  Handlungen  zu  einander,  wie  man 
diess  so  oft  hineingelegt  hat,  sondern  nur,  wie  oben  be- 
merkt, das  Zeitverhältniss  ziiisrhen  Nomen  und  Verbum 
vom  Stanilpnnkte  des  Redenden  aus  betrachtet.  In  die- 
ser Hinsicht  befinden  sich  gute  Bemerkungen  in  der  Schrift 
von  Fritücli,  auf  die  wir  verweisen.  Nicht  billigen  kön- 
nen wir  es,  wenn  es  g.  167.  A.  h  heisst,  „da  die  vollen- 
dete Thätigkeit  gewiss  sei,  so  stehe  das  Perf.  auch  wohl, 
um  künftige  Dinge  als  gewiss  darzustellen."  ^'ielmehr 
stellt  der  Redende  in  diesem  Falle  das,  was  eigentlich 
noch  geschehen  soll,  in  der  Lebendigkeit  seiner  Einbil- 
dungskraft als  schon  eingetroH'en  dar.  AVir  wenden  uns 
nun  zu  den  Modi.  Frilsch  unterscheidet  drei  Modi,  den 
Indicativ,  den  der  Anscbauung,  der  Erscheinung,  ilen 
Conjunctiv,  den  des  Gedankens,  der  ^"orstellung ,  den 
Imperativ,  den  des  Gewollten,  des  Begehrten.  Auch  beifihm 
spukt  das  mit  Recht  von  Hermann  zurückgewiesene  Vor- 
urlheil ,  der  Opt.  im  Griech.  sei  der  Conj.  der  histori- 
schen Zeiten  —  ein  seltsamer  Irrthum,  der  am  schla- 
gendsten iliirch  die  Formation  widerlegt  wird;  denn  der 
Conj.  verlängert  den  Tempusvocal  {ktyo/-iCf  Xiyioj^ev), 
wogegen   der  Opt.  ein  t  einfügt  (kiyoiuev).     Vgl.  nieinr 


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griech.   Gramm.      Wir  sehen    keinen   Gninil   ron  <ler  Er- 
klärnn^    der  Moili,     des  Ind.    als    des    der   Wirkliclikeif, 
des   Conj.   und  0]it.   als  der  iler    Mirklirlien    und    gedach- 
<en  Müglichkoit,     des   Imi[>.    .tIs    des  des  AVniiselics  abzu- 
gehen.     Vgl.   meine   obei]genann<e  Schrift  S.48.      Fritsch 
glaubt  dieses  dadurch   zu    «iderlegen,    dass    er    bemerkt, 
das  Verhältui-s    iler  llliiglicIiLeit    «erde    in    der    Sprache 
auf  andere   Meise  ausgedrückt.      Aber,  sage   ich  (juid   fa- 
ccrcm ,     SU    wird    dem  Ich    das  Thun    als   möglichem  eise 
xukoniniend   gedacht,   eine  Beziehung,    die  auf  keine  an- 
dere  AVeisc,    durch    keine    andere  Form   dargestellt   «er- 
den  kann.       (Juid    facere  jiossum   wäre :    welche  FiiltigJceit 
habe  ich  in  liezitg  auf  das   Thun^    AVcnn  Fi-i/sth  S.  '2S 
lueint,   in   ilem  Satze:   dulent  fortasse  et  aiiguntur  sei  nicht 
Ton   AVirklicIikeit,  sondern  nur  von  IMoglichkeit  die  Rede, 
so  kann    diese   IMcinung    nur    auf   eine  ollenbare   Begrills- 
reriiechsliMig    sich    stutzen;     das  Schnicrzempliuden    wird 
allerdings  als  Wirklichkeit  dargestellt,  doch  zugleich   mit 
dem  Zweifel,  da   die   Behauptung  der   Wirklichkeit  nicht 
ausser    allen  Zweifel    gesetzt    ist  —   zwischen    der    ange- 
nommeneu,  aber  noch   bezwcilelten  Wirklichkeit  nud  der 
blossen  3Iügliclikeit  ist  noch  ein  grosser  Unterschied.     Wir 
»■erw  eilen   hierbei   nicht  langer,     da    wir    hier  nur  immer 
ähnliche    31issferst<'indnisse    aufzudecken     haben     würden. 
Darin  hat  Fritsch   entschieden  Recht,   dass  die  Modi   nur 
die  Art,   wie  der   Redende  die   Tliiitigkeit  auffasst,   nicht, 
wie    sie    wirklich   ist,    darstellen   —    was    man    leider    zu 
oft  übersehen   hat   — ,    aber  seine   AViilerlegung  der  oben 
angegebeneu    Bedeutungen    der    3Iodi     ist    ganz    verfehlt, 
und    seine  Definition    weicht   auch   im   Grunde   ron  jeuer, 
recht   verstanden,    nicht  .sonderlich  ab.       Ivehreu   wir   nun 
zu  AV.   zurück,  so  stellt  dieser   neben  die   geuaunfen  drei 
3Iudi    noch    den    conditionalis ,     ilcr     ein    Angenommenes, 
dessen   Verwirklichung    nicht    erwartet    wird ,     bezeicliue. 
Besser    w.lre    hier    geradezu    der    ganze    griechische  Opt. 
herübergenommen ,     der    eine     ohne    Beziehung    auf     das 
Wesen   des  Subj.    bloss    subjectiv    angenommene  flliiglich- 
keit    bezeichnet.    —     Von  jj^.    100  an    wird    von   der   Be- 
schafTcnheit    des    einfachen  Satzes    gesprochen    und    zwar 
werden  hier   unterschieden  die   Affirmatioii  ,  die  Negation 
und  die  Frage.      Wir   kiinnen  dieses   keineswegs   billigen, 
auch    die   Erklärung  der  Frage  als  des  Schwankens  zwi- 
schen Affirmation   und   Negation    nicht    anerkennen.      Der 
negative  Satz   behauptet   eben   so   bestimmt,    als    der  affir- 
mative; der  Lntersihied   besieht  nur  darin,  dass  im  erstem 
daj  Pradicat  verneint   wird.    Beide   sind   beliauptender  Art, 
wogegen   die  Frage  schwankenil    und    uugewiss   ist.      Wie 
bei  den   negativen  S.'itzen  W.  mit  Recht  die   unterscheidet, 
in  welchen  nur  ein  einzelnes  Wort,   und  die,   in  welchen 
der   Nerv  des  Satzes,   das  Prüdicat   negirt   wird,    so   hätte 
auch   unterschieden   werden  sollen   die   Frage,    in   der  ciu 
einzelnes    Wort,    und    die,    in    welcher    das    Pradicat    in 
Frage   kommt.      A'ergl.   Quid  dfcani?,     wo    nur    das    If^aa 
ungewiss   ist,   und   nuni    negare   audes?   ?ieben   den   Sat/eii, 
in   welchen   das   l'rSdicat  bestimmt   behauptet   wird,   sei   es 
als   wirklich,  oder  als  miiglicii ,   oder  als  gewünscht ,   oder 
2)   in  die   Frage   fallt,   niusstc  ilritteiis  hier  noch  die  ora- 
tio oblii]iia  angeführt  werden,    welche    das   Pradicat  nach 
der  Ansicht  eines  Andern  dem  .Subj.  beilegt.     Hier,  nicht 
weiter  unten,    fast    am  .Schlüsse    der    ganzen  Santax  war 


ihre    cigentliünillche    Stelle,    wo    denn  freilich    die  oratio 
obliijna  der   /usaminengesetzten  Satze    erst  bei  diesen  be- 
handelt   werden    konnte,      jij.   2U(),   Ö-   wird   bemerkt,  aus 
dem   Gebrauche    von    nos    für  ego   erklare  sich  der  alter- 
thümlichc   Ausdruck   mcritii,  praeseutc   nobis,  eine  Erklä- 
rung   die     wir  keineswegs   billigen    können.     Wo,    fragen 
wir,   zeigt  sonst  die  Sprache,  dass   ein  einfaches   mit  dem 
einfachen   Nomen   verbundenes  Adj.  sich    nach  dem  Sinne 
des    Nomens,     nicht    nach     der    Form    desselben    richtet? 
Absente,  pracsente  sind   hier   oHenbar   nach   Art  der  Prä- 
positionen gebraucht,   wie  clam,  coram   u.a.     Was  gleich 
darauf  (S.   2'-'7)  sich  findet,    dass    die   Dichter    bei  zwei 
A<ljec(ipeii     eine  I  Vertauschung     der    Beziehung    eintreten 
und   zuweilen   ein  Attribut  statt  auf  eine  Person  auf  einen 
Zustand   derselben    beziehen    sollen ,    ist    wenigstens  niclit 
klar   genug  ausgedruckt,   um   ein  sehr  gangbares  fllissver- 
•sfandniss    zu    vermeiden.      Die    Sprache    kann   nicht  will- 
kürlich die  Formen   mit  einander   vertauschen,  siedrückt 
immer  den   Gedanken   ganz,   wie   er  erscheint ,  aus.    Dich- 
ter pflegen  aber   gerade    oft   eine  ganz    andere  Beziehung 
des   Adj,   sich    zu    denken,    als    ivie  die    Prosa.      So  wird 
man   in   Prosa  sagen   regina   demens    ruinas  parabat;     dem 
Dichter  aber    ist    es.  hier    mehr    um  die   Ausmahlung  der 
ruinae   zu  tliun,   in  denen  sich   gerade  der  Sinn    der   Kö- 
nigin spiegelt,    und    er  setzt    daher  sehr  bezeichnend   de- 
mentes ruinas.      Die   Lehre  vom   Gebrauche    der  Epitheta 
bei  den   römischen   Dichtern   ist  ein  Gegenstand,  der  trotz 
seiner  überaus   grossen   Wichtigkeit    bisher    gar   zu   wenig 
bearbeitet    worden    ist.       Wie    viel    ist  hier  im  Einzelnen 
noch   zu  thun  !      Wir   erwähnen  nur.  eiiien   Punkt.      Wenn 
ein  Noiu.  mit  einem  Gen.   und  jeder  von  beiden  mit  einem 
Epitheton    verbunden    steht,    welche   Stellung    wählt  dann 
der   Dichter?     Die  Erörterung    dieser    Frage    auf   Horaz 
allein   beschrankt,   wiirde  Stolf  zu  einer  interessanten  Aus- 
führung  werden.       Mir  geben   nur  ein  paar  Beispiele  aus 
den   Oden:  I,   31,  3  f-   opimae  Sardiniae  segetes  feraces , 
II,  .],    t.'i   f.   breves  (brevis?J   flores   nmoenac   ( amoeuos  ? ) 
rosae,  III,  4,    15   f.    arvum   pingiic  huniilis  Torcnti ,  das. 
3  t   f.     urentes    arenas    litloris    Assiirii,  III,  3,  fi.   fulmi- 
nantis   magna  manus  Jovis  (Jovis   manus?j,   das.   2j  f-  La- 
caenae    adulterae    famosus    liospes   u.  s.   w.       Die    neueste 
Zeit  hat   uns   in   Bezug    auf  den   Gebrauch   der   römischen 
Epiker   eine  sehr  fönlernde  Schrift  gebracht;   wir  meinen 
das  /leissig    und    mit  grossem   Geschick    gearbeitete  Buch 
von  Prof.  Jacob  (in  SchulpJ'oita)    ,,  cjuaestiones    epicae" 
(lfs39).      §.   2()3.   Anin.   wird   bemerkt,  dass,   obgleich  der 
atfributire    Ausdruck    durch    ein    hinzutretcmles  Adj.   und 
einen   Genitiv    sehr   nahe   liegen,    sie    doch    dadurch    ver- 
schieden seien,    dass   im   Gen.  immer  ein  selbststaiidiger , 
nur    für    ileu    einzelnen  Fall    attributiv    gesetzter  Begrid', 
im   Adj.    die    bleibende,    unselbstständigc  Eigenschaft    er- 
scheine.     Dieses    scheint    uns    nicht    bestimmt    genug    ge- 
lasst.    Der   Gen.  bezeichnet  zwei   Gegeiistamle  als  zusam- 
mengehörend,   wie    domus    regis    das   Haus    des   Kihiigs , 
wogegen     das    Adjectivnm     den   (iegeiistand    von    einer   be- 
stiinnitcu  Seite,   von   einem   IMerkniale ,    einer  Eigenschaft 
aus  betrachtet,   wie   domus  regia  das   Haus,    das   als   ein 
künigliches    sich    darstellt;    im    ersteren    Falle    wird    der 
Gegcustand  durch   einen  andern,    mit  dem  er  in   A'erbin- 
dung  sieht,    von    den  übrigen    unterschieden,    im    andern 


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goll  nicht  sowohl  eine  Uiiterscheidiinff  gtaüfiiKlcn,  als  von 
dem    einzelnen    Gi'fjensfando    eine    Kiijenseliaft     hervorge- 
hoben  wird.    Hier   li.'itic   gleich  angeknüpft  »erden  sollen, 
was  §.   204  A.   2,  3.  folgt.     Die    F<'ille,     in    n  eichen  im 
Lat.   ein  Adj.    steht,    wo    im    Dcntsclien    gewöhnlich    ein 
Gen.  sich   findet,   waren  genaner  anznfiihren  nnd  zn  schei- 
den;   sie    linden    sich    meistens    nur    bei   nom.  propr.   nnd 
bei  Personennamen.      Die  ^  ergleichnng  mit  dem   griechi- 
schen Sprachgebranche,   der  vielleicht  anf  (len  lateinischen 
Einfluss   gehabt,   wie   der  lateinische  so   oft  auf  den  deut- 
schen,   wo    man    es   kaum   mehr  ahnt,    würde    hier    sehr 
lehrreich    gewesen    sein.      L'eberhanpt    dürfte   eine   klare, 
wohlgeordugetc  Vergleichung  des    beiderseitigen  Sprachge- 
brauchs   sehr    nützlich  sich   erweisen,    ein   Lob,    das   »ir 
einem   Versndie  dieser   Art  von   lleidclbera,    „Lehre   lom 
einfachen   Satze   u.  s.    w. "    (Bremen    1837)   nur  sehr  be- 
dingt  geben   können.   —   AVas  ^.  '.'04.   A.    l.   gesagt  wird, 
CS  werde    zuweilen    bei  dem   ^'erh<iltniss    des   Vaters   zum 
Sohne    oder    zur  Tochter    das  lieziehungswort  nicht   hin- 
zugefügt, ist  nicht  deutlich   genug  ausgedrückt.    Diodoriis 
Timarchidi  heisst  der  Diodor  des  Timarchides  l   das   l'er- 
hc'iltniss  des  Sohnes   zum   Vater    ist  in   dieser   Verbindung 
gar  nicht  bezeichnet  und  wird  bloss  von  uns  hinzugedacht. 
Fälle,  wie   Ilectoris   Androniache,  durften   hier  nicht  feh- 
len.     Die   Ableitung   der   Bedeutungen    des   Gen.   aus   f/cr, 
dass  er  einen  tii.'itigen   Gegenstand   darstelle,    können   wir 
nJtht  billigen.     AVir  linden   ganz   und  gar  keine  Verschie- 
denheit der  Bedeutung    in  maiorum    inventa   und  corporis 
dolores;    ebenso   wenig  im  erstem,    als  im    letztern  Falle 
soll  die   Thlitigkeit  dargestellt    werden ,    sondern    nur  das 
Zusammengehören,  die   \'erbindung.     Vergl.   meine  mehr 
genannte    Schrift    S.  4ß  IT.,     10  I   f.      Ebenso    wenig    siinl 
wir  mit  der  Unterscheidung  eines  passiven  Genitivs  (§.211.) 
einverstanden,    wie  wir   es   überhaupt    missbilligen,    wenn 
man,    um  liie  Bedeutung  eines  Casus   zu   erklären,    diese 
aus  einem  Satze   herleiten   will,   wie  bonos  petitur,  hono- 
ris petitio;    der  Satz    drückt   ja  eine   ganz  andere  Bezie- 
hung, als  die  Casusform  aus.      g.  215.   A.   5.   genüg*   uns 
mehr,     was    Billroth    g.    144.    A.    3-    sehr    gut    bemerkt 
hat.      Oppiduni   Antiochiae,    ein  Beispiel  aus  Cicero,    das 
nicht  felilen   dnrfic,   heisst  die  Stadt   von  Antiochia,  nicht 
als  ob  Anliochid  die  Stadt   in  sich    schlösse,    sondern  so, 
dass  A.  selbst  den  Begriff  ,S'<«(/<  bildet.    AVas  weiter  A.  6. 
folgt,  auch  der  Gen.  oder  Abi.   der  Beschaffenheit  können 
als  Apposition   betrachtet  werden,    scheint    uns   irrig.      In 
Charisins  multarum  orationum,  Lentulns  scnectutis  extre- 
mae   ist  keineswegs    vir  oder  homo    hinzuzudenken,    son- 
dern das  nom.   propr.    steht    zu    dem   Gen.    in    demselben 
Verhältnisse,     wie    in    vir    mitis    ingenii ;    der  Mann    und 
seine  .Milde,   Charisius  und  seine  viele  Reden,    Lentulus 
iitid  sein  Alter   »erden   in  derselben  Zusammengehörigkeit 
gedacht.      Was    den   Unterschied    zwischen  ihic,    ille   und 
iste   (§.   221.)   Iietrifft,    so  haben   diese   nirgendwo   eigent- 
lich räumliche   Bedeutung,    sondern   diese   wird   höchstens 
von  nns   hineingelegt,    nnd    sie    bezeichnen    nur    die   Art, 
wie  die  Gegenstände  von  dem   Denkenden  als  seinen  Ge- 
danken näher  oder  ferner  liegend   aufgefasst  werden.     So 
heisst  hie,  qui   adest,   Crassus  nicht  der  mir  {körperlich) 
nahe  seiende,  gegenwiirlige  Crassus,  sondern  der  meinen 
Gedanken  ganz  naheliegende ;  dieses  den  Gedanken  Nahe- 


liegen   kann    freilich    im    einzelnen    Falle    in    dem    wirk- 
lichen Wahesein    begründet    sein.       Was    die   Formen    der 
Indcfinita    (jnac    und    qua  nebeneinander    betrifft,    so  hält 
AV.  g.  223.  A.  1.   ijuac  für  die  ältere,   qua  für   die  neuere 
Form,    während    man  gewöhnlich    quae  zu   quis,    qua  zu 
qui    z^ihlt,    gerailo     umgekehrt     aber    Billroth    S.   2(i3  f. 
verfährt.      AVir  stimmen   am   liebsten   AV.   bei,  so   dass  qua 
häufig   adjertivisch    da    steht,    wo    auch    qua©    am   Platze 
wäre,  nur  mit  dem   Unterschiede,    dass    qua  leichter  ist, 
woher  es  auch   gerne  an   si,    num   n.   a.    sich   anschmiegt. 
j\ach   A.   (j.     das.    soll    aliquis ,    nicht   quis   nach   si ,    nisi, 
sin,   ue  in  Nebensätzen  stellen,    ,,wenn   zugleich   das   Da- 
sein   berücksichtigt    oder    ein    Gegensatz    gedacht   wird.'' 
AVir  möchten    den    bezogenen   Gebrauch    des    aliquis    und 
quis   mit  dem   des  deutschen    iri^end  einer    und   einer  ver- 
gleichen (wenn  einer  oder  irgend  einer,  dass  nicht  einer 
oder  irgend  einer');  crsteres  hebt  hervor,  dass  es  auf  die 
eigenthümliche    Beschaffenheit    nicht    ankomme,     sondern 
jeder,     wie    auch   immer   beschaffene   Gegenstand   der   Art 
genüge.      So   wird    in    si   est  aliqui  sensus  in  mofte   prac- 
i'larorum  virorum  keineswegs   atigedeutet,     dass    die  Em- 
pfindung   wohl    stattfinde,     sondern  ilass   jede,    wie    auch 
immer  beschaffene  Empfindung,    wie   gering  sie   auch   im- 
mer sein    möge,     gemeint    sei,     in    si    aiiqnid    Pompeius, 
inultum  Caesar  remisisset  durch  aliquid    nicht  der   gerade 
Gegensatz  hervorgehoben,  soiwlern,   wie  unbedeutend  auch 
immer  das   hätte  sein  mögen  ,   was  F.   nachgegeben   hätte. 
$5-   228,  7   wird  sestertium  nicht,   wie  es   gewöhnlich  der 
Fall,  als  jVomen  Collectivum   erklärt,  sondern   richtig  be- 
merkt, dass  sestertium   eigentlich   Gen.   sei,  abgekürzt  aus 
niille    sestertium  ,     den    man    aber    irrig'  als   Neutrum  gc- 
noiiimcn.      Es    gehört    dieses    zu    den    Abnormitäten     der 
Sprachen,    von    denen    ich   einige   in   meiner   AVortbildung- 
S.    187  f.    zusammengestellt    habe.       Aehnlich    sind    auch 
die    später    aus    den    Ablativen    hervorgegangenen  Städte- 
iianien,  wie   Urbesalvia,   Trallibus,  Curibus,   worüber  Lo- 
beck paralip.    gramm.    graec.    p.    144.     Vgl.   Becher  ansf. 
deutsche   Gramm.   I,   22 j.      Dass    ebenso    auch  sestertium 
im   Sing.,  statt  centena  niillia  sestertium,    entstanden  sei, 
nicht  durch   ein  ausgelassenes  pondus,    scheint  unzweifel- 
haft.     AVir    wollen    uns    in    unseren    Bemerkungen    beim 
driften   Cap.   etwas   kürzer  fassen,    da    »vir    eine    vollstän- 
dige Darlegung  alles  dessen,     worüber    wir  verschiedener 
31ciiiung    sind,     nicht    unternehmen    können.       Von    dem 
eigentlichen    Abi.    als    Casus    des    Woher    wird    hier    der 
Locativ  und  der  lokative   Ablativ    syntaktisch    geschieden, 
worüber   wir    der  Kürze    halber    anf  Michelsen's   ,,Ueber- 
sicht  des  Studiums  der  lat.  Gramm."   verweisen,   wo  gerade 
diese   Neuerung    bei    fl'eisseniorn    besonders    hervorgeho- 
ben  wird.    Die  Grünile,   welche   uns  abhalten   einen   eige- 
nen Locativ  anzunehmen,   da   gerade  der  Dativ  der  eigent- 
liche Casus   des  Wo   ist,   werden  sich   aus  unserer   genann- 
ten Schrift  ergeben  ,    auf  die   wir   hier  verweisen  müssen. 
Der  Acc.  stellt  dem   Abi.   geradezu   entgegen,   er  ist  des- 
sen  gerades   Gegenfheil  (Vgl.   a.  a.   O.   S.  4.jf.),   und  wir 
können  mit  AV.    nicht    übereinstimmen,    wenn    er  .S.  303 
nur   den   Acc.   in  äusserer  Beziehung  dem  ALI.   entgegen- 
gesetzt glaubt,      g.   2.SÖ.   A.    1   heisst  es,     bei  ilen  Komi- 
kern und  Nepos   werde   erga  auch  in  feindlicher  Beziehung 
gebraucht,    wodurch    mau   leicht   in  den  Irrthuni  geführt 


1031 


1032 


urerden  küniiie,  rrga  iiphine  hier  illc  Bodriiiun^  von 
contra  an.  Kr^a  bczeirhnrt  ci^piitlirh  das  Iliiiätreben 
auf  einen  Punkt  hin,  ohne  zu  bestimmen,  ob  dieses 
freundlirher  oder  foinilliclier  Art  ist.  Der  Gebrauch 
.iteiltc  aber  die  Sache  so,  dass  es  meistentheils  nur  im 
erstem  Falle  gebraucht  ivard,  tvodurcli  aber  der  andere 
nicht  gfanz  ausgeschlossen  naril.  In  der  Pr.'iposition  — 
diess  niuss  man  festhalten  —  üffft  weder  das  eine  noch 
das  andere,  «enu  auch  wir  immer  eins  von  beiden  hin- 
zudenken. §•  2SS.  A.  o  Herden  die  Ausdrücke  ante 
diem  mit  beigefügter  Zahl  und  den  Idus,  Calendae  oder 
Nunae  so  erklärt,  dass  ante  zu  den  letzteren  ei;i;entlich 
«fehöre,  wie  ante  die  (]narto  Idus  für  die  (juartn  ante 
Idus,  eine  Erklärung,  die  durch  die  neueren  Gramma- 
(iken  durchgeht,  iler  man  aber  nur  darum  Eingang  ge- 
statten konnte,  »eil  man  an  einer  anderen,  besseren  ver- 
zMcifelte.  Ante  dies  ist  ein  Ausdruck,  der  fast  zu  einem 
Worte  zusaihmenschuiolz  in  dem  Sinne  der  Tag  vorher \ 
»o  ist  also  ante  4lie  quarto  Idus  am  vierten  Tag.?  vorher 
(Vorher- Tage)  in  Bezug  auf  die  Idus.  Gevtohnlich  fin- 
det sich  der  Zeitaccusativ  diem.  Aus  dem  Gesagten  er- 
klären sich  auch  Ausdrucks»  eisen ,  »vie  in  ante  diem 
tertium  !Nonas ;  ganz  abuorm  sagte  man,  indem  man  den 
Acr.  ante  diem  adverbial  fasste,  auch  ex  ante  diem.  Die 
l'ermuthung,  dass  pro  in  dem  Ausrufe  vielleicht  aus  per 
oh  entstanden  sei  {§.  'i''*).  A.  3),  verwerfen  wir  ganz 
«lud  gar;  mögen  das  gewiihnliche  und  das  betheuernde 
per  ursprünglich  dasselbe  gewesen  sein  oder  nicht,  ein 
pro  konnte  eich  von  beiden  bilden,  wie  auch  im  Griecb. 
Uu-0  (vgl.  zieo  i.  Tiao-d^  Trp-o-ri  ,  7io-6g).  Dass  das 
pro  des  .Ausrufs  den  Vocal  lang  hat,  ist  sehr  natürlich, 
da  wir  im  Ausrufe  gewöhnlich  zu  dehnen  pflegen.  Das 
liber  die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Dativs  Gesagte 
bitten  wir  mit  unserer  Schrift  .S.  44,  I  10  f.  zu  verglei- 
chen. Wenn  §.  2VIS.  A.  2  behauptet  wird,  von  den 
Dichtern  werde  auch  wohl  geradezu  der  Dativ  für  den 
Acc.  des  Ziels  gesetzt,  so  hätte  liier  doch  auf  die  ver- 
ächieilene  VorstelliingSHeise  in  beiden  l'i'illen  aufmerksam 
gemacht  werden  sollen;  orco  dcmissus  ist  liinal/gesilndt 
»0  daHS  er  im  Orkus  ist;  es  wird  also  hier  das  erreichte 
Ziel  der  Bewegung  aufgefasst.  S.  a.  a.  ().  S.  .3'l  ff.  lieber 
den  Unterschieil  des  Inf.  vom  Abstractum  (§.  .iVi.)  das. 
.S.  :22.  Den  Are.  mit  dem  Inf.  erklärt  W.  mit  Becker 
so,  dass  sowohl  der  Inf.,  als  auch  der  Are.  als  Objecte 
vom  1'erbum  abhängig  seien  —  eine  Deutung,  die  unter 
anderen  auch  in  Kiiliner's  griechische  (irammatik  über- 
gegangen ist  und  ilort  mannichfache  Irrthümer  hervorge- 
bracht hat.  Diese  Erklärung  wird  auf  das  Schlagendste 
durch  Falle  widerlegt,  wo  der  Air.  mit  dem  Inf.  nicht 
als  Objecf,  sondern  als  Siibject  steht,  wie  in  constat  ad 
salutem  rivium  leges  es<e  inventas,  wo  weder  der  Inf., 
noch  der  Acc.  von  constat  abhängig  sein  küiinen.  Diess 
hat  richtig  Uilli  nth  (S.  JOi)  erkannt,  der  den  Acc.  als 
Acc.  der  Beziehung  zum  Inf.  gehörend,  darstellt.  Ulan 
hat  auf  sonilerbare  AVeise  zu  erklären  gesucht ,  wie  eg 
komme,  dass  auch,  wo  iler  Inf.  Subject  ist,  das  Nomen 
■tatt  im  >'om.    im   .Are.    stehe;    alle    derartigen,  unglück- 


lichen Versuche  die  grundfalsche  Berkerscho  Erklärung 
des  acc.  cum  iiif.  zu  stutzen,  zeigen  sie  um  so  deutlicher 
in  ihrer  Unhaltbarkeit.  Die  Beispiele,  die  W.  g.  31t). 
A.  3  beibringt,  sind  anders,  als  er  glaubt,  zu  erklären. 
Facturum,  nupturum,  esse  oratuin  sind  Infinitive,  zu  ver- 
gleichen mit  dem  Supiniim,  und  daher  ist  hier  an  keine 
Uebereiiistimmung  in  Hinsicht  lies  Geiins  nud  Numerus 
zu  denken.  So  illi  polliciti  sese  facturum  ouinia,  sie  ha- 
ben verspi-ochen  das  Thun  von  Allem  in  Bezug  auf  sich; 
facturum  ist  keineswegs  Acc.  von  facturus,  sondern  Acc. 
des  neutralen  Inf.  facturum.  Am  sonderbarsten  erscheint 
noch  der  Acc.  beim  Inf.  esse,  wie  esse  piicrum,  dasSein 
in  Bezug  auf  die  Wesenheit  eines  Knaben  ( §,.  3'2ü ). 
Eine  Auslassung  des  esse  ist  nie  anzunehmen  (das.  A.  2), 
wie  in  dccumas  vcndendas  rensuerunt  sie  machten  einen 
Beschluss  in  Bezug  auf  den  zu  verkaufenden  Zehnten. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Erlangen.  Den  28.  August  d.  J.  fand  die  Preisveithei- 
Inng  bei  der  König).  Studicnanstalt  statt:  die  Einladung  an 
Gönner  und  Freunde  der  Jiigendbildnng  erfolgte  diuch  ein  Pro- 
gramm, welches  den  Jahrbericht  von  der  gedaclitcn  Studicnan- 
stalt enthalt  und  eine  Abliandbing  des  Prüf.  dT  diiltcn  Classe 
lies  Gymnasiums,  Hrn.  Schäfer,  über  die  Aufgabe  dos  Ucber- 
setzi'iis.  Der  Hoctor  der  Sliidicnanslalt  ist  der  als  Pbilolog  be- 
kannte und  geehrte  Dr.  J.  L.  C.W.  Dödcrlcin,  zugleich  ordentl. 
Prof.  bei  dcrK.Univcrsit.il.  Die  Studicnanstalt  böslelit  aus  dem 
Gyni  nas  i  II  Ml ,  bei  «elcbcin  ausser  dem  Rccior  aclit  Lehrer 
angestellt  sind.  Prof.  Schiifer,  Lehier  der  .1.  Classe^  Prof. 
/iinniermann,  Lehrer  der  2.  und  1.  Classe,  Prof.  Glasscr  fiir 
die  Mafhemalik  ,  Puchta,  Repetent  bei  dem  tlieol.  Ephorat 
und  Privatdocent ,  fiir  Religion,  Hofniann,  Licent.  der  Theol. 
und  Repetent  bei  dem  theolog.  Ephorat,  ITir  Gescbiclite  und 
hebräische  Sprache,  Iliipfclu,  für  die  französische  S|prachc, 
Lcikaiif,  für  Gesang,  Küster,  für  die  Zcicbnenkiinst.  Bei 
der  lateinischen  Schule  .sind  sieben  Lehrer  angestellt. 
Dr.  Rücker,  Lehrer  der  4.  Classe,  der  zugleich  den  Religions- 
unlcrricbt  irlheilt,  Dr.  Seh  niid  l ,  Lehrer  der  3.  Cl.,  Dr.Bayer, 
Lehrer  der  2.  und  Dr.  Cron,  Lehrer  der  1.  Cl.,  Lcikauf  und 
Küster  wie  oben  angegeben,  und  Scluillehrcr  Geislcr  für 
Kalligraphie.  Das  Gymnasium  hat  dermalen  .33  Schüler  ,  die 
lateinische  Schule  60.  —  Die  Abhandlung,  weiche  das  Programm 
enthalt,  ist  von  dem  Sohne  des  verdienstvollen  Prof.  Schäfer 
in  Ansljach,  der  ganz  in  die  Eusstapfen  desselben  in  Hinsicht 
der  Wissenschaft  geirrten  ist,  mit  Gelelirsaiukcit  und  Gründ- 
lichkeit ausgeschmückt,  und  vorzüglich  gegen  die  Abhandlung: 
S  e  hie  icr  in  a  che  r  über  die  verschiedenen  Methoden  des  L'eber- 
setzcns  (vorgel.  den  24.  Jan.  181.3.  .-.bgcilr.  in  <lcn  Abb.  der 
phil.  Classe  der  K.  Akad.  der  Wissenschaften  in  Berlin  1816. 
S.  143  —  172)  gerichtet :  worüber  der  Verf.  des  Programms  be- 
merkt, dass  sie  Grundsätze  und  Resultate  enthalte-,  zu  welchen 
den  Verf.  der  Gang  seiner  Untersuchung  geleilet  habe,  die  so 
aiiflallnnd  und  unnatürlich  wären,  dass  die  Abhandlung  als  einer 
von  den  vielen  Deweisen  gelten  könne,  wie  selbst  scharfsinnige 
und  consei[uentc  Denker,  wenn  sie  einmal  in  einer  bestimmten 
Praxis  befangen  wären,  und  diese  systcinalisch  rechtfertigen 
wollten,  ihr  Verstand  den  Liebesdienst  der  'rriigschlüsse  nicht 
zu  versagen  pflege.  —  Docji  Satis. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terth  LI  ms  wissen  Schaft. 


Sonntaffy   27.  October 


18  39. 


Nr.  129. 


Laieinisclic  Schulgranimatik  von    IV.    Weissenborn. 
(Bosch  In  SS,) 

Was  §.  321.  gpsagt  ist  ron  der  üinwandlung  einer 
activen  Structur  eines  verbum  lU-ilarandi  in  eine  passive, 
häUen  wir  liclicr  weggewiinsrht ;  ilurrli  solche  Bemer- 
kungen wird,  nie  man  täglich  sehen  kann,  die  Einsiclit 
in  das  AVesen  der  Sache  nicht  gefördert  und  meistens 
nur  dem  todten  Regelkram  und  einer  leeren  Manipula- 
tion Vorschub  geleistet,  die  zu  bekämpfen  die  heiligste 
Pflicht  der  neuern  Grammatik  ist.  Gerade  der  Verf. 
wird  uns  diese  Bemerkung  um  so  weniger  verübeln,  je 
mehr  wir  überzeugt  sind,  dass  er  stets  bestrebt  ist,  über- 
all freie  und  tiefe  Einsicht  zu  verbreiten.  Das  über  das 
Supinum  und  Gerundium  Gesagte  übergehen  «ir  und 
bemerken  nur,  dass  hier  das  hinzuzufügen  ist,  was  wir 
oben  zu  g.  3l().  A.  .{  gesagt  haben,  g.  331.  A.  1  heisst 
es,  beim  subst.  Objecte  würden  Gegenstände  auf  die 
•Thätigkeit  bezogen,  beim  adverbialen  nicht.  Das  Ad- 
verblum  bezeichnet,  wie  beschallen  die  Handlung  ist, 
gibt  der  Handlung  die  genauere  Art  und  Weise  zu,  mo- 
diiicirt  sie,  wogegen  beim  subst.  Objecte  nicht  die  Hand- 
lung selbst  uiodilicirt,  sondern  nur  angegeben  wird,  mit 
welchem  Gegenstände  die  Handlung  in  Berührung  ge- 
kommen. So  heisst  diligenter  scribere  sclireiben  auf  eine 
/leissige  H  eise;  es  geht  dieses  in  eine/i  Begriff  über, 
wogegen  summa  diligentia  scribis,  du  übst  die  Handlung 
des  Schreibens  mit  allem  Fleisse ;  es  wird  der  Fleiss  als 
an  der  Handlung  des  Schreibens  sich  erweisend  darge- 
stellt. Was  g.  34lJ.  von  der  Ellipse  des  Beziehungs- 
wortes gesagt  wird,  können  wir  nicht  billigen.  Selbst 
in  Di  meliora  (nicht  sc.  dent,  sondern  ihr  Glilter,  Bes- 
seres !  bloss  als  Ausruf),  Di  istos  (nicht  sc.  perdant,  sondern 
«Ar  Gatter,  auf  jene  los,  ähnlich,  wie  etwa  nach  Korn! 
zurück!  a.  s.  w.)  ist  keine  Ellipse  anzunehmen,  auch 
nicht  in  sprichwörtlichen  Redensarten,  wie  fortes  furtuna, 
für  Starke  das  Glück.  Am  allerwenigsten  gehurt  ilas 
Beispiel   manum  de  tabula  hierhin. 

Der  zweite  und  letzte  Abs<liiiitt  behandelt  die  Sjntax 
des  zusammengesetzten  Satzes.  Hier  werden  zwei  Arten 
der  Satze  unterschieden,  1)  beigeordnete,  die  in  ihrer 
Würde  einander  gleich  und  nur  <lazu  nebeneinander  ge- 
stellt sind,  um  sich  zu  erweitern  und  zu  beschränken,  und 
2)  untergeordnete,  wo  der  eine  ein  noiliwendigcr  Be- 
standtheil  des  andern  ist,  und  demnach  werden  zuerst 
Hie  beigeordneten ,     dann    die   untergeordneten   behandelt. 


Wir  können  nicht  zustimmen.  An  die  erweiterten  Sätze 
schliessen  sich  ganz  natürlich  die  Sätze  an,  wo  ein  ein- 
zelner Thell  —  nur  nlclit  das  Prädlcat,  das  nie  umschrie- 
ben werden  kann  —  zu  einem  ganzen  Satze  sich  erwei- 
tert. Diess  ist  die  höchste  Stufe  des  einzelnen  unver- 
bundenen  Satzes.  Nun  können  aber  auch  mehrere  ein- 
zelne einander  beigeordnet  ,  zu  einem  Ganzen  verbunden 
werden,  wonach  es  denn  kaum  mehr  bezweifelt  werden 
kann,  dass  zuerst  die  untergeordneten,  dann  die  beige- 
ordneten .Sätze  zu  bebandeln  waren.  Ein  von  Becker 
herrührendes  Vorurtheil  treffen  wir  leider  auch  hier, 
nämlich,  dass  die  Conjunctionen  immer  Sätze  verbinden 
sollen  und  Satze,  »vie  Caesar  et  Pompelns  venerunt  auf- 
zulösen sein  sollen  in  Caesar  venlt  et  Ponipelus  venit. 
Ich  habe  selbst  früher  «lieser  anmassend  auftretenden 
Ansicht  in  meiner  lateinischen  Gramm.  Eingang  gegeben, 
und  muss  sie  ilarum  jetzt  um  so  entschiedener  verwerfen, 
je  klarer  mir  das  Irrige  derselben  geworden.  Das  Subj. 
kann  aus  so  vielen  Theilen  bestehen,  als  man  will;  es 
kann  so  vielen  Gegenständen  dasselbe  Prädirat  gegeben 
werden,  als  der  Denkende  gerade  mit  demselben  verbun- 
den sich  denkt.  Ebenso  können  einem  Subjerte  mehrere 
Prädicatc  zugegeben,  auch  eins  gegeben,  das  andere 
verweigert,  u.  s.  w.  werden.  Diese  verschiedenen  Prä- 
dicate  und  Subjecte  können  ohne  Weiteres  nebeneinander 
gesetzt  Oller  durch  Conjunctionen  mit  einander  verbunden 
werden.  Diess  liegt  in  der  Sprache  offenbar  vor  und 
Becker's  Ansicht  ist  ein  um  so  schädlicheres  grammati- 
sches Vorurtheil,  je  einllusjrelchcr  seine  Lehre  überall 
werden  zu  wollen  scheint.  Wir  wollen  keineswegs  einem 
so  scharfsinnigen  Forscher  als  Gegner  gegenüberstehen, 
einem  Blanne,  dem  auch  wir  so  mannichfache  Anregung 
verdanken  —  aber  das  Irrige  müssen  wir  um  so  mächti- 
ger abwehren,  je  mehr  es  das  Ansehen  hat,  als  wolle 
die  Becker'sche  Theorie  bei  Vielen  in  einen  todten  Sche- 
matismus verfallen.  >ach  dem  Gesagten  ergibt  sich  auch, 
dass  die  Conjunctionen  zuerst  insofern  betrachtet  werden 
müssen,  als  sie  einzelne  Wörter,  nicht  ganze  Sätze  mit 
einander  verbinden  —  diese  Abhandlung  der  Conjunctio- 
nen gehört  zur  Bedeutungslehre.  Der  Verf.  betrachtet 
die  beigeordneten  Satze  l)  in  copulativer  Verbindung, 
'^)  im  adversativen  A'erhältnisse ,  3)  im  disjunctiven  ,  wo- 
bei besonders  die  disjunctiven  Fragesätze  behandelt  sind, 
4)  im  ursächlichen.  Die  disjunctiven  Sätze  hätten  von 
den  copnlativen  nicht  so  sehr  gesondert,  jedenfalls  aber 
gleich  nach   ihnen  behandelt  werden  sollen,  da  sie  eigent- 


1035 


1036 


lirh  nur  eine  nrgatirc  Copiilatlon    ciiiliaHcii ,     indom    das 
Eine  oder  das   Andere  als   cin<rc<pnd   «jeilarlit   wird.     Bei 
der    Eniälinunj;    der    socfenannfen    Fi^nr     tr    i)it'.    Svoiv 
(g.  344.  A.   3)     hätte    lier    Unfersiliied    der    ■»'orsfelhinnf 
ZH'iscIicu   dem  deufsc  iien  nriil   lateinisclien  Sprarln;el)raU(lic 
genauer   liermr^pliubi'n    »erden   sollen.       Sajjt    der   Römer 
piratae    ra(itii  iijiie ,      so     iiill    er    dieselben   Personen    nach 
den   Leiden   Arten   ihrer  Lrscheiniing   uns   lebendig  vorfüh- 
ren  —   sie    sind    Sceninber    und    znjjleicli   Gefangene   — , 
»ojegen   im  Deutschen    gefangene  Seeräuber    das   Gefan- 
geusein  nur  als  etivas  Untergeordnetes,  als   ein  Acbenzng 
erscheint.      Wir  sagen    die   Lunge    der    Zeit,    indem   «ir 
bloss   die   L.'inge   hervorheben   und  nur  zur   genaueren  Be- 
stimmung den   Gen.    beifügen ,     der   Römer  dagegen   lon- 
ginquitas  et  dies    die  Liinge    imd    die  in  ihr  verlaufende 
Zeit.     Ve ,    nicht  verwandt  mit  vel ,    sondern   gleich   dem 
indischen   va   (|^.  3.j8,  4),  bezeichnet  Beides   als   den  Ge- 
danken  gleich   naheliegend,  so  dass   der  Redende  Keinem 
den  ^'orzug  gibt;   hier   können  nun  der  AVirklichkcit  nach 
entweder  Beide  oder  Eins    als  bestehend   gedacht   werden 
—   eine   Andeutung  des  letzteren   Verhältnisses    liegt  kei- 
neswegs  in   iler  Conjuuction.       Demnach    ist    zu    berichti- 
gen,   was   W.    sagt:     „Oft    aber    ist    die    Andeutung    der 
Eutgegenstellung  so  schuach,   dass  wir   es  kaum   von  quo 
unterscheiden    können."      Im   Gedicht    der    arval.   Brüder 
lesen   wir   nc   ve  luer  vc  marniar;    gewöhnlich  theilt  man 
at>  ncve  luerve   niarmar,   erklärt  luerve  als   Acc.   für  luer- 
vem    (nirgends    anf   der    ganzen   Inschrift    fehlt    sonst  m), 
und   marniar    als   Voc.    für  3Iars.      Ich    deute    mit    voller 
üeberzenguug  ne    luenive,     nioriemve ,     so    dass    die    alte 
Spraclie   das   ve   vorsetzte,      g.   .'J(jl.    A.    1    ist  die   einfache 
Sache    die ,     dass    nam  häufig  auf  einen   nicht  ausges()ro- 
chenen ,     dem   Redenden    aber    klar    vorschwebenden   Ge- 
danken sich   bezieht  —   eine  Bemerkung,     die    wir    auch 
sonst   iu   der  Sjwache    vielfach    zu    machen    haben.       3Iau 
denke   an  den   Gebrauch  der  31iittcrsi)raihe   bci_/rt,  also, 
denn  a.  s.   w.     iSam  steht  so  auch    häufig    in  der  Frage, 
wie   unser  denn-      AVir    gehen    nun    zu   den   untergeordne- 
ten Sützen   über,    die  der  l'erf.   unterscheidet  in   Attribu- 
tiv-,   Objccfiv-   und   Snbjectivsätze ,     und    bei   den   Objec- 
tivs.'Kzen    werden  besonders  bebandelt  Acrusativsatze   (I.  er- 
gänzende,   und    zwar   der   Wirkung,   Folge,    Absicht,    des 
Inhalts  und  Gruiiiles,  indirecte  Fragsäfze,   II.  bestimmende, 
uml    zwar   der   Verglcichuug,    iler   Zeit),   Ablativsatzo   (der 
Zeit,    der   Bedingung,    der  Coucession).      Eine   besondere 
Behaudlnng  der  üubjectsätze  sucht   man    vergebens.      Am 
ungezwungensten    sind    die   Satze    zu    theilen    in   .Substan- 
tiv-,   Adjectiv-    und   Adverbialsätze.    Die  leichteste  Erwei- 
terung zu   einem  Satze  ist  der  Adjectiv-   oder  P-elativsatz, 
der  aber  auch,   »vie   das   Adjectivum  selbst,   zum  Siibstan- 
tiviim  erhoben   werden   kann.      Dann  folgt   der  Siibsfantiv- 
satz,     bei     dem   die    Untcrscheidunj;    in   Siibject-    und   Ob- 
jectsatz    nutzlos    ist;     freilich     muss    die    Satzlehre     auch 
dessen   A'erwenduiig    zum   Objecto    nachweisen,     aber    ein 
eigenthümlirher     Unterschied     ist    hierin     keineswegs    be- 
gründet.     .Subjectiisatze    werden   auch   da   gesetzt,   wo   die 
spatere   Zeit   häufig,     wenn   dieser   Satztheil   sich    nicht   zu 
einem  }>atzc   erweitert  hat,   einen   Casus   mit  der  Präposi- 
tion setzt.      Die   Vcrgleirhungssätzo    ■rehören    aber    nicht 
zu  dea  Substantiv-,   sondern  zn  d*u  Adverbialsätzen,    zu 


denen  auch  noch  die  der  Art  und  Weise  zu   zälilen  sind. 
Wir  möchten  diesen   ganzen   Abschnitt  gern   mit   weiteren 
Bemerkungen  verfolgen,     aber    der    unserer  Benrtheilung 
gestattete   Raum    beschränkt   uns,     da   der   Stoff  uns   unter 
der  Hand  schon  angewachsen  ist,  auf  Einzelnes,     g.  39l.  A. 
wird   bemerkt,    oft  scheine  uns  der  Coiij.   im  Relativsätze 
bloss   gebraucht,      um    die   Abhängigkeit   desselben   darzu- 
stellen,    da    er    doch    eigentlich   ein  aus  dem   Wesen   des 
Subj.    im    IFaiipfsatze    abgeleitetes ,     vom  Redenden    bloss 
vorgestelltes  Älerkmal   bezeichne.      In  Beispielen,   wie  au- 
dite  litteras,  «juas  miserit,  drückt  der  Coiij.   die  Meinung 
des   Andern  aus,   wie   Briefe,  von  denen  ihr  glaubt,   glau- 
ben  niüsst,   dass   er  sie  geschrieben.      Ebenso  (|uando  Si- 
cilia  frumentum  ,    qiiml   deberet  (nach   eurer   Ansicht)  non 
dedit?     Richtig    wird    der    Gebranch    des  Conj.    und   Ind. 
nach  sunt,  qui  n.  A.    |^.  .>y2.   erklart;  nur  hatte   bemerkt 
w  erden  sollen ,    dass    darum    sich    bei  Dichtern  so   häufig 
der  Ind.   findet,   weil  sie   in   ihrer   lebendigen  Darstellung 
den    im    Relativsatze    ausgespro(  heuen    Fall    als    wirklich 
bestehend    sich    vor  Augen   zu  stellen  pflegen.      Sehr  bil- 
ligen  wir  das  |^.  395.   A.    1.   Gesagte.      Es  ist  ein  Punkt, 
auf  den   mau   nie   genug  aufmerksam    machen   kann,    dass 
nir.n  du-  fremde   Sprache   n:cht    nach   der  Vorstellung  der 
fllutfersprarlie  auffasse  ;    die   fremde  Sprache    drückt    ver- 
schiedene  Beziehungen    oft    gar    nicht    aus,     welche    die 
IMnttersprache   hervorhebt,  und   umgekehrt.     Gerade   nur, 
indem   mau   hierauf  sein   ganzes   Augenmerk  richtet,   kann 
man  den  Genius   der  fremden  Sprache   in  sich  anlnehnieu. 
Nach  einem  Perf.  folgt  zuweilen  auch  das  Präs.  oder  Pr*rf. 
Conj.  (1^.  3  IS.  A.),  ersteres,  wenn  die  Handlung  des  JVeben- 
Batzes    als    eine    gegenwärtige  ,     letzteres,      wenn     sie    als 
eine   in  Vollendung  übergegangene   und   als  solche  factisch 
vorhandene   dargestellt  wird.      Ut  bezeichnet    an  sich  nir- 
gends den  Nebensatz  als  Wirkung, Folge,  Absicht  (§.404  A.), 
sondern    stellt    nur    das    irie    dar,     wie     etivos    gescliehcn 
könne,    und   muss   dalier   i.iit   dein  Conj.  verbunden  werden. 
S.  40S.   wäre  die  Sache  wohl  deutlicher  so   gestellt,   dass 
der   erste   Satz    mit    ut    einen   zu  tantuni   gehörenden   Abi. 
(taiitum    co)     vertritt,     während     der     zweite    ein    Folge- 
satz  ist.      lij.  413.   wird   die   Constrnctiou   nach  den  A'erbis 
des   Fiirclitens    erklärt;     wir    fassen    die    Sache    jetzt    so. 
Vereor ,   iit  veiiiat  heisst  ich  fürchte,  wie  er  kommen  möge, 
d.   i.   ich   halie   keine  Ilofliiung,    dass    er    irgendwie   kom- 
men werde;  vereor,    ne  veniat,  icli  fürchte,  wie  er  nicht 
kommen   möge,    d.  i.  ich    habe    keine   HofTiiung ,    dass    er 
irgendwie   nicht  kommen   werde.    Doch,   wir   brechen  hier 
ab,    d.i    die  Erörterung    der   Punkte,    die    wir    uns    noch 
angemerkt   haben,    zu   weit  führen   würde.      Das  fcdgi'ude 
Capitel   handelt  von   der  oratio  oblicjiia,  die  beiden  letzten 
von   Ellipse  ,   Pleonasmus   und   Anakoluth,   endlich   von  der 
Wort-  und  Satzfolge.     Was  das  Letztere  betrifit,   so  scheint 
uns  vor  Allem  darauf  besondere  Aufincrksainkeit  gerichtet 
«crilen  zu  müssen,  was  in  der  Sprache  dem  Gefühle  der  Alten 
selbst  für  eine  Inversion  galt.     Wie  bedeutsam  w  irkt  in  der 
Muttersprache  oft  eine  Inversion  auf  uns!    Indem    wir  eine 
solche  in  der  fremden  Sprache  übersehen,  geht  uns  häufig  die 
ganze   Kraft  einer  Stelle  verloren.    IVatürlicIi  gehört  dieser 
Punkt  zu  den  schwierigsten  und  feinsten  Theilen  iler  Sprach- 
crkenntniss  und  unr  sorgfältiges  Anschmiegen  und  Ilinlau- 
schciij    nicht    stolzer  Rcgclzwang,    der    über    die    ganze 


1037 


1038 


Graiiimafik  so  viel  Unheil  gebracht,  kann  zu  einem  giin- 
gtigcii  Erfolge  fiihrcn.  Hier  bcdiirftcn  wir  vor  Allem  des 
tiefen  Sprachblikes  eines  If.  V.  Hwnbohlt  nnd  des  sin- 
nigen liineinlebens  eines  üissen ,  dessen  iiihaltsehHero 
Forschntigen  leider  noch  zu  «enig  gok:iiinf,  «enn  auch 
genugsam  bekannt  sind.  Als  IJeig/iliin  sind  gegeben  die 
Anfangsgrunde  der  Metrik,  die  kalenderrerhnung  und 
Abbroiiafuren  (die  wir  etwas  ueitlauliger,  besonilers  in 
Bezug  auf  Inschriften,  geuünscht  hatten).  Das  Ganze 
beschlitsst  ein  sehr  vollsi.'indiges  Register,  welches  das 
Buch  zum  Nachschlagen  besonders  geeignet  macht.  Druck 
und   Papier  sind   zu  loben. 

Wir  haben  in  unserer  Relation  nur  solches  hervorge- 
hoben, in  Hcichem  «ir  anderer  Bleinung,  als  der  Verf. 
sind;  aus  diesem  wird  sich  leicht  ermessen  lassen,  wie  wenig 
man  noch  im  Ganzen  an  eine  ganz  feste  Constitution  der 
lateinischen  Grammatik  denken  kann,  die  noch  viele 
Forschungen  Einzelner  durchlaufen  niuss,  ehe  sie  zu  einem 
liestinimten  Abschlüsse  gelangen  kann.  Nichtsdestoweniger 
begrüssen  wir  die  sorgfältige  Arbeit  des  sehr  verdienten 
Verfs.  mit  wahrer  Freude,  da  sie  uns  den  jetzigen  Stand 
der  lateinischen  Grammatik  vollständiger  und  klarer,  als 
irgend  eine  andere  vorführt.  Die  neueren  Forschungen 
sind  überall  Heissig  benutzt  und  der  Verf.  fügt  diese  nicht 
als  tndten  Stoff  zusammen,  sondern  dnrchilringt  sie  mit 
lebendiger,  das  ganze  Gebiet  überschauender  Klarheit. 
Und  so  müssen  wir  allen  denjenigen,  denen  der  Fortschritt 
der  Wissenschaft  am  Herzen  liegt,  diese  Grammatik  als 
die  wahrste  Vertreterin  des  neuesten  Standes  derselben 
dringend  empfehlen.  Besonders  wird  sie  für  den  Lehrer 
ein  nncntbehrliches  Handbuch  sein,  wenn  wir  sie  auch  als 
eigentliche  Schulgrammatik,  wie  Eingangs  bemerkt,  nicht 
anerkennen  kimnen.  Nur  einen  Mangel  wünschten  wir  in 
einer  neuen  Ausgabe  gehoben,  wir  meinen  das  vollige 
Fehlen  von  Nachweisungen  ,  wo  die  benutzten  neueren 
Forschungen  zu  iinilen  sind,  eine  Zugabe,  die  dem  ^'erf. 
ebenso  leicht,  als  vielen  seiner  Leser,  die  selbst  mitfor- 
gchen  müchten ,  erwünscht  sein  würde.  Miige  der  Verf. 
noch  lange  mit  gleicher  Rüstigkeit  der  lateinischen  Gram- 
matik seine  Studien  zuwenden,  überzeugt,  dass  Viele 
seinen  Bestrebungen  dankbar  folgen  «erden.  Sollten  ihm 
unsere  Bemerkungen  nicht  ganz  unrichtig  erscheinen  ,  so 
würden  wir  uns  um  so  mehr  freuen,  auf  ein  so  treff- 
liches AV'erk  aufmerksam  gemacht  zu  haben,  dem  wir  die 
beste  Aufnahme  aller  Orten  schliesslich  wünschen. 
Bonn.  //.  Däntzer. 


Griechische  und  Römische  Inschriften. 
129. 
Bulletino  dell'  Inst,  di  Corrisp.  Archeol.  1836.   S.  105- 
Bruchstücke    einer    Tafel    von  Bronze,    gefunden    in    der 
Nähe  von  Guardia. 

IL 

OL.  El 

tAETORE.  / 

ITVM.  QVO.  DE.  EA 

ICTATORE.  CONSVLE.  I. 

VIAE.  RAVSSA.  NON.  POST. 

O.  ^'VIT 


Nicola  Palma,  welcher  diese  Inschrift  nebst  gelehrten 
Bemerkungen  ilazu  mittheilt,  haito  schon  früher  aus  eini- 
gen Andeutungen  gefolgert,  dass  ausser  der  von  Rom 
nach  den  Abbruzzeu  führenden  via  Salaria  es  dahin  noch 
eine  öffentliche  Nebens*rassc  gegeben  habe.  Zur  Unter- 
stützung dieser  Vermuthung  gereicht  allerdings  jetzt  vor- 
liegende Insclirift,  aus  deren  Fundort  weitere  Bestim- 
mungen rücksichtlich  des  Zugs  dieser  via  Raussa  längst 
dem  Fluss  Vomano  gefolgert  werden.  Gewiss  gegründet 
ist  eine  nachträgliche  Bemerkung  von  dem  Herausgeber 
des  BuUetiiio ,  dass  die  Inschrift  ein  Bruchstück  einer 
G'csetztafcl  sei,  und  es  wird  danach  vermnthet,  dass  in 
der  fünften  Zeile  die  auf  Monumenten  dieser  Art  übliche 
Formel,  dicintor  coiisiil  ptaelnr  magister  equilum  ceitsor 
aedilis  tril/iintis  plebis  quaesloi-  vti-.,  natürlich  in  den  ge- 
wöhnlichen Abkürzungen,  Platz  gefunden  haben.  Dürfen 
wir  annehmen,  dass  die  vierte  Zeile  nicht  iu  genauer 
Copie  vorliegt,  so  ist  die  Vermuthung  gestattet ,  dass  sich 
hier  die  Formel  quod  ea  de  re  ßeri  placuit ,  de  ea  re 
universi  ita  censuere  (.Q.  E.  D.  R.  F.  P.  D.  E.  R.  V.  I.  C.) 
vorgefunden   habe. 

130—139. 

Folgende  zehn  Inschriften  sind  im  Veronesischen  bei 
Gelegenheit  der  Ausniiftelung  von  Ueberresten  eines  lUi- 
ncrventempels  aufgedeckt  und  Bull.   a.  a.  O.  S.  141   edirt. 

MINERVAE.  AVG. 

PAPIRI 

THREPTVS.  ET  PREPVSA. 

V.       S. 

L.     D.     D,     ü 

Ist  schon  früher  herausgegeben  worden,  was  S.  142 
nachgewiesen  wird. 


PT „NERVAE 

C.  OC...A...IVS...L.  VITVLVS 

DOM CF  MARIVS 

ISP I...1 

XII RO 

CV O 

Borghcsi,  welchem  wir  einige  Bemerkungen  zu  diesen 
Inschriften  verdanken,  vermnthet  hier  wohl  mit  Rech 
die  Erwähnung  eines  cenlurio  spectaculorum. 

IVL 

PIE     -v     SVA 
MINERVAE.    i   V.  S.  L.  M. 


MINERVAE 

AVG 
C-  DOMITI 
VS.   MAXI 
MVS.  V.  S. 

L.    M. 


1039 


1040 


MINERV 

AVG 

P.  GAVA 

RASIVS 

PROCVL 

V.    S.    L.    M. 


PRO.  C.  AVEVSXrO.  C.  F.  SEVERO 

RVFRIA.  P.  V.  SliCVNDA  MATER 

3IIXERVAE.  V.  S.  L.  M. 

Sicher  mit  Borghesi  AVFVSTIO   zu  lesen. 


L.  lARIOVIDIVS.  C.  L. 

CATO.  V.  S.  L.  M 
AIANV.  SVA  PiiSOT  ... 


RE]>   .  .  . 

O 
C.  POBLIC 

POßLI  

RVA 
L. 

Fragment    eines  Bronzetäfelchens,    wie    auch  die  fol- 
scnile  Inschrift. 


....  IVS.M.  F.  RAL .  .O AE . . . .  3 . . .  FILIA.  M.  D.  D.  L.M. 

Die  Scklusssig-lc  soll  wohl  heisseu  :    monumentum  de- 
dicavit  libens  merito. 


P.  FAAMVS.  M.  F 
C.  MASVRIVS.  C.  F.  SABIN VS 
P.  CVTIVS.  P.  F.  BIBVLVS 
L.  AEAHLIVS.  C.  F.  MALO 
FANORVM.  CVRATORKS 
EX.  PECVMA.  FANATICA 
FACIVVDVM   CVRARVxNT 
IDEM«iVE.  PROBARVNT 

Die  Erwähnunj  von  curalores  eines  fanum  oder  tem- 
[ilurn  ist  niclits  Aioucs,  nocli  Uiicrlilarliches ;  dagegen 
sind  curatores  fanorum  ungcHrilinlicIi ,  und  Borj^licsi  ge- 
steht, damit  nichts  Anderes  lergloichen  zu   künnpu,  als  die 


deren  Incumbcnz  auch  die  sonstigen  heiligen  Gebäude 
im  Gebiet  von  Verona  gehurt  hätten.  Auch  iler  Ausdruck 
pecunia  f'anatica  ist  neu ,  aber  verständlich. 

Nicht  weniger  interessant  ist  die  Erwähnung  eine» 
C.  fllasnrius  Sabinus,  der  augenblicklich  an  den  bekann- 
ten Juristen  dieses  Namens  erinnert,  was  auch  Borghesi 
nicht  entging,  welcher  ausserdem  noch  bemerkt,  dass, 
wenn  wirklich  beide  fiir  eine  und  diesellie  Person  zu 
halten  seien,  was  jedoch  mit  Gewissheit  nicht  bcliauptet 
werden  könne  ,  diese  Inschrift  einen  Schluss  auf  die 
uns  bis  jetzt  unbekannt  gebliebene  Vaterstadt  des  Juristen 
Blassurius  Sabinus  ziehen  lasse.  A'crona  kiiniie  um  so 
sicherer  dafür  angenommen  werden,  als  wenigstens  iTlas- 
surius  kein  geborner  Romer  gewesen  sei.  Schade,  dass 
uns  die  weiteren  Mittel  abgehen,  die  zur  Evidenz  der 
Identität  beider  Personen  erforderlich  sind,  und  lassen 
wir  hier  diesen  Gegenstand  um  so  passender  fallen,  als 
bekanntlich  die  Unterscheidung  der  beiden  Juristen,  Alas- 
surius  Sabinus  unter  Tiberius,  von  welchem  die  soge- 
nannte Schule  der  Sabinianer  ihren  Namen  herleitet, 
nnd  des  e^was  später  lebenden  Cuclius  Sabinus,  trotz 
der  ausführlichen  Behandlung  dieses  Gegenstandes  von 
Kämmerer  Beitr.  zur  Geschichte  des  Römischen  Rechts  I,  8 
immer  noch  einiger  Controvers  zu  unterliegen  scheint. 

F.  O. 


IUI  viri  fanorum  auf  einer  <ii'r  Inschr.  bei  Fabrclti 


■3\U 


.\r.  112.  und  Nr.  'J'l7.  Da  es  ferner  kaum  glaublich, 
dass  für  das  an  sich  unbeileutendc  ileiligtlium  iler  Mi- 
nerva, wozu  das  iMonnment  gehörte,  ein  \^>^stand  von 
vier  Curatoren  besti-llt  gewesen  sei  ,  .so  wird  dieser  Ti- 
tel von  Borghesi  mit  curatores  aedium  sacriirum  für 
gleichbcdeutiMiil  gcfasst  ,  und  zwar  so  erklärt,  dass  die- 
ser Vorstand  eigentlich  die  für  Ueberwachnng  der  llci- 
ligthümer    in  l'crona    bestellte  Behörde  gewesen  sei ,    zu 


Personal-Chronik   und  Miscellcn. 

W  i  1 1  !■  n  !i  e  rg.  Die  Abhandlung  zum  Scbulprogrammc  des 
hiesigen  Gjninasiiuns ,  Ostern  1839,  schrieb  der  Conrector  und 
zweite  Oberlehrer  Ferd.  Wilb.  Wensch:  Lexici  Pliniani  speci- 
men  ,  pars  II.  15.  und  mit  den  Schuhiachrichten  ,30  S.  4.  üiess 
speciinen  enthalt  aus  den  Briden  des  jüngeren  Plinius,  —  nicht 
wie  die  Philol.  und  Padagog.  Jahrbücher  von  Jahn  wiederholt 
Tcrkündigen  ,  aus  der  IN.ilurgescIiichte  des  alleren  und  dem  Pa- 
negjrikiis  ,  der  mit  Recht  hineingezogen  ward  ,  die  Artikel  von 
acanthus  bis  auf  adeo.  Es  ist  zu  wünschen  ,  dass  der  sorgfäl- 
tige Hr.  Verf.  mit  oder  ohne  Ausgabe  der  erwähnten  Schriften 
des  Plinius  nach  dioscn  Proben  uns  bald  das  ganze  LeNicon 
gebe.  Alis  den  Schuliiachrichlen  ist  zu  erwähnen :  dass  aus  in  den 
vorigen  Jahren  ersparten  Ueherschüssen  den  Oberlehrern  We  lisch, 
Deinhardt  und  Dr.  Rattig  durch  Kescript  vom  2.  Oct.  1838 
Gratificatioiien  zu  60,  50  und  40  Rlhlr.  verliehen  wurden;  der 
zweite  dersellicn  ist  zum  Rcndanten  des  Gymnasiums  mit  einer 
jährlichen  Remuneration  von  40  Rtlilrn.  hidiern  Orts  vorge- 
schlagen. Die  Anstalt  halle  im  Sommer  18.58  V27  Schüler,  im 
Winter  darauf  129.  Ostern  18.39  waren  13  akademische  Abi- 
turienten, von  denen  12  das  unbedingte  Zcugniss  der  Reife  cr- 
hielleti,  einer  ilas  naniliche  bedingt.  Von  ihnen  nahmen  6  in 
iiircnllichen  Reden  und  Vorträgen  den  21.  Mai  1839  von  der 
Anstalt  Miscliied.  Im  Soniniei hallijalire  18.W  liesiichten  die  An- 
st.ilt  129  Sclitiier,  ,ils  20  in  Gl.  I.;  23  in  Gl.  II.;  29  in  Gl.  IM.; 
35  in  Gl.  IV. ;  22  ni  Gl.  V.  Zwei  Primaner  sollen  Michaelis 
1839  zur  Universität  gehen  und  haben  bereits  den  schriftlichen 
Theil  der  Prüfung  gemacht.  Zu  den  übrigen  Lehrgcgenständcn  sind 
auch  seit  dem  Sommer  18.38  gymnastische  Uchungen  unter  spc- 
ciellcr  Leitung  des  Gandidaten  des  Prcdigtanits  Leutz  gekom- 
men. F.  S. 

Berlin.  Der  ansserordcntl.  Professor  Dr.  M.  O  h  ni  ist  zum 
ordentl.  Prof.  in  der  philosophischen  Facultat  der  Universität 
ernannt  worden. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  tertliu  ms  Wissenschaft. 

Mittwoch,   30.  Octoher  18  3  9.  Nr.  130. 


iE7  !•  Jfe  f  r«  f*  ff  t*  ff* 

Den  geehrten  Herrn  Milarljcifcrn  an  dieser  Zeilsrhrift,  welche  der  Versainnilimij  zu  31annlieim  an- 
gewohnt haben,  sowie  den  übrigen  o-eehrten  Theilneiuiiern  an  derselben  und  allen  Freunden  dieser  Blatter 
glaube  ich  folgende  Eridarung  schurdi«;-  /.u  sein.  .„    ,, 

Eine  von  mir  an  diese  Gelehrtcnversauimlung  gerichtete  Bitte,  der  Zeitschrift  für  Altertliumswissen- 
schafl  als  ihres  Organes  sich  bedienen  zu  wollen,  hatte  die  Folge,  dass  in  der  vorbereitenden  bitzinig 
am  3».  September  Herr  Geheimerath  und  Professor  t'ointhnr  Dr.  C'reuzer  sich  mit  starken  \\  orten  gegen 
die  Erfüllung  dieser  Bitte  und  gegen  mich,  als  jetzigen  Kedacteur  der  Zeitschrift,  aussprach.  Die  (.runde, 
aufweiche  er  sich  hierbei  stützte,  lagen  Iheils  in  einem  jüngst  in  dieser  Zeitschrilf  abgedruckten  Aiüsatze, 
worin  ein  meuchelmörderischer  Jngrijf  auf  die  badischen  Gelehrtenschiilen  enthalten  gewesen  sein  soll,  und  m 
dem  Umstände,  dass  ich,  der  gegenwartige  Iledacleur,  kein  eigentlicher  Fhilolog  sei.  Bei  dieser  Ge- 
legenheit erklärte  sich  der  Hr.  Geheimerath  ferner  dahin,  dass  ich  ihm  an  der  rrolvT^Qayuoaiw)]  zuleiten 
schiene.  Auf  die  Nachricht  von  diesen  Aeusserungen  wandte  ich  mich  an  den  Hrn.  Geh.  Rath  selbst  mit  der 
Bitte,  es  möge  ihm  gefallen,  mir  die  Worte,  deren  er  sich  in  Mannheim  bei  dieser  Gelegenheit  bedient, 
mitziitheilen.  Statt  aber  meine  Bitte  zu  erfüllen,  hat  mein  ehrwürdiger  ehemaliger  Lehrer.  Hr.  ür.  Creuzer, 
mir  selbst  bei  einer  Durchreise  die  Ehre  seines  Besuches  gegönnt  und  sich  mit  mir  verstandigt,  ohne  sich 
jedoch  der  einzelnen  Worte  noch  vollständig  erinnern  zu  können,  welche  er  am  UO.  Sept.  ges|)rochen  hatte. 
Er  hat  es  eingesehen,  dass  ich  die  Verhaltnisse  dis  badischen  Gelehrtcnschulwesens  und  die  Ste  lung 
des  Verlassers  jenes  Aufsatzes  zu  demselben  nicht  kennen  konnte,  tnid  blieb  nur  dann  verschiedener 
Meinung  mit  mir,  dass  er  es  für  unpassend  erklarte,  Aufsätze  der  Art  überhaupt  und  namentlich  anonym 
abdrucken  zu  lassen,  wahrend  ich  auf  das  Jedem  zustehende  Hecht  der  Gegenrede  und  Widerlegung  hin- 
wies, wesshalb  ich  nicht  zuo-eben  zu  können  erklärte,  dass  solche  AngrilTe  meuchelmörderische  7a\  nennen  seien. 
Ferner  hat  der  Hr.  Geheimerath  eingesehen,  dass  ich  mich  durch  Uebernahme  der  Redaction  durchaus 
nicht  in  die  Reihe  der  Philologen  einzudrängen  beabsichtigte,  dass  mich  vielmehr  bei  dieser  Uebernahme 
nur  der  Wunsch  leitete,  eine  von  meinem  seligen  Bruder  begründete  und  mit  vieler  Liebe  und  grossea 
Opfern  fortgeführte  Zeitschrift  nicht  untergehen  zu  lassen,  nnd  dass  ich  mich  hierbei  nur  als  -rizrw«^ 
dessen  bc^trachtet  wissen  will,  was  die  gelehrten  Herren  Älitarbeiter  beitragen. 

Endlich  hat  es  der  hochgeehrte  Mann  erkannt,  dass  der  Vorwurf  der  nolinXQayuoffvvi]  mich  nrclit 
treffe,  nachdem  ich  ihm  den  Irrthinn  benommen,  als  sei  ich  auch  Redacteur  der  Allgemeinen  Ivirchenzei- 
tung  und  des  Theologischen  Litcraturblatles,  nachdem  ich  ferner  ihm  gezeigt,  wie  mein  Amt.  mit  welcliem 
keine  Seelsorge  verbunden  ist.  mir  die  Möglichkeit  lasst,  den  grösseren  Theil  meiner  Zeit  zu  AVisscn- 
schaftlichen  Beschatrtigungen  zu  verwenden,  wobei  ich  ihn  auch  davon  überzeugte,  dass  die  lleilaction 
dieser  Zeitschrift  für  laich'nur  mit  Blühe  und  Zeitaufwand,  aber  mit  durchaus  keinem  pecuniären  Vortlieiie 
verbunden  ist.  j  j-    'x  •♦    i    vf 

Zu  gleicher  Zeit  hat  der  Hr.  Geheimerath  so  freundliche  Gesinnungen  gegen  mich  und  die  Zeitscliritt 
an  den  'J'ag  gelegt,  besonders  auch  dadurch,  dass  er  mir  einige  Wünsche  hinsichtlich  ihrer  Fortsetzung 
mittheilte,  und  hat  diese  Gesinnungen  noch  durch  den  Wunsch .  einen  von  ihm  schon  langst  eingesanaten 
Beitrag  recht  bald  abgedruckt  zu  sehen,  und  durch  die  Erklärung,  wenn  jener  Aulsalz  über  die  uaai- 
schen  Gelehrtenschulcn  nicht  in  der  Zeitschrift  e.'scliieuen  wäre,  so  würde  er  selbst  aiil  das  wärmste  tur 
die  Erfüllung  meines  Wunsches  gesprochen  haben,  in  solchem  Grade  bethätigt,  dass  ich  mich  hiermit 
vollständig  beruhigen  zu  können  glaube,  wenn  ich  es  auch  bedauern  muss,  dass  auf  diese  >V  eise  ein 
schon  von  meinem  seligen  Bruder  gehegter  inniger  Wunsch  unerfüllt  gehliehen  ist. 

Indem  icli  zu  der  Mittheilung  des  Vorstehenden  mich  verpflichtet  glaube ,  erneuere  ich  an  alle  Herren 
Mitarbeiter  die  ergebenste  Bitte,  mich  fernerhin  .so  gütig  wie  bisher  bei  Fortsetzung  der  z.eitsciirui 
unterstützen  zu  wollen.  ^      r^    ,  r,. 

Darmstadt,   2L  October  1839.  Dr.  Karl  Zimmermann. 


1043 


1044 


J.  F.  W.  Burchard,  Prof.  am  GTmnasium  zu  Mindm, 
Lateinische  Schulgraininatik  für  die  unseren  Gyin- 
nasialrla^sen,  Nelist  lleliiiiigslieisjiieleii  zum  Uobpr- 
setzpii  iii's  L.iteiiiisrhe  uuil  oiiicoi  LrseburLe.  Vierte 
Auflage.      Berlin   lS3S.      8. 

Wie  die  Ausarbeitung,  so  hat  die  Deurtheiluiig  eines 
Srhulburlics  ihre  eigenthiioilichen  Sc  InvierigkritiMi.  In 
Leiden  F.'iMen  wird  neben  der  h  issensrhafilirhen  Uefühi- 
gunj  aurh  eine  geuisse  %'ertraulheit  mit  dem  praktischen 
Bedürfnisse  des  Kreises  erfunlerlich ,  für  »elilicn  das 
Schulbuch  berechnet  ist,  ja,  ein  ganz  irerochtes  Urtheil 
fibcr  die  Brauchbarkeit  eines  Schulbuches  lässt  sicli  häufig 
erst   nacli   längerem    Gebrauche    desselben    geben. 

Hält  ferner  die  Beurtheilung  lurnehmlich  den  wissen- 
schaftlichen Standpunkt  fest,  so  kann  sie  leicht  unbillig 
gegen  ein  Buch  erscheinen,  das  in  seinem  Kreise  mit 
Rutzen  gebraucht  «ird,  und  es  können  selbst  die  gerech- 
testen Ausstellungen,  welche  vom  wissenschaftlichen  Stand- 
punkte aus  gemacht  «erden,  ilailurch  beseitigt  zu  sein 
scheinen,  dass  man  diesen  Standpunkt  für  die  Beurthei- 
lung  abweist. 

Geht  man  hinwiederum  einseitig  vom  praktischen  Ge- 
sichtspunkt ans  und  glaubt  von  diesem  aus  der  Walirlieit 
etwas  vergeben  zu  dürfen,  so  kommt  man  leicht  dahin, 
mit  dem  angeblichen  praktischen  Bedürfnisse  selbst  ver- 
fehlte, den  Fortschritt  zum  Besseren  hemmende  Erschei- 
nungen in  Schlitz  zu  nehmen.  Dem  Ref.  scheint  das 
Gerathenste,  zwisihen  beiden  Wegen  die  i^litte  zu  halten, 
nämlich  die  Forderung  der  Wissenschatt  dahin  zu  be- 
schränken, dass  nirgends  die  VVahrheit  verletzt  sein  dürfe 
aber  auch  keiner  praktischen  Rücksicht  zu  Gefallen  von 
dieser   Forderung   et»as   nachzulassen. 

Für  das  vorliegende  Schulbui  h  erweckt  es  ein  gün- 
stiges ^'ornrtheil,  dass  es  bereits  in  der  vierten  Auflage 
erscheint.  Bei  der  grossen  Zahl  von  Elementaruerken 
dieser  Art,  welche  die  neuere  Zeit  enfstehen  sah,  wird 
es  jetzt  einem  Schulbuche  weit  schwerer,  als  frnherhin, 
eine  Reihe  lon  Auflagen  zu  erleben.  AVlc-  nun  auch  vom 
Slanilpiiiikte  der  Wissenschaft  aus  das  llrtheil  sich  ge- 
stalte, so  scheinen  mehrere  Auflagen  immerhin  das  Zeug- 
niss  für  ein  Schulbuch  abzulegen,  dass  es  den  Bedürf- 
nissen  seiner   Zeit   entsprach. 

Ion  dem  («'ruudsatze  ausgehend,  dass  die  Fassung  der 
gramm.  Regilii  der  AValirheit  keinen  Eintrag  thun  dürfe 
haben  wir  an  dem  vorliegenden  Lehrbiiche  allerdings 
manche  Ausstellungen  zu  machen.  So  sieht  Ref.  niclit 
ein,  wesshalb  §.  | .  li  als  Ilauchzeichen  von  den  Conso- 
nanten  ausi;pscliieden  ist,  da  es  sich  doch  zu  den  be- 
stimmten artic  iilirten  Spiranten  f,  v,  s  nicht  anders  ver- 
hält, als  der  indifferente  \'ocal  a  zu  den  Diflerenziriiii'reii 
desselben  e ,  i  ,  o ,  u ,  y.  —  Statt  A.  .j.  kategorisch  zu 
sagen:  „c  sprich  wie  z  vor  e  u.  s.  w."  und  ,,ti  sprich 
vor  einem  Vocal  wie  ti"  sollte  es,  um  sich  nicht  in  AVider- 
sprurh  mit  einer  späteren  Berichtigung  zu  setzen,  heissen: 
spricht  man.  —  Ohne  uns  in  eine  Widerlegung  der  «ij.  2. 
nach  Becker  gegebenen  Eintheilung  der  Wiirfer  in' Be- 
griffs- und  Bestiinmungswiirter,  unter  welchen  lelztereu 
jedoch  die  Iiiterjertioneu  sich  seltsam  ausnehmen,  einzu- 
lassen, eriiiiieit  Ref.  zu  4,  dass  die  Fassung:  „Jedes 
>omen  hat  1)  ein  Geschlecht  G.  masc.  (ein.  neutr.,  2)  eine 


Einheit  und  Mehrheit,  3)  im  Lat.  6  Casus"  auf  die  Vor- 
stellung führt,  dass   1)   und   '2)  für  jede  Sprache   gelte. — 
Bei  der  ^.   7.   gegebenen   übersichtlichen  Bestimmung  des 
Gen.  Sing,   der  3.  Decl.   aus  dem  Noni.  lässt  sich,  sosehr 
Ref.  die   übersichtliche  Zusammenstellung  an   und  für  sich 
billigt,    dennoch  fragen,    ob    man  nicht  besser  die  Sache 
umkehren   und   zeigen  sollte,   wie  der  Nom.  aus  dipin  Gen., 
oder   vielmehr    aus    dem  Thema    entstehe.      Was  hilft  es 
z.   B.  zu   wissen,    dass   es  im   Gen.    is  ,    idis,     edis,  edis, 
itis,     etis,  etis,    dass    os    otis    und  oris    hat,    wenn    man 
doch  für  jeden   einzelnen  Fall  das  Wörterbuch   zu   Rathe 
ziehen   muss?  fllit  einem   Worte,  die  Tendenz,  die   übri- 
gen  Casus  aus  dem   ^oin.   zu   bilden,    ist  eine   irrige   und 
erfolj^lose,   weil  nicht  nur  der   ^iom.   nicht,    wie   man   an- 
zunehmen scheint ,   das  erste  Gegebene   war,  sondern  aus 
ihm    gerade    die    den    übrigen   Casus    zu   Grund    liegende 
Form  sich  schwerer   erkennen    lässt,    als    umgekehrt    aus 
der  letzteren  die  Form  des  Nom.     Während   in  den  übrigen 
Casus  die  vocalisch  beginnenden  Endungen  das  Thema  unver- 
ändert  liessen,  äusserte   das  consonantische  s,   welches  im 
]\om.   Sing,   der  3-   Decl.   bei  31ase.   und  Fem.    hinzutrat, 
wofern   nicht    das   AVort  auf  eine   liijuida    endete,    auf  die 
Form   des  Thema  einen  benierkenswerlhen  Einfluss.    Zun- 
genlaute   wurden    vor    diesem    s    nach    euphonischen    Ge- 
setzen aiisgestossen;  aus  dem  Thema  at,   id,   ed  etc.   mnsste 
im   Aoin.   as ,   is ,   es   werden.      Zudem  schwächte  sich   bei 
mehreren   Wörtern  vor  dem   ausfallenden  Zungenlaut,  so- 
wie vor   Gaumenlauten  das  i  zu   c  ab.      Themen,  die  auf 
eine    licjuiila    endeten,    nahmen    (wie    im    Griech.    q    und 
tlieilweise   i)  das  s  gar   nicht    an.      Neutra    endigen,    wie 
im   Griech.,  auf  das  reine   Thema,     daher  halec,    Caput, 
nur  dass  auch   im   Lat.   kein    AVort    regelmässig  auf  einen 
Zungenlaut  ausgehen  darf,   dieser  also,   wo  er  das  Thema 
schliesst,    abgeiiorfen    werden    muss:    lar.      Auch   n   wird 
im    Neun,    nach    o    abgeworfen    (wie    im  Sanskrit),    ohne 
Zweifel,     weil    es    im    Auslaute    einen    zu    unbestimmten 
nasalen   Laut  halte,  der  sich  nur  zwischen  zwei  Vocalen 
zu    einem    bestimmt   artikulirten   n   gestaltete.       Doch    Ref. 
kann   hier  nicht  diese  ganze  Lehre  ausführlich  behandeln; 
er  wiillte    nur  aufmerksam   machen,    wie    sich   wohl   nach 
eiiphoiiischen    Gesetzen    die    Bildung    des   Nom.    aus     dem 
Tlienia  ,   nie  ht  aber  umgekehrt  der   Gen.  u.  s.  w.  aus  dem 
Nom.    begreifen   und   ableiten    lässt.     Wenn    nun   aus   einer 
Uebersicht,     wie  sich   der  Nom.    in  den   Gen.   verwandelt, 
für    das     praktische   Bedürfniss    iloch    nichts   Sicheres    ge- 
wonnen  wird,  so   würilc  durch  das  umgekehrte  AVrfahrcn, 
welches  das  Thema   voranstellt,   und  aus  ihm  den  Neun,  ent- 
stehen  liesse,   jedenfalls   die   Einsieht   in   die   Sache    geför- 
dert,  dabei  aber  auch  jeder  bei  der  jetzt  gegebenen  Ueber- 
sicht   resiiltirende    Nutzen    ebenfalls    erreicht     werden.    — 
§.    14.   dürfte   die  Rubrik   „Einige  verändern  im  Plur.  ihre 
Bedeutung"    richtiger    wegfallen,    da    sich   die   scheinbare 
Veränderung,   sobald    man   die  Sache  genauer   nimmt,   ganz 
natürlich    ergibt.    —    Bei   §.    IS.   Nunieralia   fällt   auf,   dass 
der  llr.  Yrrf.,  der  doch  s'onst  Zunipt  folgt,   für    lüOO  an- 
gibt:  „nrille   oder   millia"   (!),   für   JOdO   „bis   inille   (noch 
dazu   eiic'ss  voranstellend)   oder  duo  millia  "   —     Die  Ein- 
theilung des   A'erbiinis  g.  '.'(».   in   Verba  neutra,  die   einen 
Zustand,  keine  Thätigkeit,  z.  B.  stare,  sedero  und  V.  artiva, 
die  eine  Thätigkeit  ausdrücken,  wie  irc,   scribere,  findet 


1045 

Ref.  weder  in  einem  praklischen  Bedürfnisse ,  noch  in 
der  Natnr  der  .Saclie  hcjjriindet.  Die  Sviifax  kennt  kei- 
nen Unterscliied  zwischen  jenen  V.  neutris  und  diesen 
intrans.  Die  ers<ercn  können  so  gut  «ie  die  letzteren 
ein  Passiv  haben,  oder  dem  Activ  ein  übject  Lei^jeben. 
5  Wissenschaftlich     betrachtet     schliesst    der    Degrifl    einer 

Thätigkeit  den  eines  Znstandes  nicht  ans;  wo  das  Object 
fehlt,  erscheint  vielmehr  die  Tli.'itigkeit  nur  als  Zustand 
lies  Subjects.  —  Fiir  die  ISildnng  der  Tenipp.  \i  erden 
§. 'J'2-  zuerst  die  Regeln  angegeben,  «ie  vom  Ind.  Praes., 
Perf.  ,  .Suj).  ,  Inf.  Praes.  Act.  die  übrigen  Verbalformen 
durch  Anb^ngnng  der  entsprerheniien  Endungen  gebildet 
werden  können;  da  aber  diess  niclit  klar  sein  kann,  be- 
vor man  weiss,  an  uas  diese  Endung^en  anzuhängen  sind, 
so  sollte,  «ie  es  auch  die  N.i(ur  der  Sache  erheischte, 
zuvor  und  zwar  am  zwerkm.'issigsten  noch  vor  ]^.  8-,  wo 
von  dem  verschiedenen  Charakter  der  vier  Coiijugationen 
die  Rede  ist,  von  dem  einfachen  und  dem  erweiterten 
Stamme  gesprochen  worden  sein,  welchem  sich  die  En- 
dungen anschliessen.  Der  Hr.  ^'erf.  gibt  diess  aber  erst 
als  Zweites.  ^laInentlich  dürften,  sobald  der  Knabe  in 
die  sog.  anomale  ^'erbalbildung,  il.  i.  in  die  auch  im  Lat. 
noch  vorhandene  starke  Conj.,  welche  durch  innere  ^'er- 
änderung;  <les  Stammes,  nicht  durch  bloss  üusserliche  Zu- 
sätze die  Ilauptästc  des  Verbalstaninies  entwickelt  ,  ein- 
geführt werden  soll,  um  die  Vorstellung  einer  bunten 
Regellosigkeit  zu  entfernen,  einige  Andeutungen  über  den 
Stamm  und  ilie  haupts.'iclilichsten  Arten  seiner  Eriveiterung 
kaum  zu  umgehen  sein.  Es  l/isst  sich  nicht  1,'iugnen,  dass 
der  Hr.  Verf.  durch  die  S.  72  II.  gegebene  Venheilung 
aller  lat.  Stammverba  in  verschiedene  Classen  einen  be- 
merkenswerthell  Schritt  getlian  hat,  das  regellose  Aggregat 
in  eine  Ordnung  zurückzuführen  ;  dennoch  erscheint  auch  so 
noch  Manches  vermengt,  «as  zu  trennen,  Anderes  getrennt, 
was  zu  vereinigen  war.  Ref.  beschr.'inkt  sich  hier  darauf, 
der  Eintheilung  des  ^'erfs.  wenige  Bemerkungen  beizufügen  : 

I.  Kl.    Perf.   auf  i 

1)  theils  ohne  AVeiteres,  theils  mit  Verwandlung  oder 
blosser  Verlängerung  des  Stammvorais  (die  zwei 
lefzteron  Abtheilungen  verdienten  besonders  heraus- 
gehoben   zu    «erden)  ; 

2)  mit  Ausstossung  eines  m  oder  n  vor  dem  Endbuch- 
staben  des  Stammes; 

3)  Verba  mit  Reduplication. 

II.  Perf.  auf  si 

1)  mit  blosser  Anhängung  an   den  Stamm  des  V. 

2)  mit  Ausstossung  eines  Zungenburhstabeus ; 

3)  mit  Ausstossung  eines   Gauinenbuchstabens; 

4)  mit   Verdoppelung  des  s   im   Perf,  Sup.  ssum,  stum. 

5)  psi   haben   (diese    waren    unter    1,   aufzunehmen); 
(i)  xi   haben    einige    A'erba   auf  ho,    uo,   vo,   dessgl.    ilie 

meisten  auf  c,  et,  g,  qu.  Sup.  xum  auch  ctum.  (Auch 
von  diesen  gehörten  alle  mit  Gaumenlaut  endigende 
zu  1.)  im  Gaumenlaut  konnten  diejenigen  angeführt 
werden,  welche  im  Perf  einen  Gaumenlaut  anneh- 
men,  ohne   im  Präs.  einen  solchen  zu  haben. 

III.  Perf.  auf  ui 
1)  die  meisten   auf  uo  (vo,   veo).    (Diese  gehörten  unter 

I.  1.,  das  Sup.  utum  aus  uitum  zusammengezogen, 
kann  natürlich   keinen   Unterschied  begründen) ; 


in4f) 

2)  viele,  deren  Stamm  auf  eine  liquida  ausgeht.  Sun. 
a)  itum,  b)  tum.  (Die  liijuida  ist  hier  niclit  unwe- 
sentlich; sie  hat  auf  die  Annahme  des  u  vor  der 
Perl. -Elldung  keinen  Eiiiflnss,  es  koninit  ni  ,  wie 
die  folgenden  Abtheilungen  zeigen,  auch  nach  Lip- 
pen-, Ganinen-,  Zungenlauten  vor.  Andererseits 
umfassen  auch  die  mit  einer  li(|uida  ausgehenden 
Stamme   Verba   nach   der    1.,   2.,  3.   und  4.  Conj.) 

3)  mit   andern    Stamnieiidungen    nach   der    ],   Conj.; 

4)  nach    der   2-   Conj.; 

5)  nach  der  j{.  Conj.  (Statt  auf  die  angegebene  AVeise 
2.,  3.,  4-,  -T.  zu  trennen,  wäre  es  wohl  wichtiger 
gewesen,  zu  zeigen,  wie  das  Perl,  ui  bei  jeder  der 
vier  Coiijug.   vorkommt.) 

IV.   Perf.   auf  vi    I)   avi,   2)  evi,    4)    ivi  ,   4)l)vi,   ö)  "ü,;  ^ 
deren    ursprüngliche    Präseiisform  zum   Theil   verloren 
gegangen     ist.      (Hier    sind     Fälle,    in    welchen   das   v 
wUrzelliaft   ist,    wie    in   caveo,   fivco   mit  solchen   ver- 
mengt,   wo    es    zur  Form   des   Perf.    gehört,    wie   in 
deleo   u.  s.   ».). 
Um  auch   noi  h   die   Syntax    zu   berühren  ,    welche    bei 
der   ßcstiininung   des   Bik  lies   für    Anfänger    ganz    kurz   von 
S.    102 —  128   aligehandelf    ist,   so    begegnen    «iraiich  hier 
zuweilen   eijicr   FaJisung   der  grammatischen  Regel,    welche 
zum   Irrthum    verleiten   kann.     So   miiss    ^.   4li.   2-    die  An- 
gabe  „(las    durch    Apposition     hinzugefügte    Siibst.    richtet 
sich   nach  seinem   dornen   bloss   im   Casus,  sowie   i^.  47.  4. 
,,A>'enn    das    iNonien     lies   Prädicats   ailj.    ist,    so    richtet   es 
si(  h    nach   dem    .Subj.    im    Num.,     Gen.     und    Casus,     «rnn 
es  ein   Snbj.    ist,     bloss    im    Casus"    und    die   ähnliche   Be- 
stimmung  III    g.   48.,    «o    von   den    Verben    mit   einem  Act-. 
des  Subj.   und    des   Prädicats   die   Rede    ist,    3Iissierstäiid- 
iiisse  veranlassen.     Sagt   man   auch   wohl  :  philosophia  ma- 
gister   vitae  ?     Warum     drücken    wir    uns   also   nicht   lieber 
so   aus,   dass   die  Regel    nicht   als  willkürliche   Laune,   son- 
(lern   als   natürliches   (iesetz   der   Sprachi?    erscheint  J     Was 
einem   Andern   beigelegt   wird,   muss  sich,  soweit  es  nach 
Numerus,   Genus,   Casus   abgewandelt   werden   kann,   nach 
demjenigen    richten,   dem   es    beigelegt   wird?     Hiiizufü<'-eii 
könnte   man:    das  Subst.  als  Prädicat  steht  im  Plural,    wenn 
es   entweder    auf    ein    Subj.    das   seiner   Form    und   seinem 
Begriffe   nach   Plural   ist,    oder    in    der    Art   auf   mehrere 
Singularsubjorte    bezogen     wird,    dass    es   jedem    einzelnen 
zukommt;   im    Singular  aber,   wenn  es  den  mehreren  .Subj. 
ziisauimen   zukommt.   —  ,g.   .iiQ.   ;').     „Der  Gen.  steht    zur 
Bezeichnung   der    Auswahl   aus   mehreren   oder   des   Theils 
(Gen.   partit.)".     Richtiger   hatte    der   Hr.    Verf.,    um  iWiss- 
verständnisse   zu   verhüten  ,     diesen   Genitiv   mit   Zumpt   als 
Ausdruck     des    Ganzen    bezeichnet,     aus    welchem     etwas 
herausgehoben    wird.      Ferner    sollte     ,'J.   „der   Gen.    steht 
lieini   Aoiii.    und  Acc.    der   Meiitra   einiger   Pron.    und  .Adj." 
vielmehr   ausgedrückt   sein  :     bei     dein    ^dni.    und   dem    lon 
keiner   Prä|)osition   abhängigen    Airnsafiv.    elc.       .An(h    bei 
(i.,    wo   die  Constriiction   von    interest  und  refert  besprochen 
wird,    entfernt  sich   der  Hr.  Verf.   mit   Unrecht  von  Zumpt. 
Statt   nach    diesem    mit   einenimal   anzugeben,    die   Sache 
woran   einem   etwas    liege,     werde   niclit   durch    ein   Subst. 
sondern   dun  h   einen   Satz,    nämlich    den    .\cc.    r.   Inf.  oder 
ut,    oder    eine    indir.  Frage  ausgedrückt,    sagt  er   in  der 
llauptregel:    dio  Sache,    woran  etwas  liegt,    wird    durch 


1047 

ut  mit  dem  Conj.  oder  andere  Coujiinc<ionen  ausgedrückt" 
und  A.  2.  „Wenn  die  Sache,  woran  etwas  liegt,  im  Deut- 
schen (liirrli  Siibstantiva  aiisjjedrückt  wird,  so  müssen  diese 
m  verwandte  '\'erba  aiif^jelöst  und  entweder  in  den  Infi- 
nitirus  gesetzt,  oder  mit  ut  und  dem  Conjunctiv  construirt 
«erden."  —  l'nrichtijj  ist  4}.  .')!.  der  Abi.  auf  den  Aus- 
druck des  ."Mittels  oiier  Werkzeugs  beschränkt;  es  niusste 
mit  Zum(it  auch  die  Ursache,  der  Grund  genannt  werden. 
Der  Abi.  dient  hier,  wie  in  gleichem  Falle  ilor  griech. 
Genitir,  zur  Angabe  des  Ausgangspunktes,  des  unde. 
Diese  Grundbedeutung  des  Ablativs,  der  Entfernung,  des 
Ausgangspunktes  ist  aber  ganz  übergangen,  obwohl  sie 
einer  Menge  von  Erscheinungen  unmittelbar  zu  Grunde 
liegt.  Die  Präposition  a,  de,  ex  dient  immer  nur  zur 
deutlicheren  Exposition  des  sclion  im  Casus  an  und  für 
sich  liegenden  Verhältnisses.  —  Die  Lehre  von  den  tcmpp. 
und  ihrer  Folge  könnte,  wie  Ref.  meint,  präciser  und 
richtiger  gegeben  sein,  ohne  desshalb  an  Verständlichkeit 
zu  verlieren.  Freilich  lässt  die  Grammatik  von  Zumpt 
in  diesen  Partieen  am  meisten  Klarheit  und  Präcision  ver- 
missen. Für's  Erste  ist  es  gewiss  unrichtig,  von  einer 
doppelten  Bedeutung  des  Pcrf.  auszugeiien.  Vielmehr  be- 
zeichnet dasselbe  überhaupt,  (vie  der  griech.  Aor.  im  Indic, 
die  i/i  der  l'ergangenheit  adgeschlossene,  vollendete  Hand- 
luci;;  iinil  bildet  ilon  Gi':;ensatz  /.um  ImpcTl.,  sofern  letzteres  die 
HaiiJUiiis  aU  nocli  uiwollendete ,  im  IVerden  be^riß'ene  dir- 
stelit.  Wie  fremd  der  lat.  S|iraclie  selbst  diese  doppelte  Bedeu- 
timg des  Pdf  sei,  beweist  schon  der  Umstand,  dass  selliit  da, 
wo  wir  das  Pcrf.  als  Haiiptteinpiis  aiifTassen,  der  davon  abhän- 
gige Nebensatz  insgcin.in  das  Imperf  Coii]  bat.  — ■  Sobald  nun 
aber  ein  besonderer  Nachdruck,  auf  die  Follendang  der  Hand- 
huig  gelegt  wird,  tritt  eine  Be/.ielumg  auf  den  Staiid|iiiiikt ,  die 
Gegenwart  des  Sprecheiideir  ein,  und  was  sonst  als  bistor.  Tem- 
pus erscheint,  erscbemt  nun  als  Haupttempus.  Der  Gebrauch 
des  griecb.  Aor.  gebt  liier  dem  des  lat.  Per!',  ganz  parallel.  Auch 
der  aus  Zumpt  heriibergenommeue  Satz,  dass  das  Perf  Conj. 
nur  die  Vollendung  in  der  Gegenwart  bezcichue,  erweist  sich 
als  unriclilig,  wenn  wir  die  unter  gewissen  Bedingungen  rcgel- 
massig  eintretende  Construction  von  ut  mit  Perl.  Conj.  in  Fol- 
gesätzen beachten,  uo.l  nur  in  sofern  ist  dieses  Perf.  Conj.  jenem 
als  Iluiptlempiis  betraclitelen  Perf  Indic.  ahulicb,  als  eben  lieide- 
raal  lue  Abgcsclilossenlieit  lind  Vollendung  der  Hiiidlung  nach- 
driicklicher  hervortritt  Es  tritt  aber  dis  Pcrf  Conj.  dadurch 
nicht  aus  der  Krzalilung  heraus.  Von  den  nun  folgenden  ein- 
zelnen Regeln  ist  1)  »bei  der  Erzählunq  von  Han.lluiigen  aus 
der  vergangenen  Zeit,  wo  man  im  Deutschen  gewöhnlich  das 
Jmperfeclum  ijcbrauclit,  setzt  man  im  Lat.  das  Pcrf  Indic,  bei 
Conjunclionen  aber,  die  den  Conj.  regieren,  das  Imperf  Conj.« 
falsch  und  wird  nur  einigermaassen  durch  2)  bericliligt,  wo  der 
Gebrauch  des  lal.  Inipe.l.  angegeben  wird.  Die  dritte  Uegcl: 
»In  Hauptsätzen  folgt  auf  ein  Praesens  wieder  ein  Praes.  ii.s.  f; 
in  Nebensätzen  aber  muss  auf  ein  Perf.  Ind.  des  Hauptsatzes, 
wenn  Conjunclionen  einirclen  ,  die  den  Conj.  regieren,  das 
Imperf.  Conj.  folgen«  ist  durchaus  verfehlt.  —  §.  54.  5.  ist  es 
wolil  zu  eng  gefasst,  wenn  gesagt  wird,  quiim  zr  als  in  der  Er- 
zählung habe  <len  Conj  bei  sich,  wenn  die  von  ipium  abhän- 
gige Hanlluii:;  als  Grund  liir  die  Handlung  des  Njclisatzes  au- 
gesehen werden  könne.  Diesem  gemäss  würde  niclit  selten  der 
Ind.  ecselzt  werden,  wo  ilic  lal.  Sprache  dennocli  den  Conj. 
erfordert.  Vielmehr  sollte  gesagt  sein .  wo  die  Hau  lliiug  des 
Haupt-  und  Nebensatzes  im  Zusainmeiihani^  mit  eiuauder  ste- 
hen, mit  einander  verknüpft  sind,  siebe  der  Conj  ;  denn  der 
Conj.  druckt  im  Lat.,  wie  auch  sein  Name  andeuten  soll,  die 
innere  Vcrkniinfung  des  abbän^igeu  Satzes  mit  dem  regiereuilen 
aus,  wrjber  es  d.mn  unter  \nderm  auch  kommt,  diss  quum 
causale  den  Conj  naili  sich  li  it.  —  §.  56.  linden  wir  den  Abi, 
abs.,  wie  leider  in  manchen  Schulbüchern,  irrig  aiil  den  l'"ill  be- 


1048 

schränkt,  wo  der  Nebensatz  ein  vom  Hauptsatz  verschiedenes  Subj. 
habe.  Da  sieb  über  das  Mehr  oder  Weniger  bei  einem  Buche  der 
Art  kaum  rechten  lasst ,  so  unterdrückt  Ref,  was  er  in  dieser 
Hinsicht  zu  erinnern  hatte,  um  noch  einige  Worte  über  das  der 
Giammatik  beigegebene  Uebiings-  und  Lesebuch  hinzuzufügen, — 
Die  Uebuugsbeispiele  zu  den  Regeln  der  Grammatik  entsprechen 
allerdings  ihrem  nächsten  Zwecke,  jede  durchgegangene  Regel 
auch  sogleich  anwenden  zu  lehren,  und  dadurch  die  theoretische 
Eiiisiclil  klarer,  lebendiger  zu  machen  dagegen  sind  sie,  da 
sie  sich  zum  grösseren  Tbeil  nur  auf  eine  bestimmte  Regel  be- 
ziehen, wo  denn  die  Uebersicht  schon  anzeigt,  welche  Construc- 
tion zu  walilcn  ist,  für  eine  Prüfung,  ob  auch  der  Schüler  der 
vorgetragenen  Regeln  am  rechten  (Irte  sich  zu  erinnern  und 
dieselben  dann  anzuwenden  weiss,  weniger  berechnet.  Von  die- 
sen Ucbungsbeispielcn  ist  ein  doppelter  Cursus  gegeben  ,  jeder 
für  2  Classcu  (VL  u.  V.)  berechnet,  so  dass  der  zweite,  für  ein 
zweites  Semester  bestimmte  Cursus  ganz  dasselbe  Pensum  be- 
handelt, wie  der  erste.  Diese  Einriclitung  mag  in  localen  Be- 
dürfnissen ihren  Grund  haben ;  an  und  für  sich  ist  dem  Ref. 
die  Zweckmässigkeit  einer  solclien  Rcpetilion  des  gleichen  Pen- 
sums nicht  klar.  —  Das  Lesebuch  bietet,  den  rebungsbeispielcn 
entsprecliend  ,  für  Cl.  VI.  in  beiden  Cursen  Beispiele  zur  For- 
menleiue  und  zu  §.  47.  5.  6.  der  Syntax  (doppelter  Nomin.  bei 
lieri  etc  und  Construction  von  dicor,  trador  etc.);  für  die  V.  Cl. 
in  dem  1.  Cursus  Fabeln,  Etwas  aus  der  Mythologie  und  Er- 
zählungen; in  dem  2.  Cursus  Einrichtung  des  Weltgebäudes, 
aus  der  Naturgeschichte,  Erzäbliingen.  Angehängt  ist  ein  Wör- 
terbuch. Da  solche  Wörterbücher,  um  ihrem  Zwecke  zu  ent- 
sprechen, sich  aller  Kürze  bedeissigen  müssen,  so  wird  die  Wahl 
des  entsprechenden  deutschen  .\nsdruck.s  eine  um  so  wichtigere, 
aber  aucli  schwierigere  Sache.  Je  mehr  man  beobachten  kann, 
wie  die  zuerst  eingeprägten  Bedeutungen,  seien  sie  auch  noch  so 
einseitig,  aus  Bequemlichkeit  und  Gedankenlosigkeit  lange  aus- 
schliesslich beibehalten  werden,  und  wie  schwer  es  spater  hält, 
eingewiir/elle  irrige  Begrilfe  wieder  auszurotten  ,  um  so  grössere 
Sorgfalt  miiss  man  anwenden,  gleich  Anfangs  die  richtige  Bedeu- 
tung dem  Geilachtnisse  darzubieten.  Natürlich  kann  keine  Rede 
davon  sein,  nur  diejenigen  Bedeutungen,  welche  gerade  im  Lese- 
buche vorkommen,  aufzuführen;  dann  müsste  man  solche  Wör- 
terbücher als  durchaus  scliädlich  verwerfen  —  Durch  die  fol- 
genden Bemerkungen,  die  sich  jedoch  nur  über  die  3  ersten 
Buchstaben  erstrecken,  wünscbt  Ref  den  Hrn.  Verf  auf  diese 
Seite  seines  Buches  aufmerksam  zu  machen,  um  bei  einer  fol- 
genden Aullage  wünschenswerthe  ßeiicbtigungen  eintreten  zu 
lassen.  —  «adeo  hingehen«  richtiger:  herangehen,  nadhuc  nochit 
besser:  bis  hierher,  bis  jetzt,  um  die  Vieldeutigkeit  des  Noch  zu 
vermeiden.  >i  adversus  widrig«  richtiger:  zugekelirt.  »  aequus 
billig,  günstig«  die  Grundbedeutung  gleich  sollte  nicht  über- 
gangen sein,  uairuiis  der  Verwandte«  (durch  Heirath).  amburo 
nicht  iiverbrennen«  sondern:  ringsherum  anbrennen,  oder  auch: 
versengen,  nau  etwa,  ob«  diess  kann  nur  vom  späteren  Sprach- 
gebrauch gelten,  nach  dem  Gebrauch  der  goldnen  Zeit:  oder? 
Ausdruck  der  Gegenfrage,  nanceps  zweifelhaft«,  vorauszuschicken 
war:  (doppelküpllg)  doppelt,  »arrepo  hervorkriecben«  richtiger: 
herankrieclien.  careo  nicht  »Mangel  an  etwas  haben«  sondern: 
etwas  iiiclit  haben,  entbehren,  »ccriio  seilen«  besser:  erkennen, 
circiimstrepo  nicht  »umflattern«  sondern:  umrauscben.  »civitas 
die  Stadt,  der  Staat«  r.:  das  Bürgertbum,  die  Bürgerschaft,  »clarus 
berülimt«  besser:  hell,  angeschen,  »cognatus  der  Verwandte« 
(dtireh  Geburt).  So  sind  auch  in  der  Grammatik  die  dem  La- 
teinischen beigesetzten  deiitsclien  Wörter  öftei  mit  entsprechen- 
den zu  vertauscben.  Zu  is,  ea,  id  würde  Ref  nicht  »derselbe«, 
wenigstens  nicht  dieses  allein  gesetzt  haben,  da  es  zu  leicht 
einen  falschen  Gebrauch  in  Fallen  veranlasst,  wo  idem  stehen 
moss.  Beim  Perf.  amavi  sollte  nicht  stehen:  »ich  habe  geliebt  etc. 
(oder  ich  liebte  etc.)«  sondern:  ich  liebte,  ich  habe  geliebt.  Für 
prout  ist  5.  4_>  wie  für  ut,  Uli,  sicut,  veliit  nur  die  Bedeutung: 
tvi'e,  gleichwie  angegeben;  für  qimnvis,  licet,  etiaiusi,  wie  für 
quainqiiam  die  Bedeutung:  obgleich^  wenn  gleich.,  bei  quum 
fehlt  die   Bedeutung  :   wann. 


Heilbronn. 


Bäumlein. 
Hierzu  die  Beil.  Ut.  2. 


Zeitschrift 

für  die 

AI  terth  LI  ms  Wissenschaft. 


Freitag  f    1.  November 


18  39. 


Nr.  131. 


Die  Interpolationen  der  Ipliigenia  in  Aulis  des 

Euripides , 

zniammengcstellt  von    IV.  Dindorf. 

I. 

ArAl\IE3mQ]S. 

'EyivovTO  Ai'jSa  OEOTtddt  rpei^  7Ta(i9evotf 
50  (Jioißrj  KkvTatf^vijoroa  r',  iftij  i;indoQOC, 
'Ekivr  Tf   TaVTlji  oi  ra  o-pwr'   uikßicr^svoi 
f4vijaTiJQ£i  >jk9ov  'EkXädu^  veavlai. 
Sctvai  ä'  ditsiKal  xal  -xax    dkhjkmv  (povoi 
^vvioTaff,  oöTii  firi  Xäfjoi  ri]v  ■yia^divov. 
55  t6  Ttgäyfia  S'  äiiöoioq  slxs   TuvSägeu)  itargi, 
Sovvai  TS  f^iij  Sovi'cd  te  ,    tiji;  rvpj^  öttw; 
iiipnfT   uQiara,  y.ai  viv  eior,kt}6v  rads, 
ogxoug  arin'üipat  d£i;idq  t£  mif^ißakfiv 
fxVTjdTiigac,  äkkijkotoi,  xal  di    eunrvouiv 
60  OTtovSd;  xad^sivai  y.ä-jraQoiaaadai  tÜös  , 
OTOv  yvvij  ytvoiTO   Ti'vdaptq  y.ögij, 

TUVTVi   OVVa^VVElV ,    £{    Tlg    EY.    ÖÜllUJV    kaßüjv 

oi-fiino  xüv  T    exovT    anoiSoirj  ktxovi;, 
v.dKiGxQarsvcyEiv  xai  y.aTaoxdipeiv  ■no/^iv 

65  'ßkhjv    öftoi'Jig  ßä^ßagoy  9'   uttKojv  fiha. 
e-TTc't  d'  ixtOTui&ijo-civ,  eö  öe  tiujc  ytpiuv 
v-n:ijk&ev  ai'ioui   TvvSäoeoii  nvy.vrj  (ppEvl, 
didwa   iktadai  ^ryarol  i^vtjarijgojv  eva, 
OTOV  ■jTvoal  cf8Qot£v  'AcpgoötTiji  cplkae, 

70  j;  d'  cike^',  djQ  ye  fifjitOT    viqekev  kaßeiv, 
Mevskaov.  ekduiv  o    ix  (pgiiyvjv  6  Tag  ^eag 
y.givag  od\  vjg  ö  i^iv9oq  dvdgujuvn'  ix'^'i 
Aaxe8a.tiw^'\    dvdijgoc  f^tv  fuidrow  OTok^, 
Xgvarifi  xE  ka^tTtgog,  ßagßugij)  jfA.<ö)?M«n, 

75  fowv  igviaav  vi~iet    Etavagitdaai; 

'Ekivi^v  TtQui  iöi;c  ßut'oTa^/i,  ixSrjfiov  kaßcijv 
MevtKaov  6  8e  xadt'  Ekkdö'  oiöxQi'jaag  Ögöf-wj 
ögxoL'z  nakaioi'i    TvvdagEu}  ^lagxi'gETat, 
vjL.  ygrj  ßoi-9eiv  roiatv  i]dixinj£voti;. 

80  xoi'niEvdEv  ovv  'Ekhjvei;  äi^uvTE^  öog), 
TEi'xi/  kaßövTSq,  (TTEvu^og'  AüklSoQ  ßädoa 
ijxovcri  TfjaÖE,  vavoiv  doTtlaiv  Sf  öfxov 
t-rrrroig  TS  Tiokkoh  o.guu.oiv  x    r;ay.)^ji£ioi. 
■xdfis  vigaxov  y   dvay.ra  MeveLeu)  X^gi-v 

85  siKofTU,  ovyyoruv  ys.  ■vdtiuifia  da 

dkkog  TU  uj<f£kl  dvx    Sfiov  kaßsiv  tÖSe. 
ij^goiouivov  öe  y.aX  tvvE^'vvjioi  OTgarov, 


1 


ywv 


jusa^'  dxkout  jfpwjt/fi/o«  y.ax'  Avkiöa. 
Kakxai;  ö'  ö  /läfvcidcrogla  y.£xgi]iiivoi^ 

90  dvEiksv  'I(fiylv£iav  i^vsonE/g'    tyd) 

Agxsiitdi  9voai  xij  tÖö'  oi/.ovOi]  tteSov, 
yat  nkovv  -v  iasat^at  ya\  yaxaay.aifdg  0gv 
9voa<n,  fu")  ^i<oaoi  ö'  oi-y.  sivat  xdÖE. 
y.kvv)v  8'  syu)  xaox',  ög^lo)  y.i^giyf^axi 
95  Tak9i'ßiov  iiTTov  ntdvx   d(pi£va.i  otoutov,^ 
üi<;  ovnox   uv  xkdq  ^vyo.xtgu.  -ATavfiv  tur-v, 
ov  8ij  ft'  ddEkqioQ  -KÜvTa  ngoacfigt/jv  koyov 
i:7r£tcr£  xh'juai  östvd.  y.dv  öskiuv  nTvxaiq 
ygdipai  STiEftipa  ■Ttgog  ödnagxa  xi)v  Ejiriv 

100  nsf^nrstv  '/xikksi  dvyaxig'  lüq  yctfiov^ifvrjv, 
x6  T*  dilu)i:a  Tdvögoq  Eyyavgoi'/iEvot;, 
(TV^tirkEiv  T  'Axaioi§  ovvsy!  ov  ^skoi  ksytav, 
Ei  fit)  nag'  i'juvjv  Eioiv  ii;  0diav  ksx^i' 
nEi&u)  yug  Ei'xov  ri'pSs  Ttgug  8djiag-x'  sut^v, 

105  ^pEvöi]  avvdipac  d/Kfi    TTug^tvov  yci/iov. 
(wvoi  8'  'J-ia.imv  i'auEv  w;  ix£i  '^dös 
Kdkxci?,  'OövaoEL's,  MEvskswc,  d'.  ad'  oii  z«Xw? 
iyvwv  xöx,  av9ig  uErayoücfui  y.akojg  irakiv 
ig  ti-vSe  Sikxov,  i}v  y.ax'  Evtpgövijq  axidv 

110  kiovxa  xal  ovvdovvTd  /.i   eioEiSsg ,  yigov. 
dkk'  tia  viijgE/  Tuaö'  inioxokdg   kaßuiv 


■gog  "Jgyoc.  d  öt  xh.Ev^E  öikxog  ev  TVxvxaig, 
(jy(i>  (fodo-uj  (TOI  ■:tüvxa   xdyyEyga/tuiva' 


irgt 

köyij)  (fOi  _    _ _. 

■maxog  ydg  aiMX'P  ^°''  '^   sf^oig  doj-ioiaiv  ti. 
0EPAnS2N. 


115  ksye  y.ai  ai'juaiv,  ha  y.aX  ykmoorj 
avvTova  xoig  aoig  ygdfi}ia.aiv  avSui. 


XOPOI. 

171  'Axaiojv  r/TguTidv  o'jg  y.axtSoiuav 
'Axo.tiüv  TS  ■jikdrag  pav<j/z6goi<i 
ijtdsojv,  oi'i  i.Ti    Tgoi- 
av  Ekdxatc  ;^/Ä/ÖJ'«y<J<i; 

175  TOI'  ^av9uu  Msvikaop 

äutxEgoi  TtorrEig  ,     ,      , 

kvETtovo   'Jya-inuvova  t  sv'xarglSav 
OTskksiv  snl  xuv  EkEvav, 
aV  Ei'gojxa  öovay.ojgocfov 

180  ndgu  ö  ßovy.ukog  dv  fkaßs, 
Scäoop  xdi  'Acpgodixai, 
Öt'ettI  y.gijvaiatvi  Sgdoon; 


1051 

"Hoa  UaÜ.dfii  t   eptv  iptv 


v.axtTdov  S'e  Si''  vitarrs  owiSgui 

Tov   Ot'Keojq   Tekafjiöröi  re  yovov., 

TOi^  ^akuinvoiii  aiicpavov, 
195  no(i)Ttaif.aüi>  T    £^i  daxon; 

Tieooujv  }i]öotiti'oi'q  ;Uop- 

Cfaioi  TCot.vnKoy.oi^, 

JJaKauijSeä  d\  öv  rixe  irai'c,  6  Ilooti- 

Säpoi ,  ^louijöeci  &'  ij- 
200  öoyai.:  dloy.ov  xsxaoi;un'ov, 

öv'"'»  Ouiiiu  ßgoioiat, 
TDV  anu  vrjaaiujr  t    öptujv 
AafoTa  tÜ/.ov,   äun  fit  JSi- 
205  (jea,  y.äk/.iOTov  'J-j^uiiov 
Tov  iodveuüv  re  rxodoiv, 
}.aiU.'i-Qoduöuov  'Axil'-i]0., 
TOV  u   OtTi^  Tty.e  y.ai 

XiifJUJV    fvfrroißCTfj;, 

210  fiöov  alyiaXoiai 

naod  re  y.ooxakaii;  Sqouov  e/ovra  ovv  onkoig' 

auikkav  d'  STlovtt  nodoif 

nooc  OQua  tI:tqü>oov 
215  it.iarrajv  Tieoi  v/y.ag. 

ö  dl  fiKfoifkaras  eßocxT 

Eufii]}.oi   0eoiiT/döai, 

II)  y.a/JJoToiK  tduuav 

Xpi'OOÖaidäktorq  aioftiotq 
220  nv'iiMvq  y.ivToii)  9fivo/Jtvovg, 

Tooq  fitv  fiirjuiK   ö'/ior;, 

kevy.oariy.Tin  Tgfj[i  tjukioin;, 

TOVZ    d'    ttU>    OilÜOffÜgOl'q, 

(/.VTr,(ift!;  y.C'.uiaioi  ögö^oiv, 
225  TtVQourgixcti,  noröyat.a  b'  vjto  ocfVQo, 

noty.i/.oöioiiovciH-  oiq  lapeTräkkeru 

Ilijkeiöag  ovv  ürrkuicri  TUfj    o.vTvya 
230  xai  ovQiyyac  dguaniuiQ. 

vadjv  b'  tt'g  di)ii>/4uv  ijkidov 

y.al  ^iav  ddinwuTov, 

ruv  yvvuty.iiov  oipiv  öiiuuxuiv 

«ig  nhiaaiui,  /luKiiov  döovdv. 
235  za«  y-igag  uiv  i)v 

dft;tov   irkdrag    iyiov 

0dioiTag  6  Mi'Ofiiöuvujt" Igtjg 

■KCvrrjy.ovra.  vitvoi  dovgiatg. 

ynvTtut.;  d'  liy.ooiv 
240  y.UT   u/.uH  Nrg^dig  tOTaoav  9ca\, 

ngi'tivuig  oijii   'Jytkkiiuv  oiQaxoö. 

'ylQyiiuiv  dt  raiad'  laijoerfiot 


1052 

vnsg  iöraoav  nskag' 
vjv  6  Mijxiariujg  OTQUii^kdrai 
245  TTai'g  tjv,   Takaog  öv  rgecpsi  7taT>;Q- 
Kanaveujg  xe  naig 
Spivekog-  'Atdldoi;  8'  dyiov 
i^i^xovra  vaiii;  ö  QijOEioi 
naig  ht;r,g  evaukayet  dedp 
250  IlakkdÖ'  iv  jtuivvyotg 

£-/u)v  TlTigajTOiatv  UQfiaaiv  de-rov, 
eiicrii/^idv  ZI  (fda/Lta  vavßdxaiq. 
Tujv  lioiioTujv  6'  v7ikio/j.a,  Tiovriag 
Tttvxijy.ovza  rijag  ei'döfuav 
255  a^i/uii'oto/v  eoTokiof^svag' 
Toiq  dh  Kuöfiog  ijv 
•ygvasov  öpdy.ovx   syujv 
diiffi  vadjv  y.ögvfißa'  , 

ytijcTOi  d'  6  yijyevijg 
260  ugx^  vdiov  oxgaxov' 
0)(jiyt8og  t'  dno  ySovog' 
Aoy.gdiv  de  xoind'  i'oag  dyujv 
vavg  ijk9'   Ot'kiujg  xöy.oc  xkvToiif 
Ogovtud'  iy.kiTTujv  -jTÖkiv, 
265  £y-  Mcy.r;i'ag  öl  xug  Kvy.ka)ni,ai; 
naig  'ArgeMg  tTTSftiTS  vaiißdrag 
vau)v  ey.axov  i}9(joicrfi.£voiig. 
olv  8'  dSskcfdg  r,v 
xayug ,  a'jg  <fikog  cpikip, 
270  rag  cpvyovaag  fjuka^QO. 
ßapßdgojv  ydgLv  ydi.iviv 
Ttgdtif  'Ekkui  v'jg  kdßoi. 
ix  livkov  8e  Ä^iirrooog 
Fegi^viov  xaxsiööf^iuv 
275  TTgiifivag  m]/ut  Tavoönow  oQoiv, 
Tuv  Trdgoixov  'Ak(fEÖv. 
Ah'tdvnjv  8 6  SoJäexa  orökot 
rauh'  ijoav,  cov  dva^  Fovvevg 
ugyE'  xiuvSe  8'  av  nekag 
280  "Uki8oc,  8iivdiTTog{g, 

oi'c  Eiitioig  oJvö/iaLs  nag  keuig' 
E'vgvxui  8'  dvairai  TU)v8e' 
kfi'xijgexiiov  8'  ".^gii 
Tdcfiuv  vyev,  wv  ß/ey>]i 
285  dvaaae ,  (fiikivjg  köyevfxa. 
Tag  Eyn'uSaq  kinujv 
VKdovg  vavßdicui;  dTTgoacpogoiK. 
Ai'ug  8'  ö  Eakafjivog  £wgo(fog, 
8£^iov  yegac,  ngug  xb  kaiov  ivvayi  • 
290  xdJv  doouv  üigi^iti  rxkdxaKriv 
to-fdiaiOL  (rt'fiTikiyujv, 
bujdtx'  cvaxgocfundxaiat  vavai-v  cu^. 
uiov  y.al  vavßdiav 


'■  '^■'',':''i  "'"''''-""?.  "'■■'  ••'"-'•scliobrnon  Verse  17t— 184  treten  die  ecliten  Verse  des  F.iiripides  wicdciiitn  in  iliicn  na- 
tiirliclien  .lunli  jene  niclif  Moss  geistlose,  sondern  in  zwei  PiiuLlen  so"ar  vüIül'  gedankenlose  Inloriiolalinn  geslcileii 
^iisaiumenlian;: , 

Jiiinlov  Ultimi  nttQUXxtur    xfiifiaOor  j1v}.{do;  hvXfui; 

J'.UijCzinv  du:  yiviiuTuv  y.O.ouoa ,  ntiivno(ii}iior 

Xii).x(au  ,  nii>.iv  i/iy.r ,    nftoXtitova',   uy/uihnv  vSnxiar  TQOfhi/  t«;  ylumi; 'Anil^oüau^. 

7io/.v/>vinv  i)j  iiiil.aoq  'ylQT^uuyot  ij''-vOor  oiiofif'rtt. 


<^otr[oomnu  ntcjy)'  ijii:r  ulo-/v"if  rio&uhl,  ' 
uanCäui  ffjviiu  r.ui  xf.iolui  ünAoyögouj   Juruüv  Oih 


tV.oi/0    innwc   ■»     vyj.ov  HioOut. 


1053 

295  siduuav  ksojv 

ij)  tu;  £t  7i()ooc(^/i6crec 

ßapiduQOvq  ßdpidai; 

vuaxov  uvY.  änoioerai, 
300  iv9äd    olov  eiSöfiav 

vdiov  nÖQevf^ia, 

TU  Se  xar   o'i'y.ov^  xKvovöa  Ov)X6yov 


ME  NE  AI  OS. 

354  «i?  S'  avo'kßov  eJx^i  of-tf^cc  ovyxi'Ol^v  tf,  ^ij  vBtSv 


364  oji  (fovsvg  aüxiri  ^fjar^oq  on]i  iaei  fiäkiaiu  ys. 


414  —  cfikovi 


415 


420 


425 


430 


435 


440 


MENEAAOI. 

en   ukKov.;. 

jrrEAOs. 

uj  UaveXktjrojv  üvat 
'AyäuSfivov,  ijxu)  irctidä  aui  Tr,v  aijv  äyoiv, 
rjv  'Jcpiyh'eiav  tijv6fj^ai;ag  iv  Öuiiotg. 
^nvirn  d'  of^iaoTEi,  ar;i  AkvTamvtjaTQCii  Sifxa;, 
xai  nats  'O^sarijq,  ujots  rfpy^f'//',"  iömv, 
XQÜvov  nakaiuv  dujfidiojv  iy.6}]fiui  wv. 
dkK  v'ji  (.lay.oav  eveivov,  e'cqvtov  naqa 
x()i;vijv  dvai\ji'<xouai  ^ijkvnoi'v  ßwitv, 
avial  TS  'jiujkoi  x  '  ii  dt  keitxojiojv  y\^']^ 
y.a9eiii£v  atJräs,  oi?  ßopdg  yei'OuiaTU. 
i'yt/j  öi  Tigud^ouui;  ö>;s  -^aQaoy.ii'iji  xdgiv 
iy/.uf  niiicoiai  yuQ  argarug,  Taxstu  öe 
öiTj^s  (fi'jf^t]  iidiba  oy\v  d<fiy^ivi]v. 
TTOi  d'  e<;  9iai'  üfitlM;  ioxiiai  dgö/ncu, 
ar;v  Tcaid'  uuojq  i'öujcnv.  oi  ö'  ei'daifiove^, 
iv  ndai  yXeivul,  y.v.i  TisgißXf.Tczui  ßguro/q. 
Xiyoi'cri  d'i  i'f^svaidi  t;?,  r,   ri  TrgdootTai ; 
1]  TCväov  ixv)v  di'yaTQui  Ayui^iiufiov  ävai; 
Sxijfi/cre  Traiöa;  rutv  ö'  uv  iJAnvoac,  rdÖS' 
'AgriuiÖi  -TTQOTekiCuvat  Tr,v  vaäviöa, 
AvkiSoq  dvucroTj.  jtg  viv  ui;£TuL  nuzs; 
dXk'  £ca ,  Trdiil  TOKjid '  i^dgx'^v  xavd, 
aT£(fav(H'09i:  Xodra,  xid  au,  MavsXsuyc,  dvat, 
vfxlvniov  £l'Tg£7rtC£ ,  xa\  xard  artyiK 
XujTug  ßudoihij  y.ai  rcoSatv  ioTuj  y.rvrroi' 
(fuj'i  ydg  Tud'  i;y.£i  fiaxdgtov  rij  :xugdivii). 

ArAMEMNi2N. 

£7T?jv£a'.  dXkd  (TT£ix£  dujfidzuiv  eau)' 

rd  d'  äkk',  ioüaijg  vf/i  Ti'X'lii  loi-cai  xa/.ujc. 


460  Oi'  <ri'P£Ta  avv£xuiq-  an  ydg  Ion  iij7iio<;. 

MEISEAAOI. 

500  dkl!  ig  jt£To.ßukdc  r,k&ov  duo  dsivuiv  kuyuiv. 
tiy.öi  ■Rinuvi^a-  tuv  öjaö^ev  7v£<fi>/.öxa 


10:4 

arigyajp  fUTinEoov.  nvSgoc,  ov  xaxov'xQÖvcot 
■Toiüide ,  jfo/Jöy«/  Toiai  ßtkzi(Txots  dai. 

ragax'j  y   ddEkcfuiv  rig  äi    'igojTct  yiyvexai, 
7lk£ov£i;iav  xe  doj/jdTwv  üninTVoa 
510  rotdvöe  avyyiviiav  dkkijkojv  -Riy.gdp, 
(Fortsetzung    folgt.) 


Sandiuniallion. 

1)  Sanchuntathon's  Pliöiiizisrlie  Gosrliirhtc.  Narh  Her 
griecliisclidi  üparlicitiiiif;  lies  Philo  «oii  Hvlilos  in's 
Deii<srlip  üherselzt,  Blit  einer  Vurndo  [des  Dr. 
J.  CltiSHeii  zii  Liilierk].  Liil>erk,  l.S3'>  In  «1er 
von   Rliuileii'Kchen   lliicliliaiiilinng.    XVI   n.  9S  S.  8- 

2)  Der  neiirntderkte  Sfinc/iu?iialhnn.  Ein  Briefwerhsel. 
Herans<;egelien  lon  Sclimidt  von  Lübeck.  Altona 
bei   Karl   Aue.      tSSS.      4+  S.  8- 

3)  Aelteslc  und  alte  Zeit.  Fragmente.  Tom  Verfaeser 
des  31agiisanis('lien  Kuropa.  I,  1,  Zu  Sanclinuiatlion. 
I,  2.  Der  letzte  i)ru»usziig.  31il  einem  llebersichts- 
Kflriclien.  *)  Hannover.  In  Coiiiniission  der  llel- 
wing'scjien   HofLn«  lihandlung.     183S-     lüt)  S.  gr.    I2. 

Bei  dem  grossen  Aufseilen,  iielilies  die  angeblirhe 
Wiederauflindung  der  pliilonisrlien  Uebersetzung  des  San- 
clianiiillion  in  ganz  Europa  geniarlit  hat,  ist  es  fast  zu 
verivnndern,  dass  in  diestn  Blättern  bis  jetzt  dieser  Ge- 
genstand gar  nielit  berührt  worden  ist,  und  es  scheint 
daher  um  so  angemessener,  einer  kurzen  Uebersicht  der 
nach  der  Herausgabe  des  VVagenfeld'sehen  Sanehunia- 
thon  **)  über  denselben  erschienenen  .Schriften  hier  Raum 
zu  geben,  je  weni^jor  gerade  diese  S<'!irifteu  bei  der 
plötzlich  erkalteten  Tlirilnahme  an  der  immer  noch  rath- 
»elhaften  und  jedenfalls  interessanten  literarischen  Er- 
scheinung ilem  grfissiTcn  Publikum  bekannt  geworden 
sind.  AVas  dem  Erscheinen  des  griechischen  Textes  voi- 
herging ,  kann  dabei  als  ni/inniglich  bekannt  vorausgesetzt 
werden,  da  nicht  bloss  liferarisihe  Zeitschriften  aller 
Art,  sondern  auch  die  politischen  Blätter  Deutschlandi* 
es  sich  angelegen  sein  lies>en,  ihre  Leser  darüber  mehr- 
fach  zu   benachrichtigen.   ♦**] 

Nr.  1.  gibt  eine  getreue  und  fliessende  Uebersetzung 
des    griechischen    Textes    und     erfüllt    damit    vollkommen 

-"')  Die  7,weile  Alitbciinng  des  ersten  Il.llcs  l^nn  ihres  bell - 
rogcncn  StolVcs  wegen  in  dieser  Bcoithcilung  nicht  beriicV- 
siclitigt  werden. 
**)  Sanchunialhoiiis  Histoiiarnm  Pboeniciae  libros  IX  ,  grae- 
ce  vcrsos  a  Fhilone  Byldio,  edidit  lalinaqne  versione 
donavit  F.  Jf'agetifeld.  Bieinac,  1837.  Ex  officiDa  Car. 
Schi'inemanni.  »05  S.  8. 
***)  Als  selbslstandige  ScJirifleii  sind  hier  nur  zu  erwähnen; 
Sanchuntathon's  Urgeschichte  dtr  Pliuiiizier  in  einem 
Auszöge  aus  der  wiederanlscfondenen  Handscinift  von 
Philo's  vollständiger  Ucbersciznn?.  Nelist  ßpinerUnngeii 
von  Fr.  /fa^enßlJ.  Mit  einem  Vorwoite  vom  Ur.  G.  F. 
Gj-oK-fciid  H:\nnovcr,  Hahn.  t8.36.  —  "nd  :  Die  Sancliu- 
nialli'oiiisclic  Streitliage  nach  ungedruckten  llriet'cn  gewüi- 
digt  von  C.  L.  Gioujend.     Hannover,  Hahn.    183Ö. 


1055 


1056 


den  Zweck  iIcs  ^'crfassers,  das  {;rnsso  PiiMiknin  mit 
dem  Gegeiistaiiile  «Ips  IKorariscIieii  JjtrrKrs  iiorli  jjoiiaiier 
lipkaiint  zu  niarlien ,  als  iliesps  iliircli  den  Aiisziit;  des 
Hrn.  Wagenfeld  Riliiiu  ^esclielicn  war.  Wenige  Anmer- 
kuiigeo,  grüssfeiidieils  jenem  Auszuge  entiiommeii,  gehen 
zugleich  die  noflidiirfligsfe  Erklärung  der  ivichtigsjen 
geogra[)liisrIieii  und  iiistorisrlieu  IVanieu.  Das  Einzige, 
was  Ref.  au  der  Ueborsefzung  tadeln  könnte,  ist  die  ei- 
gcnniaciltige  ßeiiaudlung  einiger  Namen.  So  «ird  aus 
dem  ' .IduriKißva'i  immer  ein  AlidnnHibnas ,  aus  dem 
^t]iia.oov~  (in  der  lat.  Uebersctznng  und  in  Wagenfeld's 
Auszuge  Demaroon)  ein  \)einarun  und  aus  iVIclkalax  dem 
Mäniler  ein   Solin   des   Miinäos. 

In  der  '\'i;rrede  gibt  llr.  Dr.  (blassen  einen  kurzen 
Bericht  ülier  den  damaligen  Stand  der  Streitfrage,  sucht 
die  vor  dem  Erscheinen  des  griechischen  Textes  vorge- 
brachten äusseren  A'erdachtsgriinde  durch  die  Annahme 
za  entkräften,  dass  Ilrn.  W.  die  Handschrift  auf  eine 
andere,  als  die  erzählte  Weise  zugekommen  sei,  und 
dass  er  bewegende  (iriindc  lialie,  diese,  wie  das  Ms. 
eclhst  geheim  zu  lialten ;  er  stellt  daim  ,  um  den  durch 
Hrn.  Hofrath  C.  ü.  Jliiller  ♦)  aus  Wagenfeld's  Angabe 
über  den  Lhnf.ing  des  .11s.  gezogenen  ^'erdachtsgrund  zu 
licseitigen,  die  ."Möglichkeit  auf,  da.ss  Hr.  W.  eine  Ab- 
schrift einer  älteren  Handschrift  besitze,  und  sucht  ferner 
zu  beweisen,  dass  Hr.  W .  der  Verfasser  des  griechischen 
Textes  nicht  sein  könne,  einmal,  weil  es  nicht  glaublich 
45ei,  dass  ein  deutscher  Gelehrter  mit  derjenigen  Ivennt- 
iiiss  des  Griechischen,  wie  sie  die  Abfassung  des  Duclieg 
voraussetzen  lassen  miisste,  gerade  von  der  grammatischen 
Seite  **) ,  welche  unsere  heutige  (j  vmnasialbihlung  am 
meisten  zu  beriicksichtigeu  pllegt ,  so  zahlreiche  UUissen 
gegeben  haben  sollte  ;  daim,  weil  er  Um.  W.  die  Schlau- 
tcit  nicht  zutraut,  eine  Periode,  deren  enger  Zusam- 
menhang ohne  Zweifel  ist,  in  zwei  Sätze  zu  trennen, 
eine  hesiodische  Stelle  mit  einem  offenbar  lächerlicheo 
Fehler  abdrucken  zu  lassen  und  einen  gänzlich  unbe- 
kannten Dalas  seinen  übrigen  Fictionen  hinzuzufügen. 
Schliesslich  stellt  er  die  allerdings  wichtige  Frage  auf, 
wie  es  zugehe,  dass  Eiisebius,  der  doch  eleu  philouischen 
{Sanchuniatlion  in  Händen  gehabt  zu  Jiaben  versichert, 
Viber  die  Lebenszeit  des  Sauchuuiathon  icn  Dunkel  ge- 
blieben sei,  und  sie  bis  lor  den  trojanischen  Krieg,  ja, 
bis  zu  IMuses  hinauf  nicke,  während  man  in  dem  Wa- 
genfeld"s<hen  .Sancliuniatlioii  mit  leichter  IMülie  den  un- 
»>  irlerleglii  hen  Beweis  fmile,  dass  er  in  der  Ulitte  des 
sechsten   Jahrhunderts   vor   Christo   gelebt   lialie? 

Der  Verf.  von  Nr.  •>•  kleidet  die  ganze  Streitfrage 
in  einen  Briefwechsel  ein;  auf  die  .S|)raclie  lässt  er  sich 
wicht  ein,  weil  er  in  derselben  nicht  Kenntniss  genug 
besitzt,  wesshalb  er  auch  bei  seinen  l'ntersuchungcn  nicht 
des  grichis«  hen  Textes  sich  bedient,  sondern  der  so  eben 
besprochenen  ilcutschen  L'ebersetzung;  der  Inhalt  allein 
ist  CS,  der  ihn  von  der   Unecbihcit    des  Wagenfeld'schcn 

*)  Gült,  geh  Anz.  18?.7.  S.  5i4. 
**J  Vcrgl.  MiiHer   in   den    Gölt.  s'l.  Anz.   IS.'?,    S.  51.3    und 
Cijsicu  in  der  liier  besprochenen  Vorrede  S.  XII. 


Sancliuniathon  überzeugt.     Im    Wesentlichen    ist    es  Fol- 
gendes, was   er  demselben  vorwirft: 

1)  Das  philonischc  ^'orwort  passt  nicht  zu  dem  gan- 
zen Werke,  sondern  nur  zu  dem  ersten  Buche,  auch 
würde,  wenn  die  adit  letzten  Bücher  des  Sanchuniathon 
nicht  ähnlichen  Inhalts  gewesen  wären,  wie  das  erste, 
Kiisebius  deren  ^'erfasscr  nicht  einen  Theologen  genannt 
haben;  die  von  Eusebius  angedeuteten  Lücken  sind  nicht 
im  Sinne  und  Tone  der  übrigen  Vorrede  ausgefüllt,  son- 
dern mit  sichtbarer  Rücksicht  auf  die  neu  angefertigten 
acht  Bücher  hineingeflickt  worden  ;  der  ersonueue  Schluss 
des  Vorwortes   ist  wahrhaft  schülerhaft.   *) 

2)  Philo  ,  den  übrigens  der  Verf.  mit  dem  Philo  Ju- 
dacus  verwechselt ,  agirt  in  dem  ersten  Buche  als  Re- 
ferent,  nicht  als  Uebersetzer  ,  er  spricht  in  der  oratio 
übliqua,     wo    man    oratio    directa    vcrninthen    musste.  **) 

3)  .Auf  eine  höchst  ungeschickte  Weise  wird  die  von 
Eusebius   cifirte  .Stelle   vou  den  Schlangen  angebracht. 

41  Aus  dem  AV'agenfeld  sehen  Sanchuniathon  erfahren 
wir  die  ganze  Lebensgeschichte  des  Sanchuniathor. ,  über 
welche  die  Alten  unbegreiflicher  Weise  nicht  unterrich- 
tet sind.  ♦*♦)  ' 

5)  Ganz  gegen  die  .4nalogie  .inderer  Geschichtswerke 
ist  in  i\vin  AVagenfeld'sclien  .Sanchuuiathon  die  frühere 
Geschichte  weit  ausführlicher,  als  <lie  dem  Verf.  näher 
liegende.  Die  chronologische  Genauigkeit  in  der  Reihen- 
folge und  in  den  Regierungsjahren  der  Könige  ist  gar  za 
genau   und   der  Erlindnng  leichter,  als  der  Tradition. 

ti)  Der  dritte  König  inB_>blos,  Syd^k,  ein  Zeitgenosse 
Abraham's ,  soll  nach  Sanchun.  HI,  4.  aus  Tyrus  her- 
stammen, das  bekanntlich  ♦♦*»)  ilamals  noch  nicht  exi- 
stirte.  Alle  übrigen,  vom  Verf.  vorgetragenen  Verdachts- 
gründe <>ntbeliren  alles  Gewichtes,  da  sie  entweder  ge- 
radezu auf  Älissverständnissen  beruhen,  oder  doch  ihre 
Dichtigkeit  sich  mit  leichter  fliühe  zeigen  lässt.  Denn, 
wenn  der  ^"^erf.  S.  2J  aus  Sanchun.  1',  9.  einen  bvblischeii 
Felilherrn  O/calatlion ,  der  unter  König  Hierbas,  also  vor 
JMoses  gelebt  haben  und  vor  seinem  berühmten  Sohne 
Kusabas  gestorben  sein  soll  ^  herausdeutet,  so  hat  er 
offenbar  die  Worte  spiuioc  r,v  i]  %uJQa  TTokvv  youvuv 
im  Eingange  des  Capitels  und  <lie  ausdrückliche  Erwäh- 
uung  der  Belagerung  vou  Tvrus  am  Ende  desselben  über- 
sehen ,  und  damit  verschwindet  der  ganze  „wunderliche 
und  widersprechende  31ickmack. 

(Bcschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellcn. 

Kaiern.     llr.  Ilofialli   Dr.  Tliicrscb   in  Mcincben  hat  das 
Rittcikrcuz  des  k.   nicdcri.    Löwenordens  eib.illen. 

*)  Vcrgl.  Möller  in  den  Gütt.  gel.  Anz.  1837.  S.  511. 
*')  Vcrgl.  Mtdicr  in  den  Gölt.  gel.  Anz.  18.37.  S.  509. 
***)  Vcrgl.  Classcn   in   tlcr  Vorr.    zur   deutschen   Uebersetzunj 

des  Sancbun.  S.   ,\VI. 
"")  d     b.    nach    der   gewi.linlicben  Angabe   bei  Joseph.  Ant. 
jnd.  VIII,  3,  I.  und  Justin.  .Will,  3,  der  indess  schon 
Jusua  19,  29.  widcrspiiclit. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Sonntas; ,   3-  November 


18  39. 


Nr.  132, 


Die  Interpolationen  der  Iphigenia  in  Aulis  des 

Eiiripides , 

zusammeogestellt  von    JV.  Dindorf. 

(Fortse  tz  unij.) 

AFAMEMNQN. 
ovy.ovv  Söxsi  viv  otuw'  iv  'Agyeloic  fitooiq 
}i.et;eti'  a  Käk^a^  ^ea-cfar  Ji;tjyijoaTO, 

530  y.üfx,  cJc  VTiioTijv  dvfta,  xära  ip£i<8ouai, 
'Aqtsi^uöi  dvaeiv  oq  Svva^^daai;  örpardf, 
öe  KÖifi   dnoxTeivavTag,  'A^yetovi;  v.uqi]v 
acfa^ai  y.sXei'osi.  ymv  ^pö^    'AqyoQ,  ey.(fvyu), 
skdovTSi  ai'Toig  TEix^aiv  Kv/kuiTcLoi^ 

535  cÄvaQndaovoi  v.al  y.aTaOxdipovo-t  yijv. 
ToiavTa  tä^d  nr;uai.  tu  rdkai  iyuj-, 
(uq  tJTroQij/uat  Tpo(,-  9s(Jp  zd  vvv  tÜös. 
£v  jj.01  (fi'ka^ov,  ß/cfikeuji,  ävd  arQU-rdv 

540  l^d9rj,  TiQLv  AtdTj  iraid    i/-ii]v  Ti^oa^dj  Xaßiov, 
WS  £;r'  ekaxi^OTOtq  öay.Qvoig  Ttgaacroj  xay.ujg. 
i'fxslq  TS  oiytjv ,  ui  ^evai,  q}vkd.craeTe. 


XOPOI. 


574  iuoksc,.  Vi  nd()ii,  jj  ts  av  ys 

ßovxokoq  dQyivvaig  ivQdffijq 

'ISaiaiq  iiaou  fxoaxotg, 

ßaoßuQa  ovQii^uiv  (pQvyiujv 

avkojv  'Okvimuv  y.akd.j.wiq 

fxif-iijfjiaTa  -Kvsiuiv. 
580  ei'9i/Koi  de  TQtcpovro  ßost; 

üzs  ae  xoLatq  e/jetvs  &£u>v, 

ä  0  'Ekkuüa  nijxivei 

ikewavzodicüjv  nd.ooidiv 

oouojv ,  ou  zag  J^/.evai; 
585  s'^  dvzujTtuii  ßki(päQoiaiv 

ioojza  deöuixciQ, 

epujTi  d'  avruc.  £7VTod&tj(;. 

o^eveoii  iQig  'Ekio.Sa  aui>  8opl  vavoi  t'  uyei 

£s"  Ttsoyafia   T^olaq. 
590  /w  i'oL 

fxEydkai^  fueydkujv  evSai/xavlai. 

zijv  zov  ßaaikeioq 

iSeT  'IqiyEveiav,  ävarroav  iui]V, 

Ztjv    TuvddoEoj    VE  Kkvzaiuir.rrrOHV, 


595  w?  EX  ^icydkvjv  eßkanzij-^aa' 
e-jii  z'  Ei'^ajyEig  ijxovo-i  zv%aQ. 

SeoI    y     Ol    XOElOlTOVi    o'i   Z     Ökß0(fl6QOt 

TOtg  oi'y  Ei'öaqiocri  9razuiv. 

(TTvi/uEv,  Xakxiöog  Ev.yova  ^QE^^axa, 
600  z})v  ßaarikEiuv  8e^ojfi£9'  oxujv 

äno ,  jit;;  a<fiakEoajq  inl  Tr,v  yaiav, 

äyavuix;  8s  xsqoiv  f^takav.fj  yvuifjT], 

/j.))  zaijßtjcrrj   veuicttI  fiokov 

T(5   ixksivuv  zEXvov  '/iyafxE^vovog, 
605  |U7;5e  &ÖQvßov  /jij8'  syTthj^iv 

zaic,  'AQys'iaig 

^sivai  ^sivaiq  7rap«/oj/t«v. 

KA  YTAI3INIU  TPA. 

''Ogvtda  ^sv  zuvS'  a'icriov  -KotovfiEda 
tÖ  ffoV  -VE  XQi]'^^ov  xai  koyuiv  Evcftjfxiav 
sk7il8a  8'  EX"»  TLv   tu«  sn  E(j9koi<riv  yäfxoic, 
610  TrdQE/fAi  vvi.i(fayü)y6g.  dkk'  öxtjudTojv 

S^CU  TtOQEVEd'  UQ    (fEQUl  CfEOVug    y.OQTj, 

v.ai  TTEj-tTTEz'  Ei  /j,£ka&Qov  svkaßovf^Evat. 

(TV  8',  ui  zsxvov  f-ioi-,  kstTCS  TTojktxovg  öxovg, 

dßQov  zidsloa  xuikov  do^svEg  9'  dfta. 

615  vuEtg  5f,  vsdviSsg,  viv  dyxnkai<;  mi 
Ss^ao9s  xal  irooEvaaz'  e^  6xi]fxdzuiv. 
xai  f^toi  X^QÖ?  ■^'S  ev86zvi  a-zijolyfiara, 
&dxoL>g  d-Kijvi]c,  WC  dv  ExktTTUj  xaktSg. 
ai  S'  sg  zu  itgöodsv  azr,z£  TTok/xwv  Ü^vyuji/, 

620  (foßEQov  ydo  dTta^äuv&ov  ofifia  -Kwkixov 
xai  nalSa  z6v8e,  zov  Aya/usfAvovog  yovov, 
kdCvad',  'OoEazijv  Izi  ydo  eözi  vijmog. 
TEy.vov,  xa9sv8£i(;  vrojkixiij  dafisig  ox'P ; 
'iyEio   dS£k(frig  scp'  vftsvaiov  svzvxio'i' 

625  dv8()dg  yd^  dya&ov  xr;8oc  avzoc,  irrd^kog  cor 
hjipEi,  z6  zijg  Ni^07j8og  iaö^Eov  ysvog. 
E^rjq  xd9ijoo  8ei'q6  ^iov  Troddg,  texvov, 
TTQog  ui]ZEo',  'IcfiysvEta,  nay.uolav  8s  fie 
^EvaioL  zaiaSE  TthjaUt  aradstcra  8dg, 

630  xai  8Eii^o  dl)  TiaxEQa  TtQOoEiiiE  oov  (pikov. 

KDITEJSEIA. 

J}  fifJTEo,  i'TToSoafAoi'od  y,  oQyioSrji  8t  [ii^, 
TlQug  oxEova  -KazQog  azEQva  zdfju  -nooaßakut. 
syui  8e  ßovkof,iai  zd  ad  oxsqv,  w  ndzEg, 
imo8oafxoi>aa,  itoocrßakEiv  8ia  XQOVov. 
no9ü}  ydo  oi^i^ia  8n  aöv.  öpye<j9?]q  8s  ,u>;. 


1059 

KA  YTAIMJSHSTPA. 

dXk',  lu  rey.rov,  XQiö'  cfikoTtdruiQ  S^  dei  TTot*  et 
(xaktaxa  Ttaldojv  xdSvS'  eyoi  '-rexav. 


1060 

/^w9oi  räö'  f?  dv^QojTTovg 
800  ijveyxav  Ttagu  y.aiQov  ukktug. 


mirEisEiA. 

652  oi'x  otS'  o  <fTji,  ovy.  oida,  (piXrar  ifioe  TtdreQ. 

ArA]\TEMNi2N. 

avvera  keyovaa  ^äkXov  eii;  olxTov  (^  äy£i<; 

mirENEiA. 

dovvsTÜ  VW  sQovfiev,  ei  oi  y  eixfgavuj. 

ATAßlEMNnK 

TtaitaT.  tÖ  Ccyäv  ov  odcvof  ob  6'  ^vsoa. 


JdiirENEIA. 
664  fiaygdv  y   aTtaiQSiq,  m  -jidreQ,  "kiituiv  sfAt. 

ArA3JEßI]\.QN. 
ig  ravTuVi  w  &vyaTBQ,  ov  &'  ijy.eig  oai  -KaxQi 


KPirENElA. 

668  olv  /UT/rpi  nXevoao'  i'  fiovij  TtOQEvOOfiai; 

ATAMEßlTSßN. 

fiopi},  fiovvidela   d-na  Trarpo^  xai  f4t]T£Qog. 

XOPOI. 

773'  üeQyaf^ov  Se  0pvyujv  Ttokcv 

Kaivovc  tzsqI  TcvQyovi; 
775  y.vy.'l.uioai  "Aqil  (forlai, 

Ka/uoröuovi  v.ECfiuLuq 

ondaag,  nükia^a  Tpolaq 

TiiQOag   y.ardy.gui  Ttökiv, 

&)ja£t  y.öoag  noLvvXavzuvg 
780  ddfiaxoü  ts  Ilotäfxuv. 

«  de  Aioq  EKiva  yöga 

no'ki'-^l.uvTOQ,  ioiirai 

Tlooiv  nQoktnovaa..  fiij-c   efxoX 
785  fxriT   ifjoiat  tty.vvjv  Tiy.von; 

ikTi'ig  döe  noT   ikdui, 

(UOLv  o.i  7toki-j(,Qi'0oi 

AvSai  y.ai  0Qvycjjv  ukoxot 

OTr.aovai  nao    inrioii 
790  fJtvdeiaai  zäh'  ig  dkktjka^' 

zu;  uoa  fi    cvrckoy.ufiov  y6[xa<; 

eQVfxa  öay.ovötv  dvvaaq 

Ttargldog   ökkvjiivai;  ärcokoTCSi; 

did  Oi,  Tuv  y.i'y.ruv  öokixavxBvog  yovov, 
795  iiy  j;  ffdxii;  irvi'.oc,, 

tÜ5  ö  irty.sv  Aijöa 

ÖQvi9c  ■JTxauivvj 

Aioc;  6t   ül.kd%9ij  StfAUi,  ii"^' 

iv  dikrois  Ruftiaiv 


AXIAAEYS. 

r,  öeiva  rkäcra  v.oiy.  ävexrd  Trap^fVoj, 
i^ar^iacrza  d'  w?  dvd^i'  yri^iaofievi^. 
eyu)  xav.tciToq  ijv  ä(>'  'Agyeluiv  dvy;Q, 
945  eyuj  -yo  fJijöev,  Mevekeiug  ö'  ev  ävÖQäoiv, 
v'jq  oL'Xi  Uijkivii,  ükk'  dkdazoQog  ysyiog, 
e'iTTEQ  (fovei'oEi  rovjuov  uvofj.a  oijj  ttöosi. 
fia  xov  öl    vyQUiv  xufxdzujv  TsdQafi/iivov 
Ni]Qea,  (fvzovQyov  Oezidoi;,  ij  f^i  iyEivazOt 
950  oi'X  dlpezai  aijg  dvydzQoi;  'Ayaf^efivcjv  uva\, 
ovo    Big  dxpav  x^'9 '  uxrze  TtQoaßaksiv -RenkoK;' 
jj  SiTtvkog  iazai  Tiükiq,  ooiOfta  ßaQßdquiV., 
oSev  TTecpvy.aar    ol  avQaztjkdxai  ysvoq, 
0dta  8s  xoi'ßöv  x   oüöafiov  yeykijotzau 
955  -yrixpovi  8e  7iQoxvxa<;  x^9^'<ßdi  x'  ivd^^exai 
Kdkxaq  6   ^idvxiq.  tI<;  öh  fidvztq  eor   ävijQf 
6q  ökiy   dkijdfj,  Ttokkd  öe  ipei'öv  keyei 
ri'X^^JV  özav  du  fii;  tvxVi  ^loixEzai ; 
ov  zujv  yufxvjv  Eitazi,  fxvQiai  yogai 
960  di]Q(uai  kiy.TQov  Tovf-iov,  eiQijTcu  töSe' 

dkk'  i'ßgtv  £Z  rj^iäg  vß^ia'  '/lyun^ivcjv  äva^' 
XQ'jV  S'  avxov  alxeiv  xov^ov  uvo/^t  e/-iov  Ttd^a, 
^tjpufta  iraidog'  i)  KkvzaiiivriOZQa  Se  fxoi 
fidkioz'  aneiadii  dvyazep    i-y.Sovvai  noOEi. 
965  iöuiy.d  TCLV  'Ekkijcrir,  £i  irpog  'Iktov 

iv  Tvjö'  ixaf^ivE  vöoxoq'  oi'x  ijpyov^tsy  dv 
ro  y.oivov  av^etv  lov  ^et'  iozgazEvufxip. 
vvv  8'  ovdfv  eifii  tihqÜ  y£  zoig  ozpaztjkdraigt 
£v  Ei'fiaQEi'  te  dpäv  ZE  yal  f^ii)  8oav  yakcßg, 
970  zdx'  EtcTEzai  ari8i](iog,  ov  tcqXv  ig  Wgvyag 
ekSsh',  (fövov  y.)]kicriv  a'tfiazog  XQO-^^t 
£t  TIS  (U«  zi)v  oijp  dvyazEQ   £i;atp))a£zat. 
dkk'  -iiovxo.Qe'  ifEog  Eyot  necpip'd  ooi 
fieyiOzog,  oi'x  ajv  dkk'  of^icug  yEvi'^aofiai.    ■ 


KA  YTÄIMNIUTPA. 

995  ti  fn)  itaQovoi^i  zavxa  zEv^o/nat  oeSev, 


AXIAAEYS. 

£1  yaQ  zo  XQVi^"^  ETXiirEz  ,  ov  zovfiuv  ^^(»fwf 
XujpEiv  ixEi  7«?  xoL'zo  zi]v  au>ztjQiav. 
xdyui  z'  dfjEtiojv  irpog  (fikov  yEvijoof^ai, 
1020  OzQUzög  z'  dv  ov  /ts/^ipaizö  fi,  eIxo.  -jr^dy/jaxa 
kEkoyiOjUvüjg  ■jrpaoaoiui  ftdkkov  ':  odEvEi. 
yakioq  öe  y.QarSivziov  cirpo;  ijSovijv  (fikoiq 
ooi  z   dv  yivoLxo  ydv  ifxov  X"^?^S  xdÖB. 


KA  YTAIMNIIS  TPA. 

1162  ondviov  8i  dijpEvu   avSpl  zoiavzijv  kaßEiv 
öd^aQxa'  (fkavqav  ö'  ov  ondvtg  yvvai^'  EX^iy- 
(Beschluss  folgt.) 


1061 


1062 


iSanchiiniathon. 

(Beschluss.) 

S.  36  rilgf  <1er  Verf.,  dass  Sanchun.  III,  17.  von  einem 
Judas' die  Rede  sei,  der  zu  des  Königs  Jabis  Zeit,  also 
etwa  200  Jahre  vor  Moses,  aus  Aejjvpten  flüchtet.  In 
der  angeführten  Stelle  aber  uird  diese  Einwandernng' 
ausdrürklirh  in  die  Zeit  des  sidonisrhen  Kiinigs  Kislon, 
als  in  Bjblos  kein  König  herrscl-to  (nm  1500  vor  Chr.), 
gesetzt.  —  Wenn  ans  diesem  Capilel  ein  Verdarlitsgrnnd 
gescliiipft  werden  sollte,  so  wäre  es  die  gleiih/.cilige  Er- 
w.'ihnnng  eines  Sotni/ron,  eines  Stammvaters  der  Samariter, 
deren  Manie  erst  in  der  Mitte  des  zehnten  Jahrhunderts 
Tor  Chr.  aufkam  (l   Kön.   Ifi,  24.). 

Dass  der  König  der  Juden  Salomo  durch  den  grie- 
chischen Namen  Eirenios  bezeicliuet  wird  ,  kann  unmög- 
lich ein  Verdachtsgrund  gegen  die  Echtheit  der  philoiii- 
schen  Uebersetzung  sein.  Ein  Anderes"  wHre  e.s  freilich, 
wenn  Sanchnniathon  selbst  ihn  so    genannt  hätte. 

Der  angebliche  chronologische  Widerspruch  in  Bezug 
auf  die  Gründung  der  Stadt  Jrad,  den  der  ^'erf.  S.  73 
Hrn.  Wagenfeld  vorwirft,  findet  seine  Erledigung  in  4  Mos. 
21,  1.  und  Josua  12,  14.  Schon  die  ileufsche  Ueber- 
setzung unterscheidet  geflissentlich  zwischen  Arad  (im 
Süden  von  Palästina)  und  Aiados  (im  nordlichen  Theile 
von  Phünicien).  Die  Discrepanz  ,  welche  der  Verf.  S.  oU- 
in  der  Erzählung  von  der  Gründung  der  Stadt  Ben/tos 
(Sanchun.  I,  5.  und  VIII,  7-)  finden  will,  möchte  gleich- 
falls keinen   erheblichen  Verdachtsgrund   abgeben. 

Somit  ist  die  Summe  desjenigen,  was  der  Verf.  von 
Nr.  2.  zur  Verdächtigung  des  AV'agenfeld'schen  Sanchn- 
niathon dem  von  seinen  Vorgängern  Aufgestellten  hinzu- 
gefügt hat,  nur  sehr  gering  zu  nennen,  und  e*  bleibt  ihm 
fast  nur  das  Verdienst  der  klaren  und  lebendigen  Dar- 
stellung. 

Während  die  ^'erf.  von  Nr.  1.  und  2.  entweder  von 
der  Unechtheit  des  neuen  Sanchnniathon  vollkommen  über- 
zeugt sind ,  oder  doch  den  gegen  die  Echtheit  desselben 
erhobenen  Zweifeln  alle  Gerechtigkeit  widerfahren  lassen, 
nimmt  der  ^^erf.  von  Nr.  3.  nicht  allein  von  demselben  gar 
keine  Notiz,  sondern  bemüht  sich  sogar,  die  Ueberein- 
stimmung  der  chronologischen  Angaben  des  neuen  San- 
chnniathon mit  lienen  des  Berosus  und  Manetho  bei  An- 
nius  Viterbiensis ,  der  Chronicies  of  Eri  von  O'Counor  *), 
nnd  endlich  auch  lies  Menander ,  Josephus,  Eusebius  und 
des  alten  Testaments,  nicht  nur  im  Ganzen,  sondern  auch 
im  Einzelnen  zu  beweisen.  Schon  aus  diesem  Streben 
geht  deutlich  hervor,  dass  Glaulen  und  Phantasie  dem 
Verf.  höher  gilt,  als  Kritik  und  L'rtheilskraft  ^  indem 
die  Letzteren  den  Ersteren  so  zu  sagen  nur  als  Relief 
dienen.  Grosse  Belesenheit  lässt  sich  dem  >'erf.  durch- 
aus nicht  absprechen;  allein  er  versteht  es  nicht,  die 
Materialien  gehörig  zu  sichten,  nnd  ist  präoccnpirt  von 
dem  Glauben  an  Skjthismus  des  Phönikeii,  wie  des  eu- 
ropäischen Gaelen.  So  vereinigt  er  denn  die  heterogen- 
sten Dinge   zu  einem  schönen  Ganzen    und  weiss  mit  be- 


')  In  dem  zweiten  Hefte  der  Fragmente  (Hannover,  18.^8. 
232  S.  gr  12.)  gibt  der  Verfasser  einen  .ihilnick  dieser 
Annalen  mit  gegenüberstehender   deutscher   üebersclzung. 


wuudernswerther  Geschmeidigkeit  Eusebius  und  O'Connor, 
Ilerodot  und  Wagenfeld,  Josp|)hu9  und  den  Annius  von 
Viterbo,  Justin  und  das  alte  Testament,  ja,  selbst  Mexi- 
kanische Chronologie  und  Ptolemäiis  friedlich  zusammen 
zu  paaren.  In  <ler  Etymologie  huldigt  er  durchaus  den 
Principien  des  l'orkänipfers  für  irische  Alterthnmsknnde 
und  Sprachforschung,  Sir  AV.  Bethaia,  der  kürzlich  noch 
so  glücklich  war,  in  der  irisch  -  phönicischen  Sprache 
den  Schlüssel  zu  linden  zur  Erklärung  punischer  *)  und 
umbrisrlier  Inschriften.  Er  scheut  sicli  nicht  Ta pra- 
ll ane  (Div-  Jiucanaf  die  Insel  des  Ravnna)  durch  Ta 
liier,  Foras,  VJ'iid  durch's  Wasser,  Binn,  äusserste 
Spitze  zu  erklären;  er  deutet  das  Wagenfehrsche  Ma- 
zattrisa  in  Mass-ur-eis-a  Berg  der  Menge  des  ge- 
icattigen  KlementarJ'euers ;  tMe  Inii/rclui/cine/i  heisscn  ihm 
Im-ear-raig-  cin-i  (sprich  Imirraglcini)  die  Inseln 
des  Volks  des  Frühlingsliitnmels,  Inseln  des  ewige» 
Frühlings  ,  und  man  liat  also  sehr  unrecht  gethan,  wenn 
man  diese  Aauien  aus  dem  Hebräischen  erklären  «tollte. 
Dass  Algarbieti  ,  dessen  arabischer  Ursprung  bisher  all- 
gemein anerkannt  war,  aus  dem  Irischen  ^llg-ErLe  ?M 
erklären  sei,  wird  gewiss  Vielen  neu  sein,  ebenso  die 
Ableitung  der  griechischen  Ländernamen  -  Endungen  in 
-1«  nnd  -xi\  aus  dem  Irischen  iatli  und  ce  (sprich  ia 
und  ke)  und  die  Erklärung  des  psoudosanchuniathoni- 
sclien  Namens  des  Salomo,  Eirenios-  den  man  wohl  mit 
Unrecht  für  eine  Gräcisirung  des  hebräischen  Namens 
gehalten  hatte,  durch  Eir-inn  oder  Eir  -  ainn ,  d.  i. 
freundliche  Gemüthsart  oder  ehrenicerther  Freund.  Knrz, 
bei  dem  Lesen  von  Nr.  3.  fällt  Einem  unwillkürlich  bei, 
was  Wachlcr  in  der  Ersch  -  nnd  Gruber'sclien  Encvclop, 
ly,  p.  184  über  Annius  A'iterbiensis  urfheilt:  ,,Die  Ge- 
lehrsamkeit Nanni's  ist  gross ,  aber  unverdaut  und  be- 
schwerlich verwirrt;  so  viel  Mühe  auf  Vereinfachung  und 
A'erdeutlichung  der  Zeitrechnung  verwandt  wird,  so  dun- 
kel und  ohne  Einheit  im  Einzelnen  ist  sie.  3]it  Namen 
werden  etymologische  Spiele  getrieben.  Alles  lauft  dar- 
auf hinaus,  die  Celten  als  Italiens  Urbewohner  in  histo- 
rischer Vollwichtigkeit,  und  den  Noah  als  Janus  Xct' 
tumnus  geltend  zu  machen.  Die  Anführungen  aus  alten 
Schriftstellern,  besonders  aus  dem  älteren  Plinius,  sind 
häufig,  enthalten  viele  Unrichtigkeiten  und  Nanicnent- 
stellungcn."  r  —  (/. 


Lucian's  Traum,  Anacharsis,  Demonax,  Timon,  dop- 
pelte Anklage  unil  wahre  Geschichte.  Für  den 
Schulgebrauch  mit  Einleitungen  und  erklärenden  An- 
merkungen versehen  von  Dr.  Friedr.  Gotth.  Schöne. 
Halle   1838. 

Wenn  in  den  vorigen  Jahrhunderten  die  Schriften  des 
Lucian  auf  Schulen  »eniger  gelesen  zu  werden  pflegten, 
als  es  in  den  letzten  Dccennien  der  Fall  gewesen  ist,  so 
lag  der  Grund  davon  theiis  in  der  Zurücksetzung,  wel- 
che der  griechische  Sprachunterricht  überhaupt  auf  ge- 
lehrten Schulen  erfuhr,  tlieils  in  der  Aufeindung,  welche 
sich  namentlich  von  Seiten  der   den  Unterricht   leitenden 

*)  Veigl.  die  beisseüde  Anzeige  derselben  in  der  Zeitschrift 
für  die  Kunde  des  Morgeul.mdcs ,  1,  S.  408. 


1063 


1064 


Theologen  gc^cn  Liirian  als  angeblichen  Feind  und  Spöt- 
ter des  Christenthunis  erhob;  ilenu  seine  nicht  überall 
pchtcl.issisclic  Gräritat  »ar  für  jene  Zeiten  kein  Ilinder- 
uiss,  ihn  auf  .Sihnlon  zn  le^en,  da  man  keinen  Anstand 
nahm,  die  viel  schlorlitere  Gr«cit<'it  des  N.  Testaments 
eifrig  zu  stndiren.  Daher  ist  es  denn  auch  zu  erklären, 
warum  selbst  noch  in  dem  verflossenen  Jahrhundert  so 
äusserst  »enig  dafür  geschehen  ist,  durch  zweckmässige 
Ausivahl  Liicianischer  Sdiriften  diesen  Schriftsteller  für 
die  Schule  zuganglicher  zu  machen.  Um  so  erfreulicher 
ist  es,  dass  in  den  letzten  Uecennien,  seitdem  die  BiU 
düng  iler  Gyninasialjugend  in  die  Hände  der  eigentlicheo 
Philologen  nbergeganj^en  ist  und  die  engherzige  und  ein- 
seitifife  Beurtheilung  und  Auffassung  des  Alterthums  einer 
allseifigercn  und  unparteiischen  immer  mehr  Platz  ge- 
macht hat,  solche  ^'orurtheile  verbannt  sind,  und  man 
trotz  alles  Eifers  der  llyperortliodoxen  und  Pietisten 
unserer  Zeit  zu  der  Ueberzeugung  gekommen  ist,  dass 
auch  eine  zweckmassige  Auswahl  aus  Lucian's  Schriften 
unserer  Jugend  unbeschadet  ihrer  Religiosität  und  Sitt- 
lichkeit in  die  Iland  gegeben  werden  könne.  Nanientlicll 
bat  Lehmann  durch  mehrere  Einzelausgaben  Lucianischor 
Schriften  sich  ein  wesentliches  Verdienst  um  die  Ein- 
führung dieses  Schriftstellers  in  die  Gymnasien  erworben, 
und  lue  freudige  Aufnahme  und  gebührende  Anerkennung, 
welche  seine  Leistungen  fanden,  veranlasste  mit  und  nach 
ihm  andere  Gelehrte,  Sammlungen  aus  Lucian's  Schriften 
für  den  Sch'ilgebrauch  zu  veranstalten.  Mit  Recht  hält 
<lesshalb  Hr.  ür.  Schöne  p.  VI  es  für  iinnöthig,  bei  der 
jetzt  allgemein  anerkannten  Urauchbarkeit  des  Luoiau 
für  die  Schullecfüre,  seiner  Sammlung  von  dieser  Seite' 
besondere  Empfehlungsgründe  beizugeben;  wohl  aber 
glaubt  er  sich  darüber  rechtfertigen  zu  müssen,  dass  er 
nach  dem  Erscheinen  mehrerer  treulichen  Arbeiten  ähnlicher 
Art,  namentlich  von  Pauly  und  Jakobitz,  deren  Verdienst- 
lichkeit er  gebührend  anerkennt,  eine  neue  Sammlung 
Lucianischer  Schriften  an's  Licht  treten  lasse.  Diese 
Rechtfertigung  hat  er  in  der  gründlich  durchdachten 
Vorrede  so  genügend  gegeben  und  ilariii  so  viel  Treflen- 
des  über  die  Leetüre  der  classischen  Schriftsteller  auf 
Schulen  überhaupt  und  des  Lucian  insbesondere  gesagt, 
dass  wir  es  nicht  unterlassen  können,  die  Hauptgedanken 
liorvorziiheben ,  ziiinal  sie  praktisch  von  der  grössten 
'W'ichtigkeit  simi  und  für  Lehrer  und  Schüler  höchst 
beachtenswcrthe  Fingerzeige  enthalten.  Die  Ausgabe  ist 
für  Geübtere  berechnet,  etwa  für  Secundaner  zur  öffent- 
lichen, für  Primaner  zur  Priv.itlecfüre,  und  soll  abwech- 
selnd mit  Xeiiophon's  Schriften  —  ilie  wenigstens  in  den 
Preussischeii  (iyinn.asien  zur  llauptlectüre  iler  beiden  ober- 
sten Classen  bestimm'  sind  —  dienen,  ein  Wechsel,  der 
gewiss  in  mehrfacher  Uezichung  für  den  Schüler  er- 
spriesslich  ist,  indem  er  dadurch  theils  .auf  die  wesent- 
lichen Unterschiede  der  altattischen  Diction  von  der  spä- 
teren liellenischen  hingewiesen  ,  theils  zur  ^^-rgleichung 
zweier  als  .'\Iensclieii  und  Sclirillsteller  so  ganz  verschie- 
dener Charaktere,  ivie  Xenophiin  und  Lucian,  geiiöthigt 
und  dabei  zugleich  in  den  ganz  rersihicdenen  Geist  und 
die  verschiedenen  Sitten    und  Bestrebungen    verschiedener 


Jahrhundorte  des  Alterthums  in  den  mannichfachsien 
Richtungen  eingeführt  wird.  Dabei  ist  auch  nicht  zu 
besorgen,  dass  der  .Schüler  die  Leetüre  des  Lucian  gegen 
die  lies  Xenophon  zurücksetzen  oder  vernachlässigen 
werde;  im  Gegentheil  möchte  eher  der  umgekehrte  Fall 
eintreten ,  da  Inhalt  und  Form  der  hier  ausgewählten 
Schriften  des  Lucian  der  Aull'assungs-  und  DarstcUungs- 
wcise  der  modernen  Zeit  weit  näher  steht,  als  die  echt 
antike  Form  der  Xenophontischen  Schriften;  namentlich 
bietet  sich  in  d^n  Inhalte  derselben  so  Vieles  ,  was  der 
jugendlichen  Phantasie  viel  mehr  zusagt  und  durch  Witz 
und  Satire  reizt,  als  die  edle  Einfachheit  und  unerreich- 
bare Grazie  des  Xenophon.  Soll  nun  aber  der  Schüler 
die  Schärfe  der  Satirc  und  die  Feinheit  des  Witzes  in 
den  Schriften  des  Lucian  nach  allen  Beziehungen  ver- 
stehen und  den  rechten  Genuss  und  Nutzen  aus  seiner 
Leetüre  ziehen ,  so  gehört  dazu  allerdings  auch  eine 
gründlichere  und  methodischere  Erläuterung,  als  zu  man- 
chem andern  sprachlich  sogar  schwierigeren  Schriftsteller. 
Dabei  gewährt  der  geringere  Umfang  der  Schriften  Lu- 
cian's den  nicht  geringen  Vorthoil,  dass  der  Schüler  ein 
leicht  zu  übersehendes  Ganze  vor  sich  hat,  dessen  An- 
lage und  innere  Construction ,  Zweck  und  Bedeutung  er 
unter  Anleitung  des  Lehrers  leichter  erfassen  kann  und 
dadurch  erst  ganz  der  biblenden  Kraft  der  Alten  inne 
wird  und  wahrhaftes  Interesse  für  ihre  Leetüre  gewinnt. 
Mit  Recht  wird  daher  p.  VIII  ilie  verkehrte  Unterrichts- 
methode gerügt,  nach  welcher  ,,die  alten  Classiker  haupt- 
sächlich als  Material  zur  Einübung  des  grammatischen 
und  lexikalischen  Wissens  gebraucht  werden,  während 
der  sachliche  Stoff,  wenn  nicht  ganz  bei  Seite  geschoben, 
doch  sehr  lückenhaft  und  desultoriscli  behandelt,  von 
vielen  Dingen  zwar  Etwas,  im  Ganzen  aber  nur  eine 
planlose  und  fragmentarische  Kenntniss  vereinzelter  No- 
tizen und  von  einer  Menge  innerer  und  äusserer  Verhält- 
nisse des  Inhalts ,  deren  Berücksichtigung  nicht  .allein 
zu  einer  wahrhaft  gedeihlichen  Leetüre,  sondern  auch  des 
Zweckes  harmonischer  Ausbildung  willen  nothwcndig  ist, 
oft  gar  Nichts  beigebracht  wird."  Eine  solche  dürre  und 
geistlose  Erklärung  der  Alten  kann  freilich  nur  da  statt- 
finden, wo  der  Lehrer  entweder  selbst  nicht  in  den 
Geist  des  Alterthums  eingedrungen  ist,  sondern  an  der 
äusseren  Schale  der  köstlichen  Früchte  desselben  mit 
grammatisch  -  lexikalischer  Gelehrsamkeit  sich  zerarbeitet, 
ohne  d(Hi  inneren  Kern  zu  finden ,  oder  wo  es  ihm  an 
Eifer  unil  Liebe  fehlt,  sich  in  den  sicheren  Besitz  einer 
so  umfassenden  Kenntniss  des  Alterthums  zu  setzen,  wie 
sie  zu  der  allseitigen  und  lebendigen  Interpretation  der 
Alten  erfordert    wird. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

G  rcifswal.l.  An  die  Stelle  des  am  12  .Fchriinr  d.  J.  ver- 
sUirhinen  Oiclinirius  von  Quinta,  Hiii.  Oberlehrers  D.  Za  oder, 
wurde  /ii  Oilcrn  der  bislicrii;e  Ordinarius  von  Sexta,  Hr.  Colln- 
borator  VokcI,  und  an  Hessen  Stelle  zti  Michaelis  der  Schul- 
amts-CandiJat  Hr.  Dr.  Reinhardt  erwählt. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  t  er  th  ums  wissen  Schaft. 


Mittwoch  j   6.  November 


1839. 


Nr.  133. 


Die  Interpolationen  der  Iphigenia  in  Anlis  des 

Eurijtidcs , 

zusammengestellt  von    W,  Dindorf. 

(Beschluss.) 

aixoq  -xTaruiv,  ovx  dlXoc,,  ovo'  dkXrj  %*?'> 
roiövSe  f^iicr^ov  xaTctk/Trcuv  iCQoq  tovq  Bö^ovc. 
1180  £TT£i  ßpaj[£tag  TtQocpdaFAxx;  idsi  j^iovov, 
scp  i]  er'  eyu)  y.aX  TCaideg  al  ksXeii^i/nsvai 
Ö£i;öfj£&a  Ö£^tv  i'v  0£  Si^o-crdcu  xq£v')v. 
jMj;  S))Ta  TiQog  ^fc/jr  pifT*  ävayxdcr?]^  fjWf 
xay.rni  y£vEa&ai  Tte^i  0£  fiiJT   avi6(;  jivy. 

£t£V  • 

1185  9vcr£iq  Se  Tr;v  TtaiS''   tvd-a   Tivaq  ev^aq,  £Q£ti\ 
xi  001  xaT£v^£i  zäya^ov,  ocpdQmv  xhxvov, 
vuarov  irovijouv  o'i/.od^£v  y    aioxomo,  luiv;  ^ 
aJX  £/^£  Sixatoi'  äyadov  ivxtadai  tI  Goi; 
ij  xao    dowirovc,  xoiq  &£oug  7jyotfi£9-'  o.v, 

1190  £1  Toioiv  avdei'xatßiv  £v  (pQovijOouEv. 

ijxojv  8'  £Q"^4oyoq  TtpoaTTSoijg  xly.voiai  Goic,; 
dkk'  ov  dijU/c  aot.  T(5  8h  xcte  TTQOoß'Ktip£xai 
naidojv  0,  £av  avxah'  7roo!}£ji£voi  xiävrjq  xivd; 
xavt'  i]l.9ov  i'jSi]  8id  köyutv.  ;}  ay.ijWXQa  aoc 
j.i6vov  8ta.(fi£Q£tv  y.al  OTQUxtjXaTftv  oe  Sei, 
UV  XQiji'  Siy.utov  Xoyov  iv  'A^yEioK;  XiyEtv, 
ßovk£a&',  Axatoi,  -jrXEtv  0Qvyü)v  inl  x^ova; 
y.\r]QOv  xid£a9£  nat8'   oxov  9av£iv  ygeujv, 
£v  lOuj  yaQ  r,v  Too  ,  aLku  lo;  er  £i;aio£Tov 
acfdyiov  TTa^ao-xEiv  ^avalaaiat  iraida  Oijv, 
1]  MsvihEuiv  TTou  iinroui  'Eoiiiovijv  y.xavrtv, 

*  ^  \  ^^      .^  f^     ^     r       «>5  '  '        ''       *        '         \         y 

ov:i£Q  xo  npayji   ijv.  vvv  o    £yuj  fuv  r^  xo  Oov 
ouiQovOa  k£xxQov  nai8uc,  vcrTemjaofiai, 
f]8'  i^aiiaQTuucr,  vTTÖxQocfov  vEolviSa 
^■KUQzrj  y.o^iiQovo',  £VTi'%i]i  ysvijaexaf. 
TOVxojv^ajjE/ipai  [i    Et  tc  fti)  xuküjq  kEyu)' 
£1  8'  Ev  kikEyxat  vuii  jJ-i]  8ij  ys  xrdvrji; 
xi]v  Tr,v  xE  xdj^ijv  Ttal8a ,  y.aX  oojcpqujv  tOEi, 


1195 


1200 


1205 


ArAMEMTSS2N. 

fXEfXIJVE    8'    'Acf^oSlTIJ    T/C    'EkkiJVUJV    (TTQa-Vtp 

1255  TtkEiv  «3;  tdyiöxa  ßa^ßdomv  etii  %96va, 
■Kuvoal  XE  kEXXQOJV  äpTtayd^  'Ekktjviy.üiv 
Ol  xdq  iv  "AqyEi  -Ka^bEvovz,  xxEvovcn  fxov 


i5jUac  TS  y.d/iE,  dEOcpax'  Et  kvdo)  9euz. 

ov  ßlEvskEojq  fXE  y.axa8t8ovkv)xai ,  xtxvov, 

1270  ovo'  fn\  xo  xeIvol'  ßovköuEvov  Eki]kv9a 

dkk'  Ekkdg,  i]  Sei,  xdv  9£kui  yäv  ^ii)  ^ikcu, 
Si'crai  öE   xovTov  8'  ijacrovEq  Y.a9ioxafiEv. 
sksvdEQav  yd.Q  Sei  viv,  ooov  ev  aol,  xsy.vov, 
xd./io\,  y£V£a9ai,  fiijSe  ßaoßägoiQ  i'Tto 

1275  'Ekhpaq  ovrag  kixTQa  ovkäadai  ßia. 


AXIAAEYS. 


1410 


1415 


1420 


1425 


1430 


tÖ  SEOiia^Eiv  yäo  dTokiTTova,   ö  Gov    xparti, 
E^Ekoyiffo)  T«  j(}i-jOxd  Tdvayy.aid  xe. 
fiäkknv  Se  Xexxqvjv  (tcSv  Tioboq,  [/  EiaEQXexai 
£<;  xr;i'  cpvoiv  ßkiipavxa'  yEvvaia  ydg  eI. 
OQa  S' •  syoj  ydp  ßovkoiiai  a    EvEoyExEiv 
kaßsiv  t'  t?  o'ixovq'   äydofiai  x',  i'axcu   Oexic, 
El  f^ii]  OE  Ou'iOüj  Aavd'ibatcn  Sia  fK'X']? 
Ekdtöv  d9Qi]Oov ,  ü  ddvaroi;  Seivuv  xaxöv. 

KDirENEIA. 

Xsyo)  xdS'.  ov8iv  ovSev   EvkaßovfiEvi^. 
Tj   Ti'vSaotq  Ttaic,  Sid  xo  Oujf/  dgxEi  fiayai; 
dvSpiov  TtdEioa  xaX  cfövovc,'  ov  S',    oj  ^£V£, 
(U?)  9vi)0xE  8i'  Eii£,  ^nS'  äjroxxEivrjg  xivd. 
ea  8e  adjoal  j^i  EkkdS  ,  r^v  Svvvj^Eda. 

AXIAAEYS. 

w  kij^i   uQioxov,  ovx  EXO)  ^po?  roi'T   Exc 
kEyE/v,  ETtEi  (TOI  xäSs  SoxEi-  yEvvaia  yap 
^povEii;-  T('  ydg  xdkrj9£q  ovx  Eiitot  xio,  äv ; 
o/j-ujc  8'  i'aiog  ys  xdv  jusxayvoli/i;  xaSe. 
ö3;  ovv  av  EeS7J<;  xdit'  e/^iov  kEk£yu£va, 
£k9Mv  xd8'  onka  9tjoo/jai  ßojuov  nskai;, 
(üq  ovx  idocov  o',  dkkd  y.uikvau)v  9av£iv. 
XQi'jOEi  Se  xal  (TV  xoiq  e^ioiq  köyou  xu-X^i 
oxav  -Ttikag  crijq  (pao-yavov  SEoi^g  'tÖTjg. 
ovxovv  sdauj  0   dcpgoavvrj  xrj  ofj  9uvEiv 
£k9u)v  Se  ovv  oTtkoti;  xoiirös  Ttooc,  vaov  9£US 
xapaSoxriOu}  ar^v  exei  itapovcriav- 


WirENEIA, 
1436  jUT/'r'  ovv  ys  xdv  a-ov  nkö^a^ov  EXXE^iyg  TQixö<i- 


1067 


1068 


ArrEAOs. 

TTfo;  TUVTa  ^tij  ipai'crr^  ti^  './(jyeluiv  i/iov. 
151)0  c/'/y  rr«pftw  ydo  dioi-ii  ci'xaoöivji. 

jounvT   ekiie-  nai  ö    ii^üiißijcrcv  x/u'lüu 

eL'tpl'XtCCl'    TE    xdocTijV    T>]i   -Trao^EVOlf. 

orä»  S'  tu  füao)   TakSi'ßiog,  y}  xö8'  r,v  fieXov, 
ei'cfi'itUcv  dveiie  Kai  atyr^v  OToariff 
lö65  K((k~/«-i  tV  6  ftavT/^  fg  xavovv  xoi'orXaTov 
e^i-y.sv  di;i'  X^'i"  (fdayavov  (y:Tuaag 
xo'Keciiv  eaui^ev,  x^ära  t    'iartiptv  y.ö^iji. 
6  Trati  ö'  ö  Tlijkeojz  iv  y.i'xho  ßfufiuv  dtäg 
kaßtov  xavouv  i^oe^s  xtfivißü'i  y'  öfxuv. 
töTO  e/.tie  d',  w  zZ/Ws  "AoTEftii  dijpoxrore, 

TU  kapTTOüv  eiki'ijoova'  iv  ti'(f(j6vrj  cpcioi, 
Se^at  TU  9t!iia  -vöä'  ü  ye  aoi  8u)(joi<ui9a 
ßToaroq  T  '.^xaiojv  'AyacLiftviuv  dvai;  iP'  ö^avy 
axguvTov  aiuu  xaXXtJiU(jl^£uoi'  degvg, 
1575  xat  ödi  yeviodai  nkoiv  veüjv  dii'uova, 
Tooiui  T£   nigyaii    i^ektlv  ?•('"?  öogi. 
£5  yiji'  ö'  'ATotidai  TTÜg  a-TOMTdi  r'  iacij  ßkiTcmv. 
IfQU'i  de  (fdoyuiuv  Xaßwv  e7r)jvl;utOy 
Kuiuui'  T    i7Tif}xo7iti&',  i'va  Tlkr.ttttv  dv 
1580  ifju\  6a  T   uhyoi  ur  /.'.ixpov  siarjei  Cfgev), 

y.ufTTtjV  vevevy.uji'  duvj^iu  8'  i]v    OAffvi]!;  ügdv 
nki-yi]i;  y.TVTiov  ydg  ttuc  tic  ijaßeT'    o.v    outfoiq, 

Tip'  TTagDevov  8'  ovx  eiöev  oi>  yiji;  n'air^r. 
ßoa  8'  iegei'i,  d-:i:a<;  8'  6TCi:xf]0S  OTgo.TO';, 
1585  änkitxov  eioiSovrag  ix  d-edjv  xivoc, 

(fdou,  Ol'  ye  fti-8'  dgut^tävov  Tcioxiq,  ■Kagijv. 

eka(fog  yao  doTiaigova   ixen:  enl  X'^^'^'- 

i8£iv  fjeyioxtj  8/a7ifj£7irjg  re  t:i]v  deav, 

r,g  aiftaxi  ßu>uu<;  iguivex'  dgöijv  xTji;  i^eov. 
1690  xdv  Ttn8e  AakxoLi  TicSg  8oxei^;  xfdgujv  Icfi], 

Ol   X018'  'Axaiviv  xotgavoi  xo/i'ou  crxgaxov, 

öoaxf.  ttlvÖE  dcoi'av,  rjv  rj  9 eis 

nguLdt]x£  ßutuiav,  i}.a(fov  ogtiöguuov ; 

xani:v  ud/.coTa  nTs  ydgrji  doxäCtrut, 
1595  Wi;  I.UJ  fxidvTj  ßtDjjdv  evytvai  (funu>. 

r,8iuji  xs  xovT    edäi^ajo,  xaX  Trkovv  oig/ov 

di8üjoiv  i'jiiiv  'Ikiov  r'  iniSgo/^tdi. 

jrpo;  Tavxa  Ttdi;  xig  ^dgao^  aige  vavßdxi;q, 

X^dgei  te  ngui;  vaiiv  •  (u<;  ijutga  Tijöa  Sei 
1600  tjnüvxaq  >judi  Avki8oi;  xulkoug  fAvxuvq 

Aiyuiov  oidiw.  dtuTTagav.  ärral  8'  ditav 

y.u.Ti]vd QayMJi}t]  i>v^t'  iv  'Il(fcdaxov  cf'Kuyi, 

TU  -iiodof^oo'  r^i'^aiV,  tös  ri'x'Ji  ruoTov  oxgaxd;. 

ntfATxei  8    'Aya^iunijv  u   ujiTTe  001  (fgäaai  xd8e, 
1G05  kiyeiv  9'  üiiuiai;  i/.  Üauiv  fuui(ju<:  xuuai 

xui  8üi:uv  t.oxau  dcfifiTov  xu9'    Ekl.d8a. 

tym  Tiagujv  de  xcu  to  ii(j(/,y^i   ugimiiyuj' 

L-:tuic,   ou(ftJig  aoi  -ngdi  9eol^  dcfn'jiTuto. 
Ttiji;  8'  djfu/gae  xui  nöaet  na.^ttc,  xdkuv 
1610  dnuo(j8u/.>]ta.  8b  ßgoxotg  xd  xviv  yton, 
aruiCovoi  y'  o('^  Cfikuvo/v'  ijuau  ydg   id^c 
davovaav  aide  xui  ßkäriovouv  nuiSa  oi^v. 

XOPOS. 

cö;  ij8oiiai  xot  tuPx'  d/ovoaa'  dyyil^ov 
^ujv  8'  iv  ifaoiai  odv  ^iveip  (fgd^t/  li/.oi. 


KA  YTAIMNin  TP  A. 

1615  w  TTul^  9auiv  Tot'  xlenj-ia  yeyovag; 
Titiji  ae  71  gotrti.T(fj ;  TTcjq  8a  (ff); 
nnganudeiodat  tuv(t8£  fidcijv  fji'9ovg, 
djg  000  navdoi'i  kvygov  Tiai'irulfiav; 

XOPO^. 

xai  iti)v  'Ayafxsfjivuiv  dva^  uteixei, 
1620  xovaS'  avxou<;  exu>v  not  cpgd^eiv  jivdovg. 

ATAMEMNÜN. 

yvvai,  9tyaxgdg  avay'  iikßioi  yEvoifieS-'  äv 
axft  y"-g  dvxvti;  iv  daou  üiiikiav. 
Xgi]  8e  oe  kaßoöonv  zürda  ftooxov  venyevfj 
aiet'xfiv  -yrgot;  or/.oi'i'  löq  GxgaxoQ  -irgoqiTkovv  ood. 
1625  y.ci  X"^ig^'  ;f(>0''«  ya  xö^iu  001  jioDfScfdeyuaxa 
Tgohjdev  iaxac.  xui  yavocxü  aoi  y.akißq. 

XOPOS. 

Xntgo)V,  'ArgaiSi],  yijv  i/.ov    <J)gvyinv 

XnigiDv  8'  eTrapijy.a, 

xdkkioxa  uoi  axvk'  dno   Tgolac,  ekmv- 


3Iplirrre  df-r  hier  als  iiiiprlit  hczoirlinpfon  Stpllon 
sind  liproit«  von  anderen  Rritikerii  als  solrlie  erkannt 
Hürden:  ivorüber  das  Näliere  aus  den  neueren  Ausgaben 
einstueilen   zn  ersehen. 

Ans  einem  zueiten,  ebenfalls  nnerlifen  Proloy  —  wip 
auch  für  Rhesus  zwei  unerhfe  Prolo^je  vurlmnden  »aren  — 
sind  die  ron  Aeliau  N.  A.  7,  3U-  aus  iler  i|)Li;:fenia  lies 
Euripides  angeführten  (loa  Artemis  gesprochenen)  Verse 
enfnoinmen , 

"Et.acfov  8'  'Axctiujv  x^Qdiv  äv9ijnvi  (fi'kaiq 

xtgovncruv ,  r,v  <Trfiai;avT£i;  ai'Xijaovöl   ar,v 

ocfd^aiv  dvyuiegu. 


Lurian''s  Traum,  AnacJiarsis,  Demonax,  Timon,  dop- 
pelle Anklage  und  uahre  Geschichte.  Für  den 
(ichulgebrauch  mit  Einleitungen  und  erkl/irendcn  An- 
merkungen versehen  von  Dr.  Friedr.  Gulth.  Schöne- 

(F  ort  se  tz  HD  g.) 

So  oft  aucii  sclinn  anderweitig  diese  verkehrte  und 
geistlose  iuterpretafionsneise  gerügt  ist,  so  kann  sie  doch 
gerade  in  unserer  Zeit  des  Kampfes  zuischen  Humanismus 
und  Idealismus  nicht  oft  und  hart  genug  gerügt  iverden,. 
da  sir-  es  gerade  ist,  «elilie  di-n  (iegnern  der  classischeu 
Philologie  die  geDilirlichsfeii  AVaflen  in  die  Hilnde  gibt. 
Denn  auf  diese  Art  niuss  dem  .Schüler  die  Lust  und  Liebe 
zum  Sluilinm  der  Alti'n  von  vorn  herein  verleitet  «erden; 
die  Jugend  kann  sich  unmöglich  mit  dem  Wüste  gram- 
matischer, lexikalischer,  synon>  niischer  Gelelirsanikeit, 
nil(  leiTcm  Cifatenvvcsen  und  fragmentarischen  antiquari- 
schen iNotizen  befreunden;  in  der  Zersfückelung  einer 
solchen  statarischen  Leetüre  geht  ihr  iler  Ifeberbliik  über 
da.«  Ganze  verloren,  und  <la  ihr  aus  dem  grossartigen 
Geiste    und   Leben  dos   .ilterthums   keine  Stärkung   bei   so 


10G9 


1070 


fei«««ilt(>ii<ler  BosrUaftigfiing-  zuflic.ist ,  so  ersrlilalR  sie 
uikI  wird  gleicli^Hltif;  fc^^fii  <lie  Alfeii,  deroii  liolu-r  AVertli 
ihr  iiifi  /.IHM  Bewiissfseiii  gpkoiniiicii  ist;  ilalior  ilie  trau- 
rige Erfiiliriuig,  (lass  viele,  selbst  (;iitc  köpfe,  froh  sind, 
von  dein  Kiide  der  Schulzeit  auch  die  liceiidiguiig;  ihrer 
Beschäftigung  mit  den  Alten  datiren  zu  können.  Das 
wurde  getviss  in  »i  eit  geringerem  Grade  der  Fall  sein  , 
wenn  "on  fri'ih  an  srhon  Bedacht  darauf  geiiouiinen  «  i'irde, 
in  dem  so  liürhst  empfänglichen  jugendlichen  Gemi'ithe 
eine  liegeisterte  Liel.e  zu  den  Alten  zu  erivecken,  wel- 
che über  Schul-  nnd  ÜHivcrsit.'itsjahrc  hinausreicht,  was 
dadurch  gefordert  «erden  wird,  dass  man  sie  durch  ilie 
Leetüre  zwerktnässig  gewählter  Schriften  unter  der  Lei- 
tlrng  geschickter  und  classisch  durchgebildeter  Lehrer 
allmählich  nnd  je  nach  dem  iMaasse  ihrer  geistigen  Kraft 
und  Bildung  scilistdenkend  in  das  innerste  Leben  nnd 
Treiben  des  Alterthums  einführt.  Darum  gibt  auch  Hr. 
Dr.  Sihiine  ilen  Ziveck  der  vorliegenden  Ausgabe  (p.  ^^III) 
Lestiurnit  dahin  an  ,  „dass  er  nicht  ein  IMaterial  zu  bloss 
sprachlichen  fjese-  und  Erklärungsiibnngeji  habe  geben 
wollen,  sondern  zu  einer  Lectüre ,  die  methodisch  auf 
den  Zu  eck  hingerichtet  sei,  zu  einem,  soweit  es  fi'ir  diese 
Lnterrichtsstufe  passe,  gründlichen  unil  zusammenhängen- 
den Verständnisse  des  Schriftstellers  ebensowohl  in  ma- 
terieller als  formeller  Hinsicht  anzuleiten."  '  Zu  diesem 
Bchufe  gibt  er  zuerst  p.  l—  l-l-  eine  allgemeine  Kinlei- 
tnng  über  Lucian's  Zeitalter,  Leben  nnd  schriftstelleri- 
sche Thätigkeit,  welche,  mit  Benutzung  der  vorhandenen 
llülfsmittel,  in  gedrängter  Kürze.  Alles  enthält,  was  für 
den  Leser  nutliig  ist,  nni  ein  anschauliches  ßild  von  dem 
Geiste  des  Zeitalters,  in  welchem  unser  Schriftsteller 
lebte,  von  seiner  literarischen  Thätigkeit  unil  seinem  eigen- 
thümlichen  Charakter  zu  geben.  Die  Lectnre  selbst  soll 
nun  dazu  beitragen  ,  das  im  Allgemeinen  entworfene  Bild 
im  Einzelnen  praktisch  zu  veranschaulichen  und  zu  be- 
wahrheiten; und  der  Hr.  Herausgeber  hat  gerade  die 
vorliegenden  Stücke  gewählt,  weil  er  sie  für  ganz  beson- 
ders geeignet  hielt,  die  Hauptrichtungen  in  <len  literari- 
schen Bestrebungen  des  Lnciaii,  sowie  seine  eigenthüm- 
liche  Denkweise  zu  charakterisiren.  Wir  können  dieser 
Auswahl  nur  unsern  Beifall  schenken,  namentlich  da  aus 
dem  ersten  Buche  der  wahren  Geschichte  der  fiir  die 
Jugend  anstiissige  Abschnitt,  C.  '2'2 — '-'H  ,  ausgemärzt  ist, 
was  ohne  IVnchtheil  für  das  ^Vrstän<lniss  des  Ganzen  be- 
quem geschehen  konnte;  freilich  hätten  dann  auch  im 
Demonax  die  beiden  noch  anstössigeren  Stellen  C.  15 
und  17  ,  in  denen  auf  Päderastie  Bezug  genommen  wird, 
weggeschnitten  werden  sollen,  was  ebenfalls  keine  Stö- 
rung des  Znsammenhangs  hervorgebracht  hätte.  Ausser 
dieser  allgemeinen  Einleitung  ist  aber  jedem  Stücke  noch 
eine  besondere  beigegeben,  über  welche  sich  iler  Herr 
Heransgeber  p.  XI  folgenderniaassen  erklärt:  ,, diese  Ein- 
leitungen haben  ilie  zweifache  Bestimmung,  erstlich  Hier 
den  jedesinalip,en  Inhalt  alle  Saclierliiuterun^en  voraus- 
zuschicken ,  ohne  welche  ein  vollständiges  Verständniss 
der  Sclirift  für  <len  Schüler  gar  niclit  möglich  ist,  zwei- 
tens über  die  eigenthümliche  Behandlangsweise  und  Ein- 
kleidungsfiinn ,  sowie  iilter  die  besonderen  Tendenzen  des 
Schriftstellers  die  nöthige  Einsicht  zu  eröffnen  ,  um  so 
das   Allgemeine,   was  die   Gesammteinleilung  gibt,   in  den 


besonderen  Anwendungen  weiter  naehziitveisen  oder  er- 
gänzend zn  vervollständigen.  Auf  diese  Weise  wird  der 
Schülei'  gleich  gehörig  orientirt  nnd  mit  einem  xtiSam- 
menllilngenden  lleberblicke  über  die  Hauptveihällnisse 
ausgestattet  in  die  Sache  eintreten."  Gerade  diese  spc- 
riellen  Einleitungen  sind  es  nun  aber,  welche  ilem  Buche 
einen  ganz  besonderen  Werth  geben  und  vor  Allem  dazu 
dienen,  den  oben  angedeuteten  Hauptzweck  der  l-ectüre 
der  alten  Classiker  auf  Schulen  zu  erreichen.  Sie  sind 
mit  einer  ausserordentlichen  Sorgfalt  und  (lenauigkeit , 
mit  gründlicher  Kenntniss  des  Alterthums  und  namentlich 
des  Zeitalters  Lucian's  in  seinen  feinsten  Beziehungen, 
dabei  ohne  alles  eitle  Prunken  mit  todter  Gelehrsamkeit 
und  mit  stetem  Hinblicke  auf  eine  gründliche  nnd  allsei- 
tige Erfassung  der  jedesmaligen  Sclirift  gearbeitet,  so 
dass  sie  nicht  nur  für  den  Schüler  unentbehrlich,  son- 
dern auch  dem  Lehrer  höchst  willkommen  sind  ,  da  er 
hier  in  klarer  Uebersicht  das  zusammengestellt  findet, 
dessen  HerbeischalFung  in  solcher  Fülle,  Gründli<'hkcit 
und  Gediegenheit  ihm  oft  nicht  ohne  vielen  Aufwand  von 
Zeit  un<l  IMühe  möglich  sein  dürfte,  .So  gibt  di(^  Ein- 
leitung zum  Traume  zuerst  in  gedrängter  Darstellung  deu 
Inhalt  der  Schrift  an,  stellt  dann  die  Erzählung  des 
Traumes  selbst  in  das  rechte  l'erhältniss  zu  der  Dich- 
tung des  Prodikus  bei  Xeno|)h.  !\Iemor.  II,  2,  21  etc., 
leitet  daraus  die  ^'erschiedenheit  der  Darstellungsform 
bei  beiden  Schriftstellern  ab,  zeigt  die  Angemessenheit 
der  Erfindung  iler  Ausführung  und  des  Tons  bei  Lucian, 
soivie  den  vt ahrscheinlichen  Zweck,  den  er  bei  Abfassung 
des  Scliriftrhens  hatte.  Dabei  ist  der  Ausdruck  so  zweck- 
mässig und  treffend  und  mit  so  sorgsamer  Rücksicht  auf 
Erklärung  des  Textes  gegeben,  dass  eben  in  der  Einlei- 
tung die  beste  Erläuterung  und  Anweisung  zur  zweck- 
mässigen tlebersetzung  der  schwierigeren  Stellen  liegt. 
Ein  Gleiches  gilt  von  den  übrigen  Einleitungen  ,  unter 
denen  die  zum  Anacharsis  S.  37  —  (ii  sich  ausführlich 
über  den  Zweck  und  das  Wesen  der  griechischen  Gym- 
nastik verbreitet,  deren  Ausführlichkeit  der  Hr.  Heraus- 
geber p.  XII  besonders  rechtfertigt.  Am  dankensiverthe- 
sten  ist  aber  unstreitig,  was  in  den  Einleitungen  zu  dem 
doppelt  Angeklagten  und  der  wahren  Geschichte  gegeben 
ist,  weil  hier  Slaterien  berührt  werden,  deren  genaue 
Kenntniss  in  iler  Regel  weniger  verbreitet  ist,  und  über 
welche  die  gewöhnlichen  antiquarischen  Lehrbücher  wenig 
oder  gar  Nichts  geben,  nämlich  über  die  Form  des  Pro- 
cesses  in  den  römischen  Provinzen  zur  Zeit  Liiciaiis, 
S.  179  —  194,  und  über  die  Enfstehiing  iler  mährchen- 
haften  Wundersagcn  und  Lügenerzählungen  unter  den 
Griechen,  S.  2!l  — 2.')ö  ,  welcher  Gegenstand  mit  einer 
seltenen  Genauigkeit  nnd  Gründlichkeit  und  auf  eine 
höchst  interessante  Weise  behandelt  Ist,  so  dass  wir  die- 
sen Abschnitt  für  den  werlhvollsten  und  gelungensten  des 
ganzen  Buches  erklären  möchten.  Gerade  für  diesen 
Abschnitt  bedurfte  es  der  S.  XII  eic.  gegebenen  Recht- 
fertigung am  wenigsten,  da  sich  der  Hr.  Verf.  dadurch 
gewiss  den  ungetheilten  Dank  aller  seiner  Leser  erwer- 
ben  wird. 

Der  Text  srhliesst  sich  meist  an  den  der  Lehmann'- 
scheii  Ausgabe  an,  nnd  es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  die 
Jakobitz'sche   Ausgabe   noch  nicht   so   weit   gediehen   war, 


1071 


1072 


dasä  «Irr  IFr.  Ileraiisff.  sie  li.'l«e  zum  Grunile  legren  kiiii' 
neu;  nur  für  den  Traum,  «len  Timon  und  die  »alire 
Geschiclite  liefet  die  Jakobifz'srlie  Rerension  zum  Grunde, 
und  in  diesen  Sdlcken  bleibt  für  die  Kritik  des  Textes 
«enig  zu  «ünsclien  iibri<j.  Eiifentlichc  Kritik  des  Textes 
hat  der  Ilr.  Ileraiisj. ,  als  fiir  den  Zweck  eines  Srlinl- 
buclies  dieser  Art  unjjehörijj ,  ausgesclilosscn  und  nur  hier 
und  da  eine  kurze  Rechtfertigung  seiner  Abiveicliuug  roii 
der   A'ulgata   gegeben. 

Was  die  Zugabe  erhl'drender  Aitmerkungen  betrifft, 
so  sind  «ir  ganz  mit  den  vom  Herausg.  S.  XIII  ff.  an- 
gegebenen Grundsätzen  einverstanden.  Die  Anmerkungen 
sollen  ,,in  das  ^'crständniss  der  Worte  und  des  Einzelnen 
einführen,  insoweit  diess  zur  Vorbereitung  für  den  Un- 
terricht des  Lehrers  oder  beim  Privatgebrauche  zur  Un- 
terstützung des  eigenen  Nachdenkens  des  Schülers  nüthij 
erscheint."  Desshalb  wollte  der  Ilerausg.  in  den  An- 
merkungen auch  nur  so  viel  geben  ,  als  nöthig  erschien, 
dem  Schüler  bei  dem  Streben  nach  richtiger  Uebersetzung 
und  Auffassung  des  Sinnes  zu  Hülfe  zu  kommen,  deu 
Ideengang  anzudeuten,  die  dunkleren  Beziehungen  oder 
Geilanken  unter  einander  aufzuhellcu  und  das  zu  er- 
gänzen, was  Lexikon  und  Grammatik  dem  Schüler  gar 
nicht,  oder  ungenügend  bieten.  Zu  loben  ist  dabei  das 
Streben  nach  Kürze,  Deutlichkeit  und  Bestimmtheit  in 
der  Abfassung  der  Anmerkungen,  und  die  Vermeidung 
aller  für  den  Schüler  unnützen  Citate,  die  noch  so  man- 
che Schulausgabe  der  Classiker  entstellen.  Dass  das 
Ulaass  der  Anmerkungen  gegen  das  Ende  des  Buches  zu 
immer  sparsamer  wird ,  rechtfertigt  der  Ilerausg.  damit, 
dass  er  die  Leetüre  der  einzelnen  Stücke  gerade  in  der 
Reihenfolge  beabsichtigte,  wie  er  sie  gestellt  hat,  und 
desshalb  bei  dem  Schüler  späterhin  schon  eine  grössere 
Fähigkeit  zur  Auffassung  dcsSiunes  und  zur  Losung  mancher 
Schwierigkeiten  voraussetzte.  Wenn  «ir  dieser  Ansicht 
unsern  Beifall  auch  nicht  versagen  können,  so  mochten 
wir  doch  die  Anmerkungen  zu  der  wahren  Geschichte 
fast  etwas  zu  spärlich  finden;  und  wenn  sonst  auch  im 
Ganzen  das  rechte  .^laass  in  <len  Anmerkungen  gehalten 
sein  dürfte,  so  möchten  wir  den  Hrn.  Ilerausg.  doch 
noch  auf  Einzelnes  aufmerksam  machen,  wo  er  ilen  von 
ihm  selbst  aufgestellten  Grundsätzen  nicht  ganz  treu  ge- 
blieben ist,  oder  in  der  Erklärung  nicht  das  Rechte  ge- 
troffen zu  haben  scheint,  und  nehmen  dazu  die  drei 
ersten  Stücke   der  Sammlung. 

Somn.  1.  Dvi  y.ui  S  lÖ  et  c.l  T  O.  ,, Durch  y.lCi  wird 
die  Unentschicdenheit  der  Frage  verstärkt:  was  auch, 
teas  nur,  (jnid  tandem?"  Wir  finden  hier  die  Beiloul nng 
des  y.ai  in  der  Frage  für  das  \'erständniss  des  Schülers 
zu  schwankend  und  ungenau  bestimmt;  viel  zweckmässi- 
ger wäre  Ilermann's  Erklärung  zum  Viger.  p.  8}7  oder 
Bremi's  zu  Uemosth.  Phil.  I.  §.  4(i.  gewesen,  und  auch 
die  Vergicichuiig  des  y.cij  mit  tainlem  ist  wegen  der  \'^er- 
schiedenheit  der  Grundbedeutung  beider  Partikeln  misslich. 
EbenrI.  S.  2}  wird  in  den  Worten  ÜtV  O  (f£  (J  (H  V  dsl 
To  yiyrouevov  fälschlich  cifA  zu  rö  ycyvi'incviiv  ge- 
zogen, da  es  zu  uxocfe^ujv  gehört;   es  müsste  dann  to 


«£i  ytyi'ö/isvov  gesagt  sein.  C.  2-  wird  tsj^dtj  tVqö- 
X^tQOV  e^ovaa  tijv  XOQl]yiav  erklärt  als  ,,eine 
Kunst,  die  einen  bequemen  Erwerb  gebe."  Hier  scheint 
die  Uebersetzung  des  Bnurdelot.  „quae  paratam  opem 
ferret"  den  Ilerausg.  irre  geleitet  zu  haben,  da  doch 
schon  Jacob,  Micjllus  richtig  übersetzt:  ,,quae  minori 
sumtu  et  instrumento  egeret",  und  Lehmann  „expedito 
sumtu  parabilis."  Der  zweite  Punkt  der  Untersuchung 
im  Rathe  der  Freunde  und  Verwandten  des  Lucian  war 
nach  C.  2-  ,, welches  die  beste,  die  am  leichtesten  zu  er- 
lernende und  einem  freien  Manne  geziemende  Kunst  sei, 
deren  Erlernung  keinen  grossen  Kostenaufwand  ver- 
ursache,  dabei  aber  einen  ausreichenden  Erwerb  böte; 
denn  auf  den  vorletzten  Punkt  musste  man  sehen  ,  weil 
der  Vater  seines  geringen  ^'^ermögens  halber  nicht  riel 
auf  die  Lehrzeit  des  Sohnes  verwenden  konnte,  und 
eben  desshalb  musste  man  auch  darauf  bedacht  sein, 
dass  er  sich  seinen  Unterhalt  selbst  verdienen  könne. 
Vergl.  C.  1.  TO.  8  ijuETEoa  fiiy.Qa  tE  Etvai  xai  ra- 
y^Eidv  Tiva  tijv  ETitxovpuiv  aTtatTEiv.  —  to  fiEv  ■jtqiö- 
Tov  EiJdvi  av  avToc,  exeiv  ra  d^xovvTa  Ttaga  rfjq 
Ti:X'''i]i  z«'  fJnjueTi  oi/.öfjtroi;  Etvai.  Da  nun  y^opi-jyia 
die  Kosten  zur  Ausrüstung  und  Einübung  eines  Chors 
bedeutet,  so  ist  es  hier  passend  auf  die  Kosten  übertragen, 
welche  die  Erlernung  einer  Kunst  verursachte.  So  be- 
deutet auch  in  der  aus  Anachars.  3.5.  angezogenen  Stelle 
%ni)l]yn>.  nicht  geradezu- /'o/vrt/A,  sondern  Herbeischaffung 
des  Brennstoffes.  Dass  die  Kunst  einen  bequemen ,  oder 
vielmehr  ausreichenden  Eriuerh  geben  müsse,  drücken 
die  nebenstehenden  Worte  8/aoxif  zov  Ttöoov  ans.  — 
Ebend.  yvojftijg  y.  cd  e  iiTt  et  ot  ac.  Diese  Genitive  hat 
Rost  in  der  5.  .Auflage  seiner  Grammatik  richtiger  er- 
klärt, als  in  der  4.,  auf  welclie  der  ^'^erf.  noch  verweist. 
Vergl.  aiehlhorn  in  Zeilschr.  f.  Alterthumsw.  1,S37.  S.  879- 
C.  4.  ,,ris  dient,  wie  tjuidam,  hei  Adject.,  unbestimmten 
Zahlwörtern  unil  Adverb,  zur  Hervorhebung  des  Begrifles 
dieser  AVörtcr,  je  nach  dem  Zusammenhange  thcils  ver- 
stärkend, thcils  schwächend."  So  nach  Kühner  JJ- 033,  4, 
allein  Tig  kann  seiner  Natur  nach  nicht  die  Kraft  ver- 
stärkender Hervorhebung  haben ,  da  diess  dem  Wesen 
eines  Pronom.  indef.  widerstreitet.  Richtiger  gibt  die 
Regel  unstreitig  Passow  s.  v.  Tii  nr.  4.  Matth.  §.  487,  4. 
exlr.  — 

(Beschluss  folgt.) 


Persoual-Clironik   uud  Miscellen. 

Lcydon.  Hier  erschien:  Disp.  littciaria  de  enii  lul.itionc 
aliquot  l'icciiinn  oral.  Cicer.  p.  M.  Cae/io  Hiifh,  (|ii.ini  praes. 
Joa.  Bake  ad  publ.  iliscrptnt,  propos.  llenr.  VnUcnlio\'en ,  jur. 
ntr.  caiid.  Leyd.  6.  ILigcnl)erg  18W.  Amsei'  <lcm  eigenen 
Wcrtlic  der  Besonnenheit  und  üriindliclikcit  (imlcn  sich  S.  64 
—  99  die  Lesarten  der  l-ejdcner  Uandsclirillcn  und  S.  200  — 
203  die  cniend.itiones  Joa.  Baku.  Selbst  die  Tbcscs  S.  109 
zeigen  den  Zögling  eines  tiicbti^'cn  Unlcrriclits.  —  Von  unserem 
Pcerlkamp  steht  eine  neue  vcrniehric  Auflage  seiner  Ausgabe 
der  Odun  des  lloratius  zu  erwarten  ,  worin  er  die  gesen  seine 
Kritik,  erschienenen  verschiedenen  Ii^inwendiingen  zu  widerlegen 
suchen  wird. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terth  LI  ms  Wissenschaft. 


Freitag f   8.  November 


1839. 


Nr.  134. 


Lncian's  Traum,  Anacharsis,  Detnonax,  Timon,  dop- 
pelte Anklage  und  wahre  Geschichte.  Für  den 
Schulgebrauch  mit  Eiuleitungen  und  erklärenden  An- 
merkungen versehen  von  Dr.  Fiiedr.  Gotth.  Schöne. 

(Bescliluss.) 

C.  10-  extr.  Ledurfto  die  Wendung  oüy.  it'g  fiu- 
y.oa,V  ae  ÖtSatOf^iui  einer  Erläuterung,  da  weder 
die  griechischen  Lexica,  noch  die  Grammatiken  von  Rost 
nnd  ßnttmanu ,  auf  die  der  Ilerausg.  sich  nur  bezieht, 
etwas  geben.  Cf.  Auach,  G-  ovx  ity  f.iay.odv  ii^  y.ul 
avTOi  io?].  Anach.  18.  tu  Sh  öXt.a  Eiq,  batsgov 
Slöd^rj  j.ie.  Hoogov.  ad  Vig.  p.  596.  Malth.  p.  1146  e. 
Steph.  thes.  Vol.  III.  s.  v.  eU  p.  296-  cd.  noviss.  — 
C.  16-  y-ciiiE  und  so  fast  überall,  wo  Kßt  Krasis  bildet; 
allein  das  Jota  subscriptum  fällt  richtiger  weg.  Matth. 
g.  55.  p.  125. 

Anach.  1.  ist  'j[Qirjna  st.  '/olaf.ia  zu  accentuiren, 
wie  überall  zJ/Tfiuivai:  statt  ^rfiujvai;  cf.  Lobeck  ad 
Phryn.  p.  674;  ebenso  wohl  richtiger  duvEfio^  mit,  als 
ohne  Koronis,  wie  der  Herausg.  stets  schreibt.  —  Ibid.  9. 
ist  Ti  Eythaaaz  (nach  Rost'.s  Uebersetzung)  ganz  falsch 
»vicdergegebcn  ,,Mariim  mussi  du  lachen?"  der  Begrifl 
«1er  Köthigung  liegt  durclians  nicht  im  Aorist.  Viel  rich- 
tiger erklärt  diese  Wendung  Kühner  g.  443,  1.  u.  3-  — 
Ibid.  10.  ist  a:o}.i>  mit  oiy.Tf;iouVT£q  za  verbinden,  wie 
Pauly  Ihut,  nicht  mit  TtoÖTeoov,  wo  es  ganz  mi'issig 
wäre;  ,,valde  cos  miserati."  —  C.  16.  wäre  v.u.\jr  öbov 
trellender  mit  via  et  raticme  verglichen,  und  zu  017.0- 
liiii'  in  den  Worten  lUV  yc.Q  Trikuv  f.ioc  dcfcksTv  üi- 
■/.odr:V  'eSoi;ev  eine  Bemerkung  nach  Paulv's  ■\'organgc 
uöthig  gewesen,  da  hier  die  berücksichtigten  Gramma- 
tiken Aichts  geben;  dadurch  hätte  zugleich  ivÖodev  und 
^/.coa9ln  c.  20.  seine  Erläuterung  gefunden.  —  C.  17. 
Der  doppelte  Accusafiv  bei  ojCfcKfiv  ist  durch  die  Ver- 
gleichüug  der  Constr.  von  c'.ycdht  Tro/ii'u  Tivu  um  jVichts 
deutlicher  gemacht;  viel  einfacher  wäre  auf  Rost  §.  104 
A.  7.  verwiesen;  vgl.  Kühner  ji^.  ÖÖS,  b.  extr.  —  C.  18. 
Iiätfc  die  Wendung  ijv  äqa  nicht  mit  Stillschweigen  über- 
gangen sein  und  t'i  —  iniriölij  mit  Paulv,  iler  Parallel- 
steilen  zu  die.-icr  Constr.  aus  Lucian  nachweist,  bei  der 
Uebereinstininning  iler  Codd.  aufgenommen  werden  sollen. 
—  C.  21'.  olov  Tt  Lv  ijuiv  ey.äoToi  sorev  >)  ipv'/i,- 
C'nbegreiflichenvcise  verkennt  i!er  Ilerausg.  die  Betleu 
tung  des  Sv  l]niv  t/.iirixii},  die  schon  Paulr  mit  Verwei- 
isung    auf  Malth.    §.   302'  a.    Anui.    (cf.   Kühner  §.   509.) 


richtig  erläutert;  Iymcttu}  kann  auf  keine  Weise  Dativ, 
commodi  sein,  noch  statt  dessen  grammatisch  richtiger 
i/.üoTOV  stehen,  wie  in  der  Anmerkung  behauptet  wird. 
Der  Gedanke  ist  ja  ganz  einfach  dieser:  „Die  Bürger 
sind  in  der  Stadt  dasselbe  ,  was  in  einem  Jeden  von  uns 
die  Seele",  nämlich  das  erfülleiido,  ordnende,  handelnde 
Element.  —  C.  23-  -rriöai  dürfte  nicht  zweckmässig 
durch  Fussschelleii  übersetzt  sein,  da  der  Knthurnus, 
welcher  darunter  verstanden  wird,  keine  Aehnlichkeit 
mit  unseren  Fussschellen  bietet.  —  C.  25.  ist  die  Er- 
klärung des  Gcnitivs  in  äj.ir/t.;  rot)  (puvl.OV  als  parii- 
tiver  Genitiv  nicht  genau;  er  ist  abhängig  von  dem  a 
privat,  in  UH/yt^  und  es  liegt  der  Begriff  der  Trennung 
und  Absonderung  zum  Grunde;  desshalb  mnsste  statt  auf 
Rost  g.  lOS,  I.  A.  2,  auf  g.  lOS,  4.  a.  verwiesen  wer- 
den. *Cf.  Kühner  §.  513  ,  4.  Matth.  g.  339.  Härtung 
Casuslelire  p.  16.  —  C.  26-  war  die  Form  tvSißov  bei- 
zubehalten, da  die  andere  evöiSoiv  als  in  Codd.  be- 
gründet sich  nicht  nachweisen  lässt.  Cf.  Jacobitz.  — 
C.27.  ist  es  vielleicht  nicht  uothig,  £v  ßoa%Ei  ron  dem 
Räume  zu  verstehen,  was  sonst  nie  der  Fall  ist,  son- 
dern wie  gewöhnlich  von  der  Zeil.  Solon  scheint  näm- 
lich mit  den  Worten  -„y.c.t  fu)v  yai  Sqouiy.ovi;  Sivai 
day.oiusv  avvov^ ,  f ?  i'.r,y6q  re  biao/Mv  ä^iCovreg 
y.cd  tq,  xo  tv  ßoaxEt  cöxi'raTov  y.nvcfiCovTC.;'-''  aaf 
die  doppelte  Art  des  Laufs,  den  St'avLoq  und  öÖKi^O^ 
boduoi  hindeuten  zu  wollen;  bei  ilem  letzten  war  der 
Hauptzweck  die  Ausdauer  im  Laufe  (io,  ilijy.o^  Staoysiv) 
zu  erproben,  bei  dem  erstercu  die  Schnelligkeit,  indem 
es  nur  darauf  ankam,  die  Bahn  einmal  hin  und  zurück 
in  kürzester  Zeit  (sv  ßouXEi)  zu  durchlaufen.  —  C.  28. 
ist  lue  attische  Form  Eyxekeoi  mit  Paulj  und  Jacobitz 
beizubehalten. 

Demouax  C.  3.  verdienten  die  AVorte  (fojrr,)'  r£  Y.aX 
yvm^i-v  y.t/.oOfiljiiLvo)  eine  Erläuterung  mit  Hinweisnng 
auf  die  in  den  Substantiven  liegende  Paronomasie.  — 
Ebendas.  ist  die  Auseinandersetzung  über  die  Partikeln 
d'/Xd  ydQ  nicht  klar  genug;  namentlich  sieht  man  nicht 
ein,  inwiefern  die  ßegründungspartikel  yö.o  den  Nach- 
druck der  Adversative  vorstärken  sollte.  Richtig  wird 
zwar  das  Lateinische  sed  enini  ,  at  enini  zur  Verglci- 
chung  gezogen;  allein  hier  verstärkt  enim  ebenso  wenig, 
wie  \yd.o  1  sondern  zeigt  an,  dass  iler  ailversative  Satz 
zugleich  einen  Grund  enthalte,  warum  eine  natürliche 
Folge  des  Vorhergehenden,  welche  sich  erwarten  liess, 
nicht  eintrat.      Demnach  ist  der  Gcdankenzusammenhaug 


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in  rorliegcniler  S<ellc  foljjrndcr:    Ohsflcirli  Demonax  mit 
den    vorhprgriiaiiiitPii    Philosophen    zusammen   leble,    und 
darin    für    ihn    ein   Impuls    zum   Studium   der   Philnsnpliie 
gejfeben   sein   konnte,"   so   war    diess   doch   nicht  der  Fall; 
flenn     ihn     trieb    eigene    Lust    und    Liebe    zur    Philoso- 
phie   n.  s.  w.    —     C.    4.    möchte    der    Sinn    der    Worte 
Ttoirraiz  ai'vr^ocfo^  eyertro    x«i  -vdji'  nXsl- 
Otojr   i  ui:  uVTjT  o    „er    war  mit  den   Dichtern   vertraut 
und   wusste   die   meisten   derselben   aus» endig"   schwerlich 
Fon   dem   Schüler  verstanden   werden,  da   die  Lexica  nicht 
das   hierzu  Erforderliche   bieten,   und   eine   andere   falsche 
Erklsruiig^ihm   gar  zu   nahe   liegt.     —     C.   5-   ist  mit  Ja- 
cobitz   üiv ,   was  in  der  l'ulgata  hinter  Tl£Co^  stand,   gleich 
nach     ctTraoiv   zu  stellen,    sowie    denn    überhaupt    gerade 
im   Pemonax  der  Text  an   vielen  Stellen   eine  Abänderung 
nach    Jacobitz's     ^'organge    nüthig    macht.       Daraus    geht 
dann    zugleich    hervor,    dass   o.Tiaai    nur   zu   önudlcifvog 
gehiirt,    nicht    zugleich    zu    den    beiden    Endverben,    wie 
der   Herausg.   meint.    —    In   den   durch   Präpositionen   ge» 
hildeten  adverbialen   Wendungen   llttija   Ttokv,   t7l\   iiiiy.l- 
OTOV ,    irr     6/Jyov,    i:;  ftuyoäv    u.  s.  w.    vermisst    man 
Conseqnenz   in   der  .Schreibart,    indem    sie   bald   getrennt, 
bald    verblinden    geschrieben    werden.      A'ergl.   Dem.    1,   4» 
5.  6-    Anach.   '>.  (i.     Somn.    10.   u.  s.    w.      Sehr    sorgfältig 
ist   in   diesem   Punkte  Jacobitz.   —   Das   über  die   Redens- 
arten navToiov   yiyp£o!}ai  C.  ß.  und   novrarsviiv  et- 
QT^flp    (iesagte    (worüber    überdiess    zu    vergleichen    war 
Mords  ad   Isocrat.   Paneg.  g.  t'^I.)   ist,   nach   dem   8.  XVI 
von    dem    Herausg.     aiifgesfellfen     Grundsatze,     ungehörig, 
da   Passow    im   Lexikon    ganz    dasselbe    angibt.    —    C.  7. 
dagegen     bedurfte     i7l£odlo.reivüiitvoi    einer  Erklärung, 
ila   die    von    Passow     im    Lex.     gegebene     „sich     übermässig 
anstrengen"    uiigenügenil    ist.       ^ergl.    über     öiaiiii  CrrSiU 
in   der    vorliegenden   Bedeutung   Schaef.    ad    Piut.    fliarcell. 
14-  Lucian  Prometh.  h.  Hcsyrh.  StaTi/i  Serital  =  /JtfjuioV' 
fidai,     (fi/oreiy. findet,    coli.   Dem.     11.    Toaxi'T^ioov  rj 
y.UTo.   ir^v  havToi)  Ti(joiüoeoiv  ü^Xf^oyi^oaxo.  —  C.  8. 
hält   der   Ileransg.    utSeiu^    mit    Gessner    iind    Lehmann 
für   das   ^entr.   und   fin<let   den   Gegensatz   in  arri:i  dcittS 
cu    tr/.i>ni.\    allein     richtiger    nahm     es    schon    Obsopneus 
und    Beiin    für    das    Ulasc.      Lehmann     selbst   erkennt   ganz 
richtig,    dass   es   unpassend   sei   zu  sagen,    Demonax   habe 
fjir  sich   Nichts     nötliig    gehabt,    und    will    desshalb  -ttuo' 
al'Kuiv     ergänzen;     allein     diese    Ergänzung     ist   ganz    uii- 
nöthig  und   iler  Sinn    eben   der    von   Lehmann   geforderte, 
wenn    Ol  devd^    als    31asc.     gefasst    wird  ;    der    Gegensatz 
liegt   dann    in    Cfi/Mi;:    „Er   bedurfte    keines   Andern,    half 
aber    seinen     Freunden. '■'■     —     C.    <l.     hätten    die    Worte 
I  :t  (tv  oyiir     cf;     naToidl     tu.     >t  [  c  ^u  O.     »nhl     eine 
Erklärung   vcrilient,    ila   die  von  Lehmann  und  seinen  ^'or- 
gängern    gegebene    nicht    befriedigt;     denn     rJ.     UEcrtui.    ist 
durchaus   iiirht   zz.  jitiüiv};,   noch   bedeutet   es  mediocria 
tributa,    sondern    die    ganze   Redensart    heisst    nichts   An- 
deres,   als:    ,,in     allen     rechten    unil    billigen    Dingen   dem 
^'aterlandc     helfen,    seine    Pflichten    gegen    das    \'aterland 
erfüllen."     Vergl.   Herod.    Wl.    14.J.   /OKOia  'Jihiic.iutq 
iiTlovQyeiy    nnd    Plut.    Rom.   14.      lieber    die    Bedeuinng 
von   TU  fjlTQia  8.   Heins,   und   Graev.  ad   Ilesiod.   Opp.   et 
DD.   30(i.   Fischer  ad  Aeschin.  Diall.  Index  s.  v.  /liioio^. 
Das  ist  CS  ja  auch  eben,    wozu    der  Philosoph    die    auf- 


rührerischen Bürger   zu   bereden   suchen  runssfe.  —  C.  10- 
ist  es  nicht  nöthig,  zu  ii:iOTaf^itroq  zu  ergänzen  odoii,  wie 
aus   Lob.   ad   Aiac.   p.    lOÜ   cd.   IL    hervorgeht.    —   C.    H. 
wird   zu   TU   an'   ixclrov,   wie   Anach. '2(i.  zu   ex  ■jtoaXov, 
ergänzt   youvov  ,   da  exlivov   und   irokXou   offenbar  Neu- 
tra   siiul ;    solche    Ergänzungen    führen    den    Schüler    nur 
irre   und   bringen   ihm  schiefe    Vorstellungen   über  die  Na- 
tur der   Ellipse   bei.    —   C.  l'>.   wird  die    Antwort  des   De- 
monax  6o)^e/C  dem  Leser   nicht  ganz  verständlich  werden, 
da    in    den   Bemerkungen   Nichts    davon    gesagt    ist,    dass 
Phavorinus    eiu    spailo     war.      Ein   Gleiches    gilt    von   den 
Worten    C.    14.    df    nvt>(cyö(>ag    xaKfj,    oiuj7njco/Liat, 
die    wenigstens    der    Schüler    bei    der  Privaticetüre    nicht 
verstehen   möchte.    —     C.    19.   stellt  Jacobitz   in  'Oiüjpa- 
TOv  ans  Codd.   ilen  Spir.   aspcr   her,    w esshalb    gar   nicht 
zu   zweifeln   ist,   dass  <ler  röm.   Name  Honoratus  darunter 
zu   verstehen    sei.    —    Die    zu    dTiaidßVTOV^  C.   28.   ge- 
gebene Bemerkung   ergibt  sich  von  selbst  als  müssig,  wenn 
mit  Jacobitz    du  alötl'TOjQ    nach   Codd.   gelesen    wird.   — 
Dass    die    ßdgßciQOl    von    den    Mysterien    ausgeschlossen 
waren,    konnte    aus    Isoer.   Paneg.   g.    157-    bestimmt  er- 
wiesen  werden.    —    C.  41.  ist  die  Bedeutung  der  Worte 
y.ai     Kj  V    uoußaxov    keineswegs     dunkel,     wie    der 
Herausg.    meint,     nnd    die    Lesart    unbedenklich    richtig; 
schon   die   wörtliche   deutsche   üebersetzung  gibt  mit  glei- 
cher  Bitterkeit  den   richtigen   Sinn:     „Diess    trug  vor   dir 
ein   Schaf  und   war   ein  Scliaf."   —    C.   44.   extr.   lies   ilÖT) 
st.   iSiT.    —  C.  4.T.   hätte   eine   Sacherklärung  nicht  fehlen 
dürfen ,    da    das    von    den    bisherigen   Erklärero    (s.   Leh- 
mann)  Angeführte   iliirchaus   ungenügend   ist;   denn  es  ver- 
langte  ebensowohl   die   Antwort:   Xdoujv  (i£  iöaxsv,  als 
oia  iVri    ay.i/.ojr  to/c  yeuotcriv  enier/.iDi   yiyvitai  eine 
gegenseitig    passende    Erläuterung.      —     C.    Ö5-    will    der 
Herausg.   jfj   (ftoii   mit   ^  ffooi'  verbinden,   was  weder  der 
Sinn,     noch     die    ^'ursfellnng     erlaubt;    denn   Epictet     hält 
CS    (ür    Pflicht     des    Philosophen,     sich    zu    verheirathen , 
damit  er  statt  seiner   einen   Amiern   (nämlich   einen   Sohn) 
iu  der   AVeit   zurücklasse.    So   übersetzt  ja  auch   Lehmann 
ganz   richtig    „ut    alium  (alteruin)    pro    sc   rerum   uaturae 
relinquat." 

Wie  zu  den  drei  ersten  Stücken  könnten  wir  auch 
zu  den  drei  letzten  eine  Anzahl  Bemerkungen  hinzufügen, 
die  auf  das,  was  der  llr.  Herausg.  entiveder  übersehen, 
oder  verfehlt,  oder  nicht  ganz  in  Angemessenheit  zu  den 
aufgestellten  Principien  ausgeführt  hat,  Bezug  nähmen; 
allein  »ir  sind  der  Ueberzengnng,  dass  der  gelehrte  Hr. 
Herausg.  solche  kleinen  Mängel  bei  nochmalger  genauer 
Prüfung  leicht  entdecken  und  bei  einer  neuen  Auflage 
von  selbst  beseitigen  w  ird  ;  nnd  eine  solche  wüiisclien  wir 
dem  Buche,  das  wir  den  Schiilmannern  nicht  ilringend 
genug  zur  Einführung  empfehlen  können  ,  da  wenige 
griechische  .Schriften  sich  einer  so  zweckmässigen  und 
in  ein  gründliches  .Studium  des  Alterthnms  einleitenden 
Bearbeitung  (ür  die  Schule  zu  erfreuen  haben.  Ja,  nicht 
bloss  der  Schüler  liiidet  vielfache  Belehrung  iu  dieser 
Ausgabe,  sondern  auch'  der  Lehrer  niannichfache  Anre- 
gung zu  weiterem  Nachilenken,  und  iu  dieser  Beziehung 
leistet  sie  geraile  das,  was  sich  so  selten  vereinigt  findet, 
dass  die  Bearbeitung  des  Ganzen  sich  durchaus  in  der 
Sphäre  des  Schülers  halt,    ohne   dadurch  an   Nutzen   und 


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Interesse  für  den  Lehrer  zu  verlieren.  AVir  können  es 
ilcsshalb  auch  nur  billigen,  ilass  der  Hr.  Ileraiisf.  sich 
der  deufsohen  Sprache  zur  Erläuterung  bedient  hat;  denn 
in  lateinischer  Sprache  geschrieben  «lirde  namentlich  der 
trefflichste  Theil  des  Buches,  die  specialen  Einleitungen, 
«•on  dem  Schiiicr  nicht  gehörig  verstanden,  oder  noch 
öfter  gar  nicht  gelesen  werden,  Hahrend  sie  so  gerade 
sein  Interesse  für  die  Schriften  des  Lucian  erst  rocht 
erregen  und  fesseln.  AVir  scheiden  mit  der  grössten  Hoch- 
achtung von  dem  gelehrten  Herrn  Herausgeber  und  Hiin- 
schen  ,  dass  ihm  seine  amtliche  Stellung  fllusse  verstatten 
möge,  auch  andere  classisclie  Schriften  des  Alterthuujs 
in  gleichem  Geiste  für  die  Schule  zu  bearbeiten. 
Druck  und  Papier  sind  recht  gut. 

D.  J. 


Bruchstücke  aus  dem  Leben  des  Sexlus  Julius 
Frontinus,  Aon  A.  Dedeiich. 

(Fortsei zung   aus  Nr.   107.) 

§.   8.     Hat   Frontinus    auch   de   acie   homerica 
geschrieben  ? 

Man  hat  lange  Zeit  geglaubt,  Frontinus  hätte  auch 
ein  Werk  de  ncie  homerica  geschrielien  (s,  Polenus  g.  l(i.) 
und  dafür  folgende  Stelle  Aelian's  ( de  ordinib.  instit. 
eap.  1.)  angeführt:  Kcä  ■jr£(ii  t);§  y.aS-'  ''Ojiii;^oi'  (d.  i. 
Homeri  tempore)  TaxTiy.rji;  iriTVXOf^tev  (TvyyQacptLOl 
SrQazoxLf.i  re  'Epfieia  «ai  (p ()  ow  iv  (i) ,  riß  y.u&' 
r;uO.C  l'7iaTlX(jj  ävdfji.  Allein  diese  Annahme  beruhet 
lediglich  auf  der  falschen  Lesart  0()OVTivin ,  an  ilereii 
.Statt  Ang.  31ai  Praelat.  ad  Fronton.  p.  LXV.  aus  dem 
Cod.  Ambros.  (si)»ie  vor  ihm  schon  Gesner)  hergestellt 
hat  0(juVTU}vi.  Richtig  bemerkt  IMai,  dass  Aelian  of- 
fenbar zivisrhen  Frontinus  und  Fronto  einen  Unterschied 
mache,  und  beweiset,  dass  die  Apposition  r;;;  y.ud  Ijnäx 
l-TT a.T lY.tJi  dl>d(ti  ni<ht  auf  den  loni  Aelian  in  der  A'or- 
rede  genannten  Frontinus,  «elcher  unter  der  Herrschaft 
des  Trajanus  gestorben  sei,  sondern  auf  den  berühmten 
Redner  Froutu  bezogen  «erden  niüsste.  Dass  Frontinus 
kein  solches  Werk,  sowie  überhaupt  nicht  über  griecliische 
Taktik  geschrieben  hat,  dürfen  wir  mit  grössfer  Gewiss- 
heit  aus  der  an  den  Kaiser  Hadrianus  gerichteten  Vor- 
rede Aelian's  srhliessen,  aus  «elrher  wir  folgende  Steile 
entheben:  Ensi  öc ,  rot  9tiii)  7iaT(jl  auv  NiQova 
crvf^ßakuiv ,  iraou  0QOVTivtp,  tojv  eTTiat-iuov  viiari- 
zwj',  £v  WoQf^iiatc,  i)/iioo:i  rivag  ö/SToiipa,  du^av 
iiz£vEyy.a(.itvii}  nsoi  Ti^vtv  xoii  noXtiioi;  eiiTic/rjiav , 
oviißakujv  T  üvdoi,  tiuov  oiy.  ümituvc.  ajiüiöi-v 
k](ovTa  et'i;  ■vr^v  ■na.Qa  roi^  Ekki^ai  Tt9cojo)jj.iivijv 
(Md9i]cnv  jjoi;äf/ijv  ovy.  in  nsoKfooviiv  ri;;  xuiv 
raxTiy.uiv  ovyyQaffijc,  ovy.  av  anovödCeadat  naoä 
0QOVTivii)  duy.ojv  uiTi]v ,  thiQ  Tt  ■^f.ioov  iSuy.ti  t)~^ 
Pv)f.tai/.r,i  öiaTäi;Cajg  Tl£oiE/£lv  ai'Tr,v.  ,,Kachdem 
ich  aber,  mit  deinem  göttlichen  Vater  Nerva  zusammen- 
treffend, mich  einige  Tage  zu  Phormiä  bei  Frontinus 
aufgehalten  hatte,  einem  der  ausgezeichnetsten  Consularen 
und  durch  seine  in  den  Kriegen  gemachten  Erfahrungen 
hocLberühmtcn  Planne,    und    in    meiner  Unterredung  mit 


diesem  Manne  gefunden  hatte,  dass  er  mit  nicht  gerin- 
gerem Eifer  diu  griechische  Taktik  (als  die  römische) 
studirte;  ila  fing  ich  an  j  nicht  mehr  meine  Arbeiten  über 
die  Taktik  zu  verachten,  «eil  e^  mir  einleuchtete,  dass 
Frontinus  nicht  so  viel  Studium  darauf  vcr«  enden  würde, 
wenn  die  griechische  der  römisclien  nachstände."  —  So 
die  Vulgata.  Aber  ich  kann  nicht  umhin,  meine  Zwei- 
fel dagegen  zu  erheben.  Erstens  passen  die  Worte  xi~) 
]S£(jova  ar/itii'.}  ojv  nicht  im  Munde  Aelian's,  indem 
dieser  schwerlich  mit  ^erva  auf  so  vertrautem  Fuss  ge- 
standen hat,  dass  er  in  so  freunilschaftlichem  Tone  liätto 
sagen  können  „bei  meinem  Zusammentreffen  mit  Äerva." 
Zweitens  ist  die  Wiederholung  <les  ai'ii/ja/  ujv ,  einmal 
in  der  Bedeutung  des  ,,ZusammentrelIens"  und  dann  de» 
,,sirh  Besprcchens",  anstössig.  Mai  citirt  die  Stelle  so: 
[Eni  Ö£  xo)  $£ui)  naroi  oov  NiQuia,  frrji/SuKdv  Tiaou 
0()OVTIKJ}  —  £V  0.  r,ii.  T/r.  dltvoiijta  etc.  und  über- 
setzt: Sub  diro  autem  patre  (avo)  tue  Nerva,  congressus 
dies  ali.juot  Phormiis  cum  Frontino.  Höchst  fehlerhaft: 
denn  ,, unter  der  Regierung  des  Nerva"  heisst  £7ii  iVc- 
QOva^;  dann  ist  at'ftfjoJ.vjv  ttuou  0(>ovTlrft)  ungric- 
chisch;  ferner  ist  die  Constrnction  des  Satzes  gestört; 
endlich  paSst  iiT£i  d£  am  Anfange  des  Satzes  gar  zu  gut 
in  den  Zusammenhang  der  Gedanken,  Ich  möchte  fol- 
gende Emendation  vorschlagen  :  EtisI  dt,  £nl  zuv  dtiov 
TiarQoq  (jov  Neoovui;,  iiuoa  0oovtivin- — -  diixQiipa, 
doiav  —  iu7r£tgutp ,  ar/ißc.kcjv  t£  tu)  ävSoi.  (vqov 
etc.  ,,?Jachdem  ich  aber,  unter  der  Regierung  lies  Aerva, 
mich  einige  Tage  bei  Frontinus  zu  Pliormiä  aufgehalten 
und  in  der  Unterredung  mit  diesem  Manne  gefnndeu 
hatte,  dass  er  u.  s.  »v."  NtyOVUi  oder  IStQ^a^  steht 
in  den  Büchern,  wie  icli  aus  Gesner's  Aelian  ersehe, 
nicht    JSeoovu. 

Hütte  Frontinus  nberhau|)t  ein  Werk  über  die  grie- 
chische Kriegskunst  geschrieben ,  so  konnte  Aelian  an 
diesem  Orte  dessen  Erwähnung  nicht  übergehen;  und 
<l:e  Annahme,  ein  solches  AVerk  sei  vorhanden  gewesen, 
bebt  das  Interesse  der  den  Aelian  ermunternden  Unter- 
redung mit  Frontinus  völlig  auf. 

Die  ganze  Vorrede  .Aelian's  ist  hochwichtig  für  dio 
Grösse  der  Wirksamkeit,  die  das  Stndinm  des  Frontinus 
auch  auf  seine  Mitwelt  ausübte,  und  für  die  grosse  Ach- 
tung des  fllaimes  bei  den  Schriftstellern  und  Gelelirten 
seiner  Zeit.  Frontin  hatte  ausgezeichneten  Fleiss  auf  die 
römische  Kriegskunst  verwendet.  Aber  fern  von  aller  Einsei- 
tigkeit im  w  issenschaftlicheu  Treiben  (vgl.  de  agronim  quäl, 
in  der  Einleitung:  Omniiim  enim  liberalium  stuiliornni  ampla 
niateries  est  etc.  I ,  hatte  er  auch  die  Kriegskunst  anderer 
Völker  und  besonders  der  G'rierlien  stuilirt ;  für  die  der  Grie- 
chen war  er  begeistert  und  trug  diese  Begeisterung  auch 
auf  den  Aelian  über.  Aelian  beabsichtigte  ein  AVerk  über 
die  Kriegskunst  der  Griedien.  Allein  Anfangs  wurde  er 
durch  die  Stärke  und  Erfahrung  der  Römer  in  ihrer 
Kriegskunst,  die  ihm  fremd  war,  mit  AViderwillen  er- 
füllt gegen  die  Kriegskunst  iler  Griechen,  welche,  wie 
ihm  dünkte,  in  den  Hintergrund  geschoben  und  für  das 
Leben  unnütz  geworden  sei  ,  seitdem  die  Römer  mit 
ihren  taktischen  Grundsätzen  niid  Erfahrungen  aufgetre- 
ten wären.  Nachdem  er  aber  mit  Frontinus  zu  Phormia 
eine   Unterredung  von   einigen  Tagen  gehabt,  nahm   er  dio 


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Arbeit  mit  erneutem  Interesse  und  Eifer  wieder  auf; 
«lieser  Unterredung  verdankte  Aclian  es,  dass  er  sein 
Werk  ausführte,  und  rerdanken  wir  es,  dass  wir  ein 
■Werk  Aeliau's  i'ilier  griechische  Taktik  lesen. 

§.  9-     Des  Fronlinus  Aufenllialtsorle  unier  Domilian 
nach  dem  Anfange  des  dacischen  Krieges. 

Alle  drei  im  g.  7.  genannte  Werke  sind  unter  Do- 
initian's  Regierung  aligefasst  worden ,  ungefähr  vom  Jahre 
S40  an.  Was  Frontin  über  diese  Gegenstände  bisher 
gesammelt  und  gedaclit  hatte,  konnte  er  jetzt,  naclidcm 
nach  dc'm  Anfange  des  dacischen  Krieges  der  Neid  ihn 
Tom  Kriegsschauplatze  verdrängt  hatte,  in  ruhiger  Müsse 
nrdneu  und  vollenden.  Dieses  that  er  thcils  zu  Rom, 
thcils  und  besonders  auf  seinen  Gütern.  In  Rom,  wo 
Doniitian  mit  unerhörter  Grausamkeit  wüthete ,  wollte 
er  nicht  der  Zuschauer  so  vieler  Hinrichtungen  und  Ver- 
bannungen der  ausgezeichnetsten  .'Männer  sein  (s.  Dio 
LX.VII),  und  lebte  in  stiller  Zurückgezogenheit  an  der 
Lerrlichcn  Küste  bei  Anxur  (oder  Terraciiia) ,  am  Villen 
reichen  campanischon  Ufer  bei  Bajä,  und  im  äussersten 
Süden  von  Italien  bei  Rheglum;  dort  auf  seinen  Gütern 
nflegte  ihn  sein  Freund  3Iartialis  zn  besuclien  und  mit 
ihm  den  3Iusen  sich  hinzugeben.  So  singt  DIartial  X.  33 
in  einem  Epigr.   ad   Frontinum: 

Anxuris  aeijuorci  placidos.  Frontine,   recessus, 

Et  prnpius   IJaias  litoreamijue  domum. 
Et  quod   inhumanae,  cancro   fervcnte ,   cicadae 

Non   nurere   ncmns  ilumineoscjuc  lacus, 
Dum  colui ,  doctas  tecum  celebrare  vacabat 
Picridas.     Nunc  nos   niaxima  Roma  terit  etc. 
Zu  V.  3  und  4  vergl.   Plin.   H.  N.  XI.  27  :    At    in   Rho- 
gino  agro  silent  omiics  (cicadae):   ultra  Qumen  in  Locrcnsi 
canunt. 

Mitunter  jedoch  hat  sich  Frontin  auch  in  Rom  auf- 
gehalten, wie  aus  Plin.  Ep.  V.  1.  hervorgeht.  Plinins 
xieht  in  einem  Erbschaftsstreitc  den  Corellius  und  Fron- 
tinns  zu  Rath.  Adhibui,  sagt  er,  in  consilinm  duos, 
quos  tnnc  ciytas  nostra  speclatissimos  habuit  ,  Corellium 
et  Frontinum.  Ilis  circumdatns  in  cubicnlo  meo  scdi  etc. 
Dass  dieser  Streit  in  Domitiau  s  Regierung  falle,  schliesst 
Polenas  (J5.  18-)  mit  Recht  aus  den  Worten:  Apparcbat 
iudicii  dies:  cohacredes  mei  componero  et  transigere  cu- 
jiiebant,  non  dlffidentia  rei,  sed  metu  temporum,  vere- 
liautar ,  quod  videbant  miiltis  accidisse,  iie  ex  centum- 
virali  iudicio  capitis   rei   exirent. 

Frontin  war  also,  nach  des  Plinius  Zeugniss,  auch 
anerkannt  als  ein  .Mann,  der  im  Besitz  ausgezeichneter 
Rerhtsgelelirsamkeit  war.  Dem  Pighius  (Aniial.  Rom. 
T.  III.  p.  tjlO)  gilt  er  als  ,,iurisprudentia  clarus",  dem 
Catauäns  (ad  Plin.  Ep.  IV.  8.)  als  ,,snnimus  inriscnnsul- 
lus."  IJeide  lialien  bei  diesem  ürtheilc  wohl  an  den 
Brief  de»  Plinius  godüclit,  vielleicht  auch  an  die  Priitura 
urbana  des  FrnntiiMis,  sowie  an  den  jurisfisclien  Tlieil 
seiner  Schrift  de  Aqtiaed.  —  Catanäus  fährt  nach  den 
oben  angeführten  ^V()rtcn  fort:  Secundo  interdnm  respon- 
dit  ( —  was  Cn«piiiiunns  zu  Cassiod.  an.  S'J  !.  nach- 
schreibt — ),  und  man  (namentlich  Scriverius,  Polenus 
jj.    l'J.)    hat    nicht    begreifen    können,    was    diese    Worte 


bedeuten  sollten.  Sie  erklären  sich  ans  dem  Brie^'e  de» 
Plinius,  und  ihr  Sinn  ist:  Frontin  hat  dem  Plinius  Se- 
cundus ,  welcher  ihn  in  Rechtssachen  zu  Rathe  zog,  za- 
weilen  geantwortet,  d.  h.  rechtlichen  Bescheid,  Rath 
ertheilt. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Persoiial-Clironik  und  Miscellen. 

Holland.  Durch  Pb.  W.  van  Heusdc's  Tod,  den  er 
auf  einer  Ferienreise  im  Sommer  1839  zu  Genf  fand,  hat  unser 
Land  einen  herben  Verlust  erlitten.  Er  gehörte  der  alten  Schule 
von  Hemsterhnjs ,  RuhnUen  uiiil  ff^jttenbach  an  und  hmter- 
lasst  bei  seinen  Schülern,  Freunden  und  Kennern  der  Wissen- 
schaft im  fn-  und  Auslände  ein  gesegnetes  Andenken,  durch 
Thatigkcit,  wisscnscliaftliches  Streben,  vielseitige  BdJung  und 
Humanität  des  Charakters  bcgriimlct.  Vielfache  Anregungen  für 
seine  LanJäleute  waren  ilmi  ein  Bedürfniss  und  eine  Aufgabe 
des  letzten  Theiles  seines  reichen  Lebens.  —  Sicherem  Verneh- 
men nach  werden  seine  »Briefe  über  das  Studium  der  Philo- 
sophie,  insbesondere  in  unserem  f'aterlande  und  unserer  Zeita 
(Ülreclit  1837),  von  Ihrem  gelehrten  Liiidsmanne  Friedeniann 
in  Nassau  in's  Deutsche  übersetzt.  Hoffentlich  wird  derselbe 
zur  Beleuchtung  einzelner  Punkte,  sowohl  literarischer,  als  na- 
tionaler, ErliiLiterungcn  beifügen,  wie  er  bereits  zu  dem  Aufsalze 
von  J.  Gcel  in  Iliier  Zcitschr.  v.  J.  1838-  Monat  Juni.  Nr.  74. 
und  75.  nüber  den  gegenwärtigen  Stand  der  altclassischen 
Philologie  in  Holland  <t  gethan  hat.  Denn  allerdings  hatte 
Heusde  zuletzt  eine  etwas  abgeschlossene  Kicbtung  behalten, 
um  nicht  zu  sagen,  eine  einseitige,  und  wir  Holländer,  wie  Bake, 
Gcel  u.  A.  gezeigt  h»ben,  bleiben  doch  nicht  eben  alle  hinter 
der  Zeit  zuri'ick,  wenn  wir  auch,  nach  unserer  beil.ichtigen  Ei- 
genthiimlichkeit ,  dem  Strome  erst  eine  Weile  zusehen,  che  wir 
nms  ihm  anvertrauen.  Da  Heusdc's  Philosophie  wesentlich  auf 
alle  Literatur  basirt  ist,  worauf  unsere  ganze  höhere  Bildung 
ruiit,  so  wird  diese  Schrift  zugleich  einen  Begriff  von  unserer 
Methode  dieser  Studien  geben  kuinien,  und  wir  zweifeln  nicht, 
dass  die  llebersctzung,  mit  Anmerkungen  für  die  studircnde  Ju- 
gend Deutschlands  versehen, nach  ihrem  protreptischen  Charakter, 
auch  auf  die  unsere  zurückwirken  kann.  Wir  werden  dann  viel- 
leicht eine  ebenso  nützliche  Sclirift  erhalten  ,  als  eben  aus 
Scliulplorta  vom  Prof.  Jacob  erschien,  welcher  Niebnhr'a 
»guten  [{ath  an  einen  jungen  Philologen«,  mit  allerlei  Excnrseri 
erläutert,  besonders  herausgegeben  hat.  Ucberall  in  Europa  ihut 
es  Notli,  dass  die  Jugend  bei  dem  Vielerlei,  das  sie  jetzt|ZU  er- 
lernen hat,  aufrichtige  Hauptansichten  von  Wissenschaft  und 
Leben  gewiesen  wird,  die  allerdings  nicht  ohne  Philosophie  und 
Pliilolosic  gewonnen  werden  können  ,  wenn  wir  auch  nicht 
langncn  wollen,  dass  man  einige  Schritte  weiter  gehen  mnss, 
als  Itcusde  eben  ging,  \ind ,  nach  seinem  Standpunkte  und 
seinejn  \  orgerücktcn  Alter,  gehen  konnte. 

Hcrzoglh.  Nassau.  Das  Herzog!.  Vesordnungsblatt  v.  19. 
Oct.  enthalt  folgende  Veränderungen  im  Personal  der  Gelehrten- 
scliidcn  des  Landes  :  »Sr.  Durchl.  der  Herzog  haben  gnädigst 
geruht,  den  Rector  Muth  von  Wiesbaden,  unter  Krtbcilung  des 
Dicustcharakfers  als  Prof.,  an  das  P.ailagogium  zu  Hadamar,  und 
an  dessen  Stelle  den  Prof.  Lex  von  Weilburg  an  das  Padag.  zu 
Wicsb.  zu  versetzen.  Höchstdicsclben  haben  sodann  den  Com. 
Menkc  zu  Had.imar  und  den  ausscrord.  Prof.  Krebs  zu  Wcil- 
hurg  zu  ord.  Profi',  ajn  Gymnasium  zu  ernennen,  den  Prorcctor 
Brau  n  von  lladajnar  nach  Dillcnburg,  den  ausserord.  Prof.  C  u  ntz 
vou  Weilb.  als  Pror.  nach  Hadamar,  den  Conr.  Schniidtborn 
von  Wies,  nach  Hadamar,  den  Conr.  Belli  nger  von  Dillcnburg 
nach  Wie»l)..  den  Conr.  Ilanlc  \on  Dillcnl).  als  Conrcct.  nach 
Wicsl).  zn  versetzen,  den  Candidatcn  der  Philologie  Spie  ss  zum 
Collabor.  zu  Dillcnburg  zu  ernennen  nnd  den  Prorcctor  da.?clbst 
zu   pinsionircn  geruht.«' 


Zeitschrift 

für    die 

AI  t  er  thu  ms  Wissenschaft. 


Sonntag  j    10.  November 


1839. 


Nr.  135; 


Bruchstücke  aus  dem  Leben  des  Sextus  Julius 
Frontinus,  von  A.  Dederich. 

(For  (so  tz  u  n  j;.) 
ß.    10.     Des  Frontinus   zireite.s  und  dril/es  Cnnsulal, 

Der  Name  des  Frontinus,  welcher  walirscliciiilicli 
dreimal  Coiisul  gewesen  ist,  so  oft  als  unter  den  Kaisern 
die  Ehre  des  Consulatcs  ülicrtragen  werden  konnte,  hat 
in  di'n  Fasten  das  iMissgeschirk  gelialit,  jedesmal  entwe- 
der verdorben  oder  iiUergangen  worden  zu  sein.  Auch 
die  Zeugnisse  der  Schriftsteller  sprechen  nichts  Bestimm- 
tes ans;  so  dass  das  Geschick  an  ihm  für  das  \'erlot, 
iiim  nach  seinem  Tode  ein  IMonument  /u  setzen  (Plin. 
Ep.  IX.  19.),  sich  gewissermaassen  geräclit  hat.  Erhalten 
sind  ihm  jeilocli  die  ausgezeichnetsten  Elirentiiel:  Aelian 
nennt  ilin  einen  der  entOiuoi  inaTixal ,  Plinius  (Ep. 
I^'.  S.)  „princeps  vir",  dem  im  Augurat  zu  folgen,  er 
sich  zur  Ehre  macht;  und  nur  principes  civitatis  viri 
konnten  die  rura  aquarum  erlangen  (Frontin.  de  Aquaed.  1.). 
üass  Frontinus  zum  zweitenmal  das  Consulat  bekleidet 
hat,  sagt  uns  ausdrücklich  sein  Freund  fliartialis ,  wel- 
rher   (X.   4.'s,  '2(1.)  singt: 

De  INomentana  vinum  sine  laecc  lagena, 
Quae  iis  Frontinu  consule  prima  fuit. 
Betrachten  «ir  diese  Stelle  näher.  Es  heisst:  ,,aHS  No- 
nientanischer  Flasche,  der  ersten,  die  unter  Frontin's 
zweitem  Consulate  gefüllt  worden."  Warum  bestimmt 
IMartial  das  Alter  und  die  Güte  des  AVeins  von  Frontin's 
Consulate  her?  Das  ist  keine  geiiühnlirhe  Rechnung. 
Wahrscheinlich  hat  IMartial  seinem  geschätzten  Freunde, 
als  dieser  zum  zweitenmal  Consul  wurde,  einen  Schmanss 
gegeben  und  dazu  manche  Flasche  alten  guten  Weines 
gefüllt.  Den  Gästen  hat  der  Wein  damals  geschmeckt, 
und  da  er  jetzt  zu  einem  neuen  Gelage  einladet,  erinnert 
er  die  Gaste,  von  denen  nämlich  mehrere  auch  an  jenem 
Gastmahle  Theil  genommen  zu  haben  scheinen,  an  den 
Trank,  der  ihnen  damals  so  gemundet,  und  weckt  ihre 
Lust  zur  Theilnahme  an  dem  neuen  Gelage  dailurch, 
dass  er  noch  einige  Flaschen  von  jenem  köstlichen  Weine, 
den  er  damals  gefüllt,  auibewahrt  zu  haben  vorgibt.  — 
Wann  Frontin  aber  dieses  zweite  Consulat  bekleidet,  lässt 
sich  aus  Martial's  Epigramm   nicht   bestimmen. 

Aber  es  wird  behauptet.  Frontin  sei  dreimal  Consul 
gewesen,  das  drittemal  Cos.  Ordinarius  nebst  Trajanus 
im  J.   8.53  u,  c. ,    und    zwar    von  Polenus    ( §.  23  s<l'l-)» 


Job.  Bapt.  Morgagnus  in  einem  Briefe  an  Polenus  (§.  24 sqq.), 
und  zuletzt  von  Schultz.  Dieselbe  [Meinung  hatte  auch 
Hier.  Aorisius  (Consul  Epist.  p.  59)  vertheidigt;  aber 
später  nahm  er  sie  zurück  und  legte  dem  Fronto  drei 
Consulate  bei  ,  wie  uns  Antonius  Pagi  (Crit.  in  Baronii 
Annal.  T.'  1.  p.  94.  bei  Polenus  §.  23.)  berichtet.  Diese 
Gelehrten,  insbesondere  IMorgagnus  und  Schultz,  behaup- 
ten, der  im  J.  850  in  den  Fasten  des  Onuphrius  Panvi- 
niiis  als  Cos.  sulTectus  genannte  M.  Cornelius  Frouto 
(iteram  Cos.),  ebenso  derselbe  in  den  Fasten  zum  J.  §53 
als  Cos.  Ordinarius  genannte  Fronto  (tertium  Cos.),  sei 
keine  andere  Person,  als  unser  Frontinus;  ja,  der  voa 
Diu  Cassius  (LX^'IH.  1.)  aufgeführte  Fronto  Cos.,  der- 
selbe mit  dem  vom  Plinius  (Pauegjr.  6ü  sq.)  gefeierten 
ter   Cos.,   sei   unser   Frontinus. 

Den  ausgezeiclineten  Ruf  als  ter  Cos.  hat  Fronto, 
oder  gar  Dl.  Cornelius  Fronto,  besonders  ilem  Onuphrius 
Panvinius  zu  verdanken.  Dieser  sagt  (Comment.  in  Fast, 
ad  an.  850):  AI.  Cornelii  Fronlonis  Dio  in  Nerva  et 
Iladriano,  et  Julius  Capitiilinus  in  IMarco  nieminerunt. 
Quos  post  occisum  Domitianum  fuisse  refernnt,  und  eben- 
daselbst (ad  an.  853):  Liber  Cuspiniani  Traianum  III 
et  Fionlonein  edit,  Fasti  Graeci  Traianum  II  et  Pon- 
tianum,  Cassiodorus  Traianum  IV  et  Frontonem,  omnes 
nienilose  hoc  anno  Consuics  edunt.  Sunt  enim  TraianUS 
III  et  Fronto  III  Consules  ,  ut  es  antiquis  lapidibus  et 
Plinio  in  Panegvr.  coiistat ;  qui  refert,  Traianum,  quam 
tertium  Consulatum  iniisset,  duos  Consules  secum  de- 
signasse,  qui  et  ipsi  tertium  Consules  essent.  Quorum 
primns  fuit,  nt  rectp  Cassiodorus  scripsit,  Fronto.  Hie 
est  M.  Cornelius  Fronto,  o;ator  nobilissimus ,  de  quo  ia 
vita  Itlarci  Jmp.  J-uIius  Capivolinus,  Macrobias  et  Plinius 
in  Epist.  saepe  meminerunt,  eumque  Jaiiuin  Frontonem, 
v.t  credo,  vocat  Plinius,  q:ii  iteruni  Consul  fuerat  sab 
Nerva,  primum  sub  Domitianu  Cos.  suflcctus.  Altcrius 
vero  tertium  Consulis,  qui  'al.  Blartii  iniit,  nomen  ob- 
scurum  est.  Subiicitque  Plinius  horum  utrumque  alterum 
Consulatum  sub  IVerva  gessisse.  Quare  Frontonem,  quem 
sub  Ncrva  Consulem  refert  Dio  ,  ilerum  Cos.  feci.  Alter 
autem  facile  esse  posset  Pompeius  Collega  etc.  Diese 
Ausstellung  enthält  ein  merkwürdiges  Gemisch  von  ganz 
verschiedenen  Personen  und  Verhaltnissen,  welches  sei- 
nem Verfasser  allen  Credit  raubt.  —  Wer  war  denn  der 
Fronto ,  der  gleichzeitig  mit  Frontin  lebte  und  mit  ihm 
verwechselt  worden  sein  soll? 

Gleichzeitig  mit  unserem  Frontin  lebten  mehrere  Per- 


1083 


1084 


soncn  mit  Namen  Fronto.  Zuerst  ist  zu  nonnon  der 
iFrcund  ili'S  iMartialia,  von  dipseiii  (Epigr.  I.  5(')-)  bosun- 
geii  nii<  ilcii  AVortcii  :  Ciarum  inilitiap  Fronto  foffaeque 
dccuj.  Zu  <lipspr  .Stolle  bouu-rkt  >'ic.  Perot(us  Coriiurop. 
p-  Hiüö  :  „Dieser  Freund  «los  Blardal  sei  Julius  Fronto, 
der  Bruder  des  Julius  (iratus  ,  DIilit,'ir(riliun  unter  ütlio, 
iler  bis  zu  den  Zeiten  Doiiiitian's  gelebt  Ii.'Kte ,  ilerselbo 
mit  dem  gelehrten  und  die  Die  hter  begünstigenden  Fronto 
lei  Juienalis  Sat.  I.  12."  Das  «i'irc  dann  ja  der  bei 
Tacitus  (Hist.  I.  20.)  genannte  Julius  Fronto,  tribunus 
vigiluni,  dessen  Bruder  Julius  Gratus  bei  Taritus  (Ilist. 
!•  26.)  praefectus  castrorurn  ist.  Dieser  Julius  Fronto 
könnte  seinem  Alter  gemäss  »ohi  bis  in  die  Zeiten  Tra- 
jaus  gelebt  Iiabcti.  Cousul  nennen  aueh  einige  Ausleger 
deu  Freund  des  Martial;  aber  ohne  .4utorit.'it.  l'nd  ge- 
setzt, er  li.'ttte  damals  noch  gelebt  ( —  woher  Perottus 
die  ^Narbricht  hat,  er  habe  nur  u.-^tjue  ad  Duniitiani  tem- 
|)ora  gelebt,  «eiss  idi  nicht  — ),  so  wird  er  doch  nir- 
gends nicht  einmal  Cousul,  gescinvoigc  ter  Cos.,  genannt; 
und  TOM  allgemein  gehalteneu  Lobspriicheu,  «ie  der  des 
lUartial ,  aus  Gunst  und  Frennctschaft  hervorgegangen, 
kann  kein  entscheidendes  Zeugniss  für  hohe  Berühmtheit 
genommen  «erilen;  sie  passen  im  IMunde  des  Dichters, 
der  seine  .'Schmeicheleien  nicht  nach  dem  «ahren  Ver- 
dienste alm.'igt,  auf  die  griissten  Hlänner,  wie  auf  unter- 
geordnete Geister.  Uebrigens  hat  dieser  Frunto,  beson- 
ders »cnu  der  rom  Jurenal  besungene  fllusenfreund  der- 
selbe ist,  eine  .'lutTallende  Aelmlichkcit  mit  Frnntin,  von 
welchem  IMar'.ial  auch  singt  (X.  öS):  doctas  tecum  celc- 
Irare   racabat  Pieridas. 

A'erschieden  lun  diesem,  aber  ebenfalls  gleichzeitig 
mit  Frontio  und  Ptinius  Serundus,  ist  Fronto  Calius, 
als  ein  geivandter  rnusarum  patronus  von  Plinius  (K)p,  VI. 
IJ.  und  IV.  ').)  gerühmt.  Dieselbige  Person  schi'int  zu 
sein  der  lom  Dio  im  Hadrianus  (LXIX)  genannte  Cor- 
nelius Fronto,  ein  31ann  von  grossem  Ansehen,  »velcher 
als  äarhvialter  zu  seiner  Zeit  den  ersten  Rang  behaup- 
tete. Dio  zahlt  ihn  den  bedeutendsten  fllAnnern  unter 
lladrian  bei,  nennt  ihn  aber  nicht  Cicisnlaris ;  erscheint 
auch  unter  Tr.-:jan  zu  jung  ge» eisen  zu  sein,  als  dass 
dieser  Kaiser  das  dritte  Consulat  mii  ihm  gefheilt  haben 
könnte;  ausserdem  Kürde  Pli-iius  dessen  ehrenvoller  ge- 
dacht haben,  wenn  er  auch  nur  einmal  Cousul  gewesen 
■Kare. 

Es  lebte  damals  .-".u^h  der  gro.'s.fe  Redner  31.  Corneliu» 
Fronto,  der  Lehrer  derl^'^iiser  Autouinns  und  Verus ;  aber 
dessen  Cousulat  fäll'  in  eine  »iel  :<patere  Zeit.  S.  Forcellin. 
i.V.  Fronto,  und  -Aug.  Ttlai.  Praef.  in  Fronton. —  INoch  «  e- 
jiiger  gehört  hierher  der  Conaul  Fronto,  dessen  Sohn, 
ein  Urenkel  des  grossen  Redners,  auf  der  Inschrift  bei 
Onuplirius  Panvinius  Comuient.   in   Fast,   id  au.   850. 

W  IT  sehen,  dass  keiner  der  genannten  Frontone  für 
nnscre  Sache  die  Probe  half,  obgleich  Martials  Freund 
die  nächsten  Ansprüche  auf  den  erforderlichen  Rang 
machen  konnte.  Aber  ej  fuhrt  ja  Dio  im  T-crva  (LXVJ5I.  J.j 
»inen  Consul  Fronto  auf,  als  Ralligeber  des  Kaisers 
Kerva?  L'nd  wird  in  deu  Fasten  denn  nicht  auch  ein 
Fronto  als  Cos.  Ordinarius  mit  Trajanus  im  J.  y'jj  er- 
mahnt? Die  angezogene  Stelle  des  Dio  ist  dio  einzige 
Gewähr    für    einen    Cousul    Fronto    unter    Neria.     Allein 


sie  ist  nnsicher  ,  und  schon  Ciispinianus  (s.  Polcnns  §.  27) 
will  an  ilessen  Statt  den  Frontinus  gesetzt  wissen;  und 
in  des  Cusjiinianus  Fusstapfen  sind  Alorgagnus  und  Schultz 
getreten,  in  der  That  harmoniren  die  ^Verhältnisse  des 
rom  Dio  genannten  ConsuLs  und  dessen  Standpunkt  nntcr 
Kerva  ganz  mit  unserem  Fronlinus.  Es  sas^t  nämlich 
jener  Cousul  zu  Nerva  :  ,,E3  ist  schlimm,  einen  Impera- 
tor ( —  er  meint  den  Domitian — )  zu  haben,  unter  ii  el- 
cliem  Niemandem  zu  handeln  erlaubt  ist;  aber  viel  schlim- 
mer ist  es,  wenn  Allen  Alles  erlaubt  ist."  Das  ist  die 
Klage  über  Domitian's  Neid  gegen  thatkraftige  Slauner , 
wovon  viir,  in  Beziehung  auf  unscrn  Frontin,  oben  ge- 
redet haben.  Vergleichen  wir  diese  Angabe,  nach  wef- 
cher  der  Consul  als  Ptatiigeber  des  Kaisers  auftritt  und 
die  Abänderung  in  dessen  V^erfügnngeu  bewirkt,  mit  der 
]Na(hri(ht  Aeliau's  (s.  §.  f-.),  ilass  Frontinus  den  Nerva 
nach  Phormia  begleitet  und  sich  mit  ihm  dort  eine  Zeit- 
lang als  Freund  und  Raihgebor  aufgehalten;  so  bleibt  e» 
fast  unzivcifelhalt,  dass  bei  Dio  unser  Frontin  herzustel- 
len sei.  Selbst  lassen  sich  Aeliau's  Worte,  wenn  er  den 
Frontin  einen  der  (Tlioiniot  l'TtCiTt'/.ol  nennt,  ohne  gros- 
sen Zwang  dahin  deuten,  dass  Frontinus  gerade  damals, 
als  er  den  Nerva  begleitete,  das  Consulat  bekleidete, 
um!  zivar  sein  zweites,  wclehes  ihm  eben  anf  den  Titel 
inioiiuo^  V7VUT/XIJ-;  Anspruch  lieh.  Erinnern  wir  uns 
hier  daran ,  dass  Frontin  schon  einmal  Consul  gewesen 
und  fliartial  diesen  seinen  Freund  wirklich  bis  Cos.  nennt; 
und  dass  dieses  doppelte  Consulat  ihm  erst  ein  Recht  gab 
anf  den  Titel  prineeps  civitatis  vir,  als  welcher  er  nach 
seinem  ziieitcn  Consulat  vom  Ncrva  zum  Wassercurator 
eriiiililt  wurde.  Ueberhaupt  stimmen  alle  folgende  Le- 
bensumstände so  schön  in  diese  Ansichten,  dass  wir  nicht 
umhin  können,  den  vom  Dio  genannten  Consul  wirklich 
für   unseren  Frontin  zu  halten. 

Blit  nocli  grösserer  Bestimmtheit  L'isst  sich  die  Ver- 
wechselung der  Namen  Fronto  und  Frontinus  in  den 
Fasten  nach  »eisen.  Die  Fasten  <ies  Prosper,  die  fehler- 
haftesten von  allen,  und  aus  ihnen  Cassiodorus ,  nennen 
als  Collegen  des  Trajanus  den  Fronto;  allein  die  Fasten 
des  Anon\nius  bei  Ciispinianus,  die  bei  weitem  den  ^'or- 
zug  haben,  bieten  deutlich  den  Namen  Frontinus  (s.  Po- 
Icnus  ^.  24.),  und  der  Name  I'ontinus  in  deu  Idatiani- 
srhen  Fasten  ist  kein  anderer  ,  als  Fronlinus.  Es  uaro 
dann   hier  nur  zu   erganzen:   Frontinus   III. 

So  tritt  nun  also  der  gefeierte  Consul  Fronto  von  sei- 
nem bisherigen  ScJiauplatze  al)  und  nberlasst  seinen 
ehrenrollen  Rang  unserem  grossen  Frontinus.  Dieser  ist 
einer  von  den  vom  Plinius  (Pauegyr.  (jU  »'P(. )  s«  hoch 
gepriesenen  Ehrenmannern,  die  Nerva  mit  dem  ziveiten 
und  Trajanus  mit  dem  dritten  Consulate  gi'sehmückt  hat. 
Als  Nerva  im  J.  «4')  im  September  ilen  Thron  bestieg, 
nahm  er  sogleich  mehrere  Reformen  vor,  that  aber  IN'ichts 
ohne  den  l\:\ih  der  vorzüglichsten  iManner  lies  Staates, 
wie  Dio  erzahlt;  unter  Anilcrm  befahl  er  die  Anklagen 
wegen  Verachtung  der  römischen  Staatsreligion  und  wegen 
Begünstigung  des  Christenthnnis ,  die  unter  Domitian  so 
vielen  IMenscIien  da»  Leben  gekostet  und  Veranlassung 
zu  grossen  Lnruhen  gegeben  hatten,  weil  Keiner  vor  der 
Anklage  des  Andern  sicher  ivar,  zurückzuiveiseii,  nach- 
dem   der  Cousul    Frontinus    ihm    die    Aeusseruug    gothan 


1083 


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haue:  ,,ps  sei  schlimm,  einpii  Kaiser  zu  Laben,  iinfer 
«Iciii  Ä'ipiiian<lciu  zii  liaiidciii  crlaiil.t  sei;  aber  viel  scltliiii- 
iiicr  nocli,  Honii  Allen  Alles  erlaubt  H.'iro."  Hieraus, 
sowie  ans  ilcr  AliscIialTun^  aiiilere^  iMissbrancIie,  «obei 
Keria  sich  des  Käthes  iler  ausgezciihnefsten  Hlänner, 
lianiendich  iles  Frontiiius,  bediente,  und  «oniit  IVerra 
nicht  erst  bis  ins  folgende  Jahr  geivartet  hat,  dürfen 
wir  den  Schluss  machen,  dass  Frontin  schon  im  J.  84", 
gleich  nach  dem  Regierungsantritt  des  Nerva,  das  zweite 
Consnjat,  n?inilich  als  Cos.  siiilectns,  erhalten  hat.  Po- 
lenns  und  Schnitz  behaupten  zivar.  Frontin  sei  im  J.  cSöO 
Consnl  geworden  (was  Onn|)hrins  auch  von  seinem  Froiito 
annahm),  im  ii;inilirhen  Jahre,  in  welchem  er  C'urator 
aqnarnm  geworden,  so  dass,  wiePolenns  ( ij.  'j  1 .)  glaubt, 
Kerva  zu  einem  Amte  das  andere  hinzugefügt  liJitte  ;  oder, 
wie  Schultz  meint,  Frontin  nur  einige  31üiiate  Consul 
gewesen  sei.  Allein  dagegen  spricht  erstens  ,  dass  der 
altersschwache  ]\erva  nicht  bis  iu's  folgende  Jahr  gezögert 
liabcn  wird,  diejenigjcn  tüchtigen  fli.'inner,  die  vor  des 
Doniitianns  Tyrannei  sich  in  den  Schatten  der  Einsam- 
keit zurückgezogen  hatten,  zum  Heil  des  .Staates  wieder 
öllentlich  in  >Virksanikeit  treten  zu  lassen  als  seine 
Freunde  und  Rathgeber  ,  unter  deren  Zahl  uns  Frontinus 
vorzugsweise  vom  Dio  hervorgehoben  wird.  Und  zweitens 
ist  Frontin  im  J.  850  schon  im  flionate  Juli  als  Wasser- 
curator  .eifrigst  mit  den  Messungen  der  AVasscrmenge  be- 
schilftigt, wie  er  selbst  de  Aquaed.  Art.  74.  erzählt; 
hatte  also  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  seine  cura 
aqnarum  ,  da  er  iloch  nicht  gleich  nach  dem  Antritt  sei- 
nes Amtes  sich  an's  31essen  begeben  konnte,  schon  mehrere 
Alunate  lang  verwaltet,  ja,  vielleicht  nicht  lange  nach 
dem  Anfange  des  J.  800  angetreten.  'Als  Consul  beglei- 
tet er  den  Kaiser  nach  PhorniiS;  im  Jahre  darauf  wird 
er  Curator  aqnarnm  und  bleibt  es,  bis  Trajanus  ihm  das 
dritte  Cousulat   überträgt   im  J.   S.j.'j. 

l'ebereiustinimend  mit  den  übrigen  Anszeichnungen , 
mit  denen  Pliiiius  den  Frontin  schmückt,  sind  die  Lobes- 
crhcliungen,  die  er  ihm  in  seinem  Panegyricus  zu  Theil 
»erden  lässt ,  als  derselbe  als  Cos.  Ordinarius  College  des 
Trajanns  wurde,  im  n.'inilichen  Jahre,  in  welchem  Pliniiis 
selbf,t  Cos.  snlfectus  geworden  war.  Man  konnte  glauben, 
des  Plinius  Worte  (Cap.  60.):  „liellorum  islud  sociis 
olini,  periculorum  consortibus,  parce- tarnen  tribnebatnr; 
quod  tu  singiilaribus  viris  ac  de  te  quidem  bene  ac  forti- 
ter  meritis  praestitisti ,  sed  iu  log/i  merilis"  passten  nicht 
auf  Frontin,  der  ja  durch  Tliaten  und  (»efahren  im  Kriege 
«ich  besonders  ausgezeichnet  hatte.  Allein  man  erwäge 
den  richtigen  Sinn  der  Worte:  „>'icht  wegen  Kriegstlia- 
ten  erhielt  Trajanns  das  dritte  Co.isniat,  sondern  wegen 
der  Verdienste  ,  die  sich  beide  lAJiüiiier  um  den  Trajanns, 
um  die  ^  erwaltung  des  Staates  während  der.  bisherigen 
Regierung  Tiajan's  ,  erworben  haben";  nnd  bedenke  da- 
bei, dass  Frontin  seit  dem  J.  S.}9  keine  AVallcn  mehr 
geführt,  sunilern  bis  zum  J.  853,  also  14  Jahre  lang, 
theils  seinen  .Stildien  obgelegen,  theils,  seit  dem  Tode 
des  Doniitianns,  seine  Thäligkeit  ausschliesslich  dem  In- 
teresse des  Staates  geividinet  hat.  Die  ausserordentliche 
Sorgfalt  und  Wachsamkeit  beider  3]änner  („Utriusqiie 
cura,  utriusqiie  vigilantia  obstrictns  es,  Caesar":  sagt 
Plinius)   war  so   gross,    dass  Trajanus  ihnen,   die   neulich 


das  zweite  Consulat  (nnpcr  Cnnsulatum  alternni )  vom 
IVcrva  erhalten  hatten,  nun  das  dritte  Con.'iulat  übertrug. 
^>:pcr,  d.  i.  vor  vier  Jahren;  woran  nicht  anzustossen 
ist,  ebenso  wenig  als  an  den  vom  Plinius  gleich  darauf 
gebrauchten  Redensarten  :  utrinsque  adhiic  ocnlls  paullo 
ante  dimissi  fasces  oberrabaiit  eic.  Ja,  ganz  ausgezeichnet 
passt ,  was  Plinius  (Cap.  (iÜ.)  sagt:  ,,i\cnipe  eiiim  hi  sunt, 
quos  Senatns  ,  quum  puhlicis  sumtibus  minuendis  Optimum 
quemque  praeficeret,  elegit,  et  quidein  prinios"  auf  un- 
seren sparsamen  Frontiiius,  welcher,  der  Lnkosten  wcgen^ 
sich  ein  Hlonument  zu  setzen  verbot  (Plin.  K]).  1\.  l!^), 
nnd  als  Wassercurator  durch  gewissenhafte  Rcgiilirung 
der  Einkünfte,  worum  der  .Staat  unter  Doniitian's  Regie- 
rung betrogen  worden  war,  sich  Verdienste  erworben  Lai 
(Frontin.   de    Aqiiaed.    Art.    1 18.). 

.Sämmtlichc  Senatoren  freuten  sich  über  die  glnckliclie 
Consulnwalil  so  sehr,  als  ob  jedem  von  ihnen  selbst  die 
Ehre   zu   Theil   geiiorden    wäre.       Plin.   Panegvr.   cap.   f)2. 

Wer  war  denn  der  von  Plinius  so  hoch  gepriesene 
College  des  Frontiiius  im  dritten  Consulate  ?  IMan  kcinnte 
an  den  Froiito  denken,  wovon  wir  oben  gereiiet  haben. 
Allein  lassen  wir  diesen  ISamen  ganz  fallen,  weil  dio 
Autorität  dafür  gar  zu  ilürftig  und  unsicher  ist.  V^ielleicht 
ist  es  Pompe/US  Culleg/t  gewesen,  welcher,  nach  de» 
ünuphrius  Panvinius  Angaben,  zuerst  unter  Doniitian  Cos. 
Ordinarius,  dann  unter  Nerva  Cos.  sulTectus  anstatt  des 
Publicus  Certiis   war. 

§.   11.     Frontiiius  Curator  aquarum  unter  Nerva.    Seins 
Schrift  de  arjuue  duclibus  uröis  Rui/iae. 

Frontiiius,  welcher  unablässig  bemüht  war,  sich  mit 
allen  Kenntnissen,  die  jedem  tüchtigen  Staatsbeamten  und 
Feiilherrn  der  dumaligen  Zeit  notliig  waren,  auszurüsten, 
hatte  die  iliui  übertragenen  Verwaltungsgeschäfte  im  Kriege 
um!  im  Frieden  jedesmal  zum  Gegenstande  tiefen  Nach- 
denkens und  grünillicher  wissenschaftlicher  Studien  ge- 
macht. Daraus  waren  seine  bisherigen  Schriften  hervor- 
gegangen. Als  jN'erva  ihm  im  J.  8.JU  unter  dem  Consu- 
late des  Nerva  und  Wrginius  Riifns  die  cura  aquaruni 
übertrug  (Frontin.  de  Aqwaed.  Art.  102.),  ein  .4nit,  zu 
dessen  Verwaltung  immer  nur  principes  ciiitatis  viri  für 
würdig  gehalten  wurden  ,  befolgte  er  denselben  tjJrniid- 
satz.  Wie  iu  früheren  Geschäften,  so  hielt  er  es  auch 
jetzt  für  das  Erste  und  Wichtigste,  zu  kennen,  was  er 
übernommen  halte  (nosse ,  quod  suscepi.  Art.  f.).  Denn 
ausser  dieser  Keniitiiiss  (sagt  er  .4rt.  2-)  gibt  es  keine 
zuverlässigere  Grundlage  für  ilie  Führung  eines  Geschäf- 
tes; ohne  sie  kann  nicht  entschieden  werden,  was  zu 
thun,  was  zu  lassen  ist;  und  für  einen  leidlichen  Mann 
gibt  es  keine  »o  entehrende  Sache,  als  ein  übertragenes 
Amt  nach  Aniveisnng  von  Gehülfen  zu  verrichten.  Dess- 
halb  schrieb  er  inter  initia  administrationis  (Art.  2-)  das 
merkwürdige  Buch  de  aqiiae  ductibus  urbis  Romae.  In 
andern  Schriften,  die  er  nach  6elb.ittliätiger  Erfahrung 
und  Kenntnissnahino  abgefasst  hat,  hatte  er  den  Nufzcu 
seiner  Nachfolger  im  Auge  ;  diese  Schrift,  vielleicht  auch 
den  Nachfolgern  nützlich,  sollte  vorzugsweise  zu  seiner 
eigenen  Unterweisung  uud  Richtschnur  dienen,  Desshalb 
hat  er  Alles  ,  was  zum  gesainmten  Wasserleitungsweseu 
gehört,    zusammengetragen,    geordnet    und    einer    Denk- 


ios-; 


1088 


•clirift  einverleibt,    die  ihm  zum  Iiisfrunieni    und  Grund- 
rijs  seiner  Aduiinistration  dienen  stillte   (Art.  '2.). 

Beim  Alltritte  seines  Amtes  entilerktc  er  Naelilassif- 
keiten  und  ^'ergelieu  aller  Art  in  der  Uislierii^en  \'er- 
n'altnn<r  sotvohl  ron  Seiten  der  Wassercnratoren  se!l)st, 
als  auch  insbesondere  von  deren  Uuterlieaniten,  die  sieh  die 
l'nknnde  ihrer  Curatoren  zu  Nutze  zu  niaelien  f;e»usst 
hatten.  Kr  führte  eine  neue  Ordnunj;  in  diesen  Ziieig 
der  römischen  Staats»  er«  altunj  ein.  Weil  der  »i  i»  hti{;ste 
Tlieil  dieses  Amtes  in  der  Erhaltung  der  Gerinne  be- 
stand, genügte  es  seinem  Kifer  nicht,  alle  Kinzelhcitcn 
derselben  an  Ort  und  Stelle  in  Augenseliein  zu  nehmen, 
gundern  liess  sieh  sogar  (irundrisse  der  Leitungen  nia«lien, 
SU  dass  er  auch  ZHischen  vier  AVändcn  alle  Kinzelheiten 
vor  seinem  ülirke  hatte  und  mit  sich  zu  Uatlie  gehen 
konnte.  Eine  31cnge  bisher  stattgehabter  Alissiiräuche 
stellte  er  ab.  Um  ilem  Untersclilagen  des  AV^assers  von 
Seiten  der  ge»  innsüchtigen  Beamten  vorzubeugen,  stellte 
er  bei  jeder  Leitung  neue  {Messungen  an  ,  entdecl.tc  die 
bisherigen  Betrügereien  in  der  Verausgabung  des  A^  assers 
und  führte  eine  regeiuiässlgere  uuil  gerechtere  V'e.'lhei- 
|ung  des  Wassers  ein.  Eine  grosse  Zahl  unerlaubter 
Rohren  hob  er  auf  und  vermehrte  die  Wassermengo 
zuni  Xutzeu  der  Bürger;  er  vermehrte  die  Zahl  der  AV'as- 
gerschlösser ,  Wasserhäuser,  Wasserkünste  und  Becken. 
Einkünfte  von  Grundstücken  im  Bereiche  der  Leitungen, 
,)ie  bisher  unterschlagen  worden  waren,  gab  er  dem  Staate 
«jeder.  Durch  Benutzung  des  überfliessenden  Wassers 
(ru"  er  bei  zur  Reinlichkeit  der  Strassen  und  zur  Rei- 
niiiunu-  der  berüchtigten  Luft.  Mehrere  (icHässer  machte 
er  klarer  und  trinkbarer.  Er  hielt  streng  auf  die  Hand- 
habung und  gewissenhafte  Befolgung  der  Wassergesctze. 
Eine  so  strenge  DiseiiilLn  führte  er  ein,  dass  hei  Unter- 
suchungen der  Gerinne,  wobei  die  Curatoren  last  gesetz- 
lich ihre  Lictoren  bei  sich  haben  miissteii ,  seine  ihm 
vom  Fürsten  gegebene  Autorität  die  Stelle  der  Lictoren 
vertrat.  Insbesondere  war  seine  Sorgfalt  auf  die  Instand- 
haltuu"  der  Leitungen  verwendet:  deren  Zustand  war 
nnter  seiner  Cura  blühend,  so  dass  er,  wenigstens  zum 
Thcil  auch  in  Beziehung  auf  seine  Bemühungen,  sagen 
konnte;  ,,Wird  man  mit  den  so  vielen  nützlichen  AVuu- 
derbauten  so  vieler  AVasserleitungen  die  massigen  Pyra- 
miden oder  sonstige  unnütze,  obwohl  durch  den  Ruf  ge- 
feierte Werke  der  (iriechen  vergleichen  wollen?"  — 
Und  dieses  Alles  schreibt  er  grcisstentheils  nicht  sich, 
sondern  seinem  treulichen  Kaiser  Nerva  zu  (f.  JJ.  .').  (in.). 
Frontin's  glänzende  A'erdienste  um  das  Wasserleitungs- 
wesen hier  weitläulig  und  in  systematischer  Ordnung  zu 
entwickeln,  halie  ich  für  unnöthig  erachtet,  tia  seine 
Schrift  über  diesen  Gegenstanil  nur  wenige  Bogen  füllt 
und  Jeiler,  in  dessen  Interesse  ea  liegt,  sich  leicht  eine 
Ucbcrsiclit  dieser  Verdienste  aus  der  Schrift  selbst  neh- 
men  kann. 

Polenus  ( §.  .35  sq, )  behauptet,  dass  Frontin  sich 
diese  Verdienste  nur  theilweisc  unter  der  Regierung  des 
Äerva  erworben  hätte:  nach  dem  Tode  des  Aierva,  im 
J.  801,  in  welchem  der  neue  Kaiser  Tr.ij.iiius  ihm  li  in 
Küln   Mar,    habe  Frontin  seine  eifrige,  unter   ,\eria   uir- 


gcnommcnc  Untcranchnng  der  Gewässer  fortgesetzt  und 
Einiges  nocli  unter  Trajan  g'cthan  ,  z.  ß.  was  er  Art.  74« 
erzähle :  uniuscniusquö  aquae  copiam  —  tota  dcinccps 
acstate  durantem  cxploravi.  Namentlich  gehöre  das  ia 
den  Artt.  «S.  89.  92-  93.  94.  Erwähnte  der  Zeit  Tra- 
jan's  an.  Auch  Art.  87.  bezieht  er  anf  den  Trajanus 
und  hält  also  den  an  diesen  Stellen  genannten  Nerva 
nicht  für  den  M.  Coccejus  Aery»,  sondern  für  den  Ncrva 
Trajanus. 

J>lit  Recht  entgegnet  ihm  Heinrich:  „Non  inagis  un- 
quam  Imperator  Ulpiiis  Traianus  dictus  est  Nerva,  quam 
linp.  Cocceius  Nerva  Tiaiaiius  est  appcllatus."  Wenig- 
stens würde  der  genaue  Frontin,  wenn  er  in  seiner 
Schrift  bis  zu  den  angegebenen  Stellen  den  Coccejus 
Nerva,  und  von  da  ab  unter  demselben  und  mit  gleichen 
Prädicaten  ausgeschmückten  Namen  Nerva  den  Trajanus 
llätte  verstanden  wissen  wollen,  auch  in  der  Bezeichnung 
der  beiden  Personen  einen  Unterschied  gemacht  haben. — 
Art.  87.  liest  Heinrich  ,,ad  Divum  Nervain  Imp.  usque", 
und  bemerkt  ilazu  gegen  Polenus:  ,, Durch  obige  Aus- 
mittelung ward  der  wirkliclie  Etat  constatirt,  wie  er  bis 
auf  \ervn  war.  Jetzt  f<dgen  die  ,.provi(lentia  diligen- 
tissimi  Principis  (Nervae)"  gemachten  Verbesserungen. 
So  kann  nun  also  der  hier  erwähnte  Nerva  Imp.  durch- 
aus gar  kein  anderer  sein,  als  eben  Nerva.  Das  zeigt 
ja  auch  der  ganze  übrige  Zusammenhang.  Durch  jene 
neuen  Messungen  unter  Nerva  wurde  „veluti  nova  acqiii- 
sitio  aquarum''  gewonnen,  Art.  77,  und  eben  das  wird 
bloss  wiederholt  Art.  87:  quasi  nova  inventione  fontium 
arcrevit.  Wie  kann  nun  der  hier  genannte  Nerva  ein 
anderer  sein,  als  jener?  Vorher  war  ja  überall  nur 
die  Rede  von  Untersuchungen,  Vorarbeiten;  die  Veran- 
staltungen unter  Nerva  folgen  nun  erst.  —  Was  die  von 
Polenus  angeführte  Stelle  Art,  87.  anbelangt,  welche  so 
zu  restituiren  ist:  Ac  ne  metu  aestatis  ant  siccitatum  in 
taiitum  a  vcritafo  eos  rccessisse  crcdam ,  obstat,  qnod, 
ipso  actis  mensnris  Julio  nienso ,  lianc  uniuscuiusquo  co- 
piam, qiiac  siipra  scripta  est,  tota  deinceps  aestato  du- 
rantem cxploravi  :  so  spricht  iMIes  für  die  Annahme,  und 
ist  es  ganz  natürlich,  dass  dieser  flionat  Juli,  sowie  der 
ganze  Sommer  dem  Jahre  SOG  angehöre  ;  weil  diese 
fllessungen  von  grösster  Wichtigkeit  waren  und  nicht  ins 
folgende  Jahr  oder  gar  auf  folgende  Jahre  konnten  bin- 
ausgeschobcu  werden. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Potsdam.  Am  17.  August  c.  beging  d.is  hiesige  Gynina- 
sium  das  Fest  seines  lOOjaluigeii  Bestehens  durcli  eine  Rede 
und  Gcsangfeierlicbkeit.  Der  üiiector  Uigler  b.itle  die  Be- 
hörden und  das  Pnl)likuni  dmcli  ein  Progiamni  dazu  eingeladen, 
vvclclies  eine  Abhamlliing  des  Direclnrs  über  Gymnasial-  und 
RealbiKhing  ,  sowie  eine  Geschichte  der  Anstalt  vom  Professor 
Schmidt    enthalt. 

Berlin.  D.c  Königl.  Socictät  in  London  hat  den  Geh. 
Regiciungsrath ,  Prof.  Dr.  Bocckh  zu  ihrem  Ehreumilgliede 
ernannt. 


Zeitschrift 


für    die 


Alterthumswisseiiscliaft. 


Mittwoch.    13.  November 


18  39. 


Nr.  136; 


Bniclislücke  aus  tlein  Leben  des  Sexlus  Julius 
Frontinus,  von  A.  Dederich. 

(Beschl  uss.) 

Einen  Hauptgrund  zu  seiner  Belianpfiing  scheint  Po- 
lenus  genommen  zu  haben  aus  ilem  Anfang  des  Art.  88: 
Sentit  hanc  cnram  Imperatoris  piissimi  ^ienae  Principis 
stii  regina  et  domina  orbis  (Roma  urbs)  in  dies,  quae 
ferrarnin  dea  consistit,  cni  par  nihil  et  nibii  sceundiim 
in  Vergleichung  mit  den  Versen  Älartial's  Epigr.  XII.  8: 
Terrarumqne  Dea  gentiumque  Roma, 
Cui  par  est  nihil  et  nihil  serundum, 
in  welchem  Epigr.  des  Trajanus  Tapferkeit  gefeiert  wird. 
Poleniis  bemerkt  zu  dieser  Stelle:  „Froiitin,  welcher,  um 
den  Trajan  zu  loben,  die  Stadt  Rom  lobe,  hätte  seine 
AVurte  von  dem  gleichzeitigen  ihm  befreundeten  Dichter 
cutlebnt,  welcher  gleichfalls,  um  den  Trnjan  zu  besin- 
gen, Rom  besungen  hätte."  Das  Epigr.  des  Martialis,  in  wel- 
chem Trajan  aus  Schmeichelei  iuvenis  (ein  rüstiger  Mann) 
genannt  iiird,  scheint  geschrieben  worden  zu  sein  unter 
den  Kriegsri'istungen  gegen,  die  Dari,  die  im  vorletzten 
Verse  unter  dem  Namen  Getae  aufgeführt  »verden ,  also 
im  J.  852  oder  853  ( —  am  Schluss  des  J.  853  zog  Tra- 
jan in  den  dacischen  Krieg  — );  und  in  dieser  Zeit  hätte 
Frontiu  vor  der  Edition  seiner  Schrift  die  Averse  seines 
freundes  wohl  noch  einschalten  können.  Allein  schon 
dem  Lipsius  erschienen  die  Worte  ,,quae  terrarum  dea 
consistit,  cui  par  nihil  et  nihil  secuiidum"  rer<l,'iihfig, 
welcher  de  J>lagnit.  Rom.  I.  2.  sagt:  Vereor,  ut  allituui 
hoc  adscriptumve  aliena  manu  sit;  gravis  atque  eruditiis 
reliquus  Frontini  stilus  non  probat  aut  amat  lasciiiam 
poetarum.  Und  Heinrich  bemerkt  zu  diesen  AVorten: 
Eiicienda  sunt,  e  .Martiale  allita  priuuim  in  ora  rodicis. 
31it  Recht;  ans  folgenden  Hauptgründen:  den  ersten  hat 
Lipsius  angegeben;  zweitens  würde  Frontin  die  Verse 
doch  getreu  entlehnt  haben;  drittens  ist  in  den  Phrasen 
domi/tft  ovbis  und  terrarum  dea  eine  dem  bündigen  Fron- 
tin fremde  Tautologie  enthalten  ;  endlich  schmeckt  con- 
sistit nach   Spätlatein. 

Soviel  ich  habe  erforschen  können ,  wird  des  Tra- 
janus nur  an  einer  einzigen  Stelle  der  Schrift  gedacht, 
und  zwar  mit  dem  foWen  '^nmcn  Imperalor  Caesar  Sierra 
Traiatiiis  Augustus  ,  am  Schlüsse  des  Art.  93.  Aus  die- 
ser ist  aber  keineswegs  die  Folgerung  zulässig,  dass  auch 
in  den    umstehenden,    in    welchen  IVerva    genannt    wird, 


Traianus  gemeint  sei.  Dass  Art.  88.  Nerva  zu  verstehen 
sei ,  lehrt  schon  der  Zusammenhang.  Die  vielen  Veran- 
staltungen des  Frontinus  nämlich  sind  nicht  alle  bei 
Lebzeiten  des  Nerva  vollendet  worden,  sondern  zum  Theil 
erst  nach  dessen  Tode.  Der  Reweis  davon  liegt  im  Fu- 
turum seriliet,  und  .\rt.  93.  veniet.  „Es  fühlt,  heisst 
es  in  der  ersten  Stelle,  die  grosse  Sorgfalt  des  Nerva  dio 
Stadt  Ronv  von  Tag  zu  Tag,  und  noch  mehr  wird  sie  es 
fühlen,  wenn  die  Zahl  der  Schlösser,  Wasserhäuser, 
Künste  und  Becken  gewachsen  ist."  Und  an  der  zweiten 
Stelle:  ,,Er  (N'erva)  hat  die  Möglichkeit  erkannt,  aucli 
die  Mängel  des  Neuen  Anio  zu  beseitigen  (exdndi  posso 
vidit)  u.  s.  w.  Die  so  glückliche  Eigenschaft  des  Was- 
sers, welches  in  allen  (iahen  der  Marcia  gleichkommen 
(aequaturae)  ,  an  Fülle  aber  ilieselbe  übertred'en  wird 
(superaturae),  wird  an  die  Stelle  jenes  garstigen  und  trü- 
ben Wassers  treten  (veniet)."  Es  mag  noch  eine  oder 
die  andere  vom  Froiitin  ertvähnte  Anlage  erst  nach  deux 
Tode  dea  Nerva  fertig  geworden  sein  ;  allein  wer  vermag 
diese  ausfindig  zu  machen?  So  viel  ist  aus  dem  Zusam- 
menhange gewiss,  dass  an  all  den  genannten  Stellen  die 
^Veranstaltungen   (lern   Nerva    zugeschrieben    werden. 

Polenus  geht  noch  weiter,  indem  er  (|§.  22.)  be- 
hauptet: „Frontin  habe  seine  Schrift  gleich  nach  dem 
Antritte  seines  .Amtes  begonnen;  aber  nach  dem  Tode  des 
Nerva  habe  er  »veiter  daran  gearbeitet  und  sie  vollendet. 
Edirt  {'^.  36.)  habe  er  sie  im  J.  852,  in  welchem  der 
Kaiser  Tr.ijan  von  Köln  nach  Rom  gekommen  sei."  Da- 
gegen bemerkt  Heinrich,  dass  diese  Behauptung  mit  der 
eigenen  Erklärung  Froiitin's  (in  der  Einleitung)  ganz  un- 
verträglich sei:  und  stellt  folgeiuleii  Satz  auf:  „Frontiu 
entwarf  seine  Schrift  gleich  beim  Beginn  seines  Amtes, 
edirte  diese  aber,  und  zwar  vermehrt,  erst  unter  deni 
Nachfolger  Trajan,  als  dieser  von  Köln  kam.  Der  Ein- 
gang Art.  1—3.  wurde  als  Prologus  erst  bei  der  Her- 
ausgabe vorgesetzt,  wie  die  Sprache  allenthalben  zeigt. 
Ganz  am  Schluss  der  Schrift  spricht  Frontin  aber  nocli 
im  Präsens,  als  fortwährend  auch  unter  Trajan  thätiger 
Curator.  Er  blieb  es  also  noch  unter  diesem.  Solch« 
officia  curatorum  waren  keine  niagistratus  und  nicht  an 
eine  bestimmte  Zeitdauer  gebunden  (vergl.  Brisson.  v. 
Curator,  nr.  14.  „Cnr.atores  operuni").  D.is  zeigt  die 
Reihe  der  Curatorum   aquae   bei  Frontiu   Art.    102." 

Reden  wir  zuerst  von  den  l'ermehrungen,  welche  die 
Schrift  nach  dem  Tode  des  Nerva  erfahren  haben  soll. 
Heinrich  zieht  dahin  vornehnilich  drei  Stellen:   den  Schluss 


1091 


1092 


Aes   \ri.   03  I    «las   ganze  ^Vrzcicliiiiss   <Icr   Curaiurcn   Ari, 
10'2,    uiiil   ,,iiis<itia  Diii  Aervae"  Art.    IIS;   von  der  ersten 
(»pricht    er    die   (ieHJsslieit    aiis,     loii    den    beiden   andern 
nur   die   Miiglielikeif.     ^Vas  die   erste   Stelle   betrillt,  s»  ist 
nicht  daran  zu  ztieifeln,   dass  der  ^anze  Sihliisssatz   „Ilaec 
<am   felix   propr.   etc."  vom   Verfasser   nach   dem  Tode   des 
?ferva   ein;;es<  lialtet   ist.      ,,Printeps    noster,     —    sa|;t   dar- 
über   Heinrich,    vita    exclndi    posse    vidit.      Die   Hichtigo 
Verbessern»^    sollte    aber,    so   «ar    sein   AVille,    erst   vom 
Kachfolger,    der   noch   in   Köln   »ar,    ansgefiilirt   »erticn, 
«1er   nun   zum    erstciimal    mit    allem   Pomp   erHähnt   ivird, 
novns    auctor   Imperator   etc.       Fronlin    hatte    es    äu(  den 
Trajan  abgesehen,    nicht  soivohl   nm   ihm   zn  schmeicheln, 
sondern    nm     ihn    fi'ir    die   Sache    zn    gewinnen    und    seinen 
Ehrgeiz    zur    Ansfijhrnng   der    noch    unvollendeten  Arbeiten 
aiizufenern.      Die   Schrift    nnrde    nun    eine    Art  ßegri'issung 
für    den     neuen    Imperator    bei     seinem   Einzüge    in    Rom." 
Praescriienle   titulo  {ansiait  praescriptuio,    PriSsens    statt 
Perfcct;     von    h  elcher    Parficipicnvcrwechselung    si<  h    oft 
Seispiele     zeigen)     ist,     ronform     mit    veniet ,     aufzulösen 
ilurrh   et'lilulus    praescrihet.    —     Die   IMoglichkcit ,    dass 
«lie    z»eite    Stelle    nach    IVerva's   Toile    eingeschaltet    sei, 
lässt  sich    zMar    nicht    widerlegen,    aber    auch    nicht   be- 
gründen.     Eine    solche    I>logliclikeit    liess    sich    auch   auf 
andere   Stellen   überfragen;  aber  iMöglichkeit  ist  noch  weit 
Ton     Wahrscheinlichkeit,      und    'Wahrscheinlichkeit    noch 
weit   von   Genissheit.       Was    die    dritte   Stelle    anbelangt, 
so  ist  die  spätere  Einschaltung  nicht  eTnraal  wuhrscheinlich. 
„Die    Einleitung   (Art.    t  — 3-)»   —    s-*»'    Heinrich,  — 
ist   bei   der  Herausgabe   vorgesetzt  worden,   wie  die  Sprache 
allenihaUien    zeit;»."       Hören    wir    den   Znsammenhang   der 
aus   dieser  Einleitung  hierher   bezüglichen   AVorte.    ,, Alles, 
was   zum    A^  asserleilongs»  pscn    gehört,    habe    ich    zusarii- 
mengetra^en ,   geordnet   ui.d   in   diesen   (d.    h.   vor   mir   lie- 
genden)   Commentar    gebracht,     um    ihn,    den    ich    unter 
den    Anfangen    meiner    Anvtsverwaltung    geschrieben    habe, 
zu    meiner    Richlschniir   zu    gebrauchen.        Denn    da    mein 
angeboruer   Eifer    mich     in  jedem    mir    übertragenen    Amte 
2ur  Lust   und   Liebe    an   der   Sache    treibt,    und    ich   nun 
(nunc,    d.    i.    gegenn.'irtig,     wo    ich    dieries   scljreibe)    durch 
die    Wahl     des     .\ena     AVassercurator    bin,     s»     halte     ich 
es   au.  h    in    diesem    Amte   (was    ich  jetzt   führe)  für's  Erste 
iind   Wichtigste,    zu    kennen,    was   ich    auf   mich    genom- 
men  habe.''      Daraus    kann    man    doch    nnr    auf    folgende 
Thalsachc   srhliessen:   Der    Prolog    ist   geschrieben,    nach- 
ütm   das  AVcrk   fertig   war,   und   zwar   noch   bei  Lebzeiten 
!Nerva'». 

Die  Möglichkeit,  dass  Frontin  den  Schluss  (Art.  130.) 
unter  Trajan  geschrieben  haben  könnte,  liesse  sich  viel- 
leicht aus  den  Worten  In  rcli(]uum  vero  «pfo  etc.  her- 
leiten. Allein  da  die  vorher  in  diesem  Artikel  erwähn- 
ten Tliafsachen  füglich  in  Nerva's  Lebzeit  f.illen  kiiunen, 
warum  denn  nicht  aurlt  die  hinzugefügte  Drohung.''  (ie- 
radezu  abl.'ingnrn  l.'tsst  sich  freiliih  die  i\!ögli<  hkeit  nicht, 
da  sehr  wahisclif inlicli  Frontin  auch  nach  dem  Tode  des 
>erra  seine  rura  aquarum  bis  zu  seinem  dritten  t'onsu- 
late  fort);esetzt  hat;  eine  Sache,  die  sich  aus  zwei  Grün- 
den si  hliessen  lasst :  erstens  aus  dem  Umstände,  ilasg 
Frontin  ,  der  erst  unter  Trajan  sein  Werk  cdirte,  keinen 
Iiiachfol^'er    als  Carator    nennt,    —    was    er    docL  gcthan 


Laben  würde,  wenn  er  sein  Amt  nicht  behalten  hätte; 
—  und  zweitens  ans  dem  Vcrzeichniss  der  Curatoren  , 
aus  welchem  hervorgeht,  dass,  wennFronfin  uns  sämmt- 
lichc  Curatoren  vor  ihm  genannt  hat  und  nicht  der  Staat 
manchmal  vielleicht  auch  ohne  Curatoren  gewesen  ist, 
deren  Amt  (als  ein  nur  quasi  magistratus  Art.  9'l-)  nicht 
an  eine  bestinmite  Zeitdauer  geknüpft  war,  indem  einige 
ein,  andere  zwei,  andere  drei,  andere  sogar  zehn,  eilf, 
ja,  drei  und  zwanzig  Jahre  lang  ihr  Amt  verwaltet  zu 
haben  scheinen.  Aber  positive  Gründe  für  die  AbfassuBg 
des  Schlusses  unter  Trajan  sind  nicht  vorhanden.  — • 
Ueberhanpt  lässt  sich  mit  völliger  innerer  Gevvissheit  nur 
von  dem  Schlusssatze  des  Art.  93.  sagen,  dass  er  unter 
Tr.ijau's  Regierung  eingeschoben  sei.  Hatte  Frontiu  hei 
dem  Tode  INerva's  die  Schrift  nicht  schon  fertig  gehabt 
(ohne  vielleicht  gerade  die  letzte  Hand  angelegt  zu  haben), 
so  n  ürde  er  an  mehreren  Stellen  Gelegenheit  gesucht 
und  auch  gefunden  haben,  seinen  neuen  Kaiser  TrajaD 
zu   fi'iern. 

Zum  Schlüsse  führe  ich  folgende  wichtige  Worte 
Froiitin's  an.  Art.  88:  j^Es  entgeht  mir  nicht,  dass  ich 
meiner  Schrift  die  Anordnung  der  neuen  Verausgabung 
schuldig  bin;  allein  da  ich  das  dahin  Gehörige  schon  an 
die  Vermehrung  angeschlossen  habe,  so  mnss  man  be- 
greifen, dass  das  nicht  vorgetragen  werden  könne,  bevor 
es  vollständig  erledigt  ist."  Diese  Worte  sprechen  für 
die  Abfassung  der  Schrift  unter  Nerva  und  für  meine 
Dehauptung,  dass  nach  dem  Tode  des  Nerva  die  Schrift 
^lusserst  wenige  Veränderungen  erlitten  hat.  Die  syste- 
matische Anordnung  der  neuen  Verausgabung  hatte  er, 
als  er  unter  Nerva  schrieb,  nicht  eingeschaltet,  weil  die 
Sache  noch  nicht  abgeschlossen,  noch  nicht  von  ihm  völ- 
lig auf's  Reine  gebracht  war;  und  er  hat  sie  auch  nach 
dem  Tode  des  Nerva  nicht  eingeschattet,  obwohl  er  «ie 
seiner  Schrift  schuhfig   zu   sein   glaubte. 

Ueberdiess  war  Frontin  ein  so  gewandter  Geschäfts- 
mann und  fertiger  Schriftsteller,  das»  er  die  kleine  Schrift 
mit  IMnsse  in  dem  Jahre  seiner  Cura  unter  Nerva  vollen- 
ilen  konnte.  Hat  er  ja  in  derselben  grüsstentheils  Ge- 
gebenes zusammengetrag-en  und  in  ein  geordnetes  Ganze 
gebracht.  Hat  er  ja  die  viel  umfassendere  Schrift  de 
agrorum  (jualitate  auch  in  kurzer  Zeit  geschrieben  iinil 
unter  Domitiau's  Regierung  drei  bedeutende  Werke  her- 
ausgegeben. 

Leber  die  Zeit  der  Herausgabe  der  Schrift  stimme 
ich,  wie  ich  schon  angedeutet  habe,  mit  Poleniis  und 
Heinrich  überein,  die  nämlich  geschehen  ist  im  J.  852, 
in    welchem   Trajan  als  Kaiser   nach   Rom   kam. 

§.  1'.?.  Ist  Fro7itinua  auch  Proconsul  in  Asien  getcetenf 
Eine  zu  Sinyrna  aufgeliindeno  Münze  ( s.  Polenns 
^.  38  sipi-)  stellt  auf  der  einen  Seite  ein  bärtiges  Haupt 
dar,  mit  der  Ln.schri/t:  0P ÜiM/'JlNOC  ylNi)  V 
(0ooVTllvo~'  dl/t)vJTCiTO^);  auf  der  Rückseite  ein  anf 
dem  Wasser  eines  umgestürzten  lieckens  sitzendes  Frauen- 
zimmer, mit  der  Cmschrilt  P/H  /J/iXOC,  und  auf  der 
Rasis  ZMYP.  Ein.  MIPTOY.  Welche  Inschriften 
Spon  erklärt:  Frontinus  Proconsul  a  Smjrnaeis  snb  Prae- 
fectura  (ciiiusdam)  iMuti.  Den  Kopf  liat  man  für  den 
des  Froutinus  gehalten,    z.  B.  Polcnus  ,    gestützt  auf  d'eS' 


1093 


1094 


Jalc.  Gronoviiis  AiiforiiSt;  allplu  <Ia  ilorselbc  hürilg  hi , 
die  Römer  aber  erst  iiiifor  Haiiriaiius  sicli  <loii  liart  haben 
Brachsen  lassen,  lialtcn  ihn  die  3Icis(cn  fiir  den  Ivojil  des 
JiipKer  oder  de»  Herkules.  Eiidlirh  bezeugt  Oudeudorp 
(Piaef.  ad  Front.  Strateg;.),  auf  der  illunzc  stände  niilit 
0PONTLJl\OC  ,  smidcrn  ganz  deulliili  0POiX- 
TE1NS2 ,  und  h;ilt  es  somit  fiir  ents«  liieilen ,  dass  der 
Kopf  nirht  der  <Ics  Frontinus  sei,  sondern  des  Jupiter, 
oder,  weil  kein  Abzeichen  des  Jupiter  darauf  erkannt 
würde,  des  Herkules,  «elciier  zu  Snivrna  verehrt  «urile. 
—  ^Vic  dem  auch  sei,  eine  dem  Frontinus  Proros.  von 
den  Sniyrnaern  geividmete  IVIitnie  berechtigt,  obgleich 
andere  Zeugnisse  fehlen,  zu  der  ^'crniutliung,  dass  Fron- 
tinus nadi  seinem  dritten  Consulatc,  also  im  J.  8545  '" 
Asien  Proconsul  genesen  sei,  und  dass  er,  wie  man  aus 
der  Wasser  ausströnienden  Nymphe  scliliessen  kminte,  sieh 
dort  vielleicht  ebenfalls  ^'crdieusto  um  das  AVasserwc»en 
erirorbcn  habe. 

§.   I.3.     Des  Frontinus  Augural  und  Tod. 

Nach  des  Plinins  (Ep.  IV-  8.)  Zeugnis«  ist  das  letzte 
Amt,  welches  Frontinus  bekleidet  hat,  das  eines  Augur 
gewesen,  in  welchem  ihm  Flinius  nachgefolgt  ist.  Da 
dieses  Priesteramt  auf  Lebenszeit  erthcilt  wurde  (quod 
sacerdotium  non  adimitur  viventi.  Pliu.  1.  c),  ist  die 
Sterbezeit  des  Frontinus  so  weit  bestimmt,  dass  wir  wis- 
sen ,  er  sei  vor  der  Ernennung  des  Plinius  zum  Augur 
gestorben.  Das  Jaiir  aber,  in  welchem  Plinius  Augur 
geworden,  ist  nicht  genau  bestimmt;  es  L'isst  sich  durch 
Combination,  nur  ungefaiir  angeben,  Plinius  sucht  eine 
Ehre  darin,  dass  er  im  Auguratc  dcj-  Nachfolger  des 
Frontinns,  eines  princeps  vir,  geworden;  und  da  sein 
Freund  Arrianus  ihn  in  seiner  Gratulaliou  daran  erin- 
nert, dass  auch  Cicero,  den  gerade  Plinius  in  seinen 
wissenschaftlichen  Bestrebungen  zum  Vorbilde  genommen, 
Augur  gewesen  sei,  fährt  er  darauf  in  seinem  Briefe 
fort:  Sed  utjnam  ,  nt  sacer<l(itinm  idem  et  consulatum 
miilfo  efirtui  iunior,  quam  ille,  sum  consecutus,  ita  senex 
«altem  ingeninm  eins  aliijua  ex  parte  a*se<jui  possini. 
Hierin  sind  nns  ilie  ^Vorto  uiulto  ctiam  iunior  quam  ille 
fsr.  Cicero)  fiir  die  Bestimmung  der  Zeit,  in  welcher 
Plinius  Augur  geworden  und  also  Ftontiu  gestorben  ist, 
von  grosser  Wichtigkeit.  Cicero  wurde  Consul  in  seinem 
43.  Lebensjahre,  Augur  im  Ö4.  Plinius  aber  war  Con- 
«ul  im  J.  803?  und  ist,  soweit  die  Forschungen  über 
seine  Geburtszeit  mir  bekannt  siud,  im  sechsten  Jahre 
der  Regierung  des  Nero,  also,  da  dieser  im  J.  807  den 
Thron  bestieg,  im  J.  8!3  geboren;  er  wäre  demnach  als 
Consul  40  Jahre  alt  genesen.  Die  Worte  inulto  iunior 
wäreil  also  nur  von  drei  Jahren  zu  verstehen.  Nehmen 
vir  nun,  da  Plinrns  diese  Worte  wahrscheinlich  vorzugs- 
weise auf  das  Augiirat  bezieht,  an,  er  sei  als  Augur 
nngef/ihr  fünf  Jahre  jünger,  als  Cicero  gewesen,  also 
49  Jahre  alt,  so  wäre  er  Augur  genesen  im  J.  S)i2. 
Demnach  wäre  Frontinus,  dem  Plinius  im  Auguratc  nach- 
folgte, entweder  im  nämlichen  Jahre,  oder  im  J.  SOI, 
also  ungefähr  in  der  Mitte  der  Regiermigszeit  des  Kaisers 
Trajaiius   gestorben. 

Frontin  hatte,  wie  Plinius  (a.  a.  O.)  erzählt,  nieh- 
»ere  Jahre    nacheinander    (per    hos   coutinuos    annos)    au 


dem  Tage  der  Auguren  -  Ernennung  den  Plinius  nnier 
ilie  Priester  gezählt,  gleichsam  als  ob  er  ihn  in  seine 
.Sd'Ue  erwählte.  Wie  riele  Jahre  hier  zu  verstehen 'sind, 
lässt  sich  nicht  sagen  ;  zuverlässig  aber  ist  Fronfiu  meh- 
rere Jahre   hindurch   Augur  gewesen. 

Fron(iii  war  Cos.  snirecfiis  zum  erstenmal  im  J.  S26. 
Nehmen  wir  an,  er  sei  damals  40  Jahre  alt  gewesen,  so 
ist  er  geboren  im  J.  786  unter  den  letzten  Jahren  der 
Regierung  des  Tiberius.  Ist  er  im  J.  8()l  gestorben,  so 
wäre  er  !,'_>  Jahre  alt  geworilen.  Jedenfalls  lässt  sich 
annehmen,  dass  er  das  hohe  Alfer  von  einigen  70  Jahrea 
erreicht  habe. 

Wie  Frontinus  nnter  des  Domitianus  Tyrannei  s^fn 
Andenken  schriftlich  zu  verherrlichen  nicht  nagen  iliirffc, 
so  wollte  er  auch  kein  steinernes  fllonumentum  auf  sein 
Grab  gesetzt  wissen.  Iinpeiisa  monimeiiti  supervaeiia  est, 
sagt  er"(nie  uns  Plinius  Ep.  IX.  1!).  berichtet);  memoria 
nostri  durabit,  si  vita  nieruimus."  Plinius  findet  ( — fähr< 
Schultz  fort  — )  dieses  Benehmen  Frontin's  taileliisnürdig, 
obwohl  er  sich  scheut,  es  auszusprechen,  da  seinem  Ge- 
fühle die  Grösse  der  Gesiuiiuiig  darin  nicht  entgehen 
konnte.  Dass  nicht  der  Stein  es  sei,  der  uiLsterblirh 
mache,  darin  hatie  Froiitin  doch  wohl  Recht,  und  wenn 
Plinius  andererseits  mit  Recht  das  Benehmen  des  Ver- 
giiiius  Riifus,  der  die  grosse  Tliat  seines  Lebens  auf  dem 
Grabdenkmale  in  Kürze  zu  verieithnen  befahl,  als  wür- 
dig, menschlich  und  mild  loben  durfte,  s«  vertlient  docl» 
nicht  weniger  Anerkennung,  dass  Einer  bezweifeln  mochte, 
ob  sein  Thun  auf  (Jnsterblichkeit  Anspruch  habe.  Statt 
dessen  bezüchtigt  Plinius  ihn  eines  versteckten  Stolzes, 
der  den  Ruhm  um  so  eifriger  suche,  je  mehr  er  ihn 
zu  verachten  schien,  einVornurf,  den  die  Aeiisseriing  in 
unserer  Schrift  (de  Aijuaed.  101.)  über  die  Lieferen  be- 
stätigen könnte,  den  wir  aber  durch  die  Reinheit  nml 
OHcnheit,  die  Frontin  überall  zeigt,  für  völlig  widerlegt 
halten.  Plinius  hatte  ein  feines,  liur  zu  feines  Gefühl. 
Kleinliche  Ruhmsucht  beherrschte  ihn  so  sehr,  dass  sie 
Hauptmotiv  seiner  gesainmten  Thätigkeit  war,  und  machti» 
ihn  unfähig,  der  stillen  Grosse  Froutin-'s  Gerechtigkeit 
widerfahren  zu  lassen." 


lOdiOKAEOYS  AL4I.    Sophodis  Aiax.    Edidit 

ex  exemplaribus  optimis  et  analectis  emendavit  ei 
illustravit  fnnnms  Apitzius,  Ph.  Dr.  et  AA.  LL.  M. 
Berlin  bei  Havn.  1839.  XX  und  12()  S.  8. 
Acta  Senjiiiarii  philologici  Heidelbr-rgcnsis.  FasticufusI, 
Soplioclis  Aiax,  Elerfra ,  Oedipus  Rex  emendatae 
et  illnstratae  ex  codicibus  Palatinis  XL  et  CCCLVL 
Edidit  C.  L.  Artystrr,  Ph.  Dr.  Heidelberg  bei  Mohr. 
1839.     VIII  und  109  S,  8.     16  Gr. 

Das  Buch  des  Hrn.  Dr.  Apitz  gibt  in  der  V'orrede 
meine  curas  novissimas  aus  der  Bcurlliclliing  von  Herrn 
Waiuler's  Rerension  des  Lobeckischen  Aiax,  da  Hr.  A. 
diese  Beurtheilimg  erst  nach  dem  Abdruckt-  seiner  Ana- 
leeten  erhalten  hatte;  sodaun  folgt  ilcr  Text  des  Aiax, 
Bnd  auf  diesen  die  Analecten,  in  der  IManier,  die  au» 
des  Verfassers  Trachinierinnen  und  Phoeiii.'sen  bekannt 
isti  Iiierauf  ein  deutsch  geschriebenes  Urthcil  des   Ueno 


1095 


109G 


Dr.  Zarliariae  über  das  Wier  der  Ilaiuläcliriftoii  iir.  40. 
oöli.  l',' I.  und  zulo(zt  Addeiida  und  Corrigcüda ,  iiplist 
«•iiHT  rprglei(  lienden  Tabelle  der  Vcrszahlen  in  Urunck's, 
iiiciiior  und   Lolu-ck's   Ans[jal>e. 

Die  ziveitc  Srlirift  enthalt,  nächst  einer  kurzen  Vor- 
rede von  Um.  Dr.  Kavser,  die  bis  auf  die  geringsten 
Kleinigkeiten  angegebeiieu  ^'ariaiiten  des  zwar  schon  von 
Hrn.  liiitlie ,  jedmh  nicht  volUtAndig  und  nicht  ganz  ge- 
nau rerglicheneii  Codex  nr.  40.,  der  jedodi  von  keinem 
liPäondereii  Wertiie  ist,  mit  beigefügtem  Urtheilo  und 
anderen  Bemerkungen  zum  Aiax  von  Hrn.  Fischer,  zur 
fctcctra  von  Hrn.  ZIckedrath,  zum  Oeilipus  von  Hrn.  Ebner. 
>'eu  sind  darin  einige  Scliolien  oder  vielmehr  Glossen 
zum  .\iax  uiul  dem  ersten  Theile  der  Elekfra ,  sodann 
die  in  der  >'orrede  mitgeflieilteii  Exccrpte  Sojihokleischer 
1'erse  aus  ilen   Hamlsciiriften   nr.   3 Mi-   und    14U. 

Da  das  Wesenduho  beider  üiicher  in  Bemerkungen 
über  einzelne  Stellen  besteht,  so  ivird  es  geniigen,  zur 
IJeurtheilung  ebenfalls  über  einige  einzelne  Stellen  einige 
>Vorle  zu  sagen.  Dei  der  bestrittenen  Erklärung  des 
zweiten  »rses  im  Aiax,  TtEiQciv  x'lv  i'/^9uujv  än:iuOCU 
iiiocjuil'ur,  meint  Hr  A[iitz,  «eil  davon  die  Rede  sei, 
ul  ipsum  /liiicein  investigel,  müsse  nstoav  von  i)i]ou)!ii' 
rov  abli.'ingen,  von  TTtitjuv  aber  wiederum  o.ona.nai  xiv 
i-/9oi')V.  Allein  es  kommt  hier  nicht  soivohl  auf  das 
lioslein  invesligare  an,  als  auf  das  Aufsuchen  jeder  Ge- 
legenheit, einen  ^'ortheil  über  den  Feind  za  gewinnen. 
Wenn  das  Einfachste  und  Natürlichste  i'iberall  das  Wahre 
ist,  so  gehurt  Tttindv  tiv  tydooji'  «(i7ra5«i  zusammen, 
und  diese  Worte  hangen  von  itjj^ujfieiov  ab.  —  V.  33. 
will  Hr.  A.  y.ovx  tj^o)  nudaiv  uzov  fiir  ■/.oi'y.  i/w 
VTUV  uadiiv  neiimen,  non  Ititieo  a  quo  disciim.  Aber 
«lass  iliese  Worte  so  umgestellt  werden  könnten ,  hatte 
Lewicseu  werden  müssen,  was  dem  Verfasser  nicht  ge- 
lingen wird.  Meine  Erklärung,  quacrit  cuius  hominis 
ease  facinus  iltud  dient,  halt  er  für  an  sich  verwerflich, 
in4lem  er  fragt,  unde  enim  facinus  illud?  Die  Ant» 
«ort  ist  leicht:  aus  tu  (5t.  Denn  Ulysses  wundert  sich, 
welcher  3]enscli  eine  solche  Niederlage  unter  den  Heer- 
«len  angerichtet  haben  könne,  und  wird  zweifelhaft,  ob 
die  Angabe,  dass  es  Aiax  gewesen,  wahr  sei.  —  V.  77. 
meint  Hr.  A.  werde  rlic  Rede  der  Athene  von  dem  üljs- 
«cs  unterbrorlien ,  wie  auch  Hr.  Fischer  annimmt,  und 
man  müsse  mithin  das  Fragezeichen  nach  STl  iu  den 
Worten  lies  tivsses  setzen:  7louoi}£v' oC-ii  Ctriu)  üd'  r,v 
—  Oz/.  i'/ßoui  '/£  7'j)d£  jüvöoi  xa)  ravi'P  tri;  AVas 
BoU  aber  diese  Frage  des  Ulysses  bedeutenl  Eine  Erklä- 
rung gibt  Hr.  A.  trcder  von  den  Worten  der  Athene, 
noch  von  der  Frage  des  Ulysses.  iMeinte  er  (und  da« 
war  wohl  sein  Gedanke),  Athene  wolle  sagen,  7r()(jot}cv 
oi'y.  dvv.it  od  1]V  duiVüi;,  so  konnte  LIvssc»  wohl  da« 
erwiedern,  was  er  antwortet:  fragen  aber  konnte  er  das 
nicht.  —  V.  121.  kiioi/.xtiou)  8t  vir  övoxrjruv  'fiiTtw^t 
xalrcSQ  uvxfi.  Öu^iuvij.  attamen  nie  miseret  /liacis 
miseri,  quam  quam  inimicus  est.  Frustra  G.  Her- 
mannus,  ul  comma  pnst  viv  positum  defende/et ,  hoc 
eruil :  miteret  me  /liacis,  qui ,  ut  ait  ininiicua,  at 
mit  er  tarnen,  ideoque  miseratione  dignus  est.  Hr.  A. 
ui'irde    das    nicht    geschrieben    Laben,    trcnu    er    bedacht 


hatte  ,  dass  bei  «einer  Erklärung  nicht  vip  stehen  kCnnte, 
sondern  es  iTtoiy.islouj  dl  tuv  6vOt1]VOV  heissen  müsgtc. 
—  V.  169.  Oinnes  Codd.  aiyvTiiuv  iiiud.  exhiLent, 
neque  est  cur  o'  aut  ö  ijiferciua.  Debet  potius  corrigi 
quam  lenissime  /tnyuv  aiyvniujv,  ut  ante  nos  Schnei- 
derus  vidit.  Sic.  Eur.  Hippol.  161.  T«  öi<iTQUX(/)  yu- 
vaiy.ajv,  q.  l.  allegat  Hernh.  Sijnt.  p.  I5Ö.  iMiyav  CU- 
'fV^tujv  ist  gar  kein  (»riechisch,  oder  vielmehr  ein  in 
jeder  Sprache  falscher  liegrifl ,  und  sehr  befremdlicli  ist 
CS,  wie  Hr.  A.  die  völlig  verschiedene  Stelle  aus  dem 
Ilippolvtus ,  dergleichen  man  sehr  viele  zusammentragen 
könnte,  als  Bewei.s  anführen  konnte.  —  Ich  übergehe 
Anderes,  wogegen  sich  gegründete  Einwendungen  macheu 
licssen,  und  wende  mich  zu  \.  279,  wo,  von  ganz  ent- 
gegengesetzten Ansichten  ausgehend,  Hr.  Fischer  sowohl, 
als  Hr.  Apitz  diöoixa  f^ii)  'y,  i)£oü  ■:^hjyij  Tti  ijxot  in 
Schutz  nelimen  ,  iler  Erstere ,  weil  der  Chor  befürchte, 
es  könne  ein  Unglück  geschehen;  der  Andere,  weil  hier 
nicht  ne  veniat ,  sondern  ne  venerit  gesagt  werden  solle. 
Beide  irren  sich.  Da  deöo/xu  der  Bedeutung  nach  Prä- 
sens ist,  verlaugt  die  .Syntax  den  Conjunctiv.  Hr.  Apitz 
aber  hat  nicht  bedacht,  dass  ja  eben  i;X7J  venerit  bedeu- 
tet, indem  jjy.ä)  bekanntlich  veni ,  adsum  heisst.  —  Die 
Conjectur  des  Hrn.  A.  V.  317.  y.nl  /iiitso'  ukk'  ;}  fioioa 
TUV  (fiiravTci  il  y.aSeiksv  kann  nicht  angenommen  wer- 
den. Nicht  nur  ist  der  Gedanke,  ac  matrem  meatn  pa- 
tremque  aliud  quam  Jatum  suslulit ,  etwas  ganz  Fremd- 
artiges und  den  Alten  Unbekanntes,  sondern  auch  et»vas 
in  sich  AVidersprecIiendes,  ila  ja  auch  der  Toil  in  dem 
gemeinsamen  durch  den  Aiax  bewirkten  Untergange  der 
Stadt,  welcher  das  ük'kü  sein  soll,  der  fioiou  anheim- 
fallt. Zu  ahnlichen  Bemerkungen  würden  mir  die  Ana- 
lecten  des  Verfs.  noch  reichliclien  Stoll  geben:  doch  bre- 
che ich  hier  ab,  weil  ich  öfter  Stellen  berühren  mnsste, 
in  denen  Hr.  A.  gegen  mich  streitet.  Auch  aus  dem, 
was  ich  angeführt  habe,  wird  erhellen,  dass,  wie  sehr 
auch  sein  Fleiss  zu  loben  ist,  er  doch  nicht  imuicr  be- 
dachtig genug  urtheilt  und  indem,  was  die  Sprache  und 
die  Gewohnheit  fordern,  nicht  ganz  sicher  ist. 
(Beschluss   folgt.) 


Persoual-Clirouik  und  Miscellen. 

Anfrage,  die  Briefe  von  Hemsterlmys  an  Lcderlin  betr. 
In  der  neuesten  Aus.5.ibc  von  Tib.  Hemslevhiisii  orationes  et 
epislolac  (Wcillnir^'  l!S39)  bemerkt  Hr.  Obcrsclnilialii  Dr.  Frie- 
de mann  über  ilic  Briefe  an  Lcderlin  p.  160:  casu  itiiipio 
factum  est,  ut  sei  o  inlellißfrein  —  seplein  priores  epistolas  ad 
Lcderliniim  datas  oliin  jaiiijam  editas  fuisse  a  nescio  t/un  S., 
qui  plus  quam  vi^itili  stsc  liuheve  affh mavil  ad  pmfessorem 
.-Irgeiitorntenscm  scriptiis,  in  Mcuselii  liurreo  ('/lis lorisch -Ute- 
rarisch-bihtioi;rapliisches  Mas,a:inJ  T.  I  11.  et  I'IIL  p.i02  sqq. 
fCItemnil.  1794).  Sollte  dieser  S.  nicht  Sejhold  sein,  welcher 
frülicr  Rector  in  Ciicbswcilrr  (Biscbwcilir)  im  KIsass,  später  vom 
J.  1706  — IS04  Prof.  der  Eloquenz  in  Tiiliint-en  war?  Während 
seines  Aiifentballs  im  EIs.tss  j;ins  j.i  ancli  der  hanilscbriftliclie 
App.irat  Lcilrrlin's  zum  Tlieon  in  den  Besitz  Scjbolirs  über. 
Wrc  ilann  die  in  Hede  stehenden  Briefe  in  die  Hände  des  ver- 
slorlienen  Pfarri  rs  M.  II  arpp  recht  in  Ersingen,  frülicr  in 
Kiisleidiiiqcn  ,  Dekanats  Tiiliin^cn,  gekonimcn  sind,  ist  nach 
zeitlicben  und  örtlichen  Veilihllnisscn  leicht  /.n  erklären.  Von 
Harpprecht  aber  erhielt  sie  die  Gymnasialbibliolhck  iu  Ulm. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terth  ums  Wissenschaft. 


Freitag,    15.  November 


18  39. 


Nr.  137. 


SO0OKAEOYS  AIAI.  Sophorlis  Aiax.  Edidit 
ex  exemplaribas  optiitiis  ci  analectis  cmendavit  et 
illusfravit  Joannes  Apilzius,  Ph.  Dr.  et  AA.  LL.  M. 

Acta  Scmiiiarii  pLilologici  Heidclbergensis.  Fasticuliis  I. 
Sopliorlis  Aiax,  Elerfra,  Oedipus  Rex  emendatae 
et  illustratae  ex  codiciliiis  Palatinig  XL  et  CCCLVI. 
Edidit  C.  L.  Kay  sei-,  Ph.  Dr. 

(BescliI  ass.) 

Von  den  drei  Mitgliedern  des  Heidelberg;er  philologi- 
sclien  Seminars  sind  die  Bemerkungen  des  Hrn.  Zickcn- 
Hrath  die  ki'irzesten ,  die  ausfiilirlichsten  aber  die  des 
Hrn.  Ebner.  Hr.  Fischer  theilt  zu  Y.  58,  ivo  der  Co- 
dex limiTtieiv  mit  darüber  geschriebenem  wr  hat,  eine 
Conjectur  des  Hrn.  Kayser,  die  er  unbedenklich  aufneh- 
men mochte,  mit:  6z  ükXoT  alj.oa  tinUTVtiv  Otqu- 
Ttjkaziuv.  Doch  ist  äkkoas  OroaTijkariiji'  zu  befremd- 
lich gesagt,  als  dass  man  geneigt  sein  könnte  beizustim- 
men. —  V.  151.  hat  der  Codex  evTCSlOra  mit  der  Glosse 
evno6i;u)Tta..  Mit  Hülfe  dieser  Glosse  sucht  Hr.  Fischer 
SVTTtOva  zu  vertheidigen.  Wahrscheinlicher  würde  es 
<locli  gewesen  sein,  diese  Glosse  für  die  Erklärung  von 
fViunu  zu  halten.  —  V.  '22.1,  will  er  lesen:  o'lav  edijkujOi'.q 
arioo^  U(i^o7log  äyycklav,  cum  trocltiiica  basi  post  di- 
iavibum^  cui  respondet  spondnica  (spondiaca)  in  antistrnpha 
bnsU.  cf.  Track.  845-  et  856-  ed.  Dindf.  18311,  ubi  post 
diianibum  in  stroplia  tribrnchijs  dactijlnin  antegreditur , 
in  antistri'pha  spondaeus  fspondeus  ).  Mit  jener  un- 
sicheren nnd  nicht  unverdorbenen  Stelle  lasst  sich  eine 
solche  Rcsponsion  nicht  beweisen. — ^'.427.  TTooy.tlTat. 
Havc  discrepitnliam  Hotitius  vel  ma.vime  notare  debuit, 
ijuum  llermannum  id  suis  oculis  in  cudd.  legisse  dubi- 
temus.  Warum  bezweifelt  das  Hr.  Fischer?  Ich  habe 
«liess  in  zHei  Handschriften  mit  meinen  Augen  gelesen, 
und  in  einer  andern  hat  es  Im.  BekUer  gefunden.  — 
Wenn  Hr.  Zickendrath  iu  der  Electra  V.  85H.  die  AV'orte 
tivdac,  da  vrolov  in  Schutz  nehmen  wollte,  hätte  er  doch 
bedenken  sollen,  dass  ,  wenn  auch  uvÖac  ein  poetisches 
M  ort  ist,  doch  die  ganze  Phrase  prosaisch  klingt  und 
in  dieser  Gestalt  wenigstens  nicht  vom  Sophokles  sein 
kann.  —  Im  Oedipus  V.  181.  will  Hr.  Ebner  die  dori- 
sche Form  9avaracf6ga  mit  Pindars  areuavuifO^U'.v  , 
rechtfertigen.  Aber  Pindars  Dorismus  kann  nicht  zur  \ 
llichtschnur    für   die  Tragiker  dienen.   — 


V.  233-  ti  8'  av  (T/uiiri'acads,  xai  rti;  rj  <piXov 
öeioac,  dTTuitree  zoi'iiog  ij  ■^avcoC  zö8s, 
a  'y.  Tujvdc  ö^äouj,  xaCza  ^qij  yXveiv  e/uov. 
Hier  schreibt  er  von  der  Lesart  CCTIUJOT^:  Conienctivum 
praetuendum  esse  nemo  nnn  videt.  Vielmehr  wird  Jeder- 
mann der  entgegengesetzten  Meinung  sein,  da  nicht  ijVt 
sondern  et  vorhergeht.  Oedipus  enim  ilicit:  si  fjuis  forta 
Sit ,  qui  meum  edictum  neglii^al ,  quod  tarnen  fore  non. 
spero.  Wenn  das  der  Sinn  der  Worte  sein  sollte,  müss« 
len  Optative  stehen.  lam  cum  h.  V.  coniunctivus  reci' 
piatur ,  in  antecedenti  quoque  a/0}Tli^a£o9£  in  (Ttumri- 
aijre  mutandum  erit.  Da  die  Praemissen  nicht  zuge- 
geben werden  können,  kann  es  auch  der  Schhisssatz 
nicht.  —  V.  252. 

i'fAt'v  Sl  ravra  tcuvz'  iziOxiJTiTuj  zekih' 
VTtsp  T  iftauzoi)  zov  dsoü  ze  zrjqSs  ts 
yi]i  lud'  äxcxQnuji  y.ddiujg  ecp^aQ^evr^i^. 
Hier  hat  der  Codex  iric^öe  y£.  Egregia  lectio ,  quam 
miror  ab  Hermanno  non  esse  receptam.  Sensus  hie  est; 
viiiv  —  Tcketv,  vjitQ  z'  EuavTov  zov  dtov  ZE,  meo 
et  dei  iussu  (alius  sensus  in  tijrfp  esse  nequit) ;  verbtt 
T/;^  de  yc  yij^  —  icpdatjutviji  caussnm  iussi  indicant^ 
cum  hnec  terra  tarn  impie  perdita  sit.  Optime  igitur 
parlicula  yt,  quae  non  coniungenda  sunt,  li.  l  seceinit; 
iiam  v-jTlo  cum  ri;,"  dh  yiji  i(ptia.(>itl:Viji  coniungi  nequit. 
Auch  hier  sind  nicht  nur  die  Prämissen  unrichtig,  und 
daher  der  Schluss  falsch,  aondern  durch  das  ys  h  ürde 
auch  der  ganze  Gedanke  schief  werden.  Oedipus  hatte 
soeben  sich  selbst  verwünscht,  wenn  in  seinem  Hanse 
der  Thafcr  oder  ein  Mitwisser  gefunden  würde.  Folglich 
ist  CS  ungegründet,  ilass  v^io  z'  Sfzavzov  Tuu  deoii  Ta 
nur  meo  et  dei  iussu  bedeuten  könne,  sondern  es  mnss 
vielmehr  bedeuten,  um  meiner  und  des  Gottes  willen: 
d.  h.  um  meiner  willen,  damit  ich  selbst  frei  von  Schuld 
erscheine,  und  um  des  Gottes  willen,  damit  dessen  .Aus- 
spruch nicht  unerfüllt  bleibe.  Mithin  fällt  nun  auch  da» 
weg,  dass  Cilio  nicht  mit  Tr,ciiE  yr,i;  verbunden  werden 
könne:  denn  es  heisst  nun,  und  um  des  so  schmählich 
heimgesuchten  Landes  willen  ,  damit  dieses  von  der  Pest 
befreit  werde.  T,:-8e  y£  yi]^  '"'ib'  dv.üü^nti  y.!'.'Jiu>g 
Erfi^agubilji  kann  nicht  geschrieben  werden,  weil,  nena 
das  Unglück  des  Landes  als  Grund  angeführt  werden 
sollte,  ys  wegfallen  müsste,  indem  .dessen  Hinzufügnng 
den  Grund  schwächen  und  als  eine  Aebcusac  he  bezeich- 
nen  würde:  civitate  quidem  sie  afflictu.  —  V.  537.  führt 


1099 


1100 


Hr.  Elmpr,  um  dio  des  Rhy^IiDins  wegen  vornorfene 
Lesart  idair  tiv  £V  Efiot  zu  reclitforiigeii ,  drei  Siclleu 
des  Aris<oj)lianes  und  zwei  des  Eiiiijjides  aus  den  Phoe- 
iiissen  an.  Aileiu  was  in  dem  kölnischen  Trimefcr  und 
iu  dem  <ragisihen  nach  der  89.  Olympiade  erlaubt  ist, 
leidet  keine  .Anwendung  auf  diese  Tragödie  des  Sopliocles. 
—   V.   13U4. 

dk'K'  ovo'  isiSetv 
Sivattai  a,  i^tkwv  ttoIX  ärBoeadai' 
0£  x^t/.ojv.  Hermannus  o  idck'Mv,  ut  anapaestis  cott' 
i'enientius,  praelulit.  (juae  nulla  caussa  est.  Codd. 
lectio  prneferenda  est,  ijuia  pronomen  personale  ad  an- 
iecedentia  pertiuet.  A>  ie  dieses  ein  (jirnnd  sein  kiinne, 
lässt  sirli  nirlit  begreifen,  ^  ielmehr  küniite  man  ja  aus 
diesem  Grunde  die  Elisiun  für  um  so  annelimli(  her  an- 
sehen. Uobrigens  liudot  mau  ja  selbst  das  orthiitunirte 
as   elidirt. 

Dem  ,  was  die  drei  genannten  31ifglieder  des  Seminars 
gegeben  liaben,  sind  hier  und  da  Anmerkungen  von  dem 
Herausgeber  Hrn.  ür,  Kayscr  untergesetzt,  die  von  fleis- 
sigem  Studium  zeigen  und  manilies  Bearlitensuertho  ent- 
Lalfen,  l<ii  berühre  hiervon  bloss  die  zum  Oedipus  V.  (i(i4. 
Torgesriilagene  Veränderung  jeuer  vielbesfrittcneu  Stelle, 
die  Hr.   Kavser  so   lesen   will: 

aü.d  fiot  diKudpiji  yäi  ■jtÖvoq 
TQi'x^i  ipv^äv ,  rdd'  el  y.ay.oJi  y.axd 
rroo^dipfi  TOK  Tiu.kai  tu.  Troui  y£  ocfipv. 
Und  in   der   Antistropha: 

ö^z    ifiuv  yär  CfD.uv  Lv  Ttürou 
uKvovoav  y.UT    üodov  ovo/oai;, 
y.ai  rvv  ö'  eti-xouiTOi;,  ce  öiva,  ylyvov. 
Dieser  Conjectur  aber  stellen  ausser  der    kühnen  Aende- 
rung  yü^  növü.:  statt   yü   (fdiiuiOU,     erstens   die  Spon- 
deeu    entgegen,    mit    denen    in    der  Strophe    d<T  zweite, 
und   in  der   Antistrojihe    der    dritte   l'ers  anfangen  ;    zwei- 
tens  das   ganz   ungew  ühnli«  he   Metrum    des   dritten    Verses, 
zumal   da  ilieser   nach    der    hergebrarhten    Lesart    in    der 
Strophe   das   iMetrui.i    hat,    w  clches  sehr  häufig  als  S<hluss- 
vcrs    der   Strophen     gebrauiiit   wird;     drittens    endlich    das 
dem  Sinne  nac  li   unnofhige,    in  dem  Versmaasse  aber  hiichst 
harte   und    widrige    yr.    Aus   diesen  (jrtindeu  kann  die   vor- 
gesrhlagenc   Veränderung   nicht  angenommen    werden. 
Gottfried    Hermaftn. 


t'ommentationes   de   Iuris   (juibiisdam  veterum  scrlptorum 

aut   dilficilioribus   aut  aliijua  de  rausa  meuiorabilibiis. 

Particiila    prima,     iu    qua    de   Sophoelis   Oedipo   C'o- 

loneo    dispiitarc     instituit    //.     Kunlinrdt ,      phil.    ür. 

srholae   Catharineae   Lubeeensis    Professor    emeritus. 

Lübeck   bei   Asthenfeldt   IS-jS-      XI. \   und   84  S.   S. 

Diese  Schrift   ist  dem   Hrn.   Director  Eggers  und   dem 

gesammten   Lchrercollegio   des  Gymnasiums   zu    Altona   bei 

dem   Jubelfeste   dieser   A^.stalt    gewidmet.      Der   Verfasser, 

der    weniger     wegen     herann  ilienden     Allers,     als     wegen 

Krankheit    und    Abnahme    der   Sehkraft    des   einen   Auges 

freiwillig    sein    Amt    niedergelegt    hat,     hesrhaftigf    sich, 

Mcnn   er  von  .Schmerzen   frei   ist,  mit  seinen  Studien  auch 

fartw.'ihrenil.       Eine    Frucht     davon     Ui     die     vorliegende 

Schrift ,    iu    welcher    Hr.    Prof.    Kunhardt    nicht    sowohl 


seine  Bleinungen,  als  dio  Gründe,  warum  er  diese  oder 
jene  Erklärung  vorziehe,  die  Art  und  Weise,  wie  er  zu 
manchen  Zweifeln  gekommen  sei  ,  zugleich  aber  aucli 
seine  Gedanken  über  Constructionen ,  die  mehrere  Deu- 
tungen zulassen,  sowie  auch  IJemerkungen  .'isthetisrher 
Gattung  darzulegen  beabsichtigte.  Diess  hat  er  mit  gros- 
ser Uescheidenheit  und  in  einem  guten,  lliessendcn  und 
angenehmen  l'orfrage  gethan.  Seine  Schrift  enthält  viele 
schätzbare  IJemerkungen  und  Erläuterungen,  und  auch 
wo  man  Bedenken  tragen  dürfte,  ihm  beizustimmen ,  gibt 
doch  das,  was  er  sagt,  Veranlassung  zu  weiterem  Nach- 
denken und  genauerer  Prüfung.  In  einigen  Stollen  scheint 
Hr.  K.  sich  Schwierigkeiten  selbst  geschalTen  zu  haben, 
wo  entweder  keine  waren,  oder  die  vorhandenen  mit 
leichterer  Hülfe  beseitigt  werden  konnten.  Da  er  vor- 
züglich auf  meine  Ausgabe  Rücksicht  gencmimcn  hat,  will 
ich  ebenfalls  die  Verszalilen  dieser  Ausgabe  angebend  über 
solche  Stellen  einige  Worte  sagen.  V.  74.  kann  nicht, 
wie  Hr.  K.  meint,  ÜQÜjrzci  in  den  Worten  üo'  av  Xi- 
yu)fjiEv ,  nciviy  üoojuca  '/J^o/iEv.^  mit  kii;oi4£v  in  dem 
Sinne  von  ea  cuncta  dicemus  videnti  verbunden  werden, 
da  }.Lyllv  riYO,  nur  bedeuten  kann  de  aliquo  oder  in 
aliquem  dicere.  —  V.  331.  scheinen  Hrn.  K.  sehr  grosse 
Schwierigkeiten  in  folgenden  Worten  zu  liegen:  J'S iW. 
oi  dvqdh}joi  TQOcpat.  Olzi.  );  Tiji;öh  yMfioü ;  lEM. 
diKiwQOV  T  if^iov  TQi'rijg.  Allein  in  der  Frage  des 
Oedipus  ist  nichts  Ungereimtes.  Mit  dem  aj  6i'C'i9)jOl 
TOOCfUi  meint  Ismene,  indem  sie  den  Vater  und  dio 
Schwester  in  ihrem  elenden  kümmerlichen  Zustande  er- 
blickt, nur:  o  ein  elendes  Leben  führende.  Da  nun 
Oedipus  fragt,  ob  sie  ihn  und  die  Antigonc  meine,  in- 
dem er  wohl  ahnet,  dass  sie  auch  wohl  sich  sell>st  mit 
bezeichne  ,  bestätigt  sie  das  und  zählt  sich  auch  mit  dazu. 
—    V.  3  33. 

Ol.  Tty.i'uv,  Ti  d'  ijkdsi; ;  I.  vi),  tiwveq,  TTQOfxijdia. 
Ol.  71  üitoH  -TTudoKJi;  I.  yai  Xuyoiqy,  aürdyyekoc. 
Hier  verniuthet  Hr.  K. ,  Oedipus  wolle  mit  Tlüihjiai  zu- 
gleicli  auf  einen  Wunsch  seiner  Siiline  und  des  Kreon 
hindeuten,  die  sich  nach  seiner  Rückkehr  sehnten.  Allein 
das  müsste  nicht  nur  ausdrücklich  gesagt  sein,  sondern 
CS  ist  auch  di'ui  Zusammenhange  entgegen,  der  hier  nur 
au  die  Sehnsucht  der  Ismene  zu  denken  erlaubt.  — 
V.  817.  kann  allerdings  das  von  mir  aufgenommene  7r(j(>^ 
Si  statt  Tloog  y£  bestritten  werden:  doch  hätte  Hr.  K. 
das  yf  nicht  als  unstatthaft  verwerfen  ,  sondern  vielmehr 
vertheidigcn  und  nicht  die  Vermuthung  aufstellen  sollen: 
[lanTvoonai  roi'sS'  oia  av  noui  rorg  (flKoi'i 
Ol'  diTc.uclfjit  (ji\i(aT''  i-v  o'  eXin  Tcozi, 
da  er  nicht  nur  zweifelte,  das»  oia  so  wiederholt  wer- 
den könne,  sundern  auch  Ol'  nicht  durch  TT (>  lang  werden 
kann.  —  Bei  V.  830.  hat  sich  Hr.  K.  versehen,  indem 
er  meinte  das  v/jii'  dv  tl'l]  TTJvÖE  y.n/oii^  e^uydv  könne 
zu  dem  Chore  gesagt  sein,  was  durch  V.  87'.).  ausser 
Zweifel  gesetzt  werde.  Aber  dort  sagt  Kreon  mit  Recht 
liioü.d-  lim,  da  siMUB  Dienerschaft  abgelrefen  ist.  Dass 
diese  Diener  jetzt  noch  da  sind,  und  zu  ihnen  das  t'lliv 
dv  tili  -y.aifio^  gesagt  werde,  zeigt  die  ganze  Scenc,  und 
ausdrücklich  V.  8Ö1.  Diese  Diener  führen  die  Antigono 
fürt,  und  dann  erst  ist  Rreou  allviu,  —  V.  9b>i' 


1101 


1102 


^aveiv  davuvTiuv  ö'  oiötv  ukyoi  ünrexai. 
Es  kann  iiidif  zii^pgel)pn  »rnlcii,  «lass  dvinic.  liior  animi 
uudaciam  liedoiifo;  auch  iiirlit,  »vas  gesagt  wird:  de  ira- 
cuiidia  eiiim  et  ulciscendi ,  qua  Creon  flap;iabal,  cupidi- 
tate  i/c/ftK'  iiileUigi  iiequit  proptered  fjuod  sine  tn-liculo 
profertur.  Der  Artikel  «tiirdo  auch  vom  Zorne  uiiriclitig 
sein.  Dass  aber  i^Cf^OQ  den  Zorn  bedeute,  zeigen  dio 
folgenden  Worte,  davovivir  i)     oi'öhv  ukyoq  laiTErai. 

—  Ob  wj;  io  den  Worten  V".  1U54.  ojv  y.cu  %(JVoia 
yXi]i,  iTii  "/kiuoaa  ßsßuy.iv  7tQOi;^ö}.ojv  Ei'jiok'znöilv 
auf  nuTVtca  oder  auf  xiXl]  "der  auf  ih'nzoioiv  in  den 
vorliergchcnden  Worten  Ol'  nojvtui  (Tl/iru  TtSljVOVVcal 
riki:  9vaTOiir/v  gelie,  darüber  kann  gestritten  werden.  Hr. 
K.  bezieht  es  auf  TCOTiiai.  Dann  ist  aber  chis  y.(a  doch 
«cnigstens  matt.  Denn  es  lieriorzuheben  ,  «ie  Hr.  K.  zu 
tliun  scheint,  indem  er  sagt:  deiiide  maius  ctiam  (y.ai) 
hcneßcium  praestant  morlalibus,  ipsae  docenles  Eumol- 
pidas  1  dürfte  sich  schwerlich  rechtfertigen  lassen.  — 
lieber  \,  1077.  "ird  Hr.  Iv.  «olil  bei  nochmaliger  Be- 
trachtung sich  überzeugen,  dass  w^  in  {\i^n  AVorfen  w^ 
-TiQUinaTUi  xi  uoi  yiuj/^ta  nirlit  ut ,  sondern  7iiim  be- 
deuten ninss.  —  V.  lOSti.  ist  die  Coiijectur  y.ooiaaoa 
gegen  das  Versmaass.  Dem  Verfasser  war  nicht  bekannt, 
dass  Hr.  Wunder  und  Hr.  AV.  Dindorf  tojoijaaaa  lesen, 
was  Jeder  derselben  als  aus  seiner  Coiijcctnr  von  dem 
Andern  in  den  Text  aufgenommen  angibt.  —  \.  1  108. 
sagt  Hr.  K.  von  den  AVorfen  criv  iroiUii  yu()  y.cu  '/^ä.Qic.: 
mihi  (jiiidem  X'^Q'>  fdiarum  (oiiecliüo,  ut  diciint,  sensu), 
TCÖdoi  aulcm  pntris  esse  videtur,  sive,  ijuod  reclius 
etiam  fortasse  est,  et  -ttoSov  et  "/uotTa,  ad  utrosque 
simul ,  tarn  ad  virgines  quam  ad  patrem  referre  pussu- 
mus ,  ut  universe  dicant:  gratam  sifc  iucundum  esse 
cuique  desidernnli  rem  et  personam  desideiio  expetitam 
propter  id  ipsum,  qiiod  eam  desideraverit,  qnnre'  seiungi 
nnn  posse  nuSov  a  ictoiri.  In  dem  letzfern  Falle  würde 
der  Artikel  wegl. leihen  müssen.  Allein  der  Sinn  kann 
hier  kein  anderer  sein  als:  wir  gewahren  gern,  was  wir 
selbst  wiinschen.  —  A'.  1  l.'i4.  Auch  hier  dürfte  Hr.  Iv. 
sich  wohl  bei  genauerer  Betrachtung  iles  ganzen  A'erhält- 
nisses  sowohl,  als  der  AA'orte  überzeugen,  ilass  TCmq  b\ 
iiichf  richtig  gesagt  sein  würde,  und  m  r/ä  ui'/.  evi  y.liVii 
xaxuiv  i:vvoiy.ug  von  dem  Theseus  nicht  ein  angemes- 
sener Ausdruck  für  xu'Jaoui  ist.  Nicht  aber  kann  ipTlv 
geschrieben   werden,   weil  diese  Elision  nicht  erlaubt  ist. 

—  V.  1189.  kann,  »ie  auch  Hr.  K.  selbst  gefühlt  hat, 
xd  r  OV  y.C'.y.cji;  £i'(}ljllii'  tQya  »vegcn  des  xE  nicht 
geschrieben  werden:  auch  würde  mau  hier  wohl  eher 
|U>'-  als  OV  erwarten.  —  V.  13,Sn.  verthcidigt  Hr.  K. 
scharfsinnig  iiaxif^ia.Clj'cov  als  Gegensatz  von  otßeiv  : 
doch  hatte  er  nicht  ro/or<5'  icfvxov  ,  was  jedenfalls  matt 
ist,  sondern  vielmehr  oi'  TVCfkov  71'aT^og  xotuiö'  e(fli- 
xov  vorschlagen  sollen.  —  Mit  Vergnügen  wird  man 
übrigens  besonders  die  Bemerkungen  lesen,  in  denen  der 
A'oifisser  thrils  auf  die  dichterischen  Sehönheiten  auf- 
merksam macht,  theils  über  das  spricht,  was  nach  mo- 
dernen Ansichten  anlfallend  erscheinen  kann.  Möge 
ihm  Herstellung  seiner  Gesundheit  zn  Theil  werden, 
nnd  er  mit  Heiterkeit  auch  über  Stellen  anderer  Schrift- 


steller, wie  der   Titel   Seiner  Schrift  erwarten  lasst,  seine 
Üenierklingen   mitzulheilen    im   Stande   >eln. 

Gottfried    Hermann- 

Vcnuischle  Aiifsäfzc.    Von  J.  F.  Lindau. 
Homer  IL  /,  5« 

Die  gelehrte  nnd  wohlgeschriebene  Abhandlung  iri 
nnserm  Schulprogramnie  (Ostern  18311)  unsers  durch  seine 
Bearbeitungen  des  Aeschylns,  sowie  durch  seine  gedie- 
gene Schrift,  Einleitung  in  das  Studium  der  griecli. 
Mythologie.  Iterlin  1^26.  und  durch  andere  in  die  Alter- 
thumsnissenschaft  schlagende  Abhandlungen  um  dieselbe 
wohlverdienten  Hrn.  Gj  nin.  -  Dircctors  Prof.  Dr.  Lange, 
worin  als  Probe  einer  verheissencn  neuen  Ausgabe  der 
Iliade  eine  Kritik  des  Textes  des  ersten  Gesatiges  ge- 
boten wiril,  beginnt  mit  Besprechnng  der  oben  bezeich- 
neten Stelle,  oiiDVoiai  XE  Ttüat.  Es  wird  ilarin  die 
Zenodotische  A'ariante  Sana  anstatt  rräoe  S'^n''"  unbe- 
gründete oder  schlecht  begründete  Angriile  alterlhümlicher 
wie  neuerer  Kritiker  siegreich  in  Schutz  genommen,  unil 
als  wohl  allein  richtig  gegen  ilas  allerdings,  wenn  zu 
O/diVOiai  bezogen  ,  unstatthafte  Ttuoi  hervorgeiioben. 
Denn  wenn  die  Anhanger  des  Aristarch  als  Gegner  des 
Zenodot  weiter  keine  Gründe,  als  die  im  Programme  aus 
Alhenaeus  I,  21.  und  Eustalhius  I,  p.  1<).  angeführten 
zur  A'criverfnng  von  öo.iTa,  als  dass  es  nur  vom  Mahle  der 
Menschen  in  Homer  gebraucht  werde ,  vorbringen,  so  sind 
sie  im  Prograninic  hinreichend  widerlegt,  sowie  auf  der  an- 
dern Seite  dort  genügenil  nachgewiesen  ist,  dass  nirgend 
weiter  bei  Homer  sich  zu  olvjvoiai  ein  so  massiger  Zu- 
satz, wie  Tzocri,  vorfindet. 

Allein  mit  diesem,  wie  man  einräumen  tnuss,  relati- 
ven Siege  scheint  uns  doch  die  Sache  nicht  abgemacht 
zu  sein.  Denn  wenn  auch  obiges  Ergebniss  der  negativen 
Blethode  der  Aristarchianer  zur  Rechtfertigung  von  lidoi 
als  misslungen  zu  betrachten  ist,  so  scheint  iloch  so  viel 
daraus  hervorzugehen,  dass  öaixa  nicht  altere  Lesart 
als  rraai  war,  weil  man  doch  vernünftigerweise  nicht 
begreifen  kann ,  warnm  dem  sonst  so  ansprechenden , 
wenn  gleich  nicht  nothwendig  nOthigen  dutxa  das  unpas- 
send scheinende  -rrdai  substituirf  sein  sollte.  Sind  uns 
nun  keine  positive  Gründe  zur  Rechtfertigung  von  andere 
ans  der  Aristarchlschcn  Schule  überliefert  worden,  so 
scheint  es  fast  au.-gemacht,  dass  Aristarch  die  Lesart 
Tldai  nach  rein  diplomatisch  -  historisi  hem  Principe  ia 
Schutz  genommen,  vielleicht  mit  A'orbehalt,  in  Handschr. 
einmal  noch  etivas  Besseres  oder  für  diess  rraae  eine 
angemessene  Erklärung  zu  finden.  Keins  von  beiden  scheint 
erfolgt,  nnd  daher  spater  jener,  wie  oben  gezeigt  ist, 
inisslungene  A'^ersucli  eines  indirertcn  Beweises  für  die 
Echtheit  des  Tluae  entstanden  zu  sein,  wobei  es  auch 
Fr.  A.  Wolf,  dessen  A%>rlesungen  über  die  Ilias  wir  lei- 
der nicht  gehört,  weil  er  zn  unserer  Zeit  nur  über  die 
Odjssee   gelesen,   wie   es  scheint,   hat   Iiciveuden   lassen. 

Hatten  wir  in  heiterer  Gesellschaft  diese  Streitfrage, 
wie  es  scheint,  mit  Recht  auf  diesen  Punkt  gestellt,  so 
kamen  wir  bei  spaterer  Betrachtung,   veranlasst  durch  die 


1103 


1104 


in  Homer  schon  ainffsprocliene  Ansicht  des  AUerthums, 
welche  sich  in  tlrn,  yoivoi  tu  yijoac ,  yoircj;  oder 
ouoiui  6  Tlükluo^  off(Mil>art,  auf  den  Einfall,  mit  auf- 
fallend leichter  Aeiidcriingjlicss  uiu)votoi  TS  nuat  ent- 
weder in  oii:)'(u';  T  i  li  ioa  oder  in  oiioroioi  t  STV' 
iaci  umzuschreiben,  Anfangs  mit  dem  beschränkteren  Sinne, 
<lass  Helden  und  Gemeine  der  Grierhon  ohne  Unterschied 
die  ()|)fpr  d.cses  durch  die  llnlliätijfkeit  des  Achilles  so 
gof^lirliih  jjoHordeneu  Kampfes  geworden.  Indem  wir 
aber  die  Stelle,  so  gefasst,  nachher  mit  II.  k,  3JH.  nnd 
u,  4j().  verglichen,  erweiterte  sieh  unsere  Ansicht  der- 
selben ,  und  «vir  bezogen  nun  das  vorgeschlagene  £.tI  loa. 
auf  die  gleidien  Vcrlusfe  beider  kämpfenden  Parteien. 
Kä  stellt  Hdlil  nicht  zu  Irtiigiicn  ,  dass  das  Verderbliche 
von  Achilles  leideiisrliaflliclier  Nichttheilnahme  am  kämpfe, 
die  den  Achaiern  gleiche  V'erluste  mit  den  Troern  zuzog, 
was  im  nnigekelirten  Falle  weniger  zu  fürchten  stand, 
auf  sidrlie  Weise  mehr  hervorgehoben  und  der  Held  des 
Gedichtes,  wenn  gleicii  negativ,  mehr  verherrlicht  wird, 
nicht  zu  gedenken,  dass  unsere  ganze  Stelle  hier  als 
Resume  obiger  späterer  Stellen  der  lliade,  insofern  diess 
beiderseitige  Bliilvergiessen  als  durch  göttlichen  Ratli- 
.-rhluss  bewirkt  erscheint,  nnd  als  kiirzgefasster  Haupt- 
inhalt dieses  Dicliterweikes  zu  befrailiien  ist,  was  denn 
keinen  Ziicifel  an  der  Ei  litheit  des  Eiiigansjes  der  Ilias, 
wie  man  sowohl  hierüber,  als  über  den  Eingang  der 
Odvssee   geäussert    bat,   ziilasst. 

Räumt  man  nun  aber  die  Richtigkeit  dieser  unserer 
Ansiciit  der  Stelle  ein,  so  ist  damit  auf  einem  von  uns 
tielbst  nicht  gcahneten  Umwege  die  freilich,  wie  bis 
jetzt  interpuiigirt  wird,  seltsam  gestellte  Lesart  llani^ 
in  welcher  L:ii  loa  in  der  zweiten  von  uns  gegebenen 
Bedeutung  steckt,  gerettet  —  ein  für  uns  ausser  andern 
Gründen  auch  darum  erfreuliches  Ergebiiiss,  als,  was 
in  Aristarchs  wii-  Wulfs  Seele  dunkel  vorlag,  auf  solche 
Weise  entwickelt ,  ihren  kritischen  Takt  rechtfertigt,  uel- 
<'heni  Ergebnisse  man  durch  ein  Komma  oder  Kolun  nach 
et,  ohne  dass  der  gefundene  Sinn  von  nraoi  dadurch 
leide,  zu  Hülfe  kumnieii  darf,  um  so  eher,  als  laut  ilem 
Programme  diess  von  griechischen  Kritikern  schon  vorgo- 
Kchlagfii  ist,  ohne  3Icldung  jedoch ,  wie  es  scheint,  in 
»velclicMn  Sinne  sie  dann  dies»  udal  genommen  wissen 
wollten  in  iiuOL  ziiui  d'  ecü.eÜTo  ßovh:. 

Zur  griechischen  Musik. 
In  unserem  Aufsätze  zu  PI.  Timaeiis  in  diesen  BI. 
>r.  4').  April  l.SJ'),  hatten  wir,  «eiiii  gleich  nicht  ganz 
deutlith,  gezei(.'t,  dass  in  den:  Ausdrucke  l)!".  :i  in  l:  der 
Beweis  für  die  Kenntniss  der  (iriccheii  lon  der  llurmonie 
liege,  insofern  ja  Harmonie  Gleichzeitigkeit  sich  ent- 
sprechender Tiine  verschiedener  Stimmbereiche  bezeich- 
net: daher  denn  im  ölU  ■JTkvri:,  wie  es  am  ani,'efri!irfen 
Orte  angegeben  ist,  eigentlich  schon  drei  verschiedene 
Stiinmberei»  ho  geliiirt  werden,  sowie  in  der  Angabe  der 
Tonart  einer  !\Ielodie  ileren  zwei,  wiewohl  diess  nicht 
niithitendig  ist,  aber  auch  Gleiclizeitigkeit  mehrerer  Töne, 
Ȋhreiid  sonst  in  der  .Melodie  nur  Folge  vun  Tiiiien  vcr- 
■lomuieu   wird.     .41so    nur    für    den  Fall    der  Angabc  der 


Tonart  einer  Hlelodio  ist  man  berechtigt,  sich  des  Aus- 
druckes, meloilischer  Accord  zu  bedienen,  da  sonst  der 
Ausdruck  Accord  immer  schon  den  Begrifif  von  Harmonie 
in  sich  enthält.  Hatten  « ir  ferner  gesagt ,  dass  8lu 
iraouiv  «las  Solfeggio  und  Öii  öla  irarrmv  Aichts  weiter 
als  ilas  Solfeggio  hinauf  und  zurück  bezeichneten,  so 
müssen  wir  jetzo  Letzteres  ilahin  berichtigen,  dass  St^ 
Sia  naOOiV  zwei  aufeinander  folgende  Octaven  bedeuten 
und  den  Umfang  der  menschlichen  Stimme  absolut  be- 
zeichnen sollte.  So  genommen,  entspricht  theils  dieser 
Ausitruck ,  diatonische  Tonarten  genommen,  vollkommen 
jenen  zwei  und  dreissig  Zeiten  oder  kurzen  Sjiben  als 
Maximum  iler  Verslänge  bei  llephaesfion ,  worüber  wir 
in  unserer  Abhaiiilliing  über  Aeschvlus  in  diesen  Bl.  ge- 
handelt haben,  indem  diese  zwei  und  dreissig  Kürzen 
durch  zwei  dividirt  sechzehn  Längen  oder  ganze  Töne, 
also  zwei  übervolle  Octaven  geben:  thcils  liegt  für  die- 
sen Sinn  obigen  Ausdruckes  ein  zwar  indirecter,  aber 
doch  immer  historischer  Beweis  in  dem  Umstände,  dass 
die  Franzosen  den  Umfang  iler  m.  Stimmen  mit  ihrem, 
wer  weiss  wann,  aber  h  ie  es  scheint,  iliirch  Ueberliefe- 
rimg  in  ihre  Sprache  aiifgenominenen  Diupanon  bezeich- 
nen, das  freilich  nicht  so  absolut,  wie  dli  diu  7raoi-JV, 
sondern  nur  relativ  jedes  Einzelnen  wirklichen  Stimm- 
umfang ausdrückt. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Altena.  Am  1.  und  2.  Oct.  ist  hier  die  sechste  Versamm- 
lung noidilcutscber  Scliiilrnanncr  in  dem  grösseren  Hörsaale  des 
It.  Chrisliui  Olims  gehalten  worden,  wozu  sich  von  den  Lchran- 
st.iUcn  zu  ARona,  Hamburg,  Lübeck^  Kiel,  Emden,  Eulin,  Glück- 
stadt, Harburg,  Meldorf,  Katzeburg,  Sclileswig,  Stade,  Wismar, 
und  ausserdem  aus  einigen  Gcgemlen  Holsteins,  im  Ganzen  gegen 
80  ordcntl.  und  ausscrordenll.  Mitglieder  eingefunden  hatten. 
Hr.  Director  Dr.  Eggcrs,  R.  v.  D.,  eröffnete  die  Sitzungen' des 
Vereins,  n.iclulcm  aru  vurlicrgehenden  Naclimillage  die  erste 
freunilliclic  liegri'issung  der  Mitglieder  im  Rainvillc'scben  Garten 
stattgefunden  halte,  mit  einer  Einiciluiigsrede ,  worin  er  seine 
innigen  WiinscUc  fiir  d,i  i  l'erncrc  Bestehen  <les  von  den  schönsten 
Zwccl\Cn  geleiteten  Vereins  aiisspiacli.  Demnächst  wurden  von 
den  anwesenden  Scluilnunncrn ,  Prof  Dr.  Claasseu  von  Lii- 
bcck ,  Director  Dr.  Eggers  von  Allona,  Director  Dr.  Kraft 
von  H.iiiiluiru,  Conrcctor  Dr.  Liibkcr  von  Schleswig,  Professor 
und  Piüctor  Dr.  McycT  von  Eutin,  Gjmnasiallclirer  Dr.  IVöl- 
ting  von  Wismar  und  Prof.  Dr.  Petersen  von  Hainbiirg  Vor- 
trage gehalten,  deren  dem  Leben  nnd  Wirken  iIcs  Scliiilmannes 
nahe  liegender,  wiclitigci'  Inhalt  zu  maniiiclilalligcn  Verli.md- 
luiigcn  und  lebhaften  Erörterungen  Anlass  gab;  auch  wiinlen 
aus  eingesandten  Abli.mdlungeii  der  llerien  Prof.  Dr.  Kunbardt 
in  Lübeck  nnd  Diicclor  Dr.  Krüger  in  nraunscliweig  Miltbci- 
liingcn  in  der  Versanimlung  gemacht.  Grosse  licfricdignng  ge- 
wahrte auch  den  Theibiehmern  der  ihnen  durch  die  Gewogen- 
heit der  Besitzer  zugestandene  Zutritt  zu  ilen  Meisterwerken 
Tliorwablsens,  die  in  dein  Garten  des  Um  Elalsralhs  Donner, 
li  V.  D. ,  aulgcslelll  sind,  und  zu  der  Insectensanindung  des 
Hrn.  Sniiinler.  Am  Millage  des  ersten  und  Abend  des  zweiten 
Tages  vereinte  die  Gesellschaft  sich  zu  einem  frohen  gemcin- 
schaltlichen  Mahle  in  der  Tonhalle.  In  der  Scblusssitzung  des 
zweiten  Tajcs  ist  zum  üilc  der  nächsten  VersanmiUing  Lübeck 
und  Hr.  Director  Jacob  dis.lbsl  zum  nächstjährigen  Vor- 
st.indc  gewiihlt. 


Zeitschrift 


für    die 


tertii  ums  Wisse  oscJiatt. 


Sojintagj    17-  Novemher 


183  9. 


Nr.  138, 


Vermischte  Aufsalze.    Von  A.  F.  Lindau. 

(B  e  s  c  h  1 11  s  s.) 

Bei  dieser  Gelescnheif  müssen  ivir  auf  den  Artikel 
i7t£otjo\aToL  in  Pusaow's  griccli.  Wörterbuche  (Aiisg-. 
1826)  aiifnicrksam  machen,  der,  «enn  er  etwa  siiäter 
rieht  anders  abgefasst  ist,  dnrtli  seine  Dunkelheit  falsche 
Vorstellung  erregen  niuss.  Jedes  Tetrachord  nämlich  ist 
eine  rafliiiirte,  also  später  erfundene  Ileducfion  des  gleich- 
artigen Polvcliords.  Blithin  niussten  die  Töne  der  höheren 
Octaven  gegrilTen,  <lnrch  resp.  \^erkiirznng  der  gegebenen 
Saiten,  «eiche  Verkürzungen,  wie  heute,  in  ihren  Di- 
stanzen am  Griilbrete  angegeben  waren,  ausgedrückt  wer- 
den. Diese  Töne  nun  hiessen  V7iEoßo}.aioi ,  ohne  wel- 
clie  das  Tetrachord  schon  zur  Angabe  der  ersten  Octave 
nicht  fertig  werden  konnte.  Es  war  also  in  Cdur,  wenn 
C  der  Tjooc'kunßo.vüiicroc,  oder  Generalbass  war,  C" 
schon  ein  v^cOtjoLaln^  auf  einem  Polvchord,  wie  unser 
Flügel  heissen  darf:  -nie  viel  eher  also  früher  liegende 
Töne  auf  dem   Tctracliorde. 

Steht  nun,  nm  zum  Früheren  zurückzukehren,  die 
Bedeutung  der  vier  Ausdrücke,  8ia  Tl:<T(Sdov}i' ,  Sia 
navT£,  ölu  Ttaoojv  und  6ti  öia  iraaojv,  wie  es  doch 
scheint,  fest,  nnd  zwar  hindeutend  auf  Analogie  der 
griech.  3!usik  mit  der  neueren,  so  stünde  noch,  was 
freilicJi  das  Schwierigste  ist,  die  Kenutniss  ilirer  Infer- 
vallenlchre  im  Einzelnen  und  ihrer  Tonarten  zu  ermit- 
teln. Dass  aber  anrli  diese  l'artieen  mit  der  neue- 
ren Musik  zusan)meiifie!en ,  L'isst  sich  sclion  daraus  ab- 
nehmen, dass  sich  jenes  musikalische  Fragment  zu  Piii- 
dars  erster  Pjth.  Siegeshymne  als  31clodie  ohne  Austoss 
singen  lässt ,  wahrend  man  es  auf  der  anilern  Seite  nicht 
als  neueres  3Iachwcrk  betrachten  darf,  da  neuere  fllu- 
siknr,  z.  15.  der  seel.  Zeller,  denen  wir  es  zu  einem 
gewissen  Behufe  mitgetheilt,  es  fremdartig  fanden  und 
nicht  wussten,  welcher  neueren  Tonkunst  sie  es  unter- 
Merfen  sollten.  Indem  wir  nun  liier  zum  letztenmal  an 
vorurtheilsfreie  neuere  IMusiker  und  Coinpositeurs  unsere 
frühere  Aufgabe  wiederliolen ,  mit  Beibehaltung  des  ans 
dem  Alterthunie  überlieferten  Metrums  jenes  Pindarischen 
Stückes,  in  vveldies  IMefrum  die  sonst  gute  dentsche 
tJebersetzung  von  Fr.  T/iiei  seh  ohne  bedeutende  Schwie- 
rigkeit aufgelöst  w  erden  kann  ,  jenen  ninsikalischen  Rest, 
welcher  hinter  der  grossen  Ausg.  des  Pindar  von  üuechh 
abgedruckt    ist,    nicht    als  Fragment,    sondern    als    voll- 


ständige Blelodie  der  nnisonen  Strophen  und  Aniistroplien 
des  Chors,  indem  die  den  gleichen  wiederkehrenden 
A'erscn  der  Sirophe  entsprechenden  Tonreihen  der  ge- 
gebenen Melodie  wiederholt  werden,  und  als  Thema  zu 
Aariationen,  welche  der  Dichter,  der  ohne  Zweifel  dio 
Melodie  selbst  abgefasst  hat,  dem  Gesangmeisfer  des 
Königs  Hieron  zu  erfinden  überliess,  zu  betrachten,  lind 
ziiar,  die  Melodie  oder  das  Thema  in  zunächst  liegen- 
der neuerer  Tonart  genommen,  die  Variationen  darauf 
so  auszuführen,  dass  die  vier  ersten  Epoden,  deren 
ahnliche  metrische  Anklänge  mit  der  Strophe  uns  eben 
auf  die  Idee  von  musikalischer  Variation  brailTten,  von 
vier  verschiedenen  Solostimmen,  die  fünfte  ihnen  gleich- 
metrische  Epode  dagegen  vierstimmig  vorgetragen  werde, 
so  dass  die  ganze  Composifion  sich  unserer  Contafe  nähere, 
die  sich  davon  nur  durch  ihre  Recitative  unterschiede  — 
indem  wir  also  diese  unsere  Aufgabe  bescheidcnst  wieder- 
liolen,  erlauben  wir  uns  auf  der  andern  Seite,  es  für 
eine  der  Akademie  der  Künste  würdige  Aufgabe  zu  er- 
klären, einen  in  jeder  llinsiclit  dazu  befähigten  Ton- 
künstler eigens  in  der  Absicht  nach  Griechenland  zu 
senden,  um  an  Ort  und  Stelle  mit  eigner  lebendiger  An- 
schauung die  dortigen  Volksgesänge,  die  nach  dem  Zeug- 
nisse gültiger  Reisebeschreiber,  z.  ß.  ScIiüiiiVulders,  nocli 
das  Gepräge  alterlliümlicher  Theorie  an  sich  tragen  sol- 
len, wofern  nicht  etwa  der  Umstand  getäuscht  hat,  ilass 
den  Neuhelleneii ,  besonders  des  Festlandes,  dio  Moll- 
tonarten eigen  sind  ,  was  ihnen  aus  der  V^ermischung 
mit  den  Slnven  geblieben  ist,  aufzulassen,  um  daraus 
dio  praktische  Ausfüliriing  jener  Theorie  zur  Erklärung 
und  zum  Verständniss  der  .Schriftsteller  über  griechische 
3]nsik,  was  die  sonst  gehaltreichen  historischen  Werke 
von  Kiereirelfer ,  v.  If'tnierfeld,  Hand,  geschweige  For- 
kel,  iiodi  nicht  leisten,  zu  entnehmen.  Dass  aber  selbst 
dann  bei  der  einmaligen  Gewöhnung  unseres  Ohrs; 
an  neuere  Musik  noch  lAlanches,  wenn  nicht  dunkel  und 
zweifelhaft,  aber  verständig  ungereimt  erscheinen  wird, 
lässt  sich  denken,  um  so  mehr,  da  ja  der  zart  empün- 
dende  Piaton  so  wenig  von  Gewohnheit  bestochen  war, 
dass  er  im  Gesjiräche  Philebus  (S.  56.  07.  von  den  Worten 
ovY.ovv  [lenTK  fiii'  ■:tov  /^ovmy.ij  rroojTOv  a.  a.  w.) 
sich  über  die  Sicherheit  der  Tonkunst  seiner  Zeit  zwei- 
deutig auslässt,  wohl  schon  ahnend,  dass  Raum  und  Zeit 
nicht  in  jeder  Hinsicht  commensurabel  smd,  wie  die  mehr 
berechnende,  als  empfindende  Tonkunst  der  Gricchsu  ver- 
meinte. 


1107 


II08 


Zu  einigen  Stellen  des  Plularch    und  Diudor. 

Auf  ^'oraiilassuiig  von  des  Hrn.  Sin/enis  Bciirdicilunj 
einer  kritisclieii  Abhaiidliiiij;  seines  gelelirten  Freundes 
Hrn.  Kranei's  in  >r.  14.  ilieser  ßl.  IS 5'-  crlanl)eii  «ir 
nns  zu  einigen  dort  liesprixhenen  .Stellen  obengenannter 
Schriftsfeller   folgende    ^larIlllenle^!iUllj;■en. 

P/iocion's  Lei.  c.  2.  y.uiroi  dov.uiaiv  oi  öijfioi  f^dX- 
^ov  iii  TO«'^  üyaDoi'i;  ii;i<ßoiCcti' ,  ucav  doxoiaiv  sv- 
Tv^i'^'-,  i^u  rjoayftdtvyv  ftsyakvjv  xal  ^rva/jecu? 
inaipouivor  oviifiaivst  fii:  toinavzlur.  S»  Stephimus 
mit  der  Aldina,  nährend  die  Juntinfi  mit  \Ve^las.snng 
von  Öoy.i'lofv  g'ar  ivTC/oiotv  liefert,  «orans,  was  in  den 
jetzigen  Tcxleu  stellt,  ebenfalls  mit  Weglassnn;;-  icin  Öo- 
xvjoii  ,  lieihke  erst  hinein^ebraclit  bat.  Was  I!r.  Kianer 
hicrg-epeii  vorfjesehlagen  und  «ofiir  Ilr.  Sinlenis  sieb  er- 
klärt bat,  sebc  uiau  a.  a.  O.  Irren  uir  uns  aber  niebt, 
so  «ollte  PIntareli  safjen :  Deuidk raten  pllegcn,  wann  sie 
allein  durch  sich  (»ieHohl  sie  doch  nur  als  fjeteilete 
Organe  tb.'itig  ivaien)  gii'irklich  zu  sein  s^laiiben,  neilsie 
sich  von  grossem  Erfolge  zu  llciibniulb  rerleifen  lassen, 
alsdauu  sich  gegen  verdienstvolle  .^länner  ans  Eifersucht 
tibemiüthig  und  undankbar  zu  benehmen.  Dem  gemäss 
scheint  uns  nur  ztiiscben  öo'/.uioiv  und  si'VVj[£Tv ,  «as 
■negcu  iler  Aebniichkeit  von  e  v  t  v  inüglich  «äre,  ein 
ClVTol  ausgefallen  zu  sein,  was  «ohl  nicht  geschehen 
wäre,  «cnn  das  nicht  unbedingt  nötbige  ec'Uruii  dabei 
gestanden  hatte. 

C.  .").  Indem  «ir  der  beiden  Gelehrten  Erklärung  von 
SVTV/jUtuOi  in  den  Worten  iTil  '/ororoli  li' cfXijiincn 
unbedingt  billigen,  olme  dass  uns  das  von  Hrn.  Sinlenis 
vorgeschlagene  iü^vooilu".!!  sonst  missliele,  »erfen  ivir 
die  Frage  auf,  ob  in  dem  uflenbar  pleonastisrhen  ypi]- 
Otocc  ,  souie  in  dem,  «enu  auch  jenes  nicbl  der  l''all 
wäre,  nicht  weniger  unschicklichen  i-rri  nicht  i'tivas  An- 
deres hierher  passendes,  nenn  auch  nicht  ebenso  niilhi- 
ges  Bpitbet  zu  l.uyiK  stecke?  AVie,  wenn  wegen  des 
auf  \  nrhergehcndes  bezüglichen  öinO'Oi  der  Schriftsteller 
yui  ej  i.uyui  i;j/  iiii'/tipii  ruig  ei  ii>-j(ijiitior  u.  s.  iv. 
geschrieben    ba(te,    so    dass    mau     das   folgende    t'/U)V   mit 

einem  wiewahl  auflösen   mi'isstc  1     Di man    sieht    nicht 

ein,  «arnrn  die  selbst  guten  llejdiken  gerade  heilsam 
«ein  sollten,  unil  wenn  man  sagen  wollte,  dass  yorozuic, 
mehr  zu  d/ciioljiic.ir/  gebore  ,  so  sieht  man  wiederum 
nicht  ein,  warum  l'l.  nicht  bei.le  Würter  neben  einander 
gestellt  haben  sollte,  nicht  zu  gedenken,  <lass  öiavaij- 
fiura,  «enn  sie  lieilsam  waren,  jenes  Zusatzes  von  ^onavu 
nicht    bedurften. 

C.  'J.  AVenu  wir  gleich  bei  ÜTloy.pVilTÜiievov ,  wofiir 
man  aber  Uli uy.QlVüllEVOV  erwarten  sollte,  das,  in  ein- 
seitiger Uedcutung  genommen,  vielleicht  den  ersten  .Ab- 
schreiber zu  uillkiirli«  her  Aenderung  in  uTXß/.urrrc,  die 
doch  eine  uirenbare  und  fiir  l'bukiun  weniger  ehrenvolle 
Ucbcrtreibiing  enthält,  verleitete,  ebenso,  wie  Andere, 
Anstoss  nehmen,  so  kiinnen  iiir  doch  die  gethanen  \'i  r- 
fichlage  nicht  billigen,  ebenso  wenig  wie  den  Umstand, 
dass  man  ilas  Gl'V«X(>'/rf<,  welches  einestheils  <lieser  .Stelle 
mllein  sein  wegen  der  bekannten  Construction  des  simplex 
v.QUTtiv,  die  höchstens  ein  durchgängig  personelles  Passiv 
aulasst,  unrichtig  gebildetes  Dasein  in  den  WürterbücLcru 


verdankt,  unangefochten  liess,  da  doch  das  so  nahe  lie- 
gende oi'VCy.Quiti  hier  recht  an  seiner  Stelle  wäre,  um 
so  eher,  als  in  dem  Laufenlassen  der  Schwatzer  und 
Unnützen    kein   Gewaltgebraurben   sichtbar   ist. 

Nikias  Leb.  c.  18.  Was  über  die  >Vorte  an  dieser 
Stelle,  ut'de  CfvKay.ljv  ilion;ßa.io  y-dHaoäv  von  Frem- 
den ,  wie  von  unsern  Geleh.'teu ,  gesagt  und  für  das  hier 
sinnlose  it(ti>ap(ii'  vorgeschlagen  ist,  sehe  man  a.  a.  O. 
AVir  dagegen  meinen,  Plntarch  habe  sagen  wollen,  das» 
Kikias  in  der  Zuversiebt,  dass  Syrakus  sich  binnen  eini- 
gen Tagen  aus  iNotb  ergeben  müsse,  nicht  nur  von  der 
gemeldeten  Annäherung  des  Gylippos  keine  Notiz,  son- 
dern auch  üier/i/iiipt ,  d.  h.  .TUch  für  andere  Fälle,  keine 
Sicherbeitsniaassregcln  genommen  hatte,  und  so  licsse 
sich  d.is  anstössige  y.udi'.pui'  leicht  und  mit  hohem  Grade 
von   Sicherheit  in   y.ii.ih'.7iav  verbessern. 

^Vas  endlich  die  dort  besprochene  .Stelle  des  Diodor 
XF,  Hl',  betrifft,  so  lautete  sie  vor  Wesseling  und  seinem 
Nachfolger  Eichslüdl,  welche  bloss  üacu  d'  VTl'ljpyov 
diy/.iJJTTOl  geliefert,  mit  fllehrercn  so:  üoai  d' l'-jvrpyov 
iyyojpivc  y.ai  dinXvycai  (al.  Siitl-onzoi ,  öug^f^cuvoi) 
xai  cfpovpa^  iyuvaui  nspaixäs,  ßin  npuidyujv  tnu- 
Xlöpy.tl.  Vergleicht  man  nun  diese  Worte  mit  den  nächst 
vorhergehenden  ,  so  sieht  mau  doch  ohne  grosse  Schwie- 
rigkeit, ilass  die  eyyuioiut ,  d.  h.  die  Städte  der  L.indcs- 
ingeboreneu  ,  den  griech.  Ivolonialstädtcn  an  der  ivüste 
entgegenstehen,  also  eine  Bezeichnung,  wie  diyLvrxTULy 
die  noch  dazu  die  Renutuiss  der  griech.  Sprache  nicht 
ausschliesst ,  wenn  man  das  Wort  nicht  in  ligürlichem 
Sinne  nimmt,  unnotbig  ist,  während  der  Zusatz,  dass  es, 
wie  jene  griechischen  Koloniecn,  auch  Secstäilte  waren, 
unerlässlich  scheint,  da  ja  dem  Kimon  mit  seiner  blossen 
Seemacht  und  in  Ermangelung  zu  grosseren  Unterneh- 
mungen landeinwärts  nüthiger  zahlreicherer  Landungs- 
truppen, als  er  mit  sich  führte,  nur  mögli(-h  itar  und 
daran  gelegen  sein  konnte,  die  Perser  ganz  von  jenen 
Küsten  zn  vertreiben.  Denn  iler  Handstreich,  von  wel- 
chem im  folgenden  Capitel  die  Rede  ist,  konnte  nur  durch 
List  UEid  unter  begüiistigung  von  Nacht  unil  ISebel  ge- 
lingen, und  war  es  dabei  mehr  auf  Beute  und  .Schrecken, 
als  auf  Eroberung  von  Terrain  ,  das  er  ja  auf  die  Lange 
aus  obigen  Gründen  doch  nicht  hätte  behaupten  können, 
abgesehen.  Hat  nun  der  .Schriftsteller  kurz  vorher  die 
Seestädte  mit  dem  gewöhnlichen  71  ((^>a'JaK('.iTivjr  be- 
zeichnet, warum  sollte  er  hier  nicht  zur  Abwechselung 
des  Ausdrucks,  x«l  ör,  Tlkujtni,  und  versteht  sich  See- 
städte (oiler  Seefahrer)  gesagt  haben?  Diess  ör,,  das  ja 
nicht  immer  ironisch  ist,  zugesetzt,  um,  wie  wir  vorher 
andenleteu,  die  .Absichten  des  Kimon  als  aus  wohlbe- 
kanntem   Grunde    beschränkt   darzustellen. 


Zur  Literat iir  des  Cornelius  Nepos. 

1)  De  C.  Nepote.  Disserlatio  inauguralis,  quam  in 
Caesarea  litterarum  uniiersitate  Dorpatensi  ad  gra- 
duni  Doct.  Phil,  rite  obtinendum  conscri,-/sit  Alphon- 
sus  //'«/i'cAj  ,  Lithuaiius.  Dorpati  Liionornm.  Tvpis 
J.  C.  Schüumanni  ,  t^pographi  acad.  löj^-  ^'HI 
und  55  S.  8. 


1109 


2)  De  aucinre  vitarum  ,  quae  siib  iioniinc  Cornelii 
Nepoti.s  foniiittir  ,  Qiiaostiniics  critiiai,'.  Srripsit 
6'.  E.  F.  Liebeikuehnius  -  l'uhlmannittnus ,  pliil.  Dr. 
Ci)iiiiiiPii(a(io  iiidicio  (ird.  Phil.  Joiiciis.  priiiiario 
pracmio  oriiafa.  Proiliit  Lijisiac  in  libraria  Wiif(i- 
giaiia.     1837.    X  und   tö'J  S.   S. 

3)  De  Com.  Nepolis  vifn  et  scriptis  roinnienfa<lo. 
Srripsif  J.  Theodurus  Liilkenhus ,  pli.  Ur.  IMona- 
storil   apiul  Fridericum   llrgciislicrg.    1838.     IV  und 

10+  s.  s. 

'^Vl)!ll  liier  keine  Srlirift  des  rlassisdien  Alforfhiims 
sind  dio  Ansirlifni  <!rr  Gelelirten  sjelliiiUcr  «jeivesen, 
;ils  über  die  Jö  Bii)f;ra|ilii<en ,  uelilie  <je\ii)lii)!irli  unter 
dem  Tifel :  Cornelii  Kepofis  vitae  exrellentiuni  inipera- 
toriini  lierai;s;;eg;el)cn  «erden.  In  der  ersfen  Zeit  der 
AViederanf»  eckiin^  der  AVissrnsiliaften  hielt  man  in  L'i'her- 
einstiniinnnn'  mit  den  Ilandsrhiiften  den  Aemilins  Pruhtis 
fiir  den  Verfasser  nnd  sah  diesen  geni.'iss  dem  Anfange 
der  Praefatii)  als  einen  Zeitgenossen  des  Aitiens  an,  liis 
llieronymus  Magills  in  einem  Codex  hinter  der  vila  Han- 
iiihalis  das  berürhtigfo  Epigramm;  A'ade  über,  nosiri 
fato  mcliore  niemento  etc.  entdeckte  und  sieli  veranlasst 
fand,  den  Probiis  in  das  Zeitalter  des  in  jenen  A'crsen 
eriirthnten  Kaisers  Theodosins  hinabziiriicken.  Das  Un- 
Jiallbare  dieser  Annahme,  Melches  schon  Oherlim  Gifa- 
ilius  angedeutet,  zeigte  bald  darauf  der  grosse  Z>/o«^s!ms 
Laiiibinus  in  der  trefllic^lien  A'^orrede  zu  seiner  Ausgabe 
des  Kuclips  von  15(i9,  und  nannte  zuerst  den  Cornelius 
!Nepos  als  den  Verfasser  der  vitae.  Seine  {iriinde,  «el- 
rlie  meistens  aus  der  Sprache  und  den  im  IJuclie  selbst 
vorkommenden  Winken  und  Seitenblicken  auf  ilic  Zeit 
iler  Ablassung  hergenommen  sind,  Haren  so  überzeugend, 
dass  die  nieisten  späteren  Herausgeber  ihm  beitraten  und 
seit  dem  Anfange  des  1  7.  Jahrhunderts  sogar  <ler  !Nauie 
<ies  Probiis  ,  welcher  geHöliiilich  mit  de;n  des  C  Nepos 
»erblinden  »urde,  von  den  Titeln  der  Ausgaben  verschivand. 
l^achdem  so  die  Frage  für  immer  beseitigt  schien,  nahm 
nach  einer  'Wail'enruhe  von  mehr  als  2IIÜ  Jahren  der 
JI5adenser  G,  F.  Rinde  in  seinem  berühmten  Saggio  di 
IUI  Essame  eritieo  per  resfitiiire  ad  Em.  Probo  il  libro 
de  vit.  Exe.  Inip.  rreduto  rommiinimente  di  Corn.  Nepote 
■\'enetia  1818.  8-,  übersetzt  von  M.  Diet.  Hermann. 
Wien  1819.  8.,  den  Streit  wieder  auf  und  suchte,  ge- 
stützt auf  die  Auetoritat  der  Handschriften  und  auf  das 
seilen  eriviihnte  Epigramm,  <larzutliun,  dass  Probus,  des 
Theodosins  Zeitgenosse ,  die  Biographieen  unter  <ler  fllaske 
des  Corn.  Neüos  geschrieben  habe,  als  die  echten  iles 
jVepiis  bis  auf  die  vi(a  Attiri  und  Calonis  bereits  verloren 
gegangen  waren.  Diese  sonderbare  Annahme  «usste  er 
mit  so  scharfsinnigen,  wenn  auch  oft  sophistischen  Grün- 
den zu  unterstützen,  dass  nicht  wenige  Gelelirten  den- 
selben huldigten;  ja,  ein  deutscher  Schulmann,  Julius 
Held,  ging  noch  einen  Schritt  weiter,  indem  er  in  sei- 
nen Pnilegonu'nis  ad  vitam  Attici.  Vratislav.  l(S2f).  (»gl. 
Allg.  Schulz.  II.  Abth.  182S.  Nr.  52.)  nicht  nur  die  23 
vitae  cxc.  imp. ,  wie  Rinck  getlian  hatte,  sondern  auch 
die  vita  Cat.  und  kii.  für  unecht  erklärte.  Anch  C.  F. 
Ranke  sprach  in  seiner,  wegen  der  sorgfältigen  Unter- 
suchung über  des  N'epus  Leben,  schätzbaren ,  aber  leider 


1110 

unvollendeten  Abhandlung:  de  Äep.  vita  et  scriptis.  Queil- 
lihiiurgi  1,SJ7.  dem  Nepos  die  vilas  exe.  imp.  gänzlich 
all.  Bald  jedoch  erstanden  ^^-rfechter  der  Lanibin'schen 
.Meinung,  namentlich  linrdili  in  seinen  tredlirlien  Aoten 
zur  Praefatio  der  von  ihm  besorgten  Staverenschen  Aus- 
gabe von  1820,  vor  Allen  aber  der  um  ilen  Cornelius 
sehr  veriliente  Dü/ine ,  welcher  zuerst  in  einer  besondereu 
.Abhandlung:  de  vitis  exe.  imp.  Cor.  IVepoti ,  non  Aem. 
Probo  attribueiidis.  Zi«»e  1S27.  (vergl.  d.  pädag.-philol. 
Lit.  151.  zur  Allg.  S<m^.  n.  Abth.  1,S27.  Ar.  34.  p.  30t 
—  304),  hernach  in  der  schätzbaren  Einleitung  zu  seiner 
Ilelmst.'idter  Ausgabe  des  C.  von  183*>  dem  Cornelius 
sein  Eigeiitliiim  zu  vindiciren  suchte.  Jcdoi  h  waren  von 
beiden  Gelehrten  noch  nicht  alle  Scliii  ierigkeiten  und 
Einwürfe  der  Gegner  gehoben  und  widerlegt,  welche 
der  Lanibin'schen  Ansieht  entgegengestellt  werden  können. 
Um  so  erfreulicher  ist  es,  dass  die  Frage  auf's  ISeue 
von  drei  Gelehrten  einer  genaueren  Prüfung  unterworfen 
und  durch  <lie  vereinten  !5emüliungeii  derselben,  beson- 
ders aber  durch  Lieljerkilhu's  Schrift,  nun  endlich  so 
weit  gebracht  worden  ist,  dass  sie  im  Ganzen  für  ent- 
schieden angesehen  werden  kann.  Um  die  Zeitfolge  zu 
beobachten ,  beginnen  wir  mit  einer  kurzen  Darlegung 
dessen ,  was  iler  Lette  Walicki  zur  Losung  der  Frage 
beigetrageu   hat. 

]\r.  t.  In  der  V^orrede  spricht  W.  von  seinen  Ilülfs- 
niitteln  nnd  beklagt  es,  dass  er  weder  Rinck's  Schrift, 
noch  deren  italienisch  geschriebene  Widerlegung  von 
liehen  (Mailand  1.S19)  habe  benutzen  können.  Aiirh 
Ranke'S  Abhandlung  kam  ihm  erst  nach  Ijeemlignng  sei- 
ner Arbeit  durch  Vermittelung  des  Dekan  Fr.  Neue  z« 
Gesicht.  Die  im  Ganzen  correct  und  in  anregendem 
Tone  geschriebene  Abhandlung  zerfallt  in  5  Abschnitte: 
T.  Do  vero  libri ,  qui  sub  nomine  C.  Nep.  venit,  aurtore 
rruendo  (von  p.  1—  l4);  11.  Vita  Cornelii  Nep.  (von 
p.  14 —  19);  111.  Interior  operis,  quod  C.  Nepoti  ad- 
scriliitnr,  cognitio  (  p.  19  —  3'»);  IV.  Institutum  ,  quod 
aiictor  in  conscribendis  vitis  habuisse  putandus  est;  b)  sti- 
lus.  Brevitati  studet.  —  Erasmi  iniquum  de  C.  IVep. 
iudirium  refellitur.  —  Fides  historica  C.  Aep.  —  Fon- 
tes (p.  40—51);  V.  C.  Nep.  opcra,  1)  deperdita,  2)  falso 
supposita  (p.   51  —  55). 

Im  ersten  Abschnitte  stellt  W.  den  Thathestand  des 
Streites  zuerst  im  Allgemeinen  fest,  indem  er  sowohl  dio 
Gründe  fiir,  als  gegen  die  Echtlieit  der  vitae  angibt. 
Jedoch  hat  er  sich  bei  Anführung  der  ,'iusseren  Grüu<le 
für  die  Echtheit  einen  auflallenden  Irrthum  zu  Schulden 
kommen  lassen,  wenn  er  behauptet,  der  Name  des  Ae- 
milins Prolins  finde  sich  nur  in  einigen  Handschriften 
als  Ueberschrift.  War  ihm  Rinck's  Schrift  auch  nicht 
bekannt,  so  durfte  er  nur  die  Note  Bardili's  ed.  Staveren. 
T.  1.  p.  2.  nachlesen,  um  sich  zu  überzeugen,  dass  alle 
llaiidschriften  die  vitae  ex.  imp.  einstimmig  dem  Aemi- 
lius  Probus  zuschreiben.  Unter  den  inneren  Gründen 
der  Echtheit,  welche  W.  theils  aus  dem  reinen  echt 
lateinischen  Stile,  theils  aus  dem  Inhalte  der  Prae- 
fatio im  Allgemeinen  und  der  Erwähnung  des  Atticus 
insbesondere,  welche  sich  auch  im  Leben  des  Cato 
findet,  theils  aus  den  häufigen  Hinweisungen  des  Au- 
tors   auf   seine    Zeit,     welche    alle     auf    das    Ende    der 


1111 


1112 


römisclion  Republik  sclilicssrn  lassen,  horjjcnommcn  liat, 
macht  er  mit  Hecht  auch  den  gleitend ,  il^iss  kein  späte- 
rer tieschichtsclireibcr,  \y\e  l'lutarch  ,  Diodur  ii.  A., 
sondern  nur  altere,  nie  Thuc_vi!i<!es,  Tiniacns,  Theo- 
pompus  n.   A.   von   ihm   envühnt   «erden. 

Im  II.  Abschnitte  über  das  Lehen  des  C.  N.  sintl 
keine  neue  Resultate  gewonnen ;  in  BetrelT  des  Geburts- 
jahres pdichtet  W.  IlelJcn  bei,  welcher  dasselbe  inner- 
Iialb  der  Hier  Jahre  des  7.  .Fahrhunderts  V.  C.  setzt.  — 
Ira  dritten  Absclinitte ,  welcher  sowohl  dem  Umfange, 
als  dem  Inhalte  nach  der  bedeutendste  sein  müchtc,  wi- 
derlegt W.  die  Ansicht  von  C.  Barth,  als  habe  Probus 
die  vitae  exe.  inip.  aus  einem  grosseren  Werke  des  C. 
Kepos  ausgezogen,  recht  gut  durch  Anführung  von  Stel- 
len, wie  Lys.  c.  II.  1;  Epam.  c.  IV^.  fin. ,  Ale.  c.  II. 
flu.,  Timoth.  IV,  •2;  Pelup.  init.  und  Dat.  I,  2;  er  gibt 
jedoch  zu,  dass  Probus,  der  das  Buch  aus  einem  grös- 
seren Werke  des  TVepos  (de  viris  illustribus)  nur  abgc- 
schrielicn,  einzelne  .Stellen  interpolirt  habe.  Was  die 
Reihenfolge  der  vitae  betrifft,  so  nimmt  W.  zwar  mit 
Titze  an,  das  dieselbe  ursprünglich  eine  andere  und 
zwar  nach  "Völkerschaften  geordnete  gewesen  sei;  jedoch 
stellt  er  über  die  Art  und  Weise  der  Aenderung  eine 
sonderbare  Vermuthung  auf.  Das  jetzt  vorhandene  Buch 
soll  aus  3  oder  4  Büchern  des  C.  ^iepos  in  willkürlicher 
Ordnung  von  Probus  zusammengesetzt  sein;  isii  ersten 
%vären  die  Athcniensischen  Feldherrn,  im  z-.veiten  die 
Spartanischen  und  Thcbanischen,  im  dritten  die  berühm- 
ten Barbaren ,  im  vierten  endlich  ilio  Konige  enthalten 
gewesen.  Doch  huren  wir  ihn  selbst  weiter  sprechen: 
„Horum  (libroruni)  partem  nos  possidere  niaiorein  puto: 
et  quidem  Atlienienscs  qui  cxplicabat  librum  integrum  ; 
eius  qui  Spartanos  aliosque  Graecos  coniplectebatur ,  par- 
tem qiiandani,  terlii  denique,  qui  in  barbaris  erat  oc- 
cupatus,  fragmenta  in  Hamilcare,  Eumene,  Datamc. " 
Das  üuslattliafte  dieser  Annahme  hat  schon  Lieberkühn 
1.  I.  p.  84  si].  gut  widerlegt.  —  Das  Fragment  de  regi- 
bus  erklart  W.  für  ein  Machwerk  des  Probus,  welcher 
aus  .Vrbeitschcn  das  ganze  Buch  des  iVepos,  welches  auf 
die  drei  Bücher  der  Fcldlierrn  gefolgt  sei,  niclit  ab- 
schreiben wollte  und  desslialb  nur  einen  kurzen  Auszug 
gemacht  habe.  Dieser  ^'erinuthung  widerspricht  schon 
der  .Scbluss  dcg  dritten  Capitels  de  reg.,  welcher  durch- 
aus nicht  von  einem  Epitomator  herrühren  kaim.  Ebenso 
ivenig  können  wir  der  Meinung  AV.'s  beipflichten,  dass 
den  berühmten  Feldherren  griec/iische  nnd  rümische  //e- 
roen  in  einigen  Büchern  vorhergegangen  seien.  Denn 
al)gc<ehen  von  der  .Stelle  de  reg.  e.  1.  init.,  welche  da- 
für spricht,  dass  die  vitae  der  Könige  vor  den  l'eldlierrn 
erzählt  worden  sind,  wissen  wir  nirgenilswoher ,  dass 
Ä'epos  auch  Heroen  zum  Gegenstande  seiner  Biographieen 
gemacht  habe,  sodann  müssen  wohl  die  griechischen, 
wie  die  römischen  Könige  noch  zu  den  Heroen  gez.'lIiU 
werden.  —  Da  die  lila  Catonis  in  den  Handscliriften 
iald  vor,  bald  nach  der  vita  Atfici  steht,  so  halt  sie  W. 
nicht,  wie  man  gewöhnlirli  und  mit  Recht  annimmt, 
für  einen  Theil  des  lib.  de  historicis  Ronianis,  sondern 
rermuthet,  dass  sie  in  einem  anderen  A\crko  des  >'cpos. 


nnd  zwar  in  den  Büchern  exeniplorum  p;elegentlicli  ein- 
gestreut gewesen  sei  ,  wie  bei  Cie.  Academ.  prior,  init. 
sich  eine  ähnliche  Aotiz  über  den  L.ucullus  linde.  Das 
Endresultat  der  Untersuchung  spricht  W.  p.  3'J  mit  fol- 
genden Worten  aus:  Libellum  C.  Nepotis ,  quem  nunc 
tractamus,  ex  reccnsione  quasi  Acm.  Probi  nos  habere: 
delectum  igitur,  ordipcin  ac  singularum  vitarum  disposi- 
tionem  Probo  isli  deberi:  idque  ab  eo  ipso  his  verbis 
confirniari :  „corpore  in  hoc  nianus  est  genitricis  avique 
nieaque  (sie!)":  singula  auteni  scri|)la  praeter  iragmcn- 
tum  de  regibus,  quod  fortassc  Probi  sit ,  purum  putum 
Cornelium  rcdiilere.  —  Die  beiden  folgenden  Abschnitte 
glauben  wir  um  so  eher  übergehen  zu  können,  da  die 
hier  behandelten  Fragen  mehr  angedeutet  ,  als  zu  Ende 
geführt- sind ,  und  wenden  uns  sofort  zur  Ucurtheilung 
von  iVr.  2.,  der  bei  weitem  bedeutendsten  unter  den 
drei  Schrifiuii. 

(Fortsetzung  folgt") 


Personal-Chronik   und  Mise  eilen. 

Meissen.  Die  Eiuladunssschrilt  zur  J3lirc.';fcier  ilcs  Slif- 
tnngst.Tges  der  dasigcn  Lanilesscbnle  —  den  3-  Juli'  —  cnÜKilt 
eine  Abbandlnng  des  Prof.  Wiin<ler:  disqiiisiliu  de  supcificie- 
lius,  cjiinc  continentur  acfju.ilionibus  bis:  nix-  +  ny-  ■ —  z^ 
r=  f=  et  \-  —  ny^  +  a  Z  =  O.  (eine  Lösung  der  vor  6  Jah- 
ren von  der  Jablonowsliisclien  ücscllsclialt  in  Leipzig  ge- 
stellten ,  aber  unbeantwortet  gebliebenen  l'reisaulgabe.  .^6  S.  4. 
mit  einer  lithograpliiiten  Figurcnlalcl)  und  den  Jabrcsboiicbt 
des  Uect.  und  Prof.  Bacimgnitcn -Crnsius.  24  S.  Da  bei  dem 
giossca  Andrang  zur  AolnaliuiL'  die  stiftungsniässigc  Anzahl  der 
Alumncnsttllcn  .nicht  ausreicbte,  so  liat  das  Ministerium  des 
Cullus  in  diesem  Jahre  7  Schülern  überzählige  Koststellen  cin- 
gerauuit,  so  dass  sie  Jer  Reihe  nach  in  die  zunächst  erledigten 
Koslstcllen  einincken.  Der  Coctus  bestand  am  Schlüsse  Aes 
Scbuljabics  aus  123  Schülern ;  zu  i\Iicliaclis  1838  waren  10,  und 
zu  Ostern  1839  7  auf  die  Universität  gegangen,  8  mit.  dem 
ersten  ,  9  mit  dem  zweiten  Zeugnisse  der  Reite.  —  Im  iVIonalc 
Juli  machte  der  Professor  Dr.  Flügel  im  Auftrage  der  Lon- 
doner Translation  Comuültce  eine  wissenschaftliche  Reise  nach 
Paris. 

Brandenburg  a.  II.  Das  Micliaclisprogramm  des  lau- 
fenden Jahres  enthalt  eine  Abhandlung  des  Professors  und 
Piorcctors  M.  W.  Ileffter  de  Zenodoto  cinscpic  stndiis  llo- 
mericis.  Der  Veif.  gebt  die  s))äiliclicn  Kaclirichtcn  über  das 
Leben  des  berühmten  Grammatikers  durch,  dessgl.  die  verschie- 
denen Ansiebten  neuerer  Gelehrten  über  diesen  oder  jenen  ein- 
zelnen Punkt.  Hieran  scbliesst  er  die  Frläuterimg  der  Ver- 
dienste des  Mannes  um  die  llomcrisclicn  Werke  und  zeigt,  in- 
dem er  die  sogenannten  Zcnoiloteisclien  Lesarten  zum  ersten 
Ruche  der  Iliade  durchninnnt,  dass  dieselben  in  den  meisten 
Fallen  verdienen  in  den  Tc.\t  aufgenommen  zu  werden.  Er  trifl't 
darin  bauptsächlich  mit  dem  Director  des  Gymnasiums  in  Ocls, 
Dr.  Lange,  zusammen,  dem  liearbeiter  einer  neuen  Recen- 
sion  der  Homerischen  (jcdicbtc,  der  vor  einem  balben  Jalirc 
in  einem  Programme  (Obss.  critt.  in  lliadis  lib,  I.)  viele  jener 
Lesarten  als  die  alleren  und  echten  vcrtbcidigt  bat.  —  Zu  den 
angegebenen  Drnckleblern  vermisst  man  noch  den  sinnstörenden 
p.  9  lin,   I.  fuerunt  statt  defuerunt. 

Göttingen.  Am  3.  Septemb.  Abends  hat  Oltfr.  MiiMcr 
die  dasigc  Hochschule  verla.fsen  und  mit  einem  hiesigen  jimgcn 
Maler  seine  Reise  nach  Griechenland  und  Italien  angetreten. 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


Alittwochj    20.  November 


1839. 


Nr.  139. 


Zur  Literatur  des  Cornelius  ^kcpos. 

(Fortse  tz  iiiiff.) 

Nr.  2.  Diese  Srlirilt  ist  licriorjfcganffpn  aus  einer 
im  Jalire  1S33  'o"  ''<'•'  pliilosoptiisclieu  FacuKat  zu  Jena 
ges<cll(en  Preisaufgabe:  „io  verum  anctorem  carum  vi- 
tnrum ,  quae  sub  nomine  C  Neputis  circuniferunlur , 
acinratins  inquiratur",  für  «leren  Lösung  Liel/erkühn- 
Puhlmann  den  ersten  Preis  criiielt  und  siili  dadureh  ver- 
anlasst fand  ,  die  Untersuchung  über  Nepos  zu  eriveiteru 
nnd  narli  3  Jaliren  in  der  jetzigen  Gestali  herauszugeben. 
Die  Schrift  ist  in  drei  lJi'i<her  eingetheilt;  lib.  l.  han- 
delt luni  Leben  und  den  Schriften  des  C.  Nep.  (p.  1 
—  34);  lib.  n.  <lc  auetore  vitarum,  qnac  vulgo  C.  Nepoli 
aduidicantur ,  sciitentiae  virorum  <ld.  in  rensurani  vocan- 
tur;  praeniissa  est  brevis  de  fatis  libclli  historia  fp.  3')  —  67); 
das  llf.  liucli  endlich  ist  überschrieben:  corpus  vitarum, 
quod  Kepotis  nunc  sub  nomine  venit ,  argnmentis  cum 
cxternis  ,  tum  internis  Cornelio  Nepoti  vindicatur  (von 
p.  t)S —  17'.)).  —  liei  i\om  ersten  Theile  der  Untersuchung 
hatte  Lieb,  schon  tüchtige  Vorarbeiter  an  Held  und 
Ranke,  die  er  jedoch  so  benutzte,  dass  er  sich  überall 
ein  selbsfständiges  Urtheil  zu  bilden  suchte.  Was  die 
Bestimmung  des  Geburlsortes  betrifft,  welche  fast  allein 
auf  der  unbestimmten  Angabe  von  Plin.  II.  N.  III,  IcS. 
(Padi  acrola  Mepos)  berutit,  so  veruiift  er  die  drei  Mei- 
nungen früherer  Gelehrten  ,  welche  entweder  Verona 
(Hostilta),  oder  Nnvum  Contum,  oder  endlich  Parma  (wie 
Held  proleg.  p.  4  sqq.)  dafür  ausgeben,  und  stellt  ver- 
mittelst einer  scharfsinnigen  Combination  aus  2  Stellen 
ile.s  Jüngern  Plin.  Kp.  III,  6.  unil  IV,  28.  (Herennius 
Severus ,  r.  dortissiujus,  niagni  aestimat  in  bibllotheca 
sua  ponere  imagines  municipum  tuoruvi  ,  Com.  Nepotis 
et  Tili  Cassii'''',  in  welcher  Stelle  Lieb,  mit  den  meisten 
Codd.,  den  Cod.  Alilinns  ausgenommen,  Tili  Cali  liest), 
nnd  mit  Heranziehung  zweier  Stellen  des  Cicero:  Ep. 
all  Div.  XV,  IG.  nnd  ib.  ep.  19,  sowie  einer  Stelle  des 
Quiiitil.  J.  O.  X,  1,  124,  in  welchen  Stellen  ein  Catius 
als  Lpicurcus  und  als  Insuber  vorgeführt  wird,  die  Ver- 
niuthung  auf,  der  von  Plin.  genannte  Tit.  Catius  sei 
dieser  Insuber,  und  folglich  auch  sein  miiniceps  Nepos 
in  derselben  Gegend  nnd  demnach  wahrsiheiiilich  zu 
Mailand  geboren.  So  scharfsinnig  und  geistreich  diese 
Combination  auch  sein  uiag ,  so  fehlt  ihr  doch  die  volle 
Beweiskraft,  da  erstens  die  Codd.  bei  Plin.  1.  c.  in  der 
Sciireibung  des  Namens  sehr  schirankcn  [Titi  Aiii,  Catii, 


Tijtii,  Cattici),  soilann  das  Praenonien  in  den  3  Stellen 
von  Cir.  und  Qiiintilian  nicht  angegeben  ist;  dazu  kommt, 
dass  in  drei  Fragmenten  aus  den  chronicis  des  Nep.  bei 
TertuUian.  Apolog.  c.  10,  Lactant.  I,  3-  und  bei  Minu- 
cius  Felix  mit  INepos  immer  ein  Cassiua  oder  Cassias 
Severus  zusammen  genannt  wird,  welcher  wirklich  den 
^'ornamen  Titas  geführt  (man  vergl.  (iuintil.  X,  t,  1  Ifi. 
nnd  Hiihr's  rüm.  Literaturgesch.  S.  485  u-  f-  not.  11). 
Könnte  nun  nicht  dieser  Cassius,  iler  besonilers  als  Red« 
ner  berühmt  war,  auch  bei  Plin.  I.e.  zu  verstehen  seini 
Da  mau  übrigens  auch  von  diesem  Cassius  die  Lebens- 
umstände nicht  kennt,  so  mochte  die  ganze  Sache  für 
immer  problematisch  bleiben,  Bedauern  müssen  wir, 
Weiehert's  ausgezeichnetes  Werk  über  den  Cassius  Par- 
niensis  nicht  zur  Hand  zu  haben,  wo  sicher  aiiih  dio 
fragliche  Stelle  bei  Plin.  berührt  wird,  da  viele  Erkh'ircr 
den  Tit.  Cassius  dort  für  den  Paruieusis,  deu  Älürdoc 
Ciisar's,   halten. 

Sehr  llcissig  sind  dio  Xotizen  über  die  verlorenen 
Schriften  des  Com.:  die  Chronic.  II.,  welche  mit  Hecht 
gegen  Ranke's  Behauptung  von  den  //.  e.vemplorum  ge- 
sondert werden,  sowie  über  die  Bücher  de  viris  illustri- 
öus  zusammengestellt  und  über  ihre  ursprüngliche  Be- 
schalTenheit  mit  Benutzung  der  aufbewahrten  Bruchstück» 
bearhtens»  erthc  ^'ermuthungen  vorgebracht.  Besonders 
hervorzuheben  ist  die  Untersuchung  über  die  Chronica 
(von  p.  13  — 18)»  für  deren  Herausgabe  narh  Ranke's 
Vorgang  (1.  I.  p,  35),  besonders  narh  Catull.  Carm.  I,  1, 
nnd  carm.  52.  das  Jahr  /Oti  ü.  C.  oder  50  vor  Chr. 
Geb.  angenommen  wird.  Ueber  ilie  innere  Einrichtung 
und  Anordnung  der  chronica  verwirft  Lieb,  ^'osscn's  An- 
sicht, welcher  die  tres  rhartas  bei  Catnll.  I,  1.  von 
loovoq  ä6)]}.o>;,  /tvthy.üs  und  lOTOOiy-o^  versteht,  und 
vermulhet  selbst,  Nep.  habe  aU  Epochen  l)  die  Zeit  vor 
Roms  Erb.,  2)  von  Roms  Erb.  bis  zur  A^crtrcibung  der 
Könige,  3)  von  Vertreibung  <ler  Könige  an  aufgestellt 
und  die  auswärtigen  Begebenheiten  und  literarhistorischen 
Momente  an  Facta  aus  der  romischen  Geschichte  ange- 
knüpft. Diese  Ansicht  lialten  wir  nicht  für  wahrschein- 
lich, da  sich  Nepos,  wie  wir  aus  Solin.  Polyhistor,  c.  1, 
wissen,  in  der  Zeitbestimmung  nnd  Anordnung  der  Facta 
hauptsächlich  an  yipollodor's  in  komischem  (d.  h.  iam- 
bischcni)  ^'ersmasse  geschriebene  4  Bücher  'j^oo.iy.u  ge- 
halten, wie  Lieb.  p.  17  selber  anführt,  und  demnach 
woli!  auch  'lessen  Epochen:  die  Eroberung  Troja's ,  den 
Piückzug    der    Hcraklidcn,    die    erste    Oljmpiade  etc.    zu 


1115 


1116 


Grunde  jji'ifgt  hat.  Mail  vprj;!.  Heyne  zn  Apnllod.  T.  I. 
p.  4üit  uml  411.  Wie  ^'cpns  ^li^■^sp  Kjiorlipii  mit  iler 
röni.  Gc.i«  liir)i<e  in  Verbiiitliiii';  »obraclit ,  Iflsst  sirli  iiarh 
den  « ctiiijoii  UeberMeiliselii  iiirht  prinitti-ln  ;  ilocli  silieiiit 
ailä  «Irr  »itliligeii  .Stelle  l)ei  A.  üelliiis  >.  Att.  Xl'll,  21. 
mit  griKscr  ^V;^llrsl■lloilllir^lk^it  horv(irziij;ehpii ,  ilass  die 
Zeittafeln  des  Cornelius  svntlironistlscli  geordnet  »laren, 
60  dass  dea  liistorisilien  Faitis  und  IVotixen  i'ilier  die 
liiteratiir  Lei  den  (iriechen  iiack  den  einzelnen  P^pochen 
ejitspreehende  Punkte  ans  der  rOm.  Gescliirlite  gegen- 
überstanden. 31an  8.  ausser  den  zwei  von  Ijicb.  ange- 
führten Stellen  au»  I.'ieiukr's  rüm.  Getchichte  U.  I.  S.  ,5'l  f. 
Addi.  15'.'  (nicht  löU)  und  S.  208,  noch  S.  27Ü  (2-  Ausg. 
oder  2f  8.  3-  Ausg.). 

Bei  der  rntersurliung  über  die  //.  de  vir.  iUustrihus, 
als  deren  Al.fAssnugszeit  na«  h  dem  Fragment  des  ('o<l. 
GueK.rb.  bei  IJardili  T.  11.  p.  405  mit  grosser  Wahr- 
srheiiilirhkeit  das  Jahr  43  a.  Chr.  angenommen  nird, 
marht  L.  gi'geii  ileld's  und  Uanke's  Eiiioi'irf,- ,  d.iss  in 
den  Fragmenten  ans  diesen  Uüchern  nirgends  griechische, 
euDilern  nur  roiiiisihe  F<-Idlierrii  er» filmt  »iirden,  die 
trcllrnde  lieiiierkung,  dass  man  i"iber  die  beri'ihmteii  Hlän- 
ner  unter  den  Griechen  zablreii  he  »nd  trefl'liche  Werke 
der  Griechen  sellist  n.-tchschlagen  kuniite,  «as  bei  den 
rumisriu'ii  nicht  der  Fall  Har;  ausserdem  sei  die  Stelle 
bei  Gell.  IN.  A.  XI.  über  A.  Albinus  »ahrscheiiilich  aus 
dem  üiiclie  de  historicis  Graecis  genommen.  Ausser  den 
//.  exeiiijilorum  (r>  I3ii<her),  «oriii  nach  L.'s  .lleiiiung 
einzelne  Gischichten  und  merk»  ürdige  Aeusserunpen  zur 
Aachabmung  und  LSclehrung  aufgestellt  waren,  führt  L. 
nur  noch  ein  linch,  ijuo  dUttngitil  literatum  ab  erudito 
(Snet.  de  ill.  Gramm.  I,  4.)  als  dem  ISepos  ziigebiirig 
an;  eine  besondere  ISriefsiinmlung  des  Aepos  an  Cicero 
(vgl.  L.irtant.  üiv.  inst.  111,  15,  Kl.  n.  iMacrob.  Saf.  II,  t, 
KO  das  zweite  Ijuch  dieser  Briele  angeführt  «ird),  «ei- 
che Walicki  und  Lütkenhus  annehmen,  will  Lieb,  nicht 
gelten  lassen,  sondern  glaubt,  die  Kr>v.'tlinung  derselben 
liezoge  sich  auf  Briefe  des  ^iepos,  welche  in  einer  ver- 
lorenen .Sa:ninliing  von  Cireroiiianischen  Briefen  beilauGg 
eingeschaltet  genesen  (p.  27),  eine  Annahme,  die  wohl 
sdiMerlich  Beifall  linden  möclite.  Besonders  lesenswertli 
ist  ilas  Büd,  welches  am  Schlüsse  Avi  erstcu  Buches 
p.    Xi    f.    von   Cornelius    Nepos   cntitnrfen    wird. 

lui  zireiteii  ßuc/ie,  \ielclii>s  ^ur  Vermeidung  mancher 
■\Viederb. düngen  füglich  mit  dem  ilritten  hatte  verbunden 
•»ier<len  können,  werden  nach  V'or.iusseiidung  einer  ge- 
drängten Geschichte  von  den  Schicksalen  der  vilae  exe. 
imp.  (von  p.  35  —  39)  die  verschiedenen  Meinungen  der 
Gelehrten  über  dasselbe  in  3  Classen  eingetheilt  und  der 
Reihe  nach  genürdigt.  In  die  erste  Classe  setzt  Lieb, 
diejenigen,  weh  he  das  Buch  in  das  Zeitalter  des  Thco- 
dosias  verweisen  und  den  Probus  als  V^■rfasser  annehuieii, 
■WOZU  er  besonders  den  lliero/ii/mun  Miigius  iinrl  den  Ba- 
denser  Rinck  rechnet.  Die  sehr  gründliche  Wiederlegung 
ron  IliiK  k's  nnhr  scliarfsiiiniiieii  und  blendenden  ,  als 
haltbaren  Gründen  müssen  wir  unseren  Lesern  selbst 
nachzusehen  überlassen,  da  ihre  Wiederholung  uns  zu 
■weit  führen  würde.  Nur  so  viel  wollen  wir  bemerken, 
dass  Lieb,  mit  Reelit  Kiiick's  AVillkür  tadelt,  welcher 
in  dem  mclirgenannteu  Epigramm  die  zwei  letzten  V'ersc: 


Corpore   in   hoc   nianus   est   genitori»  aviqiie   nieaeqne  Feli- 
res ,   dominnm   «juae   meruere   nianus    (so   liest   Lieb,   rich- 
tig,   ohne    Interpiinrtiun    nach    meaeqne),    weil    sie    sich 
mit  seiner   Ansicht,    dass   Probus    der   Verfasser   der   vitae 
sei,    nicht   wohl    vereinigen    lassen,    für    untergeschoben  er- 
klärte :    denn   dieselben   sind    theils   ganz    im  Tone  <ler   vor» 
Jiergehenden  1'erse  geschrieben,  tlieils  hängen  sie  am  h  dem 
■  Sinne   nach,   wie   das   wiederholte  dnminua  zeigt,   enge  mit 
dem     Uebrigen     zusammen.       In    Bezug    auf  diese    berürh- 
tigfeii   Verse   macht  ausserdem   Lieb,   die  trefTeiide  Bemer- 
kung,   vtorauf  auch    Ref.   schon    vor   längerer  Zeit   gefalleo 
ist,   dass    dieselben    eine    elende    Nachahmung   lies  Aiifanu;« 
von    Ovid'*  Epistol.   ex   Portio:    Parre ,   nee   invideo,    sin» 
me   über    ibis    in    urbem    —    Vnde ,    sed  incullui   et   ij.  «. 
seien     und     von      einem     Menschen     herrührten  ,      welcher 
durch    Ueberreichiing    der    zum    Theil     mit    eigener    Hand 
geschriebenen     vitae     beim     Kaiser     Theodosius     »ich     eiu 
besseres     Schicksal      erwirken     wollte.      Dass    ein    solcher 
Mensch,    welcher    mit   einer   gewissen   Furchtsamkeit   iinil 
erniedrigenden    Demuth    auftritt,     die     von    Freiheitssinii 
und     Vaterlandssinn    beseelten    Biographieen      nicht     hab« 
schreiben   können,    darin    stimmen    wir  vollkommen   Lieb. 
bei.      \\"\c    aber   Lieb,    bei    dieser    richtigen   Ansicht   über 
das   V^erbältniss   des   Probus   zu   unseren  Biographieen   den- 
noch    Rinck's    Ansicht     billigen     konnte    (p.    ,'i().    Not,    2.), 
welcher   den   Probus   besonders   nach   Aason.  Episf.   XVII. 
ad    Probum     (nicht   XVI)     für    den   berühmten    Praefectii« 
praetorio    erklärte,    uiuss    uns    um   so    mehr    befremden,    da 
Rinck,   wenn   er   in   seinem   Buche   S.   1!)  sagt:    „Ausoniiis 
schickte  dem  Probus  das   von  Nepos  gesdiriebene  JahrbiicL 
als    eiu    Muster,     nachdem    er    sich    bei    seinen    eigenen 
Schriften    richten    könnte"   sich    eine  «ITenbare  'JVrdrehun» 
von     Ausouius    Worten     erlaubt   hat,     welche     also    lauten: 
„Apologos   Titiani     et    Nepotis   Chronica     quasi    alios   apo- 
logos ,    nam   et   ipsa    instar  sunt   fabularum,    ad    nobiliialem 
tuaiii    niisi    gaudens   atque    etiam  glorians  fore  aliquid,  quod 
ad    institiitionem    (iiorum     sedulitafis     meae   studio    coiifera- 
tiir."      Die   Worte   ad  institiitionem    tnoriim   liei«seii   doch 
wohl   iiiilits   Anderes,    als:    zur  Erzieltung  der   Deinigea , 
deines   Si>fines,    wie    sich    auch    aus    dem   mit  der   Epistel 
verbundenen    (ledichte    zur  Genüge  ergibt;   mau    vergl.    ilie 
Worte:    —   gnatiis    tiiHS   suescat    peritis    fabiilis    siinul    io- 
cari    et   discere.      Dazu    kommt   noch    der    nicht  iiiiuichtige 
äussere    Grund,    dass   dieser    Pfaef.    praetnrio    nicht    .temi- 
lius  ,    fiondern    Sexl.    Pelronius    hiess.       IMaii    »ergl.   über 
Probus,    welcher    mit   den    Olirbrii    und    Aiiicii    zu    den    an- 
gesehensten   und    reichsten    Familien    seiner  Zeit   gehörte, 
Schtosser's   universalhist.    l'ebersicht   eir.   III,    3-   S.    If)?- 
Doch     kehren     wir     nach    dieser     Abschweifung    wieder 
zur    Sache!      Zur    zweiten    Classe    rechnet    Lieb,    sodann 
iliejenigen,    weh  he    den    Probus   für   einen  E|)itomator  hal- 
ten,    wie    Casjiar    liarth    und    theilweise    Prof.   liiihr  in 
seiner   röm.    Literaturgeschichte    §.  IS',    und    der   Zürcher 
II.     Meyer    (cf.    Zeitschrift    lür    Alterlhiimsu  iss.     J.    1S3Ö. 
Nr.    13(J  'i  ,     welcher     letztere    jedoch     die     Abfassung    des 
Coinpeiiiliums    in's    zueile   Jahrhundert   versetzt.    Der  drit- 
ten   Classe    »rerden    diejenigen    beigezählt,     welche,     wie 
Jul.   Held  (cf.    Proleg.    p.    21    sqq.),    von    Nepos    und    Pro- 
bus absehend,    weder   das    Alter,    noch    den    Verfis-ier   de* 
liuchs  naher  bcstiuimcu.   Ilicrher  gehurt  auch  C.  l'-  Rani;« 


1117 


1118 


(vprgl.  die  anjlrf.  Abh.  p.  411);  indpsspn  »oll  tlicspr  Ge- 
lehrte nach  Lieberkiiliii's  ^'ersiclieriiii;;  ((i.  (id),  drr  es 
aiis  seinem  eij;:eiieii  IMumle  geliort  liat,  seine  friiliere 
Bli-iiiiing  ziiriirk^'eiiommen  haleii  iiiiil  jetzt  ilie  Sciiiiiiit- 
liclieii  vitas  fiir  eclit  halten.  Es  «.'ire,  iK'il.'iiifl^  bemerkt, 
zu  M  linschen,  das«  auch  Ilr.  //eW  sich  ijfl'entlirh  über 
geiiie  jetzige  Ansicht  erklaren  miichte,  da  er  gewiss  nicht 
seine  in  einer  Jugendschrift  v<ir[;ebrachten  oft  sophistischen 
Behauptungen  wird  festhalten  iiiillen.  —  AVollteii  »vir  die 
trefTende  AViderlegung  L.'s  von  iiarth's  Ansicht  (p- 47 — 50), 
fuvvie  die  Zurückweisung  von  Ileld'S  Ans«  hnldigungen 
gegen  C  Nepos,  die  sich  p.  52  —  (i4  bei  Lieb,  findet, 
Schritt  vor  Schritt  verfolgen,  so  nuisstcn  viir  zu  »leitl.'iufig 
«erden;  auch  ist  schon  in  der  ylllg.  Scilulz.  von  1S2'^, 
Abth.  II.  AV.  52.  das  Unstatdiafte  der  Held  scheu  Ansicht 
in   der    Ilauptsaclie    nachgewiesen. 

Unter  den  ^'orgängern  seiner  Ansiclif  nennt  Lieb,  mit 
Recht  Diihnt  »egen  der  olien  genannten  2  .S<  hriften  und 
Walicki;  doch  halte  er  auch  H'irdili'»  Emahiiung  lliun 
müssen,  «elcher  sich  mit  geringer  IJeschränkung  in  den 
Koten  zur  Praef.  ed.  ütnveren.  1820  «u  derselben  31ci- 
nung   bekennt. 

Wir  gehen  jetzt  zum  dritten  und  letzten  Abschnitte 
über,  «elclier  den  Ilaiiptkern  der  Untersuchung  enthalt, 
müssen  uns  jedoch  in  der  Angabe  des  reichen  Inhalts 
auf  eine  kurze  Darlegung  des  von  Lieb,  eingeschlagenen 
Weges    beschranken. 

Die  Beweise  ,  dass  die  jetzt  Torhandenen  vitae  dem 
Com.  Nepos,  dein  Zeitijenossen  des  Afticni  und  Catiill, 
zuzuschreiben  seien  und  einen  Theil  eines  giiissereii  Werkes 
de  viris  illustribus  ausgemacht  haben,  theilt  Lieb,  in 
äussere  und  innere.  Obgleich  naiulich  alle  bis  jetzt  ver- 
glichene Codd.  den  Namen  Aeinilius  l'robiis  an  der 
Spitze  tragen,  so  findet  sich  deich  nach  IliineL's  eafalog. 
lihrorum  mscr  p.  9l)l^t  und  '  <J5  "u  einem  Toletenser  Cod. 
die  Ueberschriff :  Cornelius  Nepos,  curla  a  Sulustio 
Crispo,  in  zwei  aiiileren,  die  aus  dem  14.  Jahrhundert 
stammen,  einem  Toletenser  und  Ulaclrider:  Cornelii  Nepo- 
tis  vitae  und  C.  >iep.  de  viris.  Vergl.  Lieb.  p.  6M,  A.  l. 
Dazu  kommt,  dass  die  vitae  Cat.  und  Attici,  »»eiche  in 
den  rodd.  einstimmig  dem  C.  Nepos  zugeschrieben  »ler- 
dcii ,  fast  immer  mit  den  übrigen  vitis  verbunden  sind; 
endlich  noch  ,  dass  auf  der  letzten  Seite  des  cod.  Arleiiii 
die  inerk»»ürdigen  Woi  (e  stehen;  Complelum  est  opus 
Aemilii  l'robi  Cornelii  Se/jn/is,  »»eiche  Lieh,  übersetzt: 
„des  Probua  Werk  des  Cornelius."  nichtiger  miichtrn 
indessen  diese  Worte,  »velc  he  offenbar  die  Uneiitscliie- 
(lenheit  des  Abschrc-ibers ,  ob  er  das  üiich  dem  Coriiel. 
oder  dem  Probus  beilegen  soll,  verratlieii,  durcli  ein  er- 
gänztes sive  ihre  Erklärung  (inden. —  Unter  den  inneren 
Gründen  stehen  voran  1)  Stellen  ans  den  vitis  selbst, 
»voriu  der  Schriftsteller  sich  als  Feind  der  Alleinherr- 
schaft und  »Carmen  A'crelirer  der  Freiheit  zu  erkennen 
gibt:  llilt.  111,  (i;  Dion.  IX,  5;  Milt.  VIII,  ;{ ;  Timol. 
I.  .  ti.  a. ;  ?)  Stellen,  ».  io  illilt.  VI,  2;  Ages.  IV,  2, 
E:im.  1  IM,  2  und  3;  Epani.  X,  3,  »»eiche  saivimtlich 
auf  eine  Zeit  hindeuien  ,  wo  die  republikanische  ^'erfas- 
sung  sich  ihrem  Uiitiigange  näherte  (p.  7'  —  72).  Dann 
folgen  o)  Stellen,  welche  offenbar  darauf  lundeuten,  dass 
die   vorliaudcucn    vitae    zu    eiuciu    grosscrcu    AVerke    des- 


selben Autors  pelWirt  haben:  Praef.  am  Ende;  Ifann. 
c.  \1II.  extr.,  Dion.  lli,  '.'.  und  de  reg.  zu  Auf.  Diese 
IJcweise  erhalten  noch  griissere  Evidenz,  »»enn  man  auf 
den  Plan  und  Z»«eck  Rücksicht  nimmt,  »»eichen  der 
Verf.  bei  der  Ausarbeitung  seiner  vitae  befolgt  hat.  Hier* 
über  handelt  L.  von  p.  87  —  100,  und  dieser  Absrhnid 
möchte  init  dem  folgenden  (p.  101  — ll^i),  »»orin  der 
lieiveis  geführt  »lird,  dass  die  Schreibart  in  den  22  vitii 
niit  derjenigen  ,  »velche  in  den  allgemein  als  echt  gcl- 
tendeu  Blographieeu  des  Catu  und  Atticus  sich  liiidei, 
durch»»  eg  übereinstimme,  mit  die  vorzüglichste  und  be- 
Ii'hrenilstc  Partie  der  ganzen  .Schrift  ansinachen.  Da» 
Endresultat  der  ersten  Untersuchung  wollen  wir  mit  L.'» 
eigenen  Worten  angeben  :  ,,^  idetiir  iiobis  libellus  eum 
fere  in  finem  compositus  esse,  ut  Ilomani,  rerum  liisto- 
ricarum  riidiores,  de  snmmorum  vir.  personis  ac  vita  pau- 
ris  docerentur,  ita  qiiidein,  ut  cjuae  ad  lertorum'ingenium 
atijiie  doctrinaui  apta  essent,  beiie  eligerentiir ,  maxiine- 
qiie  ea  oiniiia  traderentiir  seduliiis,  c]Uae  ad  ciiilem  prae» 
staiitiam  omnesqiie  »irtiites,  ijiiales  tum  ciiem  optimum 
queniijUP  decebant,  commeiidandas  farereiit",  »vonach  er 
mit  Dähne's  und  .Fleisches  -Ansicht  (vergl.  dessen  Schrift : 
de  eo ,  (jiiod  in  C.  Nep.  vitis  faciendum  restat  Franc,  ad 
fll.    1802-    p.    12)    im    Ganzen    üliereinstiinint. 

In  der  nnn  folgenden  Untersuchung  »lürdigtL.  zuerst 
des  Nep.  Sc-lireibart  im  Allgemeinen,  macht  dann  in 
Kürze  auf  die  kuiistliise,  aber  nicht  ungefällige  Art  anf- 
Hierks.'im,  wie  Nepos  seine  .Sätze  und  Perioden  baut; 
endlich  beleuchtet  und  rerhtfcrtif^t  er  weitläufig  einzelne 
Wc'irtcr  und  Ausdrücke,  die  besonders  von  Kiiick  und 
Held  als  unclassisih  angegriffen  «ordeii  sind,  und  z»var 
so,  tiass  immer  die  vitae  Cat.  und  Att.  als  Basis  der 
Vergleichilng  für  die  übrigen  benutzt  »Verden.  Indem 
»lir  diesen  an  guten  Bemerkungen  über  die  Classiiitat 
einzelner  AVörter  reichen  Abschnitt  übergehen,  iiolleii 
»vir  unseren  Lesern  die  anziehencle  Bemerkung  L.  s  nicht 
vorenthalten,  dass  in  einem  Fragin.  bei  Lactant.  Dir. 
inst.  III,  15,  10.  die  dem  Nep.  eigi-n(hüinlirlie  Nach- 
lässigkeit der  Wieilerholiing  desselben  ^Vortes  auffallend 
wiederkehrt:  mngistram  tilae  —  viliie  perfectricem  — 
magistros  vivendi  —  rivere ,  und  in  einem  >ehr  kiizrii 
Fragment  aus  Pliii.  IL  N.  l.\,  3!'.  2  Süt/.e  hiiitereiiiaiider 
mit  dem  Praen.  Itic  anfangen  (p.  |  ^4  vergl.  mit  p.  32). 
Ebenso  geistreich,  »venn  gleich  nicht  erwiesen,  ist  die 
von  L.  aufgestellte  ^'ermutliiing,  dass  melirrre  der  bei 
Nepos  von  alten  Grammatikern  j.rc.taclc.l(eii  Ausdrücke 
gallische  Prot  inzialismen  sein  möchten,  wie  die  Consfr. 
von  non  dubito  e.  ace.  r.  inf.,  »velche  sie  li  besonders  auch 
bei  Livius  und  Plin.  dem  J.  findet,  reversus  est,  celari 
r.  dat.,  deuli,  circumveliens  (auch  bei  Li»-.),  contra  en, 
inipraesenlinrum  und  endlich  temporitrius  ,  das  auch  bei 
Pliniiis  vorkommt. 

Nach  dieser  »richtigen  l'iiterstii  liiing  über  die  Sprache 
des  Nep.  gebt  L.  zum  letzten,  am  anslührlic  listen  be- 
handelten Be»ieise  über,  worin  er  über  die  Quellen-,  wel- 
che in  den  »itis  exe.  imp,  benutzt  sind,  in  der  Absi«li< 
bandelt,  um  danach  über  den  historischen  Werth  der 
fiiographieeii  ein  Urtheil  zu  begründen  und  so  einen  neuen 
Beweis  für  die  Echtheit  derselben  zu  gewinnen.  Bei 
dieser    Untersuchung    standen    dem    Verf.    srhuu    tüchtige 


1119 


1120 


VorarleKon  zu  Gpl>o<e;  «ir  incinrn  zwei  Holländisrlie 
AbhaiuUiiiincii,  wolrhe  l)ciilc  iinfcr  ilem  Titel:  Discitiisi- 
tio  iritica  de  fonlilius  et  aucloritate  C.  Sepolis ,  ilio  eine 
aiu-tore  /{.  //.  Ei/sso/iio  If'icliers  IH'2S  zu  (iirüiiiii;feii , 
«lit-  amicro  aiut.  Hiaeli/  Dclph.  Hat.  18  ..'7  prsrliioiicn ; 
über  das  Leben  des  Alcibiades  ausserdem  noch  ein  Werk- 
eben ,  »veldies  aus  einer  von  der  iihilosopliisciien  Facultat 
iler  Universit.'it  zu  Rostock  auf^ojjebenen  Preisfrage  lier- 
vorge-'au^en  ist:  De  C.  SejiDtis  Alcibiiide  quaestiones 
critt.  et  bist.  Seripslt  U'ig^ers.  Lips.  lSo3.  Doch  iiiüs- 
gen  «ir  Lieb,  das  Zeugniss  geben  ,  dass  er  seine  Vor- 
•'än^er  mit  Selbstständigkeit  benutzt  und  ihre  Ansichten 
mehrfacli  berichtigt  hat.  Er  schlagt  hierbei  mit  Rerht 
den  von  Iliseli/  schon  befolgten  AVeg  ein,  dass  er  bei 
»einen  Untersuchungen  soiiohl  liber  die  Quellen  des  Ne- 
|)os ,  als  auch  über  die  historische  (ilaub«  lirdlgkeit  der 
an"efiilirten  Thalsachen  die  geivolinliclie  Reiheiifoiaje  der 
vitae  zu  Grunde  legt  ,  wogegen  Wiehern  ohne  Rücksicht 
auf  die  Ordnung  der  einzelnen  vitae  in  seiner  Schrift  die 
Quellen  des  Xepcis  chronologisch  aufführt  und  unter  jedem 
Geichichtschreiber  die  einzelnen  Stellen  der  vitae  angibt, 
welche  ilaraus  genommen  sind,  viodurch  der  Gebrauch 
des  Buches  sehr  orschwcrt  wird.  Es  kann  nicht  unsere 
Absicht  sein,  die  Resultate  dieser  historischen  Unter- 
suchung einzeln  durchzunehmen,  zumal  da  vi  ir  in  einer 
«ueben  erschienenen  Abhandlung:  Quaesliones  lii^loiicae 
in  C.  Nep.  vitas  <juae  vnigo  inscribuntur  exe.  im[).  Part.  I. 
Colon.  Agripp.  tvpis  Schmitzii.  USoO.  über  diesen  (iegtn- 
»tand  wenigstens  Über  die  4  ersten  Ciograpliieen  vollstän- 
dig auseinander  gesetzt  haben.  So  sehr  wir  nun  auch 
bedauern,  dass  wir  Ij."«  Schrift  bei  unserer  Arbeit  nicht 
benutzen  konnten,  so  viürden  wir  doch  in  der  llaupt- 
eache  au  unseren  Ansichten  Nichts  geändert  haben,  da 
wir  iu  den  Grundsätzen  ,  wie  des  Com.  historische  Glaub- 
würdigkeit zu  beurtheilcn  sei  ,  mit  Lieb,  nicht  überein- 
«timmen  können.  AVenn  er  n.'imlich  von  den  zu  einem 
bestimmten  Zweck  der  Belehrung  geschriebenen  vitis  des 
C.  nicht  die  A'ortrefflichkeit  eines  Historikers  vom  ersten 
Rang  verlangt,  nie  diess  Rinck  und  Ileld  ihun,  so  schlagt 
er  doch  ohne  Zweifel  die  Glaub»  ürdigkeit  des  N.  zu  boih 
an  und  geht  absichtlich  darauf  aus,  die  Stellen,  wo  iler- 
selbe  lon  den  beglaubigten  Zeugnissen  aller  anderen 
Schriftsteller  abueicht,  in  Schutz  zi.  nehmen,  wobei 
denn  gcwölinliih  der  Ausweg,  Nep.  habe  andere,  ver- 
loren gegangene  Quellen  benutzt,  zu  Hülfe  gerufen  wird. 
So  versucht  L.,  nm  nur  einige  Beispiele  anzuführen,  die 
argen  Irrthümer  zu  Anfing  der  vita  IMilt. ,  wo  oll'enbar 
der  allere  'Milliades,  der  Sohn  des  Kvpselus,  mit  dem 
Blaradiüiiier  ,  dem  Sohn  lies  Ciiiioii  ,  verwechselt  ist  und 
ilie  Art  und  Weise  der  Einuahme  von  Lemiius  falsch 
erzählt  wird,  durch  eben  dieses  abgenutzte  Ilülfsmittel 
zu  rechtfertigen.  Mag  auch  Com.  bei  dieser  Erzählung 
den  llerodol  nur  oberlladilich ,  oder  gar  nicht  benutzt 
haben,  so  ist  doch  kein  (irund  aiizunehmeu,  dass  Kpho- 
ruH ,  welchem  er  in  der  Erzählung  der  Einnahme  von 
Faros  nachweislich  gefolgt  ist,  ebenso  geschrieben  habe, 
da  in  demselben  Falle  sich  doch  wohl  irgend  eine  Spur 
dieser  Abweichung  hei  einem  Spateren  erhalten  haben 
Hürde.  Und  waruia  sollen  wir  denn  den  Com.  einer 
iwicbea    ^i'aclilassigkcit    nicht    für    fähig    halten,    da    wir 


nachweisen  klinnen ,  dass  er  auch  da,  wo  die  von  ihm 
oft  wortlich  benutzten  (iuellen,  besonders  Thucydides, 
noch  vorhanden  sind,  wie  im  Leben  des  Themistokles 
und  Paiisanias,  olleiibarc  Versehen  und  Irrthümer  began- 
gen hat!  Ebenso  wenig  können  wir  Lieb,  beistimmen, 
wenn  er  \\t.  Thein.  c.  S.  die  Worte  :  cum  ijuo  ei  hospi' 
tiiim  ftierat  mit  Thue.  I,  13ü.  dadurch  in  Üebereiiistim- 
uiiiiig  zu  bringen  sucht,  ilass  er  das  Plusqnamperf. /"uera/ 
auf  eine  äusserst  gekünstelte  Weise  so  erklart:  ,, es  habe 
zwischen  Adniet  und  Them.  früher  zuar  hospitium  be- 
standen, sei  aber,  aus  einer  Ursache  aufgelöst  ivordcn." 
l'^ergl.  meine  .Abhandlung  zu  der  St.  p.  1(j  mit  der  Anm. 
Auch  iu  der  vita  Pausan.  c.  3-  möchte  Corn.  von  dem 
A'orivurfe,  dass  er  Aen  ersten  in\i\  zweiten  Aufenthalt 
des  Pausanias  im  Hellespoiit  gegen  Tliucvdides  Zeugniss 
veruechselt  habe,  durch  den  Ausweg  L.'s  nicht  gerecht- 
fertigt sein,  noch  auch  können  caji.  V,  1.  die  AVorte  in. 
ilinere  niit  dem  griecli.  Original  (Thiic.  J,  lo4.),  v»o  iu 
TTJ  ödif)  steht,  durch  L.'s  neue  Erklärung  iu  Einklang 
gebracht  werden,  dass  Her  an  der  St.  für  Slrrisse,  üf- 
fentlicliev  Jfeg  gesagt  sei,  da  ilic  für  diese  Bedeutung 
angeführte  St.  bei  Liv.  X-WI,  10.  viel  zu  allgemein  ist. 
Im  Gegentheil  stimmen  wir  Mosc/ie's'  Aiisiiht  (Do  co , 
quoll  in  V.  N.  fac.  restat  p.  19)  vollkommen  bei,  wel- 
cher den  C.  hier  eines  Trrthunis  beschuldigt,«  der  auf- 
fallender Weise  aus  ihm  fast  in  alle  neuere  Geschichts- 
bücher, sogar  in  fliaiiso's  Sparta  übergegangen  ist,  ein 
Beweis,  dass  in  der  Stolle  des  Nepns  kein  Unbefangener 
das  iter  anders,  als  für  Reise,  Rückweg  geiiomnien  hat. 
AVir  brechen  hier  ab,  nm  noch  einige  AVorte  über 
den  lateinischen  Ausdruck  des  A'erfs.  zu  sagen.  Dagegen 
liesseil  sich,  sowohl  was  den  ganzen  Satzbau,  als  einzelne 
Ausdrücke  betrilft,  manche  Ausstellungen  machen;  so 
steht  p.  I.V  gegen  d.  E.  :  argumentum  repefatur  pro  Ne- 
pole  vitarum  auctor  (sie!)  efficiendo;  p.  47  ist  amoliri 
pasB.  gebraucht;  p.  H:  lange  mullo  actatem  prorogarc; 
p.  '22  und  noch  einmal:  repeliendttm.  Oeftcr  sind  un- 
zulässige griech.  Constructiimen  gebraucht,  wie  p.  46  J 
Quae  diceiiili  genux  iu  vitis  obtinens  accusavit;  p.  89! 
Qiiiie  patriam  adiiiverat  f.  ijuiius  etc.  —  Auch  haben  sich 
viele  Druckfehler  eingesrhlicheu;  ausser  dem  3  Seiten 
einnehmenden  Verzeichnisse  sind  uns  noch  als  besonders 
störend  aufgestosseii :  p.  2)i  Z.  2  müssen  nach  philoso- 
phiani  die  \Vorte  liefiliieijiie  vilue  eingeschaltet  werden; 
p.  57,  Z.  13  V.  u.  1.  adliibilos  f.  adhitos;  ebend.  3,  2 
V.  u.  omillere  f.  ommitl.;  p.  7(i  steht  zweimal  Cni  f.  fine; 
p.  128,  Z.  8  V.  o.  1.  I'eriegete  f.  Perlergete;  p.  140  Z.  5 
V.  o.  1.  l'roclidiH  f.  Pr.icridis  und  ebend.  Z.  10  v.  u.  ist 
der  Titel  von  Wigger's  Schrift  so  zu  berichtigen:  de  C. 
Kepotis  Alcil/iade  (j.  critt.  etc.  —  Jedoch  ungea«  htct  die- 
ser Fehler  gegen  die  Sprache,  sowie  dir  von  uns  im 
Einzelnen  gemachten,  wie  wir  glauben,  nicht  unbegrün- 
deten Ausstellungen  können  wir  diese  Schrift  jedem  Freunde 
der  röm.  Literatur  bestens  euijifehlen  ,  da  durch  dieselbe 
eine  sehr  schwierige  Frage,  welche  so  lange  die  fielehrten 
entzweite,  in  der  Hauptsache  endlich  zum  Abschluss  ge- 
bracht ist,  wenn  auch  über  einzelne  Punkte,  z.  15.  ob  sich 
in  dem  als  echt  bewiesenen  IJuche  Interpolationen  finden^ 
was  L.  laiignctj  die  Untersuchung  noch  nicht  geschlossen 
sein   inöibte.  ~  (B  es  ch  1  uss  f  ol  g  t.) 


Z  e  i  t  s  c  li  r  i  f  t 

für    die 

Altertliiimswisseiiscliaft. 


Freitag,   22.  November 


18  39. 


Nr.  140; 


Zur  Literatur  des  Cornelius  Nepos. 
(Bescliluss.) 

Gellen  wir  ciidllrli  zur  Anzeige  von  Nr.  3-  über,  so  niuss 
CS  uns  zuerst  mit  Roclit  uuiidern,  wie  nach  LielierLi'ihn's 
Schrift  (lerscllje  Gegenstand  notlinials  einer  weitläufigen 
llntersuoliung  unter«  orfen  werden  konnte,  da  die  Acten 
im  Ganzen  als  geschlossen  hetrachtct  werden  dürfen.  Dazu 
kommt,  dass  der  Verfasser  von  Nr.  3.  den  Plan  seines 
Buches  so  angibt:  „Consentaneum  esse  mihi  visnm  est, 
omnia  iudicia  at<jue  testimonia  deligere  atque  coniungere, 
saepc  etiam  (id  verbuiii  (zu  ergänzen:  repetere!),  qnae 
inde  a  priniis  tcmporibus  us(jue  ad  nostram  aetatem  apud 
gravissimos  scriptores  de  C.  Nep.  optimc  invenircntur , 
atque  ea  ,  quae  minus  dilucide  ab  iis  exnosita  cognovis- 
sem ,  pro  lirilius  illnstrare.  —  Aliorum  VV.  DD.  dispu- 
tata  audacter  impugnando  viam  plane  novain  mihi  aperire, 
non  meum  esse  iudicavi."  So  sehr  nun  auch  eine  solche 
Bescheidenheit  im  Urtheilen  zu  loben  ist,  so  wenig  kann 
dabei  die  Wissenschaft  gefördert  «erden,  wenn  nicht 
eigene  Forschung  und  selhstständiges  L'rtheil  hinzukom- 
men. Diese  zwei  nuthwendigen  Erfordernisse  zu  einer 
gründlichen  Untersuchung  der  Art  können  wir  aber  dem 
vorliegenden  AVerke  nur  in  beschränktem  .Uaasse  zuspre- 
chen, da  es  grösstentheils  nur  eine  allzu  iveidiiiifige  Com- 
pilatinn  ist  aus  BardilCs  Noten  zur  Praef.  T.  I.  ed.  Stav., 
aus  Rinck,  Diihne  und  Lieberkiilin.  Die  Ansichten  die- 
ser A'orgiinger  werden  in  der  Regel  «örtlich,  und  z»ar 
im  Texte  seUist  angeführt  und  füllon  häufig  ganze  Sei- 
ten. Am  meisten  ist  Dühnes  Einleitiuig  zu  seiner  Ifelmsf. 
Ausg.  von  1830  benutzt,  »velrhe  Lütk.  nur  einmal  an- 
führt, ungeachtet  er  ganze  Stellen  mit  geringer  Aen- 
derung,  ja,  fast  den  ganzen  Gang  <ler  Untersuchung 
aus  ihm  entlehnt  hat.  Damit  unser  Urfheil  nicht  unge- 
recht erscheine,  so  vergl.  man  C.  I.  ^.  3.  bei  Lütk.  mit 
Dähnes  Einl.  p.  XIV,  feiner  g.  6-  mit  D.  1.  c.  p.  XV 
—  XVII,  welche  fast  «örtlich  übersetzt  sind;  ausserdem 
C.  II.  §.  5.  über  den  Zweck  der  vitac  mit  D.  1.  c. 
p.  XXIA^  sq.  coli.  p.  XLV;  Lütk.  p.  94  sq.  mit  Dähne's 
Einl.  p.  XXIX,  L.  p.  95  n.  f.  mit  D.  p.  XXXV. 

Kann  nun  auch  dies?r  Zusammenstrlliing  das  Lob  des 
Fleisses  nicht  abgesprochen  «erilen,  so  vcrmisst  man  an- 
dererseits die  erforderliche  Genauigkeit  im  Einzelnen: 
denn  abgesehen  davon,  dass  dieseRien  Stellen  oft  z«ei- 
bis  dreimal  wörtlich  wiederholt,  dass  aus  den  vitis  selbst 
schon  Beweise  hergenommen  werden,  che  noch  die  Echt- 


heit derselben  erw  iesen  ist,  finden  sich  nicht  wenige  falsche 
Ci(a(e,  so  dass  es  scheint,  Lütk.  habe  sie  vorher  nicht 
im  Original  nachgelesen.  So  wird  z.  15  p.  IS  auf  l'lin. 
lib.  V,  c.  III.  (sie!)  verwiesen,  wobei  Jeder  an  den  al- 
teren Pliiiius  denken  muss  ;  gemeint  ist  aber  l'lin.  Epist. 
V,  3,  6;  p.  24  citirt  Lütk.  diesellie  St.  so:  l'lin.  V,  3! 
Nach  diesen  mehr  allgemeinen  nemerkuiigeii  «ollen 
«ir  sehen,  was  rler  Verf.  im  Einzelnen  zur  Weiferfüh- 
rung der  Untersuchung  geleistet  hat.  Die  ganze  .Abhand- 
lung zerfällt  in  '2  Capitel,  von  welchon  cap.  I.  in  H  Pa- 
ragraphen von  dem  Leben  des  N.  ,-  das  zweiie  in  8  Ab- 
sclinittcn  vnn  seinen  Schriften  handelt.  Im  ersten  Cap. 
finden  sich  wenige  eigene  Ansichten,  indem  Lütk.  ge- 
wöhnlich der  Meinung  Lieberkühu's  beitritt.  Als  Gc- 
liurtsjahr  des  N.  nimmt  er  das  J.  90  v.  Chr.  Geb.,  als 
Todesjahr  30  an.  Was  den  Geburtsort  des  C.  betrifft, 
so  findet  er  zwar  unter  den  4  verschieileueii  jAIeinungeii 
darüber  die  von  Lieb,  als  die  auMehmbarste,  bemerkt  aber 
mit  Recht,  dass  die  Sache  .Tis  fliangel  an  üafis  niemals 
ganz  entschieden  werden  könne.  —  Im  zweiten  Abschnitte 
wird  zuerst  das  schon  fiekannte  weitläufig  wiederholt, 
ohne  dass  Ltk.  selbststSndige  Urtheile  aligibt.  Nur  über 
die  Chronica  wagt  er  eine  eigene  Verinuthung,  indem 
er  sich  über  Ihre  Anordnung  im  Gegensatz  zu  Lieberk. 
so  ausspricht:  ,,Itaqiie  equidem  opinor,  opinor  iiiquam , 
primum  librtun  chronicorum  exferarum  gentium  ,  alteruia 
romanas  et  tertium  graecas  res  praeclare  gestas  auiplexum 
esse."  In  i^.  3-  verwirft  er  mit  gutem  Grunde  ilie  von 
Dähne  in  der  Einl.  1.  c.  p.  X\,  Anm.  37.  vorgebrachte 
Conjectur,  dass  in  der  St.  des  Suefon  de  ill.  Gramm. 
1.  I,  c.  IV:  Cornelius  qnoque  in  libro,  quo  distinguit 
literatum  ab  erudito  etc.  für  quo  quodam  zu  lesen  sei, 
da  die  folgenden  AVorte  diess  schon  nicht  zulassen.  — 
Die  Untersuchung  über  die  von  Nep.  erhaltenen  Frag- 
mente, welche  Lieh,  so  sorgfältig  beiuitzt  hat,  sind  von 
Lütk.  ganz  unbeachtet  geblieben,  weil  es  ihm,  wie  er 
sagt,  „nou  magni  momenti  niateria  visa  est  (!)."  In  §.4. 
wird  die  Gesclii.hte  der  Ivritik,  «eiche  die  25  vitae  bis 
jetzt  erfahren,  zusammengestellt  und  ilie  verschiedenen 
Ansichten  der  Gelehrten  aufgezählt  und  zu:n  Theil  wider- 
legt,  wobei  er  sich  fast  ganz  an  Dähne  uiiil  Lieberk. 
angeschlossen  hat.  Unter  den  Bekäinpfern  der  Echtheit 
führt  Ltk.  auch  ((i.)  Hermann  und  Heinrich  Meyer  an, 
ohne  jedoch  anzugeben,  wo  diese  Männer  ihre  Ansicht 
ausgespi-cobcn  haben.  Ueber  ersteren  vergl.  Lieberk. 
1.  c.  p.  6 j  5  "0  "^s  heisst:    „Hermaiini  mentioncm  faccro 


1123 

ilicKur  prngrammafis  D.'ilinl.iiii  roiisor  in  diario  Allg'em. 
Srlitilz.  II  Abtli.  Kr.  .H.  J.  INJT.  "  o(r.  ;  H.  Meijer's 
Ausiilit  fnidft  sich  in  der  Zeilschr.  für  /llterl/iuinnir.  v. 
J.  ISS).  i\r.  l.Sd.  SVas  dir  Prrson  iles  l'rol.us  l.flrifft, 
so  vernirft  Li'itk.  mit  lloclit  Rinik's  und  Liebrrkülin's 
Wciiiiino^  ^  als  sii  dariinlcr  der  lirri'ilinife  Prai-f.  jiraoforio 
zu  VI t>(p1ii'ii.  A\  <'nn  pr  alior  zum  l5pHcise  anf  einen 
lurtim  Tilziaiuie  intrndnrfinnis  verweist,  der  so  l>efinnt: 
„Haer  anfi-m  (|uiim  de  Acmilii  Prnlii  npera  milii  statiienda 
esse  virleantnr,  diiiti  V.  G  V.  Rintkii  seiitentiam  iion 
proliare  jiossnm",  so  sieht  Jeder,  dass  diese  A^  orte  nicht 
Ton  Titze  herrühren  können,  dessen  liuch  srjinn  1813 
crsrliienen  ist,  «»«(e-jen  Rinck  erst  im  J.  1SI8  anftraf. 
Es  s(')ieint  daher,  dass  unserem  A'erf.  die  Collertaneen 
in  ronfnsinn  ^'ernthen  sind  :  denn  die  fra<;lichen  Worte 
stehen  hei  Ihtrd'di  Tom.  I.  ed.  Staver.  p.  CW.  not.  der 
Praif.  —  Den  in  ^.  5.  fnr  die  Eclitheit  der  vitae  ge- 
fi'ihrlen  Oeiieis  können'  wir  um  so  mehr  libergclien ,  da 
er  bei  Lieb,  sntiohl  vollsiandiijer ,  als  scharfer  }felie(ert 
ist;  nnr  liemerkeii  »ir,  dass  »lir  Li'itk.  nicht  heistininien 
Jkönnen,  nenn  er  p.  ~'.i  nnd  p.  |S4  ge^jen  Bardili  (Praef. 
p.  CIL)  belian])tet,  ilass  die  vorhandenen  vitae  <lurch 
Pridins  gar  keine  Interpolationen  erfahren  h/ltten.  Da- 
gegen rem  eisen  wir  vorläufig  nur  über  die  ohne  Zucifel 
jnterpoliite  Stelle  der  vit.  Tliem.  c.  X.  von  <len  Grab- 
niSlern  des  Themistokles  anf  unsere  vorher  erwähnte 
ALIiandluiv^  S.  18  «"/.  ,  da  «ir  den  ausfiihrlichen  Beweis 
spater   zu    fuhren    gedenken. 

Die  [rntersuchung  liber  die  Sprarlie  des  C.  ,  worin 
Lieh,  so  Treffliches  geleistet,  ist  von  Li'itk.  nur  ober- 
flaihlich  berrlhrt;  ebenso  unzulänglich  ist  das,  was  i'iber 
die  lides  histnrira  gesagt  wird.  Wir  müssen  daher  unser 
Endnrtheil  dahin  aussprechen,  dass  durch  Herausgabe 
dieser  Schrift  weder  der  Wissenschaft  ein  besonderer 
Gewinn  erwachsen,  noch  auch  die  Anschafl'ung  von  Lie- 
lierkiihirs  lin(  h  entlir'lirlich  gemaclit  norden  sei,  da  nieli- 
rere  nicht  unwichtige  Punkte  entiieder  ganz  ausgelassen, 
oder  doch  nur  nnvollsf.'iiuijg  behandelt  sind. —  Die  Sprache 
des  ^  erfs.  ist  etwas  steif  und  ohne  I'lnss  und  bekommt 
durch  die  überall  in  den  Text  verwebten  fremden  Lappen 
etwas  Bunt;,  heckiges.  Dagegen  ist  der  Druck  des  Buches 
g^ut   unil   das   Papier  splendid   zu   nennen. 

3Iünstereifel.  /.  Freudenhers. 


Vcriaisclitc  .Viifs;'i(/,c. 
mitgcthcilt    von    Wilhelm  Dindorf. 


Ton  dem  Prolog  der  Chuephoren  des  Aeschvius  sind 
in  ilen  bis  jetzt  bekannt  genordenen  Handschriften  nur 
die  zwölf  Iclzton  Verse  enthalten,  die  klel.iere  Hälfte 
des  «ian/en  ,  d;e  d.i  beginnt,  hü  Orestes  den  Chor  der 
<'h"cphoren  gewahr  wird,  i'u,  xi  yjtrjia  i.n'<yr,(j)-^  x/i; 
TTOtt'  r,d'  üfD^yvoii  II.  s.  »V.  Die  vier  ersten  V'erse  des 
Stiirkes  und  den  Anfang  des  fünften  haben  die  Heraus- 
geber ans  der  Anführung  des  Aristophanes  in  den  Vrü- 
Bchen  \.  tl3>-.  entnommen;  zwei  andere  etwas  spater 
foljeude, 


1124 

(feoui  Ss  nXoy.atiov  'Ivä^j^uj  ^QEZxiifjiov , 
Tuv  öevTfooi'  dt  Toiiöe  n'ev9i]Ti[Qiov , 
hat  der  Scholiast  zu  Pindarus  erhalten  zu  Pyth.  4,  145. 
Hierzu  kommen  gegenwartig  noch  zwei,  doppelt  beglau- 
bigte Verse,  in  welchen  Orestes  den  Grund  angibt,  warum 
er  erst  jetzt  dem  ermordeten  Vater  die  scluildigen  Opfer 
kindlicher  Pietät  darbringt, 

oi)  yaQ  TTUüujii  vHiwi;a  öor,  nurfQ,  ftoQOV 
oid'  i!;iTtnu  x^^'Q    i^'  ty.tfUQn  vt/.oov. 
Die   let/.teren   Worte    berühren  einen  aus    mehreren   Stel- 
len  der   Alten   bekannten    Gebrauch,   der  aus   den   Worten 
des  Euripidcs   deutlich    wird,   Suppl.   772. 

(cKK  eiev,  uoüi  yeiQ   an aririaaq  ve-xooiq 
'.^/öov  TS  itoXna;  ixxif'J  Say.oi'(jp(j()Vi, 
(f'ikovq  TTQuaavödjv,  löv  XfKsi^^iivoq  zäkas 
ioi-i^ia  yj.uu). 
Alcesf.  7()7. 

t)  S'  ex  Söj^iüjv  fftßijx£v  oi'S'  ecfinjroLnjv 
orS    ei:iiiiva  X^io,  dTToifiuH^wv  ifii;v 
SioTiotvav ,  i)    fAoi  Trdcrl  x'  oiy.ixaioiv  i]v 

Jene  neuen  Averse  des  Aeschvius  aber  werden  zugleich 
als  Entschädigung  für  die  in  der  Iphigenia  in  Aiilis  an- 
gerichtete Verwüstung  dienen  können,  unil  zwar  als  eine 
mehr  denn  hinreichende  Entschädigung.  Denn  da  Ari- 
.stophanes  in  den  Fröschen,  wo  die  Poesie  des  Euripides 
gegen  die  des  Aeschjlus  abgewogen  wird  ,  der  Aleinung 
ist,  dass,  wenn  man  in  die  eine  AVaagschalo  den  Euri- 
pi<les  mit  seiner  Frau,  seinen  Kindern,  seinem  Haus- 
freunde Kephisophon  und  seiner  ganzen  Poesie  setzte, 
in  die  andere  hingegen  zwei  Verse  des  Aeschj'lus  lege, 
das  IJebergewicht  auf  Seiten  der  letzteren  sein  werde, 
so  w  ürde  ,  nach  diesem  Verhaltnisse,  schon  ein  einziges, 
bisher  unbekanntes  Wort  des  Aeschylus,  dergleichen  noch 
manche  zu  Tage  zu  fördern  sein  werden,  geeignet  sein, 
als  Aeqiiivalent  zu  dienen  für  einige  Hunderte  pspudo- 
Euripiiieischer  ,  oder,  wem  das  zu  glauben  belicht,  Eu- 
ripideischer    Verse. 

n. 

Der  Prometheus  des  Aeschylus  ist  unter  allen  Stücken 
dieses  Di<  hters  das  am  wenigsten  verdorbene.  Die  ge- 
ringeren, leicht  zu  erkennenden  Fehler  des  handschrift- 
richeii  Textes  sind,  wenn  auch  nicht  alle,  doch  zum 
grössten  Theil  durch  die  Bemühungen  älterer  und  neue- 
rer Kritiker  beseitigt,  wahrend  in  der  ,  glücklicherweise 
nicht  grossen  Anzahl  solcher  Stellen,  in  welchen  das 
Wahre  weniger  auf  lUr  Oberfläche  liegt,  das  umgekehrte 
'A'erhaltniss  stattfindet  :  wie  ich  für  jetzt  an  zwei  .Stellen 
des  Chorgesanges  F)'2-\  —  .'jliO.  zeigen  will.  Die  erste 
Strophe   desselben  schliesst  mit  ilen   Würfen 

l^iljd'   öXiloijil  koyoii, 

uK^ä  fioi  xod'  iufdroi 

y.o.l  fii^rrox'  üx-cay.sii] , 
Die   .4ntistroplie   hingegen 

/^r,Va    yUQ    Ol'    TOOUiUJV 

i'öia  yvojfirj  rrjßit. 
OyaxoL'i  dyav^  Il^oitij^ei'. 


11?5 


1126 


So  vielfarlic  Vcrsai-Iic  auch  jjpriiarlit  worden  sin«?,  ilpii 
in  ifiici  ,  rinfin  oflriiljarpn  (iliisscMi  lies  von  Apsflirliis 
gpliraiiclifon  Kiiillieton ,  liogeiiilon  Frliler  zu  beseitigen, 
SU   liat  (loch   keiner   die   wahre  Lesart  getroffen, 

av(uvv)  yvuiiin  oißEi. 
AvTOVdlSi  ein,  »ie  dnhi'vovQ ,  «ahrscheinlich  erst  von 
Aeschvlus  znui  Behuf  dieser  .Stelle,  und  zwar  sehr  pas- 
send geliildetes  Ailjettit  um ,  mit  «leliheni  das  von  den 
Äeuplatonikern  gelirauclite  .Sulistaufiium  aölOVOL'i  Nichts 
als   die   jiussere    Aehnlichkeit    j;rmcin    hat. 

Aicht  weniger  missinngen  sind  die  Conjecturen,  durch 
welche   man   die   Schlussversc   der   zweiten   Stroplie, 

akauv  yh'Oi  eiirTf:To8iOii£vop  ;  otJore 

tav  zliui  äouoviav  dvaruiv  na^ti;iafjt  ßovkat, 
mit  den   entsprechenden   der   Antistrophe, 

iüraTi  yäiitov ,  öre  ruv  önoTUTgiov  iSvoK; 

uyayci'lloiovav  TciQiov  öaiiaora  y.ono/iy.Toor, 
in   Ueberein.itininiuii;;  zu   Iiringen   gesucht   hat.     Auch  hier 
entfernen  sich   die   \'or»clil;igc   der  Kritiker  ziemlich  «eit 
von   der  ursprünglichen  Lesart, 

uIxiMV  yivui  in:T£:Tod/(7utuur;  olrruTS  Siaro'jii 
t<j.v  zJtü^  uüuuviuv  diiöoujv  rzaQttiuai  ßuir.at. 

IIL 

Einer  der  schönsten  Chorgesänge  des  Sophocies,  im 
Oedipiis  .luf  Kolchos,  6(i8  —  719,  ist  noch  immer  durch 
eine  plumpe  Interpolation  eines  Absclireibers  entstellt  in 
«leu    fersen   7UÜ  —  7U2. 

o  räds  i^äk/ei  ulytora  ;^w'p«, 

yKav/.ai,  Tratdoxoucfov  (fvLKuv  i'l.äaq- 

TU  uev  T/c  oi're  psaodi  oire  '/i/ju 

oi-itmvu)v  dkivioiEi  7teoou(;. 
Dem    dritten    dieser     l'erse    entspricht    in    der    .antistro- 
phe  715. 

TToioTutcri  TatarSs  y/riauq  ciymaig. 
Es  leuchtet  ein,  dass  der  Fehler  in  der  Strophe  zu 
suchen  ist,  worüber  von  mir  in  den  Anmerkungen  Fol- 
gendes bemerkt  »vurile  „oiTt  veuoui]  Scribendum  oit  **. 
Excidit  enim  rocabulum,  <juod  a  rocali  incepit  et  trochaei 
niensuram  habuit,  cui  grauimaticus  aliijuis  rfaoö,"  snbsti- 
tiiit,  ut  iu  locis  ad  r.  47Ö.  indicatis.  oi'dlv  ii'aoui  B.  V. 
OiTS  PiO^  T."  Erst  später  ist  es  mir  gelungen,  das 
fehlende  Ailjectirum  zu  ermitteln,  welihes  kaum  ein  an- 
deres gewesen  sein  kann,  als  das  aus  Tlieokrit  Ivekaniite 
r,ijOi,  das  auch  von  Seiten  des  Sinnes  passender,  .tIs 
vtaooi  ""<!  i'£OC  hier  ist,  wo  nicht  sowohl  die  Jugi-i.d 
an  sich,  als  die  Fülle  jugendlicber  Kraft  der  moralischen 
Kraft  des  Alters  entgegengesetzt  «ird.  Es  ist  demnach 
mit  .4nwenduug  der  Dorischen  Form   zu  schreiben 

TU  fiiv  T<§  o'uif  dßoi  oi'ie  yijgci.  — 
In   der  .anderen  Stelle  desselben  Stucke.«,   V.  475. 

oic'i  vtagu^  vsoTioy.v)  uaikifi  ßal.uiv 
scheint  mir  jetzt  VFat.oüs  das  Richtige  zu  sein ,  was 
durch  rcagd^  erklürt  «urde,  wie  vtnl.r-:.  in 6  (tt'^i'.Tt 
uorr/o;  bei  Mcaiider  ,41exipli.  3ÖJ>.  von  dem  Scholiasten 
durch  vsaoa  wiedergegeben  wird.  ü.isselbe  echt  At- 
tische  M'ort  vtut.r;    liegt  auch   iu  einem   ^'erse   des  Eu- 


ripideg  verborgen,   AIccst.    10'3,   wo    in   den  IFandschrifteo 
gelesen   wird, 

■jttvDii  TTiTiet ,  oiSs  veoLala 

dov:itt  ■/^iig  yinuiy.ojv , 
was  ebenso  sehr  gegen  das  Svlbenmaass  der  Strophe,  wio 
gegen  den  Sprachgebrauch  verstösst,  der  pio/.aia  nur 
als  Substaiitivum,  nicht  als  Adjectivuin  anerkennt.  Ohne 
Zweifel  schrieb  Euripides  Ol  dt  rla/iji  öoiTlti  '/ii^ 
yi'vaiy.üiv ,  unil  selbst  der  Grammatiker,  von  welchem 
violuia,  ein  bis  in  «lie  spätesten  Zeilen  des  Mittelalter» 
gebrauchtes  AVort,  licrriihrt,  dürfte  dasselbe  nicht  als 
Adjectivuin  betrachtet,  sondern  vielmehr  als  Glossen)  zu 
der  vom  Dichter  gebrauchten  limschrcibuiig  rial.tjc,  %iip 
beigeschrieben   haben. 

IV. 

Die  handschriftliehen  llülfsmittel  zur  Kritik  des  Eu- 
ripides sind  bekanntlich  von  sehr  ungleichartiger  Be- 
schaffenheit und  für  die  sieben  ersten  Stücke  nebst  Rhe- 
sus und  Troadeu  von  weit  grösserer  Bedeutung,  als  für 
die  zehn  übrigen,  von  wehhen  man  bis  jetzt  nur  einige 
papierne,  nicht  über  die  ."Mitte  des  vierzehnten  Jahrhun- 
derts hinansgeheiide  llaiulsclirjften  kennt,  die  sich  genau 
genommen  auf  zwei  reduciren,  eine  Florentiner  (^Flor.  Q. 
bei  Matthiae,  früher  von  ^  ictorius  verglichen),  aus  der 
einige  andere  uiiinittelbar  abgeschrieben  sind,  und  eine 
Vaticaiiische  2S7.  Diese  zu  ei  Handschriften  aber  sind 
wiederinii  einer  einzirjen  fast  gleich  zu  achten;  sie  wei- 
chen seilen  iiiid  meistens  nur  in  iinwe^entlichen  Dingen 
von  einander  ab.  Beide  stammen  offenbar  aus  einer  nicht 
viel  älteren  Handschrift  ab,  <Ieren  .Schriftzüge  an  vielen 
Stellen  bald  ganz,  balil  halb  erloschen  gewesen  seil» 
müssen,  woraus  sich  die  Fehlerhaftigkeit  und  Lücken- 
haftigkeit so  vieler  ^'ersc  erklärt,  deren  Verstellung  den 
Kritikern  oft  gelungen,  oft  auch  missluiigen  ist.  Ein 
einleuchtendes  Beispiel  für  die  Richtigkeit  jener  Annahme 
bieten,  unter  vielen  anderen,  die  1  erse  im  Cvclo|)S  dar, 
vio  der  Chor  der  Satyrn  im  Einverständnisse  mit  Odvs- 
seiis  ,  den  Folvphcmus  iu  die  Höhle  zu  locken  suchi 
V.   ülü— 516." 

y.al.ov  bui^uf.aiv  ötSoQy.uji 
y.o.kuv  ix-itgd  /nekdiluvjv 
***  <flt.tt  T/i,-  riuä^. 
Li'yvo.  d'  äuiisi  öi'.i'a  aoif 
'Jiuüci.  •/   vji  Ttgina  vcucfa 
dgnoiguii'  iOij>9iv   uvroviv. 
Dem   zweiten    Verse   fehlen   ilie   beiileii  ersten   .Sviben,    an 
deren   Stelle   y.ukOV    aus   dem   Anfang   des   vnrhergehendeo 
Verses   wiederholt   ist;   dem   ilrilteu   fehlen  die   drei   ersten 
Sviben.     In   der  flJitte   des  vierten  Verses  waren  die.Schrift- 
y.ü^e    der    älteren   Handschrift    zwar    noch    nicht   ganz   er- 
loschen,   aber   doch   schon   so    unkenntlich,     dass   iler   Ab- 
schreiber   nichts   Besseres,    als    das  siiinlose   uiuiii  daia 
herauszulesen     vermochte.       Der    Corrector ,     dessen    sich 
Aldns    bei    seiner   .Ausgabe   bediente,     niai  hte    daraus   mit 
einer   leichtsinnigen,   durch    das   voraustilieude  /  / /fj/a  ver- 
anlassten   Interpolation,    kvyyo.    d      ouiitiu    data,    was 
wenigstens   riimiu    hätte    fieissen    müssen.       Ettias   klüger 
war  der  Schreiber   einer  Pariser   .-ibschrlft,  der   iu   dnuci 


1127 


1128 


da«,  auch  uti  Virforiiis  erratliPiic  l'frixini  äiJinvll  er- 
kniinfc-,  «Itj.'f^'oii  il.is  fi'hlcrliafle  bnia  rrur  yoüa  '/^  £Ü; 
nnlienihrt  licss.  Eine  gpiiauorc  Eriw'iijiiiig;  ilcsteii,  was 
liiiT  gcsaf^t  AI  erden  konnte  und  miisste ,  fiilirt  sehr  bald 
;uif  die  riclitisje   Lesart, 

}.i'j(va  (V  äiiuivei  ■rraXai  ouv 

'/nö'-  oj'/,  uii  Ttgeiva  vviicfa 

In  der  alteren  Hanilsrlirift  waren  im  ersten  Verse  ivahr- 
sclieinlicii   nur   folgende   Scliriftztije   zu   erkennen 

AYXNA  J AMMEI yUIIOiV. 

«orans  öcti".  geinailit  «nrde,  um  weiiijjsiens  ein  Grie- 
cliisrties  Wort  zu  bekomtiien.  Kin  geringeres,  ebenfalls 
aus  falscher  Lesun;;  lier>org;e<;angeiics  \^ersehen  bieten 
in  demselben  Gcsanje  die  Worte  v.  49'.).  dar,  Cpil  öe- 
uriuu  Tf  tnv^uv  yhbavijc  iywr  hrnloac,  statt  enl 
öiuvioioi  T  diiio^.  D.is  merkmirdigste  13eis[>iel  aber 
golelies  unbehutsamen  ^'erfalirens  bei  dem  Abschreibeu 
älterer  Handschriften  enthalten  bei  Enripides  die  ^'erse, 
mit  «elclieu  ein  in  lieler  Hinsicht  interessanter  Chorfe- 
san^  in  der  Helena  schliesst,  136(i — 1  <(")S  ,  wo  der  Ab- 
gchreiber  aus  den  halbcrlnscheneu  Zn>{en  der  Hand- 
Schrift,  die  ihm  vorlag^ ^  füllenden  Unsinn  herausbuch- 
stabirt  bat, 

ev  de  riv  äfiaotv 

vrreQ/juhs  oel.äva 

j.ioo(fa  iiovov  i^üysiq, 

der  sich  zu  den  klaren,  einfachen  Worten  des  Dichters, 
über  die  ich  andcrsivo  Veranlassung  haben  werde  zu 
sprechen,  ungefähr  so  rerli.'ilt ,  wie  TiO^  yeKoiOTO.TOV 
'/.UTliJOV  in  dem  Raiennatischcn  Scholion  zu  Aristo])li. 
PI.  l!o').  bei  Iiuernizzi  zu  der  wirklichen  Lesart  der 
Handschrift  TliJU-i  yiiKoiza   xou   d£UT(jui'. 

V. 

In  einem  früher  in  dieser  Zeitschrift  mifgetheilten 
Aufsätze  (Jahrgang  1836,  1.  Heft,  S.  T-)  habe  ich  auf 
die  von  den  Abschreibern  bisiveilcn  verdunkelte  Optativ- 
eniluiig  oiv  statt  Ofiil  aufmerksam  gemacht  und  zu  den 
bi>lii-r  aus  .Aufiihrungen  der  (irammatiker  bekannten  zivoi 
Uelegen ,  dem  einen  aus  Enripides,  ileni  andern  aus  kra- 
linus  ,  einen  dritten  gefügt  ilurch  Herstelhing  der  u.Tliren 
I.,ps3rt  idotv  i'duiv  mv  y.uimQ  (od'  dTUjilSvo^  bei  So- 
phiicles  .Aj.  384.  Hierzu  kommen  jetzt  noch  zwei,  gleich- 
falls von  den  .Abschreibern  interpolirte  Stellen  des  Enri- 
pides, die  eine  in  dem  I5ruclis(iickc  des  Ercclithcus  bei 
dem   Redner  Lvcurgus  p.    KiU,  28- 

knylCouat  dh  TioKka,  Ttooixa  /liv  TToKiv 
ovy.  äv  t:iv    akl.tjv  rijode  ßcKriu)  f.aßsiv, 
uo    /.aßotv    zu    schreiben ;    die    andere    in    den   Troadea 
yjö-  Tov  r'  ciyyirjrtiuvoav  ydv' Ivviii)  vavra -TTuvTdi, 
«o   H.  .Steplianus   mit  seiner  Coniectur  vuleadai  «olil  dag 
rechte  Vcrbum  traf,  nicht  aber  die  rechte  Form  , 
rav  z'  dyyioT£vov(rav  y'Xv 

Joilloi    VUioiV   TTÜVTiii. 


Tl. 

Der  Anführung  des  Gallen  in  seinem  Ilippokratischcn 
Worterbuche  verdanken  wir  ein  bedeutendes  Bruchstück 
aus  den  ^lancOS^c  des  Aristoplianes  —  das  erste  in 
meiner  Sammlung  p.  529  der  üxf.  Ausg.  —  in  «elchem 
ein  in  den  Schulen  der  Rhetoreu  gebildeter  Jüngling 
seinem  alten  Vater  mit  den   Worten  droht 

'Jl  /iijv  t'o(j)g  (Ji>  y.aTCi^kryijojj  nß  y^Quvii), 
worauf  der  Letztere   erwiedert, 

TU  y.aTUTrXljyyiajj  toüto  Trotpa  Ttov  ^t]ZUQU>v, 
Statt  y.UTUTlXijyijOr^  setzte  Brnnck  y.azairXc'.yt'jriEi ,  eine 
Verbesserung,  die  von  Porson  und  von  mir  selbst  gebil- 
ligt und  vielleicht  von  keinem  Leser  dieser  Verse  je  bc- 
zueifelt  wurden,  aber  dennoch  falsch  ist.  In  beideu 
Stellen  muss  y.aTailkiyijirei  geschrieben  werden,  von 
einem  bisher  unbekannten  Compositum  y.UTO.itKioOEOdui, 
welches  eigentlich  das  Ueberholen  im  Laufen  oder  auch 
das  Miederrennen  bedeutet,  von  Aristoplianes  aber  auf 
die  Ucberlegenhcit  in  sophistischer  Fertigkeit  angewen- 
det worden  ist.  Ein  besonderes  Interesse  erhält  diese 
Verbesserung  noch  dadurch,  dass  sie  zugleich  eine  dun- 
kele und  sehr  verdorbeue  Glosse  des  He.sychius  in  das 
klarste  Licht  setzt,  zu  deren  Aufklärung  die  Heraus- 
geber des  Lexikographen  soviel  als  jNichts  beigetragen 
haben,  y.aza:Tkyyjii]oii:  zu  ßi^fia  naiaJlXi'jyf.ta  /.£- 
yovai.  TU  ovv  xuto.^ijoui  f^iCTuyuvzci  änu  ziov  y.v- 
ktu^ihmv  y.al  toic,  nuai  y.arcuoeyuvTUjv  ovToji  (faal 
y.avay-oaTijd^sli  (y.aTaxoaTij!}ijoet  Perger).  Jetzt,  nach- 
dem die  Beziehung  auf  die  Stelle  des  Aristoplianes  von 
mir  nachgewiesen  ist,  ergibt  sich  von  selbst  die  Verbes- 
serung der  ganzen  Glosse,  xaT  aTlXiyil  a  C I :  TU  ßijj.ia 
nrkiyfia  Xiyui'Ol.  tu  olv  y.azauXti;£l  (oder  r.aTankl- 
^aa'^ni)  fUTayoirsc  djiu  -tujv  y.vl.iOf.iivo)v  xac  TOlg 
TTuol  -y.aTO.TQsyovTow  uL'Tiog  cfaai  y.azaxQazijdr^asi. 
(Beschluss  folgt.) 


Pcrsonal-Clironik  und  Miscellen. 

Dü.sscldoif,  den  17.  Sept.  Der  J.iiircsbcricht  i'ibcr  das 
hiesige  Gviimasiini)  in  dem  .Schuljahre  1838  — .S9  enthalt  von 
clcni\.ith"r,lisc!!en  Helisiunslohrer  J  L  Von  den  Driescb  eine 
(lisjtiitatiit  ih:  natura  ac.  raUonc  terliae  Jesu  Christi  tentalioiiis. 
Oiclin.iiiiis  dti-  I'rinia  war  im  verllossencn  Jalirc  Professor  Dr. 
llildchra  nd,  der  Secuiida  siip.  Prof.  Dr.  Cronie,  der  Sc- 
ciinda  inf.  Oberlehrer  (Irasliof,  der  Torlia  Oberlehrer  llonig- 
111  an  11,  der  Quarla  Dr.  C  a  p  elliii  a  n  n,  der  Quinli  Lehrer 
Hfl  II,  der  Sexta  Lehrer  .M  c  n  n.  Ansier  dem  Director  Dr.  I''r. 
Wiillncr,  dem  Oberlehrer  Dr.  Hülstetl,  den  Lehrern  Prof. 
Brewer  und  Schmidts,  den  bciilen  Relii;ioiislclirern  Von  den 
Dricscli  und  Consisloriabatli  Prof.  Bodde  waren  noch  die 
Scluilaiuts-Candidalen  H.  li  o  n  c  ,  Fr.  P.  Peters,  M.  Marco- 
wil/,  und  Dr.  Boyniann  an  der  Anstalt  beschaftii^t.  Die  An- 
zahl der  Schiller  betrog  2.^8,  wovon  2.3  innerhalb  des  Jahres, 
unil  am  Schlusec  25  Primaner  als  Abiturienten  ausschieden. 

Halle  .3.  Ang.  Ilenle  leierte  dieUniveriilät  den  Geburtstag  ihres 
erliabenen  Erliallcrs  in  der  aKadeniischen  Aula  um  11  l'br  durch 
eine  liede  des  Prof.  Dr.  .Meier  iilier  Sinn  und  Bedeutung  des 
Solonischen  Gesetzes,  was  bei  bür;;erlicbcni  Zwist  Partei  zu 
nehmen  befahl. 


Zeitschrift 


für   die 


AI  terthums  Wissenschaft. 


Sonntage   24.  November 


18  39. 


Nr.  UU 


Vermischte  Aufsätze, 

miigetheilt   von    Wilhelm  Dindorf. 

(Bcschlass.) 

VII. 

Eins  der  räthsclLafiesten  VcrderLiiisse  haben  die  Verse 
des  Kraiinus  erlitten,  «elclie  der  Scholiast  zu  den  Worten 
des  Aristuphanes  f.  354.  anführt,  zai-  vvv  (f'1]0i,  8ia 
Tov  Kkctadivi}  iyevovTO  yi'vaiy.eg.  ovroq  öe  ml.y.ivaL- 
öeia  SiaßakXeTai.  roiirov  öe  o'iq  yiivuiy.tC,6ii£vov 
oi'x  'AQiatoffävijc,  StnßäkKet  fAovoc,  äkka  y.al  Rqu- 
■Tti/oq  liv  IIvTivTj,  ksyuiv  oi'TOjg-  „kijosic,  Ix^'^-  yQO-(p' 
avTui  iv  enetaodup-   yeXoio^  iöTUi  KkeeaSivjj   xv- 

ßsi'iDV      £V     T7J     Toij    y.OtXkoi'Q    CXf/f."     TOVTOV    lÖOL'CiCU  , 

(prjaiv,  ai  ISatfhkca  f/^  yvvalv.a;,  iiersfioQcpviaav  eav- 
TCtq.  In  der  Rarennatischen  Handschrift  fehlt  dieses 
Scholion:  die  Venctianische  stimmt  mit  <ler  gewöhnlichen 
Lesart  üherein,  und  ebenso  Suidas  unter  dem  Worte 
Kketfr9§vuvi;  ,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  bei  ihm 
die  Handschriften  you(fu)v  ai'Tov  oder  aöriß  oder  aÖT 
geben.  Einen  Theil  des  Wahren  traf  Bentlcy,  als  er 
verbesserte  , 

ki]Q£ii  ij^üjv  yekotoi  taiai  KkeiaStvtjc  y.vßevmv 

kv  TTjde  T7J  y.äkkovq  äv.UTJ. 
Die  Haiipfschivicrigkeit  liegt  aber  in  den  Worten  yQa(f 
uvzoi  (oder  ccL'TOv)  tv  EiteiaoSlip ,  über  «olche  nnr 
sehr  verungliicktc  Conjecturen  anderer  Kritiker  vorliegen. 
Die  Worte  kijoEig  i^wv  yekoto^  earac  Kkeiodiviiq 
y.vfisi'Uiv  zeigen  deutlich,  dass  der  erstere  Sprecher,  des- 
sen AVorle  der  Sclioliast  nicht  für  nöthig  craclitetc  an- 
zuführen ,  den  Kiisthenes  in  einen  Spieldnbb  (ein  xv- 
ßsiov)  eingeschrieben  haben  wollte.  Diess  findet  der 
andere  Sprecher  abgeschmackt  und  thut  den  Vorschlag, 
den  Klisthenes  an  einen  andern  Ort  zu  verweisen,  der, 
wie  die  Worte  des  Scholiasten  errathen  lassen,  kaum  ein 
anderer,  als  ein  Bordell  sein  kann.  Dort,  meint  der 
Sprecher,  werde  ein  in  der  Ulüthe  seiner  Jahre  stehen- 
der Mann  wie  Klisthenes  sich  besser  amüsiren,  als  in 
der  langweiligen  Gesellschaft  alter  abgelebter  Herren  im 
Spielclubb.  Nach  dieser  Feststellung  des  Sinnes  mw! 
Zusammenhanges  der  ganzen  Stelle  fällt  es  nicht  schwer, 
auch  die   Worte   des   Dichters   herzustellen, 

kiTQSti;  ix^iv  yekoioi;  iavai  Kkeirri^eii;(,  xißeivju 

£v  TTjds  TTJ  y.ä.kkovi  ay.ftTj'  y^äcp  aiiruv   i/OTtode  (j). 


Die  vorhergehenden  Worte^  des  ersteren  Sprechers  mögen 
ungefähr  so   gelautet  haben, 

Tuv  Kkeia&Evij  d'  eyuj  yoäcpui  tov  kctov  £v  v.vßEUo. 
Hierauf  antwortet  der  Andere,  gleichsam  parodirend,  rtiii 
iv  aZOÖCiip ,  einem  jetzt  nur  aus  dieser  Stelle  nachzu- 
«eisenden  Substantivum,  wie  auch  itOQi'oßoOxsior ,  irat- 
()£eOV  nnd  jihnliclic  nur  aus  einzelnen  zum  Thcil  nocli 
nicht  einmal  in  den  Wörterbüchern  angemerkten  Stellca 
bekannt  sind.  Ja,  selbst  y.vߣtov  kennen  wir  nur  aus 
einer  einzigen  Stelle  des  Redners  Aeschines,  aus  der  es 
in  mehrere  Glossen  der  Grammatiker  übergegangen  ist.. 
Der  Ort  selbst  ist  wahrscheinlich  kein  anderer,  als  der 
unter  dem  Namen  Oxt()a(f£iuv  bekannte,  wodurch  xvßEid 
und  TTOgvEia  für  geistigen,  wie  für  körperlichen  Genass 
gesorgt  war.  Ans  «ierselben  Scene  der  Pvtine  ist,  wie 
bereits  mehrere  andere  Gelehrte  bemerkt  haben,  der  von 
dem  Scholiasten  des  Aristophancs  zum  Frieden  v.  691. 
angeführte  Vers  entnommen , 

'YrSoßokov  8'  OTtoaßiio-ag  ev  rolc,  kv^votai  yoüipaf. 

VIII. 

Eine  metrische  Merkwürdigkeit  ist  die  Auflösung  des 
sechsten  Fiisses  in  einem  Senare  der  Frösche  des  Ari- 
stophancs   I2ü3. 

xal  yuiöäj^iov  y.ai  hjxv^iov  y.ai  9vkay.iov 
£v  rui(;  iafißEioiai  — . 
So    leicht    und    natürlich    diese  Regelwidrigkeit  sieh  hier 
erklaren  lässt,   so   grundlos  und    abgeschniarkt   würde  die 
Anwendung  derselben  in  dem  Fragment  des  Eubulus  sein 
bei  Athenaeus  2.  p.  63  D  , 

x«7fu  yuo  oü  Y.avkoiaiv  oüSt  otkcfuD 
oüö'  lEpocrvkoii;  y.ai  itiy.oaiq  TCUQO^ifyi 
ßokßoiq,  t'  kfiuvTov  xooräaajv  ikijkvda' 
ä  8'  i;  t'  eöo}öi}v  -iroiöxa  y.ai  qoj/^uji;  dxfxi^v       ' 
xal  TTooq  vyuiav,  ncivra  xavz   £ÖaivD[.iijv, 
yoiag  ßÖ£tov  £cp9uv  äaökoiy.ov  /.uya, 
dygoyoj/./öv  x£  y£vvty.6v,  öiiTa  ÖELcpuy.ia 
dkinaara  tqiu. 
Man   braucht  nur  ilie  sechs  ersten,  sprachlich  und  metrisch 
in     der    IManier     der     Tragiker     gehaltenen    'Wrse     dieses 
Bruchstückes   durchzulesen,     um   die   Dissonanz   des    elend 
zusammeiigestoppelfen  siebenten  Verses   zu   eniplindcn,   der 
in    ilieser   Gestalt   wolil  einem  Abschreiber   oder   auch   dem 
^'erfasser  der  Epitome,   nicht  aber  einem  ^'crskünstlcr  wio 


1131 


1132 


Giibiilus   foniigpii   kouiiic.       Icli    habe   iliosc   Stille   bDrcits 
in   iler   Aiinierkung    zu   Arlstopliaiips     in    der   Ausgabe   von 
'  183Ü    als    verdorben    Lezcirliiie* ,    und    es    bleibt  mir   nur 
noch   übrig,   die   wahre   Legart   herzustellen, 
äynoy.ujkn'iv  TS  Ö£k(f<ii({/ov  yepvtxuv, 
orrrä  d'  uKi^aora  r^ia. 
'.fy.ooy.ojk/ov    öekcfäy.siov ,    wie    dy.ooy.vjkiov    i'eiov  in 
anderen  Stellen  der  Komiker. 

IX. 

Das  elegisrhe  Brurhstiirk  des  Ilermesianax  bei  Athe- 
naeiis  p.  .')i|7.  598.  gehört  unter  die  seh»  ieri[jcren  Auf- 
gaben der  Conjertnralkritik,  deren  Lüsung  nach  vielfachen 
Versuchen  nur  unvulistäniiiä;  zu  erreichen  und  an  einigen 
Stellen,  «ie  der  lürkenhafte  V.  59-  b^l-,  ohne  bessere 
Landschriftliche  Hiilfsmittel  überhaupt  nicht  mOglich  ist. 
Wie  die  Sache  jetzt  steht,  haben  wir  uns  ausschliesslich 
an  die  Vonctianische  Handschift  zu  halten,  die  bei  aller 
ihrer  Fehlerhaftigkeit  doch  die  schatzbare  Eigenschaft 
liat,  dass  sie,  von  Verbesserungsversuchen  der  Abschrei- 
Ler  oder  Grammatiker  gänzlich  verschont,  einen  nur 
ilurch  unschuldige  Versehen  entstellten  Text  gibt,  der 
oft  weit  verdorbener  scheint,  als  er  wirklich  ist.  Einen 
Bemerkens»  erthen  Fall  der  Art  enthalten  die  Verse  über 
«las  Liebesverhältniss  zwischen  Mimnernius  und  Nanno 
(35  —  40),  welche  in  der  llnidschrift  so  geschrieben 
stehen,  jedoch   ohne   Abtheilung   der  A'erse  : 

ßflfiveQfioq  de,  TOI'  T-di'V  ös  ihoiio  ■Jiokkuv  dvaTXac, 

ijXov  y.ai  /^akay.ov  tivevu'  dzio  ■juvTCtfjerQOf, 
y.aitTO  fAiv  Navvovq,  Tto/.iwi  Ö' ertl  Ttokkclx/ kujro} 

xvtjfjujdck  y.ujuoi'i;  olzs  o-vvsSaftvij 
ijS'  ijx^^^  ^'  Eo^ößiov  Tov  di'ißaovv  ov8l  (I)eoexkt;v 
e-/9ouv  juKJiJaai  x  oiav  i-riiöit^v  'int]. 
Die  grösste  Schwierigkeit  liegt  offenbar  in  OvvS^aßvv, 
welches  man  durch  mancherlei  unzulässige  Aenderuugen 
zu  verbessern  bemüht  gewesen  ist  ;  und  doch  ist  die 
ilandsclirift  gerade  hier  ganz  fehlerfrei  und  bedarf  nur 
der  richtigen  Lesung  des  Geschriebenen,  die  ich  vor 
zehn  Jahren  in  einer  Anmerkung  zu  Georgius  Svncellus 
vol.  1.  p.  +;)1.  kurz  angedeutet  habe,  jetzt  aber  ausführ- 
licher  rechtfertigen   will: 

y.aitxo  f^tv  ISavvui'^,  Ttoktoj  iV  fnl  Tvokkuy.i  kuinp 

y.vijUVjdtii  xoiuorg  tv'/c  ai'v  'Eiauvrj, 
rjxtfee  d'  'Euj^tußtov  zun  du  fiaovv  ijöe  0eQixkrjv 
iyßoijv  niariraq  rot'  dvizreiilpsv  tnr. 
AVer  dieser  Examjas  gewesen  ,  und  in  welchen  Verhält- 
nissen er  zu  fllininermus  oder  auch  zu  Nanno  gestanden 
hat,  gehört  unter  die  Dinge,  die  sich  nicht  errathen 
lassen,  wie  wir  auch  über  die  zunächst  erwähnten  Hcr- 
mobius  und  Pheredes  bo  wenig  wissen,  tiass  wir  selbst 
ihre  Namen  nur  aus  dieseui  ^'erso  kennen.  Allem  An- 
scheine nach  war  es  ein  Freund  des  üichters  und  bildet 
insofern  den  Gegensalz  zu  den  beiden  Mebenbulilern 
«lesselben.  Ein  .Mann  dieses  Namens  wird  als  ^'ater  des 
Thaies  erwähnt  und  ist  demuacli  ein  Landsuiann  und 
Zeitgenosse  des  Mimnermus,  denn  Exa4nva3  lebte  zu  Milet, 
Mininermus  zu  kolophon.  Der  iVame  des  Examvas  steht 
bei  den  Griechiscüeu  Schriftstellern ,    die    dusseii   geden- 


kcn,  stets  im  Genitiv  und  in  der  dritten  S^lbe  mehrmals 
mit  liem  Iota  geschrieben  ,  woraus  sich  die  irrige  An- 
uaiinie  eines  Examios  gebildet  hat,  welche  so  allgemein 
verbreitet  ist,  dass  ich  mich  nicht  erinnere,  den  Nomi- 
nativ je  irgendwo  richtig  geschrieben  gefunden  zu  haben. 
Die  Stellen  selbst  sind  folgende ,  Stephanus  Bvz.  unter 
dem  AVortc  ßlitjjTOZ,  Schol.  Piaton.  p.  4LH).  I5ekk.  Diog, 
L.  I,  22.  und  2  '•  Chronic.  Pasch,  p.  l4.}.  Georg.  Svncell. 
p.  213  C.  Suidas  unter  dem  Worte  Oakijq.  &uKr,g  6 
/iaiiiov  im  Anhange  zu  Arsenius  p.  ,573.  der  Ausg.  von 
Walz.  Oaklj^  Ei;afH'koi'  bei  einem  Grammatiker  in 
Boissnnades  Anecd.  t.  p.  144.  Die  einzige  .Spur  eine» 
Nominativus  'ßi:f'.in'ac  findet  sich  in  der  Armenischen 
Chronik  des  Eusebius  p.  327.  der  Mail.  Ausgabe,  Thaies 
Examilae  Milesius ,  was  in  Examyae  zu  ändern  ist.  Ein 
dritter  31ann  des  Namens  Examyas  ist  vielleicht  in  dem 
verdorbenen  i!;afiViU'i  bei  Themistiua  or.  23-  p-  384  B. 
zu   suchen, 

l'rber  die  übrigen  unbedeutenden  Aenderuugen  in  den 
Versen    des  Ilermesianax    ist   nur   Wenige»    zu   bemerken. 
J\.vtj/^iuj9-ti(;    wollte   Blomfield   in  -st/utwi^f/i;    verwandeln: 
allein   der   Gebrauch   des   Wortes    y.viifJOVcrdai    ist  durch 
die    üebereinstimmung    mehrerer    Glossen    des    Hesjchiu» 
über  jeden  Zweifel  erhoben,   Kilj/jov/ucu,   Kvij^0)9iivat, 
Kvijnvjoai,   'Ey.vi]HovvTO  ,  zJtexvijjjioaaTO  ,    E^exvj}- 
fiovio.    Was  die   Bedeutung  des   Wortes  betrifii,  so  kann 
es    mit    öiaxvaleo^ai    verglichen    werden    und   hat  dem- 
nach  ungefähr  denselben   Sinn,    wie  der   generellere   Aus- 
druck ■:Tok}.a  nuSeiv  v.   25   und   31,    womit  die   von   He- 
sjchius   in   allen   jenen   (ilossen  gegebene  Erklärung  Cfdd- 
g€o3ai  sehr   wohl   stimmt.      Dass   in   oix^  i   na*'h  der   Ge- 
wohnheit der   Handschrift  zu    urtheilen,    nichts   Anderes, 
als    f//£    liegen    kiinne,    hat    Schweighäuser    richtig    be- 
merkt.   Die    Partikel   )']8'  vor  ijxdss  scheint  ein  am  llande 
bemerkt  gewesenes   iiöt   zu   sein,     welches    zur   Verbesse- 
rung  des   im   Texte   durch   Versehen    geschriebenen    ov5e 
dienen     sollte.       Auch    Casaubonus  ,    der    die    Lesart    der 
Handsi  lirift    nicht    kannte,    verbesserte   Letzteres  in    r;de. 
Die    Ionische   Form    des   Imperfectum    ijx^'^^    '""    ^X^^* 
ist   mit    den   lleroilotischeu    'i^l££    und    iveixBC    von    tipui 
und    ivr/o)     zu    vergleichen.       0£pixk>JV     in    demselben 
Verse   veränderte   Casaubonus   in    0io£y.kov ,    wahrschein- 
lich   weil    ihm   nur    diese   Form    des   Namens,    und    zwar 
aus   ilem   Homerischen   Verse   bekannt   war,    Dli^oiovii  ÖS 
(Jiioey-kor   liijoUTU,    rlyrovo;   viöv.       Allein    wie   man- 
che andere  Namen  der   Ait   bald    nach   der   zweiteu,    bald 
nach   der   dritten   Derlinatiou   gebildet   werden,   z.   B.    .h- 
Suuy.ko^  'AiSQoyhjQ,  Jioy.kui  ^loy/.i^c,  "I(fixkoc  'I(fi- 
X/.;;C,    Ild-ifjoy.koc    II('.rooy.h;c  ,    so   ist  neben    (JHQlyko^ 
auch    0£oty.ki]i    im   Gebrauch   genesen.      Ein   alfer  Atti- 
scher  König    (hfnry.kr;   wird   von   den  Chronographen  nn<l 
in    der    Parischen    Cliriiiiik    ernähnl;   ein   späterer    Archont 
(ühmp.    119,    |.)    Min    Diodor    und    Dionvsiiis;    ein    Soldat 
in    einer    Altischen    Inschri/t    bei    Hoeikh.    vol.    I.    p.    302. 
0OLVU)V    (l)£ufyki(/i'<;   in   einer  Teiiiscben  Inschrift  vol.  2. 
p.    270,   .SU.      Ich     habe     daher     mit     blosser    >'erbesserung 
des    Accentes    Ipiinxf.r,^   geschrieben:    eine   dem   Zeitalter 
des   Hermesianax   nicht    fremde    Form  des  Arciisatiis,    über 
die    noch    einiges    in    den    gangbaren   («riiuimaliken   nicht 
Bemerkte  zu  sagen  wäre.      Die    Schlussworte    roi'    dvc- 


11,13 


1134 


Ttefi^sv    eiti]    hat   schon    Schwcighaiiser    verbesserf    und 
richtig  erklart. 


In  Lncian's  Schrift  Il'fxTCoatov  ij  Aaui^cu  c.  41. 
wir»!  dem  Grammatiker  Histiaeus  ein  fon  den  Gasten  mit 
Gelachter  aiifjfenoramcnes  geistloses  Ilochzcitsepigramm  in 
den  niand  gelegt, 

77  o'irj  TT 6t   «p*  i]ye  'jQinTcuvsrov  ev  ^EyägoK;, 
ö/a  Kkeav^lg   ävaon   ir^scpeT   ivdvxtojq, 

TtQo'vyovara  itaaäwv  dkkävjv  iiaQS^evixäajv , 
•Aoiooutv   -ciji;  Ki'däfjrjq,    ijd'  ai  nji;  JSekijvrjq. 

vvu(f>i£,  Y.o.l  ft"  bh  )raioi,  v.QaTiQtiivx(jdrtarE  b(fijßu)V^ 
xQiaauiv  Ni^Tjui,   xat   &iitöog  Ttaldug. 

äftue^  S'  avd  Vfiiv  roinov  daka/iiji'ov  ijivov 
:zi<d6v  £.t'  d/icfOTir^o/.;  Tiokkclx/^  dooftiiJa. 
Hätte  Liirian  dieses  E[)i;;raniin  so   geschriclieii ,   so  würde 
er  dadurch  xtvar  jenen   Grammatiker,  bciläulig  aber  auch 
«ich    selbst    ladicrlich    gemacht    haben.       Es  ist  ufienliar, 
dass    l'^erstosse    gegen    ISinn ,     S|irache    und   Sylbenmaass, 
wie  die   hier  vorkommenden,  nicht  dem  Schriftsteller,  son- 
dern  nur  dem   Abschreiber    beigemessen    »»erden   können, 
>vas  auch   ilie  Herausgeber    »venigstens    zum   Theil  einge- 
sehen  haben  ,   ohne  jedoch   die   beiden   Hauptfehler  —  die 
»"erkehrto   Gedankenfolgc   im  vierten  Verse,    die   nach   der 
A''erbesserung  von   Guyet  r,d'   afia   Tr;g  'Ekivi]^  nur  noch 
mehr  hervortritt,    und    die  Zerrüttung  des  S^lbenniaasseg 
im   fünften   A'erse   —   zu   beseitigen  ,    so   leicht  diess  auch 
war, 
'//  o'iq  -JTOT    ccg   'J^taraivSTOV  iv    layJ.ooiai 
dia  Kkiavdio,  uvaaa   ergiCfsr'  €vdi>yJujq, 

nQOi'youa'  äkkd.o)v  naadviv  Trqpt^err/.aojv 
XQecraoji'  Tijq  'EkevTj/;  ri8'  tpaiiii  Ki>dipi]q. 

vvfA(fi£,  y.ai  Ol'  dt  X^'-'Q^  y.go.TiOTe  reuiv  oi<vi(prßu>v, 
xoiaaujv  JV/Qijoq  y.al  Oixiöoq  -Kuidoq  etc. 
V,  1.  //  o'i'r]  steht  schon  in  der  Florentiner  Ausgabe, 
jedoch  als  Ein  Wort  gesclirieben  jjohj.  Die  Anspielung 
Hilf  Hesiods  'Iluiai  bemerkte  du  Soul.  Die  nächsten 
Worte  noT  du  r,ye  '.loKTiutvnxnv  sind  von  einem  AI) 
Schreiber  interpolirt,  der  nicht  begriff,  dass  sich  der 
V^erfasser  erlaubt  hat,  die  erste  Svlbe  von  \loi(rvaiviTOV 
lang  zu  brauchen;  eine  Freiheit,  dergleichen  nicht  »venige 
in  den  Epigrammen  der  späteren  Zeit  vorkommen.  V.  '.>. 
ÄAf«r^i;  ein  nur  aus  dieser  Stelle  und  einer  ohne  »»ei- 
tere Erklärung  hingestellten  Glosse  des  Snidas,  Kkeov- 
^ig:  (jvoiin  \ft]kvy.oi> ,  bekannter  Eigenname.  Den  me- 
trischen Fehler  des  dritten  l'erses  hat  schon  Gujet  durc  ii 
Umstellung  der  Worte  gehoben.  hriaTEouh'  im  fünften 
Verse  ist  Pfuscherei  eines  Abschreitiers,  der  t£WJ',  »vas 
vielleicht  in  tSuujv  verdorben  »»ar,  für  die  Endung  eines 
Adjectivum  ansah  und  daraus  ygaTSQUiV  machte,  durch 
das  daneben  stehende  y.QdTlaiE   veranlasst. 

XI. 

In  einer  der  königlichen  Bibliothek  zu  Kopenhagen 
zugehörigtMi  Ilandsrhrilt  des  Hippiikratcs  (iiiilet  sich  hin- 
ter dem  üuy.oi  lifjruv.udToi':;  ein  atijjeMicher  inoui 
OQXog  'Inn  oyodruvi,t\en  ich  vor  einigen  J. ihren  in  einem 
Ton  Hm,   C.   G.   Kühn    verfassten  Einladuugsprugramm  zu 


einer  medicinisclien  Doctordispnt.ition  bekannt  gemacht 
h.il.e.  Da  diese  Schrift  nur  «eiligen  Pliilologen  zu  Ge- 
siilit  gekommen  sein  dürfte,  auch  meine  Bemerkungen 
dort  nicht  ganz  vollständig  niitgetheilt  sind  ,  so  wird  eg 
Liebhabern  solcher  Kleinigkeiten  nicht  unangenehm  sein, 
das  Ganze  hier  »»iederholt  zu  sehen,  und  z»rar  zuvör- 
derst, »vic  es  in  der  Handschrift  lautet,  aVTUV  iv 
d^iidvioiot  fiiyav  Utov  ailv  iuwa  ufwvui,  u>?  ou 
T/va  ^eivov  dijKijoof^iai  dvfga  vovaulv,  ovte  xiv  iv- 
Si']uütv  ökoffuua  ifiya  rekvjp ,  ovts  rtg  iv  8vjqoi<; 
f.ts'  TtaQaißaa-iTjv  dksyetvijv  ixvekieiv  nciotis  y.al 
dvsQi  (fäoiic'.y.a  Souvai  kiiyQu,  TtcVrfp  y.axoTijra  3v- 
fiocf^OQOv  oISev  önaC,eir ,  dkK  ocriac,  ufv  X^'V^^i 
7T(Jug  &eüv  de'ioaz  ixuiv  y.axa  navra  kay/niwv  y.ttva 
fiijao^ai  ifjSeiv  untQ  aoJnv  dviQU  d^ijott,  nooovvmv 
TrdvTSni  6kfj/6S(OQOV  vyfhjv.  Hieraus  sind  mit  leich- 
ter Mühe   folgende  nenn   1'erse  herzustellen, 

Ov  Tuv  iv  dxQÜvxuiai  fiiyav  dibv  aiev  iüvTa, 
ov  T£  Ttvu  ^eh'oiv  Si]ki]aoj-iai  dvÖQa  voaovvva 
oüre  Tiv    ivSijiiujv,  ökocfwi'a  igya  Tiktiiov, 
OVTE  Tti  dv  bu'igoiQ,  uE  TiuQaifjuohjv  dkEycivijv 
iy.TtkiEtv  TTclfJEiE  y.at  dviot  cpdofiay.a  SoTvai 
kvyQa,  TUTCEO  y.ay.ünjTu  ßtocf!}oooi'  oiÖEv  ÖTtd^Eiv, 
dkk'  öoiaQ  ftlv  X'^'(f'^i  EXuiv  v.ajd  Tidtra  kayiof-iov 
liijaof.iac  EfjÖFtv  y.Eiva  TuntQ  aoov  üvioa  itrjoEi, 
Ttoooi'pojv   nüvTEaoiv  vyEiijv  6kßtüöv)oov. 
Im  seclisten   Verse     könnte   man   geneigt  sein,    den  proso- 
dischen    \'erslos3   in   y.(i.Y.UT)jTa    ih  iiu(f96ooi-  auf  Rech- 
nung   des    späten    Dichters    zu    bringen,    »vas    ich  jedoch 
für   weniger   »vahrscheinlich  halte,   als  die  leichte  Aende- 
rung  ßiocfduoov.      Die    abgeschmackte    Angabe,    welche 
Hippokrates  als  IVrfasser    dieser   l'erse    bezeichnet,    ver- 
dient   keine    Berücksichtigung.      Es    leuchtete    mir    beim 
ersten  Lesen   ein,   dass  der  Verfasser   ein  sehr  später  sei, 
der     seine    Verse    wahrscheinlich    einem    alteren    Dichter 
nachgebildet    h.i'be:    eine    Vermuthung,    »veldie    zunächst 
durch  die  Verse  des  Theoguis  793-  794- 

Mi'^TE  Tivd  tEi'vuiv  Si^kEi'fuEvog  Eoynuot  kvyQoIg 
fii'/TE  TIV    ivöi-ftoiv ,  dkku  diy.c.tüi  iti'jv, 
veranlasst    wurde     nnd    bald     ihre    volle    Bestätigung     bei 
Galen   de  Antidotis  2,  "•  fand  ,   »vo  der  Anfang   ans  Helio- 
dor's  'AnokvTl/.d  Jlnoi  JSiv.ouuxov  angeführt  »vird: 
Ov  ud  TUV  iv  Tfiiy.y.Ti  tiqtjvv  ^tuv ,  üv  fia  zuv  vipoü 
Hiktov  (TTtEiQOVTa  dEoi^q,  CfaEolfißuorov  avyijv, 
oii  fid  ÜEuiv  oy.ijiiTOL'XOV  vuEQ^avia  Kouvituva, 
OVTE  fiE  tk;  öwQoiai  Ttaoijyaysv  ov&'  vti'  dvdyyijt; 
oi'xE  x^'-oiv  (ftkiTji  ETEoo)  yav.d  v£ii.uu  ünioTinv, 
dkK   uolai  uiv  xi''^<^-i  *■?  ijipa  kc</iiouv   d.Eioa, 
xae  y.uy.irjg  d/jdkvvTOv  txi'J  xctru  Trdvra  küyia/.itiv. 
Vergleicht  man   diese  Stelle    mit  unserem  Epigramm,    so 
wird   es   höchst    wahrscheinlich:    dass    der  siebente   Vers, 
in    »»elchem    die   Handschrift    die   AVorte   Ttgoq    itEi'V   dti- 
oag   eingeschaltet,   aus  zwei  Versen  zusammengeschmolzen 
sei,  die   vielleicht  so  lanteten: 

d'/k'   üaiui    jilv    lEioag    ig    T]Eoa    laii7i(jov  dliouc, 
y.ai  y.a/.irs  diioAi  vtov  ixov  y.azu  ma  ra  /.oyiofiov. 
denn   das   unmctri.^che    TTQOg    9e<jv    gehurt    oücubar    dem 
Abschreiber    au. 


1135 
xn. 

Dio  Griechischen  Eigennamen  sind  unter  den  Hän- 
den der  Abschreiber  den  vielfachsten  Entstellnngcn  aus- 
gesetzt Genesen ,  deren  ^'erbeüseriing  niclit  immer  so  leicht 
und  so  sicher  ist,  «ic  in  nachstehenden  drei  Fallen, 
die  ich  von  vielen  der  Art,  welche  die  neue  Bearbeitung 
des  Stephauischcn  Thesanrug  bringen  wird,  hier  miftheile. 
Von  den  Scholiasten  zu  Homer  II.  /7,  718-  (Eustath. 
y.  10S.3,  1.)  und  zu  Apollonius  I,  9 15-  "ird  bei  Erör- 
terung Samothracischer  3I)then  ein  Schriftsteller  'A9^}]- 
ino)l'  cilirt,  der  offenbar  derselbe  ist,  dessen  Herodian  in 
der  Schrift  -nEoi  fiovijgov;  Af^ffWs  gedenkt  p.  10,  2, 
wo  unter  den'>'amen  auf  y.MV  xajvro^,  Jl^l^vaxoJV  o 
■tu.  ^auoi^qäy.ia  ygätpa^  genannt  wird.  Da  nun  aber 
dieser  >Iann  nicht  zu  gleicher  Zeit  'Ai^l]viuiv  und  A9l1- 
vu/.U)V  goheissen  haben  kann,  so  fragt  sich  ,  welcher 
von  beiden  Namen  der  richtige  ist.  So  viel  ich  sehe, 
sind  beide  falsch,  und  es  muss  ein  dritter  iSame  vermit- 
telnd eintreten,  der  in  die  von  Herodian  angegebene 
Declination  passt  und  von  dem  sich  mit  Wahrscheinlich- 
keit annehmen  lasst  ,  dass  er  zu  wiederholtenmalen  in 
'A'^VViiov  verdorben  worden  sei.  Dieser  ist  kein  ande- 
rer, als  'A^liviy.ujv ,  der  in  allen  jenen  Stellen  herzu- 
stellen ist.  Einen  3Iann  dieses  Namens  kennen  wir  ans 
einer  auf  Chios  gefnndcuen  Iiischriit  bei  Boeckli  Corp. 
Inscr.  2,  p.  201.  Der  Komiker  'A9i]vui)v  iv  Sutiö- 
^oativ-,  welchen  Atlienaeus  14.  p.  660  E.  nacli  Jnba 
(ohne  Zweifel  in  der  Schrift  'OnaiUTl]T£i)  citirt,  dürfte 
auf  einer  ^^erwirruiig  bcrnhen  ,  über  welche  es  nicht  an 
«ahrschcinliclien  Vcrmutliungcn   fehlt. 

In   einem  Epigramm  der  Anthologie   von    unbekanntem 
Verfasser  (14,   IS«.) 

JSr/.uQETi]  TTai^ovaa  ovv  ijKr/.iujTia'.  :rlvTC 

üji-  iiyjv  '/.uovuiv  Kküx  anoQf.v  ru  tqitov 
■y.al  ^UTTCfoi  To  TiraoTOv  u.  g.  w. 
haben  die  Herausgeber  den  fchlerliaften  Namen  KkliT 
iiiclit  aufzuklaren  vermocht,  so  nahe  auch  das  Wahre 
lai-  K/.iid'  iTl'Ooev  als  KKtldi  nöotv.  Wie  der  Name 
der  Sappho  aus  der  Familie  der  Lesbischen  Dichterin 
entlehnt  i<t,  so  auch  KaCi,;.  Kkii^  "i'lmlich  wird  von 
Siiidas  als  Tochter  lier  Sappho  genannt  und  von  der 
Dichterin  selbst  erwähnt  in  dem  ihr  mit  Rcciit  zuge- 
uchriolienen  Fragment  bei  llepliaostion  p.  'JÖ-  Denselben 
Namen  fiilirle  ilie  Muttor  der  Sapplio  nach  dem  Verfasser 
des  Epigramms  vor  den  Srbolieii  zu  Pindarng  p.  S,  wo 
die  durch  den  \'crs  gebotene  Ionische  Form  Jiklj^dos 
steht.   — 

Eine  bedeutendere  ^'^erderbniss  hat  der  Name  Aaki- 
d'j;  r;;^  Kto/.vooJa.q,  'joanno.xiv.r^Q,  in  den  .Scholieu  zu 
Hom.  II.  .i"',  483.  erlitten.  Es  srlieint  mir  klar  zu  sein, 
iasi  diese  gelehrte  Dame  keine  andere  ist,  als  ' A'/cü.Vk^ 
i;  KiQxvoui.a  youu/iaTty.i-,  bei  .Vthenaeus  1.  p.  14  D, 
I«   AvuyKfJug  verdorben   bei  Suidas. 


1136 
Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Weimar.  Zur  licrkönimlichen  Feier  des  Andenkens  an 
Herzog  Wilhelm  Ernst,  den  Stifter  des  Weimarischen  Gym- 
nasiums, hat  dieses  Jahr  eingeladen  Dr.  Karl  Pause,  Gross- 
hcizoglicher  Professor  der  Geschichte  imd  deutschen  Literatur 
an  dieser  Anstalt  und  Fiirstl.  Schwarzburg- Sondershauscu'scher 
Lcgalionsr.Ttli,  durch  ein  in  deutscher  Sprache  geschriebenes 
Programm:  iilcf  die  Entwichelung  im  So/tltocleischen  Pkilüctet. 
Diese  Abhandlung ,  welche  in  Form  eines  Sendschreibens  an 
einen  jungen  Gelehrten  abgefnsst  ist  (der  Hr.  Verfasser  selbst 
hat  ihr  die  Ucbersclirilt  gegeben:  offenes  Missii,'  an  einen  jun- 
gen Gelehrten)  macht  aufmerksam  auf  einen  Fehler  ,  ilcn  So- 
pliocles  begangen  haben  soll  dadurch,  dass  er  gegen  eine  Hanpt- 
regel  der  dramatischen  Kunst,  um  dem  Spiele  ein  Ende  zu  ma- 
chen, in  der  Person  des  Herakles  einen  dcus  ex  machina  herauf-, 
oder  vielmehr  hertmtcrbcscliworen  habe;  sucht  aber  den  grossen 
Dichter  durch  die  Behauptung  zu  rechtfertigen  ,  dass  der  vcr- 
nicinllichc  dcus  ex  machina  gar  nicht  Herakles  ,  sondern  Odys- 
scus  gewesen  seij  der  nach  dem  Fehlschlagen  friihcr  versuchter 
KunstgrilFe  zuletzt  zu  dieser  Vcrkleidimg  seine  Zuflucht  genom- 
men habe.  —  An  demselben  Tage  beging  die  Stadt  Weimar  die 
Jubelfeier  der  öOjährigen  Amtsthätigkcit  Seiuer  Excellenz  des 
Staatsniioisters  F'ieilierrn  v.  Fritsch,  welchem  auch  das  Gyra- 
nasinm  seine  Huldigungen  und  Glückwünsche  darbrachte  in 
einem  lateinischen  vom  Director  des  Gymnasiums,  Consislorial- 
ralh  M.  Gernhard  abgcfassten  Schreiben,  welches  den  Titel 
führt:  Viro  illustrissimo  de  litteris  et  tie  republica  longc  meri- 
tissimo  Carola  Guilielmo  de  Fritsch,  libcro  baroni  etc.,  solem- 
nia  muncris  publici  semisaecularia  die  XXX  mensis  Octobris 
anni  1839  celebranda  piis  votis  pro  salute  nuncupatis  gratula- 
tur  Gymnasium  Guilielmo -Einestinum,  interprele  Augusto  Golt- 
hilfo  Gernhardo.     Viniariae,  typis  Albrechtianis.  P. 

England.  Bei  den  Ausgrabungen,  die  jetzt  in  der  Lon- 
doner City  thcils  in  Abzugs- Canalen  ,  thcils  zu  andern  öffent- 
lichen Raulen  stattfinden  ,  stösst  man  häufig  auf  Reste  römi- 
schen Mauerwerks  —  ein  Besveis,  dass  das  alte  Londinium,  wie 
einige  alle  Geographen  angeben,  auf  das  rechte  Ufer  der  Themse 
(das  jetzige  Souihwark)  beschränkt  war.  Bei  der  Führung  eines 
Canals  in  der  Thanies  -  Street  fand  man  neuerlich  die  vollkom- 
men erhalleucn  Reste  einer  römischen  Mauer  von  dem  festesten 
Material,  und  in  der  Queensstrect ,  15  F'uss  tief,  einen  zier- 
lichen Mosaikboden  ;  ferner  Münzen ,  Grabschriften  etc.  Daj 
Anliqiiaiiuiu  in  der  GnilJhall  ist  dadurch  in  letzterer  Zeit  viel- 
fach  bereichert  worden. 

Ncustrclitz.  Durch  den  Tod  des  Lehrers  Groth  sind 
folgen<le  Verändenmgon  bei  dem  Grossherzogl.  Gymnasium 
Caroliuum  zu  Johanni  dieses  Jahres  veranlasst  worden  :  der  Dr. 
Theod.  Ladewig  wurde  zum  dritten  Professor,  ilcr  (iynmasial- 
lehrer  Rudolf  Werner  zum  vierten,  der  Dr.  Karl  Scheibe 
zum  fünften  und  der  bisherige  Hülfslchrcr  Leo  Milarch  zum 
sechsten  Lehrer  belördert. 

Gotha.  Dem  Hrn.  Prof.  Wüstemann  ist  die  Bear- 
beitung einer  neuen  Ausgabe  von  Dindort's  Satiren  des 
Horatius  angetragen,   die  derselbe  auch  angenommen  hat. 

Marburg.  Hr.  Prof.  Hermann  daliicr  hereitct  für  die 
Hallischc  Bibliothcca  Latiuoruni  scriptorum  eine  Ausgabe  des 
Persius  vor. 


Berichtigungen. 

6.  1057.  V.  58t.  ruHii  .9fw>']  1-  ^iiuft  *«■;» 

S.    inSS.   V.  619.  noltyMr]   I.  nodiy.m: 

5.  lO.'iO.  V.  637.  Twi<S')    I    iwiii'  ooovi. 

6.  1065.  V.  1207.  »wi^i^l  1.  im,  ^ij. 
V.   1208.  x»>  Tiii'l  1.  T»;»  oi>. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  t  er  thu  ms  wissen  Schaft 


Mittwochs   27.  November 


18  30. 


Nr.  142» 


K.    D.    Hiillmann,    Handelsgescliiclite    der    Griechen. 
Bonn,  niarcus  1839-    VIII  und  272  S. 

Es  ist  erfrculicli,  den  riihmliclist  bekannten  Gcscliiclit- 
gchreibcr  des  mittelalterlichen  Stadtewescns  neuerdings 
dem  Alterthumc  zugewandt  zu  sehen.  Es  ist  keinem  Zuei- 
fel  unterworfen,  dass  gerade  die  Ifandelsgescliichte  der 
Griechen  und  Römer,  einzelne  kleine  Gelegenhcitsschrif- 
ten  abgerechnet,  so  gut  wie  verlassen  i»ar.  Um  so  mehr 
nuiss  man  dem  Verfasser  vorliegender  Schrift  Dank  wis- 
sen, dass  er  die  vielen  Nachrichten,  welche  sich  bei  den 
alten  Schriftstellern  zerstreut  finden,  glücklich  zu  einem 
Ganzen   verbunden  hat. 

Der  Verf.  hat  sein  Werk  in  zwei  Zeiträume  getheilf: 
in  die  frühere  Zeit  bis  zu  der  n\akedünischcn  Umgestal- 
tung des  Grosshandels  und  in  das  makedonische  und 
riimische  Zeitalter.  Der  erste  Zeitraum  zerfallt  dann 
wieder  in  drei  Theile.  Der  erste  Theil,  nachdem  in  der 
Einleitung  Einiges  über  Seeräuberei  und  Scliillfahrt  vor- 
ausgeschickt ist,  beschäftigt  sich  mit  der  Industrie  und 
dem  liinnenhandel.  Auf  S.  38  —  55  sind  die  Hauptsitzc 
des  griechischen  Kunsttleisses  genannt.  S.  65.  halt  Ilüll- 
mann  die  Darstellung  bei  Xcnoph.  de  vectig.  HI,  2.  „Wenn 
fremde  Kaufleutc  bei  uns  keine  Rückfrachten  nelimen, 
sondern  für  ihre  AVaarcn  die  Zahlung  im  Gcldc  fordern, 
so  haben  sie  ihrcij  Vortheil  dabei ;  denn  überall  ,  wo 
sie  dieses  wieder  ausgeben,  erhalten  sie  Aufgeld"  für 
verfehlt,  indem  er  meint,  dass  Athen  sich  vor  IJaarzah- 
lungcn  gehütet  habe,  um  für  ilen  Handel  mit  den  rohen 
ScvthenvOlkern  immer  baar  Geld  zur  Hand  zu  haben, 
liedenken  wir  aber,  welche  Masse  attischen  Geldes,  be- 
sonders Didrachmen  und  Tetradracliuien  von  den  Römern 
in  Makedonien  und  Rleinasicn  erbeutet  wurden  (Liv.  34, 
h'l\  37,  4t);  39,  5.):  so  mag  Xenophon  immer  Recht 
haben.  Die  Handelsbilanz  mit  den  Scvthen  mochte  im- 
mer durch  Austausch  attischer  Kunstprodnktc  aufrecht 
erhalten  werden.  Der  zweite  Theil  behandelt  dcji  aus- 
wärtigen Handel,  zuerst  den  griechisch  -  phönikischen , 
dann  den  mittelländischen  (levantischen)  und  den  ponti- 
schen  Handel,  Den  S.  76  durch  Rückschlüsse  vom 
Mittelalter  auf  das  Alteithum  angedeuteten  Handelsweg 
von  der  Ostsee  bis  zum  31it(elmeer  haben  neuere  Müiiz- 
fundc  in  Ostpreussen  (Zeltschr.  für  Alterlliuiiisw.  1839' 
iSr.  ^3.  S.  4l(j.)  bestätigt.  \on  diesen  Küsten  wurde 
der  Bernstein  nach  Griechenland  geführt,  sowie  unter 
dein    Elektron,    welches    von    den    Rhigäen    kam,    wahr- 


scheinlich Piatina  zu  verstehen  ist.  *)  Unter  den  bedeuten- 
deren Donaustädlen  taucht  noch  Siscia  (Eszek)  auf  (vgl. 
Z.  f.  A.  Nr.  4-'.  S.  336).  Auf  S.  114  «•  folgt  eine 
ziemlich  vollstän<lige  Aufzähinng  aller  Orte  des  Mittel- 
meers, mit  denen  die  Griechen  Handel  trieben,  sowie 
alle  jemals  von  Griechen  angelegte  Pilanzstädte  von  den 
.Säulen  des  Herkules  bis  zu  den  Küsten  Kleinasicns. 
Dem  pontischen  Handel  ist  ein  eigner  Abschni(t  gewid- 
met. Bei  S.  144  über  die  thrakische  Pentapolis  kann 
Ref.  auf  seine  Abhandlungen  in  dieser  Zeitschrift  ver- 
i.eisen  (J.  1837.  Heft  ')•  und  1839.  Nr.  24.  S.  191)- 
31it  Recht  ist  dargethan  S.  I.j4,  dass  unter  jjlßkoi  \iei 
Xenophou  Anab.  VII,  5,  14.  nicht  Bücher,  sondern  Per- 
gamentblätter zu  verstellen  sind.  l*'ür  die  spätere  Zeit 
möchte  auch  noch  Athens  Handel  mit  Bihlsäulcn  zu  er- 
iiälinen  sein  (  Cic.  ad  Ailicuni  1,  8;  Fhilostratus  vit. 
ApoUonli  5,  7.).  Athen  musstc  es  wahrlich  weit  in 
der  Bildhauerei  gebracht  haben,  wenn  es  die  36'l  Bild- 
säulen des  Demetrius  Phalereus  in  30  Tagen  verfertigen 
konnte   (Dingen.   Laert.   f),   5.   sect.   75.). 

Der  dritte  Theil  (S.  tö5  —  196)  bespricht  die  Han- 
delsverfassung,  die  Beaufsichtigung  des  Handels,  Be- 
schränkung der  Handelsfreiheit,  den  Betrieb  des  Seehan- 
dels, das  Bankgeschäft  und  die  völkerrechtlichen  Ver- 
hältnisse (Proxeiiien,  Svmbola)  und  schliesst  mit  einer 
Anmerkung  über  Maass  und  Gewichte.  S.  lt)3  ist  jedoch 
zu  zweifeln,  ob  der  öllentliclie  Kaufmann  zu  Epidaninos 
(Poletes),  welcher  den  Handel  mit  dem  Innern  III_Nriens 
besorgte  ,  aus  einem  angemassten  Alleinhandel  herzuleiten, 
sei.  Vielmehr  scheint  die  cigcnthüinlichc  Lage  der  Stad£ 
an  den  Gränzen  des  hellenischen  Gebietes,  rings  von  Bar- 
baren umgeben,  eine  wachsame  Aufsicht  <ler  Regierung 
erheischt  zu  haben.  Die  übrigen  Anordiinngen  iler  Stadt, 
da  hier  auch  die  Beamten  nicht  jährlich  wechselten, 
stehen  dieser  Annahme   nicht  entgegen. 

Im  zweiten  Zeitraum ,  im  makedonischen  und  rüini- 
scheu  Zeitalter  werden  zuerst  <lie  hinzugekommenen  morgen- 
ländischen Waaren  erwähnt,  wozu  namentlich  Seide,  Baum- 
wolle ,  Edelsteine  aus  Indien  und  Murrhin  (Fhisssp  ifli) , 
Gewürze  ,  Melabathrou  (Betel)  gehören.  Bei  den  Haii- 
dclswegcn  Hesse  sich  noch  S.  219  sainmt  den  Stapel- 
pläfzen  Apollonia,    Thessalonlch,    Enos ,    die    Egnatischo 

*)  Cckannilich  fnnlcn  sich  an  beulen  Abhangen  des  Ural 
Scipcntinlager ,  in  welchen  Pialina  anjjctrollcn  wird(Dio- 
nys.  Pciicsct-  315  — .il9> 


1159 


1140 


Strasse  von  .A{i(illiiiiia  liis  zum  Ileliro!;  Iiinziirii^en.  Diese 
8lrasse  «nrdr  l>esoinl«-rs  lieiiiifzt,  «ciiii  ilie  Elision  die 
SrliifTTilirt  auf  dem  a^aisclieti  Hleere  iiirht  grsfa(tr'en 
(Cir.  all  Attiriim  H,  S;  Pli"-  eji.  It),  '<>());  ihre  Lange 
lielrn-j  narli  Stralin  ed.  Casaulionus  t/iS?.  2'.^3  g-  53J  romi- 
srlic  .Meilen.  ^  on  S.  '2(S  —  '23.1  ist  der  indiseli  -  a»v|>- 
tisclie  und  von  „•  {.5 — 23~  «It  indisrli-aral)'srlic  Grossliaiidel 
Ii-llier  endiirkel*.  ^'ach  Fliilostrat.  Apullonii  vi(a  3,  !• 
durften  nur  Lastscliifl'e  nnil  keine  Krieijsscliifl'e  das  rothe 
Hleer  belahren.  Dann  fnl^'en  die  Lan<l»e»e  lon  Indien 
zum  Foiitus  iiber  Seleucia  .S.  2J7  —  243  und  über  iiaktra 
a.  243  —  252.  Alle  diese  Handels»  ege  haben  durch  die 
neuesten  Zeitereignisse  ein  besonderes  Interesse  };e»o«- 
iien  und  »erden  den  Leser  vnrliejjender  .Schrift  beson- 
«lers  anzielien.  Am  Schlüsse  folgen  nucli  drei  Abhand- 
luug;en  über  die  Handelsstädte  Rhodos,  BTzantiiim  und 
Delos  und  Puteoli.  Bei  Delos  .S.  Ji,),  not.  3.  liesscn 
sich  auch  noch  Ciccro's  rühmende  AVorte  über  Delos 
(Cic.  pro  lefje  31anilia  c.  IS.)  anführen:  „Delos  ohne 
Blauern  fürchte  nicht  die  Seeräuber,  »ährend  das  mäch- 
tige Rom  vor  ihnen  in  bestSndiifer  Furcht  schwebe  "  — 
Das  Ganze  scliliesst  ein  vollständiges  Register.  Möchte 
es  dem  jjefeierfen  Verfasser  gefallen  ,  auch  eine  Ge- 
schiihte  des  romischen  Handels,  welcher  in  der  vorlie- 
genden Schrift  nur  gelegentlich  erwähnt  ist,  zu  liefern. 
Wismar,  im  August   1839. 

Dl.   C.   C.  H.  Burmeister. 


IlaoadoEoyQd(f,oi.  Srriptores  rerum  mirabilium  Graeri. 
Insunt  ( Aristotelis)  niirabiles  auscultationes;  .Vnti- 
goni,  .Apollonii,  Phligontis  historiae  niirabiles;  Mi- 
chaelis Pselli  lectiones  mirabiles;  reliqnorum  ejus- 
dem  grneris  scriptorum  deperditorum  fragmenta. 
Accedont  l'hlegontis  Wacrobii  et  Olvn.piadum  reli- 
qui.ie  et  Anonymi  tractatus  de  nuilieribus  etc.  Edidit 
Antonius  Westermnnn  Pli.  Dr.  Litt.  Gr.  et  Rom. 
in  Lnivers.  Lips.  P.  P.  O.  IJriinsvigae.  Sumtum 
fec-it  Georgius  Westerniann.  Londini  apud  Black 
et   Armstrong.      1S3Ü. 

Der  Hr.  Prof.  W.  gehört  zu  linsern  fleissigsten  phi- 
lologischen Schriftstellern.  Bei  der  Ausdehnung,  die  er 
seinen  Sfuilien  ge^^ebeii  hat,  ist  es  nicht  zu  verlangen, 
dass  er  die  behandelten  Gegenstände  immer  bis  in's  Ein- 
zelnste durchdringe.  Am  wenigsten  machen  wir  es  ihm 
zum  Vorwurfe,  dass  er  die  Paradoxographen ,  die  nicht 
eben  zu  der  erfreulicheren  Erscheinung  des  Alterthums 
gehören,  nicht  mit  derjenigen  Sorgfalt  behandelt  hat, 
M-elche  in  der  Regel  nur  mit  einer  besonderen  Vorliebe 
für  die  .Sache  verbunden  ist.  Auf  der  andern  .Seite  wäre 
es  billig  gewesen,  Schriften,  die  vermöge  ihres  Gegen- 
standes viel  Insinniges  enthalten,  von  niaiK  lien  sinnstö- 
renden Entstellungen  des  Textes  zu  befreien.  Auch 
Dru(kr-hler  finilen  sich  nicht  seifen.  Z.  B.  p.  (i(,,  3. 
iixuti)ai.  —  p.  12'),  29.  u't.iou^  für  o/uaaa^  — 
p.  .jii.  2.  ßtatjxr.vut.  —  17),  b.^uvajr^^ctvui.  —  p.  75, 
20-  fehlt  zwischen  iit^oiuiv  und  «,'  hl  die  Interpunktion. 
—  p.  218,  2I-  heisst  die  Gemahlin  des  Amphiaraus 
'Eoitfi't.rj.     Dcrgleichea    eatscLuldigt    die  Entfernung  des 


V.  vom  Druckorte.  Andere  Fehler  der  Arrentaation 
und  Interpunktion  hingegen  kommen  auf  ilie  Rechnung 
des  Verfassers,  welcher  die  FeJiler  früherer  Ausgaben 
übersehen  hat;  z.  B.  mehrmals  Qltpai  für  öilpai.  — 
p.  214,  !()•  yoii'TTiöi.  —  p.  215,  2n.  y.ot'liuvaav  für 
y.Qvßovoav.  —  p.  HO,  17-  steht  ein  sinnstörendes  Komma 
zwischen  fvpioy.OVTa  und  7J ou}.i}.omuT£Z;  p.  204,  o- 
zwischen   Tiaiaiic   und   y.ovoot^. 

mit  A'ergnügen  dagegcu  können  »ir  die  buchhänd- 
lerisclie  Ausstattung  des  Werkes  musterhaft  nennen.  Wir 
erinnern  uns  nicht,  ein  so  schön  gedrucktes  philologi- 
sches AVcrk,  das  aus  einer  deutschen  üfficin  hervorge- 
gangen, gesehen  zu  haben.  Es  erklärt  sich  das  daraus, 
dass  der  \'erleger  <ler  Bruder  des  A'^erfassers  ist,  und  dass 
Fr.   Vicweg   und   S.    den   Druck   besorgt  hat. 

Die  Einrichtung  des  Buches  ist  folgende.  Zuerst  redet 
der  l'erf.  von  den  llülismitteln ,  die  er  zur  Herstellung 
des  Textes  benutzt  hat.  Dann  folgt  eine  literarbistori- 
sehe  .\bhaudlung  über  die  Paradoxographen,  so»ohl  die 
erhaltenen,  als  die  nur  durch  Fragmente  oder  Anführun- 
gen bekannten.  Diese  A'orrede,  deren  Verdienstlichkcit 
wir   gern  anerkennen,   hat   53   S. 

Es  folgt  ein  kurzes  Verzeichniss  aller  in  den  ver- 
schiedenen Paradoxographen  erwähnten  Schriftsteller  , 
dann  die  Paradoxographen  selbst,  p.  1  —  223-  Die 
Behandlung  ist  rein  kritisch;  auf  Erklärung  hat  der  Vetl. 
sich  nicht  eingelassen,  viele  sehr  dankenswerthe  Citate 
abgerechnet,  welche  die  Stellen  angeben,  wo  dieselben 
Gegenstände  behandelt  sind.  Es  würde  unstreitig  der 
Verf.  sich  ein  A^-rdienst  erwerben,  wenn  er  dem  Texte 
einen  Commentar  nachfolgen  Hesse,  der  sich  mehr  auf 
das  Sachliche,  als  auf  die  Sprache  beziehen  nuisste.  Es 
würden  ihm  gerade  darin  tüchtige  Vorarbeiten  zu  Gebote 
stellen. 

Den  Anfang  der  Paradoxographen  macht  die  des  Ari- 
stoteles Namen  führende  Schrift  n£oi  3ai\uaOiU>v  äxoi- 
alidxvjv.  Diese  Sammlung  wunderbarer  Gt  schichten  aus 
der  Natur  und  dem  Menschenleben  ist  zwar  grösstentheil» 
aus  Schriften  des  A.  geflossen  ,  rührt  aber  sicherlich 
nicht  vom  Aristoteles  her,  wie  jetzt  allgemein  angenom- 
men wird.  Hr.  W.  hat  natürlich  die  Bekker'sche  Re- 
cension  zu  Grunde  gelegt,  auch  den  ganzen  kritischen 
Apparat  der  B.  Ausgabe  wieder  abdrucken  lassen.  Wess- 
halb  er  aber,  statt  der  von  B.  gebrauchten  Bezeich- 
niiiigeii  der  Handschriften,  andere  gi'wählt  hat  (gewiss 
ein  mühseliges  und  unerfreuliches  Geschäft),  gestehen 
wir  nicht  einzusehen.  Hr.  W.  hat  es  versucht,  diese 
Haiidsi  lirifteii  in  Familien  eiiizutheilen ,  wobei  ihn  vor- 
üi'iglieh  die  abweichende  Anordnung  einiger  Capitel  ge- 
leitet hat.  Auch  hat  er  sich  bemüht,  nachzuweisen, 
welche  Handschriften  B.  ganz  und  welche  er  zum  Theil 
verglichen  hat.  B.'s  bekannte  Schweigsamkeit  macht 
dergleichen  Untersuchungeii  notliweiidig.  Es  ist  in  der 
That  hart,  dass  die  mit  Hypothesen  viel  geplagten  Phi- 
lologen au  einem  lebenilen  Zuiiflgenossen  die  Conjectnral- 
kritik  üben  müssen.  Selbst  li.it  der  \eri.  zum  Pseiido- 
aristoteles  nur  2  Aldinen  rerglichen  ,  worüber  er  sich  so 
rcrnehmen  ISsst:  Praeferea  adjeci  lectiones  duarum  Al- 
dinarum,  quarum  prior  prodiit  1495  f.  altera  1551-  S. 
Quarum    lectionum    conquireudarum    fateor    me  niinis  ru- 


1141 


1142 


riosain  fuissc,  cum  iypographii-a  qiioque    vitia  reccperim  j 
hcd   inox  aljcci   liaiic   siipprvacuaiii   opi-insKaieiii. 

AVcsciilliflie  Al)Uoi<liuiigcii  vom  IJckkcr'scIirn  Texic 
koniincn,  soviel  wir  bemerkt  haben,  iiirht  vor.  Der 
Verf.  selbst  sagt  «lariiber:  Iii  hoc  (tieiii  Texte  B.'s)  eg» 
quoquc  paiiris  cxcrptis  siibsistcniliim  mihi  esse  diixi.  In 
mehreren  Fällen,  glauben  wir,  wäre  eine  Abweichung 
rathsam  gewesen.  Rec.  hofft  für  einige  seiner  Vorschläge 
clor  Zustimmung  auch  «les  ^'crfassers  gewiss  zu  sein. 
Uobrigcns  wird  weder  Hr.  \S'.,  noch  der  verständige  Leser 
es  für  einen  Tadel  halten,  wenn  Ref.  zeigt,  wie  durch 
Conjoctnralkritik  mehrere  Stellen  mit  ziemlicher  Sicher- 
heit sich  verbessern  Hessen.  Denn  bei  allen  Conjecturen 
ist  das  Gluck  mit  im  Spiele,  und  wenn  man  zuweilen 
hört,  diess  oder  jenes  habe  sehr  nahe  gelegen,  so  meint 
Rec,  dem  Einen  liege  das  ,  dem  Andern  Anileres  nahe. 
Mnr  das  hätten  wir  gewünscht,  dass  bei  ganz  sinnlosen 
Stellen   der   Verf.   die  Leser  gewarnt  hätte. 

Dahin  gehiirt  p.  21,  1.  c.  73.  (74.).  Die  Rede  ist 
von  ausgegrabenen  Fischen,  ovfißai'vstv  Se  710TS  dva- 
^ijQaivotisviuv  Tujv  )[uj^iojv  xard  r/vag  ^oopovi 
avOTikkea^ai  xard  yiji; ,  cira  fiäkkov  dvatijQCttvo- 
^svTjii,  ötdjy.ovrei  rtjv  vy^toti^za  Stis&at  si<;  rr^v 
v'Kt]Vi  C'Ta  l;ijoa[vo/uvij(;  Stufievtiv  tv  "vrj  iy.(^iadi , 
mqneg  rä  ev  rni'g  (fujXnuii;  Siaov.ovvxa.  Unstreitig 
hat  der  Compilator  Bvecrdai  tt'g  riiv  iki'v  geschrieben. 
P-  7,  17.  wird  von  der  Bereitung  eines  berauschen- 
den Getränkes  aus  Honig  nnd  Wasser  bei  den  Illyriern 
gehandelt.  ÖTaf  de  tu  XijQia  i^xt^/iipCDOt ,  iduiQ  ini- 
Xeovtei;  sipouat  tv  klßtjri ,  lujq  dv  h.kliiT]  tu  ijßtov, 
eireiTa  sig  y.egdu/a  e^xeo-VTet;  y.a\  ijuinca  TCoh\crav- 
Tsg  Ttdsaaiv  eii  aap/daq.  Heyne  liielt  die  Worte  fw? 
ap  ixkl-TTTj  TO  i:/.t/oi>  für  einen  hinauszuwerfenden  Zu- 
satz, veranlasst  durch  die  vorhergehenden  \Vorte  iioQ  av 
iy.ki.ny  tu  t^ulOl'.  Doch  der  Sinn  ist  offenbar:  Sie  fül- 
len die  Rrnge  zur  Hälfte,  damit  beim  Gähren  Nichts 
durch  das  lleüertreten  der  Flüssigkeit  verloren  gehe. 
Diesen  Sinn  erhält  man,  wenn  mau  iniiöed  für  iju/otCC 
schreibt:    halbvoll. 

P-  8,  19-  2G.  (y5-)  (faci  de  xal  toi';  Xdkvßaq  h 
Tivi  intuy.iiuivuj  avTUi'q  vi^aidiui  tu  XQf'^'OP  Ovii- 
Cfooeiodat  Tiaoa.  rcksiüvwv.  diu  öij  y.ai  Toog  ep  Totg 
uezukkoig  dvanx'^oiaip,  o'jc  iur/.sp.  Die  Worte  iraod 
nkeiurwp  sind  ohne  Sinn;  in  einigen  Haiidsciiriften 
steht  mo'i  7lketülO)V  ,  welches  ebenso  unverständlich  ist, 
aber,  wie  Rec.  glaubt,  der  richtigen  Lesart  näher  steht. 
Es  ist  zu  schreiben:  neo/nksy  j^iiuiv.  Denn  dass  von 
Mäusen  die  Rede  ist,  macht  das  zunächst  rorhergehemle 
(c.  25.)  wahrscheinlich  ip  rpd(j'jj  Tt]  Pljau)  kiyejui 
rot's  fj.i<q  TOP  aldijoop  eadi'eip. 

Sehr  verdächtig  scheint  uns  auch  p.  11,  I.  (c.  34.) 
^^  ^^  -<^/arap«  zij  vijoiji  klyoval  Tipa  elpai  eizTrpo))'; 
eig  }jp  eav  XTipcuOt  xt'rQap,  htßaköpiti;  ü  dp  ede- 
koiai,  'ilpovat.  Für  t/pu  eiinpoi'jf  hat  die  Vulgata 
TiPtg  yijv.     Das  Richtige  scheint  Ttpu  671  ijp. 

^P.  2.=i,  12.  (84-)  f//;öt  7i}i]9oi  avoToaffh  £:t'  at- 
Tiup  iui  TTjp  prjoop  yiolag  ti''X>/-  e^'  cltoIp  hat  schon 
Heyne  für  verdorben  gehalten.  Wahrscheinlich  ist  uu - 
Tüjp  zu  schreiben.  Denn  obwohl  in  dein  ^^irhergehen- 
dcn  nur  die  Behörden  vou  Karthago  gcünnnt  sind,  so  hat 


doch  eaVTüip  in  der  Bedeutung  von  rivium  suorum  nichts 
Aiill'allendes.  iiri])  vÖuiv ,  worauf  Jemand  leicht  verfallen 
könnte,  ist  weniger  passend,  weil  sich  leicht  ein  falscher 
Kebenbrgrin  damit  verbindet.  Es  ist  allein  von  Kartha- 
gern die   Rede. 

P-  33,  U.  (103.)  (faal  xdq  EttQijPuiouq  p,;aovg 
y.iio&ai  fiev  ip  ttj  'Icukia  usqI  tup  nuiji\^up  tTi 
avTtjg  Tijc,  üxgag ,  ög  xti-vui  -ngu  tuv  ■JT^toTHTTTüjy.d- 
Tog   xonov    xai   diakaf^ßdpopTog   xuig   y.üknutg  top 

TS     TtSQltXOPTa     Tr,P     KvfMTjP    V.ai    TOP     dltlklJCpUTa    TIJV 

Iloaetdojpiup  xukoL'f^itPijp.  Richtig  hat  Salmasius  die 
Worte  og  xenai  crpw  hinausgestosscn  ;  am  h  toi  g  y.ük- 
■jTOvg  für  den  Dativ  gesetzt.  Es  ist  aber  ausserdem  auch 
8uikt](fUTU  zu  tilgen.  Denn  was  soll  /.ojUug  dlfiktj- 
(fuig  -Tip'  nuoeiöujp/ap  bedeuten?  Offenbar  hat  Jemand 
in  den  Worten  tuv  ti)p  JluoeidujpiuP  das  fehlende  Par- 
ticip   (Tlfp/i'^jjüvrrt)   falsch  ergänzt. 

P.  34,  7.  (lO.'J.).  Es  wird  die  seltsame  Meinung  er- 
örtert, dass  der  Istros,  in  2  .Arme  sich  »pallend,  durch 
den  einen  in  den  adriatischeu  Meerbusen  ,  durch  den  an- 
dern in's  schwarze  Meer  sich  ergiesse.  Dann  folgt: 
aijfiiiop  ÖS  ov  fiupop  iv  TO/'g  vpp  y.uigoti  lojody.a/jiv, 
dkka  y.ai  eni  tujp  d(}X(dtijp  /.lukkop,  oiop  za  iy.ei 
dnkvjTU  Cipai.  Aus  dem  Folgenden  geht  hervor ,  dass 
gerade  das  Gegentheil  von  dem  Gesagten  die  Ansieht  des 
Verfassers  ist.  Daher  schrieb  Casaubonus  zoi^'  tu  sy.ii 
ftrj  UTlkuiTU  eivai.  Den  Zügen  der  überlieferten  Lesart 
ist  folgende  Emend.ition  gemässer :  fiukkop  olüp  T£ , 
exEtpa  irkioTa  e'trut.  Zu  oiup  TS  ist  an»  iiDQuy.aiup 
Öqüp  zu  ergänzen.  ey.Sipa  aber  für  illa  loea  ist  weder 
in   Prosa,   noch   in   Versen   ungewöhnlich. 

P.  3fi,  22.  würden  wir  für  uoyapu  d  siq — dqyavu 
oiQ   unbedenklich   in   den   Text    gesetzt  haben. 

P.  57,  17-  Tovg  b'  dp9oiPTag  y.ai  ßoaxvp  tipo. 
XQOPOV.     Es  ist  xaru  ß(juxi'p   zu  schreiben. 

Es  folgen  3  Schriften  ähnlichen  Inhaltes  von  Antigo- 
nns  aus  Karystus,  Apollonius  und  Phlegon  aus  Tralles. 
Nur  ein  einziger  Codex  aus  Heidelberg  hat  sie  uns  er- 
halten. Derselbe  ist  von  Bast  neu  verglichen.  Die  Re- 
sultate der  Vergleichung  enth^ilt  der  kritische  Brief  Bast's 
an  Boissonade.     Paris   1805. 

Antigonus  p.  70,  II.  ijdtj  Sh  dtsikfjifdat.  Sehr,  si- 
kijqdue.  diakafißdpllp  wird  vom  Einfangen  der  Thiere 
nicht  gebraucht.   —   75,   11-   iPa  (idbiop.     Sehr.   ^aup. 

P.  78,  16.  hcisst  es  vom  Aristoteles  tu  yovv  Tid.pza 
rxsddv  sßdoui;xui'ia  TTSgl   avTujp    yaraßißh^Tae  ßi- 


pop  yal  Ttagddo^op  ly.  re  tovtujv  y.ai  tvjv  dk/.iop 
STlldgausip.  Der  Herausgeber  meint,  dass  nach  dpu- 
f}TQF.(fSa9a.l  eine  Lücke  sei.  Nach  unserer  Ansicht  ist 
die  Stelle  zwar  corrupt,  aber  nicht  lückenhaft.  TlQug 
Tljv  mtSTSoav  sy.Koyin'  heisst:  im  Vergleiche  mit  meiner 
Sammlung.  Er  sagt  also,  wie  ihm  m  ohi  ansteht,  .Ari- 
stoteles habe  die  Sache  genauer  genoninien,  als  er  selbst. 
Der  Fehler  liegt  in  dem  Worte  tniTluil/l' ,  wofür  int- 
Tluki^g  obiter  zn  schreiben  sein  mochte.  Sicher  aber  ist 
O.VT'U    in  «i'T/;   zu  verwandeln. 


1143 


1144 


P.  82,  20.  si'  Sh  T(i)  aujuari  tv}V  ät/^puijroyv 
yiieaOai  oJov  iöv^ovc  fir/.pov;.  xoviovi;  81  eäv  -vii 
y.svti'jöTj ,  i:i^£Q%Ea9aL  (fdeioaq,  v.ai  iäv  rii  idorj,  eig 
ruOrua  tovto  liiTrlriTen',  w^rrfo  'Jkvuaiu)vi  tu»  (fv- 
ciyj^>  y.ai  0£oe/.i''r)ii  t(!)  l'roäp.^  Hr  W.  schla;;*  für 
tüi>  Tl^  iäorj  £/'■;  Folgendes  vor:  eav  vyuäoTj  Tt;.  Bast 
srliriel»  vüorna  toitio  mit  Weglassung  des  ei^.  Beide 
l'eranderniigen  sind  iiniiötliig ;  dagegen  niüclite  ixmVirf/j; 
Aem  grierli.  Spracligehranch  angemessener  sein.  Der  Sinn 
ist:  AVcnn  man  der  .Sache  ihren  Lauf  lasst ,  so  arfet  sie 
in  eine  Krankheit  aus.  TW  (fi'Cilxi/)  liat  Menagius  iu 
ttifj'/.'it  verwandelt.     Leichter  ist  kvpr/.ip. 

P.  S3,  15.  TOVTO  Liev  ovv  tv  uy.oij  re  v.ai  (f£Qo- 
(dvTj  Tili  y.ai  Ti'apipycDq  x^  tov  c-rtyriaiiuaroi  ^oUi 
ftaoTtnic.  y.ctodai.  Der  Sinn  muss  dieser  sein:  Die 
Aiicti>rltafcn  (für  die  obige  Angabe)  sind  das  Hörensagen 
iin<l  jenes  Epigramm.  Daher  ist  «oIil  so  zu  verbessern 
rovTov  f^itv  ovv  ev  äxorj  ts  y.ai  —  ov  (für  yai) 
TTC'.psgycui  Tij  tov  inr/pafi^aro;  TiioTei  i)  f^iap- 
rvpia  y.eiöd-u). 

P.  85,  19.  y.aTayodcfEir.     Sehr,  y.axayoäqu. 
P.    88.    13.     Das    Fragment   aus    dem    Toxotides    <lc9 
Aeschjlus : 

äSujv  Tttti  äyvaii;  -TTao&evoi^  yuiiijXivjv 
'/.iy.Touiv  äoxei  fii)  ßkcf^iudrujr  peTrtt  ßokr, 
geheint  uns  so  emcndirt  ircr<lcn  zu  müssen: 
f^iäXt.öv  TLi  äyvaii,  — 
}.'ty.Tpviv  za-:T£tvi)  ßX.  q.  ß. 
Darauf   fülirt    der    Gegensatz,     welchen    die  2  folgenden 
ans  derselben   Stelle    des  Dichters    entlclinten  l'erse  ent- 
halten: 

vEd(;  yvvaey.og  ov  /^te  /Atj^kddtj  tfXtyuiv 
o(f9a\fioc  didoo^  i'^Tig  tj  yeyeviuvi;. 
P.  8!>,  10-  iiißal.'Kovat]i.    Sehr.  e/tßaXoi'arji;. 
P.  91,    21.    führt  Antigunns    ein    Fragment    aus  Phi- 
loxeniis    an.      Man    hat    diess    Fragment    in    der    Voraus- 
setzung,  es  seien   Hexameter,   eniendirt.      Daher  schreibt 
rionn  auch  Hr.   W.   dasselbe  so: 

aiTo'i  yao  fiid  ric'pvdrjnov  '*'* 
'j^nvQopoffviv  iiii(f£o)v  ii'O(i)*  9a}.af(ujv. 
J)a  wir  08  aber  aller  'Wahrsrhoiiilichkeit  nach  mi<  lyri- 
Bi'hen  RliWhmen  zu  thiin  liabon,  S(i  kann  man  alle  auf 
jene  Hvpotliese  gebaute  Enieiiilatioiien  von  vorn  herein 
lerucrfen.  Vielleicht  ist  nur  ca'toI  im  Anfange  verdor- 
ben, wofür  aiyij  oder  avcij  geschrieben  werden  kann. 
Denn  vom  Eakchischcn  Fcnerglanz  oder  dem  Geschrei  der 
ll3akchanten  wird  hier   die  Ilede   gewesen  sein. 

P.  101,  5.  möchte  die  richtige  Lesart  (olgende  sein 
f/j  T'J.^  zdjv  uüiivjv  y.ath'yidotti  ^fo/zoi««?. 

P.  107,  10.  ist  für  öcaavQi^öpTojp  —  dtaavgöi'rojv 
zu  schreiben. 

P.  115,  15.  Für  nayoiiivov  ist  >;  ua-)(,ÖLaiov  za 
schreiben. 

Phlegon,  ein  Zeitgenosse  des  Kaisers  Hadrianus,  hat 
mit  seinem  Zeitalter    den   Geschmack    für    das  Gcspcnsti- 


grlie  oder  Dilmonisch  -  AVunderbare  gemein ,  welchem 
der  Kaiser  seihst  seinen  Liebling  Antinous  geopfert  ha- 
ben soll. 

P.  122,  21.  TtaQay.aXvj  Toivvv  i'fia.^,  TTokiTa^ 
ovTag  eiiov,  tov  fA>:  rapÜTTEad^ai.  —  Sehr.  noKi- 
rag  oyiai;  if^iuvrov,  ^uj  t. 

P.  123,  29.  rnrepi  ti)v  dpotv  tov  TlpaToq.  apö/g 
ist  nicht  gerade  widersinnig;  wenn  es  aber  verdorben 
ist,  so  ist  y.ddapotv  der  ^''ermuthuug  des  Verfassers  kvOlV 
vorzuziehen. 

P.  124,  18.  ß^ovrai.     Sehr.  ßtovTUi. 

P.  125,  4.  o'vvSA  ifxijv  yECfaXijV  XItcol  aiujp,  ovds 
vv  KaVTa 
Guii-iaTog  ijCfdvr/.ev  fxeke'  äy.pna,  ksiTTs  81  yaiav. 
aiuiv  ist  unverständlich.  Die  Rede  ist  von  einem  Gc- 
spenste,  welches  ein  Kind  bis  auf  den  Kopf  aufgefres- 
sen, dann  aber  verschwand.  Daher  schreiben  wir  A.(7r£ 
daijwiv. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Kassel.  Die  295  deutschen  Gymnasien  mit  etwa 
3300  Lcbrern  und  55,000  Schillern  kosten,  nach  den  Angaben 
des  ., Statist.  Handb.  der  dcntscben  Gymnasien"  (2.  Bd.  Kassel 
1839)  jahrlich  über  1,800,000  Thlr. ,  mit  den  Progymnasien  ge- 
gen 2  Millionen,  wovon  auf  Preusscn  die  Hälfte  kommt.  Die 
noicldcutsclicn  Gymnasien  haben  im  Ganzen  einen  höhern  Etat, 
als  die  siiddcutschen.  Die  höchste  Einnahme  eines  Gymnasiums 
ist  45,400  Thlr.  In  Preusscn  beträgt  der  Aufwand  der  Gclchr- 
tenschiilen  (die  Progymnasien  mit  eingerechnet)  den  51.  Thcil 
der  Staatscinnabmc,  in  Baiern  den  77.,  in  NVürlcmberg  den  49., 
in  Hannover  den  42.,  in  Kurhessen  den  74.,  in  Darmstadt  den 
112.  Für  Unterricht  überhaupt  gibt  der  Staat  in  Baiern  den  28., 
in  Baden  den  45-,  in  Kurlicsscn  den  23.,  in  Darmstaill  den  60. 
Thcil  jener  Ausgaben.  Aeiisserc  Ehrenbezeugungen,  als  Titel 
und  Orden  der  Gymnasialhlirer,  findet  ninn  mehr  im  Südwesten 
und  Nordosten  von  Deutschland,  als  in  den  übrigen  Landern. 
Der  Besuch  dir  Gymnasien  lasst  eine  Abnahme  dcullicli  erken- 
nen. Die  Bealschidcn,  über  welche  das  Buch  manche  Kotir 
enthält;  mehren  sich  nach  Zahl  und  Werlh.  Die  zwanzig  deut- 
schen Lniversitälen,  mit  Ausschluss  der  österreichischen,  haben 
durchschniltlich   11,250  Studenten. 

nildburghausen.  Dr.  Kiessling  hat  mit  dem  Monate 
Juli  ilioscs  Jahres  die  Direclion  des  hiesigen  Gymnasiums  nie- 
dergelegt TUiil  an  den  Dircctor  Dr.  Slürcnburg  abgegeben. 
Dr.  Kiessling  hat  einen  anderen  Wirkungskreis  als  Consistorial- 
ralh  niit  dem  speciellen  Relcrale  für  d.is  gesanuntc  Schul-  imd 
Unlerrichtswesen  erhallen.  Dirrclor  Slürcnburg  hat  zu  seinem 
Amtsantritte  eine  kurze  Abhandlung  »de  verbis  arcessendi  et 
acccrsenJi  II  geschrieben. 

Frankreich.  Die  Gesellschaft  der  Alterlhumsforscher  der 
Norniandie  hat  bei  dem  Dorfe  Manoir,  wo  früher  eine  rcirai- 
sche  Heerstrasse  von  Bayenx  nach  Bac  du  Port  lief,  einen  Mci- 
Jcn/xigcr  aufstellen  lassen,  der  das  getreue  Abbild  des  alten, 
vor  zwanzig  Jahren  aufgefinulcnen  römischen  Mcilcnzcigcrs  ist, 
welchen  Kaiser  Claudius,  im  Jahre  46  nach  Chr.  Geb.,  daselbst 
errichtet  hatte. 

Breslau.  Der  bisherige  Obcrlebrci-  am  hiesigen  kathol. 
Gymnasium,  Dr.  Heinrich  Kriihl,  ist  zum  Direclor  des  Gym- 
nasiums iu  Leubschütz  ernannt  worden.  — g  — 


Zeitschrift 

für   die 

Altert  hu  ms  wissen  Schaft. 


Freitag  j,   29.  November 


18  39. 


Nr.  143. 


üaoadoiioycX'CCOl.  Soripfores  rernin  nilrabilium  Graeci. 
EJidit  Antonius   W estermann  Ph.  Dr. 

(Beschluss.) 

P.  133,  17.  Phlegon  führt  eio  langjes  Sh'iclt  an  aus 
einem  der  zahlreichen  sihylliiilschen  Orakelbiiclier,  wel- 
che schon  zu  Angnstiis  Zeiten  exislirlen ;  bis  zum  Ha- 
ilrian  mag  noch  viel  hinzugekommen  sein.  Auch  ilieses 
Orakel  ist  wahrscheinlich  erst  zu  Hadrian's  Zeiten  an- 
gefertigt worden,  da  die  letzten  "Worte  desselben,  wenn 
auch  sehr  verdorben,  Beziehungen  auf  die  Zeiten  Ha- 
drian's durchsdiinimern  lassen.  Der  Text  des  Orakels 
hat  sehr  gelitten  und  ist  an  mehreren  Stellen  ofienbar 
lückenhaft.  Herr  W.  hat  es  daher  ganz  aufgegeben: 
Totum  Carmen  tntius  visnm  est  intactum  rclin(juere.  Ganz 
ist  er  diesem  Vorsätze  nicht  treu  geblieben,  indem  er 
einige  Verbesserungsvorschlage  gemacht  hat.  Der  Anfang 
lautet : 

oöaa  TiQa  y.al  ocrGa  Ttadij^ccra  Sa/^iovog  ataiijq 

i'avos  ifioQ  Xvoei,  rdd'  hü  (fgcoiv  a'i'xE  voijoTjq, 

"Pajf.ti]  sfj  Ttiavvoi;. 

Diese    Worte    sind    nur    leicht  verdorben.      Hinter  aiöi^q 

ist  ein  Komma   erforderlich;  denn   mit  iOTO'i  beginnt  der 

Nachzatz.      Die   letzten  Worte  aber  sind  so   zu  schreiben: 

Qujf^j]  irj  Tiiavpog. 
in  bezieht  sich  anf  /crrd$.  Sibylle  vergleicht  ihr  Ge- 
dicht mit  einem  Gewebe.  Vergl.  p.  139,  17-  Icrrüi  £//M 
niovvoi.  Dass  Rom  angeredet  sei,  davon  findet  sich 
keine  Spur.  Ob  öaoa  TBQU  TE  y.al  zu  schreiben  ist, 
lassen   wir  dahingestellt,     daifAMV    aiai]    ist  gleich  atorj 

P.  134.  V.  .").  und  6.  sind  völlig  sinnlos  ;  offenbar  ist 
etwas  ausgefallen. 

V.  14.  schreibt  Hr.  W.  iTtv^ouevag,  wie  nns  scheint, 
richtig  für  eTtEv2ou.lvi]v.  —  V.  18.  für  ainai  avre. 
Doch  auch  so  bleibt  etwas  Falsches  übrig,  da  nvQog 
u.ak€QOio  TldsvitüV  kaum  zu  vertheidigen  ist,  so  wenig 
wie  die   Auslassung  einer   Verbindungspartikel. 

V.  24.  ev  TiaiQo.  ev^^^iadiuv  fiiiivsiv   noks/wv  zpa- 

riovToi 

h}9ijv'EkXiivea0t  ksoeTv  nokeuji  te  y.ai  avri/g. 

Die  £rw<ihnung    der  Griechen   ist  aulTallemi  ,    da  das 

Orakel   angeblich  a.   125   'or   Chr.    in    den   sibyllinischen 

Büchern    gefunden    ward,    also    auf  Zeiten    eich   beziehen 


musste,  in  denen  die  Römer  von  den  Griechen  Michts 
mehr  zu  besorgen  hatten.  Das  Subject  von  jit^ivEtv  ist 
Pcrsephone;  daher  sind  die  Worte  TröXsuii  TE  y.ul  av- 
rfjg  unverständlich.  Denn  wie  können  die  Römer  wün- 
sclien,  dass  die  Griechen  der  Persephone  nicht  gedenken 
sollen?  Ferner,  worauf  kann  sich  TlökEOJS  beziehen? 
^'iclleicht  ist  zu  schreiben: 

hj&i]v  8'  Ev  OTiji^Eaai  tteoeTv  7coXsfAov  y.ai  dvTijq  — 
eine  Anspielung  auf  die  friedlichen  Zeiten  des  Hadrianu«. 
V.  26.  Das  Orakel  befiehlt,  einen  Schatz ,  bestehend 
aus  Geld  und  Schmucksaoheu  an  den  Ort,  wo  die  sibyl- 
linischen  Bücher  aufbewahrt  wurden,  zu  schaffen.  Diese 
Gaben  aber  sollen  der  Proserpina  und  den  heiligen  Bü- 
cliern  gemeinschaftlich  gehören.  Das  bedeuten  die  Worte 
iGiiii  GVfifjiy.rov  düjQOV  ßuoikifidi  y.oi'or^.  Dabei  ist 
nichts  Auffallendes,  da  die  sibyllinischeu  Bücher  ihr 
priesterliches  Collegium  hatten.  Danach  ist  die  sehr  ver- 
dorbene Stelle  26  —  28  zu   emendiren: 

QrjOavQov  8'  etbqoi  yai  TtaQ^Evoi  £v9a  cfEgovTuiy 
lOToj  ^EionajEL  vvf.i<fdcifiaTa  Troixlka  asfivijv 
nXoL'Twpi  y.oa-fAEiTO  OTTojq  ox^oirjOi  v.uy.olai. 
Die  letzten  Worte   hat  Xylander  glücklich  so  hergestellt: 
öiroji;  oxEOtg  i]ai  nnyoioi  (vielleicht  richtiger  xaxoio). 
Die  ganze  Stelle   würde  Recensent  so  schreiben: 

d^i]oavQov  8e  y.ÖQoi  xae  TCaQ^ivoi  ev9a  cfEQÖvTOjv 
loTip  üEtoTtayEi,  yal  i<  cf  da  jxara  Tior/.ika,  OEf^ivi] 
y.ai  IDvovxuiviöi  y.öGfjiov,  unvjg  cry^iai';  ijOi  ya.y.oio. 
Das  yal  vor  IlkovTOjplSt  ist  auch. 

135,  3 — ö-  sind,  wie  es  scheint,  lückenhaft.  Es  ist 
fast,  als  wäre  ein  Vers  um  den  andern  ausgefallen.  Es 
ist  von  Opfern  die  Rede,  welche  nur  von  Glaubigen  dar- 
gebracht werden  sollen;  die  übrigen  sollen  ausgeschlossen 
werden.      V.   G- 

"kanWQOti  E'tfxaat  y.oOfU]TOvq  ^iEioi.7roi{xevoq,dqrig 
ijfj.aTiu)  Ttiavpoi  ßadg  d^TEfiog  avToi  ü  8'  eazai, 
oaaoi  T   akkoi  öfiov  niavvoi  VM-za  zax^x'ö'  tacL- 
firj  yuQ   dTTiazötfiXog  9voiatai  dvr,Q  7taQE?TEo9uj- 
10  itw  8'  £i/i^'  dvof^aoTov  EJiinkExo  (pwze  Td8'  e^Seiv 
voi'iviOTOi  yardSatrov  exeiv  dvoiav^yard  8'  avTrj't . 
uoTtq  UV  r^itEiiQUiv  ;ifp;;CT|Kwj^  iSqk;  ig  t68'  ixt^rai, 
OEjxvov  00/fjov  üuaxca  ^(ETEkdETU)  ev  &voiaioiv, 
n^ocfiQovEiog  ßioixois  inl  niova  /ut^pia  xavaag 
lö  alyüjv  ■jraXl.Evxuiv  vidirjv  ccräp    o't'darE  TtdvTEi' 
hoaeodoj  0oißov  nattjova  xpara  jtvxdaaag, 
ixTijpEg  ntmovTEi  onuig  Xvalijq  dxdxoio. 


1147 


1148 


Für  das  sinnlose  ijuario)  ist  «ohl  vi^nazUii  zu  schrei- 
ben; auch  hier  verglciclit  Sibylle  ihr  Orakel  mit  einem 
Gewebe.  Für  ctoiftioq  ist  n(JTUl.lOi  zu  schreiben, 
und  uS'  für  6  d'.  —  V.  10-  und  11.  sind  so  zu  cmen- 
direu: 

e^uj   d',  hifti  v9/4i^Tov  (so  schon  Xyl.)    iTiin'\(TO 
cfioTi  Tcid'  e()d£iv 

ov  ZiOTcöy  y.ai  üdanov  lieiv  9volav ,  /.ata.  S' 
avh'jv. 
Ironisch  «ird  den  Ungläubigen  geboten  t^uj  y.ai  udat- 
TOV  S'j(^Blv  9iaiav,  d.  h.  sie  sollen  ganz  ausgeschlossen 
werden,  ail.r,  bedeutet  den  Tempelhof.  —  Die  letzten 
Worte  ÖTUJi  kvOi'l'i  cty.a'/.oto  sind  so  zu  emcudircn  uTlux; 
Xi'Oi;  i^ai  xa/.oto. 

y.  20-  viivsTtf  a'i'ue  ysvei  TTQgcpeQiciTeQai  moevt  kaoi'g. 
Richtig  hat  Xvl.  a'i'  y.e  und  wo'  evi  kaoiq.  Ausserdem 
aber  ist  die  felilrnde  Verbindungspartikcl  zu  erganzen: 
i'l.lVtTv  5*.  Hach  Kcioii  ist  ein  Punkt  zu  setzen.  Denn 
das  Folgend«  bMJeht  sich  auf  etwas  Anderes ,  wie  es 
scheint,  auf  einen  von  den  Cumanern  zn  errichtenden 
Tempel  mit  einem  Uilde  der  Ilere ,  wo  dereinst  ein  ge- 
waltiger Herr  Opfer  verrichten  werde.  Die  Worte  sind 
folgeudo : 

21  y.ai  vtiauiv  vaavai  ti)v  ävrniakuiv  ovav  a'uw. 
ov  doKuj  nkhd  ßia  Kvfiaiöa  7VQÜ(fQ0V£q  avvai 
vdocru/vrac  affipijg  ßaaikij'töo^  otg  iri^efTai 
iv  71'aroiotai  vojaoc;  "Jd^ai  ^oaixjv  re  -/.ar  oiy.ov. 
Für  cwxcu  ist  wohl  avii  zu  schreiben.      Die   Cumaner, 
früher    Inselbewohner    (Cuma    war   ja    eine   Kolonie    von 
Chaicis),   erobern   im   Gegensätze   zu   ihrer    früheren  Lage 
(acrc)  in    Campanien,     Die  folgenden    Vorso    emeudiren 
wir  so  : 

vdaatuvrai,   ötiAviJQ   ßaatJ-ifido^  ol!5 e   Tt&evruiv 
SV  ■:zazgioic!i  v6f*ori  "JJoai   ioavov  t£  xai  oJ/.uv. 

Es  folgen   die   Verso   26  —  p.   iiS,    1. 
it;ei  d',  äv  nv^ototv   efioii;   rdSs  ndwa  zi'9tjvTai, 
osfworuziiv  ßaaiUoaa»  iTisK^r^i;  ev  ^voiatotv 
£v  TxotXui    ■^QÜvip   au  Tür    £(f  iiazbQov  ö(;  y.iv  elf 

ui'zoii 
vr,(fu).ä  y.£v  (3s$«5  öaui  i'jjjCQai  cig  sviavzüv. 

Der  Sinn  verlangt  folgende  Aenderungcu: 
ii;£i  ö'  au  fivifotatv   ii.ioig   räÖE   Ttävra  Ttid^Luvrai 

^  oder  Ttidtjal 

iv  TtolXtp  y,^6vu)  au  tot  i(f'  vare^ov,  oj  xev  in' 

avzoif 
vij(fa).d  y.Ev  Qt^aq  oaai  TJfuioai  £/;  eviainuv, 
cr£fxvoza,zi;i/  paaDuaoav  t.Ti/.Sj  oiv  duoicuaiv. 
Die   Verse    3  —  II.    scheinen    lückenhaft.      Dem  Ilec. 
wenigstens  ist  es  nicht  gelniigen,  über  den  Sinn  in's  Reine 
zu   kommen.      Nur    die  letzten   Verse    lassen  sich  mit  ei- 
niger Wahrscheinlichkeit  emendiren: 
—  —  i'jßog  dv  ik&Tj 
^/'/"  '/.Q'^^^i  udl.a  y.Etvog  iv  (/)  TTore  raXXa  v£uyvr) 
rguj;dr^zE  /M.vo£i  Oty.ay.uiv,  u'nu  Ö'  'Ekl-aöog  ky  yi^g. 
avTug  cov  fj£Taßuoav  LnozovvEiq  olyooEvaai. 
•Rec.  schreibt:    ip  ijj   noTB  Tukka   veoyvij^    T(jv)g 
Äjj  TOI  jzavod  — 


Iladriau ,  der  Ilalbgriechc,  wird  sehr  passend  so  be- 
zeichnet. Der  letzte  >^ers  ist  eine  Anrede  an  den  Gutt, 
der  die  Sibjllo  in  prophetischen  AVahnsinn  versetzt.  Da« 
her  ist  für  oov   —  -nui'  zu  schreiben. 

P.  138,  26.  Tov  nuQ  avzoii;  tivu  dvaögayjjvui 
kuCfov.     Sehr.  Tiöv. 

IMicIiael  Psellus  TTfpl  TtaQudo^uJV  ävayvo)0(xuTv)V 
erscheint  hier  zum  erstenmal  vollständig.  Psellus  war 
ein   gelehrter  Uvzantiner   des   H.   Jahrhunderts. 

P-  1485  4.  Psellus  redet  vou  dem  Alimos  des  Epime- 
nides ,  wozu  das  Recept  geliefert  wird,  yai  u  Kaußä- 
rujv  tovzo  d.anog  £(p'  jj/^ugag  irokkag  ÖiantTQijasiev 
dkvjcözazog.     Sehr.  dcaxapT£(t>jo£t£u  dkvivuzdzajq. 

144,  18.  Cfvjvacrxtnv.     Sehr,  (pmvaaxfxrv. 

145,  24.  Für  tj^voTroiUQ  vemiuthct  Ilr.  W.  unzwei- 
felhaft richtig  io^voTtoioq.  Dagegen  ist  für  v7C£Q0giuiV 
nicht  i'j[lo(fL"jji'  ,  sondern  vnsguyyujv  zu  schreiben. 
Weiter  oben  steht  ßvgOOÖEVTiyfj  OUVOXij.  Beide  Wör- 
ter sind  verdächtig. 

Sotion.  p.  190,  22.  kiiivi]  —  /;  (f£(i£t  y.aXduuw 
Tlkijdog.  Sotion  redet  von  einem  See  in  Lydien  Tala , 
bei  Strabo  Coloe.  Das  Rohr  desselben  sollte,  sobald 
Slusik  am  Ufer  gemacht  wurde  ,  dorthin  tanzen.  In  der 
niitte  befinde  sich  ein  Rohrkönig,  den  mau  mit  Uindeii 
schmücke  und  dann  wieder  abziehen  lasse.  Bei  Strabo, 
der  des  tanzenden  Rohres  mit  ein  Paar  Worten  erwähnt, 
I*.  13.  p.  621),  steht  y.akdd^uvg  für  y.akdfiovg.  Da  nun 
aber  in  vielen  Ausgaben  des  Strabo  neben  xakaSovg 
das  Wort  rcldi'jy.ovg  steht,  so  glaubt  der  Verfasser  es 
sei  von  Affen  die  Rede,  nicht  von  Rohr,  und  emendirt 
y.akkiag.  Allein  was  zuerst  Strabo  betrifft,  so  kann 
das  Wort  7lt9i-yovi;  aus  dem  Folgenden,  wo  von  Affeu 
gehandelt  wird,  sich  hierher  verirrt  haben.  Betrachten» 
wir  aber  die  Sache  selbst  genauer,  so  spricht  schon  das 
Local  (ein  See)  gegen  die  Affen.  Ferner  die  AVorfe 
yui  uiffov  avzior  iva,  üv  y.akovoi  ßaoikta\  endlich 
die  Worte  iragayivEZUL  ii  zTJv  rj'uva ,  was  dem  Zu- 
sammenliaiige  nach  nur  bedeuten  kann:  Sic  kommen  aus 
dem  See  ans  Ufer.  Da  wir  es  einmal  mit  AVnnderu  zu 
thun  haben,  so  kommt  auf  etwas  melir  oder  weniger 
Ungerereimtheit  ISichts  an.  Auch  glaubt  Rec.  jene« 
Wunder  wenigstens  zum  Theil  aufklären  zu  können.  Aus 
Sotion  selbst  (c.  3U.  p.  18'.),  20.)  geht  hervor,  dass  der 
See  Coloi'  schwimmende  Inseln  hatte.  Ulan  brauchte 
also  nur  unter  Wind  zn  musiciren,  um  das  Röhricht  zu 
locken. 

Phlcgon.  p.  202,  3.  Sagt  Sibylla ,  Apollo  habe  sie 
endlich  gctötltet.  na&tuiv  öl  yazoui'joug  ükouv  yijg. 
Für  das  unverständliche  y.aTOiy.r,oag  ist  wohl  yaranklj- 
Oaq   zu  schreiben. 

P.  202,  6.  ^>vxy  —  *'S  diga  niazev^eiaa.  Dio 
Vulgata  hat  TTtazif^Eicra.  Beides  scheint  falsch.  Viel- 
leicht diay.i]9£ioa. 

P.  203,  22-  WS  Si  xat  avzoig.  Der  Zusauimcn- 
haug  erfordert  uvzüg. 

P.  206,  7.  Für  d-JTVf}zdvT£g  schlägt  Hr.  W.  aTTO- 
OTlikavicg  vor;  gewiss  richtig.  Wesshalb  er  aber  Tta- 
Oni'.vuv.zoc,  für  ■jruoidvav.zug  in  den  Text  gesetzt  hat, 
gesteht  Rec.  nicht  einzusehen. 


1149 


1150 


P.  206,    16.  Ein  Orakel  der  Pv<hia  auf  (I!o  Einsetzung 
der  olympischen  Spiele  bezi'i^iich  : 

(Zrvo;)  xoi)  zqiotoq  jth  ifiQÜoaro  y.aX  9iro  tijtijv 
Iltioo^,  v.ai  fzeiu  rüvös  Ilekoip  ore  8)j}iovvaiav 
'EÜJda  — 
Fi'ir  Öiuiüvvaiav  vcrmuihet  Ilr.  W.   ör,   Xa^cv  uiav. 
Abgesehen   ron   iler  Verschiedenheit    der    Schriftziiffe ,    ist 
diese   Enieiidation   auch    nejjen    des  Sinnes    zu   verwerfen. 
Nur  etua  rom  Peloponnes    hi'iite    gesagt   werden   können  , 
dass  er  dem  Felops  zugefallen  sei.     Das  Richtige  ist: 

ore  dh  l^iöXev  atav, 
207,  14.  Ein  Orakel,    welches    auf   den    olympischen 
Gottesfrieden  sich   bezieht: 

Tr,v  uvTUJV  ^vea'Js  irdrgav,  7ioXeji(JV  d'  dnixioOe 
xonodixov  (f/Xlai  ijyoii/uevoi   Ekh'jVEaotv , 
eav   UV  weviaiTijq,  tk9r]  (piköcffjoiv  ivtavTÖq. 
Der  Sinn  verlangt  cl'T    uv  fi'ir  loz'    av.      Das  Letz- 
tere  würde  bedeuten,   dass  der  Goftesfriedo  fortwährend, 
mit  Ausnahme  der  olympischen  Festfeier,    bestehen  solle. 
207,  21.    Ein  anderes  Orakel,   welches  von  der  Einfüh- 
rung des  Kranzes  vom   wilden   Oelbaume    für  die  olympi- 
Rclico   Sieger  handelt: 
TcfiTS  jijjksiov  y.aQTtuv  fii)  9tji;  eut  vlxij, 
dkKa  Tuv  dygiov  di^tCf/Tiifei  y.uoitojSij  ikactSv, 
og  vvv  dfitfe^STai  ksitToiaiv  v(fd.o^iari   dijdxvi]Q,- 
Ist     ekatViV    richtig,     so    ist    das    Object    auch     hier 
XCCgTtov.       Wer    wird    aber    die    Frucht    des    Oelbaumes 
allein  zu  einem  Kranze    gebrauchen  ;    und    wer    yuQilOV 
XaQTloiöij  sagen?     y.a()7l6v    für    corrupt     zu    halten,    ist 
kein    Grund    vorhanden  ,    zumal    da    der    Anfertiger    des 
Orakels    an    die   Aepfel    der    Atalante    gedacht    zu   haben 
scheint.     So    kann    also    ekaidjv    nicht    richtig  sein.     Es 
ist  ikaiov   zu    schreiben.      Dass    der  Oelbaum    hier  statt 
eines    Zweiges  vom    Oelbaume     steht  ,    wird    Niemandem 
auffallen. 

217,   23.    heisst  es   von  der  Artemisia  ETCearQdxEUOE 
T(J}   IleQOTj.     Der  Sinn  erfordert  ovreOTQdTtvoe. 

A.  Emjitrius. 


Personal-Clir onik  und  Miscellen. 

Schleswig-Holstein.  An  den  Gclcbrlenschulen  ilcr 
Herzosjthümer  Schleswig  und  Holstein  sind  um  Ostein  1839 
folgende  Progiarnnic  und  Gelegenheitsscliriften  erschienen  : 
1)  Altena.  Aosclijü  Choiphori,  Soplioclis  Eiiripidisque  Elcc- 
tra  ,  ideni  aigiiinriituni  tiactantcs,  inter  se  coniparatae  a  F.  1'". 
Feldmann,  Phil.  Dr.,  Gyninasii  Reg.  Magistro.  30  S.  4.  Die 
Abhandlung  hat  zwei  Abschnitte.  I.  Qiiomodo  argumentum  ilhid, 
quo  fabulae  nostrae  continentur,  ante  tragicos  sit  Iraclatiim. 
II.  Aeschjli  trilogia  quid  efficiat  ad  cctcravum  fabniarum  com- 
paralionem.  2)  Flensburg.  Probe  einer  neuen  l'eberset/.nng 
des  Horaz  ,  nebst  einer  biogr.nphiscbeu  Skizze  des  Dichters 
von  J.  S.  Strodtmann,  Subrccior.  Im  Vorworte  (p.  I— VI) 
wird  kurz  über  tlic  neueren  Uebeiscizungcu  der  Horaziiclien 
Dichtungen  und  die  Schwierigkeiten  des  Gegenstandes  gespro- 
chen ;  sodann  (p.  VII  — XX.X)  folgt  Horaz's  Leben,  mit  Gründ- 
lichkeit behandelt.  In  diesem  Abschnitte  ist  besonders  zu  be- 
achten die  Untersucliuug  der  Frage:  Halle  Horaz  ein  Landgut 
in  Tibur?  St.  verneint  diess  und  veimuthet ,    der  Dichter  habe 


als  Gast  oft  in  Tibur,  besonders  l)ci  Maccen,  verweilt,  oder 
er  hatte  auch  ein  Dcvcrsoricm  oder  eine  Habilalio  in  Tibur. 
Uebersetzt  ist  das  zweite  Buch  der  Oden.  A)  Hader  sieben, 
riirenrettuiig  des  Lucius  Annacus  Seneca  gegen  die  Angriffe 
Carl  Ilolfmeister's  von  P.  V  o  I  <)  u  a  r  d  s  e  n  ,  Conieclor.  Abthei- 
lung II.  27  S.  (Abth.  I.  ist  als  Ostcrprogr.inim  1838  crscbienen). 
Die  hier  rejiciiten  Aiigrilfc  auf  Seneca  finden  sich  in  der  be- 
kannten Sciuilt  Iloniiieisters  ,, die  Weltanschauung  des  Tacilus." 
—  4)  Husum.  Vermnthungon  über  die  Tendenz  des  10.37  in 
der  Nicolaisclien  Buchhandlung  zu  Berlin  erschienenen  revolii- 
tioiiären  Socrates  ,  nebst  Anileulungen  über  des  Socralcs  Stel- 
lung zur  Demokratie  von  \).  J.  Beudixcn,  Kccior.  72  S.  8. 
Hierin  ist  enthalten  eine  gründliche  Widerlegung  und  zum  Tbcil 
geschmacklose  Pcrsillage  der  jetzt  fast  berüclitigten  Scliiift.- 
..Die  Athener  und  Sokrales,  die  Gesetzlichen  und  der  Revolu- 
tionär    von     P.    W.    Forch  liani  me  r.  "      Berlin    183.3.     8.    

5)  Meldorf.  Dissertatio  qua  oratiimem  quartam  in  Catilinam 
nmi  esse  a  Cicerone  abjudicandani  ilemonstralur  anct.  C.uW. 
H.  Kolster,  Phil.  Dr.  et  Schöbe  Meblorficae  Corir.  29  S.  4. 
Bei  dieser  meisterhaften,  schön  geschriebenen  Abhandlung  ist 
zu  bedauern,  dass  die  neueren  Untersuchungen  über  die  Echt- 
heit oder  l'ncchtbeit  der  vieijen  Calilinarisehcn  Rede  nur  wenig 
berücksichtigt  sind.  —  6)  Ren  dsb  u  rg.  D.  A.  F.  Nhsenii  de 
vitis,  quac  vidgo  Cornelii  Nopotis  nomine  feruntur  contia  Lie- 
berkuehnium  —  Poblniannianum  aliosque  disputationis  parti- 
<  ula  prior.  10  S.  4.  —  7)  Schleswig.  Commcntatio  gram- 
nialica  de  appositionc  von  J.  P.  A.  Jiingrlaiisscn ,  Rctlor. 
S.  S.  4. 

Leiden.  S.  M.  der  König  halte  den  verstorbenen  Profes- 
sor R  e  u  v  e  n  s  auf  dessen  Vorstellung  beauftragt  mit  der  Aus- 
gabe der  auf  dem  hiesigen  Niedcrl.indischcn  Museum  für  Alter- 
Ihümer  benudlichen  Monumenten.  Zur  Erreichung  dieses  Zweckes 
wurden  die  erforderlichen  Pressen  und  Alles,  was  übrigens  zu 
einer  vollständigen  Stenographie  gehört,  für  diese  Unternehmung 
angeschafft.  Unter  der  unmittelliarcn  .Aufsicht  ilcs  Herrn  Pro- 
fessors übten  sich  auch  zugleich  zwei  junge  Kunstliebhaber 
seit  einigen  Jahren  im  Abzeichnen  der  alten  GrgenslUndc  der 
Kunst  und  brachten  dieselben  über  auf  Steinplallen  mit  lo- 
benswerllicr  Treue  und  Genauigkeit.  Der  Tod  des  Herrn  Prof. 
Reuvens,  ein  unersetzlicher  Verlust  für  die  Wissenschaft  der 
Archäologie,  konnte  auch  für  dieses  Unternehmen  nicht 
oiinc  Einduss  bleiben;  es  wurde  zwar  unterbrochen,  aber 
keineswegs  vereitelt.  Herr  Dr.  C.  Lee  man  s  hat  von  Sr. 
Maj.  dem  König  den  ehrenvollen  Auftrag  erhalten,  das  Werk 
fortzusetzen,  welches  von  Prof.  Reuvens  vorbereitet  war,  und 
womit  derselbe  schon  einen  Anfang  gemacht  halte.  Dr.  Lee- 
m  a  n  s  hat  also  einen  Pruspectus  herausgegeben  für  eine  Sub- 
scriplion  auf  dieses  Werk  ,  welches  herauskomnicn  wird  unter 
dem  Titel :  E^yptUche  Mnnunienle  des  niederländischen  Mu- 
seums Jür  yillertliiimer ,  hciausi^egeben  auj  Befehl  der  Uegie- 
riing.  Die  erste  Liderung  war  dermalen  schon  bis  auf  den 
Tc\t  abgedruckt  und  enthält  14  Abbildungen ,  in  einem  ge- 
druckten l  nischlag  ,  worauf  eine  Ansicht  von  dem  Saale  der 
grossen  Egyplisclien  Monumente  des  Museums.  nDie  erste  Lie- 
ferung,« —  sagt  Dr.  Leemann  am  Schlüsse  dieses  Prospectus, 
—  »enthält  die  doppelle  Pa|)ynis  -  Rolle«  (Nr.  65  der  Sammlung 
Anastasy).  Dieses  in  seiner  Art  einzige  Manuscript ,  ist  für  die 
Kenutniss  der  Alt  -  Egyptisehen  Sprache  äusserst  interessant. 
Prof.  Reuvens  hat  es  näher  beschrieben  in  seinen  Letlres  d 
Mr.  Letronne.  Eine  getreue  Abbildung  desselben  war  also 
wohl  sehr  zu  wünschen.  Kach  diesem  Manuscripte  werden  noch 
einige  Papyrus -Rollen  folgen,  sowie  man  sie  schon  auf  Stein 
gebracht  hatte,  ehe  die  Maassregeln  für  eine  neue  Anordnung 
der  Egyptisehen  Monumente  getroffen  waren.  Man  ist  schon 
mit  der  Anfertigung  eines  neuen  Katalogs  bcfchäfligt :  und  so- 
bald derselbe  fertig  sein  wird,  werden  auch  die  Abbildungen 
folgen ,  und  zwar  soviel  möglich  in  der  nänjlichen  Ordnung, 
welche  in  dem  Katalog  angegeben  ist.  —  In  dem  Prospectus 
sind,  unter  Amlerem,  folgende  Bedingungen  gcjtellt:  M.in  wird 
sich  soviel  möglich  an  den  Katalog  halten,  nach  einer  Aus- 
wahl  der  ■wichtigsten    Gegenstände,    oder  auch    solcher,   deren 


1151  1152 

Inschriften  auf  einige  neue  0(1er  wichtige  Umstände  nnl  beson-  und  Coplischen   Papyrus- RoUen    wird    in  8.   gedruclit  werden, 

dere    Kfcbnisse    hinweisen;     A.    Monumente    in    Beziehun;;    auf  ohne  dass    jedoch^  die  Subscribenten   werden    verpflichtet   sein, 

Relisiou'nnd  Cultus;    B.   Moniimcnle,    welche    das  gcscllschaft-  jenen  anzunrhmrn. 

liehe   Leben   betreffen-    C.  Leichen-    und  Grab    Monumente.   —  Hudolstadl,    Am  25-  September  wurde  an  unserem  Gym- 

Die   Beschreibiiu"   wird    in    Holländischer,    oder    auch    du-    die-  nasium  ein  actus  disputatorius  gehalten.     Die  auTgcstcllten  Tlic- 

ienioen ,    welche    solches    verhn:;en,    in    Französischer    Sprache  sen  waren:     I.   Convivium   Platotiicum    unius    ari;uriRnti   vinculo 

ab'elasst  sein  •  lahrlich  sollen   nicht   mehr,   als  50  Abbildun-  arctissime  connexum  et  summa  arte  compositum   ist.     II.   Pbilo- 

"en  herauskommen,   in  gross  t'olio,   auf  Imperial  Velin,   schwarz,  sophorum  geniis  anliquissinium  est.     III.   Pericics  non  habcndu» 

"cen  den   Preis    von  75  Cents.    —    Der  Text    der    Griechischen  est   belli   Peloponnesiaci  auclor. 

A  n  h  ü  n  ff  i  g  n  m  ff. 

Schon  an  meinen  Bruder  wurile  von  den  verschiedensten  Seiten  aus  die  Auffordcrnng'  gesfellt,  der  ZcKschrift  für 
die  .4lterthiinis>vissenschaft ,  statt  der  rein  philologischen  Tendenz,  »vclclie  sie  von  Anfang  an  befolgte,  mehr  eine 
solche  Rirlitnng  zu  geben ,  dass  sie  als  Zcitsciirift  für  die  gelelirten  Schulen  im  Allgemeinen  gelten  könnte.  Auch 
ge-'en  mich  sind,  seit<lem  ich  die  Rcdaction  dieser  Zeitschrift  ul)ernommen  habe,  dieselben  .4nnordcrungen  vielfach 
uiederhult  worden.  Sotvie  aber  mein  Bruder  sich  nie  hat  entschliessen  können  ,  diesen  Anmuthungen  nachzugeben, 
so  kann  auch  ich  es  durchaus  nicht  über. mich  geuiunen,  die  bisherige  Einrichtung  und  Tendenz  der  Zeitschrift 
fur  AlterthumsH-issenschaft  abzuändern.  Zum  Beweise  meiner  Bereit»  illigkeit  jedoch  ,  diese  Zeitschrift  für  die 
Fol^e  auch  den  Gymnasien  im  Allgemeinen  nützlicher  nnd  interessanter  zu  machen,  beabsichtige  ich,  vom 
Jahre   1840  an  ein  wöchentliches  Beiblatt  erscheinen  zu  lassen   unter  dem  Titel: 

Beiblatt  zur  Zeitschrift  für  die  Alterlhumswissenscbaft. 

Die  Zeitschrift  für  die  Alterthumswissenschaft  erscheint  fortwährend  in  wöchentlich  dreiNumern,  nnd  an  ihrer 
Einrichtung  wird  durchaus  nicht  das  Geringste  geändert.  Sic  bleibt  ausschliesslich  der  klassischen  Philologie  ge- 
iridmet  und  dient  derselben  durch  Abhandlungen  und  Recensionen.  Das  Beiblatt  dagegen  soll  dem  Interesse  der 
Gymnasien  in  ihrem  ganzen  Umfange  gewidmet  sein  und  theils  .Abhandlungen,  theils  Recensionen  das  Gjmnasial- 
wesen  betreuender  Schriften,  theils  Nachrichten  über  den  jetzigen  Zustand  des  Gjmnasialwesens  enthalten.  Dasi 
freilich  eine  wöchentliche  Aumer  für  diesen  Zweck  mit  der  Zeit  nicht  hinreichen  wird,  sehe  ich  wohl  ein.  Allein 
es  ist  diess  der  erste  Anfang  und  soll  ein  Beweis  sein,  wie  gern  ich  bereit  bin,  eine  Zeitschrift,  die  ich  redigire, 
möglichst  allgemein  nützlich  zu  machen.  Den  geehrten  Herrn  Mitarbeitern,  die  ja  grösseren  Theiles  selbst  an 
Gymnasien  wirken,  glaube  ich  durch  diese  Beigabe  nichts  Unwillkommnes  zu  bieten,  und  den  Hrn.  Gymnasiallehrern  im 
Allgemeinen  möchte  wohl  ein  solches  Blatt  eine  erwünschte  Erscheinung  sein.  AVas  aber  diejenigen  Herrn  rtlitar- 
beiter  und  Leser  betrifft,  welche  nicht  an  Gymnasien  angestellt  sind,  so  stehen  sie  doch  durch  ihre  gelehrte  Rich- 
tung diesen  Anstalten  durchaus  nicht  so  fern,  dass  ihnen  eine  Beigabe  in  der  beabsichtigten  Weise  unangenehm 
sein   könnte. 

Indem  ich  diess  zur  Kenntniss  der  geehrten  Mitarbeiter  und  Leser  dieser  Zeitschrift  bringe,  füge  ich  an  alle 
Gymnasiallehrer  die  ergebenste  Bitte  bei,  mich  zur  Hinausführung  des  angedeuteten  Planes  durch  geeignete  Beitrage 
gütigst  in  den  Stand  setzen  zu   wollen, 

Darm  Stadt,  29.   Noicmber   1839.  Dr.  Karl  Zimmermann. 


MJa  die  Erweiterung  der  Zeitschrift  für  die  Alterthumswissenschaft  durch  Hlnzufügung  des  oben  erwähnten  Beiblatte» 
nicht  ohne  bedeutende  >'ermebrnng  der  Kosten  statlliiiden  kann,  so  werden  es  die  Herren  Leser  nnd  Mitarbeiter 
gewiss  billigen,  dass  ich  den  Preis  der  Zeitschrift  für  184u  von  (i  Rthlr.  oder  10  fl.  4S  kr.  auf  7  Rthlr.  ,S  Gr. 
oder  li  fl.  12  kr.  erhöhe,  welche  unierhaUnissmassig  geringe  Erhöhung  man  übrigens  als  einen  Beweis  erkennen 
wird,  wie  bereitwillig  ich  meinerseits  die  gute  Absicht  der  Redaction  zu  unterstützen  und  dadurch  den  vielfach 
geäusserten    Wünsrhrn   der    Leser   entgegenzukouinicn   strebe. 

Bei  Gelegenheit  ilieser  Zeilen,  bitte  ich  diejenigen  Herren  Mitarbeiter,  denen  ihr  Exemplar  der  Zeitschrift 
nicht  regelmässig  zugekommen  sein  sollte,  um  gütige  Benennung  der  Buchhandlung,  durch  »reiche  in  tlcr  Folge 
das  Exemplar  expcdirt  werden  soll,  damit  anangeuelime  Stürangcn  und  't'crzögerangcn  inüglichst  vermieden  werilen 
küunen. 

Die  Vcrlaß^sldirhhatidlung 

von    C.   W.  Leskt. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  Wissenschaft. 


Sonntag  j  1.  Decemher 


1839. 


Nr.  144 


Finden  sich  im  Altertliuine  Spuren  des  Boomerang? 

oder: 
Über  die  Wiirfwaffen  aclys  und  cateia. 

01)i(;e  Fragte  ist  nach  einem  Berirhie  in  Poggendorff's 
Annaieii  der  Physik  und  Chemie  ,  Band  XLV.  Sdick  3- 
(183^.  jVr.  11.)  p.  474  sq.  in  der  irländischen  Akademie 
aufgestellt  und  von  Samuel  Ferguson  in  einer  im  Jahre 
183y  dort  gehaltenen  archaoloifischen  V'orlesung  behan- 
delt worden.  Deutsche  Philologen  «erden  zwar  jene 
Trage  ebenso,  wie  das  in  obigem  Journal  auszugsweise 
initgetheilte  seichte  und  oberflächliche  Räsonnement  des 
Herrn  Ferguson  zuriickiveison,  aber  die  von  ihm  lierbei- 
{fezogcnen  antiquarischen  Gegenstände  scheinen  einer  neuen 
Untersuchnng  um!  Beleuchtung  um  so  mehr  zu  bedürfen, 
da  die  llauptgenährsuiänner  Lipsius  (Poliorcet.  lib.  IV. 
«lial.  IV. )  Salntasius  ( ad  Trebell.  Poll.  Claudium  cap. 
XIV.)  und  Turnebus  (Adrers.  XXX,  2I-)  leicht  darüber 
hingleiten. 

Der  Bumerang  ( Bnomeraiig)  oder  Keili  ( Kilee)  ist 
eine  australische  Wurfwaffe,  die,  obwohl  schon  von  ei- 
nigen früheren  Reisenden,  z.  B.  vom  Capitän  King,  be- 
schrieben, doch  erst  seit  1837  näher  bekannt  geworden 
ist  und  als  ein  interessantes  mechanisches  Problem  die 
Aufmerksamkeit  der  iMathematiker  und  Physiker  auf  sich 
gezogen  hat.  Der  Bumerang  ist  ein  flaches  Stück  Holz 
Ton  hyperbolischer  Gestalt,  etwa  drifthalb  Zoll  breit, 
auf  einer  Seife  ganz  eben,  und  auf  der  anderen  schwach 
gewölbt.  Von  einem  Ende  zum  anderen  ist  er  in  gra- 
der Linie  ungefähr  drilthalb  Fuss  lang,  und  die  Mitte 
dieser  Linie  hat  von  der  3Iitfe  des  Instrumentes,  oder 
«lern  Scheitel  der  Hyperbel,  etwa  einen  Fuss  Abstand. 
Gehörig  geworfen  beschreibt  er  einen  Kreis,  kehrt  um, 
kommt  (ruf  den  Werfenden  zurück ,  geht  sogar  hinter 
ihm  fort  und  sucht  abermals  umzukehren  ,  ehe  er  zu 
Boden  fällt.  *) 

•)  Weitere  Beschreibung  der  Bewegung  dieses  sonderbaren 
Insliunicntcs  sehe  ni.in  in  der  angcndiitcn  Schrift  nacli. 
Dass  das  Ganze  keine  P'alu-I  ist,  dafür  biirgt  der  Name 
PoggendorfTs  ,  wclcber  bemerkt:  uAls  ich  in  diesem  Som- 
mer einige  Tage  in  Dublin  verweilte,  wohin  Swan  Hiver 
einige  Buincrangs  gesandt  hatte ,  hatte  ich  Gelegenlieit, 
den  Gebrauch  des  Bumerang  durch  eine  im  Werfen  des- 
(clben  geiibte  Person  aus  eigener  Anschauung  kennen  zu 


Nachdem  die  Professoren  Mac-  Cullagh  und  Lloyd  in 
der  Künigl.  Irländischen  Akademie  in  Bezug  auf  Mecha- 
nik diese  Sache  näher  beleuchtet  hatten  *),  glaubte  Samuel 
Ferguson  in  einer  am  '>'2-  Jan.  1838  in  derselben  Aka- 
demie gehaltenen  Vorlesung  den  Beweis  liefern  zu  kön- 
nen, dass  die  Eigenthümlichkeit  jenes  Instrumentes  aucli 
der  cateja  und  aclys  der  romischen  C'lassiker  zukomme, 
und  die  letztere  wahrscheinlich  einerlei  sei  mit  der  uy/.L'ijj 
der  Griechen. 

Es  heisst  in  dem  dort  mltgethoilten  Auszuge  der  Ab' 
handlung: 

,,Die  Hauptbeweise  für  die  cateja  liegen 

1)  in   dem   ihr   von   Silius  Italicus    beigelegten   Epi- 
theton panda  und  'J)  i«  der  von  Isidor  gep,ebenen 
Beschreibuijg ,  in   der  es  heisst  :   si  ab   artifice  mit- 
talur,  rursum  redit  ad  cum  ,   qui  misit. 
„Die  Hauptbeweise  fiir  die  aclys  bestehen 

l)  in  der  Identificirung  der  aclys  und  cateia  bei 
Servius  ad  Aen.  VII.  730.  741.,  2)  in  einem  von 
Valerius  Flaccus  VI.  S)[).  aus  ihrer  halbmondför- 
migen Gestalt  gezogenen  Schlüsse,  und  3)  in  einer 
Angabe  des  Sidonius  Apollinaris ,  welcher ,  indem 
er  sich ,  wie  es  scheint,  auf  diese  Waffen  bezieht, 
sie  als  JVurfwaff'en  beschreibt:  quae  feriant  bis, 
tnissa  semel. 
„Auf  die  Identität  ron  aclys  und  dy/.i-Xi]  ist  zu 
schliessen  aus  ihrer  etymologischen  l  ericandtschaft 
und  aus  den  Angaben  des  schol.  von  Eurip.  Orest. 

lernen,  und  ich  muss  gestehen,  zu  meiner  grossen  t^eber- 
rascliiiug;  denn  die  Bahn  des  unter  stelcni  Heruniwirbeln 
erst  horizontal  dahinfliegenden,  dann  raseli  auf'steigen- 
deu  und  wieder  zuriickkehrcnden  Instrcmientes  ist  so  selt- 
sam und  nach  der  Kicbtnng  des  Windes  und  anderen 
Zufälligkeiten  beim  Wurf  so  mannicbfaltig,  dass  man  sich 
schwerlich  ,  ohne  es  gesehen  zu  haben,  eine  ganz  leben- 
dige Vorstellung  davon  machen  kann.  In  Dublin  ist  der 
Bumerang  bereits  so  gemein  ,  dass  er  in  L.adcn  als  Spiel- 
zeug verkauft  wird.  Die  Australier  gebraueben  den  Bu- 
merang, wie  man  mir  sagte,  mehr  um  Vügcl  aus  einem 
dabinziebcndcn  Schwärme  zu  erschlagen,  oder  um  den 
Feind  ,  ehe  man  den  Wurfspiess  nach  iiim  wirft,  in  Vcr- 
wirruii"  zu  setzen,  als  um  damit  nach  einzelnen  entfern- 
ten (icgcnstanden  zn  ;;iclen ,  was  auch  fast  unmöglich 
scheint.  Daher  ist  der  Bumerang  den  Australiern  auch 
ein  Ersatz  für  Boqcn  und  Pfeil,  welche  sie  niclit  kennen.« 
*•)  Im  Phil.  Mag.  Vol.  XII.  p.  329  bat  ein  ungenannter  Ge- 
lehrter eine  vollständige  Theorie  des  Bumerang  zu  geben 
versucht. 


1135 


11 56 


1479.    dyv.vKai    tu    d/.uvTia    cirro    vor    irrijy/.v- 

Am  aujensrlieiiilirlislpii  ist  <lpr  IMissgrilF  lies  Herrn 
Fcrgiisou  ,  »iciiii  er  in  <|pr  uyy.ikl  der  (irioclion  eine 
krumme  Waffe  siirli(.  '.lyy.Lkt^  ist  lirkaimtlitli  der  an 
der  Hütte  iler  AViirfnalFe  angebrachte  Riemen,  mit  wel- 
chem sie  rort;;e-ii'liiuinjren  »ird,  das  amriituai  der  La- 
teiner, i]  kafj))  lov  ay.ovxiov.  Die  Griechen  unter- 
scheiden dy.uvTia  ra  ei;  dyytAijs  uml  to.  tv.  itinoc, 
d(fltn(ra.  Dann  lirzeichnef  das  >V'<)rt  auch  die  Mitte 
des  ^Vurfgpsrhiisses,  »<>  der  Riemen  anjjebrarht  ist  (Pi)l- 
lux:  TU  ufouv  TOI'  dogo.TOi  dyy.i'k}^  y.al  tu  igyov 
ivayy.vtJZtadai ,  v»rgl.  auch  Pollnx  1,  l3ii.)  und  dann, 
pars  pro  toto  ,  das  ganze  Wurfgesilioss  ;  daher  die  üfters 
vorkunmiende  Erklärung:  tldoc,  ä/.üvziuv  ,  Knstalli.  p. 
344,  13-  p.  •'■lU),  3Ö.  lind  die  für  solche  Wallen  gleich- 
falls übliche  Benennung  utaayy.L'Kuv.  Es  »iirde  jener 
Riemen  dyy.it.r  genannt,  weil  er  einer  Schlinge  glich; 
alle  ähnliche  Schlingen  und  Ocsen  werden  von  den 
Griechen  dyy.vl.ai  genannt,  z.  B.  an  den  Schiffen  die 
Bänder,  durch  welche  das  Ruder  gesteckt  wird  (wozu 
vorzüglich  eiserne  Haken  uy/.ui,  (>'///n;i  dienten) ;  daher 
zu  erklären   Enrip.   Iph.   Taur.    14US. 

dtj.o-  £>i  ,77.£zr«f  itavfj'iTTiv  dyyi'kai  q, 
d.   h.   andere    banden   Stricke    an    die   Ruderüsen,    um  so 
das   Schiff  an   das   Land   zu   ziehen. 

Die  daron  abgeleiteten  Verba  evayy.lXtilfOt^cil  (kvayy.v- 
kulndai)  und  ötu.y/.vkiZ.l.n'&cu  [dlay/A'XeiQ&ui)  bezeich- 
nen d:is  Hinein<fre'\(pn  oder  das  Z)«rcAgreifen  durch  jene 
Schlinge  ,  lim  «las  Gesclioss  fortzuschleudern.  Hesvch. 
erklart  es  durch  ivf^'oai  Tuig  dayTi'kui's  rai^  dyy.v- 
kai^,  cf.  Ol  id.  31ctam.  XII.  321.  inserit  amento  iligi- 
tos ,  —  nee  plura  moratus  in  iuvenem  torsit  iaculum. 
Es  war  diess  für  jene  AVaffe  das  feststehende  Commandu- 
nort  für:  macht  euch  fertig  (Xenoph.  Anab.  V,  •> ,  12. 
IV,  3,  L'S.),  daher  die  Grammatiker  es  auch  erklären 
avTt  TUv'  tTOltiov  eivui.  Dass  die  Griechen  dann  jene 
Verba  auch  mit  einem  Objectaccusatii-  d.y.uVTtuv  verban- 
den^ kann  nicht  befremden.  Wenn  an  der  von  Ferguson 
angefülirten  Stolle  des  schol.  ad  Eiirip.  E^ijyyvkioHui 
richtige  Lesart  ist,  so  lieisst  1.71  ay/.Lt  iCeodai  dort:  das 
Gesthoss  mit  einem  Sihwungriemeii  versehen,  was  jedoch 
bei  Xenoph.  Anab.  IV,  2,  2>S.  und  Dioilor.  XIV,  JT. 
durch   ivaywl  (Kl)   bezeichnet   wird. 

Ebenso  willkürlich  ist  Ur.  Ferguson  mit  den  lateini- 
schen Wörtern  aclis  (advs)  und  cateia  (cateja)  verfahren, 
üb  er  arivs  etymidogisch  mit  «yxrA»;  zusajiiinenstellen 
durfte,  ilarüber  wollen  wir  nicht  streiten  —  auch  Turnebus 
Advers.  XXX,  21.  leitet  arlis  von  dyv.vki)  (z::z  dy.üi'ctuv) 
ojler  vielmehr  von  einem  Deminutiv  dyyi'/.L  ab;  da  in- 
des« cateia  ein  gallisches  oder  germanisches  Wort  ist,  so 
könnte  vielleicht  der  Name  der  ähnlichen,  gleichfalls 
ausländischen  AVaffe  aclys  auch  fremdläiidisclicn  Ursprungs 
tein    *)    —     aber    durchaus     iliirfte     er    nicht    seine    irrige 

•)  Man  könnte  es  fiir  ein  Deniinulivnni  b.illcn  von  dem  >,i- 
inen  cimr  anderen  Rcrm.ifiisclicn  W.iirc,  welche  Sniil.is 
üyywH;  nennt:  üy/oiyti;-  /TnxUQtu  (Joyaici  Jluf«  ^piJjj-oi;. 
Euslatliiuä.  Jj-j^wi.  (^viil-o  üyyov')  üdoi  Ai'i^uxotfQuyyiy.ov. 
Da  jenes  üyyotr  das  deutscliv  Haken  zu  sein   icoi-ini  ,    so 


Vorstellung  von  der  dyy.vXii  auch  auf  die  aclvs  übertra- 
gen. Es  lässt  sich  nicht  im  entferntesten  eine  Aehnlich- 
keit  der  aclys  mit  dem  Bonierang  nachweisen.  Denn 
die  Eigendiümlichkeiten  jener  AVallc,  welche  Servius  ad 
A'irgil.    andeutet,    sind    von    ganz   amlerer    Art. 

lieber  die  besonderen  Eigenschaften  der  aclvs,und 
cateja  finden  wir  bloss  bei  den  alten  Grammatikern  einige 
Motizen.  Mach  Ihnen  sind  es  Wnrfwaffen  der  gallischen 
und  gerinanischei)  A'olker,  die  mit  Hülle  eines  längeren 
Riemens  nach  der  Entsendung  wieder  zurückgezogen  wer- 
den konnten.  Leider  aber  finden  sich  bei  den  übrigen 
Schriftstellern  des  Alterfliiims  keine  deutliche  Angaben, 
die  man  denen,  welche  die  Glaul>w  nrdigkeit  jener  Gram- 
m.itiker  bestreiten  möchten,  entgef^enstellen  könnte.  Doch 
wir  wollen  jetzt  die  einzelnen  im  Alterthunie  zerstreuten 
iVofizeii  hier  sammeln  und  tlieils  die  .Stellen,  wo  die 
Wörter  aclvs  und  cateja  sollen  vorkominen,  tlieils  die- 
jenigen, wo  nach  unserer  Meinung  von  jenen  Waffen  die 
Rede    ist,    hier   behandeln. 

Bei    Virgil   Aen.    VII.   730. 

teretes  sunt  aclides  illis 
tela ,  sed  haec  lento  mos  est  aptare  llagello. 
erklären  Turnebus  unil  de  la  Cerda  das  flagelliim  einfach 
durch  ameutum,  und  aclis  durch  iaculum  amentatum. 
Auch  Nonnius  rap.  XIX  nennt  die  aclis  bloss  ein  iacu- 
lum breve.  Es  lässt  sich  nicht  läugnen,  dass  ein  Dich- 
ter für  amontum  wohl  füglich  flagellum  sa^en  konnte, 
mithin  wäre  aptare  flsgello  so  viel  als  tvayv.vkuv  bei 
Xenoph.  Anab.  IV.  2,  2iS.  und  Diodor.  XIV,  27.  Aber 
die  übrigen  Erklärer  des  Virgilins  folgen  dem  Servius, 
welcher  bemerkt :  aclides  sunt  tela  quaedam  anti(|Ua,  ade« 
ut  nee  usijiiam  conimemorentiir  in  hello.  Legitur  tarnen, 
(Jiiod  sint  clavae  cubito  semi^  factae  eniinentibus  hinc  et 
hinc  acuminibiis  quibnsdani:  quae  ita  in  lioslem  iaciun- 
tui-  relig/ttae  loro  vel  Uno,  ut  peractis  vulneribus  pos- 
sint  redire.  Der  folgende  Zusatz:  piitatur  tarnen  esse 
teli  genus,  qiiod  per  flagellum  in  immensum  iaci  potest, 
beweist  freilich,  dass  Servius  keine  zuverlässige  Kund« 
von  der  Sache  hatte,  und  es  läge  somit  der  Argwohn 
nahe,  dass  die  ganze  Angalje  nur  eine  fabelhafte  Traili- 
tion  sei  ,  die  auf  einer  falschen  Relation  von  dem  länge- 
ren ainentiim  der  Wurfgeschosse  der  Barbaren  beruhe. 
Denn  auch  das  amentnm  scheinen  die  Römer  zuerst  an 
den  Wurfspiessen  der  Griechen  und  Barbaren  gesehen 
zu   haben. 

L'ebrigens  ist  die  Sache  an  sich  nicht  unglaublich, 
denn  wohl  lässt  sich  bei  jenen  rohen  Kriegsvölkern  eine 
solche  (lewanilfheit  voraussetzen,  dass  sie  ein  Wiirfge- 
»choss  mit  Hülfe  eines  Riemens  künstlich  wieder  auf- 
fangen uikI  von  Neuem  absenden  konnteii.  Ich  erinnere 
miih  irgendwo  gelesen  zu  haben,  dass  die  italienischen 
Banditen  die  Fertigkeit  besitzen,  aus  der  Ferne  Jeman- 
den mit  einem  Dolche  zu  verwunden,  den  sie  an  einem 
Kiemen  fortschleudern  und  schnell  zurückziehen.  Auch 
der  Zweck  leuchtet  ein,  ilenn  tlieils  wurde  durch  <las 
Zuräckzicheu   des    vermuthlich   mit    Widerhaken    versche- 


ist  vielleicht  tra;;ida  eine  wörlliclie  Ucbcrsetzung  von  .iclis, 
da  ja  auch  tragula  gewöliiiiicli  von  Iralia,  der  Haken, 
abgeleitet  wird. 


1157 

nen  fioscJiossps  pino  iloppoho  Ver«  uniliinjj  niiiglicli,  iJipils 
ilic  «liirrh  ili-ii  niaiif;«'!  an  Eisen  *)  gpliolciif  üfkononiic 
erreicht. 

Ans  <len  übrigen  Stellen,  »o  arlys  vorkommt,  kUui- 
lieh  Trel.ellius  Pollio  Cland.  r.  XiV,  der  unter  ilen 
Waffen,  die  einem  Kriegsobersteii  als  Ehrengeschenke 
zn;;etlieilt  waren,  dnas  laiiceas  herciileanas,  aclides  duiis, 
falccs   duas   mit  aufzählt,   aus  Sil.  Ilal.   III.   36'.'. 

AcWde    nee    tenui    pugnax    instare    veruto. 
VIIJ.  552. 

Arlydis   usus   erat   factaeijue   ad    rura   bipennis. 
Val.   Fl'acc.   VI.   W. 

Nee  procul   albentes    geniina    ferit   acivde   parmas 
und  Sidonins   Apolhnaris  panegvr.   ad  niaiorianuni   II,   8. 

Enno  rnit  aclide  fossus 
lasst  sich  «enij;  entnehmen.  Es  fragt  sich  bloss,  wie 
das  bei  Valeriiis  Flaccus  dabeistehende  Epitheton  gemitia 
zn  erklären  ist.  Höchst  wahrscheinlich  ist  es  auf  die 
do»/Jf/schneidige  ,  der  Pfeils]iitze  ähnliche,  eiserne  Spitze 
zn  beziehen,  denn  Statins  IV.  nennt  dreieckige  Pfeil- 
spitzen lergeiiiini ,  oder  es  ist  von  ilen  beiden  AViderhaken 
an  der  Spitze  zu  »erstehen,  welche  bei  den  ^Vaflen  der 
Germanen  sehr  liblich  waren.  So  sagt  Agalhias  von  den 
schon  oben  beriihrten  und  mit  der  aclis  verglichenen  an- 
cones  der  Franken  :  brevia  tela,  qnae  Franci  anconas  vocant, 
in  superiori  ferro  tanqnam  hanii  utrimque  sunt  et  deorsum 
vergunt.  31an  vgl.  auch  Ä/pennes  ui\A  ötßoKic.  der  Germanen.- 
De  la  Cerda  ad  Virg.  dagegen  vergleicht  die  oben  aus 
Trebellius  Poll.  angeführte  Stelle  duae  aclides,  und 
meint  gemina  aclis  sei  so  viel  ,  als  bina  aclides.  Ihm 
schwebt  dabei  verniuthlich  der  römische  Gebrauch  vor, 
nach  ivelcheni  zur  UewalTnung  des  Soldaten  zwei  pila  ge- 
liörten,  was  VIrgil  auch  auf  die  barbarischen  Völker 
übertragt,  cf.  Aen.  I.  313.  VII.  68T.  Vlll.  (i61-  XII.  1H5. 
Zu  einer  anderen  ^>rmu(liung  könnten  IVIünzen  fähren, 
auf  denen  (cf.  Jar.  Oiseli  thesaurus  nurtjismatuni  Tab. 
LXI,  \>.  XC,  7.  CV.  2.)  Wurfgeschosse  abgebildet  sind, 
die  oben  und  unten  eine  cnspis  haben.  Was  aber  Herr 
Ferguson  aus  dieser  Stelle  herausgelesen  haben  mag,  der 
von  „einem  vnn  Val.  Flaccus  VI.  M'J.  aus  der  halbmond- 
fürmigen  Ges  alt  der  acbjs  gezogenen  Schlüsse"  spricht, 
kaim    ich    nicht   absehen.      Die    ganze   Stelle    lieisst: 

Nee   procul  albentes   gemina   ferit  aclvile  parmas, 
hiberni    qui   terga    Noae    gelidumqiie   secnri 
eruit   et  tota   nun   audit   Alazoua   ripa. 
lii   diesen   Worten    wird    ja    doch     nichts    Anderes,    als   die 
nördliche     Lage    jenes     Volkes     bezeichnet,     welches    den 
Rücken    des     winterlichen    Noas     und     den    eisigen    Alazon 
mit    dem   Beile     aufhauet    (zum    Belinfe    lies     Fischfanges) 
und    nirgends    den    Fluss    rauschen    hört. 

Caleia  kommt  vor  bei  (icilius  X,  25,  wo  es  unter  den 
verschiedenen  Arten  von  Wurfwaffen  mit  aufgezählt  ist, 
ferner    bei    ^'irgil.    Aen.    ^'11.    741. 

teutonico    ritu   soliti   torquere   cateias. 
Sil.   Itah    in.   '277. 

panda   manus   est  armata   cateia. 


*}  Tac.  Gcrni.   c.   VI.     Pie    rcrniin  mijue 
j;encre  teloiuni  colligitur. 


iipercst ,    siciil  ex 


1158 

Val.   Flacr.  VI.   R3 

et  puer  e  primo  torquens  temone  cateias. 
Servius  bemerkt  zu  Virgil:  cateiae  sunt  tela  <;;il|ic.i,  unde 
et  (eutonicnm  ritum  dixit.  Cateiam  qnidnni  asserunt  teil 
genus  esse  fale,  qnale  acliiles  sunt,  ex  niatcria  quam 
niaxime  lenta,  cubitus  lungitndine,  tuta  fere  davis  fer- 
reis  illigata,  quam  in  hosteni  iaculantes  lineis ,  quil/ua 
eam  adnexuerunt  ,  reciprocarn  faciehant.  "  Cateiae  antem 
lingua  theodisca    haslae   dicnntur. 

Isidnrus  XVIII,  7.  clava ,  qualis  fnit  Herculis,  dicta, 
quod  clavis  sit  ferreis  invicem  religata,  et  est  cubito  ük- 
mis  facta  in  longitndine.  Haec  et  rpteia ,  quam  Dorca- 
tius  *)  raiam  **)  dicit.  Est  enini  genus  gallici  teli  ex 
materia  quam  maxime  lenta,  quae  iacta  quidem  non  longe 
propter  gravitatem  evolat,  sed  quo  pervenit,  \\  nimia 
perfringit.  Quod  si  ab  nrtißce  7nittatur,  rursus  ad  eum 
redit ,  qui  niisit.  Iluius  ^'irgilins  memiiiit  :  tentonico 
ritu  rett.  L'nde  et  eas  Hispani  et  Galli  teutonas  ***) 
vocant. 

Donutus  ad  Virgil:  hi  omnes  imitati  Teutonas  mitte- 
bant,  telorum  species,  quae  cateiae  dlcehantur  ,  erantque 
hastae   angusto    et    brevi    ferro. 

Papias :  cateia  lingua  Persarum  est  sagitta  harbulata 
sive  hasta,  qua  utebatnr  Hercules;  erat  enim  cum  ügu- 
lis  catenarum ,  et  quando  eam  proiii  iebal ,  iterum  cum 
catennia    retrabebat. 

AVenn  Papias  in  den  eben  genannten  Worten  die  ca- 
teja  dem  Herkules  beilegt,  so  ist  diess  ganz  in  der  Weise 
-ler  Alten,  welche  jede  ihnen  auffällige  und  merkwürdige 
WalTe  eine  Herkulische  nannten.  Darum  aber  wird  man 
auch    berechtigt   sein,    unter   den   bei    Trebell.   Poll.  Clautl. 


*)  So  ist  mit  bipsiiis  zu  schreiben  statt  Horatius  Den  Dor- 
catiiis  erwähnt  Isittiir  auch  XVII,  .H9 
**)  Lipsiiis  Poliorc.  IV,  4  p.  179.  will  statt  caiam  lesen  ca- 
vani  ,  was,  wie  er  sagt,  in  eiiiim  codex  sich  Iin4ct  Kr 
vergleicht  ilicss  mit  ileni  bei  Siliiis  Italiens  lier  cateia  bei- 
gelegten Epitlipton  panda,  weil  hohl  nn<l  krumm  auf  Kins 
liinauslanfe.  "Walirsclieinlicli  bat  rr  durcli  diese  Bemer- 
kung Hrn.  Ferguson  auf  die  unpliicklieben  Spriingc  gc- 
liollen.  Aber  panda  ist  wohl  mehr  auf  das  zu  einem 
krummen  Haken  gebogene,  lu  llenbarclonartige  Eisen  an 
der  Spitze  der  cateia  zu  beziclien.  Denn  Sidnnius  Apoll, 
paneg.  ad  Maiorinnniu  lib.  IV.  ep.  20.  spricht  von  lan- 
ceis  nncatis.  —  W(dltf  man  cavam  vei  lliciiligen,  sn  könnte 
man  damit  die  Bemerkring  des  Hesjcbiiis  in  Verbindong 
bringen:  uvi.viziiv.  uvlovc  f/ovauv.  SojoxhiQ  di  ujv 
liyyuv  triv  /iitnoK»'  uv).)!jniv  ttutv ,  ii"d  die  kiiline  Verniu- 
Ibimg  aulVlellen,  dass  die  caleia  bohl,  ni.d  in  dieser  Höb- 
bing  der  Riemen  geborgen  gewesen  sei,  n.it  welchem  das 
Gcschoss  zuriickgezogcn  wnril.',  Griildiis  hat  statt  caiam 
vorgeschlagen  caiam  ,  am  nacli-ten  laue  clavam  zu  con- 
iiciren.  Aber  Salmasiiis  ail  Tr.l.ell.  Pull.  Claud.  cap  XIV 
bat  das  caiam  binrriclieiid  vertlnidigl.  Er  sagt:  Caja  est 
vetiis  verbiiiii  .  quud  liistem  aiit  clavam  aiit  baculum 
significat  ,  unde  (ajnre  pro  verberarp  dicebant  veleris. 
Er  berult  sich  aof  Fulgenliiis  in  libro  de  conlinentia  Vii- 
siliana  .  wo  es  heisst:  nam  apiid  nntiquos  cajalio  iliceba- 
tiir  piierilis  caedes,  lind  auf  Plaiiliis  in  Cisteliaria  :  quid 
lu  aniicam  times,  ne  tc  maniilpa  cajel  ?'  Cajaie  igilnr  est 
verheraie  et  caedere  3  caja  scilicet ,  'quae  fnstcni  signi- 
ncat. 
'")  Vulgo  fculoiioi,  ein  cod.  dps  Lips.  tpat.nnos.  Obige  rich- 
tige Lesart  bieten  codd.  Giid.  1.  2.  Vgl.  auch  die  unten 
anzuführende  Stelle  aus  dem   Glossarium  des  Aelfricus. 


1159 


1160 


i:  XIV  genannten  lanceac  herculeanac  rafpjae  zu  ver- 
stehen. Ja,  man  könnte  sich  versucht  fühlen,  bei  So- 
phocles  Trach.  511,  wo  es  von  Ilerknles  heisst : 
()  öf  Jjay.-/iic'.g  linu 
r;Xde  crah'vTova  Oijßaq 
TuSa  y.ai  kuy/^aq  ^o-ttoImv  ts  Tivaoaujv 
an  jene  lancea^.  hercnleanas  zu  «lenken  ,  znnial  ila  anch 
<Icr  Scholiast  von  einer  Lanze  lies  Herkules  spricht:  acp 
laTüuicu  (ftjoi  }.oyxi;v  ix^i''  tov  '/Joc./.Kiu ,  niiil  Ile- 
svchius  s.  V,  av}<oj:Tt~;  von  der  in  Sophocles  criviihnten 
ij  f^iay.ou  Ko'jfl]  [/loayXcoiKl]  redet.  Aber  da,  soviel 
ich  i»eiss,  «eder  auf  ßilduerken,  noch  bei  Scliriflsiellern 
eine  Lanze  des  Herkules  vorkommt,  so  stimme  ich  lirunrk 
bei  ,  der  roi«  y.at  /.oyj(Ui  arcun»  et  sagitlas  erklärt 
nnil  Eurip.  Hercules  für.  IIUI.  vergleicht,  «o  die- Pfeile 
des  Herkules  t'/X'/  TlTEüujTU  genannt  werden.  Und 
zwar  ist  diess  keine  poetische  Hyperbel,  denn  die  Pfeile 
der  Parther  und  der  Scvtlien,  deren  Zögling  Herkules 
in  der  Runst  des  Bojenschiessens  ist,  sind  von  so  enor- 
mer Grösse  und  Kraft,  dass  sie  füglich  Lanzen  genannt 
werden  konnten.  31an  sehe  die  Zeichnungen  auf  iMün- 
zcu  (cf.  Oiseli  thes.  nuniism.  XX,  ().)  und  die  IJeschrei- 
bungen  der  Schriftsteller  (bei  Suidas  »Verden  die  Pfeile 
der  Araber  ä.vdoouij/.r,  genannt).  Darnni  konnte  auch 
Aeschvlus  Chocph.  Irtl.  das  Entsenden  der  scvthischen 
Pfeile  durch  i  ^  irr  ukks  l  v  ßt/üj  TtuKiVTOva  ausdrücken. 

Wenn  aber  bei  Gellius  IX,  II.  von  einem  Gallier, 
der  nbermüthig  die  Römer  zum  Kampfe  herausfordert, 
gesagt  wird:  «lux  Gallorum  vasta  et  ardua  proceritate  ar- 
inisque  auro  pracfiilgentibus  grandia  ingrediens  et  manu 
telum  reciprocans  incedebat,  so  möchte  ich  diess  für  die 
Hauptstelle  erklären,  in  »velcher  sich  eine  ileutliche  Spur 
von  dem  Gebrauche  jener  Walle  findet,  denn  das  reci- 
procare  telum  ist  offenbar  auf  das  Zurückziehen  des 
Wurfgeschosses  zu  beziehen ,  worin  der  Gallier  vor  den 
Augen  der  Römer  seine  Gewandtheit  zeigte.  Servius 
bezeichnete  ja  ebenso  das  Znrnikzieheu  der  cateia  durch 
reciprocam  facere.  V'ergl.  auch  reciprocare  serrain,  und 
die  von  Varro  de  1.  1.  VI.  5.  gegebene  Erkl.'irung  von 
reciprocus:  reciproca  est,  quum  undc  quid  profcctuni , 
redit  co.  *) 

Wenn  es  bei  Ammianus  Marcellinus  XXXI,  7,  12. 
heisst:  barbariquc  ut  reparabiles  scrnper  et  celere»  in- 
gentes  rlavas  in  nostros  coniicientes ,  könnte  mau  das  re- 
parabiles   auf   die    clavas    beziehen   und  somit  an   die  zu- 


*)  Man  könnte  sich  versucht  riililrn,  auch  die  bri  Foslus 
p.  229.  cd  Lind,  aus  Jer  .\8trnba  des  Plaulus  ciliilen 
Worte: 

quasi  tollenonem  aut  pilimi  graccnm  reciproces  plana  via 
in   Vcrgleicli  zu  /leben.     Aber  e»  lassl  sich   nicht  jjut  ab- 
sehen,  weiche   Acbnliclikeit  die  Hi'wei;niig   eines   lininnen- 
balkens,    der    j.v    einen    be-^omleren   Stiilzpunkl    vcrlanfjt , 

•  mit  dem  Gange  jener  Waffe  li.ii)en  könne,  ;iricli  pilum 
graecum  zeigt,  dass  von  der  cnh-ia  nicht  iV\r  Rede  sein 
kann.  Ein  «eiler  unten  anziifiilirendcj  rragniriit  des  Ac- 
cins  reciproca  lendens  -  tela  ist  von  dem  scytliischen  Bo- 
gen zu  veislehcn,  den  Philoctet  von  Herkules  bekommen 
hatte. 


rückgezogenen  und    immer  von   neuem  entsandten  cateiai 
denken. 

Die  aus  .Sidonius  Apollinaris  von  Ferguson  angeführte 
Stelle  ( panegvr.  Jul.  ^'alerio  3Iaioriano  Augusto  dict, 
V.  402.)  üeisst: 

tum  concitus  agmino  toto 
in  pugnam  pirata  coit;  pars  untre   cavafa 
iani  dociles   exponit  equos,   pars  ferrea  tcxta 
concolor  induitur,  teretes  pars   explicat  arcus 
spiculaque   infusum  ferro   latura  venenum, 
(pine  feriant  bis   missa  semtl. 
Hier   sind   aber   unter   <leii   spicula   oflenbar   die    vergifteten 
Pfvile   zu    verstehen,    deren    doppelte    Wirkung,    die    me- 
chanische   und    die   dynamische,   nämlich   die    A'erviundung 
und    die    AVrgiftnng,     dichterisch    durch    das    bis    feriunt 
ausgedrückt    ist.  *)      Kaum    wird    also    Jemand    hier    mit 
Ferguson  an   eine   besondere   Waffe  denken,    durch  deren 
Zurückziehen   eine  doppelte   Verwundung  verursacht  wor- 
den sei. 

Das  Wort  cutejii,  welches  Dunatus  Ars  Gramm,  III,  \. 
eine  barbara  lexis  nennt,  soll  nach  Servius  der  lingua 
theiidisca  ,  nach  Papias  der  lingua  Persarum  angehören. 
Aelfricus  im  glossarium  saxonioum  sagt:  ,,categia  i.  e. 
telum,  zeijceor ,  an  einer  anderen  .Stelle:  dava  vel  ca- 
teja  vel  teutona,  aneij  cynneij  zeyceor  i.  e.  genus  teli. 
jMacpherson  in  Critical  dissertations  nn  thc  Caledonians 
und  Bullet  Dictionn.  celtique  II.  p.  28(i-  nennen  es  ein 
celtisches'  Wort.  Nicolaus  Specialis  de  rebus  Siculis 
VII.  5.  sagt  hie  vero  clavam  rotans ,  quam  Galli  cateyam 
vocant.  Der  Dichter  Abbo,  der  in  seinem  lat.  Gedicht 
de  hello  Paris,  öfter  rateja  gecraucht.  erklärt  es  in  dem 
beigegebenen  glossar.  durch  darilum,  d.  i.  das  latinisirte 
le  dard.  Voss  im  Efymologicon  vergleicht  die  in  der 
Geschichte  des  Mittelalters  als  Belagerungsgeschütz  oft 
genannte  Katte.  Genügender  Aufschluss  über  die  Ety- 
mologie ist  vielleicht  in  den  nächsten  Heften  von  GraH"» 
althochdeutschem  .Sprachschatz  zu  erwarten.  Diefenbach 
in  der  Schrift  Celtica  p.  118.  verweist  auf  Armstrong, 
Spcner  Germ.    lUö-    Cluver.   Germ.  324- 

Schwerin.  C.   Wex. 


Personal-Chronik  und  Miecellen. 

Aachen.  Das  Programm  des  hiesigen  Gymnasiums  enthalt 
eine  Alilxndhing  von  Oberlehrer  Dr.  Oebeke,  qnacstiones 
floratianae  fasc.  I,  worin  mehrere  Slellen  der  Oden  iheils  an- 
ders erklart,  thcils  cmendirt  werden  (I,  .3,  17  tö.  \,  4.  19  sq  , 
wo  stn|ieb,int  zu  lesen  sei,  1,  1 ,  7,  wo  Irondcs  vorgeschlaiien 
wird,  I,  12.  .^3- 3ö— nobililatem  fiir  no!>ilc  letnm  —  1,  ,S7, 
21  sq.  —  reroeavit  st  reparavit;.  Die  Z.tlil  der  SchöliT  betrug 
am  Sclibissc  des  Sclinlialires  257,  von  denen  LS  zur  Univcrsiiät 
entlassen  winden  Dem  Candidat  L.  ICoerfer  ward  die  Siell« 
des  verstorbenen   Lehrers  C     Hicharz  definiliv    iibcrtragen. 

*)  Es  könnte  aucli  die  Eisensehaft  der  Pfeile  ansedeiitet 
sein,  von  der  Die  in  relins  I.iicidli  contra  Tigi-ancm  IIb. 
.XXXV  .spricht:  xal  ^f  tk  nmu/iiiiu  /uhnä  xui  5u%{ttTa , 
Tcü;  1*  yv-o  uaCni  'dmha'tq  f/oüji'TO  xtii  7iQnt;tii  xa*  ^ff^ij- 
finiror  uiitäq ,  euffif  tk  (li).!},  nii  ififtivui  nij  lolc  ow/iko»', 
»irf  >.ui  jS/>Ixo»to,  tuyioTU  StokXuvut ,  to  J-KJ  •TifOl'  011?/]- 
^lov  iVtoi;  iyxaTtX^XnTito, 


Zeitschrift 

für   die 

AI  terthu  ms  wissen  Schaft. 


Mittwoch,  4.  Decemher 


18  39. 


Nr.  145. 


IL 

lieber  -rö^a  Ttaklvrova. 

Ucber  TuSa  iraXivTOva  hat  sich  in  unseren  griechi- 
schen Würferbiichern  und  Coinnien<aren  cm  alter  Irrthuni 
fortgepflanzt.  Alan  sagt,  der  Bogen  heisso  -TzakivrovCi 
ron  der  xurücksclinellenden  Sehne.  Weil  aber  diese  Be- 
deutung au  drei  Stellen,  II.  X,  459.  Od.  XXI,  11.  59, 
nicht  passen  nollte  ,  nahm  man  noch  eine  zweite  Bedeu- 
tung an:  der  aögespaKiite,  ruhende  Bogen.  Passow  ver- 
«iichte  beide  Bedeutungen  auf  eine  ziinickzufiihren ,  und 
erkl/irte  es:  der  elastische  Bogen.  Alle  drei  Annahmen 
halte  ich  für  falsch,  denn  selbst  an  den  Stellen  (11.  VIII, 
'2(t6-  XV,  44305  ""  "^s  ''f""  zurückschnellende  Bogen 
heissen  soll,  ist  diess  auf  jeden  Bogen  passende  Epithe- 
ton nidit  zul,'issig,  neil  dort  olfenbar  eine  besondere  Ei- 
genthümlirhkeit  des  Bogcns  des  Teukros  (6  rot  Truge 
(J)oi/jOi   ./TluKkujv)  bezeichnet  werden  soll. 

Tota  TraXlvTuva,  d.  h.  der  Bogen,  der  eine 
nochmalige  (entgegengesetzte)  Spamiung  hat,  ist  der 
•scjthische  Bogen,  der  an  beiden  Seiten  noch  einmal  auf- 
wärts gebogen  ist,  durch  welclie  doppelte  Biegung  die 
Spannkraft  bedeutend  erhöht  wird.  Noch  bis  auf  deu 
Jieutigen  Tag  haben  die  Bogen  der  Baschkiren  diese 
AVindung,  und  die  Sehne  ist  nicht  an  den  Endpunkten  der 
ersten  Windung,  «o  bloss  eine  Kerbe,  in  welcher  die  Sehne 
lauft,  angebrariit  ist,  sondern  an  dem  Endo  der  ansiiärts 
laufenden  Homer  befestigt.  Auf  alten  niünzen,  auf  denen 
der  Bogen  des  Herkules,  oder  auch  parthische  Bogen 
dargestellt  sind,  findet  man  ganz  dasselbe,  nur  mit  dem 
Unterschiede  ,  dass  auf  den  antiken  Darstellungen  in  der 
JVlitte  des  Bogens  ,  wo  die  beiden  Theile  desselben  zu- 
sammengefügt sind,  die  sogenannte  regula  tiefer  einw,'lrfs 
liegt,  was  eine  nochmalige  Rrümmung  des  Bogens  zur 
Folge  hat,  auf  welche  Krümmung  aber  das  TraKiVTOVov 
sich  nicht  bezieht,  denn  die  regula  liegt  bei  den  unge- 
wöhnlich grossen  Bogen  der  Parther  und  Scvtlien  nur 
darum  mehr  einwärts,  damit  der  Arm,  der  den  Bogen 
hält,   nicht  zu  sehr  ausgestreckt  werden  muss. 

Die  richtige  Erklärung  ist  schon  bei  Eustathius  an- 
gedeutet, p.  375,  8.  TovTO  öh  doy.si  itaga  rtf)  'Hoo- 
duTo)  oxiil'/v  ix^^'  kiyiov  yug  {VH,  6vt.)  oii  tu^c. 
TTakiVT  uva  '.-/gäßioi  d^ov,    Öidvjaip  virovosiy,  w-; 

Ol'     Tlclv     XUtOV     ÜTltw;     TrakliTOlÜv    iCTtV,     aKkr).    TU 

ii'i  nXeov  o^/o-oj  ry  dveaei  *)   gai/n/jov fitvov 
*)   Bei    diesen  Auädrücken   liegt  die  Vorstellung   von  einem 


xal  olov  ^aftagov/iievop  ,  ÖTCoea  itoWa  ev  xoii 
ti^viy.oii;  rüioi^  (faiviTai  ei'g  in  y.ai  vvv.  P.  712,  10. 
7iaKiVT0va  öh  öoy.si  (.ihv  atia.vxa  üvai  xa  rot«- 
'HgoöoroQ  öe  tTiicmjcraq  r/vi  tdvsi  nakiwova  ro^a 
i/ovTt,  vTreßaXs  voeiv  fiij  TCäv  zotov  Ttakivxovuv 
liittL  üizkvji;,  uKku  y.vQiox;  xal  /läkiaxa  xo  y.ax' 
EiriTua i V  £ fjTT aktv  xstv o fiev ov  ,  v'jg  y.ai  üvtuj 
y.l'y.koxigtg  yiyvEai^ai,  r,  y.ai  olkkuji  (pgäcrat,  tu  Sit  i 
doixega   fiigii  xkivö/^iEvoVy  uji  cpaariv  oi  Tzakaioi. 

Schol.   Bekkeri:  Jt  akivxova'    eii    TOViziöO}    xei- 
vouivujv ,  (löog  de  xo^eiag. 

Hesychius:  ■Tzakivxova'  ÖTIta^UTOva ,  7j  inl 
9üxEga  TEivoitf.va. 

Ebenso  deutlich  ist  die  Beschreibung  bei  dem  Ma- 
thematiker Hcro  Ctesibii  im  Eingange  seiner  ßEkoixuLia.^ 
nur  beilürfen  die   Worte  einer  kleineren  Emendation. 

B'aCöf4Evo/  ydg  ii^anucixikkEiv  8i  avxojv  (vulgo 
Sia  Tojii)  uEit^ov  Tt  ßikoi;  y.ai  iiii  itkEiova  xönov, 
avxa  j.iEiL,ova  ettoIovv  y.ai  xovg  ev  uvrotg  xuvovc^ 
kiyoj  d);  xui  EX  xuiv  üy.oajv  y-dfilp sig,  tovt' 
EOTiv  xu<i  ex  xajv  y.EguTUjv  OxokiuTijxac.  *) 
ex  ToiTOv  Se  ovveßaivE  ö vctt eedojq  xafnzx ufxe- 
pvjv  ai'xoiv  f^ie/^oi'Oi  8vväuEu)Q  öeia9at  j;  t);^  yivo- 
HEviji;  ö.nu   xv,L,  letoug  EktEVt^.  **) 

Bei  Athenaeus  X.  c.  Sü.  p.  454  C.  wird  die  Gestalt 
des  scvtliischen  Bogens  passend  mit  einem  .S  lerglicLen. 
Denn  die  Buchstaben  des  Namens  SH^E  Y^u  werden 
»on  einem  dygäf^tuarog  so  beschrieben: 

ygacpijg  6  TtgoJTog  ijv  fiEaö/^icpakoq  xiixkog- 
ögdoi  xE  xavöveg  ei^vyvifievoi  8vo- 
}l y. V t) i x lij    xo    xui;u)    to    xqIxov   r,v  irpoi;- 
£  fx  cp  e  Q  E  c. 

ganz  fjcwolinlicbcn  Bogen  zmn  Grunde.  Ein  solcher  wird, 
wcnij  er  rulit,  :ibi,'cspannt  ist  (üviai(;)<  einer  grailen  Linie 
gleichen,  und  wenn  er  gespannt  ist  (inlcuaiq)  in  allcii 
seinen  Tlieilcn  einwärts  gebogen  sein,  aber  der  scythische 
Bogen  mit  seinen  auswärts  gehenden  Hürncrn  am  Ende 
ist  sowolil  bei  der  liiiaii;,  als  de»  inlvaatq  an  seinen  End- 
punkten noch  auswärts  gebogen. 
*)  So,  glaube  icii,  nuiss  man  eraendiren  statt  axh^gnTtiruf , 
was  in  den  üüciiem  stebt.  Vergl.  Plutarch  im  Crassus: 
U7ti>  Toioif  y.Quif.iöiv  xui  /if/dXoiv  xui  i';  oi!oAtoT7;Tt  trj^ 
XK/cctj:;  i,t'uyxiia/ir'iov  lö  ßii.Oi  unoaTelhiiToiv. 
**)  lieber  die  Vorkclirnngon  zur  Spannung  der  grosseren 
Bogen  sicfee  die  Stellen  bei  Schneider  ad  .Xenopb.  Auab. 
IV,  2,  28. 


1163 


1164 


Hier  iliirftp  Ciacronins  unil  Giiller  ail  Tliiirvcl.  I.  r.  fi. 
nicht  an  die  spSfprc  Gestall  <les  Sij;iiia  C  (lenken,  son- 
dern es  ist  ^  ;;enieint,  freilirh  alier  in  der  Gestalt,  wie 
es  auf  den  alten  Insrliriften  sich  findet  (^)  *)  ,  tvobei 
man  norli  hinzudenken  miiss,  dass  licini  Selinellsdireibcu 
die  siharfen  Ecken  sich  nntvillkiirlicli  ahrnndeten.  Deut- 
lich pellt  diess  hervor  aus  den  beiden  anderen  loii  Athe- 
näus  ebenilaselbst  anfefi'ihrten  Variationen  desselben  Cuch- 
«tabenspieles ,  in  »eichen  der  liucbstabe  ^  mit  einer 
gewundenen  Locke   verglichen    ivird: 

tqi'tov  de  fjoOToi'^ö:  tiq  (ijs;  elXtyusvoQ. 
und   Toizov   ö    tkr/.ro}  lioOTOVX'P  ■^ooit/Kfieot-:. 

Bei  den  alten  Gec>;;raphcn  ist  es  herkömmlich,  die 
L'fer  des  Pontus  Euxinus  mit  einem  scvthischen  I5og;en 
7U  vergleiclicn  ,  cf.  Strabo  II.  c.  5.  p-  Ut'l.  Tauch. 
Amniiaiius  x'Warcelliniis  lib.  XXII.  r.  12.  (cap.  VIII.  JJ.  10) 
und  c.  JS.  (cap.  S.  g.  37.)  Pomponius  IMela  I,  l'J.' §.  6- 
Val.   flacc.   lib.   IV.  ' 

al(jue  hac  Europam  curris  anfractibus  nrget, 
hac  Asiam ,  Sovthicuni  specie  sinuatus  in  areum. 
Doch  kann  uns  diese  jNotiz  Nichts  nützen «  ila  »vir 
Jiüchstens  umgekehrt  die  Vorstellung  der  Allen  von  dem 
Pontus  Euxinus  daraus  abnehmen  künnlen.  Bemerkens- 
werth  sind  bloss  bei  Slrabo  die  Worte  :  ti]V  8t  küiTihv 
'{ioiy.ivai)  tiü  y.ioaTt  ruu  T6i;ov  diTri-v  eyovii  xjjv 
B7Viatoo(fiT,v.  Die  ziemlirh  schwer  zu  verstehenden  Worte 
des  Ammianus  an  der  zHcilm  Stelle:  id  adnionenles, 
quod  cum  arcus  omninm  gcnlium  llexis  curventur  hasti- 
]il>us  solhici  soli  vel  parthici  circnmductis  ulrinique  in- 
Irorsus  pandis  et  palulis  cornibus  eli'igiem  Innae  decres- 
rentis  ostendnnt  ,  uiedietalem  recla  et  rolunda  rej;nla  di- 
videnle  kannten  eher  eine  dem  Bisherigen  ivi(l<Tspre- 
chende  lurslellung  erwecken;  denn  die  Worte  bekommen 
erst  dann  einen  Sinn,  wenn  die  Hürner  des  Bogciis  einem  .^ 
gleichen,  h  eiche  ilurrh  eine  regula  verbunden  sind  -  --;  dann 
fehlt  aber  gerade  das  Charakleristisehe  des  scTlhischen 
Bogeng,  die  aus» Art»  gehende  Krümmung  am  Ende  der 
Hürner,  und  die  unuesentliclie,  die  Ivrümmung  nach  der 
regula  hin,  »are  als  besonders  bedeutsam  hervorgehoben. 
Ich    halte    mit   Spanlieim    die   Stelle   für   verderbt. 

Die   Stelle   bei    Terentianns    Maurus    p.   23bO'  Putsch, 
uervis  niollibus   invirem 
iunrlus   in   teretcm  slruem , 
reu    Partlius  solet  aut  Scjlhes 
arrus   cornibus    extimis 
levem   nedere    liiieam. 
scheint    sich    bloss    auf  die   materiellen   Beslandtheile   des 
Bogeng    zu    beziehen,    keineswegs    aber    auf    die    Gestalt 
desselben,   wie   Valesiiig   meint. 

Einen  solchen  scvthischen  Bvgcn   bat  Herkules.   .Apol- 
lun.  Rhod.  I.  yy3- 

'Jloay.kujq,    05   dt;  ocpi  Tiakivzovo  v  aitpa  xa- 

vvaaao, 
rö^ov  eiTaaravTegovi  nikaoe  ^dovl. 

*)  Für  obige  Frasje  ist  es  iiiclil  von  Bedeutung,  d.iss  die 
iir-prüni;liche  Gestillt  des  Buchslabcns  die  iiingedrclitü  {^) 
war.  Wenn  Olliicd  Mfillcr  F.triisk.  p.  307.  jenen  Vei- 
ijeicli  bei  Atlicnarus  aid  eine  andere  Gestalt  des  Sigma  Z 
bciicbt,  welche  aus  dein  pbiiniziscbcn  Sain  entstanden 
ut     so  kann  ich  ihm  hieiiu  nicht  beistimaien. 


Soph.  Elcrtra  v.  5I1.  ö  6h  Bav.X^iai  dno  ijk^e 
7t  akivT  u  V a  üijfia^  t ü i:  a  —  Tivdoaiov. 

Darum  sagt  von  ihm  Tlieocrit  Xllf,  ."j.ö.  Mdivi- 
T/OTi  kaßujv  soxäii-^ia  rdta,  und  darum  gibt  ihm 
Lycophron  Alex.  v.  öQ.  einen  Scvlhen  Teutarus  zum  Leh- 
rer in   der   Kunst  des  Bogenscliiessens : 

TOi'^  TsiTctoeiui^  fjoiicokav  7i  cf:gviiiaoiv. 
Schol.  ad  Tlieocrit  XIII.  5ü.  t](or,TO  Si  'Hffuy.kijq 
Tok  ^y.i<9i/.o/i  T6i;oii ,  diöciyj*:  /';  iraga  zivoc  £yv- 
dov  TevTaooii ,  oiq  laTooii  'J/oüdu)oo;  y.(ü  Kalli- 
uaXo;.  Cf.  Tzelzes  all  Lycoplir.  1.  I.  p.  ;-J4i).  ed.  Müller, 
Eudocia  in  Violefo  p.  210-  ed.  Villois.  Apollo.!.  II,  4,  (-). 
Diesen  Bogen  des  Herkules  hat  nun  auch  Pliiloctetes, 
von  dem  es  bei  Accius  in  einem  aus  dessen  Pliilocteteg 
(cf.  Servius  ad  Aen.  IX.  ()22.)  bei  Varro  de  liiig.  lat 
VI,  .5.  (VII.  g.  50.  ed.  O.  M.)  erhaltenen  Fragmente  hcisst : 
Reciproca  teudeng  nervo  equino  coucita 
tela 
wo  reciprocus  den  doppelt  gewundenen  Bogen  bezeichnet, 
mit  demselben  Worte  wird  von  Laberius  apud  Tcrtull. 
Pall.  I.  dag  ähnlich  gewundene  Hurii  des  Widders  be- 
zeichnet, indem  er  den  Widder  reciproci«  oriiis  nennt, 
Alan  vergl.  hiermit  auch  Homer  Iliad.  IV,  105 1  ""  »■<>" 
dem  aus  den  Hörnern  eines  .Steinbocks  zusammengesetz- 
ten Bogen  des  Pandaros  die  Rede  ist.  Wenn  aber  Varro 
zu  jenem  Fragmente  des  Accius  die  Bemerkung  macht: 
reciproca  est,  quum  unde  quid  profertnin  ,  redit  eo ,  so 
erhellt,  dass  auch  er  die  oben  getadelte  Vorstellung  von 
den  Tui;u  Tvakiv-Tova  hat,  welcher  Irrthum  sich  auch 
bei  Turnebus  findet,  der  bemerkt:  cum  arcu»  teii- 
ditiir ,  sagitta  ad  nos  versus  trahitur,  quae  mox ,  dum 
niittitiir  in  eam  partein,  unde  trahebatur,  redit,  iilquc 
est  quod  reciprocum   appellat. 

Und  so  ist  gewiss  auch  bei  Homer  der  Bogen  des 
Teiikros  ,  des  Dolon  und  des  Ulysses  ein  solcher  scvthi- 
sclier  Bogen  und  nur  aus  diesem  Grunde  -Tiakivcovov 
genannt. 

Derselbe  Bogen  mit  seinen  gewaltigen  Pfeilen  i>t  ge- 
meint Aesch.  Choeph.  löV».  dvri)  ^y.vttijc  rä  v  i-.v  ie- 
Qoiv  TTakivTova  —  ßekij  'n in dkku)v. 

Leider  habe  ich  bei  dieser  Abhandlung  Wiukeiinann 
Geschichte  der  Kunst  P.  I.  c.  3-  p.  98  s.  1(32.  nicht 
benutzen    können. 

Schwerin.  C.    H  e.V. 


De    aoristi    Graecorum     vi    ac    potcstate.     • —     Auetore 
Fritschio,  Dr.  —  Frankfurt,  bei  Sauerlander,    lS3ti- 

Herr  Fritsch  ist  der  Meinung,  dass  alle  Gelehrte, 
welclie  sich  bisher  mit  der  Griechischen  Grammatik  be- 
schäftigt haben  ,  in  Betreff  des  Aorist's  von  alten  argen 
Irrtliümeni  befangen  gewesen  seien,  und  beabsichtigt  in 
dieser  Abhandlung  diess  zu  beweisen  und  endlich  den 
wahren    Begriff  dieses   Tempus   an    das   Licht   zu   stellen. 

Im  ersten  Abschnitte,  »elcher  überschrieben  ist;  De 
aoristo  ,  qiii  absoluta  tcmporis  forma  perliibetiir,  be- 
hauptet Herr  Fritsch,  dass  weder  in  Hinsicht  auf  die 
etvmologische  Bildung,  noch  auf  den  Gebrauch  des  Aoristes 
ein    Grund    vorhanden    sei,    deubclbeu,    wie    man  gctban 


1165 


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iialic,  für  ein   nlsolutes  Tempus  zu  liaHen,   rlelinclir  zeig- 
ten  Leide  ileullicli,  d.iss   er  ein   relatives  sei. 

Üass  von  iler  Efvnmlogie  hier  Wenig  oder  gar  NicLls 
zu  jje« innen  ist,  liejjt  am  Tage;  denn  erstlieli  sind  sol- 
<'lie  Aualvsen  immer  hOc'ist  unsiclier  und  fansi  hcnd ,  und 
man  kann  mittels  ihrer  licrausdrehen,  was  Einem  gerade 
beliebt';  sudann  steht  zu  bedenken,  dass  freilich  sich 
einiges  Gleiche  mit  den  relativen  Zeiten  in  der  Forma- 
tion des  Aoristes  linden  mi'i-sse,  da  er  ja  auf  jeden  Fall 
ein  Griechisches  Tenipns  ist,  wie  die  relativen  Zeiten 
auch;  endlich  haben  doch  die  Aoriste  gerade  so  viel  Ei- 
genes tu  ihrer  ISildnng  und  von  den  relativen  Zeiten 
A'erscliiedenes ,  nni  eine  BegrilTsmodilicatiiin  erwarten  zu 
lassen. 

Nicht  giinstiifer  für  die  fragliche  Sache  ist  das  Rc- 
saltai  der  Untersuchung  liber  den  Gebrauch  des  .Aoristes. 
Denn  es  bestellt  in  nichts  Anderem  ,  als  dass  Hr.  Fr. 
sagt  II.  13,50:  aÜ-Tj  f.tii>  yo.()  lyuiy  ov  ÖEidta  -/si^ag 
('.a'iToug  Tfjüjujv,  o't  fisya  reix^s  i''^toxa'ceßi]aav 
üfxiktp,  könnte  das  ii'jTepy.aTißijoav  im  Deutschen  mit 
^'^oss  auch  durch  sich  stürzten  übersetzt  werden.  —  So- 
dann führt  er  einige  Steilen  an,  in  denen  Aoriste,  Im- 
perfecte  und  Präsentia  nach  iler  bekannten  Griechischen 
Weise  gemischt  vorkommen,  und  wir  stehen  bis  jetzt  auf 
dem   alten  Flecke. 

Den  zweiten  Abschnitt  hat  Hr.  Fritsch:  De  aoristi 
signilicatinne  überschrieben  ,  nach  ziemlich  befremdlicher 
Logik,  da  man  schwer  begreift,  wie  usus  unil  sigiiifica- 
tio  getrennt  werden  mögen.  — -  Hr.  Fr.  wenigstens  hat 
es  nicht  vermocht,  sondern,  sowie  er  bcini  usus  schon 
von  der  significatio  gesprochen,  so  spricht  er  hier  fort- 
während bei  der  significatio  auch  voni  usus.  Sogleich 
innerhalb  der  ersten  Zeilen  dieses  Abxhnittes  heisst  es 
ausdrücklich  in  Betrefl'  der  Kühner'schcn  JJ.  441,  1,  6. 
und  44  }.  j\ote  :  In  his  interim  consistemns  et  indagare 
stndebinius,  num  lingna  coniirmet,  (juod  docetur  a  gram- 
maticis.  —  Dem  gemäss  bringt  er  aus  Herodot  2 ,  'J. 
Idigende    Stelle     bei:       Ol    ÖS     Alyunttoi ,    7T(jiv     ntv   1] 

(I)ffuiuTi/()v  (jcfiiujv  ßo.aiksi) a ai,  ivöuiQov  tojv- 
TOt'C  TVQojTovg  yfvso^at  tvüvtüjv  ävi^Qojjcujv  intidi) 
dl  0a.iJf.uTixo!;  ßuotkeiJoai;  ijdshjcrs  siöevai,  o'i- 
Tivc-i;  yevoi'aro  nouiroi  uv^^ajnuji/,  dno  tovtov  vo- 
inQovoi  0(ji<yai  71  oore^or:  yEvttrifai  iwvToiv,  tojv 
("is  a.t.kiov  iiijVTOUg.  —  Hier  soll  nämlich  nach  seiner 
Meinung  dieses  ßaoiksvoui  und  ßaaiKsicrai  die  bis- 
herige Ansicht  vom  Aorist  gänzlich  umwerfen  ,  und  ihn 
als  relatives  Tempus  erweisen,  indem  Psanimetirh  offen- 
bar jene  Untersuchung  angestellt  habe,  icührend  er  luhiig 
getvesen  sei. 

Der  Verfasser  thut  sich  zwar  viel  auf  dieses  Beispiel 
zu  Gute  und  widmet  ihm  auch  eine  ganze  Seite  unnützer 
Worte,  die  seinen  Triumph  verkünden  sollen;  gleichwohl 
können    wir   diesen   Enthnsiasmns   nicht   theilen. 

Ilr.  Dr.  Fr.  meint  Kihtig  geworden  sein,  konnte  viel- 
Ichlit  Jemand  ßucriKtvoag  erklären  wollen,  und  da 
wissi'  er  freilich  nicht,  was  er  antworten  solle;  indessen 
wollte  er  die  Sprache  selbst  antworten  lassen,  und  damit 
citirt  er  Herodot  2,  137,  wo  ßuaikerovTOi  '.Jpvaiu; 
die  Aethiopier  einen  Einfall  thun ,  unil  Cap.  127,  wo 
Chcops  soll  50  Jahre  ßaoiXevaai,  was  doch  nicht  heis- 


sen  k5nne :  j^ls  /Intjsis  König  wurde,  und:  Cheops  sei 
!<>i  Jahre  lang  König  geworden-  —  Auch  wir  konnten 
bloss  die  Sprache  reden  lassen  und  Hrn.  Fr.  Stellen 
entgegensetzen,   wie  Homer  II.   u,   114: 

oxEthog,  ö;  a-(jij'  iiiv  [101  vizkoyexo  xai  y.aiivevacVf 
J)cov  iy.iiiQOuvT  ei'TEi^tov  äuovEEodai. 
Herodot  6,  90:  iviiCQi]öav  x«i  Töc  igu  y.al  rip  Ttökiv 
TuTca  ce  7Tonj<ravTfq  ini  tox  d/'kuc  vijoonq  ärd- 
yuvTO  —  und  ihn  mit  seinen  Worten  fragen,  nie  er 
Angesichts  solcher  Beweise  sein  hartnackiges  Vorurthcil 
festhalten  könne,  da  Agamemnon  doch  nicht  zurückkeh- 
ren sollte,  indem  er  zerstörte,  noch  die  Perser  bei  He- 
rodot zu  andern  Inseln  absegeln  konnten,  während  sie 
noch  die  Stadt  verhraniiten.  —  Diess  ist  der  gewöhn- 
liche und  regelmässige  Gebranch  des  Aoristus,  unri  wenn 
die  Sache  damit  abgemacht  werden  könnte,  nur  Stelle 
gegen  Stelle  zu  setzen  ,  hätten  wir  ein  Bedeutendes  vor 
Hrn.  Fr.  voraus.  —  Doch  Hrn.  Fr. 's  Stelle  steht  diesem 
allgemeinen  Gebrauche  gar  nicht  entgegen,  und  was  ihm 
so  widersinnig  vorkommt,  ist  dennoch  das  Wahre,  wie 
»ielleicht  auch   er   bald   erkennen    wird. 

„Bei  allen  Participialconstructionen ",  sagt  der  treff- 
liche Buttmann  §.  144.  Aimierk.  7.  S.  410.  (der  Aus- 
gabe von  182'J.)  ,, liegt  eigentlich  eine  Zeilbeziehung  zii 
(irunde  u.  s.  vv.  Allein  hier  ist  oft  eine  andere  Ansicht 
möglich,  als  die  uns  geläufige,  und  so  kommt  es,  dass 
wir  bei  den  Schriftstellern  öfters  das  part.  aor.  finden, 
wo   H  Ir  das  part.   praet.   erwarten  ,  nnd   umgekehrt." 

J>aOLl.e6v)  heisst  ich  übe  Handlungen  eines  (iaaiKev^ 
(s.  Buttmann  S.  2'J3.  §•  110,  3,  a.).  Demnach  ist  ßa- 
oiKti'iDV  entweder,  als  wirkliches  Präsens,  Einer,  wel- 
cher irgend  eine  bestimmte  königliche  Handlung  übt, 
oder  als  uneigentlirhes,  bleibende  Zustände  und  Gewohn- 
heiten ausdrückendes  Präsens,  Einer,  welcher  königliche 
Handlungen    übt,   i.    e.    zu    üben   pflegt,    i.    e.    ein    König. 

HuaikElfrac,  aber  ist  Einer,  welcher  königliche  Hand- 
lungen geübt  hat,  sie  aber  zn  üben  steht  in  der  Regel 
dem  zu,  welchen  man  einen  König  nennt,  nnd  die  ein- 
zelnen königlichen  Handlungen,  welche  der  Mann  geübt 
hat,  waren  ein  fortwährendes  Königwerden,  so  dass  er 
als  ßaa/ksi'oag  nur  gewissermaassen  mitten  im  könig- 
lichen Wesen  und  Walten  ist.  —  Ja,  selbst  wenn  er 
sich  nnr  erst  als  ßaotkei^  dargestellt  oder  einmal  als 
solcher  gerirt  hat,  ist  er  ein  ßarriksvouc,  und,  wenn 
er  seine  Sache  gut  versteht,  damit  im  Ueiergange  in 
das  ßaOl)  Sl'eiV  begriffen,  wie  Pa.-sow  im  Lexikon  die 
ganz  gleiche  von  Hermann  zu  ^'iger  S.  774.  Not.  2'^4. 
(zweite  Ausgabe)  behandelte  SIelle  Herodt.  1,  14:  Y\'yr]q 
öi  TUQavvEvcraq  «Vri' rf//i/'f  v  niaAh;iinTa  f;  zhi.cpoi«; 
Ol'/,  ukiya  —  richtig  erklärt,  nachdem  Hermann  ebenso 
richtig  übersetzt  hat:  regnnm  occnpavit  et  misit.~  Diese 
unsere  Erklärungsweise  wird  demjenigen  besonders  ein- 
leuchtend sein,  der  sich  in  jene  Zeiten  des  Alterthnms 
und  noch  nicht,  wie  heute,  gcortlneter  Erbfolgevorhält- 
nisse zn  versetzen  weiss,  wo  der  König  war,  welcher 
zugegriffen  hatte.  Ein  ßaaikevaaz  ist  also  gleichsam 
der,  welcher  (nach  der  Thronerledignng)  gekönigt  bat; 
das  Volk  sah  es  nnd  mochte  es  ,  nnd  so  ist  der  ßa.Ol- 
f.EiGac  ein  ßcoit  ii'Q-  —  Nicht  anders  sind  ilie  von 
Buttnianu  a.  a.  O.   beigebrachten  oQ:;ui    und  ox^UTljyy;- 


iir7T 


I1G8 


Ößj  („als  Arcliimt,  aU  FcI<lliPrr")  zu  fassen,  niid  er  be- 
merkt  ffanz  wahr,  ilas«  das  part.  jiraes.  liier  die  eigciit- 
>iclie  Handlung  des  V''erl>i  lu-zcicliiieii  würde;  Rost  alier 
und  kiilinor  sajjeii  iiiclits  Allicrnes,  wenn  sie  äo^Ui;  als 
Peifectuoi   erklären   (R.   5$.    117,  3.   ^-  S-   675,    J-)- 

Hr.  Fr.  sclieiiit  alter  weder  Rost,  noch  Hermann 
T.uat  Viger,  noch  selbst  Bnttmann  beim  Partir.ip  verglichen 
XU  haben.  Hatte  er  diess  gethau ,  würde  er  beim  An- 
Llifk  der  se  begriffsverwandtcn  a(j^aq,  crToarijyijcla(;, 
iVoavvCL'Oa^  wenigstens  stutzig  geworden  sein  und  sein 
ßafiü.Evaa-:  mit  etwas  geringerer  Znrersicht  beurtheilt 
Ilaben,  oder,  im  entgegengesetzten  Falle,  wenigstens 
lieber  die  genannten  mit  aufgefülirt  haben  ,  als  Xenoph. 
Hell.  5,  4,  44;  45=  oi  ulv  ovv  jickraarai  ukiyoL  uv- 
T«j  Ol  n'gojToi,  cpoßiji^gvrec  avTovc,  erpvyov  oi  de 
iTcnst.;   av   i/Js    xovco  eiöuv ,    eSiödX'^iJoav    i'Tid  tlüv 

cf  e vyi'ivz uiv  e7ii9tu3ai  avroii' oi  de  fiio9o- 

(foyui,  TovTov  yevousvov,  TTavTeg  tcpvy  o  v  eml  öe 
(ftvyovTci  äffly.ovTO  ■nQuc  xovc,  OTckUa^  riüv 
i^cOTTteojv,  y.dy.etvoi  ...£  (fv  y  OD ,  —  «eiche  Stelle  er 
iu  der  Ansicht  beibringt  ,  dass  man  nur  den  ersten  besten 
Griorhoii  aufschlagen  dürfe,  um  sich  von  der  relativen 
Bedeutung  des   Aoristes   zu   überzeugen. 

Allerdings   zeigen    diese    Xenophontischen   Stellen   von 
der  nur  hineintappenden  Verfalirmigsweise  des  Verfassers; 
denn  Xenophon   erzählt  erst  schlechtweg  ,    dass    die  Vor- 
hut   der     leichten    Schildträger    geflohen    sei,    i.    e.    sie 
hal>en    sich    auf   die    Flucht   begeben,    und    wahrend    sie 
ßohen,    kamcu    die    Reiter    auf    den   Gedanken,    nachzu- 
setzen,   und    nach   Phubidas    Falle   sind    alle   Si'ildiier  ge- 
flohen,   d.    Ii.   alle   Soldner   begaben   sich   auf  die  Fluclit, 
und    wie  sie    im  Fliehen    bei    deu  Schwerbewalliieten    der 
Thespier    angelangt    sind,    sind  auch    diese  geßohen.  — 
So   erzählt  Xenophon,   und   wir   begreifen  nicht,   was  Hr. 
Fr.    in    dem    itpvyov   Relatives    sieht?   —    (f£i'y£ir  heisst 
ja  nicht  entfliehen]  die  Handlung  des  Fliehens,  d.  li.  des 
sich  auf  die  Flucht  Begebens ,  Flucht  Suchens  ,    des  die 
Handlung  der  Flucht  AusiUeiis,   ist  vollendet,  sobald  die 
Leute   nicht   mehr  stehen,    sondern   laufen,    und   während 
dessen  kann  Allerhand  geschehen,   was  den  Aoristus  Nichts 
angeht   und   Hr.   Fr.   nicht   begreilt.    ■ —    Uebrigens  konnte 
ja  auch   der  (jeschiclitjischreiber  ilie  Thatsache  der  Flucht 
vorläufig  als   abgemacht  hinstellen    und    sodann,    was  da- 
bei  geschehen   war,    erzählen,    wie   Griechen   und   Latei- 
ner  regelmässig  erzählen.   —  Hätte  Hr.  Fr.   in   den  Viger 
gesehen,  statt   in  den  ersten   besten  Griechischen   Schrift- 
kteller  ,  so   würde   er   wenigstens    scheinbare  Beweisstellen 
liabe    aufführen   können,    die    aber    alle    ihre    Erledigung 
linden,    weua    raau    nur   nicht  au  der   gemeinen,    zufällig 
substitnirten    deutschen    Vocabel    häiigeu    bleibt,    sondern 
die     allgemeine    Anschauung,     welche     dem    Worte    zum 
Grunde   liegt,   wohl   erwägt,  so   z.H.  bei   Diodor  XI,  31. 
(Viger  S.  770-)  y.di  yivvuia)Z   dyiovioufievoi  Tio'/J^ovi; 
v.Ptil.E  TU}V   f'jjjjvuiv ,  wo  Hermann  bemerkt:    nun  oc- 
cidit    post    pugnam,    sed    in   pugna,    aber  dann   erst   voll- 
ständiges  Licht   iiird,   wenn  man  an  die  einzelnen  Kämpfe 
und  dio  -inatrengungcu    denkt,    die    dem  Tüdlen    voraus- 


gehen: sowie  der  tUdtliche  Streich  geführt  ist,  ist  ein 
dyjiV  für  diessmal  geschlossen.  —  AVir  fügen  noch  fol- 
gende Stellen  bei ,  durch  die  Hr.  Fr.  sich  in  seiner 
Meinung  entweder  befestigen,  oder  wo  möglich  durch 
richtige  Interpretation  eines  Andern  belehren  lassen  mag: 
Homer.  IL  13,  413;  445:  (XSv^aTO  fxay.Qov  avoac. 
Ebenda«.  Vers  318,  351 —352-  563.  582.  II.  21,  115. 
Jacob's  Elementarbuch  der  Gr.  Spr.  1.  S.  84.  101.  (elfte 
Ausgabe):  yskdoag  ee7i£  —  Tii-töjv  —  —  evTj^i]- 
Qi]  a aw a  18 wv  tov  'yiky.tßiadijp  y.o.i  tt^otts/itio- 
uEvov ,  ov  7raQijk9ev  ovS'  ii;sy.Ktv6v.  —  Vielleichi 
findet  auch  Herr  Fr.  einmal  Cftovijcrai,  dQtarSvaai, 
TVQOjTEVOag  ,  evdoxifiijiTag  in  ähnlicher  Art,  wenn  er 
nicht  mehr  auf  das  Geradewohl  aufschlagt,  wie  er  nach 
seinem  (ieständnisse  diess  nicht  allein  selbst  bisher  ge- 
thau hat,  sondern  uns  auch  zumutliet,  und  wovon  wir 
und    er  die   leidigen  Folgen  büsseu   müssen. 

Ehe  wir  weiter  gehen,  scheint  es  angemessen,  auch, 
an  die  lateinischen  participia,  namentlich  der  neutralia 
passiva  und  der  deponentia :  ausus  ,  gravisns,  solitus,  na- 
tns  u.  s.  w.  zu  erinnern,  die  nur,  nachdem  sie  den 
Weg  durch  den  Aoristus  genommen  haben,  zu  Perfectis 
werden,  wofür  die  Lateiner  keine  besondere  Form  haben. 
So  heissi  denn  reri :  berechnen,  urtheilen ;  der  Aorist: 
ich  habe  berechnet,  geurtheilt ,  folglich:  ich  meine,  bin 
der  Ansicht.  —  ^'ergl.  Weissenborn's  lat.  Gramm.  S.  210, 
der  unter  andern  folgende  Stellen  anführt:  Tac.  Hist. 
2,  96  :  In  hunc  modum  etiam  ViteUius  apud  milites  dis- 
seruit  Praetorianos,  nuper  exauctoratns,  insectatus  Cic. 
Pliil.  2,  5,  12-  >^irgils  Georgica  3,  4'J.  Interea  longnm 
cantu  solata  laborein  arguto  coniux  percnrrit  pectine 
telas.  ibid.  1,  293-  Cic.  Tusc.  3,  22  :  Repens  adventus  magis 
aliquanto  conturbat,  quam  exspectatus.  Dieser  Gebranch 
geht  noch  weiter,  als  diese  Beispiele  vermuthen  lassen, 
wie  .Stat.  4,   7,  45-   zeigen  mag: 

Tu  tuos  parvo   memorabis  enses, 
Quos   ad  Eoum  tnleris   Orontein 
Signa   (renatae   moderalus  alae 
Castore   dextro. 
Das  Virgilisclie  Weib  arbeitet  offenbar,  tcährend  sie  singt, 
und  Maximus   bei   Statins  trug   das  .Schwerilt,   während  er 
lenkte,  leitete,  befehligte.  —  Hält  nun  Hr.  Fr.  auch  so- 
lata und  moderatus  für  relative  Tempora?    —    Seine   18. 
Note   (S.    14)    lässt    diess   wirklich   vermuthen;    was    wird 
er  aber  dann   mit  den  Stellen    anfangen,    wo    das  Latein, 
partic.   aoristi  act.   und    passivi   in   der  ganz   gewühnlichen 
Art  steht,   wie   in: 

Ita  locutus  tacuit  et  consedit.  —  Haonibal  in  insidia» 
ductum  sustulit? 
Ueberlassen  wir  ihm  das  selbst;  das  Virgilische  Weib 
aber  arbeitet  in  der  That  als  eine  durch  Gesang  sich 
getröstet  habende,  zu  welcher  sie  immer  wieder  auf's  Neue 
wird,  so  oft  sie  den  Gesang  t-rncut ;  sie  ist  also  nach 
aller  Wahrscheinlichkeit  fortwährend  beim  Arbeiten  ge- 
tröstet ,  wenn  sie  die  Pausen  nicht  allzu  lang  macht, 
oder  lieber  immer  singt. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Zeitschrift 


für    die 


AI  terthu  ms  Wissenschaft. 


Freitac;,  6.  December 


18  39. 


Nr.  146. 


De    aoristi    G'raecorum     vi    ac    potcstatc.     —     Auctorc 
Fritschio,  Dr. 

(F  o  r  t  s  c  f  z  u  n  äj.) 

Kbciiso  Mar  IMaxiiniis  bei  Statius,  als  er  «las  ScliwcriU 
trug,  ein  Gelenkthabender  nml  «lie  signa  gelenkt  worden 
seiende,  nml  somit,  fi'ir  einige  Zeit  wenigstens,  »olil 
aneli  gelenkte ,  sobald  er  sein  Comniando  oder  seine 
Funrtiunen  als  Lettker  angetreten  liatte  ;  und  da  er  diese 
fortwälirend  « ird  erneuet  haben  und  die  sin;na  dailiircli 
fortwälireiul  im  Zustande  der  Ordnung  geblieben  sein 
werden,  war  er  in  der  Tliat  ein  Conimundeur ,  ein  nio- 
(lerator ,  so»vie  Psammetich  als  ßdcr/'Kst'oi'X.g  ein  (jUciiLel'C. 
—  So  oft  er  einmal  als  moderator  fungirt  hat,  ist  der 
Act  des  moderari  geschlossen  und  er  ein  mnderatus,  wie 
das  arbeitende  Weib  ebenso  oft  eine  solata  ist,  als  sie 
Trost  im   Gesänge   gefunden   hat. 

Nachdem  Herr  Fritsch  in  der  angegebenen  Weise 
seine  .Ansicht  von  der  Relativität  ,des  Aoristus  vergeblich 
zu  begriiiKJen  gesucht  hat,  wendet  er  sich  zur  Bekämpfung 
des  von  liuttmann  dem  Aorist  beigelegten  liegrilles  des 
Momentanen ,  uufl  «ir  miissen  offenherzig  gestehen,  dass 
wir  unseren  Augen  nicht  trauen  wollten,  als  wir  die 
stumpfen  Waffen  erblickten,  womit  hier  liuttmann  bevi.'il- 
tgt  werden  soll.  —  Wir  sind  (est  überzeugt,  dass  kein 
mittehnässiger  Tertianer  dio  schone  Begriilsentwickeliiiig 
Lei  Buttmann  ^.  \'6'^ ,  4.  so  plump  niissverstelien  wird, 
als  Ilr.  Fr.,  der  sich  berufen  glaubt,  nicht  allein  die 
griechische  Sprachlehre  zu  relormiren  und  die  bedeu- 
tendsten Denker  in  diesem  Theil  der  Wissenschaft  alt- 
gläubiger Gedankenlosigkeit  zu  zeihen,  sondern  auch  der 
ganzen  philologischen  Welt  die  Sollise  zu  sagen:  Ubi  est 
certa  adprnbatio  ,  veram  esse  sententiam  a  Buttinanno  pro- 
nnntiatam  ?  —  Deest  omnino.  Svilicet  ne  re<[niritur  ijui- 
dem  a  nostratibus,  quasi  ea  res  manilesta  sit  et  confessa 
(S.  8.). 

Hr.  Fr.  denkt  nämlich  stupender  Weise,  Buttmanu 
habe  geglaubt,  dass  der  Aorist  wirklich  und  allein  von 
Handlungen  und  Ereij^nissen  gebraucht  werde,  die  einen 
Moment  dauerten,  wie  etwa  der  Schall  durch  den  Tritt 
anfeine  Knallerbse;  das  denkt  Hr.  Fr.,  nachdem  Butt- 
manu Nr.  [>■  ge/iagt  hat:  „der  Aorist  lässt  die  gegenwär- 
tige Zeit  ganz  aus  den  Augen,  versetzt  uns  in  die  Yvt' 
gangenheit  und  erzählt  so  nach  einander  das  Gcsclie- 
Lene"  u.  s.  w.  „Aber  mitten  in  der  Erzählung  miissen 
luweilen  die   Umstände,   unter  welchen  damals  die  Sache 


geschah,  erwähnt  werden;  diess  geschieht  durch  das 
Iniperfect."  —  —  ,,Wer  sagt  uiy.ov  i/iy.odofujxa,  denkt 
sich  das  Haus  als  noch  bestehend;  sagt  er  or/.oäüuijOa , 
so  lasst  er  diess  wenigstens-  unbestimmt"  (Anmk.).  — 
Nr.  6.  „Durch  das  Obige  ist  also  der  Aorist  auf  das 
Momentane  in  der  Vergangenheit ,  hauptsächlich  in  der 
Erzählung,  festgesetzt:  wniei  es  sich  von  seltjüt  versteht^ 
dass  diess  ?iichl  auf  das  wirklich  und  eigentlich  Mo- 
mentane eingeschränkt  ist,  sondern  dass  der  Vortragende 
sich  dessen  für  Alles  bedient,  wvvon  er  sich,  nebst  dem 
Geschehen,  immer  gleich  auch  die  Vollendung  dazu  denkt, 
oder  was  er  als  momentan  darstellen  will,  —  So  weit, 
und  zwar  klar  und  verständig,  Buttmanu.  —  Was  fhut 
nun  Hr.  Fr.,  ihn  zu  widerlegen  1  —  Er  fuhrt  Stellen  an, 
wo  Dinge  durch  den  A<irist  ausgesagt  werden,  welche 
theils  ausdriicklich  50  und  mehr  Jahre  gedauert  haben 
sollen,  theils  längere  Zeit  gedauert  haben  miissen,  als: 
Herodf.   2,    137.    1,    62.    Xenoph.    Hell.   3,   4,    22.     Od^ss. 

7,  275:  o.i)Td()  eyojye  vij}(6u£vo(;  toös  kaiTj^ia  äterixa- 
yov ,  u(fQa  ,i<£  yriüj  i/fiirtorj  iit/.ftooii  cptpo)v  dve- 
jiog  re  y.ui  iduxj.  —  Älcint  denn  llr.  Fr.,  ßutfmann 
habe  eine  fixe  I<lee  vom  Aoristus  gehabt  und  dio  Alten 
nur  im  Schlafe  gelesen  ,  ilass  er  den  auf  allen  Seiten  fast 
in  jeder  Zeile  vorkommenden  Aorist  nicht  bei  Zahlen 
und  ^Verhältnissen  sah,  die  lange  Zeit  brauchten;  und 
dass  er  in  .Monomanie  nur  immer  für  das  ruck-  und 
stossHeise  Geschehende  .iiige  hatfe?  —  Soeben  wurde 
von  ihm  tfi/.uÖuuiioa  angeführt:  glaubt  denn  Hr.  Fr., 
Buttniann  erst  sagen  zu  müssen,  dass  man  ein  gutes  Haus 
nicht  In  Jahr  und  Tag,  geschweige  im  Nu  bauet  ^  — 
Solange  es  Philologen  gibt,  ist  kein  Gelehrter  so  schmäh- 
lich missverstaiideii  worden,  als  gerade  dieser  ebenso 
scharfsinnig  bestimmende,  als  deutlich  vortragende  Mann. 
BiittinaiMi  spricht  ja  von  keinem  eigentlichen  Äloment , 
den  der  Aorist  bedeute,  sondern  von  einem  gedachten , 
von  einem  .Aloment  der  Dars'ellung  und  yluffassung ; 
der  Aorist  stellt  die  Sachen  schlechtweg  als  geschehen, 
vollendet  hin  und  lässt  sie  nicht  vor  unserer  Seele  ge- 
schehen und  ablaufen,  was  das  Imperfect  tliut.  —  Der 
.•Vorist  roncentrirt  die  mehr  oder  weniger  lange  Linie 
des  Geschehens  auf  den  Punkt  des  Geschehenseins,  ohne 
Andeutung,  dass  ilas  Geschehene  noch  besteht,  oder  nicht 
mehr  besieht.  Diese  Concenirirtheit  nun  nennt  eben  Butt- 
mann einen  Slomenf;  es  ist  demnach  ein  nur  formaler  !Mo- 
ment,  und  Recensent  schämt  sich,  einem  Alaune  diess  erst 
sagen  zu  müssen;   wie  sehr  diess  aber  iiolhig  sei,   wird  fol- 


1171 


1172 


gcnder  Passiis  bei  Hrn.  Fr.  zur  fieiii'ijje  zeigen  (S.')):  Si  Xeiio- 
plioii  iiarrat  (»'gl.  Butdnaim  a.  a.  O.):  u/.iyaii  da  i  OICIJOV 
ijfilnaii  tilraoti  rv  y.ai  :ia(it]V  u  y.iujv  lö'jji  de  roi'i 
(fuvia^  ittöoaiie  y-c.t  y.aihKäy.iei  arzuv^,  s<atui  nequit 
raiiPin  ad  iiiterfer<orom  prosilire  et  (usqiie)  allatrare  ita, 
ut  cum  iioii  ailspiciat.  ISihiloiiiinus  videndi  nutio  per 
anri:><uui  pxjircssa  est,  h.  r.  per  eam  forraam ,  «jua  qiiod 
teiiiporis  iDoir.piito  fit  sijjiiificari  opiiiaiifur.  —  Suixlerliare.s 
Zeu^! —  idoji^  lieisst:  als  der  Hund  die  31ürdcr  erhlickt 
/ifitle:  dieses  ErLlicktlidtien  ist  abjcesclilosscii ,  so(\ic  der 
Hund  dii?  .Alörder  zuerst  gesehen  hatte;  dasstMlc  Erliiickt- 
liabea  ist  die  AVranlassUM;;  des  Hervortau/'ens,  und  mehr 
«ill  der  Srliriltstcller  niifit  sagen;  dass  der  Hund  die 
Mörder  uoc  h  fnrtviülireud  angesehen  liabc ,  ist  uahr- 
scheinlirh  ,  aber  für  di'u  tOrz.'ihlcr  und  Leser  Neben- 
sache,  die  vom  .Srhreibendcu  gar  niilit  in  Betracht  ge- 
zogen »lurde,  da  das  Anl)ellen  die  Hauptsarhe  ist;  denn 
der  Hund  li.'itle  die  IMörder  Jahre  lang  ansehen  und  her- 
vorlaufen künnciij  ohne  das  Anbellen  wäre  die  Entdetkung 
nirlit  erfolgt.  —  Kriilicken  und  Heriorlaufen  sind  deni- 
uacli  bhisse  ^'orlsnfigkeiten  ,  die  der  Schriftsteller,  um 
für  die  Hauptsache  H-ihn  zu  gewinnen,  als  abgemacht 
hinstellt;  diese  Vorläufigkuiten  hätte  derselbe  so  als  ab- 
gen)aclit  hinstellen  können,  wenn  sie  auch  Stunden  lang; 
gedauert   h.'itIcQ. 

A\  enn  eju  Fixireii  mit  den  Augen  i'on  '  Seiten  des 
Hundes  hätte  erzählt  »erden  sollen,  woran  Hr.  Fr.  zu 
denken  scheint,  so  wäre  die  Sache  eine  ganz  andere; 
dinn  stände  aber  auch  der  Aorist  nicht,  oiler  wenigstens 
iiiclit  üjiiie  y.u&i'ka.y.ry^o-e  und  auf  jeden  Fall  ein  ganz 
iiideres  ^'erbiim,  etwa  ei^lfi/.iTlitl' ,  d:iuliki:i£lv  ^  und 
zwar  nicht  vor  SiadgauE ,  sondern  bei  y.a9i'}.('.y.TH , 
so  dass  iSviv  noch,  dabei  sein  konnte:  iöuiv  öe  r.  (f. 
ft.  y.o.l  y.c(9.  htSXsnujv.  —  Da  nun  der  Aorist  ilas 
blosse  Geschehensein  schlechtweg  ausdrückt,  und  durch 
ihn  häufig  Hanillungen ,  welche  erst  geschehen  sollen, 
als  schon  f^esthehen  in  Gedanken  anticipirt  a  erden,  so 
ist  er  offenbar  ganz  geeignet,  um  wir/dich  31<imentanes 
zu  erzählen;  und  nenn  ein  Hund  nur  einmal  anbellt, 
und  ein  .Schriftsteller  will  dies«  erzählen,  braucht  er 
natürlich  den  Aorist,  ohne  dass  diese  Tempusform  das 
anhaltende  Bellen  ausschliesst ,  welches  ausdrücklich  im 
Imperfect  liegt.  —  Soll  diess  durch  licn  Aorist  erzählt 
werden ,  so  bedarf  es  einer  ailrerbialen  oder  adjecti- 
vischen  Nebenbesfimmung ;  wenigstens  wenn  angedeutet 
werden  soll,  dass  der  Hund  auffallend  lang  bellte  und 
sich  gar  nicht  zufrieden  geben  wollte,  wurde  der  Schrif- 
stellnr,  wenn  er  sdileclitweg  den  Adrist  setzte,  es  sich 
selbst  ziizus<  hreibeii  haben,  wenn  der  liegrill  des  anlial- 
tenden  Bellens  rom  Leser  nicht  genug  als  etwas  hier  be- 
sonders Wichtiges  beherzigt  würde.  —  Nächstens  wird 
\mu  Hrn.  Fr.  auch  Zumpt  vor  die  Katechese  genouKnen 
werden,  weil  er  jj.  '){){).  die  Pharsalischo  Schlacht  nur 
einen  Augenblick  <laueru  lasse,  und  Cicero  wird  der  .Sottise 
beschuldigt  werden,  dass  er  OfT.  1,  C.  13,  init.  dem  Kugnlus 
zumuthe ,  bereit»  während  des  Aithimmens  (  nt  i  enit ) 
über  die  Zurückbehaltung  iler  Gefangenen  zu  räsonniren. 
—  Da  Hr.  Fr.  so  oberflächlich  verfährt  und  «o  wenig 
im  Stande  ist,  solche  leichte  gramniatisrhe  Dingo  zu 
beurlhcileiij    künncii    wir    uns    nicht    wundern,    weuii    er 


Buttmann  nicht  versteht,  \\a  die  Sache  etwas  feiner  ist. 
—  §.  137,  4.  soll  dieser  wnndersani  sich  selbst  wider- 
sprechen, wenn  er  y.('.!}i'Xäy.nj<je  als  mnmeiilan  fasste 
und  Not.  5-  vom  Aorist  lehrte,  dass  er  ein  Pflegen  be- 
deute; Hr.  Fr.  sah  nämlich  nicht,  dass  Uuttmaun  i\r.  4. 
von  einem  Pflegen  in  der  Vergangenheit  spricht:  flliXiov 
ijad-/£  iivä-;  y.uswv  et'y.öai ,  und  Nr.  5.  von  einem  Pfle- 
gen überhaupt  ,  von  einer  gewc'ihnlichen  Erscheinung  in 
der  Welt,  von  einem  aus  der  ^Vrgaugenheit  abstrahirten, 
für  alle  Zeiten  geltenden  Pflegen;  jiiyguv  TltaiOiia 
äve'/n'Ttoe  y.ai  diskvcre  TTÜvra,  „ein  kleines  Versehen 
zerrüttet  und  vernichtet  oft  Alles  wieder."  —  Das  Pfle- 
gen des  Iniperfccts  besteht  in  einer  Wiederholung  einer 
Thatsache  von  Seiten  einer  und  derselben  bcstinimten 
Person  oder  Sache ,  das  Pflegen  des  Aorists  in  einer 
Wiederholung  einer  Erfahrung  überhaupt  an  verschiede- 
nen Personen  oder  .Sachen.  —  iMit  einem  Worte,  beim 
Imperfect  liegt  das  Pflegen  in  dem  diesem  Tempus  in- 
härirenclen  üegrilTe  der  Dauer,  beim  Aurist  nicht  im 
Tempus,  sondern  in  einer  in  der  Vergangenheit  oft  wahr- 
genommenen Stiche  '  }eties  gibt  ein  besonderes,  auf  eiuea 
besonderen  Fall  bezügliches  oder  doch  das  Allgemeine  ajs 
ein  Uesouderes  darstellendes  und  auffassendes  .Pflegen : 
II.  8,  !^bb.  It,  ll3j  »o  denn  auch  der  .'\or.  stehen  kann, 
da  dieser  alle  Präterita  zu  vertreten  seiner  allgemeinen 
Natur  nach  geeignet  ist:  II.  13,  243-  300.;  das  Pfle- 
gen aber,  welches  der  Aorist  ausdrückt,  ist  ein  .  all- 
gemeines. —  Was  CS  nun  auf  sich  haben  möge,  wenn 
in  BetrefF  der  von  den  Grammatikern  und  insbeson- 
dere von  Kühner  dem  Aorist  zugeschriebenen  Bedeutung 
der  Vergangenheit,  und  hinsichtlich  dessen,  was  dersel- 
be über  die  modi  oblicjiii  lehrt  (^.  441  ,  1-  44.%  1.), 
Hr.  Fr.  fragt:  quis  non  sentit  pugnantia  hie  doceri  (S.  10)- 
darüber  wird  wohl  kein  Leser  ungewiss  sein,  vielmehr 
wird  es  nach  dem  Bisherigen  jeder  in  der  Ordnung  fin- 
den ,  dass  Hr.  Fr.  im  Gegentheil  in  seiner  eigenen  Lclirc 
sich   selbst    widerspricht. 

W^'^hreIlcl  er  nämlich  S.  1','  verlangt,  dass  der  Aorist 
überall  eine  und  dieselbe  Bedeutung  haben  soll,  und 
zwar  die  einer  relativ  vergangenen  Zeit  (wie  es  schon 
aus  den  Uebersetzungen  und  Erklärungen  griechischer 
Stellen  und  der  ^'ergls-ichuiig  mit  dem  Imperfect  zu  ver- 
niuthen  ist)  ,  soll  er  nach  S.  10-  15.  l(i.  in  ilen  uiodis 
obliqiiis  eine  verschiedene  haben  und  im  Icnperat.  und 
Conjunctiv  im  Futurum,  und  im  Optativ  jede  Zeit  mit 
Ausnalinie  der  Gegenwart  bedeuten;  in  der  LS.  Note  aber 
und  S.  1.')  wird  ihm  der  Zeit-  und  \'erbal begriff  im  In- 
finifivos  und  Participium  gänzlich  abgesprochen.  Ausser- 
dem gibt  Hr.  Fr.  über  diesen  schwierigen  Punkt  nicht 
viel  mehr  von  sich,  als  eben  diese  Widerspruche  nebst 
jener  Frage,  und  führt  dann  einige  Stellen  an,  die  be- 
weisen sollen,  dass  der  Aorist  im  Conjunctiv,  Optativ  u.  s.  w, 
keine  absolut  vergangene,  sondern  eine  relative  Zeit 
sei.  • —  Diese  Stellen  begleitet  er  dann  bisweilen  mit  ein 
paar  kurzen  ^Vorten,  aus  denen  hervorgeht,  dass  er  nicht 
Griechisch  denken,  daher  aucli  das  absolute  Präteritum 
nicht  dann  sehen  kaiin,^  so  z.  B.  Hom.  II.  KS  ,  l'.KSi 
ukk'  cuniii^  enl  räcpoov  iu)v  Tfjvjeaai  cpaiijih,  wozu 
bemerkt  w  ird  (Imperat.)  :  Llii  in  hoc,  loco  praeteriti  ratio 
dilifestit?   —   Antwort:    In   der  griechischen  Auffassungs- 


1173  1174 

und   Dpiikwcisc  ,  die  bis»veilcn   rhias  rascli   ist,  <l.iss  Ily-  ffpineiiit,    wenn  sie   doii   Aorist    in   liczciclinpfer  AVoisc   zu 

perhorecr  nirht  soglpicli  folj^pn  kftiiiipn ;   narli    ilicscr  licisst  bpsilirpilicn   snchtpii;     haben     sie     liistieilen    in    Kiirze   de» 

PS   eijjenflicli :   habe   dich  gezeigt;   ilenn   die  Sailie    liat   fiir  Ausdrncks   narli    Analogie    des    Ilorazisclicn    Tnr^'idus    Al- 

dcn ,     »iplclier   es   lieisst,     Kile,    die   Analogie   al>er   findet  piniis   lana   nive   ronsjiuit   Alpes   so    gesproi  Iumi,    als    f.'indpu 

Hr.   Fr.   liei  Buttmann   4}.    137.   Anniprk.   (i.    Annierk.   1|.  sie  iliesc   Scliattiriingen   des   UegridVs    alle    im    ^VeseM   des 

Jj.    I3S.   Anmerk. ,   wo   es  unter  Anderm   bei   Aristoplianes  Aorist's,    so   rpeliiieteii  sie  auf  Lpser,    die    lilicriiaiipt    et- 

lantet:   cp^ntc  ,  y.ni   ■jreTtoaievctl  ,  sage  es,   und   es  wird  was  versteliou   könntpn  ,   und   ivelclie  sonderlieli  cum  grano 

ausgeführt  sein,   statt   werden.     —    Zumpt  s   Lat.    (iranini.  sali»  vers(ün<len ;   so   z.    It.    Ilerinann   ad  Vig.  p.  773?    wenn 

J?.   .527.   niit  Aiunerk.    I.   und   §.   511,     "o    wieder    unter  er  sagt:   rem  cito  tran.^enntem   (iraeoi   per  aoristum  signi- 

Anderni    Cirero  sagt:    Hoc  sine    ulla   dubitafiune   ('<infirn\a-  firant,  quuni    haec   propria   sit   tis   aiiristi. 
verim,   cloqnentiam    esse   omnium    reriiin  diHirilliinam   „das  Wie    wenig   damit   gewonnen    wird,   oder   vielmehr    wie 

möchte   ich   ohne   alles   Bedenken   behauptet   haben",   statt  wenig    iler    Aorist    erkannt     und     wie    falsch    viele   stellen 

behaupten;    und:    quae   causa  fuerit,     mox  videro   „werde  der  Alten    werstanden   werilen    wurden,    wenn   die   (iram- 

ich   bald    gesehen    haben",    statt   sehen.    —    Auch     uns   ist  niatiker  sich    mit   der   Oflenbarung   des   ]Ierrn   Fritsch    be- 

diese    Art,     obschon    sehr     eingeschränkt,     nicht    fremd:  gni'igen     wollten,      i.mss    jeder     einigerniaassen     Kitn<Iige 

H. :    Es   ist    doch     eine   schiine   .Sache,     wenn    man   sfndirt  sogleich   einsehen.     —     So   will   Ilr.    Fr.    im    AVideisprnche 

hat.       K.  :    Das     möchte      ich     doch    nicht     immer    gesagt  mit   dem,    wa«   er   bei   den    modis   oblinnis  vorgefragm,   die 

haben;    Mancher   w.'ire   besser  ein  Handwerker   geblieben.  von  Kühner  j^.   44 '»  3-,  aus   Xenoph.   Cvrop.   '.',  t,    i.   an- 

H.:    Ich    bin    doch    neugierig,     was    aus    diesem    Tractat  geführte    Stelle:     ti     oiv,    erfij    6   Kt'UOi;,    oi'    y.ai  t;'i' 

Neues    herauskommen    wird.       K.:   Nun,    wir   werden    es  dl'iauiv   iKii:äi;  {(Ol;   —  '-ly.uuS  St'-,   tjfi]   ö    I\vu.ti'>i>rc, 

ja   bald   gesehen   haben.    —    So   muss   Hr.    Fr.   anschauen,  —    ohne   AVeiteres   im    Deutschen    und    Lateinisclien    iiber- 

und   er   wird    bei    Plat.    A.   Sorr.    p.    24-   C    :     KttQUOOj^lUl  setzen:    AVarnm    erzahltest   du    mir    nicht    schon?    cur   non 

y.ai    vutv    änidei^ai,    und    bei    Hom.    Odyss.    12.    156.:  mihi   narrab.is?   —    (S.    17 —  l!))  oiler,    mit    einem   neuen 

dkX    ifjeuj    UEV    eyuiv,    'Iva    siödrsg  ij   XS    dcivM^iev   >;  AVidersprnche  :    narrasti;    denn    S.     1 8.   Z.   (i.     v.     n.    wird 

y.sv    dX£vaf.t£i'Ot    l}auarov    y.ni  Kr,oa    Cfi'yo/ficv,    die  irfuvi^auv  bei  Plat.   A.   S.  p.   22,  15-   f-    >isi    s'mt   ül>er- 

Fragen  sich   ersparen   können:   Num    id,   qnod  conor,    iam  se-iet.     —     Hr.    Fr.     begreift    also    nicht,    dass    er    so     nur 

praeteriit    et    perfectuni    esti      Nonne    potius    incipif?    —  Griechisch     mit     deutschen      oder     lateinischen     AVürtcrn 

Nonne  mortem    etTugimus    fugieudo   vel  iluni  fugimus  ,    an  spräche.    —    Deutsche    und   Lateiner    müssen   eine  solche 

illud   effugere    iani  transiit,    antequam  fugiamusl  (S.    10.)  Frage  durchaus  eigentlich   nehmen,   wodurch   etwas  völlig 

Denn   es  heisst  eigentlich:    Ich  will  es  sagen  (was  Kirke  Ungehöriges  in  ilie  Verhältnisse  der  .Stelle  käme :   Kyaxares 

uns   geweissagt  hat),  damit  wir  entweder   wissend   gestor-  dachte    gar    nicht    daran,     es    dem-  Kyros    nicht  sagen   zu 

ben,    oder    als  Tod   und    Verhängniss.    vermieden   habende  wollen,      und    Kyros    bedient    sich     bloss     einer    formalen 

geflohen  sein   mögen,   d.h.  sterben   oder  vermeidenil  ent-  Frage  nach  griechischem  Sprachgebrauch,     wflfirend   wir, 

rinnen.    Der  Grieche  denkt  aber   ganz   richtig;  denn  eher  wie  Kühner  ganz    richtig    bemerkt,    an    ihre   Stelle    eine 

können    sie    nicht    entronnen    sein,    als    bis    sie    den  Tod  dringliche   Aufforderung  setzen. 

vervtiedeii  haben.  Welch'   ein   Unsinn   wurde   herauskommen  ,    wenn   mau 

Was  Hr.   Fr.   nun  dagegen   vorbringt,  dass  der  Aorist  die  Steilpu   bei   Matthiä  g.  503,   C.   und  IJuttm.uin  g.   137. 

eine   schnell   vorübergehende   Handlung   und   eine  Wieder-  Annierk.   (i.    wörtlich    und    eigentlich    nehmen     wolile!    — 

holung    einer    Tbatigkeit    bezeichne    (Kühner  §.   441,  4.  Dann  muss  Hr.   Fr.    auch    oirr9x'.    oiv    u   daüoa:'  (Butt- 

442-    Not.   2.   44fj    3.),    können    wir    füglich    hier    nnbe-  mann   p.   446)   wörtlich  übersetzen:    ,,Weisst  du    nun   was 

Bücksichtigt   lassen,   ila   Alles   schon   im   Obigen   seine    Ab-  habe  gelhan',    oder  vielmehr :    „TArt/e"  ,    mit   einem  eigens 

fertigung   gefunden  hat,   indem  das  hierher  Gehörige  tlieiU  dazu    geschafleiien    relativen   Imperativ;     nnil     T(.'5?   ö     uv; 

bereits   ausdrücklicli.   besprochen    wurde,    theils   damit   wi-  mit:     Cur    non?     —     Dass     d<jch     Wolf    das    nicht    w  usste 

derlegt   ist,     was     wir     über     den    Begriff    i\es    Aorist's   nnil  und    sonderbarer    AVeiso    Plat.    Crit.    cap.    6.    ex(r.  :      Est 

der     ihm    beigelegten    Bedeutung    des    IMomentanen   ange-  ita-,   übersetzte! 

deutet  haben.  —  Der  Aorist  an  sich  selbst  enthält  frdi-  Auch  in  Betreu  des  .Aorists  und  Tmperfccts  mit  .leni 
lieh  keine  andere  Bedeutung,  als  die  der  absoliilen  Ver-  Begriff  eines  Beabsichtigten,  aber  nicl't  ivirklich  A  oll- 
gangenheit.  — ■  Sowie  er  keinen  wiiklic/ien  Moment  be-  br.ichten  hätte  ilr.  Fr.  besser  getlian,  Rost's  (ir.im- 
zeichnet,  sonilern  eine  Tbatigkeit  von  beliebiger  Dauer,  matik  J5.  1  I(i ,  Annverk.  5-  (ii.)  nachzuschUgnn ,  statt  mit 
und  nur  etivas  als  ein  Momentanes  darstellt,  eben  weil  vielen  \Vor(eu.  Nicht*  zu  sagen  und  eine  falsche  Stelle 
er  die  Dinge  schlechtweg  als  geschehen  auffasst,  so  be-  anzuführen  (S.  I  >i.  14).  —  Dann  würde  er  aucli  gesrbeii 
zeichnet  er  auch  eine  AViederholung  und  ein  rasches  haben,  dass-  die  Grammatiker  nicht  incoiisequent  waren 
Vorübergehen  nicht  durch  sein  Wesen^  sondern  die  Gram-  nnd  bereits  auch  dem  Praesens  diese  Bedeiitiuig  lieileg- 
matiker  wollen  damit  nur  die  Verhältnisse  bezeichnen,  ten.  —  Dass  nl)er  .\eiioph.  Hell.  .'),  4,  21-  nicht  hier- 
unter denen  er  gebraucht  wurde,  was,  namentlich  in  her  gehört,  siebt  ein  Kind  ein,  da  keine  Syliie  dasi-lbst 
einer  todten  Sprache,  llieils  an  sich  wiclitig  ist,  tliells  von  einem  Beal>sichtigten,  aber  nicht  VoUbractitcn,  M)nileru 
im  Vergleich  mit  der  Muttersprache  und  dem  Laieini-  der  ganz  einfache  und  natürliche  Satz  grlesen  wird: 
sehen,  wo-  sich  im  Einzelnen  mancherlei  Abweichendes  „Die  Ephoren  riefen  den  Sphodrias  znrüik  nnd  klagten 
herausstellt.  —  Das  haben  die-  von  Hrn.  Fr.  verlachten  ihn  als  todesivürdigen  \'erbrecher  an  (Indi  :i  ilin  <(ir  (ie- 
Clrammatiker ,   'Hermann,    Mattliiä,     Buttmann,     Kühner  rieht);,  der    aber  fürchtete    sich   und   crscliii  n   iiuhl;    nnd 


1175 


1176 


oll  er  gleit  h  <]cr  ^'oiladiiiig  nullt  Folge  geleisicf  lia«e, 
iiiirilc  pr  «loci«  liisgcs|)r<i(  hm."  'Wo  ist  denn  da  von  ci- 
noiH  lonatns  inaiiis  ^\\c  Rcdo!  c<na  «eil  S])liodrias  niiht 
gckomnipu  ist?  —  310111(1011,  das  hat  ja  mit  der  uirk- 
Iu!i  vollbrachten  Thalsarlic  iler  Zuiücklierufung  und  der 
in  Ivester  Foriii  aiigeslollten  Lndutif;  und  Anklage  nicht 
das  (ieringste  zu  schallen.  —  AVeiir.  sie  gerufen  hatten 
und  tlocli  nicht  gerufen,  angeklagt  und  doch  nicht  ange- 
klagt, dann  gehörte  die  Stelle  hierher,  so  aber  macht  sie 
dein  Scharfsinne  eines  Alamies,  der  Ilerinann  nidcrlegen 
■Hill,  nicht  eben  Ehre  und  beiieist,  dass  Herr  Fritsch 
selbst   einen    conatiis    inaiiis   gemacht. 

Post  tot  discrimiiia  reriun  sinil  mir  mit  S.  14  endlich 
auf  dem  Punkte  angelangt,  wo  uns  Hr.  Fr.  den  von 
Allen  bisher  verkannten  Hahren  KegriH  des  A.orist's  zil 
u^cbeii  gedenkt.  Seine  Deliiiitioii  lautet:  Alle  Aorist- 
fornien  bezeichnen  eijie  Handlung  dergestalt,  dass  ihre 
Ausilehiinng  nnil  ihr  Uinfaug,  oder  was  sonst  noch  von 
ihr  ausgesagt  werden  kann,  nur  versc/iwiegeti  wird.  Wir 
sigeii  Nichts  davon,  dass  man  aus  der  Definition  nicht 
sieht,  oh  der  Aorist  ein  Tempus  der  ^'ergmgenheit  oder 
der  (iegcnwart  oder  der  Zukunft  sein  soll,  und  fragen 
bloss:  AVarum  denn  nur  verschwiegen  und  verscliioie- 
rrgil  i  —  Davus  giim  non  üedijius!  —  Nicht  enthalten 
sind  sie  im  Aorist,  un<l  das  heisst  ehen ,  er  bezeichnet 
eine  Handlung  schlechtweg,  so  dass  er  für  alle  Präterita 
stellen  kann:  und  wenn  er  jede  Nchenbpziehung  aus- 
schliesst ,  triflt  diess  auch  die  Relativität ,  die  ihm  Hr"  Fr. 
dem  von  den  Griechen  selbst  erfundenen  Namen  und  allem 
Ilerkoinmcn  zum  Trotze  zur  Last  legen  will;  das  gewal- 
tige Parturiren  aber  oiidigt  mit  dein  wohlbekannten  ri- 
dicuhis  mus  —  einem  Resultate,  welches  selbst  die  freund- 
schaftliche Anzeige  im  Rheinischen  IMnseuin  fiir  Philologie 
5.  4-  S.  6l9 — 'iA  ,  trotz  allen  zärtlichen  Worten,  aus- 
zusprechen   nicht   umhin    gekonnt    hat. 

Es  folgen  nun  in  diesem  Abschnitte  noch  einige  Bo- 
iiierkungen  liber  Infinitiv,  Particip,  Optativ,  Imperativ 
und  Coiijiinctiv  des  .Aorists,  die  wir  schon  oben  berührt 
haben.  Hr.  Fr.  bestätigt  hier,  d-iss  er  keine  Ahnung' 
einer  griechischen  AuU'assnng  hat.  —  Rlerkwürdig  ist 
wieder  die  Logik  ,  wonach  er  schliesst,  dass  eine  Aorist- 
lorni  desslialb  nie,  um  eine  gegenwärtige  Zeit  auszudrücken, 
gebraucht  worden  sei,  weil  er  keinen  Umfang  und  keine 
Dauer  bezeichne.  .S.  15.  —  Narrisches  Zeug,  er  bc- 
zeiihiiet  keine  Gegenwarf,  weil  er  eine  icrgangenc  Zeit 
he/eii  hnet. 

Im  dritten  .Abschnitte:  N'onniilla  do  usu  tempori» 
aoristi ,  will  Hr.  Fr.  die  Ansicht  der  Grammatiker  prüfen, 
xonach  sie  glauben,  dass  der  Indicativ  des  Aorists  die 
Gegenwart  und  die  Zukunft  ausdrn<  ke  ,  oder  wie  der 
Hccenseiit  im  Rhein.  IMnseiim  erzählt,  hat  er  „leiriesen, 
dass  der  Iiidicaliv  niemals  die  Bedeutung  des  Präsens 
oder  Futurs   enthalten   könne." 

Unseres  A\  issens  gibt  es  heute  keinen  Grammatiker, 
der  noch  an  die  alte  plumpe  Eiiallage  im  eigeutlicheu 
Sinne  gl.-iiibtc,  wenn  es  ni(  ht  der  gedai  htc  Rereiisent  ist, 
den  er-t  Hr.  Fr,  eines  Besseren  belehrt  zu  haben  scheint.  — 
Auch    führt    Hr.  Fr.    keinen  an,    «Icr  die   A'ergangenheit 


für  die  Gegenwart  hielte,  sondern  im  Gegentheil  die 
Herren  Kühner  und  Hermann,  welche  beide  lediglich 
davon  sprechen,  dass  von  deu  Griechen  in  gewissen  Fäl- 
len mittels  de»  Aorists  etwas  als  vergangen  dargestellt 
zu  werden  pflege,  was  von  uns,  nach  unserer  Denk-  und 
Sprachweise,  als  gegenwärtig  bezeichnet  wird,  und  e» 
kann  nur  bloss  davon  die  Rede  sein,  ob  die  Art  richtig 
sei  ,  wie  sie  sich  diese  Erscheinung  erklären,  nach  welcher 
durch  A'ergangenheit  und  durch  Gegenwart  im  Allgemei- 
nen eine  logische  Gleichheit  erzielt  wird.  —  Wenn  nun 
Hermann  Eur.  Med.  272.  i/jTOi'  mit  cdictum  volo ,  ijvEOU 
mit  nivirruc,  f^w  erklärt,  so  will  er  damit  nicht  sagen, 
dass  im  Aorist  der  Begriff  von  volo  oder  fijfw  liege  ,  son- 
dern er  giebt  das  breiter,  was  der  Aorist  kürzer  gieht , 
wie  immer  verfahren  werden  muss  ,  wenn  man  nicht  mit 
Hrn.  Fr.  sich  begnügen  will  zusagen,  der  Aorist  ist  der 
Aorist  und  linüv  heisst:  ich  sagte,  wir  aber  sprechen 
ich  sage,  ohne  nachzuweiseu ,  nie  beide  Theile  recht 
haben  kJinnen.  —  Das  hnhen  Hermann  und  Kühner  gc- 
tlian  und  zwar  ganz  richtig:  bei  sich  oder  anderwärts 
bat  derjenige  bereits  etwas  gesagt,  welcher  tiTlov  statt 
}Jyo)  braucht,  ehe  er  es  ausdrücklich  aussprach  oder  da 
aussprach,  wo  er  eben  sinov  setzte  (vergleiche  Butt- 
niann  3,S7.  Anmerk.  9).  —  Hr.  Fr.  hat  aber  Hermann's 
und  Kühner's  Sinn  "ar  nicht  gefasst,  wie  man  schon  daraus 
deutlich  sieht,  dass  er  sie  eines  Widerspruches  mit  sich 
selbst  zeihen  will,  den  Ersteren ,  weil  er  nach  der  Er- 
klärung mit  volo  noch  das  Particip  und  ijfw  nachschicke, 
den  Letzteren,  weil  er  im  Aorist  ein  auf  die  Gegenwart 
bezogenes   Urtheil  finde. 

(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Athen.  Uoler  den  neuesten  Ausgr.Tbungen  von  \\iclitig- 
keit  iicliiirl  eine  Victoria  in  Hoclirelicf  vom  (cinsicn  Styl,  wel- 
che «obl  zu  der  Kcibe  von  Vicloricii  gebort  haben  könnte, 
die  auf  der  B.iliostr.idc  vor  dem  Psikctciiipel  standen.  Noch 
bfdciilendcr  durch  Eiycnllininlicbkeit  des  Styls  ,  «io  durch  gute 
r.rbaltung  ist  ein  anderes  Kiirzlicli  in  der  Nahe  des  alten  Pra- 
si;i  gcliindines  Maniiorwcrk.  Es  ist  die  Figur  eines  Kriegers  in 
naciicni  Relief,  so  wolil  erhallen  ,  dass  nur  ein  kleiner  Thcil 
lies  liarlcs  tclilt.  Die  l''iü;ur  ist  t'anz  '"'  Profil,  die  Fiisse  vor 
ein.mder  scsctzt ,  Haupt ,  Brust  und  Beine  sind  gewappnet,  und 
die  Hand  h.ilt  eine  Lanze.  Der  Slyl  alinclt  dem  der  iigincti- 
scluu  l'itinrcn  ,  n;ilicrt  sitli  jedoch  iiiclir  der  VoUkoinmcnlicit. 
Man  lienurivl  zablrcii  bc  Spuren  von  Farbe,  z.  B.  anf  dem  Har- 
nisch ,  der  von  dunkler  Farbe  ist,  ein  Maandcrornanienl,  auf 
den  Schultern  einen  rollicn  Stern,  auf  der  Brust  einen  ähn- 
licbin  mit  einem  Liiwcnkopf.  In  einem  Streifen  unter  der 
Figur  stellt  die   Inschrift: 

j:prON  AP^STOKAJßOi' 
und    unter   dem    Picdcslal 

API2TIO?fO^ 
Gehören    diese  beiden    Insclirifteu    zusammen,    so    heissen    sie: 
..Ein  Werk  des  Aristokles  ,    Sohn  des  Aristion. «     (Bullet,  arch. 
Juni.) 

Baden.  Professor  J.  Keck  ist  zum  Prof.  am  l.ycciim  zu 
Baslalt  ernannt  worden. 


Zeitschrift 

für    die 

AI  terth  ums  wissen  Schaft. 


Sonntag  j  8.  December 


1839. 


Nr.  Ul, 


De    aoristi    Graecoruin     vi    ac    potestate.     —     Aucfore 
Frilschio,  Dr. 

(Beschloss.) 

Herr  Kühner  sagt  §.  443,  !•  •'  Die  Sprache  der  Tragi- 
ker bedient  sich  öfters  der  Aoristform  als  eines  emphati- 
schen Ausdrucks  eines  Urtheils,  welches  zwar  auf  die 
Ciegenwart  bezogen  wird,  aber  von  dem  Sprechenilen  als 
ein  in  seinem  Innern  schon  ,  längst  begründetes  und  be- 
festigtes dargestellt    werden  soll." 

Man  sieht  leicht,  dass  Herr  Kühner  nichts  Anderes 
meinte,  als  der  Aorist  diene  für  Prüäcnsurtheile  ;  Hrn. 
Fr.  aber  impunirt  das  Wort  bezogen  dermassen,  dass  er 
stracks  dabei  an  seine  liebe  Relation  dachte.  —  Herr 
Kühner  spricht  ja  von  der  Beziehung,  in  welcher  die 
Zeit  zur  Gegenwart  des  Sprechenden,  nicht  von  der, 
worin  das  Pradicat  zu  einer  anderen  Handlung  steht, 
worüber  Hr.  Fr.  das  Nähere  aus  Becker's  Schnlgrammatik 
J^.  2l'l.  sehen  kann.  —  Dass  aber  Hermann'«  zwiefache 
Erklärungen  auf  Eins  hinauslaufen,  liegt  am  Tage,  wenn 
Jemand  nur  ein  wenig  denken  kann.  Uebrigens  durfte 
Kühner  bloss  lehren:  Besonders  ,,die  Sprache  der 
Tragiker-'  {%.  443,  I.),  wie  Rost  §.  llfi.  Anmerk.  4; 
ilann  hatte  er  ganz  Recht;  denn  wenn  Hr.  Fr.  diesen 
Sprachgebrauch  für  sehr  allgemein  hält  ,  irrt  er :  er  be- 
schränkt sich  meistens  auf  gewisse  Formeln  :  t9c(VitCioU, 
naoißav  (Trachin.  .^OQ.)  r,o9rjv,  irr-^veoc. ,  von  denen 
Reisig  jenes  mit  schön  !  diese  mit  6rav  !  erläutert,  indem 
liier  ein  ge\i  isser  Elfer  des  Thuns  ausgedrückt  sei,  als 
wäre  CS  schon  geschehen;  ,,  Ja ,  ja,  schon;  es  ist  schon 
gelobt",  daher  denn  auch  in  Fragen  der  Aufmunterung: 
Warum  habe  ich's  nicht  gethan  {  —  Es  sollte  schon  längst 
geschehen   sein. 

Ganz  und  gar  nicht  hierher  gehört  die  von  Hrn.  Fr. 
beigebrachte  Stelle  aus  Plat.  Apol.  S.  p.  'i'2.  B.  C  ;  denn 
da  ist  das  scpavijanv  rein  historisch  von  der  Zeit  zu 
verstehen,  wo  Sokrafes  die  Prüfungen  anstellte  ;  und  das» 
sein  Urtheil  jetzt  noch  gilt,  liegt  zufällig  in  eler  Natur 
der  Sache.  —  Auch  ist  ja  (faii'foih'./  nicht  so  i  lel ,  als 
doy.cir,  sondern  Sokratcs  will  sagen,  die  Dichter  zei|;- 
ten  sich  so,  stellten  sich  so  dar,  erschienen  mir  so:  wer 
denkt  ilenn  da  an  ein  Präsens?  —  Gleichwohl  ist  aber  dle*e 
unglücklich  gewählte  .St;'l|p  das  ganze  Neue,  «as  Hr.  Fr. 
zur  Erläuterung  des  besprochenen  Aoristgebrauchs  bei- 
bringt. —  IVir  haben  diesen  ganzen  Punkt  bereits  oben 
berührt. 


Was  aber  eigentlich  Hr.  Fr.  mit  der  Abhandlang 
über  die  Fntnrbedeutung  des  Aorists  (Kühner  j§.  44o,  2-) 
bezweckt  hat,  ist  auf  keine  Weise  abzusehen.  Nimmt 
man  von  der  Kühner'schcn  Erklärung  alles  hier  Unwe- 
sentliche weg,  so  bleibt,  als  Kern  derselben,  soviel  als 
unbestrittene  Wahrheit,  dass  der  Aorist  zur  Bezeichnung 
zukünftiger  Ereignisse  diene,  welche  sich  der  Sprechende 
aus  irgend  einem  Grnnile  schon  als  geschehen  denke.  — 
Diese  Erklärung  gefällt  Hrn.  Fr.  nicht,  und  doch  ent- 
hält die  seinlge,  welche  oben  mit  andern  Worten  das 
gibt,  was  in  der  Note  Hermann  sagt,  durchaus  nicht« 
Anderes;  das  nur  ist  neu,  dass  wir  wieder  erfahren,  der 
Aorist  bedeute,  was  er  bedeute;  dann  wird  versichert, 
olle  Volker  hihinten  so  das  Präteritum  brauchen,  wie 
H-  4,  ItiO:  „denn  wenn  der  Olympier  auch  nicht  gleich 
es  vollendete  (sie),  so  wird  cr's  doch  spät  (er)  vollenden, 
und  schwer  (dann)  büssten  sie";  nameiitlldi  wäre  dieser 
von  den  griechischen  Grammatikern  als  ein  besonderer 
und  wunderbarer  ausgegebene  (vcndltatiir)  Gebrauch  beim 
deutschen  Volke  in  geivissen  vom  Verkehr  noch  nicht 
corriinipirten  Provinzen  herrschend.  —  Welche  Provinzen 
mögen  das  sein,  wo  die  ehrlichen  deutschen  Bürgers- 
und Bauersleute  zu  so  lebhaften  Wendungen  organisirt 
sind?  —  Das  wissen  wir  nicht,  sonilern  nur  so  viel,  dass 
solcher  Gebrauch  eines  Präteritums  für  ein  Futurum  Im 
Deutschen  höchst  iingewühnlich  ist  und  äusserst  selten 
einmal  eine  wörtliche  Uebersetzung  aus  dem  Grieihischen 
möglich  sein  dürfte,  dass  Hrn.  Fr. 's  Uebersetzung  der 
Homerischen  Stelle  mit  ilem  iiiconseqiienten  Einschiebsel 
dann  auflallend,  ohne  denselben  unileutsch  und  uner- 
träglich erscheint,  dass  die  griechischen  Beispiele  die- 
ser Art  selbst  nicht  eben  häufig  sind,  dass  Hermann 
ganz  Recht  hat,  wenn  er  diese  Redeiveisc  für  andere 
Sprachen  kaum  ausilrü(  kliar  findet,  und  ilass  es  mithin 
von  einer  schwer  begrelflli  hen  Kurzsiciitigkelt  oder  einer 
lädierlichen ,  sich  mit  dem  Ruhme  neuer  Entdeckungen 
neissbrennen  wollenden  iveckheit  zeigt,  wenn  Hr.  Fr. 
sich  über  alle  bisherige  griechische  Sprachforscher 
lustig  macht,  weil  sie  in  diesem  Gebrauche  des  Aoristes 
etwas  BemerkensKerthes  und  Besonderes  gesehen  hätten, 
und  diese  .Ansicht  damit  widerlegt  glaubt,  wenn  er  sagt, 
es  sind  ganz  gewöhnliche  Aoriste,  und  dann  ein  paar 
Stellen  nach  seiner  Art  mit  einem  Imperfect  übersetzt, 
obgleich  dadurch  für  uns  ein  ganz  anderer  .Sinn  heraus- 
küuinicii  niuss,  z.  B.  Herodt.  2,  30=  '.Irz'u  bt  Tavo.g 
[f,.;  Tcö/./u.  TTAtujiJ  iv  ioii)  yoöiip  ukhn  r.l^Eic  ig  ruvc. 


1179 

yfi'Touü'/.ovq,  iv  oaoiTisp  et  'Ey.effuvTivr^i  y/^-^Si  £i 
Ttjv   iirTOUToXtV  Tüjv  jli^tözov,   —   no  Hr.   Fr.   oline 

AVeKercs  dnlmetsclit  :  ^"^oii  dieser  -Stallt «irst  du 

in  derselbigeii  Leu  zu  den  Aut.  kommen,  in  neicher 
du  —  —  —  zu  der  !M.  der  .Aetli.  kamst.  —  Jeder 
Deuf.scbc,  und  »eun  er  .iiif  deni  iinndsriick,  in  der  Eifcl 
oder  in  der  31iinster'sclicn  Heide  uoLnfe,  ninss  das  kamst, 
wenn  er  diesen  Satz  auüser  dem  Zusammenhange  hürt, 
jnissrcrstclien,  und  im  Zusammenhange  kann  er  im  glück- 
lichsten Falle  seinen  Sinn  nur  orrathen. 

Ilr.  Fr.  gesteht  selbst,  die  Gebildeten  sprachen  frei- 
lich nicht  SU  ;  nun  also,  wird  seine  griechische  Gram- 
matik  fnr    seine   entlegenen    Provin/ialen    geschrieben?   

wenn  nicht,  so  würden  die  Grammatiker  schon  desshalb 
verständig  handeln  ,  dass  sie  solchen  Gebranch  aufstechen, 
nnil  Hrn.  Fr.'s  Tadel  und  Gelächter  bleibt  unüberlegt. 
—  An  das  Scurrile  grunzt  es,  «enn  Hr.  Fr.  sich  stellt, 
als  »renn  er  soeben  in  einen  von  einem  jungen  Illiteraten 
jüngst  empfangenen  lirief  blickte  und  da  folgenden  Satz 
lese:  „  AVahrscheinlich  wird  derselbe  auch  mit  Ihnen 
darüber  sprechen  ,  und  ilaniit  sie  doch  nicht  unvorbereitet 
liiervon  waren,  «ollte  ich  es  Ihuen  erst  schreiben."  — 
Uebrigens  hat  der  junge  Briefsteller  unstreitig  in  der 
Schnelligkeit  des  Schreibens  die  Pünktchen  weggelassen, 
■Hie  das  ja  sehr  oft    geschieht. 

Natürlich  hält  Hr.  Fr.  auch  die  Aoriste,  wo  wir  mit 
Pße§en  übersetzen  (auf  die  er  in  der  durch  die  ganze 
Abhandlung  sich  ziehenden  rcrum  confnsio  noch  einmal 
kommt,  so  dass  der  K.ühner'sche  Paragraph  zweimal  aus- 
geschrieben wird  S.  II.  10.  Not.)  für  sicco  pede  zu  über- 
gehende Dinge,  ob  er  uns  gleich  kein  Uebersetznngs- 
periculum  rorgemacht  hat.  —  Die  Kühncrsche  Regel 
(§.  44'.>,  1.),  die  er  verstümmelt  mitthcilt,  wird  nebeu- 
lei  mit  einem  (!)   widerlegt. 

Hr.  Fr.  übersetzt  also  den  schon  oben  besprochenen 
Satz  aus  Dem.  Olvnth.  II.  (Buttmann  §.  137.  Anmcrk.  5. 
Aufl.  13.):  iiuijuv  Tzraiouc.  üvt-io.iiiaE  y.ai  8itKvaE 
jlavxa,  fülgenderniaassen :  Ein  kleines  Versehen  zer- 
rüttete und  vernichtete  Alles  wieder,  —  was  Jeder- 
mann auf  einen  bestimmteti  historischen  Fall  bezichen 
muss.  —  Allerdings  können  auch  wir  das  Präteritum 
hier  setzen,  aber  gewiss  in  tausend  Fällen  einmal  ohne 
ein  oft,  immer,  gi-iröhnlich,  wie  die  Lateiner  auch  häufig 
diese  Gracismen  durch  saepe  ,  plerumque  mildern  (Iforat. 
Od.  3,  2'.»,  13— le.);  """1  «lieser  Gebrauch  durfte  mit 
Fug  und  Recht  von  Buttniann  ein  besonderer  genannt 
werden.  —  Sehen  wir  doch  Hrn.  Fr.  selbst  oben  ein 
dann  einflicken,  und  wenn  wir  jetzt  seine  in  Kühner'» 
Hegeln  eingeschobenen  Parenthesefragen  auf  ihn  selbst 
appliciren:  unile  hoc  dann  consequitur  (p.  18.)?  ubi  est 
huius  pronunciati  adprobatio?  onde  verum  id  esse  intelli- 
gilur  ?  (p.  1')-),  wan  kann  er  antworten?  Nichts;  so  we- 
nig, als  wenn  wir  ihn  fragen,  wie  er  dazu  komme,  S.  IS 
für  die  Erklärung  von  ecfui  rr.av  Plat.  Apol.  p.  '22.  B.  C.) 
an  ilen  ,,ncxus  orationis  partium  zu  appelliren,  da  er  im 
Augenblicke  vorher  uns  eingeprägt  hat,  wir  könnten  den 
Aor:»t  immer  richtig  verstehen,  wenn  wir  ilie  relatJonea 
logicas  eines  pronunciati ,  qnae  ex  sentcntiarum  nexu 
hauriuntur,  nicht  beacLteu  würden  (S.   18)?  —  oder  wie 


1180 

es  zugehe,  dass  er  S.  19.  Sophoc.  Philort.  1434.  rro'i 
■Ragrjveoa  auf  einmal  mit:  Ich  wollte  dir  doch  rathen 
explicirt,  nachdem  anf  der  vorigen  Seite  Hermann  wegen 
seines  edictum  volo  von  ihm  chicanirt  worden  ist?  — 
Und,  um's  Himmels  willen,  ist  denn' in :  Ich  wollte  dir 
doch  rathen,  statt:  Ich  will  dir  doch  rathen,  dieses: 
Ich  wollte,  ein  Indicativ?  —  Das  ist  ja  ein  Optativ  mit 
üv:  dv  TTaoaneoaifu. 

Was  aber  die  Sprache  in  dieser  Schrift  anlangt,  so 
ist  dieselbe  anniasslich  und  kindisch,  weitschweifig,  ver- 
worren, ungelenk,  unbestimmt,  zerfahren,  unlateinisch 
und  fehlerhaft.  —  Es  fehlte  schon  immer  nicht  an  Be- 
legen für  den  bezeichneten  Charakter  dieser  .ibhandlungj; 
wir  beu  eisen  ihn  jedoch  noch  ausdrücklich  mit  folgen- 
den Stellen:  S.  4.  spricht  der  Verfasser  von  weitverbrei- 
teten und  verjährten  Irrthümern  geistvoller  und  sehr  ge- 
lehrter Philologen,  die  er  aufdecken  und  widerlegen  wolle, 
und  die  Kühner'schc  Grammatik  wird  beiläufig  novis  in- 
veulis  fcre  destituta  genannt.  S.  5:  Nimirum  hereditarin 
jnro  traditum  est,  et  contra  dicentis  usus  vocem  non  per- 
ceperunt  docti  homines ,  ijui  talia  proferre  snstinuerunt ; 
cet.  —  Ibid.  :  Quam  hacc  adversa  fronte  pngnant!  quid 
vcteres  Gracci  dicerent,  si 'talia  audirent!  nämlich  Sätze 
von  Buttniann  unil  Matthia.  S.  7:  saneqne  mirum  vide- 
tur  et  praestringentem  traditae  corroborataeqne  opinionis 
vini  demonstrat,  quod  ejusmudi  loci  nouduni  ullius  ani- 
mum  adverierunf.  —  Ibid.:  Linguae  modo  jus  suum  con- 
cedatur  et  ejus  potius  audiamus  vocem,  quam  ut  (alsis 
grammaticoruni  praeceptis  eandem  constringi  permittamns! 
—  S.  11:  Repetitionis  quoque  significatio  aoristo  humane 
conceditur  ict,  —  S.  12:  Haec  distinctio  ,  profecta  ab 
Hermanno  ,  et  deiuceps  a  Disscnio  cum  laude  mcmorata, 
quam  vana  sit  et  paucis  exeniplis  sinistre  observatis  et  ex- 
pensis  fundata,  vel  ex  uno  Homeri  loco  II.  XI,  54S' 
intelligitur.  —  Ibid. :  Quanta  est  hacc  commisccndi  libido! 
nämlich  Hcrmanni.  —  Ibid.  :  Non  dubitavit  Ilermannus 
vim  faccre  linguae  mauifcstasquc  tcmporis  impcrfccti  for- 
ma»  pro    aoristis  venditare. 

S.  14  :  Ex  iis,  quae  adhuc  disputavinius,  cum  intcllexe- 
rimns  ei  ipsa  lingua  graeca  duco  edocti  simus ,  gramma- 
ticos  nnllo  jure  atquo  nonnisi  obscrvationibus  et  paucis 
et  sinistre  institutis  innixos  ducuissc  cet.  —  Ibid.:  Sed 
hoc  adeo  non  intellexerunt  grammatici,  ut  cet.  —  S.  18: 
Ilermannus   —  aliud  agcng  cet. 

S.  7 :  Duo  igitur  testes  ex  nno  loco  contra  gramma- 
ticos  prodeunt.  —  At  vero  (hoc  aliquis  obligatur)  illud 
ßaarLeuoat  et  ßacrtkevaaq  nun  quidem  est  Gernianicnn» 
„Künig  gewesen  sein",  neque  magis  ,, König  sein",  re- 
gnare,  cet.  —  Quid  huic  honiini  respondebimus !  Nam  si 
dubitationis  ab  eo  niotae  ranitas  denionstrari  neqiiit,  vetu« 
doctrina  habebit,  quo  se  tueatur,  et  hoc  convellcudac 
pericnlum  doctrinae  de  aoristi  sigilificalioiie  traditae  fru- 
stra  feci,  —  (Ja  widil!)   u.  s.   w. 

V^)n  solchen  selbstgefälligen  ,  zähen  ,  schlotterig  aus- 
getretenen Gesprächen  und  Selbstgesprächen,  Fragen, 
Antworten  und  Exclamalionen,  in  Anderer  Sätze  höhnisch 
und  oberflächlich  bequem  eingeschobenen  Frage-  und 
Ausruflingszeichen  und  possierlichen  Ecce »  »iniinelt  die 
ganze  .\bliaiidlung ,  die   wirklich  beinahe  nur  an»  Autoren- 


1181 


1182 


siellon  und  solchen  burlesken,  zeHicrsrhivcndpudeij  Fra- 
gen besteht:  Quo  fundaniento  iiititiir  ?  «jtiibus  argunientis 
adprobata  est?  num  ex  forn)a  —  cct. ,  an  ex  H3U  cet.  ? 
Sans  comparaison  ,  unsere  Vorfahren  nullten  an  den  fie- 
len Fragen  —  keinen  glilckljchen  Geisteszustand  er- 
kennen.  — 

Nach  diesen  Proben    des  Tones    und   des  Siyla  einige 
Belege  der  Latinität.   —  S.  5:   Cni  anotatio  nppensa  est. 

—  S.  7:  Ita<ine  ßaoiXeioa;  non  converias  „Künig  ge- 
wesen seiend",    sed  „König  .seiend,    regnans."   —   S.    14: 

Queinaduiodum  de  Aiace  Kiihnerus  dicit,  eum cre- 

didisse,  idem  de  Agnmemnoiie  dici  potest ,  eum  —  — ■ 
opinatuin  esse.  —   S.    lö:   Conscctariiini   est,    tarn   infinitt- 

»lun,  quam  participiuni, —    usurpari  tot.  —  S.  18: 

Sed  jam  pridein  ea,  ((uac  de  enallagc  tempornm  gramma- 
tici  docuerunt,    ccdere    deiuissent    leriori    ifli    doctrinae. 

—  S.  19:  Si  loci  reperinutur,  in  qiiibas  Io(jni>n(li  usus 
Germanis  nonnisi  praesens  concedit,  eo  Graeci  aoristi 
natura  commutari  iie(|uit.  —  Ibid.:  ludicatirns  aoristi, 
nt  ubifjiie,  sie  quorjue  in  locis  ex  Ilomem  ad  vjndirandam 
fntnri  signiliatioueui  prolatis  suani  potcstatcin  tenet:  et  si 
qnando  ad  disignandam  actionem,  qiiae  toijuenti  fntnra 
est,  nsurpatur  is  usus  innititur  eodein  percipiencii  modo 
(sed  iniersa  ratione)  ,  quam  si  actio  praeterita  per  prae- 
sens ,  quod  rocant  hietoricum  ,  exprimitur ;  et  (juomoilo , 
qiti  loquilur  in  hoc  usu ,  feinpus  actionis  praeterilae 
tamquam  praesens  animo  adspicit,  ita  in  illo  tempus  fu- 
turum quod  praecedil  futurae  actioni  respicit^  unde  haue, 
tamquam  praeleritam  apparere  oportet  (?!)  —   n.  s.   w, 

•  Dass  man  mit  einem  solchen  Denker  und  Stylisten, 
wie  Hrn.  Fr.,  nicht  über :  sustineo  proforre ,  locus  cita- 
tus  (ß.  ;)) ,  Gogitatioucni  omissam  supplere  (S.  (i)  ,  au- 
tumo    statt    dico    cet.    (S.   <))    —    aoristi    nuUa    forma   ad 

jiracseiis  tempus  exprimendum  atWuhit^  est, u.  s.  w. 

rechten  dürfe,  versteht  sich   von  selbst. 

Nacli  Allem  dem,  was  wir  gesehen  haben,  können 
irir  nicht  anders,  als  die  Dissertation  des  Hrn.  Fr.  für 
das  üocnnient  eines  sehr  unglücklichen  herostralischcn 
(Jelebritatsprnrifiis  und  Windninhlenkampfes  erklären,  und 
zwar  in  Betracht  ihres  schnöden  Tones  gegen  bedeutende 
Blanner  ,  mit  grosser  Indignation. 

Hr.  Fr.  hat  auch  nicht  das  mindeste  Neue  gebracht, 
nicht  einmal  soviel,  dass  wir  zugeben  könnten,  die  ge- 
wöhnliche Darstellung  der  bisherigen  Sachen  in  den 
Grammatiken  wäre  für  einen  Schnlknalicn  verfan;;lich.  — 
In  keiner  fehlt  es  an  Verwahrungen,  «ie  sie  z.  ß.  Thiersrh 
§.  291,  3,  ()•  Annierk.  gibt:  Alan  darf  nicht  glauben, 
dass  der  Aorist  für  sich  in  solchen  Fallen  ein  Pßegeit 
ausdrücke.  Die  Griechen  stellen  die  Sache  als  früher 
einmal  geschehen  dar,  denken  also  hier  ganz  anders.  — 
Pflegen  wird  durch  (fiiMv^  Juigetv,  e&iKilv  ausgedruckt. 
—  AVir  haben  schon  bemerkt,  dass  Hr.  Fr.  der  Rosti- 
schen  Grammatik  gar  nicht  gedenkt,  und  »vir  möchten 
fast  aiiuehmeii  ,  sie  sei  absichtlich  ignorirt,  weil  Hr.  Fr. 
»ah,  dass  nach  ihr  die  Nutzlosigkeit  seiner  Abhandlung 
gar  zu  sehr  in  die  Augen  falle.  —  Da  Hr.  Fr.  laut  sei- 
nem Buche  über  die  obliquen  Casus  (sie)  ein  enragirter 
Freund  <ler  neuen  deutschen  Grammatik  ist  und  von 
dieser  Methode   für  die    griechische   Wuuderdinge   erwar- 


tet ,  könnte  man  es  ihm  'lelleicht  zu  Gute  halten,  das.« 
v\  Hermann,  Bnttniann,  ftlatthia,  Thiersch,  Kühner  n.  s.w. 
für  Wirrköpfo  halt  und  sie  bekämpfen  zu  müssen  meint, 
obschon  zu  verwundern  ist,  dass  der  Letztere  so  wenig 
Dank  bei  ihm  gefunden  hat;  dass  er  aber  selbst  seineu 
eigenen  IViusageten,  dessen  Auseinandersetzung  der  abso- 
luten und  relativen  Zeitformen  er  S.  If».  Not.  21-  aus- 
drücklich eine  trefliirhe  nennt,  dass  er  Hrn.  Herling 
selbst  verb'isst  und  eine  Abhandlung  richtet  gegen  das  , 
was  er  in  derselben  Abhandlung  preist,  das  ist  zu  bunt 
nnd  geht  über  die  sittlichen  und  logischen  Bcgrifle  iler 
gewöhnlichen  IMcnschen  zu  weit  hinaus,  als  dass  »vir  es 
fassen  könnten. 

Denn  Herr  Heiling  erklart  in  den  citirten  nnd  be- 
lobten Paragraphen  (Synt.  I.  |g.  H2 — ll.j.j  ausdrück- 
lich, wie  folgt:  „Selbst  der  griechische  Aorist,  eine  in 
die  Gegenivart  einer  Erscheinung  abge,srh!o.ssene,  momen- 
tane Vergangenheit  bezeicbiiend,  behalt  im  Imperativ  nur 
die  Beziehung   des   Augenblicklichen    bei." 

Wie  nuter  allen  diesen  Umstanden  der  Verfasser  der 
Anzeige  im  Rheinischen  Museum  für  Philologie  5 ,  4. 
S.  fity — 24.  es  veraii4>»orten  »volle,  »venn  er  unter  andern 
artigen  Dingen  meint,  dass  Hr.  Fr.  wisse,  was  er  wolle, 
nnd  nicht  allein  seine  IMcinung  auf  eine  anständige  AVeise 
ausgedrückt  habe ,  sondern  dass  auch  gegen  seine  Lati- 
nität nichts  Erlielliches  sich  ein»renden  lasse,  maa;  er 
selbs-t  beim  heiligen    Geiste    der    Wahrheit    verant»vorten, 

Ou  -.  n.L.v. 


Pelasgisclier  Glaube   und  Homers   Verhältnifss 
zu  demselben. 

Prcller's  trellliche  Untersuchungen  über  Demeter  und 
Köre  heben  mit  Recht  den  Gegensatz  heraus,  der  zwi- 
schen der  Homerischen  Persephone,  als  der  furchtbarci» 
Herrscherin  im  Reiche  des  Todes  ^  und  der  Köre,  dera 
lieblichen  Kinde  der  Demeter,  stattfindet,  und  nehmen 
darum  eine  Conibinafion  der  einen  A'orstelluiig  mit  der 
andern  an,  »velche  zuerst  Hesiud  in  die  Mythologie  ein- 
geführt habe  S.   11.   17. 

So  wenig  ich  diese  Thatsachen  in  Abrede  ziehen 
will,  so  »venig  kann  ich  andererseits  glauben,  dass  »vir 
hier  auf  ganz  verschiedene  Quellen  des  religiösen  Glau- 
bens geführt  werden  S.  14,  dass  mit  einem  Worte  Heiner 
noch  reiner  Repräsentant  eines  hellenischen,  vom  pelas- 
gischen  verschiedenen  Glaubens ,  un<l  dass  Elemente  des 
letzteren  erst  nach  Homer  —  el»va  seit  Ilesiod  —  in  den 
hellenischen  Glauben   übergegangen  seien. 

Ich  will  einen  gewissen  Gegesisaf/,  des  Hellenischeu 
zum  Pelasgischen  keinesivesfs  laugnen;  er  tritt  aus  dem 
Verhältniss  des  Glaubens  und  der  Götterdienste  der  rcia 
hellenischen  S(ämme  zu  dem  der  jielasgiscii-helleiiiselien 
deutlich  genug  hervor,  ich  bin  auch  mit  Preller  der 
Ueberzeugung,  dass  diese  vorhelleniscben  St.'iuinie  inslie- 
soiiderc  Naturdienst  hatten  ,  dass  daraus  ,  natiienllirli  u\s 
das  ÜebrTiviegen  des  Hellenismus  pelasgischeu  GUuben 
zurückdrängte,  ein  geheimer  Dienstsich  bildete,  «lo  vor- 
her offener  Cultus  stattgefunden  hatte:  aber   ebenso   wenig 


1183 


1184 


mJ.rhfe  ich  lanjiien  ,  «lass  die«-  Elemente  pelasgischen 
Glaubens  bereits  in  Homer  eingedrungen  waren,  ja,  das8 
31ehreres,  uas  Homer  und  dem  Hellenismns  eigenthüm 
lirh  scheinen  kfinnte  ,  obne  Zweifel  dem  pclasgischen 
(ilaiiben   angelifirt. 

üass  den  honiorischen  Gedichten  nicht  alle  Ulystik, 
deren  (Juelle  Preller  in  dem  pelasgisclien  Glauben  findet, 
•jradehin  fremd  sei,  ist  schon  von  Andern  an  dem  Wjthus 
von  Jasion  Od.  V.,  fJ/ilF.  uacligen  icsen  worden,  und  auch 
Preller  kann  nach  S.  2Ü7  vgl.  mit  S.  279  „die  Allegorie 
nimmt  in  dem  Ulaasse  zu,  als  die  Mvstik  um  sich  greift" 
dieser  Annahme  kaum  entgegen  sein.  Wenn  sodann  der 
nnsfische  Charakter  der  Demeter,  «  ie  Preller  S.  6,  nach 
uieinem  Dafürhalten,  mit  Recht  annimmt,  darin  beruht, 
dass  Perseplione  die  Tochter  <ler  Demeter  wird,  so  kann 
selbst  in  dieser  Beziehung  dem  Dichter  nicht  alle  Kennt- 
niss  lies  Mystischen  al>ges[)roclien  (Verden.  Dass  nämlich 
Homer  die  Persephone  als  Tochter  der  Demeter  kennt, 
las.-t  sicli  bei  Vergleichiin^  von  Od.  XI ,  2  1  7  niit  H.  XIV, 
326  und  Od.  V,  125  ü.  kaum  in  Abrede  stellen.  Ferner 
hiidcn  sich  ja  alle  «Ichtigere  Gegenstände  des  \atur- 
dienstes  bei  Homer  wieder,  ausser  Demeter:  Zeus  ,  Hades, 
Persephone,  die  Erinnyen  ,  die  Stvx  ;  nur  sind  sie  nicht 
mehr  eigentlich  Äaturmächte,  nicht  mit  der  Natur  iden- 
tisch, sondern  idealisirte ,  menschenähnliche  Wesen,  die 
einem   gcivissen   Kreise   der  Aatur  vorstellen. 

Fürs  Erste  gehört  sicher  das  ganze  Gebiet  der  etho- 
nischeij  AVcscu  nicht  allein,  noch  vorzugsiveise  dem 
Hellenismus  an,  sondern  ist  ein  wesentlicher  Theil  pelas- 
gischen  Dienstes.  Es  ist  aber  hier  vor  Allem  nöfhig, 
die  Homerischen  Begriffe  von  dem  Reiche  der  Cnterwelt, 
namentlich  der  Persephone  festzustellen.  IMit  Recht  fin- 
det zivar  Hiflter  in  der  Kritik  des  Prcller"schcn  'Werkes 
(s.  diese  Zeitschrift  lS,'-i8.  Nro.  7U.  71.)  in  der  Etymo- 
logie der  Namen  ,  wofern  dieselbe  anders  klar  genug  ist, 
eine  vornehmliche  Quelle  für  Feststellung  des  Begriffes 
der  Gottheit:  aber  wenn  er  selbst  TlcocriCfövii  nicht  so- 
wohl ,.  die  Würgerin  ,  die  durch  den  Tod  Verderben- 
Lriiigeiule "  als  die  das  Verderben  Tödtente  oder  den 
Tixl  Vernichtende  nennt,  so  widerlegt  sich  doch  eine 
solrlic  EtviiKilogie  zu  deutlich  durch  alle  sonstige  Be- 
iiennungen  und  ^'orstollungen ,  die  sich  an  den  Namen 
Persephone  knüpfen.  Nicht  nur  führt  sie  das  Prädikat 
inuivr),  die  Schreckliche,  II.  l.\,  4.^7-  Slit).  Od.  X,  491. 
534.  XI.  47.,  wogegen  die  Prädikate  dyavt'j  Od.  XI, 
213.  22fi.  6'i5.  äyvr,  Od.  XI,  38li.  über  unsere  Frage 
Nichts  aussagen,  sondern  sie  ist  allenthalben  nur  die 
furchtbare  Belicrrscherin  der  Untern  elt.  Sie  seniiet  dem 
Oil_\sseUs  die  Schatten  und  zerstreut  sie  Od.  \I,  2  t  i- 
22t)«  3S5.,  sendet  die  Schrecknisse  der  Unterwelt  Od.  XI, 
ti.33  ff.,  verleiht  allein  dem  Teiresias  Besinnung  Od.  X, 
494  ff.,  erhört  mit  Hades  den  Fluch,  den  Aeltcrn  gegen 
ihre  Kinder  aussprechen,  und  schickt  zur  Vollziehung 
desselben  die  f^rinnven  11.  X,  454 — 57.  Öfi'l — 72-  (ileiches 
Wesen  hat  Hades;  er  ist  OTV/fgÖi  II.  VIII,  368-, 
<'.itlt}.r/n^  7Jd'  '■/.dduaOTfj',  und  darum  itsujv  tyßtazoi 
o.'iit.vTutv  II.  IX,  158.  SO-  Zwar  muss  bei  Homer,  der 
die  ganze  Gütterweit  zu  Einem  Svsleme   abschioss,   dessen 


Spitze  nnd  Einheit  Zeus   war  ,  auch   Hades  dieser  Einheit 
sich  fügen,  und   so   wendet  sich,    seltsamer  Weise  Jl.   ^', 
39ö.    der  Beherrscher    der   Unterwelt    Hülfe    suchend    zu 
den  Himmlischen   und   wird   von    Päcoii  geheilt.     Indessen 
noch     liegt    der    fllvthe    von    der    Dreitheilung    der  AVeit 
11.  XV,    187  fl.     die   Ansicht  von   einer   gleichen  Berorli- 
tigiing  mit  Zeus  zu  Grunde,  und  der  Name  y^sv^  xuTuy- 
xfoi'/O^  II.    IX,    457.     weist   uns   auf  dieselbe   Vorstellung 
hin ,   dass   Hades   in    seinem  Reiche    ebenso   unbeschränkt 
gebiete,    als    der    Xtv^     ui'(ju>tu(i     auf     der     Oberwelt. 
Wenigstens  tritt  der  dritte  Bruder ,  Poseidon,   wie  er  den 
Olympischen   Göttern  angehört,    weit  mehr  in  ein  wnter- 
geordnetes    A^erhältniss    zu    Zeus,    als  Hades,    er  besitzt 
factisch   keineswegs  die  gleichen   Rechte  ,  wie  der  hiuiin- 
lische  Zeus  ,   wird  auch  von  Homer  nicht  mit  dem  Namen 
Zeus     geehrt.    —      Und    wie     die     unterirdischen    Mächte 
überhaupt    in    feindseligem   Gegensatze  zur   Oberwelt  und 
zu    deu    Menschen    gedacht    werden,    II.   IX,    158 — 59., 
wie  die  Unterwelt  als  eine  finstere,   freudenleere  Od.  XI, 
488.  11.   voll  Entsetzens  und  schreckender  Bilder  Od.  XI, 
633 — 35.   überhaupt    die   ganze  JSf/.via   vorgestellt  wird, 
so    heissen    namentlich     die    Eriniiyen,     die     Dienerinnen 
des  Hades    und    der  Persephone    OTVyegai  11.  IX,  454. 
ijeooffoiTU,   duelXixov  ijtoq  exovira  II.  IX,  571.  72- 
Es  sind   Verbrechen  an   der  Pietät,  die  sie  ahnden,  näm- 
lich  der   Pietät  gegen    die   Götter  durch   Meineid   II.   111, 
27'^!.   XIX,  2ßO.    durch    Verletzung    des    Gastrechts  Od. 
XVll,  475,    ferner    gegen    die  Aellern    und    die  au   ihre 
Stelle     tretenden     älteren     Geschwister    II.    IX,    454   fl. 
.'»79  ff.  XV,  204.   Od.  II,   135.  XI,  280.     Weil  sie  das 
l'erderben  der  Menschen   wollen,   geben  sie   ihm  schlimme 
Rathschläge    in    den   Sinn  II.   XIX,   87.   (in   dieser  Stelle 
die  Erinnyg  als  Dienerin  des  Zeu<l  za  fassen,   ginge  nicht, 
da  sie   diess   nirgends  sonst  bei  Homer  ist;  vielmehr,  was 
die    Moira    und    Zeus    als    Lenker    des    Geschicks    thun, 
thun   die   Erinnyen    als  Lust    am   Unheil)    Od.   XV,  234. 
Achill  «oll  seinem   Verderben   nicht  entgehen,  darum  darf 
sein   Ross   Ihn   nicht   warnen   II.   XIX,  418.  —   Die  Erin- 
nven  sind   ferner   die    A^ollstreckerinnen    der  Flüche,    sie 
sind  diese  selbst  in   Wirksamkeit    tretend  II.   XXI,   412. 
Od.    XI,    2^0.      Auch     die    sogar     für    die    Himmlischen 
furchtbare  Bedeutung  der  todtbriiigendeu  Styx  kennt  Ho- 
mer  II.   VllI,  3H8.    (11,  7.58.)   XIV,    27l' ff.  XV,   37- 
(y.a-veifju/uevov)  Od.  V,  1S5  f. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik   und  Miscellen. 

Elberfeld.  Dem  Programm,  womit  zu  der  öffentlichen 
Piüfiiiis  der  Zöglinge  des  Gyinn.isiuiiiu  der  Piolcssor  und  pio- 
\i>onbClic  Diri-ctor  Dr.  J.  K.  L.  Hantscbke  einlud,  ist  statt 
iKi  wissctiscliafllicben  Ablimirlluiis  eine  Scluilrede  beiscgebeu. 
Die  .\iizahl  der  Schüler  betrug  im  verflossenen  Souimersenic- 
ster   133. 

Rom,  3.  Anglist.  Durch  Wegräumiins;  des  Schuttes  eines 
unliMi2*t  eingestürzten  Nonnenklosters  sind  scliätzb.iie  Ruinen 
eines  'rempels  des  Nerva  (iiacli  Andern  des  Mars  L'ltor)  sicht- 
bar gCAorilen. 


Zeitschrift 


für    die 


Alterthumswissenschaft. 


ÄlitUvochj  11.  December 


18  39. 


Nr.  148; 


Pelasgischer  Glaube    und   Homers    Verhältniss   zu 

demselben. 

(Fortse  tz  unjj.) 

Es  sclieint  mir  nun  nicht  zwcifellia«,  dass  diese  Vor- 
•tcllungcn  von  der  icriiassten,  ftirclitbaren  Gewalt  der 
unteren  Machte  hervorgegangen  sind  aus  dem  Entsetzen 
vor  Tod  und  Grab  und  vor  den  scliaucriichen  Tiefen 
der  Erde.  Wie  sich  i!er  natürliche  fllcnsch  des  heitern 
Hininiels  über  ihm  erfreut  und  gerne  im  Strahl  des 
himmlischen  Lichtes  lebt,  so  erregt  ihm  die  Tiefe,  das 
Grab,  das  sich  unter  ihm  ülFnet,  Grausen  und  Entsetzen. 
3Iit  dem  Lichte,  dem  Himmel  über  ihm  fühlt  er  sich 
verwandt,  er  fühlt  die  Segnungen  des  Himmels,  aber 
mit  Schauer  erfüllt  ihn  die  geheimnissvollc  IMacht,  die  sein 
Leben  unerbittlich  zurückfordert.  Beerdigung  der  Todten 
war  unstreitig  alte  Sitte  (vgl.  Wachsrauth  hell.  Altcrthumsk. 
11,  2-  7^0  Thuc.  I,  8.  Aelian  V.  H.  VII,  19.  War  völlige 
Beerdigung  nicht  uiüglich,  so  bewarf  man  die  Todten 
mit  Erde.  Ael.  V.  H.  V,  14.  Selbst  ho  Verbrennung 
der  Leichname  üblich  war,  setzte  mau  doch  die  Gebeine 
des  Todten  iu  einem  Grabhügel  bei  I!.  XXIII,  245  f. 
2J6-  XXIV,  797  fl.  Od.  XII,  13  11.  vcrgl.  mit  XI,  72  fr. 
—  Wies  ja  die  Jfatur  selbst,  indem  sie  den  Körper  iu 
Staub  verwandelte,  den  Menschen  daraufhin,  den  Leidi- 
nam  der  Erde  zu  übergeben.  Daher  denn  der  uralte 
(ilaube,  dass  die  Erde  ein  Recht  auf  unseren  sterbliclien 
Theil  habe.  So  kam  der  Mensch  zu  dem  Glauben  au 
das  Walten  finsterer  3Iächte  im  Schoosse  der  Erde  ,  deren 
Kanb  einst  der- Mensch  werde,  die,  was  einmal  ihnen 
Tcrfalleu  sei,  nicht  wieder  zurückgeben,  eifersüchtig  auf 
ihre  Hechte  sich  um  keiiis  ihrer  Opfer  betrügen  lassen, 
die  mit  den  Himmlischen  hadern,  wenn  diese  das  ewige 
Recht  der  Llnterirdischen  zu  verkürzen,  wenn  Kunst  ihre 
Herrschaft  zu  beschranken  versucht,  ja,  die  gierig,  wie 
auf  ihre  Beute,  auf  iMenschenleben  lauern.  Es  sind  diess 
Alles  Ausdeutungen  der  unerbittlichen  Gewalt  des  Todes 
und  so  nahe  liegend,  dass  sie  auch  in  dem  Glauben  an- 
derer Völker  wiederkehren.  Der  Scheol  der  Hebrficr 
wird  im  Ganzen  in  gleicher  Weise  geschildert  Jes.  ^', 
14.  Habac.  II,  ,j.  Jes.  XIV,  9  fl'.  vergl.  mit  der  Nsy.vla 
der  Odyssee.  —  Auf  diesen  Glauben  nun,  dass  die  un- 
terirdischen l>Iäc]ite  ein  Recht  auf  die  Gestorbenen  haben, 
Soph.  Anfig.  1072.  Lvs.  Epit.  §.  7.  gründete  sich  die 
heilige  Pflicht  ,  die  Todten  der  Erde  zu  übergeben,  und 
sofern    ohne    Erfüllung    dieser  Pflicht    die  Geschiedenen, 


ausgeschlossen  von  der  oberen,  nicht  aufgenommen  von 
der  unteren  Welt,  unstat  nnd  ruhelos  umherschweifen 
inussten,  ward  es  heilige  Pflicht  auch  gegen  die  Gestor- 
benen, ihren  Körper  zur  Erde  zu  bestatten  II.  XXIII, 
72  ff.  Od.  XI,  52,  wozu  selbst  das  Bewerfen  mit  Erde 
genügte  ,  wenn  nur  der  Todfc  vjio  X^ovög  war.  —  Galt 
aber  dem  sirmlichcn  Menschen  das  physische  Leben  als 
ein  so  hohes  Gut,  so  schien,  wer  sich  gegen  die  heilige 
Ordnung  der  Natur  verfehlt  liattc ,  unwürdig,  das  er- 
freuliche Licht  des  Tages  zu  sehen;  uuwerfh  der  l'er« 
bindung  mit  den  Menschen  oder  den  himmlischen  Mach- 
ten ,  ihres  Schutzes  verlustig  verfiel  er  den  31ächfeit 
der  Unterwelt.  Daher  die  Gewalt  der  Erinnjen  über  die 
Verbrecher,  ohne  dass  jene  ursprünglich  als  üieneriuueii 
einer  sittlichen  Ordnung  erschienen.  Da  aber  bei  nochi 
geringerer  Ausbildung  des  sittlichen  Bewnsstseins  ausser 
den  Pflichten  gegen  die  Gottheit  nur  noch  die  Pflichten 
in  den  heiligsten  ^'crhalfnissen  der  3Ienscheu,  in  dem 
Fainilienverbaud  anerkannt  wurden,  von  PIlirhteu  gegen 
den  Mens<heu  als  solchen  aber  keine  Rede  war,  so  ward 
denn  auch  ursprünglich  ein  au  Fremden  verübter  Mord 
nicht  als  Verbrechen  betrachtet ,  der  Mörder  überhaupt 
verfiel  den  unteren  Machten  nicht,  sondern  das  Leben 
eines  Menschen  ward  nur  dann  als  heilig  betrachtet, 
wenn  sich  der  iMcusch  als  iXiTiji;  unter  den  Schutz  der 
Götter  gestellt  hat.  Einen  schlagenden  Beleg  für  die 
Richtigkeit  der  obigen  Auffassung  der  Lnferwelt  gibt  auch 
der  bei  der  St)X  geschworene  Eid.  Dieser  Schwur  ist 
darnm  für  die  Götter  so  heilig  und  unverletzlich,  weil 
sie  bei  der  verhassteu ,  todbringenden  Qur'lje  sich  selbst 
zum  Tode  verfluchen,  falls  sie  einen  fMeineid  schwören 
würden.  —  Unstreitig  erscheint  hier  die  Macht  lies  To- 
des und  der  Unterwelt  noch  als  eine  sclbststandige ,  un- 
abhängige  gegenüber   den    Himmlischen. 

Dass  nun  alle  diese  Ansichten  Bestandtheilo  des  pc- 
lasgischen  Glaubens  waren,  dürfte  sich  ebenso  leicht  er- 
weisen lassen,  als  es  klar  ist,  dass  sie  ursprünglich  auf 
die  unversöhnliche  Gewalt  des  Todes  sich  beziehen  und 
diese  abstractc  Gewalt  zu  concreten  Wesen  erheben.  — 
Der  Dualismus,  der  auch  bei  Homer  in  dem  (ilaubeu 
an  die  fllaclit  der  lliniiiilischeu  einer-  und  an  die  .flacht 
der  Unterirdischen  aiulcrerseits  sich  kund  thut,  ist  im 
Glauben  lier  Griechen  und  der  Römer  tief  gewurzelt, 
durchgreifend.   *)      In  der  That,     der    älteste  Glaube  der 

*)  Wir  können  sagen  ,  es  hl  unter  gewissen  MoUificalionen, 


1187 


1188 


Grierhrn  koiin<o  mir  einen  Uiiall-iiniis,  «ioaorli  ilie  von 
ihnen  stets  fcsffclialtenc  Z>i  eitlieiliiiig  in  olere  oder 
iiimnilisriic  iinil  nnleririlisclie  ilLicIite  licueist  (o/  i'.no) 
«ind  Ol  yarii)  Aesdi.  Clioeph.  Iti).  a.3uvaT<ii  unii  Ol 
i-TTO  yciiuv  Eiim.  yi2.  incro/  mul  jlUniai  Again.  SU. 
Siippl.  'ib-  oitjaviot  uiiil  -ji^^hivtOl  Pla<i>  <Ir  lej;g.  VII f, 
p.  8'2S-)'  Besonders  dentlirli  tritt  jener  Dnalisnins  in  den 
Cumenideii  des  Aeschllos  lienor,  einer  Diehliin;;' ,  die 
«len  A'olks(;lauben  in  seiner  vollen  Tiefe  erf.isst  nnd  liir 
die  gejjcn»;irf i^e  Untcrsnrlinng  von  liesonderer  Bedentung 
ist.  In  entschiedenem  («egensatz  erseheinen  hier  Hie 
oberen  Götter,  dnrrh  Apollo,  den  erht  hclienisrlien,  ver- 
treten ,  nnd  die  Mächte  der  Unterwelt;  es  ist  eine  tief 
in  ihrem  Wesen  hegnindelc  Feiudsi  liaft,  «elclie  sie  ;;egen- 
einander  anssjirei  lien,  es  sind  i;anz  en(f;enenge.<etzte  IVichte 
und  Anspn'iilic  ,  w  elclie  sie  p;eltend  machen  ;  die  Unterirdi- 
schen berufen  sicli  auf  ihr  älteres  Hecht,  nennen  sich 
die  Aeltercn  ,  die  Olvnipier  ein  neues  Goltergeschledit 
Eura.  145.  157.  ni7.  4(i9.  6' 17.  773.  —  nnd  nur  der 
^Veislieit  nnd  Unparteilichkeit  der  Athene  gelingt  es,  die 
Bcliroff  sich  entgegengesetzten  Ansprüche  zu  schlichten. 
'^Venn  sich  aber  die  Unterirdisclicn  die  Aelteren,  die 
Olvnipier  die  Jüngeren  nennen,  so  geht  doch  ivolil  das 
hervor,  dass  jene  im  Volksglauben  von  jeher  ein  wesent- 
liches Element  bildeten,  und  dass  das  System  der  Ilinim- 
lijcheii,  wie  es  seit  Homer  nnd  Hesiod  erscheint,  dem 
'\  olksglaiiben  als  etwas  Neues  galt.  —  Die  Erinnvcn  sind 
nnn  bei  Acschvios  ebenfalls  zunächst  nicht  im  Dienste 
einer  sittlichen  Ordnung,  die  nur  von  den  Himmlischen 
ausgehen  konnte  und  die  Eriunven  im  Einklang  mit  jener 
erscheinen  lassen  miisste ,  sondern  sie  sind  iVaturniächtc. 
Darum  heissen  sie  Kiml.T  der  ?iacht  312.  394.  n.  a., 
sind  lüstern  nach  31ens<  lienblut  und  freuen  sich,  den 
Verbrecher  zu  erhaschen,  »lie  das  Raubthier  sich  seiner 
Heute  freut,  244.  2.j4.  294  —  "5.  Gegen  die  ganze  Er- 
scheinung der  Erinnven  bei  Aeschvios  können  nun  aber  die 
einzelnen  Stellen  Nichts  bett  eisen,  in  welchen  sie  im  Dienste 
einer  sittliclien   Idee   zu   stehen  scheinen.      Sie   zeigen   uns 

indem  die  elliisclieii  Gcgiiisal/.c  nn  die  Stolle  ilor  iirsprtin;;- 
liclicn  blossen  N.iliiigc« aheo  treten,  wo  denn  auch  iiiciit 
mehr  von  einer  ViTsiiliiuin;;  des  Dii.ilismin ,  somleni  nur 
von  ilir  liiterwerfung  der  einen  Gewalt  unter  die  andere 
7,ur  Hirsli-rninf;  ilir  riiiilieit  ilie  Rode  sein  kann  ,  oiii  all-" 
peiiicin  iiion~clilicl>er.  Der  Volksglaube,  der  iliiicli  J.ilir- 
fjiisendo  hin.  niil  «.Iclion  Rchgionon  er  iiberbaoct  iiiul 
üherkloiilol  «■.■nl.  ii  iing,  sich  nicbr  ähnlich  bloibl  ,  als 
man  drnt^cn  sollte ,  liiihl  notli  in  unironi  chiislliclion 
Deutselilind  iiioliiere  Parallelen  zu  jonoin  allgriociiisclipi! 
Olauben.  Nücli  in  dem  clirislliclxn  VulKsglaulien  sin  i- 
ten  sich  ,  wie  einst  Loi  Aescliylus .  Hininiol  und  llollo 
fUel)  tun  die  Menschen  (man  vori;!.  von  allen  deulsclion 
Dichtungen  das  Pragnient  lUuspiili  ,  von  doii  in  Me.-,loii 
Göthc's  Faust;;  und  wie  einst  die  Erinn.vou .  so  lauern 
noch  jetzt  <^^c  Geisler  der  Hölle,  wie  sii'  •!.  n  Sierl.liclioii 
lieriickon,  in  ilire  Heirscli.ift  horiil'erzielion  koniion  Wie 
die  Eriunven  einst  des  Verbrechers  sich  hcni  iclilmton  , 
so  licss  aiicli  unter  uns  ■  .ir  nicht  liii-cr  Zeit  i.cu:li  ■),  r 
Volksglaube  ausgozoiehncto  Verbrecher  vani  Teufil  hob  n 
Kodlich  ist  der  einmal  acisgesprochone  Fluch  noch  immer 
eine  -eholninissvolle.  finster  wirkende  IMailil.  Audi  un- 
sere Grspeiiäler  sind  noch  imnior  der  Schilderung  ahn-, 
lieh,  welche  Homer'i  ISixl'Ik  von  den  Schatten  der  Un- 
terwelt entwirft. 


lifichstens  ein  Streben,  die  rohen  Natnrgevi-altcn  in  ethi- 
sche zu  veredeln.  15ei  llesioil  ist  der  ursprniiglicho 
Dualismus  iioih  mehr,  als  bei  Homer  zurückgetreten, 
indem  ilas  System  *)  Alles  zur  Einheit  zu  beviältigen 
suchte.  Daher  »erden  auch  die  Eriunven  in  die  grosse 
Göttergeucalogie  eingereiht,  und  ihr  Ursprung  wird  ans  den 
von  der  Erde  aiifgenoininenen  Ulutstropfen  des  verstüm- 
melten l'raiios  hergeleitet  Tlieog.  I,S  1  il'.  Andererseits 
will  ich  iiicIit  in  Abrede  zielten,  d.iss  bei  Ilesiott  neben 
seinen  Naiiirabstractionen  und  <len  (iesrhtipfeii  der  dii  h- 
terischen  Phantasie  Elemente  des  vorhellenisrhon  Glau- 
bens, welche  bei  Homer  kürzer  berührt  sind,  ausführ- 
licher behandelt  werden.  So  erhält  zwar  die  Styx  auch 
ihre  Stelle  in  tiein  genealogischen  System,  sie  wiril  al» 
Quelle  unter  den  Tiichtern  des  Okeaiios  genannt,  dessen- 
ungeachtet treten  ihre  ursprünglichen,  ileni  Localdienst 
in  Arkadien  entlehnten  Züge  bei  Hesiod  deutliclier  her- 
vor, als  bei  Homer.  Weil  sie  vornehmlicher  Gegenstand 
des  alten  Naturdienstes  war,  wird  sie  die  vurnehmsto 
aller  Okeaniiien  genannt  Thcog.  3IH  )  und  viährind  die 
Thatsarlie  ,  dass  ihr  Dienst  und  die  Scheu  vor  ihr  neben 
dem  Glauben  an  Zeus  fortbestand  3^9  fl. ,  «laliiii  umge- 
deutet wird,  dass  sie  zuerst  sich  dem  neuen  Herrscher 
angeschlossen  habe,  unil  man  nach  3S(i.  aniiehmrn  muss, 
dass  sie  mit  ihren  Kindern  bei  Zeus  wohnt,  hat  sie  nach 
775  (T.  dem  alten  Glauben  gemäss  ihre  Behausung  mit 
Hades  und  Persephune  im  Tartaros,  fern  von  den  Himm- 
lischen; endlich  wird  von  ihrem  Wasser,  das  auch  öoxoi 
hei.sst,  gesagt:  ii  t'  ix  7itT(jiTg  xaraksltieTai  i;kißdroco, 
v>\iljt-i^q  7)S(). ,  und  es  wird  sofort  die  ganze  verderbliche 
Bedeutung  dieses  Wassers  für  die  Götter  geschildert  7V(2  fl. 
Wie  sehr  stimmt  nun  aber  Alles  diess  zu  dem  arkadi- 
schen Lucal  und  den  Vorstellungen,  <lie  dort  von  dem 
Wasser  der  Styx  herrschten.  Bei  Herodut  II,  74.  erseheint 
der  Eid  bei  diesem  Wasser  als  eiu  besonders  heiliger; 
das  Wasser  selbst  schildert  er  mit  den  Worten:  i>du>o 
(ili'yor  (faivöiuvov  ey.  ntTgijg  OTCcCi/  ti^  äyy.o',  Strabo 
VHI,  S.  sagt:  -jitoi  0EV£ov  d'  iori  xai  tu  y.uLovitsvuv 
^nyoi  i'i^too  kiftüdiov  ö^eSgiov  iöuTOi,  voftiCdue- 
vov  Uoov.  Pansanias  endlich,  dem  wir  die  ausführlich- 
ste Beschrelbiiiig  verdanken,  VIII,  17,  5-  ""d  18,  2. 
sagt  an  letzterer  Stelle:  Tu  ÖE  i'dojQ  TO  dno  joO 
y.()r/.ivoi  Tuv  TTupd  rijv  Niovayoiv  axdCov  if-inimei 
fttv  71  oujTuv  ig  ziETQav  vipijf'ijv,  ^i£l:ek&up  de  6ta 
Tiji  7itroa~;  i^  tov  Kq».öii>  itozauov  ydcsiot.  Üuvu- 
rov    de    vo    iSojg    cpeoti    tovto    y.a'i    dv^ov'mi)    y.o.l 

ufjj;)  Cu)i;)  7i(i.vrl,  -Allein  nicht  nur  llesiod's  Beschrei- 
bung liegt  der  arkadische  Ciilt  zu  Grunde,  auch  ilio 
Präiücatt  ,  die  Homer  der  Stjx  beilegt,  setzen,  obviohl 
au  Anschaulichkeit  und  Ausführlichkeit  der  Schililerung 
Hesiod's  nachstehend,  doch  die  localoii  lVrliältnis.se  Ar- 
kadiens voraus  und  erklären  sich  ans  diesen  am  genü- 
genilsteii.  So  erinnert  schon  Pausaiiias  bei  .Anführung 
der  Stelle  Od.    \,    1(S4  iX.  „y.ui  TO  /.('.xLitjuf^icvov   2V('- 


')  Wie  «oni.;  dieses  System  in  dem  Vfliksgl.iulion  lag  .  i>t 
t'iir  sich  klar.  Die  gan/e  iilior  Zeus  liinaulgoliondc  tionea- 
Ingic  i.-l  nur  olieii  angi^rlzt;  in  llranns,  iKr  naiüilicli 
Vater  der  Zeit  ist,  «iiJerliolt  sich  mir  uer  in-in  migiiclu- 
Ecgriff  des  Zeus. 


1189 

yo^  /'öwp"  Tavro.  iitv    f>i)    i:xuii]aiv  v'tc.  av  iöviv  ii 
■xo  vSojo   iiji  SrvyoQ  OrdCov. 

Wie  Hir  aber  in  Bozieliiin?  auf  dir  Si\x  Iloiiipr  jfaiiz 
im  l'jiiiklam;  mit  loraloni  ^ia(llr(lipllsfo  linilcn,  ja,  soiiie 
VorsU'lliingoii  am  srliicklirlistrii  mir  luid-r  der  Voraiis- 
setziiiij;'  Ulis  rrklilroii  kOniicii,  dass  sie  aus  ilirspiii  Localriilt 
heriprfpg;aiif;eii  sind,  so  \irisl  uns  seine  (jaiize  Stiiilde- 
run^  der  rlithonisrhen  JM.'irhli-  auf  alten  Maturdienst  liin, 
nelrlien  «ir  denn  ancli  naimiitlicli  in  den  (jlejjendeii  noch 
antreffen,  deren  Betolkeruiij;  lor/.ngsM  eise  aus  pelasgisrlieii, 
lilicrliaupt   vorhellenisclien    .Stfiniinen   liestaiid. 

Um  mit  Arkadien  zu  lirffiiinen  ,  dessen  Bewohner  aFs 
Pelnsger,  als  Reste  der  ältesten  A'()lkrr?tiiii:ine  Grierhrii- 
Jaiids  hetrarlitet  »urden,  Herod.  I,  1 +(i.  lliko.oyo'i  If, 
171.  l'III,  7o.  ntTÖ-/;i(n'lc  Stral.o  IUI,  ,S.  Paus.  V|H, 
1,  2.  lerjfl.  W.arhsniutli  hellen.  Alterthniiiskuiidc  Jl  ,  ',', 
128.  Preller  U.  u.  K.  H.'j,  so  ist  die  Iirili-e  «Juelle 
Styx  nicht  die  rin/i-re  .Spur  chthonisclier  Ileili;;thiimer. 
Persephone  genoss  in  Arkadien  unter  dem  iSaiiieii  der 
/Jinrycoivct. ,  d.  i.  der  Herrscherin  im  Twiltenreiclin ,  die 
»orziijflichste  ^^ereliruiij,'  Paus.  VIII,  Jfl ,  7.  »nd  f.  ;V7. 
namentlich  |^.  (i.  —  Em  lleiligthum  der  Mii.viai ,  d.  i. 
der  Eriiinven  ,  fand  sich  l>ei  iMe^alopolis;  nahe  dahei  ein 
ICrdhiigel,  wo  Orestes  nach  der  Sage  in  Raserei  versetzt 
waril  (eine  andere  Gegend  ,/xr,  wo  Orestes  gewesen 
sein  soll,  und  die  Kunieiiiden  einen  Tempel  halten)  Paus. 
V'IIf,  34,  I.  '..'.  In  dem  Aroanischen  (Vehirge  war  eine 
Dohle,  in  welcher  sich  die  rasenilen  Tochter  des  Priidis 
aufliiellen,  von  wo  sie  in  die  Stadt  Ivnsoi  gehracht  und 
im  Tempel  der  Artemis  geheilt  wurden.  Kiii  herühnites 
Todtenorakel  war  zn  l'higalia  Paus.  111,  17,  8.  Endlich 
scheint  hierher  auch  der  C'iiltiis  «ler  .Jrnijr^JQ  'Eolvi'Vi 
zu  Thelpnsa  Paus.  ^'III,  2.3,  2.  und  der  Mekc.iva  zu 
Phigalia  Paus.  VIII  ,  42.  zu  gehören.  Doch  kann  ilie 
Begriindiing  ilieser  Ansicht  erst  unten  ,  »vo  von  der  De- 
meter zu  sprechen  ist,  gegeben  werden.  —  Wollte  m.Tii 
einwenden,  dass  d.is  voll  Paiisaiiias  beschriebene  Arkadien 
nicht,  mehr  das  alre,  urspningli«  he,  dass  der  Dienst  der 
cdtlionisctien  Wesen  erst  mit  den  Eleusinien  dahin  ge- 
bracht worden  sei,  so  würde  man  einen  wesentlichen 
Unterschied,  der  zwischen  den  Eleusinien  und  den  in  Ar- 
kadien oder  sonst  vorhandenen  Spuren  eines  besonilcren 
Tiiltus  der  niiterirdisclieu  >Vc>rii  stattfindet,  übersehen. 
^Vahrenil  in  ilen  Eleusinien  die  eigentlichen  IMäilife  der 
Unterwelt  keine  Stelle  haben,  von  einem  Dienste  des 
Hades,  der  Erinnven,  von  Localitäten,  deren  Namen  auf 
die  -Unter«  elf  hinweisen,  keine  Rede,  Persephone  da- 
gegen in  den  Eleiisitiien  eben  nicht  mehr  Persej>hi>iic, 
sondern  die  Köre  ist  ,  besteht  in  Arkadien  iler  C'ultns 
der  iinterirdischeu  Mächte  als  sohlier,  ilie  Persephone 
wird  als  /jEaiioii  a  verehrt,  das  Chthonisrhe  erscheint 
noch  als  ein  Furchtbares,  nnd  ilas  Local  selbst  erinnert 
durch  seine  JVanien  an  die  l'nterwelt.  Odenbar  lassen 
si(  h  diese  Erscheinungen,  auch  abgeselen,  dass  für  die 
Ss  V  X  ilie  ältesten  Zeugnisse  vorhanden  sind,  nicht  allein 
aus  den  Kleusinien  ableiten;  sie  setzen  einen  alten  C'nl- 
tus   iler    chthonischen    Wesen   voraus. 

We-tlich  von  Arkailien  nnd  nicht  weit  von  Phigalia 
finden  nir  in  einer  Lamlscliaft  ,  die  von  ilem  alten  St<ini- 
me  der  Kaukunrn  bewohnt  wor,  ein   ttulpU'i    .4öov  v/uoj- 


1190 

Ufvov  v-Ku  May.lOTUov ,  gegen  Norden  den  Berg  Mivdt], 
<l.ilM'i  Sagen  von  der  flliiithe  ,  ;i)  ui'ihvot'Oi  nuÜti.y.riv 
iini  '  /dar  yLV(iiii.vijv  Strabo  VIII,  r.  .;.,  weiter  nördlich, 
in  der  N.'ihc  der  trip!i\  tischen  Städtchen  Ihpana  und 
T\panra,  den  in  den  Alpheios  sich  ergiesseinleu  Ache- 
ron ,  ü  dt  '.Ixt^JtDV  y.aTO.  tijv  -nftui;  t()v  ''yiÖr^v 
oh.tivTtjTa  'MVüiLiucrTUi  iy.TtTifir^Tai  yu(j  (ii)  ocföSoa 
ra  TS  T/^;^  z/i;7"7f(J«s  /f'-'  ■vijc  Kooti^  iioa  ivrcSihi., 
y.ai  ra  tou' Jöov  .Strabo  ebend.  —  Von  der  Verehrung 
des  Hades  bei  den  Eleern  spricht  Paus.  VI,  2,5,  3.  So 
jung  die  Sage  sein  mag,  welche  iliese  Verehrung  ii> 
Verbindung  mit  dem  Epos  und  den  .Sagen  ton  Herakles 
zu  bringen  sucht,  so  setzt  doch  diese  An!. inipfung  eben 
einen   älteren    Localcult   voraus, 

Oesdic  h  von  Arkadien  zu  Hernuone ,  in  einer  von 
den  Drviipern  bewohnten  (.'egend,  liiidet  sich,  jedoch 
schon  in  wesentlicher  Verbindung  mit  iler  \'erchrung  der 
Demeter  und  mit  AIjsterien ,  ein  Cult  der  chthonischen 
flächte.  Paus.  II.  3ö,.'l.  Klymenos  und  Chtlionia,  seine 
Schwester,  (d.  i.  Hades  und  seine  Schwester-Gemahlin 
Persephone)  gründeten  nach  der  Sage  den  Tempel  der 
Demeter,  d.  h.  der  Cultus  iler  Demeter  ging  aus  dem 
Ciiltus  der  chthonischen  Wesen  hervor.  Sichtlich  ist  der 
Name  Kkrnfio^,  Ä&ov!t',  alt,  die  Umdeutiing  in  men.<!ch- 
liche  Wiesen,  wie  die  Erzählung  von  der  Aufnahme  der 
Demeter  jung.  Dass  aber  die  Chtlionia  eigentlich  nnd 
ursprünglich  Persephone  war,  geht  nicht  nur  ans  ihrer 
^Vrbiiidnng  mit  Hades,  gegenüber  der  Demeter,  sondern 
auch  aus  der  Art  des  Festes  hervor,  das  ihr  zu  Ehren 
begangen  ward.  Es  fiel  dasselbe  in  die  Zeit  des  Som- 
mers, d.  i.  in  die  Jahreszeit,  wo  mit  dem  allniäliliclieii 
Verschwinden  der  Vegetation  das  Hinabgehen  iler  Per- 
sephone gefeiert  ward  (Prcller  S.  121  f.)  und  hieranf 
hatte  denn  auch  die  von  den  Herniioneern  KomosandaloB 
genannte,  von  Pausaiiias  als  Hvakiiitli  gedeutete  Blume 
Bezug.  Für  das  höhere  Alfer  des  eigentlich  thtlioni- 
schen  Dienstes  gibt  auch  das  Lural  Zeugniss,  indem 
hinter  dem  J'empel  der  Chfhonia  ein  Platz  des  Khnie- 
nos  ist,  wo  sich  ein  Erdschlund  befindet,  durch  welchen 
Herakles  zur  Oberwelt  wieder  heraufgestiegen  .sein  sollte, 
ferner  ein  Platz  des  Pluton ,  unil  ein  dritter,  Acherii. 
sischer    See    geiKinnt    ^.    ~. 

Die  Erinnven  sehen  wir  unter  dem  Namen  der  Eii- 
meniden  zu  Keryneia  in  Acliaja  »iid  zn  Sikyon  verehrt. 
Das  Heiligthnin  am  ersteren  Orte  sollte  Orestes  gebaut 
haben.  Wer  von  iilutsrhuld  bellec  !•  t ,  oder  iiberliaupt 
als  Verbrecher  dasselbe  betrat,  ward  alsbald  durch  di«^ 
von  den  Erinnven  gesendeten  Sc  brecknisse  in  Raserei 
versetzt.  Paus.  V'll,  2.),  4.  Zu  Sikvoii  leierte  man  den 
Eumeniden  alljährlich  ein  Fest.  Paus.  H,  II,  14.  — 
Desgleichen  hatten  die  Erinnyen  unter  dem  Namen  der 
Enineniden  auf  atlisrhein  Gebiete  einen  Tempel  bei 
Kolunos  .Sopli.  Oed.  ('.  4'-'.,  ferner  unter  dem  Namen 
der  ^ifivCA  Dem.  adv.  iVlid.  g.  ll.i.  Paus.  I,  2>  •  fi.  , 
d.  i.  der  zu  Scheuenden  (vergl.  iuuoßot  ihc.l  .Soph.  Oed. 
C.  39-  und  /jCiot  Ttiioi  ydt'niot  Acsch.  .Snppl.  2')-  ) 
zwischen  der  .\kropoli3  ond  dem  Arec^pag.  Paus.  I,  2'", 
H.  »ergl.  l'l ,  2.J ,  1-  Aesch.  Euin.  8.>').  vergl.  Müller'^ 
Eonieniden  .S.  I  "9.  Einen  Altar  halten  .sie  unter  dem 
gic-ichcn    Namen    zu    Phlya.     Paus.   I  ,   31  ,    2. 


1191 

Eine  Verolirung  der  UiWerirdischen  zeigt  uns  auch 
da3  beriihnite  Orakel  des  Troplionios  zu  Lebadea.  Herod. 
I,  46.  Vni,  134.  Paus.  IX,  39,  4.  So  rathsclhaft  die 
Erscheinung  dieses  Troplionios  ist,  und  so  schwierig  es 
Bein  diirftc  ,  die  rcrschicilcneii  Sagen,  die  sicli  an  diesen 
j\anien  kni'ipfen,  zn  conibiniren,  so  ist  doch  seine  chtho- 
iiisrhe  Bedeutung  ausser  Zweifel.  Die  Art  des  Orakels 
seilst  Paus.  IX,  3',l,  4  fi'.  Plut.  de  geni«  Soor.  21.  22. 
Ariitoph.  Nnb.  504  niit  den  Scholien  spricht  dafiir,  da 
CS  in  den  Tiefen  der  Erde  ertheilt  wird,  ancü  «eisen 
uns  die  >anipn  Zlli  Tooffüjv/Oi  Strabo  IX,  2,  2. 
.Inpiter  Trophonius  Liv.  XLV,  27  oder  Zei'^  ßaOlXevi 
<1.  i.  Delierrscher  der  Unterwelt  Pliit.  am.  narrat.  I. 
Diüd.  X^',  5.3  rergl.  Paus.  IX,  3^,  3-,  sowie  die  £"0- 
y.lia,  die  Paus.  g.  2.  Liv.  a.  a.  O.  zur  Seite  des  Tro- 
plionios, oder  die  0ijoa=i  KoQjj ,  die  Paus.  §.  3.  z'T 
Seite  <le>  Zeli  fic'.OlKevi  erscheint,  entschieden  auf  ei- 
nen Dienst  der  Unterirdischen.  "Eoy.iwa  füllt  ihrer  Be- 
deutun;j  nach  mit  'Ooy.Oi-,  Orcns,  zusammen;  0/-OU  heisst 
Fersophiine  als  die  Jagd  Machende ,  und  es  dürften  in  dic- 
Beii  beiden  Kamen  Sr,oa  und  'Eoy.fva  ursprünglich  nur 
«iic  beiden  Seiten  der  i«  der  Unterwelt  waltenden  Macht 
liczeirhnct  sein,  wonach  sie  einerseits  dem  Leben  der 
Sterblichen  nachstellt,  andererseits  die  Gestorbeneu  ewig 
gefangen  halt;  wesentlich  sind  'EqY.vvu  und  Q)'joa.,  wie 
ToiXftiJvfo;  und  Zsii  ßaaiXevi;  identisch.  —  Bemer- 
ken«« erth  ist,  dass  nach  dem  Schol.  zu  Arist.  Xub.  504 
Troplionios  aus  Elis  nach  Lebadea  gekommen  sein  soll, 
nach  Plut.  quacst.  gr.  39.  aber  Lebeadcs  und  Elenther, 
LSühne  Lvkaons,  die  an  dessen  Vorbrechen  gegen  Zeus 
nicht  Antlieil  nahmen,  nach  Böoticn  flohen,  und  dass 
xwischea  den  Arkadern  und  Lcbadeern  Isopolitic  statt- 
findet. 

Endlich  begegnet  uns  ein  chthonischer  Cult  bei  den 
Thesprotern.  Hero<lot  nennt  V,  92  ein  Todtenorakel 
lici  den  Thesprotern,  in  der  Kühe  des  Flusses  Acheron ; 
l'ausauias  kennt  daselbst  I,  17,  5  ausser  dem  Flusse 
Acheroii  eine  t.iuvt]  'Aytoovala  und  Kor/.vro^,  i>bu)Q 
<J.T! (1^ !  'tTCTOv:  ferner  erwähnt  er  IX,  30,  5  eine  Sage, 
»las»  OrpboHs,  um  Euridikc  am  der  Unterwelt  zurück- 
zuholen, zu  dem  Aoni«n  in  Thesprofien  sich  begeben 
Jiabe,  wo  seit  alter  Zeit  ein  Orakel  bestehe;  Plinius 
endlich  erwähnt  bist.  not.  IV,  1.  in  Epirns  einen  locus 
Aornus  et  pesfifera  avibns   exhalatio. 

Es  kann  weiterhin  die  Frage  f ntstehen  .  ob  nicht  der 
Ziti  Au(fi'0Tt0^  der  .Miiivcr,  der  Zir^  Avy.lUo^  in 
Arkadien  und  der  Xbi^  iSIill.r/iu.  zu  Athen  in  «liespg 
(icbiet  zu  ziehen  eind  und  ursprünglich  die  in  der  Un- 
ier» elt  v»aheiule  .Ma<ht,  den  Zivi,  y.araydövio^  be- 
zeichnen. 

31iillfr  hat  in  «einen  Enmenidi-n  S.  139.  den  Zeus 
Laplivctio«  und  .Meilichios  in  der  That  so  aufgefasst,  je- 
iloch  den  Zeus  überlLiiipt  S.  147  als  über  dem  Ganzcu 
und  detseu  Gegensätzen  ualtcud,  ziigleicli  in  chthnuischer 
und    in   himmlischer  Bedeutung  genumnien. 

Es  ist  auch  nicht  zu  lAuguen,  dass  die  von  IMüller 
£;C;;cbcne    Dcutanj    des   Nauieus    Ao.(fldTtui    5)der    Er- 


1192 

greifende,  Verschlingende"  auflallend  an  die  ^'orstellun- 
gen  erinnert,  welche  man  mit  der  unterirdischen  Alacht 
verband  ,  und  auch  die  von  Ilerodot  VII  ,  1<J7  berich- 
tete Sage,  nach  welcher  Athamas,  indem  er  geopfert 
werden  sollte,  von  Kvtissoras ,  dem  Sohne  des  von  Atha- 
mas getodfeten  Plirixo?,  geret(et  wird,  Zeus  desshalb  ilen 
Nachkommen  des  Rytissoras  grollt,  und  nun  aus  diesen 
jedesmal  der  Aeltcste,  falls  er  ilas  l'rvtaneioii  betritt, 
{geopfert  wird,  stimmt  zu  der  Vorstelluiifi;,  dass  sich  die 
Unterirdischen  keinen  Sterblichen,  der  ihnen  verfallen 
ist,  also  hier  den  .Atliainas,  den  Verbrecher  gegen  sein 
eigenes  Geschlecht,  entziehen  lassen,  ohne  Ersatz  dafür 
zu  nehmen.  Dennoch  erregt  gegen  diese  Fassung  Be- 
denklichkeit, dass  .Athamas  nacli  Ilerodot  eigentlich  zum 
ßeinigungsopfer  besfiinnit  ist,  wesshalb  denn,  da  dieses 
verhindert  wird,  fortw/ihrend  auf  dein  Lande  ein  iiiarrfia 
lastet.  Pansanias  erzäJilt  ferner  IX,  34,  4.  und  I,  24,  2, 
Phri.\os  und  Helle  hätten  sich,  als  sie  geopfert  werden 
sollten  ,  auf  einem  von  Zeus  gesendeten  Widder  mit  gol- 
denem ^'liesse  gerettet.  Es  fragt  sich  darum,  ob  wir 
nicht  in  diesem  Cultus  des  Zeus  Laphvstios  lediglich  eine 
Spur  des  in  ältester  Zeit  bei  den  oberen  Giltteni  üblichen 
Menschenopfers  anzuerkennen  haben.  31it  dem  Fort- 
schritte der  Humanität,  oder  durch  den  Einfluss  eines 
civiliäirferen  Stammes  «nrde  dann  etwa  dieses  Menschen- 
opfer dahin  beschränkt,  dass  mau  die  Aeltesten  des  Ge- 
schlechts der  Athamantiden  nur  in  dem  Fall  zum  Opfer 
brachte,  wenn  man  sie  über  dem  Bc<reteii  des  Prvta- 
neions,  des  heiligen  Mittelpunktes  für  die  Nation,  betraf, 
im  AUgemeineii  aber  an  die  Stelle  des  Menschenopfer» 
den  AVidder  treten  liess.  Dazu  kommt,  dass  im  Zusam- 
menhange dieser  .Sagen  kein  anderes  chthonisches  Wesen, 
auch  keine  Localität  erscheint,  deren  Namen  an  dio 
Unterwelt  erinnerte. 

(Fortsetzung  folgt-) 


Personal-Chronik  und  IMiscellen. 

Miinsle  reifrl.  Noverubcr.  P.is  Programm  zu  den  Hcrbst- 
piiifiingen  dis  dorÜKcn  Köni^l.  Gwnnasii  ist  begleitet  von  einer 
Al.handlnn:;  des  Olicrlohrers  Fre  n  d  e  11  her  g:  Quaesliones  liisto- 
rJc.nc  in  Com.  Neputis  vilas.  Part.  I.  Vlll  und  26  S.  ö. ,  in 
welcher  derselbe,  nachdem  er  in  der  Vorrede  seine  Ansiclit 
über  den  Verfasser  ,  über  d:is  Vcrlialtiiiss  des  Acndlins  Probus 
zu  dem  Bnclie,  über  ilcn  bei  der  Abfassung  veifolglen  Plan 
vürsclrajen  und  ein  .illgeoiciHCS  l'rlbeil  über  <lie  fidcs  des  Cor- 
iielitis  gelallt  bat.  die  4  vvHcn  reldlicrrn  in  Bezug  auf  die 
Quollen,  aus  welcJien  die  ^olizen  über  ihr  Leben  von  Com. 
gcscliüplt,  «nd  die  Sorgfalt,  mit  wolclier  dabei  verlahren  wor- 
den, jgriiau  dnrcbgebt  und  rücksiclillicb  ihres  liiaorisclien  Wci- 
tlies  iieiirtlieilt.  —  Wälinnd  des  Scbidjabrcs  i^l  \oii  dortigen 
lA-hrern  erschienen:  ftospatt,  die  denlsclic  Kiinigswabl  bi« 
auf  ilire  Fcststelbing  dtireli  <lic  goblene  niillc.  Bmin.  Habicht; 
und  I)  1  Ilcn  btirger,  Syulakllsclic  Bcif pieisamüduns  zu  Butl- 
luann's  (jriecb.  Gramiiiali'k.  Ebendas.  —  Den  ordenll.  Lelircrn 
Dil  le  11  biirger,  1' r  e  11  d  c  n  b  c  r  g  imiP  Rospjlt  ist  nnlec 
dem  14.  März  d.  J.  das  Pradical  0  b  c  r  I  c  li  1  C  1  viiliclicn  wot- 
dfn.     Die  Scbülcrzabl  war  69. 


Zeitschrift 


für   die 


Altert  hu  ms  Wissenschaft. 


FreitaSj  13.  Decemher 


18  39. 


Nr.  149. 


Pelasgischer  Glaube    und  Homers    VerliäÜniss  zu 

demselben. 

(Fortsetzung.) 

Aarh  der  Dienst  des  Zev^  ylvxaioi  führt  Menschen- 
opfer mit  sich  Paus.  VIII,  2,  1 ,  und  wie  bei  dein  ulu- 
(f'VOTLOQ,  das  Betreten  des  Prytaneions,  so  ist  hier  das 
Betreten  des  dem  jlv/.uioi  geweihten  Raumes  verderli- 
licli.  Der  Betretende  verliert  seinen  St-hatten ,  er  ist  in 
Jahresfrist  des  Tudrs  Paus.  Xlll,  38,  5.  Kach  Plutarch 
ijuaest.  gr.  39-  wird,  «er  freiwillig  das  Heiligthum  des 
ylauvOTtO^  betritt,  gesteinigt,  »er  unwissentlich,  nach 
Eteutherä  geschirkt.  ^och  zu  Pausanias  Zeit  brachte 
man  auf  der  Spitze  des  Lvkaon  Geheimopfer,  bei  denen 
CS,  nach  den  Andeutungen  des  P.  zu  schliessen,  nicht 
geheuer  zuging.  —  Indessen  schon  der  Altar  tTCi  Trj 
(jL/.oa.  TTj  dvuJTUTvi  TOV  OQOLc; ,  «enn  man  auch  an 
der  Bedeutung  des  Kamens  yliy.uioq  Lichtgott  zweifeln 
»nllte,  hindert  in  ihm  den  Herrscher  der  Untemelt  zu 
erkennen;  auch  war  das  Ttutvo-i  des  LykAos  von  den 
Strahlen  der  Sonne  beleuchtet;  sonst  könnte  der  IVIangel 
des  Schattens  nicht  als  ein  Scvuc  erwähnt  werden. 
Sprechen  aber  hier  gewichtige  Griinde  gegen  die  An- 
nahme eines  rhthonischoii  Dienstes,  obwohl  Manches  den 
Anschein  eines  solchen  haben  kann,  so  dürfte  auch,  was 
bei  dem  Laphystios  auf  einen  y^evi  y.a.Taj[9oviOC  hinzu- 
weisen  scheint,   seine   Beweiskraft   verlieren. 

AVas  den  Zcvq  Mlifu](/og  betriflt,  so  konnte  man  von 
IMi'iller's  sciiarfsiiinigen  Combinatiuiien  in  den  Euineniden 
S.  138 — 147  sich  bestimmen  lassen,  in  Zens  eine  ur- 
sprüngliche Doppelnatur,  die  hiininlische  und  die  chtlio- 
iiische  zu  erkennen,  oder  etwa  eine  Verwandlung  des  zu 
Athen  ursprünglich  verehrten  Hades  zum  Z,  Mctkiyioi 
anzunehmen,  und  man  küiinte  sich  hierfür  die  in  dem 
Schol.  zu  Lucian.  Tinion  §.  7.  enthaltene  Angabe,  dass 
mau  die  Diasien  iinxo.  arvyvoDjiOi  begangen  habe,  be- 
rnfen.  Aber  auch  hier  scheinen  die  Gründe  gegen  eine 
solche  Auflassung  überwiegend.  Einmal  ist  der  Beiname 
LiSlLiyiO'i,  wie  schon  Preller  S.  246  A.  10.  erinnert  hat, 
nicht  schlechthin  Prädicat  der  chthonischon  SL'ichte ,  so- 
dann scheint  die  Beziehung  des  zJiuc  y.ujötov  auf  das 
bei  Todtcnbeschworungen  übliche  Opfer  schwarzer  Schafe 
Od.  X  ,  524.  527.  XI,  32  fl'.  Lncian.  Äeryom.  §.  9.  Paus.  I, 
34,3-  '•gl.  Müller  Eiim.  S.  144  A.  14.  immerhin  zweifelhaft. 
In  den  Stellen,  welche  von  einem  Jtij^  y.ujdiov  spre- 
chen,   nämlich    Phrynichos    bei    Bckkcr    Anccd.  I,  p.   "■ 


änoölo7rou7ieio9ai ,  Snidas  s.  y.  Eust.  zu  Od.  XXII, 
p-  1935.  endlich  den  Schollen  zu  Arist.  Nub.  407-  und 
Lucian.  Timon  g.  7,  welche  die  ^laata  erklären,  ist 
nirgends  davon  die  Rede,  dass  es  ein  schwarzer  Widder, 
oder  dass  es  überhaupt  ein  schwarzes  Schaf  gewesen  sei, 
das  zum  Opfer  erforderlich  war,  während  doch  die  Stel- 
len ,  die  von  einem  den  Todten  gebrachten  Opfer  han- 
deln,  eiu  schwarzes  Opforthier,  und  nicht  gerade  einen 
Widder  verlangen.  —  Sodann  können  wir  auch  keine 
Beziehung  auf  die  Mordsühne  erkennen,  die  von  Müller 
angeuummeu  wird.  —  So  scheint  es  denn  vielmehr  ein 
j^fi'S  dTtOTQÖTCCUOi  zu  sein,  in  dessen  schützende  Hut 
man  sich  begibt,  indem  man  durch  Reinigungen  sich 
derselben  würdig  macht.  Das  zeigen  denn  auch  die 
Schollen  zu  Platon's  Gesetzen  IX.  Bekker  p.  120.  4- 
dnuöio7[on-j:r,<j£Lc.  T«s"  dTior,T(ju(puq  t«5  yiyvofxha<; 
v:iu  TOV  dTTOTQOTTcuoi'  ^10?,  ötu  tö  y.a^uiubadai 
T«  detvä-  )';  T«;  dnoTiotmo.i  ngoi  xou  itooqzQO- 
■Jtiuov  ^la,  y.al  otovei  yaDdoasi;  y.ae  ikaoiiOi'q. 
Schol.  zu  Cratyl.  Bekk.  p.  29.  11-  duobto^oUTTeiO^ai 
(fO.ai  xo  UTiUToe^Sa'Jai  (in  activeai  Sinne,  wie  T()i- 
Tiioi^ai  öfter)  TOV  ■jTQo^rpoTraiov  zJla  y.ai  otovcl 
y.adaliJEO^aL  tu  SeivÜ.  Dazu  stimmt  auch  ganz  die 
Bedeutung  des  Wortes  äTtoSiorTOUTTEiul^at  durch  eine 
dem  Zeus  zu  Ehren  veranstaltete  Procession  Unglück  von 
sich  abwenden,  sowie  die  Srholicn  zu  Aristophanes  und 
Lucian.  An  drei  >Vendepunkten  des  Jahres  und  der 
Witterung,  an  den  gegen  Ende  des  Anthestcrion  fallen- 
den Diasien,  also  im  Beginn  des  Frühjahres,  denn  im 
Skirophorion,  in  der  Gluth  des  Sommers  und  am  Ende 
des  Mämakterion ,  zu  Anfang  der  Winterstürme,  flehte 
man  zu  Zeus  —  doch  gewiss  dem  Himmlischen,  der  hier 
ja  ganz  in  seinem  eigentlichen  Wesen  erscheint  —  dass 
er  verderblirlie  Witterung  abwenden  möge.  Wenn  wir 
endlich  bei  Snidas  die  jVotiz  lesen,  dass  es  nicht  nur 
der  Zeus  Meilicliios,  sondern  auch  der  ^^T.  Ar);i5/0S  war, 
welchem  der  AVidder  geopfert  wurde,  so  müssen  wir  es 
natürlich  finden,  dass  man  sich  mit  der  Bitte  um  Ab- 
wendung von  Uebeln  vornehmlich  an  den  Schutzgoft  des 
Hauses  und  ilcs  Besitztliumes,  den  Penaten,  der  in  jedem 
Hause  so  zu  sagen  seine  Kapelle  hatte  Athen.  XI,  p.  473- 
wandte.  A'ergl.  Creuzer  Symbolik  II,  521.  Das  Wid- 
deropfer erinnert  an  den  'ßoili^:;  KrjlUCfUOOq  zu  Tana- 
gra,  von  welchem  man  dort  erzählte,  V)q  O  EQ/.liji 
acficriv  (J.7toT(jiipai  vöouv  Xotiiuidij  tceoI  to  xEi-yo!; 
yoiuv    TlEoCEVtyy.ujv   Paus.  IX,  22,  2,    scheint    aber  in 


1195 


1196 


den  früheren  Zeiten  nicht  üblich  gewesen  zu  sein,  da 
«vedcr  bei  Thuc.  I,  12ti,  "»  'on  den  Diasien,  noch  bei 
Xcn.  Auab.  VII,  8,  5,  "O  von  dem  Zsvi  MeiK'Xlo^  die 
Rede  ist,  dessen  Envahnniig  geschieht,  erstorer  vielmehr 
geradehin  läugnet,  dass  man  Thiere  geopfert  liabe ,  bei 
Xeaoplion  dagegen  nnr  das  bei  Reinigungen  libhche 
Sch»eiiieo[)fer  eriv^hnt  «ird.  Auch  diess  kann  zum  Bc- 
Hcis  gegen  die  ciitlionisclie  Bedeutung  Aieses  yiti-^  ßlsi- 
'l.t/tui  dienen,  da  »ir  unter  letzterer  Voraussetzung  auch 
annehmen  müssten,  dass  das  Widderopfer  wesentlich  zum 
Ritus   gehört   liabe. 

In  die  bi-iherigen  Erörterungen  ist  absichtlich  der 
cleusiuische  Cultus  der  Kooij  nicht  mit  hineingezogen 
«ordeu,  «eil  es  uns  hier  vornehmlich  auf  diejenigen 
Cultc  ankam,  die  das  Clilfionische  mehr  in  seiner  ur- 
sprünglichen Bedeutung  erhalten  haben.  —  Es  geht  nun 
aber  aus  dieser  Zusammenstellung  so  viel  hervor,  dass 
ein  Dienst  der  nnterir.lischeu  Alüchte  seit  der  .'lltesten 
Zeit  in  Griechenland  einheimisch  »ar,  und  dass  «vir  ihn 
namentlich  in  den  Gegenden  finden,  ivelche  die  ^Vohn- 
sitze  vorhellenischer  Stämme  waren.  Sollte  sich  indessen 
noch  ein  Zweifel  über  das  Alter  dieses  chthonischen 
Dienstes  aufdrangen,  obwohl  diesen  l'orstellnngeu  sclion 
ihre  innere  Natur  die  früheste  Cnlturperiode  Gileilien- 
laiuls  anweist,  so  legen  die  verwandten  Begriffe  des  rö- 
misrheii  Glaubens  Zeugniss  für  ihr  Alter  ab.  So  ist  die 
römische  devotio  nur  eine  selbstständige  Fortbildung  die- 
ses Glaubens  an  die  furchtbare  Macht  der  Unterirdischen, 
denen  das  Sterbliche  verfallen  ist.  Liv.  ^'JII ,  ß.  9»  X, 
2'3.  29-  Auch  hier  haben  die  Unterirdischen  und  die 
Erde  (ex  una  acie  imperatorem ,  ex  altera  excrcifum 
Diis  Manibus  matriqiie  Terrae  deberi  Vllj,  6.)  durch 
irgend  welche  Schnld  oder  Ursache  ein  Recht  auf  Men- 
schenleben erhalten,  aber  man  kann  sich  mit  ihnen  durch 
Ersatzopfer  gleichsam  abfinden  ,  man  kann  durch  be- 
stimmte Formeln,  mit  freiwilliger  Selbstaufopferung  ver- 
bunden, grösseres  Verderben  von  den  Seinen  ab-,  auf  die 
Feinde  wenden;  denn  da  sie  keine  sittliche  Ordnung 
lertreten,  sondern  rohe  Naturgewalten  sind,  so  gilt  ihnen 
jedes  Menschenleben  gleich.  AVir  begegnen  also  hier 
ähnlichen  Vorstellungen,  wie  sie  die  Geschichte  von  Admet 
ilarbictei. 

Auf  den  dualistischen  Gegensatz  zwischen  den  chtho- 
nischen und  himmlisclien  Wesen  weist  ausser  der  Thei- 
lung  der  Götter  In  Superi  und  Iiiferi  auch  der  IVamo 
Vejovis  (^'edjovis)  Vedius.  Dass  mit  dii-sin  Naiiieii  nur 
ein  und  dieselbe  Gotilieil,  nämlich  der  /if.vc,  y.a.ii'./dö- 
VtOi  bezeichnet  werde,  ist  wohl  ausser  Zweifel.  GcUius 
V,  12.  betrachtet  ihn  als  Gegensatz  von  .(upiter  ,  was 
denn  auch  iliirch  die  untrennbare  Partikel  ve  bezeichnet 
ist.  .So  stellt  Gellius  a.  a.  O.  überhaupt  die  segnenden 
und  dii-  scliädlichen  Gottheiten  einander  gegenüber  „nam 
deos  cjiiusdam  ut  prodessent,  celcbrabaiit ,  ijuosd.im  ut  no 
obessent ,  placabant,  und  unter  die  Letzteren  stellt  er 
^'■■jovis. 

Bei  solcher  Uebcreinstinimung  der  liomerisrhcii  ^'or- 
stelluugeii  mit  dem,  was  wir  als  Ueberreste  eines  alten 
chthonischen  Cultus  und  Naturdienstes  betrachten  nn'issen, 
dürfte  ileiin  die  Ansicht,  als  ob  nomer  Repräsentant  eines 
reinhelleniscbcu  GlaubenR  sei,  und  erst  nach  ihm  die  reli- 


giösen Begrifle  der  vorhellenischen  Stämme  in  den  erste- 
ren  aufgenommen  worden  seien ,  kaum  noch  als  haltbar 
erscheinen.  Pelasgische,  überhaupt  vorhellenischc  Stämme 
waren  es,  von  welchen  Homer  diese  Vorstellungen  über- 
kam ,  die  auf  einen  dualistischen  Natnrdienst  zurück- 
führen, und  es  ist  bei  ihm  kaum  ein  Anfang  gemacht, 
diesen  Dualismus ,  dessen  Gegensätze  im  Ganzen  noch 
unvermittelt  neben  einander  stehen,  zu  versöhiiri^,  ein 
Anfang,  der  bei  Ilcsiod  in  gleicher  Weise  fortgesetzt  er- 
scheint, Ilomer's  nnd  Hesiod's  Genealogicen  erstrebten 
eine  Einheit  des  Glaubens  und  des  Güttersystems ,  die 
wir  unmöglich  als  das  Früheste  zu  erkennen  vermögen ; 
aber  die  Versöhnung  der  ursprünglicbeii  Gegensätze  war 
bei  dem  jonischeii  Dichter  eine  mehr  ausserlich  bewäl- 
tigende; eine  tiefere  Versöhnung,  «eiche  die  Gegensatz« 
als  solche  aufzuheben  suchte,  ward  in  der  alten  lieimath 
der  pelasgischen  Stämme  durch  das  iMvstcrium  der  Köre 
versucht. 

AVir  haben  bisher  von  der  Verehrung  gesprochen, 
welche  die  Nachtheile  der  Natur  durch  ihre  Schrecken 
dem  Menschen  abnöthigten,  und  wenden  uns  jetzt  zu  ihrer 
Lichtseite,  welcher  der  31ensch  mit  einer  freudigeren 
Regung^  mit  den  Gefühlen  der  Dankbarkeit  seine  Hul- 
digung  weihte. 

Wir  gehen  hier  von  der  Nachricht  ans,  welche  He- 
rodot  II,  52.  53.  nach  Dodonäischer  Tradition  über  den 
ältesten  Glauben  der  Pelasger  gibt.  \Eth'OV  ,  sagt  er , 
■jrävTci  TtQUTEQOV  Ol  nekaoyol  i>£Oiai  ixsvxöficvot , 
w?  i'yty  fy  /lo)Su)vij  oiSa  äxoi'Oag  i-Jiv)VV[ili)u  d'  ui'S 
ovvufia  iiixoLEvvTo  ovöevi  avvsuiv  ov  yu^  uxijy.us- 
adv  v.u).  i}iou(;  ds  ■wooiovvCna.oav  acfsa^  Ützo  tov 
ToioLTui',  ort  y.öofiu)  9evT£q  t«  TidvTa  Tr^r^yj^aia 
y.ai  TTunug  voito.^  £«;fov.  exsirev  öe  vouvuv  nokkov 
ötc^ü.dofTOi  i~vitovTo  h.  -vT^q.  j4iyvxtov  d^ny/xiva 
Tel  oüvöuara  tujv  ^slSv  tojv    dkktuv ,    zJeovraov  de 

VOTCOOV  Tlükkip  £7Tv9oVTO.  'AUl  [ItTU  ^pOI^OV  fJfO//- 
OTvoidCoVTO   Tl£Qi    Tuiv    ovvuudxvjv    iv   /Jü}dv')Vr]-    TD 

ydo  öl/  iiavTifiov  touto  vevouiOTni  j/uyaiüracDV 
TOJV  iv  ''Ei'Xi]OI.  '/.(^i](rTijoiu)V  fivai,  y.aX  r,v  tuv  jQorOv 
toPtov  J.IUVVOV.  STtei  u'jv  ixpya-TijpidCovvo  iv  ttj  zJui- 
Scji'77  Ol  Ili/u'.oyol ,  £1  uvikujVTai  r«  ovvdf^w.Ta  tc 
äi^o  TUiV  ßaotjd(ju}v  yy.ovra,  dvEl}.£  to  i^iavTiji'op 
yoo.a^ai.  dno  /i£v  Öi)  tovtov  tov  xC'''''^''  i^nov 
rotat  oi'vö.iiuat  tojv  ^ediv  X9^'^l't>'0i.  iraoa  ön  flt- 
Laayiov  "Ek~ki]ve<;  itESv^avio  vov((jnv  iv3Ev  Öi 
iyevSTo  ixacnog  tÜjv  i>£w>,  iJ're  ö'  d£i  trrav  no.v- 
Tfi;,  öyoioL  tc  Ttv£g  tu  e'iöta,  uvx  ijitKJTiaTo  jii/ot 
ov  -JT^Kjjiw  t£  y-al  X^'=i  "^s  ehi'£tv  koyoi.  'Iloioöov 
yuQ  y.dj.  'OuijQov  r{kmi]v  TeTQC.y.oaiotai  i-rtoi  öoy.kv) 
fiii'  TQEoth'TEQovc,  ytvia^ai,  yal  oi'<  ■^/•.caat-  uutoi 
öi  linrt  ul  7roti'jaavT£g  thoyovlijv  "Ek'hjoi  zai  xo:ai 
9 £0101  Tuc,  inajvi'jdaq  öovre^  y.al  Ttj-iai;  ts  y.ai  xtX' 
vui  öii:i,(')VTE(;  y.ai  Ei'ÖEa  avTuiv  oi/jnjvavTEi. 

Vi\T  haben  hier  drei  Perioden  des  griechischen  Glau- 
bens; zuerst  den  cinfaihen  Glauben  an  namenlose- gött- 
liche Wesen  als  Ordner  der  Welt  —  rein  altpelasgischer 
Glaube;  dann  eine  liestiuimtere  Eiitwickelnng  zum  Poly- 
theismus, ohne  Zweifel  Piisonification  verschiedener  Na- 
tnrkräfle  ,  so  jedoch,  dass  die  Natnrkraft  und  die  Gott- 
heit  nach    pclasgisther  Anschauung    als    identisch  gesetzt 


1197 


1198 


war«!  —  eine  Reform,  ilie  durch  ausländischen,  nach 
HeroHot's  Meinung  äjjY|)tischen  Einfluss  veranlasst  und 
von  Doilona  aus,  aus  dem  lieiligcn  IVIittrlpunkt  der  Pe- 
lasffcr ,  gnfgphcissen  wurde,  vielleicht  weil  man  sie  ge- 
schclien  lassen  musste  — ;  endlich  ein  geordnetes  Gotter- 
svsfeni  durch  genealogische  Verknüpfungen  zu  Stande 
gebracht  —  als  deren  Sch<>])fer  Ilerodot  Homer  und 
Hcsiod  nennt  —  die  Götter,  Ideal- 3Ienschen ,  sind  von 
der  Natur  getrennt ,  jeder  steht  seinem  bestimmten  Kreise 
vor.  In  diesem  Glauben,  <!er  mithin  in  einer  Reihe 
natnrgcmässcr  Entw  ickclungen  den  Schluss  bildet,  be- 
ruhigte sich  im  Ganzen  der  Geist  des  hellenischen  Vol- 
kes, so  jedoch,  ilass  allerdini^s  durch  jiclasgische  oder 
thrakischc  (  Orpheus  )  Elemente  und  den  Einfluss  der 
Philosophie  thcils  im  Einzelneu  «eitere  Enfivickelungen 
lind  Umbildungen  veranlasst,  tlieils  auch  allnifihlich  eine 
neue  Richtung  des  Glaubens  vorbereitet  wurde,  welche  die 
ganze  in  heiterer  Objectivität  hingestellte  Götterwelt  IFo- 
mer's  zu  destruireu   begann. 

Herodot's  Nachricht,  dass  von  Anfang  an  die  Pelas- 
ger  nur  überhaupt  GOtter  ohne  bestimmte  Namen  »erehr- 
ten, findet  ihre  Bestätigung  auch  durch  das,  was  wir 
von  dem  Dienste  der  Kabiren  wissen.  Der  Zusammen- 
hang des  letzteren  mit  altpelasgischcm  Glauben  ist  aus- 
ser Zweifel;  vergl.  llerod.  II,  ftl.  Paus,  IX,  25,  6-,  wo 
I]f:ko-oyij  (Personification  der  Pelasger)  den  Dienst  nnd 
die  Mysterien  der  Kabiren  wieder  herstellt.  Zugleich 
weist  uns  aber  auch  diese  Nachricht,  da  sie  von  dem 
Stamme  der  KabirJier  als  ursprünglicher  Pfleger  des 
Kabirendicnstes  spricht,  den  Pelarge  nur  erneuerte,  dar- 
auf hin,  dass  dieser  Kabirendienst  nicht  ursprünglich  pc- 
lasgisch  war.  Die  KufjlQUioi  sinil  aber  ohne  Zweifel 
identisch  mit  den  rscfl'oaioi  und  den  KaSflEioi,  (vergl. 
des  Pausanias  Angaben  a.  a.  O.  mit  denen  des  Ephoros 
bei  Strabo  IX.  c.  ).,  jener  lässt  die  Kabiräer,  dieser  die 
Kadmecr  durch  die  Unternehmung  der  Epigonen  verdrängt 
werden)  den  zn  Theben  angesiedelten  Phöniziern  Herod. 
V  ,  öi-  Nehmen  wir  nach  der  bei  den  Griechen  herr- 
schenden [leberlieferung  (vergl.  auch  Ephoros  bei  Strabo 
a.  a.  O.)  an,  dass  die  Erbauer  der  Kadmea  Phönizier 
waren;  ist  der  Name  Kadmilos  ,  Kadmos  mit  dem  Kabi- 
rendienste  eng  verknüpft,  so  können  «ir  uns  allerdings 
auch  der  Annahme  nicht  entziehen,  dass  die  Verehrung 
der  Kabiren  ein  ursprünglicher  phöiiizisilier  Cultus  war, 
der  dann  auf  dici  pelasgisi  he  I3evölkernng  überging.  Auch 
ist  die  weitere  Erzählung  des  Epliorus  und  das  Vcr- 
hältniss,  in  nelchcni  einerseits  die  Pelasger,  andererseits 
die  ans  der  Verbindung  mit  .4rneern  hervorgegangenen 
Biiotier  zu  dem  Orakel  von  Dodona  stehen,  mit  jener 
Behauptung,  dass  es  Phönizier  waren,  »velche  die  Kadmea 
und  Tlieben  anlegten,  völlig  im  Einklang.  AVährenil  des 
Kampfes  um  den  Besitz  des  Gebietes  schicken  nämlich 
sowohl  die  Böotier  als  die  Pelasger  an  das  Orakel  zu 
Dodona,  und  die  ersteren  sind  nach  erhaltenem  Spruche 
der  Ansicht,  yno/Conevijv  Tut;  Ilslaayoii  Tr,i>  iroo- 
cpijviv  diu  TO  rrvyyerl;;  uixo);  (rc}.fii\  auch  wird  den 
Böotiern  zu  GefaHen  das  priesterlidie  Gericht,  das  für 
die  Pelasger  nur  ans  Frauen  bestand  ,  zur  Hälfte  aus 
IVläuncrn  zusammengesetzt,  endiicli  den  Böutiern  allein 
2U  Dodona    der   Sprich    der    Gottheit    durch   i>Iänner    or- 


thcilt.  Wir  sehen  also  hier  den  fremden  Stamm  in  ein 
eigenes  Vcrhältniss  zu  dem  pelasgischen  Orakel  zu  Do- 
dona treten.  Einerseits  ersdieint  das  Orakel  als  ein  ur- 
sprünglich fremdes,  feindliches,  weil  es  ein  pi'lasgisches 
ist,  anderersei;!  gehen,  uie  diess  auch  aus  Paus.  IX, 
20,  (}.  erhellt,  die  Fremilen  eine  Verbindung  mit  dem- 
selben ein ,  und  das  Orakel  lasst  sich  ,  um  nicht  des 
Einflusses  auf  den  ausländischen  Stamm  verlustig  zu 
gehen,  selbst  einige  Blodificatioiien  zu  Gunsten  desselben 
gefallen. 

Es  scheint  nun,  dass,  während  die  Kadmeer  oder 
Kabiräer  verdrängt  waren,  Pelasger  sich  Thebens  be- 
mächtigten, mit  der  Herrschaft  zugleich  die  Heiligthümer 
Thebens  übernahmen  und,  mit  den  Kadmeern  sich  ver- 
mischend, einen  eigenen,  später  unter  dem  Namen  der 
tyrrhenischen  Pelasger  bekannten  pelasgischen  Zweig 
bildeten,  welcher  als  Gründer  der  Samothrakisclieii  M\ste- 
rien  betrachtet  ward  ,  Herod.  II,  5(.  Wir  nehmen  ilem- 
nach  zwar  mit  Müller  an,  dass  die  Mysterien  der  Kabi- 
ren von  Theben  ausgingen,  betrachten  aber,  der  herr- 
schenden Ueberlieferung  folgend ,  einen  von  den  tvrrhe- 
nisfhen  Pelasgern  unterschiedenen,  phönizischen  Stamm 
der  Kadmeer  als  Gründer  Thebens  und  des  Kabiren- 
dicnstes. 

Der  Name  Kußiigoi  selber,  aus  dem  GriechischeB 
nicht  zu  erklären,  findet  seine  natürliche  Deutung  in 
einem    semitischen    "1^135,    welches     als     Nebenform     von 

T'SSj  "''*  welchem  ohne  Ziveifel  auch  'T'^3  uiiil  ^^nn 
verwandt  sind ,  angenommen  »Verden  muss.  Demgemäss 
bezeichnet  der  Name  Kabiren ,   gleich  dem  hebr.    ^j^   und 

C'npN»  nuf  überhaupt  die  Mächtigen,  Grossen,  was  ja 
auch  nach  der  Fassung  der  Griechen  nnd  Römer  die  Be- 
deutung des  Namens  ist;  sie  heissen  (Varro  de  ling.  lat. 
IV,  10)  deui  övvaTol ,  dii  magni.  Wenn  man  aber 
überhaupt  die  Kabiren  ,  d.  i.  die  höchsten  Mächte  der 
Natur,  noch  ohne  bestimmte  Namen  vere'irte  ,  so  ist  diess 
einerseits  vollkommen  mit  Herodot's  Nachriciit  von  den 
namenlosen  Gottheiten  der  Pelasger  im  Einklänge,  an- 
dererseits erklärt  sich  hieraus,  wie  weder  die  Zahl  der 
Kabiren,  noch  welche  besondere  Gottheiten  unter  ihnen 
gemeint  sind,  hinlänglich  feststeht ;  »vie  vielmelir  hier  der 
verschiedenartigsten  Auslegung  je  nach  dem  lokalen  Be- 
dürfnisse freier  Spielraum  gelassen  war.  Unter  Anilerm 
scheint  man  aber  die  Kabiren  namciifiich  auch  als  Z»ei- 
heit,  d.  i.  als  männliches  und  als  «eibliches  Wesen  ge- 
nommen zu  haben.  Varro  sagt  nämlich  a.  a.  O.  „Terra 
(d.  i.  Ceres  nacli  der  späteren  Bedeutung),  ut  Samofhra- 
cum  initia  docent,  sunt  dei  magni  et  ii  (juns  dixi  multeis 
nomlnibus.  Nam  neijue  tjuas  Ambracia  ante  portas  sta- 
tuit,  duas  virileis  spccies  aheneas  ,  dei  magni,  neque  ut 
volgiis  putat,  ii  Saniothraces  dei,  i]ni  Castor  et  Pollux, 
sed  hi  mas  et  fcmina;  et  ii  quos  augurum  libri  scriptos 
habeilt  sie  Divi  potes,  et  sunt  pro  illcis  <jui  in  Samo- 
thrare  d^eue   di'Viiio}.^^ 

Ohne  uns  ferner  in  die  Frage  einzulassen,  wie  iveit 
Ilerodot  Glauben  verdiene  ,  wenn  er  die  Reform  der  zwei- 
ten Periode  gerade  auf  ägyptischen  Einfluss,  die  der 
dritten    auf   Ilomer    und   Hcsiod    zurückführt,    so   meinen 


1199 


1200 


wir  doch,  dass  es  die  hürhste  Unlilligteit  seia  würde, 
um  einer  von  ihm  geäusserten  irrigen  Ansicht  willen, 
die  er  ansdnicLlirh  nur  als  seine  Ansicht  gibt ,  das  zu 
verdächtigen,  was  er  über  die  älteste  Periode  des  griechi- 
sclien  Glaubens  als  Ueberlieferung  gibt^  Er  berichtet 
über  den  frühesten  Glauben  der  Pelasge'r  nach  den  Tra- 
ditionen, die  er  von  ilen  Priesteriiincn  zu  Dudona ,  also 
an  dem  uralten  Heiligthume  der  Pelasger  vernahm.  Ver- 
langen wir  eiu  besseres  Zeuguiss !  —  Aber,  dieser  äl- 
teste Glaube  der  Pelasger,  wenn  er  keine  besondere 
Gütternauicn  kannte ,  kannte  also  auch  den  Zeus  noch 
nicht;  und  doch  hängt  das  Orakel  zu  Dodona  und  der 
Glaube  an  Zeus  unzertrennlich  zusammen.  Ist  es  nicht 
eiu  'Widerspruch,  wenn  die  Pelasger  bei  dem  Orakel  des 
Zeus  anfragen,  ob  sie  die  bestimmten,  von  den  Barba- 
ren überkommenen  Giittcrnamen  gebrauchen  sollen  i  — 
Ich  glaube,  der  AVidersprucli  wird  sich  lösen  ,  wenn  wir 
die  eigentliche  liedcutung  des  Namens  Jisi'i  erwägen. 
Die  Pelasger,  sagt  Herodot ,  nannten  die  Götter  dtoi, 
oTi  y.öou''i  divTCg  TU  Tiuvra  nQtjyfiara  zal  ndoaq 
vouug  elyov.  Auch  diess  berichtet  Herodot,  wie  e» 
geheint,  nicht  als  eigene  Meinung,  sondern  als  Dodonäi- 
sche  Tradition,  AVie  man  aber  auch  von  dieser  Etymo- 
logie denke  —  und  sie  lässt  sich  wohl  rechtfertigen , 
■wenn  man  sich  erinnert,  welche  Geltung  in  früherer 
Zeit  die  Begriffe  Sm/i,  deo/iog,  die  alle  demselben 
Stamme  G£  und  demselben  Ideenkreise  angehören,  ge- 
Labt  haben  —  so  muss  Herodot  die  Idee  wenigstens, 
die  dieser  Name  ausdrücken  sollte,  in  der  Tradition  zu 
Dodona  vorgefunden  haben,  weil  er  bei  seiner  sorgfäl- 
tigen Scheidung  eigener  Ansichten  von  fremden  Angaben, 
sicherlich  nicht  so  geradehin  gesagt  haben  würde:  deoi'i 
öe  rroo^ovvüfxuac.v  offta^  /..  t.  /..  Also  der  altpelas- 
fische  Glaube  verehrte  die  Götter  als  die,  von  welchen 
alle  Ordnung  «er  AVeit  ausgeht.  —  Nun  musste  es  sich 
aber  schon  der  einfachsten  üeobachtung  aufdrängen,  wie 
in  dem  Himmel  die  Ordnung  für  das  ganze  physische 
Leben  des  Menschen  gegeben  uud  mit  der  Ordnung  des 
physischen  Lebens  die  des  ethischen  nahe  verknüpft  sei. 
Diess  uiusste  vor  Allem  einem  ackerbauenden  A'olke ,  wie 
die  Pelasger  waren  ,  klar  geworilcn  sein ;  ein  solches 
inusstc  nothwcndig  in  dem  Himmel  seine  Ordnung  uud 
seine  Lebensregel  finden.  —  Der  Himmel,  persönlich 
gedacht  Zil(;,  war  die  uralte,  vornehmlich  zu  Dodona 
verehrte  Gottheit  der  Pelasger.  Iliad.  XVI,  233  f.  betet 
Achill: 

Zcü  uva,  ^ojSvjvaii  ,  IlE/.aoyr/.ä  ,rrkö9i  valuiv 

/dvibu')vr<;  i^sdeujv  Övoxnutouv 
vergl.    Od.    klV,   327  fl".    Acsch.    Prom.    828    «•    Straho 
VII,  c.  7. 

Es  bedarf  kaum  der  Erinnerung,  wie  sich  alle  Vor- 
stellungen, welche  der  Glaube  der  Griechen  an  den  Na- 
men Zcc^  knüpft,  soHohl  diejenigen,  die  ihn  als  Natur- 
gottheit,  als  diejenigen,  die  ihn  als  obersten  Gott  aner- 
kennen, in  der  Jdec  des  Himmels  vereinigen.  —  Him- 
mel unil  Tag.  das  üium  —  war  das  Gebiet  des  Zeus. 
Die  Etvniologie  zst  hiermit  vollkommen  im  Einklänge. 
Der  Zusammenhang  de»  Namens  Zivi,  ^LUi  mit  Divum, 


diom,  dies,  mit  den  Sanskritischen  Themen  diw  (coelum, 
aer)  dju  (dies  ,  coelum ,  aer)  dina  (dies  vergl.  das  etrus- 
kische  Jina-Zeu»)  u.  s.  w.  liegt  am  Tage,  und  im  Griech. 
selbst  ist  die  Grundbedeutung  dieses  Namens  in  den  Wor- 
ten ÖltneTiji,  dloTtSTi^i  noch  sichtlich.  jdiF  mit  per- 
sönlicher Endung,  da  der  Himmel  in  Zeus  persönlich 
wird,  ist  ^lF~,  welches  ganz  organisch  (durch  Verwand- 
lung des  iF  in  in  und  dann  in  £ti  in  das  äolische  ^£f ; 
überging.  Der  Anlaut  d  verwandelte  sich  unter  dem 
Einflüsse  des  folgenden  t  in  C,  wie  äQLCll)\.Oi'rzdoid)jkog, 
Co(Jxdd£c  für  öoftyMSeg,  Herod.  IV,  11)2.  Ob  i^eüi, 
<leus,  wie  von  den  Sankritischen  Themen  deva,  devl 
(dea)  ausser  Zweifel  ist,  auch  hierher  gehören,  oder  ob 
die  von  Herodot  angegebene  Ableitung  die  richtigere  sei, 
lassen  wir  unentschieden.  Sicher  gehört  diog,  öia  zu 
demselben  Stamme.  Verehrten  nun  die  Pelasger  einfach 
die  ordnenden  3Iächte  des  Himmels,  so  konnte  dieser 
allgemein  gehaltene  und  noch  in  seiner  eigentlichen  Be- 
deutung verständliche  Name  kaum  als  besonderer  Eigen- 
name gelten;  ohnehin  schloss  seine  allgemeine  Bedeutung 
besondere  himmlische  Götter,  wie  sie  das  spätere  System 
hat,  aus.  Sollte  endlich  noch  ein  Bedenken  wegen  des 
von  Herodot  gebrauchten  Plurals  übrig  bleiben,  so  würde 
sich  auch  diese  durch  die  folgende  Erörterung  erledigen. 
AVas  bisher  über  die  Ableitung  und  ursprüngliche  Be- 
deutung des  Namens  ZfVi  gesagt  ward,  schliesst  sich  an 
die  herkömmlichen  Ansichten  in  der  Art  an,  dass  ein 
AViderspruch  hierin  kaum  zu  fürchten  ist;  aber  das  Ge- 
sagte soll  uns  den  Uebcrgang  bahnen  zu  einer  neuen 
Auffassung  des  AVesens  der  Demeter ,  welche  eher  AVider- 
gpruch  erfahren  dürfte. 

(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik   und  Miscellen, 

Berlii!.  Aus  einem  unlängst  erschienenen  Programm  Dr. 
Bergks,  welcher  ausser  einer  Abhandlung  »Coniiuentatio  de 
prooemio  Empcdociis «  die  Chronik  des  JoachiMisthalschen 
Gymnasiums  enthalt ,  ergibt  sich,  dass  die  Anstalt  im  verflos- 
senen Jahre  iru  Wintersemester  1838—39  von  300,  im  Soin- 
nierscmester  von  200  Scbidern  besucbt  winde;  28  Schiik-r  gin- 
gen im  Laufe  des  Jahres  zur  Universität  ab.  Auch  der  Dircctor 
des  Friedrich- Wilhelms- Gymnasiums,  Spill  ecke,  hat  ein 
Pro"ramm  ausgegeben ,  welches  ausser  einer  lateinischen  Ab- 
handlung Prof.  U  li  leinann's,  cbcut'allä  die  Schulriachricliter 
cnlliiilt,  nacli  welchen  im  Laufe  des  Sommersemesters  1383 
Schider  die  drei  vereinigten  Anstalten,  das  Fr. -Willi. -(iymnasium, 
die  r.eal-  und  Elisabctliscbule  besuclit  haben.  Von  diesen  be- 
fanden sich  397  im  Fr. -Wdh.  -  Gymnasium  ,  620  in  der  Real- 
schule und  366  in  der  Elisabeth -Anstalt.  Zur  Universität  sind 
zu   Üslern  uud  Michaelis  c.  2i  Schüler  abgegangen. 

Stuttgart.  In  dem  Kunstblatte  zum  Morgcnblattc  Nr.93. 
steht  ein  interessanter  Aulsatz  von  P.  W.  Forchhamnier 
»I  eher  das  Tullianum  und  den  Carcer  Mamcrtinus  nebst  eini- 
gen Thesen  über  Roms  älteste  Geschichte  und  Topographie. 
Mit  Grundriss  und  Durchschnitt«,  worauf  wir  hiermit  die  Leser 
unserer  Zeitschrift  aufmerksam  machen. 

Gotha.  Am  2.  Nov.  c.  beging  der  Prof.  der  Mathematik 
am  hiesigen  Gymnasium,  Fr.  Krics,  die  Feier  seiner  SOiahri- 
gcn  .^rnlsfühning.  • 


Zeitschrift 


für    die 


Aitei  thiimswissenschaft. 


Sonntasj.  15-  Decemher 


18  3  9. 


Nr.  150. 


Pelasgischcr  Glaube    und   Homers    Vcrhältniss   zu 
demselben. 

(Forlsef  z  u  n  ^.) 

AViedcrlioleii  »vir  uns  aber  zuvor  dio  Resultafe  der 
bisherigen  Untersucliung'.  —  AVir  halten,  wie  die  Na- 
tur der  sihliclifen  Beobachtung  eine  doppelte  Seife  dar- 
Lietet ,  eine  IVaiht-  und  eine  Lichtseite,  so  bei  den  äl- 
testen Bewohnern  Griechenlands  einen  Dualismus  des 
Glaubens  gefunden,  der  diese  beiden  Seiten  der  Natur  — 
anfiinglich  als  unversöhnliche  Gegensätze  —  anerkannte 
und  beiden  seine  Verehrung  weihte.  Wir  haben  ferner 
gefunden,  wie  sich  die  untcrirdisclie  Macht  in  eine  dop- 
pelte spaltet,  männlich  und  weiblich  genommen  wird, 
und  wie  diese  bci<len  Hälften  der  Einen  Naturmacht  wie- 
der durch  die  Namen,  welche  das  innigste  Verhältniss 
gleicher  Personen  bezeichnen,  als  Gatten  oder  als  Bru- 
der und  Schwester  (zu  Hermione  Paus.  II,  3ö  5  3  vergl. 
oben)  verbunden  werden.  —  Ivüiinte  es  uns  befremden , 
wenn  auf  gleiche  AVeise  audi  die  Himnielsmacht  in  ein 
männliches   und   weibliches    Wesen  sich  theilte? 

Die  Griechen  kennen  für  die  Gottheit  ,  welche  der 
Römer  Ceres  nannte,  einen  doppelten  Namen,  JnuijTro 
und  Jl^dj;  der  erstere  ist  bei  weitem  der  gewöhnlichere, 
auch  in  dem  homerischen  Hymnus  vorherrschend  ,  iler 
letztere  findet  sich  verhältnissmässig  in  wenigeren  Stellea 
h.  in  Cer.  47.  211.  4')2.  Soph.  .4n(ig.  1120,  Eurip.  Helen. 
1343-  Suppl.  'Ü'O.  Aristoph.  Pluf.  Tilö,  namentlich  in  den 
Orphischen  Hymnen  XXIII,  XXIX,  XXXIX,  XL, 
LI,  welche  jedoch  auch  den  Namen  Demeter  gebrauchen, 
ferner  in  dem  den  Phigaleern  ertiieiltcn  Orakel  Paus. 
VIII,  42  ,  4  >ind  sonst.  Ohne  Zweifel  wurde  der  Name 
/ii]HljT)o  darum  Viblicher,  weil  dio  herrschend  gewor- 
dene Vorstellung  von  dem  Wesen  dieser  Gottheit  eben 
den  Beo;rilI  der  Mutler  hervorhob.  —  Vergleichen  wir 
Leide  Namen  mit  einander,  so  erscheint  z//y/</;r;^p  offen- 
bar zusammengesetzt  und  nach  seinem  ersten  Bestand- 
theilc  eben  die  Wurzel  enthaltend,  die  uns  in  zlnuj  nach 
Ablösung  der  Endung  o)  übrig  bleibt.  Dass  wir  also  in 
/il]Uj  den  einfachen  ,  eigentlichen,  in  ^iniljTIlo  den  da- 
von abgeleiteten,  eine  Eigenscliaft  ihres  Wesens  beson- 
ders hervorhebenden  Namen  vor  uns  haben,  ist  eine  ganz 
naheliegende  Folgerniig. 

Was  ist  nun  aber  die  Bedeutung  der  Wurzel  //// 
und  des  Namens  iJrw? 


Man  hafte  sich  bi.shcr  bei  dem  Glauben  beruhigt, 
/JVjjujrijo  sei  =2  F?]  fojriio ,  und  sich  dabei,  was  dio 
Idee  betrifft,  auf  den  seit  den  Orphikern  aufgekommenen 
Begriff  der  zfniitiTjjo  ,  was  das  Spra<hliche  betrifft,  auf 
das  Dorische  da  berufen.  PrcUer  s  Untersuchungen  ha- 
ben, wenigstens  für  mich,  dio  Haltlosigkeit  dieser  Ab- 
leitung in  jener  doppelten  Beziehung  auf  genügende  Weise 
dargethan ,  und  je  sorgfältiger  die  Sache  von  Preller  er- 
örtert ist,  um  so  weniger  ist  es  nöthig,  eine  zueite  Be- 
weisführung su  liefern.  Ab<"r  was  wir  an  die  Stelle  der 
antiquirten  Ansicht  stellen  sollen,  darüber  scheinen  sich 
jene  Untersuchungen  nicht  so  klar  geworden  zu  sein,  ja, 
an  manchen  Stellen  scheint  Preller  die  alte  Ansicht  mit 
gewissen  IModilicationen  beibehalten  zu  wollen.  Er  be- 
trachtet nämlich  Demeter  als  Erdboden  S.  TiS.  24'?.  354, 
als  fruchtbaren  und  zur  Ordnung  anregenden  Erdboden 
S.  277.  Dagegen  erheben  sich  aber  von  Seiten  des 
Sprachlichen  die  alten  Bedenken.  Sollte  inilessen  zJljf^tl]- 
Tijfi,  was  an  sich  nicht  ohne  .«inalogie  wäre,  für  ^i^uo- 
nVjXl]Q  stehen  (von  Öljuoi,  dessen  Bedeutung  Erdboden 
mindestens  problematisch  ist),  so  müsste  man  statt  zJljuj 
den  Namen  ^niioj  erwarfen.  Ueberdicss  wäre  die  Trauer 
der  Demeter  sinnlos  ,  denn  da  das  Saatkorn  nur  dem 
Culturboden  anvertraut  wird,  so  wäre  ja  Köre,  solange 
die  Erde  das  .Saatkorn  birgt,  bei  der  Mutter  und  ver- 
liesse  dieselbe,  wenn  die  Saat  aus  der  Erde  aufsprosst. 
Diess  ist  aber  völlig  gegen  den  Glauben  und  den  Cultus 
der  Griechen.  Einen  Gegensatz  zur  tieferen  Erde  kann 
Demeter  auch  darum  nicht  darbieten,  weil  schon  die 
leicht  mit  Erde  beworfenen  Leichname  ÜTVU  yßovd'i  sind. 
Alle  diese  Vergleichnngen  der  Demeter  mit  der  Erde 
gehören,  wie  Prcller  am  besten  selbst  dargethan  hat, 
einer  sj)äteren  Periode  an,  da  Demeter  bereits  yßoviCi 
geworden  war.  —  Für  die  Ableitung  von  dljui  (nach 
kretischem  Dialekte  die  Gerste)  zu  welcher  Preller  S.  317- 
o(tS.  hinneigt,  scheint  zwar  der  Umstand  zu  sprechen, 
dass  Demeter  bei  den  Svrakusanern  ^iTio  liiess  (Athen. 
III,  p.  109),  aber  Bedenken  erregt  gegen  diese  Etymo- 
logie (heils,  <las';  Demeter  sich  doch  nicht  lediglich  auf 
die  Cultur'der  G'erste  bezieht,  thcils  dass  die  Benennung 
der  Gottheit  nach  ihrem  Geschenke  oder  Ehrenamle  dem 
Charakter  der  ältesten  Zeit  schwerlich  angemessen  ist. 
Das,  was  der  schlichten  Anschauung  als  Produkt,  nicht 
als  schöpferische  Kraftsich  darstellte,  verehrte  die  älteste 
Zeit  sicher  nicht  als  göttliches  Wesen. 

Die  klare  Parallele  zu  ^fj^aJT)jQ  ist  Diespiter.     3Iir 


1Q03 


1204 


Srlieiot  nAmlirh  /Jtj  (als  SuLst.  gen.  f.  Zlrjoi)  wie  ^£115 
zur  AViirzel  ditv  zu  gehören.  Der  Abfall  des  Digamma 
kommt  auch  sonst,  unil  namentlirh  bei  Wörtern,  die  zu 
dieser  Wurzel  gehören,  vor,  öioi  =1  dirus)  ebenso  die 
Gunirung  des  i.  So  im  Sanskrit  d^va  (deus)  dT-v'i  (dea); 
im  Griechischen  ^ij,  d(;Äo,',  dijv ,  (5;;oOs.  Der  Guni- 
rung des  i  geht  die  Verstärkung  durch  Wriddhi  parallel, 
indem  der  Partikel  dr^  die  verstärkte  Form  öai ,  dem 
z//'  in  /Jru),  zJijiinljO  <las  adjektivische  dai^MV  ent- 
spricht ,  »»ie  im  Sanskrit  sich  regelmässig  (Bojip.  gr. 
reg.  647.  6^-.)  dai»a  (divus)  ableitet.  Die  hier  versuchte 
Et>mologie  findet  aber  eine  entschiedene  Bestätigung  in 
der  röniisihen  Dia  oder  Dies  (für  unseren  Zweck  ist 
beides  gleich)  als  Gattin  des  Coelus  Cic.  de  nat.  deor. 
III,  2'-.  -^5.  Dass  Dia  zu  Rom  einen  uralten  ,  von  den 
Arralisclien  Brüdern  best>rgten  Cultns  hatte,  dass  dieser 
Cultus  sich  ganz  besonders  auf  den  Segen  des  Acker- 
laues bezog,  ist  aus  IMarini's  Untersuchungen  ülier  die 
Arvalisclien  Brüilrr  (vergl.  F'orrellini  s.  v.)  bekannt,  und 
die  ^'ergleichung  mit  der  Ceres  und  Deo  liegt  so  nahe, 
dass  lue  Identität  beider  schon  verschiedentlich  ausge- 
sprochen «orilrn  ist.  ^'ergl.  Creuzer  zn  Cic.  a.  a.  O. 
In  ähnlichem  Sinne  sagt  ^'arro  I^'.  r.  10.  Principes  dei 
Coelum  et  Terra  —  in  Latin  Saturnus  et  Ops.  Terra 
enim  et  Coelum,  nt  Samothracum  initia  docent,  sunt  dei 
magni,  und  behauptet  dann,  dass  diese  göttliche  Z»ei- 
Leit   männlich   und    Heiblich   sei. 

So  Herden  wir  denn  auf  die  Annahme  geführt,  dass 
nach  dem  einfachen  Glauben  der  pelasgischen  Zeit  in  der 
Ober-,  »le  in  der  Unteruelt  der  männlichen  I\lacht  eine 
«eibliihe  zur  Seite  stand;  dem  /icni  entsprach  Aic  ^jru), 
dem  Coelus  die  Dia  oiler  Dies,  dem  Diespiter  die 
zlr^U)  xro;  und  wir  dürfen  letztere  ursiirünglich  wohl  in 
ahnlichem  Sinne  nehmen ,  in  welchem  Zeus  bei  Humer 
^ari-g  üvbuujv  t£  itsojv  re  Tieisst,  nämlich  als  die 
nohlfhätig  segnende  IVIotter  Aller  ,  die  darum  so  leicht 
in  die  Pia,  die  naiimyrtioa ,  die  magna  mater  über- 
ging oder  wirklich  mit  dieser  ursprünglich  identisch  war. 
Diese  wohllhatige  Himmelsmacht  ist  es  denn,  welche 
dem  ."\lcnsihen  Cultur  des'  Bodens,  Ordnung  des  Lebens 
gibt.  Denn  ist  die  nährende  Frucht  nicht  ein  Geschenk 
des  Himmels,  entspriessend  niid  gedeihend  unter  seinem 
Einfluss,  unter  Licht  und  Regen?  muss  sich  nicht  die 
Ordnung  des  Lanilbaues  nach  der  unveränderlichen  Ord- 
nung des  Himmels  fügen?  —  Aul  diese  Vorstellung  von 
dem  Wesen  der  ^rvt  führen  auch  die  Beinamen  /'/./!- 
','I^ijU,  n(/.u:i(/.i  ut  ,  (Dorffiiorr.;  (die  Reife  herbeiführend 
h.  in  Cer.  gewöhnlich  in  ^'erbinilung  mit  uy/.ciödmoo^ 
hA.  V.i'2-  4').'.  bei  Kallimachos  h.  in  Cer.  !:>.'.  führt 
Demeter  gelbst  die  vier  Jahreszelten  herauf),  alles  Frä- 
duate,  welche  sich  mit  den  sonst  versuchten  Etvino- 
logieen  schwerer  vereinigen  lassen.  Nun  begreifen  wir 
auch,  wiefern  im  Muhus  (h.  in  Cer.  .VVi — .'i4.)  ,  wie 
in  der  Idee  das  Aufsprossen  der  Saat  zusammenfällt  mit 
dem  Wiedersehen  von  Mutter  und  Kind  ;  denn  Perse- 
plione  kehrt  zur  Mutter  zurück  ,  wenn  sie  den  dunkeln 
Krilgriiiid  verlässt  und  das  Llilit  des  Himmels  erblickt, 
dem    sie    von   da  an    als   aufsprossende    Saat   angehört. 

Ehe  wir  indessen  den  nun  gewiinneneii  liegriff  der 
Demeter    anwenden,    um    uns    daraus    die    Bedeutung    zu 


erklären,  die  in  dem  Mysterium  von  der  Demeter  UDiI 
Köre  lag,  wollen  wir  für  die  oben  hingestellte  Behaup- 
tung, dass  die  oberste  Himmelsmacht  als  weiblich,  wie 
als  männlich  aufgefasst,  diese  so  getheilte  aber  wieder 
durch  Gatten  -  und  Geschwisternamen  zur  Einheit  ver- 
knüpit  ward  ,  und  dass  dieses  Verhältniss  insbesondere 
7wisrlien  Zeus  und  Demeter  stattfand,  einige  weitere 
Belege   anführen. 

In   dem  gemeinen   hellenischen  Glauben  steht  dem  Zeos 
als   Himinelskönigin   Hera   zur  Seite,   nicht   als  Maturgolt- 
heit,    ausser    bei    den    Orphikern ,    suiiileni    in    ethischer 
Eigenschaft  als   hera  ,    die   Herrin,   Gebieterin,   die   Frau 
des   Hauses,    und    sofern   als    Vorsteherin    des    ehelichen, 
häuslichen     Lebens,     w  esshalb     sie     denn     durchaus    nicht 
mit   der   zJl^fiijCIJQ    3£<JfiOCfüoOs     zusammenfällt,     obwohl 
auch    diese     über    dem    ehelichen     Leben     waltet.       Lokal 
war   der   Cultus    der    Hera     in    Verbindung     mit    (dem    Ne- 
meüschen)    Zeus    bei    den    Argivern    Paus.    II,   24,    2.    IV, 
V7,   4.     —    Bedeutsamer    aber    ist  für   uns    hier ,    dass   zu 
Dndona  als  crvviau^  des  Zeus  zlliovi]  (verlängerte  Form 
von    zlin)    verehrt    ward    Dem.    in    Mid.    p.    5U.   §.   .^3. 
Strabo   VII,   c.   7.    Schiuss.      Auch   II.    V,  370-    erscheint 
DInne  als  Gemahlin  des  Zeus.    Nach  i'Müller's  Archäol.  der 
Kunst.  1.  Aufl.  S.  445  linden  sich  auf  Münzen  der  Epiroten 
die  Köpfe  des  Zeus  und  der  Dione  zusammen,  auf  IMünzen  des 
Pyrrhos    neben  Zeus    die   Himmelskönigin,    oliiie   Zweifel 
auch   Dione.     -     Die   Ei'oiunii ,   die   zu   Kreta   unter   dem 
Namen    'Ek\ü)Ti<;    verehrt    ward,     scheint    keine     andere 
Göttin    gewesen    zu    sein,    als    Demeter,    da    letztere    zu 
Lebadea    wirklich   den   Namen   Eüuujni]   führte  Paus.  IX, 
3'l,   3,   ein   Name,   der   gewiss  in   gleichem  Sinne   zu   neh- 
men  ist,     wie    wenn   Zeus   £i'pvo7ir}C:    heisst.      Der   Name 
'Ekko}Tl(;  endlich   weist  uns  zu  den  ElCkoi  oder  ^ifAoi 
nach   Dodona.   —    Wie   man   aber   auch   von   letzterer  Ver- 
niuthung   denken   möge,    so    ist   doch    gewiss  die  Behaup- 
tung ,    dass    jene   römische    Ackergöttin    Dia ,    die     zu    Do- 
dona   verehrte    ^Jiüji'lj     und    ^ijuj ,     die    Schwester    und 
Gattin    des  Zeus,    eine    und    dieselbe   Gottheit    seien,    in 
welcher  die   höchste   Himmelsmacht   als   weibliches  Wesen 
aufgefasst   %»ard,    nicht   zu   gewagt,   um   so   weniger,   wenn 
wir,    wie    jene    Dia    über    die   Zeit  des   Hellenismus   hin- 
aufreicht,   wie   jdluJVl]   eine   dodonäische   Gottheit  ist,  so 
auch   den  Cultus   der  Demeter   vornehmlich  in  pelasgischen 
Niederlassungen  (Herod.  II,    171,    Wachsmuth   hell.  Alter- 
thumskunde   II,   2.   S.    12M.    iW.   Preller   D     u.  K.   S.    18. 
147,   besonders   über  die   ^"erbreitung  der   Thesmophorien 
S.   3i7   H.),    sowie    in   den   Mysterien   linden,    in    welchen 
sich   altpelasgischer  Glaube   erhalten   hat  (Müller  Orchom. 
S.   4.')l.   4f)3.   4fi2.    Haupt    de    rel.    Cabir.  Zeitschrift  für 
die   Alterthumswissenschaft    1 8  <4.   Nr.    |4.5—  l46.   §.   13). 
Unter   den   Lokalculten   will   ich   ausser    den   von   Prel- 
ler  erwähnten    nur    noch    dessen    zu    Phlius    gedenken,    wo 
Demeter    und    ihre    Tochter    einen   Tempel    auf  der    Akro- 
polis   hatten.     Paus.   II,    13,   3-      Di«"    Verehrung   der   De- 
meter  steht   aber    im   Zusammenhaiigo    mit   den   Sagen   von 
der    (irüiMluiig    der     Stadt    Paus.    II,    12,   5,    ist    demnach 
ohne    Zucif.l    sehr     alt.      Zugleich     linden     wir    zu    Flilins 
als   Ilauptciilt    den    der   GaiiMiieda    nach   späterer   Unideu- 
tiiiig   gebe.    Paus.   II,    12,   2.    und    13,   3.      Während   nun 
der    Nauie    l'afVfjtjÖU    Beiname  der    Gottheit    war ,    uu- 


1205 


1206 


ter  welchem  dieselbe  ronieliiiilirh  verehrt  ward,  hat 
uns  Strabo  VIH,,  c.  6-  <leii  Namen  zlia  erhalU-u  ,  der 
uns   wieiler  auf  zlijo)   zuri'ickfiilirt. 

In   Verbimliin^  mit  Zeus   erscheint  Demeter,   wie  Prel- 
ler  S.    ',M}7.   ausgeführt  hat,    als   Vorsteherin   ({riechisrher 
Nationalrersammlungen    zu   Aegion    in    Arhaja  Paus.   VII, 
24,   '2,     wo  ~  den   INamen    {Ztri)     Oiiayi'fjto^    und    (zJli- 
fl1]Tt^Q)    IluvaXO-ia    gewiss    die    gleiche    Bedeutung    zu- 
kommt.     Aehnliche    Beziehung    hatten    ohne    Zweifel    zu 
Theben,    überhaupt    in    BOotien     und     in    Thessalien    die 
Namen     Zsvc ,     'O^oKciloc,     und     zJnfUjTijo     'OfioKioin 
(Suidas  8.   V.    OiiuKuiiuo)  y    welchen    zu    Ehren    das   Fest 
der  Homoloen   gefeiert    ward.       Vergl.   Böckh    Staafsh.   d. 
Ath.   II,   S.   ;i,T8,ff.      Ohne    über    die   zweifelhafte   Etjino- 
liigie   dieses   Wortes   entscheiden   zu   wollen,   welches  nach 
Istros   von    öiioXuv  im  äo\.   Dialekte  =  ölioioijT/y.ur  ya\ 
tipijVlyuv     sich   ableiten    würde,    erhellt    doch   au«   dieser 
Etymologie   selbst,  dass  Zeus   und   Demeter   als  ^'orstantle 
frieillicher   Nationaliersammhingen    diese    Namen    geführt 
haben   müssen.      Auf  dasselbe    weist   uns   die    bei    der    Am- 
phiktyonenversammlung  verehrte   z/;;U);Trp  :-/iHf/y.rtoi't^ 
Herod.    VII,   2(10.      Zweifelhaft   ist   es  aber,    ob    auch    in 
dem   Eide    der   Heliasten     bei    Zeus,     Demeter   und    Posei- 
don  (nach   der   bei   Dem.   in   Timocr.   g.    13 1.   angeführten 
Eidesformel     und    nach    den   Anileutungen    bei   Eustathios 
liiad.   XV,   3h.),    oder   Athene   (in    demselben    Sciiolion), 
oder  Helios    (Bekk.    Anecd.    j).   443.)    Apollon    (Dem.   ad 
Calliop.   §.   9.)    Demeter    als    Vorsteherin    von     ^'olksver- 
eammluiigcn   genommen   ist,   indem   die  dritte  fiottheit  eine 
solche   Beziehung   nicht  wohl   haben   kann.      Nach   Preller 
hatte   Demeter   zu   diesen   Versammlungen    im   Grunde  nur 
eine   äusserliche    Beziehung,    weil  dieselben    nämlich    nach 
der   Aerndte    gehalten    tiurdeii.      Daraus   würde   sicli   aber 
wohl   als    natürlich    ergeben  ,    dass    bei    solchen    Versamm- 
lungen   unter    Aiiderm    auch    der    Demeter   Opfer    gebracht 
werden,    aber    nicht,    dass    sie    zur    Seife    des    Zeus    als 
Vorsteherin    der    Versammlungen    erscheint.      Liesse   sich 
diese    Eigenschaft   nicht   leichter   ans     ihrer  Bedeutung  als 
llimmlischc   Macht   herleiten,     wie   auch   Zeus    als    hiichste 
Himinelsmacht   über  den  Künigen  und  allem   Gemeinwesen 
waltet? 

Durch  die  bisherige  Erörternng  glaube  ich  nun  zwar 
die  über  das  ursprüngliche  Wesen>  der  Demeter  ausge- 
sprochene ^'ermiitliuiig  nicht  zur  Evidenz  gebracht,  wohl 
aber  auf  einen  zirmlichen  Grad  von  Wahrscheinlichkeit 
erhoben  zu  lialien.  —  Ich  glaube,  dass  unter  dieser  Vor- 
aussetzung auch  erklärlich  wird,  wie  in  dem  IM>sterinm, 
welches  tue  Todesgottin  als  Kuoi]  der  Demeter  feiert, 
so  freudige  Hoffnung  nefli  re  li^i  TUU  tj'ul'  TlKiVTlji; 
y.ai  ruu  aüunuVTuq  aiutvoi  (Isoer.  Paneg.  g.  '2!^.) 
liegen  konnte.  —  Es  war  das  der  Glaube,  der  die 
Schrecken  des  Todes  nberviand  ,  der  Nacht  in  Licht 
und    Tod    in    Leben    verHanilelle. 

Unversöhnt  standen  vordem  die  31ächte  der  Unterwelt 
und  die  IMächte  des  Himmels  einander  gegenüber;  beide 
von  dem  Menschen  verehrt  ,  der  sich  von  beiden  abhängig 
fühlte,  von  jenen  in  grauser  Furcht  vor  ilirer  menschcn- 
hassenden,  nnerbittlirhen  Gewalt;  vor  diesen  im  freudi- 
gen Gefühle  der  Segnungen  des  Himmels ,  dem  er  Acker- 
Lau   und   alle   Lebensorduuiig  verdankte. 


Aber  solange  diese  überall  wiederkehrenden  Gegen- 
satze in  der  Nativr  und  im  menschlichen  Leben  unermit- 
telt,  unversöhnt  für  die  religiöse  Ansicht  neben  einaniler 
stehen,  kann  das  Leben  nicht  zur  Einheit,  nicht  zur 
wahren  Freudigkeit   gelangen. 

Da  ward  von  dem  Glauben  an  die  himmlischen  Mächte 
die  Furcht  vor  dem  Tode  überwunden;  das  geheimniss- 
volle Wirken  unil  Webeu  der  Naturmächte  im  Schnosse 
der  Erile  ward  erkannt  in  seinem  innigen  Einklänge  mit 
der  ewigen,  segensreichen  Ordnung  des  Himinels,  dio 
Göttin  des  Toiles  verlor  ihre  .Schrecken;  sie  verwan<leltc 
sich  in  das  liebliche  Kind  der  menschenfreundlichen, 
mütterlich   segnenden   Himmelsinacht. 

Führte  Persephone  gerade  in  den  Eleusinien  den  Na- 
men Kuüij  ,  so  können  wir  den  Grund  hiervon  nur  darin 
finden,  dass  eben  in  diesen  Mysterien  die  furchtbare  To- 
desgöttin zum  Kinde  der  himmlischen  Mutter  und  selber 
zu  einer  dem  Himmel  Entstammten  verklärt  ward.  Es 
war  also  diese  tiefe,  wahrhafte  Versöhnung  der  Mächte 
der  Unterwelt  mit  denen  des  Himmels,  es  war  die  Auf- 
hebung jenes  Dualismus  im  Glauben  durch  Aufhebun"- 
der  Gegensätze  und  Vereinigung  derselben  zu  wirklicher 
nicht  bloss,  wie  noch  bei  dem  Dichter  der  Iliade,  schein- 
barer Einheit,  es  war  die  Verwandlung  des  Todes  in 
Leben,  was  man  in  den  Eleusinien  feierte;  und  Hand- 
lung sowohl  als  Rede  (ra  duvniiva  y.al  tu  keyuiuia) 
bezog  sich    auf  dieses   Mysterium. 

Znm  bedeutungsvollen  Bilde  dieser  Verwandlung  ward 
die  Saat;  denn  auch  sie  »lird  der  Erde,  der  ^'erivesung 
übergeben  ,  um  zu  neuem  Leben  hervorzugehen.  Sie 
ward  das  Symbol  der  Köre;  vom  Tode  geraubt  und  von 
der  Unterwelt,  der  allaufnehmeuden ,  aufgenommen,  ruft 
die  Sehnsucht  und  die  Liebe  der  himmlischen  Mutter 
aus  dem  Schoose  der  Erde  sie  wieder  hervor;  doch  nicht 
für  immer;  in  ewig  sich  nieilerholeiidem  Wechsel  bringt 
sie  von  den  drei  Zeiten  des  Jahres  die  eine  in  den  Tie- 
fen der  Erde  zu ;  kehrt  im  Frühjahre  zum  Lichte  de» 
Himmels,  zur  Mutter  zurück,  um  die  übrige  Zeit  des 
Jahres  bei  ihr  zu  verweilen,  bis  die  Zeit  naht,  wo  sie 
aufs    Neue    in   die    Tiefen    der   Erde   hinabsteigen    niuss. 

In  dem  Mythus  vom  Raube  der  Köre  wird  jene  tiefste 
und  schönste  Ideo  in  dem  Glauben  der  Griechen  zur 
Geschirlite  —  zu  einer  Geschichte,  in  der  sich  das  stete 
Loos  der  Sterblichen  spiegelt,  die  in  ihren  Grundzügen, 
wie  sie  der  homerische  Hymnus  gibt,  echt  menschlich 
empfunden  ist.  Das  liebliche,  jugrnillich  -  frohe  Kind 
«in!  mitten  unter  seinen  heitersten,  unschuldigsten  .Spie- 
len ,  umgeben  von  Blumen  un<l  den  Freundinneu  der  Ju- 
gend ,  die  Beute  des  To<les.  Trostlos  sucht  die  Mutter 
allenthalben  das  geliebte,  einzige  Kind;  ihr  ist,  sie 
müsste  über  der  Erde  noch  finden,  was  bereits  die  Erdo 
birgt.  Aber  ihre  HoHnung  täuscht  sie  nicht  "anz  ,  die 
ewige  Ordnung  des  Himmels  gibt  ihr  das  geliebte  Kind 
zurück  ;  es  war  ja  ein  himmlisches  Wesen  und  ewi>r 
das   Ihre.  ' 

Idee  und  Mythus  entsprach  den  tiefsten  Bedürfnissen 
und  Erfahrungen  des  menschlichen  Herzens;  darum  er- 
hielten die  Mysterien,  die  beides  zur  Anschauung  zu 
bringen  suchten,  so  hohe  Bedeutung,  so  allgemeine  Au- 
erkeiinung. 


130" 


1208 


Im  ZusimmeiihaniTe  mit  «lein  Mysterium  von  der 
Pcrsephotie  als  iler  Köre  »1er  Deo,  die  nun  in  ganz  be- 
souijprcm  Sinne  ^ijUi]Tro  geixirden  war,  stand  <lie  im- 
mer ilurtligreifenilere  Vcriianilliing  der  unterirdischen 
IMäditp  in  woliltliiitijTe  ,  der  ciiisen  Ordnnnj;  der  llinimli- 
gchen  dienende  Wesen.  —  ]Nun  reicht  die  3Iacht  des 
Zeus,  dessen  nadirliclistes  Gebiet  das  üiuni  «ar,  in  die 
Unter»  elt  hinali;  denn  ntan  erkennt  den  Einfluss  des 
Himmels,  die  Einwirkung  von  Licht  und  Regen  auf  die 
Thatis;keit  der  in  iler  Erde  schluninierndeii  Kräfte,  man 
orkeant  den  Zusammenhang  der  in  der  Tiefe  Haltenden 
Äaturkraft  mit  der  Ordnung  des  Himmels;  Hades  ist 
der  !Macht  des  Zeus  untergeordnet  und  gehorcht  dessen 
Befehle  h.  in  Cer.  3-  »•  34!».  35'^>. ;  die  Ordnung  des 
Zeus  ist  es,  «elrhe  das  Kind  dem  Tode  dahingiLt ,  aber 
auch  aus  dem  Tode  zurückruft.  Plutou,  dir  Ueuahrer 
der  unterirdischen  Schätze,  ivird  zum  Reichthnmgeber 
Hesiod.  0()[).  et  dies  4li.'),  zum  Wolilthäter  der  Menschen; 
denn  der  wahre  ßeichthum,  der  Segen  der  Aerndte  wird 
von  den  »Mächten  der  Unterwelt  lieraufgesendet.  —  Ja, 
auch  der  Tod,  der  die  Seele  von  den  Banden  des  Kör- 
pers erlost,  der  zur  Ruhe  bringt  das  unruhige,  stürmi- 
sclie  Leben,  der  Führer  wird  zu  besserem  Dasein,  hört, 
fiir  die  Weiseren  wenigstens,  auf,  ein  Feind  des  mensch- 
lichen Geschlcclites  zu  sein,  er  wird  sein  Wohlthäter. 
So  erscheint  Plutou  bei  Plato  de  legg.  VIIF,  p.  S28. 
in  öl  y.ai  zu  rujv  yßov'uov  y.ai  üoov~  ah  d^eor;  ovoa- 
viovz  i^ovouaoitov  y.al  to  tujv  rouroig  £7iouii<ujv 
Ol'  ioiiur/.rsov  ,  d/j.a  yunoiaiiov  iv  ri/i  Ukovrojvoi; 
fnvc  T(/i  Sutdey.aTiijy.aTu  rui>  vunov  ÜTtodiöövraq, 
y.ai  Qv  dvaye.oavTeov  Tiokeuiy.oTz  civdouiiioti  tov  toi- 
ovTov  deöv,  äkkd  TiuijTiov  uj^  ovza  dal  riß  tojv 
dv^oujTCtw  yevei  ö.oiaxov  Koivtavia  ya.Q  ipLiy^  yai 
crvjuuTi  Öiat.i'o-ettj;  ovy.  %<jtiv  rj  y.oeiTTuv ,  «3,"  lyoj 
(fctii^v  UV  OXui'Srj  kByviV  —  welche  Stelle  einen  deut- 
lichen Beleg  gibt  für  einen  ursprünglichen,  unvermittel- 
ten Gegensatz  der  Unterirdischen  und  der  Himmlischen, 
und   für  dessen   Versöhnung. 

Pluton  unil  die  Erinnven  werden  nun  Diener  einer 
gittlii'lien  Ordnung,  jener  erscheint  als  hüclister  Richter 
der  Todten  Aesch.  Eum.  2t>3;  fliese  verwandeln  ihre 
Menschen  verfolgende  >iatur;  sie  ahnden  zwar  noch  fer- 
ner das  Verbrechen ,  aber  als  ethische  Mächte  und  im 
Dienste  des  Zeus  Soph.  Aj.  13.  'S!(  ü. ;  mit  den  oberen 
Göttern  versöhnt,  tierden  sie  zu  Wohlwollenden  {Einif:- 
viÖ£')  Segnenden  (vgl.  den  Schluss  von  Acschylos  Eu- 
meniden. 

Diese  Verwandlung  musste  da  sichtbar  werden,  wo 
die  rhthnnischen  Götter  Verehrung  genossen,  und  im 
Allgomeiiirn  tragen  auch  die  (später  noch  bestehenden 
chthunisclien  Culte  Spuren  einer  solchen  Umwanillung  au 
sich.  Am  ilcutlichsieu  liegen  diese  Spuren  bei  den  arka- 
dischen  vor. 

Dass  in  Arkadien  der  Dienst  der  unterirdischen  .Mäch- 
te eiaheimisril  war,  haben  wir  oben  gesehen.  jVeben 
demselben  und  häufig  in  Verbindung  mit  ihm  bestand 
nach  Pausanias  Schilderung  ein  ausgebreiteter  Demeter- 
dienKt.  Es  ist  aber  vornehmlich  die  chthonische  Deme- 
ter,  welche   in   .Vrkadien   verehrt   ward;   von  der  z].  deO- 


fiocföooi  findet  sich  nur  eine  bestimmte  Spur  zu  Phe- 
neos  Paus.  V^lII ,  15,  1,  wo  jedoch  die  Verehrung  der 
&£(juia  über  die  Zeit  der  elcusinischen  hinaufreicht.  Als 
chthonische  Göttin  erscheint  sie  unter  Anderem  zu  Aka- 
kesion  in  Verbindung  mit  der  Despöna  Paus.  VIII,  37, 
1  ff.  ferner  zu  Thelpusa  als  J.  'Euivvvg  oder  ^lovffla 
VIII,  2.'),  3  ff.  zu  Phigalia  als  3Iska/vu  VIII,  42. 
Preller  hat  S.  14+  ff.  nicht  nur  auf  die  Sonderbarkeiten 
und  Ungereimtheiten  der  von  Pausanias  berichteten  Le- 
genden aufmerksam  gemacht,  sondern  auch  mit  grossem 
.Scharfsinne  darznthun  gesucht,  wie  die  iMyfhe  von  der 
Vermischung  des  Poseidon  und  der  Demeter  und  von  dem 
daher  entsprungenen  Rosse  Areiou  vom  böotischen  On- 
chestos  und  der  tilpossischen  Quelle  nach  dem  arkaili- 
schen  Oiikä  und  Thelpusa  übergetragen  worden  sei ,  in- 
dem die  Pr; ,  aus  welcher  Antimachos  den  .Areion  ent- 
springen lasse,  zur  Demeter  und  diese  sodann  in  die 
Erinnys  der  Thebais  verwandelt  werde. 
(Bescliluss   folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

■  R  u  lii.  Aus  A.ssisi  winlj  unter  dem  3.  Octobci-  goscbiicbcn  : 
jiDcr  ^clclirlen  Welt  wird  eine  N.icbriclit  iiber  ilic  liier  aiifge- 
cli'cktcii  L'eberreste  des  allen  IMiiiervciitemprls  von  Korinthischer 
Ordnung  von  Interesse  sein.  Als  man  d.TS  Pflaster  des  heutigen 
Pliit/xs,  auf  welcbeni  er  einst  gestanden  hat,  aulliob,  kam  eine 
Lnge  prächtiger  Travertinblücke  zum  Vorscbcin.  Auf  beiden 
Seiten  derselben  gehen  Stufen  ans,  welche,  zuerst  in  grader 
Richtung  fortlaufend,  dann  aber  winkelrecht  gewendet,  mitein- 
ander zu  einer  schmalen  Fläclic  fl'ihrcn,  von  welcher  man  auf 
mehreren  Stufen  ,  die  zwischen  den  sechs  Säulen  des  Prostylos 
angebracht  waren,  in  den  jetzt  von  modernoin  Bauwerk  einge- 
nommenen Pronaos  gelangte.  Nach  diesem  hat'inan  den  antiken 
Fiissboden  mit  länglichen  Tafeln,  von  einem  weissen  Kalkslein 
ausgelegt,  24  Palmen  unter  dem  heutigen  entdeckt.  Die  Ans- 
dcluuing  desselben  zu  messen  war  man  durch  die  Häuser,  wel- 
che darüber  erbaut  sind,  verhindert.  In  einer  Entfernung  von 
,^0  Palmen  vom  Tempel  seihst  wurde  ein  steinerner  Würfel 
von  22  Palmen  Grundlinie  mit  schon  verzierter  Base  auf  einem 
Sockel  stehend  entdeckt ,  auf  welchem  eine  12  Palmen  breite 
und  4  Palmen  hohe  Tafel  in  grossen  und  gut  geformten  Cha- 
rakteren lidgende  Inschrift  zu  lesen  gibt:  Gal.  Tcttienus.  Par- 
dalas.  et,  Teltiena.  Galene.  Tetraslylum.  siia.  pecunia.  fecerunt, 
item,  simidacra.  Castoris.  ct.  Polliicis.  ftliinicipibus.  Asisinatibus. 
Don.  Dl  der.  Et.  De<licalione.  Ejiultim.  Decnrionibus.  Sing.  XV. 
Sexvir.  XIII.  Pleb.  XII.  dederunl.  S.  C.  L.  D.  Zur  Seite  schei- 
nen Piedeslalc  gestandeu  zu  sein  ,  welche  die  lüldsaulen  des 
Kastor  und  Pollur  getragen  haben  mögen.  Die  Namen  Gaiene 
und  Tettienus  kommen  in  Inschriften  von  .\ssisi  h.äiifigcr  vor. 
Die  Aiis^ralnin^en  hat  <Ier  Architekt  Charles  Famin,  Pensionair 
der  Französischen  Akademie,  mit  obrigkeitlicher  Bewilligung 
unternommen  und  leitet  dieselben  noch  fortwährend.« 

Rastatt,  den  8.  t)ec.  S.  K.  H.  der  Grossherzog  haben 
den  huchverdienten  Nestor  der  badischen  Scliuliuanncr ,  Dr. 
Loreyc,  Director  des  Lyceums  zu  Rastatt,  zur  Anerkennung 
seiner  langjährigen  und  treuen  Verdienste,  gnädigst  zum  gehei- 
men Rilh  zu  ernennen  gernlit.  Die~e  in  einem  der  wiirdi;,>sten 
seiner  Mitglieder  dem  gcsamniten  Schiilstande  unseres  Vaterlan- 
des crHicsenc  Ansjeichnung  ist  ein  neuer  lieleg  des  hoben  In- 
teresses, das  der  edle  Fürst  für  wahres  Verdienst  und  für  das 
Aulbliilicn   unseres  vaterlandisclicn   Schulwesens  hegt. 


Druckfehler:  In  Nr.  149.  S.  1200,  Z.  3.  v.  o.  1.  Tina  st.  Jina. 


Zeitschrift 


für   die 


Alterthumswissenscliaft. 


Mittwoch,   18.  Dccemher 


18  39. 


Nr.  150. 


Pelasgisdier  Glaube    und    Homers    Vcrhälfniss   zu 
demselben. 

(Beschluss.) 

Mir  scheint  im  Geffentheil  diese  A.  Eqivvvq,  ,  sowie 
<lie  ji.  M i:\aiva  nur  e\n  Versuch  zu  sein  ,  eine  iir- 
spri'iiif liolie  rhthonische  Maclit,  eine  Eriunvs  zur  Deme- 
ter unizn)>il)ien.  Name  und  Costiim,  in  welchem  die 
rhthonische  Demeter  in  dem  Cult'is  zu  Thelpusa  nnii 
Phigalia  erscheint,  sind  ebensowenig  dem  sonstigen  We- 
sen der  Demeter  recht  angemessen  ,  als  sie  sich  aus  ei- 
ner üebcrfragung  der  hüotischen  Erinnvs  völlig  erklären 
lassen.  Demeter  hört  hier  auf,  die  hiuimlisclie  Göttin, 
die  Gemahlin  des  Zeus  zu  sein;  die  Namen  Euiwi'^ 
und  ßlcKn/va  werden  nothdürftig  in  Zusammenhang  mit 
dem  Ünihcrirreii  der  Demeter  nnd  ihrer  Trauer  um  die 
Tnchtcr  jjebraclit,  wahrend  sie  «loch  unmittelbar  auf  ein 
anderes  Gebiet  hinweisen.  Das  Uild,  welches  Pausanias 
von  der  fliekaiva  entwirft,  ihr  schwarzes  Gewand,  die 
.Schlangenhaare,  der  j(tTUjl>  noöljori;  vgl.  Strabo  111, 
c.  ,').  gegen  En<le,  Diog.  Laert.  Mened.  Cvn.  ^'I,  (i,  ihr 
Aufenthalt  und  Cultus  in  einer  Höhle  pas.ien  jedenfalls 
weit  besser  für  die  Erinnvs,  fiir  welche  sich  auch  die 
Fackel  eignet,  mit  welcher  sich  die  zJ.  J^OIVVV'^  zu 
Theljiusa  erscheint.  Was  aber  das  Pferdshaupt  und  die 
Wahne  betrifft,  so  verdient  diese  Vorstellung  im  Zus.im- 
menhange  mit  dem  Mythus  über  die  Geburt  des  Areioii, 
der  nach  dem  Schol.  Vict.  zu  II.  XXIH,  34ß  von  ilea 
späteren  Epikern  als  Abkömmling  des  Poseidon  und  ei- 
ner llarpjie,  von  den  Kvklikern  als  Abkömmling  des  Po- 
seitlou  und  der  Erinnvs  betrachtet  wird  ,  ferner  über  die 
Entstehung  des  Pegasos  aus  der  Vermischung  Poseidons 
mit  .ler  iMedusa  (Hesiod.  Theog.  27S-  ff.),  endlich  über  die  " 
Absian\mung  der  Rosse  Achill's  von  der  Harpvie  l'odarge 
II.  XVI,  l.*)!»,  von  welcher  nach  Stesichoros  Fragm.  I.  die 
Rosse  der  Dinskureu  abstammen ,  erwogen  zu  werden. 
In  allem  dem  haben  wir  wohl  nur  Variationen  einer  und 
derselben  Grundvorstellung  zu  erkennen,  welche  das  Ross 
von  ungestümmen  und  unheimlichen  dämonischen  Wesen  *) 
abstammen  Hess.  So  wenig  also  dieser  Grundvorstellung 
nach   Demeter    b«i    der  Entstehung  des   Rosses  betheiligt 

")  Poseidon  ist  in  manclien  Hezicbiingcn  ,  namcntlicb  .ils 
"Ircnioq  ,  eine  su  sonderbare  Eiscboiiuiiig,  dass  man  ii:cln- 
raals  auf  den  Gedanken  hingefi'iiirt  wird  ,  ob  niclit  aiicii 
er  ursprünglich   /.u  den   clillionisclieii  Wesen  gehört  licibe  ' 


ist,  so  wenig  firnlet  der  Ursprung  jener  Vorstellung  eine 
vollständige  Erklärung  in  den  thcbnnischen  .Sagen  und 
dem  Verh.'ingniss ,  das  die  Labdakidenfamilie  verfolgte. 
Demnach  scheint  vielmehr  jene  z/.  \Erttvvvi  und  I\Ie~ 
ku.iva.  von  Anfang  an  und  eigentlich  eine  unterirdische 
JMacht  gevvesen  zu  sein,  ein  Glied  in  den)  über  Arkadien 
verbreiteten  chthnnischcn  Cultus.  Als  dann  Arkadien  aus 
seiner  früheren  Abgeschlossenheit ,  die  das  Altcrtnümliche 
so  lauge  bewahrte,  mehr  und  mehr  heraustrat,  insbeson- 
dere als  es  sich  durch  Epaniinondas  zu  politischer  lie- 
deutung  emporgehoben  sah,  da  machte  sich  auch  mehr 
und  melir  ilas  IJedürfniss  geltend,  die  religiösen  Vorstel- 
lungen in  Einklang  zu  bringen  mit  dem  gemein-helleni- 
schen Glauben.  Woher  konnten  nun  jene  clithouischen 
Culfe  ihre  Umbildung  erhalten  ,  hellenisirt  und  hamani- 
sirt  werden,  als  aus  <len  eleusin;schen  3Ivstcrien?  Haften 
doch  diese  recht  eigenflich  die  Bestimmung,  das  nächt- 
liche Grauen  der  unterirdischen  Gewalten  und  die  Schauer 
des  Todes  zu  überwinden,  dem  Tode  und  dem  Fürsten 
des  Todes  die  Macht  zu  nehmen,  ihn  der  ewig  walten- 
den Ordnung  <les  Himmels  zu  unteriveri'en  nnd  so  zur 
Wülillhatigen  ,  menschenfreundlichen  .Macht  umzuwandeln. 
Von  diesen  Mysterien  aus  musste  denn  die  wohlthätige 
Reform  des  altarkadischen  Glaubens  an  die  chfhonischen 
Mächte  vorgenommen  werden,  und  an  Unibildnern  fehlte 
es  in  jenen  Zeiten  nicht,  vgl.  Paus.  H' ,  1,  5-  Daher 
finden  wir  in  Arkadien  an  so  vielen  Orten  Heiligthümer 
der  cleusinischen  Demeter;  zu  l'heueos  Paus.  VIII,  14,  8; 
zu  Thelpusa  '2,0,  2;  zu  Basilis  29,  4;  zu  Megalopolis  31. 
verbunden  mit  Mysterien,  welche  Nachahmung  der  eleu- 
sinisehen  waren,  ol,  4.  und  14,  8;  überhaupt  aber  ist, 
«o  Demeter  nnd  Korc  o<ler  die  grossen  Göttinnr-n  neben 
einander  verehrt  werden,  zu  Tegea  äij  3-  Trapezus 
29,  1.  Pallantion  44,  b  der  Einfluss  des  elensinischen 
Glaubens  nicht  zn  verkennen.  Diese  Umbildung  hielt 
aber  natürlich  nicht  überall  gleichen  Schritt,  und  ein 
Beleg  einer  auf  halbem  Wege  stehen  gebliebenen  Umge- 
stalfimg  ,  wo  «lie  neuen  Elemente  die  alten  nicht  völlig 
bewältigten,  ist  die  Koivvvi  zu  Thelpusa  und  die  J/i'- 
Kaiva  zu  Phigalia.*)  Die  Mythe  vom  Raub  ist  auf 
äusserliche,  zum  Theil  abenteuerliche  Weise  an  die 
Namen   ßQlvvi'i    und   MtKuiva    g'eknüpft,    aber  sie   ver- 


*)  Ein  Zeugniss  für  die  Eincuenni!;  des  Cultus  zu  Pliigalia 
und  die  Umbildung  der  ItWlutya  in  die  z/i,oj  liegt  aucli 
in  42,  4. 


1211 


1212 


iiior!i<e  (las  grausenhaftc  Dilil  ilcr  letzteren  nicht  zur 
liiinmlisrben  Gottin  zu  rcruanileln.  —  WossLalb  «iillte 
man  aber  ilie  'Jiptvvi'^  iiiilit  liclier  zur  Koor ,  soiiilorn 
zur  Demeter  umgestalten?  Ohne  Zueifcl  ,  weil  der  alte 
arkadisrlie  Glanlie  ilie  Kriiinvs  nnil  die  Pcrseplione  oder 
Despiiiia  711  lirstlninit  aiisoinauderliielt  ,  nnd  weil  in  die- 
sem die  Des/iii/iu  als  TocIiUr  der  Erinivjn  und  des  Po- 
aeidon  c^all ,  ein  (ilanlie,  der  sein  Aiialognn  in  der  von 
Apollodur  1,  ,j ,  1.  erhaltenen  (ifnealugie  findet,  «onach 
Prrsephono  die  Toihter  der  Stvx  ist.  Freilich  nennt 
Pausanins  die  Despüna  gcradeliin  eine  Tochter  Poseidon's 
nnd  der  Demeter  20  ,  5.  37 ,  (i.  42,  2-  aber  nur  darum, 
weil  er  in  der  Erinnvs  die  Demeter  erkennt.  ^  Der  ar- 
Icadisciie  Glaube,  ui-lcher  eigentlich  eine  Erinnvs  ver- 
ehrte nnd  diese  mit  Poseidon  rerband  2f) ,  4.,  musste 
natürlich  die  Eriiinys  als  IMntfer  der  Despüna  nennen. 
AVic  «eniij  der  Name  Demeter  urspriiiiglicli  «ar,  erhellt 
auch  aus  Paiisanias  selbst,  wenn  er  "Jj  ,  4  sagt:  örroi 
^t  Oiiiiöu^  y.ai  «."  zlijia-T^oi  ri;,'  Aovoloi  tu 
o.yaKiia  livui  votiiCovai ,  fiarata  ioTojaav  vTitiKi-- 
(fUXt^.  Also  »Var  der  Aanie  Demeter  nur  Deutun}(,  auf 
keinen  Fall  so  fest,  »ie  der  ilerErinnys,  dem  zn  Liebe 
man  ja,  «ie  Preller  erinnert,  zu  der  unfjereimten  Er- 
zählung seine  Zutliulif  iialiiii,  «onach  Demeter  ,  die  Toch- 
ter suchend,  von  Poseidon  missbraucht  «ird  nnd  nun  erst 
lon  diesem  die  Tochter  gebiert.  Was  endlich  den  Areiou 
betrillt,  so  läugneten  die  Phigalier  42,  2-  dass  Deme- 
ter ein  Ross  geboren  habe,  die  Despöua,  beliaiipteten 
sie,  sei  iiir  einziges  Kind  ;  auch  dicss  «olil  in  dem  Stre- 
ben, den  alteiiilieimischen  Cult  mehr  in  Ein'klang  zu 
bringen  mit  den  Vorstellungen  von  der  Demeter  und  dem 
JIvthus  von  dem  Raube,  in  «elchem  Demeter  ii'ir  ein 
einzio;es  Kind  hat.  Zu  Thelpusa  dagegen  liess  man  von 
der  Demeter  neben  der  Despoiia  noch  den  Areion  ab- 
stammen 2Ö ,  1.  unstreitig  «ohl  ans  dem  (iniiide,  v*oil 
der  lokale  Glaube  von  der  Entstehung  des  Rosses  aus 
der  Erinnrs  und  Poseidon  zn  festgewurzelt  und  unaii- 
greilbar  war.  Auch  ist  neben  gleicher  Saj^e  die  l'eberein- 
stimmung  ilcr  Namen  Onchestos  und  ünkcion,  Tilpliiisa  und 
Thelpusa  wohl  nicht  zufällig,  da  wir  zudem  .■'chon  bei 
einem  andern  rhthonisrlien  Cult  Böotiens  auf  Arkadien 
hingewiesen  worden  sind.  Endlich  ilarf  niclit  übersehen 
werden,  wie  auch  an  Delphi  »ich  der  Name  Poseidon's 
anknüpft.  Das  Qrakel,  entschieden  ein  chthonisches , 
wesshalb  es  auch  vnn  einem  Drachen  bewacht  ward  Paus. 
X,  6,  3,  bis  Apollo  es  in  IJesitz  nahm,  aber  selbst 
dann  seine  ursprüngliche  Natur  nicht  verlaugnend  *j ,  ge- 
hiirte  anfanglich  der  Erde  und  dem  l'iiseidtm  an  Paus. 
X,  ö,  3. 

Kehren  wir  nun  zu  der  Frage  zurück,  in  welchem 
Verhältnisse  lloiner  zu  dem  Mysterium  von  der  Köre 
steht,  so  haben  wir  bereits  gesehen,  dass,  li.'ingt  anders 
das  .Mjsteriom  von  der  Auflassung  der  Perscphone  als  Köre 
der  Demeter  ab,   wie  die  vorangehende  Untersuchung  er- 


"^  Obwohl  Apollo  nur  Prophet  seines  Vuteis  Zeus  ist  Aescli. 
Eum.  19,  so  kommt  doch  Begeisterung  und  Orakel  .lus 
dem  Erdschluod  empor.  Ganz  anders  zu  Oodona.  Hier 
cri.,,.1  des  /.u,  Orükel,  i,.  i^u!,^  in'ix6>i„in  ü.l.  XI V,  32.':). 
vgl.  Hcrod.  11.  5J.  Sliaho  VIJ,  c.?.'      ' 


wiesen  haben  dürfte,  Iloincr  nicht  ganz  ohne  Kenntniss 
desselben  ist.  .Mit  dem  Charakter  der  homerlsch<-u  Ge- 
dichte, welchen  allerilings  eine  mvstische  Riclilu/if;  durch- 
aus fremd  ist,  steht  diess  nicht  im  AViilerspnicIi.  Die 
Kunde  von  der  Perseplione  als  Tochter  des  Zeus  und  der 
Demeter  ist  ganz  ansserlicli  aiifgenoinmen ,  wie  denn 
überhaupt  Demeter  dem  Kreise  der  bei  Iluiner  tliJitigen 
Gotter  ferne  steht,  und  auch  der  pelasgische  Zeus  als 
fremdartiges  Element  in  seinem  Gedichte  sich  darstellt. 
AVolleu  wir  indessen  zu  hellenischer  fleligion  nur  das- 
jenige rechnen,  was  eigentlich  in  dem  Glauben  der  Hel- 
lenen zu  Ilonier's  Zeit  wurzelte  und  lebte,  so  kann  die 
Verehrung  der  beiden  Göttinnen  in  ihrer  mystischen  Ver- 
bindung [toii>  i}£Oh')  nicht  in  der  Weise  zum  helleni- 
schen Glauben  gerechnet  werden,  wie  die  Verehrung  de.s 
Zeus,  der  Here ,  Athene  u.  a.  Gottheiten,  die  lebendig 
handelnd  bei  Homer  auftreten.  —  Tiefere  Natnran- 
schaunng  war  der  hellenischen  Periode,  die  Homer  re- 
pr^sentirt,  fremd.  Der  heitere  ,  leichte,  auf  die  .Aussen- 
welt  gerichtete  und  die  sinnliche  Erscheinung  so  treu 
nnd  lebendig  aiida.ssende  Sinn  der  Jonier  ,  wie  er  sich 
unter  asiatischem  Himmel  entwickelte,  musste  von  selbst 
die  tieferen  Ideen,  die  ihm  der  Glaube  <ler  V.'iter  über- 
lieferte, umgestalten  zum  heiteren,  menschlichen  Mythus. 
Wie  die  Gölter  mehr  und  mehr  als  geistige,  mcnschen- 
illiiiücho  Wesen  erfasst  wurden,  nnd  der  3Iensch  mehr 
und  mehr  seine  Herrschaft  über  die  Elemente  geltend 
machte,  so  mnssten  auch  die  Gotter  als  Idealmenschen 
gefasst  ,  von  der  Natur  geschieden  ,  ihre  Herren  nnd  Vor- 
stehi^r  werden.  —  Indem  endlich  die  jouische  Gesammt- 
nation  ans  so  versrhiedenartigeii  Bestandtheilen  gemischt 
war,  (Herod.  I,  14(i)  und  daher  eine  ftlannirhfaltigkeit 
angestammter  Götterdienste  neben  und  unter  einander  be- 
stand ,  so  musste  man  natürlich  dahin  gedrängt  werden, 
aus  dieser  Mannichfiltigkeit  eine  Einheit  zu  schaden, 
welche  denn  auch  bei  Homer  nnd  noch  systematischer 
bei  Hesiod  vollzogen  erscheint,  so  dass,  was  sicher 
Schöpfung  der  jonischen  Gesammtnation  war,  von  Hero- 
dot  den  Dichtern  zugeschrieben  wird,  in  welcheu  zuerst 
diese   Reform   des  Glaubens  sich   aussprach. 

Demeter  konnte  in  diesem  neuen  Glauben  kaum  an- 
ders denn  als  \'orsteherin  des  Ackerbaues  (II.  V ,  ,jO(). 
XIII,  32','.  XXI,  7b)  gefasst  werilen,  Gemahlin  des 
Zeus  inus>te  sie  zwar  der  Ueberliefernng  wegen  bleiben, 
.ibiT  ihr  ganzes  Wesen  trat  gegen  den  Becrrilf  der  Hera, 
die   nun    zur   Seite    des   Zeus   erscheint,    zurück. 

.So  hat  denn  Jonien  und  sein  Dichter  allerdings  pe- 
lasgische Religion  aufgenommen,  aber  dieselbe  seinem 
Charakter   gemäss  verwandelt. 

Heilbronn.  ff-   U^umlein. 


Arcliaeologie. 

1)  Zur  Gallerie  der  alten  Dramatiker;  Auswahl  unedir- 
ter  (iriechiseher  Thongefiisse  der  Grossherzoglicli 
Badischen  .Sammlnn;];  in  Karlsruhe.  Mit  Erläute- 
rungen von  Dr.  Fried-  Creuzer.  IMit  <)  litliogra- 
phisclwn   Umrissen.      Heidelberg    bei    C.  J.    Winter. 

isay.    130  s.  8. 


i2i:3 


1214 


2)  Vasenbililer.  Iforausjfogolipii  iiiid  erklärt  von  Otto 
Ja/in.  Ilamliiirff,  IVrtlifS,  Besser  und  Mauke.  l.Sol). 
4U  S.   4.   und   4   Tafeln. 

Die  erste  der  beiden  genannten  Schriften  müssen  wir 
um  so  mehr  h  illkommen  heissen ,  als  sie  uns  nirht  nur 
eine  Reihe  interessanter  Vaseiijjemalde  zur  Renntniss 
bringt,  sondern  damit  auch  die  INacliricht  verliindet,  dass 
<lie  Originale  dem  waiulelbaren  Kreisläufe  des  lv^ll^tllan- 
dels  entzogen  «orilen  seien  und  in  einer  deutschen  Re- 
sidenz ihren  hleihenden  Sitz  gefunden  haben.  AVir  er- 
fahren aus  dem  kurzen  Vorworte,  dass  der  (irossherzog 
von  Baden  dureh  seinen  GesehaftstrSger  am  riimisrhen 
Hofe,  Herrn  Rittmeister  Blaler,  eine  ansehnliche  Zahl 
bemalter  Geftisse  und  anderer  Antiraglien  aufkaufen  liess, 
die  ZHar  für  jetzt  der  Bescliaunng  des  grossen  I'ublikunis 
noch  nicht  ausgestellt  ist,  in  naher  Zukunft  aber  in  der 
neuen,  ihrer  Vollendung  nahen  Geniäldegallerie  ihre  pas- 
sende Stelle  finden  «ird.  Das  vorzüglichste  Prachtstück 
dieser  Sammlung,  die  grosse,  4'/.>  Palmen  hohe  Amphora 
ans  Ruio  mit  Orpheus  in  der  ünterivelt  und  Bellerophon 
als  Ucberwinder  der  Chiniaera,  ist  den  Freunden  alter 
Kunst  bereits  durch  die  Abbildung  in  den  Monumenti 
inediti  dell'  Instituto  archeol.  Vol.  II.  Taf.  49.  und  ,50. 
und  die  Erklärung  des  Hrn.  Dr.  E.  Braun  bekannt  ge- 
worden, daher  es  in  dieser  Schrift  des  Hrn.  Cr.  liber- 
gaugeu  ist:  dagegen  macht  er  ein  zwar  nur  halb  so  gros- 
ses,  aber  in  Beziehung  auf  das  Interesse  des  Gegenstan- 
<les,  ivie  die  Feinheit  der  Ausführung  gleich  vortreff- 
liches Gefäss  zum  JMittelpunkt  seiner  Beschreibung.  Es 
ist  diess  eine  'J'/^  Palmen  hohe  ,  aus  derselben  Fund- 
grube hervorgegangene  Hydria  mit  dem  Urtheil  des  Paris. 
Auf  diesem  Bilde  erblicken  wir  nicht  bloss  die  auf  den 
zahlreichen  Darstellungen  dieser  Scene  fast  einstimmig 
"  :e(lerkehrenden  Figuren  des  Paris  mit  den  drei  Göt- 
tinnen und  dem  fllercurius,  sondern  unser  Künstler  hat 
die  grossen  Aaturgottheiten ,  Zeus,  Helios,  Klymene,  die 
Tochter  des  Okeanos  und  der  Tethys,  die  Gattin  des 
Helios  un<l  von  ihm  Blutter  des  Pliaethon  und  der  He- 
liadcn,  niid  Eutychia  ,  alle  durch  beigeschriebene  ISamen 
sicher  bezeichnet,  in  Verbindung  mit  der  Handlung  ge- 
setzt, und  dadurch  das  Urtheil  des  Paris  als  eine  Be- 
gebenheit vorgestellt,  wobei  die  grossen  Naturniächte  und 
Weltregeuten  als  urtlieilende  Zeugen  auftreten  und 
gleichsam,  wie  in  der  Tragödie,  den  Chor  bilden.  Auf 
dem  Halse  des  Gefiisses,  über  Paris  ist  das  Brustbild  der 
Eris,  die  durch  ihr  Schlangenhaar  und  ihre  kalte,  ver- 
bissenen Grimm  verkündigende  fliienc  auch  ohne  Ueber- 
schrift  als  Göttin  der  Zivietracht  zu  erkennen  sein  würde. 
Dadurch  ,  dass  sie  gerade  über  dem  P;iris  angebracht  ist, 
wollte  unser  Meister  ,  oder  vielmehr  der  Maler  des  Ori- 
ginals, das  unser  Vaseninaler  copirte,  andeuten,  dass 
Paris  sein  der  Aphrodite  günstiges  Urtheil  ohne  sein 
Wissen  und  Wollen  den  AVillen  der  Eris  vollziehe,  in- 
dem die  Folge  dieses  IJrtheils,  der  trojanische  Krieg, 
ihrer  Hache  unzählige  Opfer  darbringen  wiril.  Durch 
diese  Composition  tritt  unser  Bild  in  die  Reihe  derjeni- 
gen Malereien,  die  als  Werke  der  neueren  ausgebildeten 
griechischen  Kunst  aus  Anschauungen  der  scenischen 
Uarstellungen   der    attischen  Bühne   hervorgegangen    sind, 


während  die  ältesten  und  älteren  Vascnbilder  den  ein- 
facheren Erzählungen  des  epischen  Gesanges  zu  folgen 
pflegen:  um!  eben  die  Kachu  eisung  des  Znsammenhanges 
der  alten  Bildwerke  mit  den  Werken  der  alten  Dichter, 
vorzügli«  h  i\vr  dritmutischeii  ,  ist  ein  Hauptgesichtspunkt, 
den  unser  gelehrter  Inferprete  bei  dieser  Schrift  verfolgt 
und  darum  auf  dem  Titel  andeutet.  Auf  ilem  unteren 
Fries  dieser  Paris- Vase  ist  ein  zahlreich  besetzter,  aus 
.sechszehn  Personen  bestehender  Dionysischer  Thiasos. 
In  der  IMitte  .steht  Dionysos,  nackt,  die  Chlai.iys  über  den 
linken  Arm  geuorfen,  der  sich  auf  den  Thyrsus  stützt: 
vor  ihm  tanzt  eine  reizende,  mit  dem  reichgestickten 
Lydischen  (letvand  (ßc'.ircraoa)  bekleidete  Jungfrau ,  von 
unserem  Herrn  Ilorausgebcr  richtig  als  Ariadiie  bezeich- 
net: ein  Satyr  bläst  die  Doppelflöte  und  eine  Bacchantin 
schlägt  das  Tympanum:  um  diese  Gruppe  herum  bewe- 
gen sich  zwölf  andere  Frauen,  tlieils  in  ruhigen,  theils 
in  bacchantisch  aufgeregten  Stellungen.  Der  Künstler 
hat  hier  unterlassen,  die  Personen  durch  jNamen  zu  be- 
zeichnen, wie  er  es  bei  dem  Hanptbilde  gethan  ,  daher 
hat  es  Hr.  Cr.  versucht,  jeder  einzelnen  einen  jNamen 
zu  geben.  Obwob.l  er  hierin  dutchgängig  den  Charakter 
jeder  Person  und  die  auf  entsprechenden  üarstellun''-en 
lorkoniinenden  Namen  zu  Ratlie  gezogen  hat,  so  müssen 
wir  doch  seiner  eigenen  Erklärung  beitreten,  dass  damit 
Nichts  mehr,  als  A'ermnthungen  gegeben  werden  können: 
denn  wie  willkürlich  <lie  alten  Maler  mit  diesen  Namen 
umgingen,  und  wie  wir  bei  jedem  neuen  Funde  durch 
bisher  unbekannte  Namen  überrascht  werden,  werden  wir 
weiter  unten  aus  Veranlassung  eines  von  Hrn.  O.  Jahn 
edirten  Gefässes  sehen.  Machte  es  doch  der  Altmeister 
der  griechischen  Malerei,  Polygnot,  ebenso,  von  dem 
Pausanias  aus  Veranlassung  einer  Gruppe  aus  seinem 
grossen  Gemälde  in  der  Delphischen  Lesche  sagt,  er 
habe  nur  Einen  Namen  aus  der  Odyssee  genommen  ,  die 
anderen  selbst  geschöpft*):  warum  sollten  seine  Nach- 
folger, denen  wir  so  manche  Composition  auf  unsern 
A'asen  verdanken  ,  auf  diese  Freiheit  der  Namengebunff 
verzichtet  haben?  Wir  verweilen  daher  auch  nicht  länger 
bei  <ler  Untersuchung  über  die  verschiedenen  Namen  der 
Personen,  »eiche  an  unserem  Thiasus  Theil  nehmen, 
und  bemerken  nur,  dass  acht  derselben  als  Bacchantinnen, 
vier,  die  je  zwei  und  zwei  in  abgesonderten  Gruppen 
stehen,  als  Gratien  und  Hören  bezeichnet  werden.  So 
passend  es  erscheinen  muss,  die  Gratien,  welche  als 
Kinder  des  Dionysos  und  der  Aphrodite  oder  des  Dio- 
nysos und  der  Nymphe  Korouis  bezeichnet  werden,  bei 
unserem  Dionysischen  Aufzuge  zu  finden ,  so  veranlasst 
uns  doch  der  Umstand,  dass  eine  dieser  Frauen  (ur.  14.) 
in  der  gesenkten  rechten  und  aufgehobenen  linken  Hand 
einen  Faden  hält,  an  die  Moiren  zu  denken.  Dass  auch 
diese  ihre  Stelle  bei  dem  Dionysischen  Reigen  fanden, 
sehen  wir  aus  dem  Chor  der  Mysten,  den  uns  Aristo- 
phanes  in  den  Fröschen  mit  echt  plastischer  Kunst  vor 
die  Augen  führt.  Da  heisst  es  r.  430.  der  Dindorfischeu 
Ausgabe : 


'')  Paus.  X,  23,  3.  y.ui  /lovov  loviov  rö  oroiia  ix  lij?  Iv'OSva- 
aitii  ctoiijofwi;  'i/mOt'  xüiv  dj  v.).)mv,  iiial  äay.iir,  iü  orniiuTK 
oviiSr,xii'  «üiög  o  IJoi.vyioiioq.  veryl.  mit  2G,  2. 


1215 


12If) 


■/^(oodjuiv  ii   -TTokvööoöots 

Tuv  xfitregov  rporror, 

Tui^  y.akhj(09t^r<xTov, 

rr«i'CoiTfi,  ö»'  okßiai 
ßlo  loat  tvvdyov  rrtv. 
In    tlemsclbon    Cliorlicilc    finden    «ir    iiiich    «lip    frrflenJe 
Besihreiliiinff  fiir   <lic   mit   ziirikkiji'sclilajjenpm  Kii|ifp  und 
aufgerissener    linker   Brust    in    «il.lein   Tanze    sich   betvo- 
jende  liarchantin   (nr.  7.)»  «e'"i  es  v.  40h.   heissl : 
z«i  yuQ  7Ta(jaß}Jipai  tl  /uscQay.iay.iji 
viv  ör,  y.areidov,    v.ai  iw.)'  si'7t^uouji:ov, 

atuniuaroiu-: 
1 1 T  VI  V  i  0  V  .T  UQ  a  ij  ö  a  yivTOc,  t  ir9  i  uv  n  o  o- 
y.v  ipav. 
Uer  genieinsiliaftliche  Punkt,  in  »elcliem  lieiile  Jiceueii 
znsaninientrell'i-n  ,  ist  die  Vermahlung,  unfeu  des  Diüii\- 
sos  mit  der  Ariadne,  oben  des  Paris  mit  der  Helena, 
was  die  unmittelbare  Folge  von  seinem  Ürtheilsspruelie 
ist:  und  damit  ist  auch  die  Bestimmung  des  Gefiisses  ge- 
funden ;  sie  iiar  n.'imlich  eine  lloihzeitgabe,  und  so  reiht 
sieh  die  Karlsruher  Paris -Vase  nicht  nur  durch  ihre 
Bestimmung,  souilern  auch  durch  die  Trefflichkeit  ihrer 
Ausführung  und  Erklärung  an  die  von  E.  Gerhard  un- 
längst bekannt  gemachte  Archenioros- Vase  und  an  die 
pr.'ichtige,  vom  grossen  E.  Q.  V'isconti  selbst  erklärte*), 
]Volancr  -  Vase  des  Grafen  Pourtales  -  Gorgicr,  »vorauf  der 
Kampf  des  Theseus  mit  der  Amazone  Hippolvte  darge- 
stellt ist. 

Wir  übergehen  die  Taf.  2  —  fi,  "eiche  sSmmtlich 
Darstellungen  ans  dem  Uionysisehen  Kreise  enthalten 
und  von  unserm  Herrn  Erklärer  als  Vorläufer  für  die 
Erklärung  des  auf  der  Paris-Vase  abgebildeten  'l'hiasos 
behandelt  »vorden  «ind,  sowie  das  auf  Aphrodite  und  dio 
Adonisgärten  sinnig  gedeutete  Bildchen  auf  einer  Leky- 
thos,  die  ebenfalls  aus  Ruvo  stammt,  um  noch  einen 
Augenblick  bei  Taf.  \).  zu  veriveilen,  die  iius  die  Ab- 
bildung einer  Svrakusisch-Griechischen  Lekythos  ilarhie- 
tct.  Eine  weibliche  Figur  steht  an  einer  Quelle  ,  deren 
Strahl  aus  einen»  LOweiikopfe  hervorgeht;  sie  fällt  <len 
Wasserkrug,  den  sie  vor  der  Quelle  auf  den  IJoden  ge- 
stellt hat.  Hinter  der  Quelle,  unter  einem  Baume  ver- 
borgen, liegt  ein  Kriegej-  knicend  im  Hinterhalte  mit 
vorgehaltenem  .Schild   nnil    Lanze. 

Hr.  Cr.  erblickt  iu  diesem,  durch  keine  sonstlier  be- 
kannte Merkmale  ausgezeichneten  Bilde  den  Minelaus 
.im  Brunnen  IVlesseis  ,  im  Hinterhalt  gegen  .Andrumarhe. 
Zu  dieser  Deutung  leitete  ihn  vorzüglich  die  gleichna- 
mige Tragödie  des  Euripides  v.  fjGii.  ff.  Andrnmaclie 
war  bei  der  Zcrstörnn^r  Troja's  dem  Pjrrhus,  Sohn  des 
Achilles,  als  Siegesbeute  zugefallen,  sie  mnsste  als  Scla- 
vin  sein  Lager  theilen  und  wird  von  ihm  IMutter  des 
Wolossns.     .Später    aber     hcirathct    Pyrrhus    die    Tochter 


des  Menelaus  und  der  Helena,  Hermione.  Diese  ist 
arguühnisch  gegen  die  frühere  Beischläferin  ihres  Ge- 
mahls, sie  drohet  ihr  den  Tod  und  ruft  ihren  Vater 
Menelaus  von  Sparta  zur  Hi^lfe  herbei.  iVIenelans  macht 
wirklich  einen  Versuch,  <lie  Audromachc  heimlich  zu 
tollten  ("Eurip.  v.  43  versrl.  mit  v.  .j(iü),  niid  dazu  mag 
der  einsam  liegende  Brunnen,  wo  diese  lieroische  .Sdavin 
zu  bestimmter  Stunde  täglich  Wasser  holle,  die  erwünschte 
Gelegenheit  geboten  haben.  Hier  also  legte  sich  Mem- 
laus  in  den  Hinterhalt,  wie  wir  ihn  in  unserem  Bilde 
sahen,  während  Andromache  ganz  arglos  ihren  Wasser- 
krug füllt.  Als  der  unmittelbar  darauf  folgende  Moment 
ist  dann  zu  denken  ,  dass  Andromache  iu  das  nahe  Hei- 
liglhnni  der  Thetis  ilieht,  wie  es  Euripides  darstellt. 
^Vir  betrachten  diese  Deutung  als  ein  Meisterstück  von 
arciiüologischcr  Diiinatinn  ;  wie  wir  es  überhaupt  als 
ein  glückliches  testirn  ,  unter  welchem  diese  neue  Sainm- 
Iniig  in's  Leben  tritt,  betrachten,  dass  sie  gleich  bei  ih- 
rer Entstehung  einen  so  scharfsinnigen  und  gelehrten 
Exegcten  gefunden  hat.  Wie  einst  Alexander  der  Gr. 
den  Achilles  beneidete,  dass  er  an  Homer  einen  so  treH- 
lichen  Herold  seiner  Thateii  gefunden  habe,  so  darf 
manches  altbegründete,  reich  ausgestattete  3] useiim  jen- 
seits und  diesseits  der  Alpen  diese  noch  kleine  Samm- 
lung um  einen  Erklärer  beneiden,  dem  seine  tiefen  Stu- 
dien in  den  Sprachen  ,  Gebräuchen  und  Religionen  der 
classischen  Völker  in  der  Kunstesegesc  einen  lieneidcns- 
werth  sichern  Takt  verleihen. 

(BescLluss  folgt.) 


*)  S.   Antiqiies  du  Cabinet  di 
de  etiles    pjr  Tli.   Pancfka. 


Comic  de   Pointalcs- Onrcier  . 
Paris   IÖ,^4.     Tab.   35   um!  .m 


Personal-Chronik   uutl  Mise  eil  ca. 

Tunis,  10.  Octohcr.  Der  dciitselie  NiiniiMiialikor  Herr 
H  üii  c  ucg  i;c  1-  liat  eine  trciriiclic  Sammlung  kartbasiscliei-,  pii- 
nisclipi' ,  roiiiisclier  iinil  vaiulalisclier  Miinzen  an  den  Fürsten 
von  l'"i'irstenbi'.r^'  abgeseiulet.  Diese  Samndung  ist  die  rciclisle 
uiiil  voltsländig.'ite  iluer  Art  und  Jiat  HiTrn  Ilulienegger  eine 
scclisjälirige  Arbeit  gekostet.  Sie  rntliiill  die  fast  vollslänill-c 
Folgen  der  Medaillen  aus  ilen  drei  Epochen  des  karthagisclieii 
Reichs,  von  der  tyiischen  Kolonie  bis  auf  S  ipio  ,  von  Cäsar 
und  .August  bis  auf  Gcnsericb  ,  und  endlich  von  Genscrich  bis 
auf  den  Sarazenen  Hassan  ,  der  im  Jahr  69ü  nach  Chr.  die  da- 
mals noch  liliiliondc  Sl;)dt  auf  immer  /cistörtc.  Die  Medaillen 
sind  in  (iolil,  Silber  und  Erz  und  von  ausgewählter  Erballung, 
viele,  besonders  die  iMiniscbrn,  sind  Uiiica  und  von  Mionnit 
nicht  hesclirielieii.  Die  Legenden  der  letzteren  .sind,  nebst 
einigen  Inschriften,  die  Nnzigcn  Documcnte,  die  uns  von  Kar- 
thago iibrig  sind.  Herr  üobencgger  besitzt  noch  14  pnnischc 
Inscluiffen  und  eine  grosse  Zahl  römischer  ,  die  bis  jrt/.l  noch 
nicht  bekannt  gemacht   sind. 

n  om.  Das  ßnllellino  des  arcbaologisclien  Instituts  vom 
Juli  cnlli.alt  ein  erlanterndes  Vc-r/cicluiiss  diu-  seit  IS.'^j  von 
Cades  unter  Aufsicht  des  Instituts  licrausgegcbencn  Gemnienab- 
driickc.  Es  sind  sechs  Centiirien,  die  sii  li  ebenso  sehr  durch 
interrssante  Gegenstände,   als  durch   KiinslHevth  auszeichnen. 

.lena.  /nr  Feier  des  DoctorjuI>ilaunis  unseres  ehrwürdigen 
Eiclisl.iilt  erschien  von  Seiten  der  Mitglieder  des  philologischen 
Seminars  ein  Gbickwnnschungsschreibcn  mit  einer  Abhandlung 
von  K.  A.  H.  Heiinburg,  viuiin  uduseiilur  de  luco  cjciodam 
in  Taciti   \iNi  Agticolae.- 


Zeitschrift 


f ü  r    die 


Alterthumswissenschaft. 


Freitas:,  20.  Dccember 


1839. 


Nr.  152. 


x\  r  c  li  a  e  0  I  0  g-  i  e. 

(Bcschliiss.) 

2.  An  iliese  Schrift  lies  riiliinliekrAiiztcn  Vetera- 
iioii  reilioii  ivir  «lie  Erstliiij;sg;ilie  des  Hrn.  O.  Jahn  ,  der 
sirh's,  « ii'  "ir  lioffcn,  zur  Ehre  rechnen  wird,  in  sol- 
rher  Gesellschaft  anf^'efiihrt  zu  »erden.  Die  von  diesem 
jnnffen  Gelehrten  beschriehenen  Gefässe  stammen  ans 
denselben  Fnndgruhcn ,  nie  <!ie  der  Karlsrulier  iSamni- 
Inn^.  Auf  der  ersten  Tafel  erblicken  wir  Orestes-  in 
Deljjhi.  Die  Scene  ,  wie  der  »on  den  Furien  ierfo!;;fe 
Orestes  im  Heiliuthunie  zn  Delphi  bei  dem  sühnenden 
Gotte  Apollo  .Schutz  sucht,  ist  mehrfach,  auf  ^'asenbil- 
«lern  ilargestellt ,  jedoch  auf  jedem  mit  besonderen  Mo- 
dificalinnen.  Sehr  einfach  ist  die  Darstellung  auf  der 
von  Tliorlacins  bekannt  ^emacliten  Kopenhagener  \  ase,  »lo 
übrigens  Hrn.  J.  das  Sendschreiben  liöttiger's,  das  Sillig 
in  den  Opnscula  p.  42  j — 28  nebst  beigegebener  Abbil- 
«Inng  <les  GemAhles  bekannt  gemacht  hat,  entgangen  ist. 
Orestes  ist  an  den  Stufen  di'S  Dreifusses  neben  dem 
Ouiphalos  niedergesunken,  und  die  Furien  dringen  mit 
Sc  hiangen  nnd  Faiki'lu  auf  ilui  ein  ,  aber  Apollo  gebie- 
tet ihnen  mit  bedeutiiugsvollem  Winke,  dass  sie  sich  sei- 
nem Schilt/dinge  nicht  nähern.  Be«egter  ist  die  Hand- 
lung auf  dem  Halse  eines  Berliner  Gcfasses.  *)  Orestes 
unifasst  <len  Ompha!os,  vor  ihm  sit/t  Apollo  auf  dem 
Dreifusse  und  «ehrt  mit  ausgestreckter  Kechfe  die  anf 
Orestes  eindringende  Furie  ah;  auf  der  anderen  Seite 
flieht  entsetzt  die  Pvthia  und  eine  andere  junge  Frau, 
die  Hr.  J. ,  abweichend  von  Hrn.  H.  Roehette  und  Ger- 
hard für  eine  Hieroiiiile  erkh'irt.  Auf  der  von  Milliii 
(G.  .^I.  CLWI.  (i2  i)  bekannt  gemachten  und  auf  der 
^'atic.iiiischen  ^'ase  kommt  zum  .'•chutze  des  Orestes  noch 
Athene  hinzu.  Eine  spätere  Seene  stellt  eine  ^'ase  be: 
a.  Roehette  (Mon.  ined.  t.  38)  vor,  wo  bereits  Orestes 
entsühnt  ist  und  das  in  der  Scheide  ruhende  Schnenlt 
dem  Apollo  weiht.  Zu  diesen  fünf  bisher  bekannten 
Darstellungen  kommt  nun  die  sechste,  auf  einer  dem 
Coiiinel  Lambert!  in  Aeapel  gehörigen,  aus  Ruvo  stam- 
menden Vase,  womit  uns  Hr.  J.  bekannt  macht.  Das 
Eigenthümliche  dieser  Darstellung  besteht  vorzüglich 
darin,  dass  hier  statt  der  Athene  die  Schwester  des 
Apollo,  die  Artemis  in  kurz  geschürztem  Jägergewande , 
mit  zwei  Spiessen    in   der  Hand,    zwischen    zwei  Hunden 


S.  Gerhard  Berlin's  anf.  BiUlw. 


lOO.i. 


aufgeführt  ist.  Hire  Anwesenheit  darf  um  so  weniger 
hefreuideii ,  als  auch  sie  in  ilem  Delphischen  Tempel  ein 
uraltes  Heiligthiim  hatte.*)  Auf  der  Rückseite  des  Ge- 
f/isses  befindet  sich  eine  heitere  Bacchische  Scene  ,  die 
ebenfalls  abgebildet  ist. 

Taf.  II.  stellt  den  Kampf  des  Theseus  mit  dem  Mi- 
notanr  vor  ;  die  Darstellung  bietet  übrigens  nichts  Neues, 
ausser  die  Form  ulPlllAA  für  den  Namen  Ariadne. 
Dagegen  bietet  die  Rückseite  des  Gelasses  einen  reich 
besetzten,  in  üppigem  Sonnenlichte  schwärmenden  Dio- 
nvsisclien  Thiasos  vor,  <ler  durch  die  über  jede  der  Per- 
sonen gesetzten  Namen  ein  besonderes  Interesse  gewinnt. 
Den  Mittelpunkt  bildet  JlONY^iOl  mit  der  IPHNll; 
um  sie  her  sehen  wir  anf  einer  Seite  drii.Satvr  ITYyl- 
AO^  mit  der  Mänade  nOAYIJPlTH,  auf  der  an- 
deren den  Satvr  2'  l'ßA^  mit  der  l'.P.iTS2.  üeber 
dieser  Scene  befinden  sieh  noch  ilrei  Personen  in  halber 
Figur.  niNYlSH  (Hr.  .1.  liest  LANYIIII  von 
yavoc)  leiht  ihr  Ohr  den  Einflüsferniigen  eines  alten 
Satvr's,  der  in  der  Inschrift  I'J  YA  l'Tli2 iS  genannt  ist, 
von  Hrn.  J.  aber  ,  mit  Rucksicht  auf  die  Verwandtschaft 
der  Centauren  und  Satvren  E  YP  YflSiN  geXesen  \\\tA. 
Hinter  ihnen  schlagt  ein  geflügelter  Genius  ( fl 0&  OS) 
das  Tvmpanon.  —  Durch  den  Stvl  der  Zeichnung  noch 
vorzügliclier,  nnd  durch  die  beigeschriebenen  Namen  nicht 
minder  interessant  ist  die  Rückseite  des  folgenden  Ge- 
fäs-ies,  wo  wir  den  Dionvsos  mit  der  Bacchantin  0  YQNH^ 
den  S.ityr  SIMOI  mit  der  Bacchantin  AlSiNHim  Ge- 
spräche erblicken.  Die  zum  Theil  neuen  Namcu  des 
bacchischen  Gefolges  gebe»  Hrn.  J.  Veranlassung,  die 
bisher  auf  Vasenliihlern  bekannt  gewordenen  Namen  bar- 
ehischer  Thiasoten  zusammenziistelien.  Er  giebt  zu  dem 
Eiiile  eine  kurze  Beschreibung  samintlicher  dahin  ein- 
schlagenden, mit  Beischriften  versehenen  Gemälde  und 
zieht  daraus  zwei  alphabetische  Verzeichnisse  aller  weih- 
liciien  und  männliciien  Namen,  die  uns  als  eiee  sehr 
dankensuerthe  Beigabe  erscliienen  unil  jedem  folgenden 
Eiklärer  ähnlicher  Scenen  unentbehrlich  sind.  Mit  Recht 
stellt  er  die  reich  ausgestattete  Scene  auf  der  Lambergi- 
sdienVase*»),  in  deren  Mittelpunkt  OflSPI  ilem  J\0- 
NYSOS  den  Fruchtkorb  reicht,  in  dieser  Zusaminen- 
stellong  üben  an.  Alle  Namen  darauf  sind  leicht  ver- 
ständlich;   nur     einen,     der    über    einer    Nvniphe     steht, 

•)   lliuil.  Sic.   F..\c.  Vati.   Wll.  2. 
•*)   r!ci   I,,il.oulr   1,   Üj.     Gcili.'.ul   Aiilike  tlildw.   nr.    17. 


1319 


1220 


JS2ßf,  findet  unser  Erklärer  noch  immer  rätliselhuft. 
l'ns  selbst  ist  ratlisclhaft,  «ie  lio(fig-er  Herr,  in  bii.  p.  4(). 
auf  ilen  Geilaiiken  kommeii  konnte,  dieser  Aame  lialie  ur- 
spriiii»Ii(li  J'^  YIS  O  MUl  ^elieissen  ,  denn  bei  dieser  Re- 
stitution ist  auf  die  erlialteneu  ,  klar  ausffedrückteii  üisrli- 
staben  gar  keine  Ri'irksirlit  ;;enomnien.  Seitdem  «iraber 
wissen,  dass  JJS2j.\/I  niiiit  bloss  der  Name  für  die  flliit- 
ter  des  Barilins  ,  sondern  auch  für  baerhische  Nvniplien 
ist,  so  nehmen  «ir  keinen  Augenblick  Anstand,  der  ge- 
nannten Nymphe  diesen  Namen  zu  vindicircn,  und  glau- 
ben ,  dass  unserer  C'onjecfur  wenigstens  der  Vorunif  der 
Kühnheit  nicht  gemacht   «erden   könne. 

Auf  Taf.  111.  bietet  uns  Ilr.  J.  die  Abbildung  einer  zwar 
Tcrstünjmelten ,  aber  doch  aus  den  Fragmenten  noch  wohl- 
crlialtenen  Darstellung.  Eine  Fran,  ^lllNII,  also  He- 
lena, steht  zwischen  zwei  Kriegern,  iu  der  gesenkten 
linken  Hand  h.'ilt  sie  die  Oenochoe,  in  iler  rechten,  die 
fehlt,  hielt  sie  ohne  Zweifel  eine  .Schale.  Sie  wendet 
sicli  links  hin  gegen  den  jungen  Krieger  Diomedes,  der 
Gekränzt,  den  Petasus  zurückgeworfen,  in  der  rechten 
Hand  ziiei  Speere,  in  der  linken  das  Schwerdt  trägt. 
Der  andere  Krieger,  den  die  l'erstüuimelung  gm  stärksten 
<raf,  ist  ebenso  ausgerüstet,  aber  sein  Name,  von  dem 
nur  die  Endbuchstaben  EIO  übrig  sind  ,  führt  zu  kei- 
ner .4ufkl,'lrung  über  die  Scene.  Unser  Herr  Heraus- 
geber denkt  natürlich  zuerst  an  den  gewöhnlichen  AVallen- 
gelahrtcn  lies  Diomedes,  an  Odysseus,  und  meint,  die 
Aenderung  ron  EIO  in  E  IC  wäre  nicht  gerade 
gewaltsam,  nur  hält  er  diese  Form  des  ^  lür  be- 
denklich, er  möchte  daher  lieber  Ejl  ()  lesen,  uvd 
^OEJSEAO^,  den  Wagenführer  und  \\  all'enfreund  des 
Diomedes,  herausbringen.  .Allein  was  wäre  für  die  Er- 
klärung des  ganzen  liildes  gewonnen,  wenn  der  zweite 
Krieger  Odvsseus  oder  Sthenelos  hiesse?  Hr.  J.  weiss 
selbst  keinen  Berührungspunkt  des  Diomedes  niit  der 
Helena,  als  dass  er  zu  ihren  Freiern  gehört  habe,  und 
äussert  daher,  obwohl  schüchtern,  die  ^'erniuthüng,  ob 
er  nicht  etwa  auf  unserm  Gemälde  den  Korb  erhalte. 
Ww  wollen  diess  auf  sich  beruhen  lassen  und  uns  au 
die  Inschrift  halten.  Die  erhaltenen  Züge  führen  uns 
von  selbst  darauf,  diese  Ell  EIO  zu  ergänzen.  Hr.  J. 
■wird  uns  fragen,  wie  kommen  aber  Epeios  und  Diome- 
des zusammen?  Davon  lesen  wir  in  der  Iliade  Nichts. 
AVir  antworten,  das  i^t  auch  gar  nicht  nöthig,  unil  be- 
rufen uns  auf  den  oben  angeführten  Vorgang  Polvgnot's, 
der  sich  in  seinen  Conipositionen  Nichts  weniger  als 
ängstlich  an  die  Erzählung  der  Dichter  band,  sondern 
viele  seiner  Gruppen  nach  eigener  Erlin<lung,  oder  we- 
nigstens nach  Traditionen,  die  schon  dem  Paiisanias  nicht 
mehr  bekannt  waren,  bildete.  —  AVir  wolleii  nun  aber 
etwas  näher  auf  dar.  erwähnte  Gemälde  Polvgnot's  ein- 
gehen. Nach  Pausanias  X,  2.5,  'J.  war  auf  der  rechten 
Seite  der  Del[ihischen  Lesrhc  die  Zerstörung  Troja  s  und 
die  Abfahrt  der  Hellenen  {"J}.i6g  TS  i.aLüf/.vhi.  v.cü  clnö- 
:i).OL'i  u  E/  }.ljv(j)v)  dargestellt.  Unter  anderen  war  dar- 
unter auch  eine  Gruppe  von  ßriseis ,  Diomede  und  Iphis, 
welche  die  Schönheit  der  Helena  betrachteten.  Der  Perie- 
got  >rhildert  das  c.  4.  yu^ijrai  <5f  avTij  re  i;  'E/Jun 
y.ai  LvQVtiÜTiji    Ttkijoiof    tuv   bl     Odt'Ooiojg    iivui 


■jTaivai  Se  Ilki/.Toa  xai  IJavi'^akls,  y  fiiv  ttj  E'Ktvij 
naQtairf/.ev ,  //  dt  inaöti  ti]v  Snanoivav  i) 'JJkly.TQa. 
8id(fO(}a  di^  y.ai  Taira  tu  örof^iara  Ofiijooi;  ttisro 
it/  Ikulö/ ,  fj  y.ai  'Ekivijv  xai  ioixrag  üjj.ui>  rf]  Ekivij 
TcIq  doi'kui;  ini  tu  Ttr/og  ■-invoitjxtv.  Sollte  nun, 
möchten  wir  fragen,  das  Gelüste,  das  vvunilcrvolle  AVeib, 
für  die  so  vieles  Blut  der  Helden  geflossen,  zu  sehen  , 
nicht  vor  der  Abfahrt  gekommen  sein?  Diomedes  und 
Epeios  hatten  den  ganzen  langjährigen  Kampf  mitge- 
macht und  hatten  sich  noch  am  Ende  in  den  Bauch  des 
von  Epeios  gezimmerten  Pferdes  eingeschlossen.  Von 
Diomedes  sagt  es  Trypliiodor  v.  473,  von  Epeios  Virgil 
Aen.  'J,  2()4.  Epeios  war  ferner  in  dem  Gemälde  Po- 
lygnot's  dargestellt,  wie  er  die  lAIauer  einreisst.  Paus. 
2G,  2.  Auf  unserem  A'^asengemälde  nun  glauben  wir  sie 
zu  erblicken,  viio  sie  der  Helena  das  Lebewohl  sagen 
und  von  ihr  den  Abschiedskranz  erhalten  haben.  Sie 
sind  schon  ganz  zur  Abfahrt  gerüstet  und  haben  den 
kriegerischen  Helm  mit  dem  Reisehut  vertauscht,  ähnlich 
wie  Nestor  bei  Polvgnot  c.  23,  II-  dargestellt  war: 
eygaips  Öi  y.ai  Neotooa  Trj  xecfakij  t£  inixSLUsrov 
■jTikov  y.ai  iv  Trj  %£ioi  boQV  ijovTa.  Auf  dem  Haupt 
tragen  sie  Kränze,  sei  es  als  Zeichen  des  Sieges,  oder 
dass  sie  gerade  im  Begriffe  sind,  den  Göttern  ein  Opfer 
für  glückliche  Meeresfahrt  zu  bringen.  —  Doch  genug 
hiervon.  Nachdem  wir  uns  so  lange  bei  diesem  Gemälde 
verweilt  haben,  bemerken  wir  nur  noch,  dass  Taf.  IV. 
Poseidon  und  Amymone  darstellt:  auf  der  A^orderscife 
verfolgt  er  die  Jungfrau ,  auf  der  Rückseite  schlägt  er 
mit  dem  Dreizack  an  den  Felsen,  um  ihr  AV'asser  zu 
gewähren. 

Zum  Schlüsse  bitten  wir  Herrn  Jahn,  uns  auch  fer- 
ner mit  ähnlichen  Forschungen  zu  erfreuen  und  unsere 
geringfügigen  Bemerkungen  als  einen  Beweis  der  Auf- 
merksamkeit, mit  der  wir  sein  Schriftchen  gelesen  haben, 
wohlwollend  aufzunehmen. 

Tübingen.  Chr.    (Vulx.. 


Uraiios,  Kronos  und  Zeus  im  Kampfe  um  den  Ilerr- 
scherdiron.    Nach  der  Mesiodisclien  Tlieoo;onie. 

Man  ist  gewohnt,  bei  dem  Thronwechsel  des  Uranos, 
Kronus  und  Zeus  an  neptunische  oder  tcllurische  Revo- 
lutionen zu  denken,  die  der  geordneten  Bildung  und 
Gestaltung  der  Erde  vorhergegangen  wären.  A'ergl.  Creuz. 
Symb.  II,  440.  Dieser  Annahme  lässt  sich  aber  bei  ge- 
nauerer Untersuchung  nicht  beistimmen.  Der  sinnliche 
niensch  verliert  sich  in  kein  Philosophem;  er  geht  nicht 
über  die  Gegenwart,  das  Sichtbare  hinaus,  seine  fllytho- 
logie  dreht  sich  zunächst  um  Verkörperung  der  festen , 
unwandelbaren  Ordnung  der  Dinge  in  der  Natur,  sodann 
um  Personilication  und  historische  Fixirung  periodisch 
wiederkehrender  Erscheinungen  in  der  physischen  und 
uächstdem  in  der  ethischen  AVeK.  Ferner  lässt  sich 
jene  Ansicht  mit  der  Sage  von  den  AVeltalteru  durchaus 
nicht  in  Einklang  bringen.  W.ihreud  Kronos  der  Gott 
des  goldenen  Zeitalters  ist,  unter  dem  die  IMenschheit 
in  einem  ewigen  Frühling,  im  vollen  Genuss  eines  glück- 
lichen  sorglosen  Lebens    sich  bcfaud,    soll  er  hier  einer 


1231 


1222 


Zeit  aiiSPliOrpii ,  wo  die  Natur  iinrli  lein«  tvaic  Ordnung 
iiihI  Gestalt  hatte.  Welcker  Tril.  p.  95  lilsst  daher  diese 
Ansieht  mit  Recht  fallen.  Er  glanht,  „der  ifanze  Dy- 
iiasticenivcehsel  sei  nur  geiiiaclit,  nni  Personen  und  VoT- 
stcUungcn  verschiedener  Art  zu  einem  (ianzen  zu  ver- 
einbaren und  znfilllig  entstandene  theologische  AVidcr- 
sprüche  poetisch  aufznhehen;  Ur.inos  und  Zeus  seien  in 
der  Religion  zuletzt  doch  nur  Einer,  Kronos  alirr  zu 
keiner  Zeit  statt  des  Himmels  «der  des  höchsten  AVesens 
verehrt  »orden."  Allerdings  nicht!  Indess  anch  seine 
Itleinung  ist  im   Ganzen   wenig  befriedigend. 

Der  Throntvcclisel ,  wobei  <ler  Ivämpfer  um  des  Zeus 
Thron,  Tvplion,  nicht  übersehen  uerilen  darf,  uas  frei- 
lich nur  zu  oft  geschehen  ist ,  scheint  vielmehr  auf  den 
Wechsel  der  Jahreszeiten  zu  gehen.  Doch  zum  Ver- 
ständniss  des  Ganzen  müssen  wir  die  Genealogiecn  über 
die  Bildung  der  Welt  nnd  die  feste  Ordnung  der  Dinge 
voranschicken. 

Als  Grundwesen  alles  Seins  werden  betrachtet :  ,Y«oc, 
rata,  und  der  TccoraQüi;.  Diese  Ursubstanzen  waren 
Anfangs  ungeregelt  und  ohne  alle  Ordnung.  In  diese 
wurden  sie  gebracht  durch  die  verbindende  Kraft  des 
£gog.  Er  ist  eine  unbekannte,  unsichtbar  it irkende 
Gottheit,  derselbe,  scheint  es,  den  Ovid.  fllet.  I,  '2\- 
Deus  et  melior  natura  nennt,  oline  seinen  Namen  zu 
kennen  v.  32:  quisquis  fuit  ille  J)eoruui.  Aus  dem 
^ao^  entstand  die  Finsterniss  Eotfio^,  die  schwarze 
JSi't;  aub  der  i\'(!^  der  ^Jfß^ijg  und  die  IlfiHQU.*)  Die 
Talu.  darauf  gebar  aus  sich  den  Ol'^avoQ,  die  hohen 
Berge  (die  uns  freilich  in  der  wenigstens  interessanten 
Schrift  von  A.  Soetbeer  verloren  gehen)  und  den  /Zoi'rOs. 
Nun  ist  es  ein  grosses  fliissverstilndniss  von  Creuz.  Symb. 
JI,  427,  wenn  er  aus  dem  Umstände,  dass  Hesiod  den 
Püiitos  von  dem  Okeanos  Iflsst  geboren  werden,  folgert, 
der  Dichter  h.'ltte  manche  Jiltere  Begrifl'e  und  Ueberlie- 
ferungen  z«ar  treulich  wiedergegeben,  sie  aber  nicht 
ganz  mehr  verstanden.  Aus  der  tudten  Masse  geht  die 
organisirte  AVeit  hervor.  Die  bis  jetzt  genannten  Schö- 
pfungen sind  ohne  schaffende  Kraft.  Ans  ihnen  k«tin(c 
sich  die  belditc  Natur,  die  Titanen  viil  ihren  Geschwi- 
stern und  Kindern,  erst  herausbilden.  Statt  des  todteu 
Pontes  also,  der  diovySTOv  nicht  ohne  (irund  heisst**), 
gebiert  die  FatU  den  leltensjtendenden  SJyeavö;.  S<hi)n 
der  Scholiast  z.  v.  13?.  hat  das  Richtige  gelesen:  ovTOi;, 
sagt  er,  tuv  'S2y.ECivuv  TijQ  dakd.riaiiQ  d/aoTekkei.  6 
'iiy.savog ,  (pijolv,  6  Tr;v  Ttoiöii^ia  Tra^e'/ojv  ttj  yrj. 
reyovsu  ouv  tioojtov  tu  üoij  v.iil  i]  ^tikacrcra,  j.t/mo) 
ßooyT)<;  ij  öoöoov  ij  ukXrji;  rivuq  TrotÖTtjrog  oioaviai 
irrt  tr,v  yijn  yavofiivi^c-  f^ieru  Tuvra  Öt  t(j>  ovtjav(f} 
evvij^sicra  tj  yT]  i;otc(TO  v.ai  ßuEysaiiai  y.ai  v.aoTxo- 
(footiv.  —  Die  Ge  selbst  erleidet  darauf  mit  ihrem  Ge- 
mahl üranos  illetaniorphosen ,  in<lem  sie  libergelieu  in 
die  Titanen  und  Titaniden,  die  Erdenhinder,  mit  gleichem 


•)  Gerade  sn  nitslelit  hei  den    Hcbiacrn   das  Tai^eilicht,   dir 
Tag,  -|^j^   Gen.  l,  3.    vor  der  Sonne,    dem  andern  "j-iv 
ibid    lö.     Das  bemerkt  anch  K.nnne  Mylhol.  p.   14. 
**)  JJorTo;,    llO.uyoq,    &ü).v.aau,    v.li;    haben    das    Epitheton 

UTOÜ/tTO^, 


Rechte  Lh'anionen  v.  4fil.  genannt.  Ebenso  heisst  Kou- 
VO^  Oi'oitviöii^,  wie  die  Cyclopen  v.  50L'.  Der  Name 
kommt  von  T/Ttua,  die  Erde,  in  alter,  vielleicht  thes- 
salischer  Sprache.  Diod.  Sic.  III,  .O/.  V,  (id.  Tizuv 
ist  eine  .abgekürzte  Form  für  TlTai'ajv ,  wie  '-iK/.naiojv, 
'I'L/.uuv;  .liyaiv)v,  yliydv;  'Ko/iaiüjv,'£giiäi.'  S.  Eu- 
stath'.  z.  II.  p.  138,  8.  Vergl.  VVeltk.  ad  Alcman.  fr. 
p.   1.   not.    I. 

Der  Himmel  ist  in  steter  Bewegung.  Schol.  ad  v.  132. 
ü  yuQ  ui'oavoq  deiXivtjTcii;  iun.  Ovid.  Met.  II,  70: 
Adde,  (jiiod  assidua  rapitur  vertigine  coelum.  Die  Ti- 
tanen Js.oios,  ligeto^,  'Ymotuiv  und  'la-jrsxuc,  sind  nur 
Bezeichnungen  des  Himmels  und  scheinen  die  verschie- 
denen Bewegungen  desselben  auszudrücken.  Schon  der 
Scholiast  hat  daran  gedacht,  wahrscheinlich  nach  guten 
Vorgängern.  Aoioq,  <las  Himmelsgewölbe,  kommt  von 
yoia  ,  einem  antiniachischen  Worte  :  y.oUc  aijuaivEl  -xvv 
aCfatQUV,  ij  yoiiatq  Tragu  './vrif^id-yo).  Etym.  M.  S.V. 
Das  bat  anch  Schwende  in  unserer  Zeitschr.  III.  .fahrg. 
IX.  Heft  p.  949.  vermuthet.  Dahin  gehört  y.olac  •  i> 
crzooyyi't-Oi  XI9o4  b.  Suidas.  Desselben  Stammes  ist 
auch  das  Adjectiv  y.oiXoc,  (?  Coelus,  coelum).  KnuTuii 
V.  y.otU).  'luT[£TUs  (<lie  Etyniologio  des  Scholiasten  ver- 
dient keiner  Berücksichtigung)  von  iäitxu)  vgl,  y.()Tt£TOi 
Tl'TltTog,,  TTayeröq,  isrüc,.  Bezeichnungen  der  Erde 
sind  die  Titaniden:  Oeia^'PcUi,  Ohili,  flhriiu(rivr, 
0uißi],  Tij^i'^.  0s;a  statt  diu,  wie  iJeia  statt  fjia. 
So  auch  Etym.  M.  p.  449,  15:  öeia  aijf.tai'v£i  Tt)v  iir- 
TEoa  Tfji;  OEh'jvtji  y.ai  tov  ijXloi'.  IJaou  t];v  dtav 
ytyovs  9iEia  xai  Tiaga  oovc.tQentv  Seia.  y.ai  yap 
ui'Ti]  eaxiv  a.hia  rij^  i}sa<;  y.ai  tov  Ocoyoeiv  luiüt;. 
Das  Himmelsgewölbe  (Koio;)  bewegt  sich  am  Abend 
verbindet  sich  mit  der  leuchtenden  Tochter  des  üranos 
und  der  Gaia,  Phöbe ;  vollendet  seinen  n.'ichtlichen  Lauf 
als  AfjfioQ,  heirathet  die  Dunkelgüttin  Eurybie,  des 
Pontos  und  der  Gaia  Tochter,  wandelt  am  Tage  empor 
als  IzTCoilüV ,  der  Theia  vernuililt ,  nnd  sinkt  am  Abend 
nieder  als  'IlfXEZO^,  sich  mit  der  Diinkelgottheit  Klv- 
mene  (vgl.  Creuz.  Symb.  II,  756.),  des  Okeanos  und  der 
Gaia   Tochter,    verbindend. 

Wahrend  Phöbe  dem  Koios  auf  Erden  die  Dunkelheit 
(Leto)  gebiert,  bringt  sie  am  Himmel  den  Sternen"!nnz 
(Asterie)  hervor.  Die  weitkräftige  Eurybie  gebiert  dem 
Herrscher  Kreios  den  Asträus,  Pallas  und  Perses ,  im 
Grunde  nur  eine  Person,  wie  zum  Theil  schon  richti" 
der  Scholiast  bemerkt  v.  376:  AoToatöv  rc  Tr,v 
ykvEijiv  Tujv  aOTouw  TI dLl.avT a ,  tijv  xivriy/r  av- 
Tun'.  Nur  den  Perses  scheint  er  nicht  richtig  zu  fassen. 
Er  bezieht  sich  einmal  auf  den  Untergang,  sodann  aber 
auch  auf  den  Aufgang,  uodurch  er  wieder  zum  Asträng 
wird.  Durch  diese  Wechselbeziehung  erzeugt  .Asträus 
die  Sterile,  und  mit  der  Eos  die  Winde  Zepinros,  ßo- 
reas  und  Nutos  und  den  Morgenstern  Heosphorns.  Perses 
wird  mit  der  Asterie  A'ater  der  Hekate.  Die  Theia  ge- 
biert dem  Hyperion  den  Helios,  <iie  Selcne  und  die  Eos. 
.lapetos  heirathet  die  Okeaninc  Klvmeiip,  welche  ihm 
den  Prometheus,  Epimetheus  ,  Atlas  und  Menölius  >re- 
biert.  Den  Prometheus  halte  ich  für  das  Feuermeer  am 
Himmel  bei  untergehender  Sonne.  So  erklärt  sich  auch 
sein    Feuerraub.     Bei    Eurip.    Jon.    445.    (vergl,    Weick. 


1'223 


1224 


Tril.  f.   71)  1111(1    Apolln.l.   I,   A,    {].   Oiiit   rr   siatt  des  He- 
nli3«tu«  zHr   Geliiirt  der   Athene   den  llünimersciila;;. 

üer  l'ranos  und  die  Gaia  erschalFen  ferner  die  Cy- 
clopeu:  Brontes,  Sieropes  niiil  ArQos.  Der  Name  Ki- 
y./.ujil'  ist  sehr  dunkel.  Warum  sollte  der  Blitz  rund- 
iider  eiiiäui^if;  Iieis>en  ?  Das  ji.isst  auf  Sonne  und  !Mond 
eUeiisu  gut  und  muh  l>esser.  l>aher  auili  Olkljvii  xv 
}{/ (.'iii' l>.  Parmenid.  (Clemens  Alex.  5.  p-  7Ö2.)  Der  Xaiiie 
trägt  ein  alterlliiimliches  Gepräge  und  hatte  sehr  «ahr- 
si  heiiilirh  irgend  "eiche  Beziehung  auf  das  Wesen  des 
Blit/es,  auf  die  durch  das  Zitterlidit  hewirktc  Kreishe- 
«e-'un".  Des.-halb  mag  Zeiio  beim  Srhnliasteii  z.  i.  I.j'l. 
»lolil   Recht   haben:   Z(vvn>  Öt  (fVOiy.U)tiQV)i;   Tai  iyy.v- 

Des  üraiios  und  der  Gc  Kinder  sinil  ferner  die  He/cu- 
toncheiren:  Kottos,  Brittreos  und  Gyes,  die  mit  einem 
liieratischen  Manien  Briareos  'iiiil  einem  profanen  Aegaon 
(II.  a,  W.i,  4(14)  lieissen.  Briareos,  Aegäon  und  G\es 
uiaciit  Schol.  Apoll.  I,  116-  und  nach  ihm  Eudor.  p.  U|. 
7.U  Einer  Pers<Mi.  ^'er-l.  Ilevii.  Obss.  Apoll.  I,  1,  1. 
Weicker  fisst  die  Hekatonihciren  in  der  Tril.  p.  IjO 
jjeiviss  richtig  als  Eiu  AVesen,  den  Regen  zusammen, 
lud  zwar  gehen  sie  zunächst  auf  den  Getcitleiiegen. 
Was  die  Etymologie  hetridt.  so  liegt  hier  noch  .'Vlaiiches 
im  Dunkeln.  Adrro^  leiten  Kanne  31vt!iol.  p.  23.  not- 
und  Hermann  Uelier  das  Wesen  und  die  Behandlung  der 
."Mythologie  p.  84,  ileiien  Creuz.  Svmb.  II,  p.  4^9  nicht 
«ider>pricht ,  von  /.OTTf/v  äol.  statt  xo^rrf/l'  (lat.  cutere) 
ab.  Welcker's  Ilerleitung  a.  a.  O.  p.  149-  f""  y.OTOi; 
hat  am  ivenigsten  für  sich.  Richtig  führt  Bultmann  im 
Lexil.  I.  p.  „'.50  den  >iamen  auf  das  Dorische  y.ocTn, 
y.oiTO^,  Kopf,  zurück,  nie  denn  auch  der  Eos  Gemahl 
Kephalos  ,  »leHolil  211  ganz,  lerscliiedener  Bedeutung, 
ruin  Koj>f  seinen  Namen  ii.it.  Ebenso  rirhdg  ist  Kanne's 
und  Buttinaiin's  Ableitung  des  Namnus  /(.'//;  >on  yriov. 
Der  Erstere  bemerkt  a.  a.  O.  „Fl'iov  war  auch  ohne 
Jota,  ilalier  yuu/.or,  dfi(fiyr)jfli,  yvi'jTiji.  Aber  FitjC, 
iler  llekatuncheir ,  hiess  auch  Fvil^^,  wie  die  falsche 
Lesart  Fiyr^  *)  beweist."  Fviuv  geht  nun  aber  be- 
sonders auf  die  untern  Glieder  ,  Knie  nnil  Fuss  («ergl. 
'.4u(r<iyir,tli)  und  der  l  l)]C  passt  somit  lollkonimen  zum 
fiütZOC,.  Briareos  lässt  sich  sodann  ohne  %»aiig  vnu 
Händen  und  Schulfern,  dem  eigentlichen  Sitze  der  Starke, 
erkläreii.  Diese  kindisch  -  iiaiie  Vorstelluiif;  i>t  echt 
lolkjthnmlich.  t>inil  sie  doch  v4in  Theileii  des  Körpers 
Hekatonclieiren  genannt!  Und  so  mag  denn  aus  alter 
.Sage  mit  herühergeiiuuimen  «eiu  der  erklärende  Zusatz 
r.    150  ff.: 


*)  Furfi  ist  die  allein  richtige  Schreih.ni  ,  und  es  bclVcmdcl, 
wie  ßiiKiiuiin  mit  Bcnll.  /'.  Hur.  Od.  Il,  17.  14.  neben 
jft'ij,-  noch  die  vulgare  Form  ilul.leii  kann.  I'ryr,-;  ist  ein 
_  — ,  rill,:;  ein  1/  —  und  alle  .Slclbii  ,  die  licntl.  .1  .n  O. 
hcibiingt ,  erlordiTn  einen  v—  ;  i"  'jliifiyutjui;  i^t  v  auch 
kurz,  und,  was  allen  Zwcitel  hell.  Apollndur  und  eiuijjc 
Coiii.  det   Ilcsiod  haben  die  richtige  Form. 


TV}v  ty.axov  [itv  X^^Q^i  o-'H    wfiutv  aTocovro 
arzkaaToi,  -Aecfctkal  ÖS  iy.doTO)  iievTriyovTa 
tt    oJftMv    iitecfvy.uv    äiii    arißagoiai   f^ieXea- 
aiv.  *) 
Auch    führt    KoTTOq    in    der    Titanumachie    v.    054.    das 
Wort  beim  Zeus. 

Nach  dieser  Etymologie  üegt  in  keinem  der  drei 
Namen  eine  Ilinwcisnng  auf  den  Regen.  Der  Name 
Briareos  ist  iliiiikel  und  unbestiniint ,  und  lielleicht  eben 
desswegeii  hieratisch ;  dagegen  niuchtc  Aegäoii,  der  Was- 
sermann,  profan    erscheinen.    **) 

Hiermit  nun  ist  die  Schöpfung  der  belebten  Natur 
gegeben.  Vergl.  die  Oiidische  Beschreibung.  DieseNa- 
tur  allein  würde  hinreichen.  Alles  aus  sich  zu  erschalTen, 
iveiin  ein  ewiger  Frühling  unter  Kronos  ,  dem  Gotte  der 
Zeit,  herrschte.  Aber  nachdem  er,  der  mit  der  schiipferi- 
s<  hell  Natur  selbst  in's  Leben  trat,  wesshalli  ihn  der  Slv- 
tliiis  zum  Titanen  macht,  vom  Throne  gestossen,  und 
.liipiter  uns  vier  Zeiträume,  ein  Jahr,  geschaffen,  (Ovid. 
.llet.  I,  IIS.  spatiis  exegit  quatuor  annum)  ist  die  Natur 
eiiieiii  AV'echsel ,  dem  AVechsel  der  Jahreszeiten  iiiiter- 
worfeii;  es  wechseln  in  der  Herrschaft  Uriinos ,  Kronos 
und  Zeus,  den  sein  Gegner  Ti/phon  nicht  vom  Thro- 
ne  stürzt. 

.Alle  seine  Kinder,  die  Titanen,  Titaniden,  Cvclope'i 
und  Centimanen,  also  die  schalfende  Natur,  schloss  üra- 
iios ,  der  todte  Winter,  in  das  Innere  der  Erde  ein  und 
liess  sie  nicht  zum  'l'orscheiii  kommen.  Darüber  seufzen 
sie  und  rächen  sich  auf  Anstiften  ihrer  fllutter  Ge.  Als 
iler  ^'ater  herannaht,  der  Liebe  mit  der  Ge  zu  pflegen, 
entmannte  ihn  Kronos  mit  einer  .Sichel  und  warf  die 
.Schaainglieder  von  der  Erde  in  die  See.  Die  Bluts- 
tropfen aber,  den  irtirtnen  ,  bef'ruclilenden  Regen,  fing 
die  (i'e  auf,  unil  aus  ihr  wurden  die  Giganten,  Erinven 
und   Melischeii    Nymphen    geboren. 

(Beschluss   folgt.) 


Personal-Chronik  uud  Mi«cellen. 

HrLin^-en.  Zu  dem  S.  10.52.  über  die  lüesi^c  Sludicii:iii- 
stall  Gcnililcten  filmen  wir  noch  die  llinweisonj;  auf  ilic  dem 
Jalucsbciiclitc  von  lÖ.U  beigi'gebene  AblMiulluni;  von  K.  Sclia- 
f  e  r  bei:  i  l  ober  (tio^rapbiccii  iibeibaiipt  und  Hie  Pbit.ircbisclicii 
insbesondere,   als  Gnindla^e  des  ersten   liisloriscbeii  ünlorriclits.« 

*)  Inbegreiflicli  ist,  wie  Sortbecr  diesen  Vers  gegen  den 
foi::eiideii  ioyvi;  '*.  i.  A.  uns  lassen  küiiiitc. 
**)  So  fins  man  "bei  den  Hebiar-rn  schon  Inili  a:i  ,  das  A.is- 
spircben  des  Namens  fT)lrj"i  für  eine  F.ntlieiliguns  dessel- 
ben zu  hallen ,  und  sprach  statt  dessen  Adonai ;  oder 
mannannle  ihn  ilcu  Gewaltigen,  Macliti,?('n,  'PX-      Kbenso 

sagen  gölllicbe  Erscheinungen  iliien  Nunien  entweder  gar 
niclit  ,  oder  in  Urnsoliieiliiingcu  1.  Mos.  .H2,  .30.  Ricblcr. 
l.\,  18.  Jos.  ,5.  14.  lä.  Dl«  G(inrrs|iraclio  der  Griechen 
scheint  eben  Umscliri'ibuiigeii  luiil  üiideiitlicbkeilrn  /.n 
heben,  verul  II.  20,  74,  2,  «13.  Od.  10,  30ä.  (mit  Ovi.l. 
Met.   XIV.  2f)i.)    12,  61. 

^^  yian  bittet  das  lorige  Blatt  mit  Nr.  151  zn  bezeichnru. 


Zeitschrift 


f ü  r    die 


AI  terth  LI  ms  Wissenschaft 


Sonntag,  22.  Decemher 


1839. 


Nr.  153. 


Uranos ,  Ivronos  und  Zeus  im  Kampfe  um  den  Hcrr- 
scherdiron.    Nach  der  Hesiodischen  Tlieogonie. 

(Beschl  uss.) 

Kronos  nun  ist  es,  der  tliose  Hnnillun^  vollbringt. 
Der  Zeifgott  führt  vom  Toil  zum  Leben.  So  ist  er  aucli 
nnr  Vermittler.  Selbst  Sohn  des  Uranos  ivird  er  Vater 
dos  Zeus  und  von  ihm  bald  wieder  in  Fesseln  gelegt  und 
iu  den  Tartarus  ge\vnrfcn ,  nährend  Gaia  und  Uranos 
noch  mit  Rath  und  Hülfe  deui  Zens  zur  Seite  stehen. 
Seine  Herrschaft  also  dauert  nicht  mehr,  wie  im  ewigou 
Frühling,  ununterbrochen  fort.  So  auch  fesselten  die 
italischen  Völker  jedes  Jahr  bis  in  den  zehnten  Monat 
ihren  Saturn  ,  und  Aehnlichcs  weist  von  anderen  Jahres, 
güttern  Creuz.  Symb.  II,  215-  nach;  der  Saturn  wurde 
gelöst  an  seinem  Feste ,  den  Saturnalien.  Allem  Ver- 
inuthen  nach  bezieht  sich  diese  Fesselung  und  Lösung 
auf  Schliessung  und   Eröffnnug  des  Jahres. 

Die  Blutstropfen  also  fing  die  Ge  auf,  und  nach  Ver- 
lauf der  Zeit,  rxSQmko^Evujv  ivicwTiSv,  gebar  sie  die 
Erinyen,   Giganten  und  Hlelischen   Nymphen. 

Die  'Epn'ijg,  die  hier  ohne  Zweifel  physisch  zu  fas- 
sen sind,  da  sie  in  ethischer  Hinsicht  Töchter  der  Eris 
hiessen  £Qy.  803  (hei  Aeschylus  Töchter  der  Nacht,  s. 
Schol.  Lycophr.  v.  40(j.  vgl.  Heyn.  Apollod.  übss.  ad.  1, 
1.  4),  die  den  fünften  Tag  jedes  Monats  nmherirren , 
den  Horkus  zu  rächen,  sind  ge.viss  nicht,  wie  der 
Scholiast  und  selbst  Neuere  wollen,  von  SQt^  oder  epcc 
benannt,  was  sich  aus  der  Etymologie  nicht  rechtfertigen 
lässt,  sondern  voa  eQiri'U}  zürnen,  wie  schon  Paus.  l'III, 
p.   649   will.      Dazu    vergleiche   man    die    Artemis  Brinio. 

Der  Name  Fiya^  lässt  sich  seiner  Etymologie  nach 
schwerlich  mit  yij  in  ^'erbindung  bringen.  Man  muss 
rielmohr  eine  der  äUeren  Sprache  überhaupt  beliebte, 
vollere  Form,  ririlMI  {yäuj)  voraussetzen.  Vgl.  die 
Artemis    Eileithyia. 

Die  ]\vfi(f'ai  MeXiat ,  die  Eschen-Nymphen ,  wobei 
Esche,  wie  Creuz.  Symb.  II.  p.  431-  meint,  collectivisch 
•teht,  bezeichnen  wohl  die  wilde  Baumfrucht,  im  goldenen 
Zeitalter  Speise  der  Menschen  (vgl.  Ovid.  Met.  I.  v.  104  (f.). 
Sie  auf  Fruchtbarkeit  der  T/iiere  und  Pflanzen  zn  be- 
ziehen, ist  ebenso  falsch,  wie  des  Scholiasten  Zusammcn- 
Etellung  des  Namens  Mekia  mit  fuj'ka  =z  -j-gößaTu) 

Di  Erinyen,  Giganten  und  Melischen  Nymphen  wären 
somit  die  von  selbst,  ohne  Saat,  aus  den  blossen  Bluts- 
tropfen des    Uranos    fprosseude  Nahrung,    die    cibi    nnllo 


cogcnte  creati,  die  Frucht,  die,  wie  es  tpy.  117.  heissf, 
nuter  Kronos  tr^fpf  ^eldojpug  üpuVQa  AüZOfidTI]  -Jvok- 
)mv  t£  y.ai   r/.(fi^(jvov. 

Die  abgeschnittenen  Schaamtheile  des  Uranos  trieben 
lange  in  der  See  herum,  bis  endlich  aus  ihrem  Samen 
die  schaumgeborno  Aphrodite  hervorging  (Thoog.  v.  19011.) 
Sinnreich  wird  diese  pliönizische  Gottheit  (bei  ApoUod. 
I,  3.  3,  Tochter  des  Zens  und  der  Dione,  wie  bei 
Homer,  vgl.  Schol.  II.  V,  374.  und  wie  die  Kretensischo 
Mythe  erzählte,  s.  Diod.  V,  72.),  die  auf  Kypros  und 
Kythere  vorzüglicli  ihren  Sitz  hatte,  in  die  griechische 
Götterreihe  als  Blüthen-  und  Frühlingsgotlin  ")  gezogen. 
Zuerst  kam  sie  zur  heiligen  Kythere.  Hier  absichtlich, 
und  Kv9i']poiai  Ci]9£oiaiv  EllXi^x'  (v.  190.  s(j.)  kommt 
gewiss  überein  mit  CaQiiji;  vmo  v.ev^eni  yutijg,  wie  es 
von  Zeus  V.  483.  heisst.  —  JJQog  ist  eine  bekannte  Ab- 
leitungsendung. Dann  kommt  sie  nach  Kvnpog  von 
■^vnpt^oj  Mühen.  Unter  ihren  Füssen  entsteht  das  saut- 
los  sprossende  Kraut  no/'lj.  —  Leicht  finden  auch  "Ego^ 
und  ''I/lCQog  im  Frühlinge  ihre  Stelle,  wenn  man  sie 
nicht  für  eine  zufällige  Zugabe  des  Dichters,  oder  mit 
Neueren    für    eine    fremdartige    Beimischung    halten   will. 

Die  lockere,  mit  Regen  getränkte  Frühlingserde  wird 
nnn  geackert  und  besäet;  Peia  {ÖEuj)**)  gebiert  v.  453 
dem  Kronos  dio'^öri'«,  ztlJitljrijQ  niuV'IIplj  ,  (]en'/iS)J^, 
Evvoalya/Oi  und  yievg,  welche  nur  eine  Metamorphose 
der  Tilanen  sind.  Auch  die  Hestia  ist  eine  Erdgöttin, 
woran  AV^elcker  Tril.  p.  97-  nicht  daclitc.  Man  findet 
eine  ^r/njzvo  'Eortuvxo!;  und  eine  Proserpina  nnter 
dem  Namen  j^^doviaEoTta  bei  Sophocl.  Oeil.  Col.  1727. 
Einige  nannten  die  Erde  Hestia  (Tim.  Locr.    p.   97.  D.) 

*}  Dieselbe  Bedeutung  hatte  die  .iltrömische  Venus,  woi  iibei- 
L.  Döderlein  Zeitschr.  f.  A.  W.  II.  Jahrg.  III.  Ilelt  p.  315, 
nachdem  er  den  Waincn  Venus  von  uv&üv  abgeleitet,  bc- 
nierkl:  ,,Die  enge  Beziehung  der  altrömisclicn  Venus  zur 
Bliitbe  imd  zum  Frühling  ist  aus  dem  Anfang  des  Liicre- 
liiis  bekaunt  genug  und  wird  noch  bestätigt  durch  Varro 
R.  R.  I  ,  1.  adveneror  Mincrvara  et  Vencrcm ,  quaium 
unius  pvociiratio  oliveti,  allcriiis  hortoium.  Und  L.  L. 
IV,  3.  Viualia  rustica  diciintiir  a.  d.  XII.  Kai.  Scptciubr. 
quod  tiun  Vcncri  dicata  acdes  et  horti  eins  tutcl.ic  as. 
'sigiuntiir  ac  tiiin  sunt  feriati  olitorcs.  Aber  mehr  als 
Alles  beweist  die  Stelle  bei  Festus  s.  coquus :  Naevius  co- 
(juus,  inqiiit,  edit  Ncptunum  ,  venerem  j  ccrercni,  Signi- 
ficat  .  .  .  per  venerem  olera." 
•*)  So  auch  Cfiryslpp  b.  Schol.  3.  v.  135  .•  'Pila,  r  H  (/(flgoir 


1227 


1228 


S.  Creuz.  Syrab.  .II.  p.  635.  Bfi  Virg.  Aen.  IX,  2ö'\ 
bemerkt  Servius  zu  den  Worten  Canae  l'eslae :  ^'eiiera- 
bilis,  an<i(juae.  Ipsa  enini  antiqiiissiina  üca  est.  Terra. 
Kronos  aber  rersrlilang  alle  seine  klniler.  Nur  den 
Zeos  brachte  Rhea  auf  ein  Orakel  des  üranos  und  der 
Gaia  nach  dem  gedungenen  Feltlande,  Kreta  (K()r,Tiji; 
[y.eoüvvfui]  f>  -rriova  Ökiiuv),  damit  er  nicht  von  sei- 
nem ^'ater  gefressen  «lirde.  Nach  seiner  Geburt  nahm 
ihn  die  Gaia  auf  und  verbarg  ihn  bei  der  Aacht  in 
einer  Hohle  Cf'.i'^/r,'  i  to  y.ei'ifeo/  yahjC,  auf  dem  wal- 
digen Aegaeus.  Schnell  wuchs  er  heran  und  hatte  bald 
Kraft  genug,  seinen  Vater  Kronos  mit  Hülfe  der  Gaia 
zu  zwingen,  die  verschluckten  Kinder  mit  dem  statt  sei- 
ner verschluckten  Steine  wieder  von  sich  zu  geben.  Den 
gab  er  zuerst  zurück.  Es  geht  derselbe  höchst  wahr- 
scheinlich auf  den  sich  verhärtenden  Erdboden.  Auch 
Agiauros  (die  Helle),  Tochter  des  Kekrops,  vielleicht 
keine  andere,  als  ihre  Schwester  oder  IMutter  Herse 
(Thau),  wird  bei  Ovid.  Met.  II,  819  ff.  in  einen  Stein 
verwandelt,  hei  Hvgiii.  fall.  t()b.  (cfr.  Pausan.  p.  4l.) 
stürzt  sie  sich  mit  ihren  Schwestern  Herse  und  Paudrosos 
in's  Meer.  Zeus  befestigt  daher  diesen  .Stein  auf  der 
weiten  Erde  in  llvSu}  *) ,  <lem  stillstehenden,  in  Fäul- 
iiiss   übergehenden   Sumpf land.       Achulich  tüdtete   Apollo 

die   Schlange    Rvduyv   mit  seinen   Pfeilen. 

Zeus  entthront  nun  den  Kronos.  Hierüber  entstand 
ein  harter  Kampf  mit  den  Titanen.  Nämlich  als  nach 
Entfernung  des  Kronos  die  Titanen  nicht  mehr  von  selbst 
sprossen  und  reifen  lassen  können,  so  treten  sie  als  Feinde 
ihres  Herrschers  auf.  Sie  wollen  nullo  cogente  schaffen, 
widersetzen  sich  also  dem  zwingenden  Zeus,  dieser  aber 
befreit  die  Cyclopen,  die  Blltzgötter  v.  501  ff-i  mit  denen 
er  herrscht:  ein  Zeichen  des  Frühlings  und  Sommers; 
dann  mit  seinen  Geschwistern  die  Centimanen  v.  626, 
mit  denen  ihm  Sieg  verheissen  war  von  der  Gaia.  Er 
nur  und  seine  Geschwister  kämpfen  mit  Hülfe  der  Cy- 
clopen und  Centimanen  vom  Olymp  herab  gegen  die  Ti- 
tanen, die  auf  dem  Othrys  streiten,  der  nur  lies  Olym- 
pus wegen,  des  einmal  bekannten  Göttersitzes,  erfunden 
zu  sein  scheint.  Zeus  al)or  besiegt  die  Titanen  und 
legt  sie  in  den  Tartarus,  d.  Ii.  er  hat  die  Saat  zur  Reife 
gebracht. 

Aber  kaum  hat  er  die  Titanen  besiegt,  so  gebiert 
die  Fciu  mit  dem  Tartarus  ein  anderes,  feindliches  Un- 
geheuer, den  Typhon.  Seine  hundert  Schlangenköpfe 
blitzen  von  feurigen  Augen  und  si.hiessen  schwarze  Zun- 
gen hervor.  Er  brüllt  wie  ein  Slier  nnd  Löwe,  heult 
wie  ein  Hund  und  zischt  so  fürchterlich  ,  dass  dieBerge 
davon  erzittern.  Dieser  Typlion  stritt  mit  dem  Zeus  um 
die  llerrsdiaft  und  hätte  den  Sieg  davon  getragen,  liJitte 
ihn  nicht  Zeus  mit  dem  Blitze  zerschlagen  nnd  in  den 
Tartarns  geworfen  (v.  820  —  8üS.).  Nämlich  zur  Zeit 
der  Aeriidte,  in  den  Hundstagen,  «1er  olujoc,  wenn  der 
Sirius  brennt,  erheben  sich  die  Passatwinde,  die  vierzig 
Tage  Wehen  nnd  der  Aerndte  gefährlich  werden  unil  das 
Werk  des  Zeus   zu   vernichten   drohen.     Das   ist  eben  der 


')  Lniiiiltelbfir    vom    Yeiburi 
Kkuiöiii  u.   a. 


iliilikl,    wie    Ifn&o'i,    Kilo'}, 


TyphoH.      Von     ihm    stammt    das    ävEfiUiV  fjivog    vyQüv 

äivTinv  V.  SrO,  die  unbes(immteii  und  stürmischen  Winde: 

eine    sehr    deutliche    Uezeichnung    des    Herbstes!      Wenu 

die  Plejaden   und   iler  Orion   untergegangen,   dann,   befiehlt 

Hesiod.   ioy.   620  ff.,  soll   man   nicht   mehr   schiffen: 

y.al  TÖTS  f/ijy.in  vijus  ixciv  ev\  u'i'voTii  -ttuvtvi, 

yi]v  6'  EQydZeo^ai  fi£}ivi]fievoq,  w$  ae  xeKeviu. 

i>rja  d'  in'  ijneiQOü  eoöoai,  jrvxacrai  rs  Xi9otai 

ndvTodsv ,  ocpQ   la-^tua   dvs^oji'nivoi  vy^ov 

d  e  V  T  Ol  V , 
XsifUtoov  Ei;£Qvria(;,  'iva  ja;  ttv^tj  /lioi  außpoc. 
Als  nun  die  seligen  Götter,  die  Kruniden,  die  Geier 
der  Aerndte,  ötuT^^uti  iäujv  v.  633.  664.  den  Kampf 
um  die  Aeniter  mit  den  Titanen  bestanden,  wurde  Zeus 
König  der  Unsterblichen.  Anders  gestaltet  sich  zuerst 
die    Natur. 

Wie  die  Taia  und  'Peia  ihren  Gatten  gefährlich 
wurden  ,  so  droht  auch  dem  Zeus  Gefahr  von  seiner 
ersten  Frau,  der  verschmitztesteu  der  Göttinnen  und 
Menschen,  dem  Wasser,  der  3/^Ttc,  des  Okeanos  Toch- 
ter. Aber  als  sie  die  Athene  gebären  wollte,  verschlang 
er  sie  auf  ein  Orakel  des  Ura;ios  und  der  Gaia,  welche 
ihm  propiiezeito ,  dass  tlie  ß/i)iig  ihm  sehr  kluge  Kin- 
der freliären  würde,  die  ihm  Gefahr  brächten  (wie 
ihn  denn  auch  das  winterliche  Nass  wieder  vom  Throne 
stürzt),  zuerst  die  Tritogeiieia  Athene.  Nachher  gebar 
er  sie  aus  seinem  Haupte.  Der  Himmel  nämlich  trock- 
net den  Erdboden  ans  und  schaflt  daraus  die  Wolken  , 
den  regnerischen  Acther.  \-lth]V)]  trillt  dem  Namen  nach 
mit  Aiih]o  zusammen,  nur  ist  dieser  der  klare,  heitere, 
die  Athene  der  unbeständige,  trübe,  wie  er  sich  vorzüg- 
lich im  Herbst,  dem  inae(jiialis  auctumnus  zeigt.  Nach 
dieser  Ansicht  erklärt  sich  auch  die  Feuer-  und  AVas- 
sernatur  iler  Athene.  Abgesehen  von  ihren  fllUhen, 
mögen  hier  nnr  einige  ihrer  Beiwörter  stehen.  Sie  heisst 
'J9i\vi:  ,  ylMvy.umti,  uKec;  sodann  7'otToy£ve/a ,  wie 
Triton,  Amphitrite  ,  die  Zitternde,  von  den  Wellen  her- 
genommen, inTTiU  u.  s.  w.  Somit  wäre  die  Athene, 
Zeus  Tochter,  eigentliche  Herbstgottheit.  —  Ausserdem 
aber  zeugt  Zeus  mit  der  Lcto  den  Apollo  und  die  Ar- 
temis, die  wohl  in  die  Aemtcr  des  Helios  und  der  Se. 
lenc  treten,  v.  9(8.  Der  Kronide  Poseidon  aber  zeugt 
mit  der  Amphitrite,  des  Nereus  und  der  Okeaninc  Doris 
Tochier,   den   Triton. 

Das  Wesentlichste  aber  im  Herbste  sind  die  Segnun- 
gen der  Aerndte.  Diese  wird  nun  weitläufig  nnd  man- 
nichf.iKig  ausgedrückt  durch  die  Geburten  aus  der  Ver- 
einigung des  Himmels  und  der  Erde  oder  dem  nahrung- 
gj)endeiii!en   Wasser. 

Mit  der  Olftli,  der  gerechten  Erde,  oder  wie  man 
den  Namen  erklären  will,  zeugt  Zeus  die  Uuren:  El'vo- 
////;,  ^ix/;  und  E/'uijflj  Fruchtgöttinnen,  air  tpy 
v'joaiorai  y.axadvijiuiai  ßgorotoi;  aussenlem  die  fllö- 
rcn  hlvidv'j,  Aäxsoii  und  'Jtqotioc,*),  ans  dtdovai 

*)  In  ethischer  Bczichnns  sind  die  Mören  und  Kcrcn  pc- 
paait,  Kinder  der  Naclit  olmc  Vater.  Diesen  ciiifaclirn 
Grund  8.t1i  Klausen  Rlicin  Mus.  III.  Jahrg.  3.  Heft  p.  460, 
ebenso    weiii;;    ah   die    fiiihcrcn    Kritiker  Wolf  u.  Ä.,  die 


1229 


1230 


OvnxoTi  äv9ov')Ttotatv  tx^iv  dyadüv  re  y.axuv  re.  — 
Die  Okpaninc  Eiirjiiomc  gebar  dein  Zeus  ilie  Cliariien: 
AyXaii],  EixfQOtTVVl]  uiul  0akl}i,  deren  Bedeutung 
bekannt  ist,  die  Uenieter  die  J'erse|i!ioiie,  die  IMnenio. 
«yne  die  31iisen,  die  andersno  auch  TJirliter  des  Uranos 
lind  der  Gaia ,  Huiii.  II.  II,  49-  unil  Tlieog.  v.  7(i, 
scfilcchthin  des  Zeus  heisseii.  Mit  der  Ilere  zeugt  Zeus 
Hie  Blütliengcittin  Hebe,  den  Fruchtgutt  Ares,  ilann  die 
llitli^  ia.  Ferner  gebiert  die  Ilere  den  Ilephästos  (aus 
dessen  Saaiiien  in  anderer  Sage  £reclitlieus  hervorgeht). 
Merkwürdiger  Weise  sind  hier  des  Ares  und  der  Aphro- 
dite Sühne  Pliobus  und  Deinios  ertväliiit,  »as  von  einem 
Missverstandnissc  lierriihrt.  Mit  der  Maia  zeugt  Zeus 
den  Hermes,  mit  der  Seinele  den  Dionysos,  mit  der 
Alkraene  den  Herakles,  den  i<h  hier  auch  für  einen 
Fruchtgott  halte*),  ivas  auch  der  Name  und  seine  iiach- 
herige   Vermählung  mit  der  Hebe   emplielilt. 

AVie  Ares  die  Aphrodite,  Herakles  die  Hebe,  so  liei- 
rathet  Ilephaestos  die  Agiaia,  Dionysos  die  Ariadne 
(^avdj;  und  i)u}toij),  die  Creuz.  Simb.  II,  llT.  als 
Persephone  -  Aphrodite  nachiieist.  Mit  Dionysos  hafte 
sie  den  Staphylos  geboren.  Es  sind  iliess  Verbindungen 
von  Aerndte-  und  Saat-  (Frucht-  und  IJlüthe-)  Gott- 
heiten,   «ic  man  denn   im  Herbst  auch   wieder  säete.  **) 

Bonn,    im   April    183).  Dr.  Funcke. 


Lateinische  Srhulgrammatik  von  JV,  H.  Blume,  Dircc- 
tor  d.  R.  A.  zu  Brandenburg.  2.  Aufl.  Potsdam, 
Rifgel  1839.     280  S.  s- 

Eine  Schulgrammatik,  «eiche  erscheint  mit  Ansprü- 
chen auf  Eigrnthümlirhkeit  der  Anordnung,  Auswahl  um! 
sprachlichen  Form  des  Stolles ,  ist  in  unserer  mit  Refor- 
men der  Methode  vielfach  beschäftigten  Zeit  wohl  der 
Beachtung  werth  ;  zumal  wenn  sie  von  einem  Manne  ver- 
fasst  ist,  dessen  Schulbücher  schon  seit  längerer  Zeit 
sich  weiterer  Verbreitung  erfreuen.  Alle  bisherige  Re- 
forniversuclie  zerfallen  in  zwei  Hauptarten  :  einerseits 
völlige  Rcaction  gegen  die  wissenschaftliche  Methode  der 
Grammatik  und  Aufstellung  einer  einseitig  praktischen 
Einübnngsmethode  der  Sprache;  andererseits  eine  niüg- 
lichst  durchgreifende  l'ereinfachnng  iler  Regeln  dnrcl» 
veränderte  Anordnung  und  strenge  Auswahl  des  Materials. 
Dass  in  den  ersteren  Versuchen  <las  gerühmte  Heil  nicht 
zu  finden  sei,  dass  diese  Reaction  mit  dem  ganzen  Zweck 
und  Wesen  unserer  höheren  Bildungsanstalten  nicht  in 
Einklang  gebracht  werden  könne,  hat  mehrjährige  viel- 
fache Prüfung  wohl  hinlänglich  gezeigt;  mit  Recht  sieht 
man  daher  auf  ileni  andern  Wege,  den  auch  der  Verf. 
vorliegender  Grammatik  eingeschlagen  hat,  zu  dem  er- 
wünschten Resultat  zu   gelangen. 


Herr  Bl.  beschränkte  sich  vor  sechs  Jahren  in  der 
ersten  Aullage  dieser  Grammatik  auf  die  Formenlehre; 
hat  aber  in  dieser  2.  Auflage  die  Syntax  mit  aufgenom- 
men und  zwar  „wissenschaftlicher  geordnet  und  ausge- 
führt, als  III  den  gctvöhnlirhen  (?)  Schtilgranimatiken , 
aber  desshalb  auch  einfacher  und  klarer",  wie  er  selbst 
sagt.  Eigenthümlichkeit  in  der  Formenlehre  hat  der 
Verf.  dagegen  hauptsächlich  in  der  Vcrtheilung  der  Pensa, 
der  Klarheit  und  Genauigkeit  des  Ausdruckes,  in  der 
Auswahl  und  Beschränkung  des  StolFes  unil  in  einer  für 
das  Menioriren  sprachlich  bequemen  Fassung  gesucht. 
So  richtig  nun  der  Verf.  diese  Eigenschaften  als  Ziel 
einer  guten  Schnigrammatik  erkannt  hat;  so  wenig  wird 
mau  dieselben  in  ihr  mehr,  als  in  andern  finden  und  es 
scheint,  als  ob  der  Vvr(.  sich  nicht  Zeit  genommen  hätte, 
die  von  ihm  selbst  als  nothwendig  bezeichnete  Durchar- 
beitung der  Grammatik  durchgreifend  iu  allen  Einzel- 
heiten vorzunehmen:  denn  Veriesserungen  sind  meist  nur 
in  einzelnen  Regeln  zu  finden  *) ;  die  Eigenthüuilichkeif 
der  Eintheiluiig,  die  Auswahl  und  Behandlung  des  Stof- 
fes ist  grossentheils  unzweckmässig  zu  nennen  ;  der  Fort- 
schritt, der  durch  diese  Grammatik  in  der  Methode  ge- 
macht ist,  möchte  daher  nur  ein  unbe<leuteiider  sein, 
und  das  Verdienst  des  A'^erfs.  mehr  in  der  Andeutung, 
als  in  der  Durchführung  der  richtigen  Methode  be- 
stehen. 

Erstens  ist  die  Abgränzung  des  hier  gegebenen  Lehr- 
stoffes im  Ganzen  eine  unpassende.  Die  Grammatik  soll 
bis  Secunda  (inclusive)  beim  Unterricht  zu  Grunde  gelegt 
werden;  allein  dazu  ist  die  Syntax  zu  dürftig  ,  wie  schon 
daraus  erhellt,  dass  auf  92  Seiten  gewöhnlichen  Druckes 
das  nöthige  Material  der  syntaktischen  Regeln  gar  nicht 
zusammengedrängt  werden  kann;  es  müssten  denn,  was 
nicht  geschehen  ist,  in  gedrängter  Kürze  alle  Regeln 
bloss  als  äusserliche  Erscheinungen  hingestellt  und  ohne 
alle  Erläuterungen  ihres  inneren  Zusammenhanges  ge- 
geben sein.  Eine  Schnigrammatik  muss  doch  für  den 
Schüler  nicht  bloss  das,  was  iu  der  eigentlichen  gram- 
matischen Stunde  vorkommt,  enthalten,  sondern  auch  das, 
was  er  beim  Ausarbeiten  der  Exercitien  oder  gar  freier 
Aufsätze  nnd  bei  der  Vorbereitung  oder  Wiederholung 
der  Leetüre  bedarf.  Wenn  nun  ferner  die  Grammatik 
schon  für  Secunda  kaum  ausreicht,  so  müsste  dem  Schü- 
ler für  Prima  eine  neue  Grammatik  in  die  Hände  ge- 
geben werden  ,  die  ihm  ganz  unbekannt  sein  würile  und 
in  der  er  sich  ,  bei  den  in  dieser  Classe  schon  sehr  be- 
schränkten eigentlich  grammatikalischen  Lehrstunden,  nur 
sehr  langsam  orientiren  lernen   könnte. 

Zweitens  ist  die  A'ertheilung  des  Lehrstoffes  in  be- 
stimmte Curse  eine  Eigentliünilichkeit,  auf  die  der 
Verf.  grossen  Werth  legt,  missglückt.  Es  ist  allerdings 
recht  gut,  wenn  der  Schüler  sowohl  bestimmt  weiss,  was 


die  Verse  304—906.    ausscheiden   wollten.     Soetbeer  be- 
halt sie  eigentlich  nur  seiner  stiopbischcn  Symmetiic  we- 
gen  bei 
**)  Veigl.  Creuz.  Symb.  II,  220. 
•**)  Hesiod,  /gy.  .^81  sqq. 

ID.rliaSdiv   AiXuyiyemv  iniTM.ofiivuiiiv 
AityioO^    Ujtr^xov'  «gÖTOto  ii  Svoofnvdtw, 


')  Dass  der  Vcrf  auf  solclie  Einzelheiten  zu  grossen  Weilh 
legt,  eikennt  jn.in  daraus,  dass  er  z.  B.  die  Lclire  von 
2  statt  5  Enilnngcn  der  zweiten  Dcciination  ausser  dem 
gehörigen  Orte  (§.  12)  noch  an  zwei  Stellen  licrvorbebt 
(Vorrede  S.  III  und  S.  69)  und  an  der  letzteren  mit  einer 
polemischen  Anmerkung,  die  für  eine  Scbulgramnialik 
höchst  unpassend  ist. 


1231 


1322 


er  zu  Icrnpii  hai,  als  auch  ilieses  gleich  heisaramcn  hai 
und  iliirch  Bcmerkiiiigen,  ilie  ihn  noch  Mclits  aiijohen, 
niüo-lichst  «ciiiij  gcslört  wird.  Allein  dieser  ganze  Nutzen 
verschwindet,  wenn  in  die  einzelnen  Thcile  zu  viel  auf- 
"enoninien  ist,  so  dass  man  oft  auslassen  oder  übergehen 
miiss  und  wenn  zu  viel  Erläuterungen  gegeben  sind,  die 
volil  der  Leiirer  machen,  aber  der  Schüler  keineswegs 
auswendig  lernen  soll  ;  ein  Fehler,  den  die  meisten  Lehr- 
hnclier  in  der  für  die  unteren  Classen  bestimmten  For- 
menlehre theilen:  das  Material  muss  den  Schülern  mög- 
lichst kurz  gegeben  sein  :  die  Erklärung  muss  er  durch 
Aufmerksamkeit  in  den  Stunden  sich  aneignen,  nicht 
durch  sein  noch  selten  verständiges  Lesen  zu  Hause  ler' 
nen  sollen;  die  Erklärungen,  die  der  Anf'iiiiger  gelernt 
hat,  hat  er  selten  eigentlich  verstanden.  —  Die  vorlie- 
"■endc  Gran)niatik  zerfällt  nun  in  ö  Curse,  deren  drei 
erste  die  gesanimte  Formenlehre,  die  beiden  letzten  die 
Syntax  umfassen.  Es  ist  aber  nicht  möglich,  den  ganzen 
Reichthum  der  Formenlehre  in  den  drei  unteren  Clas- 
sen zu  absolviren  ,  und  es  muss  dalier  bei  dieser  Ver- 
tlicilung  entweder  Vieles,  was  erst  in  die  oberen  Clas- 
sen (Tertia  mitgerechnet)  geliiirt,  ausgelassen,  oder  in 
diese  drei  Curse  auch  viele  Einzelheiten  aufgenommen  sein, 
welche  für  die  unteren  Classen  nicht  gehören  und  daher 
in  ihren  Cursen  iiberlliissig  sind.  Letzteres  ist  nun  hier 
meist  der  Fall.  .So  sind  die  Regeln  über  Quantität  ein- 
zelner S\lben  für  Quinta  überflüssig;  was  liilft  es  auch, 
■ivenn  sie  lernen,  dass  die  Endsylben  a,  e,  is ,  us  kurz 
sind  ,  und  erst  in  der  folgenden  Ciasse  die  zahlreichen 
Ausnaluncn  von  diesen  Regeln?  Ebenso  überflüssig  ist 
für  Sexta  und  Quinta  die  Accentlehre ;  die  Aufz/ihlung 
von  Nebenformen  der  Dcclination  wie  ingcni  (für  Quinta 
als  voraugustisch  bezeichnet!  S.  34),  wie  a  und  as  in 
der  dritten  Declination  griechischer  AVorfe,  curru  für 
cnrrui  ;  in  den  tienusregeln  die  Aufzahlung  zahlreicher 
Feminina  griechischen  Ursprungs  (lecvtlius,  abyssns  u.  s.  w.) 
auf  US,  oder  gar  Conmiunia,  wie  grossus,  faselus  ;  ^'erba 
defi-ctiva,  wie  ansim,  faxim.  Was  soll  all  dergleichen 
für  einen  Sextaner  oder  Quintaner?  Wenn  er  in  diesen 
Classen  nur  das  Regelmässige  tüchtig  und  geläufig  lernt ; 
die  einzelnen  Unregelmässigkeiten  machen  ihn  nur  con- 
fus.  Was  liat  nun  aber  gar  Alles  der  Quartaner  zu  ler- 
nen ,  wenn  man  da  alle  Einzelheiten  der  Formenlehre 
mitnehmen  will!  ."Man  sehe  nur  S.  (i'i  und  (io  beispiels- 
halber das  Verzeichniss  d>,'r  Iletcroclita  für  diese  Classe: 
sencctus  und  seneeta  ;  pubes  ,  Genitiv  pubis  un<l  puberis, 
consortio  und  consortium,  penus  mit  3  (ienitivformen  und 
den  Nebenformen  penn  und  penuni  u.  s.  w.  Manclics 
davon  verlangen  wir  selbst  von  dem  Primaner  nicht,  dass 
er  es  wisse.  Dass  aber  trotz  dieses  Ueberflusses  doch 
manche  ndthige  Elnzcllieiten ,  die  wohl  in  allen  anderen 
Grammatiken  stehen,  sich  nicht  finden,  davon  unten.  — 
Es  kann  wohl  kaum  bezweifelt  werden,  dass  die  ^''oll- 
ständigkcit  der  granimatisi  hen  Regeln,  die  wir  auf  solche 
Weise  erstreben,  der  Erlangung  von  Sicherlieit  und  Fer- 
tigkeit in  der  Anwendung  des  Gelernten  hemmend  im 
"Wege  stehen.  So  werden  z.  B.  die  Genusregeln  von 
Sexta    bi»  Tertia  3 — 4  Jahre    lang    gelernt   und   tviedcr- 


holt ,  und  wie  geringe  Sicherheit  wird  in  denselben  er- 
reicht. Wie  viele  ^'ocabeln  werden  aber  bei  diesen  Re- 
geln schon  in  VI.  oder  V.  als  Ballast  mitgegeben,  die 
dem  Knaben  für's  Erste  noch  nie  vorkommen,  die  er 
also  immer  wieder  vergisst  (lien,  ren,  uilo,  cudo,  mugil, 
Pflanzennanien,  griechische  Worte  u.  s.  w.).  Ebenso  bei 
den  Casusregeln  ,  mit  dem  vollständigen  ^'erzeichniss  der 
A'erba  irregularia  u.  a.  dergl.  Selbst,  wenn  man  durch 
die  darauf  verwandte  Zeit  die  gewünschte  Sicherheit  er- 
langte, würde  man  doch  gestehen  müssen,  dass  dadurch 
für  die  Befreundung  mit  der  Sprache  wenig  gewonnen 
wäre,  und  dass  man  durch  Verwendung  dieser  Zeit  auf 
Satzbildung  weit  mehr  gewonnen  liabcn  würde;  denn 
durch  solche  Uebungen  w  ürde  der  Knabe  früher  vor  weit 
schlimmeren  nicht  selten  bis  Tertia  hinschleichenden  Feh- 
lern bewahrt,  als:  A'crwcchselung  von  Object  und  Sub- 
ject.  Passiv  und  Futurum,  fehlerhafter  Verbindung  des 
Subjects  und  Prädikats,  der  Conjunction  und  des  Modus 
und  dergleichen.  Zur  Einübung  der  vollständigen  Ge- 
nus- und  Casusregeln  habe  ich  eine  tabellarische  Dar- 
stellung derselben  am  bewährtesten  gefunden,  die  bei 
allen  schriftlichen  Arbeiten  zu  brauclien  der  Knabe  ge- 
lehrt werden  muss,  so  dass  er  nach  und  nach  die  Regeln 
einzeln  durch  öfteres  Durchsehen  sich  aneignet  und  zwar 
fester,  als  durch  noch  so  oft  wiederholtes  Auswendigler- 
nen; wie  bald  merkt  er  sicJi  nicht  z.  B.  diejenigen  Re- 
geln, bei  denen  nur  wenige  Ausnahmen  stehen,  und  welche 
daher  in  der  Tabelle  auf  eiuem  kleinen  Räume  zusammen- 
gedrängt stehen.  Freilicii  muss  aucli  hier  Alles  weg- 
bleiben, was  man  zur  Amcendung  niclit  brauclit,  z.  B. 
AVorte,  die  ausnahmsweise  ein  anderes  Genus  annshincn, 
gewöhnlich  aber  in  der  Regel  bleiben. 
(Beschluss  folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Pompeji.  Man  war  in  den  letzten  Monaten  mit  Aus- 
grabung der  Casa  di  Apollo  am  Ende  der  StraJa  di  Mercurio 
bcschliltigt  luul  hat  den  Garten  schon  aiilgedeckl.  Auf  eine 
der  Uinfassiingsmauein  siebt  man  ein  lioskct  gemalt ,  fast  in 
orientaliscbcr  Art;  davor  siebt  eine  Fontaine  mit  kleinen  Was- 
serfallen lind  Spielereien,  eine  andere  mit  einem  Fischbehlilter 
steht  in  der  Mitte  des  Gartens,  Eine  Reibe  Pilaster,  mir  heri- 
lichem  Laubwerk  von  der  stliönstcn  Sciilptnr  geschmückt,  tru- 
gen verschiedene  kleine  Köpfe,  Büsten  und  Doppcltbcrmen  aus 
Marmor  und  hielten  die  kleinen  Netze  oder  Gitter,  welche  den 
Garten  schlössen.  In  einem  Winkel  fand  man  in  Gegenwart 
des  Thronfolgers  von  Russl.ind  ein  Depositum  von  Sculpluren  , 
das  walirschcinlich  wahrend  einer  im  Hause  vorgenommenen 
Reparatur  entstanden  war.  Damnler  befanden  sich  ein  kleiner 
Genius,  mehrere  Vasen  und  Reliefs,  zwei  männliche  Köpfe,  der 
eine  den  Scipio  Africauus ,  der  andere  den  jugendlichen  Vitellius 
darstellend.  Rechts  vom  Garten  ölTnct  sich  das  Sacrarium,  von 
Säulen  gcscbiniicUt,  die  mit  Bildern  von  Blumen,  Figuren,  Thie- 
ren  aller  Art  in  Mosaik  bekleidet  sind.  Die  Ilausk.ipellc  hat  die 
Form  eines  Halbkreises,  in  dessen  Mitte  die  Nische  für  die 
schützende  Gottheit  ist;  die  Wände  bekleiden  ilie  scliönstcii 
Mosaiken,  z.  B.  Achill  von  Ulysses  erkannt ;  derselbe  das  Schwerdt 
gegen  Agamemnon  ziehend  und  von  Minerva  zurückgehalten  , 
und  die  Gralien.  Ein  kleines  Gemach  hinter  dem  Sacrarium 
scheint  ebenfalls  Gemälde  von  Bedeutung  zu  enthalten. 


Zeitschrift 


für    die 


t  er  tli  ums  wisse  11  Schaft. 


Mittwoch,  '25.  Deceniber 


18  39. 


Nr.  154 


Lati'iiii.srlic  St  luil°raiiiiiia(ik  von  W.  H.  Bluwe,  Dirpf- 
for  (I.   R.    A.   2(1   15raiulpiil)iii;j. 

(BCSC.  ll  I  II  SS.) 

Drillexs.  Der  griissfe  Ui'l)ds4aii(l  aber  ist  der,  dass 
das  ,,  Kp^jcIh  erk "  nicht  vereinfacht,  nicht  in  eine  zum 
flleMioriren  sprachlich  lieqiiciiie  Fassung  geliracht  ist, 
Sündern  im  «.iie>;'entheil  durch  Erläutrruno'eu  und  Ueduc- 
tiiiijen  ,  hesondcrs  in  der  Foriiienlelire  ,  ven  ielfAlli;jt  und 
aller  Ueliersrhaiilic  likeit  hcr;inlit  ist.  So  ist  z.  li.  in  der 
Sviifax  die  für  den  .Schiilcr  so  lirauclibaro  Rpg;el  über 
die  ^'crba:  niedenr,  patrocinor  u.  s.  w.  liier  S.  ^!1(|.  in 
drei  Regeln  zerfällt  und  mit  allgcmeinerrn  I5pj;ri(rsde- 
ductionen,  die  doch  alle  auf  den  Dativus  comniodi  zu- 
riickspführt  wprdpn  müssen  ,  znsammenijestellt.  So  ist  die 
Lehre  vom  Genitiv  S.  2I4II.  änsscrlich  vereinfacht  durch 
Zurückführung  auf  drei  Hauptarten :  den  tjpnif.  subjec- 
tivus,  partitivus  und  objec(ivus  ;  aber  schwerlich  mochte 
dem  Schüler,  zumal  dem  Tertianer,  klar  »erden,  «ie 
der  Genitiv  der  Eiifenschaft ,  des  Wertlips ,  der  Apposi- 
tion pin  snbjecfiver  Genitiv  sein  könne.  Noch  weit  mehr 
aber  zeigt  sich  die  überllüssige  Opilmtion  gerade  in  dem 
für  die  unteren  Classcn  bcstininiten  ptiniologischen  Theile, 
für  welche  doch  besonders  eine  kurze  übersichtliche  Dar- 
stellung' des  einzuprägenden  .T'laterials  niithifj  und  alles 
Beiwerk  stiirend  und  verwirrend  ist.  So  für  Sexta 
die  ganze  Theorie  der  ÜPclination  S.  24  und  2Ö  \  die 
Hehandinng'  der  4.  und  5-  Dpclination  als  Zusamnienzie- 
hunj  iler  dritten;  die  ^'orbemerkungen  zum  Adjectiv 
S.  (iti  und  (i7.  *j  So  für  Sexta  und  Quinta  7  Seiten 
^'orbemerkung'en  zum  ^'erbum  (S.  94  —  lOU)  und  hinter- 
her noch  N  Selten  (S.  lll  -  1(>  und  120—23);  Alles 
bloss  zur  regelmässigen  Conjugation.  AVie  der  Verfassi'r 
schon    für    Sexta    die  4.   und  ö-   Declinatiou    als  ciiie  zu- 

*)  Z.  B.  Ni-,  4:.  ,,Olt  über  wird  ilie  Verbindung  <les  Ailj.  c- 
tivi  mit  einem  Subitontiio  nicht  von  vornlicicin  voraiis- 
gesot/.t  und  so  scblrcblweg  ansgcspiochen ,  sondern  erst 
im  Denken  und  Spncbcn  vollzogen,  z.  B.  Gott  ist  all- 
niäcblig  u.  s.  «."  P«s  für  Sextaner!  Oder  für  Quin- 
taner S.  112.  ,,Dio  Eiitstclning  des  ni  statt  cvi  ist  so  zu 
erklären:  v  und  u  vcrlialten  sich  wie  j  und  i.  D.ibir 
b.ild  d.is  n  consonanliscbc ,  baM  das  v  vucalische  Naliir 
annimmt.  Indern  nun  in  den  nieislen  Veibis  der  2.  Con- 
jugation der  Cbarakicilaiit  e  vor  vi  aus-sestossen  und  so  die 
Endung  vi  iiiclit  an  den  weicheren  Vcrbaistanim  rnone. 
sondern  unmittelbar  an  die  cousonantisch  auslautende 
Wurzel  (nion)  gehängt  wird,  entsteht  nionvi  ~  nituiui.« 


sammengeziigeiie  dritte  ,  und  die  dritte  Conjugation  als 
eine  svnkopirte  darstellt;  so  erlässt  er  auch  den  Anfän- 
gern die  Ueduetion  aller  einzelnen  FJnregelinassigkeiten 
nicht,  z.  13.  extremns  aus  exterriuius,  velle  aus  vellere, 
faxim  von  faxi  z=  feri  und  dergl.  Alle  solche  Deduc- 
tiiuien  kann  der  Lehrer  wohl  mündlich  machen,  taenn  er 
Zeit  hat,  und  icu  es  gerade  zweckmässig  scheint;  aber 
dass  sie  als  ,,  Regelwerk  '  hingestellt  werileu  zum  Ans- 
wendiglernen  ist  keine  \'preinfachung  und  keine  Zurück- 
führung  der  Regeln  auf  eine  sprachlich  bequeme  Form. 
Ebenso  wenig,  als  wenn  iler  Sextaner  statt  zweier  Arten 
der  dritten  Ueclination  (>'om.  PInr.  auf  es  und  a)  sieben 
Arten  lernen  niuss,  um  gleich  die  vprschiedeneii  \'erän- 
dernngen  iles  Stauiines  im  Nominativ  kennen  zu  lernen, 
was  ihm  gar  Nichts  hilft,  denn  er  »veiss  doch  auch  dann 
noch  nicht,  ob  /..  IJ.  corpus  im  Genitiv  oris,  eris  oiler 
uris  hat,  wenn  er  auch  wirklich  weiss,  ob  es  ein  Neu- 
trum ist  oder  nicht.  Dem  Sextaner  muss  so  ,  wenn  ihm 
nicht  der  Genitiv  jedesmal  gpgpbpu  wird,  die  dritte  Dec- 
linatiou als  ein  unergründliebes  (ievvirre  vorkommen. 
Ueberhaupt,  wenn  na<h  \'orrede  S.  IV  ,,der  dem  Ge- 
dächtnis« in  Masse  zugelulirte  Stoff  Inr  den  Schüler  nur 
als  ein  zufällijges  Aggregat  von  Willkürlichkeiten  er- 
scheint''; so  helfen  wir  dem  nicht  diir(  h  eine  Anordnung 
nach  künstlichen  Principien  ab,  sondern  durch  vorlitußge 
A'erniinderiing  des  Stofles,  wie  bei  der  dritten  Declina« 
tion  durch  vorläufige  Hinstelinng  <les  Genitivs  als  etwas 
Gegebenpii.  Denn  so  wenig  ein  junger  .l'lensch  die  sy- 
stematische Einthcilnng  einer  Bibliothek  verstehen  und 
behalten  würde,  auch  wenn  wir  ihm  dabei  gleich  Bücher 
ans  jedem  Fache  der  Wissenschaft  -zeigten;  so  wenig 
behält  ein  Sextaner  oiler  Quintaner  eine  solche  systema- 
tische Eintheilung  von  der  Casiisbildiuig  der  dritten  Decli- 
nation,  solange  er  noch  nicht  hinreichende  Bekanntschaft 
mit  den  dazu  gehörigen  Vocabelu  hat,  uiiil  diese  lernt  er 
grösstentheils   erst   bei   Gelegenheit    des    üeclinirens. 

Viertens.  In  der  .Syntax  ist  ilie  Einfheiliiog  in  die 
Lehre  vom  einfachen  und  zusammengesetzten  Satze  und 
die  des  einfachen  wieiler  in  die  vom  nackten  und  be- 
kleideten Satze  weder  praktisch,  noch  vom  Verf.  conse- 
quellt  durchgeführt.  Nicht  praktisch,  weil  durch  dieselbe 
.ilanches  getrennt  wird,  was  besser  beisainrneiisfelit,  z.  B. 
die  Tempus-  und  die  I\Ioduslehre,  die  nun  in  beide  .4b- 
theilungen  vertheilt  sind.  Dazu  kommt  noch  die  Scliwie- 
rigkeit  einer  scharfen  Trennung,  die  auch  der  ^'erfasset 
nicht  zu  überwindeil    vermochte    und    daher  incongeqiient 


1235 


1236 


Hiirde.  So  sirlirn  ilic  Sflfze  ni!(  ut,  quo«!  u.  s.  w.  in 
der  Lplire  toiii  oiiiraciieii  Satze,  da  er  sie  iiiclit  tom 
Arciisativ  r.  Iiifin.  und  diesen  wieder  nielit  vom  blossen 
Infinitiv  trennen  «ollle.  So  ist  der  Conjiinctivus  potcn- 
tialis,  dubitatiins ,  njitafims  seiner  äusseren  Erschei- 
nung narh  in  der  Lelire  lum  einfarlien  Satze  heliandelt; 
da  er  dorh  seinem  inneren  Wesen  zufolge  in  die  Lelire 
Tom  jusauinienfesetzten  Satze  gehurt,  «eil  er  nach  der 
urspriMi^licIieu  (ledankenforni  von  einem  ^'erbo  dnbitandi 
oder  optandi  abhängt;  oder  in  Sätzen  wie:  terum  omnia 
librnter  conininnicareni  consilia  ein  conditionaler  l'order- 
satz  zu  ergilnzen  ist.  Auch  die  Lehre  von  Lebereinstim- 
mung  der  Relativa  mit  ihrem  Substantiv  (S.  194-  5-)  ge- 
hört nicht  in  den  ersten  Tlieil.  —  Uelerliaupt  hat  diese 
der  neueren  Methode  der  deutschen  Graniniatilc  entnom- 
mene Eintlieilung  und  Behandlung  der  Syntax  meiner 
Meinung  nach  etwas  ileni  Geist  der  alten  Sprachen  Fremd- 
artiges. Wenigstens  wird  bei  diesen  der  Auffassung  eines 
jungen  IMenschen  so  schon  durch  den  antiken  Charakter 
fernerstehenden  Sprachen  gewiss  mit  Unreclit  die  alte, 
nach  den  äusseren  Spracherscheinungen  gemachte  Anord- 
nung der  Regeln  umzu.'indern  gesucht  in  eine  mehr  aus 
Principien  der  Sprachphilosophie  abgeleitete.  Eine  sol- 
che mehr  philosophische  Behandlung  kann  wohl  dann 
von  Nutzen  sein,  wenn  der  .Schüler  (las  rohe  Material 
der  Sprache  schon  hinreichend  kennt,  wie  in  der  Mut- 
tersprache; aber  nicht  in  einer  fremden,  deren  regelmäs- 
sige und  unregelmässige  Erscheinungen  ihm  überhaupt 
noch    unl)ekannt   oder    ungelänlig   sind. 

Endlich  sind  fünjtcns  den  eigentlichen  Mängel  und 
Unvdllsländigkeiten  nicht  wenige.  So  ist  z.  15.  der  Man- 
gel eines  Index  ein  sehr  wesentlicher,  zumal  bei  der 
für  einen  Schüler  nicht  besonders  überschaulichen  Ein- 
tlieilung der  Syntax:  es  kann  unmöglich  Ernst  des  ^"^erfs. 
sein,  tiass  er  dailurch  den  Preis  nicht  erhöhen  wollte; 
die  Erhöhung  hätte  ja  höchstens  1  Sgr.  befragen;  ebenso 
unbedeutend  wäre  die  Zugabe  der  metrischen  Ilauptlehren 
gewesen  ;  sie  kann  aber  gar  nicht  bis  Secunda  entbehrt 
werden;  soll  der  Lehrer  dirtiren  oder  noch  ein  Buch 
daneben  haben?  Ersteres  ist  zeitraubend.  Letzteres  noch 
kostspieliger.  Auch  die  Lehre  über  Wortbildung  fehlt 
ganz,  ausgenommen  die  Zusammensetzung  der  Verba  mit 
Präpositionen.  —  Trotz  der  Vollsländigkeit  und  relativen 
Ucberladung  der  Formenlehre  fehlt  hier  doch  vieles  Ein- 
zele,  was  der  .Schüler  nicht  eutliehren  kann,  wenigstens 
nicht  beim  Nachschlagen.  Wir  wollen  hier  beispielshalber 
nur  die  (»enusregeln  nehmen  :  ila  fehlen  als  Ausnahmen 
ludens,  tridens ,  torrens,  adeps,  repres,  quincjuatrus; 
lepio  und  concio  wird  der  Scliülcr  für  masculina  halten, 
»eil  er  sie  xe/ien  kann.  Ebenso  hat  an  mehreren  Stel- 
len der  Verf.  bloss  alliremeiii  {jesagt ,  es  gebe  da  auch 
Ansnahnien ,  ohne  dieselben  .lufzuzählen ,  z.  IJ.  bei  den 
Pllanzeii  auf  es  und  US ,  bei  den  Wörtern  auf  x  und  e» 
mit  waihsendem  Genitiv  und  bei  mehreren  andern.  Wenn 
nun  auch  der  ^'erf.  mit  Recht  dadurch  zu  erkennen  gibt, 
dass  ein  l^ernen  der  vollst.'indigeu  Genusregeln  in  den 
unteren  Cla-sen  unzweckmässig  sei;  so  muss  doch  an- 
dererseits ein  Schüler  der  oberen  Classen  dieselben  Re- 
geln vollständig  in  seiner  Grammatik  finden  beim  IVacli- 
äthlagen,    und  der  Verf.   ist  auch  inconscqucnt ,    wenn  er 


z.  B.  die  grierhlsrhen  Feminina  II  auf  Ds,  oder  SlascD- 
lina  111  auf  is  dorh  vollständig  aufzählt.  Indem  der 
Verf.  die  ganze  Formenlehre  in  seine  <lrei  Cnrse  hin- 
einbringen wollte  und  keinen  Raum  sich  liess  für  Dinge, 
die  für  diese  drei  Curse  überflüssig  sind,  aber  doch 
später  nöthig  sinil  der  Vollständigkeit  wegen,  kam  er 
bald  zum  Uebermass,  bald  zur  Unvollständigkeit,  und  der 
Lehrer  würde  bei  dieser  Grammatik  bald  auslassen,  bald 
zusetzen  müssen.  —  Auch  in  der  Syntax  fehlt  Vieles, 
was  in  der  (irammatik  eines  Serunilaners  nicht  fehlen 
darf.  Ich  will  hier  beispielshalber  nur  den  ^.  76.  vom 
Dativ  durchgehen.  Da  fehlt:  die  Regel  über  Adjectiva, 
<lie  den  Dativ  bei  sich  haben,  g^nz  (wenn  man  nicht 
die  Bemerkung  Nr.  8,  <lass  n"''"'"  Uativus  commodi  bei 
allen  möglichen  Verbis,  Substantivis  nndi Adjectivis  stehen 
könne"  dafür  nehmen  will);  dass  amicus  u.a.  im  Com- 
parativ  und  Superlativ  den  Genitiv  haben  können;  pro- 
prius,  similis,  prope  mit  ihren  Construrtionen ;  bei  invi- 
ilere  die  Angabc,  wie  die  Sache  construirt  werde;  con- 
venire,  temporare,  modcrari  fehleti  ganz  ;  ebenso  incumbu, 
illudo,  despero ,  interdico:  bei  exuerc  und  induere  die 
genaueren  Angaben  über  den  Gebrauch  und  die  Bedeu- 
tung der  verschiedenen  Construrtionen  ;  bei  nomcn  mihi 
est  ist  der  Genitiv  gar  nicht  erwähnt.  Alle  diese  Dinge 
muss  ein  Secundaner,  ja,  zum  Theil  schon  ein  Tertianer 
in  seiner  Grammatik  linden.  Dass  in  demselben  Ab- 
schnitte der  Dativ  bei  den  V^erbis  des  Helfens  und  Nutzens, 
der  Feindseligkeit,  des  Schadens,  der  freundlichen  und 
feindlichen  (icsinnung  ganz  getrennt  ist  vom  Dativus  com- 
modi, <iass  Decemviri  legibus  scribendis  als  Dativus  com- 
modi erklart  ist,  sind  llcbereilungen ,  die  dafür  zeugen, 
dass  der  ^Vrf.  sich  nicht  Zeit  nahm,  alles  Einzelne  ge- 
hörig durchzuarbeiteu. 

Ich  glaube,  dass  die  hier  gemachten  Aussiellangen 
hinreichen,  ilas  zu  Anfang  ausgesprochene  Urtheil  zu  be- 
gründen ;  dass  aber  andererseits  jeder  Lelirer  und  zumal 
jeder,  der  selbst  eine  Grammatik  schreiben  will,  gar 
manches  Brauchbare  und  Beachtenswerthe  linden  wird ; 
wesslialb  um  so  mehr  zu  bedauern  ist  ,  dass  die  treff- 
lichen Grundsätze,  die  in  der  Vorrede  ausgesprochen 
sind,  nur  bei  Einzelheiteu  und  nicht  durchgehcuds  in 
Anwendung  gebracht   sind. 

Johannes  v.   Gruber. 


De    pailiciilaniin    (inaliiiin    apiid    Graocos 
coiistructioiie.  *) 

Enunciationem  finalem ,  i.  e.  consilii  quo  quid  hat 
sive  eventus  quem  actio  quacdani  habeat  indicem,  et  eam 
qua  ipsuni  illud  quod  fit  exprimitur,  etsi  naturali  quo- 
dam  vinculo  inter  sc  coniunctae  sunt,  tarnen  antiqnitus 
sermnnis  quidem  copula  nnlla  connecti  continerique  soli- 
tas  esse,  sed  seorsim  utrumquc  per  se  constitisse,  cum 
per  ge  sit  crcdibile,  tum  ipsa  natura  parficularum  fina- 
lium  üstendit.  Et  Ul)  quidem  quo  modo  in  coniunctio- 
nem  (ne)    abierit,    in    commentatione    de    partf.  negg.  I. 

*j  \V;iriiiii  ich  diess  rragineiit  der  Ocfreullicbkcit  iibcr^ebc 
und  was  darin  Eiseiitbiuirlicbes  und  Neues  ist ,  bedarf 
hoilcullich  keiner  Auscinandciscl/.uus. 


12;J7 


1238 


p.  11.  cxposui.  Cf.  Thiersch.  gr.  gr.  §.  330,  6.  7.  340, 
not.  1.  iNoijiie  niagis  abscoiiilita  est  ratio  ccterariim  par- 
ticiilaniin  wg,  u:io>i,  i'vtt ,  cicfoa,  iniae  ijiiuiri  priiiio 
(loinoiistratiiac  fuissdit,  post  rclatiiao  farfae  «oiijuiigriiilis 
ciiniiriatioiiibiis  tinaliljus  esse  «ocixTuiit.  Itaijiic  iijs;  sive 
potiiis  (1)^  priniuiii  sie,  dein  proc  lilirom  fartuin  ut  i.  e. 
quo  modo  si';iiifiiaiit  iileimjiie  <lr  lotiila  ö:iu)C  cxistiiiiaii- 
duiii  est  (cf.  IIartuiii(.  «le  lasiLus  p.  L'S'2)i  pono  h'U  e 
proiiouiiiie  (leiiiuiistratiio  i',  is  ,  natiim  (Härtung.  I.  c. 
p.  233.)  priiiio  (leiiionstratiium  {ibi)  ,  post  ileiniiiii  relati- 
vuin  {u&i)  fiiit  ')  ileniqiie  otiam  ö(fpa,  qiioil  Ilartiiiigiiis 
ex  o  —  TtSua  «lerivaliat  (1.  c.  p.  233^,  primo  triindiu, 
ileiiide  quarido ,  doiiec ,  significaiit.  Ciiiiis  priinariac  |io- 
festatis  etiaiu  nunc  iiiteniiiiitur  nianifesfa  »estigia.  Cf., 
nt  w^  praetereain ,  lliad.   x,    12()  sq. 

a'A/J  i'of^iep'  y.sivovg  5i  y.txijaoue^a  ttoo  TtnXdujv 

iv    (pvkdy.Eaa  •    'Iva   yäo    o(fiv    int(foc(dov    ijye^t- 
deadat. 
Ibul.  6,  547. 

ö  8'  ö(fQa  filv  eikiTToSai;  ßovq 

ßöax   iv  IJs^y.ojTTj,  öi^lviv  änovoatfiv  iovruiv 

avTuo  eitel  x.  r.  A.. 


lam  farile  est  ad  intelligeiulum ,  quomodo  illa  adver- 
bia  conimictionum  naturam  induerint.  Naui  nt  exeuiplo 
rem  osleuilaui,  qui  Xl-yo) ,  ivu  c/'dij:;  dicit,  siva  i'va  pro 
demoiistrativo  est  (ich  rede:  in  diesem  Falle  —  dann  — 
sollet  du  irnlil  wissen)  siic  pro  relatico  (ich  rede,  in  wel- 
chem Falle  du  wohl  wissen  sollst),  is,  dum  sigiiificat  con- 
sequpiis  esse  suae  orationis,  alter  nt  sriaf,  idquc  e  suis 
vei'bis  pendere ,  nihil  aliud  quam  ronsilinm  quo  loquatnr 
indicat:  dico ,  ut  scias.  Simul  antem  apparet  coniunrti- 
»um ,  qui  eodem  et  modo  et  iure  pro  futuro  positus  est, 
quo  y.ul  llOTt  Tfc  ei'llijaiv,  OL'X  'iÖU)uai  et  similia  nsur- 
pavit  autiquitas  ,  iion  esse  e  particula  'iva,  aptum.  Cf. 
Tliiersch.  lij.  341  ,  not.  1.  2.  Item  qui  IXfyoi',  'iva  £1- 
be.ii]^  (ich  redete;  dann  wüsstest  du)  dicit,  optatiium 
DOM  propter  particulam  ant  tcn)pus  lerbi  praeteritum,  sod 
quia  liuiic  rinem  sirc  efiectum  orationis  suae  ut  mentc  et 
cogitatione  conceptum,  non  ut  reapse  futurum  pronuuciat, 
quo  modo  optatiius  in  oblique  scrmone  usurpatur:  ou 
yao  aSiy.ijrrdvTujj'  ocfujii  iTTtOToaieüuiiv  ol  './p/.uöc-;. 
Cf.  Sclwieider  ad  Xenopli.  Cf,  .Scliiieider  ad  Xeuoph. 
Hellen.  VI,  5,  3fi.  Ahrens  couim.  crit.  de  locis  quilius- 
dam  Aeschjli  ceit.  p.  2S.  Stallbanni  ad  Plat.  Charniid. 
p.  tr)5  E.  fllattliiae  gr.  gr.  g.  .J29,  3.  Jahn.  Jahrbb. 
XIII,  14.  p.  384  sq-  Quod  qui  recusarent ,  deserere 
arguerentur.     Cic.  Lael.   X,   35- 

1)  '/m'etiani   Odyss.   *',   .Sl.3. 

al).  dUnad-',  im  tiiyi  xu&ivStJor  h  (fiXottiit, 
iit;  tita  df'fina  ßunn ' 
non  tjuoiiiodu  ,  sed  iihi  significare  certiim  est  itcmque  a 
Sommeio  contra  Kiielincruni  (gr.  gr.  §.  772.  not  i.)  af- 
firniatun)  in  Jalini  Annall.  XXIV,  2.  p.  141.  Quo  loco 
vir  s.ijacissiuuis  ctram  caiiss.ini  cur  i'i«  cum  indicativo 
futuri  consociaii  nulit  bis  verliis  cxponit  :  itu  drückt,  wie. 
quo  eine  anmillelbare  Anschliessiur.,'  und  ßescUränkung 
der  Absicht  auf  die  im  Hauplwtze  bezeichnete  Hand- 
lung au«, 


§•  3. 
Nenipe  quae  lex  a  Ua»esio  vcl  exrogitata  e.st  vcl 
iterata ,  p.irticulas  finales  post  ti-nipus  piaeteritum  cum 
optatii'o  ,  post  praesen.i  aut  futurum  cntn  roniunc  tiin  coti- 
strui  ,  81  u.sum  et  consuetndinem  scripturuin  spectas,  verig- 
siuia  est;  sin  caussam  et  ratiouem  regulae  quaeris ,  tain 
falsa  vel  potius  tam  nulla  est,  nt  mirum  sit  quod  nostra 
«lemum  memoria  viris  doctis  rata  Iiaberi  desieiit,  id  quod 
studio  et  opera  doctissimurum  virorum,  inprimis  Godo- 
fredi  Ilormanni  (de  emend.  rat  gr.  gr.  p.  210  ■'>qq. ,  ad 
Viger.  p.  71)0,  ad  .Soph.  El.  Wl.  cett.),  C.  lleisigii  (comrn. 
crit.  in  Oed.  Col.  p.  KjS  sqq:)  ,  Nitzschii  (ad  Hom. 
Odvss.  y,  7ü.)  et  Sonmieri  (in  Scebodii  ISibl.  crit.  1828. 
INf.  9.3-  p.  742  sqq.)  effectum  est.  iVon  niagis  enim  a 
tempore  verbi  quam  a  particula  pcnderc  ullus  modus 
regive  potest ,  sed  qnicunque  modus  ponitur,  ponitur  ille 
propter  snam  sibi  innatam  et  propriau)  vim  ntque  potesta- 
tem,  iicquo  praeter  hanc  quidquam  ad  quod  Veferatur 
habet. 

^"  Kihilo  tarnen  minus  illa  regula  usu  scriptornm  con- 
firmatnr.  Äempe  res  ita  se  habet.  Notuni  est  coninnctivo 
iil  quod  fieri  potest  h.  e.  quod  si  res  ita  tulcrint  fiet 
(possibilitatom  obiectiiam  sive  realem  diaicctici  locant), 
optatii'o  autem  rem  quae  lieri  posse  cogitatur  (possibili- 
fatem  snbiectivam  sive  realem)  indicari,  illumqae  moduni 
semper  ad  ternpus  futurnni  refcrri,  optafivum  autem  nul- 
lius temporis  esse  priq)rium.  Ex  quo  seqnitur  in  senten- 
tiis  finalibus  cum  finem  quem  quis  reapse  |>ossit  assequi 
coniunctivo  indicari,  optativo  autem  nihil  nisi  consilium 
quod  quis  in  mente  habeat ,  non  eliam  illud ,  ßcri  hoc 
quod  ille  cogitat ,  siguificari.  Itaque  quoniam  ,  quidcun- 
que  facimus  ,  facimus  eo  cunsilio,  ut  finem  aliquem  as- 
spquamur,  necesse  est,  nisi  femerarii  voinmus  habcri , 
nobis  ad  hunc  finem  ad  quem  tendimus  perieniri  possc 
videatur;  alioquin  omittcre  totam  rem  debebamus.  Hinc 
factum  est,  ut  praegresso  tempori  praesenti  aut  futnro 
coniunctivus  poni  soleaf.  Quod  contra  quae  praeterilo 
teniporo  acta  perfectaque  sunt,  pleraque  eventiim  sunm 
habiiernnt,  ut,  si  consilium  quod  fuerit  agendi  qnaeralur, 
i.im  non  cuniunetiro,  quo  res  futura  indicatur,  sed  ojita- 
tivo  cogitationis  iudice  ntendum  sit.  -)  Itaque  apud  Ho- 
merum  (Iliad.  K,  28!)  sq- ) '  1"°  '"'""  Hcctor  Troianos 
impetnm  in  Graecos  facere  iubet,  uf  gloriam  sibi  pareot, 
rccte  coniunctivus  ponitur: 

ak}^  id-vi  eXavvsTE  fxiuvi'xai;  tTiTiovg 
icp9ifj.u>v  jdavaiSv,  iv  VTli^Tt^ov  £i'xf>g  ägra^S' 
erat  enim  illa  gloria  tum,  quum  Hector  loquebatiir,  im- 
pctrabilis.  At  in  libro  quinto,  ubi  fliineria  Oiomedi,  is 
ut  gloriam  sibi  pararet,  animos  fecisse  narratur,  recte 
optatirnm  posuit  poeta : 

ivd-'  av   TvÖcISt]  ^lOfvjSei'  Uallai;  'JSi^.vrj 
dioxf  fiävog  xal  &d.p(rog,  i'v  iy.dift  oq,  uezd  nauiv 
'AoyeiuLOi  yivoao  iöe  x'kioi  eoifkov  uqoito- 


2)  Die  Wirkung  einer  vergangenen  Handlung  t»in  gewöhn- 
licli  mit  (lieser  in  die  blosse  Vorsicllimg  ,  gleichsam  aus 
dir  Wirklichkeit  in  die  Gedankenwelt  iuiück.   Kii^scb  J.t 


12.i9 


1340 


quia  in  n.-irramla  rc  praeterita  iil  «olum  spert.ire  potnif, 
niia  iiipiite  «juiiic  roiisiliu  Miiieria  fgissct.  Cf.  iliail. 
T,  347. 

dk'K   'i^i  Ol  vty.TCio  te  v.ai  dfxß^oaiijv  epareiv^v 
crrd^ov  evi  atij9ioor',  oa  fiij  ^ivKuio^  'iyiijTaf 

coli,  r,  352. 

r,  ö'  'Ax(^^~,t 
vixrao  kvl  artj^eoGi  y.ai  dttßQOoiijv  toaretvijv 
OTci^',  i'va  [jij  Uli'  k/ttoi  d-vsuTtr.i  yoiva^'  taoiTO. 
lliad.  tt,  20. 

fjij  06,  yioov ,  -/.otkrjoiv  iyo)  -Traget  vr^vai  -/.f/^tlv), 
r;  vvv  dr.^LVOvr   r,  v(ri£t)uv  avrii  lufva, 
fAi'j   vv    TOI    ov   x^^^'^t^V   o^z';^  r?f"'   5^«'  aiiiiua 
9eoio. 
roll.  Plat.  Civit.  IIL  p.  393  E.  ö  51  './yaiüjtvwv  ijyoi- 
aivev   ivTekköiufOii    viw    re    dirdvai    xai   avi^ii   fii) 
ik^siv,   fxi]  ai'iiß  To  re    aylijTtiQov  xal  tu  tol<  ihuü 
<iT6Uuaza    oi'x    i-ji  aox  £  O  oi.      Cf.    iMatthiae    gr.    gr. 
$}.  öiS- 

§■  5- 
Perspe«-<a  atitein  legis  Dawesiae  caiissa  et  ratione  si- 
uiul  iiitelli^itur,  ijua  coiitlitione  al>  illa  reredi  potiiorit 
aut  e<iaiii  ilebuerit.  Etenim  iie  «iiiid  de  praesenle  histu- 
rico  «licam  (liii.  Maftli.  g.  51^,  3-  Kiilmer  §.  773- 
II.  a.)  ■*),   optativo  post  tetiipus  piUiesens    locus  datur 

1)  qiiaiido  quis  siguifii-are  vnlt  artioiiem  non  esso 
enin  ad  nueiii  lciidi<ur  eientum  habiturain.  Sic  enim 
optat.vo  quo  res  ad  rogiiafioiiem  refertiir  uti  (lebet.  I<a- 
que  y.o.diZouul,  ha  7lt9oiliip'  <li<eret,  qiii  iani  roii- 
«iliiini  suum  irrilHin  esse  seiitiret.  Cf.  Reisif.  Conim. 
crit.  p.  IhS.  At  vcro  quis  umqnam  Graecoruin  ita  lo- 
cutus  est?  quis  liodie  dicit:  consido  ut  scirem?  ich  setze 
mich,  damit  ich  iriisste'f  Kam  nemo  s.tuus  ,  si  senserit 
frustra  esse  quod  a^'itet,  iiiiii  statim  ipsuni  coiisiliuni 
ageiidi  abiecerit.  Liruerit  sane  illud  de  alio  dicere: 
y.u^iCiTui,  ha  rrvi^oizo  vel  y.a^ii^ij ,  ha  iivi)oio, 
qaom  scinius  aiit  snspiramur  euin  iioii  esse  id  quod  spe- 
rat  audiluruui  :  seil  primae  personae  quae  afleruntnr  ex- 
empla  aliam  expiioatioiieni  habciit.  >'am  qui  frustra  se 
quid  a;;ere  sentit  et  dicif,  is  iam  non  ronsiliun)  quod 
nunc  habcat ,  non  liabet  oijini  amplius,  sed  quod  liabue- 
rit  quum  ad  agendiiin  accederet ,    sive  ,   ut  Rcisij;ii   verbis 


3)  Oiifxl  KiiliKT  5.  IIA,  11.  ilicit  |)OSl  iiii))erahviiin  ,  con- 
iuncliviiiii  it  iipl.i(ivimi  uurisii  >i^iiiiicatiuiic  pr.icseiitiä 
iiislnictos  iiilerdiim  n/italu-um  siihiici,  non  s-ilis  recte 
dicluiii  vidilnr.  ISihil  cnim  refert,  aorisline  modus  aliqui 
an  praescntis  anleccdat,  dum  res  sie  co{;itetui',  ut  opta- 
tivns  adniill.itiir  ,  neqiic ,  ut  bis  exemplis  utar,  doq  jxni 
Tijr  /flQ" ,  iV«  xiiaui/ii  ant  noiijaoi/tev  tnuio ,  IW  firj 
yifyoi/iiOa  ULigis  rectum  est  qiiatn  ftäaiiti  löv  Soiilon 
Zr  üfiiCioif  yiioi%n  aut  Xoiftiv  iv  täoifuv.  In  Dcinoslli. 
Pbibpp.  II.  e\lr.  1Ü5  ä'  uv  /itiun^ihj  fiiiXiai  uxqißm^ ,  fifi 
yiimio,  w  niiiTf?  &ial ,  quo  locn  Kübncio  §.  7Tii.  III. 
post  oplalivuiii  cum  particula  üv  coniunctum  idrin  modus 
in  sentcntia  (iiiali  sequi  Visus  est,  iuni  II.  W'olliiis  intil- 
lenit  vitIi.i  ila  esse  construcndj;  fii^  yt'rotio  (uliiiam  ne 
ßat)  lü;  UV  ilifua&ilr)  /(.  <(.    Vid.   j.  8. 


utar,    priorem    cogitat    consilii    cogitationeni.       Itaqne    in 
Aristoph.   Ran.   24. 

avxu^  ßäölQu)  yai  tiovio,  tovtov  d'  ('X^h 
i'vu  LI)]  TukaiTtotfj  o  IT  u  f^ujd'  uiduq  (fiOOl 
Bacchus  Xanthia  aerumnas  suas  conquerente  frustra  se 
consilium  pedibus  euudi  cejiisse  prolitetur,  ita  nt  pro 
u-/i'>  rerte  !Scbneiderus  .id  Fiat.  Civ.  T.  IlI.  p.  4lÜ  C. 
explirandi  caussa  ai'ißIßuOa  iici  Tuv  üvov  substituerit. 
Cf.  Reisig.  I.  c.  p.  Kill.  Couii.  in  Aristopli.  p.  >V>.  Si- 
niiliter  Plato  iu  Apol.  Socr.  p.  2i.  A.  i)ii  dl)  i<uiv  T)jV 
ijiijv  7T.kai>]i>  e7itdeii;ac  djOTieo  ttüvovq,  rtvuq  nuvoijv- 
TO^,  'ha  f.tot  y.ai  dvektyy.Toq  rj  uavrsia  ytvotro, 
optafivum  posuit ,  quia  rem  praeteritam  (^cü^  t:TA.WK;j|U/;j') 
cogitat. 

Mota.      Non    potest  eailein   ratione   optativus   in   Eurip. 
El,   56  sqq.    (iefeudi 

7rjjyd(;  Ttora^iai;  fiExtQx^f^^'- 
ov  Sij  Tt  x&^'c^S  f'S  Tuaüvd'  dq>/y/Lt£vi;, 
dkk'  vjg  i'/jgtv  d£li;üju£i>  Aiyirr^ov  iteoig 
yöovq  T  äcpsiijh  ald^EQ    sie;  f^ityav  naigi, 
praesertim    quuni    de    re    non    iam    praesenti,    sed    fatura 
(p.i.    77   sq.)   sernio   sit.       Hoc   loco   Uermanuo    d(f£ü]V   di- 
cere   Electra    videtur,    „quod    erat    quidem    sortem  suam 
deploratura,     sed    praesentem    lidens    coniugem    iam    non 
potest    facere,   tametsi    id    deiude    facit,    öl:ii;vjU(V   antcm 
qui^   indigno   habitu   in   pul>licum    progressa  verc    illud    fa- 
cit, ut  dii   Aegistlii  crudelitatem  videant."    Quae  mihi  non 
vidcntur  probari  posse.    Nam   etiamsi  ceuceilamus,  id  quod 
parum    credibile   est    (ts.    (i/.),     Electram    illa    rerba   con- 
specto    iam    marito    elocntam    esse,    tanien,     ni     falsa   sunt 
quae     supra    posui,    optativo    h.    I.     uti     poefae    non    licuit. 
Aeque    hunc    modnm    aut    Seidierus    tuetur    oxplicans    ut 
fundere  possim,    id   enim    wc    o.v    0.(pvjit£V  diritur,    aut 
iMattliiae,     qui   qunui     iu    gramm.   gr.    p.    ',)  l.j.    eandem   ra- 
tioneui   explicandi   inisset  {ut  data  oppni-tunitate    querelax 
fundum ,    id     vero    est    ut    querelas    fundere    possim),    ad 
Eurij).    T.     VIII.    p.     406.     optativo    nescio     quam    optaudi 
signilicationem    coutiueri    statuit    (et  ut  hac  opporlunititle 
uiens   querelas    fundum,    quod  animus    iuiet),    aut 
Sommer  ,  qui  consilium   lamentandi   nou   tamquam   ex  ipsa 
itiouc  aptiim,  sed  tamquam  mente  et  cogitatiune  cuuceptum 
pruuunciari   <lixit,    aut  Thiersch ,    qui   iu   gr.   gr.  .342,  fi. 
Sojilioclem,   quod   iieT)]ki}ov  dixisse  sibi  videretur,    opta- 
tivum  dvay.ukovifoj^   posuissc   putavit.    —    De  Sophociis 
El.  57.      flloulvio  assentiendum  est  optativum    c  participio 
y.ey.(jVLiU£VOV  pendcre.     In   Ilomeri   Odyss.  ja,   1ö6- 
d.kl!  tQEu)  fA.£v  eyujD,  ha  £iö(jT£g  );  x£  9uvu}/jev 
i'j  xev  dkevdf^ievot  9avazov  y.ai  y.tjga  (fvyoiixev 
(Kühner  §,  774.)   (fvyvj/^i£v  scribendum  est. 
(Fortsetzung    folgt.) 


Personal-Chronik  und  Miscellen. 

Bonn.  Dem  Prof.  in  der  pliilosopbi*cbrn  Facullat  der  hio 
sigen  Cniversilat,  Dr.  lirandis,  b.il  der  König  von  Griechen- 
land das  giddene  HiUerkieuz  des  Erlöscrordcns  verliehen. 


Zeitschrift 


für    die 


Altert  hu  ms  Wissenschaft. 


FreitaiTj  '21  •  Decemher 


1839. 


Nr.  155. 


De  particularuin  finalium  apud   Graecos 
constructione. 

(Fortsetzung.) 

§.   6. 

2)  Qnaiido  quis  consiliuni  ex  mcntc  aliu«  i.  c.  tam- 
qiiam  ab  hoc  cogitatnm  proiiunciat.  Cf.  Reisig.  1.  c. 
p.   170.  Hom.   Oiiyss.  ß\  52. 

Ol  rca-vQOi,  fitv  £<;  oixov  cate^^iyaci  vt£a&ai, 
ly.aQiov,  ojj;  x    c.vTuq  ledvwa aiTO    dvyaTQo., 
Suiij  8'  if)  x'  id^ikoi  y.ai  ol  y.s%aQiauivoi  el.&oi. 
^'ossiiis : 

Jene  streuben  sich  nnn,   zu  Ikarios  Hause   zu  wandeln, 
üass  er  selbst  der  Vater    mit  bräutlichcni  Schatze  die 

Tochter 
Gabe,   welchem   er   wollt',   uud  wer  gefällig  ihm  käme. 
In  Soph.  El.  74«  — 7Ö0. 

y.ai  viv  izv^a  yJavTSq  sü^ug  ev  ßgaxEi 
Xaky.vl  /.ityiarov  ocSf.ia  cteiXalaq  aTiudov 
(fkQOvaiv  ävd^Si;   0u)x£ujv  Tfcay^dvot, 
ontug  naTQipag  ri'fißov  kyXö-xoi   yßorüc. 
Optativus  positus  est  ex  incnte  illorum ,    qui   cinercs  alTe- 
ruiit.      Quodsi    iy.'ka.yrj    dixissct    paoilago'^iis ,    non    solum 
iion   significasset  illud   consiliuni  a   Phoccnsibus    cogitatum 
esse  ,    jjoterant  enim   et  alio  cunsilio   cincri's    aflerre,    scd 
etiaui   diibitationem   de   eventu   liuius    consilii ,    qiiac   opta- 
tiro   adhaerct,    nuUam    iiidicassct,    quiint    tarnen     in  tanta 
improbitale  matris  Aegisthique  vcl  maxinie  lerendiim  esset, 
ne  cineribus  Orestis    iusti    lionores  deuegarei)tur.      Eurip. 
Troad.   718-   ed.  Seidl. 

y.av  boag  rü.b\  elg  to  y.oivov  €V(f()avirg  Cfikovg 
y.ai  TtuiÖa.  Toi'öe  Tta/Sug  t/.9-oitpEiag  av 
TooUu   nbyiOTOV  vj(fi:k)-ji.i,  'iv   o'i  ■jtots 
iy.  oov  yevüutvot  vru/'dsg'lkiov  nakiv 
y.aroiy.laiia.v  y.ai  nöKtg  yavoiv    in. 
Cf.   quos  locos  Rcisigiiis  attulit,  Iliad.   ij,  339,  Pia*.  Crit. 
pag.     lÜß.     IJ.,     iilii     nunc     temere     e    duobna     codicibus 
t.SyuiitEV   repositum   est,    et    Plat.   Civit.    III.    p.   410.   C, 
de    quibus    locis  Somniorus    in    Jahni    Annall.  XXIV,   '2. 
p.    143-   haud   prubabilcm  scntenfiam  dixit.     Vide  et  Ilcr- 
'inannum   ad  Eurip.  Hec.  (jyG.  et  Iphig.   A.   1181. 

§•   7. 
Eadem   ex  caussa    optatirus    iuterdum   imperatiium  se- 
quiti;r,  quum  eveatns  rci  non  c  niente  iubeutis,  seil  eius, 


cni  quid  imperatur,  cogitandüs  est,  sive  quutn  iubelur 
aliquis  eadem  mente  agere,  qitae  inest  imperanli  (Reisig. 
J.  c.  p.   107.)    Odvss.  X,  3(1. 

Tijlef^iax'   "  ö'  «7«  fioi  y.dXcaov   TQocpov  EvqV' 
y.leiap, 

(icfQa  tTtog  e'(/roifit,  tu  [loi  y.a.Taifvfitöv  iOTiv. 
Cogitat  enim  Ulixes  Tcleinachum  Eurycleac  illud  dictu- 
rum  esse,  in  quem  fiiiem  ipsa  a  patre  arcesscretur :  i\\^t^ 
äwQO,  £171 V-  Qiiod  contra  si  iijzrnu/  scribis,  ut  Wolfius 
et  Ucrniannus  edideruiit,  non  aliud  Ulixes  nisi  cur  ar- 
cessi  Euryrleam  iubeat  Telcmacho  exponit.  Cf.  Herod. 
'^'11,  lUJ.  de  quo  loco  subtilis  disputatio  Ilermanni  ad 
Eurip.  i^Icd.  p.  3äÖ.  exstat,  ooa  fii)  fia.Tip  y.öuTlog  o 
Xuyog  6  Ei^ijuai'oc,  e'ii]  (vide  ne  tibi  ipsi  videatur  osten- 
t'ulio  esse).  '  Tlieocr.  Id.  XXIV,  98. 

yiijvt  ö'  ejtioöi'gai  y.aSv-JitQTiQio  agOEva-yotGov, 

SvOLiEviujv  aiEL  xa9viT£oxEQOi  (äg  teXs^ücte. 
nbi  infinitivqs  pro  imperatiio    est. 

Aota  2.      Non    aliter    explicatus    est   a  Sommcro  1.   c. 
Oed.  Cül.  V.  7.   11. 

OTfioov  j.iE  y.ä^tSgvöov  u'jg  nvdoiuE^a 
assentiremque  viro  doctissinio,  si  TCvdoiltvv  scriptum 
esset  aut  pluralis  ail  unum  Üedipodein  referri  posset. 
Nunc  eiim  licuni  pro  corrnpfo  habeo.  Kam  quod  Som- 
inerns  mutata  sententia  nnpcr  aliirmavit  (in  Jahni  Annall. 
XXIV,  '2.  p.  143)»  quia  non  ex  ipsa  illa  sessione  coiise- 
cuturom  fuerit ,  ut  coiiiperirot,  optativum  optando  potius 
quani  indicando  cventui  iiiservire,  sciliret  in  enuntiationi- 
bus  finalibus  uptatiras  vim   optandi  nullam  habet. 

§•    8. 
3)    Deniquo    optatlrus    ponitur,     quum    id    ipsum,    coi 
adiuncta   est   consilii   notatio,   luontc   tantum   et  cogitatioue, 
non  re  et  facto  continetur.    Nam  si   iucertum  relinquimus, 
futnrumne    sit    illud    qiiod    cogitationc    ponimus,    an   non, 
etiam   finem    ad    quem    penoniri    piisse   cogitamus   optafivo 
indicare  debemus.      Aeschvl.   Enm.   i.  297. 
ekSof,  y.XvEi  ös  y.uX  n^öcmOEv  wv  9£ug, 
OTioj^  ykvoiTO  Tvjvd'  Ef^iul  kvTiifJiog. 
Theog.  881. 

Eifjrivi]  y.ai  nl.oiJToq  t  yo  i  ttöKiv,  ocpoa  uez' akkojv 

Cf.  Theogn.  1115-  Xcnoph.  Cjrop.  I,  0,  22.  y.ai  £1  öl; 
Tueiaatg  EjratvEti/  te  oe  Trokkoig,  i/twj  döiguv  Aa- 


1243 

ßoii  v.ai  /.aTuny.si'c:;  y.a\dc  £(f'  iyäiTii)  avTuiv  y.tv,- 
aaio,  lioTt  re  iirrrari^y.titi  t'n;c  üv  z.  r.  }•.  Vul. 
llcrm.  ad"  Soph.  Aj. UdU.  Scharf,  ad  Dem.  Phil.  II. 
I".  74,  •.'>.  Alalth.  §.  JI8,  j.  Thiorsih  342,  4.  Bern- 
h.ird.   p.   4(17. 

Qua  in  rp  ravciiiliiin  r»t  iic  forma  orationis  drcipia- 
mur.  Main  opfatixiiii  ciiiii  parfiriila  an  ruiiiunrtiiiii  ,  si 
uihil  iiiüi  rrs  fiidira  iiiiiilpstiiij  iiidirafur,  ruiiiiiiutirus  se- 
qiiitiir.  J'i  iitvdiiiv  ;  i;  oi'y.  in'(rTt'iiit>a  im  ßani- 
Äft's  ',',"«C  t'.Tiii/.Krai  Tieoi  rravTii-;  uv  Tioiroaizo,  'iva 
yai  Tuic  uf )  an  Ekki^oi  (fäßoi  rj  i7i\  fjc.oi/  ta  inyctv 
flioartlt/i/;  Xeii.  Aiiali.  II,  4i  3.  iliiijue  Krucger. 
..\puil  Platniipm  (Apiil.  S<i«T.  p.  'iS.  D.)  ui'iiy.a,  (pij<r\ , 
Titfi-aiiiv  tir/.i-v  tTitliiii  Tif)  (iSiy.uvvTi,  i'va  /üj  ef^äSe, 
uivoj  y.c.TuyiKunTUi  ziaocf.  pi'i'O^t  y.ooujrlcriv,  a-/9oi 
doni  ovi ,  si  nihil  Ariiillos  iiisi  ut  inoreroliir  opfarel, 
ciptdtitiis  (hu  III]  ftivutm)  poiipiidiis  erat,  sed  ille  per- 
8iia>iis  matiiro  se  innritiirum ,  eW\  iaiii  ut  rxteniplo  mo- 
riatiir  optat ,  tamrii  sir  prrgit,  iit  noii  quid  optata  niortp, 
•  pd  quid  rrapxr  fiitura  ai).sri'U<urus  git  e.\punat,  ideoquo 
rüiiiuiictivns  a   Plafone  positus   est. 

§.    9. 
Hae   i|;itur  rnnilitinncs   .sunt  et  quasi   cautiones,   quibiis 
post  praesens   aut  futurum  iiptalivu  iocuR  runredafur.    Quae 
sicubi   nun   ubtiiieant,   aut  srriptura   vitiusa   est,    ut   üdjss. 
(/,  2Ö0. 

Tov  :ior  i'/v)V  irr/'  r/'O?  tvOOtkiioiO  /jcknlpt]; 
ti^w  T/J/.  TJu/.vi,  ha  Liui  /jtOTov  moKiv  ukcfo/.. 
(Thier.«ch.  34-,  3.),  quo  loro  quin  uKtfTj  srribi  debeat 
e;o  quidem  nun  dubito,  aut  sentrntia  nun  est  finalis  iie- 
que  p  praptfresso  »erb«  apta ,  ut  lliad.  3  ,  512.  Ö,  470. 
In    lliad.    «//',   487. 

jilav ,  li/'y.ui  <x(jiocf,  y.a/.ocfoaösi,  ojj.a  ti;  Tiuvia 
öevcui    \/pycitjjv ,    uri    (fort,  ö   re)    xoc    pdo^  f.oilv 

ünijvij^. 
diigd  ii'v  ]■  TOi'noSoi  i£otÖu)uti}ov  i]k   '/Jßrrog, 
i'arupa  d    '.iTpfiÖijv  '.iyautixrova  i^tiuuiv  äuCf")  ^ 
ÖTl-nüctpai  npoalf'   iTCTTn!-    h-u   yvoiiji   dTOTii nir. 
quod      lliTiiiannMü     in     Opu»<  c.     i.     p.    'Jss.      lonitinctiiuni 
yvini'i   poni    viiinri'it  ,    reite    quidem    opinor  Spilznerus    iin- 
probavit,   sed    »elleni    ilixisset,    quo  modo    iiptativus    ilefendi 
posget.      Ig   quitlem,     si     quid     video,     iion    pr)test    ad     run- 
ianrtivum     1 1 uidojjti  ihiv    referri  ,    etiamsi    liic    iniperativi 
locum   (l.Kiii^(n)   »ustinere    videjtur  ,    sed     piT     se    piisitus 
est   ita ,   ut  'iva  vim  denionstratiiam  (tum)  liabeat  (<f.  ^.   t). 
Quamquani    praevideo    fore  ,    qiii    «ptaiidi    imtioneni   ab    hoc 
loro   alienam   ratus   i'i/a   yvoil^i    X    dllocivuiv  ücribendum 
esse   renseat. 

Queniadmoduni  autem  optativus  etiam  post  praesens  et 
futurum  de  re  cogitata  ponitar  ,  ita  eonjunclivo  etiam 
post  praeteritum  de  re  futura  locus  datur.  Atquc  de 
norist»  quidem  eo  qui  de  re  praeseuti  est  non  opus  est 
ut  dirafur,  neque  niafis  post  enunciationcni  conditiona- 
lem  ,  in  qua  praeteritum  de  re  praesenti  ponitur,  con- 
iunctivus  olfcndit;  a/'roi  iitv  o.v  dtiauvxi^  l(f£vyiT£ , 
fxt]  7(d'Jt]Ti  Lys.  XII,  9;3. ;  sed  praeterea 


2244 

1)  qHUns  ex  obliqna  orationc  in  rectam  iransitur, 
coniunrtii'us  cadem  ratinnc,  qua  post  praesens  histuricum 
optativus  ,  ponitur.  Cuius  transitionis  memorabile  cxem- 
plum  exstat  io  Andurid.  de  mjster.  §.  4U.  13,  £tTr£ii> 
ovv  Tov  £v(fi;/wv  Ott  y.ahut^  noir,aeii;v  ei'najv ,  y.ai 
vvv  ijy.tiv  '/.Blvtüaai  oi  eii  tiiv  Aeuiyöpov  oi'y.iuv,  ti>' 
1x61  (ivyykvri  fifr  tiiov  'Avi'^oy.iörj  xai  iifpoit;  oh 
öei.  Sunt  enim  ipsa  »erba  Enphenii  quae  allerunliir : 
iXdt  h'n  Ooyytvi].  Demosfh.  de  f.  leg.  352,  17.  §.  oli. 
de  epistola  Philippi :  xai  yap  üi;  ai'iTo;  y.aTiy.uikiai;:' 
ai'Toi'i  ßovkuf^iivov^  int  tui;  Ttoktti;  iivui  y.al  toi^ 
ögy.uv' dTtoKa^ißdpfif ,  iy£OTi ,  y.ai  uj^,  h'a  avvöiak- 
KÖTTüiaiv  avTif)  to:\  \^K{ig  rrpo^  Toi'q  0apankiov<i, 
y.nieo%Ev  avTovg.  p.  3ö3,  13-  §■  39,  oi  /üv  '/«{/ 
'Aku'i,  oi'<;  'iva  ocvöia):}  uiruicrt  y.araaxt'v  rfijoi  joi'- 
TUi';  xtX.:  erat  enim  Philippus  his  verbis  usus:  y.UTl-- 
oXrf/.a  avxovi,  ha  owdiakLuiiuxii.  Cf.  Poppo  ad 
Xenoph.   Cvrop.   III,    2,   27- 

§•11- 

2)  Coniunciivus  ponitur,  quum  actio  quaedam  ipsa 
quidem  praetcriit^  sed  id  quod  conseqncns  est  praesenti 
teniporc  durat ,  vel  potius  qunm  quis  eventum  quem  actio 
praetcrita  praesenti  tempore  habeat,  quam  ronsilium  quo 
suscepta  illa  et  peracta  sit,  indicare  mavult.  *)  Ilom. 
Illiad.   E   127. 

dxkl'v  d'  UV  TOI  du'  ocfj^ak/iuiv  hkop,  i]   Tiplv  tTrijep, 
ö'yp'  £v  y/yvujay.^i  ijf^ih'  9edp  ijöi  y.al  dpöpa. 

Coniunctivus  pueta  utitur,  quia  adempta  nebnia  id 
elTicietur,  ut  dignoscat  deos  hominesque  Diomedes:  rogiii- 
turus  est  igitur  in  posteruni  si  qnis  ei  deus  nbviam  factu« 
erit.  Contra  optativo  posito  Ilomerus  id  unum,  quo  cnn- 
silio  IVIinerva  nebulam  oculis  ademisset,  non  item  quo 
eventu,  signifiiasset ,  quo  modo  loquendi  Plata  in  narranda 
eadem  re  uti  debuit:  uiotteo  xiii  ^lOj-ll'ÖEi  Cfljoi  Tl^v 
'Ai>i]V(7,p '' O/iijQOi  cLtco  i'jiv  örp^akuoiv  äcpekeiv  tijp 
äyki'v,  ü(fp'  tl<  yiyv oioy.o  i  tjitev  i^iov  ijöe  y.ai  arö(Ht 
(AIcib.   II.   extr.)  Cf.  lliad.   t',  347.  cum  v,   i^A.  j!    I2(). 

nävTEc,    ö'    Ovki'fxTtoio  xaTijki^oiiep  dvri6u}VTS<; 

rijoöe  /läxiji,  h-a  fjij  xi  fieia   Tpiüeaai  ■nä^'^aip 

oriiegov 
Ci.  Ödvss.  '/,  15.  i,  23  sq.  X',  93.  8\  713.  (Thiersch 
342.  r.)  Aesch.  Prometh.  4(v>  (474  Bl.)  Thuc.  I,  73. 
Reisig.  Conjj,  p.  212.  Wunderl.  in  Aesch.  p.  137.  «q. 
Quilius  locis  si  quis  aoristum  vice  periecti  praeseutis  fungi 
existimabit  (cf.  -Schaefer  atl  Eurip.  Phoen.  öf>.  Pors. , 
IVitzsch.  ad  Odjss.  T.  I.  p.  14'l,  350.  coli.  p.  33.  Küh- 
ner, gr.  gr.  ^.  773.  a.),  non  magnopere  adversabor,  modo 
illud  concedatur  hanc  vim  in  aoristo  nun  per  se  inesse, 
sed  eo  ipso  demum  quod  eventus  rei  praesens  cogitatur 
acceilere.  Quamquam  ne  sie  quideui  illam  ratiouem  uti- 
quc  tufo  sequaris.  ISam  etiam  post  impcrfertum ,  quod 
perferto  praesenti  tam  est  dissimilo,  quam  quod  maxime, 
coniunctivus  invenitur ,  ut  Plat.  Crit.  p.  43.  B.  y.ai  iici- 
iijöii    OS   oi'y.    i';yEtQOVy    'iva    w^   i;6tOTa   Öiuyiji. 


4)  Qiiüd  rcrnli.ir.lj  (»vnf.  jr  I.  p.  401  ,  52.)  hanc  rceiil.im 
inifr  iniia  cnnuiiiMiti  >ivr  .irtitici:i  u'iimniatlcoriiin  rcfcil, 
pariiiii  ei|iMiU-rii  coro  iirqiu.  iil  .-p.'i..  ilii,  qui  fir.nei  scr- 
mouis  accuralaiii  notiliaui   habeani  ,   iii«gis  curabuiit. 


1  0  "  \ 


1246 


Heroil.  1,  185.  exir.  e  n  a  i  £  s  de  äfiCfürfon  rarra, 
tÖv  TS  TioTUfiuv  oy.ohuv  y.al  ro  üoiyfia  nav  iici- 
lÖQ  u  TS  noTafiUi  ßoaSvTSQo^  Irj  (sie  enim  pro  inj 
fcriLemlum  est)  -ttsoi  y.aimag  TToKkuc  u.yvt'iisvuc  y.al 
oi  -ttKooi  soiot  ayuAiul  sg  ^i}i>  Baßvkutva,  ly.  ts 
Toll'  TTiöiov  fxösxijiai  TiSQioöoq  njg  Xlfivijq  f^ax^r,. 
Apol'uii.  Khod.  1,  44ß- 

TidToijq  i^-i;tov,  öcfo    siTißaitjv 

vijoq,  iiyXeii]  ös  ööfiotq  snitjdvTi  Xi-jiTj-rat. 
Hom.  Ilia.l.  i.  4y5. 

aAX«  as  itaiSa  ,  dsols  ercisi/.sK  'J^'^ksv  , 

TtotsvuVjV ,  'iva  fioi  ttot'  äs/y.in  Aoiyup  cifuwTji. 
hya,  in  Eralosfli.  §.  25-  TIÖtIQUv  Ot'VljyufJSftQ  TOi'i 
neksvovaiv  nnoy.isivni  ij  dvTsksyss;  dvttt-iyuv. 
Iva  f.n]  ö.TC  oäuv  u)  jisv  (iit  in  rivis  siinus  nunc);  'iva 
UV  äic  od  dv  i]T  s.  —  Etr  (o  o-YSTkifiJvaTS  tiuvtidv  , 
avTSKiysg  fxtv  iva  awasiaq,  crivskaiilJavEi  dt  iva 
alt  oy.T  sl  voii;  ct.  Plat.  Civ.  V.  p.  472.  C.  Arisloph. 
Eijq.  893.  Br.  Deinile  in  Eiirip.  Hec.  27. 
X««  y.ravojv  s/'i  olöfi  äkui 
fisdfjx^  iv  avTog  y^QVauv  sv  öuiioti  i  X^j  ■> 
re  potcrat  quidem  <le  re  non  rerens  perac(a,  sed  qnae 
iani  dudum  arridisse  narratur,  perfcctiiin  praesens  poni  , 
qu»  loro ,  ut  reite  Ilcrmannus,  nun  tarn  cnnsilium  Poly- 
inestoris  indicatur  quam  possideri  nunc  ab  eo  aurum. 
Xrnophun  in  Cvrop.  II,  1,4.  tL  ot'v ,  iCflj  6  Ki/pog, 
Ol'  y.al  t):v  dvi'aiitp  sks^dg  ftoi  —  uiiujg  siöurti 
üiicpUTSoai;  ti^ui;  raura  ßoikii'Uifis  i}  a,  üiiui<;  uv 
UMlOxa  dyujVlCoiftsi^a',  ronliuirtivo  usus  est,  non  quo 
sfSi;ag  pro  praesenti  esset  (Popp«  ad  Cvrop.  p.  190.),  sed 
qiiia  liaec  interrogatio  pro  iniperatiio  est  (tf.  Stallb.  ad 
Plat.  Chann.  p.  104.  E.  Kühner  gr.  gr.  444,  3-)  nihil- 
que  Cyrus  aliud  quuui  Cvaxarem  ut  de  copiis  hostinin 
exponat  adbortatur,  plane  ut  verba  V,  4,  37.  Ti  ovv, 
scfr,  cn  labdra,  oi'x't  tu  fj.sv  rsl^rj  (fvkay.ij  sxipu 
si:otijaaucv ,  üuviz  uv  croi  owa  rj  yor,a\}ai  dcrcfaküjig. 
ü-jTijrav  sie;  avxa  i^g  nihil  nisi  cohortationem  ad  cus- 
todicnda  nioenia  {(fvkuy.fi  öyv(jüjfj,£p)  fontinent ,  alio- 
quin  optativus  (u-jiux;  ßovksvoifjsdaif  üJluji  silj)  poni 
debebat. 

§.  12. 

'i)  Itaquc  quoniam  optativus  ad  cogitationem  refertnr 
seniperquc  dubitadonem  de  ii-ritate  rei  adniittit,  con- 
iunctiro  ctiani  tum  utuntur  Graeri  ,  iuprimis  histnriarum 
scriptores,  quuni  aliquem  eientum  rei  praeteritae  neressario 
ex  ea  cüiisecutum  esse  signitirari  volunt.  Memorabile 
huius  rei  excniplum  est  in  Acsrliinis  Ctesiph.  p.  422.  R. 
§.  27.  B.  irri  yäo  Xaiowvöov  nfj-j^ovTug  d^a^/ijkuSvuQ 
WJVul,  Ssvviaa  (fiUvuvTin;  iy.y.kijcrlaq  uiioi/g  iy(iaipe 
ipr;<fioiia  jdijf^ioGi^ivi]^  äyoodv  noirjaai;  tujv  cfvkviv 
o/.tpocfiooitjjvog  dsvTS(/a  ioxaiisvov  y.al  t^ittj,  y.al 
tittcatst  iv  T(/}  ipijqiouaTi  iy.doT}]^  toiv  (fvkuiv 
ikta9ai  roi'C  STitiut.rji) rnroiisvui x  tujv  tQyviv  in'i  r« 
TSixt]  y.ai  runiag,  y.al  iiäka  6'ittoliq ,  tV  r  -Trü/.ii 
iXV  i''^ii'9i'vu  auHiara,  nao  ujv  l/ifkke  tujv  üvij- 
t.UiiisvuiV  kuyov  dnukrHpcada.(.  llic  roniunctiviim 
orator  posuit,  non  ut  rem  durantem  signilicaret ,  quae 
Bremii  sentcutia  est ;    sie  euim  etiam   iti:}.}.St  scribendum 


erat;  sed  quia  niinime  omninm  illad  eiTici  rngaiionc  sua 
volait  aut  rogitarit  Deniosthenes ,  quod  Arsrhines  dicit 
necessario  ex  ea  «erutum  esse;  IX<>1  si  scripsisset  Aesrhi- 
nes ,  qnod  ex  uno  rodice  malae  no<ac  Urkkerug  inipru- 
denter  recrpit,  ronsilium  Deniosthenes,  quod  tarnen  ille 
non  habait,  indirasset.  ') 

S-    t3. 

Latissinie  auteui  patcre  mihi  ridetur  hoc  genns  di- 
rendi.  Aani  quod  persacpe  auditur  coniuiirtivurn  poni, 
quia  res  praeterita  tamqu.im  praesens  fingatur,  sive  quia 
c  narrationc  rei  praeterit.ic  in  desrriptionem  rei  praesen- 
tis  transeafur,  '')  id  quai.io  quam  rim  habet?  num  liiuit 
quamcunquc  rem  praetentam  sie  narrare ,  ut,  qunm  de 
eientu  dicrndum  esset,  iaui  non  ilc  re  praeterita,  sed 
de  re  praeseiiti  sernio  esse  viileretur?  At  quis  credat 
Graecos  ila  ad  sensum  rerti  et  pulrhri  obduruisse,  ut 
virtuteni  orationis  prnniiscuo  et  indisrreto  usu  in  riliuin 
verterint?  Sane  enim  virtns  est  orationis,  rem  praeteritam 
sie  narrari  ar  si  roram  ficret;  sed  habet  id  suas  rautio* 
nes.  !Neque  enim,  npinor,  qnacunqne  in  re  pervertere 
rationem  temporuni  licet;  licet  autem  in  re  graviore, 
quam  velis  paullo  rividius  enarrare.  Itaqne  nc  arbitra- 
riam  quandam  opinionem  pro  regula  venditemus,  illud 
ubique  prius  quam  roniunrtivum  explices  exquirendum  est, 
sitne  ea  res,  quam  scriptor  refert,  talis,  quae  alacritatem 
illam  narraiidi  posrat  aut  admittat.  Quod  quamvis  saep* 
perambiguum  sit  ad  iudicandum  et  difficile,   tarnen  neressn 


5)  De  hoc  j;inrrc  dicenili  viri  docli  in  iiniver um  consen- 
tiunt,  dissdiliunt  in  sinsiilis.  CI.  Tliiciscb.  j;r.  ^r-  342,  v; 
Dei-  CtDijuncln'  bezeichnet  des  Schriftstellers  An- 
sicht, der  Optativ  stellt  die  Sache  als  /Insicht  der  han- 
delnden Penoit  dar.  Rost  ^r.  pr.  5-  122  not.  4.  IJeber- 
haiipl  aher  findet  sich,  icsnnders  lei  den  Historikern, 
der  Conjiiiictii'  nach  den  j-Ihsichlsparlikeln  bei  voraus- 
gehendem Praeleritiuii  haiifis,  und  gewöhnlich ,  wenn 
der  Zweck  ,  welchen  der  Handelnde  verfolgt,  factisch 
und  benimmt  angegeben  wird ,  wahrend  der  Optativ  in 
dieser  l^erhiiidung  dann  sieht,  wenn  der  Schriftsteller 
.'•eine  eigene  Jnsicht  roii  dem  Zwecke  einer  Handlung 
uiisspiicht.  Mizsch  .Til  O.lyss.  T.  1.  p.  l49  sq.  Die 
wirklich  vorhandenen  Beispiele  der  Art  {Con'\  nach  i'incni 
liisloii.sclirn  Aor.  oder  liii|il  )  müssen  so  erklärt  werden, 
dass  die  iiingliche  ff^irki'iig  nur  nljectiv  angegeben  ist. 
Brrnh^iidy  p.  401:  der  Coni.  spricht  eine  nur  mngliche, 
der  Opt  eine  bewiissle  Folge  aus.  Somnier  I.  c.  p.  743; 
Der  Unlerschied  der  beiden  Modi  beiuht  Auf  der  An- 
sicht, \'.  eiche  das  Subject  von  der  Beschaffenheit  der 
Möglichkeit  (seiner  MiMclif)  hai.  Beirncblet  dasselbe 
sie  als  eine  solche  ,  die  sich  als  wahrscheinliche  ,  ge- 
wöhnliche ,  niiliirlielir  Folge  aus  der  Handlung  ergibt. 
ist  etwas  möglich  und  wahrscheinlich  ,  so  sieht  ihr 
Conjunctiv;  wii  d  aher  die  Möglichkeit  bloss  gedacht 
und  vorausge.utTt  als  eine,  die  ge.^cbeheit  ki'iinie ,  so 
steht  der  Optaliv  ohne  Biicksiehl  auf  das  vorbei  gehend» 
Tempus  S-iiippc  .1  \.  n  Mrnmr  l"  |,  «  nü,»  tw  y.a!r,r 
yijnrcrtt,  te  ttifun^yy^nn,  t)t;).nf  ,  ti  diu  iuvir,r  uiuionm.' 
coniiinclivo  ejj'ei  lus  .•■i-j.iiificalur  liini/uum  tn  ipso  actione 
püsiiu>  att/ue  CT  illa  ip.-^u  .iUrpensus  ;  oplalivus  vero  Inn- 
ijuani  1.1  alii/ini  .  quae  inest  in  subiecio ,  coi^itatione 
pendens.  G!.  Kiihner  gr.  i;i.  773.  b. ,  qiii  lainen  iliicrsa 
miscct.  ' 

Q)  \id.  Mattl  'ac  pr.  pr.  p.  996.  et  iiiiprimis  Poppe  ad  Xcn. 
C^rop.  1«.   i90.  et  Thiirjd.  I,   1.  p.   l4l.  266. 


1347 

cii  iniliri.1  qaacilam  »cl  c  iiatnra  ei  gravitnfc  rei  vcl  c 
rrliqua  forma  orationis  petita,  qiiac  srrijitiirem  dcsrribere 
riMii  uiagis  et  repraeseiitarc  quam  iiarrare  voluisse  osfen- 
(laiit ,  iiivcniaiitur:  alioqiiiii  cvitari  noii  jiotest  quin  aiit 
(iraeci  temerarii  fuisse  ot  in  liistorico  gciiere  diceiiili 
iisum  moduriim  iiiiliscretum  Iiabiiisse  puteiitiir  aiit  ipsi  nos 
liliiiliiiem  qiiaiiilam  exjiliraniii  pntiiis  quam  certain  ratin- 
tii'in  secuti  esse  vidoamiir.  Neutrum  esse  oxemjilis  ducebo. 
]ii  Ilcroil.  VI,  10(1.  ^lut^cul'  dt  Tcv-TUiv  't/.dve(ja  cü; 
fAxi  ^'iiOX'^'/-  <>  -^üih/jpog,  iojv  Tujv  'E()£Toitujv  xa 
rtnvJTa,  (fQuCst  rui^  i;y.ovai  tujv  '.13ijvaiu)v  udvta 
■tii.  TiageufTU  o(fi  TiQr.'/fiura,  tt  o  o  iediei:  o  ts  ärcak- 
'/.arraea^ai  acpsac  sc  zijv  acfsrioijv,  Iva  /n]  TTQoqctTiö- 
f^iovTtif  Ol  St  'A&ijvatoi  TUi'Tu  Aidxi^'T]  OL'fißov- 
t.tvOCiVTl  7t  £  ci^  o  T  T  at  y..  T.  /..  traijsitioiicm  e  tempore 
praetcrifo  in  praesens  facfam  esse  tota  confoniialiu  ora- 
tionis osiendit.  Idem  VIII,  76,.  TUiOi  öh  (jj~,  rriaru 
syivtTQ  TU  dy^tki^tvTa,  tovto  fiiv  t'g  ti'/v  vijaida 
tljv  'Pi'ZTuKEiav  fiiTatv  ^alauirÖQ  ts  y.t.iiihi^v  v.al 
■Ti^i  j'jTciioov  -TTokkovi  ruiv  Ilcuaeuji'  UTretj/ßaaavio , 
Toiixo  de,  ircsidi]  tylvoino  fteaui  vv/.if.i;,  dv^jov 
HSV  tÖ  d:i'  saTitoi^z  y.iocii  y.i<y.koLiftsvoc  ■K()ui  ti]v 
^aix'.iitva,  dvTjyoi-  6i  ot  djKft  Tr,v  Ksov  t£  xcd  tijv 
KvvuauvQUv  TSrayfiivoi,  yaTS^ov  ts  fisXQ^  Mov- 
vi'Tiis  rrdvra  tov  noo^uuv  xvai  vvivoh  zuivöa  de 
siisy.sv  avi]yov  tui;  viiai;,  iva  er,  Toiot  r^kkijoi  fn^os- 
ifiyisiv  e^y,  d/X  dnoku/^cpi^svTSi  sv  nj  !Üakaf^itvL 
lioitv  riaiv  TOjv  srt'  'ApTS/Jicriip.  Si  coiiiuiictiio  rem 
praeteritam  tamqaani  praesentem  ponerc  voluissc  existi- 
nialur,  ncque  raiissam  ullaia  habiiit  le^itimae  strnctiirao 
verborum  inutaiidae  et  profec.to  inepte  mutavit,  v.t  qui 
statim  optativiim  ,  quasi  sn  in  urdiuem  rcdiirere  teilet, 
adiecerit.  At  vero  ille  coniunrtito  usus  est,  iit  ctentum 
rei  certum  et  inevitabilem  si^uificaiet :  certum  est  enim 
iiaves  Graecoruni  a  barbaris  circumventas  clausasqni-  non 
potuisse  tlam  eirn;;ere ;  optativus  autem  ronsiiiiim  Prrsa- 
rum  indieat  nun  illud  quideni  certi  eventus;  pnteraiit  enim 
Graeci  etiam  circuiuventi  furtiter  pu;;nando  vicfores  eia- 
dcre.  Verte:  .Sie  zogen  hinauf,  damit  die  Griechen 
7iicht  entßiehen  konnten  und  —  l/eslnift  iciird'en. 
Contra  quae  statim  adiecit  i^  de  Tl^v  vijoida  Tr,v  'I'vt:- 
TULiiav  y.aXiousvf<v  ä^eSlßa^uv  Ileooeuiv  rujvöe 
iht/.Ev,  W5 ,  tafßj'  yevijxai  vavfxaxii],  ivxavO^a  fxd- 
Kioxa  itoiooutvvjv  xuiv  -re  drdovjv  xae  xdiv 
lairyidjv,  sv  yug  öi)  rröorp  t;J;  vavfAaylrjZ  xijc  fisX- 
/.OLori  saca^ai  ixsixo  i]  vi;ang,  i'va  -rot^  f'^i^  71  Sot- 
TloiuiOt,  xoii  6t  öia(fiksloujai,  si  narralio  rei 
practeritae  contiuuaretur,  STtel  ysvoixo  —  TtSQi'toir- 
OUV  —  ölUff^StooiSV  scribi  oportuit;  nunc  illud  ipsum 
tTCluv  '/ivrxai  argnmento  est  Ilerodotum  transitiune  es 
obliqua  oratinne  in  rectam  facta  rogitata  ducum  reprae- 
sentarc.  (Cf.  Tliucvd.  I'I ,  'JG.  y.oX  Ol  jisv  —  iisra- 
aii  TS  Ö7i/M)ii  STTotovvxu  xid  tiiay.ooiovi  koydöaq 
xuiv  ÖTzt.ixoiv  i^sy.gtvav  nQoxeoov,  um  vqXS  ^lö^ii- 
/.o;  (fvyui;  si;  "/ivdgov,  oTiog  rojv  rs  'EttittoIojv 
fhjoav  (fvtMy.eq  y.ul  r-v  f;  dü.o  xt  S  i'tj,  xayl  jivv- 
£OTujT£Q  Ttaoayiyvojviat.)  llcrod.  IV,  139.  ovxot 


OCf 


1248 

UV  STTsi  x£  xi'jv  'Jarialon  aigiovro  yvvj[.nv,  tdo^i 
fCft  TTQo?  TaJry  xdSs  egya  xe  y.aX  sttsu  -noog^sivai' 
xiji;  fisv  yscfvgijq  Xyttv  rd  y.axd  xovg  ^xi'^ai;  sövxa, 
Xi'siv  ÖS  öoov  xö^tvf^a  s^ty.vssxai,  'iva  x«l  iroissiv 
Ti  öoy.sojöL  Tiotsvvxsq  fttjdsv  y.al  ol  Ey.v^cu  (11^81  v 
nttQtnaxu  ßiujfxsvoi  y.dx  ßorköfxsvoi  dtaßijvat  tuv 
"lavfjov  yaxu  ri)v  ytcpvpav.  Nam  cum  in  ponte  »ol- 
vendo  occuparentur ,  non  poterant  non  videri  aliquid  fa- 
cere,  sed  ctiam  sie  dubium  erat  num  Scvtliae  pcriculum 
traiiciendi  facturi  esscnt.  Ib.  IX,  5t.  s;  xovxov  8t] 
xov  jifwpoi'  sßovXsvoaiTo  fistavaaxfjvat,  'iva  y.aX 
vdaxi  sx^aOi  XQdo9at  dcf^övoi,  y.ai  01  ijtTihc  crcpsai; 
/()";  aivoiaxo  y..  r.  X.  Cf.  I,  1%.  (Bernhard,  synt. 
p.  401.)  Thucyd.  III,  22.  VII,  17.  VIII,  87.  (Poppo  I, 
1.  p.  272).  Euripid.  Suppl.  205.  sq.  Deas  nobis  dedit 
xQocptjv  x£  y.apTTov  yiirQSCfij  y.dit  ovgavov 
orayuvai  i'SgijXd^f  vji;  xd,  x'  sy.  yaiai^  TQSCfrj 
doÖT]  xs  vtjövv 

TrovxoD  xs  vavcTxo\r;fia9' ,  uic;  StaXXaydg 
sxoi^iev  dXXijXoiaiv ,  ujv  itsvoixo  yij- 
i.   c.   deus  nobis  plurias  dedit,    quarum    liacc  est  natura, 
ut  nutriant  ferundentque ;    idem    nares    dedit    co  cnnsilio, 
ut  honiines,  ai  vellent,   etiam  inaris  commercio  uterentur. 
Homer.   Iliad.   w,  586. 

SiKodi;  8'  £y.xaXscrac  Xovcsai  y.sXsx'  ducpl  x'  dXsitpai 
vüocpiv  dstpdcrac,  oig  fii)  Ugiaiioq  t'Soi  viüv 
f^nj  ö  j^tsv  nxvi'/iivTj  y.paSirj  X'^^ov  ov-y.  sovaatxo 
TTCiiSa  i'Sujv,  'AxiXfji  8'  öpivSsitj  cplXov  ijxoq 
y.al  £  y.aTay.xsiveis ,  zltos  8'  dXixrizai  scpsrf^idi 
qao  loco  optatiiis  cojritata  Achillis  continentur,  coniunctiro 
id  quod  poctae   videbatui    ex  ca    re  necessario  consequens 
esse.      Eurip.  Hec.   1107.   cd.  H.  1 

cdsiöa ,  jii]  001  TtoXs/iioi;  Xsicp^sti  ö  rraii 
Tpoiav  di}(joiö7j  y.al  t,vv  o  lyi  orj  rxdXiv  ■, 
yvovzeq,  8'  'Jyaiol  J^utvza  IlQiaiiibuiv  xiva 
0gvyüjv  ei  nJav  avdiq  äpsio.v  azaXov 
y.äiisixa  Qqjjxij^  TtsSia  zQißoLEv  xdS£  y.rX. 

quo  loco  Pflugkius  animadvertit  coniunctivis  usum  videri 
poetam ,  quod  vereretur  Polvmestor  ne  Troja  restitucrc- 
tur,  optatiiis  auteui,  quod  roniecturam  facerct,  liaud  esse 
dissimile  veri  Acliiros  redituros.  Rectc ;  alterum  enim, 
quod  coniunctivis  expressit,  erat  sane  qnod  Polyniestor 
vereretur;  nam  nihil  erat  magis  consentaneum,  quam  re- 
lictum  post  Trnjae  cxcidium  Polvdorum,  Priami  filiuni, 
urbis  restituendac  periculum  facturum;  alterum  autem, 
quod  optativis  continetur,  suspicionc  tantum  et  coniectura 
quatnvis  haud  improbabili  nititur.  Plat.  Pbacd.  p.  88.  c. 
söü/.ovv  i'jiiui  ii;  d^iaziav  y.azußuX£iv  ,  /<;;  ovSsroi 
ä^toi  shjfisv  y.gizut  1)  y.al  xd  Ttpdyfiaza  aizu  dziioza 
j^,  quo  loco  Bekkerus  cum  Ileindorfio  refragantibus  libris 
Slfj  posiicrunt:  dubitationein  nobis  inieccrunt,  ne  non 
essemus  idonei  iudices  li.  0.  ne  non  recte  iudicassemus , 
ncquc,  id  quod  deinceps  amplius  quacrctur,  tota  res  eius- 
inodi  sit    quae    crcdi    ncqueat  (liernli.  1.  c.  Somoier  1.  c). 

(Beschluss  folgt.) 


Zeitschrift 


f ü  r   die 


Alterthumswissenschaft. 


Sonntas;,  29-  Decemher 


18  3  9. 


Nr.  156. 


De   pard'cularum   l'inaliuin   apiid   Graecos 
constnictione. 

(B  e  s  c.  h  1  u  s  s.) 

^ota.  In  tarn  subfili  discriminc  moiloruiii  non  est 
miriim,  si  inuKis  locis  ilurfuet  iuiliciiim  drquc  rccta  aiit 
inlcrprefa<ione  aut  scri|)liira  ilubitetiir,  ut  lliad.  E,  568. 
nsQi  yuQ  Sie  Tcotftcvt  Kavjv, 
u!;  Ti  Tiäi^T],  fxeya  ös  acfai;  dTC o acf^kets  novoio. 
ei  6  59G. 
"Ey.xofJi  yaQ  ol  ^ffioq  ißovlero  y.vSo^  6pei;at, 
n^iuiuö^,  i'va  vijvai  y.oQotvioi  ihan/oai:.  nvg 
efjßdkrj  ddava-rov,  Osridoq  ö'  it^aicriov  dgfjv 
Ttucrav  ETcr/.QijveiB. 
«jiiani  srriptiirani  Niizscliiiis  ad  Od.  T.  1.  p.  150-  Berii- 
liard.  sviit.  p.  401.  Thiersch.  gr.  gr.  min.  '2b'2 ,  3-  de- 
fendiiiit,  Ilcrniann.  opp.  I.  p.  2S8.,  ciii  de  priore  jjuideni 
liifo  Spitznerus  (juoqiie  assentit  (cf.  Thiersch.  gr.  gr.  342, 
5.),  opfativus  nd9oi-  iußakot  ponendos  esse  iudicavit. 
Qiiod  qnidem  iiidicium  ego  qnoque  de  altoro  quidem  loco , 
qni  est  libri  qiiinti  decinii,  probabile  dticü  ;  niluime  cniin 
iiicensin  naviiim  e  favore  Joiis  per  se  ipsa  consequi,  nisi 
il!e  hiinc  evcntuni  rogitaierit ,  existimari  potest  (Kiilincr  : 
§.  774.);  contra  allcro  loco  T«  1)51  defendain  ,  qiiia  Graeii 
Diaxinic  post  vcrba  timcndi  ex  orntione  obliqua  in  rectum 
trniiseunt  timorem  ex  natura  rei  haustum  significantes 
(Poppo  Thuc.  I.  1,  p.  142.  Kriieg.  ad  Anabas.  I.  S,  24.) 
Kam  qni  öle  /();  tt  na^Ol  dicit,  is  quid  alter  tiniuerit, 
non  item  num  idoneam  ransam  habiierit  tiniendi,  indirat, 
at  dt£  jU/;  TI  7ic9lj  si  dicis  qno  modo  res  ad  expericn- 
tiam  futuri  refertiir,  significas  fnisse  quod  alter  timeret. 
Itaquc  hiinc  roninnctiiam  apud  Homcrnm  rectc  scquitur 
optativns  ,  qiiia  ,  ctiamsi  recidisset  Menelaiis,  nihilo  tarnen 
minus  fieri  potuit ,  ut  Graeci  Troiam  expngnarent.  De 
Lys.  XX,  13.  otTTiq — y.axik.Ei;ev,  'iva  fujÖEii;  avTui  8id- 
CfUQoq   e'iTj  Tojv  öijfA.OTU)v,  dkk'  i'va  ruv  fisv  ßovXu- 

f^tevOV     yQUlfTJ,     El     ÖE     TUi      fll)     oloil     X     Et')],     XCQi- 

Co/TO,  et  23-  fi'Atro  fiäkkov  GvvEiSifvcu  vfiag,  5V, 
cf  y.cd  ßovkono  v.u/.uq  Eivai,  f^o;  i^fj  cU'Toj  ,  ükk' 
ElOffEOOl  TS  Tai  EtOCfOQUq  y.al  kElT  ov  Qy  oii]  iani 
Srheibius  monuit  ut  optatiii  (y()a(fiOl-£^£ilj)  reponercntur, 
de  aliis  alii. 

§•  14- 
Consulfo    primum    cos    locos    comparavi ,    qaibus   quia 
roniunctii'us    et    optativos    alteruaut,    neccssariu    sequitur, 


coniunctiii  post  praeterita  aliam  caussam  et  ratinneni  esse, 
quam  qnae  ab  alacritaie  narrandi  petatur.  Nunc  non 
duliito  ideni  ile  reliquis  locis,  quibus  roniunctivus  prae- 
tcritum   excipit,   prouuiiciare ,   coniunrtivo  aut 

1)  rem  pracseiiti  tempore  duranteni  exprimi  (v.  §,  11.), 
aut 

2)  rem  e  natura  actionis  praeteritae '  necessario  con- 
sequentem  indicari.  Thucvd.  IV,  1.  y.al  EaEßeßkt'-y.Eaav 
df.'.a  i's  Tijv  'Prjyivu)v  oiAoy.iJol  navOTOo.Ttd,  'iva  fxy; 
ETrißoiJ&üjiJt  TUl'i  MEOOtjVioti  coniunctivum  pnsuit,  quo 
rem  non  a  Locrensibus  cogitatam  ,  sed  ut  necessario  ex 
invasione  consccutam  (dövvara  yuQ  ijv  Ev  Tio  ^apovTl 
TOi'i  vloy.out";  üfiinEodai)  significaret;  non  enim  id  con- 
silii  agitarunt  Locrenses,  ut  Rheginos  ab  auxilio  Messe- 
niis ferendo  arcerent,  sed  ut  letus  odiuni  Rheginoruni 
rastandis  coruni  agris  explercnt.  Thucyd.  I,  Ü5.  ^VV£- 
ßüuksvE  /HSV,  ukvjV  ■:tiVTa//.ooia)V ,  uvEfiov  Ti^Qijaaai 
Tuk  ukkoii  E/jikEiioai ,  ÜTioji;  ettI  nksov  6  critoi; 
dvxio'pj  non  quid  consilii  habucrit  Aristeus ,  sed  quid, 
si  illi  obteniperassent  civcs ,  necessario  consequuturuni 
fucrit,  narrat;  nani  fieri  non  potest  quin  in  dilTicultate 
annonae  pauci  diutius  quam  multi  alantur.  Cf.  III,  8b- 
cxtr.  Dcmosth.  Olynth.  II.  p.  2ä.  $.  24.  ti/.Ä'  E/.eivo 
9uv^dQvi,  El  Aay.Eduiijovioii  fxEv  tiute,  o'j  uvögsg 
'./Sijvaioi,  VTTEo  TOJV  'Ekki]viy.ujv  Siy.iüuiv  dvTtJQUTS 
y.ai  Ttokkd  ibUt.  ■KkEovEXTijaai  Ttokkdyiq  itfuv  E^bv 
ovx  iji^EkrioraTE,  dkk'  'i'va  01  akkoc  tv^üjOi  tvjv  8t- 

y.uioiV  ,     TU     V^ETEO      aVTlijV     ävijklay.ETE     El'oCfE^OVTEg 

y.al  TCQOEy.ivÖvvEVETE  otoo.tevouevoi,  i.  e.  dass  ihr, 
auf  dass  die  Andern  zu  ihrem  Rechte  kommen ,  eure 
eigne  Habe  zusetztet ;  erat  enim  hacc  illorum  certami- 
nnni  natura,  ut  iura  Graecorum  tuerentur  et  sustcntareut. 
Cf.  in  Aphob.  B.  p.  83G,  2.  cctt. 

aut  3)  quae  sane  alacrifas  quaedam  narrandi  est,  rem 
praetcritani  quasi  repraescntari.  Thucyd.  I,  31-  Ol  de 
KoQivt^ioi  Tri'ddjxEvot  Tai'Ta  rjk&ov  xai  avToi  ei; 
Tai;  '.49ijvai;  TiQEaßevao^iEvoi,  dnujq  lurj  öcfiai  UQuq 
Tij)  K.EQY.voo.iu)v  vu.vTiy.d)  TU  'AxTiy.ov  nQo^yevouEvov 
euttÖÖiov  yevijTat  9i:09ai  tuv  ndkE/xov  tj  ßovkov- 
zat.  Id.  III,  (i.^  V,  43.  45.  VI,  73.  V'lll,  82.  90- 
Ilcrod.  VII,  8.  ZEQ!:;i]i  —  avkkoyov  ETiiy.kijTov  tujv, 
ÜEQaEojv  TU)v  dotOTüJv  ETloiEETO,  i'va  yriuuai  te  7tv- 
^7] Tai  aCfEojv  y-ui  avTUi;    i-v  ndoi  EiTti^  rd  ^skei. 

Franke. 


1251 


1252 


Do  r<iriiolii  N'i'poli»  «i(a  ot  .«<Ti|iti>  riiiiiiiiditati<i.  Scripsit 
J.T/ieodoi  US  Liitkenhui,  pliil(iM>jiliiac  Ddctor.  IMoiia- 
§terii   ap.    Fr.     Rpgfiisbprj    US  {«.      IU4   S.   y.  *) 

Bei  iIpf  Aiizpiifc  iliosrr  Aliliaiiillnii^,  tioinit  die  Re- 
il  i<  tum  ilifspr  Zi'ifsrlirift  iloii  Uiifpr/picliiipfpn  beauftragt 
liit,  bi'tiiiilrt  \\f(  sirli  eiiii^ermas.seii  in  Verlo^Tnlicit 
iukI  Häre  olim-  ilicseii  Aiiffrajr  iiliiiiiicr  auf  den  Gedanken 
i;ekiininien ,  derselbi-ii  eine  lilientliciie  Heurtlieilnnj^  zu 
«idrnen.  Denn  ila  der  A'erf. ,  «ie  er  sellist  sagt  p.  4., 
nirlit  für  eine  eigene  Ansieht  über  den  behandelten  Ge- 
gen'itaiid  »iih  Kahn  brerhen,  sondern  nur  ilas  ßeüte  inn 
dem,  Has  (ri'ihei  gesagt,  aiisn.'ihlen  und  znsaminenstellen 
wollte,  s<(  kann  lon  itIkIiMi  lieni  iNiitzen,  den  sein  IJiuh 
der  Wissenschaft  geleistet,  uirlit  «ohl  ilie  Rede  sein. 
Denn  das  »ird  er  >elbst  im  Ernste  liicht  behanpten  wol- 
len, dass  die  Acten  i'iber  den  Mepns  bereits  zu  einer  so 
rer»  irrten  .Hasse  angelaufen  seien,  dass  ein  Auszug  des 
Bisherigen  Kediirfniss  sei.  Aber  auch  selbst  das  zuge- 
geben, so  ihuss  Ref.,  so  ungern  er  der  Anspruchslosig- 
keit und  BescheideuliPit  des  AVrf.  »ehe  thun  mochte, 
doch  seiner  l'eberzcugung  gemäss  behaupten,  um  es  milde 
auszudrücken,  dass  dieser  Auszug  unbefriedigend  ausge- 
fallen. Denn  «as  den  zu  verarbeitenden  .StoU'  anbetrifft , 
so  ist  er  bei  der  Ausiiahl  desselben  offenbar  ziemlich 
parteiisrh  verfahren,  indem  er  die  .Ansicht  derer ,  welche 
die  jetzt  unter  dem  Namen  des  Nepos  gehenden  Lebens- 
beschreibungen wirklich  für  ein  unverdorbenes  Werk  des- 
selben halten,  zu  denen  auch  der  Terf.  sich  bekennt, 
ziemlich  iieitliiufig  durchfülirt,  die  gegnerischen  aber 
meistens  nur  kurz  andeutet,  odiT  auch  ganz  übergeht; 
wessliaib  wir  ihm  zurückgeben  müssen,  was  er  pag.  (i(i. 
oben  von  seinen  Gegnern  sagt.  Denn  das  darf  mau  doch 
»ohl  mit  Recht  voraussetzen,  dass  er  sich  nicht  hinter 
den  relativen  Ausdruck  einer  Ausiiahl  des  Besten  stecken 
werde  ,  indem  die  Meinungen  der  Gegner  im  Grunde 
alle  nicht  viel  taugten,  da,  wenn  er  diesen  Auszug  im 
Interesse  der  AVissenschaft  geben  wollte,  diese  den  An- 
spruch an  ihn  macht,  dass  er  von  allen  Ansichten  das 
an  und  für  sich  Beste  mittheile,  abgesehen  davon,  wcl- 
rhen  AVerth  es  haben  mCigc  im  Verh.'iltnisse  zu  anderen 
vielleicht  richtigeren  und  gi-diegeneren.  In  Rücksicht 
aber  auf  die  Form,  in  die  der  A'erf.  sein  Werk  einge- 
kleidet,  n.uss  Ref.  gestehen,  dass  es  ihm  selir  schwer 
geworden,  dasselbe  bis  zu  Kode  durchznlesen,  nicht  wegen 
seiner  «ehr  massigen  Latinitat  /ilenn  die  ist  man  heutigen 
Tages  so  ziemli(h  goiohnt,  siebt  Ret",  auch  nicht  eben 
als  wesentlich  an,  ho  für  die  S/irlie  nur  etwas  geleistet 
»■■t),  sondern  wegen  der  nnertr,'lgliclicii ,  aller  Einheit  der 
Daretelliiiig  entbehrenden ,  buntscheckigen  ('omposition , 
wonach  der  Verf.  seine  Gewahrsm/inner  meist  in  direrten 
Reden  einführt,  die  er  wörtlich  aus  ihren  .Schriften  ab- 
geschrieben, und  so  gleichsam  in  seinem  A'orlrage  sieh 
alle  Augenblicke  von  Andern  ablitsen  lasst;  ja  selbst,  wo 
er    aas    deutsch    geschriebenen  Werken    entnahm ,    über- 

')  Wir  Ibeilen  den  verehrten  Lcaern  diese  von  uns  gewiinsclitc 
Anzeige  lull,  wenn  aocli  Hr.  (;\nMi.isi,illcliri'r  Frcmlen- 
b.TR  in  «.11  eni  \rlil  ei  Zur  I.iler.ihir  <lcs  Cornelius  .\epos« 
di.-«e  Sclinlt  cbcnlMI,  schon  b,  riicl-irlili^l  !,;it.  Ks  i.t 
jeil.nf.ilh  nicht  oninleressani ,  zwei  Geh  Inten,  die  beiile 
in  neuerer  Zeit  iiher  Nepos  geschrieben  liaben,  über  eine 
unil  dieselbe  Sclnid   zu   vernehmen.  Die  Red. 


scfzte  er  iu  direeter  Rede  ,  -wie  p.  A[).  51.  und  75  au» 
Rink.  Zum  Theile  mag  dies«  seinen  Grund  haben  in  der 
übertriebenen  Aengstlichkeit  des  Verfs. ,  zum  Theile  aber 
auch  gewiss  nach  des  Ref.  Ueberzcugung  in  dem  Wunsche, 
der  .Abhantllung  einigermassen  Umfang  zu  verschaffen , 
worin  Ref.  durch  die  uiigcwühnlich  splen<li<lc  äussere 
Ausstattung  bestärkt  wird.  Darauf  führen  die  dreimal, 
einmal  ganz  (p.  .{),  zweimal  zuni  T/ieil  (p.  6  und  :j(i.; 
hingeschriebene  Ode  des  CatuU  an  Nepos,  und  das  p.  14. 
ganz  mitgetheilte  Lied  des  Ausonius  an  den  Pacatus , 
während  nur  iler  letzte  l'ers  desselben  in  Betracht  kam, 
und  eine  voltn  halbe  Seite  ans  Tac.  Agric.  c.  2  entnom- 
men p.  70  ,  zunächst  freilieb  aus  Daehnc's  für  Schüler 
geschriebener  Einleitung  p.  XLV.  abgesehrieben  ,  um 
darzuthun,  was  jeder  weiss,  dass  es  unter  einem  Do- 
niitiau,  Tiber  u.  A.  misslich  mit  iler  Schreibfreiheit  in 
Rom  ausgesehen  habe,  endlich  eine  p.  32  mitgetheilte 
Stelle  des  llierunvinus,  die  schon  p.  3.5  wieder  aufge- 
tischt wird.  Oder  man  müsste  eine  grosse  Taktlosigkeit 
des  Verfs.  als  Grund  davon  ansehen  ;  iinil  dafür  sprechen 
alli'rdings  ein  Paar  in  ihrer  Art  possirliche  Stellen;  p.  63 
nämlich,  wo  er  Ranke's  Ansicht  bespricht,  fügt  er  mit  der 
seltsamen  Wenduug  ,,si  rero  Lieberkuehnio  fides  habenda 
est,  ijuod  noii  dubitu"  ,  hinzu,  dass  jener  Gelehrte,  wie 
Lieberkühn  eben  berichte  (in  seiner  Abh.  über  Nepos  p.(i(ij, 
jetzt  seine  Meinung  geändert  habe,  und  hält  es  dann  noch 
für  nülhig,  die  directen  Worte,  mit  denen  Lieherk.  diets 
erzählt,  und  die  4  ganze  Zeilen  einnehmen,  hinzuschreiben ; 
und  p.  S4  wiederholt  er  eine  p.  33  schon  gegebene  Stelle 
aus  dem  Hieronymus  mit  der  naiven  Bemerkung:  „Hie- 
ronymi  locum   stipra  quidein  luudatum   hie   repelam." 

Der  Inhalt  des  Buches  ist  kurz  folgender:  Prooem. 
p.  1  —  5.  c.  I.  <ie  vita;  Hr.  L.  nämlich  beginnt  die  Abhand- 
lung mit  dem,  womit  er  billig  scliliessen  musste,  nachdem 
die  L'iitersuchung  über  die  Echtheit  der  sog.  Lebensbe- 
schreibungen des  Nepos  vorhergegangen  ;  er  eonstruirt  uns 
das  Leben    von  vorn  herein  nach  denselben;    |^.   t.  über  den 

Namen,     §.    2-    über   seine    Lei szeit   (vor,    Hährend    und 

nach  Caesar's  Dictatur),  §.  3-  Tode.sjahr  (um  30  a.  C), 
§.  4.  Geburtsort  (iingewiss),  §.  .').  über  seine  geistigen 
Vorzüge,  Erziehung  und  Rildung  ,  §.  (>.  wie  und  »u  er 
gelebt.  Cap.  J.  über  seine  Schriften,  i^.  |.  Chronica,  über 
die  Hr.  L.  einmal  einen  eignen  Gedanken  ausspricht,  die 
Vermuthung  nämlich,  dass  das  I.  Buch  der  Cliron.  die 
Geschichte  der  Barbaren,  das  '2-  die  römische,  das  3-  die 
griecli.  Geschichte  umfasst  habe.  §.  .i.  vitae  illustriiim 
virorum  und  libri  exemploruin.  ^.  .{.  die  Briefsaiiimliiiig 
an  Cicero,  und  die  Schrift,  quo  distinguit  litleratiim  ab 
eriidito ,  über  die  der  Verf.  wieder  einmal  eine  eigene 
Conjectur  aufstellt  p.  39,  Nepos  habe  als  praktischer  3Ieiiscli 
die  Pflichten  der  verschiedenen  gesellschaftlichen  Stände 
zum  Gegenstand  seiner  Untersuchung  gemacht  iiiiil  sei 
so  zu  einer  A'ergleichung  der  grainmatisi  h-Gelebrten  (lit- 
terati)  mit  den  allgemein-Gebildeten  (eruditi)  geführt  wor- 
den; ferner  über  die  angebliche  Sej>aratbiographie  des 
Caesar,  die  Hr.  L.  p.  42  bedenklich  findet.  §.  4.  u.  ,';. 
die  vitae  excellentium  iiiiperatorum  (p.  44 — l()4)i  über  die 
der  Verf.  Nichts  sagt,  »as  nicht  weit  besser  bereits  von 
Lieberk.  oder  Anderen  auseinandergesetzt  wäre,  »vas  er 
zum  Theil  auch  selbst  gefühlt  zu  haben  scheint ;  wenig- 
■teng  deuten  Ausdrücke,  wie  p.  ti2.  „Quac  ooinia  ita  re- 


125? 


1254 


lollit  Lipbork.,  Hl  ciiliil  addi  possit",  darauf  hin.  .Mi<  iIimi 
•fewtiliiilii'lipii  Griiiiilrii  wird  aiirli  hier  die  Aiictuntat  der 
Hdsrhr.,  die  den  Acmil.  Prolms  als  XeTf.  iicnnpii,  lici  Seite. 
goscilioheii ,  was  wir  liier  iilclit  ansfi'ilirlicli  widerli';,'cii 
wolliMi,  il.'i  »ir  rs  lierrifs  aiiderüwü  zii  thiiii  gesucht  lialx'ii 
(in  dciit  l'ro^'r.  tler  Hendsb.  (iel<'hrtciis<hult>  v.  Ostern  IHJ')). 
^iir  das  hier  p.  (>  vewiinnene  Kesiiltat,  das.4  nMinlich  der  an 
iler  Spitze  der  Hdsrlir.  als  Verf.  stehende  Aenifl.  Prohus 
nolhtuenilis;  ein  Anderer  sein  müsse,  als  4ler  Prohus,  »el- 
elier  jene  hokannteii  schlerhten  \'er«e  («ade,  lilier,  nostri 
fatu  nieliore  nieinento  ete.)  gesrhiniedet  hat,  die  sich  in 
einigen  lldschr.  linden,  iniij;e  hier  |init  kurzer  Ueifügnn^' 
der  Gründe  v  iederholt  wcr<len.  ^^iiilich,  wHren  beide 
Prnbus  als  dieselben  Persiineu  zu  betrachten  und  naih 
der  [TeiKihiilicIieii  Annahme  die  Auctori(;it  des  Aeniil.  Priib. 
erst  aus  jenen  \'er.-.en  au  die  Spitxe  ili-r  cixld.  [;eki>ninicn, 
woher  dann  |)  iler  Manie  Aemilitts ,  Aa  in  jenen  nur  ein 
Probns  genannt  wird;  2)  <ler  (Juistand,  dass  jene  Dedica- 
tiiMisierse  an  den  Theudosins  nur  in  sechs,  und  zwar  der 
ältesten  Handschriften  sirh  linden  ,  macht  es  unbegreiflich, 
wie  dii-  Auctoriliit  des  Aeni.  Prol).  in  alle  übrigen  lldschr. 
ohne  jene  Verse  sich  einschleichen  konnte,  will  man  nicht 
i.M  einem  zufalligen  VVeglasscu  seine  Zuflucht  nehuieu; 
woraus  hervorgeht,  ilass  Arm.  Prob,  früher  au  die  Spitze 
alter  lldschr.,  als  die  poetische  Dedicatiiin  in  jene  sechs 
gekommen.  3)  INach  dem  Zeugnisse  des  llieronvm.  (Magius, 
der  zuerst  die  ^  ersc  fand,  stehen  sie  hinler  den  Lebens- 
be.-rlireibungen  (in  caice  «odicis);  welchem  \'erf.  eines 
liiii  lis  oder  wem,  der  gerne  dafür  gelten  will,  wird  es  aber 
einfallen,  seine  Uedicatinu  an's  Ende,  und  nicht  voran  zu 
setzen  J  4)  anih  eine  Uedication  in  Versen  bei  einem 
trockenen  prosaischen  Werke  scheint  wenigstens  für  die 
alte  liiteratur  etwas  Widersprechendes;  endlich  fj)  der 
^'erf.  dieser  schlechten  und  fadeu  Verse  kann  unmöglich 
Verf.  so  guter  Lebensbeschreibungen  sein,  konnte  aber 
desshalb  auch  gewiss  nicht  ilen  Theodosius  und  die  do(ti 
so  tauschen,  dass  diese  ihn  als  den  »irklichen  ^'erf.  auch 
(irr  vitae  anerkannten.  Der  Verf.  jener  ^'erse  ist  ein  Ab- 
sihreilier  >iami'ns  Probus,  der  eine  Copie  der  ritae,  die 
schon  damals  den  Aeui.  Prob,  als  Auctor  au  der  Stirne 
trugen,  für  den  Theudosins  besorgte,  und  nach  vollbrach- 
tem ^Verk  froh,  theils  Scherzes  halber,  wie  dergleichen 
ja  oft  vorkommt,  weil  er  zufällig  auch  Probus  hiess,  theils 
um  sich  durch  seine  Jovialität  und  Schuieiclieieien  in  Gunst 
bei  dem  Kaiser  zu  setzen,  jene  Dedicalion  am  Ende  hin- 
zufügte. Ist  diese  Ansicht,  in  Itücksicht  auf  deren  Hei- 
lere .^iotiviruug  wir  auf  obiges  Programm  verweisen  müs- 
sen, richtig,  so  huflen  wir,  dass  die  Auctorität  des  Aeni. 
Pr.iib.  etwas  mehr  Halt  gewonnen  hat,  unil  künftig  nicht 
nieiir  so  leicht  beseitigt  werden  wird,  als  es  genohnlicli 
üeschicht.  Wir  wicderholeu  hier  nun  nicht  ,Alles  das 
überhaupt,  was  wir  in  jenem  Programme  zur  Unterstützung 
der  Ansiclit,  dass  die  Lebensbeschreibungen  ansgezeidnu— 
ter  Feldherren  wenigstens  niclit  in  der  Gestalt,  wie  wir 
sie  jetzt  besitzen,  ein  echtes,  unverdorbenes  Werk  des 
Nepns  seien,  und  zur  Widerlegung  dessen,  womit  Lieberk. 
die  Ansicht,  Aemil.  Probus  sei  ein  epitumator ,  abgewie- 
sen h;it,  beig'diraclit  haben;  nur  über  'J  ^i ebenfragen  sei 
es  uns  noch  vergönnt  hier  Einiges  hinzuzufügen ,  um  die 
«eni:;«tens  ihrem  endlichen  Abschlüsse  naher  zu  bringen; 
wie  CS  zum  Theil  schon  durch  Lieberk.  weit  besser  ge- 
-schehen    ist,   als   Hr.   L. ,    über    die    Frage,    ob   die   vitae 


exccil.  imperiilt.  ein  Theil  eines  grösseren  Werkes  seien, 
und  über  die  Reihenfolge  derselben.  —  AVasjene  anbe- 
trifft, so  hat  Lieberk.  p.  7t)  sqij.  schon  Alauches  richtiger 
gesehen  und  vollständiger  erörtert,  als  Hr.  L.  p.  Ü[  gqn, 
und  namentlich  Alosche'a  und  Daehne's  Irrthümer  p.  /jj 
glücklich  »i<lerlegt.  Nur  begeht  er  den  Fehler,  die  vi- 
tae der  griechischen  Feldherren  und  der  römischen  ala 
für  sich  nnabhangige  liücher  anzusehen,  so  klar  auch  das 
Gegentheil  erwiesen  wird  durch  das  Ende  des  Hannibal  : 
,,  Sed  nos  tempus  est  huiu»  libri  facere  finem,  et  Roma- 
nnrum explicare  imperatiires,  quo  facilius  ,  collalis  utro- 
rumque  /actis,  qui  viri  jiraeferendi  sint,  possit  judicari"', 
worin  der  Verf.  deutlich  genug  angibt,  dass  er  unmittelbar 
zu  den  Lebensbeschreiliungen  der  römisch.  Feldherrn  fort- 
gehen und  diese  neben  die  griechisch.  Lebensbeschrei- 
bungen zur  ^^■rJ;leichung  stellen,  und  also  nicht  als  an- 
aihängig  f'ir  sich  stehendes  Ganze' betrachtet  wissen  will. 
Damit  stimmt  das  Ende  der  praefatio:  „et  in  hoc  expo- 
nemus  Uiro  de  vita  excellentiuin  imperaturum,  womit  der 
Verf.  beide  Partieen  der  griech.  und  rüni.  vitae  als  Ein 
sasammengehönges  Buch,  und  kurz  vorher  in  den  Worten  : 
„magnitudu  voluminis  prol. il. et"  als  Einen  Band  (Rolle) 
erkennen  lüsst ,  wahrend  Lieberk.  durch  seine  Ansicht 
gezwungen  wird,  sich  p.  .Sli  die  durch  Nichts  gerechfer- 
tigte Ellipse  excell.  imperat.  Graecorum  zu  erlauben.  Das» 
aber  in  der  praef.  „  hoc  libro  "  etwas  Anderes  heisst,  als 
in  jener  Stelle  des  Hannib.  ,,huiiis  libri",  indem  hier  nur 
ein  Theil  von  jenem  versfantleii  wird,  darüber  wird  sich 
Niemand  wundern,  der  bedenkt,  was  der  Römer  Alles 
über  nennt,  rf.  Bremi  zu  Lysand.  4,  'J.  So  viel  steht 
also  fest :  die  Lebensbeschreibungen  berühmter  Feldh.  bil- 
deten Ein  AVerk  ,  das  in  2  Abtheiluugen  zerfiel  (die  griecli. 
nndröm),  iiiid  die  praefatio  gehört  zu  dem  gnn^e«  Werke, 
und  nicht  hatten  die  röm.  vitae  noch  etwa  ein  besonderes  Vor- 
wort. Demnach  bezieht  sich  auch  die  magnitudo  voluminis 
auf  dies  g«/(3:e  Werk,  und  unbegreiflich  ist  es  ,  wie  man  es 
hat  »'erkennen  können,  ilass  im  antiken  Sinne  diese  vitae, 
wenn  man  die  röm.  sich  ebenso  lang  denkt,  als  die  jetzt 
noch  vorhandenen  gricch.  ,  zusammen  eine  grosse,  bedeu- 
tend» Rolle  ausmachten  (cf.  Epauiin.  s.  4.),  und  wie  noch 
Lieberk.  p.  7'J  sich  verleiten  lassen  konnte,  eher  an  eine 
parva  magnitudo  zu  denken.  Erinnere  man  sich  doch  nur 
au  Tac.  Dialog,  L'Ü ,  wo  Cicero  s  Reden  für  M.  TuUius 
und  .'\.  Caeciiia  imme/isa  Volumina  genannt  «erden,  und 
an  soiclie  Stellen  überhaiipt  ,  aus  denen  klar  ist,  von  wie 
geringem  Umfange  im  Verhaltniss  zu  unseren  jetzt  gedruck- 
ten Büihern  die  Volumina  iler  Alten  waren.  Nep.  .4tt.  iti 
n t  die  lli  Bücher  der  Briefe  Cicero's  an  Atticus  H\  Vo- 
lumina ;  Cicero's  Tiiskiilaiien  bestanden  aus  ebenso  vi^len 
vnlumini/jus ,  als  Büchern  (Cic.  Tusc.  .'i  ,  '.\  ,  (,.);  .(nstiii. 
piaef.  nennt  ilie  44  Bücher  der  Gescliiibte  di's  'l'iogns 
Volumina,  endlich  Pliii.  Epist.  .3,  .j.  erzählt,  si'iii  Olieim 
habe  ein  AVerk  von  1  l'iii  iiern  Hegen  ihres  l'iiifiip"-s  in 
,s-.  (■/(.>•  Volumina  gethei.'i  Ins  allem  dem  wird  «lerli  hiiilang- 
luli  klar  sein,  dass  im  ^^er;;!!'!!  he  mit  ileiii,  ii  as  man  ge- 
wöhnlich in  ein  Volumen  2!iisaiiiiiienzufa>seii  iilicMe,  die 
vitae  ausgezeichneti-r  Feldherrn  einen  sehr  lieileutendeii 
Umfang  hatten.  la  ,  Ref.  wagt  geradezu  die  liehaiiptuiig, 
dass  durch  diesen  Umstand  die  rüm.  Leliensbeschreil/ungen 
uns  verlnren  gei^angen  sind,  weil  schon  die  griechischeu 
allein  eine  geitöhnlicho  Rolle  völlig  anfüllten,  und  da- 
durch  beide   Partieen   früh   getrennt   wnrdeu. 


1353 


1256 


Fragt  man  nun  aber  weiter,  ob  diese  vifae  ausgezeich- 
neter Felilliorrn  «ieilernm  r.a  ilem  bokaniifen  Werke  des 
>o()OS  (lo  liris  illustribiis  gehüreii,  »oraiis^csetzt  natürlich, 
ilass  er  ihr  Verfasser  sei,  so  frlaiibcn  wir  »enigsfeiis  dar- 
tliiiii  zu  kiiniieu,  dass  jene  Aunalime,  die  auch  Lieberk. 
bat,  nicht  erident  eriiiesen  ist.  Ziin.'ichst  kuninien  hier 
die  Worte  aui  Endr  der  j)racf.  „festinatio,  ut  ca  exjili- 
ceni,  quae  exorsus  siim"  in  Uetracht,  iu  denen  ea  ,  qiiae 
cxorsus  sum  von  Lioberk.  p.  7(i  und  Hr.  L.  p.  82,  wie 
früher  von  Mosche,  auf  diejenijjen  vitae  virornm  ilhistrium 
liezogen  wird,  die  bereits  den  iinsriffoii  voranjfofiangen 
tiäreii.  Dem  widerspricht  alier  schon  der  Besjrilf  von  ex- 
«rdiri,  welches  immer  den  ersten  Beginn  bezeichnet;  auch 
sieht  man  nicht  ein,  wie  der  Bcfjriff  von  explicare  dazu 
pa>>t.  da  man  vielmehr  erwartet,  ut  ail  fiiiem  perducam, 
«f  perficiam  oder  Aehnliches;  denn  explicare  heisst  hier 
otTenbar  nichts  Anderes,  als  Hannib.  13  fin.  ,,  Romanornm 
explicare  imperafores",  und  an  unzähligen  anderen  Stel- 
len. Leberdiess  mnss  doch  jeder  eingestehen  ,  dass  der 
1  crf.  gar  zu  dunkel  angedeufet  Ii.'itte ,  was  er  »ollte. 
Vielmehr  geht  ,,ca,  quac  exorsus  sum"  auf  das  Unter- 
nehmen des  ^'crfs.,  die  vitae  excellcnt.  iniperatt.  zu  schrei- 
ben, anf  das  gleich  naclilter  genannte  pnipositiim,  welches 
noch  in  seinem  Geiste  lag,  dessen  Ausführung  aber  an- 
dererseits bereits  durch  die  V^orrede  begonnen  ,  da  diese 
als  integrirender  Theil  des  Werkes  seiist  mit  galt,  und, 
■wie  das  Endo  deutlich  zeigt,  nicht,  wie  unsere  Vorreden 
heutigen  Tages,  erst  nach  Vollendung  des  ganzen  Werkes 
geschrieben  ward.  Dass  diess  der  richtige  Sinn  dieser 
Worte  sei,  ergiebt  sich  becondcrs  deutlich  aus  der  fast 
ganz  gleichen  Stelle  Pelopid.  1,4.,  wo  es  heisst;  Felo« 
pidas  hie,  de  (juo  scribere  exorsi  sumus ,  obgleich  vom 
Pelop.  selbst  und  seinem  Leben  noch  gar  Nichts  gesagt  ist 
(denn  die  Anfangsworte:  ,,  Pelopidas ,  Tiiebaiins,  magis 
hisloricis,  quam  vulgu  notus"  können  kaum  für  mehr  als 
eine  blosse  üeberschrift  gelten) ,  sondern  nur  einleitende 
Bemerkungen  vorausgeschickt  sind,  die  aber  schon  zur  Le- 
bensbeschreibung des  Pelop.  selbst  niitgerechtiet  «erden. 
Wenn  ferner  Lieberk.  p.  76  meint,  in  den  folgenden  \\ Or- 
ten:  et  in  Ijoc  exponemus  lil/ro  de  vita  exe.  inip.  sei  iu 
hoc  mit  grossem  Nachdrucke  lorangesetzt ,  so  kann  man 
das  allenfalls  zugeben,  obgleich  es  nicht  nothwendig  ist; 
jedenfalls  aber  liegt  dann  doch  nicht  darin,  dass  andere 
Bücher  im  Gegensätze  zu  diesem  gedacht  wevden  sollen, 
ivel(  he  7iiil  ihm  zu  Einem  grösseren  Ganzen  gehören,  son- 
dern nur  andere  Bn<Jier  überhaupt,  die  der  Verf.  auch 
geschrieben  hat.  Wenn  aber  endlich  Lieberk.  p.  77  und 
Hr.  L.  p.  8.3  nach  Bardili's  Vorgange  noch  die  .Stelle 
Dion.  9,  5.  ,,Hic,  sicut  ante  saepe  dictum  est,  quam  iu- 
visa  sit  singularis  potentia  —  cuivis  facilc  hitellectu  fuit  ", 
anführen  als  Beweis  ,  dass  diesen  Lebensbeschreibungen 
schon  andere  vorangegangen  seien,  die  eng  mit  ihnen  zu- 
sammengehorten ,  weil  dieser  Gedanke  nicht  saepe ,  son- 
dern nur  Einmal  (Dion.  5,  ^.)  vorher  in  diesen  viti« 
vorkomme  ,  so  scheinen  sie  mir  auch  darin  zu  weit  zu 
gehen,  zumal  da  dieser  Gedanke,  was  sie  übersehen  ha- 
ben, vorher  schon  mehrmals  wenigstens  in  ähnlicher  Weise 
vorgekommen  ist.  Denn  was  wird  IMilt.  8-  Anderes  als 
eigentliche  Ursache  der  Verurtheilung  des  Slilt.  angege- 
ben, als  eben  der  Hass  und  die  Furcht  der  Athener  vor 
der  Tvrauni»?  cf.  Them.   8,1.,  wo  von  derselben  Furcht 


vor  der  Alleinherrschaft  die  Rede  ist  ;  sotvie  man  gewiss 
mit  vollem  Rechte  alle  Stellen  hierher  ziehen  kann,  wo 
von  dem  Ostrakismus  als  einer  gegen  Tyrannis  schützen- 
den Riassregel  gesprochen  wird;  cf.  Alcib.  7,  3.  „time- 
batur  —  ne  tyrannidem  coneupisceret.  "  —  Demnach  liegt 
gar  keine  Nothwendigkeit  vor,  anzunehmen,  unsere  Le- 
bensbeschreibungen seien  ein  Theil  eines  grösseren  Werkes 
überhaupt  (nur  dass  allerdings  die  Partie  der  ausgezeich- 
neten 7(/;/i«sc//.  Feldherren  uns  verlorengegangen);  an  und 
für  sich  ist  diess  freilich  ziemlich  gleichgültig;  doch  müs- 
sen wir  dcsshalb  dagegen  Einrede  einlegen.  <laniit  man  sich 
nicht  voreilig  eine  vielleicht  falsche  Vorstellung  von  den 
vitis  illnstrium  viror.  des  Nep.  mache,  und,  weil  es  etwas 
Scheiu  für  sich  hat,  sich  nicht  gar  bestechen  lasse,  daraus 
umgekehrt  einen  Schluss  auf  die  Auetorschaft  dieser  vitae 
zu  ziehen  gegeu   den   vcrstosseueu  Aeniil.   Probns. 

In  Rücisiclil  ^luf  die  zvvcile  liajje,  iibcrdie  Reihenfolge  der 
vitae,  schlichst  Hr.  L.  sich  p.  85  sqq.  sn  Liebcik.  p.  81  sijq.  an, 
der  gewiss  mit  vollem  Reclile  die  hergebrachte  Ordnung  gegen 
Titze's  imd  Walicki's  Neuerungäversiichc  (Feldbausch's  geringere 
Acndeningen  in  seiner  Ausgabe,  Heidelberg  1828.  hat  er  uiibe- 
rücksicbligt  gelassen)  in  Schutz  gcnomnien  hat,  indem  sich  in 
ilinen  eine  chronologische  Folge  kund  gibt,  «die  natiirhch  sei 
bei  einem  Schriltsleller,  wie  Ncpos,  der  da  Chronica  geschrieben 
habe.«  Wir  .sind  der  Meinung,  dass  die  Chronologie  für  einen 
jeden  historisclicn  ScbriftsteUer  ein  nalürliches  Anordnnngsprin- 
cip  ist,  uuil  für  den  Verf.  dieser  vit.ic  um  so  mehr,  da  sie  Ein 
Gan7.es  bilden  sollen,  wcsshalb  sie  auch  in  Ein  Buch  vereinigt 
wurden  (ganz  anders  verhalt  es  sich  z.  B.  mit  den  vitis  des  Phi- 
tatch),  und,  was  damit  zusammenhangt,  weil  sie  so  kurz  sind 
und  dadurch  ein  besseres  Licht  erhallen  mussten,  dass  diejeni- 
gen Feldherrn,  die  zu  Einer  Zeit  gelebt ,  und  deren  Lebensver- 
hältnisse in  einander  grellen,  neben  einander  gestellt  wurden, 
indem  sich  dadurch  eine  zusammenhängend  fortlaufende  Kette 
von  Begebenlieiten,  und  gleichsam  eine  Geschichte  ergab.  Indess 
findet  die  hergebrachte  Reihenfolge  nicht  bloss  ihre  Vertheidi- 
gung  in  rationellen  Gründen,  sondern  auch  llieilwcise  \venigstens, 
was  Lieberk.  unbemerkt  gelassen  ,  in  Beziehungen  ,  die  in  den 
vitis  selbst  hier  und  da  von  dem  Verf.  ausgesprochen  werden, 
und  die  wir  daher  kurz  zusaninienstellcn  wollen.  Dass  Milt.,  Tlic- 
mistocl.  und  Arisli^l.  in  dieser  Ordnung  aufeinander  folgten,  würde 
Jeder  ohne  Weiteres  zugeben,  ist  aber  auch  angedeutet  durch  die 
Worte  quo  damnatus  eiat  Milliades,  Them.  8'.  niid  durch  Ari- 
stiil.  1.  Icstiila  illa,  womit  auf  Them.  8.  init.  hingewiesen  wird, 
und  Arisliil.  .i.  fin.  post  annuiii  quartum,  quam  Themistocles  erat 
expulsiis.  Ilass  Ipliicrat..  Chabr. ,  Timotheus  sich  auf  einander 
folgten,  zeigt  Tinioth.  4.  »Ilaec  extrema  fuit  aetas  inipcratorura 
Atheniensium  ,  Iphicratis  ,  Chahriae  ,  Timothei  etc.«  Chabrias  , 
Leben  stand  aber  auch  vor  dem  des  Epaniinond.  cf.  Epam.  4. 
Cliabriain,  de  (juo  supra  nientiimem  fecimiis;  und  Epaminondas 
vor  dem  Pelopidas,  cf.  Pelop.  4.  "siciit  supra  docuimiis,  Epa- 
minondas donii  qiiietus  fuit«,  folglich  war  es  falsch,  wenn  Titze 
den  Pelop.  vor  jenen  stellen  wollte.  Lysander  ferner  hat  mit 
Recht  einen  früheren  Platz,  als  Agcsil.  Cf.  Agesil.  1.  «Ly^iuilro 
snirragaule,  hominc,  ut  ostcndimus  iupcn,  factioso  ctc«,  die  vita 
rcgmn  einen  fridieren  ,  als  die  des  Haruilc.  und  Haunili.  cf.  de 
Regg.  .S.  »non  praelerire  Ilamilcareni  et  llannibnlcm  «  p^ndlich 
dass  Hannib.  der  letzte  von  allen  war,  zeigt  das  Ende  desselben  t 
xSed  nos  tempus  est  huiits  libri  facere  finemu  ctc  ,  wesshalb 
nicht,  wie  Titze  will,  Ditames  der  letzte  sein  kann.  Wichts  aber 
steht  der  Annahme  im  Wege,  d.iss  Dataui.  noch  dem  Abschnitte 
»de  Regibus«  wirklich  ur.spiünglich  voiaugegangcn  ist,  und  nicht 
etwa,  wie  Titze  meint,  nebst  Ilamile.  und  Hannib.  nachgefolgt 
sei,  da  in  dem  Abschnitte  »de  Regibus'  selbst  auch  die  persi- 
schen Könige,  also  Barbaren,  mit  den  Griechischen  vereinigt 
werden,  cf.  de  Regg.  1.  init  ,  und  also  hatte  Lieberk.  nicht  den 
mindesten  Grund,  Anstost  zu  nehmen  an  den  ersten  Worten  im 
Dataines:  »Veiiio  nunc  ad  fortissimum  virura,  Biaximiquc  con- 
silii  omnium   harlurorum. 

Rendsburg.  Dr.   A.   F.   Mssen. 

———————  Hierzu  die  Qeilagc  Mr.  3- 


Register 


Zcitisclirift  für  die  Altert li ums wis-scnscliaft    1839. 


Die  Zahlen  bezeichnen  die  Seiten. 


yiachtn.     Gymnasium  das.     1160. 

Jeschjrlus.  Agamemnon.  67  stj  623.  De  Agamemnonis  can. 
tico  teitio.  632.  Conjectanea  in  Siipplices.  878.  881.  Pro- 
log der  Clioeplioren.    1123.      Prometheus.   526.  1124. 

j4ßica.     Alrtierthünicr  das.     984. 

Ahrens :    Emendalioncn  zu  Theokrit.  Id.     28.  29.  197. 

Aix.     Piiapusstatuc  das.     608. 

Alexandria.  Die  Besclireibung  der  dortigen  Burg.  377.  385. 
Das  Museum  das.     8.57.  865.  873. 

Alschefskj-  in  Berlin:  Ueber  die  kritische  Behandlung  der  Ge- 
schichtsbücher des  Livius.     855. 

Alterlhümer  und  Alterlhumskunde  auf  den  Ruinen  von  Kar- 
thago. 7.  Verein  zu  Ausgrabungen  im  Kreise  St.  Wendel. 
127.  Die  Zahl  der  Centurien  seit  der  VcrünJeriing  der  Ser- 
vianischen Centurialvcrfassung.  137.  145.  Römische  Civitäts- 
rechte  in  der  Wcttcrau.  144.  Der  römische  Wachtthurni  bei 
Rossdorf.  144.  Römerlagcr  bei  Inhaiden.  144.  Eine  anlikc 
Bronzestatiie  in  der  Glyptothek  zu  München.  192.  Alf.  bei  Ett- 
lingen. 200.  Grabkammer  in  Toscanella.  264.  Poseidon,  He- 
rakles ,  Hermes  auf  der  Thunfischwartc  in  einem  Vasenge- 
malde.  333.  337.  Alterthümer  in  Croatien.  336.  Altcrthti- 
nier  bei  dem  Dorfe  Keratia.  344.  Grab  vor  der  Porta  Pia 
zu  Rom.  360.  De  capitis  poenae  causis  et  sanctione.  376. 
Ueber  die  Beschreibung  der  Burg  von  A!f;^andria.  377.  .385. 
De  Hippodromo  olympico.  .392.  Fuml  römiseber  Münzen  in 
Preussen.  416-  Beschreibung  eines  Onyx  zu  Trier.  440. 
Eine  gallische  Goldmünze.  440.  De  Romanoruni  reipublicae 
inter  Siillam  Cacsarenique  forma.  448.  Zu  Pompeji  und  Cuniä. 
608.  Priapusstatue  bei  .'\ix.  608.  Ausgrabungen  bei  Torre  deli' 
Anunziata.  616.  bei  Narbonne.  616.  Bruchstücke  ans  virgi- 
lisclien  Alterthümern.  638.  641.  Alterthümer  bei  Weingarten 
unfern  Bonn.  664.  792.  952.  Museum  von  Alterthümern  aus 
Herculanum  uml  Pompeji  in  Roltordam.  800.  De  saccrdoli- 
bus  Graecorum.  840.  De  lege  Rubria.  840.  Antikes  Grab 
bei  Monterone.  848.  Das  Museum  zu  Alexandria.  857.  865. 
873.  Alterthümer  in  Africa.  984.  bei  Bonn.  992.  in  Lon- 
don. 11,36.  in  Frankreich,  1144.  Museum  Tür  die?,  in  Ley- 
den.  1150.  Ueber  die  Wurfwaflfen  aclys  und  caleia  und  die 
roiu  nuUi'Tovcc.  1153.  1161.  Ausgrabungen  in  Athen.  117(3. 
in  Rom.  1184.  Ueber  das  Tullianum.  1200.  Alter  Mincrva- 
lempel  das.  120S.  Ausgrabungen  der  Casa  di  Apollo  in  Pom- 
peji.  1232. 

Altana.  Veisanimlung  von  Gelehrten  und  Schulmännern  das. 
1104. 

Ankündigung.  Friedemann:  Die  Bildungsanstalten  (ur  Gym- 
nasiallehrer.   296.     Ank.  einer  Gyninasialzeitung.    1151. 

Annaberg.     Gymnasium  das.     976.  ' 

Ansbach.     Gymnasium  das^    168. 

Aphthonius.  Ueber  dessen"  Beschreibung  der  Burg  von  Ale.ian- 
dricn,    377.  385. 


Apitz:     Analecta  ad  Sophociis  Ajacem.     297.  305. 

O.  F.  L.  Appel  in  Cassel.     296. 

Arendts  in  Bonn.     808. 

Aristophanes.     De    persona    Bacclii    !n    ranis.    384.     Bruchstück 

aus  den  Dailalcnsibus.    1128.      Ran.    1203.   1130. 
Aristoteles.     Ueher  dessen  Poetik.    560.     De  teleologiae  Arlslo- 

telicae  linearaeiitis.   576.     Mcictemata  Aristotelica.    1000. 
L.  Arndts  zu  Bonn.     224.  424. 
Athen.     Ausgrabungen  das.      1176. 

Athenaeus.     Bruchstück»  des  Hermesianax  bei  dcms.     1131. 
T.   Pomp.  Atticus.     De  ejus  annali.     .33. 
Altius.     Symbolae  Atlianae.     292.  409-  417. 
Augustae  hisloriae  scriptorcs.     Obscrvationes  crit.  in  cos.     632. 

Bach  in  Schaffhausen  ,   jetzt  in  Ohrdruff.     80. 

ßach  in  Fulda  :    Quaestiones  elcgiacae.     680. 

Baden.      Universitäten  das.     272.      Gelelirtenschulen  das.     755. 

761.  840.  864. 
Bdumlein :      Pelasgischer   Glaube    und    Homers    Verhaltniss    zu 

demselben.     1182.  1185.  1193.  1201.  1209. 
Bahr  in  Heidelberg.     968. 
A.  A.  J.  Bake  zu  Leiden.     168. 
Bamberger:     Einige    Verbcsscrungsvorschläge    zum  Chorgesange 

in  Euripides  Helena.     V.     1124  ff   357.  36l.     Conjectanea  in 

Aeschyli  Supplices.     878.  881. 
Bardoni  in   Pavia.     640. 
Baroli  in  Pavia.     640. 

Baumgarten-Criisius  :     De  Fabricii  vita  et  scriptis.     496 
Bautzen.     Gymnasium  das.     976. 

Becker:    Observationcs  in  seriplorcs  historiae  Augustae.     632. 
Bcß:irderunu,en  und  Ehrenbezeigungen.     Appel.    296.     Arendts. 

«08      Arndts.  224.     Bach.  80.     Bahr.  968.     Backe.    (68.     Bar- 
doni. 640.     Baroli.  640.     Bellenghi.  424.    Biel.  975    Boeckh. 

1088.    Böhmer.  840.    Bomhard.   iü8.    Brandis.  1240.     Brauns. 

528.     Brill.    168.     Brüggemann.    464.     Bruns.    640.      Chaly- 

bäus.    224.      Creiizer.    576.      Curlh.    855-      Dieffenbaeh.    880. 

Dillenburger.   1192.    Dingelstedt.  296.    Dirichles.  712.    Dom- 

merich.  296.     voti  denVriesch.  640.     Duille.  400.    Eichstädt. 

359.     Elsperger.  168      Erdmann.  840.     Flatt.  112.     Fölsing. 

856.     Freytag.    360.     Freudenberg.    1192.      Frommann.    288. 

Fürchlenau    296.     Gerlach.  464.     Göschen.  880.     Gottschick, 

856.      Haase.    176.      Jlalm.    992.     I/enke.    992.     Keck.    1176. 

Kirschbaum.    40.     Klausen.    2b0.     König.    176.     Köpke.    856. 

Köster.    472.      Krahmer.   456.      Krejssig.    496.     Kiuhl.    1144. 

Lange.  856-     Langenthai.   1008.     Langhelm.    904.     Leeuwcn, 

168.     Lindemann.  928.     Loreye.   1280.     Lücke.  232.     Maran. 

344.      Matthisson.     656.    888.      Metzger.    40.       Moser.     604. 

Movers.    6l6.     Müller.   296.      Müller.   488.      Mühling.   616. 

Nögerath.  560.     Ohm.  1040.     Otto  in  Eilangeu.  616     Paulus, 


6t5     Pernicc.  256-     Petersen    004     Pi-trettiiti.  6+0     Pinona. 

1008.     Plu}neis.    16S.      Pott.    320.      Puischin^.   952.      />V(/«- 

/••■nning.     280.    6l6        Beinhardt.     I0'j4       liitichl.    |76     344. 

flosfiall.    ll'ia.      Bosset.    40.      Saiifhc.    8lG.     Schmieder.   96. 

Schmiilt.    86Ö.      Schöne.    960.      ScAii».    904       .9c/(h(i/..    290. 

Seebeck.    856.     Seebode.    72.     Sohnkc.    1024.     Surint^ar.  168. 

Theremin.    603.      Thiersch.    1056.     7'/oi,'e.    616.     riic/i.   640. 

Vschold     640.     l'ngchniig.  832.      If'aninr.  832.     IfVisy.  808. 

Il'eisimiuui.    344        Iferner.     280.      //'i«.     528.      fVissowa. 

464.  640     Z»/»;.«.  856 
/i,;j</i.riM ;      Telicr  den   revolutionären   Socrates.      1150. 
liniseler  in   Fieiliiirg:     Mclaniorplioses    criticae    ad    Plutarchum 

i-iiicntlanJiiin.      1024. 
Hersk  in  Kiilin:    De  prooeniio  EnipeJoclis.     1200. 
HiTÜn.     Universität  das.    720.     Gjmnasien  dai.    855.   1200. 
Biskiba  in  Wien.     800. 
/*iV/  in   Annaberg.     976. 
A'.  .P.   ßocA  in  Leipzig.     232. 
Jti'cckh.    1083.     Leber  die  Inschriften  der  ScIiilTswcrftc  und  des 

Sccarscnals  zu   Atbcn       232. 
ll-hmer  in   Bresl.iu.     840. 

ni'itrher:    Livii  de  rebus  Syracusanis  capita.    496. 
finmiiaid  211   Ansliacli.      168- 
/>',./i;i.     l'niver.sität  da».     24.   424.    672.    968.   991.     Gj-miasium 

•  las.     2S0.  992. 
Fl  anili'uburg.     Gyn)nasiiim  das.      1112. 
Brandts  in   Bonn.     1240. 
hraiins   zu   CasscI.     528.  864. 
Hietlau.     Gymnasium  das.     672. 
//'.  G.  ßii«  zu  Leiden.     168. 
liiü^gemann  zu   Konitz.     464. 
lirüg^emann  :    De    attis   dialecticac  ,     qua    Plato    sibi    viam  ad 

«ciinliam  vcri  luunivit,   forma  ac  ratione.     576. 
liiückner:     De    Xenophontis    Hellen,    üb.  I.  et  II.    animadTers. 

m.  401. 
Pruns  in  Verden.     640. 
Pitchbinder  in   N.iuniburg.     648. 
Bnchegs,er  in   Freiburs-     760. 
ßurchaud :    De   lege   Rubiia.      840 
('•.  J.  .1.  Burmclster  zu   Eutin.     440. 
Biirmeister:  Ueber  den   Handel  der  griecliiscbcn  Städte  zur  Zeit 

des   Kaisers   Hadriau      190.       Zur    älteren   Gescbicbte  der  Sla- 

ven.     207.  309. 
Büilner  zu  Potsdam.     552. 

L'arriere :  De  tcleologiae  Arislotelicae  lineaiuenlis.     576. 

t'astel.     Gymnasium  das.     266. 

l'akrius  Calo.     340 

Celicn.     Zur  Gcscliichte   ders.      199. 

Chalibäus  zu   Dresden.     224. 

Chlebus:     De  Luciano  pliilosoplio.     5/6. 

Chfirilos.     Fragment  iless.     280. 

Cicero.  Meletemata  in  libros  de  g'oria.  219.  225.  Pracht- 
ausgabe seiner  Werke  in  deutschen  Ucbersetzungen.  264. 
Ueber  die  CaliLlnarischen  Reden.  840.  1150.  De  emendalione 
aliquot  locorum   or.  pro.  M.  Caelio   Rufo.      1072. 

Coburg.     Gymnasium  das.    t3f;.  688. 

F.  Creuzer  in   Heidelberg.     520. 

(Uoaticn.     llterlliümer  d.is.     336. 

Cuma.     Ein  kleiner  Tempel  das.     608. 

Curth  in   Berlin.      855. 

fjbulski:    De  hello  civili  Sullauo.     576. 

Lfederich:    Bruchstücke   aus    dem    Leben  des  Frontinus.     833 

841.  849.   1077.   1081.  1089. 
Delbrück:     Ueber  die   Rolle,    welche   Aristonhanes    im   plaloni- 

scheu   GaBlmrilil  spielt.     424. 
Deninslhenes.      Die    Urkunden    in    der  Rede    vom  Kranz.     537. 

545.  55.i.  561.   569.  577.   535.   593.   699.  705.   713.  799.  801. 

809.  817.  910.  921.  929.  937.  945.  953.  961. 
riialektiker.     163.  169. 
Dieffenbach  in  Berlin.     880. 


Dillenburg.  Gymnäsnim  das.  3i3. 
Dillenbur^er  in  Münstereifel.  Il92. 
71.'.. J~../".       1%:..    I.,. 1...: j    . 


Dillenbiir^er  in   Münstereifel.     Il92. 

Vindorf:     Die  Interpolationen    der    Tphigenia    in   Aulis  des  Eu- 

ripides.    1049.   1057.   1065.     Vermischte  Aufsatze.    1123.   1129. 
Dingelstedt  in  Fulda.     296. 

Dia  Chrjsoslomus.     Aiinotationes  in  ejus  orationcs.    476.    481. 
Diodorus.     Zu  einigen  Stellen  dess.     1107. 
Dirichlit  in  Berlin.     712. 
Dödcrieiii :     De  Sophoclis  Ajace.     660. 
J.  G.  Dölling:     Die  zweite  Sylvc  des  Statins.     368. 
a.  Vohrn  in  Mcldorf:   Kleon.     784. 
F.  A.  Dommerich  in  Cassel.     290. 
Dorpat.      liiiversität  das.     96. 
Dresden.     Kreuzschule  das.     976. 
von  den   Driesch   in  Düsseldorf.     640. 
Drnjsen:     Zur  Geschichte  der  Gelten.     199.     Die  Urkunden  in 

Demosthenes   Rede    vom    Kranz.       537.   545.    553.    56l.   669. 

577.  585.  593.   699.  705.   713.  799.   801.  809.   817.  910.  921. 

929.  937.  945.  953.  961. 
Düntzer:     Symbolae   Mliame.     292.  409.  417.     Ueber  den  Nu. 

tzen  der  Erkenntniss  der  Wortbildung    auf   Gymnasien.     373. 
Duille  in  Oestieicli.     400. 
Dultlinger  in   Freiburg.     760.  ^ 

Düsseldorf.     Gymnasium   das.     1128. 

J.    H.  C.  Jbggers  in  Altona  :     De  particula  cum.     784. 

Eichslädc :  De  Juris  consullnrum  alque  Philologorum  <li>cordi 
saepe  concordia.    208.     Sein  Jubiläum,    359. 

Eisenach.     Gymnasium  das.     808.  896. 

Eiber feld.     Gymnasium  das.     1184. 

Elegici  poel.     Quaeslioncs  clegiacae.     680. 

St.  Elsperger  zu   Ansbach.      168. 

Empcdiicles.     De  ejus  prooemio.      1200. 

Ennius.     De  Enn.   Annalium  fragmentis  a  Merula  auctis,    664. 

Epigraphik.     Monumentum   Ancyranum.     752. 

Erdmann  in  Halle.     840. 

Erlangen.     Studienanstalt  das.     1032. 

Elllingen.     Alterthümcr  das.     200. 

Elfmologieen,  lateinische.      102.  310. 

Euri/iides.  Beiträge  zur  Kritik  und  Erläuterung  der  Helena. 
1.  9.  201.  209.  Einige  Verbcsserungsvorscblage  7,um  Clior- 
gesangc  in  der  Helena.  V.  1124  ff.  357.  36t.  Beitrag  zur 
Erklärung  und  Kritik  desselben.  482.  489.  497.  De  Hecuba. 
784.  Viudiciac  Euripidcae.  808.  Die  Interpolationen  der 
Iphigenia  in  Aulis  zusammengestellt.  1049.  1057.  1065.  Cy- 
clcps  510.   1126. 

JL' abricius.     De  ejus  vita  et  scriptis.     496. 

I'alxoner  zu  Barth.     480. 

Feldnianii ;  AcSchyli  Cboephori,   Sophoclis  l'uripiJisque  Elec  r.i 

idcm  argumentum  traclanles.      1149. 
Firnhaber :      Beiträge    zur  Kritik   ijnd  Erklärung  der   Helena   de» 

Eiiripides.     t.  9.  201.  209. 
Flalt  in   Stuttgart.     112. 

/.  C.  Flügel:  Plutarchi   Phocion  c.   I-III.     296. 
Fulsing  in   Berlin.     856. 
Forberg  zu  Coburg.   136.     Ueber  eine  Stelle  des  Mencieinu  d.'. 

Plato.     688. 
Forchhammer:     Ueber  das  Tullianuni.     1200. 
Franke.    De  particularum  finalium  apud  Graccos  constiuclioue. 

1236.   I24I.   1249. 
Frankreich.     Griechische    Litcraturdas.     521.  529.      Alterlhü- 

nier  das.      1144. 
Freiherg      Gymna».   das.     1024. 

Freiburg      üni\ersität  das.   80.  392.  706.     Gymnasium  das.  76it. 
Freudenberg:     Quaestiones    historicac    in    Cornelii    Nep.    vilas. 

1192. 
Frej-tag  in  Bonn.     .360. 

Friedemann  :    Die  Bildungsanstallen  für  Gymiu»iall«hi«r.    296. 
Fritz  in  Freiburg.     760. 
C.  Frommann  in  Jeni.    283. 


Fiomherz  in  Ficiburg.     760. 

Fioiilinus.      Bruchstücke   aus   seinem    Leben.      833.   841.    840. 

1077.  lOSl.   1089. 
Für>ien<tu  in  C«ssel.     296. 
FuUla.     Gvinn.isi..in  d,-is.     I52.  328.  680. 
F.  I'h-  Funcke-     Djs   Gesclileclil    des    Phodys    nnd   der   Kelo 

nach  Hrsiodus.    29.       Uianos,    Kronos  und  Zeus  im  Kampre 

um  den  Herrscherthron.     1220.  1225. 

Cra/ij  zu  Berlin.     464. 

Geel:    Onderzoek  en   Phanlasir.     248. 

Gemmen.  Beschreibung  eines  Onyx  zu  Trier.  440.  Ueber  ein 
Onyxgclass  zu  Berlin.  560.  GenimenabJriicUc  unter  Aufsicht 
des  nrchaoloj;ischcn   Instituts  zu   Rom.     1216. 

Geographie.     Ucber  den  Fucincr  See.     856. 

Gerl'er  :     Ueber  Horal.  Od.   1.     28.  423. 

Gerlach  zu  Brnunsberg.    464. 

Geinhard  in  \\eimar  De  Taciti  Agricola  2.  u.  16.  456.  De 
Plafonis   rfp.  8,    1.      4.   5.  544. 

Geschichte.  Die  Zahl  dei-  Cinlurion  seit  der  Veränderung  der 
Servianischen  Centuviatverfassung.  i:i7.  145.  Leber  den 
H.indel  der  griechischen  Städte  zirr  7eit  des  Kaisers  lladriau. 
^190.  Zur  Gescliichle  der  Gelten.  199.  Zur  älteren  Geschichte 
der  Slaven.  207.  De  rebus  Indicis.  280.  De  Roraanorum 
reipublicae  inier  Sull.nm  Caesaremque  foinia.  448.  Urkunden 
lur  Geschichte  Griechenlnnds.  560.  De  hello  civili  SuUano. 
576.     De  coloniis  Romanoruni.  776.     Rleon.    784. 

Giessen      Gyuinasium  das.     528. 

J,  Gililcmcister  :     De  rebus  Indicis.     280. 

Glogau.     Gymnasium  das.     8. 

Goeschen  in  Berlin.     880. 

Görlitz.     Gymnasium  das.     736.  , 

Göttingen.  Die  gelehrten  Anzeigen  das.  144.  Universilät  das. 
400.  720. 

Goltschik  in  Berlin:     Apollinis  cullus  undc  ducendus  sil.     856. 

Gnlha.     Gymn.isiuui  das.     72. 

Grammatik.  De  appositione  in  lingna  gracca.  8.  De  inconmiö- 
dis  quibusdani  et  vitiis  in  Zuniptii  graniinalica  latina.  80. 
L'eber  den  Nutzen  der  Erkenntniss  der  Wortbildung  aul  Gym- 
nasien. 373.  De  particida  cum.  784.  Vom  Cicbrauche  der 
Partikeln  nisiwnisi.  976.  Die  Optativform  oic  st.  ot/».  1127. 
De  appositione.  1150.  De  particularum  linalium  apud  Grae- 
cns  constructione.     1236.  1241.  1249. 

Griechenland.  Urkunden  zu  seiner  Geschichte  im  Mittelaller. 
560. 

Gröbcl  in  Dresden;  Quaesliones  Plinianae.  976. 
Gymnasien ,  Lyceen  u.  s.  w.  Aachen  1160.  Annaberg  976. 
Ansbach  168.  Baden  755.  761.  840.  864.  Bautzen  976.  Ber- 
lin 855.  1200.  Bonn  280.  992.  Brandenburg  1112.  Breslau 
672.  Cassel  296.  Coburg  136.  688.  Dillcnburg  343.  Diis- 
«ehlorf  1128.  Dresden  976.  Eise  nach  808.  896.  Elberfeld 
1184.  Erlangen  10.^2.  Kreiberg  1024.  Freibiirg  760.  Fulda 
152.  ,328.  680.  Giessen  528.  Gloiiau  8.  Görlilz  736.  Gotha 
72.  Hailaiuar  40.  343.  Hamburg  840.  Kreuznach  1000. 
Leiden  168.  Leipzig  384.  1000.  Magdeburg  776.  Mcissen 
49ü.  1112.  Miinslercifel  1192.  Mlihlhausen  392.  Naumburg 
632.  64,S.  Nassau  1080.  Neustrclitz  1136.  Pfoita  96.  Plauen 
.368.928.  Potsdam  904.  1088.  Rendsdurg  688.  Rinteln  184. 
RudoKtadt  104.  784.  1152.  Russland  1.  64.  Schwerin  4ö. 
Sondershausen  423.  Speyer  992.  Stuttgart  688.  Verden  640. 
Weilburg  40.  343.  880.  Weimar  80.  544.  692.  1136.  Wies- 
baden 40.  343.  WiUenberg  1040.  Zeitz  32.  Zittau  S60. 
Zwickau   952.     Ueber  Gymnasien  im  Allgemeinen.     1144. 

E.  K.  Habicht  in  'Biickeburg.    872. 

Hadamar.     Gymnasium  das.     96.  343. 

Halle.     Universität  das.     1128. 

Halm  in  München.     992. 

Handschriften  der  Anthologie  von  Conslanliuus  Cephalas.  464. 

Fr.  Hasse  zu  Greifswald.     176. 

Htcker  in  Freiburg.    760. 


M.   tV.  Hrffttr:    Ueber  die  Beschreibung  der  Burg  \on   Alexan- 
dria. 377.  385.     Ueber  eine  lehrreiche  EigeDlhiinilichkcit  de« 
Tacitus.   1002.     De  Zcnodolo.   1112. 
Heimburg:     De    loco    quodani    in    Taciti    vitac   Agricolae.     .HiO. 

1216. 
Heldmann  zu  Regensburg,     360. 
Hemslerhusii  orationej  et  epistolae.    432.      Anfrage    über    JCiiie 

Briefe.      1096. 
Henke  zu  Halle.     344. 
Hermagoi  as.     872. 

G.  Hermann  in   Leipzig:     De  Hippodrome  olympico.  392.     Ue- 
ber Herrn  Welkers  neueste   Ausfalle.     729.  737. 
A'.    Fr.    Hermann    in    Marburg:       Ucber   die    platonische    Zahl 

Republ.  8,  540.     872.       De   idea   boui    apud   Platonem.     872. 

De  reipublicae  Platonicae  temporibus.     872. 
Hemdes  Alticus:     Ueber  einige    Epochen   seines  Lebens.     977. 

985.  993. 
Herodotus.     Ueber  dessen  Geschichtswerke.     193. 
Herzog  :     De  particularum  nisi  et  ni  significalione.     576. 
Hesiodus.     Das    Geschlecht    des    Phoikys    und    der    Kelo    nach 

demselben.  20.     Uranos,  Kronos  und  Zeus  im  Kampfe  um  dcr> 

Herrscherthron.     Nach   dems.     1220.  1225. 
Hesjchiiis.     623. 

lYin"  Heusde  in   Genf.     928.   1080. 
Heyse :     Ueber    einige  Epochen    im   Leben  iIcs  Herodet  AltiCus. 

977.  985.  993. 
C.  Hinkel:    De  variis  formis  doclrinae   moralis  Peripateticoruni. 

872. 
Hinrichs:     De  oralionis  a  Cicerone   Nonis   Decembribus  in  Se- 

natu  babitae  consilio.     840. 
Hippocratis    nomine    rjuae    circumferunlur   scripta.     376.      <7j»:o? 

'Inn.     1133. 
Hoblyn  in  England.     464. 
Homerus.     De  tiritatc  Homerica.    424.     De  Codice,    qui  Odys- 

seam  cum  scholiis  conlinct.    848.     Ueber  twTvcfi.   992.     Lebet 

einige  spriclilwörllieh  gefassle    Redensarten   bei   Homer.     993. 

Ueber    das    Fpilhelhon    des    Neslor  ovQoq  'Aj^iuwr.    1008.       H- 

I,   5.     1102.       De   Zeiiüdoli   sludiis    Ilomericis.     1112.     Homer» 

Veihällniss    zum    pelasgischen    Gliuben.       1182.    1185.    1193. 

1201.  1209. 
Horatius.     Quaestiones    Horatianac.     184.      Trias   quaettionuDi 

Horalianarum.    280.     Leber  die   Ode  1,  28.    423.     Saf.  11,  2, 

23.  623.     Od.  l,  20.     623.      Probe  einer  neuen  Ucbers.  desi. 

1149.     O"afsliones  Hör.     1160. 
Högg  in  Ellwangen:    L'eber  die  Nothwendigkeit ,    den  lat.  Ele- 
mentarunterricht zweckmassiger  cinzuriehlen.     456. 
Pli.  Humpert:    De  civitate  Homerica.     424. 

F.  Jacobs  :     Annotationes  in  Dionis  Chrysoslomi   orationes.  476. 

481.     Griechische  Literatur  in  Frankreich.  521.  529.     Zu  Lo- 

cians  Timon.     767. 
Jeep  in  Wollenbültel :     Emendationes  Vellejanae.     896- 
Jena.     Universität  das.     752. 
C.  Hiling  in  Mi  iningen.     72.  432. 
Inschriften.     Griechische  und   römische.    51-   57.  455.  457.  465. 

516    1037.      Die   Inschriften    der  Schiffswerfte  und  des  Secar- 

senals  zu   Alben.     232. 
Jiingkhausen  in  Schleswig:  De  appositione.    1150. 

S.  Ji-ahn:    Trias  quacstionura  Horationarum.     280, 

Katthnff  zu  Münster.     192.  800. 

Kanipmann:     Res  niililares  Plauti.     672. 

Karthago.     Nachgrabungen  aul   den   dortigen  FuioeD.     7. 

Keck  zii  Raslall.     1176. 

Keratia.      Gr.-.b^telc  das.     344. 

Kiessling  in  Hildburgbauscn,     1144. 

Kiew.     Universität  das.     224. 

Kirschbaum  in  Wrilburg.     40. 

Klaussen  in  Bonn.     280. 

K.  P.  Kleinen.     344. 

Klemm  zu  Chemnitz.     5tO. 


Knebel :    7.av  Kcnntuiss   der  Quellen  des  Pliuius.    95.    Melcte- 

mala  Anstotelica.     1000. 
K'ildcr:     De  vcterum  scriptonim    usu  in  eDunciationibus  verbo 

adlirmanlibus  ,  rc  ucgantibiis.     952. 
Kochen  ans  WiUter.     224. 
A'')/i/i,'  in   K.irlsiuhc.      176- 
K.  Kopke  in  Berlin.     855. 
Kiister  zu  Kiel.     472. 
ff.  II.  Kohlev    in    Meldurf:     l'cber   die  4.  Cicer.    Bede   gegen 

Calilina.     1150. 
Kopisch:  De  Aescliyleae  Ägamcinnonis  canlico  tcrtio.     632. 
f.  A    Kopp  zu   Boppard.     632. 
jy.  Kosrgarlcn  ans  Hamburg.     280. 
P/i.  A-   ll-\  Krahnier  zu  Marburg.     456. 
Krämer  in  Berlin  :   Ueber  den  Fuciner  See.     856. 
Kreizner:  De  privatis  discipulonim  stiidiis  etc.     343. 
Kreuznach.     Gymnasium  das.     1000. 
Krf issig  zu  Meisseu.     496. 
Fr.'Kries  in  Gotba.     1200- 
Kruhl  in   Breslau.     1144. 
Kunst.     De  intcritu  operiira  arlis  statuariae  apud  reteres.     960. 

Zur  gricchiscbcn  Musik.     1003. 

J^ange  in  Berlin.     856. 

Langethal  in  Jena.     1003. 

I.an2,hclm  in   Hadersleben.     904. 

Lateinische   Sprache.      Lafeiniscbe     Etymolopieen.      102.    310. 

De  particularum  nisi  et  ni  significalione.     576. 
A.  van  Leeuwen  zu  Leiden.     168. 

Leipzig.     Nicoluiscbule  das.    1000.     Tbomasscbule  das.     384. 
Lersch :     Beiträge  zur  romisclien  Litcralurgescliiclite.     99.  338. 

Die  Dialektiker.     163.  169.     Bruchstücke  aus  virgilischen  Al- 

terthüniern.     638.  641. 
Leyäen.     Gymnas.  das.  168.    Museum  s.Altertbümer  das.     1150. 
2.1/idau.'    Zu  Piatons  Timaeus.  313.     Beitrag  zur  Erklärung  und 

Kritik    des    Euripides.     482.  489.  497.      Vermischte  Aufsätze. 

1102.  1105. 
Lindemann  in  Zittau.  928.     De  interitu  operum  artis  statuariae 

apuJ  vetercs.     960. 
Literatur.     Beiträge  zur  römischen  Literaturgeschichte.  99.  338. 

Griechische  in  Frankreich.     521.  529. 
Livius.     De  rebus  Syracusanis  capita.  496.     Ueber  die  Chrono- 
logie dess.    625.  6.i3.     Ueber  die  krit.  Behandlung  dess.    855. 
Löschke  iu  Bautzen  ;  Vom  Gebrauche  der  Partikeln  nisi  und  si. 

976. 
London.     Ausgrabungen  das.     1136. 
Loreve  in  Rastatt.     1208. 

Lucas  in   Bonn  ;    Philologische  Bemerkungen.     992 
Luciunus.      De    Luciano    philosoplio.    576.      Zum  Tiinon.    7G7. 

Symposion   c.  4l.     113.3. 
Lücke  in  Goltingen.     232. 

l'lagileburg.     Gymnasium  das.     776. 

Mannheim.     Gchlirtenversammlung  das.     704.  962.  976. 

./.  Maran  zn    Prag.     344. 

Marburg.     Universität  das.     16O. 

Matthiae :     De  Ennianorum    Annalium  fragmcntis  a  Merula   aa- 

ctis.     664. 
Matthiae  in   ^anmburg.     648. 
Matlhisson  in    Bricg.      656.   880. 
Mehlhorn.    Dessen  Abhandlung  de  appositionc  in  lingua  grae- 

ca.     8. 
Meissen.     Landesschule  das.     496.  1112. 
Metzger  in  Hadamar.     40. 
Monterone.     Antikes  Grab  das.     848. 
Moser  in   Königsberg  in   Pr.     504. 
Movers  in  Bcrkum.     616.     848. 
Mühlhauten.     Gymnasium  das.     392. 
Mühlig  in   Bamberg.     616. 
.Miiller  in  Cassel.     296. 
/.  Miiller  in  Halle.     488. 
*■,  O.  Müller  in  Götlingen.     1112. 


Münscher  in  Hanau  :  De  Romanorum  reipublicae  inter  Sul- 
lam  Caesarcnique  forma.     448. 

Münsiereifel.     Gymnasium  das.     1192. 

Münzen  in  Preusscn.  4l6.  Eine  gallische  Goldmünze.  440. 
Samndung  karthigischer  ,   römischer  etc.     1216- 

Mythologie.  Das  Geschlecht  der  Phoikys  und  <ler  Kcto  nach 
Hosiod.  29.  Ueber  die  Gorgoncnfabcl.  560.  Apollinis  cultuj 
und.-  diicondus  sit.  856.  Heber  die  spindeltragenilen  Göt- 
tiunen.  992.  Pelasgischer  Glaube  u'  '  Houifrs  Vcrhaltniss  zu 
demselben.     1183.  1185.   1193.   1201.  iJranos  ,    Kronos 

und   Zeus  im  Kampfe  um  den  Hcrrschercmon.  1220.   l'^25 

F.  A.  Nuke  zu  Bonn.     280. 

Narbonne.     Cireus  das.     616. 

Nassau.     Gymnasien  das.     1080. 

Naumburg.     Domschule  das.     632.  648. 

Neapel.     Ausgrabungen  bei  Torre  dell'  Anunziata.     616. 

C.  Nepos.  De  vitis,  quae  ejus  nomine  feruntur.  688.  Quac- 
stiones  in  ejus  vitas.     1192. 

Neuslrelilz.     Gymn.isium  das.     1136. 

Nissen :  Ueber  das  Geschichtswerk  des  Herodot.  193.  De  viliis, 
quae  C.  Nepotis  nomine  feruntur.     688-  1150. 

Nitzsch :     De  sacerdotibus  Graceorum.     840.   ^ 

Nögerath  zu  Bonn,     560. 

(Jlibarius:    Bemerkungen  über  Tibull.  Eleg.  I,  7.  17.   18.     80. 

Oebeke :     Quaesliones  Horatianae.     1160. 

Ohlert  in  Königsberg  in  Pr.     968. 

Ohm  in  Berlin.     1040. 

Aurelius  Opillius     339. 

Orion :     Dessen  Apophlhegmala.     991. 

F.  dann  :     Griechische  und  tömisclic  Inschriften.  51.  57.  455. 

457.  405.  516.  1037. 
Otto  in  Erlangen.     616. 

Paldamus:     De  Sophociis  Oedipo  Col.  V.     540.  672. 

l'anse  :     Uobcr  die  Entwickclung  des  Sophokl.  Philoklet.  1136. 

Paulus  zu   Heidelberg.     6I6. 

Perlcb  in  Froibnrg.     760. 

Pernice  zu   Halle.     256. 

Persius.     Codex  dess.  in  Montpellier.     616. 

Peter:  Die  Zahl  der  Centurien  seit  der  Veränderung  der  Ser- 
vianischen Centuriatverfassung.  137.  145.  Ueber  die  Chro- 
nologie des  Livius.    625.  633. 

Petersburg.     Akademie  der  Wissenschaften  das.     96. 

Petersen  in  Meldorf.  904."  Hippocratis  nomine  quae  circum- 
feruntur  scripta.     376. 

Pelrettini  in   Padua.     640. 

Pforta.     96. 

Philosophen  und  Philosophie.  Die  Dialektiker.  163.  169.  De 
variis  lormis  doctrinac  nioialis  Peripateticornm.    872. 

Piderit :     De  Hermagora  rhctore.     872. 

Pirona  in   Udine.     1008. 

Plalo.  7.VI  Plalons  Timaeus.  313.  Doctrina  de  dco  Platonico 
et  chrisliana.  384.  Ueber  die  Rolle  des  Aristophancs  im 
plaf.  Gastmahl.  424.  De  rep.  4,  5.  »,  1.  544-  Ueber  die 
dramatische  IS'atur  der  plat.  Dialoge.  560.  De  artis  diaiccticac, 
qua  Pliito  sibi  viam  ad  scienliam  veri  munivit,  forma  ac  ra- 
tione.  576.  De  anachronismo  absurdissimo ,  quem  Plalo  in 
Rep.  componenda  admisisse  visus  est.  576.  De  mundi  priu- 
cipiis  secundum  Platoneni.  632.  Verdeutscliung  des  Timains. 
632.  Ueber  eine  Stelle  des  Menexenus.  688.  Ueber  die  Zahl 
Republ.  8,  546.  872.  De  idea  boni  apud  Platoncm.  872. 
De  reipublicae  temporibus.    872. 

Plauen.     Gymnasium  d.is.     368.  928. 

Plautus.  De  punieac  linguae  rcliquiii  in  Plauti  Pocnulo.  45. 
Sccna  Pl.uitina  a  Ritschelio  cmcndata.  056.  Res  militarcs 
Plauti.    072.     De  vetcrilnn   PI.   inlerpietibus.     992. 

Plinius.  Zur  Kenntniss  der  Quellen  desselben.  95.  Quaeslio- 
nes  Plinianae.    976.     Lexici   Plin.   «pcc.    1040. 

Plularchus.  Uobor  einige  Stellen  dess.  105.  Phoeion  1  —  3. 
296.  Metamorphoses  crit.  ail  PI.  emendandum.  1024.  Zu 
einigen  Slclb.n  dess.    1107.     Ueber  seine  Biographiceu.    1224. 


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Zeitschrift  für  die 

Alterthumswissenschaft 


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